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German Pages 648 Year 2012
Ödön von Horváth Wiener Ausgabe
I
Ödön von Horváth
Wiener Ausgabe sämtlicher Werke Historisch-kritische Edition Am Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek herausgegeben von Klaus Kastberger
Band 6
De Gruyter II
Ödön von Horváth
Eine Unbekannte aus der Seine Hin und her Herausgegeben von Nicole Streitler-Kastberger und Martin Vejvar
De Gruyter
Die Forschungsarbeiten an der Wiener Ausgabe werden unterstützt vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF; P 23563-G20) und von der Kulturabteilung der Stadt Wien. Dank an die Österreichische Nationalbibliothek (Wien) für die Überlassung von Reprorechten an den Faksimiles. Die Rechte für Hans Gál liegen beim Thomas Sessler Verlag (Wien); wir danken Herrn Prof. Ulrich Schulenberg für die Überlassung dieser Rechte für diese Ausgabe.
ISBN 978-3-11-029087-5 e-ISBN 978-3-11-029101-8 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
© 2012 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/Boston Satz: Dörlemann Satz GmbH & Co. KG, Lemförde Druck und buchbinderische Verarbeitung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG ÜGedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Inhalt Eine Unbekannte aus der Seine Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Lesetext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Konzeption: Eine Unbekannte aus der Seine . . . . . . . . . . . . . . . . . Endfassung (K/TS1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Endfassung (K/TS2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21 22 62
Eine Unbekannte aus der Seine. Komödie in drei Akten und einem Epilog (Endfassung, emendiert) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Chronologisches Verzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Hin und her Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Lesetext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
191
Konzeption 1: Hin und her . . . . . . . . . . . . . Konzeption 2: Hin und her – Adaptierungsarbeiten . Hin und her. Posse in zwei Teilen (Wiener Fassung, emendiert) . . . . . . . . . . . Hin und her. Posse in zwei Teilen (Züricher Fassung, emendiert) . . . . . . . . . .
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193 411
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Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
563
Chronologisches Verzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Simulationsgrafik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
565 593
Notenfaksimiles Hans Gál . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
597
V
Inhalt
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621 Editionsprinzipien . . . Siglen und Abkürzungen Literaturverzeichnis. . . Inhalt (detailliert) . . .
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VI
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Ödön von Horváth
Eine Unbekannte aus der Seine Herausgegeben von Nicole Streitler-Kastberger
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Vorwort
Vorwort Eine Unbekannte aus der Seine. Komödie Uraufführung: am 16. September 1947 am Volkstheater in Linz-Urfahr (Regie: Theo Frisch-Gerlach). Dauer der Schreibarbeiten: vermutlich von April bis August 1933. Umfang des genetischen Materials: 147 Blatt in Form zweier Typoskripte der Endfassung mit handschriftlichen Überarbeitungen des Autors, wobei eines ein Stammbuch des Verlags darstellt. Erstdruck: Die Unbekannte aus der Seine. Komödie in drei Akten und einem Epilog. Stammbuch. Wien: Georg Marton Verlag 1947.
Datierung und Druck Am 4. November 1931 erschien im Berliner Tageblatt Hertha Paulis kurze Erzählung L’inconnue de la Seine.1 Spätestens seit diesem Zeitpunkt gehörte das Motiv der Unbekannten aus der Seine zu Horváths Ideenreservoir. Hertha Pauli (1906–1973) hatte in der Uraufführung der Geschichten aus dem Wiener Wald am 2. November 1931 am Deutschen Theater Berlin in einer „winzige[n] Rolle“2 mitgespielt und den Autor nach einer der Aufführungen in der Garderobe der „Marianne“ Carola Neher kennengelernt. Daraus entwickelte sich eine für Pauli tragische Beziehung, die von einem Selbstmordversuch der jungen Schauspielerin und Autorin überschattet war. Aus der vermeintlichen Liebesaffäre wurde schließlich eine Freundschaft, die bis zu Horváths Tod in Paris anhielt, wo die beiden Emigranten erneut zusammentrafen.3 In ihren Memoiren Der Riß der Zeit geht durch mein Herz (1970) berichtet Pauli, Horváth habe sein Stück Eine Unbekannte aus der Seine zunächst mit ihr gemeinsam und nach dem Vorbild ihrer Erzählung schreiben wollen. Doch „Ödöns Unbekannte aus der Seine besaß bald ein Eigenleben, wie alle seine Figuren, und ging ganz andere Wege“4. Dass Pauli über die Tatsache, dass Horváth das Stück schließlich ohne sie schrieb, nicht begeistert war, lässt sich indirekt aus seiner Komödie aus dem Filmgeschäft Mit dem Kopf durch die Wand (1935) schließen, in der der Autor das Motiv der Unbekannten noch einmal verarbeitete und in einen Filmstoff verwandelte. Dabei inszeniert er auch eine Art Plagiatsstreit zwischen einer unbekannten Schauspie1 2
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Vgl. KW 7, S. 451. Hertha Pauli: Der Riß der Zeit geht durch mein Herz. Ein Erlebnisbuch. Wien/Hamburg: Zsolnay 1970, S. 25. Vgl. Traugott Krischke: Ödön von Horváth. Kind seiner Zeit. Berlin: Ullstein 1998, S. 117, 209 und 270–277. Pauli 1970 (Anm. 2), S. 60.
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Vorwort
lerin, die die Unbekannte spielen sollte und die Idee zu dem Film gehabt haben will, und einem Marquis, der die wahre Geschichte der Unbekannten zu kennen vorgibt und Anspruch auf die Idee zum Film erhebt. Die beiden einigen sich schließlich darauf, dass Dr. Peter Huelsen, Autor und Geliebter der unbekannten Schauspielerin, das Drehbuch zu dem Film schreiben soll, was dieser mit den Worten quittiert: „Ich bin gern bereit. – Der Stoff interessiert mich ja schon lange.“5 Keine Frage, der Stoff, der keiner ist, denn eine tatsächliche Geschichte zur Figur der Unbekannten aus der Seine gibt es nicht, interessierte Horváth spätestens seit seinem Zusammentreffen mit Hertha Pauli und seit der Lektüre ihrer Erzählung. Es wäre jedoch auch möglich, dass der Autor schon vor seiner Begegnung mit Pauli mit der Totenmaske der Unbekannten aus der Seine und mit literarischen Adaptionen des Motivs bekannt wurde. Denn die Maske der Unbekannten gehörte zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu den massenhaft verbreiteten Kitsch-Devotionalien (klein-)bürgerlicher Haushalte. Spätestens seit dem Erscheinen von Ernst Benkards Bildband Das ewige Antlitz. Eine Sammlung von Totenmasken (1927), in dem der Autor eine ganze Reihe berühmter Totenmasken abbildete und dabei zu den vielen Masken bekannter toter Männer auch die Maske der Unbekannten aus der Seine stellte, hatte sie Kultstatus. Auch in Egon Friedells Sammlung Das letzte Gesicht. 76 Bilder (1929) fand sie Eingang. Bereits vor Hertha Paulis Erzählung gab es literarische Verarbeitungen des Motivs. In Rainer Maria Rilkes Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge (1910) erfuhr die Maske der Unbekannten ihre vermutlich erste und zugleich prominenteste Erwähnung. Ein unmittelbarer Reflex auf die Sammlungen Benkards oder Friedells waren wohl Alfred Döblins Einleitung zu einem Fotoband August Sanders’ mit dem Titel Antlitz der Zeit (1929), in der er ausführlich auf die Unbekannte rekurriert,6 die Erzählung L’inconnue de la Seine (1930) von Alfred Wiedemann und die Novelle Die Unbekannte (1934) von Reinhold Conrad Muschler, die innerhalb eines Jahres eine Auflage von 100000 Exemplaren erreichte.7 Vladimir Nabokov schrieb im gleichen Jahr 1934 ein Gedicht mit dem Titel Die Unbekannte aus der Seine. Im französischsprachigen Raum erfuhr das Motiv große Bekanntheit durch Jules Supervielles Erzählung L’Inconnue de la Seine (1931), Claire Golls gleichnamige Erzählung von 1936 und Louis Aragons Roman Aurélien (1944), der mehrere Verfilmungen erlebte. Einiges davon mag Horváth gekannt haben. Belegt ist nur seine Beziehung zu Hertha Pauli. Der Autor hatte aber generell ein gutes Gespür für Stoffe und Motive, die populär waren und den Nerv seiner Zeit trafen. Zweifellos machte er aber etwas ganz Eigenes und durchaus Horvátheskes aus dem Stoff, der keiner war. Dies erkannte bereits Hertha Pauli, wie das oben angeführte Zitat zeigt. Horváth schrieb seine „Komödie in drei Akten und einem Epilog“ Eine Unbekannte aus der Seine innerhalb weniger Monate. Es gibt keinen expliziten Hinweis auf den Beginn der Arbeit an dem Werkprojekt. Wahrscheinlich liegt er jedoch im Frühjahr 5 6
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KW 7, S. 402. Vgl. Ute Karlavaris-Bremer: Eine Unbekannte aus der Seine. Märchen- und Zeitmotiv bei Ödön von Horváth und Alfred Döblin. In: Ute Karlavaris-Bremer/Karl Müller/Ulrich N. Schulenburg (Hg.): Geboren in Fiume. Ödön von Horváth 1901–1938: Lebensbilder eines Humanisten. Wien: Löcker/Sessler 2001, S. 102–110. Vgl. KW 7, S. 451f.
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Vorwort
1933, unmittelbar nach der Fertigstellung und Drucklegung von Glaube Liebe Hoffnung.8 Vom 20. April 1933 ist ein Brief des Kiepenheuer Verlags (Berlin) an den Georg Marton Verlag (Wien) überliefert, in dem davon die Rede ist, dass Ersterer für „das z.Zt. in Arbeit befindliche Stück von Horvath“ „bereits 1200,– Mark“9 bezahlt hat. Ob mit dem genannten Stück die Komödie Eine Unbekannte aus der Seine gemeint ist, wird aus dem Brief nicht ersichtlich, ist aber sehr wahrscheinlich. In dem Vertrag wird weiters vereinbart, dass der Kiepenheuer Verlag den Vertrieb für Deutschland übernimmt, der Marton Verlag den für das Ausland. Außerdem sieht der Vertrag „eine Option auf die Produktion des nächsten Jahres“10 vor. Marton antwortet auf diesen Brief am 21. April 1933 mit folgenden Zeilen: Ich möchte nur eine Rückendeckung für den Fall, dass der von uns bezahlte Vorschuss von dem nächsten Werk von Herrn Horvath nicht eingehen sollte[,] haben und zwar in der Form, dass uns solange Stücke von Herrn Horvath geliefert werden, bis der Vorschuss gedeckt wird. Ich werde diesbezüglich jetzt an Hand Ihres Briefes mit Herrn Horvat sprechen und komme dann auf die Angelegenheit zurück.11
Am 24. April 1933 berichtet der Marton Verlag dann an Kiepenheuer, „dass Herr Horvat sich mit unserem Vorschlage einverstanden erklärte, so dass wir bereits auch Zahlungen an ihn leisteten“12. Ein Vertrag vom 25. Juli 1933 mit dem Marton Verlag über ein Stück mit dem „provisorische[n] Titel“ „Die Brücke“, dann ergänzt um den Titel „Hin und Her“, sowie mit dem gestrichenen Zusatz „und sein nächstes abendfüllendes Werk“13 sichert diesem die Verlags- und Vertriebsrechte über Hin und her und möglicherweise über Eine Unbekannte aus der Seine oder bereits über Himmelwärts. Aus dem Ganzen wird klar, dass Horváth für die beiden in den Jahren 1933/34 entstandenen Stücke Eine Unbekannte aus der Seine und Hin und her sowohl vom Kiepenheuer als auch vom Marton Verlag Vorschüsse erhalten hatte, die ihn zu einer raschen Abfassung der beiden Werke zwangen. Das Ende des Arbeitsprozesses an der Unbekannten ist leichter zu umreißen. In einem Brief Franz Theodor Csokors an Ferdinand Bruckner vom 2. September 1933 ist Folgendes zu lesen: 8
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Das Stammbuch von Glaube Liebe Hoffnung in Form eines unverkäuflichen Bühnenmanuskripts erschien mit Copyright 1933 im Berliner Arcadia Verlag (vgl. das Exemplar im Splitternachlass Ödön von Horváth, ÖLA 27/W 12). Es ist anzunehmen, dass sich die Arbeiten an dem Stück bis in die ersten Monate des Jahres 1933 zogen. (Vgl. KW 6, S. 155f.) Bemerkenswert scheint in diesem Zusammenhang auch, dass Horváth auf einem Entwurfsblatt (ÖLA 3/W 43 – BS 43 b, Bl. 2), das zu den Werkprojekten Hin und her (vgl. K2/E9–E11, in diesem Band S. 420f.) bzw. Mit dem Kopf durch die Wand zu zählen ist, den Titel „L’inconnue de la Seine“ mit dem Titel „Glaube Liebe Hoffnung“ verknüpft, wobei Ersterer nicht die Komödie Eine Unbekannte aus der Seine, sondern eine Frühform des Stückes Mit dem Kopf durch die Wand bezeichnet. Offenbar gab es für Horváth zwischen den beiden Werkprojekten enge Verbindungen, die nicht nur der zeitlichen Nähe geschuldet waren. Brief des Gustav Kiepenheuer Verlags an den Georg Marton Verlag vom 20. April 1933, zitiert nach dem Faksimile in: Gisela Günther: Die Rezeption des dramatischen Werkes von Ödön von Horváth von den Anfängen bis 1977. Univ.-Diss. Göttingen 1978, Bd. II, S. 165. Ebd. Brief des Georg Marton Verlags an den Gustav Kiepenheuer Verlag vom 21. April 1933, zitiert nach dem Faksimile in: Günther 1978 (Anm. 9), Bd. II, S. 167. Ebd., Bd. II, S. 168. Vgl. das Vorwort zu Hin und her in diesem Band S. 169–189.
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Vorwort
In Wien war ich viel mit Horváth beisammen, dessen „Unbekannte von der Seine“ ein seltsam gespenstiges Kammerspiel ist – blendende Bergner-Rolle, ich kann mir niemanden sonst dafür denken!14
Damit liefert Csokor einen Hinweis darauf, dass Horváths Stück zu diesem Zeitpunkt schon fertig war und er es wohl schon gelesen hatte. Am 13. Juli 1933 hatte die Deutsche Bühne das Stück unter dem Titel Die Unbekannte aus der Seine bereits in der Rubrik „Neue Werke“ genannt.15 Am 16. September 1933 meldet sie die Annahme von Eine Unbekannte aus der Seine durch den Georg Marton Verlag.16 In einem Artikel der Wiener Allgemeinen Zeitung vom 11. Januar 1934 spricht der Autor zwar davon, dass die Unbekannte erst nach dem parallel dazu entstandenen Stück Hin und her fertig wurde.17 Wobei in diesem Fall aber wohl nur die erste Fassung von Hin und her gemeint ist, noch ohne die nachträglichen Überarbeitungen für die Züricher Uraufführung.18 Ein Brief Horváths an den Dramaturgen, Theaterdirektor und Regisseur Rudolph S. Joseph vom 30. Oktober 1933 belegt, dass zu diesem Zeitpunkt die Unbekannte schon abgeschlossen und vervielfältigt war, während der Autor an den „Verserln“ von Hin und her noch zu „schwitzen“ hat, weshalb er ihm davon nur eine „vorläufig[e]“19 Fassung schicken könne. Man kann also den Entstehungsprozess der Unbekannten auf die Monate zwischen April und August 1933 datieren. Vermutlich im August oder September 1933 stellte der Georg Marton Verlag von der Komödie Eine Unbekannte aus der Seine auf der Grundlage eines von Horváth handschriftlich überarbeiteten Typoskripts (T1) ein Stammbuch (T2) her, das „[a]ls unverkäufliches Manuskript“ maschinenschriftlich „vervielfältigt“ wurde (vgl. T2). Wahrscheinlich lag ein Exemplar dieser Stammbuch-Fassung schon Franz Theodor Csokor vor (vgl. oben). Von einer ersten Drucklegung kann in diesem Fall nicht gesprochen werden, da die Vervielfältigung mittels Schreibmaschine und Durchschlagpapier in sehr begrenzter Stückzahl erfolgte. Dieses maschinenschriftliche Stammbuch wurde in unmittelbarer Folge, also noch im Jahr 1933, von Horváth handschriftlich überarbeitet und auf dieser Grundlage noch im selben Jahr ein zweites maschinenschriftlich vervielfältigtes Stammbuch angefertigt (T3). Von diesem Stammbuch liegt eine identische Durchschrift (T4) vor. 1934 wurde vom Marton Verlag ein weiteres maschi14
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Brief Franz Theodor Csokors an Ferdinand Bruckner vom 2. September 1933, handschriftliches Original, Stiftung Archiv der Akademie der Künste Berlin-Brandenburg, Ferdinand-BrucknerArchiv, Signatur 81. Vgl. Die Deutsche Bühne. Amtliches Blatt des Deutschen Bühnen-Vereins, 25. Jg, Heft 9, 13. 7. 1933, S. 156; vgl. auch KW 7, S. 439 und Traugott Krischke: Horváth-Chronik. Daten zu Leben und Werk. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1988, S. 97. Vgl. Die Deutsche Bühne. Amtliches Blatt des Deutschen Bühnen-Vereins, 25. Jg, Heft 12, 16. 9. 1933, S. 198; vgl. auch Krischke 1988 (Anm. 15), S. 101. Anonym [i.e. Piero Rismondo]: Oedön-Horvath-Premiere am Reinhardt-Seminar. In: Wiener Allgemeine Zeitung, 11. 1. 1934. Vgl. zu dem Werkprojekt Hin und her in diesem Band S. 167–619. Brief Ödön von Horváths an Rudolph S. Joseph vom 30. Oktober 1933, maschinenschriftliches Original im Deutschen Exilarchiv Frankfurt am Main, EB/96/111; zitiert nach dem Faksimile in: Evelyne Polt-Heinzl/Christine Schmidjell: Geborgte Leben. Horváth und der Film. In: Klaus Kastberger (Hg.): Ödön von Horváth: Unendliche Dummheit – dumme Unendlichkeit. Wien: Zsolnay 2001 (= Profile. Magazin des Österreichischen Literaturarchivs, Bd. 8), S. 193–261, hier: S. 243.
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Vorwort
Übersichtsgrafik zur Stammbuch-Genese von Eine Unbekannte aus der Seine
nenschriftliches Stammbuch T5 (T6) des Stückes angefertigt, das in einigen Details wieder der ursprünglichen Typoskript-Fassung von 1933 (TS1) entspricht, in anderen jedoch der ersten Stammbuch-Fassung von 1933 inklusive der Korrekturen Horváths (TS2). Der Erstdruck des Stückes D1 erfolgte erst 1947 in Form eines hektografierten Stammbuchs des Georg Marton Verlags, Wien, dessen Textgrundlage das handschriftlich überarbeitete erste Stammbuch von 1933 (TS2) gewesen sein dürfte, von dem es allerdings in einigen Details abweicht. Es dürfte sich dabei um Eingriffe von Seiten des Verlags handeln, die nicht autorisiert waren (vgl. die Übersichtsgrafik).20 Traugott Krischke hat sich in seinen Ausgaben unterschiedlicher Textgrundlagen bedient. In der Ausgabe Stücke von 1961 findet sich kein Hinweis auf die Quelle, allerdings ein indirekter in den Gesammelten Werken von 1970, wo Krischke anmerkt, dass er hier dieselbe Textgrundlage verwendete wie in den Stücken, nämlich „ein Bühnenmanuskript des Marton-Verlages, Wien, […] das erst nach dem Krieg vervielfältigt, also von Horváth nicht mehr korrigiert worden ist“21. Wahrscheinlich ist damit der Erstdruck des Stückes gemeint, das hektografierte Stammbuch des Georg
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Vgl. dazu das Chronologische Verzeichnis in diesem Band S. 164. GW II, S. 4*f.
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Vorwort
Marton Verlags von 1947, von dem sich ein Exemplar im Nachlass Traugott Krischke (ÖLA 84) am Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek befindet. Der Splitternachlass Ödön von Horváth (ÖLA 27), der aus dem Thomas Sessler Verlag an die Österreichische Nationalbibliothek übernommen wurde, enthält demgegenüber nur Durchschläge originaler Stammbücher aus den dreißiger Jahren. In der Kommentierten Werkausgabe weist Krischke auf „zwei textidentische Typoskripte“22 hin, die sich im Nachlass Horváths fänden, wobei eines das Copyright 1933, das andere das Copyright 1934 aufweise. Letzteres sei „mit einigen wenigen hs Korrekturen Horváths versehen […]. Dieses 74seitige Exemplar diente als Druckvorlage“23. Bei den Stammbüchern mit Copyright 1933 und 1934 handelt es sich jedoch keineswegs um „textidentische Typoskripte“. Jenes, das erste Stammbuch von 1933 (T2 = TS2), liegt nur in Form eines von Horváth korrigierten Exemplars vor, das wiederum in das zweite Stammbuch von 1933 (T3 = TS3) eingegangen ist. Beide Stammbücher von 1933 umfassen 74 Blatt (exklusive der Leerblätter). Jenes von 1934 (T5 und T6 = TS4) liegt in zwei vom Autor nicht korrigierten textidentischen Exemplaren vor, die 73 Blatt umfassen (exklusive der Leerblätter). Krischke hat also, dies zeigt auch ein Textvergleich, in der Kommentierten Werkausgabe die Fassung des von Horváth korrigierten ersten Stammbuchs von 1933 (T2 = TS2), de facto also das zweite maschinenschriftliche Stammbuch von 1933 (T3 = TS3) abgedruckt, allerdings mit einigen nicht ausgewiesenen Emendationen gegenüber dieser Fassung. Das von Horváth korrigierte erste Stammbuch von 1933 (T2 = TS2) diente auch der vorliegenden Ausgabe als Textgrundlage für die Erstellung der emendierten Endfassung, die damit die Fassung letzter Hand bietet. Die Fassungen der Stammbücher T3–T6 (TS3 und TS4) sowie des Erstdrucks D1 (TS5) weisen nur geringe Abweichungen zu TS2 auf. Diese werden im Chronologischen Verzeichnis angeführt.
Das genetische Konvolut und seine Chronologie Das genetische Material zum Stück Eine Unbekannte aus der Seine umfasst 147 Blatt. Dabei handelt es sich allerdings nicht um Material aus frühen Phasen der Textgenese, von denen nichts überliefert ist, sondern um zwei Endfassungen, die der letzten Konzeptionsphase des Stückes angehören. Zum einen ist dies das von Horváth gefertigte Typoskript T1 der ersten überlieferten Endfassung (TS1), das 72 Blatt umfasst und mit handschriftlichen Korrekturen des Autors versehen ist; zum anderen das darauf basierende Typoskript T2 (TS2) des Marton Verlags, das (inklusive eines Leerblattes) 75 Blatt umfasst und gleichfalls zahlreiche handschriftliche Korrekturen Horváths aufweist. Dieses maschinenschriftlich vervielfältigte Stammbuch stellt die zweite überlieferte und gültige Endfassung des Stückes dar. Es kann deshalb auch nur von einer Konzeption gesprochen werden, die diejenige der beiden sich nur in wenigen Details unterscheidenden Endfassungen ist.
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KW 7, S. 440. Ebd.
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Vorwort
Konzeption: Eine Unbekannte aus der Seine Bei dem Typoskript T1 handelt es sich, ähnlich wie bei anderen überlieferten Endfassungen Horváths, um keine Reinschrift, sondern um ein handschriftlich korrigiertes und montiertes Typoskript. Dabei kann man aus den unterschiedlichen Papiersorten, den Schnitt- und Klebekanten sowie den handschriftlich geänderten Seitenzahlen Rückschlüsse auf den Produktionsprozess ziehen. Innerhalb des Typoskripts fallen drei unterschiedliche Papiersorten auf, eine helle strukturierte im Format 289 × 226 mm, eine kleinere dunkle glatte im Format 285 × 225 mm und eine größere dunkle glatte im Format 288 × 228 mm. Der Autor hat im Zuge der Erstellung von TS1 die kleineren dunklen Blätter mit einer früheren (Gesamt-)Fassung des Stückes (auf dem größeren dunklen Papier) und mit einer späteren Gesamtfassung des Stückes (auf hellem Papier) sowie mit neu getippten Blättern (auf hellem Papier) montiert. Die größeren dunklen Blätter dürften der frühesten (Gesamt-)Fassung des Stückes entstammen und bilden die früheste Textschicht der montierten Fassung TS1. Sie wurden von Horváth jedoch nur in geringem Maße zur Montage dieser Fassung verwendet. Den Großteil der Blätter des Typoskripts bilden jene aus dem hellen strukturierten Papier. Die meisten davon sind ohne Beschneidung und Klebung, ein geringer Teil wurde mit anderen (Teil-)Blättern aus helle Papier zusammengeklebt, zwei mit (Teil-)Blättern aus dem größeren dunklen Papier. Die solcherart kollationierte Endfassung des Stückes TS1 in Form eines Typoskripts bildete die Grundlage für das erste maschinenschriftlich vervielfältigte Stammbuch von 1933 (T2), das wiederum von Horváth handschriftlich überarbeitet wurde (TS2) und die Grundlage für das zweite maschinenschriftlich vervielfältigte Stammbuch von 1933 T3 (= TS3) darstellte. Die Änderungen im Übergang von der ersten zur zweiten überlieferten Endfassung betreffen nur Details – Wortkorrekturen, kleinere Streichungen oder Hinzufügungen u.ä. –, am Gesamtkonzept und der Szenenreihung wurde nichts mehr verändert. Mit der Fertigstellung und Vervielfältigung der Komödie Eine Unbekannte aus der Seine war jedoch für Horváth die Auseinandersetzung mit dem Motiv der Unbekannten noch nicht abgeschlossen. Es beschäftigte den Autor, wie bereits kurz angedeutet, in den folgenden Jahren immer wieder. Unter Titeln wie L’inconnue de la Seine, La vie inconnue und Das unbekannte Leben arbeitete er in den Jahren 1934/35 an Entwürfen und Textstufen zu einer Komödie aus dem Filmgeschäft, aus denen schließlich das Stück Mit dem Kopf durch die Wand (1935) hervorging, das noch im Jahr seiner Fertigstellung am Wiener Theater Scala „[durchfiel]“24. Horváth bezeichnete diese Komödie später selbstkritisch als „Sündenfall“ durch „neupreussischen Einfluss“25. Die Entwürfe und Textstufen zu diesem Werkprojekt gehören also nicht unmittelbar zum Werkprojekt Eine Unbekannte aus der Seine und werden in einem eigenen Band der Wiener Ausgabe präsentiert.26
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WA 10, S. 482f. Ebd. Das Material zu Mit dem Kopf durch die Wand findet sich im Nachlass Ödön von Horváth in den Mappen ÖLA 3/W 59–W 71 (= BS 51–55) und wird in Band 7 der Wiener Ausgabe (WA 7) kritisch ediert.
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Vorwort
Ein weiterer Nachhall des Motivs der Unbekannten aus der Seine findet sich im Notizbuch Nr. 4, das Horváth in den Jahren 1935/36 verwendet hat. Dort entwirft er zwei Listen mit dem Titel „Fünf Filme“, in denen er über die mögliche Verfilmung seiner Werke spekuliert und dafür jeweils seine Werktitel mit neuen Titeln versieht. Unter den genannten Titeln scheint auch „L’inconnue de la Seine“ auf, der jedoch gestrichen und durch den vermeintlich filmischeren Titel „Ein Kuss im Parlament“ ersetzt wird.27 In demselben Notizbuch findet sich auch ein Werkverzeichnis, in dem Horváth unter den Gattungsbezeichnungen „Komödie, Posse und Märchen“ die Titel „L’ inconnue de la Seine“, „Hin und her“ und „Himmelwärts“ anführt, wobei mit Ersterem in diesem Fall das Stück Eine Unbekannte aus der Seine gemeint sein dürfte.28 Die Zusammenstellung der drei Stücke in einer Rubrik verweist dabei nicht nur auf ihre gattungsästhetische Verwandtschaft, sondern auch auf ihren genetischen und produktionsästhetischen Zusammenhang.
Uraufführung und Rezeption (Überblick) In Kommentaren zur Aufführungspraxis der Unbekannten aus der Seine wird gerne ein Brief Franz Theodor Csokors an Horváth vom 12. August 1933 zitiert: Deine „Unbekannte aus der Seine“ bringt also das „Theater der Neunundvierzig“ im Keller des Hôtel de France als nächste Premiere? Das Stück gehört natürlich auf eine richtige Bühne, und es ist eine Affenschande, daß in einem Land, wo man vorderhand noch das Maul aufmachen kann, und nicht nur zum Fressen, sondern auch, um etwas zu sagen wie Du – damit in eine Katakombe gegangen werden muß. Und das ist um so widerlicher, als sich unserer Art, Stücke zu schreiben, die Mahnungen zur Menschlichkeit sein sollen, ohnehin das Deutschland von heute verschließt.29
Bei diesem Brief handelt es sich allerdings um einen nicht mehr im Original vorliegenden Brief, sondern um einen, den Csokor später aus dem Gedächtnis rekonstruierte und wohl falsch datierte, wie eine jüngere Forschungsarbeit von Ulrike Mayer zeigt, denn das Theater für 49 wurde erst 1934 gegründet.30 Zudem weist Mayer nach, dass dieses Theater niemals in Erwägung gezogen hatte, Horváths Eine Unbekannte aus der Seine zu spielen, sondern stattdessen im Oktober 1934 das Stück L’inconnue de la Seine von Robert Lantz mit großem Erfolg zur Uraufführung brachte. Das Stück von Lantz erinnert in vielem an die Erzählung Hertha Paulis und unterscheidet sich deutlich von der Komödie Horváths.31
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ÖLA 3/W 370 – o. BS, Bl. 91; vgl. in diesem Band S. 466f. WA 8, S. 220f. (= ÖLA 3/W 370 – o. BS, Bl. 98v). Franz Theodor Csokor: Zeuge einer Zeit. Briefe aus dem Exil 1933–1950. München/Wien: Albert Langen/Georg Müller 1964, S. 28. Was den quellenkundlichen Status der in diesem Band abgedruckten Briefe betrifft, richtet sich gegen viele ein berechtigter Vorbehalt, da Csokor die meisten Originalbriefe während des Nationalsozialismus vernichtet hat und später aus dem Gedächtnis rekonstruierte. (Vgl. dazu Christian Schnitzler: Der politische Horváth. Untersuchungen zu Leben und Werk. Frankfurt am Main [u.a.]: Peter Lang 1990, S. 149f.) Vgl. GW II, S. 3* und KW 7, S. 439. Vgl. Ulrike Mayer: Theater für 49 in Wien 1934–1938. Univ.-Diss. Wien 1994, S. 84f. Vgl. ebd., S. 85–87.
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Vorwort
In einem Brief des Autors vom 30. Juni 1933 an eine unbekannte und bisher nicht eruierte „gnädige Frau“ ist von einem Stück die Rede, das „allerdemnächst fertig“ werde und von dem er weiters schreibt: [L]eider werde ich es Ihnen aber nichtmehr nach Berlin senden können – und nun eine grosse Bitte: bitte grüssen Sie Hilpert, Frl. Mayer und Dr. Ibach herzlichst von mir, und ich werde Hilpert das Stück, sobald ich es fertig habe, zusenden.32
Wenn mit dem im Brief erwähnten Stück das Werkprojekt Eine Unbekannte aus der Seine gemeint ist, was sehr wahrscheinlich ist, dann liefert der Brief einen weiteren Hinweis dafür, dass es wohl erst im Juli oder August 1933 fertig wurde. Darüber hinaus lässt sich aus dem Brief erkennen, dass Horváth sich offensichtlich um eine Uraufführung an einem Berliner Theater bemüht hatte. Sein Wunschregisseur wäre dabei natürlich Heinz Hilpert gewesen, der Regisseur der so erfolgreichen Uraufführung der Geschichten aus dem Wiener Wald vom 2. November 1931 am Deutschen Theater Berlin. Allerdings standen diesem Bemühen Hindernisse politischer Natur entgegen, denn der Autor, der 1931 den Kleist-Preis erhalten hatte, eine der wichtigsten deutschen Dramatikerauszeichnungen, und damit auf dem Zenit seiner Karriere stand, fand nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Deutschen Reich keine Aufführungsmöglichkeiten mehr. In einem Brief des Neuen Bühnenverlags, mit dem Horváth am 19. April 1934 einen Vertrag über sein Stück Himmelwärts abgeschlossen hatte,33 an den Reichsdramaturgen Dr. Rainer Schlösser vom 26. Juni 1934 wird deshalb eine Korrektur des Autorenimages versucht: In den Kreis unserer Mitarbeiter haben wir Ödön von Horváth aufgenommen, nachdem wir uns überzeugt hatten, dass das unschöne Gerede über den Dichter, das hie und da auftauchte, jeder Grundlage entbehrt.34
In der Folge wird in dem Schreiben ein Brief Horváths an den Neuen Bühnenverlag vom 18. Juni 1933 zitiert, in dem es unter anderem heißt: Nun muss ich Ihnen leider folgendes mitteilen und Sie sehr bitten, in dieser Angelegenheit zu intervenieren, und zwar so, wie Sie es für gut halten, denn ich weiss nun nicht mehr, was ich machen soll und bin auch über all das etwas erschüttert. Es dreht sich um folgendes: man hat mir erzählt, dass Hilpert im V.B. [Völkischen Beobachter; Anm.] (Berliner Ausgabe) und im „Der Deutsche“ angegriffen worden ist, weil er in der nächsten 32
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Brief Ödön von Horváths an eine unbekannte Dame vom 30. Juni 1933, handschriftliches Original, Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, Nachlass Ödön von Horváth, ÖLA 3/B 1. Vgl. den Vertrag zwischen dem Neuen Bühnenverlag und Ödön von Horváth vom 19. April 1934, Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, Splitternachlass Ödön von Horváth, ÖLA 27/S 1. Brief des Neuen Bühnenverlags an Dr. Rainer Schlösser vom 26. Juni 1933, maschinenschriftliches Original, Bundesarchiv Berlin, R 55/20 168. Vgl. auch Polt-Heinzl/Schmidjell (Anm. 19), S. 230. Horváth hatte schon ein paar Jahre zuvor mit Schlösser Bekanntschaft gemacht, als dieser ihn in einem Artikel im Völkischen Beobachter vom 19. November 1931 als „Salonkulturbolschewisten“ beschimpfte, der „deutschen Menschen nichts, aber auch gar nichts zu sagen hat“. (Zitiert nach: Krischke 1988 [Anm. 15], S. 78) Und gut ein Jahr später, am 14. Februar 1933, nach der sogenannten „Murnauer Saalschlacht“ (vgl. ebd, S. 89), schrieb Schlösser in demselben deutschnationalen Organ: „Ödön von Horváth besaß die Frechheit, die Nationalsozialisten anzupöbeln. […] Wird sich der Ödön noch wundern!“ (Zitiert nach ebd., S. 89)
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Vorwort
Spielzeit ein Stück von mir bringen will. „Der Deutsche“ soll unter anderem geschrieben haben, ich hätte ein kommunistisches Stück, betitelt „Die Bergbahn“ geschrieben, das im Januar 1929 in der Volksbühne aufgeführt worden ist.- Hierzu habe ich zu bemerken: dieses Stück war kein kommunistisches, sondern ein ausgesprochen antikommunistisches Stück. Es war seinerzeit das erste Stück, in dem Arbeiter nicht von dem üblichen doktrinär-marxistischen Winkel aus gesehen und zu gestalten versucht worden sind, weshalb mich auch die gesamte marxistische Presse, mit geringen Ausnahmen, verhöhnt und verdammt hat.35
Wie aus dem Brief hervorgeht, hatte Hilpert sich also wirklich für Horváths Stück – wohl Eine Unbekannte – interessiert und wollte es „in der nächsten Spielzeit“ „bringen“, was aber von der nationalsozialistischen Presse verhindert wurde. Auf die zitierte Passage folgt im Brief ein langer Versuch Horváths, seine deutschlandfreundliche Haltung und seinen Antikommunismus unter Beweis zu stellen und sich damit dem Deutschen Reich anzubiedern – ein Vorgehen, das nicht erst heute befremdet. Der Brief gipfelt in der Beteuerung Horváths: Ich habe mich also aus freien Stücken in eindeutigster Weise für Deutschland erklärt, und zwar bereits zu einer Zeit im Ausland, wo eine derartige Erklärung für einen Künstler nicht gerade ohne jede Gefahr verbunden war. Und nun, fast ein fünfviertel Jahr später, ereignet sich der Fall, dass ein deutsches Theater ein Stück von mir spielen will, und da muss ich hören, dass man kein Stück von mir in Deutschland spielen kann, also in dem Lande, für das ich im Ausland immer eingetreten bin. Ich erwarte es niemals, dass man mich irgendwo mit offenen Armen empfängt, aber es wäre für mich mehr als ein sehr schmerzliches Erlebnis, wenn man es mir untersagen würde, am Wiederaufbau Deutschlands mitzuarbeiten, soweit dies mir meine Kräfte erlauben.36
Der weitere Verlauf ist bekannt: Horváth wird am 12. Juli 1934 in den Reichsverband Deutscher Schriftsteller aufgenommen und erst am 24. Februar 1937, aufgrund nicht entrichteter Mitgliedsbeiträge, wieder von der Mitgliederliste gestrichen.37 Doch selbst die Mitgliedschaft in der Reichsschrifttumskammer brachte dem Autor keine weiteren Inszenierungen im Deutschland der dreißiger Jahre. Alle 1933 und später entstandenen Stücke, die noch zu Lebzeiten Horváths uraufgeführt wurden, erlebten ihre Uraufführung außerhalb Deutschlands. Doch auch in Österreich standen die Chancen der Unbekannten aus der Seine auf eine Uraufführung nicht zum Besten. Bereits im August 1933 hatte Horváth das Stück dem Wiener Burgtheater vorgelegt, es wurde jedoch abgelehnt.38 Einigermaßen ernüchtert über die Aufführungschancen seiner Komödie schreibt Horváth am 30. Oktober 1933 in dem bereits zitierten Brief an Rudolph S. Joseph, der seit 1932 mit G. W. Pabst zusammenarbeitete39 und sich dazu bereit erklärt hatte, für den Autor Verfilmungsmöglichkeiten seiner Stücke zu sondieren: In der letzten Zeit habe ich zwei Stücke geschrieben, betitelt „Eine Unbekannte in der Seine“ und „Hin und her“. Ersteres eine Komödie, an die sich infolge ihrer (in Anbetracht der heute herrschenden Sandbänke) abgrundtiefen Pessimität (ein neues Wort, weil mich das alte schon zu sehr langweilt) kein Theaterdirektor herantraut, nur verkleidet als Matinee-Unternehmer mit fragwürdigen Ehrenwörtern bez. späterer Uebernahme in den Abendspielplan.40 35 36 37 38 39 40
Brief des Neuen Bühnenverlags an Dr. Rainer Schlösser vom 26. Juni 1933 (Anm. 34). Ebd. Vgl. Polt-Heinzl/Schmidjell 2001 (Anm. 19), S. 230f. Vgl. Mayer 1994 (Anm. 30), S. 84. Vgl. Polt-Heinzl/Schmidjell 2001 (Anm. 19), S. 241. Brief Ödön von Horváths an Rudolph S. Joseph vom 30. Oktober 1933 (Anm. 19), S. 242.
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Vorwort
Die „Pessimität“ des Stückes scheint hier schon auf den Autor abgefärbt zu haben. Erst im Januar 1934 eröffnete sich für die Unbekannte eine veritable Inszenierungsaussicht: Am 11. Januar 1934 meldet die Wiener Allgemeine Zeitung, dass Horváths Stück Eine Unbekannte aus der Seine „noch im Jänner“ unter der Regie Otto Premingers mit Schülern des Reinhardt-Seminars im Schönbrunner Schlosstheater uraufgeführt werden soll. Das Bühnenbild werde von Oskar Strnad gestaltet.41 Doch auch zu dieser Uraufführung kam es nicht. Die genauen Gründe dafür sind nicht bekannt. Eine Aufführung in den Wiener Kammerspielen wurde im August 1934 nur angekündigt, fand aber nicht statt.42 Die tatsächliche Uraufführung des Stückes erfolgte so erst vierzehn Jahre nach seiner Fertigstellung und neun Jahre nach Horváths Tod am 16. September 1947 am Volkstheater Linz-Urfahr: „Dieses Theater bot 400 Zusehern Platz und wurde seit 1945 vom Oberösterreichischen Gewerkschaftsbund getragen.“43 Horváths Stück erlebte seine Uraufführung also nicht in einem Kellertheater, aber auch nicht an einer ganz großen Bühne. Regie bei der Uraufführung führte Theo Frisch-Gerlach. Es spielten: Heliane Bei als Unbekannte und der Regie führende Theo Frisch-Gerlach als Albert. In den Nebenrollen: Hubert Mann, Michael Grahn, Maria Hanke, Karl Hellmich, Eduard von Kliemstein, Fritz Matysiak und Walter Pfeil. Das Bühnenbild gestaltete Rudolf Hoflehner. Die Reaktionen auf die Uraufführung waren großteils von Unverständnis geprägt. Der Kritiker der Oberösterreichischen Nachrichten etwa bezeichnet die Unbekannte als „seltsames Stück“ und stellt eher Fragen, als dass er sie beantworten würde: Was wollte Ödoen Horvath, der in den letzten Jahren vielgenannte, frühverstorbene ungarische Dichter aus Fiume, mit ihm sagen? Wollte er das Geheimnis des lächelnden Antlitzes ergründen, mit dem einst die berühmte Unbekannte in die Seine, in einen frohen Tod gegangen war, oder kam es ihm eher darauf an, die Leucht- und Opferkraft einer weiblichen Seele zu zeigen? […] Ist das Ganze ein Stück Dichtung aus dem Alltagsleben? Vielleicht. Ist es ein Drama? Kaum; dazu ist es, trotz des kriminellen Spannungseinschlags, zu lyrisch, dazu hat es zu viele Sprünge und Risse im Aufbau, dazu ist es zu unklar – Mängel, die ein angehängter Epilog nur um so deutlicher macht. Ist es, wie seine Bezeichnung besagt, eine Komödie? Keinesfalls. Ein Raub- und ein Selbstmord sind denn doch eine zu schwere Belastung. – Kein Zweifel andererseits, daß den einzelnen Szenen ein starker Stimmungsgehalt entströmt, daß das dichterische Wort aufklingt und eine milde, wehe Weisheit in die Abgründe des Lebens blickt. Wirklichkeit und traumhaft-hintergründige Unwirklichkeit verschweben seltsam ineinander.44
Auch wenn er sich unverständig stellt, hat doch der Kritiker in diesen letzten Zeilen einiges von der Horváth’schen Dramaturgie intuitiv erkannt. Auch mit der Vermutung, dass der Autor das „Geheimnis des lächelnden Antlitzes ergründen“ wollte, liegt er durchaus richtig, wie die weiter unten zitierte Selbstaussage Horváths in der Wiener Allgemeinen Zeitung zeigt. Dass der Kritiker der Komödie den Status als „Drama“ abspricht, zeugt von dem freilich nach wie vor verbreiteten und nach dem Krieg verstärkt propagierten Konservativismus in der Kunstkritik, der die
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Oedön-Horvath-Premiere am Reinhardt-Seminar (Anm. 17). Vgl. Mayer 1994 (Anm. 30), S. 84. Wolfgang Lechner: Mechanismen der Literaturrezeption in Österreich am Beispiel Ödön von Horváths. Stuttgart: Akademischer Verlag Hans-Dieter Heinz 1978, S. 48. Dr. H. R.: „Eine Unbekannte aus der Seine“ (Linzer Erstaufführung der Komödie von Horvath im Volkstheater Urfahr). In: Oberösterreichische Nachrichten, 18. 9. 1947.
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Vorwort
Errungenschaften der literarischen Moderne leugnete und wieder dort anschloss, wo die konservative Kritik der dreißiger Jahre gestanden war. Dennoch bleibt das Fazit positiv: Wieder hat das Volkstheater Urfahr eine Leistung vollbracht: es hat den ersten Horvath nach Linz gebracht. Dafür und für die wiederum gute Gesamtleistung gebührte ihm der reiche Beifall des Publikums, das mit dem Werk selbst freilich wenig anzufangen wußte; es fand es schön und packend im einzelnen, fragwürdig im ganzen.45
„[F]ragwürdig“ und unfertig erscheint auch dem Kritiker des Linzer Volksblattes die Komödie, die für ihn keine ist: Das Wissen um ein Verbrechen müsste nun aber doch, trotz der rührend-unschuldigen Liebe, jenes friedvolle Lächeln zerstören, das uns die bekannte Maske zeigt. Sodann fehlt bei Horváth der klare Bau selbst dieser einfachen Handlung. Zu manchen Unwahrscheinlichkeiten im Seelenleben seiner Menschen kommt nämlich noch, daß erst ein sogenannter „Epilog“ die Handlung des dritten Aktes ergänzt und klärt. (Man könnte übrigens versuchsweise einmal den Epilog als Prolog spielen; vielleicht würde das Stück sogar verständlicher.) Schließlich gibt Horváth in seiner Dichtung (die mit einer Komödie nicht das geringste zu tun hat) kein theaterfrisches Geschehen, sondern weich und träumend gesehene Skizzen, die zwar das Herz eines Dichters, aber nicht seinen klaren Kopf und die schaffende, formende Hand erkennen lassen.46
Sprünge, Risse, Skizzenhaftigkeit, Fragmentarizität, Formlosigkeit – mit solchen Symptomen der Unfertigkeit und des Unorganischen wollte man nach dem Krieg verständlicherweise nichts zu tun haben, bildeten doch der Wiederaufbau und die Ganzheit die Leitidee des kulturellen und gesellschaftlichen Bestrebens. Für den Rezensenten der kommunistischen Neuen Zeit widerspricht das Stück gar einer positiven, lebensbejahenden Haltung und gehört damit einer Epoche der „Pessimität“47 an, die er überholt und überwunden wissen will: Man kann dieses Stück nicht bejahen, man soll es nicht bejahen. Dies ist eine Dichtung, die nicht nur dem Zustand der Verwirrung entspringt, sondern die auch in der Absicht entsteht, Verwirrung zu stiften! Aber ist die Welt absurd? Ist der Selbstmörder der einzig wirkliche Mensch?48
Horváth hatte solches Unverständnis vor allem gegenüber der Form seines Stückes vorausgesehen. In dem oben erwähnten Artikel der Wiener Allgemeinen Zeitung über die Horváth-Premiere am Reinhardt-Seminar, in dem der Autor großteils wörtlich zitiert wird, äußert er wesentliche Einsichten über sein Stück, die auch für die literaturwissenschaftliche Forschung relevant blieben: Mein neues Stück […] ist ein ausgesprochenes literarisches Experiment. Seine Aufführung muß für jeden Theaterdirektor zunächst als ein Wagnis erscheinen. Ich bin selbst der Ansicht, daß es höchst fraglich ist, ob das Stück im Abendrepertoire eines großen Theaters en suite gespielt werde könnte. Bei der herrschenden Situation im Theaterleben bedeuten Stücke, die in irgend einer Weise ein gewagtes Experiment darstellen, ein ganz außerordentliches Risiko. […] Das Stück selbst versucht eine Möglichkeit darzustellen, wie sich das Schicksal der Unbekannten in der Seine, der Selbstmörderin, deren Totenmaske ja allgemein bekannt ist und von deren Tragödie man nie etwas erfahren hat, ja deren Name sogar bis heute ein Geheimnis geblieben ist, abgespielt haben kann. Die Anlage der Handlung ist so, daß ihr Schauplatz nicht unbedingt 45 46 47 48
Ebd. Dr. J. A.: Das ungeklärte Lächeln. In: Linzer Volksblatt, 18. 9. 1947. Vgl. oben und Anm. 40. a. b.: „Eine Unbekannte aus der Seine“. Komödie von Oedön Horvath, Erstaufführung des Volkstheaters Urfahr. In: Neue Zeit, 18. 9. 1947.
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Vorwort
Paris, sondern jede Stadt sein kann. Das Experiment aber besteht in der Form des Stückes. Am ehesten vielleicht erinnert es an den Versuch, den Frank Wedekind seinerzeit mit seinem Stück „Musik“ unternommen hat. Es ist der Versuch, das Komische und Groteske der Tragik aufzuzeigen. Selbstverständlich gehe ich meine eigenen Wege, und der Hinweis auf Wedekinds „Musik“ soll nur die Richtung des Experiments andeuten. Ich werde keineswegs verwundert sein, wenn das Publikum bei den erschütterndsten und tragischesten Stellen in Gelächter ausbricht. Es soll eben gezeigt werden, wie die tragischen Ereignisse sich im Alltagsleben oft in eine komische Form kleiden. Das Stück repräsentiert aber keineswegs da[,] was man eine Tragikomödie nennt. Es ist ein ganz und gar tragischer Stoff und die Komik, die ihm das Alltagsleben verleiht, kann beispielsweise darin liegen, daß ein Dialog erschütterndsten Inhaltes in Unterhosen geführt wird.49
Dass die tiefschwarze „Komödie“ Eine Unbekannte aus der Seine „ein literarisches Experiment“ darstellt, hat die spätere literaturwissenschaftliche Forschung nicht mehr so empfunden. Horváth hat sich in dem Stück im Wesentlichen wieder einer Form bedient, die er in Kasimir und Karoline bereits meisterhaft gestaltet hatte, derjenigen der losen Szenenreihung. Wobei im Unterschied zu dem Volksstück in der Unbekannten der losen Szenenfolge eine Einteilung in drei Akten und einem Epilog übergelagert ist, womit das „Chaos“ zumindest oberflächlich „gebannt“50 scheint. Dass eine solche formale Entscheidung die Zeitgenossen, die mit dem Expressionismus und dem epischen Theater Brechts vertraut waren, weniger verstört hätte als das Publikum des konservativen Nachkriegsösterreich darf zu Recht angenommen werden. Dennoch hatte Horváth auch diesbezüglich seine Zweifel, wie seine oben angeführten Äußerungen in der Wiener Allgemeinen Zeitung belegen. Die weitere Aufführungspraxis zeigt, dass das Stück gerade aufgrund seiner losen Struktur dem modernen Regietheater entgegenkam. Auch wenn es zu den weniger oft gespielten gehört, wird es nach wie vor auch auf großen Bühnen inszeniert, so etwa im September 1997 am Wiener Volkstheater (Regie: Harald Clemen), im September 2000 an der Berliner Schaubühne (Regie: Barbara Frey) und im März 2011 am Münchener Volkstheater (Regie: Anna Bergmann). Es fehlen jedoch die ganz großen Inszenierungen mit bekannten Schauspielern, wie man sie von anderen HorváthStücken kennt. 1968 wurde die „Komödie“ von Michael Kehlmann für das Fernsehen verfilmt, mit Hertha Martin, Walter Kohut, Greta Zimmer, Eric Pohlmann, Hans Clarin, Kurt Sowinetz und Walter Sedlmayr. In der literaturwissenschaftlichen Forschung ist zu Recht die Nähe der Komödie Eine Unbekannte aus der Seine zu den Volksstücken betont worden. Sie äußert sich durch „triviale Handlungsmuster“ (Kriminalhandlung und Liebesromanze), durch die „metaphorische Verklammerung der Szenen“ und nicht zuletzt durch die „Kreisstruktur des Werks“51. Auch Außenseiterfiguren wie die Unbekannte und der Uhrmacher, die aus dem Mikrokosmos der „Seitengasse“ – hier klingt freilich die „Stille Straße“ der 49 50
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Oedön-Horvath-Premiere am Reinhardt-Seminar (Anm. 17). Brief Ödön von Horváths an Franz Theodor Csokor vom 25. April 1933, handschriftliches Original, Handschriften-, Autografen- und Nachlasssammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, Autograf Nr. 296/30–1; abgedruckt in: WA 9, S. 1f. Johanna Bossinade: Vom Kleinbürger zum Menschen. Die späten Dramen Ödön von Horváths. Bonn: Bouvier 1988 (= Abhandlungen zur Kunst-, Musik- und Literaturwissenschaft, Bd. 364), S. 24. Vgl. auch Kurt Bartsch: Ödön von Horváth. Stuttgart/Weimar: Metzler 2000 (= Sammlung Metzler, Bd. 326), S. 122.
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Vorwort
Geschichten aus dem Wiener Wald an – verbannt werden müssen, damit die zweifelhafte, kleinbürgerliche Ordnung wiederhergestellt werden kann, waren bereits kennzeichnend für die Volksstücke.52 Selbst die Verquickung des Tragischen mit dem Komischen, auf die Horváth in dem oben angeführten Zitat hinweist und die dem Stück seine besondere Gestimmtheit verleiht, die von Nostalgie und Sehnsucht einerseits und von Brutalität und Berechnung andererseits geprägt ist, findet sich in ähnlicher Form bereits in den Volksstücken. Allerdings gibt es auch deutliche Differenzen zu den in den Volksstücken entwickelten dramatischen Mustern. So liegt bei der Unbekannten eine dort noch nicht gekannte Verstärkung der „narrative[n] Struktur des Nebentextes“ vor, der praktisch „auktorialen“ „Charakter“53 annimmt. Außerdem wird die Sprache hier nur ausnahmsweise zum Thema gemacht oder zur Figurendemaskierung (etwa im Fall der Hausmeisterin) genutzt, während sie in den Volksstücken durchgehend in dieser Funktion eingesetzt wird.54 So gilt die Komödie Eine Unbekannte aus der Seine letztlich vor allem als „Schwellentext“55 zwischen dem Früh- und dem Spätwerk des Autors. Denn die kleinbürgerliche Welt wird hier, ähnlich wie in dem späten Schauspiel Der jüngste Tag (1937)56, von Horváth durch lyrische Elemente aufgebrochen, die vor allem im Zusammenhang mit der Figur der Unbekannten stehen. Metaphorisierung und Symbolisierung kennzeichnen ihre Weltsicht und ihre Sprache. Eine Nähe zu sagenumwobenen Wasserwesen (Undinen) und Märchenfiguren (Andersens Mädchen mit den Schwefelhölzern57) verstärkt den metaphorischen und symbolischen Charakter der Handlung und zugleich ihren neoromantischen Lyrismus, den die Kritik eher als Mangel empfunden hatte, der jedoch in der literaturwissenschaftlichen Rezeption als durchaus positives Kennzeichen der meisten späten Stücke Horváths angesehen wird.58 Am Undine-Mythos erweist sich die Faszination durch die Frau und die Sehnsucht nach ihr, aber auch die Angst vor dem Anderen, das sie vertritt und das aus dem Selbstverständnis des Mannes ausgegrenzt ist: Natur, Sinnlichkeit und Sexualität. […] Die Beziehung zur Unbekannten versteht Albert als eine Episode, die jederzeit zu lösen, sein Recht ist. Ihr In-den-Tod-getrieben-Werden durch ihn symbolisiert die Abtötung von Sexualität, Liebe, Sinnlichkeit. Die Sehnsucht des Mannes danach ist da, aber er will sie nicht in seinen Alltag integrieren, vielmehr heiratet er die Geschäftsfrau Irene. Die Totenmaske, die Irene bezeichnenderweise für das gemeinsame Schlafzimmer mit Albert kauft, verweist auf das Weiterexistieren ebenso wie auf die Erstarrung der angesprochenen Ansprüche.59
52 53 54 55
56 57 58 59
Vgl. Bossinade 1988 (Anm. 51), S. 33–38. Ebd., S. 25 und Bartsch 2000 (Anm. 51), S. 122. Vgl. Bossinade 1988 (Anm. 51), S. 26 und Bartsch 2000 (Anm. 51), S. 122. Ingrid Haag: Fassaden-Dramaturgie. Beschreibung einer theatralischen Form. Frankfurt am Main [u.a.]: Peter Lang 1995 (= Literarhistorische Untersuchungen, Bd. 26), S. 107. Vgl. WA 10. Vgl. Bossinade 1988 (Anm. 51), S. 37f. Vgl. ebd., S. 38–40 und Bartsch 2000 (Anm. 51), S. 122f. Bartsch 2000 (Anm. 51), S. 122f. Vgl. auch Nicole Streitler: Die schöne Unbekannte bei Schnitzler, Musil und Horváth. In: Klaus Kastberger/Nicole Streitler (Hg.): Vampir und Engel. Zur Genese und Funktion der Fräulein-Figur im Werk Ödön von Horváths. Wien: Praesens 2006, S. 67–82.
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Vorwort
Auch eine Verwandtschaft und zugleich Differenz der Unbekannten zu den für die Volksstücke typischen Fräulein-Figuren wurde erkannt.60 Die Unbekannte fällt jedoch letztlich aus diesem Raster heraus und wird aufgrund ihrer „mythisch-humane[n] Weiblichkeit“ und „Entscheidungsautonomie“ eher in die Nähe moralisch eindrucksvoller literarischer Frauenfiguren wie Goethes Iphigenie gerückt: So gesehen unterläuft Horváth dann aber auch den von Männerphantasien diktierten UndineMythos, demzufolge die Frau als seelenloses Wesen der Vermenschlichung in der Beziehung zum Mann bedarf. Die Unbekannte ist demnach aber auch eine im früheren Werk des Autors undenkbare Figur.61
Die Verquickung von Eros und Thanatos in der Figur der Unbekannten stellt ein im gesamten Werk Horváths auffindbares Motiv dar, das aber in Eine Unbekannte aus der Seine besonders auffällig erscheint. Mit den Fräuleins freilich verbindet sie vor allem der Tod: Alle Fräuleins sterben ihren Tod. Marianne [in Geschichten aus dem Wiener Wald; Anm.] in der Ehe, und, der Unbekannten scheinbar vergleichbar, Elisabeth [in Glaube Liebe Hoffnung; Anm.] durch Suizid. Aber die Unbekannte wird noch im Tod verdinglicht […].62
Damit überbietet der Tod der Unbekannten noch das übliche Sterben der FräuleinFiguren. Sie stirbt, als eine Art letztes Fräulein, keinen nur metaphorischen Tod, sondern ihr handfester Tod wird zum Symbol, zur Skulptur, zum kleinbürgerlichen „Dekorationsgegenstand“63 und dergestalt in den Alltag integrierbar. Sie „wird zur Schau gestellt als Totenmaske, ihr Tod als Kitschgegenstand maskiert, im wahrsten Sinne des Wortes. Die Totenmaske und ihre Verwendung verbildlicht in gültiger Form das Ende aller Fräuleinfiguren“64. So wird letztlich die Unbekannte aus der Seine bei Horváth zu einer Unbekannten aus der Seine. Sie ist nur eine von vielen, Symbol, nicht Individuum. Und die Artikelvertauschung im Titel, die – wie die überlieferten Stammbücher und Drucke zeigen – für Verleger und Herausgeber so schwer nachvollziehbar war, erscheint als symptomatisch. Die durch die Todesmetaphorik bestimmte melancholische Grundierung von Horváths Komödie Eine Unbekannte aus der Seine hängt mit einer Auffassung zusammen, die der Autor auf einem losen Entwurfsblatt beschrieben hat, das wahrscheinlich auf Ende 1937 zu datieren ist. Auf diesem Blatt befindet sich neben einem Werkplan zu der von ihm etwa ab 1935 geplanten, aber nicht mehr realisierten Komödie des Menschen „in sieben Teilen“ eine Notiz, in der er einen Großteil seiner bis zu diesem Zeitpunkt geschriebenen Stücke verwirft: „Kasimir und Karoline“, „Liebe, Pflicht und Hoffnung“, „Die Unbekannte der Seine“, „Hin und Her“, „Himmelwärts“, „Figaro lässt sich scheiden“, „Don Juan kommt aus dem Krieg“ und „Das jüngste Gericht“. Nach diesem Widerruf formuliert er jedoch in der Notiz auch ein „Programm im Stückeschreiben“, wonach er, „unter dem Titel ‚Komödie des Menschen‘ fortan 60 61 62 63 64
Vgl. Bartsch 2000 (Anm. 51), S. 123f. und Streitler 2006 (Anm. 59), S. 81. Bartsch 2000 (Anm. 51), S. 123. Ebd., S. 124. Haag 1995 (Anm. 55), S. 109. Ebd., S. 135. Karlavaris-Bremer weist darauf hin, dass es gerade die Totenmaske der Unbekannten ist, die die kleinbürgerliche Gesellschaft demaskiert. (Vgl. Karlavaris-Bremer 2001 [Anm. 6], S. 105)
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Vorwort
[seine] Stücke schreiben [will], eingedenk der Tatsache, dass im ganzen genommen das menschliche Leben immer ein Trauerspiel, nur im einzelnen eine Komödie ist“65. Hätte er die „Komödie“ „Die Unbekannte der Seine“ – bemerkenswerterweise in der Liste mit dem bestimmten Artikel und ohne lokale Präposition – nicht auch unter die verworfenen Werke aufgenommen, könnte sie im Gegenteil als frühes paradigmatisches Beispiel für eine solche tragische Komödie des Menschen firmieren.
65
ÖLA 3/W 309 – BS 14 b, Bl. 6; abgedruckt in: WA 10, S. 482f.
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Lesetext
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Konzeption: Eine Unbekannte aus der Seine
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Endfassung
K/TS1 (Korrekturschicht)
얍
Lesetext
EINE UNBEKANNTE AUS DER SEINE Komödie in drei Akten und einem Epilog von Ödön Horváth . B
B
N
ÖLA 27/W 14 – o. BS, Bl. 1
N
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얍 Personen: A LBERT S ILBERLING N ICOLO I RENE E MIL , ein Bräutigam E RNST T HEODOR, der Leidtragende DIE U NBEKANNTE DER U HRMACHER H AUSMEISTERIN K LARA , die Hausmeisterstochter EIN P OLIZIST DER S TUDENT AUS DEM ZWEITEN S TOCK RECHTS DIE G ATTIN DES I NGENIEURS AUS DEM DRITTEN S TOCK die Mordkommission: DER H ERR IM F RACK DER D OKTOR DER K OMMISSAR DER G ERICHTSPHOTOGRAPH M ATHILDE , die Zimmervermieterin L ILLY, ein Mädchen L UCILLE DER KLEINE A LBERT .
ÖLA 27/W 14 – o. BS, Bl. 2
LINKS
Schauplatz: Dieses Stück spielt in einer grossen Stadt, durch die ein Fluss fliesst. 얍 ERSTER AKT
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ÖLA 27/W 14 – o. BS, Bl. 3
Seitengasse. Altes hohes Haus. Neben dem Haustor ein Uhrmacherladen und eine kleine Blumenhandlung mit Rosen, Tulpen, Hyazinthen, Kakteen und Flieder -- bis auf die Gasse hinaus. Darunter auch eine Stechpalme. Die Besitzerin der Blumenhandlung ist blond, ledig und Mitte der Zwanziger. Mit dem Vornamen heisst sie Irene. In der Auslage des Uhrmacherladens hängen lauter Uhren -- grosse und kleine, alte und neue. Auch Kuckuksuhren . Und ein Barometer. Es geht bereits gegen Abend, Ende Mai. B
N
B
1 3 35 42
AUSN ] Ödön HorváthN ] BSeitengasse.N ] BKuckuksuhrenN ]
N
| |
B
korrigiert aus: [IN] aus
B
[O]|Ö|dön Horv[a]|á|th Seitengasse\./ [in Paris.] gemeint ist: Kuckucksuhren
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K/TS1 (Korrekturschicht)
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Szene 1 Albert, ein junger Mensch und ehemaliger Beamter einer Speditionsfirma, kommt mit Silberling und Nicolo langsam vorbei. Silberling, ein älterer Herr, macht auf den ersten Blick einen durchaus soliden Eindruck, aber auf den zweiten Blick wieder weniger. Und auch Nicolo sieht nicht gerade vertrauenerweckend aus, schon auf den ersten Blick nicht. Aber gekleidet ist er wie ein Gent. S ILBERLING Also das ist Nummer neun. Ein schönes Haus. 얍 A LBERT Alt. S ILBERLING Wahrscheinlich. Und die Wohnung über den Uhren ist zu vermieten? A LBERT Sie steht leer. (Stille) A LBERT Es ist das ein kleiner Laden, dieser Uhrmacherladen. Gleich rechts steht der Schrank und schlafen tut er hinten hinaus. N ICOLO Und dort ist das Kellerfenster. A LBERT Ja. (Stille) S ILBERLING Wieviel sagst Du? Dreitausend? A LBERT Garantiert. N ICOLO Ich habe ein gutes Gefühl. (Stille) A LBERT Aber ich tu nicht mit. S ILBERLING Was heisst das? N ICOLO (scharf) So plötzlich? (Stille)
ÖLA 27/W 14 – o. BS, Bl. 4
B N
A LBERT Ich hab Euch hierhergeführt und zeig Euch Chancen, aber ich tu nicht mit. N ICOLO (ironisch) Willst ein neues Leben beginnen? S ILBERLING Also nur keine Unüberlegtheiten! (Stille) A LBERT Ein neues Leben -- hm. Das geht natürlich nicht nach Wunsch. S ILBERLING (grinst) Wahrscheinlich. A LBERT Aber es dreht sich da um einen Menschen -- Nicht um mich! 얍 N ICOLO Sondern? A LBERT (schweigt) S ILBERLING Sicher um eine Madonna. Die wird oder will ihn verlassen oder sie hat ihn schon verlassen -A LBERT (grinst) Erraten. N ICOLO Kunststück! S ILBERLING Und jetzt hat sie schon längst einen Anderen, nicht? A LBERT Sie hat keinen Anderen. S ILBERLING Wetten? A LBERT Ich wette nicht. N ICOLO Er ist kein Hasardeur. A LBERT Gut. Jetzt wette ich! Hundert gegen eins! B N
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] ]
[N ICOLO Du musst! Wir zwei allein sind zu wenig.] [Nein.]
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Endfassung
K/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
S ILBERLING Abgemacht! Auch hundert gegen zwei! N ICOLO Zu gewagt! A LBERT (braust auf) Was versteht denn Ihr schon davon! (wütend ab) 5
Szene 2 Die beiden Herren sehen ihm etwas verdutzt nach. N ICOLO Er muss mittun. Wir zwei allein sind zu wenig. S ILBERLING Der kommt auch wieder -- da wachsen mir keine grauen Haar. N ICOLO Aber die Finger eines Weibes im Spiele -- das kann mir nicht gefallen. An Hand meiner reichen persönlichen Erfahrungen -S ILBERLING (unterbricht ihn väterlich) Nanana! Nur nicht 얍 gar so von droben herab, Herr Casanova! N ICOLO (fixiert ihn) Was weisst denn Du schon von mir, junger Mann? S ILBERLING Nichts. N ICOLO Eben. (ab mit Silberling) B
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Szene 3 Jetzt verlässt Irene mit Emil, einem Bräutigam, ihre Blumenhandlung. Der will sich gerade ein Brautbouquet kaufen, ist aber immer noch unschlüssig. Er hat einen melancholischen Charakter und beriecht die Blumen auf der Strasse. I RENE Auch Hyazinthen riechen gut. E MIL Zu streng. I RENE Dann bleiben wir doch bei den Rosen, Herr Emil. Das ideale Brautbouquet. Rosen bringen Glück. E MIL (geschmerzt) Glück? I RENE Sicher. Das ist nämlich so ein Aberglauben und ich glaub daran. Sie nicht? E MIL Zur Not. I RENE Sie sehen aber schon garnicht aus, als hätten Sie einen Freudentag vor sich -E MIL Ich bin halt kein leichter Mensch -- und Heiraten ist doch kein Kinderspiel. Sie waren doch auch schon mal verlobt. Man erfährt doch so Manches, wenn man im selben Hause wohnt. I RENE (fixiert ihn) Wie meinen Sie das jetzt? E MIL Ich meine halt nur, dass man sein Herz unter Umständen leicht an einen unwürdigen Partner verschwenden kann -I RENE Sie sind eigentlich ein boshafter Mensch, Herr Emil. 얍 E MIL Sie verkennen mich grausam. Schade. Wenn ich nicht schon eine Braut hätte, würde ich Sie heiraten -- glatt. Sie haben einen schönen Charakter und Blumen sind eine angenehme Branche. I RENE Sehr aufmerksam. E MIL Was kostet diese Stechpalme? I RENE Die ist sehr preiswert. E MIL Uebrigens: hätten wir nicht doch lieber Flieder -I RENE (unterbricht ihn) Nein. Rosen bringen Glück.
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auchN ]
[schon] |auch|
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Endfassung
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Szene 4 Ernst, ein Vertreter, kommt mit seiner Tasche. Er hat ein sicheres Auftreten und kann äusserst zungenfertig sein. E RNST (grüsst) Servus Emil, guten Abend -- (er gibt Irene rasch einen Kuss auf die Wange) Na was macht die Hochzeit? E MIL Wir debattieren gerade über das Brautbouquet -E RNST Rosen bringen Glück! I RENE (zu Emil) Sehen Sie! E MIL Ich höre. Also dann bleiben wir halt dabei -- (zu Ernst) Du kommst doch heut zu meinem Polterabend? E RNST Ehrensache! E MIL Wiedersehen -I RENE (boshaft) Alles Gute zur Hochzeit. Und viel Kinder. E MIL Kinder bringen Glück -- (ab durch das Haustor in seine Wohnung) B
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
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Szene 5 E RNST (sieht ihm nach) Ein armer Pessimist. Ein Cretin. I RENE Ernst. Wie oft hab ich Dich schon gebeten, Du sollst mich nicht vor fremden Leuten auf die Wange küssen -얍 E RNST Aber Maus! Meinst denn, die Leut sind blind? Glaubst, die wissen es nicht genau, wie oft ich hier in der Nacht -- alles wird einem registriert, das ist nun mal Menschenart. Gott bin ich müd und wieder kaum etwas verkauft! -- und Du gefällst mir übrigens auch nicht. Das heisst: wir kennen uns ja erst seit drei Wochen, aber Du hast mir zuviel depressive Zuständ -- Ich sorge mich um Dich, Irene. I RENE Du bist lieb. Aber es ist halt keine Kleinigkeit, sich so plötzlich von einem Manne trennen zu müssen, mit dem man über zwei Jahre zusammen -- das geht eben nicht spurlos, da bleibt einem eine offene Wunde zurück, Albert. E RNST Ich heisse nicht Albert. Ich heisse Ernst. I RENE Verzeih mir, bitte. (Stille) E RNST So nimm doch nur Vernunft an. Als alleinstehende Geschäftsfrau musst Du peinlichst auf Deinen präzisen Ruf achten! Kannst doch nicht mit einem solchen Manne zusammen, einem ehemaligen Speditionsbeamten, der unterschlagen hat -- bedenk! I RENE Ja, unterschlagen. So nennt man das offiziell. Trotzdem. E RNST Nur Mut -- (er will ihr wieder einen Kuss auf die Wange geben, doch sie wehrt ab) Wieso? Jetzt ist doch hier kein Fremder -I RENE Trotzdem. (Stille) E RNST Darf ich mir nun die Hände waschen? 얍 I RENE Geh nur hinein. Ich muss nur noch die Blumen -E RNST (ab) B
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korrigiert aus: gute
4 ] GuteN ] B5N ] BmusstN ]
[7]|5| korrigiert aus: muss
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Endfassung
K/TS1 (Korrekturschicht)
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Szene 6 Irene begiesst die Blumen. Albert erscheint -- sie erblickt ihn, zuckt etwas zusammen und möchte in die Blumenhandlung. A LBERT Halt! I RENE Aber ich hab doch zu tun! A LBERT Dann geh ich mit. I RENE Du bleibst draussen. A LBERT Wo hast Du Dein Herz, Irene? (Stille) I RENE Dass Du immer wieder kommst -- So quäl mich doch nicht! A LBERT Egal!
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Szene 7 Theodor, ein Leidtragender, kommt in tiefer Trauer rasch vorbei. Er ist sehr lustig. T HEODOR Guten Abend, schöne Frau! Ich wollt Sie nurmal rasch erinnern, dass Sie den Kranz nicht vergessen, das wär nämlich sonst eine schlimme Blamage! I RENE Der Kranz ist schon längst geliefert. T HEODOR In die Wohnung oder gleich hinaus? I RENE Gleich ins Krematorium, mein Herr. T HEODOR Dann ists schon gut. Und auf der Schleife steht? I RENE „Letzte Grüsse“. T HEODOR Bravo! Sehr schön, sehr brav! Das klappt ja alles prima! Na was macht denn die liebe Frau für ein trauriges Gesicht? Ihnen ist doch niemand gestorben, sondern mir! Aber sehens, ich lass mir meinen Humor nicht nehmen! Man lebt nur einmal! In diesem Sinne -- (er grüsst und ab)
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Szene 8 A LBERT (sieht dem Leidtragenden nach) Es gibt noch lustige Menschen. 얍 I RENE (wie zu sich selbst) Unlängst bin ich sehr erschrocken. Da hat mich nämlich ein 30 Bekannter in einen Zirkel eingeführt, wo man sich mit dem Einfluss der Gestirne auf unser menschliches Leben beschäftigt hat -A LBERT Was war denn das für ein Bekannter? I RENE Du kennst ihn nicht. Es hat alles gestimmt. Auch die Zukunft. (Stille) 35 A LBERT Ist er auch lustig? I RENE Wer? A LBERT Dein neuer Bekannter mit den Sternen. (Stille) I RENE Du sollst mich nicht so anschaun, denn es hat keinen Sinn. 40 A LBERT Ich schau nur Deine Brosche an -- meine Brosche aus Venedig. I RENE Soll ich sie Dir zurück? A LBERT Nein. I RENE Danke. B
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8 ] I RENE f hat --N ] Auch f Zukunft.N ]
[10]|8| 얍 [I RENE Hoffentlich.] |I RENE f hat --| \Auch die/ Zukunft\./ [und Vergangenheit.]
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Endfassung
K/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
Szene 9 Ernst, ein Vertreter, erscheint nun etwas ungeduldig in der Türe der Blumenhandlung. Er hat ein sicheres Auftreten und ist äusserst zungenfertig. E RNST Irene, wo bleibst denn so lang? (er erblickt Albert) Ach! Schon wieder?! I RENE Reg Dich nur nicht auf bitte! Denk an Dein Herz! E RNST Nein lass mal! I RENE Ernst! E RNST (näherte sich Albert und hält dicht vor ihm) Ich liebe das offene Wort. Sie wissen, wer ich bin. A LBERT Nein. E RNST Wie Sie wünschen! Ich weiss alles. A LBERT (zu Irene) Alles? 얍 E RNST Irene und ich, wir haben keine Geheimnisse voreinander. A LBERT Richtig. So soll es sein. E RNST Es dreht sich hier nur um Irene. Im Interesse aller Beteiligten bitte ich Sie um etwas Einsicht . Es gibt bekanntlich Dinge, die irreparabel sind -- Irene hatte Ihretwegen sozusagen fast einen korrekten Nervenzusammenbruch und wenn ich nicht gewesen wäre, wäre sie vielleicht nun nichtmehr, höchstwahrscheinlich -und da ich ihr eben damals meine Kraft gegeben habe, habe ich folglich auch ein gewisses Recht zu weiteren Eingriffen in ihr Leben -- (er stockt) Was denn los? A LBERT (starrte immer nur auf seine Lippen) Sie sprechen so fliessend -E RNST (perplex) Fliessend. Wieso fliessend? A LBERT Sie heissen Ernst? E RNST Immer schon. A LBERT (lächelt blöd) Ein ernster Name. E RNST Sie belieben zu scherzen? A LBERT Nein. E RNST Sie zwingen mich deutlich zu werden? A LBERT Ich hab Sie mir eigentlich anders vorgestellt -E RNST (wieder perplex) Was? Wen? A LBERT Sie. Ich hab Sie mir anders gedacht. Hm. Komisch, dass sich Irene für Sie interessiert -E RNST Finden Sie komisch? A LBERT Ich finde, sie wird halt nur irgendeinen Menschen gebraucht haben -(er grinst; zu Irene) Nicht? E RNST (fasst sich ans Herz) 얍 I RENE (fährt ihn an) So begreif es doch endlich, dass es folgerichtig aus sein muss! A LBERT (schreit) Lass doch diese Redensarten! Hier dreht es sich nicht um Deinen Ruf, hier dreht es sich darum, dass ich keinen Ausweg mehr hab, hörst Du?! Ich kann nichtmehr bremsen und man kann es sich ja direkt ausrechnen, wann der Zug entgleisen wird -- Du könntest mich noch retten, wenn Du wolltest, sonst bleibt mir nämlich nichts anderes übrig -- automatisch und logischerweise! (Stille) B
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9 ] wieder?!N ] B N] BEinsichtN ] BihrN ] B
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[11]|9| wieder?\!/ [Von Mann zu Mann.] [Vernunft] |Einsicht| korrigiert aus: Ihr
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Endfassung
K/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
E RNST Komm, Maus! A LBERT Wo habt Ihr Euch denn kennen gelernt? Im Cafe? E RNST Sie sind geschmacklos. A LBERT Bin ich auch! Also los! Es interessiert mich! Wo habt Ihr Euch denn kennen gelernt?! I RENE Hier! Hier drinnen zuhaus! E RNST Nein also dieser Krach -- toll! So komm doch schon! (ab mit Irene in die Blumenhandlung)
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Szene 10 Die Unbekannte kommt und betrachtet die Blumen. Albert bemerkt sie nicht, denn er ist mit sich selbst beschäftigt. DIE U NBEKANNTE (plötzlich) Verzeihen Sie -A LBERT (dreht sich ruckartig um) Was los? DIE U NBEKANNTE (lächelt) Hab ich Sie erschreckt? A LBERT Erschreckt -- (er grinst) DIE U NBEKANNTE Das sind da nämlich so schöne Rosen, aber 얍 ich habe kein Geld. A LBERT Mir gehört hier zwar nichts, aber auf meine Verantwortung. Was Sie wollen -DIE U NBEKANNTE Nur eine. Danke. (Stille) DIE U NBEKANNTE (betrachtet ihre Rose) -- bei uns draussen wächst das überall, besonders ist da so ein schmaler Weg, der etwas ansteigt. Und dann kommt der Friedhof, wo die weissen Blumen blühen. Manchmal sehne ich mich zurück. A LBERT Nach dem Friedhof? DIE B EIDEN (fixieren sich) DIE U NBEKANNTE Sie sind anscheinend auch fremd hier? A LBERT Auch. (Stille) DIE U NBEKANNTE Es ist nicht viel Aussicht vorhanden. Man geht so herum -- -- auf Wiedersehen -A LBERT Wiedersehen. DIE U NBEKANNTE (ab) B
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Szene 11 I RENE (erscheint wieder; leise) Albert. Jetzt hat er sich drinnen hinlegen müssen, weil er vor lauter Aufregung eine Herzattacke -- Bitte werde vernünftig und geh. A LBERT Ich werde nicht vernünftig. I RENE Geh. Bitte. 40 얍 A LBERT (grinst) Wie oft Du das Wort „Bitte“ sagst. Bist so höflich geworden, das ist ein fremder Einfluss -- ein besserer. B
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10N ] [12]|10| hierN ] \hier/ B11N ] [13]|11| Beine HerzattackeN ] \eine/ Herz[affektionen] |attacke| BA LBERT f Vielleicht.N ] 얍 [A LBERT Wie oft Du das Wort „Bitte“ sagst \./ [-- Du] [b] B ist so höflich ge| | worden, das ist ein fremder Einfluss -- (er (Stille) I RENE Ein besserer Einfluss.] |A LBERT f Vielleicht.|
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Endfassung
K/TS1 (Korrekturschicht)
I RENE Vielleicht. A LBERT Sicher . Und ich dachte -- -- ja was dacht ich denn? Hm. I RENE So geh doch und lass mich allein. A LBERT Allein? DIE B EIDEN (fixieren sich) A LBERT Vielleicht wird es noch anders. I RENE (nickt nein) Kaum. A LBERT Gut. Also dann fort. Aber wohin? I RENE (hält die Hand vor die Augen) A LBERT Was denkst Du jetzt? B
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Szene 12 Ernst kommt nun wieder aus der Blumenhandlung mit einem feuchtem Umschlag auf der Stirne. Irene bemerkt ihn erst, da er zu sprechen beginnt. E RNST Herr, auf ein letztes Wort -I RENE Aber Ernst, sollst doch liegen! E RNST Lass mich! Reg Dich nicht auf und geh hinein, das sind Männerdinge -- also geh schon bitte! I RENE (langsam ab in die Blumenhandlung) B
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Szene 13 E RNST (sah Irene nach, bis sie verschwand) So. Und jetzt appeliere ich an Ihr besseres Ich. Von Mann zu Mann. Bitte lassen Sie sich hier nicht wieder sehen. A LBERT Jetzt sagen Sie mir nur noch, dass ich ein neues Leben beginnen soll -(er grinst) E RNST Nein. Das sage ich nicht. A LBERT (starrt ihn an) E RNST Ich sage es nicht. Im Gegenteil. A LBERT Aha. Sie meinen -얍 E RNST Ja. Die Welt ist schlecht. (Stille) A LBERT Hm -- (er sieht sich um) Es ist alles noch da und dann ist man nichtmehr dabei -- -- (er deutet in die Blumenhandlung) Dort drinnen ist ein Zimmer. Ob die Möbel noch alle so stehen? E RNST Die Möbel ja. A LBERT Also -- (er lässt ihn stehen) E RNST Wiedersehen -- wollte sagen: alles Gute! (wieder ab in die Blumenhandlung) B
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Szene 14 Albert will fort -- und begegnet wieder Silberling und Nicolo. S ILBERLING Nun, Herr Geheimrat? A LBERT Du hast Deine Wette gewonnen -1 2 8 17
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Vielleicht.N ] SicherN ] BA LBERT f jetzt?N ] BRegN ]
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appeliereN ] dabei -- --N ]
[Wahrscheinlich.] |Vielleicht.| [Möglich] |Sicher| \A LBERT f jetzt?/ [Ich appeliere jetzt an seinen guten Willen,] [r]|R|eg gemeint ist: appelliere korrigiert aus: dabei --,--
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S ILBERLING Na also! A LBERT Sie hat einen Anderen und ich hab verspielt. N ICOLO Und? (Stille) A LBERT Ja. Jetzt ja. S ILBERLING Brav! N ICOLO Intelligent. A LBERT Egal -- (er unterdrückt seine Erregung) also der Schrank steht gleich rechts, wie gesagt. Und schlafen tut er hinten hinaus, der Herr Uhrmacher -- aber es ist trotzdem besser, wenn man nicht direkt von vorne, wie gesagt. N ICOLO Und dort ist das Kellerfenster. A LBERT Ja. (Stille) S ILBERLING Es schaut jemand auf uns herab. Wer ist das? 얍 A LBERT (blickt verstohlen empor) Nichts. Nur ein Student. Der wohnt im zweiten Stock rechts und studiert Brückenbau. Er hatte mal etwas mit der Hausmeisterstochter, aber dann war es über Nacht aus, weil sie ihn im dritten Stock links bei der Gattin des Ingenieurs überrascht hat. S ILBERLING (grinst) Du kennst Dich aus. A LBERT (lächelt) Mit der Zeit -B
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Szene 15 Jetzt schlagen alle Uhren in der Auslage. Der Uhrmacher erscheint in seiner Ladentüre, bleibt stehen und blickt interessiert in den Himmel empor. A LBERT (leise) Das ist er. (Stille) N ICOLO Er scheint sich für das Wetter zu interessieren. DER U HRMACHER (blickt plötzlich auf die drei Herren und betrachtet sie) S ILBERLING (sehr leise) Er kennt Dich doch nicht? A LBERT (ziemlich laut) Nein. S ILBERLING Weil er so lang herschaut. A LBERT Er kümmert sich um keinen Menschen. Er ist ein Sonderling. (Stille) N ICOLO Er schaut Dich noch immer an. A LBERT Er ist taub. DER U HRMACHER (klopft nun an das Barometer und verschwindet wieder in seinem Laden) B
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K/TS1 (Korrekturschicht)
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얍 Szene 16 N ICOLO (misstrauisch) Albert. Dieser Sonderling hat mir nicht gefallen -- keineswegs. Mir scheint, Du bist hier bekannt. S ILBERLING Wollens nicht hoffen. N ICOLO Man hätte uns bald am Genick. A LBERT Es kennt mich hier keine Seele.
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ja.N ] 15N ]
[tu ich mit.] |ja.| [2]|15|
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Szene 17 Jetzt kommt die Unbekannte wieder -- sie isst eine Semmel, hält wie unabsichtlich vor der Auslage des Uhrmacherladens und betrachtet die Uhren. S ILBERLING Also dann um zwei. N ICOLO Und pünktlich bitte! A LBERT Sehr pünktlich. Szene 18 Die drei Herren trennen sich nun -- Silberling geht mit Nicolo, während Albert an der Unbekannten vorbei will. DIE U NBEKANNTE (wendet sich ihm plötzlich zu und betrachtet nun ihn) A LBERT Was los? DIE U NBEKANNTE (mit vollem Munde) Nichts. A LBERT Versteh kein Wort. Was los ist, hab ich gefragt? DIE U NBEKANNTE Sie haben mir doch diese Blume geschenkt und das war sehr fein von Ihnen. A LBERT (erkennt sie erst jetzt wieder) Blume? Achso. DIE U NBEKANNTE Sie dürfen nicht so denken, wie Sie denken. A LBERT Ich denke überhaupt nichts. DIE U NBEKANNTE O das glaub ich Ihnen nicht! Ihnen schon garnicht! A LBERT (fixiert sie) Kennen Sie mich? DIE U NBEKANNTE O doch. (Stille) A LBERT (misstrauisch) Na was wissen Sie denn schon von mir? DIE U NBEKANNTE Eigentlich wollt ich mir nur eine Semmel kaufen, da drüben neben den Uhren -- und da sagte die Bäckerin: sieh an, dort draussen steht gerade dieser Mensch. A LBERT Und dann hat sie geschimpft. DIE U NBEKANNTE Gewiss. A LBERT Natürlich. DIE U NBEKANNTE O sie hat nur gesagt, diesem Menschen ist alles zuzutrauen, der könnt einen auch umbringen. A LBERT Hübsch. DIE U NBEKANNTE Ja. Aber dann sagte ich, vielleicht ist dieser Mensch nur ein unglückseliger Charakter und dann sagte sie: möglich. Und dann sagte sie noch, man soll überhaupt nicht so rasch den Stab über einen Menschen brechen. A LBERT Hat sie gesagt? 얍 DIE U NBEKANNTE (schluckt nun den letzten Bissen ihrer Semmel) Gewiss. A LBERT Hm. (Stille) DIE U NBEKANNTE Bitte tun Sie es nicht. A LBERT (überrascht) Was? (Stille) DIE U NBEKANNTE (etwas verlegen) -- nämlich zuvor, da wir uns mit der Blume trafen, da habe ich es direkt gefühlt, dass Sie sich damit beschäftigen. Ich kenn das nämlich genau, weil mir das auch schon mal durch den Kopf gezogen ist. Sie tun es nicht, ja? B
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K/TS1 (Korrekturschicht)
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(fixiert sie)N ]
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[{Wieso?}] |(fixiert sie)|
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Lesetext
(Stille) A LBERT Sie spionieren mir nach? DIE U NBEKANNTE Aus Angst. Zum Beispiel ich persönlich würde mir nie etwas antun, so schlecht könnt es mir garnicht sein. A LBERT Achso. Sie dachten, dass ich mich -- (er lächelt) DIE U NBEKANNTE Gewiss. A LBERT Sie können beruhigt sein, ich tu mir schon nichts an. DIE U NBEKANNTE Fein! A LBERT Warum? DIE U NBEKANNTE Weil es mich freut. Warum wundert Sie das? Ueberhaupt ist das Leben nicht so hässlich, mein Herr. Sehens, oft in der Nacht denke ich an die armen Toten. Ihre Hemden sind vermodert, aber keiner deckt sie zu und niemand erkundigt sich. Und dann regnet es in ihre Finsternis hinab und die armen Toten liegen allein. Und dann schmilzt der Schnee -(Stille) A LBERT Komm. 얍 DIE U NBEKANNTE Wohin? A LBERT Fort -- (ab mit ihr) N
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K/TS1 (Korrekturschicht)
ÖLA 27/W 14 – o. BS, Bl. 19
Szene 19 Ernst erscheint nun wieder mit seinem feuchten Umschlag, vorsichtig blickt er aus der Türe der Blumenhandlung die Gasse entlang -- Irene taucht hinter ihm auf, und zwar ebenfalls mit einem feuchtem Umschlag auf der Stirn. E RNST (atmet auf) Endlich. I RENE Ist er fort? E RNST Er hat es eingesehen. (Stille) I RENE Hier fehlt eine Rose. Es waren acht und jetzt sind es sieben. E RNST Er hat sich keine genommen. I RENE Komisch. Es fehlt -- (sie sieht sich scheu um) Glaubst Du, dass er wiederkommt? E RNST Nein. (Dunkel)
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얍 ZWEITER AKT Es ist inzwischen Nacht geworden und zwar bereits ziemlich spät. Der Uhrmacher schläft schon längst in seinem Laden, hinten hinaus, und auch in der Blumenhandlung ist alles zu. Still und friedlich scheint das Haus Nummer neun -- nur der Student aus dem zweiten Stock rechts befindet sich bei der Frau des Ingenieurs im dritten Stock links, denn deren Gatte ist zur Zeit beruflich verreist. Er ist weit weg, über dreihundert Kilometer weit, und das Fenster seines Arbeitszimmers ist offen, denn die Nacht ist lind, und der Student spielt nun auf seinem Reisegrammophon einen Tango. Man hört ihn gedämpft bis auf die Gasse herab und nur eine schwache Laterne leuchtet in der Finsternis.
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K/TS1 (Korrekturschicht)
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Szene 1 Emil, der Bräutigam, begleitet Ernst aus dem Hause, mit dem er soeben Abschied nahm von seiner Junggesellenzeit. E MIL Also das war jetzt mein Polterabend -- und Du bist der Letzte. Es fällt mir direkt 5 schwer, dieser Abschied -얍 E RNST Fürchte Dich nicht, ich folge Dir bald. Heiraten ist doch das einzig Menschenmögliche, glaub es mir, ich als Geschäftsreisender kann darüber manches Liedlein singen -- immer nur im Restaurant und in harten Hotelbetten, das vertreibt Dir die Laune aus dem Gemüt. Den wahren Frieden gibt uns nur eine Frau, denn 10 das Weib repräsentiert die Natur. E MIL Das ist richtig. Und wenn ich bei Lucille bin, dann denk ich mir oft, so jetzt möcht ich nichtmehr sein. Man kann sich auch aus einem Hochgefühl heraus umbringen. E RNST (lauschte) Wer spielt denn da? 15 E MIL Das ist der Student vom zweiten Stock rechts, der spielt im dritten Stock links bei der Gattin des Ingenieurs -E RNST Tango. E MIL Der Ingenieur ist nämlich verreist und so betrügt sie ihn halt. Uebrigens ein hochanständiger Mensch, dieser Ingenieur. 20 E RNST Trotzdem wird er betrogen. Man darf eben als Gatte nicht allzu fair sein. E MIL Stimmt. E RNST Erinnerst Du Dich noch, als wir zusammen in der Schule waren, und wie Du es mir nicht hast glauben wollen, wie ich es Dir beschrieben habe, wie ein Weib formal aussieht -25 E MIL Jaja, so vergehen die Lebensabschnitte. Ich werde oft zurückdenken, an unsere schönen Tage von Aranjuez -E RNST (sieht auf seine Uhr) Was? Schon dreiviertelzwei? 얍 E MIL So spät? Und ich muss doch so früh heraus -E RNST Und ich versäum noch die letzte Bahn! 30 E MIL Wohnst Du noch draussen? E RNST Immer schon! Also nochmals alles Gute! E MIL Du bist so rührend zu mir -- danke, danke! E RNST Wiedersehen, Emil! Und nur nicht zu fair! E MIL Nein nein! Pa, lieber Freund! Pa! (gerührt ab durch das Haustor) B
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얍 Szene B2N Ernst geht nun einige Schritte nach rechts, als würde er dort abgehen wollen, hält dann aber, sieht sich um, tritt vorsichtig an die Blumenhandlung und öffnet leise die Türe mit einem Schlüssel, den er von Irene erhalten hat -- plötzlich stockt er und starrt fasziniert nach links.
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E RNST f Natur.N ]
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(gerührt f Haustor)N ] 2 ]
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얍 [E RNST Kopf hoch! Morgen um diese Zeit: Emil auf der Hochzeitsreise! E MIL O wir fahren nicht weit. Nur so da etwas hinaus. E RNST Erinnerst Du Dich noch, als wir zusammen in der Schule waren, und wie Du es mir nicht hast glauben wollen,] |E RNST f Natur.| \(gerührt f Haustor)/ [3]|2|
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Endfassung
K/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
E RNST -- jetzt lehnt er an der Wand. Ist er allein? -- ist er das überhaupt? -- -- Na wenn schon! (ab in die Blumenhandlung) Szene 3 Albert kommt mit der Unbekannten langsam von links und der Tango ist aus. A LBERT (hält) Jetzt wird es aber leider Zeit, schon schlägt die Abschiedsstunde -Hättest mich nicht begleiten müssen. DIE U NBEKANNTE Ich begleite doch gern. A LBERT Wir müssen uns trennen. Ich hab noch was zu erledigen. DIE U NBEKANNTE Hier im Haus? A LBERT Wie kommst Du darauf? DIE U NBEKANNTE Nur so. Weil wir halt grad so davorstehen. Unwillkürlich. (Stille) A LBERT Ich werde erwartet. DIE U NBEKANNTE Geschäftlich? A LBERT (lächelt) Von der Lieb allein kann keiner leben. 얍 DIE U NBEKANNTE Leider -- (sie sieht sich auf der Erde um) O jetzt hab ich Deine Blume verloren -- sicher bei der Bank. A LBERT Ich werd Dir eine neue -DIE U NBEKANNTE Wann? A LBERT Bald. DIE U NBEKANNTE (lächelt) Du lüg nicht -A LBERT Wie heisst Du denn eigentlich? DIE U NBEKANNTE Rat mal! A LBERT Irene? DIE U NBEKANNTE Weit gefehlt! A LBERT Sondern? DIE U NBEKANNTE Ich hab einen seltenen Namen -- überhaupt bin ich nämlich sonst nicht gleich so, hörst Du mich? A LBERT (umarmt sie) DIE U NBEKANNTE Bei Dir könnt ich alles vergessen, wer ich bin und aus was ich bin -A LBERT Warum grad bei mir? DIE U NBEKANNTE Schicksal. A LBERT (küsst sie) DIE U NBEKANNTE O Du, so schön wird es nimmer werden – A LBERT Nimmer? DIE U NBEKANNTE Komm wärme Dich an mir, mir ist so kalt. A LBERT (lässt sie zärtlich los) Es wird Zeit. DIE U NBEKANNTE Wie still so eine Weltstadt sein kann und droben die vielen Stern. Wir haben eigentlich viel zu viel Sterne, nicht? A LBERT Möglich. B
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3 ] schlägtN ] BHättestN ] BO f werden –N ] BA LBERT f kalt.N ] Bkalt.N ] BEs f Zeit.N ] B
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Lesetext
DIE U NBEKANNTE So. Und jetzt gib mir Deine Adresse. A LBERT Da -- ich schreib sie Dir auf. (er tut es) DIE U NBEKANNTE Wie Du da schreibst -- (sie fixiert ihn auf einmal) Was bist Du denn? 얍 A LBERT Meinst Du beruflich? DIE U NBEKANNTE Nein. Nur so. A LBERT Nur so? Ich bin ein Mann. DIE U NBEKANNTE Ein Mann -- wie dumm das klingt. A LBERT Sei so gut -- (er übergibt ihr seine Adresse) DIE U NBEKANNTE (liest sie) -- zweiter Stock? A LBERT Stimmt. Aber jetzt musst Du fort, bitte -DIE U NBEKANNTE Du wohnst doch nicht hier? A LBERT Nein.
Szene 4 Jetzt schlagen wieder alle Uhren in der Auslage des Uhrmacherladens. Silberling kommt mit Nicolo. Sie erblicken die Unbekannte und sind peinlich berührt. DIE U NBEKANNTE Du ich hab so Angst -- weiss nicht, seit ich Dich kenne, hab ich Angst -A LBERT Verzeih mir, aber Du siehst es ja: ich werde erwartet. S ILBERLING (leise zu Albert) Wer ist denn das? A LBERT Keine Ahnung -- (zur Unbekannten) Gute Nacht! DIE U NBEKANNTE Wiedersehen -- (ab) B
N
얍 Szene B5N N ICOLO Wer war denn das? A LBERT Wir sind zuvor nur so unwillkürlich ins Gespräch gekommen -N ICOLO Purer Leichtsinn! S ILBERLING Spricht sich hier mit einem Mädchen -- und was hernach, wenn das Kind ein Polizeispitzel ist? A LBERT Ihr seht Gespenster bei der hellichten Nacht! S ILBERLING Ich glaube besonders an solche Gespenster! Man hat schon genügend erlebt und die Herren Polizisten schrecken vor nichts zurück. Sie verkleiden sich selbst als Dein eigener Schutzengel! N ICOLO Geschehen ist geschehen und keine dichterischen Bilder bitte! Los! (zu Silberling) Du bleibst da! (zu Albert) Du kommst mit! Den Schlüssel? A LBERT Ich habe den Schlüssel. (er sperrt das Haustor lautlos auf und verschwindet im Hause mit Nicolo) S ILBERLING (allein) Wieso dichterische Bilder?
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Szene 6 Silberling steht nun Schmiere. Und wieder erscheint die Unbekannte -- sie hält und wartet. (Stille) S ILBERLING Es ist eine linde Nacht. B
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4 ] 5 ] B6N ] B N
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K/TS1 (Korrekturschicht)
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U NBEKANNTE (schweigt) S ILBERLING Sie wünschen? 얍 DIE U NBEKANNTE Wie bitte? S ILBERLING Was Sie hier wünschen und ob? DIE U NBEKANNTE Ich warte auf einen Herrn. S ILBERLING Interessant. DIE U NBEKANNTE (wehrt ab) O -(Stille) S ILBERLING (immer nervöser) Ich begreife es nicht, wie Sie hier mitten in der Nacht als junges unbescholtenes Mädchen aus bester Familie auf irgendeinen Herrn warten können. DIE U NBEKANNTE Ich warte auf einen bestimmten Herrn. S ILBERLING Er wird lange nicht kommen. Er schläft nämlich hier. DIE U NBEKANNTE Dann warte ich, bis er wieder aufwacht. (Stille) S ILBERLING (fährt sie plötzlich unterdrückt an) Sie spielen Sie sich nicht mit mir! Sie ich bin schon mit anderen Subjekten fertiggeworden, Sie gemeines Stück Spitzel, aber Dir werden wir das Maul stopfen, Polizeimensch -DIE U NBEKANNTE Nicht anfassen! S ILBERLING Schrei nicht, sonst passiert etwas! (er will nach ihr fassen, erstarrt aber entsetzt, denn nun brüllt der Uhrmacher hinten in seinem Laden, wimmert und verstummt) DIE
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Szene 7 Albert und Nicolo verlassen rasch das Haustor. N ICOLO Weg! -- Wer steht denn da? S ILBERLING (deutet auf Albert) Dem sein blödes Luder da! Was denn los?! 얍 N ICOLO Später! Ich nicht! A LBERT Ich. Er ist aufgewacht -N ICOLO Kusch! Siehst denn nicht Deinen Schutzengel?! (er deutet auf die Unbekannte) Ich geh! (rasch ab) S ILBERLING Ich komm! (folgt ihm) A LBERT (stiert die Unbekannte an) Bist noch da? DIE U NBEKANNTE Ich hatte so Angst – A LBERT (unterdrückt) Weg! DIE U NBEKANNTE (schreit ihn plötzlich entsetzt an) Was hast Du getan?! A LBERT Nichts! (ab) B
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Szene 8 Das Haustor ist offen und die Unbekannte sieht Albert nach. H AUSMEISTERIN (brüllt im Hausgang) Hilfe! Hilfe! (sie erscheint im Haustor) Polizei! Polizei! O Du heiliger Antonius von Padua! B
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7 ] A LBERT f Weg!N ] BihnN ] B N] B8N ] B
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[8]|7| \A LBERT f Weg!/ [Albert]|ihn| [denn] [9]|8|
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Endfassung
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Szene 9 Das Haus wird lebendig und in der Blumenhandlung wird es Licht. Klara, die Hausmeisterstochter, kommt. K LARA So schrei doch nicht wie auf dem Spiess, Mama -- vielleicht ist es ja garkein Mord, er hat zwar eine klaf-얍fende Schädelwunde. H AUSMEISTERIN Hast Dir das so genau ansehen können? K LARA Warum denn nicht? H AUSMEISTERIN Ich könnt das nicht -K LARA Werd mir nur nicht wieder hysterisch, Du -- Vielleicht lebt er noch, ich glaubs zwar selber nicht. Das viele Blut. H AUSMEISTERIN Du hast kein Herz. K LARA Ich bin Deine Tochter, Mama. H AUSMEISTERIN Jetzt versteh ich erst den Herrn Studenten, dass er Dich hat sitzen lassen -K LARA Fangst schon wieder an -- (sie kneift sie in den Arm) H AUSMEISTERIN Au! Ungeheuer -- zwickst Deine eigene Mutter? -- wirst sie auch noch erschlagen, was? Wie den da drinnen?! N
Szene 10 Ein Polizist kommt rasch herbei. P OLIZIST Was ist denn das hier für ein Geschrei mitten in der Nacht? Ist denn was los, was ist denn los? H AUSMEISTERIN O wie gut, dass Sie da sind, lieber Herr Kommissar -- da wird man noch gezwickt -- (sie weint) P OLIZIST Gezwickt? K LARA Meine Mutter ist zu aufgeregt. Sie hat es nämlich mit dem Herzen. Es ist ein Verbrechen bei uns im Hause passiert. H AUSMEISTERIN (weinerlich) Den guten Herrn Uhrmacher haben sie erschlagen , Herr Kommissar , er hat gebrüllt und jetzt 얍 liegt er da drinnen in seinem Blute -K LARA Mit einer klaffenden Schädelwunde. P OLIZIST Klaffend? Sofort! Wo ist das Telephon? (rasch ab in das Haus) B
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B
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12 30 34 39 40
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9 ] 10N ] BKommissarN ] BerschlagenN ] BKommissarN ] B
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Lesetext
S TIMME DES S TUDENTEN VOM ZWEITEN S TOCK RECHTS (nun vom dritten Stock links) Was soll das Gebrüll?! H AUSMEISTERIN (verzweifelt) Es ist was passiert -S TIMME E MILS (vom dritten Stock rechts) Wie bitte?! S TIMME DES S TUDENTEN Was ist denn passiert?! H AUSMEISTERIN Mord -S TIMME E MILS Mord?! S TIMME D ER G ATTIN DES I NGENIEURS AUS DEM DRITTEN S TOCK LINKS Jesus Christus!! H AUSMEISTERIN (kreischt wieder) Polizei! Polizei! B
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K/TS1 (Korrekturschicht)
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[10]|9| 1[1]|0| korrigiert aus: Komissar [umgebracht] |erschlagen| korrigiert aus: Komissar
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Endfassung
K/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
E MIL (ist im Nachthemd und Mantel im Haustor erschienen; ruft dem Polizisten nach) In der Blumenhandlung! Szene 11 E RNST (erscheint in Unterhosen und kurzem Ueberzieher in der Türe der Blumenhandlung; zur Unbekannten, die ihm am nächsten steht) Was ist denn passiert? DIE U NBEKANNTE Ich weiss es nicht genau. Anscheinend hat man einen Menschen umgebracht. E RNST Umgebracht? (er fasst sich ans Herz) DIE U NBEKANNTE Anscheinend den Herrn Inhaber jener Uhren dort -- aber vielleicht lebt er noch oder es war vielleicht auch nur ein Selbstmord oder dergleichen. B
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Szene 12 Inzwischen haben sich bereits Passanten angesammelt und alarmierte Hausinwohner in Unterwäsche und Mänteln, unter ihnen auch der Student vom zweiten Stock rechts und die Gattin des Ingenieurs vom dritten Stock links. E MIL (zu Klara) Also ein Verbrechen wider die Person. Was bedeutet denn das, wenn einem am Polterabend ein Mord zustösst? 얍 K LARA Tote bringen Glück. Immer schon. E MIL Unberufen! B
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Szene 13 DER S TUDENT (zur Gattin des Ingenieurs) So ist das Leben. Neben dem Glück das Unglück, und zwar unter einem Dach. Während ich selig war bei Dir, wird ein Mensch ausgelöscht. DIE G ATTIN Sprich bitte nicht mit mir. Das Fraunzimmer lässt uns nicht aus den Augen. DER S TUDENT Wer? Klara? DIE G ATTIN Ja. Und dann gibt es wieder anonyme Briefe. DER S TUDENT O wie wird doch alles in den Dreck gezogen, das Höchste und das Reinste -DIE G ATTIN Ich bitte Dich, nimm Rücksicht auf mich. B
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Szene 14 E MIL (erblickt Ernst und betrachtet erstaunt seine Unterhosen) Wo kommst denn Du her? Ich dachte, Du wohnst noch draussen – E RNST So frag doch nicht so indiskret. E MIL O Pardon! Es ist ja auch das einzig Wahre -- durch und durch muss man sich kennen, bevor man an den Traualtar tritt. Ich und Lucille haben es ja ebenso gemacht und vielleicht sind diese halbheimlichen Stunden die schönsten Stunden unseres Daseins. B
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4 9 13 14 22 34 36
B
11N ] (er f Herz)N ] B12N ] BHausinwohnerN ] B13N ] B14N ] BIch f draussen –N ] B
N
[12]|11| \(er f Herz)/ [13]|12| gemeint ist: Hausbewohner 1[4]|3| [15]|14| \Ich f draussen –/
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Endfassung
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Szene 16 Der Polizist eilt in die Blumenhandlung, an Irene vorbei, die soeben nur flüchtig bekleidet in der Türe erscheint. I RENE Ernst! E RNST (auf sie zu) Erschrick nicht, Maus -- etwas Entsetzliches. Eine Gewalttat. I RENE Um Gottes Willen! E RNST Der arme alte Uhrmacher, dieser Sonderling, liegt hinten drinnen in seinem Blute. Zweifellos Raubmord. Und der Mörder muss sich hier ausgekannt haben. Genau. (Stille) I RENE Ernst! E RNST Bitte? I RENE Nein was denkst Du jetzt -- Du? E RNST Deine Gedanken. (Stille) I RENE Weck mich auf! 얍 E RNST Es ist kein Traum. Als ich vorhin zu Dir kam, lungerte er hier herum. Ich hab ihn gesehen. I RENE Ist nicht wahr! E RNST Ich habe ihn erkannt. Mit diesen meinen Augen. I RENE Könntest Du das beschwören? Bei Deinem Augenlicht? (Stille) B
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Lesetext
Szene 15 P OLIZIST (erscheint wieder im Haustor) Hausmeisterin! H AUSMEISTERIN (schrickt zusammen) Hier bin ich! 얍 P OLIZIST Niemand darf da hinein, verstanden? Zweifellos Raubmord. Mir scheint, der Täter muss sich mit der Oertlichkeit genau ausgekannt haben. Es ist das eine ganz ähnliche Situation wie seinerzeit der Fall Haluschka, der wo seine Ehehälfte zerstückelt hat -H AUSMEISTERIN Maria Joseph! Ist er denn zerstückelt?! P OLIZIST Wer denn? H AUSMEISTERIN Der Herr Uhrmacher, Maria Joseph! P OLIZIST Aber keine Spur! Wie kommens denn auf so eine perverse Idee?! Wo ist das Telephon? E MIL In der Blumenhandlung. B
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K/TS1 (Korrekturschicht)
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15N ] 16N ] BdieN ] Bder f Genau.N ]
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(Stille) f auf!N ]
1[6]|5| [17]|16| [{s}]|d|ie [der [Täter] |Mörder| muss1 [mit5 der6 Oertlichkeit7 vertraut2 gewesen3 sein.4 Genau.8] |sich hier ausgekannt haben. Genau.|] |der f Genau.| 얍 [I RENE [Ich will es nicht, hörst Du? Ich will es nicht!] |[Was] |Nein was| sind denn das für Visionen – | (Stille) E RNST Du Maus. Jetzt musst Du ihm auch die Brosche zurückgeben, aber schleunigst. I RENE [Nein was sind denn das für Visionen --] |Nein was sind denn das für Visionen – | Weck mich auf[.]|!| Du, weck mich auf --] |(Stille) f auf!|
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Endfassung
K/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
E RNST (fasst sich ans Herz) Ich bin kein Mensch ohne Verantwortungsgefühl. Aber es sah genau so aus -I RENE Möchtest es, dass es so aussieht? E RNST Was soll das? Du, mach mich nicht unsicher, denn dann kenne ich mich nichtmehr aus! Und morgen in aller Früh kommt die Brosch zurück, diese Brosche aus Venedig! I RENE Meine Brosch? E RNST Seine! I RENE Nein! Nie. E RNST Doch. I RENE Ich will es nicht, hörst Du? Ich will es nicht. B
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Szene 17 P OLIZIST (erscheint wieder in der Türe der Blumenhandlung) Also ein so ein miserables Telephon hab ich in meinem Leben noch nicht gesehen! Gleich kommt die Mordkommission, in nullkommanull. Hausmeisterin! Keiner betritt das Haus und 얍 Sie tragen mir dafür die Verantwortung! H AUSMEISTERIN Verantwortung? Das halt ich nicht aus. K LARA So mach uns doch nicht lächerlich! (zum Polizisten) Wird besorgt, mein Herr! DIE G ATTIN DES I NGENIEURS Also dann warten wir auf die Kommission. E RNST (zu Irene; mit Nachdruck) Auf die Mordkommission. I RENE (nickt ja) Ich warte. A LLE (warten) (Tiefe Stille) B
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Szene 18 Nun nähert sich Theodor, der Leidtragende. Er ist ziemlich alkoholisiert und man hört ihn schon aus der Ferne singen „Es war einmal ein Musikus, der spielte im Cafe, und all die kleinen Mädchen setzten sich in seine Näh“ -DIE G ATTIN DES I NGENIEURS (summt unwillkürlich etwas mit) T HEODOR (erscheint und erblickt die vielen Leut) Na was gibts denn da? Eine verbotene Versammlung oder wartet Ihr hier alle auf die Untergrundbahn, he? Aber B
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1 3 4
8 12 14 18 18 19 27 32 33
(fasst f Herz)N ] ] BE RNST f nicht.] B
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] ] B17N ] BtragenN ] Bdie Verantwortung!N ] BVerantwortung?N ] B18N ] B N] B N] B N
\(fasst f Herz)/ [\I RENE Meine/] E RNST f Venedig!1 \I RENE Meine Brosch[e]?2 E RNST Seine\!/ [Brosch[e]].3 I RENE Nein! Nie.4 E RNST Doch.5/ I RENE [Nein.] |Ich f nicht[!]|.||6 gestrichen: . [E RNST Doch.] 1[8]|7| [sind] |tragen| [verantwortlich!] |die Verantwortung!| [Verantwortlich?] |Verantwortung?| 1[9]|8| [nun] [es fährt ja nichts mehr,]
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Endfassung
K/TS1 (Korrekturschicht)
Ihr habt die Letzte schon versäumt -- und ausserdem ist hier auch keine Haltestelle, hier könnt Ihr weder auf - noch absteigen , höchstens aufspringen, aber das kostet manchmal den Kopf, manchmal das Leben -P OLIZIST Machen Sie keine albernen Witze, ja? T HEODOR Wieso Witze? Grad heute hat man meinen Vetter verbrannt, das ist doch kein Witz! Meinen besten Vetter, der ist auf die fahrende Untergrundbahn aufgesprungen und wur-얍de zerquetscht -- armer Kerl, war doch so ein talentierter Cellist! (zum Himmel empor) Prost Gustav! Sollst leben! P OLIZIST Jetzt schaun Sie aber, dass Sie ins Bett kommen! T HEODOR Ich hab kein Bett. Ich hab ein Schlafsofa. Wieviel seid Ihr denn da überhaupt? (er zählt die Leut unsicher) P OLIZIST (zu den Umstehenden) Der Bursche gehört natürlich längst auf die Wache -lautes Singen, nächtliche Ruhestörung, grober Unfug. Aber ich habe hier Wichtigeres zu tun. T HEODOR Wichtigeres? Gibts nicht. (Sirene. Ein Scheinwerfer leuchtet die Hausfront ab -- Sirene und Scheinwerfer, beides sind Requisiten des Autos der Mordkommission, das in nullkommanull eingetroffen ist und gegenüber dem Haus Nummer neun, unsichtbar für den Zuschauer, parkt) B
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Szene 19 Die Mordkommission betritt nun den Plan -- es sind mehrere Herren mit Koffern und allerhand Zeug, darunter auch ein Gerichtsphotograph. Einer ist in Zilinder und Frack, er ist auffallend weiss gepudert und trägt ein Monokel, denn er wurde gerade aus der Mitte eines Banketts, auf dem man ein Jubiläum der Daktyloskopie feierte, zu diesem Mordfall abberufen. -- Rasch betreten die Herren das Haus, nur der im Frack wechselt vorher noch einige Worte mit dem Polizisten, dann verschwindet natürlich auch er. P OLIZIST (salutiert) Sofort! (er wendet sich an die Leut) Also weitergehen bitte, weitergehen! Nur keinen Auflauf! (zu Theodor) Und Sie gehen erst recht weiter, bitt ich mir aus! 얍 T HEODOR Jetzt bleib ich erst recht da! Gesetzlich kann ich überall stehen, so lang ich will, auch in der Nacht! Sogar im Herbst! E INZELNE (kichern) P OLIZIST Also werdens mir nur nicht frech, ja?! T HEODOR Ich bin ein Staatsbürger und darf stehen! P OLIZIST Wenn aber ein jeder Staatsbürger grad auf demselben Fleck steht, dann gibt es einen Auflauf und ein Auflauf ist verboten! Geh seiens nicht renitent und schlafens Ihren Rausch aus, was habens denn hier schon verloren, so interessant ist doch das wirklich nicht, was hier passiert ist! T HEODOR Das überlassens nur mir, Herr General! Oder meinen Sie gar, ich kenn das Vehikel von der Mordkommission nicht? B
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ausserdemN ] aufN ] BabsteigenN ] B19N ] BZilinderN ] BkennN ] BVehikelN ] B
[dann] |ausserdem| [ein]|auf| [auss]|abs|teigen [20]|19| gemeint ist: Zylinder kenn[e] [Auto] |Vehikel|
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Endfassung
K/TS1 (Korrekturschicht)
P OLIZIST Gut, es ist jemand ermordet worden, das lesen Sie täglich in der Zeitung! T HEODOR Aber ich lese keine Zeitung, sondern nur Zeitschriften! V IELE (lachen) P OLIZIST Ich verstehe nicht, was daran komisch sein soll. Der Herr liest nur Zeitschriften und derweil ist ein Verbrechen verbrochen worden. E MIL Ein Verbrechen wider die Person. T HEODOR Wider welche Person? P OLIZIST Aber das ist doch nur kriminalistische Bezeichnung! T HEODOR Aber wider welche Person bitte? Namen nennen! P OLIZIST Es ist zum Verzweifeln -- (er brüllt) Weitergehen! K LARA (zu Theodor) Sie haben den Uhrmacher erschlagen. Den da drinnen. T HEODOR So den Uhrmacher da? Na um den ist nicht schad. Gute Nacht, meine Herrschaften! (ab) 얍 H AUSMEISTERIN Nein so eine Rohheit -- so wegwerfend über einen Toten zu reden, wo doch der gute Herr Uhrmacher ein so ein seelenguter Mann war -P OLIZIST Weitergehen! Weitergehen! B
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Szene 20 Während nun alle, ausser dem Polizisten, Ernst, Irene und der Unbekannten, langsam den Platz räumen, betet die Hausmeisterin um Schutz vor bösen Geistern. H AUSMEISTERIN Du lieber Gott, ich bete jetzt für eine arme Seele -- vierunddreissig Jahr hat er hier gewohnt und heut ists mir, als wär das erst gestern gewesen -aber dann hat er mich dreckig behandelt, er war halt sehr einsam und ich hab oft gewünscht, dass ihn der Teufel holt. Geh lieber Teufel, sei mir nicht bös und verzeih mir meine Sünden -- und Du, Du bleib im Himmel, Du Uhrmacher, und steh nicht wieder auf der Kellerstieg, wenn ich Holz hol oder Kohlen -- (sie bekreuzigt sich und verschwindet im Hause) B
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Szene 21 P OLIZIST (zu Ernst und Irene) Weitergehen bitte! E RNST Aber wir wohnen ja hier im Hause. P OLIZIST Das allerdings zweierlei. Wenn Sie im Mordhaus selbst zuhaus sind -(er betrachtet interessiert Irenens mangelhafte Kleidung) Pardon! (er wendet sich der 얍 Unbekannten zu) Wohnen Sie etwa auch hier? DIE U NBEKANNTE Nein. Ich bin hier nur so vorbei. Durch Zufall. P OLIZIST Dann gehens nur weiter mit Ihrem Zufall! B
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9 19 23 24 24 25 30 33
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Zeitschriften!N ] Der f worden.N ]
kriminalistischeN ] 20N ] BgesternN ] B N] B N] BihnN ] B21N ] B N] B
Zeitschriften \!/[--] [Hier drinnen liegt ein Toter. Sie lachen und derweil ist] |Der f ist| ein Verbrechen [geschehen.] |verbrochen worden.| [die offizielle] |kriminalistische| [21]|20| \gestern/ [hatte nichts von seinem Leben --] [ja] ih[m]|n| [22]|21| [ist]
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Endfassung
K/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
U NBEKANNTE Aber ich bin doch allein und kein Auflauf -- (sie lächelt etwas gewollt) P OLIZIST (grinst mild) Ganz allein? (er deutet auf ihre Rose) So ein rosiges Kind in der Nacht? DIE
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Szene 22 E RNST (zu Irene) So komm doch, Maus -- es gibt Menschen, deren Pfade dunkel vorherbestimmt sind und die Welt ist immer wieder schlecht. I RENE Aber die Brosche gib ich ihm nicht zurück. Nein. E RNST Werden sehen. I RENE Nie. Hörst Du? E RNST So komm doch -- heut werden wir da so kein Resultat mehr erfahren, höchstens dass wir uns noch verkühlen. In meinen Armen wirst Du die düsteren Bilder vergessen. I RENE Du bist so kalt. E RNST Nur Mut, Maus! (er geleitet sie in die Blumenhandlung und dann erlischt drinnen das Licht) B
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Szene 23 Der Polizist ist nun allein mit der Unbekannten. Er hatte sich mit ihr freundschaftlich-väterlich unterhalten. P OLIZIST So, Sie waren also eine der ersten Passantinen 얍 hier am Tatort? Und Sie können nichts aussagen -- ich meine, ob Sie nicht etwas daherschleichen haben sehen, vielleicht mehrere Personen oder auch nur einen, klein , gross oder mittel? DIE U NBEKANNTE Nein. Ich habe nichts Verdächtiges gesehen. P OLIZIST Und Sie werden erst zwanzig Jahr? DIE U NBEKANNTE (nickt ja) Im Juni. P OLIZIST Am wievielten? DIE U NBEKANNTE Am zweiten. P OLIZIST Und ich am dritten. Komisch! Aber ich werd gerade doppelt so alt und noch etwas darüber -- -- Ja, das Arbeitfinden ist nicht so einfach, besonders wenn man so ganz fremd kommt. Gehens mir nur nicht zuviel so in der Nacht allein herum, das endet immer trist. DIE U NBEKANNTE Heut hat das einen bestimmten Grund -- es ist mir, als müsst ich heut auf etwas warten. P OLIZIST So beginnts! DIE U NBEKANNTE O Sie denken falsch von mir. P OLIZIST Ist er wenigstens fesch? DIE U NBEKANNTE Wer? P OLIZIST Na der, auf den Sie hier warten. B
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22N ] 23N ] BalsoN ] BPassantinenN ] BdaherschleichenN ] BkleinN ] BgrossN ] B
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[hah]|dah|erschleichen [einen] klein[en] gross[en]
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Endfassung
K/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
U NBEKANNTE (lächelnd) Mir gefällt er. Zu mir war er freundlich und dann hatte er so ein Licht im Gesicht. P OLIZIST Licht? DIE U NBEKANNTE Ja. Aber es war weder die Sonne noch der Mond. P OLIZIST (deutet auf seiner Stirne an, dass er sie für 얍 närrisch hält) DIE U NBEKANNTE Ja, und dann hat er etwas getan, aber das spielt für mich keine Rolle -- Nein, es ist ja garnichts geschehen, denn ich hab ihn getroffen, auf den ich gewartet habe und es ist nichts geschehen, nie und nirgends. P OLIZIST Sagens mal: schreiben Sie manchmal Gedichte? DIE U NBEKANNTE Wenn Sie wüssten -- (sie lacht ihn glücklich an) P OLIZIST Na was soll ich denn schon wissen? (er will sie tätscheln) DIE U NBEKANNTE (weicht ihm aus) Wer er ist. Wenn Sie das wüssten! Aber ich sag es nicht. P OLIZIST (etwas verstimmt, weil sie sich nicht hat tätscheln lassen) Ein Maharadscha vielleicht? DIE U NBEKANNTE O nein. Na raten Sie nur weiter! P OLIZIST Es fällt mir sonst nichtsmehr ein. DIE U NBEKANNTE Soll ich es Ihnen verraten? P OLIZIST Es interessiert mich nicht. DIE U NBEKANNTE Vielleicht doch. P OLIZIST Irrtum. Grosser Irrtum! DIE U NBEKANNTE O ich treff ihn wieder! P OLIZIST Ist er denn verschwunden? Soll vorkommen. DIE U NBEKANNTE Er kommt wieder. Ich weiss es. Ich hab da nämlich etwas zu erledigen. Sicher. P OLIZIST Das klingt alles hübsch mystisch. DIE U NBEKANNTE Und ist doch ganz einfach. B
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Szene 24 Nun verlässt die Mordkommission wieder das Haus -- die Herr-얍schaften unterhalten sich angeregt. DER H ERR IM F RACK (sieht auf seine Uhr) Was? Schon so früh? Rasch-rasch zurück zum Bankett, das Jubiläum der Daktyloskopie -DER A RZT (unterbricht ihn) Moment! Wie gesagt auf mein medizinisches Ehrenwort, das glaub ich niemals! Es ist doch eine unvorstellbare Vorstellung, meine Herren, was Sie in diesem Falle da für unverantwortliche Ansichten vertreten! Wie kann man denn nur allen Ernstes behaupten, dass das Pilsner beim Schwarz besser ist, wie das beim Blau! Absurd! DER K OMMISSAR Und doch ist es so, Herr Doktor! Das Bier ist dort liebevoller gepflegt, nicht zu vergessen die Würstchen -- ein Gedicht! DER H ERR IM F RACK Also los-los, meine Herren! B
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Mir f er.N ] Zu f Gesicht.N ] 24N ] K OMMISSAR N ]
[Ja, er] |Mir| gefällt [mir --] |er.| [[ich hab ihn gesehen und] [|Denn|] [er]|Er| war freundlich zu mir] [. Er] |und| ha[t]|tte| so ein] |Zu f hatte er| \so ein/ Licht im Gesicht. [25]|24| korrigiert aus: K OMISSAR
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K/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
G ERICHTSPHOTOGRAPH Die besten Würschtel hab ich mal in Lemberg gegessen -(ab mit der ganzen Mordkommission und auch der Polizist schliesst sich ihr an)
DER
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Szene 25 Die Unbekannte bleibt allein zurück und nun schlagen wieder alle Uhren in der Auslage des Uhrmacherladens. DIE U NBEKANNTE Nein, es ist nichts geschehen -- -So komm doch wieder Du , komm -- -(Dunkel) B
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얍 DRITTER AKT Am nächsten Nachmittag. Möbliertes Zimmer. Hier wohnt Albert, schon seit jener Zeit, da er noch Angestellter der Speditionsfirma war. Im Hintergrunde eine Glastüre zu einem kleinen Balkon und ein geöffnetes Fenster -- aber die Vorhänge sind halb heruntergelassen, doch wär es auch sonst nicht hell herinnen, denn draussen steht ein schweres Gewitter am Himmel. Rechts das Bett und der Waschtisch. In der Mitte unter der Lampe ein runder Tisch mit den obligaten Stühlen -- auf einem dieser Stühle liegt eine halbgepackte Reisetasche. Der Schrank steht offen, ein Smoking und ein Regenmantel hängen drinnen. Links eine Tapetentüre.
Szene 1 Albert liegt total angezogen auf seinem Bett und döst vor sich hin, während Mathilde, die Zimmervermieterin, Staub abwischt. Die Lampe brennt mit schwacher Birne, denn es ist düster, draussen und drinnen. M ATHILDE Gehen Sie denn heut garnicht aus? A LBERT Nein. 얍 M ATHILDE Und noch garnichts zu sich genommen -- kein Frühstück, kein Mittag. A LBERT Ich hab heut keinen Appetit. M ATHILDE Mir scheint, Sie sind krank. Dass Sie aber mit den Kleidern im Bett liegen -- wann sinds denn heut Nacht nachhausgekommen? A LBERT Bald. Ja. Sehr bald. M ATHILDE Ich hab nichts gehört, weil ich nämlich wiedermal von meinem Seligen geträumt hab, dann schlaf ich immer so tief. Mir scheint, Sie haben Fieber. Soll ich Ihnen das Barometer? A LBERT Danke nein. M ATHILDE Mein Gott, ist das eine Finsternis! Künstliches Licht am Nachmittag um vier! Ende Mai! Lauter Gewitter, und was ich heut schon wieder zusammentranspirier -- -- Hat es jetzt nicht geläutet? A LBERT (zuckt etwas zusammen) Geläutet? 1 2 4 7 7 7
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G ERICHTSPHOTOGRAPH N ] MordkommissionN ] B25N ] BnichtsN ] B N] BDuN ] B
[P HOTOGRAPH ] |G ERICHTSPHOTOGRAPH | korrigiert aus: Mordkomission [26]|25| [gar]nichts [O komm wieder, Du] \Du/
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M ATHILDE Mir war es doch so. A LBERT (wieder scheinbar apathisch) Möglich. M ATHILDE Sicher. (ab durch die Tapetentüre) 5
Szene 2 A LBERT (allein) -- ich hätte das damals, als ich acht Jahr alt war, das hätte ich anders machen sollen, dann wäre auch alles anders gekommen. Und dann mit dreizehn -natürlich, natürlich. -- -- Ich halt das nicht aus, ich werd verrückt!
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Szene 3 M ATHILDE (kommt wieder) Sehens, es hat geläutet. Ein frem-얍des Fräulein ist da. A LBERT Für mich? M ATHILDE So gross ist sie -A LBERT (denkt an die Unbekannte) Hm. M ATHILDE Das Fräulein wünscht Sie unbedingt zu sprechen. (Stille) A LBERT (leise) Ich bin nicht zuhaus. M ATHILDE Sie ist auch nichts Besonderes, eigentlich unscheinbar. Na ich werds ihr gleich sagen -- (sie will wieder ab, begegnet aber in der Tapetentüre der Unbekannten) Zu spät -- (ab)
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Szene 4 Die Unbekannte betritt das möblierte Zimmer. Albert setzt sich halb empor im Bett und starrt sie an. Legt sich dann wieder nieder. DIE U NBEKANNTE Warum zu spät? (Stille) A LBERT (erhebt sich und deutet auf einen Stuhl) Bitte! DIE U NBEKANNTE (setzt sich) A LBERT (geht auf und ab) Wer gab Ihnen meine Adresse? Die Polizei? DIE U NBEKANNTE Sind wir denn per Sie? A LBERT Jetzt ja. Also wer gab Ihnen meine Adresse? Los! DIE U NBEKANNTE (starrt ihn an) Du selbst. (Stille) 얍 A LBERT Schön. (wird immer nervöser) Na und? Ich habe es erwartet, dass wir uns wiedersehen, allerdings nicht hier, sondern anderswo -- Sie wissen genau wo. Der brave Silberling hat ja totrecht gehabt, Sie Schutzengel Sie -- Still! Sehen Sie den Koffer! Zuerst wollt ich fort mit den Anderen, aber ich steh für meine Tat ein, man wird ja eh immer gefasst und erwischt haben wir auch nichts, der Idiot ist ja aufgewacht, ich hätt mir sonst ein Lastauto auf Abzahlung, eine Speditionsfirma -- aber es gibt halt Menschen, denen nichts gelingt! Tuns nur nicht so, als wüssten Sie nichts, Sie Polizeispitzel Sie! B
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Schön.N ] Na und?N ] BtotrechtN ] B N] B
\Schön./ [Na und? -- Schön.] gemeint ist: todrecht [Hätt ich doch nur diesem Uhrmacher keine hingehaut, aber das war ha[t]|lt| auch die Wut, weil er der Irene das erzählt hat, warum dass ich keine Position mehr -DIE U NBEKANNTE (unterbricht ihn) Irene? A LBERT ]
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K/TS1 (Korrekturschicht)
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DIE U NBEKANNTE Nein! A LBERT Jawohl! Ich weiss alles! DIE U NBEKANNTE Ich weiss auch alles! A LBERT Eben. 5 DIE U NBEKANNTE Aber ich bin doch kein Spitzel! A LBERT Sondern vielleicht? Was hättens denn sonst hier zu suchen? DIE U NBEKANNTE Nein wie man einen Menschen verkennen kann -- (sie lächelt) 얍 A LBERT Jawohl, Fräulein. Sie wollten es einmal nicht haben, dass ich mir das Leben nehme, um mir jetzt manches Jahr meines Lebens zu nehmen -- Na wie hoch ist er 10 denn der Finderlohn?! Für drei Jahr Zuchthaus -DIE U NBEKANNTE Nur? A LBERT (perplex) Wieso? DIE U NBEKANNTE Ich meinte nur, das wäre zu wenig. A LBERT Also vier. Oder fünf! Je nachdem ich den alten Mann verletzt hab, aber was 15 kann denn schon ein Schlag mit so einem Wecker -DIE U NBEKANNTE (schreit ihn an) Hör auf! A LBERT (starrt sie an) DIE U NBEKANNTE Sie wissen noch nicht, was Sie getan haben, mein Herr. Ich bin nämlich der einzige Augenzeuge, der einzige -20 A LBERT Ist ja egal! DIE U NBEKANNTE Oho! (Stille) A LBERT (lauernd) Was hab ich denn getan? DIE U NBEKANNTE Sie tun mir bitter unrecht. 25 A LBERT Weiter! DIE U NBEKANNTE (langsam) Der alte Mann ist heute Nacht gestorben. A LBERT Wer? DIE U NBEKANNTE Der alte Herr Uhrmacher. A LBERT Wie bitte? 30 DIE U NBEKANNTE Gewiss. (Stille) A LBERT (sehr leise) Du lüg nicht. 얍 DIE U NBEKANNTE Er ist tot. (Stille) 35 A LBERT Warum hast denn das nicht gleich gesagt? DIE U NBEKANNTE Sind wir jetzt per Du? A LBERT Hab ich Du gesagt? DIE U NBEKANNTE Ja. Auch zuvor bereits -- (sie lächelt) Du, ich hab es doch nicht gleich können, denn Du hast mich doch nicht zu Wort kommen lassen. Hast im40 mer nur gesagt „Still!“ und „Spitzel“ -- und ich bin doch nichts dergleichen und so hoch kann es doch garkeinen Finderlohn geben und übrigens ist auch nichts passiert -B
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Jawohl!N ] ] BA LBERT f Nur?N ]
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HörN ]
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J[a!]|awohl!| [Sie sind demaskiert, Fräulein!] 얍 [A LBERT Wäre gelacht! Na wie hoch ist er denn der Finderlohn?! Für drei Jahr Zuchthaus -DIE U NBEKANNTE Nur?] |A LBERT f Nur?| Hör[en Sie]
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Lesetext
A LBERT Nichts? Wäre gelacht! DIE U NBEKANNTE Für mich nichts. A LBERT Konfuses Zeug -DIE U NBEKANNTE Du sei nicht grob zu mir! (Stille) A LBERT (fängt nun wieder an auf und ab zu gehen und summt ganz in Gedanken einen Gassenhauer vor sich hin; plötzlich) Weisst denn überhaupt, was Du da treibst? Dass Du Dich mitschuldig machst -DIE U NBEKANNTE O von mir erfährt keiner was -- ich hab mir da auch schon einen Plan zurecht gezimmert: wir zwei waren einfach zusammen, nicht nur kurz, sondern lang. A LBERT Lang? DIE U NBEKANNTE Bis heute Früh. Seit gestern Abend. A LBERT Meinst Du? DIE U NBEKANNTE Immer zusammen. Diese ganze entsetzliche Nacht -- (sie lächelt) (Stille) A LBERT Und wo? DIE U NBEKANNTE Hier. Ich hab zwar heut Nacht mit einem Polizisten gesprochen, aber der wird mich nicht wiedererken-얍nen, es war ja so dunkel wie da bei Dir. (Jetzt blitzt und donnert es draussen, aber noch fern) DIE U NBEKANNTE Jetzt hat es geblitzt. A LBERT Möglich. (Ein noch schwacher Gewitterwind bewegt die Vorhänge) DIE U NBEKANNTE (sieht sich um) Ein schönes Zimmer. A LBERT (ganz in anderen Gedanken) Wo wohnst denn Du? DIE U NBEKANNTE Nirgends. Nämlich ich musste fort, weil ich kein Geld mehr hatte, und den Koffer hat die Zimmervermieterin zurückbehalten, aber in dem Koffer ist nichts -- (sie lacht und verstummt plötzlich) Was schaust mich denn so fremd an? A LBERT Wie man nur so glücklich lachen -- (er fährt sie an) Hast denn kein Gefühl?! Nach all dem, was sich zugetragen hat?! DIE U NBEKANNTE (schreit) Fang nicht immer wieder an! Was soll sich denn schon zugetragen haben?! Wir waren doch die ganze liebe Nacht zusammen, ich muss es doch wissen, dass wir zusammen -A LBERT (unterbricht sie höhnisch) Musst es wissen?! DIE U NBEKANNTE Und ob! Und jetzt wirst Du es mir versprechen, dass sich nichts zugetragen hat. A LBERT Versprechen? DIE U NBEKANNTE Gewiss. (Stille) A LBERT Gut. Dann hab ich es eben geträumt -- (er grinst) DIE U NBEKANNTE So bist Du brav. A LBERT Zu kindisch. 얍 DIE U NBEKANNTE Kusch. (Stille) A LBERT (stiert sie an) Wir müssen leise sprechen, denn die Wände sind dünn. B N
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U NBEKANNTE O ich kann sehr leise sprechen und es wird mich niemand hören, nur Du -A LBERT (reisst sie an sich und sie fällt ihm um den Hals) (Jetzt blitzt und donnert es bedeutend stärker; Sturm) DIE U NBEKANNTE (los von Albert) Hu, jetzt kommt das Wetter! Gehst auch gern im Regen spazieren? A LBERT (lächelt) Nein. DIE U NBEKANNTE Ich aber sehr! -- nichts hat mich halten können, da bin ich über die Wiesen gelaufen! O dort hinten kommts ganz gelb -- (sie eilt ans Fenster) Hu, jetzt hagelts! Wie das trommelt, wie das trommelt! O ist das wunderbar, wenn es so braust! Jetzt wirds ganz dunkel. (Nun schlägt der Blitz in der Nähe ein) DIE U NBEKANNTE Bummbumm! Fein! Fein! (rasch ab auf den Balkon) DIE
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Szene 5 A LBERT (allein; er setzt sich und rekapituliert vor sich hin) -- wie war denn das nur? Ja, ich bin so gross -- (er deutet einen Meter hoch) -- und sehe die Eisenbahn, und dann ist da noch ein Altar und ein Engel mit einem strengen Blick, ein weiter Platz und Musik -- -- und dann stehe ich vor einem Hause und warte, und drinnen wohnt ein Fräulein 얍 mit hohen schwarzen Schuhen und einem verschwommenem Gesicht -aber wie hiess denn nur das Fräulein, wo stand das Haus, wann war diese Zeit -- -(Es blitzt ohne zu donnern und rasch wird es etwas heller) Szene 6 DIE U NBEKANNTE (erscheint wieder) Jetzt ist es vorbei. Aber der Regen hängt sich ein, garantiert. -- Du. Ich hätt eine grosse Frage. A LBERT Bitte? DIE U NBEKANNTE Hast nicht etwas Essbares im Haus? A LBERT Leider -DIE U NBEKANNTE O wie schade. A LBERT Leergebrannt ist die Stätte. Aber zum Trinken muss noch etwas vorhanden -DIE U NBEKANNTE Ich hab aber gleich einen sitzen, ich vertrag nämlich nichts. A LBERT (hatte zwei Likörgläser gefüllt) Auf was wollen wir denn trinken? DIE B EIDEN (fixieren sich) A LBERT (leert hastig sein Glas) DIE U NBEKANNTE (trinkt es weniger hastig) A LBERT (schenkt wieder ein und nun trinken Beide immerzu ) -- und seit wann hast Du denn kein Zimmer mehr? DIE U NBEKANNTE Seit vorgestern. A LBERT Und wo hast denn überall geschlafen? DIE U NBEKANNTE Einmal auf einer Bank und gestern noch über-얍haupt nicht. Gott, ich werd noch ganz betrunken! B
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O f schade.N ] immerzuN ] B N] B B
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[Schade.] |O f schade.| korrigiert aus: immer zu [Es war fein auf der Bank -- weisst, wie still so eine Weltstadt eigentlich sein kann, es war schon recht eigenartig, wenn man so dagelegen ist und hinaufgeschaut hat. Wir haben eigentlich entsetzlich viel Sterne. Viel zu viel.]
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K/TS1 (Korrekturschicht)
A LBERT (lächelt) Ein komisches Geschöpf. DIE U NBEKANNTE Tatsächlich? A LBERT Sogar sehr. DIE U NBEKANNTE So ist es recht! (sie trinkt) A LBERT Und wo hast Du denn gegessen? DIE U NBEKANNTE Ich hab halt einfach gebettelt, und dann, aber das ist schon länger her, vorvorgestern Mittag, da bin ich einfach in ein Restaurant und hab mir ein ganzes Gedeck bestellt, und hernach, wie gerade niemand hergeschaut hat, bin ich raus und davon. Du da bin ich aber gelaufen! A LBERT Leichtsinn! Sowas ist doch schwer strafbar -- (er stockt) DIE U NBEKANNTE Was hast Du gesagt? Strafbar? Du? (sie lacht) A LBERT Lach nicht! Ungeheuer! DIE U NBEKANNTE (hört auf zu lachen; fast gekränkt) Aber das ist doch humoristisch, wenn Du das sagst -- Mein Gott, ich hab einen sitzen! Auf was wollen wir denn trinken? A LBERT (scharf) Kein Wort bitte! DIE U NBEKANNTE Kein Wort -- (sie nippt) Was? Du denkst schon wieder dran? (sie droht ihm mit dem Zeigefinger) Du -- noch ein Wort und es setzt was ab! A LBERT Halts Maul! 얍 DIE U NBEKANNTE (erhebt sich etwas unsicher ) Apropos strafbar: jetzt werd ich Dir etwas vorbetteln, damit Du auf andere Gedanken kommst -- -- dass wir nämlich kein Geld haben, das schreckt mich nicht, ich kann nämlich fein betteln, Du! O, werde ich sagen, helft mir liebe Leute, ich habe einen armen alten Grossvater zuhaus, der hat die Gicht und hat sein Gebiss verloren -- (sie verbeugt sich vor einem Stuhl) O gnädigste Frau, ich bin eine achtköpfige Zimmermannsfamilie und wenn ich sie nicht ernähre, dann verprügeln mich meine grossen Brüder und werfen mich in das Kellerverliess, wo die Ratten ihr Unwesen treiben -- (sie verbeugt sich vor dem Schrank) O gnädiger Herr, ich hab ein gelähmtes Mütterlein zuhause, das ist jetzt ganz zitronengelb und war doch mal eine anerkannte Schönheit aus Blut und Milch -- (sie verbeugt sich vor Albert, der sich auf das Bett gesetzt hatte) O Herr Direktor, helfen Sie mir in meiner grenzenlosen Not, ich habe ein krankes blindes Kindlein zuhaus -A LBERT Schweig! „Krankes blindes Kindlein“! So etwas tut man doch nicht! DIE U NBEKANNTE Aber das war doch nur Spiel. A LBERT Spiel? Kennst denn keine Grenzen zwischen Spiel und Ernst? Hast denn kein Verantwortungsgefühl?! B
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Ich f haltN ] ] BhergeschautN ] BunsicherN ] BApropos strafbar:N ] Bbetteln,N ] B N] B
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Ich [bin in einen Delikatessenladen hinein und] hab \halt/ [o ich kann gut betteln --] hergeschau[/]|t| [schwankend] |unsicher| [So und] |Apropos strafbar:| betteln\,/ [(Stille)]
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K/TS1 (Korrekturschicht)
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U NBEKANNTE ( überlegt; nimmt dann etwas schwankend Alberts Mantel aus dem Schrank, zieht ihn an, setzt sich seinen Hut auf und legt sich auf den Boden) 얍 A LBERT Was soll das? DIE U NBEKANNTE Kuckuk ! Was ist das? A LBERT Wieso? DIE U NBEKANNTE Rat mal! Kuckuk ! A LBERT Keine Idee! DIE U NBEKANNTE Kuckuk ist eine Uhr. Und ich bin jetzt ein toter Uhrmacher. (Stille) A LBERT (unterdrückt) Steh auf. DIE U NBEKANNTE (rührt sich nicht) A LBERT (brüllt sie an) Aufstehen! DIE U NBEKANNTE (erhebt sich langsam, bleibt aber auf dem Boden sitzen) Bitte schlag mich nieder. A LBERT (zündet sich nervös eine Zigarette an) DIE U NBEKANNTE Mir auch. A LBERT Was? DIE U NBEKANNTE Zigarette. A LBERT (wirft ihr eine zu) DIE U NBEKANNTE Danke -- (sie fängt an, die Zigarette in lauter Stückchen zu zerreissen) A LBERT Mach keinen Mist! Du bist betrunken. DIE U NBEKANNTE (weint) A LBERT Komm, steh auf. DIE U NBEKANNTE (trocknet mit der Hand ihre Tränen) – sag mal: 얍 sieht man es mir eigentlich an, was ich schon hinter mir habe? Ich hab mal einen geliebt, es hat weh getan und gut. Josef hat er geheissen. A LBERT Ich dachte schon, Du hättest noch niemals. DIE U NBEKANNTE Josef, wo bist Du? (sie steht schwerfällig auf und betrachtet Albert) -- jetzt seh ich Dich wie durch Glas. Und ich stehe hinter dem Glas und jetzt hörst Du nicht, was ich rede -- -- Du bist es? Bist wieder da? Ich hab so lang auf Dich gewartet und war so viel allein -- Nein! Komm nicht herein zu mir, B
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überlegt;N ] dannN ] BKuckukN ] B N] BKuckukN ] BIdee!N ] BKuckukN ] B N] B– sagN ] B N] B N] B N] B
얍 [(Stille) DIE U NBEKANNTE (erhebt sich langsam, nimmt etwas schwankend Alberts Mantel aus dem Schrank, zieht ihn an, setzt sich seinen Hut auf und legt sich auf den Boden)] |DIE U NBEKANNTE f Boden)| \überlegt;/ \dann/ gemeint ist: Kuckuck [Kuckuk!] gemeint ist: Kuckuck [Ahnung!] |Idee!| gemeint ist: Kuckuck [{Da!}] \–/ [Sag]|sag| [(spöttisch)] [Gott, ist mir übel --] [Du,]
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K/TS1 (Korrekturschicht)
bitte nicht -- lass mich Du, lass mich -- (sie fällt ihm um den Hals, aber er tut nichts dergleichen; plötzlich ändert sie den Ton) Sag: kannst Du bellen? A LBERT (perplex) Bellen? DIE U NBEKANNTE Ja. Wie ein Hund bellen. Schade, dass Du es nicht kannst -ich würd mich sonst hier in das Bett legen und Du müsstest Dich vor die Türe legen und wenn ein schlechter Mensch kommt, dann müsstest Du knurren und mich beschützen, und wenn Du nicht folgsam knurrst, bekommst Du einen Tritt. A LBERT Was? DIE U NBEKANNTE Einen Tritt. Einen Tritt vor Deine Schnauze, Du -A LBERT (reisst sie wieder an sich und küsst sie) DIE U NBEKANNTE Nicht ja -- Du -- ich fühle Dich bis hinauf -A LBERT Zieh Dich aus. 얍 DIE U NBEKANNTE (lächelt) Tatsächlich? A LBERT Wenn Du Dich nicht ausziehst, wird nicht geknurrt. DIE U NBEKANNTE O Du bist lieb -- (sie zieht seinen Mantel aus) Schau mich nicht so schrecklich an! A LBERT Ich tu Dir doch nichts. DIE U NBEKANNTE Doch. Du schlägst mich -- und ich bin doch eine gefangene Seele -- O was könnt ich allen Menschen antun vor lauter Sehnsucht! A LBERT Verrückt. DIE U NBEKANNTE Ich sehe mich in der Geschichte, sehe mich auf den Schlachtfeldern und in den Bergwerken, ich bin der Säbel und ich bin der Berg, der zusammenbricht -- (sie will wieder trinken) A LBERT Du sollst nichtmehr trinken. DIE U NBEKANNTE Soll ich zu Dir kommen -- (sie umarmt seinen Kopf) O warum bist Du nicht mein Kind? Ich würde Dich in den Schlaf singen, aber das Fenster müsste offen sein und wenn Du hinausschaust, müsstest Du grüne Augen haben, so grosse grüne Augen wie ein Fisch -- und Flossen müsstest Du haben und stumm müsstest Du sein. A LBERT (ganz einfach) Ich glaub, Du bist der Tod. (Es klopft an die Tapetentüre) A LBERT (leise) Wer da? -- Es hat geklopft. DIE U NBEKANNTE (lächelt) Nein wie Du zitterst -(Stille) A LBERT Wer ist das? (Es klopft abermals) A LBERT Herein! B
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얍 Szene 7 Ernst tritt durch die Tapetentüre -- Regenmantel, Regenschirm. Er ist klatschnass, denn draussen giesst es ja noch immer. E RNST (erblickt sogleich die Unbekannte) Pardon! (er verbeugt sich etwas steif vor Albert) 6 19 19 20
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schlechterN ] schlägstN ] B N] BantunN ] B
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K/TS1 (Korrekturschicht)
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A LBERT Was verschafft mir die Ehre? E RNST Leider. Es ist zwar nicht meine Absicht, als personifizierte pessimistische Hiobsbotschaft aufzutreten -- (er lächelt verbindlich) Dürfte ich Sie um vier Augen bitten? DIE U NBEKANNTE Soll ich auf den Balkon? A LBERT Nein. E RNST Meinerseits! Ich dachte ja nur. -- zunächst also eine Feststellung: wir haben uns gestern spätnachmittags gesprochen und ich habe Ihnen einen Rat erteilt, von Mann zu Mann. Eine spartanische Lösung. Wie ich jedoch bemerken muss haben Sie selbigen Rat konträr befolgt. A LBERT Was heisst das? E RNST Das heisst: vielleicht wäre meine Lösung besser gewesen, denn dann wäre wahrscheinlich manches unterblieben -- und so kommt es nämlich zuguterletzt doch wieder vielleicht auf dasselbe hinaus. A LBERT Versteh kein Wort. E RNST Was Sie nicht sagen. A LBERT Drücken Sie sich bitte deutlicher aus. E RNST Es ist jemand ermordet worden. (Stille) 얍 A LBERT (wird unsicher) Wer? E RNST Das wissen Sie nicht? (Stille) A LBERT (nickt nein) Wieso woher -E RNST Der Uhrmacher. A LBERT (sehr unsicher) Was für ein Uhrmacher -E RNST Jawohl. DIE U NBEKANNTE Der Uhrmacher? Der arme alte Uhrmacher? Nein so etwas! Na das tut mir aber leid -- (zu Albert) Du, den hab ich doch auch gekannt, das war doch dieser Sonderling, nicht? E RNST Sonderling allerdings. DIE U NBEKANNTE Und wer hat ihn denn ermordet? E RNST (etwas weniger selbstbewusst) Das weiss man eben noch nicht -DIE U NBEKANNTE Na hoffentlich wird man den Mörder bald fassen -- na wenn es einen lieben Gott gibt, dann gehört der aber exemplarisch bestraft! E RNST Hoffentlich. (Stille) A LBERT Und Sie wünschen bitte? E RNST Ja. Peinlich. A LBERT Sind Sie denn nur gekommen, um mir mitzuteilen, dass dieser Sonderling nichtmehr existiert? E RNST Nein. Das wollt ich nur so nebenbei -- Ich bin nämlich in einer für mich ungemein peinlichen Angelegenheit hier, betreffs Irene. Also der langen Rede kurzer Sinn: da! (er überreicht ihm Irenens Brosche aus Venedig) Irene hat es sich überlegt. 얍 A LBERT Achso. E RNST Ihre Brosche aus Venedig. (Stille) A LBERT Gut.
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Endfassung
K/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
E RNST Es klingt manchmal hart, aber es ist immer besser -- wenn schon Schluss, dann radikal! Sie verstehen mich? A LBERT Danke. 5
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Szene 8 I RENE (erscheint in der Tapetentüre -- atemlos und ohne anzuklopfen; sie erblickt sofort Ernst) Da bist Du! Hab ich es doch geahnt! Wo ist die Brosch? A LBERT Hier. I RENE Hat er sie Dir -- (zu Ernst) Wie kommst Du denn dazu?! Ich habs doch verboten, dass Du sie ihm zurück -- hab ich denn nicht gesagt: nie und nimmer?! Aber das schlägt dem Fass den Boden aus, jetzt merk ich es erst, wie oft dass Du mich schon belogen hast! E RNST Allerdings habe ich höchstens gelogen! I RENE Besser stehlen wie lügen! E RNST (zu Albert) So war das meinerseits nicht gemeint. (zu Irene) Echt Weib! (er fasst sich ans Herz) I RENE Was weisst denn Du schon von dem Innenleben eines Weibes?! Immer hast nur Maus zu mir gesagt, zu einer alleinstehenden Geschäftsfrau! E RNST Die peinlichst auf ihren Ruf achten sollte! I RENE Ruf?! Mach nur kein Dromedar aus einer Mücke! Hast mir das auch nur eingeredet, genau wie Deine Planeten! (sie 얍 fasst sich an die Stirne) Die ganze Nacht hab ich nicht einschlafen können, hab immer denken müssen -E RNST (unterbricht sie scharf) An was denn bitte? -- So steck sie Dir nur an, die Brosch, und geh spazieren damit! Mit der Bijouterie eines -- (er stockt und wendet sich Albert zu) Herr! Oder wagen Sie es etwa zu leugnen, dass Sie gestern Nacht dort herumlungerten -- ich habe Sie erkannt! Ich kann es beschwören! I RENE Heute Nacht hast es aber nicht können! E RNST Was? I RENE Beschwören! E RNST Weil ich Dich schonen wollte, wie immer! Aber jetzt fängt es mir an, zu bunt zu werden! Ich wusst es genau, dass er es war, aber ich wollte es auf mein Gewissen nehmen und schweigen! Für Deine Liebe! Ewig wollte ich schweigen, um Dich zu besitzen! So bin ich! I RENE Albert! B
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Szene 9 DIE U NBEKANNTE Halt! I RENE (erblickt erst jetzt die Unbekannte) DIE U NBEKANNTE Zunächst bitte reden wir leise, denn die Wände haben Ohren und man kommt gar leicht in einen falschen Verruf -- und dann ist das alles nicht wahr, was dieser Herr hier erzählt. Ich kann es beschwören bei allem, was ich liebe. Tot soll ich umfallen, wenn dem nicht so ist -- Gnädige Frau, ich muss es doch wissen, dass (sie deutet auf Albert) dieser Mann nicht dort sein konnte, denn wir, er und ich, waren ja die ganze Nacht hier zuhause zusammen. B
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K/TS1 (Korrekturschicht)
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(Stille) 얍 I RENE Ist das wahr? DIE U NBEKANNTE Gewiss. (Stille) 5 I RENE (sehr leise) Das freut mich. E RNST (zu Irene) Also komm. I RENE Lass mich. E RNST Aber Maus -I RENE Ich bin keine Maus! -- (zu Albert) Du bist auch nicht anders. Gestern um 10 diese Zeit hast noch gesagt, dass nur ich Dich retten könnte und dass Du so einsam bist -A LBERT Und kaum hast mich verlassen, da hast mir jenen Herrn herausgeschickt mit dem freundlichen Rat, ich soll mir eine Kugel vor den Kopf, es bleibt mir nichts anderes übrig! 15 I RENE Das hat er gesagt -A LBERT Unter anderem! E RNST Auch Du hast seinen Tod gewünscht! I RENE Nein, lüg nicht! E RNST Welch Abgrund der Verlogenheit! Jetzt kenn ich mich bald selbst nichtmehr! 20 Hast denn nicht vorgestern Nacht geweint, warum kann man denn nicht mit einem Revolver, den niemand hört, so ein verpatztes Leben -I RENE Lügner! Lügner! E RNST Das ist die gewaltigste Erschütterung meines Lebens. (Stille) 25 I RENE Ausserdem, Ernst, passen wir auch nicht zusammen. E RNST (fasst sich ans Herz) Denk an mein Herz, bitte. I RENE Denkst Du vielleicht an meine Leber? Jetzt ist schon alles egal! E RNST Zur Kenntnis genommen. (Stille) 30 I RENE Jetzt bist Du bös. Aber ich kann nicht anders. E RNST Ich habe Dich ehrlich geliebt, Irene. Ich sag es vor Zeugen: ich wollte Dir nur helfen -I RENE Aber ich war nicht ganz ehrlich zu Dir und dafür 얍 muss ich nun büssen. Ich hab halt nur einen Menschen gebraucht -- seinerzeit. 35 E RNST Aha! (zu Albert) Sie hatten recht, mein Herr! I RENE Wir haben einen anderen Stern, Ernst. E RNST Geh lass mich mit den Sternen in Ruh! I RENE Das sagst Du? Der Du mich in den Zirkel eingeführt hast? N
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N
N
B
N
B
B
5 12
B
13 14 16
B
B
B
(Stille)N ] I RENE f komm.N ]
I RENE (sehrN ] mit f Rat,N ]
Kopf,N ] übrig!N ] Banderem!N ] B
N
N
B
1 2
B
N
\(Stille)/ \I RENE [Hier zuhause?] Ist das wahr?/1 (Stille)3 I RENE (sehr leise) Das freut mich.4 DIE U NBEKANNTE Gewiss.2 E RNST (zu Irene) Also komm.5 korrigiert aus: I RENE n(sehr [und der hat mir] |mit| de[n]|m| freundlichen Rat\,/ [erteilt] Kopf\,/ [schiessen,] übrig[.]|!| anderem[.]|!|
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Endfassung
K/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
E RNST Ach lass mich doch mit dem Zirkel in Ruh! (zu Albert) Le roi mort , vive le roi! (zu Irene) Was denkst Du denn, wer ich bin?! Adieu! (ab durch die Tapetentüre) B
5
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N
Szene 10 I RENE Ja, jetzt muss ich büssen. Was ist auch eine kleine Unterschlagung neben einem verdorbenem Lebensweg? Ich habe einmal in einer Novelle gelesen, dass die Frau die Pflicht besitzt, die Härte der starren Paragraphen durch Liebe zu erweichen -- aber das begreif ich erst jetzt, wo es zu spät sein dürfte. A LBERT Es ist nie zu spät, Irene. I RENE Doch, Albert. A LBERT Nein. Auch ich dachte mal so hoffnungslos und hab Dich verflucht. I RENE Ich spür es. Und ich hab Dir doch immer geglaubt, alles. Auch das mit Deiner Einsamkeit -A LBERT (deutet verstohlen auf die Unbekannte; sehr leise) Aber das war doch nur die Verzweiflung -- ich hab halt einen Menschen gebraucht. I RENE O das kenn ich schon – A LBERT Glaube mir. 얍 DIE U NBEKANNTE Was sprichst Du da? A LBERT Pst! DIE U NBEKANNTE Was fällt Dir ein?! Wie sprichst Du denn zu mir?! Zu mir, die Du vielleicht schon länger kennst, wie manche Andere -- seit vielen Wochen, jede Nacht?! I RENE (weinerlich) Adieu! (rasch ab durch die Tapetentüre) B
N
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Szene 11 DIE U NBEKANNTE Jetzt wirst Du mich schlagen. Nicht? A LBERT Nein. (Stille) DIE U NBEKANNTE Jetzt bist Du verstimmt. A LBERT Nein. Aber warum konnt sie mir das nicht gestern sagen, gestern um diese Zeit? Jetzt hätt ich geordnete Verhältnisse! DIE U NBEKANNTE Soll ich ihr nachlaufen und sagen: gnädige Frau, ich habe zuvor gelogen, wir, er und ich, wir waren ja hier überhaupt noch nie miteinander, das hab ich mir ja nur so ausgeklügelt, damit es nicht aufkommt, dass -A LBERT (hält ihr den Mund zu; zündet sich dann die zweite Zigarette an) DIE U NBEKANNTE Du musst mir den Mund nicht zuhalten, denn Du bist mein Schicksal. A LBERT Jetzt hätt ich mein Auskommen. (Stille) DIE U NBEKANNTE Hast kein Geld? A LBERT Frag nicht so intelligent. B
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B
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1 16 32 34 34
N
Le f mortN ] gemeint ist: Le roi est mort ich f mir.N ] \ich f mir./ Bgeordnete Verhältnisse!N ] [Glück und Frieden!] geordnete | Verhältnisse!| BhierN ] \hier/ B N] [\{[hier richtig] |hier|}/] B B
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B N
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Endfassung
K/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
DIE U NBEKANNTE Wenn Du kein Geld hast, dann passen wir fein zusammen. 얍 A LBERT Bist anscheinend noch betrunken? DIE U NBEKANNTE O ich bin nüchtern -- ganz und gar. A LBERT Ganz und gar. Es ist alles verflucht. 5 (Stille) DIE U NBEKANNTE Vielleicht bin ich schlecht -- (sie wischt sich einige Tränen aus den Augen) A LBERT (streicht ihr über das Haar) So war es nicht gemeint, Irene -DIE U NBEKANNTE (fährt zurück) Irene?! 10 A LBERT Hab ich Irene gesagt? DIE U NBEKANNTE Gewiss. (Stille) DIE U NBEKANNTE (nimmt seine rechte Hand und betrachtet sie) Mit dieser Hand hast es getan -15 A LBERT Jetzt sprichst Du davon. DIE U NBEKANNTE Weil ich Angst hab, dass ich diese Hand nichtmehr haben werde und dann werde ich es nicht tragen können, so allein -A LBERT Was wirst Du nicht tragen können? DIE U NBEKANNTE Geh nicht von mir Du, bitte nicht -- mein Mund wird anfangen zu 20 reden, ohne dass ich es Bwill!N A LBERT Achso. DIE U NBEKANNTE Nein nicht so! Ich werd doch nichts sagen, Du -- eher geh ich ins Wasser, bevor auch nur ein Sterbenswörtlein -얍 B A LBERT Ins Wasser? 25 DIE U NBEKANNTE Weisst, das nehm ich mit mir hinab, als hätt ich es getan --N A LBERT „Hinab“. Sowas sagt sich leicht. DIE U NBEKANNTE O nein. (Stille) A LBERT (bricht plötzlich los) Ich kann nicht anders! Ich hätt es doch nie geglaubt, 30 dass mir noch jemals wieder ein neues Leben, Glück und Friede -- So zeig mich doch an! Ich riskier es! Ich geh zurück und Du musst fort! DIE U NBEKANNTE Fort? A LBERT Lass mich hängen oder nicht, wie Du willst! DIE U NBEKANNTE Aber Albert -- (sie setzt sich) 35 (Stille) A LBERT Sei mir nicht bös, aber ich bin eine ehrliche Haut und es wäre gefrevelt gegen mich selbst -- (er streicht ihr wieder über das Haar) Ich habe Dich sehr gebraucht. DIE U NBEKANNTE Gebraucht? A LBERT Sicher. 40 (Stille) DIE U NBEKANNTE (zündet nun Streichhölzchen an und löscht sie immer wieder aus; denkt dabei natürlich an andere Dinge) -- das ist schön, einen Menschen zu brauchen -- aber es ist schlimm für den Menschen, den man braucht -- -- Gewiss. -(sie erhebt sich) Also dann geh ich jetzt --
20 24
B B
will!N ] A LBERT f getan --N ]
will[.]|!| 얍 [A LBERT Ins Wasser? DIE U NBEKANNTE Weisst, das nehm ich mit mir hinab, als] |A LBERT f getan --|
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Endfassung
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K/TS1 (Korrekturschicht)
A LBERT Wohin? DIE U NBEKANNTE Fort. DIE B EIDEN (fixieren sich) 얍 A LBERT Ich lege mein Leben in Deine Hand. DIE U NBEKANNTE (betrachtet ihre Hand) Da bist Du jetzt drinnen? -- -- Gut. (sie schliesst ihre Hand) Werden sehen -- (sie setzt sich ihren Hut auf) A LBERT Wohin? DIE U NBEKANNTE (lächelt) Hinab. Du wohnst doch im zweiten Stock -DIE B EIDEN (fixieren sich wieder) A LBERT Und tu, was Du willst. DIE U NBEKANNTE Gewiss. (Dunkel) 얍 EPILOG
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Wieder in der Seitengasse vor dem Hause Nummer neun. Nur einige Jahre sind vorbei. Wo früher die Blumenhandlung war, ist nun eine Wäscherei, und in dem Laden, in welchem der Uhrmacher erschlagen wurde, befindet sich nun eine bescheidene Buchhandlung. In der Auslage hängen Zeitschriften, Bücher, überwiegend antiquarisch und eine Totenmaske der Unbekannten in der Seine. In der Auslage der Wäscherei hängen hingegen naturnotwendig Hemden und Unterhosen. Die Buchhandlung gehört Emil, der nun schon längst verheiratet ist. Seine etwas korpulente Gattin Lucille sitzt auf einem Stuhle vor dem Geschäft in der Sonne und liest einen spannenden Roman. B
N
B
N
Szene 1 Ernst kommt mit Lilly, einem Mädchen, vorbei. L ILLY Warum schaust denn dieses Haus so an? E RNST Weil mich verschiedene Erinnerungen daran knüpfen. Zum Beispiel dort droben im dritten Stock wohnte einst vor 얍 Jahren ein Ingenieur, und dessen Gattin -L ILLY (fällt ihm ins Wort) Hatte etwas mit Dir? Sags nur! E RNST (wollte eigentlich vom Studenten aus dem zweiten Stock rechts erzählen; lügt aber nun aus Eitelkeit und grinst) Kavalier schweigt. Und dort, wo jetzt lauter Bücher sind, dort war früher ein Uhrmacherladen, aber dann ist an dem alten Uhrmacher ein Raubmord verübt worden. Der ist bis heut noch nicht geklärt. L ILLY Dass sowas vorkommt! Wozu haben wir denn unsere Kriminalpolizei? E RNST Aber Maus! Gar vieles kommt nie ans Tageslicht! Auch in puncto Raubmord -- zuerst forscht man fieberhaft nach, dann wird es zu den Akten gelegt und über die Akten wächst das Gras. Und der Mörder bleibt unbekannt, geht frei und frank herum -- vielleicht sitzt man ihm gerade gegenüber. B
35
Lesetext
B
20 25 32 40
B
N
welchemN ] GattinN ] BIngenieur,N ] BDassN ] B
korrigiert aus: welchen korrigiert aus: Gatten
Ingenieur\,/ korrigiert aus: Das
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N
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Endfassung
5
K/TS1 (Korrekturschicht)
L ILLY Hör auf! E RNST Man weiss doch nichts voneinander -- was weisst denn Du schon von mir? Vielleicht hab ich auch mal einen Raubmord -L ILLY Du red nicht so unheimlich, sonst musst Du heut Nacht wieder bei mir schlafen! E RNST Beruhig Dich nur. Ich will nicht unheimlich reden -- (er wendet sich Lucille zu) Entschuldigen Sie bitte, jedoch soweit ich mich erinnere, war doch da mal in grauer Urzeit eine Blumenhandlung? L UCILLE Stimmt, mein Herr. Aber die Inhaberin hat geheiratet und die Leute haben jetzt eine Gärtnerei vor der Stadt. Es geht ihnen sehr gut. 얍 E RNST So. L UCILLE Komisch, dass Sie danach fragen. Ich erwarte die Frau nämlich jeden Moment -- sie wollte heut hier vorbeikommen und müsste schon hier sein. E RNST Na dann wollen wir gehen -- Sagen Sie nur noch: wohnt hier noch so ein Kleiner im dritten Stock rechts, ein gewisser Herr Emil -L UCILLE (unterbricht ihn) Emil? Dritter Stock rechts? Na das ist doch mein Gatte! E RNST Ihr Gatte? L UCILLE Sie kennen ihn? Er ist jetzt gerade droben und kocht, er kocht nämlich gern und gut -- soll ich ihn rufen? E RNST O nicht der Mühe wert! Wir haben uns nur paar Jahre nicht gesehen -- wahrscheinlich wird er sich an mich garnichtmehr erinnern. L UCILLE Ja er ist riesig zerstreut. Leider! E RNST Wiedersehen, gnädige Frau! L UCILLE Habe die Ehre! B
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Lesetext
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Szene 2 Ernst will mit Lilly ab -- da kommen aber gerade Irene und Albert mit dem dreijährigen kleinen Albert. Sie erkennen sich (ausser Lilly und dem kleinen Albert natürlich) und grüssen sich reserviert. L ILLY Wer ist denn das? E RNST Flüchtige Bekannte. Eine Gärtnersfamilie -- (ab mit Lilly) 얍 Szene 3 I RENE (sieht Ernst nach) Die alte Zeit -- BAberN was der für ein Frauenzimmer bei sich hat, ist ja unmöglich! A LBERT (betrachtet das BHaus Nummer neun)N I RENE (bemerkt es und lächelt) Ja, dieses Haus. Noch steht es, nicht? A LBERT (nickt ja) I RENE Ich geh oft daran vorbei. Hier hat doch unser Glück begonnen -- trotz mancher Unterbrechungen. Ach Albert, wie rasch eilen unsere Tage! (zum kleinen Albert)
7 7 8 9 14 20 34 36
B
jedochN ] früherN ] Bin f UrzeitN ] BAber dieN ] BKleinerN ] B N] BAberN ] BHaus f neun)N ] B
[aber] |jedoch| [früher] |mal| \in f Urzeit/ Aber [schon seit Jahren nichtmehr.] [D]|d|ie korrigiert aus: kleiner [, waren nur so bekannt] [a]|A|ber Haus[)] |Nummer neun)|
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Endfassung
K/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
Siehst Du, kleiner Albert, dort drüben verkauften mal Papa und Mama Blumen, schöne duftende Blumen -- aber da war der kleine Albert noch nicht da. Komm -(sie putzt ihm die Nase) 5
10
Szene 4 L UCILLE Guten Tag, Frau Irene! Ich hab sie schon reserviert für Sie, die Skulptur! I RENE O sehr nett von Ihnen! Sie kennen doch meinen Mann -L UCILLE Natürlich! Emil wird sich riesig freuen, er kocht zwar gerade -- (sie ruft empor) Emil! Emil! S TIMME E MILS (aus dem dritten Stock rechts) Was ist denn passiert?! Ach guten Tag, ist das aber eine Ueberraschung! Ich komm gleich runter! I RENE (zu Albert) Siehst, das ist diese Totenmaske -- (sie führt ihn vor die Auslage der Buchhandlung) Die möcht ich so gerne haben, weil sie so himmlisch ist. 얍 L UCILLE Sie ist garnicht von dieser Welt. (Stille) A LBERT (plötzlich) Wer ist das? I RENE Ich habs Dir doch gesagt! L UCILLE Eine unbekannte Selbstmörderin. Gleich kommt mein Gatte, er kann es Ihnen noch besser erklären -- da ist er! B
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ÖLA 27/W 14 – o. BS, Bl. 70
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Szene 5 E MIL (rasch durch das Haustor) Hocherfreut hocherfreut! Na das ist aber reizend, dass Ihr mal wieder an uns denkt! Pa, Bubi! I RENE Sie sind ja heut so lustig, Herr Emil! L UCILLE Das ist er neuerdings immer. Zuerst war zwar ich der leichtere Teil und er der schwerere, aber dann haben wir aufeinander abgefärbt -- jetzt ist er der Optimist und ich seh schwarz. E MIL So hebt sich alles auf! (er lacht) L UCILLE Emil, erklär doch mal bitte den Herrschaften die Geschichte dieser Totenmaske. E MIL (lacht immer wieder dazwischen hinein) Da gibt es keine Geschichten -- man hat sie aus der Seine herausgezogen und weiss nichts von ihr. Irgendeine junge Selbstmörderin, allerdings mit einem verblüffend mysteriösem Lächeln -- Neulich hat mal wer gesagt, diese arme Seele war wahrscheinlich nur ein Menschenkind, gut und böse, fromm und verdorben, wie das ewige Leben -- aber meiner Meinung nach ist das ein Engel gewesen, der zur Strafe auf unser irdisches Jammertal hat hinabmüssen und dann durch den Tod erlöst worden ist. 얍 L UCILLE Wie schön er das gesagt hat. I RENE Für mich ist das auch ein Engel. (zu Albert) -- ich möcht es so gern haben. Für unser Schlafzimmer. L UCILLE Wir haben noch eine zweite Skulptur drinnen -E MIL Ich hab sie schon eingepackt! I RENE Sehr zuvorkommend! Und dann möcht ich bitte nur noch das Kochbuch -(ab mit Emil und Lucille in die Buchhandlung) B
N
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13 18 36
B
gerne haben,N ] unbekannteN ] Bunser f JammertalN ] B
gern\e/ [für unser Schlafzimmer haben,] |haben,| korrigiert aus: Unbekannte unser[e] [Erde] |irdisches Jammertal|
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Endfassung
K/TS1 (Korrekturschicht)
Szene 6 Albert steht nun mit dem kleinen Albert allein vor dem Hause Nummer neun. A LBERT (zur Totenmaske) Bist Du es? -- Hm. Ich weiss nicht, es war damals immer so dunkel, ich hab Dich eigentlich nie richtig gesehen -- -DER KLEINE A LBERT (weint plötzlich fürchterlich) B
5
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Lesetext
N
Szene 7 Irene kommt auf das Geweine hin mit Emil und Lucille herbei. Irene trägt die eingepackte Totenmaske, Emil und Lucille Kochbücher. E MIL Was hat er denn, der kleine Albert? I RENE Na was weinst denn? (sie beugt sich zu ihm nieder) -- ach, er hat schon wiedermal Angst vor dem dunklen Hauseingang. Immer hat er Angst vor Hauseingängen -L UCILLE Dann machen wir halt das Tor zu -- (sie schliesst es) So, jetzt wird er gleich nichtmehr weinen, der kleine Albert! 얍 DER KLEINE A LBERT (verstummt) E MIL (zu Irene) Sie haben mir einst gesagt bei meinem Brautbouquet: Rosen bringen Glück -- und sie haben Glück gebracht. Zwar ist noch kein kleiner Emil da, aber jetzt ist einer unterwegs -- ich weiss es selbst nicht wieso! (er lacht) L UCILLE Aber Mann! E MIL So plötzlich über Nacht. Seit dem Nationalfeiertag. I RENE (hat den kleinen Albert auf den Arm genommen) Kinder sind doch die Zukunft. E MIL Was kleiner Albert? L UCILLE Ein herziger Bubi! I RENE Ganz der Herr Papa! E MIL Gratuliere! A LBERT (lächelt) O bitte danke -(Dunkel)
30
ENDE
4
B
Hm.N ]
Hm[-] |.|
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ÖLA 27/W 14 – o. BS, Bl. 72
Endfassung
얍
K1/TS2 (Korrekturschicht)
Lesetext
Eine Unbekannte aus der Seine Komödie in drei Akten und einem Epilog
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 1
von 5
Ödön Horváth 얍
Personen:
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 2
10
A LBERT S ILBERLING N ICOLO I RENE E MIL , ein Bräutigam E RNST T HEODOR, der Leidtragende D IE U NBEKANNTE D ER U HRMACHER H AUSMEISTERIN K LARA , die Hausmeisterstochter E IN P OLIZIST D ER S TUDENT AUS DEM ZWEITEN S TOCK RECHTS D IE G ATTIN DES I NGENIEURS AUS DEM DRITTEN S TOCK Die Mordkommission: D ER H ERR IM F RACK D ER D OKTOR D ER K OMMISSAR D ER G ERICHTSPHOTOGRAPH M ATHILDE , die Zimmervermieterin L ILLY, ein Mädchen L UCILLE D ER KLEINE A LBERT
15
20
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LINKS
Schauplatz: Dieses Stück spielt in einer grossen Stadt, durch die ein Fluss fliesst. 35
얍
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45
Erster Akt. B
N
Seitengasse. Altes hohes Haus. Neben dem Haustor ein Uhrmacherladen und eine kleine Blumenhandlung mit Rosen, Tulpen, Hyazinthen, Kakteen und Flieder - bis auf die Gasse hinaus. Darunter auch eine Stechpalme. Die Besitzerin der Blumenhandlung ist blond, ledig und Mitte der Zwanziger. Mit dem Vornamen heisst sie Irene. In der Auslage des Uhrmacherladens hängen lauter Uhren - grosse und kleine, alte und neue. Auch Kuckucksuhren. Und ein Barometer. Es geht bereits gegen Abend, Ende Mai.
36
B
A k t .N ]
korrigiert aus: A k t .
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 3
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
1. Szene. (Albert, ein junger Mensch und ehemaliger Beamter einer Speditionsfirma, kommt mit Silberling und Nicolo langsam vorbei. Silberling, ein älterer Herr, macht auf den ersten Blick einen durchaus soliden Eindruck, aber auf den zweiten Blick wieder weniger. Und auch Nicolo sieht nicht gerade vertrauenerweckend aus, schon auf den ersten Blick nicht. Aber gekleidet ist er wie ein Gent) S ILBERLING Also das ist Nummer neun. Ein schönes Haus. A LBERT Alt. S ILBERLING Wahrscheinlich. Und die Wohnung über den Uhren ist zu vermieten? A LBERT Sie steht leer. (Stille) 얍 A LBERT Es ist das ein kleiner Laden, dieser Uhrmacherladen. Gleich rechts steht der Schrank und schlafen tut er hinten hinaus. N ICOLO Und dort ist das Kellerfenster. A LBERT Ja. (Stille) S ILBERLING Wieviel sagst du? Dreitausend? A LBERT Garantiert. N ICOLO Ich habe ein gutes Gefühl. (Stille) A LBERT Aber ich tu nicht mit. S ILBERLING Was heisst das? N ICOLO (scharf) So plötzlich? (Stille) A LBERT Ich hab euch hierhergeführt und zeig euch Chancen, aber ich tu nicht mit. N ICOLO (ironisch) Willst ein neues Leben beginnen? S ILBERLING Also nur keine Unüberlegtheiten! (Stille) A LBERT Ein neues Leben -- hm. Das geht natürlich nicht nach Wunsch. S ILBERLING (grinst) Wahrscheinlich. A LBERT Aber es dreht sich da um einen Menschen --- Nicht um mich! N ICOLO Sondern? A LBERT (schweigt) S ILBERLING Sicher um eine Madonna. Die wird oder will ihn ver-얍lassen oder sie hat ihn schon verlassen --A LBERT (grinst) Erraten. N ICOLO Kunststück! B
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N
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N B
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B
1 9 17 17 22 23 27 28 32 33 38
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S z e n e .N ] vermieten?N ] Bdu?N ] BDreitausend?N ] Bdas?N ] Bplötzlich?N ] Bbeginnen?N ] BUnüberlegtheiten!N ] Bmich!N ] BSondern?N ] BKunststück!N ] B
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 4
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Lesetext
korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: vermieten ? korrigiert aus: du ? korrigiert aus: Dreitsausend ? korrigiert aus: das ? korrigiert aus: plötzlich ? korrigiert aus: beginnen ? korrigiert aus: Unüberlegtheiten ! korrigiert aus: mich ! korrigiert aus: Sondern ? korrigiert aus: Kunststück !
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 5
Endfassung
K1/TS2 (Korrekturschicht)
Lesetext
S ILBERLING Und jetzt hat sie schon längst einen anderen, nicht? A LBERT Sie hat keinen anderen. S ILBERLING Wetten? A LBERT Ich wette nicht. N ICOLO Er ist kein Hasardeur. A LBERT Gut. Jetzt wette ich! Hundert gegen eins! S ILBERLING Abgemacht! Auch hundert gegen zwei! N ICOLO Zu gewagt! A LBERT (braust auf) Was versteht denn ihr schon davon! (wütend ab) B
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2. Szene. (Die beiden Herren sehen ihm verdutzt nach) N ICOLO Er muss. Wir zwei allein sind zu wenig. S ILBERLING Der kommt auch wieder -- da wachsen mir keine grauen Haare. N ICOLO Aber die Finger eines Weibes im Spiele --- das kann mir nicht gefallen. An Hand meiner reichen persönlichen Erfahrungen --S ILBERLING (unterbricht ihn väterlich) Nanana! Nur nicht gar so von oben herab, Herr Casanova! N ICOLO (fixiert ihn) Was weisst denn du schon von mir, junger Mann? S ILBERLING Nichts. N ICOLO Eben. (ab mit Silberling) B
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3. Szene. B
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(Jetzt verlässt Irene mit Emil, einem Bräutigam, ihre Blumenhandlung. Der will sich gerade ein Brautbouquet kaufen, ist aber immer noch unschlüssig. Er hat einen melancholischen Charakter und beriecht die Blumen auf der Strasse) I RENE Auch Hyazinthen riechen gut. E MIL Zu streng. I RENE Dann bleiben wir doch bei den Rosen, Herr Emil. Das ideale Brautbouquet. Rosen bringen Glück. E MIL (schmerzlich) Glück? I RENE Sicher. Das ist nämlich so ein Aberglauben und ich glaub daran. Sie nicht? E MIL Zur Not. B
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B
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1 3 6 6 7 7 8 9 14 18 19 20 24 28 33 34
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nicht?N] Wetten?N ] Bich!N ] Beins!N ] BAbgemacht!N Bzwei!N ] Bgewagt!N ] Bdavon!N ] Bmuss.N ] BNanana!N ] BCasanova!N ] BMann?N ] BS z e n e . N ] BStrasse)N ] BGlück?N ] Bnicht?N ] B
korrigiert aus: nicht ? korrigiert aus: Wetten ? korrigiert aus: ich ! korrigiert aus: eins ! korrigiert aus: Abgemacht ! korrigiert aus: zwei ! korrigiert aus: gewagt ! korrigiert aus: davon !
muss\./ [mittun.] korrigiert aus: Nanana ! korrigiert aus: Casanova ! korrigiert aus: Mann ? korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: Strasse() korrigiert aus: Glück ? korrigiert aus: nicht ?
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N
Endfassung
5
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K/TS2 (Korrekturschicht)
I RENE Sie sehen aber schon garnicht aus, als hätten Sie einen Freudentag vor sich --E MIL Ich bin halt kein leichter Mensch -- und heiraten ist doch kein Kinderspiel. Sie waren doch auch schon mal verlobt. Man erfährt doch so manches, wenn man im selben Haus wohnt. I RENE (fixiert ihn) Wie meinen Sie das jetzt? E MIL Ich meine halt nur, dass man sein Herz unter Umständen leicht an einen unwürdigen Partner verschwenden kann -I RENE Sie sind eigentlich ein boshafter Mensch, Herr Emil. E MIL Sie verkennen mich grausam. Schade. Wenn ich nicht schon eine Braut hätte, würde ich Sie heiraten -- glatt. Sie haben einen schönen Charakter und Blumen sind eine ange-얍nehme Branche. I RENE Sehr aufmerksam. E MIL Was kostet diese Stechpalme? I RENE Die ist sehr preiswert. E MIL Uebrigens: hätten wir nicht doch lieber Flieder --I RENE (unterbricht ihn) Nein. Rosen bringen Glück. B
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(Ernst, ein Vertreter, kommt mit seiner Tasche. Er hat ein sicheres Auftreten und kann äusserst zungenfertig sein) E RNST (grüsst) Servus Emil, guten Abend - (er gibt Irene rasch einen Kuss auf die Wange) Na was macht die Hochzeit? E MIL Wir debattieren gerade über das Brautbouquet E RNST Rosen bringen Glück! I RENE (zu Emil) Sehen Sie! E MIL Ich höre. Also dann bleiben wir halt dabei - (zu Ernst) Du kommst doch heut zu meinem Polterabend? E RNST Ehrensache! E MIL Wiedersehen I RENE (boshaft) Alles Gute zur Hochzeit. Und viel Kinder. E MIL Kinder bringen Glück - (ab durch das Haustor in seine Wohnung) B
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 7
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4. Szene. 20
Lesetext
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5. Szene. B
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얍 E RNST (sieht ihm nach) Ein armer Pessimist. Ein Cretin. I RENE Ernst. Wie oft hab ich dich schon gebeten, du sollst mich nicht vor fremden Leuten auf die Wange küssen 5 5 13 18 20 23 25 26 28 29 34
B
ihn) WieN ] jetzt?N] BStechpalme?N ] BS z e n e . N ] Bsicheres AuftretenN ] BHochzeit?N ] BGlück!N ] BSie!N ] BPolterabend?N ] BEhrensache!N ] BS z e n e . N ] B
korrigiert aus: ihn)Wie korrigiert aus: jetzt ? korrigiert aus: Stechpalme ? korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: sicheresAuftreten korrigiert aus: Hochzeit ? korrigiert aus: Glück ! korrigiert aus: Sie ! korrigiert aus: Polterabend ? korrigiert aus: Ehrensache ! korrigiert aus: S z e n e .
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 8
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
Lesetext
E RNST Aber Maus! Meinst denn, die Leut sind blind? Glaubst, die wissen es nicht genau, wie oft ich hier in der Nacht -- alles wird einem registriert, das ist nun mal Menschenart. Gott bin ich müd und wieder kaum etwas verkauft! --- und du gefällst mir übrigens auch nicht. Das heisst: wir kennen uns ja erst seit drei Wochen, aber du hast mir zuviel depressive Zuständ --- Ich sorge mich um dich, Irene. I RENE Du bist lieb. Aber es ist halt keine Kleinigkeit, sich so plötzlich von einem Manne trennen zu müssen, mit dem man über zwei Jahre --- das geht eben nicht spurlos, da bleibt einem eine offene Wunde zurück, Albert. E RNST Ich heisse nicht Albert. Ich heisse Ernst. I RENE Verzeih mir, bitte. (Stille) E RNST So nimm doch nur Vernunft an. Als alleinstehende Geschäftsfrau musst du peinlichst auf deinen präzisen Ruf achten! Kannst doch nicht mit einem solchen Manne zusammen, einem ehemaligen Speditionsbeamten, der unterschlagen hat bedenk! I RENE Ja, unterschlagen. So nennt man das offiziell. Trotzdem. E RNST Nur Mut - - (er will ihr wieder einen Kuss auf die Wange geben, doch sie wehrt ab) Wieso? Jetzt ist doch hier kein Fremder - I RENE Trotzdem - (Stille) 얍 E RNST Darf ich mir nun die Hände waschen? I RENE Geh nur hinein. Ich muss nur noch die Blumen - E RNST (ab) B
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6. Szene. Irene begiesst die Blumen. Albert erscheint - - sie erblickt ihn, zuckt etwas zusammen und möchte in die Blumenhandlung. A LBERT Halt! I RENE Aber ich hab doch zu tun! A LBERT Dann geh ich mit. I RENE Du bleibst draussen. A LBERT Wo hast du dein Herz, Irene? (Stille) B
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1 1 3 5 13 14 16 19 20 22 26 27 29 30 33
B
Maus!N] blind?N ] Bverkauft! ---N ] BZuständ ---N ] Balleinstehende GeschäftsfrauN ] Bachten!N ] Bbedenk!N ] BWieso?N ] BTrotzdem - -N ] Bwaschen?N ] B S z e n e .N ] BerblicktN ] BHalt!N ] Btun!N ] BIrene?N ] B
N
N
korrigiert aus: Maus ! korrigiert aus: blind ? korrigiert aus: verkauft !--korrigiert aus: Zuständ--korrigiert aus: alleinstehendeGeschäftsfrau korrigiert aus: achten ! korrigiert aus: bedenk ! korrigiert aus: Wieso ? korrigiert aus: Trotzdem - . korrigiert aus: waschen ? korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: er blickt korrigiert aus: Halt ! korrigiert aus: tun ! korrigiert aus: Irene ?
66
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 9
Endfassung
K1/TS2 (Korrekturschicht)
Lesetext
I RENE Dass du immer wieder kommst - - So quäl mich doch nicht! A LBERT Egal! B
B
N
N
7. Szene. B
N
5
Theodor, ein Leidtragender, kommt in tiefer Trauer rasch vorbei. Er ist sehr lustig. T HEODOR Guten Abend, schöne Frau! Ich wollt Sie nurmal rasch erinnern, dass Sie den Kranz nicht vergessen, das wär nämlich sonst eine schlimme Blamage! I RENE Der Kranz ist schon längst geliefert. T HEODOR In die Wohnung oder gleich hinaus? I RENE Gleich ins Krematorium, mein Herr. 얍 T HEODOR Dann ists schon gut. Und auf der Schleife steht? I RENE „Letzte Grüsse“. T HEODOR Bravo! Sehr schön, sehr brav! Das klappt ja alles prima! Na was macht denn die liebe Frau für ein trauriges Gesicht? Ihnen ist doch niemand gestorben, sondern mir! Aber sehens, ich lass mir meinen Humor nicht nehmen! Man lebt nur einmal! In diesem Sinne - - (er grüsst und ab) B
N
B
10
B
N
B
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15
N
B
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B
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B
B
B
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 10
N
N
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N
8. S z e n e . B
N
20
25
A LBERT (sieht dem Leidtragenden nach) Es gibt noch lustige Menschen. I RENE (wie zu sich selbst) Unlängst bin ich sehr erschrocken. Da hat mich nämlich ein Bekannter in einen Zirkel eingeführt, wo man sich mit dem Einfluss der Gestirne auf unser menschliches Leben beschäftigt hat - A LBERT Was war denn das für ein Bekannter? I RENE Du kennst ihn nicht. Es hat alles gestimmt. Auch die Zukunft. (Stille) A LBERT Ist er auch lustig? I RENE Wer? A LBERT Dein neuer Bekannter mit den Sternen. (Stille) I RENE Du sollst mich nicht so anschaun, denn es hat keinen Sinn. A LBERT Ich schau nur deine Brosche an - - meine Brosche aus Ve-얍nedig. B
B
B
30
1 2 4 7 8 10 12 14 14 14 15 16 16 17 19 25 28 29
B
N
N
nicht!N ] Egal!N ] B S z e n e .N ] BFrau!N ] BBlamage!N ] Bhinaus?N ] Bsteht?N ] BBravo!N ] Bbrav!N ] Bprima!N ] BGesicht?N ] Bmir!N ] Bnehmen!N ] Beinmal!N ] B S z e n e .N ] BBekannter?N ] Blustig?N ] BWer?N ] B
N
korrigiert aus: nicht ! korrigiert aus: Egal ! korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: Frau ! korrigiert aus: Blamage ! korrigiert aus: hinaus ? korrigiert aus: steht ? korrigiert aus: Bravo ! korrigiert aus: brav ! korrigiert aus: prima ! korrigiert aus: Gesicht ? korrigiert aus: mir ! korrigiert aus: nehmen ! korrigiert aus: einmal ! korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: Bekannter ? korrigiert aus: lustig ? korrigiert aus: Wer ?
67
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 11
Endfassung
K1/TS2 (Korrekturschicht)
I RENE Soll ich sie dir zurückgeben? A LBERT Nein. I RENE Danke. B
N
9. Szene. B
5
Lesetext
N
Ernst erscheint nun etwas ungeduldig in der Türe der Blumenhandlung. E RNST Irene, wo bleibst denn so lang? (er erblickt Albert) Ach! Schon wieder?! I RENE Reg dich nur nicht auf, bitte! Denk an dein Herz! E RNST Nein lass mal! I RENE Ernst! E RNST (nähert sich Albert und hält dicht vor ihm) Ich liebe das offene Wort. Sie wissen, wer ich bin. A LBERT Nein. E RNST Wie Sie wünschen! Ich weiss alles. A LBERT (zu Irene) Alles? E RNST Irene und ich, wir haben keine Geheimnisse voreinander. A LBERT Richtig. So soll es sein. E RNST Es dreht sich hier nur um Irene. Im Interesse aller Beteiligten bitte ich Sie um etwas Einsicht. Es gibt bekanntlich Dinge, die irreparabel sind - - Irene hatte Ihretwegen sozusagen fast einen korrekten Nervenzusammenbruch und wenn ich nicht gewesen wäre, wäre sie vielleicht nun nichtmehr, höchstwahrscheinlich - und da ich ihr eben damals meine 얍 Kraft gegeben habe, habe ich folglich auch ein gewisses Recht zu weiteren Eingriffen in ihr Leben - - (er stockt) Was ist denn los? A LBERT (starrte immer nur auf seine Lippen) Sie sprechen so fliessend - E RNST (perplex) Fliessend? Wieso fliessend? A LBERT Sie heissen Ernst? E RNST Immer schon. A LBERT (lächelt blöd) Ein ernster Name. E RNST Sie belieben zu scherzen? A LBERT Nein. B N
B N
B
B
10
B
B
15
25
N
N
zurückgeben?N ] S z e n e .N ] B N] B N] Blang?N ] BAch!N ] Bwieder?!N ] Bbitte!N ] BHerz!N ] Bmal!N ] BErnst!N ] Bwünschen!N ] BAlles?N ] Blos?N ] BFliessend?N ] Bfliessend?N ] BErnst?N ] Bscherzen?N ] B
B
N
N
B
B
N
N
B
1 5 7 7 8 8 8 9 9 10 11 15 16 25 27 27 28 31
B
N
B
30
N
N
N
B
B
B
B
N
B
20
N
N
N
korrigiert aus: zurückgeben ? korrigiert aus: S z e n e .
[, ein Vertreter,] [Er hat ein sicheres Auftreten und ist äusserst zungenfertig.] korrigiert aus: lang ? korrigiert aus: Ach ! korrigiert aus: wieder ?! korrigiert aus: bitte ! korrigiert aus: Herz ! korrigiert aus: mal ! korrigiert aus: Ernst ! korrigiert aus: wünschen ! korrigiert aus: Alles ? korrigiert aus: los ? korrigiert aus: Fliessend ? korrigiert aus: fliessend ? korrigiert aus: Ernst ? korrigiert aus: scherzen ?
68
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 12
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
E RNST Sie zwingen mich deutlich zu werden? A LBERT Ich hab Sie mir eigentlich anders vorgestellt - E RNST (wieder perplex) Was? Wen? A LBERT Sie. Ich hab Sie mir anders gedacht. Hm. Komisch, dass sich Irene für Sie interessiert - E RNST Finden Sie komisch? A LBERT Ich finde, sie wird halt nur irgendeinen Menschen gebraucht haben - - (er grinst; zu Irene) Nicht? E RNST (fasst sich ans Herz) I RENE (fährt ihn an) So begreif es doch endlich, dass es folgerichtig aus sein muss! A LBERT (schreit) Lass doch diese Redensarten! Hier dreht es sich nicht um deinen Ruf, hier dreht es sich darum, dass ich keinen Ausweg mehr hab, hörst du?! Ich kann nichtmehr bremsen und man kann es sich ja direkt ausrechnen, wann der Zug entgleisen wird - - Du könntest mich noch retten, wenn du wolltest, sonst bleibt mir nämlich nichts anderes übrig 얍 - - automatisch und logischerweise! (Stille) E RNST Komm, Maus! A LBERT Wo habt ihr euch denn kennen gelernt? Im Cafe? E RNST Sie sind geschmacklos. A LBERT Bin ich auch! Also los! Es interessiert mich! Wo habt ihr euch denn kennen gelernt?! I RENE Hier! Hier drinnen zuhaus! E RNST Nein also dieser Krach - - toll! So komm doch schon! (ab mit Irene in die Blumenhandlung) B
B
5
N B
B
N
N
N
B
10
Lesetext
N
B
B
B
15
B
B
B
B
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B
20
N
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B
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B
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B
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B
N
25
10. Szene. B
Die Unbekannte kommt und betrachtet die Blumen. Albert bemerkt sie nicht, denn er ist mit sich selbst beschäftigt. D IE U NBEKANNTE (plötzlich) Verzeihen Sie - B
30
N
1 3 3 6 8 10 11 12 15 17 18 18 20 20 20 21 22 22 23 23 26 29
B
N
werden?N ] Was?N ] BWen?N ] Bkomisch?N ] BNicht?N ] Bmuss!N ] BRedensarten!N ] Bdu?!N ] Blogischerweise!N ] BMaus!N ] Bgelernt?N ] BCafe?N ] Bauch!N ] Blos!N ] Bmich!N ] Bgelernt?!N ] BHier!N ] Bzuhaus!N ] Btoll!N ] Bschon!N ] BS z e n e . N ] Bsich selbstN ] B
korrigiert aus: werden ? korrigiert aus: Was ? korrigiert aus: Wen ? korrigiert aus: komisch ? korrigiert aus: Nicht ? korrigiert aus: muss ! korrigiert aus: Redensarten ! korrigiert aus: du ?! korrigiert aus: logischerweise ! korrigiert aus: Maus ! korrigiert aus: gelernt ? korrigiert aus: Cafe ? korrigiert aus: auch ! korrigiert aus: los ! korrigiert aus: mich ! korrigiert aus: gelernt ?! korrigiert aus: Hier ! korrigiert aus: zuhaus ! korrigiert aus: toll ! korrigiert aus: schon ! korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: sichselbst
69
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 13
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
A LBERT (dreht sich ruckartig um) Was los? D IE U NBEKANNTE (lächelt) Hab ich Sie erschreckt? A LBERT Erschreckt - - (er grinst) D IE U NBEKANNTE Das sind da nämlich so schöne Rosen, aber ich habe kein Geld. A LBERT Mir gehört hier zwar nichts, aber auf meine Verantwortung. Was Sie wollen - D IE U NBEKANNTE Nur eine. Danke. (Stille) D IE U NBEKANNTE (betrachtet ihre Rose) - - bei uns draussen wächst das überall, besonders ist da so ein schmaler Weg, der etwas ansteigt. Und dann kommt der Friedhof, wo die weissen 얍 Blumen blühen. Manchmal sehne ich mich zurück. A LBERT Nach dem Friedhof? D IE B EIDEN (fixieren sich) D IE U NBEKANNTE Sie sind anscheinend auch fremd hier? A LBERT Auch. (Stille) D IE U NBEKANNTE Es ist nicht viel Aussicht vorhanden. Man geht so herum - - - auf Wiedersehen - A LBERT Wiedersehen. D IE U NBEKANNTE (ab) B N B
N
B
5
10
B
N
N
B
15
Lesetext
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 14
N
20
11 . S z e n e . B
25
I RENE (erscheint wieder; leise) Albert. Jetzt hat er sich drinnen hinlegen müssen, weil er vor lauter Aufregung eine Herzattacke - - Bitte werde vernünftig und geh. A LBERT Ich werde nicht vernünftig. I RENE Geh. Bitte. A LBERT (grinst) Wie oft du das Wort „ bitte“ sagst. Bist so höflich geworden, das ist ein fremder Einfluss - - ein besserer. I RENE Vielleicht. A LBERT Sicher. Und ich dachte - - - ja was dacht ich denn? Hm. I RENE So geh doch und lass mich allein. A LBERT Allein? D IE B EIDEN (fixieren sich) A LBERT Vielleicht wird es noch anders. I RENE (nickt nein) Kaum. 얍 A LBERT Gut. Also dann fort. Aber wohin? I RENE (hält die Hand vor die Augen) A LBERT Was denkst du jetzt? B
30
N
B
B
35
N
N
B
B
1 1 2 11 13 21 27 30 32 36 38
N
N
N
B N
[ist]
B
korrigiert aus: los ? korrigiert aus: erschreckt ? korrigiert aus: Fr[ei] ie dhof ? korrigiert aus: hier ? korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: bitte “ korrigiert aus: denn ? korrigiert aus: Allein ? korrigiert aus: wohin ? korrigiert aus: jetzt ?
] los?N ] Berschreckt?N ] BFriedhof?N ] Bhier?N B S z e n e .N ] Bbitte“N ] Bdenn?N ] BAllein?N ] Bwohin?N ] Bjetzt?N ]
| |
70
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 15
Endfassung
K1/TS2 (Korrekturschicht)
Lesetext
12. Szene.
5
(Ernst kommt wieder aus der Blumenhandlung mit einem feuchten Umschlag auf der Stirne. Irene bemerkt ihn erst, als er zu sprechen beginnt) E RNST Herr, auf ein letztes Wort --I RENE Aber Ernst, sollst doch liegen! E RNST Lass mich! Reg dich nicht auf und geh hinein, das sind Männerdinge --- also geh schon bitte! I RENE (langsam ab in die Blumenhandlung) B N
B
B
N
N
B
N
10
13. Szene . B
N
E RNST (sieht Irene nach, bis sie verschwindet) So . Und jetzt appeliere ich an Ihr besseres Ich. Von Mann zu Mann. Bitte lassen Sie sich hier nicht wieder sehen. A LBERT Jetzt sagen Sie mir nur noch, dass ich ein neues Leben beginnen soll -(er grinst) E RNST Nein. Das sage ich nicht. A LBERT (starrt ihn an) E RNST Ich sage es nicht. Im Gegenteil. A LBERT Aha. Sie meinen --E RNST Ja. Die Welt ist schlecht. (Stille) A LBERT Hm … (Er sieht sich um) Es ist alles noch da und dann 얍 ist man nicht mehr dabei … (Er deutet in die Blumenhandlung) Dort drinnen ist ein Zimmer. Ob die Möbel noch alle so stehen? E RNST Die Möbel ja. A LBERT Also … (Er lässt ihn stehen) E RNST Wiedersehen … wollte sagen: alles Gute! (Wieder ab in die Blumenhandlung) B
15
20
B
25
N
N
B
N
B
30
N
14. Szene.
35
(Albert will fort und begegnet wieder Silberling und Nicolo) S ILBERLING Nun, Herr Geheimrat? A LBERT Du hast deine Wette gewonnen … S ILBERLING Na also! B
N
B
B
6 6 7 8 11 13 13 24 26 29 35 36 37
N
N
B N
[du]
B
korrigiert aus: liegen ! korrigiert aus: mich ! korrigiert aus: bitte ! korrigiert aus: S z e ne korrigiert aus: verschwindet)So gemeint ist: appelliere korrigiert aus: Hm… korrigiert aus: stehen ? korrigiert aus: Gute ! korrigiert aus: Geheimrat ? korrigiert aus: gewonnen… korrigiert aus: also !
] liegen!N ] Bmich!N ] Bbitte!N ] BS z e n e N ] Bverschwindet) SoN ] BappeliereN ] BHm …N ] Bstehen?N ] BGute!N ] BGeheimrat?N ] Bgewonnen …N ] Balso!N ]
71
B
N
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 16
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
A LBERT Sie hat einen Anderen und ich hab verspielt. N ICOLO Und? (Stille) A LBERT Ja. Jetzt jawohl. S ILBERLING Brav! N ICOLO Intelligent. A LBERT Egal … (er unterdrückt seine Erregung) Also der Schrank steht gleich rechts, wie gesagt. Und schlafen tut er hinten hinaus, der Herr Uhrmacher … aber es ist trotzdem besser, wenn man nicht direkt von vorne, wie gesagt. N ICOLO Und dort ist das Kellerfenster. A LBERT Ja. (Stille) 얍 S ILBERLING Es schaut jemand auf uns herab. Wer ist das? A LBERT (blickt verstohlen empor) Nichts. Nur ein Student. Der wohnt im zweiten Stock rechts und studiert Brückenbau. Er hatte mal etwas mit der Hausmeisterstochter, aber dann war es über Nacht aus, weil sie ihn im dritten Stock links bei der Gattin des Ingenieurs überrascht hat. S ILBERLING (grinst) Du kennst dich aus. A LBERT (lächelt) Mit der Zeit … B
N
B
5
B
N
N
B
10
B
15
Lesetext
N
N
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 17
20
15. Szene.
25
(Jetzt schlagen alle Uhren in der Auslage. Der Uhrmacher erscheint in der Ladentür, bleibt stehen und blickt interessiert zum Himmel empor) A LBERT (leise) Da ist er. (Stille) N ICOLO Er scheint sich für das Wetter zu interessieren. DER U HRMACHER (blickt plötzlich auf die drei Herren und betrachtet sie) S ILBERLING (sehr leise) Er kennt dich doch nicht? A LBERT (ziemlich laut) Nein. S ILBERLING Weil er so lang herschaut. A LBERT Er kümmert sich um keinen Menschen. Er ist ein Sonderling. (Stille) N ICOLO Er schaut dich noch immer an. A LBERT Er ist taub. 얍 U HRMACHER (klopft nun an das Barometer und verschwindet wieder in seinen Laden) B
30
35
N
16. Szene. 40
N ICOLO (misstrauisch) Albert. Dieser Sonderling hat mir nicht gefallen, keineswegs. Mir scheint, du bist hier bekannt. 2 4 5 8 13 29
B
Und?N ] jawohl.N ] BBrav!N ] BUhrmacher …N ] Bdas?N ] Bnicht?N ] B
korrigiert aus: Und ?
ja[.]|wohl.| korrigiert aus: Brav ! korrigiert aus: Uhrmacher ,,, korrigiert aus: das ? korrigiert aus: nicht ?
72
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 18
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
Lesetext
S ILBERLING Wollens nicht hoffen. N ICOLO Man hätte uns bald am Genick. A LBERT Es kennt mich hier keine Seele. 17. Szene.
5
10
(Jetzt kommt die Unbekannte wieder - sie isst eine Semmel - hält wie unabsichtlich vor der Auslage des Uhrmacherladens und betrachtet die Uhren) S ILBERLING Also dann um zwei. N ICOLO Und pünktlich bitte! A LBERT Sehr pünktlich. B
N
18. Szene. 15
(Die drei Herren trennen sich nun - Silberling geht mit Nicolo, während Albert an der Unbekannten vorbei will) D IE U NBEKANNTE (wendet sich ihm plötzlich zu und betrachtet nun ihn) A LBERT Was los? U NBEKANNTE (mit vollem Munde) Nichts. 얍 A LBERT Versteh kein Wort. Was los ist, hab ich gefragt? U NBEKANNTE Sie haben mir doch diese Blume geschenkt und das war sehr fein von Ihnen. A LBERT (erkennt sie erst jetzt wieder) Blume? Achso. U NBEKANNTE Sie dürfen nicht so denken, wie Sie denken. A LBERT Ich denke überhaupt nichts. U NBEKANNTE O, das glaub ich Ihnen nicht! Ihnen schon gar nicht! A LBERT (fixiert sie) Kennen Sie mich? U NBEKANNTE O doch. (Stille) A LBERT (misstrauisch) Na, was wissen Sie denn schon von mir? U NBEKANNTE Eigentlich wollte ich mir nur eine Semmel kaufen, da drüben neben den Uhren -- und da sagte die Bäckerin: sieh an, dort draussen steht gerade dieser Mensch. A LBERT Und dann hat sie geschimpft. U NBEKANNTE Gewiss. A LBERT Natürlich. U NBEKANNTE O sie hat nur gesagt, diesem Menschen ist alles zuzutrauen, der könnt einen auch umbringen. A LBERT Hübsch. B
20
N
B
B
25
N
B
B
30
35
N
N
B
N
B
B
10 18 20 23 26 26 27 30 37
B
bitte!N ] los?N ] Bgefragt?N ] BBlume?N ] Bnicht!N ] Bnicht!N ] Bmich?N ] Bmir?N ] BON ] B
N
N
korrigiert aus: bitte ! korrigiert aus: los ? korrigiert aus: gefragt ? korrigiert aus: Blume ? korrigiert aus: nicht ! korrigiert aus: nicht ! korrigiert aus: mich ? korrigiert aus: mir ?
O[,]
73
N
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 19
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
U NBEKANNTE Ja. Aber dann sagte ich, vielleicht ist dieser Mensch nur ein unglückseliger Charakter und dann sagte sie: möglich. Und dann sagte sie noch, man soll überhaupt nicht so rasch den Stab über einen Menschen brechen. A LBERT Hat sie gesagt? U NBEKANNTE (schluckt nun den letzten Bissen ihrer Semmel) Gewiss. 얍 A LBERT Hm. (Stille) U NBEKANNTE Bitte, tun Sie es nicht. A LBERT (überrascht) Was? (Stille) U NBEKANNTE (etwas verlegen) Nämlich zuvor, da wir uns mit der Blume trafen, da hab ich es direkt gefühlt, dass Sie sich damit beschäftigen. Ich kenn das nämlich genau, weil mir das auch schon mal durch den Kopf gegangen ist. Sie tun es nicht, ja? (Stille) A LBERT Sie spionieren mir nach? U NBEKANNTE Aus Angst. Zum Beispiel ich persönlich würde mir nie etwas antun, so schlecht könnt es mir gar nicht sein. A LBERT Achso. Sie dachten, dass ich mich --- (er lächelt) U NBEKANNTE Gewiss. A LBERT Sie können beruhigt sein, ich tu mir schon nichts an. U NBEKANNTE Fein! A LBERT Warum? U NBEKANNTE Weil es mich freut. Warum wundert Sie das? Ueberhaupt ist das Leben nicht so hässlich, mein Herr. Sehen Sie, in der Nacht denke ich oft an die armen Toten. Ihre Hemden sind vermodert, aber keiner deckt sie zu und niemand erkundigt sich. Und dann regnet es in ihre Finsternis hinab und die armen Toten liegen allein. Und dann schmilzt der Schnee … (Stille) A LBERT Komm. 얍 U NBEKANNTE Wohin? A LBERT Fort … (ab mit ihr) B
5
N
B
10
Lesetext
N
B
15
20
B
B
B
30
N
N
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B
25
B
N
N
19. Szene. 35
(Ernst erscheint nun wieder mit seinem feuchten Umschlag, vorsichtig blickt er aus der Türe der Blumenhandlung die Gasse entlang - Irene taucht hinter ihm auf und zwar ebenfalls mit einem feuchten Umschlag auf der Stirn) E RNST (atmet auf) Endlich! I RENE Ist er fort? B
B
4 9 13 15 21 22 23 30 38 39
B
N
N
gesagt?N ] Was?N ] Bja?N ] Bnach?N ] BFein!N ] BWarum?N ] Bdas?N ] BWohin?N ] Bauf) Endlich!N ] Bfort?N ] B
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 20
korrigiert aus: gesagt ? korrigiert aus: Was ? korrigiert aus: ja ? korrigiert aus: nach ? korrigiert aus: Fein ! korrigiert aus: Warum ? korrigiert aus: das ? korrigiert aus: Wohin ? korrigiert aus: auf) Endlich ! korrigiert aus: fort ?
74
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 21
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
Lesetext
E RNST Er hat es eingesehen. (Stille) I RENE Hier fehlt eine Rose. Es waren acht und jetzt sind es sieben. E RNST Er hat sich keine genommen. I RENE Komisch. Es fehlt … (Sie sieht sich scheu um) Glaubst du, dass er wiederkommt? E RNST Nein. B
5
N
B
N
(Dunkel) 10
얍
15
Zweiter Akt. B
N
Es ist inzwischen Nacht geworden und zwar bereits ziemlich spät. Der Uhrmacher schläft schon längst in seinem Laden, hinten hinaus, und auch in der Blumenhandlung ist alles zu. Still und friedlich scheint das Haus Nummer neun - nur der Student aus dem zweiten Stock rechts befindet sich bei der Gattin des Ingenieurs im dritten Stock links, denn deren Gatte ist zur Zeit beruflich verreist. Er ist weit weg, über dreihundert Kilometer weit, und das Fenster seines Arbeitszimmers ist offen, denn die Nacht ist lind und der Student spielt nun auf seinem Reisegrammophon einen Tango. Man hört ihn gedämpft bis auf die Gasse herab und nur eine schwache Laterne leuchtet in der Finsternis. B
20
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 22
B
N
N
1. Szene. 25
30
(Emil, der Bräutigam, begleitet Ernst aus dem Hause, mit dem er eben Abschied nahm von seiner Junggesellenzeit) E MIL Also das war jetzt mein Polterabend - und du bist der Letzte. Es fällt mir direkt schwer, dieser Abschied E RNST Fürchte dich nicht, ich folge dir bald. Heiraten ist doch das einzig Menschenmögliche, glaub es mir, ich als Geschäftsreisender kann darüber manches Liedlein singen --- immer nur im Restaurant und in harten Hotelbetten, das vertreibt dir die Laune aus dem Gemüt. Den wahren Frieden gibt uns nur eine Frau, denn das Weib repräsentiert die Natur. E MIL Das ist richtig. Und wenn ich bei Lucille bin, dann denk 얍 ich mir oft, so jetzt möcht ich nicht mehr sein. Man kann sich auch aus einem Hochgefühl heraus umbringen. E RNST (lauscht) Wer spielt denn da? E MIL Das ist der Student vom zweiten Stock rechts, der spielt im dritten Stock links bei der Gattin des Ingenieurs … E RNST Tango. B
35
N
B
B
40
5 5 12 17 20 32 32 38
B
fehlt … (SieN ] wiederkommt?N ] B A k t .N ] BGattinN ] Blind und N ] Bsingen ---N ] BRestaurant undN ] Bda?N ] B
N
N
korrigiert aus: fehlt …(Sie korrigiert aus: wiederkommt ? korrigiert aus: A k t .
[Frau] |Gattin| korrigiert aus: lind und korrigiert aus: singen--korrigiert aus: Restaurant und korrigiert aus: da ?
75
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 23
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
Lesetext
E MIL Der Ingenieur ist nämlich verreist und so betrügt sie ihn halt. Uebrigens ein hochanständiger Mensch, dieser Ingenieur. E RNST Trotzdem wird er betrogen. Man darf eben als Gatte nicht allzu fair sein. E MIL Stimmt. E RNST Erinnerst du dich noch, als wir zusammen in der Schule waren, und wie du es mir nicht hast glauben wollen, wie ich es dir beschrieben habe, wie ein Weib formal aussieht … E MIL Ja so vergehen die Lebensabschnitte. Ich werde oft zurückdenken, an unsere schönen Tage von Aranjuez … E RNST (sieht auf seine Uhr) Was? Schon dreiviertel zwei? E MIL So spät? Und ich muss doch so früh heraus … E RNST Und ich versäum noch die letzte Bahn! E MIL Wohnst du noch draussen? E RNST Immer schon. Also nochmals alles Gute! E MIL Du bist so rührend zu mir … danke, danke! E RNST Wiedersehen, Emil! Und nur nicht zu fair! E MIL Nein nein! Pa, lieber Freund! Pa! (Gerührt ab durch das Haustor)
5
B
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10
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N
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B
얍
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2. Szene.
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 24
20
25
(Ernst geht nun einige Schritte nach rechts, als würde er dort abgehen wollen, hält dann aber, sieht sich um, tritt vorsichtig an die Blumenhandlung und öffnet leise die Tür mit einem Schlüssel, den er von Irene erhalten hat - plötzlich stockt er und blickt fasziniert nach links) E RNST Jetzt lehnt er an der Wand. Ist er allein? --- Ist er das überhaupt? … Na, wenn schon! (Ab in die Blumenhandlung) B
B
N
B
N
N
3. Szene. 30
(Albert kommt mit der Unbekannten langsam von links und der Tango ist aus) A LBERT (hält) Jetzt wird es aber leider Zeit, schon schlägt die Abschiedsstunde … Hättest mich nicht begleiten müssen. U NBEKANNTE Ich begleite dich gern. 6 7 8 10 10 11 12 13 14 14 15 16 16 17 17 25 25 26
B
habe,[,]
B
habe,N ] aussieht …N ] BJa soN ] BWas?N ] Bzwei?N ] Bspät?N ] BBahn!N ] Bdraussen?N ] Bschon. AlsoN ] BGute!N ] Bdanke!N ] BEmil!N ] Bfair!N ] BNein nein!N ] BPa!N ] Ballein?N ] Büberhaupt?N ] Bschon!N ]
korrigiert aus: aussieht…
[Jaja,] [[s]|S|o] |Ja so| korrigiert aus: Was ? korrigiert aus: zwei ? korrigiert aus: spät ? korrigiert aus: Bahn ! korrigiert aus: draussen ? korrigiert aus: schon. Also korrigiert aus: Gute ! korrigiert aus: danke ! korrigiert aus: Emil ! korrigiert aus: fair ! korrigiert aus: Nein[,] nein ! korrigiert aus: Pa ! korrigiert aus: allein ? korrigiert aus: überhaupt ? korrigiert aus: schon !
76
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
A LBERT Wir müssen uns trennen. Ich hab noch was zu erledigen. U NBEKANNTE Hier im Haus? A LBERT Wie kommst du darauf? U NBEKANNTE Nur so. Weil wir halt grad so davorstehen. Unwillkürlich. (Stille) A LBERT Ich werde erwartet. U NBEKANNTE Geschäftlich? A LBERT (lächelt) Von der Liebe allein kann keiner leben. U NBEKANNTE Leider … (sie sucht auf der Erde) O jetzt hab ich 얍 meine Blume verloren - sicher bei der Bank. A LBERT Ich werde dir eine neue U NBEKANNTE Wann? A LBERT Bald. U NBEKANNTE (lächelt) Du, lüg nicht A LBERT Wie heisst du denn eigentlich? U NBEKANNTE Rat mal! A LBERT Irene? U NBEKANNTE Weit gefehlt! A LBERT Sondern? U NBEKANNTE Ich hab einen seltenen Namen - überhaupt bin ich nämlich sonst nicht gleich so, hörst du mich? A LBERT (umarmt sie) U NBEKANNTE Bei dir könnt ich alles vergessen, wer ich bin und aus was ich bin A LBERT Warum grad bei mir? U NBEKANNTE Schicksal. A LBERT (küsst sie) U NBEKANNTE O du, so schön wird es nimmer werden A LBERT Nimmer? U NBEKANNTE Komm, wärme dich an mir, mir ist so kalt. A LBERT (lässt sie zärtlich los) Es wird Zeit. U NBEKANNTE Wie still so eine Weltstadt sein kann und droben die vielen Sterne. Wir haben eigentlich viel zu viel Sterne, nicht? A LBERT Möglich. U NBEKANNTE So. Und jetzt gib mir deine Adresse. B
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Lesetext
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B
Haus?N ] darauf?N ] BGeschäftlich?N ] BU NBEKANNTE Wann?N ] BU NBEKANNTE (lächelt)N ] Beigentlich?N ] BU NBEKANNTE f mal!N ] BIrene?N ] Bgefehlt!N ] BSondern?N ] Bmich?N ] Baus wasN ] Bmir?N ] BNimmer?N ] Bmir istN ] Bnicht?N ] B
N
N
korrigiert aus: Haus ? korrigiert aus: darauf ? korrigiert aus: Geschäftlich ? korrigiert aus: U NBEKANNTE Wann ? korrigiert aus: U NBEKANNTE (lächelt) korrigiert aus: eigentlich ? korrigiert aus: U NBEKANNTE Rat mal ! korrigiert aus: Irene ? korrigiert aus: gefehlt ! korrigiert aus: Sondern ? korrigiert aus: mich ?
[was]|aus was| korrigiert aus: mir ? korrigiert aus: Nimmer ? [du bist] |mir ist| korrigiert aus: nicht ?
77
N
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 25
Endfassung
5
10
K/TS2 (Korrekturschicht)
Lesetext
얍 A LBERT Da - ich schreib sie dir auf. (Er tut es) U NBEKANNTE Wie du da schreibst - (sie fixiert ihn auf einmal) Was bist du Bdenn?N A LBERT Meinst du Bberuflich?N U NBEKANNTE Nein. Nur so. A LBERT Ich bin ein Mann. U NBEKANNTE Ein Mann - wie dumm das klingt. A LBERT Sei so gut - (er übergibt ihr seine Adresse) U NBEKANNTE (liest sie) Zweiter BStock?N A LBERT Stimmt. Aber jetzt musst du fort, bitte U NBEKANNTE Du wohnst doch nicht Bhier?N A LBERT Nein.
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 26
4. Szene. 15
20
B
(Jetzt schlagen wieder alle Uhren in der Auslage des Uhrmacherladens. Silberling kommt mit Nicolo. Sie erblicken die Unbekannte und sind peinlich berührt) U NBEKANNTE Du, ich hab so Angst - ich weiss nicht, seit ich dich kenne, hab ich Angst A LBERT Verzeih, aber du siehst ja, ich werde erwartet. S ILBERLING (leise zu Albert) Wer ist denn das? A LBERT Keine Ahnung - (zur Unbekannten) Gute Nacht! U NBEKANNTE Wiedersehen … (ab) N
B
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5. Szene. 25
N ICOLO Wer war denn das? A LBERT Wir sind zuvor nur so unwillkürlich ins Gespräch gekommen … 얍 N ICOLO Purer Leichtsinn! S ILBERLING Spricht sich hier mit einem Mädchen … und was hernach, wenn das Kind ein Polizeispitzel ist? A LBERT Ihr seht Gespenster bei der hellichten Nacht! S ILBERLING Ich glaube besonders an solche Gespenster! Man hat schon genügend erlebt und die Herren Polizisten schrecken vor nichts zurück. Sie verkleiden sich selbst als dein eigener Schutzengel! N ICOLO Geschehen ist geschehen und keine dichterischen Bilder, bitte! Los! B
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2 3 8 10 20 20 21 26 27 28 30 31 32 34 35 35
B
denn?N ] beruflich?N ] BStock?N ] Bhier?N ] BS ILBERLING N ] Bdas?N ] BNacht!N ] Bdas?N ] Bgekommen …N ] BLeichtsinn!N ] Bist?N ] BNacht!N ] BGespenster!N ] BSchutzengel!N ] Bbitte!N ] BLos!N ] B
korrigiert aus: denn ? korrigiert aus: beruflich ? korrigiert aus: Stock ? korrigiert aus: hier ? korrigiert aus: S ILB ERLING korrigiert aus: das ? korrigiert aus: Nacht ! korrigiert aus: das ? korrigiert aus: gekommen… korrigiert aus: Leichtsinn ! korrigiert aus: ist ? korrigiert aus: Nacht ! korrigiert aus: Gespenster ! korrigiert aus: Schutzengel ! korrigiert aus: bitte ! korrigiert aus: Los !
78
N
B
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 27
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
Lesetext
(zu Silberling) Du bleibst da! (zu Albert) Du kommst mit! Den Schlüssel? A LBERT Ich habe den Schlüssel. (Er sperrt das Haustor lautlos auf und verschwindet im Hause mit Nicolo) S ILBERLING (allein) Wieso dichterische Bilder? B
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6. Szene. (Silberling steht nun Schmiere. Und wieder erscheint die Unbekannte … sie hält und wartet) (Stille) S ILBERLING Es ist eine linde Nacht. U NBEKANNTE (schweigt) S ILBERLING Sie wünschen? U NBEKANNTE Wie bitte? S ILBERLING Was Sie hier wünschen und ob? U NBEKANNTE Ich warte auf einen Herrn. S ILBERLING Interessant. U NBEKANNTE (wehrt ab) O … (Stille) 얍 S ILBERLING (immer nervöser) Ich begreife es nicht, wie Sie hier mitten in der Nacht als junges unbescholtenes Mädchen aus bester Familie auf irgendeinen Herren warten können. U NBEKANNTE Ich warte auf einen bestimmten Herrn. S ILBERLING Er wird lange nicht kommen. Er schläft nämlich hier. U NBEKANNTE Dann warte ich, bis er wieder aufwacht. (Stille) S ILBERLING (fährt sie plötzlich unterdrückt an) Sie spielen Sie sich nicht mit mir! Sie ich bin schon mit anderen Subjekten fertig geworden, Sie gemeines Stück Spitzel, aber dir werden wir das Maul stopfen, Polizeimensch U NBEKANNTE Nicht anfassen! S ILBERLING Schrei nicht, sonst passiert etwas! (Er will nach ihr fassen, erstarrt aber entsetzt, denn nun brüllt der Uhrmacher hinten in seinem Laden, wimmert und verstummt) B
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da!N ] mit!N ] BSchlüssel?N ] BBilder?N ] BUnbekannte …N ] Bwünschen?N ] Bbitte?N ] Bob?N ] BInteressant.N ] BwarteN ] BSieN ] Bmir!N ] BSieN ] Banfassen!N ] Betwas!N ] B
N
korrigiert aus: da ! korrigiert aus: mit ! korrigiert aus: Schlüssel ? korrigiert aus: Bilder ? korrigiert aus: Unbekannte… korrigiert aus: wünschen ? korrigiert aus: bitte ? korrigiert aus: ob ? korrigiert aus: Interessant . korrigiert aus: w arte
Sie[,] korrigiert aus: mir !
Sie[,] korrigiert aus: anfassen ! korrigiert aus: etwas !
79
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 28
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
Lesetext
7. Szene. (Albert und Nicolo verlassen rasch das Haustor) N ICOLO Weg! - Wer steht denn da? S ILBERLING (deutet auf Albert) Dem sein blödes Luder da! Was denn los? N ICOLO Später! Ich nicht! A LBERT Ich. Er ist aufgewacht N ICOLO Kusch! Siehst du denn nicht deinen Schutzengel?! (Er deutet auf die Unbekannte) Ich geh! (rasch ab) S ILBERLING Ich komm! (folgt ihm) 얍 A LBERT (stiert die Unbekannte an) Bist noch da? U NBEKANNTE Ich hatte so Angst A LBERT (unterdrückt) Weg! U NBEKANNTE (schreit ihn plötzlich entsetzt an) Was hast du getan? A LBERT Nichts! (ab) B
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8. Szene.
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(Das Haustor ist offen und die Unbekannte sieht Albert nach) H AUSMEISTERIN (brüllt im Hausgang) Hilfe! Hilfe! (Sie erscheint im Haustor) Polizei! Polizei! O du heiliger Antonius von Padua! S TIMME DES S TUDENTEN VOM ZWEITEN S TOCK RECHTS (nun vom dritten Stock links) Was soll das Gebrüll?! H AUSMEISTERIN (verzweifelt) Es ist was passiert S TIMME E MILS (vom dritten Stock rechts) Wie bitte?! S TIMME DES S TUDENTEN Was ist denn passiert?! H AUSMEISTERIN Mord S TIMME E MILS Mord?! B
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4 4 5 5 6 6 8 8 9 10 11 13 14 14 15 20 20 21 21 21 23 25 26 28
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Weg!N ] da?N ] Bda!N ] Blos?N ] BSpäter!N ] Bnicht!N ] BKusch!N ] BSchutzengel?!N ] Bgeh!N ] Bkomm!N ] Bda?N] BWeg!N ] Ban) WasN ] Bgetan?N ] BNichts!N ] BHilfe!N ] BHilfe!N ] BPolizei!N ] BPolizei!N ] BPadua!N ] BGebrüll?!N ] Bbitte?!N ] Bpassiert?!N ] BMord?!N ] B
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korrigiert aus: Weg ! korrigiert aus: da ? korrigiert aus: da ! korrigiert aus: los ? korrigiert aus: Später ! korrigiert aus: nicht ! korrigiert aus: Kusch ! korrigiert aus: Schutzengel ?! korrigiert aus: geh ! korrigiert aus: komm ! korrigiert aus: da ? korrigiert aus: Weg ! korrigiert aus: an)Was korrigiert aus: getan ? korrigiert aus: Nichts ! korrigiert aus: Hilfe ! korrigiert aus: Hilfe ! korrigiert aus: Polizei ! korrigiert aus: Polizei ! korrigiert aus: Padua ! korrigiert aus: Gebrüll ?! korrigiert aus: bitte ?! korrigiert aus: passiert ?! korrigiert aus: Mord ?!
80
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 29
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
S TIMME DER G ATTIN DES I NGENIEURS AUS DEM DRITTEN S TOCK stus!! H AUSMEISTERIN (kreischt wieder) Polizei! Polizei!
LINKS
Lesetext
Jesus ChriB
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B
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9. Szene.
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10
N B
(Das Haus wird lebendig und in der Blumenhandlung wird es licht. Klara, die Hausmeisterstochter, kommt) K LARA So schrei doch nicht wie auf dem Spiess, Mama - viel-얍leicht ist es ja gar kein Mord, er hat zwar eine klaffende Schädelwunde. H AUSMEISTERIN Hast du dir das so genau ansehen können? K LARA Warum denn nicht? H AUSMEISTERIN Ich könnt das nicht K LARA Werd mir nur nicht wieder hysterisch, du - vielleicht lebt er noch, ich glaubs zwar nicht. Das viele Blut. H AUSMEISTERIN Du hast kein Herz. K LARA Ich bin deine Tochter, Mama. H AUSMEISTERIN Jetzt versteh ich erst den Herrn Studenten, dass er dich hat sitzen lassen K LARA Fangst schon wieder an - (sie kneift sie in den Arm) H AUSMEISTERIN Au! Du Ungeheuer - zwickst deine eigene Mutter? Wirst sie auch noch erschlagen, was? Wie den da drinnen?! B
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 30
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10. Szene. 25
(Ein Polizist kommt rasch herbei) P OLIZIST Was ist denn das hier für ein Geschrei mitten in der Nacht? Ist denn was los, was ist denn los? H AUSMEISTERIN O, wie gut, dass Sie da sind, lieber Herr Kommissar - da wird man noch gezwickt - (sie weint) P OLIZIST Gezwickt? K LARA Meine Mutter ist zu aufgeregt. Sie hat es nämlich mit dem Herzen. Es ist ein Verbrechen bei uns im Haus passiert. H AUSMEISTERIN (weinerlich) Den guten Herrn Uhrmacher haben sie 얍 erschlagen, Herr Kommissar, er hat gebrüllt und jetzt liegt er da drinnen in seinem Blute B
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1 3 3 10 11 12 21 21 21 22 22 27 28 31
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Christus!!N ] Polizei!N ] BPolizei!N ] BSchädelwunde.N ] Bkönnen?N ] Bnicht?N ] BAu!N ] BMutter?N ] BWirstN ] Bwas?N ] Bdrinnen?!N ] BNacht?N ] Blos?N ] BGezwickt?N ] B
N
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N
korrigiert aus: Christus !! korrigiert aus: Polizei ! korrigiert aus: Polizei ! korrigiert aus: Schädelwunde . korrigiert aus: können ? korrigiert aus: nicht ? korrigiert aus: Au ! korrigiert aus: Mutter - ? korrigiert aus: wirst korrigiert aus: was ? korrigiert aus: drinnen ?! korrigiert aus: Nacht ? korrigiert aus: los ? korrigiert aus: Gezwickt ?
81
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 31
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
Lesetext
K LARA Mit einer klaffenden Schädelwunde. P OLIZIST Klaffend? Sofort! Wo ist das Telefon? (Rasch ab ins Haus) E MIL (ist im Nachthemd und Mantel im Haustor erschienen; ruft dem Polizisten nach) In der Blumenhandlung! B
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11 . S z e n e . B
E RNST (erscheint in Unterhosen und kurzem Ueberzieher in der Türe der Blumenhandlung; zur Unbekannten, die ihm am nächsten steht) Was ist denn passiert? U NBEKANNTE Ich weiss es nicht genau. Anscheinend hat man einen Menschen umgebracht. E RNST Umgebracht? (Er fasst sich ans Herz) U NBEKANNTE Anscheinend den Herrn Inhaber jener Uhren dort - aber vielleicht lebt er noch, oder es war vielleicht auch nur ein Selbstmord oder dergleichen. N
B
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12. Szene.
20
(Inzwischen haben sich bereits Passanten angesammelt, und alarmierte Hausbewohner in Unterwäsche und Mänteln, unter ihnen auch der Student vom zweiten Stock rechts und die Gattin des Ingenieurs vom dritten Stock links) E MIL (zu Klara) Also ein Verbrechen wider die Person? Was bedeutet denn das, wenn einem am Polterabend ein 얍 Mord zustösst? K LARA (beobachtet gehässig die Gattin des Ingenieurs) Tote bringen Glück. E MIL Unberufen! B
B
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13. Szene.
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D ER S TUDENT (zur Gattin des Ingenieurs) So ist das Leben. Neben dem Glück das Unglück, und zwar unter einem Dach. Während ich selig war bei dir, wird ein Mensch ausgelöscht. D IE G ATTIN Sprich bitte nicht mit mir. Das Frauenzimmer lässt uns nicht aus den Augen. D ER S TUDENT Wer? Klara? D IE G ATTIN Ja. Und dann gibt es wieder anonyme Briefe. B
35
2 2 2 4 8 9 13 22 23 24 24 25 34 34
B
N B
Klaffend?N ] Sofort!N ] BTelefon?N ] BBlumenhandlung!N ] BE RNST (erscheintN ] Bpassiert?N ] BUmgebracht?N ] BPerson?N ] Bzustösst?N ] B(beobachtet f Ingenieurs)N ] B N] BUnberufen!N ] BWer?N ] BKlara?N ] B
N
korrigiert aus: Klaffend ? korrigiert aus: Sofort ! korrigiert aus: Telefon ? korrigiert aus: Blumenhandlung ! korrigiert aus: (Ernst erscheint korrigiert aus: passiert ? korrigiert aus: Umgebracht ? korrigiert aus: Person ? korrigiert aus: zustösst ?
\(beobachtet f Ingenieurs)/ [Immer schon.] korrigiert aus: Unberufen ! korrigiert aus: Wer ? korrigiert aus: Klara ?
82
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 32
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
Lesetext
D ER S TUDENT O, wie wird doch alles in den Dreck gezogen, das Höchste und das Reinste … D IE G ATTIN Ich bitte dich, nimm Rücksicht auf mich. 5
14. Szene.
10
E MIL (erblickt Ernst und betrachtet erstaunt seine Unterhosen) Wo kommst denn du her? Ich dachte, du wohnst noch draussen … E RNST So frag doch nicht so indiskret. E MIL O pardon! Es ist ja auch das einzig Wahre - durch und durch muss man sich, bevor man an den Altar tritt. Ich und Lucille haben es ja ebenso gemacht und vielleicht sind diese halbheimlichen Stunden die schönsten Sekunden unseres Daseins . B
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15
얍
15. Szene.
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 33
P OLIZIST (erscheint wieder im Haustor) Hausmeisterin! H AUSMEISTERIN (schrickt zusammen) Hier bin ich! P OLIZIST Niemand darf da hinein, verstanden? Zweifellos Raubmord. Mir scheint, der Täter muss sich mit der Oertlichkeit genau ausgekannt haben. Es ist das eine ganz ähnliche Situation wie seinerzeit der Fall Haluschka, der wo seine Ehehälfte zerstückelt hat H AUSMEISTERIN Maria Joseph! Ist er denn zerstückelt?! P OLIZIST Wer denn? H AUSMEISTERIN Der Herr Uhrmacher, Maria Joseph! P OLIZIST Aber keine Spur! Wie kommens denn auf so eine perverse Idee? Wo ist das Telefon? E MIL In der Blumenhandlung. N
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16. Szene.
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(Der Polizist eilt in die Blumenhandlung, an Irene vorbei, die soeben, nur flüchtig bekleidet, in der Türe erscheint) I RENE Ernst! B
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B
N
her?N ] pardon!N ] Bsich,N ] BAltarN ] BSekundenN ] BDaseinsN ] BHausmeisterin!N ] Bich!N ] Bverstanden?N ] BJoseph!N ] Bzerstückelt?!N ] Bdenn?N ] BJoseph!N ] BSpur!N ] BIdee?N ] BTelefon?N ] BErnst!N ] B
korrigiert aus: her ? korrigiert aus: pardon !
sich\,/ [kennen,] [Trau][[a]|A|ltar] |Altar| [Stunden] [|Seku|] |Sekunden| korrigiert aus: .Daseins korrigiert aus: Hausmeisterin ! korrigiert aus: ich ! korrigiert aus: verstanden ? korrigiert aus: Joseph ! korrigiert aus: zerstückelt ?! korrigiert aus: denn ? korrigiert aus: Joseph ! korrigiert aus: Spur ! korrigiert aus: Idee ? korrigiert aus: Telefon ? korrigiert aus: Ernst !
83
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
E RNST (auf sie zu) Erschrick nicht, Maus - etwas Entsetzliches. Eine Gewalttat. I RENE Um Gotteswillen! E RNST Der arme alte Uhrmacher, dieser Sonderling, liegt hinten drinnen in seinem Blute. Zweifellos Raubmord. Und der Mörder muss sich hier ausgekannt haben. Genau. (Stille) 얍 I RENE Ernst! E RNST Bitte? I RENE Nein, was denkst du jetzt - du? E RNST Deine Gedanken. (Stille) I RENE Weck mich auf! E RNST Es ist kein Traum. Als ich vorhin zu dir kam, lungerte er hier herum. Ich hab ihn gesehen. I RENE Ist nicht wahr! E RNST Ich habe ihn erkannt. Mit diesen meinen Augen. I RENE Könntest du das beschwören? Bei deinem Augenlicht? (Stille) E RNST (fasst sich ans Herz) Ich bin kein Mensch ohne Verantwortungsgefühl. Aber es sah genau so aus I RENE Möchtest es, dass es so aussieht? E RNST Was soll das? Du, mach mich nicht unsicher, denn dann kenne ich mich nicht mehr aus. Und morgen in aller Früh kommt die Brosch zurück, diese Brosch aus Venedig! I RENE Meine Brosch? E RNST Seine! I RENE Nein! Nie. E RNST Doch. I RENE Ich will es nicht, hörst du? Ich will es nicht. B
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 34
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Lesetext
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17. Szene. P OLIZIST (erscheint wieder in der Türe der Blumenhandlung) 얍 Also ein so miserables Telefon hab ich in meinem Leben noch nicht gesehen! Gleich kommt die B
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Gotteswillen!N ] Ernst!N ] BBitte?N ] Bdu?N ] Bauf!N ] Bwahr!N ] Bbeschwören?N ] BAugenlicht?N ] BHerz) IchN ] Baussieht?N ] Bdas?N ] BVenedig!N ] BBrosch?N ] BSeine!N ] BNein!N ] Bdu?N ] Bgesehen!N ] B
korrigiert aus: Gotteswillen ! korrigiert aus: Ernst ! korrigiert aus: Bitte ? korrigiert aus: du ? korrigiert aus: auf ! korrigiert aus: wahr ! korrigiert aus: beschwören ? korrigiert aus: Augenlicht ? korrigiert aus: Herz)Ich korrigiert aus: aussieht ? korrigiert aus: das ? korrigiert aus: Venedig ! korrigiert aus: Brosch ? korrigiert aus: Seine ! korrigiert aus: Nein ! korrigiert aus: du ? korrigiert aus: gesehen !
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N
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 35
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
Mordkommission, in nullkommanull. Hausmeisterin! Keiner betritt das Haus und Sie tragen mir dafür die Verantwortung! H AUSMEISTERIN Verantwortung? Das halt ich nicht aus. K LARA So mach uns doch nicht lächerlich! (zum Polizisten) Wird besorgt, mein Herr! D IE G ATTIN DES I NGENIEURS Also dann warten wir auf die Kommission. E RNST (zu Irene, mit Nachdruck) Auf die Mordkommission. I RENE (nickt) Ich warte. A LLE (warten) (Tiefe Stille) B
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Lesetext
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18. Szene.
15
(Nun nähert sich Theodor, der Leidtragende. Er ist ziemlich alkoholisiert und man hört ihn schon aus der Ferne singen: „Es war einmal ein Musikus, der spielte im Café, und all die kleinen Mädchen setzten sich in seine Näh“ ) D IE G ATTIN DES I NGENIEURS (summt unwillkürlich etwas mit) T HEODOR (erscheint und erblickt die vielen Leute) Na, was gibt’s denn da? Eine verbotene Versammlung oder wartet ihr hier alle auf die Untergrundbahn, he? Aber ihr habt die Letzte schon versäumt - und ausserdem ist hier auch keine Haltestelle, hier könnt ihr weder auf- noch absteigen, höchstens aufspringen, aber das kostet manchmal den Kopf, manchmal das Leben -P OLIZIST Machen Sie keine albernen Witze, ja? 얍 T HEODOR Wieso Witze? Grad heute hat man meinen Vetter verbrannt, das ist doch kein Witz! Meinen besten Vetter, der ist auf die fahrende Untergrundbahn aufgesprungen und wurde zerquetscht - - armer Kerl, war doch so ein talentierter Cellist! (zum Himmel empor) Prost Gustav! Sollst leben! P OLIZIST Jetzt schaun Sie aber, dass Sie ins Bett kommen! T HEODOR Ich hab kein Bett. Ich hab ein Schlafsofa. Wieviel seid ihr denn da überhaupt? (er zählt die Leute unsicher) P OLIZIST (zu den Umstehenden) Der Bursche gehört natürlich längst auf die Wache - lautes Singen, nächtliche Ruhestörung, grober Unfug. Aber ich habe hier Wichtigeres zu tun. B
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Hausmeisterin!N ] Verantwortung?N ] Blächerlich!N ] BHerr!N ] BNachdruck) AufN ] B„EsN ] BNäh“ N ] Bda?N ] Bhe?N ] Bauf-N ] Bja?N ] BWitze?N ] BWitz!N ] BCellist!N ] BGustav!N ] Bleben!N ] Büberhaupt?N ] B
korrigiert aus: Hausmeisterin ! korrigiert aus: Verantwortung ? korrigiert aus: lächerlich ! korrigiert aus: Herr ! korrigiert aus: Nachdruck) Auf korrigiert aus: „ Es korrigiert aus: Näh “ korrigiert aus: da ? korrigiert aus: he ? korrigiert aus: auf korrigiert aus: ja ? korrigiert aus: Witze ? korrigiert aus: Witz ! korrigiert aus: Cellist ! korrigiert aus: Gustav ! korrigiert aus: leben ! korrigiert aus: überhaupt ?
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 36
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
T HEODOR Wichtigeres? Gibts nicht. (Sirene. Ein Scheinwerfer leuchtet die Hausfront ab. - - Sirene und Scheinwerfer, beides sind Requisiten des Autos der Mordkommission, das in nullkommanull eingetroffen ist und gegenüber dem Haus Nummer neun, unsichtbar für den Zuschauer, parkt) B
5
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19. S z e n e. B
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N
Die Mordkommission betritt nun den Plan - - es sind mehrere Herren mit Koffern und allerhand Zeug, darunter auch ein Gerichtsphotograph. Einer ist in Zylinder und Frack, er ist auffallend weiss gepudert und trägt ein Monokel, denn er wurde gerade aus der Mitte eines Banketts, auf dem man ein Jubiläum der Daktyloskopie feierte, zu diesem Mordfall ab-얍berufen. - - Rasch betreten die Herren das Haus, nur der im Frack wechselt vorher noch einige Worte mit dem Polizisten, dann verschwindet natürlich auch er. P OLIZIST (salutiert) Sofort! (er wendet sich an die Leute) Also weitergehen bitte, weitergehen! Nur keinen Auflauf! (zu Theodor) Und Sie gehen erst recht weiter, bitt ich mir aus! T HEODOR Jetzt bleib ich erst recht da! Gesetzlich kann ich überall stehen, so lang ich will, auch in der Nacht! Sogar im Herbst! E INZELNE (kichern) P OLIZIST Also werdens mir nur nicht frech, ja?! T HEODOR Ich bin ein Staatsbürger und darf stehen! P OLIZIST Wenn aber ein jeder Staatsbürger grad auf demselben Fleck steht, dann gibt es einen Auflauf und ein Auflauf ist verboten! Gehns seiens nicht renitent und schlafens Ihren Rausch aus, was habens denn hier schon verloren, so interessant ist doch das wirklich nicht, was hier passiert ist! T HEODOR Das überlassens nur mir, Herr General! Oder meinen Sie gar, ich kenn das Vehikel von der Mordkommission nicht? P OLIZIST Gut, es ist jemand ermordet worden, das lesen Sie täglich in der Zeitung! T HEODOR Aber ich lese keine Zeitung, sondern nur Zeitschriften! V IELE (lachen) P OLIZIST Ich verstehe nicht, was daran komisch sein soll. Der Herr liest nur Zeitschriften und derweil ist ein Verbrechen verbrochen worden. B
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Wichtigeres?N ] S z e n e .N ] BSofort!N ] Bweitergehen!N ] BAuflauf!N ] Baus!N ] Bda!N ] BNacht!N ] BHerbst!N ] Bja?!N ] Bstehen!N ] Bverboten!N ] BGeneral!N ] Bnicht?N ] BZeitung!N ] BZeitschriften!N ] B
korrigiert aus: Wichtigeres ? korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: Sofort ! korrigiert aus: weitergehen ! korrigiert aus: Auflauf ! korrigiert aus: aus ! korrigiert aus: da ! korrigiert aus: Nacht ! korrigiert aus: Herbst ! korrigiert aus: ja ?! korrigiert aus: stehen ! korrigiert aus: verboten ! korrigiert aus: General ! korrigiert aus: nicht ? korrigiert aus: Zeitung ! korrigiert aus: Zeitschriften !
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 37
Endfassung
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K/TS2 (Korrekturschicht)
E MIL Ein Verbrechen wider die Person. 얍 T HEODOR Wider welche BPerson?N P OLIZIST Aber das ist doch nur eine kriminalistische BBezeichnung!N T HEODOR Aber wider welche Person Bbitte?N Namen Bnennen!N P OLIZIST Es ist zum Verzweifeln - - (er brüllt) BWeitergehen!N K LARA (zu Theodor) Sie haben den Uhrmacher erschlagen. Den da drinnen. T HEODOR So, den Uhrmacher Bda?N Na, um den ist nicht schad. Gute Nacht, meine B Herrschaften!N (ab) H AUSMEISTERIN Nein so eine Rohheit - - so wegwerfend über einen Toten zu reden, wo doch der gute Herr Uhrmacher ein so ein seelenguter Mann war - P OLIZIST BWeitergehen!N BWeitergehen!N 20. Szene. B
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21. Szene. B
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 39
P OLIZIST (zu Ernst und Irene) Weitergehen bitte! E RNST Aber wir wohnen ja hier im Hause. P OLIZIST Das allerdings zweierlei. Wenn Sie im Mordhaus selbst zuhaus sind - - (er betrachtet interessiert Irenens mangelhafte Kleidung) Pardon! (er wendet sich der Unbekannten zu) Wohnen Sie etwa auch hier? D IE U NBEKANNTE Nein. Ich bin hier nur so vorbei. Durch Zufall. P OLIZIST Dann gehens nur weiter mit Ihrem Zufall! D IE U NBEKANNTE Aber ich bin doch allein und kein Auflauf - - (sie lächelt etwas gewollt) B
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Während nun alle, ausser dem Polizisten, Ernst, Irene und der Unbekannten, langsam den Platz räumen, betet die Hausmeisterin um Schutz vor bösen Geistern. H AUSMEISTERIN Du lieber Gott, ich bete jetzt für eine arme Seele - - vierunddreissig Jahr hat er hier gewohnt und heute ists mir, als wär das erst gestern gewesen - aber dann hat er mich dreckig behandelt, er war halt sehr einsam und ich hab oft gewünscht, dass ihn der Teufel holt. Geh lieber Teufel, sei mir nicht bös und verzeih mir meine Sünden - - und du, du bleib im Himmel, du Uhrmacher, und steh nicht wieder auf der Kellerstiegn, wenn ich Holz hol oder Kohlen - - (sie bekreuzigt sich und verschwindet im Hause)
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Lesetext
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Person?N ] Bezeichnung!N ] Bbitte?N ] Bnennen!N ] BWeitergehen!N ] Bda?N ] BHerrschaften!N ] BWeitergehen!N ] BWeitergehen!N ] B S z e n e .N ] B S z e n e .N ] Bbitte!N ] BPardon!N ] Bhier?N ] BZufall!N ] B
korrigiert aus: Person ? korrigiert aus: Bezeichnung ! korrigiert aus: bitte ? korrigiert aus: nennen ! korrigiert aus: Weitergehen ! korrigiert aus: da ? korrigiert aus: Herrschaften ! korrigiert aus: Weitergehen ! korrigiert aus: Weitergehen ! korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: bitte ! korrigiert aus: Pardon ! korrigiert aus: hier ? korrigiert aus: Zufall !
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Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
P OLIZIST (grinst mild) Ganz allein? (er deutet auf ihre Rose) So ein rosiges Kind in der Nacht? D IE U NBEKANNTE Ich hab schon gedacht, dass ich diese Blume verloren habe – aber dann hat sie sich wieder gefunden. Überraschend. B
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22. Szene. B
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E RNST (zu Irene) So komm doch, Maus - - es gibt Menschen, deren Pfade überraschend vorherbestimmt sind und die Welt ist immer wieder schlecht. I RENE Aber die Brosche gib ich ihm nicht zurück. Nein. E RNST Werden sehen. I RENE Nie. Hörst du? E RNST So komm doch - - heut werden wir da so kein Resultat mehr erfahren, höchstens dass wir uns noch erkälten. In meinen Armen wirst du die düsteren Bilder vergessen. I RENE Du bist so kalt. 얍 E RNST Nur Mut, Maus! (er geleitet sie in die Blumenhandlung und dann erlischt drinnen das Licht) B
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23. Szene. Der Polizist ist nun allein mit der Unbekannten. Er hatte sich mit ihr freundschaftlich-väterlich unterhalten. P OLIZIST So, Sie waren also eine der ersten Passantinnen hier am Tatort? Und Sie können nichts aussagen - - ich meine, ob Sie nicht etwas daherschleichen haben sehen, vielleicht mehrere Personen oder auch nur einen, klein, gross oder mittel? D IE U NBEKANNTE Nein. Ich habe nichts Verdächtiges gesehen. P OLIZIST Und Sie werden erst zwanzig Jahr? D IE U NBEKANNTE (nickt ja) Im Juni. P OLIZIST Am wievielten? D IE U NBEKANNTE Am zweiten. P OLIZIST Und ich am dritten. Komisch! Aber ich werd gerade doppelt so alt und noch etwas darüber - - - Ja, das Arbeitfinden ist nicht so einfach, besonders wenn man so ganz fremd kommt. Gehens mir nur nicht zuviel so in der Nacht allein herum, das endet immer trist. D IE U NBEKANNTE Heut hat das einen bestimmten Grund - - es ist mir, als müsst ich heut auf etwas warten. B
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allein?N ] Nacht?N ] BD IE f Überraschend.N ] B S z e n e .N ] BüberraschendN ] Bdu?N ] BMaus!N ] B S z e n e .N ] BTatort?N ] Bmittel?N ] BJahr?N ] Bwievielten?N ] BKomisch!N ] B
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korrigiert aus: allein ? korrigiert aus: Nacht ?
\D IE f Überraschend./ korrigiert aus: S z e n e .
[dunkel] |überraschend| korrigiert aus: du ? korrigiert aus: Maus ! korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: Tatort ? korrigiert aus: mittel ? korrigiert aus: Jahr ? korrigiert aus: wievielten ? korrigiert aus: Komisch !
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 40
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
P OLIZIST So beginnts! D IE U NBEKANNTE O Sie denken falsch von mir. P OLIZIST Ist er wenigstens fesch? D IE U NBEKANNTE Wer? P OLIZIST Na der, auf den Sie hier warten. 얍 D IE U NBEKANNTE (lächelnd) Mir gefällt er. Zu mir war er freundlich und dann hatte er so ein Licht im Gesicht. P OLIZIST Licht? D IE U NBEKANNTE Ja. Aber es war weder die Sonne noch der Mond. P OLIZIST (deutet auf seiner Stirne an, dass er sie für närrisch hält) D IE U NBEKANNTE Ja, und dann hat er etwas getan, aber das spielt für B
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mich keine Rolle - - Nein, es ist ja garnichts geschehen, denn ich hab ihn getroffen, auf den ich gewartet habe und es ist nichts geschehen, nie und nirgends. P OLIZIST Sagens mal: schreiben Sie manchmal Gedichte? D IE U NBEKANNTE Wenn Sie wüssten - - (sie lacht ihn glücklich an) P OLIZIST Na was soll ich denn schon wissen? (er will sie tätscheln) D IE U NBEKANNTE (weicht ihm aus) Wer er ist. Wenn Sie das wüssten! Aber ich sag es nicht. P OLIZIST (etwas verstimmt, weil sie sich nicht hat tätscheln lassen) Ein Maharadscha vielleicht? D IE U NBEKANNTE O nein. Na raten Sie nur weiter! P OLIZIST Es fällt mir sonst nichts mehr ein. D IE U NBEKANNTE Soll ich es Ihnen verraten? P OLIZIST Es interessiert mich nicht. D IE U NBEKANNTE Vielleicht doch. P OLIZIST Irrtum. Grosser Irrtum! D IE U NBEKANNTE O ich treff ihn wieder! P OLIZIST Ist er denn verschwunden? Soll vorkommen. D IE U NBEKANNTE Er kommt wieder. Ich weiss es. Ich hab da nämlich etwas zu erledigen. Sicher. 얍 P OLIZIST Das klingt alles hübsch mystisch. D IE U NBEKANNTE Und ist doch ganz einfach. B
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beginnts!N ] ON ] Bfesch?N ] BWer?N ] BLicht?N ] BGedichte?N ] Bwissen?N ] Bwüssten!N ] BMaharadschaN ] Bvielleicht?N ] Bweiter!N ] Bverraten?N ] BIrrtum!N ] BON ] Bwieder!N ] Bverschwunden?N ] Bkommt wiederN ] B
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 41
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korrigiert aus: beginnts !
O[,] korrigiert aus: fesch ? korrigiert aus: Wer ? korrigiert aus: Licht ? korrigiert aus: Gedichte ? korrigiert aus: wissen ? korrigiert aus: wüssten !
Mahar\a/dscha korrigiert aus: vielleicht ? korrigiert aus: weiter ! korrigiert aus: verraten ? korrigiert aus: Irrtum !
O[,] korrigiert aus: wieder ! korrigiert aus: verschwunden ? korrigiert aus: kommt wieder
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 42
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
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24. Szene. B
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Nun verlässt die Mordkommission wieder das Haus - - die Herrschaften unterhalten sich angeregt. D ER H ERR IM F RACK (sieht auf seine Uhr) Was? Schon so früh? Rasch-rasch zurück zum Bankett, das Jubiläum der Daktyloskopie - D ER A RZT (unterbricht ihn) Moment! Wie gesagt, auf mein medizinisches Ehrenwort, das glaub ich niemals! Es ist doch eine unvorstellbare Vorstellung, meine Herren, was Sie in diesem Falle da für unverantwortliche Ansichten vertreten! Wie kann man denn nur allen Ernstes behaupten, dass das Pilsner beim Schwarz besser ist als das beim Blau! Absurd! D ER K OMMISSAR Und doch ist es so, Herr Doktor! Das Bier ist dort liebevoller gepflegt, nicht zu vergessen die Würstchen - - ein Gedicht! D ER H ERR IM F RACK Also los-los, meine Herren! D ER G ERICHTSPHOTOGRAPH Die besten Würschtel hab ich mal in Lemberg gegessen - (ab mit der ganzen Mordkommission und auch der Polizist schliesst sich ihr an) B
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25. Szene. B
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Die Unbekannte bleibt allein zurück und nun schlagen wieder alle Uhren in der Auslage des Uhrmacherladens. 얍 D IE U NBEKANNTE Nein, es ist nichts geschehen - - - So komm doch wieder, du, komm - - -
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Dritter Akt. B
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Am nächsten Nachmittag. Möbliertes Zimmer. Hier wohnt Albert, schon seit jener Zeit, da er noch Angestellter der Speditionsfirma war. Im Hintergrunde eine Glastüre zu einem kleinen Balkon und ein geöffnetes Fenster - - aber die Vorhänge sind halb heruntergelassen, doch wäre es auch sonst nicht hell herinnen, denn draussen steht ein schwarzes Gewitter am Himmel. Rechts das Bett und der Waschtisch. In der Mitte unter der Lampe ein runder Tisch mit den obligaten Stühlen - - auf einem dieser Stühle liegt eine halbgepackte ReiseB
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 43
(Dunkel)
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1 5 5 7 8 9 11 11 12 13 14 18 28 31
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S z e n e .N ] Was?N ] Bfrüh?N ] BMoment!N ] Bniemals!N ] Bvertreten!N ] BBlau!N ] BAbsurd!N ] BDoktor!N ] BGedicht!N ] BHerren!N ] B S z e n e .N ] BA k t .N ] BdaN ] B
korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: Was ? korrigiert aus: früh ? korrigiert aus: Moment ! korrigiert aus: niemals ! korrigiert aus: vertreten ! korrigiert aus: Blau ! korrigiert aus: Absurd ! korrigiert aus: Doktor ! korrigiert aus: Gedicht ! korrigiert aus: Herren ! korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: A k t .
d[er]|a|
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 44
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
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tasche. Der Schrank steht offen, ein Smoking und ein Regenmantel hängen drinnen. Links eine Tapetentüre. 1. Szene. B
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Albert liegt total angezogen auf seinem Bett und döst vor sich hin, während Mathilde, die Zimmervermieterin, Staub abwischt. Die Lampe brennt mit schwacher Birne, denn es ist düster, draussen und drinnen. M ATHILDE Gehen Sie denn heut garnicht aus? A LBERT Nein. M ATHILDE Und noch garnichts zu sich genommen - - kein Frühstück, kein Mittag. A LBERT Ich hab heut keinen Appetit. M ATHILDE Mir scheint, Sie sind krank. Dass Sie aber mit den Kleidern im Bett liegen - - wann sinds denn heut Nacht nachhausgekommen? 얍 A LBERT Bald. Ja. Sehr bald. M ATHILDE Ich hab nichts gehört, weil ich nämlich wiedermal von meinem Seligen geträumt hab, dann schlaf ich immer so tief. Mir scheint, Sie haben Fieber. Soll ich Ihnen das Barometer A LBERT Danke nein. M ATHILDE Mein Gott, ist das eine Finsternis! Künstliches Licht am Nachmittag um vier! Ende Mai! Lauter Gewitter, und was ich heut schon wieder zusammentranspirier - - - Hat es jetzt nicht geläutet? A LBERT (zuckt etwas zusammen) Geläutet? M ATHILDE Mir war es doch so. A LBERT (wieder scheinbar apathisch) Möglich. M ATHILDE Sicher. (ab durch die Tapetentüre) B
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2. Szene. B
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A LBERT (allein) - - Ich hätte das damals, als ich acht Jahr alt war, das hätte ich anders machen sollen, dann wäre auch alles anders gekommen. Und dann mit dreizehn - natürlich, natürlich. - - - Ich halt das nicht aus, ich werd verrückt! B
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3. Szene. B
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M ATHILDE (kommt wieder) Sehens, es hat geläutet. Ein fremdes Fräulein ist da. A LBERT Für mich? B
4 9 14 20 21 21 22 23 28 32 32 34 37
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S z e n e .N ] aus?N ] Bnachhausgekommen?N ] BFinsternis!N ] Bvier!N ] BMai!N ] Bgeläutet?N ] BGeläutet?N ] B S z e n e .N ] BhaltN ] Bverrückt!N ] B S z e n e .N ] Bmich?N ] B
korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: aus ? korrigiert aus: nachhausgekommen ? korrigiert aus: Finsternis ! korrigiert aus: vier ! korrigiert aus: Mai ! korrigiert aus: geläutet ? korrigiert aus: Geläutet ? korrigiert aus: S z e n e .
halt[e] korrigiert aus: verrückt ! korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: mich ?
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 45
Endfassung
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K/TS2 (Korrekturschicht)
얍 M ATHILDE So gross ist sie - A LBERT (denkt an die Unbekannte) Hm. M ATHILDE Das Fräulein wünscht Sie unbedingt zu sprechen. (Stille) A LBERT (leise) Ich bin nicht zuhaus. M ATHILDE Sie ist auch nichts Besonderes, eigentlich unscheinbar. Na ich werds ihr gleich sagen - - (sie will wieder ab, begegnet aber in der Tapetentüre der Unbekannten) Zu spät - - (ab)
4. Szene. B
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S z e n e .N ] spät?N ] BBitte!N ] Bsetzt sichN ] BAdresse?N ] BPolizei?N ] BSie?N ] BAdresse?N ] BLos!N ] Bund?N ] BtotrechtN ] BStill!N ] BKoffer!N ] BSpeditionsfirma -,N ] Bgelingt!N ] BSie!N ] BJawohl!N ] Balles!N ] B
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 46
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Die Unbekannte betritt das möblierte Zimmer. Albert setzt sich halb empor im Bett und starrt sie an. Legt sich dann wieder nieder. D IE U NBEKANNTE Warum zu spät? (Stille) A LBERT (erhebt sich und deutet auf einen Stuhl) Bitte! D IE U NBEKANNTE ( setzt sich ) A LBERT (geht auf und ab) Wer gab Ihnen meine Adresse? Die Polizei? D IE U NBEKANNTE Sind wir denn per Sie? A LBERT Jetzt ja. Also wer gab Ihnen meine Adresse? Los! D IE U NBEKANNTE (starrt ihn an) Du selbst. (Stille) A LBERT Schön. (wird immer nervöser) Na und? Ich habe es erwartet, dass wir uns wiedersehen, allerdings nicht hier, sondern anderswo - - Sie wissen genau, wo. Der brave 얍 Silberling hat ja totrecht gehabt, Sie Schutzengel Sie - - Still! Sehen Sie den Koffer! Zuerst wollt ich fort mit den Anderen, aber ich steh für meine Tat ein, man wird ja eh immer gefasst und erwischt haben wir auch nichts, der Idiot ist ja aufgewacht, ich hätt mir sonst ein Lastauto auf Abzahlung, eine Speditionsfirma -, aber es gibt halt Menschen, denen nichts gelingt! - Tuns nur nicht so, als wüssten Sie nichts, Sie Polizeispitzel Sie! D IE U NBEKANNTE Nein. A LBERT Jawohl! Ich weiss alles! B
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korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: spät ? korrigiert aus: Bitte ! korrigiert aus: setztsich korrigiert aus: Adresse ? korrigiert aus: Polizei ? korrigiert aus: Sie ? korrigiert aus: Adresse ? korrigiert aus: Los ! korrigiert aus: und ? gemeint ist: todrecht korrigiert aus: Still ! korrigiert aus: Koffer ! korrigiert aus: Speditionsfirma - , korrigiert aus: gelingt ! korrigiert aus: Sie ! korrigiert aus: Jawohl ! korrigiert aus: alles !
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 47
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
D IE U NBEKANNTE Ich weiss auch alles! A LBERT Eben. D IE U NBEKANNTE Aber ich bin doch kein Spitzel! A LBERT Sondern vielleicht? Was hättens denn sonst hier zu suchen? D IE U NBEKANNTE Nein, wie man einen Menschen verkennen kann - - (sie lächelt) A LBERT Jawohl, Fräulein. Sie wollten es einmal nicht haben, dass ich mir das Leben nehme, um mir jetzt manches Jahr meines Lebens zu nehmen - - Na wie hoch ist er denn der Finderlohn?! Für drei Jahre Zuchthaus - D IE U NBEKANNTE Nur? A LBERT (perplex) Wieso? D IE U NBEKANNTE Ich meinte nur, das wäre zu wenig. A LBERT Also vier. Oder fünf. Je nachdem ich den alten Mann verletzt hab, aber was kann denn schon ein Schlag mit so einem Wecker - D IE U NBEKANNTE (schreit ihn an) Hör auf! A LBERT (starrt sie an) 얍 D IE U NBEKANNTE Sie wissen noch nicht, was Sie getan haben, mein Herr. Ich bin nämlich der einzige Augenzeuge, der einzige - A LBERT Ist ja egal! D IE U NBEKANNTE Oho! (Stille) A LBERT (lauernd) Was hab ich denn getan? D IE U NBEKANNTE Sie tun mir bitter unrecht. A LBERT Weiter! D IE U NBEKANNTE (langsam) Der alte Mann ist heute Nacht gestorben. A LBERT Wer? D IE U NBEKANNTE Der alte Herr Uhrmacher. A LBERT Wie bitte? D IE U NBEKANNTE Gewiss. (Stille) A LBERT (sehr leise) Du lüg nicht. D IE U NBEKANNTE Er ist tot. (Stille) A LBERT Warum hast denn das nicht gleich gesagt? D IE U NBEKANNTE Sind wir jetzt per du? B
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alles!N ] Spitzel!N ] Bvielleicht?N ] BFinderlohn?!N ] BNur?N ] BWieso?N ] Bauf!N ] Begal!N ] BOho!N ] Bgetan?N ] BWeiter!N ] B(langsam) DerN ] BWer?N ] Bbitte?N ] BDuN ] Bgesagt?N ] Bdu?N ] B
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korrigiert aus: alles ! korrigiert aus: Spitzel ! korrigiert aus: vielleicht ? korrigiert aus: Finderlohn ?! korrigiert aus: Nur ? korrigiert aus: Wieso ? korrigiert aus: auf ! korrigiert aus: egal ! korrigiert aus: Oho ! korrigiert aus: getan ? korrigiert aus: Weiter ! korrigiert aus: langsam) Der korrigiert aus: Wer ? korrigiert aus: bitte ?
Du[,] korrigiert aus: gesagt ? korrigiert aus: du ?
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 48
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
A LBERT Hab ich „du“ gesagt? D IE U NBEKANNTE Ja. Auch zuvor bereits - - (sie lächelt) Du, ich hab es doch nicht gleich können, denn du hast mich doch nicht zu Wort kommen lassen. Hast immer nur gesagt „Still !“ und „Spitzel“ - - und ich bin doch nichts dergleichen und so hoch kann es doch garkeinen Finderlohn geben und übrigens ist auch nichts passiert - A LBERT Nichts? Wäre gelacht! 얍 D IE U NBEKANNTE Für mich nichts. A LBERT Konfuses Zeug - D IE U NBEKANNTE Du sei nicht grob zu mir! (Stille) A LBERT (fängt nun wieder an, auf und ab zu gehen und summt ganz in Gedanken einen Gassenhauer vor sich hin; plötzlich) Weisst denn überhaupt, was du da treibst? Dass du dich mitschuldig machst - D IE U NBEKANNTE O von mir erfährt keiner was - - ich hab mir da auch schon einen Plan zurecht gezimmert: wir zwei waren einfach zusammen, nicht nur kurz, sondern lang. A LBERT Lang? D IE U NBEKANNTE Bis heute Früh. Seit gestern Abend. A LBERT Meinst du? D IE U NBEKANNTE Immer zusammen. Diese ganze entsetzliche Nacht - - (sie lächelt) (Stille) A LBERT Und wo? D IE U NBEKANNTE Hier. Ich hab zwar heut Nacht mit einem Polizisten gesprochen, aber der wird mich nicht wiedererkennen, es war ja so dunkel wie da bei dir. (Jetzt blitzt und donnert es draussen, aber noch fern) D IE U NBEKANNTE Jetzt hat es geblitzt. A LBERT Möglich. (Ein noch schwacher Gewitterwind bewegt die Vorhänge) D IE U NBEKANNTE (sieht sich um) Ein schönes Zimmer. A LBERT (ganz in anderen Gedanken) Wo wohnst denn du? D IE U NBEKANNTE Nirgends. Nämlich ich musste fort, weil ich kein Geld 얍 mehr hatte, und den Koffer hat die Zimmervermieterin zurückbehalten, aber in dem Koffer ist nichts - - (sie lacht und verstummt plötzlich) Was schaust mich denn so fremd an? A LBERT Wie man nur so glücklich lachen - - (er fährt sie an) Hast denn kein Gefühl?! Nach all dem, was sich zugetragen hat?! B
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gesagt?N ] „StillN ] BNichts?N ] Bgelacht!N ] Bmir!N ] Btreibst?N ] BLang?N ] Bdu?N ] Bwo?N ] Bdu?N ] Ban?N ] BGefühl?!N ] Bhat?!N ] B
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korrigiert aus: gesagt ? korrigiert aus: „ Still korrigiert aus: Nichts ? korrigiert aus: gelacht ! korrigiert aus: mir ! korrigiert aus: treibst ? korrigiert aus: Lang ? korrigiert aus: du ? korrigiert aus: wo ? korrigiert aus: du ? korrigiert aus: an ? korrigiert aus: Gefühl ?! korrigiert aus: hat ?!
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Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
D IE U NBEKANNTE (schreit) Fang nicht immer wieder an! Was soll sich denn schon zugetragen haben?! Wir waren doch die ganze liebe Nacht zusammen, ich muss es doch wissen, dass wir zusammen - A LBERT (unterbricht sie höhnisch) Musst es wissen?! D IE U NBEKANNTE Und ob! Und jetzt wirst du es mir versprechen, dass sich nichts zugetragen hat. A LBERT Versprechen? D IE U NBEKANNTE Gewiss. (Stille) A LBERT Gut. Dann hab ich es eben geträumt - - (er grinst) D IE U NBEKANNTE So bist du brav. A LBERT Zu kindisch. D IE U NBEKANNTE Kusch. (Stille) A LBERT (stiert sie an) Wir müssen leise sprechen, denn die Wände sind dünn. D IE U NBEKANNTE O ich kann sehr leise sprechen und es wird mich niemand hören, nur du - A LBERT (reisst sie an sich und sie fällt ihm um den Hals) (Jetzt blitzt und donnert es bedeutend stärker; Sturm) 얍 D IE U NBEKANNTE (los von Albert) Hu , jetzt kommt das Wetter! Gehst auch gern im Regen spazieren? A LBERT (lächelt) Nein. D IE U NBEKANNTE Ich aber sehr! - - Nichts hat mich halten können, da bin ich über die Wiesen gelaufen! O dort hinten kommts ganz gelb - - (sie eilt ans Fenster) Hu, jetzt hagelts! Wie das trommelt, wie das trommelt! O ist das wunderbar, wenn es so braust! Jetzt wirds ganz dunkel. (Nun schlägt der Blitz in der Nähe ein) D IE U NBEKANNTE Bummbumm! Fein! Fein! (rasch ab auf den Balkon) B
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5. Szene. B
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A LBERT (allein; er setzt sich und rekapituliert vor sich hin) - - Wie war denn das nur? Ja, ich bin so gross - - (er deutet einen Meter hoch) und sehe die Eisenbahn, und 1 2 4 5 6 7 20 20 21 23 24 25 25 26 28 28 28 30
B
an!N ] haben?!N ] Bwissen?!N ] Bob!N ] Bhat.N ] BVersprechen?N ] BAlbert) HuN ] BWetter!N ] Bspazieren?N ] Bsehr!N ] Bgelaufen!N ] Bhagelts!N ] Btrommelt!N ] Bbraust!N ] BBummbumm!N ] BFein!N ] BFein!N ] B S z e n e .N ] B
korrigiert aus: an ! korrigiert aus: haben ?! korrigiert aus: wissen ?! korrigiert aus: ob ! korrigiert aus: hat, korrigiert aus: Versprechen ? korrigiert aus: Albert) Hu korrigiert aus: Wetter ! korrigiert aus: spazieren ? korrigiert aus: sehr ! korrigiert aus: gelaufen ! korrigiert aus: hagelts ! korrigiert aus: trommelt ! korrigiert aus: braust ! korrigiert aus: Bummbumm ! korrigiert aus: Fein ! korrigiert aus: Fein ! korrigiert aus: S z e n e .
95
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 51
Endfassung
5
K/TS2 (Korrekturschicht)
dann ist da noch ein Altar und ein Engel mit einem strengen Blick, ein weiter Platz und Musik - - - und dann stehe ich vor einem Hause und warte, und drinnen wohnt ein Fräulein mit hohen schwarzen Schuhen und einem verschwommenen Gesicht - - aber wie hiess denn nur das Fräulein, wo stand das Haus, wann war diese Zeit - (Es blitzt ohne zu donnern und rasch wird es etwas heller) 6. Szene. B
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D IE U NBEKANNTE (erscheint wieder) Jetzt ist es vorbei. Aber der Regen hängt sich ein, garantiert. - - Du. Ich hätt eine 얍 grosse Frage. A LBERT Bitte? D IE U NBEKANNTE Hast du nicht etwas Essbares im Haus? A LBERT Leider - D IE U NBEKANNTE O wie schade. A LBERT Leergebrannt ist die Stätte. Aber zum Trinken muss noch etwas vorhanden D IE U NBEKANNTE Ich hab aber gleich einen sitzen, ich vertrag nämlich nichts. A LBERT (hatte zwei Likörgläser gefüllt) Auf was wollen wir denn trinken? D IE B EIDEN (fixieren sich) A LBERT (leert hastig sein Glas) D IE U NBEKANNTE (trinkt es weniger hastig) A LBERT (schenkt wieder ein und nun trinken Beide immerzu ) - - Und seit wann hast du denn kein Zimmer mehr? D IE U NBEKANNTE Seit vorgestern. A LBERT Und wo hast du denn überall geschlafen? D IE U NBEKANNTE Einmal auf einer Bank und gestern noch überhaupt nicht. Gott, ich werd noch ganz betrunken! A LBERT (lächelt) Ein komisches Geschöpf. D IE U NBEKANNTE Tatsächlich? A LBERT Sogar sehr. D IE U NBEKANNTE So ist es recht! (sie trinkt) A LBERT Und wo hast du denn gegessen? D IE U NBEKANNTE Ich hab halt einfach gebettelt, und dann, aber das ist schon länger her, vorvorgestern Mittag, da bin ich einfach in ein Restaurant und hab mir ein ganzes Gedeck bestellt, 얍 und hernach, wie gerade niemand hergeschaut hat, bin ich raus und davon. Du, da bin ich aber gelaufen! B
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S z e n e .N ] Bitte?N ] BHaus?N ] Btrinken?N ] BimmerzuN ] Bmehr?N ] Bgeschlafen?N ] Bbetrunken!N ] BTatsächlich?N ] Brecht!N ] Bgegessen?N ] Bgelaufen!N ] B
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 52
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korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: Bitte ? korrigiert aus: Haus ? korrigiert aus: trinken ? korrigiert aus: immer zu korrigiert aus: mehr ? korrigiert aus: geschlafen ? korrigiert aus: betrunken ! korrigiert aus: Tatsächlich ? korrigiert aus: recht ! korrigiert aus: gegessen ? korrigiert aus: gelaufen !
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 53
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
A LBERT Leichtsinn! Sowas ist doch schwer strafbar - - (er stockt) D IE U NBEKANNTE Was hast du gesagt? Strafbar? Du? (sie lacht) A LBERT Lach nicht! Ungeheuer! D IE U NBEKANNTE (hört auf zu lachen; fast gekränkt) Aber das ist doch humoristisch, wenn du das sagst - - Mein Gott, ich hab einen sitzen! Auf was wollen wir denn trinken? A LBERT (scharf) Kein Wort bitte! D IE U NBEKANNTE Kein Wort - - (sie nippt) Was? Du denkst schon wieder dran? (sie droht ihm mit dem Zeigefinger) Du - noch ein Wort und es setzt was ab! A LBERT Halts Maul! D IE U NBEKANNTE (erhebt sich etwas unsicher) Apropos strafbar: jetzt werd ich dir etwas vorbetteln, damit du auf andere Gedanken kommst - - - dass wir nämlich kein Geld haben, das schreckt mich nicht, ich kann nämlich fein betteln, du! O, werde ich sagen, helft mir liebe Leute, ich habe einen armen alten Grossvater zuhaus, der hat sein Gebiss verloren - - (sie verbeugt sich vor einem Stuhl) O gnädigste Frau, ich bin eine achtköpfige Zimmermannsfamilie und wenn ich sie nicht ernähre, dann verprügeln mich meine grossen Brüder und werfen mich in das Kellerverliess, wo die Ratten ihr Unwesen treiben - - (sie verbeugt sich vor dem Schrank) O gnädiger Herr, ich hab ein gelähmtes Mütterlein zuhause, das ist jetzt ganz zitronengelb und war doch mal eine anerkannte Schön-얍heit aus Milch und Blut - - (sie verbeugt sich vor Albert, der sich auf das Bett gesetzt hatte) O Herr Direktor, helfen Sie mir in meiner grenzenlosen Not, ich habe ein krankes blindes Kindlein zuhaus - A LBERT Schweig! „Krankes blindes Kindlein“! So etwas tut man doch nicht! D IE U NBEKANNTE Aber das war doch nur Spiel. A LBERT Spiel? Kennst denn keine Grenzen zwischen Spiel und Ernst? Hast denn kein Verantwortungsgefühl?! D IE U NBEKANNTE (überlegt; nimmt dann etwas schwankend Alberts Mantel aus dem Schrank, zieht ihn an, setzt sich seinen Hut auf und legt sich auf den Boden) A LBERT Was soll das? B
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Leichtsinn!N ] gesagt?N ] BStrafbar?N ] BDu?N ] Bnicht!N ] BUngeheuer!N ] Bsitzen!N ] Btrinken?N ] Bbitte!N ] BWas?N ] Bdran?N ] Bab!N ] BMaul!N ] Bdu!N ] B N] BSchweig!N ] Bnicht!N ] BSpiel?N ] BErnst?N ] BVerantwortungsgefühl?!N ] Bdas?N ] B
korrigiert aus: Leichtsinn ! korrigiert aus: gesagt ? korrigiert aus: Strafbar ? korrigiert aus: Du ? korrigiert aus: nicht ! korrigiert aus: Ungeheuer ! korrigiert aus: sitzen ! korrigiert aus: trinken ? korrigiert aus: bitte ! korrigiert aus: Was ? korrigiert aus: dran ? korrigiert aus: ab ! korrigiert aus: Maul ! korrigiert aus: du !
[die Gicht und hat] korrigiert aus: Schweig ! korrigiert aus: nicht ! korrigiert aus: Spiel ? korrigiert aus: Ernst ? korrigiert aus: Verantwortungsgefühl ?! korrigiert aus: das ?
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 54
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
D IE U NBEKANNTE Kuckuck! Was ist das? A LBERT Wieso? D IE U NBEKANNTE Rat mal! Kuckuck! A LBERT Keine Idee! D IE U NBEKANNTE Kuckuck ist eine Uhr. Und ich bin jetzt ein toter Uhrmacher. (Stille) A LBERT (unterdrückt) Steh auf. D IE U NBEKANNTE (rührt sich nicht) A LBERT (brüllt sie an) Aufstehen! D IE U NBEKANNTE (erhebt sich langsam, bleibt aber auf dem Boden sitzen) Bitte schlag mich nieder. A LBERT (zündet sich nervös eine Zigarette an) D IE U NBEKANNTE Mir auch. A LBERT Was? 얍 D IE U NBEKANNTE Zigarette. A LBERT (wirft ihr eine zu) D IE U NBEKANNTE Danke - - (sie fängt an, die Zigarette in lauter Stückchen zu zerreissen) A LBERT Mach keinen Mist! Du bist betrunken. D IE U NBEKANNTE (weint) A LBERT Komm, steh auf. D IE U NBEKANNTE (trocknet sich mit der Hand ihre Tränen) - - sag mal: sieht man es mir eigentlich an, was ich schon hinter mir habe? Ich hab mal einen geliebt, es hat weh getan und gut. Josef hat er geheissen. A LBERT Ich dachte schon, du hättest noch niemals. D IE U NBEKANNTE Josef, wo bist du? (sie steht schwerfällig auf und betrachtet Albert) - - Jetzt seh ich dich wie durch Glas. Und ich stehe hinter dem Glas und jetzt hörst du nicht, was ich rede - - - Du bist es? Bist wieder da? Ich hab so lang auf dich gewartet und war so viel allein - - Nein! Komm nicht herein zu mir, bitte nicht - - - lass mich, du, lass mich - - (sie fällt ihm um den Hals, aber er tut nichts dergleichen; plötzlich ändert sie den Ton) Sag: kannst du bellen? A LBERT ( perplex) Bellen? D IE U NBEKANNTE Ja. Wie ein Hund bellen. Schade, dass du es nicht kannst - - - ich würde mich sonst hier in das Bett legen und du müsstest dich vor die Tür legen B
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Kuckuck!N ] das?N ] BWieso?N ] Bmal!N ] BKuckuck!N ] BIdee!N ] BAufstehen!N ] BWas?N ] BMist!N ] Bhabe?N ] Bdu?N ] Bes?N ] Bda?N ] BNein!N ] Bbellen?N ] Bperplex) Bellen?N ] B
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korrigiert aus: Kuckuck ! korrigiert aus: das ? korrigiert aus: Wieso ? korrigiert aus: mal ! korrigiert aus: Kuckuck ! korrigiert aus: Idee ! korrigiert aus: Aufstehen ! korrigiert aus: Was ? korrigiert aus: Mist ! korrigiert aus: habe ? korrigiert aus: du ? korrigiert aus: es ? korrigiert aus: da ? korrigiert aus: Nein ! korrigiert aus: bellen ? korrigiert aus: perplex) Bellen ?
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7. Szene. B
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Ernst tritt durch die Tapetentüre - - Regenmantel, Regenschirm. Er ist klatschnass, denn draussen giesst es ja noch immer. E RNST (erblickt sogleich die Unbekannte) Pardon! (er verbeugt sich etwas steif vor Albert) B
3 8 11 14 14 21 27 30 32 34 38
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Was?N ] Tatsächlich?N ] Ban!N ] BoN ] BSehnsucht!N ] BKind?N ] Bdas?N] Bdas?N] BHerein!N ] B S z e n e .N ] BPardon!N ] B
ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 56
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Lesetext
und wenn ein schlechter Mensch kommt, dann müsstest du knurren und mich beschützen, und wenn du nicht folgsam knurrst, bekommst du einen Tritt. 얍 A LBERT Was? D IE U NBEKANNTE Einen Tritt. Einen Tritt vor deine Schnauze, du - A LBERT (reisst sie wieder an sich und küsst sie) D IE U NBEKANNTE Nicht - ja - du - ich fühle dich bis hinauf - A LBERT Zieh dich aus. D IE U NBEKANNTE (lächelt) Tatsächlich? A LBERT Wenn du dich nicht ausziehst, wird nicht geknurrt. D IE U NBEKANNTE O du bist lieb - - (sie zieht seinen Mantel aus) Schau mich nicht so schrecklich an! A LBERT Ich tu dir doch nichts. D IE U NBEKANNTE Doch. Du schlägst mich - - und ich bin doch eine gefangene Seele - o was könnt ich allen Menschen antun vor lauter Sehnsucht! A LBERT Verrückt. D IE U NBEKANNTE Ich sehe mich in der Geschichte, sehe mich auf den Schlachtfeldern und in den Bergwerken, ich bin der Säbel und ich bin der Berg, der zusammenbricht - - (sie will wieder trinken) A LBERT Du sollst nichtmehr trinken. D IE U NBEKANNTE Soll ich zu dir kommen - - (sie umarmt seinen Kopf) O warum bist du nicht mein Kind? Ich würde dich in den Schlaf singen, aber das Fenster müsste offen sein und wenn du hinausschaust, müsstest du grüne Augen haben, so grosse grüne Augen wie ein Fisch - - und Flossen müsstest du haben und stumm müsstest du sein. A LBERT (ganz einfach) Ich glaub, du bist der Tod. (es klopft an die Tapetentüre) A LBERT (leise) Wer das? - - Es hat geklopft. 얍 D IE U NBEKANNTE (lächelt) Nein wie du zitterst - (Stille) A LBERT Wer ist das? (Es klopft abermals) A LBERT Herein! B
5
K/TS2 (Korrekturschicht)
korrigiert aus: Was ? korrigiert aus: Tatsächlich ? korrigiert aus: an !
o[,] korrigiert aus: Sehnsucht ! korrigiert aus: Kind ? korrigiert aus: das ? korrigiert aus: das ? korrigiert aus: Herein ! korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: Pardon !
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 57
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
Lesetext
A LBERT Was verschafft mir die Ehre? E RNST Leider. Es ist zwar nicht meine Absicht, als personifizierte pessimistische Hiobsbotschaft aufzutreten - - (er lächelt verbindlich) Dürfte ich Sie um vier Augen bitten – D IE U NBEKANNTE Soll ich auf den Balkon? A LBERT Nein. E RNST Meinerseits - ! Ich dachte ja nur - - zunächst also eine Feststellung: wir haben uns gestern spätnachmittags gesprochen und ich habe Ihnen einen Rat erteilt, von Mann zu Mann. Eine spartanische Lösung. Wie ich jedoch bemerken muss, haben Sie selbigen Rat konträr befolgt. A LBERT Was heisst das? E RNST Das heisst: vielleicht wäre meine Lösung besser gewesen, denn dann wäre wahrscheinlich manches unterblieben - - 얍 und so kommt es nämlich zuguterletzt doch wieder vielleicht auf dasselbe hinaus. A LBERT Versteh kein Wort. E RNST Was Sie nicht sagen. A LBERT Drücken Sie sich bitte deutlicher aus. E RNST Es ist jemand ermordet worden. (Stille) A LBERT (wird unsicher) Wer? E RNST Das wissen Sie nicht? (Stille) A LBERT (nickt nein) Wieso woher - E RNST Der Uhrmacher. A LBERT (sehr unsicher) Was für ein Uhrmacher - E RNST Jawohl. D IE U NBEKANNTE Der Uhrmacher? Der arme alte Uhrmacher? Nein so etwas! Na das tut mir aber leid - - (zu Albert) Du, den hab ich doch auch gekannt, das war doch dieser Sonderling, nicht? E RNST Sonderling allerdings. D IE U NBEKANNTE Und wer hat ihn denn ermordet? E RNST (etwas weniger selbstbewusst) Das weiss man eben noch nicht - D IE U NBEKANNTE Na hoffentlich wird man den Mörder bald fassen, und wenn es einen lieben Gott gibt, dann gehört der aber exemplarisch bestraft! E RNST Hoffentlich. (Stille) B
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Ehre?N ] Dürfte f bitten –N ] BBalkon?N ] Bdas?N ] BWer?N ] Bnicht?N ] BUhrmacher?N ] BUhrmacher?N ] Betwas!N ] Bnicht?N ] Bermordet?N ] BNaN ] Bfassen, undN ] Bbestraft!N ] B
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korrigiert aus: Ehre ?
Dürfte ich Sie [bitten, unter] \um/ vier Augen [--][|bi|] |bitten – | korrigiert aus: Balkon ? korrigiert aus: das ? korrigiert aus: Wer ? korrigiert aus: nicht ? korrigiert aus: Uhrmacher ? korrigiert aus: Uhrmacher ? korrigiert aus: etwas ! korrigiert aus: nicht ? korrigiert aus: ermordet ?
Na[,] fassen\,/ [--] |und| [na] korrigiert aus: bestraft !
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 58
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
A LBERT Und Sie wünschen bitte? 얍 E RNST Ja. Peinlich. A LBERT Sind Sie denn nur gekommen, um mir mitzuteilen, dass dieser Sonderling nicht mehr existiert? E RNST Nein. Das wollt ich nur so nebenbei - - Ich bin nämlich in einer für mich ungemein peinlichen Angelegenheit hier, betreffs Irene. Also der langen Rede kurzer Sinn: da! (er überreicht ihm Irenens Brosche aus Venedig) Irene hat es sich überlegt. A LBERT Achso. E RNST Ihre Brosche aus Venedig. (Stille) A LBERT Gut. E RNST Es klingt manchmal hart, aber es ist immer besser - - wenn schon Schluss, dann radikal! Sie verstehen mich? A LBERT Danke. B
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 59
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8. Szene. B
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I RENE (erscheint in der Tapetentüre - - atemlos und ohne anzuklopfen; sie erblickt sofort Ernst) Da bist du! Hab ich es doch geahnt! Wo ist die Brosch? A LBERT Hier. I RENE Hat er sie dir - - (zu Ernst) Wie kommst du denn dazu?! Ich habe doch verboten, dass du sie ihm zurück - - hab ich denn nicht gesagt: nie und nimmer?! Aber das schlägt dem Fass den Boden aus, jetzt merk ich es erst, wie oft dass du mich schon belogen hast! E RNST Allerdings habe ich höchstens gelogen! 얍 I RENE Besser stehlen als lügen! E RNST (zu Albert) So war das meinerseits nicht gemeint. (zu Irene) Echt Weib! (er fasst sich ans Herz) I RENE Was weisst denn du schon von dem Innenleben eines Weibes?! Immer hast nur Maus zu mir gesagt, zu einer alleinstehenden Geschäftsfrau! E RNST Die peinlichst auf ihren Ruf achten sollte! B
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bitte?N ] existiert?N ] Bda!N ] Bradikal!N ] Bmich?N ] B S z e n e .N ] Bdu!N ] Bgeahnt!N ] BBrosch?N ] Bdazu?!N ] Bnimmer?!N ] Bhast!N ] Bgelogen!N ] Blügen!N ] BWeib!N ] BWeibes?!N ] BGeschäftsfrau!N ] Bsollte!N ] B
korrigiert aus: bitte ? korrigiert aus: existiert ? korrigiert aus: da ! korrigiert aus: radikal ! korrigiert aus: mich ? korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: du ! korrigiert aus: geahnt ! korrigiert aus: Brosch ? korrigiert aus: dazu ?! korrigiert aus: nimmer ?! korrigiert aus: hast ! korrigiert aus: gelogen ! korrigiert aus: lügen ! korrigiert aus: Weib ! korrigiert aus: Weibes ?! korrigiert aus: Geschäftsfrau ! korrigiert aus: sollte !
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 60
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
Lesetext
I RENE Ruf?! Mach nur kein Dromedar aus einer Mücke! Hast mir das auch nur eingeredet, genau wie deine Planeten! (sie fasst sich an die Stirne) Die ganze Nacht hab ich nicht einschlafen können, hab immer denken müssen - E RNST (unterbricht sie scharf) An was denn bitte? - - So steck sie dir nur an, die Brosch, und geh spazieren damit! Mit der Bijouterie eines - - (er stockt und wendet sich Albert zu) Herr! Oder wagen Sie es etwa zu leugnen, dass Sie gestern Nacht dort herumlungerten - - ich habe Sie erkannt! Ich kann es beschwören! I RENE Heute Nacht hast es aber nicht können! E RNST Was? I RENE Beschwören! E RNST Weil ich dich schonen wollte, wie immer! Aber jetzt fängt es mir an, zu bunt zu werden! Ich wusst es genau, dass er es war, aber ich wollte es auf mein Gewissen nehmen und schweigen! Für deine Liebe! Ewig wollte ich schweigen, um dich zu besitzen! So bin ich! I RENE Albert! B
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 61
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D IE U NBEKANNTE Halt! I RENE (erblickt erst jetzt die Unbekannte) D IE U NBEKANNTE Zunächst bitte reden wir leise, denn die Wände haben Ohren und man kommt gar leicht in einen falschen Verruf - - und dann ist das alles nicht wahr, was dieser Herr hier erzählt. Ich kann es beschwören bei allem, was ich liebe. Tot soll ich umfallen, wenn dem nicht so ist - - Gnädige Frau, ich muss es doch wissen, dass (sie deutet auf Albert) dieser Mann nicht dort gewesen sein konnte, denn wir, er und ich, waren ja die ganze Nacht hier zuhause zusammen. (Stille) B
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Ruf?!N ] Mücke!N ] BPlaneten!N ] Bbitte?N ] Bdamit!N ] BHerr!N ] Berkannt!N ] Bbeschwören!N ] Bkönnen!N ] BWas?N ] BBeschwören!N ] Bimmer!N ] Bwerden!N ] Bschweigen!N ] BLiebe!N ] Bbesitzen!N ] Bich!N ] BAlbert!N ] B N] B S z e n e .N ] BHalt!N ] BAlbert) dieserN ] B
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korrigiert aus: Ruf ?! korrigiert aus: Mücke ! korrigiert aus: Planeten ! korrigiert aus: bitte ? korrigiert aus: damit ! korrigiert aus: Herr ! korrigiert aus: erkannt ! korrigiert aus: beschwören ! korrigiert aus: können ! korrigiert aus: Was ? korrigiert aus: Beschwören ! korrigiert aus: immer ! korrigiert aus: werden ! korrigiert aus: schweigen ! korrigiert aus: Liebe ! korrigiert aus: besitzen ! korrigiert aus: ich ! korrigiert aus: Albert ! gestrichen: 9 . S z e n e . korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: Halt ! korrigiert aus: Albert) dieser
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Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
Lesetext
I RENE Ist das wahr? D IE U NBEKANNTE Gewiss. B
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(Stille) I RENE (sehr leise) Das freut mich. E RNST (zu Irene) Also komm. I RENE Lass mich. E RNST Aber Maus - I RENE Ich bin keine Maus! - - (zu Albert) Du bist auch nicht anders. Gestern um diese Zeit hast noch gesagt, dass nur ich dich retten könnte und dass du so einsam bist - A LBERT Und kaum hast mich verlassen, da hast mir jenen Herrn herausgeschickt mit dem freundlichen Rat, ich soll mir eine Kugel vor den Kopf, es bleibt mir nichts anderes übrig! I RENE Das hat er gesagt - 얍 A LBERT Unter anderem! E RNST Auch du hast seinen Tod gewünscht! I RENE Nein, lüg nicht! E RNST Welch Abgrund der Verlogenheit! Jetzt kenn ich mich bald selbst nicht mehr! Hast denn nicht vorgestern Nacht geweint, warum kann man denn nicht mit einem Revolver, den niemand hört, so ein verpatztes Leben - I RENE Lügner! Lügner! E RNST Das ist die gewaltigste Erschütterung meines Lebens. (Stille) I RENE Ausserdem, Ernst, passen wir auch nicht zusammen. E RNST (fasst sich ans Herz) Denk an mein Herz, bitte. I RENE Denkst du vielleicht an meine Leber? Jetzt ist schon alles egal! E RNST Zur Kenntnis genommen. (Stille) I RENE Jetzt bist du bös. Aber ich kann nicht anders. E RNST Ich habe dich ehrlich geliebt, Irene. Ich sag es vor Zeugen: ich wollte dir nur helfen - I RENE Aber ich war nicht ganz ehrlich zu dir und dafür muss ich nun büssen. Ich hab halt nur einen Menschen gebraucht - - seinerzeit. E RNST Aha! (zu Albert) Sie hatten recht, mein Herr! I RENE Wir haben einen anderen Stern, Ernst. B
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wahr?N ] Maus!N ] Bübrig!N ] Banderem!N ] Bgewünscht!N ] Bnicht!N ] BVerlogenheit!N ] BLügner!N ] BLügner!N ] BLeber?N ] Begal!N ] BAha!N ] BHerr!N ] B
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korrigiert aus: wahr ? korrigiert aus: Maus ! korrigiert aus: übrig ! korrigiert aus: anderem ! korrigiert aus: gewünscht ! korrigiert aus: nicht ! korrigiert aus: Verlogenheit ! korrigiert aus: Lügner ! korrigiert aus: Lügner ! korrigiert aus: Leber ? korrigiert aus: egal ! korrigiert aus: Aha ! korrigiert aus: Herr !
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 62
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
Lesetext
E RNST Geh lass mich mit den Sternen in Ruh! I RENE Das sagst du? Der du mich in den Zirkel eingeführt hast? E RNST Ach lass mich doch mit dem Zirkel in Ruh! (zu Albert) Le roi est mort, vive le roi! (zu Irene) Was denkst du 얍 denn, wer ich bin?! Adieu! (ab durch die Tapetentüre) B
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 63
10. Szene. B
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I RENE Ja, jetzt muss ich büssen. Was ist auch eine kleine Unterschlagung gegen einen verdorbenen Lebensweg? Ich habe einmal in einer Novelle gelesen, dass die Frau die Pflicht hat, die Härte der starren Paragraphen durch Liebe zu erweichen - - aber das begreif ich erst jetzt, wo es zu spät sein dürfte. A LBERT Es ist nie zu spät, Irene. I RENE Doch, Albert. A LBERT Nein. Auch ich dachte mal so hoffnungslos und hab dich verflucht. I RENE Ich spür es. Und ich hab dir doch immer geglaubt, alles. Auch das mit deiner Einsamkeit - A LBERT (deutet verstohlen auf die Unbekannte; sehr leise) Aber das war doch nur die Verzweiflung - - ich hab halt einen Menschen gebraucht. I RENE O das kenn ich schon - A LBERT Glaube mir. D IE U NBEKANNTE Was sprichst du da? A LBERT Pst! D IE U NBEKANNTE Was fällt dir ein?! Wie sprichst du denn zu mir?! Zu mir, die du vielleicht schon länger kennst als manche andere - - - seit vielen Wochen, jede Nacht?!! I RENE (weinerlich) Adieu! (rasch ab durch die Tapetentüre) B
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11 . S z e n e . B
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D IE U NBEKANNTE Jetzt wirst du mich schlagen. Nicht? A LBERT Nein. (Stille) B
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Geh[,]
B
GehN ] Ruh!N ] Bdu?N ] Bhast?N ] BRuh!N ] Broi!N ] Bbin?!N ] BAdieu!N ] B S z e n e .N ] BLebensweg?N ] Bda?N ] BPst!N ] Bein?!N ] Bmir?!N ] BNacht?!!N ] BAdieu!N ] B S z e n e .N ] BNicht?N ]
korrigiert aus: Ruh ! korrigiert aus: du ? korrigiert aus: hast ? korrigiert aus: Ruh ! korrigiert aus: roi ! korrigiert aus: bin ?! korrigiert aus: Adieu ! korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: Lebensweg ? korrigiert aus: da ? korrigiert aus: Pst ! korrigiert aus: ein ?! korrigiert aus: mir ?! korrigiert aus: Nacht ?!! korrigiert aus: Adieu ! korrigiert aus: S z e n e . korrigiert aus: Nicht ?
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Endfassung
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Lesetext
D IE U NBEKANNTE Jetzt bist du verstimmt. A LBERT Nein. Aber warum konnt sie mir das nicht gestern sagen, gestern um diese Zeit? Jetzt hätt ich geordnete Verhältnisse! D IE U NBEKANNTE Soll ich ihr nachlaufen und sagen: gnädige Frau, ich habe zuvor gelogen, wir, er und ich, wir waren ja hier überhaupt noch nie miteinander, das hab ich mir ja nur so ausgeklügelt, damit es nicht aufkommt, dass - A LBERT (hält ihr den Mund zu; zündet sich dann die zweite Zigarette an) D IE U NBEKANNTE Du musst mir den Mund nicht zuhalten, denn du bist mein Schicksal. A LBERT Jetzt hätt ich mein Auskommen. (Stille) D IE U NBEKANNTE Hast kein Geld? A LBERT Frag nicht so intelligent. D IE U NBEKANNTE Wenn du kein Geld hast, dann passen wir fein zusammen. A LBERT Bist anscheinend noch betrunken?! D IE U NBEKANNTE O ich bin nüchtern - - ganz und gar. A LBERT Ganz und gar. Es ist alles verflucht. (Stille) D IE U NBEKANNTE Vielleicht bin ich schlecht - - (sie wischt sich einige Tränen aus den Augen) 얍 A LBERT (streicht ihr über das Haar) So war es nicht gemeint, Irene - - D IE U NBEKANNTE (fährt zurück) Irene?! A LBERT Hab ich Irene gesagt? D IE U NBEKANNTE Gewiss. (Stille) D IE U NBEKANNTE (nimmt seine rechte Hand und betrachtet sie) Mit dieser Hand hast es getan - A LBERT Jetzt sprichst du davon. D IE U NBEKANNTE Weil ich Angst hab, dass ich diese Hand nicht mehr haben werde und dann werde ich es nicht tragen können, so allein - A LBERT Was wirst du nicht tragen können? D IE U NBEKANNTE Geh nicht von mir, du, bitte nicht - - mein Mund wird anfangen zu reden, ohne dass ich es will! A LBERT Achso. D IE U NBEKANNTE Nein, nicht so! Ich werd doch nichts sagen, du -- eher geh ich ins Wasser, bevor auch nur ein Sterbenswörtlein - A LBERT Ins Wasser? D IE U NBEKANNTE Weisst, das nehm ich mit mir hinab, als hätt ich es getan - B
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K/TS2 (Korrekturschicht)
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3 3 12 15 16 22 23 31 33 35 37
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Zeit?N ] Verhältnisse!N ] BGeld?N ] Bbetrunken?!N ] BON ] BIrene?!N ] Bgesagt?N ] Bkönnen?N ] Bwill!N ] Bso!N ] BWasser?N ] B
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korrigiert aus: Zeit ? korrigiert aus: Verhältnisse ! korrigiert aus: Geld ? korrigiert aus: betrunken ?!
O[,] korrigiert aus: Irene ?! korrigiert aus: gesagt ? korrigiert aus: können ? korrigiert aus: will ! korrigiert aus: so ! korrigiert aus: Wasser ?
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 65
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
A LBERT „Hinab“ . Sowas sagt sich leicht. D IE U NBEKANNTE O nein. (Stille) A LBERT (bricht plötzlich los) Ich kann nicht anders! Ich hätt es doch nie geglaubt, dass mir noch jemals wieder ein neues Leben, Glück und Friede - - So zeig mich doch an! Ich 얍 riskier es! Ich geh zurück und du musst fort! D IE U NBEKANNTE Fort? A LBERT Lass mich hängen oder nicht, wie du willst! D IE U NBEKANNTE Aber Albert -- (sie setzt sich) (Stille) A LBERT Sei mir nicht bös, aber ich bin eine ehrliche Haut und es wäre gefrevelt gegen mich selbst -- (er streicht ihr wieder über das Haar) Ich habe dich sehr gebraucht. D IE U NBEKANNTE Gebraucht? A LBERT Sicher. (Stille) D IE U NBEKANNTE (zündet nun Streichhölzer an und löscht sie immer wieder aus; denkt dabei natürlich an andere Dinge) Das ist schön, einen Menschen zu brauchen --- aber es ist schlimm für den Menschen, den man braucht … Gewiss … (sie erhebt sich) Also dann geh ich jetzt … A LBERT Wohin? D IE U NBEKANNTE Fort. D IE B EIDEN (fixieren sich) A LBERT Ich lege mein Leben in deine Hand. U NBEKANNTE (betrachtet ihre Hand) Da bist du jetzt drinnen? … Gut. (sie schliesst ihre Hand) Werden sehen … (Sie setzt sich ihren Hut auf) A LBERT Wohin? U NBEKANNTE (lächelt) Hinab. Du wohnst doch im zweiten Stock … 얍 D IE B EIDEN (fixieren sich wieder) A LBERT Und tu, was du willst. U NBEKANNTE Gewiss. (Dunkel) B
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„Hinab“N ] anders!N ] Ban!N ] Bes!N ] Bfort!N ] BFort?N ] Bwillst!N ] BGebraucht?N ] Bbraucht …N ] BGewiss …N ] BWohin?N ] Bdrinnen?N ] BWohin?N ] B
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Lesetext
korrigiert aus: „ Hinab “ korrigiert aus: anders ! korrigiert aus: an ! korrigiert aus: es ! korrigiert aus: fort ! korrigiert aus: Fort ? korrigiert aus: willst ! korrigiert aus: Gebraucht ? korrigiert aus: braucht… korrigiert aus: Gewiss… korrigiert aus: Wohin ? korrigiert aus: drinnen ? korrigiert aus: Wohin ?
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 67
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
얍
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Epilog.
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Wieder in der Seitengasse vor dem Hause Nummer neun. Nur einige Jahre sind vorbei. Wo früher die Blumenhandlung war, ist nun eine Wäscherei, und in dem Laden, in welchem der Uhrmacher erschlagen wurde, befindet sich nun eine bescheidene Buchhandlung. In der Auslage hängen Zeitschriften, Bücher, überwiegend antiquarisch und eine Totenmaske der Unbekannten in der Seine. In der Auslage der Wäscherei hängen hingegen naturnotwendig Hemden und Unterhosen. Die Buchhandlung gehört Emil, der nun schon längst verheiratet ist. Seine etwas korpulente Gattin Lucille sitzt auf einem Stuhl vor dem Geschäft in der Sonne und liest einen spannenden Roman. B
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Lesetext
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1. Szene. 15
(Ernst kommt mit Lilly, einem Mädchen, vorbei) L ILLY Warum schaust du denn dieses Haus so an? E RNST Weil mich verschiedene Erinnerungen daran knüpfen. Zum Beispiel dort droben im dritten Stock wohnte einst vor Jahren ein Ingenieur, und dessen Gattin L ILLY (fällt ihm ins Wort) Hatte etwas mit dir? Sags nur! E RNST (wollte eigentlich vom Studenten aus dem zweiten Stock rechts erzählen; lügt aber nun aus Eitelkeit und grinst) Kavalier schweigt. Und dort, wo jetzt lauter Bücher sind, dort war früher ein Uhrmacherladen, aber dann ist an dem alten Uhrmacher ein Raubmord verübt worden. Der ist bis heute noch nicht geklärt. 얍 L ILLY Dass sowas vorkommt! Wozu haben wir denn unsere Kriminalpolizei? E RNST Aber Maus! Gar vieles kommt nie ans Tageslicht! Auch in punkto Raubmord - zuerst forscht man fieberhaft nach, dann wird es zu den Akten gelegt und über die Akten wächst das Gras. Und der Mörder bleibt unbekannt, geht frei und frank herum - vielleicht sitzt man ihm gerade gegenüber. L ILLY Hör auf! E RNST Man weiss doch nichts voneinander - was weisst denn du schon von mir? Vielleicht hab ich auch mal einen Raubmord L ILLY Du red nicht so unheimlich, sonst musst du heut Nacht wieder bei mir schlafen! E RNST Beruhige dich nur. Ich will nicht unheimlich reden - (er wendet sich Lucille zu) Entschuldigen Sie bitte, jedoch soweit ich mich erinnere, war doch da mal in grauer Urzeit eine Blumenhandlung? B
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1 6 17 20 20 25 25 26 26 30 31 33–34 37
B
E p i l o g .N ] befindetN ] Ban?N ] Bdir?N ] Bnur!N ] Bvorkommt!N ] BKriminalpolizei?N ] BMaus!N ] BTageslicht!N ] Bauf!N ] Bmir?N ] Bschlafen!N ] BBlumenhandlung?N ] B
N
korrigiert aus: E p i l o g . korrigiert aus: gefindet korrigiert aus: an ? korrigiert aus: dir ? korrigiert aus: nur ! korrigiert aus: vorkommt ! korrigiert aus: Kriminalpolizei ? korrigiert aus: Maus ! korrigiert aus: Tageslicht ! korrigiert aus: auf ! korrigiert aus: mir ? korrigiert aus: schlafen ! korrigiert aus: Blumenhandlung ?
107
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 69
Endfassung
5
K/TS2 (Korrekturschicht)
L UCILLE Stimmt, mein Herr. Aber die Inhaberin hat geheiratet und die Leute haben jetzt eine Gärtnerei vor der Stadt. Es geht ihnen sehr gut. E RNST So. L UCILLE Komisch, dass Sie danach fragen. Ich erwarte die Frau nämlich jeden Moment - sie wollte heut hier vorbeikommen und müsste schon hier sein. E RNST Na dann wollen wir gehen. - Sagen Sie nur noch: wohnt hier noch so ein Kleiner im dritten Stock rechts, ein 얍 gewisser Herr Emil L UCILLE (unterbricht ihn) Emil? Dritter Stock rechts? Na, das ist doch mein Gatte! E RNST Ihr Gatte? L UCILLE Sie kennen ihn? Er ist jetzt gerade droben und kocht, er kocht nämlich gern und gut - soll ich ihn rufen? E RNST O nicht der Mühe wert! Wir haben uns nur ein paar Jahre nicht gesehen wahrscheinlich wird er sich an mich gar nicht mehr erinnern. L UCILLE Ja, er ist riesig zerstreut. Leider! E RNST Wiedersehen, gnädige Frau! L UCILLE Habe die Ehre! B
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Lesetext
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2. Szene. 20
(Ernst will mit Lilly ab - da kommen aber gerade Irene und Albert mit dem dreijährigen kleinen Albert. Sie erkennen sich (ausser Lilly und dem kleinen Albert natürlich) und grüssen sich reserviert) L ILLY Wer ist denn das? E RNST Flüchtige Bekannte. Eine Gärtnersfamilie … (ab mit Lilly) B
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3. Szene.
30
I RENE (sieht Ernst nach) Die alte Zeit … Aber was der für ein Frauenzimmer bei sich hat, ist ja unmöglich! A LBERT (betrachtet das Haus Nummer neun) 얍 I RENE (bemerkt es und lächelt) Ja, dieses Haus. Noch steht es, nicht? A LBERT (nickt ja) B
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6 6 8 8 9 10 11 12 13 13 15 16 17 24 25 30 32
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Na[,]
B
NaN ] gehen. -N ] Bihn) Emil?N ] Brechts?N ] BGatte!N ] BGatte?N ] Bihn?N ] Brufen?N ] BON ] Bwert!N ] BLeider!N ] BFrau!N ] BEhre!N ] Bdas?N ] BGärtnersfamilie …N ] Bunmöglich!N ] Bnicht?N ]
korrigiert aus: gehen.korrigiert aus: ihn)Emil ? korrigiert aus: rechts ? korrigiert aus: Gatte ! korrigiert aus: Gatte ? korrigiert aus: ihn ? korrigiert aus: rufen ?
O[,] korrigiert aus: wert ! korrigiert aus: Leider ! korrigiert aus: Frau ! korrigiert aus: Ehre ! korrigiert aus: das ? korrigiert aus: Gärtnersfamilie… korrigiert aus: unmöglich ! korrigiert aus: nicht ?
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 71
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
I RENE Ich geh oft daran vorbei. Hier hat doch unser Glück begonnen - - trotz mancher Unterbrechungen. Ach Albert, wie rasch eilen unsere Tage! (zum kleinen Albert) Siehst du, kleiner Albert, dort drüben verkauften mal Papa und Mama Blumen, schöne duftende Blumen - aber da war der kleine Albert noch nicht da. Komm (sie putzt ihm die Nase) B
5
Lesetext
N
4. Szene. L UCILLE Guten Tag, Frau Irene! Ich hab sie schon reserviert für Sie, die Skulptur! I RENE O sehr nett von Ihnen! Sie kennen doch meinen Mann L UCILLE Natürlich! Emil wird sich riesig freuen, er kocht zwar gerade - (sie ruft empor) Emil! Emil! S TIMME E MILS (aus dem dritten Stock rechts) Was ist denn passiert?! Ach guten Tag, ist das aber eine Ueberraschung! Ich komm gleich runter! I RENE (zu Albert) Siehst, das ist diese Totenmaske - (sie führt ihn vor die Auslage der Buchhandlung) die möcht ich so gerne haben, weil sie so himmlisch ist. L UCILLE Sie ist garnicht von dieser Welt. (Stille) 얍 A LBERT ( plötzlich) Wer ist das? I RENE Ich habs dir doch gesagt! L UCILLE Eine unbekannte Selbstmörderin. Gleich kommt mein Gatte, der kann es Ihnen noch besser erklären - da ist er! B
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5. Szene. 25
E MIL (rasch durch das Haustor) Hocherfreut hocherfreut! Na das ist aber reizend, dass ihr mal wieder an uns denkt! Pa, Bubi! I RENE Sie sind ja heut so lustig, Herr Emil! L UCILLE Das ist er neuerdings immer. Zuerst war zwar ich der leichtere Teil und er der schwerere, aber dann haben wir aufeinander abgefärbt - jetzt ist er der Optimist und ich seh schwarz. B
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Tage!N ] Irene!N ] BSkulptur!N ] BIhnen!N ] BNatürlich!N ] BEmil!N ] BEmil!N ] Bpassiert?!N ] BUeberraschung!N ] Brunter!N ] Bplötzlich) WerN ] Bdas?N ] BhabsN ] Bgesagt!N ] Ber!N ] BHocherfreutN ] Bhocherfreut!N ] BNaN ] Bdenkt!N ] BBubi!N ] BEmil!N ] B
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korrigiert aus: Tage ! korrigiert aus: Irene ! korrigiert aus: Skulptur ! korrigiert aus: Ihnen ! korrigiert aus: Natürlich ! korrigiert aus: Emil ! korrigiert aus: Emil ! korrigiert aus: passiert ?! korrigiert aus: Ueberraschung ! korrigiert aus: runter ! korrigiert aus: plötzlich)Wer korrigiert aus: das ? korrigiert aus: habe; vgl. K1/TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 70 korrigiert aus: gesagt ! korrigiert aus: er !
Hocherfreut[,] korrigiert aus: hocherfreut !
Na[,] korrigiert aus: denkt ! korrigiert aus: Bubi ! korrigiert aus: Emil !
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 72
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
E MIL So hebt sich alles auf! (Er lacht) L UCILLE Emil, erklär doch mal bitte den Herrschaften die Geschichte dieser Totenmaske. E MIL (lacht immer wieder dazwischen hinein) Da gibt es keine Geschichten - man hat sie aus dem Wasser herausgezogen und weiss nichts von ihr. Irgendeine junge Selbstmörderin, allerdings mit einem verblüffend mysteriösem Lächeln Neulich hat mal wer gesagt, diese arme Seele war wahrscheinlich nur ein Menschenkind, gut und böse, fromm und verdorben, wie das ewige Leben - aber meiner Meinung nach ist das ein Engel gewesen, der zur Strafe auf unser irdisches Jammertal hat hinabmüssen und dann 얍 durch den Tod erlöst worden ist. L UCILLE Wie schön er das gesagt hat. I RENE Für mich ist das auch ein Engel. (zu Albert) Ich möcht es so gern haben. Für unser Schlafzimmer. L UCILLE Wir haben noch eine zweite Skulptur drinnen E MIL Ich hab sie schon eingepackt! I RENE Sehr zuvorkommend! Und dann möcht ich bitte nur noch das Kochbuch - (Ab mit Emil und Lucille in die Buchhandlung) B
5
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Lesetext
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 73
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6. Szene. 20
(Albert steht nun mit dem kleinen Albert allein vor dem Haus Nummer neun) A LBERT (zur Totenmaske) Bist du es? - Hm. Ich weiss nicht, es war damals immer so dunkel, ich hab dich eigentlich nie richtig gesehen - D ER KLEINE A LBERT (weint plötzlich fürchterlich) B
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7. Szene.
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(Irene kommt auf das Geweine hin mit Emil und Lucille herbei. Irene trägt die eingepackte Totenmaske, Emil und Lucille Kochbücher) E MIL Was hat er denn, der kleine Albert? I RENE Na, was weinst denn? (Sie beugt sich zu ihm nieder) Ach, er hat schon wieder mal Angst vor dem dunklen Hauseingang. Immer hat er Angst vor Hauseingängen 얍 L UCILLE Dann machen wir halt das Tor zu - (Sie schliesst es) So, jetzt wird er gleich nicht mehr weinen, der kleine Albert! D ER KLEINE A LBERT (verstummt) E MIL (zu Irene) Sie haben mir einst gesagt bei meinem Brautbouquet: Rosen bringen Glück - und sie haben Glück gebracht. Zwar ist noch kein kleiner Emil da, aber jetzt ist einer unterwegs - ich weiss es selbst nicht wieso! (Er lacht) B
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1 5 15 16 22 30 31 35 37 39
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auf!N ] dem WasserN ] Beingepackt!N ] Bzuvorkommend!N ] Bes?N ] BAlbert?N ] Bdenn?N ] BAlbert!N ] BIrene) SieN ] Bwieso!N ] B
korrigiert aus: auf ! de[r]|m| [Seine] |Wasser| korrigiert aus: eingepackt ! korrigiert aus: zuvorkommend ! korrigiert aus: es ? korrigiert aus: Albert ? korrigiert aus: denn ? korrigiert aus: Albert ! korrigiert aus: Irene) Sie korrigiert aus: wieso !
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ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 74
Endfassung
K/TS2 (Korrekturschicht)
L UCILLE Aber Mann! E MIL So plötzlich über Nacht. Seit dem Nationalfeiertag. I RENE (hat den kleinen Albert auf den Arm genommen) Kinder sind doch die Zukunft. E MIL Was, kleiner Albert? L UCILLE Ein herziges Bubi! I RENE Ganz der Herr Papa! E MIL Gratuliere! A LBERT (lächelt) O bitte danke (Dunkel) B
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Lesetext
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1 4 5 6 7 8 10
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Mann!N ] Albert?N ] BBubi!N ] BPapa!N ] BGratuliere!N ] BbitteN ] BE n d e . N ] B
Ende.
korrigiert aus: Mann ! korrigiert aus: Albert ? korrigiert aus: Bubi ! korrigiert aus: Papa ! korrigiert aus: Gratuliere !
bitte[,] korrigiert aus: E n d e .
111
N
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Eine Unbekannte aus der Seine Endfassung, emendiert
113
Eine Unbekannte aus der Seine
Endfassung, emendiert
Lesetext
Eine Unbekannte aus der Seine
5
Komödie in drei Akten und einem Epilog von Ödön Horváth
Personen: 10
15
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A LBERT S ILBERLING N ICOLO I RENE E MIL , ein Bräutigam E RNST T HEODOR, der Leidtragende D IE U NBEKANNTE D ER U HRMACHER H AUSMEISTERIN K LARA , die Hausmeisterstochter E IN P OLIZIST D ER S TUDENT AUS DEM ZWEITEN S TOCK RECHTS D IE G ATTIN DES I NGENIEURS AUS DEM DRITTEN S TOCK Die Mordkommission: D ER H ERR IM F RACK D ER D OKTOR D ER K OMMISSAR D ER G ERICHTSPHOTOGRAPH M ATHILDE , die Zimmervermieterin L ILLY, ein Mädchen L UCILLE D ER KLEINE A LBERT
LINKS
Schauplatz: Dieses Stück spielt in einer großen Stadt, durch die ein Fluß fließt. 35
40
Erster Akt. Seitengasse. Altes hohes Haus. Neben dem Haustor ein Uhrmacherladen und eine kleine Blumenhandlung mit Rosen, Tulpen, Hyazinthen, Kakteen und Flieder – bis auf die Gasse hinaus. Darunter auch eine Stechpalme. Die Besitzerin der Blumenhandlung ist blond, ledig und Mitte der Zwanziger. Mit dem Vornamen heißt sie I RENE . In der Auslage des Uhrmacherladens hängen lauter Uhren – große und kleine, alte und neue. Auch Kuckucksuhren. Und ein Barometer. Es geht bereits gegen Abend, Ende Mai.
45
114
Eine Unbekannte aus der Seine
Endfassung, emendiert
Lesetext
1. Szene.
5
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A LBERT , ein junger Mensch und ehemaliger Beamter einer Speditionsfirma, kommt mit S ILBERLING und N ICOLO langsam vorbei. S ILBERLING , ein älterer Herr, macht auf den ersten Blick einen durchaus soliden Eindruck, aber auf den zweiten Blick wieder weniger. Und auch N ICOLO sieht nicht gerade vertrauenerweckend aus, schon auf den ersten Blick nicht. Aber gekleidet ist er wie ein Gent. S ILBERLING Also das ist Nummer neun. Ein schönes Haus. A LBERT Alt. S ILBERLING Wahrscheinlich. Und die Wohnung über den Uhren ist zu vermieten? A LBERT Sie steht leer. (Stille) A LBERT Es ist das ein kleiner Laden, dieser Uhrmacherladen. Gleich rechts steht der Schrank, und schlafen tut er hinten hinaus. N ICOLO Und dort ist das Kellerfenster. A LBERT Ja. (Stille) S ILBERLING Wieviel sagst du? Dreitausend? A LBERT Garantiert. N ICOLO Ich habe ein gutes Gefühl. (Stille) A LBERT Aber ich tu nicht mit. S ILBERLING Was heißt das? N ICOLO (scharf) So plötzlich? (Stille) A LBERT Ich hab euch hierhergeführt und zeig euch Chancen, aber ich tu nicht mit. N ICOLO (ironisch) Willst ein neues Leben beginnen? S ILBERLING Also nur keine Unüberlegtheiten! (Stille) A LBERT Ein neues Leben – hm. Das geht natürlich nicht nach Wunsch. S ILBERLING (grinst.) Wahrscheinlich. A LBERT Aber es dreht sich da um einen Menschen – – nicht um mich! N ICOLO Sondern? A LBERT (schweigt.) S ILBERLING Sicher um eine Madonna. Die wird oder will ihn verlassen, oder sie hat ihn schon verlassen – – A LBERT (grinst.) Erraten. N ICOLO Kunststück! S ILBERLING Und jetzt hat sie schon längst einen anderen, nicht? A LBERT Sie hat keinen anderen. S ILBERLING Wetten? A LBERT Ich wette nicht. N ICOLO Er ist kein Hasardeur. A LBERT Gut. Jetzt wette ich! Hundert gegen eins! S ILBERLING Abgemacht! Auch hundert gegen zwei! N ICOLO Zu gewagt! A LBERT (braust auf.) Was versteht denn ihr schon davon! (wütend ab)
115
Eine Unbekannte aus der Seine
Endfassung, emendiert
Lesetext
2. Szene.
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Die beiden Herren sehen ihm verdutzt nach. N ICOLO Er muß. Wir zwei allein sind zu wenig. S ILBERLING Der kommt auch wieder – Da wachsen mir keine grauen Haare. N ICOLO Aber die Finger eines Weibes im Spiele – – Das kann mir nicht gefallen. An Hand meiner reichen persönlichen Erfahrungen – – S ILBERLING (unterbricht ihn väterlich.) Nanana! Nur nicht gar so von oben herab, Herr Casanova! N ICOLO (fixiert ihn.) Was weißt denn du schon von mir, junger Mann? S ILBERLING Nichts. N ICOLO Eben. (ab mit S ILBERLING ) 3. Szene.
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Jetzt verläßt I RENE mit E MIL , einem Bräutigam, ihre Blumenhandlung. Der will sich gerade ein Brautbouquet kaufen, ist aber immer noch unschlüssig. Er hat einen melancholischen Charakter und beriecht die Blumen auf der Straße. I RENE Auch Hyazinthen riechen gut. E MIL Zu streng. I RENE Dann bleiben wir doch bei den Rosen, Herr Emil. Das ideale Brautbouquet. Rosen bringen Glück. E MIL (schmerzlich) Glück? I RENE Sicher. Das ist nämlich so ein Aberglauben, und ich glaub daran. Sie nicht? E MIL Zur Not. I RENE Sie sehen aber schon gar nicht aus, als hätten Sie einen Freudentag vor sich – – E MIL Ich bin halt kein leichter Mensch – und Heiraten ist doch kein Kinderspiel. Sie waren doch auch schon mal verlobt. Man erfährt doch so manches, wenn man im selben Haus wohnt. I RENE (fixiert ihn.) Wie meinen Sie das jetzt? E MIL Ich meine halt nur, daß man sein Herz unter Umständen leicht an einen unwürdigen Partner verschwenden kann – I RENE Sie sind eigentlich ein boshafter Mensch, Herr Emil. E MIL Sie verkennen mich grausam. Schade. Wenn ich nicht schon eine Braut hätte, würde ich Sie heiraten – glatt. Sie haben einen schönen Charakter, und Blumen sind eine angenehme Branche. I RENE Sehr aufmerksam. E MIL Was kostet diese Stechpalme? I RENE Die ist sehr preiswert. E MIL Übrigens: hätten wir nicht doch lieber Flieder – – I RENE (unterbricht ihn.) Nein. Rosen bringen Glück. 4. Szene.
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E RNST , ein Vertreter, kommt mit seiner Tasche. Er hat ein sicheres Auftreten und kann äußerst zungenfertig sein. E RNST (grüßt.) Servus Emil, guten Abend – (Er gibt I RENE rasch einen Kuß auf die Wange.) Na, was macht die Hochzeit?
116
Eine Unbekannte aus der Seine
5
Endfassung, emendiert
Lesetext
E MIL Wir debattieren gerade über das Brautbouquet – E RNST Rosen bringen Glück! I RENE (zu E MIL ) Sehen Sie! E MIL Ich höre. Also dann bleiben wir halt dabei – (zu E RNST ) Du kommst doch heut zu meinem Polterabend? E RNST Ehrensache! E MIL Wiedersehen – I RENE (boshaft) Alles Gute zur Hochzeit. Und viel Kinder. E MIL Kinder bringen Glück – (ab durch das Haustor in seine Wohnung)
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5. Szene.
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E RNST (sieht ihm nach.) Ein armer Pessimist. Ein Cretin. I RENE Ernst. Wie oft hab ich dich schon gebeten, du sollst mich nicht vor fremden Leuten auf die Wange küssen – E RNST Aber Maus! Meinst denn, die Leut sind blind? Glaubst, die wissen es nicht genau, wie oft ich hier in der Nacht – Alles wird einem registriert, das ist nun mal Menschenart. Gott bin ich müd und wieder kaum etwas verkauft! – – Und du gefällst mir übrigens auch nicht. Das heißt: Wir kennen uns ja erst seit drei Wochen, aber du hast mir zuviel depressive Zuständ – – Ich sorge mich um dich, Irene. I RENE Du bist lieb. Aber es ist halt keine Kleinigkeit, sich so plötzlich von einem Manne trennen zu müssen, mit dem man über zwei Jahre – – Das geht eben nicht spurlos, da bleibt einem eine offene Wunde zurück, Albert. E RNST Ich heiße nicht Albert. Ich heiße Ernst. I RENE Verzeih mir, bitte. (Stille) E RNST So nimm doch nur Vernunft an. Als alleinstehende Geschäftsfrau mußt du peinlichst auf deinen präzisen Ruf achten! Kannst doch nicht mit einem solchen Manne zusammen, einem ehemaligen Speditionsbeamten, der unterschlagen hat – bedenk! I RENE Ja, unterschlagen. So nennt man das offiziell. Trotzdem. E RNST Nur Mut – (Er will ihr wieder einen Kuß auf die Wange geben, doch sie wehrt ab.) Wieso? Jetzt ist doch hier kein Fremder – I RENE Trotzdem – (Stille) E RNST Darf ich mir nun die Hände waschen? I RENE Geh nur hinein. Ich muß nur noch die Blumen – E RNST (ab) 6. Szene.
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I RENE begießt die Blumen. A LBERT erscheint – Sie erblickt ihn, zuckt etwas zusammen und möchte in die Blumenhandlung. A LBERT Halt! I RENE Aber ich hab doch zu tun! A LBERT Dann geh ich mit. I RENE Du bleibst draußen. A LBERT Wo hast du dein Herz, Irene? (Stille)
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I RENE Daß du immer wieder kommst – So quäl mich doch nicht! A LBERT Egal! 7. Szene. 5
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T HEODOR, ein Leidtragender, kommt in tiefer Trauer rasch vorbei. Er ist sehr lustig. T HEODOR Guten Abend, schöne Frau! Ich wollt Sie nur mal rasch erinnern, daß Sie den Kranz nicht vergessen, das wär nämlich sonst eine schlimme Blamage! I RENE Der Kranz ist schon längst geliefert. T HEODOR In die Wohnung oder gleich hinaus? I RENE Gleich ins Krematorium, mein Herr. T HEODOR Dann ists schon gut. Und auf der Schleife steht? I RENE „Letzte Grüße“. T HEODOR Bravo! Sehr schön, sehr brav! Das klappt ja alles prima! Na was macht denn die liebe Frau für ein trauriges Gesicht? Ihnen ist doch niemand gestorben, sondern mir! Aber sehens, ich laß mir meinen Humor nicht nehmen! Man lebt nur einmal! In diesem Sinne – (Er grüßt und ab.) 8. Szene.
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A LBERT (sieht dem Leidtragenden nach.) Es gibt noch lustige Menschen. I RENE (wie zu sich selbst) Unlängst bin ich sehr erschrocken. Da hat mich nämlich ein Bekannter in einen Zirkel eingeführt, wo man sich mit dem Einfluß der Gestirne auf unser menschliches Leben beschäftigt hat – A LBERT Was war denn das für ein Bekannter? I RENE Du kennst ihn nicht. Es hat alles gestimmt. Auch die Zukunft. (Stille) A LBERT Ist er auch lustig? I RENE Wer? A LBERT Dein neuer Bekannter mit den Sternen. (Stille) I RENE Du sollst mich nicht so anschaun, denn es hat keinen Sinn. A LBERT Ich schau nur deine Brosche an – meine Brosche aus Venedig. I RENE Soll ich sie dir zurückgeben? A LBERT Nein. I RENE Danke. 9. Szene.
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E RNST erscheint nun etwas ungeduldig in der Türe der Blumenhandlung. E RNST Irene, wo bleibst denn so lang? (Er erblickt A LBERT .) Ach! Schon wieder?! I RENE Reg dich nur nicht auf, bitte! Denk an dein Herz! E RNST Nein, laß mal! I RENE Ernst! E RNST (nähert sich A LBERT und hält dicht vor ihm.) Ich liebe das offene Wort. Sie wissen, wer ich bin. A LBERT Nein. E RNST Wie Sie wünschen! Ich weiß alles.
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A LBERT (zu I RENE ) Alles? E RNST Irene und ich, wir haben keine Geheimnisse voreinander. A LBERT Richtig. So soll es sein. E RNST Es dreht sich hier nur um Irene. Im Interesse aller Beteiligten bitte ich Sie um etwas Einsicht. Es gibt bekanntlich Dinge, die irreparabel sind – Irene hatte Ihretwegen sozusagen fast einen korrekten Nervenzusammenbruch, und wenn ich nicht gewesen wäre, wäre sie vielleicht nun nicht mehr, höchstwahrscheinlich – und da ich ihr eben damals meine Kraft gegeben habe, habe ich folglich auch ein gewisses Recht zu weiteren Eingriffen in ihr Leben – (Er stockt.) Was ist denn los? A LBERT (starrte immer nur auf seine Lippen.) Sie sprechen so fließend – E RNST (perplex) Fließend? Wieso fließend? A LBERT Sie heißen Ernst? E RNST Immer schon. A LBERT (lächelt blöd.) Ein ernster Name. E RNST Sie belieben zu scherzen? A LBERT Nein. E RNST Sie zwingen mich deutlich zu werden? A LBERT Ich hab Sie mir eigentlich anders vorgestellt – E RNST (wieder perplex) Was? Wen? A LBERT Sie. Ich hab Sie mir anders gedacht. Hm. Komisch, daß sich Irene für Sie interessiert – E RNST Finden Sie komisch? A LBERT Ich finde, sie wird halt nur irgendeinen Menschen gebraucht haben – (Er grinst; zu Irene) Nicht? E RNST (faßt sich ans Herz.) I RENE (fährt ihn an.) So begreif es doch endlich, daß es folgerichtig aus sein muß! A LBERT (schreit.) Laß doch diese Redensarten! Hier dreht es sich nicht um deinen Ruf, hier dreht es sich darum, daß ich keinen Ausweg mehr hab, hörst du?! Ich kann nicht mehr bremsen, und man kann es sich ja direkt ausrechnen, wann der Zug entgleisen wird – Du könntest mich noch retten, wenn du wolltest, sonst bleibt mir nämlich nichts anderes übrig – automatisch und logischerweise! (Stille) E RNST Komm, Maus! A LBERT Wo habt ihr euch denn kennengelernt? Im Café? E RNST Sie sind geschmacklos. A LBERT Bin ich auch! Also los! Es interessiert mich! Wo habt ihr euch denn kennengelernt?! I RENE Hier! Hier drinnen zuhaus! E RNST Nein also dieser Krach – toll! So komm doch schon! (ab mit I RENE in die Blumenhandlung) 10. Szene.
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D IE U NBEKANNTE kommt und betrachtet die Blumen. A LBERT bemerkt sie nicht, denn er ist mit sich selbst beschäftigt. D IE U NBEKANNTE (plötzlich) Verzeihen Sie – A LBERT (dreht sich ruckartig um.) Was los?
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D IE U NBEKANNTE (lächelt.) Hab ich Sie erschreckt? A LBERT Erschreckt – (Er grinst.) D IE U NBEKANNTE Das sind da nämlich so schöne Rosen, aber ich habe kein Geld. A LBERT Mir gehört hier zwar nichts, aber auf meine Verantwortung. Was Sie wollen – D IE U NBEKANNTE Nur eine. Danke. (Stille) D IE U NBEKANNTE (betrachtet ihre Rose.) – Bei uns draußen wächst das überall, besonders ist da so ein schmaler Weg, der etwas ansteigt. Und dann kommt der Friedhof, wo die weißen Blumen blühen. Manchmal sehne ich mich zurück. A LBERT Nach dem Friedhof? D IE BEIDEN (fixieren sich.) D IE U NBEKANNTE Sie sind anscheinend auch fremd hier? A LBERT Auch. (Stille) D IE U NBEKANNTE Es ist nicht viel Aussicht vorhanden. Man geht so herum – – auf Wiedersehen – A LBERT Wiedersehen. D IE U NBEKANNTE (ab) 11 . S z e n e . I RENE (erscheint wieder; leise) Albert. Jetzt hat er sich drinnen hinlegen müssen, weil er vor lauter Aufregung eine Herzattacke – Bitte werde vernünftig und geh. A LBERT Ich werde nicht vernünftig. I RENE Geh. Bitte. A LBERT (grinst.) Wie oft du das Wort „bitte“ sagst. Bist so höflich geworden, das ist ein fremder Einfluß – ein besserer. I RENE Vielleicht. A LBERT Sicher. Und ich dachte – – Ja was dacht ich denn? Hm. I RENE So geh doch und laß mich allein. A LBERT Allein? D IE BEIDEN (fixieren sich.) A LBERT Vielleicht wird es noch anders. I RENE (nickt nein.) Kaum. A LBERT Gut. Also dann fort. Aber wohin? I RENE (hält die Hand vor die Augen.) A LBERT Was denkst du jetzt? 12. Szene.
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E RNST kommt nun wieder aus der Blumenhandlung mit einem feuchten Umschlag auf der Stirne. I RENE bemerkt ihn erst, als er zu sprechen beginnt. E RNST Herr, auf ein letztes Wort – – I RENE Aber Ernst, sollst doch liegen! E RNST Laß mich! Reg dich nicht auf und geh hinein, das sind Männerdinge – – Also geh schon, bitte! I RENE (langsam ab in die Blumenhandlung)
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13. Szene.
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E RNST (sieht I RENE nach, bis sie verschwindet) So. Und jetzt appelliere ich an Ihr besseres Ich. Von Mann zu Mann. Bitte lassen Sie sich hier nicht wieder sehen. A LBERT Jetzt sagen Sie mir nur noch, daß ich ein neues Leben beginnen soll – (Er grinst.) E RNST Nein. Das sage ich nicht. A LBERT (starrt ihn an.) E RNST Ich sage es nicht. Im Gegenteil. A LBERT Aha. Sie meinen – – E RNST Ja. Die Welt ist schlecht. (Stille) A LBERT Hm – (Er sieht sich um.) Es ist alles noch da, und dann ist man nicht mehr dabei – (Er deutet in die Blumenhandlung.) Dort drinnen ist ein Zimmer. Ob die Möbel noch alle so stehen? E RNST Die Möbel, ja. A LBERT Also – (Er läßt ihn stehen.) E RNST Wiedersehen – wollte sagen: alles Gute! (wieder ab in die Blumenhandlung)
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14. Szene.
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A LBERT will fort – und begegnet wieder S ILBERLING und N ICOLO . S ILBERLING Nun, Herr Geheimrat? A LBERT Du hast deine Wette gewonnen – S ILBERLING Na also! A LBERT Sie hat einen anderen, und ich hab verspielt. N ICOLO Und? (Stille) A LBERT Ja. Jetzt jawohl. S ILBERLING Brav! N ICOLO Intelligent. A LBERT Egal – (Er unterdrückt seine Erregung.) Also, der Schrank steht gleich rechts, wie gesagt. Und schlafen tut er hinten hinaus, der Herr Uhrmacher – Aber es ist trotzdem besser, wenn man nicht direkt von vorne, wie gesagt. N ICOLO Und dort ist das Kellerfenster. A LBERT Ja. (Stille) S ILBERLING Es schaut jemand auf uns herab. Wer ist das? A LBERT (blickt verstohlen empor.) Nichts. Nur ein Student. Der wohnt im zweiten Stock rechts und studiert Brückenbau. Er hatte mal etwas mit der Hausmeisterstochter, aber dann war es über Nacht aus, weil sie ihn im dritten Stock links bei der Gattin des Ingenieurs überrascht hat. S ILBERLING (grinst.) Du kennst dich aus. A LBERT (lächelt.) Mit der Zeit –
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15. Szene.
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Jetzt schlagen alle Uhren in der Auslage. D ER U HRMACHER erscheint in der Ladentür, bleibt stehen und blickt interessiert zum Himmel empor. A LBERT (leise) Das ist er. (Stille) N ICOLO Er scheint sich für das Wetter zu interessieren. D ER U HRMACHER (blickt plötzlich auf die drei Herren und betrachtet sie.) S ILBERLING (sehr leise) Er kennt dich doch nicht? A LBERT (ziemlich laut) Nein. S ILBERLING Weil er so lang herschaut. A LBERT Er kümmert sich um keinen Menschen. Er ist ein Sonderling. (Stille) N ICOLO Er schaut dich noch immer an. A LBERT Er ist taub. D ER U HRMACHER (klopft nun an das Barometer und verschwindet wieder in seinen Laden.) 16. Szene.
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N ICOLO (mißtrauisch) Albert. Dieser Sonderling hat mir nicht gefallen, keineswegs. Mir scheint, du bist hier bekannt. S ILBERLING Wollens nicht hoffen. N ICOLO Man hätte uns bald am Genick. A LBERT Es kennt mich hier keine Seele. 17. Szene.
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Jetzt kommt DIE U NBEKANNTE wieder – sie ißt eine Semmel –, hält wie unabsichtlich vor der Auslage des Uhrmacherladens und betrachtet die Uhren. S ILBERLING Also dann um zwei. N ICOLO Und pünktlich, bitte! A LBERT Sehr pünktlich. 18. Szene. Die drei Herren trennen sich nun – S ILBERLING geht mit N ICOLO , während A LBERT an DER U NBEKANNTEN vorbei will. D IE U NBEKANNTE (wendet sich ihm plötzlich zu und betrachtet nun ihn.) A LBERT Was los? D IE U NBEKANNTE (mit vollem Munde) Nichts. A LBERT Versteh kein Wort. Was los ist, hab ich gefragt? D IE U NBEKANNTE Sie haben mir doch diese Blume geschenkt, und das war sehr fein von Ihnen. A LBERT (erkennt sie erst jetzt wieder.) Blume? Ach so. D IE U NBEKANNTE Sie dürfen nicht so denken, wie Sie denken. A LBERT Ich denke überhaupt nichts. D IE U NBEKANNTE Oh das glaub ich Ihnen nicht! Ihnen schon gar nicht!
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A LBERT (fixiert sie.) Kennen Sie mich? D IE U NBEKANNTE Oh doch. (Stille) A LBERT (mißtrauisch) Na was wissen Sie denn schon von mir? D IE U NBEKANNTE Eigentlich wollte ich mir nur eine Semmel kaufen, da drüben neben den Uhren – und da sagte die Bäckerin: Sieh an, dort draußen steht gerade dieser Mensch. A LBERT Und dann hat sie geschimpft. D IE U NBEKANNTE Gewiß. A LBERT Natürlich. D IE U NBEKANNTE Oh, sie hat nur gesagt, diesem Menschen ist alles zuzutrauen, der könnt einen auch umbringen. A LBERT Hübsch. D IE U NBEKANNTE Ja. Aber dann sagte ich, vielleicht ist dieser Mensch nur ein unglückseliger Charakter, und dann sagte sie: Möglich. Und dann sagte sie noch, man soll überhaupt nicht so rasch den Stab über einen Menschen brechen. A LBERT Hat sie gesagt? D IE U NBEKANNTE (schluckt nun den letzten Bissen ihrer Semmel.) Gewiß. A LBERT Hm. (Stille) D IE U NBEKANNTE Bitte tun Sie es nicht. A LBERT (überrascht) Was? (Stille) D IE U NBEKANNTE (etwas verlegen) Nämlich zuvor, da wir uns mit der Blume trafen, da hab ich es direkt gefühlt, daß Sie sich damit beschäftigen. Ich kenn das nämlich genau, weil mir das auch schon mal durch den Kopf gegangen ist. Sie tun es nicht, ja? (Stille) A LBERT Sie spionieren mir nach? D IE U NBEKANNTE Aus Angst. Zum Beispiel, ich persönlich würde mir nie etwas antun, so schlecht könnt es mir gar nicht sein. A LBERT Ach so. Sie dachten, daß ich mich – – (Er lächelt.) D IE U NBEKANNTE Gewiß. A LBERT Sie können beruhigt sein, ich tu mir schon nichts an. D IE U NBEKANNTE Fein! A LBERT Warum? D IE U NBEKANNTE Weil es mich freut. Warum wundert Sie das? Überhaupt ist das Leben nicht so häßlich, mein Herr. Sehen Sie, in der Nacht denke ich oft an die armen Toten. Ihre Hemden sind vermodert, aber keiner deckt sie zu, und niemand erkundigt sich. Und dann regnet es in ihre Finsternis hinab, und die armen Toten liegen allein. Und dann schmilzt der Schnee – (Stille) A LBERT Komm. D IE U NBEKANNTE Wohin? A LBERT Fort – (ab mit ihr)
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19. Szene.
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E RNST erscheint nun wieder mit seinem feuchten Umschlag, vorsichtig blickt er aus der Türe der Blumenhandlung die Gasse entlang – I RENE taucht hinter ihm auf und zwar ebenfalls mit einem feuchten Umschlag auf der Stirn. E RNST (atmet auf.) Endlich! I RENE Ist er fort? E RNST Er hat es eingesehen. (Stille) I RENE Hier fehlt eine Rose. Es waren acht und jetzt sind es sieben. E RNST Er hat sich keine genommen. I RENE Komisch. Es fehlt – (Sie sieht sich scheu um.) Glaubst du, daß er wiederkommt? E RNST Nein.
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(Dunkel)
Zweiter Akt. 20
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Es ist inzwischen Nacht geworden und zwar bereits ziemlich spät. D ER U HRMACHER schläft schon längst in seinem Laden, hinten hinaus, und auch in der Blumenhandlung ist alles zu. Still und friedlich scheint das Haus Nummer neun – Nur DER S TUDENT AUS DEM ZWEITEN S TOCK RECHTS befindet sich bei DER G ATTIN DES I NGENIEURS IM DRITTEN S TOCK LINKS , denn deren Gatte ist zur Zeit beruflich verreist. Er ist weit weg, über dreihundert Kilometer weit, und das Fenster seines Arbeitszimmers ist offen, denn die Nacht ist lind, und DER S TUDENT spielt nun auf seinem Reisegrammophon einen Tango. Man hört ihn gedämpft bis auf die Gasse herab, und nur eine schwache Laterne leuchtet in der Finsternis.
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1. Szene.
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E MIL , der Bräutigam, begleitet E RNST aus dem Hause, mit dem er eben Abschied nahm von seiner Junggesellenzeit. E MIL Also das war jetzt mein Polterabend – und du bist der Letzte. Es fällt mir direkt schwer, dieser Abschied – E RNST Fürchte dich nicht, ich folge dir bald. Heiraten ist doch das einzig Menschenmögliche, glaub es mir, ich als Geschäftsreisender kann darüber manches Liedlein singen – – Immer nur im Restaurant und in harten Hotelbetten, das vertreibt dir die Laune aus dem Gemüt. Den wahren Frieden gibt uns nur eine Frau, denn das Weib repräsentiert die Natur. E MIL Das ist richtig. Und wenn ich bei Lucille bin, dann denk ich mir oft, so, jetzt möcht ich nicht mehr sein. Man kann sich auch aus einem Hochgefühl heraus umbringen. E RNST (lauscht.) Wer spielt denn da? E MIL Das ist der Student vom zweiten Stock rechts, der spielt im dritten Stock links bei der Gattin des Ingenieurs – E RNST Tango.
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E MIL Der Ingenieur ist nämlich verreist, und so betrügt sie ihn halt. Übrigens ein hochanständiger Mensch, dieser Ingenieur. E RNST Trotzdem wird er betrogen. Man darf eben als Gatte nicht allzu fair sein. E MIL Stimmt. E RNST Erinnerst du dich noch, als wir zusammen in der Schule waren, und wie du es mir nicht hast glauben wollen, wie ich es dir beschrieben habe, wie ein Weib formal aussieht – E MIL Ja, so vergehen die Lebensabschnitte. Ich werde oft zurückdenken, an unsere schönen Tage von Aranjuez – E RNST (sieht auf seine Uhr.) Was? Schon dreiviertel zwei? E MIL So spät? Und ich muß doch so früh heraus – E RNST Und ich versäum noch die letzte Bahn! E MIL Wohnst du noch draußen? E RNST Immer schon. Also, nochmals alles Gute! E MIL Du bist so rührend zu mir – danke, danke! E RNST Wiedersehen, Emil! Und nur nicht zu fair! E MIL Nein, nein! Pa, lieber Freund! Pa! (gerührt ab durch das Haustor) 2. Szene.
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E RNST geht nun einige Schritte nach rechts, als würde er dort abgehen wollen, hält dann aber, sieht sich um, tritt vorsichtig an die Blumenhandlung und öffnet leise die Tür mit einem Schlüssel, den er von I RENE erhalten hat – Plötzlich stockt er und blickt fasziniert nach links. E RNST Jetzt lehnt er an der Wand. Ist er allein? – – Ist er das überhaupt? – Na wenn schon! (ab in die Blumenhandlung) 3. Szene.
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A LBERT kommt mit DER U NBEKANNTEN langsam von links, und der Tango ist aus. A LBERT (hält.) Jetzt wird es aber leider Zeit, schon schlägt die Abschiedsstunde – Hättest mich nicht begleiten müssen. D IE U NBEKANNTE Ich begleite dich gern. A LBERT Wir müssen uns trennen. Ich hab noch was zu erledigen. D IE U NBEKANNTE Hier im Haus? A LBERT Wie kommst du darauf? D IE U NBEKANNTE Nur so. Weil wir halt grad so davorstehen. Unwillkürlich. (Stille) A LBERT Ich werde erwartet. D IE U NBEKANNTE Geschäftlich? A LBERT (lächelt.) Von der Liebe allein kann keiner leben. D IE U NBEKANNTE Leider – (Sie sucht auf der Erde.) Oh, jetzt hab ich meine Blume verloren – sicher bei der Bank. A LBERT Ich werde dir eine neue – D IE U NBEKANNTE Wann? A LBERT Bald. D IE U NBEKANNTE (lächelt.) Du, lüg nicht – A LBERT Wie heißt du denn eigentlich?
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D IE U NBEKANNTE Rat mal! A LBERT Irene? D IE U NBEKANNTE Weit gefehlt! A LBERT Sondern? D IE U NBEKANNTE Ich hab einen seltenen Namen – Überhaupt bin ich nämlich sonst nicht gleich so, hörst du mich? A LBERT (umarmt sie.) D IE U NBEKANNTE Bei dir könnt ich alles vergessen, wer ich bin und aus was ich bin – A LBERT Warum grad bei mir? D IE U NBEKANNTE Schicksal. A LBERT (küßt sie.) D IE U NBEKANNTE Oh du, so schön wird es nimmer werden – A LBERT Nimmer? D IE U NBEKANNTE Komm, wärme dich an mir, mir ist so kalt. A LBERT (läßt sie zärtlich los.) Es wird Zeit. D IE U NBEKANNTE Wie still so eine Weltstadt sein kann und droben die vielen Sterne. Wir haben eigentlich viel zu viel Sterne, nicht? A LBERT Möglich. D IE U NBEKANNTE So. Und jetzt gib mir deine Adresse. A LBERT Da – ich schreib sie dir auf. (Er tut es.) D IE U NBEKANNTE Wie du da schreibst – (Sie fixiert ihn auf einmal.) Was bist du denn? A LBERT Meinst du beruflich? D IE U NBEKANNTE Nein. Nur so. A LBERT Ich bin ein Mann. D IE U NBEKANNTE Ein Mann – wie dumm das klingt. A LBERT Sei so gut – (Er übergibt ihr seine Adresse.) D IE U NBEKANNTE (liest sie.) Zweiter Stock? A LBERT Stimmt. Aber jetzt mußt du fort, bitte – D IE U NBEKANNTE Du wohnst doch nicht hier? A LBERT Nein. 4. Szene.
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Jetzt schlagen wieder alle Uhren in der Auslage des Uhrmacherladens. S ILBERLING kommt mit N ICOLO . Sie erblicken DIE U NBEKANNTE und sind peinlich berührt. D IE U NBEKANNTE Du, ich hab so Angst – Ich weiß nicht, seit ich dich kenne, hab ich Angst – A LBERT Verzeih, aber du siehst ja, ich werde erwartet. S ILBERLING (leise zu A LBERT ) Wer ist denn das? A LBERT Keine Ahnung – (zur U NBEKANNTEN ) Gute Nacht! D IE U NBEKANNTE Wiedersehen – (ab) 5. Szene.
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N ICOLO Wer war denn das? A LBERT Wir sind zuvor nur so unwillkürlich ins Gespräch gekommen – N ICOLO Purer Leichtsinn!
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S ILBERLING Spricht sich hier mit einem Mädchen – und was hernach, wenn das Kind ein Polizeispitzel ist? A LBERT Ihr seht Gespenster bei der hellichten Nacht! S ILBERLING Ich glaube besonders an solche Gespenster! Man hat schon genügend erlebt, und die Herren Polizisten schrecken vor nichts zurück. Sie verkleiden sich selbst als dein eigener Schutzengel! N ICOLO Geschehen ist geschehen und keine dichterischen Bilder, bitte! Los! (zu S ILBERLING ) Du bleibst da! (zu A LBERT ) Du kommst mit! Den Schlüssel? A LBERT Ich habe den Schlüssel. (Er sperrt das Haustor lautlos auf und verschwindet im Hause mit N ICOLO .) S ILBERLING (allein) Wieso dichterische Bilder? 6. Szene.
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S ILBERLING steht nun Schmiere. Und wieder erscheint DIE U NBEKANNTE – Sie hält und wartet. (Stille) S ILBERLING Es ist eine linde Nacht. D IE U NBEKANNTE (schweigt.) S ILBERLING Sie wünschen? D IE U NBEKANNTE Wie bitte? S ILBERLING Was Sie hier wünschen und ob? D IE U NBEKANNTE Ich warte auf einen Herrn. S ILBERLING Interessant. D IE U NBEKANNTE (wehrt ab.) Oh – (Stille) S ILBERLING (immer nervöser) Ich begreife es nicht, wie Sie hier mitten in der Nacht als junges unbescholtenes Mädchen aus bester Familie auf irgendeinen Herren warten können. D IE U NBEKANNTE Ich warte auf einen bestimmten Herrn. S ILBERLING Er wird lange nicht kommen. Er schläft nämlich hier. D IE U NBEKANNTE Dann warte ich, bis er wieder aufwacht. (Stille) S ILBERLING (fährt sie plötzlich unterdrückt an.) Sie, spielen Sie sich nicht mit mir! Sie, ich bin schon mit anderen Subjekten fertig geworden, Sie gemeines Stück Spitzel, aber dir werden wir das Maul stopfen, Polizeimensch – D IE U NBEKANNTE Nicht anfassen! S ILBERLING Schrei nicht, sonst passiert etwas! (Er will nach ihr fassen, erstarrt aber entsetzt, denn nun brüllt DER U HRMACHER hinten in seinem Laden, wimmert und verstummt.) 7. Szene.
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A LBERT und N ICOLO verlassen rasch das Haustor. N ICOLO Weg! – Wer steht denn da? S ILBERLING (deutet auf A LBERT .) Dem sein blödes Luder da! Was denn los? N ICOLO Später! Ich nicht! A LBERT Ich. Er ist aufgewacht –
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N ICOLO Kusch! Siehst du denn nicht deinen Schutzengel?! (Er deutet auf U NBEKANNTE .) Ich geh! (rasch ab) S ILBERLING Ich komm! (folgt ihm.) A LBERT (stiert DIE U NBEKANNTE an.) Bist noch da? D IE U NBEKANNTE Ich hatte so Angst – A LBERT (unterdrückt) Weg! U NBEKANNTE (schreit ihn plötzlich entsetzt an.) Was hast du getan? A LBERT Nichts! (ab)
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8. Szene. Das Haustor ist offen, und DIE U NBEKANNTE sieht A LBERT nach. H AUSMEISTERIN (brüllt im Hausgang.) Hilfe! Hilfe! (Sie erscheint im Haustor.) Polizei! Polizei! Oh du heiliger Antonius von Padua! S TIMME DES S TUDENTEN VOM ZWEITEN S TOCK RECHTS (nun vom dritten Stock links) Was soll das Gebrüll?! H AUSMEISTERIN (verzweifelt) Es ist was passiert – S TIMME E MILS (vom dritten Stock rechts) Wie bitte?! S TIMME DES S TUDENTEN Was ist denn passiert?! H AUSMEISTERIN Mord – S TIMME E MILS Mord?! S TIMME DER G ATTIN DES I NGENIEURS AUS DEM DRITTEN S TOCK LINKS Jesus Christus!! H AUSMEISTERIN (kreischt wieder.) Polizei! Polizei! 9. Szene. Das Haus wird lebendig, und in der Blumenhandlung wird es licht. K LARA , die Hausmeisterstochter, kommt. K LARA So schrei doch nicht wie auf dem Spieß, Mama – Vielleicht ist es ja gar kein Mord, er hat zwar eine klaffende Schädelwunde. H AUSMEISTERIN Hast du dir das so genau ansehen können? K LARA Warum denn nicht? H AUSMEISTERIN Ich könnt das nicht – K LARA Werd mir nur nicht wieder hysterisch, du – Vielleicht lebt er noch, ich glaubs zwar nicht. Das viele Blut. H AUSMEISTERIN Du hast kein Herz. K LARA Ich bin deine Tochter, Mama. H AUSMEISTERIN Jetzt versteh ich erst den Herrn Studenten, daß er dich hat sitzen lassen – K LARA Fangst schon wieder an – (Sie kneift sie in den Arm.) H AUSMEISTERIN Au! Du Ungeheuer – zwickst deine eigene Mutter? Wirst sie auch noch erschlagen, was? Wie den da drinnen?! 10. Szene.
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Ein P OLIZIST kommt rasch herbei. P OLIZIST Was ist denn das hier für ein Geschrei mitten in der Nacht? Ist denn was los, was ist denn los?
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H AUSMEISTERIN Oh, wie gut, daß Sie da sind, lieber Herr Kommissar – Da wird man noch gezwickt – (Sie weint.) P OLIZIST Gezwickt? K LARA Meine Mutter ist zu aufgeregt. Sie hat es nämlich mit dem Herzen. Es ist ein Verbrechen bei uns im Haus passiert. H AUSMEISTERIN (weinerlich) Den guten Herrn Uhrmacher haben sie erschlagen, Herr Kommissar, er hat gebrüllt, und jetzt liegt er da drinnen in seinem Blute – K LARA Mit einer klaffenden Schädelwunde. P OLIZIST Klaffend? Sofort! Wo ist das Telefon? (rasch ab ins Haus) E MIL (ist im Nachthemd und Mantel im Haustor erschienen; ruft dem Polizisten nach.) In der Blumenhandlung! 11 . S z e n e .
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E RNST (erscheint in Unterhosen und kurzem Überzieher in der Türe der Blumenhandlung; zur U NBEKANNTEN , die ihm am nächsten steht) Was ist denn passiert? D IE U NBEKANNTE Ich weiß es nicht genau. Anscheinend hat man einen Menschen umgebracht. E RNST Umgebracht? (Er faßt sich ans Herz.) D IE U NBEKANNTE Anscheinend den Herrn Inhaber jener Uhren dort – Aber vielleicht lebt er noch, oder es war vielleicht auch nur ein Selbstmord oder dergleichen. 12. Szene.
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Inzwischen haben sich bereits Passanten angesammelt und alarmierte Hausbewohner in Unterwäsche und Mänteln, unter ihnen auch DER S TUDENT VOM ZWEITEN S TOCK RECHTS und DIE G ATTIN DES I NGENIEURS VOM DRITTEN S TOCK LINKS . E MIL (zu K LARA ) Also ein Verbrechen wider die Person? Was bedeutet denn das, wenn einem am Polterabend ein Mord zustößt? K LARA (beobachtet gehässig die Gattin des Ingenieurs.) Tote bringen Glück. E MIL Unberufen! 13. Szene.
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D ER S TUDENT (zur G ATTIN DES I NGENIEURS ) So ist das Leben. Neben dem Glück das Unglück, und zwar unter einem Dach. Während ich selig war bei dir, wird ein Mensch ausgelöscht. D IE G ATTIN Sprich bitte nicht mit mir. Das Frauenzimmer läßt uns nicht aus den Augen. D ER S TUDENT Wer? Klara? D IE G ATTIN Ja. Und dann gibt es wieder anonyme Briefe. D ER S TUDENT Oh, wie wird doch alles in den Dreck gezogen, das Höchste und das Reinste – D IE G ATTIN Ich bitte dich, nimm Rücksicht auf mich.
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Eine Unbekannte aus der Seine
Endfassung, emendiert
Lesetext
14. Szene.
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E MIL (erblickt E RNST und betrachtet erstaunt seine Unterhosen.) Wo kommst denn du her? Ich dachte, du wohnst noch draußen – E RNST So frag doch nicht so indiskret. E MIL Oh pardon! Es ist ja auch das einzig Wahre – Durch und durch muß man sich, bevor man an den Altar tritt. Ich und Lucille haben es ja ebenso gemacht, und vielleicht sind diese halbheimlichen Stunden die schönsten Sekunden unseres Daseins.
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15. Szene.
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P OLIZIST (erscheint wieder im Haustor.) Hausmeisterin! H AUSMEISTERIN (schrickt zusammen.) Hier bin ich! P OLIZIST Niemand darf da hinein, verstanden? Zweifellos Raubmord. Mir scheint, der Täter muß sich mit der Örtlichkeit genau ausgekannt haben. Es ist das eine ganz ähnliche Situation wie seinerzeit der Fall Haluschka, der wo seine Ehehälfte zerstückelt hat – H AUSMEISTERIN Maria Joseph! Ist er denn zerstückelt?! P OLIZIST Wer denn? H AUSMEISTERIN Der Herr Uhrmacher, Maria Joseph! P OLIZIST Aber keine Spur! Wie kommens denn auf so eine perverse Idee? Wo ist das Telefon? E MIL In der Blumenhandlung.
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16. Szene.
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Der P OLIZIST eilt in die Blumenhandlung, an I RENE vorbei, die soeben, nur flüchtig bekleidet, in der Türe erscheint. I RENE Ernst! E RNST (auf sie zu) Erschrick nicht, Maus – etwas Entsetzliches. Eine Gewalttat. I RENE Um Gottes willen! E RNST Der arme alte Uhrmacher, dieser Sonderling, liegt hinten drinnen in seinem Blute. Zweifellos Raubmord. Und der Mörder muß sich hier ausgekannt haben. Genau. (Stille) I RENE Ernst! E RNST Bitte? I RENE Nein, was denkst du jetzt – du? E RNST Deine Gedanken. (Stille) I RENE Weck mich auf! E RNST Es ist kein Traum. Als ich vorhin zu dir kam, lungerte er hier herum. Ich hab ihn gesehen. I RENE Ist nicht wahr! E RNST Ich habe ihn erkannt. Mit diesen meinen Augen. I RENE Könntest du das beschwören? Bei deinem Augenlicht? (Stille)
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Eine Unbekannte aus der Seine
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E RNST (faßt sich ans Herz.) Ich bin kein Mensch ohne Verantwortungsgefühl. Aber es sah genau so aus – I RENE Möchtest es, daß es so aussieht? E RNST Was soll das? Du, mach mich nicht unsicher, denn dann kenne ich mich nicht mehr aus. Und morgen in aller Früh kommt die Brosch zurück, diese Brosch aus Venedig! I RENE Meine Brosch? E RNST Seine! I RENE Nein! Nie. E RNST Doch. I RENE Ich will es nicht, hörst du? Ich will es nicht. 17. Szene.
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P OLIZIST (erscheint wieder in der Türe der Blumenhandlung.) Also ein so miserables Telefon hab ich in meinem Leben noch nicht gesehen! Gleich kommt die Mordkommission, in Nullkommanull. Hausmeisterin! Keiner betritt das Haus, und Sie tragen mir dafür die Verantwortung! H AUSMEISTERIN Verantwortung? Das halt ich nicht aus. K LARA So mach uns doch nicht lächerlich! (zum P OLIZISTEN ) Wird besorgt, mein Herr! D IE G ATTIN DES I NGENIEURS Also, dann warten wir auf die Kommission. E RNST (zu I RENE , mit Nachdruck) Auf die Mordkommission. I RENE (nickt.) Ich warte. A LLE (warten.) (Tiefe Stille) 18. Szene.
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Nun nähert sich T HEODOR, der Leidtragende. Er ist ziemlich alkoholisiert, und man hört ihn schon aus der Ferne singen: „Es war einmal ein Musikus, der spielte im Café, und all die kleinen Mädchen setzten sich in seine Näh“. D IE G ATTIN DES I NGENIEURS (summt unwillkürlich etwas mit.) T HEODOR (erscheint und erblickt die vielen Leute.) Na, was gibts denn da? Eine verbotene Versammlung, oder wartet ihr hier alle auf die Untergrundbahn, he? Aber ihr habt die letzte schon versäumt – und außerdem ist hier auch keine Haltestelle, hier könnt ihr weder auf- noch absteigen, höchstens aufspringen, aber das kostet manchmal den Kopf, manchmal das Leben – P OLIZIST Machen Sie keine albernen Witze, ja? T HEODOR Wieso Witze? Grad heute hat man meinen Vetter verbrannt, das ist doch kein Witz! Meinen besten Vetter, der ist auf die fahrende Untergrundbahn aufgesprungen und wurde zerquetscht – armer Kerl, war doch so ein talentierter Cellist! (zum Himmel empor) Prost, Gustav! Sollst leben! P OLIZIST Jetzt schaun Sie aber, daß Sie ins Bett kommen! T HEODOR Ich hab kein Bett. Ich hab ein Schlafsofa. Wieviel seid ihr denn da überhaupt? (Er zählt die Leute unsicher.) P OLIZIST (zu den Umstehenden) Der Bursche gehört natürlich längst auf die Wache – lautes Singen, nächtliche Ruhestörung, grober Unfug. Aber ich habe hier Wichtigeres zu tun.
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Eine Unbekannte aus der Seine
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Endfassung, emendiert
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T HEODOR Wichtigeres? Gibts nicht. Sirene. Ein Scheinwerfer leuchtet die Hausfront ab. – Sirene und Scheinwerfer, beides sind Requisiten des Autos der Mordkommission, das in Nullkommanull eingetroffen ist und gegenüber dem Haus Nummer neun, unsichtbar für den Zuschauer, parkt. 19. Szene.
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Die Mordkommission betritt nun den Plan – Es sind mehrere Herren mit Koffern und allerhand Zeug, darunter auch ein Gerichtsphotograph. Einer ist in Zylinder und Frack, er ist auffallend weiß gepudert und trägt ein Monokel, denn er wurde gerade aus der Mitte eines Banketts, auf dem man ein Jubiläum der Daktyloskopie feierte, zu diesem Mordfall abberufen. – Rasch betreten die Herren das Haus, nur der im Frack wechselt vorher noch einige Worte mit dem Polizisten, dann verschwindet natürlich auch er. P OLIZIST (salutiert.) Sofort! (Er wendet sich an die Leute.) Also weitergehen, bitte, weitergehen! Nur keinen Auflauf! (zu T HEODOR ) Und Sie gehen erst recht weiter, bitt ich mir aus! T HEODOR Jetzt bleib ich erst recht da! Gesetzlich kann ich überall stehen, so lang ich will, auch in der Nacht! Sogar im Herbst! E INZELNE (kichern.) P OLIZIST Also werdens mir nur nicht frech, ja?! T HEODOR Ich bin ein Staatsbürger und darf stehen! P OLIZIST Wenn aber ein jeder Staatsbürger grad auf demselben Fleck steht, dann gibt es einen Auflauf, und ein Auflauf ist verboten! Gehns, seiens nicht renitent und schlafens Ihren Rausch aus, was habens denn hier schon verloren, so interessant ist doch das wirklich nicht, was hier passiert ist! T HEODOR Das überlassens nur mir, Herr General! Oder meinen Sie gar, ich kenn das Vehikel von der Mordkommission nicht? P OLIZIST Gut, es ist jemand ermordet worden, das lesen Sie täglich in der Zeitung! T HEODOR Aber ich lese keine Zeitung, sondern nur Zeitschriften! V IELE (lachen.) P OLIZIST Ich verstehe nicht, was daran komisch sein soll. Der Herr liest nur Zeitschriften, und derweil ist ein Verbrechen verbrochen worden. E MIL Ein Verbrechen wider die Person. T HEODOR Wider welche Person? P OLIZIST Aber das ist doch nur eine kriminalistische Bezeichnung! T HEODOR Aber wider welche Person, bitte? Namen nennen! P OLIZIST Es ist zum Verzweifeln – (Er brüllt.) Weitergehen! K LARA (zu T HEODOR ) Sie haben den Uhrmacher erschlagen. Den da drinnen. T HEODOR So, den Uhrmacher da? Na um den ist nicht schad. Gute Nacht, meine Herrschaften! (ab) H AUSMEISTERIN Nein so eine Roheit – so wegwerfend über einen Toten zu reden, wo doch der gute Herr Uhrmacher ein so ein seelenguter Mann war – P OLIZIST Weitergehen! Weitergehen!
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20. Szene.
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Während nun alle, außer dem P OLIZISTEN , E RNST , I RENE und DER U NBEKANNTEN , langsam den Platz räumen, betet die H AUSMEISTERIN um Schutz vor bösen Geistern. H AUSMEISTERIN Du lieber Gott, ich bete jetzt für eine arme Seele – Vierunddreißig Jahr hat er hier gewohnt, und heute ists mir, als wär das erst gestern gewesen – aber dann hat er mich dreckig behandelt, er war halt sehr einsam, und ich hab oft gewünscht, daß ihn der Teufel holt. Geh, lieber Teufel, sei mir nicht bös, und verzeih mir meine Sünden – und du, du bleib im Himmel, du Uhrmacher, und steh nicht wieder auf der Kellerstiegn, wenn ich Holz hol oder Kohlen – (Sie bekreuzigt sich und verschwindet im Hause.) 21. Szene.
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P OLIZIST (zu E RNST und I RENE ) Weitergehen, bitte! E RNST Aber wir wohnen ja hier im Hause. P OLIZIST Das allerdings zweierlei. Wenn Sie im Mordhaus selbst zuhaus sind – (Er betrachtet interessiert I RENENS mangelhafte Kleidung.) Pardon! (Er wendet sich DER U NBEKANNTEN zu.) Wohnen Sie etwa auch hier? D IE U NBEKANNTE Nein. Ich bin hier nur so vorbei. Durch Zufall. P OLIZIST Dann gehens nur weiter mit Ihrem Zufall! D IE U NBEKANNTE Aber ich bin doch allein und kein Auflauf – (Sie lächelt etwas gewollt.) P OLIZIST (grinst mild.) Ganz allein? (Er deutet auf ihre Rose.) So ein rosiges Kind in der Nacht? D IE U NBEKANNTE Ich hab schon gedacht, daß ich diese Blume verloren habe – aber dann hat sie sich wieder gefunden. Überraschend. 22. Szene.
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E RNST (zu I RENE ) So komm doch, Maus – Es gibt Menschen, deren Pfade überraschend vorherbestimmt sind, und die Welt ist immer wieder schlecht. I RENE Aber die Brosche gib ich ihm nicht zurück. Nein. E RNST Werden sehen. I RENE Nie. Hörst du? E RNST So komm doch – Heut werden wir da so kein Resultat mehr erfahren, höchstens daß wir uns noch erkälten. In meinen Armen wirst du die düsteren Bilder vergessen. I RENE Du bist so kalt. E RNST Nur Mut, Maus! (Er geleitet sie in die Blumenhandlung, und dann erlischt drinnen das Licht.) 23. Szene.
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Der P OLIZIST ist nun allein mit DER U NBEKANNTEN . Er hatte sich mit ihr freundschaftlich-väterlich unterhalten. P OLIZIST So, Sie waren also eine der ersten Passantinnen hier am Tatort? Und Sie können nichts aussagen – Ich meine, ob Sie nicht etwas daherschleichen ha-
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ben sehen, vielleicht mehrere Personen oder auch nur einen, klein, groß oder mittel? D IE U NBEKANNTE Nein. Ich habe nichts Verdächtiges gesehen. P OLIZIST Und Sie werden erst zwanzig Jahr? D IE U NBEKANNTE (nickt ja.) Im Juni. P OLIZIST Am wievielten? D IE U NBEKANNTE Am zweiten. P OLIZIST Und ich am dritten. Komisch! Aber ich werd gerade doppelt so alt und noch etwas darüber – – Ja, das Arbeitfinden ist nicht so einfach, besonders wenn man so ganz fremd kommt. Gehens mir nur nicht zuviel so in der Nacht allein herum, das endet immer trist. D IE U NBEKANNTE Heut hat das einen bestimmten Grund – Es ist mir, als müßt ich heut auf etwas warten. P OLIZIST So beginnts! D IE U NBEKANNTE Oh, Sie denken falsch von mir. P OLIZIST Ist er wenigstens fesch? D IE U NBEKANNTE Wer? P OLIZIST Na der, auf den Sie hier warten. D IE U NBEKANNTE (lächelnd) Mir gefällt er. Zu mir war er freundlich, und dann hatte er so ein Licht im Gesicht. P OLIZIST Licht? D IE U NBEKANNTE Ja. Aber es war weder die Sonne noch der Mond. P OLIZIST (deutet auf seiner Stirne an, daß er sie für närrisch hält.) D IE U NBEKANNTE Ja und dann hat er etwas getan, aber das spielt für mich keine Rolle – Nein, es ist ja gar nichts geschehen, denn ich hab ihn getroffen, auf den ich gewartet habe, und es ist nichts geschehen, nie und nirgends. P OLIZIST Sagens mal: Schreiben Sie manchmal Gedichte? D IE U NBEKANNTE Wenn Sie wüßten – (Sie lacht ihn glücklich an.) P OLIZIST Na was soll ich denn schon wissen? (Er will sie tätscheln.) D IE U NBEKANNTE (weicht ihm aus.) Wer er ist. Wenn Sie das wüßten! Aber ich sag es nicht. P OLIZIST (etwas verstimmt, weil sie sich nicht hat tätscheln lassen) Ein Maharadscha vielleicht? D IE U NBEKANNTE Oh nein. Na raten Sie nur weiter! P OLIZIST Es fällt mir sonst nichts mehr ein. D IE U NBEKANNTE Soll ich es Ihnen verraten? P OLIZIST Es interessiert mich nicht. D IE U NBEKANNTE Vielleicht doch. P OLIZIST Irrtum. Großer Irrtum! D IE U NBEKANNTE Oh, ich treff ihn wieder! P OLIZIST Ist er denn verschwunden? Soll vorkommen. D IE U NBEKANNTE Er kommt wieder. Ich weiß es. Ich hab da nämlich etwas zu erledigen. Sicher. P OLIZIST Das klingt alles hübsch mystisch. D IE U NBEKANNTE Und ist doch ganz einfach.
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24. Szene.
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Nun verläßt die Mordkommission wieder das Haus – Die Herrschaften unterhalten sich angeregt. D ER H ERR IM F RACK (sieht auf seine Uhr.) Was? Schon so früh? Rasch-rasch zurück zum Bankett, das Jubiläum der Daktyloskopie – D ER A RZT (unterbricht ihn.) Moment! Wie gesagt, auf mein medizinisches Ehrenwort, das glaub ich niemals! Es ist doch eine unvorstellbare Vorstellung, meine Herren, was Sie in diesem Falle da für unverantwortliche Ansichten vertreten! Wie kann man denn nur allen Ernstes behaupten, daß das Pilsner beim Schwarz besser ist als das beim Blau! Absurd! D ER K OMMISSAR Und doch ist es so, Herr Doktor! Das Bier ist dort liebevoller gepflegt, nicht zu vergessen die Würstchen – ein Gedicht! D ER H ERR IM F RACK Also los-los, meine Herren! D ER G ERICHTSPHOTOGRAPH Die besten Würschtel hab ich mal in Lemberg gegessen – (ab mit der ganzen Mordkommission, und auch der P OLIZIST schließt sich ihr an.) 25. Szene.
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D IE U NBEKANNTE bleibt allein zurück, und nun schlagen wieder alle Uhren in der Auslage des Uhrmacherladens. D IE U NBEKANNTE Nein, es ist nichts geschehen – – So komm doch wieder, du, komm – – 25
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Am nächsten Nachmittag. Möbliertes Zimmer. Hier wohnt A LBERT , schon seit jener Zeit, da er noch Angestellter der Speditionsfirma war. Im Hintergrunde eine Glastüre zu einem kleinen Balkon und ein geöffnetes Fenster – aber die Vorhänge sind halb heruntergelassen, doch wäre es auch sonst nicht hell herinnen, denn draußen steht ein schwarzes Gewitter am Himmel. Rechts das Bett und der Waschtisch. In der Mitte unter der Lampe ein runder Tisch mit den obligaten Stühlen – Auf einem dieser Stühle liegt eine halbgepackte Reisetasche. Der Schrank steht offen, ein Smoking und ein Regenmantel hängen drinnen. Links eine Tapetentüre.
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1. Szene.
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A LBERT liegt total angezogen auf seinem Bett und döst vor sich hin, während M ATHILDE , die Zimmervermieterin, Staub abwischt. Die Lampe brennt mit schwacher Birne, denn es ist düster, draußen und drinnen. M ATHILDE Gehen Sie denn heut gar nicht aus? A LBERT Nein. M ATHILDE Und noch gar nichts zu sich genommen – kein Frühstück, kein Mittag.
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A LBERT Ich hab heut keinen Appetit. M ATHILDE Mir scheint, Sie sind krank. Daß Sie aber mit den Kleidern im Bett liegen – Wann sinds denn heut nacht nach Haus gekommen? A LBERT Bald. Ja. Sehr bald. M ATHILDE Ich hab nichts gehört, weil ich nämlich wieder mal von meinem Seligen geträumt hab, dann schlaf ich immer so tief. Mir scheint, Sie haben Fieber. Soll ich Ihnen das Barometer – A LBERT Danke nein. M ATHILDE Mein Gott, ist das eine Finsternis! Künstliches Licht am Nachmittag um vier! Ende Mai! Lauter Gewitter, und was ich heut schon wieder zusammentranspirier – – Hat es jetzt nicht geläutet? A LBERT (zuckt etwas zusammen.) Geläutet? M ATHILDE Mir war es doch so. A LBERT (wieder scheinbar apathisch) Möglich. M ATHILDE Sicher. (ab durch die Tapetentüre) 2. Szene.
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A LBERT (allein) – ich hätte das damals, als ich acht Jahr alt war, das hätte ich anders machen sollen, dann wäre auch alles anders gekommen. Und dann mit dreizehn – natürlich, natürlich. – – Ich halt das nicht aus, ich werd verrückt! 3. Szene.
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M ATHILDE (kommt wieder.) Sehens, es hat geläutet. Ein fremdes Fräulein ist da. A LBERT Für mich? M ATHILDE So groß ist sie – A LBERT (denkt an DIE U NBEKANNTE .) Hm. M ATHILDE Das Fräulein wünscht Sie unbedingt zu sprechen. (Stille) A LBERT (leise) Ich bin nicht zuhaus. M ATHILDE Sie ist auch nichts Besonderes, eigentlich unscheinbar. Na ich werds ihr gleich sagen – (Sie will wieder ab, begegnet aber in der Tapetentüre DER U NBEKANNTEN .) Zu spät – (ab)
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4. Szene.
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D IE U NBEKANNTE betritt das möblierte Zimmer. A LBERT setzt sich halb empor im Bett und starrt sie an. Legt sich dann wieder nieder. D IE U NBEKANNTE Warum zu spät? (Stille) A LBERT (erhebt sich und deutet auf einen Stuhl.) Bitte! D IE U NBEKANNTE (setzt sich.) A LBERT (geht auf und ab.) Wer gab Ihnen meine Adresse? Die Polizei? D IE U NBEKANNTE Sind wir denn per Sie? A LBERT Jetzt ja. Also, wer gab Ihnen meine Adresse? Los! D IE U NBEKANNTE (starrt ihn an.) Du selbst. (Stille)
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A LBERT Schön. (wird immer nervöser.) Na und? Ich habe es erwartet, daß wir uns wiedersehen, allerdings nicht hier, sondern anderswo – Sie wissen genau, wo. Der brave Silberling hat ja todrecht gehabt, Sie Schutzengel, Sie – Still! Sehen Sie den Koffer! Zuerst wollt ich fort mit den anderen, aber ich steh für meine Tat ein, man wird ja eh immer gefaßt, und erwischt haben wir auch nichts, der Idiot ist ja aufgewacht, ich hätt mir sonst ein Lastauto auf Abzahlung, eine Speditionsfirma –, aber es gibt halt Menschen, denen nichts gelingt! – Tuns nur nicht so, als wüßten Sie nichts, Sie Polizeispitzel, Sie! D IE U NBEKANNTE Nein. A LBERT Jawohl! Ich weiß alles! D IE U NBEKANNTE Ich weiß auch alles! A LBERT Eben. D IE U NBEKANNTE Aber ich bin doch kein Spitzel! A LBERT Sondern vielleicht? Was hättens denn sonst hier zu suchen? D IE U NBEKANNTE Nein wie man einen Menschen verkennen kann – (Sie lächelt.) A LBERT Jawohl, Fräulein. Sie wollten es einmal nicht haben, daß ich mir das Leben nehme, um mir jetzt manches Jahr meines Lebens zu nehmen – Na, wie hoch ist er denn, der Finderlohn?! Für drei Jahre Zuchthaus – D IE U NBEKANNTE Nur? A LBERT (perplex) Wieso? D IE U NBEKANNTE Ich meinte nur, das wäre zu wenig. A LBERT Also vier. Oder fünf. Je nachdem ich den alten Mann verletzt hab, aber was kann denn schon ein Schlag mit so einem Wecker – D IE U NBEKANNTE (schreit ihn an.) Hör auf! A LBERT (starrt sie an.) D IE U NBEKANNTE Sie wissen noch nicht, was Sie getan haben, mein Herr. Ich bin nämlich der einzige Augenzeuge, der einzige – A LBERT Ist ja egal! D IE U NBEKANNTE Oho! (Stille) A LBERT (lauernd) Was hab ich denn getan? D IE U NBEKANNTE Sie tun mir bitter unrecht. A LBERT Weiter! D IE U NBEKANNTE (langsam) Der alte Mann ist heute nacht gestorben. A LBERT Wer? D IE U NBEKANNTE Der alte Herr Uhrmacher. A LBERT Wie bitte? D IE U NBEKANNTE Gewiß. (Stille) A LBERT (sehr leise) Du lüg nicht. D IE U NBEKANNTE Er ist tot. (Stille) A LBERT Warum hast denn das nicht gleich gesagt? D IE U NBEKANNTE Sind wir jetzt per du? A LBERT Hab ich „du“ gesagt? D IE U NBEKANNTE Ja. Auch zuvor bereits – (Sie lächelt.) Du, ich hab es doch nicht gleich können, denn du hast mich doch nicht zu Wort kommen lassen. Hast immer nur gesagt „Still!“ und „Spitzel“ – und ich bin doch nichts Dergleichen, und
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so hoch kann es doch gar keinen Finderlohn geben, und übrigens ist auch nichts passiert – A LBERT Nichts? Wäre gelacht! D IE U NBEKANNTE Für mich nichts. A LBERT Konfuses Zeug – D IE U NBEKANNTE Du sei nicht grob zu mir! (Stille) A LBERT (fängt nun wieder an, auf und ab zu gehen, und summt ganz in Gedanken einen Gassenhauer vor sich hin; plötzlich) Weißt denn überhaupt, was du da treibst? Daß du dich mitschuldig machst – D IE U NBEKANNTE Oh, von mir erfährt keiner was – Ich hab mir da auch schon einen Plan zurechtgezimmert: Wir zwei waren einfach zusammen, nicht nur kurz, sondern lang. A LBERT Lang? D IE U NBEKANNTE Bis heute früh. Seit gestern abend. A LBERT Meinst du? D IE U NBEKANNTE Immer zusammen. Diese ganze entsetzliche Nacht – (Sie lächelt.) (Stille) A LBERT Und wo? D IE U NBEKANNTE Hier. Ich hab zwar heut nacht mit einem Polizisten gesprochen, aber der wird mich nicht wiedererkennen, es war ja so dunkel wie da bei dir. (Jetzt blitzt und donnert es draußen, aber noch fern.) D IE U NBEKANNTE Jetzt hat es geblitzt. A LBERT Möglich. (Ein noch schwacher Gewitterwind bewegt die Vorhänge.) D IE U NBEKANNTE (sieht sich um.) Ein schönes Zimmer. A LBERT (ganz in anderen Gedanken) Wo wohnst denn du? D IE U NBEKANNTE Nirgends. Nämlich ich mußte fort, weil ich kein Geld mehr hatte, und den Koffer hat die Zimmervermieterin zurückbehalten, aber in dem Koffer ist nichts – (Sie lacht und verstummt plötzlich.) Was schaust mich denn so fremd an? ALBERT Wie man nur so glücklich lachen – (Er fährt sie an.) Hast denn kein Gefühl?! Nach all dem, was sich zugetragen hat?! D IE U NBEKANNTE (schreit.) Fang nicht immer wieder an! Was soll sich denn schon zugetragen haben?! Wir waren doch die ganze liebe Nacht zusammen, ich muß es doch wissen, daß wir zusammen – A LBERT (unterbricht sie höhnisch.) Mußt es wissen?! D IE U NBEKANNTE Und ob! Und jetzt wirst du es mir versprechen, daß sich nichts zugetragen hat. A LBERT Versprechen? D IE U NBEKANNTE Gewiß. (Stille) A LBERT Gut. Dann hab ich es eben geträumt – (Er grinst.) D IE U NBEKANNTE So bist du brav. A LBERT Zu kindisch. D IE U NBEKANNTE Kusch. (Stille) A LBERT (stiert sie an.) Wir müssen leise sprechen, denn die Wände sind dünn.
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D IE U NBEKANNTE Oh, ich kann sehr leise sprechen, und es wird mich niemand hören, nur du – A LBERT (reißt sie an sich, und sie fällt ihm um den Hals.) (Jetzt blitzt und donnert es bedeutend stärker; Sturm) D IE U NBEKANNTE (los von A LBERT ) Hu, jetzt kommt das Wetter! Gehst auch gern im Regen spazieren? A LBERT (lächelt.) Nein. D IE U NBEKANNTE Ich aber sehr! – Nichts hat mich halten können, da bin ich über die Wiesen gelaufen! Oh, dort hinten kommts ganz gelb – (Sie eilt ans Fenster.) Hu, jetzt hagelts! Wie das trommelt, wie das trommelt! Oh, ist das wunderbar, wenn es so braust! Jetzt wirds ganz dunkel. (Nun schlägt der Blitz in der Nähe ein.) D IE U NBEKANNTE Bummbumm! Fein! Fein! (rasch ab auf den Balkon)
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A LBERT (allein; er setzt sich und rekapituliert vor sich hin.) – Wie war denn das nur? Ja, ich bin so groß – (Er deutet einen Meter hoch.) und sehe die Eisenbahn, und dann ist da noch ein Altar und ein Engel mit einem strengen Blick, ein weiter Platz und Musik – – Und dann stehe ich vor einem Hause und warte, und drinnen wohnt ein Fräulein mit hohen schwarzen Schuhen und einem verschwommenen Gesicht – aber wie hieß denn nur das Fräulein, wo stand das Haus, wann war diese Zeit – (Es blitzt, ohne zu donnern, und rasch wird es etwas heller.)
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D IE U NBEKANNTE (erscheint wieder.) Jetzt ist es vorbei. Aber der Regen hängt sich ein, garantiert. – Du. Ich hätt eine große Frage. A LBERT Bitte? D IE U NBEKANNTE Hast du nicht etwas Eßbares im Haus? A LBERT Leider – D IE U NBEKANNTE Oh wie schade. A LBERT Leergebrannt ist die Stätte. Aber zum Trinken muß noch etwas vorhanden – D IE U NBEKANNTE Ich hab aber gleich einen sitzen, ich vertrag nämlich nichts. A LBERT (hatte zwei Likörgläser gefüllt.) Auf was wollen wir denn trinken? D IE BEIDEN (fixieren sich.) A LBERT (leert hastig sein Glas.) D IE U NBEKANNTE (trinkt es weniger hastig.) A LBERT (schenkt wieder ein, und nun trinken beide immerzu.) – Und seit wann hast du denn kein Zimmer mehr? D IE U NBEKANNTE Seit vorgestern. A LBERT Und wo hast du denn überall geschlafen? D IE U NBEKANNTE Einmal auf einer Bank und gestern noch überhaupt nicht. Gott, ich werd noch ganz betrunken! A LBERT (lächelt.) Ein komisches Geschöpf. D IE U NBEKANNTE Tatsächlich? A LBERT Sogar sehr. D IE U NBEKANNTE So ist es recht! (Sie trinkt.)
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A LBERT Und wo hast du denn gegessen? D IE U NBEKANNTE Ich hab halt einfach gebettelt, und dann, aber das ist schon länger her, vorvorgestern mittag, da bin ich einfach in ein Restaurant und hab mir ein ganzes Gedeck bestellt, und hernach, wie gerade niemand hergeschaut hat, bin ich raus und davon. Du, da bin ich aber gelaufen! A LBERT Leichtsinn! So was ist doch schwer strafbar – (Er stockt.) D IE U NBEKANNTE Was hast du gesagt? Strafbar? Du? (Sie lacht.) A LBERT Lach nicht! Ungeheuer! D IE U NBEKANNTE (hört auf zu lachen; fast gekränkt) Aber das ist doch humoristisch, wenn du das sagst – Mein Gott, ich hab einen sitzen! Auf was wollen wir denn trinken? A LBERT (scharf) Kein Wort, bitte! D IE U NBEKANNTE Kein Wort – (Sie nippt.) Was? Du denkst schon wieder dran? (Sie droht ihm mit dem Zeigefinger.) Du – noch ein Wort, und es setzt was ab! A LBERT Halts Maul! D IE U NBEKANNTE (erhebt sich etwas unsicher.) Apropos strafbar: Jetzt werd ich dir etwas vorbetteln, damit du auf andere Gedanken kommst – – Daß wir nämlich kein Geld haben, das schreckt mich nicht, ich kann nämlich fein betteln, du! Oh, werde ich sagen, helft mir liebe Leute, ich habe einen armen alten Großvater zuhaus, der hat sein Gebiß verloren – (Sie verbeugt sich vor einem Stuhl.) Oh, gnädigste Frau, ich bin eine achtköpfige Zimmermannsfamilie, und wenn ich sie nicht ernähre, dann verprügeln mich meine großen Brüder und werfen mich in das Kellerverlies, wo die Ratten ihr Unwesen treiben – (Sie verbeugt sich vor dem Schrank.) Oh, gnädiger Herr, ich hab ein gelähmtes Mütterlein zuhause, das ist jetzt ganz zitronengelb und war doch mal eine anerkannte Schönheit aus Milch und Blut – (Sie verbeugt sich vor A LBERT , der sich auf das Bett gesetzt hatte.) Oh, Herr Direktor, helfen Sie mir in meiner grenzenlosen Not, ich habe ein krankes blindes Kindlein zuhaus – A LBERT Schweig! „Krankes blindes Kindlein“! So etwas tut man doch nicht! D IE U NBEKANNTE Aber das war doch nur Spiel. A LBERT Spiel? Kennst denn keine Grenzen zwischen Spiel und Ernst? Hast denn kein Verantwortungsgefühl?! D IE U NBEKANNTE (überlegt; nimmt dann etwas schwankend A LBERTS Mantel aus dem Schrank, zieht ihn an, setzt sich seinen Hut auf und legt sich auf den Boden.) A LBERT Was soll das? D IE U NBEKANNTE Kuckuck! Was ist das? A LBERT Wieso? D IE U NBEKANNTE Rat mal! Kuckuck! A LBERT Keine Idee! D IE U NBEKANNTE Kuckuck ist eine Uhr. Und ich bin jetzt ein toter Uhrmacher. (Stille) A LBERT (unterdrückt) Steh auf. D IE U NBEKANNTE (rührt sich nicht.) A LBERT (brüllt sie an.) Aufstehen! D IE U NBEKANNTE (erhebt sich langsam, bleibt aber auf dem Boden sitzen.) Bitte schlag mich nieder. A LBERT (zündet sich nervös eine Zigarette an.) D IE U NBEKANNTE Mir auch.
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A LBERT Was? D IE U NBEKANNTE Zigarette. A LBERT (wirft ihr eine zu.) D IE U NBEKANNTE Danke – (Sie fängt an, die Zigarette in lauter Stückchen zu zerreißen.) A LBERT Mach keinen Mist! Du bist betrunken. D IE U NBEKANNTE (weint.) A LBERT Komm, steh auf. D IE U NBEKANNTE (trocknet sich mit der Hand ihre Tränen.) – Sag mal: Sieht man es mir eigentlich an, was ich schon hinter mir habe? Ich hab mal einen geliebt, es hat weh getan und gut. Josef hat er geheißen. A LBERT Ich dachte schon, du hättest noch niemals. D IE U NBEKANNTE Josef, wo bist du? (Sie steht schwerfällig auf und betrachtet A LBERT .) – Jetzt seh ich dich wie durch Glas. Und ich stehe hinter dem Glas, und jetzt hörst du nicht, was ich rede – – Du bist es? Bist wieder da? Ich hab so lang auf dich gewartet und war so viel allein – Nein! Komm nicht herein zu mir, bitte nicht – – Laß mich, du, laß mich – (Sie fällt ihm um den Hals, aber er tut nichts Dergleichen; plötzlich ändert sie den Ton.) Sag: Kannst du bellen? A LBERT (perplex) Bellen? D IE U NBEKANNTE Ja. Wie ein Hund bellen. Schade, daß du es nicht kannst – – Ich würde mich sonst hier in das Bett legen, und du müßtest dich vor die Tür legen, und wenn ein schlechter Mensch kommt, dann müßtest du knurren und mich beschützen, und wenn du nicht folgsam knurrst, bekommst du einen Tritt. A LBERT Was? D IE U NBEKANNTE Einen Tritt. Einen Tritt vor deine Schnauze, du – A LBERT (reißt sie wieder an sich und küßt sie.) D IE U NBEKANNTE Nicht – ja – du – ich fühle dich bis hinauf – A LBERT Zieh dich aus. D IE U NBEKANNTE (lächelt.) Tatsächlich? A LBERT Wenn du dich nicht ausziehst, wird nicht geknurrt. D IE U NBEKANNTE Oh, du bist lieb – (Sie zieht seinen Mantel aus.) Schau mich nicht so schrecklich an! A LBERT Ich tu dir doch nichts. D IE U NBEKANNTE Doch. Du schlägst mich – und ich bin doch eine gefangene Seele – Oh was könnt ich allen Menschen antun vor lauter Sehnsucht! A LBERT Verrückt. D IE U NBEKANNTE Ich sehe mich in der Geschichte, sehe mich auf den Schlachtfeldern und in den Bergwerken, ich bin der Säbel, und ich bin der Berg, der zusammenbricht – (Sie will wieder trinken.) A LBERT Du sollst nicht mehr trinken. D IE U NBEKANNTE Soll ich zu dir kommen – (Sie umarmt seinen Kopf.) Oh warum bist du nicht mein Kind? Ich würde dich in den Schlaf singen, aber das Fenster müßte offen sein, und wenn du hinausschaust, müßtest du grüne Augen haben, so große grüne Augen wie ein Fisch – und Flossen müßtest du haben, und stumm müßtest du sein. A LBERT (ganz einfach) Ich glaub, du bist der Tod. (Es klopft an die Tapetentüre.) A LBERT (leise) Wer das? – Es hat geklopft.
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D IE U NBEKANNTE (lächelt.) Nein wie du zitterst – (Stille) A LBERT Wer ist das? (Es klopft abermals.) A LBERT Herein! 7. Szene.
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E RNST tritt durch die Tapetentüre – Regenmantel, Regenschirm. Er ist klatschnaß, denn draußen gießt es ja noch immer. E RNST (erblickt sogleich DIE U NBEKANNTE .) Pardon! (Er verbeugt sich etwas steif vor A LBERT .) A LBERT Was verschafft mir die Ehre? E RNST Leider. Es ist zwar nicht meine Absicht, als personifizierte pessimistische Hiobsbotschaft aufzutreten – (Er lächelt verbindlich.) Dürfte ich Sie um vier Augen bitten – D IE U NBEKANNTE Soll ich auf den Balkon? A LBERT Nein. E RNST Meinerseits – ! Ich dachte ja nur – zunächst also eine Feststellung: Wir haben uns gestern spätnachmittags gesprochen, und ich habe Ihnen einen Rat erteilt, von Mann zu Mann. Eine spartanische Lösung. Wie ich jedoch bemerken muß, haben Sie selbigen Rat konträr befolgt. A LBERT Was heißt das? E RNST Das heißt: Vielleicht wäre meine Lösung besser gewesen, denn dann wäre wahrscheinlich manches unterblieben – und so kommt es nämlich zu guter Letzt doch wieder vielleicht auf dasselbe hinaus. A LBERT Versteh kein Wort. E RNST Was Sie nicht sagen. A LBERT Drücken Sie sich bitte deutlicher aus. E RNST Es ist jemand ermordet worden. (Stille) A LBERT (wird unsicher.) Wer? E RNST Das wissen Sie nicht? (Stille) A LBERT (nickt nein.) Wieso woher – E RNST Der Uhrmacher. A LBERT (sehr unsicher) Was für ein Uhrmacher – E RNST Jawohl. D IE U NBEKANNTE Der Uhrmacher? Der arme alte Uhrmacher? Nein so etwas! Na das tut mir aber leid – (zu A LBERT ) Du, den hab ich doch auch gekannt, das war doch dieser Sonderling, nicht? E RNST Sonderling allerdings. D IE U NBEKANNTE Und wer hat ihn denn ermordet? E RNST (etwas weniger selbstbewußt) Das weiß man eben noch nicht – D IE U NBEKANNTE Na hoffentlich wird man den Mörder bald fassen, und wenn es einen lieben Gott gibt, dann gehört der aber exemplarisch bestraft! E RNST Hoffentlich. (Stille)
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A LBERT Und Sie wünschen, bitte? E RNST Ja. Peinlich. A LBERT Sind Sie denn nur gekommen, um mir mitzuteilen, daß dieser Sonderling nicht mehr existiert? E RNST Nein. Das wollt ich nur so nebenbei – Ich bin nämlich in einer für mich ungemein peinlichen Angelegenheit hier, betreffs Irene. Also, der langen Rede kurzer Sinn: da! (Er überreicht ihm I RENENS Brosche aus Venedig.) Irene hat es sich überlegt. A LBERT Ach so. E RNST Ihre Brosche aus Venedig. (Stille) A LBERT Gut. E RNST Es klingt manchmal hart, aber es ist immer besser – Wenn schon Schluß, dann radikal! Sie verstehen mich? A LBERT Danke. 8. Szene.
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I RENE (erscheint in der Tapetentüre – atemlos und ohne anzuklopfen; sie erblickt sofort E RNST .) Da bist du! Hab ich es doch geahnt! Wo ist die Brosch? A LBERT Hier. I RENE Hat er sie dir – (zu E RNST ) Wie kommst du denn dazu?! Ich habe doch verboten, daß du sie ihm zurück – Hab ich denn nicht gesagt: nie und nimmer?! Aber das schlägt dem Faß den Boden aus, jetzt merk ich es erst, wie oft daß du mich schon belogen hast! E RNST Allerdings habe ich höchstens gelogen! I RENE Besser stehlen als lügen! E RNST (zu A LBERT ) So war das meinerseits nicht gemeint. (zu I RENE ) Echt Weib! (Er faßt sich ans Herz.) I RENE Was weißt denn du schon von dem Innenleben eines Weibes?! Immer hast nur Maus zu mir gesagt, zu einer alleinstehenden Geschäftsfrau! E RNST Die peinlichst auf ihren Ruf achten sollte! I RENE Ruf?! Mach nur kein Dromedar aus einer Mücke! Hast mir das auch nur eingeredet, genau wie deine Planeten! (Sie faßt sich an die Stirne.) Die ganze Nacht hab ich nicht einschlafen können, hab immer denken müssen – E RNST (unterbricht sie scharf.) An was denn, bitte? – So steck sie dir nur an, die Brosch, und geh spazieren damit! Mit der Bijouterie eines – (Er stockt und wendet sich A LBERT zu.) Herr! Oder wagen Sie es etwa zu leugnen, daß Sie gestern nacht dort herumlungerten – Ich habe Sie erkannt! Ich kann es beschwören! I RENE Heute nacht hast es aber nicht können! E RNST Was? I RENE Beschwören! E RNST Weil ich dich schonen wollte, wie immer! Aber jetzt fängt es mir an, zu bunt zu werden! Ich wußt es genau, daß er es war, aber ich wollte es auf mein Gewissen nehmen und schweigen! Für deine Liebe! Ewig wollte ich schweigen, um dich zu besitzen! So bin ich! I RENE Albert!
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D IE U NBEKANNTE Halt! I RENE (erblickt erst jetzt DIE U NBEKANNTE .) D IE U NBEKANNTE Zunächst, bitte, reden wir leise, denn die Wände haben Ohren, und man kommt gar leicht in einen falschen Verruf – und dann ist das alles nicht wahr, was dieser Herr hier erzählt. Ich kann es beschwören bei allem, was ich liebe. Tot soll ich umfallen, wenn dem nicht so ist – Gnädige Frau, ich muß es doch wissen, daß (Sie deutet auf A LBERT .) dieser Mann nicht dort gewesen sein konnte, denn wir, er und ich, waren ja die ganze Nacht hier zuhause zusammen. (Stille) I RENE Ist das wahr? D IE U NBEKANNTE Gewiß. (Stille) I RENE (sehr leise) Das freut mich. E RNST (zu I RENE ) Also komm. I RENE Laß mich. E RNST Aber Maus – I RENE Ich bin keine Maus! – (zu A LBERT ) Du bist auch nicht anders. Gestern um diese Zeit hast noch gesagt, daß nur ich dich retten könnte, und daß du so einsam bist – A LBERT Und kaum hast mich verlassen, da hast mir jenen Herrn herausgeschickt mit dem freundlichen Rat, ich soll mir eine Kugel vor den Kopf, es bleibt mir nichts anderes übrig! I RENE Das hat er gesagt – A LBERT Unter anderem! E RNST Auch du hast seinen Tod gewünscht! I RENE Nein, lüg nicht! E RNST Welch Abgrund der Verlogenheit! Jetzt kenn ich mich bald selbst nicht mehr! Hast denn nicht vorgestern nacht geweint, warum kann man denn nicht mit einem Revolver, den niemand hört, so ein verpatztes Leben – I RENE Lügner! Lügner! E RNST Das ist die gewaltigste Erschütterung meines Lebens. (Stille) I RENE Außerdem, Ernst, passen wir auch nicht zusammen. E RNST (faßt sich ans Herz.) Denk an mein Herz, bitte. I RENE Denkst du vielleicht an meine Leber? Jetzt ist schon alles egal! E RNST Zur Kenntnis genommen. (Stille) I RENE Jetzt bist du bös. Aber ich kann nicht anders. E RNST Ich habe dich ehrlich geliebt, Irene. Ich sag es vor Zeugen: Ich wollte dir nur helfen – I RENE Aber ich war nicht ganz ehrlich zu dir, und dafür muß ich nun büßen. Ich hab halt nur einen Menschen gebraucht – seinerzeit. E RNST Aha! (zu A LBERT ) Sie hatten recht, mein Herr! I RENE Wir haben einen anderen Stern, Ernst. E RNST Geh laß mich mit den Sternen in Ruh! I RENE Das sagst du? Der du mich in den Zirkel eingeführt hast?
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E RNST Ach laß mich doch mit dem Zirkel in Ruh! (zu A LBERT ) Le roi est mort, vive le roi! (zu I RENE ) Was denkst du denn, wer ich bin?! Adieu! (ab durch die Tapetentüre) 5
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10. Szene. I RENE Ja, jetzt muß ich büßen. Was ist auch eine kleine Unterschlagung gegen einen verdorbenen Lebensweg? Ich habe einmal in einer Novelle gelesen, daß die Frau die Pflicht hat, die Härte der starren Paragraphen durch Liebe zu erweichen – aber das begreif ich erst jetzt, wo es zu spät sein dürfte. A LBERT Es ist nie zu spät, Irene. I RENE Doch, Albert. A LBERT Nein. Auch ich dachte mal so hoffnungslos und hab dich verflucht. I RENE Ich spür es. Und ich hab dir doch immer geglaubt, alles. Auch das mit deiner Einsamkeit – A LBERT (deutet verstohlen auf DIE U NBEKANNTE ; sehr leise) Aber das war doch nur die Verzweiflung – Ich hab halt einen Menschen gebraucht. I RENE Oh, das kenn ich schon – A LBERT Glaube mir. D IE U NBEKANNTE Was sprichst du da? A LBERT Pst! D IE U NBEKANNTE Was fällt dir ein?! Wie sprichst du denn zu mir?! Zu mir, die du vielleicht schon länger kennst als manche andere – – seit vielen Wochen, jede Nacht?!! I RENE (weinerlich) Adieu! (rasch ab durch die Tapetentüre) 11 . S z e n e .
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D IE U NBEKANNTE Jetzt wirst du mich schlagen. Nicht? A LBERT Nein. (Stille) D IE U NBEKANNTE Jetzt bist du verstimmt. A LBERT Nein. Aber warum konnt sie mir das nicht gestern sagen, gestern um diese Zeit? Jetzt hätt ich geordnete Verhältnisse! D IE U NBEKANNTE Soll ich ihr nachlaufen und sagen: Gnädige Frau, ich habe zuvor gelogen, wir, er und ich, wir waren ja hier überhaupt noch nie miteinander, das hab ich mir ja nur so ausgeklügelt, damit es nicht aufkommt, daß – A LBERT (hält ihr den Mund zu; zündet sich dann die zweite Zigarette an.) D IE U NBEKANNTE Du mußt mir den Mund nicht zuhalten, denn du bist mein Schicksal. A LBERT Jetzt hätt ich mein Auskommen. (Stille) D IE U NBEKANNTE Hast kein Geld? A LBERT Frag nicht so intelligent. D IE U NBEKANNTE Wenn du kein Geld hast, dann passen wir fein zusammen. A LBERT Bist anscheinend noch betrunken?! D IE U NBEKANNTE Oh, ich bin nüchtern – ganz und gar. A LBERT Ganz und gar. Es ist alles verflucht. (Stille)
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D IE U NBEKANNTE Vielleicht bin ich schlecht – (Sie wischt sich einige Tränen aus den Augen.) A LBERT (streicht ihr über das Haar.) So war es nicht gemeint, Irene – – D IE U NBEKANNTE (fährt zurück.) Irene?! A LBERT Hab ich Irene gesagt? D IE U NBEKANNTE Gewiß. (Stille) D IE U NBEKANNTE (nimmt seine rechte Hand und betrachtet sie.) Mit dieser Hand hast es getan – A LBERT Jetzt sprichst du davon. D IE U NBEKANNTE Weil ich Angst hab, daß ich diese Hand nicht mehr haben werde, und dann werde ich es nicht tragen können, so allein – A LBERT Was wirst du nicht tragen können? D IE U NBEKANNTE Geh nicht von mir, du, bitte nicht – Mein Mund wird anfangen zu reden, ohne daß ich es will! A LBERT Ach so. D IE U NBEKANNTE Nein, nicht so! Ich werd doch nichts sagen, du – Eher geh ich ins Wasser, bevor auch nur ein Sterbenswörtlein – A LBERT Ins Wasser? D IE U NBEKANNTE Weißt, das nehm ich mit mir hinab, als hätt ich es getan – A LBERT „Hinab“. So was sagt sich leicht. D IE U NBEKANNTE Oh nein. (Stille) A LBERT (bricht plötzlich los.) Ich kann nicht anders! Ich hätt es doch nie geglaubt, daß mir noch jemals wieder ein neues Leben, Glück und Friede – So zeig mich doch an! Ich riskier es! Ich geh zurück, und du mußt fort! D IE U NBEKANNTE Fort? A LBERT Laß mich hängen oder nicht, wie du willst! D IE U NBEKANNTE Aber Albert – (Sie setzt sich.) (Stille) A LBERT Sei mir nicht bös, aber ich bin eine ehrliche Haut, und es wäre gefrevelt gegen mich selbst – (Er streicht ihr wieder über das Haar.) Ich habe dich sehr gebraucht. D IE U NBEKANNTE Gebraucht? A LBERT Sicher. (Stille) D IE U NBEKANNTE (zündet nun Streichhölzer an und löscht sie immer wieder aus; denkt dabei natürlich an andere Dinge.) Das ist schön, einen Menschen zu brauchen – – aber es ist schlimm für den Menschen, den man braucht – Gewiß – (Sie erhebt sich.) Also, dann geh ich jetzt – A LBERT Wohin? D IE U NBEKANNTE Fort. D IE BEIDEN (fixieren sich.) A LBERT Ich lege mein Leben in deine Hand. D IE U NBEKANNTE (betrachtet ihre Hand.) Da bist du jetzt drinnen? – Gut. (Sie schließt ihre Hand.) Werden sehen – (Sie setzt sich ihren Hut auf.) A LBERT Wohin? D IE U NBEKANNTE (lächelt.) Hinab. Du wohnst doch im zweiten Stock –
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D IE BEIDEN (fixieren sich wieder.) A LBERT Und tu, was du willst. D IE U NBEKANNTE Gewiß. (Dunkel) 5
Epilog.
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Wieder in der Seitengasse vor dem Hause Nummer neun. Nur einige Jahre sind vorbei. Wo früher die Blumenhandlung war, ist nun eine Wäscherei, und in dem Laden, in welchem der Uhrmacher erschlagen wurde, befindet sich nun eine bescheidene Buchhandlung. In der Auslage hängen Zeitschriften, Bücher, überwiegend antiquarisch, und eine Totenmaske der Unbekannten in der Seine. In der Auslage der Wäscherei hängen hingegen naturnotwendig Hemden und Unterhosen. Die Buchhandlung gehört E MIL , der nun schon längst verheiratet ist. Seine etwas korpulente Gattin L UCILLE sitzt auf einem Stuhl vor dem Geschäft in der Sonne und liest einen spannenden Roman. 1. Szene. E RNST kommt mit L ILLY, einem Mädchen, vorbei. L ILLY Warum schaust du denn dieses Haus so an? E RNST Weil mich verschiedene Erinnerungen daran knüpfen. Zum Beispiel dort droben im dritten Stock wohnte einst vor Jahren ein Ingenieur, und dessen Gattin – L ILLY (fällt ihm ins Wort.) Hatte etwas mit dir? Sags nur! E RNST (wollte eigentlich vom S TUDENTEN AUS DEM ZWEITEN S TOCK RECHTS erzählen; lügt aber nun aus Eitelkeit und grinst.) Kavalier schweigt. Und dort, wo jetzt lauter Bücher sind, dort war früher ein Uhrmacherladen, aber dann ist an dem alten Uhrmacher ein Raubmord verübt worden. Der ist bis heute noch nicht geklärt. L ILLY Daß so was vorkommt! Wozu haben wir denn unsere Kriminalpolizei? E RNST Aber Maus! Gar vieles kommt nie ans Tageslicht! Auch in punkto Raubmord – Zuerst forscht man fieberhaft nach, dann wird es zu den Akten gelegt, und über die Akten wächst das Gras. Und der Mörder bleibt unbekannt, geht frei und frank herum – Vielleicht sitzt man ihm gerade gegenüber. L ILLY Hör auf! E RNST Man weiß doch nichts voneinander – Was weißt denn du schon von mir? Vielleicht hab ich auch mal einen Raubmord – L ILLY Du red nicht so unheimlich, sonst mußt du heut nacht wieder bei mir schlafen! E RNST Beruhige dich nur. Ich will nicht unheimlich reden – (Er wendet sich L UCILLE zu.) Entschuldigen Sie, bitte, jedoch soweit ich mich erinnere, war doch da mal in grauer Urzeit eine Blumenhandlung? L UCILLE Stimmt, mein Herr. Aber die Inhaberin hat geheiratet, und die Leute haben jetzt eine Gärtnerei vor der Stadt. Es geht ihnen sehr gut. E RNST So. L UCILLE Komisch, daß Sie danach fragen. Ich erwarte die Frau nämlich jeden Moment – Sie wollte heut hier vorbeikommen und müßte schon hier sein.
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E RNST Na dann wollen wir gehen. – Sagen Sie nur noch: Wohnt hier noch so ein Kleiner im dritten Stock rechts, ein gewisser Herr Emil – L UCILLE (unterbricht ihn.) Emil? Dritter Stock rechts? Na das ist doch mein Gatte! E RNST Ihr Gatte? L UCILLE Sie kennen ihn? Er ist jetzt gerade droben und kocht, er kocht nämlich gern und gut – Soll ich ihn rufen? E RNST Oh, nicht der Mühe wert! Wir haben uns nur ein paar Jahre nicht gesehen – Wahrscheinlich wird er sich an mich gar nicht mehr erinnern. L UCILLE Ja, er ist riesig zerstreut. Leider! E RNST Wiedersehen, gnädige Frau! L UCILLE Habe die Ehre! 2. Szene.
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E RNST will mit L ILLY ab – Da kommen aber gerade I RENE und A LBERT mit dem dreijährigen KLEINEN A LBERT . Sie erkennen sich (außer L ILLY und DEM KLEINEN A LBERT natürlich) und grüßen sich reserviert. L ILLY Wer ist denn das? E RNST Flüchtige Bekannte. Eine Gärtnersfamilie – (ab mit L ILLY ) 3. Szene.
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I RENE (sieht E RNST nach.) Die alte Zeit – aber was der für ein Frauenzimmer bei sich hat, ist ja unmöglich! A LBERT (betrachtet das Haus Nummer neun.) I RENE (bemerkt es und lächelt.) Ja, dieses Haus. Noch steht es, nicht? A LBERT (nickt ja.) I RENE Ich geh oft daran vorbei. Hier hat doch unser Glück begonnen – trotz mancher Unterbrechungen. Ach Albert, wie rasch eilen unsere Tage! (zum KLEINEN A LBERT ) Siehst du, kleiner Albert, dort drüben verkauften mal Papa und Mama Blumen, schöne duftende Blumen – aber da war der kleine Albert noch nicht da. Komm – (Sie putzt ihm die Nase.) 4. Szene. L UCILLE Guten Tag, Frau Irene! Ich hab sie schon reserviert für Sie, die Skulptur! I RENE Oh, sehr nett von Ihnen! Sie kennen doch meinen Mann – L UCILLE Natürlich! Emil wird sich riesig freuen, er kocht zwar gerade – (Sie ruft empor.) Emil! Emil! S TIMME E MILS (aus dem dritten Stock rechts) Was ist denn passiert?! Ach, guten Tag, ist das aber eine Überraschung! Ich komm gleich runter! I RENE (zu A LBERT ) Siehst, das ist diese Totenmaske – (Sie führt ihn vor die Auslage der Buchhandlung.) Die möcht ich so gerne haben, weil sie so himmlisch ist. L UCILLE Sie ist gar nicht von dieser Welt. (Stille) A LBERT (plötzlich) Wer ist das? I RENE Ich habs dir doch gesagt!
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L UCILLE Eine unbekannte Selbstmörderin. Gleich kommt mein Gatte, der kann es Ihnen noch besser erklären – Da ist er! 5. Szene. 5
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E MIL (rasch durch das Haustor) Hocherfreut, hocherfreut! Na das ist aber reizend, daß ihr mal wieder an uns denkt! Pa, Bubi! I RENE Sie sind ja heut so lustig, Herr Emil! L UCILLE Das ist er neuerdings immer. Zuerst war zwar ich der leichtere Teil und er der schwerere, aber dann haben wir aufeinander abgefärbt – Jetzt ist er der Optimist, und ich seh schwarz. E MIL So hebt sich alles auf! (Er lacht.) L UCILLE Emil, erklär doch mal bitte den Herrschaften die Geschichte dieser Totenmaske. E MIL (lacht immer wieder dazwischen hinein.) Da gibt es keine Geschichten – Man hat sie aus dem Wasser herausgezogen und weiß nichts von ihr. Irgendeine junge Selbstmörderin, allerdings mit einem verblüffend mysteriösen Lächeln – Neulich hat mal wer gesagt, diese arme Seele war wahrscheinlich nur ein Menschenkind, gut und böse, fromm und verdorben wie das ewige Leben – aber meiner Meinung nach ist das ein Engel gewesen, der zur Strafe auf unser irdisches Jammertal hat hinab müssen und dann durch den Tod erlöst worden ist. L UCILLE Wie schön er das gesagt hat. I RENE Für mich ist das auch ein Engel. (zu A LBERT ) Ich möcht es so gern haben. Für unser Schlafzimmer. L UCILLE Wir haben noch eine zweite Skulptur drinnen – E MIL Ich hab sie schon eingepackt! I RENE Sehr zuvorkommend! Und dann möcht ich bitte nur noch das Kochbuch – (ab mit E MIL und L UCILLE in die Buchhandlung)
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A LBERT steht nun mit DEM KLEINEN A LBERT allein vor dem Haus Nummer neun. A LBERT (zur Totenmaske) Bist du es? – Hm. Ich weiß nicht, es war damals immer so dunkel, ich hab dich eigentlich nie richtig gesehen – D ER KLEINE A LBERT (weint plötzlich fürchterlich.) 7. Szene.
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I RENE kommt auf das Geweine hin mit E MIL und L UCILLE herbei. I RENE trägt die eingepackte Totenmaske, E MIL und L UCILLE Kochbücher. E MIL Was hat er denn, der kleine Albert? I RENE Na, was weinst denn? (Sie beugt sich zu ihm nieder.) Ach, er hat schon wieder mal Angst vor dem dunklen Hauseingang. Immer hat er Angst vor Hauseingängen – L UCILLE Dann machen wir halt das Tor zu – (Sie schließt es.) So, jetzt wird er gleich nicht mehr weinen, der kleine Albert! D ER KLEINE A LBERT (verstummt.) E MIL (zu I RENE ) Sie haben mir einst gesagt bei meinem Brautbouquet: Rosen bringen
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Eine Unbekannte aus der Seine
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Glück – und sie haben Glück gebracht. Zwar ist noch kein kleiner Emil da, aber jetzt ist einer unterwegs – Ich weiß es selbst nicht wieso! (Er lacht.) L UCILLE Aber Mann! E MIL So plötzlich über Nacht. Seit dem Nationalfeiertag. I RENE (hat DEN KLEINEN A LBERT auf den Arm genommen.) Kinder sind doch die Zukunft. E MIL Was, kleiner Albert? L UCILLE Ein herziges Bubi! I RENE Ganz der Herr Papa! E MIL Gratuliere! A LBERT (lächelt.) Oh bitte, danke – (Dunkel)
Ende.
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Kommentar
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Konzeption
Chronologisches Verzeichnis Konzeption: Eine Unbekannte aus der Seine T1 = ÖLA 27/W 14 – o. BS, Bl. 1–72 Insgesamt 72 Blatt, davon 49 Blatt unliniertes Papier (289 × 226 mm), hell, gelocht, 4 Blatt unliniertes Papier (285 × 225 mm), dunkel, gelocht, 5 Blatt unliniertes Papier (288 × 228 mm), dunkel, gelocht, 1 Blatt unliniertes Papier (295 × 226 mm), geschnitten und geklebt, gelocht, 1 Blatt unliniertes Papier (316 × 226 mm), geschnitten und geklebt, eingerissen, gelocht, 1 Blatt unliniertes Papier (374 × 226 mm), geschnitten und geklebt, gelocht, 1 Blatt unliniertes Papier (356 × 226 mm), geschnitten und geklebt, gelocht, 1 Blatt unliniertes Papier (326 × 226 mm), geschnitten und geklebt, gelocht, 2 Blatt unliniertes Papier (332 × 226 mm), geschnitten und geklebt, gelocht, 1 Blatt unliniertes Papier (289 × 226 mm), geschnitten und geklebt, gelocht, 1 Blatt unliniertes Papier (456 × 226 mm), geschnitten und geklebt, gelocht, 1 Blatt unliniertes Papier (323 × 226 mm), geschnitten und geklebt, gelocht, 1 Blatt unliniertes Papier (336 × 226/228 mm), geschnitten und geklebt (zwei unterschiedliche Papiersorten), gelocht, 1 Blatt unliniertes Papier (329 × 226/228 mm), geschnitten und geklebt (zwei unterschiedliche Papiersorten), eingerissen, gelocht, 1 Blatt unliniertes Papier (285 × 226 mm), ungerade geschnitten und geklebt, gelocht, 1 Blatt unliniertes Papier (337 × 226 mm), geschnitten und geklebt, gelocht, grüne Mappe mit Aufdruck des Georg Marton Verlags, hs. Vermerke „Eine Unbekannte aus der Seine“ und „Stammbuch“ von fremder Hand mit blauem Buntstift sowie „290“ von fremder Hand mit schwarzer Tinte auf der Mappe, hs. Eintragungen mit blauschwarzer und schwarzer Tinte sowie mit Bleistift, masch. Paginierung I, II, 1–4, 17, 19–23, 62, 63 auf Bl. 1–6, 19, 21–25, 64, 65, hs. Paginierung 5–16, 18, 24–61, 64–70 auf Bl. 7–18, 20, 26–63, 66–72 TS1 = Endfassung mit Werktitel „Eine Unbekannte aus der Seine. Komödie in drei Akten und einem Epilog von Ödön Horváth“ (Korrekturschicht)
Bei dem vorliegenden Typoskript handelt es sich um die einzigen überlieferten Blätter zu dem Werkprojekt Eine Unbekannte aus der Seine, die unmittelbar aus der Hand Horváths stammen. In dem Typoskript, das 72 Blatt umfasst, lassen sich aufgrund unterschiedlicher Papiersorten, vorhandener Schnitt- und Klebekanten und hs. geänderter Seitenzahlen mehrere Phasen der Textkonstitution erkennen. Es handelt sich bei der Fassung TS1 also, wie bei anderen überlieferten Endfassungen Horváths, um eine montierte Fassung. Das Typoskript befindet sich lose in einer grünen Mappe, auf der hs. von fremder Hand mit blauem Buntstift die beiden Vermerke: „Stammbuch“ und „Eine Unbekannte aus der Seine“ eingetragen wurden. TS1 bildet inklusive der darin eingetragenen Korrekturen Horváths die Grundschicht des ersten masch. vervielfältigten Stammbuchs T2 (vgl. unten). Innerhalb des Typoskripts T1 fallen drei unterschiedliche Papiersorten auf, eine helle strukturierte im Format 289 × 226 mm, eine kleinere dunkle glatte im Format 285 × 225 mm und eine größere dunkle glatte im Format 288 × 228 mm. Das Titelblatt sowie das darauffolgende Blatt mit dem Personenverzeichnis und dem Schauplatzvermerk wurden auf dem kleineren dunklen Papier (285 × 225 mm) getippt. Es kann davon ausgegangen werden, dass es sich dabei um zwei Blätter handelt, die nachträgliche Einfügungen Horváths darstellen. Der Autor hat im Zuge der Erstellung von TS1 diese kleineren dunklen Blätter mit einer früheren (Gesamt-)Fassung des Stückes (auf dem größeren dunklen Papier) und mit einer späteren Gesamtfassung des Stückes (auf hellem Papier) sowie mit neu getippten Blättern (auf hellem Papier) montiert. Dafür, dass es sich bei den kleineren dunklen Blättern um nach-
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Chronologisches Verzeichnis
trägliche Einfügungen handelt, spricht auch die Tatsache, dass Horváth im Titel zunächst „in der Seine“ statt „aus der Seine“ geschrieben, dies jedoch dann hs. mit Bleistift korrigiert hatte. Die restlichen Korrekturen des Typoskripts, die während der Kollationierung entstanden sind, darunter auch die Namenskorrektur (UmlautStriche und Akzent) auf dem Titelblatt, sind mit schwarzer bzw. schwarzblauer Tinte (vgl. unten) ausgeführt. Im Typoskript finden sich zwei weitere Blätter des kleineren dunklen Papiers. Es handelt sich dabei um die Bl. 64 und 65, die das Ende des dritten Aktes darstellen. Da Horváth auf Bl. 63 unten zwei Repliken streicht, die sich am Beginn von Bl. 64 wiederfinden, kann davon ausgegangen werden, dass es sich auch bei diesen dunklen Blättern um eine späte Einfügung handelt, die erst im Zuge der Kollationierung und Überarbeitung von TS1 erfolgte. Dafür spricht auch, dass die Seitenzahlen auf den Bl. 64 und 65 (masch. Pag. 62 und 63) nicht geändert wurden, sondern in ihrer masch. Form belassen werden konnten. Außerdem enthalten die beiden Blätter generell keine hs. Korrekturen, was insgesamt betrachtet für das Typoskript eher ungewöhnlich ist. Fünf Blätter des Typoskripts wurden auf dem größeren dunklen Papier (im Format 288 × 228 mm) getippt. Es handelt sich dabei um die Bl. 26, 27 und 29–31. Außerdem wurde dieses Papier teilweise mit Blättern der hellen Papiersorte zu neuen Blättern zusammengeklebt, so geschehen im Fall der Bl. 20 und 28. Bl. 20 gibt dabei einen wichtigen Hinweis für die Reihenfolge der Ersetzungen, denn der obere Teil des Blattes, der den Beginn des zweiten Aktes enthält, besteht aus dem größeren dunklen Papier. Das Blatt wurde dann auseinandergeschnitten und der untere Teil des Blattes durch einen auf dem hellen strukturierten Papier getippten Teil ergänzt. Dabei beginnt Horváth in der Mitte des hellen Blattes mitten im Satz zu schreiben und setzt damit den Text auf dem dunklen Blatt fort. Dieses endet mit der Regieanweisung: „Man hört ihn [den Tango; Anm.] gedämpft bis auf die Gasse herab und nur eine schwache“, die das helle Blatt mit: „Laterne leuchtet in der Finsternis“ fortsetzt. Die größeren dunklen Blätter dürften also der frühesten (Gesamt-)Fassung des Stückes entstammen und bilden die früheste Textschicht der überlieferten montierten Fassung TS1. Sie wurden von Horváth jedoch nur in geringem Maße zur Montage dieser Fassung verwendet. Den Großteil der Blätter des Typoskripts, nämlich 63, bilden jene aus dem hellen strukturierten Papier (289 × 226 mm). 49 davon sind ohne Beschneidung und Klebung, 12 wurden mit anderen (Teil-)Blättern aus hellem Papier zusammengeklebt, zwei (siehe oben) mit (Teil-)Blättern aus dem größeren dunklen Papier. Sieht man sich die Ersetzungen und Verschiebungen im Detail an, so kann man feststellen, dass Horváth zunächst im ersten Akt zwei Szenen von vorne nach hinten verschoben hat, wodurch er die Szenennummern auf den Folgeblättern von Bl. 6 um zwei und die masch. Paginae hs. um jeweils 1 verringern musste. Es handelt sich bei diesen Verschiebungen durchwegs um Blattbeschneidungen und -klebungen auf hellem Papier. Den unteren Teil von Bl. 14 dürfte er auf hellem Papier neu getippt haben, da er die Szenennummern hier nicht ändern musste. Ähnliches gilt für die folgenden Bl. 15–19, die das Ende des ersten Aktes darstellen. Den Beginn des zweiten Aktes bildet das bereits erwähnte, aus zwei unterschiedlichen Papiersorten zusammengeklebte Bl. 20. Bl. 21 und 22 wurden in der vorletzten Bearbeitungsphase auf hellem Papier neu getippt und ersetzen ein Blatt, auf dem offensichtlich zunächst ein Szenenwechsel erfolgt war. Horváth legt aber in der Folge zwei Szenen zusammen und muss auf den Folgeblättern, die er wieder aus Material
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Konzeption
der Gesamtfassung auf hellem Papier zusammenstellt, ebenfalls die Szenennummern um jeweils eins verringern. Die Paginierungen müssen jedoch nicht angepasst werden, da nun ein Blatt hinzugekommen ist, während im ersten Akt ein Blatt entfernt wurde. Die Bl. 26 und 27 sind auf dem größeren dunklen Papier getippt und wurden aus der früheren (Gesamt-)Fassung übernommen. Hier müssen die Szenennummern um eins verringert und die Seitenzahlen um zwei erhöht werden, d.h. die neue Fassung des Stückes von TS1 umfasst gegenüber der frühen Fassung auf dunklem Papier im zweiten Akt um zwei Blätter mehr. Bl. 28 ist aus dem größeren dunklen und dem hellen Papier zusammengeklebt. Hier hat Horváth einen Teil aus der frühen Fassung übernommen, den unteren Teil des Blattes aber neu getippt oder aus der Gesamtfassung auf hellem Papier übernommen. Die Bl. 29–31 entstammen wieder der (Gesamt-)Fassung auf dunklem Papier, auch hier wurden die Szenennummern und Seitenzahlen hs. angepasst. Die Bl. 32–63 sind allesamt auf dem hellen Papier getippt und großteils ohne Schnitt- und Klebekante. Die Seitenzahlen und Szenennummern mussten hier jedoch teilweise angepasst werden. Es dürfte sich also großteils wieder um Übernahmen aus der Gesamtfassung auf hellem Papier handeln. Auf Bl. 63 unten streicht Horváth zwei Repliken und tippt diese auf Bl. 64 oben neu. Dieses Blatt und das Folgeblatt 65 sind auf dem kleineren dunklen Papier getippt und entstammen der vorletzten Bearbeitungsphase, in der diese beiden Blätter ein Einzelblatt ersetzt haben. Die Seitenzahlen der Folgeblätter 66–69 wurden deshalb zweimal um jeweils eins erhöht. Auf den restlichen Blättern 70–72 wurden die Seitenzahlen nur um eins erhöht. Sie entstammen wieder der Gesamtfassung auf hellem Papier und wurden nur geringfügig überarbeitet. Die montierte Endfassung TS1 umfasst nun um ein Blatt mehr als die Gesamtfassung auf hellem Papier. Innerhalb der hs. Korrekturschichten können zwei Schreibmaterialien (Tinte und Bleistift) und innerhalb der Tinte wiederum zwei Tintenfarben (blauschwarz und schwarz) differenziert werden, weshalb drei hs. Korrekturschichten unterscheidbar sind. Die früheste dürfte jene mit blauschwarzer Tinte sein, die wahrscheinlich während der Montage der beiden (Gesamt-)Fassungen eingetragen wurde. Die zweite ist jene mit schwarzer Tinte, die nach der Einfügung der je ein Einzelblatt ersetzenden Blätter auf dem hellen bzw. auf dem kleinen dunklen Papier (Bl. 21, 22, 64 und 65) sowie nach der Einfügung des Titelblatts und des Folgeblatts mit Personen- und Schauplatzverzeichnis (Bl. 1 und 2) noch gesetzt wurde. Die dritte, jene mit Bleistift, entstammt der letzten Bearbeitungsphase, in der Horváth nur noch die Korrektur auf dem Titelblatt (Bl. 1, von „in“ zu „aus der Seine“) vorgenommen hat. T2 = ÖLA 27/W 15 – o. BS, Bl. 1–75 Stammbuch des Georg Marton Verlags, Wien 1933, Typoskript, 75 Blatt unliniertes Papier (284 × 227 mm), dünn, Durchschlag, gelocht, grüne Mappe mit Aufdruck des Georg Marton Verlags und hs. Vermerk „endgultig Stamm“ von fremder Hand mit blauem Buntstift, hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte, Paginierung 3–74 auf Bl. 3–74 TS2 = Endfassung mit Werktitel „Eine Unbekannte aus der Seine. Komödie in drei Akten mit einem Epilog von Ödön Horváth“ (Korrekturschicht) Druck in: SB Georg Marton 1947, S. 1–57 (= D1, unter dem Titel: Die Unbekannte aus der Seine).
Bei dem Stammbuch T2 handelt es sich um einen Durchschlag eines Original-Typoskripts des Marton Verlags, der mit zahlreichen hs. Eintragungen Horváths versehen ist. Die Grundlage für dieses erste Stammbuch T2 bildete das von Horváth aus zwei
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Chronologisches Verzeichnis
Fassungen und neuen Einzelblättern montierte und dem Verlag zur Verfügung gestellte Typoskript T1 (TS1), dessen hs. Korrekturen in TS2 eingegangen sind und deren masch. Grundschicht bilden. In diese Grundschicht trug Horváth in der Folge neuerlich hs. Korrekturen ein, die als Grundlage für die Erstellung des zweiten Stammbuchs mit Copyright 1933 T3 (= TS3) dienten, in dem die Korrekturen von TS2 masch. umgesetzt sind. T2 ist mit einer grünen Mappe lose umgeben, auf der zunächst der Titel „Die Unbekannte aus der Seine“ stand, in dem aber „Die“ von Horváth gestrichen und mit „Eine“ überschrieben wurde. Auf dem inneren Titelblatt des Stammbuchs heißt es richtig: „Eine“. Außerdem trägt die grüne Mappe den Vermerk (mit blauem Buntstift): „endgultig Stamm“, was für „endgültiges Stammbuch“ steht. In TS2 findet eine beträchtliche Zahl von Änderungen gegenüber TS1 statt, deren wichtigste hier angeführt seien: In der 9. Szene des ersten Aktes streicht Horváth in der Szenenanweisung den Beruf Ernsts („ein Vertreter“) und sein „sicheres Auftreten“ (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 10 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 11). In der 14. Szene heißt es in der Replik Alberts: „Ja. Jetzt jawohl.“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 16) statt des in TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 15 geführten: „Ja. Jetzt ja.“ In der 3. Szene des zweiten Aktes lautet eine Replik der Unbekannten, die Horváth offensichtlich sehr wichtig war, weil er an ihr mehrfach herumkorrigierte (und die auch in der Überlieferungsgeschichte des Textes wiederholt entgegen Horváths Intention verändert wurde): „Komm, wärme dich an mir, mir ist so kalt“, während es in der Grundschicht noch hieß: „Komm, wärme dich an mir, du bist so kalt“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 25). Wie diese Grundschicht zustande kam, ist unklar, denn bei der Stelle handelt es sich um eine in TS1 von Horváth hs. hinzugefügte Replik, die dort bereits die von TS2 in der Korrekturschicht wieder geführte Form: „Komm wärme Dich an mir, mir ist so kalt“ (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 24) aufweist. Zur letzten Replik der 21. Szene des zweiten Aktes fügt Horváth eine gänzlich neue Replik der Unbekannten hinzu, die folgendermaßen lautet: „Ich hab schon gedacht, dass ich diese Blume verloren habe – aber dann hat sie sich wieder gefunden. Überraschend.“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 39; vgl. TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 38) In der 6. Szene des dritten Aktes heißt es in einer Replik der Unbekannten: „ich habe einen armen alten Grossvater zuhaus, der hat sein Gebiss verloren - -“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 53), während die Passage in TS1 folgendermaßen lautet: „ich hab einen armen alten Grossvater zuhaus, der hat die Gicht und hat sein Gebiss verloren --“ (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 52). Die Stelle über die „Gicht“ hat Horváth in TS2 hs. gestrichen, in der masch. Grundschicht findet sie sich auch hier. In der 7. Szene des dritten Aktes ändert Horváth die Frage Ernstes: „Dürfte ich Sie bitten, unter vier Augen --“ in die vom stilistischen Standpunkt inkorrekte, aber interessantere Formulierung: „Dürfte ich Sie um vier Augen bitten –“ (TS2/ ÖLA 27/W 15, Bl. 57), die sich so bereits in der ersten überlieferten Fassung des Stückes (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 56) gefunden hatte. Möglicherweise hatte der Verlag hier ohne Rücksprache mit dem Autor korrigierend eingegriffen und dieser macht die Verlagskorrektur in TS2 wieder rückgängig. In der 5. Szene des Epilogs korrigiert Horváth die Replik Emils: „man hat sie aus der Seine herausgezogen“ zu: „man hat sie aus dem Wasser herausgezogen“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 72), wohl um allzu eindeutige Anspielungen auf Paris zu tilgen – eine Tendenz, die schon in TS1 zu beobachten ist, wo der Autor in der Szenenanweisung zum ersten Akt in dem Vermerk „Seitengasse in Paris“ (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 3) die Ortsangabe in der Korrekturschicht streicht.
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Konzeption
Wahrscheinlich bildete die Fassung TS2 die Textgrundlage für den Erstdruck der Unbekannten aus der Seine im Georg Marton Verlag 1947 (D1, vgl. unten) sowie für die meisten von Traugott Krischke besorgten Ausgaben des Stückes (vgl. den Kommentar zu TS3). T3 = ÖLA 27/W 13 – o. BS, Bl. 1–76 Stammbuch des Georg Marton Verlags, Wien 1933, Typoskript, 76 Blatt unliniertes Papier (284 × 224 mm), dünn, Durchschlag, gelocht, geheftet, grüne Mappe mit Aufdruck des Georg Marton Verlags, hs. Vermerk „Stammbuch“ mit Bleistift von fremder Hand und „319“ mit schwarzer Tinte von fremder Hand auf der Mappe, Paginierung 4–74 auf Bl. 5–75
T4 = ÖLA 27/W 16 – o. BS, Bl. 1–76 Stammbuch des Georg Marton Verlags, Wien 1933, Typoskript, 76 Blatt unliniertes Papier (284 × 224 mm), dünn, Durchschlag, gelocht, geheftet (Titelblatt und Personenverzeichnis lose beigelegt), grüne Mappe mit Aufdruck des Georg Marton Verlags und hs. Vermerken „10“ und „Wien“ mit Bleistift von fremder Hand, hs. Eintragung mit Bleistift von fremder Hand, Paginierung 4–74 auf Bl. 5–75 TS3 = Endfassung mit Werktitel „Eine Unbekannte aus der Seine. Komödie in drei Akten mit einem Epilog von Ödön Horváth“ (nicht gedruckt; großteils identisch mit TS2)
Bei dem masch. Stammbuch T3 von 1933 dürfte es sich um das zweite Stammbuch des Stückes Eine Unbekannte aus der Seine handeln. In ihm sind die Korrekturen, die Horváth im ersten Stammbuch (T2) eingetragen hat, schon masch. umgesetzt. Die grüne Mappe, in die das Stammbuch geheftet ist, trägt den von Horváth autorisierten Titel „Eine Unbekannte aus der Seine“, der auch im inneren Titelblatt aufscheint. Traugott Krischke hat sich in den diversen Ausgaben, die er ediert hat, jeweils unterschiedlicher Textgrundlagen bedient. In den Stücken von 1961 findet sich kein Hinweis auf die Quelle. Allerdings schreibt er in den Gesammelten Werken von 1970, dass er hier dieselbe Textgrundlage verwendete wie in den Stücken, nämlich „ein Bühnenmanuskript des Marton-Verlages, Wien, […] das erst nach dem Krieg vervielfältigt, also von Horváth nicht mehr korrigiert worden ist“ (GW II, S. 4*f.). Damit dürfte der Erstdruck der Komödie, das Stammbuch des Georg Marton Verlags von 1947 (D1 = TS5), gemeint sein, von dem sich ein Exemplar im Nachlass Traugott Krischke (ÖLA 84/Schachtel 54) am Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek befindet. Der Splitternachlass Ödön von Horváth (ÖLA 27) beinhaltet indes nur Durchschläge originaler Stammbücher aus den dreißiger Jahren. Krischke erwähnt in der Kommentierten Werkausgabe von 1988 „zwei textidentische Typoskripte“, die er im Nachlass Horváths gefunden habe. Eines trage das Copyright 1933, das andere das Copyright 1934. Krischke schreibt über dasjenige von 1934, dass es „mit einigen wenigen hs Korrekturen Horváths versehen“ sei und dass „dieses 74seitige Exemplar […] als Druckvorlage [diente]“ (KW 7, S. 440). Die beiden Stammbücher von 1933 und 1934 sind jedoch keineswegs „textidentisc[h]“. Vom ersten Stammbuch von 1933 ist nur ein von Horváth korrigiertes Exemplar (T2 = TS2) überliefert. Dieses bildete die Textgrundlage für das zweite Stammbuch von 1933 (T3). Beide Stammbücher von 1933 umfassen 74 Blatt (wobei zusätzlich 1 bzw. 2 Leerblätter beigelegt sind). Vom Stammbuch von 1934 sind zwei von Horváth nicht korrigierte Exemplare (T5 bzw. T6) erhalten. Diese sind textidentisch und umfassen 73 Blatt (bei zusätzlich je zwei Leerblättern). Wie ein genauer Textvergleich zeigt, hat Krischke in der Kommentierten
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Chronologisches Verzeichnis
Werkausgabe das von Horváth korrigierte erste Stammbuch von 1933 (T2 = TS2) als Textgrundlage verwendet. Dieses entspricht in weiten Teilen dem zweiten masch. Stammbuch von 1933 (T3 = TS3). Allerdings weist die Kommentierte Werkausgabe einige nicht ausgewiesene Emendationen gegenüber beiden Fassungen auf. So wurde beispielsweise die – wie die mehrfache Korrektur zeigt – für Horváth sichtlich bedeutsame Replik der Unbekannten in der 3. Szene des zweiten Aktes: „Komm, wärme dich an mir, mir ist so kalt“ zu der inhaltlich logischeren, aber wohl inkorrekten Version: „Komm, wärme mich an dir, mir ist so kalt“ korrigiert, die sich so auch in dem erwähnten Stammbuch von 1947 findet (vgl. TS5/SB Georg Marton 1947, S. 19, Horváth 1961, S. 221, GW II, S. 160 und KW 7, S. 31), jedoch weder in der Typoskript-Fassung TS1, noch in den drei masch. Stammbüchern von 1933 und 1934 (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 24, TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 25, TS3/ÖLA 27/W 13, Bl. 26 und TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 26). Die Passage über die Blume, die die Unbekannte verloren geglaubt hat, in der 21. Szene des zweiten Aktes findet sich in allen Krischke-Ausgaben (Horváth 1961, S. 229, GW II, S. 171 und KW 7, S. 43f.), was ein deutlicher Hinweis darauf ist, dass das korrigierte erste Stammbuch von 1933 (T2 = TS2, entspricht großteils T3 = TS3) bzw. das Stammbuch von 1947 die Grundlage für die drei Ausgaben abgab. Denn diese Passage findet sich nur dort (vgl. TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 39, TS3/ÖLA 27/W 13, Bl. 40 und TS5/SB Georg Marton 1947, S. 30), aber weder in der Typoskript-Fassung (vgl. TS1/ ÖLA 27/W 14, Bl. 38) noch im Stammbuch von 1934 (vgl. TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 40). Bei dem Stammbuch T4 handelt es sich um einen Durchschlag von T3. Auf dem inneren Titelblatt wurde jedoch im Titel mit Bleistift von fremder Hand „Eine“ wieder zu „Die Unbekannte“ rückgängig gemacht. Auch auf der grünen Mappe, die das Stammbuch umgibt, findet sich der masch. Titel „Die Unbekannte aus der Seine“. T5 = ÖLA 27/W 17 – o. BS, Bl. 1–75 Stammbuch des Georg Marton Verlags, Wien 1934, Typoskript, 75 Blatt unliniertes Papier (284 × 224 mm), dünn, Durchschlag, gelocht, geheftet, grüne Mappe mit Aufdruck des Georg Marton Verlags, hs. Eintragung mit Bleistift von fremder Hand, Paginierung 3–73 auf Bl. 4–74
T6 = ÖLA 27/W 18 – o. BS, Bl. 1–75 Stammbuch des Georg Marton Verlags, Wien 1934, Typoskript, 75 Blatt unliniertes Papier (284 × 224 mm), dünn, Durchschlag, gelocht, geheftet, grüne Mappe mit Aufdruck des Georg Marton Verlags und hs. Vermerk „3003“ auf Etikett mit schwarzer Tinte von fremder Hand, Stempel „Éditions Georges Marton / 150, Bd Haussmann, Paris 8e“ auf dem inneren Titelblatt, Visitenkarte der Éditions Georges Marton, Paris, beigelegt, Paginierung 3–73 auf Bl. 4–74 TS4 = Endfassung mit Werktitel „Eine Unbekannte aus der Seine. Komödie in drei Akten und einem Epilog von Ödön Horváth“ (nicht gedruckt)
Aus welchen Gründen das Stammbuch von 1934 angefertigt wurde, ist nicht mehr zu klären. T5 ist in eine Mappe geheftet, die den Titel „Die Unbekannte aus der Seine“ trägt. Auf dem inneren Titelblatt steht jedoch der Titel „Eine Unbekannte aus der Seine“, für den Horváth sich entschieden hatte (vgl. TS1 und TS2). Eine genaue Textvorlage für dieses Stammbuch fehlt. Möglicherweise hat sich Horváth doch noch einmal für die Typoskript-Fassung (TS1) von 1933 entschieden. Die meisten Änderungen, die das Stammbuch T5 gegenüber den beiden Stammbuch-Fassungen von 1933 (TS2 und TS3) aufweist, gehen wieder in Richtung von TS1. Möglicherweise hat der Marton Verlag eigenhändig das erste Stammbuch von 1933 ohne
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Konzeption
die Korrekturen Horváths (TS2, Grundschicht) noch einmal vervielfältigt oder ein neues Stammbuch auf der Grundlage des Typoskripts T1 (TS1) hergestellt. Da die Mappe, die T1 umgibt, ebenfalls den Vermerk „Stammbuch“ trägt, könnte es sein, dass der Verlag diese Fassung für die endgültige hielt. Die Mappe von T2 trägt zwar den Vermerk „endgultig Stamm“, also: endgültiges Stammbuch, was aber vielleicht übersehen oder erst später notiert wurde (vgl. die Kommentare zu T1 und T2). Ein genauer Textvergleich zeigt, dass alle drei Fassungen durch kleine Unterschiede voneinander abweichen, wobei TS4 der Korrekturschicht von TS1 bzw. der Grundschicht von TS2 am nächsten steht: Eine signifikante Abweichung von TS4 gegenüber beiden Fassungen findet sich bereits im Schauplatzverzeichnis, wo es in TS4 „Das Stück“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 3) heißt statt des von TS1 und TS2 geführten „Dieses Stück“ (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 2 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 2). In der 1. Szene des ersten Aktes wurde „Dreitausend“ in TS4 richtig geschrieben (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 5), in TS2 findet sich der Tippfehler „Dreitsausend“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 4), was ein erster Hinweis darauf ist, dass es sich bei T5 keinesfalls um einen einfachen Durchschlag von T2 handelt. In der 2. Szene des ersten Aktes heißt es in TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 6 in einer Replik Nicolos: „Er muss mittun“ statt des von TS2 in der Korrekturschicht geführten: „Er muss“, das jedoch in der Grundschicht und in TS1 gleichfalls: „Er muss mittun“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 5 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 5) lautet. In der 9. Szene des ersten Aktes wurde die Korrektur der Szenenanweisung von TS2 wieder rückgängig gemacht. Hier heißt es wie in TS1 und in der Grundschicht von TS2: „(Ernst, ein Vertreter, erscheint nun etwas ungeduldig in der Türe der Blumenhandlung. Er hat ein sicheres Auftreten und ist äusserst zungenfertig.)“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 12; ebenso in: TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 10 und in der Grundschicht von TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 11; Korrekturschicht anders) Ebenfalls in der 9. Szene des ersten Aktes heißt es in einer Replik Ernsts in TS4 und TS1: „Was denn los?“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 12 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 11), während TS2 schon in der Grundschicht: „Was ist denn los?“ führt (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 12). In der 10. Szene des ersten Aktes lautet eine Replik Alberts in TS4 wie in TS1 und in der Korrekturschicht von TS2: „Was los?“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 14, TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 12 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 13; in der Grundschicht von TS2: „Was ist los?“) In der 12. Szene des ersten Aktes heißt es in der Szenenanweisung in TS4 wie in TS1: „Ernst kommt nun wieder aus der Blumenhandlung mit einem feuchten Umschlag auf der Stirne. Irene bemerkt ihn erst, da er zu sprechen beginnt.“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 16 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 14), während in TS2 schon in der Grundschicht „nun“ fehlt und die Konjunktion im letzten Teil des zweiten Satzes „als“ lautet (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 15). Ebenfalls in der 12. Szene des ersten Aktes heißt es in TS4, in TS1 und in der Korrekturschicht von TS2: „Aber Ernst, sollst doch liegen“, während die Grundschicht von TS2: „Aber Ernst, du sollst doch liegen“ führt (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 14, TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 15 und TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 16). In der 14. Szene des ersten Aktes heißt es in TS4 wie in TS1 und in der Grundschicht von TS2 in einer Replik Alberts: „Ja. Jetzt ja“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 17; ebenso in TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 15, wo Horváth in der masch. Grundschicht geschrieben hatte: „Ja. Jetzt tu ich mit“, dies aber zu „Ja. Jetzt ja“ korrigiert). In TS2 findet sich in der masch. Grundschicht: „Ja. Jetzt ja“, wobei Horváth an das zweite „ja“ hs. ein „wohl“ anhängt, sodass es in der Korrekturschicht heißt: „Ja. Jetzt jawohl“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 16). In derselben Szene lautet eine Replik Alberts in TS4: „Er hatte mal etwas mit der Hausmeisterstochter, aber dann war es über Nacht aus, weil sie ihn im dritten Stock links mit
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Chronologisches Verzeichnis
der Gattin des Ingenieurs überrascht hat“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 18), während TS1 und TS2 „bei der Gattin“ führen (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 16 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 17). In der 15. Szene des ersten Aktes heißt es in der Szenenanweisung in TS4 wie in TS1: „Der Uhrmacher erscheint in seiner Ladentüre, bleibt stehen und blickt interessiert in den Himmel empor.“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 18 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 16) In TS2 findet sich stattdessen: „in der Ladentür“ und „zum Himmel“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 17). In derselben Szene lautet eine Regieanweisung in TS4 wie in TS1: „verschwindet wieder in seinem Laden“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 18 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 16), während TS2: „in seinen Laden“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 18) aufweist. In der 16. Szene des ersten Aktes heißt es in einer Replik Nicolos in TS4: „Dieser Sonderling hat mir nicht gefallen -“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 19), während TS1 und TS2 dem noch ein: „Albert.“ voranstellen (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 17 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 18). In der 18. Szene des ersten Aktes heißt es in der Replik der Unbekannten in TS4 wie in TS1: „Sehens, oft in der Nacht denke ich an die armen Toten.“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 21 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 18), während TS2: „Sehen Sie, in der Nacht denke ich oft an die armen Toten.“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 20) führt. In der Szenenanweisung des zweiten Aktes heißt es in TS4 wie in TS1 und in der Grundschicht von TS2: „bei der Frau des Ingenieurs“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 23 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 20), während in TS2 in der Korrekturschicht „Frau“ durch „Gattin“ ersetzt wird (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 22). Weiters führt TS4 hier: „Man hört ihn [den Tango; Anm.] gedämpft bis auf die Gasse hinab“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 23), während TS1 und TS2 an dieser Stelle „herab“ aufweisen (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 20 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 22). In der 1. Szene des zweiten Aktes findet sich in der Szenenanweisung in TS4 wie in TS1 „soeben“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 23 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 20) statt „eben“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 22). In derselben Szene heißt es in TS4 wie in TS1 in einer Replik Emils: „Jaja, so vergehen die Lebensabschnitte“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 24 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 21), während in TS2 in der Korrekturschicht „Jaja, so“ (Grundschicht) durch „Ja so“ ersetzt wird (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 23). In der 2. Szene des zweiten Aktes heißt es in der Szenenanweisung in TS4 wie in TS1: „plötzlich stockt er und starrt fasziniert nach links“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 25 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 23), während TS2 hier „blickt“ statt „starrt“ führt (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 24). In der 3. Szene des zweiten Aktes lautet die Replik der Unbekannten in TS4 wie in TS1: „Oh jetzt hab ich deine Blume verloren ---“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 25 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 24), während in TS2 schon in der Grundschicht „meine Blume“ steht (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 25). In derselben Szene heißt es in der Replik der Unbekannten in TS4: „Bei dir könnt ich vergessen, wer ich bin und was ich bin -“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 26), während TS1 hier: „aus was ich bin --“ (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 24) führt und in TS2 das in der Grundschicht getippte „was ich bin“ in der Korrekturschicht von Horváth durch „aus was ich bin“ ersetzt wird (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 25). Und wenig später in derselben Szene lautet die für das Stück und, wie sich anhand der häufigen Überarbeitungen dieser Stelle zeigt, auch für Horváth wichtige Replik der Unbekannten in TS4: „Komm wärme dich an mir, mir ist so kalt“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 26) wie in TS1 und in der Korrekturschicht von TS2 (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 24 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 25, hier allerdings mit Komma nach “Komm”; in der Grundschicht hatte es noch geheißen: „du bist so kalt“, was aber wohl eine ‚Emendation‘ vonseiten des Verlags war, denn in der Textgrundlage TS1 war ja die richtige Variante gestanden). Und noch ein-
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Konzeption
mal in der 3. Szene des zweiten Aktes heißt es in einer Replik der Unbekannten in TS4: „Wer bist du denn?“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 26), während TS1 und TS2: „Was bist du denn?“ führen (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 24 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 26). Wenig später in derselben Szene lautet eine Replik Alberts in TS4 wie in TS1: „Nur so. Ich bin ein Mann“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 27 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 25; hier: „Nur so?“), während in TS2 „Nur so.“ schon in der Grundschicht fehlt (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 26). Und noch einmal in derselben Szene heißt es in TS4: „Ein Mann – dumm das klingt“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 27), während TS1 und TS2 hier die korrekte Variante führen: „Ein Mann – wie dumm das klingt.“ (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 25 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 26) In der 4. Szene des zweiten Aktes lautet eine Replik Alberts in TS4: „Verzeih mir, aber du siehst es ja: ich werde erwartet“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 27) wie in TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 25, während TS2 folgende Variante aufweist: „Verzeih, aber du siehst ja, ich werde erwartet.“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 26) In der 6. Szene des zweiten Aktes lautet eine Replik Silberlings in TS4: „Ich bin schon mit anderen Subjekten fertig geworden“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 29), während TS1 und TS2 dem ein „Sie“ voranstellen (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 27 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 28). In der 9. Szene des zweiten Aktes lautet eine Replik Klaras in TS4: „vielleicht lebt er noch, ich glaube es zwar selber nicht“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 31), in TS1: „Vielleicht lebt er noch, ich glaubs zwar selber nicht“ (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 29) und in TS2: „vielleicht lebt er noch, ich glaubs zwar nicht.“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 30) Und in derselben Szene heißt es in einer Replik der Hausmeisterin in TS4 wie in TS1: „Au! Ungeheuer“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 31 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 29), während TS2 „Au! Du Ungeheuer“ führt (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 30). In der Szenenanweisung der 12. Szene des zweiten Aktes ist in TS4 „Hauseinwohner“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 32) zu lesen, während TS1 „Hausinwohner“ und TS2 „Hausbewohner“ schreiben (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 30 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 31). In derselben Szene lautet eine Replik Klaras in TS4 wie in TS1 und in der Grundschicht von TS2: „Tote bringen Glück. Immer schon“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 32, TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 31 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 32), während in der Korrekturschicht von TS2 die Replik um die Regieanweisung „beobachtet gehässig die Gattin des Ingenieurs“ ergänzt und „Immer schon“ gestrichen ist (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 32). In der 14. Szene des zweiten Aktes findet sich in TS4 wie in TS1 und in der Grundschicht von TS2 die Replik Emils: „durch und durch muss man sich kennen, bevor man an den Traualtar tritt. Ich und Lucille haben es ja ebenso gemacht und vielleicht sind diese halbheimlichen Stunden die schönsten Stunden unseres Daseins.“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 33; ebenso in TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 31 und in der Grundschicht von TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 32; in der Korrekturschicht von TS2 wird „kennen“ gestrichen, „Traualtar“ durch „Altar“ ersetzt und das zweite „Stunden“ durch „Sekunden“) In der 16. Szene des zweiten Aktes heißt es in der Szenenanweisung von TS4: „an der Türe“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 34), während TS1 und TS2 „in der Türe“ führen (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 32 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 33). In der 19. Szene des zweiten Aktes lautet eine Replik des Polizisten in TS4: „Wenn aber ein jeder Staatsbürger auf demselben Fleck steht“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 38), während TS1 und TS2 „auf demselben Fleck“ um „grad“ erweitern (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 36 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 37). In der Szenenanweisung der 20. Szene des zweiten Aktes ist in TS4 „Hausbesorgerin“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 39) zu lesen, während TS1 und TS2 „Hausmeisterin“ (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 37 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 38) schreiben. In derselben Szene weisen TS4 und TS1 „Kellerstieg“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 39 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 37) auf, während TS2 „Kellerstiegn“ (TS2/ÖLA 27/
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Chronologisches Verzeichnis
W 15, Bl. 38) führt. Am Ende der 21. Szene des zweiten Aktes fehlt in TS4 wie in TS1 und in der Grundschicht von TS2 die in der Korrekturschicht von TS2 hinzugefügte Replik der Unbekannten über die Blume, die sie verloren geglaubt hat (vgl. TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 38, TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 39 und TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 40 sowie die Kommentare zu TS2 und TS5). In der 22. Szene des zweiten Aktes heißt es in einer Replik Ernsts in TS4 wie in TS1 und in der Grundschicht von TS2: „dunkel vorherbestimmt“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 40, TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 38 und TS2/ÖLA 27/ W 15, Bl. 39), wogegen Horváth in der Korrekturschicht von TS2 „überraschend vorherbestimmt“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 39) schreibt. In derselben Szene führen TS4 und TS1 „verkühlen“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 40 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 38), während TS2 bereits in der Grundschicht „erkälten“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 39) aufweist. In der 24. Szene des zweiten Aktes heißt es in TS4 wie in TS1: „besser ist, wie das beim Blau“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 43 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 41), wohingegen TS2 „besser ist als das beim Blau“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 42) führt. Eine Szenenanweisung zum dritten Akt lautet in TS1 und TS4 „schweres Gewitter“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 45 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 42), während TS2 „schwarzes Gewitter“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 44) führt. In der 1. Szene des dritten Aktes heißt es in einer Replik Mathildes in TS1 wie in TS2: „weil ich nämlich wiedermal von meinem Seligen geträumt hab“ (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 43 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 45), wohingegen in TS4 „nämlich“ fehlt (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 46). In der 4. Szene des dritten Aktes findet sich in einer Replik der Unbekannten in TS4 „in den Koffern“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 51) statt des korrekten „in dem Koffer“, das TS1 und TS2 (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 48 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 50) führen. In der 6. Szene des dritten Aktes lautet eine Regieanweisung zu Albert in TS4 „hat zwei Likörgläser gefüllt“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 53), während TS1 und TS2 „hatte zwei Likörgläser gefüllt“ (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 50 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 52) aufweisen. In derselben Szene erscheint in TS4 in einer Replik der Unbekannten wieder wie in TS1 und in der Grundschicht von TS2 die „Gicht“, die der Großvater hat, die jedoch in der Korrekturschicht von TS2 weggestrichen wird (vgl. TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 52, TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 53 und TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 54). In derselben Szene lautet in einer Replik der Unbekannten die Charakterisierung ihrer Großmutter in TS4 wie in TS1: „eine anerkannte Schönheit aus Blut und Milch“ (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 52 und TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 54), während TS2 umgekehrt „aus Milch und Blut“ (TS2/ÖLA 27/ W 15, Bl. 54) schreibt. In der 7. Szene des dritten Aktes heißt es in der Replik Ernsts in TS4 wie in TS1: „Dürfte ich Sie um vier Augen bitten?“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 58 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 56) TS2 führt demgegenüber in der Grundschicht: „Dürfte ich Sie bitten, unter vier Augen --“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 57; wohl eine ‚Emendation‘ des Verlags), was jedoch in der Korrekturschicht von Horváth wieder zu der Formulierung von TS1 geändert wird. In derselben Szene lautet eine Replik der Unbekannten in TS4 wie in TS1 und in der Grundschicht von TS2: „na, wenn es einen lieben Gott gibt, dann gehört der aber exemplarisch bestraft“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 59, TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 57 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 58), während in der Korrekturschicht von TS2 „na“ durch „und“ ersetzt wird. In der 8. Szene des dritten Aktes heißt es in einer Replik Irenes in TS4 wie in TS1: „Ich habs doch verboten, dass du sie ihm zurück“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 60 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 58), während TS2: „Ich habe doch verboten, dass du sie ihm zurück“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 59) führt. In derselben Szene heißt es in einer weiteren Replik Irenes in TS4: „Immer hast du nur Maus zu mir gesagt“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 60), während in TS1 und TS2 „du“
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Konzeption
(TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 58 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 60) fehlt. In der 9. Szene des dritten Aktes lautet eine Replik der Unbekannten in TS4: „und dann ist das alles nicht wahr, was dieser Herr da erzählt“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 61f.), während TS1 und TS2 „da“ durch „hier“ (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 59 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 61) ersetzen. In derselben Szene lautet eine Replik Ernsts in TS4 wie in TS2: „Le roi est mort, vive le roi!“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 63 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 62), während TS1 hier das inkorrekte: „Le roi mort, vive le roi!“ (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 61) führt. In der 10. Szene des dritten Aktes heißt es in einer Replik Irenes in TS4 wie in TS1: „Was ist auch eine kleine Unterschlagung neben einem verdorbenen Lebensweg?“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 63 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 61), wohingegen TS2 „gegen einen verdorbenen Lebensweg?“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 63) schreibt. In derselben Szene lautet eine Replik der Unbekannten in TS4 wie in TS1: „Zu mir, die du vielleicht schon länger kennst, wie manche Andere ---“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 64 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 62), während TS2 „als manche andere“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 63) führt. In der 11. Szene des dritten Aktes heißt es in einer Replik der Unbekannten in TS4: „Mit dieser Hand hast du es getan“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 66), während in TS1 und TS2 „du“ fehlt (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 63 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 65). In derselben Szene heißt es in einer Regieanweisung zu Albert und der Unbekannten in TS4: „fixieren einander wieder“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 67), während TS1 und TS2 „sich“ statt „einander“ (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 65 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 67) führen. In der Szenenanweisung zum Epilog findet sich in TS1 und TS2 die Formulierung: „Totenmaske der Unbekannten in der Seine“ (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 66 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 68), während TS4 die wohl korrektere Formulierung: „aus der Seine“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 68; vgl. die Anmerkungen zur nachträglichen Titelkorrektur im Kommentar zu TS1) führt. In der 2. Szene des Epilogs heißt es in der Szenenanweisung in TS4 „mit dem kleinen dreijährigen Albert“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 70), während TS1 und TS2 die wohl korrekte Variante: „mit dem dreijährigen kleinen Albert“ (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 68 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 70) aufweisen, weil der Figurenname der entsprechenden Figur ja „Der kleine Albert“ lautet. In der 4. Szene des Epilogs heißt es in einer Replik Irenes in TS4 wie in TS1: „Ich habs dir doch gesagt!“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 71 und TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 70), während TS2 „habe“ statt „habs“ (TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 72) führt. In der 5. Szene des Epilogs heißt es in TS4 in Emils Replik: „Na, das ist aber reizend, dass Ihr wieder mal an uns denkt!“ (TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 72), während TS1 und TS2 „mal wieder“ (TS1/ÖLA 27/ W 14, Bl. 70 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 72) schreiben. In derselben Szene heißt es in Emils Replik in TS4 wie in TS1 und in der Grundschicht von TS2 „aus der Seine“ (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 70, TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 72 und TS4/ÖLA 27/W 17, Bl. 72) statt „aus dem Wasser“, was die Variante der Korrekturschicht von TS2 ist. Wie man aus der Aufstellung ersehen kann, steht TS4 der Korrekturschicht von TS1 und der Grundschicht von TS2 sehr nahe, mit denen sie großteils identisch ist, wobei sie jedoch in den meisten Fällen näher bei TS1 steht, da ja auch TS1 und die Grundschicht von TS2 nicht vollkommen identisch sind. Dass es sich bei T5 nicht einfach um einen Durchschlag der masch. Grundschicht von T2 handelt, lässt sich schon aus der simplen Tatsache schließen, dass der Satzspiegel der beiden Stammbuch-Fassungen unterschiedlich ist, weshalb T2 74 Blatt umfasst, T5 aber nur 73 (ohne die jeweils hinzugefügten Leerblätter). Weitere Hinweise ergeben sich aus dem unterschiedlichen Schauplatzvermerk am Beginn des Stückes, aus der unterschiedlichen Realisation der
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Replik Alberts: „Was los?“ in der 10. Szene des ersten Aktes und der Replik der Unbekannten: „Komm wärme dich an mir, mir ist so kalt“ in der 3. Szene des zweiten Aktes (vgl. oben). Das Stammbuch T5 wurde also wahrscheinlich auf der Grundlage von T1 neu getippt, wobei beabsichtigter- oder unbeabsichtigterweise ein paar kleinere Unterschiede zur Vorlage zustande gekommen sind. Bei dem Stammbuch T6 handelt es sich um einen Durchschlag von T5. Die beiden Typoskripte sind also textidentisch. T6 ist in eine ähnliche grüne Mappe geheftet wie T5 und trägt wie dieses den masch. Titelaufdruck „Die Unbekannte aus der Seine“, während auf dem inneren Titelblatt der korrekte Titel „Eine Unbekannte aus der Seine“ zu lesen ist. Allerdings ist T6 mit einem Stempel der französischen Exil-Niederlassung des Marton Verlags „Éditions Georges Marton / 150, Bd Haussmann, Paris 8e“ versehen. D1 = Die Unbekannte aus der Seine. Komödie (Exemplar in: ÖLA 84, Schachtel 54) Stammbuch des Georg Marton Verlags, Wien 1947, hs. Eintragungen mit Kugelschreiber von fremder Hand, Paginierung 3–57 TS5 = Endfassung mit Werktitel „Die Unbekannte aus der Seine. Komödie in drei Akten und einem Epilog von Ödön von Horváth“ (nicht gedruckt) Druck in: Horváth 1961, S. 205–247.
Bei der Stammbuch-Fassung von 1947 handelt es sich um den ersten tatsächlichen Druck der „Komödie“ Eine Unbekannte aus der Seine in Form eines hektografierten Stammbuchs, allerdings unter dem Titel „Die Unbekannte aus der Seine“. Grundlage dieses Stammbuchs dürfte das von Horváth hs. überarbeitete masch. Stammbuch T2 von 1933 gewesen sein. Die Fassung TS5 weist jedoch einige nicht ausgewiesene Änderungen gegenüber der Fassung TS2 auf. So lautet etwa in der 3. Szene des zweiten Aktes die entscheidende Replik der Unbekannten: „Komm, wärme mich an Dir, mir ist so kalt.“ (TS5/SB Georg Marton 1947, S. 19) statt „Komm, wärme Dich an mir, mir ist so kalt.“ (TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 24 und TS2/ÖLA 27/W 15, Bl. 25) Bei dieser Änderung dürfte es sich um einen Eingriff des Verlags handeln, der jedoch folgenschwer war, ging er doch in alle von Traugott Krischke besorgten Ausgaben des Stückes ein (vgl. Horváth 1961, S. 221, GW II, S. 160 und KW 7, S. 31). Der Fassung ist überdies eine „Anmerkung für den Regisseur“ vorangestellt, die in den entsprechenden Vorlagen aus Horváths Hand fehlt. Dort heißt es: „Dieses Stück wurde bei seiner letzten Aufführung in Wien im Studio der Hochschulen, in einer Dekoration gespielt. Das Bühnenbild war so gebaut, daß man in eine kleine Straße hineinsah, auf deren linker Seite das Haus mit dem Uhrmacherladen und ein großer Torbogen waren. Auf der rechten Seite, dem Uhrmachergeschäft gegenüber, war das Haus mit dem Blumenladen. Dahinter war der Fluß angedeutet mit einem Geländer und einer kleinen Uferstraße, die quer über die Bühne verlief und an deren Rand einige Sträucher standen. Diese ganze Dekoration war ziemlich kurz nach vorne gebaut und hinter dem Fluß sah man eine kahle, trostlose Hauswand, angedeutete Dachgiebel und angedeutete Fenster, alles auf einen Prospekt gemalt. / Große Pause nach dem 2. Akt. / Im 3. Akt wurde der, die Hauswand darstellende Prospekt in die Höhe gezogen und gab das Licht frei auf die Dekoration des möblierten Zimmers, in welchem die Vorgänge des 3. Aktes spielen. Nach dem 3. Akt dunkel. In einer ganz kurzen Pause wurden die Firmenschilder der Blumenhandlung und des Uhrmacher-
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Endfassung, emendiert
geschäftes in Firmenschilder einer Wäscherei und einer Buchhandlung umgewandelt und ebenso die gemalten Schaufensterauslagen. Der Prospekt wurde heruntergelassen und der Epilog spielte unmittelbar anschließend an den 3. Akt.“ (TS5/SB Georg Marton 1947, S. 2) Wer diese Anmerkung verfasste und wann er dies tat, lässt sich nicht mehr eruieren. Jedenfalls bezieht sich der Verfasser damit auf die lange Zeit als Uraufführung der Unbekannten gehandelte Aufführung des Stückes im sogenannten „Studio der Hochschulen“ in der Kolingasse in Wien IX (Regie: Kurt Radlecker). Die Premiere fand dort am 2. Dezember 1949 statt. Damit ist klar, dass die „Anmerkung“ frühestens aus dem Jahr 1949 stammen kann und der vorliegende Stammbuchdruck zwar auf 1947 datiert ist, aber später entstanden sein muss. Wahrscheinlich handelt es sich um eine spätere, leicht veränderte Auflage. Die eigentliche Uraufführung des Stückes hatte ja bereits am 16. September 1947 am Volkstheater in Linz-Urfahr stattgefunden. Dieser hatte wohl die erste Auflage des Stammbuchdrucks D1 vorgelegen. Im Nachlass Traugott Krischke (ÖLA 84/Schachtel 19/2) findet sich ein Blatt, dessen Herkunft nicht mehr eruierbar ist, das aber die Abschrift einer Rezension zu der Aufführung im Theater in der Kolingasse enthält. Dort heißt es: „Dieses schwierige, überaus dunkle Stück Horváths verlangt tiefen Einblick in Horváths Schaffenswelt, um in der Inszenierung das Untergründig-Weltfremde Gestalt werden zu lassen, ohne dabei aber in Sentimentalität einerseits oder flaches Gerede andererseits abzurutschen. Dies scheint bei der Aufführung im Studio der Kolingasse nur zu einem gewissen Teil vorhanden gewesen zu sein, nicht immer gelang ein inhaltlich und handlungsmäßig einheitlicher, gestraffter Szenenablauf. Dennoch konnten die Studierenden einen sehr erfolgreichen Abend verbuchen; nicht zuletzt dank der Hauptdarstellerin Lona Dubois, die der ‚Unbekannten‘ einen unergründlichen Zauber verleihen konnte.“ Dem folgt ein Hinweis auf Besprechungen dieser Aufführung: Weltpresse (12. 1949), Die Presse (6. 12. 1949), Arbeiterzeitung (8. 12. 1949), Die Furche (12. 1949) und Die Volksstimme (ohne Datum). Auch eine Besetzungsliste findet sich auf dem Blatt. Neben der bereits erwähnten Lona Dubois in der Titelrolle spielten der Regie führende Kurt Radlecker als Albert, Hanna Wihan als Irene, Herbert Fuchs als Emil, Bibiana Zeller als Hausmeisterin, Hermi Niedt als ihre Tochter Klara, Claus Scholz als Polizist, Wolfgang Litschauer, Gerhard Mörtel und Friedrich Haupt als die drei Verbrecher, wobei nicht ganz klar ist, wer damit gemeint ist, kommen doch in Horváths Stück nur zwei Verbrecher, Silberling und Nicolo, vor. Das Bühnenbild gestaltete Wolfram Skalicki.
Eine Unbekannte aus der Seine. Komödie in drei Akten und einem Epilog (Endfassung, emendiert) Die emendierte Endfassung folgt dem masch. Stammbuch T2, das auch die Grundlage der Endfassung TS2 bildet. Die Fassung wurde nach den Rechtschreibregeln der Entstehungszeit (Duden 1929) normalisiert. Davon abweichend wurden Horváths Eigenheiten der Fremdwortschreibung bzw. bewusste Verballhornungen beibehalten, z.B. Cretin. Die Formatierung der Szenenanweisungen wurde insofern vereinheitlicht, als die im Stammbuch fallweise gesetzten Klammern zu Beginn und am Ende einer Szenenanweisung weggelassen und durch einen abschließenden Punkt ersetzt wurden.
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Chronologisches Verzeichnis
Strichlierte Unterstreichungen, wie sie das Stammbuch aufweist, wurden als einfache Unterstreichungen realisiert. Ein und zwei kurze Striche erscheinen als ein langer Gedankenstrich, drei und mehr kurze Striche als zwei lange Gedankenstriche. Drei Punkte, wie sie das Stammbuch in sehr uneinheitlicher Form setzt, wie sie aber von Horváth nie verwendet werden (vgl. TS1), wurden als einfacher Gedankenstrich realisiert. Fehlende Artikel bei den Figurennnamen „Die Unbekannte“ und „Der Uhrmacher“ wurden ergänzt. In der 4. Szene des dritten Aktes wurde in der Replik Alberts „totrecht“ zu „todrecht“ verbessert. In der Szenenanweisung des Epilogs wurde „gefindet“ zu „befindet“ korrigiert. In der 4. Szene des Epilogs wurde in der Replik Irenes „habe“ zu „habs“ (vgl. K/TS1/ÖLA 27/W 14, Bl. 70) emendiert. Alle weiteren Normalisierungen finden sich in den Editionsprinzipien am Ende dieses Bandes aufgelistet (vgl. S. 626).
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Ödön von Horváth
Hin und her Herausgegeben von Martin Vejvar
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Vorwort
Vorwort Hin und her. Posse Uraufführung: unter dem Titel Hin und her. Komödie in zwei Teilen am 13. Dezember 1934 am Schauspielhaus Zürich (Regie: Gustav Hartung). Dauer der Schreibarbeiten: Mitte 1933 bis Ende 1934; Erwerb der Vertriebsrechte durch den Georg Marton Verlag mit Vertrag vom 25. Juli 1933 unter dem provisorischen Titel „Die Brücke“. Umfang des genetischen Materials: 208 Blatt an Entwürfen und Textstufen, teilweise innerhalb von Stammbüchern des Verlags. Erstdruck in: Ödön von Horváth: Dramen. Ausgewählt von Dora Huhn und Hansjörg Schneider. Berlin (Ost): Volk und Welt 1969.
Datierung und Druck Am 2. Dezember 1934 schreibt Horváth an seine Eltern in München, einerseits um ihnen seine neue Adresse in Berlin bekanntzugeben, andererseits um sie zur Premiere seines neuen Stückes Hin und her einzuladen: Am 13. Dezember wird mein Stück „Hin und her“ am Schauspielhaus in Zürich uraufgeführt, unter der Regie von Gustav Hartung. In einer wunderbaren Besetzung. Horwitz und Kalser, die früher in München waren, spielen auch mit. Leider kann ich unmöglich hin. Aber vielleicht könnt Ihr hinfahren, Du l[ieber]. apus1, hast doch Freikarten – könntest auf den einen Abend wirklich hinfahren. Ich schreibe dann hin und ihr bekommt 2 wunderbare Plätze. Es ist ein Stück mit Musik und Gesang – das erstemal, dass ich Lieder geschrieben habe. Die Musik ist von einem berühmten Komponisten, Hans Gál, und ist wunderbar!2
Die Aufführung in Zürich war für Horváth nicht nur aufgrund seiner ersten Versuche an Liedtexten bedeutsam, sondern sie beendete auch eine lange Durststrecke des Autors, der zuletzt am 18. November 1932 mit Kasimir und Karoline eine Uraufführung feiern konnte. Seit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 und der damit einhergehenden Machtergreifung der NSDAP waren Horváth die Bühnen in Deutschland verschlossen. Eine bereits von Heinz Hilpert am Deutschen Theater in Berlin geplante Aufführung von Glaube Liebe Hoffnung wurde auf Druck der Nationalsozialisten wieder vom Spielplan genommen, das Haus von Horváths Eltern in Murnau von örtlichen SA-Männern durchsucht und am 10. Mai 1933 wurden, so berichtet Lajos von Horváth, Bücher des Autors in München verbrannt.3 1 2 3
Ungarische Anrede für: Papa, Anm. Brief von Ödön von Horváth an seine Eltern vom 2. Dezember 1934, Original in ÖLA 27/B 3. Kurt Bartsch: Ödön von Horváth. Stuttgart/Weimar: Metzler 2000 (= Sammlung Metzler, Bd. 326), S. 12. Traugott Krischke: Horváth-Chronik. Daten zu Leben und Werk. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1988, S. 93.
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Vorwort
Vor dem Hintergrund dieser Ereignisse und des de facto herrschenden Aufführungsverbots seiner Stücke4 beschloss Horváth, obwohl zunächst dank seiner ungarischen Staatsbürgerschaft nicht unmittelbar gefährdet, das nationalsozialistische Deutschland zu verlassen. Bis Mitte März 1933 hielt er sich noch in Murnau und München auf, um schließlich über Salzburg nach Wien zu reisen.5 Das weitere politische Verhalten des Autors aber löste bei einer Vielzahl anderer emigrierter Schriftstellerinnen und Schriftsteller Irritationen aus.6 Zunächst zog Horváth seine bereits zugesagte Unterschrift unter ein Protesttelegramm antifaschistischer Autorinnen und Autoren an den 11. Kongress des Internationalen P.E.N.-Clubs vom 25. bis 28. Mai 1933 in Ragusa mit einer spitzfindigen Begründung zurück: Es weicht in mancher Formulierung beträchtlich von dem ab, was Sie mir gestern telefonisch mitgeteilt haben, so z.B. kann ich doch nicht im Namen der österreich. und geflüchteten Schriftsteller sprechen, da ich weder Oesterreicher noch geflüchtet bin. Ich bin bekanntlich ungarischer Staatsbürger[.]7
Für diese Absage wurde er in der Wiener Arbeiter-Zeitung vom ebenfalls aus Deutschland emigrierten Autor Oskar Maria Graf heftig angegriffen.8 Im Juni desselben Jahres zeigte Horváth eine bemerkenswerte Indifferenz gegenüber der zunehmenden Gleichschaltung der Schriftstellerverbände und inserierte in der Verbandszeitschrift Der Autor noch seine aktuelle Münchener Anschrift, wobei in derselben Rubrik unter den ausgeschiedenen Mitgliedern Namen wie Bertolt Brecht, Heinrich Mann und Kurt Tucholsky vermerkt sind.9 Im September 1933 verweigerte er, nach Lektüre der ersten Ausgabe, die Mitarbeit an der antinazistisch orientierten Literaturzeitschrift Die Sammlung, die von Klaus Mann im Querido Verlag herausgegeben wurde.10 Damit 4
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Die Werke Horváths wurden durch die Nationalsozialisten zunächst nicht ausdrücklich verboten, durch die Auseinandersetzungen rund um Italienische Nacht sowie Geschichten aus dem Wiener Wald und die Verleihung des Kleist-Preises 1931 aber war Horváth bereits ins Visier der nationalsozialistischen Kulturfunktionäre gekommen. Nach der Absage der Inszenierung von Glaube Liebe Hoffnung durch Heinz Hilpert wird schließlich auch eine im Jänner 1933 angekündigte Aufführung von Geschichten aus dem Wiener Wald an den Hamburger Kammerspielen nicht realisiert (vgl. Krischke 1988 [Anm. 2], S. 88). Die Veröffentlichung der „Richtlinien für eine lebendige Spielplangestaltung, aufgestellt vom Dramaturgischen Büro des Kampfbundes für deutsche Kultur“ im September 1933 schließlich verunmöglichen weitere Inszenierungen Horváths vollends. Vgl. Traugott Krischke (Hg.): Materialien zu Ödön von Horváth. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1970, S. 73. Abweichend von den übrigen Quellen deutet Géza von Cziffra an, Horváth habe sich Mitte Mai 1933 wieder in Berlin befunden. Vgl. Géza von Cziffra: Kauf dir einen bunten Luftballon. Erinnerungen an Götter und Halbgötter. München/Berlin: Herbig 1975, S. 236f. Für einen vollständigen Überblick vgl. Christian Schnitzler: Der politische Horváth. Untersuchungen zu Leben und Werk. Frankfurt am Main [u.a.]: Peter Lang 1990, S. 133–153. Brief von Ödön von Horváth an Luitpold Stern vom 3. Mai 1933, zitiert nach Wolfgang Lechner: Mechanismen der Literaturrezeption in Österreich am Beispiel Ödön von Horváth. Stuttgart: Heinz 1978, S. 327. Erhalten als Fotokopie einer maschinenschriftlichen Abschrift in der Stiftung Archiv der Bildenden Künste, Ödön von Horváth Archiv. Abgedruckt in Anonym: Zwischen Budapest und dem Dritten Reich. In: Arbeiter-Zeitung, Wien, 2. 6. 1933. Der Autor. Herausgegeben vom Verband Deutscher Bühnenschriftsteller und Bühnenkomponisten. 8. Jg., Juni 1933, S. 12. Brief von Ödön von Horváth an Fritz Landshoff vom 7. September 1933, Original im Nachlass Klaus Mann am Literaturarchiv der Monacensia, KM B 125.
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Vorwort
stand Horváth zunächst nicht alleine da, denn auch Autoren wie Stefan Zweig, Thomas Mann und René Schickele distanzierten sich nach der Erstausgabe von der Sammlung. Während bei den genannten Autoren allerdings Interventionen ihrer Verleger, die unter dem Druck der Nationalsozialisten standen, die Ursache waren, liegt der Fall bei Horváth anders. Nach der Einleitung der Liquidation des Kiepenheuer Verlags im Sommer 1933,11 der Horváth nach seiner Trennung von Ullstein aufnahm, stand der Autor bei keinem deutschen Verleger mehr unter Vertrag und distanzierte sich somit als einziger Schriftsteller ohne die Veranlassung Dritter vom deutschen literarischen Exil.12 Insgesamt gesehen, versuchte Horváth eine scheinbare Neutralität gegenüber dem sich formierenden „Dritten Reich“ einzunehmen. Während dieser schwierigen Zeit entstand das Stück Hin und her, über das Horváth mit dem Wiener Georg Marton Verlag, noch unter dem provisorischen Titel „Die Brücke“, am 25. Juli 1933 einen Vertrag über die Bühnenverlags- und Vertriebsrechte abschloss.13 Horváth hielt sich ab Mitte April in Wien auf, wo er zunächst im Hotel Bristol und später bei seinem Freund Franz Theodor Csokor wohnte.14 In einem Artikel der Wiener Allgemeinen Zeitung vom 14. September 1933 wird berichtet, dass der Autor „sich nun ständig in Wien aufzuhalten gedenkt“ und sein neues Stück „Hin und her“ „höchstwahrscheinlich um die Weihnachtszeit am Deutschen Volkstheater [in Wien] unter der Regie Karlheinz Martins zur Uraufführung gelangen wird“15. Hierbei handelt es sich um die erste belegte Erwähnung des Stücktitels, allerdings war das Stück noch nicht abgeschlossen, wie aus Horváths Anmerkung hervorgeht, er wisse noch nicht, wer die Bühnenmusik komponieren werde. Mit hoher Wahrscheinlichkeit spricht er dabei über die erste überlieferte Fassung des Stückes, K1/TS1. Die damit vorliegende Fassung wurde bereits vom Marton Verlag mittels Durchschlägen (K1/T2) vervielfältigt, die die Grundlage der weiteren Bearbeitung gemeinsam mit dem aufgrund seiner jüdischen Herkunft aus Deutschland emigrierten Komponisten Hans Gál (1890–1987) darstellen. Daneben macht der Autor noch eine kurze Angabe zur Gattung seines Stückes: „Mein Stück ist eine Posse mit Gesang und man sagt, daß es in mancher Hinsicht an Nestroy und Raimund erinnert.“16 Der Hinweis auf Nestroy und Raimund deutet eine bewusste Neuorientierung in Horváths Schreiben an, wohl um möglichst erfolgreich auf österreichischen Bühnen reüssieren zu können und im Verweis auf die klassischen Vorbilder eine gewisse Distanz zum zeitgenössischen Umfeld zu erzeugen.17 An seinen Freund, den Dramaturgen und Regisseur Rudolph S. Joseph, der Horváth Kontakte zum Film in Aussicht gestellt haben dürfte, schreibt er Ende Oktober desselben Jahres: 11
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Vgl. Cornelia Caroline Funke: „Im Verleger verkörpert sich das Gesicht seiner Zeit“. Unternehmensführung und Programmgestaltung im Gustav Kiepenheuer Verlag 1909 bis 1944. Wiesbaden: Harrassowitz 1999 (= Schriften und Zeugnisse zur Buchgeschichte, Bd. 11), insbesondere S. 193–198. Vgl. Schnitzler 1990 (Anm. 5), S. 141. Vertrag zwischen Ödön von Horváth und dem Georg Marton Verlag vom 25. Juli 1933. Das Original befindet sich im Besitz des Thomas Sessler Verlags, Wien. Der spätere Titel Hin und her wurde handschriftlich von fremder Hand auf dem Vertrag ergänzt. Heinz Lunzer/Victoria Lunzer-Talos/Elisabeth Tworek: Horváth. Einem Schriftsteller auf der Spur. Salzburg [u.a.]: Residenz 2001, S. 108. Anonym: Ödön von Horváth über sein neues Stück. In: Wiener Allgemeine Zeitung, 14. 9. 1933. Ebd. Vgl. Bartsch 2000 (Anm. 2), S. 125f.
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Vorwort
In der letzten Zeit habe ich zwei Stücke geschrieben, betitelt „Eine Unbekannte in der Seine“ und „Hin und her“. […] Das zweite Stück ist eine Posse mit Gesang, ein höherer Blödsinn, und das wird aufgeführt, und zwar am hiesigen Deutschen Volkstheater mit Moser und wahrscheinlich der Niese unter [Karl Heinz] Martins Regie so um Sylvester herum.18
Horváth erwähnt weiters, dass er, anders als im Fall des abgeschlossenen Stückes Eine Unbekannte aus der Seine, von Hin und her nur eine vorläufige Fassung bei der Hand habe, da er „an den Verserln noch zu schwitzen“ habe, womit die Liedtexte gemeint sind. Im selben Brief schlägt Horváth Joseph außerdem vor, eine Filmbearbeitung von Nestroys Posse Einen Jux will er sich machen (1842) zu versuchen.19 Darin verdeutlicht sich ein weiteres Mal das Bestreben des Autors, sich einen festen Platz im österreichischen Kulturbetrieb zu verschaffen. Die in diesem Brief erneut angekündigte Uraufführung zu Ende des Jahres fand aber nicht statt, obwohl Die Deutsche Bühne, Amtliches Blatt des Deutschen Bühnenvereins, am 15. November 1933 die Annahme des Stückes durch den Georg Marton Verlag verzeichnet und zugleich eine bevorstehende Inszenierung am Deutschen Volkstheater in Wien bekanntgegeben hatte.20 Neuerlich erwähnt wird das Stück in einem in der Wiener Allgemeinen Zeitung vom 11. Januar 1934 veröffentlichten Gespräch mit dem Autor, das das Stück Eine Unbekannte aus der Seine zum Thema hat. Dort berichtet Horváth: Voraussichtlich im Februar dürfte ein anderes Stück von mir, das vorher fertig wurde, „Hin und her“ am Deutschen Volkstheater herauskommen. Zu diesem Stück hat der Komponist Hans Gal, der bereits von der Städtischen Oper in Berlin aufgeführt wurde, eine meiner Ansicht nach sehr entzückende Musik geschrieben.21
Zu diesem Zeitpunkt liegt das Stück bereits in einer vollständigen Fassung (K1/TS2/A2) vor, für die Hans Gál nicht nur die Musik komponiert22, sondern auch aktiv an der Erarbeitung der Liedtexte mitgewirkt hat. Hans Gál berichtet in einem Schreiben an Traugott Krischke aus den 1970er-Jahren, er habe Horváth im Herbst 1933 kennengelernt und sei von ihm auf eine Kooperation für Hin und her angespro-
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Brief von Ödön von Horváth an Rudolph S. Joseph vom 30. Oktober 1933, zitiert nach einem Faksimile in Evelyne Polt-Heinzl/Christine Schmidjell: Geborgte Leben. Ödön von Horváth und der Film. In: Klaus Kastberger (Hg.): Ödön von Horváth. Unendliche Dummheit – dumme Unendlichkeit. Wien: Zsolnay 2001 (= Profile. Magazin des Österreichischen Literaturarchivs, Bd. 8), S. 193–261, hier S. 242f., Original im Deutschen Exilarchiv, Frankfurt am Main, Signatur EB/96/111. Über Arbeiten am „Jux“ berichtet Horváth später in einem Brief an Hans Geiringer vom 16. September 1934. Als freie Bearbeitung von Nestroys Einen Jux will er sich machen lief 1935 der Film Das Einmaleins der Liebe an, für den Horváth das Drehbuch miterarbeitet hatte. Vgl. PoltHeinzl/Schmidjell 2001 (Anm. 18), S. 241–246. Krischke 1988 (Anm. 2), S. 103. Aufgrund eines Druckfehlers wurde bei der Bekanntgabe der Annahme des Stückes durch das Deutsche Volkstheater am 15. November 1933 zunächst S. Fischer als Verleger genannt, die nächste Ausgabe der Deutschen Bühne vom 11. Dezember 1933 brachte eine Berichtigung. Vgl. Die Deutsche Bühne, Jg. 25, 15. 11. 1933, S. 253 sowie Jg. 25, 11. 12. 1933, S. 282. Anonym [i.e. Piero Rismondo]: Oedön-Horváth-Premiere am Reinhardt-Seminar. In: Wiener Allgemeine Zeitung, 11. 1. 1934. Im Werkverzeichnis Hans Gáls wird die Bühnenmusik zu Hin und her unter den Werken ohne Opuszahl geführt. Vgl. Günter Brosche (Red.): Musikalische Dokumentation Hans Gál. Wien: Österreichische Nationalbibliothek 1987, S. 17.
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chen worden.23 Ein gesichertes Datum für den Beginn der Zusammenarbeit gibt es aber nicht.24 Aus seiner Erinnerung schildert der Komponist die Zusammenarbeit mit Horváth: Ganz nebenbei: die meisten Song-Texte in „Hin und Her“ habe ich selbst geschrieben; Horvath hatte Mühe damit, denn er hatte keinerlei Erfahrung dieser Art. Aber welche von ihm und welche von mir sind, kann ich nicht sagen: manchmal war eine Strophe, manchmal bloss die erste Zeile von ihm.25
Auch die Ankündigung des Stückes für den Februar 1934 stellte sich als verfrüht heraus. Die Uraufführung am Volkstheater kam nicht zustande, wohl nicht zuletzt wegen einer Pressekampagne des 12-Uhr-Blattes, Mittagsausgabe der Wiener Neuen Zeitung, die Horváth zur Einbringung einer Ehrbeleidigungsklage veranlasste (vgl. Rezeption). Parallel dazu scheiterten Horváths Bemühungen, sein Stück Eine Unbekannte aus der Seine an einem Wiener Theater unterzubringen.26 Aus dieser tristen Situation heraus verlässt Horváth am 12. März 1934 Österreich Richtung Berlin, um in der deutschen Filmindustrie Fuß zu fassen bzw. eine Möglichkeit zu finden, seine Stücke wieder auf deutschen Bühnen aufgeführt zu sehen. Die betonte Neutralität des Autors gegenüber der Formierung des politisch-literarischen Exils im Laufe des Jahres 1933 deutet darauf hin, dass er diese – allerdings nicht unriskante – Möglichkeit einer Rückkehr nach Deutschland im Falle eines Scheiterns in Österreich von vornherein eingeplant hatte.27 Über seinen neuen deutschen Verleger, den Neuen Bühnenverlag, mit dem er am 19. April 1934 einen Vertrag über Himmelwärts abgeschlossen hatte, versuchte Horváth eine Rückkehr in den deutschen Bühnenbetrieb. Am 26. Juni 1934 übermittelte der Neue Bühnenverlag an den „Reichsdramaturgen“ Rainer Schlösser ein auf den 18. Juni 1934 datiertes Schreiben Horváths.28 Darin protestiert Horváth gegen die Verhinderung einer Aufführung eines seiner Stücke und bittet, sich an das neue Regime anbiedernd, seinen Verlag um Intervention. In weiterer Folge trat Horváth am 11. Juli 1934 dem Reichsverband Deutscher Schriftsteller (RDS) bei, in dessen Akten sein Name mit dem Datum 12. Juli 1934 aufscheint.29 Als Bühnenschriftsteller 23
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Brief von Hans Gál an Traugott Krischke vom 29. Mai 1978, Original im Nachlass Traugott Krischke ÖLA 84/Schachtel 28. Der offizielle Vertragsabschluss zwischen Hans Gál und dem Marton Verlag wird von Krischke ohne Quellenangabe auf den 21. November 1933 datiert. Vgl. Krischke 1988 (Anm. 2), S. 103. Brief von Hans Gál an Traugott Krischke vom 18. Juni 1978, Original im Nachlass Traugott Krischke, ÖLA 84/Schachtel 28. Vgl. dazu das Vorwort zu Eine Unbekannte aus der Seine in diesem Band S. 3–18, insbesondere S. 12f. Neben den genannten Gründen für Horváths Ausreise aus Deutschland (vgl. Anm. 3) verdeutlichen Hetzartikel des späteren „Reichsdramaturgen“ Rainer Schlösser im Völkischen Beobachter, die auch namentlich Horváth angreifen, die prinzipiell schlechte Stellung des Autors gegenüber dem neuen Regime. Vgl. dazu Schnitzler 1990 (Anm. 5), S. 136f. Brief des Neuen Bühnenverlags an Dr. Rainer Schlösser vom 26. Juni 1933, Original im Bundesarchiv Berlin R 55/20 168. Vgl. auch Polt-Heinzl/Schmidjell 2001 (Anm. 16), S. 230. Ausführlich besprochen wird dieses Schreiben Horváths im Vorwort zu Eine Unbekannte aus der Seine in diesem Band S. 10f. Vgl. das Faksimile in Polt-Heinzl/Schmidjell 2001 (Anm. 18), S. 231. Zu den Beweggründen Horváths für diesen Schritt vgl. die Übersicht in Bartsch 2000 (Anm. 2), S. 12f.
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konnte er trotz dieses Beitritts nicht mehr arbeiten, es eröffnete sich ihm dadurch aber eine Verdienstmöglichkeit als Filmautor.30 Die wenigen überlieferten handschriftlichen Entwürfe, die sich Hin und her zuordnen lassen, gehören mit hoher Wahrscheinlichkeit in diese Zeit.31 Die letzten Arbeiten am Stück selbst nahm Horváth nur wenige Tage vor der Uraufführung in Zürich vor, wie aus einem Brief an den Regisseur Gustav Hartung hervorgeht.32 Zu Horváths Lebzeiten erschien kein Druck der Posse. Bei den vom Verlag mit der Sigle „ST“ versehenen und solcherart als Stammbücher ausgewiesenen Textvorlagen handelt es sich ausschließlich um mittels Durchschlägen vervielfältigte Typoskripte (K1/T2–T6), die Horváth teilweise für die gemeinsame Bearbeitung mit Hans Gál sowie zu den Umarbeitungen für die Uraufführung verwendet hat. Eine erste Vervielfältigung in Form eines hektografierten Stammbuchs durch den Marton Verlag liegt aus dem Jahr 1946 zur österreichischen Erstaufführung von Hin und her durch das Theater in der Josefstadt in Wien vor. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um Horváths Text, sondern um eine Bearbeitung des Regisseurs Christian Möller auf der Grundlage der 1933 abgeschlossenen Fassung, die zuletzt mit K1/TS5 vorliegt. Die 1946 aufgeführte Fassung enthielt darüber hinaus nicht die Originallieder, sondern von Hans Weigel geschriebene neue Texte, zu denen der Komponist Hans Lang die Musik beisteuerte. Der tatsächliche Erstdruck erfolgte in der von Dora Huhn und Hansjörg Schneider in Berlin (Ost) herausgegebenen Sammlung Dramen 1969. Die unausgewiesene Textgrundlage hierfür war K1/TS6, die die Reinschrift der Fassung der Züricher Uraufführung enthält, deren letztendliche Autorisierung jedoch fraglich ist (vgl. unten). Dieselbe Textgestalt liegt dem Abdruck des Stückes in den Gesammelten Werken zugrunde, wenngleich Traugott Krischke hier als Textgrundlage ein „Bühnenmanuskript des Thomas Sessler Verlages“ angibt.33 Für die Kommentierte Werkausgabe benutzte Krischke K1/TS1, die er als ursprüngliche Fassung abdruckte, die mit K1/TS2/A4 vorliegenden Änderungen sind (unvollständig) im Variantenteil der Kommentierten Werkausgabe wiedergegeben. Die in der Wiener Ausgabe konstituierten und als „Wiener“ bzw. „Züricher“ Fassung emendierten Texte bilden somit erstmals die von Horváth intendierte Textgestalt ab.
Das genetische Material und seine Chronologie Das genetische Konvolut zu Hin und her umfasst 16 Blatt handschriftliche Ausarbeitungen sowie 192 Blatt an Typoskripten und Durchschlägen, die von Horváth selbst er- bzw. bearbeitet wurden. Daneben liegen mehrere vom Marton Verlag erstellte, teils fehlerhafte Abschriften unterschiedlicher Produktionsstadien vor. Die früheste
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Vgl. Polt-Heinzl/Schmidjell 2001 (Anm. 18), insbesondere S. 229–234. Zur genauen genetischen Einordnung sowie alternativen Datierungen vgl. die Darstellung im Folgenden. Brief von Ödön von Horváth an Gustav Hartung vom 9. Dezember 1934, zitiert nach einer Kopie im Nachlass Traugott Krischke, ÖLA 84/Schachtel 48. GW II, S. 5*. Überdies erwähnt Krischke ein unvollständiges Typoskript aus dem Ödön von Horváth Archiv, Berlin. Damit ist K2/TS1/BS 43 a, Bl. 1–47 gemeint, ein fragmentarisch überlieferter und teilweise hs. überarbeiteter Durchschlag einer Abschrift der Ende 1933 mit Gál erarbeiteten Fassung (vgl. auch den Kommentar zu K1/TS2/A2 und K1/TS3).
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derartige Abschrift (K1/T2) hat Horváth für die gemeinsam mit Hans Gál vorgenommene Bearbeitung (K1/TS2/A2) sowie später nochmals für die vom Züricher Schauspielhaus geforderten Änderungen (K1/TS2/A3, A4) herangezogen. Die Blätter der einzigen ausschließlich vom Autor selbst erstellten Textstufe (K1/TS1) weisen die für ihn typischen Bearbeitungsspuren auf (Schnittkanten, Klebenähte). Bei den handschriftlich erstellten Blättern handelt es sich zum einen um ein Titelblatt aus Horváths Hand, das erstmalig auch den Komponisten Hans Gál nennt, sowie drei Blatt einer Szene, die unmittelbar vor der Uraufführung an den Regisseur Gustav Hartung übersandt wurde. Zum anderen sind insgesamt zwölf Blätter mit Entwürfen überliefert, die allerdings erst nach Abschluss des Stückes gefertigt wurden. Hierzu sind auch einige Einträge in den Notizbüchern Nr. 2 (ÖLA 3/W 369) und Nr. 4 (ÖLA 3/ W 370) zu rechnen. Das gesamte Konvolut erlaubt eine Unterteilung in zwei Konzeptionen: Konzeption 1: Hin und her Konzeption 2: Hin und her – Adaptierungsarbeiten Die Unterscheidung der beiden Konzeptionen ergibt sich durch die Arbeit Horváths am eigentlichen Stück sowie durch die später versuchten Umarbeitungen, die in sich heterogen sind und keine exakte zeitliche Einordnung erlauben. Das Stück Hin und her liegt in zwei jeweils autorisierten Endfassungen vor, von denen die eine für eine ursprünglich geplante Wiener Aufführung Ende 1933/Anfang 1934 vorgesehen war. Die zweite Endfassung resultiert aus Änderungswünschen des Regisseurs der Uraufführung am Schauspielhaus in Zürich am 13. Dezember 1934, Gustav Hartung, und unterscheidet sich von der zuvor erstellten Fassung durch Umstellungen in der Szenenfolge sowie die Einfügung einer neuen Szene, ohne aber dadurch die zugrunde liegende Handlung zu verändern. Beide Arbeitsprozesse – die Erstellung der für Wien gedachten wie der in Zürich aufgeführten Fassung – führt Horváth im selben Typoskript (K1/T2) aus. Für Konzeption 1 lässt sich aufgrund der datierten CopyrightEintragungen auf den Abschriften des Marton Verlags sowie eines Textvergleichs der vorliegenden Typoskripte und Durchschläge eine genaue Chronologie der Textentwicklung angeben. Zum besseren Verständnis ist der nachfolgenden Argumentation eine Grafik beigestellt, die die Textentwicklung dieser Konzeption veranschaulichen soll (vgl. die Übersichtsgrafik, S. 177; vgl. zu TS2 auch die Simulationsgrafik im Anhang dieses Bandes, S. 594). Die Arbeiten von Konzeption 2 heben sich stark von den in Konzeption 1 vorliegenden Typoskripten ab, zu denen keine hs. Vorarbeiten überliefert sind. Innerhalb der unter Konzeption 2 summierten Adaptierungsarbeiten lassen sich zwei unterschiedliche Vorhaben Horváths unterscheiden, deren jeweils geringer Umfang allerdings kaum eine Unterteilung in weitere Konzeptionen rechtfertigen würde. Daneben finden sich noch einige wenige Einträge in den Notizbüchern Nr. 2 und Nr. 4, die in Zusammenhang mit Überlegungen Horváths zu Filmprojekten stehen. Eine Datierung des in Konzeption 2 zusammengefassten Materials ist nur eingeschränkt möglich. Da sich im Material keine stichhaltigen Anhaltspunkte finden lassen und keine Äußerungen des Autors oder seiner Zeitgenossen dazu überliefert sind, kommen mehrere Datierungsalternativen in Frage. Am Wahrscheinlichsten ist jedoch eine zeitliche Einordnung dieses Materials in die Monate zwischen dem Scheitern Horváths in Wien Anfang 1934 und der Annahme des Stückes durch das Züricher
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Schauspielhaus gegen Ende desselben Jahres. Innerhalb des in Konzeption 2 zusammengefassten Materials ergeben sich weitere Unsicherheiten in der chronologischen Anordnung der Textträger, einerseits was die Abfolge der beiden dargelegten Überarbeitungsansätze betrifft, andererseits hinsichtlich der genauen Abfolge der einzelnen Blätter in der Überarbeitung des Stückes für einen Zyklus in drei bzw. zwei Possen zu je einem Akt.
Konzeption 1: Hin und her Am Beginn der Überlieferung von Hin und her steht TS1, die in der Korrekturschicht bereits den nahezu finalisierten Text der für das Deutsche Volkstheater in Wien gedachten Fassung bietet. Diese wurde in TS2/A2 fixiert und liegt mit TS5 vollständig vor. Während der Dramentext weitgehend feststeht, fehlen in TS1 die für den fertiggestellten Text charakteristischen Lieder, die erst durch die Mitarbeit des Komponisten Hans Gál in den Text gelangt sind. An Gesangstexten ist zu diesem Zeitpunkt nur ein „Finale mit Gesang“ (ÖLA 27/W 19, Bl. 87–95) vorgesehen, das von Horváth selbst stammt. Aus dem ursprünglichen Finale wurden schließlich nur wenige Textzeilen in das zusammen mit Gál erstellte Typoskript T2 übernommen. Entgegen der später gewählten Gattungsbezeichnung „Posse“ trägt TS1 noch die Bezeichnung „Lustspiel“. Es ist davon auszugehen, dass das Typoskript in dem sehr kurzen Zeitraum zwischen dem Vertragsabschluss mit Marton am 25. Juli 1933, noch unter dem „provisorischen“ Titel „Die Brücke“, und der Ankündigung des Stückes in der Wiener Allgemeinen Zeitung vom 14. September 1933 entstanden sein muss, da Horváth hier bereits von einer „Posse mit Gesang“ spricht. Dies scheint außerdem ein Indiz für eine weitere Bearbeitung des Stückes noch vor der Kooperation mit Gál zu sein, da Horváth Mitte September 1933 noch angibt, auf der Suche nach einem Komponisten für die Bühnenmusik zu sein. Die Gattungsbezeichnung „Lustspiel“ wird Horváth nur für einen Entwurf aus Konzeption 2 wieder aufnehmen (K2/E17), der überdies in unmittelbarem Zusammenhang mit dem unter den Titeln L’inconnue de la Seine und Das unbekannte Leben firmierenden Werkprojekt steht. Dieses Werkprojekt ist in etwa auf das Jahr 1934 zu datieren und schließt an Horváths Stück Eine Unbekannte aus der Seine an, gehört aber in das textgenetische Umfeld von Mit dem Kopf durch die Wand (1935). Das Typoskript zu TS1 weist vor allem im ersten Teil des Stückes (ÖLA 27/W 19, Bl. 1–52) für Horváth typische Spuren der Bearbeitung auf: Neben einer umfänglichen Korrektur mittels Tinte finden sich an mehreren Stellen Schnittkanten und Klebenähte, mit denen der Autor bereits erarbeiteten Text aus seinem ursprünglichen Zusammenhang löst und ihn an anderer Stelle wieder einarbeitet. Insgesamt liegt ein intensiv überarbeitetes Typoskript vor, dem ein ausführlicher Arbeitsprozess auf der Entwurfsebene vorangegangen sein muss. Das Handlungsgerüst von Hin und her ist mit TS1 bereits voll entwickelt und wird auch in den für die Uraufführung am Züricher Schauspielhaus vorgenommenen Modifikationen (TS2/A4) nicht verändert: Die aus dem Land am linken Ufer ausgewiesene, aber nicht in das Land am rechten Ufer eingelassene Hauptfigur nennt Horváth Ferdinand Havlicek, wohl eine bewusste Anspielung auf die Figur des Fleischhauergehilfen Havlitschek in seinem bis zu diesem Zeitpunkt größten Theatererfolg Geschichten aus dem Wiener Wald (1931). Dieser wandert nun auf der Brücke zwischen den beiden Ländern hin und her, daneben ent-
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falten sich verschiedene Nebenhandlungen um eine Schmugglerbande, die bankrotte Frau Hanusch, die jungen Liebenden Eva und Konstantin, ein geheimes Treffen der Ministerpräsidenten sowie ein Privatpädagogenpaar, die zusammengeführt werden und in ein Happy-End münden. Wie ein auf dem Typoskript aufgedruckter Stempel sowie eine grüne Mappe des Georg Marton Verlags zeigen, lag TS1 bereits dem Verlag vor, der davon eine erste Abschrift (T2) erstellte (vgl. im Folgenden die Übersichtsgrafik, S. 177). T2 wurde neuerlich in eine grüne Mappe des Verlags geheftet und von Horváth für die weitere Arbeit, nun zusammen mit Hans Gál, benutzt. In einem ersten Arbeitsschritt hat Gál mittels Bleistift eine Vielzahl von Anmerkungen in teilweise schwer entzifferbarer Kurzschrift eingefügt, die vor allem den Einsatz von Bühnenmusik sowie die Platzierung der Liedtexte betreffen. Daneben skizziert Gál auf mehreren Blättern seine Entwürfe für die Bühnenmusik.34 In einem nächsten Schritt bearbeitet Horváth die Anmerkungen Gáls mit Tinte, fügt die von ihm angemerkten Einsätze für die Bühnenmusik in die Szenenanweisungen ein, schafft teilweise neue Übergänge für die Liedtexte und korrigiert kleinere Textstellen. Zugleich werden die auf neuen Blättern getippten Liedtexte in das Typoskript eingefügt bzw. das noch aus TS1 stammende „Finale mit Gesang“ durch ein neu erstelltes Finale ersetzt. Zusammen mit einem von Horváth handschriftlich erstellten Titelblatt, das erstmals Gáls Mitarbeit verzeichnet sowie die Gattungsbezeichnung „Posse“ fixiert, konstituieren sie den neuen Ansatz TS2/A2. Auf dem handschriftlichen Titelblatt wurde mit Bleistift von fremder Hand darüber hinaus der Copyright-Vermerk des Marton Verlags angebracht, der das Typoskript auf das Jahr 1933 datiert. Vermutlich zwei neue Blätter, die einen neuen Stückbeginn sowie ein „Lied Szameks“ enthalten haben, sind nicht überliefert und haben sich nur in einer der Abschriften des Verlags (TS5) erhalten. Einige Bleistifteinträge von Gáls Hand im Personenverzeichnis des Stückes belegen die Hoffnung von Komponist und Autor auf eine baldige Aufführung in Wien: Neben die Rolle des Konstantin notiert Gál „Olden (Bar?)“, neben die Rolle der Frau Hanusch „Niese (?)“. Damit sind höchstwahrscheinlich die Schauspieler Hans Olden (1892–1975) und Johanna Niese (1875–1934) gemeint,35 die Einträge „Bar?“ und „?“ stellen wohl Vermutungen über die Stimmlage der beiden dar. Von dieser Vorlage wurden im Verlag wiederum Abschriften gefertigt. Zunächst die beiden Typoskripte T3 (ohne Copyright) und T4 (Copyright 1933), die eine – sieht man von kleineren Flüchtigkeitsfehlern ab – text-, aber nicht satzidentische Abschrift der Überarbeitungen von TS2/A2 darstellen und TS3 sowie TS4 konstituieren. Bei beiden Typoskripten haben die in TS2/A2 fehlenden Blätter nicht vorgelegen. Die mit TS3 vorliegende Fassung wurde im Laufe des Jahres 1934 an das Schauspielhaus Zürich zum Rollenstudium übersandt, wie ein auf dem Typoskript angebrachter Stempel sowie Notizen zum Rollenstudium von Heinrich Gretler (1897–1977), dem Darsteller des Szamek, zeigen. Die nächste Abschrift von TS2/A2 liegt mit T5 vor, die als einzige überlieferte Textstufe auch die neue Eingangsszene sowie das Lied Szameks enthält. Darüber hinaus wurde für dieses Typoskript ein mit markanten Lettern getipptes Titelblatt angefer34
35
Die entsprechenden Blätter werden im Anhang dieses Bandes faksimiliert wiedergegeben (vgl. S. 600–608) und im kritischen Apparat von K1/TS2/A2 markiert. Vgl. auch die Erwähnung von Johanna Niese im Brief an Rudolph S. Joseph vom 30. Oktober 1933 (Anm. 18).
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tigt, der Copyright-Vermerk nennt neuerlich das Jahr 1933. Im Übrigen entspricht der Text von TS5, von Flüchtigkeitsfehlern abgesehen, der Korrekturschicht von TS2/A2. Aufgrund der Vollständigkeit des vorliegenden Typoskripts ist davon auszugehen, dass TS5 der von Horváth für eine Aufführung am Deutschen Volkstheater in Wien angestrebten Fassung am nächsten kommt. Im Laufe des Jahres 1934 nahm das Schauspielhaus in Zürich Hin und her zur Aufführung an. Der Regisseur Gustav Hartung verlangte nun Änderungen am Text, wie durch einen Brief Horváths an Hartung vom 9. Dezember 1934 belegt ist. Dem Schauspielhaus lag dabei als Textgrundlage nicht allein die mit T3 überlieferte Abschrift vor, sondern auch das Typoskript T2, an dem Horváth und Gál gemeinsam gearbeitet hatten. Die von Horváth übersandte neue Szene sowie sämtliche weiteren Änderungen des Textes hin zur Uraufführung sind in diesem Typoskript erhalten und konstituieren die Ansätze TS2/A3 sowie TS2/A4. Unterscheidbar sind die beiden Ansätze durch die verwendeten Schreibmaterialien. Zum einen finden sich im Typoskript insgesamt vier neue maschinenschriftlich gefertigte Blätter eingelegt, zum anderen liegen drei Blatt an handschriftlicher Textausarbeitung vor, die im Unterschied zu den aus A2 erhaltenen Korrekturen in anderer Tinte gefertigt wurden. Überdies sind fünf dem restlichen Typoskript materiell entsprechende Blätter dem neu eingefügten Material hinzuzuzählen, die einem weiteren Durchschlag von T2 entnommen wurden. Diese Blätter unterscheiden sich vom restlichen Material nicht nur durch eine auffällige Reißung am linken Blattrand, sondern tragen auch einige Eintragungen mit der für die handschriftliche Ausarbeitung verwendeten Tinte, wodurch sie als Bestandteil des neuen Materials erkenntlich sind. Das neu eingefügte Material lässt somit zwei neue Ansätze, A3 und A4, erschließen. Neben den Austauscharbeiten von A3 und A4 wurden mittels Bleistift von fremder Hand zahlreiche Kürzungen am Text sowie fallweise Korrekturen vorgenommen, die sich zum Ende des Stückes hin häufen. Diese Eintragungen entstammen vermutlich der Einrichtung des Schauspielhauses für die Uraufführung. Da sie jedoch zu weiten Teilen in die letzte zu Horváths Lebzeiten erstellte Abschrift des Stückes mit dem Copyright 1935 (TS6) übernommen wurden, ergibt sich ein über die Uraufführung hinausgehendes Autorisierungsproblem. Mit TS6 liegt höchstwahrscheinlich eine vom Verlag eigenmächtig erstellte Abschrift der letzten Bearbeitungsstufe von TS2/A4 vor, die die Änderungen des Autors sowie des Schauspielhauses umsetzt und von Horváth höchstwahrscheinlich nicht autorisiert wurde. Diese Folgerung ergibt sich aus dem neuerlich fehlenden Stückbeginn, wie er prinzipiell mit TS5 bereits erhalten wäre, sowie dem Fehlen bestätigender Eintragungen Horváths zu den vorgenommenen Kürzungen. Dementsprechend liegt mit TS2/A4 exklusive der Bearbeitung von fremder Hand mit hoher Wahrscheinlichkeit die letzte, von Horváth über die Uraufführung hinaus autorisierte Fassung vor.
Konzeption 2: Hin und her – Adaptierungsarbeiten Die unter Konzeption 2 versammelten Entwürfe und Textstufen stellen vor allem Adaptierungsarbeiten dar und wurden mit hoher Wahrscheinlichkeit im Verlauf des Jahres 1934 erstellt. Vermutlich versuchte Horváth, nachdem das Stück in Wien abgelehnt worden war, durch eine Neubearbeitung den Stoff in anderer Form verwerten
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zu können. Ein wesentliches Indiz für die Einordnung der Entwürfe nach Abschluss des Stückes in der mit K1/TS2/A2 bzw. K1/TS5 vorliegenden Fassung ist einerseits die Unschlüssigkeit der Bearbeitung. Diese schwankt zwischen einer zwei- und dreiteiligen Struktur rund um Havliceks Erfindung eines wundersamen Hustenbonbons (E1–E18) und Entwürfen, die das Stück in die Gattung des Zaubermärchens transponieren (E10 und E19). Andererseits bieten teilweise parallel verlaufende Entwürfe zu L’inconnue de la Seine eine grobe Richtschnur für die zeitliche Einordnung: Das mit L’inconnue de la Seine, später Das unbekannte Leben betitelte Werkprojekt basiert auf Motiven des Stückes Eine Unbekannte aus der Seine und mündet 1935 in die Komödie Mit dem Kopf durch die Wand.36 Da Horváth zum Teil gleichzeitig an Hin und her sowie Eine Unbekannte aus der Seine arbeitete und beide zur gleichen Zeit in Wien zur Uraufführung unterzubringen versuchte, kann von einer Entstehung der Entwürfe zu Hin und her nach 1933 ausgegangen werden. Für eine Einordnung im Laufe des Jahres 1934 spricht zum einen die geringe Zahl an Entwürfen, die auf einen Abbruch der Bearbeitung hindeuten, vermutlich bedingt durch die Annahme des ursprünglichen Stückes in Zürich. Zum anderen bieten zwei Textträger Ansatzmöglichkeiten zur Abgrenzung des Entstehungszeitraums. Für die Erstellung von K2/TS1 hat Horváth auf einen Durchschlag des Typoskripts K1/T3 zurückgegriffen, der sich auf das Jahr 1933 datieren lässt. Dies bietet ein starkes Argument für eine Einordnung vor Beginn der Bearbeitung für das Züricher Schauspielhaus, das aber durch den Umstand, dass die später angefertigten Abschriften K1/T6 und T7 von Horváth vermutlich nicht mehr überwacht wurden und dem Autor dementsprechend wohl nur frühere Abschriften zugänglich waren, eingeschränkt wird. Ein einzelner Entwurf zu Konzeption 2 (hier am Beginn der genetischen Reihe mit E1 eingeordnet) wurde in das Notizbuch Nr. 2 eingetragen, das sich auf die Jahre 1934/35 datieren lässt. Der Wert des Notizbuchs für die Datierung von Konzeption 2 wird allerdings durch fehlende Anschlussmöglichkeiten an andere Entwürfe begrenzt. Alternative Annahmen zur Datierung bringen Andrea Wenighofer und Traugott Krischke ins Spiel. Aus der Aufnahme von Hin und her in die mit „Fünf Filme“ betitelten Listen Horváths (K2/E20 und E21) folgert Wenighofer, dass die Umarbeitungen des Stückes wohl für eine Filmverwertung gedacht waren und datiert sie auf das Jahr 1935.37 Da die mit „Fünf Filme“ betitelten Listen allerdings in großer Nähe zu abschließenden Entwürfen zu Don Juan kommt aus dem Krieg sowie Entwürfen zum späten Werkprojekt Komödie des Menschen (ca. 1936/37) stehen, sind sie auf 1936 zu datieren. Ein von Horváth angestrebtes Filmtreatment ist zwar prinzipiell wahrscheinlich, die erhaltenen Entwürfe lassen aber den Schluss auf eine spezifisch filmische Adaption nicht zu. Traugott Krischke wiederum geht im Wesentlichen von einer Entstehung der Entwürfe vor dem fertigen Stück aus,38 was aufgrund der genannten formalen wie inhaltlichen Indizien nicht der Fall gewesen sein kann. Allerdings erwähnt er in seiner Theaterdokumentation zu Horváth, dass die Gruppe Ernst Lönner, die 1935 Kasimir und Karoline in Wien mit Erfolg erstaufführte, 1936 Hin und her unter dem Titel „Hin und her und auf und ab“ inszenieren wollte, was jedoch aufgrund finanzieller Probleme der Gruppe scheiterte. Hierfür gäbe es Anhaltspunkte in den 36 37
38
Vgl. dazu auch das Vorwort zu Eine Unbekannte aus der Seine in diesem Band S. 9. Andrea Wenighofer: Grenzzwischenfall mit Nachspiel. Ödön von Horváths „Hin und Her“ und die Nachlassmaterialien im Österreichischen Literaturarchiv. Univ.-Dipl. Wien 2006, S. 49–51. KW 7, S. 441–443.
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Entwürfen (vgl. E13), allerdings liefert Krischke keinen nachprüfbaren Beleg für seine Behauptung.39 Den in dieser Konzeption gesammelten Textarbeiten ist der Versuch gemein, die im abgeschlossenen Stück streng eingehaltene Einheit des Ortes aufzubrechen. Zunächst in drei, später in zwei Teilen erarbeitet Horváth eine Struktur, die in wechselnder Konstellation die Titel „Hin und Her“, „Auf und Ab“ sowie „Drunter und Drüber“ nennt. Vorgesehen war eine Adaptierung des ursprünglichen Stückes hin zu einem Einakter, dessen Handlung in weiteren einaktigen Possen fortgeführt werden sollte. Das zentrale Motiv dieser Fortsetzung sollte Havliceks Verwandlung in einen „Wunderdoktor“ (E4) sein, der durch die Erfindung eines Hustenbonbons zu Wohlstand kommt (E1–E18, TS1). Die Chronologie innerhalb dieser Überarbeitung lässt sich durch die klar erkennbare Ausrichtung der Textentwicklung sowie die verwendeten Schreibmaterialien ungefähr abgrenzen. Neben halbierten Blättern unlinierten Papiers, die mit zwei verschiedenen Tintenfarben sowie Bleistift beschrieben wurden, hat Horváth für einige Entwürfe kariertes Papier mit dem Wasserzeichen „M.-K. Papier“ verwendet, das er auch für Entwürfe aus dem Umfeld des mit L’inconnue de la Seine betitelten Werkprojekts benutzt hat (vgl. E14–E18). In einer weiteren Konzeption 2 zugeordneten Überarbeitung wird versucht, den Stoff des ursprünglichen Stückes in die Gattung des Zaubermärchens zu überführen (E19 und TS2). Zwar ist von dieser Überarbeitung nur wenig Material überliefert, die Anfertigung einer vier Blatt umfassenden Textstufe, die den Streit zweier Traumallegorien um den schlafenden Havlicek zum Thema hat, deutet jedoch darauf hin, dass die zugrunde liegende Idee Horváths bereits weiter gediehen war. Möglicherweise bestehen hierin Parallelen zu dem 1934 abgeschlossenen Stück Himmelwärts, das sich ganz bewusst der Gattung des Zaubermärchens bedient. In großem zeitlichen Abstand zu den beiden erwähnten Überarbeitungsversuchen ist die Nennung von Hin und her in zwei mit „Fünf Filme“ betitelten Listen anzusiedeln (E20 und E21). Diese von Horváth nicht konsequent verfolgten Filmpläne wurden in das Notizbuch Nr. 4 eingetragen, das sich auf die Jahre 1935/36 datieren lässt. Ebenfalls in diesem Notizbuch findet sich Hin und her zuletzt in einem Werkverzeichnis erwähnt, in dem der Titel gemeinsam mit L’inconnue de la Seine – gemeint ist in diesem Falle Eine Unbekannte aus der Seine – sowie Himmelwärts unter der Rubrik „Komödie, Posse und Märchen“ gruppiert wurde.40
Uraufführung und Rezeption (Überblick) Die Rezeption von Hin und her beginnt bereits mit der Ankündigung einer bevorstehenden Aufführung im Wiener Deutschen Volkstheater am 14. September 1933 in der Wiener Allgemeinen Zeitung und dürfte einer der wesentlichen Gründe gewesen sein, warum Horváth bei den Wiener Bühnen kein Erfolg beschieden war. Bereits am Tag nach Horváths Gespräch mit der Wiener Allgemeinen Zeitung veröffentlichte das 12-Uhr-Blatt, die Mittagsausgabe der christlich-nationalistischen Neuen Zeitung, unter der Schlagzeile „Ein berüchtigter Autor im Deutschen Volkstheater“ einen direk39
40
Traugott Krischke: Horváth auf der Bühne. 1926–1938. Dokumentation. Wien: Edition S 1991, S. 244. Vgl. ÖLA 3/W 370 – o. BS, Bl. 98v, 99. Abgedruckt ist dieses Werkverzeichnis in WA 8, S. 220f.
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ten Angriff auf den Direktor des Volkstheaters, Rolf Jahn, und den Plan, ein Stück Horváths zu inszenieren. Gegen Horváth selbst schreibt das Blatt unter anderem: Dieser Autor hat sich vor zwei Jahren in Berlin aufführen lassen, und zwar mit den „Geschichten aus dem Wiener Wald“, die geradezu ein Pamphlet österreichischen Wesens darstellten. Man hat damals in Wien spaltenlange Berichte über Herrn Oedön Horváths beispiellose Unverschämtheit geschrieben, man war mit vollem Recht, ehrlich entrüstet über diese dramatisch behandelte Verunglimpfung des alten Österreich-Ungarn, um so entrüsteter, als Herr Horváth aus diesem Österreich-Ungarn stammt!41
Das 12-Uhr-Blatt prophezeit Volkstheater-Direktor Jahn einen absehbaren Theaterskandal und setzt einen Monat später seine Kampagne gegen eine Horváth-Inszenierung in Wien fort. Das Blatt berichtet von einer bereits erfolgten Annahme des Stückes durch das Deutsche Volkstheater und ergänzt dies mit einer polemischen Zusammenstellung verschiedener Kritiken zu Geschichten aus dem Wiener Wald aus mehreren österreichischen Zeitungen.42 In den 30er-Jahren und insbesondere im Jahr 1934 standen die österreichischen Privattheater unter enormem wirtschaftlichem Druck durch die anhaltende Depression sowie die starke Konkurrenz durch das neue Medium Film. Wie Edda Fuhrich dazu ausführt, verschärfte sich die Situation im Herbst 1933, bis im Jahr 1937 nur mehr die Hälfte aller 1933 verzeichneten Privatbühnen existierte. Von dieser Theaterkrise war auch das Deutsche Volkstheater betroffen, das Rolf Jahn 1932 von Rudolf Beer bereits hoch verschuldet übernommen hatte. Neben umfangreichen Kürzungen im Bühnenbetrieb suchte Jahn durch die bewusste Nähe zum sich formierenden ständestaatlichen Regime sein Haus durch diese finanziell heikle Phase zu bringen.43 Vor diesem Hintergrund dürfte die Presseagitation des 12-Uhr-Blattes, zusammen mit der endgültigen Eskalation der politischen Situation in Österreich während des Bürgerkriegs im Februar 1934, eine Aufführung von Hin und her letztendlich verhindert haben. Ein Nachspiel fand die Kampagne des 12-Uhr-Blattes in einem von Horváth angestrebten Ehrbeleidigungsprozess gegen den verantwortlichen Redakteur Felix Potz. Horváth verwahrte sich in seiner Klage gegen den Vorwurf einer „Unverschämtheit“ und ließ durch seinen Rechtsvertreter darlegen, daß sein Stück „Geschichten aus dem Wiener Wald“ eine freie künstlerische Arbeit war und daß er in diesem Stück in keiner Weise gegen das österreichische Offizierswesen und das Wienertum aufgetreten sei.44
Das Gericht verurteilte den Beklagten Felix Potz wegen des Vorwurfs der „Unverschämtheit“ zu einer Geldstrafe, sprach ihn aber von der „Behauptung, daß die Komödie ein Pamphlet österreichischen Wesens gewesen sei“45 frei. Die Anrufung eines Gerichts in dieser Sache sowie der konkrete Inhalt der Klage – Beleidigung des „ös41 42 43
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Tarzan: Ein berüchtigter Autor im Deutschen Volkstheater. In: 12-Uhr-Blatt, Wien, 15. 9. 1933. Tarzan: Oedön Horváth und der charakterlose Wiener. In: 12-Uhr-Blatt, Wien, 21. 10. 1933. Vgl. Edda Fuhrich: „Schauen Sie sich doch in Wien um! Was ist von dieser Theaterstadt übriggeblieben?“ Zur Situation der großen Wiener Privattheater. In: Hilde Haider-Pregler/Beate Reiterer (Hg.): Verspielte Zeit. Österreichisches Theater der dreißiger Jahre. Wien: Picus 1997, S. 106–135, insbesondere S. 120–122. Anonym: Horváth und seine „Geschichten aus dem Wiener Wald“, Zeitung unbekannt, vermutlich Januar 1934, zitiert nach Krischke 1991 (Anm. 39), S. 200f., hier S. 200. Ebd., S. 201.
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terreichische[n] Offizierswesen[s]“ und des „Wienertum[s]“ – lassen sich als starke Indizien für ein Scheitern der Wiener Aufführung von Hin und her aufgrund des im Raum stehenden Vorwurfs der „Österreichfeindlichkeit“ Horváths werten. Erst mehr als ein Jahr nach seiner Wiener Ankündigung wurde das Stück am 13. Dezember 1934 am Schauspielhaus Zürich unter dem Titel Hin und her. Komödie in zwei Teilen uraufgeführt. Das Schauspielhaus war zu diesem Zeitpunkt bereits eine der bevorzugten Anlaufstellen für aus dem nationalsozialistischen Deutschland emigrierte Bühnenkünstlerinnen und -künstler.46 Auch das Ensemble von Hin und her bestand zu großen Teilen aus Emigranten, etwa Emil Stöhr (Konstantin) und Hermann Wlach (Mrschitzka), die überdies, wie die seit 1930 am Schauspielhaus tätige Gusti Huber (Eva) österreichische Wurzeln hatten, daneben Kurt Horwitz (X), Wolfgang Heinz (Y) und Leonard Steckel (Privatpädagoge). Weiters spielten Fritz Essler (Havlicek), Heinrich Gretler (Szamek) und Luise Franke-Booch (Frau Hanusch). Regie führte Gustav Hartung, der seinerseits aus Deutschland geflüchtet war, nachdem er, weil er jüdischer Herkunft war, seine Stelle als Intendant des Hessischen Landestheaters Darmstadt verloren hatte. Die Uraufführung fand in Abwesenheit Horváths statt, der zu dieser Zeit in Berlin gebunden war. Hans Gál hielt sich während der Probenzeit bereits in Zürich auf und übernahm auch die musikalische Leitung der Inszenierung.47 Die Kritiken zur Uraufführung fielen gemischt aus. Während das Ensemblespiel, die Regieleistung Gustav Hartungs sowie das Bühnenbild Teo Ottos durchwegs Lob fanden, wurde die dramatische Gestaltung des Stoffes eher bemängelt, die Musik Gáls erfuhr ambivalente Bewertungen. Die Neue Zürcher Zeitung etwa lobte den Einfall als „wirklich besten[n] Komödienstoff“, meinte zum Stück selber aber: Eine prächtige Idee, dieses Hin und Her, Her und Hin, aber sie wird in Horváths Stück so zerdehnt, daß ihre komödienhafte Wirkung allmählich verlorengeht, sich in der Posse verflüchtigt. Diesem „Hin und her“ fehlt der gestraffte Grundriß. Es begnügt sich mit einer losen Aufreihung von Situationen, die manchen gut sitzenden, ironisch-persiflierenden Spaß bringen, aber doch im anekdotischen zerflattern.48
Mit Einschränkungen positiv bewertet wurde an selber Stelle die musikalische Untermalung Hans Gáls, die den „einfachen Coupletton gut trifft und stimmungsfördernde melodramatische Untermalung gibt, aber keinesfalls tempofördernd wirkt“49. Der Kritiker weist überdies auf den klar erkennbaren Bezug auf die Volksstück-Tradition Nestroys und Raimunds hin. Besondere Anerkennung erfahren Regisseur, Bühnenbildner und die Darsteller: „Der freundliche Applaus galt wohl vorwiegend den Interpreten, zu denen sich auch der am Dirigentenpult sitzende Hans Gál rechnen darf.“50 Angesichts des Horváth vorauseilenden Rufes, schreibt die Züricher Zeitung Volksrecht, hätte man sich von diesem Autor mehr erwartet:
46
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48 49 50
Vgl. zum Überblick Gustav Huonker: Emigranten – Wege, Schicksale, Wirkungen. In: Dieter Bachmann/Rolf Schneider (Hg.): Das verschonte Haus. Das Zürcher Schauspielhaus im Zweiten Weltkrieg. Zürich: Ammann 1987, S. 107–139. Brief von Hans Gál an Traugott Krischke vom 22. Februar 1978, Original im Nachlass Traugott Krischke ÖLA 84/Schachtel 28. wti: Schauspielhaus. „Hin und her“ von Horváth. In: Neue Zürcher Zeitung, 14. 12. 1934. Ebd. Ebd.
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Diesen gewiß nicht gestrigen, menschlich sympathischen Fall zeigt Horváth mittels der Drehbühne bald von dem einen, bald von dem anderen Ufer. Aber weil ihm zu diesem Fall nichts Weiteres einfiel, wiederholt und zerdehnt er Situationen und Dialoge, bis sie kurz vor 9 anfangen, langweilig zu werden.51
Hervorgehoben wird die Leistung des Bühnenbildners Teo Otto sowie des Darstellerensembles, leichte Kritik erfährt die Regie Gustav Hartungs. Ebenfalls großes Lob für die Leistung der Interpreten gibt die Zürcher Post, die Kritik am Stück selbst betrifft neuerlich dessen Zerdehntheit sowie das Überwiegen vom „Behagen“ gegenüber dem „Witz“52. Vernichtend fielen die Kritiken des Züricher Tages-Anzeigers und der Neuen Zürcher Nachrichten gegenüber Horváths Stück aus. Der Tages-Anzeiger bezeichnet das Stück schlicht als „spröde“ und meint: Da half auch die sonst so starke und unwandelbare Kraft der Regie Gustav Hartungs nicht darüber hinweg. Schließlich genügt der glänzende Vorwurf an der Grenze nicht, wenn der Geist der Handlung nicht in die Sprache fährt.53
Der Kritiker schließt mit der Bemerkung, es handle sich um ein Stück, „das unendlich mehr Regie bot als Autorkunst“54. Die Neuen Zürcher Nachrichten bezeichnen die Aufführung schlicht als „Mißgriff“, das Stück selbst als einen „auseinanderstrebenden Komödienkuchen“: So blieb es im großen und ganzen, abgesehen von einigen sanften Lachern, bei einer etwas kühlen Premierenstimmung, und was an Beifall sich durchsetzte, galt wohl in der Hauptsache dem aufopferungsfreudigen Walten der Darsteller. Auch sie konnten zwar keine Funken aus dem blinden Gestein herausschlagen; was etwa ein Horwitz, Kalser und Heinz an Rollen zu spielen hatten, sicherte ihnen von vornherein das Mitgefühl des Zuschauers.55
Unter den Zuschauern der Uraufführung befand sich auch Thomas Mann, der 1933 in die Schweiz emigriert war. Mann scheint die Einschätzung der Zeitungskritiken zum Stück zu teilen und notiert in sein Tagebuch: „Mit K. ins Theater, wo wir ein minutenweise komisches, aber zu einfallarmes Singspiel von O. Horvath sahen.“56 Merklich anders und eher aufseiten des Stückes argumentieren zwei später entstandene Kritiken für die Wiener Zeitschrift Die Fledermaus sowie für die Neue Weltbühne, die mittlerweile im Pariser Exil erscheinende Nachfolgezeitung der Berliner Weltbühne. Für das Wiener Publikum berichtet Die Fledermaus, in teilweiser Umdeutung der Schweizer Kritiken: Die Zürcher Presse rühmt der neuen dramatischen Arbeit Horváths nach, daß sie viel anekdotisches Talent verrate, sprunghafte aphoristische Begabung und gewisse Wiener-Volksstück-Anklänge besitze. Viel Persiflage und eine Reihe kräftiger, dabei halb possierlicher, halb reflexiver Situationen …57 51 52 53
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ism: Horváth: „Hin und her“. In: Volksrecht, Zürich, 17. 12. 1934. E. S.: „Hin und her“. Im Schauspielhaus. In: Zürcher Post, 15. 12. 1934. H.: „Hin und her“. Uraufführung im Schauspielhaus. In: Tages-Anzeiger für Stadt und Kanton Zürich, 15. 12. 1934. Ebd. -nn.: Zürcher Schauspielhaus. Hin und her. In: Neue Zürcher Nachrichten, 15. 12. 1934. Thomas Mann: Tagebücher 1933–1934. Hg. v. Peter de Mendelssohn. Frankfurt am Main: S. Fischer 1977, S. 586. Anonym: In Zürich wird gespielt: „Hin und Her“. Die neue Komödie Ödön Horváths. In: Die Fledermaus, Wien, 22. 12. 1934.
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Zu diesem Zeitpunkt hatte das Schauspielhaus Hin und her nach der zweiten Aufführung am 15. Dezember 1934 bereits wieder vom Spielplan genommen. Zu Beginn des neuen Jahres berichtet Josef Halperin für die Neue Weltbühne über das Stück und stellt es in den größeren Zusammenhang von Horváths früheren dramatischen Arbeiten. Halperin sieht zwar dramatische Schwächen im neuen Stück, macht aber die Inszenierung und die Musik Gáls für den mangelnden Erfolg verantwortlich: Horváth muß hart gespielt werden. Das taten nur einige Spieler. Die Rolle des Havlicek war fehlbesetzt. So trat die Stärke Horváths vor seinen Schwächen zurück. Er ist insofern daran mitschuldig, als er sich von Hans Gál eine Musik schreiben ließ, die dem Charakter des Stücks nicht entspricht, nicht hart und nicht sparsam genug ist. „Hin und her“ fiel durch; es wurde nach einer Wiederholung abgesetzt. Das ist nicht das letzte Wort. Auch Mißerfolge können einen Dichter anspornen.58
Mehr als vierzig Jahre später macht Hans Gál das Scheitern des Stückes an seiner dialektalen Färbung in Sprache wie Humor fest. Er berichtet Traugott Krischke: Horváth, der damals in Berlin lebte, war nicht bei der erwähnten Uraufführung im Züricher Schauspielhaus anwesend; aber er rief mich unmittelbar darauf telephonisch an. Seine Hauptfrage musste ich leider negativ beantworten: es war kein Erfolg. Der drastische deutsch-böhmische Dialekt, in dem das Stück geschrieben ist, das an der österreichisch-tschechischen Grenze spielt, ist jedem Menschen in Wien mit all seinen humoristischen Untertönen bekannt, oder war es zu einer Zeit, als es in Wien so viele tschechische Dienstboten gab. In Zürich wirkte er wie eine Fremdsprache.59
Bereits am 5. September 1946 wurde Hin und her in Österreich im Studio, einer Dependance des Theaters in der Josefstadt, als „Groteske in zwei Teilen“ erstaufgeführt. Gefördert durch ehemalige Weggefährten Horváths wie Franz Theodor Csokor und Alfred Ibach hatte das Theater in der Josefstadt bereits am 7. Dezember 1945 das Schauspiel Der jüngste Tag (1937) auf die Bühne gebracht und damit eine erste Phase der Wiederentdeckung Horváths eingeleitet. In einer Bearbeitung des Regisseurs Christian Möller und mit neuen Liedtexten von Hans Weigel sowie Musik von Hans Lang versehen,60 traf das Stück nun auf eine völlig veränderte Rezeptionssituation. Vor dem Hintergrund der durch den Zweiten Weltkrieg verursachten Flüchtlingsproblematik, insbesondere der kontroversiellen Frage der displaced persons, reagierte nun die Kritik, anders als in der gefeierten Aufführung von Der jüngste Tag, sehr gemischt.61 Während die von den sowjetischen Behörden unterstützten Zeitungen das Stück prinzipiell lobten, dabei aber die aus zeitgenössischer Sicht naive Behandlung des Stoffes kritisierten und vom Stück ausgehend politische Agitation leisteten, bemängelten die deklariert konservativen Kritiker vor allem die ästhetische Qualität des Stückes, ohne auf die politischen Implikationen genauer einzugehen. Jene Kritiken, die in ihrer Wertung keine explizite Ideologie erkennen ließen, urteilten überwiegend positiv. Allerdings bemerkt beispielsweise die sozialdemokratische ArbeiterZeitung, dass die Liedtexte von Hans Weigel eine besonders spürbare Abmilderung des Themas für ein zeitgenössisches Publikum leisten würden:
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Josef Halperin: Hin und her. In: Die Neue Weltbühne, Paris, 31. Jg., Nr. 1, 3. 1. 1935. Brief von Hans Gál an Traugott Krischke vom 22. Februar 1978 (Anm. 47). Vgl. das Stammbuch im Splitternachlass Ödön von Horváth ÖLA 27/W 28. Vgl. zum Folgenden die Übersicht in Lechner 1978 (Anm. 7), S. 39–48.
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[Sie] entgiften auch unwiderstehlich die heute einigermaßen heikle Behandlung des Themas: Staatsräson und Menschlichkeit, Nationalismus und Menschentum, die diese zur Zeit ihrer Entstehung, 1932, noch harmlosere, nun aber durch die Ereignisse und durch die Chansons unheimlich aktualisierte Posse unternimmt.62
Die „Entgiftung“ durch die Bearbeitung ist der zentrale Punkt in dieser Wiederaufnahme von Hin und her nach 1945. Wie Kurt Bartsch zeigen konnte, ist es eine ganz spezifische Horváth-Interpretation, die unmittelbar nach Kriegsende großen Erfolg verbuchen konnte. Mit Der jüngste Tag wurde ein Stück gewählt, das politische Anspielungen vermeidet und die Betonung eines existenziellen vor einem juridischen Schuldbegriff erlaubt, wie er im Anschluss an den Kollaps des NS-Regimes von einem Publikum, das vergessen wollte, wohl bevorzugt wurde.63 Gefördert wurde diese Auffassung durch die religiöse Metaphorik, die, wie aus den Kritiken deutlich wird, im engeren Kontext einer ganz persönlichen Wandlung des Autors wahrgenommen wurde und die Einordnung in eine spezifisch an die metaphysisch verbrämte Schuldthematik gebundene Interpretationslinie verstärkte.64 Vor dem Hintergrund dieser Rezeptionserwartung erscheint es überraschend, dass das nächste Stück Hin und her sein sollte, das zwar nicht die Schärfe der um 1930 entstandenen Volksstücke aufweist, aber dennoch über einen zeitgenössisch nicht unbrisanten politischen Gehalt verfügt, wie auch aus den angeführten Kritiken ersichtlich ist. Die zu den Liedern Weigels bemerkte Entschärfung des Stoffes greift in dieser Bearbeitung von Hin und her viel weiter, als es zunächst den Anschein hat. Zunächst ist der Wechsel der Bühne zu bemerken: Während Der jüngste Tag auf der großen Bühne des Hauses gegeben wurde, setzte man Hin und her auf den Spielplan des bis 1950 betriebenen Studios in der Liliengasse, einer eher experimentellen Bühne mit nur 366 Plätzen.65 Neben dieser Einschränkung des Rezeptionsrahmens kam es in der Bearbeitung durch Christian Möller zu umfänglichen Eingriffen in den Text, der mit dem Bearbeitungsstand von K1/TS2/A2 vorlag. Die von Weigel geschriebenen Lieder nehmen in der so erstellten Fassung einen größeren Raum ein und sind stärker in den Dialogtext integriert als die ursprünglichen Liedtexte von Horváth und Gál. Viele der Szenen wurden zusammengefasst, die von Horváth gesetzten sprachspielerischen Pointen nochmals gebündelt und verdichtet. Vermutlich dienten diese Eingriffe zunächst einer Straffung des Textes, dessen Gedehntheit wesentlicher Einwand nahezu aller Kritiken der Züricher Uraufführung war. Allerdings wurde so der bereits in den von Horváth stammenden Fassungen durch die Gattung der Posse gedämpfte politische Gehalt in der Bearbeitung noch stärker von der komödienhaften Struktur überdeckt. Zwei zunächst klein wirkende Eingriffe an der Gattung sowie an der Datierung des Stückes leisteten schließlich die nachhaltigste Milderung des Textes für die Rezeption nach 1945. Während Horváth sein Stück als eine „Posse“ bezeichnete und die Ur-
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Otto Koenig: Hin und Her. Zur österreichischen Uraufführung im Studio des Josefstädter Theaters. In: Arbeiter-Zeitung, Wien, 8. 9. 1946. Vgl. Kurt Bartsch: Volks- und österreichfeindlich? Zu den Horváth-Aufführungen in Österreich zwischen 1945 und den frühen sechziger Jahren. In: Helmut Koopmann/Manfred Misch (Hg.): Grenzgänge. Studien zur Literatur der Moderne. Festschrift für Hans-Jörg Knobloch. Paderborn: Mentis 2002, S. 251–272, hier S. 259–264. Vgl. Bartsch 2002 (Anm. 63), S. 262. Vgl. Lechner 1978 (Anm. 7), S. 44.
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aufführung dafür „Komödie“ wählte, trägt das Stammbuch der Bearbeitung den auffälligen Gattungsbegriff „Groteske“. Allein durch diese Gattungsmarkierung wurden die politischen Implikationen des Stückes für das Nachkriegspublikum bereits abgemildert und die angesichts der Flüchtlingssituation unangemessene Behandlung des Themas aus dem Blickwinkel der gerade einem Wiener Publikum allzu vertraut erscheinenden Gattung „Posse“ begrenzt, auch wenn die Kritiken, wie etwa in der Arbeiter-Zeitung (vgl. oben), klar eine Posse im Stück erkannten. Den entscheidenden Eingriff bildet zuletzt die Angabe der Entstehungszeit, für die das Jahr 1932 angeführt wird. Dies ist zunächst erstaunlich, da nahezu alle Textträger, die für die Erstellung des bearbeiteten Stammbuchs in Frage kommen können, die Jahreszahl 1933 tragen und das Datum der Uraufführung sowie die Umstände der Stückentstehung einigen der am Theater in der Josefstadt für Horváth-Aufführungen eintretenden Akteure bekannt gewesen sein mussten.66 Die Datierung auf das Jahr 1932 lässt das Stück aus seinem so fingierten Entstehungskontext heraus als zunächst harmlosen Einfall abseits der mit 1933 einsetzenden Exiltragödien erscheinen, die mögliche Rezeptionshaltung gegenüber dem Stück wird damit auf eine amüsante, von der Wirklichkeit schlussendlich eingeholte Idee begrenzt. Dadurch erhält die neue Gattungsbezeichnung Groteske erst ihre Kraft und das damit gefasste Stück die Möglichkeit, so bald nach dem Krieg trotz des für die Zeit brisanten Inhalts neuerlich seinen Weg auf die Bühne zu finden. Was, aus der Sicht der unmittelbaren Nachkriegszeit, im Jahr 1932 noch als humoristische Idee durchgehen mochte, konnte nach 1945, angesichts von Exil, Flucht und Vertreibung, nur noch als Groteske behandelt werden. Nach einer nur wenig wahrgenommenen Aufführung in Graz 1953 fand Hin und her am 30. Mai 1960 im Rahmen einer Festwochen-Aufführung an den Wiener Kammerspielen wieder ein größeres Publikum. Für diese Inszenierung wurde neuerlich auf die Musik von Hans Gál sowie auf die originalen Liedtexte verzichtet. Stattdessen kamen wieder die Couplets von Hans Weigel, vertont von Hans Lang, zur Darbietung. Die Regie führte Franz Reichert, die Rolle des Havlicek übernahm Ernst Waldbrunn. Einige der 1946 für notwendig erachteten Entschärfungen des Textes nahm man wieder zurück, das Stück wurde, wie vorgesehen, als Posse aufgeführt und das Entstehungsjahr zumeist richtig mit 1933 angegeben. Die Reaktionen der Kritiker waren neuerlich durchwachsen. Ein Großteil nahm das Stück als unterhaltsames Nebenwerk auf, bei dem Horváth allerdings „in den Ansätzen stecken“67 blieb, wie beispielsweise Friedrich Torberg anmerkte. Daneben finden sich allerdings äußert polarisierende Kritiken, die zwar das Ensemblespiel lobten, aber das Stück selbst verrissen: „Öd, öder, Ödön von Horváth“68 titelte der Kritiker des Kurier, und Karl Maria Grimme bezeichnete das Stück angesichts des ‚Eisernen Vorhangs’ schlicht als „Verharmlosung“69. Auf diese scharfen Kritiken reagierend, brachte die Wiener Wochenzeitung Heute schließlich einen Artikel, der den Grund für diese Wahrnehmung in der ent-
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Neben Franz Theodor Csokor und Lajos von Horváth sind hier vor allem Rudolf Steinboeck und Alfred Ibach zu nennen, die bereits zu Lebzeiten gute Kontakte zu Horváth hatten. Vgl. dazu Lechner 1978 (Anm. 7), S. 40–42. Friedrich Torberg: Fragmentarisches Gependel. Oedön von Horváths Posse „Hin und Her“ in den Kammerspielen. In: Die Presse, Wien, 2. 6. 1960. P. W.: Öd, öder, Ödön von Horváth. In: Kurier, Wien, 1. 6. 1960. Karl Maria Grimme: So sieht die Grenze wahrhaftig nicht aus! In: Österreichische Neue Tageszeitung, 2. 6. 1960.
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stellenden Inszenierung durch Franz Reichert sieht, die als „Rufmord am Autor“70 zu bezeichnen sei. Die schwierige Vermengung von ernsthaftem zeitgenössischem Gehalt und leichter Possenform vor dem Hintergrund der politischen Umwälzungen und Blockbildungen im Europa der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts scheint eine Konstante in der oftmals verzerrten Wahrnehmung des Stückes zu sein. Spürbar wird dies auch in der sehr ausführlichen und breit gestreuten Rezeption der bundesdeutschen Erstaufführung von Hin und her am Hessischen Staatstheater Wiesbaden im Dezember 1965 unter der Regie von Rolf Müller.71 Für diese Inszenierung wurden die Lieder von Hans Gál nicht verwendet, ein Hinweis in der Kritik des Wiesbadener Kuriers, der „in Versen abgefaßte Epilog“72 sei weggelassen worden, lässt überdies vermuten, dass K1/TS1 als Textgrundlage benutzt wurde. Das Stück selbst, dessen Schauplatz einigen Kritiken nach auch an der Grenze von Tragik und Komik zu sehen sei, fand grundsätzlich positive Aufnahme. Allerdings wären dem Ensemble wie der Regie dadurch sowie durch die starke österreichische Färbung Leistungen abverlangt worden, die zu geben sie nicht in der Lage waren, weshalb das Stück, entgegen seiner Intention, mehr den Charakter eines Schwanks angenommen habe. Angesichts des 1961 erfolgten Mauerbaus in Berlin stellt Uwe Schultz in der Süddeutschen Zeitung schließlich die Frage, ob es „dem Gegenwartstheater angemessen ist, im Grenzübergang einen Operettenstoff zu sehen“73. Auch in der vergleichsweise spärlichen wissenschaftlichen Rezeption von Hin und her wurde die irritierende Vermengung von Tragik und Komik zu Beginn des sich herausbildenden deutschen literarischen Exils wiederholt thematisiert. Als einer der Ersten stellte Kurt Kahl fest, dass das Stück sich harmloser gibt, als es tatsächlich sei. Die Behandlung als Posse schreibt Kahl dabei Horváths Wunsch zu, nicht nur ein für ihn bedrückendes Thema niederzuschreiben, sondern es auch in einem vor allem auf Unterhaltungstheater ausgerichteten Betrieb aufgeführt zu sehen.74 Eine ausführliche Interpretation des Stückes hinsichtlich seines politischen Gehalts sowie seiner zeitgenössischen literaturgeschichtlichen Bezüge leistet Johanna Bossinade im Kontext ihrer Gesamtdarstellung der späten Dramen Horváths. Abweichend von den Volksstücken werde in Hin und her und anderen Stücken – allen voran Himmelwärts – eine gänzlich andere Dramaturgie mit einem bewusst von realistischer Darstellung abgesetzten Theaterraum entworfen, in dem verschiedene Modelle durchgespielt werden können. Ausgehend von der absichtsvollen „Übererfüllung“ der Gattungscharakteristika der Posse sowie der literaturgeschichtlichen Nähe zu den zeitgenössischen „Grenzland“-Dramen der Blut-und-Boden-Literatur, liest Bossinade Hin und her so als hochartifiziellen politischen Text. Dieser ermögliche eine utopisch-positive Auflösung nationalistischen Grenzdenkens, bleibe schließlich aber 70
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Anonym: Retter und Mörder am Regiepult. Kritische Anmerkungen zu vier Premieren von unterschiedlicher Festlichkeit. In: Heute, Wien, 11. 6. 1960. Zu dieser Aufführung verzeichnet die Theaterdokumentation des Thomas Sessler Verlags über 50 Kritiken aus allen Teilen der BRD, vgl. Sammlung Sessler Verlag/Theaterdokumentation Ödön von Horváth, ÖLA 28/S 357. DrHK: „Hin und her“ auf der Brücke … Ödön von Horváths Posse um Grenzen und Paragraphen. In: Wiesbadener Kurier, 31. 12. 1965. Uwe Schultz: Hin und Her. Horváth-Erstaufführung in Wiesbaden. In: Süddeutsche Zeitung, München. 3. 1. 1966. Vgl. Kurt Kahl: Ödön von Horváth. Velber: Friedrich 1966, S. 63f.
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aufgrund seiner eigenen Eingebundenheit in die diesem Grenzdenken unterliegenden Mythen ideologisch wie dramaturgisch problematisch.75 Zuletzt legte Martin Stern einen Aufsatz zu Hin und her als Posse in der Tradition Nestroys und die damit verbundenen Gründe für den Durchfall des Stückes bei seiner Uraufführung 1934 vor. Neben der Titelanspielung auf Nestroys Hinüber – Herüber (1844) und der grundlegenden Gestaltung der einzelnen Figuren erkennt Stern in der Handlungsführung wie dem stark von Wortwitz und Assoziation getragenen Sprachgebrauch eine starke Orientierung an der von Nestroy exemplarisch vertretenen Wiener Possentradition. Darin liegt für ihn auch eine der Ursachen für das Scheitern des Stückes am Züricher Schauspielhaus: Die ursprüngliche Orientierung Horváths an einem mit der Gattung vertrauten Wiener Publikum brachte ein Stück hervor, das mit seiner irritierenden Verbindung von für Horváths Zeitgenossen unmittelbarer Tragik und zugleich übertriebener, slapstickhafter Komik außerhalb dieses eng begrenzten Rezeptionskreises nur schwer zu verstehen war.76
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Vgl. Johanna Bossinade: Vom Kleinbürger zum Menschen. Die späten Dramen Ödön von Horváths. Bonn: Bouvier 1988, S. 139–153. Vgl. Martin Stern: Nestroy und Horváth oder Happy-End für Staatenlose. Zu Text und Uraufführung von Horváths Hin und her in Zürich 1934. In: Nestroyana. Blätter der Internationalen Nestroy-Gesellschaft. 22. Jg. (2002), H.1/2, S. 43–55, hier S. 48–52.
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Konzeption 1: Hin und her
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얍 HIN UND HER Lustspiel in zwei Teilen von BÖdön HorváthN.
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얍 Personen: F ERDINAND H AVLICEK T HOMAS S ZAMEK , ein Grenzorgan E VA , dessen Tochter K ONSTANTIN , auch ein Grenzorgan M RSCHITZKA , ein Gendarm F RAU H ANUSCH X, der Chef der Regierung auf dem rechten Ufer Sein S EKRETÄR Y, der Chef der Regierung auf dem linken Ufer Ein P RIVATPÄDAGOGE Dessen F RAU F RAU L EDA S CHMUGGLITSCHINSKI , ein Oberschmuggler D REI S CHMUGGLER.
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Bemerkung: Dies Stück ist für eine Drehbühne geschrieben.
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얍 Schauplatz: Dieses „Hin und her“ ereignet sich auf einer alten bescheidenen Holzbrücke, die über einen mittelgrossen Grenzfluss führt, und also zwei Staaten in gewisser Weise miteinander verbindet. Rechts und links, dort wo die Brücke aufhört, wacht das jeweilige Grenzorgan, und zwar residiert auf dem linken Ufer Thomas Szamek in einer Baracke und auf dem rechten Ufer Konstantin in einem halbverfallenem Raubritterturm. Beide Herren haben einen geruhsamen Dienst, denn hier wickelt sich normalerweise nur ein kleiner Grenzverkehr ab, da ja dieses ganze Gebiet, hüben wie drüben, etwas abseits liegt. An beiden Ufern steht dichtes Gebüsch, und die Zweige der Trauerweiden hängen in den Grenzfluss hinab. Es ist eine etwas monotone Gegend, überall flach -- selbst am Horizont gibt es nur Wolken, statt irgendwelcher Hügel. Aber schöne Wolken. 얍 E RS TER TEIL
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얍 Szene 1 Brückenkopf auf dem linken Ufer. B Das GrenzorganN Thomas Szamek sitzt auf der Bank vor seiner amtlichen Baracke, raucht und liest eine alte Zeitung. Die Sonne scheint und alles sieht idyllisch aus. 2 43
B B
Ödön HorváthN ] Das GrenzorganN ]
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[O]|Ö|dön Horv[a]|á|th D[er]|as| [Zöllner] |Grenzorgan|
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Jetzt kommt eine ältere verschüchterte Frau und möchte an der Baracke vorbei auf die Brücke. In der Hand hält sie eine Blechbüchse. S ZAMEK Halt! Was ist, was ist? So einfach vorbei an dem Grenzorgan , an der amtlichen Passstelle, an der Zollbehörd? Wissens denn nicht, dass wir da aufhören und dass dort drüben ein anderer Staat beginnt? F RAU O gewiss. S ZAMEK Na also! F RAU Aber ich muss ja nur auf die Brücke. Zu meinem Gatten. S ZAMEK (betrachtet sie) S i e haben einen Gatten? F RAU Er angelt. S ZAMEK Aha! Das heisst: er fischt. F RAU Ja. Er ist nämlich ein leidenschaftlicher Amateurfischer. Wir sind erst seit gestern hier aus der Stadt, um uns zu erholen. Mein Gatte ist Privatpädagoge. S ZAMEK Was habens denn in der Blechschachtel? F RAU Regenwürmer. 얍 S ZAMEK Ha? Also zeigens nurmal her, diese ominöse Blechschachtel -F RAU (überreicht sie ihm) S ZAMEK (öffnet sie und lässt sie voll Eckel fallen) Brrr! F RAU Um Christi Willen! Meine Würmer! (sie kniet nieder) So helfens mir doch, die Würmer zusammenklauben -S ZAMEK Ich werd mich beherrschen. F RAU Aber Sie haben sie doch fallen lassen! S ZAMEK Aber ich kann keine Würmer anrühren! Meiner Seel, ich erbrech mich noch! F RAU (klaubt nun die Würmer wieder zusammen; leise) Sie wissen ja garnicht, was Sie mir antun, wenn ich ohne Würmer komm -- -S ZAMEK Also gehens nur schon -- und guten Appetit! F RAU (die sich mit ihrer wiedergefüllten Blechbüchse erhoben hatte) Danke -- (ab auf die Brücke) B
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Szene 2 S ZAMEK (sieht ihr nach) Brrr! Man hats nicht leicht als Grenzorgan -- -- Aber der Thomas Szamek wacht und fürchtet sich nicht! Treu und bieder, ehrbar und unbestechlich, mit einem offenem, aber durchdringendem Blick -- ein Grenzorgan, ein Exemplar von einem Grenzorgan, auf den sich die Grenz verlassen kann, ein Prachtexemplar -- Ach, da kommt ja mein gnädiges Fräulein Tochter! Was die schon wieder für ein zuwiederes Gesicht schneidet vor lauter Verliebtheit! 얍 Szene 3 E VA (kommt mit einem grossen Gefäss) Guten Tag Papa. Ich bring Dir da nur Deinen Cafe -S ZAMEK Wieviel? E VA Zweieinhalb Liter. S ZAMEK Zweieinhalb! Wie oft soll mans Dir denn noch sagen, dass ich mindestens vier Liter brauch, wenn ich Nachtdienst hab! Sonst schlaf ich ja ein und was wird dann?! Geschmuggelt wird dann, dass die Fetzen fliegen! Und übrigens war die 3 16
B B
dem GrenzorganN ] Ha?N ]
de[r]|m| Grenz[wach] |organ| Ha?[!]
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Strudel gestern miserabel und warum war sie miserabel? Weil das gnädige Fräulein Eva bei der Strudel keine Strudel im Kopf gehabt hat, sondern ihren Herrn Konstantin von da drüben und sonst nichts, bis sie noch einmal in andere Umständ kommt vor lauter Liebe! E VA Geh wirf mir doch das nicht immer vor! S ZAMEK (schreit sie an) Schrei mich nicht an! Ich kenn die Leut da drüben seit sechsundfünfzig Jahr! Die haben alle einen falschen Charakter, alle! E VA Nein! Aufrichtiger wie mein Konstantin – S ZAMEK (unterbricht sie) Das ist ja grad seine Falschheit, dass er so aufrichtig ist! Die da drüben sind alle verschmitzt und verlogen -- sie rennen es Dir von hinten hinein, das Messer, den Dolch, das Schwert und was weiss ich! E VA Da kann ich nur lächeln. S ZAMEK Lächle nur! Wie oft haben die uns schon verraten in den letzten sechshundert Jahr?! Ein schmutziges Volk! E VA Der Konstantin ist immer adrett und so fein rasiert -얍 S ZAMEK Also nur keine Anspiegelungen! Noch bin ich Dein eigener Vater! B
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Szene 4 Nun erscheint der Gendarm Mrschitzka -- er begleitet mit aufgepflanztem Bajonett den vom linken Ufer ausgewiesenen Ferdinand Havlicek. S ZAMEK Was seh ich?! Mrschitzka! M RSCHITZKA Szamek! Na das nennt sich aber eine freudige Ueberraschung! (er umarmt ihn, wobei er aber durch sein Bajonett gestört wird) Kruzifix! S ZAMEK Lang haben wir uns nicht gesehen, alter Freund! Acht lange schwere Jahr -M RSCHITZKA Irrtum, Thomas. Sieben! S ZAMEK So? Erst sieben? Wie rasch die Zeit vergeht! M RSCHITZKA Was hast denn da für ein sauberes Fraunzimmer? Mir scheint mir scheint, alter Gauner! S ZAMEK Leise! Meine Tochter! M RSCHITZKA Wer? Die Eva? Die war doch gestern noch so gross -- (er deutet einen Meter hoch) Wie die über Nacht aufgeblüht ist -- Schweinerei! Da merkt man erst, wie alt dass man wird! S ZAMEK (zu Eva) Erinnerst Dich noch an den braven Onkel Mrschitzka, mit dem Du immer Räuber und Gendarm gespielt hast? E VA (lächelt) Aber so etwas vergisst man doch nicht! M RSCHITZKA Freut mich, Fräulein Eva! Freut mich sehr! E VA Mich auch. S ZAMEK (zu Eva) Freu Dich nicht, wärm lieber den Cafe! (zu Mrschitzka) Trinkst doch einen Cafe? 얍 M RSCHITZKA Wenn er gut ist. Besonders mit Rum.
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Aufrichtiger f Konstantin –N ]
(unterbricht sie)N ] E VA f auch.N ] BFreu f lieberN ] BRum.N ] B
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[Sowas] [a]|A|ufrichtige[s]|r| wie mein[[en]|en| Konstantin \das/ gibt es nicht abermals!] |Konstantin –| \(unterbricht sie)/ \E VA f auch./ [Geh] |Freu Dich nicht,| wärm \lieber/ [Schnapps.] |Rum.|
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
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S ZAMEK Das hör ich gern. (zu Eva) Also wärm schon! E VA (ab in die Baracke, um den Cafe zu wärmen) B
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Szene 5 M RSCHITZKA (sieht Eva nach) Knusperig. Sehr knusperig! S ZAMEK Ja, die Kinder werden länger und unsere Tag werden kürzer. M RSCHITZKA Apropos kürzer: eine unerhörte Geschicht ist das wieder in puncto Gehaltskürzung, was sich die da drinnen in ihrem Exekutivministerium, diese zottigen Büffel -M RSCHITZKA Aber geh, unter uns! S ZAMEK Und der Herr dort, mit dem Du -M RSCHITZKA Jessus, den hab ich jetzt ganz vergessen vor lauter Wiedersehensfreud! Maria Josef, also der ist eine dienstliche Angelegenheit. Ich muss ihn hier an der Grenz abliefern. S ZAMEK Aha! Ein Ausgewiesener. M RSCHITZKA Per Schub. Weil er nämlich da hinüber zuständig ist. Havlicek heisst er. S ZAMEK Aha. M RSCHITZKA Ferdinand Havlicek. Ein ruhiges Subjekt. S ZAMEK Apropos Havlicek: der alte Podlicek hat sich ganz versoffen -B
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Szene 6 H AVLICEK (plötzlich) Pardon bitte -얍 M RSCHITZKA Ha? H AVLICEK Ich wollte nur mit dem Herrn Grenzbeamten -- nämlich hier an der Grenze wollt ich noch einmal sprechen, behufs meiner Ausweisung. S ZAMEK Da bin ich nicht kompetent. H AVLICEK Aber man tut mich da so einfach hinaus, wo ich doch schon garnichts angestellt hab -M RSCHITZKA Schon wieder?! (zu Szamek) Natürlich hat er nichts angestellt, dieser Ausgewiesene, aber sein Vermögen hat er verloren und hierauf sollte er unserer Wohlfahrtspflege zur Last fallen. Aber wieso kommt denn unsere Wohlfahrtspflegerei dazu, für einen Ausländer, wo doch unser Staat sowieso ein armes Hascherl ist, ein Aschenbröderl ein kleines, das selbst seinen braven Exekutivorganen nur einen Schundgehalt zahlt und sonst nichts! H AVLICEK (zu Szamek) Pardon bitte, aber dieser Herr sieht meinen Sachverhalt unter einem anderen Blickpunkt. Nämlich ich war hier herüben ein Drogueriebesitzer -es war zwar nur eine bescheidene Droguerie, aber trotzdem: es war immerhin B
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(zu f schon!N ] ] BKnusperig. f knusperig!N ] B
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Aha! EinN ] ruhiges Subjekt.N ] BPardonN ] Bdieser Ausgewiesene,N ] BwiesoN ] BdennN ] BSchundgehaltN ] BPardonN ] B
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\(zu f schon!/ [Sofort --] [Hübsch.] [|Appetitlich.|] |Knusperig.| Sehr [hübsch!] [|appetitlich!|] |knusperig!| [Also]|Aha!| [e]|E|in ruhige[r]|s| [Mensch.]|Subjekt.| [Entschuldigung] |Pardon| \dieser Ausgewiesene,/ wie\so/ \denn/ Schundgeh[{}]|a|lt [Entschuldigens] |Pardon|
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
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eine Droguerie. Alles konntens bei mir kaufen, landläufiges und diskretes, bis ich zugrund gegangen bin. M RSCHITZKA Eben! H AVLICEK Aber meine Herrschaften, ist denn das nicht eine Ungerechtigkeit?! Uebermorgen wirds ein halbes Jahrhundert, dass ich hier leb -- dreissig Jahr hab ich Steuer gezahlt, ohne zu zucken, und jetzt, wo mich mein Unglück trifft, da schmeisst man mich raus mit Bajonett-auf ! M RSCHITZKA Bajonett-auf ist nur eine Formalität. S ZAMEK (etwas verlegen) Das sind halt so die kleinen Ungerechtigkeiten des menschlichen Lebens. 얍 H AVLICEK Kleine Ungerechtigkeiten -- (er lächelt) M RSCHITZKA Da hilft sich nichts! Also gehens jetzt nur schön hinüber in Ihre Heimat. H AVLICEK „Heimat“? Ich war überhaupt noch nie drüben -M RSCHITZKA Unsinn! Dummer Unsinn! Wo sinds denn geboren worden, wenn nicht drüben?! H AVLICEK Pardon, an das hab ich jetzt nicht gedacht -M RSCHITZKA Na also! Wohin man geboren ist, dorthin ist man zuständig! H AVLICEK Aber vierzehn Tag nach meinem Geborenwerden bin ich schon herüber -und seit der Zeit war ich da. Nur da! Ein ganzes Leben. M RSCHITZKA Leben her, Leben hin! Zuständig sinds dort drüben. Kruzifix, wie oft soll ich das jetzt noch repetieren! Zu-stän-dig! (Stille) H AVLICEK Ja. Dann muss es halt sein. Also dann verlass ich jetzt dieses Land. Ich hab hier viel erlebt und gelernt und erfahren -- -- was wird noch kommen? -- Also adieu! (er will ab auf die Brücke) S ZAMEK Halt! Und seiens so gut, wenns jetzt eh schon da hinübergehen , richtens dem drüben gleich etwas aus. H AVLICEK Wem? S ZAMEK Diesem Grenzorgan drüben. Konstantin heisst er. Sagens ihm einen schönen Gruss vom Thomas Szamek und meine 얍 Tochter wird heut Nacht nicht kommen! H AVLICEK Ich werds ihm bestellen -- (ab) S ZAMEK Wo bleibt denn nur der Cafe? (er ruft in die Baracke) Eva! Eva! B N
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Szene 7 Ferdinand Havlicek geht nun über die Brücke nach dem anderen Ufer -- an dem Privatpädagogen vorbei, der mitten auf der Brücke leidenschaftlich angelt. Seine Frau, die ihm die Würmer gebracht hatte, steht neben ihm und blickt ebenfalls pflichtbewusst hinab, ob etwas anbeisst. 6 7 8 13 17 23 26 26 29 30
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] Bajonett-aufN ] BBajonett-aufN ] B„Heimat“?N ] Bzuständig!N ] BLand. IchN ] BwennsN ] BhinübergehenN ] BDiesemN ] BmeineN ] B
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[ehrlich und unverfälscht,] Bajonett\-/auf Bajonett\-/auf \„/Heimat[?]|“?| zuständig[.]|!| Land\./ [--] [i]|I|ch wenn\s/ [Sie] [nübe[r g]|rg|ehen] |hinübergehen| D[em]|iesem| [seine] |meine|
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
P RIVATPÄDAGOGE (zu Havlicek) So tretens doch gefälligst leise auf! Sehens denn nicht, dass man da angelt? Vertreibt einem die ganzen Fisch! H AVLICEK Pardon! P RIVATPÄDAGOGE Rücksichtslosigkeit sowas! Grad jetzt hätt einer endlich angebissen! F RAU (deutet hinab) Jetzt! P RIVATPÄDAGOGE Ruhe! Dass Du mir kein Wort! Jetzt ist er natürlich wieder weg, der Hecht. Abrakadabra abrakadabra -- bin ich nervös! Szene 8 Havlicek setzt nun seinen Weg auf Zehenspitzen weiter und erreicht so das andere Ufer. Dort steht bereits das Grenzorgan Konstantin mitten auf dem Brückenkopf neben seinem halbverfallenem Raubritterturm. Dieses Grenzorgan ist ein 얍 fescher Mensch mit einer schneidigen Uniform und er macht einen freundlichen Eindruck. H AVLICEK (verbeugt sich leicht vor ihm) K ONSTANTIN Ihren Grenzschein bitte. H AVLICEK Leider. Ich kann Ihnen nur hier damit dienen -- (er überreicht ihm seinen Ausweisungsschein) K ONSTANTIN (betrachtet ihn) Aha. Eine Ausweisungssache. H AVLICEK Innerhalb achtundvierzig Stunden. K ONSTANTIN Per Schub. H AVLICEK Weil ich mich geweigert hab. (Stille) K ONSTANTIN Hm. Und nun wollen Sie hier zu uns herein -H AVLICEK Wollen? Ich muss. K ONSTANTIN Aber Sie werden nicht können. H AVLICEK Wieso? K ONSTANTIN Sie gehören doch nicht unserem Staatsverbande an. H AVLICEK Wieso bitte nicht? K ONSTANTIN Weil Sie ein Ausländer sind. H AVLICEK Interessant. Aber die Herren Grenzorgane drüben behaupten, dass ich hierherüber zuständig bin infolge meiner seinerzeitigen hiesigen Geburt. K ONSTANTIN Das allein genügt noch nicht. Wir haben bereits vor zwanzig Jahren ein Gesetz erlassen in jener Hinsicht, dass sich ein jeder Staatsbürger, der dauernd im Ausland lebt, innerhalb von fünf Jahren beim zuständigen Konsulat melden muss, widrigenfalls er seine Staatsbürgerschaft verliert, und zwar automatisch. H AVLICEK Warum? K ONSTANTIN Nur so. 얍 H AVLICEK Das ist mir neu. K ONSTANTIN Die Notiz über das Gesetz stand aber in allen Tagesblättern. H AVLICEK Aber ich les ja nie eine Notiz, höchstens die Todesanzeigen! K ONSTANTIN Ihre Schuld! Dadurch dass Sie nur Todesanzeigen lesen, haben Sie naturnotwendig die Anmeldefrist versäumt und gehören nun automatisch nichtmehr daher. B
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aberN ] ] BSieN ] BgehörenN ] Bdaher.N ] B N
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\aber/ [,x] Si[e]|e| [sind] |gehören| [hierher zuständig.] |daher.|
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H AVLICEK Sehr interessant . Aber: wohin gehör ich denn dann bitte? K ONSTANTIN Dann nirgends. (Stille) H AVLICEK (lächelt) „Nirgends“ -- Unfug. Man ist doch immerhin vorhanden -K ONSTANTIN Gesetz ist Gesetz. H AVLICEK Aber solche Gesetze sind doch unmenschlich -K ONSTANTIN Im allgemeinem Staatengetriebe wird gar oft ein persönliches Schicksal zerrieben. H AVLICEK Schad. (Stille) K ONSTANTIN Kurz und gut: hier herein könnens ausgeschlossen, denn ich hab meine strikten Vorschriften. Aber wissens was? Schreibens ein detailliertes Gesuch an unseren Innenminister, und besser auch an den Aussenminister, dass Sie besagte Anmeldefrist versäumt haben und dass Sie nun wieder um die automatisch verlorene Staatsbürgerschaft bitten. Schreibens auch gleich an den Finanzminister, den geht sowas auch etwas an, und wenn Sie Soldat waren, dann lieber auch gleich an den Kriegsminister. Und selbstverständlich vor allem an den Wohlfahrtsminister, aber das beste wär natürlich, wenn Sie auch gleich ausserdem an den Herrn Ministerpräsidenten persönlich direkt zu Händen ein Extragesuch – H AVLICEK Halt! (fasst sich an den Kopf) Lieber Herr, wie schreibt man eigentlich solche Gesuch? 얍 K ONSTANTIN Ja, da müsstens schon einen Advokaten fragen. H AVLICEK Wo? Da auf der Brück? B
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Szene 9 Jetzt kommt Frau Hanusch, die Wirtin zur Post, mit einem Gefäss. K ONSTANTIN A das ist aber lieb, Frau Hanusch, dass mir heut gleich die Postwirtin selbst persönlich meinen Nachtdienstcafe bringt, statt der Klara -- Küssdiehand! F RAU H ANUSCH Die Klara hab ich zum Teufel gejagt -- ich kann keine Löhn mehr zahlen, mit meiner Wirtschaft gehts bergab! Der stolze Gasthof zur Post -- hundertzweiunddreissig Jahr im Besitze der Familie. Wissens, wenn halt der Mann tot ist -K ONSTANTIN Na Sie finden schon noch einen anderen Mann, bin ich überzeugt! F RAU H ANUSCH Das freut mich. Aber bis dahin bin ich krepiert. Ohne Mann geht halt kein Hotel! Zwar gearbeitet hab ja immer nur ich, gekocht, gewaschen und gebuchgeführt, er hat ja nie etwas getan, mein Seliger -- immer hat er nur mit die Stammtischgäst getrunken und Karten gespielt, aber es muss halt wer da sein zum Repräsentieren! H AVLICEK (bei Seite) Das wär ein Beruf für mich. B
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Sehr interessantN ] Aber:N ] BgehörN ] Bbitte?N ] Bnirgends.N ] BExtragesuch –N ] BerN ] B
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
K ONSTANTIN Tröstens Ihnen nur, Frau Hanusch! F RAU H ANUSCH Mit was denn bitte? Sie habens natürlich leicht, Herr Konstantin! Sie stehen da herum, kontrollieren die Leut und leben davon -- aber ich! Wenn ich 얍 bis morgen mittag keine zehntausend auftreib, dann lösch ich mich aus! K ONSTANTIN Seiens so gut! F RAU H ANUSCH Oder meinens vielleicht, dass ich bis morgen mittag zehntausend auftreib? K ONSTANTIN Kaum. F RAU H ANUSCH Nie! H AVLICEK Es wär ein Wunder! K ONSTANTIN (hatte Havlicek momentan vergessen, ärgert sich nun über sich selbst und wird deshalb etwas scharf) Wie bitte?! (Stille) F RAU H ANUSCH Wer ist denn dieser Herr? K ONSTANTIN Niemand. Ein amtlicher Fall. H AVLICEK Pardon, dass ich mich da hineingemischt hab mit meinem Wunder – K ONSTANTIN (unterbricht ihn) Also gehens doch schon wieder retour! Hier habens nichts verloren! H AVLICEK Interessant . Ich werds denen drüben sagen -- (er verbeugt sich wieder leicht vor Konstantin und will ab, hält aber plötzlich noch einmal) Sofort! Nämlich ich muss Ihnen ja noch etwas bestellen, hätt ich jetzt total vergessen. Einen schönen Gruss vom Herrn Thomas Szamek -K ONSTANTIN (perplex) Szamek? H AVLICEK Derselbe. Von dem Herrn Grenzorgan drüben -- und er lässt Ihnen sagen, dass sein Fräulein Tochter heut Nacht nicht herüberkommen kann. 얍 (Stille) K ONSTANTIN (zu Frau Hanusch) Habens das gehört? F RAU H ANUSCH Vornehm. K ONSTANTIN Ein Rabenvater. Nicht genug, dass er seine zarte Tochter tyrannisiert, macht er sich da auch noch lustig über mich! (zu Havlicek) Also sagens dem Szamek, der Herr Konstantin erwiedert seine Grüsse auf das familiärste und er freut sich heut Nacht auf das Fräulein Tochter. H AVLICEK Werds ausrichten -- (ab) B N
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Szene 10 Und wieder geht nun Havlicek über die Brücke -- und da er in die Nähe des Privatpädagogen kommt, erinnert er sich und tritt vorsichtig auf den Zehenspitzen auf. P RIVATPÄDAGOGE Tretens nur ruhig fest auf, lieber Herr! Und trampelns, trampelns! B
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] dieser Herr?N ] Bmeinem Wunder –N ] BInteressantN ] BwerdsN ] B N] BerwiedertN ] B10N ] BwiederN ] Bfest f Herr!N ] B
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[Mit was?] [[das]|der|?] |dieser Herr?| [e]|me|inem [Wörtchen --] |Wunder –| [Sehr] [i]|I|nteressant werd\s/ [das] [gehens jetzt nur nüber und] gemeint ist: erwidert [11] |10| [abermals] |wieder| [auf -- fest, fest!] [|fest|] |fest f Herr!|
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 17
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
Meiner Seel, da könnt jetzt ruhig ein ganzes Regiment mit Artillerie, es beisst nichts an! Und wer ist dran schuld?! Die Würmer! H AVLICEK (betrachtet die Würmer) P RIVATPÄDAGOGE Oder sind das vielleicht keine Krepiererl?! Extra hab ich es ihr eingeschärft, meiner lieben Frau Gemahlin: nur dicke Würmer! Nein! Ganz dünne bringt sie mir daher, bei denen man sich immer ins eigene Fleisch sticht, wenn man sie aufspiesst! (zur Frau) Geh und bring mir dicke Würmer! Los! F RAU (rührt sich nicht) P RIVATPÄDAGOGE Was stehst denn noch da? Hast mich denn 얍 nicht gehört?! F RAU (unheimlich ruhig) Ich such Dir keine Würmer mehr. P RIVATPÄDAGOGE Was sind denn das für neue Töne? F RAU (bricht plötzlich los) Ich such Dir keine Würmer mehr! Such sie Dir selbst! Genug genug!! Jetzt zertritt ich sie Dir!! (sie zertrampelt hysterisch schluchzend die Würmer auf dem Boden) H AVLICEK Halt! Die armen Würmer! F RAU (lässt sich nicht stören) Wer fragt, ob ich arm bin?! Wer?! Genug!! Ich möcht mich doch auch mal erholen Zeitung lesen oder Roman -- wer fragt mich, wer ich bin?! Niemand, niemand, Du gemeiner Egoist!! (rasch ab) P RIVATPÄDAGOGE (zu Havlicek) Furie, nicht? Bringt mir lauter dünne Würmer und dann bin ich der Egoist! Abrakadabra abrakadabra -- man fasst es nicht! B N
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Szene 11 Die Frau geht nun weinend und zitternd über die Brücke -- und jetzt erreicht sie das linke Ufer, wo Eva gerade den gewärmten Cafe aus der Baracke bringt. Mrschitzka, der nun keinen Dienst mehr hat, machte es sich kommod. Grad zieht er sich die Schuhe aus. S ZAMEK (zur Frau) Na was hat er gefangen, der Herr Privatpädagog? F RAU (schaut ihn an, antwortet nicht, sondern lacht nur, und zwar derart, dass es dem Szamek etwas kalt am Rücken wird; und ab)
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얍 Szene B12N M RSCHITZKA (sieht ihr nach) Was hat sie denn? S ZAMEK Lustig ist sie -- (zu Eva) Bring noch ein Gefäss, vielleicht trinkt auch der Mrschitzka -E VA Und ich? S ZAMEK Wer hat hier Nachtdienst? Du oder ich? Apropos Nachtdienst: grad hab ich es Deinem Konstantin ausrichten lassen, dass Du heut Nacht nicht nüberkommen tust. E VA Papa! S ZAMEK Meinst, ich hab mir das nicht erzählen lassen, wo Du Deine Nächt zubringst? Kurz und gut: es bleibt dabei! E VA Nein, ist das aber indiskret -S ZAMEK Indiskret! Vergiss nicht, dass ich Dich gezeugt Bhab!
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] Artillerie, f UndN ] B12N ] Bhab! f sein --N ] B
[\Heut beisst eh nichts an!/] Artillerie\,/ [--] |es beisst nichts an!| [u]|U|nd [{19}] [|1{5}|] |12| 얍 [Havlicek [Entschuldigens] |Pardon| bitte, aber ich scheine ein Irrtum zu sein --] |hab! f sein --|
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Fassung
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
Szene 13 Havlicek erscheint und hält, bereits etwas verschüchtert. M RSCHITZKA (hatte sich inzwischen auch seiner Fusslappen entledigt, er ist nun barfuss und manipuliert an seinen Zehen herum) Au! Mir scheint, ich hab da eine Blutblasen unter die Hornhäuter -- (er erblickt Havlicek) Was?! Schon wieder?! H AVLICEK Pardon bitte, aber ich scheine ein Irrtum zu sein -얍 M RSCHITZKA Irrtum? H AVLICEK Ein grosser. Nämlich die Grenzbehörd drüben lasst mich auch nicht hinein. Sie sagt, ich gehör nicht hinüber, sondern herüber. M RSCHITZKA Was sagt er?! H AVLICEK Er sagt, ich sei dort drüben kein Staatsbürger. M RSCHITZKA Unsinn! Dummer Unsinn! Staatsbürger ist man dorthin, wohin man zuständig ist und zuständig ist man dorthin, wohin man geboren ist! Kruzifix! S ZAMEK (zu Eva) Ein Rindvieh ist er also auch, dieser Konstantin -H AVLICEK Aber die drüben haben inzwischen ein Gesetz fabriziert -S ZAMEK (unterbricht ihn) Denen ihre Gesetz gehen uns hier nichts an! Radikal nichts, bitt ich mir aus! M RSCHITZKA Wir haben unsere eigenen Gesetz! Und hier steht es schwarz auf weiss: Ferdinand Havlicek, geboren in Grossenzering -S ZAMEK Das heisst jetzt Kleinenzering. M RSCHITZKA Seit wann denn? S ZAMEK Seit vorgestern. H AVLICEK Interessant. S ZAMEK Ich weiss das genau, weil ich dort einen Schwager hab -- ein verlogener Mensch. (zu Eva) Wie alle da drüben! (zu Mrschitzka) Der hat mir erst gestern geschrieben, wie das dort jetzt aussieht -H AVLICEK Wie? -- Entschuldigens, aber ich kenn nämlich meine Heimat garnicht. M RSCHITZKA Dann schauns, dass nüberkommen und lernens es kennen! 얍 H AVLICEK Aber der drüben lässt mich ja nicht hinein -M RSCHITZKA Er muss! Wo solltens denn sonst hin? H AVLICEK Eben! M RSCHITZKA Also gehens nur zu in Gottes Namen! Marsch-marsch! H AVLICEK Moment! Nämlich der Herr drüben hat noch gesagt, ich soll einen familiären Gruss an den Herrn Thomas Szamek -S ZAMEK (giesst sich grad Café ein) Das bin ich! H AVLICEK Das weiss ich! S ZAMEK Aber wieso familiär? H AVLICEK Was weiss ich! S ZAMEK Weiter! H AVLICEK Und weiter lasst er Ihnen vielmals danken für Ihre freundlichen Grüss und er erwartet das Fräulein Tochter heut Nacht. S ZAMEK Eine Gemeinheit! (zu Eva) Feix nicht! (zu Havlicek) So! Und jetzt gehens nur hübsch wieder nüber und sagens ihm einen väterlichen Gruss und ob er sich N
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] drübenN ] BihreN ] Bnichts, f aus!N ] B(giesst f ein)N ] BheutN ] B
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
nicht erinnern tut vielleicht, was ich ihm vor vierzehn Tag kategorisch geschrieben hab! Dass ich nämlich als Familienvorstand niemals meine Einwilligung zu dieser Verbindung geben werd -- und wenn er sich aufhängt, dann auch nicht! H AVLICEK Aber ich bin doch da kein Postbot! M RSCHITZKA Marsch-marsch! H AVLICEK (zuckt etwas resigniert die Schulter und ab) Szene 14 S ZAMEK (zu Eva) Verstanden?! E VA Nein. S ZAMEK Wirst mich schon noch kennen lernen, samt Deinem Herzerwählten -„Familiäre Grüsse“! Ein feiner Mensch ist das, ein ganz ein Impertinenter -얍 E VA Er wird nur lachen. Ueber Deine ohnmächtige Wut. S ZAMEK Werden schon sehen, ob ohnmächtig -- (er trinkt Cafe) Brrr! Ist das ein miserabler Cafe! E VA Du hast doch gesagt, dass ich von heut ab den billigsten -S ZAMEK (unterbricht sie) Weil wir sparen müssen -- spa-ren! Vergiss das nicht gefälligst! E VA Als tät ich nicht sowieso sparen. S ZAMEK Erst gestern hast Dir wieder eine Fliederseife -E VA (unterbricht ihn) Aber ich muss mich doch waschen als Frau! Und etwas pflegen! S ZAMEK Waschen ja, pflegen ist überflüssig. Mrschitzka! Magst keinen Cafe? M RSCHITZKA (hat sich inzwischen gepflegt und noch immer manikürt er sich mit seinem Bajonett) Wenn einer da ist -S ZAMEK (zu Eva) Gib ihm! E VA (schenkt ihm ein) M RSCHITZKA Merci! (er trinkt und sieht verstört aus) Was ist das bitte? Cafe oder Tee? S ZAMEK Mokka. Aus Sumatra. M RSCHITZKA Sumatra. Also ein Sumatrenser möcht ich nicht sein -S ZAMEK Wirst halt noch nie in Deinem Leben einen wirklich feinen Cafe getrunken haben. M RSCHITZKA Ist schon möglich! Man muss sich halt an die teueren Sorten erst gewöhnen, oft schmeckt einem der billigste besser -- (er trinkt wieder) Ein eigenartiger Cafe. Aber allmählich kommt man auf den Geschmack -- (und wieder trinkt er) 얍 S ZAMEK (plötzlich zu Eva, die so nebenbei fort möcht) Wohin? E VA Spazieren. S ZAMEK Ueber die Brücke? E VA Ja. S ZAMEK Du bleibst! Grad wo er Deinen Vater so impertinent hat grüssen lassen, erfordert es das familiäre Ansehen, dass Du als Tochter da bleibst! E VA Ach was Tochter! Ich muss! Ich hab ihm mein Ehrenwort gegeben, dass ich heut komm! S ZAMEK Ein Weib hat kein Ehrenwort. B
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
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M RSCHITZKA Gut so. E VA Aber sei doch nicht so altmodisch, Papa! S ZAMEK Ach was altmodisch! Ich werd nicht neumodisch, verstanden?! Und dass Du mir da bleibst bei mir! (Stille) E VA (spitz) Du vergisst, dass ich volljährig bin -- seit dem sechsten Mai. S ZAMEK (zu Mrschitzka) Sie ist ein Sonntagskind. M RSCHITZKA Gratuliere. S ZAMEK Und volljährig. M RSCHITZKA Merkt man ihr an. S ZAMEK (grinst) Und sie ernährt sich selbst. E VA Werd ich auch tun! (Stille) S ZAMEK Wodurch? E VA (schweigt) S ZAMEK Wer soll Dich denn schon ernähren? M RSCHITZKA Ein Mann. 얍 S ZAMEK (zu Mrschitzka) Sei so gut! E VA Richtig! Ein Mann. Mein Mann. S ZAMEK „Mein“ Mann? Mrschitzka! Sie sagt: „mein“ Mann! M RSCHITZKA Tableau! E VA Er ist mein Mann! S ZAMEK (drohend) Seit wann? Der Konstantin?! E VA Derselbe. Auch wenn wir noch nicht verheiratet sind -- er ist und bleibt mein Mann. M RSCHITZKA Noch ein Tableau! (Stille) S ZAMEK (zu Mrschitzka) Jetzt ist mir ein Stein vom Herzen gefallen. Ich hab schon geglaubt, dass sich das gnädige Fräulein Tochter heimlich getraut haben -M RSCHITZKA Das ist wurscht! Hintenherum ist dasselbe wie vorneherum! Zum Beispiel ich hab drei Töchter und eine jede hat mir ein aussereheliches Bankert ins Haus gebracht, und zwar die Jüngste als Erste, Kruzifix! Und bei der Aeltesten hat man den Vater sogar garnicht eruieren können und derweil bin ich doch Polizeiorgan und kenn mich aus mit solchen Recherchierungsfragen -- Jaja, Thomas, gegen die Liebe helfen auch keine kriminalistischen Fortschritt! Und wenn ich tausend Töchter hätt wie der Padischah von Istambul, dann hätt ich jetzt tausend Bankert, Kruzifix! E VA Was reden denn Sie für ein ungereimtes Zeug daher?! Bei mir ist das doch ein ganz anderer Tatbestand! M RSCHITZKA Immer derselbe, Fräulein Eva! Enthaltsamkeit ist die Mutter der Vorsicht! (zu Szamek) Wieviel Kinder hat sie denn, das Fräulein Tochter? 얍 S ZAMEK Was?! E VA Noch keines. Leider! S ZAMEK „Leider“! Na servus!
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E VA Hoffentlich ist aber bald etwas unterwegs. S ZAMEK (lächelt irr) „Hoffentlich“ -- jetzt werd ich verrückt. Jetzt wird mir aber alles wurscht! Da kämpf ich ja gegen eine chinesische Mauer, wie ein Ochs renn ich dagegen! Schad, dass ich heut Nachtdienst hab, sonst springet ich noch ins Wasser -- Geh nur nüber zu Deinem Gigolo und verlass Deinen armen alten Vater, der Dich gezeugt hat -- (er vergräbt seinen Kopf in den Händen) (Stille) E VA Sag Papa: was hast Du eigentlich gegen den Konstantin? S ZAMEK (plötzlich verändert, in sanftem väterlichem Ton) Mein Kind. Ich möcht mit Dir mal offen reden: gegen Deinen Konstantin hab ich nur das Eine, dass er nämlich kein Geld hat -- Schau, Du bist doch ein hübsches Kind, ein frisches, und ich möcht, dass Du glücklich wirst. Reich sollst Du heiraten, sehr reich, damit auch Dein armer alter Vater was von Dir hat -- ausschaun tust ja eklatant wie Dein Mutterl selig und die hätt auch keinen solchen Bettler von einem Zöllner heiraten sollen, sondern einen reichen Grosskaufmann, aber sie hat mich eben unsterblich geliebt und ist halt drum nur eine Zöllnersgattin geworden -- und was hat sie von ihrem Leben gehabt an meiner Seite? Nichts. An die Riviera hätt sie fahren können oder in ein Bad -E VA Ich brauch kein Bad. 얍 S ZAMEK Das hat Dein Mutterl selig auch gesagt. Trotzdem. B
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Szene 15 Und abermals kommt Havlicek. M RSCHITZKA (ausser sich) Was seh ich?! Schon wieder?! Na jetzt lass ich Ihnen aber gleich durch mich verhaften und dann müssens erst noch bei Wasser und Brot, bevor dass ich Ihnen wieder per Schub in die Freiheit hinauslass! H AVLICEK „Freiheit“ ist gut. M RSCHITZKA Sie, witzeln Sie sich nicht mit mir, ja?! H AVLICEK (schreit ihn plötzlich an) Ich bin doch kein Witz! Und übrigens hab ich ja nur wieder was auszurichten da -- von der Behörd dort drüben, von der verliebten! M RSCHITZKA Das ist zweierlei. Also los los! Richtens aus und fahrens ab! H AVLICEK Kommandieren lass ich mich aber nicht, Sie -- wenn ich schon die Freundlichkeit hab, als ein wanderndes Billet-doux herumzulaufen! M RSCHITZKA Nur keine Vorlautheiten! H AVLICEK Ziehens Ihnen lieber zuerst die Schuh an, bevor dass Sie mit mir dienstlich reden! M RSCHITZKA (perplex) Schuh? E VA (zu Havlicek) Herr -H AVLICEK Havlicek. E VA Szamek. H AVLICEK (verbeugt sich galant) Angenehm! 얍 E VA Und bitte, was hätten Sie uns nun auszurichten, Herr Havlicek? B
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frisches\,/ [halt]|eben| [{22}][|18|] [|13|] |15| [bin ich nicht wegen meiner da, ich] hab \ich/
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
H AVLICEK Nicht viel nicht wenig, Fräulein Szamek! Der Herr Bräutigam dort drüben lasst nämlich dem Herrn Papa da sagen, dass es ihm dort drüben eigentlich leid tut, sehr leid, dass der Herr Papa so heftig gegen ihn agiert. E VA Leid? (sie wirft einen Blick auf Szamek) Das hat er gesagt? H AVLICEK Aufrichtig leid. S ZAMEK „Aufrichtig“! Wenn das einer von drüben sagt! E VA Und sonst hat er nichts hinzugefügt? H AVLICEK Sonst hat er nur noch hinzugefügt, dass er dort drüben persönlich kein sanfter Engel ist und dass er sich das also nichtmehr langmehr mitanschaut, wie dass sich der Herr Papa da als ein Aussenstehender in seine Liebeserlebnisse hineinmischen -S ZAMEK (unterbricht ihn) Was?! Ich ein Aussenstehender? Als der eigene Erzeuger?! Na servus! H AVLICEK Herr Szamek! Auch für die eigenen Herren Erzeuger kann es unter Umständen gefährlich -M RSCHITZKA (unterbricht ihn) Was hör ich?! Sie halten hier Reden! Das auch noch?! H AVLICEK (fährt ihn an) So lassens einen Menschen doch ausreden, nicht?! M RSCHITZKA (schweigt perplex) S ZAMEK (zu Mrschitzka) Lass ihn, Mrschitzka! Lass ihn sich ausreden, es ist so angenehm blöd -얍 H AVLICEK Vielleicht! Und dennoch: zum Beispiel hab ich mal eine gewisse Frau Hörl gekannt, eine geborene Spitzinger, und die hat einen alten Vater gehabt, einen gewissen Emanuel Spitzinger, der hat sich nämlich auch immer in die Liebesarten zwischen Tochter und Schwiegersohn hineingemischt -- und das Ende vom Liede? Der alte Spitzinger hat den Hörl und die Frau Hörl hat den alten Spitzinger erschlagen. Alles mit der Axt! Die Tochter den leiblichen Vater mit der Axt. Um Mitternacht! -- Glaubens einem geschlagenem Mann, Herr Szamek, es tut nicht gut, wenn man sich hineinmischt -M RSCHITZKA Da hat er recht, dieser Ausgewiesene! Da könnt ich Euch aus meiner Praxis noch ganz andere Legenden erzählen, Herrschaften! Stundenlang könnt ich Euch da auseinandersetzen, wie sich ganze Familiengruppen gegenseitig ausgerottet haben, bis in das letzte Glied -- und wegen was? Wegen nichts! S ZAMEK (plötzlich zu Eva) Eva. Könntest Du mich mit einer Axt -E VA (fährt ihn an) Frag doch nicht so dumm! (Stille) M RSCHITZKA (zu Havlicek) Na was stehens denn da noch herum ?! H AVLICEK Wo soll ich denn sonst stehen?! M RSCHITZKA Da nicht! Dort ist die Tür! (er deutet auf die Brücke) B
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\sehr leid,/ [da] [dort drüben] [(bei Seite)] \sanfter/ [bin] [und] Axt[!]|.| Mitternacht[.]|!| [{Du}] noch2 da1 herum3
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
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H AVLICEK „Tür“ ist gut -- (er will ab) S ZAMEK Halt! -- Sagens dem drüben: der Thomas Szamek ist ein alter Mann und überlasst sich von heut ab dem Schicksal. 얍 H AVLICEK Also dem Schicksal -- (ab) 5
Szene 16 Havlicek geht nun wieder über die Brücke -- aber jetzt angelt er allein, der Privatpädagoge. H AVLICEK (mitfühlend) Habens noch immer nichts gefangen? P RIVATPÄDAGOGE (kleinlaut resigniert) Nein. H AVLICEK Schicksal. P RIVATPÄDAGOGE (braust auf) Aber was Schicksal! Würm! Zu dünne Würm! Abrakadabra! Manchmal ärger ich mich schon so über meine Ehehälfte, dass ich lieber schon selber ein Hecht sein möcht! H AVLICEK Um hernach von sich selbst gefischt zu werden! Hahaha! P RIVATPÄDAGOGE Heut hätt ich schier nichts dagegen! Schauns, wie ich mit die Nerven herunter bin, weil meine Gattin epileptisch ist, gleich hat sie Schaum vor dem Mund -- deshalb fisch ich ja nur, damit ich mich beruhig. Aber wenn ich jetzt nicht bald was fang, werd ich noch selbst epileptisch! H AVLICEK Also nur das nicht! (er geht weiter) Wiedersehen! B
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Szene 17 Und wieder drüben beim Konstantin. K ONSTANTIN Na was hat er gesagt, der Szamek? H AVLICEK Schicksal. K ONSTANTIN Was heisst das? 얍 H AVLICEK Er ist ein alter Mann, hat er gesagt, und überlasst sich von heut ab dem Schicksal. B
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K ONSTANTIN (erfreut) Tatsächlich? Na bravo! Vor dem Schicksal hab ich keine Angst! Mein Schicksal heisst Eva und kommt, wann ich möcht! H AVLICEK Ein schönes Schicksal, ein braves -- -- Armer Havlicek! Dreissig Jahr hast Steuern gezahlt, ohne zu zucken -- Nur gut, dass ich keine Familie hab, sonst steheten wir jetzt da zu mehreren! K ONSTANTIN Sinds Junggeselle? H AVLICEK Ja, aber kein eingefleischter. (Stille) K ONSTANTIN Ich denk mir oft: man weiss es nicht, was besser ist: heiraten oder ledigbleiben -H AVLICEK Heiraten. Auf Ehr und Seel! Können es mir glauben, junger Herr, denn ich bin nicht verheiratet und so einsam ist man nirgends zuhaus, selbst wenn man sich noch so einrichtet. Zum Beispiel hab ich mir einen Spiegelschrank -B N
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
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K ONSTANTIN (unterbricht ihn) Spiegelschrank? H AVLICEK Einen grossen, schönen. Wo man sich so ganz sehen kann. Auf einmal. K ONSTANTIN Aha. H AVLICEK Ja -- -- (er fährt plötzlich hoch) Jetzt hab ich eine Idee! Wissens was, kommens mit mir da zu denen hinüber und sagen Sie es denen persönlich aber mal tüchtig, dass 얍 ich hier strikte nicht hereinkann, dann müssen die drüben mich doch nämlich hinein -- das ist der Ausweg! K ONSTANTIN „Ausweg“? Ich da hinüber? In Uniform?! Na das gäb ja einen gediegenen Grenzzwischenfall mit unabsehbaren aussenpolitischen Nachspielen, Noten, Interpellationen im Senat und diplomatischen Demarchen und was weiss ich noch was! Ausgeschlossen! Ich darf ja nichtmal auf die Brücke und derweil ist die doch nur neutral! Jetzt erst noch auf das andere Ufer -- das ist grotesk! H AVLICEK Und ich bin vielleicht nicht grotesk? Grosser Gott, wie kompliziert -K ONSTANTIN Völkerrecht, Herr! Haag und Genf. (Stille) H AVLICEK Und was ist diese Brücke bitte? Neutral? K ONSTANTIN Eine neutrale Zone. Weder Fisch noch Fleisch. H AVLICEK (blickt auf die Brücke zum Privatpädagogen hinüber) Ja, Fische scheints da nicht viel zu geben -(Stille) K ONSTANTIN Also gehens nur wieder brav retour -- probierens es halt immer wieder und lassens nicht locker! Probieren geht über studieren! H AVLICEK Das schon. Also dann auf Wiedersehen -- (ab) B
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Szene 18 Und wieder geht Havlicek über die Brücke -- der Privatpädagoge ist nun bereits seiner Gattin gefolgt, denn es dämmert nun schon leise. Mitten auf der Brücke begegnet Havlicek der Eva, die unterwegs ist zu ihrem Konstantin. Er 얍 grüsst und sie dankt. H AVLICEK (hält, sieht ihr nach und überlegt; plötzlich) Fräulein Szamek! E VA (hält) Herr Havlicek? H AVLICEK Pardon, dass ich Ihnen aufhalt, ich weiss, das ist kostbare Zeit, wenn man so hinübermöcht -- aber ich hätt ein für mich grosses persönliches Anliegen, liebes Fräulein Szamek! Geh, könntens nicht ein freundliches Wörtchen für mich einlegen -E VA Gern. Wo? H AVLICEK Bei Ihrem lieben Herrn Bräutigam -- dass er nämlich vielleicht ein Auge zuschliesst und mit dem anderen Aug mich übersieht, wenn ich über seine Grenz -E VA Achso! H AVLICEK Schauns, es dämmert nämlich schon und ich komm in keine Heimat -- Nur ein Auge, Fräulein Szamek, ich bin geschwind wie der Wind! E VA Nein, das wird er unmöglich. Weil ihm sein Gesetz über alles geht. H AVLICEK Aber wenn Sie, als gewissermassen sein Schicksal -E VA (unterbricht ihn) Auch über mich geht sein Gesetz hinweg, und das ist sogar recht so, denn darum ist er der Mann. B
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H AVLICEK Darum? Hm. Jetzt könnt ich Ihnen vom Gegenteil gar manche historische Anekdoten erzählen -- -- Geh probierens es halt, mir zu lieb! Probieren geht über studieren und Sie wären ein Engel. E VA (lächelt) Ein Engel? H AVLICEK Ein schöner grosser, so mit Flügeln -- bei dem man gleich weinen muss vor lauter Freud. (Stille) E VA Also dann probier ich es halt, aber es ist nicht viel Hoffnung dabei, Herr Havlicek -- (ab) H AVLICEK Die Hoffnung überlassens nur mir! (er sieht ihr nach; für sich) Ein Engel. 얍 Szene 19 Eva erreicht nun das rechte Ufer und trifft dort Frau Hanusch. E VA Guten abend, Frau Hanusch! Wo ist denn der Konstantin? F RAU H ANUSCH Der telephoniert grad -- mir scheint, amtlich. Ich bin jetzt nurmal nochmal her, um meinen Niedergang mit ihm durchzubesprechen, er ist doch der einzige anständige Mensch unter uns, der einer alleinstehenden Witwe wertvolle Ratschläg geben kann. Morgen meld ich Konkurs an, sonst sperrens mich noch ein! Und dann kommt das Gas. E VA Aber Frau Hanusch! Der Tod ist ein schlechter Kamerad – (sie lächelt) F RAU H ANUSCH Sie habens natürlich auch leicht! Kommen da abends herüber und geniessen Ihr Leben! Schad, dass ichs nicht auch so gemacht hab, wie ich noch jung situiert war -- jetzt find ich keinen Mann mehr! E VA (schweigt) F RAU H ANUSCH Meinens wirklich, dass ich keinen Mann mehr find? N
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Szene 20 K ONSTANTIN (kommt aus seinem Raubritterturm) Ach, Eva! (er gibt ihr einen Kuss; dann zu Frau Hanusch) Das wär was für Sie, Frau Hanusch! Grad ist amtlich telephoniert wor-얍den, dass sich hier in der Gegend gefährliche Rauschgiftschmuggler herumtreiben, und auf ihre Ergreifung sind runde zwanzigtausend ausgesetzt! F RAU H ANUSCH Zwanzigtausend! Meiner Seel, ich täts gleich verhaften! Und köpfen auch, dann wär ich saniert! K ONSTANTIN Na so einfach geht das nicht! Solche Rauschgiftschmuggler sind verwegene Subjekte, die schrecken vor nichts zurück, vor keiner Untat -- Raub, Mord, Schändung -F RAU H ANUSCH (unterbricht ihn) Schändung auch? K ONSTANTIN Denen graust es vor nichts! Kommen daher mit direkt amerikanischen Methoden, Panzerauto und Maschinengewehr -E VA Gib nur acht! B
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B
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11 16 16 19 20 20 26 29–30 30
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19N ] ] BWitweN ] Bist f lächelt)N ] B N] BauchN ] B20N ] BRauschgiftschmugglerN ] Bsind rundeN ] B N
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[{26}][|22|] [|17|] |19| [auf den man sich verlassen kann, und] Wit[t]we [kommt früh genug von allein -- (sie lächelt)] |ist f lächelt)| [Ihnen schon, mir aber nicht!] \auch/ [{27}][|23|] [|18|] |20| korrigiert aus: Rauschgftschmuggler [wurden] |sind runde|
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 34
Fassung
K1/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
K ONSTANTIN Auf alle Fäll hol ich mir jetzt mal gleich meinen Dienstrevolver -(er will wieder ab in seinen Raubritterturm) Szene 21 Havlicek erscheint. K ONSTANTIN (erblickt ihn und ist ungeduldig überrascht) Na und? H AVLICEK (wirft einen verstohlenen Blick auf Eva; schüchtern) Und aber -K ONSTANTIN Aber hier gibts kein aber! Wie oft denn noch, lieber Mann?! Unmöglich und ausgeschlossen! H AVLICEK Aber es wird doch Nacht! K ONSTANTIN So sekkierens mich doch nicht! Jetzt muss ich meinen Revolver -(ab in seinen Raubritterturm) 얍 H AVLICEK Revolver? Grosser Gott! (rasch ab) B
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N
Szene 22 E VA (sieht Havlicek nach) Nein, diese Angst -F RAU H ANUSCH Ich kenn den Fall. Der geht da immer hin und her -- bis er noch verhungert. Ein amtlicher Fall. Armer Mensch! Macht übrigens einen ganz einen sympathischen Eindruck -E VA O er ist gebildet ! Und nirgends lassens ihn hinein -F RAU H ANUSCH Ich liess ihn schon hinein. Bei jeder Grenz! Wem tät das schon was schaden? Mir nicht! E VA So ohne Heimat möcht ich nicht sein. Ueberall fremd, überall anders -B
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 35
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Szene 23 K ONSTANTIN (erscheint nun wieder, und zwar mit seinem Dienstrevolver) Das ist er. Ein Trommelrevolver. Wenn er auf das dritte „Halt!“ nicht hält, kann ich ihn auf der Flucht erschiessen und mir passiert nichts. -- Wer kommt denn da? Eine Nonne? F RAU H ANUSCH Ja das ist eine Krankenschwester mit einer sehr vornehmen kranken Dame -- wahrscheinlich eine diskrete Krankheit, stell ich mir vor. E VA Warum? F RAU H ANUSCH Na sonst wärens doch nicht ausgerechnet da in unserem Drecknest hinterm Mond! Uebrigens: mein einzi-얍ges Publikum. Pst! B
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B N
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Szene 24 Frau Leda und die Krankenschwester gehen nun langsam vorbei. Die Krankenschwester ist aber garkeine Krankenschwester, sondern ein verkleideter Mann, namens Schmugglitschinski, der eben mit Frau Leda zusammen, deren Krankheit B
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4 15 18 20 20 25 26 28 29 35 38
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21N ] 22N ] BamtlicherN ] BgebildetN ] BihnN ] B23N ] BDasN ] B N] BJaN ] B24N ] BSchmugglitschinski,N ] B
N
[{28}][|24|] [|19|] |21| [{29}][|25|] [|20|] |22| [grausamer] |amtlicher| [nett] |gebildet| ih[m]|n| [{30}][|26|] [|21|] |23| Da\s/ [xxx] Ja[,] [31][|27|] [|22|] |24| Schmugglitsch[ek,]|inski,|
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 36
Fassung
5
K1/TS1 (Korrekturschicht)
natürlich auch nur Maskerade ist, das doppelköpfige Haupt der fieberhaft gesuchten Rauschgiftschmugglerbande ist. Jetzt täuschen sie einen langsamen Abendspaziergang vor, um das Terrain an der Grenze bequem rekognoszieren zu können. F RAU H ANUSCH Ergebenster Diener, meine Herrschaften! Schon erholt? F RAU L EDA UND S CHMUGGLITSCHINSKI (nicken ihr freundlich zu und langsam ab) B
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Szene 26 Nun ist es Nacht geworden. Und wieder erscheint Havlicek -- und gleich erblickt er den Dienstrevolver, den Konstantin noch immer in der Hand hält, und macht sofort „Hände-hoch!“. K ONSTANTIN (überrascht über diese Geste) Was ist? Was treibens denn mit die Händ? H AVLICEK Ich ergib mich. K ONSTANTIN (perplex) Wieso? H AVLICEK Nicht schiessen bitte! K ONSTANTIN Achso! (er lacht und steckt seinen Dienstrevolver in seinen Dienstgürtel) H AVLICEK (nimmt die Hände herab und lächelt) Sie sind doch ein freundlicher Mensch -K ONSTANTIN Möglich. E VA Sicher. K ONSTANTIN O Du bist lieb -- (zu Havlicek) Aber für Sie bin ich nur das Grenzorgan und kein Mensch und jetzt reisst mir aber ehrlich die Geduld! Das halt ich nicht aus, dass Sie da immer wieder erscheinen, man ist doch schliesslich auch nur ein Mensch! 얍 H AVLICEK Eben! K ONSTANTIN Also schauns, dass Sie jetzt endgültig verschwinden, ja?! B
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Szene 25 E VA (sieht ihnen nach) Schlecht schaut die Dame aus -- ganz gelb. F RAU H ANUSCH Und am Vormittag, zwischen acht und zwölf, ist sie immer gelähmt, aber am Nachmittag treibts Gymnastik. Und wie die Schwester die pflegt! K ONSTANTIN Rührend, nicht? F RAU H ANUSCH Eine Heilige ist das und sonst nichts. E VA Manchmal denk ich mir, wir denken alle miteinander zu wenig an das Jenseits. K ONSTANTIN Wer glauben kann, ist ein glücklicher Mensch. (Stille) 얍 F RAU H ANUSCH So jetzt muss ich aber nachhaus, das Souper herrichten für meine einzigen Gäst! E VA Sicher Diät? F RAU H ANUSCH Aber einfach! Die Dame darf abends nichts essen und die Schwester fastet! Also empfehle mich, meine Herrschaften! (ab) K ONSTANTIN UND E VA Gute Nacht, Frau Hanusch! B
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5 7 23 37 38
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S CHMUGGLITSCHINSKI N ] 25N ] B26N ] Bdas GrenzorganN ] BreisstN ] B
ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 37
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Lesetext
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BS CHMUGGLITSCH [EK ] INSKI | | [32][|28|] [|23|] |25| [{33}][|29|] [|24|] |26| d[ie]|as| Grenz[behörd]|organ| reiss[{}]|t|
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 38
Fassung
5
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
H AVLICEK Aber drüben hat er mich grad bedroht, dass er mit der Kanon kommt, wenn ich noch einmal -E VA Mit der Kanon? H AVLICEK Ja, ich denk, der Herr Papa sind nichtmehr ganz nüchtern und der Herr Gendarm Mrschitzka auch nichtmehr so ganz -E VA Sie trinken? H AVLICEK Schnapps. Und Rum. E VA (zu Konstantin) Schon wieder! H AVLICEK Man riecht es schon auf der Brück. E VA Fürchterlich. H AVLICEK So hat halt jeder seine Sorgen. (Stille) K ONSTANTIN Also seiens bitte vernünftig -H AVLICEK (unterbricht ihn) Ich werd nicht vernünftig! K ONSTANTIN Und ich werd verrückt! H AVLICEK Von mir aus! K ONSTANTIN Von Ihnen aus schon, aber nicht von mir aus! H AVLICEK Und wo soll ich schlafen?! K ONSTANTIN Auf der Brücke! Schluss!! (Stille) H AVLICEK Also Schluss. (drohend) Jetzt mag ich aber dann auch nichtmehr! Jetzt bleib ich aber dann auf der Brück ! Jetzt werd ich aber dann auf der Brück schlafen, verstanden?! Bei Wind und Wetter und Sonne und Mond! Werdet es 얍 schon noch erleben, Ihr!! (rasch ab) B
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Szene 27 Nun weht der Nachtwind. K ONSTANTIN (verdutzt zu Eva) Was droht der uns? E VA Er ist halt arm. Immer hin und her -- da muss ein Mensch verblöden. K ONSTANTIN Ich wasch meine Hände in Unschuld. Zuwas haben wir die blöde Grenz? E VA Das sagst Du? Als Grenzorgan? K ONSTANTIN Das sag ich privat. (Stille) E VA Du Konstantin. Könntest jetzt nicht mal so privat in Deinen Turm dort hinein? K ONSTANTIN (perplex) Warum? E VA Weil derweil könnt da ein Mensch vorbei -- er wäre gerettet, geschwind wie der Wind. K ONSTANTIN Eva! Möchst mich verführen?! Da kenn ich aber keinen Spass! E VA Aber wo soll der denn schlafen?! K ONSTANTIN Meinst, der tut mir nicht leid? Doch ich verbeiss mein Herz vor lauter Pflicht! (Stille) B
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22 22 26 30 31 34
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BrückN ] BrückN ] B27N ] BwaschN ] BGrenzorgan?N ] Bmal f privatN ] B
Brück[en] Brück[en] [34][|30|] [|25|] |27| wasch[e] Grenz[behörde?]|organ?| \mal f privat/
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 39
Fassung
K1/TS1 (Korrekturschicht)
E VA Komisch seid ihr Männer. K ONSTANTIN (unangenehm berührt) Komisch? E VA Ja. Ich denk jetzt speziell an den Papa -- dass er sich neuerdings wieder dem Alkoholteufel verschrieben hat, das ist tragisch. Erst neulich Nacht, wie ich mal nicht bei Dir gewesen bin, da hat er mich grässlich beschimpft in 얍 seiner Trunkenheit -- o so grässlich! Jedoch erst im Verlaufe dieser Schimpforgie ist mir allmählich ein Licht aufgegangen, dass er ja nämlich garnicht mich gemeint hat, sondern mein armes Mutterl selig, die doch schon längst das Zeitliche gesegnet hat, aber eben in seiner Trunkenheit hatte er das vergessen und hat mich mit ihr verwechselt. K ONSTANTIN Musst viel leiden, Du arme Liebe, da drüben -E VA Ich sehn mich auch immer herüber, kaum kann ich die Nacht erwarten -- hier drüben ist alles so licht. K ONSTANTIN Komm -- (er setzt sich auf die Bank vor seinem Raubritterturm und sie setzt sich auf seinen Schoos ) (Stille) K ONSTANTIN Und wie steht er jetzt eigentlich? E VA Wer? Was? K ONSTANTIN Ich meine, wie steht jetzt Dein Vater zu unserem Bunde? Anscheinend lenkt er ein -E VA Das glaub ich ihm nicht. Der Papa denkt nur an das Geld. Reich soll ich heiraten, damit er an die Riviera kann -- Manchmal könnt ich ihn wirklich schon mit einer Axt -K ONSTANTIN Still, Süsse -- (sie küssen sich) E VA Lieber arm, aber glücklich. K ONSTANTIN Vielleicht kannst mal mit mir an die Riviera, wenn ich beispielshalber heut diese Rauschgiftleut -- Zwanzigtausend! Aber wenn ichs auch diesmal nicht erwisch, die Schmuggler sterben nicht aus, Gottseidank -- (er betrachtet automatisch 얍 seinen Dienstrevolver) Hoppla! Gut, dass ich ihn betracht, meinen Dienstrevolver ! Da sind ja garkeine Patronen drinn, da hätten jetzt aber unsere Zwanzigtausend gelacht! (er erhebt sich) E VA Du ich hab Angst! K ONSTANTIN Mein Weib darf keine Angst kennen, das hängt mit meinem gefährlichen Beruf zusammen -- (er will ab) E VA Wohin? K ONSTANTIN Ich hol mir nur die Patronen -- (ab in seinen Raubritterturm) B
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ihrN ] SchoosN ] BManchmalN ] B
ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 40
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Lesetext
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korrigiert aus: Ihr gemeint ist: Schoß
[aber jetzt ist es mir mit ihm auch innerlich aus, ich fühl das besonders, wenn ich bei Dir bin, Du\./ [-- --] Momentweise tut er mir zwar immer noch leid, aber] [m]|M|anchmal BZwanzigtausend! AberN ] \Zwanzigtausend!/ [a] A ber | | Bmeinen DienstrevolverN ] [den Revolver] meinen Dienstrevolver | | BaberN ] \aber/
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 41
Fassung
K1/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
Szene 28 Eva allein. Sie sieht sich scheu um in der Nacht. Es ist sehr still. Doch plötzlich ertönt aus dem Raubritterturm heraus Tanzmusik. E VA (erschrickt und lauscht) -- Musik? Musik -B
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5
Szene 29 K ONSTANTIN (erscheint wieder mit den Patronen und ladet seinen Revolver) Na? Da spitzt wer seine Oehrchen ? Ich hab Dich ganz vergessen damit zu überraschen -E VA (unterbricht ihn) Radio! K ONSTANTIN Fein, was? E VA Mein Traum. K ONSTANTIN Jetzt ist jemand glücklich -E VA Nicht verschrein! Ueberall sitzen die bösen Geister und verhexen das Gute -sie wohnen im Fluss und in der Nacht tauchen ihre Köpf herauf und horchen und wer sich laut 얍 freut, den schauen sie an und schon muss er weinen. (Pause) E VA Komm, tanzen wir! K ONSTANTIN (tanzt mit ihr) B
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 42
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Szene 30 Jetzt kommt der Chef der Regierung auf dem rechten Ufer mit seinem Sekretär. Da er strenges incognito zu wahren wünscht, wollen wir ihn X nennen. Konstantin und Eva, die im Scheine der Laterne am Brückenkopf tanzen, erblicken die beiden Herren nicht und tanzen infolgedessen seelenruhig weiter. S EKRETÄR Also hier ist besagter entlegener Brückenkopf -X (unterbricht ihn) Wie bitte? Hier tanzt unser Grenzorgan? Die Grenze als Tanzbar? Penetrant! Schad, dass ich mein incognito nicht lüften darf, penetrant schad! -aber die Maid hat Charme. Uebrigens erinnert sie mich an ein weibliches Wesen aus der Vorkriegszeit. S EKRETÄR An die Panilla, Exzellenz! X Richtig! S EKRETÄR Aber die Panilla hatte andere Hüften. Gewölbtere. X Woher sind Sie denn derart penetrant informiert? Die Panilla könnt doch Ihre Grossmutter sein -- Nanana, junger Mann! S EKRETÄR Meine Informiertheit beruht ja nur auf meiner Mama, Exzellenz! Die hat sich nämlich oft ausführlich beklagt bei mir -- über den Papa. Wegen der Panilla. 얍 X Jaja, der arme Herr Papa -- ein braver Mensch. Friede seiner Asche. Aber die Panilla war mal eine fesche Katz! Jetzt ist sie leider blind -- So, und jetzt lassens mich allein. Wo ist mein falscher Pass? S EKRETÄR (überreicht ihn) Hier, Exzellenz! B
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1 6 8 16 21 23
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28N ] 29N ] BOehrchenN ] BschauenN ] B30N ] BwahrenN ] B
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[{35}][|31|] [|26|] |28| [{36}][|32|][27] |29| korrigiert aus: Oerchen [[sehe]|schau|n] |schauen| [{37}][|33|] [|28|] |30| korrigiert aus: waren
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 43
Fassung
K1/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
X Und Sie warten im Dorf mit dem Wagen! S EKRETÄR Gewiss, Exzellenz! (ab) Szene 31 X nähert sich nun den Tanzenden E VA (erblickt ihn zuerst) Ach da kommt wer. Schad! K ONSTANTIN (löst sich von Eva und wendet sich an X) Ihren Grenzschein bitte. X Hier mein Pass -- (er überreicht ihm seinen falschen Pass) K ONSTANTIN (blättert ausführlich und überlegt) X (ungeduldig) Na dauert es noch lange? K ONSTANTIN Ruhe. X Aber ich habe dringendst zu tun! K ONSTANTIN Möglich! Aber auch wenn ich hier mal tanz, hab ich meine Augen überall und es treiben sich allerhand Rauschgiftschmuggler herum -X Machen Sie doch keine penetranten Spässe, nicht?! K ONSTANTIN (fährt ihn an) Ruhe! „Penetrant“ ist Amtsbeleidigung! Und die Photographie stimmt übrigens auch nicht. X Stimmt nicht? Aber ausgeschlossen! K ONSTANTIN Da! X (betrachtet die Photographie) O dieses Kamel! 얍 K ONSTANTIN Da ist ein Vollbart und Sie sind rasiert. Glatt. Und ausserdem ist auch der Pass falsch -- dieser Stempel gehört nämlich vorschriftsmässig über diesen Rand und nicht unter diesen Rand. Ich kenn nämlich meine Vorschriften! X (bei Seite) Das hab ich noch garnicht gewusst, dass ich diese Vorschrift erlassen hab -K ONSTANTIN Tut mir leid, aber ich muss jetzt zu einer ausführlichen Leibesvisitation schreiten -- Ich sage nur: Kokain! Also los, kommens! X (bei Seite) „Kokain“? (laut) Halt! Können Sie schweigen? K ONSTANTIN (perplex) Warum? X Ich muss mich leider demaskieren. K ONSTANTIN Ihre einzige Möglichkeit. Und wo ist das Kokain? X So lassen Sie doch dieses penetrante Kokain! Hier ist mein richtiger Pass! Aber schweigen! K ONSTANTIN (betrachtet den Pass, stutzt, steht stramm und salutiert) X (gedämpft) Rührt Euch! Nur kein Aufsehen -- incognito, strengstes incognito! Sonst wäre das eventuell noch eine Katastrophe für die ganze zivilisierte Welt! K ONSTANTIN Können sich auf mich verlassen, Herr Ministerpräsident! B
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B
B
N
N
B N
B N
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N
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31N ] Photographie)N ] BDaN ] B N]
22 23 27
B N
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B
B
] Ich f nämlichN ] B N] B
X f (laut)N ]
[{38}][|34|][|29|] |31| Photographie[;]|)| [bei Seite)] [Hier] |Da| [X (bei Seite) Na der Polizeipräsident kann sich freuen! Das ist ja Photographie von unserem Kriegsminister! K ONSTANTIN ] [hier] [Sehen Sie? O ich kenn] |Ich f nämlich| [X (bei Seite) Leibesvisitation? Penetrant! Grad heut, wo ich einen Brechdurchfall gehabt hab! K ONSTANTIN ] [X] |X f (laut)|
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 44
Fassung
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
얍 X Und auch nicht dem Fräulein Braut etwas sagen -- übrigens: es freut mich, dass wir so gewissenhafte Grenzorgane haben, das mit dem Vollbart war schon gut, aber das mit dem Stempel war phänomenal! Na ich werd mich schon erinnern, dass wir Ihre pflichtbewusste Kraft gehörig ausnützen! K ONSTANTIN BHocherfreutN, Herr Ministerpräsident! X Aber abermals: Amtsgeheimnis! K ONSTANTIN Amtseid! X Danke! (ab)
Szene 32 X geht nun über die Brücke und es wäre sehr finster, wenn am Himmel nicht ein grosser Mond hängen und blöd scheinen würde. Havlicek lehnt mitten auf der Brücke an dem Brückengeländer -- er sah bereits X kommen und betrachtet ihn nun interessiert. X (gleich auf ihn zu) Pardon, Kollege, dass ich Euch so lange warten liess, aber meine Grenzorgane sind zu gewissenhaft -- (er lächelt) Es freut mich aufrichtig, Euch kennen zu lernen, schon auch im Interesse unserer beiden Länder, deren Interessen eine heimlich menschliche Aussprache der beiden Regierungschefs dringendst erheischen. H AVLICEK (bei Seite) Grosser Gott! Ein Narr! X Es war eine selten glückliche Idee Ihrerseits, dass wir uns hier auf dieser abgelegenen Grenzbrücke treffen, hier können wir doch mal ausnahmsweise friedlich alle Strittigkeiten, die unsere beiden Länder berühren, berühren. 얍 H AVLICEK Interessant! (bei Seite) Nur immer Recht geben, sonst läuft er vielleicht noch Amok! X Wir leiden unter unseren Grenzen. H AVLICEK O wie wahr! X Es erfüllt mich mit ungeheuerer Freude, dass Sie der Ansicht sind! H AVLICEK Und ob ich der Ansicht bin! X Ihre Ansicht erfüllt mich mit Hoffnung! H AVLICEK Die Hoffnung ist ein schwankes Rohr -X Das aber schwerer bricht im Sturmgebraus wie eine starke Wettertanne. H AVLICEK (bei Seite) Ein Poet! X Um aber auf unsere Grenzen zurückzukommen -H AVLICEK Sehr richtig! X -- so muss und darf und soll und will und kann ich nur betonen, dass diese Grenzen eine Plage sind. H AVLICEK „Plage“ ist garkein Ausdruck! X Aber wenn wir das nun laut sagen würden, dann würden unsere gesammten öffentlichen Meinungen laut aufzischen vor Wut -H AVLICEK Na die „ gesammten “ -- Es gäb auch welche, die es begrüssten. Zum Beispiel ich. X Sie natürlich! Ich sage nur ein Wort: Macchiavelli! B
BB
5 10 39 41 41
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HocherfreutN ] 32N ] BgesammtenN ] BgesammtenN ] Bgesammten“N ] B
ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 45
N
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Lesetext
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Hocherfreu\t/ [{39}][|35|][|30|] |32| gemeint ist: gesamten gemeint ist: gesamten gesammte[“]|n“| [öffentliche Meinung]
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 46
Fassung
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
H AVLICEK Wie bitte? X O wir verstehen uns bereits, lieber Freund -- darf ich Sie „Freund“ nennen? Sie stehen so herrlich über den Dingen! H AVLICEK Ich steh nur zwischen den Grenzen. 얍 X Sie formulieren herrlich und ich wäre glücklich, wenn wir zu einer Einigung gelangen könnten, theoretisch und praktisch -H AVLICEK Also vor allem praktisch, weil ich mich hier schon bald erkält! X Sie belieben zu scherzen -- hehehe! H AVLICEK Aber keine Idee! Spürens denn nicht den Zug! Diesen Mitternachtswind? Meiner Seel, einen Katarrh hab ich schon! X Jaja. Opfer über Opfer. H AVLICEK Und was hat man davon? Nichts. X Nur Undank. H AVLICEK Das nebenbei -X Apropos Undank: darf ich Ihnen gratulieren zu Ihrer schier wundervollen Errettung von diesem ruchlosem Attentat -H AVLICEK Was für ein Attentat? X Wie? Sie erinnern sich nichtmehr? H AVLICEK (bei Seite) Attentat? Ein Obernarr! (laut) Ach, jaja! Aber wissens, ich hab schon soviel Attentate hinter mir, dass ich ein jedes gleich immer wieder vergiss! X Heroisch. H AVLICEK Mein Gott -- (er lächelt) X Bescheiden und heroisch. Aber hier ziehts tatsächlich unerträglich -H AVLICEK Dass Sie es nur merken! X (bei Seite) Meine Bronchitis -- (laut) Also prinzipiell wären wir uns ja bereits einig und was die einzelnen unter-얍geordneten Punkte betrifft: ich bin zu jeder Konzession bereit. H AVLICEK Ich auch. Aber was nützt das? X Allerdings nur zu einer jeden solchen Konzession, die sich mit unserer Würde verträgt. H AVLICEK „Würde“? Jetzt steh ich da und keiner lasst mich hinein -X Wieso nicht hinein? H AVLICEK Nicht rechts, nicht links -X Wo nicht hinein? Versteh kein Wort! H AVLICEK (fährt ihn an) Dann machens Ihre Ohrwascheln gefälligst auf, ja?! Gross genug wärens ja und abstehen tuns auch! X „Abstehen“?! H AVLICEK Und verschonens mich überhaupt mit Ihren Irrenhausgesprächen! Hör mal her, Du Narr! Spiel Dich nicht mit mir, freu Dich lieber, dass Du kein Regierungschef bist, sonst könntst jetzt was erleben von mir, verstanden?! X Was ist das? Das ist ja ein Anderer! H AVLICEK Ich bin kein Anderer! Ich bin der Ferdinand Havlicek und Punkt! Jetzt reisst mir aber die Geduld, ich bin ein Drogist und kein Narrenwärter! B
B
10 43 43 43
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KatarrhN ] aberN ] BeinN ] BDrogist undN ] B
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 47
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N B
korrigiert aus: Kattarh \aber/ \ein/ Drogist[,] [aber] |und|
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 48
Fassung
5
K1/TS1 (Korrekturschicht)
X O Himmel tu Dich auf und verschling mich! Havlicek! Na das gibt einen europäischen Skandal! H AVLICEK (bei Seite) „Europäisch“? Grössenwahn! X Bumm! Das Ende meiner Karrier. Meine Demission! Gott, ist mir übel -- (er beugt sich über das Brückengeländer) 얍 (Stille) H AVLICEK (bei Seite) „Demission“ -- Hm. Vielleicht ist die Sach doch komisch und es steckt was dahinter -- -- und parfümiert ist er auch, ich riech das gleich beruflich. Ein sehr ein teueres Parfum -- (er nähert sich schnuppernd X) Ist Ihnen schlecht? X (rührt sich nicht) H AVLICEK Ist Ihnen schlecht? X So fragens doch nicht so penetrant! Sehens denn nicht, dass ich mich erbreche! H AVLICEK Das schon. X Also! (Stille) H AVLICEK Ist Ihnen jetzt leichter? X Nein. Jetzt trifft mich bald der Schlag. H AVLICEK Entschuldigens, aber wer sind denn der Herr eigentlich? X Ich? Ich?! Ein Narr! Ein Obernarr! (er lacht hysterisch) H AVLICEK (bei Seite) Wie der lacht -X (plötzlich ernst) Ich lache da. Und morgen lacht die ganze Welt über uns zwei. H AVLICEK Ueber Sie vielleicht. Ueber mich kaum. X Sicher! H AVLICEK Geh, was geh denn ich schon die Welt an! X Man wird sich totlachen. H AVLICEK Tot? Von mir aus! X Ein Havlicek als Eingeweihter -- da wird sich nichts verheimlichen lassen. Hören Sie, lieber Freund: vor Ihnen steht der Chef der Regierung dieses Landes (er deutet nach 얍 rechts) und dieser Chef wollte mit dem Chef der Regierung jenes Landes (er deutet nach links) eine heimliche lebenswichtige Besprechung über unermessliche Probleme -H AVLICEK (unterbricht ihn) Was hör ich? X Ja. H AVLICEK Sie sind der Chef? Ohne Witz? X Noch bin ich es, aber ab morgen schreib ich meine Memoiren, die allerdings erst zwanzig Jahre nach meinem Tode veröffentlicht werden dürfen. Ich freu mich schon auf das Kapitel Havlicek. (Stille) H AVLICEK Und der andere Chef von da drüben kommt auch daher? X Er müsste schon längst hier sein. Schon vor mir! H AVLICEK Was? Beide Chefs? -- Na freuts Euch, Freunderln! B
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schnuppernd N ]
\schnuppernd/
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 49
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 50
Fassung
K1/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
Szene 33 Jetzt kommt Y, der Chef der Regierung auf dem linken Ufer, rasch von links und wendet sich sogleich an Havlicek. Y O verzeihen Sie, dass ich mich derart penetrant verspätet habe, aber leider hatte ich 5 Panne auf Panne und einen Hund haben wir auch überfahren, einen Rattler -- also abermals: Verzeihung, Herr Ministerpräsident! X Der auch! (er lacht wieder hysterisch) Y (verwirrt) Wer lacht denn da?! H AVLICEK Der Andere! 10 얍 Y Was für ein Anderer?! X Gratuliere, Kollege! Y Wer gratuliert mir denn da?! Himmel, ich bin ja so kurzsichtig und bei der vierten Panne ist mir meine Brille zerbrochen und jetzt seh ich nichts! H AVLICEK Macht nichts, ist eh stockdunkel! 15 X Gratuliere abermals! Sie suchen nämlich mich, aber ich habe Sie verwechselt und nun sind Sie auch an den Falschen geraten! Penetrant! Y An den Falschen? Penetrant! H AVLICEK An den Falschen? An den Richtigen, meine Herrschaften! Na das freut mich aber, dass ich Euch zwei beide triff -- grad bin ich in Stimmung! Hörts mal 20 her! Warum machts denn Ihr zwei so penetrante Gesetz, he?! Da fabriziert ein jeder lustig drauflos, aber keiner denkt dabei zum Beispiel an so einen armen ehemaligen Drogueriebesitzer! Y Das halt ich nicht aus! H AVLICEK Ich auch nicht! 25 Y Ich geh und es ist nichts geschehen! H AVLICEK Nichts? Das sind Euere Gesetz! Y Ich lass alles dementieren! H AVLICEK Sie mich könnens aber nicht dementieren! Für mich nicht! Schauns mich an, wenn ich mit Ihnen red! 30 Y Was soll ich Sie denn anschaun bei der Finsternis?! Ohne Brille seh ich nichts! H AVLICEK „Finsternis“?! Und der Mond? Mein lieber guter Mond?! 얍 (Jetzt verschwindet der Mond hinter einer Wolkenbank und da wird es sehr dunkel) H AVLICEK (sieht überrascht empor; betroffen) Jetzt ist er weg. B
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Y (bei Seite) „Mond“! Das auch noch! (laut) Schluss! Ich dementier, ich dementier, und zwar kategorisch! Auch mich selbst ! (zu X) Wiedersehen, Kollege! Ich könnt heut eh nicht unterhandeln, so ohne Brille bin ich zu unsicher -- (rasch ab nach links) B
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Mond?!N ] (Jetzt f dunkel)N ] überrascht f weg.N ] ]
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(bei f „Mond“!N ] (laut)N ] BIch f kategorisch!N ] B
mich selbstN ]
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Mond?\!/ 얍 [(Jetzt verschwindet der Mond hinter einer \schönen/ Wolke[)] |und es wird sehr dunkel)|] |(Jetzt f dunkel)| [betroffen] |überrascht| empor[)]|; betroffen) Jetzt ist er weg.| [X Jetzt ist er weg. Hinter eine Wolkenbank -- (er lacht wieder hyterisch, diesmal aber nur kurz auf)] [Wolkenbank?] |(bei f „Mond“!| [Jetzt aber] |(laut)| [Es]|Ich| [wird alles] dementier[t], [kategorisch dementiert!] |ich dementier, und zwar kategorisch!| [den Mond] |mich selbst|
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Fassung
K1/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
BN
X (für sich) „Wiedersehen“! Ein Optimist. Na Adieu Du schöne Welt -- (langsam ab nach rechts) 5
Szene 34 H AVLICEK (allein, er schaut nach rechts und nach links) Weg sind sie. Ein Optimist, der dementiert und ein Pessimist, der demissioniert. Und was bin ich? (Jetzt erscheint er wieder, der Mond) H AVLICEK (schaut empor) -- bist wieder da, Herr Mond? Bist ein feiner Freund. Da gefällt einem so ein Mondgesicht schon seit der frühesten Kindheit, aber wenn man ihn braucht, dann geht er hinter eine Wolkenbank -E IN H AHN (kräht im fernen Dorf) H AVLICEK Das war ein Hahn. Ist denn schon so spät oder so früh? -- -- und ehe der Hahn dreimal kräht, wirst Du mich dreimal verraten -- Gott, was für ein tiefes Wort! (Vorhang) B N
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얍 Z W E ITER TEIL 20
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얍 Szene 1 Auf dem linken Ufer. Nun hat der Hahn bereits dreimal gekräht, aber Szamek und Mrschitzka sitzen noch immer vor der amtlichen Baracke und haben noch immer Rum. Sie sind bereits ziemlich angeheitert. M RSCHITZKA Prost Szamek! Bist ein Genie! S ZAMEK Was ist ein Genie? Ein genialer Mensch. Und was ist ein Mensch? Ein Nichts. Also was ist ein Genie? Garnichts! M RSCHITZKA Das ist mir zu hoch. Aber wie Du da zuvor diesen Rauschgiftschmuggler entlarvt hast, das war schon ganz grosser kriminalistischer Stil! Eine Klasse für sich, eine Sonderklasse für sich, eine kriminalistische Sonderklasse für sich! Nur versteh ich nicht, warum dass Du keine Leibesvisitation -S ZAMEK (unterbricht ihn) Weil ich davor einen Respekt hab! Nämlich da hat mir erst unlängst so ein Subjekt anlässlich einer Leibesvisitation, die ich an ihm vorgenommen hab, mein BPortemonaiN aus der Tasch gestohlen -얍 M RSCHITZKA (fällt ihm ins Wort) Was schadet das ab heut?! Ab heut, wo wir morgen Bankkontos haben werden! Zwanzigtausend! Das ist ein Wort, das zerfliesst einem im Maul wie Butter -S ZAMEK Also die Hauptsach ist, dass wir ihn ergriffen haben, diesen Schmugglitschinski! Eingesperrt da drinnen. (er deutet auf die Baracke) M RSCHITZKA Sollst leben, Thomas! Ich erhebe mein Glas auf das Gedeihen einer kriminalistischen Leuchte! (er trinkt) Meiner Seel, war das eine Lust, wie der da immer zerknirschter geworden ist und alles eingestanden hat! S ZAMEK Also eingestanden, daran kann ich mich nicht erinnern. Mir ist nur bekannt, dass er hartgesotten geleugnet hat. M RSCHITZKA Aber ist er denn nicht zusammengebrochen unter der Last der Indizien? 1 9 34
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] ] BPortemonaiN ] B N
[(Stille)] [--] gemeint ist: Portemonnaie
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Fassung
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
S ZAMEK Nein. Er ist nur zusammengebrochen, weil Du ihm das Bein gestellt hast, nachdem Du ihm eine hingehaut hast. M RSCHITZKA So? Hab ich das? -- Das weiss ich ja jetzt garnichtmehr! Schrecklich. Neuerdings kommt mir das häufig vor -- zum Beispiel erst vorige Woch, da hab ich einem eine hingehaut, ganz ohne jeden Grund, und hab das erst bemerkt, wie der mir eine zurückgehaut hat. Ein eigenartiger Zustand! S ZAMEK Sogenannte Absenz-Erscheinungen. M RSCHITZKA Was? Abstinenz-Erscheinungen? Lächerlich! S ZAMEK Apropos Abstinenz: wo nur die Eva so lang bleibt, diese Bestie! M RSCHITZKA Wo? Kann ich mir schon vorstellen! S ZAMEK Ich auch! (er schlägt auf den Tisch; leise) Das wird 얍 noch ein furchtbares Ende nehmen, ein Ende mit einer Axt -M RSCHITZKA Mir scheint, Du bist angeheitert und siehst schwarz. S ZAMEK Schwarz ist noch viel zu weiss. M RSCHITZKA Hättest halt das Fräulein Tochter nicht dem Schicksal überlassen sollen. S ZAMEK Dem Schicksal? M RSCHITZKA Hast doch gesagt! (Stille) S ZAMEK Ja, jetzt erinner ich mich -- Hm. Also wenn das Schicksal seine Hand im Spiel hat, dann kommt die Bestie vor morgen früh nimmer heim -- (er schläft plötzlich ein vor lauter Rum) M RSCHITZKA (betrachtet ihn) Ist der jetzt schon wieder eingeschlafen? Na höchste Zeit, dass er pensioniert wird, diese Leuchte der Kriminalistik -- (er schreit) He! Thomas! Thomas!! S ZAMEK (erwacht) -- jetzt hab ich aber was ganz Blödes geträumt. Die Eva war noch klein und das Fenster war höher, ich hab sie hinaufgehoben und draussen ist grad unser König vorbeigefahren in einem gelben Galatotenwagen. Und der Kutscher hat Flügel gehabt. Er war ein Engel -- ein Erzengel. M RSCHITZKA Zu blöd. B
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Szene 2 Jetzt taucht ein verstörter Mensch auf: der Privatpädagoge. Ohne Kravatte und mit zerwühltem Haar. Rasch möcht er auf 얍 die Brücke. S ZAMEK Halt! Ihren Grenzschein bitte -- (er will sich erheben, muss sich aber gleich wieder setzen vor lauter Rum) P RIVATPÄDAGOGE Lieber Herr, ich brauch keinen Grenzschein mehr! S ZAMEK Hör ich recht? Jeder Mensch braucht einen Grenzschein, wenn er hinüber möcht! P RIVATPÄDAGOGE (blickt in den Himmel) „Hinüber“! Für mein Hinüber brauch ich keinen Pass -- (er schreit Szamek plötzlich an) Haltens mich nicht auf, ich möcht sterben! S ZAMEK Seiens so gut! (er schläft wieder ein) P RIVATPÄDAGOGE Jetzt geh ich auf diese Brücke, dort wo sie am tiefsten ist und spring ins Wasser! O dieses Leben! Lauter Dummheit, Lüge und Niedertracht -nirgends eine mütterliche Persönlichkeit! 11 15 21
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nochN ] HättestN ] BRum)N ] B
\noch/ [Du] [h]|H|ättest [Alkohol)] |Rum)|
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Fassung
K1/TS1 (Korrekturschicht)
M RSCHITZKA Recht habens! Wo man hinschaut lauter Rohheit und Gemeinheit, nirgends eine kleine Zartheit -P RIVATPÄDAGOGE (weint) O wie wahr! M RSCHITZKA (schluchzt) Meinens, ich halt das aus? Aber keine Idee! Kommens, ich geh mit und spring auch! P RIVATPÄDAGOGE Nein! So etwas muss jeder mit sich selbst abmachen! M RSCHITZKA Also werdens nur nicht vorlaut, ja?! Wenn der Mrschitzka sagt, dass er mitspringt, dann springt er aber auch mit! Wo sind denn nur meine Schuh?! Kruzifix, ich kann doch nicht ohne Schuh bei die Blutblasen unter die Hornhäuter -얍 P RIVATPÄDAGOGE Ich spring allein! M RSCHITZKA So wartens doch, Sie Nervösling Sie! P RIVATPÄDAGOGE Lassens mich! Wissens denn, was ich getan hab?! Grad hab ich meine Frau erschlagen! Erschlagen! (rasch ab) M RSCHITZKA (sieht ihm verdutzt nach) Ist das ein Witz! B
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Lesetext
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Szene 3 Der Privatpädagoge eilt nun über die Brücke und hält ruckartig an der Stelle, wo er gestern geangelt hat. Er sieht sich nervös-flüchtig um, sieht dann hinab in das Wasser und hinauf in den Himmel. P RIVATPÄDAGOGE Es musste so kommen. Ein verpatztes Leben und die Konsequenz. Hier habe ich gestern noch geangelt und nichts gefangen. Nichts. -- Vielleicht wär alles anders gekommen, wenn ich was gefangen hätt, vielleicht läg ich dann jetzt im Bett und tät ruhig schlafen, wenn ich überhaupt nur schlafen könnt! Aber so? -Warum habt Ihr denn auch nicht angebissen, Ihr Hechte da drunten, Ihr Karpfen, Waller, Forellen, Saibling und Ihr Weissfisch mit den vielen Gräten , an denen man immer wieder erstickt?! Seid verflucht! (er klettert über das Brückengeländer) Und lauter dünne Würmer -- Nein, das mach ich nichtmehr mit! O Ewigkeit, empfange Deinen Sohn! Immer hab ich für Dich gewirkt bei den Nachhilfestunden, von denen ich mich ernährt hab, immer in Deinem Geiste -- Also los! Los! Eins, zwei, und eins ist drrrr -B
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얍 Szene 4 H AVLICEK S TIMME (er selbst bleibt unsichtbar, weil er an der anderen Seite der Brücke auf dem Boden sitzt und infolgedessen hatte ihn auch der Privatpädagoge zuvor übersehen) Halt! Halt! P RIVATPÄDAGOGE (fährt entsetzt zusammen) Wer ruft da Halt? H AVLICEK (erhebt sich nun) Ich. P RIVATPÄDAGOGE (bei Seite und bange) Welche Geisterstimm -- ich seh mich nicht um. H AVLICEK Also was treibens denn da für Unüberlegtheiten, Verehrtester? Der Tod kommt eh von allein, garantiert! Zurück! Abrakadabra! P RIVATPÄDAGOGE (bei Seite) „Abrakadabra“? -- jetzt wag ichs und seh mich um, hoffentlich trifft mich nicht der Schlag -- (er sieht sich ruckartig um und erblickt Havlicek) Sie sind das?! H AVLICEK Wer denn sonst?! 1 8 25
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RohheitN ] springtN ] BGrätenN ] B
gemeint ist: Roheit
s[{}]|p|ringt korrigiert aus: Greten
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Fassung
K1/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
P RIVATPÄDAGOGE (klettert wütend über das Brückengeländer zurück und fährt Havlicek ungeduldig an) Na das nenn ich aber eine gewaltsame Unerhörtheit, Sie! Was geh denn ich Sie an, wenn ich mich umbringen möcht, bitt ich mir aus?! H AVLICEK Pardon! Aber ich hab doch eine menschliche -P RIVATPÄDAGOGE (unterbricht ihn) „Menschlich“! Schauns mich an, es gibt keine Menschen! Was wissen denn Sie schon von meiner grenzenlosen Einsamkeit?! Grad hab ich meine Frau erschlagen! H AVLICEK Grosser Gott! 얍 P RIVATPÄDAGOGE Soll ich mich also hängen lassen oder köpfen?! Nein, das überleb ich nicht! Lieber bring ich mich selber um! Nur schad, dass nicht Winter ist, erfrieren ist der schönste Tod! B
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Szene 5 S TIMME DER F RAU (aus der Ferne) Theo! Theo! P RIVATPÄDAGOGE Um Christi Willen! H AVLICEK Wer ruft da? S TIMME DER F RAU Theo! P RIVATPÄDAGOGE Sie ruft mich, meine tote Frau! H AVLICEK (verwirrt) Sie heissen Theo? P RIVATPÄDAGOGE Aus dem Jenseits ruft sie mich! (er blickt empor) Ich komme, ich komme! (er klettert wieder über das Brückengeländer) Eins, zwei, und eins ist drrrr -Szene 6 D IE F RAU (kommt nun vom linken Ufer dahergelaufen, und zwar ganz ausser Atem; sie erblickt ihren Privatpädagogen und schreit) Theo!! P RIVATPÄDAGOGE (erblickt sie und kreischt) Gespenst, Gespenst, Gespenst! F RAU Ich lebe, ich lebe! Hast mir ja nichts getan, war doch nur ein schwacher Schlag, aber ich hatte meinen Krampf und konnt mich nicht rühren -- O, ich hab es ja gesehen, wie Du mir den Abschiedsbrief geschrieben hast, jetzt weiss ich erst, wer Du bist! Komm, guter Theo, und verzeih mir meinen Krampf! 얍 (Stille) P RIVATPÄDAGOGE (atmet auf) Gottlob, Du lebst. Hab ich mich jetzt erschreckt! (er klettert wieder retour über das Brückengeländer) F RAU Armer Theo, komm und verzeih mir -P RIVATPÄDAGOGE (schliesst sie in seine Arme und gibt ihr einen Kuss) Wirst mir wieder Würmer suchen? F RAU Ja. Ich werde suchen und suchen und finden -- (ab mit ihrem Privatpädagogen)
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Szene 7 S TIMME DER F RAU H ANUSCH (von der anderen Seite der Brücke, wo sie auf dem Boden sitzt, dort wo zuvor auch Havlicek sass) Kann man jetzt kommen? H AVLICEK Ohne Gefahr! S TIMME DER F RAU H ANUSCH Ist die Luft rein? H AVLICEK Wir sind unter uns. 1
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fährtN ]
[fhä]|fä|hrt
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Fassung
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
F RAU H ANUSCH (erhebt sich und kommt) Gott, waren das aufregende Szenerien! Ich hab direkt Bauchweh vor lauter Empörung! Ich kann halt niemand leiden sehen, wenn ich auch oft herzlos wirk durch meine drastische Manier! H AVLICEK Sie und herzlos? Wo Sie mir da etwas zum Essen bringen mitten in der Nacht? Kalten Braten und passierten Roquefort? Das zeigt von keinem alltäglichem Herzen, Frau Hanusch! F RAU H ANUSCH Ich weiss, dass das rührend von mir ist und ich war ja schon längst im Bett, aber ich hab keinen Schlaf gefunden, immer hab ich denken müssen: da geht jetzt ein Mann hin und her und niemand lasst ihn rein -- und plötz-얍lich hats mich durchzuckt, ich raus aus dem Bett und daher -- Aber Sie haben ja alles stehen lassen! Habens denn keinen Hunger? H AVLICEK Hunger schon, aber keinen Appetit. F RAU H ANUSCH Armer Mensch! H AVLICEK Und derweil ist passierter Roquefort meine Leibspeis -- mein Leibkäs gewissermassen. F RAU H ANUSCH Das freut mich, dass ich es erraten hab. H AVLICEK Tut mir gut, Frau Hanusch. Wissens, es schaut nämlich einfacher aus, als wie es ist, wenn man so weg muss aus einem Land, in dem man sich so eingelebt hat, auch wenn es vom Zuständigkeitsstandpunkte nicht die direkte Heimat war -aber es hängen doch soviel Sachen an einem, an denen man hängt. Zum Beispiel, wie ich noch die Droguerie gehabt hab, da hättens mal meine Auslag sehen sollen -- es war das zwar keine grosse Auslag, mehr ein grösseres Fenster, aber was ich da alles hineinarrangiert hab! Rechts medizinisch, links homöopathisch, vorn kosmetisch und hinten die Diskretion -- Red ich Ihnen nicht zuviel? F RAU H ANUSCH Nein. H AVLICEK Hm. Ja und der Apotheker nebenan, der hat mich dann zugrundgerichtet. Plötzlich über Nacht hat der sich auch eine Droguerieabteilung angegliedert und dann ist meine Kundschaft dorthin. F RAU H ANUSCH Warum? H AVLICEK Er war halt beliebter wie ich. Das sind eben oft so dunkle Strömungen in der Massenseele -- da steht man dann und wundert sich. Genau wie im Krieg. Waren Sie im Krieg? 얍 F RAU H ANUSCH Ich? Nein. H AVLICEK Aber in Ihrem Alter -F RAU H ANUSCH (unterbricht ihn) Aber ich bin doch eine Frau! H AVLICEK Grosser Gott, das hab ich jetzt ganz vergessen! Meiner Seel, man wird halt schon blöd und blind, wenn man immer so hin und her und immer allein -- -- Nur eine Frau könnt mich retten. Ohne Witz. F RAU H ANUSCH Ja. Ein Mann ist schon etwas Notwendiges, wenn er auch nur repräsentiert. Mein Seliger war ein stattlicher Herr. Hundertsiebzehn Kilo hat er gewogen und der ist mir weggestorben -- Wieviel wiegen denn Sie? H AVLICEK Weniger. Bedeutend. F RAU H ANUSCH Das merk ich. Wann sinds denn geboren? H AVLICEK Warum? F RAU H ANUSCH Es interessiert mich. B N
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Lesetext
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] ] BdannN ] B N
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[bin] [bin halt] d[a]|ann|
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
H AVLICEK Am vierzehnten Juli. Das ist ein grosser Tag in Frankreich -- Wissens, da tanzen die Leut auf den Boulevards. (Stille) F RAU H ANUSCH Vierzehnter Juli -- Stimmt! H AVLICEK Was? F RAU H ANUSCH Ich hab jetzt nur schnell nachgerechnet. Astrologisch. Also nach den Sternen täten wir gut zueinanderpassen. H AVLICEK Wer? F RAU H ANUSCH Wir zwei. (Stille) 얍 H AVLICEK Aber was sind denn das schon für Stern?! Ich kann doch nicht weg von der Brück! O ich Blödian! Da triff ich da zuvor gleich beide Chefs auf einen Schlag und anstatt dass ich sie erpress mit ihrer heimlichen Mission, damit sie mich überall hineinlassen, hab ich sie bloss beschimpft -- wie unüberlegt, wie unüberlegt! Aber ich bin halt zu jähzornig! Zu jähzornig -F RAU H ANUSCH (fällt ihm plötzlich um den Hals und küsst ihn) H AVLICEK (etwas betroffen) Was war das jetzt? F RAU H ANUSCH Ein Stern. H AVLICEK In unserem Alter? (er lächelt verlegen) F RAU H ANUSCH Man ist so alt, als wie man sich fühlt und ich fühl mich noch! -Schad, dass ich jetzt weg muss, aber ich muss auf meine Reputation achten, auch wenn ich morgen Konkurs ansag. H AVLICEK Auf Wiedersehen. Und ich danke für Speise und Trank -F RAU H ANUSCH Geh Du hast ja nichts gegessen! (sie will das Essen wieder mitnehmen) H AVLICEK Halt! Lass es da! Jetzt hab ich Appetit! F RAU H ANUSCH (gibt ihm rasch einen Kuss) Schmecken soll es Dir! Schmecken! Du braver Mann -- (rasch ab nach rechts) H AVLICEK (isst und trällert vor sich hin)
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Szene 8 Frau Hanusch geht nun über die Brücke und erreicht das rechte Ufer. Erstaunt sieht sie sich um, da niemand zu 얍 sehen ist. Dann horcht sie, nähert sich vorsichtig dem Raubritterturm und sieht durch das Schlüsselloch hinein. F RAU H ANUSCH (erhebt sich wieder) Gott, es ist doch das Schönste, zwei so junge Menschen in der Umarmung -- (ab in Gedanken versunken) B
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Szene 9 K ONSTANTIN (erscheint in der Tür des Raubritterturmes; er ist etwas derangiert und sieht sich um) Es war doch wer da -E VA (taucht hinter ihm auf, ebenfalls etwas derangiert) So komm doch! Wer soll denn schon? K ONSTANTIN Still! (er lauscht) Jetzt hör ich nichts, aber es ist wer vorbei. Du weisst, ich hör immer her auf die Grenz, in jeder Situation -- und ich hab ein scharfes Gehör. E VA Ja, Dir entgeht nichts. B
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8 ] 9 ]
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
K ONSTANTIN Hoffentlich warens nicht unsere Rauschgiftschmuggler. Du, jetzt hab ich direkt Gewissensbiss wegen der zwanzigtausend -E VA Was ist ein Mensch neben einer Million? K ONSTANTIN Nichts. E VA Komm -K ONSTANTIN (folgt ihr wieder in seinen Raubritterturm) Szene 10 Frau Leda kommt nun mit dem als Krankenschwester verklei-얍deten Schmugglitschinski. F RAU L EDA (leise) Niemand da? Kein Grenzorgan? Fein! S CHMUGGLITSCHINSKI (mit überaus tiefer Stimme) Sehr angenehm und umso besser! (er entledigt sich seiner Krankenschwesternhaube) Ich halts eh kaum aus in der Hauben vor lauter Hitz! (er wischt sich mit seinem Taschentuch einen viertel Liter Schweiss von der Glatze) F RAU L EDA Wisch Dir lieber nicht die Glatze, sondern gib das verabredete Zeichen! S CHMUGGLITSCHINSKI Hast recht! Aber vergiss nicht, dass wir uns grad in einer anormalen Hitzewelle befinden! (er windet sein Taschentuch aus und winkt dann damit) B
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Szene 12 Frau Leda und Schmugglitschinski wollen ihnen folgen -- aber da tritt Konstantin wieder aus seinem Raubritterturm und erblickt die beiden. S TIMME E VAS (aus dem Raubritterturm) Konstantin ! Es ist doch nichts! 얍 K ONSTANTIN (bei Seite) Die Kranke und die Heilige? Zu dieser Stund, wo ein jeder anständige Mensch im Bett liegt? Komisch! (laut) Ihren Grenzschein bitte? S CHMUGGLITSCHINSKI (schlägt ihn k.o.) K ONSTANTIN (bricht lautlos zusammen) S TIMME E VAS Konstantin! Wo bleibst denn schon wieder solang? N
B
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Szene 13 E VA (erscheint, erblickt auf dem Boden ihren bewusstlosen Konstantin und dann die Krankenschwester ohne Haube -- sie schreit gellend auf) S CHMUGGLITSCHINSKI (hält ihr den Mund zu; zu Frau Leda) Rasch! Knebel! Strick! Na gib schon her aus Deinem Ridikül! B
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Szene 11 Auf dieses verabredete Zeichen hin kommen vorsichtig drei Schmuggler; jeder trägt einen grossen Mehlsack mit der jeweiligen Aufschrift: Kokain, Morphium, Opium. S CHMUGGLITSCHINSKI (zu den drei Schmugglern) Also nur rasch rauf die Brücke mit dem Rauschgift und vor dem drüberen Brückenkopf halt! D IE DREI S CHMUGGLER (rasch ab auf die Brücke) B
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Lesetext
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10N ] 11N ] BraufN ] Bmit f RauschgiftN ] B12N ] BKonstantinN ] B13N ] B
korrigiert aus: 11 korrigiert aus: 12
[auf] |rauf| \mit f Rauschgift/ korrigiert aus: 13 Konst[{}]|a|ntin korrigiert aus: 14
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 67
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
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F RAU L EDA (knebelt und bindet Eva) S CHMUGGLITSCHINSKI Rascher! So! Und jetzt auch diesen Burschen da! F RAU L EDA (plötzlich steif) S CHMUGGLITSCHINSKI (nichts Gutes ahnend) Was ist? F RAU L EDA (mit schwacher Stimme) Ich kann mich nicht rühren -S CHMUGGLITSCHINSKI Bist wieder weg?! Gib her! (er reisst ihr den Strick aus der Hand) Hast wieder geschnupft? F RAU L EDA Nein. Gespritzt. S CHMUGGLITSCHINSKI (bindet und knebelt Konstantin) Nicht beherrschen kann sie sich! Fürchterlich, immer wieder dieses blöde Rauschgift! Kokain, Morphium, Opium -- das nimmt 얍 nochmal ein schlimmes Ende mit Dir, im Irrenhaus -- So! (jetzt hat er Konstantin geknebelt und gebunden) Alles muss man allein machen, eine feine Compagnonin hab ich da bei der unerträglichen Hitz! (er wischt sich wieder die Glatze) F RAU L EDA Jetzt seh ich mein Kindlein, es winkt mir zu! O, warum bist Du gestorben mit vier Jahr, Du Englein in Deinem Kinderhimmel, ich hätt doch sonst nie angefangen, zu schnupfen und zu spritzen -- (sie weint) S CHMUGGLITSCHINSKI (bei Seite) Das auch noch! (zu Frau Leda) Los! Zu! (er pufft sie) F RAU L EDA Au! S CHMUGGLITSCHINSKI Sei mir nicht bös, aber meine Brutalität ist Deine einzige Rettung , Liebling! (er pufft sie auf die Brücke) F RAU L EDA Au!
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Szene 14 Solcherart gehen nun Schmugglitschinski und Frau Leda über die Brücke -- an dem schlafenden Havlicek vorbei, den sie nicht bemerken, und der sie natürlich auch nicht bemerkt. Bis an die Stelle gehen sie, wo auf der Brücke, knapp vor dem linken Brückenkopf, die drei Schmuggler mit ihren Mehlsäcken voll Rauschgift weisungsgemäss brav warten. S CHMUGGLITSCHINSKI (flüstert) Moment! (er schleicht sich noch etwas weiter vor und sieht um die Ecke nach der amtlichen Holzbaracke; mit einer Gebärde der Verärgerung kehrt er wieder zurück; zu Frau Leda) Zu zuwider! Muss da jetzt 얍 noch ein Gendarm dabei sein und sogar mit Bajonett-auf! Zwei gegen uns zwei, das ist mir zu riskant! F RAU L EDA (deutet auf die Schmuggler) Und die drei? S CHMUGGLITSCHINSKI Die zählen nicht mit! D IE DREI S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI Das sind nur Kulis! D IE DREI S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI Die können nur schleppen oder stören! D IE DREI S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI Jetzt aber kein Oho mehr! D IE DREI S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI (zu Frau Leda) Das hat man von seinem Personal, wenn man zu freundlich mit ihnen verkehrt! Wie oft hab ich Dir das schon gesagt, verkehr B
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RettungN ] 14N ]
[R]|R|ettung korrigiert aus: 15
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
nicht mit ihnen! Jetzt sind sie frech. (zu den drei Schmugglern) Wartet da! Wir zwei erledigen das schon, und zwar mit List -- (er schlägt Frau Leda auf die Hand, eine Spritze fällt zu Boden, klirrt und zerbricht) Schon wieder, Irrsinnige?! Schon wieder spritzen?! F RAU L EDA Aber Du weisst doch, dass ich süchtig bin! Ich kann nicht so nüchtern schmuggeln! S CHMUGGLITSCHINSKI Höchste Zeit, dass Du eine Entziehungskur durchmachst! Wie uns jetzt da dieser Coup gelingt, kommst in eine Anstalt, das prophezei ich Dir! Also los! Mit List und nach bewährtem Rezept! (ab mit Frau Leda)
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Szene 15 Die Beiden betreten nun das linke Ufer. Szamek und Mrschitzka sitzen vor der amtlichen Baracke und schlafen nun vor 얍 lauter Rausch -- aber Schmugglitschinski und Frau Leda bemerken es nicht vor lauter Vorsicht und Routine. S CHMUGGLITSCHINSKI (sehr leise) Fang an, Leda! F RAU L EDA (nähert sich den Schlafenden) Guten Tag, die Herren! S ZAMEK UND M RSCHITZKA (erwachen) Wer da? Was los? F RAU L EDA (sieht Schmugglitschinski perplex an) M RSCHITZKA Ich wünsche nicht gestört zu werden -S ZAMEK (verschlafen) Wo bin ich? F RAU L EDA (perplex) An der Grenze. S ZAMEK Aha! Aha! (er reibt sich den Schlaf aus den Augen) Und Sie wollen über die Grenze? F RAU L EDA (sieht Schmugglitschinski abermals perplex an) Ja. Ich und die Krankenschwester dort. M RSCHITZKA (gähnt) Wer ist krank? F RAU L EDA Sie nehmen mir das Wort aus dem Munde. Wir wollen und müssen nämlich auf schnellstem Wege zu einem schwerkranken Verwandten, und ich habe mir diese überaus aufopfernde und verständnisvolle Krankenschwester gleich mitgebracht. M RSCHITZKA Ein stramme Schwester ist das! Füss, wie ein Vieh! F RAU L EDA Es dreht sich um eine überraschend ausgebrochene schwere innere Erkrankung -S ZAMEK (unterbricht sie) Also gehens nur schon zu und störens uns nicht, was interessiert mich denn Ihre Verwandtschaft mit ihren inneren Erkrankungen! Mich interessiert nur Ihr Grenzschein, gnädige Frau! F RAU L EDA Ja, das ist eben das Ding. 얍 M RSCHITZKA Was für ein Ding? F RAU L EDA Wir haben leider keine Papiere . S ZAMEK Aha! Verstehe! Also ohne Papiere geht das nicht! Da könnt Ihre ganze Verwandtschaft aussterben, ohne Grenzschein wird da niemand vorbeihereingelassen! Punkt! B
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15N ] BarackeN ] BPapiereN ] BPapiereN ] BkönntN ] B
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korrigiert aus: 16 korrigiert aus: Barracke
[Grenzscheine] |Papiere| [Grenzscheine] |Papiere| [kann]|könnt|
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
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F RAU L EDA Aber das ist doch herzlos! S ZAMEK Ich bin auch herzlos! M RSCHITZKA (der sich Schmugglitschinski genähert und ihn von allen Seiten aufmerksam betrachtet hat) Du Thomas! Schau Dir mal da die Schwester an! Genauer! F RAU L EDA (aufgeregt) Warum? M RSCHITZKA Weil sie knusperig ist, meine Gnädigste! Schad, dass ich jetzt nicht im frühen Mittelalter leb, damals waren so knusperige Schwestern, wie ich höre, zugänglicher -- (er klopft Schmugglitschinski auf den Hintern) S CHMUGGLITSCHINSKI (lächelt verschämt) M RSCHITZKA Stramm! Sehr stramm! F RAU L EDA Belästigen Sie bitte die Schwester nicht, Herr Inspektor! M RSCHITZKA Ich bin kein Inspektor! (und wieder klopft er Schmugglitschinski auf den Hintern) F RAU L EDA Die Schwester kann sich ja nicht wehren -M RSCHITZKA Umso besser! F RAU L EDA Ach, das ist roh! Bedenken Sie doch bitte, dass die Schwester eine strenge Ordensregel -M RSCHITZKA (unterbricht sie) Regel her, Regel hin! So rabiat wird das schon nicht gehandhabt werden, was Mausi? (er zwickt Schmugglitschinski in die Backe) S CHMUGGLITSCHINSKI (lächelt wieder verschämt) 얍 M RSCHITZKA Na sag doch schon was! F RAU L EDA Aber sie darf ja nichts reden, das ist doch eben ihr Gelübde! Höchstens hie und da ein Wort. M RSCHITZKA Was hör ich? Nur ein -S CHMUGGLITSCHINSKI (mit verstellter Stimme) Wort. M RSCHITZKA Und sonst? S CHMUGGLITSCHINSKI Nichts. M RSCHITZKA Geh das ist doch blöd! S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Sondern? S CHMUGGLITSCHINSKI Gescheit. M RSCHITZKA Also auf alle Fäll ist es anstrengend! Immer nur ein Wort -- Kruzifix, bei der Figur! Aber satt dürfts Euch doch hoffentlich essen? S CHMUGGLITSCHINSKI Sehr. M RSCHITZKA Schweinernes? S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Kälbernes? S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Geflügeliges? S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Mir scheint also, überhaupt kein Fleisch? S CHMUGGLITSCHINSKI Erraten. M RSCHITZKA Aha! Vegetarianisch? S CHMUGGLITSCHINSKI Ja. M RSCHITZKA Zum Beispiel? S CHMUGGLITSCHINSKI Spargeln. M RSCHITZKA Gut so! Und?
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 72
Fassung
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
S CHMUGGLITSCHINSKI Trüffeln. 얍 M RSCHITZKA Also das ist schon extravagant! Nichts reden, aber Trüffeln fressen -und wie stehts denn mit dem Getränke? S CHMUGGLITSCHINSKI Wasser. M RSCHITZKA Und? S CHMUGGLITSCHINSKI Rum. M RSCHITZKA Prächtig! Und Bier Wein Schnapps Likör Most? S CHMUGGLITSCHINSKI Alles. M RSCHITZKA Gut so. Und was trinkt denn mein herziges Schwesterlein am liebsten? S CHMUGGLITSCHINSKI Viel. M RSCHITZKA Sehr sympathisch, anormal sympathisch! Und trinkt Ihr schon des morgens? S CHMUGGLITSCHINSKI (nickt ja) Und -M RSCHITZKA Mittags? S CHMUGGLITSCHINSKI (nickt ja) Und -M RSCHITZKA Abends. S CHMUGGLITSCHINSKI Bis M RSCHITZKA in S CHMUGGLITSCHINSKI die M RSCHITZKA tiefe S CHMUGGLITSCHINSKI Nacht. M RSCHITZKA (begeistert) Das ist ein Gelübde, das ist ein Orden, das sind Regeln! S CHMUGGLITSCHINSKI (berührt Mrschitzka schüchtern) BGewehr –N M RSCHITZKA Was? S CHMUGGLITSCHINSKI (lächelt verlegen) Bajonett -M RSCHITZKA (perplex) Was für ein Bajonett? 얍 F RAU L EDA Ach, die brave Schwester bittet Sie nur um Ihr Gewehr -- sie möcht es gern mal in die Hand nehmen aus einem regem Interesse -M RSCHITZKA Für mein Gewehr? S CHMUGGLITSCHINSKI Bitte -M RSCHITZKA Militant, sehr militant! (indem er Schmugglitschinski sein Gewehr überreicht) Da wird geladen, da wird gedruckt und dann gehts vorn los! S CHMUGGLITSCHINSKI (übernimmt das Gewehr; mit Bseiner tiefenN Stimme) Danke! (er schlägt Mrschitzka k.o.) M RSCHITZKA (bricht lautlos zusammen) S CHMUGGLITSCHINSKI (reisst sich rasch wieder die Haube herunter) Herrgott, die Hitz! (er hebt das Gewehr auf Szamek) Hände hoch! S ZAMEK (reagiert nicht, denn er ist inzwischen längst wieder eingeschlafen) F RAU L EDA Pst! Der schläft ja schon wieder! S CHMUGGLITSCHINSKI Auch gut -- (er legt das Gewehr weg) So erregen wir noch weniger Aufsehen! BUndN jetzt gib ich das verabredete Zeichen -- (er winkt mit seinem Taschentuch nach der Brücke zu)
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B
Gewehr –N ] seiner tiefenN ] BUndN ] B
Gewehr [-]|–| \seiner/ tiefe[r]|n| [So] [u]|U|nd
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 73
ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 74
Fassung
K1/TS1 (Korrekturschicht)
Szene 16 Aber auf der Brücke erscheint Konstantin mit seinem Dienstrevolver in der Hand -hinter ihm tauchen Eva auf und Havlicek mit sehr viel Stricken. K ONSTANTIN Hände hoch! S CHMUGGLITSCHINSKI Goddam ! F RAU L EDA O Kind! 얍 K ONSTANTIN Hände hoch! Hoch oder!! F RAU L EDA UND S CHMUGGLITSCHINSKI (folgen) K ONSTANTIN Denkt nur ja nicht, dass Ihr mich überrumpeln könnt! So large geht das nicht! (zu Eva und Havlicek) Bindet sie! Ich halt sie derweil mit meinem Dienstrevolver in schach! H AVLICEK Auch knebeln? K ONSTANTIN Binden genügt! E VA UND H AVLICEK (führen nun Konstantins Befehl aus) M RSCHITZKA (kommt allmählich wieder zu sich) -- hab ich das jetzt geträumt, dass mich da eine Nonne niedergestreckt hat? Natürlich hab ich diesen Unsinn geträumt, denn ich träum immer Unsinn und mich streckt keiner nieder -- mich nicht! Es war ein Traum -- (er erblickt Eva, Havlicek, Konstantin undsoweiter und ist masslos überrascht) Was seh ich?! Mir scheint, ich träum noch immer! Meiner Seel, da steht ja dieser Ausgewiesene -- Jessus Maria, die Nonn hat ja eine Glatzen! Maria Josef -- gib acht, Mrschitzka! Gib acht -- -- (er nähert sich ängstlich Szamek und rüttelt ihn) Thomas! Wach auf! S ZAMEK (erwacht) Warum soll ich aufwachen? M RSCHITZKA Weil ich Angst hab, Thomas. Mir scheint, ich bin krank -- trelirium demens . S ZAMEK Wundern täts mich nicht. Geh sei so gut und lass mich schlafen! M RSCHITZKA Aber schau doch nurmal dorthin, bittschön -- ob dort nämlich was ist oder ob das jetzt nur eine persönliche Fatamorgana von mir ist -얍 S ZAMEK Ich schau nicht hin. Ich hab selber Angst! M RSCHITZKA Feigling. S ZAMEK Also feig bin ich nicht! Jetzt schau ich hin! (er schaut hin und erstarrt) M RSCHITZKA (bange) Siehst auch etwas? S ZAMEK Und ob ich was seh -- (er schlägt auf den Tisch) Was seh ich?! Der Konstantin! Da herüben?! Na das ist aber eine grandiose Grenzverletzung! K ONSTANTIN Ruhe, Szamek! (zu Eva) Fertig? E VA Sogleich. S ZAMEK (bei Seite) „Ruhe Szamek“? Befehlen auch noch?! Masst sich da Amtshandlungen an auf unserem Hoheitsgebiet -- (er schreit) Eva! Da geh her und folg ihm nicht! Wie kommst denn da dazu, wildfremde Nonnen zu fesseln?! Meiner Seel, was da passiert, also das gibt Krieg! K ONSTANTIN (ruhig) Bitte nur nicht aufregen, lieber Vater Szamek! B
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 75
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16N ] Havlicek f Stricken.N ] BGoddamN ] BlargeN ] Btrelirium demensN ] BdaN ] B N] B
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Havlicek[.] |mit sehr vielen Stricken.| gemeint ist: Goddamn gemeint ist Französisch für: einfach, locker
[del]|tre|irium [tre]|de|mens \da/ [da]
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 76
Fassung
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
S ZAMEK Ich Ihr Vater? Na servus! Da tät ich mir leid! K ONSTANTIN (scharf) Herr Szamek! Wenn ich jetzt hier die Grenz nicht verletzt hätt, wären Sie jetzt vielleicht bereits über einer anderen Grenz -- es gibt auch höhere Gewalt! H AVLICEK Vis maior. S ZAMEK (zu Mrschitzka) Versteh kein Wort! Und Du? M RSCHITZKA Aber! K ONSTANTIN Darf ich vorstellen: Herr Schmugglitschinski, der berüchtigste Rauschgiftschmuggler und seine überaus raffiniert rutinierte Compagnonin! Das Personal dieser Firma haben wir ebenfalls bereits auf der Brücke überwältigt, es sitzt nun drüben hinter Schloss und Riegel. 얍 E VA Und das Rauschgift haben wir auch beschlagnahmt. Fast drei Zentner. S ZAMEK Was hör ich?! K ONSTANTIN Die Wahrheit. S ZAMEK (zu Mrschitzka) Mrschitzka, er sagt die Wahrheit. Er ist ein Idiot. K ONSTANTIN ( braust auf) Herr Szamek -S ZAMEK (unterbricht ihn) Junger Mann, jetzt red ich! Was Sie mir da zusammenfabulieren ist platterdings zu plump! Herr, diese männliche Nonn soll der Schmugglitschinski sein?! M RSCHITZKA Zu plump! S ZAMEK Sie Anfänger, Sie! Den echten Schmugglitschinski, den haben ich und mein Freund schon längst hopp, schon vor vielen Stunden -- (er deutet auf die Baracke) da sitzt er drinnen eingekastelt! K ONSTANTIN (perplex) Wo? S ZAMEK Da in der Barack! Es war nicht leicht, ihn zu überführen, aber ich hab halt meine alte kriminalistische Rutin -- und raffiniert bin ich auch! M RSCHITZKA Genial raffiniert. S ZAMEK (zu Mrschitzka) Wie selbstsicher der aufgetreten ist, unser Schmugglitschinski, was?! Sogar für den Ministerpräsidenten hat er sich ausgegeben! H AVLICEK Ministerpräsident? Grosser Gott! S ZAMEK Aber wir haben ihn demaskiert. M RSCHITZKA Nicht zu knapp! Ich hab ihm gleich eine hingehaut. Gleich! K ONSTANTIN (zu Eva) Mir schwant ein Unheil -- ein furchtbares Unheil für Deinen Papa! 얍 S ZAMEK Eva! Und jetzt komm her und bitt Deinen eigenen Vater um Verzeihung, dass Du erst jetzt kommst, aber so, dass es Dein Herr Konstantin sieht! K ONSTANTIN Moment, Herr Szamek! S ZAMEK Avanti, Eva! Avanti! K ONSTANTIN Aber Herr Szamek! Sie haben ja Ihren eigenen Ministerpräsidenten eingesperrt, Ihren eigenen echten! Und dieser Herr hat seinem eigenen echten eine hingehaut -- ich beschwöre Sie, weil ich Ihre Eva lieb hab, dass ich recht hab! Die beiden Chefs wollten doch heut Nacht in aller Heimlichkeit auf der Brücke konferieren! B
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rutinierteN ] braustN ] BRutinN ] BaufgetretenN ] BeinN ] BIhrenN ] B
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gemeint ist: routinierte korrigiert aus: braut gemeint ist: Routine
aufgetr[e]|e-|ten korrigiert aus: einen korrigiert aus: ihren
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 78
Fassung
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
H AVLICEK Stimmt! M RSCHITZKA Was wissen denn Sie schon, Sie Ausgewiesener?! H AVLICEK Weil ich mitkonferiert hab! E VA Aber so lass ihn doch schon frei, Papa, um Gottes Christi Willen! H AVLICEK Ich tät ihn gleich wiedererkennen. (Stille) S ZAMEK (zu Mrschitzka; etwas unsicher) Zu blöd, nicht? M RSCHITZKA Oberblöd. K ONSTANTIN Ich beschwöre Sie abermals, lassen Sie Ihren Gefangenen sofort frei, denn eventuell entsteht ja noch eine Katastroph für die ganze zivilisierte Menschheit! Könntens denn das verantworten, Herr Szamek? S ZAMEK (sehr unsicher) Warum nicht? (zu Mrschitzka) Aber lass ihn mal raus, damit er sich beruhigt, dieser junge Grenzverletzer -M RSCHITZKA Der möcht ja doch nur unsere zwanzigtausend! A-얍ber daraus wird nichts, eher bring ich mich um! Szene 17 Die Nacht ist nun schon durchsichtiger geworden und jetzt dämmert der morgen. M RSCHITZKA (öffnet die Barackentür) Raus! Y (erscheint; er ist gebrochen und weint bitterlich) H AVLICEK Das ist er! Y Na der Kerl kann sich freuen, der mich da in dieses Loch -M RSCHITZKA Das ist kein Loch, das ist eine amtliche Barack, bitt ich mir aus! Y (unter argem Geschluchze) Ein Loch ist es, ein schamloses Loch! Penetrant! Wenn ich Euch nur alle sehen könnt, aber ich hab ja keine Brille -- (er stürzt plötzlich auf Schmugglitschinski zu und brüllt ihn an) Was bin ich?! Ein Rauschgiftschmuggler?! S CHMUGGLITSCHINSKI Ja. F RAU L EDA Er lügt! (zu Schmugglitschinski) So gibs doch schon zu! Was nützt leugnen in unserer Lage?! K ONSTANTIN Sehr vernünftig. S CHMUGGLITSCHINSKI (zu Leda) Schad, dass wir nicht in die gleiche Zell kommen, da tätst was erleben! F RAU L EDA Ich erleb nichtsmehr. S ZAMEK (zu Frau Leda) Ist das wahr --? F RAU L EDA Ja. (Stille) S ZAMEK (brüllt) Aber also dann hinein mit Euch in das Loch! Hinein!! (er sperrt Frau Leda und Schmugglitschinski in die 얍 amtliche Baracke) B
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Szene 18 Y hat sich inzwischen an dem Tische niedergelassen und weint noch immer über die Tischplatte gebeugt. M RSCHITZKA (fällt vor ihm in die Knie) Herr Exzellenz! Ich hab eine Familie mit drei minderjährige Töchter und vier aussereheliche Enkelkinder -- Gnade! B
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17N ] tätstN ] B18N ] B
korrigiert aus: 18 korrigiert aus: täts korrigiert aus: 19
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ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 80
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
K ONSTANTIN Warum Gnade? M RSCHITZKA (zu Konstantin) Weil ich sonst meine Pensionsansprüch verlier! (zu Y) Gnade! Gnade! K ONSTANTIN Aber Ihr braucht doch keine Gnade! Pflichtlich wart Ihr doch vorschriftlich! Pflichtlich hätt Euer Präsident einen vorschriftlichen Pass haben sollen, da er aber keinen pflichtlich-vorschriftlichen, sondern nur einen unvorschriftlich-unpflichtlichen gehabt hat, habt Ihr ihn doch vorschriftlich-pflichtlich verhaften und pflichtlich-vorschriftlich einkasteln müssen! Also braucht Ihr vorschriftlich keinerlei Gnade, denn pflichtlich seid Ihr im Recht! H AVLICEK Vorschriftlich-pflichtlich! M RSCHITZKA (bei Seite) Ein ganz ein logisches Gehirn -S ZAMEK (bei Seite) Ganz ein scharfsinniger Kopf, dieser Konstantin -- wundert mich! M RSCHITZKA (bei Seite) Mir scheint, er hat recht. (laut) Natürlich hat er recht! (er erhebt sich) Sehr vorschriftlich, sehr pflichtlich! Ich brauch keine Gnad, ich such 얍 mir schon mein Recht und wenn ich unrecht tun müsst! (bei Seite) Jetzt gönn ich ihm erst meine zwanzigtausend, ersticken soll er daran! E VA Hoch Konstantin, der Retter! Y (wimmernd) Und wer rettet mich? (er steht auf) Nur das Dementi! Ich dementier, ich dementier! (stark schluchzend) Aber diese Nacht soll mir ein Fingerzeig gewesen sein: jetzt sperr ich aber meine ganze Opposition ein! (er rennt heftig weinend gegen die Brücke) H AVLICEK Halt! Nach der anderen Richtung! Y Im Ernst? H AVLICEK Also mit die Richtungen kenn ich mich jetzt schon aus. Y (ab in der richtigen Richtung) B
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Szene 19 Jetzt geht die Sonne auf. E VA Papa! Jetzt gibst aber doch dann Dein Einverständnis zu unserer langersehnten Verbindung? S ZAMEK Jetzt ja. (zu Konstantin) Mein Sohn, Du hast mich doppelt gerettet, mein Leben und meine Pensionsberechtigung, ich seh das ein, weil ich keinen falschen Charakter hab, wie die Leut bei Euch dort drüben! Also behalt sie Dir, die Eva, und da habts meinen Segen! Jetzt bist ja ein reicher Mann. Zwanzigtausend -enorm! K ONSTANTIN Moment! Die Wahrheit und die Gerechtigkeit gebieten es mir feierlichst zu sagen, dass diese enorme Summe nicht mir gebühren kann, sondern -- (er deutet auf Havli-얍cek) jenem Herrn dort, denn ich hätte Dich ja nie retten können, wenn er mich nicht gerettet hätt -- und also ist Herr Havlicek eigentlich unser aller Retter! S ZAMEK (sprachlos) Eigentlich? H AVLICEK Eigentlich hab ich ja nur ein Wimmern gehört, wie ich da auf dieser Brück grad etwas entschlummert war und zuerst hab ich gedacht: das ist nur GeB
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B N
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\schon/
B
schonN ] 19N ] BEigentlich?N ] B N] BBrückN ]
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[Wieso?] |Eigentlich?| [leises] Brück[e]
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
hörstäuscherei -- aber dann hab ich halt doch nachgeschaut, weil mir mein Gefühl keine Ruhe gelassen hat. Und dann hab ich halt die beiden entfesselt. S ZAMEK (noch immer sprachlos) Wieso entfesselt? K ONSTANTIN Kurz und gut, Papa! Ich danke Dir für Deinen väterlichen Segen, aber die zwanzigtausend gehören Herrn Havlicek! E VA Das ist gut von Dir -S ZAMEK Na servus! Jetzt bricht eine Welt in mir zusammen. E VA Und eine neue entsteht -- (sie küsst Konstantin) M RSCHITZKA (zu Havlicek) Gratuliere, Herr Multimillionär! H AVLICEK Was hab ich davon? Auf einer Brück! Szene 20 F RAU H ANUSCH (kommt rasch von der Brücke; überrascht) Ja wie kommen denn Sie daherhinüber, Herr Konstantin?! K ONSTANTIN Später! F RAU H ANUSCH Ich such Ihnen schon überall -- eine amtliche dringende Depesch! K ONSTANTIN Danke! (er erbricht und überfliegt sie ) Was? (er liest es laut) „Durch eine aussertourliche und ausserinstanzliche ministerielle Verfügung ist dem heimatlosen 얍 Ferdinand Havlicek sofort die Grenze zu öffnen“ -H AVLICEK „Heimatlos“ -- das bin ich! K ONSTANTIN Da steht es: schwarz auf weiss. A LLE (zu Havlicek) Wir gratulieren! H AVLICEK Mir scheint, ich schlaf -F RAU H ANUSCH Nein, das tust Du nicht -K ONSTANTIN Wieso per Du? F RAU H ANUSCH Später! (sie küsst Havlicek) E VA Was seh ich? F RAU H ANUSCH Darf ich vorstellen: der neue Postwirt! Nur schad dass ich heut Konkurs anmeld! H AVLICEK Trotzdem! M RSCHITZKA Was hör ich?! Noch ein Paar, ist das eine Freud! Rum her! K ONSTANTIN Und Sie werden auch keinen Konkurs anmelden, Frau Hanusch, denn der neue Postwirt besitzt ab heut ein Vermögen von zwanzigtausend! F RAU H ANUSCH Jetzt fall ich um! Ferdinand! H AVLICEK Halt! Still! (drohend) Jetzt werd ich aber auch gleich edel werden! Gerecht und wahr! -- Also hört her, Ihr! Ich hab zwar den Konstantin gerettet, aber wer hat denn hier mit dem Revolver gesiegt -- er oder ich? Na also! Ich war doch nur eine Voraussetzung zu seinem Glück! Darum: halb und halb. Zehn für das Glück und zehn für die Voraussetzung! F RAU H ANUSCH Aber Havlicek! H AVLICEK Still! Ich bin Fachmann in puncto Ungerechtigkeit -- ich weiss, was das wert ist: Gerechtigkeit. S ZAMEK Halb und halb? 얍 F RAU H ANUSCH Er ist ein braver Mann. B
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20N ] eine f Depesch!N ] BsieN ] B
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
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S ZAMEK Zehntausend ist auch kein Hund. Meiner Seel, jetzt freuts mich erst wieder, diese Heiraterei! B
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B
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Szene 21 Und nun erscheint der Privatpädagoge mit seiner Frau. Er trägt die Angel und sie die ominöse Blechbüchse mit den Regenwürmern. P RIVATPÄDAGOGE (gut gelaunt) Guten morgen, guten morgen! So früh schon auf? E VA (lächelt) Wir hatten alle Nachtdienst, alle miteinander. P RIVATPÄDAGOGE Und wir gehen jetzt angeln. Meine brave Frau hat mir herrliche Würmer gebracht -- (ab mit ihr auf die Brücke) M RSCHITZKA (ruft ihnen nach) Petri Heil! B
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Szene 22 F RAU H ANUSCH Jessus , jetzt hab ichs vergessen. Da hab ich ja noch eine dringende Depesch an Dich persönlich -H AVLICEK An mich? F RAU H ANUSCH Ja. Eine schöne. H AVLICEK Woher weisst denn das? Erbrichst Du meine Post? F RAU H ANUSCH Aber geh, ich bin doch die Posthilfsstelle und bei mir lauft alles ein! H AVLICEK Dann kennst also auch das Morse-Alphabet? Respekt! (er erbricht die Depesche und liest sie) Na das ist 얍 aber rührend! Rührend! M RSCHITZKA Vorlesen! Laut! Wir wollen auch gerührt werden! H AVLICEK Vom Chef dort drüben, das heisst: vom ehemaligem Chef -- (er liest) „Mein lieber Herr Havlicek stop es ist mir ein Bedürfnis bevor ich demissioniere Ihnen zu helfen stop es drängt mich noch im Besitze der Macht eine menschliche Tat zu begehen stop über alle Gesetze hinweg stop Sie sind also nun erlöst von Ihrer penetranten Brücke und ich hoffe dass es Ihnen gut gehen wird während ich mich in meine Einsamkeit zurückziehe um an meinen Memoiren zu arbeiten stop fieberhaft zu arbeiten stop Tag und Nacht stop mit drei Sekretärinen stop Leben Sie wohl stop Ihr -- --“ (er wischt sich einige Tränen aus den Augen) Ich wünsche ihm alles Gute für seine Memoirenschreiberei, er soll sich nur selbst gerecht behandeln -- Leut, die so depeschieren, stellen sich meist zurück. Hoffentlich streicht er sich heraus. Und was die Depesch kostet, grosser Gott -- (er zählt) Siebenundachtzig Wörter! Und dringend, also dreifach! M RSCHITZKA Bezahlt die Allgemeinheit! F RAU H ANUSCH Irrtum! Diese Depesch ist privat! H AVLICEK Ich sag ja: ein vornehmer Mensch, überhaupt: ein Mensch! Und überhaupt und eigentlich, wie leicht dass man dann so unmenschliche Gesetz menschlich ausser Kraft setzen kann -- Schad, dass man immer gleich demissionieren muss! B
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freutsN ] wieder, dieseN ] B21N ] B22N ] BJessusN ] BSekretärinenN ] B
freut\s/ [die ganze] |wieder, diese| korrigiert aus: 22 korrigiert aus: 23 [Himmel]|Jessus| gemeint ist: Sekretärinnen
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
Szene 23 Der Privatpädagoge und seine Frau erscheinen nun strahlend auf der Brücke mit einem gefangenem Riesenfisch. 얍 P RIVATPÄDAGOGE Da! Ein Riesenhecht! A LLE Wir gratulieren! P RIVATPÄDAGOGE Der Tag beginnt gut und die Nacht war doch so düster! Heut angel ich nimmer! Das ist ein Hecht! H AVLICEK Abrakadabra! P RIVATPÄDAGOGE (begeistert) Abrakadabra!! Und Ihr seid alle eingeladen zu diesem Fang ! Meine Frau kocht ja so pikant und ohne ihre Würmer hätten wir jetzt alle miteinander keinen Hecht! (zur Frau) Geh nimm diesen Hecht, er sei Dein, mir ist er eh schon zu schwer! M RSCHITZKA Fisch ess ich gern! Wenn ich nur wüsst, wo ich meine Schuh hab, Kruzifix! Aber was, mir schmeckts auch nackt -- das wird ein Verlobungsschmaus! F RAU Verlobung? S ZAMEK (deutet auf Konstantin und Eva) Dort! Das junge Paar! P RIVATPÄDAGOGE UND F RAU Wir gratulieren! F RAU H ANUSCH Na und wir? In vier Wochen heiss ich Frau Havlicek! A LLE Wir gratulieren! H AVLICEK Danke. E VA Und in vier Wochen heiss ich -- (zu Konstantin) wie Du. Und in sieben Monat -(sie küsst ihn) S ZAMEK Was?! Schon in sieben Monat?! M RSCHITZKA Ich gratuliere. S ZAMEK Na servus! F RAU H ANUSCH Aber Herr Szamek! Ende gut, alles gut! 얍 S ZAMEK Ich habs ja immer schon gewusst, dass die Leut dort drüben einen falschen Charakter haben! P RIVATPÄDAGOGE Das junge und das noch jüngere Paar -- sie leben hoch! A LLE Hoch! Hoch! Hoch! B
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Szene 24 Finale mit Gesang
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H AVLICEK O Heimat, die ich nicht kennen tu Bring mir den Frieden, bring mir die Ruh!
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23N ] FangN ] BF RAU N ] BDanke.N ] BF RAU H ANUSCH N ] B24N ]
[Hecht] |Fang| [P RIVATPÄDAGOGE ]|F RAU | Danke[!] |.| [H AVLICEK ]|F RAU H ANUSCH | korrigiert aus: 25
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
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Jetzt ging ich da so hin und her Und her und hin und hin und her Und wieder her und wieder hin -Mich wunderts nur, dass ich noch bin! 5
F RAU H ANUSCH Was wunderts Dich, mein Havlicek? Die Freud kommt immer nach dem Schreck! Die Hauptsach: sie kommt nicht zu spät Das heisst: dass man sie noch erlebt! B
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H AVLICEK Ja, plötzlich kam ein guter Geist Die Postwirtin, die Hanusch heisst. 15
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F RAU H ANUSCH Der liebe Gott ist immer gut Und trotzdem weiss er, was er tut. Schau himmelwärts und nieder Mein Havlicek, mein lieber ! B
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A LLE (ausser Havlicek) Schau himmelwärts und nieder Mein Havlicek, mein lieber ! B
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E VA O Konstantin, in einem Jahr Was wird dann sein in unserer Zeit Sind wir dann noch ein Paar In der seinerzeitigen Zeit? K ONSTANTIN Ach was sind denn das für Sorgen? Ich denk nicht an das Uebermorgen! Ich geniesse mir das Heut Denken ist nur Zeitvertreib!
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B
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Die f heisst.N ]
manN ] SchauN ] BlieberN ] BlieberN ] B
얍 [Die Hauptsach: sie kommt nicht zu spät Das heisst: dass man sie noch erlebt. H AVLICEK Ja, plötzlich kam ein guter Geist Die Postwirtin, die Hanusch heisst.] |Die f heisst.| m[{a}]|a|n Sch[u]|au| [L]|l|ieber [L]|l|ieber
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K1/TS1 (Korrekturschicht)
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A LLE (ausser Eva und Havlicek) Wir geniessen uns das Heut Denken ist nur Zeitvertreib! 5
얍 E VA O Du mein liebes Uebermorgen betrüg uns bitte nicht Enttäusch nicht unsere Herzen Lass uns unser kleines Licht!
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Besuch uns nicht mit Streit und Armut Tritt froh in unser Heim herein Uebergeh uns lieber alle Doch lass uns unsre Liebe rein. 15
Bring uns Mut und gib uns Lust Und schenke uns Zufriedenheit Und lass uns nimmer daran denken Wie schön wär die Vollendetheit! 20
Ich will darüber wachen Am Tag und in der Nacht Dass keine harten Schatten Erscheinen in böser Pracht. 25
Dass sie nicht erscheinen Wenn von droben das Sonnenlicht Auf meines Kindleins Wiege Durch die Gardinen bricht -B
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40
45
A LLE (ausser Frau Hanusch) O Du mein liebes Uebermorgen Betrüg uns bitte nicht Enttäusch nicht unsere Herzen Lass uns unser kleines Licht! 얍 F RAU H ANUSCH Unser Licht, das haben wir Und das ist grad mein Plaisier! Und dies Plaisier in meiner Brust Das ist der Liebe Leid und Lust!
ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 90
H AVLICEK Ja, der Liebe Lust und Leid Ist ein buntes Galakleid
29
B
GardinenN ]
korrigiert aus: Gardienen
240
Fassung
K1/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
Für ein einsames Skelett Von der Wieg zum Totenbett. F RAU H ANUSCH Nein, das lass ich mir nicht nehmen Havlicek, tu Dich benehmen! Verlang nicht alles auf einmal! Bitte, werd nicht radikal!
5
H AVLICEK Radikal, das bin ich nicht Ich seh nur Grenzen, fürchterlich! Ueberall, auch in der Lieb Wird man behandelt wie ein Dieb.
10
15
P RIVATPÄDAGOGE Egal! Grenzen muss es geben! S ZAMEK Denn von die Grenzen tun wir leben.
20
25
30
얍 P RIVATPÄDAGOGE Und zum Beispiel leiden wir An einem viel zu grossem Vielzuviel Von Wünschen, Begierden, Gedanken Trieben, gesunden und kranken Gescheiten und dummen Geraden und krummen Und das alles miteinander Ein faktisches Durcheinander! In Anbetracht solcher Innenleben Muss es BebenN Grenzen geben.
A LLE (ausser Havlicek) In Anbetracht solcher Innenleben Muss es eben Grenzen geben!
35
B
B
40
ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 91
N
H AVLICEK Ich seh schon ein, dass es muss geben Gar manche Grenz, damit wir leben. N
32 36 38–40
B
ebenN ] ebenN ] BH AVLICEK f leben.N ] B
[\eben/] |eben| \eben/ [H AVLICEK [Das]|Ich| seh [ich] schon ein, dass es muss geben Gar manche Grenz, damit wir leben.] |H AVLICEK [Das] |Ich| seh schon ein, dass es muss geben Gar manche Grenz, damit wir leben.|
241
Fassung
K1/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
P RIVATPÄDAGOGE Denn wenn ein jeder das tät, was er möcht Und das unterliess, was er nicht möcht Wenn ein jeder so wär, wie er ist -5
S ZAMEK Na servus! Das wär ein feiner Mist!
10
15
P RIVATPÄDAGOGE Eine Katastrophe für die Welt Und auch für sich persönlich selbst. B
N
얍 M RSCHITZKA Na gute Nacht! Das wär ein Erwachen! Da hätten wir alle nichts zu lachen!
ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 92
B N
20
25
F RAU Was nützt ein Leben ohne Grenzen? Die Kinder tun die Schule schwänzen Die Alten sehnen sich zurück -Wo bleibt das Glück, das Glück, das Glück? S ZAMEK Rasch kommt der Winter, weiss und kalt Ein schönes Weib, das wird nun alt Sie sitzt im Rollstuhl und kann sich nicht rühren Mit falsche Zähn und nervösen Allüren Mit Zucker, Gicht und Podagra Und was weiss ich, was sonst noch da! Noch nährt man sie künstlich, von vorn und von hint Und dann ist es aus, „überraschend“ geschwind -B
30
35
N
E VA (fährt Szamek an) Man soll auch nicht ewig leben! A LLE (ausser Eva und Szamek) Es muss eben Grenzen geben! B
N
40
10 17
29 39
B
dieN ] ]
B N
B B
falsche ZähnN ] ebenN ]
korrigiert aus: Die
[PRIVATPÄDAGOGE Um solch Dinge nicht zu erleben A LLE Muss es eben Grenzen geben!] [|H AVLICEK Ich seh schon ein, dass es muss geben Gar manche Grenz, damit wir leben|] falsche[n] Zähn[en] [halt] |eben|
242
Fassung
K1/TS1 (Korrekturschicht)
얍 S ZAMEK (kleinlaut) Man soll auch nicht ewig leben Da muss es halt Grenzen geben -5
10
15
20
25
Lesetext
ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 93
M RSCHITZKA Da trinkt sich einer jeden Tag Ganz voll bis obenrauf Mit Rum, Likör und Bier und Schnapps -Auf einmal hat er einen Klapps Sieht weisse Mäus und Ratten Dischkuriert mit seinem Schatten Debattiert mit der Luft Telephoniert nach seiner Gruft Hört unter argem Beben Böse Zungen über sich reden Mit einer Axt zum Zeitvertreib Erschlagt er dann sein braves Weib Kommt aber nun in den Krankenwagen Gefesselt, geschlagen, gepufft und getragen -Der Wagen fährt ihn in ein Haus Da schaun viel Narren beim Fenster heraus Mit dicke Köpf und wenig Haar Und einem Lächeln sonderbar -Dort bleibt er dann für immerzu Verblödet gibt er endlich Ruh. Auch dieser Fall beweist uns nur: A LLE Ohne Grenzen keine Kultur!
30
얍 H AVLICEK Aber es gibt eine einzige Art Von Grenzen, die könnten einem bleiben erspart -35
K ONSTANTIN Still, Havlicek, vergiss es nicht Diese Grenzen sind unsere Pflicht! Und ausserdem auch unser Lohn Denn wir leben ja davon.
40
F RAU Was nützt ein Leben ohne Grenzen? Die Kinder tun die Schule schwänzen Die Alten sehnen sich zurück -Wo bleibt das Glück, das Glück, das Glück? B
45
44
B
sehnenN ]
N
[{se}]|se|hnen
243
ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 94
Fassung
K1/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
H AVLICEK O Heimat, die ich nicht kennen tu Bring mir den Frieden, bring mir die Ruh! 5
Auf einer Ansichtskarte Da hab ich Dich erblickt Lagst da im Mondenscheine Und hast mich sehr beglückt. B
N
10
Musst immer an Dich denken Am Tag und in der Nacht Und oft in den letzten Zeiten Wär ich gern nimmer erwacht.
15
Wär gar gern entschlummert Und hätt mich gern begraben 얍 In Deiner alten Erde Voll Märchen und voll Sagen --
20
ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 95
E VA O Du mein liebes Uebermorgen Betrüg uns bitte nicht Enttäusch nicht unsere Herzen Lass uns unser kleines Licht --
25
30
F RAU H ANUSCH Ach der liebe Gott ist immer gut Und trotzdem weiss er, was er tut! Schau himmelwärts und nieder Mein Havlicek, mein lieber! A LLE (ausser Havlicek) Schau himmelwärts und nieder, Mein Havlicek, mein lieber!
35
H AVLICEK O Heimat, die ich nicht kennen tu Bring mir den Frieden, bring mir die Ruh! 40
A LLE O Heimat, wie bist Du so schön In Dir möcht ich sein und vergehn! (Vorhang)
45
ENDE
8
B
beglückt.N ]
[entzückt.] |beglückt.|
244
Fragmentarische Endfassung
얍
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
Lesetext
HIN UND HER
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 1
Posse in zwei Teilen von Ödön von Horváth Musik von Hans Gál. 5
얍
10
15
20
Personen: F ERDINAND H AVLICEK T HOMAS S ZAMEK , ein Grenzorgan E VA , dessen Tochter K ONSTANTIN , auch ein Grenzorgan M RSCHITZKA , ein Gendarm. F RAU H ANUSCH X, der Chef der Regierung auf dem rechten Ufer Sein S EKRETÄR Y, der Chef der Regierung auf dem linken Ufer Ein P RIVATPÄDAGOGE Dessen F RAU F RAU L EDA S CHMUGGLITSCHINSKI , ein Oberschmuggler D REI S CHMUGGLER.
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 2
B N
Bemerkung: 25
Dies Stück ist für eine Drehbühne geschrieben. 얍 30
35
40 B
Schauplatz: Dieses „Hin und her“ ereignet sich auf einer alten bescheidenen Holzbrücke, die über einen mittelgrossen Grenzfluss führt, und also zwei Staaten in gewisser Weise miteinander verbindet. Rechts und links, dort wo die Brücke aufhört, wacht das jeweilige Grenzorgan, und zwar residiert auf dem linken Ufer Thomas Szamek in einer Baracke und auf dem rechten Ufer Konstantin in einem halbverfallenen Raubritterturm. Beide Herren haben einen geruhsamen Dienst, denn hier wickelt sich normalerweise nur ein kleiner Grenzverkehr ab, da ja dieses ganze Gebiet, hüben wie drüben, etwas abseits liegt. An beiden Ufern steht dichtes Gebüsch und die Zweige der Trauerweiden hängen in den Grenzfluss hinab. Es ist eine etwas monotone Gegend, überall flach - selbst am Horizont gibt es nur Wolken, statt irgendwelcher Hügel. Aber schöne Wolken. N
21
B N
]
Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): [\{Loibr} (?)
Olden Bar (?) Niese (?)/] 41
B
Aber f Wolken.N ]
Absatz vom Autor eingefügt
245
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 3
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
Lesetext
\Textverlust\
얍BN
2. Szene. Jetzt kommt eine ältere verschüchterte Frau und möchte an der Baracke vorbei auf die Brücke. In der Hand hält sie eine Blechbüchse. N
B
B
5
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 4
N
B N
10
15
S ZAMEK Halt! Was ist, was ist? So einfach vorbei an dem Grenzorgan, an der amtlichen Passtelle, an der Zollbehörd? Wissen’S denn nicht, dass wir da aufhören und dass dort drüben ein anderer Staat beginnt? F RAU O gewiss. S ZAMEK Na also! F RAU Aber ich muss ja nur auf die Brücke. Zu meinem Gatten. S ZAMEK (betrachtet sie) S i e haben einen Gatten? F RAU Er angelt. S ZAMEK Aha! Das heisst: er fischt. F RAU Ja. Er ist nämlich ein leidenschaftlicher Amateurfischer. Wir sind erst seit gestern hier aus der Stadt, um uns zu erholen. Mein Gatte ist Privatpädagoge. S ZAMEK Was habens denn in der Blechschachtel? F RAU Regenwürmer. S ZAMEK Ha? Also zeigens nur mal her, diese ominöse Blechschachtel F RAU (überreicht sie ihm) 얍 S ZAMEK (öffnet sie und lässt sie voll Ekel fallen) Brrr ! F RAU Um Christi Willen! Meine Würmer! (sie kniet nieder) So helfens mir doch, die Würmer zusammenklauben S ZAMEK Ich werd mich beherrschen. F RAU Aber Sie haben sie doch fallen lassen! S ZAMEK Aber ich kann keine Würmer anrühren! Meiner Seel, ich erbrech mich noch! F RAU (klaubt nun die Würmer wieder zusammen) (leise) Sie wissen ja garnicht, was Sie mir antun, wenn ich ohne Würmer komm - S ZAMEK Also gehens nur schon - und guten Appetit! F RAU (die sich mit ihrer wiedergefüllten Blechbüchse erhoben hatte) Danke - (ab auf die Brücke) B
20
N
B
25
30
3 . Szene. S ZAMEK (sieht ihr nach) Brrr ! Man hats nicht leicht als Grenzorgan - - Aber der Thomas Szamek wacht und fürchtet sich nicht! Treu und bieder, ehrbar und unB
35
N
B
2
B N
]
N
N
[Erster Teil. 1. Szene. Brückenkopf auf dem linken Ufer. Das Grenzorgan Thomas Szamek sitzt auf der Bank vor seiner amtlichen Baracke, raucht und liest eine alte Zeitung. Die Sonne scheint und alles sieht idyllisch aus.]
3 4 6
B
2. Szene.N ] Jetzt f FrauN ] B N]
18 22 34 35
B
B
eingefügt korrigiert aus: [Jetzt f Frau] Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \Nr. 1, Lied des
Szamek/ habensN ] Bfallen) BrrrN ] B3N ] Bnach) BrrrN ]
korrigert aus: haben vgl. K1/TS1/ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 5 korrigiert aus: fallen) Brrr
[2]|3| korrigiert aus: nach) Brrr
246
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 5
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
Lesetext
bestechlich mit einem offenen, aber durchdringenden Blick - ein Grenzorgan, ein Exemplar von einem Grenzorgan, auf den sich die Grenz verlassen kann, ein Prachtexemplar - Ach, da kommt ja mein gnädiges Fräulein Tochter! Was die schon wieder für ein zuwideres Gesicht schneidet vor lauter Verliebtheit! 5
4 . Szene. E VA (kommt mit einem grossen Gefäss) Guten Tag Papa. Ich bring dir da nur deinen Kaffee 얍 S ZAMEK Wieviel? E VA Zweieinhalb Liter. S ZAMEK Zweieinhalb! Wie oft soll mans dir denn noch sagen, dass ich mindestens vier Liter brauch, wenn ich Nachtdienst hab! Sonst schlaf ich ja ein und was wird dann?! Geschmuggelt wird dann, dass die Fetzen fliegen! Und übrigens war die Strudel gestern miserabel und warum war sie miserabel? Weil das gnädige Fräulein Eva bei der Strudel keine Strudel im Kopf gehabt hat, sondern ihren Herrn Konstantin von da drüben und sonst nichts, bis sie noch einmal in andere Umständ kommt vor lauter Liebe! E VA Geh wirf mir doch das nicht immer vor! S ZAMEK (schreit sie an) Schrei mich nicht an! Ich kenn die Leut da drüben seit sechsundfünfzig Jahr! Die haben alle einen falschen Charakter, alle! E VA Nein! Aufrichtiger wie mein Konstantin S ZAMEK (unterbricht sie) Das ist ja grad seine Falschheit, dass er so aufrichtig ist! Die da drüben sind alle verschmitzt und verlogen, sie rennen es dir von hinten hinein, das Messer, den Dolch, das Schwert und was weiss ich! E VA Da kann ich nur lächeln. S ZAMEK Lächle nur! Wie oft haben die uns schon verraten in den letzten sechshundert Jahr?! Ein schmutziges Volk! E VA Der Konstantin ist immer adrett und so fein rasiert S ZAMEK Also nur keine Anspiegelungen! Noch bin ich dein eigener Vater! B
N
B
10
15
B
20
N
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 6
N
B N
B
25
N
30
얍 B
35
5 . Szene. Nun erscheint der Gendarm Mrschitzka - er begleitet mit aufgepflanztem Bajonett den vom linken Ufer ausgewiesenen Ferdinand Havlicek. S ZAMEK Was seh ich?! Mrschitzka! M RSCHITZKA Szamek! Na, das nennt sich aber eine freudige Ueberraschung! (er umarmt ihn, wobei er aber durch sein Bajonett gestört wird) Kruzifix ! S ZAMEK Lang haben wir uns nicht gesehen, alter Freund! Acht lange schwere Jahr - M RSCHITZKA Irrtum, Thomas. Sieben! S ZAMEK So? Erst sieben? Wie rasch die Zeit vergeht! B
N
N
B
B
40
6 7 19 21 23 31 32 36 37
N
N
B N
[3]|4|
B
korrigiert aus: Gefäss) Guten korrigiert aus: an) Schrei Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \{ }/ korrigiert aus: verlogen,sie
4 ] Gefäss) GutenN ] Ban) SchreiN ] B N] Bverlogen, sieN ] B5N ] BNunN ] Bwird) KruzifixN ] BFreund! AchtN ]
[4|5| [(]Nun korrigiert aus: wird) Kruzifix korrigiert aus: Freund! Acht
247
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 7
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
M RSCHITZKA Was hast denn da für ein sauberes Frauenzimmer? Mir scheint mir scheint, alter Gauner! S ZAMEK Leise! Meine Tochter! M RSCHITZKA Wer? Die Eva? Die war doch gestern noch so gross - (er deutet einen Meter hoch) Wie die über Nacht aufgeblüht ist - Schweinerei! Da merkt man erst, wie alt dass man wird! S ZAMEK (zu Eva) Erinnerst dich noch an den braven Onkel Mrschitzka, mit dem du immer Räuber und Gendarm gespielt hast? E VA (lächelt) Aber so etwas vergisst man doch nicht! M RSCHITZKA Freut mich, Fräulein Eva! Freut mich sehr! E VA Mich auch. S ZAMEK (zu Eva) Freu dich nicht, wärm lieber den Kaffee! (zu Mrschitzka) Trinkst doch einen Kaffee? 얍 M RSCHITZKA Wenn er gut ist. Besonders mit Rum. S ZAMEK Das hör ich gern. (zu Eva) Also wärm schon! E VA (ab in die Baracke, um den Kaffee zu wärmen) B
5
10
15
Lesetext
N
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 8
6 . Szene. M RSCHITZKA (sieht Eva nach) Knusperig . Sehr knusperig! S ZAMEK Ja, die Kinder werden länger und unsere Tagewerden kürzer. M RSCHITZKA Apropos kürzer: eine unerhörte Geschicht ist das wieder in punkto Gehaltskürzung, was sich die da drinnen in ihrem Exekutivministerium, diese zottigen Büffel S ZAMEK (unterbricht ihn) Pst! M RSCHITZKA Aber geh, unter uns! S ZAMEK Und der Herr dort, mit dem du M RSCHITZKA Jessus, den hab ich jetzt ganz vergessen vor lauter Wiedersehensfreud! Maria Josef, also der ist eine dienstliche Angelegenheit. Ich muss ihn hier an der Grenz abliefern. S ZAMEK Aha! Ein Ausgewiesener! M RSCHITZKA Per Schub. Weil er nämlich da hinüber zuständig ist. Havlicek heisst er. S ZAMEK Aha. M RSCHITZKA Ferdinand Havlicek. Ein ruhiges Subjekt. S ZAMEK Apropos Havlicek: der alte Podlicek hat sich ganz versoffen B
N
B
20
25
30
N
35
7 . Szene. H AVLICEK ( plötzlich) Pardon bitte M RSCHITZKA Ha? 얍 H AVLICEK Ich wollte nur mit dem Herrn Grenzbeamten - nämlich hier an der Grenze wollt ich noch einmal sprechen, behufs meiner Ausweisung. S ZAMEK Da bin ich nicht kompetent. B
B
40
N
B
1 18 19 36 37 37 41
B
N
N
N
B
korrigiert aus: Frauenzimmer? Mir
B N
Frauenzimmer? MirN ] 6 ] Bnach) KnusperigN ] B7N ] BH AVLICEK N ] Bplötzlich) PardonN ] BDa binN ]
[5]|6| korrigiert aus: nach) Knusperig
[6]|7| korrigiert aus: H ACLICEK korrigiert aus: plötzlich) Pardon korrigiert aus: Dabin
248
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 9
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
Lesetext
H AVLICEK Aber man tut mich da so einfach hinaus, wo ich doch schon garnichts angestellt hab -M RSCHITZKA Schon wieder?! (zu Szamek) Natürlich hat er nichts angestellt, dieser Ausgewiesene, aber sein Vermögen hat er verloren und hierauf sollte er unserer Wohlfahrtspflege zur Last fallen. Aber wieso kommt denn unsere Wohlfahrtspflegerei dazu, für einen Ausländer, wo doch unser Staat sowieso ein armes Hascherl ist, ein Aschenbröderl ein kleines, das selbst seinen braven Exekutivorganen nur einen Schundgehalt zahlt und sonst nichts! Havlicek (zu Szamek) Pardon , bitte, aber dieser Herr sieht meinen Sachverhalt unter einem anderen Blickpunkt. Nämlich ich war hier herüben ein Drogeriebesitzer - es war zwar nur eine bescheidene Drogerie, aber trotzdem: es war immerhin eine Drogerie. Alles konntens bei mir kaufen, landläufiges und diskretes, bis ich zugrund gegangen bin. M RSCHITZKA Eben! H AVLICEK Aber meine Herrschaften, ist denn das nicht eine Ungerechtigkeit?! Uebermorgen wirds ein halbes Jahrhundert, dass ich hier leb - dreissig Jahr hab ich Steuer gezahlt, ohne zu zucken, und jetzt, wo mich mein Unglück trifft, da schmeisst man mich raus mit Bajonett-auf! B
5
B
10
15
N
N
B N
20
25
30
35
얍 M RSCHITZKA Bajonett-auf ist nur Formalität. S ZAMEK (etwas verlegen) Das sind halt so die kleinen Ungerechtigkeiten des menschlichen Lebens. H AVLICEK Kleine Ungerechtigkeiten - (er lächelt) M RSCHITZKA BDa hilftN sich nichts! Also gehens jetzt nur schön hinüber in Ihre Heimat. H AVLICEK „Heimat“? Ich war überhaupt noch nie drüben M RSCHITZKA Unsinn! Dummer Unsinn! Wo sinds denn geboren worden, wenn nicht drüben! H AVLICEK Pardon, an das hab ich jetzt nicht gedacht M RSCHITZKA Na also! Wohin man geboren ist, dorthin ist man zuständig! H AVLICEK Aber vierzehn Tag nach meinem Geborenwerden bin ich schon herüber und seit der Zeit war ich da. Nur da! Ein ganzes Leben. M RSCHITZKA Leben her, Leben hin! Zuständig sinds dort drüben! Kruzifix, wie oft soll ich das jetzt noch repetieren! Zu-stän-dig! B (Hier setzt begleitende Musik ein)N
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 10
B N
40
B
H AVLICEK Ja. Dann muss es halt sein. Also dann verlass ich jetzt dieses Land. Ich hab hier viel erlebt und gelernt und erfahren - - was wird noch kommen? - Also adieu! (er will ab auf die Brücke) S ZAMEK Halt! (Musik verstummt) 3 9 19 24 35 36 40–250,1
B
Szamek) NatürlichN ] korrigiert aus: Szamek) Natürlich Szamek) PardonN ] korrigiert aus: Szamek) Pardon B N] 얍 Notenskizze Hans Gál, vgl. Anhang S. 600 BDa hilftN ] korrigiert aus: Dahilft B(Hier f ein) N ] [(Stille)] [|(Pause.|] [|(Hier setzt [beg] |begleitende Musik ein)||] [|(Stille)|] |(Hier f ein)| B N] Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \{ }/ BS ZAMEK f S ZAMEK N ] S ZAMEK Halt!1 \(Musik verstummt)2 S ZAMEK 3/ B
249
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 9v
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
Lesetext
S ZAMEK Und seiens so gut, wenns jetzt eh schon da hinübergehen, richtens dem drüben gleich etwas aus. H AVLICEK Wem? S ZAMEK Diesem Grenzorgan drüben. Konstantin heisst er. Sagens ihm einen schönen Gruss vom Thomas Szamek und meine Tochter wird heut Nacht nicht kommen! N
5
B N
얍 H AVLICEK Ich werds ihm bestellen - - ( Bab und wieder Musik)N S ZAMEK Wo bleibt denn nur der Kaffee? (er ruft in die BBaracke) EvaN! Eva! 10
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 11
8 . Szene. (Ferdinand Havlicek geht nun über die Brücke nach dem anderen Ufer - an dem Privatpädagogen vorbei, der mitten auf der Brücke leidenschaftlich angelt. Seine Frau, die ihm die Würmer gebracht hat, steht neben ihm und blickt ebenfalls pflichtbewusst hinab, ob etwas anbeisst.) P RIVATPÄDAGOGE (zu Havlicek) So tretens doch gefälligst leise auf! Sehens denn nicht, dass man da angelt? Vertreibt einem die ganzen Fisch! H AVLICEK Pardon! P RIVATPÄDAGOGE Rücksichtslosigkeit sowas! Grad jetzt hätt einer endlich angebissen! F RAU (deutet hinab) Jetzt ! P RIVATPÄDAGOGE Ruhe! Dass du mir kein Wort! Jetzt ist er natürlich wieder weg, der Hecht! Abrakadabra abrakadabra - bin ich nervös! B
N
B
N
15
20
B
B
N
N
9 . Szene. (Havlicek setzt nun seinen Weg auf Zehenspitzen weiter und erreicht so das andere Ufer. Dort steht bereits das Grenzorgan Konstantin mitten auf dem Brückenkopf neben seinem halbverfallenen Raubritterturm. Dieses Grenzorgan ist ein fescher Mensch mit einer schneidigen Uniform und er macht einen freundlichen Eindruck.) H AVLICEK (verbeugt sich leicht vor ihm und wieder verstummt die Musik) B
25
N
B
30
35
N
B N
얍 K ONSTANTIN Ihren Grenzschein bitte. H AVLICEK Leider. Ich kann Ihnen nur hier damit dienen - (er überreicht ihm seinen Ausweisungsschein) K ONSTANTIN (betrachtet ihn) Aha. Eine Ausweisungssache. H AVLICEK Innerhalb achtundvierzig Stunden. K ONSTANTIN Per Schub. H AVLICEK Weil ich mich geweigert hab. (Stille) K ONSTANTIN Hm. Und nun wollen Sie hier zu uns herein 6 7 8 10 12–13 15 20 24 29 30
B N
] ab f Musik)N ] BBaracke) EvaN ] B8N ] BFrau, dieN ] BHavlicek) SoN ] Bhinab) JetztN ] B9N ] Bihm f Musik)N ] B N] B
얍 Notenskizzen Hans Gál, vgl. Anhang, S. 601 ab[)] |und wieder Musik)| korrigiert aus: Baracke) Eva [7]|8| korrigiert aus: Frau,die korrigiert aus: Havlicek) So korrigiert aus: hinab) Jetzt [8]|9| ihm[)] |und wieder verstummt die Musik)| Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \{ }/
250
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 12
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 10v
Fragmentarische Endfassung
5
10
15
20
25
30
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
Lesetext
H AVLICEK Wollen? Ich muss. K ONSTANTIN Aber Sie werden nicht können. H AVLICEK Wieso? K ONSTANTIN Sie gehören doch nicht unserem Staatsverbande an. H AVLICEK Wieso bitte nicht? K ONSTANTIN Weil Sie ein Ausländer sind. H AVLICEK Interessant. Aber die Herren Grenzorgane drüben behaupten, dass ich hier herüber zuständig bin infolge meiner seinerzeitigen hiesigen Geburt. K ONSTANTIN Das allein genügt noch nicht. Wir haben bereits vor zwanzig Jahren ein Gesetz erlassen in jener Hinsicht, dass sich ein jeder Staatsbürger, der dauernd im Ausland lebt, innerhalb von fünf Jahren beim zuständigen Konsulat melden muss, widrigenfalls er seine Staatsbürgerschaft verliert, und zwar automatisch. H AVLICEK Warum? K ONSTANTIN Nur so. H AVLICEK Das ist mir neu. K ONSTANTIN Die Notiz über das Gesetz stand aber in allen Tagesblättern. 얍 H AVLICEK Aber ich les ja nie eine Notiz, höchstens die Todesanzeigen! K ONSTANTIN Ihre Schuld! Dadurch dass Sie nur Todesanzeigen lesen, haben Sie naturnotwendig die Anmeldefrist versäumt und gehören nun automatisch nicht mehr daher. H AVLICEK Sehr interessant. Aber: wohin gehör ich denn dann bitte? K ONSTANTIN Dann nirgends. (Stille) H AVLICEK (lächelt) „Nirgends“ - - Unfug. Man ist doch immerhin vorhanden K ONSTANTIN Gesetz ist Gesetz. H AVLICEK Aber solche Gesetze sind doch unmenschlich K ONSTANTIN Im allgemeinen Staatengetriebe wird gar oft ein persönliches Schicksal zerrieben. H AVLICEK Schad. (Stille) K ONSTANTIN Kurz und gut: Hier herein könnens ausgeschlossen, denn ich hab meine strikten Vorschriften. Aber wissens was? Schreibens ein detailliertes Gesuch an unseren Innenminister, und besser auch an den Aussenminister, dass Sie besagte Anmeldefrist versäumt haben und dass Sie nun wieder um die automatisch verlorene Staatsbürgerschaft bitten. Schreibens auch gleich an den Finanzminister, den geht sowas auch etwas an, und wenn Sie Soldat waren, dann lieber auch gleich an den Kriegsminister. Und selbstverständlich vor allem an den Wohlfahrtsminister, aber das beste wär natürlich, wenn Sie auch gleich 얍 ausserdem an den Herrn Ministerpräsidenten persönlich direkt zu Händen ein Extragesuch H AVLICEK Halt! (fasst sich an den Kopf) Lieber Herr, wie schreibt man eigentlich solche Gesuche? K ONSTANTIN Ja, da müsstens schon einen Advokaten fragen. H AVLICEK Wo? Da auf der Brück?
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 13
B
N
35
40
B
31–32 40
B B
hab meineN ] Kopf) LieberN ]
N
korrigiert aus: hab meine korrigiert aus: Kopf) Lieber
251
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 14
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
10 . Szene. (Jetzt kommt Frau Hanusch, die Wirtin zur Post, mit einem Gefäss.) K ONSTANTIN A, das ist aber lieb, Frau Hanusch, dass mir heut gleich die Postwirtin selbst persönlich meinen Nachtdienstkaffee bringt, statt der Klara - Küss die Hand! F RAU H ANUSCH Die Klara hab ich zum Teufel gejagt - ich kann keine Löhn mehr zahlen, mit meiner Wirtschaft gehts bergab! Der stolze Gasthof zur Post - hundertzweiunddreissig Jahr im Besitze der Familie. Wissens, wenn halt der Mann tot ist K ONSTANTIN Na, Sie finden schon noch einen anderen Mann, bin ich überzeugt! F RAU H ANUSCH Das freut mich. Aber bis dahin bin ich krepiert. Ohne Mann geht halt kein Hotel! Zwar gearbeitet hab ja immer nur ich, gekocht, gewaschen und gebuchgeführt, er hat ja nie etwas getan, mein Seliger - - immer hat er nur mit die Stammtischgäst getrunken und Karten gespielt, aber es muss halt wer da sein zum Repräsentieren! H AVLICEK (bei Seite) Das wär ein Beruf für mich. 얍 K ONSTANTIN Tröstens Ihnen nur, Frau Hanusch! F RAU H ANUSCH Mit was denn bitte? Sie habens natürlich leicht, Herr Konstantin! Sie stehen da herum, kontrollieren die Leut und leben davon - aber ich! Wenn ich bis morgen Mittag keine zehntausend auftreib, dann lösch ich mich aus! K ONSTANTIN Seiens so gut! F RAU H ANUSCH Oder meinens vielleicht, dass ich bis morgen Mittag zehntausend auftreib? K ONSTANTIN Kaum. F RAU H ANUSCH Nie! H AVLICEK Es wär ein Wunder. K ONSTANTIN (hatte Havlicek momentan vergessen, ärgert sich nun über sich selbst und wird deshalb etwas scharf) Wie bitte?! (Stille) F RAU H ANUSCH Wer ist denn dieser Herr? K ONSTANTIN Niemand. Ein amtlicher Fall. H AVLICEK Pardon, dass ich mich da hineingemischt hab mit meinem Wunder K ONSTANTIN (unterbricht ihn) Also gehens doch schon wieder retour! Hier habens nichts verloren! H AVLICEK Interessant. Ich werds denen drüben sagen - - (er verbeugt sich wieder leicht vor Konstantin und will ab, hält aber plötzlich noch einmal) Sofort ! Nämlich ich muss Ihnen ja noch etwas bestellen, hätt ich jetzt total vergessen. Einen schönen Gruss vom Herrn Thomas Szamek 얍 K ONSTANTIN (perplex) Szamek? H AVLICEK Derselbe. Von dem Herrn Grenzorgan drüben - und er lässt Ihnen sagen, dass sein Fräulein Tochter heute Nacht nicht herüberkommen kann. (Stille) B
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korrigiert aus: Post -hundertzweiunddreissig korrigiert aus: dahin bin korrigiert aus: Seliger - -immer korrigiert aus: mittag korrigiert aus: scharf) Wie korrigiert aus: ihn) Also korrigiert aus: einmal) Sofort
10N ] Post - hundertzweiunddreissigN ] Bdahin binN ] BSeliger - - immerN ] BMittagN ] Bscharf) WieN ] Bihn) AlsoN ] Beinmal) SofortN ]
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K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
K ONSTANTIN (zu Frau Hanusch) Habens das gehört? F RAU H ANUSCH Vornehm. K ONSTANTIN Ein Rabenvater. Nicht genug, dass er seine zarte Tochter tyrannisiert, macht er sich da auch noch lustig über mich! (zu Havlicek) Also sagens dem Szamek, der Herr Konstantin erwidert seine Grüsse auf das familiärste und er freut sich heut Nacht auf das Fräulein Tochter. H AVLICEK Werds ausrichten - - ( ab und wieder setzt Musik ein) B
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11 . S z e n e . (Und wieder geht nun Havlicek über die Brücke - und da er in die Nähe des Privatpädagogen kommt, erinnert er sich und tritt vorsichtig auf den Zehenspitzen auf.) P RIVATPÄDAGOGE Tretens nur ruhig fest auf, lieber Herr! Und trampelns, trampelns! Meiner Seel, da könnt jetzt ruhig ein ganzes Regiment mit Artillerie, es beisst nichts an! Und wer ist dran schuld?! Die Würmer! H AVLICEK (betrachtet die Würmer) P RIVATPÄDAGOGE Oder sind das vielleicht keine Krepiererl?! Extra hab ich es ihr eingeschärft, meiner lieben Frau Gemahlin: nur dicke Würmer! Nein! Ganz dünne bringt sie mir daher, bei denen man sich immer ins eigene Fleisch sticht, wenn man sie aufspiesst! (zur Frau) Geh und bring mir dicke Würmer! Los! 얍 F RAU (rührt sich nicht) P RIVATPÄDAGOGE Was stehst denn noch da? Hast mich denn nicht gehört?! F RAU (unheimlich ruhig) Ich such dir keine Würmer mehr. P RIVATPÄDAGOGE Was sind denn das für neue Töne? F RAU (bricht plötzlich los) Ich such dir keine Würmer mehr! Such sie dir selbst! Genug, genug!! Jetzt zertritt ich sie dir!! (sie zertrampelt hysterisch schluchzend die Würmer auf dem Boden) H AVLICEK Halt! Die armen Würmer! F RAU (lässt sich nicht stören) Wer fragt, ob ich arm bin?! Wer?! Genug!! Ich möcht mich doch auch mal erholen, Zeitung lesen oder Roman - wer fragt mich, wer ich bin?! Niemand, niemand, du gemeiner Egoist!! (rasch ab) P RIVATPÄDAGOGE (zu Havlicek) Furie , nicht? Bringt mir lauter dünne Würmer und dann bin ich der Egoist! Abrakadabra - abrakadabra - man fasst es nicht! B
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12 . Szene. (Die Frau geht nun weinend und zitternd über die Brücke - und jetzt erreicht sie das linke Ufer, wo Eva gerade den gewärmten Kaffee aus der Baracke bringt. Mrschitzka, der nun keinen Dienst mehr hat, machte es sich kommod . Grad zieht er sich die Schuhe aus.) B
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Havlicek) AlsoN ] ab f ein)N ] B N] B11N ] Bgehört?!N ] BmalN ] BHavlicek) FurieN ] B12N ] BMrschitzka, derN ] Bsich kommod N ] B N] B
korrigiert aus: Havlicek) Also ab[)] |und f ein)| Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \{ }/
1[0]|1| korrigiert aus: gehört ? ! korrigiert aus: nal korrigiert aus: Havlicek) Furie
1[1]|2| korrigiert aus: Mrschitzka,der korrigiert aus: sich kommod Eintragungen von fremder Hand (Gál): [\{ } {(dim)}/]
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S ZAMEK (zur Frau) Na was hat er gefangen, der Herr Privatpädagog? (Musik verstummt; Stille) F RAU (schaut ihn an, antwortet nicht, sondern lacht nur, und zwar derart, dass es dem Szamek etwas kalt am Rücken wird; und ab) N
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13 . Szene. M RSCHITZKA (sieht ihr nach) Was hat sie denn? S ZAMEK Lustig ist sie - (zu Eva) Bring noch ein Gefäss, vielleicht trinkt auch der Mrschitzka E VA Und ich? S ZAMEK Wer hat hier Nachtdienst? Du oder ich? Apropos Nachtdienst: grad hab ich es deinem Konstantin ausrichten lassen, dass du heut Nacht nicht nüberkommen tust. E VA Papa! S ZAMEK Meinst, ich hab mir das nicht erzählen lassen, wo du deine Nächt zubringst? Kurz und gut: es bleibt dabei! E VA Nein, ist das aber indiskret S ZAMEK Indiskret! Vergiss nicht, dass ich dich gezeugt hab! B
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14 . Szene. (Havlicek erscheint und hält, bereits etwas verschüchtert.) M RSCHITZKA (hatte sich inzwischen auch seiner Fusslappen entledigt, er ist nun barfuss und manipuliert an seinen Zehen herum) Au! Mir scheint, ich hab da eine Blutblasen unter die Hornhäuter - (er erblickt Havlicek) Was ?! Schon wieder?! H AVLICEK Pardon bitte, aber ich scheine ein Irrtum zu sein M RSCHITZKA Irrtum? H AVLICEK Ein grosser. Nämlich die Grenzbehörd drüben lasst mich auch nicht hinein. Sie sagt, ich gehör nicht hinüber, sondern herüber. M RSCHITZKA Was sagt er?! H AVLICEK Er sagt, ich sei dort drüben kein Staatsbürger. 얍 M RSCHITZKA Unsinn! Dummer Unsinn! Staatsbürger ist man dorthin, wohin man zuständig ist und zuständig ist man dorthin, wohin man geboren ist! Kruzifix! S ZAMEK (zu Eva) Ein Rindvieh ist er also auch, dieser Konstantin H AVLICEK Aber die drüben haben inzwischen ein Gesetz fabriziert S ZAMEK (unterbricht ihn) Denen Ihre Gesetz gehen uns hier nichts an! Radikal nichts, bitt ich mir aus! M RSCHITZKA Wir haben unsere eigenen Gesetz! Und hier steht es schwarz auf weiss: Ferdinand Havlicek, geboren in Grossenzering S ZAMEK Das heisst jetzt Kleinenzering. M RSCHITZKA Seit wann denn? B
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(Musik f Stille)N ] 13N ] BEva) BringN ] B14N ] Bverschüchtert.)N ] BHavlicek) WasN ] BerN ] Bbitt ichN ] BGesetz! UndN ] B B
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\(Musik f Stille)/ 1[2]|3| korrigiert aus: Eva) Bring 1[3]|4| korrigiert aus: verschüchtert. korrigiert aus: Havlicek) Was korrigiert aus: e r korrigiert aus: bittich korrigiert aus: Gesetz! Und
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S ZAMEK (zu Eva) Verstanden?! E VA Nein. S ZAMEK Wirst mich schon noch kennen lernen, samt deinem Herzerwählten „Familiäre Grüsse!“ Ein feiner Mensch ist das, ein ganz ein Impertinenter E VA Er wird nur lachen. Ueber deine ohnmächtige Wut. S ZAMEK Werden schon sehen, ob ohnmächtig - (er trinkt Kaffee) Brrr! Ist das ein miserabler Kaffee! 얍 E VA Du hast doch gesagt, dass ich von heut ab den billigsten S ZAMEK (unterbricht sie) Weil wir sparen müssen - spa-ren! Vergiss das nicht gefälligst! E VA Als tät ich nicht sowieso sparen. B
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Eva) WieN ] Mrschitzka) DerN ] Bein) DasN ] BEva) FeixN ] B15N ] Bdeinem HerzerwähltenN ] BGrüsse!“ EinN ] B
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S ZAMEK Seit vorgestern. H AVLICEK Interessant. S ZAMEK Ich weiss das genau, weil ich dort einen Schwager hab - ein verlogener Mensch. (zu Eva) Wie alle da drüben! (zu Mrschitzka) Der hat mir erst gestern geschrieben, wie das dort jetzt aussieht H AVLICEK Wie? - Entschuldigens, aber ich kenn nämlich meine Heimat garnicht. M RSCHITZKA Dann schauns, dass nüberkommen und lernens es kennen! H AVLICEK Aber der drüben lässt mich ja nicht hinein M RSCHITZKA Er muss! Wo solltens denn sonst hin? H AVLICEK Eben! M RSCHITZKA Also gehens nur zu in Gottes Namen! Marsch - marsch! H AVLICEK Moment! Nämlich der Herr drüben hat noch gesagt, ich soll einen familiären Gruss an den Herrn Thomas Szamek 얍 S ZAMEK (giesst sich grad Kaffee ein) Das bin ich! H AVLICEK Das weiss ich! S ZAMEK Aber wieso familiär? H AVLICEK Was weiss ich! S ZAMEK Weiter! H AVLICEK Und weiter lasst er Ihnen vielmals danken für Ihre freundlichen Grüss und er erwartet das Fräulein Tochter heut Nacht. S ZAMEK Eine Gemeinheit! (zu Eva) Feix nicht! (zu Havlicek) So! Und jetzt gehens nur hübsch wieder nüber und sagens ihm einen väterlichen Gruss und ob er sich nicht erinnern tut vielleicht, was ich ihm vor vierzehn Tag kategorisch geschrieben hab! Dass ich nämlich als Familienvorstand niemals meine Einwilligung zu dieser Verbindung geben werd - und wenn er sich aufhängt, dann auch nicht! H AVLICEK Aber ich bin doch da kein Postbot! M RSCHITZKA Marsch - marsch! H AVLICEK (zuckt etwas resigniert die Schulter und ab) B
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korrigiert aus: Eva) Wie korrigiert aus: Mrschitzka) Der korrigiert aus: ein) Das korrigiert aus: Eva) Feix
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S ZAMEK Erst gestern hast dir wieder eine Fliederseife E VA (unterbricht ihn) Aber ich muss mich doch waschen als Frau! Und etwas pflegen! S ZAMEK Waschen ja, pflegen ist überflüssig. Mrschitzka! Magst keinen Kaffee? M RSCHITZKA (hat sich inzwischen gepflegt und noch immer manikürt er sich mit seinem Bajonett) Wenn einer da ist S ZAMEK (zu Eva) Gib ihm! E VA (schenkt ihm ein) M RSCHITZKA Merci! (er trinkt und sieht verstört aus) Was ist das bitte? Kaffee oder Tee? S ZAMEK Mokka. Aus Sumatra. M RSCHITZKA Sumatra. Also ein Sumatrenser möcht ich nicht sein - S ZAMEK Wirst halt noch nie in deinem Leben einen wirklich feinen Kaffee getrunken haben. M RSCHITZKA Ist schon möglich! Man muss sich halt an die teueren Sorten erst gewöhnen, oft schmeckt einem der billigste besser - (er trinkt wieder) Ein eigenartiger Kaffee. Aber allmählich kommt man auf den Geschmack - (und wieder trinkt er.) S ZAMEK (plötzlich zu Eva, die so nebenbei fort möchte) Wohin? E VA Spazieren. 얍 S ZAMEK Ueber die Brücke? E VA Ja. S ZAMEK Du bleibst! Grad wo er deinen Vater so impertinent hat grüssen lassen, erfordert es das familiäre Ansehen, dass du als Tochter da bleibst! E VA Ach was Tochter! Ich muss! Ich hab ihm mein Ehrenwort gegeben, dass ich heut komm! S ZAMEK Ein Weib hat kein Ehrenwort. M RSCHITZKA Gut so. E VA Aber sei doch nicht so altmodisch, Papa! S ZAMEK Ach was altmodisch! Ich werd nicht neumodisch, verstanden?! Und dass du mir da bleibst bei mir! (Stille) E VA (spitz) Du vergisst, dass ich volljährig bin - seit dem sechsten Mai. S ZAMEK (zu Mrschitzka) Sie ist ein Sonntagskind. M RSCHITZKA Gratuliere. S ZAMEK Und volljährig. M RSCHITZKA Merkt man ihr an. S ZAMEK ( grinst) Und sie ernährt sich selbst. E VA Werd ich auch tun! (Stille) S ZAMEK Wodurch? E VA (schweigt) S ZAMEK Wer soll dich denn schon ernähren? M RSCHITZKA Ein Mann. S ZAMEK (zu Mrschitzka) Sei so gut! B
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얍 E VA Richtig! Ein Mann. Mein Mann. S ZAMEK „Mein“ Mann? Mrschitzka! Sie sagt: „mein“ Mann! M RSCHITZKA Tableau! E VA Er ist mein Mann. S ZAMEK (drohend) Seit wann? Der Konstantin?! E VA Derselbe. Auch wenn wir noch nicht verheiratet sind - er ist und bleibt mein Mann. M RSCHITZKA Noch ein Tableau! (Stille) B N S ZAMEK (zu Mrschitzka) Jetzt ist mir ein Stein vom Herzen gefallen. Ich hab schon geglaubt, dass sich das gnädige Fräulein Tochter heimlich getraut haben M RSCHITZKA Das ist wurscht! BHintenherum istN dasselbe wie vorneherum! Zum Beispiel ich hab drei Töchter und eine jede hat mir ein aussereheliches Bankert ins Haus gebracht, und zwar die Jüngste als Erste, Kruzifix! Und bei der Aeltesten hat man den Vater sogar garnicht eruieren können und derweil bin ich doch Polizeiorgan und kenn mich aus mit solchen Recherchierungsfragen - BJaja, ThomasN, gegen die Liebe helfen auch keine kriminalistischen Fortschritt! Und wenn ich tausend Töchter hätt wie der Padischah von Istambul, dann hätt ich jetzt tausend Bankert, Kruzifix! E VA Was reden denn Sie für ein ungereimtes Zeug daher?! Bei mir ist das doch ein ganz anderer Tatbestand! M RSCHITZKA Immer derselbe, Fräulein Eva! Enthaltsamkeit ist die Mutter der Vorsicht! (zu BSzamek) WievielN Kinder hat sie denn, das Fräulein Tochter? 얍 S ZAMEK Was?! E VA Noch keines. Leider! S ZAMEK „Leider“! Na servus! E VA Hoffentlich ist aber bald etwas unterwegs. S ZAMEK (lächelt Birr) „HoffentlichN“ - jetzt werd ich verrückt. Jetzt wird mir aber alles wurscht! Da kämpf ich ja gegen eine chinesische Mauer, wie ein Ochs renn ich dagegen! Schad, dass ich heut Nachtdienst hab, sonst springet ich noch ins Wasser - Geh nur nüber zu deinem Gigolo und verlass deinen armen alten Vater, der dich gezeugt hat - (er vergräbt seinen Kopf in den Händen) (Stille) E VA Sag Papa: was hast du eigentlich gegen den Konstantin? S ZAMEK (plötzlich verändert, in sanftem BväterlichenN Ton) Mein Kind. Ich möcht mit dir mal offen reden: gegen deinen Konstantin hab ich nur das Eine, dass er nämlich kein Geld hat. - Schau, du bist doch ein hübsches Kind, ein frisches, und ich möcht, dass du glücklich wirst. Reich sollst du heiraten, sehr reich, damit auch dein armer alter Vater was von dir hat - - ausschaun tust ja eklatant wie dein Mutterl selig und die hätt auch keinen solchen Bettler von Beinem ZöllnerN heiraten sollen, sondern einen reichen Grosskaufmann, aber sie hat mich eben unsterblich 10 12 16 23 28 35 40
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Mrschitzka) JetztN ] Hintenherum istN ] BJaja, ThomasN ] BSzamek) WievielN ] Birr) „HoffentlichN ] BväterlichenN ] Beinem ZöllnerN ] B
korrigiert aus: Mrschitzka) Jetzt korrigiert aus: Hintenherum ist korrigiert aus: Jaja,Thomas korrigiert aus: Szamek) Wieviel korrigiert aus: irr) „Hoffentlich korrigiert aus: vä terlichen korrigiert aus: einem Zöllner
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geliebt und ist halt drum nur eine Zöllnersgattin geworden - und was hat sie von ihrem Leben gehabt an meiner Seite? Nichts. An die Riviera hätt sie fahren können oder in ein Bad E VA Ich brauch kein Bad. 얍 S ZAMEK Das hat dein Mutterl selig auch gesagt. Trotzdem. B
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16 . Szene.
(Und abermals kommt Havlicek) M RSCHITZKA (ausser sich) Was seh ich?! Schon wieder?! Na jetzt lass ich Ihnen aber gleich durch mich verhaften und dann müssens erst noch bei Wasser und Brot, bevor dass ich Ihnen wieder per Schub in die Freiheit hinauslass! H AVLICEK „Freiheit“ ist gut. M RSCHITZKA Sie witzeln Sie sich nicht mit mir, ja?! H AVLICEK (schreit ihn plötzlich an) Ich bin doch kein Witz! Und übrigens hab ich ja nur wieder was auszurichten da - von der Behörd dort drüben, von der verliebten! M RSCHITZKA Das ist zweierlei. Also los los! Richtens aus und fahrens ab! H AVLICEK Kommandieren lass ich mich aber nicht, Sie - - wenn ich schon die Freundlichkeit hab, als ein wanderndes Billet-doux herumzulaufen! M RSCHITZKA Nur keine Vorlautheiten! H AVLICEK Ziehens Ihnen lieber zuerst die Schuh an, bevor dass Sie mit mir dienstlich reden! M RSCHITZKA ( perplex) Schuh ? E VA (zu Havlicek) Herr - H AVLICEK Havlicek. E VA Szamek. H AVLICEK (verbeugt sich galant) Angenehm ! E VA Und bitte, was hätten Sie uns nun auszurichten, Herr Havlicek? 얍 H AVLICEK Nicht viel, nicht wenig, Fräulein Szamek! Der Herr Bräutigam dort drüben lasst nämlich dem Herrn Papa da sagen, dass es ihm dort drüben eigentlich leid tut, sehr leid, dass der Herr Papa so heftig gegen ihn agiert. E VA Leid? (sie wirft einen Blick auf Szamek) Das hat er gesagt? H AVLICEK Aufrichtig leid. S ZAMEK „Aufrichtig!“ Wenn das einer von drüben sagt! E VA Und sonst hat er nichts hinzugefügt? H AVLICEK Sonst hat er nur noch hinzugefügt, dass er dort drüben persönlich kein sanfter Engel ist und dass er sich das also nicht mehr lang mehr mitanschaut, wie dass sich der Herr Papa da als ein Aussenstehender in seine Liebeserlebnisse hineinmischen S ZAMEK (unterbricht ihn) Was ?! Ich ein Aussenstehender? Als der eigene Erzeuger?! Na servus! H AVLICEK Herr Szamek! Auch für die eigenen Herren Erzeuger kann es unter Umständen gefährlich B
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korrigiert aus: an) Ich korrigiert aus: perplex) Schuh korrigiert aus: Havlicek) Herr korrigiert aus: galant) Angenehm korrigiert aus: ihn) Was
16N ] an) IchN ] Bperplex) SchuhN ] BHavlicek) HerrN ] Bgalant) AngenehmN ] Bihn) WasN ]
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M RSCHITZKA (unterbricht ihn) Was hör ich?! Sie halten hier Reden! Das auch noch?! H AVLICEK (fährt ihn an) So lassens einen Menschen doch ausreden, nicht?! M RSCHITZKA (schweigt perplex) S ZAMEK (zu Mrschitzka) Lass ihn, Mrschitzka! Lass ihn sich ausreden, es ist so angenehm blöd 얍 H AVLICEK Vielleicht! Und dennoch: zum Beispiel hab ich mal eine gewisse Frau Hörl gekannt, eine geborene Spitzinger, und die hat einen alten Vater gehabt, einen gewissen Emanuel Spitzinger, der hat sich nämlich auch immer in die Liebesarten zwischen Tochter und Schwiegersohn hineingemischt - und das Ende vom Liede? Der alte Spitzinger hat den Hörl und die Frau Hörl hat den alten Spitzinger erschlagen. Alles mit der Axt! Die Tochter den leiblichen Vater mit der Axt. Um Mitternacht! - Glaubens einem geschlagenen Mann, Herr Szamek, es tut nicht gut, wenn man sich hineinmischt - M RSCHITZKA Da hat er recht, dieser Ausgewiesene! Da könnt ich Euch aus meiner Praxis noch ganz andere Legenden erzählen, Herrschaften! Stundenlang könnt ich Euch da auseinandersetzen, wie sich ganze Familiengruppen gegenseitig ausgerottet haben, bis in das letzte Glied - und wegen was? Wegen nichts! S ZAMEK (plötzlich zu Eva) Eva. Könntest du mich mit einer Axt E VA (fährt ihn an) So frag doch nicht so dumm! (Stille) M RSCHITZKA (zu Havlicek) Na was stehens denn da noch herum?! H AVLICEK Wo soll ich denn sonst stehen?! M RSCHITZKA Da nicht! Dort ist die Tür! (er deutet auf die Brücke) H AVLICEK „Tür“ ist gut - (er will ab) S ZAMEK Halt! - Sagens dem drüben: der Thomas Szamek ist ein alter Mann und überlasst sich von heut ab dem Schicksal. 얍 H AVLICEK Also dem Schicksal - (ab) B
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17 . Szene. (Havlicek geht nun wieder über die Brücke – und wieder Musik – aber jetzt angelt er allein, der Privatpädagoge) H AVLICEK (mitfühlend) Habens noch immer nichts gefangen? P RIVATPÄDAGOGE (kleinlaut resigniert) Nein . H AVLICEK Schicksal. P RIVATPÄDAGOGE (braust auf) Aber was Schicksal! Würm! Zu dünne Würm! Abrakadabra! Manchmal ärger ich mich schon so über meine Ehehälfte, dass ich lieber schon selber ein Hecht sein möcht! N
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ihn) WasN ] an) SoN ] BLass ihnN ] BHavlicek) NaN ] B N]
korrigiert aus: ihn) Was korrigiert aus: an) So korrigiert aus: Lass ihn korrigiert aus: Havlicek) Na Notenskizzen Hans Gál, vgl. Anhang S. 602; von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \{ }?/
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17N ] Brücke f aberN ] BP RIVATPÄDAGOGE (kleinlautN ] Bresigniert) NeinN ] Bauf) AberN ] B
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H AVLICEK Um hernach von sich selbst gefischt zu werden! Hahaha ! P RIVATPÄDAGOGE Heut hätt ich schier nichts dagegen! Schauns, wie ich mit die Nerven herunter bin, weil meine Gattin epileptisch ist, gleich hat sie Schaum vor dem Mund - deshalb fisch ich ja nur, damit ich mich beruhig. Aber wenn ich jetzt nicht bald was fang, werd ich noch selbst epileptisch! H AVLICEK Also nur das nicht! (Er geht weiter) Wiedersehen! B
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18 . Szene. Und wieder drüben beim Konstantin und wieder verstummt die Musik. K ONSTANTIN Na was hat er gesagt, der Szamek? H AVLICEK Schicksal. K ONSTANTIN Was heisst das? H AVLICEK Er ist ein alter Mann, hat er gesagt, und überlasst sich von heut ab dem Schicksal. 얍 K ONSTANTIN ( erfreut) Tatsächlich ? Na bravo! Vor dem Schicksal hab ich keine Angst! Mein Schicksal heisst Eva und kommt, wann ich möcht! H AVLICEK Ein schönes Schicksal, ein braves - Armer Havlicek! Dreissig Jahr hast Steuern gezahlt, ohne zu zucken. - Nur gut, dass ich keine Familie hab, sonst steheten wir jetzt da zu mehreren! K ONSTANTIN Sinds Junggeselle? H AVLICEK Ja, aber kein eingefleischter. (Stille) K ONSTANTIN Ich denk mir oft: man weiss es nicht, was besser ist: heiraten oder ledigbleiben H AVLICEK Heiraten. Auf Ehr und Seel! Können es mir glauben, junger Herr, denn ich bin nicht verheiratet und so einsam ist man nirgends zuhaus, selbst wenn man sich noch so einrichtet. Zum Beispiel hab ich mir einen Spiegelschrank K ONSTANTIN (unterbricht ihn) Spiegelschrank? H AVLICEK Einen grossen, schönen. Wo man sich so ganz sehen kann. Auf einmal. K ONSTANTIN Aha. H AVLICEK Ja - - (er fährt plötzlich hoch) Jetzt hab ich eine Idee! Wissens was, kommens mit mir da zu denen hinüber und sagen Sie es denen persönlich aber mal tüchtig, dass ich hier strikte nicht hereinkann, dann müssen die drüben mich doch nämlich hinein - das ist der Ausweg! 얍 K ONSTANTIN „Ausweg“? Ich da hinüber? In Uniform?! Na das gäb ja einen gediegenen Grenzzwischenfall mit unabsehbaren aussenpolitischen Nachspielen, Noten, Interpellationen im Senat und diplomatischen Demarchen und was weiss ich noch was! Ausgeschlossen! Ich darf ja nichtmal auf die Brücke und derweil ist die doch nur neutral! Jetzt erst noch auf das andere Ufer - das ist grotesk! B
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korrigiert aus: werden! Hahaha korrigiert aus: beruhig,
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H AVLICEK Und ich bin vielleicht nicht grotesk? Grosser Gott, wie kompliziert K ONSTANTIN Völkerrecht, Herr! Haag und Genf. (Stille) H AVLICEK Und was ist diese Brücke bitte? Neutral? K ONSTANTIN Eine neutrale Zone. Weder Fisch noch Fleisch. H AVLICEK (blickt auf die Brücke zum Privatpädagogen hinüber) Ja, Fische scheints da nicht viel zu geben (Stille) K ONSTANTIN Also gehens nur wieder brav retour - probierens es halt immer wieder und lassens nicht locker! Probieren geht über studieren! H AVLICEK Das schon. Also dann auf Wiedersehen - (ab) B
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19 . Szene. (Und wieder geht Havlicek über die Brücke (Musik) - der Privatpädagoge ist nun bereits seiner Gattin gefolgt, denn es dämmert schon leise. Mitten auf der Brücke begegnet Havlicek der Eva, die unterwegs ist zu ihrem Konstantin. Er grüsst und sie dankt.) B
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얍 H AVLICEK (hält, sieht ihr nach, und überlegt; Bplötzlich) FräuleinN Szamek! E VA (hält) Herr Havlicek? H AVLICEK Pardon, dass ich Ihnen Baufhalt, ichN weiss, das ist kostbare Zeit, wenn man so hinübermöcht - aber ich hätt ein für mich grosses persönliches Anliegen, liebes Fräulein Szamek! Geh, könntens nicht ein freundliches Wörtchen für mich einlegen E VA Gern. Wo? H AVLICEK Bei Ihrem lieben Herrn Bräutigam - dass er nämlich vielleicht ein Auge zuschliesst und mit dem anderen Aug mich übersieht, wenn ich über seine Grenz E VA Ach so! H AVLICEK Schauns, es dämmert nämlich schon und ich komm in keine Heimat - Nur ein Auge, Fräulein Szamek, ich bin geschwind wie der Wind! E VA Nein, das wird er unmöglich. Weil ihm sein Gesetz über alles geht. H AVLICEK Aber wenn Sie, als gewissermassen sein Schicksal E VA (unterbricht ihn) Auch über mich geht sein Gesetz hinweg und das ist sogar recht so, denn darum ist er der Mann. H AVLICEK Darum? Hm. Jetzt könnt ich Ihnen vom Gegenteil gar manche historische Anekdoten erzählen - - Geh probierens es halt, mir zu lieb! Probieren geht über studieren und Sie wären ein Engel. E VA ( Blächelt) EinN Engel?
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Gott,N ] ] B19N ] B(Musik)N ] B N] B N] Bplötzlich) FräuleinN ] Baufhalt, ichN ] Blächelt) EinN ] B N] B N
korrigiert aus: Gott. Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \{ }/
1[8]|9| \(Musik)/ Notenskizzen Hans Gál, vgl. Anhang S. 603
얍 Notenskizzen Hans Gál, vgl. Anhang S. 604 korrigiert aus: plötzlich) Fräulein korrigiert aus: aufhalt,ich korrigiert aus: lächelt) Ein 얍 Notenskizzen Hans Gál, vgl. Anhang S. 605
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 30v
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 31v
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
Lesetext
얍 H AVLICEK Ein schöner grosser, so mit Flügeln – bei dem man gleich weinen muss vor lauter Freud. (Stille) E VA Also dann probier ich es halt, aber es ist nicht viel Hoffnung dabei, Herr Havli5 cek - (ab) H AVLICEK Die Hoffnung überlassens nur mir! (er sieht ihr nach; für sich) Ein Engel. B N B (er singt)N B N B N B N 얍 B N 10 Ob ich auch mal ein Engerl werd, wenn ich verlasse diese Erd? Möglich. Ob man auch dann den neuen Gast nicht ohne Paß in’ Himmel laßt? 15 Möglich! Steh ich jetzt hier auf dieser Bruck und kann nicht hin und kann nicht z’ruck, so will ich Trost darin finden: ich büß hier schon alle Sünden. 20
Haben Sie schon einmal eine Pechserie g’habt so wie ich? Sicher haben S’ noch nie eine Pechserie g’habt, so wie ich! Denn wann Sie schon einmal so im Pech g’sessen waren wie ich, so warn S’ sicher schon längst aus der Haut gefahren, ich noch nicht! Ob so ein reizendes junges Weib auch in der Eh ein Engel bleibt? Möglich. Ob der am End nicht besser fahrt, der sich die Illusion bewahrt? Möglich . B N
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(er singt)N ] B N] B N] B N]
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] ] Bsicher f längstN ] Bgefahren, -N ] BMöglichN ] B N
Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \Nr. 3 Lied des
Havlicek/ \(er singt)/ gestrichen: \siehe Seite 32b/ gestrichen: \ / gestrichen: Zum Schluß der 19.Szene, Buch S. 32 (1.Teil)
H AVLICEK Die Hoffnung überlassens nur mir! (Er sieht ihr nach; für sich) Ein Engel! (singt) gestrichen: \ / Korrektur von fremder Hand (Gál): [Refr:] Korrektur von fremder Hand (Gál): [längst schon vor Zorn] |sicher f längst| korrigiert aus: gefahren,korrigiert aus: möglich
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
Wenn man so oft, wies mir passiert, schon in der Wahl sich hat geirrt, merkt man leider bald ihre Mängel und wird skeptisch gegen Engel. Refr.: Haben Sie schon einmal eine Pechserie ghabt etc.
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20 . Szene. (Eva erreicht nun das rechte Ufer und trifft dort Frau Hanusch. Musik aus) E VA Guten Abend, Frau Hanusch! Wo ist denn der Konstantin? F RAU H ANUSCH Der telephoniert grad - mir scheint, amtlich. Ich bin jetzt nur mal nochmal her, um meinen Niedergang mit ihm durchzubesprechen, er ist doch der einzige anständige Mensch unter uns, der einer alleinstehenden Witwe wertvolle Ratschläg geben kann. Morgen meld ich Konkurs an, sonst sperrens mich noch ein! Und dann kommt das Gas. E VA Aber Frau Hanusch! Der Tod ist ein schlechter Kamerad - (sie lächelt) F RAU H ANUSCH Sie habens natürlich auch leicht! Kommen da abends herüber und geniessen Ihr Leben! Schad, dass ichs nicht auch so gemacht hab, wie ich noch jung situiert war - jetzt find ich keinen Mann mehr! E VA (schweigt) F RAU H ANUSCH Meinens wirklich, dass ich keinen Mann mehr find? B
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20N ] Hanusch. f aus)N ] BKameradN ] B21N ] BRaubritterturm) AchN ] BdassN ] Bihn) SchändungN ] B N] B
[19]|20| Hanusch[)] |. Musik aus)| korrigiert aus: Ka,erad 2[0]|1| korrigiert aus: Raubritterturm ) Ach korrigiert aus: sichh korrigiert aus: ihn) Schändung Eintragungen von fremder Hand (Gál): [\{ }/]
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21 . Szene. K ONSTANTIN (kommt aus seinem Raubritterturm) Ach , Eva! (er gibt ihr einen Kuss; dann zu Frau Hanusch) Das wär was für Sie, Frau Hanusch! Grad ist amtlich telefoniert worden, dass sich hier in der Gegend gefährliche Rauschgiftschmuggler herumtreiben, und auf ihre Ergreifung sind runde zwanzigtausend ausgesetzt! F RAU H ANUSCH Zwanzigtausend! Meiner Seel, ich täts gleich verhaften! Und köpfen auch, dann wär ich saniert! K ONSTANTIN Na so einfach geht das nicht! Solche Rauschgiftschmuggler sind verwegene Subjekte, die schrecken vor nichts zurück, vor keiner Untat - Raub, Mord, Schändung F RAU H ANUSCH (unterbricht ihn) Schändung auch? K ONSTANTIN Denen graust es vor nichts! Kommen daher mit direkt amerikanischen Methoden, Panzerauto und Maschinengewehr E VA Gib nur acht! K ONSTANTIN Auf alle Fäll hol ich mir jetzt mal gleich meinen Dienstrevolver - (er will wieder ab in seinen Raubritterturm) B
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
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22 . Szene. N
(Havlicek erscheint.) K ONSTANTIN (erblickt ihn und ist ungeduldig überrascht) Na und? H AVLICEK (wirft einen verstohlenen Blick auf Eva; schüchtern) Und aber K ONSTANTIN Aber hier gibts kein aber! Wie oft denn noch, lieber Mann?! Unmöglich und ausgeschlossen! H AVLICEK Aber es wird doch Nacht! K ONSTANTIN So sekkierens mich doch nicht! Jetzt muss ich meinen Revolver - (ab in seinen Raubritterturm) 얍 H AVLICEK Revolver? Grosser Gott! (rasch ab) B
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23 . Szene. E VA (sieht Havlicek nach) Nein , diese Angst F RAU H ANUSCH Ich kenn den Fall. Der geht da immer hin und her - bis er noch verhungert. Ein amtlicher Fall. Armer Mensch! Macht übrigens einen ganz einen sympathischen Eindruck E VA O er ist gebildet! Und nirgends lassens ihn hinein F RAU H ANUSCH Ich liess ihn schon hinein. Bei jeder Grenz! Wem tät das schon was schaden? Mir nicht! E VA So ohne Heimat möcht ich nicht sein. Ueberall fremd, überall anders B
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24 . Szene. K ONSTANTIN (erscheint nun wieder, und zwar mit seinem Dienstrevolver) Das ist er. Ein Trommelrevolver. Wenn er auf das dritte „Halt!“ nicht hält, kann ich ihn auf der Flucht erschiessen und mir passiert nichts. - Wer kommt denn da? Eine Nonne? F RAU H ANUSCH Ja das ist eine Krankenschwester mit einer sehr vornehmen kranken Dame - wahrscheinlich eine diskrete Krankheit, stell ich mir vor. E VA Warum? F RAU H ANUSCH Na sonst wärens doch nicht ausgerechnet da in unserem Drecknest hinterm Mond! Uebrigens: mein einziges Publikum. Pst! B
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25 . Szene. (Frau Leda und die Krankenschwester gehen nun langsam vorbei. Die Krankenschwester ist aber gar keine Krankenschwester, sondern ein verkleideter Mann, namens Schmugglitschinski, der eben mit Frau Leda zusammen, deren Krankheit natürlich auch nur Maskerade ist, das doppelköpfige Haupt der fieberhaft gesuchten Rauschgiftschmugglerbande ist. Jetzt täuschen sie einen langsamen Abendspaziergang vor, um das Terrain an der Grenze bequem rekognoszieren zu können.) B
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1 3 12 13 21 22 23 32 33 39
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22N ] überrascht) NaN ] B23N ] Bnach) NeinN ] B N] B24N ] BDienstrevolver) DasN ] B N] B25N ] Bkönnen.)N ] B
2[1]|2| korrigiert aus: überrascht) Na
2[2]|3| korrigiert aus: nach) Nein Eintragungen von fremder Hand (Gál): [\{ }, dim./]
2[3]|4| korrigiert aus: Dienstrebolver) Das Notenskizzen Hans Gál, vgl. Anhang S. 606
2[4]|5| korrigiert aus: können.
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
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F RAU H ANUSCH Ergebenster Diener, meine Herrschaften! Schon erholt? F RAU L EDA UND S CHMUGGLITSCHINSKI (nicken ihr freundlich zu und langsam ab) 26 . Szene. E VA (sieht ihnen nach) Schlecht schaut die Dame aus - ganz gelb. F RAU H ANUSCH Und am Vormittag, zwischen acht und zwölf , ist sie immer gelähmt, aber am Nachmittag treibts Gymnastik. Und wie die Schwester die pflegt! K ONSTANTIN Rührend, nicht? F RAU H ANUSCH Eine Heilige ist das und sonst nichts. E VA Manchmal denk ich mir, wir denken alle miteinander zu wenig an das Jenseits. K ONSTANTIN Wer glauben kann, ist ein glücklicher Mensch. (Stille) 얍 F RAU H ANUSCH So jetzt muss ich aber nachhaus, das Souper herrichten für meine einzigen Gäst! E VA Sicher Diät? F RAU H ANUSCH Aber einfach! Die Dame darf abends nichts essen und die Schwester fastet! Also empfehle mich, meine Herrschaften! (ab) K ONSTANTIN UND E VA Gute Nacht, Frau Hanusch! B
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korrigiert aus: nach) Schlecht korrigiert aus: und zwölf
26N ] nach) SchlechtN ] Bund zwölfN ] B27N ] BüberraschtN ] Bperplex) WiesoN ] Blächelt) SieN ] BHavlicek) AberN ]
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 37
27 . Szene.
(Nun ist es Nacht geworden) (Und wieder erscheint Havlicek - und gleich erblickt er den Dienstrevolver, den Konstantin noch immer in der Hand hält und macht sofort „Hände-hoch!“) K ONSTANTIN ( überrascht über diese Geste) Was ist? Was treibens denn mit die Händ? H AVLICEK Ich ergib mich. K ONSTANTIN ( perplex) Wieso ? H AVLICEK Nicht schiessen bitte! K ONSTANTIN Ach so! (er lacht und steckt seinen Dienstrevolver in seinen Dienstgürtel) H AVLICEK (nimmt die Hände herab und lächelt) Sie sind doch ein freundlicher Mensch K ONSTANTIN Möglich. E VA Sicher. K ONSTANTIN O du bist lieb - (zu Havlicek) Aber für Sie bin ich nur das Grenzorgan und kein Mensch und jetzt reisst mir aber ehrlich die Geduld! Das halt ich nicht aus, dass Sie da immer wieder erscheinen, man ist doch schliesslich auch nur ein Mensch! 얍 H AVLICEK Eben! K ONSTANTIN Also schauns, dass Sie jetzt endgültig verschwinden, ja?! H AVLICEK Aber drüben hat er mich grad bedroht, dass er mit der Kanon kommt, wenn ich noch einmal B
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Korrektur von fremder Hand (Marton): überr[ei] as cht korrigiert aus: perplex) Wieso korrigiert aus: lächelt) Sie korrigiert aus: Havlicek) Aber
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Fragmentarische Endfassung
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K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
E VA Mit der Kanon? H AVLICEK Ja, ich denk, der Herr Papa sind nicht mehr ganz nüchtern und der Herr Gendarm Mrschitzka auch nicht mehr so ganz E VA Sie trinken? H AVLICEK Schnaps. Und Rum. E VA (zu Konstantin) Schon wieder! H AVLICEK Man riecht es schon auf der Brück. E VA Fürchterlich! H AVLICEK So hat halt jeder seine Sorgen. (Stille) K ONSTANTIN Also seiens bitte vernünftig H AVLICEK (unterbricht ihn) Ich werd nicht vernünftig! K ONSTANTIN Und ich werd verrückt! H AVLICEK Von mir aus! K ONSTANTIN Von Ihnen aus schon, aber nicht von mir aus! H AVLICEK Und wo soll ich schlafen? K ONSTANTIN Auf der Brücke! Schluss!! (Stille) H AVLICEK Also Schluss. ( drohend) Jetzt mag ich aber dann auch nicht mehr! Jetzt bleib ich aber dann auf der Brück! Jetzt werd ich aber dann auf der Brück schlafen, verstanden?! Bei Wind und Wetter und Sonne und Mond! Werdet 얍 es schon noch erleben, Ihr!! (rasch ab) B
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28 . Szene. N
(Nun weht der Nachtwind.) K ONSTANTIN (verdutzt zu Eva) Was droht der uns? E VA Er ist halt arm. Immer hin und her - da muss ein Mensch verblöden. K ONSTANTIN Ich wasch meine Hände in Unschuld. Zu was haben wir die blöde Grenz? E VA Das sagst du? Als Grenzorgan? K ONSTANTIN Das sag ich privat. (Stille) E VA Du Konstantin. Könntest jetzt nicht mal so privat in deinen Turm dort hinein? K ONSTANTIN ( perplex) Warum ? E VA Weil derweil könnt da ein Mensch vorbei - er wäre gerettet, geschwind wie der Wind. K ONSTANTIN Eva! Möchst mich verführen?! Da kenn ich aber keinen Spass! E VA Aber wo soll der denn schlafen?! K ONSTANTIN Meinst, der tut mir nicht leid? Doch ich verbeiss mein Herz vor lauter Pflicht! (Stille) B
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N B
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ihn) IchN ] drohend) JetztN ] B28N ] BEva) WasN ] BdrohtN ] Bperplex) WarumN ] BDa kennN ] B
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korrigiert aus: ihn) Ich korrigiert aus: drohend) Jetzt
2[7]|8| korrigiert aus: Eva) Was Korrektur von fremder Hand (Marton): dro[ ]ht korrigiert aus: perplex) Warum Korrektur von fremder Hand (Marton): Da\ /kenn
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 39
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
E VA Komisch seid Ihr Männer. K ONSTANTIN (unangenehm berührt) Komisch ? E VA Ja. Ich denk jetzt speziell an den Papa - dass er sich neuerdings wieder dem Alkoholteufel verschrieben hat, das ist tragisch. Erst neulich Nacht, wie ich mal nicht 얍 bei dir gewesen bin, da hat er mich grässlich beschimpft in seiner Trunkenheit - o so grässlich! Jedoch erst im Verlaufe dieser Schimpforgie ist mir allmählich ein Licht aufgegangen, dass er ja nämlich garnicht mich gemeint hat, sondern mein armes Mutterl selig, die doch schon längst das Zeitliche gesegnet hat, aber eben in seiner Trunkenheit hatte er das vergessen und hat mich mit ihr verwechselt. K ONSTANTIN Musst viel leiden, du arme Liebe, da drüben - E VA Ich sehn mich auch immer herüber, kaum kann ich die Nacht erwarten - hier drüben ist alles so licht. K ONSTANTIN Komm - (er setzt sich auf die Bank vor seinem Raubritterturm und sie setzt sich auf seinen Schoss) (Stille) K ONSTANTIN Und wie steht er jetzt eigentlich? E VA Wer? Was? K ONSTANTIN Ich meine, wie steht jetzt dein Vater zu unserem Bunde? Anscheinend lenkt er ein E VA Das glaub ich ihm nicht. Der Papa denkt nur an das Geld. Reich soll ich heiraten, damit er an die Riviera kann - Manchmal könnt ich ihn wirklich schon mit einer Axt K ONSTANTIN Still, Süsse – (sie küssen sich) E VA Lieber arm, aber glücklich. K ONSTANTIN Vielleicht kannst mal mit mir an die Riviera, wenn ich beispielshalber heut diese Rauschgiftleut - - Zwanzigtausend! Aber wenn ichs auch diesmal nicht erwisch, die 얍 Schmuggler sterben nicht aus, Gottseidank - (er betrachtet automatisch seinen Dienstrevolver) Hoppla! Gut, dass ich ihn betracht, meinen Dienstrevolver! Da sind ja gar keine Patronen drin, da hätten jetzt aber unsere Zwanzigtausend gelacht! (er erhebt sich) E VA Du ich hab Angst! K ONSTANTIN Mein Weib darf keine Angst kennen, das hängt mit meinem gefährlichen Beruf zusammen - (er will ab) E VA Wohin? K ONSTANTIN Ich hol mir nur die Patronen - (ab in seinen Raubritterturm) B
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29 . Szene. (Eva allein. Sie sieht sich scheu um in der Nacht. Es ist sehr still. Doch plötzlich ertönt aus dem Raubritterturm heraus Tanzmusik.) E VA (erschrickt und lauscht) - Musik? Musik B
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berührt) KomischN ] Komm -N ] BSüsseN ] B29N ] B N] B
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korrigiert aus: berührt) Komisch korrigiert aus: Komm ‘ korrigiert aus: süsse
2[8]|9| gestrichen: Eintragungen von fremder Hand (Gál): \Nr. 4
2 { }/
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
30 . Szene. K ONSTANTIN (erscheint wieder mit den Patronen und ladet seinen Revolver) Na ? Da spitzt wer seine Öhrchen? Ich hab dich ganz vergessen damit zu überraschen E VA (unterbricht ihn) Radio! K ONSTANTIN Fein, was? E VA Mein Traum. K ONSTANTIN Jetzt ist jemand glücklich E VA Nicht verschrein! Ueberall sitzen die bösen Geister und verhexen das Gute - sie wohnen im Fluss und in der Nacht tauchen ihre Köpf herauf und horchen und wer sich laut freut, den schauen sie an und schon muss er weinen. 얍 (Pause) E VA Komm, tanzen wir! K ONSTANTIN (tanzt mit ihr) B
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31 . Szene. (Jetzt kommt der Chef der Regierung auf dem rechten Ufer mit seinem Sekretär. Da er strenges incognito zu wahren wünscht, wollen wir ihn X nennen. Konstantin und Eva, die im Scheine der Laterne am Brückenkopf tanzen, erblicken die beiden Herren nicht und tanzen infolgedessen seelenruhig weiter.) S EKRETÄR Also hier ist besagter entlegener Brückenkopf X (unterbricht ihn) Wie bitte? Hier tanzt unser Grenzorgan? Die Grenze als Tanzbar? Penetrant! Schad, dass ich mein incognito nicht lüften darf, penetrant schad! Aber die Maid hat Charme. Uebrigens erinnert sie mich an ein weibliches Wesen aus der Vorkriegszeit. S EKRETÄR An die Panilla, Exzellenz! X Richtig! S EKRETÄR Aber die Panilla hatte andere Hüften. Gewölbtere. X Woher sind Sie denn derart penetrant informiert? Die Panilla könnt doch Ihre Grossmutter sein - Nanana, junger Mann! S EKRETÄR Meine Informiertheit beruht ja nur auf meiner Mama, Exzellenz! Die hat sich nämlich oft ausführlich beklagt bei mir - über den Papa. Wegen der Panilla. X Jaja, der arme Herr Papa - ein braver Mensch. Friede seiner Asche. Aber die Panilla war mal eine fesche Katz! Jetzt ist sie leider blind - So, und jetzt lassens mich allein. Wo ist mein falscher Pass? 얍 S EKRETÄR (überreicht ihn) Hier, Exzellenz! X Und Sie warten im Dorf mit dem Wagen! S EKRETÄR Gewiss, Exzellenz! (ab) B
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32 . Szene. (X. nähert sich nun den Tanzenden.) E VA (erblickt ihn zuerst) Ach , da kommt wer . Schad! B
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korrigiert aus: Revolver) Na korrigiert aus: undwer
30N ] Revolver) NaN ] Bund werN ] B31N ] B32N ] Bzuerst) AchN ] Bkommt werN ]
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
K ONSTANTIN (löst sich von Eva und wendet sich an X.) Ihren Grenzschein bitte. X Hier mein Pass - (er überreicht ihm seinen falschen Pass) K ONSTANTIN (blättert ausführlich und überlegt) X ( ungeduldig) Na dauert es noch lange? K ONSTANTIN Ruhe! X Aber ich habe dringendst zu tun! K ONSTANTIN Möglich! Aber auch wenn ich hier mal tanz, hab ich meine Augen überall und es treiben sich allerhand Rauschgiftschmuggler herum X Machen Sie doch keine penetranten Spässe, nicht?! K ONSTANTIN (fährt ihn an) Ruhe! „Penetrant“ ist Amtsbeleidigung! Und die Photographie stimmt übrigens auch nicht. X Stimmt nicht? Aber ausgeschlossen! K ONSTANTIN Da! X (betrachtet die Photographie) O dieses Kamel! K ONSTANTIN Da ist ein Vollbart und Sie sind rasiert. Glatt. Und ausserdem ist auch der Pass falsch - dieser Stempel gehört nämlich vorschriftsmässig über diesen Rand und nicht unter diesen Rand. Ich kenn nämlich meine Vorschriften! 얍 X ( beiseite) Das hab ich noch garnicht gewusst, dass ich diese Vorschrift erlassen hab K ONSTANTIN Tut mir leid, aber ich muss jetzt zu einer ausführlichen Leibesvisitation schreiten - ich sage nur: Kokain! Also los, kommens! X (bei Seite) Kokain ? ( laut) Halt ! Können Sie schweigen? K ONSTANTIN ( perplex) Warum ? X Ich muss mich leider demaskieren. K ONSTANTIN Ihre einzige Möglichkeit. Und wo ist das Kokain? X So lassen Sie doch dieses penetrante Kokain! Hier ist mein richtiger Pass! Aber schweigen! K ONSTANTIN (betrachtet den Pass, stutzt, steht stramm und salutiert) X ( gedämpft) Rührt Euch! Nur kein Aufsehen - incognito, strengstes incognito! Sonst wäre das eventuell noch eine Katastrophe für die ganze zivilisierte Welt! K ONSTANTIN Können sich auf mich verlassen, Herr Ministerpräsident! X Und auch nicht dem Fräulein Braut etwas sagen - übrigens: es freut mich, dass wir so gewissenhafte Grenzorgane haben, das mit dem Vollbart war schon gut, aber das mit dem Stempel war phänomenal! Na, ich werd mich schon erinnern, dass wir Ihre pflichtbewusste Kraft gehörig ausnützen! K ONSTANTIN Hocherfreut, Herr Ministerpräsident! X Aber abermals: Amtsgeheimnis! K ONSTANTIN Amtseid! X Danke! (ab) B
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X.) IhrenN ] ungeduldig) NaN ] BPhotographie) ON ] Bbeiseite) DasN ] BSeite) KokainN ] Blaut) HaltN ] Bperplex) WarumN ] Bgedämpft) RührtN ] B
korrigiert aus: X.) Ihren korrigiert aus: ungeduldig) Na korrigiert aus: Photographie) O korrigiert aus: beiseite) Das korrigiert aus: Seite) Kokain korrigiert aus: laut) Halt korrigiert aus: perplex) Warum korrigiert aus: gedämpft) Rührt
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
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33 . Szene. X (geht nun über die Brücke und es wäre sehr finster, wenn am Himmel nicht ein grosser Mond hängen und blöd scheinen würde.) H AVLICEK (lehnt mitten auf der Brücke an dem Brückengeländer - er sah bereits X kommen und betrachtet ihn nun interessiert.) X (gleich auf ihn zu) Pardon, Kollege, dass ich Euch so lange warten liess, aber meine Grenzorgane sind zu gewissenhaft - (er lächelt) Es freut mich aufrichtig, Euch kennen zu lernen, schon auch im Interesse unserer beiden Länder, deren Interessen eine heimlich menschliche Aussprache der beiden Regierungschefs dringendst erheischen. H AVLICEK (bei Seite) Grosser Gott! Ein Narr! X Es war eine selten glückliche Idee Ihrerseits, dass wir uns hier auf dieser abgelegenen Grenzbrücke treffen, hier können wir doch mal ausnahmsweise friedlich alle Strittigkeiten, die unsere beiden Länder berühren, berühren. H AVLICEK Interessant! (bei Seite) Nur immer Recht geben, sonst lauft er vielleicht noch Amok! X Wir leiden unter unseren Grenzen. H AVLICEK O wie wahr! X Es erfüllt mich mit ungeheuerer Freude, dass Sie der Ansicht sind! H AVLICEK Und ob ich der Ansicht bin! 얍 X Ihre Ansicht erfüllt mich mit Hoffnung! H AVLICEK Die Hoffnung ist ein schwankes Rohr X Das aber schwerer bricht im Sturmgebraus wie eine starke Wettertanne! H AVLICEK (bei Seite) Ein Poet! X Um aber auf unsere Grenzen zurückzukommen H AVLICEK Sehr richtig! X - so muss und darf und soll und will und kann ich nur betonen, dass diese Grenzen eine Plage sind. H AVLICEK „Plage“ ist gar kein Ausdruck! X Aber wenn wir das nun laut sagen würden, dann würden unsere gesamten öffentlichen Meinungen laut aufzischen vor Wut H AVLICEK Na die „gesamten“ - Es gäb auch welche, die es begrüssten. Zum Beispiel ich. X Sie natürlich! Ich sage nur ein Wort: Macchiavelli! H AVLICEK Wie bitte? X O wir verstehen uns bereits, lieber Freund - darf ich Sie „Freund“ nennen? Sie stehen so herrlich über den Dingen! H AVLICEK Ich steh nur zwischen den Grenzen. X Sie formulieren herrlich und ich wäre glücklich, wenn wir zu einer Einigung gelangen könnten, theoretisch und praktisch H AVLICEK Also vor allem praktisch, weil ich mich hier schon bald erkält! X Sie belieben zu scherzen - hehehe! 얍 H AVLICEK Aber keine Idee! Spürens denn nicht den Zug? Diesen Mitternachtswind? Meiner Seel’, einen Katarrh hab ich schon! B
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korrigiert aus: man korrigiert aus: lächelt) Es korrigiert aus: Seite) Nur
33N ] amN ] Blächelt) EsN ] BSeite) NurN ]
N
270
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 46
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 47
Fragmentarische Endfassung
5
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
X Ja ja. Opfer über Opfer. H AVLICEK Und was hat man davon? Nichts. X Nur Undank. H AVLICEK Das nebenbei X Apropos Undank: darf ich Ihnen gratulieren zu Ihrer schier wundervollen Errettung von diesem ruchlosen Attentat H AVLICEK Was für ein Attentat? X Wie? Sie erinnern sich nicht mehr? H AVLICEK (beiseite) Attentat! Ein Obernarr! ( laut) Ach , jaja! Aber wissens, ich hab schon soviel Attentate hinter mir, dass ich ein jedes gleich immer wieder vergiss! X Heroisch. H AVLICEK Mein Gott - (er lächelt) X Bescheiden und heroisch. Aber hier ziehts tatsächlich unerträglich H AVLICEK Dass Sie es nur merken! X (bei Seite) Meine Bronchitis - ( laut) Also prinzipiell wären wir uns ja bereits einig und was die einzelnen untergeordneten Punkte betrifft: ich bin zu jeder Konzession bereit. H AVLICEK Ich auch. Aber was nützt das? X Allerdings nur zu einer jeden solchen Konzession, die sich mit unserer Würde verträgt. H AVLICEK „Würde“? Jetzt steh ich da und keiner lasst mich hinein - 얍 X Wieso nicht hinein? H AVLICEK Nicht rechts, nicht links X Wo nicht hinein? Versteh kein Wort! H AVLICEK (fährt ihn an) Dann machens Ihre Ohrwascheln gefälligst auf, ja?! Gross genug wärens ja und abstehen tuns auch! X „Abstehen“?! H AVLICEK Und verschonens mich überhaupt mit Ihren Irrenhausgesprächen! Hör mal her, du Narr! Spiel dich nicht mit mir, freu dich lieber, dass du kein Regierungschef bist, sonst könntst jetzt was erleben von mir, verstanden?! X Was ist das? Das ist ja ein Anderer! H AVLICEK Ich bin kein Anderer! Ich bin der Ferdinand Havlicek und Punkt! Jetzt reisst mir aber die Geduld, ich bin ein Drogist und kein Narrenwärter! X O Himmel tu dich auf und verschling mich! Havlicek! Na das gibt einen europäischen Skandal! H AVLICEK (bei Seite) „Europäisch“? Grössenwahn! X Bumm! Das Ende meiner Karriere! Meine Demission! Gott, ist mir übel - (er beugt sich über das Brückengeländer) (Stille) H AVLICEK (bei Seite) „Demission“ - Hm. Vielleicht ist die Sach doch komisch und es steckt was dahinter - - und parfümiert ist er auch, ich riech das gleich beruflich. Ein sehr teures Parfum - (er nähert sich schnuppernd X.) Ist Ihnen schlecht? 얍 X (rührt sich nicht) H AVLICEK Ist Ihnen schlecht? B
10
15
20
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30
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40
Lesetext
B
N
B
9 15 15 25
B
laut) AchN ] Seite) MeineN ] Blaut) AlsoN ] Ban) DannN ] B
B
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N
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N
korrigiert aus: laut) Ach korrigiert aus: Seite) Meine korrigiert aus: laut) Also korrigiert aus: an) Dann
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 49
Fragmentarische Endfassung
5
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Lesetext
X So fragens doch nicht so penetrant! Sehens denn nicht, dass ich mich erbreche! H AVLICEK Das schon. X Also! (Stille) H AVLICEK Ist Ihnen jetzt leichter? X Nein. Jetzt trifft mich bald der Schlag. H AVLICEK Entschuldigens, aber wer sind denn der Herr eigentlich? X Ich? Ich?! Ein Narr! Ein Obernarr! (er lacht hysterisch) H AVLICEK (bei Seite) Wie der lacht X (plötzlich ernst) Ich lache da. Und morgen lacht die ganze Welt über uns zwei. H AVLICEK Ueber Sie vielleicht. Ueber mich kaum. X Sicher! H AVLICEK Geh, was geh denn ich schon die Welt an! X Man wird sich totlachen. H AVLICEK Tot? Von mir aus! X Ein Havlicek als Eingeweihter - da wird sich nichts verheimlichen lassen. Hören Sie, lieber Freund: vor Ihnen steht der Chef der Regierung dieses Landes (er deutet nach rechts) und dieser Chef wollte mit dem Chef der Regierung jenes Landes (er deutet nach links) eine heimliche lebenswichtige Besprechung über unermessliche Probleme H AVLICEK (unterbricht ihn) Was hör ich? X Ja. B
10
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
N
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B N
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얍 H AVLICEK Sie sind der Chef? Ohne Witz? X Noch bin ich es, aber ab morgen schreib ich meine Memoiren, die allerdings erst zwanzig Jahre nach meinem Tode veröffentlicht werden dürfen. Ich freu mich schon auf das Kapitel Havlicek. (Stille.) H AVLICEK Und der andere Chef von da drüben kommt Bauch daherN? X Er müsste schon längst hier sein. Schon vor mir! H AVLICEK Was? Beide Chefs? - Na freuts Euch, Freunderln!
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 50
B N BN
34 . Szene. (Jetzt kommt Y, der Chef der Regierung auf dem linken Ufer, rasch von links und wendet sich sogleich an Havlicek; wieder Bühnenmusik) Y O verzeihen Sie, dass ich mich derart penetrant verspätet habe, aber leider hatte ich Panne auf Panne und einen Hund haben wir auch überfahren, einen Rattler - also abermals: Verzeihung, Herr Ministerpräsident! X Der auch! (er lacht wieder hysterisch) B
35
N
B
9 10 23 29 32
B
Seite) WieN ] ernst) IchN ] B N] Bauch daherN ] B N]
32 33 35
B N
B
N
korrigiert aus: Seite) Wie korrigiert aus: ernst) Ich 얍 Notenskizzen Hans Gál, vgl. Anhang S. 607 korrigiert aus: auch daher Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \{ }!
Nr. 5 Finale/ ] B34N ] BHavlicek f Bühnenmusik)N ]
Notenskizzen Hans Gál, vgl. Anhang S. 608
3[3]|4| Havlicek[.)]|; wieder Bühnenmusik)|
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 49v
Fragmentarische Endfassung
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얍
B
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N
35 . Szene. H AVLICEK (allein; er schaut nach rechts und nach links) Weg sind sie. Ein Optimist, der dementiert und ein Pessimist, der demissioniert. Und was bin ich? (Jetzt erscheint er wieder, der Mond) H AVLICEK (schaut empor) - bist wieder da, Herr Mond? Bist ein feiner Freund. Da gefällt einem so ein Mondgesicht schon seit der frühesten Kindheit, aber wenn man ihn braucht, geht er hinter eine Wolkenbank B
N
B
1 8 22 26 27 27 31 34 35
B
verwirrt) WerN ] nämlich michN ] Bmit IhnenN ] Bbetroffen) JetztN ] BMond“!N ] Blaut) SchlussN ] Bsich) „WiedersehenN ] B35N ] Blinks) WegN ] B
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 51
N
B
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Lesetext
Y ( verwirrt) Wer lacht denn da? H AVLICEK Der Andere! Y Was für ein Anderer?! X Gratuliere, Kollege! Y Wer gratuliert mir denn da?! Himmel, ich bin ja so kurzsichtig und bei der vierten Panne ist mir meine Brille zerbrochen und jetzt seh ich nichts! H AVLICEK Macht nichts, ist eh stockdunkel! X Gratuliere abermals! Sie suchen nämlich mich , aber ich habe Sie verwechselt und nun sind Sie auch an den Falschen geraten! Penetrant! 얍 Y An den Falschen? Penetrant! H AVLICEK An den Falschen? An den Richtigen, meine Herrschaften! Na das freut mich aber, dass ich Euch zwei beide triff - grad bin ich in Stimmung! Hörts mal her! Warum machts denn Ihr zwei so penetrante Gesetz, he?! Da fabriziert ein jeder lustig drauflos, aber keiner denkt dabei zum Beispiel an so einen armen ehemaligen Drogeriebesitzer! Y Das halte ich nicht aus! H AVLICEK Ich auch nicht! Y Ich geh und es ist nichts geschehen! H AVLICEK Nichts? Das sind Euere Gesetz! Y Ich lass alles dementieren! H AVLICEK Sie mich könnens aber nicht dementieren! Für mich nicht! Schauns mich an, wenn ich mit Ihnen red! Y Was soll ich Sie denn anschaun bei der Finsternis?! Ohne Brille seh ich nichts! H AVLICEK „Finsternis“?! Und der Mond? Mein lieber guter Mond?! (Jetzt verschwindet der Mond hinter einer Wolkenbank und da wird es sehr dunkel) H AVLICEK (sieht überrascht empor; betroffen) Jetzt ist er weg. Y (bei Seite) „ Mond“! Das auch noch. ( laut) Schluss ! Ich dementier, ich dementier und zwar kategorisch! Auch mich selbst! (zu X) Wiedersehen Kollege! Ich könnt heut eh nicht unterhandeln, so ohne Brille bin ich zu unsicher - (rasch ab nach links) X (für sich) „Wiedersehen “! Ein Optimist. Na Adieu du schöne Welt - (langsam ab nach rechts) B
5
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
korrigiert aus: verwirrt) Wer korrigiert aus: nämlich mich korrigiert aus: mit Ihnen korrigiert aus: betroffen) Jetzt korrigiert aus: Mond!“ korrigiert aus: laut) Schluss korrigiert aus: sich) „Wiedersehen
3[4]|5| korrigiert aus: links) Weg
273
N
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 52
Fragmentarische Endfassung
B
5
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
Lesetext
E IN H AHN (kräht) (im fernen Dorf) H AVLICEK Das war ein Hahn. Ist denn schon so spät oder so früh? - und ehe der Hahn dreimal kräht, wirst du mich dreimal verraten - Gott, was für ein tiefes Wort! (er singt) N
B N B N
얍BN
Ein tiefes Wort tut manchmal gut, wenn dich verlassen möcht dein Mut. Es hilft dir zwar nur indirekt, wenn du so sitzst wie ich im Dreck, dann hat halt alles keinen Sinn, her und hin.
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B
N
B
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 53
N
Vor allen Dingen brauchen wir ein Stück gestempeltes Papier, und weh dem armen Untertan, der kein Papier vorweisen kann! Er ist verdammt und muß nun ziehn her und hin.
15
20
Bist du noch so auf der Hut, ohne Stempel wird nichts gut, ohne Stempel gibts kein Leben, ohne Stempel gehts daneben, ohne Stempel kannst riskieren, bis zum jüngsten Tag zu spazieren als ein Pendel ohne Sinn her und hin!
25
30
Jetzt geh ich da so hin und her und her und hin und hin und her und wieder her und wieder hin, immer hin und her, immer her und hin, mich wunderts nur, daß ich noch bin, bei all dem Her und Hin! B
35
N
(Vorhang) 4 5 6 7
11 11 34
B
[Vorhang.] |(er singt)|
B N
Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \Lied des Havlicek/ gestrichen: \(Siehe Seite 51a)/
(er singt)N ] ] B N] B N]
B
wieN ] Dreck, -N ] Bhin, -N ] B
[1.Akt, 34. Szene, Buch S. 51 H AVLICEK Und ehe der Hahn dreimal kräht, wirst du mich dreimal verraten Gott, was für ein tiefes Wort! (singt)] korrigiert aus: wir korrigiert aus: Dreck,korrigiert aus: hin,-
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Fragmentarische Endfassung
얍
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
Lesetext
Z w e i t e r Te i l .
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 54
1. Szene. B
5
N
Auf dem linken Ufer. Nun hat der Hahn bereits dreimal gekräht, aber Szamek und Mrschitzka sitzen noch immer vor der amtlichen Baracke und haben noch immer Rum. Sie sind bereits ziemlich angeheitert und singen stumpfsinnig, abwechselnd. B
N
B N BN BN
10
얍BN
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 55
B N
Als der Adam aus dem Paradies mit der Eva damals mußte scheiden und ihm Gott der Plagen viel verhieß, war der Adam wenig zu beneiden. Lieber Gott, so tät er sagen, ich will alles gern ertragen, bloß nicht den Durscht! B
15
Gott der Herr erbarmt sich seiner Not und gab ihm aus Gnade zwei Geschenke: er erfand für ihn den Tod und die alkoholischen Getränke. Und der Mensch zu seiner Labe macht Gebrauch von dieser Gabe, er hat halt Durscht!
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B
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N
N
얍 M RSCHITZKA Prost Szamek! Bist ein Genie! S ZAMEK Was ist ein Genie? Ein genialer Mensch. Und was ist ein Mensch? Ein Nichts. Also was ist ein Genie? Garnichts! M RSCHITZKA Das ist mir zu hoch. Aber wie du da zuvor diesen Rauschgiftschmuggler entlarvt hast, das war schon ganz BgrosserN kriminalistischer Stil! Eine Klasse für Bsich, eineN Sonderklasse für sich, eine kriminalistische Sonderklasse für sich. Nur versteh ich nicht, warum dass du keine Leibesvisitation S ZAMEK (unterbricht ihn) Weil ich davor einen Respekt hab! Nämlich da hat mir erst
3 8 9
B
Szene.N ] angeheitert f abwechselnd.N ] B N] B
korrigiert aus: Szene
angeheitert[.] |und singen stumpfsinnig abwechselnd.| Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \Nr. 6 Trink-
lied/ 9 9 10 11
B N
] B N] B N] B N]
gestrichen: \(Siehe Seite 1a)/ gestrichen: Korrektur von fremder Hand (Gál): [N. 6]
12 25 32 33
B
Korrektur von fremder Hand (Gál): [{Rdam}] Adam korrigiert aus: Gabe,korrigiert aus: grosswr korrigiert aus: sich,eine
[2.Teil, 1.Szene (Einleitung) S ZAMEK und M RSCHITZKA , abwechselnd:]
AdamN ] BGabe, -N ] BgrosserN ] Bsich, eineN ]
|
275
|
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 54
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
Lesetext
unlängst so ein Subjekt anlässlich einer Leibesvisitation, die ich an ihm vorgenommen hab, mein Portemonnai aus der Tasche gestohlen -M RSCHITZKA (fällt ihm ins Wort) Was schadet das ab heut?! Ab heut, wo wir morgen Bankkontos haben werden! Zwanzigtausend! B
B
5
N
B
N
N
B N BN BN
얍 BN BB S ZAMEK N Also die Hauptsach ist, daß wir ihn ergriffen BhabenN, diesen Schmugglitschinski! Eingesperrt da drinnen!N
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 55
(singt) Willst du dein vertrocknetes Gehirn für den Dienst am Vaterland erleuchten, darfst du nicht vergessen es zu schmiern und genügend täglich zu befeuchten. Ohne diese Geistesfackel bleibst du stets ein lahmer Lackel, das macht der Durscht!
10
B
N
B
15
N
Wenn die Sorge grimmig an dir frißt, wird der Spiritus dich hold erfrischen, und wenn du nicht ganz zufrieden bist, denk dir bloß , wir hätten „Prohibition“! Wenn man dort im Branntweinladen nichts bekäm als Limonaden, das wär ein Durscht!!
20
B
25
N
얍BN M RSCHITZKA Sollst leben, Thomas! Ich erhebe mein Glas auf das Gedeihen einer kriminalistischen Leuchte! (er trinkt) B N Meiner Seel, war das eine Lust, wie der da 30 immer zerknirschter geworden ist und alles eingestanden hat! S ZAMEK Also Beingestanden, daranN kann ich mich nicht erinnern. Mir ist nur bekannt, dass er hartgesotten geleugnet hat. 1 2 2 5 5 5 6
B
7–8
B
7 7 11 15 22 27 29 31
Leibesvisitation, dieN ] hab,N ] BPortemonnaiN ] B N] B N] B N] B N] B
B
S ZAMEK f drinnen!N ]
S ZAMEK N ] habenN ] Bden DienstN ] BLackel, -N ] Bdir bloßN ] B N] B N] Beingestanden, daranN ] B
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 56
korrigiert aus: Leibesvisitation,die korrigiert aus: hab. gemeint ist: Portemonnaie Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \{ }!? { }?/ gestrichen: \(Siehe Seite 1a)/ gestrichen: gestrichen: M RSCHITZKA (spricht) Prost Szamek! Bist ein Genie!
(u.s.w., bis) 얍 [Das ist ein Wort, das zerfliesst einem im Maul wie Butter -S ZAMEK [Also] [d]|D|ie Hauptsach ist,dass wir ihn ergriffen haben,diesen Schmugglitschinski! Eingesperrt da drinnen! (er deutet auf die Baracke)] |S ZAMEK f drinnen!| eingefügt korrigiert aus: heben korrigiert aus: den Dienst korrigiert aus: Lackel,Korrektur von fremder Hand (Gál): \dir bloß/ gestrichen: Eintragungen von fremder Hand (Gál): \{ }/ gestrichen: Eintragungen von fremder Hand (Gál): \{ }!/ korrigiert aus: eingestanden,daran
276
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 54
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
M RSCHITZKA Aber ist er denn nicht zusammengebrochen unter der Last der Indizien? S ZAMEK Nein. Er ist nur zusammengebrochen, weil du ihm das Bein gestellt hast, nachdem du ihm eine hingehaut hast. M RSCHITZKA So? Hab ich das? -- Das weiss ich ja jetzt garnicht mehr. Schrecklich. Neuerdings kommt mir das häufig vor -- zum Beispiel erst vorige Woch, da hab ich einem eine hingehaut, ganz ohne jeden Grund, und hab das erst bemerkt, wie er mir eine zurückgehaut hat. Ein eigenartiger Zustand. S ZAMEK Sogenannte Absenz-Erscheinungen. M RSCHITZKA Was? Abstinenz-Erscheinungen? Lächerlich! S ZAMEK Apropos Abstinenz: wo nur die Eva so lang bleibt, diese Bestie! M RSCHITZKA Wo? Kann ich mir schon vorstellen! S ZAMEK Ich auch! (er schlägt auf den Tisch; leise) Das wird noch ein furchtbares Ende nehmen, ein Ende mit einer Axt -M RSCHITZKA Mir scheint, du bist angeheitert und siehst schwarz. S ZAMEK Schwarz ist noch viel zu weiss. M RSCHITZKA Hättest halt das Fräulein Tochter nicht dem Schicksal überlassen sollen. 얍 S ZAMEK Dem Schicksal? M RSCHITZKA Hast doch gesagt! (Stille) S ZAMEK Ja, jetzt erinner ich mich -- Hm. Also wenn das Schicksal seine Hand im Spiel hat, dann kommt die Bestie vor morgen Früh nimmer heim -- (er schläft plötzlich ein vor lauter Rum) M RSCHITZKA (betrachtet ihn) Ist der jetzt schon wieder eingeschlafen? Na, höchste Zeit, dass er pensioniert wird, diese Leuchte der Kriminalistik -- (er schreit) He! Thomas! Thomas! S ZAMEK (erwacht) -- jetzt hab ich aber was ganz Blödes geträumt. Die Eva war noch klein und das Fenster war höher, ich hab sie hinaufgehoben und draussen ist grad unser König vorbeigefahren in einem gelben Galatotenwagen. Und der Kutscher hat Flügel gehabt. Er war ein Engel -- ein Erzengel. M RSCHITZKA Zu blöd. B
N
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B
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2. Szene. (Jetzt taucht ein verstörter Mensch auf: der Privatpädagoge. Ohne Kravatte und mit zerwühltem Haar. Rasch möcht er auf die Brücke) S ZAMEK Halt! Ihren Grenzschein bitte -- (er will sich erheben, muss sich aber gleich wieder setzen vor lauter Rum) B
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N
N
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B
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B
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Lesetext
N
B
1 2 6 6-7 7 10 16 21 24 24 27 30 34 35
B
zusammengebrochenN ] zusammengebrochen, weilN ] Bhingehaut, ganzN ] Bbemerkt, wieN ] BzurückgehautN ] Bbleibt, dieseN ] BhaltN ] Bhat, dannN ] BZeit, dassN ] Bwird, dieseN ] Bhöher, ichN ] BM RSCHITZKA N ] BHaar. RaschN ] BsichN ] B
zusammeng[{r}]|e|brochen korrigiert aus: zusammengebrochen,weil korrigiert aus: hingehaut,ganz korrigiert aus: bemerkt,wie Korrektur von fremder Hand (Marton): zurückge[j]|h|aut korrigiert aus: bleibt,diese hal[z]|t| korrigiert aus: hat,dann korrigiert aus: Zeit,dass korrigiert aus: wird,diese korrigiert aus: höher,ich [M RSCHITZKA ]|M RSCHITZKA | korrigiert aus: Haar.Rasch eingefügt, vgl. K1/TS1/ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 57
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 57
Fragmentarische Endfassung
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Lesetext
P RIVATPÄDAGOGE Lieber Herr, ich brauch keinen Grenzschein mehr! S ZAMEK Hör ich recht? Jeder Mensch braucht einen Grenzschein, wenn er hinüber möcht! 얍 P RIVATPÄDAGOGE (blickt in den Himmel) „Hinüber“! Für mein Hinüber brauch ich keinen Pass -- (er schreit Szamek plötzlich an) Haltens mich nicht auf, ich möcht sterben! S ZAMEK Seiens so gut! (er schläft wieder ein) P RIVATPÄDAGOGE Jetzt geh ich auf diese Brücke, dort wo sie am tiefsten ist und spring ins Wasser! Oh dieses Leben! Lauter Dummheit, Lüge und Niedertracht -nirgends eine mütterliche Persönlichkeit! M RSCHITZKA Recht habens! Wo man hinschaut lauter Rohheit und Gemeinheit, nirgends eine kleine Zartheit -P RIVATPÄDAGOGE (weint) Oh wie wahr! M RSCHITZKA (schluchzt) Meinens, ich halt das aus? Aber keine Idee! Kommens, ich geh mit und spring nach! P RIVATPÄDAGOGE Nein! So etwas muss jeder mit sich selbst abmachen! M RSCHITZKA Also werdens nur nicht vorlaut, ja? Wenn der Mrschitzka sagt, dass er mitspringt, dann springt er aber auch mit! Wo sind denn nur meine Schuh? Kruzifix, ich kann doch nicht ohne Schuh bei die Blutblasen unter die Hornhäuter -P RIVATPÄDAGOGE Ich spring allein! M RSCHITZKA So wartens doch, Sie Nervösling Sie! P RIVATPÄDAGOGE Lassens mich! Wissens denn, was ich getan hab? Grad hab ich meine Frau erschlagen! Erschlagen! (rasch ab) M RSCHITZKA ( sieht ihm verdutzt nach) Ist das ein Witz? B
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K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 60
N
N
B
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3. Szene. (Der Privatpädagoge eilt nun über die Brücke und hält ruckartig an der Stelle, wo er gestern geangelt hat. Er sieht sich nervös-flüchtig um, sieht dann hinab in das Wasser und hinauf in den Himmel.) 얍 P RIVATPÄDAGOGE Es musste so kommen. Ein verpatztes Leben und die Konsequenz. Hier habe ich gestern noch geangelt und nichts gefangen. Nichts. - - Vielleicht wär alles anders gekommen, wenn ich was gefangen hätt, vielleicht läg ich dann jetzt im Bett und tät ruhig schlafen, wenn ich überhaupt nur schlafen könnt! Aber so? -- Warum habt Ihr denn auch nicht angebissen, Ihr Hechte da drunten, Ihr Karpfen, Waller, Forellen, Saibling und Ihr Weissfisch mit den vielen Gräten, B
B
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B
B
N
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B
2 2 3 11 19 22 23 24 27 28 30 31 31 33 35
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HörN ] JederN ] Bmöcht!N ] BRohheitN ] BichN ] Bdenn, wasN ] BErschlagen! (raschN ] BsiehtN ] BStelle, woN ] Bum, siehtN ] Bund dieN ] Bgestern nochN ] BnichtsN ] Bschlafen, wennN ] BForellen, SaiblingN ] B
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H[o]|ö|r Je[{}]|d|er korrigiert aus: möcht ! gemeint ist: Roheit korrigiert aus: ixh korrigiert aus: denn,was korrigiert aus: Erschlagen! (rasch korrigiert aus: seeht korrigiert aus: Stelle,wo korrigiert aus: um,sieht korrigiert aus: und die korrigiert aus: gestern noch korrigiert aus: nicht korrigiert aus: schlafen,wenn korrigiert aus: Forellen,Saibling
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 61
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
an denen man immer wieder erstickt? Seid verflucht! (er klettert über das Brükkengeländer) Und lauter dünne Würmer -- Nein, das mach ich nicht mehr mit ! O Ewigkeit, empfange deinen Sohn! Immer hab ich für dich gewirkt bei den Nachhilfestunden, von denen ich mich ernährt hab, immer in deinem Geiste - Also los! Los! Eins, zwei, und eins ist drrrr - B
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4. Szene. H AVLICEK S TIMME (er selbst bleibt unsichtbar, weil er an der anderen Seite der Brücke auf dem Boden sitzt und infolgedessen hatte ihn auch der Privatpädagoge zuvor übersehen) Halt! Halt! P RIVATPÄDAGOGE (fährt entsetzt zusammen) Wer ruft da Halt? H AVLICEK (erhebt sich nun) Ich. P RIVATPÄDAGOGE (bei Seite und bang) Welche Geisterstimm -- ich seh mich nicht um. H AVLICEK Also was treibens denn da für Unüberlegtheiten, Verehrtester ? Der Tod kommt eh von allein, garantiert ! Zurück! Abrakadabra ! 얍 P RIVATPÄDAGOGE (beiseite) „Abrakadabra“? - jetzt wag ichs und seh mich um, hoffentlich trifft mich nicht der Schlag -- (er sieht sich ruckartig um und erblickt Havlicek) Sie sind das?! H AVLICEK Wer denn sonst?! P RIVATPÄDAGOGE (klettert wütend über das Brückengeländer zurück und fährt Havlicek ungeduldig an) Na das nenn ich aber eine gewaltsame Unerhörtheit, Sie! Was geh denn ich Sie an, wenn ich mich umbringen möcht, bitt ich mir aus!? H AVLICEK Pardon! Aber ich hab doch eine menschliche -P RIVATPÄDAGOGE (unterbricht ihn) „Menschlich“! Schauns mich an, es gibt keinen Menschen! Was wissen denn Sie schon von meiner grenzenlosen Einsamkeit?! Grad hab ich meine Frau erschlagen! H AVLICEK Grosser Gott! P RIVATPÄDAGOGE Soll ich mich also hängen lassen oder köpfen? Nein, das überleb ich nicht! Lieber bring ich mich selber um. Nur schad, dass nicht Winter ist, erfrieren ist der schönste Tod! B
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N
B
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Lesetext
5. Szene. S TIMME DER F RAU (aus der Ferne) Theo! Theo! P RIVATPÄDAGOGE Um Christi Willen! H AVLICEK Wer ruft da?
2 2 4 4 8 15 16 16 25 27 29
B
Nein, dasN ] mitN ] BNachhilfestunden, vonN ] Bmich ernährtN ] Bunsichtbar, weilN ] BUnüberlegtheiten, VerehrtesterN ] Ballein, garantiertN ] BAbrakadabraN ] BP RIVATPÄDAGOGE (unterbrichtN ] BGradN ] BP RIVATPÄDAGOGE SollN ] B
korrigiert aus: Nein,das korrigiert aus: mi t korrigiert aus: Nachhilfestunden,von korrigiert aus: mich ernährt korrigiert aus: unsichtbar,weil korrigiert aus: Unüberlegtheiten,Verehrtester korrigiert aus: allein,garantiert korrigiert aus: Abrakadabrak korrigiert aus: P RIVATPÄDAGOGE (unterbricht korrigiert aus: Gr ad korrigiert aus: P RIVATPÄDAGOGE Soll
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 62
Fragmentarische Endfassung
B
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
S TIMME DER F RAU Theo! P RIVATPÄDAGOGE Sie ruft mich, meine tote Frau! H AVLICEK (verwirrt) Sie heissen Theo? P RIVATPÄDAGOGE Aus dem Jenseits ruft sie mich! (er blickt empor) Ich komme, ich komme! (er klettert wieder über das Brückengeländer) Eins, zwei, und eins ist drrrrr...... N
B
5
얍 10
Lesetext
N
6. Szene.
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 63
D IE F RAU (kommt nun vom linken Ufer dahergelaufen und zwar ganz ausser Atem; sie erblickt ihren Privatpädagogen und schreit) Theo! P RIVATPÄDAGOGE (erblickt sie und kreischt) Gespenst, Gespenst, Gespenst! F RAU Ich lebe, ich lebe! Hast mir ja nichts getan, war doch nur ein schwacher Schlag, aber ich hatte meinen Krampf und konnt mich nicht rühren -- o, ich hab es ja gesehen, wie du mir den Abschiedsbrief geschrieben hast, jetzt weiss ich erst, wer du bist! Komm, guter Theo und verzeih mir meinen Krampf! (Stille) P RIVATPÄDAGOGE (atmet auf) Gottlob, du lebst. Hab ich mich jetzt erschreckt! (er klettert wieder retour über das Brückengeländer) F RAU Armer Theo, komm und verzeih mir -P RIVATPÄDAGOGE (schliesst sie in seine Arme und gibt ihr einen Kuss) Wirst mir wieder Würmer suchen? F RAU Ja. Ich werde suchen und suchen und finden -- (ab mit ihrem Privatpädagogen) B N
15
B
B
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B N
25
7. Szene. S TIMME DER F RAU H ANUSCH (von der anderen Seite der Brücke, wo sie auf dem Boden sitzt, dort wo zuvor auch Havlicek sass) Kann man jetzt kommen? H AVLICEK Ohne Gefahr! S TIMME DER F RAU H ANUSCH Ist die Luft rein? 얍 H AVLICEK Wir sind unter uns. F RAU H ANUSCH (erhebt sich und kommt) Gott, waren das aufregende Szenerien. Ich hab direkt Bauchweh vor lauter Empörung! Ich kann halt niemand leiden sehen, wenn ich auch oft herzlos wirk durch meine drastische Manier! H AVLICEK Sie und herzlos? Wo Sie mir da etwas zum Essen bringen mitten in der Nacht? Kalten Braten und passierten Roquefort? Das zeigt von keinem alltäglichen Herzen, Frau Hanusch! F RAU H ANUSCH Ich weiss, dass das rührend von mir ist und ich war ja schon längst im Bett, aber ich hab keinen Schlaf gefunden, immer hab ich denken müssen: da geht jetzt ein Mann hin und her und niemand lasst ihn rein -- und plötzlich hats B
30
N
B
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B
2 4 11 15 18 24 26 32–33 36
B
N
P RIVATPÄDAGOGE SieN ] empor)N ] B N] Bhast, jetztN ] BGottlob, duN ] B N] BBrücke, woN ] Bsehen, wennN ] BHerzen, FrauN ] B
korrigiert aus: P RIVATPÄDAGOGE Sie korrigiert aus: empor ) gestrichen: s korrigiert aus: hast,jetzt korrigiert aus: Gottlob,du Eintragungen von fremder Hand (Gál): [\?/] korrigiert aus: Brücke,wo korrigiert aus: sehen,wenn korrigiert aus: Herzen,Frau
280
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 64
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
mich durchzuckt, ich raus aus dem Bett und daher - Aber Sie haben ja alles stehen lassen! Habens denn keinen Hunger? H AVLICEK Hunger schon, aber keinen Appetit. F RAU H ANUSCH Armer Mensch! H AVLICEK Und derweil ist passierter Roquefort meine Leibspeis -- mein Leibkäs gewissermassen. F RAU H ANUSCH Das freut mich, dass ich es erraten hab. H AVLICEK Tut mir gut, Frau Hanusch. Wissens, es schaut nämlich einfacher aus, als wie es ist, wenn man so weg muss aus einem Land, in dem man sich so eingelebt hat, auch wenn es vom Zuständigkeitsstandpunkte nicht die direkte Heimat war -aber es hängen doch soviel Sachen an einem, an denen man hängt. Zum Beispiel, wie ich noch die Drogerie gehabt hab, da hättens mal meine Auslag sehen sollen -- es war das zwar keine grosse Auslag, mehr ein grösseres Fenster, 얍 aber was ich da alles hineinarrangiert hab! Rechts medizinisch, links homöopathisch, vorn kosmetisch und hinten die Diskretion --- Red ich Ihnen nicht zuviel? F RAU H ANUSCH Nein. H AVLICEK Hm. Ja und der Apotheker nebenan, der hat mich dann zugrundegerichtet . Plötzlich über Nacht hat der sich auch eine Drogerieabteilung angegliedert und dann ist meine Kundschaft dorthin. F RAU H ANUSCH Warum? H AVLICEK Er war halt beliebter als ich. Das sind eben oft so dunkle Strömungen in der Massenseele -- da steht man dann und wundert sich. Genau wie im Krieg. Waren Sie im Krieg? F RAU H ANUSCH Ich? Nein. H AVLICEK Aber in Ihrem Alter -F RAU H ANUSCH (unterbricht ihn) Aber ich bin doch eine Frau! H AVLICEK Grosser Gott, das hab ich jetzt ganz vergessen! Meiner Seel, man wird halt schon blöd und blind, wenn man immer so hin und her und immer allein --- Nur eine Frau könnt mich retten. Ohne Witz. F RAU H ANUSCH Ja. Ein Mann ist schon etwas Notwendiges, wenn er auch nur repräsentiert. Mein Seliger war ein stattlicher Herr. Hundertsiebzehn Kilo hat er gewogen und der ist mir weggestorben --- Wieviel wiegen denn Sie? H AVLICEK Weniger. Bedeutend. F RAU H ANUSCH Das merk ich. Wann sinds denn geboren? H AVLICEK Warum? F RAU H ANUSCH Es interessiert mich. H AVLICEK Am vierzehnten Juli. Das ist ein grosser Tag in Frankreich -- Wissens, da tanzen die Leut auf den Boulevards. (Stille) 얍 B
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Lesetext
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1 7 8 8 9 12 13 17 17–18 30
B
ich rausN ] mich, dassN ] BWissens, esN ] Baus, alsN ] Bist, wennN ] Bhab, daN ] BAuslag, mehrN ] Bnebenan, derN ] BzugrundegerichtetN ] BNotwendiges, wennN ] B
korrigiert aus: ich raus korrigiert aus: mich,dass korrigiert aus: Wissens,es korrigiert aus: aus,als korrigiert aus: ist,wenn korrigiert aus: hab,da korrigiert aus: Auslag,mehr korrigiert aus: nebenan,der korrigiert aus: zugrun degerichtet korrigiert aus: Notwendiges,wenn
281
N
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 66
Fragmentarische Endfassung
5
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
Lesetext
F RAU H ANUSCH Vierzehnter Juli -- Stimmt! H AVLICEK Was? F RAU H ANUSCH Ich hab jetzt nur schnell nachgerechnet. Astrologisch. Also nach den Sternen täten wir gut zueinanderpassen. H AVLICEK Wer? F RAU H ANUSCH Wir zwei. B N B N BN BN
얍BN 10
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B N
Duett: F RAU H ANUSCH Sehns die vielen Sternlein stehen über uns? Alle diese Sternlein weben an Ihrem und an meinem Leben, alle diese Sternlein drehen sich um unser kleines Leben über uns. N
B
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H AVLICEK Wenn die vielen Sternlein eben über uns gar nichts täten, als bloß weben an Ihrem und an meinem Leben, wenn sie nur für uns so wandern, was blieb denn dann für die andern neben uns? Sehns ich glaub nicht, daß das geht, daß sich’s ganze All bloß um uns beide dreht.
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B
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F RAU H ANUSCH Jeder Mensch hat seinen Planeten. H AVLICEK Dann hab ich, scheints, einen Kometen: der kommt nur ab und zu daran und stört den andern ihre Bahn.
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8 8 8 9 10
B N
]
] ] B N] B N] B N] B N
Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \{ } Nr. 7 Duett/ [(Stille)] gestrichen: \ / gestrichen: \(Siehe Seite 10a\)/ [und 10b)]/ gestrichen: 2.Bild, 7.Szene (Buch S.10) gestrichen: F RAU H ANUSCH Also nach den Sternen täten wir gut zueinanderpassen.
H AVLICEK Wer?
12 29
B
Duett:N ] Bsich’sN ]
F RAU H ANUSCH Wir zwei. Duett\:/ korrigiert aus: sich ’s
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
Lesetext
(F RAU H ANUSCH , gleichzeitig) Das ist hochinteressant! Was ist der alls imstand! H AVLICEK Dann ist er plötzlich wieder verschwunden, kümmert sich nicht um seinen Kunden, wo ist er denn, mein spezieller Komet, daß es mir so miserabel geht? B
N
B
5
N
F RAU H ANUSCH Herr Havlicek, gehns lästerns nicht und glaubens an Ihr Himmelslicht! Wenns nur die Sterne recht beschwören, (zärtlich und anzüglich) tuns Ihnen gar noch einen Schatz bescheren!
10
H AVLICEK (ohne zu verstehen) Ists weiter nichts? Das tu ich gern. Nur glaub ich nicht mehr recht an meinen Stern. 15
B EIDE ZUSAMMEN Venus, Mars und Jupiter, Merkurius, Pluto und Saturn und Uranus, bringts uns bitt schön kein’ Verdruß! Tuts doch an unserm armen Leben mit Vernunft und Ordnung weben über uns! Und vergeßts nicht, unserm Leben auch ein bisserl Glück zu geben über uns!
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얍 H AVLICEK Aber was sind denn das schon für Stern?! Ich kann doch nicht weg von der Brück! O ich Blödian! Da triff ich da zuvor gleich beide Chefs auf einen Schlag und anstatt dass ich sie erpress mit ihrer heimlichen BMission, damitN sie mich überall hineinlassen, hab ich sie bloss beschimpft -- wie Bunüberlegt, wieN unüberlegt! Aber ich bin halt zu jähzornig! Zu jähzornig -F RAU H ANUSCH (fällt ihm plötzlich um den Hals und küsst ihn) H AVLICEK (etwas betroffen) Was war das jetzt? F RAU BH ANUSCH EinN Stern! H AVLICEK In unserem Alter? (er lächelt verlegen) F RAU H ANUSCH Man ist so alt, als wie man sich fühlt Bund ichN fühl mich noch! -B Schad, dassN ich jetzt weg Bmuss, aberN ich muss auf meine Reputation Bachten, auchN wenn ich morgen Konkurs ansag. H AVLICEK Auf Wiedersehen. Und ich danke für Speise und Trank -F RAU H ANUSCH Geh du hast ja nichts gegessen! (sie will das Essen wieder mitnehmen) 3 4 28 29 33 35 36 36 36–37
B
H AVLICEK N ] Kunden, -N ] BMission, damitN ] Bunüberlegt, wieN ] BH ANUSCH EinN ] Bund ichN ] BSchad, dassN ] Bmuss, aberN ] Bachten, auchN ] B
korrigiert aus: H AVLICEK ) korrigiert aus: Kunden,korrigiert aus: Mission,damit korrigiert aus: unüberlegt,wie korrigiert aus: H ANUSCH Ein korrigiert aus: und ich korrigiert aus: Schad,dass korrigiert aus: muss,aber korrigiert aus: achten,auch
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
Lesetext
H AVLICEK Halt! Lass es da! Jetzt hab ich Appetit! F RAU H ANUSCH (gibt ihm rasch einen Kuss) Schmecken soll es dir! Schmecken, du braver Mann -- (rasch ab nach rechts) H AVLICEK (isst und trällert vor sich hin) B
5
B N
얍
8. Szene. Frau Hanusch geht nun über die Brücke und erreicht das rechte Ufer. Erstaunt sieht sie sich um, da niemand zu sehen ist. Dann horcht sie, nähert sich vorsichtig dem Raubritterturm und sieht durch das Schlüsselloch hinein. F RAU H ANUSCH (erhebt sich wieder) Gott, es ist doch das Schönste, zwei so junge Menschen in der Umarmung -- (sie singt) B
B
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B N BN BN
얍BN 15
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B N
Wenn heutzutag ein nettes junges Paar brennheiß verliebt ist und mit Haut und Haar, so ist die Frage bald geklärt, wie man beisamm ist möglichst ungestört. Heut sind die jungen Leut halt gscheit! Gmöcht hätten wir ja auch, nur leider war es damals noch nicht Brauch.
20
B
N
Wenn eine Dame, die sich ordntlich pflegt, nicht grad das Gsicht hat, was man eben trägt, so nimmts ein’ Farbtopf aus dem Schrein und malt sich in ihr Gsicht ein neues ’nein. Heut sind die Frauen so viel gscheit! Gmöcht hätten wir ja auch, nur leider war es damals noch nicht Brauch.
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B
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N
Wenn über diesen oder jenen Fragn die Volksvertreter sich die Köpf einschlagn, so schickt mans heim, sperrt d’ Buden zu 3 5 7 9 11 12 13 13 13
B
(raschN ] ] B8.N ] Bum, daN ] Bzwei soN ] B(sie singt)N ] B N] B N] B N]
14 15
B N
B N
korrigiert aus: )rasch Eintragungen von fremder Hand (Gál): [\?/] korrigiert aus: 9. korrigiert aus: um,da korrigiert aus: zwei so
[(ab in Gedanken versunken)] |(sie singt)| gestrichen: \ / gestrichen: \(Siehe Seite 11a)/ Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \Nr. 8 Lied der
Hanusch/ ] B N]
gestrichen: 2.Teil, 9.Szene, Buch S. 11 gestrichen: F RAU H ANUSCH Gott, es ist doch das Schönste, zwei so junge
Mensch[n]|en| in der Umarmung -(singt) 21 29
B
auch, -N ] Bauch, -N ]
korrigiert aus: auch,korrigiert aus: auch,-
284
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
Lesetext
und hat vom ganzen Parlament sei’ Ruh. Heut sind halt die Minister gscheit! Gmöcht hättens frühr ja auch, nur leider war es damals noch nicht Brauch. B
N
5
Heut hat mir träumt von einem fernen Land, wo Politik ist gänzlich unbekannt, dort ist man friedlich und human, sogar die Frau vertragt sich mit ihrm Mann, dort kennt man weder Neid noch Streit, so möchten Sie’s halt auch? Nur leider ist es bei uns noch nicht Brauch. (ab in Gedanken versunken) B
B
10
B
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얍
N
N
9. Szene. K ONSTANTIN (erscheint in der Tür des Raubritterturmes; er ist etwas derangiert und sieht sich um) Es war doch wer da -E VA (taucht hinter ihm auf, ebenfalls etwas derangiert) So komm doch! Wer soll denn schon? K ONSTANTIN Still! (er lauscht) Jetzt hör ich nichts, aber es ist wer vorbei. Du weisst, ich hör immer her auf die Grenz, in jeder Situation - und ich hab ein scharfes Gehör. E VA Ja, dir entgeht nichts. K ONSTANTIN Hoffentlich warens nicht unsere Rauschgiftschmuggler. Du, jetzt hab ich direkt Gewissensbiss wegen der zwanzigtausend. E VA Was ist ein Mensch neben einer Million? K ONSTANTIN Nichts. E VA Komm -K ONSTANTIN (folgt ihr wieder in seinen Raubritterturm) B
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10. Szene. (Frau Leda kommt mit dem als Krankenschwester verkleideten Schmugglitschinski.) 얍 F RAU L EDA (leise) Niemand da? Kein Grenzorgan? Fein! S CHMUGGLITSCHINSKI (mit überaus tiefer Stimme) Sehr angenehm und umso besser. (er entledigt sich seiner Krankenschwesternhaube) Ich halts eh kaum in der Hauben aus vor lauter Hitz! (er wischt sich mit seinem Taschentuch einen viertel Liter Schweiss von der Glatze) F RAU L EDA Wisch dir lieber nicht die Glatze, sondern gib das verabredete Zeichen! B
35
N
B
3 9 10 13 15 18 20 23 28 31 38
B
auch, -N ] ihrmN ] BStreit, -N ] B(ab f versunken)N ] B9. N ] Bauf, ebenfallsN ] Bnichts, aberN ] B N] B N] B10. N ] BGlatze, sondernN ] B
N
korrigiert aus: auch,Korrektur von fremder Hand (Gál): ihr[e]m korrigiert aus: Streit,-
\(ab f versunken)/ korrigiert aus: 10. korrigiert aus: auf,ebenfalls korrigiert aus: nichts,aber Eintragungen von fremder Hand (Gál): [\{ }/] Eintragungen von fremder Hand (Gál): [\{ }?/] korrigiert aus: 11. korrigiert aus: Glatze,sondern
285
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 72
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
Lesetext
S CHMUGGLITSCHINSKI Hast recht! Aber vergiss nicht, dass wir uns grad in einer anormalen Hitzewelle befinden! (er windet sein Taschentuch aus und winkt dann damit) B
5
N
11 . S z e n e . (Auf dieses verabredete Zeichen hin kommen vorsichtig drei Schmuggler; jeder trägt einen grossen Mehlsack mit der jeweiligen Aufschrift: Kokain, Morphium, Opium.) S CHMUGGLITSCHINSKI (zu den drei Schmugglern) Also nur rasch auf die Brücke mit dem Rauschgift und vor dem drüberen Brückenkopf halt! D IE DREI S CHMUGGLER (rasch ab auf die Brücke) 12. Szene. (Frau Leda und Schmugglitschinski wollen ihnen folgen - aber da tritt Konstantin wieder aus seinem Raubritterturm und erblickt die beiden.) E VA (aus dem Raubritterturm) Konstantin! Es ist doch nichts! K ONSTANTIN ( beiseite ) Die Kranke und die Heilige? Zu dieser Stund, wo ein jeder anständiger Mensch im Bett liegt? Komisch! (laut) Ihren Grenzschein bitte? 얍 S CHMUGGLITSCHINSKI (schlägt ihn k.o.) K ONSTANTIN (bricht lautlos zusammen) S TIMME E VAS Konstantin! Wo bleibst denn schon wieder solang? B
N
B
B
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N N
N
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13. Szene. E VA (erscheint, erblickt auf dem Boden ihren bewusstlosen Konstantin und dann die Krankenschwester ohne Haube -- sie schreit gellend auf) S CHMUGGLITSCHINSKI (hält ihr den Mund zu; zu Frau Leda) Rasch! Knebel! Strick! Na gib schon her aus deinem Ridikül! F RAU L EDA (knebelt und bindet Eva) S CHMUGGLITSCHINSKI Rascher! So! Und jetzt auch diesen Burschen da! B
N
B
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B N
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F RAU L EDA (plötzlich steif) S CHMUGGLITSCHINSKI (nichts Gutes ahnend) Was ist? F RAU L EDA (mit schwacher Stimme) Ich kann mich nicht rühren -S CHMUGGLITSCHINSKI Bist wieder weg?! Gib her! (er reisst ihr den Strick aus der Hand) Hast wieder geschnupft? F RAU L EDA Nein. Gespritzt! S CHMUGGLITSCHINSKI (bindet und knebelt Konstantin) Nicht beherrschen kann sie sich! Fürchterlich, immer wieder dieses blöde Rauschgift! Kokain, Morphium, Opium -- das nimmt nochmal ein schlimmes Ende mit dir, im Irrenhaus -- So! (jetzt hat er Konstantin geknebelt und gebunden) Alles muss man allein machen, B
1 5 7 8 11 15 19 21 24 28 37
N
B
nicht, dassN ] 11. N ] BOpium.)N ] BBrücke mitN ] B12.N ] BbeiseiteN ] Bsolang?N ] B13.N ] BzuN ] B N] BOpium --N ] B
korrigiert aus: nicht,dass korrigiert aus: 12. korrigiert aus: Opium. ) korrigiert aus: Brücke mit korrigiert aus: 13. korrigiert aus: beisei te korrigiert aus: solang ? korrigiert aus: 14. korrigiert aus: Zu gestrichen: \ / korrigiert aus: Opium--
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 73
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
eine feine Compagnonin hab ich da bei der unerträglichen Hitze! (er wischt sich wieder die Glatze) F RAU L EDA Jetzt seh ich mein Kindlein, es winkt mir zu! O, warum bist du gestorben mit vier Jahren, du Englein in deinem Kinderhimmel, ich hätt doch sonst nie angefangen, zu schnupfen und zu spritzen - (sie weint) 얍 S CHMUGGLITSCHINSKI (beiseite) Das auch noch! (zu Frau Leda) Los! Zu! (er pufft sie) F RAU L EDA Au! S CHMUGGLITSCHINSKI Sei mir nicht bös, aber meine Brutalität ist deine einzige Rettung, Liebling! (er pufft sie auf die Brücke) F RAU L EDA Au! B
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 74
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N
14. Szene. (Solcherart gehen nun Schmugglitschinski und Frau Leda über die Brücke -- an dem schlafenden Havlicek vorbei, den sie nicht bemerken, und der sie natürlich auch nicht bemerkt. Bis an die Stelle gehen sie, wo auf der Brücke knapp vor dem linken Brückenkopf, die drei Schmuggler mit ihren Mehlsäcken voll Rauschgift weisungsgemäss brav warten.) S CHMUGGLITSCHINSKI (flüstert) Moment! (er schleicht sich noch etwas weiter vor und sieht um die Ecke nach der amtlichen Holzbaracke ; mit einer Gebärde der Verärgerung kehrt er wieder zurück; zu Frau Leda) Zu zuwider! Muss da jetzt noch ein Gendarm dabei sein und sogar mit Bajonett -auf! Zwei gegen uns zwei, das ist mir zu riskant! F RAU L EDA (deutet auf die Schmuggler) Und die drei ! S CHMUGGLITSCHINSKI Die zählen nicht mit! D IE DREI S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI Das sind nur Kulis! D IE DREI S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI Die können nur schleppen oder stören! D IE DREI S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI Jetzt aber kein Oho mehr! D IE DREI S CHMUGGLER Oho! B
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B
N
B
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Lesetext
N
\Textverlust\ 35
얍 F RAU L EDA Pst! Der schläft ja schon wieder! S CHMUGGLITSCHINSKI Auch gut -- (er legt das Gewehr weg) So erregen wir noch weniger Aufsehen! Und jetzt gib ich das verabredete Zeichen -- (er winkt mit seinem Taschentuch nach der Brücke zu.) 3 3 5 13 15 15 16 20 22 22 23 24
B
Kindlein, esN ] O, warumN ] Bangefangen, zuN ] B14.N ] Bvorbei, denN ] Bbemerken, und N ] Bsie, woN ] BHolzbarackeN ] BmitN ] BBajonettN ] Bzwei, dasN ] BdreiN ] B
korrigiert aus: Kindlein,es korrigiert aus: O,warum korrigiert aus: angefangen,zu korrigiert aus: 15. korrigiert aus: vorbei,den korrigiert aus: bemerken,und korrigiert aus: sie,wo korrigiert aus: Holzbracke korrigiert aus: mot korrigiert aus: Bajonatt korrigiert aus: zwei,das korrigiert aus: dtei
287
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 83
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
16. Szene. (Aber auf der Brücke erscheint Konstantin mit seinem Dienstrevolver in der Hand -hinter ihm tauchen Eva und Havlicek auf, mit sehr viel Stricken.) K ONSTANTIN Hände hoch! S CHMUGGLITSCHINSKI Goddam ! F RAU L EDA O Kind! K ONSTANTIN Hände hoch! Hoch oder - !! F RAU L EDA UND S CHMUGGLITSCHINSKI (folgen) K ONSTANTIN Denkt nur ja nicht, dass Ihr mich überrumpeln könnt! So large geht das nicht! (zu Eva und zu Havlicek) Bindet sie! Ich halt sie derweil mit meinem Dienstrevolver in Schach! H AVLICEK Auch knebeln? K ONSTANTIN Binden genügt! E VA UND H AVLICEK (führen nun Konstantins Befehl aus) M RSCHITZKA (kommt allmählich wieder zu sich) -- hab ich das jetzt geträumt, dass mich da eine Nonne niedergestreckt hat? Natürlich hab ich diesen Unsinn geträumt, denn ich träum immer Unsinn und mich streckt keiner nieder -- mich nicht! Es war ein Traum -- (erblickt Eva, Havlicek, Konstantin und so weiter und ist masslos überrascht) Was seh ich? Mir scheint, ich träum noch immer! Meiner Seel, da steht ja dieser Ausgewiesene -- Jessus Maria, die Nonn hat ja eine Glatzen ! Maria Josef -- gib acht, Mrschitzka ! Gib 얍 acht, Mrschitzka ! Gib acht -- (er nähert sich ängstlich Szamek und rüttelt ihn) Thomas! Wach auf! S ZAMEK (erwacht) Warum soll ich aufwachen? M RSCHITZKA Weil ich Angst hab, Thomas . Mir scheint, ich bin krank -- trelirium demens . S ZAMEK Wundern tät’s mich nicht. Geh sei so gut und lass mich schlafen! M RSCHITZKA Aber schau doch nur mal dorthin, bittschön -- ob dort nämlich was ist oder ob das jetzt nur eine persönliche Fata Morgana von mir ist -S ZAMEK Ich schau nicht hin. Ich hab selber Angst! M RSCHITZKA Feigling. S ZAMEK Also feig bin ich nicht! Jetzt schau ich hin! (er schaut hin und erstarrt) M RSCHITZKA (bange) Siehst auch etwas? S ZAMEK Und ob ich was seh -- (er schlägt auf den Tisch) Was seh ich?! Der Konstantin! Da herüben!? Na, das ist aber eine grandiose Grenzverletzung. B
5
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Lesetext
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B
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1 5 9 9 15 16–17 18 20 20 20–21 21 21 24 24–25 27 34
B
16. N ] GoddamN ] Bnicht, dassN ] BlargeN ] Bgeträumt, dassN ] Bgeträumt, dennN ] BEva, f KonstantinN ] BSeel, daN ] BMaria, dieN ] Beine GlatzenN ] Bacht, MrschitzkaN ] Bacht, MrschitzkaN ] Bhab, ThomasN ] Btrelirium demensN ] Bdorthin, bittschön --N ] BNa, dasN ] B
N
N
korrigiert aus: 17. gemeint ist: Goddamn korrigiert aus: nicht,dass gemeint ist Französisch für: einfach, locker korrigiert aus: geträumt,dass korrigiert aus: geträumt,denn korrigiert aus: Eva,Havlicek,Konstantin korrigiert aus: Seel,da korrigiert aus: Maria,die korrigiert aus: eine Glatzen korrigiert aus: acht,Mrschitzka korrigiert aus: acht,Mrschitzka korrigiert aus: hab,Thomas bewusst gesetzte Form, vgl. K1/TS1/ ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 75 korrigiert aus: drothin,bittschön-korrigiert aus: Na,das
288
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 84
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
K ONSTANTIN Ruhe, Szamek ! (zu Eva) Fertig? E VA Sogleich. S ZAMEK (beiseite) „Ruhe Szamek“? Befehlen auch noch? Masst sich da Amtshandlungen an auf unserem Hoheitsgebiet -- (er schreit) Eva ! Da geh her und folg ihm nicht! Wie kommst denn da dazu, wildfremde Nonnen zu fesseln?! Meiner Seel, was da passiert, also das gibt Krieg! K ONSTANTIN (ruhig) Bitte nur nicht aufregen, lieber Vater Szamek ! S ZAMEK Ich Ihr Vater? Na servus! Da tät ich mir leid! 얍 K ONSTANTIN (scharf) Herr Szamek! Wenn ich jetzt hier die Grenz nicht verletzt hätt, wären Sie jetzt vielleicht bereits über einer anderen Grenz - es gibt auch höhere Gewalt! H AVLICEK Vis major! S ZAMEK (zu Mrschitzka) Versteh kein Wort! Und du? M RSCHITZKA Aber! K ONSTANTIN Darf ich vorstellen: Herr Schmugglitschinski, der berüchtigte Rauschgiftschmuggler und seine überaus raffinierte routinierte Compagnonin! Das Personal dieser Firma haben wir ebenfalls bereits auf der Brücke überwältigt, es sitzt nun drüben hinter Schloss und Riegel. E VA Und das Rauschgift haben wir auch beschlagnahmt. Fast drei Zentner. S ZAMEK Was hör ich?! K ONSTANTIN Die Wahrheit! S ZAMEK (zu Mrschitzka) Mrschitzka, er sagt die Wahrheit. Er ist ein Idiot. K ONSTANTIN (braust auf) Herr Szamek S ZAMEK (unterbricht ihn) Junger Mann, jetzt red ich! Was Sie mir da zusammenfabulieren ist platterdings zu plump! Herr, diese männliche Nonn soll der Schmugglitschinski sein?! M RSCHITZKA Zu plump! S ZAMEK Sie Anfänger, Sie ! Den echten Schmugglitschinski, den haben ich und mein Freund ja schon längst hopp, schon vor vielen Stunden - (er deutet auf die Baracke) da sitzt er drinnen eingekastelt! K ONSTANTIN (perplex) Wo? 얍 S ZAMEK Da in der Barack! Es war nicht leicht, ihn zu überführen, aber ich hab halt meine alte kriminalistische Routin - und raffiniert bin ich auch! M RSCHITZKA Genial raffiniert. S ZAMEK (zu Mrschitzka) Wie selbstsicher der aufgetreten ist, unser Schmugglitschinski, was ?! Sogar für den Ministerpräsidenten hat er sich ausgegeben! B
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Ruhe, SzamekN ] schreit) EvaN ] BdennN ] Bdazu, wildfremdeN ] BSeel, wasN ] Bpassiert, alsoN ] Baufregen, lieberN ] BSzamekN ] BSchmugglitschinski, derN ] BMann, jetztN ] BAnfänger, SieN ] BSchmugglitschinski, denN ] Bhopp, schonN ] BSchmugglitschinski, wasN ] B
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Lesetext
korrigiert aus: Ruhe,Szamek korrigiert aus: schreit)Eva korrigiert aus: den korrigiert aus: dazu,wildfremde korrigiert aus: Seel,was korrigiert aus: passiert,also korrigiert aus: aufregen,lieber korrigiert aus: Samek korrigiert aus: Schmugglitschinski,der korrigiert aus: Mann,jetzt korrigiert aus: Anfänger,Sie korrigiert aus: Schmugglitschinski,den korrigiert aus: hopp,schon korrigiert aus: Schmugglitschinski,was
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Fragmentarische Endfassung
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(Stille) S ZAMEK (zu Mrschitzka; etwas unsicher) Zu blöd, nicht? M RSCHITZKA Oberblöd. K ONSTANTIN Ich beschwöre Sie abermals, lassen Sie Ihren Gefangenen sofort frei, denn eventuell entsteht ja noch eine Katastrophe für die ganze zivilisierte Menschheit! Könntens denn das verantworten, Herr Szamek? S ZAMEK (sehr unsicher) Warum nicht? (zu Mrschitzka) Aber lass ihn mal raus, damit er sich beruhigt, dieser junge Grenzverletzer – M RSCHITZKA Der möcht ja doch nur unsere zwanzigtausend! Aber daraus wird nichts, eher bring ich mich um!
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H AVLICEK Ministerpräsident? Grosser Gott! S ZAMEK Aber wir haben ihn demaskiert. M RSCHITZKA Nicht zu knapp! Ich hab ihm gleich eine hingehaut. Gleich! K ONSTANTIN (zu Eva) Mir schwant ein Unheil - ein furchtbares Unheil für deinen Papa! S ZAMEK Eva! Und jetzt komm her und bitt deinen eigenen Vater um Verzeihung, dass du erst jetzt kommst, aber so, dass es dein Herr Konstantin sieht! K ONSTANTIN Moment, Herr Szamek! S ZAMEK Avanti, Eva ! Avanti! K ONSTANTIN Aber Herr Szamek! Sie haben ja Ihren eigenen Ministerpräsidenten eingesperrt, ihren eigenen echten! Und dieser Herr hat seinem eigenen echten eine hingehaut - ich beschwöre Sie, weil ich Ihre Eva lieb hab, dass ich recht hab! Die beiden Chefs wollten doch heut Nacht in aller Heimlichkeit auf der Brücke konferieren! H AVLICEK Stimmt! M RSCHITZKA Was wissen denn Sie schon, Sie Ausgewiesener?! H AVLICEK Weil ich mitkonferiert hab! E VA Aber so lass ihn doch schon frei, Papa , um Gottes Christi Willen! 얍 H AVLICEK Ich tät ihn gleich wiedererkennen. N
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K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
17. Szene.
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(Die Nacht ist nun schon durchsichtiger geworden und jetzt dämmert der Morgen.) M RSCHITZKA (öffnet die Barackentür) Raus! Y (erscheint; er ist gebrochen und weint bitterlich) 5 5–6 6 7 8 11 11 15 17 33
B
UndN ] Verzeihung, dassN ] Bkommst, aberN ] BMoment, HerrN ] BAvanti, EvaN ] BSie, weilN ] Bhab, dassN ] Bschon, SieN ] Bfrei, PapaN ] B17. Szene.N ] B
korrigiert aus: und korrigiert aus: Verzeihung,dass korrigiert aus: kommst,aber korrigiert aus: Moment,Herr korrigiert aus: Avanti,Eva korrigiert aus: Sie,weil korrigiert aus: hab,dass korrigiert aus: schon,Sie korrigiert aus: frei,Papa korrigiert aus: 18. Szene
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 87
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
Lesetext
H AVLICEK Das ist er! Y Na, der Kerl kann sich freuen, der mich da in dieses Loch 얍 M RSCHITZKA Das ist kein Loch, das ist eine amtliche BBarack, bittN ich mir aus! 5
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Y (unter argem Geschluchze) Ein Loch ist es, ein schamloses Loch! Penetrant! Wenn ich euch nur alle sehen könnt, aber ich hab ja keine Brille - (Er stürzt plötzlich auf Schmugglitschinski zu und brüllt ihn an) Was bin ich?! Ein Rauschgiftschmuggler? S CHMUGGLITSCHINSKI Ja.
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F RAU L EDA Er lügt! (Zu Schmugglitschinski) So gibs doch schon zu! Was nützt leugnen in unserer Lage?! K ONSTANTIN Sehr vernünftig.
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B
S CHMUGGLITSCHINSKI (zu Leda) Schad, dass wir nicht in die gleiche Zell kommen, da tätst was erleben! N
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F RAU L EDA Ich erleb nichts mehr.
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S ZAMEK (zu Frau Leda) Ist das wahr? F RAU L EDA Ja. 25
(Stille) S ZAMEK (brüllt) Aber also dann hinein mit Euch in das Loch! Hinein!! (Er sperrt Frau Leda und Schmugglitschinski in die amtliche Baracke) 30
얍
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B B
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(Y hat sich inzwischen an dem Tische niedergelassen und weint noch immer über die Tischplatte gebeugt.) M RSCHITZKA (fällt vor ihm in die Knie) Herr Exzellenz! Ich hab eine Familie mit drei minderjährige Töchter und vier aussereheliche Enkelkinder – Gnade! K ONSTANTIN Warum Gnade? M RSCHITZKA (zu Konstantin) Weil ich sonst meine Pensionsansprüch verlier! (zu Y) Gnade! Gnade! B
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18. Szene.
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4 17 17 18 31 35 35 37 38
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Barack, bittN ] S CHMUGGLITSCHINSKI (zuN ] BSchad, dassN ] BtätstN ] B18. Szene.N ] BM RSCHITZKA (fälltN ] BExzellenz! IchN ] BK ONSTANTIN WarumN ] BM RSCHITZKA (zuN ] B
korrigiert aus: Barack,bitt korrigiert aus: S CHMUGGLITSCHINSKI (zu korrigiert aus: Schad,dass korrigiert aus: täts korrigiert aus: 19. Szene korrigiert aus: M RSCHITZKA (fällt korrigiert aus: Exzellenz! Ich korrigiert aus: K ONSTANTIN Warum korrigiert aus: M RSCHITZKA (zu
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
K ONSTANTIN Aber Ihr braucht doch keine Gnade! Pflichtlich wart Ihr doch vorschriftlich! Pflichtlich hätt Euer Präsident einen vorschriftlichen Pass haben sollen, da er aber keinen pflichtlich-vorschriftlichen, sondern nur einen unvorschriftlich-unpflichtlichen gehabt hat, habt Ihr ihn doch vorschriftlich-pflichtlich verhaften und pflichtlich-vorschriftlich einkasteln müssen! Also braucht Ihr vorschriftlich keinerlei Gnade, denn pflichtlich seid Ihr im Recht! H AVLICEK Vorschriftlich-pflichtlich! M RSCHITZKA (bei Seite) Ein ganz ein logisches Gehirn S ZAMEK (bei Seite) Ganz ein scharfsinniger Kopf, dieser Konstantin - wundert mich! M RSCHITZKA (bei Seite) Mir scheint, er hat recht. (laut) Natürlich hat er recht! (Er erhebt sich) Sehr vorschriftlich, sehr pflichtlich! Ich brauch keine Gnad, ich such mir schon mein Recht und wenn ich unrecht tun müsst! (Bei Seite) Jetzt gönn ich ihm erst meine zwanzigtausend, ersticken soll er daran! 얍 E VA Hoch Konstantin, der Retter! Y (wimmernd) Und wer rettet mich? (Er steht auf) Nur das Dementi! Ich dementier, ich dementier! (stark schluchzend) Aber diese Nacht soll mir ein Fingerzeig gewesen sein: jetzt sperr ich aber meine ganze Opposition ein! (Er rennt heftig weinend gegen die Brücke) H AVLICEK Halt! Nach der anderen Richtung! Y Im Ernst? H AVLICEK Also mit die Richtungen kenn ich mich jetzt schon aus. Y (ab in der richtigen Richtung) B
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19. Szene.
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(Jetzt geht die Sonne auf.)
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E VA Papa! Jetzt gibst aber doch dann dein Einverständnis zu unserer langersehnten Verbindung? S ZAMEK Jetzt ja. (Zu Konstantin) Mein Sohn, du hast mich doppelt gerettet, mein Leben und meine Pensionsberechtigung, ich seh das ein, weil ich keinen falschen Charakter hab, wie die Leut bei Euch dort drüben! Also behalt sie dir, die Eva, und da habts meinen Segen! Jetzt bist ja ein reicher Mann. Zwanzigtausend enorm! B
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K ONSTANTIN AberN ] sollen, daN ] Bpflichtlich-vorschriftlichen, sondernN] Bhat, habtN ] BGnade, dennN ] BM RSCHITZKA (beiN ] BKopf, dieserN ] BM RSCHITZKA (beiN ] Bvorschriftlich, sehrN ] BGnad, ichN ] BKonstantin, derN ] Bdementier! (starkN ] B19. Szene.N ] BSohn, duN ] Bdir, dieN ] B
korrigiert aus: K ONSTANTIN Aber korrigiert aus: sollen,da korrigiert aus: pflichtlich-vorschriftlichen,sondern korrigiert aus: hat,habt korrigiert aus: Gnade,denn korrigiert aus: M RSCHITZKA (bei korrigiert aus: Kopf,dieser korrigiert aus: M RSCHITZKA (bei korrigiert aus: vorschriftlich,sehr korrigiert aus: Gnad, ich korrigiert aus: Konstantin,der korrigiert aus: dementier!(stark korrigiert aus: 20. Szene korrigiert aus: Sohn,du korrigiert aus: dir,die
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
Lesetext
K ONSTANTIN Moment ! Die Wahrheit und die Gerechtigkeit gebieten es mir feierlichst zu sagen, dass diese enorme Summe nicht mir gebühren kann, sondern (Er deutet auf Havlicek) jenem Herrn dort, denn ich hätte dich ja nie retten können, wenn er mich nicht gerettet hätt – und also ist Herr Havlicek eigentlich unser aller Retter! S ZAMEK (sprachlos) Eigentlich? 얍 H AVLICEK Eigentlich hab ich nur ein Wimmern gehört, wie ich da auf dieser Brück grad etwas entschlummert war und zuerst hab ich gedacht: das ist nur Gehörstäuscherei - aber dann hab ich halt doch nachgeschaut, weil mir mein Gefühl keine Ruhe gelassen hat. Und dann hab ich halt die beiden entfesselt. S ZAMEK (noch immer sprachlos) Wieso entfesselt? K ONSTANTIN Kurz und gut, Papa ! Ich danke dir für deinen väterlichen Segen, aber die zwanzigtausend gehören Herrn Havlicek! E VA Das ist gut von dir S ZAMEK Na servus! Jetzt bricht eine Welt in mir zusammen. E VA Und eine neue entsteht… (sie küsst Konstantin) M RSCHITZKA (zu Havlicek) Gratuliere, Herr Multimillionär! H AVLICEK Was hab ich davon? Auf einer Brück! B
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20. Szene.
F RAU H ANUSCH (kommt rasch von der Brücke, überrascht) Ja, wie kommen denn Sie daher hinüber, Herr Konstantin?! K ONSTANTIN Später ! F RAU H ANUSCH Ich such Ihnen schon überall - eine amtliche dringende Depesch! K ONSTANTIN Danke ! (er erbricht und überfliegt sie) Was? (er liest es laut) „Durch eine aussertourliche und ausserinstanzliche ministerielle Verfügung ist dem heimatlosen Ferdinand Havlicek sofort die Grenze zu öffnen“ H AVLICEK „Heimatlos“ - das bin ich! K ONSTANTIN Da steht es: schwarz auf weiss. B
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K ONSTANTIN MomentN ] sagen, dassN ] Bdich jaN ] Bkönnen, wennN ] BeinN ] Bgehört, wieN ] Bnachgeschaut, weilN ] BK ONSTANTIN KurzN ] Bgut, PapaN ] BSegen, aberN ] Bentsteht… (sieN ] BM RSCHITZKA (zuN ] BGratuliere, HerrN ] B20. Szene.N ] BH ANUSCH (kommtN ] BderN ] BJa, wieN ] Bhinüber, HerrN ] BK ONSTANTIN SpäterN ] BH ANUSCH IchN ] BK ONSTANTIN DankeN ] BK ONSTANTIN DaN ] B
korrigiert aus: K ONSTANTIN Moment korrigiert aus: sagen,dass korrigiert aus: dich ja korrigiert aus: können,wenn korrigiert aus: e in korrigiert aus: gehört,wie korrigiert aus: nachgeschaut,weil korrigiert aus: K ONSTANTIN Kurz korrigiert aus: gut,Papa korrigiert aus: Segen,aber korrigiert aus: entsteht…(sie korrigiert aus: M RSCHITZKA (zu korrigiert aus: Gratuliere,Herr korrigiert aus: 21. Szene korrigiert aus: H ANUSCH (kommt korrigiert aus: d er korrigiert aus: Ja,wie korrigiert aus: hinüber,Herr korrigiert aus: K ONSTANTIN Später korrigiert aus: H ANUSCH Ich korrigiert aus: K ONSTANTIN Danke korrigiert aus: K ONSTANTIN Da
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Fragmentarische Endfassung
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K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
Lesetext
얍 A LLE (zu Havlicek) Wir gratulieren! H AVLICEK Mir Bscheint, ichN schlaf F RAU H ANUSCH BNein, dasN tust du nicht B K ONSTANTIN WiesoN per du? F RAU H ANUSCH Später! (Sie küsst Havlicek) E VA Was seh ich? F RAU BH ANUSCH DarfN ich vorstellen: der neue Postwirt! Nur schad, dass ich heut Konkurs anmeld! H AVLICEK Trotzdem! B M RSCHITZKA WasN hör ich?! Noch ein Paar, ist das eine Freud! Rum her! K ONSTANTIN Und Sie werden BauchN keinen Konkurs Banmelden, FrauN BHanusch, denn derN neue Postwirt besitzt ab heut ein Vermögen von zwanzigtausend! F RAU BH ANUSCH JetztN fall ich um! Ferdinand! H AVLICEK Halt! Still! (drohend) Jetzt werd ich aber auch gleich edel werden! Gerecht und wahr! - Also hört Bher, IhrN! Ich hab zwar den Konstantin Bgerettet, aberN wer hat denn hier mit dem Revolver gesiegt - er oder ich? Na also! Ich war doch nur eine Voraussetzung zu seinem Glück! Darum: halb und halb. Zehn für das Glück und zehn für die Voraussetzung! F RAU BH ANUSCH AberN Havlicek! H AVLICEK Still! Ich bin Fachmann in puncto Ungerechtigkeit - ich Bweiss, wasN das wert ist: Gerechtigkeit. S ZAMEK Halb und halb? F RAU BH ANUSCH ErN ist ein braver Mann. S ZAMEK Zehntausend ist auch kein Hund. Meiner Seel, jetzt 얍 freuts mich erst Bwieder, dieseN Heiraterei! B
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(Und nun erscheint der Privatpädagoge mit seiner Frau. Er trägt die Angel und sie die ominöse Blechbüchse mit den Regenwürmern) P RIVATPÄDAGOGE (gut gelaunt) Guten Morgen, guten Morgen! So früh schon auf? B
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21. Szene.
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scheint, ichN ] Nein, dasN ] BK ONSTANTIN WiesoN ] BH ANUSCH DarfN ] BM RSCHITZKA WasN ] BauchN ] Banmelden, FrauN ] BHanusch, f derN ] BH ANUSCH JetztN ] Bher, IhrN ] Bgerettet, aberN ] BH ANUSCH AberN ] Bweiss, wasN ] BH ANUSCH ErN ] Bwieder, dieseN ] B21. Szene.N ] BominöseN ] BP RIVATPÄDAGOGE (gutN ] B
korrigiert aus: scheint,ich korrigiert aus: Nein,das korrigiert aus: K ONSTANTIN Wieso korrigiert aus: H ANUSCH Darf korrigiert aus: M RSCHITZKA Was korrigiert aus: such korrigiert aus: anmelden,Frau korrigiert aus: Hanusch,denn der korrigiert aus: H ANUSCH Jetzt korrigiert aus: her,Ihr korrigiert aus: gerettet,aber korrigiert aus: H ANUSCH Aber korrigiert aus: weiss,was korrigiert aus: H ANUSCH Er korrigiert aus: wieder, diese korrigiert aus: 22. Szene Korrektur von fremder Hand (Marton): omin[ä] ö se korrigiert aus: P RIVATPÄDAGOGE (gut
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
E VA (lächelt) Wir hatten alle Nachtdienst, alle miteinander. P RIVATPÄDAGOGE Und wir gehen jetzt angeln. Meine brave Frau hat mir herrliche Würmer gebracht – (ab mit ihr auf die Brücke) M RSCHITZKA (ruft ihnen nach) Petri Heil! B
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F RAU H ANUSCH Jessus, jetzt hab ichs vergessen! Da hab ich ja noch eine dringende Depesch an dich persönlich H AVLICEK An mich? F RAU H ANUSCH Ja. Eine schöne. H AVLICEK Woher weisst denn das? Erbrichst du meine Post? F RAU H ANUSCH Aber geh, ich bin doch die Posthilfsstelle und bei mir lauft alles ein! H AVLICEK Dann kennst also auch das Morse-Alphabet? Respekt! (Er erbricht die Depesche und liest sie) Na das ist aber rührend! Rührend! M RSCHITZKA Vorlesen! Laut ! Wir wollen auch gerührt werden! H AVLICEK Vom Chef dort drüben, das heisst: vom ehemaligem Chef - (er liest) „Mein lieber Herr Havlicek stop es ist mir 얍 ein Bedürfnis, bevor ich demissioniere Ihnen zu helfen stop es drängt mich noch im Besitze der Macht eine menschliche Tat zu begehen stop über alle Gesetze hinweg stop Sie sind also nun erlöst von Ihrer penetranten Brücke und ich hoffe, dass es Ihnen gut gehen wird, während ich mich in meine Einsamkeit zurückziehe um an meinen Memoiren zu arbeiten stop fieberhaft zu arbeiten stop Tag und Nacht stop mit drei Sekretärinnen stop leben Sie wohl stop Ihr - “ (Er wischt sich einige Tränen aus den Augen) Ich wünsche ihm alles Gute für seine Memoirenschreiberei, er soll sich nur selbst gerecht behandeln - - Leut, die so depeschieren, stellen sich meist zurück. Hoffentlich streicht er sich heraus. Und was die Depesch kostet, grosser Gott (er zählt) Siebenundachtzig Wörter! Und dringend, also dreifach! M RSCHITZKA Bezahlt die Allgemeinheit! F RAU H ANUSCH Irrtum! Diese Depesch ist privat! B
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22. Szene.
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Nachtdienst, alleN ] P RIVATPÄDAGOGE UndN ] BM RSCHITZKA (ruftN ] B N] B22. Szene.N ] BH ANUSCH f jetztN ] Bvergessen!N ] BH ANUSCH f ichN ] BM RSCHITZKA f LautN Bdrüben, dasN ] BChef -N B„MeinN ] BBedürfnis, bevorN ] Bhoffe, dassN ] Bwird, währendN BLeut, dieN ] Bdepeschieren, stellenN ] Bkostet, grosserN ] BM RSCHITZKA BezahltN ] B
korrigiert aus: Nachtdienst,alle korrigiert aus: P RIVATPÄDAGOGE Und korrigiert aus: M RSCHITZKA (ruft gestrichen: Eintragungen von fremder Hand (Gál): { }! korrigiert aus: 23. Szene korrigiert aus: H ANUSCH Jessus,jetzt korrigiert aus: vergessen ! korrigiert aus: H ANUSCH Aber geh,ich korrigiert aus: M RSCHITZKA Vorlesen! Laut korrigiert aus: drüben,das korrigiert aus: Chefkorrigiert aus: Mein korrigiert aus: Bedürfnis,bevor korrigiert aus: hoffe,dass korrigiert aus: wird,während korrigiert aus: Leut,die korrigiert aus: depeschieren,stellen korrigiert aus: kostet,grosser korrigiert aus: M RSCHITZKA Bezahlt
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
Lesetext
H AVLICEK Ich sag ja: ein vornehmer Mensch, überhaupt : ein Mensch! Und überhaupt und eigentlich, wie leicht dass man so unmenschliche Gesetz menschlich ausser Kraft setzen kann - Schad, dass man immer gleich demissionieren muss! B
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(Der Privatpädagoge und seine Frau erscheinen nun strahlend auf der Brücke mit einem gefangenem Riesenfisch) B
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P RIVATPÄDAGOGE Da! Ein Riesenhecht! A LLE Wir gratulieren! P RIVATPÄDAGOGE Der Tag beginnt gut und die Nacht war doch so 얍 düster! Heut angel ich nimmer! Das ist ein Hecht! H AVLICEK Abrakadabra! P RIVATPÄDAGOGE (begeistert) Abrakadabra !! Und Ihr seid alle eingeladen zu diesem Fang! Meine Frau kocht ja so pikant und ohne ihre Würmer hätten wir jetzt alle miteinander keinen Hecht! (zur Frau) Geh, nimm diesen Hecht, er sei dein, mir ist er schon zu schwer! M RSCHITZKA Fisch ess ich gern! Wenn ich nur wüsst, wo ich meine Schuh hab, Kruzifix! Aber was, mir schmeckts auch nackt - das wird ein Verlobungsschmaus! F RAU Verlobung? S ZAMEK (deutet auf Konstantin und Eva) Dort! Das junge Paar! P RIVATPÄDAGOGE UND F RAU Wir gratulieren! F RAU H ANUSCH Na und wir? In vier Wochen heiss ich Frau Havlicek! A LLE Wir gratulieren! H AVLICEK Danke. E VA Und in vier Wochen heiss ich - (zu Konstantin) wie du. Und in sieben Monat (sie küsst ihn) S ZAMEK Was?! Schon in sieben Monat?! M RSCHITZKA Ich gratuliere. S ZAMEK Na servus! F RAU H ANUSCH Aber Herr Szamek! Ende gut, alles gut! S ZAMEK Ich hab ja immer schon gewusst, dass die Leut dort drüben einen falschen Charakter haben! P RIVATPÄDAGOGE Das junge und das noch jüngere Paar - sie leben hoch! A LLE Hoch! Hoch! Hoch! B
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Mensch, überhauptN ] eigentlich, wieN ] BSchad, dassN ] B23. Szene.N ] Bstrahlend N ] BNachtN ] BP RIVATPÄDAGOGE f AbrakadabraN ] BGeh, nimmN ] BHecht, erN ] BM RSCHITZKA IchN ] BH ANUSCH AberN ] B
korrigiert aus: Mensch,überhaupt korrigiert aus: eigentlich,wie korrigiert aus: Schad,dass korrigiert aus: 24. Szene korrigiert aus: strah lend korrigiert aus: Navht korrigiert aus: P RIVATPÄDAGOGE (begeistert)Abrakadabra korrigiert aus: Geh,nimm korrigiert aus: Hecht,er korrigiert aus: M RSCHITZKA Ich korrigiert aus: H ANUSCH Aber
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Fragmentarische Endfassung
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24. Szene. Finale
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H AVLICEK Daß ich das noch durft erleben, daß es solch rein Freuden gibt! Plötzlich ist die Grenz gefallen, ich darf mit den andern allen in der alten, niegekannten Heimat leben, die man ohne Grenzen liebt.
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S ZAMEK Ohne Grenzen, ohne Grenzen gäb es keinen Staat und keine Ordnung in der Welt! Wir tun von den Grenzen leben, also muß es Grenzen geben. Nein, das wär ein ganz ein arges Gfrett, wenn man keine Grenzen, keine Grenzen hätt!
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A LLE Ja, das ist wahr, das ist ganz klar, so könnts nicht gehn! ohne Grenzen, ohne Grenzen wär das Leben gar nicht schön.
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K ONSTANTIN Denn wenn ein jeder das tät, was er möcht, und das unterließ, was er nicht möcht, wenn ein jeder so wär, wie er ist, na servus! Das wär ein feiner Mist! Na gute Nacht, das wär ein Erwachen! da hätten wir alle nichts zu lachen!
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A LLE Ja, das ist wahr, das ist ganz klar, so könnts nicht gehn: ohne Grenzen, ohne Grenzen wär das Leben gar nicht schön!
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F RAU H ANUSCH Die Jugend, die ist allweil keck und räumert gern alle Grenzen weg. Wir reiferen, gesetzteren Leut, wir denken an die Ewigkeit.
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24. Szene.N ] ] B N] Bist, -N ] B N
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[25. Szene] 25. Szene korrigiert aus: 25. Szene Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \2. Teil, S. 32/ [(kommt anstelle des Finales im Buch S. 32)] korrigiert aus: ist,-
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
Lesetext
H AVLICEK P RIVATPÄD . Wir denken an die Ewigkeit! SEINE F RAU P RIVATPÄD . Vor allen Dingen leiden wir an einem schrecklichen Gewirr von Wünschen, Begierden, Gedanken, von Trieben, gesunden und kranken, gescheiten und dummen, geraden und krummen, wie’s heutzutag der Fall ist, wo kaum noch wer normal ist.
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H AVLICEK In Anbetracht solcher Innenleben muß es eben Grenzen geben.
15
얍
A LLE Ja, das ist wahr! Es liegt ganz klar in der Natur: ohne Grenzen, ohne Grenzen gibt es keinerlei Kultur!
20
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 97
Y (erscheint auf der Brücke -- er kam vom rechten Ufer) 25
M RSCHITZKA (erblickt ihn) Was seh ich?! Bin ich denn blind?! S ZAMEK Die Exzellenz! K ONSTANTIN Wie kommt denn der von mir dort drüben da hier her?!
30
Y Wenn mir nur ein lebendes Wesen sagen könnt, wo mein penetranter Wagen -K ONSTANTIN (unterbricht ihn) Wie kommens denn her von jenseits der Grenz?! 35
Y Ueber die Brücke! K ONSTANTIN Aber wie sinds denn hinüber? Da müssens ja direkt geschwommen sein!
40
Y Vielleicht bin ich auch geschwommen! Ich bin ja so kurzsichtig und ohne Brille seh ich keine Grenzen! H AVLICEK Dort ist die Tür! Hier ist die Grenz! Marsch!
45
Y (ab)
11
B
wie’sN ]
Korrektur von fremder Hand (Gál): wie\’/s
298
Fragmentarische Endfassung
5
K1/TS2/A2 (Korrekturschicht)
A LLE Dort ist die Tür! Hier ist die Grenz! Das gilt für alle in Permanenz. Grenzen wird es immer geben, denn von den Grenzen tun wir leben. So ziehen wir die Konsequenz: Es lebe hoch die schöne Grenz!
Ende
299
Lesetext
Endfassung
얍
K1/TS5 (Korrekturschicht)
Lesetext
HIN UND HER
ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 2
Posse in zwei Teilen von Ödön von HORVATH Musik von Hans Gal.
5
얍
Personen:
ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 3
F ERDINAND H AVLICEK T HOMAS S ZAMEK , ein Grenzorgan E VA , dessen Tochter K ONSTANTIN , auch ein Grenzorgan M RSCHITZKA , ein Gendarm. F RAU H ANUSCH X, der Chef der Regierung auf dem rechten Ufer Sein S EKRETÄR Y, der Chef der Regierung auf dem linken Ufer Ein P RIVATPÄDAGOGE Dessen F RAU F RAU L EDA S CHMUGGLITSCHINSKI , ein Oberschmuggler D REI S CHMUGGLER
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15
20
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Bemerkung: Dies Stück ist für eine Drehbühne geschrieben. 얍
Schauplatz:
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35
40
Dieses „Hin und Her“ ereignet sich auf einer alten bescheidenen Holzbrücke, die über einen mittelgrossen Grenzfluss führt, und also zwei Staaten in gewisser Weise miteinander verbindet. Rechts und links, dort wo die Brücke aufhört, wacht das jeweilige Grenzorgan, und zwar residiert auf dem linken Ufer Thomas Szamek in einer Baracke und auf dem rechten Ufer Konstantin in einem halbverfallenen Raubritterturm. Beide Herren haben einen geruhsamen Dienst, denn hier wickelt sich normalerweise nur ein kleiner Grenzverkehr ab, da ja dieses ganze Gebiet, hüben wie drüben, etwas abseits liegt. An beiden Ufern steht dichtes Gebüsch und die Zweige der Trauerweiden hängen in den Grenzfluss hinab. Es ist eine etwas monotone Gegend, überall flach - selbst am Horizont gibt es nur Wolken, statt irgendwelcher Hügel. Aber schöne Wolken.
300
ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 4
Endfassung
얍
Lesetext
E r s t e r Te i l . 1. Szene.
ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 5
Brückenkopf auf dem linken Ufer. Das Grenzorgan Thomas S ZAMEK steht vor seiner amtlichen Baracke und singt das Lied vom braven Grenzorgan. Während des Vor- und der Zwischenspiele wickelt sich ein sogenannter „kleiner Grenzverkehr“ ab - und Thomas Szamek kontrolliert, visitiert, etc.
5
S ZAMEK Hier les ich nun mein Morgenblatt, das heisst, das gestrige Abendblatt, denn der Bummelzug bringt aus der Stadt erst morgen das heutige Morgenblatt. So weit steh ich hier drausst am Rand, das heisst am Rand vom Vaterland, und drüben über diese Brück liegt ein fremdes Land voll Tück, voll Tücke, voll Tücke, jenseits dieser Brücke.
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15
Wenn einer mit Verstand und List und Leib und Seele ärarisch ist, so merkt sein scharf geübter Blick sofort einen jeden Verbrechertrick. Nun kenn ich leider meine Leut und weiss, wie sich ein jeder freut, wenn er mal über unsre Brück kann was schmuggeln voller Tück, voll Tücke, voll Tücke, über diese Brücke.
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K1/TS5 (Korrekturschicht)
얍
Erst gestern hab ich ein’ verhaft und gleich in sichere Gwahrsam gschafft, der hat, wie ich ihn scharf fixiert, ein ganz unschuldiges Gsicht simuliert. Daraus hab ich sofort erkannt, obwohl ich keinen Beweis noch fand, dass er geplant hat voller Tück, in d’ Luft zu sprengen diese Brück, voll Tücke, voll Tücke, diese schöne Brücke.
35
ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 6
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45
2. Szene. (Jetzt kommt eine ältere verschüchterte Frau und möchte an der Baracke vorbei auf die Brücke. In der Hand hält sie eine Blechbüchse.) S ZAMEK Halt! Was ist, was ist? So einfach vorbei an dem Grenzorgan, an der amtlichen Passtelle, an der Zollbehörd? Wissen’s denn nicht, dass wir da aufhören und dass dort drüben ein anderer Staat beginnt? B
46
B
beginnt?N ]
korrigiert aus: beginnt ?
301
N
Endfassung
5
K1/TS5 (Korrekturschicht)
F RAU O gewiss. S ZAMEK Na also! F RAU Aber ich muss ja nur auf die Brücke. Zu meinem Gatten. S ZAMEK (betrachtet sie) S i e haben einen Gatten? F RAU Er angelt. S ZAMEK Aha! Das heisst: er fischt. F RAU Ja. Er ist nämlich ein leidenschaftlicher Amateurfischer. Wir sind erst seit gestern hier aus der Stadt, um uns zu erholen. Mein Gatte ist Privatpädagoge. S ZAMEK Was habens denn in der Blechschachtel? F RAU Regenwürmer. 얍 S ZAMEK Ha? Also zeigens nur mal her, diese ominöse Blechschachtel F RAU (überreicht sie ihm) S ZAMEK (öffnet sie und lässt sie voll Ekel fallen) Brrr! F RAU Um Christi willen! Meine Würmer! (Sie kniet nieder) So helfens mir doch, die Würmer zusammenklauben S ZAMEK Ich werd mich beherrschen. F RAU Aber Sie haben sie doch fallen lassen! S ZAMEK Aber ich kann keine Würmer anrühren! Meiner Seel, ich erbrech mich noch! F RAU (klaubt nun die Würmer wieder zusammen, leise) Sie wissen ja garnicht, was Sie mir antun, wenn ich ohne Würmer komm - S ZAMEK Also gehens nur schon - und guten Appetit! F RAU (die sich mit ihrer wiedergefüllten Blechbüchse erhoben hatte) Danke - (ab auf die Brücke) B
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N
B
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얍
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 7
3. Szene. S ZAMEK (sieht ihr nach) Brrr! Man hats nicht leicht als Grenzorgan - - Aber der Thomas Szamek wacht und fürchtet sich nicht! Treu und bieder, ehrbar und unbestechlich mit einem offenen, aber durchdringenden Blick - ein Grenzorgan, - ein Exemplar von einem Grenzorgan, auf den sich die Grenz verlassen kann, ein Prachtexemplar - Ach, da kommt ja mein gnädiges Fräulein Tochter! Was die schon wieder für ein zuwideres Gesicht schneidet vor lauter Verliebtheit!
25
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Lesetext
N
4. Szene. E VA (kommt mit einem grossen Gefäss) Guten Tag Papa. Ich bring dir da nur deinen Kaffee - S ZAMEK Wieviel? E VA Zweieinhalb Liter! S ZAMEK Zweieinhalb! Wie oft soll mans dir denn noch sagen, dass ich mindestens vier Liter brauch, wenn ich Nachtdienst hab! Sonst schlaf ich ja ein und was wird dann?! Geschmuggelt wird dann, dass die Fetzen fliegen! Und übrigens war die Strudel gestern miserabel und warum war sie miserabel? Weil das gnädige Fräulein Eva bei der Strudel keine Strudel im Kopf gehabt hat, sondern ihren Herrn Konstantin von da drüben und sonst nichts, bis sie noch einmal in andere Umständ kommt vor lauter Liebe! E VA Geh wirf mir doch das nicht immer vor! 9 28
B B
habensN ] Grenzorgan, -N ]
korrigert aus: haben vgl. K1/TS1/ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 5 korrigiert aus: Grenzorgan,-
302
ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 8
Endfassung
K1/TS5 (Korrekturschicht)
Lesetext
S ZAMEK (schreit sie an) Schrei mich nicht an! Ich kenn die Leut da drüben seit sechsundfünfzig Jahr! Die haben alle einen falschen Charakter, alle! E VA Nein! Aufrichtiger wie mein Konstantin S ZAMEK (unterbricht sie) Das ist ja grad seine Falschheit, dass er so aufrichtig ist! Die da drüben sind alle verschmitzt und verlogen, sie rennen es dir von hinten hinein, das Messer, den Dolch, das Schwert und was weiss ich! E VA Da kann ich nur lächeln. S ZAMEK Lächle nur! Wie oft haben die uns schon verraten in den letzten sechshundert Jahr?! Ein schmutziges Volk! E VA Der Konstantin ist immer adrett und so fein rasiert S ZAMEK Also nur keine Anspiegelungen! Noch bin ich dein eigener Vater!
5
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얍 15
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5. Szene. (Nun erscheint der Gendarm Mrschitzka - er begleitet mit aufgepflanztem Bajonett den vom linken Ufer ausgewiesenen Ferdinand Havlicek.) S ZAMEK Was seh’ ich?! Mrschitzka! M RSCHITZKA Szamek! Na, das nennt sich aber eine freudige Ueberraschung! (er umarmt ihn, wobei er aber durch sein Bajonett gestört wird) Kruzifix! S ZAMEK Lang haben wir uns nicht gesehen, alter Freund! Acht lange schwere Jahr - M RSCHITZKA Irrtum, Thomas, sieben! S ZAMEK So? Erst sieben? Wie rasch die Zeit vergeht! M RSCHITZKA Was hast denn da für ein sauberes Frauenzimmer? Mir scheint, mir scheint, alter Gauner! S ZAMEK Leise! Meine Tochter! M RSCHITZKA Wer? Die Eva? Die war doch gestern noch so gross - (er deutet einen Meter hoch) Wie die über Nacht aufgeblüht ist - Schweinerei! Da merkt man erst, wie alt dass man wird! S ZAMEK (zu Eva) Erinnerst dich noch an den braven Onkel Mrschitzka, mit dem du immer Räuber und Gendarm gespielt hast? E VA ( lächelt) Aber so etwas vergisst man doch nicht! M RSCHITZKA Freut mich, Fräulein Eva! Freut mich sehr! E VA Mich auch. S ZAMEK (zu Eva) Freu dich nicht, wärm lieber den Kaffee! (zu Mrschitzka) Trinkst doch einen Kaffee? 얍 M RSCHITZKA Wenn er gut ist. Besonders mit Rum. S ZAMEK Das hör ich gern. (zu Eva) Also wärm schon! E VA (ab in die Baracke, um den Kaffee zu wärmen) B
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B
N
N
6. Szene. M RSCHITZKA (sieht Eva nach) Knusperig . Sehr knusperig! S ZAMEK Ja, die Kinder werden länger und unsere Tage werden kürzer. M RSCHITZKA Apropos kürzer: eine unerhörte Geschicht ist das wieder in punkto Gehaltskürzung, was sich die da drinnen in ihrem Exekutivministerium, diese zottigen Büffel S ZAMEK (unterbricht ihn) Pst! B
28 30 40
ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 9
B
Eva) ErinnerstN ] lächelt) AberN ] Bnach) KnusperigN ] B
N
korrigiert aus: Eva) Erinnerst korrigiert aus: lächelt) Aber korrigiert aus: nach) Knusperig
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 10
Endfassung
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K1/TS5 (Korrekturschicht)
M RSCHITZKA Aber geh, unter uns! S ZAMEK Und der Herr dort, mit dem du M RSCHITZKA Jesus, den hab ich jetzt ganz vergessen vor lauter Wiedersehensfreud! Maria Josef, also der ist eine dienstliche Angelegenheit. Ich muss ihn hier an der Grenz abliefern. S ZAMEK Aha! Ein Ausgewiesener! M RSCHITZKA Per Schub. Weil er nämlich da hinüber zuständig ist. Havlicek heisst er. S ZAMEK Aha. M RSCHITZKA Ferdinand Havlicek. Ein ruhiges Subjekt. S ZAMEK Apropos Havlicek: der alte Podlicek hat sich ganz versoffen 7. Szene. H AVLICEK (plötzlich) Pardon bitte M RSCHITZKA Ha? 얍 H AVLICEK Ich wollte nur mit dem Herrn Grenzbeamten - nämlich hier an der Grenze wollt ich noch einmal sprechen, behufs meiner Ausweisung. S ZAMEK Da bin ich nicht kompetent. H AVLICEK Aber man tut mich da so einfach hinaus, wo ich doch schon garnichts angestellt hab -M RSCHITZKA Schon wieder?! (zu Szamek) Natürlich hat er nichts angestellt, dieser Ausgewiesene, aber sein Vermögen hat er verloren und hierauf sollte er unserer Wohlfahrtspflege zur Last fallen. Aber wieso kommt denn unsere Wohlfahrtspflege dazu, für einen Ausländer, wo doch unser Staat sowieso ein armes Hascherl ist, ein Aschenbröderl ein kleines, das selbst seinen braven Exekutivorganen nur einen Schundgehalt zahlt und sonst nichts! H AVLICEK (zu Szamek) Pardon , bitte, aber dieser Herr sieht meinen Sachverhalt unter einem anderen Blickpunkt. Nämlich ich war hier herüben ein Drogeriebesitzer - - es war zwar nur eine bescheidene Drogerie, aber trotzdem: es war immerhin eine Drogerie. Alles konntens bei mir kaufen, landläufiges und diskretes, bis ich zugrund gegangen bin. M RSCHITZKA Eben! H AVLICEK Aber meine Herrschaften, ist denn das nicht eine Ungerechtigkeit?! Uebermorgen wirds ein halbes Jahrhundert, dass ich hier leb - dreissig Jahr hab ich Steuer gezahlt, ohne zu zucken, und jetzt, wo mich mein Unglück trifft, da schmeisst man mich raus mit Bajonett-auf! 얍 M RSCHITZKA Bajonett-auf ist nur Formalität. S ZAMEK (etwas verlegen) Das sind halt so die kleinen Ungerechtigkeiten des menschlichen Lebens. H AVLICEK Kleine Ungerechtigkeiten - (er lächelt) M RSCHITZKA Da hilft sich nichts! Also gehens jetzt nur schön hinüber in Ihre Heimat. H AVLICEK „Heimat“? Ich war überhaupt noch nie drüben M RSCHITZKA Unsinn! Dummer Unsinn! Wo sinds denn geboren worden, wenn nicht drüben! B
B
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B
Szamek) NatürlichN ] unsereN ] BSzamek) PardonN ] Bverlegen) DasN ] B
N
N
B
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 11
N
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Lesetext
N
korrigiert aus: Szamek) Natürlich Korrekturen von fremder Hand: uns[ ]ere korrigiert aus: Szamek) Pardon korrigiert aus: verlegen) Das
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 12
Endfassung
K1/TS5 (Korrekturschicht)
Lesetext
H AVLICEK Pardon, an das hab ich jetzt nicht gedacht M RSCHITZKA Na also! Wohin man geboren ist, dorthin ist man zuständig! H AVLICEK Aber vierzehn Tag nach meinem Geborenwerden bin ich schon herüber und seit der Zeit war ich da. Nur da! Ein ganzes Leben . M RSCHITZKA Leben her, Leben hin! Zuständig sinds dort drüben! Kruzifix, wie oft soll ich das jetzt noch repetieren! Zu-stän-dig! (Hier setzt begleitende Musik ein) H AVLICEK Ja. Dann muss es halt sein. Also dann verlass ich jetzt dieses Land. Ich hab hier viel erlebt und gelernt und erfahren - - was wird noch kommen? - Also adieu! (Er will ab auf die Brücke) S ZAMEK Halt! (Musik verstummt) S ZAMEK Und seiens so gut, wenns jetzt eh schon da hinübergehen, richtens dem drüben gleich etwas aus. H AVLICEK Wem? S ZAMEK Diesem Grenzorgan drüben. Konstantin heisst er. Sagens ihm einen schönen Gruss vom Thomas Szamek und meine 얍 Tochter wird heut Nacht nicht kommen! H AVLICEK Ich werds ihm bestellen - - (ab und wieder Musik) S ZAMEK Wo bleibt denn nur der Kaffee? (Er ruft in die Baracke) Eva! Eva! B
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B
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8. Szene. (Ferdinand Havlicek geht nun über die Brücke nach dem anderen Ufer - an dem Privatpädagogen vorbei, der mitten auf der Brücke leidenschaftlich angelt. Seine Frau, die ihm die Würmer gebracht hat, steht neben ihm und blickt ebenfalls pflichtbewusst hinab, ob etwas anbeisst.) P RIVATPÄDAGOGE (zu Havlicek) So tretens doch gefälligst leise auf! Sehens denn nicht, dass man da angelt? Vertreibt einem die ganzen Fisch! H AVLICEK Pardon! P RIVATPÄDAGOGE Rücksichtslosigkeit sowas! Grad jetzt hätt einer endlich angebissen! F RAU (deutet hinab) Jetzt ! P RIVATPÄDAGOGE Ruhe ! Dass du mir kein Wort! Jetzt ist er natürlich wieder weg, der Hecht. Abrakadabra abrakadabra - bin ich nervös! B
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9. Szene (Havlicek setzt nun seinen Weg auf Zehenspitzen weiter und erreicht so das andere Ufer. Dort steht bereits das Grenzorgan Konstantin mitten auf dem Brückenkopf neben seinem halbverfallenen Raubritterturm. Dieses Grenzorgan ist ein fescher Mensch mit einer schneidigen Uniform und er macht einen freundlichen Eindruck.) H AVLICEK (verbeugt sich leicht vor ihm und wieder verstummt die Musik.)
4 14 26 27 32 33
B
LebenN ] seiensN ] Banbeisst.)N ] BHavlicek) SoN ] Bhinab) JetztN ] BP RIVATPÄDAGOGE RuheN ] B
korrigiert aus: leben Korrektur von fremder Hand: seien\s/ korrigiert aus: anbeisst. korrigiert aus: Havlicek) So korrigiert aus: hinab) Jetzt Korrektur von fremder Hand: P RIVATPÄDAGOGE \ /Ruhe
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 13
Endfassung
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K1/TS5 (Korrekturschicht)
Lesetext
얍 K ONSTANTIN Ihren Grenzschein bitte. H AVLICEK Leider. Ich kann Ihnen nur hier damit dienen - (er überreicht ihm seinen Ausweisungsschein) K ONSTANTIN (betrachtet Bihn) AhaN. Eine Ausweisungssache. H AVLICEK Innerhalb achtundvierzig Stunden. K ONSTANTIN Per Schub. H AVLICEK Weil ich mich geweigert hab. (Stille) K ONSTANTIN Hm. Und nun wollen Sie hier zu uns herein H AVLICEK Wollen? Ich muss. K ONSTANTIN Aber Sie werden nicht können. H AVLICEK Wieso? K ONSTANTIN Sie gehören doch nicht unserem Staatsverbande an. H AVLICEK Wieso bitte nicht? K ONSTANTIN Weil Sie ein Ausländer sind. H AVLICEK Interessant! Aber die Herren Grenzorgane drüben behaupten, dass ich hier herüber zuständig bin infolge meiner seinerzeitigen hiesigen Geburt. K ONSTANTIN Das allein genügt noch nicht. Wir haben bereits vor zwanzig Jahren ein Gesetz erlassen in jener Hinsicht, dass sich ein jeder Staatsbürger, der dauernd im Ausland lebt, innerhalb von fünf Jahren beim zuständigen Konsulat melden muss, widrigenfalls er seine Staatsbürgerschaft verliert, und zwar automatisch. H AVLICEK Warum? K ONSTANTIN Nur so. H AVLICEK Das ist mir neu. K ONSTANTIN Die Notiz über das Gesetz stand aber in allen Tagesblättern. 얍 H AVLICEK Aber ich les ja nie eine Notiz, höchstens die Todesanzeigen! K ONSTANTIN Ihre Schuld! Dadurch dass Sie nur Todesanzeigen lesen, haben Sie naturnotwendig die Anmeldefrist versäumt und gehören nun automatisch nicht mehr daher. H AVLICEK Sehr interessant. Aber: wohin gehör ich denn dann bitte? K ONSTANTIN Dann nirgends. (Stille) B N H AVLICEK ( lächelt) „Nirgends “ - - Unfug. Man ist doch immerhin vorhanden K ONSTANTIN Gesetz ist Gesetz. H AVLICEK Aber solche Gesetze sind doch unmenschlich K ONSTANTIN Im allgemeinen Staatengetriebe wird gar oft ein persönliches Schicksal zerrieben. H AVLICEK Schad. (Stille) K ONSTANTIN Kurz und gut: Hier herein könnens ausgeschlossen, denn ich hab meine strikten Vorschriften. Aber wissens was? Schreibens ein detailliertes Gesuch an unseren Innenminister, und besser auch an den Aussenminister, dass Sie besagte Anmeldefrist versäumt haben und dass Sie nun wieder um die automatisch verlorene Staatsbürgerschaft bitten. Schreibens auch gleich an den Finanzminister, den geht sowas auch etwas an, und wenn Sie Soldat waren, dann lieber auch 4 33
B B
ihn) AhaN ] lächelt) „NirgendsN ]
korrigiert aus: ihn) Aha korrigiert aus: lächelt) „Nirgends
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 14
ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 15
Endfassung
K1/TS5 (Korrekturschicht)
gleich an den Kriegsminister. Und selbstverständlich vor allem an den Wohlfahrtsminister, aber das beste wär natürlich, wenn Sie auch gleich 얍 ausserdem an den Herrn Ministerpräsidenten persönlich direkt zu Händen ein Extragesuch H AVLICEK Halt! (er fasst sich an den Kopf) Lieber Herr, wie schreibt man eigentlich solche Gesuche? K ONSTANTIN Ja, da müsstens schon einen Advokaten fragen. H AVLICEK Wo? Da auf der Brück? B
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10. Szene. (Jetzt kommt Frau Hanusch, die Wirtin zur Post, mit einem Gefäss.) K ONSTANTIN A, das ist aber lieb, Frau Hanusch, dass mir heut gleich die Postwirtin selbst persönlich meinen Nachtdienstkaffee bringt, statt der Klara - Küss die Hand! F RAU H ANUSCH Die Klara hab ich zum Teufel gejagt - ich kann keine Löhn mehr zahlen, mit meiner Wirtschaft gehts bergab! Der stolze Gasthof zur Post - hundertzweiunddreissig Jahr im Besitze der Familie. Wissens, wenn halt der Mann tot ist K ONSTANTIN Na, Sie finden schon noch einen anderen Mann, bin ich überzeugt! F RAU H ANUSCH Das freut mich. Aber bis dahin bin ich krepiert. Ohne Mann geht halt kein Hotel! Zwar gearbeitet hab ja immer nur ich, gekocht, gewaschen und gebuchgeführt, er hat ja nie etwas getan, mein Seliger - - immer hat er nur mit die Stammtischgäst getrunken und Karten gespielt, aber es muss halt wer da sein zum Repräsentieren! H AVLICEK (bei Seite) Das wär ein Beruf für mich. 얍 K ONSTANTIN Tröstens Ihnen nur, Frau Hanusch! F RAU H ANUSCH Mit was denn bitte? Sie habens natürlich leicht, Herr Konstantin! Sie stehen da herum, kontrollieren die Leut und leben davon - aber ich! Wenn ich bis morgen mittag keine zehntausend auftreib, dann lösch ich mich aus! K ONSTANTIN Seiens so gut! F RAU H ANUSCH Oder meinens vielleicht, dass ich bis morgen Mittag zehntausend auftreib? K ONSTANTIN Kaum. F RAU H ANUSCH Nie! H AVLICEK Es wär ein Wunder! K ONSTANTIN (hatte Havlicek momentan vergessen, ärgert sich nun über sich selbst und wird deshalb etwas scharf) Wie bitte?! (Stille) F RAU H ANUSCH Wer ist denn dieser Herr? K ONSTANTIN Niemand. Ein amtlicher Fall. H AVLICEK Pardon, dass ich mich da hineingemischt hab mit meinem Wunder K ONSTANTIN (unterbricht ihn) Also gehens doch schon wieder retour! Hier habens nichts verloren! H AVLICEK Interessant. Ich werds denen drüben sagen - - (er verbeugt sich wieder leicht vor Konstantin und will ab, hält aber plötzlich noch einmal) Sofort ! Näm-
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B
B
N
N
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4 18 35 40 43
B
Kopf) LieberN ] dahinN ] Bscharf) WieN ] Bihn) AlsoN ] Beinmal) SofortN ] B
ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 16
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Lesetext
korrigiert aus: Kopf) Lieber korrigiert aus: dahin, korrigiert aus: scharf) Wie korrigiert aus: ihn) Also korrigiert aus: einmal) Sofort
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N
ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 17
Endfassung
K1/TS5 (Korrekturschicht)
lich ich muss Ihnen ja noch etwas bestellen, hätt ich jetzt total vergessen. Einen schönen Gruss vom Herrn Thomas Szamek 얍 K ONSTANTIN ( perplex) Szamek ? H AVLICEK Derselbe. Von dem Herrn Grenzorgan drüben - und er lässt Ihnen sagen, dass sein Fräulein Tochter heute Nacht nicht herüberkommen kann. (Stille) K ONSTANTIN (zu Frau Hanusch) Habens das gehört? F RAU H ANUSCH Vornehm. K ONSTANTIN Ein Rabenvater. Nicht genug, dass er seine zarte Tochter tyrannisiert, macht er sich da auch noch lustig über mich! (zu Havlicek) Also sagens dem Szamek, der Herr Konstantin erwidert seine Grüsse auf das familiärste und er freut sich heut Nacht auf das Fräulein Tochter. H AVLICEK Werds ausrichten - - (ab und wieder setzt Musik ein) B
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N
11 . S z e n e . (Und wieder geht nun Havlicek über die Brücke - und da er in die Nähe des Privatpädagogen kommt, erinnert er sich und tritt vorsichtig auf den Zehenspitzen auf.) P RIVATPÄDAGOGE Tretens nur ruhig fest auf, lieber Herr! Und trampelns, trampelns! Meiner Seel, da könnt jetzt ruhig ein ganzes Regiment mit Artillerie, es beisst nichts an! Und wer ist dran schuld?! Die Würmer! H AVLICEK (betrachtet die Würmer) P RIVATPÄDAGOGE Oder sind das vielleicht keine Krepiererl?! Extra hab ich es ihr eingeschärft, meiner lieben Frau Gemahlin: nur dicke Würmer! Nein! Ganz dünne bringt sie mir daher, bei denen man sich immer ins eigene Fleisch sticht, wenn man sie aufspiesst ! ( zur Frau) Geh und bring mir dicke Würmer! Los! 얍 F RAU (rührt sich nicht) P RIVATPÄDAGOGE Was stehst denn noch da? Hast mich denn nicht gehört?! F RAU (unheimlich ruhig) Ich such dir keine Würmer mehr! P RIVATPÄDAGOGE Was sind denn das für neue Töne? F RAU (bricht plötzlich los) Ich such dir keine Würmer mehr! Such sie dir selbst! Genug, genug!! Jetzt zertritt ich sie dir!! (sie zertrampelt hysterisch schluchzend die Würmer auf dem Boden) H AVLICEK Halt! Die armen Würmer! F RAU (lässt sich nicht stören) Wer fragt, ob ich arm bin?! Wer?! Genug!! Ich möcht mich doch auch mal erholen, Zeitung lesen oder Roman - wer fragt mich, wer ich bin?! Niemand, niemand, du gemeiner Egoist!! (rasch ab) P RIVATPÄDAGOGE (zu Havlicek) Furie , nicht? Bringt mir lauter dünne Würmer und dann bin ich der Egoist! Abrakadabra - abrakadabra - man fasst es nicht! B
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B
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3 26 26 30 32 36 39
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perplex) SzamekN ] aufspiesstN ] Bzur f GehN ] Bruhig) IchN ] Blos) IchN ] Bstören) WerN ] BP RIVATPÄDAGOGE f FurieN ] B
ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 18
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Lesetext
korrigiert aus: perplex) Szamek korrigiert aus: aufspiesse korrigiert aus: zu Frau) Geh korrigiert aus: ruhig) Ich korrigiert aus: los) Ich korrigiert aus: stören) Wer korrigiert aus: P RIVATPÄDAGOGE (zu Havlicek) Furie
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 19
Endfassung
K1/TS5 (Korrekturschicht)
Lesetext
1 2 . S zen e. (Die Frau geht nun weinend und zitternd über die Brücke - und jetzt erreicht sie das linke Ufer, wo Eva gerade den gewärmten Kaffee aus der Baracke bringt. Mrschitzka, der nun keinen Dienst mehr hat, machte es sich kommod. Grad zieht er sich die Schuhe aus.) S ZAMEK (zur Frau) Na was hat er gefangen, der Herr Privatpädagog? (Musik verstummt; Stille.) F RAU (schaut ihn an, antwortet nicht, sondern lacht nur, und zwar derart, dass es dem Szamek etwas kalt am Rücken wird; und ab)
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B
N
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얍
13. Szene. M RSCHITZKA (sieht ihr nach) Was hat sie denn? S ZAMEK Lustig ist sie - (zu Eva) Bring noch ein Gefäss, vielleicht trinkt auch der Mrschitzka E VA Und ich? S ZAMEK Wer hat hier Nachtdienst? Du oder ich? Apropos Nachtdienst: grad hab ich es deinem Konstantin ausrichten lassen, dass du heut Nacht nicht nüberkommen tust. E VA Papa! S ZAMEK Meinst, ich hab mir das nicht erzählen lassen, wo du deine Nächt zubringst? Kurz und gut: es bleibt dabei! E VA Nein, ist das aber indiskret S ZAMEK Indiskret! Vergiss nicht, dass ich dich gezeugt hab! B
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14. Szene. (Havlicek erscheint und hält, bereits etwas verschüchtert) M RSCHITZKA (hatte sich inzwischen auch seiner Fusslappen entledigt, er ist nun barfuss und manipuliert an seinen Zehen herum) Au! Mir scheint, ich hab da eine Blutblasen unter die Hornhäuter - (er erblickt Havlicek) Was ?! Schon wieder?! H AVLICEK Pardon bitte, aber ich scheine ein Irrtum zu sein M RSCHITZKA Irrtum? H AVLICEK Ein grosser. Nämlich die Grenzbehörd drüben lasst mich auch nicht hinein. Sie sagt, ich gehör nicht hinüber, sondern herüber. M RSCHITZKA Was sagt er?! H AVLICEK Er sagt, ich sei dort drüben kein Staatsbürger. 얍 M RSCHITZKA Unsinn! Dummer Unsinn! Staatsbürger ist man dorthin, wohin man zuständig ist, und zuständig ist man dorthin, wohin man geboren ist! Kruzifix! S ZAMEK (zu Eva) Ein Rindvieh ist er also auch, dieser Konstantin H AVLICEK Aber die drüben haben inzwischen ein Gesetz fabriziert S ZAMEK (unterbricht ihn) Denen ihre Gesetz gehen uns hier nichts an! Radikal nichts, bitt ich mir aus! B
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Frau) NaN ] nach) WasN ] BEva) BringN ] BGefäss, vielleichtN ] BHavlicek) WasN ] Bdorthin, wohinN ] Bihn) DenenN ] B
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korrigiert aus: Frau) Na korrigiert aus: nach) Was korrigiert aus: Eva) Bring korrigiert aus: Gefäss,vielleicht korrigiert aus: Havlicek) Was korrigiert aus: dorthin,wohin korrigiert aus: ihn) Denen
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M RSCHITZKA Wir haben unsere eigenen Gesetz! Und hier steht es schwarz auf weiss: Ferdinand Havlicek, geboren in Grossenzering S ZAMEK Das heisst jetzt Kleinenzering. M RSCHITZKA Seit wann denn? S ZAMEK Seit vorgestern. H AVLICEK Interessant. S ZAMEK Ich weiss das genau, weil ich dort einen Schwager hab - ein verlogener Mensch. (zu Eva) Wie alle da drüben! (zu Mrschitzka) Der hat mir erst gestern geschrieben, wie das dort jetzt aussieht H AVLICEK Wie? - Entschuldigens, aber ich kenn nämlich meine Heimat garnicht. M RSCHITZKA Dann schauns, dass nüberkommen und lernens es kennen! H AVLICEK Aber der drüben lässt mich ja nicht hinein M RSCHITZKA Er muss! Wo solltens denn sonst hin? H AVLICEK Eben! M RSCHITZKA Also gehens nur zu in Gottes Namen! Marsch - marsch! H AVLICEK Moment! Nämlich der Herr drüben hat noch gesagt, ich soll einen familiären Gruss an den Herrn Thomas Szamek 얍 S ZAMEK (giesst sich grad Kaffee ein) Das bin ich! H AVLICEK Das weiss ich! S ZAMEK Aber wieso familiär? H AVLICEK Was weiss ich! S ZAMEK Weiter? H AVLICEK Und weiter lasst er Ihnen vielmals danken für Ihre freundlichen Grüss und er erwartet das Fräulein Tochter heut Nacht. S ZAMEK Eine Gemeinheit! (zu Eva) Feix nicht! (zu Havlicek) So! Und jetzt gehens nur hübsch wieder nüber und sagens ihm einen väterlichen Gruss und ob er sich nicht erinnern tut vielleicht, was ich ihm vor vierzehn Tag kategorisch geschrieben hab! Dass ich nämlich als Familienvorstand niemals meine Einwilligung zu dieser Verbindung geben werd - und wenn er sich aufhängt, dann auch nicht! H AVLICEK Aber ich bin doch da kein Postbot! M RSCHITZKA Marsch - marsch! H AVLICEK (zuckt etwas resigniert die Schulter und ab) B
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S ZAMEK (zu Eva) Verstanden?! E VA Nein. S ZAMEK Wirst mich schon noch kennen lernen, samt deinem Herzerwählten - „Familiäre Grüsse!“ Ein feiner Mensch ist das, ein ganz ein Impertinenter E VA Er wird nur lachen. Ueber deine ohnmächtige Wut. S ZAMEK Werden schon sehen, ob ohnmächtig - (er trinkt Kaffee) Brrr! Ist das ein miserabler Kaffee! 얍 E VA Du hast doch gesagt, dass ich von heut ab den billigsten S ZAMEK (unterbricht sie) Weil wir sparen müssen - spa-ren! Vergiss das nicht gefälligst!
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Eva) WieN ] Mrschitzka) DerN ]
korrigiert aus: Eva) Wie korrigiert aus: Mrschitzka) Der
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E VA Als tät ich nicht sowieso sparen. S ZAMEK Erst gestern hast dir wieder eine Fliederseife E VA (unterbricht ihn) Aber ich muss mich doch waschen als Frau! Und etwas pflegen! S ZAMEK Waschen ja, pflegen ist überflüssig. Mrschitzka! Magst keinen Kaffee? M RSCHITZKA (hat sich inzwischen gepflegt und noch immer manikürt er sich mit seinem Bajonett) Wenn einer da ist S ZAMEK (zu Eva) Gib ihm! E VA (schenkt ihm ein) M RSCHITZKA Merci! (er trinkt und sieht verstört aus) Was ist das bitte? Kaffee oder Tee? S ZAMEK Mokka. Aus Sumatra. M RSCHITZKA Sumatra. Also ein Sumatrenser möcht ich nicht sein - S ZAMEK Wirst halt noch nie in deinem Leben einen wirklich feinen Kaffee getrunken haben. M RSCHITZKA Ist schon möglich! Man muss sich halt an die teueren Sorten erst gewöhnen, oft schmeckt einem der billigste besser - (er trinkt wieder) Ein eigenartiger Kaffee. Aber allmählich kommt man auf den Geschmack - (und wieder trinkt er) S ZAMEK (plötzlich zu Eva, die so nebenbei fort möchte) Wohin? E VA Spazieren. 얍 S ZAMEK Ueber die Brücke? E VA Ja. S ZAMEK Du bleibst! Grad wo er deinen Vater so impertinent hat grüssen lassen, erfordert es das familiäre Ansehen, dass du als Tochter da bleibst! E VA Ach was Tochter! Ich muss! Ich hab ihm mein Ehrenwort gegeben, dass ich heut komm! S ZAMEK Ein Weib hat kein Ehrenwort. M RSCHITZKA Gut so. E VA Aber sei doch nicht so altmodisch, Papa! S ZAMEK Ach was altmodisch! Ich werd nicht neumodisch, verstanden?! Und dass du mir da bleibst bei mir! (Stille) E VA (spitz) Du vergisst, dass ich volljährig bin - seit dem sechsten Mai. S ZAMEK (zu Mrschitzka) Sie ist ein Sonntagskind. M RSCHITZKA Gratuliere. S ZAMEK Und volljährig. M RSCHITZKA Merkt man ihr an. S ZAMEK (grinst) Und sie ernährt sich selbst. E VA Werd ich auch tun! (Stille) S ZAMEK Wodurch? E VA (schweigt) S ZAMEK Wer soll dich denn schon ernähren? M RSCHITZKA Ein Mann. S ZAMEK (zu Mrschitzka) Sei so gut! 얍 E VA Richtig! Ein Mann. Mein Mann. S ZAMEK „Mein“ Mann? Mrschitzka! Sie sagt: „mein“ Mann! M RSCHITZKA Tableau!
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E VA Er ist mein Mann. S ZAMEK (drohend) Seit wann? Der Konstantin?! E VA Derselbe. Auch wenn wir noch nicht verheiratet sind - er ist und bleibt mein Mann. M RSCHITZKA Noch ein Tableau! (Stille) S ZAMEK (zu Mrschitzka) Jetzt ist mir ein Stein vom Herzen gefallen. Ich hab schon geglaubt, dass sich das gnädige Fräulein Tochter heimlich getraut haben M RSCHITZKA Das ist wurscht! Hintenherum ist dasselbe wie vorneherum! Zum Beispiel ich hab drei Töchter und eine jede hat mir ein aussereheliches Bankert ins Haus gebracht, und zwar die Jüngste als Erste, Kruzifix! Und bei der Aeltesten hat man den Vater sogar garnicht eruieren können und derweil bin ich doch Polizeiorgan und kenn mich aus mit solchen Recherchierungsfragen - Jaja, Thomas, gegen die Liebe helfen auch keine kriminalistischen Fortschritt! Und wenn ich tausend Töchter hätt wie der Padischah von Istambul, dann hätt ich jetzt tausend Bankert, Kruzifix! E VA Was reden denn Sie für ein ungereimtes Zeug daher?! Bei mir ist das doch ein ganz anderer Tatbestand! M RSCHITZKA Immer derselbe, Fräulein Eva! Enthaltsamkeit ist die Mutter der Vorsicht! (zu Szamek) Wieviel Kinder hat sie denn, das Fräulein Tochter? 얍 S ZAMEK Was?! E VA Noch keines. Leider! S ZAMEK „Leider“! Na servus! E VA Hoffentlich ist aber bald etwas unterwegs. S ZAMEK (lächelt irr) „Hoffentlich“ - jetzt werd ich verrückt. Jetzt wird mir aber alles wurscht! Da kämpf ich ja gegen eine chinesische Mauer, wie ein Ochs renn ich dagegen! Schad, dass ich heut Nachtdienst hab, sonst springet ich noch ins Wasser - Geh nur nüber zu deinem Gigolo und verlass deinen armen alten Vater, der dich gezeugt hat - (er vergräbt seinen Kopf in den Händen) (Stille) E VA Sag Papa: was hast du eigentlich gegen den Konstantin? S ZAMEK (plötzlich verändert, in sanftem väterlichen Ton) Mein Kind. Ich möcht mit dir mal offen reden: gegen deinen Konstantin hab ich nur das Eine, dass er nämlich kein Geld hat. - Schau, du bist doch ein hübsches Kind, ein frisches, und ich möcht, dass du glücklich wirst. Reich sollst du heiraten, sehr reich, damit auch dein armer alter Vater was von dir hat - - ausschaun tust ja eklatant wie dein Mutterl selig und die hätt auch keinen solchen Bettler von einem Zöllner heiraten sollen, sondern einen reichen Grosskaufmann, aber sie hat mich eben unsterblich geliebt und ist halt drum nur eine Zöllnersgattin geworden - und was hat sie von ihrem Leben gehabt an meiner Seite? Nichts. An die Riviera hätt sie fahren können oder in ein Bad E VA Ich brauch kein Bad. 얍 S ZAMEK Das hat dein Mutterl selig auch gesagt. Trotzdem. 16. Szene. (Und abermals kommt Havlicek) M RSCHITZKA (ausser sich) Was seh ich?! Schon wieder?! Na jetzt lass ich Ihnen aber gleich durch mich verhaften und dann müssens erst noch bei Wasser und Brot, bevor dass ich Ihnen wieder per Schub in die Freiheit hinauslass!
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H AVLICEK „Freiheit“ ist gut. M RSCHITZKA Sie witzeln Sie sich nicht mit mir, ja?! H AVLICEK (schreit ihn plötzlich an) Ich bin doch kein Witz! Und übrigens hab ich ja nur wieder was auszurichten da - von der Behörd dort drüben, von der verliebten! M RSCHITZKA Das ist zweierlei. Also los los! Richtens aus und fahrens ab! H AVLICEK Kommandieren lass ich mich aber nicht, Sie - - wenn ich schon die Freundlichkeit hab, als ein wanderndes Billet-doux herumzulaufen! M RSCHITZKA Nur keine Vorlautheiten! H AVLICEK Ziehens Ihnen lieber zuerst die Schuh an, bevor dass Sie mit mir dienstlich reden! M RSCHITZKA (perplex) Schuh? E VA (zu Havlicek) Herr - H AVLICEK Havlicek. E VA Szamek. H AVLICEK (verbeugt sich galant) Angenehm! 얍 E VA Und bitte, was hätten Sie uns nun auszurichten, Herr Havlicek? H AVLICEK Nicht viel, nicht wenig, Fräulein Szamek! Der Herr Bräutigam dort drüben lasst nämlich dem Herrn Papa da sagen, dass es ihm dort drüben eigentlich leid tut, sehr leid, dass der Herr Papa so heftig gegen ihn agiert. E VA Leid? (sie wirft einen Blick auf Szamek) Das hat er gesagt? H AVLICEK Aufrichtig leid. S ZAMEK „Aufrichtig!“ Wenn das einer von drüben sagt! E VA Und sonst hat er nichts hinzugefügt? H AVLICEK Sonst hat er nur noch hinzugefügt, dass er dort drüben persönlich kein sanfter Engel ist und dass er sich das also nicht mehr lang mehr mitanschaut, wie dass sich der Herr Papa da als ein Aussenstehender in seine Liebeserlebnisse hineinmischen S ZAMEK (unterbricht ihn) Was?! Ich ein Aussenstehender? Als der eigene Erzeuger?! Na servus! H AVLICEK Herr Szamek! Auch für die eigenen Herren Erzeuger kann es unter Umständen gefährlich M RSCHITZKA (unterbricht ihn) Was hör ich?! Sie halten hier Reden! Das auch noch?! H AVLICEK (fährt ihn an) So lassens einen Menschen doch ausreden, nicht?! M RSCHITZKA (schweigt perplex) S ZAMEK (zu Mrschitzka) Lass ihn, Mrschitzka! Lass ihn sich ausreden, es ist so angenehm blöd 얍 H AVLICEK Vielleicht! Und dennoch: zum Beispiel hab ich mal eine gewisse Frau Hörl gekannt, eine geborene Spitzinger, und die hat einen alten Vater gehabt, einen gewissen Emanuel Spitzinger, der hat sich nämlich auch immer in die Liebesarten zwischen Tochter und Schwiegersohn hineingemischt - und das Ende vom Liede? Der alte Spitzinger hat den Hörl und die Frau Hörl hat den alten Spitzinger erschlagen. Alles mit der Axt! Die Tochter den leiblichen Vater mit der Axt. Um Mitternacht! - Glaubens einem geschlagenen Mann, Herr Szamek, es tut nicht gut, wenn man sich hineinmischt - M RSCHITZKA Da hat er recht, dieser Ausgewiesene! Da könnt ich euch aus meiner Praxis noch ganz andere Legenden erzählen, Herrschaften! Stundenlang könnt
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ich euch auseinandersetzen, wie sich ganze Familiengruppen gegenseitig ausgerottet haben, bis in das letzte Glied - und wegen was? Wegen nichts! S ZAMEK (plötzlich zu Eva) Eva. Könntest du mich mit einer Axt E VA (fährt ihn an) So frag doch nicht so dumm! (Stille) M RSCHITZKA (zu Havlicek) Na was stehens denn da noch herum?! H AVLICEK Wo soll ich denn sonst stehen?! M RSCHITZKA Da nicht! Dort ist die Tür! (er deutet auf die Brücke) H AVLICEK „Tür“ ist gut - (er will ab) S ZAMEK Halt! - Sagens dem drüben: der Thomas Szamek ist ein alter Mann und überlasst sich von heut ab dem Schicksal. 얍 H AVLICEK Also dem Schicksal - (ab) B
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17. Szene. (Havlicek geht nun wieder über die Brücke - und wieder Musik - aber jetzt angelt er allein, der Privatpädagoge) H AVLICEK (mitfühlend) Habens noch immer nichts gefangen? P RIVATPÄDAGOGE (kleinlaut resigniert) Nein. H AVLICEK Schicksal. P RIVATPÄDAGOGE (braust auf) Aber was Schicksal! Würm! Zu dünne Würm! Abrakadabra! Manchmal ärger ich mich schon so über meine Ehehälfte, dass ich lieber schon selber ein Hecht sein möcht! H AVLICEK Um hernach von sich selbst gefischt zu werden! Hahaha! P RIVATPÄDAGOGE Heut hätt ich schier nichts dagegen! Schauns, wie ich mit die Nerven herunter bin, weil meine Gattin epileptisch ist, gleich hat sie Schaum vor dem Mund - deshalb fisch ich ja nur, damit ich mich beruhig. Aber wenn ich jetzt nicht bald was fang, werd ich noch selbst epileptisch! H AVLICEK Also nur das nicht! (Er geht weiter) Wiedersehen! 18. Szene. (Und wieder drüben beim Konstantin und wieder verstummt die Musik) K ONSTANTIN Na was hat er gesagt, der Szamek? H AVLICEK Schicksal. K ONSTANTIN Was heisst das? 얍 H AVLICEK Er ist ein alter Mann, hat er gesagt, und überlasst sich von heut ab dem Schicksal. K ONSTANTIN (erfreut) Tatsächlich? Na bravo! Vor dem Schicksal hab ich keine Angst. Mein Schicksal heisst Eva und kommt, wann ich möcht! H AVLICEK Ein schönes Schicksal, ein braves - Armer Havlicek! Dreissig Jahr hast Steuern gezahlt, ohne zu zucken. - Nur gut, dass ich keine Familie hab, sonst steheten wir jetzt da zu mehreren! K ONSTANTIN Sinds Junggeselle? H AVLICEK Ja, aber kein eingefleischter. (Stille) K ONSTANTIN Ich denk mir oft: man weiss es nicht, was besser ist: heiraten oder ledigbleiben 10
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H AVLICEK Heiraten. Auf Ehr und Seel! Können es mir glauben, junger Herr, denn ich bin nicht verheiratet und so einsam ist man nirgends zuhaus, selbst wenn man sich noch so einrichtet. Zum Beispiel hab ich mir einen Spiegelschrank K ONSTANTIN (unterbricht ihn) Spiegelschrank? H AVLICEK Einen grossen, schönen. Wo man sich so ganz sehen kann. Auf einmal. K ONSTANTIN Aha. H AVLICEK Ja - - (er fährt plötzlich hoch) Jetzt hab ich eine Idee! Wissens was, kommens mit mir da zu denen hinüber und sagen Sie es denen persönlich aber mal tüchtig, dass ich hier strikte nicht hereinkann, dann müssen die drüben mich doch nämlich hinein - 얍 das ist der Ausweg! K ONSTANTIN „Ausweg“? Ich da hinüber? In Uniform?! Na das gäb ja einen gediegenen Grenzzwischenfall mit unabsehbaren aussenpolitischen Nachspielen, Noten, Interpellationen im Senat und diplomatischen Demarchen und was weiss ich noch was! Ausgeschlossen! Ich darf ja nicht mal auf die Brücke und derweil ist die doch nur neutral! Jetzt erst noch auf das andere Ufer - das ist grotesk! H AVLICEK Und ich bin vielleicht nicht grotesk? Grosser Gott, wie kompliziert K ONSTANTIN Völkerrecht, Herr! Haag und Genf. (Stille) H AVLICEK Und was ist diese Brücke, bitte? Neutral? K ONSTANTIN Eine neutrale Zone. Weder Fisch noch Fleisch. H AVLICEK (blickt auf die Brücke zum Privatpädagogen hinüber) Ja, Fische scheints da nicht viel zu geben (Stille) K ONSTANTIN Also gehens nur wieder brav retour - probierens es halt immer wieder und lassens nicht locker! Probieren geht über studieren! H AVLICEK Das schon. Also dann auf Wiedersehen - (ab) 19. Szene. (Und wieder geht Havlicek über die Brücke - (Musik) - der Privatpädagoge ist nun bereits seiner Gattin gefolgt, denn es dämmert nun schon leise. Mitten auf der Brücke begegnet Havlicek Eva, die unterwegs ist zu ihrem Konstantin. Er grüsst und sie dankt) 얍 H AVLICEK (hält, sieht ihr nach und überlegt; plötzlich) Fräulein Szamek! E VA (hält) Herr Havlicek? H AVLICEK Pardon, dass ich Ihnen aufhalt, ich weiss, das ist kostbare Zeit, wenn man so hinübermöcht - aber ich hätt ein für mich grosses persönliches Anliegen, liebes Fräulein Szamek! Geh, könntens nicht ein freundliches Wörtchen für mich einlegen E VA Gern. Wo? H AVLICEK Bei Ihrem lieben Herr Bräutigam - dass er nämlich vielleicht ein Auge zuschliesst und mit dem anderen Aug mich übersieht, wenn ich über seine Grenz E VA Ach so! H AVLICEK Schauns, es dämmert nämlich schon und ich komm in keine Heimat - Nur ein Auge, Fräulein Szamek, ich bin geschwind wie der Wind! E VA Nein, das wird er unmöglich. Weil ihm sein Gesetz über alles geht. H AVLICEK Aber wenn Sie, als gewissermassen sein Schicksal E VA (unterbricht ihn) Auch über mich geht sein Gesetz hinweg und das ist sogar recht so, denn darum ist er der Mann.
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H AVLICEK Darum? Hm. Jetzt könnt ich Ihnen vom Gegenteil gar manche historische Anekdoten erzählen - Geh probierens es halt, mir zu lieb! Probieren geht über studieren und Sie wären ein Engel. E VA (lächelt) Ein Engel? 얍 H AVLICEK Ein schöner grosser, so mit Flügeln - bei dem man gleich weinen muss vor lauter Freud. (Stille) E VA Also dann probier ich es halt, aber es ist nicht viel Hoffnung dabei, Herr Havlicek - (ab) H AVLICEK Die Hoffnung überlassens nur mir! (er sieht ihr nach) (für sich) Ein Engel. (er singt) Ob ich auch mal ein Engerl werd, wenn ich verlasse diese Erd? Möglich. Ob man auch dann den neuen Gast nicht ohne Pass in’ Himmel lasst? Möglich! Steh ich jetzt hier auf dieser Bruck und kann nicht hin und kann nicht z’ruck, so will ich Trost darin finden: ich büss hier schon alle Sünden. Haben Sie schon einmal eine Pechserie g’habt so wie ich? Sicher haben S’ noch nie eine Pechserie g’habt, so wie ich! Denn wenn Sie schon einmal so im Pech g’sessen waren wie ich, so warn S’ sicher schon längst aus der Haut gefahren, ich noch nicht! Ob so ein reizendes junges Weib auch in der Eh ein Engel bleibt? Möglich. Ob der am End nicht besser fahrt, der sich die Illusion bewahrt? Möglich . Wenn man so oft, wies mir passiert schon in der Wahl sich hat geirrt, merkt man leider bald ihre Mängel und wird skeptisch gegen Engel.
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20. Szene. (Eva erreicht nun das rechte Ufer und trifft dort Frau Hanusch. Musik aus) E VA Guten Abend, Frau Hanusch! Wo ist denn der Konstantin? F RAU H ANUSCH Der telephoniert grad - mir scheint, amtlich. Ich bin jetzt nur mal nochmal her, um meinen Niedergang mit ihm durchzubesprechen, er ist doch der einzige anständige Mensch unter uns, der einer alleinstehenden Witwe wertvolle Ratschläge geben kann. Morgen meld ich den Konkurs an, sonst sperrens mich noch ein! Und dann kommt das Gas. E VA Aber Frau Hanusch! Der Tod ist ein schlechter Kamerad - (sie lächelt) 얍 F RAU H ANUSCH Sie habens natürlich auch leicht! Kommen da abends herüber und geniessen Ihr Leben! Schad, dass ichs nicht auch so gemacht hab, wie ich noch jung situiert war - jetzt find ich keinen Mann mehr! E VA (schweigt) F RAU H ANUSCH Meinens wirklich, dass ich keinen Mann mehr find?
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21. Szene. K ONSTANTIN (kommt aus seinem Raubritterturm) Ach, Eva! (er gibt ihr einen Kuss; dann zu Frau Hanusch) Das wär was für Sie, Frau Hanusch! Grad ist amtlich telephoniert worden, dass sich hier in der Gegend gefährliche Rauschgiftschmuggler herumtreiben, und auf ihre Ergreifung sind runde zwanzigtausend ausgesetzt! F RAU H ANUSCH Zwanzigtausend! Meiner Seel, ich täts gleich verhaften! Und köpfen auch, dann wär ich saniert! K ONSTANTIN Na so einfach geht das nicht! Solche Rauschgiftschmuggler sind verwegene Subjekte, die schrecken vor nichts zurück, vor keiner Untat - Raub, Mord, Schändung F RAU H ANUSCH (unterbricht ihn) Schändung auch? K ONSTANTIN Denen graust es vor nichts! Kommen daher mit direkt amerikanischen Methoden, Panzerauto und Maschinengewehr E VA Gib nur acht! K ONSTANTIN Auf alle Fäll hol ich mir jetzt mal gleich meinen Dienstrevolver (er will wieder ab in seinen Raubritterturm)
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22. Szene. (Havlicek erscheint) K ONSTANTIN (erblickt ihn und ist ungeduldig überrascht) Na und? H AVLICEK (wirft einen verstohlenen Blick auf Eva; schüchtern) Und aber K ONSTANTIN Aber hier gibts kein aber! Wie oft denn noch, lieber Mann?! Unmöglich und ausgeschlossen! H AVLICEK Aber es wird doch Nacht! K ONSTANTIN So sekkierens mich doch nicht! Jetzt muss ich meinen Revolver - (ab in seinen Raubritterturm) H AVLICEK Revolver? Grosser Gott! (rasch ab) 23. Szene. E VA (sieht Havlicek nach) Nein, diese Angst F RAU H ANUSCH Ich kenn den Fall. Der geht da immer hin und her - bis er noch verhungert. Ein amtlicher Fall. Armer Mensch! Macht übrigens einen ganz einen sympathischen Eindruck -
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K1/TS5 (Korrekturschicht)
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E VA O er ist gebildet! Und nirgends lassens ihn hinein F RAU H ANUSCH Ich liess ihn schon hinein. Bei jeder Grenz! Wem tät das schon was schaden? Mir nicht! E VA So ohne Heimat möcht ich nicht sein. Ueberall fremd, überall anders BB
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24. Szene. K ONSTANTIN (erscheint nun wieder, und zwar mit seinem Dienstrevolver) Das ist er. Ein Trommelrevolver. Wenn er auf das dritte „Halt!“ nicht hält, kann ich ihn auf 얍 der Flucht erschiessen und mir passiert nichts. - Wer kommt denn da? Eine Nonne? F RAU H ANUSCH Ja das ist eine Krankenschwester mit einer sehr vornehmen kranken Dame - wahrscheinlich eine diskrete Krankheit, stell ich mir vor. E VA Warum? F RAU H ANUSCH Na sonst wärens doch nicht ausgerechnet da in unserem Drecknest hinterm Mond! Uebrigens mein einziges Publikum. Pst! 25. Szene. (Frau Leda und die Krankenschwester gehen nun langsam vorbei. Die Krankenschwester ist aber garkeine Krankenschwester, sondern ein verkleideter Mann, namens Schmugglitschinski, der eben mit Frau Leda zusammen, deren Krankheit natürlich auch nur Maskerade ist, das doppelköpfige Haupt der fieberhaft gesuchten Rauschgiftschmugglerbande ist. Jetzt täuschen sie einen langsamen Abendspaziergang vor, um das Terrain an der Grenze bequem rekognoszieren zu können.) F RAU H ANUSCH Ergebenster Diener, meine Herrschaften! Schon erholt? F RAU L EDA UND S CHMUGGLITSCHINSKI (nicken ihr freundlich zu und gehen langsam ab) B
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26. Szene. E VA (sieht ihnen nach) Schlecht schaut die Dame aus - ganz gelb. 얍 F RAU H ANUSCH Und am Vormittag, zwischen acht und zwölf, ist sie immer gelähmt, aber am Nachmittag treibts Gymnastik. Und wie die Schwester die pflegt! K ONSTANTIN Rührend, nicht? F RAU H ANUSCH Eine Heilige ist das und sonst nichts. E VA Manchmal denk ich mir, wir denken alle miteinander zu wenig an das Jenseits. K ONSTANTIN Wer glauben kann, ist ein glücklicher Mensch. (Stille) F RAU H ANUSCH So jetzt muss ich aber nachhaus, das Souper herrichten für meine einzigen Gäst! E VA Sicher Diät? F RAU H ANUSCH Aber einfach! Die Dame darf abends nichts essen und die Schwester fastet! Also empfehle mich, meine Herrschaften! (ab) K ONSTANTIN UND E VA Gute Nacht, Frau Hanusch!
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HeimatN ] HeimatN ] BgarkeineN ] Bkönnen.)N ] B
Korrektur von fremder Hand: Heimta\t/ korrigiert aus: Heimtat korrigiert aus: ga keine korrigiert aus: können.
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27. Szene. (Nun ist es Nacht geworden) (Und wieder erscheint Havlicek - und gleich erblickt er den Dienstrevolver, den Konstantin noch immer in der Hand hält und macht sofort „Hände hoch!“) K ONSTANTIN (überrascht über diese Geste) Was ist? Was treibens denn mit die Händ? H AVLICEK Ich ergib mich. K ONSTANTIN (perplex) Wieso? 얍 H AVLICEK Nicht schiessen bitte! K ONSTANTIN Ach so! (er lacht und steckt seinen Dienstrevolver in seinen Dienstgürtel) H AVLICEK (nimmt die Hände herab und lächelt) Sie sind doch ein freundlicher Mensch. K ONSTANTIN Möglich. E VA Sicher. K ONSTANTIN O du bist lieb - (zu Havlicek) Aber für Sie bin ich nur das Grenzorgan und kein Mensch und jetzt reisst mir aber ehrlich die Geduld! Das halt ich nicht aus, dass Sie da immer wieder erscheinen, man ist doch schliesslich auch nur ein Mensch! H AVLICEK Eben! K ONSTANTIN Also schauns, dass Sie jetzt endgültig verschwinden, ja?! H AVLICEK Aber drüben hat er mich grad bedroht, dass er mit der Kanon kommt, wenn ich noch einmal E VA Mit der Kanon? H AVLICEK Ja, ich denk, der Herr Papa sind nicht mehr ganz nüchtern und der Herr Gendarm Mrschitzka auch nicht mehr so ganz E VA Sie trinken? H AVLICEK Schnaps. Und Rum. E VA (zu Konstantin) Schon wieder! H AVLICEK Man riecht es schon auf der Brück. E VA Fürchterlich! H AVLICEK So hat halt jeder seine Sorgen. (Stille) 얍 K ONSTANTIN Also seiens bitte vernünftig H AVLICEK (unterbricht ihn) Ich werd nicht vernünftig! K ONSTANTIN Und ich werd verrückt! H AVLICEK Von mir aus! K ONSTANTIN Von Ihnen aus schon, aber nicht von mir aus! H AVLICEK Und wo soll ich schlafen? K ONSTANTIN Auf der Brücke! Schluss!! (Stille) H AVLICEK Also Schluss. (drohend) Jetzt mag ich aber dann auch nicht mehr! Jetzt bleib ich aber dann auf der Brück! Jetzt werd ich aber dann auf der Brück schlafen, verstanden?! Bei Wind und Wetter und Sonne und Mond! Werdet es schon noch erleben, Ihr!! (rasch ab) B
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28. Szene. (Nun weht der Nachtwind) K ONSTANTIN (verdutzt zu Eva) Was droht der uns? E VA Er ist halt arm. Immer hin und her - da muss ein Mensch verblöden. K ONSTANTIN Ich wasch meine Hände in Unschuld. Zu was haben wir die blöde Grenz? E VA Das sagst du? Als Grenzorgan? K ONSTANTIN Das sag ich privat. (Stille) E VA Du Konstantin. Könntest jetzt nicht mal so privat in deinen Turm hinein? K ONSTANTIN (perplex) Warum? 얍 E VA Weil derweil könnt da ein Mensch vorbei - er wäre gerettet, geschwind wie der Wind. K ONSTANTIN Eva! Möchst mich verführen?! Da kenn ich keinen Spass! E VA Aber wo soll der denn schlafen?! K ONSTANTIN Meinst, der tut mir nicht leid? Doch ich verbeiss mein Herz vor lauter Pflichten! (Stille) E VA Komisch seid Ihr Männer. K ONSTANTIN (unangenehm berührt) Komisch? E VA Ja. Ich denk speziell an den Papa - dass der sich neuerdings wieder dem Alkoholteufel verschrieben hat, das ist tragisch. Erst neulich Nacht, wie ich mal nicht bei dir gewesen bin, da hat er mich grässlich beschimpft in seiner Trunkenheit o so grässlich! Jedoch erst im Verlaufe dieser Schimpforgie ist mir allmählich ein Licht aufgegangen, dass er ja nämlich gar nicht mich gemeint hat, sondern mein armes Mutterl selig, die doch schon längst das Zeitliche gesegnet hat, aber eben in seiner Trunkenheit hatte er das vergessen und hat mich mit ihr verwechselt. K ONSTANTIN Musst viel leiden, du arme Liebe, da drüben - E VA Ich sehn mich auch immer herüber, kaum kann ich die Nacht erwarten - hier drüben ist alles so licht. K ONSTANTIN Komm’ (er setzt sich auf die Bank vor seinem Raubritterturm und sie setzt sich auf seinen Schoss) (Stille) 얍 K ONSTANTIN Und wie steht er jetzt eigentlich? E VA Wer? Was? K ONSTANTIN Ich meine, wie steht jetzt dein Vater zu unserem Bunde? Anscheinend lenkt er ein E VA Das glaub ich ihm nicht. Der Papa denkt nur an das Geld. Reich soll ich heiraten, damit er an die Riviera kann - Manchmal könnt ich ihn wirklich schon mit einer Axt K ONSTANTIN Still, Süsse - (sie küssen sich) E VA Lieber arm, aber glücklich. K ONSTANTIN Vielleicht kannst mal mit mir an die Riviera, wenn ich beispielshalber heut diese Rauschgiftleut - Zwanzigtausend! Aber wenn ichs auch diesmal nicht B
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MöchstN ] immerN ] BSüsseN ] B
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korrigiert aus: Möcgst Korrektur von fremder Hand: imme[e] r korrigiert aus: süsse
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K1/TS5 (Korrekturschicht)
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erwisch, die Schmuggler sterben nicht aus, Gottseidank - (er betrachtet automatisch seinen Dienstrevolver) Hoppla! Gut, dass ich ihn betracht, meinen Dienstrevolver! Da sind ja gar keine Patronen drin, da hätten jetzt aber unsere Zwanzigtausend gelacht! (er erhebt sich) E VA Du ich hab Angst! K ONSTANTIN Mein Weib darf keine Angst kennen, das hängt mit meinem gefährlichen Beruf zusammen - (er will ab) E VA Wohin? K ONSTANTIN Ich hol mir nur die Patronen - (ab in seinen Raubritterturm)
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29. Szene. (Eva allein. Sie sieht sich scheu um in der Nacht. Es ist sehr still. Doch plötzlich ertönt aus dem 얍 Raubritterturm heraus Tanzmusik) E VA (erschrickt und lauscht) - Musik? Musik -
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30. Szene. K ONSTANTIN (erscheint wieder mit den Patronen und ladet seinen Revolver) Na? Da spitzt wer seine Oehrchen? Ich hab dich ganz vergessen damit zu überraschen E VA (unterbricht ihn) Radio! K ONSTANTIN Fein, was? E VA Mein Traum. K ONSTANTIN Jetzt ist jemand glücklich E VA Nicht verschrein! Ueberall sitzen die bösen Geister und verhexen das Gute sie wohnen im Fluss und in der Nacht tauchen ihre Köpf herauf und horchen, und wer sich laut freut, den schauen sie an und schon muss er weinen. (Pause) E VA Komm, tanzen wir! K ONSTANTIN (tanzt mit ihr)
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31. Szene. (Jetzt kommt der Chef der Regierung auf dem rechten Ufer mit seinem Sekretär. Da er strenges Incognito zu wahren wünscht, wollen wir ihn X nennen. Konstantin und Eva, die im Scheine der Laterne am Brückenkopf tanzen, erblicken die beiden Herren nicht und tanzen infolgedessen seelenruhig weiter) S EKRETÄR Also hier ist besagter entlegener Brückenkopf 얍 X (unterbricht ihn) Wie bitte? Hier tanzt unser Grenzorgan? Die Grenze als Tanzbar? Penetrant! Schad, dass ich mein incognito nicht lüften darf, penetrant schad! Aber die Maid hat Charme. Uebrigens erinnert sie mich an ein weibliches Wesen aus der Vorkriegszeit. S EKRETÄR An die Panilla, Excellenz! X Richtig! S EKRETÄR Aber die Panilla hatte andere Hüften. Gewölbtere. X Woher sind Sie denn derart penetrant informiert? Die Panilla könnt doch Ihre Grossmutter sein - Nanana, junger Mann! S EKRETÄR Meine Informiertheit beruht ja nur auf meiner Mama, Excellenz! Die hat sich nämlich oft ausführlich beklagt bei mir - über den Papa. Wegen der Panilla.
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 45
Endfassung
32. Szene. (X . nähert sich nun den Tanzenden) E VA (erblickt ihn zuerst) Ach da kommt wer. Schad! K ONSTANTIN (löst sich von Eva und wendet sich an X.) Ihren Grenzschein bitte. 얍 X Hier mein Pass - (er überreicht ihm seinen falschen Pass) K ONSTANTIN (blättert ausführlich und überlegt) X (ungeduldig) Na dauert es noch lange? K ONSTANTIN Ruhe! X Aber ich habe dringendst zu tun! K ONSTANTIN Möglich! Aber auch wenn ich hier mal tanz, hab ich meine Augen überall und es treiben sich allerhand Rauschgiftschmuggler herum X Machen Sie doch keine penetranten Spässe, nicht?! K ONSTANTIN (fährt ihn an) Ruhe! „Penetrant“ ist Amtsbeleidigung! Und die Photographie stimmt übrigens auch nicht. X Stimmt nicht? Aber ausgeschlossen! K ONSTANTIN Da! X (betrachtet die Photographie) O dieses Kamel! K ONSTANTIN Da ist ein Vollbart und Sie sind rasiert. Glatt. Und ausserdem ist auch der Pass falsch - dieser Stempel gehört nämlich vorschriftsmässig über diesen Rand und nicht unter diesen Rand. Ich kenn nämlich meine Vorschriften! X (beiseite) Das hab ich noch gar nicht gewusst, dass ich diese Vorschrift erlassen hab K ONSTANTIN Tut mir leid, aber ich muss jetzt zu einer ausführlichen Leibesvisitation schreiten - ich sage nur: Kokain! Also los, kommens! X (bei Seite) Kokain? (laut) Halt! Können Sie schweigen? K ONSTANTIN (perplex) Warum? 얍 X Ich muss mich leider demaskieren. K ONSTANTIN Ihre einzige Möglichkeit. Und wo ist das Kokain? X So lassen Sie doch dieses penetrante Kokain! Hier ist mein richtiger Pass! Aber schweigen! K ONSTANTIN (betrachtet den Pass, stutzt, steht stramm und salutiert) X (gedämpft) Rührt euch! Nur kein Aufsehen - incognito, strengstes incognito! Sonst wäre das eventuell noch eine Katastrophe für die ganze zivilisierte Welt! K ONSTANTIN Können sich auf mich verlassen, Herr Ministerpräsident! X Und auch nicht dem Fräulein Braut etwas sagen - übrigens: es freut mich, dass wir so gewissenhafte Grenzorgane haben, das mit dem Vollbart war schon gut, aber das mit dem Stempel war phänomenal! Na, ich werd mich schon erinnern, dass wir Ihre pflichtbewusste Kraft gehörig ausnützen! K ONSTANTIN Hocherfreut, Herr Ministerpräsident! B
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X Jaja, der arme Herr Papa - ein braver Mensch. Friede seiner Asche. Aber die Panilla war mal eine fesche Katz! Jetzt ist sie leider blind - So, und jetzt lassens mich allein. Wo ist mein falscher Pass? S EKRETÄR (überreicht ihn) Hier, Excellenz! X Und Sie warten im Dorf mit dem Wagen! S EKRETÄR Gewiss, Excellenz! (ab)
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K1/TS5 (Korrekturschicht)
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(X N ] Vorschriften!N ] BstrengstesN ] B
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korrigiert aus: X korrigiert aus: Vorschriften vgl. K1/TS2/A2/ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 43 korrigiert aus: strengestes
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 46
ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 47
Endfassung
K1/TS5 (Korrekturschicht)
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X Aber abermals: Amtsgeheimnis! K ONSTANTIN Amtseid! X Danke! (ab) 5
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33. Szene. X (geht nun über die Brücke und es wäre sehr finster, wenn am Himmel nicht ein grosser Mond hängen und blöd scheinen würde) H AVLICEK (lehnt mitten auf der Brücke an dem Brückengeländer - er sah bereits X kommen und betrachtet ihn nun interessiert) 얍 X (gleich auf ihn zu) Pardon, Kollege, dass ich Euch so lange warten liess, aber meine Grenzorgane sind zu gewissenhaft - (er lächelt) Es freut mich aufrichtig, Euch kennen zu lernen, schon auch im Interesse unserer beiden Länder, deren Interessen eine heimlich menschliche Aussprache der beiden Regierungschefs dringendst erheischen. H AVLICEK (bei Seite) Grosser Gott! Ein Narr! X Es war eine selten glückliche Idee Ihrerseits, dass wir uns hier auf dieser abgelegenen Grenzbrücke treffen, hier können wir doch mal ausnahmsweise friedlich alle Strittigkeiten, die unsere beiden Länder berühren, berühren. H AVLICEK Interessant! (bei Seite) Nur immer Recht geben, sonst läuft er vielleicht noch Amok! X Wir leiden unter unseren Grenzen. H AVLICEK O wie wahr! X Es erfüllt mich mit ungeheuerer Freude, dass Sie der Ansicht sind! H AVLICEK Und ob ich der Ansicht bin! X Ihre Ansicht erfüllt mich mit Hoffnung! H AVLICEK Die Hoffnung ist ein schwankes Rohr X Das aber schwerer bricht im Sturmgebraus wie eine starke Wettertanne! H AVLICEK (bei Seite) Ein Poet! X Um aber auf unsere Grenzen zurückzukommen H AVLICEK Sehr richtig! 얍 X - so muss und darf und soll und will und kann ich nur betonen, dass diese Grenzen eine Plage sind. H AVLICEK „Plage“ ist gar kein Ausdruck! X Aber wenn wir das nun laut sagen würden, dann würden unsere gesamten öffentlichen Meinungen laut aufzischen vor Wut H AVLICEK Na die „gesamten“ - Es gäb auch welche, die es begrüssen. Zum Beispiel ich. X Sie natürlich! Ich sage nur ein Wort: Macchiavelli! H AVLICEK Wie bitte? X O wir verstehen uns bereits, lieber Freund - darf ich Sie „Freund“ nennen? Sie stehen so herrlich über den Dingen! H AVLICEK Ich steh nur zwischen den Grenzen. X Sie formulieren herrlich und ich wäre glücklich, wenn wir zu einer Einigung gelangen könnten, theoretisch und praktisch H AVLICEK Also vor allem praktisch, weil ich mich hier schon bald erkält! X Sie belieben zu scherzen - hehehe! H AVLICEK Aber keine Idee! Spürens denn nicht den Zug! Diesen Mitternachtswind? Meiner Seel’, einen Katarrh hab ich schon!
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 48
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Endfassung
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K1/TS5 (Korrekturschicht)
Lesetext
X Ja ja. Opfer über Opfer. H AVLICEK Und was hat man davon? Nichts. X Nur Undank. H AVLICEK Das nebenbei 얍 X Apropos Undank: darf ich Ihnen gratulieren zu Ihrer schier wundervollen Errettung von diesem ruchlosem Attentat H AVLICEK Was für ein Attentat? X Wie? Sie erinnern sich nicht mehr? H AVLICEK (beiseite) Attentat! Ein Obernarr! (laut) Ach, jaja! Aber wissens, ich hab schon soviel Attentate hinter mir, dass ich ein jedes gleich immer wieder vergiss! X Heroisch. H AVLICEK Mein Gott - (er lächelt) X Bescheiden und heroisch. Aber hier ziehts tatsächlich unerträglich H AVLICEK Dass Sie es nur merken! X (bei Seite) Meine Bronchitis - (laut) Also prinzipiell wären wir uns ja bereits einig und was die einzelnen untergeordneten Punkte betrifft: ich bin zu jeder Konzession bereit. H AVLICEK Ich auch. Aber was nützt das? X Allerdings nur zu einer jeden solchen Konzession, die sich mit unserer Würde verträgt. H AVLICEK „Würde“? Jetzt steh ich da und keiner lasst mich hinein - X Wieso nicht hinein? H AVLICEK Nicht rechts, nicht links X Wo nicht hinein? Versteh kein Wort! H AVLICEK (fährt ihn an) Dann machens Ihre Ohrwascheln gefälligst auf, ja? Gross genug wärens ja und abstehen tuns auch! 얍 X „Abstehen“?! H AVLICEK Und verschonens mich überhaupt mit Ihren Irrenhausgesprächen! Hör mal her, du Narr! Spiel dich nicht mit mir, freu dich lieber, dass du kein Regierungschef bist, sonst könntest jetzt was erleben von mir, verstanden?! X Was ist das? Das ist ja ein Anderer! H AVLICEK Ich bin kein Anderer! Ich bin der Ferdinand Havlicek und Punkt! Jetzt reisst mir aber die Geduld, ich bin ein Droguist und kein Narrenwärter! X O Himmel tu dich auf und verschling mich! Havlicek! Na das gibt einen europäischen Skandal! H AVLICEK (bei Seite) „Europäisch“? Grössenwahn! X Bumm! Das Ende meiner Karriere! Meine Demission! Gott, ist mir übel (er beugt sich über das Brückengeländer) (Stille) H AVLICEK (bei Seite) „Demission“ - Hm. Vielleicht ist die Sach doch komisch und es steckt was dahinter - - und parfümiert ist er auch, ich riech das gleich beruflich. Ein sehr teures Parfüm - (er nähert sich schnuppernd X.) Ist Ihnen schlecht? X (rührt sich nicht) H AVLICEK Ist Ihnen schlecht?
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Gross genugN ]
korrigiert aus: Grossgenug
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Endfassung
K1/TS5 (Korrekturschicht)
X So fragens doch nicht so penetrant! Sehens denn nicht, dass ich mich erbreche! H AVLICEK Das schon. X Also! (Stille) 얍 H AVLICEK Ist Ihnen jetzt leichter? X Nein. Jetzt trifft mich bald der Schlag. H AVLICEK Entschuldigens, aber wer sind denn der Herr eigentlich? X Ich? Ich?! Ein Narr! Ein Obernarr! (er lacht hysterisch) H AVLICEK (bei Seite) Wie der lacht X (plötzlich ernst) Ich lache da. Und morgen lacht die ganze Welt über uns zwei. H AVLICEK Ueber Sie vielleicht. Ueber mich kaum. X Sicher! H AVLICEK Geh, was geh denn ich schon die Welt an! X Man wird sich totlachen. H AVLICEK Tot? Von mir aus! X Ein Havlicek als Eingeweihter - da wird sich nichts verheimlichen lassen. Hören Sie, lieber Freund: vor Ihnen steht der Chef der Regierung dieses Landes (er deutet nach rechts) und dieser Chef wollte mit dem Chef der Regierung jenes Landes (er deutet nach links) eine heimliche lebenswichtige Besprechung über unermessliche Probleme H AVLICEK (unterbricht ihn) Was hör ich? X Ja. H AVLICEK Sie sind der Chef? Ohne Witz? X Noch bin ich es, aber ab morgen schreib ich meine Memoiren, die allerdings erst zwanzig Jahre nach meinem Tode veröffentlicht werden dürfen. Ich freu mich schon auf das Kapitel Havlicek. (Stille) 얍 H AVLICEK Und der andere Chef von da drüben kommt auch daher? X Er müsste schon längst hier sein. Schon vor mir! H AVLICEK Was? Beide Chefs? - Na freuts Euch, Freunderln! B
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34. Szene. (Jetzt kommt Y, der Chef der Regierung auf dem linken Ufer, rasch von links und wendet sich sogleich an Havlicek; wieder Bühnenmusik) Y O verzeihen Sie, dass ich mich derart penetrant verspätet habe, aber leider hatt e ich Panne auf Panne und einen Hund haben wir auch überfahren, einen Rattler also abermals: Verzeihung, Herr Ministerpräsident! X Der auch! (er lacht wieder hysterisch) Y (verwirrt) Wer lacht denn da? H AVLICEK Der Andere! Y Was für ein Anderer?! X Gratuliere, Kollege! Y Wer gratuliert mir denn da?! Himmel, ich bin ja so kurzsichtig und bei der vierten Panne ist mir meine Brille zerbrochen und jetzt seh ich nichts! H AVLICEK Macht nichts, ist eh stockdunkel!
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penetrant! SehensN ]
korrigiert aus: penetrant!Sehens
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 52
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Endfassung
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K1/TS5 (Korrekturschicht)
X Gratuliere abermals! Sie suchen nämlich mich, aber ich habe Sie verwechselt und nun sind Sie auch an den Falschen geraten! Penetrant! Y An den Falschen? Penetrant! H AVLICEK An den Falschen? An den Richtigen, meine Herrschaften! 얍 Na das freut mich aber, dass ich Euch zwei beide triff - grad bin ich in Stimmung! Hörts mal her! Warum machts denn Ihr zwei so penetrante Gesetz, he?! Da fabriziert ein jeder lustig drauflos, aber keiner denkt dabei zum Beispiel an so einen armen ehemaligen Drogeriebesitzer! Y Das halt ich nicht aus! H AVLICEK Ich auch nicht! Y Ich geh und es ist nichts geschehen! H AVLICEK Nichts? Das sind Euere Gesetz! Y Ich lass alles dementieren! H AVLICEK Sie mich könnens aber nicht dementieren! Für mich nicht! Schauns mich an, wenn ich mit Ihnen red! Y Was soll ich Sie denn anschaun bei der Finsternis?! Ohne Brille seh ich nichts! H AVLICEK „Finsternis“?! Und der Mond? Mein lieber guter Mond?! (Jetzt verschwindet der Mond hinter einer Wolkenbank und da wird es sehr dunkel) H AVLICEK (sieht überrascht empor; betroffen) Jetzt ist er weg. Y (bei Seite) „ Mond“! Das auch noch. (laut) Schluss!! Ich dementier, ich dementier und zwar kategorisch! Auch mich selbst! (zu X) Wiedersehen Kollege! Ich könnt heut eh nicht verhandeln, so ohne Brille bin ich zu unsicher - (rasch ab nach links) 얍 X (für sich) „Wiedersehen“! Ein Optimist. Na Adieu du schöne Welt - (langsam ab nach rechts) B
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35. Szene. H AVLICEK (allein; er schaut nach rechts und nach links) Weg sind sie. Ein Optimist, der dementiert und ein Pessimist, der demissioniert. Und was bin ich? (Jetzt erscheint er wieder, der Mond) H AVLICEK (schaut empor) - bist wieder da, Herr Mond? Bist ein feiner Freund. Da gefällt einem so ein Mondgesicht schon seit der frühesten Kindheit, aber wenn man ihn braucht, dann geht er hinter eine Wolkenbank E IN H AHN (kräht, im fernen Dorf) H AVLICEK Das war ein Hahn. Ist denn schon so spät oder so früh? - Und ehe der Hahn dreimal kräht, wirst du mich dreimal verraten - Gott, was für ein tiefes Wort! (singt) Ein tiefes Wort tut manchmal gut, wenn dich verlassen möcht dein Mut. Es hilft dir zwar nur indirekt, wenn du so sitzt wie ich im Dreck, dann hat halt alles keinen Sinn, her und hin.
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Finsternis?!N ] erN ] BMond“!N ] B
ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 54
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korrigiert aus: Finsternis?’ korrigiert aus: es vgl. K1/TS1/ÖLA 3/W 19 – o. BS, Bl. 52 korrigiert aus: Mond!“
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 55
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K1/TS5 (Korrekturschicht)
Lesetext
Vor allen Dingen brauchen wir ein Stück gestempeltes Papier, und weh dem armen Untertan, der kein Papier vorweisen kann! Er ist verdammt und muss nun ziehn her und hin.
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 56
Bist du noch so auf der Hut, ohne Stempel wird nichts gut, ohne Stempel gibts kein Leben, ohne Stempel gehts daneben, ohne Stempel kannst riskieren, bis zum jüngsten Tag zu spazieren als ein Pendel ohne Sinn her und hin!
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Jetzt geh ich da so hin und her und her und hin und hin und her und wieder her und wieder hin, immer hin und her, immer her und hin, mich wunderts nur, dass ich noch bin, bei all dem Her und Hin!
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Vorhang.
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Z w e i t e r Te i l .
ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 57
1. Szene. 30 B
(Auf dem linken Ufer. Nun hat der Hahn bereits dreimal gekräht, aber Szamek und Mrschitzka sitzen noch immer vor der amtlichen Baracke und haben noch immer Rum. Sie sind bereits ziemlich angeheitert und singen, stumpfsinnig abwechselnd.) N
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Als der Adam aus dem Paradies mit der Eva damals musste scheiden und ihm Gott der Plagen viel verhiess, war der Adam wenig zu beneiden. Lieber Gott, so tät er sagen, ich will alles gern ertragen, bloss nicht den Durscht! B
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(AufN ] gekräht, aberN ] BBarackeN ] BRum.N ] Bsingen, stumpfsinnigN ] BGott, soN ] B
korrigiert aus: Auf korrigiert aus: gekräht,aber korrigiert aus: Bracke korrigiert aus: Rum korrigiert aus: singen,stumpfsinnig korrigiert aus: Gott,so
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Endfassung
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K1/TS5 (Korrekturschicht)
Gott der Herr erbarmt sich seiner Not und gab ihm aus Gnade zwei Geschenke: er erfand für ihn den Tod Und die alkoholischen Getränke. Und der Mensch zu seiner Labe macht Gebrauch von dieser Gabe, er hat halt Durscht ! M RSCHITZKA (spricht) Prost Szamek! Bist ein Genie! S ZAMEK Was ist ein Genie? Ein genialer Mensch. Und was ist ein Mensch? Ein Nichts. Also was ist ein Genie?! Garnichts. M RSCHITZKA Das ist mir zu hoch. Aber wie du da zuvor diesen Rauschgiftschmuggler entlarvt hast, das war schon ganz 얍 grosser kriminalistischer Stil! Eine Klasse für sich, eine Sonderklasse für sich, eine kriminalistische Sonderklasse für sich. Nur versteh ich nicht, warum dass du keine Leibesvisitation S ZAMEK (unterbricht ihn) Weil ich davor einen Respekt hab! Nämlich da hat mir erst unlängst so ein Subjekt anlässlich einer Leibesvisitation, die ich an ihm vorgenommen hab, mein Portemonnaie aus der Tasch gestohlen -M RSCHITZKA (fällt ihm ins Wort) Was schadet das ab heut?! Ab heut, wo wir morgen Bankkontos haben werden! Zwanzigtausend! Das ist ein Wort, das zerfliesst einem im Maul wie Butter -S ZAMEK Also die Hauptsach ist, dass wir ihn ergriffen haben, diesen Schmugglitschinski. Eingesperrt da drinnen! (er deutet auf die Baracke) (singt) Willst du dein vertrocknetes Gehirn Für den Dienst am Vaterland erleuchten, Darfst du nicht vergessen es zu schmiern Und genügend täglich zu befeuchten. Ohne diese Geistesfackel bleibst du stets ein lahmer Lackel, das macht der Durscht! B
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Wenn die Sorge grimmig an dir frisst wird der Spiritus dich hold erfrischen, und wenn du nicht ganz zufrieden bist, denk dir bloss, wir hätten „Prohibition“! Wenn man dort im Branntweinladen B
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halt DurschtN ] Mensch. UndN ] BNichts. AlsoN ] Bhoch. AberN ] Bhast, dasN ] Bsich, eineN ] BSonderklasseN ] Bnicht, warumN ] BLeibesvisitation, dieN ] Bhab, meinN ] BWort, dasN ] Bist, dassN ] BSchmugglitschinski. EingesperrtN ] Bbloss, wirN ] B
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Lesetext
korrigiert aus: halt Durscht korrigiert aus: Mensch.Und korrigiert aus: Nichts.Also korrigiert aus: hoch. Aber korrigiert aus: hast,das korrigiert aus: sich,eine korrigiert aus: Sonder klasse korrigiert aus: nicht,warum korrigiert aus: Leibesvisitation,die korrigiert aus: hab,mein korrigiert aus: Wort,das korrigiert aus: ist,dass korrigiert aus: Schmugglitschinski.Eingesperrt korrigiert aus: bloss,wir
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 58
Endfassung
K1/TS5 (Korrekturschicht)
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nichts bekäm als Limonaden, das wär ein Durscht!! B
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얍 M RSCHITZKA Sollst Bleben, ThomasN! Ich erhebe mein Glas auf das Gedeihen einer kriminalistischen Leuchte! (er trinkt) Meiner BSeel, warN das eine BLust, wieN der da immer zerknirschter geworden ist und alles eingestanden hat! S ZAMEK Also Beingestanden, daranN kann ich mich nicht erinnern. Mir ist nur Bbekannt, dassN er hartgesotten geleugnet hat. M RSCHITZKA Aber ist er denn nicht zusammengebrochen unter der Last der Indizien? S ZAMEK BNein. ErN ist nur Bzusammengebrochen, weilN du ihm das Bein gestellt Bhast, nachdemN du ihm eine hingehaut hast. M RSCHITZKA So? Hab ich das? -- Das weiss ich ja jetzt garnicht mehr. Schrecklich. Neuerdings kommt mir das häufig vor -- zum Beispiel erst vorige BWoch, daN hab ich einem eine Bhingehaut, ganzN ohne jeden Grund und hab das erst bemerkt wie er mir eine zurückgehaut hat. Ein eigenartiger Zustand. S ZAMEK Sogenannte Absenz-Erscheinungen. M RSCHITZKA Was? Abstinenz-Erscheinungen? Lächerlich! S ZAMEK BApropos, AbstinenzN: wo nur die Eva so lang Bbleibt, dieseN Bestie! M RSCHITZKA Wo? Kann ich mir schon vorstellen! S ZAMEK Ich auch! (Er schlägt auf den BTisch; leiseN) Das wird noch ein furchtbares Ende nehmen, ein Ende mit einer Axt -M RSCHITZKA Mir Bscheint, duN bist angeheitert und siehst schwarz. S ZAMEK Schwarz ist noch viel zu weiss. M RSCHITZKA Hättest halt das Fräulein Tochter nicht dem Schicksal überlassen sollen. S ZAMEK Dem Schicksal? M RSCHITZKA Hast doch gesagt! (Stille) 얍 S ZAMEK BJa, jetztN erinner ich mich -- Hm. Also wenn das Schicksal seine Hand im Spiel Bhat, dannN kommt die Bestie vor morgen Früh nimmer heim -- (er schläft plötzlich ein vor lauter Rum)
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B
Durscht!!N ] leben, ThomasN ] BSeel, warN ] BLust, wieN ] Beingestanden, daranN ] Bbekannt, dassN ] BNein. ErN ] Bzusammengebrochen, weilN ] Bhast, nachdemN ] BWoch, daN ] Bhingehaut, ganzN ] BApropos, AbstinenzN ] Bbleibt, dieseN ] BTisch; leiseN ] Bscheint, duN ] BJa, jetztN ] Bhat, dannN ] B
korrigiert aus: Durscht !! korrigiert aus: leben,Thomas korrigiert aus: Seel,war korrigiert aus: Lust,wie korrigiert aus: eingestanden,daran korrigiert aus: bekannt,dass korrigiert aus: Nein.Er korrigiert aus: zusammengebrochen,weil korrigiert aus: hast,nachdem korrigiert aus: Woch,da korrigiert aus: hingehaut,ganz korrigiert aus: Apropos,Abstinenz korrigiert aus: bleibt,diese korrigiert aus: Tisch;leise korrigiert aus: scheint,du korrigiert aus: Ja,jetzt korrigiert aus: hat,dann
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 59
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K1/TS5 (Korrekturschicht)
Lesetext
M RSCHITZKA (betrachtet ihn) Ist der jetzt schon wieder eingeschlafen? Na, höchste Zeit, dass er pensioniert wird, diese Leuchte der Kriminalistik -- (er schreit) He! Thomas! Thomas! S ZAMEK (erwacht) -- jetzt hab ich aber was ganz Blödes geträumt… Die Eva war noch klein und das Fenster war höher, ich hab sie hinaufgehoben und draussen ist grad unser König vorbeigefahren in einem gelben Galatotenwagen. Und der Kutscher hat Flügel gehabt. Er war ein Engel -- ein Erzengel. M RSCHITZKA Zu blöd. B
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2. Szene. (Jetzt taucht ein verstörter Mensch auf: der Privatpädagoge. Ohne Kravatte und mit zerwühltem Haar. Rasch möcht er auf die Brücke) S ZAMEK Halt! Ihren Grenzschein bitte -- (er will sich erheben, muss sich aber gleich wieder setzen vor lauter Rum) P RIVATPÄDAGOGE Lieber Herr, ich brauch keinen Grenzschein mehr! S ZAMEK Hör ich recht? Jeder Mensch braucht einen Grenzschein, wenn er hinüber möcht! P RIVATPÄDAGOGE (blickt in den Himmel) „Hinüber“! Für mein Hinüber brauch ich keinen Pass -- (er schreit Szamek plötzlich 얍 an) Haltens mich nicht auf, ich möcht sterben ! S ZAMEK Seiens so gut! (er schläft wieder ein) P RIVATPÄDAGOGE Jetzt geh ich auf diese Brücke, dort wo sie am tiefsten ist und spring ins Wasser! Oh dieses Leben! Lauter Dummheit, Lüge und Niedertracht -- nirgends eine mütterliche Persönlichkeit! M RSCHITZKA Recht habens! Wo man hinschaut lauter Rohheit und Gemeinheit, nirgends eine kleine Zartheit -P RIVATPÄDAGOGE (weint) Oh wie wahr! M RSCHITZKA (schluchzt) Meinens, ich halt das aus? Aber keine Idee. Kommens, ich geh mit und spring nach! P RIVATPÄDAGOGE Nein! So etwas muss jeder mit sich selbst abmachen! M RSCHITZKA Also werdens nur nicht vorlaut, ja? Wenn der Mrschitzka sagt, dass er mitspringt, dann springt er aber auch mit! Wo sind denn nur meine Schuh? Kruzifix, ich kann doch nicht ohne Schuh bei die Blutblasen unter die Hornhäuter -B
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Na, höchsteN ] Zeit, dassN ] Bwird, dieseN ] Bgeträumt… DieN ] BHaar. RaschN ] BsichN ] BHerr, ichN ] Bmöcht sterbenN ] BBrücke, dortN ] BDummheit, LügeN ] BRohheitN ] BGemeinheit, nirgendsN ] BKommens, ichN ] Bsagt, dassN ] Bmitspringt, dannN ] BKruzifix, ichN ] BHornhäuterN ] B
N
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B
korrigiert aus: Na,höchste korrigiert aus: Zeit,dass korrigiert aus: wird,diese korrigiert aus: geträumt …Die korrigiert aus: Haar, Rasch eingefügt, vgl. K1/TS1/ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 57 korrigiert aus: Herr,ich korrigiert aus: möcht sterben korrigiert aus: Brücke,dort korrigiert aus: Dummheit,Lüge gemeint ist: Roheit korrigiert aus: Gemeinheit,nirgends korrigiert aus: Kommens,ich korrigiert aus: sagt,dass korrigiert aus: mitspringt,dann korrigiert aus: Kruzifix,ich korrigiert aus: Hornjäuter
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 61
Endfassung
K1/TS5 (Korrekturschicht)
P RIVATPÄDAGOGE Ich spring allein. M RSCHITZKA So wartens doch, Sie Nervösling Sie! P RIVATPÄDAGOGE Lassens mich! Wissens denn, was ich getan hab? Grad hab ich meine Frau erschlagen! Erschlagen. (rasch ab) M RSCHITZKA (sieh ihm verdutzt nach) Ist das ein Witz? B
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Lesetext
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3. Szene. (Der Privatpädagoge eilt nun über die Brücke und hält ruckartig an der Stelle, wo er gestern geangelt hat. Er sieht sich nervös-flüchtig um, sieht dann hinab in das Wasser und hinauf in den Himmel.) 얍 P RIVATPÄDAGOGE Es musste so kommen. Ein verpatztes Leben und die Konsequenz. Hier habe ich gestern noch geangelt und nicht gefangen. Nichts. -- Vielleicht wär alles anders gekommen, wenn ich was gefangen hätt, vielleicht läg ich dann jetzt im Bett und tät ruhig schlafen, wenn ich überhaupt nur schlafen könnt! Aber so? -- Warum habt Ihr denn auch nicht angebissen, Ihr Hechte da drunten, Ihr Karpfen, Waller, Forellen, Saibling und Ihr Weissfisch mit den vielen Gräten, an denen man immer wieder erstickt? Seid verflucht. (er klettert über das Brükkengeländer) Und lauter dünne Würmer -- Nein, das mach ich nicht mehr mit! O Ewigkeit, empfange deinen Sohn! Immer hab ich für dich gewirkt bei den Nachhilfestunden, von denen ich mich ernährt hab, immer in deinem Geiste -Also los! Los! Eins, zwei, und eins ist drrrr -B
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4. Szene. H AVLICEKS S TIMME (er selbst bleibt unsichtbar, weil er an der anderen Seite der Brücke auf dem Boden sitzt und infolgedessen hatte ihn auch der Privatpädagoge zuvor übersehen) Halt! Halt! P RIVATPÄDAGOGE (fährt entsetzt zusammen) Wer ruft da Halt? H AVLICEK (erhebt sich nun) Ich. P RIVATPÄDAGOGE (bei Seite und bang) Welche Geisterstimm -- ich seh mich nicht um. H AVLICEK Also was treibens denn da für Unüberlegtheiten, Verehrtester ? Der Tod kommt eh von allein, garantiert! Zurück ! Abrakadabra! B
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denn, wasN ] Erschlagen. (raschN ] BWitz?N ] BStelle, woN ] Bum, siehtN ] Bgekommen, wennN ] Bschlafen, wennN ] Bangebissen, IhrN ] BForellen, SaiblingN ] BGräten, anN ] BNein, dasN ] BEwigkeit, empfangeN ] BNachhilfestunden, vonN ] Bhab, immerN ] BEins f undN ] BSzene.N ] Bunsichtbar, weilN ] Bzusammen) f ruftN ] BUnüberlegtheiten, VerehrtesterN ] Ballein, f ZurückN ] BAbrakadabra!N ] B
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korrigiert aus: denn,was korrigiert aus: Erschlagen.(rasch korrigiert aus: Witz ? korrigiert aus: Stelle,wo korrigiert aus: um,sieht korrigiert aus: gekommen,wenn korrigiert aus: schlafen,wenn korrigiert aus: angebissen,Ihr korrigiert aus: Forellen,Saibling korrigiert aus: Gräten,an korrigiert aus: Nein,das korrigiert aus: Ewigkeit,empfange korrigiert aus: Nachhilfestunden,von korrigiert aus: hab,immer korrigiert aus: Eins,zwei,und korrigiert aus: Sznene. korrigiert aus: unsichtbar,weil korrigiert aus: zusammen)WEr ruft korrigiert aus: Unüberlegtheiten,Verehrtester korrigiert aus: allein,garantiert!Zurück korrigiert aus: Abrakadabra !
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 62
Endfassung
5
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15
K1/TS5 (Korrekturschicht)
Lesetext
얍 P RIVATPÄDAGOGE (beiseite) „Abrakadabra“? - jetzt wag ichs und seh mich Bum, hoffentlichN trifft mich nicht der Schlag -- (er sieht sich ruckartig um und erblickt Havlicek) Sie sind das?! H AVLICEK Wer denn sonst? P RIVATPÄDAGOGE (klettert wütend über das Brückengeländer zurück und fährt Havlicek ungeduldig an) Na das nenn ich aber eine gewaltsame BUnerhörtheit, SieN! Was geh denn ich Sie an, wenn ich mich umbringen möcht, bitt ich mir aus!? H AVLICEK Pardon! Aber ich hab doch eine menschliche -P RIVATPÄDAGOGE (unterbricht ihn) „Menschlich!“ Schauns mich Ban, esN gibt keinen Menschen! Was wissen denn Sie schon von meiner grenzenlosen Einsamkeit? Grad hab ich meine Frau erschlagen! H AVLICEK Grosser Gott! P RIVATPÄDAGOGE Soll ich mich also hängen lassen oder köpfen? Nein, das überleb ich nicht! Lieber bring ich mich selber um. Nur schad, dass nicht Winter ist, erfrieren ist der schönste Tod!
5. Szene. S TIMME DER F RAU (aus der Ferne) Theo! Theo! P RIVATPÄDAGOGE Um Christi Willen! H AVLICEK Wer ruft da? S TIMME DER F RAU Theo! P RIVATPÄDAGOGE Sie ruft mich, meine tote Frau! H AVLICEK (verwirrt) Sie heissen Theo? P RIVATPÄDAGOGE Aus dem Jenseits ruft sie mich! (er blickt empor) Ich komme, ich komme! (er klettert wieder über das Brückengeländer) Eins, zwei, und eins ist drrrrr.....
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6. Szene. D IE F RAU (kommt nun vom linken Ufer dahergelaufen und zwar ganz ausser Atem; sie erblickt ihren Privatpädagogen und schreit) Theo! P RIVATPÄDAGOGE (erblickt sie und kreischt) Gespenst, Gespenst, Gespenst! F RAU Ich lebe, ich lebe! Hast mir ja nichts getan, war doch nur ein schwacher Schlag, aber ich hatte meinen Krampf und konnt mich nicht rühren - O, ich hab es ja gesehen, wie du mir den Abschiedsbrief geschrieben hast, jetzt weiss ich erst, wer du bist! Komm, guter Theo und verzeih mir meinen Krampf! (Stille) P RIVATPÄDAGOGE (atmet auf) Gottlob, du lebst. Hab ich mich jetzt erschreckt! (er klettert wieder retour über das Brückengeländer) F RAU Armer Theo, komm und verzeih mir - P RIVATPÄDAGOGE (schliesst sie in seine Arme und gibt ihr einen Kuss) Wirst mir wieder Würmer suchen? F RAU Ja. Ich werde suchen und suchen und finden - - (ab mit ihrem Privatpädagogen) 1–2 6 9 22 24 25
B
um, hoffentlichN ] Unerhörtheit, SieN ] Ban, esN ] Bmich, meineN ] Bkomme, ichN ] BEins, f undN ] B
korrigiert aus: um,hoffentlich korrigiert aus: Unerhörtheit,Sie korrigiert aus: an,es korrigiert aus: mich,meine korrigiert aus: komme,ich korrigiert aus: Eins,zwei,und
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 64
Endfassung
5
K1/TS5 (Korrekturschicht)
7. Szene. S TIMME DER F RAU H ANUSCH (von der anderen Seite der Brücke, wo sie auf dem Boden sitzt, dort wo zuvor auch Havlicek sass) Kann man jetzt kommen? H AVLICEK Ohne Gefahr! 얍 S TIMME DER F RAU H ANUSCH Ist die Luft rein? H AVLICEK Wir sind unter uns. F RAU H ANUSCH (erhebt sich und kommt) Gott, waren das aufregende Szenerien. Ich hab direkt Bauchweh vor lauter Empörung! Ich kann halt niemand leiden sehen, wenn ich auch oft herzlos wirk durch meine drastische Manier ! H AVLICEK Sie und herzlos? Wo Sie mir da etwas zum Essen bringen mitten in der Nacht? Kalten Braten und passierten Roquefort? Das zeigt von keinem alltäglichen Herzen, Frau Hanusch! F RAU H ANUSCH Ich weiss, dass das rührend von mir ist und ich war ja schon längst im Bett, aber ich hab keinen Schlaf gefunden, immer hab ich denken müssen: da geht jetzt ein Mann hin und her und niemand lasst ihn rein - - und plötzlich hats mich durchzuckt, ich raus aus dem Bett und daher - Aber Sie haben ja alles stehen lassen! Habens denn keinen Hunger? H AVLICEK Hunger schon, aber keinen Appetit. F RAU H ANUSCH Armer Mensch! H AVLICEK Und derweil ist passierter Roquefort meine Leibspeis - - mein Leibkäs gewissermassen. F RAU H ANUSCH Das freut mich, dass ich es erraten hab. H AVLICEK Tut mir gut, Frau Hanusch. Wissens, es schaut nämlich einfacher aus, als wie es ist, wenn man so weg muss aus einem Land, in dem man sich so eingelebt hat, auch wenn es vom Zuständigkeits-얍standpunkte nicht die direkte Heimat war -- aber es hängen doch soviel Sachen an einem, an denen man hängt. Zum Beispiel wie ich noch die Drogerie gehabt hab, da hättens mal meine Auslag sehen sollen -- es war das zwar keine grosse Auslag, mehr ein grösseres Fenster, aber was ich da alles hineinarrangiert hab! Rechts medizinisch, links homöopathisch, vorn kosmetisch und hinten die Diskretion --- Red ich Ihnen nicht zuviel? F RAU H ANUSCH Nein. H AVLICEK Hm. Ja und der Apotheker nebenan, der hat mich dann zugrundegerichtet. Plötzlich über Nacht hat der sich auch eine Drogerieabteilung angegliedert und dann ist meine Kundschaft dorthin. F RAU H ANUSCH Warum? H AVLICEK Er war halt beliebter als ich. Das sind eben oft so dunkle Strömungen in der Massenseele -- da steht man dann und wundert sich. Genau wie im Krieg. Waren Sie im Krieg? F RAU H ANUSCH Ich? Nein. H AVLICEK Aber in Ihrem Alter -F RAU H ANUSCH (unterbricht ihn) Aber ich bin doch eine Frau! H AVLICEK Grosser Gott, das hab ich jetzt ganz vergessen! Meiner Seel, man wird halt schon blöd und blind, wenn man immer so hin und her und immer allein -- Nur eine Frau könnt mich retten. Ohne Witz. B
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drastische ManierN ] LeibkäsN ] Bsoviel SachenN ] B
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korrigiert aus: drastische Manier Korrektur von fremder Hand: Lei[n] b käs korrigiert aus: soviel Sachen
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 65
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Lesetext
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 66
Endfassung
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K1/TS5 (Korrekturschicht)
Lesetext
얍 F RAU H ANUSCH Ja. Ein Mann ist schon etwas Notwendiges, wenn er auch nur repräsentiert. Mein Seliger war ein stattlicher Herr. Hundertsiebzehn Kilo hat er gewogen und der ist mir BweggestorbenN -- wieviel wiegen denn Sie? H AVLICEK Weniger. Bedeutend. F RAU H ANUSCH Das merk ich. Wann sinds denn geboren? H AVLICEK Warum? F RAU H ANUSCH Es interessiert mich. H AVLICEK Am vierzehnten Juli. Das ist ein grosser Tag in Frankreich -- Wissens, da tanzen die Leut auf den Boulevards. (Stille) F RAU H ANUSCH Vierzehnter Juli -- Stimmt! H AVLICEK Was? F RAU H ANUSCH Ich hab jetzt nur schnell nachgerechnet. Astrologisch. Also nach den Sternen täten wir gut zueinanderpassen. H AVLICEK Wer? F RAU H ANUSCH Wir zwei.
ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 67
Duett: F RAU H ANUSCH Sehens die vielen Sternlein stehen über uns? Alle diese Sternlein weben an Ihrem und an meinem Leben alle diese Sternlein drehen sich um unser kleines Leben über uns.
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얍
H AVLICEK Wenn die vielen Sternlein eben über uns gar nichts täten, als bloss weben an Ihrem und meinem Leben, wenn sie nur für uns so wandern, was blieb denn dann für die andern neben uns? Sehns ich glaub nicht, dass das geht, dass sich’s ganze All bloss um uns zweie dreht.
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B
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F RAU H ANUSCH Jeder Mensch hat seinen Planeten. H AVLICEK Dann hab ich, scheints, einen Kometen: der kommt nur ab und zu daran und stört den andern ihre Bahn. F RAU H ANUSCH (gleichzeitig) Das ist hochinteressant! Was ist der alls imstand!
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3 35
B B
weggestorbenN ] zweieN ]
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Korrektur von fremder Hand: wegges[r] t orben Korrektur von fremder Hand: [beide] zweie
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Endfassung
K1/TS5 (Korrekturschicht)
Lesetext
H AVLICEK Dann ist er plötzlich wieder verschwunden, kümmert sich nicht um seinen Kunden, wo ist er denn, mein spezieller Komet, dass es mir so miserabel geht? 5
F RAU H ANUSCH Herr Havlicek, gehns lästerns nicht und glaubens an Ihr Himmelslicht! Wenns nur die Sterne recht beschwören, (zart und anzüglich) tuns Ihnen gar noch einen Schatz bescheren!
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얍
H AVLICEK (ohne zu verstehen) Ists weiter nichts? Das tu ich gern. Nur glaub ich nicht mehr recht an meinen Stern.
ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 69
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B EIDE ZUSAMMEN Venus, Mars und Jupiter, Merkurius, Pluto und Saturn und Uranus, bringts uns bitt schön kein’ Verdruss! Tuts doch an unserm armen Leben mit Vernunft und Ordnung weben über uns! Und vergessts nicht, unserm Leben auch ein bisserl Glück zu geben über uns!
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H AVLICEK Aber was sind denn das schon für Stern?! Ich kann doch nicht weg von der Brück! O ich Blödian! Da triff ich da zuvor gleich beide Chefs auf einen Schlag und anstatt, dass ich sie erpress mit ihrer heimlichen Mission, damit sie mich überall hineinlassen, hab ich sie bloss beschimpft - wie unüberlegt, wie unüberlegt! Aber ich bin halt zu jähzornig! Zu jähzornig -F RAU H ANUSCH (fällt ihm plötzlich um den Hals und küsst ihn) H AVLICEK (etwas betroffen) Was war das jetzt? F RAU H ANUSCH Ein Stern! H AVLICEK In unserem Alter? (er lächelt verlegen) F RAU H ANUSCH Man ist so alt, als wie man sich fühlt und ich fühl mich noch! -Schad, dass ich jetzt weg muss, aber 얍 ich muss auf meine Reputation achten, auch wenn ich morgen Konkurs ansag. H AVLICEK Auf Wiedersehen. Und ich dank für Speise und Trank -F RAU H ANUSCH Geh du hast ja nichts gegessen! (sie will das Essen wieder mitnehmen) H AVLICEK Halt! Lass es da! Jetzt hab ich Appetit! F RAU H ANUSCH (gibt ihm rasch einen Kuss) Schmecken soll es dir! Schmecken, du braver Mann -- (rasch ab nach rechts) H AVLICEK (isst und trällert vor sich hin) B
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N
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B
dankN ]
Korrektur von fremder Hand: dank[e]
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 70
Endfassung
K1/TS5 (Korrekturschicht)
8. Szene. (Frau Hanusch geht nun über die Brücke und erreicht das rechte Ufer. Erstaunt sieht sie sich um, da niemand zu sehen ist. Dann horcht sie, nähert sich vorsichtig dem Raubritterturm und sieht durch das Schlüsselloch hinein.) F RAU H ANUSCH (erhebt sich wieder) Gott, es ist doch das schönste, zwei so junge Menschen in der Umarmung -(singt) Couplet Wenn heutzutag ein nettes junges Paar brennheiss verliebt ist und mit Haut und Haar, so ist die Frage bald geklärt, wie man beisamm ist möglichst ungestört. Heut sind die jungen Leut halt gscheit! Gmöcht hätten wir ja auch, nur leider war es damals noch nicht Brauch. B
5
B
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얍
N
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Wenn eine Dame, die sich ordntlich pflegt, nicht grad das Gsicht hat, was man eben trägt, so nimmts ein’ Farbtopf aus dem Schrein und malt sich in ihr Gsicht ein neues ’nein. Heut sind die Frauen so viel gscheit! Gmöcht hätten wir ja auch, nur leider war es damals noch nicht Brauch.
20
Wenn über diesen oder jenen Fragen die Volksvertreter sich die Köpf einschlagn, so schickt mans heim, sperrt d’ Buden zu und hat vom ganzen Parlament sei’ Ruh. Heut sind halt die Minister gscheit! Gmöcht hättens frühr ja auch, nur leider war es damals noch nicht Brauch. B
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N
Heut hat mir träumt von einem fernen Land, wo Politik ist gänzlich unbekannt, dort ist man friedlich und human, sogar die Frau vertragt sich mit ihrm Mann, dort kennt man weder Neid noch Streit, so möchten Sie’s halt auch? Nur leider ist es bei uns noch nicht Brauch . (ab in Gedanken versunken) B
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Lesetext
1 8 25 39
B
8.N ] CoupletN ] BWenn f Brauch.N ] Bnicht BrauchN ] B
N
korrigiert aus: 9. Korrektur von fremder Hand: \Couplet/ Eintragung von fremder Hand: deleatur korrigiert aus: nicht Brauch
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 71
Endfassung
얍
K1/TS5 (Korrekturschicht)
9. Szene. K ONSTANTIN (erscheint in der Tür des Raubritterturmes; er ist etwas derangiert und sieht sich um) Es war doch wer da -E VA (taucht hinter ihm auf, ebenfalls etwas derangiert ) So komm doch! Wer soll denn schon? K ONSTANTIN Still! (er lauscht) Jetzt hör ich nichts, aber es ist wer vorbei. Du weisst, ich hör immer her auf die Grenz, in jeder Situation - und ich hab ein scharfes Gehör. E VA Ja, dir entgeht nichts. K ONSTANTIN Hoffentlich warens nicht unsere Rauschgiftschmuggler. Du, jetzt hab ich direkt Gewissensbiss wegen der zwanzigtausend. E VA Was ist ein Mensch neben einer Million? K ONSTANTIN Nichts. E VA Komm -K ONSTANTIN (folgt ihr wieder in seinen Raubritterturm) B
N
B
5
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Lesetext
ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 72
N
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10. Szene. (Frau Leda kommt nun mit dem als Krankenschwester verkleideten Schmugglitschinski) F RAU L EDA (leise) Niemand da? Kein Grenzorgan? Fein! S CHMUGGLITSCHINSKI (mit überaus tiefer Stimme) Sehr angenehm und umso besser. (er entledigt sich seiner Krankenschwesternhaube) Ich halts eh kaum in der Hauben aus vor lauter Hitz! (er wischt sich mit seinem Taschentuch einen viertel Liter Schweiss von der Glatze) 얍 F RAU L EDA Wisch dir lieber nicht die Glatze, sondern gib das verabredete Zeichen! S CHMUGGLITSCHINSKI Hast recht! Aber vergiss nicht, dass wir uns grad in einer anormalen Hitzewelle befinden! (er windet sein Taschentuch aus und winkt dann damit) B
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25
N
11 . S z e n e . (Auf dieses verabredete Zeichen hin kommen vorsichtig drei Schmuggler; jeder trägt einen grossen Mehlsack mit der jeweiligen Aufschrift: Kokain, Morphium, Opium) S CHMUGGLITSCHINSKI (zu den drei Schmugglern) Also nur rasch auf die Brücke mit dem Rauschgift und vor dem drüberen Brückenkopf halt! D IE DREI S CHMUGGLER (rasch ab auf die Brücke) B
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N
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12. Szene. (Frau Leda und Schmugglitschinski wollen ihnen folgen - aber da tritt Konstantin wieder aus seinem Raubritterturm und erblickt die beiden) E VA (aus dem Raubritterturm) Konstantin! Es ist doch nichts! K ONSTANTIN (bei Seite) Die Kranke und die Heilige? Zu dieser Stund, wo ein jeder anständiger Mensch im Bett liegt? Komisch! (laut) Ihren Grenzschein, bitte? S CHMUGGLITSCHINSKI (schlägt ihn k.o.) B
B
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1 4 16 29 36 37
B
9.N ] derangiertN ] B10.N ] B11.N ] B12.N ] Bund SchmugglitschinskiN ] B
N
N
korrigiert aus: 10. korrigiert aus: gerangiert korrigiert aus: 11. korrigiert aus: 12. korrigiert aus: 13.. korrigiert aus: und Schmugglitschinski
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 73
Endfassung
K1/TS5 (Korrekturschicht)
Lesetext
K ONSTANTIN (bricht lautlos zusammen) S TIMME E VAS Konstantin! Wo bleibst denn schon wieder solang? 얍 5
13. Szene. E VA (erscheint, erblickt auf dem Boden ihren bewusstlosen Konstantin und dann die Krankenschwester ohne Haube -- sie schreit gellend auf) S CHMUGGLITSCHINSKI (hält ihr den Mund zu; zu Frau Leda) Rasch! Knebel! Strick! Na gib schon her aus deinem Ridikül! F RAU L EDA (knebelt und bindet Eva) S CHMUGGLITSCHINSKI Rascher! So! Und jetzt auch diesen Burschen da! F RAU L EDA (plötzlich steif) S CHMUGGLITSCHINSKI (nichts Gutes ahnend) Was ist? F RAU L EDA (mit schwacher Stimme) Ich kann mich nicht rühren -S CHMUGGLITSCHINSKI Bist wieder weg?! Gib her! (er reisst ihr den Strick aus der Hand) Hast wieder geschnupft? F RAU L EDA Nein. Gespritzt! S CHMUGGLITSCHINSKI (bindet und knebelt Konstantin) Nicht beherrschen kann sie sich! Fürchterlich, immer wieder dieses blöde Rauschgift! Kokain, Morphium, Opium - das nimmt nochmal ein schlimmes Ende mit dir , im Irrenhaus -- So! (jetzt hat er Konstantin geknebelt und gebunden) Alles muss man allein machen, eine feine Compagnonin hab ich da bei der unerträglichen Hitze! (er wischt sich wieder die Glatze) F RAU L EDA Jetzt seh ich mein Kindlein, es winkt mir zu! O, warum bist du gestorben mit vier Jahren, du 얍 Englein in deinem Kinderhimmel, ich hätt doch sonst nie angefangen, zu schnupfen und zu spritzen - (sie weint) S CHMUGGLITSCHINSKI (beiseite) Das auch noch! (Zu Frau Leda) Los! Zu! (er pufft sie) F RAU L EDA Au! S CHMUGGLITSCHINSKI Sei mir nicht bös, aber meine Brutalität ist deine einzige Rettung, Liebling! (er pufft sie auf die Brücke) F RAU L EDA Au! B
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N
B
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B
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B
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14. Szene. (Solcherart gehen nun Schmugglitschinski und Frau Leda über die Brücke -- an dem schlafenden Havlicek vorbei, den sie nicht bemerken, und der sie natürlich auch nicht bemerkt. Bis an die Stelle gehen sie, wo auf der Brücke knapp vor dem linken Brückenkopf die drei Schmuggler mit ihren Mehlsäcken voll Rauschgift weisungsgemäss brav warten) S CHMUGGLITSCHINSKI (flüstert) Moment! (er schleicht sich noch etwas weiter vor und sieht um die Ecke nach der amtlichen Holzbaracke; mit einer Gebärde der Verärgerung kehrt er wieder zurück; zu Frau Leda) Zu zuwider! Muss da jetzt N
B
40
N
N
B
4 7 19 24 25 33 39
B
13.N ] zu;N ] BdirN ] BsonstN ] BschnupfenN ] B14.N ] BMoment! (erN ] B
N
korrigiert aus: 14. korrigiert aus: zuö Korrektur von fremder Hand: di[e] r korrigiert aus: sons korrigiert aus: s chnupfen korrigiert aus: 15. korrigiert aus: Moment! (er
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 74
ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 75
Endfassung
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K1/TS5 (Korrekturschicht)
noch ein Gendarm dabei sein und sogar mit Bajonett-auf! Zwei gegen uns zwei, das ist mir zu riskant! F RAU L EDA (deutet auf die drei Schmuggler) Und die drei! 얍 S CHMUGGLITSCHINSKI Die zählen nicht mit! D IE DREI S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI Das sind nur Kulis! D IE DREI S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI Die können nur schleppen oder stören! D IE DREI S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI Jetzt aber kein Oho mehr! D IE DREI S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI (zu Frau Leda) Das hat man von seinem Personal, wenn man zu freundlich mit ihnen verkehrt! Wie oft hab ich dir schon gesagt, verkehr nicht mit ihnen! Jetzt sind sie frech. (zu den drei Schmugglern) Wartet da! Wir zwei erledigen das schon, und zwar mit List - (er schlägt Frau Leda auf die Hand, eine Spritze fällt zu Boden, klirrt und zerbricht) Schon wieder, Irrsinnige?! Schon wieder spritzen? F RAU L EDA Aber du weisst doch, dass ich süchtig bin! Ich kann nicht so nüchtern schmuggeln. S CHMUGGLITSCHINSKI Höchste Zeit, dass du eine Entziehungskur durchmachst! Wie uns jetzt da dieser Coup gelingt, kommst in eine Anstalt, das prophezeih ich dir! Also los! Mit List und nach bewährtem Rezept! (ab mit Frau Leda) 15. Szene. (Die beiden betreten nun das linke Ufer. Szamek und Mrschitzka sitzen vor der amtlichen Baracke und schlafen nun vor lauter Rausch - aber Schmugglitschinski und Frau Leda bemerken es nicht vor 얍 lauter Vorsicht und Routine ) S CHMUGGLITSCHINSKI (sehr leise) Fang an, Leda! F RAU L EDA (nähert sich den Schlafenden) Guten Tag, die Herren! S ZAMEK UND M RSCHITZKA (erwachen) Wer da? Was los? F RAU L EDA (sieht Schmugglitschinski perplex an) M RSCHITZKA Ich wünsche nicht gestört zu werden -S ZAMEK (verschlafen) Wo bin ich? F RAU L EDA (perplex) An der Grenze. S ZAMEK Aha! Aha! (er reibt sich den Schlaf aus den Augen) Und Sie wollen über die Grenze? F RAU L EDA (sieht Schmugglitschinski abermals perplex an) Ja. Ich und die Krankenschwester dort. M RSCHITZKA (gähnt) Wer ist krank? F RAU L EDA Sie nehmen mir das Wort aus dem Munde. Wir wollen - und müssen nämlich auf schnellstem Wege zu einem schwerkranken Verwandten, und ich habe mir diese überaus aufopfernde und verständnisvolle Krankenschwester gleich mitgebracht. M RSCHITZKA Ein stramme Schwester ist das! Füss, wie ein Vieh! B
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15.N ] und RoutineN ] BWirN ] B
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korrigiert aus: 16. korrigiert aus: undnRoutine korrigiert aus: Wie
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K1/TS5 (Korrekturschicht)
F RAU L EDA Es dreht sich um eine überraschend ausgebrochene schwere innere Erkrankung -S ZAMEK (unterbricht sie) Also gehens nur schon zu und störens uns nicht, was interessiert mich denn Ihre Verwandtschaft mit ihren inneren Erkrankungen! Mich interessiert nur Ihr Grenzschein, gnädige Frau! 얍 F RAU L EDA Ja, das ist eben das Ding. M RSCHITZKA Was für ein Ding? F RAU L EDA Wir haben leider keine Papiere. S ZAMEK Aha! Verstehe! Also ohne Papiere geht das nicht! Da könnt Ihre ganze Verwandtschaft aussterben, ohne Grenzschein wird da niemand vorbeihereingelassen! Punkt! F RAU L EDA Aber das ist doch herzlos! S ZAMEK Ich bin auch herzlos! M RSCHITZKA (der sich Schmugglitschinski genähert und ihn von allen Seiten aufmerksam betrachtet hat) Du Thomas! Schau dir mal da die Schwester an! Genauer! F RAU L EDA (aufgeregt) Warum? M RSCHITZKA Weil sie knusperig ist, meine Gnädigste! Schad, dass ich jetzt nicht im frühen Mittelalter leb, damals waren so knusperige Schwestern, wie ich höre zugänglicher -- (er klopft Schmugglitschinski auf den Hintern) S CHMUGGLITSCHINSKI (lächelt verschämt) M RSCHITZKA Stramm! Sehr stramm! F RAU L EDA Belästigen Sie bitte die Schwester nicht, Herr Inspektor. M RSCHITZKA Ich bin kein Inspektor. (und wieder klopft er Schmugglitschinski auf den Hintern) F RAU L EDA Die Schwester kann sich ja nicht wehren -M RSCHITZKA Umso besser! 얍 F RAU L EDA Ach, das ist roh! Bedenken Sie doch bitte, dass die Schwester eine strenge Ordensregel -M RSCHITZKA (unterbricht sie) Regel her, Regel hin! So rabiat wird das schon nicht gehandhabt werden, was Mausi? (er zwickt Schmugglitschinski in die Backe) S CHMUGGLITSCHINSKI (lächelt wieder verschämt) M RSCHITZKA Na sag doch schon was! F RAU L EDA Aber sie darf ja nichts reden, das ist doch eben ihr Gelübde! Höchstens hie und da ein Wort! M RSCHITZKA Was hör ich? Nur ein -S CHMUGGLITSCHINSKI (mit verstellter Stimme) Wort. M RSCHITZKA Und sonst? S CHMUGGLITSCHINSKI Nichts. M RSCHITZKA Geh das ist doch blöd! S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Sondern? S CHMUGGLITSCHINSKI Gescheit. M RSCHITZKA Also auf alle Fälle ist es anstrengend! Immer nur ein Wort -- Kruzifix, bei der Figur! Aber satt dürfts euch doch hoffentlich essen? S CHMUGGLITSCHINSKI Sehr. M RSCHITZKA Schweinernes? B
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essen?N ]
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K1/TS5 (Korrekturschicht)
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S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Kälbernes? S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Geflügeliges? S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. 얍 M RSCHITZKA Mir scheint also, überhaupt kein Fleisch? S CHMUGGLITSCHINSKI Erraten. M RSCHITZKA Aha! Vegetarianisch? S CHMUGGLITSCHINSKI Ja. M RSCHITZKA Zum Beispiel? S CHMUGGLITSCHINSKI Spargeln. M RSCHITZKA Gut so! Und? S CHMUGGLITSCHINSKI Trüffeln. M RSCHITZKA Also das ist schon extravagant! Nichts reden, aber Trüffeln fressen -und wie stehts denn mit dem Getränk? S CHMUGGLITSCHINSKI Wasser. M RSCHITZKA Und? S CHMUGGLITSCHINSKI Rum. M RSCHITZKA Prächtig! Und Bier, Wein, Schnaps, Likör, Most? S CHMUGGLITSCHINSKI Alles. M RSCHITZKA Gut so. Und was trinkt denn mein herziges Schwesterlein am liebsten? S CHMUGGLITSCHINSKI Viel. M RSCHITZKA Sehr sympathisch, anormal sympathisch! Und trinkt Ihr schon des morgens? S CHMUGGLITSCHINSKI (nickt ja) Und -M RSCHITZKA Mittags? S CHMUGGLITSCHINSKI (nickt ja) Und -M RSCHITZKA Abends? S CHMUGGLITSCHINSKI Bis M RSCHITZKA in 얍 S CHMUGGLITSCHINSKI die M RSCHITZKA tiefe S CHMUGGLITSCHINSKI Nacht. M RSCHITZKA (begeistert) Das ist ein Gelübde, das ist ein Orden das sind Regeln. S CHMUGGLITSCHINSKI (berührt Mrschitzka schüchtern) Gewehr M RSCHITZKA Was? S CHMUGGLITSCHINSKI (lächelt verlegen) Bajonett -M RSCHITZKA (perplex) Was für ein Bajonett? F RAU L EDA Ach, die brave Schwester bittet Sie nur um Ihr Gewehr - sie möcht es gern mal in die Hand nehmen aus einem regen Interesse -M RSCHITZKA Für mein Gewehr? S CHMUGGLITSCHINSKI Bitte -M RSCHITZKA Militant, sehr militant. (indem er Schmugglitschinski sein Gewehr überreicht) Da wird geladen, da wird gedruckt und dann gehts vorn los! S CHMUGGLITSCHINSKI (übernimmt das Gewehr ; mit seiner tiefen Stimme) Danke! (er schlägt Mrschitzka k.o.) B
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GewehrN ]
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K1/TS5 (Korrekturschicht)
M RSCHITZKA (bricht lautlos zusammen) S CHMUGGLITSCHINSKI (reisst sich rasch wieder die Haube herunter) Herrgott, die Hitz! (er hebt das Gewehr auf Szamek) Hände hoch! S ZAMEK (reagiert nicht, denn er ist inzwischen längst wieder eingeschlafen) F RAU L EDA Pst! Der schläft ja schon wieder! S CHMUGGLITSCHINSKI Auch gut -- (er legt das Gewehr weg) So erregen wir noch weniger Aufsehen! Und jetzt gib ich das verabredete Zeichen -- (er winkt mit seinem Taschentuch nach der Brücke zu) B
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16. Szene. (Aber auf der Brücke erscheint Konstantin mit seinem Dienstrevolver in der Hand -hinter ihm tauchen Eva und Havlicek auf, mit sehr viel Stricken.) K ONSTANTIN Hände hoch! S CHMUGGLITSCHINSKI Goddam ! F RAU L EDA O Kind! K ONSTANTIN Hände hoch! Hoch oder - !! F RAU L EDA UND S CHMUGGLITSCHINSKI (folgen) K ONSTANTIN Denkt nur ja nicht, dass Ihr mich überrumpeln könnt! So large geht das nicht! (zu Eva und zu Havlicek) Bindet sie! Ich halt sie derweil mit meinem Dienstrevolver in Schach! H AVLICEK Auch knebeln? K ONSTANTIN Binden genügt! E VA UND H AVLICEK (führen nun Konstantins Befehl aus) M RSCHITZKA (kommt allmählich wieder zu sich) -- hab ich das jetzt geträumt, dass mich da eine Nonne niedergestreckt hat? Natürlich hab ich diesen Unsinn geträumt, denn ich träum immer Unsinn und mich streckt keiner nieder -mich nicht! Es war ein Traum -- (erblickt Eva, Havlicek, Konstantin und so weiter und ist masslos überrascht) Was seh ich? Mir scheint, ich träum noch immer! Meiner Seel, da steht ja dieser Ausgewiesene -- Jessus Maria, die Nonn hat ja eine Glatzen! Maria Josef -- gib acht, Mrschitzka! Gib acht, Mrschitzka! Gib acht -- (er nähert sich ängstlich Szamek und rüttelt ihn) Thomas! Wach auf! 얍 S ZAMEK (erwacht) Warum soll ich aufwachen? M RSCHITZKA Weil ich Angst hab, Thomas. Mir scheint, ich bin krank -- trelirium demens . S ZAMEK Wundern tät’s mich nicht. Geh sei so gut und lass mich schlafen! M RSCHITZKA Aber schau doch nur mal dorthin, bittschön -- ob dort nämlich was ist oder ob das jetzt nur eine persönliche Fata Morgana von mir ist -S ZAMEK Ich schau nicht hin. Ich hab selber Angst! M RSCHITZKA Feigling. S ZAMEK Also feig bin ich nicht! Jetzt schau ich hin! (er schaut hin und erstarrt) B
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GewehrN ] 16.N ] B(AberN ] BHändeN ] BGoddamN ] BlargeN ] Bscheint,N ] Btrelirium demensN ] B
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korrigiert aus: Gwehr korrigiert aus: 17. korrigiert aus: ( Aber korrigiert aus: Hönde gemeint ist: Goddamn gemeint ist Französisch für: einfach, locker korrigiert aus: scheint , bewusst gesetzte Form, vgl. K1/TS1/ ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 75
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K1/TS5 (Korrekturschicht)
M RSCHITZKA (bange) Siehst auch etwas? S ZAMEK Und ob ich auch was seh -- (er schlägt auf den Tisch) Was seh ich?! Der Konstantin! Da herüben!? Na, das ist aber eine grandiose Grenzverletzung. K ONSTANTIN Ruhe, Szamek! (zu Eva) Fertig? E VA Sogleich. S ZAMEK (beiseite) „Ruhe Szamek“? Befehlen auch noch? Masst sich da Amtshandlungen an auf unserem Hoheitsgebiet -- (er schreit) Eva! Da geh her und folg ihm nicht! Wie kommst denn da dazu, wildfremde Nonnen zu fesseln?! Meiner Seel, was da passiert, also das gibt Krieg! K ONSTANTIN (ruhig) Bitte nur nicht aufregen, lieber Vater Szamek! S ZAMEK Ich Ihr Vater? Na servus! Da tät ich mir leid! K ONSTANTIN (scharf) Herr Szamek! Wenn ich jetzt hier die Grenz nicht verletzt hätt, wären Sie jetzt vielleicht bereits 얍 über einer anderen Grenz – es gibt auch höhere Gewalt! H AVLICEK Vis major! S ZAMEK (zu Mrschitzka) Versteh kein Wort! Und du? M RSCHITZKA Aber! K ONSTANTIN Darf ich vorstellen: Herr Schmugglitschinski, der berüchtigte Rauschgiftschmuggler und seine überaus raffinierte routinierte Compagnonin! Das Personal dieser Firma haben wir ebenfalls bereits auf der Brücke überwältigt, es sitzt nun drüben hinter Schloss und Riegel. E VA Und das Rauschgift haben wir auch beschlagnahmt. Fast drei Zentner. S ZAMEK Was hör ich? K ONSTANTIN Die Wahrheit! S ZAMEK (zu Mrschitzka) Mrschitzka, er sagt die Wahrheit. Er ist ein Idiot. K ONSTANTIN (braust auf) Herr Szamek S ZAMEK (unterbricht ihn) Junger Mann, jetzt red ich! Was Sie mir da zusammenfabulieren ist platterdings zu plump! Herr, diese männliche Nonn soll der Schmugglitschinski sein?! M RSCHITZKA Zu plump! S ZAMEK Sie Anfänger, Sie! Den echten Schmugglitschinski, den haben ich und mein Freund schon längst hopp, schon vor vielen Stunden - (er deutet auf die Baracke) da sitzt er drinnen eingekastelt! K ONSTANTIN (perplex) Wo? S ZAMEK In der Baracke! Es war nicht leicht, ihn zu überführen, aber ich hab halt meine alte kriminalistische Routin - 얍 und raffiniert bin ich auch! M RSCHITZKA Genial raffiniert. S ZAMEK (zu Mrschitzka) Wie selbstsicher der aufgetreten ist, unser Schmugglitschinski, was ?! Sogar für den Ministerpräsidenten hat er sich ausgegeben! H AVLICEK Ministerpräsident? Grosser Gott! S ZAMEK Aber wir haben ihn demaskiert. M RSCHITZKA Nicht zu knapp! Ich hab ihm gleich eine hingehaut. Gleich! B
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dennN ] servus! DaN ] Bsitzt nunN ] BRauschgiftN ] BSchmugglitschinski, wasN ] BMinisterpräsident? GrosserN ] B
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korrigiert aus: den korrigiert aus: servus!nDa korrigiert aus: sitztnun Korrektur von fremder Hand: Rauschgi[b] f t korrigiert aus: Schmugglitschinski,was korrigiert aus: Ministerpräsident?Grosser
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K1/TS5 (Korrekturschicht)
K ONSTANTIN (zu Eva) Mir schwant ein Unheil - ein furchtbares Unheil für deinen Papa! S ZAMEK Eva! Und jetzt komm her und bitt deinen eigenen Vater um Verzeihung, dass du erst jetzt kommst, aber so, dass es dein Herr Konstantin sieht! K ONSTANTIN Moment, Herr Szamek! S ZAMEK Avanti, Eva ! Avanti! K ONSTANTIN Aber Herr Szamek! Sie haben ja Ihren eigenen Ministerpräsidenten eingesperrt, ihren eigenen echten! Und dieser Herr hat seinem eigenen echten eine hingehaut - ich beschwöre Sie, weil ich Ihre Eva lieb hab, dass ich recht hab! Die beiden Chefs wollten doch heut Nacht in aller Heimlichkeit auf der Brücke konferieren! H AVLICEK Stimmt! M RSCHITZKA Was wissen denn Sie schon, Sie Ausgewiesener?! H AVLICEK Weil ich mitkonferiert hab! E VA Aber so lass ihn doch schon frei, Papa, um Gottes Christi Willen! 얍 H AVLICEK Ich tät ihn gleich wiedererkennen. (Stille) B
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S ZAMEK (zu Mrschitzka; etwas unsicher) Zu blöd, nicht? M RSCHITZKA Oberblöd. K ONSTANTIN Ich beschwöre Sie abermals, lassen Sie Ihren Gefangenen sofort frei, denn eventuell entsteht ja noch eine Katastrophe für die ganze zivilisierte Menschheit! Könntens denn das verantworten, Herr Szamek? S ZAMEK (sehr unsicher) Warum nicht? (zu Mrschitzka) Aber lass ihn mal raus, damit er sich beruhigt, dieser junge Grenzverletzer M RSCHITZKA Der möcht ja doch nur unsere zwanzigtausend! Aber daraus wird nichts, eher bring ich mich um! 17. Szene. (Die Nacht ist nun schon durchsichtiger geworden und jetzt dämmert der Morgen) M RSCHITZKA (öffnet die Barackentür) Raus! Y (erscheint; er ist gebrochen und weint bitterlich) H AVLICEK Da ist er! Y Na, der Kerl kann sich freuen, der mich da in dieses Loch M RSCHITZKA Das ist kein Loch, das ist eine amtliche Barack, bitt ich mir aus! Y (unter argem Geschluchze) Ein Loch ist es, ein schamloses Loch! Penetrant! Wenn ich euch nur alle sehen 얍 könnt, aber ich hab ja keine Brille - (Er stürzt plötzlich B
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UndN ] Verzeihung, dassN ] Bkommst, aberN ] Bso, dassN ] BMoment, HerrN ] BAvanti, EvaN ] Beingesperrt, ihrenN ] BSie, weilN ] Bhab, dassN ] Bschon, SieN ] Bfrei, f umN ] B17.N ] B
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korrigiert aus: und korrigiert aus: Verzeihung,dass korrigiert aus: kommst,aber korrigiert aus: so,dass korrigiert aus: Moment,Herr korrigiert aus: Avanti,Eva korrigiert aus: eingesperrt,ihren korrigiert aus: Sie,weil korrigiert aus: hab,dass korrigiert aus: schon,Sie korrigiert aus: frei,Papa,um korrigiert aus: 18.
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K1/TS5 (Korrekturschicht)
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auf Schmugglitschinski zu und brüllt ihn an) Was bin ich?! Ein Rauschgiftschmuggler? S CHMUGGLITSCHINSKI Ja. F RAU L EDA Er lügt! (Zu Schmugglitschinski) So gibs doch schon zu! Was nützt leugnen in unserer Lage?! K ONSTANTIN Sehr vernünftig. S CHMUGGLITSCHINSKI (zu Leda) Schad, dass wir nicht in die gleiche Zell kommen, da tätst was erleben! F RAU L EDA Ich erleb nichts mehr. S ZAMEK (zu Frau Leda) Ist das wahr? F RAU L EDA Ja. (Stille) S ZAMEK (brüllt) Aber also dann hinein mit Euch in das Loch! Hinein!! (Er sperrt Frau Leda und Schmugglitschinski in die amtliche Baracke)
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18. Szene. (Y hat sich inzwischen an dem Tische niedergelassen und weint noch immer über die Tischplatte gebeugt) M RSCHITZKA (fällt vor ihm in die Knie) Herr Excellenz! Ich hab eine Familie mit drei minderjährige Töchter und vier aussereheliche Enkelkinder - Gnade! K ONSTANTIN Warum Gnade? M RSCHITZKA (zu Konstantin) Weil ich sonst meine Pensionsansprüch verlier! (zu Y) Gnade, Gnade! K ONSTANTIN Aber Ihr braucht doch keine Gnade! Pflichtlich wart Ihr doch vorschriftlich! Pflichtlich hätt 얍 Euer Präsident einen vorschriftlichen Pass haben sollen, da er aber keinen pflichtlich-vorschriftlichen , sondern nur einen unvorschriftlich-unpflichtlichen gehabt hat, habt Ihr ihn doch vorschriftlich-pflichtlich verhaften und pflichtlich-vorschriftlich einkasteln müssen! Also braucht Ihr vorschriftlich keinerlei Gnade, denn pflichtlich seid Ihr im Recht! H AVLICEK Vorschriftlich-pflichtlich! M RSCHITZKA (bei Seite) Ein ganz ein logisches Gehirn S ZAMEK (bei Seite) Ganz ein scharfsinniger Kopf, dieser Konstantin - wundert mich! M RSCHITZKA (bei Seite) Mir scheint, er hat recht. (laut) Natürlich hat er recht! (Er erhebt sich) Sehr vorschriftlich, sehr pflichtlich! Ich brauch keine Gnad, ich such mir schon mein Recht und wenn ich unrecht tun müsst! (bei Seite) Jetzt gönn ich ihm erst meine zwanzigtausend, ersticken soll er daran! E VA Hoch Konstantin, der Retter! Y (wimmernd) Und wer rettet mich? (Er steht auf) Nur das Dementi! Ich dementier, ich dementier! (stark schluchzend) Aber diese Nacht soll mir ein Fingerzeig gewesen sein: jetzt sperr ich aber meine ganze Opposition ein! (Er rennt weinend gegen die Brücke) H AVLICEK Halt! Nach der anderen Richtung! Y Im Ernst? B
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K1/TS5 (Korrekturschicht)
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H AVLICEK Also mit die Richtungen kenn ich mich jetzt schon aus. 얍 Y (ab in der richtigen Richtung) 19. Szene. (Jetzt geht die Sonne auf) E VA Papa! Jetzt gibst aber doch dann dein Einverständnis zu unserer langersehnten Verbindung? S ZAMEK Jetzt ja. (zu Konstantin) Mein Sohn, du hast mich doppelt gerettet, mein Leben und meine Pensionsberechtigung, ich seh das ein, weil ich keinen falschen Charakter hab, wie die Leut bei euch dort drüben! Also behalt sie dir, die Eva, und da habts meinen Segen! Jetzt bist ja ein reicher Mann. Zwanzigtausend - enorm! K ONSTANTIN Moment! Die Wahrheit und die Gerechtigkeit gebieten es mir feierlichst zu sagen, dass diese enorme Summe nicht mir gebühren kann, sondern (er deutet auf Havlicek) jenem Herrn dort, denn ich hätte dich ja nie retten können, wenn er mich nicht gerettet hätt - und also ist eigentlich Herr Havlicek unser aller Retter! S ZAMEK (sprachlos) Eigentlich? H AVLICEK Eigentlich hab ich ja nur ein Wimmern gehört, wie ich da auf dieser Brück grad etwas entschlummert war und zuerst hab ich gedacht: das ist nur Gehörstäuscherei - aber dann hab ich halt doch nachgeschaut, weil mir mein Gefühl keine Ruhe gelassen hat. Und dann hab ich halt die beiden entfesselt. 얍 S ZAMEK (noch immer sprachlos) Wieso entfesselt? K ONSTANTIN Kurz und gut, Papa! Ich danke dir für deinen väterlichen Segen, aber die zwanzigtausend gehören Herrn Havlicek! E VA Das ist gut von dir S ZAMEK Na servus! Jetzt bricht eine Welt in mir zusammen. E VA Und eine neue entsteht… (sie küsst Konstantin) M RSCHITZKA (zu Havlicek) Gratuliere, Herr Multimillionär! H AVLICEK Was hab ich davon? Auf einer Brück! B
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20. Szene. F RAU H ANUSCH (kommt rasch von der Brücke, überrascht) Ja wie kommen denn Sie daher, Herr Konstantin?! K ONSTANTIN Später! F RAU H ANUSCH Ich such Ihnen schon überall - eine amtliche dringende Depesch! K ONSTANTIN Danke! (er erbricht und überfliegt sie) Was? (er liest es laut) „Durch eine aussertourliche und ausserinstanzliche ministerielle Verfügung ist dem heimatlosen Ferdinand Havlicek sofort die Grenze zu öffnen “ H AVLICEK „Heimatlos“ - das bin ich! K ONSTANTIN Da steht es: schwarz auf weiss. A LLE (zu Havlicek) Wir gratulieren! H AVLICEK Mir scheint, ich schlaf F RAU H ANUSCH Nein, das tust du nicht K ONSTANTIN Wieso per du? F RAU H ANUSCH Später! (sie küsst Havlicek) B
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K1/TS5 (Korrekturschicht)
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얍 E VA Was seh ich? B F R . H ANUSCH N Darf ich vorstellen: der neue Postwirt! Nur schad dass ich heut Konkurs anmeld! H AVLICEK Trotzdem! M RSCHITZKA Was hör ich?! Noch ein Paar, ist das eine Freud! Rum her! K ONSTANTIN Und Sie werden auch keinen Konkurs Banmelden, FrauN Hanusch, denn der neue Postwirt besitzt ab heut ein Vermögen von zwanzigtausend! B F R . H ANUSCH N Jetzt fall ich um! Ferdinand! H AVLICEK Halt! Still! (drohend) Jetzt werd ich aber auch gleich edel werden! Gerecht und wahr! - Also hört her, Ihr! Ich hab zwar den Konstantin Bgerettet, aberN wer hat denn hier mit dem Revolver gesiegt - er oder ich? Na also! Ich war doch nur eine Voraussetzung zu seinem Glück! BDarum: halbN und Bhalb. ZehnN für das Glück und zehn für die Voraussetzung! B F R . H ANUSCH N Aber Havlicek! H AVLICEK Still! Ich bin Fachmann in puncto Ungerechtigkeit - ich Bweiss, wasN das wert ist: Gerechtigkeit. S ZAMEK Halb und halb? B F R . H ANUSCH N Er ist ein braver Mann. S ZAMEK Zehntausend ist auch kein Hund. Meiner Seel, jetzt freuts mich erst Bwieder, dieseN Heiraterei!
21. Szene. (Und nun erscheint der Privatpädagoge mit seiner Frau. Er trägt die Angel und sie die ominöse Blechbüchse mit den Regenwürmern) 25 얍 P RIVATPÄDAGOGE (gut gelaunt) Guten Morgen, guten Morgen! So früh schon auf? E VA (lächelt) Wir hatten alle Nachtdienst, alle miteinander. P RIVATPÄDAGOGE Und wir gehen jetzt angeln. Meine brave Frau hat mir herrliche Würmer gebracht - (ab mit ihr auf die Brücke) M RSCHITZKA Petri Heil! Bringt einen schönen Fisch zum Verlobungsschmaus! B
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F RAU H ANUSCH Jessus, jetzt hab ichs vergessen! Da hab ich ja noch eine dringende Depesche an dich persönlich H AVLICEK An mich? 2 6 8 10 12 12 14 15 18 19–20 22 25 26 27 27 31
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F R . H ANUSCH N ] anmelden, FrauN ] BF R . H ANUSCH N ] Bgerettet, aberN ] BDarum: halbN ] Bhalb. ZehnN ] BF R . H ANUSCH N ] Bweiss, wasN ] BF R . H ANUSCH N ] Bwieder, dieseN ] B21. Szene.N ] BP RIVATPÄDAGOGE (gutN ] BNachtdienst, alleN ] BP RIVATPÄDAGOGE UndN ] Bangeln. MeineN ] B22. Szene.N ] B
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korrigiert aus: F R .H ANUSCH korrigiert aus: anmelden,Frau korrigiert aus: F R .H ANUSCH korrigiert aus: gerettet,aber korrigiert aus: Darum:halb korrigiert aus: halb.Zehn korrigiert aus: F R .H ANUSCH korrigiert aus: weiss,was korrigiert aus: F R .H ANUSCH korrigiert aus: wieder,diese korrigiert aus: 22. Szene korrigiert aus: P RIVATPÄDAGOGE (gut korrigiert aus: Nachtdienst,alle korrigiert aus: P RIVATPÄDAGOGE Und korrigiert aus: angeln.Meine korrigiert aus: 23. Szene
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F RAU H ANUSCH Ja. Eine schöne. H AVLICEK Woher weisst denn das? Erbrichst du meine Post? F RAU H ANUSCH Aber geh, ich bin doch die Posthilfsstelle und bei mir lauft alles ein! H AVLICEK Dann kennst also auch das Morse-Alphabet? Respekt! (Er erbricht die Depesche und liest sie) Na das ist aber rührend! Rührend! M RSCHITZKA Vorlesen! Laut! Wir wollen auch gerührt werden! H AVLICEK Vom Chef dort drüben, das heisst: vom ehemaligen Chef - ( er liest ) „Mein lieber Herr Havlicek stop es ist mir ein Bedürfnis, bevor ich demissioniere Ihnen zu helfen stop es drängt mich noch im Besitze der Macht eine menschliche Tat zu begehen stop über alle Gesetze hinweg stop Sie sind also nun erlöst von Ihrer penetran-얍ten Brücke und ich hoffe, dass es Ihnen gut gehen wird, während ich mich in meine Einsamkeit zurückziehe um an meinen Memoiren zu arbeiten stop fieberhaft zu arbeiten stop Tag und Nacht stop mit drei Sekretärinnen stop leben Sie wohl stop Ihr - “ (Er wischt sich einige Tränen aus den Augen) Ich wünsche ihm alles Gute für seine Memoirenschreiberei, er soll sich nur selbst gerecht behandeln - - Leut, die so depeschieren, stellen sich meist zurück. Hoffentlich streicht er sich heraus. Und was die Depesch kostet, grosser Gott - (er zählt) Siebenundachtzig Wörter! Und dringend, also dreifach! M RSCHITZKA Bezahlt die Allgemeinheit! F RAU H ANUSCH Irrtum! Diese Depesch ist privat! H AVLICEK Ich sag ja: ein vornehmer Mensch, überhaupt: ein Mensch! Und überhaupt und eigentlich, wie leicht dass man so unmenschliche Gesetz menschlich ausser Kraft setzen kann - Schad, dass man immer gleich demissionieren muss! B
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23. Szene. (Der Privatpädagoge und seine Frau erscheinen nun strahlend auf der Brücke mit einem gefangenen Riesenfisch) P RIVATPÄDAGOGE Da! Ein Riesenhecht! A LLE Wir gratulieren! P RIVATPÄDAGOGE Der Tag beginnt gut und die Nacht war doch so düster! Heut angel ich nimmer! Das ist ein Hecht! H AVLICEK Abrakadabra! P RIVATPÄDAGOGE (begeistert) Abrakadabra! Und Ihr seid alle eingeladen zu diesem Fang! Meine Frau kocht ja so pikant und 얍 ohne ihre Würmer hätten wir jetzt alle B
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Ja. EineN ] geh, ichN ] BLaut! WirN ] Bdrüben, dasN ] BChef -N Ber liestN ] B„MeinN ] BBedürfnis, bevorN ] BMemoirenschreiberei, erN ] BLeut, dieN ] B N] Bkostet, grosserN ] Bdringend, alsoN ] BMensch, f einN ] BSchad, dassN ] B23. Szene.N ] B
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korrigiert aus: Ja.Eine korrigiert aus: geh,ich korrigiert aus: Laut! Wir korrigiert aus: drüben,das korrigiert aus: ChefKorrektur von fremder Hand: er\ /liest korrigiert aus: Mein korrigiert aus: Bedürfnis,bevor korrigiert aus: Memoirenschreiberei,er korrigiert aus: Leut,die gestrichen: die korrigiert aus: kostet,grosser korrigiert aus: dringend,also korrigiert aus: Mensch,überhaupt:ein korrigiert aus: Schad,dass korrigiert aus: 24. Szene
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ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 94
Endfassung
K1/TS5 (Korrekturschicht)
Lesetext
miteinander keinen Hecht. (zur Frau) Geh, nimm diesen Hecht, er sei dein, mir ist er schon zu schwer! M RSCHITZKA Fisch ess ich gern! Wenn ich nur wüsst, wo ich meine Schuh hab, Kruzifix! Aber was, mir schmeckts auch nackt - das wird ein Verlobungsschmaus! F RAU Verlobung? S ZAMEK (deutet auf Konstantin und Eva) Dort! Das junge Paar! P RIVATPÄDAGOGE U . F RAU Wir gratulieren! F RAU H ANUSCH Na und wir? In vier Wochen heiss ich Frau Havlicek! A LLE Wir gratulieren! H AVLICEK Danke. E VA Und in vier Wochen heiss ich - (zu Konstantin) wie du. Und in sieben Monat (sie küsst ihn) S ZAMEK Was?! Schon in sieben Monat?! M RSCHITZKA Ich gratuliere. S ZAMEK Na servus! F RAU H ANUSCH Aber Herr Szamek! Ende gut, alles gut! S ZAMEK Ich habs ja immer schon gewusst, dass die Leut dort drüben einen falschen Charakter haben! P RIVATPÄDAGOGE Das junge und das noch jüngere Paar - Sie leben hoch! A LLE Hoch! Hoch! Hoch! 24. Szene. Finale H AVLICEK Dass ich das noch durft erleben, dass es solche reine Freuden gibt! Plötzlich ist die Grenz gefallen, ich darf mit den andern allen in der alten, niegekannten Heimat leben, die man ohne Grenzen liebt. 얍 S ZAMEK Ohne Grenzen, ohne Grenzen gäb es keinen Staat und keine Ordnung in der Welt! Wir tun von den Grenzen leben, also muss es Grenzen geben. Nein, das wär ein ganz ein arges Gfrett, wenn man keine Grenzen, keine Grenzen hätt! A LLE Ja, das ist wahr, das ist ganz klar, B
N
B
N
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Hecht. (zurN ] Geh, nimmN ] BHecht, erN ] Bwüsst, woN ] Bhab, f AberN ] BP RIVATPÄDAGOGE f WirN ] Bgut, allesN ] Bgewusst, dassN ] BP RIVATPÄDAGOGE DasN ] BSieN ] B24. Szene.N ] Balten, niegekanntenN ] BNein, dasN ] BJa, dasN ] B
N
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B
1 1 1 3 3–4 7 16 17 19 19 21 27 33 35
N
korrigiert aus: Hecht.(zur korrigiert aus: Geh,nimm korrigiert aus: Hecht,er korrigiert aus: wüsst,wo korrigiert aus: hab,Kruzifix!Aber korrigiert aus: P RIVATPÄDAGOGE U .F RAU Wir korrigiert aus: gut,alles korrigiert aus: gewusst,dass korrigiert aus: P RIVATPÄDAGOGE Das Korrektur von fremder Hand: [d] S ie korrigiert aus: 25. Szene korrigiert aus: alten,niegekannten korrigiert aus: Nein,das korrigiert aus: Ja,das
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349
ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 95
Endfassung
K1/TS5 (Korrekturschicht)
so könnts nicht gehn! ohne Grenzen, ohne Grenzen wär das Leben gar nicht schön. K ONSTANTIN Denn wenn ein jeder das tät, was er möcht, und das unterliess, was er nicht möcht, wenn ein jeder so wär, wie er ist, na servus! Das wär ein feiner Mist! Na, gute Nacht, das wär ein Erwachen! da hätten wir alle nichts zu lachen! A LLE Ja, das ist wahr, das ist ganz klar, so könnts nicht gehn: ohne Grenzen, ohne Grenzen wär das Leben gar nicht schön! F RAU H ANUSCH Die Jugend, die ist allweil keck und räumert gern alle Grenzen weg. Wir reiferen, gesetzteren Leut, wir denken an die Ewigkeit. H AVLICEK 얍 P RIVATPÄD . Wir denken an die Ewigkeit! SEINE F RAU P RIVATPÄD . Vor allen Dingen leiden wir an einem schrecklichen Gewirr von Wünschen, Begierden , Gedanken, von Trieben, gesunden und kranken, gescheiten und dummen, geraden und krummen Wie’s heutzutag der Fall ist, wo kaum noch wer normal ist. H AVLICEK In Anbetracht solcher Innenleben muss es eben Grenzen geben. A LLE Ja, das ist wahr! Es liegt ganz klar in der Natur: ohne Grenzen, ohne Grenzen gibt es keinerlei Kultur! Y (erscheint auf der Brücke - er kam vom rechten Ufer) M RSCHITZKA (erblickt ihn) Was seh ich?! Bin ich denn blind?! S ZAMEK Die Exzellenz! K ONSTANTIN Wie kommt denn der von mir dort drüben da hierher? B
5
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N B
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4 5 6 8 8 10 24 32
B
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N
N
tät, wasN ] unterliess, wasN ] Bwär, wieN ] BNa, guteN ] BNacht, dasN ] BJa, dasN ] BWünschen, BegierdenN ] BJa, dasN ] B
N
N
B
25
N
N
B
B
Lesetext
korrigiert aus: tät,was korrigiert aus: unterliess,was korrigiert aus: wär,wie korrigiert aus: Na,gute korrigiert aus: Nacht,das korrigiert aus: Ja,das korrigiert aus: Wünschen,Begierden korrigiert aus: Ja,das
350
ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 96
Endfassung
K1/TS5 (Korrekturschicht)
Y Wenn mir nur ein lebendes Wesen sagen könnt, wo mein penetranter Wagen K ONSTANTIN (unterbricht ihn) Wie kommens denn her von jenseits der Grenz?! Y Ueber die Brücke! K ONSTANTIN Aber wie sinds denn hinüber? Da müssens ja direkt geschwommen sein! 얍 Y Vielleicht bin ich auch geschwommen! Ich bin ja so kurzsichtig und ohne Brille seh ich keine Grenzen! H AVLICEK Dort ist die Tür! Hier ist die Grenz! Marsch! Y (ab) A LLE Dort ist die Tür! Hier ist die Grenz! Das gilt für alle in Permanenz. Grenzen wird es immer geben, denn von den Grenzen tun wir leben. So ziehen wir die Konsequenz: Es lebe hoch die schöne Grenz! B
5
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Lesetext
Ende.
1
B
könnt, woN ]
korrigiert aus: könnt,wo
351
N
ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 97
Fragmentarische Endfassung
얍
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Lesetext
HIN UND HER
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 1
Posse in zwei Teilen von Ödön von Horváth Musik von Hans Gál. 5
얍
Personen: F ERDINAND H AVLICEK T HOMAS S ZAMEK , ein Grenzorgan E VA , dessen Tochter K ONSTANTIN , auch ein Grenzorgan M RSCHITZKA , ein Gendarm. F RAU H ANUSCH X, der Chef der Regierung auf dem rechten Ufer Sein S EKRETÄR Y, der Chef der Regierung auf dem linken Ufer Ein P RIVATPÄDAGOGE Dessen F RAU F RAU L EDA S CHMUGGLITSCHINSKI , ein Oberschmuggler D REI S CHMUGGLER.
10
15
20
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 2
B N
Bemerkung: 25
Dies Stück ist für eine Drehbühne geschrieben. 얍 30
35
40
Schauplatz: Dieses „Hin und her“ ereignet sich auf einer alten bescheidenen Holzbrücke, die über einen mittelgrossen Grenzfluss führt, und also zwei Staaten in gewisser Weise miteinander verbindet. Rechts und links, dort wo die Brücke aufhört, wacht das jeweilige Grenzorgan, und zwar residiert auf dem linken Ufer Thomas Szamek in einer Baracke und auf dem rechten Ufer Konstantin in einem halbverfallenen Raubritterturm. Beide Herren haben einen geruhsamen Dienst, denn hier wickelt sich normalerweise nur ein kleiner Grenzverkehr ab, da ja dieses ganze Gebiet, hüben wie drüben, etwas abseits liegt. An beiden Ufern steht dichtes Gebüsch und die Zweige der Trauerweiden hängen in den Grenzfluss hinab. Es ist eine etwas monotone Gegend, überall flach - selbst am Horizont gibt es nur Wolken, statt irgendwelcher Hügel. Aber schöne Wolken. B
21
N
B N
]
Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): [\{Loibr} (?)
Olden Bar (?) Niese (?)/] 41
B
Aber f Wolken.N ]
Absatz vom Autor eingefügt
352
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 3
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Lesetext
\Textverlust\
얍BN
2. Szene. Jetzt kommt eine ältere verschüchterte Frau und möchte an der Baracke vorbei auf die Brücke. In der Hand hält sie eine Blechbüchse. N
B
B
5
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 4
N
B N
10
15
S ZAMEK Halt! Was ist, was ist? So einfach vorbei an dem Grenzorgan, an der amtlichen Passtelle, an der Zollbehörd? Wissen’S denn nicht, dass wir da aufhören und dass dort drüben ein anderer Staat beginnt? F RAU O gewiss. S ZAMEK Na also! F RAU Aber ich muss ja nur auf die Brücke. Zu meinem Gatten. S ZAMEK (betrachtet sie) S i e haben einen Gatten? F RAU Er angelt. S ZAMEK Aha! Das heisst: er fischt. F RAU Ja. Er ist nämlich ein leidenschaftlicher Amateurfischer. Wir sind erst seit gestern hier aus der Stadt, um uns zu erholen. Mein Gatte ist Privatpädagoge. S ZAMEK Was habens denn in der Blechschachtel? F RAU Regenwürmer. S ZAMEK Ha? Also zeigens nur mal her, diese ominöse Blechschachtel F RAU (überreicht sie ihm) 얍 S ZAMEK (öffnet sie und lässt sie voll Ekel fallen) Brrr ! F RAU Um Christi Willen! Meine Würmer! (sie kniet nieder) So helfens mir doch, die Würmer zusammenklauben S ZAMEK Ich werd mich beherrschen. F RAU Aber Sie haben sie doch fallen lassen! S ZAMEK Aber ich kann keine Würmer anrühren! Meiner Seel, ich erbrech mich noch! F RAU (klaubt nun die Würmer wieder zusammen) (leise) Sie wissen ja garnicht, was Sie mir antun, wenn ich ohne Würmer komm - S ZAMEK Also gehens nur schon - und guten Appetit! F RAU (die sich mit ihrer wiedergefüllten Blechbüchse erhoben hatte) Danke - (ab auf die Brücke) B
20
N
B
25
30
2
B N
]
N
[Erster Teil. 1. Szene. Brückenkopf auf dem linken Ufer. Das Grenzorgan Thomas Szamek sitzt auf der Bank vor seiner amtlichen Baracke, raucht und liest eine alte Zeitung. Die Sonne scheint und alles sieht idyllisch aus.]
3 4 6
B
2. Szene.N ] Jetzt f FrauN ] B N]
18 22
B
B
eingefügt korrigiert aus: [Jetzt f Frau] Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \Nr. 1, Lied des
Szamek/ habensN ] Bfallen) BrrrN ]
korrigert aus: haben vgl. K1/TS1/ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 5 korrigiert aus: fallen) Brrr
353
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 5
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
3 . Szene. S ZAMEK (sieht ihr nach) Brrr ! Man hats nicht leicht als Grenzorgan - - Aber der Thomas Szamek wacht und fürchtet sich nicht! Treu und bieder, ehrbar und unbestechlich mit einem offenen, aber durchdringenden Blick - ein Grenzorgan, ein Exemplar von einem Grenzorgan, auf den sich die Grenz verlassen kann, ein Prachtexemplar - Ach, da kommt ja mein gnädiges Fräulein Tochter! Was die schon wieder für ein zuwideres Gesicht schneidet vor lauter Verliebtheit! B
B
5
N
N
4. Szene. E VA (kommt mit einem grossen Gefäss) Guten Tag Papa. Ich bring dir da nur deinen Kaffee 얍 S ZAMEK Wieviel? E VA Zweieinhalb Liter. S ZAMEK Zweieinhalb! Wie oft soll mans dir denn noch sagen, dass ich mindestens vier Liter brauch, wenn ich Nachtdienst hab! Sonst schlaf ich ja ein und was wird dann?! Geschmuggelt wird dann, dass die Fetzen fliegen! Und übrigens war die Strudel gestern miserabel und warum war sie miserabel? Weil das gnädige Fräulein Eva bei der Strudel keine Strudel im Kopf gehabt hat, sondern ihren Herrn Konstantin von da drüben und sonst nichts, bis sie noch einmal in andere Umständ kommt vor lauter Liebe! E VA Geh wirf mir doch das nicht immer vor! S ZAMEK (schreit sie an) Schrei mich nicht an! Ich kenn die Leut da drüben seit sechsundfünfzig Jahr! Die haben alle einen falschen Charakter, alle! E VA Nein! Aufrichtiger wie mein Konstantin S ZAMEK (unterbricht sie) Das ist ja grad seine Falschheit, dass er so aufrichtig ist! Die da drüben sind alle verschmitzt und verlogen, sie rennen es dir von hinten hinein, das Messer, den Dolch, das Schwert und was weiss ich! E VA Da kann ich nur lächeln. S ZAMEK Lächle nur! Wie oft haben die uns schon verraten in den letzten sechshundert Jahr?! Ein schmutziges Volk! E VA Der Konstantin ist immer adrett und so fein rasiert S ZAMEK Also nur keine Anspiegelungen! Noch bin ich dein eigener Vater! B
10
15
20
Lesetext
N
B
B
N
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 6
N
B N
25
B
30
얍 35
N
5 . Szene. Nun erscheint der Gendarm Mrschitzka - er begleitet mit aufgepflanztem Bajonett den vom linken Ufer ausgewiesenen Ferdinand Havlicek. S ZAMEK Was seh ich?! Mrschitzka! M RSCHITZKA Szamek! Na, das nennt sich aber eine freudige Ueberraschung! (er umarmt ihn, wobei er aber durch sein Bajonett gestört wird) Kruzifix ! B
B
N
N
B
1 2 9 10 22 24 26 34 35 39
B N
[2]|3|
B
korrigiert aus: nach) Brrr [3]|4|. S z e ne. korrigiert aus: Gefäss) Guten korrigiert aus: an) Schrei
3 ] nach) BrrrN ] B4. Szene.N ] BGefäss) GutenN ] Ban) SchreiN ] B N] Bverlogen, sieN ] B5N ] BNunN ] Bwird) KruzifixN ]
N
Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \{ }/ korrigiert aus: verlogen,sie
[4]|5| [(]Nun korrigiert aus: wird) Kruzifix
354
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 7
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
S ZAMEK Lang haben wir uns nicht gesehen, alter Freund! Acht lange schwere Jahr - M RSCHITZKA Irrtum, Thomas. Sieben! S ZAMEK So? Erst sieben? Wie rasch die Zeit vergeht! M RSCHITZKA Was hast denn da für ein sauberes Frauenzimmer? Mir scheint mir scheint, alter Gauner! S ZAMEK Leise! Meine Tochter! M RSCHITZKA Wer? Die Eva? Die war doch gestern noch so gross - (er deutet einen Meter hoch) Wie die über Nacht aufgeblüht ist - Schweinerei! Da merkt man erst, wie alt dass man wird! S ZAMEK (zu Eva) Erinnerst dich noch an den braven Onkel Mrschitzka, mit dem du immer Räuber und Gendarm gespielt hast? E VA (lächelt) Aber so etwas vergisst man doch nicht! M RSCHITZKA Freut mich, Fräulein Eva! Freut mich sehr! E VA Mich auch. S ZAMEK (zu Eva) Freu dich nicht, wärm lieber den Kaffee! (zu Mrschitzka) Trinkst doch einen Kaffee? 얍 M RSCHITZKA Wenn er gut ist. Besonders mit Rum. S ZAMEK Das hör ich gern. (zu Eva) Also wärm schon! E VA (ab in die Baracke, um den Kaffee zu wärmen) B
N
B
5
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Lesetext
N
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6 . Szene. M RSCHITZKA (sieht Eva nach) Knusperig . Sehr knusperig! S ZAMEK Ja, die Kinder werden länger und unsere Tag werden kürzer. M RSCHITZKA Apropos kürzer: eine unerhörte Geschicht ist das wieder in punkto Gehaltskürzung, was sich die da drinnen in ihrem Exekutivministerium, diese zottigen Büffel S ZAMEK (unterbricht ihn) Pst! M RSCHITZKA Aber geh, unter uns! S ZAMEK Und der Herr dort, mit dem du M RSCHITZKA Jessus, den hab ich jetzt ganz vergessen vor lauter Wiedersehensfreud! Maria Josef, also der ist eine dienstliche Angelegenheit. Ich muss ihn hier an der Grenz abliefern. S ZAMEK Aha! Ein Ausgewiesener. M RSCHITZKA Per Schub. Weil er nämlich da hinüber zuständig ist. Havlicek heisst er. S ZAMEK Aha. M RSCHITZKA Ferdinand Havlicek. Ein ruhiges Subjekt. S ZAMEK Apropos Havlicek: der alte Podlicek hat sich ganz versoffen B
N
B
25
30
35
N
7 . Szene. H AVLICEK ( plötzlich) Pardon bitte – M RSCHITZKA Ha? B
40
B
N
1 4 21 22 39 40 40
B
B
Freund! AchtN ] Frauenzimmer? MirN ] B6N ] Bnach) KnusperigN ] B7N ] BH AVLICEK N ] Bplötzlich) PardonN ] B
N
N
korrigiert aus: Freund! Acht korrigiert aus: Frauenzimmer? Mir
[5]|6| korrigiert aus: nach) Knusperig
[6]|7| korrigiert aus: H ACLICEK korrigiert aus: plötzlich) Pardon
355
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 8
Fragmentarische Endfassung
5
10
15
20
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Lesetext
얍 H AVLICEK Ich wollte nur mit dem Herrn Grenzbeamten - nämlich hier an der Grenze wollt ich noch einmal sprechen, behufs meiner Ausweisung. S ZAMEK BDa binN ich nicht kompetent. H AVLICEK Aber man tut mich da so einfach hinaus, wo ich doch schon garnichts angestellt hab -M RSCHITZKA Schon wieder?! (zu BSzamek) NatürlichN hat er nichts angestellt, dieser Ausgewiesene, aber sein Vermögen hat er verloren und hierauf sollte er unserer Wohlfahrtspflege zur Last fallen. Aber wieso kommt denn unsere Wohlfahrtspflegerei dazu, für einen Ausländer, wo doch unser Staat sowieso ein armes Hascherl ist, ein Aschenbröderl ein kleines, das selbst seinen braven Exekutivorganen nur einen Schundgehalt zahlt und sonst nichts! H AVLICEK (zu BSzamek) PardonN, bitte, aber dieser Herr sieht meinen Sachverhalt unter einem anderen Blickpunkt. Nämlich ich war hier herüben ein Drogeriebesitzer - - es war zwar nur eine bescheidene Drogerie, aber trotzdem: es war immerhin eine Drogerie. Alles konntens bei mir kaufen, landläufiges und diskretes, bis ich zugrund gegangen bin. M RSCHITZKA Eben! H AVLICEK Aber meine Herrschaften, ist denn das nicht eine Ungerechtigkeit?! Uebermorgen wirds ein halbes Jahrhundert, dass ich hier leb - dreissig Jahr hab ich Steuer gezahlt, ohne zu zucken, und jetzt, wo mich mein Unglück trifft, da schmeisst man mich raus mit Bajonett-auf!
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 9
B N
25
30
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얍 M RSCHITZKA Bajonett-auf ist nur Formalität. S ZAMEK (etwas verlegen) Das sind halt so die kleinen Ungerechtigkeiten des menschlichen Lebens. H AVLICEK Kleine Ungerechtigkeiten - (er lächelt) M RSCHITZKA BDa hilftN sich nichts! Also gehens jetzt nur schön hinüber in Ihre Heimat. H AVLICEK „Heimat“? Ich war überhaupt noch nie drüben M RSCHITZKA Unsinn! Dummer Unsinn! Wo sinds denn geboren worden, wenn nicht drüben! H AVLICEK Pardon, an das hab ich jetzt nicht gedacht M RSCHITZKA Na also! Wohin man geboren ist, dorthin ist man zuständig! H AVLICEK Aber vierzehn Tag nach meinem Geborenwerden bin ich schon herüber und seit der Zeit war ich da. Nur da! Ein ganzes Leben. M RSCHITZKA Leben her, Leben hin! Zuständig sinds dort drüben. Kruzifix, wie oft soll ich das jetzt noch repetieren! Zu-stän-dig! B (Hier setzt begleitende Musik ein)N
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 10
B N
40
H AVLICEK Ja. Dann muss es halt sein. Also dann verlass ich jetzt dieses Land. Ich hab hier viel erlebt und gelernt und erfahren - - was wird noch kommen? - Also adieu! (er will ab auf die Brücke) 3 6 12 22 27 37
B
Da binN ] Szamek) NatürlichN ] BSzamek) PardonN ] B N] BDa hilftN ] B(Hier f ein) N ]
38
B N
B
]
korrigiert aus: Dabin korrigiert aus: Szamek) Natürlich korrigiert aus: Szamek) Pardon 얍 Notenskizze Hans Gál, vgl. Anhang S. 600 korrigiert aus: Dahilft
[(Stille)] [|(Pause.|] [|(Hier setzt [beg] |begleitende Musik ein)||] [|(Stille)|] |(Hier f ein)| Von Horváth gestrichene Eintragungen vonfremder Hand (Gál): \{ }/
356
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 9v
Fragmentarische Endfassung
B
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Lesetext
S ZAMEK Halt! (Musik verstummt) S ZAMEK Und seiens so gut, wenns jetzt eh schon da hinübergehen, richtens dem drüben gleich etwas aus. H AVLICEK Wem? S ZAMEK Diesem Grenzorgan drüben. Konstantin heisst er. Sagens ihm einen schönen Gruss vom Thomas Szamek und meine Tochter wird heut Nacht nicht kommen! N
5
B N
10
얍 H AVLICEK Ich werds ihm bestellen - - ( Bab und wieder Musik)N S ZAMEK Wo bleibt denn nur der Kaffee? (er ruft in die BBaracke) EvaN! Eva!
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 11
8 . Szene. (Ferdinand Havlicek geht nun über die Brücke nach dem anderen Ufer - an dem Privatpädagogen vorbei, der mitten auf der Brücke leidenschaftlich angelt. Seine Frau, die ihm die Würmer gebracht hatte, steht neben ihm und blickt ebenfalls pflichtbewusst hinab, ob etwas anbeisst.) P RIVATPÄDAGOGE (zu Havlicek) So tretens doch gefälligst leise auf! Sehens denn nicht, dass man da angelt? Vertreibt einem die ganzen Fisch! H AVLICEK Pardon! P RIVATPÄDAGOGE Rücksichtslosigkeit sowas! Grad jetzt hätt einer endlich angebissen! F RAU (deutet hinab) Jetzt ! P RIVATPÄDAGOGE Ruhe! Dass du mir kein Wort! Jetzt ist er natürlich wieder weg, der Hecht! Abrakadabra abrakadabra – bin ich nervös! B
N
B
15
N
B
20
B
25
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N
N
9 . Szene. (Havlicek setzt nun seinen Weg auf Zehenspitzen weiter und erreicht so das andere Ufer. Dort steht bereits das Grenzorgan Konstantin mitten auf dem Brückenkopf neben seinem halbverfallenen Raubritterturm. Dieses Grenzorgan ist ein fescher Mensch mit einer schneidigen Uniform und er macht einen freundlichen Eindruck.) H AVLICEK (verbeugt sich leicht vor ihm und wieder verstummt die Musik) B
N
B
N
B N
35
얍 K ONSTANTIN Ihren Grenzschein bitte. H AVLICEK Leider. Ich kann Ihnen nur hier damit dienen - (er überreicht ihm seinen Ausweisungsschein) K ONSTANTIN (betrachtet ihn) Aha. Eine Ausweisungssache. H AVLICEK Innerhalb achtundvierzig Stunden. K ONSTANTIN Per Schub. H AVLICEK Weil ich mich geweigert hab. (Stille) 1–3 8 9 10 12 14–15 17 21 25 30 31
S ZAMEK f S ZAMEK N ] ] Bab f Musik)N ] BBaracke) EvaN ] B8N ] BFrau, dieN ] BHavlicek) SoN ] Bhinab) JetztN ] B9N ] Bihm f Musik)N ] B N] B
B N
S ZAMEK Halt!1 \(Musik verstummt)2 S ZAMEK 3/ 얍 Notenskizzen Hans Gál, vgl. Anhang, S. 601 ab[)] |und wieder Musik)| korrigiert aus: Baracke) Eva [7]|8| korrigiert aus: Frau,die korrigiert aus: Havlicek) So korrigiert aus: hinab) Jetzt [8]|9| ihm[)] |und wieder verstummt die Musik)| Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \{ }/
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 12
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 10v
Fragmentarische Endfassung
5
10
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30
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Lesetext
K ONSTANTIN Hm. Und nun wollen Sie hier zu uns herein H AVLICEK Wollen? Ich muss. K ONSTANTIN Aber Sie werden nicht können. H AVLICEK Wieso? K ONSTANTIN Sie gehören doch nicht unserem Staatsverbande an. H AVLICEK Wieso bitte nicht? K ONSTANTIN Weil Sie ein Ausländer sind. H AVLICEK Interessant. Aber die Herren Grenzorgane drüben behaupten, dass ich hier herüber zuständig bin infolge meiner seinerzeitigen hiesigen Geburt. K ONSTANTIN Das allein genügt noch nicht. Wir haben bereits vor zwanzig Jahren ein Gesetz erlassen in jener Hinsicht, dass sich ein jeder Staatsbürger, der dauernd im Ausland lebt, innerhalb von fünf Jahren beim zuständigen Konsulat melden muss, widrigenfalls er seine Staatsbürgerschaft verliert, und zwar automatisch. H AVLICEK Warum? K ONSTANTIN Nur so. H AVLICEK Das ist mir neu. K ONSTANTIN Die Notiz über das Gesetz stand aber in allen Tagesblättern. 얍 H AVLICEK Aber ich les ja nie eine Notiz, höchstens die Todesanzeigen! K ONSTANTIN Ihre Schuld! Dadurch dass Sie nur Todesanzeigen lesen, haben Sie naturnotwendig die Anmeldefrist versäumt und gehören nun automatisch nicht mehr daher. H AVLICEK Sehr interessant. Aber: wohin gehör ich denn dann bitte? K ONSTANTIN Dann nirgends. (Stille) H AVLICEK (lächelt) „Nirgends“ - - Unfug. Man ist doch immerhin vorhanden K ONSTANTIN Gesetz ist Gesetz. H AVLICEK Aber solche Gesetze sind doch unmenschlich K ONSTANTIN Im allgemeinen Staatengetriebe wird gar oft ein persönliches Schicksal zerrieben. H AVLICEK Schad. (Stille) K ONSTANTIN Kurz und gut: Hier herein könnens ausgeschlossen, denn ich hab meine strikten Vorschriften. Aber wissens was? Schreibens ein detailliertes Gesuch an unseren Innenminister, und besser auch an den Aussenminister, dass Sie besagte Anmeldefrist versäumt haben und dass Sie nun wieder um die automatisch verlorene Staatsbürgerschaft bitten. Schreibens auch gleich an den Finanzminister, den geht sowas auch etwas an, und wenn Sie Soldat waren, dann lieber auch gleich an den Kriegsminister. Und selbstverständlich vor allem an den Wohlfahrtsminister, aber das beste wäre natürlich, wenn Sie auch gleich 얍 ausserdem an den Herrn Ministerpräsidenten persönlich direkt zu Händen ein Extragesuch – H AVLICEK Halt! (fasst sich an den Kopf) Lieber Herr, wie schreibt man eigentlich solche Gesuche? K ONSTANTIN Ja, da müsstens schon einen Advokaten fragen. H AVLICEK Wo? Da auf der Brück?
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 13
B
N
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B
N
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32–33 41
B B
hab meineN ] Kopf) LieberN ]
korrigiert aus: hab meine korrigiert aus: Kopf) Lieber
358
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 14
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
10 . Szene. (Jetzt kommt Frau Hanusch, die Wirtin zur Post, mit einem Gefäss.) K ONSTANTIN A, das ist aber lieb, Frau Hanusch, dass mir heut gleich die Postwirtin selbst persönlich meinen Nachtdienstkaffee bringt, statt der Klara - Küss die Hand! F RAU H ANUSCH Die Klara hab ich zum Teufel gejagt - ich kann keine Löhn mehr zahlen, mit meiner Wirtschaft gehts bergab! Der stolze Gasthof zur Post - hundertzweiunddreissig Jahr im Besitze der Familie. Wissens, wenn halt der Mann tot ist K ONSTANTIN Na, Sie finden schon noch einen anderen Mann, bin ich überzeugt! F RAU H ANUSCH Das freut mich. Aber bis dahin bin ich krepiert. Ohne Mann geht halt kein Hotel! Zwar gearbeitet hab ja immer nur ich, gekocht, gewaschen und gebuchgeführt, er hat ja nie etwas getan, mein Seliger - - immer hat er nur mit die Stammtischgäst getrunken und Karten gespielt, aber es muss halt wer da sein zum Repräsentieren! H AVLICEK (bei Seite) Das wär ein Beruf für mich. 얍 K ONSTANTIN Tröstens Ihnen nur, Frau Hanusch! F RAU H ANUSCH Mit was denn bitte? Sie habens natürlich leicht, Herr Konstantin! Sie stehen da herum, kontrollieren die Leut und leben davon - aber ich! Wenn ich bis morgen Mittag keine zehntausend auftreib, dann lösch ich mich aus! K ONSTANTIN Seiens so gut! F RAU H ANUSCH Oder meinens vielleicht, dass ich bis morgen Mittag zehntausend auftreib? K ONSTANTIN Kaum. F RAU H ANUSCH Nie! H AVLICEK Es wär ein Wunder. K ONSTANTIN (hatte Havlicek momentan vergessen, ärgert sich nun über sich selbst und wird deshalb etwas scharf) Wie bitte?! (Stille) F RAU H ANUSCH Wer ist denn dieser Herr? K ONSTANTIN Niemand. Ein amtlicher Fall. H AVLICEK Pardon, dass ich mich da hineingemischt hab mit meinem Wunder K ONSTANTIN (unterbricht ihn) Also gehens doch schon wieder retour! Hier habens nichts verloren! H AVLICEK Interessant. Ich werds denen drüben sagen - - (er verbeugt sich wieder leicht vor Konstantin und will ab, hält aber plötzlich noch einmal) Sofort ! Nämlich ich muss Ihnen ja noch etwas bestellen, hätt ich jetzt total vergessen. Einen schönen Gruss vom Herrn Thomas Szamek 얍 K ONSTANTIN (perplex) Szamek? H AVLICEK Derselbe. Von dem Herrn Grenzorgan drüben - und er lässt Ihnen sagen, dass sein Fräulein Tochter heute Nacht nicht herüberkommen kann. (Stille) B
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korrigiert aus: Post -hundertzweiunddreissig korrigiert aus: dahin bin korrigiert aus: Seliger - -immer korrigiert aus: mittag korrigiert aus: scharf) Wie korrigiert aus: ihn) Also korrigiert aus: einmal) Sofort
10N ] Post - hundertzweiunddreissigN ] Bdahin binN ] BSeliger - - immerN ] BMittagN ] Bscharf) WieN ] Bihn) AlsoN ] Beinmal) SofortN ]
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K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
K ONSTANTIN (zu Frau Hanusch) Habens das gehört? F RAU H ANUSCH Vornehm. K ONSTANTIN Ein Rabenvater. Nicht genug, dass er seine zarte Tochter tyrannisiert, macht er sich da auch noch lustig über mich! (zu Havlicek) Also sagens dem Szamek, der Herr Konstantin erwidert seine Grüsse auf das familiärste und er freut sich heut Nacht auf das Fräulein Tochter. H AVLICEK Werds ausrichten - - ( ab und wieder setzt Musik ein) B
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11 . S z e n e . (Und wieder geht nun Havlicek über die Brücke - und da er in die Nähe des Privatpädagogen kommt, erinnert er sich und tritt vorsichtig auf den Zehenspitzen auf.) P RIVATPÄDAGOGE Tretens nur ruhig fest auf, lieber Herr! Und trampelns, trampelns! Meiner Seel, da könnt jetzt ruhig ein ganzes Regiment mit Artillerie, es beisst nichts an! Und wer ist dran schuld?! Die Würmer! H AVLICEK (betrachtet die Würmer) P RIVATPÄDAGOGE Oder sind das vielleicht keine Krepiererl?! Extra hab ich es ihr eingeschärft, meiner lieben Frau Gemahlin: nur dicke Würmer! Nein! Ganz dünne bringt sie mir daher, bei denen man sich immer ins eigene Fleisch sticht, wenn man sie aufspiesst! (zur Frau) Geh und bring mir dicke Würmer! Los! 얍 F RAU (rührt sich nicht) P RIVATPÄDAGOGE Was stehst denn noch da? Hast mich denn nicht gehört?! F RAU (unheimlich ruhig) Ich such dir keine Würmer mehr. P RIVATPÄDAGOGE Was sind denn das für neue Töne? F RAU (bricht plötzlich los) Ich such dir keine Würmer mehr! Such sie dir selbst! Genug, genug!! Jetzt zertritt ich sie dir!! (sie zertrampelt hysterisch schluchzend die Würmer auf dem Boden) H AVLICEK Halt! Die armen Würmer! F RAU (lässt sich nicht stören) Wer fragt, ob ich arm bin?! Wer?! Genug!! Ich möcht mich doch auch mal erholen, Zeitung lesen oder Roman - wer fragt mich, wer ich bin?! Niemand, niemand, du gemeiner Egoist!! (rasch ab) P RIVATPÄDAGOGE (zu Havlicek) Furie , nicht? Bringt mir lauter dünne Würmer und dann bin ich der Egoist! Abrakadabra - abrakadabra - man fasst es nicht! B
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12 . Szene. (Die Frau geht nun weinend und zitternd über die Brücke - und jetzt erreicht sie das linke Ufer, wo Eva gerade den gewärmten Kaffee aus der Baracke bringt. Mrschitzka, der nun keinen Dienst mehr hat, machte es sich kommod . Grad zieht er sich die Schuhe aus.) B
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korrigiert aus: Havlicek) Also ab[)] |und f ein)| Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \{ }/
1[0]|1| korrigiert aus: gehört ? ! korrigiert aus: nal korrigiert aus: Havlicek) Furie
1[1]|2| korrigiert aus: Mrschitzka,der korrigiert aus: sich kommod Eintragungen von fremder Hand (Gál): [\{ } {(dim)}/]
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S ZAMEK (zur Frau) Na was hat er gefangen, der Herr Privatpädagog? (Musik verstummt; Stille) F RAU (schaut ihn an, antwortet nicht, sondern lacht nur, und zwar derart, dass es dem Szamek etwas kalt am Rücken wird; und ab) N
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13 . Szene. M RSCHITZKA (sieht ihr nach) Was hat sie denn? S ZAMEK Lustig ist sie - (zu Eva) Bring noch ein Gefäss, vielleicht trinkt auch der Mrschitzka E VA Und ich? S ZAMEK Wer hat hier Nachtdienst? Du oder ich? Apropos Nachtdienst: grad hab ich es deinem Konstantin ausrichten lassen, dass du heut Nacht nicht nüberkommen tust. E VA Papa! S ZAMEK Meinst, ich hab mir das nicht erzählen lassen, wo du deine Nächt zubringst? Kurz und gut: es bleibt dabei! E VA Nein, ist das aber indiskret S ZAMEK Indiskret! Vergiss nicht, dass ich dich gezeugt hab! B
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14 . Szene. (Havlicek erscheint und hält, bereits etwas verschüchtert.) M RSCHITZKA (hatte sich inzwischen auch seiner Fusslappen entledigt, er ist nun barfuss und manipuliert an seinen Zehen herum) Au! Mir scheint, ich hab da eine Blutblasen unter die Hornhäuter - (er erblickt Havlicek) Was ?! Schon wieder?! H AVLICEK Pardon bitte, aber ich scheine ein Irrtum zu sein M RSCHITZKA Irrtum? H AVLICEK Ein grosser. Nämlich die Grenzbehörd drüben lasst mich auch nicht hinein. Sie sagt, ich gehör nicht hinüber, sondern herüber. M RSCHITZKA Was sagt er?! H AVLICEK Er sagt, ich sei dort drüben kein Staatsbürger. 얍 M RSCHITZKA Unsinn! Dummer Unsinn! Staatsbürger ist man dorthin, wohin man zuständig ist, und zuständig ist man dorthin, wohin man geboren ist! Kruzifix! S ZAMEK (zu Eva) Ein Rindvieh ist er also auch, dieser Konstantin H AVLICEK Aber die drüben haben inzwischen ein Gesetz fabriziert S ZAMEK (unterbricht ihn) Denen Ihre Gesetz gehen uns hier nichts an! Radikal nichts, bitt ich mir aus! M RSCHITZKA Wir haben unsere eigenen Gesetz! Und hier steht es schwarz auf weiss: Ferdinand Havlicek, geboren in Grossenzering S ZAMEK Das heisst jetzt Kleinenzering. M RSCHITZKA Seit wann denn? B
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\(Musik f Stille)/ 1[2]|3| korrigiert aus: Eva) Bring 1[3]|4| korrigiert aus: verschüchtert. korrigiert aus: Havlicek) Was korrigiert aus: e r korrigiert aus: bittich korrigiert aus: Gesetz! Und
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S ZAMEK (zu Eva) Verstanden?! E VA Nein. S ZAMEK Wirst mich schon noch kennen lernen, samt deinem Herzerwählten „Familiäre Grüsse!“ Ein feiner Mensch ist das, ein ganz ein Impertinenter E VA Er wird nur lachen. Ueber deine ohnmächtige Wut. S ZAMEK Werden schon sehen, ob ohnmächtig - (er trinkt Kaffee) Brrr! Ist das ein miserabler Kaffee! 얍 E VA Du hast doch gesagt, dass ich von heut ab den billigsten S ZAMEK (unterbricht sie) Weil wir sparen müssen - spa-ren! Vergiss das nicht gefälligst! E VA Als tät ich nicht sowieso sparen. B
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Eva) WieN ] Mrschitzka) DerN ] Bein) DasN ] BEva) FeixN ] B15N ] Bdeinem HerzerwähltenN ] BGrüsse!“ EinN ] B
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S ZAMEK Seit vorgestern. H AVLICEK Interessant. S ZAMEK Ich weiss das genau, weil ich dort einen Schwager hab - ein verlogener Mensch. (zu Eva) Wie alle da drüben! (zu Mrschitzka) Der hat mir erst gestern geschrieben, wie das dort jetzt aussieht H AVLICEK Wie? - Entschuldigens, aber ich kenn nämlich meine Heimat garnicht. M RSCHITZKA Dann schauns, dass nüberkommen und lernens es kennen! H AVLICEK Aber der drüben lässt mich ja nicht hinein M RSCHITZKA Er muss! Wo solltens denn sonst hin? H AVLICEK Eben! M RSCHITZKA Also gehens nur zu in Gottes Namen! Marsch - marsch! H AVLICEK Moment! Nämlich der Herr drüben hat noch gesagt, ich soll einen familiären Gruss an den Herrn Thomas Szamek 얍 S ZAMEK (giesst sich grad Kaffee ein) Das bin ich! H AVLICEK Das weiss ich! S ZAMEK Aber wieso familiär? H AVLICEK Was weiss ich! S ZAMEK Weiter! H AVLICEK Und weiter lasst er Ihnen vielmals danken für Ihre freundlichen Grüss und er erwartet das Fräulein Tochter heut Nacht. S ZAMEK Eine Gemeinheit! (zu Eva) Feix nicht! (zu Havlicek) So! Und jetzt gehens nur hübsch wieder nüber und sagens ihm einen väterlichen Gruss und ob er sich nicht erinnern tut vielleicht, was ich ihm vor vierzehn Tag kategorisch geschrieben hab! Dass ich nämlich als Familienvorstand niemals meine Einwilligung zu dieser Verbindung geben werd - und wenn er sich aufhängt, dann auch nicht! H AVLICEK Aber ich bin doch da kein Postbot! M RSCHITZKA Marsch - marsch! H AVLICEK (zuckt etwas resigniert die Schulter und ab) B
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korrigiert aus: Eva) Wie korrigiert aus: Mrschitzka) Der korrigiert aus: ein) Das korrigiert aus: Eva) Feix
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S ZAMEK Erst gestern hast dir wieder eine Fliederseife E VA (unterbricht ihn) Aber ich muss mich doch waschen als Frau! Und etwas pflegen! S ZAMEK Waschen ja, pflegen ist überflüssig. Mrschitzka! Magst keinen Kaffee? M RSCHITZKA (hat sich inzwischen gepflegt und noch immer manikürt er sich mit seinem Bajonett) Wenn einer da ist S ZAMEK (zu Eva) Gib ihm! E VA (schenkt ihm ein) M RSCHITZKA Merci! (er trinkt und sieht verstört aus) Was ist das bitte? Kaffee oder Tee? S ZAMEK Mokka. Aus Sumatra. M RSCHITZKA Sumatra. Also ein Sumatrenser möcht ich nicht sein - S ZAMEK Wirst halt noch nie in deinem Leben einen wirklich feinen Kaffee getrunken haben. M RSCHITZKA Ist schon möglich! Man muss sich halt an die teueren Sorten erst gewöhnen, oft schmeckt einem der billigste besser - (er trinkt wieder) Ein eigenartiger Kaffee. Aber allmählich kommt man auf den Geschmack - (und wieder trinkt er.) S ZAMEK (plötzlich zu Eva, die so nebenbei fort möchte) Wohin? E VA Spazieren. 얍 S ZAMEK Ueber die Brücke? E VA Ja. S ZAMEK Du bleibst! Grad wo er deinen Vater so impertinent hat grüssen lassen, erfordert es das familiäre Ansehen, dass du als Tochter da bleibst! E VA Ach was Tochter! Ich muss! Ich hab ihm mein Ehrenwort gegeben, dass ich heut komm! S ZAMEK Ein Weib hat kein Ehrenwort. M RSCHITZKA Gut so. E VA Aber sei doch nicht so altmodisch, Papa! S ZAMEK Ach was altmodisch! Ich werd nicht neumodisch, verstanden?! Und dass du mir da bleibst bei mir! (Stille) E VA (spitz) Du vergisst, dass ich volljährig bin - seit dem sechsten Mai. S ZAMEK (zu Mrschitzka) Sie ist ein Sonntagskind. M RSCHITZKA Gratuliere. S ZAMEK Und volljährig. M RSCHITZKA Merkt man ihr an. S ZAMEK ( grinst) Und sie ernährt sich selbst. E VA Werd ich auch tun! (Stille) S ZAMEK Wodurch? E VA (schweigt) S ZAMEK Wer soll dich denn schon ernähren? M RSCHITZKA Ein Mann. B
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S ZAMEK (zu Mrschitzka) Sei so gut! 얍 E VA Richtig! Ein Mann. Mein Mann. S ZAMEK „Mein“ Mann? Mrschitzka! Sie sagt: „mein“ Mann! M RSCHITZKA Tableau! E VA Er ist mein Mann. S ZAMEK (drohend) Seit wann? Der Konstantin?! E VA Derselbe. Auch wenn wir noch nicht verheiratet sind - er ist und bleibt mein Mann. M RSCHITZKA Noch ein Tableau! (Stille) S ZAMEK (zu BMrschitzka) JetztN ist mir ein Stein vom Herzen gefallen. Ich hab schon geglaubt, dass sich das gnädige Fräulein Tochter heimlich getraut haben M RSCHITZKA Das ist wurscht! BHintenherum istN dasselbe wie vorneherum! Zum Beispiel ich hab drei Töchter und eine jede hat mir ein aussereheliches Bankert ins Haus gebracht, und zwar die Jüngste als Erste, Kruzifix! Und bei der Aeltesten hat man den Vater sogar garnicht eruieren können und derweil bin ich doch Polizeiorgan und kenn mich aus mit solchen Recherchierungsfragen - BJaja, ThomasN, gegen die Liebe helfen auch keine kriminalistischen Fortschritt! Und wenn ich tausend Töchter hätt wie der Padischah von Istambul, dann hätt ich jetzt tausend Bankert, Kruzifix! E VA Was reden denn Sie für ein ungereimtes Zeug daher?! Bei mir ist das doch ein ganz anderer Tatbestand! M RSCHITZKA Immer derselbe, Fräulein Eva! Enthaltsamkeit ist die Mutter der Vorsicht! (zu BSzamek) WievielN Kinder hat sie denn, das Fräulein Tochter? 얍 S ZAMEK Was?! E VA Noch keines. Leider! S ZAMEK „Leider“! Na servus! E VA Hoffentlich ist aber bald etwas unterwegs. S ZAMEK (lächelt Birr) „HoffentlichN“ - jetzt werd ich verrückt. Jetzt wird mir aber alles wurscht! Da kämpf ich ja gegen eine chinesische Mauer, wie ein Ochs renn ich dagegen! Schad, dass ich heut Nachtdienst hab, sonst springet ich noch ins Wasser - Geh nur nüber zu deinem Gigolo und verlass deinen armen alten Vater, der dich gezeugt hat - (er vergräbt seinen Kopf in den Händen) (Stille) E VA Sag Papa: was hast du eigentlich gegen den Konstantin? S ZAMEK (plötzlich verändert, in sanftem BväterlichenN Ton) Mein Kind. Ich möcht mit dir mal offen reden: gegen deinen Konstantin hab ich nur das Eine, dass er nämlich kein Geld hat. - Schau, du bist doch ein hübsches Kind, ein frisches, und ich möcht, dass du glücklich wirst. Reich sollst du heiraten, sehr reich, damit auch dein armer alter Vater was von dir hat - - ausschaun tust ja eklatant wie dein Mutterl selig und die hätt auch keinen solchen Bettler von Beinem ZöllnerN heiraten sollen, sondern einen reichen Grosskaufmann, aber sie hat mich eben unsterblich 11 13 17 24 29 36 41
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Mrschitzka) JetztN ] Hintenherum istN ] BJaja, ThomasN ] BSzamek) WievielN ] Birr) „HoffentlichN ] BväterlichenN ] Beinem ZöllnerN ] B
korrigiert aus: Mrschitzka) Jetzt korrigiert aus: Hintenherum ist korrigiert aus: Jaja,Thomas korrigiert aus: Szamek) Wieviel korrigiert aus: irr) „Hoffentlich korrigiert aus: vä terlichen korrigiert aus: einem Zöllner
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geliebt und ist halt drum nur eine Zöllnersgattin geworden - und was hat sie von ihrem Leben gehabt an meiner Seite? Nichts. An die Riviera hätt sie fahren können oder in ein Bad E VA Ich brauch kein Bad. 얍 S ZAMEK Das hat dein Mutterl selig auch gesagt. Trotzdem. B
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16 . Szene.
(Und abermals kommt Havlicek) M RSCHITZKA (ausser sich) Was seh ich?! Schon wieder?! Na jetzt lass ich Ihnen aber gleich durch mich verhaften und dann müssens erst noch bei Wasser und Brot, bevor dass ich Ihnen wieder per Schub in die Freiheit hinauslass! H AVLICEK „Freiheit“ ist gut. M RSCHITZKA Sie witzeln Sie sich nicht mit mir, ja?! H AVLICEK (schreit ihn plötzlich an) Ich bin doch kein Witz! Und übrigens hab ich ja nur wieder was auszurichten da - von der Behörd dort drüben, von der verliebten! M RSCHITZKA Das ist zweierlei. Also los los! Richtens aus und fahrens ab! H AVLICEK Kommandieren lass ich mich aber nicht, Sie - - wenn ich schon die Freundlichkeit hab, als ein wanderndes Billet-doux herumzulaufen! M RSCHITZKA Nur keine Vorlautheiten! H AVLICEK Ziehens Ihnen lieber zuerst die Schuh an, bevor dass Sie mit mir dienstlich reden! M RSCHITZKA ( perplex) Schuh ? E VA (zu Havlicek) Herr - H AVLICEK Havlicek. E VA Szamek. H AVLICEK (verbeugt sich galant) Angenehm ! E VA Und bitte, was hätten Sie uns nun auszurichten, Herr Havlicek? 얍 H AVLICEK Nicht viel, nicht wenig, Fräulein Szamek! Der Herr Bräutigam dort drüben lasst nämlich dem Herrn Papa da sagen, dass es ihm dort drüben eigentlich leid tut, sehr leid, dass der Herr Papa so heftig gegen ihn agiert. E VA Leid? (sie wirft einen Blick auf Szamek) Das hat er gesagt? H AVLICEK Aufrichtig leid. S ZAMEK „Aufrichtig!“ Wenn das einer von drüben sagt! E VA Und sonst hat er nichts hinzugefügt? H AVLICEK Sonst hat er nur noch hinzugefügt, dass er dort drüben persönlich kein sanfter Engel ist und dass er sich das also nicht mehr lang mehr mitanschaut, wie dass sich der Herr Papa da als ein Aussenstehender in seine Liebeserlebnisse hineinmischen S ZAMEK (unterbricht ihn) Was ?! Ich ein Aussenstehender? Als der eigene Erzeuger?! Na servus! H AVLICEK Herr Szamek! Auch für die eigenen Herren Erzeuger kann es unter Umständen gefährlich B
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korrigiert aus: an) Ich korrigiert aus: perplex) Schuh korrigiert aus: Havlicek) Herr korrigiert aus: galant) Angenehm korrigiert aus: ihn) Was
16N ] an) IchN ] Bperplex) SchuhN ] BHavlicek) HerrN ] Bgalant) AngenehmN ] Bihn) WasN ]
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M RSCHITZKA (unterbricht ihn) Was hör ich?! Sie halten hier Reden! Das auch noch?! H AVLICEK (fährt ihn an) So lassens einen Menschen doch ausreden, nicht?! M RSCHITZKA (schweigt perplex) S ZAMEK (zu Mrschitzka) Lass ihn, Mrschitzka! Lass ihn sich ausreden, es ist so angenehm blöd 얍 H AVLICEK Vielleicht! Und dennoch: zum Beispiel hab ich mal eine gewisse Frau Hörl gekannt, eine geborene Spitzinger, und die hat einen alten Vater gehabt, einen gewissen Emanuel Spitzinger, der hat sich nämlich auch immer in die Liebesarten zwischen Tochter und Schwiegersohn hineingemischt - und das Ende vom Liede? Der alte Spitzinger hat den Hörl und die Frau Hörl hat den alten Spitzinger erschlagen. Alles mit der Axt! Die Tochter den leiblichen Vater mit der Axt. Um Mitternacht! - Glaubens einem geschlagenen Mann, Herr Szamek, es tut nicht gut, wenn man sich hineinmischt - M RSCHITZKA Da hat er recht, dieser Ausgewiesene! Da könnt ich Euch aus meiner Praxis noch ganz andere Legenden erzählen, Herrschaften! Stundenlang könnt ich Euch da auseinandersetzen, wie sich ganze Familiengruppen gegenseitig ausgerottet haben, bis in das letzte Glied - und wegen was? Wegen nichts! S ZAMEK (plötzlich zu Eva) Eva. Könntest du mich mit einer Axt E VA (fährt ihn an) So frag doch nicht so dumm! (Stille) M RSCHITZKA (zu Havlicek) Na was stehens denn da noch herum?! H AVLICEK Wo soll ich denn sonst stehen?! M RSCHITZKA Da nicht! Dort ist die Tür! (er deutet auf die Brücke) H AVLICEK „Tür“ ist gut - (er will ab) S ZAMEK Halt! - Sagens dem drüben: der Thomas Szamek ist ein alter Mann und überlasst sich von heut ab dem Schicksal. 얍 H AVLICEK Also dem Schicksal - (ab) B
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17 . Szene. (Havlicek geht nun wieder über die Brücke – und wieder Musik – aber jetzt angelt er allein, der Privatpädagoge) H AVLICEK (mitfühlend) Habens noch immer nichts gefangen? P RIVATPÄDAGOGE (kleinlaut resigniert) Nein . H AVLICEK Schicksal. P RIVATPÄDAGOGE (braust auf) Aber was Schicksal! Würm! Zu dünne Würm! Abrakadabra! Manchmal ärger ich mich schon so über meine Ehehälfte, dass ich lieber schon selber ein Hecht sein möcht! N
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korrigiert aus: ihn) Was korrigiert aus: an) So korrigiert aus: Lass ihn korrigiert aus: Havlicek) Na Notenskizzen Hans Gál, vgl. Anhang S. 602; von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \{ }?/
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17N ] Brücke f aberN ] BP RIVATPÄDAGOGE (kleinlautN ] Bresigniert) NeinN ] Bauf) AberN ] B
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H AVLICEK Um hernach von sich selbst gefischt zu werden! Hahaha ! P RIVATPÄDAGOGE Heut hätt ich schier nichts dagegen! Schauns, wie ich mit die Nerven herunter bin, weil meine Gattin epileptisch ist, gleich hat sie Schaum vor dem Mund - deshalb fisch ich ja nur, damit ich mich beruhig. Aber wenn ich jetzt nicht bald was fang, werd ich noch selbst epileptisch! H AVLICEK Also nur das nicht! (Er geht weiter) Wiedersehen! B
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18 . Szene. Und wieder drüben beim Konstantin und wieder verstummt die Musik. K ONSTANTIN Na was hat er gesagt, der Szamek? H AVLICEK Schicksal. K ONSTANTIN Was heisst das? H AVLICEK Er ist ein alter Mann, hat er gesagt, und überlasst sich von heut ab dem Schicksal. 얍 K ONSTANTIN ( erfreut) Tatsächlich ? Na bravo! Vor dem Schicksal hab ich keine Angst! Mein Schicksal heisst Eva und kommt, wann ich möcht! H AVLICEK Ein schönes Schicksal, ein braves - Armer Havlicek! Dreissig Jahr hast Steuern gezahlt, ohne zu zucken. - Nur gut, dass ich keine Familie hab, sonst steheten wir jetzt da zu mehreren! K ONSTANTIN Sinds Junggeselle? H AVLICEK Ja, aber kein eingefleischter. (Stille) K ONSTANTIN Ich denk mir oft: man weiss es nicht, was besser ist: heiraten oder ledigbleiben H AVLICEK Heiraten. Auf Ehr und Seel! Können es mir glauben, junger Herr, denn ich bin nicht verheiratet und so einsam ist man nirgends zuhaus, selbst wenn man sich noch so einrichtet. Zum Beispiel hab ich mir einen Spiegelschrank K ONSTANTIN (unterbricht ihn) Spiegelschrank? H AVLICEK Einen grossen, schönen. Wo man sich so ganz sehen kann. Auf einmal. K ONSTANTIN Aha. H AVLICEK Ja - - (er fährt plötzlich hoch) Jetzt hab ich eine Idee! Wissens was, kommens mit mir da zu denen hinüber und sagen Sie es denen persönlich aber mal tüchtig, dass ich hier strikte nicht hereinkann, dann müssen die drüben mich doch nämlich hinein - das ist der Ausweg! 얍 K ONSTANTIN „Ausweg“? Ich da hinüber? In Uniform?! Na das gäb ja einen gediegenen Grenzzwischenfall mit unabsehbaren aussenpolitischen Nachspielen, Noten, Interpellationen im Senat und diplomatischen Demarchen und was weiss ich noch was! Ausgeschlossen! Ich darf ja nichtmal auf die Brücke und derweil ist die doch nur neutral! Jetzt erst noch auf das andere Ufer - das ist grotesk! B
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werden! HahahaN ] beruhig.N ] B18N ] BUnd N ] BKonstantin f Musik.N ] Berfreut) TatsächlichN ] Bkommt, wannN ] Bhoch) JetztN ] BgäbN ] B
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korrigiert aus: werden! Hahaha korrigiert aus: beruhig,
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H AVLICEK Und ich bin vielleicht nicht grotesk? Grosser Gott, wie kompliziert K ONSTANTIN Völkerrecht, Herr! Haag und Genf. (Stille) H AVLICEK Und was ist diese Brücke bitte? Neutral? K ONSTANTIN Eine neutrale Zone. Weder Fisch noch Fleisch. H AVLICEK (blickt auf die Brücke zum Privatpädagogen hinüber) Ja, Fische scheints da nicht viel zu geben (Stille) K ONSTANTIN Also gehens nur wieder brav retour - probierens es halt immer wieder und lassens nicht locker! Probieren geht über studieren! H AVLICEK Das schon. Also dann auf Wiedersehen - (ab) B
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19 . Szene. (Und wieder geht Havlicek über die Brücke (Musik) - der Privatpädagoge ist nun bereits seiner Gattin gefolgt, denn es dämmert schon leise. Mitten auf der Brücke begegnet Havlicek der Eva, die unterwegs ist zu ihrem Konstantin. Er grüsst und sie dankt.) B
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얍 H AVLICEK (hält, sieht ihr nach, und überlegt; Bplötzlich) FräuleinN Szamek! E VA (hält) Herr Havlicek? H AVLICEK Pardon, dass ich Ihnen Baufhalt, ichN weiss, das ist kostbare Zeit, wenn man so hinübermöcht - aber ich hätt ein für mich grosses persönliches Anliegen, liebes Fräulein Szamek! Geh, könntens nicht ein freundliches Wörtchen für mich einlegen E VA Gern. Wo? H AVLICEK Bei Ihrem lieben Herrn Bräutigam - dass er nämlich vielleicht ein Auge zuschliesst und mit dem anderen Aug mich übersieht, wenn ich über seine Grenz E VA Ach so! H AVLICEK Schauns, es dämmert nämlich schon und ich komm in keine Heimat - Nur ein Auge, Fräulein Szamek, ich bin geschwind wie der Wind! E VA Nein, das wird er unmöglich. Weil ihm sein Gesetz über alles geht. H AVLICEK Aber wenn Sie, als gewissermassen sein Schicksal E VA (unterbricht ihn) Auch über mich geht sein Gesetz hinweg und das ist sogar recht so, denn darum ist er der Mann. H AVLICEK Darum? Hm. Jetzt könnt ich Ihnen vom Gegenteil gar manche historische Anekdoten erzählen - - Geh probierens es halt, mir zu lieb! Probieren geht über studieren und Sie wären ein Engel. E VA ( Blächelt) EinN Engel?
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1 11 13 14 17 18 19 21 38 39
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Gott,N ] ] B19N ] B(Musik)N ] B N] B N] Bplötzlich) FräuleinN ] Baufhalt, ichN ] Blächelt) EinN ] B N] B N
korrigiert aus: Gott. Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \{ }/
1[8]|9| \(Musik)/ Notenskizzen Hans Gál, vgl. Anhang S. 603
얍 Notenskizzen Hans Gál, vgl. Anhang S. 604 korrigiert aus: plötzlich) Fräulein korrigiert aus: aufhalt,ich korrigiert aus: lächelt) Ein 얍 Notenskizzen Hans Gál, vgl. Anhang S. 605
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 30v
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 31v
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Lesetext
얍 H AVLICEK Ein schöner grosser, so mit Flügeln - bei dem man gleich weinen muss vor lauter Freud. (Stille) E VA Also dann probier ich es halt, aber es ist nicht viel Hoffnung dabei, Herr Havli5 cek - (ab) H AVLICEK Die Hoffnung überlassens nur mir! (er sieht ihr nach; für sich) Ein Engel. B N B (er singt)N B N B N B N 얍 B N 10 Ob ich auch mal ein Engerl werd, wenn ich verlasse diese Erd? Möglich. Ob man auch dann den neuen Gast nicht ohne Paß in’ Himmel laßt? 15 Möglich! Steh ich jetzt hier auf dieser Bruck und kann nicht hin und kann nicht z’ruck, so will ich Trost darin finden: ich büß hier schon alle Sünden. 20
Haben Sie schon einmal eine Pechserie g’habt so wie ich? Sicher haben S’ noch nie eine Pechserie g’habt, so wie ich! Denn wann Sie schon einmal so im Pech g’sessen waren wie ich, so warn S’ sicher schon längst aus der Haut gefahren, ich noch nicht! Ob so ein reizendes junges Weib auch in der Eh ein Engel bleibt? Möglich. Ob der am End nicht besser fahrt, der sich die Illusion bewahrt? Möglich . B N
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(er singt)N ] B N] B N] B N]
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] ] Bsicher f längstN ] Bgefahren, -N ] BMöglichN ] B N
Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \Nr. 3 Lied des
Havlicek/ \(er singt)/ gestrichen: \siehe Seite 32b/ gestrichen: \ / gestrichen: Zum Schluß der 19.Szene, Buch S. 32 (1.Teil)
H AVLICEK Die Hoffnung überlassens nur mir! (Er sieht ihr nach; für sich) Ein Engel! (singt) gestrichen: \ / Korrektur von fremder Hand (Gál): [Refr:] Korrektur von fremder Hand (Gál): [längst schon vor Zorn] |sicher f längst| korrigiert aus: gefahren,korrigiert aus: möglich
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 33
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Wenn man so oft, wies mir passiert, schon in der Wahl sich hat geirrt, merkt man leider bald ihre Mängel und wird skeptisch gegen Engel. Refr.: Haben Sie schon einmal eine Pechserie ghabt etc.
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얍
20 . Szene. (Eva erreicht nun das rechte Ufer und trifft dort Frau Hanusch. Musik aus) E VA Guten Abend, Frau Hanusch! Wo ist denn der Konstantin? F RAU H ANUSCH Der telephoniert grad - mir scheint, amtlich. Ich bin jetzt nur mal nochmal her, um meinen Niedergang mit ihm durchzubesprechen, er ist doch der einzige anständige Mensch unter uns, der einer alleinstehenden Witwe wertvolle Ratschläg geben kann. Morgen meld ich Konkurs an, sonst sperrens mich noch ein! Und dann kommt das Gas. E VA Aber Frau Hanusch! Der Tod ist ein schlechter Kamerad - (sie lächelt) F RAU H ANUSCH Sie habens natürlich auch leicht! Kommen da abends herüber und geniessen Ihr Leben! Schad, dass ichs nicht auch so gemacht hab, wie ich noch jung situiert war - jetzt find ich keinen Mann mehr! E VA (schweigt) F RAU H ANUSCH Meinens wirklich, dass ich keinen Mann mehr find? B
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20N ] Hanusch. f aus)N ] BKameradN ] B21N ] BRaubritterturm) AchN ] BdassN ] Bihn) SchändungN ] B N] B
[19]|20| Hanusch[)] |. Musik aus)| korrigiert aus: Ka,erad 2[0]|1| korrigiert aus: Raubritterturm ) Ach korrigiert aus: sichh korrigiert aus: ihn) Schändung Eintragungen von fremder Hand (Gál): [\{ }/]
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21 . Szene. K ONSTANTIN (kommt aus seinem Raubritterturm) Ach , Eva! (er gibt ihr einen Kuss; dann zu Frau Hanusch) Das wär was für Sie, Frau Hanusch! Grad ist amtlich telefoniert worden, dass sich hier in der Gegend gefährliche Rauschgiftschmuggler herumtreiben, und auf ihre Ergreifung sind runde zwanzigtausend ausgesetzt! F RAU H ANUSCH Zwanzigtausend! Meiner Seel, ich täts gleich verhaften! Und köpfen auch, dann wär ich saniert! K ONSTANTIN Na so einfach geht das nicht! Solche Rauschgiftschmuggler sind verwegene Subjekte, die schrecken vor nichts zurück, vor keiner Untat - Raub, Mord, Schändung F RAU H ANUSCH (unterbricht ihn) Schändung auch? K ONSTANTIN Denen graust es vor nichts! Kommen daher mit direkt amerikanischen Methoden, Panzerauto und Maschinengewehr E VA Gib nur acht! K ONSTANTIN Auf alle Fäll hol ich mir jetzt mal gleich meinen Dienstrevolver - (er will wieder ab in seinen Raubritterturm) B
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
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22 . Szene. N
(Havlicek erscheint.) K ONSTANTIN (erblickt ihn und ist ungeduldig überrascht) Na und? H AVLICEK (wirft einen verstohlenen Blick auf Eva; schüchtern) Und aber K ONSTANTIN Aber hier gibts kein aber! Wie oft denn noch, lieber Mann?! Unmöglich und ausgeschlossen! H AVLICEK Aber es wird doch Nacht! K ONSTANTIN So sekkierens mich doch nicht! Jetzt muss ich meinen Revolver - (ab in seinen Raubritterturm) 얍 H AVLICEK Revolver? Grosser Gott! (rasch ab) B
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23 . Szene. E VA (sieht Havlicek nach) Nein , diese Angst F RAU H ANUSCH Ich kenn den Fall. Der geht da immer hin und her - bis er noch verhungert. Ein amtlicher Fall. Armer Mensch! Macht übrigens einen ganz einen sympathischen Eindruck E VA O er ist gebildet! Und nirgends lassens ihn hinein F RAU H ANUSCH Ich liess ihn schon hinein. Bei jeder Grenz! Wem tät das schon was schaden? Mir nicht! E VA So ohne Heimat möcht ich nicht sein. Ueberall fremd, überall anders B
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24 . Szene. K ONSTANTIN (erscheint nun wieder, und zwar mit seinem Dienstrevolver) Das ist er. Ein Trommelrevolver. Wenn er auf das dritte „Halt!“ nicht hält, kann ich ihn auf der Flucht erschiessen und mir passiert nichts. - Wer kommt denn da? Eine Nonne? F RAU H ANUSCH Ja das ist eine Krankenschwester mit einer sehr vornehmen kranken Dame - wahrscheinlich eine diskrete Krankheit, stell ich mir vor. E VA Warum? F RAU H ANUSCH Na sonst wärens doch nicht ausgerechnet da in unserem Drecknest hinterm Mond! Uebrigens: mein einziges Publikum. Pst! B
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25 . Szene. (Frau Leda und die Krankenschwester gehen nun langsam vorbei. Die Krankenschwester ist aber gar keine Krankenschwester, sondern ein verkleideter Mann, namens Schmugglitschinski, der eben mit Frau Leda zusammen, deren Krankheit natürlich auch nur Maskerade ist, das doppelköpfige Haupt der fieberhaft gesuchten Rauschgiftschmugglerbande ist. Jetzt täuschen sie einen langsamen Abendspaziergang vor, um das Terrain an der Grenze bequem rekognoszieren zu können.) B
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1 3 12 13 21 22 23 32 33 39
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22N ] überrascht) NaN ] B23N ] Bnach) NeinN ] B N] B24N ] BDienstrevolver) DasN ] B N] B25N ] Bkönnen.)N ] B
2[1]|2| korrigiert aus: überrascht) Na
2[2]|3| korrigiert aus: nach) Nein Eintragungen von fremder Hand (Gál): [\{ }, dim./]
2[3]|4| korrigiert aus: Dienstrebolver) Das Notenskizzen Hans Gál, vgl. Anhang S. 606
2[4]|5| korrigiert aus: können.
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K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
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F RAU H ANUSCH Ergebenster Diener, meine Herrschaften! Schon erholt? F RAU L EDA UND S CHMUGGLITSCHINSKI (nicken ihr freundlich zu und langsam ab) 26 . Szene. E VA (sieht ihnen nach) Schlecht schaut die Dame aus - ganz gelb. F RAU H ANUSCH Und am Vormittag, zwischen acht und zwölf , ist sie immer gelähmt, aber am Nachmittag treibts Gymnastik. Und wie die Schwester die pflegt! K ONSTANTIN Rührend, nicht? F RAU H ANUSCH Eine Heilige ist das und sonst nichts. E VA Manchmal denk ich mir, wir denken alle miteinander zu wenig an das Jenseits. K ONSTANTIN Wer glauben kann, ist ein glücklicher Mensch. (Stille) 얍 F RAU H ANUSCH So jetzt muss ich aber nachhaus, das Souper herrichten für meine einzigen Gäst! E VA Sicher Diät? F RAU H ANUSCH Aber einfach! Die Dame darf abends nichts essen und die Schwester fastet! Also empfehle mich, meine Herrschaften! (ab) K ONSTANTIN UND E VA Gute Nacht, Frau Hanusch! B
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korrigiert aus: nach) Schlecht korrigiert aus: und zwölf
26N ] nach) SchlechtN ] Bund zwölfN ] B27N ] BüberraschtN ] Bperplex) WiesoN ] Blächelt) SieN ]
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27 . Szene.
(Nun ist es Nacht geworden) (Und wieder erscheint Havlicek - und gleich erblickt er den Dienstrevolver, den Konstantin noch immer in der Hand hält und macht sofort „Hände-hoch!“) K ONSTANTIN ( überrascht über diese Geste) Was ist? Was treibens denn mit die Händ? H AVLICEK Ich ergib mich. K ONSTANTIN ( perplex) Wieso ? H AVLICEK Nicht schiessen bitte! K ONSTANTIN Ach so! (er lacht und steckt seinen Dienstrevolver in seinen Dienstgürtel) H AVLICEK (nimmt die Hände herab und lächelt) Sie sind doch ein freundlicher Mensch K ONSTANTIN Möglich. E VA Sicher. K ONSTANTIN O du bist lieb - (zu Havlicek) Aber für Sie bin ich nur das Grenzorgan und kein Mensch und jetzt reisst mir aber ehrlich die Geduld! Das halt ich nicht aus, dass Sie da immer wieder erscheinen, man ist doch schliesslich auch nur ein Mensch! 얍 H AVLICEK Eben! K ONSTANTIN Also schauns, dass Sie jetzt endgültig verschwinden, ja?! H AVLICEK Aber drüben hat er mich grad bedroht, dass er mit der Kanon kommt, wenn ich noch einmal B
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Korrektur von fremder Hand (Marton): überr[ei] as cht korrigiert aus: perplex) Wieso korrigiert aus: lächelt) Sie
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Fragmentarische Endfassung
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K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
E VA Mit der Kanon? H AVLICEK Ja, ich denk, der Herr Papa sind nicht mehr ganz nüchtern und der Herr Gendarm Mrschitzka auch nicht mehr so ganz E VA Sie trinken? H AVLICEK Schnaps. Und Rum. E VA (zu Konstantin) Schon wieder! H AVLICEK Man riecht es schon auf der Brück. E VA Fürchterlich! H AVLICEK So hat halt jeder seine Sorgen. (Stille) K ONSTANTIN Also seiens bitte vernünftig H AVLICEK (unterbricht ihn) Ich werd nicht vernünftig! K ONSTANTIN Und ich werd verrückt! H AVLICEK Von mir aus! K ONSTANTIN Von Ihnen aus schon, aber nicht von mir aus! H AVLICEK Und wo soll ich schlafen? K ONSTANTIN Auf der Brücke! Schluss!! (Stille) H AVLICEK Also Schluss. ( drohend) Jetzt mag ich aber dann auch nicht mehr! Jetzt bleib ich aber dann auf der Brück! Jetzt werd ich aber dann auf der Brück schlafen, verstanden?! Bei Wind und Wetter und Sonne und Mond! Werdet 얍 es schon noch erleben, Ihr!! (rasch ab) B
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28 . Szene. N
(Nun weht der Nachtwind.) K ONSTANTIN (verdutzt zu Eva) Was droht der uns? E VA Er ist halt arm. Immer hin und her - da muss ein Mensch verblöden. K ONSTANTIN Ich wasch meine Hände in Unschuld. Zu was haben wir die blöde Grenz? E VA Das sagst du? Als Grenzorgan? K ONSTANTIN Das sag ich privat. (Stille) E VA Du Konstantin. Könntest jetzt nicht mal so privat in deinen Turm dort hinein? K ONSTANTIN ( perplex) Warum ? E VA Weil derweil könnt da ein Mensch vorbei - er wäre gerettet, geschwind wie der Wind. K ONSTANTIN Eva! Möchst mich verführen?! Da kenn ich aber keinen Spass! E VA Aber wo soll der denn schlafen?! K ONSTANTIN Meinst, der tut mir nicht leid? Doch ich verbeiss mein Herz vor lauter Pflicht! (Stille) B
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ihn) IchN ] perplex) WarumN ] B28N ] BEva) WasN ] BdrohtN ] Bperplex) WarumN ] BDa kennN ] B
N
korrigiert aus: ihn) Ich korrigiert aus: perplex) Warum
2[7]|8| korrigiert aus: Eva) Was Korrektur von fremder Hand (Marton): dro[ ]ht korrigiert aus: perplex) Warum Korrektur von fremder Hand (Marton): Da\ /kenn
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 39
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
E VA Komisch seid Ihr Männer. K ONSTANTIN (unangenehm berührt) Komisch ? E VA Ja. Ich denk jetzt speziell an den Papa - dass er sich neuerdings wieder dem Alkoholteufel verschrieben hat, das ist tragisch. Erst neulich Nacht, wie ich mal nicht 얍 bei dir gewesen bin, da hat er mich grässlich beschimpft in seiner Trunkenheit - o so grässlich! Jedoch erst im Verlaufe dieser Schimpforgie ist mir allmählich ein Licht aufgegangen, dass er ja nämlich garnicht mich gemeint hat, sondern mein armes Mutterl selig, die doch schon längst das Zeitliche gesegnet hat, aber eben in seiner Trunkenheit hatte er das vergessen und hat mich mit ihr verwechselt. K ONSTANTIN Musst viel leiden, du arme Liebe, da drüben - E VA Ich sehn mich auch immer herüber, kaum kann ich die Nacht erwarten - hier drüben ist alles so licht. K ONSTANTIN Komm - (er setzt sich auf die Bank vor seinem Raubritterturm und sie setzt sich auf seinen Schoss) (Stille) K ONSTANTIN Und wie steht er jetzt eigentlich? E VA Wer? Was? K ONSTANTIN Ich meine, wie steht jetzt dein Vater zu unserem Bunde? Anscheinend lenkt er ein E VA Das glaub ich ihm nicht. Der Papa denkt nur an das Geld. Reich soll ich heiraten, damit er an die Riviera kann - Manchmal könnt ich ihn wirklich schon mit einer Axt K ONSTANTIN Still, Süsse - (sie küssen sich) E VA Lieber arm, aber glücklich. K ONSTANTIN Vielleicht kannst mal mit mir an die Riviera, wenn ich beispielshalber heut diese Rauschgiftleut - - Zwanzigtausend! Aber wenn ichs auch diesmal nicht erwisch, die 얍 Schmuggler sterben nicht aus, Gottseidank - (er betrachtet automatisch seinen Dienstrevolver) Hoppla! Gut, dass ich ihn betracht, meinen Dienstrevolver! Da sind ja gar keine Patronen drin, da hätten jetzt aber unsere Zwanzigtausend gelacht! (er erhebt sich) E VA Du ich hab Angst! K ONSTANTIN Mein Weib darf keine Angst kennen, das hängt mit meinem gefährlichen Beruf zusammen - (er will ab) E VA Wohin? K ONSTANTIN Ich hol mir nur die Patronen - (ab in seinen Raubritterturm) B
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29 . Szene. (Eva allein. Sie sieht sich scheu um in der Nacht. Es ist sehr still. Doch plötzlich ertönt aus dem Raubritterturm heraus Tanzmusik.) E VA (erschrickt und lauscht) - Musik? Musik B
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berührt) KomischN ] Komm -N ] BSüsseN ] B29N ] B N] B
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korrigiert aus: berührt) Komisch korrigiert aus: Komm ‘ korrigiert aus: süsse
2[8]|9| gestrichen: Eintragungen von fremder Hand (Gál): \Nr. 4
2 { }/
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
30 . Szene. K ONSTANTIN (erscheint wieder mit den Patronen und ladet seinen Revolver) Na ? Da spitzt wer seine Öhrchen? Ich hab dich ganz vergessen damit zu überraschen E VA (unterbricht ihn) Radio! K ONSTANTIN Fein, was? E VA Mein Traum. K ONSTANTIN Jetzt ist jemand glücklich E VA Nicht verschrein! Ueberall sitzen die bösen Geister und verhexen das Gute - sie wohnen im Fluss und in der Nacht tauchen ihre Köpf herauf und horchen und wer sich laut freut, den schauen sie an und schon muss er weinen. (Pause) 얍 E VA Komm, tanzen wir! K ONSTANTIN (tanzt mit ihr) B
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31 . Szene. (Jetzt kommt der Chef der Regierung auf dem rechten Ufer mit seinem Sekretär. Da er strenges incognito zu wahren wünscht, wollen wir ihn X nennen. Konstantin und Eva, die im Scheine der Laterne am Brückenkopf tanzen, erblicken die beiden Herren nicht und tanzen infolgedessen seelenruhig weiter.) S EKRETÄR Also hier ist besagter entlegener Brückenkopf X (unterbricht ihn) Wie bitte? Hier tanzt unser Grenzorgan? Die Grenze als Tanzbar? Penetrant! Schad, dass ich mein incognito nicht lüften darf, penetrant schad! Aber die Maid hat Charme. Uebrigens erinnert sie mich an ein weibliches Wesen aus der Vorkriegszeit. S EKRETÄR An die Panilla, Exzellenz! X Richtig! S EKRETÄR Aber die Panilla hatte andere Hüften. Gewölbtere. X Woher sind Sie denn derart penetrant informiert? Die Panilla könnt doch Ihre Grossmutter sein - Nanana, junger Mann! S EKRETÄR Meine Informiertheit beruht ja nur auf meiner Mama, Exzellenz! Die hat sich nämlich oft ausführlich beklagt bei mir - über den Papa. Wegen der Panilla. X Jaja, der arme Herr Papa - ein braver Mensch. Friede seiner Asche. Aber die Panilla war mal eine fesche Katz! Jetzt ist sie leider blind - So, und jetzt lassens mich allein. Wo ist mein falscher Pass? 얍 S EKRETÄR (überreicht ihn) Hier, Exzellenz! X Und Sie warten im Dorf mit dem Wagen! S EKRETÄR Gewiss, Exzellenz! (ab) B
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32 . Szene. (X. nähert sich nun den Tanzenden.) E VA (erblickt ihn zuerst) Ach , da kommt wer . Schad! B
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korrigiert aus: Revolver) Na korrigiert aus: undwer
30N ] Revolver) NaN ] Bund werN ] B31N ] B32N ] Bzuerst) AchN ] Bkommt werN ]
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
K ONSTANTIN (löst sich von Eva und wendet sich an X.) Ihren Grenzschein bitte. X Hier mein Pass - (er überreicht ihm seinen falschen Pass) K ONSTANTIN (blättert ausführlich und überlegt) X ( ungeduldig) Na dauert es noch lange? K ONSTANTIN Ruhe! X Aber ich habe dringendst zu tun! K ONSTANTIN Möglich! Aber auch wenn ich hier mal tanz, hab ich meine Augen überall und es treiben sich allerhand Rauschgiftschmuggler herum X Machen Sie doch keine penetranten Spässe, nicht?! K ONSTANTIN (fährt ihn an) Ruhe! „Penetrant“ ist Amtsbeleidigung! Und die Photographie stimmt übrigens auch nicht. X Stimmt nicht? Aber ausgeschlossen! K ONSTANTIN Da! X (betrachtet die Photographie) O dieses Kamel! K ONSTANTIN Da ist ein Vollbart und Sie sind rasiert. Glatt. Und ausserdem ist auch der Pass falsch - dieser Stempel gehört nämlich vorschriftsmässig über diesen Rand und nicht unter diesen Rand. Ich kenn nämlich meine Vorschriften! 얍 X ( beiseite) Das hab ich noch garnicht gewusst, dass ich diese Vorschrift erlassen hab K ONSTANTIN Tut mir leid, aber ich muss jetzt zu einer ausführlichen Leibesvisitation schreiten - ich sage nur: Kokain! Also los, kommens! X (bei Seite) Kokain ? ( laut) Halt ! Können Sie schweigen? K ONSTANTIN ( perplex) Warum ? X Ich muss mich leider demaskieren. K ONSTANTIN Ihre einzige Möglichkeit. Und wo ist das Kokain? X So lassen Sie doch dieses penetrante Kokain! Hier ist mein richtiger Pass! Aber schweigen! K ONSTANTIN (betrachtet den Pass, stutzt, steht stramm und salutiert) X ( gedämpft) Rührt Euch! Nur kein Aufsehen - incognito, strengstes incognito! Sonst wäre das eventuell noch eine Katastrophe für die ganze zivilisierte Welt! K ONSTANTIN Können sich auf mich verlassen, Herr Ministerpräsident! X Und auch nicht dem Fräulein Braut etwas sagen - übrigens: es freut mich, dass wir so gewissenhafte Grenzorgane haben, das mit dem Vollbart war schon gut, aber das mit dem Stempel war phänomenal! Na, ich werd mich schon erinnern, dass wir Ihre pflichtbewusste Kraft gehörig ausnützen! K ONSTANTIN Hocherfreut, Herr Ministerpräsident! X Aber abermals: Amtsgeheimnis! K ONSTANTIN Amtseid! X Danke! (ab) B
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X.) IhrenN ] ungeduldig) NaN ] BPhotographie) ON ] Bbeiseite) DasN ] BSeite) KokainN ] Blaut) HaltN ] Bperplex) WarumN ] Bgedämpft) RührtN ] B
korrigiert aus: X.) Ihren korrigiert aus: ungeduldig) Na korrigiert aus: Photographie) O korrigiert aus: beiseite) Das korrigiert aus: Seite) Kokain korrigiert aus: laut) Halt korrigiert aus: perplex) Warum korrigiert aus: gedämpft) Rührt
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
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33 . Szene. X (geht nun über die Brücke und es wäre sehr finster, wenn am Himmel nicht ein grosser Mond hängen und blöd scheinen würde.) H AVLICEK (lehnt mitten auf der Brücke an dem Brückengeländer - er sah bereits X kommen und betrachtet ihn nun interessiert.) X (gleich auf ihn zu) Pardon, Kollege, dass ich Euch so lange warten liess, aber meine Grenzorgane sind zu gewissenhaft - (er lächelt) Es freut mich aufrichtig, Euch kennen zu lernen, schon auch im Interesse unserer beiden Länder, deren Interessen eine heimlich menschliche Aussprache der beiden Regierungschefs dringendst erheischen. H AVLICEK (bei Seite) Grosser Gott! Ein Narr! X Es war eine selten glückliche Idee Ihrerseits, dass wir uns hier auf dieser abgelegenen Grenzbrücke treffen, hier können wir doch mal ausnahmsweise friedlich alle Strittigkeiten, die unsere beiden Länder berühren, berühren. H AVLICEK Interessant! (bei Seite) Nur immer Recht geben, sonst läuft er vielleicht noch Amok! X Wir leiden unter unseren Grenzen. H AVLICEK O wie wahr! X Es erfüllt mich mit ungeheurer Freude, dass Sie der Ansicht sind! H AVLICEK Und ob ich der Ansicht bin! 얍 X Ihre Ansicht erfüllt mich mit Hoffnung! H AVLICEK Die Hoffnung ist ein schwankes Rohr X Das aber schwerer bricht im Sturmgebraus wie eine starke Wettertanne! H AVLICEK (bei Seite) Ein Poet! X Um aber auf unsere Grenzen zurückzukommen H AVLICEK Sehr richtig! X - so muss und darf und soll und will und kann ich nur betonen, dass diese Grenzen eine Plage sind. H AVLICEK „Plage“ ist gar kein Ausdruck! X Aber wenn wir das nun laut sagen würden, dann würden unsere gesamten öffentlichen Meinungen laut aufzischen vor Wut H AVLICEK Na die „gesamten“ - Es gäb auch welche, die es begrüssten. Zum Beispiel ich. X Sie natürlich! Ich sage nur ein Wort: Macchiavelli! H AVLICEK Wie bitte? X O wir verstehen uns bereits, lieber Freund - darf ich Sie „Freund“ nennen? Sie stehen so herrlich über den Dingen! H AVLICEK Ich steh nur zwischen den Grenzen. X Sie formulieren herrlich und ich wäre glücklich, wenn wir zu einer Einigung gelangen könnten, theoretisch und praktisch H AVLICEK Also vor allem praktisch, weil ich mich hier schon bald erkält! X Sie belieben zu scherzen - hehehe! 얍 H AVLICEK Aber keine Idee! Spürens denn nicht den Zug? Diesen Mitternachtswind? Meiner Seel’, einen Katarrh hab ich schon! B
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korrigiert aus: man korrigiert aus: lächelt) Es korrigiert aus: Seite) Nur
33N ] amN ] Blächelt) EsN ] BSeite) NurN ]
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 47
Fragmentarische Endfassung
5
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
X Ja ja. Opfer über Opfer. H AVLICEK Und was hat man davon? Nichts. X Nur Undank. H AVLICEK Das nebenbei X Apropos Undank: darf ich Ihnen gratulieren zu Ihrer schier wundervollen Errettung von diesem ruchlosen Attentat H AVLICEK Was für ein Attentat? X Wie? Sie erinnern sich nicht mehr? H AVLICEK (beiseite) Attentat! Ein Obernarr! ( laut) Ach , jaja! Aber wissens, ich hab schon soviel Attentate hinter mir, dass ich ein jedes gleich immer wieder vergiss! X Heroisch. H AVLICEK Mein Gott - (er lächelt) X Bescheiden und heroisch. Aber hier ziehts tatsächlich unerträglich H AVLICEK Dass Sie es nur merken! X (bei Seite) Meine Bronchitis - ( laut) Also prinzipiell wären wir uns ja bereits einig und was die einzelnen untergeordneten Punkte betrifft: ich bin zu jeder Konzession bereit. H AVLICEK Ich auch. Aber was nützt das? X Allerdings nur zu einer jeden solchen Konzession, die sich mit unserer Würde verträgt. H AVLICEK „Würde“? Jetzt steh ich da und keiner lasst mich hinein - 얍 X Wieso nicht hinein? H AVLICEK Nicht rechts, nicht links X Wo nicht hinein? Versteh kein Wort! H AVLICEK (fährt ihn an) Dann machens Ihre Ohrwascheln gefälligst auf, ja?! Gross genug wärens ja und abstehen tuns auch! X „Abstehen“?! H AVLICEK Und verschonens mich überhaupt mit Ihren Irrenhausgesprächen! Hör mal her, du Narr! Spiel dich nicht mit mir, freu dich lieber, dass du kein Regierungschef bist, sonst könntst jetzt was erleben von mir, verstanden?! X Was ist das? Das ist ja ein Anderer! H AVLICEK Ich bin kein Anderer! Ich bin der Ferdinand Havlicek und Punkt! Jetzt reisst mir aber die Geduld, ich bin ein Drogist und kein Narrenwärter! X O Himmel tu dich auf und verschling mich! Havlicek! Na das gibt einen europäischen Skandal! H AVLICEK (bei Seite) „Europäisch“? Grössenwahn! X Bumm! Das Ende meiner Karriere! Meine Demission! Gott, ist mir übel - (er beugt sich über das Brückengeländer) (Stille) H AVLICEK (bei Seite) „Demission“ - Hm. Vielleicht ist die Sach doch komisch und es steckt was dahinter - - und parfümiert ist er auch, ich riech das gleich beruflich. Ein sehr teures Parfum - (er nähert sich schnuppernd X.) Ist Ihnen schlecht? 얍 X (rührt sich nicht) H AVLICEK Ist Ihnen schlecht? B
10
15
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30
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40
Lesetext
B
N
B
B
9 15 15 25
B
laut) AchN ] Seite) MeineN ] Blaut) AlsoN ] Ban) DannN ] B
N
N
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N
korrigiert aus: laut) Ach korrigiert aus: Seite) Meine korrigiert aus: laut) Also korrigiert aus: an) Dann
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Fragmentarische Endfassung
5
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Lesetext
X So fragens doch nicht so penetrant! Sehens denn nicht, dass ich mich erbreche! H AVLICEK Das schon. X Also! (Stille) H AVLICEK Ist Ihnen jetzt leichter? X Nein. Jetzt trifft mich bald der Schlag. H AVLICEK Entschuldigens, aber wer sind denn der Herr eigentlich? X Ich? Ich?! Ein Narr! Ein Obernarr! (er lacht hysterisch) H AVLICEK (bei Seite) Wie der lacht X (plötzlich ernst) Ich lache da. Und morgen lacht die ganze Welt über uns zwei. H AVLICEK Ueber Sie vielleicht. Ueber mich kaum. X Sicher! H AVLICEK Geh, was geh denn ich schon die Welt an! X Man wird sich totlachen. H AVLICEK Tot? Von mir aus! X Ein Havlicek als Eingeweihter - da wird sich nichts verheimlichen lassen. Hören Sie, lieber Freund: vor Ihnen steht der Chef der Regierung dieses Landes (er deutet nach rechts) und dieser Chef wollte mit dem Chef der Regierung jenes Landes (er deutet nach links) eine heimliche lebenswichtige Besprechung über unermessliche Probleme H AVLICEK (unterbricht ihn) Was hör ich? X Ja. B
10
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
N
B
N
B N
25
30
얍 H AVLICEK Sie sind der Chef? Ohne Witz? X Noch bin ich es, aber ab morgen schreib ich meine Memoiren, die allerdings erst zwanzig Jahre nach meinem Tode veröffentlicht werden dürfen. Ich freu mich schon auf das Kapitel Havlicek. (Stille.) H AVLICEK Und der andere Chef von da drüben kommt Bauch daherN? X Er müsste schon längst hier sein. Schon vor mir! H AVLICEK Was? Beide Chefs? - Na freuts Euch, Freunderln!
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B N BN
34 . Szene. (Jetzt kommt Y, der Chef der Regierung auf dem linken Ufer, rasch von links und wendet sich sogleich an Havlicek; wieder Bühnenmusik) Y O verzeihen Sie, dass ich mich derart penetrant verspätet habe, aber leider hatte ich Panne auf Panne und einen Hund haben wir auch überfahren, einen Rattler - also abermals: Verzeihung, Herr Ministerpräsident! X Der auch! (er lacht wieder hysterisch) B
35
N
B
9 10 23 29 32
B
Seite) WieN ] ernst) IchN ] B N] Bauch daherN ] B N]
32 33 35
B N
B
N
korrigiert aus: Seite) Wie korrigiert aus: ernst) Ich 얍 Notenskizzen Hans Gál, vgl. Anhang S. 607 korrigiert aus: auch daher Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \{ }!
Nr. 5 Finale/ ] B34N ] BHavlicek f Bühnenmusik)N ]
Notenskizzen Hans Gál, vgl. Anhang S. 608
3[3]|4| Havlicek[.)]|; wieder Bühnenmusik)
379
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 49v
Fragmentarische Endfassung
N
B
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B
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N
B
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40
N
N
B
얍
B
N
N
35 . Szene. H AVLICEK (allein; er schaut nach rechts und nach links) Weg sind sie. Ein Optimist, der dementiert und ein Pessimist, der demissioniert. Und was bin ich? (Jetzt erscheint er wieder, der Mond) H AVLICEK (schaut empor) - bist wieder da, Herr Mond? Bist ein feiner Freund. Da gefällt einem so ein Mondgesicht schon seit der frühesten Kindheit, aber wenn man ihn braucht, geht er hinter eine Wolkenbank B
N
B
1 8 22 26 27 27 31 34 35
B
verwirrt) WerN ] nämlich michN ] Bmit IhnenN ] Bbetroffen) JetztN ] BMond“!N ] Blaut) SchlussN ] Bsich) „WiedersehenN ] B35N ] Blinks) WegN ] B
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N
B
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Lesetext
Y ( verwirrt) Wer lacht denn da?! H AVLICEK Der Andere! Y Was für ein Anderer?! X Gratuliere, Kollege! Y Wer gratuliert mir denn da?! Himmel, ich bin ja so kurzsichtig und bei der vierten Panne ist mir meine Brille zerbrochen und jetzt seh ich nichts! H AVLICEK Macht nichts, ist eh stockdunkel! X Gratuliere abermals! Sie suchen nämlich mich , aber ich habe Sie verwechselt und nun sind Sie auch an den Falschen geraten! Penetrant! 얍 Y An den Falschen? Penetrant! H AVLICEK An den Falschen? An den Richtigen, meine Herrschaften! Na das freut mich aber, dass ich Euch zwei beide triff - grad bin ich in Stimmung! Hörts mal her! Warum machts denn Ihr zwei so penetrante Gesetz, he?! Da fabriziert ein jeder lustig drauflos, aber keiner denkt dabei zum Beispiel an so einen armen ehemaligen Drogeriebesitzer! Y Das halte ich nicht aus! H AVLICEK Ich auch nicht! Y Ich geh und es ist nichts geschehen! H AVLICEK Nichts? Das sind Euere Gesetz! Y Ich lass alles dementieren! H AVLICEK Sie mich könnens aber nicht dementieren! Für mich nicht! Schauns mich an, wenn ich mit Ihnen red! Y Was soll ich Sie denn anschaun bei der Finsternis?! Ohne Brille seh ich nichts! H AVLICEK „Finsternis“?! Und der Mond? Mein lieber guter Mond?! (Jetzt verschwindet der Mond hinter einer Wolkenbank und da wird es sehr dunkel) H AVLICEK (sieht überrascht empor; betroffen) Jetzt ist er weg. Y (bei Seite) „ Mond“! Das auch noch. ( laut) Schluss ! Ich dementier, ich dementier und zwar kategorisch! Auch mich selbst! (zu X) Wiedersehen Kollege! Ich könnt heut eh nicht unterhandeln, so ohne Brille bin ich zu unsicher - (rasch ab nach links) X (für sich) „Wiedersehen “! Ein Optimist. Na Adieu du schöne Welt - (langsam ab nach rechts) B
5
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
korrigiert aus: verwirrt) Wer korrigiert aus: nämlich mich korrigiert aus: mit Ihnen korrigiert aus: betroffen) Jetzt korrigiert aus: Mond!“ korrigiert aus: laut) Schluss korrigiert aus: sich) „Wiedersehen
3[4]|5| korrigiert aus: links) Weg
380
N
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 52
Fragmentarische Endfassung
B
5
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Lesetext
E IN H AHN (kräht) (im fernen Dorf) H AVLICEK Das war ein Hahn. Ist denn schon so spät oder so früh? - und ehe der Hahn dreimal kräht, wirst du mich dreimal verraten - Gott, was für ein tiefes Wort! (er singt) N
B N B N
얍BN
Ein tiefes Wort tut manchmal gut, wenn dich verlassen möcht dein Mut. Es hilft dir zwar nur indirekt, wenn du so sitzst wie ich im Dreck, dann hat halt alles keinen Sinn, her und hin.
10
B
N
B
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 53
N
Vor allen Dingen brauchen wir ein Stück gestempeltes Papier, und weh dem armen Untertan, der kein Papier vorweisen kann! Er ist verdammt und muß nun ziehn her und hin.
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20
Bist du noch so auf der Hut, ohne Stempel wird nichts gut, ohne Stempel gibts kein Leben, ohne Stempel gehts daneben, ohne Stempel kannst riskieren, bis zum jüngsten Tag zu spazieren als ein Pendel ohne Sinn her und hin!
25
30
Jetzt geh ich da so hin und her und her und hin und hin und her und wieder her und wieder hin, immer hin und her, immer her und hin, mich wunderts nur, daß ich noch bin, bei all dem Her und Hin! B
35
N
(Vorhang) 4 5 6 7
11 11 34
B
[Vorhang.] |(er singt)|
B N
Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \Lied des Havlicek/ gestrichen: \(Siehe Seite 51a)/
(er singt)N ] ] B N] B N]
B
wieN ] Dreck, -N ] Bhin, -N ] B
[1.Akt. 34. Szene, Buch S. 51 H AVLICEK Und ehe der Hahn dreimal kräht, wirst du mich dreimal verraten Gott, was für ein tiefes Wort! (singt)] korrigiert aus: wir korrigiert aus: Dreck,korrigiert aus: hin,-
381
Fragmentarische Endfassung
얍
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Z w e i t e r Te i l . 1. Szene. B
5
Lesetext
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 54
N
Auf dem linken Ufer. Nun hat der Hahn bereits dreimal gekräht, aber Szamek und Mrschitzka sitzen noch immer vor der amtlichen Baracke und haben noch immer Rum. Sie sind bereits ziemlich angeheitert und singen stumpfisnnig abwechselnd. B
N
B N BN BN
10
얍BN
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 55
B N
Als der Adam aus dem Paradies mit der Eva damals mußte scheiden und ihm Gott der Plagen viel verhieß, war der Adam wenig zu beneiden. Lieber Gott, so tät er sagen, ich will alles gern ertragen, bloß nicht den Durscht! B
15
Gott der Herr erbarmt sich seiner Not und gab ihm aus Gnade zwei Geschenke: er erfand für ihn den Tod und die alkoholischen Getränke. Und der Mensch zu seiner Labe macht Gebrauch von dieser Gabe, er hat halt Durscht!
20
B
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N
N
얍 M RSCHITZKA Prost Szamek! Bist ein Genie! S ZAMEK Was ist ein Genie? Ein genialer Mensch. Und was ist ein Mensch? Ein Nichts. Also was ist ein Genie? Garnichts! M RSCHITZKA Das ist mir zu hoch. Aber wie du da zuvor diesen Rauschgiftschmuggler entlarvt hast, das war schon ganz BgrosserN kriminalistischer Stil! Eine Klasse für Bsich, eineN Sonderklasse für sich, eine kriminalistische Sonderklasse für sich. Nur versteh ich nicht, warum dass du keine Leibesvisitation S ZAMEK (unterbricht ihn) Weil ich davor einen Respekt hab! Nämlich da hat mir erst
Szene.N ] angeheitert f abwechselnd.N ] B N]
korrigiert aus: Szene
9 9 10 11
B N
] B N] B N] B N]
gestrichen: \(Siehe Seite 1a)/ gestrichen: Korrektur von fremder Hand (Gál): [N. 6]
12 25 32 33
B
Korrektur von fremder Hand (Gál): [{Rdam}] Adam korrigiert aus: Gabe,korrigiert aus: grosswr korrigiert aus: sich,eine
3 8 9
B B
angeheitert[.] |und singen stumpfsinnig abwechselnd.| Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \Nr. 6
Trinklied/
[2.Teil, 1.Szene (Einleitung) S ZAMEK und M RSCHITZKA , abwechselnd:]
AdamN ] BGabe, -N ] BgrosserN ] Bsich, eineN ]
|
382
|
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 54
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Lesetext
unlängst so ein Subjekt anlässlich einer Leibesvisitation, die ich an ihm vorgenommen hab, mein Portemonnai aus der Tasch gestohlen -M RSCHITZKA (fällt ihm ins Wort) Was schadet das ab heut?! Ab heut, wo wir morgen Bankkontos haben werden! Zwanzigtausend! B
B
5
N
B
N
N
B N BN BN
얍BN B B
S ZAMEK Also die Hauptsach ist, daß wir ihn ergriffen haben , diesen Schmugglitschinski! Eingesperrt da drinnen! N
B
N
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 55
N
(singt) Willst du dein vertrocknetes Gehirn für den Dienst am Vaterland erleuchten, darfst du nicht vergessen es zu schmiern und genügend täglich zu befeuchten. Ohne diese Geistesfackel bleibst du stets ein lahmer Lackel, das macht der Durscht!
10
B
N
B
15
N
Wenn die Sorge grimmig an dir frißt, wird der Spiritus dich hold erfrischen, und wenn du nicht ganz zufrieden bist, denk dir bloß , wir hätten „Prohibition“! Wenn man dort im Branntweinladen nichts bekäm als Limonaden, das wär ein Durscht!!
20
B
25
N
얍BN M RSCHITZKA Sollst leben, Thomas! Ich erhebe mein Glas auf das Gedeihen einer kriminalistischen Leuchte! (er trinkt) B N Meiner Seel, war das eine Lust, wie der 30 da immer zerknirschter geworden ist und alles eingestanden hat! S ZAMEK Also Beingestanden, daranN kann ich mich nicht erinnern. Mir ist nur bekannt, dass er hartgesotten geleugnet hat. 1 2 2 5 5 5 6
B
7–8
B
7 7 11 15 22 27 29 31
Leibesvisitation, dieN ] hab,N ] BPortemonnaiN ] B N] B N] B N] B N] B
B
S ZAMEK f drinnen!N ]
S ZAMEK N ] habenN ] Bden DienstN ] BLackel, -N ] Bdir bloßN ] B N] B N] Beingestanden, daranN ] B
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 56
korrigiert aus: Leibesvisitation,die korrigiert aus: hab. gemeint ist: Portemonnaie Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \{ }!? { }?/ gestrichen: \(Siehe Seite 1a)/ gestrichen: gestrichen: M RSCHITZKA (spricht) Prost Szamek! Bist ein Genie!
(u.s.w., bis) 얍 [Das ist ein Wort, das zerfliesst einem im Maul wie Butter -S ZAMEK [Also] [d]|D|ie Hauptsach ist,dass wir ihn ergriffen haben,diesen Schmugglitschinski! Eingesperrt da drinnen! (er deutet auf die Baracke)] |S ZAMEK f drinnen!| eingefügt korrigiert aus: heben korrigiert aus: den Dienst korrigiert aus: Lackel,Korrektur von fremder Hand (Gál): \dir bloß/ gestrichen: Eintragungen von fremder Hand (Gál): \{ }/ gestrichen: Eintragungen von fremder Hand (Gál): \{ }!/ korrigiert aus: eingestanden,daran
383
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 54
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
M RSCHITZKA Aber ist er denn nicht zusammengebrochen unter der Last der Indizien? S ZAMEK Nein. Er ist nur zusammengebrochen, weil du ihm das Bein gestellt hast, nachdem du ihm eine hingehaut hast. M RSCHITZKA So? Hab ich das? -- Das weiss ich ja jetzt garnicht mehr. Schrecklich. Neuerdings kommt mir das häufig vor -- zum Beispiel erst vorige Woch, da hab ich einem eine hingehaut, ganz ohne jeden Grund, und hab das erst bemerkt, wie er mir eine zurückgehaut hat. Ein eigenartiger Zustand. S ZAMEK Sogenannte Absenz-Erscheinungen. M RSCHITZKA Was? Abstinenz-Erscheinungen? Lächerlich! S ZAMEK Apropos Abstinenz: wo nur die Eva so lang bleibt, diese Bestie! M RSCHITZKA Wo? Kann ich mir schon vorstellen! S ZAMEK Ich auch! (er schlägt auf den Tisch; leise) Das wird noch ein furchtbares Ende nehmen, ein Ende mit einer Axt -M RSCHITZKA Mir scheint, du bist angeheitert und siehst schwarz. S ZAMEK Schwarz ist noch viel zu weiss. M RSCHITZKA Hättest halt das Fräulein Tochter nicht dem Schicksal überlassen sollen. 얍 S ZAMEK Dem Schicksal? M RSCHITZKA Hast doch gesagt! (Stille) S ZAMEK Ja, jetzt erinner ich mich -- Hm. Also wenn das Schicksal seine Hand im Spiel hat, dann kommt die Bestie vor morgen Früh nimmer heim -- (er schläft plötzlich ein vor lauter Rum) B
N
B
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N
B
N
10
15
N
B
B
N
B
B
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Lesetext
B
N
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N
B N
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얍 M RSCHITZKA (betrachtet ihn) Ist er jetzt schon wieder eingeschlafen? Na höchste Zeit, dass er pensioniert wird, diese Leuchte der Kriminalistik - - - (er gähnt und
1 2 6 6–7 7 10 16 22 24
B
zusammengebrochenN ] zusammengebrochen, weilN ] Bhingehaut, ganzN ] Bbemerkt, wieN ] BzurückgehautN ] Bbleibt, dieseN ] BhaltN ] Bhat, dannN ] B N] B
zusammeng[{r}] |e|brochen korrigiert aus: zusammengebrochen,weil korrigiert aus: hingehaut,ganz korrigiert aus: bemerkt,wie Korrektur von fremder Hand (Marton): zurückge[j]|h|aut korrigiert aus: bleibt,diese hal[z]|t| korrigiert aus: hat, dann [M RSCHITZKA (betrachtet ihn) Ist der jetzt schon wieder eingeschlafen? Na, höchste Zeit,dass er pensioniert wird,diese Leuchte der Kriminalistik -- (er schreit) He! Thomas! Thomas! S ZAMEK (erwacht) -- jetzt hab ich aber was ganz Blödes geträumt. Die Eva war noch klein und das Fenster war höher,ich hab sie hinaufgehoben und draussen ist grad unser König vorbeigefahren in einem gelben Galatotenwagen. Und der Kutscher hat Flügel gehabt. Er war ein Engel -- ein Erzengel. [M RSCHITZKA ]|M RSCHITZKA | Zu blöd. 2. Szene. (Jetzt taucht ein verstörter Mensch auf: der Privatpädagoge. Ohne Kravatte und mit zerwühltem Haar.Rasch möcht er auf die Brücke) S ZAMEK Halt! Ihren Grenzschein bitte -- (er will sich erheben, muss aber gleich wieder setzen vor lauter Rum) P RIVATPÄDAGOGE Lieber Herr, ich brauch keinen Grenzschein mehr! S ZAMEK H[o]|ö|r ich recht? Je[{}] |d|er Mensch braucht einen Grenzschein, wenn er hinüber möchte !]
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 58
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Lesetext
streckt sich) Die Hauptsache ist, dass wir ihn ergriffen haben, diesen Schmugglitschinski! Eingesperrt da drinnen! (er deutet schwach auf die Baracke und schläft ein) B
N
5 B
15
N
(Jetzt tauchen Schmugglitschinski noch immer als Krankenschwester verkleidet, und Frau Leda auf. Sie bemerken mit Zufriedenheit, dass Szamek und Mrschitzka eingeschlafen sind und gehen an ihnen vorbei über die Brücke. Hier kann eventuell untermalende Bühnenmusik einsetzen. - - - Schmugglitschinski und Frau Leda gehen im folgenden über die Brücke.) B
10
2. Scene.
N
S CHMUGGLITSCHINSKI (atmet befreit auf, kaum dass er die Brücke betreten hat und entledigt sich seiner Krankenschwesterhaube; mit überaus tiefer Stimme) Endlich! Ich halt’s in dieser Hauben kaum mehr aus, vor lauter Hitz! (Er wischt sich mit seinem Taschentuch den Schweiss von der Glatze) Nur gut, dass wir jetzt schon diese Malefizrecognosziererei hinter uns haben – ( er starrt plötzlich Frau Leda an, die steif stehen blieb, nichts Gutes ahnend) Was ist? B
N
B
N
20
F RAU L EDA (mit schwacher Stimme) Ich kann mich nicht rühren S CHMUGGLITSCHINSKI Bist wieder weg?! Hast wieder geschnupft? 25
F RAU L EDA Nein. Gespritzt. S CHMUGGLITSCHINSKI Nicht beherrschen kann sie sich! Immer wieder dieses blöde Rauschgift. Höchste Zeit, dass du eine Entziehungskur durchmachst! Wie uns da jetzt dieser Coup gelingt, kommst in eine Anstalt, das prophezei ich dir, so wahr ich Schmugglitschinski heiss! (er schlägt Frau Leda plötzlich auf die Hand, eine Spritze fällt zu Boden, klirrt und zerbricht; er schüttelt sie und brüllt sie an.) Schon wieder, Irrsinnige, schon wieder?! B
30
35
N
F RAU L EDA (windet sich unter seinem Griff) Aber du weisst doch, dass bin! Ich kann nicht so nüchtern schmuggeln. S CHMUGGLITSCHINSKI Los! Zu! (Er pufft sie über die Brücke) F RAU L EDA Au!
40
2 6 8 16 18 29–30 34
B
(erN ] 2. Scene.N ] BSchmugglitschinskiN ] Baus, vorN ] Ber starrtN ] Bdir, f heiss!N ] B N] B
korrigiert aus: ( er korrigiert aus: 2.Scene korrigiert aus: Schmugglithschinski korrigiert aus: aus,vor korrigiert aus: erstarrt
dir[.]|,| \so f heiss!/ gestrichen: ic
385
B N
ich süchtig
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Lesetext
S CHMUGGLITSCHINSKI Sei mir nicht bös, aber meine Brutalität ist deine einzige Rettung, Liebling. F RAU L EDA Au, au! (Solcherart gehen die Beiden über die Brücke - an Havlicek vorbei, den sie nicht bemerken, da er sich bei ihrem Kommen versteckt hatte, und der für das Publikum auch jetzt erst sichtbar wird.)
5
B
N
얍
3. Scene.
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10
H AVLICEK (taucht auf der Brücke auf und sieht interessiert den Beiden nach) S TIMME DER F RAU H ANUSCH (von der Stelle aus, wo sich Havlicek verborgen gehalten hat) Kann man jetzt kommen? 15
H AVLICEK Ohne Gefahr! S TIMME 20
DER
F RAU H ANUSCH Ist die Luft rein?
H AVLICEK Wir sind unter uns. F RAU H ANUSCH (erhebt sich und kommt) Gott, waren das aufregende Scenerien. Ich hab direkt Bauchweh vor lauter Empörung. Dass diese Krankenschwester die arme Kranke so barsch behandelt -
25
H AVLICEK (fällt ihr ins Wort) Vielleicht g’hört sich das so, damit sie gesund wird. B
N
F RAU H ANUSCH Dann soll sie lieber krank bleiben , aber ich kann halt niemand leiden sehen, wenn ich auch oft herzlos wirk durch meine drastische Manier. B
B
N
N
30
B N
얍BN H AVLICEK Sie und herzlos? Wo Sie mir da etwas zum Essen bringen mitten in der 35 Nacht? Kalten Braten und passierten Roquefort? Das zeigt von keinem alltäglichen BHerzen, FrauN Hanusch! F RAU H ANUSCH BIch weiss, dass das rührend von mir ist undN ich war ja schon längst im Bett, aber ich hab keinen Schlaf gefunden, immer hab ich denken müssen: da 7 26 28 29 32 33
B
wird.)N ] dasN ] BbleibenN ] BherzlosN ] B N] B N]
36 37
B
B
B
Herzen, FrauN ] Ich f undN ]
korrigiert aus: wird. korrigiert aus: da korrigiert aus: bleibe\n/
her\z/los gestrichen: Fortsetzung Seite 8.!
[H AVLICEK Wir sind unter uns. F RAU H ANUSCH (erhebt sich und kommt) Gott, waren das aufregende Szenerien. Ich hab direkt Bauchweh vor lauter Empörung! Ich kann halt niemand leiden sehen,wenn ich auch oft herzlos wirk durch meine drastische Manier!] korrigiert aus: Herzen,Frau Korrektur von fremder Hand: [Ich weiss, dass das rührend von mir ist und] |Wissen Sie,|
386
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 64
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
geht jetzt ein Mann hin und her und niemand lasst ihn rein -- und plötzlich hats mich durchzuckt, ich raus aus dem Bett und daher - Aber Sie haben ja alles stehen lassen! Habens denn keinen Hunger? H AVLICEK Hunger schon, aber keinen Appetit. F RAU H ANUSCH Armer Mensch! H AVLICEK Und derweil ist passierter Roquefort meine Leibspeis -- mein Leibkäs gewissermassen. F RAU H ANUSCH Das freut mich, dass ich es erraten hab. H AVLICEK Tut mir gut, Frau Hanusch. Wissens, es schaut nämlich einfacher aus, als wie es ist, wenn man so weg muss aus einem Land, in dem man sich so eingelebt hat, auch wenn es vom Zuständigkeitsstandpunkte nicht die direkte Heimat war -aber es hängen doch soviel Sachen an einem, an denen man hängt. Zum Beispiel, wie ich noch die Drogerie gehabt hab, da hättens mal meine Auslag sehen sollen -- es war das zwar keine grosse Auslag, mehr ein grösseres Fenster, 얍 aber was ich da alles hineinarrangiert hab! Rechts medizinisch, links homöopathisch, vorn kosmetisch und hinten die Diskretion --- Red ich Ihnen nicht zuviel? F RAU H ANUSCH Nein. H AVLICEK Hm. Ja und der Apotheker nebenan, der hat mich dann zugrundegerichtet . Plötzlich über Nacht hat der sich auch eine Drogerieabteilung angegliedert und dann ist meine Kundschaft dorthin. F RAU H ANUSCH Warum? H AVLICEK Er war halt beliebter als ich. Das sind eben oft so dunkle Strömungen in der Massenseele -- da steht man dann und wundert sich. Genau wie im Krieg. Waren Sie im Krieg? F RAU H ANUSCH Ich? Nein. H AVLICEK Aber in Ihrem Alter -F RAU H ANUSCH (unterbricht ihn) Aber ich bin doch eine Frau! H AVLICEK Grosser Gott, das hab ich jetzt ganz vergessen! Meiner Seel, man wird halt schon blöd und blind, wenn man immer so hin und her und immer allein --- Nur eine Frau könnt mich retten. Ohne Witz. F RAU H ANUSCH Ja. Ein Mann ist schon etwas Notwendiges, wenn er auch nur repräsentiert. Mein Seliger war ein stattlicher Herr. Hundertsiebzehn Kilo hat er gewogen und der ist mir weggestorben --- Wieviel wiegen denn Sie? H AVLICEK Weniger. Bedeutend. F RAU H ANUSCH Das merk ich. Wann sinds denn geboren? H AVLICEK Warum? F RAU H ANUSCH Es interessiert mich. H AVLICEK Am vierzehnten Juli. Das ist ein grosser Tag in Frankreich -- Wissens, da tanzen die Leut auf den Boulevards. B
5
N
B
N
B
10
B
N
B
N
B
N
B
N
B
N
20
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B
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B
2 8 9 9 10 13 14 18 18–19 31 38–388,5
B
ich rausN ] mich, dassN ] BWissens, esN ] Baus, alsN ] Bist, wennN ] Bhab, daN ] BAuslag, mehrN ] Bnebenan, derN ] BzugrundegerichtetN ] BNotwendiges, wennN ] BAm f zueinanderpassen.N ] B
N
N
B
15
Lesetext
korrigiert aus: ich raus korrigiert aus: mich,dass korrigiert aus: Wissens,es korrigiert aus: aus,als korrigiert aus: ist,wenn korrigiert aus: hab,da korrigiert aus: Auslag,mehr korrigiert aus: nebenan,der korrigiert aus: zugrun degerichtet korrigiert aus: Notwendiges,wenn Korrektur von fremder Hand: Am f zueinanderpassen.
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N
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Fragmentarische Endfassung
5
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Lesetext
얍 (Stille) F RAU H ANUSCH Vierzehnter Juli -- Stimmt! H AVLICEK Was? F RAU H ANUSCH Ich hab jetzt nur schnell nachgerechnet. Astrologisch. Also nach den Sternen täten wir gut zueinanderpassen.N H AVLICEK Wer? F RAU H ANUSCH Wir zwei.
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B N B N B N B N
10
얍BN
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B N
Duett: F RAU H ANUSCH Sehns die vielen Sternlein stehen über uns? Alle diese Sternlein weben an Ihrem und an meinem Leben, alle diese Sternlein drehen sich um unser kleines Leben über uns. N
B
15
20
H AVLICEK Wenn die vielen Sternlein eben über uns gar nichts täten, als bloß weben an Ihrem und an meinem Leben, wenn sie nur für uns so wandern, was blieb denn dann für die andern neben uns? Sehns ich glaub nicht, daß das geht, daß sich’s ganze All bloß um uns beide dreht.
25
B
30
N
F RAU H ANUSCH Jeder Mensch hat seinen Planeten. H AVLICEK Dann hab ich, scheints, einen Kometen: der kommt nur ab und zu daran und stört den andern ihre Bahn.
35
8
B N
9 9 9 10 11
B N
]
] ] B N] B N] B N] B N
Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \{ } Nr. 7 Duett/ [(Stille)] gestrichen: \ / gestrichen: \(Siehe Seite 10a\)/ [und 10b)]/ gestrichen: 2.Bild, 7.Szene (Buch S. 10) gestrichen: F RAU H ANUSCH Also nach den Sternen täten wir gut zueinanderpassen.
H AVLICEK Wer?
13 30
B
Duett:N ] Bsich’sN ]
F RAU H ANUSCH Wir zwei. Duett\:/ korrigiert aus: sich ’s
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Lesetext
(F RAU H ANUSCH , gleichzeitig) Das ist hochinteressant! Was ist der alls imstand! H AVLICEK Dann ist er plötzlich wieder verschwunden, kümmert sich nicht um seinen Kunden, wo ist er denn, mein spezieller Komet, daß es mir so miserabel geht? B
N
B
5
N
F RAU H ANUSCH Herr Havlicek, gehns lästerns nicht und glaubens an Ihr Himmelslicht! Wenns nur die Sterne recht beschwören, (zärtlich und anzüglich) tuns Ihnen gar noch einen Schatz bescheren!
10
H AVLICEK (ohne zu verstehen) Ists weiter nichts? Das tu ich gern. Nur glaub ich nicht mehr recht an meinen Stern. 15
B EIDE ZUSAMMEN Venus, Mars und Jupiter, Merkurius, Pluto und Saturn und Uranus, bringts uns bitt schön kein’ Verdruß! Tuts doch an unserm armen Leben mit Vernunft und Ordnung weben über uns! Und vergeßts nicht, unserm Leben auch ein bisserl Glück zu geben über uns!
20
25
얍 B H AVLICEK Aber was sind denn das schon für Stern?! Ich kann doch nicht weg von der Brück! O ich Blödian! Da triff ich da zuvor gleich beide Chefs auf einen Schlag und anstatt dass ich sie erpress mit ihrer heimlichen Mission, damit sie mich überall hineinlassen, hab ich sie bloss beschimpft -- wie unüberlegt, wie unüberlegt! 30 Aber ich bin halt zu jähzornig! Zu jähzornig --N F RAU H ANUSCH (fällt ihm plötzlich um den Hals und küsst ihn) H AVLICEK (etwas betroffen) Was war das jetzt? F RAU BH ANUSCH EinN Stern! H AVLICEK In unserem Alter? (er lächelt verlegen) 35 F RAU H ANUSCH Man ist so alt, als wie man sich fühlt Bund ichN fühl mich noch! -B Schad, dassN ich jetzt weg Bmuss, aberN ich muss auf meine Reputation Bachten, auchN wenn ich morgen Konkurs ansag. H AVLICEK Auf Wiedersehen. Und ich danke für Speise und Trank -F RAU H ANUSCH Geh du hast ja nichts gegessen! (sie will das Essen wieder mit40 nehmen) H AVLICEK Halt! Lass es da! Jetzt hab ich Appetit! 3 4 26–30 33 35 36 36 36–37
B
H AVLICEK N ] Kunden, -N ] BH AVLICEK f jähzornig --N ] BH ANUSCH EinN ] Bund ichN ] BSchad, dassN ] Bmuss, aberN ] Bachten, auchN ] B
korrigiert aus: H AVLICEK ) korrigiert aus: Kunden,Korrektur von fremder Hand: [H AVLICEK f jähzornig --] korrigiert aus: H ANUSCH Ein korrigiert aus: und ich korrigiert aus: Schad,dass korrigiert aus: muss,aber korrigiert aus: achten,auch
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Lesetext
F RAU H ANUSCH (gibt ihm rasch einen Kuss) Schmecken soll es dir! Schmecken, du braver Mann -- (rasch ab nach rechts) H AVLICEK (isst und trällert vor sich hin) B
N
B N
5
얍
4 . Szene. Frau Hanusch geht nun über die Brücke und erreicht das rechte Ufer. Erstaunt sieht sie sich um, da niemand zu sehen ist. Dann horcht sie, nähert sich vorsichtig dem Raubritterturm und sieht durch das Schlüsselloch hinein. F RAU H ANUSCH (erhebt sich wieder) Gott, es ist doch das Schönste, zwei so junge Menschen in der Umarmung -- (sie singt) B
B
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B
B
N
N
B N BN BN
얍BN
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B N
Wenn heutzutag ein nettes junges Paar brennheiß verliebt ist und mit Haut und Haar, so ist die Frage bald geklärt, wie man beisamm ist möglichst ungestört. Heut sind die jungen Leut halt gscheit! Gmöcht hätten wir ja auch, nur leider war es damals noch nicht Brauch.
15
B
20
N
Wenn eine Dame, die sich ordntlich pflegt, nicht grad das Gsicht hat, was man eben trägt, so nimmts ein’ Farbtopf aus dem Schrein und malt sich in ihr Gsicht ein neues ’nein. Heut sind die Frauen so viel gscheit! Gmöcht hätten wir ja auch, nur leider war es damals noch nicht Brauch.
25
B
N
30
Wenn über diesen oder jenen Fragn die Volksvertreter sich die Köpf einschlagn, so schickt mans heim, sperrt d’ Buden zu und hat vom ganzen Parlament sei’ Ruh. 2 4 6 8 10 11 12 12 12
B
(raschN ] ] B4N ] Bum, daN ] Bzwei soN ] B(sie singt)N ] B N] B N] B N]
korrigiert aus: )rasch Eintragungen von fremder Hand (Gál): [\?/] Korrektur von fremder Hand: [9] 4 korrigiert aus: um,da korrigiert aus: zwei so
13 14
B N
gestrichen: 2.Teil, 9.Szene, Buch S. 11 gestrichen: F RAU H ANUSCH Gott, es ist doch das Schönste, zwei so junge Men-
B N
||
[(ab in Gedanken versunken)] |(sie singt)| gestrichen: \ / gestrichen: \(Siehe Seite 11a)/ Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \Nr. 8 Lied der Ha-
nusch/ ] B N]
sch[n]|en| in der Umarmung -(singt) 20 28
B
auch, -N ] Bauch, -N ]
korrigiert aus: auch,korrigiert aus: auch,-
390
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Lesetext
Heut sind halt die Minister gscheit! Gmöcht hättens frühr ja auch, nur leider war es damals noch nicht Brauch. B
5
N
Heut hat mir träumt von einem fernen Land, wo Politik ist gänzlich unbekannt, dort ist man friedlich und human, sogar die Frau vertragt sich mit ihrm Mann, dort kennt man weder Neid noch Streit, so möchten Sie’s halt auch? Nur leider ist es bei uns noch nicht Brauch. (ab in Gedanken versunken) B
N
B
10
B
얍 15
N
N
5 . Szene. K ONSTANTIN (erscheint in der Tür des Raubritterturmes; er ist etwas derangiert und sieht sich um) Es war doch wer da -E VA (taucht hinter ihm auf, ebenfalls etwas derangiert) So komm doch! Wer soll denn schon? K ONSTANTIN Still! (er lauscht) Jetzt hör ich nichts, aber es ist wer vorbei. Du weisst, ich hör immer her auf die Grenz, in jeder Situation - und ich hab ein scharfes Gehör. E VA Ja, dir entgeht nichts. K ONSTANTIN Hoffentlich warens nicht unsere Rauschgiftschmuggler. Du, jetzt hab ich direkt Gewissensbiss wegen der zwanzigtausend. E VA Was ist ein Mensch neben einer Million? K ONSTANTIN Nichts. E VA Komm -K ONSTANTIN (folgt ihr wieder in seinen Raubritterturm) B
N
B
N
B
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N
B N
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B N
B N
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얍
BB
6 . Scene. N
N
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(Frau Leda und Schmugglitschinski erscheinen nun wieder) B
N
F RAU L EDA (leise) Niemand da? Kein Grenzorgan? Fein! 35
2 8 9 12 14 17 19 21 26 28
B
auch, -N ] ihrmN ] BStreit, -N ] B(ab f versunken)N ] B5N ] Bauf, ebenfallsN ] Bnichts, aberN ] B N] B N] B N]
30 30 32
B N
B
6 ] 6. Scene.N ] Berscheinen nunN ] B
korrigiert aus: auch,Korrektur von fremder Hand (Gál): ihr[e]m korrigiert aus: Streit,-
\(ab f versunken)/
||
Korrektur von fremder Hand: [10] 5 korrigiert aus: auf,ebenfalls korrigiert aus: nichts,aber Eintragungen von fremder Hand (Gál): [\{ }/] Eintragungen von fremder Hand (Gál): [\{ }?/]
[11. Szene. (Frau Leda kommt mit dem als Krankenschwester verkleideten Schmugglitschinski.)] Korrektur von fremder Hand: [Elfte] |6| korrigiert aus: 6 Scene korrigiert aus: erscheinen nun
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Lesetext
S CHMUGGLITSCHINSKI (streift sich wieder seine Haube ab und wischt sich wieder den Schweiss von der Glatze) Umsobesser! B
N
F RAU L EDA Wisch dir lieber nicht die Glatze, sondern gib das verabredete Zeichen! 5
S CHMUGGLITSCHINSKI (etwas perplex) Also werd mir nur nicht zu aktiv! (Er winkt mit einer Taschenlaterne) B
N
B
10
7 . Scene. N
B
N
(Auf dieses verabredete Zeichen hin kommen vorsichtig drei Schmuggler ) S CHMUGGLITSCHINSKI (zu den Schmugglern) Letzter Appell: Hat ein jeder sein Milligramm bei sich? B
N
B
N
15
B
20
8 . Scene. N
(Die drei Schmuggler kommen zu keiner Antwort mehr, da nun Konstantin wieder aus seinem Raubritterturm tritt und die fünf Leute erblickt) E VAS S TIMME (Aus dem Raubritterturm) Konstantin! Es ist doch nichts! K ONSTANTIN (beiseite) Die Kranke und die Heilige? Zu dieser Stund, wo ein jeder anständige Mensch im Bett liegt? Komisch! (laut) Ihren Grenzschein bitte! B
25
B
N
N
S CHMUGGLITSCHINSKI ( schlägt ihn k.o.) B
30
N
K ONSTANTIN (bricht lautlos zusammen) E VAS S TIMME Konstantin! Wo bleibst denn schon wieder so lange?
2 7 10 10 12 13–14 17 24 25 28
B
denN ] Taschenlaterne)N ] B7N ] BScene.N ] BSchmugglerN ] BMilligrammN ] B8N ] BHeilige? ZuN ] BjederN ] BschlägtN ] B
korrigiert aus: de korrigiert aus: Taschenlaterne. Korrektur von fremder Hand: [12] 7 korrigiert aus: Scene korrigiert aus: Schmuggler; korrigiert aus: Miligramm Korrektur von fremder Hand: [13] 8 korrigiert aus: Heilige?Zu korrigiert aus: jede korrigiert aus: schlaägt
||
||
392
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
B
Lesetext
9 . Scene . N
B
N
(Eva erscheint, erblickt auf dem Boden ihren bewusstlosen Bräutigam und dann die Krankenschwester ohne Haube - sie schreit gellend auf.) 5
S CHMUGGLITSCHINSKI (hält ihr den Mund zu; zu seinen Leuten) Rasch! Knebel! Strick ! Rascher! So! Und jetzt auch diesen Burschen da. 얍 (Die Schmuggler knebeln und fesseln Konstantin und Eva und begeben sich dann unter Anführung Schmugglitschinskis auf die Brücke.) B
N
10
Alle Schmugglerscenen sind musikalisch untermalt gedacht.
B
10 . Scene. N
15
S CHMUGGLITSCHINSKI (hält plötzlich auf der Brücke und gibt den Anderen ebenfalls ein Zeichen zu halten; mit unterdrückter Stimme) Was seh ich? Moment! - - Da steht ja einer auf der Brücke! Ich wittere Verrat 20
F RAU L EDA Um Gottes Willen! S CHMUGGLITSCHINSKI Wer kann das sein? Vielleicht ein Agent - ein Vorposten - vorsichtig! (Er setzt seine Haube wieder auf)
25
F RAU L EDA Nur Mut, wir sind zu fünft. S CHMUGGLITSCHINSKI (deutet auf die drei Schmuggler) Die zählen nicht mit! D IE S CHMUGGLER Oho!
30
S CHMUGGLITSCHINSKI Das sind nur Kulis. D IE S CHMUGGLER Oho! 35
S CHMUGGLITSCHINSKI Jetzt aber kein Oho mehr. D IE S CHMUGGLER Oho!
40
S CHMUGGLITSCHINSKI (zu Frau Leda) Wie oft hab ich dir schon gesagt, verkehr nicht mit dem Personal! Jetzt sind sie frech. (zu den Schmugglern) Wartet da! Wir zwei erledigen das schon, und zwar mit List - (zu Frau Leda) Komm! B
1 1 6–7 14 40
N
B N
9 ] SceneN ] BKnebel! StrickN ] B10N ] BnichtN ] B
||
Korrektur von fremder Hand: [14] 9 korrigiert aus: S c e ne korrigiert aus: Knebel!Strick Korrektur von fremder Hand: [15] 10 korrigiert aus: nich
| |
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
B
Lesetext
11 . S c e n e . N
(Die beiden nähern sich nun Havlicek, der sie an das Brückengeländer gelehnt, betrachtet) 5
S CHMUGGLITSCHINSKI (sehr leise) Fang an, Leda. F RAU L EDA (zu Havlicek) Guten Tag, der Herr. 10
15
20
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35
H AVLICEK Gute Nacht. 얍 L EDA Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn wir über die Grenze könnten – ich und die Krankenschwester – – H AVLICEK Oh bitte, bitte! L EDA Aber wir haben leider keinen Grenzschein. H AVLICEK Keinen Grenzschein? Auweh, dann ist es faul! Also ohne Papiere geht das nicht. L EDA Ganz sicher nicht? H AVLICEK Liebe Frau, ich muss es doch wissen – L EDA Naturnotwendig, Sie als Grenzorgan – (sie wendet sich an Schmugglitschinski und flüstert unter Seitenblicken auf Havlicek mit ihm) H AVLICEK „Grenzorgan“? Ich? S CHMUGGLITSCHINSKI (mit tiefer Stimme zu Leda) Richtig! (mit verstellter Stimme zu Havlicek) BBitteN strengen Sie sich doch nur nicht so an, als könnten Sie nicht bis drei zählen! (mit tiefer Stimme) Wir wissen, (mit verstellter Stimme) wen wir vor uns haben – (mit tiefer Stimme) und wir wissen, (mit verstellter Stimme) dass eine derartige Erkenntnis (mit tiefer Stimme) Geld kostet. H AVLICEK (zuckt bei jeder „tiefen Stimme“ zusammen) S CHMUGGLITSCHINSKI B(mit verstellter Stimme)N Kurz und gut –: (er reisst die Haube B herunter;N mit tiefer 얍 Stimme) Ich bin Schmugglitschinski! H AVLICEK Grosser Gott, ein Mann! Ein richtiger Mann! L EDA Und ob! S CHMUGGLITSCHINSKI (zu Leda) BDas gehtN BdichN nichtsmehr an! (zu Havlicek) Herr! Hier haben Sie fünfzig Gulden und verschwinden Sie, ja?! H AVLICEK B N Fünfzig Gulden?! S CHMUGGLITSCHINSKI Fünfundfünfzig! Aber verschwinden, verschwinden! Avanti, avanti! H AVLICEK Verschwinden? Wohin, bitte? S CHMUGGLITSCHINSKI Irgendwohin, Sie BeigensinnigesN Subjekt!
1 23 28 29 32 32 34 38
11N ] BitteN ] B(mit f Stimme)N ] Bherunter;N ] BDas gehtN ] BdichN ] B N] BeigensinnigesN ]
| |
B
Korrektur von fremder Hand: [16] 11
B
[Also] |Bitte| \(mit f Stimme)/ herunter[)] |;| [{}] |Das geht| korrigiert aus: Dich [Was?] [{}] |eigensinniges|
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Fragmentarische Endfassung
10
N
B
B B
N
N
N
B
N
M RSCHITZKA (wacht auf) Hat da nicht wer nach Hilfe gerufen? (er ergreift sein Gewehr, bleibt aber sitzen) S ZAMEK Es war mir auch so – (er schläft wieder ein) M RSCHITZKA Die Stimme kam von drüben, also gehts uns korrekterweise nichts an, wenn einer umgebracht wird – (er schläft auch wieder ein) B
20
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N
N B
B
15
Lesetext
H AVLICEK (brüllt ihn an) Aber ich kann doch nicht verschwinden, ich bin doch schon verschwunden! S CHMUGGLITSCHINSKI (wechselt einen überraschten Blick mit Leda) Ein Narr! (zu Havlicek) So nehmen Sie doch Vernunft an! H AVLICEK Was hab ich davon? Ich bin sehr arm – S CHMUGGLITSCHINSKI Und da weisen Sie 55 Gulden zurück? H AVLICEK Was hab ich davon auf einer Brück?! Gesetz ist Gesetz! Und wenn das Gesetz für mich gilt, dann gilt es auch für Sie! Oh, Sie täuschen sich in mir, dass irgendeiner sich ausserhalb des Gesetzes stellen kann, nur weil er 얍 Geld hat! S CHMUGGLITSCHINSKI Dann bleibt uns allerdings nur dies – (er packt Havlicek, hält ihm den Mund zu und wirft ihn über die Brücke ins Wasser) H AVLICEK Hilfe! Hilfe!! S CHMUGGLITSCHINSKI (dann zu Leda) Vorwärts, los! (er geht mit ihr weiter über die Brücke, die dreht sich aber rascher, sodass Szamek und Mrschitzka ins Bild kommen) B
5
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
B
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B N
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얍BN
12. Szene. (Die beiden betreten nun das linke Ufer. Szamek und Mrschitzka sitzen vor der amtlichen Baracke und schlafen nun vor lauter Rausch – aber Schmugglitschinski und Frau Leda bemerken es nicht vor lauter Vorsicht und Routine) B
B
N
(brüllt f an)N ] Wasser)N ] BH AVLICEK f Hilfe!!N ] BS CHMUGGLITSCHINSKI N ] B(dannN ] BBrücke,N ] Brascher, sodassN ] BmirN ] BwennN ] B N] B N]
N
B
N
1 11 12 13 13 14 14 19 21 23 25
B
\(brüllt f an)/
B
korrigiert aus: Wasser[)] ;
26 28 28
B
12.N ] BarackeN ] Bvor lauterN B
\H AVLICEK f Hilfe!!/
||
eingefügt korrigiert aus: dann
Brücke\,/ [und] rascher[)] |,| [{sodass}]|sodass| korrigiert aus: mich [{we}] |wenn| gestrichen: (Fortsetzung Seite 15.–16. Szene) [S CHMUGGLITSCHINSKI (zu Frau Leda) Das hat man von seinem Personal, wenn man zu freundlich mit ihnen verkehrt! Wie oft hab ich dir das schon gesagt, verkehr nicht mit ihnen! Jetzt sind sie frech. (zu den drei Schmugglern) Warter da! Wir zwei erledigen das schon,und zwar mit List - (er schlägt Frau Leda auf die Hand,eine Spritze fällt zu Boden,klirrt und zerbricht) Schon wieder,Irrsinnige?! Schon wieder spritzen? F RAU L EDA Aber du weisst doh, dass ich süchtig bin! Ich kann nicht so nüchtern schmuggeln. S CHMUGGLITSCHINSKI Höchste Zeit,dass du eine Entziehungskur durchmachst! Wie uns jetzt da dieser Coup gelingt,kommst in eine Anstalt, das prophezei ich dir! Also los! Mit List und nach bewährtem Rezept! (ab mit Frau Leda)] korrigiert aus: 16. korrigiert aus: Barracke korrigiert aus: vor lauter
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 78
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
S CHMUGGLITSCHINSKI (sehr leise) Fang an, Leda ! F RAU L EDA (nähert sich den Schlafenden) Guten Tag, die Herren! S ZAMEK UND M RSCHITZKA (erwachen) Wer da? Was los? F RAU L EDA (sieht Schmugglitschinski perplex an) M RSCHITZKA Ich wünsche nicht gestört zu werden -S ZAMEK (verschlafen) Wo bin ich? F RAU L EDA (perplex) An der Grenze. S ZAMEK Aha! Aha! (er reibt sich den Schlaf aus den Augen) Und Sie wollen über die Grenze? 얍 F RAU L EDA (sieht Schmugglitschinski abermals perplex an) Ja. Ich und die Krankenschwester dort. M RSCHITZKA (gähnt) Wer ist krank? F RAU L EDA Sie nehmen mir das Wort aus dem Munde. M RSCHITZKA Ein stramme Schwester ist das! Füss, wie ein Vieh! F RAU L EDA Es dreht sich um eine überraschend ausgebrochene schwere innere Erkrankung -S ZAMEK (unterbricht sie) Also gehens nur schon zu, was interessiert mich denn Ihre Verwandtschaft mit ihren inneren Erkrankungen! Mich interessiert nur Ihr Grenzschein, gnädige Frau! F RAU L EDA Ja, das ist eben das Ding. M RSCHITZKA Was für ein Ding? F RAU L EDA Wir haben leider keine Papiere. S ZAMEK Aha! Verstehe! Also ohne Papiere geht das nicht! Da könnt Ihre ganze Verwandtschaft aussterben, ohne Grenzschein wird da niemand vorbeihereingelassen! Punkt! F RAU L EDA Aber das ist doch herzlos! S ZAMEK Ich bin auch herzlos! M RSCHITZKA (der sich Schmugglitschinski genähert und ihn von allen Seiten aufmerksam betrachtet hat) Du Thomas! Schau dir mal da die Schwester an! Genauer! F RAU L EDA (aufgeregt) Warum? M RSCHITZKA Weil sie knusperig ist, meine Gnädigste! Schad, dass ich jetzt nicht im frühen Mittelalter leb, damals waren so knusperige Schwestern, wie ich höre zugänglicher -- (er klopft Schmugglitschinski auf den Hintern) 얍 S CHMUGGLITSCHINSKI (lächelt verschämt) M RSCHITZKA Stramm! Sehr stramm! F RAU L EDA Belästigen Sie bitte die Schwester nicht, Herr Inspektor. B
N
B
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B N
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B
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B
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B
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B
B
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N
B
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an, LedaN los?N ] B(er f Augen)N ]
korrigiert aus: an,Leda korrigiert aus: los ? (1) (er f Augen) (2) \(er schläft)/
13
B N
17 20 21 23 26 29 32
B
[Wir wollen - und müssen nämlich auf schnellstem Wege zu einem schwerkranken Verwandten und ich habe mir diese überaus aufopfernde und verständnisvolle Krankenschwester gleich mitgebracht.] zu\,/ [und störens uns nicht,] korrigiert aus: Ja,das korrigiert aus: Ding ? korrigiert aus: §Papiere korrigiert aus: is t korrigiert aus: getrachtet korrigiert aus: Schwestern,wie
1 3 8
B
N
B
]
zu,N ] Ja, dasN ] BDing?N ] BPapiereN ] BistN ] BbetrachtetN ] BSchwestern, wieN ] B
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Fragmentarische Endfassung
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K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
M RSCHITZKA Ich bin kein Inspektor. (und wieder klopft er Schmugglitschinski auf den Hintern) F RAU L EDA Die Schwester kann sich ja nicht wehren -M RSCHITZKA Umso besser! F RAU L EDA Ach, das ist roh! Bedenken Sie doch bitte, dass die Schwester eine strenge Ordensregel -M RSCHITZKA (unterbricht sie) Regel her, Regel hin! So rabiat wird das schon nicht gehandhabt werden, was Mausi? (er zwickt Schmugglitschinski in die Backe) S CHMUGGLITSCHINSKI (lächelt wieder verschämt) M RSCHITZKA Na sag doch schon was! F RAU L EDA Aber sie darf ja nichts reden, das ist doch eben ihr Gelübde! Höchstens hie und da ein Wort! M RSCHITZKA Was hör ich? Nur ein -S CHMUGGLITSCHINSKI (mit verstellter Stimme) Wort. M RSCHITZKA Und sonst? S CHMUGGLITSCHINSKI Nichts. M RSCHITZKA Geh das ist doch blöd! S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Sondern? S CHMUGGLITSCHINSKI Gescheit. M RSCHITZKA Also auf alle Fäll ist es anstrengend! Immer nur ein Wort -- Kruzifix, bei der Figur! Aber satt dürfts Euch doch hoffentlich essen? S CHMUGGLITSCHINSKI Sehr. M RSCHITZKA Schweinernes? 얍 S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Kälbernes? S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Geflügeliges? S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Mir scheint also, überhaupt kein Fleisch? S CHMUGGLITSCHINSKI Erraten. M RSCHITZKA Aha! Vegetarianisch? S CHMUGGLITSCHINSKI Ja. M RSCHITZKA Zum Beispiel? S CHMUGGLITSCHINSKI Spargeln. M RSCHITZKA Gut so! Und? S CHMUGGLITSCHINSKI Trüffeln. M RSCHITZKA Also das ist schon extravagant! Nichts reden, aber Trüffeln fressen -und wie stehts denn mit dem Getränk? S CHMUGGLITSCHINSKI Wasser. M RSCHITZKA Und? B
N
B
B
15
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Lesetext
N
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B
N
25
B
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N
B
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B
B
40
5 5 11 21–22 26 36 38 39
B
Ach, dasN ] bitte, dassN ] Breden, dasN ] BKruzifix, beiN ] BKälbernes?N ] BUnd?N] Breden, aberN ] BmitN ] B
N
korrigiert aus: Ach,das korrigiert aus: bitte,dass korrigiert aus: reden,das korrigiert aus: Kruzifix,bei korrigiert aus: Kälbernes. korrigiert aus: Und ? korrigiert aus: reden,aber korrigiert aus: mi t
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N
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 81
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
S CHMUGGLITSCHINSKI Rum. M RSCHITZKA Prächtig! Und Bier, Wein, Schnaps, Likör, Most ? S CHMUGGLITSCHINSKI Alles. M RSCHITZKA Gut so. Und was trinkt denn mein herziges Schwesterlein am liebsten? S CHMUGGLITSCHINSKI Viel. M RSCHITZKA Sehr sympathisch, anormal sympathisch! Und trinkt Ihr schon des morgens? S CHMUGGLITSCHINSKI (nickt ja) Und -M RSCHITZKA Mittags? S CHMUGGLITSCHINSKI (nickt ja) Und -얍 M RSCHITZKA Abends? S CHMUGGLITSCHINSKI Bis M RSCHITZKA in S CHMUGGLITSCHINSKI die M RSCHITZKA tiefe S CHMUGGLITSCHINSKI Nacht. M RSCHITZKA (begeistert) Das ist ein Gelübde, das ist ein Orden, das sind Regeln! S CHMUGGLITSCHINSKI (berührt Mrschitzka schüchtern) Gewehr M RSCHITZKA Was? B
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S CHMUGGLITSCHINSKI (lächelt verlegen) Bajonett -M RSCHITZKA (perplex) Was für ein Bajonett? F RAU L EDA Ach, die brave Schwester bittet Sie nur um Ihr Gewehr - sie möcht es gern mal in die Hand nehmen aus einem regen Interesse -M RSCHITZKA Für mein Gewehr? S CHMUGGLITSCHINSKI Bitte -M RSCHITZKA Militant, sehr militant. (indem er Schmugglitschinski sein Gewehr überreicht) Da wird geladen, da wird gedruckt und dann gehts vorn los! S CHMUGGLITSCHINSKI (übernimmt das Gewehr; mit seiner tiefen Stimme) Danke! (er schlägt Mrschitzka k.o.) M RSCHITZKA (bricht lautlos zusammen) S CHMUGGLITSCHINSKI (reisst sich rasch wieder die Haube herunter) Herrgott, die Hitz! (er hebt das Gewehr auf Szamek) Hände hoch! S ZAMEK (reagiert nicht, denn er ist inzwischen längst wieder eingeschlafen) 얍 F RAU L EDA Pst! Der schläft ja schon wieder! S CHMUGGLITSCHINSKI Auch gut -- (er legt das Gewehr weg) So erregen wir noch weniger Aufsehen! Und jetzt gib ich das verabredete Zeichen -- (er winkt mit seinem Taschentuch nach der Brücke zu.) B
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 82
B N
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Lesetext
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2 6 17 17 20 23 28 34 37
Wein, f MostN ] sympathisch, anormalN ] BGelübde, dasN ] BOrden, dasN ] B N] BAch, dieN ] Bgeladen, daN ] Bnicht, dennN ] BUnd f Zeichen --N ] B B
N
korrigiert aus: Wein,Schnaps,Likör,Most korrigiert aus: sympathisch,anormal korrigiert aus: Gelübde,das korrigiert aus: Orden,das gestrichen: S CHMUGGLITSCHINSKI Was? korrigiert aus: Ach,die korrigiert aus: geladen,da korrigiert aus: nicht,denn Korrektur von fremder Hand: [Und f Zeichen --]
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 83
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
13. Szene. (Aber auf der Brücke erscheint Konstantin mit seinem Dienstrevolver in der Hand -hinter ihm tauchen Eva und Havlicek auf, mit sehr viel Stricken.) K ONSTANTIN Hände hoch! S CHMUGGLITSCHINSKI Goddam ! F RAU L EDA O Kind! K ONSTANTIN Hände hoch! Hoch oder - !! F RAU L EDA UND S CHMUGGLITSCHINSKI (folgen) K ONSTANTIN Denkt nur ja nicht, dass Ihr mich überrumpeln könnt! So large geht das nicht! (zu Eva und zu Havlicek) Bindet sie! Ich halt sie derweil mit meinem Dienstrevolver in Schach! H AVLICEK Auch knebeln? K ONSTANTIN Binden genügt! E VA UND H AVLICEK (führen nun Konstantins Befehl aus) M RSCHITZKA (kommt allmählich wieder zu sich) -- hab ich das jetzt geträumt, dass mich da eine Nonne niedergestreckt hat? Natürlich hab ich diesen Unsinn geträumt, denn ich träum immer Unsinn und mich streckt keiner nieder -- mich nicht! Es war ein Traum -- (erblickt Eva, Havlicek, Konstantin und so weiter und ist masslos überrascht) Was seh ich? Mir scheint, ich träum noch immer! Meiner Seel, da steht ja dieser Ausgewiesene -- Jessus Maria, die Nonn hat ja eine Glatzen ! Maria Josef -- gib acht, Mrschitzka ! Gib 얍 acht, Mrschitzka ! Gib acht -- (er nähert sich ängstlich Szamek und rüttelt ihn) Thomas! Wach auf! S ZAMEK (erwacht) Warum soll ich aufwachen? M RSCHITZKA Weil ich Angst hab, Thomas. Mir scheint, ich bin krank -- trelirium demens . S ZAMEK Wundern tät’s mich nicht. Geh sei so gut und lass mich schlafen! M RSCHITZKA Aber schau doch nur mal dorthin, bittschön -- -- ob dort nämlich was ist oder ob das jetzt nur eine persönliche Fata Morgana von mir ist -S ZAMEK Ich schau nicht hin. Ich hab selber Angst! M RSCHITZKA Feigling. S ZAMEK Also feig bin ich nicht! Jetzt schau ich hin! (er schaut hin und erstarrt) M RSCHITZKA (bange) Siehst auch etwas? S ZAMEK Und ob ich was seh -- (er schlägt auf den Tisch) Was seh ich?! Der Konstantin! Da herüben!? Na, das ist aber eine grandiose Grenzverletzung. B
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13.N ] GoddamN ] Bnicht, dassN ] BlargeN ] Bgeträumt, dassN ] Bgeträumt, dennN ] BEva, f KonstantinN ] BSeel, daN ] BMaria, dieN ] Beine GlatzenN ] Bacht, MrschitzkaN ] Bacht, MrschitzkaN ] B(er fTisch)N ] Btrelirium demensN ] Bdorthin, bittschön --N ] BNa, dasN ] B
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korrigiert aus: 17. gemeint ist: Goddamn korrigiert aus: nicht,dass gemeint ist Französisch für: einfach, locker korrigiert aus: geträumt,dass korrigiert aus: geträumt,denn korrigiert aus: Eva,Havlicek,Konstantin korrigiert aus: Seel,da korrigiert aus: Maria,die korrigiert aus: eine Glatzen korrigiert aus: acht,Mrschitzka korrigiert aus: acht,Mrschitzka Korrektur von fremder Hand: [(er fTisch)] bewusst gesetzte Form, vgl. K1/TS1/ ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 75 korrigiert aus: drothin,bittschön-korrigiert aus: Na,das
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 84
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Lesetext
K ONSTANTIN Ruhe, Szamek ! (zu Eva) Fertig? E VA Sogleich. S ZAMEK (beiseite) „Ruhe Szamek“? Befehlen auch noch? Masst sich da Amtshandlungen an auf unserem Hoheitsgebiet -- (er schreit) Eva ! Da geh her und folg 5 ihm nicht! Wie kommst denn da dazu, wildfremde Nonnen zu fesseln?! Meiner Seel, was da passiert, also das gibt Krieg! K ONSTANTIN (ruhig) Bitte nur nicht aufregen, lieber Vater Szamek ! S ZAMEK Ich Ihr Vater? Na servus! Da tät ich mir leid! 얍 K ONSTANTIN (scharf) Herr Szamek! Wenn ich jetzt hier die Grenz nicht verletzt hätt, 10 wären Sie jetzt vielleicht bereits über einer anderen Grenz - es gibt auch höhere Gewalt! H AVLICEK Vis major! S ZAMEK (zu Mrschitzka) Versteh kein Wort! Und du? M RSCHITZKA Aber! 15 K ONSTANTIN Darf ich vorstellen: Herr Schmugglitschinski, der berüchtigte Rauschgiftschmuggler und seine überaus raffinierte routinierte Compagnonin! Das Personal dieser Firma haben wir ebenfalls bereits auf der Brücke überwältigt, es sitzt nun drüben hinter Schloss und Riegel. E VA Und das Rauschgift haben wir auch beschlagnahmt. Fast drei Zentner. 20 S ZAMEK Was hör ich?! K ONSTANTIN Die Wahrheit! S ZAMEK (zu Mrschitzka) Mrschitzka, er sagt die Wahrheit. Er ist ein Idiot. K ONSTANTIN (braust auf) Herr Szamek S ZAMEK (unterbricht ihn) Junger Mann, jetzt red ich! Was Sie mir da zusammenfa25 bulieren ist platterdings zu plump! Herr, diese männliche Nonn soll der Schmugglitschinski sein?! M RSCHITZKA Zu plump! S ZAMEK Sie Anfänger, Sie ! Den echten Schmugglitschinski, den haben ich und mein Freund ja schon längst hopp, schon vor vielen Stunden - (er deutet auf die 30 Baracke) da sitzt er drinnen eingekastelt! K ONSTANTIN (perplex) Wo? 얍 S ZAMEK Da in der Barack! Es war nicht leicht, ihn zu überführen, aber ich hab halt meine alte kriminalistische Routin - und raffiniert bin ich auch! M RSCHITZKA Genial raffiniert. B
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 85
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1 4 4–5 5 5 6 6 7 7 10–15 15 17–27 28 28 29 32–34
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Ruhe, SzamekN ] korrigiert aus: Ruhe,Szamek schreit) EvaN ] korrigiert aus: schreit)Eva BDa f fesseln?!N ] Korrektur von fremder Hand: [Da f fesseln?!] BdennN ] korrigiert aus: den Bdazu, wildfremdeN ] korrigiert aus: dazu,wildfremde BSeel, wasN ] korrigiert aus: Seel,was Bpassiert, alsoN ] korrigiert aus: passiert,also Baufregen, lieberN ] korrigiert aus: aufregen,lieber BSzamekN ] korrigiert aus: Samek Bes f K ONSTANTIN N] Korrektur von fremder Hand: [es f K ONSTANTIN ] BSchmugglitschinski, derN ] korrigiert aus: Schmugglitschinski,der BDas f plump!N ] Korrektur von fremder Hand: [Das f plump!] BAnfänger, SieN ] korrigiert aus: Anfänger,Sie BSchmugglitschinski, denN ] korrigiert aus: Schmugglitschinski,den Bhopp, schonN ] korrigiert aus: hopp,schon BS ZAMEK f raffiniert.N ] Korrektur von fremder Hand: [S ZAMEK f raffiniert.] B
400
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 86
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Lesetext
S ZAMEK (zu Mrschitzka) Wie selbstsicher der aufgetreten ist, unser Schmugglitschinski, was ?! Sogar für den Ministerpräsidenten hat er sich ausgegeben! H AVLICEK Ministerpräsident? Grosser Gott! S ZAMEK Aber wir haben ihn demaskiert. 5 M RSCHITZKA Nicht zu knapp! Ich hab ihm gleich eine hingehaut. Gleich! K ONSTANTIN (zu Eva) Mir schwant ein Unheil - ein furchtbares Unheil für deinen Papa! S ZAMEK Eva! Und jetzt komm her und bitt deinen eigenen Vater um Verzeihung, dass du erst jetzt kommst, aber so, dass es dein Herr Konstantin sieht! 10 K ONSTANTIN Moment, Herr Szamek! S ZAMEK Avanti, Eva ! Avanti! K ONSTANTIN Aber Herr Szamek! Sie haben ja Ihren eigenen Ministerpräsidenten eingesperrt, ihren eigenen echten! Und dieser Herr hat seinem eigenen echten eine hingehaut - ich beschwöre Sie, weil ich Ihre Eva lieb hab, dass ich recht hab! 15 Die beiden Chefs wollten doch heut Nacht in aller Heimlichkeit auf der Brücke konferieren! H AVLICEK Stimmt! M RSCHITZKA Was wissen denn Sie schon, Sie Ausgewiesener?! H AVLICEK Weil ich mitkonferiert hab! 20 E VA Aber so lass ihn doch schon frei, Papa , um Gottes Christi Willen! 얍 H AVLICEK Ich tät ihn gleich wiedererkennen. B
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(Stille) 25
S ZAMEK (zu Mrschitzka; etwas unsicher) Zu blöd, nicht? M RSCHITZKA Oberblöd. K ONSTANTIN Ich beschwöre Sie abermals, lassen Sie Ihren Gefangenen sofort frei, denn eventuell entsteht ja noch eine Katastrophe für die ganze zivilisierte Menschheit! Könntens denn das verantworten, Herr Szamek? S ZAMEK (sehr unsicher) Warum nicht? (zu Mrschitzka) Aber lass ihn mal raus, damit er sich beruhigt, dieser junge Grenzverletzer M RSCHITZKA Der möcht ja doch nur unsere zwanzigtausend! Aber daraus wird nichts, eher bring ich mich um! N
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1–2 6–11 8 8–9 9 10 11 14 14 18 20 20 21–27
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Schmugglitschinski, wasN ] K ONSTANTIN f Avanti!N ] BUndN ] BVerzeihung, dassN ] Bkommst, aberN ] BMoment, HerrN ] BAvanti, EvaN ] Bich f hab!N ] Bhab, dassN ] Bschon, SieN ] Bfrei, PapaN ] BPapa,N ] BH AVLICEK f abermals,N ] B
korrigiert aus: Schmugglitschinski,was Korrektur von fremder Hand: [K ONSTANTIN f Avanti!] korrigiert aus: und korrigiert aus: Verzeihung,dass korrigiert aus: kommst,aber korrigiert aus: Moment,Herr korrigiert aus: Avanti,Eva Korrektur von fremder Hand: [ich f hab!] korrigiert aus: hab,dass korrigiert aus: schon,Sie korrigiert aus: frei,Papa Korrektur von fremder Hand: [Papa,] Korrektur von fremder Hand: [H AVLICEK f abermals,]
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 87
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
B
Lesetext
14. Szene N
(Die Nacht ist nun schon durchsichtiger geworden und jetzt dämmert der Morgen.) M RSCHITZKA (öffnet die Barackentür) Raus!
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Y (erscheint; er ist gebrochen und weint bitterlich) H AVLICEK Das ist er! 10
Y Na, der Kerl kann sich freuen, der mich da in dieses Loch 얍 M RSCHITZKA Das ist kein Loch, das ist eine amtliche Barack, bitt ich mir aus! B
N
Y (unter argem Geschluchze) Ein Loch ist es, ein schamloses Loch! Penetrant! Wenn ich euch nur alle sehen könnt, aber ich hab ja keine Brille - (Er stürzt plötzlich auf Schmugglitschinski zu und brüllt ihn an) Was bin ich?! Ein Rauschgiftschmuggler?
15
S CHMUGGLITSCHINSKI Ja. 20
F RAU L EDA Er lügt! (Zu Schmugglitschinski) So gibs doch schon zu! Was nützt leugnen in unserer Lage?! K ONSTANTIN Sehr vernünftig. 25 B
S CHMUGGLITSCHINSKI (zu Leda) Schad, dass wir nicht in die gleiche Zell kommen, da tätst was erleben! N
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F RAU L EDA Ich erleb nichts mehr. 30
S ZAMEK (zu Frau Leda) Ist das wahr? F RAU L EDA Ja. (Stille)
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S ZAMEK (brüllt) Aber also dann hinein mit Euch in das Loch! Hinein!! (Er sperrt Frau Leda und Schmugglitschinski in die amtliche Baracke)
1 12 26 26 27
B
14.N ] Barack, bittN ] BS CHMUGGLITSCHINSKI (zuN ] BSchad, dassN ] BtätstN ] B
korrigiert aus: 18. korrigiert aus: Barack,bitt korrigiert aus: S CHMUGGLITSCHINSKI (zu korrigiert aus: Schad,dass korrigiert aus: täts
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 88
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
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15. Szene N
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 89
(Y hat sich inzwischen an dem Tische niedergelassen und weint noch immer über die Tischplatte gebeugt.) M RSCHITZKA (fällt vor ihm in die Knie) Herr Exzellenz! Ich hab eine Familie mit drei minderjährige Töchter und vier aussereheliche Enkelkinder - Gnade! K ONSTANTIN Warum Gnade? M RSCHITZKA (zu Konstantin) Weil ich sonst meine Pensionsansprüch verlier! (zu Y) Gnade! Gnade! K ONSTANTIN Aber Ihr braucht doch keine Gnade! Pflichtlich wart Ihr doch vorschriftlich! Pflichtlich hätt Euer Präsident einen vorschriftlichen Pass haben sollen, da er aber keinen pflichtlich-vorschriftlichen, sondern nur einen unvorschriftlich-unpflichtlichen gehabt hat, habt Ihr ihn doch vorschriftlich-pflichtlich verhaften und pflichtlich-vorschriftlich einkasteln müssen! Also braucht Ihr vorschriftlich keinerlei Gnade, denn pflichtlich seid Ihr im Recht! H AVLICEK Vorschriftlich-pflichtlich! M RSCHITZKA (bei Seite) Ein ganz ein logisches Gehirn S ZAMEK (bei Seite) Ganz ein scharfsinniger Kopf, dieser Konstantin - wundert mich! M RSCHITZKA (bei Seite) Mir scheint, er hat recht. (laut) Natürlich hat er recht! (Er erhebt sich) Sehr vorschriftlich, sehr pflichtlich! Ich brauch keine Gnad, ich such mir schon mein Recht und wenn ich unrecht tun müsst! (Bei Seite) Jetzt gönn ich ihm erst meine zwanzigtausend, ersticken soll er daran! 얍 E VA Hoch Konstantin, der Retter! Y (wimmernd) Und wer rettet mich? (Er steht auf) Nur das Dementi! Ich dementier, ich dementier! (stark schluchzend) Aber diese Nacht soll mir ein Fingerzeig gewesen sein: jetzt sperr ich aber meine ganze Opposition ein! (Er rennt heftig weinend gegen die Brücke) H AVLICEK Halt! Nach der anderen Richtung! Y Im Ernst? H AVLICEK Also mit die Richtungen kenn ich mich jetzt schon aus. Y (ab in der richtigen Richtung) B
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Lesetext
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1 5 7 8 10 12 12 13 15 17 19 20 23 25
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15.N ] Exzellenz! IchN ] BK ONSTANTIN WarumN ] BM RSCHITZKA (zuN ] BK ONSTANTIN AberN ] Bsollen, daN ] Bpflichtlich-vorschriftlichen, sondernN ] Bhat, habtN ] BGnade, dennN ] BM RSCHITZKA (beiN ] BM RSCHITZKA (beiN ] Bvorschriftlich, sehrN ] BKonstantin, derN ] Bdementier! (starkN ] B
korrigiert aus: 19. korrigiert aus: Exzellenz! Ich korrigiert aus: K ONSTANTIN Warum korrigiert aus: M RSCHITZKA (zu korrigiert aus: K ONSTANTIN Aber korrigiert aus: sollen,da korrigiert aus: pflichtlich-vorschriftlichen,sondern korrigiert aus: hat,habt korrigiert aus: Gnade,denn korrigiert aus: M RSCHITZKA (bei korrigiert aus: M RSCHITZKA (bei korrigiert aus: vorschriftlich,sehr korrigiert aus: Konstantin,der korrigiert aus: dementier!(stark
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 90
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Lesetext
16. Szene. (Jetzt geht die Sonne auf.) BB
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E VA Papa! Jetzt gibst aber doch dann dein Einverständnis zu unserer langersehnten Verbindung? S ZAMEK Jetzt ja. (zu Konstantin) Mein Sohn, du hast mich doppelt gerettet, mein Leben und meine Pensionsberechtigung, ich seh das ein, weil ich keinen falschen Charakter hab, wie die Leut bei Euch dort drüben! Also behalt sie dir, die Eva, und da habts meinen Segen! Jetzt bist ja ein reicher Mann. Zwanzigtausend enorm! K ONSTANTIN Moment ! Die Wahrheit und die Gerechtigkeit gebieten es mir feierlichst zu sagen, dass diese enorme Summe nicht mir gebühren kann, sondern (Er deutet auf Havlicek) jenem Herrn dort, denn ich hätte dich ja nie retten können, wenn er mich nicht gerettet hätt - und also ist Herr Havlicek eigentlich unser aller Retter! S ZAMEK (sprachlos) Eigentlich? 얍 H AVLICEK Eigentlich hab ich nur ein Wimmern gehört, wie ich da auf dieser Brück grad etwas entschlummert war und zuerst hab ich gedacht: das ist nur Gehörstäuscherei - aber dann hab ich halt doch nachgeschaut, weil mir mein Gefühl keine Ruhe gelassen hat. Und dann hab ich halt die beiden entfesselt. S ZAMEK (noch immer sprachlos) Wieso entfesselt? K ONSTANTIN Kurz und gut, Papa ! Ich danke dir für deinen väterlichen Segen, aber die zwanzigtausend gehören Herrn Havlicek! E VA Das ist gut von dir S ZAMEK Na servus! Jetzt bricht eine Welt in mir zusammen. E VA Und eine neue entsteht… (sie küsst Konstantin) M RSCHITZKA (zu Havlicek) Gratuliere, Herr Multimillionär! H AVLICEK Was hab ich davon? Auf einer Brück! B
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16. f Brück!N ] 16. Szene.N ] BSohn, duN ] Bdir, dieN ] BJetzt f Eigentlich?N ] BK ONSTANTIN MomentN ] Bsagen, dassN ] Bdich jaN ] Bkönnen, wennN ] BeinN ] Bgehört, wieN ] Bnachgeschaut, weilN ] BK ONSTANTIN KurzN ] Bgut, PapaN ] BSegen, aberN ] Bentsteht… (sieN ] BM RSCHITZKA (zuN ] BGratuliere, HerrN ] B B
Korrektur von fremder Hand: 16. f Brück! korrigiert aus: 20. Szene korrigiert aus: Sohn,du korrigiert aus: dir,die Korrektur von fremder Hand: [Jetzt f Eigentlich?] korrigiert aus: K ONSTANTIN Moment korrigiert aus: sagen,dass korrigiert aus: dich ja korrigiert aus: können,wenn korrigiert aus: e in korrigiert aus: gehört,wie korrigiert aus: nachgeschaut,weil korrigiert aus: K ONSTANTIN Kurz korrigiert aus: gut,Papa korrigiert aus: Segen,aber korrigiert aus: entsteht…(sie korrigiert aus: M RSCHITZKA (zu korrigiert aus: Gratuliere,Herr
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ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 91
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
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F RAU H ANUSCH (kommt rasch von der Brücke, überrascht) Ja, wie kommen denn Sie daher hinüber, Herr Konstantin?! K ONSTANTIN Später ! F RAU H ANUSCH Ich such Ihnen schon überall - eine amtliche dringende Depesch! K ONSTANTIN Danke ! (er erbricht und überfliegt sie) Was? (er liest es laut) „Durch eine aussertourliche und ausserinstanzliche ministerielle Verfügung ist dem heimatlosen Ferdinand Havlicek sofort die Grenze zu öffnen“ H AVLICEK „Heimatlos“ - das bin ich! K ONSTANTIN Da steht es: schwarz auf weiss. 얍 A LLE (zu Havlicek) Wir gratulieren! H AVLICEK Mir scheint, ich schlaf F RAU H ANUSCH Nein, das tust du nicht K ONSTANTIN Wieso per du? F RAU H ANUSCH Später! (Sie küsst Havlicek) E VA Was seh ich? F RAU H ANUSCH Darf ich vorstellen: der neue Postwirt! Nur schad, dass ich heut Konkurs anmeld! H AVLICEK Trotzdem! M RSCHITZKA Was hör ich?! Noch ein Paar, ist das eine Freud! Rum her! K ONSTANTIN Und Sie werden auch keinen Konkurs anmelden, Frau Hanusch, denn der neue Postwirt besitzt ab heut ein Vermögen von zwanzigtausend! F RAU H ANUSCH Jetzt fall ich um! Ferdinand! H AVLICEK Halt! Still! (drohend) Jetzt werd ich aber auch gleich edel werden! Gerecht und wahr! - Also hört her, Ihr ! Ich hab zwar den Konstantin gerettet, aber wer hat denn hier mit dem Revolver gesiegt - er oder ich? Na also! Ich war doch nur eine Voraussetzung zu seinem Glück! Darum: halb und halb. Zehn für das Glück und zehn für die Voraussetzung! F RAU H ANUSCH Aber Havlicek! H AVLICEK Still! Ich bin Fachmann in puncto Ungerechtigkeit - ich weiss, was das wert ist: Gerechtigkeit. B
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17. Szene.
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17. Szene.N ] H ANUSCH (kommtN ] BJa, wieN ] Bhinüber, HerrN ] BK ONSTANTIN SpäterN ] BH ANUSCH IchN ] BK ONSTANTIN DankeN ] BK ONSTANTIN DaN ] BNein, dasN ] BK ONSTANTIN WiesoN ] BH ANUSCH DarfN ] BM RSCHITZKA WasN ] Banmelden, FrauN ] BHanusch, f derN ] BH ANUSCH JetztN ] Bher, IhrN ] Bgerettet, aberN ] BH ANUSCH AberN ] Bweiss, wasN ] B
korrigiert aus: 21. Szene korrigiert aus: H ANUSCH (kommt korrigiert aus: Ja,wie korrigiert aus: hinüber,Herr korrigiert aus: K ONSTANTIN Später korrigiert aus: H ANUSCH Ich korrigiert aus: K ONSTANTIN Danke korrigiert aus: K ONSTANTIN Da korrigiert aus: Nein,das korrigiert aus: K ONSTANTIN Wieso korrigiert aus: H ANUSCH Darf korrigiert aus: M RSCHITZKA Was korrigiert aus: anmelden,Frau korrigiert aus: Hanusch,denn der korrigiert aus: H ANUSCH Jetzt korrigiert aus: her,Ihr korrigiert aus: gerettet,aber korrigiert aus: H ANUSCH Aber korrigiert aus: weiss,was
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Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
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S ZAMEK Halb und halb? F RAU H ANUSCH Er ist ein braver Mann. S ZAMEK Zehntausend ist auch kein Hund. Meiner Seel, jetzt 얍 freuts mich erst wieder, diese Heiraterei! B
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(Und nun erscheint der Privatpädagoge mit seiner Frau. Er trägt die Angel und sie die ominöse Blechbüchse mit den Regenwürmern) P RIVATPÄDAGOGE (gut gelaunt) Guten Morgen, guten Morgen! So früh schon auf? E VA (lächelt) Wir hatten alle Nachtdienst, alle miteinander. P RIVATPÄDAGOGE Und wir gehen jetzt angeln. Meine brave Frau hat mir herrliche Würmer gebracht – (ab mit ihr auf die Brücke) M RSCHITZKA (ruft ihnen nach) Petri Heil! B
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18. Szene.
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F RAU H ANUSCH Jessus, jetzt hab ichs vergessen! Da hab ich ja noch eine dringende Depesch an dich persönlich H AVLICEK An mich? F RAU H ANUSCH Ja. Eine schöne. H AVLICEK Woher weisst denn das? Erbrichst du meine Post? F RAU H ANUSCH Aber geh, ich bin doch die Posthilfsstelle und bei mir lauft alles ein! H AVLICEK Dann kennst also auch das Morse-Alphabet? Respekt! (Er erbricht die Depesche und liest sie) Na das ist aber rührend! Rührend! M RSCHITZKA Vorlesen! Laut ! Wir wollen auch gerührt werden! H AVLICEK Vom Chef dort drüben, das heisst: vom ehemaligem Chef - (er liest) „Mein lieber Herr Havlicek stop es ist mir 얍 ein Bedürfnis, bevor ich demissioB
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19. Szene.
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B
H ANUSCH ErN ] wieder, dieseN ] B18. Szene.N ] B(Und f Heil!N ] BominöseN ] BP RIVATPÄDAGOGE (gutN ] BNachtdienst, alleN ] BP RIVATPÄDAGOGE UndN ] BM RSCHITZKA (ruftN ] B N] B19. Szene.N ] BH ANUSCH f jetztN ] BJessus f DaN ] B
B
ichN ] Woher weisstN ] BH ANUSCH f ichN ] Bund f Respekt!N ] BM RSCHITZKA f LautN Bdrüben, dasN ] BChef -N B„MeinN ] BBedürfnis, bevorN ] B
B
N
N
korrigiert aus: H ANUSCH Er korrigiert aus: wieder, diese korrigiert aus: 22. Szene Korrektur von fremder Hand: (Und f Heil! Korrektur von fremder Hand (Marton): omin[ä] ö se korrigiert aus: P RIVATPÄDAGOGE (gut korrigiert aus: Nachtdienst,alle korrigiert aus: P RIVATPÄDAGOGE Und korrigiert aus: M RSCHITZKA (ruft gestrichen: Eintragungen von fremder Hand (Gál): { }! korrigiert aus: 23. Szene korrigiert aus: H ANUSCH Jessus,jetzt Korrektur von fremder Hand: [Jessus, [jetzt hab ichs vergessen!] da herüben ]
||
|Herr Havlicek, da herüben [sinds] |bist|.| [Da] Korrektur von fremder Hand: [i]|I|ch Korrektur von fremder Hand: [Woher weisst] korrigiert aus: H ANUSCH Aber geh,ich Korrektur von fremder Hand: [und f Respekt!] korrigiert aus: M RSCHITZKA Vorlesen! Laut korrigiert aus: drüben,das korrigiert aus: Chefkorrigiert aus: Mein korrigiert aus: Bedürfnis,bevor
406
|
|
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 94
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Lesetext
niere Ihnen zu helfen stop es drängt mich noch im Besitze der Macht eine menschliche Tat zu begehen stop über alle Gesetze hinweg stop Sie sind also nun erlöst von Ihrer penetranten Brücke und ich hoffe, dass es Ihnen gut gehen wird, während ich mich in meine Einsamkeit zurückziehe um an meinen Memoiren zu arbeiten stop fieberhaft zu arbeiten stop Tag und Nacht stop mit drei Sekretärinnen stop leben Sie wohl stop Ihr - “ (Er wischt sich einige Tränen aus den Augen) Ich wünsche ihm alles Gute für seine Memoirenschreiberei, er soll sich nur selbst gerecht behandeln - - Leut, die so depeschieren, stellen sich meist zurück. Hoffentlich streicht er sich heraus. Und was die Depesch kostet, grosser Gott - (er zählt) Siebenundachtzig Wörter! Und dringend, also dreifach! M RSCHITZKA Bezahlt die Allgemeinheit! F RAU H ANUSCH Irrtum! Diese Depesch ist privat! H AVLICEK Ich sag ja: ein vornehmer Mensch, überhaupt : ein Mensch! Und überhaupt und eigentlich, wie leicht dass man so unmenschliche Gesetz menschlich ausser Kraft setzen kann - Schad, dass man immer gleich demissionieren muss! B
N
B
N
5
B
B
N
B
N
N
10 B B
B
N
B
B
N
N
B
15
N
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B
N
20. Szene.
N
(Der Privatpädagoge und seine Frau erscheinen nun strahlend auf der Brücke mit einem gefangenem Riesenfisch) B
20
P RIVATPÄDAGOGE Da! Ein Riesenhecht! A LLE Wir gratulieren! P RIVATPÄDAGOGE Der Tag beginnt gut und die Nacht war doch so 얍 düster! Heut angel ich nimmer! Das ist ein Hecht! H AVLICEK Abrakadabra! P RIVATPÄDAGOGE (begeistert) Abrakadabra !! Und Ihr seid alle eingeladen zu diesem Fang! Meine Frau kocht ja so pikant und ohne ihre Würmer hätten wir jetzt alle miteinander keinen Hecht! (zur Frau) Geh, nimm diesen Hecht, er sei dein, mir ist er eh schon zu schwer! M RSCHITZKA Fisch ess ich gern! Wenn ich nur wüsst, wo ich meine Schuh hab, Kruzifix! Aber was, mir schmeckts auch nackt - das wird ein Verlobungsschmaus! B
25
B
N
N
N
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B
30
N
B
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3 3–4 7–9 8 8 9 11 12–15 13 14 15 17 19 24 27 28–32
B
hoffe, dassN ] wird, währendN ] BIch f heraus.N ] BLeut, dieN ] Bdepeschieren, stellenN ] Bkostet, grosserN ] BM RSCHITZKA BezahltN ] BF RAU H ANUSCH f muss!N ] BMensch, überhauptN ] Beigentlich, wieN ] BSchad, dassN ] B20. Szene.N ] Bstrahlend N ] BNachtN ] BP RIVATPÄDAGOGE f AbrakadabraN] BMeine f nackt -N ]
korrigiert aus: hoffe,dass korrigiert aus: wird,während Korrektur von fremder Hand: [Ich f heraus.] korrigiert aus: Leut,die korrigiert aus: depeschieren,stellen korrigiert aus: kostet,grosser korrigiert aus: M RSCHITZKA Bezahlt Korrektur von fremder Hand: [F RAU f muss!] korrigiert aus: Mensch,überhaupt korrigiert aus: eigentlich,wie korrigiert aus: Schad,dass korrigiert aus: 24. Szene korrigiert aus: strah lend korrigiert aus: Navht korrigiert aus: P RIVATPÄDAGOGE (begeistert)Abrakadabra Korrektur von fremder Hand: [Meine f schwer!]
29 29
B
korrigiert aus: Geh,nimm korrigiert aus: Hecht,er
B
Geh, nimmN ] BHecht, erN ]
[M RSCHITZKA ]f x [Fisch f nackt -] xM RSCHITZKA
407
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 95
Fragmentarische Endfassung
5
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
F RAU Verlobung? S ZAMEK (deutet auf Konstantin und Eva) Dort! Das junge Paar! P RIVATPÄDAGOGE UND F RAU Wir gratulieren! F RAU H ANUSCH Na und wir? In vier Wochen heiss ich Frau Havlicek! A LLE Wir gratulieren! H AVLICEK Danke. E VA Und in vier Wochen heiss ich - (zu Konstantin) wie du. Und in sieben Monat (sie küsst ihn) S ZAMEK Was?! Schon in sieben Monat?! M RSCHITZKA Ich gratuliere. S ZAMEK Na servus! F RAU H ANUSCH Aber Herr Szamek! Ende gut, alles gut! S ZAMEK Ich hab ja immer schon gewusst, dass die Leut dort drüben einen falschen Charakter haben! P RIVATPÄDAGOGE Das junge und das noch jüngere Paar - sie leben hoch! A LLE Hoch! Hoch! Hoch! B
10
B
N
N
B
15
Lesetext
N
얍
B
21. Szene. Finale
N B N
B N
20
H AVLICEK Daß ich das noch durft erleben, daß es solche reine Freuden gibt! Plötzlich ist die Grenz gefallen, ich darf mit den andern allen in der alten, niegekannten Heimat leben, die man ohne Grenzen liebt.
25
S ZAMEK Ohne Grenzen, ohne Grenzen gäb es keinen Staat und keine Ordnung in der Welt! Wir tun von den Grenzen leben, also muß es Grenzen geben. Nein, das wär ein ganz ein arges Gfrett, wenn man keine Grenzen, keine Grenzen hätt!
30
35
A LLE Ja, das ist wahr, das ist ganz klar, so könnts nicht gehn! ohne Grenzen, ohne Grenzen wär das Leben gar nicht schön.
40
7 10 12 18 18 19
Und f du.N ] M RSCHITZKA IchN ] BH ANUSCH AberN ] B21. Szene.N ] B N] B N] B B
Korrektur von fremder Hand: [Und f du.] korrigiert aus: M RSCHITZKA Ich korrigiert aus: H ANUSCH Aber [25. Szene] 25. Szene korrigiert aus: 25. Szene Von Horváth gestrichene Eintragungen von fremder Hand (Gál): \2. Teil, S. 32/
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[(kommt anstelle des Finales im Buch S. 32)]
408
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 96
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Lesetext
K ONSTANTIN Denn wenn ein jeder das tät, was er möcht, und das unterließ, was er nicht möcht, wenn ein jeder so wär, wie er ist, na servus! Das wär ein feiner Mist! Na gute Nacht, das wär ein Erwachen! da hätten wir alle nichts zu lachen! B
5
N
A LLE Ja, das ist wahr, das ist ganz klar, so könnts nicht gehn: ohne Grenzen, ohne Grenzen wär das Leben gar nicht schön!
10
F RAU H ANUSCH Die Jugend, die ist allweil keck und räumert gern alle Grenzen weg. Wir reiferen, gesetzteren Leut, wir denken an die Ewigkeit.
15
H AVLICEK P RIVATPÄD . Wir denken an die Ewigkeit! SEINE F RAU
20
P RIVATPÄD . Vor allen Dingen leiden wir an einem schrecklichen Gewirr von Wünschen, Begierden, Gedanken, von Trieben, gesunden und kranken, gescheiten und dummen, geraden und krummen, wie’s heutzutag der Fall ist, wo kaum noch wer normal ist.
25
B
30
N
H AVLICEK In Anbetracht solcher Innenleben muß es eben Grenzen geben. 35
얍
A LLE Ja, das ist wahr! Es liegt ganz klar in der Natur: ohne Grenzen, ohne Grenzen gibt es keinerlei Kultur!
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 97
B
40
Y (erscheint auf der Brücke -- er kam vom rechten Ufer) M RSCHITZKA (erblickt ihn) Was seh ich?! Bin ich denn blind?!
3 29 37–410,22
B
ist, -N ] wie’sN ] Bin f Permanenz.N ] B
korrigiert aus: ist,Korrektur von fremder Hand (Gál): wie\’/s Korrektur von fremder Hand: [in f Permanenz.]
409
Fragmentarische Endfassung
K1/TS2/A4 (Korrekturschicht)
Lesetext
S ZAMEK Die Exzellenz! K ONSTANTIN Wie kommt denn der von mir dort drüben da hier her?! 5
Y Wenn mir nur ein lebendes Wesen sagen könnt, wo mein penetranter Wagen -K ONSTANTIN (unterbricht ihn) Wie kommens denn her von jenseits der Grenz?! Y Ueber die Brücke!
10
K ONSTANTIN Aber wie sinds denn hinüber? Da müssens ja direkt geschwommen sein!
15
Y Vielleicht bin ich auch geschwommen! Ich bin ja so kurzsichtig und ohne Brille seh ich keine Grenzen! H AVLICEK Dort ist die Tür! Hier ist die Grenz! Marsch! Y (ab)
20
A LLE Dort ist die Tür! Hier ist die Grenz! Das gilt für alle in Permanenz. Grenzen wird es immer geben, denn von den Grenzen tun wir leben. So ziehen wir die Konsequenz: Es lebe hoch die schöne Grenz! N
25
Ende
410
Konzeption 2: Hin und her – Adaptierungsarbeiten
411
Strukturplan in drei Teilen
ÖLA 3/W 369 – o. BS, Bl. 6
412
Strukturplan in drei Teilen
K2/E1
413
Lesetext
Titelentwürfe
ÖLA 3/W 43 – BS 43 b, Bl. 1
414
Titelentwürfe
K2/E2–E4
415
Lesetext
Titelentwürfe, Notizen, Strukturplan
ÖLA 3/W 46 – BS 43 e, Bl. 1
416
Titelentwürfe, Notizen, Strukturplan
K2/E5–E8
417
Lesetext
Strukturplan (Fortsetzung)
ÖLA 3/W 46 – BS 43 f, Bl. 1
418
Strukturplan (Fortsetzung)
K2/E8
419
Lesetext
Titelentwürfe, Strukturplan, Dialogskizze
ÖLA 3/W 43 – BS 43 b, Bl. 2
420
Titelentwürfe, Strukturplan, Dialogskizze
K2/E9–E11
421
Lesetext
Strukturplan, Titelentwurf
ÖLA 3/W 45 – BS 43 d, Bl. 1
422
Strukturplan, Titelentwurf
K2/E12–E13
423
Lesetext
Titelentwürfe, Strukturpläne
ÖLA 3/W 49 – BS 43 h, Bl. 1
424
Titelentwürfe, Strukturpläne
K2/E14–E17
425
Lesetext
Titelentwurf
ÖLA 3/W 59 – BS 51 [1], Bl. 2v
426
Titelentwurf
K2/E18
427
Lesetext
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
\Textverlust\
5
10
15
20
25
30
35
40
얍 H AVLICEK Wieso? K ONSTANTIN Sie gehören doch nicht unserem Staatsverband an. H AVLICEK Wieso bitte nicht? K ONSTANTIN Weil Sie ein Ausländer sind. H AVLICEK Interessant. Aber die Herren Grenzorgane drüben behaupten, dass ich hier herüber zuständig bin infolge meiner seinerzeitigen hiesigen Geburt. K ONSTANTIN Das allein genügt noch nicht. Wir haben bereits vor zwanzig Jahren ein Gesetz erlassen, in jener Hinsicht, dass sich ein jeder Staatsbürger, der dauernd im Ausland lebt, innerhalb von fünf Jahren beim zuständigen Konsulat melden muss, widrigenfalls er seine Staatsbürgerschaft verliert, und zwar automatisch. H AVLICEK Warum? K ONSTANTIN Nur so. H AVLICEK Das ist mir neu. K ONSTANTIN Die Notiz über das Gesetz stand aber in allen Tagesblättern. H AVLICEK Aber ich les ja nie eine Notiz, höchstens die Todesanzeigen. K ONSTANTIN Ihre Schuld! Dadurch dass Sie nur BTodesanzeigen lesenN, haben Sie naturnotwendig die Anmeldefrist versäumt und gehören nun automatisch nicht mehr hier daher. H AVLICEK Sehr interessant. Aber: wohin gehör ich BdennN dann bitte? K ONSTANTIN Dann nirgends. (Stille) 얍 H AVLICEK (lächelt) „Nirgends“ - - Unfug. Man ist doch immerhin vorhanden. K ONSTANTIN Gesetz ist Gesetz. H AVLICEK Aber solche Gesetze sind doch unmenschlich K ONSTANTIN Im allgemeinen Staatengetriebe wird gar oft ein persönliches Schicksal zerrieben. H AVLICEK BSchad.N (Stille) K ONSTANTIN Kurz und gut. Hierrein herein könnens Bausgeschlossen,N denn ich hab meine strikten Vorschriften. Aber wissens was? BSchreibnsN ein detailliertes Gesuch an unseren Innenminister, und besser auch an den Aussenminister, dass Sie besagte Anmeldefrist versäumt haben und dass Sie nun wieder um die automatisch verlorene Staatsbürgerschaft bitten. Schreibens auch gleich an den Finanzminister, den geht sowas auch etwas an, und wenn Sie Soldat waren, dann lieber gleich auch an den Kriegsminister. Und selbstverständlich vor allem an den Wohlfahrtsminister, aber das beste wäre natürlich, wenn Sie auch gleich ausserdem an den Herrn Ministerpräsidenten persönlich direkt zu Händen ein BExtragesuch -N H AVLICEK Halt! (er fasst sich an den Kopf) Lieber Herr, wie schreibt man eigentlich solche Gesuche? 18 21 29 31 32 39–40
B
Todesanzeigen lesenN ] dennN ] BSchad.N ] Bausgeschlossen,N ] BSchreibnsN ] BExtragesuch -N ] B
korrigiert aus: Todesanzeigenlesen korrigiert aus: dann korrigiert aus: Schaf korrigiert aus: ausgeschlossen , korrigiert aus: Schreibsn korrigiert aus: Extragesuch-
428
ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 1
ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 2
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
K ONSTANTIN Ja, da müsstens schon einen Advokaten fragen. H AVLICEK Wo? Da auf der Brück? 9. Scene. (Jetzt kommt Frau Hanusch, die Wirtin zur Post, mit einem Gefäss). K ONSTANTIN A, das ist aber lieb, Frau Hanusch, dass mir heut gleich die Postwirtin selbst persönlich 얍 meinen Nachtdienstkaffee bringt , statt der Klara - küss die Hand! F RAU H ANUSCH Die Klara hab ich zum Teufel gejagt - ich kann keine Löhne mehr zahlen, mit meiner Wirtschaft geht’s bergab! Der stolze Gasthof zur Post - hundertzweiunddreissig Jahr im Besitze der Familie. Wissens, wenn halt der Mann tot ist K ONSTANTIN Na, Sie finden schon noch einen anderen Mann, bin ich überzeugt! F RAU H ANUSCH Das freut mich. Aber bis dahin bin ich krepiert. Ohne Mann geht halt kein Hotel! Zwar gearbeitet hab ja immer nur ich, gekocht, gewaschen, und gebuchführt, er hat ja nie etwas getan, mein Seliger, - - immerhin hat er nur mit die Stammgäst getrunken und Karten gespielt, aber es muss halt wer da sein zum Repräsentieren! H AVLICEK (bei Seite) Das wär ein Beruf für mich. K ONSTANTIN Tröstens Ihnen nur, Frau Hanusch! F RAU H ANUSCH Mit was denn bitte? Sie habens natürlich leicht, Herr Konstantin! Sie stehen da herum, kontrollieren die Leut und leben davon - aber ich! Wenn ich bis morgen keine zehntausend auftreib, dann lösch ich mich aus! K ONSTANTIN Seiens so gut! F RAU H ANUSCH Oder meinens vielleicht, dass ich bis morgen Mittag zehntausend auftreib? K ONSTANTIN Kaum. F RAU H ANUSCH Nie! H AVLICEK Es wär ein Wunder! K ONSTANTIN (hatte Havlicek momentan vergessen, ärgert sich nun über sich selbst und wird deshalb etwas scharf) Wie bitte?! B
N
B
5
B N
B
B
N
N
B
10
N
N
B
N
B
15
20
B
25
30
ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 3
N
N
B
N
\Textverlust\
얍
\Textverlust\ Scene. Havlicek nach) Nein , diese Angst \Textverlust\ kenn den Fall. Der geht da immer hin und her - bis er noch verhungert. Ein amtlicher Fall. Armer Mensch! Macht übrigens einen ganz sympathischen Eindruck E VA O er ist gebildet und nirgends lassens ihn hinein \Textverlust\
35
4 5 7 7 8 10 11 15 24 31 34
B
N
B
[10]|9|.
B
korrigiert aus: miteinem gestrichen: K ONSTANTIN korrigiert aus: Nachtdienstkaffeebringt korrigiert aus: Hand ! korrigiert aus: geht ’s korrigiert aus: Familie korrigiert aus: gewaschen,und korrigiert aus: gut ! korrigiert aus: bitte? ! korrigiert aus: nach) Nein
9.N ] mit einemN ] B N] BNachtdienstkaffee bringtN ] BHand!N ] Bgeht’sN ] BFamilie.N ] Bgewaschen, undN ] Bgut!N ] Bbitte?!N ] Bnach) NeinN ]
429
ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 4
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
F RAU H ANUSCH Ich liess ihn schon hinein. Bei jeder Grenz! Wem tät das schon was schaden? Mir nicht! Ich empfehle mich, meine Herrschaften! E VA UND K ONSTANTIN Gute Nacht, Frau Hanusch! B
N B
N
5
B N
B N
\Textverlust\
얍 \Textverlust\ 10
ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 5
B N
B
15
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25
18. Scene. N
(Nun ist es Nacht geworden) (Und wieder erscheint Havlicek - und gleich erblickt er den Dienstrevolver, den Konstantin noch immer in der Hand hält und macht sofort „Hände hoch“! ) K ONSTANTIN (überrascht über diese Geste) Was ist? Was treibens denn mit die Händ? H AVLICEK Ich ergeb mich. K ONSTANTIN (perplex) Wieso? H AVLICEK Nicht schiessen bitte! K ONSTANTIN Ach so! (er lacht und steckt seinen Dienstrevolver in seinen Dienstgürtel). H AVLICEK (nimmt die Hände herab und lächelt) Sie sind doch ein freundlicher Mensch K ONSTANTIN Möglich. E VA Sicher. K ONSTANTIN O du bist lieb - (zu Havlicek) Aber für Sie bin ich nur das Grenzorgan und kein Mensch und jetzt reisst mir aber ehrlich die Geduld! Das halt ich nicht aus, dass Sie da immer wieder erscheinen, man ist doch schliesslich auch nur ein Mensch! B
B
B
N
N
N
2 2–3
B
5 7
B N B N
] ]
10
B N
]
12 15 20 29
B
B
nicht!N ] Ich f Hanusch!N ]
18.N ] hoch“!N B(erN ] BMensch!N ] B
korrigiert aus: nicht ! [E VA So ohne Heimat möcht ich nicht sein. Ueberall fremd, überall anders -] |Ich f Hanusch!| \[(Es wird dunkel)]/ [24. Scene. K ONSTANTIN (erscheint nun wieder, und zwar mit seinem Dienst-Revolver) Das ist er. Ein Trommelrevolver. Wenn er auf das dritte „Halt“ ! nicht hält, kann ich ihn auf der Flucht erschiessen und mir passiert nichts.- Wer kommt denn da? Eine Nonne? F RAU H ANUSCH Ja das ist eine Krankenschwester mit einer sehr vornehmen Dame - wahrscheinlich eine diskrete Krankheit, stell ich mir vor. E VA Warum? F RAU H ANUSCH Na sonst wärens doch nicht ausgerechnet da in unserem Drecknest hinterm Mond. Uebrigens: mein einziges Publikum. Pst!] [aber nachhaus, das Souper herrichten für meine einzigen Gäst! E VA Sicher Diät? F RAU H ANUSCH Aber einfach! Die Dame darf abends nichts essen und die Schwester fastet! Also empfehle mich, meine Herrschaften! (ab) K ONSTANTIN UND E VA Gute Nacht, Frau Hanusch.] [27] |18|. korrigiert aus: hoch“ ! korrigiert aus: ( er korrigiert aus: Mensch !
430
Fragmentarische Fassung
5
10
15
20
25
1 9 . S c e n e . (Nun weht der Nachtwind.) K ONSTANTIN (verdutzt zu Eva) Was droht er uns? E VA Er ist halt arm. Immer hin und her - da muss ein Mensch verblöden. K ONSTANTIN Ich wasch meine Hände in Unschuld. Zu was haben wir die blöde Grenz? E VA Das sagst Du? Als Grenzorgan? K ONSTANTIN Das sag ich privat. (Stille) E VA Du Konstantin. Könntest Du jetzt nicht mal so privat in Deinen Turm dort hinein? K ONSTANTIN (perplex) Warum? E VA Weil derweil könnt da ein Mensch vorbei - er wäre gerettet, geschwind wie der Wind. K ONSTANTIN Eva! Möchst mich verführen? Da kenn ich aber keinen Spass! B
B
35
40
Lesetext
얍 H AVLICEK Eben! K ONSTANTIN Also schauns, dass Sie jetzt endgültig verschwinden, Bja?!N H AVLICEK Aber drüben hat er mich grad bedroht, dass er mit der Kanon kommt, wenn ich noch einmal E VA Mit der Kanon? H AVLICEK Ja, ich denk, der Herr Papa sind nicht mehr ganz nüchtern und der Herr Gendarm Mrschitzka auch nicht mehr so ganz E VA Sie trinken? H AVLICEK Schnaps. Und Rum. E VA (zu Konstantin) Schon Bwieder!N H AVLICEK Man riecht es schon auf der Brück. E VA Fürchterlich! H AVLICEK So hat halt jeder seine Sorgen. (Stille) K ONSTANTIN Aber seiens bitte vernünftig H AVLICEK (unterbricht ihn) Ich werd nicht vernünftig! K ONSTANTIN Und ich werd verrückt! H AVLICEK Von mir aus! K ONSTANTIN Von Ihnen aus schon, aber nicht von mir aus! H AVLICEK Und wo soll ich schlafen?! K ONSTANTIN Auf der BBrücke! SchlussN!! (Stille) H AVLICEK Also Schluss. (drohend) Jetzt mag ich aber dann auch nicht mehr! Jetzt bleib ich aber dann auf der Brück! Jetzt werd ich aber dann auf der Brück schlafen, Bverstanden?!N Bei Wind und Wetter, und Sonne und BMond!N Werdet es schon noch erleben, BIhr!!N (rasch ab) 얍
30
K2/TS1 (Korrekturschicht)
2 10 21 25 25 26 28 29
B
ja?!N ] wieder!N ] BBrücke! SchlussN ] Bverstanden?!N ] BMond!N ] BIhr!!N ] B19.N ] B(verdutztN ] B
N
N
korrigiert aus: ja? ! korrigiert aus: wieder ! korrigiert aus: Brücke! Schluss korrigiert aus: verstanden? ! korrigiert aus: Mond ½ korrigiert aus: Ihr !!
[28]|19|. korrigiert aus: )verdutzt
431
ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 6
ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 7
Fragmentarische Fassung
5
K2/TS1 (Korrekturschicht)
E VA Aber wo soll der denn schlafen?! K ONSTANTIN Meinst Du, der tut mir nicht leid? Doch ich verbeiss mein Herz vor lauter Pflicht! (Stille) E VA Komisch seid ihr Männer. K ONSTANTIN (unangenehm berührt) Komisch? E VA Ja. Ich denk jetzt speziell an den Papa - dass der sich neuerdings wieder dem Alkoholteufel verschrieben hat, das ist tragisch. Erst neulich Nacht, wie ich mal nicht bei Dir gewesen bin, da hat 얍 er mich grässlich beschimpft in seiner Trunkenheit o so grässlich! Jedoch erst im Verlaufe dieser Schimpforgie ist mir allmählich ein Licht aufgegangen, dass er ja nämlich gar nicht mich gemeint hat, sondern mein armes Mutterl selig, die doch schon längst das Zeitliche gesegnet hat, aber eben in seiner Trunkenheit hat er das vergessen und hat mich mit ihr verwechselt. K ONSTANTIN Musst viel leiden, du arme Liebe, da drüben E VA Ich sehn mich auch immer herüber, kaum kann ich die Nacht erwarten - hier drüben ist alles so licht. K ONSTANTIN Komm. (er setzt sich auf die Bank vor seinem Raubritterturm und sie setzt sich auf seinen Schoss) (Stille) K ONSTANTIN Und wie steht er jetzt eigentlich? E VA Wer? Was? K ONSTANTIN Ich meine, wie steht jetzt Dein Vater zu unserem Bunde? Anscheinend lenkt er ein E VA Das glaub ich ihm nicht. Der Papa denkt nur an das Geld. Reich soll ich heiraten, damit er an die Riviera kann – manchmal könnt ich ihn wirklich schon mit einer Axt K ONSTANTIN Still, Süsse - (sie küssen sich) E VA Lieber arm, aber glücklich. K ONSTANTIN Nur nicht verschrein! (Es wird dunkel) B
B
10
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B
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Lesetext
N
N
B
N
ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 8
N
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B
30
N
\Textverlust\
얍 E VA Komm, tanzen Bwir!N K ONSTANTIN (tanzt mit ihr) 35
40
ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 9
31. Scene. (Jetzt kommt der Chef der Regierung auf dem rechten Ufer mit seinem Sekretär. Da er strenges Incognito zu wahren wünscht, wollen wir ihn X. nennen. Konstantin und Eva, die im Scheine der Laterne am Brückenkopf tanzen, erblicken die beiden Herren nicht und tanzen infolgedessen seelenruhig weiter). S EKRETÄR Also hier ist besagter entlegener Brückenkopf 5 9 9 17 27 29–30
B
Männer.N ] bin, daN ] BerN ] BKomm.N ] Bsich)N BNur f dunkel)N ]
32
B
B
wir!N ]
korrigiert aus: Männer . korrigiert aus: bin,da eingefügt korrigiert aus: Komm‘. korrigiert aus: sich )
[Vielleicht kannst mal mit mir an die Riviera, wenn ich beispielshalber heut diese Rauschgiftleute - Zwanzigtausend ! Aber wenn ichs auch diesmal nicht erwisch, die Schmuggler sterben] |Nur f dunkel)| korrigiert aus: wir !
432
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
X. (unterbricht ihn) Wie bitte? Hier tanzt unser Grenzorgan? Die Grenze als Tanzbar? Penetrant! Schad, dass ich mein incognito nicht lüften darf, penetrant schad! - Aber die Maid hat Charme. Uebrigens erinnert sie mich an ein weibliches Wesen aus der Vorkriegszeit. S EKRETÄR An die Panilla, Exzellenz! X. Richtig! S EKRETÄR Aber die Panilla hatte andere Hüften. Gewölbtere. X. Woher sind Sie denn derart penetrant informiert? Die Panilla könnte doch Ihre Grossmutter sein - Nanana, junger Mann! S EKRETÄR Meine Information beruht ja nur auf meiner Mama, Exzellenz! Die hat sich nämlich oft ausführlich beklagt bei mir - über den Papa. Wegen der Panilla. X. Jaja, der arme Herr Papa - ein braver Mensch. Friede seiner Asche. Aber die Panilla war mal eine \Textverlust\ B
B
5
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Lesetext
N
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\Textverlust\ 15
20
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얍 X (beiseite) Das hab ich noch garnicht Bgewusst, dassN ich diese Vorschrift erlassen hab K ONSTANTIN Tut mir leid, aber ich muss jetzt zu einer ausführlichen Leibesvisitation schreiten - ich sage nur: Kokain! Also los, kommens! X. (beiseite) Kokain? (laut) Halt! Können Sie schweigen? K ONSTANTIN (perplex) Warum? X. Ich muss mich leider demaskieren. K ONSTANTIN Ihre einzige Möglichkeit. Und wo ist das Kokain? X. So lassen Sie doch dieses penetrante Kokain! Hier ist mein richtiger Pass! Aber schweigen! K ONSTANTIN (betrachtet den Pass, stutzt, steht stramm und salutiert) X. (gedämpft) Rührt Euch! Nur kein Aufsehen - incognito, strengstes incognito! Sonst wäre das eventuell noch eine Katastrophe für die ganze zivilisierte Welt! K ONSTANTIN Können sich auf mich verlassen, Herr Minister-Präsident! X. Und auch nicht dem Fräulein Braut etwas sagen - übrigens: es freut mich, dass wir so gewissenhafte Grenzorgane haben, das mit dem Vollbart war schon gut, aber das mit dem Stempel war phänomenal! Na, ich werd mich schon erinnern, dass wir Ihre pflichtbewusste Kraft gehörig ausnutzen! K ONSTANTIN Hocherfreut, Herr Ministerpräsident! X. Aber abermals - Amtsgeheimnis! K ONSTANTIN BAmtseid!N X Danke! (ab)
ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 10
\Textverlust\
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얍 Y An den Falschen? BPenetrant!N H AVLICEK An den Falschen? An den BRichtigen, meineN Herrschaften! Na das freut mich aber, dass ich Euch zwei beide triff - grad bin ich in Stimmung! Hörts mal her! Warum machts denn Ihr zwei so penetrante Gesetz Bhe?!N Da fabriziert ein je2 3 15 35 38 39 41
B
darf, penetrantN ] Charme. UebrigensN ] Bgewusst, dassN ] BAmtseid!N ] BPenetrant!N ] BRichtigen, meineN ] Bhe?!N ] B
korrigiert aus: darf,penetrant korrigiert aus: Charme. Uebrigens korrigiert aus: gewusst,dass korrigiert aus: Amtseid ! korrigiert aus: Penetrant ! korrigiert aus: Richtigen,meine korrigiert aus: he ? !
433
ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 11
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
der lustig drauflos, aber keiner denkt dabei zum Beispiel an so einen armen ehemaligen Drogeriebesitzer. Y Das halt ich nicht aus! H AVLICEK Ich auch nicht! Y Ich geh und es ist nichts geschehen! H AVLICEK Nichts? Das sind Eure Gesetz! Y Ich lasse alles dementieren! H AVLICEK Sie mich könnens aber nicht dementieren. Für mich nicht! Schauns mich an, wenn ich mit Ihnen red! Y Was soll ich denn Sie anschaun bei der Finsternis?! Ohne Brille seh ich nichts! H AVLICEK „ Finsternis“?! Und der Mond? Mein lieber guter Mond?! (Jetzt verschwindet der Mond hinter einer Wolkenbank und da wird es sehr dunkel) H AVLICEK (sieht überrascht empor; betroffen) Jetzt ist er weg. Y (beiseite) „ Mond“! Das auch noch. (Laut) Schluss! Ich dementier, ich dementier und zwar kategorisch! Auch mich selbst! (zu X) Wiedersehen Kollege! Ich könnt heut eh nicht unterhandeln, so ohne Brille bin ich zu unsicher - (rasch ab nach links) X (für sich) „Wiedersehen“! Ein Optimist. Na adieu du schöne Welt - (langsam ab nach rechts)
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얍
Z w e i t e r Te i l . 1. Scene.
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Auf dem linken Ufer. (Nun hat der Hahn bereits dreimal gekräht, aber Szamek und Mrschitzka sitzen noch immer vor der amtlichen Baracke und haben noch immer Rum. Sie sind bereits ziemlich angeheitert und singen stumpfisnnig abwechselnd) Als der Adam aus dem Paradiese Mit der Eva damals musste scheiden Und ihm Gott der Plagen viel verhiess, War der Adam wenig zu beneiden. Lieber Gott, so tät er sagen, Ich will alles gern ertragen, Bloss nicht den Durscht! B
N
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Gott der Herr erbarmt sich seiner Not Und gab ihm aus Gnade zwei Geschenke: Er erfand für ihn den Tod Und die alkoholischen Getränke. Und der Mensch zu seiner Labe Macht Gebrauch von dieser Gabe, Er hat halt Durscht!
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B
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8 11 14 16 34 41 42
B
nicht! SchaunsN ] Finsternis“?!N ] BMond“!N ] Beh nichtN ] BDurscht!N ] BGabe, -N ] BDurscht!N ] B
N
N
korrigiert aus: nicht! Schauns korrigiert aus: Finsternis“? ! korrigiert aus: Mond“.! korrigiert aus: nicht eh korrigiert aus: Durscht ! korrigiert aus: Gabe,korrigiert aus: Durscht !
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 12
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
M RSCHITZKA (spricht) Prost Szamek! Bist ein Genie! S ZAMEK Was ist ein Genie? Ein genialer Mensch. Und was ist ein Mensch? Ein Nichts. Also was ist ein Genie? Garnichts! M RSCHITZKA Das ist mir zu hoch. Aber wie Du da zuvor diesen Rauschgiftschmuggler entlarvt hast, das war schon 얍 ganz grosser kriminalistischer Stil! Eine Klasse für sich, eine Sonderklasse für sich, eine kriminalistische Sonderklasse für sich. Nur versteh ich nicht, warum dass Du keine Leibesvisitation S ZAMEK (unterbricht ihn) Weil ich davor einen Respekt hab! Nämlich da hat mir erst unlängst so ein Subjekt anlässlich einer Leibesvisitation, die ich an ihm vorgenommen hab, mein Portemonnaie aus der Tasch gestohlen ..... M RSCHITZKA (fällt ihm ins Wort) Was schadet das ab heut?! Ab heut! Wo wir morgen Bankkontos haben werden! Zwanzigtausend! Das ist ein Wort, das zerfliesst einem im Maul wie Butter… S ZAMEK Also die Hauptsach ist, dass wir ihn ergriffen haben, diesen Schmugglitschinski! Eingesperrt da drinnen! (Er deutet auf die Baracke) (singt) Willst Du Dein vertrocknetes Gehirn Für den Dienst am Vaterland erleuchten, Darfst Du nicht vergessen es zu schmiern Und genügend täglich zu befeuchten. Ohne diese Geistesfackel Bleibst Du stets ein lahmer Lackel, Das macht der Durscht! B
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Wenn die Sorge grimmig an Dir frisst, Wird der Spiritus Dich hold erfrischen, Und wenn Du nicht ganz zufrieden bist, Denk Dir bloss, wir hätten „Prohibition“! Wenn man dort im Branntweinladen Nichts bekäm als Limonaden, Das wär ein Durscht!
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 13
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Lesetext
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얍 M RSCHITZKA Sollst leben, Thomas! Ich erheb mein Glas auf das Gedeihen einer BkriminalistischenN BLeuchte! (erN trinkt) Meiner Seel, war das eine Lust, wie der da immer zerknirschter geworden ist und alles eingestanden hat! S ZAMEK Also eingestanden, daran kann ich mich nicht erinnern. Mir ist nur bekannt, dass er hartgesotten geleugnet hat. M RSCHITZKA Aber ist er denn nicht zusammengebrochen unter der Last der Indizien? S ZAMEK Nein. Er ist nur zusammengebrochen, weil Du ihm das Bein gestellt Bhast, nachdemN du ihm eine hingehaut hast. 1 3 6 7 14 22 30 32–33 33 38–39
B
Genie!N ] Nichts.N ] BkriminalistischeN ] Bnicht, warumN ] Bhaben, diesenN ] BDurscht!N ] BDurscht!N ] BkriminalistischenN ] BLeuchte! (erN ] Bhast, nachdemN ] B
korrigiert aus: Genie ! korrigiert aus: Nichts . korrigiert aus: krimilaistische korrigiert aus: nicht,warum korrigiert aus: haben,diesen korrigiert aus: Durscht ! korrigiert aus: Durscht ! korrigiert aus: krimilatistischen korrigiert aus: Leuchte!(er korrigiert aus: hast,nachdem
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 14
Fragmentarische Fassung
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Lesetext
M RSCHITZKA So ? Hab ich das?… Das weiss ich ja jetzt gar nicht mehr. Schrecklich. Neuerdings kommt mir das häufig vor. …zum Beispiel erst vorige Woch, da hab ich einem eine hingehaut, ganz ohne Grund, und hab das erst bemerkt, wie er mir eine zurückgehaut hat. Ein eigenartiger Zustand. S ZAMEK Sogenannte Absenz-Erscheinungen. M RSCHITZKA Was? Abstinenz-Erscheinungen? Lächerlich! S ZAMEK Apropos Abstinenz: wo nur die Eva so lang bleibt, diese Bestie! M RSCHITZKA Wo? Kann ich mir schon vorstellen! S ZAMEK Ich auch (er schlägt auf den Tisch; leise ) Das wird noch ein furchtbares Ende nehmen, ein Ende mit einer Axt..... M RSCHITZKA Mir scheint, du bist angeheitert und siehst schwarz. S ZAMEK Schwarz ist noch viel zu weiss. M RSCHITZKA Hättest halt das Fräulein Tochter nicht dem Schicksal überlassen sollen. S ZAMEK Dem Schicksal? M RSCHITZKA Hast doch gesagt! (Stille) 얍 S ZAMEK Ja, jetzt erinner ich mich -- Hm. Also, wenn das Schicksal seine Hand im Spiel hat, dann kommt die Bestie vor morgen früh nimmer heim...... (er schläft plötzlich ein vor lauter Rum) M RSCHITZKA (betrachtet ihn) Ist der jetzt schon wieder eingeschlafen? Na, höchste Zeit, dass er pensioniert wird, diese Leuchte der Kriminalistik...... (er schreit) He! Thomas! Thomas! S ZAMEK (erwacht) ..... Jetzt hab ich aber was ganz Blödes geträumt. Die Eva war noch klein und das Fenster war höher, ich hab sie hinaufgehoben und draussen ist grad unser König vorbeigefahren in einem gelben Galatotenwagen. Und der Kutscher hat Flügel gehabt. Er war ein Engel - ein Erzengel. M RSCHITZKA Zu blöd. B
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K2/TS1 (Korrekturschicht)
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2. Scene. (Jetzt taucht ein verstörter Mensch auf: der Privatpädagoge. Ohne Kravatte und mit zerwühltem Haar. Rasch möcht er auf die Brücke) S ZAMEK Halt! Ihren Grenzschein bitte - (er will sich erheben, muss sich aber gleich wieder setzen vor lauter Rum) P RIVATPÄDAGOGE Lieber Herr, ich brauch keinen Grenzschein mehr! S ZAMEK Hör ich recht? Jeder Mensch braucht einen Grenzschein, wenn er hinüber möcht! P RIVATPÄDAGOGE (blickt in den Himmel) „ Hinüber“! Für mein Hinüber brauch ich B
N
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1 9 9 16 19 22 22 35 38
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SoN ] (erN ] BTisch; leiseN ] Bgesagt!N ] Bheim...... (erN ] BderN ] BKriminalistik...... (erN ] BbrauchN ] BHinüber“!N ] B
korrigiert aus: SO korrigiert aus: ( er korrigiert aus: Tisch;leise korrigiert aus: gesagt ! korrigiert aus: heim......(er korrigiert aus: er korrigiert aus: Kriminalistik......(er korrigiert aus: brauc korrigiert aus: Hinüber “!
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N
ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 15
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
keinen Pass - (er schreit Szamek plötzlich an) Haltens mich nicht auf, ich möchte sterben! S ZAMEK Seiens so gut! (er schläft wieder ein) 얍 P RIVATPÄDAGOGE Jetzt geh ich auf diese Brücke, dort wo sie am tiefsten ist, und spring ins Wasser! O dieses Leben! Lauter Dummheit, Lüge und Niedertracht nirgends eine mütterliche Persönlichkeit! M RSCHITZKA Recht habens! Wo man hinschaut, lauter Rohheit und Gemeinheit, nirgends eine kleine Zartheit … P RIVATPÄDAGOGE (weint) Oh wie wahr! M RSCHITZKA (schluchzt) Meinen’s, ich halt das aus? Aber keine Idee! Kommens, ich geh mit und spring nach! P RIVATPÄDAGOGE So etwas muss jeder mit sich selbst abmachen! M RSCHITZKA Also werdens nur nicht vorlaut, ja? Wenn der Mrschitzka sagt, dass er mitspringt, dann springt er aber auch mit! Wo sind denn nur meine Schuh? Kruzifix, ich kann doch nicht ohne Schuh bei die Blutblasen unter die Hornhäuter P RIVATPÄDAGOGE Ich spring allein! M RSCHITZKA So wartens doch, Sie Nervösling Sie! P RIVATPÄDAGOGE Lassens mich! Wissens denn, was ich getan hab? Grad hab ich meine Frau erschlagen! Erschlagen! (rasch ab) M RSCHITZKA (sieht ihm verdutzt nach) Ist das ein Witz? B
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3. Scene. (Der Privatpädagoge eilt nun über die Brücke und hält ruckartig an der Stelle, wo er gestern geangelt hat. Er sieht sich nervös-flüchtig um, sieht dann hinab in das Wasser und hinauf in den Himmel). P RIVATPÄDAGOGE Es musste so kommen. Ein verpatztes Leben und die Konsequenz. Hier habe ich gestern noch geangelt und nichts gefangen. Nichts. --- Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn ich was gefangen 얍 hätt, vielleicht läg ich dann jetzt im Bett und tät ruhig schlafen, wenn ich überhaupt nur schlafen könnt! Aber so? … Warum habt Ihr denn auch nicht angebissen, Ihr Hechte da drunten, Ihr Karpfen, Waller, Forellen, Saibling und Ihr Weissfisch mit den vielen Gräten, an denen man immer wieder erstickt? Seid verflucht! (er klettert über das Brükkengeländer) Und lauter dünne Würmer -- Nein, das mach ich nicht mehr mit! O Ewigkeit, empfange Deinen Sohn! Immer hab ich für dich gewirkt bei den Nachhilfestunden, von denen ich mich ernährt hab, immer in deinem Geiste -Also los! Los! Eins, zwei, und eins ist drrrr - - B
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 16
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auf, ichN ] (erN ] BBrücke, dortN ] Bwahr!N ] Bmitspringt, dannN ] BSie!N ] Bnervös-flüchtigN ] Bund nichtsN ] BNichts. ---N ] BForellen, SaiblingN ] BGeiste --N ] BLos!N ] Bdrrrr - - -N ] B
B
korrigiert aus: auf,ich korrigiert aus: ( er korrigiert aus: Brücke,dort korrigiert aus: wahr ! korrigiert aus: mitspringt,dann korrigiert aus: Sie.! korrigiert aus: nervös - flüchtig korrigiert aus: undnichts korrigiert aus: Nichts .--korrigiert aus: Forellen,Saibling korrigiert aus: Geiste-korrigiert aus: Los ! korrigiert aus: drrrr - - -
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 17
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
4. Scene. H AVLICEK S TIMME (er selbst bleibt unsichtbar, weil er an der andern Seite der Brücke auf dem Boden sitzt und infolgedessen hatte ihn auch der Privatpädagoge zuvor übersehen) Halt! Halt! P RIVATPÄDAGOGE (fährt entsetzt zusammen) Wer ruft da Halt? H AVLICEK (erhebt sich nun) Ich. P RIVATPÄDAGOGE (beiseite und bang) Welche Geisterstimmen -- ich seh mich nicht um. H AVLICEK Also was treibens denn da für Unüberlegtheiten, Verehrtester ? Der Tod kommt eh von alleine, garantiert! Zurück! Abrakadabra! P RIVATPÄDAGOGE (beiseite ) „ Abrakadabra“? - jetzt wags ich und seh mich um, hoffentlich trifft mich nicht der Schlag..... (Er sieht sich ruckartig um und erblickt Havlicek) Sie sind das? H AVLICEK Wer denn sonst? P RIVATPÄDAGOGE (klettert wütend über das Brückengeländer zurück und fährt Havlicek ungeduldig an) Na, das nenn ich aber 얍 eine gewaltsame Unerhörtheit, Sie! Was geh denn ich Sie an, wenn ich mich hier umbringen möcht, bitt ich mir aus!? H AVLICEK Pardon, aber ich hab doch eine menschliche P RIVATPÄDAGOGE (unterbricht ihn) „Menschlich“! Schauns mich an, es gibt keinen Menschen! Was wissen denn Sie schon von meiner grenzenlosen Einsamkeit?! Grad hab ich meine Frau erschlagen! H AVLICEK Grosser Gott! P RIVATPÄDAGOGE Soll ich mich also hängen lassen oder köpfen? Nein, das überleb ich nicht! Lieber bring ich mich selber um. Nur schad, dass nicht Winter ist, erfrieren ist der schönste Tod! B
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Lesetext
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5. Scene. S TIMME DER F RAU (aus der Ferne) Theo! Theo! P RIVATPÄDAGOGE Um Christi Willen! H AVLICEK Wer ruft da? S TIMME DER F RAU Theo! P RIVATPÄDAGOGE Sie ruft mich, meine tote Frau! H AVLICEK (verwirrt) Sie heissen Theo? B
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2 4 5 7 8 9 10 11 11 12 15 16 17 20 23 29 29
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(erN ] Halt!N ] B(fährtN ] BP RIVATPÄDAGOGE (beiseiteN ] Bum.N ] BUnüberlegtheiten, VerehrtesterN ] BAbrakadabra!N ] BP RIVATPÄDAGOGE (beiseiteN ] BAbrakadabra“?N ] B(ErN ] BP RIVATPÄDAGOGE (klettertN ] BSie!N ] Bmöcht, bittN ] Ban, esN ] BGott!N ] BF RAU (ausN ] BTheo!N ] B
B
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korrigiert aus: ( er korrigiert aus: Halt ! korrigiert aus: )fährt korrigiert aus: P RIVATPÄDAGOGE (beiseite korrigiert aus: um . korrigiert aus: Unüberlegtheiten,Verehrtester korrigiert aus: Abrakadabrak ! korrigiert aus: P RIVATPÄDAGOGE (beiseite korrigiert aus: Abrakadabra “? korrigiert aus: ( Er korrigiert aus: P RIVATPÄDAGOGE (klettert korrigiert aus: Sie ! korrigiert aus: möcht,bitt korrigiert aus: an,es korrigiert aus: Gott ! korrigiert aus: F RAU (Aus korrigiert aus: Theo !
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 18
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
P RIVATPÄDAGOGE Aus dem Jenseits ruft sie mich! (er blickt empor) Ich komme, ich komme! (Er klettert wieder über das Brückengeländer) Eins, zwei und eins ist drrrrr...... B
B
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6. Scene. D IE F RAU (kommt nun vom linken Ufer dahergelaufen und zwar ganz ausser Atem; sie erblickt ihren Privatpädagogen und schreit) Theo! P RIVATPÄDAGOGE (erblickt sie und kreischt) Gespenst, Gespenst, Gespenst! F RAU Ich lebe, ich lebe! Hast mir ja nichts getan, war ja nur ein schwacher Schlag, aber ich hatte meinen 얍 Krampf und konnte mich nicht rühren...... O ich hab es ja gesehen, wie Du mir den Abschiedsbrief geschrieben hast, jetzt weiss ich erst, wer du bist! Komm, guter Theo und verzeih mir meinen Krampf! (Stille) P RIVATPÄDAGOGE (atmet auf) Gottlob, du lebst. Hab ich mich jetzt erschreckt! (Er klettert wieder retour über das Brückengeländer) F RAU Armer Theo, komm und verzeih mir ...... P RIVATPÄDAGOGE (schliesst sie in seine Arme und gibt ihr einen Kuss) Wirst mir wieder Würmer suchen? F RAU Ja. Ich werde suchen und suchen und finden...... (ab mit ihrem Privatpädagogen) B
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7. Scene. S TIMME DER F RAU H ANUSCH (von der andern Seite der Brücke, wo sie auf dem Boden sitzt, dort wo zuvor auch Havlicek sass) Kann man jetzt kommen? H AVLICEK Ohne Gefahr! S TIMME DER F RAU H ANUSCH Ist die Luft rein? H AVLICEK Wir sind unter uns. F RAU H ANUSCH (erhebt sich und kommt) Gott, waren das aufregende Szenerien. Ich hab direkt Bauchweh vor lauter Empörung! Ich kann halt niemand leiden sehen, wenn ich auch oft herzlos wirk durch meine drastische Manier! H AVLICEK Sie und herzlos? Wo Sie mir da etwas zum Essen bringen mitten in der Nacht? Kalten Braten und passierten Roquefort? Das zeigt von keinem alltäglichen Herzen, Frau Hanusch! F RAU H ANUSCH Ich weiss, dass das rührend von mir ist und ich war ja schon längst im Bett, aber ich hab keinen Schlaf gefunden, immer hab ich denken müssen: 얍 da geht jetzt ein Mann hin und her und niemand lasst ihn rein - und plötzlich hats mich durchzuckt, ich raus aus dem Bett und daher - Aber Sie haben ja alles stehen lassen. Habens denn keinen Hunger? B
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 19
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(erN ] (ErN ] BwarN ] BKomm, guterN ] BBrückengeländer)N ] Bauf demN ] BEmpörung! IchN ] Bsehen, wennN ] Bihn f undN ] Blassen.N ] BHunger?N ] B
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korrigiert aus: )er korrigiert aus: ( Er korrigiert aus: was korrigiert aus: Komm,guter korrigiert aus: Brückengeländer_) korrigiert aus: aufdem korrigiert aus: Empörung! Ich korrigiert aus: sehen,wenn korrigiert aus: ihn’rein - und korrigiert aus: lassen, korrigiert aus: Hunger ?
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 20
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
H AVLICEK Hunger schon, aber keinen Appetit . F RAU H ANUSCH Armer Mensch! H AVLICEK Und derweil ist passierter Roquefort meine Leibspeis..... mein Leibkäs gewissermassen. F RAU H ANUSCH Das freut mich, dass ich es erraten hab. H AVLICEK Tut mir gut, Frau Hanusch. Wissens, es schaut nämlich einfacher aus, als es ist, wenn man so weg muss aus einem Land, in dem man sich so eingelebt hat, auch wenn es vom Zuständigkeitsstandpunkte nicht die direkte Heimat war..... aber es hängen doch soviel Sachen an einem, an denen man hängt. Zum Beispiel, wie ich noch die Drogerie gehabt hab, da hättens mal meine Auslag sehen sollen - es war das zwar keine grosse Auslag, mehr ein grösseres Fenster, aber was ich da alles hineinarrangiert hab! Rechts medizinisch, links homöopathisch , vorn kosmetisch und hinten die Diskretion...... Red ich Ihnen nicht zuviel? F RAU H ANUSCH Nein. H AVLICEK Hm. Ja und der Apotheker nebenan, der hat mich dann zugrundegerichtet. Plötzlich über Nacht hat er sich auch eine Drogerieabteilung angegliedert und dann ist meine Kundschaft dorthin. F RAU H ANUSCH Warum? 얍 H AVLICEK Er war halt beliebter als ich. Das sind eben oft so dunkle Strömungen in der Massenseele - da steht man dann und wundert sich. Genau wie im Krieg. Waren Sie im Krieg? F RAU H ANUSCH Ich? Nein. H AVLICEK Aber in Ihrem Alter F RAU H ANUSCH (unterbricht ihn) Aber ich bin doch eine Frau! H AVLICEK Grosser Gott, das hab ich jetzt ganz vergessen! Meiner Seel, man wird halt schon blöd und blind, wenn man immer so hin und her und immer allein … Nur eine Frau könnt mich retten. Ohne Witz. F RAU H ANUSCH Ja. Ein Mann ist schon etwas Notwendiges, wenn er auch nur repräsentiert. Mein Seliger war ein stattlicher Herr. Hundertsiebzehn Kilo hat er gewogen und der ist mir weggestorben ...... wieviel wiegen denn Sie? H AVLICEK Weniger. Bedeutend. F RAU H ANUSCH Das merk ich. Wann sinds denn geboren? H AVLICEK Warum? F RAU H ANUSCH Es interessiert mich. H AVLICEK Am vierzehnten Juli. Das ist ein grosser Tag in Frankreich. Wissens, da tanzen die Leut auf den Boulevards. (Stille) F RAU H ANUSCH Vierzehnter Juli .... Stimmt! B
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Lesetext
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AppetitN ] eingelebtN ] Bdirekte HeimatN ] Beinem, anN ] BFenster, aberN ] BhomöopathischN ] BDiskretion...... RedN ] Bdann undN ] Bblind, wennN ] BalleinN ] B … NurN ] B
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korrigiert aus: Apettit korrigiert aus: ein gelebt korrigiert aus: direkteHeimat korrigiert aus: einem,an korrigiert aus: Fenster,aber korrigiert aus: hoemeopathisch korrigiert aus: Diskretion......Red korrigiert aus: dannund korrigiert aus: blind,wenn korrigiert aus: alle in korrigiert aus: …Nur
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 21
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
H AVLICEK Was? F RAU H ANUSCH Ich hab doch jetzt nur rasch nachgerechnet, astrologisch. Also nach den Sternen täten wir gut zusammen passen. H AVLICEK Wer? F RAU H ANUSCH Wir zwei. B
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Duett. Sehns die vielen Sternlein stehen
F RAU H ANUSCH über uns? Alle diese Sternlein weben an Ihrem und an meinem Leben alle diese Sternlein drehen sich um unser kleines Leben über uns. H AVLICEK Wenn die vielen Sternlein eben über uns gar nichts täten, als bloss weben an Ihrem und meinem Leben wenn sie nur für uns so wandern, was blieb denn dann für die andern neben uns? Sehns, ich glaub nicht, dass das geht, dass sich’s ganze All bloss um uns beide dreht. F RAU H ANUSCH Jeder Mensch hat seinen Planeten. H AVLICEK Dann hab ich scheint’s einen Kometen: der kommt nur ab und zu daran und stört den andern ihre Bahn. F RAU H ANUSCH (gleichzeitig) Das ist hochinteressant! Was ist der alls imstand! H AVLICEK Dann ist er plötzlich wieder verschwunden, kümmert sich nicht um seinen Kunden, wo ist er denn, mein spezieller Komet, dass es mir so miserabel geht? F RAU H ANUSCH Herr Havlicek, gehen’s lästerns nicht und glaubens an Ihr Himmelslicht! Wenns nur die Sterne recht beschwören, (zärtlich und anzüglich) tuns Ihnen gar noch einen Schatz bescheren! H AVLICEK (ohne zu verstehen) Ists weiter nichts? Das tu ich gern. Nur glaub ich nicht mehr recht an meinen Stern. B
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Was?N ] Also nachN ] BSehnsN ] BWasN ] BdassN ] BIhnenN ] B
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korrigiert aus: Was ? korrigiert aus: Alsonach korrigiert aus: Sehn korrigiert aus: was korrigiert aus: das korrigiert aus: ihnen
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 22
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Fragmentarische Fassung
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K2/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
B EIDE ZUSAMMEN Venus, Mars und Jupiter, Merkurius, Pluto, und Saturn, und Uranus, bringts uns bitt schön kein’ Verdruss! Tuts doch an unserm armen Leben mit Vernunft und Ordnung weben, über uns! Und vergessts nicht, unserm Leben auch ein bisserl Glück zu geben über uns! H AVLICEK Aber was sind denn das schon für Stern?! Ich kann doch nicht weg von der Brück! O ich Blödian! Da triff ich da zuvor gleich beide Chefs auf einen Schlag und anstatt dass ich sie erpress mit ihrer heimlichen Mission, damit sie mich überall hineinlassen, hab ich sie bloss beschimpft --- wie unüberlegt, wie unüberlegt! Aber ich bin halt zu jähzornig! Zu jähzornig! F RAU H ANUSCH (fällt ihm plötzlich um den Hals und küsst ihn) H AVLICEK (etwas betroffen) Was war das jetzt? F RAU H ANUSCH Ein Stern! H AVLICEK In unserem Alter? (er lächelt verlegen) 얍 F RAU H ANUSCH Man ist so alt, wie man sich fühlt und ich fühl mich noch! ...... Schad, dass ich jetzt weg muss, aber ich muss auf meine Reputation achten, auch wenn ich morgen Konkurs ansag. H AVLICEK Auf Wiedersehen. Und ich danke für Speise und Trank. F RAU H ANUSCH Geh du hast ja nichts gegessen. (Sie will das Essen wieder mitnehmen) H AVLICEK Halt! Lass es da! Jetzt hab ich Appetit! F RAU H ANUSCH (gibt ihm rasch einen Kuss) Schmecken soll es Dir! Schmecken, du braver Mann --- (rasch ab nach rechts) H AVLICEK (isst und trällert vor sich hin) B
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9. Scene. Frau Hanusch geht nun über die Brücke und erreicht das rechte Ufer. Erstaunt sieht sie sich um, da niemand zu sehen ist. Dann horcht sie, nähert sich vorsichtig dem Raubritterturm und sieht durch das Schlüsselloch hinein. F RAU H ANUSCH (erhebt sich wieder) Gott, es ist doch das Schönste, zwei so junge Menschen in der Umarmung --(singt) Wenn heutzutag ein nettes junges Paar brennheiss verliebt ist und mit Haut und Haar so ist die Frage bald geklärt, wie man beisammen ist möglichst ungestört. Heut sind die jungen Leut halt gescheit, 5 10 13 17 19 19 20 23–24
B
weben,N ] Stern?!N ] Bunüberlegt, wieN ] BStern!N ] Balt, wieN ] Bnoch!N ] Bmuss, aberN ] Bmitnehmen)N ] B
korrigiert aus: weben. korrigiert aus: Stern? ! korrigiert aus: unüberlegt - , wie korrigiert aus: Stern ! korrigiert aus: alt,wie korrigiert aus: noch ! korrigiert aus: muss,aber korrigiert aus: mitnehmen )
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 24
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
Gmöcht hätten wir ja auch, nur leider war es damals noch nicht Brauch. Wenn eine Dame, die sich ordntlich pflegt, nicht grad das Gsicht hat, was man eben trägt, so nimmt’s ein Farbtopf aus dem Schrein und malt sich in ihr Gesicht ein neues ’nein. Heut sind die Frauen so viel gescheit! Gmöcht hätten wir ja auch, nur leider war es damals noch nicht Brauch.
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얍
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 25
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Wenn über diesen oder jenen Fragen die Volksvertreter sich die Köpf einschlagen, so schickt mans heim, sperrt d’Buden zu und hat vom ganzen Parlament sei’ Ruh. Heut sind halt die Minister gscheit! Gmöcht hättens frühr ja auch, nur leider war es damals noch nicht Brauch.
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Heut hat mir träumt von einem fernen Land, wo Politik ist gänzlich unbekannt , dort ist man friedlich und human, sogar die Frau vertragt sich mit ihrm Mann, dort kennt man weder Neid noch Streit, so möchten Sie’s halt auch? Nur leider ist es bei uns noch nicht Brauch. (ab in Gedanken versunken) B
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10. Scene. K ONSTANTIN (erscheint in der Tür des Raubritterturms, er ist etwas derangiert und sieht sich um) Es war doch wer da -E VA (taucht hinter ihm auf, ebenfalls etwas derangiert) So komm doch! Wer soll denn schon? K ONSTANTIN Still! (er lauscht) Jetzt hör ich nichts, aber es ist wer vorbei. Du weisst, ich hör immer her auf die Grenz, in jeder Situation – und ich hab ein scharfes Gehör. E VA Ja, dir entgeht nichts. 얍 K ONSTANTIN Hoffentlich warens nicht unsere Rauschgiftschmuggler. Du, jetzt hab ich direkt Gewissensbiss wegen der Zwanzigtausend. E VA Was ist ein Mensch neben einer Million? K ONSTANTIN Nichts. B
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8 17 21 24 25 34
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auch, -N ] auch, -N ] BunbekanntN ] BStreit, -N ] BSie’sN ] Bvorbei.N ] B
korrigiert aus: auch,korrigiert aus: auch , korrigiert aus: unbekennt korrigiert aus: Streit,korrigiert aus: Sie/’s korrigiert aus: vorbei .
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 26
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
E VA Komm - K ONSTANTIN (folgt ihr wieder in seinen Raubritterturm)
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11 . S c e n e . (Frau Leda kommt nun mit dem als Krankenschwester verkleideten Schmugglitschinski) F RAU L EDA (leise) Niemand da? Kein Grenzorgan? Fein! S CHMUGGLITSCHINSKI (mit überaus tiefer Stimme) Sehr angenehm und umso besser. (er entledigt sich seiner Krankenschwesterhaube) Ich halt es kaum in der Hauben aus vor Hitz! (er wischt sich mit dem Taschentuch einen viertel Liter Schweiss von der Glatze) F RAU L EDA Wisch dir lieber nicht die Glatze, sondern gib das verabredete Zeichen! S CHMUGGLITSCHINSKI Hast recht! Aber vergiss nicht, dass wir uns grad in einer anormalen Hitzewelle befinden! (er windet sein Taschentuch aus und winkt damit) N
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12. Scene. (Auf dieses verabredete Zeichen kommen vorsichtig drei Schmuggler; jeder trägt einen grossen Mehlsack mit der jeweiligen Aufschrift: Kokain, Morphium, Opium) S CHMUGGLITSCHINSKI (zu den drei Schmugglern) Also nur rasch auf die Brücke mit dem Rauschgift und vor dem drüberen Brückenkopf halt! 얍 D IE DREI S CHMUGGLER (rasch ab auf die Brücke) B
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13. Scene. (Frau Leda und Schmugglitschinski wollen ihnen folgen - da tritt Konstantin aus seinem Raubritterturm wieder hervor und erblickt die beiden) E VA (aus dem Raubritterturm) Konstantin! Es ist doch nichts! K ONSTANTIN (beiseite ) Die Kranke und die Heilige? Zu dieser Stund, wo ein jeder anständiger Mensch im Bett liegt? Komisch! (laut) Ihren Grenzschein bitte! S CHMUGGLITSCHINSKI (schlägt ihn k.o.) K ONSTANTIN (bricht lautlos zusammen) S TIMME E VAS Konstantin! Wo bleibst denn schon wieder so lang? B
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14. Scene. E VA (erscheint, erblickt auf dem Boden ihren bewusstlosen Konstantin und dann die Krankenschwester ohne Haube -- sie schreit gellend auf) S CHMUGGLITSCHINSKI (hält ihr den Mund zu; zu Frau Leda) Rasch ! Knebl! Strick! Na gib schon her aus Deinem Ridikül! B
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S CHMUGGLITSCHINSKI (mitN ] Krankenschwesternhaube) IchN ] BHitz! (erN ] BS CHMUGGLITSCHINSKI HastN ] BS CHMUGGLITSCHINSKI (zuN ] Bhalt!N ] Bfolgen -N ] BK ONSTANTIN (beiseiteN ] Bbitte!N ] BS CHMUGGLITSCHINSKI (schlägtN ] BHaube --N ] BS CHMUGGLITSCHINSKI (hältN ] BLeda) RaschN ] B
B
korrigiert aus: S CHMUGGLITSCHINSKI (mit korrigiert aus: Krankenschwesternhaube(Ich korrigiert aus: Hitz!(er korrigiert aus: S CHMUGGLITSCHINSKI Hast korrigiert aus: S CHMUGGLITSCHINSKI (zu korrigiert aus: halt ! korrigiert aus: folgenkorrigiert aus: K ONSTANTIN (beiseite korrigiert aus: bitte.! korrigiert aus: S CHMUGGLITSCHINSKI (schlägt korrigiert aus: Haube-korrigiert aus: S CHMUGGLITSCHINSKI (hält korrigiert aus: Leda)Rasch
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 27
Fragmentarische Fassung
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15. Scene. (Solcherart gehen nun Schmugglitschinski und Frau Leda über die Brücke -- an dem schlafenden Havlicek vorbei, den sie nicht bemerken und der sie natürlich auch nicht bemerkt. Bis an die Stelle gehen sie, wo auf der Brücke knapp vor dem linken Brückenkopf, die drei Schmuggler mit ihren Mehlsäcken voll Rauschgift weisungsgemäss brav warten) 얍 S CHMUGGLITSCHINSKI (flüstert) Moment! (er schleicht sich noch etwas weiter vor und sieht um die Ecke nach der amtlichen Holzbaracke; mit einer Gebärde der Verärgerung kehrt er wieder zurück zu Frau Leda) Zuwider! Muss da jetzt noch ein Gendarm dabei sein und sogar mit Bajonett auf! Zwei gegen uns zwei, das ist mir zu riskant! B
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 28
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Lesetext
F RAU L EDA (knebelt und bindet Eva) S CHMUGGLITSCHINSKI Rascher ! So! Und jetzt auch diesen Burschen da! F RAU L EDA (plötzlich steif) S CHMUGGLITSCHINSKI (nichts Gutes ahnend) Was ist? F RAU L EDA (mit schwacher Stimme) Ich kann mich nicht rühren -S CHMUGGLITSCHINSKI Bist wieder weg! Gib her! (er reisst ihr den Strick aus der Hand) Hast wieder geschnupft? F RAU L EDA Nein gespritzt! S CHMUGGLITSCHINSKI (bindet und knebelt Konstantin) Nicht beherrschen kann sie sich! Fürchterlich , immer wieder dieses blöde Rauschgift! Kokain, Morphium, Opium --- 얍 das nimmt noch mal ein schlimmes Ende mit dir, im Irrenhaus - - So! (jetzt hat er Konstantin geknebelt und gebunden) Alles muss man allein machen, eine schöne Compagnonin hab ich da bei der unerträglichen Hitze! (er wischt sich wieder die Glatze) F RAU L EDA Jetzt seh ich mein Kindlein, es winkt mir zu! O warum bist du gestorben mit 4 Jahren, du Englein in deinem Kinderhimmel, ich hätt doch sonst nie angefangen zu schnupfen und zu spritzen - (sie weint) S CHMUGGLITSCHINSKI (beiseite) Das auch noch! (zu Frau Leda) Los! Zu ! (er pufft sie) F RAU L EDA Au! S CHMUGGLITSCHINSKI Sei mir nicht bös, aber meine Brutalität ist Deine einzige Rettung, Liebling! (er pufft sie auf die Brücke) F RAU L EDA Au! B
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K2/TS1 (Korrekturschicht)
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L EDA (knebeltN ] S CHMUGGLITSCHINSKI RascherN ] Bda!N ] BS CHMUGGLITSCHINSKI (nichtsN ] B(mitN ] Brühren --N ] BS CHMUGGLITSCHINSKI (bindetN ] Bsich! FürchterlichN ] BAllesN ] BKinderhimmel, ichN ] BZuN ] B(erN ] BLiebling! (erN ] BschlafendenN ] B
korrigiert aus: L EDA Knebelt korrigiert aus: S CHMUGGLINSKI Rascher korrigiert aus: da) korrigiert aus: S CHMUGGLITSCHINSKI (nichts korrigiert aus: ( mit korrigiert aus: rühren-korrigiert aus: S CHMUGGLITSCHINSKI (bindet korrigiert aus: sich!.Fürchterlich korrigiert aus: alles korrigiert aus: Kinderhimmel,ich korrigiert aus: zu korrigiert aus: )er korrigiert aus: Liebling!(er korrigiert aus: schlafen en
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 29
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
F RAU L EDA (deutet auf die Schmuggler) Und die drei? S CHMUGGLITSCHINSKI Die zählen nicht mit! D IE DREI S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI Das sind nur Kulis! D IE DREI S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI Die können nur schleppen oder stören! D IE DREI S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI Jetzt aber kein Oho mehr! D IE DREI S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI (zu Frau Leda) Das hat man von seinem Personal, wenn man zu freundlich mit ihnen verkehrt! Wie oft hab ich Dir schon gesagt, verkehr nicht mit ihnen! Jetzt sind sie frech. (zu den drei Schmugglern) Wartet da! Wir zwei erledigen das schon, und zwar mit List - (er schlägt Frau Leda auf die Hand, eine Spritze fällt zu Boden, klirrt und zerbricht) Schon wieder, Irrsinnige! Schon wieder spritzen? F RAU L EDA Aber Du weisst doch, dass ich süchtig bin! Ich kann nicht so nüchtern schmuggeln. S CHMUGGLITSCHINSKI Höchste Zeit, dass Du eine Entziehungskur durchmachst! Wie uns jetzt da dieser Coup 얍 gelingt, kommst in eine Anstalt, das prophezeih ich Dir! Also los! Mit List und nach bewährtem Rezept! (ab mit Frau Leda) B
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16. Scene. (Die beiden betreten nun das linke Ufer. Szamek und Mrschitzka sitzen vor der amtlichen Baracke und schlafen nun vor lauter Rausch - aber Schmugglitschinski und Frau Leda bemerken es nicht vor lauter Vorsicht und Routine) S CHMUGGLITSCHINSKI (sehr leise) Fang an, Leda! F RAU L EDA (nähert sich den Schlafenden) Guten Tag, die Herren! S ZAMEK UND M RSCHITZKA (erwachen ) Wer da? Was los? F RAU L EDA (sieht Schmugglitschinski perplex an) M RSCHITZKA Ich wünsche nicht gestört zu werden -S ZAMEK (verschlafen) Wo bin ich? F RAU L EDA (perplex) An der Grenze. S ZAMEK Aha! Aha! (er reibt sich den Schlaf aus den Augen) Und Sie wollen über die Grenze? F RAU L EDA (sieht Schmugglitschinski abermals perplex an) Ja. Ich und die Krankenschwester dort. M RSCHITZKA (gähnt) Wer ist krank? F RAU L EDA Sie nehmen mir das Wort aus dem Munde. Wir wollen und müssen nämlich auf schnellstem Wege zu einem schwerkranken Verwandten und ich habe mir diese überaus aufopfernde und verständnisvolle Krankenschwester gleich mitgebracht. M RSCHITZKA Eine stramme Schwester ist das! Füss, wie ein Vieh! B
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Lesetext
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mit!N ] es nichtN ] BS CHMUGGLITSCHINSKI (sehrN ] BM RSCHITZKA (erwachenN ] BichN ] B
korrigiert aus: mit ! korrigiert aus: esnicht korrigiert aus: S CHMUGGLITSCHINSKI (sehr korrigiert aus: M RSCHITZKA (erwachen korrigiert aus: ic
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 30
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
F RAU L EDA Es dreht sich um eine überraschend ausgebrochene schwere innere Erkrankung -얍 S ZAMEK (unterbricht sie) Also gehens nur schon zu und stören uns nicht, was interessiert mich denn Ihre Verwandtschaft mit ihren inneren Erkrankungen! Mich interessiert nur Ihr Grenzschein, gnädige Frau! F RAU L EDA Ja, das ist eben das Ding. M RSCHITZKA Was für ein Ding? F RAU L EDA Wir haben leider keine Papiere. S ZAMEK Aha! Verstehe! Also ohne Papiere geht das nicht! Da könnt Ihre ganze Verwandtschaft aussterben, ohne Grenzschein wird da niemand vorbeigelassen! Punkt! F RAU L EDA Aber das ist doch herzlos ! S ZAMEK Ich bin auch herzlos! M RSCHITZKA (der sich Schmugglitschinski genähert und ihn von allen Seiten aufmerksam betrachtet hat) Du Thomas! Schau Dir mal da die Schwester an! Genauer! F RAU L EDA (aufgeregt) Warum? M RSCHITZKA Weil sie knusprig ist, meine Gnädigste! Schad, dass ich jetzt nicht im frühen Mittelalter leb, damals waren so knusprige Schwestern, wie ich höre, zugänglicher -- (er klopft Schmugglitschinski auf den Hintern) S CHMUGGLITSCHINSKI (lächelt verschämt) M RSCHITZKA Stramm! Sehr stramm! F RAU L EDA Belästigen Sie bitte die Schwester nicht, Herr Inspektor. M RSCHITZKA Ich bin kein Inspektor. (und wieder klopft er Schmugglitschinski auf den Hintern) F RAU L EDA Die Schwester kann sich ja nicht wehren -M RSCHITZKA Umso besser! F RAU L EDA Ach, das ist roh! Bedenken Sie doch bitte, dass 얍 die Schwester eine strenge Ordensregel -M RSCHITZKA (unterbricht sie) Regel hin, Regel her! So rabiat wird das schon nicht gehandhabt werden, was Mausi? (er zwickt Schmugglitschinski in die Backe) S CHMUGGLITSCHINSKI (lächelt wieder verschämt) M RSCHITZKA Na sag doch schon was! F RAU L EDA Aber sie darf ja nichts reden, das ist doch eben ihr Gelübde! Höchstens hie und da ein Wort! M RSCHITZKA Was hör ich? Nur ein -B
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schonN ] michN ] BErkrankungen! MichN ] BherzlosN ] BGenauer!N ] B(er klopftN ] BS CHMUGGLITSCHINSKI (lächeltN ] BInspektor. (und N ] BMausi?N ] B(erN ] BS CHMUGGLITSCHINSKI (lächeltN ] BschonN ] B
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korrigiert aus: sc on korrigiert aus: sich korrigiert aus: Erkrankungen!Mich korrigiert aus: her los korrigiert aus: Genauer ! korrigiert aus: ( er klopf korrigiert aus: S CHMUGGLITSCHINSKI (lächelt korrigiert aus: Inspektor.(und korrigiert aus: Mausi ? korrigiert aus: ( er korrigiert aus: S CHMUGGLITSCHINSKI (lächelt korrigiert aus: sc on
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 32
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
S CHMUGGLITSCHINSKI (mit verstellter Stimme) Wort. M RSCHITZKA Und sonst? S CHMUGGLITSCHINSKI Nichts. M RSCHITZKA Geh das ist doch blöd! S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Sondern? S CHMUGGLITSCHINSKI Gescheit! M RSCHITZKA Also auf alle Fälle ist es anstrengend! Immer nur ein Wort, Kruzifix! Bei der Figur! Aber satt dürft’s Euch doch hoffentlich essen? S CHMUGGLITSCHINSKI Sehr. M RSCHITZKA Schweinernes? S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Kälbernes? S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Geflügeliges? S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Mir scheint also, überhaupt kein Fleisch? S CHMUGGLITSCHINSKI Erraten. M RSCHITZKA Aha! Vegetarianisch? S CHMUGGLITSCHINSKI Ja. 얍 M RSCHITZKA Zum Beispiel? S CHMUGGLITSCHINSKI Spargeln. M RSCHITZKA Gut so! Und? S CHMUGGLITSCHINSKI Trüffeln. M RSCHITZKA Also das ist schon extravagant! Nichts reden, aber Trüffeln fressen und wie stehts denn mit dem Getränk? S CHMUGGLITSCHINSKI Wasser. M RSCHITZKA Und? S CHMUGGLITSCHINSKI Rum. M RSCHITZKA Prächtig! Und Bier, Wein, Schnaps, Likör, Most ? S CHMUGGLITSCHINSKI Alles. M RSCHITZKA Gut so . Und was trinkt denn mein herziges Schwesterlein am liebsten? S CHMUGGLITSCHINSKI Viel. M RSCHITZKA Sehr sympathisch, anormal sympathisch! Und trinkt Ihr schon des morgens? S CHMUGGLITSCHINSKI (nickt ja) Und -M RSCHITZKA Mittags? S CHMUGGLITSCHINSKI (nickt ja) Und --M RSCHITZKA Abends? S CHMUGGLITSCHINSKI Bis B
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S CHMUGGLITSCHINSKI (mitN ] Gescheit!N ] BFälle istN ] BBeiN ] Bextravagant! NichtsN ] Bwie stehtsN ] B Likör, Most N ] BGut soN ] B
korrigiert aus: S CHMUGGLITSCHINSKI (mit korrigiert aus: Gescheit ! korrigiert aus: Fäleist korrigiert aus: bei korrigiert aus: extravagant!Nichts korrigiert aus: wiestehts korrigiert aus: Likör,Most korrigiert aus: Gutso
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 33
Fragmentarische Fassung
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K2/TS1 (Korrekturschicht)
M RSCHITZKA in S CHMUGGLITSCHINSKI die M RSCHITZKA tiefe S CHMUGGLITSCHINSKI Nacht. M RSCHITZKA (begeistert) Das ist ein Gelübde, das ist ein Orden, das sind Regeln. S CHMUGGLITSCHINSKI (berührt Mrschitzka schüchtern) Gewehr M RSCHITZKA Was? 얍 S CHMUGGLITSCHINSKI (lächelt verlegen) Bajonett -M RSCHITZKA (perplex) Was für ein Bajonett? F RAU L EDA Ach, die brave Schwester bittet Sie nur um Ihr Gewehr - sie möchte es gern mal in die Hand nehmen aus einem regen Interesse -M RSCHITZKA Für mein Gewehr? S CHMUGGLITSCHINSKI Bitte -M RSCHITZKA Militant, sehr militant. (indem er Schmugglitschinski sein Gewehr überreicht) Da wird geladen, da wird gedruckt und dann gehts vorn los! S CHMUGGLITSCHINSKI (übernimmt das Gewehr; mit seiner tiefen Stimme) Danke! (er schlägt Mrschitzka k.o.) M RSCHITZKA (bricht lautlos zusammen) S CHMUGGLITSCHINSKI (reisst sich rasch wieder die Haube herunter) Herrgott, die Hitz! (er hebt das Gewehr auf Szamek:) Hände hoch! S ZAMEK (reagiert nicht, denn er ist inzwischen längst wieder eingeschlafen) F RAU L EDA Pst! Der schläft ja schon wieder! S CHMUGGLITSCHINSKI Auch gut -- (er legt das Gewehr weg) So erregen wir noch weniger Aufsehen! Und jetzt gib ich das verabredete Zeichen -- (er winkt mit seinem Taschentuch nach der Brücke zu) B
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17. Scene. (Aber auf der Brücke erscheint Konstantin mit seinem Dienstrevolver in der Hand -hinter ihm tauchen Eva und Havlicek auf, mit sehr viel Stricken) K ONSTANTIN Hände hoch! S CHMUGGLITSCHINSKI Goddam ! F RAU L EDA O Kind! 얍 K ONSTANTIN Hände hoch! Hoch oder - - !! F RAU L EDA UND S CHMUGGLITSCHINSKI (folgen ) B
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bittet SieN ] Gewehr?N ] BS CHMUGGLITSCHINSKI (übernimmtN ] B(erN ] BS CHMUGGLITSCHINSKI (reisstN ] Bhoch!N ] Bwieder!N ] BS CHMUGGLITSCHINSKI AuchN ] Bgut --N ] BlegtN ] B(erN ] BS CHMUGGLITSCHINSKI GoddamN ] BGoddamN ] BS CHMUGGLITSCHINSKI (folgenN ] B
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korrigiert aus: bittetbSie korrigiert aus: Gewehr ? korrigiert aus: S CHMUGGLITSCHINSKI (übernimmt korrigiert aus: ) er korrigiert aus: S CHMUGGLITSCHINSKI (reisst korrigiert aus: hoch ! korrigiert aus: wieder ! korrigiert aus: S CHMUGGLITSCHINSKI Auch korrigiert aus: gut-korrigiert aus: leg korrigiert aus: )er korrigiert aus: S CHMUGGLITSCHINSKI Goddam gemeint ist: Goddamn korrigiert aus: S CHMUGGLITSCHINSKI (folgen
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 35
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
K ONSTANTIN Denkt nur ja nicht, dass Ihr mich überrumpeln könnt! So large geht das nicht! (zu Eva und zu Havlicek) Bindet sie! Ich halt sie derweil mit meinem Dienstrevolver in Schach! H AVLICEK Auch knebeln? K ONSTANTIN Binden genügt! E VA UND H AVLICEK (führen nun Konstantins Befehl aus) M RSCHITZKA (kommt allmählich wieder zu sich) --- hab ich das jetzt geträumt, dass mich eine Nonne niedergestreckt hat? Natürlich hab ich diesen Unsinn geträumt, denn ich träum immer Unsinn, mich streckt keiner nieder -- mich nicht! Es war ein Traum -- (erblickt Eva, Havlicek, Konstantin und so weiter und ist masslos überrascht) Was seh ich? Mir scheint, ich träum noch immer! Meiner Seel, da steht ja dieser Ausgewiesene -- Jesus Maria, die Nonn hat ja eine Glatzen! Maria Josef -- gib acht, Mrschitzka! Gib acht, Mrschitzka! Gib acht -- (er nähert sich ängstlich Szamek und schüttelt ihn) Thomas! Wach auf! S ZAMEK (erwacht) Warum soll ich aufwachen? M RSCHITZKA Weil ich Angst hab, Thomas. Mir scheint, ich bin krank -- trelirium demens . S ZAMEK Wundern täts mich nicht. Geh sei so gut und lass mich schlafen! M RSCHITZKA Aber schau doch nur mal dorthin, bittschön -- 얍 ob dort nämlich was ist oder ob das jetzt nur eine persönliche Fatamorgana von mir ist -S ZAMEK Ich schau nicht hin. Ich hab selber Angst! M RSCHITZKA Feigling. S ZAMEK Also feig bin ich nicht! Jetzt schau ich hin! (er schaut hin und erstarrt) M RSCHITZKA (bange) Siehst auch etwas? S ZAMEK Und ob ich was seh -- (er schlägt auf den Tisch) Was seh ich?! Der Konstantin! Da herüben! Na, das ist aber eine grandiose Grenzverletzung . K ONSTANTIN Ruhe, Szamek! (zu Eva) Fertig? E VA Sogleich. S ZAMEK (beiseite) „Ruhe Szamek“? Befehlen auch noch? Masst sich da Amtshandlungen an auf unserem Hoheitsgebiet --- (er schreit) Eva! Da geh her und folg ihm nicht! Wie kommt der dazu, wildfremde Nonnen zu fesseln?! Meiner Seel, was da passiert, also das gibt Krieg! K ONSTANTIN ( ruhig ) Bitte nur nicht aufregen, lieber Vater Szamek! S ZAMEK Ich Ihr Vater? Na Servus! Da tät ich mir leid! B
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largeN ] nicht! (zuN ] BBindenN ] BUnsinn,N ] Bnicht!N ] Bscheint, ichN ] BMrschitzka!N ] B(erN ] BThomas! WachN ] BThomas.N ] Btrelirium demensN ] B bittschön --N ] Bich?!N ] BGrenzverletzungN ] BSzamek! (zuN ] BSzamek“?N ] BruhigN ] B
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gemeint ist Französisch für: einfach, locker korrigiert aus: nicht!(zu korrigiert aus: Knebeln korrigiert aus: Unsinn. korrigiert aus: nicht ! korrigiert aus: scheint,ich korrigiert aus: Mrschitzka korrigiert aus: ( er korrigiert aus: Thomas!wach korrigiert aus: Thomas, bewusst gesetzte Form, vgl. K1/TS1/ ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 75 korrigiert aus: bittschön-korrigiert aus: ich? ! korrigiert aus: Grenzverlertzung korrigiert aus: Szamek!.(zu korrigiert aus: Szamek“ ? korrigiert aus: Ruhig
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 36
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
K ONSTANTIN (scharf) Herr Szamek! Wenn ich jetzt die Grenz hier nicht verletzt hätt, wären Sie jetzt vielleicht bereits über einer anderen Grenze - es gibt auch höhere Gewalten -H AVLICEK Vis major! S ZAMEK (zu Mrschitzka) Versteh kein Wort! Und Du? M RSCHITZKA Aber! K ONSTANTIN Darf ich vorstellen: Herr Schmugglitschinski, der berüchtigte Rauschgiftschmuggler und seine überaus raffinierte, routinierte Compagnonin! Das 얍 Personal dieser Firma haben wir ebenfalls bereits auf der Brücke überwältigt, es sitzt nun drüben hinter Schloss und Riegel. E VA Und das Rauschgift haben wir auch beschlagnahmt. Fast drei Zentner. S ZAMEK Was hör ich?! K ONSTANTIN Die Wahrheit! S ZAMEK (zu Mrschitzka) Mrschitzka, er sagt die Wahrheit, er ist ein Idiot. K ONSTANTIN (braust auf) Herr Szamek S ZAMEK (unterbricht ihn) Junger Mann, jetzt red ich! Was Sie mir da zusammenfabulieren ist platterdings zu plump! Herr, diese männliche Nonn soll der Schmugglitschinski sein?! M RSCHITZKA Zu plump! S ZAMEK Sie Anfänger, Sie! Den echten Schmugglitschinski den haben ich und mein Freund schon längst hopp, schon vor vielen Stunden - (er deutet auf die Baracke) da sitzt er drinnen eingekastelt! K ONSTANTIN (perplex) Wo? S ZAMEK Da in der Barack! Es war nicht leicht, ihn zu überführen, aber ich hab halt meine alte kriminalistische Routine - und raffiniert bin ich auch! M RSCHITZKA Genial raffiniert! S ZAMEK (zu Mrschitzka) Wie selbstsicher der aufgetreten ist, unser Schmugglitschinski, was?! Sogar für den Ministerpräsidenten hat er sich ausgegeben! H AVLICEK Ministerpräsident? Grosser Gott! S ZAMEK Aber wir haben ihn demaskiert. M RSCHITZKA Nicht zu knapp! Ich hab ihm gleich eine hingehaut. Gleich! 얍 K ONSTANTIN (zu Eva) Mir schwant ein Unheil – ein furchtbares Unheil für deinen Papa! S ZAMEK Eva! Und jetzt komm her und bitt deinen eigenen Vater um Verzeihung, dass du erst jetzt kommst, aber so, dass es dein Herr Konstantin sieht! K ONSTANTIN Moment, Herr Szamek! S ZAMEK Avanti, Eva! Avanti! K ONSTANTIN Aber Herr Szamek! Sie haben ja Ihren eigenen Ministerpräsidenten eingesperrt, Ihren eigenen echten! Und dieser Herr hat seinem eigenen echten eine B
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 38
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
hingehaut - ich beschwöre Sie, weil ich Ihre Eva lieb hab, dass ich recht hab! Die beiden Chefs wollten doch heut Nacht in aller Heimlichkeit auf der Brücke konferieren! H AVLICEK Stimmt! M RSCHITZKA Was wissen denn Sie schon, Sie Ausgewiesener? H AVLICEK Weil ich mitkonferiert hab! E VA Aber so lass ihn doch schon frei, Papa, um Gottes Christi Willen! H AVLICEK Ich tät ihn gleich wiedererkennen. (Stille) S ZAMEK (zu Mrschitzka) Zu blöd, nicht? M RSCHITZKA Oberblöd. K ONSTANTIN Ich beschwöre Sie abermals, lassen Sie Ihren Gefangenen sofort frei, denn eventuell entsteht ja noch eine Katastrophe für die ganze zivilisierte Menschheit! Könntens denn das verantworten, Herr Szamek? S ZAMEK (sehr unsicher) Warum nicht? (zu Mrschitzka) Aber lass ihn mal raus, damit er sich beruhigt, dieser junge Grenzverletzer 얍 M RSCHITZKA Der möcht ja doch nur unsere Zwanzigtausend! Aber daraus wird nichts, eher bring ich mich um. B
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18. Scene. (Die Nacht ist nun schon durchsichtiger geworden und nun dämmert der Morgen) M RSCHITZKA (öffnet die Barackentür) Raus! Y (erscheint; er ist gebrochen und weint bitterlich) H AVLICEK Das ist er! Y Na, der Kerl kann sich freuen, der mich da in dieses Loch M RSCHITZKA Das ist kein Loch, das ist eine amtliche Baracke, bitt ich mir aus! Y (unter argem Geschluchze) Ein Loch ist es, ein schamloses Loch! Penetrant! Wenn ich Euch nur alle sehen könnt, aber ich hab ja keine Brille - (er stürzt plötzlich auf Schmugglitschinski zu und brüllt ihn an) Was bin ich?! Ein Rauschgiftschmuggler? S CHMUGGLITSCHINSKI Ja. F RAU L EDA Er lügt! (zu Schmugglitschinski) So gibs doch schon zu! Was nützt Leugnen in unserer Lage?! K ONSTANTIN Sehr vernünftig. S CHMUGGLITSCHINSKI Schad, dass wir nicht in die gleiche Zell kommen, da tätst was erleben! F RAU L EDA Ich erleb nichts mehr. S ZAMEK (zu Frau Leda) Ist das wahr? F RAU L EDA Ja. (Stille) S ZAMEK (brüllt) Aber also dann hinein mit Euch in 얍 das Loch! Hinein!! (Er sperrt Frau Leda und Schmugglitschinski in die amtliche Baracke) B
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 40
Fragmentarische Fassung
5
K2/TS1 (Korrekturschicht)
Lesetext
19. Scene. (Y. hat sich inzwischen an dem Tische niedergelassen und weint noch immer über die Tischplatte gebeugt) M RSCHITZKA (fällt vor ihm in die Knie) Herr Exzellenz! Ich hab eine Familie mit drei minderjährige Töchter und vier aussereheliche Enkelkinder - Gnade! K ONSTANTIN Warum Gnade? M RSCHITZKA (zu Konstantin) Weil ich sonst meine Pensionsansprüch verlier! (zu Y) Gnade! Gnade! K ONSTANTIN Aber Ihr braucht doch keine Gnade! Pflichtlich wart Ihr doch vorschriftlich! Pflichtlich hätt Euer Präsident einen vorschriftlichen Pass haben sollen, da er aber keinen pflichtlich-vorschriftlichen, sondern nur einen unvorschriftlich-unpflichtigen gehabt hat, habt Ihr ihn doch vorschriftlich-pflichtlich verhaften und pflichtlich-vorschriftlich einkasteln müssen! Also braucht Ihr vorschriftlich keine Gnade, denn pflichtlich seid Ihr im Recht! H AVLICEK Vorschriftlich-pflichtlich! M RSCHITZKA (zur Seite) Ein ganz logisches Gehirn S ZAMEK (bei Seite) Ganz ein scharfsinniger Kopf, dieser Konstantin - wundert mich! M RSCHITZKA (bei Seite) Mir scheint, er hat recht. (laut ) Natürlich hat er recht! (er erhebt sich) Sehr vorschriftlich, sehr pflichtlich! Ich brauch keine Gnad, ich such mir schon mein Recht und wenn ich unrecht tun müsst. (Bei Seite) Jetzt gönn ich ihm 얍 erst seine Zwanzigtausend, ersticken soll er daran! E VA Hoch Konstantin, der Retter! Y (wimmernd) Und wer rettet mich? (er steht auf) Nur das Dementi! Ich dementier, ich dementier! (stark schluchzend) Aber diese Nacht soll mir ein Fingerzeig gewesen sein: jetzt sperr ich aber meine eigene Opposition ein! (er rennt heftig weinend gegen die Brücke) H AVLICEK Halt! Nach der anderen Richtung! Y Im Ernst? H AVLICEK Also mit die Richtungen kenn ich mich jetzt schon aus. Y (ab in der richtigen Richtung) B
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20. Scene. (Jetzt geht die Sonne auf) E VA Papa! Jetzt gibst aber doch Dein Einverständnis zu unserer langersehnten Verbindung? S ZAMEK Jetzt ja. (zu Konstantin) Mein Sohn, du hast mich doppelt gerettet, mein Leben und meine Pensionsberechtigung, ich seh das ein, weil ich keinen falschen Charakter hab! Also behalt sie Dir, die Eva, und da habts meinen Segen! Jetzt bist ja ein reicher Mann. Zwanzigtausend - enorm . B
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 41
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
K ONSTANTIN Moment! Die Wahrheit und die Gerechtigkeit gebieten es mir feierlichst zu sagen, dass diese enorme Summe nicht mir gebühren kann, sondern (er deutet auf Havlicek) jenem Herrn dort, denn ich hätte Dich ja nie retten können, wenn er mich nicht gerettet hätt - und also ist Herr Havlicek eigentlich unser aller Retter! 얍 S ZAMEK (sprachlos) Eigentlich? H AVLICEK Eigentlich hab ich nur ein Wimmern gehört, wie ich da auf dieser Brück grad etwas entschlummert war und zuerst hab ich gedacht: Das ist nur Gehörstäuscherei - aber dann hab ich halt doch nachgeschaut, weil mir mein Gefühl keine Ruhe gelassen hat. Und dann hab ich halt die beiden entfesselt. S ZAMEK (noch immer sprachlos) Wieso entfesselt? K ONSTANTIN Kurz und gut, Papa! Ich danke Dir für deinen väterlichen Segen, aber die Zwanzigtausend gehören Herrn Havlicek! E VA Das ist gut von Dir S ZAMEK Na servus! Jetzt bricht eine Welt in mir zusammen E VA Und eine neue entsteht....... (sie küsst Konstantin) M RSCHITZKA (zu Havlicek) Gratuliere, Herr Multimillionär! H AVLICEK Was hab ich davon? Auf einer Brück! B
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21. Scene. F RAU H ANUSCH (kommt rasch von der Brücke, überrascht) Ja, wie kommen denn Sie daher hinüber, Herr Konstantin?! K ONSTANTIN Später! F RAU H ANUSCH Ich such Ihnen schon überall - eine amtliche dringende Depesch! K ONSTANTIN Danke! (er erbricht und überfliegt sie) Was? (er liest es laut) „Durch eine aussertourliche und ausserinstanzliche ministerielle Verfügung ist dem heimatlosen Ferdinand Havlicek sofort die Grenze zu öffnen“. H AVLICEK „ Heimatlos“ - das bin ich! K ONSTANTIN Da steht es schwarz auf weiss. A LLE (zu Havlicek) Wir gratulieren! 얍 H AVLICEK Mir scheint, ich schlaf F RAU H ANUSCH Nein, das tust du nicht K ONSTANTIN Wieso per du? F RAU H ANUSCH Später! (sie küsst Havlicek) E VA Was seh ich? F RAU H ANUSCH Darf ich vorstellen: der neue Postwirt! Nur schad dass ich heut Konkurs anmeld! H AVLICEK Trotzdem! B
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 43
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
M RSCHITZKA Was hör ich?! Noch ein Paar, das ist eine Freud! Rum her! K ONSTANTIN Und Sie werden auch keinen Konkurs anmelden, Frau Hanusch, denn der neue Postwirt besitzt ab heut ein Vermögen von Zwanzigtausend! F RAU H ANUSCH Jetzt fall ich um! Ferdinand! H AVLICEK Halt! Still! (drohend ) Jetzt werd ich aber auch gleich edel werden! Gerecht und wahr! Also hört Ihr her, Ihr! Ich hab zwar den Konstantin gerettet, aber wer hat denn hier mit dem Revolver gesiegt - er oder ich? Na also! Ich war doch nur eine Voraussetzung zu seinem Glück. Darum: Halb und halb . Zehn für das Glück und zehn für die Voraussetzung! F RAU H ANUSCH Aber Havlicek! H AVLICEK Still! Ich bin Fachmann in punkto Gerechtigkeit - ich weiss, was das wert ist, Gerechtigkeit. S ZAMEK Halb und halb? F RAU H ANUSCH Er ist ein braver Mann. S ZAMEK Zehntausend ist auch kein Hund. Meiner Seel, jetzt freuts mich erst wieder, diese Heiraterei! B
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22. Scene. (Und nun erscheint der Privatpädagoge mit seiner Frau. Er trägt die Angel und sie die ominöse Blechbüchse mit den Regenwürmern) P RIVATPÄDAGOGE (gut gelaunt) Guten Morgen, guten Morgen! So früh schon auf? E VA (lächelt) Wir hatten alle Nachtdienst, alle miteinander. P RIVATPÄDAGOGE Und wir gehen jetzt angeln. Meine brave Frau hat mir herrliche Würmer gebracht - (ab mit ihr auf die Brücke) M RSCHITZKA (ruft ihnen nach) Petri Heil! B
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23. Scene. F RAU H ANUSCH Jesus, jetzt hab ichs vergessen! Da hab ich ja noch eine dringende Depesch an dich persönlich H AVLICEK An mich? F RAU H ANUSCH Ja. eine schöne. H AVLICEK Woher weisst denn du das? Erbrichst du meine Post? F RAU H ANUSCH Aber geh, ich bin doch die Posthilfsstelle und bei mir lauft alles ein ! H AVLICEK Dann kennst also auch das Morse-Alphabet? Respekt! (er erbricht die Depesche und liest sie) Na das ist aber rührend! Rührend! M RSCHITZKA Vorlesen! Laut! Wir wollen auch gerührt werden! H AVLICEK Vom Chef dort drüben, das heisst: vom ehemaligen Chef - (er liest) „Mein lieber Herr Havlicek stop es ist mir ein Bedürfnis, bevor ich demissioniere Ihnen zu helfen stop es drängt mich noch im Besitze der Macht eine menschliche Tat zu begehen stop über alle Gesetze hinweg stop Sie sind also nun erlöst von Ihrer penetranten Brücke und ich hoffe, dass es Ihnen gut gehen wird, B
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 44
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
während ich mich in meine Einsamkeit 얍 zurückziehe um an meinen Memoiren zu arbeiten stop Tag und Nacht stop mit drei Sekretärinnen stop leben Sie wohl stop Ihr - “ (er wischt sich einige Tränen aus den Augen) Ich wünsche ihm alles Gute für seine Memoirenschreiberei, er soll sich nur selbst gerecht behandeln – Leut, die so depeschieren, stellen sich meist zurück. Hoffentlich streicht er sich heraus. Und was die Depesch kostet, grosser Gott - (er zählt) Siebenundachtzig Wörter! Und dringend, also dreifach! M RSCHITZKA Bezahlt die Allgemeinheit! F RAU H ANUSCH Irrtum! Diese Depesch ist privat! H AVLICEK Ich sag ja, ein vornehmer Mensch, überhaupt: ein Mensch! Und überhaupt und eigentlich, wie leicht dass man so unmenschliche Gesetz menschlich ausser Kraft setzen kann - Schad, dass man immer gleich demissionieren muss! B
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24. Scene. (Der Privatpädagoge und seine Frau erscheinen nun strahlend auf der Brücke mit einem gefangenen Riesenfisch) P RIVATPÄDAGOGE Da! Ein Riesenhecht! A LLE Wir gratulieren! P RIVATPÄDAGOGE Der Tag beginnt gut und die Nacht war doch so düster! Heut angel ich nimmer! Das ist ein Hecht! H AVLICEK Abrakadabra! P RIVATPÄDAGOGE (begeistert) Abrakadabra!! Und Ihr seid alle eingeladen zu diesem Fang! Meine Frau kocht ja so pikant und ohne ihre Würmer hätten wir jetzt alle miteinander keinen Hecht! (zur Frau) Geh, nimm diesen Hecht, er sei dein, mir ist er schon zu schwer! 얍 M RSCHITZKA Fisch ess ich gern! Wenn ich nur wüsst, wo ich meine Schuh hab, Kruzifix! Aber was, mir schmeckts auch nackt - das wird ein Verlobungsschmaus! F RAU Verlobung? S ZAMEK (deutet auf Konstantin und Eva) Dort! Das junge Paar! P RIVATPÄDAGOGE UND F RAU Wir gratulieren! F RAU H ANUSCH Na, und wir? In vier Wochen heisse ich Frau Havlicek! A LLE Wir gratulieren! H AVLICEK Danke. E VA Und in vier Wochen heiss ich - (zu Konstantin) wie Du. Und in sieben Monat (sie küsst ihn) S ZAMEK Was?! Schon in sieben Monat?! M RSCHITZKA Ich gratuliere. S ZAMEK Na servus! B
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 45
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Ihr -N ] zurück. HoffentlichN ] BdieN ] BSiebenundachtzigN ] Bdreifach!N ] BBezahltN ] BDepeschN ] BMensch!N ] BBrücke mitN ] BHecht! (zurN ] BHecht,N ] BP RIVATPÄDAGOGE UND N ] B
korrigiert aus: Ihr .korrigiert aus: zurück.Hoffentlich korrigiert aus: di korrigiert aus: Siebenundachzig korrigiert aus: dreifach ! korrigiert aus: Bazhlt korrigiert aus: Depsch korrigiert aus: Mensch!. korrigiert aus: Brücke mit korrigiert aus: Hecht!(zur korrigiert aus: Hecht , korrigiert aus: P RIVATPÄDAGOGE :UND
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 46
Fragmentarische Fassung
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K2/TS1 (Korrekturschicht)
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F RAU H ANUSCH Aber Herr Szamek! Ende gut, alles gut! S ZAMEK Ich hab ja schon immer gewusst, dass die Leut dort drüben einen falschen Charakter haben! P RIVATPÄDAGOGE Das junge und das noch jüngere Paar - sie leben hoch! A LLE Hoch! Hoch! Hoch! N B
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25. Scene. Finale: H AVLICEK Dass ich das noch durft erleben, dass es solch reine Freuden gibt! Plötzlich ist die Grenz gefallen, Ich darf mit den andern allen In der alten, niegekannten Heimat leben, Die man ohne Grenzen liebt.
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S ZAMEK Ohne Grenzen, ohne Grenzen, gäb es keinen Staat und keine Ordnung in der Welt! Wir tun von den Grenzen leben , Also muss es Grenzen geben. Nein, das wär ein ganz arges Gfrett, Wenn man keine Grenzen, keine Grenzen hätt! B
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A LLE Ja, das ist wahr, Das ist ganz klar, So könnts nicht gehn, ohne Grenzen, ohne Grenzen Wär das Leben gar nicht schön.
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K ONSTANTIN Denn wenn ein jeder das tät, was er möchte, Und das unterliess, was er nicht möcht, Wenn ein jeder so wär, wie er ist, Na, servus! Das wär ein feiner Mist! Na gute Nacht, das wär ein Erwachen! Da hätten wir alle nichts zu lachen!
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A LLE Ja, das ist wahr, Das ist ganz klar, So könnts nicht gehn: Ohne Grenzen, ohne Grenzen Wär das Leben gar nicht schön.
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P RIVATPÄDAGOGE DasN ] junge undN ] Bhoch!N ] Bgäb esN ] BGrenzen lebenN ] Bist, -N ] BDa hättenN ] B
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ÖLA 3/W 42 – BS 43 a, Bl. 47
Fragmentarische Fassung
K2/TS1 (Korrekturschicht)
F RAU H ANUSCH Die Jugend, die ist allweil keck Und räumert gern alle Grenzen weg. Wir reiferen, gesetztren Leut, Wir denken an die Ewigkeit! 5
H AVLICEK P RIVATP . Wir denken an die Ewigkeit! F RAU B
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\Textverlust\
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Ewigkeit!N ]
korrigiert aus: Ewigkeit !
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Strukturplan in zwei Teilen
ÖLA 3/W 48 – BS 43 g, Bl. 1
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Strukturplan in zwei Teilen
K2/E19
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Lesetext
Fragmentarische Fassung
K2/TS2 (Korrekturschicht)
Lesetext
얍 \Textverlust\ D IE K ÖNIGIN DER N ACHT Willkommen in meinem dunklen Palast! Ihr Träume aus allen Ländern, was habt Ihr vollbracht?
ÖLA 3/W 44 – o. BS, Bl. 1
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G ESANG Ich bin der Wunschtraum Ich bin der Angsttraum Ich bin der sinnliche Traum -Ich bin der traumlose Schlaf -- --
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E INE S TIMME Ihre Majestät, die Königin der Nacht! K ÖNIGIN DER N ACHT (kommt) Willkommen Ihr lieben Freunde, Ihr guten und Ihr bösen Träume! Nur legere, meine Herrschaften, legere! -- Nun, was gibt es Neues? A NGSTTRAUM Majestät, ich führe berechtigte Beschwerde! Jenes Wesen dort, jenes durch und durch verlogene -K ÖNIGIN Halt! Ihr streitet Euch schon wieder? Mein lieber Angsttraum, auch der Wunschtraum ist Deine Schwester, Ihr seid vom gleichem Gespinst, vom gleichen Lug und Trug, Ihr Träume müsst zusammenhalten, besonders jetzt, wo Ihr analysiert werdet! Ihr sollt Euch nicht gegenseitig bekriegen, meine Freunde --Ihr seid alle meine Kinder und ich will Euch eine brave Nachtmutter sein -- -얍 A NGSTTRAUM Aber sie hat mich wiedermal schwersten beleidigt und das kann ich nichtmehr auf mir sitzen lassen! Sie hat gesagt, ich sei ein Unheilbringer! Nun, da muss ich sie doch fragen, wer der grössere Unheilbringer ist, sie oder ich? Bei mir schwitzen und stöhnen die Leut in der Nacht, wachen auf und freuen sich, dass es ihnen nicht so schlecht geht -W UNSCHTRAUM Bei mir haben sie wenigstens eine halbe Stunde die sie glücklich sind -A NGSTTRAUM Und dann wachen sie auf und sind verzweifelt. Zum Beispiel der Mann auf der Brücke, Majestät, der dort hin und hergeht -- dem hat sie einen Pass vorgegaukelt und jetzt hat sie ihn zum Generaldirektor eines Chemietrusts gemacht, ein grosser Erfinder, der Herrscher auf dem Gebiet der Droguerie -- na das gibt ein Erwachen, der arme Teufel! K ÖNIGIN (zum Wunschtraum) Ist das wahr? W UNSCHTRAUM Ja. K ÖNIGIN Also gar so übertreiben muss man ja auch nicht -W UNSCHTRAUM Und was hätt er gemacht? Er hätt ihm einen Traum gebracht, wo er an den Galgen kommt, weil er keinen Pass hat! K ÖNIGIN Das ist auch übertrieben! Er soll die Wirklichkeit träumen! Er soll einen wirklichen Traum träumen, so wie es ist! Keine Angst und keinen Wunsch! Die Wirklichkeit -- Er soll seinen Pass behalten, gut, und dann soll ers sehen, wie er ist! B
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legere! --N ] WunschtraumN ] BschwerstensN ] B N] B N] BW UNSCHTRAUM N ] B
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ÖLA 3/W 44 – o. BS, Bl. 2
Fragmentarische Fassung
K2/TS2 (Korrekturschicht)
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W UNSCHTRAUM Alles weg? Aber wenigstens den Pass soll er behalten, sonst müsst er ja überhaupt nicht träumen! 얍 K ÖNIGIN Gut! Er soll den Pass behalten -B
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H AVLICEK (steht vor seinem Spiegelschrank) Das nenn ich schön! Da hab ich ja jetzt meinen Spiegelschrank wieder, das ist die Hauptsach! Wo man sich so auf einmal sehen kann! Ueberhaupt, wenn man sich das alles so überlegt -- also das ist schon fabelhaft! Ich hab ein Haus, eine junge Frau -- Hallo! Wo bist Du? E VAS S TIMME Hier, mein Butzi! H AVLICEK Komm mal her! Damit Dich die Leut sehen! E VAS S TIMME Was für Leut? H AVLICEK Alle Leut! Alle Leut sollen sehen, was ich noch für eine Frau hab! Für eine schöne, zerspringen sollen sie vor Neid! Und was die alles kann! Wie die tanzt ! E VA ( kommt aus dem Schrank) H AVLICEK Tanz mir mal was vor! Los, los! E VA (tanzt) H AVLICEK Na! Das tät Euch so passen! Aber Ihr kriegt sie nicht! Noch gibt es eine Gerechtigkeit! Sie ist aus gutem Hause, fabelhaft reich! Ihr Vater wollte sie mir zuerst nicht geben, aber dann hat er mich gebettelt, dass ich sie nimm! He, Herr Rockefeller, stimmts? S ZAMEK (kommt) Es stimmt! (er kommt aus dem Schrank) Sie haben hier einen herrlichen Schrank! Und wie bequem der ist, fabelhaft! Wie sind Sie mit meiner Tochter zufrieden? H AVLICEK Dank der Nachfrag, recht gut! S ZAMEK Ich hätt noch eine Nichte für sie -H AVLICEK So alt, wie sie wollen. Man kann ihr Alter hin und herschrauben! 얍 H AVLICEK Bravo! S ZAMEK Soll ich Sie Ihnen per Rohrpost oder Flugpost zusenden? H AVLICEK Beides. Zuerst Flug, dann Rohr. S ZAMEK (leise ) Sagen Sie, ist Ihnen meine Tochter auch treu? H AVLICEK Und ob! S ZAMEK Der Prinz, der sie heiraten wollte, der ist doch abgeblitzt? H AVLICEK Und wie! S ZAMEK Kaum glaublich! H AVLICEK Fragen Sie ihn selbst! K ONSTANTIN (kommt ) S ZAMEK Ach, der Prinz! Wieso in Trauer? B
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ÖLA 3/W 44 – o. BS, Bl. 4
Fragmentarische Fassung
Lesetext
K ONSTANTIN Ich trauere um meine Liebe -- -- Sie haben gesiegt. H AVLICEK Sehen Sie , sehen Sie -K ONSTANTIN Sie haben nur gesiegt, weil Sie einen Pass haben -H AVLICEK Aber was für einen Pass! Ganz neu! B
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W UNSCHTRAUM (kommt und verabschiedet sich) B
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S ZAMEK Halt! Der Schrank ist gepfändet! (Gerichtsvollzieher) K ONSTANTIN (ab mit) E VA H AVLICEK Aber ich hab doch einen Pass! K ONSTANTIN Na wenn schon! E VA Von einem Pass kannst Du keine Familie ernähren! Einen Pass kann man nicht essen! H AVLICEK Na servus! N
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SieN ] K ONSTANTIN SieN ] BS ZAMEK f servus!N ] B
korrigiert aus: sie korrigiert aus: K ONSTANTIN Sie
\[S ZAMEK & K ONSTANTIN [(ziehen die Röcke aus und] |(|] |S ZAMEK f servus!|/
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Titelentwürfe
ÖLA 3/W 370 – o. BS, Bl. 90v, 91
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Titelentwürfe
K2/E20–E21
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Hin und her Wiener Fassung (Endfassung, emendiert)
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HIN UND HER Posse in zwei Teilen von Ödön von Horváth Musik von Hans Gál. 5
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F ERDINAND H AVLICEK T HOMAS S ZAMEK , ein Grenzorgan E VA , dessen Tochter K ONSTANTIN , auch ein Grenzorgan M RSCHITZKA , ein Gendarm F RAU H ANUSCH X, der Chef der Regierung auf dem rechten Ufer Sein S EKRETÄR Y, der Chef der Regierung auf dem linken Ufer Ein P RIVATPÄDAGOGE Dessen F RAU F RAU L EDA S CHMUGGLITSCHINSKI , ein Oberschmuggler D REI S CHMUGGLER
Bemerkung: Dies Stück ist für eine Drehbühne geschrieben. Schauplatz: Dieses „Hin und Her“ ereignet sich auf einer alten bescheidenen Holzbrücke, die über einen mittelgroßen Grenzfluß führt, und also zwei Staaten in gewisser Weise miteinander verbindet. Rechts und links, dort wo die Brücke aufhört, wacht das jeweilige Grenzorgan, und zwar residiert auf dem linken Ufer Thomas S ZAMEK in einer Baracke und auf dem rechten Ufer K ONSTANTIN in einem halbverfallenen Raubritterturm. Beide Herren haben einen geruhsamen Dienst, denn hier wickelt sich normalerweise nur ein kleiner Grenzverkehr ab, da ja dieses ganze Gebiet, hüben wie drüben, etwas abseits liegt. An beiden Ufern steht dichtes Gebüsch, und die Zweige der Trauerweiden hängen in den Grenzfluß hinab. Es ist eine etwas monotone Gegend, überall flach – Selbst am Horizont gibt es nur Wolken, statt irgendwelcher Hügel. Aber schöne Wolken. Erster Teil.
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1. Szene. Brückenkopf auf dem linken Ufer. Das Grenzorgan Thomas S ZAMEK steht vor seiner amtlichen Baracke und singt das Lied vom braven Grenzorgan. Während des Vor- und der Zwischenspiele wickelt sich
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ein sogenannter „kleiner Grenzverkehr“ ab und Thomas S ZAMEK kontrolliert, visitiert, etc.
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S ZAMEK Hier les ich nun mein Morgenblatt, das heißt, das gestrige Abendblatt, denn der Bummelzug bringt aus der Stadt erst morgen das heutige Morgenblatt. So weit steh ich hier draußt am Rand, das heißt am Rand vom Vaterland, und drüben über diese Brück liegt ein fremdes Land voll Tück, – voll Tücke, voll Tücke, jenseits dieser Brücke. Wenn einer mit Verstand und List und Leib und Seele ärarisch ist, so merkt sein scharf geübter Blick sofort einen jeden Verbrechertrick. Nun kenn ich leider meine Leut und weiß, wie sich ein jeder freut, wenn er mal über unsre Brück kann was schmuggeln voller Tück, – voll Tücke, voll Tücke, über diese Brücke.
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Erst gestern hab ich ein’ verhaft und gleich in sichere Gwahrsam gschafft, der hat, wie ich ihn scharf fixiert, ein ganz unschuldiges Gsicht simuliert. Daraus hab ich sofort erkannt, obwohl ich keinen Beweis noch fand, daß er geplant hat voller Tück in d’ Luft zu sprengen diese Brück, – voll Tücke, voll Tücke, diese schöne Brücke. 2. Szene. Jetzt kommt eine ältere verschüchterte F RAU und möchte an der Baracke vorbei auf die Brücke. In der Hand hält sie eine Blechbüchse. S ZAMEK Halt! Was ist, was ist? So einfach vorbei an dem Grenzorgan, an der amtlichen Paßstelle, an der Zollbehörd? Wissens denn nicht, daß wir da aufhören und daß dort drüben ein anderer Staat beginnt? F RAU Oh, gewiß. S ZAMEK Na also! F RAU Aber ich muß ja nur auf die Brücke. Zu meinem Gatten. S ZAMEK (betrachtet sie.) S i e haben einen Gatten? F RAU Er angelt. S ZAMEK Aha! Das heißt: Er fischt.
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F RAU Ja. Er ist nämlich ein leidenschaftlicher Amateurfischer. Wir sind erst seit gestern hier aus der Stadt, um uns zu erholen. Mein Gatte ist Privatpädagoge. S ZAMEK Was habens denn in der Blechschachtel? F RAU Regenwürmer. S ZAMEK Ha? Also, zeigens nur mal her, diese ominöse Blechschachtel – F RAU (überreicht sie ihm.) S ZAMEK (öffnet sie und läßt sie voll Ekel fallen.) Brrr! F RAU Um Christi willen! Meine Würmer! (Sie kniet nieder.) So helfens mir doch, die Würmer zusammenklauben – S ZAMEK Ich werd mich beherrschen. F RAU Aber Sie haben sie doch fallen lassen! S ZAMEK Aber ich kann keine Würmer anrühren! Meiner Seel, ich erbrech mich noch! F RAU (klaubt nun die Würmer wieder zusammen, leise) Sie wissen ja gar nicht, was Sie mir antun, wenn ich ohne Würmer komm – – S ZAMEK Also, gehens nur schon – und guten Appetit! F RAU (die sich mit ihrer wiedergefüllten Blechbüchse erhoben hatte) Danke – (ab auf die Brücke) 3. Szene. S ZAMEK (sieht ihr nach.) Brrr! Man hats nicht leicht als Grenzorgan – – Aber der Thomas Szamek wacht und fürchtet sich nicht! Treu und bieder, ehrbar und unbestechlich mit einem offenen, aber durchdringenden Blick ein – Grenzorgan, – ein Exemplar von einem Grenzorgan, auf den sich die Grenz verlassen kann, ein Prachtexemplar – Ach, da kommt ja mein gnädiges Fräulein Tochter! Was die schon wieder für ein zuwideres Gesicht schneidet vor lauter Verliebtheit! 4. Szene. E VA (kommt mit einem großen Gefäß.) Guten Tag, Papa. Ich bring dir da nur deinen Kaffee – – S ZAMEK Wieviel? E VA Zweieinhalb Liter! S ZAMEK Zweieinhalb! Wie oft soll mans dir denn noch sagen, daß ich mindestens vier Liter brauch, wenn ich Nachtdienst hab! Sonst schlaf ich ja ein, und was wird dann?! Geschmuggelt wird dann, daß die Fetzen fliegen! Und übrigens war die Strudel gestern miserabel, und warum war sie miserabel? Weil das gnädige Fräulein Eva bei der Strudel keine Strudel im Kopf gehabt hat, sondern ihren Herrn Konstantin von da drüben und sonst nichts, bis sie noch einmal in andere Umständ kommt vor lauter Liebe! E VA Geh, wirf mir doch das nicht immer vor! S ZAMEK (schreit sie an.) Schrei mich nicht an! Ich kenn die Leut da drüben seit sechsundfünfzig Jahr! Die haben alle einen falschen Charakter, alle! E VA Nein! Aufrichtiger wie mein Konstantin – S ZAMEK (unterbricht sie.) Das ist ja grad seine Falschheit, daß er so aufrichtig ist! Die da drüben sind alle verschmitzt und verlogen, sie rennen es dir von hinten hinein, das Messer, den Dolch, das Schwert und was weiß ich! E VA Da kann ich nur lächeln. S ZAMEK Lächle nur! Wie oft haben die uns schon verraten in den letzten sechshundert Jahr?! Ein schmutziges Volk!
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E VA Der Konstantin ist immer adrett und so fein rasiert – S ZAMEK Also, nur keine Anspiegelungen! Noch bin ich dein eigener Vater!
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5. Szene. Nun erscheint der Gendarm M RSCHITZKA – Er begleitet mit aufgepflanztem Bajonett den vom linken Ufer ausgewiesenen Ferdinand H AVLICEK . S ZAMEK Was seh ich?! Mrschitzka! M RSCHITZKA Szamek! Na, das nennt sich aber eine freudige Überraschung! (Er umarmt ihn, wobei er aber durch sein Bajonett gestört wird.) Kruzifix! S ZAMEK Lang haben wir uns nicht gesehen, alter Freund! Acht lange schwere Jahr – – M RSCHITZKA Irrtum, Thomas, sieben! S ZAMEK So? Erst sieben? Wie rasch die Zeit vergeht! M RSCHITZKA Was hast denn da für ein sauberes Frauenzimmer? Mir scheint, mir scheint, alter Gauner! S ZAMEK Leise! Meine Tochter! M RSCHITZKA Wer? Die Eva? Die war doch gestern noch so groß – (Er deutet einen Meter hoch.) Wie die über Nacht aufgeblüht ist – Schweinerei! Da merkt man erst, wie alt daß man wird! S ZAMEK (zu E VA ) Erinnerst dich noch an den braven Onkel Mrschitzka, mit dem du immer Räuber und Gendarm gespielt hast? E VA (lächelt.) Aber so etwas vergißt man doch nicht! M RSCHITZKA Freut mich, Fräulein Eva! Freut mich sehr! E VA Mich auch. S ZAMEK (zu E VA ) Freu dich nicht, wärm lieber den Kaffee! (zu M RSCHITZKA ) Trinkst doch einen Kaffee? M RSCHITZKA Wenn er gut ist. Besonders mit Rum. S ZAMEK Das hör ich gern. (zu E VA ) Also wärm schon! E VA (ab in die Baracke, um den Kaffee zu wärmen) 6. Szene. M RSCHITZKA (sieht E VA nach.) Knusperig. Sehr knusperig! S ZAMEK Ja, die Kinder werden länger, und unsere Tage werden kürzer. M RSCHITZKA Apropos kürzer: Eine unerhörte Geschicht ist das wieder in punkto Gehaltskürzung, was sich die da drinnen in ihrem Exekutivministerium, diese zottigen Büffel – S ZAMEK (unterbricht ihn.) Pst! M RSCHITZKA Aber geh, unter uns! S ZAMEK Und der Herr dort, mit dem du – M RSCHITZKA Jesus, den hab ich jetzt ganz vergessen vor lauter Wiedersehensfreud! Maria Josef, also der ist eine dienstliche Angelegenheit. Ich muß ihn hier an der Grenz abliefern. S ZAMEK Aha! Ein Ausgewiesener! M RSCHITZKA Per Schub. Weil er nämlich da hinüber zuständig ist. Havlicek heißt er. S ZAMEK Aha. M RSCHITZKA Ferdinand Havlicek. Ein ruhiges Subjekt. S ZAMEK Apropos Havlicek: Der alte Podlicek hat sich ganz versoffen –
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7. Szene. H AVLICEK (plötzlich) Pardon, bitte – M RSCHITZKA Ha? H AVLICEK Ich wollte nur mit dem Herrn Grenzbeamten – nämlich hier an der Grenze wollt ich noch einmal sprechen, behufs meiner Ausweisung. S ZAMEK Da bin ich nicht kompetent. H AVLICEK Aber man tut mich da so einfach hinaus, wo ich doch schon gar nichts angestellt hab – M RSCHITZKA Schon wieder?! (zu S ZAMEK ) Natürlich hat er nichts angestellt, dieser Ausgewiesene, aber sein Vermögen hat er verloren, und hierauf sollte er unserer Wohlfahrtspflege zur Last fallen. Aber wieso kommt denn unsere Wohlfahrtspflege dazu, für einen Ausländer, wo doch unser Staat sowieso ein armes Hascherl ist, ein Aschenbröderl ein kleines, das selbst seinen braven Exekutivorganen nur einen Schundgehalt zahlt und sonst nichts! H AVLICEK (zu S ZAMEK ) Pardon, bitte, aber dieser Herr sieht meinen Sachverhalt unter einem anderen Blickpunkt. Nämlich ich war hier herüben ein Drogeriebesitzer – – Es war zwar nur eine bescheidene Drogerie, aber trotzdem: Es war immerhin eine Drogerie. Alles konntens bei mir kaufen, Landläufiges und Diskretes, bis ich zugrund gegangen bin. M RSCHITZKA Eben! H AVLICEK Aber meine Herrschaften, ist denn das nicht eine Ungerechtigkeit?! Übermorgen wirds ein halbes Jahrhundert, daß ich hier leb – Dreißig Jahr hab ich Steuer gezahlt, ohne zu zucken, und jetzt, wo mich mein Unglück trifft, da schmeißt man mich raus mit Bajonett-auf! M RSCHITZKA Bajonett-auf ist nur Formalität. S ZAMEK (etwas verlegen) Das sind halt so die kleinen Ungerechtigkeiten des menschlichen Lebens. H AVLICEK Kleine Ungerechtigkeiten – (Er lächelt.) M RSCHITZKA Da hilft sich nichts! Also, gehens jetzt nur schön hinüber in Ihre Heimat. H AVLICEK „Heimat“? Ich war überhaupt noch nie drüben – M RSCHITZKA Unsinn! Dummer Unsinn! Wo sinds denn geboren worden, wenn nicht drüben! H AVLICEK Pardon, an das hab ich jetzt nicht gedacht – M RSCHITZKA Na also! Wohin man geboren ist, dorthin ist man zuständig! H AVLICEK Aber vierzehn Tag nach meinem Geborenwerden bin ich schon herüber – und seit der Zeit war ich da. Nur da! Ein ganzes Leben. M RSCHITZKA Leben her, Leben hin! Zuständig sinds dort drüben! Kruzifix, wie oft soll ich das jetzt noch repetieren! Zu-stän-dig! (Hier setzt begleitende Musik ein.) H AVLICEK Ja. Dann muß es halt sein. Also dann verlaß ich jetzt dieses Land. Ich hab hier viel erlebt und gelernt und erfahren – – Was wird noch kommen? – Also adieu! (Er will ab auf die Brücke.) S ZAMEK Halt! (Musik verstummt.) S ZAMEK Und seiens so gut, wenns jetzt eh schon da hinübergehen, richtens dem drüben gleich etwas aus. H AVLICEK Wem?
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S ZAMEK Diesem Grenzorgan drüben. Konstantin heißt er. Sagens ihm einen schönen Gruß vom Thomas Szamek, und meine Tochter wird heut nacht nicht kommen! H AVLICEK Ich werds ihm bestellen – – (ab und wieder Musik) S ZAMEK Wo bleibt denn nur der Kaffee? (Er ruft in die Baracke.) Eva! Eva! 5
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8. Szene. Ferdinand H AVLICEK geht nun über die Brücke nach dem anderen Ufer – an dem P RIVATPÄDAGOGEN vorbei, der mitten auf der Brücke leidenschaftlich angelt. Seine F RAU , die ihm die Würmer gebracht hat, steht neben ihm und blickt ebenfalls pflichtbewußt hinab, ob etwas anbeißt. P RIVATPÄDAGOGE (zu H AVLICEK ) So tretens doch gefälligst leise auf! Sehens denn nicht, daß man da angelt? Vertreibt einem die ganzen Fisch! H AVLICEK Pardon! P RIVATPÄDAGOGE Rücksichtslosigkeit so was! Grad jetzt hätt einer endlich angebissen! F RAU (deutet hinab.) Jetzt! P RIVATPÄDAGOGE Ruhe! Daß du mir kein Wort! Jetzt ist er natürlich wieder weg, der Hecht. Abrakadabra, abrakadabra – bin ich nervös! 9. Szene. H AVLICEK setzt nun seinen Weg auf Zehenspitzen weiter und erreicht so das andere Ufer. Dort steht bereits das Grenzorgan K ONSTANTIN mitten auf dem Brückenkopf neben seinem halbverfallenen Raubritterturm. Dieses Grenzorgan ist ein fescher Mensch mit einer schneidigen Uniform, und er macht einen freundlichen Eindruck. H AVLICEK (verbeugt sich leicht vor ihm und wieder verstummt die Musik.) K ONSTANTIN Ihren Grenzschein, bitte. H AVLICEK Leider. Ich kann Ihnen nur hier damit dienen – (Er überreicht ihm seinen Ausweisungsschein.) K ONSTANTIN (betrachtet ihn.) Aha. Eine Ausweisungssache. H AVLICEK Innerhalb achtundvierzig Stunden. K ONSTANTIN Per Schub. H AVLICEK Weil ich mich geweigert hab. (Stille) K ONSTANTIN Hm. Und nun wollen Sie hier zu uns herein – H AVLICEK Wollen? Ich muß. K ONSTANTIN Aber Sie werden nicht können. H AVLICEK Wieso? K ONSTANTIN Sie gehören doch nicht unserem Staatsverbande an. H AVLICEK Wieso, bitte, nicht? K ONSTANTIN Weil Sie ein Ausländer sind. H AVLICEK Interessant! Aber die Herren Grenzorgane drüben behaupten, daß ich hier herüber zuständig bin infolge meiner seinerzeitigen hiesigen Geburt. K ONSTANTIN Das allein genügt noch nicht. Wir haben bereits vor zwanzig Jahren ein Gesetz erlassen in jener Hinsicht, daß sich ein jeder Staatsbürger, der dauernd im Ausland lebt, innerhalb von fünf Jahren beim zuständigen Konsulat melden muß, widrigenfalls er seine Staatsbürgerschaft verliert, und zwar automatisch. H AVLICEK Warum? K ONSTANTIN Nur so.
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H AVLICEK Das ist mir neu. K ONSTANTIN Die Notiz über das Gesetz stand aber in allen Tagesblättern. H AVLICEK Aber ich les ja nie eine Notiz, höchstens die Todesanzeigen! K ONSTANTIN Ihre Schuld! Dadurch, daß Sie nur Todesanzeigen lesen, haben Sie naturnotwendig die Anmeldefrist versäumt und gehören nun automatisch nicht mehr daher. H AVLICEK Sehr interessant. Aber: Wohin gehör ich denn dann, bitte? K ONSTANTIN Dann nirgends. (Stille) H AVLICEK (lächelt.) „Nirgends“ – – Unfug. Man ist doch immerhin vorhanden – K ONSTANTIN Gesetz ist Gesetz. H AVLICEK Aber solche Gesetze sind doch unmenschlich – K ONSTANTIN Im allgemeinen Staatengetriebe wird gar oft ein persönliches Schicksal zerrieben. H AVLICEK Schad. (Stille) K ONSTANTIN Kurz und gut: Hier herein könnens ausgeschlossen, denn ich hab meine strikten Vorschriften. Aber wissens was? Schreibens ein detailliertes Gesuch an unseren Innenminister, und besser auch an den Außenminister, daß Sie besagte Anmeldefrist versäumt haben und daß Sie nun wieder um die automatisch verlorene Staatsbürgerschaft bitten. Schreibens auch gleich an den Finanzminister, den geht so was auch etwas an, und wenn Sie Soldat waren, dann lieber auch gleich an den Kriegsminister. Und selbstverständlich vor allem an den Wohlfahrtsminister, aber das beste wär natürlich, wenn Sie auch gleich außerdem an den Herrn Ministerpräsidenten persönlich direkt zu Händen ein Extragesuch – H AVLICEK Halt! (Er faßt sich an den Kopf.) Lieber Herr, wie schreibt man eigentlich solche Gesuche? K ONSTANTIN Ja, da müsstens schon einen Advokaten fragen. H AVLICEK Wo? Da auf der Brück?
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10. Szene. Jetzt kommt F RAU H ANUSCH , die Wirtin zur Post, mit einem Gefäß. K ONSTANTIN Ah, das ist aber lieb, Frau Hanusch, daß mir heut gleich die Postwirtin selbst persönlich meinen Nachtdienstkaffee bringt, statt der Klara – Küß die Hand! F RAU H ANUSCH Die Klara hab ich zum Teufel gejagt – Ich kann keine Löhn mehr zahlen, mit meiner Wirtschaft gehts bergab! Der stolze Gasthof zur Post – hundertzweiunddreißig Jahr im Besitze der Familie. Wissens, wenn halt der Mann tot ist – K ONSTANTIN Na, Sie finden schon noch einen anderen Mann, bin ich überzeugt! F RAU H ANUSCH Das freut mich. Aber bis dahin bin ich krepiert. Ohne Mann geht halt kein Hotel! Zwar gearbeitet hab ja immer nur ich, gekocht, gewaschen und gebuchgeführt, er hat ja nie etwas getan, mein Seliger – – Immer hat er nur mit die Stammtischgäst getrunken und Karten gespielt, aber es muß halt wer da sein zum Repräsentieren! H AVLICEK (beiseite) Das wär ein Beruf für mich. K ONSTANTIN Tröstens Ihnen nur, Frau Hanusch! F RAU H ANUSCH Mit was denn, bitte? Sie habens natürlich leicht, Herr Konstantin! Sie stehen da herum, kontrollieren die Leut und leben davon – aber ich! Wenn ich bis morgen mittag keine Zehntausend auftreib, dann lösch ich mich aus!
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K ONSTANTIN Seiens so gut! F RAU H ANUSCH Oder meinens vielleicht, daß ich bis morgen mittag Zehntausend auftreib? K ONSTANTIN Kaum. F RAU H ANUSCH Nie! H AVLICEK Es wär ein Wunder! K ONSTANTIN (hatte H AVLICEK momentan vergessen, ärgert sich nun über sich selbst und wird deshalb etwas scharf.) Wie bitte?! (Stille) F RAU H ANUSCH Wer ist denn dieser Herr? K ONSTANTIN Niemand. Ein amtlicher Fall. H AVLICEK Pardon, daß ich mich da hineingemischt hab mit meinem Wunder – K ONSTANTIN (unterbricht ihn.) Also, gehens doch schon wieder retour! Hier habens nichts verloren! H AVLICEK Interessant. Ich werds denen drüben sagen – – (Er verbeugt sich wieder leicht vor K ONSTANTIN und will ab, hält aber plötzlich noch einmal.) Sofort! Nämlich, ich muß Ihnen ja noch etwas bestellen, hätt ich jetzt total vergessen. Einen schönen Gruß vom Herrn Thomas Szamek – K ONSTANTIN (perplex) Szamek? H AVLICEK Derselbe. Von dem Herrn Grenzorgan drüben – und er läßt Ihnen sagen, daß sein Fräulein Tochter heute nacht nicht herüberkommen kann. (Stille) K ONSTANTIN (zu F RAU H ANUSCH ) Habens das gehört? F RAU H ANUSCH Vornehm. K ONSTANTIN Ein Rabenvater. Nicht genug, daß er seine zarte Tochter tyrannisiert, macht er sich da auch noch lustig über mich! (zu H AVLICEK ) Also, sagens dem Szamek, der Herr Konstantin erwidert seine Grüße auf das familiärste, und er freut sich heut nacht auf das Fräulein Tochter. H AVLICEK Werds ausrichten – – (ab und wieder setzt Musik ein)
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11 . S z e n e . Und wieder geht nun H AVLICEK über die Brücke – und da er in die Nähe des P RIVATPÄDAGOGEN kommt, erinnert er sich und tritt vorsichtig auf den Zehenspitzen auf. P RIVATPÄDAGOGE Tretens nur ruhig fest auf, lieber Herr! Und trampelns, trampelns! Meiner Seel, da könnt jetzt ruhig ein ganzes Regiment mit Artillerie, es beißt nichts an! Und wer ist dran schuld?! Die Würmer! H AVLICEK (betrachtet die Würmer.) P RIVATPÄDAGOGE Oder sind das vielleicht keine Krepiererl?! Extra hab ich es ihr eingeschärft, meiner lieben Frau Gemahlin: nur dicke Würmer! Nein! Ganz dünne bringt sie mir daher, bei denen man sich immer ins eigene Fleisch sticht, wenn man sie aufspießt! (zur F RAU ) Geh und bring mir dicke Würmer! Los! F RAU (rührt sich nicht.) P RIVATPÄDAGOGE Was stehst denn noch da? Hast mich denn nicht gehört?! F RAU (unheimlich ruhig) Ich such dir keine Würmer mehr! P RIVATPÄDAGOGE Was sind denn das für neue Töne? F RAU (bricht plötzlich los.) Ich such dir keine Würmer mehr! Such sie dir selbst! Genug, genug!! Jetzt zertritt ich sie dir!! (Sie zertrampelt hysterisch schluchzend die Würmer auf dem Boden.)
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H AVLICEK Halt! Die armen Würmer! F RAU (läßt sich nicht stören.) Wer fragt, ob ich arm bin?! Wer?! Genug!! Ich möcht mich doch auch mal erholen, Zeitung lesen oder Roman – Wer fragt mich, wer ich bin?! Niemand, niemand, du gemeiner Egoist!! (rasch ab) P RIVATPÄDAGOGE (zu H AVLICEK ) Furie, nicht? Bringt mir lauter dünne Würmer und dann bin ich der Egoist! Abrakadabra – abrakadabra – Man faßt es nicht! 12. Szene. Die F RAU geht nun weinend und zitternd über die Brücke – und jetzt erreicht sie das linke Ufer, wo E VA gerade den gewärmten Kaffee aus der Baracke bringt. M RSCHITZKA , der nun keinen Dienst mehr hat, machte es sich kommod. Grad zieht er sich die Schuhe aus. S ZAMEK (zur F RAU ) Na, was hat er gefangen, der Herr Privatpädagog? (Musik verstummt; Stille) F RAU (schaut ihn an, antwortet nicht, sondern lacht nur, und zwar derart, daß es dem S ZAMEK etwas kalt am Rücken wird; und ab) 13. Szene. M RSCHITZKA (sieht ihr nach.) Was hat sie denn? S ZAMEK Lustig ist sie – (zu E VA ) Bring noch ein Gefäß, vielleicht trinkt auch der Mrschitzka – E VA Und ich? S ZAMEK Wer hat hier Nachtdienst? Du oder ich? Apropos Nachtdienst: Grad hab ich es deinem Konstantin ausrichten lassen, daß du heut nacht nicht nüberkommen tust. E VA Papa! S ZAMEK Meinst, ich hab mir das nicht erzählen lassen, wo du deine Nächt zubringst? Kurz und gut: Es bleibt dabei! E VA Nein, ist das aber indiskret – S ZAMEK Indiskret! Vergiß nicht, daß ich dich gezeugt hab! 14. Szene. H AVLICEK erscheint und hält bereits etwas verschüchtert. M RSCHITZKA (hatte sich inzwischen auch seiner Fußlappen entledigt, er ist nun barfuß und manipuliert an seinen Zehen herum.) Au! Mir scheint, ich hab da eine Blutblasen unter die Hornhäuter – (Er erblickt H AVLICEK .) Was?! Schon wieder?! H AVLICEK Pardon, bitte, aber ich scheine ein Irrtum zu sein – M RSCHITZKA Irrtum? H AVLICEK Ein großer. Nämlich die Grenzbehörd drüben laßt mich auch nicht hinein. Sie sagt, ich gehör nicht hinüber, sondern herüber. M RSCHITZKA Was sagt er?! H AVLICEK Er sagt, ich sei dort drüben kein Staatsbürger. M RSCHITZKA Unsinn! Dummer Unsinn! Staatsbürger ist man dorthin, wohin man zuständig ist, und zuständig ist man dorthin, wohin man geboren ist! Kruzifix! S ZAMEK (zu E VA ) Ein Rindvieh ist er also auch, dieser Konstantin – H AVLICEK Aber die drüben haben inzwischen ein Gesetz fabriziert – S ZAMEK (unterbricht ihn.) Denen ihre Gesetz gehen uns hier nichts an! Radikal nichts, bitt ich mir aus!
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M RSCHITZKA Wir haben unsere eigenen Gesetz! Und hier steht es schwarz auf weiß: Ferdinand Havlicek, geboren in Großenzering – S ZAMEK Das heißt jetzt Kleinenzering. M RSCHITZKA Seit wann denn? S ZAMEK Seit vorgestern. H AVLICEK Interessant. S ZAMEK Ich weiß das genau, weil ich dort einen Schwager hab – ein verlogener Mensch. (zu E VA ) Wie alle da drüben! (zu M RSCHITZKA ) Der hat mir erst gestern geschrieben, wie das dort jetzt aussieht – H AVLICEK Wie? – Entschuldigens, aber ich kenn nämlich meine Heimat gar nicht. M RSCHITZKA Dann schauns, daß nüberkommen und lernens es kennen! H AVLICEK Aber der drüben läßt mich ja nicht hinein – M RSCHITZKA Er muß! Wo solltens denn sonst hin? H AVLICEK Eben! M RSCHITZKA Also, gehens nur zu, in Gottes Namen! Marsch-marsch! H AVLICEK Moment! Nämlich der Herr drüben hat noch gesagt, ich soll einen familiären Gruß an den Herrn Thomas Szamek – S ZAMEK (gießt sich grad Kaffee ein.) Das bin ich! H AVLICEK Das weiß ich! S ZAMEK Aber wieso familiär? H AVLICEK Was weiß ich! S ZAMEK Weiter? H AVLICEK Und weiter laßt er Ihnen vielmals danken für Ihre freundlichen Grüß, und er erwartet das Fräulein Tochter heut nacht. S ZAMEK Eine Gemeinheit! (zu E VA ) Feix nicht! (zu H AVLICEK ) So! Und jetzt gehens nur hübsch wieder nüber, und sagens ihm einen väterlichen Gruß, und ob er sich nicht erinnern tut vielleicht, was ich ihm vor vierzehn Tag kategorisch geschrieben hab! Daß ich nämlich als Familienvorstand niemals meine Einwilligung zu dieser Verbindung geben werd – und wenn er sich aufhängt, dann auch nicht! H AVLICEK Aber ich bin doch da kein Postbot! M RSCHITZKA Marsch-marsch! H AVLICEK (zuckt etwas resigniert die Schulter und ab.) 15. Szene.
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S ZAMEK (zu E VA ) Verstanden?! E VA Nein. S ZAMEK Wirst mich schon noch kennenlernen, samt deinem Herzerwählten – „Familiäre Grüße!“ – Ein feiner Mensch ist das, ein ganz ein Impertinenter – E VA Er wird nur lachen. Über deine ohnmächtige Wut. S ZAMEK Werden schon sehen, ob ohnmächtig – (Er trinkt Kaffee.) Brrr! Ist das ein miserabler Kaffee! E VA Du hast doch gesagt, daß ich von heut ab den billigsten – S ZAMEK (unterbricht sie.) Weil wir sparen müssen – spa-ren! Vergiß das nicht, gefälligst! E VA Als tät ich nicht sowieso sparen. S ZAMEK Erst gestern hast dir wieder eine Fliederseife – E VA (unterbricht ihn.) Aber ich muß mich doch waschen als Frau! Und etwas pflegen! S ZAMEK Waschen ja, pflegen ist überflüssig. Mrschitzka! Magst keinen Kaffee?
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M RSCHITZKA (hat sich inzwischen gepflegt und noch immer manikürt er sich mit seinem Bajonett.) Wenn einer da ist – S ZAMEK (zu E VA ) Gib ihm! E VA (schenkt ihm ein.) M RSCHITZKA Merci! (Er trinkt und sieht verstört aus.) Was ist das, bitte? Kaffee oder Tee? S ZAMEK Mokka. Aus Sumatra. M RSCHITZKA Sumatra. Also ein Sumatrenser möcht ich nicht sein – – S ZAMEK Wirst halt noch nie in deinem Leben einen wirklich feinen Kaffee getrunken haben. M RSCHITZKA Ist schon möglich! Man muß sich halt an die teueren Sorten erst gewöhnen, oft schmeckt einem der billigste besser – (Er trinkt wieder.) Ein eigenartiger Kaffee. Aber allmählich kommt man auf den Geschmack – (Und wieder trinkt er.) S ZAMEK (plötzlich zu E VA , die so nebenbei fort möchte) Wohin? E VA Spazieren. S ZAMEK Über die Brücke? E VA Ja. S ZAMEK Du bleibst! Grad wo er deinen Vater so impertinent hat grüßen lassen, erfordert es das familiäre Ansehen, daß du als Tochter da bleibst! E VA Ach was, Tochter! Ich muß! Ich hab ihm mein Ehrenwort gegeben, daß ich heut komm! S ZAMEK Ein Weib hat kein Ehrenwort. M RSCHITZKA Gut so. E VA Aber sei doch nicht so altmodisch, Papa! S ZAMEK Ach was, altmodisch! Ich werd nicht neumodisch, verstanden?! Und daß du mir da bleibst bei mir! (Stille) E VA (spitz) Du vergißt, daß ich volljährig bin – seit dem sechsten Mai. S ZAMEK (zu M RSCHITZKA ) Sie ist ein Sonntagskind. M RSCHITZKA Gratuliere. S ZAMEK Und volljährig. M RSCHITZKA Merkt man ihr an. S ZAMEK (grinst.) Und sie ernährt sich selbst. E VA Werd ich auch tun! (Stille) S ZAMEK Wodurch? E VA (schweigt.) S ZAMEK Wer soll dich denn schon ernähren? M RSCHITZKA Ein Mann. S ZAMEK (zu M RSCHITZKA ) Sei so gut! E VA Richtig! Ein Mann. Mein Mann. S ZAMEK „Mein“ Mann? Mrschitzka! Sie sagt: „mein“ Mann! M RSCHITZKA Tableau! E VA Er ist mein Mann. S ZAMEK (drohend) Seit wann? Der Konstantin?! E VA Derselbe. Auch wenn wir noch nicht verheiratet sind – Er ist und bleibt mein Mann. M RSCHITZKA Noch ein Tableau! (Stille)
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S ZAMEK (zu M RSCHITZKA ) Jetzt ist mir ein Stein vom Herzen gefallen. Ich hab schon geglaubt, daß sich das gnädige Fräulein Tochter heimlich getraut haben – M RSCHITZKA Das ist wurscht! Hintenherum ist dasselbe wie vorneherum! Zum Beispiel, ich hab drei Töchter, und eine jede hat mir ein außereheliches Bankert ins Haus gebracht, und zwar die Jüngste als erste, Kruzifix! Und bei der Ältesten hat man den Vater sogar gar nicht eruieren können, und derweil bin ich doch Polizeiorgan und kenn mich aus mit solchen Recherchierungsfragen – Jaja, Thomas, gegen die Liebe helfen auch keine kriminalistischen Fortschritt! Und wenn ich tausend Töchter hätt wie der Padischah von Istambul, dann hätt ich jetzt tausend Bankert, Kruzifix! E VA Was reden denn Sie für ein ungereimtes Zeug daher?! Bei mir ist das doch ein ganz anderer Tatbestand! M RSCHITZKA Immer derselbe, Fräulein Eva! Enthaltsamkeit ist die Mutter der Vorsicht! (zu S ZAMEK ) Wieviel Kinder hat sie denn, das Fräulein Tochter? S ZAMEK Was?! E VA Noch keines. Leider! S ZAMEK „Leider“! Na servus! E VA Hoffentlich ist aber bald etwas unterwegs. S ZAMEK (lächelt irr.) „Hoffentlich“ – Jetzt werd ich verrückt. Jetzt wird mir aber alles wurscht! Da kämpf ich ja gegen eine chinesische Mauer, wie ein Ochs renn ich dagegen! Schad, daß ich heut Nachtdienst hab, sonst springet ich noch ins Wasser – Geh nur nüber zu deinem Gigolo, und verlaß deinen armen alten Vater, der dich gezeugt hat (Er vergräbt seinen Kopf in den Händen.) (Stille) E VA Sag, Papa: Was hast du eigentlich gegen den Konstantin? S ZAMEK (plötzlich verändert, in sanftem väterlichem Ton) Mein Kind. Ich möcht mit dir mal offen reden: Gegen deinen Konstantin hab ich nur das Eine, daß er nämlich kein Geld hat. – Schau, du bist doch ein hübsches Kind, ein frisches, und ich möcht, daß du glücklich wirst. Reich sollst du heiraten, sehr reich, damit auch dein armer alter Vater was von dir hat – – Ausschaun tust ja eklatant wie dein Mutterl selig, und die hätt auch keinen solchen Bettler von einem Zöllner heiraten sollen, sondern einen reichen Großkaufmann, aber sie hat mich eben unsterblich geliebt und ist halt drum nur eine Zöllnersgattin geworden – Und was hat sie von ihrem Leben gehabt an meiner Seite? Nichts. An die Riviera hätt sie fahren können oder in ein Bad – E VA Ich brauch kein Bad. S ZAMEK Das hat dein Mutterl selig auch gesagt. Trotzdem. 16. Szene. Und abermals kommt H AVLICEK . M RSCHITZKA (außer sich) Was seh ich?! Schon wieder?! Na, jetzt laß ich Ihnen aber gleich durch mich verhaften, und dann müssens erst noch bei Wasser und Brot, bevor daß ich Ihnen wieder per Schub in die Freiheit hinauslaß! H AVLICEK „Freiheit“ ist gut. M RSCHITZKA Sie, witzeln Sie sich nicht mit mir, ja?! H AVLICEK (schreit ihn plötzlich an.) Ich bin doch kein Witz! Und übrigens hab ich ja nur wieder was auszurichten da – von der Behörd dort drüben, von der verliebten!
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M RSCHITZKA Das ist zweierlei. Also los, los! Richtens aus und fahrens ab! H AVLICEK Kommandieren laß ich mich aber nicht, Sie – – wenn ich schon die Freundlichkeit hab, als ein wanderndes Billet-doux herumzulaufen! M RSCHITZKA Nur keine Vorlautheiten! H AVLICEK Ziehens Ihnen lieber zuerst die Schuh an, bevor daß Sie mit mir dienstlich reden! M RSCHITZKA (perplex) Schuh? E VA (zu H AVLICEK ) Herr – – H AVLICEK Havlicek. E VA Szamek. H AVLICEK (verbeugt sich galant.) Angenehm! E VA Und bitte, was hätten Sie uns nun auszurichten, Herr Havlicek? H AVLICEK Nicht viel, nicht wenig, Fräulein Szamek! Der Herr Bräutigam dort drüben laßt nämlich dem Herrn Papa da sagen, daß es ihm dort drüben eigentlich leid tut, sehr leid, daß der Herr Papa so heftig gegen ihn agiert. E VA Leid? (Sie wirft einen Blick auf S ZAMEK .) Das hat er gesagt? H AVLICEK Aufrichtig leid. S ZAMEK „Aufrichtig!“ Wenn das einer von drüben sagt! E VA Und sonst hat er nichts hinzugefügt? H AVLICEK Sonst hat er nur noch hinzugefügt, daß er dort drüben persönlich kein sanfter Engel ist, und daß er sich das also nicht mehr lang mehr mitanschaut, wie daß sich der Herr Papa da als ein Außenstehender in seine Liebeserlebnisse hineinmischen – S ZAMEK (unterbricht ihn.) Was?! Ich ein Außenstehender? Als der eigene Erzeuger?! Na servus! H AVLICEK Herr Szamek! Auch für die eigenen Herren Erzeuger kann es unter Umständen gefährlich – M RSCHITZKA (unterbricht ihn.) Was hör ich?! Sie halten hier Reden! Das auch noch?! H AVLICEK (fährt ihn an.) So lassens einen Menschen doch ausreden, nicht?! M RSCHITZKA (schweigt perplex.) S ZAMEK (zu M RSCHITZKA ) Laß ihn, Mrschitzka! Laß ihn sich ausreden, es ist so angenehm blöd – H AVLICEK Vielleicht! Und dennoch: Zum Beispiel hab ich mal eine gewisse Frau Hörl gekannt, eine geborene Spitzinger, und die hat einen alten Vater gehabt, einen gewissen Emanuel Spitzinger, der hat sich nämlich auch immer in die Liebesarten zwischen Tochter und Schwiegersohn hineingemischt – und das Ende vom Liede? Der alte Spitzinger hat den Hörl und die Frau Hörl hat den alten Spitzinger erschlagen. Alles mit der Axt! Die Tochter den leiblichen Vater mit der Axt. Um Mitternacht! – Glaubens einem geschlagenen Mann, Herr Szamek, es tut nicht gut, wenn man sich hineinmischt – – M RSCHITZKA Da hat er recht, dieser Ausgewiesene! Da könnt ich euch aus meiner Praxis noch ganz andere Legenden erzählen, Herrschaften! Stundenlang könnt ich euch auseinandersetzen, wie sich ganze Familiengruppen gegenseitig ausgerottet haben, bis in das letzte Glied – und wegen was? Wegen nichts! S ZAMEK (plötzlich zu E VA ) Eva. Könntest du mich mit einer Axt – E VA (fährt ihn an.) Frag doch nicht so dumm! (Stille) M RSCHITZKA (zu H AVLICEK ) Na, was stehens denn da noch herum?!
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H AVLICEK Wo soll ich denn sonst stehen?! M RSCHITZKA Da nicht! Dort ist die Tür! (Er deutet auf die Brücke.) H AVLICEK „Tür“ ist gut – (Er will ab.) S ZAMEK Halt! – Sagens dem drüben: Der Thomas Szamek ist ein alter Mann und überlaßt sich von heut ab dem Schicksal. H AVLICEK Also dem Schicksal – (ab) 17. Szene. H AVLICEK geht nun wieder über die Brücke – und wieder Musik – aber jetzt angelt er allein, der P RIVATPÄDAGOGE . H AVLICEK (mitfühlend) Habens noch immer nichts gefangen? P RIVATPÄDAGOGE (kleinlaut resigniert) Nein. H AVLICEK Schicksal. P RIVATPÄDAGOGE (braust auf.) Aber was, Schicksal! Würm! Zu dünne Würm! Abrakadabra! Manchmal ärger ich mich schon so über meine Ehehälfte, daß ich lieber schon selber ein Hecht sein möcht! H AVLICEK Um hernach von sich selbst gefischt zu werden! Hahaha! P RIVATPÄDAGOGE Heut hätt ich schier nichts dagegen! Schauns, wie ich mit die Nerven herunter bin, weil meine Gattin epileptisch ist, gleich hat sie Schaum vor dem Mund – Deshalb fisch ich ja nur, damit ich mich beruhig. Aber wenn ich jetzt nicht bald was fang, werd ich noch selbst epileptisch! H AVLICEK Also, nur das nicht! (Er geht weiter.) Wiedersehen! 18. Szene. Und wieder drüben beim K ONSTANTIN , und wieder verstummt die Musik. K ONSTANTIN Na, was hat er gesagt, der Szamek? H AVLICEK Schicksal. K ONSTANTIN Was heißt das? H AVLICEK Er ist ein alter Mann, hat er gesagt, und überlaßt sich von heut ab dem Schicksal. K ONSTANTIN (erfreut) Tatsächlich? Na bravo! Vor dem Schicksal hab ich keine Angst. Mein Schicksal heißt Eva und kommt, wann ich möcht! H AVLICEK Ein schönes Schicksal, ein braves – Armer Havlicek! Dreißig Jahr hast Steuern gezahlt, ohne zu zucken. – Nur gut, daß ich keine Familie hab, sonst steheten wir jetzt da zu mehreren! K ONSTANTIN Sinds Junggeselle? H AVLICEK Ja, aber kein eingefleischter. (Stille) K ONSTANTIN Ich denk mir oft: Man weiß es nicht, was besser ist: heiraten oder ledig bleiben – H AVLICEK Heiraten. Auf Ehr und Seel! Können es mir glauben, junger Herr, denn ich bin nicht verheiratet, und so einsam ist man nirgends zu Haus, selbst wenn man sich noch so einrichtet. Zum Beispiel hab ich mir einen Spiegelschrank – K ONSTANTIN (unterbricht ihn.) Spiegelschrank? H AVLICEK Einen großen, schönen. Wo man sich so ganz sehen kann. Auf einmal. K ONSTANTIN Aha. H AVLICEK Ja – – (Er fährt plötzlich hoch.) Jetzt hab ich eine Idee! Wissens was, kommens mit mir da zu denen hinüber und sagen Sie es denen persönlich aber mal
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tüchtig, daß ich hier strikte nicht hereinkann, dann müssen die drüben mich doch nämlich hinein – Das ist der Ausweg! K ONSTANTIN „Ausweg“? Ich da hinüber? In Uniform?! Na, das gäb ja einen gediegenen Grenzzwischenfall mit unabsehbaren außenpolitischen Nachspielen, Noten, Interpellationen im Senat und diplomatischen Demarchen und was weiß ich noch was! Ausgeschlossen! Ich darf ja nicht mal auf die Brücke, und derweil ist die doch nur neutral! Jetzt erst noch auf das andere Ufer – Das ist grotesk! H AVLICEK Und ich bin vielleicht nicht grotesk? Großer Gott, wie kompliziert – K ONSTANTIN Völkerrecht, Herr! Haag und Genf. (Stille) H AVLICEK Und was ist diese Brücke, bitte? Neutral? K ONSTANTIN Eine neutrale Zone. Weder Fisch noch Fleisch. H AVLICEK (blickt auf die Brücke zum P RIVATPÄDAGOGEN hinüber.) Ja, Fische scheints da nicht viel zu geben – (Stille) K ONSTANTIN Also, gehens nur wieder brav retour – Probierens es halt immer wieder, und lassens nicht locker! Probieren geht über studieren! H AVLICEK Das schon. Also dann auf Wiedersehen – (ab) 19. Szene. Und wieder geht H AVLICEK über die Brücke – (Musik) – Der P RIVATPÄDAGOGE ist nun bereits seiner Gattin gefolgt, denn es dämmert nun schon leise. Mitten auf der Brücke begegnet H AVLICEK E VA , die unterwegs ist zu ihrem K ONSTANTIN . Er grüßt, und sie dankt. H AVLICEK (hält, sieht ihr nach und überlegt; plötzlich) Fräulein Szamek! E VA (hält.) Herr Havlicek? H AVLICEK Pardon, daß ich Ihnen aufhalt, ich weiß, das ist kostbare Zeit, wenn man so hinüber möcht aber ich hätt ein für mich großes persönliches Anliegen, liebes Fräulein Szamek! Geh, könntens nicht ein freundliches Wörtchen für mich einlegen – E VA Gern. Wo? H AVLICEK Bei Ihrem lieben Herr Bräutigam daß er nämlich vielleicht ein Auge zuschließt und mit dem anderen Aug mich übersieht, wenn ich über seine Grenz – E VA Ach so! H AVLICEK Schauns, es dämmert nämlich schon, und ich komm in keine Heimat – Nur ein Auge, Fräulein Szamek, ich bin geschwind wie der Wind! E VA Nein, das wird er unmöglich. Weil ihm sein Gesetz über alles geht. H AVLICEK Aber wenn Sie, als gewissermaßen sein Schicksal – E VA (unterbricht ihn.) Auch über mich geht sein Gesetz hinweg, und das ist sogar recht so, denn darum ist er der Mann. H AVLICEK Darum? Hm. Jetzt könnt ich Ihnen vom Gegenteil gar manche historische Anekdoten erzählen – Geh, probierens es halt, mir zu lieb! Probieren geht über studieren, und Sie wären ein Engel. E VA (lächelt.) Ein Engel? H AVLICEK Ein schöner großer, so mit Flügeln – bei dem man gleich weinen muß vor lauter Freud. (Stille)
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E VA Also dann probier ich es halt, aber es ist nicht viel Hoffnung dabei, Herr Havlicek – (ab) H AVLICEK Die Hoffnung überlassens nur mir! (Er sieht ihr nach.) (für sich) Ein Engel. (Er singt.) Ob ich auch mal ein Engerl werd, wenn ich verlasse diese Erd? Möglich. Ob man auch dann den neuen Gast nicht ohne Paß in’ Himmel lasst? Möglich! Steh ich jetzt hier auf dieser Bruck und kann nicht hin und kann nicht zruck, so will ich Trost darin finden: Ich büß hier schon alle Sünden.
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Haben Sie schon einmal eine Pechserie ghabt, so wie ich? Sicher habens noch nie eine Pechserie ghabt, so wie ich! Denn wann Sie schon einmal so im Pech gsessen waren, wie ich, so warns sicher schon längst aus der Haut gefahren, – ich noch nicht! Ob so ein reizendes junges Weib auch in der Eh ein Engel bleibt? Möglich. Ob der am End nicht besser fahrt, der sich die Illusion bewahrt? Möglich. Wenn man so oft, wies mir passiert, schon in der Wahl sich hat geirrt, merkt man leider bald ihre Mängel und wird skeptisch gegen Engel. Refrain: Haben Sie schon einmal eine Pechserie ghabt etc. 20. Szene. E VA erreicht nun das rechte Ufer und trifft dort F RAU H ANUSCH . Musik aus. E VA Guten Abend, Frau Hanusch! Wo ist denn der Konstantin? F RAU H ANUSCH Der telephoniert grad – mir scheint, amtlich. Ich bin jetzt nur mal noch mal her, um meinen Niedergang mit ihm durchzubesprechen, er ist doch der einzige anständige Mensch unter uns, der einer alleinstehenden Witwe wertvolle Ratschläge geben kann. Morgen meld ich den Konkurs an, sonst sperrens mich noch ein! Und dann kommt das Gas. E VA Aber Frau Hanusch! Der Tod ist ein schlechter Kamerad – (Sie lächelt.) F RAU H ANUSCH Sie habens natürlich auch leicht! Kommen da abends herüber und genießen Ihr Leben! Schad, daß ichs nicht auch so gemacht hab, wie ich noch jung situiert war – Jetzt find ich keinen Mann mehr!
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E VA (schweigt.) F RAU H ANUSCH Meinens wirklich, daß ich keinen Mann mehr find?
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21. Szene. K ONSTANTIN (kommt aus seinem Raubritterturm.) Ach, Eva! (Er gibt ihr einen Kuß; dann zu F RAU H ANUSCH ) Das wär was für Sie, Frau Hanusch! Grad ist amtlich telephoniert worden, daß sich hier in der Gegend gefährliche Rauschgiftschmuggler herumtreiben, und auf ihre Ergreifung sind runde Zwanzigtausend ausgesetzt! F RAU H ANUSCH Zwanzigtausend! Meiner Seel, ich täts gleich verhaften! Und köpfen auch, dann wär ich saniert! K ONSTANTIN Na, so einfach geht das nicht! Solche Rauschgiftschmuggler sind verwegene Subjekte, die schrecken vor nichts zurück, vor keiner Untat – Raub, Mord, Schändung – F RAU H ANUSCH (unterbricht ihn.) Schändung auch? K ONSTANTIN Denen graust es vor nichts! Kommen daher mit direkt amerikanischen Methoden, Panzerauto und Maschinengewehr – E VA Gib nur acht! K ONSTANTIN Auf alle Fäll hol ich mir jetzt mal gleich meinen Dienstrevolver – (Er will wieder ab in seinen Raubritterturm.)
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H AVLICEK erscheint. K ONSTANTIN (erblickt ihn und ist ungeduldig überrascht.) Na und? H AVLICEK (wirft einen verstohlenen Blick auf E VA ; schüchtern) Und aber – K ONSTANTIN Aber hier gibts kein Aber! Wie oft denn noch, lieber Mann?! Unmöglich und ausgeschlossen! H AVLICEK Aber es wird doch Nacht! K ONSTANTIN So sekkierens mich doch nicht! Jetzt muß ich meinen Revolver – (ab in seinen Raubritterturm) H AVLICEK Revolver? Großer Gott! (rasch ab) 23. Szene. E VA (sieht H AVLICEK nach.) Nein, diese Angst – F RAU H ANUSCH Ich kenn den Fall. Der geht da immer hin und her – bis er noch verhungert. Ein amtlicher Fall. Armer Mensch! Macht übrigens einen ganz einen sympathischen Eindruck – E VA Oh, er ist gebildet! Und nirgends lassens ihn hinein – F RAU H ANUSCH Ich ließ ihn schon hinein. Bei jeder Grenz! Wem tät das schon was schaden? Mir nicht! E VA So ohne Heimat möcht ich nicht sein. Überall fremd, überall anders – 24. Szene. K ONSTANTIN (erscheint nun wieder, und zwar mit seinem Dienstrevolver.) Das ist er. Ein Trommelrevolver. Wenn er auf das dritte „Halt!“ nicht hält, kann ich ihn auf der Flucht erschießen, und mir passiert nichts. – Wer kommt denn da? Eine Nonne? F RAU H ANUSCH Ja, das ist eine Krankenschwester mit einer sehr vornehmen kranken Dame – Wahrscheinlich eine diskrete Krankheit, stell ich mir vor. E VA Warum?
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F RAU H ANUSCH Na, sonst wärens doch nicht ausgerechnet da in unserem Drecknest hinterm Mond! Übrigens mein einziges Publikum. Pst!
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25. Szene. F RAU L EDA und die Krankenschwester gehen nun langsam vorbei. Die Krankenschwester ist aber gar keine Krankenschwester, sondern ein verkleideter Mann, namens S CHMUGGLITSCHINSKI , der eben mit F RAU L EDA zusammen, deren Krankheit natürlich auch nur Maskerade ist, das doppelköpfige Haupt der fieberhaft gesuchten Rauschgiftschmugglerbande ist. Jetzt täuschen sie einen langsamen Abendspaziergang vor, um das Terrain an der Grenze bequem rekognoszieren zu können. F RAU H ANUSCH Ergebenster Diener, meine Herrschaften! Schon erholt? F RAU L EDA UND S CHMUGGLITSCHINSKI (nicken ihr freundlich zu und gehen langsam ab.) 26. Szene. E VA (sieht ihnen nach.) Schlecht schaut die Dame aus – ganz gelb. F RAU H ANUSCH Und am Vormittag, zwischen acht und zwölf, ist sie immer gelähmt, aber am Nachmittag treibts Gymnastik. Und wie die Schwester die pflegt! K ONSTANTIN Rührend, nicht? F RAU H ANUSCH Eine Heilige ist das und sonst nichts. E VA Manchmal denk ich mir, wir denken alle miteinander zu wenig an das Jenseits. K ONSTANTIN Wer glauben kann, ist ein glücklicher Mensch. (Stille) F RAU H ANUSCH So, jetzt muß ich aber nach Haus, das Souper herrichten für meine einzigen Gäst! E VA Sicher Diät? F RAU H ANUSCH Aber einfach! Die Dame darf abends nichts essen, und die Schwester fastet! Also, empfehle mich, meine Herrschaften! (ab) K ONSTANTIN UND E VA Gute Nacht, Frau Hanusch!
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27. Szene. Nun ist es Nacht geworden. Und wieder erscheint H AVLICEK – und gleich erblickt er den Dienstrevolver, den K ONSTANTIN noch immer in der Hand hält, und macht sofort „Hände hoch!“. K ONSTANTIN (überrascht über diese Geste.) Was ist? Was treibens denn mit die Händ? H AVLICEK Ich ergib mich. K ONSTANTIN (perplex) Wieso? H AVLICEK Nicht schießen, bitte! K ONSTANTIN Ach so! (Er lacht und steckt seinen Dienstrevolver in seinen Dienstgürtel.) H AVLICEK (nimmt die Hände herab und lächelt.) Sie sind doch ein freundlicher Mensch. K ONSTANTIN Möglich. E VA Sicher. K ONSTANTIN Oh, du bist lieb – (zu H AVLICEK ) Aber für Sie bin ich nur das Grenzorgan und kein Mensch, und jetzt reißt mir aber ehrlich die Geduld! Das halt ich nicht aus, daß Sie da immer wieder erscheinen, man ist doch schließlich auch nur ein Mensch! H AVLICEK Eben! K ONSTANTIN Also schauns, daß Sie jetzt endgültig verschwinden, ja?!
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H AVLICEK Aber drüben hat er mich grad bedroht, daß er mit der Kanon kommt, wenn ich noch einmal – E VA Mit der Kanon? H AVLICEK Ja, ich denk, der Herr Papa sind nicht mehr ganz nüchtern, und der Herr Gendarm Mrschitzka auch nicht mehr so ganz – E VA Sie trinken? H AVLICEK Schnaps. Und Rum. E VA (zu K ONSTANTIN ) Schon wieder! H AVLICEK Man riecht es schon auf der Brück. E VA Fürchterlich! H AVLICEK So hat halt jeder seine Sorgen. (Stille) K ONSTANTIN Also seiens bitte vernünftig – H AVLICEK (unterbricht ihn) Ich werd nicht vernünftig! K ONSTANTIN Und ich werd verrückt! H AVLICEK Von mir aus! K ONSTANTIN Von Ihnen aus schon, aber nicht von mir aus! H AVLICEK Und wo soll ich schlafen? K ONSTANTIN Auf der Brücke! Schluß!! (Stille) H AVLICEK Also Schluß. (drohend) Jetzt mag ich aber dann auch nicht mehr! Jetzt bleib ich aber dann auf der Brück! Jetzt werd ich aber dann auf der Brück schlafen, verstanden?! Bei Wind und Wetter und Sonne und Mond! Werdet es schon noch erleben, Ihr!! (rasch ab)
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Nun weht der Nachtwind. K ONSTANTIN (verdutzt zu E VA ) Was droht der uns? E VA Er ist halt arm. Immer hin und her – da muß ein Mensch verblöden. K ONSTANTIN Ich wasch meine Hände in Unschuld. Zu was haben wir die blöde Grenz? E VA Das sagst du? Als Grenzorgan? K ONSTANTIN Das sag ich privat. (Stille) E VA Du Konstantin. Könntest jetzt nicht mal so privat in deinen Turm hinein? K ONSTANTIN (perplex) Warum? E VA Weil derweil könnt da ein Mensch vorbei – Er wäre gerettet, geschwind wie der Wind. K ONSTANTIN Eva! Möchst mich verführen?! Da kenn ich keinen Spaß! E VA Aber wo soll der denn schlafen?! K ONSTANTIN Meinst, der tut mir nicht leid? Doch ich verbeiß mein Herz vor lauter Pflichten! (Stille) E VA Komisch seid Ihr Männer. K ONSTANTIN (unangenehm berührt) Komisch? E VA Ja. Ich denk speziell an den Papa – daß der sich neuerdings wieder dem Alkoholteufel verschrieben hat, das ist tragisch. Erst neulich nacht, wie ich mal nicht bei dir gewesen bin, da hat er mich gräßlich beschimpft in seiner Trunkenheit – oh, so gräßlich! Jedoch erst im Verlaufe dieser Schimpforgie ist mir allmählich ein Licht
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aufgegangen, daß er ja nämlich gar nicht mich gemeint hat, sondern mein armes Mutterl selig, die doch schon längst das Zeitliche gesegnet hat, aber eben in seiner Trunkenheit hatte er das vergessen und hat mich mit ihr verwechselt. K ONSTANTIN Mußt viel leiden, du arme Liebe, da drüben – – E VA Ich sehn mich auch immer herüber, kaum kann ich die Nacht erwarten – Hier drüben ist alles so licht. K ONSTANTIN Komm – (Er setzt sich auf die Bank vor seinem Raubritterturm, und sie setzt sich auf seinen Schoß.) (Stille) K ONSTANTIN Und wie steht er jetzt eigentlich? E VA Wer? Was? K ONSTANTIN Ich meine, wie steht jetzt dein Vater zu unserem Bunde? Anscheinend lenkt er ein – E VA Das glaub ich ihm nicht. Der Papa denkt nur an das Geld. Reich soll ich heiraten, damit er an die Riviera kann – Manchmal könnt ich ihn wirklich schon mit einer Axt – K ONSTANTIN Still, Süße – (Sie küssen sich.) E VA Lieber arm, aber glücklich. K ONSTANTIN Vielleicht kannst mal mit mir an die Riviera, wenn ich beispielshalber heut diese Rauschgiftleut – Zwanzigtausend! Aber wenn ichs auch diesmal nicht erwisch, die Schmuggler sterben nicht aus, Gott sei Dank – (Er betrachtet automatisch seinen Dienstrevolver.) Hoppla! Gut, daß ich ihn betracht, meinen Dienstrevolver! Da sind ja gar keine Patronen drin, da hätten jetzt aber unsere Zwanzigtausend gelacht! (Er erhebt sich.) E VA Du, ich hab Angst! K ONSTANTIN Mein Weib darf keine Angst kennen, das hängt mit meinem gefährlichen Beruf zusammen – (Er will ab.) E VA Wohin? K ONSTANTIN Ich hol mir nur die Patronen – (ab in seinen Raubritterturm)
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29. Szene. E VA allein. Sie sieht sich scheu um in der Nacht. Es ist sehr still. Doch plötzlich ertönt aus dem Raubritterturm heraus Tanzmusik. E VA (erschrickt und lauscht.) – Musik? Musik – 35
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30. Szene. K ONSTANTIN (erscheint wieder mit den Patronen und ladet seinen Revolver.) Na? Da spitzt wer seine Öhrchen? Ich hab dich ganz vergessen damit zu überraschen – E VA (unterbricht ihn.) Radio! K ONSTANTIN Fein, was? E VA Mein Traum. K ONSTANTIN Jetzt ist jemand glücklich – E VA Nicht verschrein! Überall sitzen die bösen Geister und verhexen das Gute – Sie wohnen im Fluß, und in der Nacht tauchen ihre Köpf herauf und horchen, und wer sich laut freut, den schauen sie an, und schon muß er weinen. (Pause) E VA Komm, tanzen wir! K ONSTANTIN (tanzt mit ihr.)
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31. Szene. Jetzt kommt der Chef der Regierung auf dem rechten Ufer mit seinem S EKRETÄR . Da er strenges Inkognito zu wahren wünscht, wollen wir ihn X nennen. K ONSTANTIN und E VA , die im Scheine der Laterne am Brückenkopf tanzen, erblicken die beiden Herren nicht und tanzen infolgedessen seelenruhig weiter. S EKRETÄR Also, hier ist besagter entlegener Brückenkopf – X (unterbricht ihn.) Wie bitte? Hier tanzt unser Grenzorgan? Die Grenze als Tanzbar? Penetrant! Schad, daß ich mein Inkognito nicht lüften darf, penetrant schad! – Aber die Maid hat Charme. Übrigens erinnert sie mich an ein weibliches Wesen aus der Vorkriegszeit. S EKRETÄR An die Panilla, Exzellenz! X Richtig! S EKRETÄR Aber die Panilla hatte andere Hüften. Gewölbtere. X Woher sind Sie denn derart penetrant informiert? Die Panilla könnt doch Ihre Großmutter sein – Nanana, junger Mann! S EKRETÄR Meine Informiertheit beruht ja nur auf meiner Mama, Exzellenz! Die hat sich nämlich oft ausführlich beklagt bei mir – über den Papa. Wegen der Panilla. X Jaja, der arme Herr Papa – ein braver Mensch. Friede seiner Asche. Aber die Panilla war mal eine fesche Katz! Jetzt ist sie leider blind – So, und jetzt lassens mich allein. Wo ist mein falscher Paß? S EKRETÄR (überreicht ihn.) Hier, Exzellenz! X Und Sie warten im Dorf mit dem Wagen! S EKRETÄR Gewiß, Exzellenz! (ab) 32. Szene. X nähert sich nun den Tanzenden. E VA (erblickt ihn zuerst.) Ach, da kommt wer. Schad! K ONSTANTIN (löst sich von Eva und wendet sich an X.) Ihren Grenzschein, bitte. X Hier, mein Paß – (Er überreicht ihm seinen falschen Paß.) K ONSTANTIN (blättert ausführlich und überlegt.) X (ungeduldig) Na, dauert es noch lange? K ONSTANTIN Ruhe! X Aber ich habe dringendst zu tun! K ONSTANTIN Möglich! Aber auch wenn ich hier mal tanz, hab ich meine Augen überall, und es treiben sich allerhand Rauschgiftschmuggler herum – X Machen Sie doch keine penetranten Späße, nicht?! K ONSTANTIN (fährt ihn an.) Ruhe! „Penetrant“ ist Amtsbeleidigung! Und die Photographie stimmt übrigens auch nicht. X Stimmt nicht? Aber ausgeschlossen! K ONSTANTIN Da! X (betrachtet die Photographie.) Oh, dieses Kamel! K ONSTANTIN Da ist ein Vollbart und Sie sind rasiert. Glatt. Und außerdem ist auch der Paß falsch – Dieser Stempel gehört nämlich vorschriftsmäßig über diesen Rand und nicht unter diesen Rand. Ich kenn nämlich meine Vorschriften! X (beiseite) Das hab ich noch gar nicht gewußt, daß ich diese Vorschrift erlassen hab – K ONSTANTIN Tut mir leid, aber ich muß jetzt zu einer ausführlichen Leibesvisitation schreiten – Ich sage nur: Kokain! Also los, kommens!
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X (beiseite) Kokain? (laut) Halt! Können Sie schweigen? K ONSTANTIN (perplex) Warum? X Ich muß mich leider demaskieren. K ONSTANTIN Ihre einzige Möglichkeit. Und wo ist das Kokain? X So lassen Sie doch dieses penetrante Kokain! Hier ist mein richtiger Paß! Aber schweigen! K ONSTANTIN (betrachtet den Paß, stutzt, steht stramm und salutiert.) X (gedämpft) Rührt euch! Nur kein Aufsehen – Inkognito, strengstes Inkognito! Sonst wäre das eventuell noch eine Katastrophe für die ganze zivilisierte Welt! K ONSTANTIN Können sich auf mich verlassen, Herr Ministerpräsident! X Und auch nicht dem Fräulein Braut etwas sagen – Übrigens: Es freut mich, daß wir so gewissenhafte Grenzorgane haben, das mit dem Vollbart war schon gut, aber das mit dem Stempel war phänomenal! Na, ich werd mich schon erinnern, daß wir Ihre pflichtbewußte Kraft gehörig ausnützen! K ONSTANTIN Hocherfreut, Herr Ministerpräsident! X Aber abermals: Amtsgeheimnis! K ONSTANTIN Amtseid! X Danke! (ab) 33. Szene. X (geht nun über die Brücke, und es wäre sehr finster, wenn am Himmel nicht ein großer Mond hängen und blöd scheinen würde.) H AVLICEK (lehnt mitten auf der Brücke an dem Brückengeländer – Er sah bereits X kommen und betrachtet ihn nun interessiert.) X (gleich auf ihn zu) Pardon, Kollege, daß ich Euch so lange warten ließ, aber meine Grenzorgane sind zu gewissenhaft – (Er lächelt.) Es freut mich aufrichtig, Euch kennenzulernen, schon auch im Interesse unserer beiden Länder, deren Interessen eine heimliche menschliche Aussprache der beiden Regierungschefs dringendst erheischen. H AVLICEK (beiseite) Großer Gott! Ein Narr! X Es war eine selten glückliche Idee Ihrerseits, daß wir uns hier auf dieser abgelegenen Grenzbrücke treffen, hier können wir doch mal ausnahmsweise friedlich alle Strittigkeiten, die unsere beiden Länder berühren, berühren. H AVLICEK Interessant! (beiseite) Nur immer recht geben, sonst läuft er vielleicht noch Amok! X Wir leiden unter unseren Grenzen. H AVLICEK Oh, wie wahr! X Es erfüllt mich mit ungeheuerer Freude, daß Sie der Ansicht sind! H AVLICEK Und ob ich der Ansicht bin! X Ihre Ansicht erfüllt mich mit Hoffnung! H AVLICEK Die Hoffnung ist ein schwankes Rohr – X Das aber schwerer bricht im Sturmgebraus wie eine starke Wettertanne! H AVLICEK (beiseite) Ein Poet! X Um aber auf unsere Grenzen zurückzukommen – H AVLICEK Sehr richtig! X – so muß und darf und soll und will und kann ich nur betonen, daß diese Grenzen eine Plage sind. H AVLICEK „Plage“ ist gar kein Ausdruck!
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X Aber wenn wir das nun laut sagen würden, dann würden unsere gesamten öffentlichen Meinungen laut aufzischen vor Wut – H AVLICEK Na, die „gesamten“ – Es gäb auch welche, die es begrüßen. Zum Beispiel ich. X Sie natürlich! Ich sage nur ein Wort: Macchiavelli! H AVLICEK Wie bitte? X Oh, wir verstehen uns bereits, lieber Freund – Darf ich Sie „Freund“ nennen? Sie stehen so herrlich über den Dingen! H AVLICEK Ich steh nur zwischen den Grenzen. X Sie formulieren herrlich, und ich wäre glücklich, wenn wir zu einer Einigung gelangen könnten, theoretisch und praktisch – H AVLICEK Also vor allem praktisch, weil ich mich hier schon bald erkält! X Sie belieben zu scherzen – hehehe! H AVLICEK Aber keine Idee! Spürens denn nicht den Zug! Diesen Mitternachtswind? Meiner Seel, einen Katarrh hab ich schon! X Jaja. Opfer über Opfer. H AVLICEK Und was hat man davon? Nichts. X Nur Undank. H AVLICEK Das nebenbei – X Apropos Undank: Darf ich Ihnen gratulieren zu Ihrer schier wundervollen Errettung von diesem ruchlosen Attentat – H AVLICEK Was für ein Attentat? X Wie? Sie erinnern sich nicht mehr? H AVLICEK (beiseite) Attentat! Ein Obernarr! (laut) Ach, jaja! Aber wissens, ich hab schon so viel Attentate hinter mir, daß ich ein jedes gleich immer wieder vergiß! X Heroisch. H AVLICEK Mein Gott – (Er lächelt.) X Bescheiden und heroisch. Aber hier ziehts tatsächlich unerträglich – H AVLICEK Daß Sie es nur merken! X (beiseite) Meine Bronchitis – (laut) Also prinzipiell wären wir uns ja bereits einig, und was die einzelnen untergeordneten Punkte betrifft: Ich bin zu jeder Konzession bereit. H AVLICEK Ich auch. Aber was nützt das? X Allerdings nur zu einer jeden solchen Konzession, die sich mit unserer Würde verträgt. H AVLICEK „Würde“? Jetzt steh ich da, und keiner laßt mich hinein – – X Wieso nicht hinein? H AVLICEK Nicht rechts, nicht links – X Wo nicht hinein? Versteh kein Wort! H AVLICEK (fährt ihn an.) Dann machens Ihre Ohrwascheln gefälligst auf, ja? Groß genug wärens ja, und abstehen tuns auch! X „Abstehen“?! H AVLICEK Und verschonens mich überhaupt mit Ihren Irrenhausgesprächen! Hör mal her, du Narr! Spiel dich nicht mit mir, freu dich lieber, daß du kein Regierungschef bist, sonst könntest jetzt was erleben von mir, verstanden?! X Was ist das? Das ist ja ein anderer! H AVLICEK Ich bin kein anderer! Ich bin der Ferdinand Havlicek und Punkt! Jetzt reißt mir aber die Geduld, ich bin ein Drogist und kein Narrenwärter!
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X Oh Himmel tu dich auf und verschling mich! Havlicek! Na, das gibt einen europäischen Skandal! H AVLICEK (beiseite) „Europäisch“? Größenwahn! X Bumm! Das Ende meiner Karriere! Meine Demission! Gott, ist mir übel – (Er beugt sich über das Brückengeländer.) (Stille) H AVLICEK (beiseite) „Demission“ – Hm. Vielleicht ist die Sach doch komisch, und es steckt was dahinter – – und parfümiert ist er auch, ich riech das gleich beruflich. Ein sehr teures Parfüm – (Er nähert sich schnuppernd X.) Ist Ihnen schlecht? X (rührt sich nicht.) H AVLICEK Ist Ihnen schlecht? X So fragens doch nicht so penetrant! Sehens denn nicht, daß ich mich erbreche! H AVLICEK Das schon. X Also! (Stille) H AVLICEK Ist Ihnen jetzt leichter? X Nein. Jetzt trifft mich bald der Schlag. H AVLICEK Entschuldigens, aber wer sind denn der Herr eigentlich? X Ich? Ich?! Ein Narr! Ein Obernarr! (Er lacht hysterisch.) H AVLICEK (beiseite) Wie der lacht – X (plötzlich ernst) Ich lache da. Und morgen lacht die ganze Welt über uns zwei. H AVLICEK Über Sie vielleicht. Über mich kaum. X Sicher! H AVLICEK Geh, was geh denn ich schon die Welt an! X Man wird sich totlachen. H AVLICEK Tot? Von mir aus! X Ein Havlicek als Eingeweihter – da wird sich nichts verheimlichen lassen. Hören Sie, lieber Freund: Vor Ihnen steht der Chef der Regierung dieses Landes (Er deutet nach rechts.), und dieser Chef wollte mit dem Chef der Regierung jenes Landes (Er deutet nach links.) eine heimliche lebenswichtige Besprechung über unermeßliche Probleme – H AVLICEK (unterbricht ihn.) Was hör ich? X Ja. H AVLICEK Sie sind der Chef? Ohne Witz? X Noch bin ich es, aber ab morgen schreib ich meine Memoiren, die allerdings erst zwanzig Jahre nach meinem Tode veröffentlicht werden dürfen. Ich freu mich schon auf das Kapitel Havlicek. (Stille) H AVLICEK Und der andere Chef von da drüben kommt auch daher? X Er müßte schon längst hier sein. Schon vor mir! H AVLICEK Was? Beide Chefs? – Na freuts Euch, Freunderln! 34. Szene. Jetzt kommt Y, der Chef der Regierung auf dem linken Ufer, rasch von links und wendet sich sogleich an H AVLICEK ; wieder Bühnenmusik. Y Oh verzeihen Sie, daß ich mich derart penetrant verspätet habe, aber leider hatte ich Panne auf Panne, und einen Hund haben wir auch überfahren, einen Rattler – also abermals: Verzeihung, Herr Ministerpräsident!
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X Der auch! (Er lacht wieder hysterisch.) Y (verwirrt) Wer lacht denn da? H AVLICEK Der andere! Y Was für ein anderer?! X Gratuliere, Kollege! Y Wer gratuliert mir denn da?! Himmel, ich bin ja so kurzsichtig, und bei der vierten Panne ist mir meine Brille zerbrochen, und jetzt seh ich nichts! H AVLICEK Macht nichts, ist eh stockdunkel! X Gratuliere abermals! Sie suchen nämlich mich, aber ich habe Sie verwechselt, und nun sind Sie auch an den Falschen geraten! Penetrant! Y An den Falschen? Penetrant! H AVLICEK An den Falschen? An den Richtigen, meine Herrschaften! Na, das freut mich aber, daß ich Euch zwei beide triff – Grad bin ich in Stimmung! Hörts mal her! Warum machts denn Ihr zwei so penetrante Gesetz, he?! Da fabriziert ein jeder lustig drauflos, aber keiner denkt dabei zum Beispiel an so einen armen ehemaligen Drogeriebesitzer! Y Das halt ich nicht aus! H AVLICEK Ich auch nicht! Y Ich geh, und es ist nichts geschehen! H AVLICEK Nichts? Das sind Euere Gesetz! Y Ich laß alles dementieren! H AVLICEK Sie, mich könnens aber nicht dementieren! Für mich nicht! Schauns mich an, wenn ich mit Ihnen red! Y Was soll ich Sie denn anschaun bei der Finsternis?! Ohne Brille seh ich nichts! H AVLICEK „Finsternis“?! Und der Mond? Mein lieber guter Mond?! (Jetzt verschwindet der Mond hinter einer Wolkenbank, und da wird es sehr dunkel.) H AVLICEK (sieht überrascht empor; betroffen) Jetzt ist er weg. Y (beiseite) „Mond“! Das auch noch. (laut) Schluß!! Ich dementier, ich dementier und zwar kategorisch! Auch mich selbst! (zu X) Wiedersehen, Kollege! Ich könnt heut eh nicht verhandeln, so ohne Brille bin ich zu unsicher – (rasch ab nach links) X (für sich) „Wiedersehen“! Ein Optimist. Na adieu, du schöne Welt – (langsam ab nach rechts) 35. Szene. H AVLICEK (allein; er schaut nach rechts und nach links.) Weg sind sie. Ein Optimist, der dementiert, und ein Pessimist, der demissioniert. Und was bin ich? (Jetzt erscheint er wieder, der Mond.) H AVLICEK (schaut empor.) – Bist wieder da, Herr Mond? Bist ein feiner Freund. Da gefällt einem so ein Mondgesicht schon seit der frühesten Kindheit, aber wenn man ihn braucht, dann geht er hinter eine Wolkenbank – E IN H AHN (kräht im fernen Dorf.) H AVLICEK Das war ein Hahn. Ist denn schon so spät oder so früh? – Und ehe der Hahn dreimal kräht, wirst du mich dreimal verraten – Gott, was für ein tiefes Wort! (singt.) Ein tiefes Wort tut manchmal gut, wenn dich verlassen möcht dein Mut. Es hilft dir zwar nur indirekt, wenn du so sitzt wie ich im Dreck, –
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dann hat halt alles keinen Sinn, her und hin.
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Vor allen Dingen brauchen wir ein Stück gestempeltes Papier, und weh dem armen Untertan, der kein Papier vorweisen kann! Er ist verdammt und muß nun ziehn her und hin.
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Bist du noch so auf der Hut, ohne Stempel wird nichts gut, ohne Stempel gibts kein Leben, ohne Stempel gehts daneben, ohne Stempel kannst riskieren, bis zum jüngsten Tag zu spazieren als ein Pendel ohne Sinn her und hin! Jetzt geh ich da so hin und her und her und hin und hin und her und wieder her und wieder hin, immer hin und her, immer her und hin, – mich wunderts nur, daß ich noch bin, bei all dem Her und Hin!
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Z w e i t e r Te i l .
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1. Szene. Auf dem linken Ufer. Nun hat der Hahn bereits dreimal gekräht, aber S ZAMEK und M RSCHITZKA sitzen noch immer vor der amtlichen Baracke und haben noch immer Rum. Sie sind bereits ziemlich angeheitert und singen, stumpfsinnig abwechselnd. Als der Adam aus dem Paradies mit der Eva damals mußte scheiden und ihm Gott der Plagen viel verhieß, war der Adam wenig zu beneiden. Lieber Gott, so tät er sagen, ich will alles gern ertragen, bloß nicht den Durscht!
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Gott der Herr erbarmt sich seiner Not und gab ihm aus Gnade zwei Geschenke: Er erfand für ihn den Tod
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und die alkoholischen Getränke. Und der Mensch zu seiner Labe macht Gebrauch von dieser Gabe, – Er hat halt Durscht! 5
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M RSCHITZKA (spricht.) Prost Szamek! Bist ein Genie! S ZAMEK Was ist ein Genie? Ein genialer Mensch. Und was ist ein Mensch? Ein Nichts. Also was ist ein Genie?! Gar nichts. M RSCHITZKA Das ist mir zu hoch. Aber wie du da zuvor diesen Rauschgiftschmuggler entlarvt hast, das war schon ganz großer kriminalistischer Stil! Eine Klasse für sich, eine Sonderklasse für sich, eine kriminalistische Sonderklasse für sich. Nur versteh ich nicht, warum daß du keine Leibesvisitation – S ZAMEK (unterbricht ihn.) Weil ich davor einen Respekt hab! Nämlich da hat mir erst unlängst so ein Subjekt anläßlich einer Leibesvisitation, die ich an ihm vorgenommen hab, mein Portemonnaie aus der Tasch gestohlen – M RSCHITZKA (fällt ihm ins Wort.) Was schadet das ab heut?! Ab heut, wo wir morgen Bankkontos haben werden! Zwanzigtausend! Das ist ein Wort, das zerfließt einem im Maul wie Butter – S ZAMEK Also die Hauptsach ist, daß wir ihn ergriffen haben, diesen Schmugglitschinski. Eingesperrt da drinnen! (Er deutet auf die Baracke.) (singt.) Willst du dein vertrocknetes Gehirn Für den Dienst am Vaterland erleuchten, Darfst du nicht vergessen es zu schmiern Und genügend täglich zu befeuchten. Ohne diese Geistesfackel bleibst du stets ein lahmer Lackel, – Das macht der Durscht! Wenn die Sorge grimmig an dir frißt, wird der Spiritus dich hold erfrischen, und wenn du nicht ganz zufrieden bist, denk dir bloß, wir hätten „Prohibition“! Wenn man dort im Branntweinladen nichts bekäm als Limonaden, das wär ein Durscht!! M RSCHITZKA Sollst leben, Thomas! Ich erhebe mein Glas auf das Gedeihen einer kriminalistischen Leuchte! (Er trinkt.) Meiner Seel, war das eine Lust, wie der da immer zerknirschter geworden ist und alles eingestanden hat! S ZAMEK Also eingestanden, daran kann ich mich nicht erinnern. Mir ist nur bekannt, daß er hartgesotten geleugnet hat. M RSCHITZKA Aber ist er denn nicht zusammengebrochen unter der Last der Indizien? S ZAMEK Nein. Er ist nur zusammengebrochen, weil du ihm das Bein gestellt hast, nachdem du ihm eine hingehaut hast. M RSCHITZKA So? Hab ich das? – Das weiß ich ja jetzt gar nicht mehr. Schrecklich. Neuerdings kommt mir das häufig vor – zum Beispiel erst vorige Woch, da hab ich einem eine hingehaut, ganz ohne jeden Grund und hab das erst bemerkt wie er mir eine zurückgehaut hat. Ein eigenartiger Zustand.
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S ZAMEK Sogenannte Absenz-Erscheinungen. M RSCHITZKA Was? Abstinenz-Erscheinungen? Lächerlich! S ZAMEK Apropos Abstinenz: Wo nur die Eva so lang bleibt, diese Bestie! M RSCHITZKA Wo? Kann ich mir schon vorstellen! S ZAMEK Ich auch! (Er schlägt auf den Tisch; leise) Das wird noch ein furchtbares Ende nehmen, ein Ende mit einer Axt – M RSCHITZKA Mir scheint, du bist angeheitert und siehst schwarz. S ZAMEK Schwarz ist noch viel zu weiß. M RSCHITZKA Hättest halt das Fräulein Tochter nicht dem Schicksal überlassen sollen. S ZAMEK Dem Schicksal? M RSCHITZKA Hast doch gesagt! (Stille) S ZAMEK Ja, jetzt erinner ich mich – Hm. Also wenn das Schicksal seine Hand im Spiel hat, dann kommt die Bestie vor morgen früh nimmer heim – (Er schläft plötzlich ein vor lauter Rum.) M RSCHITZKA (betrachtet ihn.) Ist der jetzt schon wieder eingeschlafen? Na, höchste Zeit, daß er pensioniert wird, diese Leuchte der Kriminalistik – (Er schreit.) He! Thomas! Thomas! S ZAMEK (erwacht.) – Jetzt hab ich aber was ganz Blödes geträumt… Die Eva war noch klein und das Fenster war höher, ich hab sie hinaufgehoben, und draußen ist grad unser König vorbeigefahren in einem gelben Galatotenwagen. Und der Kutscher hat Flügel gehabt. Er war ein Engel – ein Erzengel. M RSCHITZKA Zu blöd. 2. Szene. Jetzt taucht ein verstörter Mensch auf: der P RIVATPÄDAGOGE . Ohne Krawatte und mit zerwühltem Haar. Rasch möcht er auf die Brücke. S ZAMEK Halt! Ihren Grenzschein, bitte – (Er will sich erheben, muß sich aber gleich wieder setzen vor lauter Rum.) P RIVATPÄDAGOGE Lieber Herr, ich brauch keinen Grenzschein mehr! S ZAMEK Hör ich recht? Jeder Mensch braucht einen Grenzschein, wenn er hinüber möcht! P RIVATPÄDAGOGE (blickt in den Himmel.) „Hinüber“! Für mein Hinüber brauch ich keinen Paß – (Er schreit S ZAMEK plötzlich an.) Haltens mich nicht auf, ich möcht sterben! S ZAMEK Seiens so gut! (Er schläft wieder ein.) P RIVATPÄDAGOGE Jetzt geh ich auf diese Brücke, dort wo sie am tiefsten ist, und spring ins Wasser! Oh, dieses Leben! Lauter Dummheit, Lüge und Niedertracht – nirgends eine mütterliche Persönlichkeit! M RSCHITZKA Recht habens! Wo man hinschaut, lauter Rohheit und Gemeinheit, nirgends eine kleine Zartheit – P RIVATPÄDAGOGE (weint.) Oh, wie wahr! M RSCHITZKA (schluchzt.) Meinens, ich halt das aus? Aber keine Idee. Kommens, ich geh mit und spring nach! P RIVATPÄDAGOGE Nein! So etwas muß jeder mit sich selbst abmachen! M RSCHITZKA Also werdens nur nicht vorlaut, ja? Wenn der Mrschitzka sagt, daß er mitspringt, dann springt er aber auch mit! Wo sind denn nur meine Schuh? Kruzifix, ich kann doch nicht ohne Schuh bei die Blutblasen unter die Hornhäuter –
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P RIVATPÄDAGOGE Ich spring allein. M RSCHITZKA So wartens doch, Sie Nervösling, Sie! P RIVATPÄDAGOGE Lassens mich! Wissens denn, was ich getan hab? Grad hab ich meine Frau erschlagen! Erschlagen. (rasch ab) M RSCHITZKA (sieh ihm verdutzt nach.) Ist das ein Witz? 3. Szene. Der P RIVATPÄDAGOGE eilt nun über die Brücke und hält ruckartig an der Stelle, wo er gestern geangelt hat. Er sieht sich nervös-flüchtig um, sieht dann hinab in das Wasser und hinauf in den Himmel. P RIVATPÄDAGOGE Es mußte so kommen. Ein verpatztes Leben und die Konsequenz. Hier habe ich gestern noch geangelt und nicht gefangen. Nichts. – Vielleicht wär alles anders gekommen, wenn ich was gefangen hätt, vielleicht läg ich dann jetzt im Bett und tät ruhig schlafen, wenn ich überhaupt nur schlafen könnt! Aber so? – Warum habt Ihr denn auch nicht angebissen, Ihr Hechte da drunten, Ihr Karpfen, Waller, Forellen, Saibling und Ihr Weißfisch mit den vielen Gräten, an denen man immer wieder erstickt? Seid verflucht. (Er klettert über das Brückengeländer.) Und lauter dünne Würmer – Nein, das mach ich nicht mehr mit! Oh Ewigkeit, empfange deinen Sohn! Immer hab ich für dich gewirkt bei den Nachhilfestunden, von denen ich mich ernährt hab, immer in deinem Geiste – Also los! Los! Eins, zwei, und eins ist drrrr – 4. Szene. H AVLICEKS S TIMME (Er selbst bleibt unsichtbar, weil er an der anderen Seite der Brücke auf dem Boden sitzt, und infolgedessen hatte ihn auch der P RIVATPÄDAGOGE zuvor übersehen.) Halt! Halt! P RIVATPÄDAGOGE (fährt entsetzt zusammen.) Wer ruft da Halt? H AVLICEK (erhebt sich nun.) Ich. P RIVATPÄDAGOGE (beiseite und bang) Welche Geisterstimm – ich seh mich nicht um. H AVLICEK Also, was treibens denn da für Unüberlegtheiten, Verehrtester? Der Tod kommt eh von allein, garantiert! Zurück! Abrakadabra! P RIVATPÄDAGOGE (beiseite) „Abrakadabra“? – Jetzt wag ichs und seh mich um, hoffentlich trifft mich nicht der Schlag – (Er sieht sich ruckartig um und erblickt H AVLICEK .) Sie sind das?! H AVLICEK Wer denn sonst? P RIVATPÄDAGOGE (klettert wütend über das Brückengeländer zurück und fährt H AVLICEK ungeduldig an.) Na, das nenn ich aber eine gewaltsame Unerhörtheit, Sie! Was geh denn ich Sie an, wenn ich mich umbringen möcht, bitt ich mir aus!? H AVLICEK Pardon! Aber ich hab doch eine menschliche – P RIVATPÄDAGOGE (unterbricht ihn.) „Menschlich!“ Schauns mich an, es gibt keinen Menschen! Was wissen denn Sie schon von meiner grenzenlosen Einsamkeit? Grad hab ich meine Frau erschlagen! H AVLICEK Großer Gott! P RIVATPÄDAGOGE Soll ich mich also hängen lassen oder köpfen? Nein, das überleb ich nicht! Lieber bring ich mich selber um. Nur schad, daß nicht Winter ist, erfrieren ist der schönste Tod!
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5. Szene. S TIMME DER F RAU (aus der Ferne) Theo! Theo! P RIVATPÄDAGOGE Um Christi willen! H AVLICEK Wer ruft da? S TIMME DER F RAU Theo! P RIVATPÄDAGOGE Sie ruft mich, meine tote Frau! H AVLICEK (verwirrt) Sie heißen Theo? P RIVATPÄDAGOGE Aus dem Jenseits ruft sie mich! (Er blickt empor.) Ich komme, ich komme! (Er klettert wieder über das Brückengeländer.) Eins, zwei, und eins ist drrrrr.... 6. Szene. D IE F RAU (kommt nun vom linken Ufer dahergelaufen und zwar ganz außer Atem; sie erblickt ihren P RIVATPÄDAGOGEN und schreit.) Theo! P RIVATPÄDAGOGE (erblickt sie und kreischt.) Gespenst, Gespenst, Gespenst! F RAU Ich lebe, ich lebe! Hast mir ja nichts getan, war doch nur ein schwacher Schlag, aber ich hatte meinen Krampf und konnt mich nicht rühren – Oh, ich hab es ja gesehen, wie du mir den Abschiedsbrief geschrieben hast, jetzt weiß ich erst, wer du bist! Komm, guter Theo und verzeih mir meinen Krampf! (Stille) P RIVATPÄDAGOGE (atmet auf.) Gottlob, du lebst. Hab ich mich jetzt erschreckt! (Er klettert wieder retour über das Brückengeländer.) F RAU Armer Theo, komm und verzeih mir – – P RIVATPÄDAGOGE (schließt sie in seine Arme und gibt ihr einen Kuß.) Wirst mir wieder Würmer suchen? F RAU Ja. Ich werde suchen und suchen und finden – – (ab mit ihrem P RIVATPÄDAGOGEN) 7. Szene. S TIMME DER F RAU H ANUSCH (von der anderen Seite der Brücke, wo sie auf dem Boden sitzt, dort wo zuvor auch H AVLICEK saß.) Kann man jetzt kommen? H AVLICEK Ohne Gefahr! S TIMME DER F RAU H ANUSCH Ist die Luft rein? H AVLICEK Wir sind unter uns. F RAU H ANUSCH (erhebt sich und kommt.) Gott, waren das aufregende Szenerien. Ich hab direkt Bauchweh vor lauter Empörung! Ich kann halt niemand leiden sehen, wenn ich auch oft herzlos wirk durch meine drastische Manier! H AVLICEK Sie und herzlos? Wo Sie mir da etwas zum Essen bringen mitten in der Nacht? Kalten Braten und passierten Roquefort? Das zeigt von keinem alltäglichen Herzen, Frau Hanusch! F RAU H ANUSCH Ich weiß, daß das rührend von mir ist, und ich war ja schon längst im Bett, aber ich hab keinen Schlaf gefunden, immer hab ich denken müssen: Da geht jetzt ein Mann hin und her, und niemand laßt ihn rein – – und plötzlich hats mich durchzuckt, ich raus aus dem Bett und daher – Aber Sie haben ja alles stehen lassen! Habens denn keinen Hunger? H AVLICEK Hunger schon, aber keinen Appetit. F RAU H ANUSCH Armer Mensch! H AVLICEK Und derweil ist passierter Roquefort meine Leibspeis – – mein Leibkäs gewissermaßen.
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F RAU H ANUSCH Das freut mich, daß ich es erraten hab. H AVLICEK Tut mir gut, Frau Hanusch. Wissens, es schaut nämlich einfacher aus, als wie es ist, wenn man so weg muß aus einem Land, in dem man sich so eingelebt hat, auch wenn es vom Zuständigkeitsstandpunkte nicht die direkte Heimat war – Aber es hängen doch so viel Sachen an einem, an denen man hängt. Zum Beispiel, wie ich noch die Drogerie gehabt hab, da hättens mal meine Auslag sehen sollen – Es war das zwar keine große Auslag, mehr ein größeres Fenster, aber was ich da alles hineinarrangiert hab! Rechts medizinisch, links homöopathisch, vorn kosmetisch und hinten die Diskretion – Red ich Ihnen nicht zuviel? F RAU H ANUSCH Nein. H AVLICEK Hm. Ja und der Apotheker nebenan, der hat mich dann zugrundegerichtet. Plötzlich über Nacht hat der sich auch eine Drogerieabteilung angegliedert, und dann ist meine Kundschaft dorthin. F RAU H ANUSCH Warum? H AVLICEK Er war halt beliebter als ich. Das sind eben oft so dunkle Strömungen in der Massenseele – Da steht man dann und wundert sich. Genau wie im Krieg. Waren Sie im Krieg? F RAU H ANUSCH Ich? Nein. H AVLICEK Aber in Ihrem Alter – F RAU H ANUSCH (unterbricht ihn.) Aber ich bin doch eine Frau! H AVLICEK Großer Gott, das hab ich jetzt ganz vergessen! Meiner Seel, man wird halt schon blöd und blind, wenn man immer so hin und her und immer allein – Nur eine Frau könnt mich retten. Ohne Witz. F RAU H ANUSCH Ja. Ein Mann ist schon etwas Notwendiges, wenn er auch nur repräsentiert. Mein Seliger war ein stattlicher Herr. Hundertsiebzehn Kilo hat er gewogen, und der ist mir weggestorben – Wieviel wiegen denn Sie? H AVLICEK Weniger. Bedeutend. F RAU H ANUSCH Das merk ich. Wann sinds denn geboren? H AVLICEK Warum? F RAU H ANUSCH Es interessiert mich. H AVLICEK Am vierzehnten Juli. Das ist ein großer Tag in Frankreich – Wissens, da tanzen die Leut auf den Boulevards. (Stille) F RAU H ANUSCH Vierzehnter Juli – stimmt! H AVLICEK Was? F RAU H ANUSCH Ich hab jetzt nur schnell nachgerechnet. Astrologisch. Also, nach den Sternen täten wir gut zueinanderpassen. H AVLICEK Wer? F RAU H ANUSCH Wir zwei.
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Duett: F RAU H ANUSCH Sehens die vielen Sternlein stehen über uns? Alle diese Sternlein weben an Ihrem und an meinem Leben, alle diese Sternlein drehen sich um unser kleines Leben über uns.
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H AVLICEK Wenn die vielen Sternlein eben über uns gar nichts täten, als bloß weben an Ihrem und meinem Leben, wenn sie nur für uns so wandern, was blieb denn dann für die andern neben uns? Sehns ich glaub nicht, daß das geht, daß sichs ganze All bloß um uns zweie dreht.
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F RAU H ANUSCH Jeder Mensch hat seinen Planeten.
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H AVLICEK Dann hab ich, scheints, einen Kometen: Der kommt nur ab und zu daran und stört den andern ihre Bahn. F RAU H ANUSCH (gleichzeitig) Das ist hochinteressant! Was ist der alls imstand! H AVLICEK Dann ist er plötzlich wieder verschwunden, kümmert sich nicht um seinen Kunden, – Wo ist er denn, mein spezieller Komet, daß es mir so miserabel geht? F RAU H ANUSCH Herr Havlicek, gehns lästerns nicht, und glaubens an Ihr Himmelslicht! Wenns nur die Sterne recht beschwören, (zart und anzüglich) tuns Ihnen gar noch einen Schatz bescheren! H AVLICEK (ohne zu verstehen) Ists weiter nichts? Das tu ich gern. Nur glaub ich nicht mehr recht an meinen Stern. B EIDE ZUSAMMEN Venus, Mars und Jupiter, Merkurius, Pluto und Saturn und Uranus, bringts uns bitt schön kein’ Verdruß! Tuts doch an unserm armen Leben mit Vernunft und Ordnung weben über uns! Und vergeßts nicht, unserm Leben auch ein bisserl Glück zu geben über uns! H AVLICEK Aber was sind denn das schon für Stern?! Ich kann doch nicht weg von der Brück! Oh, ich Blödian! Da triff ich da zuvor gleich beide Chefs auf einen Schlag und anstatt, daß ich sie erpreß mit ihrer heimlichen Mission, damit sie mich überall hineinlassen, hab ich sie bloß beschimpft – wie unüberlegt, wie unüberlegt! Aber ich bin halt zu jähzornig! Zu jähzornig –
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F RAU H ANUSCH (fällt ihm plötzlich um den Hals und küßt ihn.) H AVLICEK (etwas betroffen) Was war das jetzt? F RAU H ANUSCH Ein Stern! H AVLICEK In unserem Alter? (Er lächelt verlegen.) F RAU H ANUSCH Man ist so alt, als wie man sich fühlt und ich fühl mich noch! – Schad, daß ich jetzt weg muß, aber ich muß auf meine Reputation achten, auch wenn ich morgen Konkurs ansag. H AVLICEK Auf Wiedersehen. Und ich dank für Speise und Trank – F RAU H ANUSCH Geh, du hast ja nichts gegessen! (Sie will das Essen wieder mitnehmen.) H AVLICEK Halt! Laß es da! Jetzt hab ich Appetit! F RAU H ANUSCH (gibt ihm rasch einen Kuß.) Schmecken soll es dir! Schmecken, du braver Mann – (rasch ab nach rechts) H AVLICEK (ißt und trällert vor sich hin.)
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8. Szene. F RAU H ANUSCH geht nun über die Brücke und erreicht das rechte Ufer. Erstaunt sieht sie sich um, da niemand zu sehen ist. Dann horcht sie, nähert sich vorsichtig dem Raubritterturm und sieht durch das Schlüsselloch hinein. F RAU H ANUSCH (erhebt sich wieder.) Gott, es ist doch das Schönste, zwei so junge Menschen in der Umarmung – (singt.) Wenn heutzutag ein nettes junges Paar brennheiß verliebt ist und mit Haut und Haar, so ist die Frage bald geklärt, wie man beisamm ist möglichst ungestört. Heut sind die jungen Leut halt gscheit! Gmöcht hätten wir ja auch, – nur leider war es damals noch nicht Brauch. Wenn eine Dame, die sich ordntlich pflegt, nicht grad das Gsicht hat, was man eben trägt, so nimmts ein’ Farbtopf aus dem Schrein und malt sich in ihr Gsicht ein neues ’nein. Heut sind die Frauen so viel gscheit! Gmöcht hätten wir ja auch, – nur leider war es damals noch nicht Brauch. Wenn über diesen oder jenen Fragen die Volksvertreter sich die Köpf einschlagn, so schickt mans heim, sperrt d’ Buden zu und hat vom ganzen Parlament sei’ Ruh. Heut sind halt die Minister gscheit! Gmöcht hättens frühr ja auch, – nur leider war es damals noch nicht Brauch.
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Heut hat mir träumt von einem fernen Land, wo Politik ist gänzlich unbekannt, dort ist man friedlich und human,
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sogar die Frau vertragt sich mit ihrm Mann, dort kennt man weder Neid noch Streit, – So möchten Sies halt auch? Nur leider ist es bei uns noch nicht Brauch. (ab in Gedanken versunken) 9. Szene. K ONSTANTIN (erscheint in der Tür des Raubritterturmes; er ist etwas derangiert und sieht sich um.) Es war doch wer da – E VA (taucht hinter ihm auf, ebenfalls etwas derangiert.) So komm doch! Wer soll denn schon? K ONSTANTIN Still! (Er lauscht.) Jetzt hör ich nichts, aber es ist wer vorbei. Du weißt, ich hör immer her auf die Grenz, in jeder Situation – und ich hab ein scharfes Gehör. E VA Ja, dir entgeht nichts. K ONSTANTIN Hoffentlich warens nicht unsere Rauschgiftschmuggler. Du, jetzt hab ich direkt Gewissensbiß wegen der Zwanzigtausend. E VA Was ist ein Mensch neben einer Million? K ONSTANTIN Nichts. E VA Komm – K ONSTANTIN (folgt ihr wieder in seinen Raubritterturm.) 10. Szene. F RAU L EDA kommt nun mit dem als Krankenschwester verkleideten S CHMUGGLITSCHINSKI . F RAU L EDA (leise) Niemand da? Kein Grenzorgan? Fein! S CHMUGGLITSCHINSKI (mit überaus tiefer Stimme) Sehr angenehm und um so besser. (Er entledigt sich seiner Krankenschwesternhaube.) Ich halts eh kaum in der Hauben aus vor lauter Hitz! (Er wischt sich mit seinem Taschentuch einen viertel Liter Schweiß von der Glatze.) F RAU L EDA Wisch dir lieber nicht die Glatze, sondern gib das verabredete Zeichen! S CHMUGGLITSCHINSKI Hast recht! Aber vergiß nicht, daß wir uns grad in einer anormalen Hitzewelle befinden! (Er windet sein Taschentuch aus und winkt dann damit.) 11 . S z e n e . Auf dieses verabredete Zeichen hin kommen vorsichtig DREI S CHMUGGLER ; jeder trägt einen großen Mehlsack mit der jeweiligen Aufschrift: Kokain, Morphium, Opium. S CHMUGGLITSCHINSKI (zu den DREI S CHMUGGLERN ) Also nur rasch auf die Brücke mit dem Rauschgift und vor dem drüberen Brückenkopf halt! D IE DREI S CHMUGGLER (rasch ab auf die Brücke) 12. Szene. F RAU L EDA und S CHMUGGLITSCHINSKI wollen ihnen folgen – Aber da tritt K ONSTANTIN wieder aus seinem Raubritterturm und erblickt die beiden. E VA (aus dem Raubritterturm) Konstantin! Es ist doch nichts!
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K ONSTANTIN (beiseite) Die Kranke und die Heilige? Zu dieser Stund, wo ein jeder anständiger Mensch im Bett liegt? Komisch! (laut) Ihren Grenzschein, bitte? S CHMUGGLITSCHINSKI (schlägt ihn k.o.) K ONSTANTIN (bricht lautlos zusammen.) S TIMME E VAS Konstantin! Wo bleibst denn schon wieder so lang? 13. Szene. E VA (erscheint, erblickt auf dem Boden ihren bewußtlosen K ONSTANTIN und dann die Krankenschwester ohne Haube – Sie schreit gellend auf.) S CHMUGGLITSCHINSKI (hält ihr den Mund zu; zu Frau Leda) Rasch! Knebel! Strick! Na, gib schon her aus deinem Ridikül! F RAU L EDA (knebelt und bindet Eva.) S CHMUGGLITSCHINSKI Rascher! So! Und jetzt auch diesen Burschen da! F RAU L EDA (plötzlich steif) S CHMUGGLITSCHINSKI (nichts Gutes ahnend) Was ist? F RAU L EDA (mit schwacher Stimme) Ich kann mich nicht rühren – S CHMUGGLITSCHINSKI Bist wieder weg?! Gib her! (Er reißt ihr den Strick aus der Hand.) Hast wieder geschnupft? F RAU L EDA Nein. Gespritzt! S CHMUGGLITSCHINSKI (bindet und knebelt K ONSTANTIN .) Nicht beherrschen kann sie sich! Fürchterlich, immer wieder dieses blöde Rauschgift! Kokain, Morphium, Opium – Das nimmt noch mal ein schlimmes Ende mit dir, im Irrenhaus – So! (Jetzt hat er Konstantin geknebelt und gebunden.) Alles muß man allein machen, eine feine Compagnonin hab ich da bei der unerträglichen Hitze! (Er wischt sich wieder die Glatze.) F RAU L EDA Jetzt seh ich mein Kindlein, es winkt mir zu! Oh, warum bist du gestorben mit vier Jahren, du Englein in deinem Kinderhimmel, ich hätt doch sonst nie angefangen, zu schnupfen und zu spritzen – (Sie weint.) S CHMUGGLITSCHINSKI (beiseite) Das auch noch! (zu F RAU L EDA ) Los! Zu! (Er pufft sie.) F RAU L EDA Au! S CHMUGGLITSCHINSKI Sei mir nicht bös, aber meine Brutalität ist deine einzige Rettung, Liebling! (Er pufft sie auf die Brücke.) F RAU L EDA Au!
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14. Szene. Solcherart gehen nun S CHMUGGLITSCHINSKI und F RAU L EDA über die Brücke – an dem schlafenden H AVLICEK vorbei, den sie nicht bemerken, und der sie natürlich auch nicht bemerkt. Bis an die Stelle gehen sie, wo auf der Brücke knapp vor dem linken Brückenkopf die DREI S CHMUGGLER mit ihren Mehlsäcken voll Rauschgift weisungsgemäß brav warten. S CHMUGGLITSCHINSKI (flüstert.) Moment! (Er schleicht sich noch etwas weiter vor und sieht um die Ecke nach der amtlichen Holzbaracke; mit einer Gebärde der Verärgerung kehrt er wieder zurück; zu F RAU L EDA ) Zu zuwider! Muß da jetzt noch ein Gendarm dabei sein und sogar mit Bajonett-auf! Zwei gegen uns zwei, das ist mir zu riskant! F RAU L EDA (deutet auf die DREI S CHMUGGLER .) Und die drei! S CHMUGGLITSCHINSKI Die zählen nicht mit!
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D IE DREI S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI Das sind nur Kulis! D IE DREI S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI Die können nur schleppen oder stören! D IE DREI S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI Jetzt aber kein Oho mehr! D IE DREI S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI (zu F RAU L EDA ) Das hat man von seinem Personal, wenn man zu freundlich mit ihnen verkehrt! Wie oft hab ich dir schon gesagt, verkehr nicht mit ihnen! Jetzt sind sie frech. (zu den DREI S CHMUGGLERN ) Wartet da! Wir zwei erledigen das schon, und zwar mit List – (Er schlägt F RAU L EDA auf die Hand, eine Spritze fällt zu Boden, klirrt und zerbricht.) Schon wieder, Irrsinnige?! Schon wieder spritzen? F RAU L EDA Aber du weißt doch, daß ich süchtig bin! Ich kann nicht so nüchtern schmuggeln. S CHMUGGLITSCHINSKI Höchste Zeit, daß du eine Entziehungskur durchmachst! Wie uns jetzt da dieser Coup gelingt, kommst in eine Anstalt, das prophezei ich dir! Also los! Mit List und nach bewährtem Rezept! (ab mit F RAU L EDA ) 15. Szene. Die beiden betreten nun das linke Ufer. S ZAMEK und M RSCHITZKA sitzen vor der amtlichen Baracke und schlafen nun vor lauter Rausch – aber S CHMUGGLITSCHINSKI und F RAU L EDA bemerken es nicht vor lauter Vorsicht und Routine. S CHMUGGLITSCHINSKI (sehr leise) Fang an, Leda! F RAU L EDA (nähert sich den Schlafenden.) Guten Tag, die Herren! S ZAMEK UND M RSCHITZKA (erwachen.) Wer da? Was los? F RAU L EDA (sieht S CHMUGGLITSCHINSKI perplex an.) M RSCHITZKA Ich wünsche nicht gestört zu werden S ZAMEK (verschlafen) Wo bin ich? F RAU L EDA (perplex) An der Grenze. S ZAMEK Aha! Aha! (Er reibt sich den Schlaf aus den Augen.) Und Sie wollen über die Grenze? F RAU L EDA (sieht S CHMUGGLITSCHINSKI abermals perplex an.) Ja. Ich und die Krankenschwester dort. M RSCHITZKA (gähnt.) Wer ist krank? F RAU L EDA Sie nehmen mir das Wort aus dem Munde. Wir wollen – und müssen nämlich auf schnellstem Wege zu einem schwerkranken Verwandten, und ich habe mir diese überaus aufopfernde und verständnisvolle Krankenschwester gleich mitgebracht. M RSCHITZKA Ein stramme Schwester ist das! Füß wie ein Vieh! F RAU L EDA Es dreht sich um eine überraschend ausgebrochene schwere innere Erkrankung – S ZAMEK (unterbricht sie.) Also, gehens nur schon zu und störens uns nicht, was interessiert mich denn Ihre Verwandtschaft mit ihren inneren Erkrankungen! Mich interessiert nur Ihr Grenzschein, gnädige Frau! F RAU L EDA Ja, das ist eben das Ding. M RSCHITZKA Was für ein Ding? F RAU L EDA Wir haben leider keine Papiere.
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S ZAMEK Aha! Verstehe! Also ohne Papiere geht das nicht! Da könnt Ihre ganze Verwandtschaft aussterben, ohne Grenzschein wird da niemand vorbeihereingelassen! Punkt! F RAU L EDA Aber das ist doch herzlos! S ZAMEK Ich bin auch herzlos! M RSCHITZKA (der sich S CHMUGGLITSCHINSKI genähert und ihn von allen Seiten aufmerksam betrachtet hat.) Du, Thomas! Schau dir mal da die Schwester an! Genauer! F RAU L EDA (aufgeregt) Warum? M RSCHITZKA Weil sie knusperig ist, meine Gnädigste! Schad, daß ich jetzt nicht im frühen Mittelalter leb, damals waren so knusperige Schwestern, wie ich höre – zugänglicher – (Er klopft S CHMUGGLITSCHINSKI auf den Hintern.) S CHMUGGLITSCHINSKI (lächelt verschämt.) M RSCHITZKA Stramm! Sehr stramm! F RAU L EDA Belästigen Sie bitte die Schwester nicht, Herr Inspektor. M RSCHITZKA Ich bin kein Inspektor. (Und wieder klopft er S CHMUGGLITSCHINSKI auf den Hintern.) F RAU L EDA Die Schwester kann sich ja nicht wehren – M RSCHITZKA Um so besser! F RAU L EDA Ach, das ist roh! Bedenken Sie doch bitte, daß die Schwester eine strenge Ordensregel – M RSCHITZKA (unterbricht sie.) Regel her, Regel hin! So rabiat wird das schon nicht gehandhabt werden, was Mausi? (Er zwickt S CHMUGGLITSCHINSKI in die Backe.) S CHMUGGLITSCHINSKI (lächelt wieder verschämt.) M RSCHITZKA Na, sag doch schon was! F RAU L EDA Aber sie darf ja nichts reden, das ist doch eben ihr Gelübde! Höchstens hie und da ein Wort! M RSCHITZKA Was hör ich? Nur ein – S CHMUGGLITSCHINSKI (mit verstellter Stimme) Wort. M RSCHITZKA Und sonst? S CHMUGGLITSCHINSKI Nichts. M RSCHITZKA Geh, das ist doch blöd! S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Sondern? S CHMUGGLITSCHINSKI Gescheit. M RSCHITZKA Also, auf alle Fälle ist es anstrengend! Immer nur ein Wort – Kruzifix, bei der Figur! Aber satt dürfts euch doch hoffentlich essen? S CHMUGGLITSCHINSKI Sehr. M RSCHITZKA Schweinernes? S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Kälbernes? S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Geflügeliges? S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Mir scheint also, überhaupt kein Fleisch? S CHMUGGLITSCHINSKI Erraten. M RSCHITZKA Aha! Vegetarianisch? S CHMUGGLITSCHINSKI Ja.
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M RSCHITZKA Zum Beispiel? S CHMUGGLITSCHINSKI Spargeln. M RSCHITZKA Gut so! Und? S CHMUGGLITSCHINSKI Trüffeln. M RSCHITZKA Also, das ist schon extravagant! Nichts reden, aber Trüffeln fressen – Und wie stehts denn mit dem Getränk? S CHMUGGLITSCHINSKI Wasser. M RSCHITZKA Und? S CHMUGGLITSCHINSKI Rum. M RSCHITZKA Prächtig! Und Bier, Wein, Schnaps, Likör, Most? S CHMUGGLITSCHINSKI Alles. M RSCHITZKA Gut so. Und was trinkt denn mein herziges Schwesterlein am liebsten? S CHMUGGLITSCHINSKI Viel. M RSCHITZKA Sehr sympathisch, anormal sympathisch! Und trinkt Ihr schon des Morgens? S CHMUGGLITSCHINSKI (nickt ja.) Und – M RSCHITZKA Mittags? S CHMUGGLITSCHINSKI (nickt ja.) Und – M RSCHITZKA Abends? S CHMUGGLITSCHINSKI Bis M RSCHITZKA in S CHMUGGLITSCHINSKI die M RSCHITZKA tiefe S CHMUGGLITSCHINSKI Nacht. M RSCHITZKA (begeistert) Das ist ein Gelübde, das ist ein Orden, das sind Regeln. S CHMUGGLITSCHINSKI (berührt M RSCHITZKA schüchtern.) Gewehr – M RSCHITZKA Was? S CHMUGGLITSCHINSKI (lächelt verlegen.) Bajonett – M RSCHITZKA (perplex) Was für ein Bajonett? F RAU L EDA Ach, die brave Schwester bittet Sie nur um Ihr Gewehr – Sie möcht es gern mal in die Hand nehmen aus einem regen Interesse – M RSCHITZKA Für mein Gewehr? S CHMUGGLITSCHINSKI Bitte – M RSCHITZKA Militant, sehr militant. (Indem er S CHMUGGLITSCHINSKI sein Gewehr überreicht.) Da wird geladen, da wird gedruckt, und dann gehts vorn los! S CHMUGGLITSCHINSKI (übernimmt das Gewehr; mit seiner tiefen Stimme) Danke! (Er schlägt M RSCHITZKA k.o.) M RSCHITZKA (bricht lautlos zusammen.) S CHMUGGLITSCHINSKI (reißt sich rasch wieder die Haube herunter.) Herrgott, die Hitz! (Er hebt das Gewehr auf S ZAMEK .) Hände hoch! S ZAMEK (reagiert nicht, denn er ist inzwischen längst wieder eingeschlafen.) F RAU L EDA Pst! Der schläft ja schon wieder! S CHMUGGLITSCHINSKI Auch gut – (Er legt das Gewehr weg.) So erregen wir noch weniger Aufsehen! Und jetzt gib ich das verabredete Zeichen – (Er winkt mit seinem Taschentuch nach der Brücke zu.)
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16. Szene. Aber auf der Brücke erscheint K ONSTANTIN mit seinem Dienstrevolver in der Hand – Hinter ihm tauchen E VA und H AVLICEK auf, mit sehr viel Stricken. K ONSTANTIN Hände hoch! S CHMUGGLITSCHINSKI Goddam! F RAU L EDA Oh Kind! K ONSTANTIN Hände hoch! Hoch oder – !! F RAU L EDA UND S CHMUGGLITSCHINSKI (folgen.) K ONSTANTIN Denkt nur ja nicht, daß Ihr mich überrumpeln könnt! So large geht das nicht! (zu E VA und zu H AVLICEK ) Bindet sie! Ich halt sie derweil mit meinem Dienstrevolver in Schach! H AVLICEK Auch knebeln? K ONSTANTIN Binden genügt! E VA UND H AVLICEK (führen nun K ONSTANTINS Befehl aus.) M RSCHITZKA (kommt allmählich wieder zu sich.) – Hab ich das jetzt geträumt, daß mich da eine Nonne niedergestreckt hat? Natürlich hab ich diesen Unsinn geträumt, denn ich träum immer Unsinn, und mich streckt keiner nieder – mich nicht! Es war ein Traum – (Erblickt E VA , H AVLICEK , K ONSTANTIN und so weiter und ist maßlos überrascht.) Was seh ich? Mir scheint, ich träum noch immer! Meiner Seel, da steht ja dieser Ausgewiesene – Jesus Maria, die Nonn hat ja eine Glatzen! Maria Josef – gib acht, Mrschitzka! Gib acht, Mrschitzka! Gib acht – (Er nähert sich ängstlich S ZAMEK und rüttelt ihn.) Thomas! Wach auf! S ZAMEK (erwacht.) Warum soll ich aufwachen? M RSCHITZKA Weil ich Angst hab, Thomas. Mir scheint, ich bin krank – trelirium demens. S ZAMEK Wundern täts mich nicht. Geh, sei so gut, und laß mich schlafen! M RSCHITZKA Aber schau doch nur mal dorthin, bittschön ob dort nämlich was ist oder ob das jetzt nur eine persönliche Fata Morgana von mir ist – S ZAMEK Ich schau nicht hin. Ich hab selber Angst! M RSCHITZKA Feigling. S ZAMEK Also, feig bin ich nicht! Jetzt schau ich hin! (Er schaut hin und erstarrt.) M RSCHITZKA (bange) Siehst auch etwas? S ZAMEK Und ob ich auch was seh – (Er schlägt auf den Tisch.) Was seh ich?! Der Konstantin! Da herüben!? Na, das ist aber eine grandiose Grenzverletzung. K ONSTANTIN Ruhe, Szamek! (zu E VA ) Fertig? E VA Sogleich. S ZAMEK (beiseite) „Ruhe Szamek“? Befehlen auch noch? Maßt sich da Amtshandlungen an auf unserem Hoheitsgebiet – (Er schreit.) Eva! Da geh her und folg ihm nicht! Wie kommst denn da dazu, wildfremde Nonnen zu fesseln?! Meiner Seel, was da passiert, also das gibt Krieg! K ONSTANTIN (ruhig) Bitte nur nicht aufregen, lieber Vater Szamek! S ZAMEK Ich, Ihr Vater? Na servus! Da tät ich mir leid! K ONSTANTIN (scharf) Herr Szamek! Wenn ich jetzt hier die Grenz nicht verletzt hätt, wären Sie jetzt vielleicht bereits über einer anderen Grenz – Es gibt auch höhere Gewalt! H AVLICEK Vis major! S ZAMEK (zu M RSCHITZKA ) Versteh kein Wort! Und du? M RSCHITZKA Aber!
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K ONSTANTIN Darf ich vorstellen: Herr Schmugglitschinski, der berüchtigte Rauschgiftschmuggler und seine überaus raffinierte routinierte Compagnonin! Das Personal dieser Firma haben wir ebenfalls bereits auf der Brücke überwältigt, es sitzt nun drüben hinter Schloß und Riegel. E VA Und das Rauschgift haben wir auch beschlagnahmt. Fast drei Zentner. S ZAMEK Was hör ich? K ONSTANTIN Die Wahrheit! S ZAMEK (zu M RSCHITZKA ) Mrschitzka, er sagt die Wahrheit. Er ist ein Idiot. K ONSTANTIN (braust auf.) Herr Szamek – S ZAMEK (unterbricht ihn.) Junger Mann, jetzt red ich! Was Sie mir da zusammenfabulieren ist platterdings zu plump! Herr, diese männliche Nonn soll der Schmugglitschinski sein?! M RSCHITZKA Zu plump! S ZAMEK Sie Anfänger, Sie! Den echten Schmugglitschinski, den haben ich und mein Freund schon längst hopp, schon vor vielen Stunden – (Er deutet auf die Baracke.) Da sitzt er drinnen eingekastelt! K ONSTANTIN (perplex) Wo? S ZAMEK In der Baracke! Es war nicht leicht, ihn zu überführen, aber ich hab halt meine alte kriminalistische Routin – und raffiniert bin ich auch! M RSCHITZKA Genial raffiniert. S ZAMEK (zu M RSCHITZKA ) Wie selbstsicher der aufgetreten ist, unser Schmugglitschinski, was?! Sogar für den Ministerpräsidenten hat er sich ausgegeben! H AVLICEK Ministerpräsident? Großer Gott! S ZAMEK Aber wir haben ihn demaskiert. M RSCHITZKA Nicht zu knapp! Ich hab ihm gleich eine hingehaut. Gleich! K ONSTANTIN (zu E VA ) Mir schwant ein Unheil – ein furchtbares Unheil für deinen Papa! S ZAMEK Eva! Und jetzt komm her und bitt deinen eigenen Vater um Verzeihung, daß du erst jetzt kommst, aber so, daß es dein Herr Konstantin sieht! K ONSTANTIN Moment, Herr Szamek! S ZAMEK Avanti, Eva! Avanti! K ONSTANTIN Aber Herr Szamek! Sie haben ja Ihren eigenen Ministerpräsidenten eingesperrt, ihren eigenen echten! Und dieser Herr hat seinem eigenen echten eine hingehaut – Ich beschwöre Sie, weil ich Ihre Eva lieb hab, daß ich recht hab! Die beiden Chefs wollten doch heut nacht in aller Heimlichkeit auf der Brücke konferieren! H AVLICEK Stimmt! M RSCHITZKA Was wissen denn Sie schon, Sie Ausgewiesener?! H AVLICEK Weil ich mitkonferiert hab! E VA Aber so laß ihn doch schon frei, Papa, um Gottes Christi willen! H AVLICEK Ich tät ihn gleich wiedererkennen. (Stille) S ZAMEK (zu M RSCHITZKA ; etwas unsicher) Zu blöd, nicht? M RSCHITZKA Oberblöd. K ONSTANTIN Ich beschwöre Sie abermals, lassen Sie Ihren Gefangenen sofort frei, denn eventuell entsteht ja noch eine Katastrophe für die ganze zivilisierte Menschheit! Könntens denn das verantworten, Herr Szamek? S ZAMEK (sehr unsicher) Warum nicht? (zu M RSCHITZKA ) Aber laß ihn mal raus, damit er sich beruhigt, dieser junge Grenzverletzer –
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M RSCHITZKA Der möcht ja doch nur unsere Zwanzigtausend! Aber daraus wird nichts, eher bring ich mich um!
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17. Szene. Die Nacht ist nun schon durchsichtiger geworden, und jetzt dämmert der Morgen. M RSCHITZKA (öffnet die Barackentür.) Raus! Y (erscheint; er ist gebrochen und weint bitterlich.) H AVLICEK Da ist er! Y Na, der Kerl kann sich freuen, der mich da in dieses Loch – M RSCHITZKA Das ist kein Loch, das ist eine amtliche Barack, bitt ich mir aus! Y (unter argem Geschluchze) Ein Loch ist es, ein schamloses Loch! Penetrant! Wenn ich euch nur alle sehen könnt, aber ich hab ja keine Brille – (Er stürzt plötzlich auf S CHMUGGLITSCHINSKI zu und brüllt ihn an.) Was bin ich?! Ein Rauschgiftschmuggler? S CHMUGGLITSCHINSKI Ja. F RAU L EDA Er lügt! (zu S CHMUGGLITSCHINSKI ) So gibs doch schon zu! Was nützt leugnen in unserer Lage?! K ONSTANTIN Sehr vernünftig. S CHMUGGLITSCHINSKI (zu L EDA ) Schad, daß wir nicht in die gleiche Zell kommen, da tätst was erleben! F RAU L EDA Ich erleb nichts mehr. S ZAMEK (zu F RAU L EDA ) Ist das wahr? F RAU L EDA Ja. (Stille) S ZAMEK (brüllt.) Aber also dann hinein mit Euch in das Loch! Hinein!! (Er sperrt F RAU L EDA und S CHMUGGLITSCHINSKI in die amtliche Baracke.) 18. Szene. Y hat sich inzwischen an dem Tische niedergelassen und weint noch immer über die Tischplatte gebeugt. M RSCHITZKA (fällt vor ihm in die Knie.) Herr Exzellenz! Ich hab eine Familie mit drei minderjährige Töchter und vier außereheliche Enkelkinder – Gnade! K ONSTANTIN Warum Gnade? M RSCHITZKA (zu K ONSTANTIN ) Weil ich sonst meine Pensionsansprüch verlier! (zu Y) Gnade, Gnade! K ONSTANTIN Aber Ihr braucht doch keine Gnade! Pflichtlich wart Ihr doch vorschriftlich! Pflichtlich hätt Euer Präsident einen vorschriftlichen Paß haben sollen, da er aber keinen pflichtlich-vorschriftlichen, sondern nur einen unvorschriftlich-unpflichtlichen gehabt hat, habt Ihr ihn doch vorschriftlich-pflichtlich verhaften und pflichtlich-vorschriftlich einkasteln müssen! Also braucht Ihr vorschriftlich keinerlei Gnade, denn pflichtlich seid Ihr im Recht! H AVLICEK Vorschriftlich-pflichtlich! M RSCHITZKA (beiseite) Ein ganz ein logisches Gehirn – S ZAMEK (beiseite) Ganz ein scharfsinniger Kopf, dieser Konstantin – wundert mich! M RSCHITZKA (beiseite) Mir scheint, er hat recht. (laut) Natürlich hat er recht! (Er erhebt sich.) Sehr vorschriftlich, sehr pflichtlich! Ich brauch keine Gnad, ich such mir schon mein Recht, und wenn ich unrecht tun müßt! (beiseite) Jetzt gönn ich ihm erst meine Zwanzigtausend, ersticken soll er daran!
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E VA Hoch Konstantin, der Retter! Y (wimmernd) Und wer rettet mich? (Er steht auf.) Nur das Dementi! Ich dementier, ich dementier! (stark schluchzend) Aber diese Nacht soll mir ein Fingerzeig gewesen sein: Jetzt sperr ich aber meine ganze Opposition ein! (Er rennt weinend gegen die Brücke.) H AVLICEK Halt! Nach der anderen Richtung! Y Im Ernst? H AVLICEK Also mit die Richtungen kenn ich mich jetzt schon aus. Y (ab in der richtigen Richtung)
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Jetzt geht die Sonne auf. E VA Papa! Jetzt gibst aber doch dann dein Einverständnis zu unserer langersehnten Verbindung? S ZAMEK Jetzt ja. (zu K ONSTANTIN ) Mein Sohn, du hast mich doppelt gerettet, mein Leben und meine Pensionsberechtigung, ich seh das ein, weil ich keinen falschen Charakter hab wie die Leut bei euch dort drüben! Also behalt sie dir, die Eva, und da habts meinen Segen! Jetzt bist ja ein reicher Mann. Zwanzigtausend – enorm! K ONSTANTIN Moment! Die Wahrheit und die Gerechtigkeit gebieten es mir feierlichst zu sagen, daß diese enorme Summe nicht mir gebühren kann, sondern (Er deutet auf H AVLICEK .) jenem Herrn dort, denn ich hätte dich ja nie retten können, wenn er mich nicht gerettet hätt – und also ist eigentlich Herr Havlicek unser aller Retter! S ZAMEK (sprachlos) Eigentlich? H AVLICEK Eigentlich hab ich ja nur ein Wimmern gehört, wie ich da auf dieser Brück grad etwas entschlummert war, und zuerst hab ich gedacht: Das ist nur Gehörstäuscherei – aber dann hab ich halt doch nachgeschaut, weil mir mein Gefühl keine Ruhe gelassen hat. Und dann hab ich halt die beiden entfesselt. S ZAMEK (noch immer sprachlos) Wieso entfesselt? K ONSTANTIN Kurz und gut, Papa! Ich danke dir für deinen väterlichen Segen, aber die Zwanzigtausend gehören Herrn Havlicek! E VA Das ist gut von dir – S ZAMEK Na servus! Jetzt bricht eine Welt in mir zusammen. E VA Und eine neue entsteht… (Sie küßt K ONSTANTIN .) M RSCHITZKA (zu H AVLICEK ) Gratuliere, Herr Multimillionär! H AVLICEK Was hab ich davon? Auf einer Brück! 20. Szene. F RAU H ANUSCH (kommt rasch von der Brücke, überrascht.) Ja, wie kommen denn Sie daher, Herr Konstantin?! K ONSTANTIN Später! F RAU H ANUSCH Ich such Ihnen schon überall – eine amtliche dringende Depesch! K ONSTANTIN Danke! (Er erbricht und überfliegt sie.) Was? (Er liest es laut.) „Durch eine außertourliche und außerinstanzliche ministerielle Verfügung ist dem heimatlosen Ferdinand Havlicek sofort die Grenze zu öffnen“ – H AVLICEK „Heimatlos“ – das bin ich! K ONSTANTIN Da steht es: schwarz auf weiß. A LLE (zu H AVLICEK ) Wir gratulieren!
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H AVLICEK Mir scheint, ich schlaf – F RAU H ANUSCH Nein, das tust du nicht – K ONSTANTIN Wieso per du? F RAU H ANUSCH Später! (Sie küßt H AVLICEK .) E VA Was seh ich? F RAU H ANUSCH Darf ich vorstellen: der neue Postwirt! Nur schad, daß ich heut Konkurs anmeld! H AVLICEK Trotzdem! M RSCHITZKA Was hör ich?! Noch ein Paar, ist das eine Freud! Rum her! K ONSTANTIN Und Sie werden auch keinen Konkurs anmelden, Frau Hanusch, denn der neue Postwirt besitzt ab heut ein Vermögen von Zwanzigtausend! F RAU H ANUSCH Jetzt fall ich um! Ferdinand! H AVLICEK Halt! Still! (drohend) Jetzt werd ich aber auch gleich edel werden! Gerecht und wahr! Also hört her, Ihr! Ich hab zwar den Konstantin gerettet, aber wer hat denn hier mit dem Revolver gesiegt – er oder ich? Na also! Ich war doch nur eine Voraussetzung zu seinem Glück! Darum: halb und halb. Zehn für das Glück und zehn für die Voraussetzung! F RAU H ANUSCH Aber Havlicek! H AVLICEK Still! Ich bin Fachmann in punkto Ungerechtigkeit – ich weiß, was das wert ist: Gerechtigkeit. S ZAMEK Halb und halb? F RAU H ANUSCH Er ist ein braver Mann. S ZAMEK Zehntausend ist auch kein Hund. Meiner Seel, jetzt freuts mich erst wieder, diese Heiraterei!
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21. Szene. Und nun erscheint der P RIVATPÄDAGOGE mit seiner F RAU . Er trägt die Angel und sie die ominöse Blechbüchse mit den Regenwürmern. P RIVATPÄDAGOGE (gut gelaunt) Guten Morgen, guten Morgen! So früh schon auf? E VA (lächelt.) Wir hatten alle Nachtdienst, alle miteinander. P RIVATPÄDAGOGE Und wir gehen jetzt angeln. Meine brave Frau hat mir herrliche Würmer gebracht – (ab mit ihr auf die Brücke) M RSCHITZKA Petri Heil! Bringt einen schönen Fisch zum Verlobungsschmaus! 22. Szene. F RAU H ANUSCH Jesus, jetzt hab ichs vergessen! Da hab ich ja noch eine dringende Depesche an dich persönlich – H AVLICEK An mich? F RAU H ANUSCH Ja. Eine schöne. H AVLICEK Woher weißt denn das? Erbrichst du meine Post? F RAU H ANUSCH Aber geh, ich bin doch die Posthilfsstelle, und bei mir lauft alles ein! H AVLICEK Dann kennst also auch das Morse-Alphabet? Respekt! (Er erbricht die Depesche und liest sie.) Na, das ist aber rührend! Rührend! M RSCHITZKA Vorlesen! Laut! Wir wollen auch gerührt werden! H AVLICEK Vom Chef dort drüben, das heißt: vom ehemaligen Chef – (Er liest.) „Mein lieber Herr Havlicek stop es ist mir ein Bedürfnis, bevor ich demissioniere, Ihnen zu helfen stop es drängt mich noch im Besitze der Macht eine menschliche Tat zu
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begehen stop über alle Gesetze hinweg stop Sie sind also nun erlöst von Ihrer penetranten Brücke und ich hoffe, daß es Ihnen gut gehen wird, während ich mich in meine Einsamkeit zurückziehe um an meinen Memoiren zu arbeiten stop fieberhaft zu arbeiten stop Tag und Nacht stop mit drei Sekretärinnen stop leben Sie wohl stop Ihr –“ (Er wischt sich einige Tränen aus den Augen.) Ich wünsche ihm alles Gute für seine Memoirenschreiberei, er soll sich nur selbst gerecht behandeln – – Leut, die so depeschieren, stellen sich meist zurück. Hoffentlich streicht er sich heraus. Und was die Depesch kostet, großer Gott – (Er zählt.) Siebenundachtzig Wörter! Und dringend, also dreifach! M RSCHITZKA Bezahlt die Allgemeinheit! F RAU H ANUSCH Irrtum! Diese Depesch ist privat! H AVLICEK Ich sag ja: ein vornehmer Mensch, überhaupt: ein Mensch! Und überhaupt und eigentlich, wie leicht daß man so unmenschliche Gesetz menschlich außer Kraft setzen kann – Schad, daß man immer gleich demissionieren muß!
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23. Szene. Der P RIVATPÄDAGOGE und seine F RAU erscheinen nun strahlend auf der Brücke mit einem gefangenen Riesenfisch. P RIVATPÄDAGOGE Da! Ein Riesenhecht! A LLE Wir gratulieren! P RIVATPÄDAGOGE Der Tag beginnt gut und die Nacht war doch so düster! Heut angel ich nimmer! Das ist ein Hecht! H AVLICEK Abrakadabra! P RIVATPÄDAGOGE (begeistert) Abrakadabra! Und Ihr seid alle eingeladen zu diesem Fang! Meine Frau kocht ja so pikant, und ohne ihre Würmer hätten wir jetzt alle miteinander keinen Hecht. (zur F RAU ) Geh, nimm diesen Hecht, er sei dein, mir ist er schon zu schwer! M RSCHITZKA Fisch eß ich gern! Wenn ich nur wüßt, wo ich meine Schuh hab, Kruzifix! Aber was, mir schmeckts auch nackt – Das wird ein Verlobungsschmaus! F RAU Verlobung? S ZAMEK (deutet auf K ONSTANTIN und E VA .) Dort! Das junge Paar! P RIVATPÄDAGOGE UND F RAU Wir gratulieren! F RAU H ANUSCH Na, und wir? In vier Wochen heiß ich Frau Havlicek! A LLE Wir gratulieren! H AVLICEK Danke. E VA Und in vier Wochen heiß ich – (zu K ONSTANTIN ) wie du. Und in sieben Monat – (Sie küßt ihn.) S ZAMEK Was?! Schon in sieben Monat?! M RSCHITZKA Ich gratuliere. S ZAMEK Na servus! F RAU H ANUSCH Aber Herr Szamek! Ende gut, alles gut! S ZAMEK Ich habs ja immer schon gewußt, daß die Leut dort drüben einen falschen Charakter haben! P RIVATPÄDAGOGE Das junge und das noch jüngere Paar – Sie leben hoch! A LLE Hoch! Hoch! Hoch!
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24. Szene. Finale H AVLICEK Daß ich das noch durft erleben, daß es solche reine Freuden gibt! Plötzlich ist die Grenz gefallen, ich darf mit den andern allen in der alten, niegekannten Heimat leben, die man ohne Grenzen liebt. S ZAMEK Ohne Grenzen, ohne Grenzen gäb es keinen Staat und keine Ordnung in der Welt! Wir tun von den Grenzen leben, also muß es Grenzen geben. Nein, das wär ein ganz ein arges Gfrett, wenn man keine Grenzen, keine Grenzen hätt! A LLE Ja, das ist wahr, das ist ganz klar, so könnts nicht gehn! Ohne Grenzen, ohne Grenzen wär das Leben gar nicht schön. K ONSTANTIN Denn wenn ein jeder das tät, was er möcht, und das unterließ, was er nicht möcht, wenn ein jeder so wär, wie er ist, na servus! Das wär ein feiner Mist! Na, gute Nacht, das wär ein Erwachen! da hätten wir alle nichts zu lachen! A LLE Ja, das ist wahr, das ist ganz klar, so könnts nicht gehn: Ohne Grenzen, ohne Grenzen wär das Leben gar nicht schön!
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F RAU H ANUSCH Die Jugend, die ist allweil keck und räumert gern alle Grenzen weg. Wir reiferen, gesetzteren Leut, wir denken an die Ewigkeit. 40
H AVLICEK P RIVATPÄDAGOGE Wir denken an die Ewigkeit! SEINE F RAU 45
P RIVATPÄDAGOGE Vor allen Dingen leiden wir an einem schrecklichen Gewirr von Wünschen, Begierden, Gedanken, von Trieben, gesunden und kranken,
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Hin und her (Wiener Fassung)
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gescheiten und dummen, geraden und krummen wies heutzutag der Fall ist, wo kaum noch wer normal ist. 5
H AVLICEK In Anbetracht solcher Innenleben muß es eben Grenzen geben.
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A LLE Ja, das ist wahr! Es liegt ganz klar in der Natur: Ohne Grenzen, ohne Grenzen gibt es keinerlei Kultur! Y (erscheint auf der Brücke – Er kam vom rechten Ufer.) M RSCHITZKA (erblickt ihn.) Was seh ich?! Bin ich denn blind?! S ZAMEK Die Exzellenz! K ONSTANTIN Wie kommt denn der von mir dort drüben da hierher? Y Wenn mir nur ein lebendes Wesen sagen könnt, wo mein penetranter Wagen – K ONSTANTIN (unterbricht ihn.) Wie kommens denn her von jenseits der Grenz?! Y Über die Brücke! K ONSTANTIN Aber wie sinds denn hinüber? Da müssens ja direkt geschwommen sein! Y Vielleicht bin ich auch geschwommen! Ich bin ja so kurzsichtig, und ohne Brille seh ich keine Grenzen! H AVLICEK Dort ist die Tür! Hier ist die Grenz! Marsch! Y (ab) A LLE Dort ist die Tür! Hier ist die Grenz! Das gilt für alle in Permanenz. Grenzen wird es immer geben, denn von den Grenzen tun wir leben. So ziehen wir die Konsequenz: Es lebe hoch die schöne Grenz!
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Ende.
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Hin und her Züricher Fassung (Endfassung, emendiert)
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Hin und her (Züricher Fassung)
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HIN UND HER Posse in zwei Teilen von Ödön von Horváth Musik von Hans Gál. 5
Personen:
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F ERDINAND H AVLICEK T HOMAS S ZAMEK , ein Grenzorgan E VA , dessen Tochter K ONSTANTIN , auch ein Grenzorgan M RSCHITZKA , ein Gendarm F RAU H ANUSCH X, der Chef der Regierung auf dem rechten Ufer Sein S EKRETÄR Y, der Chef der Regierung auf dem linken Ufer Ein P RIVATPÄDAGOGE Dessen F RAU F RAU L EDA S CHMUGGLITSCHINSKI , ein Oberschmuggler D REI S CHMUGGLER.
Bemerkung: Dies Stück ist für eine Drehbühne geschrieben. Schauplatz: Dieses „Hin und her“ ereignet sich auf einer alten bescheidenen Holzbrücke, die über einen mittelgroßen Grenzfluß führt, und also zwei Staaten in gewisser Weise miteinander verbindet. Rechts und links, dort wo die Brücke aufhört, wacht das jeweilige Grenzorgan, und zwar residiert auf dem linken Ufer Thomas S ZAMEK in einer Baracke und auf dem rechten Ufer K ONSTANTIN in einem halbverfallenen Raubritterturm. Beide Herren haben einen geruhsamen Dienst, denn hier wickelt sich normalerweise nur ein kleiner Grenzverkehr ab, da ja dieses ganze Gebiet, hüben wie drüben, etwas abseits liegt. An beiden Ufern steht dichtes Gebüsch, und die Zweige der Trauerweiden hängen in den Grenzfluß hinab. Es ist eine etwas monotone Gegend, überall flach – Selbst am Horizont gibt es nur Wolken, statt irgendwelcher Hügel. Aber schöne Wolken. E r s t e r Te i l .
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1. Szene. Brückenkopf auf dem linken Ufer. Das Grenzorgan Thomas S ZAMEK steht vor seiner amtlichen Baracke und singt das Lied vom braven Grenzorgan. Während des Vor- und der Zwischenspiele wickelt sich
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Hin und her (Züricher Fassung)
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ein sogenannter „kleiner Grenzverkehr“ ab – und Thomas S ZAMEK kontrolliert, visitiert, etc.
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S ZAMEK Hier les ich nun mein Morgenblatt, das heißt, das gestrige Abendblatt, denn der Bummelzug bringt aus der Stadt erst morgen das heutige Morgenblatt. So weit steh ich hier draußt am Rand, das heißt am Rand vom Vaterland, und drüben über diese Brück liegt ein fremdes Land voll Tück, – voll Tücke, voll Tücke, jenseits dieser Brücke. Wenn einer mit Verstand und List und Leib und Seele ärarisch ist, so merkt sein scharf geübter Blick sofort einen jeden Verbrechertrick. Nun kenn ich leider meine Leut und weiß, wie sich ein jeder freut, wenn er mal über unsre Brück kann was schmuggeln voller Tück, – voll Tücke, voll Tücke, über diese Brücke.
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Erst gestern hab ich ein’ verhaft und gleich in sichere Gwahrsam gschafft, der hat, wie ich ihn scharf fixiert, ein ganz unschuldiges Gsicht simuliert. Daraus hab ich sofort erkannt, obwohl ich keinen Beweis noch fand, daß er geplant hat voller Tück in d’ Luft zu sprengen diese Brück, – voll Tücke, voll Tücke, diese schöne Brücke. 2. Szene. Jetzt kommt eine ältere verschüchterte F RAU und möchte an der Baracke vorbei auf die Brücke. In der Hand hält sie eine Blechbüchse. S ZAMEK Halt! Was ist, was ist? So einfach vorbei an dem Grenzorgan, an der amtlichen Paßstelle, an der Zollbehörd? Wissens denn nicht, daß wir da aufhören und daß dort drüben ein anderer Staat beginnt? F RAU Oh, gewiß. S ZAMEK Na also! F RAU Aber ich muß ja nur auf die Brücke. Zu meinem Gatten. S ZAMEK (betrachtet sie.) Sie haben einen Gatten? F RAU Er angelt. S ZAMEK Aha! Das heißt: Er fischt.
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Hin und her (Züricher Fassung)
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F RAU Ja. Er ist nämlich ein leidenschaftlicher Amateurfischer. Wir sind erst seit gestern hier aus der Stadt, um uns zu erholen. Mein Gatte ist Privatpädagoge. S ZAMEK Was habens denn in der Blechschachtel? F RAU Regenwürmer. S ZAMEK Ha? Also, zeigens nur mal her, diese ominöse Blechschachtel – F RAU (überreicht sie ihm.) S ZAMEK (öffnet sie und läßt sie voll Ekel fallen.) Brrr! F RAU Um Christi willen! Meine Würmer! (Sie kniet nieder.) So helfens mir doch, die Würmer zusammenklauben – S ZAMEK Ich werd mich beherrschen. F RAU Aber Sie haben sie doch fallen lassen! S ZAMEK Aber ich kann keine Würmer anrühren! Meiner Seel, ich erbrech mich noch! F RAU (klaubt nun die Würmer wieder zusammen, leise) Sie wissen ja gar nicht, was Sie mir antun, wenn ich ohne Würmer komm – – S ZAMEK Also, gehens nur schon – und guten Appetit! F RAU (die sich mit ihrer wiedergefüllten Blechbüchse erhoben hatte) Danke (ab auf die Brücke) 3. Szene. S ZAMEK (sieht ihr nach.) Brrr! Man hats nicht leicht als Grenzorgan – – Aber der Thomas Szamek wacht und fürchtet sich nicht! Treu und bieder, ehrbar und unbestechlich mit einem offenen, aber durchdringenden Blick – ein Grenzorgan, ein Exemplar von einem Grenzorgan, auf den sich die Grenz verlassen kann, ein Prachtexemplar – Ach, da kommt ja mein gnädiges Fräulein Tochter! Was die schon wieder für ein zuwideres Gesicht schneidet vor lauter Verliebtheit! 4. Szene. E VA (kommt mit einem großen Gefäß.) Guten Tag, Papa. Ich bring dir da nur deinen Kaffee – S ZAMEK Wieviel? E VA Zweieinhalb Liter. S ZAMEK Zweieinhalb! Wie oft soll mans dir denn noch sagen, daß ich mindestens vier Liter brauch, wenn ich Nachtdienst hab! Sonst schlaf ich ja ein, und was wird dann?! Geschmuggelt wird dann, daß die Fetzen fliegen! Und übrigens war die Strudel gestern miserabel, und warum war sie miserabel? Weil das gnädige Fräulein Eva bei der Strudel keine Strudel im Kopf gehabt hat, sondern ihren Herrn Konstantin von da drüben und sonst nichts, bis sie noch einmal in andere Umständ kommt vor lauter Liebe! E VA Geh, wirf mir doch das nicht immer vor! S ZAMEK (schreit sie an.) Schrei mich nicht an! Ich kenn die Leut da drüben seit sechsundfünfzig Jahr! Die haben alle einen falschen Charakter, alle! E VA Nein! Aufrichtiger wie mein Konstantin – S ZAMEK (unterbricht sie.) Das ist ja grad seine Falschheit, daß er so aufrichtig ist! Die da drüben sind alle verschmitzt und verlogen, sie rennen es dir von hinten hinein, das Messer, den Dolch, das Schwert und was weiß ich! E VA Da kann ich nur lächeln. S ZAMEK Lächle nur! Wie oft haben die uns schon verraten in den letzten sechshundert Jahr?! Ein schmutziges Volk!
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Hin und her (Züricher Fassung)
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E VA Der Konstantin ist immer adrett und so fein rasiert – S ZAMEK Also, nur keine Anspiegelungen! Noch bin ich dein eigener Vater!
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5. Szene. Nun erscheint der Gendarm M RSCHITZKA – Er begleitet mit aufgepflanztem Bajonett den vom linken Ufer ausgewiesenen Ferdinand H AVLICEK . S ZAMEK Was seh ich?! Mrschitzka! M RSCHITZKA Szamek! Na, das nennt sich aber eine freudige Überraschung! (Er umarmt ihn, wobei er aber durch sein Bajonett gestört wird.) Kruzifix! S ZAMEK Lang haben wir uns nicht gesehen, alter Freund! Acht lange schwere Jahr – – M RSCHITZKA Irrtum, Thomas. Sieben! S ZAMEK So? Erst sieben? Wie rasch die Zeit vergeht! M RSCHITZKA Was hast denn da für ein sauberes Frauenzimmer? Mir scheint, mir scheint, alter Gauner! S ZAMEK Leise! Meine Tochter! M RSCHITZKA Wer? Die Eva? Die war doch gestern noch so groß – (Er deutet einen Meter hoch.) Wie die über Nacht aufgeblüht ist – Schweinerei! Da merkt man erst, wie alt daß man wird! S ZAMEK (zu E VA ) Erinnerst dich noch an den braven Onkel Mrschitzka, mit dem du immer Räuber und Gendarm gespielt hast? E VA (lächelt.) Aber so etwas vergißt man doch nicht! M RSCHITZKA Freut mich, Fräulein Eva! Freut mich sehr! E VA Mich auch. S ZAMEK (zu E VA ) Freu dich nicht, wärm lieber den Kaffee! (zu M RSCHITZKA ) Trinkst doch einen Kaffee? M RSCHITZKA Wenn er gut ist. Besonders mit Rum. S ZAMEK Das hör ich gern. (zu E VA ) Also wärm schon! E VA (ab in die Baracke, um den Kaffee zu wärmen) 6. Szene. M RSCHITZKA (sieht E VA nach.) Knusperig. Sehr knusperig! S ZAMEK Ja, die Kinder werden länger, und unsere Tag werden kürzer. M RSCHITZKA Apropos kürzer: Eine unerhörte Geschicht ist das wieder in punkto Gehaltskürzung, was sich die da drinnen in ihrem Exekutivministerium, diese zottigen Büffel – S ZAMEK (unterbricht ihn.) Pst! M RSCHITZKA Aber geh, unter uns! S ZAMEK Und der Herr dort, mit dem du – M RSCHITZKA Jesus, den hab ich jetzt ganz vergessen vor lauter Wiedersehensfreud! Maria Josef, also der ist eine dienstliche Angelegenheit. Ich muß ihn hier an der Grenz abliefern. S ZAMEK Aha! Ein Ausgewiesener. M RSCHITZKA Per Schub. Weil er nämlich da hinüber zuständig ist. Havlicek heißt er. S ZAMEK Aha. M RSCHITZKA Ferdinand Havlicek. Ein ruhiges Subjekt. S ZAMEK Apropos Havlicek: Der alte Podlicek hat sich ganz versoffen –
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Hin und her (Züricher Fassung)
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7. Szene. H AVLICEK (plötzlich) Pardon, bitte – M RSCHITZKA Ha? H AVLICEK Ich wollte nur mit dem Herrn Grenzbeamten – nämlich hier an der Grenze wollt ich noch einmal sprechen, behufs meiner Ausweisung. S ZAMEK Da bin ich nicht kompetent. H AVLICEK Aber man tut mich da so einfach hinaus, wo ich doch schon gar nichts angestellt hab – M RSCHITZKA Schon wieder?! (zu S ZAMEK ) Natürlich hat er nichts angestellt, dieser Ausgewiesene, aber sein Vermögen hat er verloren, und hierauf sollte er unserer Wohlfahrtspflege zur Last fallen. Aber wieso kommt denn unsere Wohlfahrtspflegerei dazu, für einen Ausländer, wo doch unser Staat sowieso ein armes Hascherl ist, ein Aschenbröderl ein kleines, das selbst seinen braven Exekutivorganen nur einen Schundgehalt zahlt und sonst nichts! H AVLICEK (zu S ZAMEK ) Pardon, bitte, aber dieser Herr sieht meinen Sachverhalt unter einem anderen Blickpunkt. Nämlich ich war hier herüben ein Drogeriebesitzer – – Es war zwar nur eine bescheidene Drogerie, aber trotzdem: Es war immerhin eine Drogerie. Alles konntens bei mir kaufen, Landläufiges und Diskretes, bis ich zugrund gegangen bin. M RSCHITZKA Eben! H AVLICEK Aber meine Herrschaften, ist denn das nicht eine Ungerechtigkeit?! Übermorgen wirds ein halbes Jahrhundert, daß ich hier leb – Dreißig Jahr hab ich Steuer gezahlt, ohne zu zucken, und jetzt, wo mich mein Unglück trifft, da schmeißt man mich raus mit Bajonett-auf! M RSCHITZKA Bajonett-auf ist nur Formalität. S ZAMEK (etwas verlegen) Das sind halt so die kleinen Ungerechtigkeiten des menschlichen Lebens. H AVLICEK Kleine Ungerechtigkeiten – (Er lächelt.) M RSCHITZKA Da hilft sich nichts! Also, gehens jetzt nur schön hinüber in Ihre Heimat. H AVLICEK „Heimat“? Ich war überhaupt noch nie drüben – M RSCHITZKA Unsinn! Dummer Unsinn! Wo sinds denn geboren worden, wenn nicht drüben! H AVLICEK Pardon, an das hab ich jetzt nicht gedacht – M RSCHITZKA Na also! Wohin man geboren ist, dorthin ist man zuständig! H AVLICEK Aber vierzehn Tag nach meinem Geborenwerden bin ich schon herüber – und seit der Zeit war ich da. Nur da! Ein ganzes Leben. M RSCHITZKA Leben her, Leben hin! Zuständig sinds dort drüben. Kruzifix, wie oft soll ich das jetzt noch repetieren! Zu-stän-dig! (Hier setzt begleitende Musik ein.) H AVLICEK Ja. Dann muß es halt sein. Also dann verlaß ich jetzt dieses Land. Ich hab hier viel erlebt und gelernt und erfahren – – Was wird noch kommen? – Also adieu! (Er will ab auf die Brücke.) S ZAMEK Halt! (Musik verstummt.) S ZAMEK Und seiens so gut, wenns jetzt eh schon da hinübergehen, richtens dem drüben gleich etwas aus. H AVLICEK Wem?
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Hin und her (Züricher Fassung)
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S ZAMEK Diesem Grenzorgan drüben. Konstantin heißt er. Sagens ihm einen schönen Gruß vom Thomas Szamek, und meine Tochter wird heut nacht nicht kommen! H AVLICEK Ich werds ihm bestellen – – (ab und wieder Musik) S ZAMEK Wo bleibt denn nur der Kaffee? (Er ruft in die Baracke.) Eva! Eva! 5
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8. Szene. Ferdinand H AVLICEK geht nun über die Brücke nach dem anderen Ufer – an dem P RIVATPÄDAGOGEN vorbei, der mitten auf der Brücke leidenschaftlich angelt. Seine F RAU , die ihm die Würmer gebracht hatte, steht neben ihm und blickt ebenfalls pflichtbewußt hinab, ob etwas anbeißt. P RIVATPÄDAGOGE (zu H AVLICEK ) So tretens doch gefälligst leise auf! Sehens denn nicht, daß man da angelt? Vertreibt einem die ganzen Fisch! H AVLICEK Pardon! P RIVATPÄDAGOGE Rücksichtslosigkeit so was! Grad jetzt hätt einer endlich angebissen! F RAU (deutet hinab.) Jetzt! P RIVATPÄDAGOGE Ruhe! Daß du mir kein Wort! Jetzt ist er natürlich wieder weg, der Hecht! Abrakadabra, abrakadabra – bin ich nervös! 9. Szene. H AVLICEK setzt nun seinen Weg auf Zehenspitzen weiter und erreicht so das andere Ufer. Dort steht bereits das Grenzorgan K ONSTANTIN mitten auf dem Brückenkopf neben seinem halbverfallenen Raubritterturm. Dieses Grenzorgan ist ein fescher Mensch mit einer schneidigen Uniform, und er macht einen freundlichen Eindruck. H AVLICEK (verbeugt sich leicht vor ihm und wieder verstummt die Musik.) K ONSTANTIN Ihren Grenzschein, bitte. H AVLICEK Leider. Ich kann Ihnen nur hier damit dienen – (Er überreicht ihm seinen Ausweisungsschein.) K ONSTANTIN (betrachtet ihn.) Aha. Eine Ausweisungssache. H AVLICEK Innerhalb achtundvierzig Stunden. K ONSTANTIN Per Schub. H AVLICEK Weil ich mich geweigert hab. (Stille) K ONSTANTIN Hm. Und nun wollen Sie hier zu uns herein – H AVLICEK Wollen? Ich muß. K ONSTANTIN Aber Sie werden nicht können. H AVLICEK Wieso? K ONSTANTIN Sie gehören doch nicht unserem Staatsverbande an. H AVLICEK Wieso, bitte, nicht? K ONSTANTIN Weil Sie ein Ausländer sind. H AVLICEK Interessant. Aber die Herren Grenzorgane drüben behaupten, daß ich hier herüber zuständig bin infolge meiner seinerzeitigen hiesigen Geburt. K ONSTANTIN Das allein genügt noch nicht. Wir haben bereits vor zwanzig Jahren ein Gesetz erlassen in jener Hinsicht, daß sich ein jeder Staatsbürger, der dauernd im Ausland lebt, innerhalb von fünf Jahren beim zuständigen Konsulat melden muß, widrigenfalls er seine Staatsbürgerschaft verliert, und zwar automatisch. H AVLICEK Warum? K ONSTANTIN Nur so. H AVLICEK Das ist mir neu.
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K ONSTANTIN Die Notiz über das Gesetz stand aber in allen Tagesblättern. H AVLICEK Aber ich les ja nie eine Notiz, höchstens die Todesanzeigen! K ONSTANTIN Ihre Schuld! Dadurch, daß Sie nur Todesanzeigen lesen, haben Sie naturnotwendig die Anmeldefrist versäumt und gehören nun automatisch nicht mehr daher. H AVLICEK Sehr interessant. Aber: Wohin gehör ich denn dann, bitte? K ONSTANTIN Dann nirgends. (Stille) H AVLICEK (lächelt.) „Nirgends“ – – Unfug. Man ist doch immerhin vorhanden – K ONSTANTIN Gesetz ist Gesetz. H AVLICEK Aber solche Gesetze sind doch unmenschlich – K ONSTANTIN Im allgemeinen Staatengetriebe wird gar oft ein persönliches Schicksal zerrieben. H AVLICEK Schad. (Stille) K ONSTANTIN Kurz und gut: Hier herein könnens ausgeschlossen, denn ich hab meine strikten Vorschriften. Aber wissens was? Schreibens ein detailliertes Gesuch an unseren Innenminister, und besser auch an den Außenminister, daß Sie besagte Anmeldefrist versäumt haben und daß Sie nun wieder um die automatisch verlorene Staatsbürgerschaft bitten. Schreibens auch gleich an den Finanzminister, den geht so was auch etwas an, und wenn Sie Soldat waren, dann lieber auch gleich an den Kriegsminister. Und selbstverständlich vor allem an den Wohlfahrtsminister, aber das beste wäre natürlich, wenn Sie auch gleich außerdem an den Herrn Ministerpräsidenten persönlich direkt zu Händen ein Extragesuch – H AVLICEK Halt! (faßt sich an den Kopf.) Lieber Herr, wie schreibt man eigentlich solche Gesuche? K ONSTANTIN Ja, da müßtens schon einen Advokaten fragen. H AVLICEK Wo? Da auf der Brück? 10. Szene. Jetzt kommt F RAU H ANUSCH , die Wirtin zur Post, mit einem Gefäß. K ONSTANTIN Ah, das ist aber lieb, Frau Hanusch, daß mir heut gleich die Postwirtin selbst persönlich meinen Nachtdienstkaffee bringt, statt der – Klara Küß die Hand! F RAU H ANUSCH Die Klara hab ich zum Teufel gejagt – Ich kann keine Löhn mehr zahlen, mit meiner Wirtschaft gehts bergab! Der stolze Gasthof zur Post – hundertzweiunddreißig Jahr im Besitze der Familie. Wissens, wenn halt der Mann tot ist – K ONSTANTIN Na, Sie finden schon noch einen anderen Mann, bin ich überzeugt! F RAU H ANUSCH Das freut mich. Aber bis dahin bin ich krepiert. Ohne Mann geht halt kein Hotel! Zwar gearbeitet hab ja immer nur ich, gekocht, gewaschen und gebuchgeführt, er hat ja nie etwas getan, mein Seliger – – Immer hat er nur mit die Stammtischgäst getrunken und Karten gespielt, aber es muß halt wer da sein zum Repräsentieren! H AVLICEK (beiseite) Das wär ein Beruf für mich. K ONSTANTIN Tröstens Ihnen nur, Frau Hanusch! F RAU H ANUSCH Mit was denn, bitte? Sie habens natürlich leicht, Herr Konstantin! Sie stehen da herum, kontrollieren die Leut und leben davon – aber ich! Wenn ich bis morgen mittag keine Zehntausend auftreib, dann lösch ich mich aus! K ONSTANTIN Seiens so gut!
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F RAU H ANUSCH Oder meinens vielleicht, daß ich bis morgen mittag Zehntausend auftreib? K ONSTANTIN Kaum. F RAU H ANUSCH Nie! H AVLICEK Es wär ein Wunder. K ONSTANTIN (hatte H AVLICEK momentan vergessen, ärgert sich nun über sich selbst und wird deshalb etwas scharf.) Wie bitte?! (Stille) F RAU H ANUSCH Wer ist denn dieser Herr? K ONSTANTIN Niemand. Ein amtlicher Fall. H AVLICEK Pardon, daß ich mich da hineingemischt hab mit meinem Wunder – K ONSTANTIN (unterbricht ihn.) Also, gehens doch schon wieder retour! Hier habens nichts verloren! H AVLICEK Interessant. Ich werds denen drüben sagen – – (Er verbeugt sich wieder leicht vor K ONSTANTIN und will ab, hält aber plötzlich noch einmal.) Sofort! Nämlich, ich muß Ihnen ja noch etwas bestellen, hätt ich jetzt total vergessen. Einen schönen Gruß vom Herrn Thomas Szamek – K ONSTANTIN (perplex) Szamek? H AVLICEK Derselbe. Von dem Herrn Grenzorgan drüben – und er läßt Ihnen sagen, daß sein Fräulein Tochter heute nacht nicht herüberkommen kann. (Stille) K ONSTANTIN (zu F RAU H ANUSCH ) Habens das gehört? F RAU H ANUSCH Vornehm. K ONSTANTIN Ein Rabenvater. Nicht genug, daß er seine zarte Tochter tyrannisiert, macht er sich da auch noch lustig über mich! (zu H AVLICEK ) Also, sagens dem Szamek, der Herr Konstantin erwidert seine Grüße auf das familiärste, und er freut sich heut nacht auf das Fräulein Tochter. H AVLICEK Werds ausrichten – – (ab und wieder setzt Musik ein) 11 . S z e n e . Und wieder geht nun H AVLICEK über die Brücke – und da er in die Nähe des P RIVATPÄDAGOGEN kommt, erinnert er sich und tritt vorsichtig auf den Zehenspitzen auf. P RIVATPÄDAGOGE Tretens nur ruhig fest auf, lieber Herr! Und trampelns, trampelns! Meiner Seel, da könnt jetzt ruhig ein ganzes Regiment mit Artillerie, es beißt nichts an! Und wer ist dran schuld?! Die Würmer! H AVLICEK (betrachtet die Würmer.) P RIVATPÄDAGOGE Oder sind das vielleicht keine Krepiererl?! Extra hab ich es ihr eingeschärft, meiner lieben Frau Gemahlin: nur dicke Würmer! Nein! Ganz dünne bringt sie mir daher, bei denen man sich immer ins eigene Fleisch sticht, wenn man sie aufspießt! (zur F RAU ) Geh und bring mir dicke Würmer! Los! F RAU (rührt sich nicht.) P RIVATPÄDAGOGE Was stehst denn noch da? Hast mich denn nicht gehört?! F RAU (unheimlich ruhig) Ich such dir keine Würmer mehr. P RIVATPÄDAGOGE Was sind denn das für neue Töne? F RAU (bricht plötzlich los.) Ich such dir keine Würmer mehr! Such sie dir selbst! Genug, genug!! Jetzt zertritt ich sie dir!! (Sie zertrampelt hysterisch schluchzend die Würmer auf dem Boden.) H AVLICEK Halt! Die armen Würmer!
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F RAU (läßt sich nicht stören.) Wer fragt, ob ich arm bin?! Wer?! Genug!! Ich möcht mich doch auch mal erholen, Zeitung lesen oder Roman – Wer fragt mich, wer ich bin?! Niemand, niemand, du gemeiner Egoist!! (rasch ab) P RIVATPÄDAGOGE (zu H AVLICEK ) Furie, nicht? Bringt mir lauter dünne Würmer und dann bin ich der Egoist! Abrakadabra – abrakadabra – Man faßt es nicht! 12. Szene. Die F RAU geht nun weinend und zitternd über die Brücke – und jetzt erreicht sie das linke Ufer, wo E VA gerade den gewärmten Kaffee aus der Baracke bringt. M RSCHITZKA , der nun keinen Dienst mehr hat, machte es sich kommod. Grad zieht er sich die Schuhe aus. S ZAMEK (zur F RAU ) Na, was hat er gefangen, der Herr Privatpädagog? (Musik verstummt; Stille) F RAU (schaut ihn an, antwortet nicht, sondern lacht nur, und zwar derart, daß es dem S ZAMEK etwas kalt am Rücken wird; und ab) 13. Szene. M RSCHITZKA (sieht ihr nach.) Was hat sie denn? S ZAMEK Lustig ist sie – (zu E VA ) Bring noch ein Gefäß, vielleicht trinkt auch der Mrschitzka – E VA Und ich? S ZAMEK Wer hat hier Nachtdienst? Du oder ich? Apropos Nachtdienst: Grad hab ich es deinem Konstantin ausrichten lassen, daß du heut nacht nicht nüberkommen tust. E VA Papa! S ZAMEK Meinst, ich hab mir das nicht erzählen lassen, wo du deine Nächt zubringst? Kurz und gut: Es bleibt dabei! E VA Nein, ist das aber indiskret – S ZAMEK Indiskret! Vergiß nicht, daß ich dich gezeugt hab!
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14. Szene. H AVLICEK erscheint und hält bereits etwas verschüchtert. M RSCHITZKA (hatte sich inzwischen auch seiner Fußlappen entledigt, er ist nun barfuß und manipuliert an seinen Zehen herum.) Au! Mir scheint, ich hab da eine Blutblasen unter die Hornhäuter – (Er erblickt H AVLICEK .) Was?! Schon wieder?! H AVLICEK Pardon, bitte, aber ich scheine ein Irrtum zu sein – M RSCHITZKA Irrtum? H AVLICEK Ein großer. Nämlich die Grenzbehörd drüben laßt mich auch nicht hinein. Sie sagt, ich gehör nicht hinüber, sondern herüber. M RSCHITZKA Was sagt er?! H AVLICEK Er sagt, ich sei dort drüben kein Staatsbürger. M RSCHITZKA Unsinn! Dummer Unsinn! Staatsbürger ist man dorthin, wohin man zuständig ist, und zuständig ist man dorthin, wohin man geboren ist! Kruzifix! S ZAMEK (zu E VA ) Ein Rindvieh ist er also auch, dieser Konstantin – H AVLICEK Aber die drüben haben inzwischen ein Gesetz fabriziert – S ZAMEK (unterbricht ihn.) Denen Ihre Gesetz gehen uns hier nichts an! Radikal nichts, bitt ich mir aus!
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M RSCHITZKA Wir haben unsere eigenen Gesetz! Und hier steht es schwarz auf weiß: Ferdinand Havlicek, geboren in Großenzering – S ZAMEK Das heißt jetzt Kleinenzering. M RSCHITZKA Seit wann denn? S ZAMEK Seit vorgestern. H AVLICEK Interessant. S ZAMEK Ich weiß das genau, weil ich dort einen Schwager hab – ein verlogener Mensch. (zu E VA ) Wie alle da drüben! (zu M RSCHITZKA ) Der hat mir erst gestern geschrieben, wie das dort jetzt aussieht – H AVLICEK Wie? – Entschuldigens, aber ich kenn nämlich meine Heimat gar nicht. M RSCHITZKA Dann schauns, daß nüberkommen und lernens es kennen! H AVLICEK Aber der drüben läßt mich ja nicht hinein – M RSCHITZKA Er muß! Wo solltens denn sonst hin? H AVLICEK Eben! M RSCHITZKA Also, gehens nur zu, in Gottes Namen! Marsch-marsch! H AVLICEK Moment! Nämlich der Herr drüben hat noch gesagt, ich soll einen familiären Gruß an den Herrn Thomas Szamek – S ZAMEK (gießt sich grad Kaffee ein.) Das bin ich! H AVLICEK Das weiß ich! S ZAMEK Aber wieso familiär? H AVLICEK Was weiß ich! S ZAMEK Weiter! H AVLICEK Und weiter laßt er Ihnen vielmals danken für Ihre freundlichen Grüß, und er erwartet das Fräulein Tochter heut nacht. S ZAMEK Eine Gemeinheit! (zu E VA ) Feix nicht! (zu H AVLICEK ) So! Und jetzt gehens nur hübsch wieder nüber, und sagens ihm einen väterlichen Gruß, und ob er sich nicht erinnern tut vielleicht, was ich ihm vor vierzehn Tag kategorisch geschrieben hab! Daß ich nämlich als Familienvorstand niemals meine Einwilligung zu dieser Verbindung geben werd – und wenn er sich aufhängt, dann auch nicht! H AVLICEK Aber ich bin doch da kein Postbot! M RSCHITZKA Marsch-marsch! H AVLICEK (zuckt etwas resigniert die Schulter und ab.) 15. Szene.
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S ZAMEK (zu E VA ) Verstanden?! E VA Nein. S ZAMEK Wirst mich schon noch kennenlernen, samt deinem Herzerwählten – „Familiäre Grüße!“ Ein feiner Mensch ist das, ein ganz ein Impertinenter – E VA Er wird nur lachen. Über deine ohnmächtige Wut. S ZAMEK Werden schon sehen, ob ohnmächtig – (Er trinkt Kaffee.) Brrr! Ist das ein miserabler Kaffee! E VA Du hast doch gesagt, daß ich von heut ab den billigsten – S ZAMEK (unterbricht sie.) Weil wir sparen müssen – spa-ren! Vergiß das nicht, gefälligst! E VA Als tät ich nicht sowieso sparen. S ZAMEK Erst gestern hast dir wieder eine Fliederseife – E VA (unterbricht ihn.) Aber ich muß mich doch waschen als Frau! Und etwas pflegen! S ZAMEK Waschen ja, pflegen ist überflüssig. Mrschitzka! Magst keinen Kaffee?
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M RSCHITZKA (hat sich inzwischen gepflegt und noch immer manikürt er sich mit seinem Bajonett.) Wenn einer da ist – S ZAMEK (zu E VA ) Gib ihm! E VA (schenkt ihm ein.) M RSCHITZKA Merci! (Er trinkt und sieht verstört aus.) Was ist das, bitte? Kaffee oder Tee? S ZAMEK Mokka. Aus Sumatra. M RSCHITZKA Sumatra. Also ein Sumatrenser möcht ich nicht sein – – S ZAMEK Wirst halt noch nie in deinem Leben einen wirklich feinen Kaffee getrunken haben. M RSCHITZKA Ist schon möglich! Man muß sich halt an die teueren Sorten erst gewöhnen, oft schmeckt einem der billigste besser – (Er trinkt wieder.) Ein eigenartiger Kaffee. Aber allmählich kommt man auf den Geschmack – (Und wieder trinkt er.) S ZAMEK (plötzlich zu E VA , die so nebenbei fort möchte) Wohin? E VA Spazieren. S ZAMEK Über die Brücke? E VA Ja. S ZAMEK Du bleibst! Grad wo er deinen Vater so impertinent hat grüßen lassen, erfordert es das familiäre Ansehen, daß du als Tochter da bleibst! E VA Ach was, Tochter! Ich muß! Ich hab ihm mein Ehrenwort gegeben, daß ich heut komm! S ZAMEK Ein Weib hat kein Ehrenwort. M RSCHITZKA Gut so. E VA Aber sei doch nicht so altmodisch, Papa! S ZAMEK Ach was, altmodisch! Ich werd nicht neumodisch, verstanden?! Und daß du mir da bleibst bei mir! (Stille) E VA (spitz) Du vergißt, daß ich volljährig – bin seit dem sechsten Mai. S ZAMEK (zu M RSCHITZKA ) Sie ist ein Sonntagskind. M RSCHITZKA Gratuliere. S ZAMEK Und volljährig. M RSCHITZKA Merkt man ihr an. S ZAMEK (grinst.) Und sie ernährt sich selbst. E VA Werd ich auch tun! (Stille) S ZAMEK Wodurch? E VA (schweigt.) S ZAMEK Wer soll dich denn schon ernähren? M RSCHITZKA Ein Mann. S ZAMEK (zu M RSCHITZKA ) Sei so gut! E VA Richtig! Ein Mann. Mein Mann. S ZAMEK „Mein“ Mann? Mrschitzka! Sie sagt: „mein“ Mann! M RSCHITZKA Tableau! E VA Er ist mein Mann. S ZAMEK (drohend) Seit wann? Der Konstantin?! E VA Derselbe. Auch wenn wir noch nicht verheiratet sind – Er ist und bleibt mein Mann. M RSCHITZKA Noch ein Tableau! (Stille)
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S ZAMEK (zu M RSCHITZKA ) Jetzt ist mir ein Stein vom Herzen gefallen. Ich hab schon geglaubt, daß sich das gnädige Fräulein Tochter heimlich getraut haben – M RSCHITZKA Das ist wurscht! Hintenherum ist dasselbe wie vorneherum! Zum Beispiel, ich hab drei Töchter, und eine jede hat mir ein außereheliches Bankert ins Haus gebracht, und zwar die Jüngste als erste, Kruzifix! Und bei der Ältesten hat man den Vater sogar gar nicht eruieren können, und derweil bin ich doch Polizeiorgan und kenn mich aus mit solchen Recherchierungsfragen – Jaja, Thomas, gegen die Liebe helfen auch keine kriminalistischen Fortschritt! Und wenn ich tausend Töchter hätt wie der Padischah von Istambul, dann hätt ich jetzt tausend Bankert, Kruzifix! E VA Was reden denn Sie für ein ungereimtes Zeug daher?! Bei mir ist das doch ein ganz anderer Tatbestand! M RSCHITZKA Immer derselbe, Fräulein Eva! Enthaltsamkeit ist die Mutter der Vorsicht! (zu S ZAMEK ) Wieviel Kinder hat sie denn, das Fräulein Tochter? S ZAMEK Was?! E VA Noch keines. Leider! S ZAMEK „Leider“! Na servus! E VA Hoffentlich ist aber bald etwas unterwegs. S ZAMEK (lächelt irr.) „Hoffentlich“ – Jetzt werd ich verrückt. Jetzt wird mir aber alles wurscht! Da kämpf ich ja gegen eine chinesische Mauer, wie ein Ochs renn ich dagegen! Schad, daß ich heut Nachtdienst hab, sonst springet ich noch ins Wasser – Geh nur nüber zu deinem Gigolo, und verlaß deinen armen alten Vater, der dich gezeugt hat – (Er vergräbt seinen Kopf in den Händen.) (Stille) E VA Sag, Papa: Was hast du eigentlich gegen den Konstantin? S ZAMEK (plötzlich verändert, in sanftem väterlichem Ton) Mein Kind. Ich möcht mit dir mal offen reden: Gegen deinen Konstantin hab ich nur das Eine, daß er nämlich kein Geld hat. – Schau, du bist doch ein hübsches Kind, ein frisches, und ich möcht, daß du glücklich wirst. Reich sollst du heiraten, sehr reich, damit auch dein armer alter Vater was von dir hat – – Ausschaun tust ja eklatant wie dein Mutterl selig, und die hätt auch keinen solchen Bettler von einem Zöllner heiraten sollen, sondern einen reichen Großkaufmann, aber sie hat mich eben unsterblich geliebt und ist halt drum nur eine Zöllnersgattin geworden – Und was hat sie von ihrem Leben gehabt an meiner Seite? Nichts. An die Riviera hätt sie fahren können oder in ein Bad – E VA Ich brauch kein Bad. S ZAMEK Das hat dein Mutterl selig auch gesagt. Trotzdem. 16. Szene. Und abermals kommt H AVLICEK . M RSCHITZKA (außer sich) Was seh ich?! Schon wieder?! Na, jetzt laß ich Ihnen aber gleich durch mich verhaften, und dann müssens erst noch bei Wasser und Brot, bevor daß ich Ihnen wieder per Schub in die Freiheit hinauslaß! H AVLICEK „Freiheit“ ist gut. M RSCHITZKA Sie, witzeln Sie sich nicht mit mir, ja?! H AVLICEK (schreit ihn plötzlich an.) Ich bin doch kein Witz! Und übrigens hab ich ja nur wieder was auszurichten da – von der Behörd dort drüben, von der verliebten! M RSCHITZKA Das ist zweierlei. Also los, los! Richtens aus und fahrens ab!
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H AVLICEK Kommandieren laß ich mich aber nicht, Sie – – wenn ich schon die Freundlichkeit hab, als ein wanderndes Billet-doux herumzulaufen! M RSCHITZKA Nur keine Vorlautheiten! H AVLICEK Ziehens Ihnen lieber zuerst die Schuh an, bevor daß Sie mit mir dienstlich reden! M RSCHITZKA (perplex) Schuh? E VA (zu H AVLICEK ) Herr – – H AVLICEK Havlicek. E VA Szamek. H AVLICEK (verbeugt sich galant.) Angenehm! E VA Und bitte, was hätten Sie uns nun auszurichten, Herr Havlicek? H AVLICEK Nicht viel, nicht wenig, Fräulein Szamek! Der Herr Bräutigam dort drüben laßt nämlich dem Herrn Papa da sagen, daß es ihm dort drüben eigentlich leid tut, sehr leid, daß der Herr Papa so heftig gegen ihn agiert. E VA Leid? (Sie wirft einen Blick auf S ZAMEK .) Das hat er gesagt? H AVLICEK Aufrichtig leid. S ZAMEK „Aufrichtig!“ Wenn das einer von drüben sagt! E VA Und sonst hat er nichts hinzugefügt? H AVLICEK Sonst hat er nur noch hinzugefügt, daß er dort drüben persönlich kein sanfter Engel ist, und daß er sich das also nicht mehr lang mehr mitanschaut, wie daß sich der Herr Papa da als ein Außenstehender in seine Liebeserlebnisse hineinmischen – S ZAMEK (unterbricht ihn.) Was?! Ich ein Außenstehender? Als der eigene Erzeuger?! Na servus! H AVLICEK Herr Szamek! Auch für die eigenen Herren Erzeuger kann es unter Umständen gefährlich – M RSCHITZKA (unterbricht ihn.) Was hör ich?! Sie halten hier Reden! Das auch noch?! H AVLICEK (fährt ihn an.) So lassens einen Menschen doch ausreden, nicht?! M RSCHITZKA (schweigt perplex.) S ZAMEK (zu M RSCHITZKA ) Laß ihn, Mrschitzka! Laß ihn sich ausreden, es ist so angenehm blöd – H AVLICEK Vielleicht! Und dennoch: Zum Beispiel hab ich mal eine gewisse Frau Hörl gekannt, eine geborene Spitzinger, und die hat einen alten Vater gehabt, einen gewissen Emanuel Spitzinger, der hat sich nämlich auch immer in die Liebesarten zwischen Tochter und Schwiegersohn hineingemischt – und das Ende vom Liede? Der alte Spitzinger hat den Hörl und die Frau Hörl hat den alten Spitzinger erschlagen. Alles mit der Axt! Die Tochter den leiblichen Vater mit der Axt. Um Mitternacht! – Glaubens einem geschlagenen Mann, Herr Szamek, es tut nicht gut, wenn man sich hineinmischt – – M RSCHITZKA Da hat er recht, dieser Ausgewiesene! Da könnt ich Euch aus meiner Praxis noch ganz andere Legenden erzählen, Herrschaften! Stundenlang könnt ich euch da auseinandersetzen, wie sich ganze Familiengruppen gegenseitig ausgerottet haben, bis in das letzte Glied – und wegen was? Wegen nichts! S ZAMEK (plötzlich zu E VA ) Eva. Könntest du mich mit einer Axt – E VA (fährt ihn an.) So frag doch nicht so dumm! (Stille) M RSCHITZKA (zu H AVLICEK ) Na, was stehens denn da noch herum?! H AVLICEK Wo soll ich denn sonst stehen?! M RSCHITZKA Da nicht! Dort ist die Tür! (Er deutet auf die Brücke.)
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H AVLICEK „Tür“ ist gut – (Er will ab.) S ZAMEK Halt! – Sagens dem drüben: Der Thomas Szamek ist ein alter Mann und überlaßt sich von heut ab dem Schicksal. H AVLICEK Also dem Schicksal – (ab) 5
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17. Szene. H AVLICEK geht nun wieder über die Brücke – und wieder Musik – aber jetzt angelt er allein, der P RIVATPÄDAGOGE . H AVLICEK (mitfühlend) Habens noch immer nichts gefangen? P RIVATPÄDAGOGE (kleinlaut resigniert) Nein. H AVLICEK Schicksal. P RIVATPÄDAGOGE (braust auf.) Aber was, Schicksal! Würm! Zu dünne Würm! Abrakadabra! Manchmal ärger ich mich schon so über meine Ehehälfte, daß ich lieber schon selber ein Hecht sein möcht! H AVLICEK Um hernach von sich selbst gefischt zu werden! Hahaha! P RIVATPÄDAGOGE Heut hätt ich schier nichts dagegen! Schauns, wie ich mit die Nerven herunter bin, weil meine Gattin epileptisch ist, gleich hat sie Schaum vor dem Mund – Deshalb fisch ich ja nur, damit ich mich beruhig. Aber wenn ich jetzt nicht bald was fang, werd ich noch selbst epileptisch! H AVLICEK Also, nur das nicht! (Er geht weiter.) Wiedersehen! 18. Szene. Und wieder drüben beim K ONSTANTIN , und wieder verstummt die Musik. K ONSTANTIN Na, was hat er gesagt, der Szamek? H AVLICEK Schicksal. K ONSTANTIN Was heißt das? H AVLICEK Er ist ein alter Mann, hat er gesagt, und überlaßt sich von heut ab dem Schicksal. K ONSTANTIN (erfreut) Tatsächlich? Na bravo! Vor dem Schicksal hab ich keine Angst! Mein Schicksal heißt Eva und kommt, wann ich möcht! H AVLICEK Ein schönes Schicksal, ein braves – Armer Havlicek! Dreißig Jahr hast Steuern gezahlt, ohne zu zucken. – Nur gut, daß ich keine Familie hab, sonst steheten wir jetzt da zu mehreren! K ONSTANTIN Sinds Junggeselle? H AVLICEK Ja, aber kein eingefleischter. (Stille) K ONSTANTIN Ich denk mir oft: Man weiß es nicht, was besser ist: heiraten oder ledig bleiben – H AVLICEK Heiraten. Auf Ehr und Seel! Können es mir glauben, junger Herr, denn ich bin nicht verheiratet, und so einsam ist man nirgends zu Haus, selbst wenn man sich noch so einrichtet. Zum Beispiel hab ich mir einen Spiegelschrank – K ONSTANTIN (unterbricht ihn.) Spiegelschrank? H AVLICEK Einen großen, schönen. Wo man sich so ganz sehen kann. Auf einmal. K ONSTANTIN Aha. H AVLICEK Ja – – (Er fährt plötzlich hoch.) Jetzt hab ich eine Idee! Wissens was, kommens mit mir da zu denen hinüber und sagen Sie es denen persönlich aber mal tüchtig, daß ich hier strikte nicht hereinkann, dann müssen die drüben mich doch nämlich hinein – Das ist der Ausweg!
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K ONSTANTIN „Ausweg“? Ich da hinüber? In Uniform?! Na, das gäb ja einen gediegenen Grenzzwischenfall mit unabsehbaren außenpolitischen Nachspielen, Noten, Interpellationen im Senat und diplomatischen Demarchen und was weiß ich noch was! Ausgeschlossen! Ich darf ja nicht mal auf die Brücke, und derweil ist die doch nur neutral! Jetzt erst noch auf das andere Ufer – Das ist grotesk! H AVLICEK Und ich bin vielleicht nicht grotesk? Großer Gott, wie kompliziert – K ONSTANTIN Völkerrecht, Herr! Haag und Genf. (Stille) H AVLICEK Und was ist diese Brücke, bitte? Neutral? K ONSTANTIN Eine neutrale Zone. Weder Fisch noch Fleisch. H AVLICEK (blickt auf die Brücke zum P RIVATPÄDAGOGEN hinüber.) Ja, Fische scheints da nicht viel zu geben – (Stille) K ONSTANTIN Also, gehens nur wieder brav retour – Probierens es halt immer wieder, und lassens nicht locker! Probieren geht über studieren! H AVLICEK Das schon. Also dann auf Wiedersehen – (ab) 19. Szene. Und wieder geht H AVLICEK über die Brücke – (Musik) – Der P RIVATPÄDAGOGE ist nun bereits seiner Gattin gefolgt, denn es dämmert schon leise. Mitten auf der Brücke begegnet H AVLICEK der E VA , die unterwegs ist zu ihrem K ONSTANTIN . Er grüßt, und sie dankt. H AVLICEK (hält, sieht ihr nach und überlegt; plötzlich) Fräulein Szamek! E VA (hält.) Herr Havlicek? H AVLICEK Pardon, daß ich Ihnen aufhalt, ich weiß, das ist kostbare Zeit, wenn man so hinüber möcht – aber ich hätt ein für mich großes persönliches Anliegen, liebes Fräulein Szamek! Geh, könntens nicht ein freundliches Wörtchen für mich einlegen – E VA Gern. Wo? H AVLICEK Bei Ihrem lieben Herrn Bräutigam – daß er nämlich vielleicht ein Auge zuschließt und mit dem anderen Aug mich übersieht, wenn ich über seine Grenz – E VA Ach so! H AVLICEK Schauns, es dämmert nämlich schon, und ich komm in keine Heimat – Nur ein Auge, Fräulein Szamek, ich bin geschwind wie der Wind! E VA Nein, das wird er unmöglich. Weil ihm sein Gesetz über alles geht. H AVLICEK Aber wenn Sie, als gewissermaßen sein Schicksal – E VA (unterbricht ihn.) Auch über mich geht sein Gesetz hinweg, und das ist sogar recht so, denn darum ist er der Mann. H AVLICEK Darum? Hm. Jetzt könnt ich Ihnen vom Gegenteil gar manche historische Anekdoten erzählen – – Geh, probierens es halt, mir zu lieb! Probieren geht über studieren, und Sie wären ein Engel. E VA (lächelt.) Ein Engel? H AVLICEK Ein schöner großer, so mit Flügeln – bei dem man gleich weinen muß vor lauter Freud. (Stille) E VA Also dann probier ich es halt, aber es ist nicht viel Hoffnung dabei, Herr Havlicek – (ab)
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H AVLICEK Die Hoffnung überlassens nur mir! (Er sieht ihr nach; für sich) Ein Engel. (Er singt.) Ob ich auch mal ein Engerl werd, wenn ich verlasse diese Erd? Möglich. Ob man auch dann den neuen Gast nicht ohne Paß in’ Himmel laßt? Möglich! Steh ich jetzt hier auf dieser Bruck und kann nicht hin und kann nicht zruck, so will ich Trost darin finden: Ich büß hier schon alle Sünden. Haben Sie schon einmal eine Pechserie ghabt, so wie ich? Sicher habens noch nie eine Pechserie ghabt, so wie ich! Denn wann Sie schon einmal so im Pech gsessen waren, wie ich, so warns sicher schon längst aus der Haut gefahren, – ich noch nicht! Ob so ein reizendes junges Weib auch in der Eh ein Engel bleibt? Möglich. Ob der am End nicht besser fahrt, der sich die Illusion bewahrt? Möglich. Wenn man so oft, wies mir passiert, schon in der Wahl sich hat geirrt, merkt man leider bald ihre Mängel und wird skeptisch gegen Engel. Refrain: Haben Sie schon einmal eine Pechserie ghabt etc.
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20. Szene. E VA erreicht nun das rechte Ufer und trifft dort F RAU H ANUSCH . Musik aus. E VA Guten Abend, Frau Hanusch! Wo ist denn der Konstantin? F RAU H ANUSCH Der telephoniert grad – mir scheint, amtlich. Ich bin jetzt nur mal noch mal her, um meinen Niedergang mit ihm durchzubesprechen, er ist doch der einzige anständige Mensch unter uns, der einer alleinstehenden Witwe wertvolle Ratschläg geben kann. Morgen meld ich Konkurs an, sonst sperrens mich noch ein! Und dann kommt das Gas. E VA Aber Frau Hanusch! Der Tod ist ein schlechter Kamerad – (Sie lächelt.) F RAU H ANUSCH Sie habens natürlich auch leicht! Kommen da abends herüber und genießen Ihr Leben! Schad, daß ichs nicht auch so gemacht hab, wie ich noch jung situiert war – Jetzt find ich keinen Mann mehr! E VA (schweigt.) F RAU H ANUSCH Meinens wirklich, daß ich keinen Mann mehr find?
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21. Szene. K ONSTANTIN (kommt aus seinem Raubritterturm.) Ach, Eva! (Er gibt ihr einen Kuß; dann zu F RAU H ANUSCH ) Das wär was für Sie, Frau Hanusch! Grad ist amtlich telephoniert worden, daß sich hier in der Gegend gefährliche Rauschgiftschmuggler herumtreiben, und auf ihre Ergreifung sind runde Zwanzigtausend ausgesetzt! F RAU H ANUSCH Zwanzigtausend! Meiner Seel, ich täts gleich verhaften! Und köpfen auch, dann wär ich saniert! K ONSTANTIN Na, so einfach geht das nicht! Solche Rauschgiftschmuggler sind verwegene Subjekte, die schrecken vor nichts zurück, vor keiner Untat – Raub, Mord, Schändung – F RAU H ANUSCH (unterbricht ihn.) Schändung auch? K ONSTANTIN Denen graust es vor nichts! Kommen daher mit direkt amerikanischen Methoden, Panzerauto und Maschinengewehr – E VA Gib nur acht! K ONSTANTIN Auf alle Fäll hol ich mir jetzt mal gleich meinen Dienstrevolver – (Er will wieder ab in seinen Raubritterturm.) 22. Szene. H AVLICEK erscheint. K ONSTANTIN (erblickt ihn und ist ungeduldig überrascht.) Na und? H AVLICEK (wirft einen verstohlenen Blick auf E VA ; schüchtern) Und aber – K ONSTANTIN Aber hier gibts kein Aber! Wie oft denn noch, lieber Mann?! Unmöglich und ausgeschlossen! H AVLICEK Aber es wird doch Nacht! K ONSTANTIN So sekkierens mich doch nicht! Jetzt muß ich meinen Revolver – (ab in seinen Raubritterturm) H AVLICEK Revolver? Großer Gott! (rasch ab) 23. Szene. E VA (sieht H AVLICEK nach.) Nein, diese Angst – F RAU H ANUSCH Ich kenn den Fall. Der geht da immer hin und her – bis er noch verhungert. Ein amtlicher Fall. Armer Mensch! Macht übrigens einen ganz einen sympathischen Eindruck – E VA Oh, er ist gebildet! Und nirgends lassens ihn hinein – F RAU H ANUSCH Ich ließ ihn schon hinein. Bei jeder Grenz! Wem tät das schon was schaden? Mir nicht! E VA So ohne Heimat möcht ich nicht sein. Überall fremd, überall anders – 24. Szene. K ONSTANTIN (erscheint nun wieder, und zwar mit seinem Dienstrevolver.) Das ist er. Ein Trommelrevolver. Wenn er auf das dritte „Halt!“ nicht hält, kann ich ihn auf der Flucht erschießen, und mir passiert nichts. – Wer kommt denn da? Eine Nonne? F RAU H ANUSCH Ja, das ist eine Krankenschwester mit einer sehr vornehmen kranken Dame – Wahrscheinlich eine diskrete Krankheit, stell ich mir vor. E VA Warum? F RAU H ANUSCH Na, sonst wärens doch nicht ausgerechnet da in unserem Drecknest hinterm Mond! Übrigens: mein einziges Publikum. Pst!
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25. Szene. F RAU L EDA und die Krankenschwester gehen nun langsam vorbei. Die Krankenschwester ist aber gar keine Krankenschwester, sondern ein verkleideter Mann, namens S CHMUGGLITSCHINSKI , der eben mit F RAU L EDA zusammen, deren Krankheit natürlich auch nur Maskerade ist, das doppelköpfige Haupt der fieberhaft gesuchten Rauschgiftschmugglerbande ist. Jetzt täuschen sie einen langsamen Abendspaziergang vor, um das Terrain an der Grenze bequem rekognoszieren zu können. F RAU H ANUSCH Ergebenster Diener, meine Herrschaften! Schon erholt? F RAU L EDA UND S CHMUGGLITSCHINSKI (nicken ihr freundlich zu und langsam ab.)
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26. Szene. E VA (sieht ihnen nach.) Schlecht schaut die Dame aus – ganz gelb. F RAU H ANUSCH Und am Vormittag, zwischen acht und zwölf, ist sie immer gelähmt, aber am Nachmittag treibts Gymnastik. Und wie die Schwester die pflegt! K ONSTANTIN Rührend, nicht? F RAU H ANUSCH Eine Heilige ist das und sonst nichts. E VA Manchmal denk ich mir, wir denken alle miteinander zu wenig an das Jenseits. K ONSTANTIN Wer glauben kann, ist ein glücklicher Mensch. (Stille) F RAU H ANUSCH So, jetzt muß ich aber nach Haus, das Souper herrichten für meine einzigen Gäst! E VA Sicher Diät? F RAU H ANUSCH Aber einfach! Die Dame darf abends nichts essen, und die Schwester fastet! Also, empfehle mich, meine Herrschaften! (ab) K ONSTANTIN UND E VA Gute Nacht, Frau Hanusch! 27. Szene. Nun ist es Nacht geworden. Und wieder erscheint H AVLICEK – und gleich erblickt er den Dienstrevolver, den K ONSTANTIN noch immer in der Hand hält, und macht sofort „Hände hoch!“. K ONSTANTIN (überrascht über diese Geste.) Was ist? Was treibens denn mit die Händ? H AVLICEK Ich ergib mich. K ONSTANTIN (perplex) Wieso? H AVLICEK Nicht schießen, bitte! K ONSTANTIN Ach so! (Er lacht und steckt seinen Dienstrevolver in seinen Dienstgürtel.) H AVLICEK (nimmt die Hände herab und lächelt.) Sie sind doch ein freundlicher Mensch – K ONSTANTIN Möglich. E VA Sicher. K ONSTANTIN Oh, du bist lieb – (zu H AVLICEK ) Aber für Sie bin ich nur das Grenzorgan und kein Mensch, und jetzt reißt mir aber ehrlich die Geduld! Das halt ich nicht aus, daß Sie da immer wieder erscheinen, man ist doch schließlich auch nur ein Mensch! H AVLICEK Eben! K ONSTANTIN Also schauns, daß Sie jetzt endgültig verschwinden, ja?! H AVLICEK Aber drüben hat er mich grad bedroht, daß er mit der Kanon kommt, wenn ich noch einmal –
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E VA Mit der Kanon? H AVLICEK Ja, ich denk, der Herr Papa sind nicht mehr ganz nüchtern, und der Herr Gendarm Mrschitzka auch nicht mehr so ganz – E VA Sie trinken? H AVLICEK Schnaps. Und Rum. E VA (zu K ONSTANTIN ) Schon wieder! H AVLICEK Man riecht es schon auf der Brück. E VA Fürchterlich! H AVLICEK So hat halt jeder seine Sorgen. (Stille) K ONSTANTIN Also seiens bitte vernünftig – H AVLICEK (unterbricht ihn.) Ich werd nicht vernünftig! K ONSTANTIN Und ich werd verrückt! H AVLICEK Von mir aus! K ONSTANTIN Von Ihnen aus schon, aber nicht von mir aus! H AVLICEK Und wo soll ich schlafen? K ONSTANTIN Auf der Brücke! Schluß!! (Stille) H AVLICEK Also Schluß. (drohend) Jetzt mag ich aber dann auch nicht mehr! Jetzt bleib ich aber dann auf der Brück! Jetzt werd ich aber dann auf der Brück schlafen, verstanden?! Bei Wind und Wetter und Sonne und Mond! Werdet es schon noch erleben, Ihr!! (rasch ab) 28. Szene.
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Nun weht der Nachtwind. K ONSTANTIN (verdutzt zu E VA ) Was droht der uns? E VA Er ist halt arm. Immer hin und her – da muß ein Mensch verblöden. K ONSTANTIN Ich wasch meine Hände in Unschuld. Zu was haben wir die blöde Grenz? E VA Das sagst du? Als Grenzorgan? K ONSTANTIN Das sag ich privat. (Stille) E VA Du Konstantin. Könntest jetzt nicht mal so privat in deinen Turm dort hinein? K ONSTANTIN (perplex) Warum? E VA Weil derweil könnt da ein Mensch vorbei – Er wäre gerettet, geschwind wie der Wind. K ONSTANTIN Eva! Möchst mich verführen?! Da kenn ich aber keinen Spaß! E VA Aber wo soll der denn schlafen?! K ONSTANTIN Meinst, der tut mir nicht leid? Doch ich verbeiß mein Herz vor lauter Pflicht! (Stille) E VA Komisch seid Ihr Männer. K ONSTANTIN (unangenehm berührt) Komisch? E VA Ja. Ich denk jetzt speziell an den Papa – daß er sich neuerdings wieder dem Alkoholteufel verschrieben hat, das ist tragisch. Erst neulich nacht, wie ich mal nicht bei dir gewesen bin, da hat er mich gräßlich beschimpft in seiner Trunkenheit – oh, so gräßlich! Jedoch erst im Verlaufe dieser Schimpforgie ist mir allmählich ein Licht aufgegangen, daß er ja nämlich gar nicht mich gemeint hat, sondern mein
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armes Mutterl selig, die doch schon längst das Zeitliche gesegnet hat, aber eben in seiner Trunkenheit hatte er das vergessen und hat mich mit ihr verwechselt. K ONSTANTIN Mußt viel leiden, du arme Liebe, da drüben – – E VA Ich sehn mich auch immer herüber, kaum kann ich die Nacht erwarten – Hier drüben ist alles so licht. K ONSTANTIN Komm – (Er setzt sich auf die Bank vor seinem Raubritterturm, und sie setzt sich auf seinen Schoß.) (Stille) K ONSTANTIN Und wie steht er jetzt eigentlich? E VA Wer? Was? K ONSTANTIN Ich meine, wie steht jetzt dein Vater zu unserem Bunde? Anscheinend lenkt er ein – E VA Das glaub ich ihm nicht. Der Papa denkt nur an das Geld. Reich soll ich heiraten, damit er an die Riviera kann – Manchmal könnt ich ihn wirklich schon mit einer Axt – K ONSTANTIN Still, Süße – (Sie küssen sich.) E VA Lieber arm, aber glücklich. K ONSTANTIN Vielleicht kannst mal mit mir an die Riviera, wenn ich beispielshalber heut diese Rauschgiftleut – – Zwanzigtausend! Aber wenn ichs auch diesmal nicht erwisch, die Schmuggler sterben nicht aus, Gott sei Dank – (Er betrachtet automatisch seinen Dienstrevolver.) Hoppla! Gut, daß ich ihn betracht, meinen Dienstrevolver! Da sind ja gar keine Patronen drin, da hätten jetzt aber unsere Zwanzigtausend gelacht! (Er erhebt sich.) E VA Du, ich hab Angst! K ONSTANTIN Mein Weib darf keine Angst kennen, das hängt mit meinem gefährlichen Beruf zusammen – (Er will ab.) E VA Wohin? K ONSTANTIN Ich hol mir nur die Patronen – (ab in seinen Raubritterturm)
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29. Szene. E VA allein. Sie sieht sich scheu um in der Nacht. Es ist sehr still. Doch plötzlich ertönt aus dem Raubritterturm heraus Tanzmusik. E VA (erschrickt und lauscht.) – Musik? Musik –
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30. Szene. K ONSTANTIN (erscheint wieder mit den Patronen und ladet seinen Revolver.) Na? Da spitzt wer seine Öhrchen? Ich hab dich ganz vergessen damit zu überraschen – E VA (unterbricht ihn.) Radio! K ONSTANTIN Fein, was? E VA Mein Traum. K ONSTANTIN Jetzt ist jemand glücklich – E VA Nicht verschrein! Überall sitzen die bösen Geister und verhexen das Gute – Sie wohnen im Fluß, und in der Nacht tauchen ihre Köpf herauf und horchen, und wer sich laut freut, den schauen sie an, und schon muß er weinen. (Pause) E VA Komm, tanzen wir! K ONSTANTIN (tanzt mit ihr.)
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31. Szene. Jetzt kommt der Chef der Regierung auf dem rechten Ufer mit seinem S EKRETÄR . Da er strenges Inkognito zu wahren wünscht, wollen wir ihn X nennen. K ONSTANTIN und E VA , die im Scheine der Laterne am Brückenkopf tanzen, erblicken die beiden Herren nicht und tanzen infolgedessen seelenruhig weiter. S EKRETÄR Also, hier ist besagter entlegener Brückenkopf – X (unterbricht ihn.) Wie bitte? Hier tanzt unser Grenzorgan? Die Grenze als Tanzbar? Penetrant! Schad, daß ich mein Inkognito nicht lüften darf, penetrant schad! – Aber die Maid hat Charme. Übrigens erinnert sie mich an ein weibliches Wesen aus der Vorkriegszeit. S EKRETÄR An die Panilla, Exzellenz! X Richtig! S EKRETÄR Aber die Panilla hatte andere Hüften. Gewölbtere. X Woher sind Sie denn derart penetrant informiert? Die Panilla könnt doch Ihre Großmutter sein – Nanana, junger Mann! S EKRETÄR Meine Informiertheit beruht ja nur auf meiner Mama, Exzellenz! Die hat sich nämlich oft ausführlich beklagt bei mir – über den Papa. Wegen der Panilla. X Jaja, der arme Herr Papa – ein braver Mensch. Friede seiner Asche. Aber die Panilla war mal eine fesche Katz! Jetzt ist sie leider blind – So, und jetzt lassens mich allein. Wo ist mein falscher Paß? S EKRETÄR (überreicht ihn.) Hier, Exzellenz! X Und Sie warten im Dorf mit dem Wagen! S EKRETÄR Gewiß, Exzellenz! (ab) 32. Szene. X nähert sich nun den Tanzenden. E VA (erblickt ihn zuerst.) Ach, da kommt wer. Schad! K ONSTANTIN (löst sich von Eva und wendet sich an X.) Ihren Grenzschein, bitte. X Hier, mein Paß – (Er überreicht ihm seinen falschen Paß.) K ONSTANTIN (blättert ausführlich und überlegt.) X (ungeduldig) Na, dauert es noch lange? K ONSTANTIN Ruhe! X Aber ich habe dringendst zu tun! K ONSTANTIN Möglich! Aber auch wenn ich hier mal tanz, hab ich meine Augen überall, und es treiben sich allerhand Rauschgiftschmuggler herum – X Machen Sie doch keine penetranten Späße, nicht?! K ONSTANTIN (fährt ihn an.) Ruhe! „Penetrant“ ist Amtsbeleidigung! Und die Photographie stimmt übrigens auch nicht. X Stimmt nicht? Aber ausgeschlossen! K ONSTANTIN Da! X (betrachtet die Photographie.) Oh, dieses Kamel! K ONSTANTIN Da ist ein Vollbart und Sie sind rasiert. Glatt. Und außerdem ist auch der Paß falsch – Dieser Stempel gehört nämlich vorschriftsmäßig über diesen Rand und nicht unter diesen Rand. Ich kenn nämlich meine Vorschriften! X (beiseite) Das hab ich noch gar nicht gewußt, daß ich diese Vorschrift erlassen hab – K ONSTANTIN Tut mir leid, aber ich muß jetzt zu einer ausführlichen Leibesvisitation schreiten – Ich sage nur: Kokain! Also los, kommens!
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X (beiseite) Kokain? (laut) Halt! Können Sie schweigen? K ONSTANTIN (perplex) Warum? X Ich muß mich leider demaskieren. K ONSTANTIN Ihre einzige Möglichkeit. Und wo ist das Kokain? X So lassen Sie doch dieses penetrante Kokain! Hier ist mein richtiger Paß! Aber schweigen! K ONSTANTIN (betrachtet den Paß, stutzt, steht stramm und salutiert.) X (gedämpft) Rührt Euch! Nur kein Aufsehen – Inkognito, strengstes Inkognito! Sonst wäre das eventuell noch eine Katastrophe für die ganze zivilisierte Welt! K ONSTANTIN Können sich auf mich verlassen, Herr Ministerpräsident! X Und auch nicht dem Fräulein Braut etwas sagen – Übrigens: Es freut mich, daß wir so gewissenhafte Grenzorgane haben, das mit dem Vollbart war schon gut, aber das mit dem Stempel war phänomenal! Na, ich werd mich schon erinnern, daß wir Ihre pflichtbewußte Kraft gehörig ausnützen! K ONSTANTIN Hocherfreut, Herr Ministerpräsident! X Aber abermals: Amtsgeheimnis! K ONSTANTIN Amtseid! X Danke! (ab) 33. Szene. X (geht nun über die Brücke, und es wäre sehr finster, wenn am Himmel nicht ein großer Mond hängen und blöd scheinen würde.) H AVLICEK (lehnt mitten auf der Brücke an dem Brückengeländer – Er sah bereits X kommen und betrachtet ihn nun interessiert.) X (gleich auf ihn zu) Pardon, Kollege, daß ich Euch so lange warten ließ, aber meine Grenzorgane sind zu gewissenhaft – (Er lächelt.) Es freut mich aufrichtig, Euch kennenzulernen, schon auch im Interesse unserer beiden Länder, deren Interessen eine heimliche menschliche Aussprache der beiden Regierungschefs dringendst erheischen. H AVLICEK (beiseite) Großer Gott! Ein Narr! X Es war eine selten glückliche Idee Ihrerseits, daß wir uns hier auf dieser abgelegenen Grenzbrücke treffen, hier können wir doch mal ausnahmsweise friedlich alle Strittigkeiten, die unsere beiden Länder berühren, berühren. H AVLICEK Interessant! (beiseite) Nur immer recht geben, sonst läuft er vielleicht noch Amok! X Wir leiden unter unseren Grenzen. H AVLICEK Oh, wie wahr! X Es erfüllt mich mit ungeheurer Freude, daß Sie der Ansicht sind! H AVLICEK Und ob ich der Ansicht bin! X Ihre Ansicht erfüllt mich mit Hoffnung! H AVLICEK Die Hoffnung ist ein schwankes Rohr – X Das aber schwerer bricht im Sturmgebraus wie eine starke Wettertanne! H AVLICEK (beiseite) Ein Poet! X Um aber auf unsere Grenzen zurückzukommen – H AVLICEK Sehr richtig! X – so muß und darf und soll und will und kann ich nur betonen, daß diese Grenzen eine Plage sind. H AVLICEK „Plage“ ist gar kein Ausdruck!
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X Aber wenn wir das nun laut sagen würden, dann würden unsere gesamten öffentlichen Meinungen laut aufzischen vor Wut – H AVLICEK Na, die „gesamten“ – Es gäb auch welche, die es begrüßten. Zum Beispiel ich. X Sie natürlich! Ich sage nur ein Wort: Macchiavelli! H AVLICEK Wie bitte? X Oh, wir verstehen uns bereits, lieber Freund – Darf ich Sie „Freund“ nennen? Sie stehen so herrlich über den Dingen! H AVLICEK Ich steh nur zwischen den Grenzen. X Sie formulieren herrlich, und ich wäre glücklich, wenn wir zu einer Einigung gelangen könnten, theoretisch und praktisch – H AVLICEK Also vor allem praktisch, weil ich mich hier schon bald erkält! X Sie belieben zu scherzen – hehehe! H AVLICEK Aber keine Idee! Spürens denn nicht den Zug? Diesen Mitternachtswind? Meiner Seel, einen Katarrh hab ich schon! X Jaja. Opfer über Opfer. H AVLICEK Und was hat man davon? Nichts. X Nur Undank. H AVLICEK Das nebenbei – X Apropos Undank: Darf ich Ihnen gratulieren zu Ihrer schier wundervollen Errettung von diesem ruchlosen Attentat – H AVLICEK Was für ein Attentat? X Wie? Sie erinnern sich nicht mehr? H AVLICEK (beiseite) Attentat! Ein Obernarr! (laut) Ach, jaja! Aber wissens, ich hab schon so viel Attentate hinter mir, daß ich ein jedes gleich immer wieder vergiß! X Heroisch. H AVLICEK Mein Gott – (Er lächelt.) X Bescheiden und heroisch. Aber hier ziehts tatsächlich unerträglich – H AVLICEK Daß Sie es nur merken! X (beiseite) Meine Bronchitis – (laut) Also prinzipiell wären wir uns ja bereits einig, und was die einzelnen untergeordneten Punkte betrifft: Ich bin zu jeder Konzession bereit. H AVLICEK Ich auch. Aber was nützt das? X Allerdings nur zu einer jeden solchen Konzession, die sich mit unserer Würde verträgt. H AVLICEK „Würde“? Jetzt steh ich da, und keiner laßt mich hinein – – X Wieso nicht hinein? H AVLICEK Nicht rechts, nicht links – X Wo nicht hinein? Versteh kein Wort! H AVLICEK (fährt ihn an.) Dann machens Ihre Ohrwascheln gefälligst auf, ja?! Groß genug wärens ja, und abstehen tuns auch! X „Abstehen“?! H AVLICEK Und verschonens mich überhaupt mit Ihren Irrenhausgesprächen! Hör mal her, du Narr! Spiel dich nicht mit mir, freu dich lieber, daß du kein Regierungschef bist, sonst könntst jetzt was erleben von mir, verstanden?! X Was ist das? Das ist ja ein anderer! H AVLICEK Ich bin kein anderer! Ich bin der Ferdinand Havlicek und Punkt! Jetzt reißt mir aber die Geduld, ich bin ein Drogist und kein Narrenwärter!
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X Oh Himmel tu dich auf und verschling mich! Havlicek! Na, das gibt einen europäischen Skandal! H AVLICEK (beiseite) „Europäisch“? Größenwahn! X Bumm! Das Ende meiner Karriere! Meine Demission! Gott, ist mir übel – (Er beugt sich über das Brückengeländer.) (Stille) H AVLICEK (beiseite) „Demission“ – Hm. Vielleicht ist die Sach doch komisch, und es steckt was dahinter – – und parfümiert ist er auch, ich riech das gleich beruflich. Ein sehr teures Parfüm – (Er nähert sich schnuppernd X.) Ist Ihnen schlecht? X (rührt sich nicht.) H AVLICEK Ist Ihnen schlecht? X So fragens doch nicht so penetrant! Sehens denn nicht, daß ich mich erbreche! H AVLICEK Das schon. X Also! (Stille) H AVLICEK Ist Ihnen jetzt leichter? X Nein. Jetzt trifft mich bald der Schlag. H AVLICEK Entschuldigens, aber wer sind denn der Herr eigentlich? X Ich? Ich?! Ein Narr! Ein Obernarr! (Er lacht hysterisch.) H AVLICEK (beiseite) Wie der lacht – X (plötzlich ernst) Ich lache da. Und morgen lacht die ganze Welt über uns zwei. H AVLICEK Über Sie vielleicht. Über mich kaum. X Sicher! H AVLICEK Geh, was geh denn ich schon die Welt an! X Man wird sich totlachen. H AVLICEK Tot? Von mir aus! X Ein Havlicek als Eingeweihter – da wird sich nichts verheimlichen lassen. Hören Sie, lieber Freund: Vor Ihnen steht der Chef der Regierung dieses Landes (Er deutet nach rechts.), und dieser Chef wollte mit dem Chef der Regierung jenes Landes (Er deutet nach links.) eine heimliche lebenswichtige Besprechung über unermeßliche Probleme – H AVLICEK (unterbricht ihn.) Was hör ich? X Ja. H AVLICEK Sie sind der Chef? Ohne Witz? X Noch bin ich es, aber ab morgen schreib ich meine Memoiren, die allerdings erst zwanzig Jahre nach meinem Tode veröffentlicht werden dürfen. Ich freu mich schon auf das Kapitel Havlicek. (Stille) H AVLICEK Und der andere Chef von da drüben kommt auch daher? X Er müßte schon längst hier sein. Schon vor mir! H AVLICEK Was? Beide Chefs? – Na freuts Euch, Freunderln! 34. Szene. Jetzt kommt Y, der Chef der Regierung auf dem linken Ufer, rasch von links und wendet sich sogleich an H AVLICEK ; wieder Bühnenmusik. Y Oh verzeihen Sie, daß ich mich derart penetrant verspätet habe, aber leider hatte ich Panne auf Panne, und einen Hund haben wir auch überfahren, einen Rattler – also abermals: Verzeihung, Herr Ministerpräsident!
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X Der auch! (Er lacht wieder hysterisch.) Y (verwirrt) Wer lacht denn da?! H AVLICEK Der andere! Y Was für ein anderer?! X Gratuliere, Kollege! Y Wer gratuliert mir denn da?! Himmel, ich bin ja so kurzsichtig, und bei der vierten Panne ist mir meine Brille zerbrochen, und jetzt seh ich nichts! H AVLICEK Macht nichts, ist eh stockdunkel! X Gratuliere abermals! Sie suchen nämlich mich, aber ich habe Sie verwechselt, und nun sind Sie auch an den Falschen geraten! Penetrant! Y An den Falschen? Penetrant! H AVLICEK An den Falschen? An den Richtigen, meine Herrschaften! Na, das freut mich aber, daß ich Euch zwei beide triff – Grad bin ich in Stimmung! Hörts mal her! Warum machts denn Ihr zwei so penetrante Gesetz, he?! Da fabriziert ein jeder lustig drauflos, aber keiner denkt dabei zum Beispiel an so einen armen ehemaligen Drogeriebesitzer! Y Das halte ich nicht aus! H AVLICEK Ich auch nicht! Y Ich geh, und es ist nichts geschehen! H AVLICEK Nichts? Das sind Euere Gesetz! Y Ich laß alles dementieren! H AVLICEK Sie, mich könnens aber nicht dementieren! Für mich nicht! Schauns mich an, wenn ich mit Ihnen red! Y Was soll ich Sie denn anschaun bei der Finsternis?! Ohne Brille seh ich nichts! H AVLICEK „Finsternis“?! Und der Mond? Mein lieber guter Mond?! (Jetzt verschwindet der Mond hinter einer Wolkenbank, und da wird es sehr dunkel.) H AVLICEK (sieht überrascht empor; betroffen) Jetzt ist er weg. Y (beiseite) „Mond“! Das auch noch. (laut) Schluß! Ich dementier, ich dementier und zwar kategorisch! Auch mich selbst! (zu X) Wiedersehen, Kollege! Ich könnt heut eh nicht unterhandeln, so ohne Brille bin ich zu unsicher – (rasch ab nach links) X (für sich) „Wiedersehen“! Ein Optimist. Na adieu, du schöne Welt – (langsam ab nach rechts) 35. Szene. H AVLICEK (allein; er schaut nach rechts und nach links.) Weg sind sie. Ein Optimist, der dementiert, und ein Pessimist, der demissioniert. Und was bin ich? (Jetzt erscheint er wieder, der Mond.) H AVLICEK (schaut empor) – Bist wieder da, Herr Mond? Bist ein feiner Freund. Da gefällt einem so ein Mondgesicht schon seit der frühesten Kindheit, aber wenn man ihn braucht, geht er hinter eine Wolkenbank – E IN H AHN (kräht im fernen Dorf.) H AVLICEK Das war ein Hahn. Ist denn schon so spät oder so früh? – Und ehe der Hahn dreimal kräht, wirst du mich dreimal verraten – Gott, was für ein tiefes Wort! (Er singt.) Ein tiefes Wort tut manchmal gut, wenn dich verlassen möcht dein Mut. Es hilft dir zwar nur indirekt, wenn du so sitzt wie ich im Dreck, –
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dann hat halt alles keinen Sinn, her und hin.
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Vor allen Dingen brauchen wir ein Stück gestempeltes Papier, und weh dem armen Untertan, der kein Papier vorweisen kann! Er ist verdammt und muß nun ziehn her und hin.
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Bist du noch so auf der Hut, ohne Stempel wird nichts gut, ohne Stempel gibts kein Leben, ohne Stempel gehts daneben, ohne Stempel kannst riskieren, bis zum jüngsten Tag zu spazieren als ein Pendel ohne Sinn her und hin! Jetzt geh ich da so hin und her und her und hin und hin und her und wieder her und wieder hin, immer hin und her, immer her und hin, – mich wunderts nur, daß ich noch bin, bei all dem Her und Hin!
Vorhang. 30
Z w e i t e r Te i l .
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1. Szene. Auf dem linken Ufer. Nun hat der Hahn bereits dreimal gekräht, aber S ZAMEK und M RSCHITZKA sitzen noch immer vor der amtlichen Baracke und haben noch immer Rum. Sie sind bereits ziemlich angeheitert und singen stumpfsinnig abwechselnd. Als der Adam aus dem Paradies mit der Eva damals mußte scheiden und ihm Gott der Plagen viel verhieß, war der Adam wenig zu beneiden. Lieber Gott, so tät er sagen, ich will alles gern ertragen, bloß nicht den Durscht!
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Gott der Herr erbarmt sich seiner Not und gab ihm aus Gnade zwei Geschenke: Er erfand für ihn den Tod
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und die alkoholischen Getränke. Und der Mensch zu seiner Labe macht Gebrauch von dieser Gabe, – Er hat halt Durscht! 5
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M RSCHITZKA Prost Szamek! Bist ein Genie! S ZAMEK Was ist ein Genie? Ein genialer Mensch. Und was ist ein Mensch? Ein Nichts. Also was ist ein Genie? Gar nichts! M RSCHITZKA Das ist mir zu hoch. Aber wie du da zuvor diesen Rauschgiftschmuggler entlarvt hast, das war schon ganz großer kriminalistischer Stil! Eine Klasse für sich, eine Sonderklasse für sich, eine kriminalistische Sonderklasse für sich. Nur versteh ich nicht, warum daß du keine Leibesvisitation – S ZAMEK (unterbricht ihn.) Weil ich davor einen Respekt hab! Nämlich da hat mir erst unlängst so ein Subjekt anläßlich einer Leibesvisitation, die ich an ihm vorgenommen hab, mein Portemonnaie aus der Tasch gestohlen – M RSCHITZKA (fällt ihm ins Wort.) Was schadet das ab heut?! Ab heut, wo wir morgen Bankkontos haben werden! Zwanzigtausend! S ZAMEK Also die Hauptsach ist, daß wir ihn ergriffen haben, diesen Schmugglitschinski! Eingesperrt da drinnen! (singt.) Willst du dein vertrocknetes Gehirn für den Dienst am Vaterland erleuchten, darfst du nicht vergessen es zu schmiern und genügend täglich zu befeuchten. Ohne diese Geistesfackel bleibst du stets ein lahmer Lackel, – Das macht der Durscht! Wenn die Sorge grimmig an dir frißt, wird der Spiritus dich hold erfrischen, und wenn du nicht ganz zufrieden bist, denk dir bloß, wir hätten „Prohibition“! Wenn man dort im Branntweinladen nichts bekäm als Limonaden, das wär ein Durscht!!
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M RSCHITZKA Sollst leben, Thomas! Ich erhebe mein Glas auf das Gedeihen einer kriminalistischen Leuchte! (Er trinkt.) Meiner Seel, war das eine Lust, wie der da immer zerknirschter geworden ist und alles eingestanden hat! S ZAMEK Also eingestanden, daran kann ich mich nicht erinnern. Mir ist nur bekannt, daß er hartgesotten geleugnet hat. M RSCHITZKA Aber ist er denn nicht zusammengebrochen unter der Last der Indizien? S ZAMEK Nein. Er ist nur zusammengebrochen, weil du ihm das Bein gestellt hast, nachdem du ihm eine hingehaut hast. M RSCHITZKA So? Hab ich das? – Das weiß ich ja jetzt gar nicht mehr. Schrecklich. Neuerdings kommt mir das häufig vor – zum Beispiel erst vorige Woch, da hab ich einem eine hingehaut, ganz ohne jeden Grund, und hab das erst bemerkt, wie er mir eine zurückgehaut hat. Ein eigenartiger Zustand. S ZAMEK Sogenannte Absenz-Erscheinungen.
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M RSCHITZKA Was? Abstinenz-Erscheinungen? Lächerlich! S ZAMEK Apropos Abstinenz: Wo nur die Eva so lang bleibt, diese Bestie! M RSCHITZKA Wo? Kann ich mir schon vorstellen! S ZAMEK Ich auch! (Er schlägt auf den Tisch; leise) Das wird noch ein furchtbares Ende nehmen, ein Ende mit einer Axt – M RSCHITZKA Mir scheint, du bist angeheitert und siehst schwarz. S ZAMEK Schwarz ist noch viel zu weiß. M RSCHITZKA Hättest halt das Fräulein Tochter nicht dem Schicksal überlassen sollen. S ZAMEK Dem Schicksal? M RSCHITZKA Hast doch gesagt! (Stille) S ZAMEK Ja, jetzt erinner ich mich – Hm. Also wenn das Schicksal seine Hand im Spiel hat, dann kommt die Bestie vor morgen früh nimmer heim – (Er schläft plötzlich ein vor lauter Rum.) M RSCHITZKA (betrachtet ihn.) Ist er jetzt schon wieder eingeschlafen? Na, höchste Zeit, daß er pensioniert wird, diese Leuchte der Kriminalistik – – – (Er gähnt und streckt sich.) Die Hauptsache ist, daß wir ihn ergriffen haben, diesen Schmugglitschinski! Eingesperrt da drinnen! (Er deutet schwach auf die Baracke und schläft ein.)
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2. Szene. Jetzt tauchen S CHMUGGLITSCHINSKI , noch immer als Krankenschwester verkleidet, und F RAU L EDA auf. Sie bemerken mit Zufriedenheit, daß S ZAMEK und M RSCHITZKA eingeschlafen sind, und gehen an ihnen vorbei über die Brücke. Hier kann eventuell untermalende Bühnenmusik einsetzen. – – – S CHMUGGLITSCHINSKI und F RAU L EDA gehen im Folgenden über die Brücke. S CHMUGGLITSCHINSKI (atmet befreit auf, kaum daß er die Brücke betreten hat, und entledigt sich seiner Krankenschwesterhaube; mit überaus tiefer Stimme) Endlich! Ich halts in dieser Hauben kaum mehr aus, vor lauter Hitz! (Er wischt sich mit seinem Taschentuch den Schweiß von der Glatze.) Nur gut, daß wir jetzt schon diese Malefizrekognosziererei hinter uns haben – (Er starrt plötzlich Frau Leda an, die steif stehen blieb, nichts Gutes ahnend.) Was ist? F RAU L EDA (mit schwacher Stimme) Ich kann mich nicht rühren – S CHMUGGLITSCHINSKI Bist wieder weg?! Hast wieder geschnupft? F RAU L EDA Nein. Gespritzt. S CHMUGGLITSCHINSKI Nicht beherrschen kann sie sich! Immer wieder dieses blöde Rauschgift. Höchste Zeit, daß du eine Entziehungskur durchmachst! Wie uns da jetzt dieser Coup gelingt, kommst in eine Anstalt, das prophezei ich dir, so wahr ich Schmugglitschinski heiß! (Er schlägt F RAU L EDA plötzlich auf die Hand, eine Spritze fällt zu Boden, klirrt und zerbricht; er schüttelt sie und brüllt sie an.) Schon wieder, Irrsinnige, schon wieder?! F RAU L EDA (windet sich unter seinem Griff.) Aber du weißt doch, daß ich süchtig bin! Ich kann nicht so nüchtern schmuggeln. S CHMUGGLITSCHINSKI Los! Zu! (Er pufft sie über die Brücke.) F RAU L EDA Au! S CHMUGGLITSCHINSKI Sei mir nicht bös, aber meine Brutalität ist deine einzige Rettung, Liebling.
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F RAU L EDA Au, au! (Solcherart gehen die beiden über die Brücke – an H AVLICEK vorbei, den sie nicht bemerken, da er sich bei ihrem Kommen versteckt hatte, und der für das Publikum auch jetzt erst sichtbar wird.) 5
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3. Szene. H AVLICEK (taucht auf der Brücke auf und sieht interessiert den beiden nach.) S TIMME DER F RAU H ANUSCH (von der Stelle aus, wo sich H AVLICEK verborgen gehalten hat.) Kann man jetzt kommen? H AVLICEK Ohne Gefahr! S TIMME DER F RAU H ANUSCH Ist die Luft rein? H AVLICEK Wir sind unter uns. F RAU H ANUSCH (erhebt sich und kommt.) Gott, waren das aufregende Szenerien. Ich hab direkt Bauchweh vor lauter Empörung. Daß diese Krankenschwester die arme Kranke so barsch behandelt – H AVLICEK (fällt ihr ins Wort.) Vielleicht ghört sich das so, damit sie gesund wird. F RAU H ANUSCH Dann soll sie lieber krank bleiben, aber ich kann halt niemand leiden sehen, wenn ich auch oft herzlos wirk durch meine drastische Manier. H AVLICEK Sie und herzlos? Wo Sie mir da etwas zum Essen bringen mitten in der Nacht? Kalten Braten und passierten Roquefort? Das zeigt von keinem alltäglichen Herzen, Frau Hanusch! F RAU H ANUSCH Ich weiß, daß das rührend von mir ist, und ich war ja schon längst im Bett, aber ich hab keinen Schlaf gefunden, immer hab ich denken müssen: Da geht jetzt ein Mann hin und her, und niemand laßt ihn rein – und plötzlich hats mich durchzuckt, ich raus aus dem Bett und daher – Aber Sie haben ja alles stehen lassen! Habens denn keinen Hunger? H AVLICEK Hunger schon, aber keinen Appetit. F RAU H ANUSCH Armer Mensch! H AVLICEK Und derweil ist passierter Roquefort meine Leibspeis – mein Leibkäs gewissermaßen. F RAU H ANUSCH Das freut mich, daß ich es erraten hab. H AVLICEK Tut mir gut, Frau Hanusch. Wissens, es schaut nämlich einfacher aus, als wie es ist, wenn man so weg muß aus einem Land, in dem man sich so eingelebt hat, auch wenn es vom Zuständigkeitsstandpunkte nicht die direkte Heimat war – Aber es hängen doch so viel Sachen an einem, an denen man hängt. Zum Beispiel, wie ich noch die Drogerie gehabt hab, da hättens mal meine Auslag sehen sollen – Es war das zwar keine große Auslag, mehr ein größeres Fenster, aber was ich da alles hineinarrangiert hab! Rechts medizinisch, links homöopathisch, vorn kosmetisch und hinten die Diskretion – Red ich Ihnen nicht zuviel? F RAU H ANUSCH Nein. H AVLICEK Hm. Ja, und der Apotheker nebenan, der hat mich dann zugrundegerichtet. Plötzlich über Nacht hat der sich auch eine Drogerieabteilung angegliedert, und dann ist meine Kundschaft dorthin. F RAU H ANUSCH Warum? H AVLICEK Er war halt beliebter als ich. Das sind eben oft so dunkle Strömungen in der Massenseele – Da steht man dann und wundert sich. Genau wie im Krieg. Waren Sie im Krieg? F RAU H ANUSCH Ich? Nein.
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H AVLICEK Aber in Ihrem Alter – F RAU H ANUSCH (unterbricht ihn.) Aber ich bin doch eine Frau! H AVLICEK Großer Gott, das hab ich jetzt ganz vergessen! Meiner Seel, man wird halt schon blöd und blind, wenn man immer so hin und her und immer allein – Nur eine Frau könnt mich retten. Ohne Witz. F RAU H ANUSCH Ja. Ein Mann ist schon etwas Notwendiges, wenn er auch nur repräsentiert. Mein Seliger war ein stattlicher Herr. Hundertsiebzehn Kilo hat er gewogen, und der ist mir weggestorben – Wieviel wiegen denn Sie? H AVLICEK Weniger. Bedeutend. F RAU H ANUSCH Das merk ich. Wann sinds denn geboren? H AVLICEK Warum? F RAU H ANUSCH Es interessiert mich. H AVLICEK Am vierzehnten Juli. Das ist ein großer Tag in Frankreich – Wissens, da tanzen die Leut auf den Boulevards. (Stille) F RAU H ANUSCH Vierzehnter Juli – stimmt! H AVLICEK Was? F RAU H ANUSCH Ich hab jetzt nur schnell nachgerechnet. Astrologisch. Also nach den Sternen täten wir gut zueinanderpassen. H AVLICEK Wer? F RAU H ANUSCH Wir zwei. Duett: F RAU H ANUSCH Sehns die vielen Sternlein stehen über uns? Alle diese Sternlein weben an Ihrem und an meinem Leben, alle diese Sternlein drehen sich um unser kleines Leben über uns. H AVLICEK Wenn die vielen Sternlein eben über uns gar nichts täten, als bloß weben an Ihrem und an meinem Leben, wenn sie nur für uns so wandern, was blieb denn dann für die andern neben uns? Sehns ich glaub nicht, daß das geht, daß sichs ganze All bloß um uns beide dreht. F RAU H ANUSCH Jeder Mensch hat seinen Planeten.
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H AVLICEK Dann hab ich, scheints, einen Kometen: Der kommt nur ab und zu daran und stört den andern ihre Bahn. (F RAU H ANUSCH , gleichzeitig) Das ist hochinteressant! Was ist der alls imstand!
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H AVLICEK Dann ist er plötzlich wieder verschwunden, kümmert sich nicht um seinen Kunden, – Wo ist er denn, mein spezieller Komet, daß es mir so miserabel geht? 5
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F RAU H ANUSCH Herr Havlicek, gehns lästerns nicht, und glaubens an Ihr Himmelslicht! Wenns nur die Sterne recht beschwören, (zärtlich und anzüglich) tuns Ihnen gar noch einen Schatz bescheren! H AVLICEK (ohne zu verstehen) Ists weiter nichts? Das tu ich gern. Nur glaub ich nicht mehr recht an meinen Stern.
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B EIDE ZUSAMMEN Venus, Mars und Jupiter, Merkurius, Pluto und Saturn und Uranus, bringts uns bitt schön kein’ Verdruß! Tuts doch an unserm armen Leben mit Vernunft und Ordnung weben über uns! Und vergeßts nicht, unserm Leben auch ein bisserl Glück zu geben über uns! H AVLICEK Aber was sind denn das schon für Stern?! Ich kann doch nicht weg von der Brück! Oh, ich Blödian! Da triff ich da zuvor gleich beide Chefs auf einen Schlag, und anstatt daß ich sie erpreß mit ihrer heimlichen Mission, damit sie mich überall hineinlassen, hab ich sie bloß beschimpft – wie unüberlegt, wie unüberlegt! Aber ich bin halt zu jähzornig! Zu jähzornig – F RAU H ANUSCH (fällt ihm plötzlich um den Hals und küßt ihn.) H AVLICEK (etwas betroffen) Was war das jetzt? F RAU H ANUSCH Ein Stern! H AVLICEK In unserem Alter? (Er lächelt verlegen.) F RAU H ANUSCH Man ist so alt, als wie man sich fühlt, und ich fühl mich noch! – Schad, daß ich jetzt weg muß, aber ich muß auf meine Reputation achten, auch wenn ich morgen Konkurs ansag. H AVLICEK Auf Wiedersehen. Und ich danke für Speise und Trank – F RAU H ANUSCH Geh, du hast ja nichts gegessen! (Sie will das Essen wieder mitnehmen.) H AVLICEK Halt! Laß es da! Jetzt hab ich Appetit! F RAU H ANUSCH (gibt ihm rasch einen Kuß.) Schmecken soll es dir! Schmecken, du braver Mann – (rasch ab nach rechts) H AVLICEK (ißt und trällert vor sich hin.) 4. Szene. F RAU H ANUSCH geht nun über die Brücke und erreicht das rechte Ufer. Erstaunt sieht sie sich um, da niemand zu sehen ist. Dann horcht sie, nähert sich vorsichtig dem Raubritterturm und sieht durch das Schlüsselloch hinein.
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F RAU H ANUSCH (erhebt sich wieder.) Gott, es ist doch das Schönste, zwei so junge Menschen in der Umarmung – (Sie singt.) Wenn heutzutag ein nettes junges Paar brennheiß verliebt ist und mit Haut und Haar, so ist die Frage bald geklärt, wie man beisamm ist möglichst ungestört. Heut sind die jungen Leut halt gscheit! Gmöcht hätten wir ja auch, – nur leider war es damals noch nicht Brauch.
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Wenn eine Dame, die sich ordntlich pflegt, nicht grad das Gsicht hat, was man eben trägt, so nimmts ein’ Farbtopf aus dem Schrein und malt sich in ihr Gsicht ein neues ’nein. Heut sind die Frauen so viel gscheit! Gmöcht hätten wir ja auch, – nur leider war es damals noch nicht Brauch. Wenn über diesen oder jenen Fragn die Volksvertreter sich die Köpf einschlagn, so schickt mans heim, sperrt d’ Buden zu und hat vom ganzen Parlament sei’ Ruh. Heut sind halt die Minister gscheit! Gmöcht hättens frühr ja auch, – nur leider war es damals noch nicht Brauch. Heut hat mir träumt von einem fernen Land, wo Politik ist gänzlich unbekannt, dort ist man friedlich und human, sogar die Frau vertragt sich mit ihrm Mann, dort kennt man weder Neid noch Streit, – So möchten Sies halt auch? Nur leider ist es bei uns noch nicht Brauch. (ab in Gedanken versunken)
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5. Szene. K ONSTANTIN (erscheint in der Tür des Raubritterturmes; er ist etwas derangiert und sieht sich um.) Es war doch wer da – E VA (taucht hinter ihm auf, ebenfalls etwas derangiert.) So komm doch! Wer soll denn schon? K ONSTANTIN Still! (Er lauscht.) Jetzt hör ich nichts, aber es ist wer vorbei. Du weißt, ich hör immer her auf die Grenz, in jeder Situation – und ich hab ein scharfes Gehör. E VA Ja, dir entgeht nichts. K ONSTANTIN Hoffentlich warens nicht unsere Rauschgiftschmuggler. Du, jetzt hab ich direkt Gewissensbiß wegen der Zwanzigtausend. E VA Was ist ein Mensch neben einer Million? K ONSTANTIN Nichts.
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E VA Komm – K ONSTANTIN (folgt ihr wieder in seinen Raubritterturm.)
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6. Szene. F RAU L EDA und S CHMUGGLITSCHINSKI erscheinen nun wieder. F RAU L EDA (leise) Niemand da? Kein Grenzorgan? Fein! S CHMUGGLITSCHINSKI (streift sich wieder seine Haube ab und wischt sich wieder den Schweiß von der Glatze.) Um so besser! F RAU L EDA Wisch dir lieber nicht die Glatze, sondern gib das verabredete Zeichen! S CHMUGGLITSCHINSKI (etwas perplex) Also werd mir nur nicht zu aktiv! (Er winkt mit einer Taschenlaterne.) 7. Szene. Auf dieses verabredete Zeichen hin kommen vorsichtig DREI S CHMUGGLER . S CHMUGGLITSCHINSKI (zu den S CHMUGGLERN ) Letzter Appell: Hat ein jeder sein Milligramm bei sich? 8. Szene. Die DREI S CHMUGGLER kommen zu keiner Antwort mehr, da nun K ONSTANTIN wieder aus seinem Raubritterturm tritt und die fünf Leute erblickt. E VAS S TIMME (aus dem Raubritterturm) Konstantin! Es ist doch nichts! K ONSTANTIN (beiseite) Die Kranke und die Heilige? Zu dieser Stund, wo ein jeder anständige Mensch im Bett liegt? Komisch! (laut) Ihren Grenzschein, bitte! S CHMUGGLITSCHINSKI (schlägt ihn k.o.) K ONSTANTIN (bricht lautlos zusammen.) E VAS S TIMME Konstantin! Wo bleibst denn schon wieder so lange? 9. Szene. E VA erscheint, erblickt auf dem Boden ihren bewußtlosen Bräutigam und dann die Krankenschwester ohne Haube – Sie schreit gellend auf. S CHMUGGLITSCHINSKI (hält ihr den Mund zu; zu seinen Leuten) Rasch! Knebel! Strick! Rascher! So! Und jetzt auch diesen Burschen da. (Die S CHMUGGLER knebeln und fesseln K ONSTANTIN und E VA und begeben sich dann unter Anführung S CHMUGGLITSCHINSKIS auf die Brücke. Alle Schmugglerszenen sind musikalisch untermalt gedacht.) 10. Szene. S CHMUGGLITSCHINSKI (hält plötzlich auf der Brücke und gibt den anderen ebenfalls ein Zeichen zu halten; mit unterdrückter Stimme) Was seh ich? Moment! – – Da steht ja einer auf der Brücke! Ich wittere Verrat – F RAU L EDA Um Gottes willen! S CHMUGGLITSCHINSKI Wer kann das sein? Vielleicht ein Agent – ein Vorposten – vorsichtig! (Er setzt seine Haube wieder auf.) F RAU L EDA Nur Mut, wir sind zu fünft. S CHMUGGLITSCHINSKI (deutet auf die DREI S CHMUGGLER .) Die zählen nicht mit! D IE S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI Das sind nur Kulis.
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D IE S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI Jetzt aber kein Oho mehr. D IE S CHMUGGLER Oho! S CHMUGGLITSCHINSKI (zu F RAU L EDA ) Wie oft hab ich dir schon gesagt, verkehr nicht mit dem Personal! Jetzt sind sie frech. (zu den S CHMUGGLERN ) Wartet da! Wir zwei erledigen das schon, und zwar mit List – (zu F RAU L EDA ) Komm! 11 . S z e n e . Die beiden nähern sich nun H AVLICEK , der sie, an das Brückengeländer gelehnt, betrachtet. S CHMUGGLITSCHINSKI (sehr leise) Fang an, Leda. F RAU L EDA (zu H AVLICEK ) Guten Tag, der Herr. H AVLICEK Gute Nacht. L EDA Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn wir über die Grenze könnten – ich und die Krankenschwester – – H AVLICEK Oh, bitte, bitte! L EDA Aber wir haben leider keinen Grenzschein. H AVLICEK Keinen Grenzschein? Auweh, dann ist es faul! Also ohne Papiere geht das nicht. L EDA Ganz sicher nicht? H AVLICEK Liebe Frau, ich muß es doch wissen – L EDA Naturnotwendig, Sie als Grenzorgan – (Sie wendet sich an S CHMUGGLITSCHINSKI und flüstert unter Seitenblicken auf H AVLICEK mit ihm.) H AVLICEK „Grenzorgan“? Ich? S CHMUGGLITSCHINSKI (mit tiefer Stimme zu L EDA ) Richtig! (mit verstellter Stimme zu H AVLICEK ) Bitte strengen Sie sich doch nur nicht so an, als könnten Sie nicht bis drei zählen! (mit tiefer Stimme) Wir wissen, (mit verstellter Stimme) wen wir vor uns haben (mit tiefer Stimme) und wir wissen, (mit verstellter Stimme) daß eine derartige Erkenntnis (mit tiefer Stimme) Geld kostet. H AVLICEK (zuckt bei jeder „tiefen Stimme“ zusammen.) S CHMUGGLITSCHINSKI (mit verstellter Stimme) Kurz und gut –: (Er reißt die Haube herunter; mit tiefer Stimme) Ich bin Schmugglitschinski! H AVLICEK Großer Gott, ein Mann! Ein richtiger Mann! L EDA Und ob! S CHMUGGLITSCHINSKI (zu L EDA ) Das geht dich nichts mehr an! (zu H AVLICEK ) Herr! Hier haben Sie fünfzig Gulden und verschwinden Sie, ja?! H AVLICEK Fünfzig Gulden?! S CHMUGGLITSCHINSKI Fünfundfünfzig! Aber verschwinden, verschwinden! Avanti, avanti! H AVLICEK Verschwinden? Wohin, bitte? S CHMUGGLITSCHINSKI Irgendwohin, Sie eigensinniges Subjekt! H AVLICEK (brüllt ihn an.) Aber ich kann doch nicht verschwinden, ich bin doch schon verschwunden! S CHMUGGLITSCHINSKI (wechselt einen überraschten Blick mit L EDA .) Ein Narr! (zu H AVLICEK ) So nehmen Sie doch Vernunft an! H AVLICEK Was hab ich davon? Ich bin sehr arm – S CHMUGGLITSCHINSKI Und da weisen Sie 55 Gulden zurück? H AVLICEK Was hab ich davon auf einer Brück?! Gesetz ist Gesetz! Und wenn
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das Gesetz für mich gilt, dann gilt es auch für Sie! Oh, Sie täuschen sich in mir, daß irgendeiner sich außerhalb des Gesetzes stellen kann, nur weil er Geld hat! S CHMUGGLITSCHINSKI Dann bleibt uns allerdings nur dies – (Er packt H AVLICEK , hält ihm den Mund zu und wirft ihn über die Brücke ins Wasser.) H AVLICEK Hilfe! Hilfe!! S CHMUGGLITSCHINSKI (dann zu L EDA ) Vorwärts, los! (Er geht mit ihr weiter über die Brücke, die dreht sich aber rascher, sodaß S ZAMEK und M RSCHITZKA ins Bild kommen.) M RSCHITZKA (wacht auf.) Hat da nicht wer nach Hilfe gerufen? (Er ergreift sein Gewehr, bleibt aber sitzen.) S ZAMEK Es war mir auch so – (Er schläft wieder ein.) M RSCHITZKA Die Stimme kam von drüben, also gehts uns korrekterweise nichts an, wenn einer umgebracht wird – (Er schläft auch wieder ein.)
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12. Szene. Die beiden betreten nun das linke Ufer. S ZAMEK und M RSCHITZKA sitzen vor der amtlichen Baracke und schlafen nun vor lauter Rausch – aber S CHMUGGLITSCHINSKI und F RAU L EDA bemerken es nicht vor lauter Vorsicht und Routine. S CHMUGGLITSCHINSKI (sehr leise) Fang an, Leda! F RAU L EDA (nähert sich den Schlafenden.) Guten Tag, die Herren! S ZAMEK UND M RSCHITZKA (erwachen.) Wer da? Was los? F RAU L EDA (sieht S CHMUGGLITSCHINSKI perplex an.) M RSCHITZKA Ich wünsche nicht gestört zu werden – S ZAMEK (verschlafen) Wo bin ich? F RAU L EDA (perplex) An der Grenze. S ZAMEK Aha! Aha! (Er reibt sich den Schlaf aus den Augen.) Und Sie wollen über die Grenze? F RAU L EDA (sieht S CHMUGGLITSCHINSKI abermals perplex an.) Ja. Ich und die Krankenschwester dort. M RSCHITZKA (gähnt.) Wer ist krank? F RAU L EDA Sie nehmen mir das Wort aus dem Munde. M RSCHITZKA Ein stramme Schwester ist das! Füß wie ein Vieh! F RAU L EDA Es dreht sich um eine überraschend ausgebrochene schwere innere Erkrankung – S ZAMEK (unterbricht sie.) Also, gehens nur schon zu, was interessiert mich denn Ihre Verwandtschaft mit ihren inneren Erkrankungen! Mich interessiert nur Ihr Grenzschein, gnädige Frau! F RAU L EDA Ja, das ist eben das Ding. M RSCHITZKA Was für ein Ding? F RAU L EDA Wir haben leider keine Papiere. S ZAMEK Aha! Verstehe! Also ohne Papiere geht das nicht! Da könnt Ihre ganze Verwandtschaft aussterben, ohne Grenzschein wird da niemand vorbeihereingelassen! Punkt! F RAU L EDA Aber das ist doch herzlos! S ZAMEK Ich bin auch herzlos! M RSCHITZKA (der sich S CHMUGGLITSCHINSKI genähert und ihn von allen Seiten aufmerksam betrachtet hat.) Du, Thomas! Schau dir mal da die Schwester an! Genauer!
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F RAU L EDA (aufgeregt) Warum? M RSCHITZKA Weil sie knusperig ist, meine Gnädigste! Schad, daß ich jetzt nicht im frühen Mittelalter leb, damals waren so knusperige Schwestern, wie ich höre – zugänglicher – (Er klopft S CHMUGGLITSCHINSKI auf den Hintern.) S CHMUGGLITSCHINSKI (lächelt verschämt.) M RSCHITZKA Stramm! Sehr stramm! F RAU L EDA Belästigen Sie bitte die Schwester nicht, Herr Inspektor. M RSCHITZKA Ich bin kein Inspektor. (Und wieder klopft er S CHMUGGLITSCHINSKI auf den Hintern.) F RAU L EDA Die Schwester kann sich ja nicht wehren – M RSCHITZKA Um so besser! F RAU L EDA Ach, das ist roh! Bedenken Sie doch bitte, daß die Schwester eine strenge Ordensregel – M RSCHITZKA (unterbricht sie.) Regel her, Regel hin! So rabiat wird das schon nicht gehandhabt werden, was Mausi? (Er zwickt S CHMUGGLITSCHINSKI in die Backe.) S CHMUGGLITSCHINSKI (lächelt wieder verschämt.) M RSCHITZKA Na, sag doch schon was! F RAU L EDA Aber sie darf ja nichts reden, das ist doch eben ihr Gelübde! Höchstens hie und da ein Wort! M RSCHITZKA Was hör ich? Nur ein – S CHMUGGLITSCHINSKI (mit verstellter Stimme) Wort. M RSCHITZKA Und sonst? S CHMUGGLITSCHINSKI Nichts. M RSCHITZKA Geh, das ist doch blöd! S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Sondern? S CHMUGGLITSCHINSKI Gescheit. M RSCHITZKA Also, auf alle Fäll ist es anstrengend! Immer nur ein Wort – Kruzifix, bei der Figur! Aber satt dürfts euch doch hoffentlich essen? S CHMUGGLITSCHINSKI Sehr. M RSCHITZKA Schweinernes? S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Kälbernes? S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Geflügeliges? S CHMUGGLITSCHINSKI Nein. M RSCHITZKA Mir scheint also, überhaupt kein Fleisch? S CHMUGGLITSCHINSKI Erraten. M RSCHITZKA Aha! Vegetarianisch? S CHMUGGLITSCHINSKI Ja. M RSCHITZKA Zum Beispiel? S CHMUGGLITSCHINSKI Spargeln. M RSCHITZKA Gut so! Und? S CHMUGGLITSCHINSKI Trüffeln. M RSCHITZKA Also, das ist schon extravagant! Nichts reden, aber Trüffeln fressen – Und wie stehts denn mit dem Getränk? S CHMUGGLITSCHINSKI Wasser.
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M RSCHITZKA Und? S CHMUGGLITSCHINSKI Rum. M RSCHITZKA Prächtig! Und Bier, Wein, Schnaps, Likör, Most? S CHMUGGLITSCHINSKI Alles. M RSCHITZKA Gut so. Und was trinkt denn mein herziges Schwesterlein am liebsten? S CHMUGGLITSCHINSKI Viel. M RSCHITZKA Sehr sympathisch, anormal sympathisch! Und trinkt Ihr schon des Morgens? S CHMUGGLITSCHINSKI (nickt ja.) Und – M RSCHITZKA Mittags? S CHMUGGLITSCHINSKI (nickt ja.) Und – M RSCHITZKA Abends? S CHMUGGLITSCHINSKI Bis M RSCHITZKA in S CHMUGGLITSCHINSKI die M RSCHITZKA tiefe S CHMUGGLITSCHINSKI Nacht. M RSCHITZKA (begeistert) Das ist ein Gelübde, das ist ein Orden, das sind Regeln! S CHMUGGLITSCHINSKI (berührt M RSCHITZKA schüchtern.) Gewehr – M RSCHITZKA Was? S CHMUGGLITSCHINSKI (lächelt verlegen.) Bajonett – M RSCHITZKA (perplex) Was für ein Bajonett? F RAU L EDA Ach, die brave Schwester bittet Sie nur um Ihr Gewehr – sie möcht es gern mal in die Hand nehmen aus einem regen Interesse – M RSCHITZKA Für mein Gewehr? S CHMUGGLITSCHINSKI Bitte – M RSCHITZKA Militant, sehr militant. (Indem er S CHMUGGLITSCHINSKI sein Gewehr überreicht.) Da wird geladen, da wird gedruckt, und dann gehts vorn los! S CHMUGGLITSCHINSKI (übernimmt das Gewehr; mit seiner tiefen Stimme) Danke! (er schlägt M RSCHITZKA k.o.) M RSCHITZKA (bricht lautlos zusammen.) S CHMUGGLITSCHINSKI (reißt sich rasch wieder die Haube herunter.) Herrgott, die Hitz! (Er hebt das Gewehr auf Szamek.) Hände hoch! S ZAMEK (reagiert nicht, denn er ist inzwischen längst wieder eingeschlafen.) F RAU L EDA Pst! Der schläft ja schon wieder! S CHMUGGLITSCHINSKI Auch gut – (Er legt das Gewehr weg.) So erregen wir noch weniger Aufsehen! Und jetzt gib ich das verabredete Zeichen – (Er winkt mit seinem Taschentuch nach der Brücke zu.)
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13. Szene. Aber auf der Brücke erscheint K ONSTANTIN mit seinem Dienstrevolver in der Hand – Hinter ihm tauchen E VA und H AVLICEK auf, mit sehr viel Stricken. K ONSTANTIN Hände hoch! S CHMUGGLITSCHINSKI Goddam! F RAU L EDA Oh Kind! K ONSTANTIN Hände hoch! Hoch oder – !! F RAU L EDA UND S CHMUGGLITSCHINSKI (folgen.)
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K ONSTANTIN Denkt nur ja nicht, daß Ihr mich überrumpeln könnt! So large geht das nicht! (zu E VA und zu H AVLICEK ) Bindet sie! Ich halt sie derweil mit meinem Dienstrevolver in Schach! H AVLICEK Auch knebeln? K ONSTANTIN Binden genügt! E VA UND H AVLICEK (führen nun K ONSTANTINS Befehl aus.) M RSCHITZKA (kommt allmählich wieder zu sich.) – Hab ich das jetzt geträumt, daß mich da eine Nonne niedergestreckt hat? Natürlich hab ich diesen Unsinn geträumt, denn ich träum immer Unsinn und mich streckt keiner nieder – mich nicht! Es war ein Traum – (Erblickt E VA , H AVLICEK , K ONSTANTIN und so weiter und ist maßlos überrascht.) Was seh ich? Mir scheint, ich träum noch immer! Meiner Seel, da steht ja dieser Ausgewiesene – Jesus Maria, die Nonn hat ja eine Glatzen! Maria Josef – gib acht, Mrschitzka! Gib acht, Mrschitzka! Gib acht – (Er nähert sich ängstlich S ZAMEK und rüttelt ihn.) Thomas! Wach auf! S ZAMEK (erwacht.) Warum soll ich aufwachen? M RSCHITZKA Weil ich Angst hab, Thomas. Mir scheint, ich bin krank – trelirium demens. S ZAMEK Wundern täts mich nicht. Geh, sei so gut, und laß mich schlafen! M RSCHITZKA Aber schau doch nur mal dorthin, bittschön – – ob dort nämlich was ist oder ob das jetzt nur eine persönliche Fata Morgana von mir ist – S ZAMEK Ich schau nicht hin. Ich hab selber Angst! M RSCHITZKA Feigling. S ZAMEK Also, feig bin ich nicht! Jetzt schau ich hin! (Er schaut hin und erstarrt.) M RSCHITZKA (bange) Siehst auch etwas? S ZAMEK Und ob ich was seh – (Er schlägt auf den Tisch.) Was seh ich?! Der Konstantin! Da herüben!? Na, das ist aber eine grandiose Grenzverletzung. K ONSTANTIN Ruhe, Szamek! (zu E VA ) Fertig? E VA Sogleich. S ZAMEK (beiseite) „Ruhe Szamek“? Befehlen auch noch? Maßt sich da Amtshandlungen an auf unserem Hoheitsgebiet – (Er schreit.) Eva! Da geh her und folg ihm nicht! Wie kommst denn da dazu, wildfremde Nonnen zu fesseln?! Meiner Seel, was da passiert, also das gibt Krieg! K ONSTANTIN (ruhig) Bitte nur nicht aufregen, lieber Vater Szamek! S ZAMEK Ich, Ihr Vater? Na servus! Da tät ich mir leid! K ONSTANTIN (scharf) Herr Szamek! Wenn ich jetzt hier die Grenz nicht verletzt hätt, wären Sie jetzt vielleicht bereits über einer anderen Grenz – Es gibt auch höhere Gewalt! H AVLICEK Vis major! S ZAMEK (zu M RSCHITZKA ) Versteh kein Wort! Und du? M RSCHITZKA Aber! K ONSTANTIN Darf ich vorstellen: Herr Schmugglitschinski, der berüchtigte Rauschgiftschmuggler, und seine überaus raffinierte routinierte Compagnonin! Das Personal dieser Firma haben wir ebenfalls bereits auf der Brücke überwältigt, es sitzt nun drüben hinter Schloß und Riegel. E VA Und das Rauschgift haben wir auch beschlagnahmt. Fast drei Zentner. S ZAMEK Was hör ich?! K ONSTANTIN Die Wahrheit! S ZAMEK (zu M RSCHITZKA ) Mrschitzka, er sagt die Wahrheit. Er ist ein Idiot.
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K ONSTANTIN (braust auf.) Herr Szamek – S ZAMEK (unterbricht ihn.) Junger Mann, jetzt red ich! Was Sie mir da zusammenfabulieren, ist platterdings zu plump! Herr, diese männliche Nonn soll der Schmugglitschinski sein?! M RSCHITZKA Zu plump! S ZAMEK Sie Anfänger, Sie! Den echten Schmugglitschinski, den haben ich und mein Freund ja schon längst hopp, schon vor vielen Stunden – (Er deutet auf die Baracke.) Da sitzt er drinnen eingekastelt! K ONSTANTIN (perplex) Wo? S ZAMEK Da in der Barack! Es war nicht leicht, ihn zu überführen, aber ich hab halt meine alte kriminalistische Routin – und raffiniert bin ich auch! M RSCHITZKA Genial raffiniert. S ZAMEK (zu M RSCHITZKA ) Wie selbstsicher der aufgetreten ist, unser Schmugglitschinski, was?! Sogar für den Ministerpräsidenten hat er sich ausgegeben! H AVLICEK Ministerpräsident? Großer Gott! S ZAMEK Aber wir haben ihn demaskiert. M RSCHITZKA Nicht zu knapp! Ich hab ihm gleich eine hingehaut. Gleich! K ONSTANTIN (zu E VA ) Mir schwant ein Unheil – ein furchtbares Unheil für deinen Papa! S ZAMEK Eva! Und jetzt komm her und bitt deinen eigenen Vater um Verzeihung, daß du erst jetzt kommst, aber so, daß es dein Herr Konstantin sieht! K ONSTANTIN Moment, Herr Szamek! S ZAMEK Avanti, Eva! Avanti! K ONSTANTIN Aber Herr Szamek! Sie haben ja Ihren eigenen Ministerpräsidenten eingesperrt, ihren eigenen echten! Und dieser Herr hat seinem eigenen echten eine hingehaut – Ich beschwöre Sie, weil ich Ihre Eva lieb hab, daß ich recht hab! Die beiden Chefs wollten doch heut nacht in aller Heimlichkeit auf der Brücke konferieren! H AVLICEK Stimmt! M RSCHITZKA Was wissen denn Sie schon, Sie Ausgewiesener?! H AVLICEK Weil ich mitkonferiert hab! E VA Aber so laß ihn doch schon frei, Papa, um Gottes Christi willen! H AVLICEK Ich tät ihn gleich wiedererkennen. (Stille) S ZAMEK (zu M RSCHITZKA ; etwas unsicher) Zu blöd, nicht? M RSCHITZKA Oberblöd. K ONSTANTIN Ich beschwöre Sie abermals, lassen Sie Ihren Gefangenen sofort frei, denn eventuell entsteht ja noch eine Katastrophe für die ganze zivilisierte Menschheit! Könntens denn das verantworten, Herr Szamek? S ZAMEK (sehr unsicher) Warum nicht? (zu M RSCHITZKA ) Aber laß ihn mal raus, damit er sich beruhigt, dieser junge Grenzverletzer – M RSCHITZKA Der möcht ja doch nur unsere Zwanzigtausend! Aber daraus wird nichts, eher bring ich mich um! 14. Szene. Die Nacht ist nun schon durchsichtiger geworden, und jetzt dämmert der Morgen. M RSCHITZKA (öffnet die Barackentür.) Raus! Y (erscheint; er ist gebrochen und weint bitterlich.)
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H AVLICEK Das ist er! Y Na, der Kerl kann sich freuen, der mich da in dieses Loch – M RSCHITZKA Das ist kein Loch, das ist eine amtliche Barack, bitt ich mir aus! Y (unter argem Geschluchze) Ein Loch ist es, ein schamloses Loch! Penetrant! Wenn ich euch nur alle sehen könnt, aber ich hab ja keine Brille – (Er stürzt plötzlich auf S CHMUGGLITSCHINSKI zu und brüllt ihn an.) Was bin ich?! Ein Rauschgiftschmuggler? S CHMUGGLITSCHINSKI Ja. F RAU L EDA Er lügt! (zu S CHMUGGLITSCHINSKI ) So gibs doch schon zu! Was nützt leugnen in unserer Lage?! K ONSTANTIN Sehr vernünftig. S CHMUGGLITSCHINSKI (zu L EDA ) Schad, daß wir nicht in die gleiche Zell kommen, da tätst was erleben! F RAU L EDA Ich erleb nichts mehr. S ZAMEK (zu F RAU L EDA ) Ist das wahr? F RAU L EDA Ja. (Stille) S ZAMEK (brüllt.) Aber also dann hinein mit Euch in das Loch! Hinein!! (Er sperrt F RAU L EDA und S CHMUGGLITSCHINSKI in die amtliche Baracke.)
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15. Szene Y hat sich inzwischen an dem Tische niedergelassen und weint noch immer über die Tischplatte gebeugt. M RSCHITZKA (fällt vor ihm in die Knie.) Herr Exzellenz! Ich hab eine Familie mit drei minderjährige Töchter und vier außereheliche Enkelkinder – Gnade! K ONSTANTIN Warum Gnade? M RSCHITZKA (zu K ONSTANTIN ) Weil ich sonst meine Pensionsansprüch verlier! (zu Y) Gnade! Gnade! K ONSTANTIN Aber Ihr braucht doch keine Gnade! Pflichtlich wart Ihr doch vorschriftlich! Pflichtlich hätt Euer Präsident einen vorschriftlichen Paß haben sollen, da er aber keinen pflichtlich-vorschriftlichen, sondern nur einen unvorschriftlichunpflichtlichen gehabt hat, habt Ihr ihn doch vorschriftlich-pflichtlich verhaften und pflichtlich-vorschriftlich einkasteln müssen! Also braucht Ihr vorschriftlich keinerlei Gnade, denn pflichtlich seid Ihr im Recht! H AVLICEK Vorschriftlich-pflichtlich! M RSCHITZKA (beiseite) Ein ganz ein logisches Gehirn – S ZAMEK (beiseite) Ganz ein scharfsinniger Kopf, dieser Konstantin – wundert mich! M RSCHITZKA (beiseite) Mir scheint, er hat recht. (laut) Natürlich hat er recht! (Er erhebt sich.) Sehr vorschriftlich, sehr pflichtlich! Ich brauch keine Gnad, ich such mir schon mein Recht, und wenn ich unrecht tun müßt! (beiseite) Jetzt gönn ich ihm erst meine Zwanzigtausend, ersticken soll er daran! E VA Hoch Konstantin, der Retter! Y (wimmernd) Und wer rettet mich? (Er steht auf.) Nur das Dementi! Ich dementier, ich dementier! (stark schluchzend) Aber diese Nacht soll mir ein Fingerzeig gewesen sein: Jetzt sperr ich aber meine ganze Opposition ein! (Er rennt heftig weinend gegen die Brücke.) H AVLICEK Halt! Nach der anderen Richtung! Y Im Ernst?
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H AVLICEK Also mit die Richtungen kenn ich mich jetzt schon aus. Y (ab in der richtigen Richtung) 16. Szene. 5
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Jetzt geht die Sonne auf. E VA Papa! Jetzt gibst aber doch dann dein Einverständnis zu unserer langersehnten Verbindung? S ZAMEK Jetzt ja. (zu K ONSTANTIN ) Mein Sohn, du hast mich doppelt gerettet, mein Leben und meine Pensionsberechtigung, ich seh das ein, weil ich keinen falschen Charakter hab, wie die Leut bei Euch dort drüben! Also behalt sie dir, die Eva, und da habts meinen Segen! Jetzt bist ja ein reicher Mann. Zwanzigtausend – enorm! K ONSTANTIN Moment! Die Wahrheit und die Gerechtigkeit gebieten es mir feierlichst zu sagen, daß diese enorme Summe nicht mir gebühren kann, sondern (Er deutet auf H AVLICEK .) jenem Herrn dort, denn ich hätte dich ja nie retten können, wenn er mich nicht gerettet hätt – und also ist Herr Havlicek eigentlich unser aller Retter! S ZAMEK (sprachlos) Eigentlich? H AVLICEK Eigentlich hab ich nur ein Wimmern gehört, wie ich da auf dieser Brück grad etwas entschlummert war, und zuerst hab ich gedacht: Das ist nur Gehörstäuscherei – aber dann hab ich halt doch nachgeschaut, weil mir mein Gefühl keine Ruhe gelassen hat. Und dann hab ich halt die beiden entfesselt. S ZAMEK (noch immer sprachlos) Wieso entfesselt? K ONSTANTIN Kurz und gut, Papa! Ich danke dir für deinen väterlichen Segen, aber die Zwanzigtausend gehören Herrn Havlicek! E VA Das ist gut von dir – S ZAMEK Na servus! Jetzt bricht eine Welt in mir zusammen. E VA Und eine neue entsteht… (Sie küßt K ONSTANTIN .) M RSCHITZKA (zu H AVLICEK ) Gratuliere, Herr Multimillionär! H AVLICEK Was hab ich davon? Auf einer Brück!
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17. Szene. F RAU H ANUSCH (kommt rasch von der Brücke, überrascht) Ja, wie kommen denn Sie daher hinüber, Herr Konstantin?! K ONSTANTIN Später! F RAU H ANUSCH Ich such Ihnen schon überall – eine amtliche dringende Depesch! K ONSTANTIN Danke! (Er erbricht und überfliegt sie.) Was? (Er liest es laut.) „Durch eine außertourliche und außerinstanzliche ministerielle Verfügung ist dem heimatlosen Ferdinand Havlicek sofort die Grenze zu öffnen“ – H AVLICEK „Heimatlos“ – das bin ich! K ONSTANTIN Da steht es: schwarz auf weiß. A LLE (zu H AVLICEK ) Wir gratulieren! H AVLICEK Mir scheint, ich schlaf – F RAU H ANUSCH Nein, das tust du nicht – K ONSTANTIN Wieso per du? F RAU H ANUSCH Später! (Sie küßt H AVLICEK .) E VA Was seh ich? F RAU H ANUSCH Darf ich vorstellen: der neue Postwirt! Nur schad, daß ich heut Konkurs anmeld!
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H AVLICEK Trotzdem! M RSCHITZKA Was hör ich?! Noch ein Paar, ist das eine Freud! Rum her! K ONSTANTIN Und Sie werden auch keinen Konkurs anmelden, Frau Hanusch, denn der neue Postwirt besitzt ab heut ein Vermögen von Zwanzigtausend! F RAU H ANUSCH Jetzt fall ich um! Ferdinand! H AVLICEK Halt! Still! (drohend) Jetzt werd ich aber auch gleich edel werden! Gerecht und wahr! – Also hört her, Ihr! Ich hab zwar den Konstantin gerettet, aber wer hat denn hier mit dem Revolver gesiegt – er oder ich? Na also! Ich war doch nur eine Voraussetzung zu seinem Glück! Darum: halb und halb. Zehn für das Glück und zehn für die Voraussetzung! F RAU H ANUSCH Aber Havlicek! H AVLICEK Still! Ich bin Fachmann in punkto Ungerechtigkeit – ich weiß, was das wert ist: Gerechtigkeit. S ZAMEK Halb und halb? F RAU H ANUSCH Er ist ein braver Mann. S ZAMEK Zehntausend ist auch kein Hund. Meiner Seel, jetzt freuts mich erst wieder, diese Heiraterei! 18. Szene. Und nun erscheint der P RIVATPÄDAGOGE mit seiner F RAU . Er trägt die Angel und sie die ominöse Blechbüchse mit den Regenwürmern. P RIVATPÄDAGOGE (gut gelaunt) Guten Morgen, guten Morgen! So früh schon auf? E VA (lächelt.) Wir hatten alle Nachtdienst, alle miteinander. P RIVATPÄDAGOGE Und wir gehen jetzt angeln. Meine brave Frau hat mir herrliche Würmer gebracht – (ab mit ihr auf die Brücke) M RSCHITZKA (ruft ihnen nach.) Petri Heil! 19. Szene. F RAU H ANUSCH Jesus, jetzt hab ichs vergessen! Da hab ich ja noch eine dringende Depesch an dich persönlich – H AVLICEK An mich? F RAU H ANUSCH Ja. Eine schöne. H AVLICEK Woher weißt denn das? Erbrichst du meine Post? F RAU H ANUSCH Aber geh, ich bin doch die Posthilfsstelle, und bei mir lauft alles ein! H AVLICEK Dann kennst also auch das Morse-Alphabet? Respekt! (Er erbricht die Depesche und liest sie.) Na, das ist aber rührend! Rührend! M RSCHITZKA Vorlesen! Laut! Wir wollen auch gerührt werden! H AVLICEK Vom Chef dort drüben, das heißt: vom ehemaligem Chef – (Er liest.) „Mein lieber Herr Havlicek stop es ist mir ein Bedürfnis, bevor ich demissioniere Ihnen zu helfen stop es drängt mich noch im Besitze der Macht eine menschliche Tat zu begehen stop über alle Gesetze hinweg stop Sie sind also nun erlöst von Ihrer penetranten Brücke und ich hoffe, daß es Ihnen gut gehen wird, während ich mich in meine Einsamkeit zurückziehe um an meinen Memoiren zu arbeiten stop fieberhaft zu arbeiten stop Tag und Nacht stop mit drei Sekretärinnen stop leben Sie wohl stop Ihr – “ (Er wischt sich einige Tränen aus den Augen.) Ich wünsche ihm alles Gute für seine Memoirenschreiberei, er soll sich nur selbst gerecht behandeln – – Leut, die so depeschieren, stellen sich meist zurück. Hoffentlich
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streicht er sich heraus. Und was die Depesch kostet, großer Gott – (Er zählt.) Siebenundachtzig Wörter! Und dringend, also dreifach! M RSCHITZKA Bezahlt die Allgemeinheit! F RAU H ANUSCH Irrtum! Diese Depesch ist privat! H AVLICEK Ich sag ja: ein vornehmer Mensch, überhaupt: ein Mensch! Und überhaupt und eigentlich, wie leicht daß man so unmenschliche Gesetz menschlich außer Kraft setzen kann – Schad, daß man immer gleich demissionieren muß! 20. Szene. Der P RIVATPÄDAGOGE und seine F RAU erscheinen nun strahlend auf der Brücke mit einem gefangenen Riesenfisch. P RIVATPÄDAGOGE Da! Ein Riesenhecht! A LLE Wir gratulieren! P RIVATPÄDAGOGE Der Tag beginnt gut und die Nacht war doch so düster! Heut angel ich nimmer! Das ist ein Hecht! H AVLICEK Abrakadabra! P RIVATPÄDAGOGE (begeistert) Abrakadabra!! Und Ihr seid alle eingeladen zu diesem Fang! Meine Frau kocht ja so pikant, und ohne ihre Würmer hätten wir jetzt alle miteinander keinen Hecht! (zur F RAU ) Geh, nimm diesen Hecht, er sei dein, mir ist er eh schon zu schwer! M RSCHITZKA Fisch eß ich gern! Wenn ich nur wüßt, wo ich meine Schuh hab, Kruzifix! Aber was, mir schmeckts auch nackt – Das wird ein Verlobungsschmaus! F RAU Verlobung? S ZAMEK (deutet auf K ONSTANTIN und E VA .) Dort! Das junge Paar! P RIVATPÄDAGOGE UND F RAU Wir gratulieren! F RAU H ANUSCH Na und wir? In vier Wochen heiß ich Frau Havlicek! A LLE Wir gratulieren! H AVLICEK Danke. E VA Und in vier Wochen heiß ich – (zu K ONSTANTIN ) wie du. Und in sieben Monat – (Sie küßt ihn.) S ZAMEK Was?! Schon in sieben Monat?! M RSCHITZKA Ich gratuliere. S ZAMEK Na servus! F RAU H ANUSCH Aber Herr Szamek! Ende gut, alles gut! S ZAMEK Ich hab ja immer schon gewußt, daß die Leut dort drüben einen falschen Charakter haben! P RIVATPÄDAGOGE Das junge und das noch jüngere Paar – Sie leben hoch! A LLE Hoch! Hoch! Hoch! 21. Szene. Finale H AVLICEK Daß ich das noch durft erleben, daß es solche reine Freuden gibt! Plötzlich ist die Grenz gefallen, ich darf mit den andern allen in der alten, niegekannten Heimat leben, die man ohne Grenzen liebt.
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S ZAMEK Ohne Grenzen, ohne Grenzen gäb es keinen Staat und keine Ordnung in der Welt! Wir tun von den Grenzen leben, also muß es Grenzen geben. Nein, das wär ein ganz ein arges Gfrett, wenn man keine Grenzen, keine Grenzen hätt! A LLE Ja, das ist wahr, das ist ganz klar, so könnts nicht gehn! Ohne Grenzen, ohne Grenzen wär das Leben gar nicht schön. K ONSTANTIN Denn wenn ein jeder das tät, was er möcht, und das unterließ, was er nicht möcht, wenn ein jeder so wär, wie er ist, – na servus! Das wär ein feiner Mist! Na gute Nacht, das wär ein Erwachen! Da hätten wir alle nichts zu lachen!
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A LLE Ja, das ist wahr, das ist ganz klar, so könnts nicht gehn: Ohne Grenzen, ohne Grenzen wär das Leben gar nicht schön!
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F RAU H ANUSCH Die Jugend, die ist allweil keck und räumert gern alle Grenzen weg. Wir reiferen, gesetzteren Leut, wir denken an die Ewigkeit. H AVLICEK P RIVATPÄDAGOGE Wir denken an die Ewigkeit! SEINE F RAU
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P RIVATPÄDAGOGE Vor allen Dingen leiden wir an einem schrecklichen Gewirr von Wünschen, Begierden, Gedanken, von Trieben, gesunden und kranken, gescheiten und dummen, geraden und krummen, wies heutzutag der Fall ist, wo kaum noch wer normal ist. H AVLICEK In Anbetracht solcher Innenleben muß es eben Grenzen geben.
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A LLE Ja, das ist wahr! Es liegt ganz klar in der Natur: Ohne Grenzen, ohne Grenzen gibt es keinerlei Kultur! Y (erscheint auf der Brücke – Er kam vom rechten Ufer.) M RSCHITZKA (erblickt ihn.) Was seh ich?! Bin ich denn blind?! S ZAMEK Die Exzellenz! K ONSTANTIN Wie kommt denn der von mir dort drüben da hier her?! Y Wenn mir nur ein lebendes Wesen sagen könnt, wo mein penetranter Wagen – K ONSTANTIN (unterbricht ihn.) Wie kommens denn her von jenseits der Grenz?! Y Über die Brücke! K ONSTANTIN Aber wie sinds denn hinüber? Da müssens ja direkt geschwommen sein! Y Vielleicht bin ich auch geschwommen! Ich bin ja so kurzsichtig, und ohne Brille seh ich keine Grenzen! H AVLICEK Dort ist die Tür! Hier ist die Grenz! Marsch! Y (ab)
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Lesetext
A LLE Dort ist die Tür! Hier ist die Grenz! Das gilt für alle in Permanenz. Grenzen wird es immer geben, denn von den Grenzen tun wir leben. So ziehen wir die Konsequenz: Es lebe hoch die schöne Grenz!
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Kommentar
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Konzeption 1
Chronologisches Verzeichnis Konzeptionen Konzeption 1: Hin und her T1 = ÖLA 27/W 19 – o. BS, Bl. 1–95 Insgesamt 95 Blatt, davon 89 Blatt unliniertes Papier (287 × 226 mm), gelocht, 1 Blatt unliniertes Papier (317 × 226 mm), gerissen und geklebt, gelocht, 1 Blatt unliniertes Papier (329 × 226 mm), gerissen und geklebt, gelocht, 1 Blatt unliniertes Papier (307 × 226 mm), gerissen und geklebt, gelocht, 1 Blatt unliniertes Papier (308 × 226 mm), gerissen und geklebt, gelocht, 1 Blatt unliniertes Papier (324 × 226 mm), gerissen und geklebt, gelocht, 1 Blatt unliniertes Papier (354 × 226 mm), gerissen und geklebt, gelocht, hs. Eintragungen mit schwarzer Tinte, grüne Mappe mit Aufdruck des Georg Marton Verlags, hs. Vermerke „Stammbuch“, „301“ und „56“ mit schwarzer Tinte von fremder Hand sowie „alt“ mit Bleistift von fremder Hand auf dem Umschlag, Stempel des Georg Marton Verlags auf Bl. 1, Paginierung I–III auf Bl. 1–3, Pag. 1–92 auf Bl. 4–95 TS1 = Fassung mit Werktitel „Hin und Her. Lustspiel in zwei Teilen von Ödön von Horváth“ (Korrekturschicht) Druck in: KW 7, S. 75–156.
Bei der mit TS1 überlieferten, noch als „Lustspiel“ bezeichneten vollständigen Fassung von Hin und her handelt es sich um die früheste erhaltene Textausarbeitung. Insgesamt liegen 95 Typoskriptblätter vor, die die für Horváth typischen Bearbeitungsspuren zeigen (hs. Korrekturen, Montage durch Schneidungen und Klebungen). Diese Fassung ist noch ohne die Mitarbeit des Komponisten Hans Gál (1890–1987) entstanden und enthält, abgesehen von einem längeren „Finale mit Gesang“ (Bl. 87–95), keinerlei Lieder. Auch der generelle Einsatz von Musik war zu diesem Zeitpunkt wohl noch nicht vorgesehen, die Regieanweisungen dazu werden erst in der Fassung von TS2/A2 eingefügt, die Bearbeitungsspuren Gáls aufweist. Horváth dürfte sein Stück zumindest vorläufig als abgeschlossen betrachtet haben. Darauf deuten nicht nur seine Aussagen in der Wiener Allgemeinen Zeitung vom 14. September 1933 hin (vgl. dazu das Vorwort in diesem Band), sondern auch die Tatsache, dass das Typoskript auf dem Titelblatt einen Stempel des Georg Marton Verlags, Wien trägt und in einer vom Verlag gestellten Mappe überliefert ist, die das Typoskript als „unverkäufliches Manuskript“ ausweist. Die Mappe wurde darüber hinaus von fremder Hand mit den Eintragungen „Stammbuch“ und „alt“ versehen. Lochungen auf der jeweils linken Blatthälfte weisen darauf hin, dass die Blätter des Typoskripts in ihrer vorliegenden, teilweise montierten Gestalt in dieser Mappe geheftet und später wieder herausgelöst worden sind. Neben einer umfänglichen handschriftlichen Überarbeitung hat Horváth bei mehreren Blättern des Typoskripts Teile beschnitten und neu erstelltes Material angeklebt (Bl. 10, 14, 18, 19, 21, 32). Diese Materialersetzungen finden ausschließlich im ersten Teil des Stückes statt und gehen dort mit einer sehr intensiven Überarbeitung der Paginierung bzw. der Szenennummerierung einher (Bl. 11–49). Auf den Bl. 11–14 korrigiert Horváth die masch. Pag. 9–12 um eins nach unten auf 8–11. Da auf Bl. 10 der obere Teil mit der nicht korrigierten masch. Pag. 7 neu erstellt und eingeklebt wurde, ist davon auszugehen, dass zumindest der untere Teil von Bl. 10 ebenfalls in
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Chronologisches Verzeichnis
den Kontext dieses Korrekturvorgangs zu zählen ist. Analog dazu ist Bl. 14 zu sehen, das ebenfalls über eine neu eingefügte obere Hälfte verfügt, allerdings mit der angemerkten Paginakorrektur (12 auf 11), bei der unteren handelt es sich somit um älteres Material. Die darauf folgenden Bl. 15 und 16 tragen bereits die korrekte masch. Pag. 12 und 13. Auf den Bl. 17–19 wurde die Paginierung zweimal überarbeitet: Die masch. Pag. 21–23 ersetzt der Autor zunächst hs. durch 16–18, um in einem weiteren Korrekturgang schließlich 14–16 zu setzen. Damit einher gehen mehrfache Korrekturen an der Szenennummerierung dieser Blätter: Auf Bl. 17 wird die in der Grundschicht gesetzte Szenennummerierung 17 zunächst auf 13, schließlich auf 10 ausgebessert, ein vergleichbarer Sprung um zuerst vier, dann drei Zähler nach unten findet auf Bl. 19 statt (auf die Nummerierung 19 in der Grundschicht folgen 15 und 12). Die auf neu angeklebtem Material der Bl. 18 und 19 befindlichen Szenennummerierungen (11 und 13) werden bereits in der Grundschicht korrekt gesetzt. Die folgenden Blätter 20 und 21 weisen wiederum nur eine einfache Korrektur der Pagina auf (von 19 zu 17 auf Bl. 20 und von 20 zu 18 auf Bl. 21). Hervorzuheben ist hier, dass der obere, die Pagina enthaltende Teil von Bl. 21 neu angeklebt wurde, der untere Teil des Blattes sich also schon länger im Produktionsprozess befindet. Darauf deutet auch die auf dem unteren Teil von Bl. 21 mehrfach korrigierte Szenennummerierung hin. Die dort in der Grundschicht gesetzte Nummerierung 21 wird, analog dem Korrekturvorgang der Bl. 17 und 19, zuerst auf 17, dann auf 12 korrigiert, zuletzt aber wieder um zwei Zähler auf 14 erhöht. Von Bl. 22 an bis Bl. 49 findet sich nun durchgängig eine dreifache Korrektur der Paginae, mit der eine korrespondierende dreifache Korrektur der Szenennummerierung einhergeht. Auf Bl. 22 korrigiert Horváth die masch. Pag. 25 zunächst auf 20, dann zurück auf 22, um schließlich die Pag. 19 zu setzen. Bis Bl. 49 wird dieses Korrekturverhältnis durchgängig beibehalten, hier korrigiert der Autor zuletzt die masch. Pag. 52 über 47 und 49 auf 46. Die Korrektur der Szenennummerierung ab Bl. 26 folgt dabei dem bereits auf Bl. 21 zu beobachtenden Muster: Auf Bl. 26 wird die Nummerierung 22 der masch. Grundschicht zunächst auf 18, dann auf 13 und schließlich auf 15 ausgebessert. Die letzte derartig korrigierte Szenennummerierung findet sich auf Bl. 45, wo die in der Grundschicht gesetzte Szenennummerierung 39 über 35 und 30 auf 32 ausgebessert wird. Über diese teilweise gleichförmig verlaufenden Korrekturvorgänge lassen sich ungefähre materiale Zusammenhänge innerhalb des Typoskripts erschließen. So bilden augenscheinlich die Bl. 22–49 einen einheitlichen Block, der innerhalb des Arbeitsprozesses mehrfach verschoben wurde. Damit in Zusammenhang dürften die Bl. 17–21 stehen: Die Korrekturschritte der Szenennummerierung auf Bl. 17–19 gleichen den Korrekturschritten auf den Bl. 22–49 (17 – 13 – 10 auf Bl. 17 und 22 – 18 – 13 – 15 auf Bl. 26), die letzte Korrektur auf Bl. 17 entspricht in ihrem Ergebnis den letzten beiden Korrekturschritten von Bl. 26. Auch der erste Korrekturschritt der Paginierung springt auf Bl. 17–19 und 22–49 jeweils um fünf Zähler nach unten (Pag. 21 – 16 – 14 auf Bl. 17 und Pag. 25 – 20 – 22 – 19 auf Bl. 22). Bl. 21 wiederum lässt sich durch die Korrektur der Szenennummerierung mit Bl. 22–49 in Verbindung bringen (21 – 17 – 12 – 14 auf Bl. 21), die auf Bl. 26 in direkter Folge fortgesetzt wird. Da der obere Teil von Bl. 21 mittels Klebung neu eingefügt wurde und hier nur eine einfache Korrektur der Paginierung vorliegt, kann ein Zusammenhang mit der auf Bl. 20 analog korrigierten Paginierung (19 auf 17 auf Bl. 20, 20 auf 18 auf Bl. 21) erschlossen werden. Abseits davon stehen die Paginakorrekturen der Bl. 11–14 bzw. der neu ein-
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Konzeption 1
gefügte obere Teil von Bl. 10, die sich in keinen gesicherten Zusammenhang mit den später erfolgenden Korrekturen bringen lassen. Insgesamt betrachtet, weist der erste Teil des Typoskripts die Spuren mehrerer intensiver Überarbeitungsprozesse auf, die sich jedoch aufgrund des Fehlens des ausgeschiedenen Materials nicht ohne Rückgriffe auf Spekulation in eine schlüssige genetische Reihenfolge bringen lassen. Neben den mittels Klebung ersetzten Textpassagen lassen zwei hs. Korrekturen auf den Bl. 51 und 88 auf weitere Ersetzungsvorgänge schließen. Auf Bl. 52 ersetzt die masch. erstellte Szenenanweisung „(Jetzt verschwindet der Mond hinter einer Wolkenbank und da wird es sehr dunkel)“ eine großteils textidentische Anweisung am Fuß von Bl. 51, die dort mittels Tinte gestrichen wird. Ein ähnlicher Vorgang in umgekehrter Reihenfolge findet auf den Bl. 87 und 88 im „Finale mit Gesang“ statt, hier ersetzt neu getippter Text auf Bl. 87 eine textidentische, hs. gestrichene Passage am Kopf von Bl. 88. Beide Ersetzungsvorgänge dürfte Horváth, da jeweils keine Korrektur der Pagina vorliegt, unmittelbar während des Schreibprozesses vorgenommen haben. Im Vergleich zum ersten Teil des Stückes weist der zweite nur wenige handschriftliche Überarbeitungen auf, auch bleiben weitere Korrekturen an der Paginierung bzw. der Szenennummerierung aus. Vermutlich hat Horváth auf der Basis von nicht erhaltenem Material eine Reinschrift erstellt, weshalb die durchgängige Paginierung bereits die umfänglichen Umarbeitungen des ersten Teiles in der maschinenschriftlichen Grundschicht berücksichtigt. Bei der Szenennummerierung dürfte Horváth in diesem Teil ein Fehler unterlaufen sein, der auch in die vom Marton Verlag erstellten späteren Typoskripte T2–T5 übernommen wurde: Auf Bl. 64 wird „Szene 9“ angegeben, obwohl es sich erst um die achte Szene dieses Teiles handelt (vgl. die entsprechenden Stellen in TS2/ÖLA 27/W 23, Bl. 68 und TS5/ÖLA 27/W 22, Bl. 70). Das Stück schließt mit einem stellenweise stark hs. überarbeiteten „Finale mit Gesang“, das sich sowohl in seiner das Stück beschließenden Aussage als auch in seiner sprachlichen Qualität merklich vom gemeinsam mit Hans Gál erarbeiteten Finale abhebt. In einem Schreiben an Traugott Krischke vom 18. Juni 1978 schildert Gál die Zusammenarbeit mit Horváth und dessen Mühe beim Schreiben der Lieder, da er keinerlei Erfahrung damit hatte (vgl. das Vorwort in diesem Band sowie den Kommentar zu TS2/A2). Aus dem ursprünglichen Text des „Finales mit Gesang“ übernehmen Horváth und Gál schließlich nur wenige Zeilen, die zum Teil auch leicht variiert werden: Szameks „Denn von die Grenzen tun wir leben“ (Bl. 90, vgl. TS2/A2/ÖLA 27/W 23, Bl. 96, 97), die längere Passage des Privatpädagogen (Bl. 90, vgl. TS2/A2/ÖLA 27/ W 23, Bl. 96, teilweise in der Figurenrede Havliceks) und den gemeinsamen Part von Szamek und dem Privatpädagogen („Denn wenn ein Jeder das tät, was er möcht“ etc., Bl. 91, vgl. TS2/A2/ÖLA 27/W 23, Bl. 96, in der Figurenrede Konstantins). Da Horváth im Gespräch mit der Wiener Allgemeinen Zeitung vom 14. September 1933 bereits anmerkt, bei seinem neuen Stück handle es sich um eine „Posse“, für die er noch einen Komponisten suche (vgl. das Vorwort in diesem Band), liegt die Annahme nahe, dass er sein in TS1 noch als „Lustspiel“ bezeichnetes Stück noch vor der mit TS2/A2 belegten Kooperation mit Hans Gál weiter bearbeitet hat. Da der in der typografischen Grundschicht von TS2/A1 vorliegende Text aber der Korrekturschicht von TS1 entspricht, hat der Autor wohl keine detaillierten Änderungen vorgenommen, sondern sich offensichtlich nur zu einem Wechsel der Gattungsbezeichnung entschlossen. Die Handlung des Stückes steht mit TS1 fest, allein am Ablauf des zweiten Teiles wird Horváth später auf Wunsch des Züricher Schauspielhauses noch Veränderungen
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vornehmen (vgl. den Kommentar zu TS2/A4). Dem in der Kommentierten Werkausgabe (1985/88) abgedruckten Text liegt dieses Typoskript zugrunde. T2 = ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 2–74, 78–97 H1 = ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 1, 75–77 Insgesamt 97 Blatt, davon 78 Blatt unliniertes Papier (287 × 227 mm), dünn, Durchschlag, teilweise geklebt, gelocht, 7 Blatt unliniertes Papier (296 × 209 mm), gelocht, 5 Blatt unliniertes Papier (287 × 227 mm), dünn, Durchschlag, gerissen, 4 Blatt unliniertes Papier (285 × 225 mm), hs. Eintragungen mit schwarzer und schwarzblauer Tinte, Eintragungen mit Bleistift von Hans Gál sowie mit Bleistift und rotem Buntstift von fremder Hand, 3 Blatt unliniertes Papier (285 × 225 mm), Wasserzeichen Längsstreifen, schwarzblaue Tinte, grüne Mappe des Georg Marton Verlags, Stempel des Züricher Schauspielhauses, hs. Vermerke „301a“ und „dringend an Züricher Schauspielhaus zurück“ mit schwarzer Tinte von fremder Hand sowie „neues Stammbuch“ mit Bleistift von fremder Hand auf dem Umschlag, Paginierung 4b–32 auf den Bl. 4–32; 32b auf Bl. 33; 33–51 auf den Bl. 34–52; 51a auf Bl. 53; 1 auf Bl. 54; 1a auf Bl. 55; 2–9 auf den Bl. 56–65; 10a auf Bl. 66; 10, 11 auf den Bl. 67, 68; 11a auf Bl. 69; 11, 12 auf den Bl. 70, 71; 12–17 auf den Bl. 72–77; 15–33 auf den Bl. 78–98 TS2/A1 = fragm. Fassung, konstituiert durch ÖLA 27/W 23, Bl. 2–32, 34–52, 54, 56, 57, 60–65, 67, 68, 72–74, 83–95 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS2/A2 = fragm. Endfassung mit Werktitel „Hin und Her. Posse in zwei Teilen von Ödön von Horváth. Musik von Hans Gál“, konstituiert durch ÖLA 27/W 23, Bl. 1–57, 60–69, 72–74, 83–98 (Korrekturschicht: schwarze Tinte, Bleistift Gál, Marton; vgl. Simulationsgrafik)
Mit den in der Mappe ÖLA 27/W 23 überlieferten Blättern liegt ein vielfach von Horváth sowie anderen Schreiberhänden bearbeitetes Typoskript vor, das eine komplexe Entstehungsgeschichte aufweist. Der Vergleich der sich in den Ansätzen unterschiedlich entwickelnden Textgestalt mit den davon überlieferten Abschriften (TS3–TS6) sowie der ersten Fassung in TS1 zeigt, dass sämtliche weitere Umarbeitungen, sowohl die noch für eine mögliche Wiener Aufführung mit Hans Gál vorgenommene als auch die Umarbeitungen hin zum Text der Züricher Uraufführung, an diesem Typoskript vorgenommen wurden. Die erste Bearbeitung (TS2/A2) datiert auf den Herbst 1933, die weiteren Überarbeitungen (TS2/A3 und A4) entstanden im Herbst 1934 explizit für die Uraufführung (vgl. dazu das Vorwort in diesem Band sowie den Kommentar zu TS2/A3 und A4). Die auf der Grundlage der gemeinsam mit Gál vorgenommenen Überarbeitung (A2) gefertigten Abschriften (TS3–TS5) sind dementsprechend in der genetischen Reihe den letzten beiden Ansätzen von TS2 vorzuziehen. Die verschiedenen Ansätze von TS2 lassen sich klar über die verwendeten Materialien (verschiedene Papiersorten mit und ohne Lochung, zweierlei Tintenfarben) bzw. die im Typoskript erkennbaren Schreiberhände (Anmerkungen mit Bleistift einerseits durch Hans Gál, andererseits durch die Züricher Bühnenbearbeitung) identifizieren. Die Grundlage dafür bietet ein durch den Verlag erstelltes Typoskript, das die hs. Korrekturen von TS1 in der maschinenschriftlichen Grundschicht realisiert und in einer grünen Mappe des Marton Verlags überliefert ist. Wie bei T1 wurde auch hier eine zuvor intakte Heftung der Blätter gelöst, wodurch sich in diesem Falle die Lochung teilweise als Argument für die genetische Reihung der Materialien von TS2/A1–A4 nutzen lässt (vgl. die folgenden Ausführungen sowie den Kommentar zu TS2/A3 und A4). Mit Bleistift von fremder Hand wurde auf den Umschlag der Mappe „neues Stammbuch“ eingetragen. Ein Stempel des Züricher Schauspielhauses im rechten oberen Eck der Mappe bezeugt die Verwendung dieses stark überarbeiteten Typoskripts für die Vorbereitung der Uraufführung. Mittels schwarzer Tinte von
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Konzeption 1
fremder Hand wurde diese Stempelung zu dem Eintrag „dringend an Züricher Schauspielhaus zurück!“ ergänzt, wodurch sich die Bearbeitungen von A3 und A4 im Kontext der Uraufführung weiter belegen lassen. Ein gesonderter Fall für die Textkonstitution der Ansätze A1–A3 liegt bei den Bl. 78–82 vor: Diese Blätter sind zwar mit dem übrigen Material satzidentisch, aber erst in A4 in das Typoskript gelangt. Dies lässt sich aufgrund des neu hergestellten Textanschlusses mit in A3 und A4 eingefügtem Material, einer auffälligen Reißung am linken Blattrand sowie der Verwendung von für A4 charakteristischer schwarzblauer Tinte erschließen (vgl. den Kommentar zu TS2/A4). Vermutlich wurden sie aus einem weiteren Durchschlag von T2 entnommen. Anders als bei den übrigen Materialersetzungen von A3 und A4 jedoch wurden die ersetzten Blätter nicht im Typoskript belassen. Wenngleich hier ein nahtloser Textanschluss möglich ist und der auf den Bl. 78–82 enthaltene Text mit hoher Wahrscheinlichkeit demjenigen entspricht, der in A2 vorlag, so ist, aufgrund der erst in A4 erfolgenden Einfügung, in diesem Fall von Überlieferungsverlust auszugehen. TS2/A1 wird durch die maschinenschriftliche Grundschicht konstituiert, die sämtliche Korrekturen von TS1 umsetzt. Mit übernommen wurde auch die fehlerhafte Szenennummerierung im zweiten Teil des Stückes, in dem auf die siebente die neunte Szene folgt (TS2/ÖLA 3/W 23, Bl. 68). Die maschinenschriftliche Grundschicht des Typoskripts dürfte in zwei separaten Arbeitsgängen erstellt worden sein, da mit dem zweiten Teil des Stückes auch die Paginierung neu einsetzt (Bl. 54, 56–96). TS2/A2 konstituiert sich durch die eingefügten Liedtexte, die durch das verwendete Material (andere Papiersorte, andere Schreibmaschinentype) klar als später hinzugefügte Blätter erkennbar sind (ÖLA 27/W 23, Bl. 33, 53, 55, 67, 69, 96 und 97). Während die über das Stück verteilten Lieder das bestehende Material ergänzen, wird im Falle des Finales (Bl. 96 und 97) bestehendes Material ersetzt, worauf die getippte Anmerkung „(kommt anstelle des Finales im Buch S. 32)“ (Bl. 96) hinweist. Die Apostrophierung des Typoskripts als „Buch“ indes deutet darauf hin, dass die mit A1 vorliegende Abschrift von TS1 bereits als Stammbuch gegolten hat. Die neu eingefügten Blätter wurden, wie deren Lochung zeigt, zusammen mit den übrigen Blättern wieder in der Mappe zusammengeheftet. Damit liegt ein Unterscheidungsmerkmal zu den später entstandenen Blättern von A3 vor. Für deren Einfügung wurde die Heftung neuerlich aufgelöst, aber nicht wieder hergestellt (vgl. den Kommentar zu TS2/A3 und A4). Über die Entstehung der Liedtexte berichtet Hans Gál in einem Schreiben an Traugott Krischke, Horváth hätte kaum Erfahrungen damit gehabt, weshalb große Teile des Textes von ihm, Gál, stammen würden (vgl. das Vorwort in diesem Band). Wie die Zusammenarbeit zwischen Gál und Horváth funktionierte, kann teilweise aufgrund des „Finales mit Gesang“ von TS1/ÖLA 27/W 19, Bl. 87–95 erschlossen werden, das zugunsten eines neuen Schlussgesangs aufgegeben wurde. Von dem 169 Zeilen umfassenden, von Horváth stammenden Text wurden schließlich nur 14 Zeilen in TS2/A2 übernommen (vgl. dazu den Kommentar zu TS1). Parallel zu den Materialeinfügungen von A2 finden hs. Überarbeitungen statt, die einerseits von Hans Gál (Bleistift), andererseits von Horváth selbst (schwarze Tinte) stammen. Die Abfolge der Korrekturen – mehrere Bleistiftanmerkungen sind mit der auch bei den übrigen Korrekturen dieses Ansatzes verwendeten schwarzen Tinte gestrichen – lässt darauf schließen, dass die Anmerkungen Gáls vor den Überarbeitungen und Korrekturen Horváths erfolgt sind (vgl. beispielsweise die Streichung des Liedvermerks „Nr. 1, Lied des Szamek“ auf ÖLA 27/W 23, Bl. 4). Neben der Streichung
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durch Horváth werden einige der Bleistiftanmerkungen auch vom Komponisten selbst gestrichen, in einigen Fällen liegen Streichungen durch beide Schreiber vor. Die Anmerkungen Gáls, die großteils in schwer lesbarer Kurzschrift gehalten sind, betreffen, wie sich aus den an derselben Stelle erfolgten Änderungen Horváths erschließen lässt, vor allem die verschiedenen Musikeinsätze und die Positionierung von Liedern sowie die sich daraus ergebenden Textanschlüsse. Daneben finden sich teils neben dem getippten Text, teils auf den Blattrückseiten Notenskizzen von Hans Gál, die vermutlich Entwürfe für die Couplets der Figuren bzw. die Bühnenmusik darstellen. Sämtliche dieser in ÖLA 27/W 23 enthaltenen Entwürfe Gáls werden an ihrer entsprechenden Stelle in TS2/A2 ausgewiesen und im Anhang dieses Bandes faksimiliert wiedergegeben (vgl. dazu in diesem Band S. 600–608). An einigen Stellen des Typoskripts dürfte Gál selbst Korrekturen gesetzt haben. Dies betrifft vor allem kleinere Textänderungen in den Liedtexten, die auch in die Abschriften TS3–TS5 eingehen: Auf ÖLA 27/W 23, Bl. 33 streicht Gál die erste Anmerkung „Refr.:“ für den Refrain und ändert Havliceks Text von „so warn S’ längst vor Zorn“ auf „so warn S’ sicher schon längst“ (vgl. TS5/ÖLA 27/W 22, Bl. 34). Im gemeinsam von Szamek und Mrschitzka gesungenen Lied zu Beginn des zweiten Teiles ergänzt er die Zeile: „denk, wir hätten „Prohibition“!“ auf: „denk dir bloß, wir hätten „Prohibition“!“ (TS2/A2/ÖLA 27/W 23, Bl. 55; vgl. TS5/ÖLA 27/W 22, Bl. 58). Zuletzt ergänzt der Komponist im Finale des Stückes die Liedzeile des Privatpädagogen: „wie heutzutag der Fall ist“ auf „wie’s heutzutag der Fall ist“ (TS2/A2/ÖLA 27/W 23, Bl. 96; vgl. TS5/ÖLA 27/W 22, Bl. 96). An einer Stelle hat vermutlich Gál einen Textvorschlag für den Dramentext gesetzt: Neben dem Ausruf Mrschitzkas: „Petri Heil!“ (Bl. 93) finden sich einige Gál zuordenbare, schwer lesbare Kurzschriftanmerkungen, die in TS5 als in der Grundschicht ausformulierter Text: „Bringt einen schönen Fisch zum Verlobungsschmaus!“ (ÖLA 27/W 22, Bl. 92) aufscheinen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit dürften auch die gestrichenen Einträge mit Bleistift neben dem Personenverzeichnis des Stückes von Gál stammen. Es handelt sich hierbei um Besetzungsvorschläge: Neben der Rolle des Konstantin findet sich der Eintrag „Olden (Bar?)“, womit höchstwahrscheinlich der Schauspieler Hans Olden (1892–1975) gemeint ist, der von 1928–1938 am Deutschen Volkstheater in Wien wirkte. Die Notiz „Bar?“ zielt vermutlich auf seine Stimmlage ab. Der Eintrag „Niese (?)“ neben der Rolle der Frau Hanusch bezeichnet vermutlich Johanna Niese (1875–1934), Schauspielerin am Theater in der Josefstadt in Wien, das notierte Fragezeichen deutet wohl auf eine Unsicherheit bezüglich ihrer Stimmlage hin. Ein weiterer Eintrag findet sich neben der Rolle der Eva, dieser ist jedoch nicht entzifferbar. Es ist anzunehmen, dass es sich auch dabei um einen Besetzungsvorschlag handelt. Insgesamt deuten die Vorschläge darauf hin, dass sich Horváth und Gál ernsthafte Hoffnungen auf eine baldige Aufführung des Stückes in Wien gemacht haben. Neben den Eintragungen Hans Gáls finden sich Eintragungen weiterer Schreiberhände in T2, die ebenfalls mit Bleistift gefertigt wurden. Diese Eintragungen betreffen vor allem Kürzungen sowie kleinere Änderungen am Text und wurden mit hoher Wahrscheinlichkeit erst im Zuge der Bühnenbearbeitung durch das Züricher Schauspielhaus vorgenommen. Wohl bereits durch den Marton Verlag wurden ebenfalls mittels Bleistift kleinere Tippfehler und Schreibversehen ausgebessert (ÖLA 27/W 23, Bl. 37, 39, 56 und 93). Insgesamt bereiten die nicht in der zweifelsfrei Hans Gál zuordenbaren Kurzschrift gehaltenen Eintragungen fremder Hand mit Bleistift hinsichtlich der Schichtdarstellung ein Problem, da kein eindeutiges materiales Krite-
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rium zu ihrer Differenzierung vorliegt. Die nicht in Kurzschrift gehaltenen bzw. sich unmittelbar auf Liedtitel beziehenden Eintragungen Gáls (vgl. oben) lassen sich über den Vergleich mit ihrer Umsetzung in den auf TS2/A2 basierenden TS3–TS5 identifizieren und wurden in die Korrekturschicht von TS2/A2 integriert (ÖLA 27/W 23, Bl. 33, 55, 69 und 96). Ebenfalls in die Korrekturschicht aufgenommen wurden die Korrekturen von offensichtlichen Tippfehlern durch den Verlag, da davon ausgegangen werden kann, dass diese bereits bei der Erstellung des Typoskripts eingetragen wurden. Die umfangreichen Streichungen mit Bleistift fremder Hand sowie die nicht durch den Textvergleich mit TS3–TS5 Hans Gál zuordenbaren Änderungen sind in weiterer Folge als Bestandteil der Korrekturschicht von TS2/A3 bzw. A4 zu sehen. Eine letzte material abgrenzbare Korrekturschicht liegt mit ebenfalls von fremder Hand geführtem Buntstift vor. Mit diesem Schreibmaterial wurden auf mehreren Blättern Rufzeichen eingefügt, deren Herkunft bzw. Funktion sich nicht ermitteln ließ (vgl. zu den verschiedenen Schreiberhänden auch den Kommentar zu TS2/A4). Die Korrekturen Horváths zu diesem Bearbeitungszeitpunkt befassen sich, geleitet durch die Anmerkungen Gáls, vor allem mit der Einfügung von Regieanweisungen zum Musikeinsatz und dem Anpassen der damit verbundenen Textübergänge. Der einzige größere Korrekturvorgang dieses Bearbeitungsvorgangs betrifft eine umfangreiche Streichung der ersten Szenenanweisung des Stückes (Bl. 4). Vermutlich sollte an dieser Stelle das in der Handschrift Gáls notierte „Lied des Szamek“ eingefügt werden, das sich nur als Abschrift in TS5/ÖLA 27/W 22 erhalten hat, weshalb die Szenenanweisung entsprechend adaptiert wurde (vgl. TS5/ÖLA 27/W 22, Bl. 5 und 6). Ein weiteres Indiz dafür liefert die Paginierung auf diesem Blatt, die Horváth hs. von 4 auf 4b ändert, weitere Blätter mit der Pagina 4 bzw. 4a haben sich indes nicht erhalten. In weiterer Folge korrigiert Horváth sämtliche folgende Szenennummern um eins nach oben. Vermutlich, darauf lässt die Einrichtung des Textes in TS5/ÖLA 27/W 22 schließen, hätte das Lied Szameks die neue erste Szene und die bisherige erste Szene zwischen der Frau des Privatpädagogen und Szamek die nun zweite Szene dargestellt. Die Korrekturen zu Beginn des ersten Teiles dürften jedoch bereits zum Zeitpunkt ihrer Entstehung missverständlich gewesen sein. Zwei der unmittelbar auf dem Bearbeitungsstand von TS2/A2 basierenden Abschriften (T3 und T4) realisieren zwar die Streichung der Szenenanweisung sowie die Änderung der folgenden Szenennummerierung, nehmen aber das Lied Szameks nicht auf. In einer wohl vom Verlag gesetzten Korrektur wird die gemäß der in TS2/A2 intendierten Überarbeitung eigentlich zweite Szene wieder zur ersten Szene geändert, auf die nun aber die dritte Szene folgt. Erst in TS5 wird die von Horváth vorgesehene Szenenfolge einschließlich des vorgesehenen Liedes umgesetzt. Nicht korrigiert und ebenfalls in die folgenden Typoskripte T3–T5 übernommen wird die fehlerhafte Szenennummerierung im zweiten Teil – dort folgt die neunte auf die siebente Szene –, die bereits in TS1 zu finden ist (vgl. TS2/A2/ÖLA 27/ W 23, Bl. 68 und TS1/ÖLA 27/W 19, Bl. 64). T5 ist schließlich der einzige Textträger, der das Lied des Szamek sowie die in TS2/A2 intendierte Szenenfolge vollständig realisiert. Auffälligerweise ist das Lied aber nicht in das auf der späteren Bearbeitung TS2/A4 basierende Typoskript T6 aufgenommen worden. Aus diesem Umstand sowie der Übernahme mehrerer Korrekturen fremder Hand in TS6 ergeben sich berechtigte Zweifel an der Autorisierung dieser Abschrift (vgl. den Kommentar zu TS6). Ebenfalls zum Überarbeitungsvorgang von TS2/A2 ist die Einfügung eines hs. Titelblattes von Horváths Hand zu rechnen, das die Mitarbeit Hans Gáls vermerkt und den von „Lustspiel“ (TS1) zu „Posse“ geänderten Gattungswechsel verzeichnet. Mit Blei-
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Chronologisches Verzeichnis
stift von fremder Hand wurde hier weiters der Copyright-Vermerk des Marton Verlags mit der Jahreszahl 1933 eingetragen. T3 = ÖLA 27/W 20 – o. BS, Bl. 1–91 91 Blatt unliniertes Papier (296 × 208 mm), dünn, Durchschlag (Kohle), hs. Eintragungen mit Bleistift von fremder Hand, Stempel „Züricher Schauspielhaus“ auf Bl. 54, Paginierung 3–91 auf Bl. 3–91 TS3 = fragm. Endfassung in zwei Teilen mit Werktitel „Hin und Her. Posse in zwei Teilen von Ödön von Horváth. Musik von Hans Gál“ (nicht gedruckt)
TS3 ist auf einem vom Verlag erstellten Durchschlag einer Reinschrift von TS2/A2 überliefert, in dem die Liedtexte samt den teilweise neu gefassten Textübergängen sowie die neuen Regieanweisungen zum Musikeinsatz typografisch realisiert wurden. Ebenfalls umgesetzt wurden die Änderungen an der vormals ersten Szenenanweisung sowie die Korrektur der Szenennummerierung im ersten Teil. Nicht übernommen wurde die im Typoskript zu TS2/A2 vermerkte, jedoch nicht überlieferte neue erste Szene, die die auf TS2/A2/ÖLA 27/W 23, Bl. 4 gestrichene Szenenanweisung sowie das Lied des Szamek enthalten hat. Diese Szene hat sich nur in TS5 erhalten (vgl. den Kommentar zu TS2/A2 sowie zu TS5). Wohl durch das Fehlen des Liedes und die missverständliche Korrektur Horváths in TS2/A2 bedingt, wurde seitens des Verlags die nun eigentlich zweite Szene als erste ausgewiesen, auf die, gemäß Horváths Korrektur, die dritte folgt (vgl. den Kommentar zu TS2/A2). Dieser Fehler wird auch in das text-, jedoch nicht satzidentische Typoskript T4 übernommen und erst mit T5, in dem das Lied des Szamek enthalten ist, richtiggestellt. In diesem wie auch in den folgenden Typoskripten wurde der seit TS1 bestehende Sprung von der siebenten auf die neunte Szene im zweiten Teil des Stückes nicht korrigiert (vgl. die Kommentare zu TS1, TS2 und TS5). Das Typoskript trägt auf Bl. 54 einen Eingangsstempel des Züricher Schauspielhauses. Weiters wurde auf Bl. 1 sowie auf Bl. 54 mit Bleistift von fremder Hand der Name „Gretler“ eingetragen und durchgängig die Rolle Szameks markiert. Bei dem vermerkten Namen handelt es sich um den Schweizer Schauspieler Heinrich Gretler (1897–1977), der in der Uraufführung von Hin und her die Rolle Szameks verkörperte. Dementsprechend handelt es sich bei dem vorliegenden Material wohl um einen zum Textstudium ausgehändigten Durchschlag. Aus diesem Umstand lässt sich schließen, dass dem Züricher Schauspielhaus zunächst eine vollständige Fassung basierend auf den Umarbeitungen von TS2/A2 vorgelegen hat. Dies wiederum stützt die Annahme einer mit Hinsicht auf die Uraufführung erfolgten Umarbeitung, wie sie mit TS2/A3 und A4 vorliegt. Einen Durchschlag dieses Typoskripts verwendet Horváth später für die Bearbeitung des Stückes in Konzeption 2. Die dort enthaltenen Umarbeitungen sind vermutlich noch vor der Annahme des Stückes durch das Züricher Schauspielhaus entstanden (vgl. dazu den Kommentar zu K2/TS1). T4 = ÖLA 27/W 21 – o. BS, Bl. 1–95 95 Blatt unliniertes Papier (285 × 225 mm), dünn, Durchschlag (Kohle), geheftet in grüner Mappe mit Aufdruck des Marton Verlags, mit blauem Buntstift von fremder Hand gestrichener Aufdruck „ST“ sowie hs. Vermerk „ALT“ mit blauem Buntstift von fremder Hand auf dem Umschlag, Paginierung 3–53 auf Bl. 3–53, 1–42 auf Bl. 54–95 TS4 = fragm. Endfassung mit Werktitel „Hin und Her. Posse in zwei Teilen von Ödön von Horváth. Musik von Hans Gál“ (nicht gedruckt)
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Konzeption 1
Bei TS4 handelt es sich um eine von kleineren textlichen Abweichungen sowie Unterschieden in der Interpunktion abgesehen mit TS3 text-, jedoch nicht satzidentische Abschrift von TS2/A2. Die prinzipielle Übereinstimmung des in diesem Typoskript enthaltenen Textes mit dem von T3 würde dafür sprechen, beide Typoskripte als Träger derselben Textstufe aufzufassen. Aufgrund der Abweichung im Satz sowie den kleineren textlichen Abweichungen, die eine jeweils voneinander unabhängige Entstehung nahelegen, werden die beiden Textträger jedoch als Grundlage einer jeweils eigenen Textstufe behandelt. Wie im Falle von TS3 wurde aufgrund des Fehlens eines Blattes, das die neue erste Szene mit dem Lied Szameks enthalten hätte, sowie der missverständlichen Korrektur Horváths in TS2/A2/ÖLA 27/W 23, Bl. 4 zu Beginn eine falsche Szenennummerierung gesetzt (vgl. den Kommentar zu TS3). Nach wie vor unkorrigiert bleibt die fehlerhafte Szenennummerierung im zweiten Teil, wo auf die siebente die neunte Szene folgt (vgl. die Kommentare zu TS1, TS2 und TS5). Anders als im Falle von TS3 wurde auf dem Titelblatt ein Copyright-Vermerk des Marton Verlags mit der Jahreszahl 1933 gesetzt. Wie auch T1 und T2/H1 ist das vorliegende Typoskript in einer grünen Mappe des Marton Verlags überliefert, allerdings mit intakter Heftung. Im linken oberen Eck der Mappe wurde der Vermerk „ST“ aufgedruckt, wodurch das vorliegende Typoskript als Stammbuch ausgewiesen wird. Dieser Aufdruck wurde jedoch mit blauem Buntstift gestrichen und daneben der Vermerk „ALT“ eingetragen. T5 = ÖLA 27/W 22 – o. BS, Bl. 1–96 96 Blatt unliniertes Papier (285 × 225 mm), dünn, Durchschlag (Kohle), geheftet in grüner Mappe mit Aufdruck des Marton Verlags, hs. Vermerk „2244“ mit Bleistift von fremder Hand auf dem Umschlag, Eintragungen mit Tinte und Bleistift von fremder Hand, Paginierung 3–13, 13a–54 auf Bl. 3–54, 1–3; 5–42 auf Bl. 55–96 TS5 = Endfassung mit Werktitel „Hin und Her. Posse in zwei Teilen von Ödön von Horváth. Musik von Hans Gál“ (Korrekturschicht)
Mit TS5 liegt eine weitere, ebenfalls mit 1933 datierte Abschrift von TS2/A2 vor, die sich von den vorangegangenen TS3 und TS4 durch ihre Vollständigkeit unterscheidet. TS5 ist die einzige überlieferte Textstufe, die das in TS2/A2 zwar angemerkte, jedoch nicht überlieferte Lied des Szamek enthält (vgl. den Kommentar zu TS2/A2). Durch die vollständig vorliegende Textgrundlage findet sich der für TS3 und TS4 charakteristische Sprung in der Szenenummerierung des ersten Teiles von der ersten zur dritten Szene nicht mehr. Nach wie vor unkorrigiert bleibt der Sprung in der Szenennummerierung im zweiten Teil von der siebenten zur neunten Szene, wie er seit TS1 besteht. Einige der Tippfehler in TS5 lassen die Erstellung des vorliegenden Typoskripts direkt auf der Grundlage von TS2/A2 darüber hinaus plausibel erscheinen: Auf TS5/ÖLA 27/W 22, Bl. 75 etwa wurde ein zunächst getipptes und auch in TS2/A2 enthaltenes „mot“ sofort auf „mit“ korrigiert (vgl. das nicht korrigierte „mot“ auf TS2/A4/ÖLA 3/W 23, Bl. 74). Darüber hinaus stimmen einige falsch bzw. nicht gesetzte Satzzeichen von TS5 mit Tippfehlern von TS2/A2 überein, so etwa das fehlende eröffnende Anführungszeichen in Havliceks Verlesung des Telegramms (TS5/Bl. 92 und TS2/A2/ÖLA 27/W 23, Bl. 94). Unregelmäßigkeiten in der Paginierung dürften auf Flüchtigkeitsfehler in der Typoskripterstellung zurückzuführen sein. Im ersten Teil wurde die Pagina 13 zweimal gesetzt und auf Bl. 14 hs. zu 13a korrigiert, im zweiten Teil wurde die Pagina 4
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Chronologisches Verzeichnis
übersprungen, und die typografisch nicht gesetzte Pagina 31 auf Bl. 85 wurde hs. von fremder Hand ergänzt. Ebenfalls auf Flüchtigkeitsfehler zurückzuführen sind zwei kleinere Textabweichungen: Auf TS5/Bl. 42 äußert Konstantin: „Da kenn ich keinen Spass“ statt „Da kenn ich aber keinen Spass“ (TS2/A2/ÖLA 27/W 23, Bl. 39), und auf TS5/Bl. 89 äußert dieselbe Figur: „und also ist eigentlich Herr Havlicek unser aller Retter“ statt: „und also ist Herr Havlicek eigentlich unser aller Retter“ (TS2/A2/ÖLA 27/W 23, Bl. 90). Keine dieser Textabweichungen findet sich in den übrigen überlieferten Typoskripten zum Stück. Das vorliegende Typoskript bildet mit hoher Wahrscheinlichkeit die von Horváth ursprünglich angestrebte und für eine mögliche Aufführung am Deutschen Volkstheater in Wien vorgesehene Textgestalt ab. Sämtliche weitere Änderungen, wie sie ausschließlich für den zweiten Teil des Stückes belegt sind (vgl. TS2/A3 und A4 sowie TS6), stehen in direktem Zusammenhang mit der Uraufführung in Zürich 1934. Aufgrund der Vollständigkeit der mit TS5 vorliegenden Endfassung wird diese, unter Absehung der offensichtlichen Abschreibefehler, auch als emendierte Wiener Endfassung wiedergegeben. Die sich aus den Änderungen von TS2/A4 ergebende Endfassung wird dieser als zweite emendierte Züricher Endfassung beigestellt. T2 = ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 2–74, 78–97 H1 = ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 1, 75–77 Insgesamt 97 Blatt, davon 78 Blatt unliniertes Papier (287 × 227 mm), dünn, Durchschlag, teilweise geklebt, gelocht, 7 Blatt unliniertes Papier (296 × 209 mm), gelocht, 5 Blatt unliniertes Papier (287 × 227 mm), dünn, Durchschlag, gerissen, 4 Blatt unliniertes Papier (285 × 225 mm), hs. Eintragungen mit schwarzer und schwarzblauer Tinte, Eintragungen mit Bleistift von Hans Gál sowie mit Bleistift und rotem Buntstift von fremder Hand, 3 Blatt unliniertes Papier (285 × 225 mm), Wasserzeichen Längsstreifen, schwarzblaue Tinte, grüne Mappe des Georg Marton Verlags, Stempel des Züricher Schauspielhauses, hs. Vermerke „301a“ und „dringend an Züricher Schauspielhaus zurück“ mit schwarzer Tinte von fremder Hand sowie „neues Stammbuch“ mit Bleistift von fremder Hand auf dem Umschlag, Paginierung 4b–32 auf den Bl. 4–32; 32b auf Bl. 33; 33–51 auf den Bl. 34–52; 51a auf Bl. 53; 1 auf Bl. 54; 1a auf Bl. 55; 2–9 auf den Bl. 56–65; 10a auf Bl. 66; 10, 11 auf den Bl. 67, 68; 11a auf Bl. 69; 11, 12 auf den Bl. 70, 71; 12–17 auf den Bl. 72–77; 15–33 auf den Bl. 78–98 TS2/A3 = fragm. Fassung mit Werktitel „Hin und Her. Posse in zwei Teilen von Ödön von Horváth. Musik von Hans Gál“, konstituiert durch ÖLA 27/W 23, Bl. 1–59, 64–71, 83–98 (Korrekturschicht: schwarze Tinte, Bleistift von fremder Hand (Gál, Marton); vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS2/A4 = fragm. Endfassung mit Werktitel „Hin und Her. Posse in zwei Teilen von Ödön von Horváth. Musik von Hans Gál“, konstituiert durch ÖLA 27/W 23, Bl. 1–59, 64–71, 75–98 (Korrekturschicht: schwarze und schwarzblaue Tinte, Bleistift von fremder Hand (Gál, Marton), Bleistift von fremder Hand; vgl. Simulationsgrafik) Druck (teilweise) in: KW 7, S. 405–426 (als unvollständige Variante zur dort abgedruckten Fassung K1/TS1).
Die weiteren Bearbeitungen der in der Mappe ÖLA 27/W 23 überlieferten Blätter, wie sie mit TS2/A3 und A4 vorliegen, stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Uraufführung des Stückes am Züricher Schauspielhaus am 13. Dezember 1934. Sie betreffen ausschließlich dessen zweiten Teil, der eine merklich andere Szenenabfolge erhält, während sich am eigentlichen Plot nichts mehr ändert. Eine eindeutige Abgrenzung der neuerlichen Bearbeitungen ergibt sich auf verschiedenen Wegen: einerseits durch einen Textvergleich mit den über ihre jeweiligen Copyright-Einträge zwei-
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Konzeption 1
felsfrei auf 1933 datierbaren Abschriften des zum Zeitpunkt von TS2/A2 vorliegenden Textzustandes (T3–T5), andererseits durch die verwendeten Schreibmaterialien, die ihrerseits eine Differenzierung zwischen A3 und A4 erlauben. In denselben Bearbeitungszeitraum wie die von Horváth vorgenommenen Überarbeitungen fallen einige teils umfangreiche Textkürzungen mit Bleistift im zweiten Teil, die mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Bühneneinrichtung in Zürich herrühren. Diese Streichungen weisen im Zusammenhang mit der später angefertigten und auf TS2/A4 basierenden Abschrift T6 eine unsichere Autorisierung auf und wurden in der vorliegenden Transkription gemäß der Schichtwahl im Apparat vermerkt, jedoch nicht realisiert (zur Autorisierung vgl. die folgenden Ausführungen sowie den Kommentar zu TS6, zur Darstellungsweise vgl. ergänzend die Editionsprinzipien in diesem Band S. 625). Als Beilage zum Typoskript T2 ist ein Auszug der Originalpartitur von Hans Gál überliefert, die vermutlich im Rahmen der Uraufführung verwendet wurde. Diese wird im Anhang des Bandes vollständig faksimiliert wiedergegeben (vgl. in diesem Band S. 610–619). Der Auszug enthält die beiden Lieder Havliceks, das Duett von Frau Hanusch und Havlicek, das Finale des Stückes sowie Ausschnitte aus der Bühnenmusik. Noten zum Lied des Szamek, zu dem als „Trinklied“ (TS2/A2–A4/ÖLA 27/W 23, Bl. 54) bezeichneten Duett von Szamek und Mrschitzka sowie zur übrigen Bühnenmusik sind nicht überliefert. Wie verschiedene Einträge auf den Notenblättern zeigen, wurden, wohl im Rahmen der Probenarbeiten, bis zuletzt kleinere Änderungen an den Liedtexten vorgenommen. Innerhalb des Werkverzeichnisses von Hans Gál ist die Musik zu Hin und her als Werk ohne Opuszahl vermerkt. Der wichtigste Hinweis auf die explizit für die Uraufführung vorgenommene Adaption des Stückes stammt von Horváth selbst. Am 9. Dezember 1934 schreibt der Autor aus Berlin an Gustav Hartung, den Regisseur der Uraufführung: „Lieber Herr Hartung, beiliegend die neue Szene, hoffentlich gefällt sie Ihnen!“ (Vgl. das Vorwort in diesem Band.) Die angesprochene Szene, es handelt sich höchstwahrscheinlich um die hs. erstellten Blätter von A4, war allerdings bereits der zweite Eingriff in den Text, wobei davon auszugehen ist, dass beide Ansätze durch Anregung des Schauspielhauses zustande gekommen sind. Zunächst hat dem Züricher Schauspielhaus eine Fassung auf der Basis von TS2/A2 vorgelegen, wie T3 belegt, auf dem der Name des Schauspielers Heinrich Gretler, Markierungen zum Rollenstudium sowie ein Eingangsstempel des Schauspielhauses eingetragen sind (vgl. den Kommentar zu T3). Darüber hinaus hat dort auch das Typoskript T2/ÖLA 27/W 23 vorgelegen, wie ein auf der Mappe angebrachter Stempel zeigt. Möglicherweise wurde es ursprünglich von Hans Gál mitgeführt, der für die Probenarbeit an der Uraufführung in Zürich vor Ort war (vgl. das Vorwort in diesem Band). Nachdem Änderungswünsche an Horváth herangetragen wurden, sandte man dieses Typoskript zumindest für die Bearbeitungen von A3 an Horváth zurück und dieser versah es mit neuen Szenen. Der Stempel des Schauspielhauses wurde mit Tinte von fremder Hand ergänzt zu: „dringend an Züricher Schauspielhaus zurück!“ Daneben wurde mit Bleistift von fremder Hand: „neues Stammbuch“ eingetragen. Warum hierfür das Typoskript der gemeinsam mit Gál entstandenen Bearbeitung und nicht eines der verschiedenen Verlagstyposkripte (T3–T5) verwendet wurde, lässt sich nicht mit Sicherheit bestimmen. In einem weiteren Anlauf wurde wohl eine neuerliche Adaptierung der Szenen des zweiten Teiles gefordert, die Horváth schließlich mit angeführtem Schreiben vom 9. Dezember 1934, nur vier Tage vor der Uraufführung, an Hartung übersandt hat.
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Chronologisches Verzeichnis
Wie die in A2 eingefügten, lassen sich die in A3 und A4 neu hinzugekommenen Blätter durch die verwendeten Schreibmaterialien identifizieren. Für die neuen Szenen von A3 greift Horváth auf Papier anderen Formats (285 × 225 mm) zurück, die verwendete Schreibmaschinentype weicht merklich von der für den zugrunde liegenden Durchschlag bzw. für die in A2 hinzugefügten Liedtexte benutzten ab. Die durch die Überarbeitung in A3 ersetzten Blätter wurden von Horváth nicht aus dem Typoskript entfernt, sondern händisch mittels schwarzer Tinte gestrichen. Die in A4 neu eingefügten Blätter (ÖLA 27/W 23, Bl. 75–77) wiederum wurden hs. mit schwarzblauer Tinte auf einem ähnlichformatigen, jedoch mit längsgestreiftem Wasserzeichen versehenen Papier gefertigt. Sie haben darüber hinaus Blätter ersetzt, die zunächst in A3 eingefügt wurden, aber nicht überliefert sind. Die Existenz dieser Blätter lässt sich durch den bereits masch. erstellten Übergang am Ende von ÖLA 27/W 23, Bl. 71 erschließen. Zu A4 gehörig sind schließlich fünf weitere Blätter (ÖLA 27/W 23, Bl. 78–82), die direkt auf die neu eingefügten folgen und von ihrer materialen Beschaffenheit her dem ursprünglichen Konvolut entsprechen. Sie entstammen einem weiteren Durchschlag von ÖLA 27/W 23 und unterscheiden sich vom restlichen Material durch eine markante Reißung am jeweils linken Blattrand, die vermutlich durch ihre Entnahme aus einem noch gehefteten Durchschlagsexemplar verursacht wurde. Aufgrund einiger Korrekturen mit schwarzblauer Tinte auf ÖLA 27/W 23, Bl. 78–80 kann ihre Zugehörigkeit zu A4 klar bestimmt werden. Über den Grund dieser Einfügung gibt das Typoskript allerdings keine gesicherte Auskunft. Vermutlich hat Horváth in A3 eine umfangreichere Ersetzung vorgenommen, die einen glatten Textanschluss in A4 nicht mehr ermöglicht hat. Während der Umarbeitungen des zweiten Teiles durch Horváth wurden von fremder Hand zahlreiche Streichungen vorgenommen. Hierbei dürfte es sich um Bearbeitungen durch das Schauspielhaus Zürich handeln, die in einigen Fällen uneindeutig sind. Da ein Großteil dieser Streichungen in die auf den Umarbeitungen von TS2/A4 basierende Abschrift T6 übernommen wurde, stellt sich ein über die Uraufführung hinausgehendes Autorisierungsproblem. Entweder wurden diese Streichungen direkt von Horváth angeregt bzw. nachträglich von ihm auch für die weitere Verwendung des Stückes autorisiert oder der Verlag hat selbsttätig und ohne Zustimmung des Autors eine Abschrift des zur Uraufführung gelangten Textes angefertigt. Angesichts der übrigen Beschaffenheit von T6 sowie der im Produktionsprozess wiederholt zu beobachtenden Abstimmungsprobleme zwischen Autor und Verleger kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei TS6 um eine eigenmächtige Abschrift des Verlags von TS2/A4 handelt, in deren Herstellung Horváth nicht involviert war (vgl. den Kommentar zu TS6). Mit den Umarbeitungen von A3 und A4 verändert sich vor allem der Verlauf der Schmuggler-Handlung im zweiten Teil des Stückes, der Plot wird weitgehend beibehalten. Für sämtliche neu erstellte Szenen tippt Horváth nur wenig neuen Text und greift vornehmlich auf bereits existierende Passagen zurück, die er neu arrangiert. In A3 tilgt der Autor zunächst die Nebenhandlung zum versuchten Selbstmord des Privatpädagogen und der Versöhnung mit seiner Frau (TS2/A2/ÖLA 27/W 23, Bl. 57, 60–64). An ihre Stelle tritt eine neue 2. Szene, die die einsetzende Schmugglerhandlung exponiert und die aus bereits erarbeitetem Text der Szenen 11 (recte 10) und 14 (recte 13) zusammengesetzt ist (TS2/A4/ÖLA 27/W 23, Bl. 58; vgl. TS2/A2/ÖLA 27/ W 23, Bl. 62, 72–74). An diese Szene schließt eine weitere an, die den Beginn der ehemals 7. Szene von TS2/A2 darstellt, in der Havlicek und Frau Hanusch das Gesche-
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Konzeption 1
hen um den Privatpädagogen und seine Frau beobachtet haben (ÖLA 27/W 23, Bl. 59; vgl. TS2/A2/ÖLA 27/W 23, Bl. 64). Der Dialog wird nur geringfügig geändert und den veränderten Akteuren in der vorangegangenen Szene angepasst. Mit dem auf ÖLA 27/W 23, Bl. 59 angebrachten Verweis „Fortsetzung Seite 8!“ wird der Text wieder an das bestehende Typoskript angeschlossen, die neue 3. Szene verläuft nun mit demselben Text wie die ehemals 7. Szene (ÖLA 27/W 23, Bl. 64–69). Im Anschluss an das Couplet von Frau Hanusch und den neuerlichen Rückzug Konstantins und Evas in den Raubritterturm auf ÖLA 27/W 23, Bl. 68 streicht der Autor wieder den bestehenden Text und fügt die neuen Blätter ÖLA 27/W 23, Bl. 70 und 71 ein. Da Horváth es wohl verabsäumte, die mit den neuen Blättern ÖLA 27/W 23, Bl. 58 und 59 veränderte Szenennummerierung zu korrigieren – entsprechende Korrekturen im Typoskript sind mit Bleistift von fremder Hand nachgetragen –, erhalten die neu eingefügten Szenen im Anschluss an die unverändert übernommene 10. Szene von TS2/A2 die Nummerierung 11–16. Dadurch hat es den Anschein, als wären die Blätter ÖLA 27/W 23, Bl. 58 und 59 erst nachträglich eingefügt worden. Da die neue 11. (recte 6.) Szene jedoch mit der Szenenanweisung: „Frau Leda und Schmugglitschinski erscheinen nun wieder“ beginnt und ein Auftritt der Schmuggler in der Fassung von TS2/A2 bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorgesehen ist, kann von einer fehlerhaften Nummerierung ausgegangen werden. Der mit den Blättern ÖLA 27/W 23, Bl. 70 und 71 neu eingefügte Text entspricht mit einigen Raffungen demjenigen von TS2/A2/ÖLA 27/W 23, Bl. 68, 72–74 bzw. TS5/ÖLA 27/W 22, Bl. 72–76, wo er die 11. bis 15. (recte 10. bis 14.) Szene ausmacht. Den für A3 nicht länger gültigen Text der Blätter ÖLA 27/W 23, Bl. 68, 72–74 streicht Horváth mit schwarzer Tinte. Die auf Bl. 71 eingetragene neue 16. (recte 11.) Szene führt nun eine völlig neue Szene ein, in der die Schmuggler auf Havlicek treffen. Ursprünglich dürfte der auf die wenigen Repliken von Bl. 71 folgende Text der Szene ebenfalls auf masch. neu erstellten Blättern vorhanden gewesen sein, die sich jedoch nicht erhalten haben. Die auf die Streichungen von ÖLA 27/W 23, Bl. 68 und 72–74 folgenden und den Handlungsverlauf der neuen 16. (recte 11.) Szene fortsetzenden Blätter sind hs. auf anderem Papier (gleiches Format, jedoch Wasserzeichen Längsstreifen) gefertigt. Bei ihnen handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um die von Horváth im Brief an Gustav Hartung angekündigte „neue Szene“ (vgl. das Vorwort in diesem Band). Dementsprechend ist mit der Fortführung der Szene auf Bl. 75 der Beginn eines neuen Ansatzes zu bestimmen. In diesem fügt Horváth neben den hs. Blättern 75–77 auch die masch. gefertigten Blätter 78–82 in das bestehende Typoskript ein, wie sich durch eine Reihe von Indizien belegen lässt. Die A4 konstituierenden Blätter 75–82 lassen sich durch die verwendeten Materialien bzw. deren Beschaffenheit vom Rest des Konvoluts abgrenzen. Klar als neue Textbestandteile zu identifizieren sind die Bl. 75–77, die handschriftlich in schwarzblauer Tinte vorliegen. Die wohl aus einem weiteren Durchschlag von T2 entnommenen Blätter 78–82 gehören über eine markante Reißung am jeweils linken Blattrand zusammen und wurden vermutlich aus einem gehefteten Exemplar gerissen. Diese Blätter scheinen aufgrund ihrer materialen Beschaffenheit zunächst Bestandteil des ursprünglichen Typoskripts gewesen zu sein, wofür auch der nahtlose Textanschluss von Bl. 74 auf Bl. 78 in der Grundschicht sprechen würde. Aufgrund der auf diesen Blättern verwendeten, für A4 charakteristischen schwarzblauen Tinte lassen sie sich aber als Bestandteile dieses Ansatzes identifizieren. Ausschlaggebend dafür ist, neben der markanten Reißung, vor allem der Anschluss der neuen Szene der Bl. 75–77
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an den bestehenden Text des masch. Bl. 78: Am Kopf von Bl. 78 streicht Horváth mittels schwarzblauer Tinte die Dialogpassage zwischen Schmugglitischinski und Frau Leda zu ihrem weiteren Vorgehen sowie zu Frau Ledas Drogenabhängigkeit. Der dieser Passage unmittelbar vorangehende Text in der Fassung von A2 (Bl. 74) wurde indes noch mit schwarzer Tinte gestrichen. Somit handelt es sich bei den Blättern 78–82 mit hoher Wahrscheinlichkeit um nachträgliche Einfügungen. Gewisse Unsicherheiten gegenüber dieser Zuordnung wirft allerdings die vorgenommene Paginierung auf. Die hs. erstellten Blätter 75–77 wurden von Horváth mit 15–17 paginiert, die masch. Blätter ab Bl. 78 setzen aber wieder mit der unkorrigierten masch. Pag. 15 ein. Da jedoch bei den übrigen Materialeinfügungen ebenfalls keinerlei Paginakorrekturen vorgenommen wurden und Horváth wie im übrigen Typoskript auch hier eine Korrektur der Szenennummerierung auf Bl. 78 unterlässt, ist von Flüchtigkeitsfehlern auszugehen. Bei der auf Bl. 78 beginnenden 16. (recte 15.) Szene von TS2/A2 handelt es sich mittlerweile um die 12. Szene (bzw. die 17., geht man von der auf dem in A3 eingefügten Bl. 71 bereits nicht angepassten Nummerierung aus). Die mit Bl. 75–77 vorliegende neue Szene setzt bei dem am Fuß von ÖLA 27/W 23, Bl. 71 getippten Beginn der neuen 16. (recte 11.) Szene an: Die Schmuggler treffen auf der Brücke auf Havlicek, verwechseln ihn mit einem „Grenzorgan“ und versuchen, ihn zu bestechen. Als ihnen ihr Irrtum bewusst wird, werfen sie Havlicek von der Brücke, worauf die schlafenden Grenzer Mrschitzka und Szamek kurz erwachen, dann aber wieder einschlafen. Die Blätter 75–77 präsentieren vollständig neu geschriebenen Text, in TS2/A2 schleichen die Schmuggler an dem auf der Brücke schlafenden Havlicek einfach vorbei. Mit dem Verweis „Fortsetzung Seite 15. – 16. Szene“ werden die hs. Blätter an die ebenfalls eingefügten masch. Blätter angeschlossen. Durch die die eingefügten Blätter umgebenden Streichungen von Textmaterial sowie die Identifikation der Bl. 78–82 als Bestandteile von A4 lässt sich zumindest die ungefähre Reichweite der zuvor in A3 eingefügten Neugestaltung erkennen. Die neu eingefügten masch. Blätter umfassen fast die gesamte slapstickhafte Szene zwischen Szamek, Mrschitzka und den Schmugglern. Die letzten beiden Repliken dieser Szene befinden sich auf Material, das bereits seit A1 Bestandteil des Typoskripts ist, danach setzt die in TS2/A2 17. (recte 16.), nun 13. Szene mit der Verhaftung der Schmuggler durch Konstantin, Havlicek und Eva ein. Vermutlich hat in A3 somit eine umfangreiche Neugestaltung dieses Handlungsverlaufs vorgelegen, die allerdings in Zürich keinen Anklang fand. Die Einfügung von Blättern eines Durchschlags von T2 ergab sich wohl durch die Notwendigkeit, einen neuen Textanschluss herzustellen. Der weitere Text wird von Horváth nicht mehr bearbeitet und verbleibt so auf dem Stand von A2, wie er durch TS3–TS5 zu erschließen ist. Offen bleibt in diesem Zusammenhang, warum sich die übrigen Blätter dieser Überarbeitung, anders als beim Austausch von Material in A3, nicht erhalten haben. Aus dem bruchlosen Textanschluss, der von den in A3 gestrichenen Durchschlagsblättern an die in A4 eingefügten möglich ist (ÖLA 27/W 23, Bl. 74 auf Bl. 78), ergibt sich überdies ein denkbarer Einwand gegenüber der hier vertretenen Annahme zur Textgenese. Möglicherweise hat Horváth nochmals das ganze Typoskript vorgelegen, aus dem er die verwendeten Blätter entnommen und erneut eingelegt hat. Gegen diesen Einwand spricht vor allem die markante Reißung der Bl. 78–82, die durch ihre Entnahme aus einer Mappe ohne vorherige Auflösung der Mappenheftung entstanden ist. Während die in A2 eingefügten Blätter über eine Lochung verfügen, fehlt diese auf den neuen Blättern von A3. Daraus lässt sich schließen, dass nach der Bearbei-
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tung von A3 keine neue Heftung des Materials vorgenommen wurde. Wären die Bl. 78–82 also Bestandteil des ursprünglichen Konvoluts gewesen, würden sie, wie die in A3 ersetzten Bl. 60–63 und 72–74, nicht über eine derartige Reißung verfügen, da die dafür verantwortliche Heftung seit A3 nicht mehr vorhanden war. Zuletzt wäre es möglich, dass die Reißung durch einen Austausch von Blättern bereits in A2 zustande gekommen sein könnte. Da hierfür aber keine plausiblen Anhaltspunkte vorliegen, ist die Adaption des Textübergangs von der in A4 neu eingefügten Szene auf das Typoskriptmaterial mittels schwarzblauer Tinte als das entscheidende Kriterium anzusehen. Nach oder während der Umarbeitungen von A3 und A4 wurden von fremder Hand mittels Bleistift zahlreiche Kürzungen sowie fallweise kleinere Änderungen am Text sowie in der von Horváth nicht mehr adaptierten Szenennummerierung vorgenommen. Hierbei dürfte es sich um dramaturgische Eingriffe des Züricher Schauspielhauses im Zuge der Proben zur Uraufführung handeln. Diese wurden zum Teil in das auf TS2/A4 basierende Typoskript T6 übernommen, obwohl keine Autorisierung durch Horváth bekannt ist. Die Eingriffe beschränken sich nahezu ausschließlich auf den zweiten Teil des Stückes und betreffen Textstellen der Bl. 64–66, 68, 70, 71, 83–87, 90, 91, 93–95 und 97. Aufgrund der unklaren Autorisierung werden die betreffenden Textstellen in der vorliegenden Transkription ausgewiesen und der jeweilige Korrekturvorgang im Apparat beschrieben, die Korrektur selbst jedoch nicht realisiert, soweit es sich nicht um die Richtigstellung der Szenennummerierung aufgrund der neu eingefügten Blätter handelt (vgl. auch die Erläuterungen in den Editionsprinzipien in diesem Band S. 625). Weitere hs. Eintragungen von fremder Hand betreffen die Korrektur von offensichtlichen Tippfehlern (Bl. 37, 39, 56 und 93). Diese Korrekturen wurden mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits in A2 durch den Verlag vorgenommen und sind bereits Bestandteil der Korrekturschicht von A2. Überdies hat Hans Gál in einigen Fällen Korrekturen gesetzt, die nicht in der ansonsten gebrauchten Kurzschrift verfasst sind bzw. sich nicht unmittelbar auf die Einfügung von Liedtiteln beschränken (ÖLA 27/ W 23, Bl. 33, 55, 69 und 96). Diese Eingriffe sind bereits Bestandteil von TS2/A2 und lassen sich durch die auf diesem Ansatz basierenden und die Änderungen umsetzenden Abschriften TS3–TS5 identifizieren. Ebenfalls von fremder Hand wurden auf den Bl. 46–49 mehrere Rufzeichen mit rotem Buntstift eingetragen, deren genaue Herkunft bzw. Funktion sich nicht ermitteln ließ. Da die Rufzeichen ausschließlich neben Repliken des Staatsoberhauptes X angebracht wurden, kann ein Zusammenhang mit dem Rollenstudium oder der Bühneneinrichtung der betroffenen 32. (recte 33.) Szene des ersten Teiles vermutet werden. Durch den Vergleich von TS6 mit TS2/A4 und der mit TS5 vollständig überlieferten, für Wien gedachten Fassung lässt sich erschließen, dass mit TS2/A4 höchstwahrscheinlich die letzte von Horváth autorisierte Fassung des Stückes vorliegt. Dementsprechend wurde der Text von TS2/A4 exklusive der Bearbeitung fremder Hand als Grundlage für die Erstellung der zweiten emendierten Endfassung herangezogen und die fehlende Eingangsszene aus TS5 ergänzt. T6 = ÖLA 27/W 26 – o. BS, Bl. 1–85 85 Blatt unliniertes Papier (290 × 225 mm), dünn, Durchschlag (Kohle), geheftet in grüner Mappe mit Aufdruck des Marton-Verlags, Aufdruck „ST“ auf dem Umschlag, hs. Einträge mit Bleistift von fremder Hand, Paginierung 4–85 auf Bl. 4–85
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Chronologisches Verzeichnis
T7 = ÖLA 27/W 27 – o. BS, Bl. 1–85 85 Blatt unliniertes Papier (290 × 225 mm), dünn, Durchschlag (Kohle), geheftet in grüner Mappe mit Aufdruck des Marton-Verlags, Paginierung 4–85 auf Bl. 4–85 TS6 = Fassung mit Werktitel „Hin und Her. Posse in zwei Teilen von Ödön von Horváth. Musik von Hans Gál“ (nicht gedruckt) Druck in: Dramen 1969, S. 295–363, GW II, S. 201–272.
TS6 liegt in Form zweier vom Verlag erstellter, text- und satzidentischer Durchschläge (T6 und T7) der Fassung der Uraufführung mit Datum 1935 vor. Beide sind in grünen Mappen mit dem Copyright-Aufdruck des Verlags überliefert, wobei nur auf der in ÖLA 27/W 26 abgelegten Mappe im linken oberen Eck der Aufdruck „ST“ für Stammbuch angebracht wurde. Aufgrund der Änderungen im zweiten Teil des Stückes kommt als Textgrundlage nur TS2/A4 infrage, wobei die vorliegende Textstufe auch einen Großteil der teilweise umfangreichen Streichungen durch Bleistift fremder Hand umsetzt. Eigentümlicherweise wird auch das mit TS5 belegte und wohl durch Textverlust bereits während der Entstehungszeit nicht in TS2/A4 enthaltene Lied des Szamek samt der ersten Szene des Stückes nicht in TS6 aufgenommen. Zusammen mit der Umsetzung der wohl durch die Züricher Dramaturgie gesetzten Streichungen betrachtet, scheint die über die Züricher Uraufführung hinausgehende Autorisierung von TS6 fraglich. Entweder wurden diese Streichungen direkt von Horváth angeregt bzw. nachträglich von ihm für die weitere Verwendung des Stückes autorisiert oder der Verlag hat selbsttätig und ohne Zustimmung des Autors eine Abschrift des zur Uraufführung gelangten Textes angefertigt. Da nur ein Teil der Korrekturen fremder Hand in TS6 aufgenommen wurde, liegt der Schluss nahe, Horváth habe nach der Uraufführung die dortigen Bearbeitungen zur Kenntnis genommen und teilweise autorisiert. Zwar trägt, wie erwähnt, eine der Mappen einen Stammbuch-Vermerk, da die zweite Mappe jedoch unmarkiert ist, bleibt dieser Befund uneindeutig. Gegen die Annahme einer Autorisierung sprechen schließlich mehrere Einwände: Zum einen finden sich keine bestätigenden Eintragungen Horváths zu diesen Streichungen, wie sie etwa zu den Anmerkungen Hans Gáls im selben Typoskript für A2 vorliegen. Zum anderen spricht die Überlieferungslage des Typoskripts dagegen. Die Mappe ÖLA 27/W 23, die TS2/A1–A4 konstituiert und in ihrem letzten Bearbeitungszustand die Textgrundlage der Abschriften T6 und T7 bildet, liegt im Splitternachlass Ödön von Horváth vor und entstammt damit dem ursprünglich vom Thomas Sessler Verlag übernommenen Archivbestand des Marton Verlags. Es ist somit eher wahrscheinlich, dass das Typoskript Horváth gar nicht mehr vorgelegen hat und nach der Uraufführung ohne weitere Einsichtnahme durch den Autor im Besitz des Marton Verlags verblieb. Angesichts der bereits zuvor aufgetretenen Unregelmäßigkeiten in der Zusammenarbeit von Autor und Verleger – etwa die mehrfach erstellten, teils fehlerhaften Verlagstyposkripte auf der Basis von TS2/A2 (vgl. den Kommentar zu TS3–TS5) – dürfte die Entstehung von TS6 neuerlich einem Abstimmungsproblem geschuldet sein. Am wahrscheinlichsten scheint damit folgender Verlauf zu sein: Da der Verlag die in Zürich aufgeführte Fassung wohl in einer gegebenenfalls weiter verwendbaren Form benötigte und das Typoskript durch die in TS2/A4 erfolgten Änderungen an der Szenenfolge sowie die von TS2/A2 übernommenen Korrekturen von Horváth autorisiert war, wurden die Kürzungen fremder Hand als weitere Bearbeitung des Autors interpretiert. Die nicht übernommenen Streichungen wären dementsprechend mangelnder Sorgfalt durch den Verlag zuzuschreiben. Dadurch würde sich auch das neuerliche
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Konzeption 2
Fehlen der Eingangsszene sowie des Liedes erklären, die bereits bei den Abschriften der mit TS2/A2 vorliegenden Fassung zu Unregelmäßigkeiten geführt haben (vgl. die Kommentare zu TS3–TS5). Im Gegensatz zu T3 und T4 wurde im Falle von T6 und T7 die aus dem Verlust der Eingangsszene des ersten Teiles in T2 resultierende fehlerhafte Szenennummerierung – dort folgt auf die erste die dritte Szene – in eine fehlerfreie, wenngleich nicht der intendierten Textgestalt entsprechende Ordnung gebracht. Berichtigt wurde außerdem die in TS2/A4 durch die neu eingefügten Blätter zunehmend konfuse Szenennummerierung Horváths im zweiten Teil. Von den von fremder Hand vermerkten Textstreichungen wird ein Großteil übernommen. Nur teilweise realisiert wird eine Streichung des Dialogs zwischen Havlicek und Frau Hanusch zu dessen Geburtstag (TS2/A4/ÖLA 27/W 23, Bl. 65 und 66). Nicht realisiert werden die Streichungen im Dialog zwischen Mrschitzka und Szamek (ÖLA 27/W 23, Bl. 84), die Streichung in Szameks Ausruf: „Da geh her und folg ihm nicht! Wie kommst denn da dazu, wildfremde Nonnen zu fesseln?!“ (ebd.) sowie die Streichung der Replik Evas: „Und in vier Wochen heiss ich – (zu Konstantin) wie du.“ (ÖLA 27/W 23, Bl. 95) Die vorliegende Textstufe wurde, ohne Ausweis der benutzten Textgrundlage, von Dora Hahn und Hansjörg Schneider als Grundlage des Erstdrucks von Hin und her in dem Band Dramen (1969) benutzt und lag auch dem Abdruck in den Gesammelten Werken (1970) zugrunde, dort unter der Bezeichnung „Theatermanuskript des Thomas Sessler Verlags“ (GW II, S. 5*).
Konzeption 2: Hin und her – Adaptierungsarbeiten Bei den in Konzeption 2 versammelten Entwürfen und Textstufen handelt es sich, entgegen der von Krischke zuletzt vertretenen Ansicht (KW 7, S. 441–443), um verschiedene Ansätze einer grundlegenden Überarbeitung des bereits abgeschlossenen Stückes Hin und her. Dagegen spricht vor allem, dass die vorliegenden Arbeiten das Gerüst für eine völlig andere Stückkonzeption in drei bzw. zwei Teilen entwerfen. Diese Annahme lässt sich durch zwei Beobachtungen am Material stützen: einerseits die Verwendung eines Großteils der zentralen Figuren des fertigen Stückes (vgl. E12 und TS2) sowie das Fehlen von weiterführenden Anmerkungen zum „Hin und Her“-Teil in den überlieferten Strukturplänen (vgl. E8 und E12) und andererseits die demgegenüber große Unschlüssigkeit in der Behandlung des exponierten Plots. Weitere Anhaltspunkte ergeben sich durch die fallweise gemeinsame Entstehung von Entwürfen mit solchen unter dem Titel „L’inconnue de la Seine“ (vgl. E9–E11 und E18). Dort entwirft Horváth ein Stück, das auf Motiven des Stückes Eine Unbekannte aus der Seine aufbaut. Da Eine Unbekannte aus der Seine und Hin und her teilweise gleichzeitig erarbeitet wurden und beide Stücke für eine Aufführung in Wien Ende 1933/Anfang 1934 vorgesehen waren, lassen sich auch hierin Argumente für eine Einordnung der Entwürfe nach Abschluss zumindest einer der Stückfassungen finden. Während Horváth, wohl aufgrund der Annahme des Stückes durch das Züricher Schauspielhaus, die Umarbeitungen zu Hin und her abgebrochen hat, münden die unter den Titeln L’inconnue de la Seine und später Das unbekannte Leben geführten Adaptierungsarbeiten in das 1935 uraufgeführte Stück Mit dem Kopf durch die Wand.
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Höchstwahrscheinlich dürften die vorliegenden Textarbeiten an die zuletzt mit K1/TS5 vorliegende Fassung anschließen, die ursprünglich für eine Inszenierung in Wien gedacht war (vgl. das Vorwort in diesem Band). Die für die vorgenommene chronologische Einordnung aussagekräftigsten Hinweise geben E1 und TS1. E1 wurde in das Notizbuch Nr. 2 eingetragen, das sich auf die Jahre 1934/35 datieren lässt, wobei die Bearbeitung des Notizbuchs – klar auf 1935 datierbare Entwürfe zu Mit dem Kopf durch die Wand wurden am anderen Ende des Notizbuchs eingetragen – im Falle von E1 eher für 1934 spricht. In TS1 wiederum zeichnet sich Horváths Versuch ab, das bisher zweiteilige Stück gemäß seiner Entwürfe in einen Teil zusammenzufassen. Dafür greift er auf einen Durchschlag von K1/TS3 zurück, der aufgrund seiner Textgestalt eindeutig auf 1933 datierbar ist (vgl. den Kommentar zu K1/TS3). Der Rückgriff auf diesen Durchschlag lässt eine Bearbeitung vor den für das Züricher Schauspielhaus erfolgten Eingriffen am wahrscheinlichsten erscheinen, wenngleich sich durch die unklare Autorisierung der Abschrift der für die Uraufführung maßgeblichen Fassung, die dem Autor wohl nicht mehr vorlag, Unsicherheiten ergeben (vgl. dazu den Kommentar zu K1/TS6). Die in Konzeption 2 versammelten Arbeiten stellen so betrachtet den Versuch dar, nach der nicht zustande gekommenen Aufführung am Deutschen Volkstheater in Wien Anfang 1934 das Stück umzuarbeiten. An dieser ungefähren zeitlichen Einordnung der Adaptierungsarbeiten von Hin und her zwischen der Ablehnung des Stückes in Wien Anfang 1934 und seiner Annahme in Zürich im Verlauf desselben Jahres bleiben jedoch Restzweifel bestehen. Trotz aller hier und im Folgenden für diese Datierung gesammelten Argumente kann nicht ausgeschlossen werden, dass einige der Umarbeitungen erst nach der Uraufführung entstanden sind. Somit wären sie weniger eine Reaktion auf Horváths Scheitern an den Wiener Bühnen, sondern stellten den Versuch dar, das Stück nach der missglückten Uraufführung in eine neue Form zu überführen. Eine alternative Datierung des Materials bietet die Arbeit von Andrea Wenighofer, die die Umarbeitungen im Kontext von Filmprojekten Horváths verortet. Traugott Krischke wiederum gibt in seiner Theaterdokumentation einen Hinweis auf eine geplante Aufführung von Hin und her 1936 in Wien durch die Gruppe Ernst Lönner, die bereits 1935 eine Neuinszenierung von Kasimir und Karoline gespielt hatte (vgl. WA 4). Krischke führt für diese Behauptung jedoch keinen nachprüfbaren Beleg an (vgl. zu den alternativen Datierungen das Vorwort in diesem Band). H1 = ÖLA 3/W 369 – o. BS, Bl. 6 1 Blatt des Notizbuchs Nr. 2 mit orangefarbenem Kartoneinband, kariertes Papier (165 × 99 mm), Bleistift E1 = Strukturplan in drei Teilen mit Werktitel „Hin und Her“
E1 wurde in das Notizbuch Nr. 2 eingetragen und steht dort neben Entwürfen zu mit „Ein Wunschtraum“ und „Die Reise ins Paradies“ betitelten Werkprojekten sowie Arbeiten zu Figaro läßt sich scheiden und Mit dem Kopf durch die Wand. Aufgrund dieser Einträge lässt sich das Notizbuch auf die Jahre 1934/35 datieren, weshalb E1 erst nach Abschluss des Stückes Hin und her entstanden sein muss. Unter dem Titel „Hin und Her“ zeigt E1 eine Struktur in drei Teilen, die mit „Brücke“, „Bei Frau Hanusch“ und neuerlich mit „Brücke“ betitelt sind. Durch die Gliederung in drei Teile sowie den für den zweiten Teil vermerkten Schauplatzwechsel hebt sich bereits dieser sehr knappe Entwurf merklich von dem in Konzeption 1 ausgearbeiteten Stück ab.
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Die genaue Einordnung von E1 in die genetische Reihe von Konzeption 2 ist allerdings unsicher. Da sich die anderen Entwürfe dieses Bearbeitungsprozesses in solche zu einer Struktur in drei bzw. zwei Teilen gruppieren lassen, wobei „Hin und Her“ den ersten Teiltitel darstellen sollte, wurde E1 aufgrund dieses formalen Kriteriums der ersten Gruppe zugeordnet (zur Reihung vgl. ausführlich den Kommentar zu E2–E4). Aufgrund des geringen Ausreifungsgrades sowie mangels expliziter Anschlussmöglichkeiten an das übrige Material steht E1 am Beginn dieser Gruppe. H2 = ÖLA 3/W 43 – BS 43 b, Bl. 1 1 Blatt unliniertes Papier (225 × 143 mm), geschnitten, schwarzblaue Tinte E2 = teilweise gestrichener Titelentwurf „Hin und Her“, „Auf und Ab“ und „Drunter und Drüber“ mit Notizen E3 = Titelentwurf „Undsoweiter“, „Hin und Her“ und „Auf und Ab“ E4 = Titelentwurf „Hin und Her“, „Drunter und Drüber“ und „Auf und Ab“ mit Notizen Faksimile in: Krischke/Prokop 1972, S. 109.
Die Entwürfe E2–E13 sind auf demselben Material gefertigt. Es handelt sich jeweils um einzelne Blätter unlinierten Papiers, die mittels einer Schere oder einem Papiermesser halbiert wurden. Innerhalb dieser durch die Papiersorte zusammengehörigen Gruppe lassen sich wiederum Entwürfe in schwarzblauer (E2–E8) von solchen in schwarzer Tinte (E9–E13) unterscheiden. Dieser Unterteilung korrespondiert auch die formale Entwicklung: E2–E8 exponieren eine Struktur in drei Teilen, die in E12 und E13 schließlich in eine Struktur in zwei Teilen überführt wird, wobei E9–E11 vor allem Notizen und Dialogskizzen umfassen, die keine exakte formale Eingrenzung des zugrunde liegenden Stückes erlauben. Aufgrund der erkennbaren Entwicklung der Entwürfe wurden die Entwürfe zu drei Teilen zuerst gereiht. Diese Reihung lässt sich durch die Eintragung eines zweiteiligen Entwurfs in direktem Umfeld elaborierter Strukturpläne des unter den Titeln L’inconnue de la Seine bzw. Das unbekannte Leben geführten Werkprojekts (E18) weiter stützen, dem sich durch die verwendete Papiersorte weitere Entwürfe mit einer Struktur in zwei Teilen zuordnen lassen (E14–E17). Mit dem Blatt BS 43 b, Bl. 1 liegen drei Entwürfe vor, die eine erste Eingliederung des ursprünglichen Stückes Hin und her in eine Struktur in drei Teilen skizzieren, in dem es nur den ersten Teil eines Zyklus darstellen sollte. Während E1 noch die Gliederung eines zusammenhängenden Stückes in drei Teilen darstellt, werden in E2–E4 drei formal voneinander getrennte, jedoch inhaltlich zusammengehörige „Possen“ in jeweils einem Teil entworfen. Die ersten beiden Teiltitel, „Hin und Her“ und „Auf und Ab“, stehen bereits fest, für den dritten Titel schwankt Horváth in E2 und E3 noch zwischen „Drunter und Drüber“ und „Undsoweiter“, um sich in E4 schließlich für „Drunter und Drüber“ zu entscheiden. Unklar bleibt zunächst, ob der Titel „Undsoweiter“ in E3 als Obertitel für die beiden anderen gelten könnte, auch ist die genaue Trennung zwischen E2 und E3 unsicher, da anscheinend „Undsoweiter“ zunächst als Ersetzung des gestrichenen „Drunter und Drüber“ gedacht war. Während die Ersetzung sowie das strukturierende Sternzeichen für eine Zuordnung zu E2 sprechen würden, folgt die hier gewählte Darstellung der von Horváth vorgenommenen Einrahmung, die auf eine engere Zusammengehörigkeit von „Undsoweiter“ mit den übrigen Eintragungen von E3 schließen lässt. In E4 erscheint das in E2 zunächst gestrichene „Drunter und Drüber“ schließlich wieder als separater Stücktitel. Unter den übrigen Entwürfen weist nur E15 „Drunter und Drüber“ als Obertitel aus, ein Titel „Undsoweiter“ wird im üb-
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rigen Konvolut nicht mehr erwähnt. Die Abfolge der einzelnen Stücke ist noch offen, während in E2 der Titel „Auf und Ab“ an zweiter Stelle steht, ändert Horváth in E4 die Abfolge zugunsten von „Drunter und Drüber“. Diese Struktur bleibt bis E6 bestehen, wo die Vertauschung wieder rückgängig gemacht wird. Die neben bzw. in die Titelabfolgen eingetragenen Notizen „Havlicek arbeitet an einer droguistischen Erfindung“ und „Havlicek, der Wunderdoktor“ belegen bereits starke Abweichungen von dem in Konzeption 1 erarbeiteten Stück. Sie sind zum jeweils auf „Hin und Her“ folgenden Titel eingetragen und umreißen wohl den an die dortigen Ereignisse anschließenden Handlungsverlauf, der in E7, E8, E11 und E12 weitere Ausarbeitung erfährt (vgl. dazu die jeweiligen Kommentare). Für den letzten Teil von E4, „Auf und Ab“, ist weiters eine Replik Havliceks notiert: „Hin und her, drunter und drüber, auf und ab – so ist das Leben!“ H3 = ÖLA 3/W 46 – BS 43 e, Bl. 1, ÖLA 3/W 46 – BS 43 f, Bl. 1 Insgesamt 2 Blatt, davon 1 Blatt unliniertes Papier (225 × 143 mm), geschnitten und 1 Blatt unliniertes Papier (225 × 141 mm), geschnitten, schwarzblaue Tinte E5 = Titelentwurf „Hin und Her“, „Drunter und Drüber“ und „Auf und Ab“ (BS 43 e, Bl. 1, links oben) E6 = Titelentwurf „Hin und Her“, „Auf und Ab“ und „Drunter und Drüber“ (BS 43 e, Bl. 1, rechts oben) 7 E = Notizen (BS 43 e, Bl. 1, mittig) E8 = Strukturplan in zwei Teilen mit Dialogskizzen und Notizen (BS 43 e, Bl. 1, unten und BS 43 f, Bl. 1) Druck von E8 in: KW 7, S. 441f.
Das für E5–E8 verwendete Schreibmaterial – halbiertes Blatt unliniertes Papier, schwarzblaue Tinte – entspricht dem von BS 43 b, Bl. 1, auf dem E2–E4 überliefert sind. Die auf den Blättern ÖLA 3/W 46 – BS 43 e, Bl. 1 und ÖLA 3/W 46 – BS 43 f, Bl. 1 überlieferten Entwürfe umfassen zwei Titelentwürfe, Notizen sowie einen mit Dialogskizzen und Notizen versehenen Strukturplan zu den beiden Titeln „Auf und Ab“ und „Drunter und Drüber“, durch dessen Fortsetzung sich auch die Zusammengehörigkeit der beiden Blätter ergibt. Der genetische Zusammenhang mit den vorangehenden Entwürfen E2–E4 lässt sich über die Abfolge der Teiltitel herstellen: Wie in E4 ist in E5 der Titel „Drunter und Drüber“ an zweiter und „Auf und Ab“ an dritter Stelle vorgesehen. Bei sämtlichen Teiltiteln von E4 wurde die Gattungsbezeichnung „Posse in einem Akt“ hinzugefügt. E6 stellt die Abfolge der Teiltitel wieder auf den Stand von E2 zurück, der im weiteren Schreibverlauf schließlich beibehalten wird. Die Eintragungen von E7 geben einen genaueren Einblick in die geplante Handlung: Durch die Erfindung von „Hustenbonbons“ rettet Havlicek das „Haus“, womit Horváth an die Notiz „Havlicek arbeitet an einer droguistischen Erfindung“ von E2 zum Titel „Auf und Ab“ anschließt. Mit dem „Haus“ ist vermutlich die Gastwirtschaft von Frau Hanusch gemeint, die in Hin und her durch das auf die Schmuggler ausgesetzte Kopfgeld vor dem Ruin bewahrt wird. Wie die weiteren Arbeiten von Konzeption 2 zeigen, wollte Horváth die Schmuggler-Handlung aus dem Stück entfernen (vgl. den Kommentar zu TS1), um die Struktur in zwei Teilen der ursprünglichen Posse auf einen Teil zu verkürzen. Dem in E8 erarbeiteten Strukturplan sind bereits erste Dialoge für die beiden Teile „Auf und Ab“ und „Drunter und Drüber“ angefügt. Da keinerlei Notizen zum ersten Teil, „Hin und Her“, vorhanden sind, kann davon ausgegangen werden, dass Horváth
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den Handlungsverlauf des in Konzeption 1 erarbeiteten Stückes im Wesentlichen beibehalten hat. Unter dem Titel „Auf und Ab“ skizziert Horváth einen Dialog zwischen Frau Hanusch und Eva, die sich über ihre Männer beklagen. So ist Frau Hanusch enttäuscht, da sie sich „einen Mann zum repräsentieren“ (E8/BS 43 e, Bl. 1; vgl. K1/TS2/A2/ÖLA 27/W 23, Bl. 14) erhofft hätte, Havlicek aber nur in seinem „Laboratorium“ (ebd.) arbeite. Eine ähnliche Klage Frau Hanuschs notiert Horváth in E14. Eva wiederum vermisst bei ihrem Gatten eine regelmäßige Rasur. Die Dialogskizzen zum dritten Teil, „Drunter und Drüber“, sind weitaus ausführlicher und schließen wohl an die Notiz „Havlicek, der Wunderdoktor“ von E4 an. Havlicek ist für zahlreiche Kranke zu einem „Meister“ (E8/BS 43 f, Bl. 1) geworden, der im ehemaligen Gasthof gemeinsam mit der nunmehrigen Frau Havlicek ein Sanatorium betreibt. Die Kranken sind der Ansicht, Havlicek könne alles heilen, was dieser mit der Bemerkung „Ich hab nur ein Hustenbonbons erfunden“ (ebd.) abzuwehren versucht. Vorgesehen ist ein Streit zwischen Havlicek und seiner Frau, der er vorwirft, „habgierig“ zu sein und „das Glück nicht ertragen“ zu können. Schließlich äußert er den Wunsch, keine Pillen mehr zu verkaufen und doch nur Gastwirt zu sein. Die letzte Replik Havliceks endet mit den Worten „und wenn wer das nicht ertragen kann, dann gehts hin und her, und auf und ab und drunter und drüber“ (E8/BS 43 f, Bl. 1), worin sich die Änderung der Titelabfolge neuerlich widerspiegelt (vgl. dazu die Replik in E4). H4 = ÖLA 3/W 43 – BS 43 b, Bl. 2 1 Blatt unliniertes Papier (225 × 144 mm), geschnitten, schwarze Tinte, Bleistift E9 = Titelentwurf „Hin und Her“, „Auf und Ab“ und „Drunter und Drüber“ (links oben) E10 = teilweise gestrichener fragm. Strukturplan mit Werktitel „Die brave Fee von Felsenstadt“ (mittig) E11 = Dialogskizze (unten) Druck von E10 und E11 in: GW IV, S. 28*.
E9–E11 sind wie die vorgereihten Entwürfe auf einem halbierten Blatt gefertigt, hier wie in den folgenden E12 und E13 wurde aber schwarze Tinte, im Fall von E11 zusätzlich Bleistift verwendet. Die notierten Entwürfe lassen nur wenige Rückschlüsse auf ihren genetischen Zusammenhang zu. Aufgrund der in E9 festgehaltenen Reihenfolge der Titel kann, gemeinsam mit den Unterschieden in den Schreibmaterialien, von einer Entstehung nach E2–E8 und vor E12, der den Umschlag auf eine Struktur in zwei Teilen zeigt, ausgegangen werden. E9 wiederholt die Titelreihenfolge von E7 und fügt zum Titel „Hin und Her“ die Gattungsbezeichnung „Posse in einem Akt“ hinzu. Die restlichen Titel erhalten keine Gattungsangabe, vermutlich hat Horváth die Eintragungen zu diesem Entwurf abgebrochen. Mit E10 kommt über den Titel „Die brave Fee von Felsenstadt“ ein gänzlich neues Element in die Textgenese, das das geplante Stück eher als Zaubermärchen erscheinen lässt. Die dem Titel zugehörigen Einträge sind allerdings kursorisch und wenig aussagekräftig. Vollständig wurde nur „1.) Der Drogueriebesitzer“ notiert, wodurch der Entwurf in das Umfeld der Arbeiten zu Hin und her verortet werden kann, dann aber wieder gestrichen. Möglicherweise steht der Entwurf in Zusammenhang mit E19 und TS2, in denen die Grundzüge eines Zaubermärchens erarbeitet werden, das als Akteure neben den Figuren aus Hin und her auch die Allegorien „Wunschtraum“ und „Angsttraum“ sowie eine „Königin der Nacht“ vorsieht (vgl. den Kommentar zu E19 und TS2).
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Der unterhalb von E10 notierte Entwurf E11 enthält eine Dialogskizze zwischen Frau Hanusch und Havlicek, die durch später hinzugefügte Bleistiftnotizen erweitert wurde. Frau Hanusch berichtet darin, sie habe um ihr „letztes Geld telegraphiert. Nach beiden Seiten. Es sind doch keine Unmenschen“, was Havlicek mit „Doch!“ beantwortet. Im Anschluss an eine Publikumsansprache der Frau Hanusch wurde mit Bleistift ergänzt: „durch die Presse habens die Minister erfahren und alle haben gelacht.“ Darauf meint Havlicek: „Aber ich bin doch kein Witz.“ Diese Äußerung Havliceks fällt im gleichen Wortlaut in den abgeschlossenen Fassungen des Stückes (K1/TS5/ÖLA 27/W 22, Bl. 27; K1/TS2/A4/ÖLA 27/W 23, Bl. 25). Dies kann als Hinweis gewertet werden, dass die Dialogskizze für eine Überarbeitung der ersten Posse, „Hin und Her“, gedacht war. In der rechten oberen Ecke des Blattes hat Horváth zwei Titelentwürfe zu einem Stück mit dem Titel „L’inconnue de la Seine“ als „Schauspiel in drei Akten“ sowie in Klammern „Glaube Liebe Hoffnung“ notiert. Hierbei handelt es sich höchstwahrscheinlich um Notizen für eine Überarbeitung seines bereits 1933 abgeschlossenen Stückes Eine Unbekannte aus der Seine. Unter wechselndem Titel wird in dieser Überarbeitung ein Stück über die Filmbranche entworfen, mit der Horváth 1934 einige Erfahrungen gesammelt hat. 1935 münden diese Arbeiten schließlich in das an der Wiener Scala uraufgeführte Stück Mit dem Kopf durch die Wand. Für die Datierung der unter Konzeption 2 versammelten Entwürfe lassen sich aufgrund der ihrerseits schwierigen Datierung der Textgenese zu dem unter den Titeln L’inconnue de la Seine und später Das unbekannte Leben geführten Werkprojekt keine abgesicherten Schlüsse ziehen. Wie größere konzeptionelle Unterschiede dort zeigen, hat Horváth wahrscheinlich über einen längeren Zeitraum daran gearbeitet. Vermutlich hat Horváth, nachdem eine Aufführung von Eine Unbekannte aus der Seine in Wien nicht mehr zustande kam, analog zu Hin und her einen Überarbeitungsprozess begonnen, der schließlich in Mit dem Kopf durch die Wand seinen Abschluss gefunden hat. H5 = ÖLA 3/W 45 – BS 43 d, Bl. 1 1 Blatt unliniertes Papier (225 × 144 mm), geschnitten, schwarze Tinte E12 = teilweise gestrichener Strukturplan in drei Teilen mit Dialogskizzen und Notizen (oben) E13 = Titelentwurf „Hin und Her und Auf und Ab“ (unten) Druck von E12 in: KW 7, S. 442f.
Die wie E9–E11 mittels schwarzer Tinte gefertigten und dadurch von E2–E8 material abgrenzbaren Entwürfe E12 und E13 dokumentieren den Übergang von der bis dahin geplanten Struktur in drei hin zu einer Struktur in zwei Teilen. In E12 notiert Horváth zunächst die drei Teiltitel „Hin und Her“, „Auf und Ab“ und „Drunter und Drüber“ und versieht sie mit Notizen, um schließlich den letzten Teil zu streichen. In E13 verbindet Horváth die beiden anderen Teiltitel zu einem gemeinsamen „Hin, Her, Auf und Ab“, das er mit der Gattungsbezeichnung „Posse in zwei Teilen“ versieht. Die Notizen und Dialogskizzen zu E12 betreffen vor allem den zweiten Teil, „Auf und Ab“, und führen die Umstände von Havliceks Erfindung eines „Hustenbonbons“ (vgl. E7 und E8) weiter aus. Dieses wird durch die „drei Gläubiger“ der bankrotten Frau Hanusch erworben. Ein zweiter Handlungsstrang betrifft die Heirat von Eva und Konstantin, die nach Zustandekommen eines Nichtangriffspakts den Segen von Evas Vater Szamek erhalten haben. Im weiteren Verlauf soll sich Konstantin einen Husten
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zuziehen, den er trotz der Hustenbonbons Havliceks bis zu seiner Hochzeitsnacht nicht loswird. Der in E13 zusammengefasste Titel „Hin, Her, Auf und Ab“ zeigt, statt dem bisher entwickelten Aufbau von drei formal voneinander unabhängigen Possen, wieder ein gemeinsames Stück in zwei Teilen. Traugott Krischke vermerkt dazu, dass die Gruppe Ernst Lönner, die für die erfolgreiche Inszenierung von Kasimir und Karoline in Wien 1935 verantwortlich zeichnete (vgl. WA 4), im Jahr 1936 eine Aufnahme des Stückes unter dem Titel „Hin und her und auf und ab“ plante, die aber aufgrund finanzieller Probleme nicht zustande kam. Allerdings liefert Krischke für diese Behauptung keinen nachprüfbaren Beleg (vgl. dazu das Vorwort in diesem Band). H6 = ÖLA 3/W 49 – BS 43 h, Bl. 1 1 Blatt kariertes Papier (285 × 221 mm), Wasserzeichen „M.K.-Papier“, geschnitten, Bleistift E14 = Titelentwurf „Hin und Her“, „Auf und Ab“ und „Drunter und Drüber“ E15 = Strukturplan in zwei Teilen mit Werktitel „Drunter und Drüber“ E16 = Strukturplan in zwei Teilen mit Notizen E17 = Titelentwurf „Hin und Her“ und „Auf und Ab“ Druck von E15 in: GW IV, S. 28*.
H7 = ÖLA 3/W 59 – BS 51 [1], Bl. 2v 1 Blatt kariertes Papier (285 × 225 mm), Wasserzeichen „M.K.-Papier“, gefalteter Bogen, schwarze Tinte E18 = Titelentwurf „Hin und Her“ und „Auf und Ab“
Die genaue genetische Einordnung von E14–E18 ist ungewiss. Aufgrund des für E14–E17 verwendeten Materials, es handelt sich um die Hälfte eines Bogens karierten Papiers mit dem Wasserzeichen „M.K.-Papier“, kann das Blatt BS 43 h, Bl. 1 klar von den übrigen Blättern abgegrenzt werden. Da E18/BS 51 [1], Bl. 2v ebenfalls auf einem in diesem Falle vollständigen Bogen derselben Papiersorte eingetragen ist, ist von einem textgenetischen Naheverhältnis dieser Entwürfe auszugehen. E18 wurde im unmittelbaren textgenetischen Umfeld des unter den Titeln L’inconnue de la Seine bzw. Das unbekannte Leben geführten Werkprojekts gefertigt (vgl. den Kommentar zu E9–E11), Papier mit dem Wasserzeichen „M.K.-Papier“ wurde dort aber nicht weiter benutzt. Das Blatt verdeutlicht die Parallelität der beiden Arbeitsprozesse, wirft aber Probleme hinsichtlich der genetischen Einordnung der Entwürfe auf, da das genannte Werkprojekt genaue zeitliche Bestimmungen nur schwer zulässt. Das Projekt mündet in das 1935 uraufgeführte Stück Mit dem Kopf durch die Wand, der vorangehende Schreibprozess dürfte sich aber über einen längeren Zeitraum erstreckt haben. Dafür sprechen die starken konzeptionellen Differenzen zwischen den unter den Titeln L’inconnue de la Seine bzw. Das unbekannte Leben notierten Entwürfen. Vermutlich hat Horváth, ähnlich wie im Falle von Hin und her, nach der Ablehnung des Stückes Eine Unbekannte aus der Seine durch die Wiener Bühnen 1934 mit einer Umarbeitung begonnen, um den erarbeiteten Text verwerten zu können. Während der entsprechende Überarbeitungsprozess im Falle von Hin und her nach der Annahme des ursprünglichen Stückes in Zürich abgebrochen wurde, setzte hier eine sich vom ursprünglichen Stück vollständig emanzipierende Textgenese ein (vgl. den Kommentar zu E9–E11). Für die vorliegenden, Hin und her zugehörigen Blätter bedeutet dies einen sehr langen Zeitraum ihrer möglichen Entstehung. Während die Gestalt von E18 für eine
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Chronologisches Verzeichnis
sehr frühe Einordnung der Blätter sprechen würde, deuten E14–E17 im Vergleich mit der Textentwicklung in E2–E13 eher auf eine spätere Entstehung hin. Die hier vorgenommene Reihung folgt der Annahme einer späten Entstehung von E14–E17, denen aufgrund der verwendeten Papiersorte E18 beigestellt wird. E14 wiederholt zunächst die in E2–E11 dominierende Struktur in drei Teilen, um mit 15 E sogleich zur in E12 und E13 erarbeiteten Struktur in zwei Teilen überzugehen. Da Horváth hier als gemeinsamen Titel „Drunter und Drüber“ wählt, ist von keinem unmittelbaren Naheverhältnis zu E12 und E13 auszugehen, die als gemeinsamen Titel „Hin, her, auf und ab“ (E13) entwickelt haben. E15–E17 nennen durchgängig „Hin und Her“ als ersten und „Auf und Ab“ als zweiten Teiltitel, E15 gibt darüber hinaus die Gattung des intendierten Stückes zu erkennen: „Posse mit Gesang und Tanz in zwei Teilen“, was eine weitere Neuausrichtung des Stückes erkennen lässt. Zu E16 liegt eine umfangreiche Replik der Frau Hanusch vermutlich zum zweiten Teil, „Auf und Ab“, vor. Die in dieser Replik angesprochenen Themen – finanzieller Leichtsinn, ein „Laboratorium“ – ermöglichen Anschlüsse an die in E2–E13 exponierten Handlungsmomente. Das Nebeneinander der Strukturen in drei sowie der in zwei Teilen auf BS 43 h, Bl. 1 lässt schließen, dass Horváth hier bereits auf Aufzeichnungen zu Varianten zurückgreifen konnte. Dies würde auch den angesichts der weitergehenden Entwürfe von E2–E13 nahtlos wirkenden Übergang zwischen den beiden Strukturvarianten erklären. Der unmittelbar im Umfeld von Entwürfen zu dem Werkprojekt L’inconnue de la Seine angelegte Entwurf E18 fällt merklich aus dem Rahmen des zuvor Entworfenen. Horváth notiert wiederum die beiden Titel „Hin und Her“ und „Auf und Ab“, versieht beide jedoch mit der Gattungsbezeichnung „Lustspiel“. Diese Gattungsbezeichnung wurde zuletzt für die erste überlieferte Fassung des Stückes (K1/TS1) gebraucht und seither im gesamten Produktions- wie Adaptierungsprozess nicht mehr verwendet. Darin ließen sich Argumente für eine sehr frühe Entstehung des Entwurfes, möglicherweise sogar noch in Konzeption 1, finden. Da für Konzeption 1 keine Entwürfe belegbar sind und die auf demselben Blatt vermerkten Arbeiten zu L’inconnue de la Seine wohl nicht vor 1934 entstanden sind, ist aber von einer Zugehörigkeit des Blattes zu Konzeption 2 auszugehen. T1 = ÖLA 3/W 44 – BS 43 a, Bl. 1–47 47 Blatt unliniertes Papier (296 × 208 mm), dünn, Durchschlag (Kohle), hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte und rotem Buntstift TS1 = fragm. Fassung (Korrekturschicht)
TS1 ist auf insgesamt 47 Blatt Durchschlägen von K1/T3 überliefert. Aufgrund der Verwendung dieses Durchschlags erscheint die Datierung eines Großteils der vorliegenden Entwürfe auf das Jahr 1934 die plausibelste Annahme zu sein (zu alternativen Annahmen vgl. die Ausführungen im Vorwort in diesem Band). Überarbeitungen Horváths sind nur im fragmentarisch überlieferten ersten Teil zu finden, die Blätter des zweiten Teiles zeigen das Stück unverändert und bis auf das letzte Blatt vollständig in der für Wien gedachten Fassung. Klar erkennbar ist jedoch im ersten Teil der Versuch, das Stück stark zu kürzen und Änderungen am inhaltlichen Verlauf vorzunehmen. So etwa wird auf BS 43 a, Bl. 5 die Szenennummerierung um neun zurückgesetzt, besonders auffällig aber ist die auf den bearbeiteten Blättern erkennbare Absicht, die Schmugglerhandlung aus dem Stück zu entfernen. Horváth streicht auf
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Konzeption 2
den Blättern BS 43 a, Bl. 4 und 5 nicht nur die Szene, die seit K1/TS1 die Schmugglerhandlung exponieren sollte (Szene 24 in K1/TS1/ÖLA 24/W 19, Bl. 36), sondern tilgt auch jegliche Referenz auf die beiden Schmuggler als die letzten Gäste der Frau Hanusch (vgl. die Überarbeitungen auf BS 43 a, Bl. 4) sowie auf deren Ergreifungsprämie (BS 43 a, Bl. 8). Da die Schmugglerhandlung einen Großteil des zweiten Teiles in den übrigen Fassungen des Stückes ausmacht, lässt die merkliche Verknappung den Schluss zu, dass mit TS1 eine Überarbeitung im Sinne der in E2–E18 geplanten Änderung des Stückes in einen Einakter vorliegt. Einige inhaltliche Aspekte der in den Entwürfen skizzierten Handlungsverläufe sprechen für diese Annahme: Die wirtschaftliche Sanierung der Frau Hanusch geschieht nun nicht durch die Ergreifungsprämie, sondern durch eine Erfindung Havliceks (vgl. E7, E8, E12, und E13) und die Notizen von E11 deuten auf eine Änderung des Handlungsstrangs mit den beiden Ministerpräsidenten hin. Insgesamt sind vom ersten Teil des Stückes nur elf Blatt erhalten, möglicherweise hat Horváth aus dem übrigen Material eine neue Fassung kompiliert, die nicht überliefert ist. Die Überlieferung des nahezu vollständigen, unkorrigierten Durchschlags zum zweiten Teil des Stückes schließlich lässt sich vor diesem Hintergrund im Umkehrschluss als weiteres Indiz für eine Umarbeitung des Stückes im Sinne der überlieferten Entwürfe werten. H8 = ÖLA 3/W 48 – BS 43 g, Bl. 1 1 Blatt unliniertes Papier (298 × 210 mm), schwarze Tinte E19 = Strukturplan in zwei Teilen mit Notizen Druck (teilweise) in: GW IV, S. 320.
T2 = ÖLA 3/W 44 – BS 43 c, Bl. 1–4 4 Blatt unliniertes Papier (298 × 210 mm), hs. Eintragungen mit schwarzer Tinte TS2 = fragm. Fassung (Korrekturschicht) Druck in: GW IV, S. 320–323.
Mit E19 und TS2 liegt ein kompletter Neuansatz zu Hin und her in Form eines Traumspiels bzw. Zaubermärchens vor, der die Annahme einer neuen Konzeption rechtfertigen würde. Da jedoch, abgesehen von dem vermutlich in eine ähnliche Richtung arbeitenden fragmentarischen Strukturplan E10 (vgl. den Kommentar dort), nur diese beiden Ausarbeitungen vorliegen, werden sie in den Rahmen von Konzeption 2 eingeordnet. E19 wie TS2 sind auf Papier derselben Sorte gefertigt und wohl in unmittelbarer zeitlicher Nähe entstanden. Mit dem Strukturplan in zwei Teilen von E19 führt Horváth die allegorischen Figuren des Wunschtraums und des Angsttraums ein. Die Zugehörigkeit dieses stark von den anderen Umarbeitungen abweichenden Entwurfs ergibt sich einerseits über TS2, die das notierte Streitgespräch zwischen Wunschtraum und Angsttraum im Umfeld der in Hin und her exponierten Handlung ausführt, sowie andererseits über den Titel des zweiten Teiles, „Der Spiegelschrank“. In beiden Endfassungen (K1/TS5 sowie K1/TS2/ A4) findet sich ein Bezug auf diesen Spiegelschrank, den Havlicek gegenüber Konstantin beschreibt (K1/TS5/ÖLA 27/W 22, Bl. 31 und K1/TS2/A4/ÖLA 27/W 23, Bl. 29). Das in E19 notierte Streitgespräch zwischen „Wunschtraum“ und „Angsttraum“ arbeitet Horváth in TS2 fragmentarisch aus. Beide Träume werden bei der „Königin der Nacht“ vorstellig, um sich über den jeweils anderen Traum zu beschweren, da sie
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Chronologisches Verzeichnis
dem auf der Brücke schlafenden Havlicek übertriebene Träume bereitet hätten. So hätte der Wunschtraum Havlicek vorgegaukelt, „Generaldirektor eines Chemietrusts“ zu sein, „ein grosser Erfinder, der Herrscher auf dem Gebiet der Droguerie“ (TS2/BS 43 c, Bl. 2), während der Angsttraum ihn vom Galgen träumen ließ. Die Königin bescheidet beiden, unrealistische Träume gesandt zu haben, und fordert sie auf, Havlicek „soll einen wirklichen Traum träumen“ (ebd.), in dem er einen Pass erhält und erfährt, was dann mit ihm geschieht. Die Textstufe fährt fort mit dem träumenden Havlicek, der vor seinem Spiegelschrank steht. Alle anderen Figuren – Eva, Szamek, Konstantin – kommen aus dem Spiegelschrank und bestätigen auf verschiedene Weise, dass Havlicek durch seinen Pass ein gemachter Mann sei. Durch ihn hat er „gesiegt“ und Eva geheiratet, obwohl ein „Prinz“, Konstantin, um ihre Hand angehalten hätte (TS2/BS 43 c, Bl. 4). Zuletzt tippt Horváth „Wunschtraum (kommt und verabschiedet sich)“ (ebd.) und fügt hs. eine kurze Sequenz an, die nun vermutlich vom Angsttraum inspiriert wurde. Der Spiegelschrank wird vom Gerichtsvollzieher gepfändet und Eva geht wieder mit Konstantin ab, da man mit einem Pass alleine keine Familie ernähren könne. Die Ausarbeitungen von TS2 geben ungefähren Aufschluss darüber, wie das Verhältnis der übrigen Adaptierungen von Hin und her zu diesem Überarbeitungsansatz gedacht war. Die in E2–E13 entworfene Handlung rund um den Wunderdoktor Havlicek, der mit einem Hustenmittel äußerst erfolgreich ist, wird als Traum wieder aufgenommen. Vermutlich wollte Horváth das bereits bestehende Stück in den Rahmen eines Zaubermärchens einbetten und damit von einer an Nestroy hin zu einer an Raimund orientierten Dramatik umarbeiten, wie sie im Fall des 1934 zum Abschluss gebrachten Märchens Himmelwärts vorliegt. Direkte Bezüge zu den textgenetischen Materialien zu Himmelwärts lassen sich nicht nachweisen. Der Überarbeitungsversuch im Kontext von Hin und her stützt aber die Beobachtung, Horváth habe insbesondere mit diesen beiden Stücken versucht, im österreichischen Theaterbetrieb Fuß zu fassen, weswegen er sich verstärkt an lokalen Dramentraditionen orientierte. Die Idee, aus Hin und her ein Zaubermärchen zu machen, deutet überdies darauf hin, dass Horváth noch immer auf eine mögliche Aufführung des Stückes in Wien hoffte. H9 = ÖLA 3/W 370 – o. BS, Bl. 90v, 91 2 Blatt des Notizbuchs Nr. 4 mit schwarzem, glattem Kunstledereinband, kariertes Papier (149 × 88 mm), roter Blattschnitt, schwarze Tinte E20 = Titelentwurf „Fünf Filme“ (Bl. 91) E21 = Titelentwurf „Fünf Filme“ (Bl. 90v) Faksimile in: Lunzer 2001, S. 121.
Die Entwürfe E20 und E21 befinden sich im Notizbuch Nr. 4, das Horváth in den Jahren 1935/1936 benutzt hat. In beiden Entwürfen notiert er unter der Überschrift „Fünf Filme“ zunächst „Kaiser Probus in Wien“, eine Operette, die Horváth auf den vorangegangenen Blättern des Notizbuchs sowie einigen losen Blättern um 1936 entworfen hat, „Glaube Liebe Hoffnung“, „Hin und Her“, „Himmelwärts“ und „L’inconnue de la Seine“, einer der Titel des in das 1935 uraufgeführte Stück Mit dem Kopf durch die Wand mündenden Werkprojekts. Vorangestellt ist den geplanten Filmtiteln in beiden Entwürfen eine „Denkschrift eines Dramatikers“. Der Autor ändert die Titel noch in E20 zu „Kasimir und Karoline“, „Die kleinen Paragraphen“, „Zwischen den Grenzen“, „Ein Pakt mit dem Teufel“ und „Ein Kuss im Senat“ und fixiert diese Liste in E21.
590
Endfassungen, emendiert
Hin und her. Posse in zwei Teilen (Wiener Fassung, emendiert) Die emendierte Endfassung der ursprünglich für Wien gedachten Fassung des Stückes Hin und her folgt dem durch den Georg Marton Verlag maschinenschriftlich vervielfältigten Typoskript K1/T5, das als einziges Typoskript eine vollständige Abschrift des fragmentarisch überlieferten Ansatzes K1/TS2/A2 darstellt. Dieses Typoskript bildet auch die Grundlage von K1/TS5. Die Endfassung wurde nach den Rechtschreibregeln der Entstehungszeit (Duden 1929) normalisiert. Dialektale Eigenheiten in Figurenreden (etwa „die Strudel“, „Krepiererl“) wurden beibehalten, sämtliche in K1/TS5 ausgewiesene Herausgebereingriffe umgesetzt. Inkonsequent gesetzte Schreibungen wurden nach ihrer Häufigkeit vereinheitlicht („Excellenz“ zu „Exzellenz“, „Droguist“ zu „Drogist“, „Parfum“ zu „Parfüm“, „Jessus“ zu „Jesus“, „incognito“ zu „Inkognito“, „puncto“ zu „punkto“). Die nur fallweise gesetzten Apostrophe bei Apo- und Synkopen (wissen’s, g’habt) wurden gemäß Horváths üblicher Handhabe weggelassen und nur in ansonsten sinnentstellenden Fällen (etwa „d’“ für „die“, „’nein“ für „hinein“) beibehalten. Die einleitenden Szenenanweisungen, die in K1/TS5 sowohl mit als auch ohne Klammern gesetzt wurden, werden hier konsequent ohne Klammern wiedergegeben. Vereinheitlicht wurde weiters die Einrichtung der Liedtexte sowie der Übergang von Dramentext zu Liedtext. Fallweise verwendete Abkürzungen in Figurennamen (Fr. Hanusch, Privatpäd.) und Liedtexten (Refr.) wurden vervollständigt. Ergänzend zu den Normalisierungsregeln von Gedankenstrichen in den Editionsprinzipien wurden folgende Normalisierungen umgesetzt: Drei direkt hintereinanderstehende typografische Bindestriche (---) erscheinen als einzelner Gedankenstrich (–); werden die Bindestriche mit Leerzeichen gesetzt (- - -), erscheinen sie als drei ebenfalls voneinander abgesetzte Gedankenstriche (– – –). Alle weiteren Normalisierungen finden sich in den Editionsprinzipien am Ende dieses Bandes aufgelistet (vgl. S. 626).
Hin und her. Posse in zwei Teilen (Züricher Fassung, emendiert) Die emendierte Endfassung der in Zürich am 13. Dezember 1934 uraufgeführten Fassung des Stückes Hin und her folgt dem Typoskript K1/T2 in dem mit K1/TS2/A4 vorliegenden Bearbeitungsansatz exklusive der vom Züricher Schauspielhaus vorgenommenen Streichungen im zweiten Teil des Stückes (vgl. dazu den Kommentar zu K1/TS6). Die in K1/T2 aufgrund von Überlieferungsverlusten nicht enthaltene erste Szene des Stückes wurde unter Heranziehung von K1/TS5 ergänzt. Die Endfassung wurde nach den Rechtschreibregeln der Entstehungszeit (Duden 1929) normalisiert. Dialektale Eigenheiten in Figurenreden (etwa „die Strudel“, „Krepiererl“) wurden beibehalten, sämtliche in K1/TS2/A4 ausgewiesene Herausgebereingriffe umgesetzt. Inkonsequent gesetzte Schreibungen wurden nach ihrer Häufigkeit vereinheitlicht („Excellenz“ zu „Exzellenz“, „Droguist“ zu „Drogist“, „Parfum“ zu „Parfüm“, „Jessus“ zu „Jesus“, „incognito“ zu „Inkognito“, „puncto“ zu „punkto“, „Scene“ zu „Szene“). Die nur fallweise gesetzten Apostrophe bei Apo- und Synkopen („wissen’s“, „g’habt“) wurden gemäß Horváths üblicher Handhabe weggelassen und nur in Ausnahmefällen (etwa „d’“ für „die“) beibehalten.
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Chronologisches Verzeichnis
Die einleitenden Szenenanweisungen, die in K1/TS2/A4 sowohl mit als auch ohne Klammern gesetzt wurden, werden hier konsequent ohne Klammern wiedergegeben. Vereinheitlicht wurde weiters die Einrichtung der Liedtexte, insbesondere der Übergang von Dramentext zu Liedtext sowie die aus den Blatteinfügungen von K1/TS2/A4 resultierende unregelmäßige Setzung von Leerzeilen. Fallweise verwendete Abkürzungen in Figurennamen (Fr. Hanusch, Privatpäd.) wurden vervollständigt. Ergänzend zu den Normalisierungsregeln von Gedankenstrichen in den Editionsprinzipien wurden folgende Normalisierungen umgesetzt: Drei direkt hintereinanderstehende typografische Bindestriche (---) erscheinen als einzelner Gedankenstrich (–); werden die Bindestriche mit Leerzeichen gesetzt (- - -), erscheinen sie als drei ebenfalls voneinander abgesetzte Gedankenstriche (– – –). Alle weiteren Normalisierungen finden sich in den Editionsprinzipien am Ende dieses Bandes aufgelistet (vgl. S. 626).
592
Simulationsgrafik
593
Simulationsgrafik zu K1/TS2/A1–A4
594
Simulationsgrafik zu K1/TS2/A1–A4
595
596
Notenfaksimiles Hans Gál
597
598
Hans Gál: Notenskizzen in K1/TS2
599
Notenskizzen in K1/TS2 zur 7. Szene des 1. Teiles (I)
600
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 9v
Notenskizzen in K1/TS2 zur 7. Szene des 1. Teiles (II)
601
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 10v
Notenskizzen in K1/TS2 zur 17. Szene des 1. Teiles
602
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 28
Notenskizzen in K1/TS2 zur 19. Szene des 1. Teiles (I)
603
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 30
Notenskizzen in K1/TS2 zur 19. Szene des 1. Teiles (II)
604
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 30v
Notenskizzen in K1/TS2 zur 19. Szene des 1. Teiles (III)
605
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 31v
Notenskizzen in K1/TS2 zur 25. Szene des 1. Teiles
606
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 36
Notenskizzen in K1/TS2 zur 33. Szene des 1. Teiles
607
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 49v
Notenskizzen in K1/TS2 zur 34. Szene des 1. Teiles
608
ÖLA 27/W 23 – o. BS, Bl. 50
Hans Gál: Originalmusik zu Hin und her o. Op. Beilage zu K1/T2
609
Lied des Havlicek I
ÖLA 27/W 24 – o. BS, S. 1
610
Lied des Havlicek I (Fortsetzung)
ÖLA 27/W 24 – o. BS, S. 2
611
Lied des Havlicek II
ÖLA 27/W 24 – o. BS, S. 3
612
Lied des Havlicek II (Fortsetzung), Duett
ÖLA 27/W 24 – o. BS, S. 4
613
Duett (Fortsetzung)
ÖLA 27/W 24 – o. BS, S. 5
614
Duett (Fortsetzung)
ÖLA 27/W 24 – o. BS, S. 6
615
Duett (Fortsetzung), Finale
ÖLA 27/W 24 – o. BS, S. 7
616
Finale (Fortsetzung)
ÖLA 27/W 24 – o. BS, S. 8
617
Finale (Fortsetzung)
ÖLA 27/W 24 – o. BS, S. 9
618
Finale (Fortsetzung)
ÖLA 27/W 24 – o. BS, S. 10
619
620
Anhang
621
622
Editionsprinzipien
Editionsprinzipien Die Wiener Ausgabe (WA) sämtlicher Werke Ödön von Horváths ist eine historischkritische Edition. Sie umfasst alle abgeschlossenen und Fragment gebliebenen Werke sowie alle verfügbaren Briefe und Lebensdokumente des Autors. Den Ausgangspunkt bilden die umfangreichen werkgenetischen Materialien aus dem Nachlassbestand des Autors im Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek (teilweise als Leihgabe der Wienbibliothek im Rathaus). Die einzelnen Bände der WA sind in Vorwort, Text- und Kommentarteil gegliedert. In ihrem Zusammenspiel machen diese Teile den Entstehungsprozess der Werke transparent und bieten die Möglichkeit eines schrittweisen Nachvollzugs bis in die Letztfassungen der Texte. Das Vorwort skizziert die Entstehungsgeschichte unter Miteinbeziehung der zeitgenössischen Rezeption. Der Textteil reiht die genetischen Materialien chronologisch, wobei die Edition in Auswahl und Textkonstitution auf Lesbarkeit zielt. Dem Lesetext ist ein kritisch-genetischer Apparat beigegeben. Dieser macht die Änderungsprozesse des Autors deutlich, auf denen die konstituierten Fassungen basieren, ferner verzeichnet er alle Eingriffe der Herausgeber. Die Endfassung des Werkes wird zusätzlich in emendierter Form dargestellt. Im Kommentarteil findet sich ein chronologisches Verzeichnis, das alle vorhandenen Textträger formal und inhaltlich beschreibt und Argumente für die Reihung der darauf befindlichen Entwürfe (E) und Textstufen (TS) sowie für die Konstitution der innerhalb der Textstufen vorliegenden Fassungen liefert. Simulationsgrafiken dienen zur Darstellung komplexer genetischer Vorgänge.
1 Textteil 1.1 Genetisches Material Das genetische Material wird in zwei unterschiedlichen Formen zur Darstellung gebracht: Entwürfe erscheinen in diplomatischer Transkription, Fassungen innerhalb von Textstufen werden linear konstituiert.
1.1.1 Diplomatische Transkription und Faksimile (Entwürfe) Von genetischen Materialien, deren Topografie sich nicht in eine lineare Folge auflösen lässt, wird eine diplomatische Transkription geboten. Hierbei handelt es sich um sogenannte Entwürfe (E), in denen Horváth auf meist nur einem Blatt in Form von Strukturplänen u.ä. das grobe Konzept von Werken und Werkteilen oder knappe Textskizzen entwirft. Die diplomatische Transkription versteht sich als eine Orientierungshilfe zur Entzifferung des nebenstehend faksimilierten Originals und gibt dessen Erscheinungsbild nicht in allen Details, sondern nur insofern wieder, als dies der Ermöglichung einer vergleichenden Lektüre dient. Den verwendeten Schriftgrößen kommt dabei keine distinktive Funktion zu; sie dienen dazu, die räumlichen Verhältnisse des Originals annähernd wiederzugeben. Folgende Umsetzungen finden statt:
623
Editionsprinzipien
x
x
x
x
x x x
x
x x
x
x
x
x
Überschriebene Zeichen oder Wörter werden links neben den ersetzenden wiedergegeben, wobei der ursprüngliche Ausdruck gestrichen und der neue Ausdruck mittels zweier vertikaler Linien eingeklammert wird: tä|e|xt; text|text|. Unlesbare Wörter erscheinen als { }, gegebenenfalls mehrfach gesetzt; unsicher entzifferte Zeichen und Wörter als: te{x}t, {text}. Gestrichener Text in Zeilen erscheint als: text. Vertikale oder kreuzförmige Streichungen werden als solche dargestellt. Mit Fragezeichen überschriebener oder mit Wellenlinie gekennzeichneter Text wird als solcher wiedergegeben. Unterstreichungen erscheinen als: text, text. Deutlich von einem Wort abgesetzte Punkte werden entsprechend dargestellt: text . Eingerahmte oder in eckige Klammern gestellte Ziffern, Wörter und Textpassagen erscheinen als: [text], gegebenenfalls auch über mehrere Zeilen gestellt. Der vom Autor zur Strukturierung verwendete Stern (manchmal eingekreist und bis hin zu dicken schwarzen Punkten intensiviert) erscheint als: . Das vom Autor zur Strukturierung verwendete große X erscheint als: . Von Horváth zur Markierung verwendete An- und Durchstreichungen werden individuell angepasst wiedergegeben. Verweispfeile und Linien werden schematisch dargestellt, sofern sie Wörter und Textblöcke miteinander verbinden. Dienen solche Zeichen der Abgrenzung von Textteilen, werden sie nicht wiedergegeben. Liegen auf einem Blatt mehrere Entwürfe nebeneinander, werden diese ab dem zweiten Entwurf zur besseren Unterscheidung grau hinterlegt. Aktuell nicht relevanter Text (Entwürfe zu anderen Werken und Werkvorhaben) erscheint in grau 50 %: text. Die im Zuge der Berliner Bearbeitung von Horváths Nachlass partiell vorgenommene Transkription schwer lesbarer Wörter bzw. allfällige Kommentare direkt in den Originalen erscheinen kursiv und in grau 50 %: text.
1.1.2 Lineare Textkonstitutionen (Fassungen) Textausarbeitungen des Autors, die eine lineare Lektüre zulassen, werden (ohne Faksimileabdruck) konstituiert. Hierbei handelt es sich um Fassungen oft im Rahmen umfänglicher Textstufen (TS). Folgende Prinzipien kommen zur Anwendung: x
x
Schichtwahl: Im Lesetext wird entweder die Grundschicht oder die in der jeweiligen Arbeitsphase gültige Korrekturschicht einer Textstufe ediert. Die Grundschicht wird im Allgemeinen dann gewählt, wenn es um die Präsentation frühester Schreibansätze geht; in eher seltenen Fällen liegen Typoskripte auch ohne handschriftliche Korrekturschichten vor. Ein genauer Ausweis der Schichtwahl (im Fall des Vorliegens komplexer Schichtungen differenziert nach unterschiedlichen Schreibwerkzeugen und Farben – z.B. schwarze Tinte, roter Buntstift) erfolgt im chronologischen Verzeichnis. Punktuelle Streichungen und Einfügungen, die aus einer späteren Bearbeitungsphase stammen, weil das Material im Laufe des Produktionsprozesses dorthin weitergewandert ist, werden im Lesetext nicht berücksichtigt. Besondere Auffälligkeiten werden gegebenenfalls im chronologischen Verzeichnis beschrieben.
624
Editionsprinzipien
x
x
Textausarbeitungen, die linear in eine Fassung nicht sinnvoll integriert werden können, aber offensichtlich aus der gegenwärtigen Bearbeitungsphase stammen, erscheinen im Lesetext eingerückt und grau hinterlegt. Deutlich gesetzte Leerzeilen werden in entsprechender Anzahl wiedergegeben.
Emendiert (und im kritisch-genetischen Apparat ausgewiesen) werden offensichtliche Schreib- und Tippfehler des Autors sowie inkonsequente Ersetzungen oder offensichtlich falsche Setzungen von Figuren- oder Ortsnamen. Folgende Normierungen finden statt: Regie- und Szenenanweisungen erscheinen kursiv, Figurennamen in Kapitälchen (innerhalb von Regie- oder Szenenanweisungen nur dann, wenn sie vom Autor grafisch hervorgehoben wurden, ansonsten bleiben sie ohne Auszeichnung). Von Horváth hs. fallweise anstelle von (runden Klammern) gesetzte [eckige Klammern] werden als runde Klammern wiedergegeben. Autortext erscheint in Times New Roman 11,75 pt. Herausgebertext innerhalb des Autortextes wird unter Backslashes in Helvetica 8,75 pt. gesetzt; im Einzelnen umfassen diese Eintragungen den Abbruch von Textbearbeitungen ohne Anschluss an den folgenden Text bzw. am Ende von Texten durch den Eintrag: \Abbruch der Bearbeitung\ sowie den Verlust von Text (z.B. durch Abriss oder Blattverlust): \Textverlust\. Unsicher entzifferte Buchstaben bzw. unsicher entzifferte Wörter erscheinen als: te{x}t, {text}; unlesbare Wörter (gegebenenfalls mehrfach gesetzt) als: { }. Blattwechsel wird durch 얍 angezeigt, die Angabe des neuen Textträgers mit Signatur erfolgt in der Randspalte. Die Ansatzmarke: text kennzeichnet im Lesetext Wörter oder Textpassagen, die aus Änderungsvorgängen des Autors oder Eingriffen der Herausgeber hervorgegangen sind; nachgewiesen wird beides im kritisch-genetischen Apparat. B
N
1.1.3 Kritisch-genetischer Apparat Werden Fassungen in der Grundschicht ediert, verzeichnet der kritisch-genetische Apparat die Veränderungsprozesse nur in dieser Schicht (Sofortkorrekturen). Werden Fassungen in der Korrekturschicht ediert, verzeichnet er alle Änderungsprozesse im Übergang von der Grundschicht zur Korrekturschicht; Sofortkorrekturen in der Grundschicht werden hier nicht mehr verzeichnet, sondern als Ausgangspunkt gesetzt. Ferner weist der kritisch-genetische Apparat alle Eingriffe der Herausgeber nach (diese werden von Herausgeberkommentaren eingeleitet, wie z.B. korrigiert aus:, gestrichen:, gemeint ist:). Autortext erscheint in Times New Roman 8,5 pt., Herausgebertext in Helvetica 7 pt. In den Fassungen K1/TS2/A2 und A4 von Hin und her werden im kritisch-genetischen Apparat darüber hinaus die Eintragungen von Notenskizzen durch Horváths Komponisten Hans Gál vermerkt. Diese werden in einem separaten Anhang des Bandes (vgl. S. 597–619) vollständig faksimiliert wiedergegeben und im Apparat zu K1/TS2/A2 und A4 an den betreffenden Textstellen mittels Seitenangabe ausgewiesen. Aufgrund ihrer unklaren Autorisierung werden überdies die vom Züricher Schauspielhaus vorgenommenen Eingriffe in K1/TS2/A4 von Hin und her alternativ dargestellt: Der kritisch-genetische Apparat verzeichnet an den betreffenden Textstellen die jeweiligen Eingriffe vollständig, setzt diese aber nicht im Autortext um.
625
Editionsprinzipien
1.2 Emendierte Endfassungen (Normierter Lesetext) Was die Gestalt der Endfassungen betrifft, werfen die bisherigen Leseausgaben Horváths zahlreiche Fragen auf. Um den Benutzern der Wiener Ausgabe einen einheitlich normierten Lesetext zu bieten, erscheinen die Endfassungen der Texte zusätzlich in emendierter Form. Die Basis der Emendation bieten die zeitgenössischen Rechtschreibregeln (Duden 1929). Gegenüber den (nicht immer konsequent gepflogenen) Eigentümlichkeiten von Horváths Schreibung ergeben sich Abweichungen vor allem in folgenden Punkten: x
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x
x
Zusammengeschriebene Wörter und Wortgruppen wie „garnicht“, „garkein“, „nichtmehr“ werden getrennt. Doppel-s anstelle von ß wird berichtigt (mit Ausnahme des Doppel-s im Format Figurennamen, z.B. G ROSSMUTTER ). Die Interjektionen, bei Horváth oft: „A“ und „O“, werden auf „Ah“ und „Oh“ vereinheitlicht. Falschschreibung von Fremdwörtern wird korrigiert, sofern es sich nicht um stilistische Setzungen handelt. Werden bereits zu Horváths Lebzeiten gemäß zeitgenössischer Rechtschreibkonvention veraltete Fremdwortschreibungen verwendet (z.B. „Affaire“, „Couvert“), so wird die Schreibung Horváths beibehalten. Fehlende Accents werden nachgetragen, ebenso fehlende Punkte, auch in „usw.“ etc. Gedankenstriche, die in Typoskripten als -- realisiert sind, erscheinen als –. Die groß geschriebene Anrede „Du“, „Ihr“ etc. wird klein gesetzt, die Höflichkeitsform erscheint groß. Ebenfalls groß bleiben persönliche Anreden in Zitaten innerhalb von Figurenreden (z.B. in von Figuren vorgelesenen Briefen, Schildern etc.). Kleinschreibung am Beginn ganzer Sätze nach Doppelpunkten und Gedankenstrichen wird korrigiert. Kommasetzung, im Einzelnen: – Überzählige Kommata in als- und wie-Vergleichen werden getilgt. – Fehlende Kommata in vollständigen Hauptsätzen, die durch „und“ oder „oder“ verbunden sind, werden ergänzt; ebenso in Relativsätzen und erweiterten Infinitiv- und Partizipialgruppen. – Nach Interjektionen wie „Ja“, „Nein“, „Na“, „Ah“, „Oh“, „Geh“ wird nur dann ein Komma gesetzt, wenn die Interjektionen betont sind und hervorgehoben werden sollen. Wenn sie in den Folgetext integriert sind, werden sie nicht durch Kommata getrennt, z.B. „Na und?“ Grammatikalische Fehler werden nur so weit korrigiert, als es sich dabei nicht um stilistische Setzungen handelt; alle dialektal geprägten Formen bleiben erhalten. Figurennamen erscheinen in Kapitälchen (auch in Regie- und Szenenanweisungen). Normierungen in Regieanweisungen: Bilden Regieanweisungen ganze Sätze (auch in Verbindung mit vorangegangenen Figurennamen), so wird abschließend ein Punkt gesetzt.
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Editionsprinzipien
2 Kommentarteil 2.1 Chronologisches Verzeichnis Das chronologische Verzeichnis beschreibt alle zu einem Werk vorhandenen Textträger und sichert die Reihung der darauf befindlichen werkgenetischen Einheiten argumentativ ab. Textträger und Text werden getrennt sigliert: Die Materialsigle bezeichnet den Textträger und unterscheidet Handschrift (H), Typoskript (T) und Druck (D). Die Textsigle bezeichnet die auf dem Textträger befindliche werkgenetische Einheit und differenziert Entwürfe (E) und Textstufen (TS) mit teilweise mehreren Ansätzen (A). Die Beschreibung des Textträgers umfasst folgende Elemente: Signatur: Wiener Signatur (ÖLA bzw. IN) des Nachlassbestands und Berliner Signatur (BS), gegebenenfalls auch andere Angaben zu Bezeichnung und Herkunft des Textträgers Materielle Beschreibung: Umfang, Papierart samt Angaben über spezielle Erscheinung, Größe in Millimeter, Angabe über Teilung, Faltung, Reißung o.ä., Wasserzeichen, Schreibmaterial, Paginierung vom Autor samt Seitenzahlen und Blattnachweisen, Eintragungen fremder Hand Der Beschreibung des Textträgers folgt eine Auflistung und formale Beschreibung der auf dem jeweiligen Textträger befindlichen Entwürfe, Textstufen und Ansätze. Umfasst ein Textträger mehrere werkgenetische Einheiten und ist eine dieser Einheiten im Entstehungsprozess später einzuordnen, wird sie erst dort verzeichnet und kommentiert. Die Beschreibung des Textträgers wird an der späteren Stelle wiederholt. Auch das Weiterwandern von Textträgern (durch Übernahme von Blättern in spätere Fassungen) wird vermerkt. Sofern die Entwürfe und Fassungen veröffentlicht sind, wird deren Erstdruck in einer abschließenden Zeile verzeichnet. Das konkrete Erscheinungsbild der Texte in den Erstdrucken weicht jedoch von den in der Wiener Ausgabe gebotenen Neueditionen oftmals gravierend ab. Der nachfolgende werkgenetische Einzelkommentar beschreibt die Entwürfe, Textstufen und Ansätze auch inhaltlich. Argumente für deren Reihung (manchmal in Form von gesetzten Wahrscheinlichkeiten) werden genannt und Beziehungen zu anderen Einheiten im werkgenetischen Material hergestellt; gegebenenfalls wird auch auf den Zusammenhang mit anderen Werken des Autors verwiesen. Folgende werkgenetische Begriffe finden Verwendung: Konzeption Als Konzeption (K) gilt eine übergeordnete Gliederungseinheit des genetischen Materials innerhalb eines Werkes. Sie bezeichnet eine meist längere Arbeitsphase, die sich durch eine prinzipielle Annahme des Autors über die makrostrukturelle Anlage des Werkes von einer anderen Phase deutlich unterscheidet. Einzelne Konzeptionen sind durch Unterschiede in der Struktur (drei Teile/sieben Bilder/etc.) und/oder wichtige Strukturelemente (zentrale Motive und Schauplätze, Figurennamen der Hauptpersonen etc.) voneinander getrennt.
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Editionsprinzipien
Vorarbeit Frühere Werkvorhaben, aus denen der Autor im Zuge der Entstehungsgeschichte eines Werkes einzelne Elemente entlehnt und/oder übernimmt, werden dem jeweiligen Werk als Vorarbeiten (VA) zugeordnet. Im Falle des Vorliegens mehrerer Vorarbeiten werden diese nach genetischen Zusammenhängen gruppiert und/oder in eine Folge gebracht. Entwurf In einem Entwurf (E) legt Horváth die Gesamtstruktur eines Werkes oder eines einzelnen Strukturelements (Bild, Kapitel, Szene, …) fest. Entwürfe sind fast ohne Ausnahme handschriftlich ausgeführt und zumeist auf ein einziges Blatt beschränkt. Zur näheren Beschreibung stehen (spezifisch für den Dramentext) folgende Begriffe zur Verfügung: x
x x
x
Strukturplan: Skizzierung des Gesamtaufbaus eines Werkes bzw. einer Werkkonzeption (enthält z.B. Gliederung in Akte oder Teile, Szenen, Titeleintrag und -varianten, Schauplätze, knappe Schilderung wichtiger Handlungselemente und erste Repliken einzelner Figuren). Konfigurationsplan: Skizzierung einzelner Szenen (= Auftritte). Skizze: Punktuell bzw. schematisch ausgearbeitete Textsequenz. Der Begriff wird auch für grafische Entwürfe (z.B. zum Bühnenbild) verwendet. Darüber hinaus können Entwürfe auch lose Notizen zu Motiven, Figuren, Schauplätzen, Dialogpassagen oder Handlungselementen enthalten.
Textstufe Eine Textstufe (TS) bezeichnet eine klar abgrenzbare Arbeitseinheit im Produktionsprozess, die intentional vom Anfang bis zum Ende einer isolierten Werkeinheit (Bilderfolge, Bild, Akt, Kapitel, Unterkapitel, …) reicht und (anders als der Entwurf) bereits der konkreten Ausformulierung des Textes dient. Materiell umfasst der Begriff alle Textträger, die der Autor in dieser Arbeitseinheit durch schriftliche Bearbeitung oder Übernahme aus einer frühen Arbeitsphase zur Zusammenstellung aktueller Fassungen verwendet hat. Ansatz Ein neuer Ansatz (A) liegt dann vor, wenn der Autor innerhalb einer Textstufe eine materielle Ersetzung von Textträgern oder Teilen davon (Blattbeschneidungen, Austausch von Blättern) vornimmt. Innerhalb einer Textstufe bilden die einander folgenden Ansätze eine genetische Reihe; textlich repräsentiert sich in ihnen in der jeweils gültigen Textschicht die jeweils aktuelle Fassung des Textes. Der letzte Ansatz einer Textstufe, d.h. der letztmalige Austausch von Textträgern, bildet die materielle Grundlage der letzten Fassung innerhalb der jeweiligen Textstufe. Die Abfolge der Ansätze innerhalb einer Textstufe wird in komplizierten Fällen in Simulationsgrafiken dargestellt. Fassung Der Begriff der Textstufe ist ein dynamischer; er bezeichnet die Gesamtheit des in einer Arbeitsphase vorliegenden genetischen Materials, das in Grund- und Korrekturschicht und in verschiedene Ansätze differenziert sein kann. Der Begriff der
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Editionsprinzipien
Fassung bezeichnet im Gegensatz dazu die konkrete Realisation eines singulären Textzustands (z.B. K1/TS7/A5 – Korrekturschicht). Die Fassungen, die im Textteil konstituiert werden, stellen eine Auswahl innerhalb einer Vielzahl von Möglichkeiten dar. Der Produktionsprozess wird von ihnen an möglichst aussagekräftig gesetzten Punkten unterbrochen und ein jeweils aktuelles Textstadium linear fixiert. Endfassung Der Begriff Endfassung bezeichnet eine Fassung, in der sich aus Autorensicht eine endgültige Textgestalt repräsentiert. Durch spätere Wiederaufnahme der Arbeit können innerhalb einer Werkgenese mehrere Endfassungen (meist auch als Abschluss einzelner Konzeptionen) vorliegen. Stammbuch Mit dem Begriff Stammbuch bezeichneten Horváths Theaterverlage in kleiner Auflage hergestellte Drucke, die nicht für den allgemeinen Verkauf, sondern für den Gebrauch an Theatern bestimmt waren. Oft tragen solche Stammbücher den Aufdruck: „Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt“ sowie den meist handschriftlich notierten Vermerk „ST“ (für „Stammbuch“). Mit diesen Anmerkungen wurde der für die jeweilige Aufführung autorisierte Text gekennzeichnet. Vorarbeiten und Konzeptionen, Entwürfe, Textstufen und Ansätze werden im chronologischen Verzeichnis über Siglen gereiht, die Reihung von TS und E erfolgt innerhalb der jeweiligen Kategorie, sodass sich als genetische Abfolge z.B. ergeben kann: K2/E1, K2/TS1, K2/TS2/A1, K2/TS2/A2, K2/E2, K2/E3, K2/TS3 usw.
2.2 Simulationsgrafiken In den Simulationsgrafiken wird die Abfolge von Ansätzen innerhalb einer Textstufe dargestellt und zwar in der Art, dass die Textträger mit syntagmatisch zusammengehörendem Text untereinanderstehen und die ersetzenden Textträger rechts von den ersetzten positioniert werden. Ausgangspunkt der Darstellung ist der früheste Ansatz der jeweiligen Textstufe. Die Textträger werden an allen rekonstruierbaren Positionen abgebildet und damit die materiellen Vorgänge der Textentstehung und -ersetzung simuliert. Die ungefähre Form des Textträgers ist in der Grafik durch einen Rahmen wiedergegeben. Die Paginierung Horváths – so vorhanden – und die Berliner Blattnummer sind eingetragen. An seiner ersten Position wird der Textträger mit durchgezogenen Rahmenlinien dargestellt, an allen späteren mit strichlierten, wobei der Textträger so lange eingeblendet bleibt, wie er Gültigkeit hat. Die doppelt-strichpunktierten Linien kennzeichnen Schnitte, die punktierten Linien „Klebenähte“, die nach dem Ankleben von neuem Text auf den Originalen erkennbar sind. Zur Illustration der Funktionsweise dient die nachstehend abgebildete Simulationsgrafik zu einer Textstufe der Hofrat-Konzeption aus Geschichten aus dem Wiener Wald. Diese Grafik, die ausschließlich Material der Mappe BS 37 c darstellt, zeigt einen relativ gleichmäßig verlaufenden Produktionsprozess: Horváth beginnt (links oben eingetragen) auf Bl. 14 mit der Ausarbeitung des Bildes, bricht jedoch mitten
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Editionsprinzipien
auf Bl. 15a ab, setzt auf Bl. 15b mit dem Text neu an und kommt bis Bl. 17. Er korrigiert den Text dieser Blätter handschriftlich und macht sich am Fuß von Bl. 17 Notizen zum weiteren Textverlauf. Auf Bl. 18 und 19 schreibt er den Text von Bl. 17 ins Reine und setzt ihn dann auf Bl. 19 neu fort, bricht jedoch wieder ab, noch bevor er das Blatt vollgeschrieben hat. Bl. 19 wird dann durch Bl. 20 ersetzt, Bl. 20 gemeinsam mit Bl. 21 durch Bl. 22–24. In dieser Art schreibt sich Horváth in immer neuen Ansätzen bis ans Ende des Bildes durch. Bei Bl. 32 wendet der Autor ein Verfahren an, das ihm kürzere Rückschritte ermöglicht: Er schneidet Bl. 32a von Bl. 32 ab und klebt ein Stück mit neuem Text an. Die anschließenden Blätter 33 bis 37 sind in einem Zug geschrieben.
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Editionsprinzipien
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Editionsprinzipien
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Siglen und Abkürzungen
Siglen und Abkürzungen Schriftarten (allgemein) Times New Roman
Autortext
Helvetica
Herausgebertext, im Autortext in Backslashes
Diplomatische Transkriptionen (Entwürfe) text, text
getilgtes Zeichen, getilgter Text. Tilgungen über mehrere Zeilen (meist durch Kreuz) werden grafisch entsprechend dargestellt
tä|e|xt
überschriebenes und ersetztes Zeichen
text |text|
überschriebener und ersetzter Text
text, text
unterstrichener Text
text
unterwellter Text; mit Fragezeichen überschriebener Text wird grafisch entsprechend dargestellt
[text]
eingerahmter oder in eckige Klammern gestellter Text oder Ziffer; falls über mehrere Zeilen reichend, grafisch entsprechend dargestellt Strukturierungszeichen: Stern, Punkt Strukturierungszeichen: großes
te{x}t, {text}
unsicher entzifferter Buchstabe; unsicher entziffertes Wort
{}
unleserliches Wort, ggf. mehrfach gesetzt
Times New Roman, 50 % grau
Eintragung von fremder Hand, Berliner Bearbeitung
Times New Roman, 50 % grau
aktuell nicht relevanter Text grau hinterlegte Fläche zur Abgrenzung verschiedener Ent-
\E1\
würfe
Lineare Konstitutionen (Fassungen) B
textN, B N
Ansatzmarke; kennzeichnet Wörter oder Textpassagen, die aus Änderungen des Autors hervorgegangen sind, sowie Eingriffe der Herausgeber
얍
Blattwechsel; Angabe des Textträgers in der Randspalte eingerückt, grau hinterlegt. Textzusätze des Autors in der aktuellen Fassung, die sich in den Lesetext linear nicht integrieren lassen
te{x}t, {text}
unsicher entzifferter Buchstabe; unsicher entziffertes Wort
{}
unleserliches Wort, ggf. mehrfach gesetzt
\Abbruch der Bearbeitung\ \Textverlust\ \Textverlust durch Blatteinriss\
Herausgebertext im Autortext
633
Siglen und Abkürzungen
Kritisch-genetischer Apparat text\e/
nachträglich eingefügtes Zeichen
\text/
nachträglich eingefügter Text
text[e]
getilgtes Zeichen
[text]
getilgter Text
t[ä]|e|xt,
getilgtes Zeichen in Verbindung mit Ersetzung
[text] |text|
getilgter Text in Verbindung mit Ersetzung
[text]|text|
überschriebener Text
te{x}t, {text}
unsicher entzifferter Buchstabe; unsicher entziffertes Wort
{}
unleserliches Wort, ggf. mehrfach gesetzt
[text]
rückgängig gemachte Tilgung
text
mit Fragezeichen überschriebener oder mit Wellenlinie versehener Text
!text"!text"
durch Verweisungszeichen des Autors umgestellter und gegenseitig ausgetauschter Text
text f text [text]f x
Text von bis Textverschiebung neuer Textanschluss
x
text2
text1
geänderte Wortfolge
(1), (2) … gestrichen: gemeint ist: verweist auf K2/TS3: Eintragung von fremder Hand: Notenskizzen Hans Gál
irrrrorrrrp
korrigiert aus:
Variantenfolge
Herausgeberkommentare in Helvetica 7,5 pt.
Signaturen ÖLA
(ehemals: Österreichisches) Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, Wien
BS
Berliner Signatur
ÖLA 3/W 365 – BS 33 [1], Bl. 5
Signatur Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, Wien
634
Siglen und Abkürzungen
Abkürzungen K H T TS A E Bl. Pag. hs. masch. fragm. r v o. BS
Konzeption Handschrift Typoskript Textstufe Ansatz Entwurf Blatt Pagina (vom Autor eingefügt) handschriftlich maschinenschriftlich fragmentarisch recto (Vorderseite) verso (Rückseite) ohne Berliner Signatur
635
Siglen und Abkürzungen
636
Literaturverzeichnis
Literaturverzeichnis GW GWA GA
Horváth 1961 Horváth 1969 KW
KW 15 KW 16 WA
WA 4
WA 8
WA 9
WA 10 WA 14
Ödön von Horváth: Gesammelte Werke in 4 Bänden. Hg. v. Dieter Hildebrandt/Walter Huder/Traugott Krischke. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1970–71. Ödön von Horváth: Gesammelte Werke in 8 Bänden. Hg. v. Traugott Krischke/Dieter Hildebrandt. 2., verbesserte Auflage. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1978. Ödön von Horváth: Gesammelte Werke in 4 Bänden. Hg. v. Traugott Krischke unter Mitarbeit von Susanna Foral-Krischke. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1988. (= Gedenkausgabe anlässlich des 50. Todestages, Abdruck von Texten und genetischem Material aus den Gesammelten Werken und Bibliothek Suhrkamp-Bänden, der 5. Band mit Skizzen, Fragmenten und einem Gesamtkommentar ist nicht erschienen) Ödön von Horváth: Stücke. Hg. v. Traugott Krischke. Mit einem Nachwort von Ulrich Becher. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1961. Ödön von Horváth: Dramen. Ausgewählt von Dora Huhn und Hansjörg Schneider. Berlin (Ost): Volk und Welt 1969. Ödön von Horváth: Kommentierte Werkausgabe in 14 Einzelbänden. Hg. v. Traugott Krischke unter Mitarbeit von Susanna Foral-Krischke. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1985–88. Ödön von Horváth: Himmelwärts und andere Prosa aus dem Nachlass. Hg. v. Klaus Kastberger. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2001. Ödön von Horváth: Ein Fräulein wird verkauft und andere Stücke aus dem Nachlass. Hg. v. Klaus Kastberger. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2005. Ödön von Horváth: Wiener Ausgabe sämtlicher Werke. Historisch-kritische Edition am Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek. Hg. v. Klaus Kastberger. Berlin: de Gruyter 2009ff. Ödön von Horváth: Kasimir und Karoline. Hg. v. Klaus Kastberger und Kerstin Reimann unter Mitarbeit von Julia Hamminger und Martin Vejvar. Berlin: de Gruyter 2009. (= Wiener Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 4) Ödön von Horváth: Figaro läßt sich scheiden. Hg. v. Nicole Streitler unter Mitarbeit von Andreas Ehrenreich und Martin Vejvar. Berlin: de Gruyter 2011. (= Wiener Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 8) Ödön von Horváth: Don Juan kommt aus dem Krieg. Hg. v. Nicole Streitler unter Mitarbeit von Julia Hamminger und Martin Vejvar. Berlin: de Gruyter 2010. (= Wiener Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 9) Ödön von Horváth: Der jüngste Tag. Ein Dorf ohne Männer. Hg. v. Nicole Streitler und Martin Vejvar. Berlin: de Gruyter 2011. (= Wiener Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 10) Ödön von Horváth: Der ewige Spießer. Hg. v. Klaus Kastberger und Kerstin Reimann unter Mitarbeit von Julia Hamminger und Martin Vejvar. Berlin: de Gruyter 2010. (= Wiener Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 14 [2 Teilbände])
A., Dr. J.: Das ungeklärte Lächeln. In: Linzer Volksblatt, 18. 9. 1947. Anonym: Zwischen Budapest und dem Dritten Reich. In: Arbeiter-Zeitung, Wien, 2. 6. 1933. Anonym: Ödön von Horváth über sein neues Stück. In: Wiener Allgemeine Zeitung, 14. 9. 1933. Anonym [i.e. Piero Rismondo]: Oedön-Horvath-Premiere am Reinhardt-Seminar. In: Wiener Allgemeine Zeitung, 11. 1. 1934. Anonym: In Zürich wird gespielt: „Hin und Her“. Die neue Komödie Ödön Horváths. In: Die Fledermaus, Wien, 22. 12. 1934. Anonym: Retter und Mörder am Regiepult. Kritische Anmerkungen zu vier Premieren von unterschiedlicher Festlichkeit. In: Heute, Wien, 11. 6. 1960. b., a.: „Eine Unbekannte aus der Seine“. Komödie von Oedön Horvath, Erstaufführung des Volkstheaters Urfahr. In: Neue Zeit, Linz, 18. 9. 1947.
637
Literaturverzeichnis
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639
Literaturverzeichnis
640
Literaturverzeichnis
Inhalt (detailliert) Eine Unbekannte aus der Seine Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
Lesetext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
Konzeption: Eine Unbekannte aus der Seine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Endfassung (K/TS1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Endfassung (K/TS2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21 22 62
Eine Unbekannte aus der Seine. Komödie in drei Akten und einem Epilog (Endfassung, emendiert). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
113
Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
151
Chronologisches Verzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Endfassung, emendiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
153 153 165
Hin und her Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
169
Lesetext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
191
Konzeption 1: Hin und her. . . . . . . . . . Fassung (K1/TS1) . . . . . . . . . . . . . Fragmentarische Endfassung (K1/TS2/A2) . Endfassung (K1/TS5) . . . . . . . . . . . Fragmentarische Endfassung (K1/TS2/A4) .
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193 194 245 300 352
Konzeption 2: Hin und her – Adaptierungsarbeiten . . . Strukturplan in drei Teilen (K2/E1) . . . . . . . . . . Titelentwürfe (K2/E2–E4) . . . . . . . . . . . . . . . Titelentwürfe, Notizen, Strukturplan (K2/E5–E8) . . . Titelentwurf, Strukturplan, Dialogskizze (K2/E9–E11) . Strukturplan, Titelentwurf (K2/E12–E13). . . . . . . . Titelentwürfe, Strukturpläne (K2/E14–E17) . . . . . . Titelentwurf (K2/E18) . . . . . . . . . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung (K2/TS1) . . . . . . . . . . Strukturplan in zwei Teilen (K2/E19) . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung (K2/TS2) . . . . . . . . . . Titelentwürfe (K2/E20–E21) . . . . . . . . . . . . . .
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411 412 414 416 420 422 424 426 428 460 462 466
Hin und her. Posse in zwei Teilen (Wiener Fassung, emendiert) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
469
Hin und her. Posse in zwei Teilen (Züricher Fassung, emendiert) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
517
641
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Inhalt (detailliert)
Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chronologisches Verzeichnis Konzeption 1 . . . . . . Konzeption 2 . . . . . . Endfassungen, emendiert
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565 565 581 591
Simulationsgrafik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . K1/TS2/A1–A4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
593 594
Notenfaksimiles Hans Gál . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
597
Hans Gál: Notenskizzen in K1/TS2 . . . . . . . . Notenskizzen zur 7. Szene des 1. Teiles (I) . . Notenskizzen zur 7. Szene des 1. Teiles (II) . . Notenskizzen zur 17. Szene des 1. Teiles . . . Notenskizzen zur 19. Szene des 1. Teiles (I). . Notenskizzen zur 19. Szene des 1. Teiles (II) . Notenskizzen zur 19. Szene des 1. Teiles (III) . Notenskizzen zur 25. Szene des 1. Teiles . . . Notenskizzen zur 33. Szene des 1. Teiles . . . Notenskizzen zur 34. Szene des 1. Teiles . . .
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Hans Gál: Originalmusik zu Hin und her, o. Op., Beilage zu T2 Lied des Havlicek I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lied des Havlicek II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Duett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Finale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Editionsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Textteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Genetisches Material . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Diplomatische Transkription und Faksimile (Entwürfe) 1.1.2 Lineare Textkonstitution (Fassungen) . . . . . . . . . 1.1.3 Kritisch-genetischer Apparat . . . . . . . . . . . . . 1.2 Emendierte Endfassungen (Normierter Lesetext) . . . . . . 2 Kommentarteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Chronologisches Verzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Simulationsgrafiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Siglen und Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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