Wiener Ausgabe sämtlicher Werke: Band 5 Glaube Liebe Hoffnung 9783110596670, 9783110565973

Faith, Hope, and Charity was written in 1932–1933 together with the journalist Wilhelm Lukas Kristl. Based on Kristil’s

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German Pages 446 [448] Year 2020

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Table of contents :
Inhalt
Vorwort
Lesetext
Vorarbeit 1: Kasimir und Karoline / Glaube Liebe Hoffnung-Szenerie
Vorarbeit 2: Typoskripte von Lukas Kristl
Vorarbeit 3: Stiefmutter
Konzeption 1: Glaube Liebe Hoffnung – Volksstück in zwei Teilen
Konzeption 2: Glaube Liebe Hoffnung – Volksstück in sieben Bildern
Konzeption 3: Glaube Liebe Hoffnung – Ein kleiner Totentanz
Glaube Liebe Hoffnung (Endfassung, emendiert)
Kommentar
Chronologisches Verzeichnis
Simulationsgrafiken
Anhang
Editionsprinzipien
Siglen und Abkürzungen
Literaturverzeichnis
Inhalt (detailliert)
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Wiener Ausgabe sämtlicher Werke: Band 5 Glaube Liebe Hoffnung
 9783110596670, 9783110565973

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Ödön von Horváth Wiener Ausgabe

I

Ödön von Horváth

Wiener Ausgabe sämtlicher Werke Historisch-kritische Edition Am Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek und am Franz-Nabl-Institut für Literaturforschung der Karl-Franzens-Universität Graz herausgegeben von Klaus Kastberger

Band 5

De Gruyter II

Ödön von Horváth

Glaube Liebe Hoffnung

Herausgegeben von Martin Vejvar unter Mitarbeit von Nicole Streitler-Kastberger

De Gruyter III

Die Forschungsarbeiten an der Wiener Ausgabe werden unterstützt vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF; P 28127) und von der Kulturabteilung der Stadt Wien. Dank an die Österreichische Nationalbibliothek (Wien) und die Wienbibliothek im Rathaus für die Überlassung von Reprorechten an den Faksimiles. Dank an den Thomas Sessler Verlag (Wien) für die Überlassung der Textrechte an Wilhelm Lukas Kristl. Die Forschungsarbeiten an der Wiener Ausgabe werden seit Oktober 2015 am Franz-Nabl-Institut für Literaturforschung der Karl-Franzens-Universität Graz durchgeführt.

Für die Endfassung sowie für die Gerichtsreportage von Lukas Kristl und für 10 Seiten, die Kristl als Typoskript an Horváth gesandt hat © Thomas Sessler Verlag GmbH, 1932. Alle Rechte vorbehalten. Insb. bedürfen sämtliche bühnenmäßige Aufführungen der gesonderten Genehmigung durch die Thomas Sessler Verlag GmbH. Die Aufführungsgenehmigung muss vor Probenbeginn eingeholt werden.

ISBN 978-3-11-056597-3 e-ISBN (PDF) 978-3-11-059667-0

Library of Congress Control Number: 2019948517

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Einbandgestaltung: Martin Zech, Bremen Satz: Dörlemann Satz GmbH & Co. KG, Lemförde Druck und buchbinderische Verarbeitung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen www.degruyter.com

IV

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Lesetext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorarbeit 1: Kasimir und Karoline / Glaube Liebe Hoffnung-Szenerie . Vorarbeit 2: Typoskripte von Lukas Kristl . . . . . . . . . . . . . . . Vorarbeit 3: Stiefmutter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konzeption 1: Glaube Liebe Hoffnung – Volksstück in zwei Teilen . . Konzeption 2: Glaube Liebe Hoffnung – Volksstück in sieben Bildern . Konzeption 3: Glaube Liebe Hoffnung – Ein kleiner Totentanz . . . . .

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Glaube Liebe Hoffnung (Endfassung, emendiert) . . . . . . . . . . . . . .

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Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Chronologisches Verzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Simulationsgrafiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Editionsprinzipien . . . . Siglen und Abkürzungen Literaturverzeichnis . . . Inhalt (detailliert). . . .

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VI

Vorwort

Vorwort Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz Uraufführung: am 13. November 1936 unter dem Titel „Liebe, Pflicht und Hoffnung. Ein kleines Volksstück in fünf Bildern“ im Theater für 49, Wien (Regie: Ernst Jubal). Dauer der Schreibarbeiten: Herbst 1931 (Vorarbeit 1), Februar 1932 (Vorarbeit 2) bis Anfang 1933. Umfang des genetischen Materials: 312 Blatt an Entwürfen und Textstufen; davon sind 9 Blatt von der Hand Wilhelm Lukas Kristls. Erstdruck: Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz in fünf Bildern. Berlin: Arcadia Verlag 1933 (hektografiertes Stammbuch).

Datierung und Druck Glaube Liebe Hoffnung ist eines der wenigen Stücke Ödön von Horváths, zu dessen Entstehung und dramatischer Intention der Autor selbst ausführlich Auskunft gegeben hat. Er habe sich ansonsten „immer dagegen gesträubt“, sich „in irgendeiner Form“ über seine Stücke zu äußern, wie es in einer frühen Fassung der Randbemerkung und, nahezu gleichlautend, in der zuvor entstandenen Gebrauchsanweisung heißt.1 In der Glaube Liebe Hoffnung vorangestellten Fassung der Randbemerkung berichtet der Autor von einer Begegnung mit dem Gerichtsreporter Wilhelm Lukas Kristl (1903–1985), den er im Februar 1932 in München getroffen hatte. Kristl machte Horváth auf einen „Fall aus seiner Praxis“ aufmerksam, „und aus diesem alltäglichen Fall entstand der kleine Totentanz ‚Glaube Liebe Hoffnung‘“.2 Der „Fall“ war derjenige der in Miederwaren reisenden Verkäuferin Klara Gramm, die sich in den „kleinen Paragraphen“3 des deutschen Justizsystems verstrickt hatte. Darunter sind ‚mindere‘ Vergehen wie Betrug oder Diebstahl zu verstehen, die meist nur kleinere Gefängnis- oder Geldstrafen nach sich ziehen. Derartige Vergehen würden, anders als Kapitalverbrechen, selten zum literarischen Thema, hätten aber, so die Meinung von Kristl und Horváth, nichtdestotrotz ungeheure Auswirkungen auf ein Leben. Kristl

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K3/TS4/BS 39 a [1], Bl. 3. In der Gebrauchsanweisung schreibt Horváth: „Ich hatte mich bis heute immer heftig dagegen gesträubt, mich in irgendeiner Form über meine Stücke zu äussern[.]“ (Horváth 2009, S. 160). K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 1. Ebd.

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Vorwort

hatte bereits 1929 für die sozialdemokratische Münchener Post über den Fall der Klara Gramm eine Reportage angefertigt, die zum Ausgangspunkt des Dramas wird.4 Auch wenn die Begegnung mit Kristl entscheidend für die Genese des Stückes war, reichen erste Überlegungen Horváths dazu noch weiter zurück. Bereits im Herbst 1931, im Umfeld der höchst erfolgreichen Uraufführung von Geschichten aus dem Wiener Wald am Deutschen Theater in Berlin,5 begann er mit ersten Notizen zu seinem nächsten Stück. Die erhaltenen Entwürfe und Textstufen, zusammengefasst in der sogenannten Kasimir und Karoline / Glaube Liebe Hoffnung-Szenerie, bilden den Ausgangspunkt sowohl für das Volksstück am Oktoberfest als auch für den kleinen Totentanz (vgl. Vorarbeit 1). Über die dort u.a. festgehaltenen Allegorien von Glaube, Liebe und Hoffnung enthält die Szenerie auch bereits den Keim des späteren Werktitels. Nach der Begegnung mit Kristl am 2. Februar 1932 bei einer Lesung Horváths in München trafen sich der Dramatiker und der Journalist im ersten Halbjahr 1932 regelmäßig und tauschten sich auch postalisch aus.6 Aus dieser Kooperation liegen mehrere Typoskripte von Kristls Hand vor, die auch Überarbeitungsspuren Horváths tragen (vgl. Vorarbeit 2). Arbeitstreffen sind noch im Mai dieses Jahres belegt, wie aus dem einzigen erhaltenen Brief Kristls an Horváth7 sowie aus späteren Berichten Kristls hervorgeht.8 Bereits am 27. Juli 1932 bestätigte Horváths Verleger Ullstein dem Autor, „daß wir Ihr gemeinsam mit Herrn Lukas Kristl verfaßtes Volksstück ‚Glaube, Liebe, Hoffnung‘ auf Grund der im Vertrage vom 11. Januar 1929 verabredeten Bedingungen annehmen“.9 Kristl berichtete dazu später Krischke, dass das Stück noch vor der Fertigstellung angenommen wurde.10 Wie weit genau die Arbeiten zu diesem Zeitpunkt gediehen waren, geht aus Kristls Ausführungen nicht hervor. Wahrscheinlich lag zu diesem Zeitpunkt die Fassung in zwei Teilen vor, von der ein umfangreiches Fragment des zweiten Teiles überliefert ist (K1/TS27). Tatsächlich liegt ein äußerst dichtgedrängter Entstehungsprozess vor, der auch parallel zur Finalisierung von Kasimir und Karoline erfolgte, das am 9. Mai 1932 von Ullstein angenommen wurde.11 Die 4

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Vgl. dazu die Quellensammlung in Horváth 2007, S. 71–79 und die Ausführungen in den Abschnitten „Horváth und Kristl – Eine Zusammenarbeit“ und „Der ‚Fall‘: Klara Gramm“ unten. Vgl. WA 3, S. 1. Vgl. Traugott Krischke: Horváth-Chronik. Daten zu Leben und Werk. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1988, S. 80. Brief Wilhelm Lukas Kristls an Ödön von Horváth vom 12. Mai 1932, zitiert nach einer Abschrift des nicht überlieferten Originals im Nachlass Traugott Krischke, ÖLA 84; vgl. die Abschrift weiter unten (Anm. 47); vgl. auch Traugott Krischke (Hg.): Materialien zu Ödön von Horváths „Glaube Liebe Hoffnung“. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1973, S. 52. Vgl. v.a. den Brief Wilhelm Lukas Kristls an Traugott Krischke vom 10. November 1957. Dieser ist allerdings im Nachlass Traugott Krischke (ÖLA 84) nicht aufzufinden; zitiert wird nach den jeweils teilweisen Abschriften in Krischke 1973 (Anm. 7), S. 51 und 53 und KW 6, S. 155. Brief des Ullstein Buchverlags (Wilhelm Gronle) an Ödön von Horváth vom 27. Juli 1932, masch. Original im Vertragsarchiv des Ullstein-Buchverlags, Berlin, ohne Signatur. Zur Regelung der Mitverfasserschaft zwischen Horváth und Kristl vgl. die Ausführungen im Abschnitt „Horváth und Kristl – Eine Zusammenarbeit“. Vgl. den Brief von Wilhelm Lukas Kristl an Traugott Krischke vom 10. November 1957 (Anm. 8), zitiert nach der Teilabschrift in KW 6, S. 155. Vgl. WA 4, S. 2; zu einigen Widersprüchen in der Chronologie der Werkgenesen von Kasimir und Karoline sowie Glaube Liebe Hoffnung vgl. den Kommentar zu den Werktiteleintragungen von K2/E4 im Chronologischen Verzeichnis.

2

Vorwort

Fassung von Glaube Liebe Hoffnung in sieben Bildern (K2/TS6), die mit Ausnahme des siebten Bildes fast ausschließlich auf Text der Fassung in zwei Teilen zurückgreift, ist dann im Verlauf des zweiten Halbjahres 1932 entstanden. Sie diente Ende 1932 als Grundlage der Überarbeitung hin zur Endfassung in fünf Bildern (K3/TS7). Krischkes Vermutung, dass es sich bei dem im Brief an Hans Ludwig Held vom 6. Juni 1932 erwähnten Stück, welches er der Münchener Stadtbibliothek als Manuskript überlassen wollte, um Glaube Liebe Hoffnung handeln könnte, muss vor dem Hintergrund dieser Chronologie zurückgewiesen werden.12 Horváth spricht hier davon, dass er ihm „Anfang Juli“13 etwas zusenden möchte und meint damit wohl eher Kasimir und Karoline, das zu diesem Zeitpunkt zur Fassung in 117 Szenen überarbeitet wurde. Die Annahme von Glaube Liebe Hoffnung durch Ullstein wurde kurz darauf öffentlich bekannt. Nur einen Tag nach der Zusage Ullsteins, am 28. Juli 1932, berichtete das Berliner Tageblatt darüber, tags darauf die Deutsche Bühne.14 Eine von Horváth angestrebte Aufführung beider Stücke noch im Herbst des Jahres kam jedoch nicht zustande.15 Im zweiten Halbjahr 1932 verschlechterte sich das Verhältnis Horváths mit seinem Verleger Ullstein zunehmend, weshalb die Übereinkunft getroffen wurde, die seit 1929 bestehende Vereinbarung, die dem Autor monatliche PränumerandoZahlungen garantierte, nicht zu verlängern.16 Horváth plante einen Wechsel zu Kiepenheuer, was aber von der nationalsozialistischen Machtergreifung und der Zerstörung der Weimarer Republik Anfang 1933 durchkreuzt wurde.17 Zum Zeitpunkt der Vertragsauflösung lag Glaube Liebe Hoffnung, mit dem Horváth nach wie vor bei Ullstein in der Pflicht stand, noch immer nicht in seiner finalen Gestalt vor. Dies geht aus einem weiteren Brief Ullsteins vom 23. Dezember 1932 hervor, der sich neben diversen Details zu Horváths Rückzahlungsverpflichtungen auch mit einer vom Autor angestrebten gemeinsamen Buchveröffentlichung von Kasimir und Karoline und Glaube Liebe Hoffnung befasst. Der Verlag schreibt hier: „Die Buchausgabe Ihres letzten Bühnenwerkes ‚Glaube, Liebe, Hoffnung‘ wird bei uns erscheinen und zwar sobald uns das endgültige druckfertige Manuskript vorliegt.“18 Es ist davon auszugehen, dass Horváth zu diesem Zeitpunkt die Fassung in sieben Bildern (K2/TS6) hin zur Endfassung überarbeitete.19 Horváth reagierte auf den Brief von Ullstein erst am 2. Januar 1933, wobei er in seinem Schreiben auch eine im Raum stehende Verschiebung von Glaube Liebe Hoffnung in die folgende Saison anspricht, was er, mit Blick auf seine Rückzahlungsver12 13

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Vgl. Krischke 1988 (Anm. 6), S. 82. Brief Ödön von Horvaths an Hans Ludwig Held vom 6. Juli 1932, zitiert nach dem hs. Original in der Monacensia (München), Signatur A I/1. Vgl. KW 6, S. 155. Vgl. den Abschnitt „Uraufführung und Rezeption“ unten. Vgl. den Brief des Ullstein Buchverlags (Wilhelm Gronle, Emil Herz) an Ödön von Horváth vom 7. November 1932, zitiert nach dem masch. Original im Vertragsarchiv des Ullstein-Buchverlags, Berlin, ohne Signatur. Vgl. dazu WA 6, S. 170f. Brief des Ullstein Buchverlags (Wilhelm Gronle, Emil Herz) an Ödön von Horváth vom 23. Dezember 1932, zitiert nach dem masch. Original im Vertragsarchiv des Ullstein-Buchverlags, Berlin, ohne Signatur. Vgl. dazu etwa die Entwürfe K2/E7–E9, wo Notizen zur Überarbeitung der Fassung in sieben Bildern neben Werktiteleintragungen zur Buchpublikation stehen.

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Vorwort

pflichtungen, kategorisch ablehnt.20 Am selben Tag übersandte Horváth ein Exemplar von Geschichten aus dem Wiener Wald an Berthold Viertel, mit dem er sich eine Zusammenarbeit erhoffte. Im Begleitschreiben dazu gibt er an, dass Viertel von Kristl ein „ganz ausführliches Exposé“21 erhalten solle – ein weiterer Hinweis darauf, dass das Stück noch nicht in einer zur Weitergabe geeigneten Form vorlag. Glaube Liebe Hoffnung erschien schließlich in Form eines für den Bühnengebrauch gedachten, hektografierten Stammbuchs des zu Ullstein gehörenden Arcadia Verlags mit Copyright 1933 vermutlich noch im Januar 1933. Mit der Angelobung Adolf Hitlers als Reichskanzler am 30. Januar 1933 und der beginnenden rapiden Demontage von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit durch die Nationalsozialisten wurde eine Uraufführung des Stückes im Deutschen Reich aber unmöglich. Auch an die von Horváth erhoffte gemeinsame Buchpublikation von Glaube Liebe Hoffnung und Kasimir und Karoline war nicht mehr zu denken, da Ullstein genauso wie der Kiepenheuer Verlag massiv unter der politischen ‚Gleichschaltung‘ durch die Nationalsozialisten zu leiden hatte. Bereits im April 1933 übergab Kiepenheuer die gesamten Auslandsrechte für Horváths Produktion an den Wiener Marton Verlag, der in den kommenden Jahren Horváths wichtigster Verlagspartner werden sollte.22 Kiepenheuer wurde kurz darauf vollständig liquidiert, was die Rechte an Horváths Werk innerhalb des Deutschen Reiches nach dem de facto bestehenden Aufführungsverbot verwaisen ließ.23 In der Abstoßung der deutschen Rechte an Glaube Liebe Hoffnung, die noch bei Ullstei lagen und deshalb wohl kein Vertragsgegenstand zwischen Kiepenheuer und Marton sein konnten, ist wohl der Grund zu sehen, dass das Stück schließlich beim Zürcher Bühnenvertrieb M. Kantorowitz landete. Das im Splitternachlass Horváth befindliche Exemplar des Stammbuchs (ÖLA 27/S 12) zeigt eine entsprechende Adaption des Impressums, wo die Angaben des Arcadia Verlags mit denen von Kantorowitz überklebt wurden.24 Wann genau dieser Transfer stattfand, ist ungeklärt. In Buchform erschien Glaube Liebe Hoffnung schließlich erstmals 1961 gemeinsam mit mehreren anderen Dramen Horváths in der wegweisenden Sammlung Stücke, die von Traugott Krischke herausgegeben wurde.25 Genetisches Material wurde erstmals in den Gesammelten Werken von 1970/71 abgedruckt,26 1973 folgte eine stark angereicherte, von Traugott Krischke besorgte Einzelveröffentlichung in der Biblio-

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Brief Ödön von Horváths an den Ullstein Buchverlag vom 2. Januar 1933, zitiert nach dem masch. Original im Vertragsarchiv des Ullstein-Buchverlags, Berlin, ohne Signatur. Brief Ödön von Horváths an Berthold Viertel vom 2. Januar 1933, zitiert nach dem hs. Original am Deutschen Literaturarchiv Marbach, A: Viertel, Zugangsnummer 78.898/7. Vgl. die Korrespondenz zwischen Marton und Kiepenheuer vom 20., 21. und 24. April 1933, Original verschollen, zitiert nach den Faksimiles in Gisela Günther: Die Rezeption des dramatischen Werkes Ödön von Horváths von den Anfängen bis 1977. Bd. 2: Anmerkungen, Materialien, Bibliographie. Univ.-Diss. Göttingen 1978, S. 165–167. Tatsächlich war Horváth im nationalsozialistischen Deutschland, anders als andere Autorinnen und Autoren, zunächst nicht ausdrücklich verboten (vgl. WA 6, S. 170, Anm. 4). Erst seine antifaschistischen Romane Jugend ohne Gott (1937) und Ein Kind unserer Zeit (1938) landeten auf der „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“ (vgl. WA 15, S. 18 und WA 16, S. 15). Zum Theatervertrieb Kantorowitz vgl. Reto Caluori: Michael Kantorowitz. In: Andreas Kotte (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz. Band 2. Zürich: Chronos 2005, S. 962. Horváth 1961, S. 165–203. GW I, S. 325–380 (Endfassung) und GW IV, S. 267–319 (Varianten).

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Vorwort

thek Suhrkamp.27 Die bis auf das letzte Bild erhaltene Fassung in sieben Bildern (K2/TS6), die durch eine 1969 aus Archivmaterial erstellte, erweiterte Spielfassung des Regisseurs Peter Palitzsch rezeptionshistorische Relevanz erlangt hatte, wurde erstmals 1986 in der Kommentierten Werkausgabe nachvollziehbar konstituiert.28

Das genetische Material und seine Chronologie Das genetische Konvolut zu Glaube Liebe Hoffnung umfasst 312 Blatt an hand- und maschinenschriftlichem Text von Horváths Hand bzw. der Lukas Kristls sowie das vom Arcadia Verlag erstellte Stammbuch der Endfassung (K3/D1). Während mit insgesamt 15 Blatt nur sehr wenige Entwürfe überliefert sind, liegen zu einigen Textstufen teils mehrfache Durchschläge vor (vgl. etwa K1/TS8). Knapp zwei Drittel des genetischen Materials (197 Blatt) entfallen auf Konzeption 1, in der Horváth die wesentlichen Teile seines Textes entwickelt. Das gesamte Konvolut ist von starken Überlieferungsverlusten geprägt. Insgesamt lassen sich drei Vorarbeiten und drei Konzeptionen unterscheiden: Vorarbeit 1: Kasimir und Karoline / Glaube Liebe Hoffnung-Szenerie Vorarbeit 2: Typoskripte von Lukas Kristl Vorarbeit 3: Stiefmutter Konzeption 1: Glaube Liebe Hoffnung in zwei Teilen Konzeption 2: Glaube Liebe Hoffnung in sieben Bildern Konzeption 3: Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz in fünf Bildern Vorarbeit 1 enthält mit der Kasimir und Karoline / Glaube Liebe Hoffnung-Szenerie Text, der 1931 noch völlig unabhängig von der Zusammenarbeit mit Kristl entstanden ist. Er offenbart den gemeinsamen werkgenetischen Ursprung von Kasimir und Karoline und Glaube Liebe Hoffnung. Aus Kristls Hand liegen mehrere Typoskripte vor, die Vorarbeit 2 bilden. Insgesamt sind 9 Blatt überliefert, die vier meist fragmentarische Textstufen konstituieren und bereits merkliche Umrisse des späteren Stückes zeigen. Sie wurden zum Teil von Horváth direkt bearbeitet. Vorarbeit 3 umfasst heterogene Arbeiten, die teils mit Bezug auf Kristls Text, teils unabhängig davon entstanden sind. So ist hier auch Elisabeths Familiensituation ausgestaltet, die ab Konzeption 1 nur mehr indirekt angesprochen wird. Die eigentliche Arbeit am Stück setzt mit Konzeption 1 ein, an deren Schluss die Fassung von Glaube Liebe Hoffnung in zwei Teilen mit Epilog steht (K1/TS27). Konzeption 1 ist der am besten dokumentierte Teil der Werkgenese, wenngleich sich zum ersten Teil des Stückes, der die Handlung vor der Anatomie bis hin zu Elisabeths Entlassung umfasst hat, nur sehr wenige Blätter erhalten haben. Die Fassung in zwei Teilen liegt damit nur als umfangreiches Fragment des zweiten Teiles wie des Epilogs vor. Zur Umarbeitung dieser Fassung in die Fassung in sieben Bildern in Konzeption 2 ist nur wenig Material überliefert. Hier werden, wie die Reinschrift (K2/TS6) zeigt, 27 28

Horváth 1973. KW 6, S. 70–129; zur fiktiven Fassung Peter Palitzschs, die eklektisch Teile der Fassung in zwei Teilen mit jener in sieben Bildern verschneidet vgl. den Abschnitt „Uraufführung und Rezeption“ unten.

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Vorwort

große Teile des bereits entwickelten Textes in leicht verändertem Arrangement wiederverwendet. Die wesentliche Neuerung ist die Handlung auf dem Polizeirevier im siebten Bild, die mit dem Tod Elisabeths endet. Dieses Bild liegt nur über einige Fragmente seiner Genese vor; in der erhaltenen Reinschrift der Fassung in sieben Bildern ist es nicht enthalten. In Konzeption 3 arbeitet Horváth diese Fassung in die nur noch fünf Bilder enthaltende Endfassung (K3/TS7) um, die die einzige vollständig erhaltene Fassung von Glaube Liebe Hoffnung ist. Diese Adaption ist ebenfalls nur schlecht dokumentiert und setzt sich im Wesentlichen aus einer Kürzung um zwei Bilder sowie einer partiellen Verpflanzung von Passagen aus den gestrichenen in die beibehaltenen Bilder zusammen. Genetisches Material liegt vor allem zu der in dieser Konzeption entstandenen Randbemerkung vor.

Vorarbeit 1: Kasimir und Karoline / Glaube Liebe Hoffnung-Szenerie Der gemeinsame Ursprung von Glaube Liebe Hoffnung sowie Kasimir und Karoline bildet sich in Vorarbeit 1 ab, die Ende 1931 und damit noch vor der Zusammenarbeit mit Kristl entstanden ist. Insgesamt liegen nur wenige Blätter mit einer Textstufe und fünf Entwürfen vor, die aber bereits wesentliche Charakteristika der beiden späteren Stücke zeigen. Während Figurennamen wie Kasimir bzw. Karoline, das Motiv des Zeppelins oder der Handlungsort Sanitätswache eindeutig zu Kasimir und Karoline hinführen,29 sind der Handlungsort „Vor der Anatomie“ (VA1/E3 und TS1), der Versuch, die eigene Leiche zu verkaufen, die Begegnung mit dem Anatomiediener und dem „Spitaler“ (VA1/E2, E4 und TS1), der seine Frau bei einem Unfall verloren hat, Ingredienzen von Glaube Liebe Hoffnung. Markant ist die Präfiguration des späteren Werktitels durch die Allegorien von Glaube, Liebe und Hoffnung in VA1/E1, denen Kasimir im „Rausch“ begegnet: Glaube: Du bist doch ein anständiger Mensch. Liebe: Du kannst ja dabei an eine Andere denken – Hoffnung: Und vielleicht wird es wieder besser, die Verletzung Karolines. VA1/TS1 exponiert zwei Motivkomplexe, die Glaube Liebe Hoffnung entscheidend prägen. Einerseits ist das der Tod, der über den Handlungsort, aber auch den morbiden Versuch, seine eigene Leiche zu verkaufen, präsent ist. Andererseits wird (Alltags-)Prostitution thematisiert. Karoline bietet wie später Elisabeth ihren Körper hier sowohl im toten als auch im lebenden Zustand an, was etwa an der Empörung des Anatomiedieners in VA1/E5 kenntlich wird, der sich für seine Einladung Gefälligkeiten erwartet hatte: „Zuerst sich vollfressen und dann schlafen! Eine Gemeinheit ist das!“ Ganz ähnlich gestaltet sich in den frühen Fassungen von Glaube Liebe Hoffnung in zwei Teilen die Handlung in einer Bar, wo Elisabeth sich auf Schinkenbrote einladen lässt, dann aber nicht mit den sie einladenden Herren mitgehen möchte (vgl. etwa K1/TS18/BS 39 h [2], Bl. 10). In diesen Kontext gehört auch die wiederholte Erwähnung einer „Schönheitskonkurrenz“ (VA1/E2, E4, TS1 und E5), zu der der Spitaler Karoline einlädt. Wie auch in den Vorarbeiten sowie den frühen Konzeptionen des kurz zuvor vollendeten Volksstücks Geschichten aus dem Wiener Wald zu se29

Vgl. dazu auch WA 4/VA1.

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Vorwort

hen ist, handelt es sich bei derartigen Veranstaltungen immer auch um Chiffren der Prostitution und der (männlichen) Verfügungsgewalt über weibliche Körper (vgl. WA 3).

Vorarbeit 2: Typoskripte von Lukas Kristl Die insgesamt 9 Blatt Typoskripte dieser Vorarbeit sind der unmittelbare materielle Beleg für die Zusammenarbeit Horváths mit dem Journalisten Wilhelm Lukas Kristl. Insgesamt liegen vier Textstufen vor, die allesamt von Kristl getippt und teilweise von ihm handschriftlich überarbeitet wurden. Wie aus dem einzigen erhaltenen Brief Kristls an Horváth hervorgeht, hat er von ihm gefertigte Szenenfolgen postalisch an Horváth gesandt; auch fanden fallweise Treffen in München statt.30 Als Entstehungszeitraum ist das Frühjahr 1932 anzunehmen. Von Kristls Hand sind Fassungen zum „Korsettenladen“ (VA2/TS1 und TS4), vor dem Wohlfahrtsamt (VA2/TS2) und „Im Zimmer des Fräulein“ (VA2/TS3) erhalten. Bis auf VA2/TS4, die eine Fortsetzung der Handlung im „Korsettenladen“ enthält, haben alle diese Ausarbeitungen in der Genese von Glaube Liebe Hoffnung Niederschlag gefunden. Es ist davon auszugehen, dass ursprünglich noch mehr Blätter von Kristl existiert haben, der tatsächliche Umfang lässt sich allerdings nicht mehr abschätzen. Auf einigen der Blätter finden sich ganz unmittelbar Eintragungen Horváths, die bereits weit in die eigentliche Genese des Stückes hineinreichen (vgl. VA2/TS1). Auf anderen, nicht weniger relevanten Blätter wie z.B. denen zum Bild „Im Zimmer des Fräulein“ (TS3), das in Konzeption 1 nachweislich als Grundlage des späteren vierten Bildes der Endfassung („Elisabeths möbliertes Zimmer“) fungiert, finden sich wiederum keinerlei Bearbeitungsspuren Horváths.31

Vorarbeit 3: Stiefmutter Diese Vorarbeit versammelt sehr heterogenes Material Horváths zu Glaube Liebe Hoffnung, das zum einen bereits vor dem Hintergrund von Kristls Text (VA3/TS3), zum anderen aber auch völlig unabhängig davon entstanden ist (VA3/TS1 und TS2). Gemein ist den hier vorliegenden Textstufen, dass sie vom späteren Stück, wie es vor allem in Konzeption 1 entwickelt wird, noch merklich entfernt sind. Die charakteristische Figur dieser Vorarbeit ist die nur hier vorkommende Stiefmutter Elisabeths. Die in drei Ansätzen entstandene Textstufe VA3/TS1 bildet den umfänglichsten Teil dieser Vorarbeit und exponiert mit zwei Bildern einen später nahezu völlig fallen gelassenen Aspekt: Elisabeths Familie. Elisabeth besucht hier ihren im abgeschlossenen Stück nur erwähnten Vater, dessen Beruf der Präparator falsch versteht, was mit schuld an ihrer Verurteilung ist. Sie bittet ihren Vater um eine Bürgschaft, damit ihr ein „Major a.D.“ (VA3/TS1/A3/BS 39 c [1], Bl. 6), eine aus dem Spitaler von Vorarbeit 1 entwickelte Vorform des späteren Barons, das Geld leiht. Die junge Stiefmutter Eli30 31

Vgl. den Brief Wilhelm Lukas Kristls an Ödön von Horváth vom 12. Mai 1932 (Anm. 7 und 47). Zu den Details der Zusammenarbeit von Kristl und Horváth und einer exemplarischen Gegenüberstellung von Kristls Text mit Horváths Bearbeitung anhand von VA2/TS2 und K1/TS21 vgl. den Abschnitt „Horváth und Kristl – Eine Zusammenarbeit“ unten.

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Vorwort

sabeths ist ihrer Stieftochter gegenüber feindselig eingestellt und vehement gegen die Bürgschaft. Mit dem Vater verbindet die Stiefmutter eine ausgeprägt sadomasochistische Beziehung, die in Konzeption 1 auf das Verhältnis von Maria und dem Major bzw. Baron übergeht (vgl. etwa K1/TS18/BS 39 h [2], Bl. 8). Die Gestaltung von Familienszenen, die im weiteren Verlauf der Werkgenese wieder fallen gelassen werden, erinnert hier an die Werkgenese von Kasimir und Karoline. Dort hatte Horváth zunächst auch Auftritte von Karolines Eltern bzw. Geschwistern vorgesehen, diese Einfälle aber nicht weiterverfolgt (vgl. WA 4/K1). Zu Vorarbeit 3 ist auch ein Expositionsmonolog Elisabeths zu zählen (VA3/TS2), bei dem es sich um das Fragment einer längeren, nicht überlieferten Textstufe handelt. Der Bezug dieses Fragments zum restlichen Material und sein genauer Platz in der genetischen Reihe ist unklar, es dürfte sich aber um recht frühen Text handeln. In VA3/TS3 liegt die erste überlieferte Erarbeitung von Text basierend auf den Typoskripten Kristls vor. Horváth arbeitet hier eine erste Fassung der Handlung im „Korsettenladen“ (VA3/TS3/BS 39 c [2], Bl. 9) aus, die durch einen handschriftlich eingefügten Auftritt einer Figur namens Kobler eine überraschende Querverbindung zum Roman Der ewige Spießer aufweist.32 Der windige Alfons Kobler ist dort die Hauptfigur des ersten Teiles des Romans, „Herr Kobler wird Paneuropäer“. Möglicherweise wollte Horváth die Handlung in der Schellingstraße ansiedeln, die in verschiedenen seiner Texte bzw. Werkgenesen um 1930 vorkommt.33

Konzeption 1: Glaube Liebe Hoffnung in zwei Teilen In Konzeption 1 erarbeitet Horváth eine erste vollständige Fassung von Glaube Liebe Hoffnung, die in zwei Teile sowie einen abschließenden Epilog gegliedert ist. Der Titel des Stückes dürfte von Beginn an festgestanden haben; Überlegungen zu Alternativen lassen sich erst in Konzeption 3 belegen. Große Teile des hier entwickelten Textes gehen in teilweise verändertem Arrangement in die Fassung in sieben Bildern (K2/TS6) und von dort in die Endfassung (K3/TS7) ein. Mit 197 Blatt an Manuskripten wie Typoskripten ist Konzeption 1 der materialreichste und am besten belegte Abschnitt der Werkgenese. Zum ersten Teil liegen jedoch nur wenige Fragmente vor (K1/TS1–TS9). Der bei weitem überwiegende Anteil des erhaltenen Materials entfällt auf den zweiten Teil, der sich bis auf ein Blatt vollständig rekonstruieren lässt, sowie auf den Epilog (K1/TS10–TS23). Eine erste vollständige Fassung (K1/TS24) hat Horváth nochmals überarbeitet; auch liegen Reste einer Reinschrift vor (K1/TS25 und TS26). Aus den überlieferten montierten Textstufen in ihrer jeweiligen Fassung letzter Hand lässt sich eine fragmentarische Gesamtfassung zusammenstellen, die aus dem bis auf ein Blatt vollständigen zweiten Teil sowie dem Epilog besteht (K1/TS27). Wesentliche Eckpunkte der Handlung sind von Kristls Reportage und Auskünften vorgegeben, weshalb sich weite Teile des Plots der Fassung in zwei Teilen nicht erheblich von den späteren Fassungen unterscheiden. Differenzen ergeben sich vornehmlich in der Ausgestaltung bzw. Abfolge einzelner Passagen und den Hintergrün32 33

Vgl. WA 14/K3 und K4. Vgl. dazu neben dem Roman Der ewige Spießer (WA 14) insbesondere das Werkprojekt Die Schönheit aus der Schellingstrasse, das einen Teil der Werkgenese von Geschichten aus dem Wiener Wald darstellt (WA 3/K1).

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den einzelner Figuren sowie in der formalen Gestaltung. Grundlegend anders ist in Konzeption 1 nur der Schluss angelegt: Elisabeth erhält hier die Möglichkeit, als Polizeispitzel zu arbeiten. Das Stück endet mit einer großen, als Tableau aller Figuren gestalteten Polizeiparade, die die Gattungstradition des Volksstücks ironisiert. Eine vergleichbare Auflösung hatte Horváth bereits für die Fassung in sieben Bildern von Geschichten aus dem Wiener Wald erwogen; dort war die Hochzeit von Oskar und Marianne der Anlass.34 Die Fassung in zwei Teilen von Glaube Liebe Hoffnung weist, abseits der Szenengliederung, keine weitere Binnenstruktur in Bildern, Akten oder dergleichen auf, was sie formal wesentlich von den späteren Fassungen unterscheidet. Stattdessen gehen die zu einzelnen Schauplätzen zusammengefassten Szenenfolgen innerhalb der Teile direkt ineinander über. Sie werden dabei von Musikstücken, insbesondere zeitgenössischen Schlagern, begleitet. Während die Teile-Struktur an die Endfassung von Geschichten aus dem Wiener Wald erinnert, so ist die direkte Aufeinanderfolge wechselnder Schauplätze aus der Endfassung von Kasimir und Karoline bekannt. Glaube Liebe Hoffnung geht so gewissermaßen den umgekehrten Weg der Werkgenesen der vorherigen Stücke und gelangt von einer eher losen formalen Gestaltung zu einer konventionelleren Bilderfolge.35 Die Darstellung der Textgenese ist hier nach der Arbeit an den einzelnen Schauplätzen des Stückes gegliedert. Deren Entstehung erfolgte sowohl sukzessive als auch parallel, was sich, auch aufgrund der Überlieferungsverluste, in strikter Chronologie kaum darstellen lässt. Für den ersten Teil lassen sich die Schauplätze „Vor dem anatomischen Institut“ (K1/TS1–TS6), „Einsame Landstrasse“ (K1/TS7 und TS8) und „Kontor der Firma Irene Prantl“ (K1/TS8 und TS9) belegen. Zu „Vor dem anatomischen Institut“ sind ausschließlich Bruchstücke erhalten. Die Handlung entspricht im Wesentlichen jener der späteren Fassungen des ersten Bildes in den folgenden Fassungen (vgl. K2/TS6 bzw. K3/TS7). Wie die Auftrittsfolge des erhaltenen Figurenverzeichnisses K1/TS25 zeigt, war an diesem Schauplatz bereits der Auftakt einer in den späteren Fassungen völlig fallen gelassenen Nebenhandlung unter Studenten vorgesehen, die bis K1/TS18 größeren Raum einnimmt und bis K1/TS27 zumindest in Teilen vorgesehen ist. Der Schauplatz „Kontor der Firma Irene Prantl“ ist in Konzeption 1 allein über die Szenenanweisung in K1/TS8 bzw. K1/TS9 belegt. Als einziger Schauplatz des ersten Teiles ist „Einsame Landstrasse“ vollständig erhalten. Der Grund dafür liegt ironischerweise darin, dass Horváth diesen Schauplatz am Schluss von Konzeption 1 aus dem Stück entfernt hat, was auch im zweiten Teil Spuren hinterlassen hat (vgl. K1/TS19/A6 und die Auswirkungen auf K1/TS24 bzw. K1/TS27). Der Schauplatz „Einsame Landstrasse“ behandelt die später nur mehr indirekt angesprochene Autofahrt nach Kaufbeuren, die zu einer Übernachtung in einer Scheune und Elisabeths schlechtem Verkauf führt (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 13). Der Student Eltz, mit dem Elisabeth mitfährt, inszeniert hier eine Panne im Wald und nötigt die junge Frau dann zum Geschlechtsverkehr – ein auch im Komplex des Spießer-Romans sowie in Kasimir und Karoline verwendetes Motiv.36 34 35 36

vgl. WA 3/K4. Vgl. dazu WA 3/K4 und K5 bzw. WA 4/K3 und K4. Zur inszenierten Autopanne vgl. Konzeption 1 (Kasimir und Katharina in fünf Bildern) von Kasimir und Karoline, wo Karoline mit dem Studenten Emil Wegmann verkuppelt werden soll (vgl.

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Neben diesen drei unmittelbar zu belegenden Schauplätzen haben im ersten Teil noch weitere vorgelegen, von denen sich nur Spuren erhalten haben. So sind auf den zu K1/TS8 bzw. K1/TS9 gehörigen Blättern noch je eine Replik des Präparators und des Tierpflegers vorhanden, die zum vorherigen Schauplatz gehören. Sie entsprechen textlich genau dem Schluss des zweiten Bildes der Fassung in sieben Bildern, das im Tierpark spielt (vgl. K1/TS8/BS 39 g [1], Bl. 1 und K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 17). Auch ist im Figurenverzeichnis K1/TS25, das basierend auf K1/TS24 bzw. K1/TS27 entstanden ist und in K2/TS6 weiterverwendet wird, bereits der „hochgewachsen[e] Herr mit seinem vierjährigen Sohne“ (K1/TS25 bzw. K2/TS6/BS 39 h [3], Bl. 2) vorgesehen, der dort auftritt. Auf die in K2/TS6 belegte neuerliche Begegnung von Elisabeth und dem Baron (vgl. ebd./BS 39 b [3], Bl. 12f.) spielt dieser auch in Konzeption 1 am Schauplatz „Im blauen Schiff“ an (vgl. K1/TS18/BS 39 h [2], Bl. 7), der allerdings nicht in die abgeschlossene Fassung übernommen wird. All das lässt mit einiger Sicherheit darauf schließen, dass ein Schauplatz im Tierpark auch in der Fassung in zwei Teilen vorgesehen war. Die anfängliche Szenenanweisung zum Schauplatz „Bierkeller“ des zweiten Teiles weist schließlich darauf hin, dass der Präparator und der Tierpfleger „an dem Tische, wo einst der Präparator Elisabeth kennen lernte“ (K1/TS27/BS 39 e [4a], Bl. 12) sitzen. Der Präparator nimmt auch darauf Bezug, dass er „bei einer solchen weissen Gelegenheit“ (ebd./Bl. 13) Elisabeth kennengelernt habe. Das deutet auf die Existenz eines eigenen Schauplatzes im Bierkeller bereits im ersten Teil des Stückes hin. Der zweite Teil entwickelt in unterschiedlichem Ausmaß die Schauplätze „Vor dem Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“, „Vor einem Tonfilmkino“, „Bierkeller“ sowie „Elisabeths möbliertes Zimmer“; daran schließt der eigenständige Epilog an. Die Entstehung dieses Teiles ist wesentlich besser dokumentiert, die genetische Reihe weist aber dennoch erkennbare Lücken auf, die sich nur eingeschränkt füllen lassen. Zu diesem Teil sind auch einige Entwürfe überliefert, die verschiedene Strukturen für den zweiten Teil festhalten (K1/E1–E9). Immer vorgesehen sind dabei die Schauplätze Wohlfahrtsamt und Bierkeller; weitere Schauplätze benennen eine „Tonfilmfassade“ (K1/E3), aus der „Vor einem Tonfilmkino“ hervorgeht, und, ab K1/E4, ein „Zimmer“, womit wohl „Elisabeths möbliertes Zimmer“ gemeint ist. Wiederholt wird eine „Parade der Sipo“ (K1/E4) erwogen, die „Vor dem Kontor“ (K1/E1, vgl. auch E2), „vor Elisabeths Wohnung“ (K1/E5) oder auf einem „[w]eite[n] Platz“ (K1/E6) stattfinden soll. Dieser Einfall konstituiert schließlich kein eigenes Bild, sondern geht in der Parade des Epilogs auf, die in ein Schlusstableau mündet. Als Motiv bleibt eine Parade bis zur Endfassung erhalten, wo sie den Tod Elisabeths begleitet (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 61). Der größte Teil der Arbeit von Konzeption 1 entfällt auf die Schauplätze „Vor dem Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“, „Vor einem Tonfilmkino“ und „Bierkeller“. Die frühesten erhaltenen Textstufen setzen in einem Bierkeller ein (K1/TS10, TS11 und TS14), den Horváth um das Wohlfahrtsamt (K1/TS12) und die Bar Blaues Schiff (K1/TS13) ergänzt. Die Textstufen K1/TS10 und TS12–TS14 werden mit rotem Buntstift WA 4/K1/TS4). Daraus geht zuletzt die Autofahrt Karolines mit Rauch hervor (vgl. ebd./K4). Das „Mitnehmen“ im Auto, wofür sich die Autobesitzer von den Fräulein sexuelle Gefälligkeiten erwarten, ist prominent Thema im zweiten Teil des Romans Der ewige Spießer, „Fräulein Pollinger wird praktisch“ (vgl. WA 14/K4), sowie im zuvor entstandenen Romanfragment Herr Reithofer wird selbstlos (vgl. ebd./K2/TS8).

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zu einer ersten umfänglichen fragmentarischen Fassung des zweiten Teiles verbunden (K1/TS15). Diese ist aufgrund mehrerer sich überlagernder Korrekturschichten teils widersprüchlich, jedoch eindeutig der Ausgangspunkt für die Erarbeitung der Schauplätze „Vor dem Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“ und „Bierkeller“ über mehrere Ansätze hinweg in K1/TS16 und TS17. Diese beiden Textstufen bilden die Grundlage für die erste Reinschrift K1/TS18. Darüber hinaus haben vermutlich bereits erste Fassungen des anschließenden Schauplatzes „Elisabeths möbliertes Zimmer“ sowie möglicherweise sogar des Epilogs vorgelegen. Darauf deuten teils umfangreiche Korrekturen der Szenennummerierungen auf einem Teil der Blätter hin, die sich in den späteren Ansatzfolgen von K1/TS21 bzw. TS22 finden. Eine belastbare, kohärente Fassung lässt sich daraus allerdings noch nicht konstituieren. Bis zur ersten Reinschrift K1/TS18 ist der Schauplatz „Im blauen Schiff“ fixer Bestandteil des Stückes. In diese Bar nimmt Maria Elisabeth mit, wo sich die beiden „ein Schinkenbrot“ (K1/TS18/BS 39 h [2], Bl. 6) erhoffen – eine der Chiffren für Alltags- bzw. Gelegenheitsprostitution, deren Darstellung das Stück von Vorarbeit 1 an mitbestimmt. Hier begegnen die beiden dem verwitweten Baron sowie Pascha, dem Sohn der Irene Prantl. Bevor die Situation wegen Elisabeths Weigerung, sich zu prostituieren, eskaliert, treten drei Studenten auf, die Pascha wegen eines Diebstahls zur Rede stellen und dann verprügeln. Die Nebenhandlung unter Studenten erinnert an die Werkgenese von Kasimir und Karoline, wo ähnliche Raufhändel vorgesehen waren (vgl. WA 4/K1 und K2). Aufgrund des Lärms tritt der Schupo auf, den Elisabeth damit erst hier kennenlernt. Wie die weitere Überlieferung zeigt, hat Horváth seine Reinschrift dann nicht weiter fortgesetzt, sondern Teile davon sowie die bereits in K1/TS17 vorliegenden Blätter für eine Neubearbeitung des zweiten Teiles verwendet. Dabei entfernt er den Schauplatz „Im blauen Schiff“ vollständig und verlegt die Begegnung zwischen Elisabeth und dem Schupo vor das Wohlfahrtsamt. Die Nebenhandlung unter Studenten verschwindet damit fast vollständig aus dem Stück. In K1/TS19–TS21 gestaltet Horváth über mehrere Ansätze hinweg den Schauplatz „Vor dem Wohlfahrtsamt“ (K1/TS19) neu, teilt die beiden bisher im Bierkeller stattfindenden Wiederbegegnungen mit der Frau Amtsgerichtsrat bzw. dem Präparator auf zwei separate Schauplätze auf (K1/TS20) und arbeitet den Schauplatz „Elisabeths möbliertes Zimmer“ (K1/TS21) final aus. Der hier entstehende Schauplatz „Vor einem Tonfilmkino“, der aus für den Bierkeller von K1/TS17 verwendeten sowie neu getippten Blättern erstellt wurde, war bereits in verschiedenen Entwürfen vorbereitet. Die Begegnung mit der Frau Amtsgerichtsrat wird jedoch im Übergang zu Konzeption 2 wieder in den Bierkeller zurückverlagert, womit das dortige 5. Bild wieder fast genau dem Zustand vor K1/TS19 bzw. TS20 entspricht. Der Schauplatz „Bierkeller“ ist in K1/TS20 dementsprechend weniger umfangreich. Der Schauplatz „Elisabeths möbliertes Zimmer“, der den zweiten Teil beschließt, entsteht demgegenüber relativ geradlinig. Die anfängliche Übernahme großer Teile eines von Lukas Kristl vorbereiteten Textes erlaubt hier detaillierte Einblicke in Horváths Umgang mit seiner Vorlage.37 Anders als in den folgenden Fassungen wird Elisabeth vom Oberinspektor als Polizeispitzel rekrutiert, was die Handlung des Epilogs (K1/TS22 und TS23) vorbereitet. Obwohl der Schauplatz zuvor entfernt wurde, findet

37

Vgl. dazu den Abschnitt „Horváth und Kristl – Eine Zusammenarbeit“ unten.

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der Epilog vor der Bar Blaues Schiff statt. Elisabeth verrät hier Maria, die gestohlen hat, an einen Kriminalpolizisten und begegnet ein letztes Mal noch dem Schupo, der aber zu einer Parade muss. Zum von Carl Teike (1864–1922) komponierten Militärmarsch Alte Kameraden, den Horváth auch später verwendet, verwandelt sich die Bühne in einen Paradeplatz, auf dem, mit Ausnahme der gerade verhafteten Maria, alle Figuren des Stückes zu einem Schlusstableau zusammenkommen. K1/TS19/A5, TS20/A10, TS21/A5 und TS22/A4 bilden die Grundlage für das Fragment einer ersten vollständigen Fassung des Stückes K1/TS24, von der auch eine Reinschrift angefertigt wurde. Deren Reste sind in Form einiger Blätter aus den Schauplätzen „Vor dem Wohlfahrtsamt“ und „Bierkeller“ (K1/TS26) erhalten. Ebenfalls Teil einer Reinschrift waren die drei Blätter einer Titelei (K1/TS25), die das Deckblatt mit dem Werktitel, das auch in der Endfassung verwendete Motto aus dem ersten Buch Mose und ein Figurenverzeichnis enthält. Ob es sich dabei um dieselbe Reinschrift wie jene von K1/TS26 gehandelt hat, kann vermutet, allerdings nicht wirklich belegt werden. Diese Blätter hat Horváth für die Reinschrift der Fassung in sieben Bildern wiederverwendet (vgl. K2/TS6). Die Fassung von K1/TS24 enthielt im ersten Teil des Stückes noch den Schauplatz „Einsame Landstrasse“, zu dessen Entfernung sich Horváth erst äußerst spät entschlossen hat. Die Entfernung dieses Schauplatzes lässt sich über einen letzten Eingriff Horváths am Text des Schauplatzes „Vor dem Wohlfahrtsamt“ erschließen: Hier streicht der Autor die beiden Szenen, die den Auftritt des Studenten Eltz vorgesehen hätten und trägt eine (inkonsequente) Korrektur der Paginierung um mehrere Seiten ein (vgl. K1/TS19/A6). Die sich daraus ergebende neue Fassung des Textes von K1/TS27 wurde nicht mehr ins Reine geschrieben, sie ist aber definitiv diejenige letzter Hand. Zu dieser Überarbeitung hat Horváth eine Reihe begleitender Notizen (K1/E11–E18), angefertigt. Dabei überschlägt er auch die Szenenzahl seines Stückes: Während Glaube Liebe Hoffnung in der Fassung von K1/TS24 insgesamt 97 Szenen aufwies, sind es in K1/TS27 nur mehr 91 (vgl. K1/E17 und E18). Die Figur Eltz ist damit aber nicht gänzlich aus dem Stück verschwunden, ebenso wenig die Studenten Schmidt, v. Müller und Vetterle, deren wesentlicher Auftritt im bereits nach K1/TS18 entfernten Schauplatz „Im blauen Schiff“ stattfand. Die Beibehaltung dieser Figuren belegen Korrekturen am Tableau des Epilogs (K1/TS22) sowie das Figurenverzeichnis (K1/TS25). Gemeinsam mit den anderen Studenten sollte Eltz vermutlich in den Szenen vor der Anatomie auftreten. Das Figurenverzeichnis hat Horváth nach einer handschriftlichen Adaption neuerlich für die Reinschrift der Fassung in sieben Bildern in Konzeption 2 verwendet. Es ist davon auszugehen, dass die nicht überlieferten Teile der auf K1/TS24 basierenden Reinschrift von K1/TS26 für die Montage der Fassung in sieben Bildern verwendet wurden.

Konzeption 2: Glaube Liebe Hoffnung in sieben Bildern In dieser Konzeption arbeitet Horváth das mit Konzeption 1 bereits vollständig vorliegende Stück in eine neue Form um. Anstelle der lockeren Folge von Schauplätzen von Konzeption 1 überführt er es in eine konventionellere Struktur in sieben Bildern. Die so entstehende Fassung in sieben Bildern ist allein als Reinschrift der ersten sechs Bilder überliefert (K2/TS6). Zu ihrer Entstehung sind nur wenige genetische Materialien erhalten. Einige Entwürfe (K2/E1–E3), die Horváth im Zusammenhang mit

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dem Prosawerkprojekt Der römische Hauptmann angefertigt hat,38 sind höchstwahrscheinlich dieser Überarbeitung zuzurechnen. Der überlieferte Text beruht wesentlich auf jenem der Fassung in zwei Teilen 1 (K /TS27). Es ist davon auszugehen, dass Horváth eine Reinschrift von K1/TS24 zur Montage einer Arbeitsfassung verwendet hat (vgl. die erhaltenen Reste K1/TS26), die die Grundlage von K2/TS6 war. Die K2/TS6 vorangestellte Titelei entstammt ebenfalls einer Reinschrift der Fassung in zwei Teilen (vgl. K1/TS25) und wurde handschriftlich an die neuen Gegebenheiten angepasst (vgl. K2/TS6/BS 39 h [3], Bl. 1–3), wobei allerdings einige Fragen offenbleiben (vgl. dazu den Kommentar zu K2/TS6). Von einem weiteren Durchschlag der Reinschrift haben sich überdies einige Bruchstücke erhalten (K2/TS7), die von einer neuerlichen Montage hin zur Endfassung des Stückes in Konzeption 3 übriggeblieben sind. Die in K2/TS6 überlieferten sechs Bilder spielen „Vor dem anatomischen Institut“, „Im Tierpark am Sonntagnachmittag“, im „Kontor der Firma Irene Prantl“, „Vor dem Wohlfahrtsamt“, im „Bierkeller“ und in „Elisabeths möblierte[m] Zimmer“. Bis auf das Bild im Tierpark lassen sich für alle Bilder passende Pendants unter den Schauplätzen der Fassung in zwei Teilen belegen. Ein Schauplatz „Im Tierpark“ ist in Konzeption 1 zwar nicht überliefert, kann dort aber plausibel vermutet werden. Wie in K1/TS27 umgesetzt, ist der Schauplatz „Einsame Landstrasse“ ausgeschieden und konstituiert dementsprechend kein eigenes Bild; auch der Text des vierten Bildes vor dem Wohlfahrtsamt reflektiert diesen Eingriff. Die in Konzeption 1 vorgenommene Aufteilung der Handlung im Bierkeller auf einen Schauplatz „Vor dem Tonfilmkino“ und einen verkürzten Schauplatz „Bierkeller“ (vgl. K1/TS20) wird wieder aufgegeben. Die Begegnungen sowohl mit der Frau Amtsgerichtsrat als auch mit dem Präparator finden nun im fünften Bild statt, das allein im Bierkeller angesiedelt ist. Der Handlungsbogen des Epilogs entfällt. Teile des dort entwickelten Textes verwendet Horváth allerdings für die nun vor dem Wohlfahrsamt im vierten Bild stattfindende Verhaftung Marias. Sie wird hier nicht von Elisabeth, sondern vom Baron an die Kriminalpolizei verraten. Die noch in K1/TS27 vorgesehenen Studentenfiguren sowie Eltz und Pascha scheiden nun vollständig aus dem Stück aus. Dafür sind in Konzeption 2 die Figuren des Vizepräparators und Joachims vorgesehen. Der Vizepräparator tritt bereits im ersten Bild auf, Joachim im zweiten Bild. Er ist der Sohn der Irene Prantl und ersetzt darin die gestrichene Figur des Pascha; im siebten Bild ist er der „Lebensretter“ (K2/TS3/A2/BS 39 j [1], Bl. 5) Elisabeths. Weitere neue Nebenfiguren sind die zwei Kameraden des Schupos im siebten Bild; möglicherweise waren hier auch bereits die beiden namenlosen Männer vorgesehen, die Elisabeth hereintragen. Das siebte Bild ist die wesentliche Neuerung von Konzeption 2, für das Horváth völlig neuen Text entwickelt. Überliefert sind einige Fragmente insbesondere der letzten Szenen des Bildes (K2/TS1–TS5), die seine Genese in groben Zügen nachvollziehen lassen; ins Reine geschrieben wurde der Text vermutlich nicht. Blätter zum Beginn des Bildes sind nicht überliefert, es ist aber zu erschließen, dass wie in der Endfassung das Polizeirevier der Ort der Handlung ist. K2/TS2 zeigt dabei noch eine gänzlich andere, eher tragikomische Auflösung, die Elisabeth, in eine Zwangsjacke gesteckt, mit dem Leben davonkommen lässt. In K2/TS3 wendet sich die Handlung schließlich vollends ins Tragische: Elisabeth stirbt. Mit der genauen Ausgestaltung dieser Szene experimentiert Horváth zunächst noch. Während Elisabeth in K2/TS3 38

Vgl. dazu WA 13/WP16.

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und TS4 einen Monolog über ihre Situation hält, ist ihr Tod in K2/TS5 wesentlich knapper gestaltet. Sie apostrophiert hier mehrdeutig ihre Mutter: „O Mutter, was ist das für eine schöne gebratene Gans -- nein gib mir nicht den Rücken, Mutter -- nein gib mir die Brust -- die Brust -- (sie stirbt sanft)“ (K2/TS5/BS 39 j [1], Bl. 9). Die bekannte Sterbe-Replik Elisabeths über die „schwarze[n] Würmer“ (K3/TS7/ SB Arcadia 1933, S. 60) war, soweit es die Überlieferung beurteilen lässt, noch nicht Teil der Fassung in sieben Bildern.39 Horváth notiert sie erstmals im Kontext eines Entwurfs, der sich bereits mit einer in die Endfassung mündenden Überarbeitung des Textes befasst (K2/E9). Mehrere andere, wohl ebenfalls erst nach Abschluss der Fassung in sieben Bildern entstandene Entwürfe verzeichnen Werktitel für die geplante gemeinsame Buchpublikation von Glaube Liebe Hoffnung sowie Kasimir und Karoline (K2/E4–E6 und E8).

Konzeption 3: Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz in fünf Bildern Zur Umarbeitung der Fassung in sieben Bildern zur fünf Bilder umfassenden Endfassung haben sich nur wenige Spuren erhalten. Neben einigen Bruchstücken, die bei der Montage einer Arbeitsfassung übriggeblieben sind (K2/TS7), liegen zwei Blätter zur Adaption des hier dritten Bildes „Vor dem Wohlfahrtsamt“ vor. Auf einem davon arbeitet Horváth den zuvor im Bierkeller vorgesehenen Auftritt des Amtsgerichtsrats und der Frau Amtsgerichtsrat aus (K3/TS1). Auf einem weiteren Blatt liegen mehrere Repliken und Dialogskizzen zu neuen Passagen im Bild vor dem Wohlfahrtsamt vor (K3/E1), unter denen sich auch eine Notiz zum vierten Bild befindet, das im Zimmer Elisabeths spielt (K3/E2). Der Großteil des zu Konzeption 3 gehörigen überlieferten genetischen Materials betrifft die Ausarbeitung der Randbemerkung, die Horváth erst hier entwickelt (K3/TS2–TS6). Sie entsprang ursprünglich einer Vereinbarung Horváths mit Kristl, ihn nicht als Autor, dafür aber im Programmheft zu nennen.40 Neben der Schilderung der Zusammenarbeit mit Kristl und den Hintergründen zum Stück nimmt Horváth hier aber auch die Gelegenheit wahr, einige Aspekte seiner Poetik zu thematisieren. In den Jahren zuvor war es sowohl bei der Premiere von Geschichten aus dem Wiener Wald als auch bei jener von Kasimir und Karoline in Horváths Augen zu „Missverständnissen“ gekommen, wie er in der zu seinen Lebzeiten nicht publizierten Gebrauchsanweisung konstatiert.41 Die schließlich festgehaltenen Ausführungen zum „gigantischen Kampf zwischen Individuum und Gesellschaft“ (K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 2) als Thema seiner Stücke, die Aussprache gegen „alles Parodistische“ (ebd.) und das Auftreten „gegen Lüge und Dummheit“ (ebd.) sowie die teilweise ausführlicheren Stellungnahmen in den Vorstufen dazu geben wichtige Hinweise auf Horváths Selbst-

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40 41

Peter Handke hebt diese Replik als einen von Horváths „IRREN Sätze[n]“ hervor, die „die Sprünge und Widersprüche des Bewußtseins zeigen“ und ihm seiner Ansicht nach gegenüber Brecht den Vorzug geben (Peter Handke: Horváth und Brecht [1968]. In: Ders.: Ich bin ein Bewohner des Elfenbeinturms. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1972, S. 63–64, hier S. 64). Vgl. dazu den Abschnitt „Horváth und Kristl – Eine Zusammenarbeit“ unten. Horváth 2009, S. 160; zur jeweiligen Rezeption der Uraufführung der beiden Stücke vgl. WA 3, S. 27–36 bzw. WA 4, S. 10–13.

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verständnis als Dramatiker. Im Zuge der Arbeit an der Randbemerkung notiert Horváth überraschend spät in der Genese auch einige alternative Titel für das Stück, etwa „In die Maschine geraten“ oder „In der Maschinerie der Paragraphen“ (K3/TS3), die kurzzeitig erwogen, dann aber wieder fallen gelassen wurden. Neben dem Interview mit Willy Cronauer, welches der Bayerische Rundfunk am 5. April 1932 ausstrahlte,42 ist die Randbemerkung eine der wenigen von Horváth für die Veröffentlichung freigegebenen Äußerungen über sein Werk. Sie endet mit dem biblischen Motto, das bereits den früheren Fassungen des Stückes vorangestellt war. Bei der angegebenen Stelle aus dem ersten Buch Mose (Genesis, 1. Mose 8,21f.) handelt es sich um den Schluss der Erzählung von der Sintflut und vom neuen Bund Gottes mit den Menschen. Als Quelle scheint Horváth eine zeitgenössische Lutherbibel benutzt zu haben. Die Endfassung von Glaube Liebe Hoffnung (K3/TS7) ist wesentlich kürzer als die früheren Fassungen. Während die Fassung in zwei Teilen (K1/TS27) über 91 und die Fassung in sieben Bildern (K2/TS6) über (vermutlich) 95 Szenen verfügt, liegen in der Endfassung in fünf Bildern nur mehr insgesamt 66 Szenen vor. Das in K2/TS6 zweite Bild „Im Tierpark“ wurde ersatzlos gestrichen, womit auch die Figuren des Tierpflegers sowie des hochgewachsenen Herrn mit seinem vierjährigen Sohne wegfallen. Aus dem fünften Bild „Im Bierkeller“ entnimmt Horváth die Wiederbegegnung mit der Frau Amtsgerichtsrat, die ins nun dritte Bild „Vor dem Wohlfahrtsamt“ verlegt wird (vgl. K3/TS1 und E1). Teile des Dialogs zwischen Elisabeth und dem Schupo über die Astern und die Mutmaßungen des Schupo über eine Schwangerschaft werden aus dem Bierkeller ins nun vierte Bild „Elisabeths möbliertes Zimmer“ verschoben. Das erste Bild vor der Anatomie ist gegenüber der Fassung in sieben Bildern um eine Szene erweitert, in der der Präparator und der Oberpräparator nochmals in Dialog treten und der verletzte Zeigefinger thematisiert wird. Eine ähnliche Szene war bereits Teil der Fassung in zwei Teilen (vgl. K1/TS4), kommt aber in der Fassung in sieben Bildern nicht vor. Horváth hat Glaube Liebe Hoffnung später in einigen Werkverzeichnissen erwähnt, die er im Lauf der folgenden Jahre anfertigte (K3/E5–E8). Besonders hervorzuheben ist hier die Eintragung in zwei mit „Fünf Filme“ betitelte Listen, die um 1935/36 entstanden sind (K3/E6 und E7). Horváth hält darin mehrere seiner Stücke für mögliche Filmtreatments fest, darunter Kasimir und Karoline, Hin und her, Himmelwärts, aber auch das unvollendete Dramenwerkprojekt Kaiser Probus in Wien. Glaube Liebe Hoffnung wird hier sowohl unter seinem eigentlichen (K3/E6) als auch unter dem modifizierten Titel „Die kleinen Paragraphen“ (K3/E7) genannt, was sich auf eine wiederkehrende Formulierung der Randbemerkung bezieht. Ein letztes Mal erwähnt Horváth Glaube Liebe Hoffnung in seinem programmatischen Konzept zu einer Komödie des Menschen, einem von Imre Madáchs (1823–1864) Tragödie des Menschen (Az ember tragédiája, 1861) inspirierten Dramenzyklus, an dem er 1937 arbeitete.43 In seinen Ausführungen dazu verwirft er seine Stücke aus den Jahren 1932–1937, von Kasimir und Karoline bis hin zu Der jüngste Tag, die „nur Versuche“ (K3/TS8) gewesen seien. Glaube Liebe Hoffnung wird hier unter dem Titel der Wiener Uraufführung, „Liebe, Pflicht und Hoffnung“, genannt. Ob Horváth, der von der Uraufführung unterrichtet war, damit generell eine Änderung des Titels erwogen hat, ist jedoch ungewiss. 42 43

KW 11, S. 196–206. Vgl. Krischke 1988 (Anm. 6), S. 81f. Zur Datierung vgl. WA 10, S. 258, dort Anm. 1.

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Horváth und Kristl – Eine Zusammenarbeit Die Form und der genaue Umfang der Kooperation Horváths mit dem Journalisten Wilhelm Lukas Kristl zu Glaube Liebe Hoffnung hat in der Rezeptionsgeschichte des Stückes häufig zu Missverständnissen geführt. Wohl nicht zuletzt aufgrund der Vollendung des Stückes kurz vor dem Untergang der Weimarer Republik und seiner zeitgenössisch nur schwachen Rezeption geriet Kristls Beteiligung in den Hintergrund. Bei der Wiener Uraufführung 1936 scheint sein Name nirgendwo auf. Tatsächlich war die Zusammenarbeit in ihrer vollen Reichweite nicht einmal Ödöns Bruder Lajos von Horváth bewusst, wie sich aus dessen Korrespondenz mit dem Verleger Thomas Sessler erkennen lässt. Ersterer gibt dort an, er wisse „von Herrn Kristl nur soviel, wie im Vorwort steht“.44 Aus den erhaltenen zeitgenössischen Quellen sowie aus den vorliegenden späteren Berichten Kristls kann jedoch mittlerweile ein relativ genaues Bild der Zusammenarbeit der beiden gegeben werden. Wesentliche Anhaltspunkte lassen sich im werkgenetischen Material zum Stück finden, einerseits in den Typoskripten Kristls und ihrer Bearbeitung durch Horváth, andererseits in den Vorstufen der Randbemerkung. Insbesondere das vierte Bild der Endfassung („Elisabeths möbliertes Zimmer“) erlaubt, Horváths Umgang mit Kristls Vorlage im Detail zu studieren. Zu diesem Bild gibt es eine sehr ausführliche Fassung Kristls (VA2/TS3), die mit dem Auftritt des Oberinspektors (dort noch ein „Polizeibeamter“) einsetzt und bis zur Entdeckung des Schupos (dort: „Sipos“) reicht. Weitere Passagen dazu lagen vermutlich vor, sind aber nicht überliefert. Fast der gesamte Text dieses Bildes entsteht bei Horváth in Form des Schauplatzes „Elisabeths möbliertes Zimmer“ in Konzeption 1 (K1/TS21/A1–A5); von dort aus geht er nahezu unverändert in die Fassung in sieben Bildern als sechstes Bild ein und wird dann für die Endfassung in fünf Bildern aufgrund der starken Kürzungen noch modifiziert. In den ersten Ansätzen von K1/TS21 übernimmt Horváth Kristls Text relativ getreu und rahmt ihn durch eigenen Text ein, mit dem die vorgegebene Handlung in das Gesamtgeschehen eingepasst wird. Etwa fügt er statt der nur groben Vorgabe „Gespräch zweier Liebender hinter dem Vorhang“ (VA2/TS3/BS 39 c [4], Bl. 3) eine ausführliche Szene mit „weissem Flieder“, „Radio“ und „Küsschen“ ein (K1/TS21/A2/BS 39 i [2], Bl. 6). In den darauffolgenden Ansätzen überarbeitet er dann Kristls Text intensiv, stellt Repliken um, strafft und erweitert den Dialog gleichermaßen. Dabei bleiben durchaus Textstellen Kristls bestehen, sofern sie in Horváths Konzept passen, wie etwa die prägnante Begrüßung des Oberinspektors: „Geduld bringt Rosen“ (K1/TS21/A2/BS 39 i [1], Bl. 1 bzw. VA2/TS3/BS 39 c [4], Bl. 3). Es ist davon auszugehen, dass Horváth mit den anderen Vorlagen Kristls ähnlich verfahren ist, sofern er diese übernommen hat. Dass dies nicht unbedingt der Fall sein musste, zeigt exemplarisch die von Kristl erstellte Fassung eines Bildes „Im Korsettenladen. (Zweiter Teil.)“ (VA2/TS4), die ein Wiedersehen des betrogenen Herrn und der Inhaberin des Ladens nach Elisabeths Verhaftung zeigt und eine Liaison der beiden andeutet. Sie bleibt in der Folge völlig unberücksichtigt. Aufgrund der überlieferten Materialien von Kristls Hand sowie den Umständen des Falls der Klara Gramm lassen sich, neben der Handlung im Zimmer, die Handlungen im Kontor der 44

Brief Lajos von Horváths an Thomas Sessler vom 9. Februar 1954, zitiert nach dem masch. Original in der Theaterdokumentation Ödön von Horváth am Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, ÖLA 28/B 2.

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Prantl (VA2/TS1) und vor dem Wohlfahrtsamt (VA2/TS2) eindeutig als Anregungen Kristls belegen. Bei den übrigen Schauplätzen ist davon auszugehen, dass sie von Horváth selbst stammen, zum Teil möglicherweise angeregt durch Kristls ausführliche Fallschilderungen. Das Stück selbst las Kristl „erst im fertigen Manuskript“,45 wie er später berichtete. Kristl dürfte somit in den eigentlichen Schreibprozess Horváths nicht weiter eingebunden gewesen sein. Die verschiedenen frühen Fassungen der Randbemerkung wiederum (K3/TS2–TS6) gehen weitaus detaillierter auf die Begegnung mit Kristl und die unterschiedlichen Motivationen ein als die Endfassung dies tut. In der Grundschicht von K3/TS3 gibt Horváth noch genauer den „Fasching 1932“ als Zeitpunkt des Treffens an. Vermutlich begegneten sich die beiden bei einer Autorenlesung in der von Florian Seidl und Willy Cronauer geleiteten Gesellschaft „Die Gegenwart“ in München.46 Aus den frühen Fassungen der Randbemerkung geht deutlicher hervor, dass für Kristl ganz konkret eine Anklage gegen die „kleinen Paragraphen“ im Vordergrund stand, während Horváth das Stück sowohl gesamtgesellschaftlich als auch umfassend poetologisch einrahmen wollte. Diese etwa in K3/TS3 und TS5 noch deutlich artikulierte Diskrepanz beider Auffassungen ist in der Endfassung des Textes aufgehoben. Die Zusammenarbeit fand sowohl postalisch als auch durch persönliche Treffen statt, wie der einzige erhaltene Brief Kristls an Horváth vom 12. Mai 1932 belegt: Lieber Horváth, Hier eine weitere Szene. Ich hab sie mit Absicht nicht fertiggemacht, da ich mich vorher mit Dir darüber aussprechen will. Meiner Meinung nach müßte jetzt eigentlich der Sipo etwas auf dem Kerbholz haben, er müßte entweder verheiratet sein oder in der Scheidung und das müßte der Grund sein, warum unser Fräulein gegenüber der Polizei beharrlich schweigt. Damit würde sich also aus der kleinen Konfliktsgeschichte gleich wieder eine weitere entwickeln, gemäß dem Sinn unseres Stücks, gerade die Kleinigkeiten darzustellen, in denen jeder einzelne steckt und die wiederum die Menschen zueinander bringen. Also auf Wiedersehen am Samstag abend 10 Uhr, Torggelstube Herzlichst Dein47

Bei der erwähnten „Torggelstube“ handelt es sich um eine Weinstube im Tiroler Stil nahe des Marienplatzes in München, die ein beliebter Treffpunkt von Kunstschaffenden war. Anscheinend fanden mehrere Arbeitstreffen in verschiedenen Münchener Gaststätten statt.48 In Auskünften, die Traugott Krischke später eingeholt hat, schreibt Kristl zudem von einem „rege[n] Briefwechsel“ der beiden, da Horváth nur

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Zitiert nach Krischke 1973 (Anm. 7), S. 53, dort Anm. 25. Kristl gab diese Auskunft anlässlich der Aufführung des Stückes in den Münchener Kammerspielen am 5. Juli 1961. Auch von der von ihm als „Vorwort“ bezeichneten Randbemerkung erfuhr Kristl anscheinend erst, nachdem Horváth die Arbeit daran beendet hatte. Vgl. Krischke 1988 (Anm. 6), S. 80. Kristl rezensierte diese Lesung am 8. Februar 1932 in der Münchener Post, vgl. ebd., S. 80f. Kristl und Horváth waren einander bereits vorher über ihren gemeinsamen Freund Oskar Maria Graf bekannt. Brief Wilhelm Lukas Kristls an Ödön von Horváth vom 12. Mai 1932 (Anm. 7). Kristl erwähnt u.a., dass die Idee zum Stück im Münchener Weinhaus Neuner entstand, vgl. den Brief Wilhelm Lukas Kristls an Traugott Krischke vom 10. November 1957 (vgl. Anm. 8), zitiert nach Krischke 1973 (Anm. 7), S. 50f.

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Vorwort

unregelmäßig in München war.49 Die zitierte Briefabschrift vom 12. Mai 1932 ist allerdings die einzige Spur, die sich davon erhalten hat. Gegenüber dem Verlag verpflichtete sich allein Horváth; eine eigene Vereinbarung Kristls mit Ullstein gab es nicht. Die Aufteilung der Tantiemen wurde im Annahmeschreiben von Ullstein dokumentiert: Wir nahmen noch von Ihrer Vereinbarung mit Herrn Kristl Kenntnis, wonach der Ihnen auf Grund unserer Abmachungen verbleibende Anteil an den Bühnentantiemen oder sonstigen Einnahmen aus der Verwertung des Stückes zwischen Ihnen und Herrn Kristl im Verhältnis von 60 % (sechzig Prozent) für Sie und 40 % für Herrn Kristl geteilt wird. Die Herrn Kristl hiernach zustehende Beteiligung werden wir an ihn direkt abführen.50

Auf diese Vereinbarung nimmt Horváth ein halbes Jahr später nochmals Bezug, als es um die Planungen zur Uraufführung und die bereits angefallenen wie noch zu erwartenden Unkosten geht. Hier regt Horváth an, die Tantiemen für die Berliner Uraufführung anders zu verteilen: Nur bitte ich Sie von den Berliner Aufführungen dem Manne [gemeint ist: Kristl] 45 % zu geben, dafür muss er aber auch an meinen sämtlichen Unkosten 45 % beteiligt sein. Diese Summe (seine 45 %) beträgt bis heute RM 110.55, das sind fast nur Telefongespräche. Die Summe wird sich aber noch ziemlich erhöhen, da er sich natürlich auch an den Unkosten beteiligen muss, die mir erwachsen werden, wenn ich bei der Regie in Berlin anwesend sein muss. Bitte, ziehen Sie also diese Summen sofort von den Einnahmen ab.51

Diese Neuverteilung ist freilich vor dem Hintergrund der mit Anfang November gelösten Vereinbarung mit Ullstein zu lesen, wodurch Horváth recht hohe Rückzahlungsforderungen zu begleichen hatte.52 Von Interesse ist der Hinweis, dass die angefallenen Unkosten „fast nur Telefongespräche“ seien. Die auch anderswo festzustellende Neigung Horváths, Dinge rasch telefonisch zu besprechen, ist wohl mit ein Grund für das sehr schmale Briefkorpus, das er hinterlassen hat.53 Für die Zeichnung der Autorschaft gibt Kristl später gegenüber Krischke an, Horváth habe für die Uraufführung auf nur einem Autor am Deckblatt bestanden, da das Stück sonst von der Presse nicht ernst genommen würde: „So kamen wir überein, nur außerhalb Berlins gemeinsam zu zeichnen, bei der Berliner Premiere aber sollte er allein als Autor erscheinen und mich dafür im Programmheft erwähnen.“54 Kristl gibt hier weiter an, dass deshalb die Randbemerkung entstanden sei, von der er aber auch erst nach Abschluss des Stückes erfahren habe. Eine wie auch immer geartete schriftliche Vereinbarung zwischen Horváth und Kristl aus dieser Zeit lag indes nicht vor.

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Krischke 1973 (Anm. 7), S. 52. Brief des Ullstein Buchverlags (Wilhelm Gronle) an Ödön von Horváth vom 27. Juli 1932 (Anm. 9). Brief Ödön von Horváths an den Ullstein Buchverlag vom 5. Januar 1933, zitiert nach dem masch. Original im Vertragsarchiv des Ullstein-Buchverlags, Berlin, ohne Signatur. Vgl. Anm. 16. Vgl. dazu Martin Vejvar: Ödön von Horváths Quellenlagen. Briefe, Dokumente, Akten. In: Wernfried Hofmeister/Andrea Hofmeister-Winter (Hg.): Textrevisionen. Berlin: de Gruyter 2017 (=Beihefte zu Editio, Bd. 41), S. 229–242. Brief Wilhelm Lukas Kristls an Traugott Krischke vom 10. November 1957 (Anm. 8), zitiert nach Krischke 1973 (Anm. 7), S. 53.

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Bei der Uraufführung in Wien wurde Kristls Name weder auf dem Theaterzettel noch in den Besprechungen erwähnt.55

Der „Fall“: Klara Gramm Der Gerichtsfall der Klara Gramm und Kristls Reportage darüber bilden das Tatsachensubstrat, auf dem Horváths Stück gründet. In den Vorstufen zur Randbemerkung hält er zu seiner Diskussion mit Kristl am Beginn ihrer Zusammenarbeit fest: Er sagte mir, auch ein Mord ist nicht mehr aufregend zuguterletzt, wie ein kleiner Paragraph Verbrechen, und er erzählte mir einige Fälle aus seiner Praxis. Das waren aber alles Fälle, die unbrauchbar waren für die Bühne. „Die Leut würden sagen, das gibt es nicht, und zwar mit Recht würden sie uns diesen Vorwurf machen. Man müsste also retouchieren.“ Und Kristl erzählte mir noch diesen Fall:56

Den „Fall“, den Kristl schilderte und der zum Ausgangspunkt des Stückes wird, behandelte der Journalist bereits 1929 in der Gerichtsreportage „Vor Gericht ist das Betrug“, die in der sozialdemokratisch orientierten Münchener Post erschien.57 Darin berichtet er von der Gerichtsverhandlung einer jungen Reisenden in „Korsetten“, die sich von einem Kaufmann 200 Mark für einen Wandergewerbeschein geliehen hatte. Einen Teil des Geldes verwandte sie aber zur Tilgung einer bereits früher erhaltenen Reststrafe und hoffte, das restliche Geld in der Zwischenzeit zu verdienen. Eine plötzliche Erkrankung hinderte sie jedoch daran. Der Kaufmann wiederum bezeugte vor Gericht, er habe das Geld nur geliehen, weil er davon ausgegangen war, beim Vater der Reisenden handle es sich um einen Zollbeamten, tatsächlich sei dieser aber Versicherungsbeamter gewesen. Das Gericht verurteilte die Angeklagte schließlich wegen Betrugs im Rückfall zur gesetzlichen Mindeststrafe von drei Monaten Gefängnis, die zur Bewährung ausgesetzt wurden. Die genaue Wiedergabe der Fakten durch Kristl belegt das Gerichtsprotokoll.58 Hinter den von Kristl anonymisierten Namen verbergen sich zum einen die Handlungsreisende Klara Gramm (1900–1979), zum anderen der Münchener Kaufmann Georg Aschl, Inhaber eines Miederwarengeschäftes, in dessen Auftrag Gramm reisen sollte. Neben den Inhalten der Reportage interessierte sich Horváth für alle näheren Umstände, auch über das in der Zeitung Geschriebene hinaus. Kristl schreibt dazu an Traugott Krischke: „Er legte großen Wert auf Exaktheit. Ihn interessierte jedes Detail bis zum Tonfall, ob er es nachher verwertete oder nicht.“59 Höchstwahrscheinlich war Horváth deshalb bekannt, dass Klara Gramm in dieser Zeit auch ein Verhältnis mit einem Polizisten hatte, was im Prozess gegen sie nicht thematisiert wurde, sehr wohl aber einen der Angelpunkte des Stückes bildet.60 In der Randbemerkung schreibt Hor55 56 57

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Vgl. dazu den Abschnitt „Uraufführung und Rezeption“ unten. K3/TS3/BS 39 a [2], Bl. 2. [Wilhelm] Lukas Kristl: „Vor Gericht ist das Betrug“. In: Münchener Post, 13./14.7.1929, zitiert nach Horváth 2007, S. 71f. Vgl. Horváth 2007, S. 74–77. Brief Wilhelm Lukas Kristls an Traugott Krischke vom 17. September 1979, zitiert nach dem masch. Original im Nachlass Traugott Krischke am Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, ÖLA 84/Schachtel 29. Vgl. dazu Traugott Krischke: Ödön von Horváth. Kind seiner Zeit. Berlin: Ullstein 1998, S. 145f.

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váth, die Figuren Elisabeth, Schupo, Frau Amtsgerichtsrat und Oberinspektor gründen auf realen Vorbildern. Kristl bestätigt dies für alle, außer für die Frau Amtsgerichtsrat, die allein der Fiktion entsprungen sei. Horváth und Kristl hätten sie „deshalb hereingenommen, um Gelegenheit zu haben, die Justiz sozusagen privat zu zeigen“.61

Uraufführung und Rezeption (Überblick) Bereits kurz nach der Annahme des Stückes durch Ullstein am 27. Juli 1932 – laut Kristls späterem Bericht „ehe es fertig war“62 – erschienen erste Meldungen darüber im Berliner Tageblatt wie im Fachblatt Deutsche Bühne.63 Den Berichten zufolge war das mittlerweile von Karlheinz Martin und Rudolf Beer geleitete Deutsche Theater in Berlin an einer Uraufführung interessiert. Im November 1931 hatte Horváth an diesem Haus mit Geschichten aus dem Wiener Wald seinen größten Theatererfolg gefeiert. Am 4. August 1933 meldete das Deutsche Theater die Annahme des Stückes, die Regie sollte Rudolf Beer übernehmen.64 Das 12. Flugblatt des zu Ullstein gehörigen Arcadia Verlags, der den Bühnenvertrieb der Stücke Horváths seit 1929 organisierte, kündigte im September 1932 die Uraufführung von Glaube Liebe Hoffnung am Deutschen Theater für den Januar 1933 an.65 Horváth selbst erhoffte sich zunächst eine wesentlich frühere Uraufführung, wie aus einem Brief an Ise Gropius vom 5. August 1932 hervorgeht. Dort schreibt er: Ursprünglich sollten nun meine beiden Stücke bereits Anfang September herauskommen, der „Kasimir“ am 3., das andere [Glaube Liebe Hoffnung; Anm.] am 9. September. Jetzt hat sichs aber wieder geändert, und zwar kommt nun der „Kasimir“ erst Ende Oktober und das andere viel später – so nach Weihnachten. Ist doch bedeutend besser so, nicht? –66

Nachdem sich die Fertigstellung des Stückes immer weiter verzögerte und ein fertiges Typoskript der Endfassung erst zum Jahreswechsel 1932/33 vorlag,67 verschleppte sich auch die geplante Inszenierung immer weiter. Eine im Raum stehende Verschiebung der Uraufführung in die folgende Saison lehnte Horváth strikt ab.68 Das deutet allerdings darauf hin, dass eine baldige Uraufführung auch hinsichtlich der notwendigen Probenarbeiten noch nicht fixiert sein konnte. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten durchkreuzte schließlich alle weiteren Hoffnungen auf eine Aufführung des Stückes im Deutschen Reich. Über Horváths 61

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Brief Wilhelm Lukas Kristls an Traugott Krischke vom 10. November 1957 (Anm. 8), zitiert nach Krischke 1973 (Anm. 7), S. 53, dort Anm. 26. Brief Wilhelm Lukas Kristls an Traugott Krischke vom 10. November 1957 (Anm. 8), zitiert nach KW 6, S. 155. Vgl. Anm. 14. Vgl. Krischke 1988 (Anm. 6), S. 83. Vgl. KW 6, S. 155. Im selben Flugblatt wurde auch die Uraufführung von Kasimir und Karoline als „Ernst-Josef-Aufricht-Produktion“ für den Oktober angekündigt. Diese fand schließlich erst am 18. November 1932 in Leipzig statt; vgl. WA 4, S. 10. Brief Ödön von Horváths an Ise Gropius vom 5. August 1932, zitiert nach dem hs. Original im Bauhaus-Archiv, Berlin, Signatur GS 19/Mappe 296. Vgl. den Abschnitt „Datierung und Druck“ oben. Vgl. Anm. 20

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Stücke herrschte von nun an de facto ein Aufführungsverbot.69 Der Autor selbst verließ nach einem Vorfall in seiner oberbayerischen Wahlheimat Murnau am Staffelsee das Deutsche Reich im Februar 1933 und versuchte im Wiener Theaterbetrieb Fuß zu fassen, was ihm nur schlecht gelang.70 Als Reinhardt-Bühne litt das Deutsche Theater besonders stark unter den Nationalsozialisten; Karlheinz Martin wurde mit Berufsverbot belegt,71 Rudolf Beer flüchtete zurück nach Österreich.72 1934 übernahm Heinz Hilpert die Intendanz des Hauses, der dort 1931 für die erfolgreiche Inszenierung von Geschichten aus dem Wiener Wald gesorgt hatte. Hilpert leitete seit 1. Juli 1932 die Volksbühne am Bülowplatz, wo er noch im März 1933 selbstbewusst „Broch und Horváth“73 ankündigte. Es ist durchaus denkbar, dass Hilpert hier Glaube Liebe Hoffnung im Blick hatte. Die Inszenierung eines Stückes von Horváth kam aber im Zuge der nationalsozialistischen ‚Gleichschaltung‘ des gesamten Kulturbetriebs nicht in Frage, auch wenn sich der Autor um eine Aufnahme in den Fachbereich Bühne im Reichsverband Deutscher Schriftsteller bemühte, die abgelehnt wurde.74 Der Grund für seine Ablehnung dürfte nicht zuletzt darin gelegen haben, dass er sich mit dem späteren ‚Reichsdramaturgen‘ Rainer Schlösser einen erklärten Feind gemacht hatte.75 Für Hilperts Intendanz des Deutschen Theaters ist jedenfalls zu belegen, dass seine Absicht, das politisch harmlose „Märchen“ Himmelwärts zu inszenieren, auf erbitterten Widerstand insbesondere Schlössers traf.76 Unter dem Titel „Liebe, Pflicht und Hoffnung“ und als „kleines Volksstück“ bezeichnet, fand Glaube Liebe Hoffnung erst am 13. November 1936 in Wien am Theater für 49 ein bescheidenes Publikum.77 Die großen Wiener Bühnen waren Horváth spätestens seit der Errichtung des katholisch-autoritären Ständestaates unter Engelbert

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Vgl. Anm. 23. Vgl. WA 6, S. 172f. Vgl. Gertraude Wilhelm: Art. Martin, Karlheinz. In: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 289f. Vgl. Art. Beer, Rudolf. In: Frithjof Trapp [u.a.] (Hg.): Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters 1933–1945. Band 2: Biographisches Lexikon der Theaterkünstler (Teil 1: A–K). München: Saur 1999, S. 59f. Heinz Hilpert: Zeitgenössische Dichter und wir. In: Blätter der Volksbühne Berlin, Jg. 1932/33, Heft 4, S. 1. Vgl. dazu WA 6, S. 173f. Zu den biographischen Umständen vgl. Kurt Bartsch: Ödön von Horváth. Stuttgart/Weimar: Metzler 2000 (= Sammlung Metzler, Bd. 326), S. 12f. sowie Evelyne Polt-Heinzl/Christine Schmidjell: Geborgte Leben. Ödön von Horváth und der Film. In: Klaus Kastberger (Hg.): Ödön von Horváth. Unendliche Dummheit – dumme Unendlichkeit. Wien: Zsolnay 2001 (= Profile, Bd. 8), S. 193–261, hier S. 229–232. Vgl. dazu den direkten Angriff Schlössers auf Horváth anlässlich der Verleihung des Kleist-Preises 1931 in S, R [i.e. Rainer Schlösser]: Der Kleistpreisrummel. Ein Musterbeispiel neudeutscher Propaganda-Praktiken. In: Völkischer Beobachter (Berlin), 19.11.1931. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 griff Schlösser Horváth nochmals direkt an: „Wird sich der Ödön noch wundern!“ schrieb er in: Rainer Schlösser: Die Sünden des Systemtheaters. In: Völkischer Beobachter (Berlin), 14.2.1933. Vgl. Michael Dillmann: Heinz Hilpert. Leben und Werk. Berlin: Akademie der Künste/Edition Hentrich 1990, S. 112. Vgl. WA 7, S. 16f. Vgl. die Abschrift des Theaterzettels in Traugott Krischke (Hg.): Horváth auf der Bühne. 1926–1938. Eine Dokumentation. Wien: Edition S 1991, S. 299; faksimiliert in: Günther 1978 (Anm. 22), Bd. 2, S. 199.

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Dollfuß und dessen Unterdrückung linker wie liberaler Kräfte verschlossen.78 Einzig die Filmbetriebspersiflage Mit dem Kopf durch die Wand (1935) konnte an der Wiener Scala am 10. Dezember 1935 in einem Haus mit nennenswertem Besucherumfang gespielt werden.79 Das 1934 von Ernst Jubal80 begründete und im am Wiener Schottenring gelegenen Hotel de France ansässige Theater für 49 war namensgebend für eine ganz spezifische Form des Kleinsttheaters in der Zeit des Ständestaats, die eine Lücke im Wiener Theatergesetz ausnutzte. Hatte eine Bühne Platz für weniger als 50 Zuseher, galt sie nicht als Theaterbetrieb im herkömmlichen Sinne. Sie benötigte somit keine Konzession, war steuerlich begünstigt und nur wenig von der Zensur betroffen.81 Regie führte bei der Uraufführung Ernst Jubal selbst, das Bühnenbild stammte von Hugo Brück, der auch den Amtsgerichtsrat darstellte. In den Hauptrollen spielten Hedwig Schlichter (Elisabeth) und Feodor Weingart (Schupo), daneben Eduard Linkers (Präparator), Alexandra Hermann (Irene Prantl) und Traute Witt (Frau Amtsgerichtsrat). Darüber hinaus wirkten Rafael Zimmermann, Hugo Gottschlich, Heinz Frank, Traute Larsen, Hans Schwarz, Marcel Barth, Max Balter und Anton Resseguier in den kleineren Rollen mit.82 Die Ankündigung einer Fassung in fünf Bildern weist darauf hin, dass tatsächlich die Endfassung gespielt wurde. Wie weit Horváth in die Inszenierung eingebunden war, geht aus den erhaltenen Dokumenten nicht hervor. Da er sich seit Ende Oktober 1936 aber wieder in Wien aufhielt83 und seinen Eltern auch Ende November von der Uraufführung berichtete,84 ist als sehr wahrscheinlich anzusehen, dass Horváth zumindest darüber informiert war. Die Änderung sowohl des Titels als auch die Verwendung der konventionellen Gattungsbezeichnung Volksstück sind wohl mit seinem Einverständnis erfolgt. Insbesondere die Titeländerung ist interessant, da Horváth das Stück unter diesem Titel auch in der Liste seiner ‚verworfenen‘ Stücke im Kontext der Komödie des Menschen 1937 nennt.85 78

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Gegen Horváth wurde bereits 1933 in Wien eine Pressekampagne geführt, die ihn aufgrund von Geschichten aus dem Wiener Wald als ‚österreichfeindlich‘ darstellen sollte, vgl. dazu WA 6, S. 181–183 sowie WA 3, S. 35. Zur Theatersituation in Österreich zu dieser Zeit vgl. Edda Fuhrich: „Schauen Sie sich doch in Wien um! Was ist von dieser Theaterstadt übriggeblieben?“ Zur Situation der großen Wiener Privattheater. In: Hilde Haider-Pregler/Beate Reiterer (Hg.): Verspielte Zeit. Österreichisches Theater der dreißiger Jahre. Wien: Picus 1997, S. 106–135; sowie übergreifend Emmerich Tálos/Wolfgang Neugebauer (Hg.): Austrofaschismus. Politik, Ökonomie, Kultur 1933–1938. 7. Aufl. Wien: LIT 2014 (= Politik und Zeitgeschichte, Bd. 1). Regie führte Rudolf Beer, der nach seiner Flucht aus dem Deutschen Reich 1933 das Haus gegründet hatte und leitete. Das Stück fiel aber durch und wurde bald wieder abgesetzt, vgl. WA 7. Eigentlich Benjamin Neumann, geboren 1901, Sterbedatum unbekannt, vgl. Art. Jubal, Ernst. In: Trapp [u.a.] 1999 (Anm. 72), S. 469f. Vgl. dazu Ulrike Mayer: Theater für 49 in Wien 1934 bis 1938. In: Haider-Pregler/Reiterer 1997 (Anm. 78), S. 138–147. Vgl. die Abschrift des Theaterzettels in Krischke 1991 (Anm. 77), S. 299. Vgl. den aus Wien verschickten Brief Ödön von Horváths an Hans Geiringer vom 22. Oktober 1936, Original verschollen, zitiert nach einer Kopie des hs. Originals am Archiv der Akademie der Künste, Berlin, Lokatur H br (p) 17. Abgedruckt in: GW IV, S. 677. Vgl. den Brief Ödön von Horváths an seine Eltern vom 26. November 1936, zitiert nach dem hs. Original am Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, ÖLA 27/B 4. Abgedruckt in: Wolfgang Lechner: Mechanismen der Literaturrezeption in Österreich am Beispiel Ödön von Horváth. Stuttgart: Heinz 1978, S. 311f. Vgl. K3/TS8 sowie den Abschnitt „Das genetische Konvolut und seine Chronologie“ oben.

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Die Uraufführung wurde, nicht zuletzt durch den begrenzten Rahmen des Theaters für 49, nur wenig wahrgenommen. Sowohl das Stück selbst als auch die Inszenierung erzielten aber eine durchwegs positive Resonanz. Betont wird unter anderem die Leichtigkeit: „Mit leichter Hand, aber kritisch-scharfem Blick zeichnet der Dichter in fünf Bildern das Schicksal eines Wiener Mädels“, schreibt Das Echo über das Stück, das „dramaturgisch sehr wirksam aufgebaut ist, und von Jubal ganz im Sinne des Autors in Szene gesetzt wurde“.86 Das Neue Wiener Tagblatt bezeichnet Horváth als „resoluten Realisten“ und sieht „mit leichter Hand sicher hingesetzte Studien, Nachtstücke aus dem Leben der Großstadt“.87 Ein abwägendes Urteil äußert Richard Götz in seiner Kritik des Stückes für den Wiener Tag. Götz hatte bereits die österreichische Erstaufführung von Kasimir und Karoline am 6. Februar 1935 durch die Gruppe Ernst Lönner88 sowie die Uraufführung von Mit dem Kopf durch die Wand89 ausführlich besprochen und war mit Horváths Schaffen gut vertraut: So gut: indem hier gleichfalls mit einem satirischen Blick von ungewöhnlicher Sehschärfe die Spieß- und Kleinbürgerei aufs Korn genommen, durch die Hecken ihrer sozialen Verschuldung gejagt und mit den tödlich treffenden Pfeilen ihrer eigenen Phrase zur Strecke gebracht wird. Und so schlecht: indem hier wiederum, wie bei Horváth, meistens die Absicht den Vortritt und die Phantasie das Nachsehen hat. Horváth vermeint zwar, es mit der Objektivität zu halten. Aber es ist eine Objektivität aus der Froschperspektive, und die Wunderkräfte des echten Dramatikers werden hier von einem intellektuellen Zauberkünstler verwaltet. Also, daß die Dinge bei ihm nicht zwei Gesichter und die menschlichen Beziehungen nicht zwei Seiten, sondern alles bloß einen doppelten Boden hat.90

Götz‘ Urteil erinnert hier in mancherlei Hinsicht an die Urteile der Berliner Theaterkritiker zu den Volksstücken 1931 und 1932, die Horváth bisweilen vorhielten, seine Stücke zu unversöhnlich bzw. zu artifiziell zu gestalten. Besonderes Lob spricht der Kritiker der Inszenierung aus: „eine ganz ausgezeichnete Vorstellung […], dicht, geschlossen, voll geschliffener tragikomischer Pointen“.91 Eine gewisse Überraschung ist die ausführliche Besprechung der Uraufführung in der Wiener Zeitung, die vollständig im Eigentum der österreichischen Bundesverwaltung steht und in der Zeit des Ständestaats ausschließlich als offizielles Regierungsorgan verstanden werden kann. Die Besprechung ist verhalten positiv und apostrophiert Glaube Liebe Hoffnung als „Elendsstück […], das Freund und Feind in der tückischen Umgangssprache des erniedrigten Lebens gleich zu gleich gesellen läßt“.92 Die Hauptfigur Elisabeth erscheint dem Kritiker indes „auf eine falsche Tonart gestimmt“, „larmoyan[t]“ und eine „Konzession an jene Leute, die gern gerührt

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F.: Neues Stück von Ödön Horvat. In: Das Echo (Wien), 15.11.1936, zitiert nach Krischke 1991 (Anm. 77), S. 303. -nn: Theater für 49. In: Neues Wiener Tagblatt, 15.11.1936, zitiert nach Krischke 1991 (Anm. 77), S. 304f. Vgl. WA 4, S. 12f. Vgl. WA 7, S. 347. r[ichard] g[ötz]: Unbekannter Ödön Horváth. In: Der Wiener Tag, 15.11.1936, zitiert nach Krischke 1991 (Anm. 77), S. 303f. Ebd. A. B. W.: „Liebe, Pflicht und Hoffnung“. Theater für 49. In: Wiener Zeitung, 15.11.1936.

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Vorwort

sein wollen“.93 Als einzige Besprechung bemängelt sie überdies mit der Darbietung Hedwig Schlichters zumindest teilweise die schauspielerische Leistung. Erst über zwei Wochen nach der Premiere veröffentlichte die traditionsreiche bürgerliche Neue Freie Presse eine ausführliche Besprechung des Stückes. Sie verweist gleich zu Beginn auf Horváths Kleist-Preis 1931 und auf Geschichten aus dem Wiener Wald, dessen Uraufführung auch in Wien für Aufregung gesorgt hatte.94 Der Kritiker der Presse nutzt diesen Hinweis jedoch nicht, um Horváth zu schaden. Stattdessen soll seine Entwicklung als Dramatiker kommentiert werden: Aber dieses Volksstück zeigt eigentlich nur äußerlich die Manier Horváths, in kleinen, sicher aneinandergereihten, sehr scharf gesehenen Photographien Ausschnitte aus dem Leben des kleinen Mannes zu geben. Hier hat er sich doch dazu entschlossen, Stellung zu nehmen und der ziellosen, selbstherrlichen Ironie, der karikierenden Darstellung eines Sachverhaltes einen menschlichen Unterbau und eine sittliche Forderung als Tendenz zu geben.95

Das Stück wird als „sehr ergreifende kleine Komödie mit tragischem Ausgang“ verstanden, ein Stück, das „unerbittlich ist und doch einen Schimmer von Wärme besitzt, den man sonst den Horváthschen Arbeiten nicht nachsagen kann“.96 Besonderes Lob erfahren sowohl die Regie Jubals als auch die schauspielerischen Leistungen von Hedwig Schlichter und Feodor Weingart. Für Horváths Akzeptanz an den übrigen Wiener Bühnen blieb die Inszenierung jedoch ohne Belang: Glaube Liebe Hoffnung war das letzte zu seinen Lebzeiten in Österreich gespielte Stück. Die Uraufführungen von Figaro läßt sich scheiden, Ein Dorf ohne Männer sowie von Der jüngste Tag (alle 1937) fanden an deutschsprachigen Häusern der Tschechoslowakischen Republik statt.97 Erst am 7. Dezember 1945 war mit Der jüngste Tag am Wiener Theater in der Josefstadt wieder ein Stück Horváths in Österreich zu sehen.98 Im Gedenken an Horváths frühen Tod auf den Champs-Élysées am 1. Juni 1938 veranstalteten seine Freunde und Weggefährten im Pariser Exil am 8. Dezember desselben Jahres einen Theaterabend zu seinen Ehren. Dort wurde Glaube Liebe Hoffnung in einer Inszenierung von Alwin Kronacher, früher Intendant des Frankfurter Stadttheaters, gegeben. Es spielten u.a. Maria Wagner, Rainer Litten, Lothar Rewalt und Leon Askin; Ilka Grüning las aus Werken Horváths.99 Stück wie Inszenierung wurden in einer ausführlichen Kritik in der Pariser Tageszeitung, dem zentralen Organ der deutschsprachigen Emigration in Paris, gelobt: Die Hölle ist mit Gleichgültigkeit gepflastert und der Weg zu ihr mit der Hoffahrt [sic] der Selbstgerechten, der Richter, die heute nicht kennen, wen sie gestern verurteilten, der Besitzenden, die nicht wissen, was Hunger ist, der Muskelgewaltigen, die niemals schwach waren. Das

93 94 95 96 97 98

99

Ebd. Vgl. Anm. 78. L. B.: Theater für 49. In: Neue Freie Presse (Wien), 1.12.1936. Ebd. Vgl. WA 9 und WA 10. Zur Rezeption in Österreich vgl. allgemein Lechner 1978 (Anm. 84) sowie Kurt Bartsch: Volksund österreichfeindlich? Zu den Horváth-Aufführungen in Österreich zwischen 1945 und den frühen sechziger Jahren. In: Helmut Koopmann/Manfred Misch (Hg.): Grenzgänge. Studien zur Literatur der Moderne. Festschrift für Hans-Jörg Knobloch. Paderborn: Mentis 2002, S. 251–272. Vgl. die Vorankündigung in der Pariser Tageszeitung, 4.12.1938, sowie Krischke 1988 (Anm. 6), S. 152.

24

Vorwort

etwa ist der kleine Totentanz, in dessen Gefolgschaft die Millionen von der Wiege zum Grabe taumeln. So hat ihn Horvath intensiv gesehen und Kronacher ihn mit vitaler Mathematik gestaltet.100

Die erste Aufführung von Glaube Liebe Hoffnung nach dem Zweiten Weltkrieg verantwortete Michael Kehlmann am 29. Mai 1952 am Kleinen Theater im Konzerthaus in Wien, die fälschlicherweise als Uraufführung des Stückes ausgegeben wurde.101 Die Erstaufführung in der Bundesrepublik Deutschland fand am 23. Oktober 1954 im Deutschen Theater Göttingen unter der Regie von Fritz Schmiedl statt.102 Das Haus leitete seit 1950 Heinz Hilpert, der damit sein 1932/33 im Raum stehendes Vorhaben einer Inszenierung indirekt einlösen konnte.103 1958 folgte eine von Franz Peter Wirth gestaltete Fernseh-Adaption für den Süddeutschen Rundfunk, bei der u.a. Ruth Drexel mitwirkte. Sie steht am Beginn einer ganzen Reihe von Horváth-Bearbeitungen für das noch junge und populäre Medium Fernsehen.104 Eine nennenswerte rezeptionsgeschichtliche Relevanz kann schließlich die vieldiskutierte Inszenierung des Stückes durch Peter Palitzsch am Kleinen Haus des Württembergischen Staatstheaters in Stuttgart beanspruchen, die am 13. September 1969 Premiere feierte.105 Als einer der ersten Horváth-Regisseure nutzte Palitzsch die werkgenetischen Materialien, die seit 1963 am Archiv der Akademie der Künste in Berlin verwahrt wurden, als Quelle. Dort konstituierte er eine ‚erweiterte‘ Fassung des Stückes, die er aus der Endfassung (K3/TS7), der Fassung in sieben Bildern (K2/TS6) sowie dem aus der Fassung in zwei Teilen ausgeschiedenen Schauplatz „Einsame Landstrasse“ (K1/TS8) amalgamierte. Vom Verlag wie von den Erben als nicht autorisiert abgelehnt, war sie dennoch höchst erfolgreich bei Kritik wie Publikum und begründete eine ganze Reihe ‚erweiterter‘ Fassungen von Horváth-Stücken basierend auf den Archivmaterialien.106 Walter Huder, der Leiter des Archivs der Akademie der Künste, nannte Palitzschs Fassung eine „geradezu wissenschaftliche Vorarbeit“.107 Vor dem Hintergrund der mit den Gesammelten Werken 1970/71 eingelösten editori100 101

102 103 104

105

106

107

R. Br.: Deutsches Theater in Paris. In: Pariser Tageszeitung, 10.12.1938. Vgl. die Theaterdokumentation Horváth, ÖLA 28/S 231. Zur Inszenierungsgeschichte nach 1945 vgl. im Überblick Krischke 1973 (Anm. 7), S. 85–315 sowie Horváth 2007, S. 101–111. Vgl. das Programmheft der Aufführung in der Theaterdokumentation Horváth, ÖLA 28/S 232. Vgl. zu Hilperts Intendanz Dillmann 1990 (Anm. 76), S. 257–261. Zur Verfilmung vgl. die Sammlung in der Theaterdokumentation Horváth, ÖLA 28/S 234 sowie Horváth 2007, S. 102. Zu den Film- und Fernsehadaptionen von Horváths Stücken allgemein vgl. Joachim Schätz: Multiplikation der Masken. Aus dem filmischen Nachleben Ödön von Horváths. In: Andreas Ehrenreich/Annette Storr/Martin Vejvar (Hg.): Horváth spielen. Wien [u.a.]: Böhlau 2015 (= Maske und Kothurn, 60. Jg., Heft 1), S. 9–22. Vgl. dazu auch die Dokumentation in Krischke 1973, S. 161–188 sowie in: Horváth 2007, S. 103–105. Vgl. dazu die Dokumentation in: Krischke 1973, S. 189–211 sowie Günther 1978 (Anm. 22), Bd. 1, S. 163f. Krischke 1973, S. 162. Huder bekräftigt dies nochmals in einem Beitrag zur Horváth-Forschung in der Zeitschrift Akzente: „Ebenfalls nur stellvertretend für seine Fachschaft ist in diesem Zusammenhang Peter Palitzsch zu erwähnen, der vor seiner Stuttgarter Inszenierung von ‚Glaube Liebe Hoffnung‘ zu Studien ins Ödön v. Horváth-Archiv nach Berlin kam, wo er aufgrund der dort existierenden Handschriften eine dramaturgisch überzeugendere Fassung dieses Zentralstückes erarbeitete, als es die angeblich autorisierte zu sein vermag.“ (Walter Huder: Zum Stand der Horváth-Forschung. In: Akzente. Zeitschrift für Literatur, 19. Jg., Heft 2 (1972), S. 124–129, hier S. 124.)

25

Vorwort

schen Bemühungen um Horváths Werk tritt jedoch klar der synkretistische wie eklektische Charakter von Palitzschs Vorgehen zu Tage. Seine teils heute noch gespielte Fassung kann, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der hier vorgelegten Textkonstitution, nur als fiktiv bezeichnet werden. Palitzschs Gang ins Archiv begründete indes eine bis heute produktive Linie theatraler Rezeption von Horváths Werk, die Vorstufen und frühe Fassungen gleichberechtigt in Regieüberlegungen miteinbezieht. Wie in jüngster Vergangenheit etwa die Inszenierung von Kasimir und Karoline durch Frank Castorf am Münchener Residenztheater 2011 zeigt, kann dies bis hin zur Mise en Scène einer historisch-kritischen Ausgabe selbst gehen.108

108

Vgl. Martina Gredler: „Leck mich doch du am Arsch, Frau Merkel!“ Frank Castorfs Inszenierung von Kasimir und Karoline am Residenztheater München. In: Ehrenreich/Storr/Vejvar 2015 (Anm. 104), S. 87–103.

26

Lesetext

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Lesetext

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Lesetext

Vorarbeit 1: Kasimir und Karoline / Glaube Liebe Hoffnung-Szenerie

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Strukturpläne in sieben Bildern

IN 221.001/7 – BS 45 a [7], Lesetext Bl. 1

30

Strukturpläne in sieben Bildern

VA1/E1–E4

31

Lesetext

Fassung des ersten Bildes

VA1/TS1 (Korrekturschicht)

Lesetext

얍 Erstes Bild Vor der Anatomie.

5

10

IN 221.001/6 – BS 45 a [6], Bl. 1

K AROLINE D IENER Sie wünschen? K AROLINE Das ist doch hier das anatomische Institut? D IENER Jawohl, Fräulein. K AROLINE Ich meine, das ist doch hier, wo die Menschen zerstückelt werden? D IENER (lächelt) Die Leichen, Fräulein! Die Leichen! K AROLINE (lächelt) Natürlich die Leichen. D IENER Na und? K AROLINE Ich möchte gerne eine Auskunft haben -- ich habe nämlich gehört, dass man sich der Anatomie verkaufen kann, dass nämlich wenn man stirbt, dass man zerschnitten werden kann -- ich möcht mich gern verkaufen. D IENER Also das schlagens Ihnen nur aus dem Kopf! Das gibt es hier nicht! Das ist ein sehr weit verbreiteter Irrtum! Wir haben Leichen genug in Hülle und Fülle! K AROLINE Und ich hab gemeint dass wenigstens für die Leichen noch was bezahlt wird -D IENER Sie sind arbeitslos? K AROLINE Natürlich! Und ausgesteuert! D IENER Das ist eine schlimme Zeit! K AROLINE Ja. (Stille) D IENER (betrachtet sie) Hörens mal, Fräulein, ich hätt einen Vorschlag: was machens denn heut abend? K AROLINE Ich weiss garnicht wo ich schlafen soll. Meine Wirtin hat alles weggesperrt. 얍 D IENER Ich hätt einen Vorschlag. Kommens zu mir. Ich hätt vielleicht eine Stelle für Sie. K AROLINE Das kenn ich schon. Nein, mit mir können Sie das nicht machen. B

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B

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S PITALER (in Trauer kommt mit dem Arzt aus der Anatomie) D OKTOR Also die genaue Todesursache lässt sich nicht genau feststellen. Es ist möglich, dass die Lenkstange, wie sie den Brustkorb eingedrückt hat, den Tod herbeigeführt hat -- es ist aber auch ebenso möglich, dass sich etwas anderes verletzt hat. S PITALER Arme Frau! Ich hätt es ihr nicht erlauben sollen, dass sie chauffiert! Eine Frau gehört nicht an das Volan -- -- Ich mache mir fürchterliche Vorwürfe! D OKTOR Sie können doch nichts dafür. Die Strasse war doch vereist. S PITALER Man macht sich immer Vorwürfe. Es ist schlimm. Und jetzt das Begräbnis -- und dann kommen die Verwandten -- brr! Sehen Sie, lieber Herr Doktor, so rasch ist das Leben zu Ende -- -- und heut abend muss ich wieder mit lachendem Gesicht dastehen. Lachend! Wir haben doch heut abend unsere Schönheitskonkurrenz, und derweil liegt mein Weib da hinten im Keller -B

40

N

14 19 38

mich gernN ] D IENER SieN ] BVolanN ] B B

N

korrigiert aus: michrgern korrigiert aus: D IENER Sie gemeint ist: Volant

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IN 221.001/6 – BS 45 a [6], Bl. 2

Fassung des ersten Bildes

VA1/TS1 (Korrekturschicht)

Lesetext

D OKTOR Kopf hoch, lieber Spitaler! Kopf hoch! (ab) S PITALER (geht auf die Strasse und zündet sich eine Zigarette an -- erblickt Karoline und fixiert sie) B

N

5

(Surren in der Luft; Zeppelin) D OKTOR UND D IENER (stürzen heraus)

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S PITALER Haben Sie auch den Zeppelin gesehen? K AROLINE Ich habe doch keine zugewachsenen Augen. (Stille) S PITALER Haben Sie auch einen teueren Toten da drinnen? K AROLINE Nein. Ich wollt mich anbieten -- meine Leiche. S PITALER Ihre Leiche. 얍 K AROLINE Ja, weil ich halt kein Geld habe. S PITALER Komisch! Auf was für Ideen die Leut kommen! Das können Sie aber doch eher lebend verdienen. Sie sehen doch gut aus -- drehen Sie sich mal um. Ich hab dafür einen Blick, weil ich gewissermassen in der Vergnügungsbranche tätig bin. Leiche verkaufen -- welch abstruse Idee -K AROLINE Ich hab halt kein Geld. S PITALER Kommen Sie heut abend zu mir ins Büro. Hier die Karte. B

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N

K AROLINE (liest) D IENER Na was hat er denn gesagt? K AROLINE Wer ist dieser Herr eigentlich? D IENER Wissen Sie, das ist der, der so verschiedene Sachen veranstaltet -- heut abend veranstaltet er eine Schönheitskonkurrenz -- -- Ich werd Ihnen das alles heut abend näher erklären --

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XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX

3 16

B B

erblicktN ] Komisch! f kommen!N ]

korrigiert aus: erblick

\Komisch! f kommen!/

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IN 221.001/6 – BS 45 a [6], Bl. 3

Strukturplan in acht Bildern

IN 221.001/7 – BS 45 a [7], Lesetext Bl. 4

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Strukturplan in acht Bildern

VA1/E5

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Lesetext

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Lesetext

Vorarbeit 2: Typoskripte von Lukas Kristl

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Fragmentarische Fassung eines Bildes

VA2/TS1 (Korrekturschicht)

Lesetext

\Textverlust\

얍 I NHABER WasN von den Herrn haben sie auch 150 Mk. gekriegt. B F RÄULEIN AberN das hab ich doch damals noch nicht gewusst, dass sie mir das geben. B H ERR AberN dass ihr Vater nicht Zollinspektor sondern Versicherungsinspektor B N, 5 aber das haben sie damals auch schon gewusst. Geben sie mir auf der Stelle mein Geld wieder! B F RÄULEIN IchN habs jetzt nicht, ich habs Bgebraucht. AberN wenn ich jetzt verdiene. H ERR Sie haben also glatt unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, ja unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, das Geld herausgeschwindelt, BSieN sind ja direkt auf 10 Schwindel Bausgegangen.N BDasN hat sich jetzt herausgestellt. Sonst müssten sie doch das Geld noch haben. Bare 150 BMk.N Man muss sich Bvorstellen,N was das in der heutigen Zeit bedeutet. F RÄULEIN Nein, nein das ist alles Bfalsch.N BIchN kanns jetzt nicht sagen, aber ich hab das Geld nicht für mich gebraucht. B 15 H ERR SoN das wird ja immer schöner. Wo ist denn das Geld Bhingekommen.N BDasN wird ja interessant. B F RÄULEIN MeinetwegenN. Ich habs zu einer Geldstrafe gebraucht. B H ERR SoN sie haben mit BdemN Gericht schon was zu tun gehabt. Eine Vorbestrafte sind sie also. Aber BSieN bringe BichN ins Zuchthaus, das garantiere ich Bihnen.N B(er 20 sieht auf die Uhr) Entschuldigens aber ich muss jetzt zu meinen Fingern und Füss – sonst {nörgelt} er wieder, der Herr Oberpräparator. Habe die Ehre!N BIchN war ihr letztes Opfer. (Der ältere Herr stürmt hinaus.) F RÄULEIN B N BJetztN werden BSieN von mir denken, BdassN ich B N die grösste Verbrecherin B

2 3 4 4 7 7 9 10 10 11 11 13 13 15 15 15 17 18 18 19 19 19 19–21 23

B

I NHABER WasN ] F RÄULEIN AberN ] BH ERR AberN ] B N] BF RÄULEIN IchN ] Bgebraucht. AberN ] BSieN ] Bausgegangen.N ] BDasN ] BMk.N ] Bvorstellen,N ] Bfalsch.N ] BIchN ] BH ERR SoN ] Bhingekommen.N ] BDasN ] BF RÄULEIN MeinetwegenN ] BH ERR SoN ] BdemN ] BsieN ] BichN ] Bihnen.N ] B(er f Ehre!N ] B N]

23 23 23 23

B

B

JetztN ] SieN ] BdassN ] B N] B

korrigiert aus: I NHABER Was korrigiert aus: F RÄULEIN Aber korrigiert aus: H ERR Aber

[\ist/] korrigiert aus: F RÄULEIN Ich

gebraucht[,]|.| [a]|A|ber [s]|S|ie korrigiert aus: ausgegangen, [d]|D|as korrigiert aus: Mk.. korrigiert aus: vorstellen , korrigiert aus: falsch, [i]|I|ch korrigiert aus: H ERR So Eintragung Horváth: hingekommen[,]|.| Eintragung Horváth: [d]|D|as korrigiert aus: F RÄULEIN Meinetwegen korrigiert aus: H ERR So korrigiert aus: den [ich]|sie| [sie]|ich| korrigiert aus: ihnen, Eintragung Horváth: \(er f Ehre!/ Eintragung Horváth: [Um Gottes Willen, sie werden mich doch nicht [anzeigen] .\../] Eintragung Horváth: [Sie] |Jetzt| Eintragung Horváth: \Sie/ Eintragung Horváth: \dass/ Eintragung Horváth: [bin]

38

ÖLA 3/W 20 – BS 39 c [4], Bl. 1

Fragmentarische Fassung eines Bildes

VA2/TS1 (Korrekturschicht)

bin, die wo herumlauft . Ich hätte dem Mann sein Geld rausgeschwindelt. Er hat es mir ja angeboten, weil ich mit ihm über Aquarium gesprochen habe. I RENE Mir werden nichts denken. Aber solang die Sache nicht geregelt ist, kann ich Sie nicht brauchen. Das sehens doch ein. E LIS Die Sache wird geregelt. I RENE Ob ich Sie hernach wieder einstellen kann, weiss ich nicht. E L Die Sache wird geregelt. F R . A MTSGERICHTSRAT Mich gehts ja nichts an. Ich will mich ja nicht hereinmischen. Ich will ja nichts sagen. Ich hab mir Gott lob noch nie was zu Schulden kommen lassen. Ich hab mit dem Gericht nur in so fern was zu tun, als ich mit meinem Mann verheiratet bin. B

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5

Lesetext

B

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\Textverlust\

1 1 2 2 3–7 3 8 8–9 9 9 10 10

bin, f herumlauftN ] demN ] Bangeboten, f habe.N ] BAquariumN ] BI RENE f geregelt.N ] BMirN ] Ban. IchN ] Bhereinmischen. IchN ] Bsagen. IchN ] BmirN ] BdemN ] BmeinemN ] B B

Eintragung Horváth: \bin, f herumlauft/ korrigiert aus: den Eintragung Horváth: angeboten[.] , \weil f habe./ Eintragung Horváth: [Tiere] Aquarium Eintragung Horváth: \I RENE f geregelt./ vermutlich bewusst gesetzte Dialektalform

|

an[,]|.| [i]|I|ch hereinmischen[,]|.| [i]|I|ch sagen[,]|.| [i]|I|ch Eintragung Horváth: mi[ch]|r| korrigiert aus: den korrigiert aus: meinen

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Fragmentarische Fassung eines Bildes

VA2/TS2 (Korrekturschicht)

Lesetext

\Textverlust\

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15

얍 (Unter der Menge befindet sich auch BdasN Fräulein. Es geht zum BWohlfahrtsamtN hinüber und die Treppe hinauf. Von innen kommt ein Sipomann heraus und sieht noch die sich langsam Zerstreuenden schimpfend Bweggehen.)N B S IPO WasN war denn da los? F RÄULEIN Ich weiss es nicht genau, ein Kriminaler hat eine verhaftet. Gewehrt hat sie sich und da BhatN er sie mit dem Achter gepackt. Man kommt ja so leicht in was hinein, ich weiss es zur Genüge. S IPO BSie - warumN BdennN sie? Mit ihnen hab ich doch noch nie was Bgehabt. WennN alle so wären wie sie. F RÄULEIN So glauben sie. Sie kennen mich ja gar nicht. B S IPO IchN hab sie schon B N ein paar BmalN hier gesehen. Ich hab doch hier Dienst. Sie haben mich nur nicht gesehen. B F RÄULEIN DasN meinen sie, aber das muss nicht stimmen. S IPO So. B F RÄULEIN (lächeltN.) B S IPO (lächeltN auch.) B

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F RL Ich habe einmal eine Stelle gehabt, aber die habe ich verloren. ________ N

B

2 2 4 5 7 9 9 9 12 12 12 14 16 17 19 20

B

[unser]|das|

B

korrigiert aus: Wohlfahrtsam korrigiert aus: weggehen. korrigiert aus: S IPO Was eingefügt korrigiert aus: Sie-warum

dasN ] WohlfahrtsamtN ] Bweggehen.)N ] BS IPO WasN ] BhatN ] BSie - warumN ] BdennN ] Bgehabt. WennN ] BS IPO IchN ] B N] BmalN ] BF RÄULEIN DasN ] BF RÄULEIN (lächeltN ] BS IPO (lächeltN ] BF RL f verloren.N ] B________N ]

den\n/

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| |

Eintragung Horváth: gehabt[,] . [w] W enn korrigiert aus: S IPO Ich Eintragung Horváth: [seit]

[Tage]|mal| korrigiert aus: F RÄULEIN Das korrigiert aus: F RÄULEIN (Lächelt korrigiert aus: S IPO (Lächelt Eintragung Horváth: \F RL f verloren./ Eintragung Horváth: \________/

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ÖLA 3/W 20 – BS 39 c [4], Bl. 2

Fragmentarische Fassung „Im Zimmer des Fräulein“



VA2/TS3 (Korrekturschicht)

Lesetext

Im Zimmer des Fräulein.

ÖLA 3/W 20 – BS 39 c [4], Bl. 3

Gespräch zweier Liebenden hinter einem Vorhang. 5

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Es klopft. Die Beiden verstummen. Es klopft stärker. Ein Flüstern hinter dem Vorhang. E S KLOPFT ABERMALS Kriminalpolizei. E INE WEIBLICHE S TIMME Polizei ist da, um Gotteswillen. E INE MÄNNLICHE S TIMME Und ich liege da. Was kann das sein? Ausgerechnet! E INE WEIBLICHE S TIMME Einen Moment bitte. Der Vorhang öffnet sich halb, ein Bett wird sichtbar; Das Fräulein erscheint flüchtig angezogen. Es öffnet. P OLIZEIBEAMTER Geduld bringt Rosen. F RÄULEIN Entschuldigen sie bitte. P OLIZEIBEAMTER Sind sie das Fräulein X. F RÄULEIN Ja. Warum? P OLIZEIBEAMTER Sie wissen genau warum. F RÄULEIN Ich? Ich weiss gar nichts. P OLIZEIBEAMTER So sie wissen gar nichts. Der Polizeibeamte sieht sich im Zimmer um. P OLIZEIBEAMTER Ich hab sie wohl im Schlaf gestört. F RÄULEIN Ich fühle mich nicht recht wohl. Ich hab mich etwas niedergelegt. P OLIZEIBEAMTER Sie sehen aber gar nicht krank aus. F RÄULEIN Entschuldigen Sie, aber schliesslich kann ich mich doch ins Bett legen wann ich will. P OLIZEIBEAMTER Leute, die sich beim hellichten Tag ins Bett legen. Es gibt allerdings Leute die haben Nachtdienst und sind deshalb unter Tags ruhebedürftig. 얍 F RÄULEIN Wie meinen sie das, was wünschen sie überhaupt? P OLIZEIBEAMTER ( hält einen Sockenhalter hoch, den er auf einem Stuhl gefunden hat.) So meine ich das. Fräulein pflegen wohl Sockenhalter zu tragen. F RÄULEIN ( sucht nach Worten , schweigt aber schliesslich.) B

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11 24 26 27 27 29 29 29 31 32 32 32 34 34

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Ausgerechnet!N ] P OLIZEIBEAMTER N ] BP OLIZEIBEAMTER N ] BEntschuldigen f aberN ] BschliesslichN ] BP OLIZEIBEAMTER N ] BLeute,N ] BhellichtenN ] BwünschenN ] BP OLIZEIBEAMTER N ] BhältN ] BeinemN ] BsuchtN ] BWortenN ] B B

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Ausgerechnet[.]|!| korrigiert aus: P OLIZEIBEAMTE korrigiert aus: P OLIZEIBEAMTE \Entschuldigen f aber/ korrigiert aus: Schliesslich korrigiert aus: P OLIZEIBEAMTE Leute\,/ hell[l]ichten [wollen] |wünschen| P OLIZEIBEAMTE \R / korrigiert aus: Hält korrigiert aus: einen korrigiert aus: Sucht [w]|W |orten

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ÖLA 3/W 20 – BS 39 c [4], Bl. 4

Fragmentarische Fassung „Im Zimmer des Fräulein“

VA2/TS3 (Korrekturschicht)

Lesetext

P OLIZEIBEAMTER Sie wissen doch, dass wir uns interessieren wovon sie leben. F RÄULEIN Das habe ich doch schon angegeben. P OLIZEIBEAMTER Sie haben von der Polizei einen Unterkommensauftrag gekriegt. Darauf steht, dass sie sich innerhalb drei Wochen um ein einwandfreies Unter5 kommen umsehen sollen. Verstehen sie, einwandfrei. Aber sie haben weder Arbeit noch haben sie nachgewiesen, dass sie sich um eine solche bemüht haben. F RÄULEIN Ich verstehe nicht was man von mir will. Man soll sich doch um die Leute kümmern, die kein Unterkommen haben. Da gibt es genug. Ich hab ja eins. P OLIZEIBEAMTER Das ist nicht unsere Aufgabe. Die Polizei ist doch kein Wohl10 fahrtsinstitut. Polizeiwidrig ist nicht, wer kein Unterkommen hat; polizeiwidrig ist nur, wer dadurch die öffentliche Ordnung gefährdet. F RÄULEIN Aber bei mir trifft weder das eine noch das andere zu. P OLIZEIBEAMTER So lange sie sich nicht über ihre Einkünfte ausweisen können, ist das fraglich. Sie haben ja beim Arbeitsamt nicht einmal versucht eine Arbeit zu 15 erhalten. F RÄULEIN Warum denn auch. Ich krieg ja doch nichts von heute auf morgen. Für mich wird Gott sei Dank gesorgt. P OLIZEIBEAMTER Eben diese freundliche Fürsorge interessiert uns. F RÄULEIN Ich habe es doch schon früher angegeben. Ich krieg von einem Herrn, von 20 meinem Freund, 20 bis 25 Mk. in der Woche. Davon lebe ich. P OLIZEIBEAMTER Wer ist denn der Herr, wie heisst er denn. F RÄULEIN Das sage ich nicht, ich nenne den Namen nicht. 얍 P OLIZEIBEAMTER So sie nennen den Namen nicht. Ja warum nennen sie den Herrn nicht. 25 F RÄULEIN Ich will einfach nicht. Ich kanns nicht tun. B EAMTER Vielleicht sind doch mehrere Herrn bei diesen 25 Mk. beteiligt. B

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P OLIZEIBEAMTER N ] doch,N ] BdassN ] BwovonN ] B N] BP OLIZEIBEAMTER N ] BeinenN ] Bgekriegt.N ] BDaraufN ] Bsie,N ] BnochN ] BP OLIZEIBEAMTER N ] BAufgabe. DieN ] Bnicht,N ] Bnur,N ] BbeiN ] BP OLIZEIBEAMTER SoN ] BversuchtN ] BvonN ] BP OLIZEIBEAMTER N ] BFreund,N ] BP OLIZEIBEAMTER N ] BP OLIZEIBEAMTER N ] Bnicht. JaN ] BB EAMTER N ] B B

P OLIZEIBEAMTE \ R / doch\,/ das\s/ \wo/von [was] P OLIZEIBEAMTE \ R / eine\n/ gekriegt\./ [d]|D|arauf sie\,/ noch[t] P OLIZEIBEAMTE \ R / Aufgabe[,]|.| [d]|D|ie nicht\,/ nur\,/ \bei/ korrigiert aus: P OLIZEIBEAMTE So korrigiert aus: verscucht \von/ korrigiert aus: P OLIZEIBEAMTE Freund\,/ korrigiert aus: P OLIZEIBEAMTE P OLIZEIBEAMTE \ R / nicht[,]|.| [j]|J|a (1) P. (2) \B EAMTER /

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ÖLA 3/W 20 – BS 39 c [4], Bl. 5

Fragmentarische Fassung „Im Zimmer des Fräulein“

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Lesetext

F RÄULEIN Das ist eine Unverschämtheit, was erlauben sie sich überhaupt. Was glauben sie denn wer ich bin. P OLIZEIBEAMTER Keine künstliche Aufregung. Immer schön ruhig. Sie dürfen uns nur sagen wer der Herr ist, dann ist unsere Neugierde befriedigt und sie werden von uns nicht mehr belästigt. F RÄULEIN Das sind doch schliesslich meine Privatangelegenheiten. P OLIZEIBEAMTER Irrtum , mein Fräulein. Die Polizei kennt keine Privatangelegenheiten, sonst müsste ja die halbe Sittenpolizei zum Stempeln gehen. Für uns fängt die Oeffentlichkeit da an, wo die Türen verschlossen werden. (Deutet auf den Sockenhalter.) Wo man sich z. B. um 4 Uhr nachmittags ins Bett legt . F RÄULEIN Und wenn schon, dann wäre es doch meine Sache. P OLIZEIBEAMTER Wissen sie, sich am hellichten Tag ins Bett legen, das ist schon reichlich annormal ; jedenfalls für meinen Geschmack. F RÄULEIN Ihr Geschmack interessiert mich gar nicht. Sagen sie mir lieber was sie noch wollen. P OLIZEIBEAMTER Sie entschuldigen schon wenn ich indiskret werde, aber wenn sie mich schon für dumm halten…. So ganz umsonst dürfte ich mich nicht hierher bemüht haben. (Er schiebt den Vorhang bei Seite.) Bitte! (Er ist nicht überrascht einen Herrn zu finden, aber überrascht, dass es ausgerechnet ein Kollege von der Grünen Polizei ist , der sich eben fertig anzieht. Das ist ihm etwas peinlich.) P OLIZEIBEAMTER Sie hier. S IPO ( steht stramm.) F RÄULEIN Jetzt haben sie es glücklich erreicht, jetzt wissen sie es wer es ist. B

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VA2/TS3 (Korrekturschicht)

N

\Textverlust\

3 7 10 10 10 12 12 13 16 18 18 18 20 20 20 22 23

P OLIZEIBEAMTER N ] P OLIZEIBEAMTER IrrtumN ] BSockenhalter.)N ] B N] BlegtN ] BP OLIZEIBEAMTER N ] BhellichtenN ] BannormalN ] BP OLIZEIBEAMTER N ] BSeite.)N ] BBitte!N ] B(ErN ] BistN ] Banzieht.N ] BDasN ] BP OLIZEIBEAMTER N ] BstehtN ] B B

P OLIZEIBEAMTE \ R / korrigiert aus: P OLIZEIBEAMTE Irrtum korrigiert aus: Sockenhalter). gestrichen: . korrigiert aus: liegt korrigiert aus: P OLIZEIBEAMTE hell[l]ichten gemeint ist: anormal korrigiert aus: P OLIZEIBEAMTE Seite.\)/ \Bitte!/ \(/Er \ist/ korrigiert aus: anzieht[,]|.| [ist]. [Es]|Das| korrigiert aus: P OLIZEIBEAMTE korrigiert aus: Steht

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N B

N B

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Fassung „Im Korsettenladen. (Zweiter Teil.)“



5

B N

VA2/TS4 (Korrekturschicht)

Im Korsettenladen. (Zweiter Teil.)

Anwesend: Die Geschäftsinhaberin und der Herr. H ERR Das war jetzt so eine Aufregung. Sie glauben nicht, wie ich mich aufgeregt hab. Es ist mir so furchtbar peinlich gewesen, da herein zu platzen; war mir auch für das Fräulein peinlich. Man müsste ja schliesslich kein Gefühl haben. F RAU Das muss ich ihnen schon sagen. Das erste Mal, dass die Polizei bei mir im Geschäft war. Für mich ist das ja keine Reklame. Und meine 150 Mk. sind jetzt auch futsch . H ERR Sie müssen vielmals entschuldigen. Aber wenn man so belogen und betrogen wird. Schauns, ich bin ja gar nicht der Mensch, der einem aus böser Absicht was antun kann. Aber in der Aufregung. F RAU Was tät denn da ich jetzt sagen. H ERR Sie kommen sicher wieder zu ihrem Geld. Das ist doch nicht verloren. Ich hätte sie ja vielleicht gar nicht angezeigt, wenn ich nicht den Todesfall von meiner Frau gehabt hätt. Da ist man halt derart aufgeregt. Das ist ja schliesslich keine Kleinigkeit. Solch ein Schlag. F RAU Ist Ihnen Ihre Frau gestorben? H ERR Ja die ist gestorben. F RAU So so gestorben is. H ERR Ja die ist tot. F RAU Schon lange? H ERR Morgen wirds ein Monat. F RAU Ja, ja so was ist hart. Ich weiss‘s. Bei mir is schon 15 Jahre her. H ERR Ist ihr Mann auch gestorben? F RAU Ja, leider. H ERR Ja, so was ist hart. Das kann ich nachfühlen. F RAU Was hat ihr denn gefehlt? 얍 H ERR Das is ja. Wenn sie wenigstens normal gestorben wär. F RAU Ist sie im Irrenhaus gestorben? H ERR Naa - überfahren is worden. F RAU Ueberfahren. H ERR Wir gehen da über d’ Strass. Da kommt ein Auto daher und überfahrts. Direkt neben meiner. Da steh ich und da steht sie. B

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1 7 9 12 14 14 18 18 24 25 27 29 33

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ÖLA 3/W 20 – BS 39 c [4], Bl. 6

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Lesetext

] dassN ] BfutschN ] BAber inN ] BzuN ] BihremN ] BIhnenN ] BIhreN ] BJa, jaN ] Bgestorben?N ] Bhart. DasN ] BDas f ja.N ] Bd’N ]

N

B N

gestrichen: .-.-.-

B

das\s/ [P]futsch Aber\ /in zu[r] ihre[n]|m| [i]|I|hnen [i]|I|hre korrigiert aus: Ja,ja

gestorben[.]|?| hart[,]|.| [d]|D|as vermutlich bewusst gesetzte Dialektalform; gemeint ist: Das ist es ja.

d[e]’

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ÖLA 3/W 20 – BS 39 c [4], Bl. 7

Fassung „Im Korsettenladen. (Zweiter Teil.)“

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Lesetext

F RAU Jetzt so was. Gibt denn dös a . Direkt neben Ihnen . Was alles gibt. Da werden’s ja nicht schlecht daschrocken sein. H ERR Das kann man ja niemand sagen was das war. Und die Laufereien die man hat, wenn ein’s überfahren wird. Ich bin ganz kaputt. F RAU Das glaub ich ihnen gern. H ERR In der Anatomie hab’s ich zum letzten Mal gesehen. F RAU In der Anatomie. Wars gleich tot? H ERR Ich darf ja nicht drandenken. Ich zeig doch sonst die wegen 200 Mk. nicht an. Aber wenn‘s einem die Frau direkt an der Seite zusammenfahren. F RAU Das glaub ich, dass dies schrecklich ist. Wir haben ja auch wie Kinder zusammengelebt . Wie Kinder. Ich seh ihn noch heut, wie ich ihn zum erstenmal gesehen hab. Meiner Mutter hat er ein Korsett gebracht. Da hat er mit mir Spassl gmacht und hat gsagt, ob er mir vielleicht auch eins anmessen soll. Und da bin ich halt gleich reingfalln und da haben wir heiraten müssen. Wie Kinder waren wir. H ERR Da haben Sie also keinen Mann mehr. Witwe. Es ist hart für eine Frau. Wenn man alles allein machen muss. F RAU Da hams wohl recht. Vom Geschäft hab ich damals auch noch nicht viel verstanden. H ERR Ja ja eine tüchtige Geschäftsfrau sind Sie . Findet man selten so eine Frau als wie Sie . F RAU Ja freilich. 얍 H ERR G’wiss. Ich habs mir schon öfters denkt wenn ich auf dem Büroweg bei Ihnen vorbeigegangen bin. F RAU Sie sind im Büro. H ERR Ja, Buchhalter; Oberbuchhalter. F RAU Heute muss man froh sein wenn man wo is. Und wenn man wo is, dann weiss man nie auf wie lange. H ERR Ich bin schon 20 Jahre bei der Firma. Ich hab eine sichere Stellung. F RAU Die Bezahlung ist halt heut überall schlecht. Wer hat heut nicht zu kämpfen. B

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VA2/TS4 (Korrekturschicht)

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1 1 2 9 9 9 10 10–11 13 13 14 16 16 18 20 21 23 23–24 26

dös aN ] IhnenN ] BdaschrockenN ] Bwenn‘sN ] BeinemN ] BSeiteN ] BdassN ] BzusammengelebtN ] BerN ] BichN ] BgleichN ] BSieN ] BWitwe. EsN ] BhamsN ] BSieN ] BSieN ] BBürowegN ] BIhnenN ] BBuchhalter;N ] B B

N

vermutlich bewusst gesetzte Dialektalform; gemeint ist: das auch

[i]|I|hnen vermutlich bewusst gesetzte Dialektalform; gemeint ist: erschrocken korrigiert aus: wenn ‘s korrigiert aus: einen

Seite[n] korrigiert aus: das korrigiert aus: zusammengelegt

\er/ eingefügt

gleich[t] [s]|S|ie korrigiert aus: Witwe. Es

ha[b’s]|ms| [s]|S|ie [s]|S|ie Bürowe[b]|g| [i]|I|hnen Buchhalter[,]|;|

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ÖLA 3/W 20 – BS 39 c [4], Bl. 8

Fassung „Im Korsettenladen. (Zweiter Teil.)“

VA2/TS4 (Korrekturschicht)

H ERR Bei mir gehts noch. Selbständigen Posten. Hab sechs Leute unter mir. Ich komm halt auf 450 Mk. Und ein kleines Nebeneinkommen hab ich auch noch. Da krieg ich auch alle Monat 200 Mk. Und eine Weihnachtsgratifikation. S’ Zigarrengeld is auch. F RAU Hm. Aha. H ERR Ja ich bin da im Bauausschuss einer Genossenschaft. Da kommen wir immer von Zeit zu Zeit zusammen. F RAU Vom Bauen verstehen sie auch was? H ERR Das brauchts nicht. Es ist ja eine gemeinnützige Baugenossenschaft. Wissen’s eine mit sozialer Note. Da kommts nur darauf an, dass man in der Generalversammlung die Mehrheit kriegt. F RAU So ist das. Also nicht besonders schwer. H ERR Schwer. Auf unsereinem lastet halt die ganze Verantwortung . F RAU So eine Verantwortung ist halt auch was schweres. H ERR Ja, da hat man schon zu tragen. F RAU Man muss sich halt denken es gehört für eine gemeinnützige Sache. H ERR Darum tret ich auch nicht zurück. F RAU Und 200 Mk. sinds auch. H ERR Alles wär recht, wenn nur meine Frau noch da wär, aber so ganz allein. 얍 F RAU Das kann ich nachfühlen. H ERR Ihnen braucht man nichts zu erzählen. Sie sind ja auch alleinstehend. F RAU Ich weiss schon. H ERR Dass Sie sich eigentlich nicht mehr verheiratet haben. F RAU Ich? Anfangs kommt man halt über den Schmerz nicht hinweg und später wird man alt und ist man nicht mehr anziehend für die Männer. Die wollen was Jungs . H ERR Sie fordern ja einen direkt zu einem Kompliment heraus. Nicht mehr anziehend. Was tät denn da ich sagen. Ich bin doch an die zehn Jahr älter als wie sie. F RAU Meinens. Wie alt sind denn sie? H ERR Ich bin schon tief in die Fünfziger. F RAU Ach was. Das sieht man ihnen gar nicht an. H ERR Sie können zufrieden sein. Nicht mehr anziehend. Wenn alle Frauen so stattlich und proper wären als wie sie. F RAU Jetzt hörens aber auf. Für Narren lass ich mich nicht halten. B

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Lesetext

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HabN ] ichN ] BMk.N ] Bdas. AlsoN ] BunsereinemN ] BhaltN ] BVerantwortungN ] BmeineN ] B N] BSieN ] BJungsN ] BeinenN ] BeinemN ] BsiehtN ] BalsN ] Bauf. FürN ]

N

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1 3 3 12 13 13 13 19 21 23 25 26 26 30 32 33

B

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Hab[e]

B

eingefügt korrigiert aus: Mk.. korrigiert aus: das.Also

unser[ ]einem h[eute]|alt| Vertwortung mei\ne/ gestrichen: man [s]|S|ie [j]|J|ungs korrigiert aus: einem korrigiert aus: einen korrigiert aus: sind \als/ auf[,]|.| [f]|F|ür

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N

ÖLA 3/W 20 – BS 39 c [4], Bl. 9

Fassung „Im Korsettenladen. (Zweiter Teil.)“

VA2/TS4 (Korrekturschicht)

Lesetext

H ERR Vom Narren halten ist gar keine Rede. Gauben Sie ja das nicht. Ich bin nicht der Mann. Aber vielleicht hat mich eine höhere Vorsehung zu Ihnen hereingebracht. B

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5

(Die Unterhaltung geht in dem dialektgefärbten Hochdeutsch des gehobenen Kleinbürgertums vor sich.)

1 2

B B

SieN ] IhnenN ]

[s]|S|ie [i]|I|hnen

47

Lesetext

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Lesetext

Vorarbeit 3: Stiefmutter

49

Fragmentarische Fassung zweier Bilder

VA3/TS1/A3 (Korrekturschicht)

Lesetext

얍BN

VI. S TIEFMUTTER (tritt ein) Soll ich jetzt die Leine vom Burschi herschenken. Die Frau Spengler hat schon dreimal gefragt . P APA Muss es sein? S TIEF Wie Du meinst. P APA Ich weiss nicht -S TIEF So sei doch nicht so unentschlossen, trauriges Mannsbild -(Stille) P APA Theres. Komm mal her. S TIEF (tritt zu ihm hin) P APA Was hast Du gesagt? Unentschlossenes Mannsbild? S TIEF Ja. P APA (kneift sie in den Hintern) S TIEF Au! Wirst das aufhören, Bär alter -- (sie schlägt ihm mit der Hundeleine auf die Hand) ( Stille ) P APA (grinst) Noch einmal, bitte -S TIEF (schlägt noch einmal) P APA Wauwau! S TIEF Wie alt ist der brave Hund? P APA Neunundfünfzig. S TIEF Und wie alt ist das Frauchen? P APA Zweiunddreissig. S TIEF Einunddreissig. (Sie gibt ihm einen Hieb) P APA Wauwau! 얍 (Stille) S TIEFMUTTER (deckt nun den Tisch) (Stille) P APA Ich werd jetzt mal zu einem Augendiagnostiker gehen – (liest in der Zeitung) Wie die Leut sterben -B

5

10

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ÖLA 3/W 17 – BS 39 c [1], Bl. 1 N

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3 5 16 18 31

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B

]

VI.N ] gefragtN ] BHundeleineN ] BStilleN ] BIch f gehen –N ] B

werdN ]

[P APA (zum ausgestopften Burschi, einem hohen Rehpintscher) Armer Burschi, armer -- -- vor vier zehn Tag da sind wir noch zusammen Gassi gegangen -Gassi, Burschi, Gassi! -- und jetzt stehst da, ausgestopft -- überfahren vom Auto -- Armer Burschi, lieber -- neun Jahr lang hab ich Dich jetzt gehabt -- wie Du gekommen bist, da warst zwei Monat alt -- ich hab Dich mit der Flasche aufgezogen -- armer Burschi -- (er streichelt ihn)] \VI./ korrigiert aus: gefr agt korrigiert aus: Hunleine korrigiert aus: sStille (1) Ich schlaf neuerdings so schlecht. Das sind die Nerven. (2) \Ich f gehen –/ werd[e]

50

ÖLA 3/W 17 – BS 39 c [1], Bl. 2

Fragmentarische Fassung zweier Bilder

VA3/TS1/A3 (Korrekturschicht)

Lesetext

얍 Zweites Bild

5

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ÖLA 3/W 17 – BS 39 c [1], Bl. 3

Elisabeths Papa, ein hypochondrischer Versicherungsinspektor Elisabeths Stiefmutter Bürgerliches Wohnzimmer. Der Papa sitzt auf einem Stuhle und hat die Füsse in einer Waschschüssel; daneben seine Pantoffeln; er liest die Zeitung. Die Stiefmutter, eine verkniffene achtundzwanzigjährige Frau. B

N B

N B N

B N

15

P APA (liest in der Zeitung) Wie die Leut sterben -- aus lauter Unvorsichtigkeit und Leichtsinn. Wieder ein Autounfall mit tödlichem Ausgang. Die Frau tot, der Mann unversehrt. Ein Major a. D. Aber versichern lassen sich die Leute nicht, was ich reden muss, bis ich einen dazubringe, dass er sich versichern lässt -- und derweil lauert der Tod an allen Ecken und Enden -- besonders heut bei der allgemeinen Motorisierung. Man weiss nie, wann man stirbt. Die Leut leben unvernünftig. B

B

N

N

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얍BN

ÖLA 3/W 17 – BS 39 c [1], Bl. 4

20 B N B N

10 10 10 12

16 17 18 19 21 22

achtundzwanzigjährigeN ] korrigiert aus: achtundzanzigjährige Frau.N ] korrigiert aus: Frau, B N] [steht neben dem gedeckten Abendtisch und hält eine Peitsche in der Hand und betrachtet sie; dann knallt sie einigemal damit.] B N] [P APA (blickt aus seiner Zeitung empor) Na! -- Wo hast Du denn die Peitsche her? M UTTER Gefunden. P APA Wo? M UTTER Am Speicher. (sie knallt damit) P APA Ja, das war Elisabeths Peitsche -- als sie noch klein war. Sie hat noch so ein Geschirr dabei gehabt, dann hat sie mich eingespannt und wir haben Fiaker gespielt. M UTTER (knallt wieder)] B-- undN ] korrigiert aus: -- und BbesondersN ] korrigiert aus: bessonders B N] [Wann essen wir denn?] B N] [M UTTER Das Essen ist schon längst fertig. Aber Dein Fräulein Tochter lassen auf sich warten.] B N] gestrichen: \II./ B N] gestrichen: \I. Bild/ [M UTTER So sei doch nicht so hypochondrisch.] Du könntest Dir an Deinem Fräulein Tochter ein Beispiel nehmen, etwas lernen. Die ist ja das gerade Gegenteil! Da hab ich sie gestern am Mittwoch gefragt: hast Du Arbeit? Und sie hat gesagt: Nein. Aber ich werde welche finden und lasse nicht locker. Ich hab ihr gesagt, dass wir sechs Millionen Arbeitslose haben, aber sie hat sich um ihre letzten vier Mark kosmetische Artikel gekauft -- wenn sie besser aussieht, hat sie gesagt, dann kriegt sie eher eine Stellung, weil die Leute lieber angenehme hübsche Menschen um sich haben wollen, als wie andere. Und so denkt jede, hab ich gesagt, und die Arbeitslosigkeit wird immer gigantischer und Dein Vater kann Dich auch nicht auf die Dauer unterstützen, da hat sie mich ausgelacht und gesagt, oh ich habe meinen Glauben -- ich habe meinen Glauben, hat Dein Fräulein Tochter gesagt -- wir haben hier aber keinen Platz in zwei Zimmern und sie kann nicht immer da auf dem Sofa schlafen, B B

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Fragmentarische Fassung zweier Bilder

VA3/TS1/A3 (Korrekturschicht)

Lesetext

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얍 M UTTER Untersteh Dich -- Wer hat denn um mich herumgewinselt, ha? Was ist denn zwischen uns für ein Altersunterschied? Wer gab Dir seine Jugend? Wer ist da versauert? BWer bist denn Du? Ein Agent! Und ich? Ich bin eine Erzieherin, merk Dir das!N Wer hat denn aus Dir einen Menschen gemacht, Burschi? P APA (bellt)

ÖLA 3/W 17 – BS 39 c [1], Bl. 5

E LISABETH (kommt) Guten abend, Papa -- Wer hat denn hier gebellt? M UTTER Niemand. (Stille) E LISABETH Der arme Burschi ist doch schon längst ausgestopft -P APA Also das Essen. M UTTER Es wird schon ganz weich sein, das Essen -- weil Du Dich immer verspäten musst. (ab) B

N

E LISABETH Die ist aber heut wieder grantig -P APA Lass sie. Sie ist unpässlich. E LISABETH Trotzdem. Man muss sich doch beherrschen können. (Stille) 얍 E LIS Du Papa -- mir ist ein grosses Glück zugestossen. Ich hab eine Stellung, das heisst: ich kann eine wunderbare Stellung haben, wenn Du mir nur etwas hilfst. Ich könnt Vertreterin werden, aber dazu brauche ich einen Wandergewerbeschein und der kostet 150 Mark -P APA Woher soll ich 150 Mark haben? Woher soll ein armer Versicherungsinspektor, das vergisst Du -E LIS Nein, nicht Du. Ein Herr leiht mir 150 Mark -- ich habe ihn durch einen glücklichen Zufall kennen gelernt -- er leiht sie mir -P APA Was ist das für ein Herr? E LIS Ein Major a.D. (sehr rasch spricht sie plötzlich) Seine Frau ist gestern gestorben und jetzt ist er halt in einer wohltätigen Stimmung. „Meine Frau wird sich darüber freuen“, hat er gesagt, „ich tu es in Ihrem Namen, ich leihe Ihnen B

B

1

4–5 15 32 34

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N

B N

]

Wer f das!N ] Du DichN ] B(sehr f plötzlich)N ] BdarüberN ] B B

[P APA Du sollst nicht immer Fräulein Tochter sagen! Sie ist Deine Stieftochter und Du bist ihre Mama! Sag Elisabeth! M UTTER Sie sagt ja auch nie Mama zu mir! P APA Und ausserdem kann sie ruhig hier auf dem Sofa schlafen. M UTTER Nein. Das kann sie nicht. P APA Doch! Das kann sie. M UTTER Nein! P APA (brüllt) Ja!! M UTTER Kusch! Ja was fällt denn Dir ein? Wie sagt der brave Hund? (Mit der Leine) Kennst Du das? Wie sagt der brave Burschi? P APA (mürrisch) Wauwau! M UTTER Und nur nicht unartig sein, sonst -P APA Wauwau! Wauwau!] \Wer f das!/ korrigiert aus: Du Dich \(sehr f plötzlich)/ korrigiert aus: darü ber

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ÖLA 3/W 17 – BS 39 c [1], Bl. 6

Fragmentarische Fassung zweier Bilder

VA3/TS1/A3 (Korrekturschicht)

150 Mark gegen die Unterschrift Ihres Vaters als Sicherheit“ --- da hat er mir das aufgesetzt. P APA Red nicht so schnell! Man kommt ja garnicht mit. P APA Zeig mal her. (Stille) P APA Soll ich da gutstehen? E LIS Es ist nur pro forma. P APA Ich bin ein armer Versicherungsinspektor und 150 Mark sind für mich ein Vermögen. E LIS Aber meine Existenz -- Du kannst mir doch eine Existenz verschaffen. Und Du wirst es nie zurückzahlen müssen, weil ich es abarbeiten werde. Du kannst es doch unterschreiben -- 150 Mark und ich habe eine Existenz. P APA Ich habe schon viel für Dich getan. E LIS Du hast mich ja auch in die Welt gesetzt. Und hast nicht gefragt, ob es mir passen wird. P APA (unterschreibt) Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr. E LIS Das ist von Wilhelm Busch. P APA Soso. E LIS Ja. Wenn Du es brauchst , Du würdest es von mir verlangen, ich würd es unterschreiben. Und dann gibst Du doch auch Geld aus, für die Therese -P APA Du sollst nicht immer Therese sagen. Du sollst Mama sagen. E LIS Ich habe nur eine Mama gehabt und die ist tot. Aber ich will nicht daran denken. Ich will keine grauen Gedanken. Ich möcht da weg -- ich will auch mal ruhig leben, gesichert -- ich möcht mal einen Ausflug machen, usw. Meine Mama liegt unter dem kühlen Rasen und spürt nichtsmehr. B

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15 B

Lesetext

N

N

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NN

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B

N

N

얍 Szene Nummer

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ÖLA 3/W 17 – BS 39 c [1], Bl. 7

Das Orchester intoniert nun leise das „Elterngrab“ -- die Stiefmutter kommt aus der Küche mit dem Essen, man setzt sich und isst -- es dämmert stark und die Stiefmutter dreht das Licht an.

Szene Nummer 35

E LIS (summt das Elterngrab mit) S TIEFMUTTER Sing nicht beim Tisch sonst kriegst einen verrückten Mann! (Das Orchester bricht ab, mitten im Takt) E LIS Ich mag ja garkeinen Mann. 1 3 16–17 16–17

B

korrigiert aus: Vaters“

B

VatersN ] P APA f mit.N ] BP APA f Busch.N ] BVater f Busch.N ]

19 19 23 24–25 25

B

\P APA f mit./ \P APA f Busch./ [Ich hab schon soviel für Dich getan – aber das eine sag ich Dir: wenn der [das G] |die 150| von mir verlangt, sind wir zwei getrennt.] |Vater f Busch.| korrigiert aus: es von korrigiert aus: bräuchst korrigiert aus: auc \Meine f nichtsmehr./ [{spür}] |spürt|

es vonN ] brauchstN ] BauchN ] BMeine f nichtsmehr.N ] BspürtN ] B

53

Fragmentarische Fassung zweier Bilder

VA3/TS1/A3 (Korrekturschicht)

Lesetext

P APA Jedes Weib denkt ans Heiraten. M UTTER Schaden täts Dir nichts. E LIS Nützen auch nichts. P APA Na -- ein Mann ist schon eine grosse gewaltige Stütze. M UTTER Nicht jeder Mann. P APA Ausnahmen bestätigen die Regel. (Stille) E LIS Heutzutag haben die Männer auch keine Arbeit. Und ausserdem. P APA Was ausserdem? E LIS Ausserdem will ich selbstständig sein und meine Freiheit haben. Ich glaube halt einfach daran, dass man auch als Frau sein Auskommen finden kann -- man muss es nur richtig anpacken. Ich komm schon noch durch, das wäre gelacht. Die Liebe macht nur Scheererein , wenn ich dann obenauf bin, dann kann ich mir ja einen Mann leisten, noch immer. P APA Heimlich denkt das Weib immer nur an die Ehe. E LIS In den südlichen Ländern, wenn da eine verheiratet ist, dann sagt sie „Gottseidank, jetzt bin ich frei“ -- bei uns ist das anders.

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B N

(Stille) E LIS Ich will nichtmehr auf dem Sofa schlafen. P APA Wieso kommst Du darauf? E LIS Ich werde nichtmehr. P APA Hier verbietet es Dir doch kein Mensch. E LIS Doch. P APA Wer denn? So red doch! (Stille) P APA (brüllt plötzlich) Ruhe!! Ruhe!! Ihr bringt mich ja noch in die Urne, unter die Erden, aber gleich! Ruhe! Ich möchte endlich meine Ruhe haben! Neunundfünfzig Jahre lang hab ich keine Ruhe gehabt! Ruhe!! Ruhe!! Ruhe!! (Stille) E LIS (erhebt sich) Ich geh schon. (ab)

Szene Nummer 35

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M UTTER Hast Du es eigentlich unterschrieben? P APA Was? M UTTER Du unschuldiges Kind. Hundertfünfzig Mark. Idiot! (Stille) P APA Du hast gehorcht? M UTTER Wahrscheinlich. (Stille) 12–14

B

13 13 18

B

Die f immer.N ]

ScheerereinN ] dann kannN ] B N] B

(1) Dann (2) Die f immer. gemeint ist: Scherereien korrigiert aus: dann kann

[M UTTER Soll das wieder eine Spitze gegen mich sein? E LIS Nein.]

54

ÖLA 3/W 17 – BS 39 c [1], Bl. 8

Fragmentarische Fassung zweier Bilder

VA3/TS1/A3 (Korrekturschicht)

P APA (leise) Ruhe, bitte -- Ruhe -M UTTER Friss. Idiot. \Abbruch der Bearbeitung\

55

Lesetext

Fassung der Szene Nummer 6

VA3/TS2 (Korrekturschicht)

Lesetext

얍 Szene Nummer 6

ÖLA 3/W 19 – BS 39 c [3], Bl. 11

E LISABETH (Monolog) Jetzt werden es bald acht Monate, dass ich abgebaut worden bin -- und da hab ich aus meinem Zimmer herausmüssen und hab hernach meine Brosch versetzen müssen -- und hab bei einer Freundin gewohnt, mit der ich mich nicht vertragen habe, aber ich habe den Kopf nicht hängen lassen. Und dann bin ich umsonst herumgelaufen und es hat geheissen, dass es noch schlechter werden wird. Aber ich lasse den Kopf nicht nicht hängen. B

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B

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Und die Leut waren ruhig und sind still geworden, und den einen habens eingesperrt -- und die Kathi hat angefangen, sich abzugeben -- und wenn ich die vielen Stellungsuchenden in der Zeitung gelesen hab, dann hat es mir einen Riss gegeben, aber ich hab den Kopf nicht hängen lassen.

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Und in der Zeitung ist gestanden von der grossen Not für das Volk und die Minister haben gesagt, dass der Staat ein Wohlfahrtstaat ist, und dass das anders werden muss. Dass das die Moral untergräbt, und gottgewollt ist und dergleichen mehr. Und ich habe gesehen, wie schwer dass es ist, mit den anderen Menschen auszukommen. Aber ich habe den Kopf nicht hängen lassen. B

N

20

Und überall haben sie einen ausgenützt und betrogen, und immer nur die, die wo nichts haben. Und da hab ich zum Staat gesagt: „Du Staat, ich bin eine Bürgerin“, aber der Staat hat nichts gesagt. Und jetzt könnte ich eine Stelle haben, aber um sie zu haben, dazu brauche ich Geld. Ich bin nämlich eigentlich Vertreterin -- und ich brauch eine Kaution von hundertfünfzig Mark. Aber ich werde den Kopf nicht hängen lassen! Ich glaube noch daran, dass ich Glück haben muss -- das ist der einzige Glaube, der mir geblieben ist. Und der Glaube versetzt Berge und ich werde den Kopf nicht hängen lassen.

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B

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N

Und ich habe mir um mein letztes Geld kosmetische Artikel gekauft, weil man dann eher eine Stellung bekommt.

3 3 4–6 7 7–8

17 26

JetztN ] baldN ] Bund f lassen.N ] BumsonstN ] Bdass f hängen.N ] B B

B B

und f istN ] -- undN ]

[Im Oktober] |Jetzt| \bald/ [und f lassen.] [\überall/] |umsonst| (1) dass es besser wird, und dass es wieder eine Stellung geben wird, auch ohne dass man alles ändert und zusammenschlägt. Aber es ist keine Stellung gekommen und man hat auch nichts zusammengeschlagen, aber ich habe den Kopf nicht hängen lassen. (2) dass es besser \werden/ wird[,] |–| \und dann hat es geheissen, dass es noch schlechter werden wird. Aber ich lass den Kopf nicht hängen./ (3) dass es besser \werden/ wird[,] [|–|]|.| [\Aber ich lasse den Kopf nicht hängen! Aber es ist nicht besser geworden und da hat es geheissen] (4) korrigiert aus: dass es [besser \werden/ wird[,] [|–|]|.| \[und dann hat es geheissen,] dass f hängen./ \und f ist/ korrigiert aus: -- und

56

Fragmentarische Fassung „Im Korsettenladen“

VA3/TS3 (Korrekturschicht)

Lesetext

얍 Im Korsettenladen.

ÖLA 3/W 18 – BS 39 c [2], Bl. 9

Anprobierkabinetts. Spanische Wand. Eine dicke Dame -- die Blondine mit der kranken Milz -- die Dicke mit der nichtfunktionierenden Drüse --. Beide probieren Korsetts an. Werden von zwei Mädchen bedient (stumm) -- -- Links ein Tischchen mit Modejournalen und zwei Sessel. Im Hintergrund Wachspuppen mit Büstenhalter, Korsetts, usw. Irene, die Besitzerin kümmert sich um alles. Radio. Links an dem Tischchen sitzt die Frau Amtgerichtsrat und blättert in Modejournalen. B

5

N

B

N

10

15

D IE B LONDINE MIT DER KRANKEN D RÜSE Es sitzt noch immer nicht straff genug, liebes Fräulein. Ich fühl es genau, dass es hinten im Kreuz noch locker sitzt. So dick bin ich ja nun gerade nicht. (sie trällert den Walzer nach) Sie haben da einen guten Lautsprecher. Bringen Sie mir doch nochmal das alte. M ÄDCHEN (ab) B LONDINE (allein in der Kabine -- sie summt nach dem Walzer und macht Tanzschritte vor dem Spiegel und schneidet liebliche Grimassen)

20

F RAU A MTGERICHTSRAT (hört sie summen, horcht und blättert wieder weiter)

B

B

25

N

M ÄDCHEN (kommt mit Irene und dem alten Korsett) I RENE Guten abend, gnädige Frau! Was ich höre! Das Korsett passt Ihnen nicht -- das ist doch eigentlich ausgeschlossen, wir haben uns die grösste Mühe gegeben -B LONDINE Ich mach Ihnen doch keine Vorwürfe! Ich weiss, ich bin korpulent 얍 -- was glauben Sie, was ich dafür geben würde, wenn ich Ihre Figur hätte! I RENE (lacht) B LONDINE Sie können leicht lachen! Ich wiege -- mein Gott, ich will es garnicht sagen und wissen! Das kommt alles von den kranken Drüsen -- das ist das Furchtbare. Ich kenne eine Frau, der hat man vierzig Pfund wegoperiert -- die Drüsen, das ist ein unerforschtes Gebiet. Ich habe ein halbes Jahr lang kaum mehr etwas gegessen. I RENE Ich esse auch nur sehr wenig. B LONDINE Bis wann kann ich also das Korsett haben? I RENE Bis morgen. Sie bekommen alles noch dazu. Wir sind doch hier ein erstes Geschäft -- und wir beliefern ja sogar das Land mit Vertreterinnen. B LONDINE Also gut -- (ab) K OBLER (kommt und sieht hinter die spanische Wand) Pardon! B LONDINE (kreischt – Wand wird vorgestellt) I RENE (zu Kobler) So gib doch acht! B

B

30

35

B

B

40

N

N

N

5 8 12 14 28 30 35 38–58,6

Drüse --.N ] Radio.N ] Bgenug,N ] Bnicht. (sieN ] Bwiege --N ] BhatN ] BI RENE N ] BK OBLER f Trennung)N ] B B

korrigiert aus: Drüse -- .

[{Rad}] |Radio.| korrigiert aus: genug. korrigiert aus: nicht.(sie korrigiert aus: wiege -korrigiert aus: hatb korrigiert aus: I RNE

\K OBLER f Trennung)/

57

N

ÖLA 3/W 18 – BS 39 c [2], Bl. 10

Fragmentarische Fassung „Im Korsettenladen“

VA3/TS3 (Korrekturschicht)

Lesetext

K OBLER Pardon! Aber Du weisst, dass es mir eilt. Ich muss bis heute abend Bescheid haben. Also willst Du Dich beteiligen? I RENE Nein. Ich hab schon mal mein Geld verloren. K OBLER Aber das war doch eine vegetarische Gaststätte, und keine Diele! Es ist was herauszuwirtschaften, sag ich Dir – (Trennung) B

5

N B

N

N

10 B

E LISABETH (betrat den Laden --) I RENE Ach da sind Sie! Nun? -- Wo waren Sie? E LISABETH Ich habe bereits alles abgeklopft. I RENE Was ? 2 Paar Straps, einen Hüfthalter und ein Korsett, das ist doch weniger wie nichts. N

B

N

\Abbruch der Bearbeitung\

1 1 11 11

Aber f eilt.N ] IchN ] BI RENE WasN ] B2 PaarN ] B B

[{I RENE }] |Aber f eilt.| [Ich] |Ich| korrigiert aus: I RENE Was korrigiert aus: 2paar

58

Lesetext

Konzeption 1: Glaube Liebe Hoffnung – Volksstück in zwei Teilen

59

Fragmentarische Fassung der Szenen 3–5

K1/TS1 (Grundschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

얍 DER S IPO (lächelt) Gebens nur acht, Fräulein! Da drinnen stehen die Köpf in Spiritus und die abgschnittenen Finger und die abghackten Füss -E LISABETH Ich habe keine Angst vor den Toten. DER S IPO Ich auch nicht. E LISABETH Mir graust es vor radikal nichts. DER S IPO ( Blächelt abermals)N Sie sind halt mehr für das lebendige Leben -E LISABETH Jawohl Herr General. DER S IPO (gekränkt) Ich bin kein General. (ab)

10

Szene Nummer 4

15

Elisabeth sieht dem Sipo nach -- aus der Anatomie tritt nun der Präparator in einem weissen Mantel und begiesst mit einer Giesskann einen armseligen Blumenstock vor dem Milchglasfenster im Parterre. B

N

Szene Nummer 5 20

25

30

E LISABETH (nähert sich langsam dem Präparator) DER P RÄPARATOR (erblickt sie plötzlich und fixiert sie) E LISABETH Entschuldigens bitte -DER P RÄPARATOR Sie wünschen? E LISABETH Aber das ist doch da die Anatomie? DER P RÄPARATOR Das anatomische Institut. E LISABETH Ich möchte hier gerne jemand Zuständigen sprechen. DER P RÄPARATOR In was für einer Angelegenheit? E LISABETH In einer dringenden Angelegenheit. DER P RÄPARATOR Haben Sie einen angehörigen Toten bei uns? E LISABETH Es dreht sich um keinen angehörigen Toten, es dreht sich um mich selbst persönlich. DER P RÄPARATOR Wieso denn das hernach? \Textverlust\

7 15

B B

lächelt abermals)N ] armseligenN ]

lächelt[)] |abermals)| [klein] |armseligen|

60

ÖLA 3/W 30 – BS 39 f, Bl. 1

Fragmentarische Fassung einer Szene

K1/TS2 (Grundschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

10

얍 DER S IPO Das anatomische Institut? E LISABETH Wo man halt die Leichen zersägt. DER S IPO Das dort ist das hier. E LISABETH Dann ist es schon gut. (Stille) DER S IPO (lächelt) Gebens nur acht, Fräulein -- da drinnen stehen die Köpf in Reih und Glied. E LISABETH Ich habe keine Angst vor den Toten. DER S IPO Ich auch nicht. B N E LIS Mir graust es noch lange vor nichts. DER S IPO In diesem Sinne -- (er salutiert legere und ab) \Abbruch der Bearbeitung\

10

B N

]

[Man ist halt]

61

ÖLA 3/W 30 – BS 39 f, Bl. 2

Fragmentarische Fassung der Szenen 5–9

K1/TS3/A2 (Korrekturschicht)

Lesetext

\Textverlust\

얍 O BERPRÄPARATOR Verstanden, Fräulein?! (Stille) E LISABETH Gewiss.

ÖLA 3/W 30 – BS 39 f, Bl. 3

5

Szene Nummer 6

10

15

P RÄPARATOR (erscheint rasch wieder in der Türe) Telefon, Herr Oberpräparator! O BERPRÄPARATOR Wer? Ich? P RÄPARATOR Es dreht sich etwas um das Gutachten in Sachen Leopoldine Hackinger aus Brünn. O BERPRÄPARATOR Sofort! (zum Baron) Pardon Baron! Die Pflicht ruft und abermals mein innigstes Beileid! (ab) B ARON Wiedersehen. ( ab – und wieder ertönen in weiter Ferne einige Takte des Chopinschen Trauermarsches – bis Szene Nummer 8. Langsam fängt es an zu dämmern, denn es ist bereits spät am Nachmittag) B

B

NN

Szene Nummer 7 20

P RÄPARATOR (sieht dem Oberpräparator nach) Ein schlechter Mensch. E LISABETH Ich lasse den Kopf nicht hängen. P RÄPARATOR Die armen Tauben. Nicht einmal füttern darf man sie -25

Szene Nummer 8 O BERPRÄPARATOR (erscheint mit Hut und entledigt sich rasch seines weissen Mantels) Ich muss sofort in die Klinik -- die Kapazitäten kriegens mir scheint nicht heraus an was dass diese Sudetendeutsche gestorben ist. Jetzt schauns aber, dass Sie verschwinden! Legens die Leber von dem alten Dackel in das Fach rechts hinten! Und dass Sie mir die Tumors endlich ka-얍talogisieren, bitt ich mir aus! (er übergibt ihm seinen weissen Mantel und rasch ab) P RÄPARATOR Habe die Ehre! B

30

N

35

Szene Nummer 9

40

E LISABETH (plötzlich) Herr Präparator! Es ist also unter allen Umständen indiskutabel, dass wir hier auf der Basis von zuvor zu einem Abschluss kommen? P RÄPARATOR Basis? Abschluss? E LISABETH Ich habe Ihnen doch meine Leiche verkaufen wollen -P RÄPARATOR Ist schon möglich, Fräulein! Wissens, wenn man sich tagaus tagein nur mit gestorbenen Menschen beschäftigt, dann sieht man allmählich das grosse 15–17 16–17 29

ab f Nachmittag)N ] Nummer f Nachmittag)N ] Bmir scheintN ] B B

ab[)] |– und f Nachmittag)| Nummer 8[)] |.| \Langsam f Nachmittag)/ korrigiert aus: mirscheint

62

ÖLA 3/W 30 – BS 39 f, Bl. 4

Fragmentarische Fassung der Szenen 5–9

10

15

N

B

B

N

N

B

B

20

Lesetext

Ganze. Ob ein Toter mehr oder weniger, ich bin heut zweiundsechzig Jahre alt und das ist so lang -- einen halben Zentimeter lang. E LISABETH Mir langt aber mein halber Zentimeter. P RÄPARATOR (grinst) Muss schon langen, muss schon! Es wird nicht anders. E LISABETH Das glaub ich nicht. P RÄPARATOR Doch. Warum hasst er mich denn der Herr Oberpräparator? Weil ich ein Aquarium habe! Und weil ich ein gutes Herz habe und weil ich die Tauben füttere -- Glaubens mir, Fräulein: das Beste ist, Sie springen zum Fenster hinaus. E LISABETH Sie sind aber ein sehr ein freundlicher Mann, Herr Präparator. P RÄPARATOR Ich mein es gut mit Ihnen. Es wird nicht anders. E LISABETH Nein! Das lasse ich mir auch von Ihnen nicht nehmen, diesen meinen Glauben nämlich, dass ich noch einmal Glück haben werde! Sehens, zum Beispiel wenn ich jetzt meine Leiche hätte verkaufen können, nämlich um hundertfünfzig Mark -P RÄPARATOR (unterbricht sie) Wer kauft eine Leiche? Heutzutag?! Hundertfünfzig Mark! Das sind ja -- (er rechnet es aus) das sind ja zirka drei Hektoliter Bier inclusive zehn Prozent. E LISABETH (fährt ihn an) Ich mag aber kein Bier! Für Ihre drei Hektoliter hätt ich jetzt meinen Wandergewerbeschein und dann würde sich mir die Welt wieder öffnen -- weil ich mit einem Wandergewerbeschein schon morgen eine sozusagen fast selbstständige Position bekommen tät in meiner ursprünglichen Branche, aus der ich herausgerissen worden bin durch die Zeitumstände! (Stille) B

5

K1/TS3/A2 (Korrekturschicht)

B

N

B

N B

N

\Textverlust\

1 1 16 16 16 18 18 18 20

Ganze. ObN ] weniger,N ] Bja -- (erN ] BjaN ] Bdrei HektoliterN ] BIhreN ] Bdrei HektoliterN ] B N] Böffnen --N ] B B

Ganze\./ [--] [o]|O|b weniger\,/ [--] korrigiert aus: ja--(er \ja/ [dreihundertsiebzehn Mass] |drei Hektoliter| \Ihre/ [dreihundert[siebzehn]] |drei Hektoliter| [Mass] [|Bier|] korrigiert aus: öffnen--

63

N

N B N

Fragmentarische Fassung einer Szene

K1/TS4 (Korrekturschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

10

얍 O BERPRÄPARATOR (sieht dem Fräulein nach) Na das sind ja nette Verhältnisse. Statt die Tumors endlich zu katalogisieren, treiben Sie sich hier mit Weibern herum. P RÄPARATOR Irrtum, Herr Oberpräparator! Das Fräulein ist nämlich eine verarmte B Zollinspektorstochter. O BP Zollinspektor? P RÄP Jawohl, Herr Oberpräparator – und ich werde ihr einen Wandergewerbeschein beschaffen. BDas steht bei mir felsenfest. 150 Mark.N BIch streck es ihr vor. Sie wird es mir schon wieder rückerstatten.N N

ÖLA 3/W 30 – BS 39 f, Bl. 5

B N

O BERPRÄPARATOR Mir scheint, Sie glauben noch an Wunder, Sie leichtsinniger Patron. Sie sollten meine Frau sein, Sie schlaget ich ja tot – (er droht ihm neckisch mit seinem dickverbundenen Zeigefinger) P RÄPARATOR Was haben Sie denn mit Ihrem Finger getan, Herr Oberpräparator? Verletzt? O BERPRÄPARATOR Infiziert. P RÄPARATOR Doch nicht an einem Leichnam? O BERPRÄPARATOR Natürlich. Eben zuvor. An diesem komplizierten Fall aus Brünn. P RÄP Passens nur auf, Herr Oberpräparator! P RÄPARATOR Ich weiss, dass Sie mich für unfähig halten, Herr Oberpräparator. Weil ich ein Aquarium habe und weil ich die Tauben füttere und weil ich ein gutes Herz habe -O BERPRÄPARATOR Zur Sache!

B N

B

N B

N

B N

B N B

15

B

N

B

N

B

N

N

20

B

N

B N

25

얍 (Stille) 4–9

8 8–9

10

11 12 12–13 14 14–19 14 14 14–15 18 21 24

ÖLA 3/W 30 – BS 39 f, Bl. 7

Zollinspektorstochter f rückerstatten.N ] (1) Zollinspektorstochter und ich werde ihr einen Wandergewerbeschein beschaffen. O BERPRÄPARATOR Einen Wandergewerbeschein? P RÄPARATOR Jawohl. [Es ist mein fester Entschluss, ihr das Geld zu leihen. Vorzustrecken.] Hundertfünfzig Mark[.]|und das steht bei mir felsenfest.| O BERPRÄPARATOR Hundertfünfzig? [Und der Herr Zollinspektor bürgen Ihnen für Ihre hundertfünfzig?] (2) Zollinspektorstochter\./ \O BP f rückerstatten./ BDas f Mark.N ] [150 Mark.] |Das f Mark.| BIch f rückerstatten.N ] (1) Sie wird mir die Summe {schon wiedergeben.} (2) korrigiert aus: P RÄPARATOR [Nein. Mir langt es aber, dass er ein Zollinspektor ist und basta!] |Ich f rückerstatten.| B N] [O BERPRÄPARATOR (lächelt höhnisch) [Und wenn der jetzt aber kein Zollinspektor wäre?] Weiber können sich oft grausam verstellen. Erkundigen tät ich mich auf alle Fälle, ob das nämlich stimmt -- das von wegen dem Zollinspektor als Herr Papa. P RÄPARATOR Warum?] B N] gestrichen: \1)/ Btot –N ] tot[.]|–| B(er f Zeigefinger)N ] [(Stille)] |(er f Zeigefinger)| B N] gestrichen: \2.)/ BP RÄPARATOR f Oberpräparator!N ] xP RÄPARATOR f Oberpräparator! B N] [Herr Oberpräparator!] BIhremN ] korrigiert aus: Ihren Bgetan f Oberpräparator?N ] getan[?]|, Herr Oberpräparator?| BNatürlich.N ] [Doch.] |Natürlich.| BundN ] korrigiert aus: 8und B N] [\2.)/ P RÄPARATOR f Oberpräparator!]f x B

64

Fragmentarische Fassung einer Szene

K1/TS4 (Korrekturschicht)

Lesetext

O BERPRÄPARATOR (betrachtet seinen dickverbundenen Zeigefinger) Es tut nicht weh, das ist verdächtig – P RÄP Wenn ich mir zum Beispiel meine Schmetterlingssammlung betrachte, dann denke ich immer, es dreht sich halt alles nach einer höheren Ordnung. O BERPR Zur Sache! P RÄP Ich weiss, dass Sie mich für unfähig halten -- --- --B

B

N

N

B N

B N

B N

5

B

O BERPR – und weil sie wildfremden Leuten Wandergewerbescheine kaufen. P RÄP Jawohl . Weil es einem doch auch hinwiederum gut tut , wenn man etwas gutes tut. Oder vielleicht nicht, Herr Oberpräparator? O BERPR Vielleicht! Kommens Kollege , die Pflicht ruft! (ab mit ihm in das Anatomische Institut) (Dunkel) B

B

10

N B N

N B

N

B

B

N B

2 3 3 4 4 4 8 8 9 9 9 9 9 10 10 11 11

B

(betrachtet f verdächtig –N ]

weh,N ] ] B N] B N] BOrdnung.N ] B N] B– und f LeutenN ] BWandergewerbescheineN ] BJawohlN ] BWeilN ] BesN ] B N] BtutN ] BOder f Oberpräparator?N ] Bvielleicht f Oberpräparator?N ] B N] BKollegeN ] B

B N

B

B

B N

1–2

N

N B N

N

NN

B

N

[[Beruhigens Ihnen nur -- wenn es ganz schief geht] |Angst ist für mich ein fremdes Gefühl. Geht es schief |, dann fallen wir als Opfer unserer Pflicht. Wir alle stehen in einer höheren Hand.] |(betrachtet f verdächtig – [wir stehen in einer höheren Hand.]| weh\,/ [und] [Einer bringt den andern um --] [so] [mir] Ordnung[.]|.| [\Einer bringt den andern um./] [Sie werden Ihr also den] |– und f Leuten| Wandergewerbeschein\e/ Ja\wohl/ \Weil/ korrigiert aus: Es [tut] \tut/ \Oder f Oberpräparator?/ vielleicht[?] |nicht f Oberpräparator?| [Von mir aus.] [\Präparator/] [|Präparator|] |Kollege|

65

Fragmentarische Fassung einer Szene

K1/TS5 (Korrekturschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

10

얍 O BERPRÄPARATOR (sieht Elisabeth nach) Na das sind ja Bsaubere Zustände.N Statt die Tumors endlich zu katalogisieren, treiben Sie sich BdaN mit Bdem schönem Geschlecht herum!N P RÄPARATOR Irrtum, Herr Oberpräparator! Das Fräulein ist B N B N eine verarmte Zollinspektorstochter. O BERPRÄPARATOR Zollinspektor? P RÄPARATOR Jawohl. Und Bwenn diese Zollinspektorstochter jetzt 150 Mark hätte, dann hätte sie auch ihren Wandergewerbeschein und Bdie Welt würde sich ihr wieder öffnen –N N B P RÄP Zur Sache: Bich werde dieser Zollinspektorstochter unter die Arme greifen –N N O BERPRÄPARATOR Mir scheint, Sie glauben noch an Wunder, Sie leichtsinni-\Textverlust\

2 3 3–4 5 5

B

saubere Zustände.N ] daN ] Bdem f herum!N ] B N] B N]

8–10

B

B

[nette Verhältnisse.] |saubere Zustände.| [hier] |da| [[Weibern] |Fräuleins| herum.] |dem f herum!| [kein Weib, sondern] gestrichen: Eintragung von fremder Hand (Berliner Bearbeitung): kein Weib, son-

dern

9–10 11–12 11–12

wenn f öffnen –N ]

(1) ich werde ihr einen Wandergewerbeschein beschaffen. Das steht bei mir

die f öffnen –N ] P RÄP f greifen –N ] Bich f greifen –N ]

felsenfest. Hundertfünfzig Mark. Sie wird es mir schon wieder zurückerstatten. (2) \wenn f öffnen –/ [dann würde] |die f öffnen–| \P RÄP f greifen –/ [ich werde di] [|{} {}|] |ich f greifen –|

B B

66

ÖLA 3/W 30 – BS 39 f, Bl. 6

Fragmentarische Fassung einer Szene

K1/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

10

얍 O BERPRÄPARATOR Zur Sache! P RÄPARATOR Ich weiss, dass Sie mich für unfähig halten, Herr Oberpräparator -- weil ich ein Aquarium habe und weil ich die Tauben füttere und weil ich ein gutes Herz habe -O BERPRÄPARATOR -- und weil Sie wildfremden BWeibernN Wandergewerbescheine kaufen! B P RÄPARATOR Nicht kaufen! Nur leihen! Leihen! O BERPRÄPARATOR Egal! Kommens, die Pflicht ruft! (ab mit dem Präparator in das Anatomische Institut) (Dunkel)N

6 8–11

B B

WeibernN ] P RÄPARATOR f Dunkel)N ]

[Fräulein] |Weibern| [Kommens, die Pflicht ruft! (ab mit dem Präparator in das Anatomische Institut) (Dunkel)] |P RÄPARATOR f Dunkel)|

67

ÖLA 3/W 30 – BS 39 f, Bl. 8

Fragmentarische Fassung einer Szene

K1/TS7 (Korrekturschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

얍BN E LIS Sie gefallen Bmir.N E LTZ BTatsächlich?N E LIS BZuerst, daN hab ich zwar gedacht: ist der aber blasiert! E LTZ BKenn ich:N werde oft dafür gehalten. Bin aber unschuldig.

ÖLA 3/W 22 – BS 39 c [6], Bl. 4

B N

B

10

(Stille) E LIS Das wäre nämlich {äusserst} peinlich. Weil ich nämlich heut abend unbedingt in Kaufbeuren sein muss. Ueberhaupt ist das sehr schön von Ihnen, dass Sie mich da so unbekannterweise in Ihrem Auto mitgenommen haben -- mit der Bahn hätt ich ja einen riesigen Umweg machen müssen. Und dreimal umsteigen auch noch. E LTZ Ich glaub, wir können nicht weiter. E LIS Was? Wir werden wohl warten müssen , bis ein Wagen kommt, der uns abE LTZ schleppt . Wir sind hier zwar auf einem Feldweg, aber hoffentlich kommt mal einer. E LIS (sie erhebt sich) Ein Feldweg -- (sie steigt aus) E LTZ Es ist die kürzeste Strecke nach Kaufbeuren. Fast Luftlinie. E LIS Aber ich hab doch dort noch immens zu tun. Jetzt kommt mir ja alles durcheinander. -- Mein ganzer Reiseplan. (sie steigt aus) N B

B

N

N

B

N

B N

15

B N

B N

B

N

B

N

B

B

N N

B

N

B

20

N

B

B N

B

B

N

2 3 4 5 6 7

B N

9

B

E LIS f ichN ]

9 10

B

nämlichN ] sein muss.N ]

12 14 15 16 16 16 16–17 16–17 18 19 19 20 20 20 20 20 20 21

B

] mir.N ] BTatsächlich?N ] BZuerst, daN ] BKenn ich:N ] B N]

müssen. UndN ] ] B N] B N] Bwerden wohlN ] BmüssenN ] Bkommt f abschlepptN ] Babschleppt.N ] B(sie f sich)N ] BEs istN ] BFast Luftlinie.N ] B N] BdochN ] BdortN ] Bimmens f tun.N ] BJetztN ] Bdurcheinander.N ] BMein f aus)N ] B N

N

B

B

B

B

N B

N

N B

N

N

[E LTZ Na wir [Männer] |Herren| der Schöpfung sind auch nicht zu beneiden.] mir\./ [--] [Das ist nett von Ihnen. \(verbeugt sich leicht) Danke./] |Tatsächlich?| Zuerst\, da/ [Ich weiss] |Kenn ich:| [E LIS Sind Sie ein Preuss? E LTZ Halb. Meine Mutter ist Hannovranerin, mein Vater (1) stammt aus Kaufbeuren\./ (2) Schwabe\./ E LIS Drum.] (1) E LIS Hoffentlich funktioniert die Oel[leitung]|zufuhr| bald wieder. Ich (2) \E LIS f Weil/ [I]|i|ch [muss] |nämlich| sein[,] |muss[,]|.| [denn]| [sonst kommt mir [nämlich] [alles] |mein Reiseplan| durcheinander[, mein ganzer Reiseplan].] müssen\./ [u]|U|nd [Oh bitte!] [\(sie erhebt sich)/] [Ich finde den Fehler nicht.] [müssen] |werden wohl| \müssen/ kommt[.]|,| \der f abschleppt/ korrigiert aus: abschleppt \(sie f sich)/ [Das]|Es| [wäre]|ist| \Fast Luftlinie./ [jetzt können wir ja eventuell die ganze Nacht hier bleiben -- und] \doch/ \dort/ [soviel zum ausschreiben,] |immens zu tun.| [da] |Jetzt| durcheinander\./ [ist das aber ärgerlich.] |Mein f aus)|

68

Fragmentarische Fassung einer Szene

K1/TS7 (Korrekturschicht)

Lesetext

E LTZ Solang Sie noch immens zu tun haben, ist ja noch nicht aller Tage abend. E LIS Unberufen! Jetzt geht es mir gut. Schon seit dem 14. Mai. Ich bin sozusagen direkt ausgewechselt. Ich hab schon garnichtmehr fliessend reden können, so hat mich das alles gedrückt. E LTZ Was? E LIS Die Verhältnisse. (Stille) E LITZ Was vertreten Sie eigentlich? E LIS Irene Prantl. E LTZ Was ist das? E LIS Gürtel. Korsett. En gros. Auch Büstenhalter und dergleichen. E LTZ Tragen Sie auch Büstenhalter? B

B

B

N B

N

B

B

NN

N

B

N

B

N

5

N

B

10

N

B

N B N

B

N

\Textverlust\

1 1 1 2 2–6

B

Solang f abend.N ] immens f tunN ] Bist f abend.N ] BUnberufen!N ] BJetzt f Verhältnisse.N ]

2 2 2–3 7 11 11 11

B

B

Schon seitN ] 14. Mai.N ] BsozusagenN ] B(Stille)N ] BGürtel. Korsett.N ] B N] Bund dergleichen.N ] B

[[Gehts] |Freuen Sie sich, dass das| Geschäft[?] |geht.|] |Solang f abend.| [zu t] |immens f tun| [geht es ja noch.] |ist f abend.| [Oh sehr anständig!] [|Unberufen.|] |Unberufen!| \[Es ist mir persönlich lange Zeit schlecht gegangen. Aber] [j]|J|etzt f Verhältnisse./ \Schon/ [S]|s|eit [4. Juni.] [|17|] |14. Mai.| \sozusagen/ \(Stille)/

[Büstenhalter.] [und so.] |und dergleichen.|

69

Fragmentarische Fassung der Szenen 29–39

K1/TS8 (Grundschicht)

Lesetext

\Textverlust\

얍 T IERPFLEGER Schon in Anbetracht Deiner inneren Sicherheit als Mensch, P RÄPARATOR Hast recht. Es kostet ja nichts. (Dunkel)

ÖLA 3/W 31 – BS 39 g [1], Bl. 1

5

Szene Nummer 30 Nun spielt das Orchester die Siamesische Wachtparade -- bis Szene Nummer 32. B

N

10

Szene Nummer 31

15

Neuer Schauplatz: Einsame Landstrasse. Elisabeth sitzt mit ihrem Musterkoffer im Kleinauto des Herrn cand.med. Eltz, der gerade aussteigt und an dem Motor herumbastelt. Es ist Anfang Juni, gegen abend und warm.

20

Szene Nummer 32

25

E LISABETH Ist etwas hin? E LTZ Mir scheint, es happert an der Oelzufuhr. E LISABETH Kann ich helfen? E LTZ Vorläufig nicht. E LISABETH Hoffentlich funktioniert es bald wieder -- ansonsten wäre das nämlich immens peinlich, weil ich heut abend unbedingt in Kaufbeuren sein muss. E LTZ Unbedingt. E LISABETH Ueberhaupt ist das sehr aufmerksam von Ihnen, dass Sie mich da so unbekannterweise in Ihrem Auto mitgenommen haben -- mit der Bahn hätte ich ja einen immensen Umweg machen müssen . Und dreimal umsteigen auch noch. 얍 E LTZ Ich glaube, wir können nicht weiter. E LISABETH Wie belieben?! E LTZ Vielleicht kommt bald einer dahergefahren, der uns abschleppt. E LISABETH (erhebt sich) Abschleppt? E LTZ Es ist das hier nämlich ein Feldweg -- aber die kürzeste Strecke nach Kaufbeuren. Fast Luftlinie . E LISABETH Aber das geht doch nicht! Jetzt kommt mir ja alles durcheinander! Mein ganzer Reiseplan! B

30

B

N

B

35

B

40

9

B

27 30 32 38

B

Wachtparade --N ]

dasN ] UeberhauptN ] BmüssenN ] BLuftlinieN ] B

N

N

N

korrigiert aus: Wachtparade-- fehlende Leerzeichen zwischen Wörtern und Satzzeichen werden in K1/TS8 stillschweigend ergänzt; vgl. Chronologisches Verzeichnis.

[s]|d|as Ueberhau[o]|p|t korrigiert aus: mü ssen L[i]|u|ftlinie

70

ÖLA 3/W 31 – BS 39 g [1], Bl. 2

Fragmentarische Fassung der Szenen 29–39

5

15

20

25

30

35

N

B

40

45

Lesetext

E LTZ Höhere Gewalt. (Stille) E LISABETH (setzt sich wieder, reisst sich den Hut vom Kopf und kämmt sich leidenschaftlich) E LTZ Was vertreten Sie eigentlich? E LISABETH Irene Prantl. E LTZ Was ist das? E LISABETH Hüftgürtel , Korsett. Engros. Auch Büstenhalter und dergleichen. (Stille) E LTZ Tragen Sie auch Büstenhalter? E LISABETH Also nur nicht frech werden. E LTZ Ich habe ja nur gefragt. (Stille) E LISABETH Nein. Ich trage keinen. E LTZ Schlechte Propaganda. E LISABETH Wie belieben? E LTZ Für Ihre Firma natürlich. E LISABETH Also nur keine künstliche Hinaufregung. Dort drüben steht ein Gewitter. 얍 E LTZ (betrachtet das Gewitter) Das wird uns verschonen. E LISABETH Ganz schwarz -- (sie erhebt sich wieder und steigt aus) Was vertreten denn Sie für eine Firma? E LTZ Keine. Warum? E LISABETH Weil Sie da so in der Gegend herumgondeln. E LTZ Ich studiere und besuche meine Eltern. In Kaufbeuren, aber wir stammen aus Franken -- (er setzt sich auf das Trittbrett) Wir sind versorgt. E LISABETH Wir auch. Ich bin mir selbst genug. Und ausserdem -- (sie lehnt sich neben Eltz an das Kleinauto) E LTZ Was ausserdem? E LISABETH Jetzt geht es mir prima. Schon seit dem vierzehnten Mai. Ich habe ja nämlich schon kaum mehr fliessend reden können, so hat mich das alles deprimiert -E LTZ Alles? E LISABETH Die Verhältnisse. (es donnert nicht allzufern) E LISABETH Jetzt hat es gedonnert. E LITZ Im Notfall klapp ich das Dach hoch und wir werden nicht nass. E LISABETH Trotzdem. (Stille) E LISABETH Wie das über den Wiesen summt und doch ist alles still. Ringsherum . Nirgends ein Haus. Nirgends ein Mensch. E LTZ Jeder ist sich selbst der Nächste. E LISABETH Das auch. (Stille) E LISABETH Was habe ich zum Beispiel nicht alles anstellen müssen, bis dass ich mir endlich meinen Wandergewerbeschein habe beschaffen können, damit ich mein Zeug da an den Mann bringen darf, respektive an die Frau -B

10

K1/TS8 (Grundschicht)

B

8 38 45

HüftgürtelN ] RingsherumN ] BanN B B

[{ }]|H|üftgürtel [G]|R|ingsher[m]|u|m [n]|a|n

71

N

N

ÖLA 3/W 31 – BS 39 g [1], Bl. 3

Fragmentarische Fassung der Szenen 29–39

5

10

15

K1/TS8 (Grundschicht)

Lesetext

얍 E LTZ (erhebt sich) Bei den Indianern in Südamerika, da streicht der Mann die Frau zinnoberrot an und dann haut er ihr mit einem Trumm Stein die Vorderzähne ein -- das ist auch so ein kleiner Paragraph. E LISABETH Sie gefallen mir. E LTZ (umarmt sie überraschend, bricht im Handumdrehen ihren Widerstand und versetzt ihr einen ausgiebigen Kuss -- jetzt donnert es abermals, und zwar schon bedeutend näher; auch die Sonne verschwindet) E LISABETH (reisst sich los) Nein! -- -- Lass mich! (Stille) E LTZ Es regnet. E LISABETH Sie sollen mich lassen, sonst verkauf ich doch morgen wieder nichts -E LTZ Nichts? Ich dachte, Du bist prima versorgt? E LISABETH Was geht denn das Dich an, dass ich nichts BverkaufN?! Ich lauf mir schon alles wund umsonst -- dazu noch die Spesen und die Schulden -E LTZ (klappt das Dach hoch) Du bist herunter mit den Nerven.

ÖLA 3/W 31 – BS 39 g [1], Bl. 4

Szene Nummer 33 20

E LISABETH (zu sich selbst) Bitte nicht, Elisabeth -- hernach bist Du immer zwei Tag lang erledigt --

Szene Nummer 34 25

E LTZ (fasst Elisabeth nun sanft um die Taille) Kommt, es regnet -- (er führt sie zu seinem Kleinauto und setzt sich mit ihr in es)

30

35

40

Szene Nummer 35 Wolkenbruch, Blitz, Donner, Sturm und Nacht -- aber rasch zieht das Unwetter 얍 vorbei und der Mond steigt hinter dem Wald empor und scheint. Und das BOrchesterN intoniert nun BpianissimoN das „Frühlingsrauschen“ -- bis zur folgenden Szene. Eltz verlässt das Kleinauto, steckt sich eine Zigarette an und repariert seine Bügelfalte. Dann klappt er das BDach zurückN und im Mondenscheine sitzt Elisabeth und kämmt sich mechanisch.

Szene Nummer 36 E LTZ Schau, der Mond -E LISABETH (sieht sich den Mond an) (Stille) 13 33 34 36

verkaufN ] OrchesterN ] BpianissimoN ] BDach zurückN ] B B

[b]|v|erkauf [A]|O|rchester pian[n]|i|ssimo Dach[s]zurück

72

ÖLA 3/W 31 – BS 39 g [1], Bl. 5

Fragmentarische Fassung der Szenen 29–39

5

10

15

20

25

30

35

40

K1/TS8 (Grundschicht)

Lesetext

E LTZ Sind wir nass geworden? E LISABETH (sieht Eltz an und schweigt) E LTZ Na wer hat denn Recht gehabt? Ich oder Du? E LISABETH Ich. E LTZ Wieso? E LISABETH Weil ich tot bin. E LTZ Spielt doch keine Rolle! Ich fahr Dich jetzt express nach Kaufbeuren, legst Dich sofort ins Bett und schlafst Dich aus! E LISABETH Ohne Oelzufuhr? E LTZ (grinst) Zu Befehl -- (er nimmt am Volan Platz) Weil wir keine Panne gehabt haben -- (er zieht sich gewissenhaft seine Handschuhe an und lächelt charmant) Alles Berechnung. Ich habe es berechnet und Du hast es erwartet. E LISABETH (lächelt auch) Du Schwindler -E LTZ Moment! Das Reichsgericht hat erst unlängst festgestellt, dass es vom Standpunkte des Mannes aus sehr schwer ist, festzustellen, wo der heftige weibliche Widerstand aufhört und die Vergewaltigung beginnt. E LISABETH Hat denn das Reichsgericht nichts Gescheiteres zu tun? E LTZ Nein. Sogar im Urwald nicht. 얍 E LISABETH (legt ihre Hand auf seinen Arm, da er schalten möchte) Moment! Wirst Du mal ein Richter werden? E LTZ Halb. Ich studiere Gerichtsmedizin. (Stille) E LISABETH Gib mir einen Kuss. E LTZ (gibt ihr einen kurzen Kuss) Noch einen? E LISABETH Nein. (Stille) E LTZ Warum nein? E LISABETH (schweigt) E LTZ (verärgert) Also dann los! (er schaltet, aber das Kleinauto rührt sich nicht) Himmelherrgottsakrament! Verdammtes Luder! Springt schon wieder nicht an -(er springt wütend aus seinem Kleinauto) E LISABETH (lacht laut) E LTZ So lach doch nicht so saudumm, wenn man sich schon ärgert! E LISABETH (verstummt plötzlich) E LTZ (bastelt wütend beim Scheine seiner Taschenlampe an dem Motor herum und murrt) E LISABETH Was hast Du jetzt gesagt? E LTZ (schweigt) E LISABETH Ich habe gefragt, was Sie jetzt da gesagt haben? E LTZ Ich habe gesagt, dass Du Dein Maul halten sollst. E LISABETH (erhebt sich) E LTZ (leuchtet ihr ins Gesicht) Wohin? E LISABETH (steigt aus mit ihrem Musterkoffer) E LTZ (spöttisch) Nach Kaufbeuren? B

B

N

N

B

10 15 30

B

gemeint ist: Volant

B

VolanN ] ausN ] BSpringtN ]

aus[h] Spr[o]|i|ngt

73

N

ÖLA 3/W 31 – BS 39 g [1], Bl. 6

Fragmentarische Fassung der Szenen 29–39

5

10

K1/TS8 (Grundschicht)

Lesetext

E LISABETH Soweit ich komme. E LTZ So mach doch keine Dummheiten! E LISABETH Lass mich! 얍 E LTZ So bleib doch da! E LISABETH Lass mich! Jetzt bin ich wieder zwei Tage tot! E LTZ Hysterisches Ding! E LISABETH Ich bin nicht hysterisch! Ich bin kein Ding! (ab)

ÖLA 3/W 31 – BS 39 g [1], Bl. 7

Szene Nummer 37 E LTZ Dann geh nur zu Fuss! Mit mir brauchst nicht zu fahren -- (er kriecht mit seiner Taschenlampe unter das Kleinauto) (Dunkel)

15

Szene Nummer 38 Das Orchester setzt nun das „Frühlingsrauschen“ fort -- bis zur folgenden Szene. B

N

20

Szene Nummer 39

25

30

Neuer Schauplatz: Kontor der Firma Irene Prantl. Die Prantl ist besonders in ihrem geschäftlichen Leben eine geschwätzige Person. Jetzt hantiert sie auf ihrem Schreibtisch mit Abrechnungen, und zwar hat sie es recht wichtig. Vor ihr sitzt eine Frau Amtsgerichtsrat. Im Hintergrunde stehen Wachspuppen mit Korsett, Hüfthalter, Büstenhalter und dergleichen -- in Reih und Glied, ähnlich wie die Köpf im Anatomischen Institut. DIE P RANTL Allerhand Hochachtung, Frau Amtsgerichtsrat! Sieben Hüfthalter, sechs Korsetts, elf paar Straps in knapp drei Tagen -- gratuliere gratuliere! \TextB

B

N

verlust\

19 30 31

B

Orches\t/er[t]

B

OrchesterN ] im AnatomischenN ] BFrauN ]

korrigiert aus: im Anatomischen

Fra[i]|u|

74

N

Fragmentarische Fassung der Szenen 29–31

K1/TS9 (Grundschicht)

Lesetext

\Textverlust\

얍 T IERPFLEGER Schon in Anbetracht Deiner inneren Sicherheit als Mensch. P RÄPARATOR Hast recht. Es kostet ja nichts. B (Dunkel N)

ÖLA 3/W 36 – BS 39 h [3], Bl. 4

5

Szene Nummer 30 Nun spielt das Orchester die Siamesische Wachtparade -- bis Szene Nummer 32. B

N

10

Szene Nummer 31

15

20

Neuer Schauplatz: Kontor der Firma Irene Prantl. Die Prantl ist besonders in ihrem geschäftlichen Leben eine geschwätzige Person. Jetzt hantiert sie auf ihrem Schreibtisch mit Abrechnungen, und zwar hat sie es recht wichtig. Vor ihr sitzt eine Frau Amtsgerichtsrat. Im Hintergrunde stehen Wachspuppen mit Korsett, Hüfthalter, Büstenhalter und dergleichen -- in Reih und Glied, ähnlich wie die Köpf im Anatomischen Institut. D IE P RANTL Allerhand Hochachtung, Frau Amtsgerichtsrat! Sieben Hüfthalter , sechs Korsetts, elf paar Straps in knapp drei Tagen -- gratuliere, gratuliere! \TextB

B

verlust\

4 9 21 22

(Dunkel N ] Wachtparade --N ] BHüfthalterN ] BTagen --N ] B B

korrigiert aus: ( Dunkel korrigiert aus: Wachtparade--

Hüft[a]|h|lt[,]|e|r, korrigiert aus: Tagen--

75

N

N

Strukturplan zum II. Teil

ÖLA 3/W 22 – BS 39 c [6], Lesetext Bl. 1

76

Strukturplan zum II. Teil

K1/E1

77

Lesetext

Konfigurationsplan zum II. Teil, Strukturplan zum II. Teil

78

ÖLA 3/W 22 – BS 39 c [6], Lesetext Bl. 1v

Konfigurationsplan zum II. Teil, Strukturplan zum II. Teil

79

K1/E2–E3

Lesetext

Strukturplan, Konfigurationspläne

ÖLA 3/W 22 – BS 39 c [6], Lesetext Bl. 2

80

Strukturplan, Konfigurationspläne

K1/E4–E6

81

Lesetext

Strukturpläne in vier Schauplätzen

ÖLA 3/W 22 – BS 39 c [6], Lesetext Bl. 3

82

Strukturpläne in vier Schauplätzen

K1/E7–E9

83

Lesetext

Fragmentarische Fassung eines Schauplatzes

K1/TS10 (Grundschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

10

얍 R ICHTER Du hast noch nie gebettelt! R ICHTERIN Um jeden Pfennig! R ICHTER Es geht Dir noch lange gut BgenugN! BVersündigN Dich nicht! Wo man die Leut verurteilen muss, weil sie kein Dach überm Kopf haben! R ICHTERIN Warum verurteilst Du sie dann? R ICHTER Frag nicht so blöd! Pflicht ist Pflicht und Recht ist Recht! Kusch! Friss! R ICHTERIN Nein. Ich geh jetzt. R ICHTER Wohin? R ICHTERIN Ins Kino. Du Schuft! (ab) R ICHTER Luder blödes -- (er entfaltet eine Zeitung und liest und stochert mit seinem B ZahnstocherN in den Zähnen)

ÖLA 3/W 25 – BS 39 e [2], Bl. 1

B UCHHALTER (mit Flieder) R ICHTERIN Könntest mir auch mal einen kaufen. R ICHTER Hab kein Geld. R ICHTERIN Galant. Sehr galant. R ICHTER Wir sind doch nicht in den Flitterwochen --

15

B

N

B N

20

E RSTER S TUDENT Jetzt wirds mir zu dumm. Er hat uns versetzt. Z WEITER Wir haben sein Ehrenwort, dass er kommt. E RSTER Der und Ehrenwort? D RITTER Wenn er nicht kommt, zeigen wir ihn an -- er ist des Diebstahls überführt. Wenn er keine Auseinandersetzung möchte, dann gut! Dann so! Z WEITER Vielleicht kommt er noch. Ich kanns noch nicht glauben, dass er gestohlen hat. V IERTER Seit seine Eltern pleite sind, Geld hat er keins, Stipendium auch keins -Auto futsch, alles futsch! D RITTER Ich zeig ihn an! Ich hab auch nicht soviel Geld -- mir zwanzig Mark im Laboratorium in der Anatomie aus den Taschen stehlen, ist das etwa nichts? Ob ehemaliger Kommilitone oder nicht -- Recht ist Recht! 얍 E RSTER Da kommt er! B

N

B N

25

B

30

B

N

N

35 B

Schmidt kommt mit der Prantl. N

4 4 11

B

genugN ] VersündigN ] BZahnstocherN ]

16 16 21

B

24 28 32 36

B N

B

KönntestN ] ] BunsN ] B N

] seineN ] BKommilitoneN ] BSchmidtN ] B

genu[f]|g| [Wo] |Versündig| (1) Taschenmesser (2) Zahnstocher korrigiert aus: Könnte [G] (1) mich (2) \uns/ gestrichen: übe korrigiert aus: sein e korrigiert aus: Kommillitone korrigiert aus: Schmidet

84

ÖLA 3/W 25 – BS 39 e [2], Bl. 2

Fragmentarische Fassung eines Schauplatzes

K1/TS10 (Grundschicht)

Lesetext

B

Die Prantl und Frau Amtsgerichtsrat grüssen sich.

B

R ICHTER Wer ist denn das? R ICHTERIN Das ist die Prantl -R ICHTER So -- die berühmte Prantl -R ICHTERIN Ja. R ICHTER Die soll sich doch ihr Geschäft mit dem Geld eines Juden gegründet haben, mit dem sie früher ein Verhältnis gehabt hat -- jetzt hat sie einen jungen Galan -hält ihn aus. Feine Firma! R ICHTERIN Setz sie nicht herab! Ich verdiene mit ihr!

5

N

N

B

B

N

N

10

S CHMIDT (hat mit der Prantl Platz genommen -- zur Prantl) Entschuldige einen Augenblick (er tritt zu den Studenten) (Stille; fixieren sich) S CHMIDT Bitte? (Stille) Z WEITER Sie wissen , um was es sich dreht. S CHMIDT Jawohl. Kurz bitte! Z WEITER Wir sehen von einer Anzeige ab, falls Sie den Schaden begleichen. S CHMIDT (zieht Brieftasche; zwanzig Mark ) Bitte. (verbeugt sich ab zur Prantl) V IERTER (zum Dritten) Da hast Dein Geld. So ist es am Besten. D RITTER Kommt! Das hätt ich nicht gedacht! Jetzt trinken wir noch eins! E RSTER Wohin? D RITTER Ins grüne Schiff. Z WEITER Zu teuer! D RITTER Ich lad Euch ein. Gefundenes Geld. (ab) 얍 DIE P RANTL (zu Schmidt) Ich habe Dir bis heute 84 Mark geliehen -- jetzt muss aber dann eine Ruhe sein im Haus auf einige Zeit! S CHMIDT Red doch nicht immer vom Geld! DIE P RANTL Werd nur nicht nervös, bitt ich mir aus! S CHMIDT Noch ein Wort und ich lass Dich da sitzen! DIE P RANTL Halts Maul! N

B

15

B

20

25

30

N

B

N

B

35

N

B UCHHALTER (kommt mit Flieder) DIE P RANTL (kauft sich einen) Der junge Mann hat keine zwanzig Pfennig. S CHMIDT Für Dich nicht. (er grinst und kokettiert zu Elli und Maria) DIE P RANTL (dreht sich nach denen um und setzt sich dann in die Blickrichtung) B

1 3 8–9 8 12 17

B

DieN ] R ICHTER N ] Bjetzt f Firma.N ] BGalanN ] BS CHMIDT N ] BSie wissenN ]

20 31

B

36

B

B

B

zwanzig MarkN ] sitzen!N ] grinst f Maria)N ]

N

korrigiert aus: die korrigiert aus: A MTGERICHTER

\jetzt f Firma./ korrigiert aus: Galen korrigiert aus: S CHMIDET (1) Du weisst (2) \Sie wissen/ korrigiert aus: zanzig mark (1) stehen! (2) sitzen!

grinst[)] |und f Maria)|

85

ÖLA 3/W 25 – BS 39 e [2], Bl. 3

Fragmentarische Fassung eines Schauplatzes

K1/TS10 (Grundschicht)

Lesetext

M ANN Ich geh jetzt dann. Ihr könnt ja noch bleiben -- wenn Dein Alter kommt, sprich mal mit ihm. E LLI Ja. Ich lass ihn mal bellen. JUNGER M ANN UND M ARIA (ab) JUNGER

5

B

E LIS (kommt und will sich an den Tisch der Studenten setzen) S CHMIDT (erblickt sie und fixiert sie einen Augenblick lang) E LIS (erkennt ihn momentan und erkennt auch die Prantl) F RAU A MTGERICHTSRAT (ist bereits weg) N

10

S CHMIDT (wollte weg; zu Elis; die Prantl ahnt noch nichts) Ach! Guten abend! Kennen wir uns denn nicht? E LIS (lügt) Nein. S CHMIDT Komisch. Sind wir denn nichtmal zusammen nach Kaufbeuren gefahren? E LIS Nein. Das muss ein Irrtum sein, S CHMIDT Ein komischer Irrtum. E LIS Nein -- das stimmt alles nicht. (sie lässt ihn stehen und setzt sich) 얍 DIE K ELLNERIN (kommt) Speisen gefällig? E LIS Ich warte noch. Es kommt noch ein Herr. B

N

15

20

P RANTL (erblickt Elis) Ach guten abend, Fräulein! E LIS (schrickt zusammen; erblickt die Prantl) Sie sind es? DIE P RANTL Na wie geht es Ihnen denn immer? Ich hab viel an Sie gedacht -- meine hundertfünfzig hab ich ja wieder hereinbekommen, weil ich den Wandergewerbeschein hab annulieren lassen -E LIS Frau Prantl. Bittschön redens nichtsmehr drüber. Das liegt so weit zurück, jetzt will ich nichtmehr daran erinnert werden. DIE P RANTL Von mir erfährt kein Mensch etwas. E LIS Ich bitte Sie sehr. Es könnten nämlich grosse Unannehmlichkeiten entstehen. DIE P RANTL Habens eine neue Stellung? E LIS Nein. Ich bin verlobt. DIE P RANTL Gratuliere, das ist das richtige. Und er weiss nichts. E LIS Nein. Er ist da so pedantisch darin -- er ist nämlich bei der grünen Polizei -- er hat mich lieb, aber ich glaub, das wäre ein direkter Trennungsgrund. DIE P RANTL Ich schweige wie das Grab. Wann heiratens denn? E LIS Ich weiss nicht, ob wir überhaupt heiraten werden -- er unterstützt mich jetzt und wir kommen gut aus. Seine Eltern sind Schreinermeister. DIE P RANTL Und Ihr Herr Vater? Der Herr Versicherungsinspektor? E LIS Der weiss auch nichts. DIE

B

N

25

B

N

B

30

B

35

N

N

N

40 B

S IPO (kommt) N

9 11–12 24 24–25 25 30 32 41

F RAU N ] KennenN ] Bhereinbekommen,N ] BWandergewerbescheinN ] BannulierenN ] BneueN ] BdasN ] BS IPO N ] B

korrigiert aus: FRAU

B

[W]|K|ennen hereinbekommen [--] |,| Wander[h]|g|ewerbeschein annulieren gemeint ist: annullieren korrigiert aus: neues korrigiert aus: Das [S ]|S |IPO

86

B

ÖLA 3/W 25 – BS 39 e [2], Bl. 4

Fragmentarische Fassung eines Schauplatzes

K1/TS10 (Grundschicht)

Lesetext

E LIS Das ist er. (zum Sipo) Ich komm gleich hinüber. DIE P RANTL Ich geh gleich, ich werd Sie nicht stören. E LIS (setzt sich zum Sipo; sie bestellen) S IPO Zwei Würscht, Kraut und zwei halbe Bier. 얍 E LIS Ja. K ELLNERIN Dunkel oder hell? S IPO Hell. E LIS Ich dunkel. (Stille) B

5

10

DIE

15

N

P RANTL (zahlt und verschwindet) B

ÖLA 3/W 25 – BS 39 e [2], Bl. 5

N

B UCHHALTER (kommt) S IPO (kauft ihr Flieder) E LIS Gott -- das hab ich auch mal getan, so Flieder verkauft -- das war eine entsetzliche Zeit. S IPO Sei froh, dass sie hinter dir ist. E LIS Ja. Ich möcht nicht jünger sein, das sagt doch eine Frau auch nur selten. (Stille) E LIS Das hätt ich jetzt nicht gedacht, dass wir uns noch so treffen werden -- heut vor fünf Wochen , da bin ich noch vor dem Wohlfahrtsamt herumgestanden. S IPO Es war doch gut, dass wir uns kennen gelernt haben? E LIS Ja. S IPO Und zuerst hast mich garnicht mögen, nur weil ich ein Sipo bin? E LIS Ja. Stimmt. S IPO Und ich hab zuerst bei Dir Vorurteile aus dem Wege räumen müssen -- erinnerst Du Dich noch, wo wir uns da getroffen haben an der Ecke und Du bist gleich nach fünf Minuten wieder auf und davon. Aber ich habe nicht locker gelassen, weil ich das Gefühl gehabt hab sofort, dass wir uns gut verstehen werden. Da hab ich doch recht gehabt? E LIS Ja. S IPO Zuerst warst schon sehr misstrauisch. 얍 E LIS Ich hab es mir nicht vorstellen können, was Dich an mich fesselt. S IPO Hast gedacht, so ein schneidiger Sipomann, der möcht nur eine mit viel Geld? Weit gefehlt! Ich könnt gar keine mit soviel Geld gebrauchen! Ich hab ja genug -und von meine Eltern kriege ich auch noch, und ich hab lieber eine Frau, die wo von mir abhängt, wie umgekehrt. B

20

B

25

N

N

B N

30

35

B

N

B

N

N

4 12

B

17 23

B

[gekauft] |verkauft|

B

korrigiert aus: “ochen gestrichen: bis korrigiert aus: Häst vermutlich bewusst gesetzte Dialektalform korrigiert aus: noch ,

36 38 38

B

Sipo;N ] verschwindet)N ]

B

verkauftN ] WochenN ] B N] BHastN BmeineN ] Bnoch,N ]

korrigiert aus: Sipot ; (1) geht) (2) verschwindet)

87

ÖLA 3/W 25 – BS 39 e [2], Bl. 6

Fragmentarische Fassung eines Schauplatzes

B

10

15

20

25

Lesetext

(Stille) E LIS Weisst , ich hab mal so Ambitionen gehabt, dass ich was werde, wo ich ganz selbstständig bin als Frau -- aber ich habe das aufgegeben, obwohl das auch nicht zu verachten ist. S IPO Besser ist es doch so, wenn der Papa das Geld bringt? E LIS Schon. S IPO Das gefällt mir an Dir eben, dass Du so anschmiegsam bist -- so echt ein echtes weibliches etwas. (Stille) S IPO Was gefällt Dir eigentlich an mir? E LIS Ich weiss es nicht. Alles. S IPO Doch. Was? E LIS Ich weiss es nicht. S IPO Welches Wort würde am besten zu mir passen? Schneidig? E LIS Oh, nein. S IPO Sondern? E LIS Du bist ein braver Mann. Aber Du hast Dich etwas verändert, seit wir uns kennen. Du warst früher melancholischer. S IPO Oder das bin ich jetzt auch noch. E LIS Vielleicht ist es mir nur so vorgekommen. Du bist jetzt elastischer geworden, seit wir uns kennen. S IPO Ich war immer schon elastisch. E LIS Wenn ein Mann für ein Weib sorgt, dann wird er selbstbewusster. S IPO Das ist schon möglich. Krieg ich heut noch ein Küsschen? E LIS Auch zwei. S IPO Auch drei. N

B

5

K1/TS10 (Grundschicht)

N

B

\Textverlust\

1 2 20

B

[E LIS ] |(Stille)|

B

korrigiert aus: Weist korrigiert aus: elastischer.

(Stille)N ] WeisstN ] BelastischerN ]

88

N

Fragmentarische Fassung des Schauplatzes „Bierkeller“

K1/TS11 (Korrekturschicht)

Lesetext

얍 Bierkeller B B

5

ÖLA 3/W 25 – BS 39 e [2], Bl. 7

E LIS (geht hinaus – erblickt den Präparator, hält, schreit unterdrückt auf) T IERPFLEGER Jessas, Deine 150 Mark! P RÄP Wo? T IERPF Dort. Aber so ein Wiedersehen! P RÄP Tatsächlich. 150 Mark. E LIS Jetzt ist alles aus, um Gottes Willen! P RÄP Ja wen sehen denn meine Augen? Sinds schon heraus aus dem Zuchthaus? E LIS Herr Präparator – bitte! Redens nicht drüber, dort drüben sitz ich mit meinem Bräutigam und der weiss nichts davon! P RÄP So ein Rindvieh! Na das wird ja ein angenehmes Erwachen geben – So ein Rindvieh! (er lacht) T IERPFL (lacht auch) E LIS Habens doch Mitleid mit mir – P RÄP Habens nur keine Angst, wir sind doch auch keine Unmenschen! Nanana, ich sag nichts! Bräutigam! Ein so ein Rindvieh! Liebe macht blind! T IERPFL Und was das Frl. betrifft erfinderisch! P RÄP Einen schönen Gruss an den Bräutigam, an das Rindvieh! (Lachen) E LIS (ab) E LIS – S IPO P RÄP – T IERPFL (Chinesische Schleichfische) T IERPFL Eigentlich sollt man es ihm sagen, weil das eine ganz grosse Gemeinheit war, das mit dem Inspektor. P RÄP Ach was! Spiel aus! (sie spielen) F RAU A MTSGERICHTSRAT (kommt zurück) Ich hab den Hausschlüssel nicht. Du. Dort drüben sitzt die – die mit dem Zollinspektor und Versicherungsinspektor – Du hast sie doch verurteilt. R ICHTER Ich kann mich nicht erinnern. (ab) S IPO – E LIS (Mantelmotiv) N

B

B

NN

B

NN B N

B

10

N

B

N

B

15

B

NN B N B N

B

B B

20 B B B

25

30

N

N B N

N

N

N

N

\Abbruch der Bearbeitung\ 3 3 3 4–7 4–7

E LIS N ] hinaus f auf)N ] BPräparator f auf)N ] BT IERPFLEGER f Mark.N ] BDeine f Mark.N ] B B

7 10 12 15 15 15 15

B N

17 18 18 19 21–30

B

22–25 23

B

] RedensN ] BNa f geben –N ] BHabens f mir –N ] Bmir –N ] B N] B N] B

Liebe f blind!N ] T IERPFL f erfinderisch!N ] B N] BP RÄP N ] BE LIS – Mantelmotiv)N ] B

B

P RÄP f spielen)N ] T IERPFL N ]

[{P}] |E LIS | hinaus[)] |– erblickt f auf)| Präparator[)] |, hält f auf)| [P RÄPARATOR Jessas.] |T IERPFLEGER f Mark.| (1) das Fräulein! (2) \Deine f Mark./ gestrichen: P RÄPARATOR [{Es}] |Redens| \Na f geben –/ [Es kann doch jeder straucheln –] |Habens f mir –| mir[,] [{Herr}] |–| [Habens nur keine Angst, Fräulein] gestrichen: Eintragung von fremder Hand (Berliner Bearbeitung): \Habens nur keine Angst, Fräulein/ xLiebe f blind! [E LIS Liebe] |T IERPFL [Liebe f blind!]f x| \Und f erfinderisch!/ gestrichen: Eintragung von fremder Hand (Berliner Bearbeitung): \betrifft/ [E LIS ] |P RÄP | (1) X (2) E LIS f Mantelmotiv) \P RÄP f spielen)/ [P RÄP ]|T IERPFL |

89

Konfigurationsplan

ÖLA 3/W 25 – BS 39 e [2], Lesetext Bl. 8

90

Konfigurationsplan

K1/E10

91

Lesetext

Lesetext

92

Fragmentarische Fassung („Wohlfahrtsamt“)

K1/TS12 (Grundschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

얍 M ARIA BJaN, der bellt. Wie ein Hund. E LIS Bellt? Ist das aber komisch! (sie lacht) M ARIA Dem seine Frau ist vor einiger Zeit bei einem Autounglück zugrunde gegangen, vor zirka einem halben Jahr -- Geh kommens mit, der sitzt immer im blauen Schiff, vielleicht treffen wir ihn da! E LIS Aber dann wird er doch etwas dafür verlangen. M ARIA Aber nein, der will BdochN nichts! Der bellt ja nur höchstens!

10

M ARIA Habens denn keinen Hunger? Könnens ein Schinkenbrot essen -- der ist garnicht so! Nur bares Geld gibt er nicht her! Der möcht gleich immer sehen, zuschaun, wie mans frisst! E LIS Ist das aber komisch! (sie lacht) B

15

N

\Abbruch der Bearbeitung\

2 8 11

B

korrigiert aus: ja

B

JaN ] dochN ] BKönnensN ]

[n]|d|och korrigiert aus: Keönnens

93

ÖLA 3/W 26 – BS 39 e [3a], Bl. 6

Fassung der Szenen 12 und 13 („Im blauen Schiff“)

K1/TS13 (Grundschicht)

Lesetext

얍 Szene Nummer 12

5

ÖLA 3/W 26 – BS 39 e [3a], Bl. 7

Neuer Schauplatz: Im blauen Schiff. Pascha und der Major sitzen in einer Nische mit Elisabeth und Maria, sie sind schon ziemlich beschwipst . Elisabeth und Maria tanzen miteinander und Pascha singt mit: „Wenn die Elisabeth nicht so schöne Beine hätt“ -Ausser diesen Herrschaften ist niemand zu sehen. Rechts der Ausgang, mit Stoffvorhang halbkreis vor der Türe, zu dem einige Treppen hinaufführen. Links ein Piano. Schwüles Licht. Mitternacht. B

10 B

15

B

N

B N

N

Szene Nummer 13 Die Musik bricht plötzlich ab und Maria gibt Elisabeth einen herzhaften Kuss. E LISABETH (reisst sich plötzlich von ihr los und stürzt an den Tisch) Mein Schinkenbrot ! Mein Schinkenbrot! M AJOR Aber ich hab doch nur ein Eckchen gekostet! P ASCHA Noch ein Schinkenbrot! Noch zwei Schinkenbrot! M ARIA Drei Schinkenbrot! M AJOR Vier Schinkenbrot! Lächerlich! Natürlich ! Sehr zum Wohle! ( Prosten, Trinken -- es kommt aber niemand und bringt etwas, nach wie vor, die Herrschaften bestellen immer alles in das Leere und bleiben ohne Antwort ) N

B

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B

B

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B

N

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얍 B P ASCHA Das ist sehr nett von Dir, dass Du Deine Freundin auch noch mitgebracht hast -6 6 11

B

beschwipstN ] ] BLinksN ]

15 16 16 17–18 22 23 24

B

26–96,1

B

B N

Szene Nummer 13N ] MariaN ] BherzhaftenN ] BSchinkenbrotN ] BNatürlichN ] BProsten,N ] Bbleiben f AntwortN ] B

P ASCHA f sehen)N ]

ÖLA 3/W 26 – BS 39 e [3a], Bl. 8

korrigiert aus: besvhwippst gestrichen: die beiden Mädchen (1) in der Mitte (2) Links korrigiert aus: Szene Nummer 13.

[d]|M|aria \herzhaften/ korrigiert aus: Schinkebrot korrigiert aus: Natü loch korrigiert aus: Prosten , (1) bekommen (2) bleiben f Antwort (1) 얍 \P ASCHA Das ist sehr nett von Dir, maria, dass Du die Deine freundin auch

mitgebracht hast!/ M AJOR Mein lieber Pascha -- au[g]|f| einen Moment! P ASCHA Bitte! E LISABETH Pascha? Sind Sie ein Türke? P ASCHA Oh nein! M ARIA Das ist nur sein Spitzname, weil er ein Pascha ist! M AJOR Halb so schlimm! E LIS Wie heissen denn wirklich? 얍 P ASCHA Hannibal! M AJOR (steht bereits weit weg vom Tisch) Darf ich bitten? P ASCHA (eilt zu ihm hin) Entschuldigens! M AJOR O nur eine Kleinigkeit! Könnten Sie mir nicht nochmal zehn Mark leihen -- Wissens, ich hab nämlich nichtsmehr bei mir --

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ÖLA 3/W 26 – BS 39 e [3a], Bl. 7

ÖLA 3/W 26 – BS 39 e [3a], Bl. 8

Fassung der Szenen 12 und 13 („Im blauen Schiff“)

K1/TS13 (Grundschicht)

M AJOR Sehr nett! Und für uns beide ist es ja nur ein Wiedersehen -- Man sieht sich immer im Leben irgendwo wieder und wir beide kennen uns ja schon seit Ewigkeiten! Von den afrikanischen Antilopen und noch vorher, da wollten Sie Ihre werte Leiche verkaufen -- ursprünglich -M ARIA Die Leiche? M AJOR Absurde Idee! E LIS Also wenn Sie wieder so anfangen, dann verlier ich die ganze Stimmung! M AJOR Pardon! P ASCHA War doch nicht böse gemeint! M AJOR Ist doch nur die Wahrheit! M ARIA Wahrheit? Wenn Du nicht anständig bist, dann pass aber nur auf, Burschi! Pass nur auf, Burschi! E LIS Burschi? Aber das war doch der Rehpintscher von dem Präparator -M ARIA Ist ja garnicht wahr! Der Burschi ist der da! Nicht, wie sagt der brave Hund? M AJOR Wauwau! Wauwau! M ARIA Pass nur auf, sonst gehen wir nichtmehr Gassi-Gassi! Burschi! 얍 M AJOR Wauwau! Wauwau! (er kniet vor ihr nieder und macht Männchen) M ARIA Wer hat Dich denn zu einem Menschen gemacht? Burschi! M AJOR (bückt sich zu Boden und kratzt mit den Fingernägeln auf den Teppich) M ARIA Na ist schon wieder gut -- Setz Dich! M AJOR Wauwau! (er setzt sich) B

N

B

N

B

5

Lesetext

N

B N

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B

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B

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B

P ASCHA (spielt nun am Piano den Walkürenritt -- alle lauschen) B

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25

M AJOR (plötzlich) Pascha! P ASCHA (unterbricht das Spiel) Ja? M AJOR Darf ich Sie auf einen Moment bitten -P ASCHA Bitte. B

30

1 1

B B

fürN ] beideN ]

2

B

beideN ]

8 10

B N

13 19 20 24 29

B

B

] IstN ]

RehpintscherN ] kratztN ] BM ARIA N ] BWalkürenrittN ] Bich SieN ] B

N

P ASCHA Aber bitte! M AJOR Danke! Heutzutag ist das ja keine Schand, wenn man kein Geld hat! (erbestellt) Vier Kirsch! Vier doppelte Kirsch! (Natürlich ist wieder niemand zu sehen) (2) P ASCHA f sehen) korrigiert aus: Für (1) zwei (2) beide (1) zwei (2) beide [Das war nicht böse gemeint] (1) War (2) Ist korrigiert aus: rehpintscher gemeint ist: Rehpinscher korrigiert aus: kratztz M A [ J ] |R |IA korrigiert aus: Walkü enritt) korrigiert aus: ichcc\D/[c]|i|ch \Sie/

95

ÖLA 3/W 26 – BS 39 e [3a], Bl. 9

Fassung der Szenen 12 und 13 („Im blauen Schiff“)

K1/TS13 (Grundschicht)

Lesetext

M AJOR Vier doppelte Kirsch! (natürlich ist wieder niemand zu sehen) So! Und jetzt gehen wir alle zu mir -- ich hab ja noch meine Fünfzimmerwohnung ! Ich bin nämlich Witwer, meine Herrschaften -- richtiger Witwer, kein Strohwitwer! P ASCHA Sehr vorteilhaft! M AJOR Ich hab eine Wohnung für eine ganze Familie ! Aber ich habe keine Kinder! Lasset die Kleinen zu mir kommen -E LIS Ich geh nicht mit. Nein. M ARIA So sei doch nicht so feig! E LIS Nein. Aus Prinzip nicht. M AJOR Prinzip? E LIS Ja. Dieses Prinzip halt ich hoch, sonst ist alles aus. P ASCHA Aber unsere Schinkenbröter, die kannst fressen, was?! Das stört Dein Prinzip nicht, ha?! M AJOR Pascha! P ASCHA Ist ja wahr! Eine Gemeinheit ist so etwas!! 얍 S TUDENTEN (sind nun eingetreten) V. M ÜLLER Pascha! (Stille) P ASCHA Was ist denn los? -- Ah, Du Müller! Was gibts denn? M ÜLLER (geht auf ihn zu) Einen Augenblick bitte! P ASCHA Was habt Ihr denn? Soll ich auf die Toilette? S CHMIDT Keine Scherze bitte! Herr Prantl -- Wir wissen es. P ASCHA Was? S CHMIDT Sie haben gestohlen Herr Prantl. Ich sage nur: Laboratorium. Anatomie. P ASCHA (wird unsicher) Wieso Anatomie? S CHMIDT Sie haben aus den Mänteln das Geld gestohlen -- heut abend! Wir waren bereits bei Ihrer Mutter -- und nun wussten wir, dass Sie hier sein werden! N

B

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B

N

M AJOR (zu Maria) Komm! Ein Dieb! Feine Gesellschaft! Komm! (ab mit Maria) 30

P ASCHA Ja, das stimmt -- Leugnen hat keinen Sinn. V ETTERLE Ich hab kein Geld. Geben Sie es augenblicklich heraus oder wir zeigen Sie an. P ASCHA Ich habe nichtmehr alles. V. M ÜLLER (versetzt ihm einen Faustschlag ins Gesicht ) Da! P ASCHA Schuft! Au! Das ist besser wie einsperren! B

N

B

N

35

B

B

2 3 5 11 11 17 26 26 32 32

B

FünfzimmerwohnungN ] keinN ] BFamilieN ] BJa.N ] BPrinzipN ] BPascha!N ] BSie habenN ] BheutN ] BGebenN ] BoderN ]

32–33 35 36

B

B

zeigen SieN ] GesichtN ] BAu! DasN ] B

N

korrigiert aus: fünfzimmerwohnung korrigiert aus: kkein korrigiert aus: familie

Ja[,]|.| Prinzi[h]|p| Pascha[a]|!| korrigiert aus: Siebhaben

he[i]|u|t korrigiert aus: Gebens (1) und (2) oder korrigiert aus: zeigenSie korrigiert aus: Gessicht korrigiert aus: Au! Das

96

N

N

B

ÖLA 3/W 26 – BS 39 e [3a], Bl. 10

Fassung der Szenen 12 und 13 („Im blauen Schiff“)

K1/TS13 (Grundschicht)

Lesetext

V ETTERLE Selber Schuft! (sie verprügeln ihn) P ASCHA ( zerrissen und blutig) So eine Feigheit -- alle gegen einen! B

N

B

P RANTL (erscheint in der Türe -- Major lässt sie zuerst herein als Kavallier ) 얍 P RANTL Heinrich! P ASCHA (erblickt sie) Ja, Mama? (Stille) V. M ÜLLER Ab! (sie verschwinden im Hintergrund mit Vetterle und Schmidt) B

DIE

5

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ÖLA 3/W 26 – BS 39 e [3a], Bl. 11

N

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N

P RANTL (geht langsam auf Pascha zu, sieht sich den umgeworfenen Stuhl und Tisch an -- genau sogar -- geht auf Pascha zu) Heinrich, stimmt das oder stimmt das nicht? Da waren drei Herren bei mir und haben nach Dir gefragt -- sie haben so gedroht und ich hab es mit der Angst bekommen , jetzt bin ich her, weil ich diesen Namen blaues Schiff schon von Dir gehört hab. Was hast Du denn getan, Heinrich? P ASCHA Nichts, Mama. P RANTL Aber die drei haben Dich überfallen -- wars ein politisches Motiv? Ich hab es Dir gesagt, kümmer Dich nicht drum -- die Kommunisten schiessen durch die Fenster ins Lokal. P ASCHA Ja, es waren Kommunisten. Die haben nämlich eine Wut auf mich. Weil ich Ihnen schon öfters eins ausgeschmiert habe -P RANTL (entdeckt Elisabeth) Ach! Wie kommen denn Sie her? E LIS Einfach. (Stille) P RANTL (zu Pascha) Heinrich, wie kannst Du Dich immer in so einer Gesellschaft bewegen -- Du hast es mir doch versprochen, seit ich Dir das Motorrad gekauft habe -P ASCHA Ja, Mama. P RANTL Wie Du aussiehst! Nein, diese Kommunisten! Diese Verrohung! (langsam ab mit Pascha) B

10

B

N

N

E LIS (allein) S CHUPO (erscheint) Polizeistund! -- Nanu, wie sieht denn das hier aus? Was hat sich denn da abgespielt? E LIS Nichts. 얍 S CHUPO Nichts? -- Geh gebens mir bittschön gescheitere Antworten, wenns Ihnen auch schwer fallen sollt! B

35

N

B

2 2 4 4 10 10–11 11 13 16 34–35 37 37

zerrissenN ] FeigheitN ] BTüreN ] BKavallierN ] BPaschaN ] Bund f anN ] BgenauN ] BAngst bekommenN ] BP ASCHA N ] BWas f abgespielt?N ] BmirN ] BgescheitereN ] B B

N

B

korrigiert aus: zerissen korrigiert aus: feigheit korrigiert aus: Türe[)]x gemeint ist: Kavalier korrigiert aus: Paascha korrigiert aus: um Tisch um korrigiert aus: genua korrigiert aus: Angstbekommen

[P RANTL ]|P ASCHA | [E LIS ] |Was f abgespielt?| korrigiert aus: mit korrigiert aus: Gescheitere

97

N

ÖLA 3/W 26 – BS 39 e [3a], Bl. 12

Fassung der Szenen 12 und 13 („Im blauen Schiff“)

5

K1/TS13 (Grundschicht)

E LIS Jawohl. (Stille) E LIS Was starrens mich denn so an? S CHUPO Sie erinnern mich. E LIS An wen denn? S CHUPO Es ist das nämlich meine Stärke im Dienst, dass ich ein aussergewöhnliches Personengedächtnis hab für Gesichter -- -- -- Sie erinnern mich an jemand, der mir gestorben ist, und der mir lieb und teuer war. Sie stehen doch schon seit einigen Tagen vor dem Wohlfahrtsamt -- ich beobacht sie schon einige Tag. E LIS Warum? S CHUPO Weil Sie mich erinnern. (Stille) E LIS Helfens mir lieber, statt mich zu beobachten. S CHUPO Wenn ich das könnte, tät ich das gern. E LIS Möglich, Herr General. S CHUPO (gekränkt) Ich bin kein General. (Stille) S CHUPO Seiens doch nicht so spöttisch zu mir. (Stille) S CHUPO Sie haben die Polizei nicht gern? E LIS Nein. S CHUPO Schad. E LIS Warum? S CHUPO Weil ich Sie gern wiederseh. E LIS Geh machens doch keine Sprüch! S CHUPO Das sind keine Sprüch. Das ist ein Tatbestand. (Stille) E LIS Seiens doch nicht so spöttisch zu mir. 얍 (Stille) S CHUPO Jetzt verkennens mich aber ganz. Ich bin nicht so, sondern ganz anders und Sie erinnern mich. E LIS An irgendeinen Toten -S CHUPO Ich weiss nicht an wen. Aber Sie erinnern mich. (Stille) S CHUPO Wo gehens denn jetzt hin? -- ich meine: welche Richtung? E LIS Wollens mich gar begleiten? S CHUPO Vielleicht vertragt sich die Richtung mit meinem Dienst. (Stille) E LIS Ich geh schnell. S CHUPO Sie können schnell gehen, aber ich kann auch schnell gehen. (Dunkel) N

B

B

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Lesetext

6 9

B B

S CHUPO EsN ] schonN ]

korrigiert aus: S CHUPO nEs korrigiert aus: scho

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N

ÖLA 3/W 26 – BS 39 e [3a], Bl. 13

Fragmentarische Fassung der Szenen 28–35 („Bierkeller“)

5

K1/TS14 (Grundschicht)

얍 R ICHTER Du hast noch nie gebettelt! F RAU Um jeden Pfennig! R ICHTER Es geht Dir noch lange gut genug! Versündig Dich nicht! Was weisst denn Du von der Not? Wo man tagaus tagein die Barmen LeutN verurteilen BmussN, weil sie kein Dach Büber demN Kopf haben! B F RAU N Warum verurteilst Du sie denn dann? R ICHTER Frag nicht so blöd! Pflicht ist Pflicht und Recht ist Recht!

ÖLA 3/W 26 – BS 39 e [3a], Bl. 14

Szene Nummer 29 Jetzt kommt der Invalide und verkauft weissen Flieder.

10

Szene Nummer 30 F RAU Könntest mir auch mal einen kaufen. R ICHTER Was? F RAU Weissen Flieder. R ICHTER Hab kein Geld. F RAU Galant. Sehr galant! R ICHTER Wir sind doch nicht in den Flitterwochen -F RAU Ich geh jetzt. Ich hab es satt. R ICHTER Wohin? F RAU Ins Kino. R ICHTER Zur Mickymaus? F RAU (gibt keine Antwort, will ab) R ICHTER Mistvieh blödes -- (er entfaltet eine Zeitung, stochert mit einem Zahnstocher in den Zähnen und liest den kulturpolitischen Teil)

15

B

20

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N

B

30

Lesetext

N

Szene Nummer 31 Frau will ab, trifft aber Elisabeth . F RAU Ach, das Fräulein -- -- Na wie gehts Ihnen denn? E LISABETH Frau Amtgerichtsrat -- Bitte, sagen Sie nur nichts -얍 F RAU Von was denn? E LIS Von dem, was Sie wissen von mir -- von der Vergangenheit . F RAU Aber natürlich! Wie käm ich denn dazu? Von mir erfährt kein Mensch etwas. (mit Blick auf ihren Mann) Ich weiss, wie das zugeht! Lauter Ungerechtigkeiten. N

B

B

N

B N

35

B

N

B

N

B

N

4 4 5 6 18 27 31 31 33 35 36–37 37–38

armen LeutN ] mussN ] Büber demN ] BF RAU N ] BkeinN ] Bliest f Teil)N ] BFrauN ] BElisabethN ] B N] BVergangenheitN ] Betwas. (mitN ] BLauter Ungerechtigkeiten.N ] B B

korrigiert aus: Leut armen

m[a]|u|ss korrigiert aus: übervdem

[R]|F |RAU ke[n]|i|n liest[)] |den f Teil)| [Frau] |Frau| [das Frä] |Elisabeth| gestrichen: , korrigiert aus: Verga genheit korrigiert aus: etwas.(mit korrigiert aus: \Lauter Ungerechtig/

99

ÖLA 3/W 26 – BS 39 e [3a], Bl. 15

Fragmentarische Fassung der Szenen 28–35 („Bierkeller“)

Lesetext

E LIS Dann dank ich Ihnen vielmals. F RAU Und wie gehts Ihnen denn jetzt? Habens eine neue Stellung? E LIS Nein. Ich werd mich verheiraten. F RAU Na dann gratulier ich! Das ist das Beste, was Sie machen können. E LIS Das einzige. F RAU Ach das kann man nie wissen! Man hofft immer und immer! Aber Sie haben ja dann das grosse Los gezogen! E LIS Ganz durch Zufall. Ich hätt nie daran gedacht. Unter zehntausend Männer gefällt mir kaum einer. Es muss halt der Richtige kommen -- wenn man garnicht daran denkt. F RAU Ja. Dann steht er plötzlich vor einem. Und dann gibt das einem so einen Riss -- kenn ich, kenn ich! Mit der Zeit legt sich das aber wieder. Was ist er denn, Ihr Herr Bräutigam? E LIS Beamter. F RAU Respekt! Aber da müssens ihm schon etwas sagen -- sonst könnt es noch Unannehmlichkeiten absetzen, wegen seiner Karriere eventuell . E LIS Meinens? F RAU Möglich. Sogar eher sicher. Na von mir erfährt kein Mensch etwas. E LIS Von mir auch nicht. F RAU Also alles gute! Ich geh jetzt ins Kino ! (ab) B

5

K1/TS14 (Grundschicht)

N

B

N

10 B

B

N

B

N

B

B

15

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B

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20

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B

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B

N

Szene Nummer 32 E LISABETH (setzt sich an einen Tisch) K ELLNERIN (kommt) Speisen gefällig ? E LIS Ich warte noch. Es kommt noch ein Herr -- (sie studiert die Speisekarte ) B

N

B

30

NB

N

N

얍 Szene Nummer 33 Der Präparator und der Tierpfleger kommen und setzen sich an einen Tisch. Beide sind schon etwas angetrunken und rauchen Virginia. T IERPFLEGER Du glaubst es mir halt nicht, Du BRindviehN Du kaiserliches, dass das Weib auch in der Tierwelt der geborene Feind des Mannes ist. Da hab ich mal mit einer Gorillaart von den BBermudasinselnN zu tun gehabt -- und da hat das weib1 8 8–9 9 9 11 11 12 12 16 18 20 20 25 26 31 33

B

Dann f vielmals.N ]

MännerN ] gefälltN ] BmussN ] BRichtigeN ] BF RAU N ] BeinenN ] BZeitN ] Bwieder. WasN ] BeventuellN ] BF RAU N ] BF RAU N ] BKinoN ] BgefälligN ] BSpeisekarteN ] BRindviehN ] BBermudasinselnN ] B B

(1) Danke (2) Dann f vielmals. vermutlich bewusst gesetzte Dialektalform korrigiert aus: gefäll korrigiert aus: musss korrigiert aus: richtige korrigiert aus: FRAU korrigiert aus: eine korrigiert aus: zeit korrigiert aus: wieder.Was korrigiert aus: eventtuell korrigiert aus: FRAU korrigiert aus: FRAU korrigiert aus: kino

gefä[ä]|l|lig korrigiert aus: Speisekart korrigiert aus: Rindvie gemeint ist: Bermudainseln

100

ÖLA 3/W 26 – BS 39 e [3a], Bl. 16

Fragmentarische Fassung der Szenen 28–35 („Bierkeller“)

5

N

B

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N

Szene Nummer 35 P RÄPARATOR Siehst lieber guter alter Freund -- bei einer solchen Gelegenheit mit dem weissen Flieder, da hab ich diese Person kennen gelernt, diese ganz miserable Person, die wo mich um hundertfünfzig Mark gebracht hat -T IERPFLEGER Futsch ist futsch! Und eingesperrt haben sie es auch. Und wer hat Recht gehabt? Ich! Ich hab Dich gleich gewarnt! Nur nichts Weibliches ! Wie ich das mit Deine 150 Mark erfahren hab, da bin ich heim und hab meiner Alten einen Saukrach geschlagen -P RÄP Vierzehn Tag haben sies eingesperrt. Jetzt ist die sicher schon ganz verkommen. Für ihr Leben wird sie sich das merken! T IER Das ist der Lauf der Welt. B

15

B

N

B

N

B

B

N

B

B

N

B

N

B

N

\Textverlust\

1 1 1 4 4 15 15 18 18 19 20

B

TierN ] GeschlechtsakteN ] BGurgelN ] BT IERPFLEGER N ] BDirN ] BFreundN ] BGelegenheitN ] BT IERPFLEGER N ] BsieN ] BWeiblichesN ] BDeineN ]

20

B

20 21 23 24

B

B

binN ]

AltenN ] SaukrachN ] BihrN ] BLaufN ] B

korrigiert aus: tier korrigiert aus: geschlechtsakte korrigiert aus: gurgel korrigiert aus: T I RPFELGER korrigiert aus: dir korrigiert aus: freund korrigiert aus: Gelegenhei korrigiert aus: T IERPFELGER korrigiert aus: Sie korrigiert aus: eibliches (1) die (2) Deine (1) hab (2) bin korrigiert aus: lten korrigiert aus: aukrach korrigiert aus: Ihr korrigiert aus: auf

101

N

N

N

B

25

B

Szene Nummer 34 Die Arbeiterfrau kommt und verkauft weissen Flieder --

10

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Lesetext

liche Tier dem männlichen Tier nach dem Geschlechtsakte die Gurgel durchgebissen. P RÄPARATOR Man sollt es nicht für möglich halten! T IERPFLEGER Davon macht Dir Deine kühnste Phantasie keine Vorstellung, wie es da zugeht! P RÄP Und trotzdem geht alles nach einer höheren Ordnung. Einer bringt den anderen um -- alles nach höherer Ordnung. Ich denk jetzt speziell an den Oberpräparator. B

B

K1/TS14 (Grundschicht)

N

B

N

Fragmentarische Fassung („Wohlfahrtsamt“)

K1/TS16/A2 (Korrekturschicht)

Lesetext

\Textverlust\



B

5 B B B

10

frei wird, dann heisst es gleich: wieviele Kinder haben Sie? I NVALIDER Es müsst halt einfach Kinder geben, die man sich zum Leihen nimmt. Kinderverleihanstalt, das wär noch ein neuer Beruf! A RBEITERFRAU Wenns nach die Kinder ging, dann wär ich der Herr von Krupp! I NVALIDER Wie das? A RBEITERFRAU Dann verrecket ich ja vor lauter Gold! M ARIA Ein schöner Tod. B UCHHALTER Tot ist tot! A RBEITERFRAU Und aus ist aus! B UCHHALTER Ich geh jetzt zu meine Wienerschnitzl – Habe die Ehre! (ab) A RBEITERFRAU Und ich geh zu meiner Mayonaise – (ab) B

N B

N

B

N

B

N

NN

N

B

B

15

ÖLA 3/W 34 – BS 39 h [1], Bl. 3

N

B

N

NN

Szene Nummer 6 I NVALIDER (ruft den beiden nach) Unser täglich Brot gib uns heute! (er \Textverlust\ 얍 B I NVALIDER (intoniert B N auf seiner Mundharmonika die BInternationale)N N

20

B N

Szene Nummer 8 Und nun erblickt Eltz Elisabeth -- auch sie erblickt ihn, will ihn aber nicht erkennen. Sie fixieren sich und der Invalide spielt sich nun etwas Sentimentales. . B

B

B

NN N

25

5

5 6–7 7 7 7 8–12

B

dann f Krupp!N ]

wärN ] I NVALIDER f Gold!N ] BDannN ] BverrecketN ] Bja f Gold!N ] BM ARIA f ab)N ] B B

A RBEITERFRAU f aus!N ] (ab)N ] BMayonaiseN ] B(ab)N ] BI NVALIDER f Internationale)N ] B N] BInternationale)N ]

|

|

| |

{verreck}! | [ersaufen!] |ersticken!| (2) [\dann kennet ich mich nimmer aus vor lauter Gold!/] (3) \dann f Krupp!/ [{wär}] |wär| \I NVALIDER f Gold!/ [{ }] |Dann| [tät] |verrecket| [das Gold] |ja f Gold [{verreckn}!] |!|| (1) \So/ [U]|u|nd jetzt geh ich -- zu meine Wiener Schnitzl! B UCHHALTER Mit Gurkensalat! (ab mit der Arbeiterfrau) (2) [\{B UCHHALTER }/] |M ARIA f ab)| [Und aus ist aus!] |A RBEITERFRAU f aus!| [(ab)] |(ab)| gemeint ist: Mayonnaise korrigiert aus: [(ab)] \I NVALIDER f Internationale)/ [nun] [|\gewisser/ als Antwort|] Internationale[.]|)|[aber bald geht es wieder über in ein sentimentales Gedudel – bricht plötzlich ab)]

10 11 12 12 19 19 19

B

20 24 24 24

B N

Leerzeile eingefügt

B

sich[.]|und f Sentimentales| [ein sentiment\ales/ Liedlein] |etwas Sentimentales| korrigiert aus: Sentimentales)

B

] sich f SentimentalesN ] Betwas SentimentalesN ] BSentimentales.N ]

|

(1) [dann] [müsst] müsst ich \ja/ [in][ im ][Gold] vor lauter Gold

102

ÖLA 3/W 34 – BS 39 h [1], Bl. 5

Fragmentarische Fassung („Wohlfahrtsamt“)

K1/TS16/A2 (Korrekturschicht)

Lesetext

Szene Nummer 9

5

E LTZ (schiebt Elli etwas beiseite; leise) Komisch. Wir kennen uns doch -- wenn mich nicht schon alles täuscht -E LISABETH Das täuscht. E LTZ (lächelt) Aber dann funktionierte die Oelzufuhr nicht -E LLI So komm doch! E LTZ Komisch. Und dann hatten wir garkeine Panne nicht -E LLI Was hast denn? (sie zieht ihn mit sich fort)

10

Szene Nummer 10

15

Jetzt dämmert es bereits stark. Maria setzt sich neben Elisabeth auf den Sockel des Vorgartengitters. M ARIA Habens den Menschen gekannt? E LISABETH Nein. M ARIA Das ist ein früherer Akademiker -- aber dann hat er sein Studium aufhören müssen, weil seine Eltern über Nacht alles verloren haben. Die waren reich! Sogar ein Auto hat er gehabt. E LISABETH Ich will nichtmehr erinnert werden! (Stille) M ARIA Was habens denn angestellt? E LISABETH Nichts. M ARIA Aber eingesperrt hat man Sie doch? E LISABETH (schweigt) B

20

25

N

B

N

B

N

\Textverlust\

얍 B E LISABETH Wissens, mein Vater und ich, wir sind zwei verschiedene Personen. Wie 30 ich auf die Welt gekommen bin, da hat er gesagt: „Um Gotteswillen -- ein Mä-

18 18 18 29–104,21

DasN ] dannN ] BerN ] BE LISABETH f mit.N ] B B

[Ich glaub,] [d]|D|as [der] |dann| \er/ [13]|12|M ARIA f nicht. [6][|12|] |9|E LISABETH f Herr. [7] |10|M ARIA f nicht. 11(Stille) 1E LISABETH f Egoisten. 2M f gekommen. 3E Vielleicht. 4M f Stille) [8M ARIA Ich hab jetzt] [8]|5|E f sympathisch. [9]|6|M f schon. [10]|7|E LISABETH f tot. [11]|8|M ARIA f Frau. [12E L Ja]

103

ÖLA 3/W 34 – BS 39 h [1], Bl. 2

Fragmentarische Fassung („Wohlfahrtsamt“)

del!“ Ein so ein krasser Egoist ist das – aber dabei hat er Weltmann. Alle Männer sind Egoisten. M Es ist halt der Richtige noch nicht gekommen. E Vielleicht. M Der kommt ganz überraschend. Wenn man nicht denkt. (Stille) BB

N

B

B

B

B

N

B N

Lesetext

Allüren wie ein

NN

N

B

5

K1/TS16/A2 (Korrekturschicht)

N

B N B

N

B N

10

B B

E Mir ist von 10000 Männern höchstens einer sympathisch. M Das schon. E LISABETH Und dann bin ich immer 2 Tag lang tot. M ARIA Dann haben Sie es aber schwer als Frau. N

N

N

B N

E LISABETH Ich hab immer selbständig sein wollen -- so der eigene Herr. M ARIA Das geht nicht. (Stille) M ARIA Ich hätt nichts dagegen, wenn mich einer heiraten tät. Nur schlagen dürft er mich nicht. (sie erhebt sich) Geh kommens mit! Schaun wir da vor ins blaue Schiff! Da sitzt immer wer drin, der uns ein Schinkenbrot kauft. E LIS Also nur das nicht! M ARIA Habens denn keinen Hunger? Und ein Schinkenbrot verpflichtet doch zu nichts! Geh seiens nicht so feig! Kommens mit! B

15

N

B

B

B

20

N

N

NN

\Abbruch der Bearbeitung\

1–2

B

Ein f Egoisten.N ]

1

B

Ein f einN ]

1 1 2

B

3–11 4 5 5 5 7 10 11 12 14 17–21 18 19

ist f aberN ] ] BAlle f Egoisten.N ] B N

M f Frau.N ] Vielleicht.N ] BganzN ] B N] BWenn f denkt.N ] B N] BE LISABETH N ] BM ARIA N ] B N] BDas f nicht.N ] B(sie f mit!N ] Bimmer f kauft.N ] BAlsoN ] B B

[Heut tät ich ja schon heiraten, aber heutzutag sind ja die Männer auch alle arbeitslos. Und die Männer sind Egoisten und daran ändert auch ihre Arbeitslosigkeit nichts.] |Ein f Egoisten.| (1) Er [ist] ein (2) \Ein f ein/ [[u]|U|nd] |ist f aber| [aber] [[Neinnein,] |Neinneinnein –| [\mir ist von/] die Männer sind alles krasse Egoisten \und daran ändert auch ihre Arbeitslosigkeit nichts./.] |Alle f Egoisten.| \M f Frau./ [Möglich.] [|Vielleicht!|] |Vielleicht.| [[meistens]] [ganz] [\Meistens./] \Wenn f denkt./ [M] [|8M ARIA Ich hab jetzt|] eingefügt eingefügt

[12E L Ja] [Geh hörens auf!] |Das f nicht.| \(sie f mit!/ [meistens [{ein}] |so ein verrückter|] |immer f kauft.| [{ }] |Also|

104

Fragm. Fassung („Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“)

K1/TS17/A1 (Korrekturschicht)

Lesetext

\Textverlust\

얍 M ARIA BSoN seins doch nicht so feig! Sinds fesch und BkommensN mit! (Dunkel) 5

B

Szene Nummer 11 Das Orchester spielt nun den Gassenhauer „Wenn die El ----“ -- bis Szene Nummer 13. N

BB

B

10

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 17

N

N

Szene Nummer 12 Neuer Schauplatz: Im blauen Schiff. Elisabeth und Maria sitzen mit Pascha und dem Major a.D. mit Trauerflor in einer Nische -- alle sind schon ziemlich heiter vom Alkohol. Die beiden Fräuleins tanzen gerade miteinander und Pascha singt mit der Musik vor sich hin „Wenn die Elisabeth …“ Ausser diesen Herrschaften ist keine Seele zu sehen. Rechts der Ausgang, mit einem Stoffvorhang im Halbkreis vor der Türe, zu der einige Treppen fast halbstockhoch hinaufführen. Links der Treppe ein Piano. Von oben hängt ein beleuchtetes blaues Schiff herab, als einzige Lampe. Mitternacht. N

B

B

N

N

B

N

15

B

20

B

Szene Nummer 13

N

B

N

N

B N

25

M ARIA (umarmt plötzlich Elisabeth , die Musik bricht ab – und gibt ihr einen langen herzhaften Kuss) E LISABETH (reisst sich von ihr los und stürzt an den Tisch) Mein Schinkenbrot! Mein Schinkenbrot! 얍 P ASCHA Noch ein Schinkenbrot! Noch zwei Schinkenbrot! M ARIA Drei Schinkenbrot! B

B

B

30

2 2 5 6 6 9 12 13 14–15 20 20 23 24 25

B

SoN ] kommensN ] BSzene Nummer 11N ] B„Wenn f El ----“N ] B„WennN ] BSzene Nummer 12N ] BTrauerflorN ] BalleN ] BElisabeth …“N ] BbeleuchtetesN ] Bherab,N ] BSzene Nummer 13N ] B N] BM ARIA f ihrN ]

25 25 25 26

B

B

ElisabethN ] die f ab –N ] BundN ] BKuss)N ] B

N

B

N B

N

N

N

[Geh] |So| [K]|k|ommens [Szene Nummer 11]|Szene Nummer 11| gemeint ist: „Wenn die Elisabeth nicht so schöne Beine hätt“ korrigiert aus: „ Wenn [Szene Nummer 12]|Szene Nummer 12| korrigiert aus: trauerflor korrigiert aus: allee korrigiert aus: Elisabeth, korrigiert aus: bel uchtetes korrigiert aus: herab. [Szene Nummer 13]|Szene Nummer 13| [E LISABETH (reisst sich plötzlich von] (1) Die Musi\k/ bricht plötzlich ab mitten im Takt [und Maria] gibt Elisabeth (2) \M ARIA f ihr/ korrigiert aus: El [{ }] |die f ab –| [sie] |und| korrigiert aus: Kuss.

105

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 18

Fragm. Fassung („Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“)

K1/TS17/A1 (Korrekturschicht)

Lesetext

M AJOR Vier Schinkenbrot! Lächerlich Prost Ihr Mädchen! Der Dirne lass ich die Wege nicht frei! Hali und halo! (Anmerkung: wenn die Herrschaften nun bestellen, kommt natürlich keine Seele, um ihnen etwas zu bringen. Nach wie vor bestellen die Herrschaften sozusagen alles in das Leere und bleiben konstant ohne Antwort) B

N B

N

B

5

N

Szene Nummer 14 10

P ASCHA (zu Maria) Doch Du bist schon richtig – auch Deine fremde Freundin da! M AJOR Fremd ?! Wir beiden Hübschen kennen uns doch schon seit Erschaffung der Welt! Nur fällt diese prägnante Tatsache einem lediglich ab und zu ein und auf, – man vergisst es eben leider immer wieder – wenn man sich {wieder} trifft im Leben irgendwo – na sagen wir mal: vor den afrikanischen Antilopen. E LISABETH (mit vollem Munde) Vielleicht! M AJOR (lächelt malitiös) Ursprünglich wollten Sie ja Ihre werte Leiche verkaufen -E LISABETH (hört auf zu kauen und starrt ihn böse an) BB

B

BB

N

B

B

15

B N

N

NN

N

B

B

N

NN

B

B

N

N

B N

B N

N

B

B

B

NNN

1 1–2 3 10–11

B

Prost f Mädchen!N ] Der f halo! N ] BnunN ] BDoch f da!N ]

10 10 10 12

B

12 12 13–16

B

13 13 13 14 14

B

14

B

leiderN ]

14–16

B

wenn f Antilopen.N ]

14–15 15–16

B

{wieder}N ] afrikanischen Antilopen.N ]

B

Doch f auchN ] ] Bda!N ] BFremd f dochN ] B N

FremdN ] ] BNur f Antilopen.N ] B N

fällt f TatsacheN ] diese f TatsacheN ] B N] B– manN ] Bes f immerN ] B

B

[Sehr zum Wohle!] |Prost f Mädchen!| \Der f halo!/ \nun/ (1) [\Prost Mädchen!/] [Das ist aber [folgsam] |aufmerksam| von Dir,] dass Du Deine \liebe fremde/ Freundin \da/ mit gebracht hast -(2) \Doch f da!/ [Also Elisabeth heisst sie –] |Doch f auch| [und] da\!/ [ditto!] [\Fremd? Wieso fremd?!/ [O]|{Na}| wir zwei Hübschen kennen uns \doch/] |Fremd f doch| [Wieso] [f]|F|remd [der] (1) Man sieht sich halt immer wieder im Leben irgendwo -- zum Beispiel[:] vor [den] afrikanischen Antilopen. (2) \[und dann] |Nur dass man das| vergisst [man es] und dann fällt einem wieder ein – irgendwo/ -- zum Beispiel[:] vor [den] afrikanischen Antilopen. (3) \Nur f Antilopen./ [dass \diese/] |fällt f Tatsache| [dies] |diese f Tatsache| [dies] [|dies|] [und dann] |– man| (1) [man] es (2) \es f immer/ (1) \nur {zu}/ (2) \leider/ (1) und dann trifft man sich wieder im Leben irgendwo – na sagen wir mal: vor den afr. Ant (2) und dann trifft man sich [wieder im Leben irgendwo –] |doch immer wieder im Leben irgendwo – na sagen wir mal: vor afrikanischen Antilopen!| (3) [und dann trifft man sich] [wieder im Leben irgendwo –] [|dabei|] |wenn f irgendwo –| na f Antilopen.| [{ }] |{wieder}| korrigiert aus: afr. Ant

106

Fragm. Fassung („Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“)

5

K1/TS17/A1 (Korrekturschicht)

Lesetext

P ASCHA Die Leiche? M AJOR Absurde Idee! E LISABETH Also wenn Sie wieder so anfangen, dann verlier ich die ganze Stimmung! M AJOR Pardon! M AJOR Der Dirne lass ich die Wege nicht frei! Hali und halo! – Prost Ihr Mädchen! P ASCHA War doch nicht böse gemeint! M AJOR War doch nur die Wahrheit -M ARIA Wahrheit? Wenn Du nicht artig bist, dann pass aber auf, Burschi! Pass nur auf, Burschi! M AJOR Wauwau! Wauwau! E LISABETH Burschi? Aber das war doch der Rehpintscher von dem Herrn Präparator -얍 M ARIA Ist ja garnicht wahr! Das ist doch der Burschi! Wie sagt der brave Hund? M AJOR Wauwau! Wauwau! M ARIA Gassi-Gassi? M AJOR (kniet vor ihr nieder und macht Männchen) M ARIA Wer hat Dich denn zu einem Menschen gemacht? Hopp! (sie wirft ihm ein Stück Zucker zu) M AJOR (fängt es mit dem Munde auf) M ARIA Friss! Kusch Dich! M AJOR Wau! M ARIA Kusch Dich! M AJOR (setzt sich wieder) Sehr zum Wohle allerseits ! (er leert sein Glas) B

N

B

10

N

B N

B

15

N

B

20

N

B

N

B

N

25

Szene Nummer 15 P ASCHA ( springt plötzlich auf und spielt auf dem Piano den Walkürenritt) B

N B

30

Szene Nummer 16

35

M AJOR (nach einer Weile) Pascha! P ASCHA (hört auf zu spielen) Ja? M AJOR (erhebt sich) Darf ich Sie auf einen Moment bitten --

5–6 9 9 12 17 22 24 29

B

M AJOR f Mädchen!N ] artigN ] B N] BRehpintscherN ] BM AJOR (knietN ] BWau!N ] BallerseitsN ] Bspringt f denN ]

29

B

B

Walkürenritt)N ]

\M AJOR f Mädchen!/ [anständig] |artig| [nur] gemeint ist: Rehpinscher korrigiert aus: M AJOR (kniet [Wauwau!] |Wau!| [allseits]|allerseits| (1) hatte sich an das Piano gesetzt und spielt nun den (2) springt f den korrigiert aus: Wallkürenritt\)/

107

N

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 19

Fragm. Fassung („Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“) K1/TS17/A1 (Korrekturschicht)

P ASCHA

B

B N B

(folgt dem Major etwas erstaunt in die äusserste Ecke) N

B

N

Szene Nummer 17 E LIS Pascha? Ist denn das ein Araber? M ARIA O nein! Das ist nur dem sein Spitzname, weil er halt ein Pascha ist -- da liegt ja noch ein Schinkenbrot! Friss! N

B

5

Lesetext

N B

N

B

N

B

N

B

10 B

Szene Nummer 18 M AJOR O nur eine Kleinigkeit! Vielleicht zehn Mark -P ASCHA Aber bitte! M AJOR Danke! Heutzutag ist das keine Schmach, wenn man kein Geld hat – (er bestellt) Vier Kirsch! Vier doppelte Kirsch! N

N

\Abbruch der Bearbeitung\

1 1 1 4 5 5 6 6–7 9 11–13

] (folgtN ] Betwas erstauntN ] BSzene Nummer 17N ] Bdas einN ] BAraber?N ] BhaltN ] Bliegt jaN ] BSzene Nummer 18N ] BP ASCHA f Kirsch!N ] B N B

[\Aber/ [B]|b|itte.] [(er] \(/folgt \etwas erstaunt/ [Szene Nummer 17]|Szene Nummer 17| korrigiert aus: dascein [Türke?] [|Mohamedaner|] |Araber?| \ha[tl]|lt| [{viel}]/ [ist][|{hast}|] |liegt| \ja/ [Szene Nummer 18]|Szene Nummer 18| \P ASCHA f Kirsch!/

108

Fragm. Fassung („Im blauen Schiff“, „Bierkeller“)

K1/TS17/A8 (Korrekturschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

10

15

얍 S CHMIDT Jawohl. (Stille) P ASCHA (wird B N unsicher) Was habt Ihr denn? Was wollt Ihr denn von mir? V ETTERLE Wir sind im Bilde. P ASCHA In was für einem Bilde -S CHMIDT Sie kennen den Fall. P ASCHA Ich? Sie? Wieso per Sie? S CHMIDT Sie wissen genau Bescheid. P ASCHA (schreit) Wieso per Sie?! Seid Ihr wahnsinnig geworden?! B N V. M ÜLLER B(er Bsteigt langsamN die Treppen herab)N Halten Sie Ihren Mund Sie! B N B N B S CHMIDT N Sie Bhaben gestohlen.N Sie haben B N aus B N Bmeinem PaletotN B N B N B N BgestohlenN. B N BB V ETTERLE N BVierzehnN Mark!N B N P ASCHA Nein! B N B S CHMIDT N In der Garderobe der Anatomie! B N B N B N BHerausN mit dem Geld!

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 27

B N

20

얍 (Stille) B V ETTERLE N Wirds bald? P ASCHA B(grinst verzweifelt)N mehr acht Mark -(Stille) 4 11 11 11 11 12 12 12 12 12 12 12 12 12 12–13 14 14 14 14 15 16 16 16 16 16 16 17 19 20 20 20 20 20

] ] B(er f herab)N ] Bsteigt langsamN ] B N] B N] BS CHMIDT N ] Bhaben gestohlen.N ] B N] B N] Bmeinem PaletotN ] B N] B N] B N] BgestohlenN ] B N] BV ETTERLE f Mark!N ] BV ETTERLE N ] BVierzehnN ] B N] B N] BS CHMIDT N ] B N] B N] B N] BHerausN ] B N] BV ETTERLE N ] B(grinst verzweifelt)N ] B N] BIchN ] BhabN ] Bes f Herren –N ]

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 28 B N B

Ich hab es aber nichtmehr meine Herren – nurN B

B N

[etwas]

B N

gestrichen: \1.)/

N B

(er f herab) [kommt] |steigt langsam| [(er f herab)]f x gestrichen: \2.)/ [\V ETTERLE /] |S CHMIDT | [Dieb.] |haben gestohlen.| [\das Geld aus/] [den T[{a}] |a|schen] [unsere[r]|n| Mänet[l]|eln|] |meinem Paletot| [in der Garderobe] [\{da}/] [das Geld] [geklaut] |gestohlen| gestrichen: \3.)/ xV ETTERLE f Mark! [V ETTERLE ][|S CHMIDT |] |V ETTERLE | [Sechsundzwanzig] |Vierzehn| gestrichen: \4.)/ gestrichen: \5.)/ [V.M ÜLLER ][|S CHMIDT |] [|V. M ÜLLER |]|S CHMIDT | [\S CHMIDT /] [Leugnen hat keinen Sinn!] gestrichen: [Augenblicklich] [|V ETTERLE |] |S CHMIDT | [h]|H|eraus [V ETTERLE f Mark!]f x [S CHMIDT ] [|V. M ÜLLER |] |V ETTERLE | \(grinst verzweifelt)/ [Ich hab es nichtmehr --] [i]|I|ch hab[e] \es f Herren –/ x

109

N

Fragm. Fassung („Im blauen Schiff“, „Bierkeller“)

B

K1/TS17/A8 (Korrekturschicht)

S CHMIDT Schwein! P ASCHA Danke – M AJOR ( empfiehlt sich mit Maria auf französisch durch einen hinteren Ausgang) V. M ÜLLER (geht langsam auf Pascha zu und schlägt ihm plötzlich mit der Faust ins Gesicht) P ASCHA ( torkelt zurück und reisst die Tischdecke mit sich um) Au! S CHMIDT Drauf! P ASCHA Schufte! Alle gegen einen! V ETTERLE Selber Schuft! N

B

N

B

N

B

5

B

B

Lesetext

N

N

N

10

Szene Nummer 22 Die Herren cand. med. v. Müller , Schmidt und Vetterle verprügeln nun Pascha, kurz aber bündig -- werfen den Tisch um und die Stühle. Das Glas klirrt. Ein Schupo ( Alfons Klostermeyer) erscheint in der Türe. B

N

B

15

BB

N

B

N

B

N

N

N

Szene Nummer 23 20 B N

S CHUPO Polizeistunde! V. M ÜLLER Weg! Ab!

B N

B

N

B N

B N

25

B

Szene Nummer 24. (er verschwindet mit den Herrn cand. med. Vetterle und Schmidt durch den hinteren Ausgang) P ASCHA (ist blutig zerschlagen; sein Kragen ist zerrissen -- er zieht sich seinen Mantel an) (ab durch die Türe, am Schupo vorbei) N

B

N

B

N

B N

1 2 3 4 6 7 14 15 15 16 16 16 21 22 23 23 24 25 26 28 29

S CHMIDT N ] [V ETTERLE ] |S CHMIDT | Danke –N ] Danke[!] |–| Bempfiehlt f Ausgang)N ] (1) verzieht sich durch einen hinteren Ausgang mit Maria) (2) \empfiehlt f Ausgang)/ Bihm plötzlichN ] korrigiert aus: ihmplötzlich BtorkeltN ] tork[ ][e]|e|lt BS CHMIDT N ] [M]|S |CHMIDT Bv. MüllerN ] korrigiert aus: v.Müller BundN ] \und/ BStühle. DasN ] Stühle\./ [und] [d]|D|as BEin f Türe.N ] xEin f Türe. BEinN ] [ein]|Ein| BAlfonsN ] [a]|A|lfons B N] [Ein f Türe.]f x B N] [Polizeistunde!] BV. M ÜLLER N ] korrigiert aus: V.M ÜLLER B N] [Los!] B N] Leerzeile eingefügt BSzene Nummer 24.N ] \Szene Nummer 24./ BHerrn f med.N ] \Herrn f med./ BzerrissenN ] korrigiert aus: zerissen B N] [S CHUPO [(beobachtet die Szene)] |(erstaunt)| Was ist denn da los? P ASCHA Nichts.] B B

110

Fragm. Fassung („Im blauen Schiff“, „Bierkeller“)

K1/TS17/A8 (Korrekturschicht)

Lesetext

얍 B Szene Nummer 25N S CHUPO B(sieht ihm erstaunt nach, bewundert dann das zerschlagene BMobiliar)N N B Was ist denn da los?N BWieN sieht denn das hier aus? Was hat sich denn da abge5 spielt? E LISABETH Nichts. S CHUPO Nichts? -- Gebens mir bittschön BgescheitereN Antworten, wenns Ihnen auch schwer fallen sollt! (Stille) 10 E LIS Was starrens mich denn so an? S CHUPO Sie erinnern mich. E LIS An wen denn? S CHUPO An irgendeine verwandte Tote von mir. ( BStilleN) 15 E LIS Möglich, Herr General. S CHUPO (gekränkt) Ich bin kein General. (Stille) S CHUPO Sie haben die Polizei nicht gern? E LIS Nein. 20 S CHUPO Schad. (Stille) E LIS So BseiensN doch nicht so spöttisch zu mir. S CHUPO Jetzt verkennens mich aber Bganz, Fräulein.N Ich bin nicht so, sondern ganz anders und Sie erinnern mich. 25 E LIS (spöttisch) An irgendeine Tote? (Stille) S CHUPO So Raufereien sind kein BKinderspielN. Sie können ja vom Glück reden, dass Sie nicht auch verletzt worden sind. BHäufigN setzen Bsich dann so RaufereienN auf der Strasse fort. Passens nur Bauf, Fräulein!N Welche BRichtungN gehens denn 30 jetzt? B N E LIS Wollens mich gar begleiten? S CHUPO B N Vielleicht vertragt sich die Richtung mit meinem Dienst. B (Stille)N 2 3 3 3 4 7 14 22 23 27 28 28 29 29 30

B

Szene Nummer 25N ] (sieht f Mobiliar)N ] BMobiliar)N ] BWas f los?N ] BWieN ] BgescheitereN ] BStilleN ] BseiensN ] Bganz, Fräulein.N ] BKinderspielN ] BHäufigN ] Bsich f RaufereienN ] Bauf, Fräulein!N ] BRichtungN ] B N]

32 33

B N

B

B

] (Stille)N ]

얍 [Szene Nummer 24] |Szene Nummer [24]|25|| \(sieht f Mobiliar)/ [{Mobi}] |Mobiliar)| [Nanu, was hat sich denn da abgespielt?] |Was f los?| [\Nanu/] [W][|w|]|W|ie korrigiert aus: Gescheitere korrigiert aus: STille [S]|s|eiens ganz[.]|,| \Fräulein./ [k]|K|inderspiel [Oft]|Häufig| [häufig] |sich f Raufereien| auf[.]|,| \Fräulein!/ [r]|R|ichtung [\{E LIS } {Da bin ich.} {S CH }/] [Ich] \(Stille)/

111

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 29

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 28

Fragm. Fassung („Im blauen Schiff“, „Bierkeller“)

K1/TS17/A8 (Korrekturschicht)

E LIS Ich geh schnell. S CHUPO Sie können schnell gehen, aber ich kann auch schnell gehen . (Dunkel) B

B

5

Lesetext

N

N

얍 B Szene Nummer 26N Das Orchester spielt nun „Dein Mund sagt nein, doch Deine Augen sagen ja“ -- bis Szene Nummer 28. B

10

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 30

Szene Nummer 27 Neuer Schauplatz: Wieder im Bierkeller. Es ist inzwischen Herbst geworden und an dem Tische, wo einst der Präparator Elisabeth kennen gelernt hatte, sitzen nun Herr und Frau Amtsgerichtsrat und essen zu abend unter den gelben Blättern, denn die Abende sind noch warm . N

B N B N

B

B

NN

B

N B

N B

N

B

B

N N

15 B

Szene Nummer 28 F RAU Aber August! Für Deine Verdauung ist das doch nicht zuträglich und mir vergeht der ganze Appetit, wenn Du alles so in Dich hinunterschlingst! R ICHTER Wenn er Dir dreissig Jahr nicht vergangen ist, dann wirst es die paar Jahr auch noch aushalten. F RAU Meinst dass ich bald draufgeh wegen meinem Herzklaps? R ICHTER Wer spricht denn da von Dir? Ich spreche von mir, nur von mir! Wenn einer draufgeht, dann bin ich es -- der Arzt hat mich erst vorgestern wieder gewarnt! F RAU Mich hat er auch gewarnt, dass ich nicht soviel Treppen steigen soll. R ICHTER Das kommt von dem verrückten Korsettverkaufen! Mit Deiner feinen Frau Prantl! Kompletter Irrsinn! Das Weib hat sich ihr Geschäft mit dem Geld eines Juden gegründet, mit dem sie früher ein Verhältnis gehabt hat -F RAU Die gute Frau Prantl ist eine hochanständige Person. An die kommst Du nicht heran – und ich verdiene doch dabei ganz schön! N

B

20

25

N

B

B N

B N

2 3 5 9 11 11 12 12 12–13 13 13 14 14 16 17 28–29

B

gehenN ] (Dunkel)N ] BSzene Nummer 26N ] BSzene Nummer 27N ] B N] B N] BdemN ] BTische,N ] Bwo f hatte,N ] Bhatte,N ] BnunN ] BBlättern f warm.N ] BwarmN ] BSzene Nummer 28N ] BAber August!N ] BDie f undN ]

28 28–29 29 29

B N

B

] kommst f undN ] B N] BichN ] B

NN B

B

N

g\e/h\e/n 얍 [\E LISABETH B{ald}/] |(Dunkel)| korrigiert aus: [Szene Nummer 26]|Szene Nummer 26| [Szene Nummer 27]|Szene Nummer 27| [Dort,] [wo f hatte,]f x korrigiert aus: dem\,/ [einen] Tische\,/ xwo f hatte, [hatte.] |hatte,| \nun/ Blättern[.]|,| [Noch ist aber das Wetter warm.] |denn f warm.| [{ }] |warm| [Szene Nummer 28]|Szene Nummer 28| [Friss doch nicht so gierig, bitte!] |Aber August!| (1) Setz doch die Frau nicht immer herab! (2) \Die f und/ gestrichen: Eintragung von fremder Hand (Berliner Bearbeitung): \hochanständige/ [kommst] |kommst f und| gestrichen: Eintragung von fremder Hand (Berliner Bearbeitung): \heran/ korrigiert aus: Ich

112

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 30

Fragm. Fassung („Im blauen Schiff“, „Bierkeller“)

K1/TS17/A8 (Korrekturschicht)

Lesetext

R ICHTER Es glaubt ja so niemand, dass Du es nur wegen Deiner Zerstreuung tust! F RAU Ich will aber nicht um jeden Pfennig bei Dir betteln! 얍 R ICHTER Du hast noch nie gebettelt! F RAU Um jeden Pfennig! R ICHTER Es geht Dir noch lange gut genug! Versündig Dich nicht! Was weisst denn Du von der Not? Wo man tagaus tagein die armen Leut verurteilen muss, weil sie kein Dach über dem Kopf haben! F RAU Warum verurteilst Du sie denn dann? R ICHTER Frag nicht so blöd! BB

N

B N

N

B N

5

B

B

10

N

N

B N

B B

Szene Nummer 29 Das Orchester spielt nun piano wieder einige Takte des Walzers „Bist Dus, lachendes Glück?“ bis zur folgende Szene. Der Invalide taucht auf und verkauft weissen Flieder, aber niemand kauft ihm einen ab, auch der Amtsgerichtsrat natürlich nicht. N

B

N

15

B

B

N

B

N B

N

B

N

B

N

NN

B

20

B

Szene Nummer 30 F RAU Könntest mir auch mal einen kaufen. R ICHTER Was? F RAU Weissen Flieder. (Stille) F RAU (erhebt sich) Ich geh jetzt. Ich bin satt. R ICHTER Wohin? F RAU Ins Kino. R ICHTER (grinst) Zur Mickymaus? N

N

B

25

N

B

1–2 1 1

Es f tust!N ] Es glaubtN ] B N] B

B N

24 24 27

B

] Barmen LeutN ] Büber demN ] B N] BSzene Nummer 29N ] BDas f Szene.N ] BwiederN ] B„Bist Dus, lachendes Glück?“N ] BDerN ] Btaucht aufN ] BFlieder f nicht.N ] Bniemand f nicht.N ] BeinenN ] BSzene Nummer 30N ] B(Stille)N ]

(erhebt sich)N ] binN ] B(grinst)N ] B

N

N

B

3 7 8 10 13 14–15 14 14–15 15 15 16–17 16–17 16 19 23

B

[Hast es aber garnicht nötig!] [|Feine Firma!|] |Es f tust!| [{es}]|Es| glaub[ts]|t| gestrichen: Eintragung von fremder Hand (Berliner Bearbeitung): \Zerstreu-

ung/ [So? Meinst?] korrigiert aus: Leut armen korrigiert aus: übervdem [Pflicht ist Pflicht und Recht ist Recht!] [Szene Nummer 29]|Szene Nummer 29| \Das f Szene./ \wieder/ korrigiert aus: „Bist Du – [Jetzt kommt] [\Der/] [d]|D|er \taucht auf/ Flieder[.]|,| \aber f nicht./ [{niem}] |niemand f nicht.| [etwas] |einen| [Szene Nummer 30]|Szene Nummer 30| [R ICHTER Hab kein Geld. F RAU Galant. Sehr galant! R ICHTER Wir sind doch nicht in den Flitterwochen --] |(Stille)| \(erhebt sich)/ [hab es] |bin| \(grinst)/

113

ÖLA 3/W 26 – BS 39 e [3a], Bl. 14

Fragm. Fassung („Im blauen Schiff“, „Bierkeller“)

K1/TS17/A8 (Korrekturschicht)

Lesetext

F RAU Erstick! R ICHTER Viel Vergnügen! R ICHTER Mistvieh blödes -- (er entfaltet eine Zeitung, stochert mit einem Zahnstocher in den Zähnen und liest den kulturpolitischen Teil) B

N

5 B

Szene Nummer 31 Frau will ab während der Richter nun (weiterfrisst) , trifft aber Elisabeth. N

B

N

B N

Szene Nummer 32 F RAU Ach, das Fräulein -- -- Na wie gehts Ihnen denn? E LISABETH Frau Amtgerichtsrat -- Bitte, sagen Sie nur nichts -얍 F RAU Von was denn? E LIS Von dem, was Sie wissen von mir -- von der Vergangenheit . F RAU Aber natürlich! Wie käm ich denn dazu? Von mir erfährt kein Mensch etwas. (mit Blick auf ihren Mann) Ich weiss, wie das zugeht! Lauter Ungerechtigkeiten. E LIS Dann dank ich Ihnen vielmals. F RAU Und wie gehts Ihnen denn jetzt? Habens eine neue Stellung? E LIS Nein. Ich werd mich verheiraten. F RAU Na dann gratulier ich! Das ist das Beste, was Sie machen können. E LIS Das einzige. F RAU Ach das kann man nie wissen! Man hofft immer und immer! Aber Sie haben ja dann das grosse Los gezogen! E LIS Ganz durch Zufall. Vielleicht ist das der grosse Zufall in meinem Leben. Ich hätt nie daran gedacht. Unter zehntausend Männer gefällt mir kaum einer. Es muss halt der Richtige kommen -- wenn man garnicht daran denkt. F RAU Ja. Dann steht er plötzlich vor einem. Und dann gibt das einem so einen Riss -- kenn ich, kenn ich! Mit der Zeit legt sich das aber wieder. Was ist er denn, Ihr Herr Bräutigam? E LIS Beamter. N

B

10

B N

B

N

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15

N

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20

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25

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B

B

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B

B

30

N B

N

Erstick f Vergnügen!N ] Szene Nummer 31N ] Bwährend f weiterfrisst)N ] B N] BSzene Nummer 32N ] B N] BVergangenheitN ] Betwas. (mitN ] BLauter Ungerechtigkeiten.N ] BDann f vielmals.N ]

N

B

[(gibt keine Antwort, will ab)] |Erstick f Vergnügen!| [Szene Nummer 31]|Szene Nummer 31| \während f weiterfrisst)/

1–2 6 7 8 9 11 13 14–15 15–16 17

B

24 25 25 25–26 26 27 27 28 28

B

\Vielleicht f Leben./

B

vermutlich bewusst gesetzte Dialektalform korrigiert aus: gefäll korrigiert aus: musss korrigiert aus: richtige

B

Vielleicht f Leben.N ] MännerN ] BgefälltN ] BmussN ] BRichtigeN ] BF RAU N ] BeinenN ] BZeitN ] Bwieder. WasN ]

N

Leerzeile eingefügt korrigiert aus: \Szene Nummer 32/ gestrichen: , korrigiert aus: Verga genheit korrigiert aus: etwas.(mit korrigiert aus: Lauter Ungerechtig (1) Danke (2) Dann f vielmals.

[ F ] |F |RAU korrigiert aus: eine korrigiert aus: zeit korrigiert aus: wieder.Was

114

N

ÖLA 3/W 26 – BS 39 e [3a], Bl. 15

Fragm. Fassung („Im blauen Schiff“, „Bierkeller“)

K1/TS17/A8 (Korrekturschicht)

F RAU Respekt! Aber da müssens ihm schon etwas sagen -- sonst könnt es noch Unannehmlichkeiten absetzen, wegen seiner Karriere eventuell . E LIS Meinens? F RAU Möglich. Sogar eher sicher. Na von mir erfährt kein Mensch etwas. E LIS Von mir auch nicht. F RAU Also alles gute! Ich geh jetzt ins Kino ! (ab) B

B

5 B

B

10

Lesetext

N

N

N

B

N

Szene Nummer 33 E LISABETH (setzt sich nachdenklich an einen Tisch und der Richter Zeitung) K ELLNERIN (kommt) Speisen gefällig? E LIS Ich warte noch. Es kommt noch ein Herr -- (sie studiert die Speisekarte ) N

B

N

B

N

B

N

얍 B Szene Nummer 34N 15 Der Präparator und der Tierpfleger kommen und setzen sich an einen Banderen freienN Tisch. BBeideN B N rauchen BVirginia und erblicken Elisabeth nicht.N BUnd dies beruht auf Gegenseitigkeit.N T IERPFLEGER Du glaubst es mir halt nicht, Du BRindviehN Du kaiserliches, dass das Weib auch in der Tierwelt der geborene Feind des Mannes ist. Da hab ich mal mit 20 einer Gorillaart von den BBermudasinselnN zu tun gehabt -- und da hat das weibliche BTierN dem männlichen Tier nach dem BGeschlechtsakteN die BGurgelN durchgebissen. P RÄPARATOR Man sollt es nicht für möglich halten! B T IERPFLEGER N Davon macht Bsich DirN Deine kühnste Phantasie keine BannäherndeN B 25 VorstellungN, wie es da zugeht!

2 4 6 6 9 10 10 12 14 15–16 16 16 16 16–17 18 20 21 21 21 24 24 24 24

B

korrigiert aus: eventtuell

B

eventuellN ] F RAU N ] BF RAU N ] BKinoN ] BSzene Nummer 33N ] BnachdenklichN ] BTisch f Zeitung)N ] BSpeisekarteN ] BSzene Nummer 34N ] Banderen freienN ] BBeideN ] B N] BVirginia f nicht.N ] BUnd f Gegenseitigkeit.N ] BRindviehN ] BBermudasinselnN ] BTierN ] BGeschlechtsakteN ] BGurgelN ] BT IERPFLEGER N ] Bsich DirN ] BannäherndeN ] BVorstellungN ]

[ F ] |F |RAU [ F ] |F |RAU korrigiert aus: kino korrigiert aus: [Szene Nummer 32] Szene Nummer 32

|

|

\nachdenklich/ korrigiert aus: Tisch) \und f Zeitung)/ korrigiert aus: Speisekart korrigiert aus: [Szene Nummer 33]|Szene Nummer 33| \anderen freien/ [Beide] [sind schon etwas angetrunken und] Virginia[.]|und f nicht.| [\Auch sie/] |Und f Gegenseitigkeit.| korrigiert aus: Rindvie gemeint ist: Bermudainseln korrigiert aus: tier korrigiert aus: geschlechtsakte korrigiert aus: gurgel korrigiert aus: T I \ E / RPFELGER [,ir] |sich Dir| \annähernde/ [V]|V|orstellung

115

ÖLA 3/W 26 – BS 39 e [3a], Bl. 16

Fragm. Fassung („Im blauen Schiff“, „Bierkeller“)

K1/TS17/A8 (Korrekturschicht)

Lesetext

P RÄP Einer bringt den anderen um -ich denk jetzt speziell an den OberUnd trotzdem dreht sich halt alles nach einer höheren Ordnung. präparator. B N B N

B N B N B

BB N

5

B

B

N

N

N

Szene Nummer 35 Die Arbeiterfrau kommt und verkauft weissen Flieder, aber niemand kauft ihr einen ab. N

B

N

10

B

Szene Nummer 36 P RÄPARATOR Siehst lieber guter alter Freund -- bei einer solchen Gelegenheit mit weissem Flieder habe ich diese Person kennen gelernt – diese Hochstaplerin, die wo mich um hundertfünfzig Mark gebracht hat -T IERPFLEGER Und wer hat Recht gehabt? Ich! Ich hab Dich gleich gewarnt! P RÄP Vierzehn Tag haben sies eingesperrt. Jetzt ist die sicher schon ganz verkommen. Für ihr Leben wird sie sich das merken! T IER Das ist der Lauf der Welt. (sie spielen Karten) N

B

N B

B

N B

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B N B

B

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B N

N B

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15

N B N

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B N

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B

N

\Textverlust\

1 1 1 1 1 2 2 2 5 6–7 10 11 11 11 11–12 12 12 12 12 12 12–13 14 14 14

B N

] ] B N] B N] BichN ] BUnd f OrdnungN ] B N] Bdreht f haltN ] BSzene Nummer 35N ] BFlieder f ab.N ] BSzene Nummer 36N ] BFreundN ] BGelegenheitN ] B N] BweissemN ] BFliederN ] BhabeN ] B N] BPersonN ] Bgelernt –N ] Bdiese Hochstaplerin,N ] BT IERPFLEGER N ] B N] B N]

16 17 17

B

B N

ihrN ] LaufN ] B(sie f Karten)N ] B

[Und f Ordnung.]f x gestrichen: \1.)/ [alles nach höherer Ordnung.] gestrichen: \2.)/ [I]|i|ch xUnd f Ordnung. gestrichen: \3.)/ [geht] |dreht f halt| korrigiert aus: [Szene Nummer 34]|Szene Nummer 34| Flieder\,/ [--] |aber f ab.| korrigiert aus: [Szene Nummer 35]|Szene Nummer 35| korrigiert aus: freund korrigiert aus: Gelegenhei [dem] weisse[n]|m| Flieder[,] [da] hab\e/ [\ganz miserable/] [Person] [|Hochstaplerin|] gelernt[,] |–| [diese ganz miserable Person,] |diese Hochstaplerin,| korrigiert aus: T IERPFELGER [Futsch ist futsch! Und eingesperrt haben Sie es auch.] [Nur nichts weibliches! Wie ich das mit die Deine 150 Mark erfahren hab, da hab bin ich heim und hab meiner alten einen saukrach geschlagen --] korrigiert aus: Ihr [l]|L|auf \(sie f Karten)/

116

Fragm. Fassung („Im blauen Schiff“, „Bierkeller“)

K1/TS17/A10 (Korrekturschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

10

15

얍 S CHMIDT Jawohl. (Stille) P ASCHA (wird B N unsicher) Was habt Ihr denn? Was wollt Ihr denn von mir? V ETTERLE Wir sind im Bilde. P ASCHA In was für einem Bilde -S CHMIDT Sie kennen den Fall. P ASCHA Ich? Sie? Wieso per Sie? S CHMIDT Sie wissen genau Bescheid. P ASCHA (schreit) Wieso per Sie?! Seid Ihr wahnsinnig geworden?! B N V. M ÜLLER B(er Bsteigt langsamN die Treppen herab)N Halten Sie Ihren Mund Sie! B N B N B S CHMIDT N Sie Bhaben gestohlen.N Sie haben B N aus B N Bmeinem PaletotN B N B N B N BgestohlenN. B N BB V ETTERLE N BVierzehnN Mark!N B N P ASCHA Nein! B N B S CHMIDT N In der Garderobe der Anatomie! B N B N B N BHerausN mit dem Geld!

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 27

B N

20

얍 (Stille) B V ETTERLE N Wirds bald? P ASCHA B(grinst verzweifelt)N mehr acht Mark -(Stille) 4 11 11 11 11 12 12 12 12 12 12 12 12 12 12–13 14 14 14 14 15 16 16 16 16 16 16 17 19 20 20 20 20 20

] ] B(er f herab)N ] Bsteigt langsamN ] B N] B N] BS CHMIDT N ] Bhaben gestohlen.N ] B N] B N] Bmeinem PaletotN ] B N] B N] B N] BgestohlenN ] B N] BV ETTERLE f Mark!N ] BV ETTERLE N ] BVierzehnN ] B N] B N] BS CHMIDT N ] B N] B N] B N] BHerausN ] B N] BV ETTERLE N ] B(grinst verzweifelt)N ] B N] BIchN ] BhabN ] Bes f Herren –N ]

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 28 B N B

Ich hab es aber nichtmehr meine Herren – nurN B

B N

[etwas]

B N

gestrichen: \1.)/

N B

(er f herab) [kommt] |steigt langsam| [(er f herab)]f x gestrichen: \2.)/ [\V ETTERLE /] |S CHMIDT | [Dieb.] |haben gestohlen.| [\das Geld aus/] [den T[{a}]|a|schen] [unsere[r]|n| Mänet[l]|eln|] |meinem Paletot| [in der Garderobe] [\{da}/] [das Geld] [geklaut] |gestohlen| gestrichen: \3.)/ xV ETTERLE f Mark! [V ETTERLE ][|S CHMIDT |] |V ETTERLE | [Sechsundzwanzig] |Vierzehn| gestrichen: \4.)/ gestrichen: \5.)/ [V.M ÜLLER ][|S CHMIDT |] [|V. M ÜLLER |]|S CHMIDT | [\S CHMIDT /] [Leugnen hat keinen Sinn!] gestrichen: [Augenblicklich] [|V ETTERLE |] |S CHMIDT | [h]|H|eraus [V ETTERLE f Mark!]f x [S CHMIDT ] [|V. M ÜLLER |] |V ETTERLE | \(grinst verzweifelt)/ [Ich hab es nichtmehr --] [i]|I|ch hab[e] \es f Herren –/ x

117

N

Fragm. Fassung („Im blauen Schiff“, „Bierkeller“)

B

K1/TS17/A10 (Korrekturschicht)

S CHMIDT Schwein! P ASCHA Danke – M AJOR ( empfiehlt sich mit Maria auf französisch durch einen hinteren Ausgang) V. M ÜLLER (geht langsam auf Pascha zu und schlägt ihm plötzlich mit der Faust ins Gesicht) P ASCHA ( torkelt zurück und reisst die Tischdecke mit sich um) Au! S CHMIDT Drauf! P ASCHA Schufte! Alle gegen einen! V ETTERLE Selber Schuft! N

B

N

B

N

B

5

B

B

Lesetext

N

N

N

10

Szene Nummer 22 Die Herren cand. med. v. Müller , Schmidt und Vetterle verprügeln nun Pascha, kurz und bündig -- werfen den Tisch um und die Stühle. Das Glas klirrt. Ein Schupo ( Alfons Klostermeyer) erscheint in der Türe. B

N

B

15

BB

N

B

N

B

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N

Szene Nummer 23 20 B N

S CHUPO Polizeistunde! V. M ÜLLER Weg! Ab!

B N

B

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B N

B N

25

B

Szene Nummer 24. (er verschwindet mit den Herrn cand. med. Vetterle und Schmidt durch den hinteren Ausgang) P ASCHA (ist blutig zerschlagen; sein Kragen ist zerrissen -- er zieht sich seinen Mantel an) (ab durch die Türe, am Schupo vorbei) N

B

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B

N

B N

30

1 2 3 4 6 7 14 15 15 16 16 16 21 22 23 23 24 25 26 28 29

S CHMIDT N ] [V ETTERLE ] |S CHMIDT | Danke –N ] Danke[!] |–| Bempfiehlt f Ausgang)N ] (1) verzieht sich durch einen hinteren Ausgang mit Maria) (2) \empfiehlt f Ausgang)/ Bihm plötzlichN ] korrigiert aus: ihmplötzlich BtorkeltN ] tork[ ][e]|e|lt BS CHMIDT N ] [M]|S |CHMIDT Bv. MüllerN ] korrigiert aus: v.Müller BundN ] \und/ BStühle. DasN ] Stühle\./ [und] [d]|D|as BEin f Türe.N ] xEin f Türe. BEinN ] [ein]|Ein| BAlfonsN ] [a]|A|lfons B N] [Ein f Türe.]f x B N] [Polizeistunde!] BV. M ÜLLER N ] korrigiert aus: V.M ÜLLER B N] [Los!] B N] Leerzeile eingefügt BSzene Nummer 24.N ] \Szene Nummer 24./ BHerrn f med.N ] \Herrn f med./ BzerrissenN ] korrigiert aus: zerissen B N] [S CHUPO [(beobachtet die Szene)] |(erstaunt)| Was ist denn da los? P ASCHA Nichts.] B B

118

Fragm. Fassung („Im blauen Schiff“, „Bierkeller“)

K1/TS17/A10 (Korrekturschicht)

Lesetext

얍 B Szene Nummer 25N S CHUPO B(sieht ihm erstaunt nach, bewundert dann das zerschlagene BMobiliar)N N B Was ist denn da los?N BWieN sieht denn das hier aus? Was hat sich denn da abgespielt? 5 E LISABETH Nichts. S CHUPO Nichts? -- Gebens mir bittschön BgescheitereN Antworten, wenns Ihnen auch schwer fallen sollt! (Stille) E LIS Was starrens mich denn so an? 10 S CHUPO Sie erinnern mich. E LIS An wen denn? S CHUPO An irgendeine verwandte Tote von mir. ( BStilleN) E LIS Möglich, Herr General. 15 S CHUPO (gekränkt) Ich bin kein General. (Stille) S CHUPO Sie haben die Polizei nicht gern? E LIS Nein. S CHUPO Schad. 20 (Stille) E LIS So BseiensN doch nicht so spöttisch zu mir. S CHUPO Jetzt verkennens mich aber Bganz, Fräulein.N Ich bin nicht so, sondern ganz anders und Sie erinnern mich. E LIS (spöttisch) An irgendeine Tote? 25 (Stille) S CHUPO So Raufereien sind kein BKinderspielN. Sie können ja vom Glück reden, dass Sie nicht auch verletzt worden sind. BHäufigN setzen Bsich dann so RaufereienN auf der Strasse fort. Passens nur Bauf, Fräulein!N Welche BRichtungN gehens denn jetzt? B N 30 E LIS Wollens mich gar begleiten? B S CHUPO B N Vielleicht vertragt sich die Richtung mit meinem Dienst. B (Stille)N

1 2 2 2 3 6 13 21 22 26 27 27 28 28 29

B

Szene Nummer 25N ] (sieht f Mobiliar)N ] BMobiliar)N ] BWas f los?N ] BWieN ] BgescheitereN ] BStilleN ] BseiensN ] Bganz, Fräulein.N ] BKinderspielN ] BHäufigN ] Bsich f RaufereienN ] Bauf, Fräulein!N ] BRichtungN ] B N]

31 32

B N

B

B

] (Stille)N ]

얍 [Szene Nummer 24] |Szene Nummer [24]|25|| \(sieht f Mobiliar)/ [{Mobi}] |Mobiliar)| [Nanu, was hat sich denn da abgespielt?] |Was f los?| [\Nanu/] [W][|w|]|W|ie korrigiert aus: Gescheitere korrigiert aus: STille [S]|s|eiens ganz[.]|,| \Fräulein./ [k]|K|inderspiel [Oft]|Häufig| [häufig] |sich f Raufereien| auf[.]|,| \Fräulein!/ [r]|R|ichtung [\{E LIS } {Da bin ich.} {S CH }/] [Ich] \(Stille)/

119

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 29

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 28

Fragm. Fassung („Im blauen Schiff“, „Bierkeller“)

K1/TS17/A10 (Korrekturschicht)

E LIS Ich geh schnell. S CHUPO Sie können schnell gehen, aber ich kann auch schnell gehen . (Dunkel) B

B

5

Lesetext

N

N

얍 Szene Nummer 26

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 36

Das Orchester spielt nun „Dein Mund sagt nein, doch Deine Augen sagen ja“ -- bis Szene Nummer 28. 10

Szene Nummer 27

15

Neuer Schauplatz: Bierkeller. Es ist inzwischen Herbst geworden und an dem Tische, wo einst der Präparator Elisabeth kennen gelernt hatte, sitzen nun unter dem gelben Laub Herr und Frau Amtsgerichtsrat, denn die Abende sind noch relativ warm. Er selbst, der Herr Amtsg, hatte sich eine prächtige Kalbshaxe mit Kraut bestellt, die nun gierig verschlungen wird , während Frau Amtsgerichtsrat ihren Emmentaler ohne Rinde mit Butter und Schwarzbrot verzehrt. B

B

B

B

N

B

N

20

N

N

N

Szene Nummer 28 B N

F RAU Aber August! So schling doch nicht alles so in Dich hinunter! Ich nehm Dir ja nichts weg ! Denk doch ein bisserl an Deine Verdauung und mir vergeht der ganze Appetit! R ICHTER Meine Verdauung ist meine private Angelegenheit , möchte ich betont B

25

B

N

B N

B

2 3 16 17 18–20

B

N

gehenN ] (Dunkel)N ] Bunter f LaubN ] BAmtsgerichtsrat,N ] BEr f verzehrt.N ]

B N

g\e/h\e/n 얍 [\E LISABETH B{ald}/] |(Dunkel)| \unter f Laub/ Amtsgerichtsrat[.]|,| [Sie] [\Der Herr/] [|Er selbst, der H. Amtsg. {hatten} sich eine Kalbshaxe mit Kraut bestellt. Nun wird die gierig verzehrt, während Frau Amtsgerichtsrat mehr {abweisend} ihre Pfälzer Würscht verzehren.|] |Er f verzehrt.| Bverschlungen wirdN ] 19 [verzehrt wi] |verschlungen wird| Bihren f SchwarzbrotN ] 19–20 ihre\n/ [Pfälzer Würscht] |Emmentaler f Schwarzbrot| B N] 23 [A MTSGERICHTSRAT (isst ungemein gierig)] BwegN ] 25 [weg]|weg| B N] 25 [\R ICHTER Das wär ja noch schöner!/] 27–121,4 BR ICHTER f mir!N ] (1) R ICHTER f mir! (2) [\R ICHTER Es sind nur noch wenige Jahre Hermine –/] |R ICHTER Es dreht sich doch nur mehr um ein paar Jahre! (Stille) F RAU Dann? (Stille)| 27–121,10 BMeine f hat –N ] [Jetzt ess ich dreissig Jahre so und bin noch da. Ich hab noch nie anders gegessen. Und ich werd auch nie anders essen.] |Meine f hat –| Bprivate AngelegenheitN ] [Sache] private Angelegenheit 27 | | B N] 27 gestrichen: Eintragung von fremder Hand (Berliner Bearbeitung): betont B B

120

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 30

Fragm. Fassung („Im blauen Schiff“, „Bierkeller“)

K1/TS17/A10 (Korrekturschicht)

Lesetext

zu haben wissen. Und wenn Dir Dein Appetit 30 Jahre lang nicht vergangen ist, dann wirst es die Paar Jahrerl schon auch noch aushalten. F RAU Meinst, dass ich bald draufgeh wegen meinen Drüsen? R ICHTER Wer spricht denn da von Dir? Ich spreche von mir, nur von mir! Wenn einer von uns beiden draufgeht, dann bin ich es! Nur ich! Der Sanitätsrat hat mich erst vorgestern wieder ernstlich gewarnt . F RAU Mich hat er auch gewarnt, dass ich nicht soviel Treppen steigen soll – R ICHTER Das kommt von der verrückten Idee! Musst Du denn Korsette verkaufen? Kompletter Irrsinn! Überhaupt hat sich ja diese feine Frau Prantl ihre Firma mit dem Geld eines Juden gegründet, mit dem sie früher ein Verhältnis gehabt hat – B N

B

B

NN

N

B

5

N

B

B

B

B

N

N N

N

B

N

B

N B

N

N

10

얍 Szene Nummer 29

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 37

B N

Der Invalide taucht auf und verkauft weissen Flieder, aber niemand kauft ihm einen ab, auch der Herr Amtsgerichtsrat natürlich nicht, der ihn vor lauter Kalbshaxe garnicht bemerkt. (Anmerkung: jetzt und immer , wenn ein Fliederverkäufer auftaucht spielt das Orchester die Szene über piano einige Takte aus dem Walzer „Bist Dus lachendes Glück --“

15

B

N

B

N

B

20

B

25

N

B

N

B N

Szene Nummer 30 F RAU Könntest mir auch mal einen kaufen. R ICHTER Was? F RAU Weissen Flieder. R ICHTER Wieso weissen Flieder? (Stille) N

1

B N

2

B

2 5 5–6 5 6 7 8 9 9 14 16–17 18

B

19 19 20 22

B

]

wirst f aushalten.N ]

aushalten.N ] vonN ] BDer f gewarnt.N ] BSanitätsrat hatN ] Bernstlich gewarntN ] BF RAU f soll –N ] BdennN ] BihreN ] BFirmaN ] B N] Bnicht f bemerkt.N ] Bjetzt f immerN ] B

die f überN ] WalzerN ] B N] BSzene Nummer 30N ] B

[\F RAU Meinst Du?/] R ICHTER /] [{wir}] [ |wird er Dir|] [|wirst es die paar Jährchen auch noch aushalten.|] [|wirst Du die [folgenden Jährchen] |paar Jährchen {mal} \{ }/ nicht verhungern ||] |wirst f aushalten| korrigiert aus: aushalten [einer] |von| [F RAU ] |Der f gewarnt.| [Arzt hat] [|{A}|] |Sanitätsrat hat| ernstlich\ /gewarnt [{I}] |F RAU f soll –| [{Du}] |denn| korrigiert aus: ihr [Geschäft] |Firma| [Das Orchester spielt nun piano einige] nicht[.]|,| \der f bemerkt./ (1) jedesmal (2) jetzt f immer [die f über] korrigiert aus: „Walzer [\bis zur folgenden/] [Szene Nummer 30]|Szene Nummer 30|

121

Fragm. Fassung („Im blauen Schiff“, „Bierkeller“)

Lesetext

F RAU (erhebt sich) Jetzt bin ich satt. Mahlzeit! R ICHTER Wohin? F RAU Ins Kino. R ICHTER (grinst) Zur Mickymaus? F RAU (lässt ihn stehen) Erstick! R ICHTER Viel Vergnügen! (für sich) Mistvieh blödes! B

N

B

5

B B

B

N

B

N

N

Szene Nummer 31 Die Frau Amtsgerichtsrat will nun fort zur Mickymaus, trifft aber knapp vor dem Ausgang Elisabeth, während der Amtsgerichtsrat mit seinem privaten Zahnstocher in den Zähnen fachmännisch nach Speiseresten sucht und dabei eine Zeitung entfaltet und den kulturpolitischen Teil liest. N

N

B N

10

N

B

B

B

15

K1/TS17/A10 (Korrekturschicht)

B

N

N

B N

Szene Nummer 32 F RAU (erkennt Elisabeth) Ach das Fräulein -- -- Nicht? Oder? E LIS Ja. N

\Textverlust\

1 1 1 5 8 9 10 10 10–11 11 12 12 14

[Ich geh jetzt. Ich] |(erhebt f Jetzt| \ich/ (1) Guten Appetit! (2) \Mahlzeit!/ B(lässt f Erstick!N ]

BSzene Nummer 31N ] [Szene Nummer 31]|Szene Nummer 31| BDieN ] \Die/ B N] [nun] BprivatenN ] korrigiert aus: ptivaten BZahnstocherN ] korrigiert aus: Zahns tocher Bfachmännisch f suchtN ] (1) aufräumt (2) korrigiert aus: nach Speiseresten sucht fachmännisch BkulturpolitischenN ] korrigiert aus: ku tur olitischen B N] gestrichen: \spätere Szene/ BSzene Nummer 32N ] [Szene Nummer 32]|Szene Nummer 32| (erhebt f JetztN ] ichN ] BMahlzeit!N ] B B

122

N B

Fragm. Fassung der Szenen 31, 32 („Bierkeller“)

K1/TS17/A11 (Grundschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

10

얍 A MTSGERICHTSRAT Es dreht sich doch nur noch um ein paar Jahr -F RAU A MTSGERICHTSRAT Meinst, dass ich bald draufgeh wegen meiner Drüsen? A MTSGERICHTSRAT : Wer spricht denn da von Dir? Ich spreche von mir, nur von mir! Wenn einer draufgeht, dann bin ich es! Nur ich! Der Sanitätsrat hat mich erst gestern wieder ernstlich gewarnt. F RAU Mich hat er auch gewarnt, dass ich nicht Bsoviel TreppenN steigen soll \Textverlust\ 얍 vor dem Ausgang links Elisabeth, während der Herr Amtsgerichtsrat mit seinem privatem Zahnstocher in den Zähnen nach Speiseresten fahndet.

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 41

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 42

Szene Nummer 32 15

20

25

30

35

F RAU A MTSGERICHTSRAT Komisch. Wir kennen uns doch -얍 E LIS Das glaub ich nicht. B F RAU N Doch. Wo soll ich Sie Bdenn nurN hintun. Fräulein -(Stille) F RAU Ach! Natürlich! (Stille) E LIS Bitte sagen Sie nur nichts, Frau Amtsgerichtsrat -- bitte kennen Sie mich nichtmehr -- nicht, Frau BAmtsgerichtsrat --N B F RAU N Also nur keine Angst. Von mir erfährt keiner was. Ich schweige und mich geht es ja auch nichts an -- (mit einem Blick auf den Amtsgerichtstrat) Ich kenn mich da aus und weiss wie das zugeht! Lauter Ungerechtigkeit! Habens wieder eine neue Stellung? Wieviel habens denn gekriegt? E LIS Vierzehn Tag. F RAU Gelt das hab ich Ihnen ja BgleichN gesagt. E LIS Aber ohne Bewährungsfrist. B F RAU N (blickt auf ihren Mann) BUnglaublichN! Das ist hart! E LIS Und eigentlich hab ich doch garnichts verbrochen. Ich weiss es noch heut nicht, was ich BeigentlichN verbrochen hab. F RAU Ich weiss wie das zugeht! B(Blick auf Mann)N Lauter Ungerechtigkeit! Mir müssen Sie das nicht erzählen! E LIS Mit die vierzehn Tag ist es aber noch nicht herum, die vierzehn Tag dauern ein ganzes Leben. B F RAU N Habens keine neue Stellung? E LIS Nein. Aber ich werd mich verheiraten. 7 17 17 22 23 28 30 30 32 33 37

soviel TreppenN ] F RAU N ] Bdenn nurN ] BAmtsgerichtsrat --N ] BF RAU N ] BgleichN ] BF RAU N BUnglaublichN ] BeigentlichN ] B(Blick f Mann)N ] BF RAU N ] B B

korrigiert aus: soviel Treppen korrigiert aus: FRAU

\denn nur/ korrigiert aus: Amts -korrigiert aus: FRAU korrigiert aus: glaich korrigiert aus: FRAU

[Ich wol]|Unglaublich| korrigiert aus: ei gentlich

\(Blick f Mann)/ korrigiert aus: FRAU

123

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 43

Fragm. Fassung der Szenen 31, 32 („Bierkeller“)

K1/TS17/A11 (Grundschicht)

F RAU Bravo! Das ist das Beste für Sie! Na da gratulier ich! Da habens ja das grosse Los gezogen! E LIS Ja. Ich hab ihn ganz durch Zufall kennen gelernt. Mir ist nämlich unter zehntausend Männern kaum einer sympathisch -F RAU Es muss halt der Richtige erst kommen, dann gibt es einem einen Ruck -- und dann ist es auch nicht immer der Richtige mit der Zeit wird er immer weniger richtig, renkt sich das wieder ein in den grauen Alltag. Was ist er denn, Ihr Herr Bräutigam? 얍 E LIS Beamter. F RAU A MTSGERICHTSRAT Sehr bravo! Beamter? Weiss er denn das von Ihrem Vorleben? E LIS Nein. F RAU Hm. Das müsstens ihm aber schon sagen, sonst könnt er eventuell Unannehmlichkeiten haben mit seiner Karriere -E LIS Ist denn das möglich? F RAU Sogar sehr wahrscheinlich . Na mich geht es ja nichts an -- alles Gute, Fräulein! Ich muss jetzt fort, sonst versäum ich noch die Mickymaus . (ab) B

5

10

B

N

N

B

B

B

15

Lesetext

N

N

B

N

B

\Abbruch der Bearbeitung\

3

B

5 5 10 13 16 17

B

Ich f gelernt.N ]

F RAU N ] Ruck --N ] BWeissN ] BF RAU N ] BwahrscheinlichN ] BMickymausN ] B

(1) Wir haben (2) Ich f gelernt. korrigiert aus: FRAU korrigiert aus: Ruck -

[Aber] |Weiss| korrigiert aus: FRAU korrigiert aus: wahrscheinl ch

Mi[x]|c|ymaus

124

N

N

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 48

Fassung der Szenen 35–37 („Bierkeller“)

K1/TS17/A16 (Grundschicht)

Lesetext

\Textverlust\

얍 Szene Nummer 35

5

ÖLA 3/W 28 – BS 39 e [4a], Bl. 12

Der Präparator und der Tierpfleger kommen und setzen sich an einen anderen freien Tisch. Beide rauchen Virginia und erblicken Elisabeth nicht. Und dies beruht auf Gegenseitigkeit. T IERPFLEGER Du glaubst es mir halt nicht, Du Rindvieh Du kaiserliches , dass das Weib der geborene Feind des Mannes ist. Da hab ich mal mit einer Gorillaart von den Bermudasinseln zu tun gehabt -- und da hat das weibliche Tier dem männlichen Tier nach vollzogenem Geschlechtsakte die Gurgel durchgebissen. B

10

15

B

N

N

얍 P RÄPARATOR Man sollt es nicht für möglich halten. T IERPFLEGER Davon macht sich Dir ja Deine kühnste Phantasie keine annähernde Vorstellung, wie dass es da zugeht, wenn es aufgeht! P RÄPARATOR Einer bringt den andern um -- ich denk jetzt speziell an den Oberpräparator. Aber wenn ich dann so in mein Aquarium hineinschau, dann denk ich mir trotzdem, es dreht sich halt alles nach einer höheren Ordnung.

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 31

20

Szene Nummer 36 Jetzt taucht die Arbeiterfrau auf und verkauft weissen Flieder, aber niemand kauft ihr einen ab. 25

Szene Nummer 37

30

35

P RÄPARATOR Siehst, lieber guter alter Freund -- bei einer solchen Gelegenheit mit weissem Flieder habe ich diese ganz miserable Person kennen gelernt -- diese Hochstaplerin, die wo mich um meine hundertfünzig Mark betrogen hat. 얍 T IERPFLEGER Und wer hat Recht gehabt? Ich! Ja da könnt ja der Kaiser von China kommen, meinst ich tät dem auch nur einen Pfennig leihen? Die Menschen sind das ja garnicht wert! P RÄPARATOR Das kann man aber im Voraus nicht immer so wissen. T IERPFLEGER (grinst) Mir scheint, Du glaubst noch an Wunder -(Stille) P RÄPARATOR Geh leck mich am Arsch, alter Krampus -- (er zieht ein Packel Karten aus seiner Tasche, mischt und teilt und spielt nun mit dem Tierpfleger) B

8 10 39

kaiserlichesN ] BermudasinselnN ] BTierpfleger)N ] B B

ka[9]|i|serliches gemeint ist: Bermudainseln korrigiert aus: Tierpflege)

125

N

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 32

Fragm. Fassung der Szenen 41–45 („Bierkeller“)

K1/TS17/A18 (Grundschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

10

15

얍 lisabeth, die freundlich lächelt. E LIS Das hätt ich jetzt aber ursprünglich nicht gedacht, dass Du mir weissen Flieder kaufen wirst. S CHUPO Ja ursprünglich -- erinnerst Du Dich noch, wo wir uns an der Ecke getroffen haben und Du bist aber gleich nach fünf Minuten auf und davon? Erst seit dem Tonfilm war das anders. E LIS Seit dem York. S CHUPO Aber ich habe nicht locker gelassen, weil ich sofort eine innere Stimme gehabt hab -- aber Du warst schon sehr misstrauisch zu mir. E LIS Weil ich gedacht hab, dass Du blasiert bist. S CHUPO Hast gedacht, so ein schneidiger Schupo, das ist ein leichtlebiger Falter? B DerN möcht vielleicht nur eine mit viel Geld? Weit gefehlt! Ich hab lieber eine Frau, die von mir abhängt, als wie umgekehrt. (Anmerkung: Das Orchester spielt den Walzer bis hierher)

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 33

B N

Szene Nummer 42 Die Kellnerin bringt nun die Würscht und das Kraut und das Bier. 20

B

Szene Nummer 43 S CHUPO Einen gesegneten -E LIS (ergänzt) Appetit. Jetzt muss ich aber nur noch einmal verschwinden -(sie will verschwinden, während der Schupo seine Würscht schon verzehrt -- da erblickt der Tierpfleger Elisabeth) B

N

N

25

30

35

Szene Nummer 43 T IER Jessas Deine hundertfünfzig Mark! P RÄP Was? Wo? T IER Dort! Hinter Dir! P RÄP (dreht sich um) Tatsächlich -- Ja wen sehen denn meine Auglein? Sinds schon heraus aus dem Zuchthaus? E LIS (entsetzt) Um Gottes Willen! So seins doch still! Redens doch nichts darüber um Gottes Willen! Da drüben sitzt ja mein Bräutigam und der braucht doch nichts zu wissen davon! 얍 P RÄP Ihr Bräutigam? E LIS Ja. P RÄP Und der weiss nichts davon? So ein Rindvieh! (er lacht schallend) T IER Na das wird ja ein angenehmes Erwachen geben! P RÄP (zum Tier) Geh so redt doch nicht so laut! (zu Elis) Sie Fräulein -- wissens, mit ihre hundertfünfzig Mark da hätt ich mir zwar mein Terrarium fürstlich ausbauen können -- und chinesische Schleierfische -B

40

B

12 16 23–24 23 39 39–41 41 41

DerN ] ] B(sie f Elisabeth)N ] BWürschtN ] BFräuleinN ] Bwissens f Schleierfische --N ] Bund f Schleierfische --N ] BSchleierfischeN ] B

B N

B

N

NN

[Wei] |Der| Leerzeile eingefügt

[(Essen, Trinken)] |(sie f Elisabeth)| Wü[t]|r|scht korrigiert aus: Fraäulein [E LIS ] |wissens f Schleierfische --| [aber] |und f Schleierfische --| korrigiert aus: schle[u]|i|erfische

126

N

B

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 34

Fassung der Szenen 41–45 („Bierkeller“)

Lesetext

E LIS Habens doch Mitleid mit mir! P RÄP Habens nur keine Angst, Sie -- wir sind ja auch keine Unmenschen! Nanana, ich sag nichts! Eine Liebe soll man nicht stören, das ist etwas Heiliges, besonders wenn der Bräutigam nichts davon weiss! Ein so ein Rindvieh! Liebe macht blind! T IER Und was das Fräulein betrifft erfinderisch. P RÄP Geh halts Maul, alte Hütten! Also einen schönen Gruss an Ihren Herrn Bräutigam unbekannterweise! Gehens nur zu, Fräulein! E LIS (wankt etwas -- hinaus) B

5

K1/TS17/A18 (Grundschicht)

N

10

15

20

25

Szene Nummer 44 T IER Du gefallst mir! Eigentlich sollt man ihr doch das sagen, denn das ist eine ganz grosse Gemeinheit! P RÄP Aber was? Was ist denn der ihr Bräutigam? T IER Ein Schupo! Das wird ja immer besser! Der wird Augen machen! P RÄP Komm, spiel aus! Man soll sich an dem Unglück seiner Mitmenschen nicht weiden! Szene Nummer 45 E LIS (kommt wieder und setzt sich) S IPO Warst aber lang weg. Die Würscht sind kalt und das Kraut ist gestockt. E LIS Ja. (Stille) S CHUPO Was gefällt Dir eigentlich an mir? B

N

\Textverlust\

4 20

B B

BräutigamN ] wiederN ]

korrigiert aus: Bräutiga korrigiert aus: wieder)

127

Fragm. Fassung der Szenen 41–45 („Bierkeller“)

5

10

K1/TS17/A20 (Korrekturschicht)

Lesetext

얍 lisabeth, die freundlich lächelt. B (Anmerkung: das Orchester BspieltN nun den BWalzerN bis Szene Nummer 42 auch nachdem jetzt der Buchhalter verschwunden ist.)N E LISABETH Das hätt ich jetzt aber ursprünglich nicht gedacht, dass Du mir weissen Flieder kaufen wirst. S CHUPO BMir hat das sofort eine innere Stimme gesagt. Und ich habe halt nicht locker gelassen, bis dass ich Dir Dein BMisstrauenN ausgetrieben habe.N E LIS Ich hab halt gedacht, dass Du BvielleichtN blasiert bist. S CHUPO Hast gedacht, so ein schneidiger Schupo, das ist ein leichtlebiger Falter? Der möchte nur eine mit viel Geld? Weit gefehlt! Ich hab lieber eine Frau, die von mir abhängt, als wie umgekehrt. E LIS Du bist halt ein Mann. S CHUPO Stimmt.

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 38

B N

15

B

Szene Nummer 42

N

Die Kellnerin bringt nun die Würscht und das Kraut und das Bier. S CHUPO Einen gesegneten -E LIS (ergänzt) Appetit. Jetzt muss ich aber nur noch einmal verschwinden -- Entschuldige! (sie erhebt sich) S CHUPO Tu Deinen Gefühlen nur kein Korsett an. E LIS (schrickt etwas zusammen) Wieso Korsett? S CHUPO (überrascht) Warum? 얍 (Stille) E LISABETH (lächelt) Entschuldige bitte, aber ich bin heute etwas nervös -- (sie will verschwinden, während der Schupo schon seine Würscht verzehrt -- da erblickt der kartenspielende Tierpfleger Elisabeth) B

20

B

25

N

N

B

B

N

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 39

N

30

Szene Nummer 43 T IERPFLEGER Jessas Deine hundertfünfzig Mark! P RÄPARATOR Was? Wo? 2–3 2 2 6–7

(Anmerkung f ist)N ] spieltN ] BWalzerN ] BMir f habe.N ]

(Anmerkung f ist)

B

x

B

korrigiert aus: speilet korrigiert aus: a.Walzer (1) Aber ich habe halt nicht locker gelassen, weil mir das sofort eine innere

7 8 14 15 18 21 25–28

B

26

B

MisstrauenN ] vielleichtN ] B N] BSzene Nummer 42N ] Bnun f Bier.N ] BerhebtN ] B(Stille f Elisabeth)N ] B

bitte, aberN ]

Stimme gesagt hat -- ja ursprünglich, da warst Du schon reichlich misstrauisch zu mir (2) Mir f habe. korrigiert aus: Mistrauen korrigiert aus: vielleich6 [(Anmerkung f ist)]fx korrigiert aus: 42 eingefügt, vgl. K1/TS17/A18/BS 39 e [3b], Bl. 33 korrigiert aus: erhbet (1) || [E LIS ] |(Stille) [S CHUPO ] |E LIS (lächelt) Entschuldige bitte[{,}] |,| ich bin heut etwas nervös – (sie will verschwinden, während der Schupo schon seine Würscht verzehrt – als|| (2) (Stille f Elisabeth) bitte\,/ [--] |aber|

128

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 38

Fragm. Fassung der Szenen 41–45 („Bierkeller“)

B

N

N

B

10

N

B N

B

15

Lesetext

T IER Hinter Dir! P RÄP (dreht sich um und starrt sie an) (Stille) P RÄP (grinst) Ja wen sehen denn meine Auglein? Sinds schon heraus aus dem Zuchthaus? E LIS So seins doch still, um Gotteswillen! T IER Das geht Sie garnichts an! E LIS Aber da drüben sitzt doch mein Bräutigam und der braucht doch nichts wissen davon! P RÄP Bräutigam? E LIS Ja. T IER Wo? (er erhebt sich und pfeift leise durch die Zähne) Der Polizist dort vielleicht? E LIS Ja. P RÄP Was? Ein Polizist? (Stille) T IER Und der weiss nichts von Ihrem sauberen Vorleben? Na gute Nacht ! P RÄP (lacht schallend) Ein so ein Rindvieh! Jetzt weiss der garnichts davon – Liebe macht halt blind! T IER Eine saubere Polizei haben wir ja da! Ein Saustall ist das im Staat! Da zahlts Steuern und Steuern -E LIS (unterbricht ihn) So habens doch Mitleid mit mir -P RÄP (unterbricht sie) Habens nur keine Angst, Sie -- wir sind doch keine UnIch hätte mir zwar mit Ihren 150 Mark 얍 mein Terrarium menschen! direkt fürstlich ausbauen können, aber ich verzicht auch auf die siameB

5

K1/TS17/A20 (Korrekturschicht)

N

B N

B

N

20

B

N

B

B

N

B

B

N

N

B B

N

B

N

N

B N

N

B

B N

B

B

N

B

N

B

N

umN ] (grinst)N ] BgarnichtsN ] B N] BdortN ] B N] BP RÄP f T IER N ] BsaubereN ] BjaN ] BEin f Staat!N ] BEinN ] BSaustallN ] BSteuernN ] BSteuernN ] B N] B(unterbricht ihn)N ] BSie --N ] BdochN ] B N]

N

B N

B

N

B

N

B N

B

N

B

N

N

B

2 4 7 7 12 16 17–19 19 19 19 19 19 20 20 20 21 22 22 23

B

korrigiert aus: um)

B

23 23 23 23 23 23 23 24 24 24–130,1

B

\(grinst)/ \gar/nichts [Aber schon rein garnicht!] korrigiert aus: dor [\{Strumpf}/] \P RÄP f T IER / [feine] |saubere| [\{j}/] |ja| [Das müssten sich die Steuerzahler mal überlegen!] |Ein f Staat!| korrigiert aus: Eine [Ordnung] |Saustall| [S]|S|teuern [S]|S|teuern [und dann eine solchene Polizei!] \(unterbricht ihn)/ [[f]|F|räulein!] |Sie --| [ja] |doch| [Neineinein, ich sag nichts -- eine Liebe soll man nicht stören, das ist etwas heiliges -- obwohl] [i]|I|ch \hätte/ \zwar/ [die bewussten] |Ihren| [jetzt] [T]|T|errarium [hätt] |direkt| [sogar chine --] [auch] |auch| [chinesischen] |siamesischen|

IchN ] hätteN ] BzwarN ] BIhrenN ] B N] BTerrariumN ] BdirektN ] B N] BauchN ] BsiamesischenN ] B

129

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 40

Fragm. Fassung der Szenen 41–45 („Bierkeller“)

K1/TS17/A20 (Korrekturschicht)

Lesetext

sischen Schleierfische. (er lacht wieder) Das wird ja für Ihren Herrn Bräutigam ein feines Erwachen geben! So ein Rindvieh! Geh sagens ihm unbekannterweise einen schönen Gruss -- (zum Tierpfleger ) Spiel aus, alte Hütten! Du bist dran! N

B

B

N

B N

B

N

NN

B

N

B N

B N

B

B N

N

B

B

N

B

N

B

N

5

Szene Nummer 45 Elisabeth verschwindet nun nicht -- langsam dreht sie sich wieder um und geht zu ihrem Bräutigam und setzt sich still. S CHUPO Das hat aber lang gedauert . Wars Dir denn schlecht? E LIS Etwas. S CHUPO Doch nichts besonderes -E LIS Wieso? (Stille) S CHUPO Hoffentlich. Ich hab nämlich immer achtgegeben. E LISABETH Achso. (Stille) S CHUPO Komm iss. Die Würscht sind schon kalt und das Kraut ist gestockt. E LIS (isst mechanisch) Ich habe neulich gelesen, dass es in zwanzig Jahren nurmehr vierzig Millionen Deutsche geben wird. S CHUPO Das sind alles nur Mutmassungen . E LIS Nein. Das ist Statistik. Amtliche Statistik. S CHUPO Amtlich? B

N

B

10

N

B

N

B

15

N

B N

B

20

N

B

B N

N

B

N

\Abbruch der Bearbeitung\

1 1

B

Schleierfische.N ] ]

B N

1 1 1 1–2 2 2 2 2 2 2 3 8 9 11 14 17

B

18 18 20 20

B

(er f wieder)N ] DasN ] BfürN ] BIhren f BräutigamN ] BBräutigamN ] Bgeben!N ] B N] B N] B N] BSoN ] BTierpflegerN ] Bstill.N ] BDas f gedauertN ] BDoch nichtsN ] BIchN ] B N] B

(isst mechanisch)N ] neulichN ] B N] BMutmassungenN ] B

korrigiert aus: Schleierfische\,/ [-[aber] |denn man soll| eine Liebe [ist] |nicht stören, weil das| etwas heiliges \ist/!] [\(er lacht wieder)/] |(er f wieder)| [Na] [|Na|] [d]|D|as eingefügt

Ihren f Bräutigam!

x

korrigiert aus: Bräutigam! korrigiert aus: geben gestrichen: für

[Ihren f Bräutigam!]fx [(er lacht)] [Ein] [so]|So| korrigiert aus: Tierpfelger korrigiert aus: still) [Warst aber lang weg] |Das f gedauert| korrigiert aus: Dochnnichts [I]|I|ch [Wir sind ja schon eh vielzuviel Leut auf der Welt. E LIS Die Welt könnt aber dreimal soviel ernähren. S CHUPO Können schon, aber wollen nicht.] \(isst mechanisch)/ \neulich/ [leider] korrigiert aus: Mutnassungen

130

Fragm. Fassung der Szene 45 („Bierkeller“)

K1/TS17/A23 (Korrekturschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

10

얍 Elisabeth verschwindet Bnun langsam. Jetzt erscheint wieder die Frau BAmtsgerichtsrat.N F RAU Du August. Komm bitte mit, Du hast doch den BSchlüssel.N R ICHTER Jawohl, Hermine? Frau Du hast doch den Schlüssel. Ich kann nicht zuhaus ohne Dich. B (Stille)N R ICHTER (grinst) Wie war denn die Mickymaus? F RAU Lustig. (Stille) R ICHTER B N Ich trink nur noch mein Bier aus. F RAU (setzt sich)N \Abbruch der Bearbeitung\

2–12

2–3 4 7 11

B

nun f sich)N ]

Amtsgerichtsrat.N ] Schlüssel.N ] B(Stille)N ] B N] B B

(1) nicht, sondern dreht sich langsam wieder um und setzt sich still zu ihrem

Bräutigam. S CHUPO Das hat aber lang gedauert. Wars Dir denn (2) nun f sich) korrigiert aus: Amtsgekorrigiert aus: Schlüssel \(Stille)/ [Setz Dich nur her]

131

ÖLA 3/W 27 – BS 39 e [3b], Bl. 45

Fragm. Fassung („Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“)

K1/TS18 (Grundschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

10

얍 A RBEITERFRAU Sie müssten halt zur Invalidenversicherung. I NVALIDER Invalidenversicherung sagt, das geht ihnen BnichtsN an, das geht die BBerufsgenossenschaftN was an, Berufsgenossenschaft sagt, meine Füsse wären vor dem Unfall auch schon schlecht gewesen, weil ich vorher schon Krampfadern und Plattfüss gehabt Bhätte --N und der Herr Sachverständige hat B N es mir in das Gesicht hinein gesagt, ich könnt schon längst ohne Stock promenieren, wenn ich nur möchten tät! Bravo! B UCHHALTER Warens denn schon beim Spruchausschuss? I NVALIDER Die haben es ja bestätigt, dass mich die Berufsgenossenschaft von sechzig auf vierzig Prozent heruntergesetzt hat -- das haben mir die ja direkt in das Urteil hineingeschrieben, dass bei dem Beschwerdeführer der Anreiz fehlen täte, weil er vorher beim Arbeiten auch nicht recht viel mehr verdient hätt, als wie jetzt mit der Rente!

ÖLA 3/W 35 – BS 39 h [2], Bl. 1

15

Szene Nummer 4

20

Nun verstummt alles und rührt sich nicht, denn ein Schupo (Alfons Klostermeyer) geht langsam vorbei und beachtet scheinbar keine Seele.

Szene Nummer 5 25

E LLI (sieht dem Schupo nach) Der Herr General -B UCHHALTER Einzahlen und nichts rausgezahlt kriegen , das kennen wir schon. M ARIA Bei mir ist das noch schlimmer. Ich hab vier kleine Geschwister und das fünfte ist unterwegs, aber weil mein Vater in der Woch vierzig Mark heimtragt, ziehens mir sogar noch etwas ab. I NVALIDER Alles Schwindel! E LISABETH Mir wollen die auch nichts geben, weil mein Vater noch etwas verdient. 얍 B UCHHALTER Was ist er denn Ihr Vater? E LISABETH Versicherungsinspektor. Entschuldigens, aber jetzt muss ich lachen -- (sie lacht) A RBEITERFRAU Warum lachst denn da, damische Gretl? E LISABETH (hört plötzlich auf) A RBEITERFRAU So geh halt heim! E LISABETH Nein! A RBEITERFRAU Nacher bist selber schuld! Hat einen Inspektor zum Vater -B

30

B

35

N

B

B

3 3–4 6 6 26 31 36 39

N

N

N

nichtsN ] nicht[d]|s| BerufsgenossenschaftN ] Beru[g]|f|sgenossenschaft Bhätte --N ] korrigiert aus: hätte-- fehlende Leerzeichen zwischen Wörter und Satzzeichen werB B

] BkriegenN ] BwollenN ] BplötzlichN ] BNacherN ] B N

den in K1/TS18 stillschweigend ergänzt; vgl. Chronologisches Verzeichnis. gestrichen: s

k[ire]|rie|gen w[i]|o|llen pl[ä]|ö|tzlich vermutlich bewusst gesetzte Dialektalform

132

ÖLA 3/W 35 – BS 39 h [2], Bl. 2

Fragm. Fassung („Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“)

10

N

B

N

B

15

20

B

N

N

B

25

Lesetext

E LISABETH (unterbricht sie) Versicherungsinspektor ! A RBEITERFRAU Ist ja wurscht! E LISABETH (grinst) Oho! B UCHHALTER Dummheit und Stolz wachsen auf einem Holz. A RBEITERFRAU Hat ein zuhause und nützt es nicht aus! E LISABETH Bei mir hat das einen bestimmten Grund. A RBEITERFRAU Hast denn gar was angestellt? E LISABETH (lächelt unsicher) Sieht man es mir denn an? (Stille) B UCHHALTER Ist denn das nicht auch eine Ungerechtigkeit, dass immer nur die bevorzugt werden, die wo viele Kinder haben? Wenn da drin ein Aushilfsposten frei wird, dann heisst es gleich: wieviele Kinder haben Sie? I NVALIDER Es müsst halt einfach Kinder geben, die man sich zum Leihen nimmt. Kinderverleihanstalt, das wär noch ein neuer Beruf! A RBEITERFRAU Wenns da drin nach die Kinder ging, dann wär ich heut der Herr von Krupp! I NVALIDER Wie das? A RBEITERFRAU Dann verrecket ich ja vor lauter Gold! M ARIA Ein schöner Tod. B UCHHALTER Tot ist tot! 얍 A RBEITERFRAU Und aus ist aus! So und jetzt geh ich -- zu meine Wiener Schnitzl! B UCHHALTER Mit Gurkensalat! (ab mit der Arbeiterfrau) B

5

K1/TS18 (Grundschicht)

N

Szene Nummer 6 I NVALIDER (ruft den beiden nach) Unser täglich Brot gib uns heute! (er setzt sich auf den Sockel des Vorgartengitters und spielt für sich auf seiner Mundharmonika -langsam fängt es bereits an zu dämmern) B

N

30

Szene Nummer 7

35

Eltz verlässt das Wohlfahrtsamt. Noch ist er modern gekleidet, aber bereits etwas mitgenommen. E LLI (erblickt ihn) Na endlich! E LTZ (dicht bei Elli) Die wollen auch immer herausbringen, ob ich eine Nebenbeschäftigung habe. Aber ich sag es doch denen nicht, dass ich nebenbei zehn Mark in der Woche verdiene, sonst ziehen sie es mir ja auch noch von der Unterstützung ab -- und von dem Chef, wo ich bin, kriegen sie es auch nicht heraus, weil wenn der Chef nämlich einen anderen hätt, müsst er ja das Vierfache bezahlen. B

40

1 1 11 15 21 28 37

N

E LISABETH N ] korrigiert aus: E LISABETH ! VersicherungsinspektorN ] korrigiert aus: Versiccherungsinspektor BdaN ] da[d] Bnach f KinderN ] vermutlich bewusst gesetzte Dialektalform BmeineN ] meine[r] BVorgartengittersN ] V[r]|o|rgartengitters BauchN ] korrigiert aus: a[u]|c|h B B

133

ÖLA 3/W 35 – BS 39 h [2], Bl. 3

Fragm. Fassung („Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“)

Lesetext

I NVALIDER (hatte dies gehört) Bravo, junger Herr! Wenn das ein jeder so machen tät, dann tät ja zum Schluss überhaupt nichtsmehr bezahlt werden! E LTZ Was will ich denn machen? Der Chef nützt das aus, dass ich schwarz arbeit! Rühr ich mich, dann sagt er doch: Bitte dort ist die Türe, wenn es Ihnen nicht passen sollte! I NVALIDER (intoniert auf seiner Mundharmonika einige Takte der Internationale) B

5

K1/TS18 (Grundschicht)

N

얍 Szene Nummer 8

ÖLA 3/W 35 – BS 39 h [2], Bl. 4

10

15

Und nun erblickt Eltz Elisabeth -- auch sie erblickt ihn, will ihn aber nicht erkennen. Sie fixieren sich und der Invalide spielt sich nun bereits wieder etwas Sentimentales. E LTZ (schiebt Elli bisschen beiseite; leise) Komisch. Wir kennen uns doch -- wenn mich nicht schon alles täuscht -E LISABETH Das täuscht. E LTZ (lächelt) Aber dann funktionierte die Oelzufuhr nicht -E LLI So komm doch! E LTZ Komisch. Und dann hatten wir garkeine Panne nicht -E LLI Was hast denn? (sie zieht ihn mit sich fort)

20

Szene Nummer 9

25

30

35

40

45

Jetzt dämmert es bereits stark. Maria setzt sich neben Elisabeth auf den Sockel des Vorgartengitters. M ARIA Habens den Menschen gekannt? E LISABETH Nein. M ARIA Das ist ein früherer Akademiker -- aber dann hat er sein Studium aufhören müssen, weil seine Eltern über Nacht alles verloren haben. Die waren reich! Sogar ein Auto hat er gehabt. E LISABETH Ich will nichtmehr erinnert werden! (Stille) M ARIA Was habens denn angestellt? E LISABETH Nichts. M ARIA Aber eingesperrt hat man Sie doch? E LISABETH (schweigt) M ARIA Mir könnens das ruhig sagen -- ich weiss, wie das kommt. Das sind lauter so kleine Paragraphen, aber Du bleibst hängen -- Du weisst eigent-얍lich garnicht, was los war und schon ist es aus. Schauns, meinem Vater habens gleich vierzehn Tag hinaufgehaut, weil er da paar Bretter vom Bauplatz gestohlen hat -die sind halt so dagelegen und in unserer Holzhütten, da hat es in die Betten hineingeregnet. Wenn man schon etwas anstellt, dann müsst es sich aber auch rentieren tun. E LISABETH (schweigt noch immer -- es ist inzwischen Nacht geworden und die beiden Fräuleins sitzen nun in dem Lichte, das aus den Fenstern des Wohlfahrtsamtes herausstrahlt, und zwar sitzen sie allein, denn auch der Invalide ist bereits gegangen) B

2 40

B B

nichtsmehrN ] BauplatzN ]

nicht\s/mehr Bauplat[h]|z|

134

N

ÖLA 3/W 35 – BS 39 h [2], Bl. 5

Fragm. Fassung („Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“)

5

B

N

N

B

15

B

20

25

30

Lesetext

M ARIA Warens schon mal verheiratet? E LISABETH Nein. (Stille) E LISABETH Wissens, mein Vater und ich, wir sind zwei verschiedene Personen. Zum Beispiel wie ich das Licht der Welt erblickt habe, da war er ganz ausser sich, dass ich nur ein Mädel bin. Und das hat er mir dann fortgesetzt nachgetragen. Dabei hat er aber Allüren wie ein Weltmann. Wenn meine Mutter nicht schon tot wär, die könnt darüber so manches trübe Lied zum Besten geben. Alle Männer sind krasse Egoisten. M ARIA Bei Ihnen ist halt der Richtige noch nicht gekommen. E LISABETH Möglich. M ARIA Der kommt ganz überraschend. Wenn man garnicht denkt. (Stille) E LISABETH Mir ist von zehntausend Männern höchstens einer sympathisch . M ARIA Das schon. E LISABETH Und dann bin ich hernach immer zwei Tag lang tot. M ARIA Dann haben Sie es aber schwer als Frau. E LISABETH Ich hab immer selbstständig sein wollen -- so mein eigener Herr. 얍 M ARIA Das geht nicht. (Stille) M ARIA Ich hätt ja nichts dagegen, wenn mich einer heiraten tät. Nur schlagen dürft er mich nicht -- (sie erhebt sich) Geh kommens mit! Schaun wir mal da vor in das blaue Schiff! Da sitzt schon einer drin, der uns ein Schinkenbrot kauft! E LISABETH Also nur das nicht! M ARIA So seiens doch nicht so feig! Habens denn keinen Hunger? Sinds fesch und kommens mit! (Dunkel) B

10

K1/TS18 (Grundschicht)

N

N

Szene Nummer 10 Das Orchester spielt nun den Gassenhauer „Wenn die Elisabeth nicht so schöne Beine hätt“ -- bis Szene Nummer 13.

35

Szene Nummer 11

40

Neuer Schauplatz: Im blauen Schiff. Elisabeth und Maria sitzen mit Pascha und dem Baron mit dem Trauerflor in einer Nische -- alle sind schon ziemlich heiter vom Alkohol. Die beiden Fräuleins tanzen gerade miteinander und Pascha singt mit der Musik vor sich hin: „Wenn die Elisabeth nicht so schöne Beine hätt“ -Ausser diesen Herrschaften ist keine Seele zu sehen. 7 8 14 16

wieN ] die könntN ] BsympathischN ] BhernachN ] B B

wie[e] die[e]könnt sympath[s]|i|sch [n]|h|ernach

135

ÖLA 3/W 35 – BS 39 h [2], Bl. 6

Fragm. Fassung („Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“)

5

K1/TS18 (Grundschicht)

Lesetext

Rechts der Ausgang, mit einem Stoffvorhang im Halbkreis vor der Türe, zu der einige Treppen fast halbstockhoch hinaufführen. Neben der Treppe ein Piano. Von oben hängt ein beleuchtetes blaues Schiff herab als einziges Licht. Mitternacht. 얍 Szene Nummer 12

10

15

20

ÖLA 3/W 35 – BS 39 h [2], Bl. 7

M ARIA (umarmt plötzlich heftig Elisabeth -- die Musik bricht ab mitten im Takt -- und gibt ihr einen längeren herzhaften Kuss) E LISABETH (reisst sich von ihr los und stürzt an den Tisch) Mein Schinkenbrot! Mein Schinkenbrot! B ARON Aber ich habe doch nur genascht! P ASCHA Noch ein Schinkenbrot! Noch zwei Schinkenbrot! M ARIA Drei Schinkenbrot! B ARON Vier Schinkenbrot! Lächerlich! Prost Ihr Mädchen! (Anmerkung: wenn die Herrschaften nun bestellen, kommt natürlich keine Seele, um ihnen etwas zu bringen. Nach wie vor bestellen die Herrschaften sozusagen alles in das Leere und bleiben konstant ohne Antwort)

Szene Nummer 13 25

P ASCHA (zu Maria) Doch Du bist schon richtig -- auch Deine fremde Freundin da. B ARON Fremd ?! Wir beiden Hübschen kennen uns doch schon seit Erschaffung der Welt! Nur fällt einem dieser prägnante Zustand leider lediglich ab und zu ein und auf -- man vergisst es eben immer wieder, besonders wenn man sich trifft im Leben irgendwo -- na sagen wir mal: vor afrikanischen Antilopen! E LISABETH (mit vollem Munde) Vielleicht. B ARON (lächelt malitiös) Ursprünglich wollten Sie ja Ihre werte Leiche verkaufen -E LISABETH (hört auf zu kauen und starrt ihn böse an) P ASCHA Die Leiche? B ARON Absurde Idee! E LISABETH Also wenn Sie wieder so anfangen, dann verlier ich die ganze Stimmung! 얍 B ARON Pardon! P ASCHA War doch nicht böse gemeint! B ARON War doch nur die Wahrheit -M ARIA (mit vollem Munde) Wahrheit?! Wenn Du nicht artig bist, dann pass aber auf, Burschi! Pass nur auf, Burschi! B ARON Wauwau! B

N

B

B

30

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40

B

26 27 27 28 35

FremdN ] prägnanteN ] BeinN ] BvergisstN ] BSieN ] B B

N

B

N

N

N

Fr[m]|e|md prägnante[e] [u]|e|in [g]|v|ergisst S[e]|i|e[e]

136

ÖLA 3/W 35 – BS 39 h [2], Bl. 8

Fragm. Fassung („Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“)

K1/TS18 (Grundschicht)

E LISABETH Burschi? Aber das war doch der Rehpintscher von dem Herrn Präparator -M ARIA Ist ja garnicht wahr! Das ist doch der Burschi! Wie sagt der brave Hund? B ARON (bellt) M ARIA Gassi-Gassi? B ARON (hebt die Hände, wie dem Präparator sein Burschi die Pfoten, wenn er Männchen gemacht hat) M ARIA Wer hat Dich denn zu einem Menschen gemacht? Hopp! (sie wirft ihm ein Stück Zucker zu) B ARON (fängt es mit dem Munde auf und knurrt) M ARIA Friss! B ARON Wau! M ARIA Kusch Dich! B ARON (erhebt sich, nimmt wieder Haltung an und ergreift sein Glas) Sehr zum Wohle allerseits! (Stille) B

5

10

15

Lesetext

N

Szene Nummer 14 20

Keine Seele prostet mit dem Baron. Die beiden Fräuleins essen weiter ihre Schinkenbrote und Pascha setzt sich an das Piano. Jetzt spielt er und singt leise den Refrain mit: „Dein Mund sagt nein, doch Deine Augen sagen ja“ -25

얍 Szene Nummer 15

30

ÖLA 3/W 35 – BS 39 h [2], Bl. 9

B ARON (plötzlich) Pascha! P ASCHA (hört auf zu spielen) Ja? B ARON (steht auf) Dürfte ich Sie auf einen Moment bitten -P ASCHA (folgt dem Baron etwas erstaunt in die äusserste Ecke)

Szene Nummer 16 35

E LISABETH Pascha ? Ist denn das ein Araber? M ARIA Nein. Da hast ja noch ein Schinkenbrot. Friss! B

40

45

N

Szene Nummer 17 B ARON O nur eine Kleinigkeit! Vielleicht zehn Mark -P ASCHA Aber bitte! B ARON Danke! Heutzutag ist das keine Schmach, wenn man kein Geld hat -- (er bestellt) Vier Kirsch! Vier doppelte Kirsch! (Stille) 1 36

B B

RehpintscherN ] PaschaN ]

gemeint ist: Rehpinscher

Pasc[a]|h|a

137

Fragm. Fassung („Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“)

K1/TS18 (Grundschicht)

Lesetext

Szene Nummer 18 5

10

15

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25

M ARIA Pascha! Die fragt mich da, ob Du ein Araber bist! P ASCHA Warum? M ARIA Halt wegen Deinem Spitznamen! P ASCHA (nähert sich wieder dem Tisch) Ich heisse Pascha, weil ich eben ein Pascha bin. Fata morgana, Gummi arabicum! Tausend und eine Nacht! B ARON Mitternacht! Sehr vorteilhaft! Jetzt kommt Ihr alle zu mir! Ich bin nämlich Witwer, meine Damen! M ARIA (lacht) Strohwitwer! B ARON Nein! Korrekter Witwer! (Stille) 얍 P ASCHA Los! Er hat nämlich eine Fünfzimmerwohnung -B ARON Weil ich mir gesagt habe: Mensch, nimm Dir eine Fünfzimmerwohnung, denn man will sich doch Familie gründen! Aber ich habe keine Kinder!! P ASCHA (streichelt Elisabeth und grinst) Lasset die Kleinen zu mir kommen -B ARON Der Dirne lass ich die Wege nicht frei, halli und hallo! Wauwau! E LISABETH Ich geh nicht mit. M ARIA So sei doch nicht so feig! E LISABETH Nein. Aus Prinzip nicht. B ARON Aus was für Prinzip nicht? E LISABETH Aus Selbsterhaltungsprinzip. P ASCHA Aber unsere Schinkenbröter, die kannst fressen, was?! Das stört Deine Selbsterhaltung nicht, ha?! B ARON (gehässig) Leider! P ASCHA Ist ja auch wahr! Eine Gemeinheit ist so etwas! Eine aalglatte Gemeinheit!! B

N

30

Szene Nummer 19

35

Die Herren cand. med. Schmidt, v. Müller und Vetterle traten bereits rasch ein und erblickten Pascha. Sie stockten einen Augenblick -- nun geht Schmidt schnurstracks die Treppen hinunter auf Pascha zu. Vetterle folgt ihm etwas langsamer -- v. Müller bleibt zunächst noch droben.

Szene Nummer 20 40

V.

45

M ÜLLER Herr Prantl! P ASCHA (erschrickt und wendet sich hastig um -- erblickt Schmidt und Vetterle, die ihn fixieren; er lächelt verlegen) Ach, Ihr seid das -S CHMIDT Ja. (Stille)

5

B

M ARIA N ]

korrigiert aus: Maria!

138

ÖLA 3/W 35 – BS 39 h [2], Bl. 10

Fragm. Fassung („Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“)

10

15

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N

얍 Szene Nummer 21

ÖLA 3/W 35 – BS 39 h [2], Bl. 12

Die Herren cand. med. Schmidt, v. Müller und Vetterle verprügeln nun Pascha, dabei fällt der Tisch um und die Stühle -- das Glas klirrt. Elisabeth rettet sich ein halbes Schinkenbrot. In der Tür erscheint ein Schupo (Alfons Klostermeyer). 35

Szene Nummer 22

40

S CHUPO Polizeistunde! V. M ÜLLER Weg! Ab!

4 22

B B

ÖLA 3/W 35 – BS 39 h [2], Bl. 11

N

B

25

Lesetext

P ASCHA (wird unsicher) Was habt Ihr denn? Was wollt Ihr denn da von mir -얍 V ETTERLE Wir sind im Bilde. P ASCHA In was für einem Bilde -S CHMIDT Sie kennen den Fall. P ASCHA Ich? Sie? Wieso per Sie? S CHMIDT Sie wissen genau Bescheid. P ASCHA (schreit) Wieso per Sie? Seid Ihr wahnsinnig geworden?! V. M ÜLLER Halten Sie Ihren Mund Sie! (er steigt langsam die Treppen herab) (Stille) S CHMIDT Sie haben gestohlen. V ETTERLE Vierzehn Mark. S CHMIDT Sie haben aus meinem Paletot gestohlen. P ASCHA Nein! S CHMIDT In der Garderobe der Anatomie! Heraus mit dem Geld! (Stille) V ETTERLE Wirds bald? P ASCHA (grinst verzweifelt) Ich habe es aber nichtmehr, meine Herren -(Stille) S CHMIDT Schwein. P ASCHA Danke -B ARON (empfiehlt sich mit Maria auf französisch durch einen hinteren Ausgang) V. M ÜLLER (geht langsam auf Pascha zu, hält vor ihm und schlägt ihm plötzlich mit der Faust ins Gesicht) P ASCHA (torkelt zurück und reisst die Tischdecke mit sich herunter) Au! S CHMIDT Drauf! P ASCHA Schufte! Alle gegen einen! V ETTERLE Selber Schuft! B

5

K1/TS18 (Grundschicht)

SieN ] plötzlichN ]

[i]|S|ie plötz[ä]lich

139

Fragm. Fassung („Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“)

K1/TS18 (Grundschicht)

Lesetext

Szene Nummer 23

5

Die Herren cand. med. Schmidt, v. Müller und Vetterle verschwinden durch einen hinteren Ausgang. Pascha ist blutig geschlagen und sein Anzug ist zerrissen. Er zieht sich rasch seinen Mantel an, setzt den Hut auf und steigt an dem überraschten Schupo vorbei die Treppen empor und ab durch die Türe.

Szene Nummer 24 10

15

20

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30

35

40

S CHUPO (sieht Pascha erstaunt nach und bewundert dann das zerschlagene Mobiliar) Wie sieht denn das hier aus? Was hat sich denn da abgespielt? E LISABETH Nichts. S CHUPO Nichts? (Stille) E LISABETH Was starrens mich denn so an? S CHUPO Sie erinnern mich. E LISABETH An mich? S CHUPO Nein. Sondern an eine liebe Tote von mir. 얍 (Stille) E LISABETH Möglich, Herr General. S CHUPO (gekränkt) Ich bin kein General. (Stille) S CHUPO Sie haben die Polizei nicht gern? E LISABETH Nein. S CHUPO Schad. (Stille) E LISABETH So seins doch nicht so spöttisch zu mir. S CHUPO Jetzt verkennens mich aber ganz, Fräulein. Ich bin nicht so, sondern ganz anders und Sie erinnern mich. E LISABETH (spöttisch) An irgendeine Tote? (Stille) S CHUPO (sieht sich um) So Raufereien sind kein Kinderspiel. Sie können ja von Glück reden, dass Sie nicht verletzt worden sind. Häufig setzen sich dann so Raufereien auf der Strasse noch fort. Passens nur auf, Fräulein! Welche Richtung gehens denn jetzt? E LISABETH Wollens mich gar begleiten? S CHUPO Vielleicht vertragt sich die Richtung mit meinem Dienst. (Stille) E LISABETH Ich geh schnell. S CHUPO Sie können schnell gehen, aber ich kann auch schnell gehen. (Dunkel)

140

ÖLA 3/W 35 – BS 39 h [2], Bl. 13

Fragm. Fassung („Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“)

K1/TS18 (Grundschicht)

Lesetext

Szene Nummer 25 Das Orchester spielt nun „Dein Mund sagt nein , doch Deine Augen sagen ja“ -- bis Szene Nummer 27. B

5

Szene Nummer 26 \Textverlust\

3

B

neinN ]

korrigiert aus: neine

141

N

Fragm. Fassung („Elisabeths möbliertes Zimmer“)

K1/TS21/A2 (Grundschicht)

Lesetext

\Textverlust\

얍 Szene Nummer 51

ÖLA 3/W 38 – BS 39 i [2], Bl. 6

Das Orchester spielt nun das Schmeichelkätzchen -- bis Szene Nummer 53. 5

Szene Nummer 52

10

Neuer Schauplatz: Elisabeths möbliertes Zimmer. Der Schupo (Alfons Klostermeyer) liegt in Unterhosen im Bett und döst vor sich hin. Elisabeth kocht Cafe und betrachtet ab und zu den weissen Flieder, der in einer Vase neben dem Spirituskocher steht. Draussen scheint die Oktobersonne, aber die Gardinen sind halb heruntergelassen und das ganze ist ein Bild des glücklichen Friedens zweier liebender Herzen. B

15

N

Szene Nummer 53 20

E LISABETH (riecht an dem weissen Flieder) Wie lang, dass der sich hält. Schon fünf Tage. S CHUPO Krieg ich noch ein Küsschen? E LISABETH Ja. S CHUPO Ist der Cafe bald fertig? E LISABETH Sofort. S CHUPO (nimmt die Kopfhörer vom Nachtkastel und legt sie sich an) Stramm! Schneidig! -- (er summt den Radetzkymarsch mit, den die Militärmusik im Radio gerade spielt) E LISABETH Du Alfons -- gestern abend war das eine wunderbare Opernübertragung. Aida. S CHUPO (legt die Kopfhörer wieder auf das Nachtkastl) Hast mich also garnicht vermisst? E LISABETH Aber Alfons! S CHUPO Krieg ich noch ein Küsschen? 얍 E LISABETH Hier hast den Cafe -- (sie bringt ihm eine Tasse) Und hier hast das Küsschen -- (sie gibt es ihm und setzt sich auf den Bettrand) S CHUPO (geniesst den Cafe ) Ich bin ja nur froh, dass es schon heute ist -- Ständig erhöhte Alarmbereitschaft -- gut, dass die blöden Wahlen vorbei sind! Erst vorgestern Nacht habens wieder einen Kameraden von mir erschossen. E LISABETH Wer denn? S CHUPO Man weiss es nicht. Die Kommunisten. (Stille) B

25

B

30

35

N

N

B

B

N

N

B

40

12 24 26 35 37 38

CafeN ] CafeN ] B(nimmtN ] BCafeN ] BCafeN ] BblödenN ] B B

gemeint ist: Kaffee gemeint ist: Kaffee

[ni] |(nimmt| gemeint ist: Kaffee gemeint ist: Kaffee

[B]|b|löden

142

N

ÖLA 3/W 38 – BS 39 i [2], Bl. 7

Fragm. Fassung („Elisabeths möbliertes Zimmer“)

5

K1/TS21/A2 (Grundschicht)

Lesetext

S CHUPO Wirst schon sehen, das wird kein gutes Ende nehmen mit den Kommunisten. Eines schönen Tages wird man sie noch alle erschiessen. Du wirst sehen, wir werden noch alle kommunistisch. E LISABETH Es müssen halt immer viele Unschuldige daran glauben. S CHUPO Das lässt sich nicht umgehen in einem geordnetem Staatswesen. E LISABETH Das seh ich schon ein, dass es ungerecht zugehen muss, weil halt die Menschen wilde Tiere sind -- aber es könnt doch auch ein bisschen weniger ungerecht zugehen. S CHUPO Also das ist Philosophie.

10

Szene Nummer 54

15

Jetzt klopft es an die Türe. Die zwei liebenden Herzen lauschen -- abermals klopft es, und zwar entschiedener. S CHUPO Pst! Niemand zuhause. E LISABETH Wer kann das sein?

20

Szene Nummer 55

25

S TIMME Aufmachen! Kriminalpolizei! E LISABETH Jesus Maria! S CHUPO Polizei? Und ich lieg da. Ausgerechnet Bananen! (er packt rasch sei-얍ne Kleidungsstücke und versteckt sich im Schrank)

Szene Nummer 56 30

Es klopft nun noch entschiedener an die Türe. S TIMME Kriminalpolizei! So machen Sie doch schon auf! E LISABETH (öffnet -- ein Herr betritt ihr möbliertes Zimmer. Es ist das ein Oberinspektor der Sittenpolizei)

35

Szene Nummer 57

40

45

H ERR Geduld bringt Rosen. Sind Sie das Fräulein Elisabeth Sterzinger? E LISABETH Ja. Warum? H ERR Sie wissen genau warum. E LISABETH Ich weiss garnichts. H ERR So Sie wissen garnichts -- (er schaut sich um) Ich habe Sie wohl im Schlaf gestört? E LISABETH Ich fühl mich nicht recht wohl -H ERR Sie sehen aber garnicht krank aus. E LISABETH Entschuldigens, aber schliesslich kann ich mich doch ins Bett legen, wann es mir passt. H ERR Es gibt allerdings Leute, die haben Nachtdienst und sind deshalb untertags ruhebedürftig. 143

ÖLA 3/W 37 – BS 39 i [1], Bl. 1

Fragm. Fassung („Elisabeths möbliertes Zimmer“)

5

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40

Lesetext

E LISABETH Wie meinen Sie das? H ERR (hält einen Sockenhalter hoch, den er auf dem Stuhl gefunden hat) So meine ich das. Fräulein pflegen wohl Sockenhalter zu tragen? (Stille) H ERR Sie wissen doch, dass wir uns interessieren wovon Sie leben. E LISABETH Das habe ich doch schon angegeben. H ERR Sie haben von der Polizei einen Unterkommensauftrag gekriegt, darauf 얍 steht, dass Sie sich innerhalb dreier Wochen um ein einwandfreies Unterkommen umsehen sollen. Verstehen Sie: einwandfrei. Aber Sie haben weder Arbeit, noch haben Sie nachgewiesen, dass Sie sich um eine solche bemüht haben. E LISABETH Was will man denn von mir? Man soll sich doch um die Leute kümmern, die kein Unterkommen haben! H ERR Keine Hetzreden bitte! Die Polizei ist doch kein Wohlfahrtsinstitut! Polizeiwidrig ist nicht, wer kein Unterkommen hat, polizeiwidrig ist nur, wer dadurch die öffentliche Ordnung gefährdet. E LISABETH Aber ich gefährde doch nicht die öffentliche Ordnung! H ERR Solange Sie sich nicht über Ihre Einkünfte ausweisen können, ist dies fraglich. Sie haben ja beim Arbeitsamt nicht einmal versucht, eine Arbeit zu erhalten. E LISABETH Warum denn auch? Ich krieg ja heut doch nichts. Für mich wird Gottseidank gesorgt. H ERR Eben diese freundliche Fürsorge interessiert uns. E LISABETH Das habe ich doch schon früher angegeben. Ich erhalte von meinem Bräutigam zwanzig bis fünfundzwanzig Mark in der Woche. Davon leben ich. H ERR Wer ist denn dieser Bräutigam? E LISABETH Aber das sind doch schliesslich Privatangelegenheiten. H ERR Die Polizei kennt keine Privatangelegenheiten, Fräulein. Sie nennen also den Namen nicht? E LISABETH Nein. H ERR Und warum nicht? (Stille) E LISABETH Weil ich meinem Bräutigam kraft seiner Position vielleicht schaden täte. H ERR (grinst) Hübsch, sehr hübsch -- Vielleicht sind bei diesen fünfundzwanzig Mark {auch} mehrere Bräutigame beteiligt. E LISABETH Das ist eine Unverschämtheit -얍 H ERR (unterbricht sie) Immer nur schön ruhig, Fräulein! (Stille) H ERR (betrachtet wieder den Sockenhalter) Wissen Sie, sich am hellichten Tag ins Bett legen, das ist schon reichlich anormal -- für meinen Geschmack. E LISABETH Ihr Geschmack interessiert mich nicht. H ERR Sie entschuldigen, wenn ich indiskret werde, aber wenn Sie mich schon für dumm halten -- (er öffnet plötzlich den Kleiderschrank und ist nicht überrascht einen Mann darin zu finden, aber dass dieser Mann ein Schupo in Unterhosen ist, der von seiner Uniform nur den Rock und Mütze anhat, scheint ihm etwas peinlich zu sein) B

35

K1/TS21/A2 (Grundschicht)

N

B

45

33 43

B B

mehrereN ] Mütze f scheintN ]

ÖLA 3/W 37 – BS 39 i [1], Bl. 2

mehre[e]|r|e [den Helm aufhat, ist] |Mütze f scheint|

144

N

ÖLA 3/W 38 – BS 39 i [2], Bl. 10

Fragm. Fassung („Elisabeths möbliertes Zimmer“)

K1/TS21/A2 (Grundschicht)

Lesetext

Szene Nummer 58 S CHUPO (steht stramm im Kleiderschrank) H ERR Sie hier? S CHUPO Es ist alles wahr, was das Fräulein gesagt hat, Herr Oberinspektor. (Stille) H ERR (zu Elisabeth) Bitte seien Sie so gut und lassens uns mal etwas allein -E LISABETH (zögert) S CHUPO (zu Elisabeth) Nur einen Augenblick bitte. E LISABETH Bitte -- (ab ) B

5

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B

N

N

Szene Nummer 59 15

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H ERR Hier verbringen Sie also Ihre freien Stunden. S CHUPO (ist aus dem Kleiderschrank heraus und zieht sich nun hastig an) Wenn ich eine Aufklärung geben darf, Herr Oberinspektor -- hier liegt bestimmt ein Irrtum vor. H ERR Irrtum?! Mensch, wie kommen Sie zu dieser Frau?! Wir haben sie doch 얍 im Auge, dass sie zu einer bestimmten Damenkategorie gehört! S CHUPO Damenkategorie? H ERR Und ob! (Stille) S CHUPO (lächelt) Aber nein, Herr Oberinspektor -H ERR Kennen Sie sie denn überhaupt? S CHUPO Kennen jawohl. H ERR Und wollen sie heiraten? S CHUPO Ich habe es vor, Herr Oberinspektor. H ERR Wo haben Sie sich denn kennen gelernt? S CHUPO Durch Zufall. H ERR Das alte Lied! S CHUPO (ist nun wieder angezogen) Aber das mit den zwanzig Mark stimmt genau, Herr Oberinspektor. H ERR Monatlich achtzig Mark! Sie sind doch auch nicht fürstlich bezahlt! S CHUPO Meine Eltern unterstützen mich. H ERR Was ist denn Ihr Vater? S CHUPO Schreinermeister. Herr Dann hätten Sie lieber Schreiner werden sollen. S CHUPO Wie verstehen das, Herr Oberinspektor? (Stille) H ERR Ich bedauere, aber Sie scheinen es nicht zu ahnen, wen Sie da an den Traualter führen wollen -- Ihre Braut hat doch wegen Betrug schon vierzehn Tage Gefängnis hinter sich. S CHUPO Betrug? B

35

40

3 10 32

N

B

[Schrank)] |Kleiderschrank)|

B

korrigiert aus: )ab korrigiert aus: angezogen) Aber

Kleiderschrank)N ] (abN ] Bangezogen) AberN ]

145

ÖLA 3/W 38 – BS 39 i [2], Bl. 11

Fragm. Fassung („Elisabeths möbliertes Zimmer“)

K1/TS21/A2 (Grundschicht)

Lesetext

H ERR Gefängnis. Abgesehen von einer Geldstrafe, die sie sich auch schon \Textverlust\ 얍 Elisabeth kommt wieder herein. Sie denkt es sich schon, dass jetzt alles aus ist. Stille.

ÖLA 3/W 37 – BS 39 i [1], Bl. 3

5

Szene Nummer 61

10

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S CHUPO Betrug und Gefängnis. Stimmts? E LISABETH Ja. (Stille) S CHUPO Warum hast Du mir denn das alles verschwiegen? E LISABETH So frag mich doch nicht so saudumm! (Stille) S CHUPO (steht stramm) Besten Dank, Herr Oberinspektor! H ERR Bitte bitte! S CHUPO (schlägt die Hacken zusammen und will ab) E LISABETH Halt! S CHUPO (hält) (Stille) E LISABETH Du Alfons. Zuvor -- wie Du da drin im Schrank warst, da hab ich Dich beschützen wollen. S CHUPO (grinst) Dass ich nicht lache. Du hast doch nur Dich selbst persönlich beschützen wollen. 얍 E LISABETH Nein uns. S CHUPO Nein Dich! Dich gegen mich! Ich kenn mich schon aus, Fräulein! (Stille) E LISABETH (grinst) Ich hab Dich halt nicht verlieren wollen, lieber Alfons -S CHUPO Du hast mich belogen und betrogen und das ist für mich der entscheidende Punkt. Dein entscheidender E LISABETH So lüg doch nicht so! Deine Karriere, das ist Punkt! S CHUPO Nein! Aber zuerst kommt die Pflicht und dann kommt noch lange nichts! Radikal nichts! (Stille) E LISABETH Du musst nichtmehr schrein, Alfons -S CHUPO Ich schrei ja garnichtmehr -- (er schlägt wieder die Hacken zusammen) Herr Oberinspektor! (rasch ab) B

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35

N

B

N

B

40

ÖLA 3/W 37 – BS 39 i [1], Bl. 4

N

Szene Nummer 62 얍 H ERR Also das war wirklich nicht notwendig von Ihnen, dem Mann seine Karriere so leichtfertig zu gefährden -E LISABETH Notwendig? Und meine Karriere? 16 30 36

HackenN ] ] BHackenN ] B

B N

korrigiert aus: Haken

[ist] korrigiert aus: Haken

146

ÖLA 3/W 38 – BS 39 i [2], Bl. 13

Fragm. Fassung („Elisabeths möbliertes Zimmer“)

5

10

15

20

K1/TS21/A2 (Grundschicht)

Lesetext

H ERR Sie wollen doch nicht behaupten, dass Sie unschuldig sind? 얍 E LISABETH O nein, das hab ich mir schon längst abgewöhnt. So sagens mir doch, was ich jetzt tun soll? H ERR (zuckt die Achsel) Wohlfahrtsamt. E LISABETH Nein. Weil die mir doch nur eine Fahrkarte kaufen -- zu meinem Herrn Vater. H ERR Na also! E LISABETH Aber mein Herr Vater hat gesagt, dass er mich nichtmehr kennen tut -(sie grinst) Wie im Roman, nicht?

ÖLA 3/W 37 – BS 39 i [1], Bl. 5

\Textverlust\

얍 E LISABETH Versicherungsinspektor. Entschuldigens, aber jetzt muss ich lachen -- (sie setzt sich auf den Bettrand und lacht lautlos) H ERR Lachens Ihnen nur ruhig aus. E LISABETH (lacht plötzlich nichtmehr) So sagens mir doch, was ich jetzt tun soll -vielleicht kauft mir der Staat noch einen Strick. H ERR Na so schlimm sind wir doch auch wieder nicht -- (er lächelt) Ich hab mir nämlich BjetztN etwas durch den Kopf gehen lassen -- Sie haben doch schon allerhand hinter sich und sehen vertrauenserweckend aus. Auf Frauen fallen sie alle herein. E LISABETH Wieso? H ERR Kommen Sie morgen Vormittag zu mir ins Büro. Zimmer einundfünfzig \Textverlust\

17

B

jetztN ]

[k]|j|etzt

147

ÖLA 3/W 38 – BS 39 i [2], Bl. 13

Fragmentarische Fassung der Szenen 64–72 („Epilog“)

K1/TS22/A2 (Grundschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

얍 Es ist Nacht und drinnen im blauen Schiff spielt Pascha auf dem Piano den schönen Tango weiter -- Elisabeth steht vor der Tür und lauscht. Dann versucht sie durch die Vorhangritzen hinter den Kellerfenstern in das blaue Schiff hineinzuschauen. 얍 Jetzt kommt Maria.

ÖLA 3/W 41 – BS 39 k [2], Bl. 5

ÖLA 3/W 40 – BS 39 k [1], Bl. 1

Szene Nummer 65 10

15

20

E LISABETH Pst! M ARIA Da bist Du ja. E LISABETH Ich hab schon gedacht, dass Du vielleicht nicht kommst. M ARIA Ehrensache! (Pause) M ARIA (lauscht) Wer spielt denn da drin? E LISABETH Pascha. M ARIA Fein! Der kauft uns noch ein Schinkenbrot -- Komm! E LISABETH Nein. Heut kann ich nämlich nicht. M ARIA Das ist aber fad! Warum hast denn dann auf mich gewartet? Leg Dich doch nieder! Soll ich Dir was leihen? E LISABETH Ich bräucht aber viel. Fünf Mark. M ARIA Vier Mark könnt ich Dir eventuell. E LISABETH Fein. M ARIA Da. Ich weiss, wie das tut -- -- Du wirst mir doch auch mal vier Mark leihen? Nicht? E LISABETH Sicher. (Pause) M ARIA Ich hab nämlich die Zigarettendose verkitscht. E LISABETH Die vom Baron? M ARIA Acht Mark. Vier hast jetzt Du -- aber die Zigarettendose war mehr wert. E LISABETH Hats denn der Baron noch nicht gespannt? M ARIA Aber das war doch die Zigarettendose von seiner gestorbenen Frau! Er selbst raucht doch nur Zigarren, hauptsächlich so kleine -- jetzt geht es ihm ja wieder finanziell, seit er die Vertretung übernommen hat. E LISABETH (grinst) Korsette vielleicht? M ARIA Nein. Liqueur -- (sie betrachtet sich in ihrem Taschenspiegel im Lichte, das aus dem blauen Schiff herausfällt) Fällt Dir eigentlich nichts auf an mir? E LISABETH Ich wüsst es nicht momentan -M ARIA Da. (sie fletscht die Zähne) Ich hab seit heut Vormittag zwei Stiftzähn da vorn -- Weisst, meine beiden Zähn waren doch ganz graublau, weil 얍 halt der Nerv schon abgestorben war. E LISABETH Du hast Dich zu Deinem Vorteil verändert. M ARIA (grinst) Ich gefall mir. Servus! (ab in das blaue Schiff) B

25

30

35

40

45

24

B

MarkN ]

Mar[l]|k|

148

N

ÖLA 3/W 40 – BS 39 k [1], Bl. 2

Fragmentarische Fassung der Szenen 64–72 („Epilog“)

K1/TS22/A2 (Grundschicht)

Lesetext

Szene Nummer 66

5

10

Nun erscheint ein Kriminaler, der stark lispelt. Er stellt sich vor Elisabeth hin. Dann sieht er sich um -- rechts links oben unten. K RIMINALER (plötzlich) Ist sie jetzt drinnen? E LISABETH Ja. K RIMINALER (ab in das blaue Schiff) B

N

Szene Nummer 67 Elisabeth lauscht fasziniert -- plötzlich bricht Pascha das Spiel ab und einige Sekunden lang ist es totenstill. Dann schreit Maria und das Orchester spielt einen Akkord.

15

Szene Nummer 68

20

25

30

35

40

45

Der Kriminaler verlässt nun wieder das blaue Schiff, und zwar mit der verhafteten Maria, die er mit einer Schliesszange an sich gefesselt hatte. Elisabeth presst sich an die Wand. M ARIA So sagens es mir doch bitte -- wer hat mich denn da verschuftet?! K RIMINALER Sind Sie augenblicklich ruhig! M ARIA Wer hat mich verschuftet?! Jetzt sperrens mich wieder ins Arbeitshaus -- (sie erblickt Elisabeth und verstummt erstarrt) 얍 K RIMINALER Vorwärts! M ARIA (zu Elisabeth) Du bist das? Du Sau Du dreckige -- Dir speib ich ja ins Maul! K RIMINALER Ruhe! M ARIA Luder Spitzel Polizeimensch{!} K RIMINALER Halten Sie Ihren Mund! M ARIA (spuckt Elisabeth an) Polizeimensch!! K RIMINALER Na wartens nur! Los! (er zerrt sie mit sich ab) M ARIA Au!!

ÖLA 3/W 40 – BS 39 k [1], Bl. 4

Szene Nummer 69 얍 Elisabeth wischt sich die Spucke aus ihrem Antlitz. Im blauen Schiff erlischt das Licht und der Morgen graut. Der Schupo (Alfons Klostermeyer) kommt rasch auf das Geschrei Bhin herbeiN, hält und erblickt Elisabeth. Und sie erblickt ihn. (Stille) S CHUPO Was hat sich denn da abgespielt? E LISABETH (lächelt böse) Nichts. Es ist bloss ein Fräulein verhaftet worden. Wegen nichts. (Stille) S CHUPO (will wieder weiter) 5 39

B B

jetzt drinnen?N ] hin herbeiN ]

[drinnen?] |jetzt drinnen?| [herbei] |hin herbei|

149

ÖLA 3/W 41 – BS 39 k [2], Bl. 8

Fragmentarische Fassung der Szenen 64–72 („Epilog“)

K1/TS22/A2 (Grundschicht)

Lesetext

E LISABETH Halt! S CHUPO (hält momentan automatisch) Was denn nicht noch! Ich hab doch keine Zeit! Ich muss zur Parade! (ab) 5

얍 Szene Nummer 70

ÖLA 3/W 41 – BS 39 k [2], Bl. 9

E LISABETH (sieht ihm nach) Parade -- -- (sie grinst) Zu Befehl, Herr General! (In der Ferne ertönt Militärmusik: der Marsch „Alte Kameraden“) 10

Szene Nummer 71

15

20

Verwandlung: Paradeplatz. Rasch wird es Tag. Aufmarsch der Schupo mit Fahnen, Trommeln und Musik. Auch Alfons Klostermeyer marschiert natürlich mit. Dann: Aufstellung zur Parade. Und dahinter stehen alle, nämlich: der Präparator und der Tierpfleger, der Oberpräparator, der Baron mit dem Trauerflor, Schmidt, v. Müller und Vetterle, die Prantl mit ihrem Sohn Pascha, der hochgewachsene Herr mit seinem vierjährigem Sohne, der auf seinen Schultern reitet, die Frau Amtsgerichtsrat und er selbst, der Herr Amtsgerichtsrat, der Invalide, die Arbeiterfrau, der Buchhalter, Eltz und Elli, die Kellnerin, der Oberinspektor, der Kriminaler und Elisabeth. Alle -- ausser Maria, die das zur Zeit nicht sehen darf. B

B

25

N

N

Szene Nummer 72 30

35

Finale: Trommelwirbel. Präsentieren. Defiliermarsch. Und nun schreitet der Herr Polizeiminister persönlich die Front ab, ge-얍 folgt von seinem Stabe. Und die Sonne scheint und der Himmel lacht.

40

Schluss.

21 22

B B

Vetterle,N ] Pascha,N ]

korrigiert aus: Vetterle. korrigiert aus: Pascha.

150

ÖLA 3/W 41 – BS 39 k [2], Bl. 10

Fragmentarische Fassung „Epilog“

5

K1/TS23 (Korrekturschicht)

Lesetext

얍 Epilog B K RIMINALER Ist sie jetzt drinn? E LISABETH Noch nicht. K RI (ab) B E LIS (lauscht dem Bschönen TangoN)N N Jetzt kommt BMaria und zwar in Gesellschaft des Barons mit dem Trauerflor.N

10

B

E LISABETH Pst! M ARIA Da bist Du ja. E LISABETH Ich hab schon gedacht, dass Du vielleicht nicht kommst. M ARIA Ehrensache! (Pause) B ARON ( entdeckt Elisabeth) Ach! ( er zieht den Hut vor Elisabeth) (Stille) M ARIA Was? Du kennst meine fremde Freundin da? B ARON Fremd? (er lächelt malitiös) Ursprünglich wollten Sie ja Ihre werte Leiche verkaufen! M ARIA Die Leiche? B ARON Absurde Idee! E LISABETH Sie haben recht! Lachens mich nur ruhig aus. B ARON Pardon! War doch nicht böse gemeint. M ARIA Böse? B

N

B

N B

N

B N

15

B

20

N B N

B N

M ARIA Wer hat Dich denn zu einem Mensch gemacht? Depp! So! Jetzt verschwind in Deine Hundshütten ! Ich komm gleich nach! B ARON (ab) M ARIA Er ist nämlich pathologisch. Das ist nämlich der bestimmte Baron – komm mit! Der kauft Dir auch noch ein Schinkenbrot! E LISABETH Nein. Heut kann ich wirklich nicht. M ARIA Das ist aber fad! … B

25

B

N

N

B

N

N

30

B

M ARIA (erblickt den Kriminaler)

2–5 5 5 6 13–29

B

K RIMINALER f Tango)N ] E LIS f Tango)N ] Bschönen TangoN ] BMaria f Trauerflor.N ] BB ARON f mit!N ]

13 13 13 15 20 20 20 25 26 28 33–152,3

B

B

entdecktN ] erN ] Bzieht f Elisabeth)N ] B N] BSie f recht!N ] B N] B N] BDepp!N ] Bin f HundshüttenN ] BbestimmteN ] BM ARIA f ruhig.N ] B

\K RIMINALER f Tango)/ \E LIS f Tango)/ [{ }] |schönen Tango| Maria\,/ [mit dem Baron.] |und f Trauerflor.| (1) M ARIA Das ist nämlich [ein Baron] |jener Herr Baron –| komm mit! (2) \B ARON f mit!/ korrigiert aus: entdeck{en} [St]|er| [grüsst Elisabeth] |zieht f Elisabeth)| [Ihr kennt Euch schon?] [\Sie f recht!/] [Aber das war doch nicht böse gemeint.] [Habens recht!] \Depp!/ \in f Hundshütten/ [B]|b|estimmte \M ARIA f ruhig./

151

ÖLA 3/W 40 – BS 39 k [1], Bl. 3

Fragmentarische Fassung „Epilog“

K1/TS23 (Korrekturschicht)

K RIMINALER Sie kommen mit. Vorwärts. Sie wissen genau warum. M ARIA Ich weiss garnichts. K RIMINALER So Sie wissen garnichts? Also los los. Und nur schön ruhig. B

N B

\Abbruch der Bearbeitung\

1 1–3

3

B B

VorwärtsN ] Sie f ruhig.N ]

B N

]

Lesetext

[M ARIA Wohin?] |Vorwärts.| (1) \Und nur schön ruhig./

M ARIA \(leise)/ Jesus Maria. (Stille) K RIMINALER Also los los. Sie wissen Bes (2) \Sie f ruhig./ [Sie wissen genau Bescheid]

152

NN B N

Fassung der Titelei

K1/TS25 (Grundschicht)

Lesetext

얍 GLAUBE LIEBE HOFFNUNG Volksstück in zwei Teilen und einem Epilog von BÖdön HorváthN. Unter Mitarbeit von Lukas Kristl.

ÖLA 3/W 36 – BS 39 h [3], Bl. 1

5

얍 Personen:

ÖLA 3/W 36 – BS 39 h [3], Bl. 2

Elisabeth ein Schupo (Alfons Klostermeyer) Eltz Schmidt v. Müller Vetterle genannt Pascha der Präparator der Oberpräparator der Baron mit dem Trauerflor ein hochgewachsener Herr mit seinem vierjährigen Sohne Irene Prantl der Tierpfleger Frau Amtsgerichtsrat ein Invalider eine Arbeiterfrau ein Buchhalter Elli Maria Er selbst, der Herr Amtsgerichtsrat Kellnerin Oberinspektor Kriminaler Polizeipräsident. B

10

15

20

25

30



N

Motto: Und der Herr roch den lieblichen Geruch und sprach in seinem Herzen: ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen, denn das Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf; und ich will hinfort nicht mehr schlagen alles was da lebet wie ich getan habe. So lange die Erde stehet, soll nicht aufhören Samen und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. Mos. I 8,21

35

40

45

2 10

B B

Ödön HorváthN ] (AlfonsN ]

korrigiert aus: Odön Horvath korrigiert aus: ( Alfons

153

ÖLA 3/W 36 – BS 39 h [3], Bl. 3

Fragm. Fassung („Wohlfahrtsamt“, „Bierkeller“)

K1/TS26 (Korrekturschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

10

15

얍 M ARIA Das geht nicht. (Stille) M ARIA Ich hätt ja nichts dagegen, wenn mich einer heiraten tät. Nur schlagen dürft er mich Bnicht --N BWas machens denn jetzt? B E LISABETH Nichts.N M ARIA N Geh kommens mit! Schaun wir mal da vor in das blaue Schiff! Da sitzt schon einer drinn, der uns ein Schinkenbrot kauft! E LISABETH Also nur das nicht! (Stille) M ARIA Warum? E LISABETH Nein. Aus Selbsterhaltungsprinzip nicht. M ARIA So seins doch nicht so feig! Habens denn keinen Hunger? E LISABETH Trotzdem. (Stille) M ARIA Da staunt der Fachmann und der Laie wundert Bsich --N (ab)

ÖLA 3/W 29 – BS 39 e [4b], Bl. 17

Szene Nummer 10 Der Schupo (Alfons Klostermeyer) kommt nun wieder vorbei -- er erblickt Elisabeth, hält und fixiert sie. B

20

N

Szene Nummer 11 25

E LISABETH Was starrens mich denn so an? S CHUPO (lächelt) Ist denn das verboten? (Stille) S CHUPO Wir haben uns doch schon gesehen. E LISABETH Wo? S CHUPO Hier. Sie erinnern mich nämlich. Besonders in Ihrer Gesamthaltung. An eine liebe Tote von mir. E LISABETH Sie reden so mystisch daher. (Stille) 얍 S CHUPO Welche Richtung gehens denn jetzt? E LISABETH Wollens mich gar begleiten? S CHUPO Ich hab heut keinen Dienst mehr. E LISABETH Ich geh lieber allein. S CHUPO (ohne Hintergedanken) Habens die Polizei nicht gern? E LISABETH (zuckt etwas zusammen) Wieso? B N

30

B N

40

N

N

B

35

B

5 5–7 6 16 20 29 31 31 33

B

korrigiert aus: nicht--

B

nicht --N ] Was f M ARIA N ] BE LISABETH Nichts.N ] Bsich --N ] Bvorbei --N ] B N] B N] Bnämlich. BesondersN ] BE LISABETH SieN ]

[(sie erhebt sich)] |Was f M ARIA | \E LISABETH Nichts./ korrigiert aus: sich-korrigiert aus: vorbei-[des öfteren] [Seit einigen Tagen.] korrigiert aus: nämlich.Besonders korrigiert aus: E LISABETH Sie

154

ÖLA 3/W 29 – BS 39 e [4b], Bl. 18

Fragm. Fassung („Wohlfahrtsamt“, „Bierkeller“)

5

10

15

K1/TS26 (Korrekturschicht)

S CHUPO Weil Sie nicht wollen, dass ich Sie begleite. Es muss doch auch Polizisten geben, Fräulein! In jedem von uns schlummert zum Beispiel ein Eisenbahnattentäter. E LISABETH In mir nicht. S CHUPO Geh das gibt es doch garnicht! E LISABETH (ahmt ihn nach) „Das gibt es doch garnicht!“ S CHUPO (lächelt) Sie tun ja direkt, als wärens schon einmal hingerichtet worden. (Stille) E LISABETH Es kümmert sich keiner drum. S CHUPO Man darf nur die Hoffnung nicht sinken lassen. E LISABETH Das sind Sprüch. (Stille) S CHUPO Ohne Glaube Liebe Hoffnung gibt es logischerweise kein Leben. Das resultiert alles voneinander. E LISABETH Sie haben leicht reden als Staatsbeamter in gesicherter Position. S CHUPO Wir müssen doch alle mal sterben. E LISABETH Hörens mir nur auf mit der Liebe! (Stille) S CHUPO Fräulein. Jetzt hörens mich aber genau an -- nämlich ich beobachte Sie da bereits schon seit Tagen. Weil Sie mich halt auch erinnern tun -- an eine liebe Tote, wie gesagt. 얍 E LISABETH Wer war denn diese Tote? S CHUPO Meine Braut. (Stille) Aber sie hatte es mit der S CHUPO Wir waren nämlich ein Herz und eine Seele. Lunge zu tun und jetzt geht mir direkt etwas ab. Warum lächeln Sie da? E LISABETH Nur so. (Stille) S CHUPO Sie sind anscheinend sehr verbittert. E LISABETH Ich geh schnell. S CHUPO Sie können schnell gehen, aber ich kann auch schnell gehen. (Dunkel) B

N

B

20

B

N

N B N B

N

B

B

N

N

B

N

N

N

B

30

N B

B N

B

25

Lesetext

18 19 19 19 20 21 24 24 24 25 26 28

anN ] erinnernN ] Btun --N ] BTote,N ] B N] Bdiese Tote?N ] BSeele.N ] B N] BAberN ] Blächeln f da?N ] BE LISABETH f so.N ] BS CHUPO f verbittert.N ] B B

an[.] [Sie sind anscheinend sehr verbittert] [e]|e|rinnern korrigiert aus: tun-Tote\,/ [von mir,] [\Sie sind anscheinend sehr verbittert./] [das?] |diese Tote?| See\l/e\./ [Morgen werden es drei Wochen, dass man sie begraben hat--] \Aber/ lächeln[s] [jetzt?] |Sie da?| [E LISABETH Nur so.] |E LISABETH f so.| [S CHUPO Also wollens, dass ich Sie jetzt begleite?] |S CHUPO f verbittert.|

155

ÖLA 3/W 29 – BS 39 e [4b], Bl. 19

Fragm. Fassung („Wohlfahrtsamt“, „Bierkeller“)

K1/TS26 (Korrekturschicht)

Lesetext

Szene Nummer 12 Das Orchester spielt nun den Mickymausmarsch -- bis Szene Nummer 14. B

N B

N

5

Szene Nummer 13

10

Neuer Schauplatz: Vor einem Tonfilmkino, in welchem die Mickymaus auftritt. Knapp vor der letzten Vorstellung. Elisabeth wartet bereits auf ihren Schupo und betrachtet sich die Standphotos. Vor der Kasse steht eine Menschenschlange. Jetzt kommt die Frau Amtsgerichtsrat und er selbst, der Herr Amtsgerichtsrat.

15

Szene Nummer 14 F RAU A MTSGERICHTSRAT So sei doch nicht so rechthaberisch, August! A MTSGERICHTSRAT Ich will aber nicht zur Mickymaus. \Textverlust\

20

얍 Es ist B(wieN bereits bekannt) inzwischen Herbst geworden und an dem Tische, wo einst der Präparator Elisabeth kennen lernte, sitzt er nun noch immer und zwar mit dem Tierpfleger. Beide rauchen ihre Virginia unter dem gelben Laub, denn die Abende sind noch relativ warm. 25

Szene Nummer 22 \Textverlust\

3 3 21

denN ] Mickymausmarsch --N ] B(wieN ] B B

korrigiert aus: de korrigiert aus: Mickymausmarsch-korrigiert aus: ( wie

156

ÖLA 3/W 29 – BS 39 e [4b], Bl. 20

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

K1/TS27 (Korrekturschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

10

얍 A RBEITERFRAU Sie müssten halt zur Invalidenversicherung. I NVALIDER Invalidenversicherung sagt, das geht ihnen nichts an, das geht die Berufsgenossenschaft was an, Berufsgenossenschaft sagt, meine Füsse wären vor dem Unfall auch schon schlecht gewesen, weil ich vorher schon Krampfadern und Plattfüss gehabt Bhätte --N und der Herr Sachverständige hat B N es mir in das Gesicht hinein gesagt, ich könnt schon längst ohne Stock promenieren, wenn ich nur möchten tät! Bravo! B UCHHALTER Warens denn schon beim Spruchausschuss? I NVALIDER Die haben es ja bestätigt, dass mich die Berufsgenossenschaft von sechzig auf vierzig Prozent heruntergesetzt hat -- das haben mir die ja direkt in das Urteil hineingeschrieben, dass bei dem Beschwerdeführer der Anreiz fehlen täte, weil er vorher beim Arbeiten auch nicht recht viel mehr verdient hätt, als wie jetzt mit der Rente!

ÖLA 3/W 29 – BS 39 e [4b], Bl. 1

15

Szene Nummer 4

20

Nun verstummt alles und rührt sich nicht, denn ein Schupo (Alfons Klostermeyer) geht langsam vorbei und beachtet scheinbar keine Seele. Langsam fängt es bereits an zu dämmern. B

N

B

N

얍 Szene Nummer 5

ÖLA 3/W 28 – BS 39 e [4a], Bl. 4

25

30

A RBEITERFRAU (sieht dem Schupo nach) Der Herr General -B UCHHALTER Unser täglich Brot gib uns heute. M ARIA Bei mir ist das noch schlimmer. I NVALIDER Wie das? M ARIA Weil wir eine Familie von sieben Köpfen sind und das achte ist unterwegs -aber weil mein Vater in der Woche vierzig Mark heimtragt, ziehens mir sogar noch etwas ab. I NVALIDER Alles Schwindel! E LISABETH Mir wollen die auch nichts geben, weil mein Vater noch etwas verdient.

35

40

얍 B UCHHALTER Was ist er denn Ihr Vater? E LISABETH Versicherungsinspektor. Entschuldigens, aber jetzt muss ich lachen -- (sie B lacht)N A RBEITERFRAU Warum lachst denn da, damische Gretl? E LISABETH (hört plötzlich auf) A RBEITERFRAU So geh halt heim!

6 6 20 20–21 38

B

hätte --N ]

] langsamN ] BLangsam f dämmern.N ] Blacht)N ] B N B

korrigiert aus: hätte-- fehlende oder überzählige Zeichenabstände werden in K1/TS27 stillschweigend emendiert; vgl. Chronologisches Verzeichnis. gestrichen: s

l\a/ngsam [\Langsam fängt es bereits an[,] zu dämmern./] |Langsam f dämmern.| lacht[)] [|lautlos)|] |)|

157

ÖLA 3/W 28 – BS 39 e [4a], Bl. 5

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

K1/TS27 (Korrekturschicht)

E LISABETH Nein! A RBEITERFRAU Nacher bist selber schuld! Hat einen Inspektor zum Vater -E LISABETH (unterbricht sie) Versicherungsinspektor ! A RBEITERFRAU Ist ja wurscht! E LISABETH (grinst) Oho! B UCHHALTER Dummheit und Stolz wachsen auf einem Holz. A RBEITERFRAU Hat ein zuhause und nützt es nicht aus! E LISABETH Bei mir hat das einen bestimmten Grund. A RBEITERFRAU Hast denn gar etwas angestellt? E LISABETH (lächelt unsicher) Sieht man es mir denn an? B

N

B

5

10

Lesetext

N

B N

(Stille) B UCHHALTER (grinst) Auf Wiedersehen im Massengrab -- (ab) 15

Szene Nummer 6 B

20

N

Der Invalide setzt sich nun auf den Sockel des Vorgartengitters und spielt sich auf seiner Mundharmonika etwas Sentimentales. Jetzt dämmert es bereits stark. B

N

Szene Nummer 7 B

25

N

M ARIA (zu Elisabeth) Man muss sich halt alles gefallen lassen. E LISABETH Ich will nichtmehr erinnert werden. 얍 Szene BNummer 8N

ÖLA 3/W 28 – BS 39 e [4a], Bl. 6

30

A RBEITERFRAU (zählt für sich) Arbeitsamt. Wohlfahrtsamt. Berufsgenossenschaft. Invalidenversicherung. Spruchausschuss -- -- Wie lang dass das dauert, bis dass einer für Dich zuständig ist -- (ab) 35

2 3 11 17 20 23 29

NacherN ] vermutlich bewusst gesetzte Dialektalform VersicherungsinspektorN ] korrigiert aus: Versiccherungsinspektor B N] [(Stille) (Seite [35]|29|)] BNummer 6N ] Nummer [5]|6| BJetzt f stark.N ] [Langsam fängt es bereits an zu dämmern.] |Jetzt f stark.| BNummer 7N ] Nummer [6]|7| BNummer 8N ] Nummer [7]|8| B B

158

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

K1/TS27 (Korrekturschicht)

Lesetext

Szene Nummer 9 B

N

M ARIA Was habens denn angestellt? 5 B N B N B

10

E LISABETH Nichts. M ARIA Aber eingesperrt hat man Sie doch? E LISABETH (schweigt) M ARIA Mir könnens das ruhig sagen -- ich weiss, wie das kommt. Das sind lauter so kleine Paragraphen, aber Du bleibst hängen -- Du weisst eigent- 얍 lich garnicht, was los war und schon ist es aus. Schauns, meinem Vater habens gleich vierzehn Tag hinaufgehaut, weil er da paar Bretter vom Bauplatz gestohlen hat -- die sind halt so dagelegen und in unserer Holzhütten, da hat es in die Betten hineingeregnet. Wenn man schon etwas anstellt, dann müsst es sich aber auch rentieren tun. E LISABETH (schweigt noch immer -- es ist inzwischen Nacht geworden und die beiden Fräuleins stehen nun in dem Lichte, das aus den Fenstern des Wohlfahrtsamtes herausstrahlt, und zwar stehen sie allein, denn auch der Invalide ist bereits gegangen) M ARIA Warens schon mal verheiratet? E LISABETH Nein. (Stille) E LISABETH Wissens, mein Vater und ich, wir sind zwei verschiedene Personen. Zum Beispiel wie ich das Licht der Welt erblickt habe, da war er ganz ausser sich, dass ich nur ein Mädel bin. Und das hat er mir dann fortgesetzt nachgetragen. Dabei hat er aber Allüren wie ein Weltmann. Wenn meine Mutter nicht schon tot wär, die könnt darüber so manches trübe Lied zum Besten geben. Alle Männer sind krasse Egoisten. M ARIA Bei Ihnen ist halt der Richtige noch nicht gekommen. E LISABETH Möglich. M ARIA Der kommt ganz überraschend. Wenn man garnicht denkt. (Stille) E LISABETH Mir ist von zehntausend Männern höchstens einer sympathisch. M ARIA Das schon. N

15

B

20

25

30

35

B

N

B

N

B N

E LISABETH Ich hab immer selbstständig sein wollen -- so mein eigener Herr. 1 6 7

8–12 12–38 19 20 37

Nummer 9N ] ] B N] B

B N

E LISABETH f eigent-N ] lich f Herr.N ] BstehenN ] BstehenN ] B N] B B

Nummer [8]|9| gestrichen: (seite 3[7]|0|) [\Textverlust\TH Ich will] \Textverlust\ [innert werden! (Stille) M ARIA Was habens denn angestellt?] [E LISABETH f eigent-] [lich f Herr.] [sitzen] |stehen| [sitzen] |stehen| [E LISABETH Und dann bin ich hernach immer zwei Tag lang tot. M ARIA Dann haben Sie es aber schwer als Frau.]

159

N

ÖLA 3/W 28 – BS 39 e [4a], Bl. 7

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

5

10

K1/TS27 (Korrekturschicht)

Lesetext

얍 M ARIA Das geht nicht. (Stille) M ARIA Ich hätt ja nichts dagegen, wenn mich einer heiraten tät. Nur schlagen dürft er mich nicht -- (sie erhebt sich) Geh kommens mit! Schaun wir mal da vor in das blaue Schiff! Da sitzt schon einer drin, der uns ein Schinkenbrot kauft! E LISABETH Also nur das nicht! (Stille) M ARIA Warum? E LISABETH Nein. Aus Selbsterhaltungsprinzip nicht. B N

M ARIA So seins doch nicht so feig! Habens denn keinen Hunger? E LISABETH Trotzdem. (Stille) M ARIA Da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich -- (ab) 15

Szene Nummer 10 Der Schupo (Alfons Klostermeyer) kommt nun wieder vorbei -- er erblickt Elisabeth, hält und fixiert sie.

20

Szene Nummer 11 25 B

30

E LISABETH Was starrens mich denn so an? S CHUPO (lächelt) Ist denn das verboten? (Stille) S CHUPO Wir haben uns doch schon des öfteren gesehen. E LISABETH Wo? S CHUPO Hier. Seit einigen Tagen. Sie erinnern mich nämlich. Besonders in Ihrer Gesamthaltung. An eine liebe Tote von mir. N B

10 26–30

30

] S CHUPO f nämlich.N ]

B N B

B

BesondersN ]

N

[(Stille)] [S CHUPO Sie erinnern mich. (Stille) E LISABETH (misstrauisch) Habens mich denn schon gesehen? S CHUPO Ja. E LISABETH Wo? S CHUPO Hier. E LISABETH Möglich, Herr General. S CHUPO (gekränkt) Ich bin kein General. E LISABETH (grinst) Schad. (Stille) S CHUPO So seins doch nicht so spöttisch zu mir, Fräulein. Ich hab Ihnen doch nur gesehen, und zwar wiederholt seit einigen Tagen. Aber ausserdem erinnern Sie mich auch --] [|S CHUPO (lächelt) Ist denn das verboten? (Stille) S CHUPO Guten abend, Fräulein. Sie erinnern mich nämlich. Wir haben uns doch schon des öfteren gesehen. E LISABETH Wo? S CHUPO Hier. Seit einigen Tagen.|] |S CHUPO f nämlich.| [b]|B|esonders

160

ÖLA 3/W 28 – BS 39 e [4a], Bl. 8

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

K1/TS27 (Korrekturschicht)

Lesetext

E LISABETH Sie reden so mystisch daher. B N

5

10

15

20

(Stille) S CHUPO Welche Richtung gehens denn jetzt? E LISABETH Wollens mich gar begleiten? 얍 S CHUPO Ich hab heut keinen Dienst mehr. E LISABETH Ich geh lieber allein. S CHUPO (ohne Hintergedanken) Habens die Polizei nicht gern? E LISABETH (zuckt etwas zusammen) Wieso? S CHUPO Weil Sie nicht wollen, dass ich Sie begleite. Es muss doch auch Polizisten geben, Fräulein! In jedem von uns schlummert zum Beispiel ein Eisenbahnattentäter. E LISABETH In mir nicht. S CHUPO Geh das gibt es doch garnicht! E LISABETH (ahmt ihn nach) „Das gibt es doch garnicht!“ S CHUPO (lächelt) Sie tun ja direkt, als wärens schon einmal hingerichtet worden. (Stille) E LISABETH Es kümmert sich keiner drum. S CHUPO Man darf nur die Hoffnung nicht sinken lassen. E LISABETH Das sind Sprüch. (Stille) S CHUPO Ohne Glaube Liebe Hoffnung gibt es logischerweise kein Leben. Das resultiert alles voneinander. E LISABETH Sie haben leicht reden als Staatsbeamter in gesicherter Position. S CHUPO Wir müssen doch alle mal sterben. E LISABETH Hörens mir nur auf mit der Liebe! (Stille) S CHUPO Fräulein. Jetzt hörens mich aber genau an. Sie sind anscheinend sehr verbittert -- nämlich ich beobachte Sie da bereits schon seit Tagen. Weil Sie mich halt auch erinnern tun -- an eine liebe Tote von mir, wie gesagt. E LISABETH Wer war denn das? S CHUPO Meine Braut. (Stille) S CHUPO Wir waren nämlich ein Herz und eine Seele. Morgen werden es drei Wochen, dass man sie begraben hat -- sie hatte es mit der Lunge zu tun und jetzt geht mir direkt etwas ab. Warum lächelns jetzt? E LISABETH Nur so. (Stille) S CHUPO Also wollens, dass ich Sie jetzt begleit? E LISABETH Ich geh schnell. S CHUPO Sie können schnell gehen, aber ich kann auch schnell gehen. (Dunkel) B N

25

30

35

40

2 24

B N B N

] ]

[S CHUPO Wieso?] Absatz vom Autor getilgt

161

ÖLA 3/W 28 – BS 39 e [4a], Bl. 9a

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

K1/TS27 (Korrekturschicht)

Lesetext

Szene Nummer 12 Das Orchester spielt nun den Mickymausmarsch -- bis Szene Nummer 14 . B

N

5

Szene Nummer 13 B

B

10

N

Neuer Schauplatz: Vor einem Tonfilmkino, in welchem die Mickymaus auftritt. Knapp vor der letzten Vorstellung. Elisabeth wartet bereits auf ihren Schupo und betrachtet sich die Standphotos. Vor der Kasse steht eine Menschenschlange. Jetzt kommt die Frau Amtsgerichtsrat und er selbst, der Herr Amtsgerichtsrat. N

B

N

B

N B

N

B N B N

15

Szene Nummer 14 B

N

F RAU A MTSGERICHTSRAT So sei doch nicht so rechthaberisch, August! A MTSGERICHTSRAT Ich will aber nicht zur Mickymaus. F RAU A MTSGERICHTSRAT Möchst lieber wieder ins Wirtshaus -- und dann rauchst dort wieder in einer Tour vier Stund! Denk doch an Deinen Darm! Nikotin ist Gift! A MTSGERICHTSRAT Mein Darm ist meine private Angelegenheit und wenn einer draufgeht, dann bin ich derjenige welcher! Der Sanitätsrat hat mich erst gestern wieder gewarnt. F RAU A MTSGERICHTSRAT Mich hat er auch gewarnt, dass ich wegen meiner Drüsen nicht soviel Treppen steigen soll -A MTSGERICHTSRAT (unterbricht sie) Musst Du denn Korsette verkaufen?! Kompletter Irrsinn! Ueberhaupt diese feine Frau Prantl! Hat ihre Firma mit dem Gelde eines Konfektionsjuden gegründet, mit dem sie früher sogar ein Verhältnis gehabt haben soll! B

20

B

B

B

N

B

30

N

N

B

25

N

N B N

3 6 9 9–10 11 11 12 12

B

14N ] 13N ] BVorN ] BKnapp f Vorstellung.N ] Bbetrachtet f Standphotos.N ] BVorN ] B N] B N]

16 19 19

B

21 21 21 23 26 26

B

B

14N ] Mickymaus.N ] B N] B

TourN ] Denk f Darm!N ] BGift!N ] BMein DarmN ] Bgewarnt,N ] Bdass ichN ] B

N B

N

[31]|14| [30][|29|] |13| [Morgen Abend um dreiviertelacht Uhr] [v]|V |or \Knapp f Vorstellung./ \betrachtet f Standphotos./ [v]|V |or [\Es ist knapp vor der letzten Vorstellun/] gestrichen: Eintragung von fremder Hand (Berliner Bearbeitung): \Es ist knapp vor der letzten Vorstellung/ [3[1]|0|] |14| Mickymaus[.] |.| [|und ich lasse mich nicht terror[sier]|risieren||] gestrichen: Eintragung von fremder Hand (Berliner Bearbeitung): \und ich lasse mich nicht terrorisieren/ [Tur]|Tour| [Denk doch an Deine Verdauung,] |Denk f Darm!| Gift[!] |!| [|für Deinen Darm!|] Mein[e] [Verdauung] |Darm| gewarnt\,/ \dass ich/

162

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

5

10

K1/TS27 (Korrekturschicht)

Lesetext

F RAU A MTSGERICHTSRAT Die gute Frau Prantl ist eine hochanständige Person. An die kannst Du nicht heran -- und ich verdiene mir doch dabei. A MTSGERICHTSRAT Bild es Dir aber bitte nur ja nicht ein, dass es Dir jemand glauben könnte, dass Du die Prantlschen Korsette nur behufs Deiner Zerstreuung verkaufst. 얍 F RAU A MTSGERICHTSRAT Ich will aber nicht um jeden Pfennig bei Dir betteln! A MTSGERICHTSRAT Betteln? F RAU A MTSGERICHTSRAT Um jeden Pfennig. A MTSGERICHTSRAT Versündige Dich nicht! Was weisst denn Du schon von der grossen Not? Wo man doch tagaus tagein die armen Leut verurteilen muss, zuguterletzt bloss weil sie kein Dach über dem Kopf haben! F RAU A MTSGERICHTSRAT Dann würd ich sie halt nicht verurteilen. A MTSGERICHTSRAT Hermine!

15

Szene Nummer 15 B

20

Der Invalide taucht auf und verkauft weisse Herbstastern, aber niemand kauft ihm eine ab, auch der Herr Amtsgerichtsrat natürlich nicht, der seine Gattin grimmig fixiert. (Anmerkung: jetzt und immer, wenn ein Herbstasternverkäufer auftaucht, spielt das Orchester die Szene über piano einige Takte des Walzers „Bist Dus lachendes Glück?“) B

B

25

N

N

Szene Nummer 16 B

N

F RAU A MTSGERICHTSRAT Könntest mir auch mal einen schenken. A MTSGERICHTSRAT Was? F RAU A MTSGERICHTSRAT Weissen Flieder. A MTSGERICHTSRAT Weissen Flieder? Das waren doch weisse Herbstastern -- (er grinst) Ist denn bei Dir im Oktober noch Mai, Hermine? (Stille) F RAU A MTSGERICHTSRAT Freu Dich nur. So und jetzt kauf ich die Karten. Sperrsitz. A MTSGERICHTSRAT Du Mickymaus -Aber wart nur, wenn das nicht lustig wird -- (er lässt sie stehen und stellt sich bei der Kasse an) B

30

N

N

B N B N

35

16 20 22 25 27 34

B

15N ] spieltN ] BGlück?“)N ] B16N ] Bschenken.N ] B N]

34

B N

B

]

[3[2]|1|] |15| spiel\t/ Glück [--“)]|?“)| [3[3]|2|] |16| [kaufen.] |schenken.| [\1.)/ F RAU A MTSGERICHTSRAT [Gemeiner Mensch. \{ } { } Du Reichsgerichtsrat –/] |Du Reichs| \2./ \(Stille)/ \3.)/ A MTSGERICHTSRAT ] gestrichen: Eintragungen von fremder Hand (Berliner Bearbeitung): Gemeiner Mensch Du Reichsgerichtsrat.

163

ÖLA 3/W 28 – BS 39 e [4a], Bl. 10

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

Szene Nummer 17 B

5

K1/TS27 (Korrekturschicht)

Lesetext

N

Jetzt erblicken sich Frau Amtsgerichtsrat und Elisabeth. Sie fixieren sich, 얍 aber Elisabeth will niemand mehr kennen aus ihrer Vergangenheit -- doch die Frau Amtsgerichtsrat lassen nicht locker.

B N

10

15

F RAU A MTSGERICHTSRAT Komisch. Wir kennen uns doch -E LISABETH (sieht sich ängstlich um) Bitte kennen Sie mich nicht, Frau Amtsgerichtsrat -F RAU A MTSGERICHTSRAT Also nur keine Angst, Fräulein! Mich geht es ja nichts an, aber wieviel habens denn bekommen? E LISABETH Vierzehn Tage. F RAU A MTSGERICHTSRAT Sehens, das hab ich Ihnen gleich gesagt! E LISABETH Aber ohne Bewährungsfrist. F RAU A MTSGERICHTSRAT Ohne? (sie wirft einen strafenden Blick auf ihren Gatten in der Menschenschlange) E LISABETH Weil ich halt vorher schon die Geldstrafe gehabt habe -- (sie grinst) Wenn ich nur wüsst, was ich verbrochen hab -F RAU A MTSGERICHTSRAT O ich weiss, wie das zugeht! (sie blickt wieder vorwurfsvoll auf ihren Gatten , der nun mit Hilfe eines Taschenspiegels und seines privaten Zahnstochers in seinen Zähnen herumstochert) Mir müssen Sie das nicht erzählen! Lauter Ungerechtigkeiten -- – und eine neue Stellung habens natürlich auch keine? E LISABETH Nein. Aber vielleicht werde ich mich verloben. F RAU A MTSGERICHTSRAT Bravo! Das ist das Beste! Da gratulier ich Ihnen aber! E LISABETH Wir haben uns nämlich durch einen Zufall kennen gelernt. Kenn ich Fräulein! Kenn ich! F RAU A MTSGERICHTSRAT E LISABETH Vielleicht ist das der grosse Zufall in meinem Leben. F RAU A MTSGERICHTSRAT Was ist er denn, der Herr Bräutigam in spe? B N

20

B

25

B

N

N

B N B

N

B

N

B

N

B

N

B

30

N

B N B

N

B N

1 8 19 19–20 24 24 24 24–25 26 26 28 31

B

17N ] ] B N] BGatten f Menschenschlange)N ] BGattenN ] B N] Bmit HilfeN ] Bund f ZahnstochersN ] B– und eineN ] Bhabens f keine?N ] BAber f verloben.N ] B N]

31 33 33 33

B

B N

KennN ] ] BderN ] BBräutigam f spe?N ] B N

B

N

B

N

[33] |17| [Szene Nummer 35] [Was?] [Mann)] |Gatten f Menschenschlange)| [Mann] |Gatten| [\bereits knapp vor der Kasse/] [mit Hilfe] \und f Zahnstochers/ [Habens keine] |– und eine| [natürlich?] |habens f keine?| Aber1 ich4 werde3 mich5 [verheiraten.] |vielleicht2 verloben.6| [[Ja wenn] |Richtig! Wenn| der Richtige kommt, dann gibt es einem einen direkten Ruck --] [k]|K|enn [Na mit der Zeit renkt sich der Ruck schon wieder ein -- --] [Ihr] |der| Bräutigam[?] |in spe?|

164

ÖLA 3/W 28 – BS 39 e [4a], Bl. 11

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

5

10

Lesetext

E LISABETH Staatsbeamter. F RAU A MTSGERICHTSRAT Staatsbeamter? Weiss er denn etwas von Ihren vierzehn Tagen? E LISABETH Nein. F RAU A MTSGERICHTSRAT Hm. Das müsstens ihm aber schon sagen, sonst könnt er eventuell Unannehmlichkeiten kriegen mit seiner Karriere -E LISABETH Ist denn das möglich? F RAU A MTSGERICHTSRAT Absolut. Na mich geht es ja nichts an -- alles Gute, Fräulein!

Szene Nummer 18 B

15

K1/TS27 (Korrekturschicht)

N

Der Herr Amtsgerichtsrat hatte gerade die Karten gelöst und zählt nun nochmals das Geld, das er herausbekommen hat, nach -- da kommt der Schupo (Alfons Klostermeyer) und entdeckt Elisabeth, begrüsst sie und stellt sich mit 얍 ihr an der Kasse an, während der Herr Amtsgerichtsrat die eine Karte gerade seiner Gattin überreicht. B

B

N

N

20

Szene Nummer 19 B

25

N

F RAU A MTSGERICHTSRAT Du August -- dort drüben steht das Fräulein von der Prantl, das war doch der Betrugsfall mit dem Versicherungsinspektor und Zollinspektor -A MTSGERICHTSRAT Keine Ahnung! F RAU A MTSGERICHTSRAT Aber Du hast sie doch verurteilt -A MTSGERICHTSRAT Möglich! (er benützt wieder seinen Zahnstocher) (Stille) F RAU A MTSGERICHTSRAT Dass Du ihr aber keine Bewährungsfrist gegeben hast, das war ungerecht von Dir -A MTSGERICHTSRAT Kümmer Dich um Deine eigenen Ungerechtigkeiten, Hermine! Komm! (Dunkel) B

30

35

Szene Nummer 20 B

40

N

N

Das Orchester spielt nun die Hochzeit der Winde -- bis Szene Nummer 22 . B

13 15 16 22 29 38 40

18N ] nunN ] BdaN ] B19N ] B(er f Zahnstocher)N ] B20N ] B22N ] B B

[3[6]|4|] |18| \nun/ [und nun] |da| [3[7]|5|] |19| \(er f Zahnstocher)/ [3[8]|6|] |20| [40][|38|] |22|

165

N

ÖLA 3/W 28 – BS 39 e [4a], Bl. 12

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

Szene Nummer 21 B

5

K1/TS27 (Korrekturschicht)

Lesetext

N

Neuer Schauplatz: Bierkeller. Es ist (wie bereits bekannt) inzwischen Herbst geworden und an dem Tische, wo einst der Präparator Elisabeth kennen lernte, sitzt er nun noch immer, und zwar mit dem Tierpfleger. Beide rauchen ihre Virginia unter dem gelben Laub, denn die Abende sind noch relativ warm. B

N

10

Szene Nummer 22 B

15

20

N

T IERPFLEGER Du glaubst es mir halt nicht, Du Rindvieh Du kaiserliches, dass das Weib der geborene Feind des Mannes ist. Da hab ich mal mit einer Gorillaart von den Bermudainseln zu tun gehabt -- und da hat das weibliche Tier dem männlichen Tier nach vollzogenem Geschlechtsakte die Gurgel durchgebissen. P RÄPARATOR Man soll es nicht für möglich halten. T IERPFLEGER Davon macht sich Dir ja Deine kühnste Phantasie keine annähernde Vorstellung, wie dass es da zugeht, wenn es aufgeht! P RÄPARATOR Einer bringt den andern um -- ich denk jetzt speziell an den Oberpräparator. Aber wenn ich mir dann so meine Schmetterlingssammlung betrachte, dann denk ich mir trotzdem, es dreh sich halt alles nach einer höheren Ordnung.

25

얍 Szene Nummer B23N

ÖLA 3/W 28 – BS 39 e [4a], Bl. 13

30

Elisabeth kommt und setzt sich an einen freien Tisch – sie bemerkt weder den Präparator noch den Tierpfleger und dies beruht auf Gegenseitigkeit. K ELLNERIN Speisen gefällig? E LISABETH Ich warte noch. Es kommt noch ein Herr -- (sie vertieft sich in die Speisekarte)

35

Szene Nummer 24

B

B

N

N

Die Arbeiterfrau taucht auf und verkauft weisse Herbstastern, aber niemand kauft ihr eine ab. 40

1 7 11 26 28 35

21N ] ihreN ] B22N ] B23N ] BTisch – sieN ] B24N ] B B

[3[9]|7|] |21| \ihre/ [40][|38|] |22| [41][|39|] |23| Tisch[.] |–| [S]|s|ie [42][|41|][|40|] |24|

166

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

Szene Nummer 25 B

K1/TS27 (Korrekturschicht)

Lesetext

N

P RÄPARATOR Siehst, lieber guter alter Freund -- bei einer solchen Gelegenheit mit weissem Flieder -5

T IERPFLEGER (unterbricht ihn) Flieder? Aber das waren doch Herbstastern! Totenblumen! P ÄPARATOR Aber w e i s s e Totenblumen! Darauf kommt es an, denn bei einer solchen weissen Gelegenheit habe ich diese ganz miserable Hochstaplerin kennen gelernt , die wo mich hernach um meine hundertfünfzig Mark gebracht hat! B

B

10

N

N

B

N B

N

T IERPFLEGER Und wer hat Recht gehabt? Ich! P RÄPARATOR Man kanns halt im Voraus nicht wissen, wenn man etwas Gutes tun möcht. T IERPFLEGER (grinst) Mir scheint, Du glaubst noch an Wunder -(Stille) P RÄPARATOR Geh leck mich am Arsch, alter Krampus -- (er zieht ein Packel Karten aus seiner Tasche, mischt, teilt und spielt nun mit dem Tierpfleger)

15

20

얍 Szene Nummer B26N

ÖLA 3/W 28 – BS 39 e [4a], Bl. 14

Der Schupo (Alfons Klostermeyer) kommt, entdeckt Elisabeth, begrüsst sie, legt seinen Mantel über einen Stuhl und setzt sich zu ihr hin. S CHUPO (bestellt bei der Kellnerin) Zwei Würscht, Kraut und zwei halbe Bier. Magst auch Würscht? E LISABETH Ja. K ELLNERIN Dunkel oder hell? S CHUPO Hell. E LISABETH Und ich dunkel. B N

25

30

Szene Nummer 27 B

35

B

N

T IERPFLEGER (ruft der Kellnerin nach) Fräulein! Bringens mir auch noch zwei Würscht mit Kraut! N

1 9–10 9 10 10 21 24

B

25N ] miserableN ] BgelerntN ] BgebrachtN ] Bhat!N ] B26N ] B N]

33 35

B

B

B

27N ] T IERPFLEGER N ]

[43][|41|] |25| miser[bal]|abl|e ge[ö]|l|ernt gebrach\t/ hat\!/ [37][|44|] [|42|] |26| [Der Herr Amtsgerichtsrat beschäftigt sich nun wieder mit seinem Zahnstocher.] [38][|45|] [|43|] |27| [A MTSGERICHTSRAT ] |T IERPFLEGER |

167

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

Szene Nummer 28 B

K1/TS27 (Korrekturschicht)

N

Jetzt taucht der Buchhalter auf und verkauft weisse Herbstastern , aber niemand kauft ihm eine ab -- nur der Schupo. Er überreicht die weissen Totenblumen Elisabeth, die glücklich lächelt. B

B

5

N

N

B

Szene Nummer 29 B

10

Lesetext

N

B

N

N

E LISABETH Das hätt ich jetzt aber ursprünglich nicht gedacht, dass Du mir weisse Herbstastern kaufen wirst. S CHUPO Mir hat das sofort eine innere Stimme gesagt. E LISABETH Trotzdem. S CHUPO Hast gedacht, so ein schneidiger Schupo, das ist ein leichtlebiger Falter? Der möchte nur eine mit viel Geld? Weit gefehlt! Ich schätze eine Frau höher ein, die von mir abhängt, als wie umgekehrt. 얍 E LISABETH (legt ihre Hand auf seinen Arm) Entschuldige. Aber jetzt muss ich nur noch einmal rasch verschwinden -- (sie erhebt sich) S CHUPO Tu Deinen Gefühlen nur kein Korsett an. E LISABETH (schrickt etwas zusammen) Wieso Korsett? S CHUPO (überrascht) Warum? (Stille) E LISABETH (lächelt) Entschuldige bitte, aber ich bin heut halt etwas nervös -- (sie will verschwinden, während der Schupo eine Zeitung entfaltet und sich in die Vereinsnachrichten vertieft) B

N

B

N

B

15

N

20

25

Szene Nummer 30 B

N

Plötzlich erblickt Elisabeth knapp vor sich die beiden kartenspielenden Herren , nämlich den Tierpfleger und den Präparator. Sie erstarrt vor Entsetzen. T IERPFLEGER Jessas Deine hundertfünfzig Mark! P RÄPARATOR Was? Wo? T IERPFLEGER Hinter Dir! B

30

B

B

N

N

B

B

N

N

N

1 3 4 4 4 8 10–11 12 13–16

B

28N ] weisse HerbstasternN ] BeineN ] BdieN ] BTotenblumenN ] B29N ] Bweisse HerbstasternN ] BMir f gesagt.N ] BE LISABETH f umgekehrt.N ]

28 30 30 30 33 34

B

B

30N ] knappN ] Bkartenspielenden HerrenN ] BnämlichN ] BWas?N ] BT IERPFLEGER N ] B

[39][|46|] [|44|] |28| weisse[n] [Flieder] |Herbstastern| eine[n] d[en]|ie| [Flieder] [|Herbstastern|] |Totenblumen| [40][|47|] [|45|] |29| weisse[n] [Flieder] |Herbstastern| [Mir hat das sofort eine innere Stimme gesagt.] |Mir f gesagt.| [E LISABETH Weisst, unter zehntausend Männern gefällt mir höchstens vielleich\t/ ein Einziger.] |E LISABETH f umgekehrt.| [48][|46|] |30| \knapp/ [K]|k|artenspielenden \Herren/ \nämlich/ Was[.]|?| T IERPF [EL ]|LE |GER

168

ÖLA 3/W 28 – BS 39 e [4a], Bl. 15

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

5

10

15 B

20

K1/TS27 (Korrekturschicht)

Lesetext

P RÄPARATOR (dreht sich um und starrt Elisabeth an) (Stille) P RÄPARATOR (grinst) Ja wen sehen denn meine rosigen Aeuglein? Sinds schon wieder heraus aus dem Zuchthaus? E LISABETH (heiser) So seins doch still, Herr Präparator! T IERPFLEGER Das geht Sie überhaupt nichts an! E LISABETH Aber da drüben sitzt doch mein Bräutigam und der braucht doch nichts wissen davon, sonst ist doch alles vielleicht aus -P RÄPARATOR Bräutigam? E LISABETH Ja. T IERPFLEGER Wo? (er erhebt sich und pfeift leise durch die Zähne) Der Polizist dort vielleicht? E LISABETH Ja. P RÄPARATOR Was? Ein Polizist? Und der weiss nichts von Ihrem sauberen Vorleben? Ein so ein Rindvieh! (er lacht schallend) T IERPFLEGER Gute Nacht! Eine saubere Polizei haben wir da! Ein Saustall ist das im Staate! Da zahlst Steuern und Steuern -E LISABETH (unterbricht ihn) So habens doch Mitleid mit mir -P RÄPARATOR (unterbricht sie) Habens nur keine Angst, Sie -- wir sind doch 얍 keine Unmenschen! Ich hätt mir zwar mit Ihrem Wandergewerbeschein mein Terrarium direkt fürstlich ausbauen können, aber ich verzichte auch auf die siamesischen Schleierfische -- (er lacht wieder schallend) Das wird ja für Ihren Herrn Bräutigam ein feines Erwachen geben! So ein Rindvieh! Geh sagens ihm unbekannterweise einen schönen Gruss -- (zum Tierpfleger) Spiel aus, alte Hütten! Du bist dran! N

25

Szene Nummer 31 B

30

N

Elisabeth verschwindet nun langsam -- die Kellnerin bringt nun die Würscht und das Kraut und das Bier. Der Schupo lässt seine Zeitung stehen und macht sich gleich über seine Würscht her.

Szene Nummer 32 B

N

35

Elisabeth kommt wieder und setzt sich zu ihrem Bräutigam. S CHUPO Das hat aber lang gedauert. Wars Dir denn schlecht. E LISABETH Etwas. S CHUPO Doch nichts besonderes ? E LISABETH Wieso? S CHUPO Hoffentlich. Ich hab nämlich immer achtgegeben. E LISABETH Achso. (Stille) B N

40

16 27 34 39

T IERPFLEGER N ] 31N ] B32N ] B N] B B

T IERPF [ L ] |LE |GER [49][|47|] |31| [50][|48|] |32| [--]

169

ÖLA 3/W 28 – BS 39 e [4a], Bl. 16

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

K1/TS27 (Korrekturschicht)

Lesetext

S CHUPO Komm -- die Würscht sind schon kalt und das Kraut ist gestockt. E LISABETH (isst) S CHUPO (plötzlich) Was gefällt Dir eigentlich an mir? 5

10

15

E LISABETH Alles. S CHUPO Aber welches Wort würde denn am besten zu mir passen? E LISABETH Ich weiss es nicht. S CHUPO Geh das wirst Du doch wissen! E LISABETH Du hast Dich etwas verändert, Alfons. Früher warst Du trauriger. S CHUPO Wie das? E LISABETH Halt melancholischer. S CHUPO O das bin ich jetzt auch noch! Das wäre ja gelacht!

Szene Nummer 33 B

N

Der Präparator und der Tierpfleger hatten das Kartenspielen aufgehört und gehen nun heim -- an dem Schupo vorbei und grüssen Elisabeth ironisch devot. B N

20

얍 Szene Nummer B34N

25

30

ÖLA 3/W 38 – BS 39 i [2], Bl. 6

S CHUPO Wer war denn das? E LISABETH Keine Ahnung. S CHUPO Aber die Herren haben Dich doch gegrüsst -E LISABETH Vielleicht haben mich die Herren verwechselt. Man verwechselt doch leicht einen Menschen. S CHUPO Das schon. Zwar wenn ich als Staatsgewaltsorgan zwei Menschen miteinander verwechseln tät -- das wär nicht gut für meine Karriere. E LISABETH Ist das bei Dir wirklich so streng? S CHUPO Sehr. Und oft schon direkt ungerecht. Ist Dir denn kalt, weil Du mit die Zähn so klapperst? E LISABETH Ziemlich. S CHUPO Ich tät Dir schon gern meinen Mantel umhängen, ich brauch ihn nämlich nicht, aber das ist mir verboten. E LISABETH (lächelt) Der Mantel ist halt immer im Dienst. S CHUPO Pflicht ist Pflicht. (Stille) E LISABETH Du Alfons. Zuhaus sind wir allein und hier zieht es so grausam. B

N

B

35

B

15 18

B

21 30 31 35

B

33N ] ]

N

N

[50][|48|] [|51|] [|49|] |33|

B N

gestrichen: Eintragung von fremder Hand (Berliner Bearbeitung): (Unmittelbare

34N ] BwirklichN ] BdennN ] BdasN ]

Fortsetzung siehe 4. Bild: S. 48, Szene No. 34) [51][|49|] [|52|] [|50|] |34| \wirklich/ \denn/ da[{s}] |s|

170

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

K1/TS27 (Korrekturschicht)

Lesetext

S CHUPO Also dann packen wir es an -- (er erhebt sich) Da hast Deine weissen Herbstastern. E LISABETH Danke -- (ab mit dem Schupo) (Dunkel) B

N

5

Szene Nummer 35 B

N

Das Orchester spielt nun das Schmeichelkätzchen -- bis Szene Nummer 37. B

N

10

Szene Nummer 36 B

15

N

Neuer Schauplatz: Elisabeths möbliertes Zimmer. Der Schupo (Alfons Klostermeyer) liegt in Unterhosen im Bett und döst vor sich hin. Elisabeth kocht Cafe und betrachtet ab und zu die weissen Herbstastern , die in einer Vase neben dem Spirituskocher stehen . Draussen scheint die Oktobersonne, aber die Gardinen sind halb heruntergelassen und das ganze ist ein Bild des glücklichen Friedens zweier liebender Herzen. B

N

B

B

20

Szene Nummer 37 B

25

N

B

N

N

B

N

B

N

N

B

35

B

E LISABETH (riecht an den weissen Herbstastern ) Wie lang, dass die sich halten. Schon fünf Tage. S CHUPO Krieg ich noch ein Küsschen? E LISABETH Ja. S CHUPO Ist der Cafe bald fertig? E LISABETH Sofort. S CHUPO (nimmt die Kopfhörer vom Nachtkastl und legt sie sich an) Stramm! Schneidig! -- (er summt den Radetzkymarsch mit, den die Militärmusik im Radio gerade spielt) E LISABETH Du Alfons -- gestern abend war das eine wunderbare Opernübertragung. Aida. B

30

N

N

1 7 9 12 17 17 17 17 18 23 25 25 25 25 29 31

DeineN ] 35N ] B37.N ] B36N ] BCafeN ] BdieN ] BHerbstasternN ] BdieN ] BstehenN ] B37N ] BdenN ] BHerbstasternN ] BdieN ] Bhalten.N ] BCafeN ] BNachtkastlN ] B B

N

Deine[n] [53][|51|] |35| [55.] |37.| [54] [|52|] |36| gemeint ist: Kaffee d[en]|ie| [Flieder] |Herbstastern| korrigiert aus: der korrigiert aus: steht [5[3]|5|] [|53|] |37| korrigiert aus: dem [Flieder] |Herbstastern| [der] |die| [hält.] |halten.| gemeint ist: Kaffee Nachtkast[tel]|tl|

171

B

N

B

N

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

5

15

20

Lesetext

S CHUPO (legt die Kopfhörer wieder auf das Nachtkastl) Hast mich also garnicht vermisst? E LISABETH Aber Alfons! S CHUPO Krieg ich noch ein Küsschen? 얍 E LISABETH Hier hast den Cafe -- (sie bringt ihm eine Tasse) Und hier hast das Küsschen -- (sie gibt es ihm und setzt sich auf den Bettrand) S CHUPO (geniesst den Cafe ) Ich bin ja nur froh, dass es schon heute ist. Ständig erhöhte Alarmbereitschaft -- gut, dass die blöden Wahlen vorbei sind! Erst vorgestern Nacht habens wieder einen Kameraden von mir erschossen. E LISABETH Wer denn? S CHUPO Man weiss es nicht. Die Kommunisten. (Stille) S CHUPO Wirst schon sehen, das wird kein gutes Ende nehmen mit den Kommunisten. Eines schönen Tages wird man sie noch alle erschiessen. Du wirst sehen, wir werden noch alle kommunistisch. E LISABETH Es müssen halt immer viele Unschuldige daran glauben. S CHUPO Das lässt sich nicht umgehen in einem geordnetem Staatswesen. E LISABETH Das seh ich schon ein, dass es ungerecht zugehen muss, weil halt die Menschen wilde Tiere sind -- aber es könnt doch auch ein bisschen weniger ungerecht zugehen. S CHUPO Also das ist Philosophie. B

B

10

K1/TS27 (Korrekturschicht)

Szene Nummer 38 B

N

N

B

ÖLA 3/W 38 – BS 39 i [2], Bl. 7

N

N

25

Jetzt klopft es an die Türe. Die zwei liebenden Herzen lauschen -- abermals klopft es, und zwar entschiedener. S CHUPO Pst! Niemand zuhause. E LISABETH Wer kann das sein? 30

Szene Nummer 39 B

N

S TIMME Kriminalpolizei! E LISABETH Jesus Maria! S CHUPO Polizei? Und ich lieg da. Ausgerechnet Bananen! (er packt rasch sei-얍ne Kleidungsstücke und versteckt sich im Schrank) B N

35

5 7 7 24 32 34

CafeN ] CafeN ] Bist.N ] B38N ] B39N ] B N] B B

gemeint ist: Kaffee gemeint ist: Kaffee

ist\./ [--] [54] |38| [55] |39| [Aufmachen!]

172

ÖLA 3/W 38 – BS 39 i [2], Bl. 8

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

K1/TS27 (Korrekturschicht)

Lesetext

Szene Nummer 40 Es klopft nun noch entschiedener an die Türe. Elisabeth öffnet und ein Herr betritt ihr möbliertes Zimmer. Es ist das ein Oberinspektor der Sittenpolizei. 5

Szene Nummer 41

10

15

20

O BERINSPEKTOR Geduld bringt Rosen. (er sieht sich um und deutet auf das unordentliche Bett) Ich habe Sie wohl im Schlaf gestört? E LISABETH Warum? O BERINSPEKTOR Sie wissen genau warum? E LISABETH Ich bin heut nicht ganz auf dem Damm. O BERINSPEKTOR Es gibt allerdings Leute, die haben Nachtdienst und sind deshalb untertags ruhebedürftig. E LISABETH Wie meinen Sie das? O BERINSPEKTOR (hält einen Sockenhalter hoch, den er auf dem Stuhle gefunden hat) Fräulein pflegen wohl Sockenhalter zu tragen? (Stille) E LISABETH Was will man denn von mir? O BERINSPEKTOR Sie haben von der Polizei einen Unterkommensauftrag gekriegt, darauf steht, dass Sie sich innerhalb dreier Wochen um ein e i n w a n d f r e i e s Unterkommen umsehen sollen. Aber Sie haben weder Arbeit, noch haben Sie nachgewiesen, dass Sie sich um eine solche bemüht haben. E LISABETH Kümmern Sie sich doch um die Leut, die kein Unterkommen haben! O BERINSPEKTOR Keine Hetzreden bitte! Polizeiwidrig ist nicht, wer kein Unterkommen hat, polizeiwidrig ist nur, wer dadurch die öffentliche Ordnung gefährdet. 얍 E LISABETH Aber ich gefährde doch nicht die öffentliche Ordnung! O BERINSPEKTOR Solange Sie sich nicht über Ihre Einkünfte ausweisen können, ist dies fraglich. E LISABETH Für mich wird schon gesorgt. O BERINSPEKTOR Eben diese freundliche Fürsorge interessiert uns. E LISABETH Das habe ich doch schon früher angegeben. Ich erhalte von meinem Bräutigam zwanzig Mark in der Woche. Davon lebe ich. O BERINSPEKTOR Wer ist denn dieser Bräutigam? (Stille) O BERINSPEKTOR Sie nennen also den Namen nicht? E LISABETH Nein. O BERINSPEKTOR Und warum nicht? (Stille) E LISABETH Weil ich meinem Bräutigam kraft seiner Position eventuell schaden täte. O BERINSPEKTOR (grinst) Hübsch! Sehr hübsch -- Eventuell sind bei diesen zwanzig Mark mehrere Bräutigame beteiligt. E LISABETH Das ist eine Unverschämtheit -B N

25

B

B

30

35

40

24 26 27

] PolizeiwidrigN ] BpolizeiwidrigN ] B N B

N

N

[Polizei-] Polizei[wd]|wid|rig polizei[wd]|wid|rig

173

ÖLA 3/W 38 – BS 39 i [2], Bl. 9

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

K1/TS27 (Korrekturschicht)

Lesetext

얍 B O BERINSPEKTOR N (unterbricht sie) Immer nur schön ruhig, Fräulein! B N Sie entschuldigen, wenn ich indiskret BwerdeN -- (er öffnet plötzlich den Kleiderschrank und ist nicht überrascht einen Mann darin zu finden, aber dass dieser Mann ein Schupo in Unterhosen ist, der von seiner Uniform nur den Rock und Bdie MützeN 5 anhat, scheint BihnN etwas peinlich zu Bberühren)N

Szene Nummer 42 B

10

B

B

N

S CHUPO (steht stramm im Kleiderschrank) O BERINSPEKTOR Sie hier? S CHUPO Es ist alles wahr, was das Fräulein gesagt hat, Herr Oberinspektor. (Stille) O BERINSPEKTOR (zu Elisabeth) Bitte, lassen Sie uns mal etwas allein – E LISABETH (zögert) S CHUPO (zu Elisabeth) Sei so gut. E LISABETH Bitte -- (ab ) N

N

B

B

15

B

Szene Nummer 43 B

20

B

B

25

B

ÖLA 3/W 38 – BS 39 i [2], Bl. 10

N B

N

N

N

N

O BERINSPEKTOR Hier verbringen Sie also Ihre freien Stunden. S CHUPO (ist aus dem Kleiderschrank heraus und zieht sich nun hastig an) Wenn ich eine Aufklärung geben darf, Herr Oberinspektor -- hier liegt bestimmt ein Irrtum vor. O BERINSPEKTOR Irrtum?! Mensch, wie kommen Sie zu dieser Frau?! Wir haben sie doch 얍 im Auge, dass sie zu einer bestimmten Damenkategorie gehört! S CHUPO Damenkategorie? O BERINSPEKTOR Wahrscheinlich! (Stille) N

N

N B

1 1

B

2 4 5 5 7 10 13 13 13 15 16 18 20 24 24 27 27

B

O BERINSPEKTOR N ] ]

B N

werdeN ] die MützeN ] BihnN ] Bberühren)N ] B42N ] BO BERINSPEKTOR N ] BO BERINSPEKTOR N ] BBitte,N ] Blassen SieN ] BSei f gut.N ] B(abN ] B43N ] BO BERINSPEKTOR N ] BO BERINSPEKTOR N ] B N] BO BERINSPEKTOR N ] BWahrscheinlich!N ] B

B N

N

[H ERR ] |O BERINSPEKTOR | [(Stille) [H ERR ] |O BERINSPEKTOR | (betrachtet wieder den Sockenhalter) [Wissen Sie,] [|Als|] [|Also|] [s]|S|ich am hellichten Tag in[s] \das/ Bett legen[,] |–| das ist schon reichlich anormal\./ [-- für meinen Geschmack.] E LISABETH Ihr Geschmack interessiert mich nicht. [H ERR ] |O BERINSPEKTOR |] werde[, aber wenn Sie mich schon für dumm halten] [Mütze] |die Mütze| korrigiert aus: ihm [sein)] |berühren)| [58] |42| [H ERR ] |O BERINSPEKTOR | [H ERR ] |O BERINSPEKTOR | Bitte\,/ [seien Sie so gut und] [|Fräulein|] lassen[s] \Sie/ [Nur einen Augenblick bitte.] |Sei f gut.| [)]|(|ab [59] |43| [H ERR ] |O BERINSPEKTOR | [H ERR ] |O BERINSPEKTOR | [\S CHUPO Das weiss ich nicht/] [H ERR ] |O BERINSPEKTOR | [Und ob!] |Wahrscheinlich!|

174

ÖLA 3/W 38 – BS 39 i [2], Bl. 11

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

5

K1/TS27 (Korrekturschicht)

Lesetext

S CHUPO (lächelt) Aber nein, Herr Oberinspektor -O BERINSPEKTOR Kennen Sie sie denn überhaupt? S CHUPO Kennen jawohl. O BERINSPEKTOR Und wollen sie heiraten? S CHUPO Ich habe es vor, Herr Oberinspektor. O BERINSPEKTOR Wie alt sind Sie denn? S CHUPO Vierundzwanzig, Herr Oberinspektor. O BERINSPEKTOR Das alte Lied! S CHUPO (ist nun wieder angezogen) Aber das mit den zwanzig Mark stimmt genau, Herr Oberinspektor. O BERINSPEKTOR Monatlich achtzig Mark! Sie sind doch auch nicht fürstlich bezahlt! S CHUPO Meine Eltern unterstützen mich. O BERINSPEKTOR Was ist denn Ihr Vater? S CHUPO Schreinermeister. O BERINSPEKTOR Dann hätten Sie lieber Schreiner werden sollen. S CHUPO Wie verstehen das, Herr Oberinspektor? (Stille) O BERINSPEKTOR Bedaure , aber Sie scheinen es nicht zu ahnen, wen Sie da an den Traualtar führen wollen -- Ihre Braut hat doch wegen Betrug bereits vierzehn Tage Gefängnis hinter sich. S CHUPO Gefängnis? O BERINSPEKTOR Betrug. Abgesehen von einer Geldstrafe, die sie sich auch schon mal geholt hat. Dass diesen Damen derlei Verbindungen mit der Polizei ganz erwünscht sind, ist ja menschlich verständlich. Aber ob das Ihrer Karriere sehr förderlich ist -S CHUPO Keine Ahnung – 얍 O BERINSPEKTOR Na also! (er öffnet die Türe und ruft hinaus) Kommen Sie herein! B

N

B

N

B N

B

N

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15

B

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B

N

B

N

B

N

B

N B

N

B

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B

N

N B

B

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N

B

N

N

30

Szene Nummer 44

35

Elisabeth kommt wieder herein. Sie denkt es sich schon, dass jetzt alles aus ist. (Stille) S CHUPO Betrug. Stimmts? E LISABETH Ich weiss, es ist aus. 2 4 5 6–7 8 11 13 15 18 18 19 21 22 22 26

O BERINSPEKTOR N ] O BERINSPEKTOR N ] B N] BO BERINSPEKTOR f Oberinspektor.N ] B B

O BERINSPEKTOR N ] O BERINSPEKTOR N ] BO BERINSPEKTOR N ] BO BERINSPEKTOR N ] BO BERINSPEKTOR N ] BBedaureN ] BbereitsN ] BGefängnis?N ] BO BERINSPEKTOR N ] BBetrug.N ] BAhnung –N ] B B

[H ERR ] |O BERINSPEKTOR | [H ERR ] |O BERINSPEKTOR | [\Sie/] [|Sie erinnert mich an meine tote Braut.|] [[H ERR ] |O BERINSPEKTOR | Wo haben Sie sich denn kennen gelernt? S CHUPO Durch Zufall[.]|und|] |O BERINSPEKTOR f Oberinspektor.| [H ERR ] |O BERINSPEKTOR | [H ERR ] |O BERINSPEKTOR | [H ERR ] |O BERINSPEKTOR | [H ERR ] |O BERINSPEKTOR | [H ERR ] |O BERINSPEKTOR | [Ich] [b]|B|edauere [schon] |bereits| [Betrug] |Gefängnis?| [H ERR ] |O BERINSPEKTOR | [Gefängnis] |Betrug.| Ahnung[.] |–|

175

ÖLA 3/W 38 – BS 39 i [2], Bl. 12

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

5

Lesetext

S CHUPO Gefängnis? E LISABETH Ja. (Stille) S CHUPO Du Elisabeth. Warum hast Du mir denn das alles verschwiegen? E LISABETH So frag mich doch nicht so saudumm! (Stille) S CHUPO (steht stramm) Besten Dank, Herr Oberinspektor! O BERINSPEKTOR Bitte bitte! S CHUPO (schlägt die Hacken zusammen und will ab) E LISABETH Halt! S CHUPO (hält) (Stille) S CHUPO Du hast mich belogen und das ist für mich der entscheidende Punkt. E LISABETH Nein. Deine Karriere, das ist er Dein entscheidender Punkt. S CHUPO Nein! Aber zuerst kommt die Pflicht und dann kommt noch Ewigkeiten nichts! Radikal nichts! (Stille) E LISABETH Du Alfons. Zuvor -- wie Du da drinn im Schrank warst, da habe ich Dich beschützen wollen. 얍 S CHUPO Mich? E LISABETH Uns. S CHUPO Dich! Dich gegen mich! Ich kenn mich schon aus, Fräulein! (Stille) E LISABETH (grinst) Ich habe Dich halt nicht verlieren wollen, lieber Alfons -S CHUPO (schlägt wieder die Hacken zusammen) Herr Oberinspektor! (rasch ab) B

10

K1/TS27 (Korrekturschicht)

N

B N

15

B

20

N

B N

25

B

N

Szene Nummer 45 B

30

B

O BERINSPEKTOR Also das war wirklich nicht notwendig von Ihnen, dem Mann seine Karriere so leichtfertig zu gefährden -E LISABETH Notwendig? Und meine Karriere? O BERINSPEKTOR Sie wollen doch nicht behaupten, dass Sie unschuldig sind? E LISABETH O nein, das hab ich mir schon längst abgewöhnt. Entschuldigens, aber jetzt muss ich lachen -- (sie setzt sich auf den Bettrand und lacht lautlos) O BERINSPEKTOR Lachens Ihnen nur ruhig aus. E LISABETH (lacht plötzlich nichtmehr) So sagens mir doch, was ich jetzt tun soll -vielleicht kauft mir der Staat noch einen Strick. N

N

B

35

B

B

N

N

9 13 18 21 25 29 32 33 33 35

B

korrigiert aus: Haken

B N

HackenN ] ] BhabeN ] B N] BHackenN ] BO BERINSPEKTOR N ] BO BERINSPEKTOR N ] BO f abgewöhnt.N ] BschonN ] BO BERINSPEKTOR N ]

[betrogen und] hab\e/ [Halt nur uns --] korrigiert aus: Haken [H ERR ] |O BERINSPEKTOR | [H ERR ] |O BERINSPEKTOR | [Versicherungsinspektor.] |O f abgewöhnt.| [schon] |schon| [H ERR ] |O BERINSPEKTOR |

176

N

ÖLA 3/W 38 – BS 39 i [2], Bl. 13

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

B

5 B

K1/TS27 (Korrekturschicht)

Lesetext

O BERINSPEKTOR Na so schlimm sind wir doch auch wieder nicht -- (er lächelt) Ich hab mir nämlich jetzt etwas durch den Kopf gehen lassen -- Sie haben doch schon allerhand hinter sich und sehen vertrauenserweckend aus. Auf Frauen fallen sie alle herein. E LISABETH Wieso? O BERINSPEKTOR Kommen Sie morgen Vormittag zu mir ins Büro. Zimmer einundfünfzig erster Stock. Dann reden wir weiter darüber -- Wiedersehen! (ab) (Vorhang) N

N

10

E n d e d e s z w e i t e n Te i l e s . 15



20

25

EPILOG

ÖLA 3/W 41 – BS 39 k [2], Bl. 5

Szene Nummer 1 Diesmal hebt sich der Vorhang ohne musikalisches Vorspiel. Schauplatz: In der Seitenstrasse vor dem blauen Schiff. Es ist Nacht und drinnen im blauen Schiff spielt Pascha auf dem Piano einen schönen Tango -- Elisabeth steht vor der Tür und lauscht. Dann versucht sie durch die Vorhangritzen hinter den Kellerfenstern in das blaue Schiff hineinzuschauen. B

N

B N

30

Szene Nummer 2 Nun erscheint ein Kriminaler, der stark lispelt. Er stellt sich vor Elisabeth hin. Dann sieht er sich um -- rechts links oben unten. K RIMINALER (plötzlich) Ist sie jetzt da drinnen? E LISABETH Noch nicht. K RIMINALER (langsam ab) B N

35

1 6 25 26 34 34

O BERINSPEKTOR N ] O BERINSPEKTOR N ] BeinenN ] B N] B N] BdaN ] B B

B

N

[H ERR ] |O BERINSPEKTOR | [H ERR ] |O BERINSPEKTOR | [den] |einen| [weiter] [\Pst!/] \da/

177

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

K1/TS27 (Korrekturschicht)

Lesetext

Szene Nummer 3 Elisabeth lauscht wieder dem schönen Tango und macht so für sich einige Tanzfiguren.

B N

B

N

5

Szene Nummer 4

10

Jetzt kommt Maria, und zwar in Gesellschaft des Barons mit dem Trauerflor. Elisabeth hatte sie schon kommen sehen und hörte auf zu tanzen. M ARIA Da bist Du ja. E LISABETH Ich hab schon gedacht, dass Du vielleicht nicht kommst. M ARIA Ehrensache! B ARON (erkennt Elisabeth) Ach! (er lüftet den Hut und lächelt malitiös) M ARIA Wieso? Du kennst meine fremde Freundin da? B ARON „Fremd?“ ( zu Elisabeth ) Ursprünglich wollten Sie doch Ihre werte Leiche verkaufen? M ARIA Leiche? 얍 B ARON Absurde Idee! E LISABETH Lachens mich nur ruhig aus. B ARON Pardon! War doch nicht böse gemeint. M ARIA Böse? Wenn Du nicht artig bist, dann pass aber nur auf, Burschi! Pass nur auf! Wie sagt der brave Hund? B ARON (bellt) M ARIA Kusch Dich! B ARON (nimmt wieder Haltung an und lächelt etwas verlegen) Sehr zum Wohle allerseits – M ARIA Verschwind! Marsch! – Ich komm gleich nach! B ARON (ab in das blaue Schiff) B

15

B

B

20

N

B

N

N

N

B

B

N

N

25

B

N

B

N

30

3 3–4

] Tanzfiguren.N ]

B N B

14 15 16 16 22–23

B

22 25

B

26–29

B

und f malitiös)N ] FreundinN ] B„Fremd?“N ] Bzu ElisabethN ] BPass f auf!N ] B

B

nurN ] Kusch Dich!N ] B ARON f Schiff)N ]

[Jetzt kommt Maria, und zwar in Gesellschaft des Barons mit dem Trauerflor.] Tanz[schritte --] |figuren.| [-- jetzt kommt Maria, und zwar in Gesellschaft des Barons mit dem Trauerflor. Elisabeth hatte sie schon kommen sehen und hörte auf zu tanzen.] [höflich und beleidigend)] |und f malitiös)| [f]|F|reundin \„/Fremd?\“/ [er lächelt malitiös] |zu Elisabeth| [Pass nur auf, Burschi! B ARON Wauwau! E LISABETH Burschi? Aber das war doch der Rehpintscher von dem Herrn Präparator -M ARIA [Ist ja garnicht wahr! Das ist doch der Burschi!] |Pass nur auf, Burschi!|] |Pass f auf!| [mir] |nur| [[Kusch! Verschwind!] |Und jetzt verschwind! Kusch Dich!| Ich komm gleich nach!] |Kusch Dich!| [[B ARON ] [|{B}|] (ab in das blaue Schiff)] |B ARON f Schiff)|

178

ÖLA 3/W 41 – BS 39 k [2], Bl. 6

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

K1/TS27 (Korrekturschicht)

Lesetext

Szene Nummer 5 M ARIA Er ist nämlich pathologisch. Jetzt geht es ihm ja wieder finanziell, seit er die Vertretung übernommen hat. E LISABETH (grinst) Korsette vielleicht? M ARIA Nein, Likör. Komm! Der kauft Dir sicher auch ein Schinkenbrot. E LISABETH Nein danke. Heut kann ich nämlich nicht. M ARIA Das ist aber fad! Warum hast denn dann auf mich gewartet? Leg Dich doch nieder! Soll ich Dir was leihen? E LISABETH Ich bräucht aber viel. Fünf Mark. M ARIA Vier könnt ich Dir eventuell? E LISABETH Fein. M ARIA Ich hab nämlich die Zigarettendose verkitscht. Du weisst Bescheid. E LISABETH Ja. M ARIA Da -- (sie gibt ihr vier Mark) Man weiss, wie das tut -- -- Du wirst 얍 mir doch auch mal vier Mark leihen? Nicht? E LISABETH Sicher. (Pause) M ARIA (betrachtet sich in ihrem Taschenspiegel im Lichte, das aus dem blauen Schiff herausfällt) Fällt Dir eigentlich nichts auf an mir? E LISABETH Ich wüsst es nicht momentan -M ARIA Da -- (sie fletscht die Zähne) Ich hab seit heut Vormittag zwei Stiftzähn da vorn -- Weisst, meine beiden Zähne waren doch ganz graublau, weil halt der Nerv schon abgestorben war. E LISABETH Du hast Dich zu Deinem Vorteil verändert. M ARIA (grinst) Ich gefall mir. B

5

B

10

15

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N

N

B N

B

N

Szene Nummer 6 30

Der Kriminaler erscheint nun wieder, und zwar hinter Maria , die noch ihre Stiftzähne in ihrem Taschenspiegel betrachtet. Er wartet, bis sich Maria umdreht. Sie erblickt ihn und zuckt etwas zusammen. (Pause) B

N

35

Szene Nummer 7

40

K RIMINALER Sie kommen mit. Sie wissen genau warum. M ARIA (kleinlaut) Ich weiss garnichts. K RIMINALER So Sie wissen garnichts -- und die Zigarettendose? (Pause) 3 6 15 15 31

JetztN ] Nein,N ] B N] BManN ] Bwieder f MariaN ] B B

[Ein Baron --] [j]|J|etzt Nein[.]|,| [\Ich glaub, ich werd gesucht./] [Ich] |Man| wieder\,/ [und erblickt Maria] [|hinter Maria, [und hä] |erkennt sie und||] |und f Maria|

179

ÖLA 3/W 41 – BS 39 k [2], Bl. 7

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

K1/TS27 (Korrekturschicht)

M ARIA (leise) Jesus Maria. K RIMINALER Sie kommen mit. M ARIA (fixiert Elisabeth) Wer hat mich denn da verschuftet? Du bist das? K RIMINALER Sind Sie augenblicklich ruhig! M ARIA Du Sau Du dreckige -K RIMINALER Halten Sie Ihren Mund! 얍 M ARIA Spitzel! Polizeimensch !! K RIMINALER (legt ihr rasch die Schliesszange an) Maul halten! Vorwärts! M ARIA (spuckt Elisabeth an) K RIMINALER Na wartens nur! Los! (er zerrt sie mit sich ab) M ARIA Au!! B

N

B

5

Lesetext

B

N

N

B

N

ÖLA 3/W 41 – BS 39 k [2], Bl. 8

B N

10

Szene Nummer 8 15

20

25

30

Elisabeth wischt sich die Spucke aus ihrem Antlitz. Im blauen Schiff erlischt das Licht und der Morgen graut. Der Schupo (Alfons Klostermeyer) kommt rasch auf das Geschrei hin herbei, hält und erblickt Elisabeth. Und sie erblickt ihn. (Stille) S CHUPO Was hat sich denn da abgespielt? E LISABETH (lächelt böse) Nichts. Es ist bloss ein Fräulein verhaftet worden. Wegen nichts. (Stille) S CHUPO (will wieder weiter) E LISABETH Halt! S CHUPO (hält momentan automatisch) Was denn nicht noch! Ich hab doch keine Zeit! Ich muss zur Parade! (ab) 얍 Szene Nummer B9N

ÖLA 3/W 41 – BS 39 k [2], Bl. 9

E LISABETH (sieht ihm nach) Parade -- -- (sie grinst) Zu Befehl, Herr General! (In der Ferne ertönt Militärmusik: der Marsch „Alte Kameraden“) 35

Szene Nummer 10 B

40

N

Verwandlung: Paradeplatz. Rasch wird es Tag. Aufmarsch der Schupo mit Fahnen, Trommeln und Musik. Auch Alfons Klostermeyer marschiert natürlich mit. 2 3 7 8 9 30 36

Sie f mit.N ] daN ] BPolizeimenschN ] BMaul halten!N ] B N] B9N ] B10N ] B B

[Also los los. Und nur schön ruhig.] |Sie f mit.| \da/ korrigiert aus: Polzeimensch [[Ruhe!] [|Kusch!|] |Ruhe!|] |Maul halten!| [\Du Luder! Jetzt sperrens mich wieder ins Arbeitshaus!/] [70] [|7|] |9| [71] [|8|] |10|

180

Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen

K1/TS27 (Korrekturschicht)

Dann: Aufstellung zur Parade. Und dahinter stehen alle, nämlich: der Präparator und der Tierpfleger, der Oberpräparator, der Baron mit dem Trauerflor, Eltz, Schmidt, v. Müller und Vetterle, die Pascha, der hochgewachsene Herr mit seinem vierjährigem Prantl mit ihrem Sohne, der auf seinen Schultern reitet, die Frau Amtsgerichtsrat und er selbst, der die KellHerr Amtsgerichtsrat, der Invalide, die Arbeiterfrau, der Buchhalter, nerin, der Oberinspektor, der Kriminaler und Elisabeth. Alle -- ausser Maria, die zur Zeit keine Paraden sehen darf. B

B N B N B

5

Lesetext

N

B

N

N

B N B N

B N

B

N

10

Szene Nummer 11 B

15

N

Finale: Trommelwirbel. Präsentieren. Defiliermarsch. Und nun schreitet der Herr Polizeipräsident persönlich die Front ab, ge-얍 folgt von seinem Stabe. Und die Sonne scheint und der Himmel lacht. B

N

20

Schluss.

3 3 4 4 4 6 6 7 8 11 15

Eltz,N ] Vetterle,N ] B N] B N] BPascha,N ] B N] B N] B N] Bkeine ParadenN ] B11N ] BPolizeipräsidentN ] B B

\Eltz,/ Vetterle[.]|,| [Sohn] gestrichen: Eintragung von fremder Hand (Berliner Bearbeitung): Sohn

Pascha[.]| ,| [Eltz und Elli] gestrichen: Eintragung von fremder Hand (Berliner Bearbeitung): Eltz und Elli

[das] [nicht] |keine Paraden| [72] [|9|] |11| Polizei[minister] |präsident|

181

ÖLA 3/W 41 – BS 39 k [2], Bl. 10

Notizen, Dialogskizze

ÖLA 3/W 29 – BS 39 e [4b], Lesetext Bl. 2

182

Notizen, Dialogskizze

K1/E11–E18

183

Lesetext

Lesetext

184

Lesetext

Konzeption 2: Glaube Liebe Hoffnung – Volksstück in sieben Bildern

185

Strukturplan

ÖLA 3/W 21 – BS 39 c [5], Lesetext Bl. 1

186

Strukturplan

K2/E1

187

Lesetext

Konfigurationsplan, Notiz

ÖLA 3/W 21 – BS 39 c [5], Lesetext Bl. 2

188

Konfigurationsplan, Notiz

K2/E2–E3

189

Lesetext

Fragmentarische Fassung der Szene 7

K2/TS1 (Korrekturschicht)

Lesetext

\Textverlust\

얍 Szene Nummer 7

5

10

ÖLA 3/W 39 – BS 39 j [1], Bl. 1

P RÄPARATOR (fängt in seinem Saurausch langsam an vor sich hinzuschwätzen) -nehmen Sie es nur zu Protokoll, Herr Staatsanwalt -- einmal, vor zirka anno dreissig Jahr, da hat uns in unserer Anatomie Seine Majestät in persona besichtigt, und Seine Majestät haben zu mir gesagt: „Mein lieber Präparator“ -- aber dann bin ich immer übersprungen worden in meiner Karriere, immer übersprungen und den Weltkrieg haben wir auch verspielt, und wer ist daran schuld, Herr Staatsanwalt? Wer ist überhaupt an allem schuld? Der Oberpräparator! Dieser Tyrann! Meiner Seel, ich werd noch revolutionär -- -- (er schläft ein) B N

B

\Textverlust\

5 11

] schläftN ]

B N B

[Also] sch\l/äft

190

N

Fragmentarische Fassung der Szenen 14–19

K2/TS2 (Korrekturschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

얍 D RITTER S CHUPO (erfasst ihren Arm) Halt! E LISABETH (brüllt) Auslassen! Auslassen! A LLE (ausser Alfons Klostermeyer, stürzen sich auf sie) B J OACHIM N Au! Die beisst ja! B V IZEPRÄPARATOR N Was? Beissen wirst Du -- beissen?!

ÖLA 3/W 39 – BS 39 j [1], Bl. 2

B N

10

15

Szene Nummer 15 B

N

Während nun Elisabeth in die Zwangsjacke gepresst wird (wobei sich hauptsächlich der Tierpfleger auszeichnet) marschiert draussen eine Formation mit Musik zur Parade vorbei -- und zwar auf den Marsch „Alte Kameraden“. Dann verhallt die Musik in der Ferne und Elisabeth sitzt nun in sich zusammengesunken auf einem Stuhl. B

Szene Nummer 16 B

N

N

20

S CHUPO (hatte der Musik gehorcht) Die Parade -- (er setzt sich seinen Helm auf) 얍 T IERPFLEGER Wir habens geschafft! B UCHHALTER Darf ich mich empfehlen? (ab) 25

Szene Nummer 17 B

30

K AMERAD (öffnet die Fensterläden: draussen steht ein grauer fahler Tag) D RITTER S CHUPO Es regnet noch immer. S CHUPO Es ist schon Tag. Höchste Eisenbahn -- (ab)

Szene Nummer 18 B

35

N

N

J OACHIM Wo ist denn hier in der Nähe ein Photograph? K AMERAD Gleich um die Ecke.

5 6 7 10 15 19 26 33

J OACHIM N ] V IZEPRÄPARATOR N ] B N] B15N ] Bin f zusammengesunkenN ] B16N ] B17N ] B18N ] B B

[B UCHHALTER ] |J OACHIM | [T IERPFLEGER ] |V IZEPRÄPARATOR | [V IZEPRÄPARATOR Die Zwangsjacke! Die Zwangsjacke!] 1[8]|5| [geknebelt] |in f zusammengesunken| 1[9]|6| [20]|17| [21]|18|

191

ÖLA 3/W 39 – BS 39 j [1], Bl. 3

Fragmentarische Fassung der Szenen 14–19

Szene Nummer 19 B

5

K2/TS2 (Korrekturschicht)

Lesetext

N

E LISABETH (plötzlich) Dürft ich den Herrschaften etwas offerieren? T IERPFLEGER Was denn? E LISABETH Prima Büstenhalter. (Stille) V IZEPRÄPARATOR (streicht ihr über das Haar) Nur die Hoffnung nicht sinken lassen --

10

ENDE

1

B

19N ]

[22]|19|

192

Fragmentarische Fassung der Szenen 14–19

K2/TS3/A2 (Korrekturschicht)

Lesetext

\Textverlust\

얍 E LISABETH Auslassen! V IZEPRÄPARATOR Im Gegenteil! E LISABETH (brüllt) Auslassen! Auslassen!

ÖLA 3/W 39 – BS 39 j [1], Bl. 4

5

Szene Nummer 15 Alle, ausser Alfons Klostermeyer, stürzen sich nun auf Elisabeth -- denn sie denken, Elisabeth könnte einen kleinen Tobsuchtsanfall bekommen. J OACHIM Au! Die beisst ja! V IZEPRÄPARATOR Was? Beissen wirst Du -- beissen?!

10

15

얍BN E LISABETH (zieht sich verschüchtert zurück) J OACHIM Beisst ihrem eigenem Lebensretter in die Hand -E LISABETH (fletscht die Zähne)

B

Szene Nummer 16 Jetzt marschiert in der Ferne eine Formation mit Musik vorbei -- und zwar auf den Marsch „Alte Kameraden“. Dann verhallt die Musik und Elisabeth sitzt nun in sich zusammengesungen auf einem Stuhl. N

B

20

ÖLA 3/W 39 – BS 39 j [1], Bl. 5

N

B N

B

25

B

N

Szene Nummer 17 S CHUPO Die Parade -- (er setzt sich seinen Helm auf) N

B N

B N

30

K AMERAD Was knurrt denn da? E LIS Mein Magen. D RITTER Gib ihr was zu essen. K AMERAD (gibt ihr aus seiner Manteltasche ein Brötchen) E LIS (grinst) Ihr seid so gut zu mir. Ihr verwöhnt mich – (sie grinst plötzlich nichtWer hat mich jetzt angehaucht? mehr und sieht sich ängstlich um) B

B

N

N

B

B

13 19 20 21 22 25 26 27 31 32 32–33 33 33

] Szene f 16N ] Bin f FerneN ] B N] Bauf N ] BSzene f 17N ] B N] B N] Baus f Brötchen)N ] B(grinst)N ] Bmich f um)N ] Bund f um)N ] B N]

NN B N

B N

[J OACHIM Bei]

B

korrigiert aus: [Szene Nummer 15] Szene Nummer 15

|

|

[draussen] |in f Ferne| [in der Ferne] korrigiert aus: iauf korrigiert aus: [Szene Nummer 16]|Szene Nummer 16| [Höchste Eisenbahn. Ich halt das hier nichtmehr aus. Mir bricht das Herz.] [B UCHHALTER Darf ich mich empfehlen? (ab)] [Wurst und Brot)] [|ein B|] |aus f Brötchen)| [\(lächelt)/] |(grinst)| mich[.]|–| \(sie f um)/ [entsetzt)] |und f um)| [S CHUPO Ich halt das hier nichtmehr aus. Mir bricht das Herz. E LIS ]

193

Fragmentarische Fassung der Szenen 14–19

B

N

B

NN

N

B

N

B N

5

Lesetext

S CHUPO (wollte ab, hält aber nun) (Stille) E LIS Es hat mich jetzt nämlich jemand angehaucht -- -- Wissen Sie, meine Herren, es ist natürlich so, dass man sein Leben nicht von sich werfen soll und ich werde mich auch beherrschen -- aber es ist so schwer das Leben ohne Wandergewerbeschein, ich rede jetzt nicht direkt persönlich, denn ich bin darüber hinaus -aber wir Menschen müssen dazu kommen, dass jeder essen darf, der arbeiten will – in irgendeiner Form müssen wir diesen 얍 Idealzustand realisieren – -- -- o Mutter, was ist das für eine schöne gebratene Gans -- nein, gib mir nicht den Rücken , Mutter – nein gib mir die Brust -- die Brust -- (sie stirbt sanft an einer plötzlichen Herzschwäche) (Stille) B

B

K2/TS3/A2 (Korrekturschicht)

B

N B N

B

N B

B

B

10

N

B

N

B

15

B

B

N

N

ÖLA 3/W 39 – BS 39 j [1], Bl. 6

B N B

NN

Szene Nummer 18 B UCHHALTER ( nähert sich leise und klopft auf die Tischplatte; behutsam) Fräulein. Fräulein. D RITTER (geht zu ihr hin) Ich befürchte das Schlimmste. S CHUPO (nimmt seinen Helm ab) V IZEPRÄ (beugt sich über sie) Stimmt. Sie haben recht. Die hat es überstanden. Das Leben. J OACHIM Es war umsonst. (ab) N

B

B

N

N

B

20

N

B N

N

B

N

B

B

NN

N

B N B

1 1 1 2 3 4 5–6 6 7 7–8

(wollte f nun)N ] ab,N ] Baber nun)N ] B(Stille)N ] Bnämlich jemandN ] B N] BWandergewerbeschein,N ] B N] Bessen darf,N ] Bder f realisieren –N ] B B

8 10 10 10–11 10 10–11 11 15 16 16 18

B

realisierenN ] RückenN ] BMutter – neinN ] Bstirbt f Herzschwäche)N ] B N] Bsanft f Herzschwäche)N ] Beiner plötzlichenN ] BSzene f 18N ] B(nähert f behutsam)N ] Bnähert f undN ] Bbefürchte f Schlimmste.N ]

20 20 20–21 20–21 22 22

B N

B

] (beugt f recht.N ] Bes f Leben.N ] Büberstanden f Leben.N ] B N] BJ OACHIM f ab)N ] B

[(hält)] |(wollte f nun)| ab\,/ [und] [{nun}] |aber nun)| [V IZE Angehaucht?] |(Stille)| [wer] |nämlich jemand| [es auch nicht tun, ich werde] [einen Ausblick,] |Wandergewerbeschein,| [ohne einen Hoffnungsschimmer --] [|nein, meine Herren,|] [der arbeiten will] [|{ }|] |essen darf,| [arbeiten kann, und dass er zum essen bekommt, und wer nichts arbeitet soll auch nichts es-||sen, in irgendeiner Form müssen wir dazu kommen] |der f realisieren –| [|{er }|] [|er|] [zu verwirklichen] |realisieren| Rück\e/n \Mutter – nein/ [bricht zusammen\)/ [und lächelt)]] [|{ }|] |stirbt f Herzschwäche)| [plötzlich und] sanft[)]|an f Herzschwäche)| \einer plötzlichen/ [Szene Nummer 1[7]|8|]|Szene f 18| [(leise)] |(nähert f behutsam)| \nähert f und/ [glau[b,]|be| [Sie][|sie|] |das Fräulein| [es ist aus.] |hat es hinter sich.|] |befürchte f Schlimmste.| gestrichen: \1.)/ \(beugt f recht./ [ausgelitten. Es ist das Beste für sie.] |es f Leben.| [hinter sich.] |überstanden f Leben.| gestrichen: \3.)/ xJ OACHIM f ab)

194

ÖLA 3/W 39 – BS 39 j [1], Bl. 6

Fragmentarische Fassung der Szenen 14–19

K2/TS3/A2 (Korrekturschicht)

Lesetext

S CHUPO Umsonst. Jetzt geh ich zur Parade. Höchste Eisenbahn. (er setzt sich seinen Helm wieder auf) D RITTER Ist noch Zeit, Klostermeyer. Wart auf uns. (er zieht sich weisse Handschuhe an) Wir müssen doch auch. Du weinst? S CHUPO Nein! D RITTER Verzeihung. (Stille) V IZE Ich lebe ich weiss nicht wie lang, ich sterbe weiss nicht wann, ich fahre, ich weiss nicht wohin, mich wundert, dass ich so fröhlich bin – (Stille) V IZE Es regnet noch immer. S CHUPO Das wird eine verregnete Parade. D RITTER {Wahrscheinlich}. V IZE Darf ich mich jetzt empfehlen? ( ab mit dem Buchhalter)

B N B

BB

N

N

B

N

B

N B

B

N

5

N

B

N

B

N

B

N

10

B B

B

N

NN

B

NN

15

B

Szene Nummer 19 Und wieder zieht die Musik vorbei. Die drei Schupos und gehen zur Parade. N

B N

setzen sich ihre Helme auf B

N

20

B

K AMERAD Komm Klostermeyer – S CHUPO (folgt ihm und wirft noch einen letzten Blick auf seine tote Elisabeth)

N

\Abbruch der Bearbeitung \ 1 1–14

] S CHUPO f Buchhalter)N ]

B N B

1 1 1–2 3 3–4 3 3–4 6 8–9

B

12–13 12–13 13 14 17 17 18 18 22–23

B

Umsonst f ichN ] Umsonst.N ] BHöchste f auf)N ] BD RITTER N ] BIst f weinst?N ] BWartN ] B(er f an)N ] BVerzeihung.N ] BIch f bin –N ] B

S CHUPO f {Wahrscheinlich.}N ] Das f {Wahrscheinlich.}N ] BD RITTER N ] Bab f Buchhalter)N ] B19N ] BSzene Nummer 19N ] B N] Bihre HelmeN ] BK AMERAD f Elisabeth)N ] B

gestrichen: \3.)/ (1) [K AMERAD (zum Schupo) Du weinst?]

S CHUPO [Nein.] [|Ich? {Nei}|] Das steht uns allen bevor. B UCHHALTER Darf ich mich jetzt empfehlen? (ab) [J OACHIM f ab)]f x V IZZE [Es ist das Beste für sie.] |Es regnet noch immer.| (ab) (2) \[S CHUPO [\Dann geh ich allein/] [|Aber ich halt es hier nichtmehr aus.|] Sie ist mir doch schliesslich mal nahegestanden.] V IZE Für sie ist [das] |es| das Beste. [S CHUPO ] |B UCHHALTER | Das steht uns allen bevor. [B UCH ] |S CHUPO Sie ist mir doch schliesslich mal nahegestanden.| B UCH Darf ich mich jetzt empfehlen? (ab)/ (3) \S CHUPO f Buchhalter)/ [Ich halt das [{hier}] nichtmehr aus. Ich geh] |Umsonst f ich| [Nein.] |Umsonst.| \Höchste f auf)/ [K AM ] |D RITTER | [Da müssen wir doch alle hin.] |Ist f weinst?| [{Wir}] |Wart| \(er f an)/ [Pardon.] |Verzeihung.| [Für [das] |die| Ärmste ist dieser Ausgang der beste Ausgang.] |Ich f bin –| [Das steht uns allen bevor.] |S CHUPO f {Wahrscheinlich.}| [Ich hab kein Glück. Ich hab kein Glück.] |Das f {Wahrscheinlich.}| [KAMERAD] |DRITTER| ab[)] |mit f Buchhalter)| 1[8]|9| korrigiert aus: Szene Nummer 19 [ziehen sich weisse Handschuhe an,] [den] |ihre| Helm\e/ \K AMERAD f Elisabeth)/

195

Fragmentarische Fassung einer Szene

K2/TS4 (Korrekturschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

10

15

얍 V IZEPRÄPARATOR Was knurrt denn da? B UCHHALTER Dem Fräulein ihr Magen. D RITTER S CHUPO (zum Kameraden) Hast nichts dabei? K AMERAD Doch. (er gibt aus seiner Manteltasche Elisabeth ein Brötchen) E LISABETH (nimmt es apathisch und BgrinstN) Ihr verwöhnt mich -- (sie Bsieht sichN plötzlich B N ängstlich um) Wer hat mich denn jetzt angehaucht? (Stille) 얍 E LISABETH Es hat mich jetzt nämlich jemand angehaucht -- -- Wissen Sie, meine Herren, es ist natürlich so, dass man sein Leben nicht von sich werfen soll und ich persönlich werde mich auch beherrschen B-- aber N ohne BWandergewerbeschein,N das BistN ein schwieriges Ding, ich rede jetzt nicht direkt persönlich, denn ich bin darüber momentan hinaus -- Baber meine Herren, Ihr könnt doch soviel, Ihr habt Wunderwerke vollbracht, Bwarum bringtN Ihr BdennN das nicht fertig, dass ein jeder Mensch seinen Wandergewerbeschein hat? B V IZEPR N Sie Kind – E LIS Ich rede jetzt nichN \Abbruch der Bearbeitung\

6

6 7 11 11 12 13–17

14 14 16

[knabbert daran) D RITTER S CHUPO Schmeckts? E LISABETH (]grinst Bsieht sichN ] [grinst] |sieht sich| B N] [nichtmehr und sieht sich] B-- aber N ] korrigiert aus: --maber BWandergewerbeschein,N ] Wandergewerbeschein\,/ [ist] BistN ] \ist/ Baber f nichN ] (1) es ist zu schade, dass nicht jeder essen darf, der arbeiten will (2) \aber in irgendeiner Form müssten/ (3) \aber f nich/ Bwarum bringtN ] [{könnt}] |warum bringt| BdennN ] \denn/ BV IZEPR N ] [K AM ] |V IZEPR | B

grinstN ]

196

ÖLA 3/W 39 – BS 39 j [1], Bl. 7

ÖLA 3/W 39 – BS 39 j [1], Bl. 8

Fragmentarische Fassung der Szenen 17–19

K2/TS5 (Korrekturschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

10

얍 V IZEPRÄPARATOR Was knurrt denn da? B UCHHALTER Dem Fräulein ihr Magen. D RITTER S CHUPO (zum Kameraden) Hast nichts dabei? K AMERAD Doch. (er gibt aus seiner Manteltasche Elisabeth ein Brötchen) E LISABETH (nimmt es apathisch und knabbert Bdaran)N D RITTER S CHUPO Schmeckts? E LISABETH ( Blegt plötzlich das Brötchen auf den Tisch undN sieht sich ängstlich um) Wer hat mich denn BjetztN angehaucht? -- B(sie betrachtet das Brötchen)N -- O Mutter, was ist das für eine schöne gebratene Gans -- nein gib mir nicht den Rücken, Mutter -- nein gib mir die Brust -- die Brust -- (sie stirbt Bsanft)N

Szene Nummer 18 15

B UCHHALTER (nähert sich ihr leise und klopft auf die Tischplatte; behutsam) Herein, Fräulein. Herein! D RITTER S CHUPO Ich befürchte das Schlimmste. S CHUPO (nimmt seinen Helm ab) V IZEPRÄPARATOR (beugt sich über Elisabeth) Sie hat es überstanden. Wahrscheinlich das Herz. Na wir werden es ja morgen sehen – J OACHIM Es war umsonst -- (ab) B N

20

B

N B

N

Szene Nummer 19

25

S CHUPO (setzt seinen Helm wieder auf) Umsonst. Jetzt geh ich zur Parade. Höchste Eisenbahn. K AMERAD Ist noch Zeit, Klostermeyer. Wart auf uns. (er zieht sich seine weissen Handschuhe an) D RITTER S CHUPO Wir müssen doch auch. (Stille) Ich hab kein S CHUPO (tritt an Elisabeth heran und streicht ihr über das Haar) Glück. Ich hab kein Glück. B

30

N

B N B N

B

B N

N

35

\Textverlust\ 6

B

daran)N ]

8 9 9 11 20 21 21 27 31

B

31 33–34 33

B N

legt f undN ] jetztN ] B(sie f Brötchen)N ] Bsanft)N ] B N] Bdas Herz.N ] BNa f sehen –N ] BParade.N ] B N] B

] S CHUPO f Glück.N ] B N] B

daran[;]|)| [plötzlich sieht sie sich ängstlich um) Wer hat mich denn jetzt angehaucht?] \legt f und/ [da]|jetzt| \(sie f Brötchen)/ sanft\)/ [an einer plötzlichen Herzschwäche)] [Der Herr hat recht.] [eine momentane Herzschwäche.] |das Herz.| \Na f sehen –/ korrigiert aus: Parade . [Du weinst? S CHUPO (schroff) Nein! D RITTER Verzeihung! (er zieht] gestrichen: sich ebenfalls seine weissen Handschuhe an) \S CHUPO f Glück./ [\Arme Elisabeth/]

197

ÖLA 3/W 39 – BS 39 j [1], Bl. 9

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

K2/TS6 (Korrekturschicht)

얍 GLAUBE LIEBE HOFFNUNG Volksstück in Bsieben BildernN von BÖdön HorváthN. Unter Mitarbeit von Lukas Kristl.

Lesetext

ÖLA 3/W 36 – BS 39 h [3], Bl. 1

5

얍 Personen:

ÖLA 3/W 36 – BS 39 h [3], Bl. 2

Elisabeth ein Schupo (Alfons Klostermeyer) B

10

N

B N B N B N B N

15

B N B

der Oberpräparator der Präparator

N

B N

B N B N B

20

B

25

der Vizepräparator der Baron mit dem Trauerflor ein hochgewachsener Herr mit seinem vierjährigen Sohne Irene Prantl Joachim Prantl der Tierpfleger Frau Amtsgerichtsrat ein Invalider eine Arbeiterfrau ein Buchhalter N

N

B N

30

35

Maria Er selbst, der Herr Amtsgerichtsrat Kellnerin Oberinspektor Kriminaler Polizeipräsident. 2 2 10 11 12 13 14 15 16 17 18 18 19 23 29

sieben BildernN ] Ödön HorváthN ] B(AlfonsN ] B N] B N] B N] B N] B N] BOberpräperatorN ] B N] B N] B N] Bder VizepräparatorN ] BJoachim PrantlN ] B N] B B

[zwei Teilen und einem Epilog] |sieben Bildern| [O]|Ö|dön Horv[a]|á|th korrigiert aus: ( Alfons [Eltz] [Schmidt] [v. Müller] [Vetterle] [genannt Pascha] x Oberpräparator gestrichen: \2.)/ gestrichen: \1.)/ [Oberpräparator] f x korrigiert aus: \3.) der Vizepräparator/ \Joachim Prantl/ [Elli]

198

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern



Lesetext

Motto: Und der Herr roch den lieblichen Geruch und sprach in seinem Herzen: ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen, denn das Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf; und ich will hinfort nicht mehr schlagen alles was da lebet wie ich getan habe. So lange die Erde stehet, soll nicht aufhören Samen und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. Mos. I 8,21

5

10

15

K2/TS6 (Korrekturschicht)

얍BN

Erstes Bild

Szene Nummer 1 20

25

Schauplatz: Vor dem anatomischen Institut mit Milchglasfenstern. Elisabeth will es betreten und sieht sich noch einmal fragend um, aber es ist nirgends eine Seele zu sehen. In der Ferne intoniert ein Orchester den beliebten Trauermarsch von Chopin und nun geht ein junger Schupo (Alfons Klostermeyer) langsam an Elisabeth vorbei und beachtet sie scheinbar kaum. Es ist Frühling. B

30

35

40

N

Szene Nummer 2 E LISABETH (spricht den Schupo plötzlich an, während der Trauermarsch in der Ferne verhallt) Entschuldigens bitte -- aber ich suche nämlich die Anatomie. S CHUPO Das anatomische Institut? E LISABETH Dort wo man halt die Leichen zersägt. S CHUPO Das dort ist das hier. E LISABETH Dann ist es schon gut. (Stille) S CHUPO (lächelt) Gebens nur acht, Fräulein -- da drinnen stehen die Köpf in Reih und Glied. E LISABETH Ich habe keine Angst vor den Toten. S CHUPO Ich auch nicht. E LISABETH Mir graust es noch lange vor nichts. S CHUPO In diesem Sinne -- (er salutiert legere und ab)

45

15 26

] Schupo (AlfonsN ]

B N B

gestrichen: Eintragung von fremder Hand: Glaube Liebe Hoffnung korrigiert aus: Schupo(Alfons fehlende und überzählige Zeichenabstände werden in K2/TS6 stillschweigend emendiert; vgl. Chronologisches Verzeichnis.

199

ÖLA 3/W 36 – BS 39 h [3], Bl. 3

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 1

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

얍 Szene Nummer 3

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 2

Elisabeth sieht dem Schupo spöttisch nach -- dann fasst sie sich ein Herz und drückt auf den Klingelknopf des Anatomischen Instituts. Man hört es drinnen klingeln und schon erscheint der Präparator in weissem Mantel. Er steht in der Türe und fixiert die anscheinend unschlüssige Elisabeth.

5

Szene Nummer 4 10

15

P RÄPARATOR Sie wünschen? E LISABETH Ich möchte hier jemand Zuständigen sprechen. P RÄPARATOR In was für einer Angelegenheit? E LISABETH In einer dringenden Angelegenheit. P RÄPARATOR Haben Sie einen angehörigen Toten bei uns? E LISABETH Es dreht sich um keinen angehörigen Toten, es dreht sich um mich selbst persönlich. P RÄPARATOR Wieso denn das hernach? E LISABETH Sind der Herr hier eine zuständige Instanz? P RÄPARATOR Ich bin der Präparator. Sie können sich mir ruhig anvertraun. (Stille) E LISABETH Man hat mich nämlich extra darauf aufmerksam gemacht, dass man hier seinen Körper verkaufen kann -- das heisst: wenn ich einmal gestorben sein werde, dass dann die Herren da drinnen mit meiner Leiche im Dienste der Wissenschaft machen können, was die Herren nur wollen -- dass ich aber dabei das Honorar gleich ausbezahlt bekomme. Schon jetzt. P RÄPARATOR Das ist mir neu. E LISABETH Man hat mich aber extra darauf aufmerksam gemacht. P RÄPARATOR Wer denn? 얍 E LISABETH Eine Kollegin. P RÄPARATOR Was sind Sie denn von Beruf? E LISABETH Jetzt habe ich eigentlich nichts. Es soll ja noch schlechter werden. Aber ich lasse den Kopf nicht hängen. (Stille) P RÄPARATOR Seine eigene Leich verkaufen -- auf was die Leut noch alles kommen werden! E LISABETH Man möchte doch nicht immer so weiter. P RÄPARATOR Ein krasser Irrtum -- (er holt aus seiner Tasche eine Tüte Vogelfutter und füttert damit die Tauben, die vom Dache des Anatomischen Instituts herabfliegen -- die Tauben kennen den Präparator gut und setzen sich auf seine Schulter und fressen ihm aus der Hand) N

B

20

25

30

35

40

Szene Nummer 5

45

Jetzt begleitet der Oberpräparator einen Baron mit Trauerflor aus dem Anatomischen Institut in das Freie.

17

B

P RÄPARATOR N ]

korrigiert aus: P RÖPARATOR

200

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 3

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

5

10

15

K2/TS6 (Korrekturschicht)

O BERPRÄPARATOR Wird prompt erledigt, Herr Baron, und abermals mein innigstes Beileid. B ARON Danke, Herr Oberpräparator. Ich mache mir die heftigsten Vorwürfe. O BERPRÄPARATOR Aber die staatsanwaltschaftlichen Erhebungen haben doch die völlige Haltlosigkeit der gegen Herrn Baron erhobenen etwaigen Beschuldigungen ergeben! Wir alle sind in Gottes Hand. B ARON Trotzdem! Ich stand vor Verdun und an der Somme, aber nichts hat mich so erschüttert, wie diese Katastrophe gestern. Wir waren ja erst seit drei Monaten verheiratet und ich steuerte den Unglückswagen -- in der Unglückskurve. Zwischen Lechbruck und Steingaden. Nur gut, dass der Leichnam freigegeben ist. 얍 O BERPRÄPARATOR (entdeckte inzwischen den Präparator) Augenblick bitte! (er nähert sich dicht dem Präparator und schreit ihn an) Sie füttern schon wieder die Tauben? Was bilden Sie sich denn ein?! Saustall sowas! Drinnen liegen die Finger und die Gurgeln nur so herum, dass es eine wahre Freud ist! Tuns die beiden Herzen und die halberte Milz gefälligst in die Schublad! Kreuzkruzifix, ist das aber eine Schlamperei! P RÄPARATOR Aber das Fräulein dort wollte doch ihre Leiche verkaufen, Herr Oberpräparator -O BERPRÄPARATOR Ihre Leiche? Schon wieder? (Stille) B ARON Beispiellos. O BERPRÄPARATOR Wir haben es zwar schon weissgottwieoft dementiert, dass wir keine solchen lebendigen Toten kaufen, aber die Leut glauben halt den amtlichen Verlautbarungen nichts! Die bilden sich gar ein, dass der Staat für ihren Corpus noch etwas daraufzahlen wird – gar so interessant kommen sie sich vor! Immer soll nur der Staat helfen, der Staat! B ARON Eine völlig beispiellose Ansicht über die Pflichten des Staates. O BERPRÄPARATOR Wird schon noch anders werden, Herr Baron! B ARON Hoffentlich. B

20

25

Lesetext

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 4

N

30

Szene Nummer 6

35

40

D ER V IZEPRÄPARATOR (erscheint mit dem Hute des Oberpräparators rasch in der Türe des Anatomischen Instituts) Telefon, Herr Oberpräparator! O BERPRÄPARATOR Wer? Ich? V IZEPRÄPARATOR Es dreht sich etwas um das Gutachten in Sachen Leopoldine Hackinger aus Brünn. Herr Oberpräparator sollen sofort in die Klinik zum Professor -- (er überreicht ihm seinen Hut) O BERPRÄPARATOR Sofort! (er zieht hastig seinen weissen Mantel aus und übergibt ihn dem Vizepräparator, der wieder im Anatomischen Institut ver-얍schwindet; zum Baron) Pardon Baron! Die Kapazitäten kriegens mir scheint nicht heraus an was dass diese Sudetendeutsche gestorben ist. Die Pflicht ruft -B ARON O bitte! O BERPRÄPARATOR -- und abermals mein innigstes Beileid! B ARON O danke! O BERPRÄPARATOR Habe die Ehre, Herr Baron! (rasch ab nach rechts) B

45

17 41

B B

ihreN ] mir scheintN ]

korrigiert aus: Ihre korrigiert aus: mirscheint

201

N

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 5

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

얍 B ARON Wiedersehen -- (langsam ab nach links -- und wieder ertönen in weiter Ferne einige Takte des Chopinschen Trauermarsches. Langsam fängt es an zu dämmern, denn es ist bereits spät am Nachmittag) 5

10

15

20

25

30

35

40

45

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 6

Szene Nummer 7 P RÄPARATOR (sieht dem Oberpräparator nach) Ein schlechter Mensch. Die armen Tauben. Glaubens mir, Fräulein: das Beste ist, Sie springen zum Fenster hinaus. E LISABETH Sie sind aber ein sehr ein freundlicher Mann, Herr Präparator. P RÄPARATOR Ich mein es gut mit Ihnen. Wer kauft eine Leiche? Heutzutag! E LISABETH Morgen ist auch ein Tag. P RÄPARATOR Es wird nicht anders. E LISABETH Das glaub ich nicht. P RÄPARATOR Sondern vielleicht? (Stille) E LISABETH (lächelt) Nein -- das lasse ich mir auch von Ihnen nicht nehmen, dass ich noch einmal Glück haben werde. Sehens zum Beispiel, wenn ich jetzt meine Leiche hätt verkaufen können, nämlich um hundertfünfzig Mark -P RÄPARATOR (unterbricht sie) Hundertfünfzig Mark? E LISABETH Jawohl. (Stille) P RÄPARATOR (grinst) Sie Kind -E LISABETH Wie belieben? P RÄPARATOR Was ist denn Ihr Vater von Beruf? E LISABETH Ein Inspektor. P RÄPARATOR Inspektor? Respekt! 얍 E LISABETH Aber er kann mir halt auch nicht unter die Arme greifen, weil meine Mama im März das Zeitliche gesegnet hat und da hat er gleich soviel Auslagen gehabt damit. P RÄPARATOR Was ist schon so ein lumpiger Oberpräparator neben einem Inspektor? Respekt, Fräulein! E LISABETH Sehens, wenn ich jetzt hundertfünfzig Mark hätt, dann könnt ich jetzt meinen Wandergewerbeschein haben und dann würde sich mir die Welt wieder öffnen -- weil ich mit einem Wandergewerbeschein schon morgen eine sozusagen fast selbstständige Position bekommen tät in meiner ursprünglichen Branche, aus der ich herausgerissen worden bin durch die Zeitumstände. (Stille) P RÄPARATOR Was war denn das für eine Branche? E LISABETH Hüftgürtel, Korsett. Engros. Auch Büstenhalter und dergleichen. P RÄPARATOR Interessant. (Stille) E LISABETH Wo bist Du, goldene Zeit? (Stille) P RÄPARATOR (kramt aus seiner Brieftasche eine Photographie hervor) Da schauns mal her -E LISABETH (betrachtet die Photographie) Ein netter Hund. P RÄPARATOR Mein Rehpintscher . B

47

B

RehpintscherN ]

N

gemeint ist: Rehpinscher

202

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 7

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

5

10

15

20

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

E LISABETH Aufgeweckt. P RÄPARATOR Und scharf! Leider ist er mir verreckt. E LISABETH Schade. P RÄPARATOR (pfeift) Das war sein Pfiff. Da ist er dann immer gekommen -얍 (Stille) P RÄPARATOR (spricht nun mit der Photographie) Burschi, Burschi, jetzt bist hin -- aus ist es mit dem Gassi-Gassi -- -- (er steckt die Photographie wieder ein; zu Elisabeth) Aber das freut mich von Ihnen, dass Sie mit dem armen Burschi sympathisieren. Wie heissen denn Sie mit dem Vornamen? E LISABETH Elisabeth. (Stille) P RÄPARATOR Die Kaiserin Elisabeth von Oesterreich, das war auch ein gutes braves Weiberl -- die ist in Possenhofen geboren und hernach ist sie aber einem ruchlosen Attentat zum Opfer gefallen. In Genf. Ueberhaupt der Völkerbund -- alles ruchlos! Jetzt hab ich halt noch meine Schmetterlingssammlung und den Kanari und gestern ist mir eine Katz zugelaufen -- interessiert Ihnen ein Aquarium? E LISABETH Wie belieben? P RÄPARATOR Ich hätt auch ein Terrarium. E LISABETH Terrarium eher. P RÄPARATOR Also dann kommens halt mal zu mir, Sie Fräulein Inspektor. E LISABETH Vielleicht. B

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 8

N

Szene Nummer 8 Jetzt kehrt der Oberpräparator aus der Klinik wieder zurück und zwar überraschend -- er erblickt den Präparator, stutzt empört und fixiert ihn, der retirieren möchte, während Elisabeth sich zurückzieht.

25

Szene Nummer 9 30

O BERPRÄPARATOR (nähert sich langsam dem Präparator und hält dicht vor ihm) 얍 Schon wieder? Sie füttern schon wieder die Tauben? (er fährt ihn plötzlich an) Jetzt schauens aber dass Sie verschwinden! Legens die Leber von dem alten Dakkel in das Fach rechts hinten! Und dass Sie mir die Tumors endlich katalogisieren, bitt ich mir aus! (zum Fräulein) Verstanden?! E LISABETH Gewiss. (Dunkel)

35

40



ZWEITES BILD

Szene Nummer 1 45

Schauplatz: Im Tierpark am Sonntagnachmittag. 15

B

SchmetterlingssammlungN ]

korrigiert aus: Schmetterlingsammlung

203

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 9

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 10

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

Vor den afrikanischen Antilopen. Irene Prantl (auffallend jugendlich kostümiert) kommt mit ihrem Sohne, dem cand. med. Joachim Prantl -- sie hält vor den afrikanischen Antilopen und betrachtet selbe pedantisch, während Joachim sich langweilt. Rechts ein Plakat mit der Inschrift: „Besuchet Eueren Tierpark!“ Jetzt kommt ein hochgewachsener Herr mit einem Sprachfehler -- sein vierjähriger Sohn reitet auf seinen Schultern. Der Herr wendet sich an den Tierpfleger, einen mürrischen erfahrenen Mann, der eben mit einem Bündel Stroh vorübergeht. B

B

5

Szene Nummer 2

10

15

H OCHGEWACHSENER H ERR Verzeihung Herr Aufseher -- aber wo sind denn da die Leoparden? T IERPFLEGER Rechts. H OCHGEWACHSENER H ERR Und die Wasserbüffel?. 얍 T IERPFLEGER Links. H OCHGEWACHSENER H ERR Und das Nashorn? T IERPFLEGER Immer der Nasen nach -- (er lässt ihn stehen und ab) H OCHGEWACHSENER H ERR (sieht perplex dem Tierpfleger nach) Zuvorkommend, äusserst zuvorkommend -- (er geht seiner Nasen nach) N

B

20

N

N

Szene Nummer 3

25

30

J OACHIM Nein. Ich geh nichtmehr mit, Mama. DIE P RANTL Also ein einzigesmal wird sich der Herr doch wohl auch seiner Mutter widmen können -J OACHIM Aber nicht zu den Giraffen! DIE P RANTL Der liebe Herr Sohn -- für den man alles immer tut. Du hast mir Dein Ehrenwort gegeben, dass Du diesen Sonntagnachmittag mit mir dahier zubringen wirst -J OACHIM (unterbricht sie) Du hast mir auch schon mal Dein Ehrenwort gegeben liebe Mama -- dass ich nämlich anlässlich meines ersten bestandenen Examens ein Motorrad bekommen werde -DIE P RANTL Jetzt halt aber endlich Dein Maul mit dem Motorrad! J OACHIM Adieu, Mama! (ab) B

35

N

Szene Nummer 4 DIE 40

P RANTL Nicht einmal zu den Giraffen -- -- Da schafft man sich Kinder an und dann ist man immer allein. Immer allein. Schuft!

Szene Nummer 5 Jetzt geht der Tierpfleger wieder vorbei, und zwar mit einem Eimer. 2 3 18 34

cand.N ] AntilopenN ] BT IERPFLEGER N ] BJetztN ] B B

korrigiert aus: cand korrigiert aus: Antipolen korrigiert aus: T IERPFLEGER ! korrigiert aus: Jett

204

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 11

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

얍 DIE P RANTL (ruft ihm plötzlich zu, fast kreischend) Herr Aufseher! Wo gibts denn da die Giraffen?! T IERPFLEGER Wir haben keine Giraffen! (für sich) Alter Elefant -- (ab) 5

10

15

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 12

Szene Nummer 6 Elisabeth kommt, erblickt die Prantl und grüsst. DIE P RANTL (etwas verwirrt) Ach das Fräulein! E LISABETH Ja. (Stille) DIE P RANTL Schönes Wetter -E LISABETH Sicher. DIE P RANTL Hoffentlich -- -- Also Wiedersehen, Fräulein! (ab) E LISABETH Wiedersehen, Frau Prantl -- (sie sieht ihr etwas erstaunt nach und wendet sich dann den afrikanischen Antilopen zu und betrachtet selbe) Szene Nummer 7

20

25

Nun taucht der Baron mit Trauerflor auf -- auch er stellt sich hin und betrachtet scheinbar die afrikanischen Antilopen, in Wirklichkeit aber natürlich lediglich Elisabeth. B ARON (plötzlich) Afrikanische Antilopen. Herrliche Haltung. E LISABETH (schweigt) B ARON Elegant und graziös. E LISABETH Ja. (Stille) B ARON Pardon! Hätten die Dame nicht Lust, mit mir eine Tasse Cafe zu trinken -gleich gegenüber dem Affenhaus? E LISABETH Nein danke, ich muss hier warten. 얍 B ARON Zu schade! Na hoffentlich ein andermal -- vielleicht des Abends. Bisschen Musik und Tanz. Sie kommen mir übrigens fabelhaft bekannt vor, Fräulein -E LISABETH O das sagen die Herren immer. B ARON Richtig! Wir haben uns doch vor dem Anatomischen Institut getroffen -- (er glättet seinen etwas zerknüllten Trauerflor) -- ich hatte damals einen Trauerfall in der Familie. E LISABETH (lügt) Nein. Das war nicht ich. B ARON Vor knapp zwei Wochen. E LISABETH Nein. (Stille) B ARON (lächelt sarkastisch) Sie wollten doch Ihre werte Leiche verkaufen -E LISABETH Ich kenne Sie nicht, Herr -B ARON Also dann Pardon! Vielleicht sieht man sich mal anderswo im Leben -- (er grüsst Elisabeth spöttisch, die ihn stehen lässt und ab) B

30

35

40

27

B

CafeN ]

gemeint ist: Kaffee

205

N

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 13

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

Szene Nummer 8

5

Der Tierpfleger kommt nun abermals vorbei, und zwar diesmal mit einem Besen. B ARON Sie Aufseher! Wo ist denn hier der kürzeste Ausgang? T IERPFLEGER Ich bin kein Aufseher! Ich bin Tierpfleger! B ARON Ist doch egal! T IERPFLEGER Ihnen schon, mir aber nicht! Dort ist er, der kürzeste Ausgang! Der Allerkürzeste! B ARON Freches Volk! (ab) B

N

10

Szene Nummer 9

15

20

Und wieder erscheint der hochgewachsene Herr mit dem Sprachfehler -- sein 얍 vierjähriger Sohn reitet noch immer auf seinen Schultern. H OCHGEWACHSENER H ERR Verzeihung Herr -- wo sind denn da bitte die Känguruhs? T IERPFLEGER Die Känguruhs? Die sind uns alle verreckt! H OCHGEWACHSENER H ERR Wie schade! (zu seinem Sohne) Et tiebt ier teine Täntutuhs -- (ab) T IERPFLEGER (schimpft dem hochgewachsenen Herrn nach) Känguruh damisches -(er kehrt mit seinem Besen den Weg und bemerkt es nicht, dass der Präparator daherkommt, und zwar in einer aufgeräumten Stimmung)

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 14

Szene Nummer 10 25

30

35

40

P RÄPARATOR Servus Herr Direktor! T IERPFLEGER Jessas der Präparator! P RÄPARATOR Wie gehts denn allweil? T IERPFLEGER Miserabel! Was die Leut alles zusammenfragen -- Kreuzkruzefixkruzefixkruzefix, manchmal möcht ich denen schon auf das Maul draufschlagen, bis dass die Stockzähn scheppern! P RÄPARATOR (sieht auf seine Uhr) Eile mit Weile. Zehn vor vier. Ich habe da nämlich ein Rendez-vous. T IERPFLEGER Ha? P RÄPARATOR (grinst) Mit einem leibhaftigen Fräulein. T IERPFLEGER So ist es recht! Jetzt werden gar die Präparatoren auch schon narrisch! Kümmer Dich lieber um Deine Toten, die windigen Frauenzimmer bringen bloss Kummer und Verdruss! P RÄPARATOR Aber ich und dieses Fräulein haben doch gar nichts miteinander! Ich täte es Dir doch sagen, wenn es dem so wäre! T IERPFLEGER Ist ja wurscht! (Stille) 얍 P RÄPARATOR Sie ist eine Inspektorstochter aus Landshut und ich habe ihr einen Wandergewerbeschein verschafft. T IERPFLEGER Hast ihr das Geld gar hergeschenkt? B

5 44

B B

keinN ] ihrN ]

N

korrigiert aus: keine korrigiert aus: Ihr

206

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 15

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

5

10

15

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

P RÄPARATOR Aber was denn nicht noch! Hergeliehen habe ich es ihr und sie arbeitet es mir schon ab! Das wäre ja gelacht! Hundertfünfzig Mark! T IERPFLEGER Ha? Hundertfünfzig? Ja Du Rindvieh Du kaiserliches! P RÄPARATOR Moment! Ein Zollinspektor steht bekanntlich turmhoch über einem Oberpräparator. T IERPFLEGER Und der Herr Zollinspektor bürgen Dir für Deine hundertfünfzig? P RÄPARATOR Nein. Weil ich ihn ja schon garnicht kennen tu -- auch schriftlich nicht. Mir langt es aber, dass er ein Zollinspektor ist und basta! T IERPFLEGER Und wenn der jetzt kein Zollinspektor wäre? P RÄPARATOR Warum? T IERPFLEGER So ist es recht! So wird es ja immer rechter, Du leichtsinniges Kaliber! Du solltest meine Frau sein, Dich schlaget ich ja tot! (Stille) P RÄPARATOR Lieber alter Freund und Kupferstecher, es tut einem auch hinwiederum gut, wenn man etwas Gutes tut. Dort kommt jetzt das Fräulein selbst. Szene Nummer 11

20

25

Elisabeth kommt. P RÄPARATOR Schauns mal her, Fräulein -- das ist da jener Freund zu mir, der wo der dienstälteste und versierteste Tierpfleger genannt werden darf -- (zum Tierpfleger) Das Fräulein hat nämlich ein reges zoologisches Interesse. T IERPFLEGER Ist schon möglich! 얍 Szene Nummer 12

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 16

Jetzt rauscht die Prantl vorbei -- Elisabeth grüsst und die Prantl dankt. Szene Nummer 13 30

35

40

P RÄPARATOR Wer war denn jetzt dieses? E LISABETH Irene Prantl. P RÄPARATOR (sieht der Prantl nach) So die war das? (Stille) T IERPFLEGER Wer war denn der alte Elefant? P RÄPARATOR Irene Prantl. T IERPFLEGER Ha? E LISABETH Ich vertrete nämlich die Firma Irene Prantl. Im Aussendienst. P RÄPARATOR Mit einem Wandergewerbeschein. E LISABETH (lächelt) Ja jetzt geht es mir gut. Seit voriger Woche. P RÄPARATOR Alsdann auf in das kleine Raubtierhaus, die Hyänen haben Kinder. E LISABETH Da stinkt es aber wie die Pest. P RÄPARATOR Geh das bisserl Geruch! Die armen Vieherln müssen doch auch ihre Ausdünstungen haben -B

41

B

Kinder.N ]

korrigiert aus: Kinder

207

N

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

T IERPFLEGER Oder meinens, dass wir Menschen nicht stinken tun? Ich stink und er stinkt und Sie stinken desgleichen! P RÄPARATOR Er meint es nicht so, er ist ein Original. Gehens nur langsam vor , Fräulein -- ich komm gleich nach, habe nur noch etwas zu besprechen. E LISABETH Zu den Hyänen? Muss denn das sein? P RÄPARATOR Jawohl. E LISABETH (langsam ab) B

N

B

B

5

N

N

얍 Szene Nummer 14

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 17

10

T IERPFLEGER Und dieses Fräulein soll ein reges zoologisches Interesse haben, hast Du zuvor behauptet -- die scheisst Dir doch etwas auf Deine Hyänen, das hab ich mir gleich gedacht! (Stille) P RÄPARATOR Was macht sie denn aber ansonsten auf Dich für einen Eindruck? T IERPFLEGER Weiber können sich oft grausam verstellen. Erkundigen tät ich mich auf alle Fäll, ob das nämlich stimmt -- das von wegen dem Zollinspektor als Herr Papa. P RÄPARATOR Meinst? T IERPFLEGER Schon in Anbetracht Deiner inneren Sicherheit als Mensch. P RÄPARATOR Hast recht. Es kostet ja nichts. (Dunkel)

15

20

25



DRITTES BILD

Szene Nummer 1 30

35

Schauplatz: Kontor der Firma Irene Prantl. Die Prantl ist besonders in ihrem geschäftlichen Leben eine geschwätzige Person. Jetzt hantiert sie auf ihrem Schreibtisch mit Abrechnungen, und zwar hat sie es recht wichtig. Vor ihr sitzt eine Frau Amtsgerichtsrat. Im Hintergrunde stehen Wachspuppen mit Korsett, Hüfthalter, Büstenhalter und dergleichen -- in Reih und Glied, ähnlich wie die Köpf im Anatomischen Institut. B N

P RANTL Allerhand Hochachtung, Frau Amtsgerichtsrat! Sieben Hüfthalter, sechs Korsetts, elf Paar Straps in knapp drei Tagen -- gratuliere, gratuliere! Sie haben es los! Besser als manche Berufsverkäuferin! Ein Talent! F RAU A MTSGERICHTSRAT Mein Gott, unsereins hat halt so seine bestimmten gesellschaftlichen Bekanntenkreise, die wo einer Frau Amtsgerichtsrat kaum einen Korb geben wollen --

DIE

B

40

1–2 3 4 37 39

er stinktN ] vorN ] BkommN ] B N] BPaarN ] B B

N

er\ /stinkt v[{i}] |o|r korrigiert aus: kommt Leerzeile eingefügt korrigiert aus: paar

208

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 18

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

P RANTL Zu bescheiden zu bescheiden! Das Verkaufen ist heutzutage kein Kinderspiel, die Leut schlagen einem die Tür vor der Nase zu! F RAU A MTSGERICHTSRAT Aber es bleibt doch dabei: wenn jemand fragen sollte, dann sagen Sie selbstredend, ich verkaufe das nur von wegen meiner persönlichen Zerstreuung und so -얍 DIE P RANTL Ist doch arschklar, wollte sagen: bleibt unter uns! F RAU A MTSGERICHTSRAT Bei diesen schweren Zeiten muss man auch dem eigenen Manne unter die Arme greifen, der verdient jetzt noch ganze sechshundert Mark. Da wird abgebaut und abgebaut, aber die Herren Landgerichtsdirektoren und Ministerialräte -- (sie stockt, da das Telefon klingelt) DIE P RANTL (am Telefon) Ja. Soll nur gleich herein! -- Nur eine Sekunde, Frau Amtsgerichtsrat, wir sind gleich quitt! DIE

5

10

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 19

Szene Nummer 2 15

Elisabeth tritt ein. DIE P RANTL Grüss Gott tritt ein zeigens her -- habens Ihr Pensum hinter sich? E LISABETH Hier -- (sie überreicht der Prantl ihr Bestellbuch) DIE P RANTL (blättert) Was? Zwei Paar Straps, einen Hüfthalter und ein Korsett, das ist doch radikal nichts! E LISABETH Das Verkaufen ist heutzutage kein Kinderspiel, die Leut schlagen einem die Türe vor der Nase zu. DIE P RANTL Also nur keine Gemeinplätze! Sie als Vertreterin müssen eben bei der Kundschaft den Schönheitssinn entwickeln! Jetzt wo das ganze Volk Gymnastik treibt und wo man überall nackerte Weiber sieht, das ist doch für unsere Branche die beste Reklame! Sie müssen Ihnen halt mehr an die Herren der Schöpfung halten, mir ist noch kein Mannsbild begegnet, das wo keinen Sinn für Strapsgürtel gehabt hätte! Wie war es denn in Kaufbeuren? E LISABETH In Kaufbeuren war nichts. DIE P RANTL Wieso hernach nichts? Kaufbeuren war doch immer phänomenal! E LISABETH Ich war aber nicht in Kaufbeuren. 얍 DIE P RANTL Sondern? E LISABETH Ich wollte nämlich Zeit sparen und bin mit einem Auto gefahren und zwar direkt in der Luftlinie -- aber plötzlich hat die Oelzufuhr ausgesetzt und ich habe in einer Scheune im Walde übernachtet. DIE P RANTL (fährt sie an) Im Wald? Meinens ich zahl umsonst?! Wenn Sie da mit derartigen Luftlinien weitermachen, haben Sie ja bis zum jüngsten Gericht die hundertfünfzig Mark noch nicht hereingearbeitet, die wo ich Ihnen für Ihren Wandergewerbeschein vorgestreckt habe! E LISABETH Aber das war doch eine höhere Gewalt. DIE P RANTL Wenn die Angestellten jetzt auch noch mit der höheren Gewalt anfangen, dann höre ich auf! Dann bring ich mich um! Eine Blutvergiftung oder von der Trambahn herausfallen und einen Haxen brechen, das lass ich mir noch gefallen, aber den Luxus von einer höheren Gewalt habe ich Irene Prantl mir noch nicht geleistet! E LISABETH Ich kann doch schliesslich nichts dafür. B

20

25

30

35

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45

19

B

PaarN ]

N

korrigiert aus: paar

209

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 20

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

DIE

5

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40

Lesetext

P RANTL Schauns nur nicht gar so geschmerzt, Sie Fräulein höhere Gewalt! Schauns doch nur die Frau Amtsgerichtsrat an! Frau Amtsgerichtsrat hätten es garnicht so notwendig und machen es aus purer Zerstreuung und haben den vierfachen Umsatz!

Szene Nummer 3 Der Präparator stürzt herein und fährt sogleich auf Elisabeth los. Er ist ausser Rand und Band. P RÄPARATOR Da sind Sie ja, Sie Betrügerin Sie! Sie Hochstaplerin Sie! Ihr Vater ist ja gar kein Zollinspektor! Wenn Sie mir das gleich gesagt hätten, dass der kein Zollinspektor ist, sondern bloss so ein Versicherungsinspektor, ja glaubens denn, ich hätte Ihnen hernach eine Existenz verschafft? 얍 E LISABETH Aber das hab ich doch niemals behauptet -P RÄPARATOR (unterbricht sie) Jawohl haben Sie das behauptet! E LISABETH Nein! Nie! P RÄPARATOR (schlägt mit seinem Spazierstock auf der Prantl ihren Schreibtisch, dass die Geschäftspapiere nur so herumflattern und brüllt) Zollinspektor! Zollinspektor! Zollinspektor! DIE P RANTL (rettet ihre Geschäftspapiere und kreischt) Halt! Halt!! (Stille) P RÄPARATOR (verbeugt sich chevaleresk zur Prantl und zur Frau Amtsgerichtsrat hin) Entschuldigens meine Herrschaften, dass ich da so aus heiterem Himmel, aber neben einem Versicherungsinspektor ist ja sogar noch ein lumpiger Oberpräparator eine Kapazität und diese gefährliche Person dort hat mir mein gutes bares Geld herausgelockt -E LISABETH (unterbricht ihn) Ist ja garnicht wahr! DIE P RANTL Ruhe! P RÄPARATOR Ruhe!! DIE P RANTL (droht mit dem Zeigefinger) Fräulein, Fräulein -- wer schreit hat Unrecht. P RÄPARATOR (schreit) Unrecht! Jawohl!! (Stille) E LISABETH Jetzt sage ich kein Wort mehr. P RÄPARATOR (gehässig) Tät Ihnen so passen – DIE P RANTL (zum Präparator) Nehmen Sie Platz bitte! P RÄPARATOR Danke -- (er setzt sich) Ich bin nämlich ein herzensguter Mensch aber ich vertrag es halt nicht, dass man mich belügn tut. E LISABETH Ich habe nicht gelogen. DIE P RANTL Geh so haltens doch endlich den Mund, Fräulein -P RÄPARATOR Bitt ich mir aus! 얍 DIE P RANTL (bietet nun dem Präparator Zigaretten an) Bitte -P RÄPARATOR Ich bin so frei -- (er steckt sich eine an, lehnt sich bequem zurück und bläst geniesserisch den Rauch von sich) Alsdann meine Herrschaften -- kommt diese Person da zu mir in die Wohnung, schleicht sich in meine väterlichen Gefühle hinein und ich zeig ihr mein Aquarium und habe ihr ein Buch über Tibet geliehen und obendrein kauf ich ihr auch noch einen Wandergewerbeschein -- und derweil ist der ihr Vater gar kein Zollinspektor! Pfui! B

45

K2/TS6 (Korrekturschicht)

42

N

B

blästN ]

korrigiert aus: blast

210

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 21

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 22

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

P RANTL Was denn für einen Wandergewerbeschein? Den hat doch die dort von mir. P RÄPARATOR Was?! Von Ihnen auch?! DIE P RANTL Das ist doch der Usus im Betrieb. Die Firma streckt den Angestellten die Möglichkeit zum Arbeiten vor und die Angestellten arbeiten es ab. Hundertfünfzig Mark. P RÄPARATOR (ausser sich) Hundertfünfzig Mark?! (Stille) DIE P RANTL Das ist Betrug. E LISABETH (fährt plötzlich los) Ich bin doch keine Betrügerin! F RAU A MTSGERICHTSRAT Darauf kommt es auch nicht an, Fräulein! Sondern ob der Tatbestand des Betruges erfüllt ist, darauf kommt es an! Sonst würd sich ja die ganze Justiz aufhören! DIE P RANTL Richtig! F RAU A MTSGERICHTSRAT Mich geht es ja nichts an und ich persönlich habe mit dem Gericht gottlob nur insoferne etwas zu tun gehabt, als wie dass ich mit einem Richter verheiratet bin. Aber Sie haben ja Ihren Wandergewerbeschein nicht um das Geld dieses Herrn da gekauft, also -- ich höre meinen August schon sagen: Vorspiegelung falscher Tatsachen. Tatbestand des Betruges. P RÄPARATOR (ist verzweifelt in sich zusammengesunken; weinerlich) Ich 얍 bin doch nur ein armer Präparator, der etwas Gutes getan hat -E LISABETH Herr Präparator! Sie werden Ihr Geld schon wiedersehen. P RÄPARATOR Nein. E LISABETH Doch. Jeden Pfennig. P RÄPARATOR Wann? E LISABETH Ich werd es schon abarbeiten. DIE P RANTL Wieso? (sie liest aus Elisabeths Bestellbuch) Zwei Paar Straps, ein Hüfthalter und ein Korsett. Und höhere Gewalt. P RÄPARATOR (fährt hoch) „Höhere Gewalt“! Betrug! Gebens mir auf der Stell mein Geld zurück, Sie! E LISABETH Ich habe es jetzt nicht. DIE P RANTL Aber Ihren Wandergewerbeschein haben Sie doch von mir! E LISABETH Das schon. P RÄPARATOR Na also! E LISABETH Aber das Geld von dem Herrn habe ich zu etwas dringenderem gebraucht. DIE P RANTL Das wird ja immer interessanter! E LISABETH Meinetwegen. Ich hab es zu einer Geldstrafe gebraucht. P RÄPARATOR (wieder ausser sich) Was?! Sie haben mit der Justiz schon etwas gehabt?! Eine Vorbestrafte sind Sie also?! Aber Ihnen bring ich noch in das Zuchthaus, das garantier ich Ihnen! Ich war Ihr letztes Opfer! (er rast ab) DIE

5

10

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20

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Szene Nummer 4

45

D IE P RANTL Gediegen! Sehr gediegen! F RAU A MTSGERICHTSRAT Wenn der Herr da jetzt das beschwört, das mit dem inspektor und Versicherungsinspektor, dann werden Sie verurteilt.

44

B N

]

Leerzeile getilgt

211

B N

Zoll-

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 23

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

얍 B DIE N P RANTL Zuchthaus. F RAU A MTSGERICHTSRAT Aber was! Nur Gefängnis und sonst nichts! Zirka vierzehn Tag. E LISABETH Jetzt werden alle denken, dass ich die grösste Verbrecherin bin. 5 DIE P RANTL Gedanken sind zollfrei und besonders wenn man es einem verschweigt, dass man schon vorbestraft ist. E LISABETH Ich bin doch nicht verpflichtet, Ihnen das zu sagen. DIE P RANTL Also nur nicht so von oben herab! Dieser Skandal ist eine Affenschand! Sie gehen natürlich fristlos -- jetzt bleibens aber nur da, bis dass die Polizei 10 kommt! (ab)

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 24

Szene Nummer 5 F RAU A MTSGERICHTSRAT Mich geht es ja nichts an, aber vorbestraft ist immer schon arg. E LISABETH (sagt es auf wie ein Schulmädchen) Ich bin vorbestraft, weil ich ohne Wandergewerbeschein gearbeitet habe -- und da hat man mir eine Geldstrafe von einhundertundfünfzig Mark hinaufgehaut, bezahlbar in Raten. Aber dann ist alles fällig geworden und ich hätt dafür in das Gefängnis müssen und meine Zukunft wäre wieder in das Wasser gefallen -- und so habe ich dafür dem Herrn Präparator sein Geld aufgebraucht. F RAU A MTSGERICHTSRAT Also tuns nur nicht viel leugnen und zeigens Ihnen nicht gescheiter als wie der Richter ist. Mein Mann ist ja ein braver Mensch, aber tuns die Verhandlung nur ja nicht in die Länge ziehen durch unnötige Verteidigung! Wenn ich zuhaus beim Mittagessen sitz und vergeblich auf ihn wart und er kann nicht weg, weil die Sitzung so lang dauert dann hört auch bei ihm das Verständnis auf -- Wissens, die Angeklagten müssen halt auch ein Einsehen haben, dass schliesslich der Richter auch 얍 ein Mensch ist. (Dunkel)

15

B

B

20

B

25

N

N

N

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 25

30



V I E RT E S B I L D

35

Szene Nummer 1

40

Schauplatz: Vor dem Wohlfahrtsamt mit minimalem Vorgarten. Gruppe debattierender Kunden des Wohlfahrtsamtes, und zwar eine Arbeiterfrau, ein älterer Buchhalter und ein Fräulein, namens Maria. Auch Elisabeth ist dabei. Sie lehnt an dem Vorgartengitter und sonnt sich in der schwachen Spätnachmittagssonne. Jetzt humpelt ein Invalider aus dem Wohlfahrtsamt.

1 17 18 23

] eineN ] BRaten.N ] BwieN ] BDIE N B

korrigiert aus: D IE korrigiert aus: ei korrigiert aus: Raten korrigiert aus: woe

212

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 26

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

Szene Nummer 2

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10

15

I NVALIDER Bravo bravo! Jetzt wollen die da drinn im Wohlfahrtsamt auch nicht zuständig sein, jetzt soll ich wieder woanders hin -- Kreuzkruzefix! A RBEITERFRAU Sie müssten halt zur Invalidenversicherung. I NVALIDER Invalidenversicherung sagt, das geht ihnen nichts an, das geht die Berufsgenossenschaft was an, Berufsgenossenschaft sagt, meine Füsse wären vor dem Unfall auch schon schlecht gewesen, weil ich vorher schon Krampfadern und Plattfüsse gehabt hätte -- und der Herr Sachverständige hat es mir in das Gesicht hinein gesagt, ich könnt schon längst ohne Stock promenieren, wenn ich nur möchten tät! B UCHHALTER Warens denn schon beim Spruchausschuss? 얍 I NVALIDER Die haben es ja bestätigt, dass mich die Berufsgenossenschaft von sechzig auf vierzig Prozent heruntergesetzt hat -- das haben mir die ja direkt in das Urteil hineingeschrieben, dass bei dem Beschwerdeführer der Anreiz fehlen täte, weil er vorher beim Arbeiten auch nicht recht vielmehr verdient hätt, als wie jetzt mit der Rente!

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 27

Szene Nummer 3 20

Nun verstummt alles und rührt sich nicht, denn ein Schupo (Alfons Klostermeyer) geht langsam vorbei und beachtet scheinbar keine Seele. Langsam fängt es bereits an zu dämmern. Szene Nummer 4

25

A RBEITERFRAU (sieht dem Schupo nach) Der Herr General -B UCHHALTER Unser täglich Brot gib uns heute. M ARIA Bei mir ist das noch schlimmer. I NVALIDER Wie das? M ARIA Weil wir eine Familie von sieben Köpfen sind und das achte ist unterwegs -aber weil mein Vater in der Woche vierzig Mark heimtragt, ziehens mir sogar noch etwas ab. I NVALIDER Alles Schwindel! E LISABETH Mir wollen die auch nichts geben, weil mein Vater noch etwas verdient. B UCHHALTER Was ist denn Ihr Vater? E LISABETH Versicherungsinspektor. Entschuldigens, aber jetzt muss ich lachen -- (sie lacht) A RBEITERFRAU Warum lachst denn da, damische Gretl? E LISABETH (hört plötzlich auf) 얍 A RBEITERFRAU So geh halt heim! E LISABETH Nein! A RBEITERFRAU Nacher bist selber schuld! Hat einen Inspektor zum Vater -E LISABETH (unterbricht sie) Versicherungsinspektor! A RBEITERFRAU Ist ja wurscht! B

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35

N

B

40

B

45

N

27 39 43

SchupoN ] A RBEITERFRAU N ] BNacherN ] B B

N

korrigiert aus: Schupon korrigiert aus: A RBEITERFRAU ! vermutlich bewusst gesetzte Dialektalform

213

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 28

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

E LISABETH (grinst) Oho! B UCHHALTER Dummheit und Stolz wachsen auf einem Holz. A RBEITERFRAU Hat ein Zuhause und nützt es nicht aus! E LISABETH Bei mir hat das einen bestimmten Grund. A RBEITERFRAU Hast denn gar etwas angestellt? E LISABETH (lächelt unsicher) Sieht man es mir denn an? (Stille) B UCHHALTER (grinst) Nicht alles ist Gold, was glänzt -- (ab)

5

Szene Nummer 5

10

M ARIA (zu Elisabeth) Man muss sich halt alles gefallen lassen. E LISABETH Ich will nichtmehr erinnert werden. Szene Nummer 6

15

I NVALIDER (zählt für sich) Wohlfahrtsamt. Arbeitsamt. Berufsgenossenschaft. Invalidenversicherung. Spruchausschuss -- -- Auf Wiedersehen im Massengrab! (ab) Szene Nummer 7

20

A RBEITERFRAU (für sich) Massengrab -- -- Wie lang das dauert, bis dass einer für Dich zuständig ist – (ab) 25

얍 Szene Nummer 8

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ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 29

M ARIA Was habens denn angestellt? E LISABETH Nichts. M ARIA Aber eingesperrt hat man Sie doch? E LISABETH (schweigt) M ARIA Mir könnens das ruhig sagen -- ich weiss, wie das kommt. Das sind lauter so kleine Paragraphen, aber Du bleibst hängen -- Du weisst eigentlich garnicht, was los war und schon ist es aus. Schauns, meinem Vater habens gleich zehn Tag hinaufgehaut, weil er da paar Bretter vom Bauplatz gestohlen hat -- die sind halt so dagelegen und in unserer Holzhütten, da hat es in die Betten hineingeregnet. Wenn man schon etwas anstellt, dann müsst es sich aber auch rentieren tun. E LISABETH (schweigt noch immer, es ist inzwischen Nacht geworden und die beiden Fräuleins sitzen nun allein auf dem Sockel des Vorgartengitters in dem Lichte, das aus den Fenstern des Wohlfahrtsamtes herausstrahlt) M ARIA Warens schon einmal verheiratet? E LISABETH Nein. (Stille) E LISABETH Wissens, mein Vater und ich, wir sind zwei verschiedene Personen. Zum Beispiel wie ich das Licht der Welt erblickt habe, da war er ganz ausser sich, dass ich nur ein Mädel bin. Und das hat er mir dann fortgesetzt nachgetragen. Dabei B N

40

45

B

N

39 40

] M ARIA N

B N B

gestrichen: . korrigiert aus: M ARIA !

214

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

5

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15

20

25

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

hat er aber Allüren wie ein Weltmann. Wenn meine Mutter nicht schon tot wär, die könnt darüber so manches trübe Lied zum Besten geben. Alle Männer sind krasse Egoisten. M ARIA Bei Ihnen ist halt der Richtige noch nicht gekommen. E LISABETH Möglich. M ARIA Der kommt ganz überraschend. Wenn man garnicht denkt. (Stille) 얍 E LISABETH Mir ist von zehntausend Männern höchstens einer sympathisch. M ARIA Das schon. E LISABETH Ich hab immer selbstständig sein wollen -- so mein eigener Herr. M ARIA Das geht nicht. (Stille) M ARIA Ich hätt ja nichts dagegen, wenn mich einer heiraten tät. Nur schlagen dürft er mich nicht -- Was machens denn jetzt? E LISABETH Nichts. (Stille) M ARIA Wir könnten eigentlich per Du sein. E LISABETH Gewiss. (Stille) M ARIA (erhebt sich plötzlich) Geh komm mit! Schaun wir mal da vor -- da sitzt schon einer drinn, der uns ein Schinkenbrot kauft! E LISABETH Also nur das nicht! (Stille) M ARIA Warum? E LISABETH Nein. Aus Selbsterhaltungsprinzip nicht. M ARIA So sei doch nicht so feig! Hast denn keinen Hunger? E LISABETH Trotzdem. (Stille) M ARIA Da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich --

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 30

30

Szene Nummer 9 Jetzt erscheint der Baron mit dem Trauerflor -- er sieht etwas ramponiert aus, müde und verbittert. Maria erblickt ihn und starrt ihn fasziniert an. 35

얍 Szene Nummer 10

40

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 31

B ARON (grüsst chevaleresk) Kompliment Madonna! Ich hab es schon befürchtet, dass Du vielleicht nicht erscheinst. M ARIA (tonlos) Ehrensache. (Stille) B ARON (erkennt Elisabeth) Ach! (er lüftet den Hut und lächelt malitiös ) M ARIA Wieso? Du kennst meine fremde Freundin da? B ARON „Fremd“? (zu Elisabeth) Ursprünglich wollten Sie doch Ihre werte Leiche verkaufen? M ARIA Leiche? B

45

42 42

B B

denN ] malitiösN ]

korrigiert aus: des gemeint ist: maliziös

215

N

B

N

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

5

10

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

B ARON Ja das waren bessere Zeiten. Damals hatte ich noch meine Generalvertretung -E LISABETH (grinst) Korsette vielleicht? B ARON Nein, Likör. Jetzt bin ich parterre. M ARIA (betrachtet sich in ihrem Taschenspiegel im Lichte, das aus dem Wohlfahrtsamt herausfällt) Hugo! Fällt Dir denn nichts auf an mir? B ARON Ich wüsst es nicht momentan -M ARIA Da -- (sie fletscht die Zähne) Ich hab seit vorgestern zwei Stiftzähn da vorn -Weisst, meine beiden Zähne waren doch ganz Bruch und schwarz, weil halt der Nerv schon abgestorben war. B ARON (lächelt hinterlistig) Du hast Dich zu Deinem Vorteil verändert. M ARIA Ich gefall mir. Szene Nummer 11

15

Jetzt erscheint ein Kriminaler, und zwar hinter Maria, die noch ihre Stiftzähne in ihrem Taschenspiegel betrachtet. Der Baron zieht sich etwas zurück und der Kriminaler wartet bis sich Maria umdreht. Nun erblickt sie ihn und zuckt etwas zusammen. 20

25

얍 Szene Nummer 12

K RIMINALER Sie kommen mit. Sie wissen genau warum. M ARIA (kleinlaut) Ich weiss garnichts. K RIMINALER So Sie wissen garnichts -B ARON Und meine Manschettenknöpfe ? (Stille) M ARIA (leise) Jesus Maria. B ARON Wer hat sie mir denn gestohlen? K RIMINALER Kriminalpolizei. Sie kommen mit. M ARIA (fixiert den Baron) Du hast mich verschuftet? K RIMINALER Sind Sie augenblicklich ruhig! M ARIA Du? Dem ich drei Mark geliehen hab? Drei Mark? K RIMINALER Halten Sie Ihren Mund! B ARON (grüsst wieder chevaleresk) Kompliment, Madonna! (ab) M ARIA Du Sau Du dreckige!! K RIMINALER (legt ihr rasch die Schliesszange an) Maul halten! Vorwärts! (er zerrt sie mit sich ab) M ARIA Au!! B

B

30

35

40

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 32

N

N

Szene Nummer 13 Der Schupo (Alfons Klostermeyer) kommt rasch auf das Geschrei hin herbei, hält und erblickt Elisabeth. Und sie erblickt ihn.

25 28

B B

ManschettenknöpfeN ] hatN ]

korrigiert aus: Manchettenknöpfe korrigiert aus: haat

216

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

Szene Nummer 14

5

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45

S CHUPO Was hat sich denn da abgespielt? E LISABETH (lächelt böse) Nichts. Es ist bloss ein Fräulein verhaftet wor-얍den. Wegen nichts. S CHUPO Geh das gibt es doch garnicht! E LISABETH Trotzdem. (Stille) E LISABETH Was starrens mich denn so an? S CHUPO (lächelt) Ist denn das verboten? (Stille) S CHUPO Sie erinnern mich nämlich. Besonders in Ihrer Gesamthaltung. An eine liebe Tote von mir. E LISABETH Sie reden so mystisch daher. (Stille) S CHUPO Welche Richtung gehens denn jetzt? E LISABETH Wollens mich gar begleiten? S CHUPO Ich hab heut keinen Dienst mehr. E LISABETH Ich geh lieber allein. S CHUPO (ohne Hintergedanken) Habens die Polizei nicht gern? E LISABETH (zuckt etwas zusammen) Wieso? S CHUPO Weil Sie nicht wollen, dass ich Sie begleite. Es muss doch auch Polizisten geben, Fräulein! In jedem von uns schlummert zum Beispiel ein Eisenbahnattentäter. E LISABETH In mir nicht. S CHUPO Geh das gibt es doch garnicht! E LISABETH (ahmt ihn nach) „Das gibt es doch garnicht“! S CHUPO (lächelt) Sie tun ja direkt, als wärens schon einmal hingerichtet worden. (Stille) E LISABETH Es kümmert sich keiner darum. S CHUPO Man darf die Hoffnung nicht sinken lassen. 얍 E LISABETH Das sind Sprüch. (Stille) S CHUPO Ohne Glaube Liebe Hoffnung gibt es logischerweise kein Leben. Das resultiert alles voneinander. E LISABETH Sie haben leicht reden als Staatsbeamter in gesicherter Position. S CHUPO Wir müssen doch alle mal sterben. E LISABETH Hörens mir nur auf mit der Liebe! (Stille) S CHUPO Fräulein. Jetzt hörens mich aber genau an -- nämlich ich beobachte Sie hier vor dem Wohlfahrtsamt bereits schon seit Tagen. Weil Sie mich halt auch erinnern tun -- an eine liebe Tote, wie gesagt. E LISABETH Wer war denn diese Tote? S CHUPO Meine Braut. (Stille) S CHUPO Wir waren nämlich ein Herz und eine Seele. Aber sie hatte es mit der Lunge zu tun und jetzt geht mir direkt etwas ab. Warum lächeln Sie da? E LISABETH Nur so.

217

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 33

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 34

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

(Stille) S CHUPO Sie sind anscheinend sehr verbittert. E LISABETH Ich geh schnell. S CHUPO Sie können schnell gehen, aber ich kann auch schnell gehen. (Dunkel)

5



FUENFTES BILD

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 35

10

Szene Nummer 1

15

Schauplatz: Bierkeller. Stillere Ecke. Abseits der Blechmusik, wo man selbe nicht so laut hört. Es ist (wie bereits bekannt) inzwischen Herbst geworden und unter dem gelben Laub sitzen und essen Frau Amtsgerichtsrat und er selbst, der Herr Amtsgerichtsrat, denn die Abende sind noch relativ warm. Szene Nummer 2

20

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F RAU A MTSGERICHTSRAT So iss doch nicht so gierig, August! Denk doch an Deinen Darm! A MTSGERICHTSRAT Mein Darm ist meine private Angelegenheit und wenn einer draufgeht, dann bin ich derjenige welcher! Der Sanitätsrat hat mich erst gestern wieder gewarnt. F RAU A MTSGERICHTSRAT Mich hat er auch gewarnt, dass ich wegen meiner Drüsen nicht soviel Treppen steigen soll -얍 A MTSGERICHTSRAT (unterbricht sie) Musst Du denn Korsette verkaufen?! Kompletter Irrsinn! Ueberhaupt diese feine Frau Prantl! Hat ihre Firma mit dem Gelde eines Konfektionsjuden gegründet, mit dem sie früher sogar ein Verhältnis gehabt haben soll! F RAU A MTSGERICHTSRAT Die gute Frau Prantl ist eine hochanständige Person. An die kannst Du nicht heran -- ich verdien mir doch dabei. A MTSGERICHTSRAT Bild es Dir bitte nur ja nicht ein, dass es Dir jemand glauben könnte, dass du die Prantlschen Korsette nur behufs Deiner Zerstreuung verkaufst. F RAU A MTSGERICHTSRAT Ich will aber nicht um jeden Pfennig bei Dir betteln! A MTSGERICHTSRAT Betteln? F RAU A MTSGERICHTSRAT Um jeden Pfennig. A MTSGERICHTSRAT Versündige Dich nicht! Was weisst denn Du schon von der grossen Not? Wo man doch tagaus tagein die armen Leut verurteilen muss, zuguterletzt bloss weil sie kein Dach über dem Kopf haben! F RAU A MTSGERICHTSRAT Dann würd ich sie halt nicht verurteilen. A MTSGERICHTSRAT Hermine! B N

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33

B N

]

gestrichen: ich

218

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 36

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

Szene Nummer 3

5

Der Invalide taucht auf und verkauft weisse Herbstastern, aber niemand kauft ihm eine ab, auch der Herr Amtsgerichtsrat natürlich nicht, der seine Gattin grimmig fixiert. (Anmerkung: jetzt und immer, wenn ein Herbstasternverkäufer auftaucht, spielt die Blechmusik die Szene über zart einige Takte des Walzers „Bist Dus lachendes Glück?“) 얍 Szene Nummer 4

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 37

10

15

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F RAU A MTSGERICHTSRAT Könntest mir auch mal einen schenken. A MTSGERICHTSRAT Was? F RAU A MTSGERICHTSRAT Weissen Flieder. A MTSGERICHTSRAT Weissen Flieder? Das waren weisse Herbstastern. Totenblumen -(er grinst) Ist denn bei Dir im Oktober noch Mai, Hermine? (Stille) F RAU A MTSGERICHTSRAT Freu Dich nur. (Stille) F RAU A MTSGERICHTSRAT (erhebt sich plötzlich) Ich geh jetzt ins Kino. A MTSGERICHTSRAT (grinst) Du Mickymaus -F RAU A MTSGERICHTSRAT Erstick! Szene Nummer 5

25

Frau Amtsgerichtsrat lassen ihren Gatten wütend sitzen und wollen nun zur Mickymaus, treffen aber Elisabeth, die gerade den Bierkeller betritt. Sie fixieren sich, aber Elisabeth will niemand mehr kennen aus ihrer Vergangenheit -- doch Frau Amtsgerichtsrat lassen nicht locker.

30

Szene Nummer 6

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45

F RAU A MTSGERICHTSRAT Komisch. Wir kennen uns doch -E LISABETH (sieht sich ängstlich um) Bitte kennen Sie mich nicht, Frau Amtsgerichtsrat -F RAU A MTSGERICHTSRAT Also nur keine Angst Fräulein! Mich geht es ja nichts an, aber wieviel habens denn bekommen? E LISABETH Vierzehn Tage. 얍 F RAU A MTSGERICHTSRAT Sehens, das hab ich Ihnen gleich gesagt! E LISABETH Aber ohne Bewährungsfrist. F RAU A MTSGERICHTSRAT Ohne? (sie wirft einen strafenden Blick auf ihren Gatten) E LISABETH Weil ich halt vorher schon die Geldstrafe gehabt habe -- (sie grinst) Wenn ich nur wüsst, was ich verbrochen hab -F RAU A MTSGERICHTSRAT O ich weiss, wie das zugeht! (sie blickt wieder vorwurfsvoll auf ihren Gatten, der nun mit Hilfe eines Taschenspiegels und eines privaten Zahnstochers in seinen Zähnen herumstochert) Mir müssen Sie das nicht erzähB

35

B

nichtsN ]

korrigiert aus: nich

219

N

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 38

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

5

10

15

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

len! Lauter Ungerechtigkeiten -- und eine neue Stellung habens natürlich auch keine? E LISABETH Nein. Aber vielleicht werde ich mich dafür verloben. F RAU A MTSGERICHTSRAT Bravo! Das ist das Beste! Da gratulier ich Ihnen aber! E LISABETH Wir haben uns nämlich durch einen Zufall kennen gelernt. F RAU A MTSGERICHTSRAT Kenn ich Fräulein! Kenn ich! E LISABETH Vielleicht ist das der grosse Zufall in meinem Leben. F RAU A MTSGERICHTSRAT Was ist er denn, der Herr Bräutigam in spe? E LISABETH Staatsbeamter. F RAU A MTSGERICHTSRAT Staatsbeamter? Weiss er denn etwas von Ihren vierzehn Tagen? E LISABETH Nein. F RAU A MTSGERICHTSRAT Hm. Das müsstens ihm aber schon sagen, sonst könnt er eventuell Unannehmlichkeiten kriegen mit seiner Karriere -E LISABETH Ist denn das möglich? F RAU A MTSGERICHTSRAT Absolut. Na mich geht es ja nichts an -- alles Gute, Fräulein! 얍 Szene Nummer 7

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 39

20

Frau Amtsgerichtsrat entschwinden nun zur Mickymaus und Elisabeth setzt sich an einen freien Tisch. Er selbst, der Herr Amtsgerichtsrat beschäftigen sich noch immer mit seinem Zahnstocher. K ELLNERIN Speisen gefällig? E LISABETH Ich warte noch. Es kommt noch ein Herr -- (sie vertieft sich in die Speisekarte) B

25

N

Szene Nummer 8 30

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40

Jetzt tauchen der Präparator auf und sein lieber guter alter Freund der Tierpfleger. Sie rauchen ihre Virginia, setzen sich und trinken Bier. Elisabeth bemerkt sie nicht und dies beruht auf Gegenseitigkeit. T IERPFLEGER Du glaubst es mir halt nicht, Du Rindvieh Du kaiserliches, dass das Weib der geborene Feind des Mannes ist. Da hab ich mal mit einer Gorillaart von den Bermudasinseln zu tun gehabt -- und da hat das weibliche Tier dem männlichen Tier nach vollzogenem Geschlechtsakte die Gurgel durchgebissen. P RÄPARATOR Man soll es nicht für möglich halten. T IERPFLEGER Davon macht sich Dir ja Deine kühnste Phantasie keine annähernde Vorstellung, wie dass es da zugeht, wenn es aufgeht! P RÄPARATOR Einer bringt den andern um -- ich denk jetzt speziell an den Oberpräparator. Aber wenn ich mir dann so meine Schmetterlingssammlung betrachte, dann denk ich mir trotzdem, es dreht sich halt alles nach einer höheren Ordnung. B

21 35

B B

entschwindenN ] BermudasinselnN ]

N

korrigiert aus: entschwiden gemeint ist: Bermudainseln

220

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

Szene Nummer 9 Die Arbeiterfrau taucht auf und verkauft weisse Herbstastern, aber niemand 얍 kauft ihr eine ab.

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 40

5

Szene Nummer 10

10

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P RÄPARATOR Warum hasst er mich denn der Herr Oberpräparator? Weil ich ein Aquarium habe! Weil ich ein gutes Herz habe und weil ich die Tauben füttere -T IERPFLEGER (unterbricht ihn) Und weil Du jeder nächstbesten miserablen Hochstaplerin Dein sauererspartes Geld in den Rachen wirfst! Hundertfünfzig Mark! Wer hat Recht gehabt? Ich! P RÄPARATOR Man kanns halt im Voraus nicht wissen, wenn man etwas Gutes tun möcht. T IERPFLEGER (grinst) Mir scheint, Du glaubst noch an Wunder -(Stille) P RÄPARATOR Geh leck mich am Arsch, alter Krampus -- (er zieht ein Packel Karten aus seiner Tasche, mischt, teilt und spielt nun mit dem Tierpfleger) Szene Nummer 11 Der Schupo (Alfons Klostermeyer) kommt, entdeckt Elisabeth, begrüsst sie, legt seinen Mantel über einen Stuhl und setzt sich zu ihr hin. S CHUPO (bestellt bei der Kellnerin ) Zwei Würscht, Kraut und zwei halbe Bier. Magst auch Würscht? E LISABETH Ja. K ELLNERIN Dunkel oder hell? S CHUPO Hell. E LISABETH Und ich dunkel. B

25

N

30

얍 Szene Nummer 12

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 41

A MTSGERICHTSRAT (ruft der Kellnerin nach) Fräulein! Bringens mir auch noch zwei Würscht mit Kraut! 35

Szene Nummer 13

40

Jetzt taucht der Buchhalter auf und verkauft weisse Herbstastern, aber niemand kauft ihm eine ab -- nur der Schupo. Er überreicht die weissen Totenblumen Elisabeth, die glücklich lächelt. Szene Nummer 14

45

E LISABETH Das hätt ich jetzt aber ursprünglich nicht gedacht, dass Du mir weisse Herbstastern kaufen wirst. S CHUPO Mir hat das sofort eine innere Stimme gesagt. 24

B

KellnerinN ]

korrigiert aus: Kellnerlin

221

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

5

10

20

25

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45

Lesetext

E LISABETH Trotzdem. S CHUPO Hast gedacht, so ein schneidiger Schupo, das ist ein leichtlebiger Falter? Der möchte nur eine mit viel Geld? Weit gefehlt! Ich schätze eine Frau höher ein, die von mir abhängt, als wie umgekehrt. E LISABETH (legt ihre Hand auf seinen Arm) Entschuldige. Aber jetzt muss ich nur noch einmal rasch verschwinden -- (sie erhebt sich) S CHUPO Tu Deinen Gefühlen nur kein Korsett an. E LISABETH (schrickt etwas zusammen) Wieso Korsett? S CHUPO (überrascht) Warum? (Stille) E LISABETH (lächelt ) Entschuldige bitte, aber ich bin heut halt etwas nervös -- (sie will verschwinden, während der Schupo eine Zeitung entfaltet und sich in die Vereinsnachrichten vertieft) B

15

K2/TS6 (Korrekturschicht)

N

얍 Szene Nummer 15

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 42

Plötzlich erblickt Elisabeth knapp vor sich die beiden kartenspielenden Herren, nämlich den Tierpfleger und den Präparator. Sie erstarrt vor Entsetzen. T IERPFLEGER Jessas Deine hundertfünfzig Mark! P RÄPARATOR Was? Wo? T IERPFLEGER Hinter Dir! P RÄPARATOR (dreht sich um und starrt Elisabeth an) (Stille) P RÄPARATOR (grinst) Ja wen sehen denn meine rosigen Aeuglein? Sinds schon wieder heraus aus dem Zuchthaus? E LISABETH (heiser) So seins doch still, Herr Präparator! T IERPFLEGER Das geht Sie überhaupt nichts an! E LISABETH Aber da drüben sitzt doch mein Bräutigam und der braucht doch nichts wissen davon, sonst ist doch alles vielleicht aus -P RÄPARATOR Bräutigam? E LISABETH Ja. T IERPFLEGER Wo? (er erhebt sich und pfeift leise durch die Zähne) Der Polizist dort vielleicht? E LISABETH Ja. P RÄPARATOR Was? Ein Polizist? Und der weiss nichts von Ihrem sauberen Vorleben? Ein so ein Rindvieh! (er lacht schallend) T IERPFLEGER Gute Nacht! Eine saubere Polizei haben wir da! Ein Saustall ist das im Staate! Du zahlst Steuern und Steuern -E LISABETH (unterbricht ihn) So habens doch Mitleid mit mir -P RÄPARATOR (unterbricht sie) Habens nur keine Angst, Sie -- wir sind doch keine Unmenschen! Ich hätt mir zwar mit Ihrem Wandergewerbeschein mein Terrarium direkt fürstlich ausbauen können, aber ich verzichte auch auf die siamesischen Schleierfische -- (er lacht wieder schallend) Das wird 얍 ja für Ihren Herrn Bräutigam ein feines Erwachen geben! So ein Rindvieh! Geh sagens ihm unbekannterweise einen schönen Gruss -- (zum Tierpfleger) Spiel aus, alte Hütten, Du bist dran!

11

B

(lächeltN ]

korrigiert aus: lächelt

222

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 43

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

Szene Nummer 16

5

Elisabeth verschwindet nun langsam -- die Kellnerin bringt nun die Würscht und das Kraut und das Bier. Der Schupo lässt seine Zeitung stehen und macht sich gleich über seine Würscht her. A MTSGERICHTSRAT Wo bleiben meine Würscht? K ELLNERIN Sofort! (wieder ab) Szene Nummer 17

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Elisabeth kommt wieder und setzt sich zu ihrem Bräutigam. S CHUPO Das hat aber lang gedauert. Wars Dir denn schlecht? E LISABETH Etwas. S CHUPO Doch nichts besonderes? E LISABETH Wieso? S CHUPO Hoffentlich. Ich hab nämlich immer achtgegeben. E LISABETH Achso. (Stille) S CHUPO Komm -- die Würscht sind schon kalt und das Kraut ist gestockt. E LISABETH (isst) S CHUPO (plötzlich) Was gefällt Dir eigentlich an mir? E LISABETH Alles. S CHUPO Aber welches Wort würde denn am besten zu mir passen? E LISABETH Ich weiss es nicht. S CHUPO Geh das wirst Du doch wissen! 얍 E LISABETH Du hast Dich etwas verändert, Alfons. Früher warst Du trauriger. S CHUPO Wie das? E LISABETH Halt melancholischer. S CHUPO O das bin ich jetzt auch noch! Das wäre ja gelacht!

30

Szene Nummer 18 Der Präparator und der Tierpfleger hatten das Kartenspielen aufgehört und gehen nun heim -- an dem Schupo vorbei und grüssen Elisabeth ironisch devot. 35

Szene Nummer 19

40

45

S CHUPO Wer war denn das? E LISABETH Keine Ahnung. S CHUPO Aber die Herren haben Dich doch gegrüsst -E LISABETH Vielleicht haben mich die Herren verwechselt. Man verwechselt doch leicht einen Menschen. S CHUPO Das schon. Zwar wenn ich als Staatsgewaltsorgan zwei Menschen miteinander verwechseln tät -- das wär nicht gut für meine Karriere. E LISABETH Ist das bei Dir wirklich so streng? S CHUPO Sehr. Und oft schon direkt ungerecht.

223

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 44

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

Szene Nummer 20

5

Frau Amtsgerichtsrat kehren nun wieder zurück von der Mickymaus und setzen sich stumm zu ihm selbst, dem Herrn Amtsgerichtsrat. Noch haben Frau Amtsgerichtsrat Elisabeth nicht wieder erblickt, doch Elisabeth hat sie wieder erkannt. B

N

얍 Szene Nummer 21

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15

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 45

S CHUPO Ist Dir denn kalt, weil Du mit die Zähn so klapperst? E LISABETH Ja. S CHUPO Sehr? E LISABETH Ziemlich. S CHUPO Ich tät Dir schon gern meinen Mantel umhängen, ich brauch ihn nämlich nicht, aber das ist mir verboten. E LISABETH (lächelt) Der Mantel ist halt immer im Dienst. S CHUPO Pflicht ist Pflicht. Szene Nummer 22

20

25

A MTSGERICHTSRAT (plötzlich) Wie war denn die Mickymaus? F RAU A MTSGERICHTSRAT Lustig. (Stille) A MTSGERICHTSRAT Warum bist Du denn nicht direkt nachhaus? F RAU A MTSGERICHTSRAT Das kann ich doch nicht. Du hast doch die Schlüssel. A MTSGERICHTSRAT Aha. (zur Kellnerin) Wo bleiben denn meine Würscht ? K ELLNERIN Sofort! F RAU A MTSGERICHTSRAT Du isst noch Würscht? A MTSGERICHTSRAT (grinst) Ich bin so frei -F RAU A MTSGERICHTSRAT So sei doch nicht so rechthaberisch, August! B

N

30

Szene Nummer 23

35

E LISABETH Du Alfons. Zuhaus sind wir allein und hier zieht es so grausam. S CHUPO Also dann packen wir es an -- (er erhebt sich) Da hast Deine 얍 weissen Herbstastern. E LISABETH Danke. Szene Nummer 24

40

Die Kellnerin bringt nun endlich die Würscht -- und jetzt erst erblicken Frau Amtsgerichtsrat die sich entfernende Elisabeth. F RAU A MTSGERICHTSRAT (plötzlich klatschsüchtig) Du August -- dort drüben geht das Fräulein von der Prantl, das war doch der Betrugsfall mit dem Versicherungsinspektor und Zollinspektor --

5 25

B B

nichtN ] WürschtN ]

korrigiert aus: micht korrigiert aus: Wüescht

224

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 46

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

A MTSGERICHTSRAT Keine Ahnung! F RAU A MTSGERICHTSRAT Aber Du hast sie doch verurteilt -A MTSGERICHTSRAT Möglich! (Stille) F RAU A MTSGERICHTSRAT Dass Du ihr aber keine Bewährungsfrist gegeben hast, das war ungerecht von Dir -A MTSGERICHTSRAT (wirft wütend seine Gabel auf den Tisch) Kümmer Dich um Deine eigenen Ungerechtigkeiten, Hermine! (Dunkel)

5

10



SECHSTES BILD

15

Szene Nummer 1

20

Schauplatz: Elisabeths möbliertes Zimmer. Der Schupo (Alfons Klostermeyer) liegt in Unterhosen im Bett und döst vor sich hin. Elisabeth kocht Cafe und betrachtet ab und zu die weissen Herbstastern, die in einer Vase neben dem Spirituskocher stehen. Draussen scheint die Oktobersonne, aber die Gardinen sind halb heruntergelassen und das Ganze ist ein Bild des glücklichen Friedens zweier liebender Herzen.

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Szene Nummer 2

30

B

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40

N

E LISABETH (riecht an den weissen Herbstastern) Wie lang, dass die sich halten. Schon fünf Tage. S CHUPO Krieg ich noch ein Küsschen? E LISABETH Ja. S CHUPO Ist der Cafe bald fertig? E LISABETH Sofort. S CHUPO (nimmt die Kopfhörer vom Nachtkastl und legt sie sich an) Stramm! Schneidig! -- (er summt den Radetzkymarsch mit, den die Militärmusik im 얍 Radio gerade spielt) E LISABETH Du Alfons -- gestern Abend war das eine wunderbare Opernübertragung. Aida. S CHUPO (legt die Kopfhörer wieder auf das Nachtkastl) Hast mich also gar nicht vermisst? E LISABETH Aber Alfons! S CHUPO Krieg ich noch ein Küsschen? E LISABETH Hier hast den Cafe -- (sie bringt ihm eine Tasse) und hier hast das Küsschen -- (sie gibt es ihm und setzt sich auf den Bettrand) B

N

B

20 31 42

CafeN ] CafeN ] BCafeN ] B B

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 47

N

gemeint ist: Kaffee gemeint ist: Kaffee gemeint ist: Kaffee

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ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 48

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

S CHUPO (geniesst den Cafe ) Ich bin ja nur froh, dass es schon heute ist. Ständig erhöhte Alarmbereitschaft -- gut, dass die blöden Wahlen vorbei sind! Erst vorgestern Nacht habens wieder einen Kameraden von mir erschossen. E LISABETH Wer denn? S CHUPO Man weiss es nicht. Die Kommunisten. (Stille) S CHUPO Wirst schon sehen, das wird kein gutes Ende nehmen mit den Kommunisten. Eines schönen Tages wird man sie noch alle erschiessen. Du wirst sehen, wir werden noch alle kommunistisch. E LISABETH Es müssen halt immer viele Unschuldige daran glauben. S CHUPO Das lässt sich nicht umgehen in einem geordneten Staatswesen. E LISABETH Das seh ich schon ein, dass es ungerecht zugehen muss, weil halt die Menschen wilde Tiere sind -- aber es könnt doch auch ein bisschen weniger ungerecht zugehen. S CHUPO Also das ist Philosophie. B

N

B

N

5

10

15

Szene Nummer 3

20

Jetzt klopft es an der Türe. Die zwei liebenden Herzen lauschen -- aber-얍mals klopft es, und zwar entschiedener. S CHUPO Pst! Niemand zuhause. E LISABETH Wer kann das sein?

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Szene Nummer 4

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S TIMME Kriminalpolizei! E LISABETH Jesus Maria! S CHUPO Polizei? Und ich lieg da. Ausgerechnet Bananen! (er packt rasch seine Kleidungsstücke und versteckt sich im Schrank) Szene Nummer 5

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Es klopft nun noch entschiedener an die Türe. Elisabeth öffnet und ein Herr betritt ihr möbliertes Zimmer. Es ist ein Oberinspektor der Sittenpolizei. Szene Nummer 6

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45

O BERINSPEKTOR Geduld bringt Rosen. (er sieht sich um und deutet auf das unordentliche Bett) Ich habe Sie wohl im Schlaf gestört? E LISABETH Warum? O BERINSPEKTOR Sie wissen genau warum. E LISABETH Ich bin heut nicht ganz auf dem Damm. O BERINSPEKTOR Es gibt allerdings Leute, die haben Nachtdienst und sind deshalb untertags ruhebedürftig. 1 2–3

B B

CafeN ] vorgesternN ]

gemeint ist: Kaffee korrigiert aus: Vorgestern

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ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 49

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

5

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K2/TS6 (Korrekturschicht)

E LISABETH Wie meinen Sie das? 얍 O BERINSPEKTOR (hält einen Sockenhalter hoch, den er auf dem Stuhle gefunden hat) Fräulein pflegen wohl Sockenhalter zu tragen? (Stille) E LISABETH Was will man denn von mir? O BERINSPEKTOR Sie haben von der Polizei einen Unterkommensauftrag gekriegt, darauf steht, dass Sie sich innerhalb dreier Wochen um ein e i n w a n d f r e i e s Unterkommen umsehen sollen. Aber Sie haben weder Arbeit, noch haben Sie nachgewiesen, dass Sie sich um eine solche bemüht haben. E LISABETH Kümmern Sie sich doch um die Leut, die kein Unterkommen haben! O BERINSPEKTOR Keine Hetzreden bitte! Polizeiwidrig ist nicht, wer kein Unterkommen hat, polizeiwidrig ist nur, wer dadurch die öffentliche Ordnung gefährdet. E LISABETH Aber ich gefährde doch nicht die öffentliche Ordnung! O BERINSPEKTOR Solange Sie sich nicht über Ihre Einkünfte ausweisen können, ist dies fraglich. E LISABETH Für mich wird schon gesorgt. O BERINSPEKTOR Eben diese freundliche Fürsorge interessiert uns. E LISABETH Das habe ich doch schon früher angegeben. Ich erhalte von meinem Bräutigam zwanzig Mark in der Woche. Davon lebe ich. O BERINSPEKTOR Wer ist denn dieser Bräutigam? (Stille) O BERINSPEKTOR Sie nennen also den Namen nicht? E LISABETH Nein. O BERINSPEKTOR Und warum nicht? (Stille) E LISABETH Weil ich meinem Bräutigam kraft seiner Position eventuell schaden täte. 얍 O BERINSPEKTOR (grinst) Hübsch! Sehr hübsch -- Eventuell sind bei diesen zwanzig Mark mehrere Bräutigame beteiligt. E LISABETH Das ist eine Unverschämtheit -O BERINSPEKTOR (unterbricht sie) Immer nur schön ruhig, Fräulein! Sie entschuldigen, wenn ich indiskret werde -- (er öffnet plötzlich den Kleiderschrank und ist nicht überrascht einen Mann darin zu finden, aber dass dieser Mann ein Schupo in Unterhosen ist, der von seiner Uniform nur den Rock und die Mütze anhat, scheint ihn etwas peinlich zu berühren)

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Szene Nummer 7

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Lesetext

S CHUPO (steht stramm im Kleiderschrank) O BERINSPEKTOR Sie hier? S CHUPO Es ist alles wahr, was das Fräulein gesagt hat, Herr Oberinspektor. (Stille) O BERINSPEKTOR (zu Elisabeth) Bitte, lassen Sie uns mal etwas allein -E LISABETH (zögert) S CHUPO (zu Elisabeth) Sei so gut. E LISABETH Bitte -- (ab)

227

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 50

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 51

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

K2/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

Szene Nummer 8

5

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15

20

O BERINSPEKTOR Hier verbringen Sie also Ihre freien Stunden. S CHUPO (ist aus dem Kleiderschrank heraus und zieht sich nun hastig an) Wenn ich eine Aufklärung geben darf, Herr Oberinspektor -- hier liegt bestimmt ein Irrtum vor. O BERINSPEKTOR Irrtum?! Mensch, wie kommen Sie zu dieser Frau?! Wir haben sie doch im Auge, dass sie zu einer bestimmten Damenkategorie gehört! 얍 S CHUPO Damenkategorie? O BERINSPEKTOR Wahrscheinlich! (Stille) S CHUPO (lächelt) Aber nein, Herr Oberinspektor -O BERINSPEKTOR Kennen Sie sie denn überhaupt? S CHUPO Kennen jawohl. O BERINSPEKTOR Und wollen sie heiraten? S CHUPO Ich habe es vor, Herr Oberinspektor. O BERINSPEKTOR Wie alt sind Sie denn? S CHUPO Vierundzwanzig! Herr Oberinspektor. O BERINSPEKTOR Das alte Lied! S CHUPO (ist nun wieder angezogen) Aber das mit den zwanzig Mark stimmt genau, Herr Oberinspektor. O BERINSPEKTOR Monatlich achtzig Mark! Sie sind doch auch nicht fürstlich bezahlt! S CHUPO Meine Eltern unterstützen mich. O BERINSPEKTOR Wer ist denn Ihr Vater? S CHUPO Schreinermeister. O BERINSPEKTOR Dann hätten Sie lieber Schreiner werden sollen. S CHUPO Wie verstehen, Herr Oberinspektor? (Stille) O BERINSPEKTOR Bedaure, aber Sie scheinen es nicht zu ahnen, wen Sie da an den Traualtar führen wollen -- Ihre Braut hat doch wegen Betrug bereits vierzehn Tage Gefängnis hinter sich. S CHUPO Gefängnis? O BERINSPEKTOR Betrug. Abgesehen von einer Geldstrafe, die sie sich auch schon mal geholt hat. Dass diesen Damen derlei Verbindungen mit der Polizei ganz erwünscht sind, ist ja menschlich verständlich. Aber ob das 얍 Ihrer Karriere sehr förderlich ist -S CHUPO Keine Ahnung -O BERINSPEKTOR Na also! (er öffnet die Türe und ruft hinaus) Kommen Sie herein! B

25

30

35

N

40

Szene Nummer 9

45

Elisabeth kommt wieder herein. Sie denkt es sich schon, dass jetzt alles aus ist. (Stille) S CHUPO Betrug. Stimmts? E LISABETH Ich weiss, es ist aus. 22

B

achtzigN ]

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 52

korrigiert aus: achzig

228

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 53

Fragmentarische Fassung in sieben Bildern

5

15

20

25

Lesetext

S CHUPO Gefängnis? E LISABETH Ja. (Stille) S CHUPO Du Elisabeth. Warum hast du mir denn das alles verschwiegen? E LISABETH So frag mich doch nicht so saudumm. (Stille) S CHUPO (steht stramm) Besten Dank, Herr Oberinspektor! O BERINSPEKTOR Bitte bitte! S CHUPO (schlägt die Hacken zusammen und will ab) E LISABETH Halt! S CHUPO (hält) (Stille) S CHUPO Du hast mich belogen und das ist für mich der entscheidende Punkt. E LISABETH Nein, Deine Karriere, das ist er, Dein entscheidender Punkt. S CHUPO Nein! Aber zuerst kommt die Pflicht und dann kommt noch Ewigkeiten nichts! Radikal nichts! 얍 (Stille) E LISABETH Du Alfons. Zuvor -- wie Du da drinn im Schrank warst, da habe ich Dich beschützen wollen. S CHUPO Mich? E LISABETH Uns. S CHUPO Dich! Dich gegen mich! Ich kenn mich schon aus, Fräulein! (Stille) E LISABETH (grinst) Ich habe Dich halt nicht verlieren wollen, lieber Alfons -S CHUPO (schlägt wieder die Hacken zusammen) Herr Oberinspektor! (rasch ab) B

10

K2/TS6 (Korrekturschicht)

N

B

N

Szene Nummer 10 O BERINSPEKTOR Also das war wirklich nicht notwendig von Ihnen, dem Mann seine Karriere so leichtfertig zu gefährden -E LISABETH Notwendig? Und meine Karriere? O BERINSPEKTOR Sie wollen doch nicht behaupten, dass Sie unschuldig sind? E LISABETH O nein, das hab ich mir schon längst abgewöhnt. Entschuldigens, aber jetzt muss ich lachen -- (sie setzt sich auf den Bettrand und lacht lautlos) O BERINSPEKTOR Lachens Ihnen nur ruhig aus. (ab) (Dunkel) B

30

35

\Textverlust\

9 25 29

HackenN ] HackenN ] BnotwendigN ] B B

korrigiert aus: Haken korrigiert aus: Haken korrigiert aus: not endig

229

N

ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 54

Werktitel

IN 221.001/3 – BS 45 a [3], Lesetext Bl. 1v

230

Werktitel

K2/E4

231

Lesetext

Werktitel

ÖLA 3/W 14 – BS 39 b [1], Lesetext Bl. 1

232

Werktitel

K2/E5–E6

233

Lesetext

Notizen, Werktitel

ÖLA 3/W 14 – BS 39 b [1], Lesetext Bl. 2

234

Notizen, Werktitel

K2/E7–E9

235

Lesetext

Lesetext

236

Lesetext

Konzeption 3: Glaube Liebe Hoffnung – Ein kleiner Totentanz

237

Fragmentarische Fassung der Szenen 14, 15

K3/TS1 (Korrekturschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

얍 (In der Ferne fällt ein Schuss -- dann noch einer und noch Beiner; jemand schreit; plötzlichN eine riesige Detonation) S CHUPO (lauscht) Was war denn das? Jetzt schiessen sie wieder aufeinander -- eine unruhige BZeit dieserN BlatenteN Bürgerkrieg! Ich schau nur mal Bnach undN bin gleich wieder Bda,N aber wartens bitte auf mich! E LISABETH Gut. S CHUPO ( Bab nachN Brechts)N

10

Szene Nummer 15 Jetzt kommen Frau Amtsgerichtsrat und er selbst der Herr Amtsgerichtsrat von links. F RAU So folge mir doch, August! Geh jetzt da schön hinein und sag es dem Herrn leider nicht zur Verfügung stehen Regierungsrat, dass Du ihm heut abend kannst, denn Du musst Dich auch mal Deiner Ehehälfte widmen . A MTSGERICHTSRAT Ich geh aber nur ungern ins Kino. zwei Stunden ohne Zigarre. F RAU Das ist es doch eben. So denk doch an Deinen Darm! A MTSGERICHTSRAT Jaja, mein Darm. Der Sanitätsrat hat mich erst gestern wieder gewarnt. B

B

15

B

N

B

B

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B N

B

B

N

B

N B

N

N B

N

B N

N

B

20

N

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B

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B N

A MTSG Hermine! – – So. Und jetzt sag ich es dem Herrn Regierungsrat, dass es heut nichts wird mit unserem Tarock, weil ich mich meiner Ehehälfte widmen B

B

N

2–3 5 5 5 6 8 8 14 14 14 15 15 16 16 17 17 18 18 18 18 18 24–239,2 24–239,2 24–25 25

einer; f plötzlichN ] Zeit dieserN ] BlatenteN ] Bnach undN ] Bda,N ] Bab nachN ] Brechts)N ] BdaN ] B N] BesN ] BihmN ] B N] Bkannst, dennN ] BwidmenN ] BnurN ] Bohne Zigarre.N ] BesN ] Beben.N ] BSoN ] BdenkN ] B N] BA MTSG f Wohlfahrtsamt)N ] BSo f Wohlfahrtsamt)N ] Bes f wirdN ] BwidmenN ] B B

B

einer[.]|;| [J]|j|emand schreit[.]|;| [P]|p|lötzlich Zeit[,] |dieser| korrigiert aus: latenter nach[,] |und| da\,/ [--] korrigiert aus: ab[)]nach rechts[)]|)| \da/ [da] \es/ \ihm/ [ihm zum Kartenspielen] kannst \,/ [--] |denn| korrigiert aus: wiedmen [so] |nur| [und nicht einmal rauchen darf man --] |ohne Zigarre.| \es/ eben\./ [gut für Dich.] \So/ korrigiert aus: Denk [\auch/] \A MTSG f Wohlfahrtsamt)/ [(Stille)] |So f Wohlfahrtsamt)| [ich mich] |es f wird| korrigiert aus: wiedmen

238

N

ÖLA 3/W 24 – BS 39 e [1], Bl. 1

Fragmentarische Fassung der Szenen 14, 15

K3/TS1 (Korrekturschicht)

Lesetext

möchte – aber freu Dich nur, wenn das Kino wieder ein Kitsch ist, Du Mickmaus – (ab in das Wohlfahrtsamt)

B

N

B

NN

\Abbruch der Bearbeitung\

1 1

B B

möchteN ] wieder f KitschN ]

[{und nicht}] |möchte| [nicht lustig] |wieder f Kitsch|

239

N

Dialogskizzen, Replik

ÖLA 3/W 24 – BS 39 e [1], Lesetext Bl. 2

240

Dialogskizzen, Replik

K3/E1–E2

241

Lesetext

Werktitel

ÖLA 3/W 362 – o. BS, Lesetext Bl. 4

242

Werktitel

K3/E3

243

Lesetext

Lesetext

244

Fassung

K3/TS2 (Korrekturschicht)



5

Glaube Liebe Hoffnung Kleinbürgerliche Komödie.

ÖLA 3/W 362 – o. BS, Bl. 8

Kleinbürgerlich: weil es kleinbürgerliche Schicksale schildert – kleinbürgerlich bewegt. Ich habe ihm den Untertitel gegeben: „Kleinbürgerliche Komödie“ – denn das individualistisch erlebte und gelebte Schicksal ist immer Komödie, selbst wenn es auf den Kothurnen des Trauerspiels daherschreitet. Lacht bitte, über den dummen Menschen, der es kraft seiner Eitelkeit nicht begreift, dass er allein nichts ist, allein kein Glück haben, nur das Glück des Alleinseins (auch des Alleinseins mit anderen Personen, geliebten und gleichgültigen). B

N

10

Lesetext

B

8–9 12

B B

N

selbst f daherschreitet.N ] [nie Tragöd] |selbst f daherschreitet.| gleichgültigen).N ] korrigiert aus: gleichgültigen)

245

Werktitel

ÖLA 3/W 362 – o. BS, Lesetext Bl. 8

246

Werktitel

K3/E4

247

Lesetext

Fragmentarische Fassung „Ueber die Entstehung […]“

K3/TS3 (Korrekturschicht)

Lesetext

얍 BIn die BMaschineN geratenN BVon der Maschine erfasst.N BIn der Maschinerie der Paragraphen.N

Ueber die Entstehung meines Volksstückes „Glaube Liebe Hoffnung“ 5 B

Februar 1932 traf ich in München einen Bekannten, einen Gerichtssaalberichterstatter namens Lukas Kristl. Dieser sagte zu mir damals ungefähr folgendes: ich (Lukas Kristl) verstehe die Dramatiker nicht, warum dass diese Dramatiker, wenn sie den Tatbestand und die Folgen eines wirklichen oder vermeintlichen (Justizirrtum) Verbrechens dramatisch bearbeiten, immer nur sogenannte Kapitalverbrechen bevorzugen, die doch relativ selten begangen (oder in Hinblick auf den Justizirrtum nicht begangen) werden, und warum sich also die Dramatiker niemals um die vermeintlichen oder wirklichen Tatbestände und Folgen der kleinen Verbrechen kümmern, denen wir doch landauf landab tausendfach und tausendemal begegnen -- für die vielmehr unschuldig verurteilt werden. Und deren Folgen sehr häufig denen des lebenslänglichen Zuchthauses ähneln, denn bekanntlich: einmal in Konflikt gekommen, dauernd in Konflikt -- ja er als Gerichtssaalberichterstatter sieht das ja Tag für Tag, wie diese kleinen unscheinbaren Paragraphen und Polizeivorschriften die Menschen nichtmehr auslassen, umklammern und schliesslich erwürgen. Dabei dreht es sich ursprünglich, primär um Vergehen, von denen die meisten Menschen garnicht wissen, dass es Vergehen sind, aber Unwissenheit schützt nicht vor Strafe, usw. Ich erwiderte ihm darauf ungefähr folgendes: die Leut im Theater sehen sich aber lieber an, wie einer umgebracht wird, als wie das, wie einer zum Beispiel wegen eines Vergehens bestraft wird, vielleicht gar noch bedingt. Dazu ziehen sich die Leut nicht an, um ins Theater zu gehen! Wenn schon Justiz, dann muss es schon ein N

B

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B N

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B

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1 1 1 1–2 6 6 6 7 7–8 11 12 12 12 12 13 14 14 14–15 16 17 18 18 18 23 24

N

N B

N

N

N

In f geratenN ] MaschineN ] BVon f erfasst.N ] BIn f Paragraphen.N ] BFebruarN ] Bin MünchenN ] B N] BKristl. DieserN ] Bich f versteheN ] B(oderN ] Bbegangen)N ] B N] BsichN ] B N] BTatbeständeN ] Bdenen wirN ] Btausendfach undN ] BbegegnenN ] BdennN ] BGerichtssaalberichterstatterN ] BTagN ] BunscheinbarenN ] BParagraphenN ] BerwiderteN ] Beines VergehensN ] B B

\In f geraten/ Maschine[n] \Von f erfasst./ [\In der Maschine der Paragr/] |In f Paragraphen.| [Im Fasching] |Februar| \in München/ [\{E} { }/] Kristl\./ [und] [d]|D|ieser [er verstünde] |ich f verstehe| \(/oder begangen\)/ [\{–}/] \sich/ [sich] Tatbest[a]|ä|nd\e/ [die] |denen wir| [\tausend und/] |tausendfach und| [begangen und abgeurteilt werden] |begegnen| korrigiert aus: den korrigiert aus: Gerichtssallberichterstatter korrigiert aus: tag korrigiert aus: unsxheinbaren korrigiert aus: Paragraphe korrigiert aus: erwiederte korrigiert aus: ein Vergehen

248

ÖLA 3/W 239 – BS 39 a [2], Bl. 1

Fragmentarische Fassung „Ueber die Entstehung […]“

K3/TS3 (Korrekturschicht)

richtiger korrekter Raub – Lust – politischer Mord sein, oder Justizmord -- der Tatbestand des Mordes ist die Hauptsach, auch in den Justizstücken, die sich mit den Folgen beschäftigen. (Tendenzstücken) Es interessiert nur z.B. der hingerichtete politische Führer, niemals aber die 1000 Jahre Zuchthaus für sein Gefolge. Als Künstler soll man sich zwar niemals nach den Leuten richten, aber man ge얍 hört doch selbst auch nur zu den Leuten. Er sagte mir, auch ein Mord ist nicht mehr aufregend zuguterletzt, wie ein kleiner Paragraph Verbrechen, und er erzählte mir einige Fälle aus seiner Praxis. Das waren aber alles Fälle, die unbrauchbar waren für die Bühne. „Die Leut würden sagen, das gibt es nicht, und zwar mit Recht würden sie uns diesen Vorwurf machen. Man müsste also retouchieren.“ Und Kristl erzählte mir noch diesen Fall: B

N

B

N

B

B N

5

10

Lesetext

B

N

N

15

Es ist ein alltäglicher Fall. Der Kampf des einzelnen gegen die Allgemeinheit, und in diesem Kampfe gibt es keinen Frieden : nur einen Waffenstillstand, der immer wieder gebrochen wird. Es entstand dieses Stück. Ein Volksstück mit dem Titel „Glaube Liebe Hoffnung“ gab ich ihm. Und dieser Titel ist nicht ironisch gemeint. (Wie ich überhaupt nie „Ironie“ mache, Parodie hasse – es ist die Wirklichkeit, über die gelacht wird, es ist die Tragik.) Kristl gab mir Material. Ich sagte ihm, so ist es ein Feuilleton , wir müssen das Wesentliche herausschälen: den Kampf des Einzelnen gegen die Allgemeinheit, mit der Allgemeinheit. Individuum und Gesellschaft. Die grosse Komödie „Glaube Liebe Hoffnung“. Ich danke hiemit Lukas Kristl. Dass er mir diesen Stoff gab. Und auch für manche Anregung. Als Motto setzte ich dem Stück voraus: aus der Bibel Buch Moses Kapitel 8 Vers 21: „Und der Herr roch ……“ B

20

N

B

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N B

N

B

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B

B

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B N

\Abbruch der Bearbeitung\

1 1–2

B

2–5 4 4 18 18

B

21–22 22–23 24 25 32 32 33

B

B

Raub f politischerN ] der f MordesN ]

\Raub f politischer/ (1) das (2) \der f Mordes/

Justizstücken f Gefolge.N ] ] BniemalsN ] BinN ] BFriedenN ]

[Tendenzstücken.] |Justizstücken f Gefolge.| [Märtyrer,] niema[{ }] |l|s

Und f gemeint.N ] (Wie f Tragik.)N ] BFeuilletonN ] BdenN ] B„UndN ] Broch ……“N ] B N]

\Und f gemeint./ \(Wie f Tragik.)/ korrigiert aus: Feuileton [des] |den| \„/Und korrigiert aus: roch \ ……/ [\{ }/]

B N

B

eingefügt (1) Ausgleich (2) Frieden

249

N

ÖLA 3/W 239 – BS 39 a [2], Bl. 2

Fragmentarische Fassung der „Randbemerkungen“



K3/TS4 (Grundschicht)

Randbemerkungen

ÖLA 3/W 238 – BS 39 a [1], Bl. 3

Der kleine Totentanz „Von der Maschine erfasst“ ist mein sechstes Stück. Ich habe mich bisher immer dagegen gesträubt, mich in irgendeiner Form über meine Stücke zu äussern, aber ich sehe mich leider gezwungen. Gezwungen durch die Missverständnisse in der Presse \Abbruch der Bearbeitung\ B

N

B

5

Lesetext

3 4

B B

TotentanzN ] irgendeinerN ]

korrigiert aus: „Totentanz

i[n]|r|gendeiner

250

N

Fragmentarische Fassung der „Randbemerkung“



K3/TS5 (Korrekturschicht)

Randbemerkung

ÖLA 3/W 240 – BS 39 a [3], Bl. 4

Februar 1932 traf ich auf der Durchreise in München einen Bekannten, namens Lukas Kristl. Dieser ist ein Gerichtssaalberichterstatter, schon seit einigen Jahren, und er sagte mir damals ungefähr folgendes: ich (Kristl) verstehe die Dramatiker nicht, warum dass diese Dramatiker, wenn sie Tatbestand und Folgen eines wirklichen oder vermeintlichen (Justizirrtum) Verbrechens dramatisch bearbeiten, immer nur sogenannte Kapitalverbrechen bevorzugen, die doch relativ selten begangen (oder in Hinblick auf den Justizirrtum nicht begangen) werden, und warum sich also die Dramatiker niemals um die vermeintlichen oder wirklichen Tatbestände und Folgen der kleinen Verbrechen kümmern, denen wir doch landauf landab tausendfach und tausendmal begegnen -- und deren Folgen sehr häufig denen des lebenslänglichen Zuchthauses ähneln, dieser heroische Kampf gegen kleine unscheinbare Paragraphen und Polizeivorschriften, die die Menschen nichtmehr auslassen, umklammern und erwürgen -- dabei dreht es sich sogar noch meistens im allerersten Stadium um ein Vergehen, dass die Menschen garnicht wissen, dass es ein Vergehen ist, aber Unwissenheit schützt nicht vor Strafe, usw. und Kristl erzählte mir einen Fall aus seiner Praxis. Einen alltäglichen Fall. Und dieser Fall bildet das Material. Die Personen Elisabeth, der Schupo Al. Kl., die Frau Landgerichtsrat und der {Oberinspektor} leben noch, natürlich unter Pseudonym. Ich habe nichts beschönigt, nichts verhässlicht. Ein Fräulein betätigt sich als Reisende für eine Firma und verkauft ihre Artikel, besitzt allerdings keine behördliche Genehmigung: sie hat sich keinen Wandergewerbeschein verschafft, denn der kostet 150 Mark. Folge: Verurteilung zu einer Geldstrafe, im Nichteintreibungsfalle Gefängnis. Um nicht sitzen zu müssen und dadurch wieder ihren Beruf zu verlieren (sie hat inzwischen von der Firma als Vorschuss einen Wandergewerbeschein bekommen), leiht sie sich von einem ihr väterlich gesinntem Herrn 150 Mark, sagt ihm: das Geld benötige sie für den Wandergewerbeschein , bezahlt aber in Wahrheit ihre Geldstrafe. Der ältere Herr erfährt dies und hat sich auch noch verhört mit dem Zollinspektor, zeigt sie an. Tatbestand des Betruges. Das Fräulein bekommt 14 Tage, ohne Be-얍währungsfrist, weil sie schon eine Vorstrafe hat. Entlassen aus dem Gefängnis, steht sie nun da auch ohne Wandergewerbeschein. Das Wohlfahrtsamt gibt ihr nichts. B

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Lesetext

B

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N B B

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4 4 9 9 12 17 17–18 18–20 18 20

B

korrigiert aus: Gerichtsaalberichterstatter\,/

B

Gerichtssaalberichterstatter,N ] Jahren,N ] Bbegangen)N ] Bwerden, undN ] BbegegnenN ] BeinenN ] BFall f Fall.N ] BUnd f Pseudonym.N ] BUnd dieserN ] Bleben f Pseudonym. N ]

Jahren\,/

20–21 22

B

22 28–29

B

B

B

Ich f verhässlicht.N ] betätigt sichN ] Artikel,N ] WandergewerbescheinN ]

korrigiert aus: begangen korrigiert aus: werden),und korrigiert aus: begegn n

[folgenden] |einen | Fall[.]|aus f Fall.| \Und f Pseudonym./ \Und/ [D]|d|ieser (1) {leben} { } {natürlich.} (2) leben noch[.]|,| \natürlich f Pseudonym./ \Ich f verhässlicht./ (1) verkauft (2) betätigt sich korrigiert aus: Artikel , korrigiert aus: andergewerbeschein

251

ÖLA 3/W 240 – BS 39 a [3], Bl. 5

Fragmentarische Fassung der „Randbemerkung“

K3/TS5 (Korrekturschicht)

Lesetext

Und Kristl erzählte mir einen alltäglichen Fall. Aus diesem alltäglichen Fall entstand der kleine Totentanz „Von der Maschine erfasst“, wobei ich Lukas Kristl noch danken möchte für manche Anregung. Es war natürlich nur in allerletzter Linie meine Absicht ein Stück für eine sinngemässere Anwendung der kleinen Paragraphen zu schreiben, denn ein solches Vorgehen halte ich für sinnlos: es wird immer kleine Paragraphen geben, solange es eine menschliche Gesellschaft gibt. Es dreht sich nur um die Illusion des Einzelnen, der ihm diese kleinen Paragraphen erträglich macht. Es muss diese kleinen Paragraphen geben, vielleicht etwas sinnvoller angewandt. Es war vielmehr meine Absicht – wie bei allen meinen {bisher} Stücken sie gewesen ist und bei allen zukünftigen noch sein wird – voraussichtlich und hoffentlich , den ewigen Kampf zwischen Individuum und Gesellschaft (wobei natürlich das Individuum oft nur scheinbar das Sympathische ist, denn meistens basiert der Kampf des Individuums gegen die Gesellschaft auf dem Hervortreten bestialischer Züge) zu zeigen , diesen Krieg, in dem es keinen Frieden geben kann, höchstens dass mal irgend ein Einzelner für einige Momente die Illusion des Waffenstillstandes geniesst. Kristls Absicht war, ein Stück gegen die unsinnige , bürokratisch-verantwortungslose Anwendung kleiner Paragraphen zu schreiben – natürlich mit der Erkenntnis, dass es kleine Paragraphen immer geben wird, weil es sie in einer sozialen Gemeinschaft immer geben muss. Aber vielleicht kann man sie (verzeihen Sie das harte Wort) humaner anwenden. Und diese Absicht war auch meine Absicht, wobei ich Kristl nochmals für manche Anregung danken möchte. Aber darüber hinaus wollte ich auch, wie bei allen meinen Stücken. B

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B

5

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2 4 4–5 5 6 7 8 8–9 10 10–12 10 11 12–15 12–15 13 13 14 15 16 18–25 18 18–19 19 20 20–21 21–22 21 25

NN

erfasst“ f Anregung.N ] nur f LinieN ] Bfür f sinngemässereN ] BParagraphenN ] BParagraphenN ] Bgibt. EsN ] Bkleinen ParagraphenN ] BParagraphenN ] BvielmehrN ] B– wie f hoffentlichN ] B{bisher}N ] B N] Bden f zu zeigenN ] B B

erfasst“[.]|,| \wobei f Anregung./ [nicht] [|keines|] |nur in \aller/letzter Linie| [gegen die] |für f sinngemässere| korrigiert aus: Paragraphe korrigiert aus: Paragraphe korrigiert aus: gibt[,]|.| es korrigiert aus: kleine Paragraphe korrigiert aus: Paragraphe [aber] |vielmehr| \– wie f hoffentlich/ \{bisher}/

gestrichen: Eintragung von fremder Hand (Berliner Bearbeitung): sein wird zu8 zeigen9 [den Kampf] zwischen4 Individuum5 und6 Gesellschaft7, den1 ewigen2 Kampf,3 B(wobei f Züge)N ] korrigiert aus: \(wobei f Züge./ BmeistensN ] [oft] |meistens| BbasiertN ] [ist]|basiert| Bgegen f GesellschaftN ] \gegen f Gesellschaft/ Bdiesen Krieg,N ] \diesen Krieg,/ Bmal f MomenteN ] ma[n]|l| \irgend ein f Momente/ BKristls f Stücken.N ] \Kristls f Stücken./ BunsinnigeN ] korrigiert aus: unsinnigen Bbürokratisch-verantwortungsloseN ] korrigiert aus: bürokratisch-verantwortungslosen BParagraphenN ] korrigiert aus: Paragraphe BParagraphenN ] korrigiert aus: Paragr. Beiner f GemeinschaftN ] eine[m]|r| [soz. Staatswesen] |sozialen Gemeinschaft| BAber f anwenden.N ] [Man kann sie nur besser anwenden,] |Aber f anwenden.| BsieN ] eingefügt BStücken.N ] korrigiert aus: Stücken

252

Fragmentarische Fassung der „Randbemerkung“

K3/TS5 (Korrekturschicht)

Lesetext

Als Motto setze ich diesem Stück einige Zeilen aus der Bibel vor Buch Moses Kapitel 8 Vers 21 (und dieses Motto könnte ich allen meinen Stücken voraussetzen) Und der HERR roch …. \Abbruch der Bearbeitung\

253

Fragmentarische Fassung („Randbemerkung“)

K3/TS6 (Korrekturschicht)

Lesetext

\Textverlust\

5

10

15

얍 Kristls Absicht war, ein Stück gegen die bürokratisch-verantwortungslose Anwendung kleiner BParagraphenN zu Bschreiben, Bmit der Hoffnung, dass man selbe vielleichtN (verzeihen Sie das harte Wort) humaner anwenden BkönnteN -- aber natürlichN B inN der BErkenntnisN, dass es kleine BParagraphenN immer geben wird, weil es sie in Bjeder wie auch immer geartetenN sozialen Gemeinschaft B N geben muss. B N B Und dieseN Absicht BwarN auch meine Absicht, wobei ich BKristlN nochmals für manche Anregung danken möchte. Aber Bich war mir auch im Klaren dass Bdieses „gegen kleineN Paragraphen“ gewissermassen nur das Material Bdarstellt,N BumN wiedermal den BgigantischenN Kampf zwischenN Individuum und Gesellschaft zeigen Bzu können (wie bei allen meinen Stücken)N, BdiesesN BewigeN Schlachten, bei BdemN es Bzu keinemN Frieden BkommenN kann -- höchstens dass mal ein Einzelner für einige Momente die Illusion des Waffenstillstandes geniesst. B Wie bei allen meinen Stücken habe ich mich dabei auch befleissigt, nicht zu vergessen,N B NatürlichN B N Bdarf man hiebei nicht vergessenN, dass B Bdieser aussichtslose Boft er3 3–4 3–4

ParagraphenN ] korrigiert aus: Paragraphe schreiben f natürlichN ] schreiben\,/1 xmit f könnte. -- \aber/5 natürlich6 Bmit f vielleichtN ] (1) mit f vielleicht (2) \Zuguterletzt war also Kristls Absicht die Hoffnung, dass man jene kleine Paragraphe vielleicht/ BkönnteN ] 4 korrigiert aus: könnte. BinN ] 5 [mit] |in| BErkenntnisN ] 5 [Einschränkung] |Erkenntnis| BParagraphenN ] 5 korrigiert aus: Paragraphe Bjeder f geartetenN ] 5–6 [einer irgendwiegearteten] |jeder f gearteten| B N] 6 [immer] B N] 6 [[Aber in] |mit|2 der3 Hoffnung4, dass man [sie]|selbe| vielleicht (verzeihen [s]|S|ie f könnte.]f x BUnd dieseN ] 7 [[Und] |Aber| [diese] [|Kristls|] |Kristls|] |Und diese| BwarN ] 7 [war] [|{war}|] |war| BKristlN ] 7 [Kristl] [|ihm|] |Kristl| Bich f zwischenN ] 8–10 (1) [darüber hinaus wollte ich auch] |dieser [Kampf] [|„Kampf“|] |Kampf| gegen die kleine Paragraphe\“/ war für mich|, wie bei allen meinen Stücken (auch den zukünftigen voraussichtlich und hoffentlich) in erster Linie den ewigen Kampf zwischen (2) \ich f zwischen/ Bdieses f kleineN ] 8–9 diese[r]|s| [{ }] |„gegen| [{klei}] |kleine| Bdarstellt,N ] 9 [liefern sollte.] |darstell[e]|t|,| BumN ] 9 [{um zu}] |um [zu]| BgigantischenN ] 10 [ewigen] |gigantischen| Bzu f Stücken)N ] 10–11 \zu f Stücken)/ BdiesesN ] 11 diese[r]|s| BewigeN ] 11 [grosse] |ewige| BdemN ] 11 [welchem] |dem| Bzu keinemN ] 11–12 [keinen] |zu keinem| BkommenN ] 12 [geben] |kommen| BWie f vergessen,N ] 14–15 \Wie f vergessen,/ BNatürlichN ] 16 [Wobei ich mir] [n]|N|atürlich B N] 16 [\auch/] Bdarf f vergessenN ] 16 [vollkommen darüber im Klaren bin,] |darf f vergessen| 16–255,3 Bdieser f Publikums,N ] (1) das Individuum oft nur scheinbar das Sympathische ist, denn meistens basiert doch dieser Kampf des Individuums gegen die Gesellschaft auf dem Hervortreten bestialischer Züge und Triebe. (2) \dieser f Publikums,/ 16–255,1 Bdieser f heroischeN ] [der] |dieser f heroische| 16–255,1 Boft f tragischeN ] \oft f tragische/ B B

254

ÖLA 3/W 240 – BS 39 a [3], Bl. 6

Fragmentarische Fassung („Randbemerkung“)

K3/TS6 (Korrekturschicht)

greifende, tragische und oft heroische Kampf des Einzelnen (gegen die Gesellschaft) auf bestialischen Trieben basiert. Als Beweis dient die Sympathie des Publikums, wobei die Sympathieentwicklung für dieses Individuum ja auch nur auf den bereitwillig gelockerten bestialischen Zügen des Publikums beruht . Das Heroische und das Niedrige des Kampfes war also nur die Form für die Bestialität, die bekanntlich weder gut ist noch böse. Meine Absicht ist also (wie in allen meinen Stücken) das Aufzeigen des Bestialischen, die alte Forderung: „Erkenne Dich selbst!“ Sie sehen sich bei mir im Spiegel, was rechts ist ist links, und umgekehrt. Aber Sie sind es! Auf dass Du aufrichtiger wirst und dadurch zu jener Heiterkeit gelangst, die Dir Deinen Kampf in der Gesellschaft zwar nicht {beschliesst} , aber erleichtert, in dem es Dich, vielleicht nicht über Dich, aber neben Dich stellt. Wie in allen meinen Stücken habe ich nichts beschönigt und nichts verhässlicht. Immer war es nur mein Ziel, zu zeigen -- so ist es. Erkenne Dich selbst -- und ich lasse die Hoffnung nicht sinken , dass es aufrichtiger wird . Ich bin überzeugt, dass nur Aufrichtigkeit, rücksichtsloseste Aufrichtigkeit unsern schweren Weg vom Einzelnen zur Gesellschaft erleichtert. Nur die Aufrichtigkeit ist die innere Heiterkeit. Und erlauben Sie mir bitte, dass ich in diesem Zusammenhange noch einiges über 얍 meine Stücke sage -- es fällt mir schwer und ich habe mich immer dagegen gesträubt, aber heute bin ich gezwungen dazu. Nie und nimmer war es meine Absicht irgendetwas oder irgendwen auf der Basis der Ironie zu gestalten -- von der Parodie, die ich hasse, garnicht zu reden. Ich gestalte auch nicht satyrisch, am allerletzten irgendeinen Zustand, eine Stadt, eine literarische Form oder drgl. Ich schreibe nichts gegen, ich zeige es nur -- ich schreibe auch allerdings nie für jemand, und es besteht die Möglichkeit, dass das dann gleich „gegen“ wirkt. Ich habe nur zwei Dinge gegen die ich schreibe das ist die Dummheit und die Lüge. Und zwei wofür ich eintrete, das ist die Vernunft und die Aufrichtigkeit. Meine Absicht ist also das Leben in dramatischer Form zu gestalten wobei jede Gestaltung ein Spiegelbild ist. Was rechts ist, ist links, und umgekehrt. Aber Ihr seid N

N B

N

N

B

N

B

N

5

Lesetext

B

B

B N

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B N

B

N B

N

B

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B N

25

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N

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30

B

B

3 3 3–4 4 5–9 5 5 6 6 7 10–12 10 11 15 15 24 25 29–256,1

B

wobeiN ] SympathieentwicklungN ] Bauf denN ] BberuhtN ] BDas f es!N ] B N] BN ] BbekanntlichN ] BwederN ] BAufzeigenN ] BAuf f stellt.N ] Bwirst undN ] B{beschliesst}N ] Bnicht sinkenN ] BwirdN ] B N] B„gegen“N ] Bin f Leut!N ]

29–256,1 30

B

B

B

wobei f Leut!N ] IhrN ]

korrigiert aus: (Wobei korrigiert aus: Sympathie entwicklung korrigiert aus: aus dem korrigiert aus: beruht)

\Das f es!/ [Ergreifende,] gestrichen: {Form} \bekanntlich/ [{ }] |weder| [Zeigen] |Aufzeigen| \Auf f stellt./ wirst[,] |und| [{beschleunigt}] |{beschliesst}| korrigiert aus: sinken nicht korrigiert aus: werden gestrichen: s korrigiert aus: gegen“ (1) zu zeigen, (2) \in f Leut!/ \wobei f Leut!/ [ihr]|Ihr|

255

N

ÖLA 3/W 240 – BS 39 a [3], Bl. 7

Fragmentarische Fassung („Randbemerkung“)

Lesetext

es halt doch, liebe Leut! Und das Leben ist kitschig. Und zwar nicht nur in seiner Sprache und Äusserungen , sondern sogar die Gefühle der Menschen sind verkitscht, das heisst sie sind verniedlicht und verfälscht. Aus Bequemlichkeit. Es ist natürlich unbequem für einen Autor dagegen anzukämpfen. Kitsch wirkt aber immer komisch, vorausgesetzt, dass er sichtbar wird. Der Zusammenprall des Kitsches, also des verniedlichten und verfälschten Lebens mit der Unerbittlichkeit des Lebens ist tragisch. Es ist vielleicht dies ein Grund, warum ich für einen Satiriker und Parodisten gehalten werde. Der Hauptgrund wird aber wohl der sein, dass sich das Publikum selbst erkennt, und dann sagt es: So soll ich sein? Unmöglich! Das ist Satire, Parodie! B

N

N

NN B N B

B

N

B

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B

5

K3/TS6 (Korrekturschicht)

B

N

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B N

B

10

N

\Abbruch der Bearbeitung\

1 1

B

halt dochN ] ]

B N

[es doch,] |halt doch,| gestrichen: Eintragung von fremder Hand (Berliner Bearbeitung): Aber Ihr seid es

halt doch 1 1–2 2 2 4 6 7

UndN ] seiner SpracheN ] BÄusserungenN ] BsindN ] BAutorN ] B N] BundN ] B B

korrigiert aus: un korrigiert aus: seinen Sprach korrigiert aus: Aesserungen korrigiert aus: sin korrigiert aus: Aut or gestrichen: m eingefügt

256

Endfassung in fünf Bildern



K3/TS7 (Grundschicht)

Lesetext

GLAUBE LIEBE HOFFNUNG

SB Arcadia 1933, o. Pag. (I)

Ein kleiner Totentanz in fünf Bildern von Ödön Horváth B

5

N

Dieses Theaterstück wurde unter Mitarbeit von Lukas Kristl verfasst.

10



Randbemerkung

SB Arcadia 1933, S. 1

von Ödön Horváth . B

15

20

25

Februar 1932 traf ich auf der Durchreise in München einen Bekannten, namens Lukas Kristl, der schon seit einigen Jahren Gerichtssaalberichterstatter ist. Er sagte mir damals ungefähr folgendes: ich (Kristl) verstehe die Dramatiker nicht, warum nämlich diese Dramatiker, wenn sie Tatbestand und Folgen eines Verbrechens dramatisch bearbeiten, fast immer nur sogenannte Kapitalverbrechen bevorzugen, die doch relativ selten begangen werden -- und warum sich also diese Dramatiker fast niemals um die kleinen Verbrechen kümmern, denen wir doch landauf-landab tausendfach und tausendmal begegnen, und deren Tatbestände ungemein häufig nur auf Unwissenheit basieren und deren Folgen aber trotzdem fast ebenso häufig denen des lebenslänglichen Zuchthauses mit Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, ja selbst der Todesstrafe ähneln. Und Kristl erzählte mir einen Fall aus seiner Praxis -- und aus diesem alltäglichen Fall entstand der kleine Totentanz „Glaube Liebe Hoffnung“. Die Personen Elisabeth, den Schupo (Alfons Klostermeyer), die Frau Amtsgerichtsrat und den Oberinspektor hat Kristl persönlich gekannt. Es ist mir ein Bedürfnis, ihm auch an dieser Stelle für die Mitteilung seiner Materialkenntnisse und für manche Anregung zu danken. Kristls Absicht war, ein Stück gegen die bürokratisch-verantwortungslose Anwendung klei-얍ner Paragraphen zu schreiben -- aber natürlich in der Erkenntnis, dass es kleine Paragraphen immer geben wird, weil es sie in jeder wie auch immer gearteten sozialen Gemeinschaft geben muss. Zuguterletzt war also Kristls Absicht die Hoffnung, dass man jene kleinen Paragraphen vielleicht (verzeihen Sie bitte das harte Wort!) humaner anwenden könnte. Und dies war auch meine Absicht, allerdings war ich mir jedoch dabei im Klaren, dass dieses „gegen kleine Paragraphen“ eben nur das Material darstellt, um wiedermal den gigantischen Kampf zwischen Individuum und Gesellschaft zeigen zu können, dieses ewige Schlachten, bei dem es zu keinem Frieden kommen soll -- höchstens dass mal ein Individuum für einige Momente die Illusion des Waffenstillstandes geniesst. Wie bei allen meinen Stücken habe ich mich auch bei diesem kleinen Totentanz befleissigt, es nicht zu vergessen, dass dieser aussichtslose Kampf des Individuums auf bestialischen Trieben basiert, und dass also die heroische oder feige Art des Kampfes nur als ein Formproblem der Bestialität, die bekanntlich weder gut ist noch böse, betrachtet werden darf. B

30

35

40

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N

5 12 27

N

Ödön HorváthN ] HorváthN ] BdenN ] B B

korrigiert aus: Odön Horvath korrigiert aus: Horvath korrigiert aus: der

257

SB Arcadia 1933, S. 2

Endfassung in fünf Bildern

K3/TS7 (Grundschicht)

Wie in allen meinen Stücken habe ich auch diesmal nichts beschönigt und nichts verhässlicht. Wer wachsam den Versuch unternimmt, uns Menschen zu gestalten, muss zweifellos (falls er die Menschen nicht indirekt kennen gelernt hat) feststellen, dass ihre Gefühlsäusserungen verkitscht sind, das heisst: verfälscht, verniedlicht und nach masochistischer Manier geil auf Mitleid, wahrscheinlich infolge geltungsbedürftiger Bequemlichkeit -- wer also ehrlich Menschen zu gestalten versucht, wird 얍 wohl immer nur Spiegelbilder gestalten können, und hier möchte ich mir nur erlauben, rasch folgendes zu betonen: ich habe und werde niemals Juxspiegelbilder gestalten, denn ich lehne alles Parodistische ab. Wie in allen meinen Stücken versuchte ich auch diesmal, möglichst rücksichtslos gegen Dummheit und Lüge zu sein, denn diese Rücksichtslosigkeit dürfte wohl die vornehmste Aufgabe eines schöngeistigen Schriftstellers darstellen, der es sich manchmal einbildet nur deshalb zu schreiben, damit die Leut sich selbst erkennen. Erkenne Dich bitte selbst! Auf dass Du Dir jene Heiterkeit erwirbst, die Dir Deinen Lebens- und Todeskampf erleichtert, indem Dich nämlich die liebe Ehrlichkeit gewiss nicht über Dich (denn das wäre Einbildung), doch neben und unter Dich stellt, so dass Du Dich immerhin nicht von droben, aber von vorne, hinten, seitwärts und von drunten betrachten kannst! -„Glaube Liebe Hoffnung“ könnte jedes meiner Stücke heissen. Und jedem meiner Stücke hätte ich auch folgende Bibelstelle als Motto voraussetzen können, nämlich: Und der HERR roch den lieblichen Geruch und sprach in seinem Herzen: Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen, denn das Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf; und ich will hinfort nicht mehr schlagen alles was da lebet, wie ich getan habe. So lange die Erde stehet, soll nicht aufhören Samen und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. Mos.I. 8,21.

5

B

N

B

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15

20

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Lesetext



N

PERSONEN: E LISABETH ein Schupo (Alfons Klostermeyer) Oberpräparator Präparator Vizepräparator der Baron mit dem Trauerflor I RENE P RANTL Frau Amtsgerichtsrat Er selbst, der Herr Amtsgerichtsrat ein Invalider eine Arbeiterfrau ein Buchhalter M ARIA ein Kriminaler 6

B

Bequemlichkeit --N ]

korrigiert aus: Bequemlichkeit - -; fehlende und überzählige Zeichenabstände werden in K3/TS7 stillschweigend emendiert; vgl. Chronologisches Verzeichnis.

8

B

JuxspiegelbilderN ]

Juxspiegel[{ }]bilder

258

SB Arcadia 1933, S. 3

SB Arcadia 1933, S. 4

Endfassung in fünf Bildern

K3/TS7 (Grundschicht)

Lesetext

der Oberinspektor ein zweiter Schupo ein dritter Schupo J OACHIM , der tollkühne Lebensretter 5

==============

10



ERSTES BILD.

SB Arcadia 1933, S. 5

Szene Nummer 1

15

20

Schauplatz: Vor dem anatomischen Institut mit Milchglasfenstern. Elisabeth will es betreten und sieht sich noch einmal fragend um, aber es ist nirgends eine Seele zu sehen. In der Ferne intoniert ein Orchester den beliebten Trauermarsch von Chopin und nun geht ein junger Schupo (Alfons Klostermeyer) langsam an Elisabeth vorbei und beachtet sie scheinbar kaum. Es ist Frühling. Szene Nummer 2

25

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35

E LISABETH (spricht den Schupo plötzlich an, während der Trauermarsch in der Ferne verhallt) Entschuldigens bitte -- aber ich suche nämlich die Anatomie. S CHUPO Das anatomische Institut? E LISABETH Dort wo man halt die Leichen zersägt. S CHUPO Das dort ist das hier. E LISABETH Dann ist es schon gut. (Stille) S CHUPO (lächelt) Gebens nur acht, Fräulein --- da drinnen stehen die Köpf in Reih und Glied. E LISABETH Ich habe keine Angst vor den Toten. 얍 S CHUPO Ich auch nicht. E LISABETH Mir graust es noch lange vor nichts. S CHUPO In diesem Sinne --- (er salutiert legere und ab) Szene Nummer 3

40

Elisabeth sieht dem Schupo spöttisch nach -- dann fasst sie sich ein Herz und drückt auf den Klingelknopf des Anatomischen Instituts. Man hört es drinnen klingeln und schon erscheint der Präparator in weissem Mantel. Er steht in der Türe und fixiert die anscheinend unschlüssige Elisabeth.

45

Szene Nummer 4 P RAEPARATOR Sie wünschen? E LISABETH Ich möchte hier jemand Zuständigen sprechen.

259

SB Arcadia 1933, S. 6

Endfassung in fünf Bildern

5

K3/TS7 (Grundschicht)

Lesetext

P RAEPARATOR In was für einer Angelegenheit? E LISABETH In einer dringenden Angelegenheit. P RAEPARATOR Haben Sie einen angehörigen Toten bei uns? E LISABETH Es dreht sich um keinen angehörigen Toten, es dreht sich um mich selbst persönlich. P RÄPARATOR Wieso denn das hernach? E LISABETH Sind der Herr hier eine zuständige Instanz? P RÄPARATOR Ich bin der Präparator. Sie können sich mir ruhig anvertraun. (Stille) E LISABETH Man hat mich nämlich extra darauf aufmerksam gemacht, dass man hier seinen Körper verkaufen kann -- das heisst: wenn 얍 ich einmal gestorben sein werde, dass dann die Herren da drinnen mit meiner Leiche im Dienste der Wissenschaft machen können, was die Herren nur wollen -- dass ich aber dabei das Honorar gleich ausbezahlt bekomme. Schon jetzt. P RAEPARATOR Das ist mir neu. E LISABETH Man hat mich aber extra darauf aufmerksam gemacht. P RAEPARATOR Wer denn? E LISABETH Eine Kollegin. P RÄPARATOR Was sind Sie denn von Beruf? E LISABETH Jetzt habe ich eigentlich nichts. Es soll ja noch schlechter werden. Aber ich lasse den Kopf nicht hängen. (Stille) P RÄPARATOR Seine eigene Leiche verkaufen -- auf was die Leut noch alles kommen werden? E LISABETH Man möchte doch nicht immer so weiter. P RÄPARATOR Ein krasser Irrtum -- (er holt aus seiner Tasche eine Tüte Vogelfutter und füttert damit die Tauben, die vom Dache des Anatomischen Instituts herabfliegen -- die Tauben kennen den Präparator gut und setzen sich auf seine Schulter und fressen ihm aus der Hand) B N

10

15

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25

SB Arcadia 1933, S. 7

30

Szene Nummer 5 Jetzt begleitet der Oberpräparator einen Baron mit Trauerflor aus dem Anatomischen Institut in das Freie. 35

40

45

O BERPRAEPARATOR Wird prompt erledigt, Herr Baron, und abermals mein innigstes Beileid. 얍 B ARON Danke, Herr Oberpräparator. Ich mache mir die heftigsten Vorwürfe. O BERPRAEPARATOR Aber die staatsanwaltschaftlichen Erhebungen haben doch die völlige Haltlosigkeit der gegen Herrn Baron erhobenen etwaigen Beschuldigungen ergeben! Wir alle sind in Gottes Hand. B ARON Trotzdem ich stand vor Verdun und an der Somme, aber nichts hat mich so erschüttert, wie diese Katastrophe gestern. Wir waren ja erst seit drei Monaten verheiratet und ich steuerte den Unglückswagen -- in der Unglückskurve. Zwischen Lechbruck und Steingaden. Nur gut, dass der Leichnam freigegeben ist.

8

B N

]

Absatz eingefügt

260

SB Arcadia 1933, S. 8

Endfassung in fünf Bildern

K3/TS7 (Grundschicht)

Lesetext

O BERPRAEPARATOR (entdeckte inzwischen den Präparator) Augenblick bitte! (er nähert sich dicht dem Präparator und schreit ihn an) Sie füttern schon wieder die Tauben? Was bilden Sie sich denn ein? Saustall sowas! Drinnen liegen die Finger und die Gurgeln nur so herum, dass es eine wahre Freud ist! Tuns die beiden Herzen und die halberte Milz gefälligst in die Schublad! Kreuzkruzifix, ist das aber eine Schlamperei! P RAEPARATOR Aber das Fräulein dort wollte doch ihre Leiche verkaufen, Herr Oberpräparator -O BERPRAEPARATOR Ihre Leiche? Schon wieder? (Stille) B ARON Beispiellos. O BERPRAEPARATOR Wir haben es zwar schon weissgottwieoft dementiert, dass wir keine solchen lebendigen Toten kaufen, aber die Leut glauben halt den amtlichen Verlautbarungen nichts! Die bilden sich gar ein, dass der Staat für ihren Corpus noch etwas 얍 daraufzahlen wird -- gar so interessant kommen sie sich vor! Immer soll nur der Staat helfen, der Staat! B ARON Eine völlig beispiellose Ansicht über die Pflichten des Staates. O BERPRAEPARATOR Wird schon noch anders werden, Herr Baron. B ARON Hoffentlich. B

5

10

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N

SB Arcadia 1933, S. 9

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Szene Nummer 6

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D ER V IZEPRAEPARATOR (erscheint mit dem Hute des Oberpräparators rasch in der Türe des Anatomischen Instituts) Telefon, Herr Oberpräparator! O BERPRAEPARATOR Wer? Ich? V IZEPRAEPARATOR Es dreht sich etwas um das Gutachten in Sachen Leopoldine Hakkinger aus Brünn. Herr Oberpräparator sollen sofort in die Klinik zum Professor -- (er überreicht ihm seinen Hut) O BERPRAEPARATOR Sofort! (er zieht hastig seinen weissen Mantel aus und übergibt ihn dem Vizepräparator, der wieder im Anatomischen Institut verschwindet; zum Baron) Pardon Baron! Die Kapazitäten kriegens mir scheint nicht heraus, an was dass diese Sudetendeutsche gestorben ist. Die Pflicht ruft -B ARON O bitte! O BERPRAEPARATOR -- und abermals mein innigstes Beileid! B ARON O danke! O BERPRAEPARATOR Habe die Ehre, Herr Baron! (rasch ab nach rechts) 얍 B ARON Wiedersehen -- (langsam ab nach links) (Und wieder ertönen in weiter Ferne einige Takte des Chopinschen Trauermarsches. Langsam fängt es an zu dämmern, denn es ist bereits spät am Nachmittag) N

B

40

Szene Nummer 7

45

P RAEPARATOR (sieht dem Oberpräparator nach) Ein schlechter Mensch. Die armen Tauben. Glaubens mir, Fräulein: Das Beste ist, Sie springen zum Fenster hinaus. E LISABETH Sie sind aber ein sehr freundlicher Mann, Herr Oberpräparator. 2 38

B B

dichtN ] (UndN ]

\dicht/ korrigiert aus: und

261

SB Arcadia 1933, S. 10

Endfassung in fünf Bildern

5

K3/TS7 (Grundschicht)

P RAEPARATOR Ich mein es gut mit Ihnen. Wer kauft eine Leiche? Heutzutag! E LISABETH Morgen ist auch ein Tag. P RAEPARATOR Es wird nicht anders. E LISABETH Das glaub ich nicht. P RAEPARATOR Sondern vielleicht? (Stille) E LISABETH (lächelt) Nein -- das lasse ich mir auch von Ihnen nicht nehmen, dass ich noch einmal Glück haben werde. Sehens zum Beispiel, wenn ich jetzt meine Leiche hätt verkaufen können, nämlich um hundertfünfzig Mark -P RAEPARATOR (unterbricht sie) -- hundertfünfzig Mark? E LISABETH Jawohl. (Stille) P RAEPARATOR (grinst) Sie Kind -E LISABETH Wie belieben? P RAEPARATOR Was ist denn Ihr Vater von Beruf? E LISABETH Ein Inspektor. P RAEPARATOR Inspektor? Respekt! E LISABETH Aber er kann mir halt auch nicht un-얍ter die Arme greifen, weil meine Mama im März das Zeitliche gesegnet hat und da hat er gleich soviel Ausgaben gehabt damit. P RAEPARATOR Was ist schon so ein lumpiger Oberpräparator neben einem Inspektor? Respekt, Fräulein! E LISABETH Sehens, wenn ich jetzt hundertfünfzig Mark hätt, dann könnt ich jetzt meinen Wandergewerbeschein haben und dann würde sich mir die Welt wieder öffnen --- weil ich mit einem Wandergewerbeschein schon morgen eine sozusagen fast selbständige Position bekommen tät in meiner ursprünglichen Branche, aus der ich herausgerissen worden bin durch die Zeitumstände. (Stille) P RAEPARATOR Was war denn das für eine Branche? E LISABETH Hüftgürtel, Korsett. Engros. Auch Büstenhalter und dergleichen. P RAEPARATOR Interessant. (Stille) E LISABETH Wo bist Du, goldene Zeit? (Stille) P RAEPARATOR (kramt aus seiner Brieftasche eine Photographie hervor) Da schauns mal her -E LISABETH (betrachtet die Photographie) Ein netter Hund. P RAEPARATOR Mein Rehpinscher -E LISABETH Aufgeweckt. P RAEPARATOR Und scharf! Leider ist er mir verreckt. E LISABETH Schade. P RAEPARATOR (pfeift) Das war sein Pfiff. Da ist er dann immer gekommen. 얍 (er spricht nun mit der Photographie) Burschi, Burschi, jetzt bist hin -- aus ist es mit B

10

B

B

15

20

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B

40

Lesetext

N

N

N

N

B N

9 10 13 38 42

Mark --N ] -- hundertfünfzigN ] BKind --N ] BRehpinscher --N ] B N] B B

SB Arcadia 1933, S. 11

korrigiert aus: Mark-, korrigiert aus: hundertfünfzig korrigiert aus: Kind korrigiert aus: Rehpintscher Absatz getilgt

262

SB Arcadia 1933, S. 12

Endfassung in fünf Bildern

5

K3/TS7 (Grundschicht)

dem Gassi-Gassi ---. (er steckt die Photographie wieder ein: zu Elisabeth) Aber das freut mich von Ihnen, dass Sie mit dem armen Burschi sympathisieren. Wie heissen denn Sie mit dem Vornamen? E LISABETH Elisabeth. (Stille) P RAEPARATOR Die Kaiserin Elisabeth von Oesterreich, das war auch ein gutes braves Weiberl -- aber trotzdem ist sie halt einem ruchlosen Attentat zum Opfer gefallen. In Genf. Ueberhaupt der Völkerbund -- alles ruchlos! Jetzt hab ich halt noch meine Schmetterlingssammlung und den Kanari und gestern ist mir eine Katz zugelaufen. -- Interessiert Ihnen ein Aquarium? E LISABETH Wie belieben? P RAEPARATOR Ich hätte auch ein Terrarium. E LISABETH Terrarium eher. P RÄPARATOR Also dann kommens halt mal zu mir, Sie Fräulein Inspektor. E LISABETH Vielleicht. B

N

B

10

15

Lesetext

N

Szene Nummer 8 Jetzt kehrt der Oberpräparator aus der Klinik zurück und zwar überraschend… sein Zeigefinger ist dick verbunden , er erblickt den Präparator, stutzt empört und fixiert ihn, der retirieren möchte, während Elisabeth sich zurückzieht. B

20

B

N

N

Szene Nummer 9 25

O BERPRAEPARATOR (nähert sich langsam dem Prä-얍parator und hält dicht vor ihm) Schon wieder? Sie füttern schon wieder die Tauben? (er fährt ihn plötzlich an) Jetzt schauens aber, dass Sie verschwinden! (zu Elisabeth) Verstanden! E LISABETH Gewiss. (ab) Szene Nummer 10

30

O BERPRAEPARATOR (sieht Elisabeth nach) Na das sind ja saubere Zustände. Statt die Tumors endlich zu katalogisieren, treiben Sie sich da mit dem schönen Geschlecht herum! P RAEPARATOR Irrtum, Herr Oberpräparator! Das Fräulein ist eine verarmte Zollinspektorstochter . O BERPRAEPARATOR Zollinspektor? P RAEPARATOR Jawohl. Und wenn jetzt diese Zollinspektorstochter hundertfünfzig Mark hätte, dann hätte sie auch ihren Wandergewerbeschein und die Welt würde sich ihr wieder öffnen -- Ich weiss, dass Sie mich für unfähig halten, Herr Oberpräparator, weil ich ein Aquarium habe und weil ich die Tauben füttere und weil ich ein gutes Herz habe -B

35

B

N

B

40

6 9 19 20 32 35–36 38

Weiberl --N ] SchmetterlingssammlungN ] BseinN ] BverbundenN ] BdieN ] BZollinspektorstochterN ] BZollinspektorstochterN ] B B

korrigiert aus: Weiberl korrigiert aus: Schmetterlingsammlung korrigiert aus: (sein korrigiert aus: verbunden) korrigiert aus: des vgl. K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 3 korrigiert aus: Zollinspektortochter korrigiert aus: Zollinspektortochter

263

N

N

SB Arcadia 1933, S. 13

Endfassung in fünf Bildern

K3/TS7 (Grundschicht)

Lesetext

O BERPRAEPARATOR Zur Sache! P RAEPARATOR Zur Sache: Ich werde dieser Zollinspektorstochter unter die Arme greifen. Das steht bei mir felsenfest. Hundertfünfzig Mark. O BERPRAEPARATOR Hundertfünfzig? P RAEPARATOR Das Fräulein wird es mir schon zurückerstatten. O BERPRAEPARATOR Mir scheint, Sie glauben noch 얍 an Wunder, Sie leichtsinniger Patron. Sie sollten meine Frau sein, Sie schlaget ich ja tot -- (er droht ihm neckisch mit seinem dickverbundenem Zeigefinger) P RAEPARATOR Was haben Sie denn da mit dem Finger? Verletzt? O BERPRAEPARATOR Infiziert. P RAEPARATOR Doch nicht an einem Leichnam? O BERPRAEPARATOR Natürlich. Eben zuvor. An diesem kompliziertem Fall aus Brünn. P RAEPARATOR Passens nur auf, Herr Oberpräparator! (Stille) O BERPRAEPARATOR (betrachtet seinen dickverbundenen Zeigefinger) Es tut nicht weh, das ist verdächtig -P RAEPARATOR Wenn ich mir zum Beispiel meine Schmetterlingssammlung betrachte, dann denk ich immer, es dreht sich halt alles nach einer höheren Ordnung. O BERPRAEPARATOR Zur Sache: Kommens, die Pflicht ruft! (ab mit dem Präparator in das Anatomische Institut) (Dunkel) B

5

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N

SB Arcadia 1933, S. 14

------------25



ZWEITES BILD. Szene Nummer 1.

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35

Schauplatz: Kontor der Firma Irene Prantl. Die Prantl ist besonders in ihrem geschäftlichen Leben eine geschwätzige Person. Jetzt hantiert sie auf ihrem Schreibtisch mit Abrechnungen, und zwar hat sie es recht wichtig. Vor ihr sitzt eine Frau Amtsgerichtsrat. Im Hintergrunde stehen Wachspuppen mit Korsett, Hüfthalter, Büstenhalter und dergleichen -- in Reih und Glied, ähnlich wie die Köpf im Anatomischen Institut. D IE P RANTL Allerhand Hochachtung, Frau Amtsgerichtsrat! Sieben Hüfthalter, sechs Korsetts, elf Paar Straps in knapp drei Tagen -- gratuliere, gratuliere! Sie haben es los! Besser als manche Berufsverkäuferin! Ein Talent! F RAU A MTSGERICHTSRAT Mein Gott, unsereins hat halt so seine bestimmten gesellschaftlichen Bekanntenkreise, die wo einer Frau Amtsgerichtsrat kaum einen Korb geben wollen --D IE P RANTL Zu bescheiden, zu bescheiden! Das Verkaufen ist heutzutage kein Kinderspiel, die Leut schlagen einem die Tür vor der Nase zu! B

40

45

2 39

B B

N

ZollinspektorstochterN ] PaarN ]

korrigiert aus: Zollinspektortochter korrigiert aus: paar

264

SB Arcadia 1933, S. 15

Endfassung in fünf Bildern

K3/TS7 (Grundschicht)

Lesetext

F RAU A MTSGERICHTSRAT Aber es bleibt doch dabei: Wenn jemand fragen sollte, dann sagen Sie selbstredend, ich verkaufe das 얍 nur von wegen persönlicher Zerstreuung und so -D IE P RANTL Ist doch sonnenklar, wollte sagen: bleibt unter uns! F RAU A MTSGERICHTSRAT Bei diesen schweren Zeiten muss man auch dem eigenen Manne unter die Arme greifen, der verdient jetzt noch ganze sechshundert Mark. Da wird abgebaut und abgebaut, aber die Herren Landgerichtsdirektoren und Ministerräte -- (sie stockt, da das Telefon klingelt) D IE P RANTL (am Telefon) Ja. Soll nur gleich herein! -- Nur eine Sekunde, Frau Amtsgerichtsrat, wir sind gleich quitt!

5

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SB Arcadia 1933, S. 16

Szene Nummer 2. B

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E LISABETH (tritt ein) D IE P RANTL Grüss Gott, tritt ein zeigens her -- habens Ihr Pensum hinter sich? E LISABETH Hier -- (sie überreicht der Prantl ihr Bestellbuch) D IE P RANTL (blättert) Was? Zwei Paar Straps, einen Hüfthalter und ein Korsett, das ist doch radikal nichts! E LISABETH Das Verkaufen ist heutzutage kein Kinderspiel, die Leut schlagen einem die Türe vor der Nase zu. D IE P RANTL Also nur keine Gemeinplätze! Sie als Vertreterin müssen bei der Kundschaft den Schönheitssinn entwickeln! Jetzt wo das ganze Volk Gymnastik treibt und wo man überall nackerte Weiber sieht, das ist doch für unsere Branche die beste Reklame! Sie müssen Ihnen halt mehr an die Herren der Schöpfung halten, mir ist noch kein Manns-얍bild begegnet, das wo keinen Sinn für Strapsgürtel gehabt hätte! Wie war es denn in Kaufbeuren? E LISABETH In Kaufbeuren war nichts. D IE P RANTL Wieso hernach nichts? Kaufbeuren war doch immer phänomenal! E LISABETH Ich war aber nicht in Kaufbeuren. D IE P RANTL Sondern? E LISABETH Ich wollte nämlich Zeit sparen und bin mit einem Auto gefahren und zwar direkt in der Luftlinie -- aber plötzlich hat die Ölzufuhr ausgesetzt und ich habe in einer Scheune im Walde übernachtet. D IE P RANTL (fährt sie an) Im Wald? Meinens ich zahl umsonst?! Wenn Sie da mit derartigen Luftlinien weitermachen, haben Sie bis zum jüngsten Gericht die hundertfünfzig Mark noch nicht hereingearbeitet, die wo ich Ihnen für Ihren Wandergewerbeschein vorgestreckt habe! E LISABETH Aber das war doch eine höhere Gewalt. D IE P RANTL Wenn die Angestellten jetzt auch noch mit der höheren Gewalt anfangen, dann höre ich auf! Dann bring ich mich um! Eine Blutvergiftung oder von der Trambahn herausfallen und einen Haxen brechen, das lass ich mir noch gefallen, aber den Luxus von einer höheren Gewalt habe ich Irene Prantl mir noch nicht geleistet! N

B

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E LISABETH (trittN ] her --N ] BPaarN ] BKaufbeuren?N ] BLuftlinie --N ] B B

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korrigiert aus: (Elisabeth tritt korrigiert aus: her korrigiert aus: paar

Kaufbeuren[!]|?| korrigiert aus: Luftlinie -

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SB Arcadia 1933, S. 17

Endfassung in fünf Bildern

K3/TS7 (Grundschicht)

E LISABETH Ich kann doch schliesslich nichts dafür. D IE P RANTL Schauns nur nicht gar so geschmerzt, Sie Fräulein höhere Gewalt! Schauns doch nur die Frau Amtsgerichtsrat an! Frau Amtsgerichtsrat hätten es garnicht so notwendig und machen es aus purer Zerstreuung und haben den vierfachen Umsatz.

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Szene Nummer 3.

SB Arcadia 1933, S. 18

Der Präparator stürzt herein und fährt sogleich auf Elisabeth los. Er ist ausser Rand und Band. P RÄPARATOR Da sind Sie ja, Sie Betrügerin Sie! Sie Hochstaplerin Sie! Ihr Vater ist ja gar kein Zollinspektor. Wenn Sie mir das gleich gesagt hätten, dass der kein Zollinspektor ist, sondern bloss so ein Versicherungsinspektor, ja glaubens denn, ich hätte Ihnen hernach eine Existenz verschafft? E LISABETH Aber das hab ich doch niemals behauptet -P RÄPARATOR (unterbricht sie) Jawohl haben Sie das behauptet! E LISABETH Nein! Nie! P RÄPARATOR (schlägt mit seinem Spazierstock auf der Prantl ihren Schreibtisch, dass die Geschäftspapiere nur so herumflattern und brüllt) Zollinspektor! Zollinspektor! Zollinspektor! D IE P RANTL (rettet ihre Geschäftspapiere und kreischt) Halt! Halt!! (Stille) P RÄPARATOR (verbeugt sich chevaleresk zur Prantl und zur Frau Amtsgerichtsrat hin) Entschuldigens meine Herrschaften, dass ich so aus heiterem Himmel, aber neben einem Versicherungsinspektor ist ja sogar noch ein lumpiger Oberpräparator eine Kapazität und diese gefährliche Person dort hat mir mein gutes bares Geld herausgelockt -E LISABETH (unterbricht ihn) Ist ja garnicht wahr! D IE P RANTL Ruhe! P RÄPARATOR Ruhe! 얍 D IE P RANTL (droht mit dem Zeigefinger) Fräulein, Fräulein -- wer schreit hat Unrecht. P RÄPARATOR (schreit) Unrecht! Jawohl!! (Stille) E LISABETH Jetzt sage ich kein Wort mehr. P RÄPARATOR (gehässig) Tät Ihnen so passen -D IE P RANTL (zum Präparator) Nehmen Sie Platz bitte! P RÄPARATOR Danke -- (er setzt sich) Ich bin nämlich ein herzensguter Mensch, aber ich vertrag es halt nicht, dass man mich belügen tut. E LISABETH Ich habe nicht gelogen. D IE P RANTL Geh so haltens doch endlich den Mund, Fräulein -B

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Lesetext

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B

Exis[g]|t|enz

B

korrigiert aus: behauptet -

ExistenzN ] behauptet --N ] BZollinspektor!N ] B N] BUnrecht.N ] B N]

\Zollinspektor!/ Absatz eingefügt

Unrecht[-]|.| Absatz eingefügt

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SB Arcadia 1933, S. 19

Endfassung in fünf Bildern

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K3/TS7 (Grundschicht)

P RÄPARATOR Bitte ich mir aus! D IE P RANTL (bietet nun dem Präparator Zigaretten an) Bitte -P RÄPARATOR Ich bin so frei -- (er steckt sich eine an, lehnt sich bequem zurück und bläst geniesserisch den Rauch von sich) Alsdann meine Herrschaften -- kommt diese Person da zu mir in die Wohnung, schleicht sich in meine väterlichen Gefühle hinein und ich zeig ihr mein Aquarium und habe ihr ein Buch über Tibet geliehen und obendrein kauf ich ihr auch noch einen Wandergewerbeschein -- und derweil ist der ihr Vater gar kein Zollinspektor! Ich habe mich nämlich erkundigt, schon wegen meiner inneren Sicherheit als Mensch, weil sich meine Umgebung immer lustig gemacht hat über mein weiches Herz. D IE P RANTL Wandergewerbeschein? Was denn für Wandergewerbeschein? Den hat doch die dort von mir. P RÄPARATOR Was?! Von Ihnen auch?! 얍 D IE P RANTL Das ist doch der Usus im Betrieb. Die Firma streckt den Angestellten die Möglichkeit zum Arbeiten vor und die Angestellten arbeiten es ab. Hundertfünfzig Mark. P RÄPARATOR (ausser sich) Hundertfünfzig Mark?! (Stille) D IE P RANTL Das ist Betrug. E LISABETH (fährt plötzlich los) Ich bin doch keine Betrügerin! F RAU A MTSGERICHTSRAT Darauf kommt es auch nicht an, Fräulein! Sondern ob der Tatbestand des Betruges erfüllt ist, darauf kommt es an! Sonst würd sich ja die ganze Justiz aufhören! D IE P RANTL Richtig. F RAU A MTSGERICHTSRAT Mich geht es ja nichts an und ich persönlich habe mit dem Gericht gottlob nur insoferner etwas zu tun gehabt, als wie dass ich mit einem Richter verheiratet bin. Aber Sie haben ja Ihren Wandergewerbeschein nicht um das Geld dieses Herrn da gekauft, also -- ich höre meinen August schon sagen: Vorspiegelung falscher Tatsachen -- Tatbestand des Betruges. P RÄPARATOR (ist verzweifelt in sich zusammengesunken; weinerlich) Ich bin doch ein armer Präparator der etwas Gutes getan hat -E LISABETH Herr Präparator! Sie werden Ihr Geld schon wiedersehen. P RÄPARATOR Nein. E LISABETH Doch, jeden Pfennig. P RÄPARATOR Wann? E LISABETH Ich werd es schon abarbeiten. D IE P RANTL Wieso? (sie liest aus Elisabeths Bestellbuch) Zwei Paar Straps, ein Hüfthalter und ein Korsett. Und höhere Gewalt. 얍 P RÄPARATOR (fährt hoch) „Höhere Gewalt“! Betrug! Gebens mir auf der Stell mein Geld zurück, Sie! E LISABETH Ich habe es jetzt nicht. D IE P RANTL Aber Ihren Wandergewerbeschein haben Sie doch von mir! E LISABETH Das schon. P RÄPARATOR Na also! E LISABETH Aber das Geld von dem Herrn habe ich zu etwas Dringenderem gebraucht. B

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Tatsachen --N ] PaarN ]

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korrigiert aus: Tatsachen korrigiert aus: paar

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SB Arcadia 1933, S. 21

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K3/TS7 (Grundschicht)

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D IE P RANTL Das wird ja immer interessanter! E LISABETH Meinetwegen. Ich habe es zu einer Geldstrafe gebraucht. P RÄPARATOR (wieder ausser sich) Was?! Sie haben mit der Justiz schon etwas gehabt?! Eine Vorbestrafte sind Sie also?! Aber Ihnen bring ich noch in das Zuchthaus, das garantier ich Ihnen! Ich war Ihr letztes Opfer! (er rast ab) Szene Nummer 4.

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D IE P RANTL Gediegen! Sehr gediegen! F RAU A MTSGERICHTSRAT Wenn der Herr da jetzt das beschwört, das mit dem Zollinspektor und Versicherungsinspektor, dann werden Sie verurteilt. D IE P RANTL Zuchthaus. F RAU A MTSGERICHTSRAT Aber was! Nur Gefängnis und sonst nichts! Zirka vierzehn Tag. E LISABETH Jetzt werden alle denken, dass ich die grösste Verbrecherin bin. D IE P RANTL Gedanken sind zollfrei und besonders wenn man es einem verschweigt, dass man schon vorbestraft ist. E LISABETH Ich bin doch nicht verpflichtet, Ihnen das zu sagen. 얍 D IE P RANTL Also nur nicht so von oben herab! Dieser Skandal ist eine Affenschand. Sie gehen natürlich fristlos --- jetzt bleibens aber nur da, bis dass die Polizei kommt! (ab) Szene Nummer 5.

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F RAU A MTSGERICHTSRAT Mich geht es ja nichts an, aber vorbestraft ist immer schon arg. E LISABETH (sagt es auf wie ein Schulmädchen) Ich bin vorbestraft, weil ich ohne Wandergewerbeschein gearbeitet habe -- und da hat man mir eine Geldstrafe von einhundertundfünfzig Mark hinaufgehaut, bezahlbar in Raten. Aber dann ist alles fällig geworden und ich hätt dafür in das Gefängnis müssen und meine Zukunft wäre wieder in das Wasser gefallen -- und so habe ich dafür dem Herrn Präparator sein Geld aufgebraucht. F RAU A MTSGERICHTSRAT Also tuns nur nicht viel leugnen und zeigens Ihnen nicht gescheiter als wie der Richter ist. Mein Mann ist ja ein braver Mensch, aber tuns die Verhandlung nur ja nicht in die Länge ziehn durch unnötige Verteidigung!! Wenn ich zuhaus beim Mittagessen sitz und vergeblich auf ihn wart und er kann nicht weg, weil die Sitzung so lang dauert, dann hört auch bei ihm das Verständnis auf -- Wissens, die Angeklagten müssen halt auch ein Einsehen haben, dass schliesslich der Richter auch nur ein Mensch ist. (Dunkel) -------------

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SB Arcadia 1933, S. 22

Endfassung in fünf Bildern



K3/TS7 (Grundschicht)

Lesetext

DRITTES BILD.

SB Arcadia 1933, S. 23

Szene Nummer 1. 5

Schauplatz: Vor dem Wohlfahrtsamt mit minimalem Vorgarten. Gruppe debattierender Kunden des Wohlfahrtsamtes, und zwar eine Arbeiterfrau, ein älterer Buchhalter und ein Fräulein namens Maria. Auch Elisabeth ist dabei. Sie lehnt an dem Vorgartengitter und sonnt sich in der schwachen Spätnachmittagssonne. Jetzt humpelt ein Invalider aus dem Wohlfahrtsamt. B

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Szene Nummer 2. I NVALIDER Bravo bravo! Jetzt wollen die da drinn im Wohlfahrtsamte auch nicht zuständig sein, jetzt soll ich wieder woanders hin -- Kreuzkruzefix! A RBEITERFRAU Sie müssten halt zur Invalidenversicherung. I NVALIDER Invalidenversicherung sagt, das geht ihnen nichts an, das geht die Berufsgenossenschaft was an. Berufsgenossenschaft sagt, meine Füsse wären vor dem Unfall auch schon schlecht gewesen, weil ich vorher schon Krampfadern und Plattfüsse gehabt hätte --- und der Herr Sachverständige hat es mir in das Gesicht hinein gesagt, ich könnt schon längst ohne Stock promenieren, wenn ich nur möchten tät! 얍 B UCHHALTER Warens denn schon beim Spruchausschuss? I NVALIDER Die haben es ja bestätigt, dass mich die Berufsgenossenschaft von sechzig auf vierzig Prozent heruntergesetzt hat -- das haben mir die ja direkt in das Urteil hineingeschrieben, dass bei dem Beschwerdeführer der Anreiz fehlen täte, weil er vorher beim Arbeiten auch nicht recht vielmehr verdient hätt, als wie jetzt mit der Rente! B

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Szene Nummer 3. 30

Nun verstummt alles und rührt sich nicht, denn ein Schupo (Alfons Klostermeyer) geht langsam vorbei und beobachtet scheinbar keine Seele. Langsam fängt es bereits an zu dämmern. Szene Nummer 4.

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A RBEITERFRAU (sieht dem Schupo nach) Der Herr General -B UCHHALTER Unser täglich Brot gib uns heute. M ARIA Bei mir ist das noch schlimmer. I NVALIDER Wie das? M ARIA Weil wir eine Familie von sieben Köpfen sind und das achte ist unterwegs -aber weil mein Vater in der Woche vierzig Mark heimtragt, ziehens mir sogar noch etwas ab. I NVALIDER Alles Schwindel! 5 14 24

minimalemN ] hin --N ] Bhat --N ] B B

korrigiert aus: minimalen korrigiert aus: hin korrigiert aus: hat -

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SB Arcadia 1933, S. 24

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K3/TS7 (Grundschicht)

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E LISABETH Mir wollen die auch nichts geben, weil mein Vater noch etwas verdient. 얍 B UCHHALTER Was ist er denn Ihr Vater? E LISABETH Versicherungsinspektor. Entschuldigens, aber jetzt muss ich lachen -- (sie lacht) A RBEITERFRAU Warum lachst denn da, damische Gretl? E LISABETH (hört plötzlich auf) A RBEITERFRAU So geh halt heim! E LISABETH Nein! A RBEITERFRAU Nachher bist selber schuld! Hat einen Inspektor zum Vater -E LISABETH (unterbricht sie) Versicherungsinspektor! A RBEITERFRAU Ist ja wurscht! E LISABETH (grinst) Oho! B UCHHALTER Dummheit und Stolz wachsen auf einem Holz. A RBEITERFRAU Hat ein Zuhause und nützt es nicht aus! E LISABETH Bei mir hat das einen bestimmten Grund. A RBEITERFRAU Hast denn gar etwas angestellt? E LISABETH (lächelt unsicher) Sieht man es mir denn an? (Stille) B UCHHALTER (grinst) Nicht alles ist Gold, was glänzt -- (ab)

SB Arcadia 1933, S. 25

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Szene Nummer 5. M ARIA (zu Elisabeth) Man muss sich halt alles gefallen lassen. E LISABETH Ich will nicht mehr erinnert werden. 25

B N



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Szene Nummer 6. I NVALIDER (zählt für sich) Wohlfahrtsamt. Arbeitsamt. Berufsgenossenschaft. Invalidenversicherung. Spruchausschuss --- Auf Wiedersehen im Massengrab! (ab) Szene Nummer 7.

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A RBEITERFRAU (für sich) Massengrab --- Wie lang das dauert, bis dass einer für Dich zuständig ist -- (ab) Szene Nummer 8.

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M ARIA Was habens denn angestellt? E LISABETH Nichts. M ARIA Aber eingesperrt hat man Sie doch? E LISABETH (schweigt) M ARIA Mir könnens das ruhig sagen -- ich weiss, wie das kommt. Das sind lauter kleine Paragraphen, aber Du bleibst hängen --- Du weisst eigentlich garnicht, was los war und schon ist es aus. Schauns, meinem Vater habens gleich zehn Tag hinaufgehaut, weil er da paar Bretter vom Bauplatz gestohlen hat --- die sind halt so B

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] SieN ]

B N B

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gestrichen: Szene Nummer 6. korrigiert aus: sie

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SB Arcadia 1933, S. 26

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K3/TS7 (Grundschicht)

dagelegen und in unserer Holzhütten, da hat es in die Betten hineingeregnet. Wenn man schon etwas anstellt, dann müsst es sich aber auch rentieren tun. E LISABETH (schweigt noch immer, es ist inzwischen Nacht geworden und die beiden Fräulein sitzen nun allein auf dem Sockel des Vorgartengitters in dem Lichte, das 얍 aus den Fenstern des Wohlfahrtsamtes herausstrahlt) M ARIA Warens schon einmal verheiratet? E LISABETH Nein. (Stille) E LISABETH Wissens, mein Vater und ich, wir sind zwei verschiedene Personen. Zum Beispiel, wie ich das Licht der Welt erblickt habe, da war er ganz ausser sich, dass ich nur ein Mädel bin. Und das hat er mir dann fortgesetzt nachgetragen. Dabei hat er aber Allüren wie ein Weltmann. Wenn meine Mutter nicht schon tot wär, die könnt darüber so manches trübe Lied zum Besten geben. Alle Männer sind krasse Egoisten. M ARIA Bei Ihnen ist halt der Richtige noch nicht gekommen. E LISABETH Möglich. M ARIA Der kommt ganz überraschend. Wenn man garnicht denkt. (Stille) E LISABETH Mir ist von zehntausend Männern höchstens einer sympathisch . M ARIA Das schon. E LISABETH Ich hab immer selbständig sein wollen -- so mein eigener Herr. M ARIA Das geht nicht. (Stille) M ARIA Ich hätte ja nichts dagegen, wenn mich einer heiraten tät. Nur schlagen dürft er mich nicht -- Was machens denn jetzt? E LISABETH Nichts. (Stille) M ARIA Wir könnten eigentlich per Du sein. E LISABETH Gewiss. (Stille) M ARIA (erhebt sich plötzlich) Geh komm mit! 얍 Schaun wir mal da vor --- da sitzt schon einer drinn, der uns ein Schinkenbrot kauft! E LISABETH Also nur das nicht! (Stille) M ARIA Warum? E LISABETH Nein. Aus Selbsterhaltungsprinzip nicht. (Stille) M ARIA Da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich -B

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Szene Nummer 9.

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Jetzt erscheint der Baron mit dem Trauerflor -- er sieht etwas ramponiert aus, müde und verbittert. Maria erblickt ihn und starrt ihn fasziniert an.

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sympathischN ]

korrigiert aus: sympatisch

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SB Arcadia 1933, S. 28

Endfassung in fünf Bildern

K3/TS7 (Grundschicht)

Lesetext

Szene Nummer 10.

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B ARON (grüsst chevaleresk) Kompliment Madonna! Ich habe es schon befürchtet, dass Du vielleicht nicht erscheinst. M ARIA (tonlos) Ehrensache. (Stille) B ARON (erkennt Elisabeth) Ach! (er lüftet den Hut und lächelt maliziös ) M ARIA Wieso? Du kennst meine fremde Freundin da? B ARON „Fremd“? (zu Elisabeth) Ursprünglich wollten Sie doch Ihre werte Leiche verkaufen? M ARIA Leiche? B ARON (glättet seinen etwas zerknüllten Trauerflor) Ja, das waren bessere Zeiten. Damals 얍 hatte ich noch meine Generalvertretung -E LISABETH (grinst) Korsette vielleicht? B ARON Nein, Likör. Jetzt bin ich parterre. M ARIA (betrachtet sich in ihrem Taschenspiegel im Lichte, das aus dem Wohlfahrtsamt herausfällt) Hugo! Fällt Dir denn nichts auf an mir? B ARON Ich wüsst es nicht momentan -M ARIA Da -- (sie fletscht die Zähne) Ich hab seit vorgestern zwei Stiftzähne da vorn -Weisst, meine beiden Zähne waren doch ganz Bruch und schwarz, weil halt der Nerv schon abgestorben war. B ARON (lächelt hinterlistig) Du hast Dich zu Deinem Vorteil verändert. M ARIA Ich gefall mir. B

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SB Arcadia 1933, S. 29

Szene Nummer 11.

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Jetzt erscheint ein Kriminaler, und zwar hinter Maria, die noch ihre Stiftzähne in ihrem Taschenspiegel betrachtet. Der Baron zieht sich etwas zurück und der Kriminaler wartet bis sich Maria umdreht. Nun erblickt sie ihn und zuckt etwas zusammen. 30

Szene Nummer 12.

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K RIMINALER Sie kommen mit. Sie wissen genau warum. M ARIA (kleinlaut) Ich weiss garnichts. K RIMINALER So, Sie wissen garnichts -B ARON Und meine Manschettenknöpfe? (Stille) 얍 M ARIA (leise) Jesus Maria. B ARON Wer hat sie mir denn gestohlen? K RIMINALER Kriminalpolizei. Sie kommen mit. M ARIA (fixiert den Baron) Du hast mich verschuftet? K RIMINALER Sind Sie augenblicklich ruhig! M ARIA Du? Dem ich drei Mark geliehen hab? Drei Mark? K RIMINALER Halten Sie Ihren Mund. B ARON (grüsst wieder chevaleresk) Kompliment, Madonna! (ab) M ARIA Du Sau Du dreckige!! 7

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maliziösN ]

korrigiert aus: malitiös

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SB Arcadia 1933, S. 30

Endfassung in fünf Bildern

K3/TS7 (Grundschicht)

Lesetext

K RIMINALER (legt ihr rasch die Schliesszange an) Maul halten! Vorwärts! (er zerrt sie mit sich ab) M ARIA Au!! Szene Nummer 13.

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D ER S CHUPO (Alfons Klostermeyer, kommt rasch auf das Geschrei hin herbei, hält und erblickt Elisabeth. Und sie erblickt ihn) Szene Nummer 14.

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S CHUPO Was hat sich denn da abgespielt? E LISABETH (lächelt böse) Nichts. Es ist bloss ein Fräulein verhaftet worden. Wegen Nichts. S CHUPO Geh, das gibt es doch garnicht! E LISABETH Trotzdem. (Stille) E LISABETH Was starrens mich denn so an? S CHUPO (lächelt) Ist denn das verboten? (Stille) S CHUPO Sie erinnern mich nämlich. Besonders 얍 in Ihrer Gesamthaltung. An eine liebe Tote von mir. E LISABETH Sie reden so mystisch daher. (Stille) S CHUPO Welche Richtung gehens denn jetzt? E LISABETH Wollens mich gar begleiten? S CHUPO Ich hab heut keinen Dienst mehr. E LISABETH Ich geh lieber allein. S CHUPO (ohne Hintergedanken) Habens die Polizei nicht gern? E LISABETH (zuckt etwas zusammen) Wieso? S CHUPO Weil Sie nicht wollen, dass ich Sie begleite. Es muss doch auch Polizisten geben, Fräulein! In jedem von uns schlummert zum Beispiel ein Eisenbahnattentäter. E LISABETH In mir nicht. S CHUPO Geh das gibt es doch garnicht! E LISABETH (ahmt ihn nach) „Das gibt es doch garnicht“! S CHUPO (lächelt) Sie tun ja direkt, als wärens schon einmal hingerichtet worden. E LISABETH Es kümmert sich keiner darum. S CHUPO Man darf nur die Hoffnung nicht sinken lassen. E LISABETH Das sind Sprüch. (Stille) S CHUPO Ohne Glaube Liebe Hoffnung gibt es logischerweise kein Leben. Das resultiert alles voneinander. E LISABETH Sie haben leicht reden als Staatsbeamter in gesicherter Position. S CHUPO Wir müssen doch alle mal sterben. E LISABETH Hörens mir auf mit der Liebe! (Stille) B

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ihnN ]

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korrigiert aus: ihm

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SB Arcadia 1933, S. 31

Endfassung in fünf Bildern

K3/TS7 (Grundschicht)

S CHUPO Fräulein. Jetzt hörens mich aber genau an -- nämlich ich beobachte Sie hier vor 얍 dem Wohlfahrtsamt bereits schon seit Tagen. Weil Sie mich halt auch erinnern tun --- an eine liebe Tote, wie gesagt. E LISABETH Wer war denn diese Tote? S CHUPO Meine Braut. (Stille) S CHUPO Wir waren nämlich ein Herz und eine Seele. Aber sie hatte es mit der Leber zu tun und jetzt geht mir direkt etwas ab. Warum lächeln Sie da? E LISABETH Nur so. (Stille) S CHUPO Sie sind anscheinend sehr verbittert. E LISABETH Ich geh schnell. S CHUPO Sie können schnell gehen, aber ich kann auch schnell gehen. (In der Ferne fällt ein Schuss --- dann noch einer und noch einer; jemand brüllt; Stille) S CHUPO (lauscht) Was war denn jetzt das? Mir scheint, die schiessen wieder aufeinander. Also das ist ja schon schier zum Verrücktwerden, dieser latente Bürgerkrieg -- ich schau nur mal nach und bin gleich wieder da, wartens bitte auf mich! E LISABETH Gut. S CHUPO (ab nach rechts) B

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Szene Nummer 15. Jetzt kommen Frau Amtsgerichtsrat und er selbst der Amtsgerichtsrat von links. 25

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F RAU A MTSGERICHTSRAT So folge mir doch, August! Geh jetzt da schön hinein in das Wohlfahrtsamt und sag es dem Herrn Regierungsrat, 얍 dass Du ihm heute abend leider nicht zur Verfügung stehen kannst, denn Du musst Dich auch mal Deiner Ehehälfte widmen. A MTSGERICHTSRAT Ich geh aber nur ungern ins Kino. Zwei Stunden ohne Zigarre. F RAU A MTSGERICHTSRAT O, das tut Dir gut! So denk doch an Deinen Darm! A MTSGERICHTSRAT Ich denke. Der Sanitätsrat hat mich erst gestern wieder gewarnt. F RAU A MTSGERICHTSRAT Mich hat er auch gewarnt, dass ich wegen meiner Drüsen nicht soviel Treppen steigen soll -A MTSGERICHTSRAT (unterbricht sie) Musst Du denn Korsette verkaufen?! Kompletter Irrsinn! F RAU A MTSGERICHTSRAT Ich will aber nicht um jeden Pfennig bei Dir betteln! A MTSGERICHTSRAT Versündige Dich nicht! Was weisst denn Du schon von der grossen Not? Wo man doch tagaus tagein die armen Leut verurteilen muss, zuguterletzt bloss weil sie kein Dach über dem Kopf haben! F RAU A MTSGERICHTSRAT Dann würd ich sie halt nicht verurteilen. A MTSGERICHTSRAT Hermine! (Stille) A MTSGERICHTSRAT So. Und jetzt sag ich es dem Herrn Regierungsrat, dass es heute nichts wird mit unserm Tarock, weil ich mich meiner Ehehälfte widmen möchte B

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an --N ] würdN ]

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korrigiert aus: an korrigiert aus: w[0] ü rd

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SB Arcadia 1933, S. 33

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K3/TS7 (Grundschicht)

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-- aber freu Dich, wenn das Kino wieder ein Kitsch ist, Du Mickymaus -- (ab in das Wohlfahrtsamt) Szene Nummer 16. 5

Frau Amtsgerichtsrat erblicken nun Elisa-얍beth. Sie fixieren sich, aber Elisabeth will niemand mehr kennen aus ihrer Vergangenheit -- doch Frau Amtsgerichtsrat lassen nicht locker. B

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Szene Nummer 17. N

F RAU A MTSGERICHTSRAT Komisch. Wir kennen uns doch -E LISABETH (sieht sich ängstlich um) Bitte kennen Sie mich nicht, Frau Amtsgerichtsrat -F RAU A MTSGERICHTSRAT Also nur keine Angst, Fräulein! Mich geht es ja nichts an, aber wieviel habens denn bekommen? E LISABETH Vierzehn Tage. F RAU A MTSGERICHTSRAT Sehens, das hab ich Ihnen gleich gesagt! E LISABETH Aber ohne Bewährungsfrist. F RAU A MTSGERICHTSRAT Ohne? E LISABETH Weil ich halt vorher schon die Geldstrafe gehabt habe -- (sie grinst) Wenn ich nur wüsst, was ich verbrochen hab -F RAU A MTSGERICHTSRAT O ich weiss, wie das zugeht! Mir müssen Sie das nicht erzählen! Lauter Ungerechtigkeiten -- und eine neue Stellung habens natürlich auch keine? E LISABETH Nein. Aber zuvor habe ich einen Herren kennen gelernt und dieser Herr hat mir von seiner toten Braut erzählt -- (sie grinst wieder) F RAU A MTSGERICHTSRAT Das Beste für Sie wär allerdings: Heiraten. E LISABETH (tonlos) Ich sage nicht nein. F RAU A MTSGERICHTSRAT Man könnt Ihnen gratulieren. E LISABETH Wir haben uns durch einen Zufall kennen gelernt. 얍 F RAU A MTSGERICHTSRAT So fängts an. Kenn ich Fräulein. Kenn ich! E LISABETH Vielleicht ist das der grosse Zufall in meinem Leben. F RAU A MTSGERICHTSRAT Was ist er denn, der Herr Bräutigam in spe? E LISABETH Staatsbeamter. F RAU A MTSGERICHTSRAT Staatsbeamter? Weiss er denn etwas von Ihren vierzehn Tagen? E LISABETH Nein. F RAU A MTSGERICHTSRAT Hm. Das müsstens ihm aber schon sagen, sonst könnt er eventuell Unannehmlichkeiten kriegen mit seiner Karriere -E LISABETH Ist denn das möglich? F RAU A MTSGERICHTSRAT Absolut. E LISABETH Dort kommt er jetzt wieder zurück. F RAU A MTSGERICHTSRAT Wo? --- Was? Ein Polizist? --- Na mich geht es ja nichts an. Alles Gute, Fräulein! (sie zieht sich von ihr zurück) B

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SzeneN ] Amtsgerichtsrat --N ]

korrigiert aus: Sz e korrigiert aus: Amtsgerichtsrat -

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K3/TS7 (Grundschicht)

Lesetext

Szene Nummer 18. S CHUPO (erscheint wieder; zu Elisabeth) So jetzt bin ich frei. Sie haben einen Unbeteiligten erschossen. Dass wir gerade in einer solchen Zeit leben müssen, das denk ich mir oft, Fräulein… (er deutet plötzlich auf die Frau Amtsgerichtsrat) Was will denn diese Frau dort von Ihnen? E LISABETH (lügt) Ich kenne sie nicht. S CHUPO Weil sie uns so anstarrt. E LISABETH Vielleicht verwechselt sie uns. Man verwechselt doch leicht einen Menschen. 얍 S CHUPO Das schon. Zwar wenn ich als Staatsgewaltsorgan zwei Menschen miteinander verwechseln tät -- das wär nicht gut für meine Karriere. E LISABETH Ist das bei Ihnen wirklich so streng? S CHUPO Sehr. Und oft schon direkt ungerecht. Ist Ihnen denn kalt, weil Sie mit die Zähn so klappern? E LISABETH Ja. S CHUPO Sehr? E LISABETH Ziemlich. S CHUPO Ich tät Ihnen schon gern meinen Mantel umhängen, ich brauch ihn nämlich nicht, aber das ist mir verboten. E LISABETH (lächelt) Der Mantel ist halt immer im Dienst. S CHUPO Pflicht ist Pflicht. E LISABETH Kommens, hier zieht es so grausam -- (langsam ab mit dem Schupo) B

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Szene Nummer 19.

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Jetzt verlassen der Herr Amtsgerichtsrat wieder das Wohlfahrtsamt. B N

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F RAU A MTSGERICHTSRAT (plötzlich klatschsüchtig) Du August -- dort drüben geht das Fräulein von der Prantl, das war doch der Betrugsfall mit dem Versicherungsinspektor und Zollinspektor. A MTSGERICHTSRAT Keine Ahnung! F RAU A MTSGERICHTSRAT Aber Du hast sie doch verurteilt -A MTSGERICHTSRAT Möglich! (Stille) F RAU A MTSGERICHTSRAT Dass Du ihr, aber keine Bewährungsfrist gegeben hast, das war ungerecht von Dir -A MTSGERICHTSRAT (wütend) Kümmere Dich um Deine eigenen Ungerechtigkeiten, Hermine! (Dunkel) B

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B N

--------------

3 28 31 41

B

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B N

Leerzeile eingefügt korrigiert aus: Zollinspektor.. Leerzeile eingefügt

wieder;N ] ] BZollinspektor.N ] B N]

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SB Arcadia 1933, S. 36

Endfassung in fünf Bildern

K3/TS7 (Grundschicht)



Lesetext

V I E RT E S B I L D .

SB Arcadia 1933, S. 37

Szene Nummer 1 5

Schauplatz: Elisabeths möbliertes Zimmer. Der Schupo (Alfons Klostermeyer) liegt in Unterhosen im Bett und döst vor sich hin. Elisabeth kocht Café und betrachtet ab und zu die weissen Herbstastern, die in einer Vase neben dem Spirituskocher stehen. Draussen scheint die Oktobersonne, aber die Gardinen sind halb heruntergelassen und das Ganze ist ein Bild des glücklichen Friedens zweier liebender Herzen. B

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N

Szene Nummer 2

15

20

E LISABETH (riecht an den weissen Herbstastern) Wie lang, dass die sich halten. Schon fünf Tage. Das hätt ich jetzt aber ursprünglich nicht gedacht, dass Du mir weisse Herbstastern kaufen wirst. S CHUPO Mir hat das sofort eine innere Stimme gesagt. E LISABETH Trotzdem. S CHUPO Hast gedacht, so ein schneidiger Schupo, das ist ein leichtlebiger Falter? Der möchte nur eine mit viel Geld? Weit gefehlt! Ich schätze eine Frau höher ein, die von mir abhängt, als wie umgekehrt. Krieg ich noch ein Küsschen? E LISABETH Ja. 얍 S CHUPO Ist der Café bald fertig? E LISABETH Sofort. S CHUPO (nimmt die Kopfhörer vom Nachtkastl und legt sie sich an) Stramm! Schneidig -- (er summt den Radetzkymarsch mit, den die Militärmusik im Radio gerade spielt) E LISABETH Du Alfons -- gestern abend war das eine wunderbare Opernübertragung. Aida. S CHUPO (legt die Kopfhörer wieder auf das Nachtkastl) Hast mich also garnicht vermisst? E LISABETH Aber Alfons! S CHUPO Krieg ich noch ein Küsschen? E LISABETH Hier hast den Café --- (sie bringt ihm eine Tasse) und hier hast das Küsschen -- (sie gibt es ihm und setzt sich auf den Bettrand) S CHUPO (geniesst den Café ) Ich bin ja nur froh, dass es schon heute ist. Ständig erhöhte Alarmbereitschaft -- gut, dass die blöden Wahlen vorbei sind! Erst vorgestern Nacht habens wieder einen Kameraden von mir erschossen. E LISABETH Es müssen halt immer viele Unschuldige dran glauben. S CHUPO Das lässt sich nicht umgehen in einem geordneten Staatswesen. B

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7 23 25–26 34 36

CaféN ] CaféN ] BSchneidig --N ] BCaféN ] BCaféN ] B B

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korrigiert aus: Cafe gemeint ist: Kaffee gemeint ist: Kaffee korrigiert aus: Schneidig gemeint ist: Kaffee gemeint ist: Kaffee

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E LISABETH Das seh ich schon ein, dass es ungerecht zugehen muss, weil halt die Menschen keine Menschen sind -- aber es könnt doch auch ein bisschen weniger ungerecht zugehen. S CHUPO Also das ist Philosophie. Was gefällt Dir eigentlich an mir? E LISABETH Alles. S CHUPO Aber welches Wort würde denn am besten zu mir passen? E LISABETH Ich weiss es nicht. 얍 S CHUPO Geh das wirst Du doch wissen! E LISABETH Du hast Dich etwas verändert, Alfons. Früher warst Du trauriger. S CHUPO Wie das? E LISABETH Halt melancholischer. S CHUPO O das bin ich jetzt auch noch! Das wäre ja gelacht! E LISABETH Entschuldige -- (sie erhebt sich) S CHUPO Wohin? Achso. Tu Deinen Gefühlen nur kein Korsett an. E LISABETH (schrickt etwas zusammen, scharf) Wieso Korsett? S CHUPO (überrascht) Warum? (Stille) E LISABETH (lächelt) Entschuldige bitte, aber ich bin heut halt etwas nervös -- (sie verschwindet) B

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K3/TS7 (Grundschicht)

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B

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Szene Nummer 3 S CHUPO (allein) -- melancholisch? Noch melancholischer? -- Wieso noch melancholischer? 25

Szene Nummer 4 E LISABETH (erscheint wieder) S CHUPO Das hat aber lang gedauert. E LISABETH Lang? S CHUPO Doch nichts besonderes? E LISABETH Bitte werde deutlicher. S CHUPO Ich hab nämlich immer achtgegeben. E LISABETH Achso.

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35 B N



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Szene Nummer 5 Jetzt klopft es an der Türe. Die zwei liebenden Herzen lauschen -- abermals klopft es und zwar entschiedener. S CHUPO Pst! Niemand zuhause. E LISABETH Wer kann das sein?

2 2 36

keineN ] sind --N ] B N] B B

korrigiert aus: \eine/ korrigiert aus: sind gestrichen: Szene Nummer 5

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SB Arcadia 1933, S. 40

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K3/TS7 (Grundschicht)

Lesetext

Szene Nummer 6

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S TIMME Kriminalpolizei! E LISABETH Jesus Maria! S CHUPO Polizei? Und ich lieg da. Ausgerechnet Bananen! (Er packt rasch seine Kleidungsstücke und versteckt sich im Schrank) Szene Nummer 7

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Es klopft nun noch entschiedener an die Türe. Elisabeth öffnet und ein Herr betritt ihr möbliertes Zimmer. Es ist ein Oberinspektor der Sittenpolizei. Szene Nummer 8

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O BERINSPEKTOR Geduld bringt Rosen. (Er sieht sich um und deutet auf das unordentliche Bett) Ich habe Sie wohl im Schlaf gestört? E LISABETH Warum? O BERINSPEKTOR Sie wissen genau warum. E LISABETH Ich bin heut nicht ganz auf dem Damm. O BERINSPEKTOR Es gibt allerdings Leute, die 얍 haben Nachtdienst und sind deshalb untertags ruhebedürftig. E LISABETH Wie meinen Sie das? O BERINSPEKTOR (hält einen Sockenhalter hoch, den er auf dem Stuhle gefunden hat) Fräulein pflegen wohl Sockenhalter zu tragen? (Stille) E LISABETH Was will man denn von mir? O BERINSPEKTOR Sie haben von der Polizei einen Unterkommensauftrag gekriegt, darauf steht, dass Sie sich innerhalb dreier Wochen um ein e i n w a n d f r e i e s Unterkommen umsehen sollen. Aber Sie haben weder Arbeit, noch haben Sie nachgewiesen, dass Sie sich um eine solche bemüht haben. E LISABETH Kümmern Sie sich doch um die Leut, die kein Unterkommen haben! O BERINSPEKTOR Keine Hetzreden bitte! Polizeiwidrig ist nicht, wer kein Unterkommen hat, polizeiwidrig ist nur, wer dadurch die öffentliche Ordnung gefährdet. E LISABETH Aber ich gefährde doch nicht die öffentliche Ordnung! O BERINSPEKTOR Solange Sie sich nicht über Ihre Einkünfte ausweisen können, ist dies fraglich. E LISABETH Für mich wird schon gesorgt. O BERINSPEKTOR Eben diese freundliche Fürsorge interessiert uns. E LISABETH Das habe ich doch schon früher angegeben. Ich erhalte von meinem Bräutigam zwanzig Mark in der Woche. Davon lebe ich. O BERINSPEKTOR Wer ist denn dieser Bräutigam? (Stille) O BERINSPEKTOR Sie nennen also den Namen nicht? E LISABETH Nein. 얍 O BERINSPEKTOR Und warum nicht? E LISABETH Weil ich meinem Bräutigam kraft seiner Position eventuell schaden täte. B

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SieN ]

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korrigiert aus: sie

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K3/TS7 (Grundschicht)

O BERINSPEKTOR (grinst) Hübsch! Sehr hübsch -- Eventuell sind bei diesen zwanzig Mark mehrere Bräutigams beteiligt. E LISABETH Das ist eine Unverschämtheit -O BERINSPEKTOR (unterbricht sie) Immer nur schön ruhig, Fräulein! Sie entschuldigen, wenn ich indiskret werde -- (er öffnet plötzlich den Kleiderschrank und ist nicht überrascht, einen Mann darin zu finden, aber dass dieser Mann ein Schupo in Unterhosen ist, der von seiner Uniform nur den Rock und die Mütze anhat, scheint ihn etwas peinlich zu berühren) B

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Szene Nummer 9

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Lesetext

S CHUPO (steht stramm im Kleiderschrank) O BERINSPEKTOR Sie hier? S CHUPO Es ist alles wahr, was das Fräulein gesagt hat, Herr Oberinspektor. (Stille) O BERINSPEKTOR (zu Elisabeth) Bitte, lassen Sie uns mal etwas allein -E LISABETH (zögert) S CHUPO (zu Elisabeth) Sei so gut. E LISABETH Bitte -- (ab)

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Szene Nummer 10

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O BERINSPEKTOR Hier verbringen Sie also Ihre freien Stunden. S CHUPO (ist aus dem Kleiderschrank heraus und 얍 zieht sich nun hastig an) Wenn ich eine Aufklärung geben darf, Herr Oberinspektor -- hier liegt bestimmt ein Irrtum vor. O BERINSPEKTOR Irrtum?! Mensch, wie kommen Sie zu dieser Frau?! Wir haben sie doch im Auge, dass sie zu einer bestimmten Damenkategorie gehört! S CHUPO Damenkategorie? O BERINSPEKTOR Wahrscheinlich! (Stille) S CHUPO (lächelt) Aber nein, Herr Oberinspektor -O BERINSPEKTOR Kennen Sie sie denn überhaupt? S CHUPO Kennen jawohl. O BERINSPEKTOR Und wollen sie heiraten. S CHUPO Ich habe es vor, Herr Oberinspektor. O BERINSPEKTOR Wie alt sind Sie denn? S CHUPO Vierundzwanzig! Herr Oberinspektor. O BERINSPEKTOR Das alte Lied! S CHUPO (ist nun wieder angezogen) Aber das mit den zwanzig Mark stimmt genau, Herr Oberinspektor. O BERINSPEKTOR Monatlich achtzig Mark! Sie sind doch auch nicht fürstlich bezahlt! S CHUPO Meine Eltern unterstützen mich. O BERINSPEKTOR Was ist denn Ihr Vater? S CHUPO Schreinermeister. O BERINSPEKTOR Dann hätten Sie lieber Schreiner werden sollen. S CHUPO Wie verstehen das Herr Oberinspektor? B

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B B

werde --N ] sieN ]

N

korrigiert aus: werde korrigiert aus: Sie

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SB Arcadia 1933, S. 43

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K3/TS7 (Grundschicht)

Lesetext

(Stille) O BERINSPEKTOR Bedaure, aber Sie scheinen es nicht zu ahnen, wen Sie da an den Traualtar führen wollen -- Ihre Braut hat doch wegen Betrug bereits vierzehn Tage Gefängnis hinter sich. S CHUPO Gefängnis? O BERINSPEKTOR Betrug. Abgesehen von einer 얍 Geldstrafe, die sie sich auch schon mal geholt hat. Dass diesen Damen derlei Verbindungen mit der Polizei ganz erwünscht sind, ist ja menschlich verständlich. Aber ob das Ihrer Karriere sehr förderlich ist -S CHUPO Keine Ahnung -O BERINSPEKTOR Na also! (er öffnet die Türe und ruft hinaus) Kommen Sie herein!

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Szene Nummer 11 15

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Elisabeth kommt wieder herein. Sie denkt es sich schon, dass jetzt alles aus ist. (Stille) S CHUPO Betrug? Stimmts? E LISABETH Ich weiss, es ist aus. S CHUPO Gefängnis? E LISABETH Ja. (Stille) S CHUPO Du Elisabeth. Warum hast Du mir das alles verschwiegen? E LISABETH So frag mich doch nicht so saudumm. (Stille) S CHUPO (steht stramm) Besten Dank, Herr Oberinspektor! O BERINSPEKTOR Bitte bitte! S CHUPO (schlägt die Hacken zusammen und will ab) E LISABETH Halt! (Stille) S CHUPO Du hast mich belogen und das ist für mich der entscheidende Punkt. E LISABETH Nein, Deine Karriere, das ist er, Dein entscheidender Punkt. S CHUPO Nein! Aber zuerst kommt die Pflicht 얍 und dann kommt noch Ewigkeiten nichts! Radikal nichts! (Stille) E LISABETH Du Alfons. Zuvor -- wie Du da drinnen im Schrank warst, da habe ich Dich beschützen wollen. S CHUPO Mich? E LISABETH Uns. S CHUPO Dich! Dich gegen mich! Ich kenn mich schon aus, Fräulein! (Stille) E LISABETH (grinst) Ich hab Dich halt nicht verlieren wollen, lieber Alfons -S CHUPO (schlägt wieder die Hacken zusammen) Herr Oberinspektor! (rasch ab) Szene Nummer 12 O BERINSPEKTOR Also das war wirklich nicht notwendig von Ihnen, dem Mann seine Karriere so leichtfertig zu gefährden --

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SB Arcadia 1933, S. 45

Endfassung in fünf Bildern

K3/TS7 (Grundschicht)

Lesetext

E LISABETH Notwendig? Und meine Karriere? O BERINSPEKTOR Sie wollen doch nicht behaupten, dass Sie unschuldig sind? E LISABETH Oh nein, das habe ich mir schon längst abgewöhnt. Entschuldigens, aber jetzt muss ich lachen -- (sie setzt sich auf den Bettrand und lacht lautlos) O BERINSPEKTOR Lachens Ihnen nur ruhig aus. (ab) (Dunkel)

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FÜNFTES BILD.

SB Arcadia 1933, S. 46

Szene Nummer 1. B

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Polizeirevier. Nach Mitternacht. Der Schupo (Alfons Klostermeyer) spielt mit einem Kameraden eine Partie Schach. Es regnet draussen, und in weiter Ferne spielt ein Orchester den beliebten Trauermarsch von Chopin -- bis Szene 3. B

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Szene Nummer 2. B

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S CHUPO (horcht) Wer spielt denn da? K AMERAD Radio. S CHUPO Nach Mitternacht? K AMERAD Vielleicht Amerika. Dort ist es jetzt Tag. Du bist dran. S CHUPO Sofort. (Pause) S CHUPO (zieht mit dem Turm) K AMERAD (überlegt) Geh ich daher, geht er dahin. Geh ich dahin, geht er daher. Dunkel wars, der Mond schien helle, als ein Wagen blitzesschnelle -- g sieben c drei. Schach! S CHUPO Du auch noch. (Pause) S CHUPO Wer ist denn dran? K AMERAD Immer der, der fragt. (Pause) S CHUPO (erhebt sich) Aufgegeben, Matt. 얍 K AMERAD Matt? In dieser Position? S CHUPO Es steckt nichts mehr drinnen. K AMERAD Nichts? D fünf d sieben! H zwei g vier! S CHUPO Möglich. B

13 18 20 30

NummerN ] Chopin --N ] BNummerN ] Bblitzesschnelle --N ] B B

eingefügt korrigiert aus: Chopin eingefügt korrigiert aus: blitzesschnelle -

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SB Arcadia 1933, S. 47

Endfassung in fünf Bildern

K3/TS7 (Grundschicht)

Lesetext

Szene Nummer 3. K AMERAD (betrachtet noch immer das Brett) Dass Du da die Waffen streckst, wo Du doch sonst jede Partie zu Ende spielst, auch wenn es für Dich hoffnungslos herschaut. S CHUPO Mir scheint, ich bin krank. Schon seit einer ganzen Zeit. Wenn ich mich niederleg, werd ich wach, und wenn ich aufsteh, schlaf ich ein. K AMERAD Das sind die Nerven. S CHUPO (lächelt geschmerzt) Weisst, ich hab halt eine kleine Aufregung hinter mir. K AMERAD Dienstlich? S CHUPO Nein. Privat. Betreffs eines Weibes. Da stellst Dich hin und machst alles für so ein Menschenkind, zahlst ihr das Leben, schenkst ihr Deine intimsten Gefühle, Deine freie Zeit, Dein gutes Geld -- und das Resultat? Du bist der Lackierte. K AMERAD Undank ist der Welt Lohn. S CHUPO Manchmal fang ich schon zum Grübeln an. K AMERAD Also nur das nicht! Grübeln ist Gift! S CHUPO Von mir aus. Schau -- zum Beispiel meine erste Braut, mit der ich sehr harmonisiert habe, die ist mir weggestorben. So bin ich beinander. Die eine stirbt, die andere lügt. Lauter blutige Enttäuschungen. Ich find keinen Menschen, dessen Liebe mir etwas gibt.

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얍 25

Szene Nummer 4 Jetzt betritt ein dritter Schupo das Revier, und zwar bringt er den Präparator mit sich, der total betrunken ist -- der Vizepräparator ist auch dabei, und ebenfalls nicht mehr ganz auf der Höhe infolge Alkoholgenusses. B

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SB Arcadia 1933, S. 48

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D RITTER S CHUPO So! Da wären wir! V IZEPRAEPARATOR Aber lieber Herr Wachtmeister -D RITTER S CHUPO (unterbricht ihn) Ruhe! (zu seinen Kameraden) Nächtliche Ruhestörung und Beamtenbeleidigung! V IZEPRAEPARATOR Wieso hernach Beamtenbeleidigung? D RITTER S CHUPO Wieso hernach? Hat er denn nicht gebrüllt und getobt und mit diesem seinem Spazierstock gegen die Rolläden getrommelt, dass die ganze Strass aufgewacht ist? Hat er mir nicht gesagt, Sie Rindvieh, Sie krummgebohrtes?! Oder vielleicht?! (Stille) V IZEPRAEPARATOR Entschuldigens bitte, aber ursprünglich wollten wir heute abend in aller bescheidenen Zurückgezogenheit den zweiundsechzigsten Geburtstag dieses Herrn dort feiern, aber der Mensch denkt -K AMERAD (grinst) -- und Gott lenkt. P RAEPARATOR (scharf) Und wer ist schuld? Der Oberpräparator. B

N

B

17 21 26 30 41

Schau --N ] ] Bist --N ] BWachtmeister --N ] Bdenkt --N ] B

B N

korrigiert aus: Schau gestrichen: Szene Nummer 4. korrigiert aus: ist korrigiert aus: Wachtmeister korrigiert aus: denkt -

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Endfassung in fünf Bildern

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K3/TS7 (Grundschicht)

D RITTER S CHUPO Ruhe! (er deutet auf das Schachbrett) Wer hat denn da gewonnen? K AMERAD Ich. D RITTER S CHUPO Du? Gegen den? Nicht möglich. S CHUPO Ich hab heut keinen Kopf. 얍 P RAEPARATOR Meine Herren! Wer ist mein Feind? Der Oberpräparator und nur der Oberpräparator. D RITTER S CHUPO Schluss mit der Debatte! K AMERAD Was schwätzt denn der da immer von einem Oberpräparator? V IZEPRAEPARATOR Aber das ist es ja eben -- ich bin nämlich der Vizepräparator, und der Oberpräparator das ist dieser Herr da persönlich. Voriges Monat ist er avanciert, aber wenn er sich betrunken hat, vergisst er es immer wieder, dass er befördert worden ist. Jener bewusste Oberpräparator, den dieser Oberpräparator da meint, den hat ja Gottseidank schon längst der Teufel geholt -- der hat sich nämlich infiziert, an einem Leichnam. Aus Brünn. D RITTER S CHUPO Jetzt aber Schluss! Setzen! Das Protokoll! B

SB Arcadia 1933, S. 49

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Lesetext

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Szene Nummer 5

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B UCHHALTER (stürzt herein) Hilfe Herr Wachtmeister! Da draussen liegt ein Fräulein drüben beim Kanal! K AMERAD Beim Kanal? D RITTER S CHUPO Was für ein Fräulein? B UCHHALTER Selbstmord! Wir haben sie aus dem Wasser heraus -- das heisst nicht ich, sondern ein tollkühner Lebensretter. Mir scheint, sie lebt noch! Da! B

N

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Szene Nummer 6

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Z WEI M AENNER (einer im Smoking, erscheinen nun 얍 und auch der tollkühne Lebensretter. Sie tragen die aus dem Kanal herausgerettete Elisabeth und legen sie auf eine Bank. Der tollkühne Lebensretter heisst Joachim und ist total durchnässt und friert ziemlich -- der eine Schupo reicht ihm eine Decke, die er sich umhängt. Alle, ausser dem Präparator, beschäftigen sich nun mit Elisabeth. Auch der Schupo Alfons Klostermeyer tritt an sie heran, erkennt sie und starrt sie an.) B UCHHALTER Es ist noch ein Funke Leben in ihr -D RITTER S CHUPO Sofort künstliche Atmung! V IZEPRAEPARATOR Kenn ich genau. Darf ich helfen? Hab zwei Semester Medizin, aber dann ist mir das Geld ausgegangen -K AMERAD Los los! P RAEPARATOR Und etwas Schnaps! J OACHIM Auch für mich bitte. P RAEPARATOR (zu Joachim) Allerhand Schneid. In stockdunkler Nacht im November ins Wasser springen -- tollkühn! Sehr tollkühn! B

N

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10 13 23 31 34 37 42

Voriges MonatN ] geholt --N ] Bheraus --N ] Bziemlich --N ] Bihr --N ] Bausgegangen --N ] Bspringen --N ] B B

N

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N

vermutlich bewusst gesetzte Dialektalform korrigiert aus: geholt korrigiert aus: herauskorrigiert aus: ziemlich korrigiert aus: ihr korrigiert aus: ausgegangen korrigiert aus: springen -

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SB Arcadia 1933, S. 50

Endfassung in fünf Bildern

K3/TS7 (Grundschicht)

J OACHIM Aber ich erfüllte doch nur meine normale menschliche Pflicht -- (er trinkt aus der Schnapsflasche) P RAEPARATOR Zu bescheiden, zu bescheiden. (er nimmt ihm die Schnapsflasche weg und wendet sich an den Schupo) Hab ich nicht recht, Herr General? S CHUPO Ich bin kein General. P RAEPARATOR Also auf das Wohl des tollkühnen Lebensretters! Prost! (er trinkt) J OACHIM (zum Schupo) Ich ging vorbei und hörte etwas in das Wasser plumpsen und sah einen silbrigen Schein -- das war ihr Gesicht. Ich sprang sofort hinein und griff zu. Ehrensache. Hätte doch jeder getan. Sie auch. 얍 S CHUPO Natürlich. P RAEPARATOR Das kommt gross in die Zeitung. Mit Photographie. Der tollkühne Lebensretter soll leben! Hoch! (er trinkt wieder) D RITTER S CHUPO (bei Elisabeth) Wo bleibt denn der Schnaps? P RAEPARATOR Da! J OACHIM (zum Schupo) Könnt ich mal telephonieren? S CHUPO Dort bitte. K AMERAD (tritt zum Schupo) Sie hat nichts bei sich. Nur einen ungültigen Wandergewerbeschein -P RAEPARATOR Wandergewerbeschein? K AMERAD Jawohl. P RAEPARATOR (wendet sich Elisabeth zu und betrachtet sie aufmerksam) B

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Szene Nummer 7 25

Während sich nun alles, ausser dem Schupo und den beiden Männern, die das Polizeirevier bereits wieder verliessen, sowie dem Präparator, um Elisabeth bemüht (künstliche Atmung und dergl. ), telephoniert Joachim mit seiner Mama. B

N

B N

J OACHIM Halloh! Mama! Bist Du es, Mama? -- O nein, fürchte Dich nicht, dass ich Dich so aus dem Schlaf heraushol, aber ich habe soeben einer Selbstmörderin das Leben gerettet -- Tollkühn, was? Ehrensache! Komm auch in die Zeitung, mit Photographie, ist doch eine unbezahlbare Reklame für die Firma, so umsonst in der ganzen Presse 얍 -- Halloh! Aber jetzt krieg ich doch dann mein Motorrad, was? -- Wie? Du hast es mir doch versprochen! Werden sehen? Adieu! (er hängt wütend ein, für sich) Altes Dromedar. B

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Szene Nummer 8

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S CHUPO Ist sie tot? K AMERAD Mir scheint, sie atmet. V IZEPRAEPARATOR Werden sehen, werden sehen! 1 8 27 28 29 34 35

Pflicht --N ] Schein --N ] Bdergl.N ] B N] BMama? --N ] Bwas? --N ] Bein, fürN ] B B

korrigiert aus: Pflicht korrigiert aus: Schein gemeint ist: dergleichen Leerzeile eingefügt korrigiert aus: Mama? korrigiert aus: was? korrigiert aus: ein (für

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SB Arcadia 1933, S. 52

Endfassung in fünf Bildern

K3/TS7 (Grundschicht)

Lesetext

Szene Nummer 9 P RAEPARATOR (hat Elisabeth erkannt) Sie ist es. Pfeilgerade. Diejenige welche -(er wendet sich zerknirscht an den Schupo) Herr Staatsanwalt -S CHUPO (unterbricht ihn) So lassens mir doch meine Ruh! P RAEPARATOR Aber haben Sie doch Zeit für mich, bitte -- ich muss Ihnen ja ein Geständnis ablegen. Jenes Fräulein dort ist ermordet worden. S CHUPO (stutzt) Ermordet? P RAEPARATOR Ich kenne den Mörder. S CHUPO Was reden Sie da?! (Stille) P RAEPARATOR Nämlich das mit dem Zollinspektor und Versicherungsinspektor -ich hab mich geirrt, Herr Generalstaatsanwalt! Auge um Auge, Zahn um Zahn! So verhaftens mich doch und machens kurzen Prozess! Seiens fesch, hängens mich auf! V IZEPRAEPARATOR (zum Schupo) Jetzt hat er sei-얍nen Moralischen. S CHUPO (zum Präparator) Sie Sau Sie! P RÄPARATOR Oh Gott! (er setzt sich in eine Ecke) Gefasst betret ich das Schafott -Walte Deines Amtes, Henker! Und betet für mich, liebe Leutl, damit ihr nicht in Versuchung kommet, und wenn ihr mal recht blöd seid, dann denkts an mich -(er vergräbt sein Gesicht in die Hände und verharrt so erschüttert) B

B

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Szene Nummer 10 25

D RITTER S CHUPO Da ist sie! Szene Nummer 11 Elisabeth erwacht aus ihrer Ohnmacht, ist aber noch immer abwesend -- nun sitzt sie auf der Bank und sieht sich um. Noch fasst sie nichts, und nur allmählich kommt ihr wieder die Erinnerung. B

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Szene Nummer 12 35

E LISABETH (zum Buchhalter) Wer bist Du? B UCHHALTER Wer? Meine Wenigkeit? (Stille) D RITTER S CHUPO (hält ihr die Schnapsflasche hin) Da Fräulein -E LISABETH (starrt den Buchhalter noch immer an) Wer bist Du? V IZEPRAEPARATOR (zum Buchhalter) So redens doch! B

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3 4 6 12 18 20 29 38

welche --N ] Staatsanwalt --N ] Bbitte --N ] BVersicherungsinspektor --N ] BSchafott --N ] Bmich --N ] Babwesend --N ] BFräulein --N ] B B

korrigiert aus: welche korrigiert aus: Staatsanwalt korrigiert aus: bitte korrigiert aus: Versicherungsinspektor korrigiert aus: Schafott korrigiert aus: mich korrigiert aus: abwesend korrigiert aus: Fräulein --

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SB Arcadia 1933, S. 53

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K3/TS7 (Grundschicht)

Lesetext

얍 B UCHHALTER Ich? Nichts. E LISABETH (lächelt) BNichts --N (sie sieht sich plötzlich ängstlich um) Bin ich denn noch? K AMERAD (lächelt) Gewiss. D RITTER S CHUPO (hält ihr noch immer die Schnapsflasche hin) Da BFräulein --N E LISABETH (mustert plötzlich entsetzt den Kameraden) Was hast Du denn da an? K AMERAD (etwas verwirrt) Wieso? E LISABETH Grün, grau, Bsilber --N Habt Ihr mich denn schon wieder? Was hab ich denn schon wieder verbrochen? D RITTER S CHUPO Nur immer mit der BRuhe --N Wir sind doch zu Ihrem Schutze da. Aber sicher. E LISABETH (abwesend) Wer hat mich denn da angehaucht? K AMERAD So kommens doch wieder zu sich BFräulein --N schauns, man lebt nur einmal wer wird da denn gleich ins Wasser! E LISABETH Habt Ihr mich wieder Bheraus --N J OACHIM Ich. (Stille) E LISABETH So kümmert Euch doch nicht um mich! J OACHIM Das ist der Dank. E LISABETH Jetzt war ich schon fort und jetzt gehts wieder los und niemand ist zuständig für Dich und BDuN hast so gar keinen BSinn --N V IZEPRAEPARATOR (berührt ihre Schulter) Nur nicht die Hoffnung sinken Blassen --N jeder Mensch hat seinen Sinn im Leben, und wenn nicht für sich selbst, dann für einen Anderen. E LISABETH Ich nicht. V IZEPRAEPARATOR Doch! E LISABETH Nein! 얍 V IZEPRAEPARATOR (zum Kameraden) Also da kann ich schon direkt wild werden, wenn mir da jemand widerspricht! Ich hab doch tagtäglich mit die Toten zu tun und dann denkt man doch schon ganz automatisch über den Sinn des Lebens nach. Wenn ich als BVizepräparator --N E LISABETH (unterbricht ihn) BVizepräparator? --N (schrill) Wie gehts denn dem lieben Herrn Präparator? Füttert er noch immer die Tauben?

Szene Nummer 13

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P RAEPARATOR Jawohl! (er erhebt sich voll Würde, aber noch immer etwas schwankend) Die Tauben sitzen auf meinen Schultern und fressen mir aus meiner Hand, der Kanari singt und meine Schlange hab ich dressiert. Ich hab einen Stall voll 2 5 8 10 13 15 21 21 22 31 32

Nichts --N ] Fräulein --N ] Bsilber --N ] BRuhe --N ] BFräulein --N ] Bheraus --N ] BDuN ] BSinn --N ] Blassen --N ] BVizepräparator --N ] BVizepräparator? --N ] B B

korrigiert aus: Nichts korrigiert aus: Fräulein korrigiert aus: silber korrigiert aus: Ruhe korrigiert aus: Fräulein korrigiert aus: heraus korrigiert aus: du korrigiert aus: Sinn korrigiert aus: lassen korrigiert aus: Vizepräparator korrigiert aus: Vizepräparator? -

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SB Arcadia 1933, S. 54

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K3/TS7 (Grundschicht)

Lesetext

weisser Mäus und meine drei Goldfische heissen Anton, Josef und Herbert. Ich muss um mehr Autorität bitten, und zwar energisch. Man weiss es anscheinend noch nicht, wer ich bin?! Ich bin der Oberpräparator, bitt ich mir aus. Und wenn ich jemand umbring, dann mach ich das schon mit mir selber aus. Allein mit meinem Gott! Wachtmeister! Guten Morgen, Leute! (ab) A LLE (ausser Elisabeth, reissen unwillkürlich die Hacken zusammen) Guten Morgen, Herr Oberpräparator!

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B N

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Szene Nummer 14

E LISABETH (erblickt nun ihren Schupo, schnellt empor und beisst in ihre Hand) V IZEPRAEPARATOR Nanana! (Stille) B UCHHALTER Mir scheint, sie halluziniert . J OACHIM Ist doch auch schliesslich keine Kleinigkeit das kalte Wasser in dieser Jahreszeit, bei stockdunkler Nacht. E LISABETH (hebt langsam die Hand über die Augen, als würde sie von der Sonne geblendet) Bist Du das, Alfons? (Stille) K AMERAD Was denn los, Klostermeyer? Kennt Ihr Euch? E LISABETH Kennen wir uns? (Stille) E LISABETH So sag es Ihnen doch, ob Du mich kennst -S CHUPO Wir kennen uns. E LISABETH (grinst) Brav. Sehr brav -(Stille) E LISABETH Was macht denn die Karrier? D RITTER S CHUPO (zu Alfons Klostermeyer) Was soll denn das? S CHUPO Später. E LISABETH Warum später? (Stille) S CHUPO (zieht sich seine weissen Handschuhe an) Ich habe Dienst. Ich muss zur Parade. E LISABETH Parade? S CHUPO Vor der Residenz. Es wird bald Tag. E LISABETH Es ist noch dunkel, Alfons. S CHUPO Zwischen uns ist alles klar. 얍 E LISABETH Meinst Du? S CHUPO Es ist aus. (Stille) E LISABETH Wie einfach Du fort bist -S CHUPO Red nicht weiter, bitte. B

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SB Arcadia 1933, S. 56

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] schnelltN ] BhalluziniertN ] Bkennst --N ] Bbrav --N ] Bbist --N ] B N B

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gestrichen: Szene Nummer 14 korrigiert aus: schnell korrigiert aus: haluziniert korrigiert aus: kennst korrigiert aus: brav korrigiert aus: bist -

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SB Arcadia 1933, S. 57

Endfassung in fünf Bildern

K3/TS7 (Grundschicht)

E LISABETH (lächelt böse) Warum nicht? (Stille) S CHUPO Provozier hier nicht aus der Erde heraus! Was kann denn ich dafür, dass Du ins Wasser gehst?! Ich habe Dir meinen Arm gereicht -E LISABETH (unterbricht ihn) Lass ihn Dir abhacken, Deinen Arm! (Stille) E LISABETH Jetzt geh ich. -- Hörst Du mich, Alfons? D RITTER S CHUPO (steht vor ihr in der Türe) Halt! E LISABETH (sieht ihn gross an) Gute Nacht. D RITTER S CHUPO Nein. (Stille) E LISABETH So lassens mich doch fort -D RITTER S CHUPO Wohin? E LISABETH Das geht Dich nichts an. D RITTER S CHUPO In diesem Zustand bleiben Sie da. Das ist unsere Pflicht. (Stille) E LISABETH (lächelt wieder böse) Habt Ihr mich wieder? K AMERAD Nicht in Haft. Nur in Schutzhaft. E LISABETH Schutz? D RITTER S CHUPO In Ihrem Interesse. E LISABETH Komisch. Jetzt steht Ihr da um mich herum und bringt es nicht fertig, dass man seinen Wandergewerbeschein bekommt -- (sie grinst) V IZEPRAEPARATOR Sie Kind -얍 E LISABETH Ich rede jetzt nicht direkt persönlich, denn ich bin darüber momentan hinaus -- (sie brüllt ihren Alfons plötzlich an) Glotz mich nicht so an! Geh mir aus den Augen, sonst reiss ich mir die Augen aus! Bild Dir doch nicht ein, dass ich wegen Dir ins Wasser bin, Du mit Deiner grossen Zukunft! Ich bin doch nur ins Wasser, weil ich nichts mehr zum Fressen hab -- wenn ich was zum Fressen gehabt hätt, meinst, ich hätt Dich auch nur angespuckt?! Schau mich nicht so an!! (sie wirft mit der Schnapsflasche nach seinen Augen, verfehlt aber ihr Ziel) Da! K AMERAD (erfasst ihren Arm) Halt! E LISABETH Auslassen! J OACHIM Im Gegenteil! E LISABETH (brüllt) Auslassen! Auslassen! D RITTER S CHUPO Ruhe! J OACHIM Au! Die beisst! V IZEPRÄPARATOR Was? Beissen wirst Du -- beissen?! E LISABETH (zieht sich verschüchtert zurück) B UCHHALTER Jetzt beisst sie ihren eigenen Lebensretter -E LISABETH (fletscht die Zähne) B

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gereicht --N ] fort --N ] Bbekommt --N ] BKind --N ] Bhinaus --N ] Bhab --N ] BDu --N ] BLebensretter --N ] B B

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Lesetext

korrigiert aus: gereicht korrigiert aus: fort korrigiert aus: bekommt korrigiert aus: Kind korrigiert aus: hinaus korrigiert aus: hab korrigiert aus: Du korrigiert aus: Lebensretter -

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SB Arcadia 1933, S. 58

Endfassung in fünf Bildern

K3/TS7 (Grundschicht)

Lesetext

Szene Nummer 15 In der Ferne marschiert nun eine Formation mit Musik vorbei -- und zwar auf den Marsch „Alte Kameraden“. Dann verhallt die Musik und Elisabeth sitzt in sich zusammengesunken auf einem Stuhl.

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Szene Nummer 16

SB Arcadia 1933, S. 59

S CHUPO Die Parade --- (er setzt sich seinen Helm auf) Höchste Eisenbahn. K AMERAD Ist noch Zeit, Klostermeyer. Wart auf uns -- (er zieht sich seine weissen Handschuhe an) D RITTER S CHUPO Wir müssen doch auch. V IZEPRAEPARATOR Was knurrt denn da? B UCHHALTER Dem Fräulein ihr Magen. D RITTER S CHUPO (zum Kameraden) Hast nichts dabei? K AMERAD Doch --- (er gibt aus seiner Manteltasche Elisabeth ein Brötchen) E LISABETH (nimmt es apathisch und knabbert daran) D RITTER S CHUPO (zieht sich ebenfalls seine weissen Handschuhe an) Schmeckts? E LISABETH (lächelt apathisch -- plötzlich lässt sie das Brötchen fallen und sinkt über den Tisch) V IZEPRAEPARATOR Hoppla! D RITTER S CHUPO Halt! (auch er bemüht sich, genau wie der Vizepräparator, um Elisabeth) K AMERAD Das ist nur so ein Schwächegefühl. B UCHHALTER Wahrscheinlich vom Magen heraus empor -V IZEPRÄPARATOR Ein schwaches Herz. B UCHHALTER Magen oder Herz -- gehüpft wie gesprungen! J OACHIM Es ist doch auch keine Kleinigkeit bei stockdunkler Nacht im November ins eiskalte Wasser -얍 V IZEPRAEPARATOR (zu Elisabeth) Dageblieben, dageblieben -E LISABETH (erwacht wieder; lächelt schwach) Könnt ich hier jemand Zuständigen sprechen? D RITTER S CHUPO Zuständig? E LISABETH (nickt ja) -- in einer dringenden Angelegenheit -- es soll ja noch schlechter werden, aber ich lasse den Kopf nicht hängen -- (sie schlägt mit der Hand in die Luft, als würde sie Fliegen abwehren) Na! Da fliegen lauter so schwarze Würmer herum -- (sie stirbt sanft) B

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7 20 26 28 30 31 35 35 36 38

] apathisch --N ] Bempor --N ] BHerz --N ] BWasser --N ] Bdageblieben --N ] Bja) --N ] BAngelegenheit --N ] Bhängen --N ] Bherum --N ] B N B

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gestrichen: Szene Nummer 16 korrigiert aus: apathisch korrigiert aus: empor korrigiert aus: Herz korrigiert aus: Wasser korrigiert aus: dageblieben korrigiert aus: ja) korrigiert aus: Angelegenheit korrigiert aus: hängen korrigiert aus: herum -

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SB Arcadia 1933, S. 60

Endfassung in fünf Bildern

K3/TS7 (Grundschicht)

Lesetext

Szene Nummer 17 B UCHHALTER (nähert sich leise der toten Elisabeth und klopft auf die Tischplatte; behutsam) Herein, Fräulein. Herein! D RITTER S CHUPO Ich befürchte das Schlimmste. S CHUPO (nimmt seinen Helm ab) V IZEPRAEPARATOR (beugt sich über Elisabeth) Sie hat es überstanden. Wahrscheinlich das Herz. Na wir werden es ja morgen sehen -J OACHIM Es war umsonst --- (ab)

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Szene Nummer 18 S CHUPO Umsonst -- (er tritt an seine tote Elisabeth heran und streicht ihr über das Haar) Du armes Menschenkind. Ich hab kein Glück. Ich hab kein Glück. B UCHHALTER Ich lebe, ich weiss nicht wie lang, Ich sterbe, ich weiss nicht wann, Ich fahre, ich weiss nicht wohin, Mich wundert, dass ich so fröhlich bin -- (ab)

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Szene Nummer 19 V IZEPRAEPARATOR Ein Dichter. D RITTER S CHUPO Es regnet noch immer. K AMERAD Das wird eine verregnete Parade. S CHUPO Wahrscheinlich. V IZEPRAEPARATOR Darf ich mich jetzt empfehlen -- (ab) Szene Nummer 20

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Und nun marschiert draussen eine Formation mit Musik vorbei -- und zwar abermals auf den Marsch „Alte Kameraden“. Die drei Schupos setzen sich ihre Helme auf und verlassen das Polizeirevier, denn sie müssen bekanntlich zur Parade. Nur Alfons Klostermeyer wirft noch einen letzten Blick auf seine tote Braut Elisabeth. 35

Vo r h a n g .

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ENDE.

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SB Arcadia 1933, S. 61

Titellisten

ÖLA 3/W 370 – o. BS, Bl.Lesetext 90v, 91

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Titellisten

K3/E6–E7

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Lesetext

Lesetext

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Lesetext

Glaube Liebe Hoffnung (Endfassung, emendiert)

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Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz

Endfassung, emendiert

Lesetext

GLAUBE LIEBE HOFFNUNG

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Ein kleiner Totentanz in fünf Bildern von Ödön Horváth Dieses Theaterstück wurde unter Mitarbeit von Lukas Kristl verfaßt.

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Randbemerkung von Ödön Horváth.

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Februar 1932 traf ich auf der Durchreise in München einen Bekannten, namens Lukas Kristl, der schon seit einigen Jahren Gerichtssaalberichterstatter ist. Er sagte mir damals ungefähr folgendes: Ich (Kristl) verstehe die Dramatiker nicht, warum nämlich diese Dramatiker, wenn sie Tatbestand und Folgen eines Verbrechens dramatisch bearbeiten, fast immer nur sogenannte Kapitalverbrechen bevorzugen, die doch relativ selten begangen werden – und warum sich also diese Dramatiker fast niemals um die kleinen Verbrechen kümmern, denen wir doch landauf-landab tausendfach und tausendmal begegnen, und deren Tatbestände ungemein häufig nur auf Unwissenheit basieren und deren Folgen aber trotzdem fast ebenso häufig denen des lebenslänglichen Zuchthauses mit Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, ja selbst der Todesstrafe ähneln. Und Kristl erzählte mir einen Fall aus seiner Praxis – und aus diesem alltäglichen Fall entstand der kleine Totentanz „Glaube Liebe Hoffnung“. Die Personen Elisabeth, den Schupo (Alfons Klostermeyer), die Frau Amtsgerichtsrat und den Oberinspektor hat Kristl persönlich gekannt. Es ist mir ein Bedürfnis, ihm auch an dieser Stelle für die Mitteilung seiner Materialkenntnisse und für manche Anregung zu danken. Kristls Absicht war, ein Stück gegen die bürokratisch-verantwortungslose Anwendung kleiner Paragraphen zu schreiben – aber natürlich in der Erkenntnis, daß es kleine Paragraphen immer geben wird, weil es sie in jeder wie auch immer gearteten sozialen Gemeinschaft geben muß. Zu guter Letzt war also Kristls Absicht die Hoffnung, daß man jene kleinen Paragraphen vielleicht (verzeihen Sie bitte das harte Wort!) humaner anwenden könnte. Und dies war auch meine Absicht, allerdings war ich mir jedoch dabei im klaren, daß dieses „gegen kleine Paragraphen“ eben nur das Material darstellt, um wieder mal den gigantischen Kampf zwischen Individuum und Gesellschaft zeigen zu können, dieses ewige Schlachten, bei dem es zu keinem Frieden kommen soll – höchstens, daß mal ein Individuum für einige Momente die Illusion des Waffenstillstandes genießt. Wie bei allen meinen Stücken habe ich mich auch bei diesem kleinen Totentanz befleißigt, es nicht zu vergessen, daß dieser aussichtslose Kampf des Individuums auf bestialischen Trieben basiert, und daß also die heroische oder feige Art des Kampfes nur als ein Formproblem der Bestialität, die bekanntlich weder gut ist noch böse, betrachtet werden darf. Wie in allen meinen Stücken habe ich auch diesmal nichts beschönigt und nichts verhäßlicht. Wer wachsam den Versuch unternimmt, uns Menschen zu gestalten, muß zweifellos (falls er die Menschen nicht indirekt kennengelernt hat) feststellen, daß ihre Gefühlsäußerungen verkitscht sind, das heißt: verfälscht, verniedlicht und

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Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz

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Endfassung, emendiert

nach masochistischer Manier geil auf Mitleid, wahrscheinlich infolge geltungsbedürftiger Bequemlichkeit – Wer also ehrlich Menschen zu gestalten versucht, wird wohl immer nur Spiegelbilder gestalten können, und hier möchte ich mir erlauben, rasch folgendes zu betonen: Ich habe und werde niemals Juxspiegelbilder gestalten, denn ich lehne alles Parodistische ab. Wie in allen meinen Stücken versuchte ich auch diesmal, möglichst rücksichtslos gegen Dummheit und Lüge zu sein, denn diese Rücksichtslosigkeit dürfte wohl die vornehmste Aufgabe eines schöngeistigen Schriftstellers darstellen, der es sich manchmal einbildet, nur deshalb zu schreiben, damit die Leut sich selbst erkennen. Erkenne Dich bitte selbst! Auf daß Du Dir jene Heiterkeit erwirbst, die Dir Deinen Lebens- und Todeskampf erleichtert, indem Dich nämlich die liebe Ehrlichkeit gewiß nicht über Dich (denn das wäre Einbildung), doch neben und unter Dich stellt, so daß Du Dich immerhin nicht von droben, aber von vorne, hinten, seitwärts und von drunten betrachten kannst! – „Glaube Liebe Hoffnung“ könnte jedes meiner Stücke heißen. Und jedem meiner Stücke hätte ich auch folgende Bibelstelle als Motto voraussetzen können, nämlich: Und der HERR roch den lieblichen Geruch und sprach in seinem Herzen: Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen, denn das Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf; und ich will hinfort nicht mehr schlagen alles, was da lebet, wie ich getan habe. So lange die Erde stehet, soll nicht aufhören Samen und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. Mos.I. 8,21.

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PERSONEN:

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E LISABETH ein Schupo (Alfons Klostermeyer) Oberpräparator Präparator Vizepräparator der Baron mit dem Trauerflor I RENE P RANTL Frau Amtsgerichtsrat Er selbst, der Herr Amtsgerichtsrat ein Invalider eine Arbeiterfrau ein Buchhalter M ARIA ein Kriminaler der Oberinspektor ein zweiter Schupo ein dritter Schupo J OACHIM , der tollkühne Lebensretter

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Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz

Endfassung, emendiert

Lesetext

ERSTES BILD. 5

Szene Nummer 1

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Schauplatz: Vor dem anatomischen Institut mit Milchglasfenstern. E LISABETH will es betreten und sieht sich noch einmal fragend um, aber es ist nirgends eine Seele zu sehen. In der Ferne intoniert ein Orchester den beliebten Trauermarsch von Chopin und nun geht ein junger S CHUPO (Alfons Klostermeyer) langsam an E LISABETH vorbei und beachtet sie scheinbar kaum. Es ist Frühling.

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Szene Nummer 2

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E LISABETH (spricht den S CHUPO plötzlich an, während der Trauermarsch in der Ferne verhallt.) Entschuldigens bitte – aber ich suche nämlich die Anatomie. S CHUPO Das anatomische Institut? E LISABETH Dort, wo man halt die Leichen zersägt. S CHUPO Das dort ist das hier. E LISABETH Dann ist es schon gut. (Stille) S CHUPO (lächelt.) Gebens nur acht, Fräulein – Da drinnen stehen die Köpf in Reih und Glied. E LISABETH Ich habe keine Angst vor den Toten. S CHUPO Ich auch nicht. E LISABETH Mir graust es noch lange vor nichts. S CHUPO In diesem Sinne – (Er salutiert legere und ab.)

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Szene Nummer 3

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E LISABETH sieht dem S CHUPO spöttisch nach – dann faßt sie sich ein Herz und drückt auf den Klingelknopf des Anatomischen Instituts. Man hört es drinnen klingeln, und schon erscheint der P RÄPARATOR in weißem Mantel. Er steht in der Türe und fixiert die anscheinend unschlüssige E LISABETH . Szene Nummer 4

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P RÄPARATOR Sie wünschen? E LISABETH Ich möchte hier jemand Zuständigen sprechen. P RÄPARATOR In was für einer Angelegenheit? E LISABETH In einer dringenden Angelegenheit. P RÄPARATOR Haben Sie einen angehörigen Toten bei uns? E LISABETH Es dreht sich um keinen angehörigen Toten, es dreht sich um mich selbst persönlich. P RÄPARATOR Wieso denn das hernach? E LISABETH Sind der Herr hier eine zuständige Instanz?

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Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz

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Endfassung, emendiert

Lesetext

P RÄPARATOR Ich bin der Präparator. Sie können sich mir ruhig anvertraun. (Stille) E LISABETH Man hat mich nämlich extra darauf aufmerksam gemacht, daß man hier seinen Körper verkaufen kann – das heißt: Wenn ich einmal gestorben sein werde, daß dann die Herren da drinnen mit meiner Leiche im Dienste der Wissenschaft machen können, was die Herren nur wollen – daß ich aber dabei das Honorar gleich ausbezahlt bekomme. Schon jetzt. P RÄPARATOR Das ist mir neu. E LISABETH Man hat mich aber extra darauf aufmerksam gemacht. P RÄPARATOR Wer denn? E LISABETH Eine Kollegin. P RÄPARATOR Was sind Sie denn von Beruf? E LISABETH Jetzt habe ich eigentlich nichts. Es soll ja noch schlechter werden. Aber ich lasse den Kopf nicht hängen. (Stille) P RÄPARATOR Seine eigene Leiche verkaufen – Auf was die Leut noch alles kommen werden? E LISABETH Man möchte doch nicht immer so weiter. P RÄPARATOR Ein krasser Irrtum – (Er holt aus seiner Tasche eine Tüte Vogelfutter und füttert damit die Tauben, die vom Dache des Anatomischen Instituts herabfliegen – Die Tauben kennen den Präparator gut und setzen sich auf seine Schulter und fressen ihm aus der Hand.) Szene Nummer 5

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Jetzt begleitet der O BERPRÄPARATOR einen B ARON mischen Institut in das Freie.

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MIT

T RAUERFLOR aus dem Anato-

O BERPRÄPARATOR Wird prompt erledigt, Herr Baron, und abermals mein innigstes Beileid. B ARON Danke, Herr Oberpräparator. Ich mache mir die heftigsten Vorwürfe. O BERPRÄPARATOR Aber die staatsanwaltschaftlichen Erhebungen haben doch die völlige Haltlosigkeit der gegen Herrn Baron erhobenen etwaigen Beschuldigungen ergeben! Wir alle sind in Gottes Hand. B ARON Trotzdem ich stand vor Verdun und an der Somme, aber nichts hat mich so erschüttert wie diese Katastrophe gestern. Wir waren ja erst seit drei Monaten verheiratet, und ich steuerte den Unglückswagen – in der Unglückskurve. Zwischen Lechbruck und Steingaden. Nur gut, daß der Leichnam freigegeben ist. O BERPRÄPARATOR (entdeckte inzwischen den P RÄPARATOR .) Augenblick bitte! (Er nähert sich dicht dem P RÄPARATOR und schreit ihn an.) Sie füttern schon wieder die Tauben? Was bilden Sie sich denn ein? Saustall so was! Drinnen liegen die Finger und die Gurgeln nur so herum, daß es eine wahre Freud ist! Tuns die beiden Herzen und die halberte Milz gefälligst in die Schublad! Kreuzkruzifix, ist das aber eine Schlamperei! P RÄPARATOR Aber das Fräulein dort wollte doch ihre Leiche verkaufen, Herr Oberpräparator – O BERPRÄPARATOR Ihre Leiche? Schon wieder?

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Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz

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Endfassung, emendiert

Lesetext

(Stille) B ARON Beispiellos. O BERPRÄPARATOR Wir haben es zwar schon weiß Gott wie oft dementiert, daß wir keine solchen lebendigen Toten kaufen, aber die Leut glauben halt den amtlichen Verlautbarungen nichts! Die bilden sich gar ein, daß der Staat für ihren Corpus noch etwas darauf zahlen wird – gar so interessant kommen sie sich vor! Immer soll nur der Staat helfen, der Staat! B ARON Eine völlig beispiellose Ansicht über die Pflichten des Staates. O BERPRÄPARATOR Wird schon noch anders werden, Herr Baron. B ARON Hoffentlich. Szene Nummer 6

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D ER V IZEPRÄPARATOR (erscheint mit dem Hute des O BERPRÄPARATORS rasch in der Türe des Anatomischen Instituts.) Telefon, Herr Oberpräparator! O BERPRÄPARATOR Wer? Ich? V IZEPRÄPARATOR Es dreht sich etwas um das Gutachten in Sachen Leopoldine Hakkinger aus Brünn. Herr Oberpräparator sollen sofort in die Klinik zum Professor – (Er überreicht ihm seinen Hut.) O BERPRÄPARATOR Sofort! (Er zieht hastig seinen weißen Mantel aus und übergibt ihn dem V IZEPRÄPARATOR, der wieder im Anatomischen Institut verschwindet; zum B ARON ) Pardon Baron! Die Kapazitäten kriegens mir scheint nicht heraus, an was daß diese Sudetendeutsche gestorben ist. Die Pflicht ruft – B ARON Oh bitte! O BERPRÄPARATOR – und abermals mein innigstes Beileid! B ARON Oh danke! O BERPRÄPARATOR Habe die Ehre, Herr Baron! (rasch ab nach rechts) B ARON Wiedersehen – (langsam ab nach links) (Und wieder ertönen in weiter Ferne einige Takte des Chopinschen Trauermarsches. Langsam fängt es an zu dämmern, denn es ist bereits spät am Nachmittag.) Szene Nummer 7

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P RÄPARATOR (sieht dem O BERPRÄPARATOR nach.) Ein schlechter Mensch. Die armen Tauben. Glaubens mir, Fräulein: Das Beste ist, Sie springen zum Fenster hinaus. E LISABETH Sie sind aber ein sehr freundlicher Mann, Herr Oberpräparator. P RÄPARATOR Ich mein es gut mit Ihnen. Wer kauft eine Leiche? Heutzutag! E LISABETH Morgen ist auch ein Tag. P RÄPARATOR Es wird nicht anders. E LISABETH Das glaub ich nicht. P RÄPARATOR Sondern vielleicht? (Stille) E LISABETH (lächelt.) Nein – das lasse ich mir auch von Ihnen nicht nehmen, daß ich noch einmal Glück haben werde. Sehens zum Beispiel, wenn ich jetzt meine Leiche hätt verkaufen können, nämlich um hundertfünfzig Mark – P RÄPARATOR (unterbricht sie.) – hundertfünfzig Mark? E LISABETH Jawohl. (Stille)

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Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz

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Endfassung, emendiert

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P RÄPARATOR (grinst.) Sie Kind – E LISABETH Wie belieben? P RÄPARATOR Was ist denn Ihr Vater von Beruf? E LISABETH Ein Inspektor. P RÄPARATOR Inspektor? Respekt! E LISABETH Aber er kann mir halt auch nicht unter die Arme greifen, weil meine Mama im März das Zeitliche gesegnet hat und da hat er gleich so viel Ausgaben gehabt damit. P RÄPARATOR Was ist schon so ein lumpiger Oberpräparator neben einem Inspektor? Respekt, Fräulein! E LISABETH Sehens, wenn ich jetzt hundertfünfzig Mark hätt, dann könnt ich jetzt meinen Wandergewerbeschein haben, und dann würde sich mir die Welt wieder öffnen – weil ich mit einem Wandergewerbeschein schon morgen eine sozusagen fast selbständige Position bekommen tät in meiner ursprünglichen Branche, aus der ich herausgerissen worden bin durch die Zeitumstände. (Stille) P RÄPARATOR Was war denn das für eine Branche? E LISABETH Hüftgürtel, Korsett. En gros. Auch Büstenhalter und dergleichen. P RÄPARATOR Interessant. (Stille) E LISABETH Wo bist du, goldene Zeit? (Stille) P RÄPARATOR (kramt aus seiner Brieftasche eine Photographie hervor.) Da schauns mal her – E LISABETH (betrachtet die Photographie.) Ein netter Hund. P RÄPARATOR Mein Rehpinscher – E LISABETH Aufgeweckt. P RÄPARATOR Und scharf! Leider ist er mir verreckt. E LISABETH Schade. P RÄPARATOR (pfeift.) Das war sein Pfiff. Da ist er dann immer gekommen. (Er spricht nun mit der Photographie.) Burschi, Burschi, jetzt bist hin – aus ist es mit dem Gassi-Gassi –. (Er steckt die Photographie wieder ein: zu E LISABETH ) Aber das freut mich von Ihnen, daß Sie mit dem armen Burschi sympathisieren. Wie heißen denn Sie mit dem Vornamen? E LISABETH Elisabeth. (Stille) P RÄPARATOR Die Kaiserin Elisabeth von Österreich, das war auch ein gutes braves Weiberl – aber trotzdem ist sie halt einem ruchlosen Attentat zum Opfer gefallen. In Genf. Überhaupt der Völkerbund – alles ruchlos! Jetzt hab ich halt noch meine Schmetterlingssammlung und den Kanari, und gestern ist mir eine Katz zugelaufen. – Interessiert Ihnen ein Aquarium? E LISABETH Wie belieben? P RÄPARATOR Ich hätte auch ein Terrarium. E LISABETH Terrarium eher. P RÄPARATOR Also dann kommens halt mal zu mir, Sie Fräulein Inspektor. E LISABETH Vielleicht.

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Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz

Endfassung, emendiert

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Szene Nummer 8

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Jetzt kehrt der O BERPRÄPARATOR aus der Klinik zurück, und zwar überraschend … Sein Zeigefinger ist dick verbunden, er erblickt den P RÄPARATOR, stutzt empört und fixiert ihn, der retirieren möchte, während E LISABETH sich zurückzieht. Szene Nummer 9

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O BERPRÄPARATOR (nähert sich langsam dem P RÄPARATOR und hält dicht vor ihm.) Schon wieder? Sie füttern schon wieder die Tauben? (Er fährt ihn plötzlich an.) Jetzt schauens aber, daß Sie verschwinden! (zu E LISABETH ) Verstanden! E LISABETH Gewiß. (ab) Szene Nummer 10

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O BERPRÄPARATOR (sieht E LISABETH nach.) Na, das sind ja saubere Zustände. Statt die Tumors endlich zu katalogisieren, treiben Sie sich da mit dem schönen Geschlecht herum! P RÄPARATOR Irrtum, Herr Oberpräparator! Das Fräulein ist eine verarmte Zollinspektorstochter. O BERPRÄPARATOR Zollinspektor? P RÄPARATOR Jawohl. Und wenn jetzt diese Zollinspektorstochter hundertfünfzig Mark hätte, dann hätte sie auch ihren Wandergewerbeschein, und die Welt würde sich ihr wieder öffnen – Ich weiß, daß Sie mich für unfähig halten, Herr Oberpräparator, weil ich ein Aquarium habe und weil ich die Tauben füttere und weil ich ein gutes Herz habe – O BERPRÄPARATOR Zur Sache! P RÄPARATOR Zur Sache: Ich werde dieser Zollinspektorstochter unter die Arme greifen. Das steht bei mir felsenfest. Hundertfünfzig Mark. O BERPRÄPARATOR Hundertfünfzig? P RÄPARATOR Das Fräulein wird es mir schon zurückerstatten. O BERPRÄPARATOR Mir scheint, Sie glauben noch an Wunder, Sie leichtsinniger Patron. Sie sollten meine Frau sein, Sie schlaget ich ja tot – (Er droht ihm neckisch mit seinem dickverbundenen Zeigefinger.) P RÄPARATOR Was haben Sie denn da mit dem Finger? Verletzt? O BERPRÄPARATOR Infiziert. P RÄPARATOR Doch nicht an einem Leichnam? O BERPRÄPARATOR Natürlich. Eben zuvor. An diesem komplizierten Fall aus Brünn. P RÄPARATOR Passens nur auf, Herr Oberpräparator! (Stille) O BERPRÄPARATOR (betrachtet seinen dickverbundenen Zeigefinger.) Es tut nicht weh, das ist verdächtig – P RÄPARATOR Wenn ich mir zum Beispiel meine Schmetterlingssammlung betrachte, dann denk ich immer, es dreht sich halt alles nach einer höheren Ordnung. O BERPRÄPARATOR Zur Sache: Kommens, die Pflicht ruft! (ab mit dem P RÄPARATOR in das Anatomische Institut) (Dunkel)

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Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz

Endfassung, emendiert

Lesetext

ZWEITES BILD. 5

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Szene Nummer 1 Schauplatz: Kontor der Firma Irene Prantl. D IE P RANTL ist besonders in ihrem geschäftlichen Leben eine geschwätzige Person. Jetzt hantiert sie auf ihrem Schreibtisch mit Abrechnungen, und zwar hat sie es recht wichtig. Vor ihr sitzt eine F RAU A MTSGERICHTSRAT . Im Hintergrunde stehen Wachspuppen mit Korsett, Hüfthalter, Büstenhalter und dergleichen – in Reih und Glied, ähnlich wie die Köpf im Anatomischen Institut. D IE P RANTL Allerhand Hochachtung, Frau Amtsgerichtsrat! Sieben Hüfthalter, sechs Korsetts, elf Paar Straps in knapp drei Tagen – gratuliere, gratuliere! Sie haben es los! Besser als manche Berufsverkäuferin! Ein Talent! F RAU A MTSGERICHTSRAT Mein Gott, unsereins hat halt so seine bestimmten gesellschaftlichen Bekanntenkreise, die wo einer Frau Amtsgerichtsrat kaum einen Korb geben wollen – D IE P RANTL Zu bescheiden, zu bescheiden! Das Verkaufen ist heutzutage kein Kinderspiel, die Leut schlagen einem die Tür vor der Nase zu! F RAU A MTSGERICHTSRAT Aber es bleibt doch dabei: Wenn jemand fragen sollte, dann sagen Sie selbstredend, ich verkaufe das nur von wegen persönlicher Zerstreuung und so – D IE P RANTL Ist doch sonnenklar, wollte sagen: bleibt unter uns! F RAU A MTSGERICHTSRAT Bei diesen schweren Zeiten muß man auch dem eigenen Manne unter die Arme greifen, der verdient jetzt noch ganze sechshundert Mark. Da wird abgebaut und abgebaut, aber die Herren Landgerichtsdirektoren und Ministerräte – (Sie stockt, da das Telefon klingelt.) D IE P RANTL (am Telefon) Ja. Soll nur gleich herein! – Nur eine Sekunde, Frau Amtsgerichtsrat, wir sind gleich quitt! Szene Nummer 2

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E LISABETH (tritt ein.) D IE P RANTL Grüß Gott, tritt ein, zeigens her – Habens Ihr Pensum hinter sich? E LISABETH Hier – (Sie überreicht DER P RANTL ihr Bestellbuch.) D IE P RANTL (blättert.) Was? Zwei Paar Straps, einen Hüfthalter und ein Korsett, das ist doch radikal nichts! E LISABETH Das Verkaufen ist heutzutage kein Kinderspiel, die Leut schlagen einem die Türe vor der Nase zu. D IE P RANTL Also nur keine Gemeinplätze! Sie als Vertreterin müssen bei der Kundschaft den Schönheitssinn entwickeln! Jetzt, wo das ganze Volk Gymnastik treibt und wo man überall nackerte Weiber sieht, das ist doch für unsere Branche die beste Reklame! Sie müssen Ihnen halt mehr an die Herren der Schöpfung halten, mir ist noch kein Mannsbild begegnet, das wo keinen Sinn für Strapsgürtel gehabt hätte! Wie war es denn in Kaufbeuren? E LISABETH In Kaufbeuren war nichts.

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Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz

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D IE P RANTL Wieso hernach nichts? Kaufbeuren war doch immer phänomenal! E LISABETH Ich war aber nicht in Kaufbeuren. D IE P RANTL Sondern? E LISABETH Ich wollte nämlich Zeit sparen und bin mit einem Auto gefahren, und zwar direkt in der Luftlinie – Aber plötzlich hat die Ölzufuhr ausgesetzt, und ich habe in einer Scheune im Walde übernachtet. D IE P RANTL (fährt sie an.) Im Wald? Meinens ich zahl umsonst?! Wenn Sie da mit derartigen Luftlinien weitermachen, haben Sie bis zum jüngsten Gericht die hundertfünfzig Mark noch nicht hereingearbeitet, die wo ich Ihnen für Ihren Wandergewerbeschein vorgestreckt habe! E LISABETH Aber das war doch eine höhere Gewalt. D IE P RANTL Wenn die Angestellten jetzt auch noch mit der höheren Gewalt anfangen, dann höre ich auf! Dann bring ich mich um! Eine Blutvergiftung oder von der Trambahn herausfallen und einen Haxen brechen, das laß ich mir noch gefallen, aber den Luxus von einer höheren Gewalt habe ich, Irene Prantl, mir noch nicht geleistet! E LISABETH Ich kann doch schließlich nichts dafür. D IE P RANTL Schauns nur nicht gar so geschmerzt, Sie Fräulein höhere Gewalt! Schauns doch nur die Frau Amtsgerichtsrat an! Frau Amtsgerichtsrat hätten es gar nicht so notwendig und machen es aus purer Zerstreuung und haben den vierfachen Umsatz. Szene Nummer 3

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Der P RÄPARATOR stürzt herein und fährt sogleich auf E LISABETH los. Er ist außer Rand und Band. P RÄPARATOR Da sind Sie ja, Sie Betrügerin, Sie! Sie Hochstaplerin, Sie! Ihr Vater ist ja gar kein Zollinspektor. Wenn Sie mir das gleich gesagt hätten, daß der kein Zollinspektor ist, sondern bloß so ein Versicherungsinspektor, ja glaubens denn, ich hätte Ihnen hernach eine Existenz verschafft? E LISABETH Aber das hab ich doch niemals behauptet – P RÄPARATOR (unterbricht sie.) Jawohl haben Sie das behauptet! E LISABETH Nein! Nie! P RÄPARATOR (schlägt mit seinem Spazierstock auf der Prantl ihren Schreibtisch, daß die Geschäftspapiere nur so herumflattern und brüllt.) Zollinspektor! Zollinspektor! Zollinspektor! D IE P RANTL (rettet ihre Geschäftspapiere und kreischt.) Halt! Halt!! (Stille) P RÄPARATOR (verbeugt sich chevaleresk zur P RANTL und zur F RAU A MTSGERICHTSRAT hin.) Entschuldigens meine Herrschaften, daß ich so aus heiterem Himmel, aber neben einem Versicherungsinspektor ist ja sogar noch ein lumpiger Oberpräparator eine Kapazität, und diese gefährliche Person dort hat mir mein gutes bares Geld herausgelockt – E LISABETH (unterbricht ihn.) Ist ja gar nicht wahr! D IE P RANTL Ruhe! P RÄPARATOR Ruhe! D IE P RANTL (droht mit dem Zeigefinger.) Fräulein, Fräulein – wer schreit hat Unrecht.

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P RÄPARATOR (schreit.) Unrecht! Jawohl!! (Stille) E LISABETH Jetzt sage ich kein Wort mehr. P RÄPARATOR (gehässig) Tät Ihnen so passen – D IE P RANTL (zum P RÄPARATOR ) Nehmen Sie Platz bitte! P RÄPARATOR Danke – (Er setzt sich.) Ich bin nämlich ein herzensguter Mensch, aber ich vertrag es halt nicht, daß man mich belügen tut. E LISABETH Ich habe nicht gelogen. D IE P RANTL Geh, so haltens doch endlich den Mund, Fräulein – P RÄPARATOR Bitte ich mir aus! D IE P RANTL (bietet nun dem P RÄPARATOR Zigaretten an.) Bitte – P RÄPARATOR Ich bin so frei – (Er steckt sich eine an, lehnt sich bequem zurück und bläst genießerisch den Rauch von sich.) Alsdann, meine Herrschaften – kommt diese Person da zu mir in die Wohnung, schleicht sich in meine väterlichen Gefühle hinein, und ich zeig ihr mein Aquarium und habe ihr ein Buch über Tibet geliehen, und obendrein kauf ich ihr auch noch einen Wandergewerbeschein – und derweil ist der ihr Vater gar kein Zollinspektor! Ich habe mich nämlich erkundigt, schon wegen meiner inneren Sicherheit als Mensch, weil sich meine Umgebung immer lustig gemacht hat über mein weiches Herz. D IE P RANTL Wandergewerbeschein? Was denn für Wandergewerbeschein? Den hat doch die dort von mir. P RÄPARATOR Was?! Von Ihnen auch?! D IE P RANTL Das ist doch der Usus im Betrieb. Die Firma streckt den Angestellten die Möglichkeit zum Arbeiten vor, und die Angestellten arbeiten es ab. Hundertfünfzig Mark. P RÄPARATOR (außer sich.) Hundertfünfzig Mark?! (Stille) D IE P RANTL Das ist Betrug. E LISABETH (fährt plötzlich los.) Ich bin doch keine Betrügerin! F RAU A MTSGERICHTSRAT Darauf kommt es auch nicht an, Fräulein! Sondern, ob der Tatbestand des Betruges erfüllt ist, darauf kommt es an! Sonst würd sich ja die ganze Justiz aufhören! D IE P RANTL Richtig. F RAU A MTSGERICHTSRAT Mich geht es ja nichts an, und ich persönlich habe mit dem Gericht gottlob nur insoferner etwas zu tun gehabt, als wie daß ich mit einem Richter verheiratet bin. Aber Sie haben ja Ihren Wandergewerbeschein nicht um das Geld dieses Herrn da gekauft, also – Ich höre meinen August schon sagen: Vorspiegelung falscher Tatsachen – Tatbestand des Betrugs. P RÄPARATOR (ist verzweifelt in sich zusammengesunken; weinerlich) Ich bin doch ein armer Präparator, der etwas Gutes getan hat – E LISABETH Herr Präparator! Sie werden Ihr Geld schon wiedersehen. P RÄPARATOR Nein. E LISABETH Doch, jeden Pfennig. P RÄPARATOR Wann? E LISABETH Ich werd es schon abarbeiten. D IE P RANTL Wieso? (Sie liest aus Elisabeths Bestellbuch.) Zwei Paar Straps, ein Hüfthalter und ein Korsett. Und höhere Gewalt. P RÄPARATOR (fährt hoch.) „Höhere Gewalt“! Betrug! Gebens mir auf der Stell mein Geld zurück, Sie! 305

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E LISABETH Ich habe es jetzt nicht. D IE P RANTL Aber Ihren Wandergewerbeschein haben Sie doch von mir! E LISABETH Das schon. P RÄPARATOR Na also! E LISABETH Aber das Geld von dem Herrn habe ich zu etwas Dringenderem gebraucht. D IE P RANTL Das wird ja immer interessanter! E LISABETH Meinetwegen. Ich habe es zu einer Geldstrafe gebraucht. P RÄPARATOR (wieder außer sich) Was?! Sie haben mit der Justiz schon etwas gehabt?! Eine Vorbestrafte sind Sie also?! Aber Ihnen bring ich noch in das Zuchthaus, das garantier ich Ihnen! Ich war Ihr letztes Opfer! (Er rast ab.) Szene Nummer 4

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D IE P RANTL Gediegen! Sehr gediegen! F RAU A MTSGERICHTSRAT Wenn der Herr da jetzt das beschwört, das mit dem Zollinspektor und Versicherungsinspektor, dann werden Sie verurteilt. D IE P RANTL Zuchthaus. F RAU A MTSGERICHTSRAT Aber was! Nur Gefängnis und sonst nichts! Zirka vierzehn Tag. E LISABETH Jetzt werden alle denken, daß ich die größte Verbrecherin bin. D IE P RANTL Gedanken sind zollfrei, und besonders wenn man es einem verschweigt, daß man schon vorbestraft ist. E LISABETH Ich bin doch nicht verpflichtet, Ihnen das zu sagen. D IE P RANTL Also nur nicht so von oben herab! Dieser Skandal ist eine Affenschand. Sie gehen natürlich fristlos – Jetzt bleibens aber nur da, bis daß die Polizei kommt! (ab) Szene Nummer 5

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F RAU A MTSGERICHTSRAT Mich geht es ja nichts an, aber vorbestraft ist immer schon arg. E LISABETH (sagt es auf wie ein Schulmädchen.) Ich bin vorbestraft, weil ich ohne Wandergewerbeschein gearbeitet habe – Und da hat man mir eine Geldstrafe von einhundertundfünfzig Mark hinaufgehaut, bezahlbar in Raten. Aber dann ist alles fällig geworden, und ich hätt dafür in das Gefängnis müssen, und meine Zukunft wäre wieder in das Wasser gefallen – Und so habe ich dafür dem Herrn Präparator sein Geld aufgebraucht. F RAU A MTSGERICHTSRAT Also tuns nur nicht viel leugnen, und zeigens Ihnen nicht gescheiter, als wie der Richter ist. Mein Mann ist ja ein braver Mensch, aber tuns die Verhandlung nur ja nicht in die Länge ziehn durch unnötige Verteidigung!! Wenn ich zu Haus beim Mittagessen sitz und vergeblich auf ihn wart, und er kann nicht weg, weil die Sitzung so lang dauert, dann hört auch bei ihm das Verständnis auf – Wissens, die Angeklagten müssen halt auch ein Einsehen haben, daß schließlich der Richter auch nur ein Mensch ist. (Dunkel) -------------

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Szene Nummer 1 Schauplatz: Vor dem Wohlfahrtsamt mit minimalem Vorgarten. Gruppe debattierender Kunden des Wohlfahrtsamtes, und zwar eine A RBEITERFRAU , ein älterer B UCHHALTER und ein Fräulein namens M ARIA . Auch E LISABETH ist dabei. Sie lehnt an dem Vorgartengitter und sonnt sich in der schwachen Spätnachmittagssonne. Jetzt humpelt ein I NVALIDER aus dem Wohlfahrtsamt. Szene Nummer 2

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I NVALIDER Bravo, bravo! Jetzt wollen die da drin im Wohlfahrtsamte auch nicht zuständig sein, jetzt soll ich wieder woanders hin – Kreuzkruzefix! A RBEITERFRAU Sie müßten halt zur Invalidenversicherung. I NVALIDER Invalidenversicherung sagt, das geht ihnen nichts an, das geht die Berufsgenossenschaft was an. Berufsgenossenschaft sagt, meine Füße wären vor dem Unfall auch schon schlecht gewesen, weil ich vorher schon Krampfadern und Plattfüße gehabt hätte – Und der Herr Sachverständige hat es mir in das Gesicht hinein gesagt, ich könnt schon längst ohne Stock promenieren, wenn ich nur möchten tät! B UCHHALTER Warens denn schon beim Spruchausschuß? I NVALIDER Die haben es ja bestätigt, daß mich die Berufsgenossenschaft von sechzig auf vierzig Prozent heruntergesetzt hat – Das haben mir die ja direkt in das Urteil hineingeschrieben, daß bei dem Beschwerdeführer der Anreiz fehlen täte, weil er vorher beim Arbeiten auch nicht recht viel mehr verdient hätt als wie jetzt mit der Rente! Szene Nummer 3

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Nun verstummt alles und rührt sich nicht, denn ein S CHUPO (Alfons Klostermeyer) geht langsam vorbei und beobachtet scheinbar keine Seele. Langsam fängt es bereits an zu dämmern. Szene Nummer 4

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A RBEITERFRAU (sieht dem S CHUPO nach.) Der Herr General – B UCHHALTER Unser täglich Brot gib uns heute. M ARIA Bei mir ist das noch schlimmer. I NVALIDER Wie das? M ARIA Weil wir eine Familie von sieben Köpfen sind und das achte ist unterwegs – Aber weil mein Vater in der Woche vierzig Mark heimtragt, ziehens mir sogar noch etwas ab. I NVALIDER Alles Schwindel! E LISABETH Mir wollen die auch nichts geben, weil mein Vater noch etwas verdient.

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B UCHHALTER Was ist er denn Ihr Vater? E LISABETH Versicherungsinspektor. Entschuldigens, aber jetzt muß ich lachen – (Sie lacht.) A RBEITERFRAU Warum lachst denn da, damische Gretl? E LISABETH (hört plötzlich auf.) A RBEITERFRAU So geh halt heim! E LISABETH Nein! A RBEITERFRAU Nachher bist selber schuld! Hat einen Inspektor zum Vater – E LISABETH (unterbricht sie.) Versicherungsinspektor! A RBEITERFRAU Ist ja wurscht! E LISABETH (grinst.) Oho! B UCHHALTER Dummheit und Stolz wachsen auf einem Holz. A RBEITERFRAU Hat ein Zuhause und nützt es nicht aus! E LISABETH Bei mir hat das einen bestimmten Grund. A RBEITERFRAU Hast denn gar etwas angestellt? E LISABETH (lächelt unsicher.) Sieht man es mir denn an? (Stille) B UCHHALTER (grinst.) Nicht alles ist Gold, was glänzt – (ab) Szene Nummer 5 M ARIA (zu E LISABETH ) Man muß sich halt alles gefallen lassen. E LISABETH Ich will nicht mehr erinnert werden.

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Szene Nummer 6 I NVALIDER (zählt für sich.) Wohlfahrtsamt. Arbeitsamt. Berufsgenossenschaft. Invalidenversicherung. Spruchausschuß – auf Wiedersehen im Massengrab! (ab)

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Szene Nummer 7 A RBEITERFRAU (für sich) Massengrab – Wie lang das dauert, bis daß einer für dich zuständig ist – (ab)

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Szene Nummer 8 M ARIA Was habens denn angestellt? E LISABETH Nichts. M ARIA Aber eingesperrt hat man Sie doch? E LISABETH (schweigt.) M ARIA Mir könnens das ruhig sagen – Ich weiß, wie das kommt. Das sind lauter kleine Paragraphen, aber du bleibst hängen – Du weißt eigentlich gar nicht, was los war, und schon ist es aus. Schauns, meinem Vater habens gleich zehn Tag hinaufgehaut, weil er da paar Bretter vom Bauplatz gestohlen hat – Die sind halt so dagelegen, und in unserer Holzhütten, da hat es in die Betten hineingeregnet. Wenn man schon etwas anstellt, dann müßt es sich aber auch rentieren tun. E LISABETH (schweigt noch immer, es ist inzwischen Nacht geworden, und DIE BEIDEN F RÄULEIN sitzen nun allein auf dem Sockel des Vorgartengitters in dem Lichte, das aus den Fenstern des Wohlfahrtsamtes herausstrahlt.) 308

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M ARIA Warens schon einmal verheiratet? E LISABETH Nein. (Stille) E LISABETH Wissens, mein Vater und ich, wir sind zwei verschiedene Personen. Zum Beispiel, wie ich das Licht der Welt erblickt habe, da war er ganz außer sich, daß ich nur ein Mädel bin. Und das hat er mir dann fortgesetzt nachgetragen. Dabei hat er aber Allüren wie ein Weltmann. Wenn meine Mutter nicht schon tot wär, die könnt darüber so manches trübe Lied zum Besten geben. Alle Männer sind krasse Egoisten. M ARIA Bei Ihnen ist halt der Richtige noch nicht gekommen. E LISABETH Möglich. M ARIA Der kommt ganz überraschend. Wenn man gar nicht denkt. (Stille) E LISABETH Mir ist von zehntausend Männern höchstens einer sympathisch. M ARIA Das schon. E LISABETH Ich hab immer selbständig sein wollen – so mein eigener Herr. M ARIA Das geht nicht. (Stille) M ARIA Ich hätte ja nichts dagegen, wenn mich einer heiraten tät. Nur schlagen dürft er mich nicht – Was machens denn jetzt? E LISABETH Nichts. (Stille) M ARIA Wir könnten eigentlich per du sein. E LISABETH Gewiß. (Stille) M ARIA (erhebt sich plötzlich.) Geh komm mit! Schaun wir mal da vor – Da sitzt schon einer drin, der uns ein Schinkenbrot kauft! E LISABETH Also nur das nicht! (Stille) M ARIA Warum? E LISABETH Nein. Aus Selbsterhaltungsprinzip nicht. (Stille) M ARIA Da staunt der Fachmann, und der Laie wundert sich – Szene Nummer 9 Jetzt erscheint der B ARON MIT DEM T RAUERFLOR – Er sieht etwas ramponiert aus, müde und verbittert. M ARIA erblickt ihn und starrt ihn fasziniert an.

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Szene Nummer 10 B ARON (grüßt chevaleresk.) Kompliment Madonna! Ich habe es schon befürchtet, daß du vielleicht nicht erscheinst. M ARIA (tonlos) Ehrensache. (Stille) B ARON (erkennt E LISABETH .) Ach! (Er lüftet den Hut und lächelt maliziös.) M ARIA Wieso? Du kennst meine fremde Freundin da?

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B ARON „Fremd“? (zu E LISABETH ) Ursprünglich wollten Sie doch Ihre werte Leiche verkaufen? M ARIA Leiche? B ARON (glättet seinen etwas zerknüllten Trauerflor.) Ja, das waren bessere Zeiten. Damals hatte ich noch meine Generalvertretung – E LISABETH (grinst.) Korsette vielleicht? B ARON Nein, Likör. Jetzt bin ich parterre. M ARIA (betrachtet sich in ihrem Taschenspiegel im Lichte, das aus dem Wohlfahrtsamt herausfällt.) Hugo! Fällt dir denn nichts auf an mir? B ARON Ich wüßt es nicht momentan – M ARIA Da – (Sie fletscht die Zähne.) Ich hab seit vorgestern zwei Stiftzähne da vorn – Weißt, meine beiden Zähne waren doch ganz Bruch und schwarz, weil halt der Nerv schon abgestorben war. B ARON (lächelt hinterlistig.) Du hast dich zu deinem Vorteil verändert. M ARIA Ich gefall mir. Szene Nummer 11

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Jetzt erscheint ein K RIMINALER, und zwar hinter M ARIA , die noch ihre Stiftzähne in ihrem Taschenspiegel betrachtet. Der B ARON zieht sich etwas zurück, und der K RIMINALER wartet, bis sich M ARIA umdreht. Nun erblickt sie ihn und zuckt etwas zusammen. Szene Nummer 12

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K RIMINALER Sie kommen mit. Sie wissen genau warum. M ARIA (kleinlaut) Ich weiß gar nichts. K RIMINALER So, Sie wissen gar nichts – B ARON Und meine Manschettenknöpfe? (Stille) M ARIA (leise) Jesus Maria. B ARON Wer hat sie mir denn gestohlen? K RIMINALER Kriminalpolizei. Sie kommen mit. M ARIA (fixiert den B ARON .) Du hast mich verschuftet? K RIMINALER Sind Sie augenblicklich ruhig! M ARIA Du? Dem ich drei Mark geliehen hab? Drei Mark? K RIMINALER Halten Sie Ihren Mund. B ARON (grüßt wieder chevaleresk.) Kompliment, Madonna! (ab) M ARIA Du Sau, du dreckige!! K RIMINALER (legt ihr rasch die Schließzange an.) Maul halten! Vorwärts! (Er zerrt sie mit sich ab.) M ARIA Au!! Szene Nummer 13

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D ER S CHUPO (Alfons Klostermeyer, kommt rasch auf das Geschrei hin herbei, hält und erblickt E LISABETH . Und sie erblickt ihn.)

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S CHUPO Was hat sich denn da abgespielt? E LISABETH (lächelt böse.) Nichts. Es ist bloß ein Fräulein verhaftet worden. Wegen nichts. S CHUPO Geh, das gibt es doch gar nicht! E LISABETH Trotzdem. (Stille) E LISABETH Was starrens mich denn so an? S CHUPO (lächelt.) Ist denn das verboten? (Stille) S CHUPO Sie erinnern mich nämlich. Besonders in Ihrer Gesamthaltung. An eine liebe Tote von mir. E LISABETH Sie reden so mystisch daher. (Stille) S CHUPO Welche Richtung gehens denn jetzt? E LISABETH Wollens mich gar begleiten? S CHUPO Ich hab heut keinen Dienst mehr. E LISABETH Ich geh lieber allein. S CHUPO (ohne Hintergedanken) Habens die Polizei nicht gern? E LISABETH (zuckt etwas zusammen.) Wieso? S CHUPO Weil Sie nicht wollen, daß ich Sie begleite. Es muß doch auch Polizisten geben, Fräulein! In jedem von uns schlummert zum Beispiel ein Eisenbahnattentäter. E LISABETH In mir nicht. S CHUPO Geh, das gibt es doch gar nicht! E LISABETH (ahmt ihn nach.) „Das gibt es doch gar nicht“! S CHUPO (lächelt.) Sie tun ja direkt, als wärens schon einmal hingerichtet worden. E LISABETH Es kümmert sich keiner darum. S CHUPO Man darf nur die Hoffnung nicht sinken lassen. E LISABETH Das sind Sprüch. (Stille) S CHUPO Ohne Glaube Liebe Hoffnung gibt es logischerweise kein Leben. Das resultiert alles voneinander. E LISABETH Sie haben leicht reden, als Staatsbeamter in gesicherter Position. S CHUPO Wir müssen doch alle mal sterben. E LISABETH Hörens mir auf mit der Liebe! (Stille) S CHUPO Fräulein. Jetzt hörens mich aber genau an – Nämlich ich beobachte Sie hier vor dem Wohlfahrtsamt bereits schon seit Tagen. Weil Sie mich halt auch erinnern tun – an eine liebe Tote, wie gesagt. E LISABETH Wer war denn diese Tote? S CHUPO Meine Braut. (Stille) S CHUPO Wir waren nämlich ein Herz und eine Seele. Aber sie hatte es mit der Leber zu tun, und jetzt geht mir direkt etwas ab. Warum lächeln Sie da? E LISABETH Nur so. (Stille) S CHUPO Sie sind anscheinend sehr verbittert.

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E LISABETH Ich geh schnell. S CHUPO Sie können schnell gehen, aber ich kann auch schnell gehen. (In der Ferne fällt ein Schuß – dann noch einer und noch einer; jemand brüllt; Stille) S CHUPO (lauscht.) Was war denn jetzt das? Mir scheint, die schießen wieder aufeinander. Also das ist ja schon schier zum Verrücktwerden, dieser latente Bürgerkrieg – Ich schau nur mal nach und bin gleich wieder da, wartens bitte auf mich! E LISABETH Gut. S CHUPO (ab nach rechts) Szene Nummer 15 Jetzt kommen F RAU A MTSGERICHTSRAT und er selbst, der A MTSGERICHTSRAT , von links.

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F RAU A MTSGERICHTSRAT So folge mir doch, August! Geh jetzt da schön hinein in das Wohlfahrtsamt, und sag es dem Herrn Regierungsrat, daß du ihm heute abend leider nicht zur Verfügung stehen kannst, denn du mußt dich auch mal deiner Ehehälfte widmen. A MTSGERICHTSRAT Ich geh aber nur ungern ins Kino. Zwei Stunden ohne Zigarre. F RAU A MTSGERICHTSRAT Oh, das tut dir gut! So denk doch an deinen Darm! A MTSGERICHTSRAT Ich denke. Der Sanitätsrat hat mich erst gestern wieder gewarnt. F RAU A MTSGERICHTSRAT Mich hat er auch gewarnt, daß ich wegen meiner Drüsen nicht soviel Treppen steigen soll – A MTSGERICHTSRAT (unterbricht sie.) Mußt du denn Korsette verkaufen?! Kompletter Irrsinn! F RAU A MTSGERICHTSRAT Ich will aber nicht um jeden Pfennig bei dir betteln! A MTSGERICHTSRAT Versündige dich nicht! Was weißt denn du schon von der großen Not? Wo man doch tagaus tagein die armen Leut verurteilen muß, zu guter Letzt bloß, weil sie kein Dach über dem Kopf haben! F RAU A MTSGERICHTSRAT Dann würd ich sie halt nicht verurteilen. A MTSGERICHTSRAT Hermine! (Stille) A MTSGERICHTSRAT So. Und jetzt sag ich es dem Herrn Regierungsrat, daß es heute nichts wird mit unserm Tarock, weil ich mich meiner Ehehälfte widmen möchte – Aber freu dich, wenn das Kino wieder ein Kitsch ist, du Mickymaus – (ab in das Wohlfahrtsamt) Szene Nummer 16

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F RAU A MTSGERICHTSRAT erblicken nun E LISABETH . Sie fixieren sich, aber E LISABETH will niemand mehr kennen aus ihrer Vergangenheit – doch F RAU A MTSGERICHTSRAT lassen nicht locker. Szene Nummer 17

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F RAU A MTSGERICHTSRAT Komisch. Wir kennen uns doch – E LISABETH (sieht sich ängstlich um.) Bitte, kennen Sie mich nicht, Frau Amtsgerichtsrat –

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F RAU A MTSGERICHTSRAT Also nur keine Angst, Fräulein! Mich geht es ja nichts an, aber wieviel habens denn bekommen? E LISABETH Vierzehn Tage. F RAU A MTSGERICHTSRAT Sehens, das hab ich Ihnen gleich gesagt! E LISABETH Aber ohne Bewährungsfrist. F RAU A MTSGERICHTSRAT Ohne? E LISABETH Weil ich halt vorher schon die Geldstrafe gehabt habe – (Sie grinst.) Wenn ich nur wüßt, was ich verbrochen hab – F RAU A MTSGERICHTSRAT Oh, ich weiß, wie das zugeht! Mir müssen Sie das nicht erzählen! Lauter Ungerechtigkeiten – Und eine neue Stellung habens natürlich auch keine? E LISABETH Nein. Aber zuvor habe ich einen Herren kennengelernt, und dieser Herr hat mir von seiner toten Braut erzählt – (Sie grinst wieder.) F RAU A MTSGERICHTSRAT Das Beste für Sie wär allerdings: Heiraten. E LISABETH (tonlos) Ich sage nicht nein. F RAU A MTSGERICHTSRAT Man könnt Ihnen gratulieren. E LISABETH Wir haben uns durch einen Zufall kennengelernt. F RAU A MTSGERICHTSRAT So fängts an. Kenn ich Fräulein. Kenn ich! E LISABETH Vielleicht ist das der große Zufall in meinem Leben. F RAU A MTSGERICHTSRAT Was ist er denn, der Herr Bräutigam in spe? E LISABETH Staatsbeamter. F RAU A MTSGERICHTSRAT Staatsbeamter? Weiß er denn etwas von Ihren vierzehn Tagen? E LISABETH Nein. F RAU A MTSGERICHTSRAT Hm. Das müßtens ihm aber schon sagen, sonst könnt er eventuell Unannehmlichkeiten kriegen mit seiner Karriere – E LISABETH Ist denn das möglich? F RAU A MTSGERICHTSRAT Absolut. E LISABETH Dort kommt er jetzt wieder zurück. F RAU A MTSGERICHTSRAT Wo? – Was? Ein Polizist? – Na, mich geht es ja nichts an. Alles Gute, Fräulein! (Sie zieht sich von ihr zurück.) Szene Nummer 18

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S CHUPO (erscheint wieder; zu E LISABETH ) So jetzt bin ich frei. Sie haben einen Unbeteiligten erschossen. Daß wir gerade in einer solchen Zeit leben müssen, das denk ich mir oft, Fräulein … (Er deutet plötzlich auf die F RAU A MTSGERICHTSRAT .) Was will denn diese Frau dort von Ihnen? E LISABETH (lügt.) Ich kenne sie nicht. S CHUPO Weil sie uns so anstarrt. E LISABETH Vielleicht verwechselt sie uns. Man verwechselt doch leicht einen Menschen. S CHUPO Das schon. Zwar wenn ich als Staatsgewaltsorgan zwei Menschen miteinander verwechseln tät – Das wär nicht gut für meine Karriere. E LISABETH Ist das bei Ihnen wirklich so streng? S CHUPO Sehr. Und oft schon direkt ungerecht. Ist Ihnen denn kalt, weil Sie mit die Zähn so klappern? E LISABETH Ja. S CHUPO Sehr? 313

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E LISABETH Ziemlich. S CHUPO Ich tät Ihnen schon gern meinen Mantel umhängen, ich brauch ihn nämlich nicht, aber das ist mir verboten. E LISABETH (lächelt.) Der Mantel ist halt immer im Dienst. S CHUPO Pflicht ist Pflicht. E LISABETH Kommens, hier zieht es so grausam – (langsam ab mit dem S CHUPO ) Szene Nummer 19

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Jetzt verlassen der H ERR A MTSGERICHTSRAT wieder das Wohlfahrtsamt. F RAU A MTSGERICHTSRAT (plötzlich klatschsüchtig) Du, August – dort drüben geht das Fräulein von der Prantl, das war doch der Betrugsfall mit dem Versicherungsinspektor und Zollinspektor. A MTSGERICHTSRAT Keine Ahnung! F RAU A MTSGERICHTSRAT Aber du hast sie doch verurteilt – A MTSGERICHTSRAT Möglich! (Stille) F RAU A MTSGERICHTSRAT Daß du ihr aber keine Bewährungsfrist gegeben hast, das war ungerecht von dir – A MTSGERICHTSRAT (wütend) Kümmere dich um deine eigenen Ungerechtigkeiten, Hermine! (Dunkel) --------------

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Szene Nummer 1 Schauplatz: Elisabeths möbliertes Zimmer. D ER S CHUPO (Alfons Klostermeyer) liegt in Unterhosen im Bett und döst vor sich hin. E LISABETH kocht Kaffee und betrachtet ab und zu die weißen Herbstastern, die in einer Vase neben dem Spirituskocher stehen. Draußen scheint die Oktobersonne, aber die Gardinen sind halb heruntergelassen, und das Ganze ist ein Bild des glücklichen Friedens zweier liebender Herzen. Szene Nummer 2

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E LISABETH (riecht an den weißen Herbstastern.) Wie lang, daß die sich halten. Schon fünf Tage. Das hätt ich jetzt aber ursprünglich nicht gedacht, daß du mir weiße Herbstastern kaufen wirst. S CHUPO Mir hat das sofort eine innere Stimme gesagt. E LISABETH Trotzdem. S CHUPO Hast gedacht, so ein schneidiger Schupo, das ist ein leichtlebiger Falter? Der möchte nur eine mit viel Geld? Weit gefehlt! Ich schätze eine Frau höher ein, die von mir abhängt, als wie umgekehrt. Krieg ich noch ein Küßchen?

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E LISABETH Ja. S CHUPO Ist der Kaffee bald fertig? E LISABETH Sofort. S CHUPO (nimmt die Kopfhörer vom Nachtkastl und legt sie sich an.) Stramm! Schneidig – (Er summt den Radetzkymarsch mit, den die Militärmusik im Radio gerade spielt.) E LISABETH Du, Alfons – gestern abend war das eine wunderbare Opernübertragung. Aida. S CHUPO (legt die Kopfhörer wieder auf das Nachtkastl.) Hast mich also gar nicht vermißt? E LISABETH Aber Alfons! S CHUPO Krieg ich noch ein Küßchen? E LISABETH Hier hast den Kaffee – (Sie bringt ihm eine Tasse.) Und hier hast das Küßchen – (Sie gibt es ihm und setzt sich auf den Bettrand.) S CHUPO (genießt den Kaffee.) Ich bin ja nur froh, daß es schon heute ist. Ständig erhöhte Alarmbereitschaft – Gut, daß die blöden Wahlen vorbei sind! Erst vorgestern nacht habens wieder einen Kameraden von mir erschossen. E LISABETH Es müssen halt immer viele Unschuldige dran glauben. S CHUPO Das läßt sich nicht umgehen in einem geordneten Staatswesen. E LISABETH Das seh ich schon ein, daß es ungerecht zugehen muß, weil halt die Menschen keine Menschen sind – Aber es könnt doch auch ein bißchen weniger ungerecht zugehen. S CHUPO Also das ist Philosophie. Was gefällt dir eigentlich an mir? E LISABETH Alles. S CHUPO Aber welches Wort würde denn am besten zu mir passen? E LISABETH Ich weiß es nicht. S CHUPO Geh, das wirst du doch wissen! E LISABETH Du hast dich etwas verändert, Alfons. Früher warst du trauriger. S CHUPO Wie das? E LISABETH Halt melancholischer. S CHUPO Oh, das bin ich jetzt auch noch! Das wäre ja gelacht! E LISABETH Entschuldige – (Sie erhebt sich.) S CHUPO Wohin? Ach so. Tu deinen Gefühlen nur kein Korsett an. E LISABETH (schrickt etwas zusammen, scharf) Wieso Korsett? S CHUPO (überrascht.) Warum? (Stille) E LISABETH (lächelt.) Entschuldige bitte, aber ich bin heut halt etwas nervös – (Sie verschwindet.) Szene Nummer 3 S CHUPO (allein) – Melancholisch? Noch melancholischer? – Wieso noch melancholischer?

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Szene Nummer 4 E LISABETH (erscheint wieder.) S CHUPO Das hat aber lang gedauert.

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E LISABETH Lang? S CHUPO Doch nichts Besonderes? E LISABETH Bitte werde deutlicher. S CHUPO Ich hab nämlich immer achtgegeben. E LISABETH Ach so. Szene Nummer 5

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Jetzt klopft es an der Türe. D IE es, und zwar entschiedener.

ZWEI LIEBENDEN

H ERZEN lauschen – Abermals klopft

S CHUPO Pst! Niemand zu Hause. E LISABETH Wer kann das sein? 15

Szene Nummer 6

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S TIMME Kriminalpolizei! E LISABETH Jesus Maria! S CHUPO Polizei? Und ich lieg da. Ausgerechnet Bananen! (Er packt rasch seine Kleidungsstücke und versteckt sich im Schrank.) Szene Nummer 7

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Es klopft nun noch entschiedener an die Türe. E LISABETH öffnet, und ein Herr betritt ihr möbliertes Zimmer. Es ist ein O BERINSPEKTOR der Sittenpolizei. Szene Nummer 8

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O BERINSPEKTOR Geduld bringt Rosen. (Er sieht sich um und deutet auf das unordentliche Bett.) Ich habe Sie wohl im Schlaf gestört? E LISABETH Warum? O BERINSPEKTOR Sie wissen genau warum. E LISABETH Ich bin heut nicht ganz auf dem Damm. O BERINSPEKTOR Es gibt allerdings Leute, die haben Nachtdienst und sind deshalb untertags ruhebedürftig. E LISABETH Wie meinen Sie das? O BERINSPEKTOR (hält einen Sockenhalter hoch, den er auf dem Stuhle gefunden hat.) Fräulein pflegen wohl Sockenhalter zu tragen? (Stille) E LISABETH Was will man denn von mir? O BERINSPEKTOR Sie haben von der Polizei einen Unterkommensauftrag gekriegt, darauf steht, daß Sie sich innerhalb dreier Wochen um ein e i n w a n d f r e i e s Unterkommen umsehen sollen. Aber Sie haben weder Arbeit, noch haben Sie nachgewiesen, daß Sie sich um eine solche bemüht haben. E LISABETH Kümmern Sie sich doch um die Leut, die kein Unterkommen haben! O BERINSPEKTOR Keine Hetzreden bitte! Polizeiwidrig ist nicht, wer kein Unterkommen hat, polizeiwidrig ist nur, wer dadurch die öffentliche Ordnung gefährdet. E LISABETH Aber ich gefährde doch nicht die öffentliche Ordnung!

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O BERINSPEKTOR Solange Sie sich nicht über Ihre Einkünfte ausweisen können, ist dies fraglich. E LISABETH Für mich wird schon gesorgt. O BERINSPEKTOR Eben diese freundliche Fürsorge interessiert uns. E LISABETH Das habe ich doch schon früher angegeben. Ich erhalte von meinem Bräutigam zwanzig Mark in der Woche. Davon lebe ich. O BERINSPEKTOR Wer ist denn dieser Bräutigam? (Stille) O BERINSPEKTOR Sie nennen also den Namen nicht? E LISABETH Nein. O BERINSPEKTOR Und warum nicht? E LISABETH Weil ich meinem Bräutigam kraft seiner Position eventuell schaden täte. O BERINSPEKTOR (grinst.) Hübsch! Sehr hübsch – Eventuell sind bei diesen zwanzig Mark mehrere Bräutigams beteiligt. E LISABETH Das ist eine Unverschämtheit – O BERINSPEKTOR (unterbricht sie.) Immer nur schön ruhig, Fräulein! Sie entschuldigen, wenn ich indiskret werde – (Er öffnet plötzlich den Kleiderschrank und ist nicht überrascht, einen Mann darin zu finden, aber daß dieser Mann ein S CHUPO in Unterhosen ist, der von seiner Uniform nur den Rock und die Mütze anhat, scheint ihn etwas peinlich zu berühren.) Szene Nummer 9

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S CHUPO (steht stramm im Kleiderschrank.) O BERINSPEKTOR Sie hier? S CHUPO Es ist alles wahr, was das Fräulein gesagt hat, Herr Oberinspektor. (Stille) O BERINSPEKTOR (zu E LISABETH ) Bitte, lassen Sie uns mal etwas allein – E LISABETH (zögert.) S CHUPO (zu E LISABETH ) Sei so gut. E LISABETH Bitte – (ab) Szene Nummer 10

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O BERINSPEKTOR Hier verbringen Sie also Ihre freien Stunden. S CHUPO (ist aus dem Kleiderschrank heraus und zieht sich nun hastig an.) Wenn ich eine Aufklärung geben darf, Herr Oberinspektor – Hier liegt bestimmt ein Irrtum vor. O BERINSPEKTOR Irrtum?! Mensch, wie kommen Sie zu dieser Frau?! Wir haben sie doch im Auge, daß sie zu einer bestimmten Damenkategorie gehört! S CHUPO Damenkategorie? O BERINSPEKTOR Wahrscheinlich! (Stille) S CHUPO (lächelt.) Aber nein, Herr Oberinspektor – O BERINSPEKTOR Kennen Sie sie denn überhaupt? S CHUPO Kennen, jawohl. O BERINSPEKTOR Und wollen sie heiraten. S CHUPO Ich habe es vor, Herr Oberinspektor.

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O BERINSPEKTOR Wie alt sind Sie denn? S CHUPO Vierundzwanzig! Herr Oberinspektor. O BERINSPEKTOR Das alte Lied! S CHUPO (ist nun wieder angezogen.) Aber das mit den zwanzig Mark stimmt genau, Herr Oberinspektor. O BERINSPEKTOR Monatlich achtzig Mark! Sie sind doch auch nicht fürstlich bezahlt! S CHUPO Meine Eltern unterstützen mich. O BERINSPEKTOR Was ist denn Ihr Vater? S CHUPO Schreinermeister. O BERINSPEKTOR Dann hätten Sie lieber Schreiner werden sollen. S CHUPO Wie verstehen das Herr Oberinspektor? (Stille) O BERINSPEKTOR Bedaure, aber Sie scheinen es nicht zu ahnen, wen Sie da an den Traualtar führen wollen – Ihre Braut hat doch wegen Betrug bereits vierzehn Tage Gefängnis hinter sich. S CHUPO Gefängnis? O BERINSPEKTOR Betrug. Abgesehen von einer Geldstrafe, die sie sich auch schon mal geholt hat. Daß diesen Damen derlei Verbindungen mit der Polizei ganz erwünscht sind, ist ja menschlich verständlich. Aber ob das Ihrer Karriere sehr förderlich ist – S CHUPO Keine Ahnung – O BERINSPEKTOR Na also! (Er öffnet die Türe und ruft hinaus.) Kommen Sie herein! Szene Nummer 11

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E LISABETH kommt wieder herein. Sie denkt es sich schon, daß jetzt alles aus ist. (Stille)

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S CHUPO Betrug? Stimmts? E LISABETH Ich weiß, es ist aus. S CHUPO Gefängnis? E LISABETH Ja. (Stille) S CHUPO Du Elisabeth. Warum hast du mir das alles verschwiegen? E LISABETH So frag mich doch nicht so saudumm. (Stille) S CHUPO (steht stramm.) Besten Dank, Herr Oberinspektor! O BERINSPEKTOR Bitte, bitte! S CHUPO (schlägt die Hacken zusammen und will ab.) E LISABETH Halt! (Stille) S CHUPO Du hast mich belogen, und das ist für mich der entscheidende Punkt. E LISABETH Nein, deine Karriere, das ist er, dein entscheidender Punkt. S CHUPO Nein! Aber zuerst kommt die Pflicht, und dann kommt noch Ewigkeiten nichts! Radikal nichts! (Stille) E LISABETH Du Alfons. Zuvor – wie du da drinnen im Schrank warst, da habe ich dich beschützen wollen.

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S CHUPO Mich? E LISABETH Uns. S CHUPO Dich! Dich gegen mich! Ich kenn mich schon aus, Fräulein! (Stille) E LISABETH (grinst.) Ich hab dich halt nicht verlieren wollen, lieber Alfons – S CHUPO (schlägt wieder die Hacken zusammen.) Herr Oberinspektor! (rasch ab) Szene Nummer 12

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O BERINSPEKTOR Also das war wirklich nicht notwendig von Ihnen, dem Mann seine Karriere so leichtfertig zu gefährden – E LISABETH Notwendig? Und meine Karriere? O BERINSPEKTOR Sie wollen doch nicht behaupten, daß Sie unschuldig sind? E LISABETH Oh nein, das habe ich mir schon längst abgewöhnt. Entschuldigens, aber jetzt muß ich lachen – (Sie setzt sich auf den Bettrand und lacht lautlos.) O BERINSPEKTOR Lachens Ihnen nur ruhig aus. (ab) (Dunkel) -------------

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FÜNFTES BILD. Szene Nummer 1 25

Polizeirevier. Nach Mitternacht. Der S CHUPO (Alfons Klostermeyer) spielt mit einem K AMERADEN eine Partie Schach. Es regnet draußen, und in weiter Ferne spielt ein Orchester den beliebten Trauermarsch von Chopin – bis Szene 3. 30

Szene Nummer 2

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S CHUPO (horcht.) Wer spielt denn da? K AMERAD Radio. S CHUPO Nach Mitternacht? K AMERAD Vielleicht Amerika. Dort ist es jetzt Tag. Du bist dran. S CHUPO Sofort. (Pause) S CHUPO (zieht mit dem Turm.) K AMERAD (überlegt.) Geh ich daher, geht er dahin. Geh ich dahin, geht er daher. Dunkel wars, der Mond schien helle, als ein Wagen blitzesschnelle – g sieben c drei. Schach! S CHUPO Du auch noch. (Pause) S CHUPO Wer ist denn dran? K AMERAD Immer der, der fragt. (Pause) S CHUPO (erhebt sich.) Aufgegeben, Matt.

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K AMERAD Matt? In dieser Position? S CHUPO Es steckt nichts mehr drinnen. K AMERAD Nichts? D fünf d sieben! H zwei g vier! S CHUPO Möglich. 5

Szene Nummer 3

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K AMERAD (betrachtet noch immer das Brett.) Daß du da die Waffen streckst, wo du doch sonst jede Partie zu Ende spielst, auch wenn es für dich hoffnungslos herschaut. S CHUPO Mir scheint, ich bin krank. Schon seit einer ganzen Zeit. Wenn ich mich niederleg, werd ich wach, und wenn ich aufsteh, schlaf ich ein. K AMERAD Das sind die Nerven. S CHUPO (lächelt geschmerzt.) Weißt, ich hab halt eine kleine Aufregung hinter mir. K AMERAD Dienstlich? S CHUPO Nein. Privat. Betreffs eines Weibes. Da stellst dich hin und machst alles für so ein Menschenkind, zahlst ihr das Leben, schenkst ihr deine intimsten Gefühle, deine freie Zeit, dein gutes Geld – und das Resultat? Du bist der Lackierte. K AMERAD Undank ist der Welt Lohn. S CHUPO Manchmal fang ich schon zum Grübeln an. K AMERAD Also nur das nicht! Grübeln ist Gift! S CHUPO Von mir aus. Schau – zum Beispiel meine erste Braut, mit der ich sehr harmonisiert habe, die ist mir weggestorben. So bin ich beinander. Die eine stirbt, die andere lügt. Lauter blutige Enttäuschungen. Ich find keinen Menschen, dessen Liebe mir etwas gibt. Szene Nummer 4

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Jetzt betritt ein DRITTER S CHUPO das Revier, und zwar bringt er den P RÄPARATOR mit sich, der total betrunken ist – Der V IZEPRÄPARATOR ist auch dabei und ebenfalls nicht mehr ganz auf der Höhe infolge Alkoholgenusses. D RITTER S CHUPO So! Da wären wir! V IZEPRÄPARATOR Aber lieber Herr Wachtmeister – D RITTER S CHUPO (unterbricht ihn.) Ruhe! (zu seinen K AMERADEN ) Nächtliche Ruhestörung und Beamtenbeleidigung! V IZEPRÄPARATOR Wieso hernach Beamtenbeleidigung? D RITTER S CHUPO Wieso hernach? Hat er denn nicht gebrüllt und getobt und mit diesem seinem Spazierstock gegen die Rolläden getrommelt, daß die ganze Straß’ aufgewacht ist? Hat er mir nicht gesagt, Sie Rindvieh, Sie krummgebohrtes?! Oder vielleicht?! (Stille) V IZEPRÄPARATOR Entschuldigens bitte, aber ursprünglich wollten wir heute abend in aller bescheidenen Zurückgezogenheit den zweiundsechzigsten Geburtstag dieses Herrn dort feiern, aber der Mensch denkt – K AMERAD (grinst.) – und Gott lenkt. P RÄPARATOR (scharf) Und wer ist schuld? Der Oberpräparator. D RITTER S CHUPO Ruhe! (Er deutet auf das Schachbrett.) Wer hat denn da gewonnen?

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K AMERAD Ich. D RITTER S CHUPO Du? Gegen den? Nicht möglich. S CHUPO Ich hab heut keinen Kopf. P RÄPARATOR Meine Herren! Wer ist mein Feind? Der Oberpräparator und nur der Oberpräparator. D RITTER S CHUPO Schluß mit der Debatte! K AMERAD Was schwätzt denn der da immer von einem Oberpräparator? V IZEPRÄPARATOR Aber das ist es ja eben – Ich bin nämlich der Vizepräparator, und der Oberpräparator, das ist dieser Herr da persönlich. Voriges Monat ist er avanciert, aber wenn er sich betrunken hat, vergißt er es immer wieder, daß er befördert worden ist. Jener bewußte Oberpräparator, den dieser Oberpräparator da meint, den hat ja Gott sei Dank schon längst der Teufel geholt – Der hat sich nämlich infiziert, an einem Leichnam. Aus Brünn. D RITTER S CHUPO Jetzt aber Schluß! Setzen! Das Protokoll!

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Szene Nummer 5

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B UCHHALTER (stürzt herein.) Hilfe, Herr Wachtmeister! Da draußen liegt ein Fräulein, drüben beim Kanal! K AMERAD Beim Kanal? D RITTER S CHUPO Was für ein Fräulein? B UCHHALTER Selbstmord! Wir haben sie aus dem Wasser heraus – Das heißt, nicht ich, sondern ein tollkühner Lebensretter. Mir scheint, sie lebt noch! Da! Szene Nummer 6 Z WEI M ÄNNER, einer im Smoking, erscheinen nun und auch der tollkühne Lebensretter. Sie tragen die aus dem Kanal herausgerettete E LISABETH und legen sie auf eine Bank. Der tollkühne Lebensretter heißt J OACHIM und ist total durchnäßt und friert ziemlich – DER EINE S CHUPO reicht ihm eine Decke, die er sich umhängt. A LLE , außer dem P RÄPARATOR, beschäftigen sich nun mit E LISABETH . Auch der S CHUPO Alfons Klostermeyer, tritt an sie heran, erkennt sie und starrt sie an. B UCHHALTER Es ist noch ein Funke Leben in ihr – D RITTER S CHUPO Sofort künstliche Atmung! V IZEPRÄPARATOR Kenn ich genau. Darf ich helfen? Hab zwei Semester Medizin, aber dann ist mir das Geld ausgegangen – K AMERAD Los, los! P RÄPARATOR Und etwas Schnaps! J OACHIM Auch für mich bitte. P RÄPARATOR (zu J OACHIM ) Allerhand Schneid. In stockdunkler Nacht im November ins Wasser springen – tollkühn! Sehr tollkühn! J OACHIM Aber ich erfüllte doch nur meine normale menschliche Pflicht – (Er trinkt aus der Schnapsflasche.) P RÄPARATOR Zu bescheiden, zu bescheiden. (Er nimmt ihm die Schnapsflasche weg und wendet sich an den S CHUPO .) Hab ich nicht recht, Herr General? S CHUPO Ich bin kein General. P RÄPARATOR Also auf das Wohl des tollkühnen Lebensretters! Prost! (Er trinkt.)

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J OACHIM (zum S CHUPO ) Ich ging vorbei und hörte etwas in das Wasser plumpsen und sah einen silbrigen Schein – Das war ihr Gesicht. Ich sprang sofort hinein und griff zu. Ehrensache. Hätte doch jeder getan. Sie auch. S CHUPO Natürlich. P RÄPARATOR Das kommt groß in die Zeitung. Mit Photographie. Der tollkühne Lebensretter soll leben! Hoch! (Er trinkt wieder.) D RITTER S CHUPO (bei E LISABETH ) Wo bleibt denn der Schnaps? P RÄPARATOR Da! J OACHIM (zum S CHUPO ) Könnt ich mal telefonieren? S CHUPO Dort bitte. K AMERAD (tritt zum S CHUPO .) Sie hat nichts bei sich. Nur einen ungültigen Wandergewerbeschein – P RÄPARATOR Wandergewerbeschein? K AMERAD Jawohl. P RÄPARATOR (wendet sich E LISABETH zu und betrachtet sie aufmerksam.) Szene Nummer 7

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Während sich nun ALLES , außer dem S CHUPO und den BEIDEN M ÄNNERN , die das Polizeirevier bereits wieder verließen, sowie dem P RÄPARATOR, um E LISABETH bemüht (künstliche Atmung und dergleichen), telefoniert J OACHIM mit seiner Mama. J OACHIM Hallo! Mama! Bist du es, Mama? – Oh nein, fürchte dich nicht, daß ich dich so aus dem Schlaf heraushol, aber ich habe soeben einer Selbstmörderin das Leben gerettet – Tollkühn, was? Ehrensache! Komm auch in die Zeitung, mit Photographie, ist doch eine unbezahlbare Reklame für die Firma, so umsonst in der ganzen Presse – Hallo! Aber jetzt krieg ich doch dann mein Motorrad, was? – Wie? Du hast es mir doch versprochen! Werden sehen? Adieu! (Er hängt wütend ein, für sich) Altes Dromedar.

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Szene Nummer 8

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S CHUPO Ist sie tot? K AMERAD Mir scheint, sie atmet. V IZEPRÄPARATOR Werden sehen, werden sehen! Szene Nummer 9

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P RÄPARATOR (hat E LISABETH erkannt.) Sie ist es. Pfeilgerade. Diejenige welche – (Er wendet sich zerknirscht an den S CHUPO .) Herr Staatsanwalt – S CHUPO (unterbricht ihn.) So lassens mir doch meine Ruh! P RÄPARATOR Aber haben Sie doch Zeit für mich, bitte – Ich muss Ihnen ja ein Geständnis ablegen. Jenes Fräulein dort ist ermordet worden. S CHUPO (stutzt.) Ermordet? P RÄPARATOR Ich kenne den Mörder. S CHUPO Was reden Sie da?! (Stille) P RÄPARATOR Nämlich das mit dem Zollinspektor und Versicherungsinspektor – ich

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hab mich geirrt, Herr Generalstaatsanwalt! Auge um Auge, Zahn um Zahn! So verhaftens mich doch und machens kurzen Prozeß! Seiens fesch, hängens mich auf! V IZEPRÄPARATOR (zum S CHUPO ) Jetzt hat er seinen Moralischen. S CHUPO (zum P RÄPARATOR ) Sie Sau, Sie! P RÄPARATOR Oh Gott! (Er setzt sich in eine Ecke.) Gefaßt betret ich das Schafott – Walte deines Amtes, Henker! Und betet für mich, liebe Leutl, damit ihr nicht in Versuchung kommet, und wenn ihr mal recht blöd seid, dann denkts an mich – (Er vergräbt sein Gesicht in die Hände und verharrt so erschüttert.) Szene Nummer 10

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D RITTER S CHUPO Da ist sie! Szene Nummer 11 15

E LISABETH erwacht aus ihrer Ohnmacht, ist aber noch immer abwesend – nun sitzt sie auf der Bank und sieht sich um. Noch faßt sie nichts, und nur allmählich kommt ihr wieder die Erinnerung. 20

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Szene Nummer 12 E LISABETH (zum B UCHHALTER ) Wer bist du? B UCHHALTER Wer? Meine Wenigkeit? (Stille) D RITTER S CHUPO (hält ihr die Schnapsflasche hin.) Da, Fräulein – E LISABETH (starrt den B UCHHALTER noch immer an.) Wer bist du? V IZEPRÄPARATOR (zum B UCHHALTER ) So redens doch! B UCHHALTER Ich? Nichts. E LISABETH (lächelt.) Nichts – (Sie sieht sich plötzlich ängstlich um.) Bin ich denn noch? K AMERAD (lächelt.) Gewiß. D RITTER S CHUPO (hält ihr noch immer die Schnapsflasche hin.) Da Fräulein – E LISABETH (mustert plötzlich entsetzt DEN K AMERADEN .) Was hast du denn da an? K AMERAD (etwas verwirrt.) Wieso? E LISABETH Grün, grau, silber – Habt ihr mich denn schon wieder? Was hab ich denn schon wieder verbrochen? D RITTER S CHUPO Nur immer mit der Ruhe – Wir sind doch zu Ihrem Schutze da. Aber sicher. E LISABETH (abwesend) Wer hat mich denn da angehaucht? K AMERAD So kommens doch wieder zu sich, Fräulein – Schauns, man lebt nur einmal, wer wird da denn gleich ins Wasser! E LISABETH Habt ihr mich wieder heraus – J OACHIM Ich. (Stille) E LISABETH So kümmert euch doch nicht um mich! J OACHIM Das ist der Dank. E LISABETH Jetzt war ich schon fort, und jetzt gehts wieder los, und niemand ist zuständig für dich, und du hast so gar keinen Sinn –

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V IZEPRÄPARATOR (berührt ihre Schulter.) Nur nicht die Hoffnung sinken lassen – Jeder Mensch hat seinen Sinn im Leben, und wenn nicht für sich selbst, dann für einen anderen. E LISABETH Ich nicht. V IZEPRÄPARATOR Doch! E LISABETH Nein! V IZEPRÄPARATOR (zum K AMERADEN ) Also da kann ich schon direkt wild werden, wenn mir da jemand widerspricht! Ich hab doch tagtäglich mit die Toten zu tun, und dann denkt man doch schon ganz automatisch über den Sinn des Lebens nach. Wenn ich als Vizepräparator – E LISABETH (unterbricht ihn.) Vizepräparator? – (schrill) Wie gehts denn dem lieben Herrn Präparator? Füttert er noch immer die Tauben? Szene Nummer 13

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P RÄPARATOR Jawohl! (Er erhebt sich voll Würde, aber noch immer etwas schwankend.) Die Tauben sitzen auf meinen Schultern und fressen mir aus meiner Hand, der Kanari singt, und meine Schlange hab ich dressiert. Ich hab einen Stall voll weißer Mäus, und meine drei Goldfische heißen Anton, Josef und Herbert. Ich muß um mehr Autorität bitten, und zwar energisch. Man weiß es anscheinend noch nicht, wer ich bin?! Ich bin der Oberpräparator, bitt ich mir aus. Und wenn ich jemand umbring, dann mach ich das schon mit mir selber aus. Allein mit meinem Gott! Wachtmeister! Guten Morgen, Leute! (ab) A LLE (außer E LISABETH , reißen unwillkürlich die Hacken zusammen.) Guten Morgen, Herr Oberpräparator! Szene Nummer 14

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E LISABETH (erblickt nun ihren S CHUPO , schnellt empor und beißt in ihre Hand.) V IZEPRÄPARATOR Nanana! (Stille) B UCHHALTER Mir scheint, sie halluziniert. J OACHIM Ist doch auch schließlich keine Kleinigkeit, das kalte Wasser in dieser Jahreszeit, bei stockdunkler Nacht. E LISABETH (hebt langsam die Hand über die Augen, als würde sie von der Sonne geblendet.) Bist du das, Alfons? (Stille) K AMERAD Was denn los, Klostermeyer? Kennt ihr euch? E LISABETH Kennen wir uns? (Stille) E LISABETH So sag es ihnen doch, ob du mich kennst – S CHUPO Wir kennen uns. E LISABETH (grinst.) Brav. Sehr brav – (Stille) E LISABETH Was macht denn die Karrier? D RITTER S CHUPO (zu A LFONS K LOSTERMEYER ) Was soll denn das? S CHUPO Später. E LISABETH Warum später?

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(Stille) S CHUPO (zieht sich seine weißen Handschuhe an.) Ich habe Dienst. Ich muß zur Parade. E LISABETH Parade? S CHUPO Vor der Residenz. Es wird bald Tag. E LISABETH Es ist noch dunkel, Alfons. S CHUPO Zwischen uns ist alles klar. E LISABETH Meinst du? S CHUPO Es ist aus. (Stille) E LISABETH Wie einfach du fort bist – S CHUPO Red nicht weiter, bitte. E LISABETH (lächelt böse.) Warum nicht? (Stille) S CHUPO Provozier hier nicht aus der Erde heraus! Was kann denn ich dafür, daß du ins Wasser gehst?! Ich habe dir meinen Arm gereicht – E LISABETH (unterbricht ihn.) Lass ihn dir abhacken, deinen Arm! (Stille) E LISABETH Jetzt geh ich. – Hörst du mich, Alfons? D RITTER S CHUPO (steht vor ihr in der Türe.) Halt! E LISABETH (sieht ihn groß an.) Gute Nacht. D RITTER S CHUPO Nein. (Stille) E LISABETH So lassens mich doch fort – D RITTER S CHUPO Wohin? E LISABETH Das geht dich nichts an. D RITTER S CHUPO In diesem Zustand bleiben Sie da. Das ist unsere Pflicht. (Stille) E LISABETH (lächelt wieder böse.) Habt ihr mich wieder? K AMERAD Nicht in Haft. Nur in Schutzhaft. E LISABETH Schutz? D RITTER S CHUPO In Ihrem Interesse. E LISABETH Komisch. Jetzt steht ihr da um mich herum und bringt es nicht fertig, daß man seinen Wandergewerbeschein bekommt – (Sie grinst.) V IZEPRÄPARATOR Sie Kind – E LISABETH Ich rede jetzt nicht direkt persönlich, denn ich bin darüber momentan hinaus – (Sie brüllt ihren A LFONS plötzlich an.) Glotz mich nicht so an! Geh mir aus den Augen, sonst reiß ich mir die Augen aus! Bild dir doch nicht ein, daß ich wegen dir ins Wasser bin, du mit deiner großen Zukunft! Ich bin doch nur ins Wasser, weil ich nichts mehr zum Fressen hab – Wenn ich was zum Fressen gehabt hätt, meinst, ich hätt dich auch nur angespuckt?! Schau mich nicht so an!! (Sie wirft mit der Schnapsflasche nach seinen Augen, verfehlt aber ihr Ziel.) Da! K AMERAD (erfaßt ihren Arm.) Halt! E LISABETH Auslassen! J OACHIM Im Gegenteil! E LISABETH (brüllt.) Auslassen! Auslassen! D RITTER S CHUPO Ruhe! J OACHIM Au! Die beißt!

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V IZEPRÄPARATOR Was? Beißen wirst du – beißen?! E LISABETH (zieht sich verschüchtert zurück.) B UCHHALTER Jetzt beißt sie ihren eigenen Lebensretter – E LISABETH (fletscht die Zähne.) 5

Szene Nummer 15

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In der Ferne marschiert nun eine Formation mit Musik vorbei – und zwar auf den Marsch „Alte Kameraden“. Dann verhallt die Musik, und E LISABETH sitzt in sich zusammengesunken auf einem Stuhl. Szene Nummer 16

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S CHUPO Die Parade – (Er setzt sich seinen Helm auf.) Höchste Eisenbahn. K AMERAD Ist noch Zeit, Klostermeyer. Wart auf uns – (Er zieht sich seine weißen Handschuhe an.) D RITTER S CHUPO Wir müssen doch auch. V IZEPRÄPARATOR Was knurrt denn da? B UCHHALTER Dem Fräulein ihr Magen. D RITTER S CHUPO (zum K AMERADEN ) Hast nichts dabei? K AMERAD Doch – (Er gibt aus seiner Manteltasche E LISABETH ein Brötchen.) E LISABETH (nimmt es apathisch und knabbert daran.) D RITTER S CHUPO (zieht sich ebenfalls seine weißen Handschuhe an.) Schmeckts? E LISABETH (lächelt apathisch – plötzlich läßt sie das Brötchen fallen und sinkt über den Tisch.) V IZEPRÄPARATOR Hoppla! D RITTER S CHUPO Halt! (Auch er bemüht sich, genau wie der V IZEPRÄPARATOR, um E LISABETH .) K AMERAD Das ist nur so ein Schwächegefühl. B UCHHALTER Wahrscheinlich vom Magen heraus empor – V IZEPRÄPARATOR Ein schwaches Herz. B UCHHALTER Magen oder Herz – gehüpft wie gesprungen! J OACHIM Es ist doch auch keine Kleinigkeit, bei stockdunkler Nacht im November ins eiskalte Wasser – V IZEPRÄPARATOR (zu E LISABETH ) Dageblieben, dageblieben – E LISABETH (erwacht wieder; lächelt schwach.) Könnt ich hier jemand Zuständigen sprechen? D RITTER S CHUPO Zuständig? E LISABETH (nickt ja.) – in einer dringenden Angelegenheit – Es soll ja noch schlechter werden, aber ich lasse den Kopf nicht hängen – (Sie schlägt mit der Hand in die Luft, als würde sie Fliegen abwehren.) Na! Da fliegen lauter so schwarze Würmer herum – (Sie stirbt sanft.) Szene Nummer 17

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B UCHHALTER (nähert sich leise der toten E LISABETH und klopft auf die Tischplatte; behutsam) Herein, Fräulein. Herein! D RITTER S CHUPO Ich befürchte das Schlimmste.

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S CHUPO (nimmt seinen Helm ab.) V IZEPRÄPARATOR (beugt sich über E LISABETH .) Sie hat es überstanden. Wahrscheinlich das Herz. Na, wir werden es ja morgen sehen – J OACHIM Es war umsonst – (ab) 5

Szene Nummer 18

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S CHUPO Umsonst – (Er tritt an seine tote E LISABETH heran und streicht ihr über das Haar.) Du armes Menschenkind. Ich hab kein Glück. Ich hab kein Glück. B UCHHALTER Ich lebe, ich weiß nicht wie lang, Ich sterbe, ich weiß nicht wann, Ich fahre, ich weiß nicht wohin, Mich wundert, daß ich so fröhlich bin – (ab)

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Szene Nummer 19

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V IZEPRÄPARATOR Ein Dichter. D RITTER S CHUPO Es regnet noch immer. K AMERAD Das wird eine verregnete Parade. S CHUPO Wahrscheinlich. V IZEPRÄPARATOR Darf ich mich jetzt empfehlen – (ab) Szene Nummer 20

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Und nun marschiert draußen eine Formation mit Musik vorbei – und zwar abermals auf den Marsch „Alte Kameraden“. D IE DREI S CHUPOS setzen sich ihre Helme auf und verlassen das Polizeirevier, denn sie müssen bekanntlich zur Parade. Nur A LFONS K LOSTERMEYER wirft noch einen letzten Blick auf seine tote Braut E LISABETH . 30

Vorhang.

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ENDE.

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Lesetext

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Kommentar

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Vorarbeit 1

Chronologisches Verzeichnis Vorarbeiten Vorarbeit 1: Kasimir und Karoline / Glaube Liebe Hoffnung-Szenerie Zu dieser Vorarbeit ist nur wenig Material vorhanden. Sie setzt sich aus einer Handschrift sowie vier Typoskriptblättern zusammen und enthält neben zentralen Elementen des Volksstücks Kasimir und Karoline (z.B. die Protagonisten Kasimir und Karoline, das Motiv des Zeppelins und ein Bild vor der „Sanitätswache“, vgl. WA 4) auch solche von Glaube Liebe Hoffnung (etwa das Bild „Vor der Anatomie“ und den Dialog zwischen Karoline und dem Anatomiediener zum Verkauf der eigenen Leiche). Sie kann damit als Beleg für die gemeinsamen Wurzeln beider Stücke gelten. Motive wie die „Schönheitskonkurrenz“ wiederum verknüpfen die Vorarbeit mit K1 von Geschichten aus dem Wiener Wald (vgl. WA 3/K1) H1 = IN 221.001/7 – BS 45 a [7], Bl. 1 1 Blatt unliniertes Papier (294 × 206 mm), schwarzblaue Tinte, hs. Eintragungen mit Bleistift von fremder Hand (Berliner Bearbeitung) E1 = fragm. Strukturplan in 7 Bildern mit Notizen zum 6. Bild (links oben) E2 = fragm. Strukturplan in 7 Bildern mit Notizen (rechts oben) E3 = fragm. Strukturplan in 7 Bildern (links unten) E4 = fragm. Strukturplan in 7 Bildern mit Notizen (rechts unten) Druck in: WA 4, S. 18f. (WA 4/VA1/E1–E4)

E1 sieht sieben Bilder vor: „1. Zimmer“, „2. Sanitätswache“; die Bilder 3–5 betitelt Horváth nicht. Das 6. Bild ist mit „Rausch Kasimirs“ überschrieben und mit der Notiz versehen: „Glaube: Du bist doch ein anständiger Mensch. / Liebe: Du kannst ja dabei an eine Andere denken – / Hoffnung: Und vielleicht wird es wieder besser, die Verletzung Karolines“. Das 7. und letzte Bild ist „Sanitätswache“ betitelt. Diese Struktur variiert Horváth in den Strukturplänen E2–E4, ersetzt das Bild „Zimmer“ jedoch konsequent durch ein Bild „Anatomie“ bzw. „Vor der Anatomie“. In E2 ist auch ein „Anatomiediener“ notiert, der als Vorläuferfigur des Präparators gelten kann; dieser wurde aber wieder gestrichen. Die weibliche Hauptfigur heißt hier noch Karoline und trifft in E2 wie in E4 einen „Spitaler“, bei dem es sich, wie dann auch TS1 zeigt, um eine Vorform des Majors bzw. Barons aus der weiteren Genese von Glaube Liebe Hoffnung handelt. Der Strukturplan E4 liefert mit der Notiz „Zeppelin“ ein zentrales Motiv aus Kasimir und Karoline. Der wiederholt notierte Bildtitel „Sanitätswache“ nimmt ebenfalls Elemente vorweg, die Kasimir und Karoline prägen (vgl. WA 4/K2 sowie die Szenen 100–107 der Endfassung in 117 Szenen, WA 4/K4/TS15, S. 356–359). Demgegenüber verknüpft der Bildtitel „Schönheitskonkurrenz“ die Vorarbeit mit dem genetischen Konvolut von Geschichten aus dem Wiener Wald (vgl. etwa WA 3/K1/E1–E6). Dieses Motiv wird in der Genese von Kasimir und Karoline anfänglich wieder aufgenommen (vgl. etwa WA 4/VA2/E1), spielt aber in Glaube Liebe Hoffnung keine Rolle mehr.

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Chronologisches Verzeichnis

T1 = IN 221.001/6 – BS 45 a [6], Bl. 1–3 3 Blatt unliniertes Papier (294 × 205 mm), hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte, Paginierung 1–3 TS1 = Fassung des 1. Bildes „Vor der Anatomie“ (Korrekturschicht) Druck in: GW 4, S. 267–269.

T2 = IN 221.001/7 – BS 45 a [7], Bl. 4 1 Blatt unliniertes Papier (294 × 205 mm), hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte E5 = fragm. Strukturplan in 8 Bildern mit Notizen und Dialogskizzen Druck in: GW 4, S. 269f.

TS1 und E5 stehen in einem engen textgenetischen Zusammenhang. E5 beginnt mit „Zweites Bild“ und stellt den Anschluss an TS1 dar, wo das erste Bild ausgearbeitet wurde. Dieses spielt, wie ab E2 vorgesehen, „[v]or der Anatomie“ (TS1/Bl. 1). Die Protagonistin trägt hier den Namen Karoline und trifft dort auf einen Diener (vgl. den gestrichenen „Anatomiediener“ in E2). Sie habe gehört, „dass man sich der Anatomie verkaufen kann“. Der Anatomiediener reagiert zunächst abweisend: „Also das schlagens Ihnen nur aus dem Kopf! Das gibt es hier nicht! Das ist ein sehr weit verbreiteter Irrtum! Wir haben Leichen genug in Hülle und Fülle!“ Aber am Ende hätte der Diener dann doch möglicherweise eine Stelle für Karoline, die dieses Angebot jedoch ausschlägt. Daraufhin kommt der „Spitaler“ (vgl. E2) mit einem Arzt aus der Anatomie, sie unterhalten sich über die jüngst bei einem Autounfall verstorbene Frau des Spitalers. Während dann der Zeppelin vorüberfliegt, lernt Karoline den Spitaler kennen, der sie zu einer „Schönheitskonkurrenz“ (TS1/Bl. 3; vgl. E2 und E4 und den Kommentar dazu) einlädt. TS1 legt den Grundstein für die Entwicklung dieses Bildes in der Textgenese von Glaube Liebe Hoffnung ab K1. Der Versuch des Fräuleins, ihren Körper zu verkaufen, die Verbindung zum Anatomiediener (später: Präparator) und die Bekanntschaft mit dem Spitaler (später: Major bzw. Baron) sind fixe Elemente der Handlung an diesem Schauplatz. Der Versuch diverser Männerfiguren, sich dem Fräulein sexuell zu nähern, wird ebenfalls wiederholt thematisiert. Während in TS1 diese Annäherungsversuche noch stark denen des Mädchenhändler-Komplexes ähneln, der Horváth vor allem in Rund um den Kongreß (1929; vgl. WA 1) und in den Vorarbeiten zu Geschichten aus dem Wiener Wald (vgl. WA 3/VA1 und VA2) beschäftigt, herrschen in Glaube Liebe Hoffnung Aspekte der Alltags- bzw. Gelegenheitsprostitution vor. Diese werden insbesondere in K1 recht unverhohlen angesprochen (vgl. den Kommentar zu K1/TS13 und TS17). „Das kenn ich schon. Nein, mit mir können Sie das nicht machen“, antwortet das Fräulein, die diese Avancen sofort dechiffrieren kann, bereits in TS1. Laut E5 befindet sich das Fräulein im 2. Bild „[b]eim Anatomiediener“, wozu auch eine Dialogskizze festgehalten ist, in der der Diener äußert: „Zuerst sich vollfressen und dann schlafen! Eine Gemeinheit ist das!“ Damit wird neuerlich das Thema der Alltags- bzw. Gelegenheitsprostitution angesprochen; in der weiteren Entwicklung von Glaube Liebe Hoffnung sind es die ohne die erwartete sexuelle Gefälligkeit verzehrten „Schinkenbröter“ (K1/TS13/BS 39 e [3a], Bl. 9), die zum Stein des Anstoßes werden. Während das zweite Bild so noch einige Aspekte des späteren Stückes präfiguriert, nimmt E5 eine andere Entwicklung. Zum 3. Bild heißt es: „Spitaler entlässt die Stenotypistin. / Karoline kommt.“ Unter dem 4. Bild findet sich die Notiz „Beim Diener. Die Frau kommt zurück“. Dem 5. Bild gibt Horváth den Bildtitel „Schönheits-

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Vorarbeit 2

konkurrenz“, dem 6. „Friedhof“, dem 7. „Krankenhaus“ und dem 8. „Gefängnis“. Sieht man von den Hinweisen auf Elisabeths Gefängnisstrafe ab, findet keines dieser Bilder bzw. Motive in die späteren Fassungen von Glaube Liebe Hoffnung unmittelbar Eingang. Sie bleiben aber auch in der Werkgenese von Kasimir und Karoline weitgehend ohne Konsequenz (vgl. WA 4).

Vorarbeit 2: Typoskripte von Lukas Kristl VA2 umfasst sämtliche erhaltenen Materialien, die der unmittelbaren Zusammenarbeit Horváths mit Lukas Kristl entsprungen sind. Aus den Berichten Kristls sowie aus der Abschrift des einzigen erhaltenen Briefes der beiden ist bekannt, dass Kristl Rohfassungen einzelner Bilder verfasste, die Horváth dann überarbeitete. Neben Arbeitstreffen in München standen beide wohl auch in regelmäßigem telefonischen Kontakt, was auch Horváths Bitte um Aufteilung der Telefonkosten in einem Schreiben an Ullstein belegt (vgl. dazu das Vorwort in diesem Band, S. 16–19). Die Typoskripte aus Kristsl Hand lassen sich anhand ihrer spezifischen Einrichtung (Schreibmaschinentype, Realisierung von Unterstreichungen und anderen Formatierungen) sowie auch stilistisch leicht identifizieren. Alle Blätter weisen kleinere hs. Eingriffe Kristls auf, die meist Korrekturen von masch. Fehlschreibungen betreffen. Auf T1 wie T2 hat Horváth umfängliche hs. Korrekturen eingetragen, die seinen Umgang mit dem Material verdeutlichen. T1 = ÖLA 3/W 20 – BS 39 c [4], Bl. 1 1 Blatt unliniertes Papier (285 × 220 mm), Durchschlag, hs. Eintragungen mit schwarzer Tinte, hs. Eintragungen von Horváths Hand mit schwarzer Tinte und rotem Buntstift, hs. Paginierung 3 TS1 = fragm. Fassung eines Bildes (Korrekturschicht) Druck in: Horváth 1973, S. 87f. (Grundschicht).

TS1 enthält das Fragment einer Fassung der Handlung, die in der Endfassung im Kontor der Irene Prantl (zweites Bild von K3/TS7) stattfinden wird. Die von Horváths Hand stammende Paginierung 3 weist auf Materialverluste hin. Der Titel des Bildes war wohl „Im Korsettenladen“, wie der Titel „Im Korsettenladen. (Zweiter Teil.)“ der in TS4 enthaltenen Fassung vermuten lässt. Das noch namenlose Fräulein wird von einem „Herr[en]“ und dem „Inhaber“ des Ladens mit dem vermuteten Betrug um 150 Mark konfrontiert. Hier ist bereits die Verwechslung vorgesehen, dass der Vater des Fräuleins Zoll- und nicht Versicherungsinspektor sei; ein Sujet, das direkt dem als Vorlage dienenden Prozess gegen Klara Gramm entnommen wurde (vgl. dazu das Vorwort in diesem Band, S. 19f.). Der „Herr“ wird in Horváths Bearbeitung später zum Präparator (erstmals in K1/TS1), wobei die Figur mit dem „Anatomiediener“ aus VA1 verschmilzt (vgl. VA1/TS1). Der hier in der von Kristl stammenden Grundschicht noch männliche „Inhaber“ wird zu Irene Prantl (erstmals in der Korrekturschicht von TS1; vgl. sonst K1/TS8) Ebenfalls bereits anwesend ist die Figur der Frau Amtsgerichtsrat, die gemäß der Randbemerkung unmittelbar der Gerichtssache um Klara Gramm entnommen wurde (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 1). Auf dem vorliegenden Blatt hat Horváth mit rotem Buntstift und schwarzblauer Tinte hs. Änderungen in zwei separaten Bearbeitungen eingetragen. Mit rotem Buntstift ergänzt er zunächst die letzte Replik des Fräuleins auf dem Blatt um „weil ich

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Chronologisches Verzeichnis

mit ihm über Tiere gesprochen habe“, und ändert „Tiere“ mit Tinte anschließend zu „Aquarium“. Ein „Aquarium“ des tierlieben Präparators ist auch in der Endfassung Thema (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 12, 13 und 19). Die weiteren Eintragungen mit schwarzblauer Tinte sind ausführlicher und zeigen bereits das entwickelte Personal des Stückes. So fügt Horváth eine Bemerkung des Herrn ein, er müsse zu seinen „Finger und Füss –“, was ihn als Präparator erkennbar macht (vgl. ebd., S. 8). Eine ebenfalls von Horváth eingefügte Folge von Repliken wiederum weist als Figuren „Elis“ und „Irene“ auf, also Elisabeth und Irene Prantl. Der relativ hohe konzeptionelle Entwicklungsgrad dieser Eintragungen lässt darauf schließen, dass der Autor ausführlichere Vorarbeiten abseits der Zusammenarbeit mit Kristl angestellt hat (vgl. dazu die Vorarbeiten 1 und 3). T2 = ÖLA 3/W 20 – BS 39 c [4], Bl. 2 1 Blatt unliniertes Papier (284 × 223 mm), Durchschlag, hs. Eintragungen mit Bleistift und schwarzblauer Tinte, hs. Eintragungen von Horváths Hand mit schwarzblauer Tinte und rotem Buntstift, hs. Paginierung 6, korrigierte hs. Paginierung 7 von Horváths Hand TS2 = fragm. Fassung eines Bildes (Korrekturschicht) Druck (Grundschicht) in: Horváth 1973, S. 88f.

TS2 ist auf einem von Kristl stammenden Blatt überliefert und zeigt das Kennenlernen des Fräuleins und des Sipos („Sicherheitspolizist“, vgl. K1/TS1) vor dem „Wohlfahrtsamt“. Mit Bleistift hat Kristl dem Blatt die Paginierung 6 gegeben, die von Horváth mit Tinte zu 7 überschrieben wurde. Bei den fehlenden 5 bzw. 6 Blättern davor könnte es sich um Teile dieses Bildes, aber auch um andere, vorangehende Bilder handeln. Eventuell war das Blatt Teil einer längeren Arbeitsfassung, die auch TS1/BS 39 c [4], Bl. 1 umfasst hat. Von wem die hs. Bearbeitung des Blattes stammt, lässt sich nur teilweise eindeutig auflösen. Mit Sicherheit von Horváth stammt die Einfügung einer Replik des Fräuleins mit rotem Buntstift: „Ich habe einmal eine Stelle gehabt, aber die habe ich verloren“. Anders als in TS1 verwendet Horváth hier keine eindeutigen Figurennamen. Die Eintragungen mit Bleistift, bei denen es sich v.a. um Tippfehlerkorrekturen handelt, stammen eindeutig von Kristl. Von wessen Hand indes die Eintragungen mit schwarzblauer Tinte stammen, lässt sich aufgrund der geringen Menge nicht genau bestimmen. Es dürfte sich aber dabei vermutlich um Eintragungen Horváths handeln. Der hier festgehaltene Text zeigt bereits wesentliche Eckpunkte der Handlung: die Situierung vor dem Wohlfahrtsamt (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 23), das Kennenlernen (vgl. ebd., S. 30f.) und, implizit, Tumulte nach einer Verhaftung (vgl. ebd., S. 28–30). Die ähnliche Anlage der Stelle ist deshalb besonders bemerkenswert, da Horváth diese Situation in K1 mehrmals anders gestaltet. So treffen Elisabeth und der Schupo zunächst erst nach den Tumulten im „Blauen Schiff“ aufeinander, in das Elisabeth mit Maria geht (vgl. etwa K1/TS18/BS 39 h [2], Bl. 12f.). Erst in der abgeschlossenen Fassung des Stückes in zwei Teilen findet das Treffen vor dem Wohlfahrtsamt statt (vgl. K1/TS27/BS 39 e [4a], Bl. 8, 9a). Noch frappierender ist dies bei der Verhaftung durch einen „Kriminaler“, die in der Fassung in zwei Teilen im Epilog des Stückes vor dem „blauen Schiff“ stattfindet (vgl. ebd./BS 39 k [2], Bl. 6–8). In der Fassung in sieben Bildern von K2 wird dieses Geschehen in die Handlung vor dem Wohlfahrtsamt integriert (vgl. K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 31f.) und bleibt so bis zur Endfassung bestehen (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 30f.).

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Vorarbeit 2

T3 = ÖLA 3/W 20 – BS 39 c [4], Bl. 3–5 Insgesamt 3 Blatt, davon 1 Blatt unliniertes Papier (285 × 220 mm), 1 Blatt unliniertes Papier (282 × 224 mm), 1 Blatt unliniertes Papier (285 × 225 mm), Durchschlag, hs. Eintragungen mit Bleistift, Paginierung 2, 3 auf BS 39 c [4], Bl. 4, 5 TS3 = fragm. Fassung des Bildes „Im Zimmer des Fräulein“ (Korrekturschicht) Druck in: Horváth 1973, S. 93–96.

TS3 liegt auf drei von Kristl masch. ausgearbeiteten Blättern vor und enthält ein Bild mit dem Titel „Im Zimmer des Fräulein“. Als Schauplatz „Elisabeths möbliertes Zimmer“ ist es bereits Teil der Fassung in zwei Teilen (vgl. K1/TS21 und TS27) und geht als sechstes Bild in die Fassung in sieben Bildern (K2/TS6) bzw. als viertes Bild in die Endfassung ein (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 37). Die Bl. 4 und 5 sind bereits masch. paginiert, schließen aber an keine vorhergehende Paginierung an. Das Bild „Im Zimmer des Fräulein“ beginnt mit dem Auftritt eines Beamten der Kriminalpolizei (vgl. Bl. 3); das Zusammensein des Fräuleins mit dem Sipo ist nur in der Szenenanweisung umrissen. Das namenlose Fräulein wird nach ihrem Einkommen befragt, und es wird ihr Prostitution unterstellt. Schließlich entdeckt der Polizeibeamte den halb bekleideten Sipo hinter einem Vorhang, der dort „stramm“ (Bl. 5) steht. Nach der folgenden sarkastischen Replik des Fräuleins ist kein Text überliefert, hier ist höchstwahrscheinlich Material verloren gegangen. Diese Textstufe ist aus mehrerlei Gründen bemerkenswert. Zum einen wurde sie ausschließlich von Kristl selbst bearbeitet und zeigt keinerlei Eingriffe Horváths. Zugleich liegt damit eine längere Ausarbeitung Kristls vor, die den späteren Text Horváths erkennbar präfiguriert. Was den Handlungsverlauf, aber auch einige Dialogteile betrifft, scheint Kristls Typoskript erstaunlich nahe am Text der Endfassung zu liegen (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 40–42). Eine nähere Betrachtung der Genese des Bildes zeigt allerdings auch die intensive Arbeit Horváths, die auf umfängliche Kürzungen, Verdichtungen und Umstellungen des von Kristl gelieferten Textes hinausläuft (vgl. dazu K1/TS21/A2 und TS27/BS 39 i [2], Bl. 6–10). Darüber hinaus fügt Horváth den Dialog vor dem Auftritt des Oberinspektors ein (ebd./Bl. 6f.), der in der Endfassung K3/TS7 aufgrund der ersatzlosen Streichung der Handlung im „Bierkeller“ (vgl. zuletzt K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 35–46) nochmals adaptiert und erweitert wird. Zusammenfassend lässt sich anhand der Entstehung dieses Bildes minutiös nachverfolgen, wie Horváth die von Kristl gelieferten Blätter als Rohmaterial für seine eigene Arbeit verwendet hat. (vgl. auch das Vorwort, S. 16–19) T4 = ÖLA 3/W 20 – BS 39 c [4], Bl. 6–9 4 Blatt unliniertes Papier (285 × 225 mm), hs. Eintragungen mit Bleistift, Paginierung 2–4 auf BS 39 c [4], Bl. 7–9 TS4 = Fassung des Bildes „Im Korsettenladen. (Zweiter Teil.)“ (Korrekturschicht) Druck in: GW IV, S. 279–283.

Ein vermutlich vollständiges Bild „Im Korsettenladen. (Zweiter Teil.)“ liegt mit TS4 auf einem vier Blatt umfassenden Typoskript Kristls vor. Wie auch in TS3 finden sich hier nur einige Tippfehler korrigierende hs. Eingriffe Kristls, aber keine Bearbeitungsspuren Horváths. Die Bl. 7–9 sind bereits masch. paginiert, schließen aber an keine vorhergehende Paginierung an bzw. werden auch nirgendwo fortgesetzt. Das Bild umfasst den ausführlichen Dialog einer „Frau“, die die Geschäftsinhaberin des Ladens ist (vgl. demgegenüber noch den „Inhaber“ in TS1), mit einem „Herr[en]“,

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Chronologisches Verzeichnis

bei dem es sich um dieselbe Figur wie in TS1 handeln dürfte. Der Herr meint, es wäre „peinlich“ gewesen, so „herein zu platzen“ (Bl. 6), womit wohl die in TS1 fragmentarisch überlieferten Geschehnisse im ersten Teil des Bildes gemeint sind. Die beiden stellen fest, dass jeder von ihnen verwitwet ist, wobei der Herr berichtet, dass er seine Frau erst vor Kurzem bei einem Autounfall verloren habe (vgl. Bl. 7). Das Gespräch kreist dann um die jeweiligen Berufe. Der Herr gibt hier an, „Oberbuchhalter“ zu sein, er habe „eine sichere Stellung“ (Bl. 8) und scheint auch darüber hinaus wohlhabend. Im weiteren Verlauf des Dialogs versucht der Herr sich der Inhaberin anzunähern und beschwört eine „höhere Vorsehung“ (Bl. 9), die ihn zu ihr geführt habe. Anschließend hat Kristl noch eine Anmerkung beigefügt, dass die Unterhaltung „in dem dialektgefärbten Hochdeutsch des gehobenen Kleinbürgertums vor sich“ (ebd.) gehe. Das Bild hat, anders als die vorhergehenden Textstufen, kein erkennbares Pendant in späteren Textstufen Horváths, dennoch finden sich einige Querverbindungen dorthin. Neben den Motiven der Witwerschaft und des Autounfalls, die von der Fassung des Stückes in zwei Teilen bis hin zur Endfassung an die Figur des Barons geknüpft werden, fällt vor allem die explizite Erwähnung der „Anatomie“ auf. Die ersten Notizen zu einer Handlung vor einer „Anatomie“, aber auch Überlegungen zu einem Unfalltod und damit zusammenhängender Witwerschaft stammen allerdings bereits aus der Zeit vor der Zusammenarbeit mit Kristl (vgl. VA1). Es ist hier also davon auszugehen, dass ein umgekehrter Transfer stattgefunden hat und Kristl diese Ideen von Horváth vermittelt bekommen hatte.

Vorarbeit 3: Stiefmutter VA3 umfasst ein schmales Korpus verschiedener früher Arbeiten Horváths zu Glaube Liebe Hoffnung, die thematisch bzw. konzeptionell nur lose verknüpft sind. Zum einen liegt eine Textstufe in mehreren Ansätzen vor (TS1/A1–A3), die Elisabeth in ihrem Familienumfeld zeigen, das später nur mehr indirekt angesprochen wird. Aufgrund einiger Indizien ist ein Monolog Elisabeths (TS2) im genetischen Nahefeld dieser Ansätze zu verorten. Eine weitere Textstufe schließlich knüpft aufgrund des Schauplatzes „Im Korsettenladen“ (TS3) direkt an die Vorarbeiten Kristls an, beschreitet aber noch recht andere Wege als in den späteren Fassungen des Stückes. T1 = ÖLA 3/W 17 – BS 39 c [1], Bl. 1–8 8 Blatt unliniertes Papier (296 × 207 mm), hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte und rotem Buntstift, gestrichene hs. Paginierung 1–6 auf Bl. 3–8, hs. Paginierung 1–8 auf Bl. 1–8 TS1/A1 = fragm. Fassung eines Bildes, konstituiert durch Bl. 1, 2 (nicht gedruckt) TS1/A2 = fragm. Fassung des 2. Bildes, konstituiert durch Bl. 3–8 (nicht gedruckt) TS1/A3 = fragm. Fassung zweier Bilder, konstituiert durch Bl. 1–8 (Korrekturschicht) Druck von Bl. 1, 2 (Grundschicht) in: GW IV, S. 271f. Druck von Bl. 3–8 (Grundschicht) in: GW IV, S. 272–277.

TS1 ist eine sehr frühe Arbeit Horváths zu Glaube Liebe Hoffnung. In drei Ansätzen liegen fragmentarische Fassungen eines vermutlich ersten (A1) wie zweiten Bildes (A2) vor, die wahrscheinlich kurz aufeinanderfolgend entstanden sind. Horváth verbindet beide Bilder schließlich mittels einer durchgängigen Paginierung zu einer zu-

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Vorarbeit 3

sammengehörigen Fassung (A3). Auf der unteren Hälfte von Bl. 5 befindet sich ein größerer Leerraum, der auf einen zwischenzeitlichen Abbruch der Bearbeitung hindeuten könnte; weitere Belege dafür gibt es allerdings nicht. Die Textstufe ist mit hoher Wahrscheinlichkeit erst nach Horváths Treffen mit Kristl und basierend auf dessen Gerichtsreportage entstanden, da der Keim des dramatischen Konflikts – Elisabeths Versuch, einen Wandergewerbeschein zu erhalten – hier schon enthalten ist. Horváth ist der „Fall“, wie es in der Randbemerkung heißt (K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 1), also schon bekannt. Die Gestaltung des Familienumfelds dürfte aber relativ unabhängig von Kristls Vorgaben entstanden sein und entspricht ähnlichen frühen Arbeiten zu Kasimir und Karoline, in denen Horváth zunächst auch Familienszenen entwickelt (vgl. etwa WA 4/K1/TS2). Strukturell ist hier bereits eine Gliederung in Szenen (vgl. TS1/A3 Bl. 7) sowie eine pointierte, teils kontrastierende musikalische Untermalung vorgesehen, wie sie auch für die anderen Volksstücke kennzeichnend ist. TS1/A3 zeigt zunächst den Vater und die Stiefmutter Elisabeths, die ein ausgeprägt sadomasochistisches Verhältnis zu führen scheinen (vgl. Bl. 1f.). Elisabeth kommt ins „[b]ürgerlich[e] Wohnzimmer“ und spricht mit ihrem Vater, der als „hypochondrischer Versicherungsinspektor“ (Bl. 3) charakterisiert wird. Sie bittet ihn um eine Bürgschaft, da ihr ein „Major a.D.“ (Bl. 6) die dringend benötigten 150 Mark leihen würde. In den späteren Textstufen ist dies nur mehr angedeutet bzw. verlässt sich der ihr das Geld leihende Präparator allein auf Elisabeths Angabe über den Beruf ihres Vaters, die dieser noch dazu als „Zollinspektor“ missversteht (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 13). Der Vater unterschreibt ihr die Bürgschaft. Die recht junge Stiefmutter Elisabeths, die ihrer Stieftochter generell nicht wohlgesonnen scheint, ist aber dagegen und macht ihrem Mann deshalb Vorhaltungen. Diese Figur macht eine rapide Wandlung durch, in einer bei der Überarbeitung von Bl. 4 wegfallenden Replik lobt sie Elisabeth zuerst noch für ihren starken Willen. Obwohl es sich um eine relativ frühe Textstufe handelt, fallen einige später fortgeführte Elemente bereits ins Auge: So scheint der Name der Hauptfigur hier schon fixiert (vgl. auch die Einfügungen Horváths in VA2/TS1) und einige ihrer Äußerungen finden sich in modifizierter Form auch im abgeschlossenen Text, etwa ihr Wunsch nach Selbstständigkeit (vgl. Bl. 6f.) und die Abneigung, sich an einen Mann zu binden (vgl. Bl. 7). Die Figur des Vaters wird in späteren Textstufen nur noch erwähnt, bleibt aber über seinen Beruf („Versicherungsinspektor“, Bl. 3 und 6) zumindest indirekt bedeutsam. Die Figur der Stiefmutter indes verschwindet nach TS1/A3 völlig aus dem Stück. Einige der in TS1/A3 entwickelten Motive werden später wieder aufgegriffen und dabei auf andere Figuren übertragen. So geht die übertriebene Tierliebe des Vaters auf den Präparator über (vgl. die große Ähnlichkeit der gestrichenen Replik über den verstorbenen „Rehpintscher“ auf Bl. 1 mit der des Präparators, vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 11f.). Das sadomasochistische Verhältnis zwischen Vater und Stiefmutter wiederum prägt die Beziehung zwischen dem Baron und Maria über einen großen Teil der Konzeption des Stückes in zwei Teilen hinweg (vgl. etwa K1/TS13). Der erwähnte „Major a.D.“ wiederum steht in Zusammenhang mit einem Autounfall (vgl. Bl. 3 und 6); zuvor galt dies für den „Spitaler“ (VA1/TS1) bzw. den „Herrn“ (VA2/TS4). Die Figur des Majors geht schließlich samt diesem Motiv in der Figur des Barons auf (vgl. dazu K1/TS18/BS 39 h [2], Bl. 6–10 sowie K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 7f.).

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Chronologisches Verzeichnis

T2 = ÖLA 3/W 19 – BS 39 c [3], Bl. 11 1 Blatt unliniertes Papier (296 × 207 mm), hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte und rotem Buntstift, gestrichene hs. Paginierung 3, hs. Paginierung 4 TS2 = Fassung der Szene Nummer 6 (Korrekturschicht: schwarzblaue Tinte) Druck in: GW IV, S. 270f.

Der genaue Platz von TS2 in der genetischen Reihe des Stückes ist ungewiss. Auf einem einzelnen Typoskriptblatt ist hier die vermutlich vollständige Fassung einer sechsten Szene festgehalten, nähere Angaben zu einem Schauplatz fehlen. Die hs. gesetzte letzte Paginierung 4 (zuvor: 3) weist darauf hin, dass Blätter fehlen. Das verwendete Schreibmaschinenpapier im Format A4 ist im ganzen Konvolut zu Glaube Liebe Hoffnung häufig und gibt keinen nennenswerten Aufschluss. TS2 enthält einen längeren Monolog Elisabeths über ihre triste Situation. Sie schildert darin, wie sie „abgebaut“ und schließlich obdachlos wurde. Sie berichtet, wie ihre Freundin begonnen hat „sich abzugeben“, also sich zu prostituieren (zu diesem wiederkehrenden Thema vgl. die Kommentare zu VA1/TS1 und K1/TS13), und wie zynisch sich die offiziellen Stellen zur wirtschaftlichen Not äußern. Sie schildert auch, dass sie nun eine Stelle haben könnte und dafür eine Kaution von 150 Mark benötigt. Formal handelt es sich hier um einen Expositionsmonolog, wie er üblicherweise relativ früh in einem Stück situiert ist. Elisabeths Rede ist in einzelne Absätze gegliedert, die sie wiederkehrend leicht variiert mit „aber ich hab den Kopf nicht hängen lassen“ beschließt (zur Ähnlichkeit mit der Autosuggestion Coués vgl. den Schluss von Kasimir und Karoline, WA 4/K4/TS15/SB Arcadia 1932, S. 363f.). Der hier deutlich als Leitmotiv gestaltete Satz taucht in der Endfassung an zwei markanten Stellen auf: einerseits in der Vorstellung Elisabeths gegenüber dem Präparator vor der Anatomie im ersten Bild (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 7), vorbereitet durch die Auskunft des Schupos, darin stünden „die Köpf in Reih und Glied“ (ebd., S. 5); und andererseits in der Sterbeszene im fünften Bild (vgl. ebd., S. 60). Einen Hinweis zu einer möglichen Einordnung des Blattes gibt allein der letzte von Elisabeth geäußerte Satz, sie habe sich „kosmetische Artikel gekauft, weil man dann eher eine Stellung bekommt“. Ähnliches äußert die Stiefmutter in einem teilweise gestrichenen Dialogteil von TS1/A3: „Ich hab ihr gesagt, dass wir sechs Millionen Arbeitslose haben, aber sie hat sich um ihre letzten vier Mark kosmetische Artikel gekauft -- wenn sie besser aussieht, hat sie gesagt, dann kriegt sie eher eine Stellung, weil die Leute lieber angenehme hübsche Menschen um sich haben wollen, als wie andere.“ (TS1/A3/Bl. 4). Ein weiterer Hinweis auf Kosmetika findet sich sonst nirgends in der Genese des Stückes, weshalb TS2 Vorarbeit 3 zugeordnet wird. T3 = ÖLA 3/W 18 – BS 39 c [2], Bl. 9, 10 2 Blatt unliniertes Papier (296 × 207 mm), hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte und rotem Buntstift, hs. Paginierung 1 auf Bl. 9 TS3 = fragm Fassung des Bildes „Im Korsettenladen“ (Korrekturschicht: schwarzblaue Tinte) Druck in: GW IV, S. 278f.

Mit TS3 liegt eine fragmentarische Fassung eines Bildes „Im Korsettlenaden“ vor, die sich nirgendwo sonst in der genetischen Reihe des Stückes sinnvoll positionieren lässt. Mit dem Bildtitel schließt Horváth direkt an Kristl an, aus dessen Hand sich eine vollständige Fassung „Im Korsettenladen. (Zweiter Teil.)“ (VA2/TS4) und das

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Konzeption 1

Fragment einer Fassung, die wohl zum ersten Teil derselben gehört hat (VA2/TS1), erhalten haben. Später wird dieses Bild in den Schauplatz „Kontor der Firma Irene Prantl“ (erstmals in K1/TS8) umgeformt werden. TS3 weicht von den späteren Fassungen des Bildes stark ab. So ist hier eine „Blondine mit der kranken Drüse“ vorgesehen (vgl. die „Drüsen“ der Frau Amtsgerichtsrat in der Fassung in sieben Bildern, K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 35 und in den diversen Bearbeitungen von K1), die Korsette anprobiert. Die Inhaberin heißt in TS3 bereits Irene (vgl. Horváths Einfügungen in VA2/TS1), die Frau Amtsgerichtsrat ist stumm anwesend und „blättert in Modejournalen“ (Bl. 9). Elisabeth betritt den Laden (vgl. Bl. 10) und wird von Irene wegen der schlechten Verkäufe gerügt (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 16); hier bricht die masch. Bearbeitung ab. Bemerkenswert ist ein hs. Zusatz, den Horváth in eine mehrere Zeilen umfassende Lücke in der Grundschicht zwischen dem Abgang der Blondine und dem Auftritt Elisabeths einfügt. So soll eine Figur namens Kobler auftreten und Irene um die finanzielle Beteiligung an einer „Diele“ (Bl. 10) bitten. Es kommt aber zur „Trennung“ (ebd.). Die Figur Kobler verweist auf den Komplex des Romans Der ewige Spießer (1930, vgl. WA 14), in dessen ersten Teil der Protagonist (Alfons) Kobler heißt. Möglicherweise plante Horváth, den bereits in mehreren Texten bzw. Werkgenesen (Geschichten aus dem Wiener Wald, Kasimir und Karoline und Der ewige Spießer, vgl. WA 3, WA 4 und WA 14) sowie in Teilen der Kurzprosa (vgl. WA 13) enthaltenen Schauplatz der Münchener Schellingstraße auch in Glaube Liebe Hoffnung zu integrieren. Weitere Notizen dazu sind allerdings nicht überliefert. In einer letzten Korrektur mit rotem Buntstift scheint Horváth zu einer weiteren Ausarbeitung dieses Szenarios anzusetzen. Auf Bl. 9 wird vermerkt, dass das Orchester einen „Walzer“ spielen soll, und es wird eine Paginierung 1 eingetragen. Diese setzt sich aber auf Bl. 10 nicht fort, dafür findet sich hier eine Eintragung „1.“ am Fuß des Blattes, wohl um sich Notizen zur Fortführung zu machen, die aber nicht mehr ausgeführt werden.

Konzeptionen Konzeption 1: Glaube Liebe Hoffnung – Volksstück in zwei Teilen Die Entstehung von Glaube Liebe Hoffnung scheint sehr rasch vor sich gegangen zu sein (vgl. dazu das Vorwort in diesem Band, S. 1–5) und dürfte bereits bald in die Fassung in zwei Teilen samt Epilog gemündet haben, die in K1 wiedergegeben wird. Starke Überlieferungsverluste verunmöglichen allerdings eine Rekonstruktion des ersten Teiles des Stückes, der nur in Fragmenten vorliegt (vgl. TS1–TS9). Der zweite Teil, zu dem sich auch einige Entwürfe erhalten haben (vgl. E1–E9), und der Epilog sind wesentlich besser dokumentiert, aber auch hier weist das Material einige Lücken auf (vgl. TS10–TS23). Für den zweiten Teil und den Epilog lässt sich schließlich eine fast vollständige Fassung rekonstruieren (TS24 bzw. TS27), die Horváth aber bald zur Fassung in sieben Bildern von K2 weiterverarbeitet haben dürfte (vgl. dazu insbesondere die Wiederverwendung des Deckblattes TS25 für die nur fragmentarisch überlieferten Reinschrift, K2/TS6). Große Teile des Textes, wie er dann auch in die Endfassung in fünf Bildern K3/TS7 eingeht, sind mit der Fassung in zwei Teilen bereits fertig ausgearbeitet und werden nur hinsichtlich ihrer Abfolge variiert.

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Chronologisches Verzeichnis

Überdies hat Horváth hier keine Struktur in Bildern gewählt, sondern erarbeitet seinen Text in einer fortlaufenden Zahl von Szenen, ähnlich der Endfassung von Kasimir und Karoline (vgl. WA 4/K4/TS15). Um eine übersichtliche Darstellung zu gewährleisten, wurden die Materialien im Folgenden nach den jeweiligen Schauplätzen getrennt, wie sie sich zum Teil später auch als Bilder der Fassung in sieben Bildern bzw. der Endfassung in fünf Bildern finden. Die Schauplätze „Vor dem Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“, „Vor einem Tonfilmkino“ und „Bierkeller“ des zweiten Teiles wiederum werden aufgrund der intensiven Verflechtung des überlieferten Materials gemeinsam behandelt (vgl. insbesondere TS17 und TS19–TS21). Wo gesicherte genetische Zusammenhänge von Textstufen über einzelne Schauplätze hinaus bestehen, wird in den jeweiligen Einzelkommentaren darauf hingewiesen.

Schauplatz „Vor dem anatomischen Institut“ T1 = ÖLA 3/W 30 – BS 39 f, Bl. 1 1 Blatt unliniertes Papier (296 × 206 mm), hs. Eintragungen mit schwarzer Tinte und rotem Buntstift, hs. Paginierung 2 TS1 = fragm. Fassung der Szenen 3–5 (Grundschicht)

Zum Schauplatz „Vor dem anatomischen Institut“, dem späteren ersten Bild sowohl der Fassung in sieben Bildern als auch der Endfassung in fünf Bildern, sind nur wenige Blätter überliefert. Sie erlauben einen nur sehr ungefähren Einblick in die Genese dieser Szenen. Eine auch nur annähernd vollständige Fassung lässt sich aus dem erhaltenen Material nicht herstellen. In TS1, einer fragmentarischen Fassung der Szenen 3–5, trifft Elisabeth auf den Sipo („Sicherheitspolizist“), wie der Schupo („Schutzpolizist“) hier noch heißt (vgl. dazu auch innerhalb der Typoskripte Kristls VA2/TS2), und auf den Präparator. Die Umbenennung des Sipos erfolgt erst im Vorfeld von TS13, ab dort wird diese Figur ausschließlich als „Schupo“ bezeichnet. Das vorliegende Blatt trägt die Paginierung 2; das vorhergehende Blatt, das den Beginn des Stückes enthalten haben muss, ist nicht überliefert. Abgesehen von der gegenüber der Endfassung K3/TS7 um einen Zähler erhöhten Szenennummerierung scheint der Dialog bereits relativ weit entwickelt zu sein. Teile des Textes werden in einer ersten Überarbeitung des Blattes mit Tinte allerdings neu arrangiert bzw. verknappt. Etwas anders gestaltet sich hier etwa der Auftritt des Präparators, der von selbst aus dem Institut kommt, um einen „armseligen Blumenstock“ zu gießen. In der Korrekturschicht wird an dieser Stelle „mit Studenten“ ergänzt, was Teil der in K1 entwickelten Studentenhandlung sein dürfte (vgl. dazu die Arbeiten zum Schauplatz „Im blauen Schiff“ und den Kommentar zu TS25). Die Dialogstelle, in der Elisabeth den Sipo als „General“ bezeichnet und dieser „gekränkt“ mit „Ich bin kein General“ reagiert, wird in der Korrekturschicht wieder gestrichen, taucht aber an unterschiedlichen Stellen der Werkgenese im Dialog zwischen den beiden wieder auf (vgl. etwa TS18/BS 39 h [2], Bl. 13). In der Endfassung findet diese Stelle indes im Dialog zwischen Präparator und Schupo Verwendung (K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 50). In einer letzten Bearbeitung streicht Horváth fast die gesamte Textstufe mit rotem Buntstift, wobei es sich hierbei um eine Erledigungsstreichung nach Übernahme des Textes in eine Reinschrift oder Ähnliches handeln dürfte.

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Konzeption 1

T2 = ÖLA 3/W 30 – BS 39 f, Bl. 2 1 Blatt unliniertes Papier (287 × 226 mm), hs. Eintragungen mit rotem Buntstift, Paginierung 2 TS2 = fragm. Fassung einer Szene (Grundschicht)

Mit TS2 liegt eine Reinschrift der hs. Überarbeitung von Szene 3 aus TS1 vor. Nur die obere Blatthälfte bis zum Abtritt des Sipos wurde beschrieben und der ganze Text schließlich mit rotem Buntstift gestrichen. Die in TS1 noch hs. gesetzte Paginierung 2 ist hier bereits in der masch. Grundschicht realisiert. Möglicherweise war das Blatt für eine Klebung oder Ähnliches vorgesehen und wurde von Horváth schon kurz nach der Erstellung verworfen. T3 = ÖLA 3/W 30 – BS 39 f, Bl. 3, 4 Insgesamt 2 Blatt, davon 1 Blatt unliniertes Papier (262 × 209 mm), gerissen, restauriert, 1 Blatt unliniertes Papier (355 × 215 mm), geschnitten und geklebt, hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte und rotem Buntstift, Paginierung 5 auf Bl. 4 TS3/A1 = fragm. Fassung, konstituiert durch BS 39 f, Bl. 4 (nicht gedruckt) TS3/A2 = fragm. Fassung der Szenen 5–9, konstituiert durch BS 39 f, Bl. 3, 4 (Korrekturschicht: schwarzblaue Tinte)

TS3 umfasst Teile einer Umarbeitung der Szenen „Vor dem anatomischen Institut“ in zwei Ansätzen, die auf einer nicht erhaltenen Reinschrift basiert. Ein Rest dieser Reinschrift liegt mit dem unten an Bl. 4 angeklebten Teil, beginnend mit „Präparator (unterbricht sie)“, vor (A1). Bei diesem Blattteil handelt es sich materiell um Durchschlagpapier, das darüber hinaus eine andere Schreibmaschinentype aufweist. Dieselbe Type liegt bei der Reinschrift der Szenen am Schauplatz „Einsame Landstrasse“ (TS8) bzw. „Kontor der Firma Irene Prantl“ (TS9) vor. Möglicherweise gehörte der untere Teil von Bl. 4 damit zu einer vollständigen Reinschrift einer Fassung des ersten Teiles. Da hier zumindest teilweise eine Reinschrift vorliegt, ist nicht ganz auszuschließen, dass diese Überarbeitung erst nach TS4–TS6, die den Schluss dieser Szenenfolge enthalten, entstanden ist. Es liegt aber zu wenig Material für ein verlässliches Urteil vor. In A2 wird der Teil aus A1 an Bl. 4 angeklebt. Dem voran geht Bl. 3, von dem der obere Teil abgerissen wurde; die Risskante wurde an dieser Stelle mit Japanpapier restauratorisch gesichert. A2 umfasst somit die Szenen 5–9. Nach einem nur die zwei letzten Repliken umfassenden Dialog zwischen Elisabeth und dem Oberpräparator in Szene 5 kommt der Präparator aus dem Institut und verständigt den Oberpräparator über den Anruf betreffend das „Gutachten in Sachen Leopoldine Hackinger aus Brünn“ (Bl. 3). Die Sequenz verläuft hier beinahe textident mit der Endfassung, wenngleich dort der in K1 noch nicht vorgesehene Vizepräparator agiert, der erst in K2/TS6 Teil der Handlung wird (vgl. auch den Kommentar zu TS25). Der Oberpräparator verabschiedet nun den ebenfalls anwesenden Baron; es ist anzunehmen, dass zuvor der bereits aus VA1/TS1 bekannte Dialog über den Autounfall seiner Frau stattfand. Die Erwähnung des Barons an dieser Stelle ist ein wichtiges Indiz für die relative Chronologie der Fragmente zu den diversen Schauplätzen: Bis zu den Ausarbeitungen zum Schauplatz „Im blauen Schiff“ in TS17 ist noch die Figur des Majors vorgesehen (erstmals in VA3/TS1), die dann durch die des Barons ersetzt wird. Die vorliegende Textstufe (bzw. konkret das Blatt BS 39 f, Bl. 3) ist also wohl erst nach TS17 entstanden. Hs. ergänzt Horváth hier noch, dass „in weiter Ferne einige Takte

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Chronologisches Verzeichnis

des Chopinschen Trauermarsches“ (Bl. 3) erklingen, der zu einer markanten musikalischen Rahmung des gesamten Stückes wird (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 5, 10 und 46). Dem Abgang des Barons und, kurz darauf, des Oberpräparators in Szene 8 folgt eine Fortsetzung des Dialogs zwischen Elisabeth und dem Präparator in Szene 9, die dem Inhalt nach in etwa Szene 7 der Endfassung entspricht (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 10), hier aber noch wesentlich mehr Gesprächsbeiwerk aufweist. Elisabeth eröffnet dem Präparator schließlich, dass sie 150 Mark für ihren Wandergewerbeschein benötigen würde. In TS3/A2 ist die Stelle noch humoristisch gewandt, da der Präparator diese Summe sofort in „drei Hektoliter Bier inclusive zehn Prozent“ umrechnet. In der Endfassung findet sich davon schließlich nichts mehr. T4 = ÖLA 3/W 30 – BS 39 f, Bl. 5, 7 2 Blatt unliniertes Papier (296 × 209 mm), hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte TS4 = fragm. Fassung einer Szene (Korrekturschicht)

T5 = ÖLA 3/W 30 – BS 39 f, Bl. 6 1 Blatt unliniertes Papier (92 × 209 mm), geschnitten, hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte, hs. Eintragungen mit Bleistift von fremder Hand (Berliner Bearbeitung) TS5 = fragm. Fassung einer Szene (Korrekturschicht)

T6 = ÖLA 3/W 30 – BS 39 f, Bl. 8 1 Blatt unliniertes Papier (296 × 209 mm), hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte, Paginierung 9 TS6 = fragm. Fassung einer Szene (Korrekturschicht)

TS4–TS6 behandeln den weiteren Verlauf des Dialogs zwischen dem Präparator und dem Oberpräparator nach Elisabeths Abgang. Eine Szenennummer ist auf keinem der überlieferten Blätter eingetragen. In der Endfassung handelt es sich hierbei um die Szene 10 des ersten Bildes (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 13f.). Die drei Textstufen bauen erkennbar aufeinander auf und wurden hs. mit schwarzblauer Tinte überarbeitet. Das TS4 zugrundeliegende Blatt ist unpaginiert, in TS6 scheint die bereits masch. gesetzte Paginierung 9 auf. TS5, die die Korrekturschicht von TS4 masch. umsetzt, liegt auf einem oben wie unten beschnittenen Blatt vor, was auf eine montierte Fassung der gesamten Szenenfolge hindeutet, die als verloren erachtet werden muss. Für TS4 wie TS6 wurde, wie fast ausschließlich in den Textstufen zu dieser Szenenfolge, Schreibmaschinenpapier im Format A4 verwendet. Bei dem zerschnittenen Blatt von TS5 handelt es sich wahrscheinlich um dieselbe Papiersorte. Die Positionierung der drei Textstufen in der relativen Chronologie ist unklar: Wie aus TS3 zu ersehen ist, gab es eine wohl vollständige Reinschrift des Schauplatzes „Vor dem anatomischen Institut“, die Horváth nach den Arbeiten zum zweiten Teil, wie sie mit TS17 vorliegen, nochmals grundlegend überarbeitet hat (vgl. die Figur des Barons in TS3/A2). Ob TS4–TS6 dieser Reinschrift vorausgehen oder ob sie Effekt einer mit TS3/A2 zusammenhängenden Überarbeitung derselben sind, kann nicht definitiv entschieden werden. TS4 setzt nach dem Abgang des „Fräulein[s]“ ein; ihr Name wird hier nicht erwähnt, lautet aber mit Sicherheit bereits Elisabeth (vgl. VA2/TS1 und VA3/TS1/A3). Der Oberpräparator rügt den Präparator, er möge sich doch lieber um „die Tumors“ kümmern, als sich mit „Weibern“ abzugeben (TS4/Bl. 5). Dieser erklärt, dass es sich

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Konzeption 1

bei dem Fräulein um eine „verarmte Zollinspektorstochter“ (ebd.) handle, und dass er ihr helfen wolle. In einer mit Tinte gestrichenen Replik weist der Oberpräparator darauf hin, dass sich der Präparator über den Vater Elisabeths erkundigen solle. Diese Aufforderung geht später auf die Figur des Tierpflegers über und ist zumindest für die Fassung in sieben Bildern eindeutig für das zweite Bild („Im Tierpark“) belegt (vgl. K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 17). Diese Szenenfolge ist in K1 nicht überliefert, dürfte aber vorgelegen haben, wie die Figur des Tierpflegers nahelegt, der in Resten einer nicht näher belegbaren Szenenfolge vorgesehen ist (vgl. TS8/BS 39 g [1], Bl. 1 und TS9/BS 39 h [3], Bl. 4). In TS4 ebenfalls bereits enthalten sind die Passagen des Präparators über sein „Aquarium“ und sein „gutes Herz“ (Bl. 5), über den verletzten Zeigefinger und die drohende Vergiftung des Oberpräparators (Bl. 5 und 7) sowie über die „höher[e] Ordnung“, die der Präparator am Werk sieht (Bl. 7). Die Szene schließt mit dem Abgang der beiden in das Anatomische Institut und der für das Stück charakteristischen Szenenanweisung „(Dunkel)“ (ebd.). In adaptierter und neu arrangierter Form finden sich diese Passagen auch in der letzten Szene des ersten Bildes der Endfassung (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 13f.). TS5, die allein durch einen oben wie unten beschnittenen Blattteil gebildet wird, enthält die ersten Repliken des Dialogs zwischen dem Oberpräparator und dem Präparator nach Elisabeths Abgang. Der Text der Grundschicht basiert dabei auf den Korrekturen von TS4, womit sich die Chronologie der Textträger festlegen lässt. Der Blattteil selbst wurde teils umfangreich hs. überarbeitet. So findet sich etwa die auch in der Endfassung vertretene Wendung, dass mit den 150 Mark „die Welt […] sich ihr wieder öffnen“ würde (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 13), hier als Variante notiert. TS6 basiert ebenfalls auf den Überarbeitungen von TS4 und wurde wieder auf ein vollständiges Blatt getippt. Wie die Paginierung 9 zeigt, war das Blatt Teil einer umfangreicheren Fassung. Ob TS6 mit TS5 zu einer zusammengehörigen Bearbeitung zu rechnen ist, lässt sich anhand der geringen Materialmenge nicht bestimmen. Der erhaltene Text beginnt mit der Aufforderung des Oberpräparators „Zur Sache!“ und der Replik des Präparators darüber, dass er wegen seiner Gutmütigkeit für „unfähig“ gehalten wird, was auch in TS4 vorbereitet ist. In der Grundschicht des Blattes endet die Szene hier sogleich mit der Klarstellung des Oberpräparators, das läge allein daran, dass er „wildfremden Fräulein“ den Wandergewerbeschein kaufe. Der von TS4 vorgegebene Text ist damit hier um einen Replikenwechsel gerafft. In der Korrekturschicht ergänzt Horváth indes eine neue Reaktion des Präparators, der nun klarstellt: „Nicht kaufen! Nur leihen! Leihen!“ (TS6). Erst dann erfolgt der Abgang der beiden. Diese Änderung geht allerdings nicht in die Endfassung ein, die eine neue Zusammenstellung dieser Szene aufweist, nachdem diese in der Fassung in sieben Bildern nicht vorgesehen war. Sowohl der Dialog zwischen dem Oberpräparator und dem Präparator nach dem Abgang Elisabeths als auch die Nebenhandlung um den verletzten Zeigefinger fehlen dort vollständig, das Bild endet in K2/TS6 mit der Rüge des Präparators und dem Abgang Elisabeths (zu den Unterschieden in der Fassung in sieben Bildern vgl. den Kommentar zu K2/TS6). Möglicherweise war das Bild auch in der Fassung in zwei Teilen bereits um diese Passagen bzw. eventuell sogar wie in K2/TS6 um die ganze Szene verkürzt worden, wofür Indizien sprechen, die sich an verschiedenen Stellen in TS4, TS27 und K2/TS6 auffinden lassen. In der Szenenfolge im „Bierkeller“ im zweiten Teil äußert sich der Präparator fast wortident über die „höhere Ordnung“ wie in TS4 (vgl. TS4/Bl. 7 und

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Chronologisches Verzeichnis

TS27/BS 39 e [4a], Bl. 12). Die gleiche Stelle findet sich dann in der Fassung in sieben Bildern im fünften Bild („Bierkeller“) wieder (vgl. K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 39). Der Schluss liegt nahe, dass Horváth diese Passagen bereits in der Fassung in zwei Teilen an dieser Stelle entfernt und sie erst für die Erstellung der Endfassung wiederverwendet hat. Allerdings fällt in K3/TS7 auch die gegenüber TS6 veränderte Position der Passage des Präparators über das „Aquarium“ und seine allgemeine Gutmütigkeit ins Auge. Sie ist in der Endfassung nach vorne verschoben (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 13) und die Replik des Präparators über die „höhere Ordnung“ in etwa an deren Stelle gerückt. Eine gleichfalls plausible Annahme ist somit, dass diese Szenenfolge in der Fassung in zwei Teilen ganz ähnlich zu dem mit TS6 dokumentierten Verlauf geendet hat.

Schauplatz „Einsame Landstrasse“ T7 = ÖLA 3/W 22 – 39 c [6], Bl. 4 1 Blatt unliniertes Papier (285 × 225 mm), hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte und rotem Buntstift, hs. Paginierung 13 TS7 = fragm. Fassung einer Szene (Korrekturschicht: schwarzblaue Tinte)

T8 = ÖLA 3/W 31 – BS 39 g [1], Bl. 1–7, ÖLA 3/W 32 – BS 39 g [2], Bl. 1–7, ÖLA 3/W 33 – BS 39 g [3], Bl. 1–7 21 Blatt unliniertes Papier (286 × 227 mm), dünn, Durchschlag, hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte und rotem Buntstift, Paginierung 19–25 jeweils auf BS 39 g [1], Bl. 1–7, BS 39 g [2], Bl. 1–7 und BS 39 g [3], Bl. 1–7 TS8 = Fassung der Szenen 29–39 („Einsame Landstrasse“), konstituiert durch BS 39 g [1], Bl. 1–7 (Grundschicht) Druck in: GW IV, S. 289–294.

Mit TS7 und TS8 liegen zwei Textstufen zum später aus dem Stück entfernten Schauplatz „Einsame Landstrasse“ vor. Diese Szenenfolge behandelt die Autopanne während Elisabeths Fahrt nach Kaufbeuren, die in der Fassung in sieben Bildern wie in der Endfassung nur noch als eher kryptische Anmerkung vorkommt: „Ich wollte nämlich Zeit sparen und bin mit einem Auto gefahren, und zwar direkt in der Luftlinie -- aber plötzlich hat die Ölzufuhr ausgesetzt und ich habe in einer Scheune im Walde übernachtet.“ (K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 20 und K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 17). Ähnliche Überlegungen zu einer „Panne“, die dann aber nicht ins Stück übernommen wurden, finden sich auch in der Werkgenese von Kasimir und Karoline (vgl. etwa WA 4/K1/TS4). Krischke vermutete ursprünglich, wohl beeinflusst von der Einrichtung, die Peter Palitzsch für die Inszenierung in Stuttgart 1969 vorgenommen hatte, dass es sich hier um einen Teil des zweiten Bildes der Fassung in sieben Bildern handeln müsse (vgl. Krischke 1973, S. 56 sowie die Ausführungen dazu im Vorwort in diesem Band, S. 25f.). Das lässt sich indes nicht belegen, der Schauplatz scheidet am Schluss von K1 aus dem Stück aus (vgl. TS19/A6). Die in GW IV abgedruckte Fassung des Stückes in sieben Bildern, die diese Szenen beinhaltet, ist dementsprechend fiktiv. TS7 ist auf einem einzelnen Blatt überliefert, das Teil einer umfangreicheren Fassung gewesen muss, wie die hs. Paginierung 13 andeutet. Diese bezieht sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht allein auf die vorliegende Szenenfolge, sondern auf eine umfangreichere Fassung inklusive der vorangehenden Schauplätze. Belegt ist

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Konzeption 1

hierfür die Szenenfolge „Vor dem anatomischen Institut“ (vgl. TS1–TS6). Ein unmittelbarer Zusammenhang mit den TS1–TS6 konstituierenden Blättern ist aber nicht anzunehmen, da für TS7 bzw. TS8 eine Papiersorte im Quart-Format verwendet wurde, die zuvor nur für TS2 belegt ist. Vermutlich lag auch eine Fassung des späteren zweiten Bildes der Fassung in sieben Bildern „Im Tierpark“ vor, das sich als Schauplatz in K1 nur in Form zweier Repliken erhalten hat (vgl. TS8/BS 39 g [1], Bl. 1 bzw. TS9). Allerdings könnte es sich dabei auch um eine zusätzliche Szenenfolge zum Schauplatz „Bierkeller“ gehandelt haben (vgl. dazu die Kommentare zu TS14 bzw. TS17 und TS20). Die in TS7 enthaltene Fassung zeigt Elisabeth und Eltz während der Panne „auf einem Feldweg“. Wie der Textvergleich mit TS8 zeigt, dürfte es sich um den Beginn der Szenenfolge handeln. Der Dialog der masch. Grundschicht wurde teils intensiv hs. überarbeitet. Teile davon, etwa Elisabeths Replik: „Zuerst, da hab ich zwar gedacht: ist der aber blasiert!“, übernimmt Horváth in den Dialog zwischen Elisabeth und dem Schupo in eine Fassung des Schauplatzes „Bierkeller“ (vgl. TS17/A18/BS 39 e [3b], Bl. 33). Zusammen mit einigen hier nicht eingefügten Änderungen, was auf weitere Bearbeitungen hindeutet, ist TS7 die Grundlage für die Reinschrift von TS8. TS8 ist auf sieben Blatt in drei Durchschlägen überliefert und wohl nur deshalb vollständig erhalten, weil Horváth den Text zuletzt aus der Fassung in zwei Teilen ausgeschieden hat (vgl. auch TS19/A6). Es handelt sich erkennbar um eine Reinschrift einer bereits weit gediehenen Fassung des Textes, die wohl den gesamten ersten Teil umfasst hat. Vermutlich ist auch TS18 Teil dieser Reinschrift gewesen, die somit bis zum Beginn der Ausarbeitungen des Schauplatzes „Bierkeller“ im zweiten Teil gereicht hat (vgl. den Kommentar zu TS18). Ähnlich wie in TS18 wurden im Typoskript von TS8 wiederholt keine Leerzeichen zwischen Wörtern und Satzzeichen gesetzt, was in der vorliegenden Transkription stillschweigend emendiert wird. Der Text von TS8 beginnt auf BS 39 g [1], Bl. 1 mit je einer Replik des Präparators und des Tierpflegers der vorangehenden, nur fragmentarisch überlieferten Szene 29, die Teil eines früheren Schauplatzes war (entweder „Im Tierpark“ oder „Bierkeller“, siehe oben). Der Schauplatzwechsel wird musikalisch in Szene 30 von der „Siamesischen Wachtparade“ begleitet, einem populären Stück aus der 1902 uraufgeführten Operette Naikiris Hochzeit, oder: Der Stern von Siam des Berliner Komponisten Paul Lincke (1866–1946). Elisabeth ist hier mit dem Medizinstudenten Eltz in seinem Auto unterwegs nach Kaufbeuren. Dieser inszeniert hierbei eine Panne und nötigt Elisabeth zum Geschlechtsverkehr, was diese mit den Worten „hernach bist Du immer zwei Tag lang erledigt --“ (TS8/Bl. 4) abwenden will (vgl. dazu den Dialog mit Maria in TS18/BS 39 h [2], Bl. 5). Eltz eröffnet ihr danach, die Panne sei nur vorgespielt gewesen, und deklariert, es sei für einen Mann sehr schwierig „festzustellen, wo der heftige weibliche Widerstand aufhört und die Vergewaltigung beginnt“ (TS8/Bl. 5). Danach hat das Auto aber tatsächlich eine Panne und Elisabeth macht sich zu Fuß auf den Weg nach Kaufbeuren. Der Text mündet schließlich in die erste Szene des Schauplatzes „Kontor der Firma Irene Prantl“ (hier: Szene 39; vgl. TS9). Auf den in der Mappe BS 39 g [1] abgelegten Durchschlägen hat Horváth den Text der Szenen 31–38 mit rotem Buntstift gestrichen; auf BS 39 g [1], Bl. 7 endet die Streichung direkt vor dem Beginn der Szene 39 bei Irene Prantl. Diese Streichung geschah wohl parallel zur Entfernung der Szenen mit Eltz im zweiten Teil (vgl. TS19/A6 als Teil von TS27), wobei es sich um den chronologisch letzten Eingriff in das Stück in K1 handelt (vgl. die Kommentare zu TS19 sowie zu TS24 bzw. TS27). Sie bildet sich auch

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Chronologisches Verzeichnis

in den Notizen E11–E13 ab, in denen Horváth Korrekturen zu einer wohl vollständigen Fassung festgehalten hat (vgl. hier insbesondere die vorgesehene Adaption der Szenennummerierung um 8 in E13 sowie die Reduktion der Gesamtszenenzahl in E18; vgl. auch TS26). Die Figur des Eltz war aber noch, wie ein Figurenverzeichnis und das Schlusstableau nahelegen, zu Beginn des Stückes, wohl am Schauplatz „Vor dem anatomischen Institut“, vorgesehen (vgl. den Kommentar zu TS25). BS 39 g [1], Bl. 1 wurde überdies zusätzlich vollständig mit Tinte gestrichen, die Streichung aber für die nur teilweise vorhandene Szene 29 (Repliken des Tierpflegers und des Präparators) sowie für Szene 30 (Anweisung zur Musik) wieder rückgängig gemacht. Die Tilgung mit rotem Buntstift findet sich in TS9 anschaulich umgesetzt, wo die beiden Repliken des Tierpflegers und des Präparators mit der „Siamesischen Wachtparade“ direkt in den Schauplatz „Kontor“ übergehen, der dort mit Szene 31 ausgewiesen ist (vgl. auch den Kommentar dort). Die beiden anderen Durchschläge von TS8 in den Mappen BS 39 g [2] und [3] weisen keinerlei hs. Eintragungen auf.

Schauplatz „Kontor der Firma Irene Prantl“ T9 = ÖLA 3/W 36 – BS 39 h [3], Bl. 4 1 Blatt unliniertes Papier (295 × 205 mm), Durchschlag, Paginierung 19 TS9 = fragm. Fassung der Szenen 29–31 (Grundschicht)

TS9 ist, neben TS8, der einzige Beleg für den Schauplatz „Kontor der Firma Irene Prantl“ in K1. Es liegt ein Blatt einer Reinschrift vor, das als direkte Konsequenz der Streichung des Schauplatzes „Einsame Landstrasse“ angefertigt wurde. Der Text von TS9 entspricht dabei präzise dem nicht gestrichenen Text von TS8/BS 39 h [2], Bl. 1 und Bl. 7; die einzige Abweichung ergibt sich in der Szenenzählung, die den neuen Schauplatz nun der Änderung folgend mit Szene 31 beginnen lässt. TS9 ist auf Durchschlagspapier gefertigt, das dem von T8 entspricht. Das untere Drittel des Blattes wurde nicht beschrieben, was darauf hindeutet, dass so der Anschluss an die weiteren, nicht überlieferten Blätter der Reinschrift gewahrt wurde, die bereits mit TS8 vorgelegen hat. Diese hatte Horváth vermutlich hs. adaptiert. Da die Streichung von TS8 erst sehr spät in der Entwicklung der Fassung in zwei Teilen anzusetzen ist (vgl. den Kommentar zu TS8), handelt es sich bei dem vorliegenden Blatt vermutlich um das jüngste Material von K1. Auf die Repliken von Tierpfleger und Präparator im vorangehenden Schauplatz (vermutlich „Im Tierpark“ oder „Bierkeller“; vgl. den Kommentar zu TS8) folgt die bekannte Anweisung zur Musik (neuerlich: Siamesische Wachtparade von Lincke; vgl. ebd.) und der Anfang des Schauplatzes im Kontor, der hier wie in TS8 die Szenenanweisung sowie ein Teil der ersten Replik der Prantl gegenüber der Frau Amtsgerichtsrat folgen. Der Text von TS9 entspricht bereits dem der Endfassung (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 15). Der hier nicht vorhandene Rest der Replik der Prantl nach „gratuliere, gratuliere!“ dürfte bereits in TS8 auf dem nicht überlieferten Folgeblatt eingetragen worden sein, jedenfalls endet der Text dort ganz am unteren rechten Eck des Blattes. Auf T9 verbleibt so ein nicht weiter beschriebener Leerraum. Weitere Arbeiten zum ersten Teil sind nicht überliefert, sieht man von der später für K2 adaptierten Reinschrift der Titelei (vgl. den Kommentar zu TS25) ab.

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Konzeption 1

Entwürfe zum zweiten Teil H1 = ÖLA 3/W 22 – BS 39 c [6], Bl. 1 1 Blatt kariertes Papier (210 × 150 mm), schwarzblaue Tinte, roter Buntstift E1 = fragm. Strukturplan in 3 Schauplätzen zum II. Teil

H2 = ÖLA 3/W 22 – BS 39 c [6], Bl. 1v 1 Blatt kariertes Papier (210 × 150 mm), schwarzblaue Tinte, roter Buntstift E2 = gestrichener Konfigurationsplan zum ersten Schauplatz des II. Teil „Strasse vor dem Kontor“ (oben) E3 = fragm. Strukturplan in 3 Schauplätzen zum II. Teil (mittig)

Zu Glaube Liebe Hoffnung in zwei Teilen sind ausschließlich Entwürfe zum zweiten Teil überliefert. Die Struktur- und Konfigurationspläne E1–E9 stammen aus einem relativ frühen Abschnitt der Werkgenese, wie sich etwa am Figurennamen Sipo (statt Schupo; vgl. den Kommentar zu TS1) und an verschiedenen strukturellen Aspekten erkennen lässt. Einer konkreten Textstufe lassen sie sich, nicht zuletzt aufgrund der prekären Überlieferungslage, nicht zuordnen, weshalb sie gesammelt den Arbeiten zu den einzelnen Schauplätzen vorangestellt werden. Die genetische Binnenreihung wiederum basiert auf strukturellen Vergleichen wie der Fortführung oder Streichung verschiedener Schauplätze bzw. der Änderung ihrer Abfolge und ist an manchen Stellen unsicher. E1 ist vermutlich der früheste erhaltene Strukturplan zum zweiten Teil und damit zugleich der früheste erhaltene Strukturplan der gesamten Werkgenese. Er wurde auf einem Blatt karierten Papiers notiert, das möglicherweise aus einem Heft gerissen wurde. Auf der Rückseite hat Horváth E2 und E3 eingetragen. In E1 sind unter der römischen Nummerierung „II“ drei verschiedene Schauplätze vorgesehen: „Vor dem Kontor“, „Wohlfahrtsamt“ und „Bierkeller“, wobei Horváth für Letzteren zuerst „Tonfilmfassade“ (vgl. E3 und E7–E9) notiert hat. Dass die „Tonfilmfassade“ trotz ihrer Streichung in E1 weiterhin vorgesehen ist, belegt eine Notiz rechts, die den Major (vgl. VA3/TS1) gemeinsam mit Elli und Maria einer „Tonfilmfassade“ zuweist (vgl. E3). Es handelt sich bei E1 also um einen wohl unvollständigen Entwurf über die Schauplätze des zweiten Teiles. Die Figurennamen Elli und Maria hatte Horváth bereits in Kasimir und Karoline für Nebenfiguren verwendet (vgl. WA 4). Von den notierten Schauplätzen wird allein „Vor dem Kontor“ nicht mehr weiterverwendet (zuletzt in E2). Sowohl zu „Vor dem Kontor“, womit wohl das Kontor der Irene Prantl gemeint ist (vgl. TS9), als auch zu „Wohlfahrtsamt“ notiert Horváth „Sipo zieht vorbei“. Der Begriff „Sipo“ (für „Sicherheitspolizei“) deutet darauf hin, dass der Entwurf relativ früh entstanden ist (vgl. auch TS1 und TS11); ein Vorbeizug bzw. eine Parade der Polizei ist auch in den folgenden Entwürfen vorgesehen (vgl. E4 und E6). Ein eigener Schauplatz für eine Parade ist, soweit aus dem überlieferten Konvolut ersichtlich, in der Fassung in zwei Teilen nicht entwickelt worden. Das Stück endet in K1 allerdings am „Paradeplatz“ mit einem „Aufmarsch der Schupo“ in Form eines Tableaus (vgl. TS27/BS 39 k [2], Bl. 9f.). In der Endfassung in fünf Bildern vollzieht sich die Parade schließlich am Schluss des fünften Bildes abseits der Bühne, während Elisabeth auf dem Polizeirevier stirbt (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 56–61). Eine ähnliche Auflösung des Bildes ist auch für die Fassung in sieben Bildern anzunehmen (vgl. K2/TS3/A2/BS 39 j [1], Bl. 5).

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Chronologisches Verzeichnis

Neben den Figuren Major, Elli und Maria sieht Horváth in E1 „Studenten“ vor, zu denen er Eltz und Pascha zählt, sowie die Prantl und Elisabeth. Der Medizinstudent Eltz gehört zur später gestrichenen Sequenz am Schauplatz „Einsame Landstrasse“ (vgl. TS7 und TS8), hat aber in K1 bis zuletzt einen Auftritt am Beginn des Stückes (vgl. die Kommentare zu TS25 und TS27). Pascha wiederum gehört zu einer Nebenhandlung rund um einen Diebstahl unter Medizinstudenten (vgl. die Kommentare zu TS13 und TS17). Er ist der Sohn der Prantl (erstmals in der Korrekturschicht von TS10) und wird auch in Interaktion mit seiner Mutter gezeigt (vgl. TS13/BS 39 e [3a], Bl. 10f.). Nach dem Wegfall der Studentenhandlung am Schauplatz „Im blauen Schiff“ im zweiten Teil mit TS19 (vgl. dazu den Kommentar dort) ist dieses Verwandtschaftsverhältnis nur noch über das Tableau am Schluss belegt. Die Studenten und Pascha dürften aber nach wie vor Teil des Stückes im ersten Teil gewesen sein, wie auch die Reihung im Figurenverzeichnis der erhaltenen Titelei dieser Fassung nahelegt (vgl. die Kommentare zu TS25 und TS27). In der Fassung in sieben Bildern wird Pascha zur Figur des Medizinstudenten Joachim (Prantl) transformiert, der seine Mutter in den Tierpark begleitet (vgl. K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 10), und ist in den Fragmenten zum siebten Bild als Retter Elisabeths vorgesehen (vgl. K2/TS2, TS3/A2 und TS5). In der Endfassung taucht diese Figur aufgrund des Wegfalls des zweiten Bildes „Im Tierpark“ recht unvermittelt in Szene 6 des fünften Bildes auf (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 49–60); dass er der Sohn der Prantl sein könnte, lässt sich nur noch ungefähr aus seinem Telefonat erahnen (vgl. ebd., S. 51f.). E2 und E3 sind auf der Rückseite des Blattes notiert, auf dem Horváth bereits E1 festgehalten hat. Die materiell gegebene genetische Nähe der Entwürfe lässt sich auch inhaltlich nachvollziehen. In E2 wiederholt Horváth im Wesentlichen seine Notizen zum ersten Schauplatz aus E1 „Strasse vor dem Kontor“ und reichert sie um einige Anmerkungen insbesondere zur Figur des Eltz an. Dieser soll sein Studium nicht fortsetzen können, weshalb er sich Geld von der Prantl leiht. Dass Eltz in wirtschaftliche Not gerät und sich das Studium nicht mehr leisten kann, wird in den weiteren Bearbeitungen des Schauplatzes „Vor dem Wohlfahrtsamt“ thematisiert (vgl. TS18/BS 39 h [2], Bl. 3f.). E2 wurde vollständig gestrichen und ein Schauplatz „Vor dem Kontor“ nicht neuerlich aufgegriffen, woraus sich die genetische Einordnung nach E1 erschließen lässt (vgl. allerdings den ähnlich klingenden Schauplatz „Strasse vor Elisabeths Wohnung“ in E5). Der Wegfall des Schauplatzes „Vor dem Kontor“ wird im direkt darunter eingetragenen Strukturplan E3 durch die (neuerliche) Einführung eines Schauplatzes „Tonfilmfassade“ kompensiert. Somit liegt mit der Abfolge „Wohlfahrtsamt“, „Tonfilmfassade“ und „Bierkeller“ erneut eine Struktur in drei Schauplätzen vor, allerdings ist auch diese (wie in E1) wohl nicht vollständig. Eine Handlung vor der Tonfilmfassade war schon in E1 als dritter Schauplatz festgehalten, wurde dort aber durch den „Bierkeller“ ersetzt. Während die Schauplätze „Wohlfahrtsamt“ und „Bierkeller“ Konstanten der Konzeptionen 1 und 2 bleiben und Ersterer auch in der Endfassung K3/TS7 vorhanden ist, ist die „Tonfilmfassade“ bzw. später der Schauplatz „Vor einem Tonfilmkino“ ein Spezifikum von K1 (vgl. auch E7–E9). Textlich ausgearbeitet liegt dieser Schauplatz ausschließlich in TS20 (bzw. als Teil von TS27) vor. Dort begegnet Elisabeth der Frau Amtsgerichtsrat und führt mit ihr den Dialog über ihr Schicksal seit der Entlassung, der in K2/TS6 im Bierkeller und in der Endfassung K3/TS7 vor dem Wohlfahrtsamt stattfindet. Es deutet dabei alles darauf hin, dass Horváth erst sehr spät beschlossen hat, diesen Schauplatz auszuarbeiten; wesentliche Teile des Textes sind

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Konzeption 1

einer vorherigen, bereits im Bierkeller angesiedelten Bearbeitung entnommen (vgl. im Detail den Kommentar zu TS20). Vor der Tonfilmfassade sind mit Prantl, Pascha und Eltz die Figuren aus E2 vorgesehen, erweitert um die bereits in E1 dazu festgehaltenen Figuren Major und Elli . Elisabeth und die in E1 notierte Maria werden indes nicht mehr erwähnt. Elli wird überdies ein nicht näher bestimmter „junger Mann“ zugeordnet. In E9 wird damit Eltz beschrieben, was auch der Liaison der beiden entspricht, bis diese in TS19/A6 aus dem Stück entfernt wird (vgl. TS18/BS 39 h [2], Bl. 3f.). Neuerlich sind „Studenten“ notiert, womit die später im „Blauen Schiff“ stattfindende Nebenhandlung gemeint sein dürfte. Zwei Figuren, Schmidt und Vetterle, stehen hier im Dialog mit Eltz, der „kein Geld“ hat (vgl. E2). Vetterle will ihn einladen, aber Schmidt meint: „Er hat gestohlen.“ Die Studentenhandlung wird erstmals in TS10 entwickelt, dort noch im „Bierkeller“ verortet, wo eine Figur namens Schmidt als Begleiter der Prantl unbenannten Studenten Geld schuldet (vgl. TS10/BS 39 e [2], Bl. 2), die dann ins „grüne Schiff“ abgehen. In TS13 findet diese Handlung dann bereits „Im blauen Schiff“ statt. Hier ist bereits Pascha der Dieb (vgl. die Kommentare zu TS13 sowie zu E1 und E9). Zu den Schauplätzen „Wohlfahrtsamt“ und „Bierkeller“ ist eine Notiz bzw. Replik Ellis zugeordnet, die berichtet, dass der Major „unheimlich“ sei: „Der bellt immer und dann schaut er ganz irr.“ Das Motiv des (sadomasochistischen) Rollenspiels hat Horváth zunächst in VA3 zum Vater Elisabeths und zu deren Stiefmutter festgehalten (vgl. VA3/TS1/A3) und wird in K1 auf den Major und Maria übertragen (erstmals in TS13). H3 = ÖLA 3/W 22 – BS 39 c [6], Bl. 2 1 Blatt unliniertes Papier (285 × 225 mm), schwarzblaue Tinte, roter Buntstift E4 = fragm. Strukturplan in 4 Schauplätzen zum II. Teil (links oben und mittig) E5 = Konfigurationsplan zum zweiten Schauplatz „Strasse vor Elisabeths Wohnung“ (rechts oben) E6 = Konfigurationsplan zum zweiten Schauplatz „Weiter Platz“ mit Dialogskizze und Notizen (rechts mittig und unten)

H4 = ÖLA 3/W 22 – BS 39 c [6], Bl. 3 1 Blatt unliniertes Papier (285 × 225 mm), schwarzblaue Tinte, roter Buntstift, Eintragungen mit Bleistift von fremder Hand (Berliner Bearbeitung) E7 = Strukturplan in 4 Schauplätzen zum II. Teil (links) E8 = Strukturplan in 4 Schauplätzen mit Konfigurationsplänen und Notiz (rechts) E9 = Strukturplan in 4 Schauplätzen (unten)

E4–E6 und E7–E9 behandeln wie schon E1–E3 allein den zweiten Teil des Stückes in der vorliegenden Konzeption. Sie wurden auf je einem Blatt Schreibmaschinenpapier im Quart-Format eingetragen und heben sich so materiell vom karierten kleinformatigen Papier von E1–E3 ab. Das genetische Verhältnis insbesondere von E4–E6 zu den hier vorgereihten Entwürfen ist aber nur ungefähr zu bestimmen, unmittelbare Kontinuitäten zu E1–E3 lassen sich nicht erkennen. Relativ sicher dürfte jedenfalls die Einordnung von E7–E9 am Schluss dieser Reihe sein, da die notierte Struktur stark der tatsächlich in K1 realisierten entspricht. Da der Schauplatz „Vor dem Kontor“ hier keine Rolle mehr spielt, ist von einer Entstehung aller weiteren Entwürfe nach E2 auszugehen (vgl. aber „Strasse vor Elisabeths Wohnung“ in E5). Der Strukturplan E4 realisiert erstmals eine Struktur in vier Schauplätzen, verfügt aber nicht mehr über einen Schauplatz vor der Tonfilmfassade; die Abfolge lautet nun: „Wohlfahrtsamt“, „Parade der Sipo“, „Bierkeller“ und „Zimmer“. Die Schau-

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plätze „Wohlfahrtsamt“ und „Bierkeller“ sind Konstanten der hier gereihten Entwürfe . Eine Parade wurde bereits in E1 vermerkt, allerdings nicht als eigener Schauplatz (vgl. den Kommentar dort). Die Bezeichnung „Sipo“ (Sicherheitspolizei) deutet auf eine relativ frühe Entstehung des Strukturplans hin (vgl. den Kommentar zu TS1). Mit dem Schauplatz „Zimmer“ ist vermutlich die Handlung im Zimmer Elisabeths gemeint, die durch eine Vorarbeit Kristls präfiguriert wird (vgl. VA2/TS3). Erstmals von Horváth bearbeitet liegt „Elisabeths möbliertes Zimmer“ in TS21 vor. Das Fehlen des Schauplatzes „Tonfilmfassade“ bzw. „Vor einem Tonfilmkino“ schließlich spricht nicht zwingend dafür, dass E4 vor E1–E3 entstanden ist. Wie die Arbeit Horváths an der einzigen überlieferten Fassung des Schauplatzes in TS20 zeigt, wurde es aus bereits bestehendem Material des Schauplatzes „Bierkeller“ von TS17 und neu erstellten Textteilen gefertigt (vgl. die Kommentare dort). Vermutlich war es zwischenzeitlich gar nicht im Stück vorgesehen. Horváth lässt in K2 schließlich die dortige Handlung wieder im Bild „Bierkeller“ aufgehen (vgl. dazu den Kommentar zu E3). In E5 vermerkt Horváth einige Konfigurationen zum zweiten Schauplatz, der hier „Strasse vor Elisabeths Wohnung“ heißt, was an den Schauplatz „Vor dem Kontor“ bzw. „Strasse vor dem Kontor“ von E1 und E2 erinnert. Die Konfigurationen umfassen Elisabeth, Pascha, Studenten und die Prantl, wie sie auch ganz ähnlich in E1 und E2 für „Vor dem Kontor“ bzw. „Strasse vor dem Kontor“ und in E3 für „Tonfilmfassade“ vorgesehen sind. Der ausführliche Konfigurationsplan E6 nennt als weiteren alternativen Titel für den zweiten Schauplatz „Weiter Platz“: Die Sipo marschiert hier vorbei, was von Studenten kommentiert wird. Die folgenden Konfigurationen sehen wieder Elisabeth, Pascha, die Studenten, die Prantl und den Sipo vor. An letzter Stelle steht die „Parade“ mit dem „Minister“, was auf das Schlusstableau der Fassung in zwei Teilen vorausweist (vgl. TS27/BS 39 k [2], Bl. 9f.). Möglicherweise alternativ dazu werden Konfigurationen mit Pascha, Eltz, der Prantl und Elisabeth notiert. Pascha erklärt, er habe „ein Motorrad“, worauf Eltz meint, „kein Kleinauto mehr“ zu haben. Eltz‘ Verlust des Autos wird später angesprochen (vgl. TS18/BS 39 h [2], Bl. 4). Das Motorrad wiederum erwähnt die Prantl gegenüber ihrem Sohn Pascha in TS13/BS 39 e [3a], Bl. 11 und es bleibt auch Thema nach der Transformation der Figur zu Joachim (vgl. dazu den Kommentar zu E1; zum Motorrad vgl. K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 11 und die im dortigen Kontext kryptischen Bemerkungen Joachims in der Endfassung, K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 52). Die Strukturpläne E7–E9 nehmen die Schauplätze „Wohlfahrtsamt“, „Bierkeller“ und „Zimmer“ aus E4 sowie den Schauplatz „Tonfilmfassade“ aus E3 auf. Ein Schauplatz zur Parade (vgl. E4 und E6) ist nicht mehr vorgesehen. In E7 lautet die Abfolge nun „Wohlfahrtsamt“, „Bierkeller“, „Tonfilmfassade“ und „Zimmer“. In E8 vertauscht Horváth die Reihenfolge von „Tonfilmfassade“ und „Bierkeller“, was er mit der Abfolge in E9 bekräftigt. Damit liegt genau die Schauplatzfolge vor, die in TS27 realisiert ist, wobei allerdings nicht von einem allzu engen genetischen Bezug zwischen Entwurf und Textstufe auszugehen ist, wie die weiteren Ausarbeitungen nahelegen. Die Struktur von E8 scheint der in TS27 realisierten schon recht nahe zu sein, ist aber wesentlich älter, wie die übrigen Eintragungen zeigen. Weitere Auskunft über den Zustand des zweiten Teiles zu diesem Zeitpunkt geben die in E8 festgehaltenen Notizen und Konfigurationspläne. Als Musikbegleitung ist zunächst der „Marionetten-Trauermarsch“ (Marche funèbre d’une marionnette, 1872) von Charles Gounod (1818–1893) eingetragen, der durch den „Fackeltanz No. 1“ (zunächst: „No. 3“) von Giacomo Meyerbeer (1791–1864) ersetzt wird. Keines dieser Musikstücke findet spä-

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ter Verwendung, sie werden nur im vorliegenden Entwurf erwähnt. Mehrere wohl mit etwas zeitlichem Abstand rechts neben dem Strukturplan aufgelistete Figuren werden schließlich mittels rotem Buntstift Schauplätzen zugewiesen. Die Prantl, Pascha, Eltz und die Studenten sind beim „Tonfilm“, Richter und Richterin, Major, Elli und Maria sowie der Präparator und der Tierpfleger im „Bierk[eller]“ vorgesehen. Damit ist die später im „Blauen Schiff“ angesiedelte Nebenhandlung erkennbar noch auf zwei Schauplätze aufgeteilt; ein Auftritt des Majors samt Elli und Maria im Bierkeller ist in keiner Ausarbeitung überliefert. Da überdies von einem „Richter“ und einer „Richterin“ die Rede ist (womit Herr und Frau Amtsgerichtsrat gemeint sind; vgl. TS10), dürfte E8 trotz der oberflächlichen Nähe zu den weiter entwickelten Textstufen dieser Konzeption noch relativ am Anfang der genetischen Entwicklung stehen.

Schauplätze „Vor dem Wohlfahrtsamt“ / „Im blauen Schiff“ / „Vor einem Tonfilmkino“ / „Bierkeller“ Die Arbeit an den Schauplätzen „Vor dem Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“, „Vor einem Tonfilmkino“ und „Bierkeller“ gehört zu den besser überlieferten Teilen der Werkgenese von Glaube Liebe Hoffnung. Innerhalb dieses Teilkonvoluts sind so genauere Aussagen über die textgenetischen Prozesse möglich. Auch aufgrund der spezifischen Verschränkung des Materials, dessen Szenen fließend ineinander übergehen, und eine mehrfache Verschiebung von Handlungsteilen zwischen den einzelnen Schauplätzen werden sie im Folgenden gemeinsam dargestellt und kommentiert. T10 = ÖLA 3/W 25 – BS 39 e [2], Bl. 1–6 6 Blatt unliniertes Papier (288 × 225 mm), hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte und rotem Buntstift, tw. gestrichene hs. Paginierung 12–17 auf Bl. 1–6, gestrichene hs. Paginierung 1–3 auf Bl. 4–6, hs. Paginierung 45, 46 auf Bl. 5, 6 TS10 = fragm. Fassung eines Schauplatzes (Grundschicht) Druck in: Horváth 1973, 98–105.

Mit TS10 liegt eine Ausarbeitung vor, die aufgrund der enthaltenen Textpassagen als frühe Fassung des Schauplatzes „Bierkeller“ zu erkennen ist. Ob die Textstufe bereits so betitelt wurde, ist aufgrund des fehlenden Textes am Beginn ungewiss. TS10 umfasst sechs Blatt, bei denen es sich wie beim Großteil der Materialien von K1 um unliniertes Schreibmaschinenpapier im Quart-Format handelt. Die Blätter tragen eine hs. Paginierung in Tinte von 12–17, die sie als Teil umfangreicherer Ausarbeitungen ausweist. Diese Paginierung wurde vermutlich nicht vom Beginn des Stückes gezählt, sondern wohl vom Beginn des zweiten Teiles. Darauf lässt eine separate Paginierung (45, 46) in rotem Buntstift schließen, die bei der Verwendung von Bl. 5 und 6, die den Dialog von Elisabeth und dem Sipo enthalten, gemeinsam mit anderen Blättern zur Kompilation von TS15 eingetragen wurde (siehe auch den Kommentar dort). Zuvor hatte Horváth überdies auf den Bl. 4–6 die bestehende hs. Paginierung 15–17 mit einer von 1–3 verlaufenden Paginierung in rotem Buntstift ersetzt, womit die Begegnung von Elisabeth und der Frau Amtsgerichtsrat (in der Grundschicht hier noch die Prantl) und die Textteile mit dem Sipo abgehoben wurden. Dem vorliegenden Text fehlt in der Grundschicht die später charakteristische Szenengliederung noch völlig, die Handlungsteile sind nur grob mittels Leerzeilen ab-

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gesetzt. Das deutet auf eine recht frühe Entstehung hin (vgl. dazu aber die Setzung von Szenenüberschriften bereits in VA3/TS1/A3). Der Schauplatz „Bierkeller“ selbst befindet sich hier, wie die Vermengung verschiedener Handlungsbögen zeigt, wohl noch an einer anderen Stelle des zweiten Teiles. Die später ins „Blaue Schiff“ verlegte und letztlich vollständig gestrichene Studentenhandlung ist hier noch unmittelbar eingebettet. Trotz dieser Abweichungen weist TS10 aber bereits eine Vielzahl an Textelementen auf, die sich in den folgenden Bearbeitungen wiederfinden lassen. TS10 beginnt aufgrund von Textverlusten abrupt im Dialog zwischen dem Richter und der Richterin, wobei es sich um frühe Bezeichnungen für den Amtsgerichtsrat und die Frau Amtsgerichtsrat handelt (vgl. aber die Bezeichnung bereits in den Materialien Kristls, VA2/TS1, sowie den Figurennamen in TS10/Bl. 3). Der Streit zwischen den beiden, der sich darum dreht, dass die Richterin „[u]m jeden Pfennig“ betteln müsse und sie die Spruchpraxis ihres Mannes in Frage stellt („Warum verurteilst Du sie dann?“, TS10/Bl. 1) sind den elaborierten Fassungen des Stückes bereits sehr ähnlich (vgl. etwa K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 33). Nach dem Streit tritt der Buchhalter „mit Flieder“ auf und bietet Sträußchen feil (vgl. TS10/Bl. 3 und 5). Das Motiv eines wiederkehrenden Blumenverkäufers entwickelt sich zur Konstante dieses Schauplatzes, wobei der Flieder später durch Astern ersetzt wird, was auch die Figuren kommentieren (vgl. etwa TS27/BS 39 e [4a], Bl. 10, 13 und K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 36f.). Neben dem Buchhalter verkaufen später auch die anderen Klienten des Wohlfahrtsamts wie der Invalide und die Arbeiterfrau Blumen. Mit dem Wegfall des Schauplatzes „Bierkeller“ durch die Entfernung des zuletzt fünften Bildes der Fassung in sieben Bildern hin zur Endfassung scheidet auch dieser Reigen aus. Allein Elisabeths morbide Freude über die „Herbstastern“ wird in das vierte Bild („Elisabeths möbliertes Zimmer“) übernommen (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 37). Anschließend wird eine noch recht krude Vorform der Diebstahls-Handlung unter Studenten entwickelt. Die Studenten tragen hier noch keine Eigennamen, allein der verdächtige Kommilitone heißt Schmidt (TS10/Bl. 2, vgl. E3; dieser Name geht später auf einen der vier Studenten über, vgl. TS13/BS 39 e [3a], Bl. 10) und ist der „Galan“ (TS10/Bl. 2) der Prantl, die hier ebenfalls vorgesehen ist. In TS10 kommt es noch zu einer gütlichen Einigung unter den Studenten, die vier verschwinden dann ins „grüne Schiff“ (ebd.). Einige kleinere hs. Eintragungen im Typoskript erwähnen aber bereits Pascha und „v. Müller“, eine der Studentenfiguren im „Blauen Schiff“. Schmidt und die Prantl sind offensichtlich nicht gut aufeinander zu sprechen, und Schmidt „kokettiert zu Elli und Maria“, die mit einem „junge[n] Mann“ (TS10/Bl. 3) anwesend sind, bei dem es sich möglicherweise um eine Vorform von Eltz handelt (vgl. E3). Die Unterhaltung der drei betrifft das dem Major bzw. Baron zugewiesene Hunde-Motiv (vgl. VA3/TS1/A3, K1/E3 und TS12). In der Folge kommt nun Elisabeth hinzu und trifft auf Schmidt, der anscheinend ihr Begleiter nach Kaufbeuren war. TS10 ist somit sicher vor der Reinschrift des ersten Teiles (TS8) entstanden, wo sie mit Eltz unterwegs ist (zur neuerlichen Begegnung mit Eltz vgl. TS18/BS 39 h [2], Bl. 3f.). Elisabeth trifft dann auf die Prantl, der sie erzählt, nun „verlobt“ (TS10/Bl. 4) zu sein. Die Prantl verspricht ihr, Stillschweigen über den Betrugsfall zu bewahren. In der Überarbeitung mit rotem Buntstift hat Horváth oben am Blatt den Figurennamen Prantl durch Frau Amtsgerichtsrat ersetzt, womit er die Übertragung dieses Dialogs auf diese Figur vorbereitet (vgl. TS14/BS 39 e [3a], Bl. 14f.). Bemerkenswert ist die Erwähnung Elisabeths, die Eltern ihres Verlobten seien „Schreinermeister“ (TS10/Bl. 4). Dieses Detail findet sich später im Schauplatz

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„Elisabeths möbliertes Zimmer“ wieder und bleibt bis in die Endfassung erhalten (vgl. TS27/BS 39 i [2], Bl. 11 und K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 43). Der Sipo, mit dem Elisabeth verabredet ist, tritt auf und setzt sich zu ihr (TS10/Bl. 4). Der auf den beiden folgenden Blättern Bl. 5 und 6 ausgeführte Dialog wurde hs. mit Tinte und mit rotem Buntstift stark überarbeitet. Mit Letzterem hat Horváth außerdem diese beiden Blätter für die Kompilation von TS15 adaptiert (siehe den Kommentar dort). Bereits in der Grundschicht weist dieser Dialog wesentliche Elemente der Unterhaltungen der beiden auf, die sie später in den ausgearbeiteten Fassungen der Schauplätze „Bierkeller“ und „Elisabeths möbliertes Zimmer“ führen. So findet sich bereits hier der Dialog über das Bier („Dunkel oder hell?“, TS10/Bl. 5 vgl. dazu TS27/BS 39 e [4a], Bl. 14 und K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 40) sowie die Frage des Sipos, was Elisabeth an ihm „gefalle“ (TS10/Bl. 6, vgl. TS27/BS 39 e [4a], Bl. 16, K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 43 und K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 38f.). Mit Tinte fügt Horváth auf Bl. 5 Szenennummerierungen ein (36 bis 38), welche die Szenennummerierung der Grundschicht von TS14/BS 39 e [3a], Bl. 16 fortsetzen. Diese Einfügungen sind vermutlich erst im Zuge der Kompilation von TS15 entstanden. Der genaue Zusammenhang ist allerdings aufgrund der wiederholten hs. Adaptierung der Szenennummerierung in der Korrekturschicht von TS14 etwas unklar, da diese Blätter nochmals in TS17/A8 verwendet werden (vgl. die Kommentare zu TS14 und TS17). In den überarbeiteten Dialogpassagen von TS10 wird sowohl der Name „Sipo“ als auch „Schupo“ hs. festgehalten, was auf zwei separate Bearbeitungen hindeutet. Mit rotem Buntstift sind verschiedene makrostrukturelle Korrekturen und Anmerkungen eingetragen, die sich nicht gänzlich dechiffrieren lassen. Vermutlich handelt es sich, neben Erledigungsstreichungen, um vorgesehene Verschiebungen von Dialogteilen in andere Szenen. Auf Bl. 6 endet der Text in der Grundschicht relativ abrupt, weshalb von einer Fortsetzung auf weiteren, nicht überlieferten Blättern auszugehen ist. H5 = ÖLA 3/W 25 – BS 39 e [2], Bl. 7 1 Blatt unliniertes Papier (288 × 225 mm), schwarzblaue und schwarze Tinte, Eintragungen mit Bleistift von fremder Hand (Berliner Bearbeitung) TS11 = fragm. Fassung des Schauplatzes „Bierkeller“ (Korrekturschicht)

Die hs. verfasste Textstufe TS11 lässt sich nur ungefähr in der genetischen Reihe positionieren. Da der Figurenname „Sipo“ verwendet wird, ist von einer frühen Entstehung des Blattes auszugehen („Schupo“ konsequent erst ab TS13). Der unter dem Schauplatztitel „Bierkeller“ notierte Text behandelt das unverhoffte Wiedersehen zwischen Elisabeth und dem Präparator, der mit dem Tierpfleger im Bierkeller sitzt. Der Dialog zwischen den dreien ist bereits relativ weit entwickelt und wird in TS17/A17/BS 39 e [3b], Bl. 33f. umgesetzt (vgl. hier TS17/A18), wobei weitere, aufgrund der lückenhaften Überlieferungssituation nicht erhaltene Bearbeitungsstufen dazwischen nicht ausgeschlossen werden können. Den weiteren Verlauf skizziert Horváth mit den Konfigurationsanmerkungen „ElisSipo“ und „Präp-Tierpfl“, wozu er „Chinesische Schleichfische“ notiert. Letzteres setzt er auch auf TS17/A17/BS 39 e [3b], Bl. 34 um (vgl. hier TS17/A18), allerdings noch im Dialog mit Elisabeth. In der Fassung in sieben Bildern erwähnt der Präparator schließlich „siamesische Schleierfische“ (K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 42), wobei es sich um einen alternativen Namen für den siamesischen Kampffisch (Betta splen-

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dens) handelt, einen beliebten, allerdings höchst territorialen und aggressiven Aquariumsfisch. Die nachfolgende Unterhaltung, in der der Tierpfleger vorschlägt, den Sipo doch über die „Gemeinheit“ zu unterrichten, wird ebenfalls in TS17/A17 umgesetzt, in die späteren Bearbeitungen aber nicht übernommen (vgl. TS20 bzw. TS27/BS 39 e [4a], Bl. 15f.). Die Rückkehr der Frau Amtsgerichtsrat um die „Hausschlüssel“ deutet an, dass sie gemeinsam mit ihrem Mann in diesem Bild vorgesehen ist und ein Bild „Tonfilmfassade“ bzw. „Vor einem Tonfilmkino“ hier nicht geplant war (vgl. die Kommentare zu E4–E6 bzw. E7–E9). Die Frage nach den „Hausschlüsseln“ taucht etwa in TS17/A23 wieder auf, ist aber in den späteren Textstufen nicht mehr enthalten. Ein vergleichbarer Dialog, in der sich der Amtsgerichtsrat an die Verurteilung „nicht erinnern“ (TS11) kann, findet sich indes in allen weiteren Fassungen des Textes (vgl. TS27/BS 39 e [4a], Bl. 12, hier „Vor einem Tonfilmkino“, K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 46 und K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 36, hier „Vor dem Wohlfahrtsamt“). Zuletzt ist eine weitere Konfiguration zum „Mantelmotiv“ zwischen Elisabeth und dem Sipo vorgesehen. Damit ist die Passage über den Uniform-Mantel des Schupos gemeint, den dieser Elisabeth nicht geben will, da er „immer im Dienst“ sei. Diese Passage ist in allen umfassenderen Bearbeitungen zum Schluss der Handlung im Bierkeller vorgesehen (vgl. TS27/BS 39 i [2], Bl. 6, K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 45 und K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 36, dort in der vorletzten Szene des dritten Bildes „Vor dem Wohlfahrtsamt“). H6 = ÖLA 3/W 25 – BS 39 e [2], Bl. 8 1 Blatt unliniertes Papier (288 × 225 mm), schwarzblaue Tinte, Bleistift und roter Buntstift E10 = Konfigurationsplan mit Dialogskizzen und Notizen

Der Konfigurationsplan E10 ist vermutlich im Zusammenhang mit TS10 und TS11 entstanden. Obwohl keine Anmerkungen zum Schauplatz eingetragen sind, kann aus den festgehaltenen Konfigurationen, die den Sipo, Elisabeth, Herr und Frau Amtsgerichtsrat, den Tierpfleger und den Präparator umfassen, auf den „Bierkeller“ des zweiten Teiles geschlossen werden. Die konsequente Verwendung der Bezeichnung „Sipo“ deutet auf eine frühe Entstehung hin, die Bezeichnung „Schupo“ wird erst ab TS13 konsequent verwendet. Der Entwurf ist vermutlich in zwei separaten Arbeitsgängen entstanden, wie die nachträgliche Zuordnung von Dialogskizzen zeigt. Teilweise lassen sich die Dialoge in späteren Textstufen wiedererkennen, etwa die Frage des Sipo, was Elisabeth an ihm gefalle (vgl. TS27/BS 39 e [4a], Bl. 16, K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 43f. und K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 38f.), der vom Sipo bemerkte spöttische Gruß des Präparators (TS27/BS 39 e [4a], Bl. 16 sowie BS 39 i [2], Bl. 6 und K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 44), das „Mantelmotiv“ sowie die fehlende Erinnerung des Amtsgerichtsrats (siehe den Kommentar zu TS11). Erstmals ist hier die Dialogpassage über die „Mickymaus“ festgehalten, die bis zur Fassung in sieben Bildern auf unterschiedliche Weise im Text präsent ist (vgl. den Kommentar zu TS14). Wie die unterschiedlichen Schreibmaterialien (Tinte, Bleistift, roter Buntstift) zeigen, hat Horváth den Entwurf mehrmals bearbeitet. Während mit Bleistift allein eine Ergänzung zum Dialog zwischen „Frau“ und „Richter“ rechts oben notiert ist, stehen die Anmerkungen in rotem Buntstift höchstwahrscheinlich in Zusammenhang mit der Kompilation von TS15. Für diese Textstufe hat Horváth mehrere Blätter der zuvor unabhängigen Textstufen TS11–TS14 mit einer auffälligen Paginierung mit rotem Buntstift zusammengeschlossen. Die von 45–51 vergebene Nummerierung in E10 ist

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somit als Abfolge von Seiten, nicht von Szenen zu verstehen. Dies nicht zuletzt deshalb, da die Szenennummerierung hier viel zu hoch gegriffen wäre: die höchste, in der Korrekturschicht von TS11/BS 39 e [2], Bl. 6 festgehaltene Szenennummer ist 38 und in TS14/BS 39 e [3a], Bl. 16 in der Grundschicht 35 bzw. Korrekturschicht 37 (siehe die Kommentare dort). Die überlieferten Blätter von TS15 enden zwar mit der Pagina 46, die hier notierte Fortführung würde aber dem intendierten (und später auch umgesetzten) Handlungsbogen entsprechen. T11 = ÖLA 3/W 26 – BS 39 e [3a], Bl. 6 1 Blatt unliniertes Papier (288 × 225 mm), Spuren einer gelösten Klebung, hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte und rotem Buntstift, hs. Paginierung 33 TS12 = fragm. Fassung („Vor dem Wohlfahrtsamt“) (Grundschicht)

Das Blatt BS 39 e [3a], Bl. 6, auf dem TS12 überliefert ist, war Teil einer bereits recht weit gediehenen Ausarbeitung, wie die hs. angebrachte Paginierung 33 zeigt. In der Grundschicht ist der Dialog enthalten, den Maria und Elisabeth vor dem Wohlfahrtsamt führen: Maria erzählt hier vom Major, der „bellt. Wie ein Hund“ (vgl. zu diesem Motiv VA3/TS1/A3 sowie folgend TS13). Maria weist auch darauf hin, dass dieser seine Frau „bei einem Autounglück“ verloren habe (vgl. VA1/TS1 sowie VA3/TS1/A3) und fordert Elisabeth auf, ihr ins „blau[e] Schiff“ zu folgen. Die typografische Ausarbeitung endet auf etwa der Hälfte des Blattes. Darunter trägt Horváth hs. eine Szene 11 ein, die aus der Musikanweisung „Wenn die Elisabeth nicht so schöne Beine hätt“ (vgl. dazu den Kommentar zu TS13) besteht. Das entspricht der Szenenzählung der folgenden TS13, die mit Szene 12 fortsetzt (vgl. den Kommentar dort). Der getippte Text wird zuletzt mit rotem Buntstift gestrichen, sodass nur die hs. Einfügung bestehen bleibt. Das vorliegende Blatt war anscheinend zunächst für einen anderen Zusammenhang gedacht, wie eine wieder aufgelöste Klebung auf der unteren Blatthälfte zeigt. Ein passendes Gegenstück hierzu ist jedoch nicht überliefert. Aufgrund der Streichung des getippten Textes mit rotem Buntstift und des direkten Anschlusses an die mit rotem Buntstift ausgeführte Paginierung der Blätter von TS13 und TS14 bzw. von TS10/BS 39 e [2], Bl. 5 und 6 ist davon auszugehen, dass TS12 zumindest teilweise in TS15 integriert werden sollte (vgl. den Kommentar dort). T12 = ÖLA 3/W 26 – BS 39 e [3a], Bl. 7–13 7 Blatt unliniertes Papier (288 × 225 mm), hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte und rotem Buntstift, hs. Paginierung 34–40 TS13 = Fassung der Szenen 12 und 13 („Im blauen Schiff“) (Grundschicht)

TS13 ist die früheste Ausarbeitung des Schauplatzes „Im blauen Schiff“, in die ein Teil der Nebenhandlung unter Studenten hinverlegt wird. In TS10 war diese noch Teil des Schauplatzes „Bierkeller“, die Studenten erwähnten dort, ins „grüne Schiff“ (TS10/BS 39 e [2], Bl. 2) zu gehen. Nummerierte Szenen befinden sich nur auf Bl. 7 der vorliegenden Textstufe, wobei die erste Szene 12 einen Anschluss an TS12 ermöglichen würde (vgl. den Kommentar dort und zu TS15). Über Szene 13 hinaus enthält die Textstufe auch in der Korrekturschicht nur eine weitere Szenennummerierung (Szene 14, ebenfalls auf Bl. 7). Die Blätter wurden teils intensiv mit Tinte und rotem Buntstift überarbeitet, diese Eintragungen strukturieren die weitere Bearbeitung des

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Chronologisches Verzeichnis

Schauplatzes in TS17/A1–A8. Mit rotem Buntstift trägt Horváth auf den zuvor noch unpaginierten Blättern dieser Textstufe auch eine durchgängige Paginierung ein, die auf den Blättern von TS14 fortgesetzt wird und an TS12 angeschlossen werden können. Gemeinsam mit Blättern aus TS10 wird so TS15 als erste umfassendere Kompilation der Schauplätze „Im blauen Schiff“ und „Bierkeller“ geformt. In TS13 wird die Figur Pascha, der Sohn der Irene Prantl, eingeführt, der die Rolle Schmidts aus TS10 übernimmt. Diesen Namen wiederum verwendet Horváth nun für einen der zuvor noch namenlosen Studenten. Der ebenfalls in TS13 auftretende Major war bereits sehr früh in der Genese des Stückes vorgesehen (vgl. bereits VA3/TS1/A3); er geht später in der Figur des Barons mit dem Trauerflor auf (erstmals in TS18). Szene 12 nimmt den in der Korrekturschicht von TS12 bereits festgehaltenen Gassenhauer „Wenn die Elisabeth nicht so schöne Beine hätt“ aus der höchst erfolgreichen zeitgenössischen Operette Die Wunderbar (1930) von Robert Katscher (1894–1942) wieder auf. Zunächst kreist der Dialog um die Schinkenbrote, deretwegen Elisabeth und Maria eigentlich hier sind. Der Major gibt an, Elisabeth bereits von „den afrikanischen Antilopen“ (TS13/Bl. 8) und, noch davor, vom versuchten Verkauf ihrer Leiche her zu kennen. Damit sind wichtige Indizien für den Zustand des nur sehr fragmentarisch überlieferten ersten Teiles des Stückes gegeben: Zum einen muss der Major wie später auch der Baron in den Szenen „Vor dem anatomischen Institut“ (vgl. TS1–TS6) aufgetreten sein; zum anderen ist so die Existenz eines Schauplatzes „Im Tierpark“, wie er in K2 als eigenes Bild vorliegt, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch für K1 anzunehmen (vgl. zu der etwas widersprüchlichen Indizienlage auch den Kommentar zu TS8). Die in TS13 folgende Passage, die das sadomasochistische Verhältnis zwischen Maria und dem sich zum Hund machenden Major exponiert, weist zurück auf das sehr ähnlich gelagerte Verhältnis zwischen Elisabeths Vater und ihrer Stiefmutter in VA3 (vgl. VA3/TS1/A3). Der Major regt schließlich an, die Gesellschaft in seine „Fünfzimmerwohnung“ (TS13/Bl. 9) zu verlegen, wogegen sich Elisabeth sträubt. Die Erregung der Herren, dass sie dennoch deren „Schinkenbröter“ (ebd.) gegessen habe, entblößt den sexuellen Hintergrund der Situation und machen das Geschehen als Anbahnung einer Alltags- bzw. Gelegenheitsprostitution sichtbar (vgl. bereits VA1/TS1) Nun treten aber die Studenten von Müller, Schmidt und Vetterle auf, die Pascha wegen eines Diebstahls in der Garderobe der Anatomie zur Rede stellen (vgl. TS10/Bl. 10). Der Major und Maria verschwinden, und Pascha wird verprügelt. Dafür erscheint Irene Prantl im Blauen Schiff und entdeckt ihren verprügelten Sohn, der eigentlich Heinrich heißt (vgl. ebd./Bl. 11). Pascha gibt nun vor, die Studenten wären „Kommunisten“ (ebd.) gewesen und hätten ihn aus politischen Gründen verprügelt. Nachdem Pascha und die Prantl abgegangen sind, verbleibt Elisabeth allein in der Bar, bis der Schupo die Polizeistunde verkündet (vgl. ebd./Bl. 11f.). Er tritt hier erstmals unter dieser Bezeichnung auf (vgl. den „Sipo“ zuletzt in TS11) und bemerkt in der Grundschicht gegenüber Elisabeth, dass sie ihn an jemanden erinnere. Auch wenn hier noch nicht von der toten Braut des Schupo, sondern unbestimmt von „irgendeine[m] Toten“ (TS13/Bl. 12) die Rede ist, weist der Dialog bereits einige Merkmale seiner fertigen Gestalt auf. Die Szene schließt mit der Frage des Schupo, ob er Elisabeth begleiten könne. Darauf antwortet diese ausweichend: „Ich geh schnell“, der Schupo aber behauptet: „Sie können schnell gehen, aber ich kann auch schnell gehen“ (ebd.). Diese Passage bleibt ein Fixpunkt der Begegnung zwischen dem Schupo und Elisabeth; in der Fassung in zwei Teilen wie in jener in sieben Bildern beendet sie den Schauplatz

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Konzeption 1

„Vor dem Wohlfahrtsamt“ bzw. das vierte Bild (vgl. TS27/BS 39 e [4a], Bl. 9a und K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 34). In der Endfassung in fünf Bildern steht sie in der Mitte des dritten Bildes und geht in den Auftritt der Frau Amtsgerichtsrat über. Insbesondere in der Korrektur mit rotem Buntstift stellt Horváth großflächig Text um und streicht ganze Passagen. Im Falle der Studentenhandlung liegen so Erledigungsstreichungen vor, sie wird in spätere Bearbeitungen übernommen. Der Auftritt der Prantl wiederum wird aus dem Text entfernt, da Horváth diese Idee nicht weiterverfolgt. In Tinte sind diverse kleinere Korrekturen und Ergänzungen eingefügt. Hervorzuheben ist hier die Eintragung einer unnummerierten „Szene“ nach der Szenenanweisung „Dunkel“ auf Bl. 13 samt der Anweisung, als Musik den Tango Dein Mund sagt nein, doch Deine Augen sagen ja von Willy Rosen (1894–1944) zu spielen. Dieser Übergang findet sich schließlich auch in der aus der weiteren Bearbeitung (vgl. TS17/A8/BS 39 e [3b], Bl. 30, als Szene 26) hervorgehenden Reinschrift dieser Szenen (vgl. TS18/BS 39 h [2], Bl. 13, als Szene 25). T13 = ÖLA 3/W 26 – BS 39 e [3a], Bl. 14–16 3 Blatt unliniertes Papier (288 × 225 mm), hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte und rotem Buntstift, hs. Paginierung 41–43 TS14 = fragm. Fassung der Szenen 28–35 („Bierkeller“) (Grundschicht)

Die Fassung der Szenen im Bierkeller von TS14 beruht auf den Überarbeitungen des Textes von TS10 und auf der mit TS13 manifest gewordenen Ausgliederung der Studentenhandlung in einen eigenen Schauplatz. Wie auch Teile von TS10 sowie TS13 weisen die vorliegenden Blätter eine Paginierung mit rotem Buntstift auf, die sie miteinander in Verbindung setzt (vgl. den Kommentar zu TS15). Anders als die vorherigen Textstufen weist TS14 bereits eine durchgängig nummerierte Szenengliederung auf (Szenen 28–35), was auf nicht überlieferte Zwischenschritte auch bei den anderen Schauplätzen hinweist. Dabei dürfte es sich um Textstufen handeln, die mit der weiteren Bearbeitung des Schauplatzes in den Ansätzen von TS17 in Zusammenhang stehen. Darauf deutet nicht zuletzt die, neben der Integration in TS15, nochmalige Wiederverwendung der hier vorliegenden Blätter hin, die sich textlich wie auch hinsichtlich der Paginierung bruchlos an TS17/A8/BS 39 e [3b], Bl. 30 anschließen lassen (vgl. auch den Kommentar dort). TS14 setzt auf Bl. 14 mit dem Dialog zwischen dem „Richter“ und der „Frau“ präzise an derselben Stelle ein wie TS10/BS 39 e [2], Bl. 1. Nach dem Auftritt des Fliederverkäufers, hier der Invalide, will die Frau ab zur „Mickymaus“, womit einer der auch im Deutschen Reich zu dieser Zeit sehr populären Disney-Animationsfilme im Gefolge von Steamboat Willy (1927) gemeint ist. Dieses erstmals in E10 belegte Motiv taucht in der Folge regelmäßig auf: In der Fassung in zwei Teilen ist schließlich ein Schauplatz vor „einem Tonfilmkino, in welchem die Mickymaus auftritt“ (TS27/BS 39 e [4a], Bl. 9a) angesiedelt (vgl. auch E7–E9). In der Fassung in sieben Bildern geht die Frau Amtsgerichtsrat wie hier in TS14 entwickelt vom Bierkeller aus dorthin (vgl. K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 37). Die Endfassung weist davon nur gewissermaßen ein Echo auf, wenn der Amtsgerichtsrat im dritten Bild repliziert: „[A]ber freu Dich, wenn das Kino wieder ein Kitsch ist, Du Mickymaus --“ (K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 33). Das darauf folgende Aufeinandertreffen von Elisabeth und der Frau in TS14, die hier in der Figurenrede mit „Frau Amtgerichtsrat“ (TS14/Bl. 14) angesprochen wird, entspricht der Entfernung der Studentenhandlung in der Überarbeitung von TS10. Der

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Chronologisches Verzeichnis

Dialog basiert auf dem, der zuvor zwischen Elisabeth und der Prantl geführt wird; dieser Transfer wurde in TS10 bereits mit rotem Buntstift vorbereitet. Der Text ist entsprechend angepasst und merklich erweitert, es geht um Elisabeths Verlust der Arbeitsstelle, ihre Verurteilung und die bevorstehende Verlobung (vgl. ebd./Bl. 15). Teile dieses Dialogs wandern auch in die Unterhaltung zwischen Elisabeth und Maria vor dem Wohlfahrtsamt weiter, etwa Elisabeths hier geäußerter Satz: „Unter zehntausend Männer gefällt mir kaum einer“ (ebd.). Über verschiedene Varianten (vgl. TS16/A2/BS 39 h [1], Bl. 2 und TS18/BS 39 h [2], Bl. 5) bleibt er in der Form „Mir ist von zehntausend Männern höchstens einer sympathisch“ bis in die Endfassung bestehen (K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 27). Zuletzt warnt die Frau Elisabeth noch vor „Unannehmlichkeiten“, die ihr Verlobter „wegen seiner Karriere“ (TS14/Bl. 15) erleiden könnte, wenn bekannt wird, dass er mit ihr liiert ist. Während Elisabeth auf den Schupo wartet, betreten der Präparator und der Tierpfleger den Bierkeller (vgl. ebd./Bl. 16). Letzterer berichtet von „einer Gorillaart von den Bermudasinseln“ (ebd.), bei der die Weibchen den Männchen „nach dem Geschlechtsakte die Gurgel“ durchbeißen. Der Präparator sinniert daraufhin über die „höher[e] Ordnung“ (ebd., vgl. dazu bereits TS4) und den Oberpräparator. Variationen dieser Szene finden sich auch in späteren Bearbeitungen bis hin zur Fassung in sieben Bildern (vgl. K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 39). Die Arbeiterfrau bringt nun Fliedersträußchen vorbei, was den Präparator über seine Begegnung mit Elisabeth sinnieren lässt: „[B]ei einer solchen Gelegenheit mit dem weissen Flieder, da hab ich diese Person kennen gelernt“ (Bl. 16). Diese Äußerung, die sich auch in der letzten erhaltenen Fassung in zwei Teilen findet (vgl. TS27/BS 39 e [4a], Bl. 13), deutet auf die Existenz einer Szenenfolge am Schauplatz „Bierkeller“ im ersten Teil des Stückes hin. Diese Vermutung wird auch von der in der Gesamtfassung verwendeten Szenenanweisung zum Bierkeller, „wo einst der Präparator Elisabeth kennen lernte“ gestützt (ebd./BS 39 e [4a], Bl. 12; vgl. dazu auch die Kommentare zu TS17 und TS20). Im weiteren Dialog von TS14 unterhalten sich der Tierpfleger und der Präparator über die Verurteilung Elisabeths, wobei Horváth diese Stelle noch mehrmals bis zu ihrer Form in TS27 hin überarbeiten wird. Von dort aus geht sie, verkürzt um die Bemerkung über das erste Treffen mit Elisabeth, in die Fassung in sieben Bildern ein (vgl. K2/TS6/ BS 39 b [3], Bl. 40). Nach Bl. 16 haben vermutlich noch weitere Blätter mit Szenen zum Treffen Elisabeths mit dem Schupo und ihrer Konfrontation mit dem Präparator vorgelegen, die nicht überliefert sind. TS14 wurde intensiv mit Tinte überarbeitet, wobei Horváth in der Folge starke Eingriffe im Dialog zwischen dem Richter und seiner Frau und im Dialog zwischen dem Präparator und dem Tierpfleger vorgenommen hat. Auf Bl. 14 trennt er die Szenenanweisung zum Abgang der Frau als Szene 31 ab und fügt die Szenennummer 32 für den folgenden Dialog mit Elisabeth ein, was aber zunächst ohne Konsequenzen für die weiteren Szenen bleibt. Die Adaption der Szenennummern auf Bl. 15 und 16 erfolgt erst in rotem Buntstift, mit dem auch die für TS15 relevante Paginierung eingetragen wird (siehe oben und den Kommentar dort). Nachdem dabei der Auftritt der Kellnerin auf Bl. 15 als Beginn einer eigenen Szene (34) markiert wird, werden die zuvor bereits korrigierten Szenennummern auf Bl. 16 nochmals mit rotem Buntstift adaptiert, von 34–36 zu 35–37. Diese Eingriffe wurden vermutlich erst im Zuge der Verwendung der Blätter in TS17/A8 vorgenommen, da die Szenennummern so nicht mehr mit der hs. eingefügten Szenengliederung von BS 39 e [2], Bl. 5 und 6 übereinstimmen, die in TS15 hier nachfolgen.

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Konzeption 1

T14 = ÖLA 3/W 25 – BS 39 e [2], Bl. 5, 6, ÖLA 3/W 26 – BS 39 e [3a], Bl. 6–16 13 Blatt unliniertes Papier (288 × 225 mm), hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte und rotem Buntstift, hs. Paginierung 33–43 auf BS 39 e [3a], Bl. 6–16, hs. Paginierung 45, 46 auf BS 39 e [2], Bl. 5, 6 TS15 = fragm. Fassung („Vor dem Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“, „Bierkeller“) (nicht gedruckt)

TS15 stellt einen Zwischenzustand der Arbeit Horváths an den Schauplätzen „Vor dem Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“ und „Bierkeller“ dar. Gemeinsam mit TS16 war die hier enthaltene, teils stark überarbeitete Fassung der Ausgangspunkt für die Weiterarbeit in der Ansatzfolge von TS17. Die Textstufe wurde aus mehreren zuvor unabhängigen Textstufen kompiliert und besteht aus TS12–TS14 sowie den Blättern BS 39 e [2], Bl. 5 und 6 aus TS10. Wie dort bereits ersichtlich wurde (vgl. hierzu v.a. den Kommentar zu TS14), dürfte einiges an Material verloren gegangen sein. Der Zusammenhang der Blätter ergibt sich aus einer von 33–43 und dann zu 45, 46 verlaufenden Paginierung mit rotem Buntstift, die die Textstufen TS10, TS13 und TS14 überspannt und teilweise deren bereits existierende Paginierung ersetzt (vgl. TS10/BS 39 e [2], Bl. 5 und 6). TS12/BS 39 e [3a], Bl. 6 wurde demgegenüber nur mit Tinte paginiert, der enthaltene Text der Korrekturschicht und die Seitenzahl 33 lassen aber einen Anschluss zu, weshalb das Blatt wahrscheinlich hier hinzuzuzählen ist. Ein weiterer Hinweis für die Zusammengehörigkeit der vorliegenden Blätter ist mit E10 gegeben. Dieser Entwurf entstand ursprünglich in erkennbarer genetischer Nähe zu TS10. Horváth hat darauf aber später mit rotem Buntstift eine Reihe von Ziffern eingetragen, bei denen es sich um eine von 45 bis 51 verlaufende Paginierung handelt, die mit den bereits notierten Konfigurationen in Verbindung gebracht wird (vgl. den Kommentar zu E10). Es dürfte sich dabei um die geplante Fortsetzung der Szenen im Bierkeller handeln, für die Konfigurationen zwischen Elisabeth, dem Sipo (bzw. Schupo), Herrn und Frau Amtsgerichtsrat sowie zwischen dem Präparator und dem Tierpfleger vorgesehen sind. TS15 bringt teils recht heterogenes Material zusammen. Insbesondere die Szenennummerierung ist zwischen TS13 und TS14 nicht in Übereinstimmung zu bringen. Zwischen TS14 und den Blättern aus TS10 fehlt ein Blatt, das die Paginierung 43 getragen haben muss; auch sind die Szenennummerierungen höchst widersprüchlich. Die Fortsetzung des Textes ist jedenfalls ex post aus der Entwicklung des Textes in TS17 absicherbar. Schließlich besteht ein erkennbarer Sprung zwischen dem Text von TS13/BS 39 e [3a], Bl. 13 und TS14/BS 39 e [3a], Bl. 14, da die tatsächliche Einleitung des Schauplatzes fehlt. Auch lassen sich die einander häufig überlagernden Korrekturschichten nicht konsequent trennen. Aufgrund der vorliegenden Indizien (etwa der durchlaufenden Paginierung) und der Tatsache, dass auf dem so vorliegenden Handlungsgerüst die späteren Textstufen eindeutig aufbauen, ist aber ein enger Entstehungszusammenhang des mit TS10 und TS12–TS14 vorliegenden Materials in Form von TS15 unbedingt anzunehmen.

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Chronologisches Verzeichnis

T15 = ÖLA 3/W 34 – BS 39 h [1], Bl. 1–4, 4a, 5 Insgesamt 6 Blatt unliniertes Papier, davon 2 Blatt unliniertes Papier (287 × 227 mm), 1 Blatt unliniertes Papier (184 × 227 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (132 × 227 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (170 × 227 mm), geschnitten, gelöste Klebung, 1 Blatt unliniertes Papier (57 × 227 mm), geschnitten, hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte und rotem Buntstift, Paginierung je 30 auf BS 39 h [1], Bl. 1 und 3, Paginierung 31 auf BS 39 h [1], Bl. 5 TS16/A1 = fragm. Fassung der Szenen 5, 6 („Vor dem Wohlfahrtsamt“), konstituiert durch BS 39 h [1], Bl. 1 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS16/A2 = fragm. Fassung der Szenen 5, 6, 8–10 („Vor dem Wohlfahrtsamt“), konstituiert durch BS 39 h [1], Bl. 3, 5, 2 (Korrekturschicht: schwarzblaue Tinte; vgl. Simulationsgrafik) TS16/A3 = fragm. Fassung der Szene 10 („Vor dem Wohlfahrtsamt“), konstituiert durch BS 39 h [1], Bl. 4 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) 16 TS /A4 = fragm. Fassung der Szene 10 („Vor dem Wohlfahrtsamt“), konstituiert durch BS 39 h [1], Bl. 4a (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt)

Zu dem zuvor nur am Rande vorkommenden Schauplatz „Vor dem Wohlfahrtsamt“ liegt mit TS16 eine insgesamt vier Ansätze umfassende Textstufe vor. Wie auch im übrigen Konvolut zu Glaube Liebe Hoffnung sind hier vor allem Fragmente überliefert, die nur ein begrenztes Bild der Genese erlauben. Insgesamt liegen sechs teils geschnittene und geklebte Blätter im Quart-Format vor, die sich materiell nicht von einem nennenswerten Teil der sonstigen Blätter in der bisherigen Entwicklung von K1 unterscheiden. A1 wird durch ein bereits montiertes Blatt konstituiert, wobei der obere Teil der ältere ist und der untere, ebenfalls geschnittene Teil, angefügt wurde. Anschlussstücke sind für beide Blattteile nicht überliefert; es handelt sich hierbei, wie bei den meisten Blättern dieser Textstufe, um während der Textproduktion abgetrennte Teile einer nicht erhaltenen Montage. Die daraus resultierende Fassung war vermutlich anschlussfähig an die ebenfalls nur sehr lückenhaft überlieferten Blätter aus dem Produktionsprozess von TS17 (vgl. v.a. den Beginn dort mit den letzten Zeilen des Schauplatzes „Vor dem Wohlfahrtsamt“ in TS17/A1) und war die Vorlage für den entsprechenden Teil in der Reinschrift TS18. Der Text von A1 umfasst Teile der hier 5. und 6. Szene des zweiten Teiles, was darauf hinweist, dass dieser mit dem Schauplatz „Vor dem Wohlfahrtsamt“ beginnen soll. Die Grundschicht bietet eine frühe Fassung der Unterhaltung der Arbeitslosen vor dem Amt, wie sie auch in der Reinschrift TS18 die Szenen 5 und 6 konstituiert (vgl. TS18/BS 39 h [2], Bl. 1f.). Elisabeth wird verdächtigt, etwas „angestellt“ zu haben, darauf beklagt sich der Buchhalter über die „Ungerechtigkeit“, dass Menschen mit Kindern bevorzugt werden. Gemeinsam mit der Arbeiterfrau geht er dann ab, um „Wiener Schnitzel“ zu essen. Die Nachfrage, ob Elisabeth denn etwas „angestellt“ habe, ist hs. mit einer ersten Passage über Elisabeths Verhältnis zu ihrem Vater ergänzt. Horváth arbeitet diese sukzessive in den nächsten Ansätzen aus und verschiebt sie schließlich in eine spätere Szene, was hier bereits an einer Anstreichung in rotem Buntstift zu erkennen ist. Die A2 konstituierenden Blätter weisen zwar untereinander keine unmittelbaren textlichen Anschlüsse auf, ihre Zusammengehörigkeit kann aber als plausibel angenommen werden. Der Blattteil A2/Bl. 3 trägt wie A1/Bl. 1 die Paginierung 30, setzt aber erst etwas später mit dem Rest der Replik des Buchhalters über die „Ungerechtigkeit“ ein. Über die genaue Natur der vorangehenden Einfügungen kann nur spekuliert werden. Der Text endet auf Bl. 3 genau an derselben Stelle wie A1/Bl. 1, am Beginn von Szene 6 mit der Replik des Invaliden. Hier findet sich auf dem Blatt eine

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Konzeption 1

aufgelöste Klebung; es ist anzunehmen, dass es mit dem von A1/Bl. 1 abgetrennten Teil verklebt war. Es ist nicht bekannt, wieso diese Klebung gelöst wurde, der dazugehörige Teil ist nicht überliefert. Hs. fügt Horváth hier Varianten zur Replik der Arbeiterfrau ein, wonach sie aufgrund ihrer Kinderzahl „der Herr von Krupp“ sein müsse, die auch eine Erweiterung der Unterhaltung mit Repliken des Invaliden, des Buchhalters und Marias umfasst. Teile davon werden in der Reinschrift TS18 umgesetzt. Die Fortsetzung von A2 mit Bl. 5, das die Paginierung 31 trägt, ist zwar textlich nicht gegeben, lässt sich aber aus der späteren Gestalt der Szenenfolge in TS18 erschließen. Auf dem nicht überlieferten Teil muss demnach der Auftritt Eltz‘ (Szene 7, vgl. TS18/BS 39 h [2], Bl. 3) erfolgt sein. Auf A2/Bl. 5 treffen Eltz, der von Elli abgeholt wird, und Elisabeth aufeinander. Eltz spielt auf die Panne auf dem Weg nach Kaufbeuren am Schauplatz „Einsame Landstrasse“ (TS8) an, Elisabeth will ihn aber nicht erkennen. Diese Begegnung ist in TS10/BS 39 e [2], Bl. 3 vorgebildet, wo Elisabeth mit Schmidt zusammentrifft. Nachdem Eltz und Elli abgehen, bleibt sie mit Maria vor dem Wohlfahrtsamt zurück. Maria erklärt ihr im folgenden Dialog den sozialen Abstieg Eltz‘ und fragt Elisabeth, was sie „angestellt“ (A2/Bl. 5) habe, worauf diese aber „schweigt“ (ebd.). Hs. ergänzt Horváth hier, dass der Invalide noch mit Blick auf Szene 7 „die Internationale“ spielen soll, die aber sogleich wieder in etwas „Sentimentales“ übergeht (vgl. die Umsetzung auf TS18/BS 39 h [2], Bl. 3). Der Übergang zu Bl. 2, bei dem es sich um das abgetrennte untere Drittel eines Blattes handelt, ist textlich nicht herstellbar, aber aufgrund der Fortsetzung des auf Bl. 5 begonnen Dialogs zumindest plausibel. Der Text der Grundschicht enthält die Passage über das Heiraten, Elisabeths Wunsch nach Selbstständigkeit sowie die Replik über ihren Vater, die auf der hs. Einfügung von A1/Bl. 1 basiert. Der Text wird intensiv hs. überarbeitet und ergänzt; aufgrund des Leerraumes am Fuß des Blattes in der Grundschicht ist von einem Abbruch der Bearbeitung auszugehen. In A3/Bl. 4 versucht Horváth, die wohl unübersichtlich gewordene Überarbeitung der Passage teilweise ins Reine zu schreiben, streicht das Ergebnis aber wieder mit rotem Buntstift. Zuletzt liegt in A4 mit Bl. 4a nur ein Blattteil vor, der die Replik Elisabeths über ihren Vater umfasst. Diese wird neuerlich hs. überarbeitet. Der Text der Korrekturschicht entspricht nun mit kleineren Abweichungen dem, der in die Reinschrift TS18/BS 39 h [2], Bl. 5 eingeht. Horváth hat diese überarbeitete Replik von einem vollständigen Blatt abgetrennt und wohl durch eine Reinschrift ersetzt. Das so montierte Blatt ist nicht überliefert. Obwohl es sich bei Bl. 4a um den Kopf eines Blattes gehandelt hat, ist keine Paginierung gesetzt worden. Bis auf eine kurze Replik in TS17/A1 ist kein Material mehr zum Schauplatz „Vor dem Wohlfahrtsamt“ vor der Reinschrift von TS18 erhalten. Eventuell ist TS16 auch in unmittelbarem Zusammenhang mit TS17 entstanden bzw. überarbeitet worden, worüber sich aufgrund der schlechten Überlieferungslage aber nur spekulieren lässt. T16 = ÖLA 3/W 26 – BS 39 e [3a], Bl. 14–16, ÖLA 3/W 27 – BS 39 [3b], Bl. 17–48, ÖLA 3/W 28 – BS 39 e [4a], Bl. 11–16, ÖLA 3/W 38 – BS 39 i [2], Bl. 6 Insgesamt 42 Blatt, davon 22 Blatt unliniertes Papier (288 × 225 mm), 1 Blatt unliniertes Papier (152 × 225 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (84 × 225 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (132 × 225 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (162 × 225 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (158 × 225 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (147 × 225 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (177 × 225 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (117 × 225 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (208 × 225 mm), geschnitten,

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Chronologisches Verzeichnis

1 Blatt unliniertes Papier (63 × 225 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (61 × 225 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (199 × 225 mm), Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (121 × 225 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (412 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (400 × 225 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (330 × 222 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (285 × 225 mm), Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, 1 Blatt unliniertes Papier (338 × 225 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (336 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (480 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte und rotem Buntstift sowie mit Bleistift von fremder Hand, hs. Paginierung 41–43 auf BS 39 e [3a], Bl. 14–16, Paginierung 33, 34 auf BS 39 e [3b], Bl. 17, 18, jeweils Paginierung 35 auf BS 39 e [3b], Bl. 19, 24, Paginierung 36 auf BS 39 e [3b], Bl. 20, Paginierung 37–39 auf BS 39 e [3b], Bl. 21, 28 und 29, jeweils Paginierung 40 auf BS 39 e [3b], Bl. 30 und 36, Paginierung 41 auf BS 39 e [3b], Bl. 37, Paginierung 42 auf BS 39 e [3b], Bl. 47, überklebte Paginierung 43 auf BS 39 e [4a], Bl. 12, Paginierung 44 auf BS 39 e [4a], Bl. 11, jeweils Paginierung 45 auf BS 39 e [3b], Bl. 39, 44 und BS 39 e [4a], Bl. 12, Paginierung 46 auf BS 39 e [4a], Bl. 13, gestrichene Paginierung 44, gestrichene hs. Paginierung 45 und hs. Paginierung 47 auf BS 39 e [4a], Bl. 14, Paginierung 48 auf BS 39 e [4a], Bl. 15, gestrichene Paginierung 46 und hs. Paginierung 49 auf BS 39 e [4a], Bl. 16, Paginierung 48 und überklebte Paginierung 49 auf BS 39 i [2], Bl. 6 TS17/A1 = fragm. Fassung der Szenen 10–18 („Vor dem Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“), konstituiert durch BS 39 e [3b], Bl. 17–19 (Korrekturschicht: schwarzblaue Tinte; vgl. Simulationsgrafik) TS17/A2 = fragm. Fassung der Szenen 14–16 („Im blauen Schiff“), konstituiert durch BS 39 e [3b], Bl. 24, 25 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS17/A3 = fragm. Fassung der Szenen 17–19 („Im blauen Schiff“), konstituiert durch BS 39 e [3b], Bl. 20 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS17/A4 = fragm. Fassung der Szene 19 („Im blauen Schiff“), konstituiert durch BS 39 e [3b], Bl. 26 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS17/A5 = fragm. Fassung der Szene 19 („Im blauen Schiff“), konstituiert durch BS 39 e [3b], Bl. 35 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS17/A6 = fragm. Fassung der Szenen 19–21 („Im blauen Schiff“), konstituiert durch BS 39 e [3b], Bl. 21 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS17/A7 = fragm. Fassung der Szenen 21–25 („Im blauen Schiff“), konstituiert durch BS 39 e [3b], Bl. 27–29 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) 17 TS /A8 = fragm. Fassung der Szenen 21–36 („Im blauen Schiff“, „Bierkeller“), konstituiert durch BS 39 e [3b], Bl. 27–30, BS 39 e [3a], Bl. 14–16 (Korrekturschicht: schwarzblaue Tinte; vgl. Simulationsgrafik) TS17/A9 = fragm. Fassung der Szenen 21–28 („Im blauen Schiff“, „Bierkeller“), konstituiert durch BS 39 e [3b], Bl. 27–29, 36 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS17/A10 = fragm. Fassung der Szenen 21–32 („Im blauen Schiff“, „Bierkeller“), konstituiert durch BS 39 e [3b], Bl. 27–29, 36, 37 (Korrekturschicht: schwarzblaue Tinte; vgl. Simulationsgrafik) TS17/A11 = fragm. Fassung der Szenen 31 und 32 („Bierkeller“), konstituiert durch BS 39 e [3b], Bl. 41–43, 48 (Grundschicht; vgl. Simulationsgrafik) TS17/A12 = fragm. Fassung Szenen 31 und 32 („Bierkeller“), konstituiert durch BS 39 e [3b], Bl. 46 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS17/A13 = fragm. Fassung der Szene 32 („Bierkeller“), konstituiert durch BS 39 e [3b], Bl. 47 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS17/A14 = fragm. Fassung der Szene 32 („Bierkeller“), konstituiert durch BS 39 e [3b], Bl. 47, 48 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS17/A15 = fragm. Fassung der Szenen 35–37 („Bierkeller“), konstituiert durch BS 39 e [4a], Bl. 12, BS 39 e [3b], Bl. 31, 22 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS17/A16 = Fassung der Szenen 35–37 („Bierkeller“), konstituiert durch BS 39 e [4a], Bl. 12, BS 39 e [3b], Bl. 31, 32 (Grundschicht; vgl. Simulationsgrafik)

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Konzeption 1

TS17/A17 = fragm. Fassung der Szenen 41, 42 („Bierkeller“), konstituiert durch BS 39 e [3b], Bl. 23 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS17/A18 = fragm. Fassung der Szenen 41–45 („Bierkeller“), konstituiert durch BS 39 e [3b], Bl. 33, 34 (Grundschicht; vgl. Simulationsgrafik) TS17/A19 = fragm. Fassung der Szenen 41, 42, konstituiert durch BS 39 e [3b], Bl. 38 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) 17 TS /A20 = fragm. Fassung der Szenen 41–45 („Bierkeller“), konstituiert durch BS 39 e [3b], Bl. 38–40 (Korrekturschicht: schwarzblaue Tinte; vgl. Simulationsgrafik) TS17/A21 = fragm. Fassung der Szenen 41–43, konstituiert durch BS 39 e [3b], Bl. 38, 44 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS17/A22 = fragm. Fassung der Szene 48 („Bierkeller“), konstituiert durch BS 39 e [4a], Bl. 15, 16 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS17/A23 = fragm. Fassung der Szene 45 („Bierkeller“), konstituiert durch BS 39 e [3b], Bl. 45 (Korrekturschicht: schwarzblaue Tinte; vgl. Simulationsgrafik) TS17/A24 = fragm. Fassung („Bierkeller“), konstituiert durch BS 39 e [4a], Bl. 11–16, BS 39 i [2], Bl. 6 (vgl. Simulationsgrafik; gedruckt als Teil von K1/TS27)

In TS17 arbeitet Horváth zusammenhängend die Schauplätze „Im blauen Schiff“ und „Bierkeller“ basierend auf TS15 aus. Sie ist als eine der wesentlichen werkgenetischen Bearbeitungsstufen des zweiten Teiles des Stückes in dieser Konzeption anzusehen, von der aus sich der Text dieser Schauplätze in TS18–TS20 konsolidiert und in die fragmentarische Gesamtfassung TS27 eingeht. Die Ausarbeitungen zum Schauplatz „Im blauen Schiff“ werden in die Reinschrift TS18 übernommen, die auch den Schauplatz „Vor dem Wohlfahrtsamt“ umfasst (zum Abbruch der Reinschrift vgl. den Kommentar zu TS18). Die starke Fragmentierung der in insgesamt 24 Ansätzen überlieferten Textstufe führt deutlich vor Augen, wie umfassend der Überlieferungsverlust im genetischen Konvolut zu Glaube Liebe Hoffnung ist. Die einzelnen überlieferten Textsegmente bauen oft deutlich erkennbar aufeinander auf, verfügen aber über inkompatible Anschlüsse an vorangehende Blätter. Das lässt auf eine große Menge an verlorengegangenem Material schließen. Möglicherweise lag zu einem Zeitpunkt der Ansatzfolge eine aus den fehlenden Blättern bestehende, relativ stabile Zwischenfassung des hier entwickelten Textes vor, deren Verlust die Lücken in der genetischen Reihenbildung erklären könnte. Noch am Schauplatz „Vor dem Wohlfahrtsamt“ fordert Maria am Beginn von 1 A /BS 39 e [3b], Bl. 17 Elisabeth auf, sie zu begleiten (vgl. auch den Kommentar zu TS16). In den folgenden Szenen 11 und 12 folgt zum „Gassenhauer“ Wenn die Elisabeth nicht so schöne Beine hätt (vgl. den Kommentar zu TS13) der Schauplatzwechsel in die Bar „Blaues Schiff“ (vgl. TS13/BS 39 e [3a], Bl. 7). Trotz der wohl intensiven Arbeit an den Szenen vor dem Wohlfahrtsamt in TS16 stimmt die Szenenzählung hier überraschenderweise mit denen vom Beginn von TS13 überein. Der Text der A1 konstituierenden Blätter BS 39 e [3b], Bl. 17–19 mit der Paginierung 33–35 basiert auf der Korrekturschicht von TS13, wobei insbesondere die dortige Korrektur in rotem Buntstift nicht völlig nachvollziehbar ist. In jedem Fall sind mehrere Textpassagen neu arrangiert worden. An Figuren sind wieder Maria, Elisabeth, Pascha und der Major, nun „mit dem Trauerflor“ (A1/Bl. 17), vorgesehen. Anders als noch in TS13 wird der Dialog deutlich in Szenen untergliedert (11–18). Die Handlung reicht vom Kuss zwischen Elisabeth und Maria, den Andeutungen des Majors zu seinen bisherigen Begegnungen mit Elisabeth vor der Anatomie und im Tierpark (vgl. dazu den Kommentar zu TS13) und der sadomasochistischen Hunde-Passage zwischen Maria und dem

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Chronologisches Verzeichnis

Major bis hin zur Frage Elisabeths, ob Pascha „ein Türke“ (Korrekturschicht: „ein Araber“, A1/Bl. 19) sei. Die Ausarbeitung endet in Szene 18, wo der Major Pascha um Geld bittet. Möglicherweise haben noch weitere Blätter vorgelegen, wie das abrupte Ende am Fuß von Bl. 19 vermuten lässt. Der weitere Verlauf der Szene wurde allerdings von Horváth hs. bis zum Ausruf „Vier doppelte Kirsch!“ ergänzt; eventuell sollte das Blatt so für die Anfügung an andere, gleichfalls nicht erhaltene Blätter adaptiert werden. Auf den Bl. 17 und 19 sind die hs. Eintragungen Horváths nur relativ geringfügig, dafür werden auf Bl. 18 v.a. die Andeutungen des Majors über die vorherigen Begegnungen mit Elisabeth intensiv überarbeitet. Das ganze Blatt wurde zuletzt durchgängig mit rotem Buntstift gestrichen, wohl weil Horváth eine Reinschrift davon angefertigt hat. Dass es entsprechende Veränderungen gegeben haben muss, belegen A2 und A3. A2 besteht aus einem mit 35 paginierten, für eine schließlich nicht vollzogene Montage zerschnittenen Blatt, das nun als BS 39 e [3b], Bl. 24 und 25 vorliegt. Die Paginierung würde einen Anschluss an A1/Bl. 18 mit der Pag. 34 nahelegen, das neue Blatt realisiert aber die eigentlich bereits auf dem Fuß von A1/Bl. 18 in der Grundschicht festgehaltene Replik über den „Rehpintscher“ des Präparators, lässt also keinen glatten Textanschluss zu. Vermutlich schloss dieses Blatt an eine Reinschrift des zuvor stark bearbeiteten Blattes an. Auf Bl. 24 ist die Hunde-Passage (Teil von Szene 14) von A1/Bl. 19 in der Korrekturschicht umgesetzt und nochmals leicht adaptiert. Auf Bl. 25 ist als Szene 15 Paschas Klavierspiel vorgesehen, er spielt „Unter einem Lindenbaum“, womit wohl Der Lindenbaum („Am Brunnen vor dem Tore“) aus Franz Schuberts Winterreise (op. 89) gemeint ist; zuvor war noch der „Walkürenritt“ (A1/Bl. 19) aus Richard Wagners Oper Die Walküre vorgesehen. Zu Szene 16 ist nur die Nummerierung eingetragen. Horváth bricht die Bearbeitung ab, ergänzt auf Bl. 25 die Szenenanweisung, dass das Prosit des Majors aus Szene 14 unerwidert bleibt, und ändert Paschas Spiel auf „Dein Mund sagt nein, doch Deine Augen sagen ja“. Dieser Tango von Willy Rosen war bereits in TS13/BS 39 e [3a], Bl. 13 hs. im Anschluss an die Geschehnisse in der Bar vorgesehen (vgl. den Kommentar dort). In der Reinschrift TS18 findet er sich dann sowohl hier als auch am Ende des Schauplatzes. An einer neuerlich anderen Stelle setzt A3 ein, und zwar mit Szene 17 und der Frage Elisabeths, ob Pascha „ein Araber“ sei, wie in der Korrekturschicht von A1/Bl. 19 festgehalten. Das hier vorliegende Blatt BS 39 e [3b], Bl. 20 trägt die Paginierung 36 und schloss vermutlich an ein nicht überliefertes Blatt an, das die Überarbeitungen von A2/Bl. 25 bzw. A1/Bl. 18 zu den Szenen 15 und 16 enthalten hat. In Szene 18 leiht sich der Major Geld von Pascha, wie teils hs. am Fuß von A1/Bl. 19 ausgeführt. Mit der folgenden Szene 19 liegt erstmals wieder neuer Text vor, der auf der Korrekturschicht und den diversen Umstellungen von TS13 basiert. Pascha inszeniert sich ironisch als Araber, was in der Korrekturschicht zu einer Unterhaltung zwischen Maria und Pascha ausgebaut wird, die in TS18 eingeht (vgl. TS18/BS 39 h [2], Bl. 9, dort Szene 18). Der Major lädt nun die Gesellschaft zu sich nach Hause ein, was Elisabeth aus „Selbsterhaltungsprinzip“ (vgl. dazu TS18/BS 39 h [2], Bl. 10) nicht will. Wie in TS13 ist das als Hinweis zu sehen, dass sie diese Sequenz als Vorspiel zur Gelegenheitsprostitution versteht. Einige der erbosten Reaktionen von Pascha und dem Major sind hier bereits in der Grundschicht nachträglich eingefügt worden, was sich aus dem zusammengerückten Eintrag zweier Repliken am Fuß des Blattes ersehen lässt. Die letzte Replik Paschas endet allerdings mitten im Satz und wird erst mit einem hs. Eingriff vervollständigt. In der Korrekturschicht wird der

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Konzeption 1

getippte Text überdies stärker zwischen dem Major und Pascha aufgeteilt und weiter ergänzt. An diesen Text anschlussfähige Blätter liegen nicht vor, waren aber wohl vorhanden, wie dann auch A5 nahelegt. Die Überarbeitungen von A3 sind in A4 und A5 umgesetzt. A4 wird durch Bl. 26 konstituiert, der abgetrennten unteren Hälfte eines Blattes. Der obere Teil, wohl eine Reinschrift der Szenen 17 und 18 aus A3, ist nicht erhalten. In A4 sind die hs. Einfügungen aus A3 zu Paschas Spitznamen und die Frage, ob er ein „Araber“ sei masch. realisiert, die Ausarbeitung bricht aber kurz darauf mitten in der Replik des Majors, in der er alle auffordert, zu sich nach Hause zu kommen, wieder ab. Danach fügt Horváth mehrere kleinere hs. Korrekturen ein. Diese wirken sich unmittelbar auf BS 39 e [3b], Bl. 35 aus, das A5 konstituiert. Hier liegt neuerlich ein Blattteil vor, dessen oberes Drittel nicht überliefert ist. Der Text von A5 setzt bereits in der Replik „[weil ich ein] Pascha bin“ ein und nimmt in der Folge die Korrekturen von A4 bzw. A3 auf. A5 endet in der Grundschicht präzise an der gleichen Stelle wie die Korrekturschicht von A3 mit dem Ausruf Paschas, Elisabeth begehe mit ihrer Weigerung eine „aalglatte Gemeinheit“. Das deutet darauf hin, dass hier der Anschluss an bereits in A3 ausgearbeitete Blätter ermöglicht werden sollte, die jedoch nicht überliefert sind. Das A6 konstituierende Blatt BS 39 e [3b], Bl. 21 trägt die Paginierung 37 und führt den Text mit den Szenen 20 und 21 fort. Die Replik Paschas über Elisabeths „aalglatte Gemeinheit“ ist am Kopf des Blattes nochmals in der masch. Grundschicht realisiert, was gegen einen direkten Anschluss an die vorherigen Ansätze spricht. Diese Replik war in A3/Bl. 20 bzw. A5/Bl. 35 bereits am jeweiligen Fuß des Blattes festgehalten, was keinen unmittelbaren Textanschluss erlaubt. Vor Bl. 21 müssen demnach neue Ausarbeitungen vorgelegen haben, die nicht überliefert sind. Wie in TS13/BS 39 e [3a], Bl. 10 vorbereitet, treten in Szene 20 die Studenten von Müller, Schmidt und Vetterle auf. In Szene 21 stellen sie Pascha, der mit „Herr Prantl“ angesprochen wird, wegen des Diebstahls zur Rede. Kurz vor Beginn der Prügelei, die in der folgenden Szene 22 stattfindet (vgl. A7–A10) endet der Text. Die letzten Repliken der Grundschicht wurden am Fuß des Blattes wie in A3/Bl. 20 neben- statt untereinander getippt. Entweder wurden sie nachträglich eingefügt oder der Text an ein anderes, nicht erhaltenes Folgeblatt angepasst. Der Text ist hier bereits in der Grundschicht gegenüber TS13 weit ausgefeilter und wird von Horváth hs. nochmals stark überarbeitet, wobei er u.a. den Abgang des Majors mit Maria einfügt. Beginnend mit A7 liegen wieder längere Textausarbeitungen vor, die sich allerdings gleichfalls nicht an die bisherigen Ansätze anschließen lassen. A7 setzt mit BS 39 e [3b], Bl. 27 kurz nach Beginn der Szene 21 ein und realisiert die meisten der Korrekturen aus A6. Auf den Blättern BS 39 e [3b], Bl. 28 und 29 wird der Text durchgängig weitergeführt. Diesen Blättern sind mit hoher Wahrscheinlichkeit Ausarbeitungen vorangegangen, die nicht erhalten sind. Die vorliegenden Blätter enthalten die Auseinandersetzung der Studenten, den Auftritt des Schupo (Szene 23; vgl. Bl. 28) und seine Begegnung mit Elisabeth, wie in TS13 vorbereitet; ein dort noch vorgesehener Auftritt der Irene Prantl entfällt. Möglicherweise war der Text von A7 mit Bl. 29 noch nicht zu Ende, da die abschließende Szenenanweisung „Dunkel“ erst hs. eingefügt wurde. In der hs. Überarbeitung adaptiert Horváth neuerlich die Replikenfolge und den Dialogtext in der Sequenz mit den Studenten und feilt am Dialog zwischen dem Schupo und Elisabeth. Der Auftritt des Schupo und der sogleich erfolgende Abgang der Studenten werden hs. von einer in zwei Szenen aufgeteilt, weshalb die Szenennummerierung der Grundschicht von Szene 24 (Bl. 28) zu Szene 25 (neu

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Chronologisches Verzeichnis

eingefügt auf Bl. 29) korrigiert werden muss. Da das textlich unmittelbar anschließende Blatt BS 39 e [3b], Bl. 30 diese Änderung bereits in der Grundschicht fortsetzt, ist hier ein neuer Ansatz anzunehmen. A8 schließt auf Bl. 30 direkt an A7 an und leitet mit Szene 26 den Schauplatzwechsel zum Bierkeller ein. Das Musikstück „Dein Mund sagt nein, doch Deine Augen sagen ja“ hat Horváth bereits in TS13/BS 39 e [3a], Bl. 13 für den Übergang und in A2 auch hs. innerhalb der Szene „Im blauen Schiff“ vorgesehen (vgl. den Kommentar oben). Der Schauplatz „Bierkeller“ ab Szene 27 wird mit den Worten „wo einst der Präparator Elisabeth kennen gelernt hatte“ (Bl. 30) eingeleitet, was auf die Existenz von Szenen im Bierkeller im ersten Teil des Stückes hindeutet (vgl. dazu die Kommentare zu TS14 und TS20). Der Dialog zwischen dem Richter und seiner Frau über die „Verdauung“ und das Missfallen des Richters an der beruflichen Tätigkeit seiner Frau sind hier erstmals textlich fixiert und tauchen in unterschiedlicher Form bis in die Endfassung auf (vgl. zuletzt K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 33). Bis in die Fassung in sieben Bildern ist diese Passage darüber hinaus eindeutig antisemitisch markiert: Der Richter mokiert sich darüber, dass die Prantl ihre Firma dem Verhältnis mit einem Juden verdanke (ab TS20 bzw. TS27 überdeutlich: „Konfektionsjuden“, ebd./BS 39 e [4a], Bl. 9a). Sowohl textlich als auch hinsichtlich der Paginierung und der Szenennummerierung lassen sich schließlich die in TS14 bzw. TS15 verwendeten Blätter BS 39 e [3a], Bl. 14–16 an diesen Ansatz anschließen. Der auf diesen Blättern teils intensiv hs. überarbeitete Text ist der Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung von TS17, was darüber hinaus für die neuerliche Verwendung dieser Blätter in diesem Zusammenhang spricht (vgl. dazu auch die Kommentare zu TS14 und TS15). Der Text verläuft in A8 wie in TS14 beschrieben. Der Endpunkt von A8 ist damit BS 39 e [3a], Bl. 16; in der Korrekturschicht mit rotem Buntstift liegen hier die Szenen 35–37 vor, die den Auftritt des Präparators samt dem Tierpfleger und seine Reminiszenzen über Elisabeth umfassen. Letztendlich kann auch noch darüber spekuliert werden, ob die in TS15 enthaltenen, aus TS10 stammenden Blätter BS 39 e [2], Bl. 5 und 6 auch noch einmal vorgesehen waren. Die dort entwickelte und stark überarbeitete Passage zwischen Elisabeth und dem Sipo bildet eindeutig die Vorlage für die weitere Arbeit Horváths. Einige Indizien sprechen aber gegen eine unmittelbare Einbindung in TS17: So sind die letzten Adaptierungen der Szenennummerierung in rotem Buntstift hier nicht fortgeführt und ist der Figurenname Sipo ohne sonstigen Eingriff weiterverwendet – beides spricht dagegen, dass Horváth diese Blätter nochmals in einem unmittelbaren Fassungszusammenhang verwendet hat. In A9 beginnt Horváth zunächst, den Text von A8/Bl. 30 auf Bl. 36 ins Reine zu schreiben, bricht aber auf der Hälfte des Blattes ab und fügt den weiteren Dialog zwischen dem Richter und seiner Frau hs. ein. Der genaue Grund dafür ist nicht klar, der eingefügte Text weicht nicht wesentlich vom bereits entwickelten ab. Der Dialog endet am Fuß des Blattes mit der Replik des Richters über die Firmengründung Prantls mit dem „Geld eines Juden“. Eine größere Ergänzung betrifft die Speisen des Ehepaares. Das Blatt BS 39 e [3b], Bl. 37 setzt in A10 den Text, die Paginierung sowie die Szenennummerierung von Bl. 36 sinnvoll fort, weshalb trotz des etwas unklaren Status der langen Einfügung dort von einer bewussten Fortsetzung auf diesem Blatt auszugehen ist. Zu diesem Zeitpunkt wäre damit der Dialog um einige Repliken, in denen die Frau Amtsgerichtsrat Irene Prantl verteidigt, gekürzt. Diese Kürzung schlägt sich allerdings in keiner der erhaltenen Gesamtfassungen nieder (vgl. TS27/BS 39 e [4a], Bl. 9a und K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 36); in der Endfassung (K3/TS7) fehlt die gesamte Passage.

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Konzeption 1

A10/Bl. 37 führt die Szenen 29–32 basierend auf A9/BS 39 e [3a], Bl. 14 aus: Der Invalide verkauft Flieder, der Richter und seine Frau streiten weiter und die abgehende Frau trifft auf Elisabeth. Die zuvor hs. notierte Musikbegleitung zum Auftritt der Fliederverkäufer, „Bist Du’s, lachendes Glück?“ aus der Operette Der Graf von Luxemburg von Franz Lehár (1870–1948), wird hier in der Grundschicht fixiert. Der Dialog zwischen der Frau und Elisabeth in Szene 32 am Fuß des Blattes umfasst nur zwei Repliken und wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einem nicht überlieferten Blatt fortgesetzt. A11 setzt auf Bl. 41 mit einer Reinschrift des zuletzt auf A9/Bl. 36 hs. festgehaltenen Dialogs zwischen dem Amtsgerichtsrat und der Frau Amtsgerichtsrat über die „Drüsen“ ein. Die Figuren tragen hier, anders als zuvor, ihren vollständigen Namen. Bl. 41 wurde unten von einem wohl zur Montage verwendeten Blatt abgetrennt, das nicht überliefert ist. Dementsprechend lässt sich nicht sagen, ob Bl. 41 an die über A7–A10 hinweg konstanten Bl. 27–29 anschließt. Auch die Fortsetzung von A11 auf Bl. 42, ebenfalls ein abgetrennter Blattteil, ist nicht sicher, aber jedenfalls wahrscheinlich, worauf auch der passende Figurennamen für die Frau Amtsgerichtsrat hindeutet. Von Bl. 42 fehlt auch der obere Teil, das gesamte Blatt war eine Reinschrift des unteren Teiles von A10/Bl. 37. Der Text schließt direkt an den von Bl. 43 an, wobei dieses Blatt vermutlich schon früher verwendet wurde, da Horváth hier wieder auf den Figurennamen „Frau“ für die Frau Amtsgerichtsrat wechselt. Der Text dieses Blattes, der in der Grundschicht auf A8/BS 39 e [3a], Bl. 15 basiert, wurde überdies äußerst intensiv überarbeitet. Wo genau dieses Blatt zuerst verwendet wurde, ist allerdings nicht zu rekonstruieren. Der Anschluss von Bl. 48 ist allein textlich gegeben; weder Bl. 43 noch Bl. 48 verfügen über eine Paginierung oder Szenennummerierung. Eine erst später hergestellte, wieder gelöste Klebung mittels Klebestreifen hat dieses Blatt mit Bl. 47 verbunden, wo ebenfalls ein unmittelbarer textlicher Anschluss möglich ist (vgl. A14). Das nur zur Hälfte beschriebene Bl. 48 endet mit dem Abgang der Frau zur „Mickymaus“. A12 ist eine Reinschrift von Bl. 42 und der ersten Hälfte von Bl. 43 aus A11, wo Elisabeth und die Frau Amtsgerichtsrat aufeinandertreffen. Bl. 46 setzt dabei genau an der gleichen Stelle ein wie Bl. 42 und weist eine Leerfläche am Kopf auf, war also vermutlich für eine Anklebung an den von Bl. 42 abgetrennten Teil vorgesehen. Der Dialog bricht am Fuß des Blattes mitten in einer Replik der Frau Amtsgerichtsrat ab, die anschließenden Blätter sind verlorengegangen. Der Text von A13 führt diese Szene basierend auf A11/Bl. 43 weiter aus, überlappt sich allerdings um einige Zeilen mit dem von A12, weshalb von einer neuerlichen Reinschrift ausgegangen werden muss, deren vorangehende Blätter nicht überliefert sind. Bl. 47 trägt die Paginierung 42, die unteren zwei Drittel des Blattes wurden abgetrennt und sind nicht überliefert. Der Text hier lässt sich an das bereits in A11 verwendete Bl. 48 anschließen, das bis zum Abgang der Frau ins Kino reicht, woraus sich A14 konstituiert. Ab A15 arbeitet Horváth den gemeinsamen Aufritt des Präparators und des Tierpflegers aus. Dieser Handlungsteil beginnt mit Szene 35 (Grundschicht BS 39 e [4a], Bl. 12). Material zu den Szenen 33 bzw. 34, das den Übergang zu zuletzt Szene 32 bilden würde, ist abseits des aus TS14 übernommenen Blattes A8/BS 39 e [3a], Bl. 15 nicht überliefert. Ursprünglich lag hier ein aus einem Teil von BS 39 e [4a], Bl. 12, einem Teil von BS 39 e [3b], Bl. 31 und aus BS 39 e [3b], Bl. 22 bestehendes Blatt vor, das die Szenen 35–37 enthalten hat. Dieses Blatt trug die Paginierung 43, die gemeinsam

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Chronologisches Verzeichnis

mit einigen Repliken und der Szenenanweisung im Zuge der Montage des zu BS 39 e [4a], Bl. 12 gehörigen Teiles in TS20/A6 überklebt wurde. Diese Seitenzahl lässt sich in TS20 nicht sinnvoll einordnen, was auf die frühere Verwendung hindeutet. In den folgenden Ansätzen liegen zunehmend bereits Blätter vor, die in TS20 weiterwandern (vgl. auch A22 und A23). Diese lassen sich wie BS 39 e [4a], Bl. 12 anhand der Paginierung oder aber über die Papiersorte mit dem Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“ identifizieren. Diese Blätter waren vermutlich Teil eines letzten Ansatzes von TS17 (vgl. A24), der als Reinschrift fungiert hat und für die Erarbeitung von TS20 herangezogen wurde (vgl. die Ausführungen dort). In A15 treten der Präparator und der Tierpfleger auf, ohne Elisabeth zu bemerken, darauf folgen der Dialog über die „Gorillaart von den Bermudasinseln“ und die Anspielungen auf das Schicksal des Oberpräparators (vgl. TS27/BS 39 e [4a], Bl. 12 und K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 39). In Szene 36 tritt die Arbeiterfrau mit dem Flieder auf, woraufhin sich der Präparator an die „Gelegenheit mit weissem Flieder“ (A15/BS 39 e [3b], Bl. 22) mit Elisabeth erinnert. Hinsichtlich des Handlungsbogens, der Paginierung und der Szenennummerierung entspricht das aus diesen drei Teilen vorliegende Blatt in der Grundschicht somit weitgehend der Überarbeitung von A8/BS 39 e [3a], Bl. 16. In Szene 37 nimmt der Dialog über Elisabeth allerdings einen anderen Verlauf, der so nicht in A8 vorbereitet wurde. In der Grundschicht ist zuletzt eine Antwort des Präparators ohne schließende Szenenanweisung zu lesen; möglicherweise lagen hier weitere Blätter vor, die das fortgesetzt haben. Die Szene ist in der Korrekturschicht zu Ende ausgeführt und endet mit dem Kartenspiel der beiden. Horváth trennt in A16 BS 39 e [3b], Bl. 22 vom Rest ab und verklebt diesen mit einem neu erstellten Blatt, das aus BS 39 e [3b], Bl. 31 und 32 bestanden hat. Damit liegt eine Reinschrift der hs. zu Ende geführten Szene 37 vor. Wieso BS 39 e [3b], Bl. 32 dann später von Bl. 31 abgetrennt wurde, ist unklar. Ob die Blätter von A16 auch Teil von A17 und darüber hinaus gültig waren, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Es gibt guten Grund zu der Annahme, dass zumindest der in A15 verwendete Teil von BS 39 e [4a], Bl. 12 Teil von A24 ist; seine Rolle in den Ansätzen A17–A23 ist aber aufgrund der prekären Überlieferungssituation unklar. A17/BS 39 e [3b], Bl. 23, neuerlich ein Blattschnipsel ohne erkennbare Anschlüsse, weist in der Grundschicht die Szenennummer 42 auf und enthält etwas Text der Szene 41, die nur die Szenenanweisung enthalten hat. Somit sind die Szenen 38–40 dieser Bearbeitung völlig undokumentiert. Elisabeth und der Schupo sitzen hier bereits am Tisch; der Schupo hat Elisabeth Flieder gekauft, worüber sie sich freut. Diese Textpassage lag zuletzt auf den in TS15 übernommenen Blättern TS10/BS 39 e [2], Bl. 5 und 6 vor, dort ab Szene 36. In der Korrekturschicht wird Szene 42 aufgegeben und ihr Text an die vorangehende Szene 41 angeschlossen und um einige Repliken ergänzt. A18/BS 39 e [3b], Bl. 33 setzt diese Änderungen in der Grundschicht um. Das Blatt beginnt genau mit der gleichen Wortabtrennung („-lisabeth“) wie A17/BS 39 e [3b], Bl. 23, was auf eine geplante Montage hinweist. Auf dem Blatt sind die mit A17 erweiterte Szene 41 sowie neu die Szenen 42 und 43 festgehalten. Elisabeth kündigt in Szene 42 nun an sie müsse „verschwinden“ und trifft dabei auf den Präparator und den Tierpfleger. Diese Begegnung liegt zuletzt in TS11 vor. Die Szene wird auf BS 39 e [3b], Bl. 34 fortgesetzt, das die Szene zu Ende führt. In der anschließenden Szene 44 der Grundschicht unterhalten sich der Präparator und der Tierpfleger weiter, was Horváth aber mit rotem Buntstift in den Text der Szene 43 integriert und Szene 44 der Rückkehr Elisabeths zum Schupo vorbehält. In Szene 45 ist wieder ein Dialog Elisabeths mit

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Konzeption 1

dem Schupo vorgesehen. Mit der Frage des Schupo, was Elisabeth eigentlich an ihm gefalle (vgl. TS27/BS 39 e [4a], Bl. 16, K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 43f. und K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 38f.) bricht der Text ab; höchstwahrscheinlich haben hier weitere Blätter vorgelegen, die diese Passage fortgesetzt haben. Hs. fügt Horváth hier den Dialog ein, in dem der Schupo mutmaßt, Elisabeth könnte schwanger sein, obwohl er doch immer „achtgegeben“ habe (vgl. TS27/ebd., K2/TS6/Bl. 43 und K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 39). Weitere Korrekturen auf BS 39 e [3b], Bl. 33 betreffen den Dialog zwischen dem Schupo und Elisabeth; hier sticht vor allem die Streichung einer Passage über den „Tonfilm“ heraus. Ein Schauplatz vor der „Tonfilmfassade“ war wiederholt Thema der Entwürfe zum zweiten Teil (vgl. E7–E9) und wurde schließlich als Schauplatz „Vor einem Tonfilmkino“ in der Fassung in zwei Teilen realisiert (vgl. TS20 bzw. TS27). A19/BS 39 e [3b], Bl. 38 beginnt wie A17 und A18 neuerlich mit der auffälligen Wortabtrennung „-lisabeth“. Bereits in der Grundschicht hält Horváth eine Variante im Dialog des Schupo fest, die den Blumenkauf auf eine „innere Stimme“ zurückführt (vgl. TS27/BS 39 e [4a], Bl. 14, hier auch als Teil von A24, K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 41 und K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 37). Der nachfolgende Text basiert zwar auf A18, ist aber wohl nicht als Reinschrift zu verstehen: Teile der Repliken und Szenenanweisungen sind etwa nicht völlig ausformuliert und Szenennummerierungen fehlen. Die Grundschicht bricht dann abrupt ab. Danach fügt Horváth einige hs. Ergänzungen zum weiteren Verlauf der Szene ein. Diese setzt er auf BS 39 e [3b], Bl. 39 um, womit sich diese Blätter zu A20 zusammenfügen lassen. Bl. 39 trägt nach A16/BS 39 e [4a], Bl. 12 erstmals wieder eine Paginierung (45), was rückwirkend die Einordnung der vorigen Blätter seit A16 stützt. Der Text setzt hier mit Szene 43 fort, die die Begegnung zwischen dem Präparator und Elisabeth zeigt. Diese setzt sich auf dem textlich unmittelbar anschließenden, wieder unpaginierten BS 39 e [3b], Bl. 40 fort. Hier folgt allerdings in der Grundschicht statt Szene 44 die Szene 45, die mit rotem Buntstift überdies zu Szene 47 korrigiert wurde. Es ist in Anbetracht der stark fragmentierten Überlieferungslage gut möglich, dass dieses Blatt bereits andernorts verwendet wurde. Zumindest in der Grundschicht könnte es sich aber auch um einen Fehler in der Umsetzung der Korrekturen von A18/BS 39 e [3b], Bl. 34 handeln. Elisabeth kehrt zum Tisch des Schupo zurück, wo dieser erklärt, immer „achtgegeben“ zu haben, wie in A18/BS 39 e [3b], Bl. 34 hs. vorgesehen. Auch die Passage über die „Statistik“, mit der dieser Ansatz abbricht, ist dort über eine Notiz bereits vorgesehen; sie wird aber in der Folge wieder verworfen. In A21 ersetzt Horváth A20/BS 39 e [3b], Bl. 39 durch BS 39 e [3b], Bl. 44, auf dem er mit einer Reinschrift beginnt, aber bereits in der Mitte des Blattes abbricht und noch einige hs. Überarbeitungen einfügt. In A22 liegt ein Teil einer Reinschrift von A21/BS 39 e [3b], Bl. 44 vor, den Horváth für die Montage von TS20 benutzt hat (vgl. A24). Erhalten sind zwei Blattteile, die später in BS 39 e [4a], Bl. 15 und 16 integriert wurden. Der zu Bl. 15 gehörige Teil enthält die auf A21/BS 39 e [3b], Bl. 44 basierende Szene 43. Die Szenennummerierung, in der Grundschicht hier ebenfalls 43, wurde überklebt. Der zu Bl. 16 gehörende Teil trägt in der Grundschicht die Paginierung 46 und enthält den Text bis kurz vor dem Schluss der Szene zwischen Elisabeth und dem Präparator. Während der Text dieser Blätter kaum hs. Eingriffe aufweist, wurde die Szenennummerierung auf Bl. 15 mehrfach überarbeitet, von 43 zu 42, 49 und 48 (vgl. dazu den Kommentar zu TS20). Dies deutet darauf hin, dass die Montage in TS20 erst recht spät erfolgt sein dürfte. Der A23 konstituierende Blattteil BS 39 e [3b], Bl. 45 ist schwer einzuordnen. Der Text beginnt mit der Rückkehr Elisabeths zum Tisch, bricht aber bereits in der ersten

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Chronologisches Verzeichnis

Replik des Schupo ab. Stattdessen tippt Horváth eine Passage über die Rückkehr der Frau Amtsgerichtsrat vom Kinobesuch, hier wieder nur „Frau“ genannt, zu ihrem Mann. Die Frau meint, sie könne nicht nach Hause, da ihr Mann „doch den Schlüssel“ habe, was relativ genau einer in TS11 bzw. E10 notierten Passage entspricht. Diese war dort für Seite 46 vorgesehen, was der Paginierung hier in etwa entsprechen würde. Aufgrund der doch beträchtlichen genetischen Distanz zwischen TS11 bzw. E10 und A22 dürfte es sich aber wahrscheinlich eher um einen Zufall handeln. Die Einordnung von BS 39 e [3b], Bl. 45 so spät in der genetischen Reihe kann u.a. mit dem verwendeten Papier begründet werden, das das Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“ aufweist. Papier dieser Sorte hat Horváth sonst erst für die Herstellung des in TS19 und TS20 vorliegenden Textes benutzt und ist vorher nicht belegt. Ausgehend von der Verklebung verschiedener Papiersorten in TS20 und der Reihenfolge, in der das geschehen ist, lassen sich mehrere Blätter dort als Teil einer zumindest teilweisen Reinschrift von TS17 identifizieren, die A24 konstituieren. Neben Teilen von BS 39 e [4a], Bl. 12, 15 und 16, die sich eindeutig A16 bzw. A22 zuordnen lassen, waren dies Teile von BS 39 e [4a], Bl. 11 und 13, ein weiterer Teil von Bl. 16 sowie das ganze Bl. 14 dieser Mappe, und schließlich ein Teil von BS 39 i [2], Bl. 6. Diese Blätter lassen sich auch materiell anhand des Wasserzeichens „Papyrus Rex M. K. Papier“ gruppieren und weisen zum Teil eine in der Grundschicht mit TS17 konforme Szenennummerierung bzw. Paginierung auf. Der bereits in A15 verwendete Teil von BS 39 e [4a], Bl. 12 ist die einzige Ausnahme, er weist kein Wasserzeichen auf. Seine Zugehörigkeit lässt sich aber über die überklebte Paginierung wie über die Szenennummerierung erkennen, die nur im Kontext von TS17 anschlussfähig sind. Sowohl die Szenennummern als auch die Paginierungen all dieser Blätter wurden später teils mehrfach überarbeitet (vgl. dazu v.a. den Kommentar zu TS20). Blätter mit dem Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“ liegen zuletzt auch in der Ausarbeitung des Schauplatzes „Elisabeths möbliertes Zimmer“ wie zum Epilog vor. Diese sind also wahrscheinlich parallel zu bzw. kurz nach diesen Blättern hier entstanden (vgl. die Kommentare zu TS21 und TS22). T17 = ÖLA 3/W 23 – BS 39 d, Bl. 1–39, ÖLA 3/W 35 – BS 39 h [2], Bl. 1–13 52 Blatt unliniertes Papier (295 × 205 mm), dünn, Durchschlag, Paginierung 34–46 auf BS 39 d, Bl. 1–13, 14–26, 27–39 und auf BS 39 h [2], Bl. 1–13 TS18 = fragm. Fassung der Szenen 3–26 („Vor dem Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“), konstituiert durch BS 39 h [2], Bl. 1–13 Druck (teilweise) in: GW IV, S. 294–305 und in: Horváth 1973, S. 113–124.

Mit TS18 liegt eine fragmentarische Reinschrift der Szenen 3–26 des zweiten Teiles, basierend auf TS16 bzw. TS17, vor. Insgesamt sind vier Durchschläge von gleichem Umfang erhalten; Blätter von mindestens einem weiteren Durchschlag hat Horváth außerdem für die Herstellung von TS19 verwendet. Es ist davon auszugehen, dass diese Reinschrift auf einem weiteren Blatt auch die nicht erhaltenen Szenen 1 und 2 bzw. den Beginn von Szene 3 enthalten hat. Sowohl die verwendete Schreibmaschine als auch das Papier entsprechen den für TS8 bzw. TS9 verwendeten Schreibmaterialien, die Szenen des ersten Teiles enthalten. Wahrscheinlich lag somit zu diesem Zeitpunkt eine durchgängige Reinschrift des ersten Teiles und eine des zweiten bis Szene 26 vor. Aufgrund des Auftritts von Eltz in Szene 7 (vgl. TS18/Bl. 3) hat diese auch noch den Schauplatz „Einsame Landstrasse“ (TS8) im ersten Teil enthalten. Erst

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Konzeption 1

die Streichung dieses Schauplatzes im ersten Teil zieht vermutlich die Überarbeitung der aus TS18 übernommenen Blätter in TS19 nach sich (vgl. TS19/A6). Wie in TS8 und TS9 wurden im Typoskript wiederholt keine Leerzeichen zwischen Wörtern und Satzzeichen gesetzt, was in der vorliegenden Transkription stillschweigend emendiert wird. TS18 umfasst die Schauplätze „Vor dem Wohlfahrtsamt“ und „Im blauen Schiff“. Der überlieferte Text setzt mit Elisabeth und den anderen Arbeitslosen im Gespräch ein, das vom vorbeigehenden Schupo unterbrochen wird. Diese Passage bis zum Abgang der Arbeiterfrau und des Buchhalters auf Bl. 3 ist bereits weit gediehen und folgt TS16; bis hin zur Endfassung TS27 wird sie aber immer noch leicht variiert. Danach tritt der mittlerweile verarmte Eltz aus dem Amt, der von der hier auch noch vorgesehenen Elli abgeholt wird. Elisabeth und Maria bleiben allein vor dem Amt zurück und unterhalten sich, schließlich schlägt Maria vor, ins Blaue Schiff zu gehen. Die musikalische Überleitung bildet der „Gassenhauer“ „Wenn die Elisabeth nicht so schöne Beine hätt“ (Bl. 6) aus der Operette Die Wunderbar (1930; vgl. den Kommentar zu TS13). Im Blauen Schiff sind Elisabeth, Maria, Pascha und der Baron anwesend. Die Figur des Barons hieß in TS17 noch Major und wurde mit diesem Namen bereits in VA3/TS1/A3 erwähnt; zuletzt wurde er in TS17/A7–A10/BS 39 e [3b], Bl. 28 genannt. Die Umbenennung selbst ist nicht dokumentiert. Als „Baron mit dem Trauerflor“ (K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 4) geht diese Figur schließlich in die Endfassung ein. Hier, im Verlauf von TS18, trägt der Baron freilich noch alle Züge des Majors, inklusive des sadomasochistischen Verhältnisses zu Maria (vgl. TS18/Bl. 8). Wie in TS17 fordert der Baron nun Elisabeth und Maria auf, in seine „Fünfzimmerwohnung“ (ebd./Bl. 10) mitzukommen, was Elisabeth verweigert. Dann treten die Studenten Schmidt, v. Müller und Vetterle auf den Plan und konfrontieren Pascha. Der Baron und Maria empfehlen sich „auf französisch“ (ebd./Bl. 11), Pascha wird verprügelt. Als der Schupo eintritt, flüchten alle außer Elisabeth; sie und der Schupo lernen sich kennen (ebd./Bl. 12f.). Den musikalischen Übergang bildet in Szene 25 wieder der Tango Dein Mund sagt nein, doch Deine Augen sagen ja von Willy Rosen (ebd./Bl. 13; vgl. den Kommentar zu TS13). In Szene 26 würde nun, gemäß TS17, der Schauplatz Bierkeller folgen. Auf Bl. 13 ist allerdings nur die Szenennummerierung eingetragen, daran anschließende Blätter liegen nicht vor. Dabei handelt es sich allerdings eher um einen Abbruch der Bearbeitung als um einen Textverlust; die Reinschrift ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht über Szene 26 hinaus fortgeführt worden. Wesentliches Indiz dafür ist, dass Horváth für die Neuzusammenstellung des Textes zum Schauplatz „Vor dem Wohlfahrtsamt“ in TS19 auf Durchschläge von TS18 zurückgreift, Blätter dieses Materials dann aber nicht mehr vorkommen. Für den Schauplatz „Bierkeller“ ab Szene 26, dessen Text in TS20 neu montiert wird, verwendet Horváth stattdessen Blätter, die bereits Teil von TS17 waren (vgl. den Kommentar zu TS17/A24). Der Schauplatz „Bierkeller“ hat somit gar nicht in einer Reinschrift vorgelegen. Ein weiterer, damit zusammenhängender Hinweis ist die mehrfache Korrektur der Szenennummerierung auf diesen Blättern, die insgesamt sehr lange im Produktionsprozess verbleiben. Diese springen, soweit dokumentiert, um bis zu 16 Zähler zurück (vgl. etwa TS27/BS 39 e [4b], Bl. 11). Der Schluss liegt nahe, dass diese Korrektur aufgrund der Entfernung des Schauplatzes „Im blauen Schiff“ zustande kam, der 15 Szenen umfasst (Szenen 11–25). Die Blätter sind dementsprechend über TS17/A24 hinaus nie ins Reine geschrieben worden.

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Chronologisches Verzeichnis

Dem vorliegenden Material indirekt zugehörig, aber in jedem Fall klar davon zu trennen, sind schließlich die wenigen Blätter einer Fortsetzung der Reinschrift, die mit TS26 vorliegt. Diese wenigen Blätter basieren auf TS19/BS 39 e [4a], Bl. 8 und 9a und zeigen dementsprechend einen Text ohne den Schauplatz „Im blauen Schiff“; Maria geht hier alleine ab. Diese Blätter lassen sich bruchlos an TS18/BS 39 h [2], Bl. 5 anschließen. Sie sind der Rest einer Variante für die Fortsetzung der vorliegenden Reinschrift, die auf der ersten vollständigen Kompilation der Fassung in zwei Teilen TS24 basiert. Horváth entscheidet sich aber kurzfristig dafür, die Nebenhandlung rund um Eltz aus dem Stück zu entfernen, was er neuerlich in TS19 einarbeitet (vgl. TS19/A6 sowie im Detail die Kommentare zu TS24 und TS26). Insbesondere die TS18 zugrundeliegenden Blätter haben zu einigen sehr missverständlichen Konstitutionen in den bisherigen Editionen geführt. In den Gesammelten Werken von 1971 (vgl. GW IV, S. 294–305) werden sie als Teil einer völlig fiktiven Fassung in sieben Bildern ausgewiesen, was wohl auf den Einfluss der Textkompilation von Peter Palitzsch zurückzuführen ist (vgl. dazu das Vorwort in diesem Band, S. 25f.). In der um weitere Vorarbeiten angereicherten Ausgabe des Stückes in der Bibliothek Suhrkamp von 1973 wurden die Blätter korrekt als Teil der Fassung in zwei Teilen ausgewiesen, aber teilweise völlig sinnentstellend emendiert (vgl. Horváth 1973, S. 113–124). So wurde die Figur der Elli als „Elisabeth“ transkribiert, was in den Szenen 7 und 8 (ebd., S. 114f.), in denen Elli und Elisabeth mit Eltz sprechen, zu einem höchst absurden Text führt. T18 = ÖLA 3/W 28 – BS 39 e [4a], Bl. 2–9, 9a, 9a v, ÖLA 3/W 29 – BS 39 e [4b], Bl. 1 (vgl. K1/T22) Insgesamt 10 Blatt, davon 2 Blatt unliniertes Papier (295 × 205 mm), 1 Blatt unliniertes Papier (213 × 205 mm), gerissen, 1 Blatt unliniertes Papier (158 × 225 mm), Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten, Klebung gelöst, 1 Blatt unliniertes Papier (299 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (285 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (399 × 210 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (170 × 208 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (644 × 208 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (295 × 205 mm), Klebung gelöst, hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte, rotem Buntstift und Bleistift sowie mit Bleistift von fremder Hand (Berliner Bearbeitung), Paginierung 36 auf BS 39 e [4a], Bl. 2, gestrichene Paginierung 37 und hs. Paginierung 30 auf BS 39 e [4a], Bl. 3, gestrichene hs. Paginierung 34 und gestrichene hs. Paginierung 28 auf BS 39 e [4a], Bl. 4, gestrichene Paginierung 34 und hs. Paginierung 28 auf BS 39 e [4b], Bl. 1, jeweils gestrichene Paginierung 35 und hs. Paginierung 29 auf BS 39 e [4a], Bl. 5, 6, Paginierung 38 auf BS 39 e [4a], Bl. 7, Paginierung 39 und überklebte Paginierung 40 auf BS 39 e [4a], Bl. 8, Paginierung 40 auf BS 39 e [4a], Bl. 9a TS19/A1 = fragm. Fassung mehrerer Szenen, konstituiert durch BS 39 e [4b], Bl. 1, BS 39 e [4a], Bl. 5, 2, 3, 6–8 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS19/A2 = fragm. Fassung mehrerer Szenen, konstituiert durch BS 39 e [4b], Bl. 1, BS 39 e [4a], Bl. 5, 2, 3, 6–8, 9a v (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS19/A3 = fragm. Fassung mehrerer Szenen, konstituiert durch BS 39 e [4b], Bl. 1, BS 39 e [4a], Bl. 5, 2, 3, 6–8 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS19/A4 = fragm. Fassung mehrerer Szenen, konstituiert durch BS 39 e [4b], Bl. 1, BS 39 e [4a], Bl. 5, 2, 3, 6–8, 9a, 9 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS19/A5 = fragm. Fassung mehrerer Szenen, konstituiert durch BS 39 e [4b], Bl. 1, BS 39 e [4a], Bl. 5, 2, 3, 6–8, 9a (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) 19 TS /A6 = fragm. Fassung der Szenen 3–11, konstituiert durch BS 39 e [4b], Bl. 1, BS 39 e [4a], Bl. 4, 4–8, 9a (vgl. Simulationsgrafik; gedruckt als Teil von K1/TS27)

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Konzeption 1

T19 = ÖLA 3/W 28 – BS 39 e [4a], Bl. 9a, 10–16, ÖLA 3/W 38 – BS 39 i [2], Bl. 6 (vgl. K1/T22) Insgesamt 9 Blatt, davon 1 Blatt unliniertes Papier (644 × 208 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (330 × 208 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (412 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (400 × 225 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (330 × 222 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (285 × 225 mm), Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, 1 Blatt unliniertes Papier (338 × 225 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (336 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (480 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, hs. Eintragungen mit schwarzblauer und schwarzer Tinte, rotem Buntstift sowie mit Bleistift von fremder Hand (Berliner Bearbeitung), Paginierung 40 auf BS 39 e [4a], Bl. 9a, Paginierung 43 und hs. 41, 42 auf BS 39 e [4a], Bl. 10, Paginierung 44–46 auf BS 39 e [4a], Bl. 11–13, überklebte Paginierung 43 auf BS 39 e [4a], Bl. 12, gestrichene Paginierung 44, gestrichene hs. Paginierung 45 und hs. Paginierung 47 auf BS 39 e [4a], Bl. 14, Paginierung 48 auf BS 39 e [4a], Bl. 15, gestrichene Paginierung 46 und hs. Paginierung 49 auf BS 39 e [4a], Bl. 16, Paginierung 48 und überklebte Paginierung 49 auf BS 39 i [2], Bl. 6 TS20/A1 = fragm. Fassung mehrerer Szenen, konstituiert durch BS 39 e [4a], Bl. 9a (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS20/A2 = fragm. Fassung mehrerer Szenen, konstituiert durch BS 39 e [4a], Bl. 9a, 10 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) 20 TS /A3 = fragm. Fassung mehrerer Szenen, konstituiert durch BS 39 e [4a], Bl. 9a, 10, 11 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS20/A4 = fragm. Fassung mehrerer Szenen, konstituiert durch BS 39 e [4a], Bl. 9a, 10–12 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS20/A5 = fragm. Fassung mehrerer Szenen, konstituiert durch BS 39 e [4a], Bl. 9a, 10–12 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS20/A6 = fragm. Fassung mehrerer Szenen, konstituiert durch BS 39 e [4a], Bl. 9a, 10–12 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS20/A7 = fragm. Fassung mehrerer Szenen, konstituiert durch BS 39 e [4a], Bl. 9a, 10–13 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS20/A8 = fragm. Fassung mehrerer Szenen, konstituiert durch BS 39 e [4a], Bl. 9a, 10–13 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS20/A9 = fragm. Fassung mehrerer Szenen, konstituiert durch BS 39 e [4a], Bl. 9a, 10–16, BS 39 i [2], Bl. 6 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) 20 TS /A10 = Fassung der Szenen 12–34, konstituiert durch BS 39 e [4a], Bl. 9a, 10–16, BS 39 i [2], Bl. 6 (vgl. Simulationsgrafik; gedruckt als Teil von K1/TS27) Druck von BS 39 e [4a], Bl. 9a, 10–12 in: Horváth 1973, S. 155–157.

In TS19 und TS20 macht sich Horváth an eine Neubearbeitung der zuvor entwickelten Schauplätze. Deren Ergebnis ist eine Neufassung der Schauplätze „Vor dem Wohlfahrtsamt“ und „Bierkeller“, die Entfernung des Schauplatzes „Im blauen Schiff“ aus dem zweiten Teil (vgl. aber den Epilog, TS22) und die Einfügung eines Schauplatzes „Vor einem Tonfilmkino“. Letzteres hatte Horváth bereits in den Entwürfen zum zweiten Teil erwogen (vgl. E7–E9), aber zuvor nicht realisiert. Die hier vorgelegte Szenenfolge an diesem Schauplatz ist mit Material gefertigt, das zuvor für den „Bierkeller“ in TS17 verwendet wurde (vgl. TS17/A24). Bei der Umarbeitung des Stückes zur Fassung in sieben Bildern wird es wieder dort integriert. Die Einarbeitung von Material aus dem Schauplatz „Bierkeller“ von TS17 in die hier vorliegenden Schauplätze „Vor einem Tonfilmkino“ und „Bierkeller“ erlaubt auch eine ungefähre Trennung der vorliegenden Textgenese in zwei separate, nichtdestotrotz eng verzahnte Textstufen. In TS19 entwickelt Horváth basierend auf der Rein-

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Chronologisches Verzeichnis

schrift von TS18 den Schauplatz „Vor dem Wohlfahrtsamt“ neu, in TS20 die Schauplätze „Vor einem Tonfilmkino“ und „Bierkeller“ mit Rückgriff auf Material aus TS17. Das Bindeglied zwischen den beiden Textstufen ist das Blatt BS 39 e [4a], Bl. 9a, das zum Teil zu TS19, zum Teil zu TS20 zu zählen ist. Ein ähnlicher Übergang liegt schließlich in TS20 mit BS 39 i [2], Bl. 6 vor, das den Schluss des Schauplatzes „Bierkeller“ enthält und in den Schauplatz „Elisabeths möbliertes Zimmer“ (TS21) übergeht. Die Überarbeitung beginnt in TS19/A1 auf sechs Blättern eines Durchschlags von TS18 (T17). Wie dort beginnt der Text hier mit dem Rest der Szene 3 des zweiten Teiles und der Replik der Arbeiterfrau „Sie müssten halt zur Invalidenversicherung“ und reicht bis zu Marias Aufforderung, ins „blaue Schiff“ zu gehen auf BS 39 e [4a], Bl. 8. Der Rest des Durchschlagsblattes, das den gleichen Text wie TS18/BS 39 h [2], Bl. 6 enthalten hat, wurde abgetrennt. Die Blätter wurden teils intensiv mit Tinte wie mit rotem Buntstift überarbeitet. Die genaue Chronologie der Eingriffe lässt sich allerdings nicht mehr rekonstruieren, da zumindest ein Teil dieser Korrekturen wohl erst ganz zum Schluss von K1 einzuordnen sind (vgl. dazu im Detail A6). An Bl. 8 schließt in A2 ein später für die Montage von BS 39 e [4a], Bl. 9a verwendetes Blatt an, das verso beschrieben ist. Die Recto-Seite dieses Blattes trägt den Text zum Schluss dieses Schauplatzes und ist A5 zuzuordnen. Mit der auf BS 39 e [4a], Bl. 9a v entwickelten Passage ist erstmals implizit der Verzicht auf den Schauplatz „Im blauen Schiff“ belegt. Elisabeth weigert sich nun, „[a]us Selbsterhaltungsprinzip“ (A2/Bl. 9a v) mit Maria mitzugehen. Neuerlich ist damit die Alltags- bzw. Gelegenheitsprostitution für etwas Essbares („Schinkenbrot“, Bl. 8) angesprochen (vgl. bereits VA1/TS1), die Elisabeth nun sogleich ausschlägt. Der getippte Text wird hier hs. zu Ende geführt und ergänzt. Horváth wägt auch verschiedene Alternativen für den Abgang Marias ab, bis er sich auf das auch in Zukunft beibehaltene „Da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich“ festlegt (vgl. zuletzt K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 28). Dann verschwindet Maria. Bei ihrer Replik handelt es sich um die Umstellung eines zeitgenössischen Sprichwortes, das lautet: „Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich.“ Die Ansätze A3 und A4 setzen die in A2 grob skizzierte Neuentwicklung im Detail um und passen den aus dem Schauplatz „Im blauen Schiff“ übernommenen Dialog zwischen Elisabeth und dem Schupo in das neue Umfeld ein. In A3 klebt Horváth einen neuen Teil an BS 39 e [4a], Bl. 8 an, der die Reinschrift des Textes von BS 39 e [4a], Bl. 9a v enthält und mit dem Auftritt des Schupo (hier Szenen 10 und 11) fortsetzt. Von diesem Blatt wurde unten ein Teil abgeschnitten, der nicht erhalten ist. Der in A4 angeklebte untere Blattteil war zuvor noch als eigenständiges Blatt vorgesehen, das die Paginierung 40 getragen und wohl zunächst den Text fortgesetzt hat. Hier erklärt der Schupo, dass Elisabeth ihn an seine tote Braut erinnere, was diese mit „Geh redens doch nicht so mystisch daher“ quittiert. Horváth schneidet dies in der Folge ab und benutzt das Blatt gleich für die weitere Montage. Die Paginierung und der Text aus A3 werden dabei überklebt und auf dem unteren Teil des Blattes eine Neufassung dieses Dialogs festgehalten. Dem geht eine Passage voran, in der der Schupo meint, er habe Elisabeth schon öfter vor dem Wohlfahrtsamt gesehen (vgl. dazu TS18/BS 39 h [2], Bl. 12f.). Möglicherweise beruht diese auf dem nicht überlieferten Teil des in A4 verklebten Teiles von BS 39 e [4a], Bl. 8. Die tote Braut wird nun nicht mehr direkt erwähnt, der Schupo spricht wieder mehr allgemein von einer „lieben Toten“ (vgl. neuerlich TS18/BS 39 h [2], Bl. 12f.). Der nun vorliegende Text von Szene 11 wird hs. stark überarbeitet und bleibt zuletzt in geraffter Form bestehen.

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Konzeption 1

An die Nachfrage des Schupo, in welche Richtung Elisabeth nun gehe, schließt weiterer Text auf dem oberen Teil von BS 39 e [4a], Bl. 9a an, das die Paginierung 40 trägt. Der Dialog reicht hier bis zu Elisabeths Replik „Das sind Sprüch“ und die nachfolgende „Stille“, dann wurde Material abgeschnitten, das nicht überliefert ist. Vermutlich gehörte BS 39 e [4a], Bl. 9, ein oben geschnittener Blattteil, auch noch zu A4, das einen anderen Verlauf des Dialogs zwischen den beiden zeigt. Elisabeth berichtet hier von einem Zimmer um „fünfundzwanzig Mark“ (Bl. 9), das sie sich nicht leisten könne. Der Schupo meint daraufhin „Das ganze Leben ist ein Traum, sagt der Dichter“, worauf Elisabeth mit der Replik „Geh redens doch nicht so mystisch daher“ repliziert. Sie meint, sie wäre „schon des Öfteren arbeitslos [gewesen] und […] habe den Kopf nicht hängen lassen“, was an den Monolog in VA3/TS2 erinnert. Daran schließt in A4/BS 39 e [4a], Bl. 9 die dann bis in die Endfassung übernommene Passage über „Glaube Liebe Hoffnung“ (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 31) an. In den Text von A5 gehen nur Teile dieser nur auf A4/BS 39 e [4a], Bl. 9 belegten Dialogvariante ein. Horváth benutzt dafür die Vorderseite des in A2 verso verwendeten Teiles von Bl. 9a und klebt ihn an den bereits in A4 bestehenden Teil an. Der Schauplatz „Vor dem Wohlfahrtsamt“ wird darauf zu Ende geführt, Elisabeth und der Schupo gehen mit dessen kryptischem Ausspruch „Sie können schnell gehen, aber ich kann auch schnell gehen“ ab. Auf diesem Blattteil befindet sich dann auch die für den Übergang zum folgenden Schauplatz relevante Angabe „Szene Nummer 12“; der nachfolgende Text seinerseits ist bereits montiert und im Verlauf von TS20 entstanden. In der Fassung von A5 wurde der Text Bestandteil der ersten vollständigen Kompilation der Fassung in zwei Teilen TS24, die Horváth abschließend aber nochmals gravierend überarbeitet hat. Die Reinschrift von TS26 basiert auf dieser Bearbeitung; sie wird aber durch die Eingriffe Horváths zur Entfernung der Szenen mit Eltz adaptiert. Diese bilden sich in A6 ab und hängen höchstwahrscheinlich mit der Entfernung des Schauplatzes „Einsame Landstrasse“ im ersten Teil zusammen (vgl. TS8). Wesentliches Indiz für diese Reihung der Textgenese ist die Figur Elli, die im Zuge der hs. Überarbeitung der bereits A1 konstituierenden Blätter gemeinsam mit Eltz aus der Fassung entfernt wird. Wie aber sowohl das Schlusstableau von TS22/A2/BS 39 k [2], Bl. 9 als auch das Figurenverzeichnis von TS25 in der jeweiligen Grundschicht zeigen, war Elli dort noch als Figur vorgesehen und wurde erst nachträglich hs. gestrichen. Sie war also bis dahin noch Teil des Stückes. Ein weiteres Indiz dazu ist eine inkonsequente bzw. widersprüchliche Korrektur der Paginierung auf den Blättern BS 39 e [4b], Bl. 1, BS 39 e [4a], Bl. 5, 2, 3 und 6. Horváth korrigiert hier die Paginierungen um sechs Seiten zurück. Auf Bl. 6 wiederum, einem nachträglich angeklebten Teil, fügt er hs. die Paginierung 35 ein, was sich bei Bl. 5 wiederholt und korrigiert diese dann auf beiden zu 29, ohne die damit doppelt vergebene Paginierung zu beheben. Horváth hört allerdings mit BS 39 e [4a], Bl. 7 (Pag. 38) auf, die Paginierung zu adaptieren, sie verläuft dann wieder wie zuvor bis zum Schluss des Stückes. Auch wenn sie nur bruchstückhaft und widersprüchlich ist, entspricht die Korrektur der Paginierung hier überraschend genau den insgesamt sechs Seiten, die das Stück infolge der Entfernung des Schauplatzes „Einsame Landstrasse“ verloren hat (insgesamt umfasst TS8 sechs Blatt, wovon eines durch den neuen Übergang zwischen den beiden Schauplätzen „Kontor der Firma Irene Prantl“ und vermutlich „Im Tierpark“ aufgefangen wird, vgl. dazu TS9 sowie die Korrektur der Paginierung auf TS26/BS 39 e [4b], Bl. 20). Diese Änderung bildet sich auch in den Notizen E12–E14 ab, die Horváth begleitend zur Überarbeitung einer wohl vollständigen Fassung festgehalten hat (vgl. auch die Re-

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Chronologisches Verzeichnis

duktion der Gesamtszenenzahl in E18). Dementsprechend entfernt Horváth nun am Schauplatz „Vor dem Wohlfahrtsamt“ die beiden nicht mehr notwendigen Szenen, die den heruntergekommenen Eltz und sein Wiedersehen mit Elisabeth thematisieren, und Elli als Geliebte von Eltz gleich mit. Eltz wurde allerdings erst in K2 völlig aus dem Stück gestrichen und war vermutlich noch Teil der Handlung am Schauplatz „Vor dem anatomischen Institut“ (vgl. die Kommentare zu TS22 und TS25). Elli wiederum hatte keine weiteren Auftritte mehr und konnte so aus dem Schlusstableau entfernt werden (vgl. in diesem Zusammenhang insbesondere, dass Horváth nach Ellis Streichung dort die Position von Eltz im Tableau verändert hat, TS22/A2 bzw. TS27/BS 39 k [2], Bl. 9). Mit diesem großen Eingriff gehen zugleich einige kleinere Überarbeitungen einher, die sich materiell A6 zuordnen lassen: Die sehr stark überarbeitete Szene Nummer 5 auf BS 39 e [4b], Bl. 1 tippt Horváth auf einem Teil eines Blattes der Papiersorte „Papyrus Rex M. K. Papier“ neu und klebt diesen auf das bestehende Blatt auf. Papier dieser Sorte ist typisch für eher späte Bearbeitungen des Textes (erstmals konsequent in TS17/A24; vgl. in der Folge auch TS20–TS22). Diese Klebung wurde aus unbekannten Gründen wieder gelöst, möglicherweise aber nicht von Horváth selbst, sondern erst später im Zuge der Bearbeitung des Nachlasses in Berlin ab 1963. Dafür spricht auch, dass auf verschiedenen anderen Blättern in diesem Konvolut (Über-)Klebungen restauratorisch teilweise voneinander gelöst wurden, um eventuell überklebte Textstellen sichtbar zu machen. Der für die Klebung verwendete Blattteil BS 39 e [4a], Bl. 4 trägt dabei die gleiche Paginierung 34 wie BS 39 e [4b], Bl. 1, die hs. eingefügt und dann auch zu 28 korrigiert wurde. Hierin ist ein Indiz für eine umfassendere Überarbeitung der Szenenfolge zu sehen, die sich aber nicht mehr nachvollziehen lässt. Den von BS 39 e [4a], Bl. 4 unten abgeschnittenen Teil benutzte Horváth gleich anschließend für einen neuen Übergang zu BS 39 e [4a], Bl. 5, mit dem die Streichung der Szenen zu Eltz, beginnend auf BS 39 e [4a], Bl. 2 (ein Durchschlag von TS18/BS 39 h [2], Bl. 3), textlich aufgefangen wird. Somit ist die Klebung zu BS 39 e [4a], Bl. 1 eindeutig in A6 anzunehmen und nicht früher. Der neugestaltete Übergang setzt sich auf dem ebenfalls neu erstellten Blatt BS 39 e [4a], Bl. 6 fort, das ebenfalls das Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“ aufweist. Hier tippt Horváth nur wenige Zeilen und klebt dann einen Blattteil an, der markant von BS 39 e [4a], Bl. 3 (ein Durchschlag von TS18/BS 39 h [2], Bl. 4) abgerissen wurde und nun den unteren Teil von BS 39 e [4a], Bl. 6 bildet. Der obere Teil von Bl. 3, der die Szene zwischen Eltz und Elisabeth enthält, scheidet damit auch aus. Dadurch ist wieder der Anschluss an das seit A1 vorliegende BS 39 e [4a], Bl. 7 gegeben. Völlig unberührt von diesem Eingriff bleibt die Szenennummerierung. Durch weitere Unterteilung des bereits vorliegenden Textes kommt Horváth trotz der Streichung der Szenen mit Eltz und Elli auf dieselbe Zahl an Szenen wie zuvor. In der für Horváths Arbeitsweise recht ungewöhnlichen Reißung eines Blattes kann man ein Indiz dafür sehen, dass diese Überarbeitung kurzfristig erfolgt ist. Warum Horváth die Paginierung hier nur auf einigen wenigen Blättern den neuen Gegebenheiten angepasst hat, ist unklar. Für den Text des ersten Teiles deutet zumindest TS9 darauf hin, dass eine Reinschrift des Schauplatzes „Kontor der Firma Irene Prantl“ vorgelegen hat, die die Streichung von „Einsame Landstrasse“ berücksichtigt hat. Möglicherweise hatte sich Horváth zwischenzeitlich bereits zu einer Neubearbeitung, die zu K2 führen sollte, entschlossen und deshalb keine vollständige Korrektur des zweiten Teiles mehr angestrebt. In jedem Fall ist auf den hier vorliegenden Blättern ein durchgängiger Text gegeben, es sind überall glatte Textan-

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Konzeption 1

schlüsse möglich und die Szenennummerierungen werden, gegebenenfalls nach einer hs. Korrektur, adäquat fortgeführt. In der Fassung von A6 geht der Text damit in die fragmentarische Gesamtfassung TS27 ein. Die Arbeit an TS20, die den neuen Schauplatz „Vor einem Tonfilmkino“ und die Neufassung des Schauplatzes „Bierkeller“ umfasst, unterscheidet sich wesentlich von jener an TS19. Der Schauplatz „Bierkeller“ von TS17 wurde von Horváth nicht in derselben Form ins Reine geschrieben wie der Schauplatz „Vor dem Wohlfahrtsamt“ mit TS18 (vgl. den Kommentar dort). Stattdessen integriert er sukzessive Material aus TS17 in neue Textzusammenhänge. Dies wird insbesondere an den Szenennummerierungen deutlich, die mehrfach überarbeitet vorliegen und neben dem allgemeinen Umbau des Stückes auch die Entfernung des Schauplatzes „Im blauen Schiff“ reflektieren. Aus diesem Grund ist die hier gewählte Darstellung als kontinuierliche Textgenese (vgl. die Form der Simulationsgrafik) leicht verzerrend, da mehrere Teile dieses Typoskripts mit TS17/A24 bereits vorlagen (vgl. die Grafik dort). Die Ausarbeitung beginnt in A1 mit einem an den bereits in TS19/A5 vorliegenden Teil von Bl. 9a angeklebten Blattteil. Da auf dem in A2 angeschlossenen Teil kein überklebter Text vorliegt, muss dieses Material vorher entstanden sein. Hier haben außerdem mit einiger Sicherheit weitere Ausarbeitungen vorgelegen, die nicht überliefert sind. Der Blattteil enthält die Szenenanweisung zur zuletzt so gezählten Szene 12 (vgl. TS19/A5), die Nummerierung der nächsten Szene, hier in der Grundschicht 30, und die erste Zeile der Szenenanweisung für den Schauplatz „Vor einem Tonfilmkino“. Daraus lässt sich rückschließen, dass hier ursprünglich ein Text bis Szene 28 vorgelegen hat. Da die Entfernung des Schauplatzes „Im blauen Schiff“ zu einem Abzug von etwa 15 Zählern bei den Szenennummern geführt hat, ist es höchst wahrscheinlich, dass es eine Fassung des zweiten Teiles gegeben hat, die sowohl den Schauplatz „Vor einem Tonfilmkino“ als auch die Handlung im Blauen Schiff umfasst hat. Abseits dieser Indizien sind dazu allerdings keine Spuren erhalten. Konkret auf diesem Teil von Bl. 9a etwa ist die Szenennummerierung von 30 zu 29 und dann zu 13 korrigiert. Auffällig ist die Bezeichnung „Mickymausmarsch“ für die Übergangsmusik: Der bekannte Mickey Mouse March wurde erst 1955 für die populäre US-Fernsehsendung Mickey Mouse Club komponiert. Horváth meint hier vermutlich die meist an Marsch- bzw. Walzermusik angelehnte Begleitmusik der gleichfalls populären Disney-Animationskurzfilme, die sich seit Ende der 1920er-Jahre auch im Deutschen Reich großer Beliebtheit erfreuten. In A2 schließt Horváth ein Blatt an, das den Rest der Szenenanweisung und einen Teil von Szene 14 (zuvor 31 bzw. 30) enthält. Dieses Blatt nimmt in der Grundschicht auf die Szenerie vor dem Tonfilmkino Bezug und wurde für diesen Ansatz neu getippt. Der Dialog, in dem der Amtsgerichtsrat seinen Widerwillen über die Nebenbeschäftigung seiner Frau und das Kino, konkret die „Mickymaus“, bekundet, entspricht weitgehend dem zuvor im Bierkeller geführten (vgl. TS17/A8/BS 39 e [3b], Bl. 30 und BS 39 e [3a], Bl. 14). Die dortigen antisemitischen Untertöne verstärkt Horváth sogar noch, indem der Amtsgerichtsrat sich nun über einen „Konfektionsjuden“ mokiert, ein Begriff, der direkt aus der zeitgenössischen antisemitischen Propaganda stammt. Ebenfalls noch zu A2 gehörig ist der obere Teil von Bl. 10. Hierbei handelt es sich vermutlich um Material, das aus einer früheren Bearbeitung übernommen wurde, was die Paginierung verdeutlicht: Hier ist in der Grundschicht die Seitenzahl 43 getippt, was Horváth hs. mit „41–42“ vervollständigt, um an die Pagi-

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Chronologisches Verzeichnis

nierung 40 von Bl. 9a anzuschließen und, ab A4, zugleich den Anschluss an die von Bl. 11 (Pag. 44) herzustellen. Die hohe Paginierung dieser Stelle schließt zugleich aus, dass es sich hier um Material aus TS17 handeln könnte. Dort liegt mit einem auch in TS20 verwendeten Blattteil von BS 39 e [4b], Bl. 12 bereits die (später überklebte) Paginierung 43 vor, wo bereits die späteren Geschehnisse des Schauplatzes „Bierkeller“ rund um den Auftritt des Präparators enthalten sind (vgl. TS17/A15). A2/BS 39 e [4a], Bl. 10 wiederum enthält den Auftritt des Invaliden als Herbstasternverkäufer in Szene 15 und die anschließende Beschwerde der Frau Amtsgerichtsrat, dass ihr Gatte ihr nie „[w]eissen Flieder“ kaufe, in einem Teil von Szene 16. Die Szenennummerierungen der Grundschicht bzw. der ersten Korrektur laufen hier parallel zu den zu BS 39 e [4a], Bl. 9a geschilderten. Um diesen aus einem Schauplatz „Bierkeller“ übernommenen Teil von BS 39 e [4a], Bl. 10 anzupassen, schneidet Horváth in A3 unten einen (nicht überlieferten) Teil ab und fügt einen Teil an, der direkt auf den Kartenkauf für das Kino Bezug nimmt. Damit liegt hier neu erstellter Text vor, der bis zum Beginn von Szene 17 reicht, in der sich Elisabeth und die Frau Amtsgerichtsrat erkennen. Hier wurde ein Teil des Blattes abgeschnitten, was auf eine Anpassung an bereits bestehenden Text zurückzuführen ist. Der bereits in TS17/A24 verwendete Blattteil von BS 39 e [4a], Bl. 11 (vgl. das Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“), zu diesem Zeitpunkt wohl noch ein vollständiges Blatt, war wahrscheinlich ebenfalls bereits Teil dieses Ansatzes. Der Text dieses Blattteils beruht auf TS17/A12 und war, wie die Korrekturen und Überarbeitungen zeigen, noch im Bierkeller angesiedelt; hier ergänzt Horváth etwa hs., dass der Amtsgerichtsrat „in der Menschenschlange“ steht. In A4 fasst er diesen Blattteil in zwei neu erstellte Teile ein, die den genauen Übergang zu BS 39 e [4a], Bl. 10 bilden. Eine hier noch in der Grundschicht vorgesehene Szene 35, die die Szenenanweisung aus (zuletzt) Szene 17 vom Dialogtext abgetrennt hätte, streicht Horváth hier bereits früh wieder. In jedem Fall wirkt sich das bereits auf die erste Korrektur der Szenennummerierung auf dem untersten Blattteil von BS 39 e [4a], Bl. 11 aus, die nun nicht mehr wie zuletzt (vgl. etwa Bl. 10) um einen, sondern um zwei Zähler zurückspringt (nun: 36, 34, final: 18). Der Text setzt auf einem ebenfalls extra für diesen Schauplatz erstellten Blatt mit der Paginierung 45 fort, das dann zu BS 39 e [4a], Bl. 12 montiert wird. Hier endet die Handlung vor dem Tonfilmkino, und mit Szene 21 (zuvor 39, 37) beginnt die Neufassung des Schauplatzes „Bierkeller“. Die musikalische Überleitung „Hochzeit der Winde“ (Wedding of the Winds, 1904), ein Konzertwalzer von John T. Hall (1875–1954), führt hier direkt zu einer Szenenanweisung, die den Präparator und den Tierpfleger zeigt. Sie sitzen „an dem Tische, wo einst der Präparator Elisabeth kennen lernte“, ein neuerlicher Hinweis, dass es im ersten Teil des Stückes bereits einen Schauplatz „Bierkeller“ gegeben hatte (vgl. die Kommentare zu TS14 und TS17). Für den Dialogtext greift Horváth zunächst auf einen bereits in TS17/A15 verwendeten Blattteil zurück, der dort noch gemeinsam mit BS 39 e [3b], Bl. 31 und 22 ein vollständiges Blatt mit der Paginierung 43 gebildet hatte. Die Paginierung und die ersten Repliken werden bei der Montage in A5 überklebt, nur die Replik des Tierpflegers über die „Gorillaart von den Berumdasinseln“ bleibt übrig. Ob BS 39 e [3b], Bl. 31, das den Text in TS17/A15 bzw. A16 fortsetzte, hier noch relevant war, ist ungewiss. Unbekannt ist auch, wann der dann in A6 angeklebte untere Teil von BS 39 e [4a], Bl. 12 entstanden ist. In A7–A9 montiert Horváth das folgende Blatt, ausgehend von einem bereits in TS17/A24 verwendeten Blattteil von BS 39 e [4a], Bl. 13. Der Text umfasst hier die

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Konzeption 1

letzten Repliken des Dialogs zwischen Tierpfleger und Präparator bis zum Beginn ihres Kartenspiels. Der Blattteil stammt von einem ehemals vollständigen Blatt mit dem Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, woraus sich der Zusammenhang mit TS17 ableiten lässt (vgl. auch den Kommentar dort). Wie sich anhand extra freigelassener Klebeflächen auf den beiden oberen Teilen des Blattes zeigt, wurde der unterste Teil zuerst in A8 mit dem mittleren Teil und schließlich in A9 mit dem obersten Teil verklebt, der die Paginierung 46 trägt. Die Szenennummerierungen in der finalen Korrekturschicht reichen nun von 23 bis 25, die Szenen zeigen den Auftritt Elisabeths sowie der Astern verkaufenden Arbeiterfrau. Da die Astern hier bereits in der Grundschicht getippt sind, ist dieser Blattteil erst spät entstanden; in TS17/A16/ BS 39 e [3b], Bl. 31 ist zuvor noch von weissem Flieder die Rede. Die Szenennummerierung wurde hier wie auf den vorangegangenen Blättern mehrfach überarbeitet (z.B. 41, 39, 23). Die hohe Nummerierung in der Grundschicht entspricht einer möglichen Fortsetzung von TS17/A16/BS 39 e [4a], Bl. 12 und BS 39 e [3b], Bl. 31, wo in der Grundschicht 35–37 vorliegt. Die erste Korrektur der Nummerierung auf A9/BS 39 e [4a], Bl. 13 vollzieht überdies den Sprung um zwei Zähler, der einer Überarbeitung auf A4/BS 39 e [4a], Bl. 11 folgt, was einen zumindest ungefähren Aufschluss über die Chronologie der Überarbeitung gibt. Das in A9 anschließende BS 39 e [4a], Bl. 14 ist nicht montiert und wurde bereits in TS17 verwendet, wie das Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“ zeigt (vgl. TS17/A24). Auf die frühere Verwendung deuten auch die Korrekturen der Paginierung hin, von 44 in der Grundschicht über 45 zu 47. Aufgrund der vorherigen Verwendung weist das Blatt überdies eine zusätzliche Korrekturschicht der Szenennummerierungen auf: In der Grundschicht waren hier die Szenen 37–40 ausgewiesen, eine erste Korrektur ändert diese dann auf 44–47, um mit der Nummerierung der Grundschicht von Bl. 13 zusammenzupassen. Diese befindet sich vollständig auf dem in A9 eingefügten Material des Blattes, der untere Teil der gleichen Papiersorte „Papyrus Rex M. K. Papier“ wie Bl. 14 weist keine Nummerierung auf. In weitere Folge setzen die Szenennummerierungen auf Bl. 14 die bereits von den Vorblättern bekannten Korrekturschritte fort, um schließlich bei 26–29 zu enden. Der Text von Szene 29 lässt sich auf TS17/A20/BS 39 e [3b], Bl. 38 zurückführen, der Text zuvor lag zuletzt nur in frühem Material vor (vgl. TS10/BS 39 e [2], Bl. 5, 6). Das Blatt enthält nun den Auftritt des Schupo; er und Elisabeth bestellen Essen und Bier. Aufgrund ihrer Bestellung ruft auch der Tierpfleger nach Essen. In der Grundschicht war hier noch der Amtsgerichtsdirektor vorgesehen, der aufgrund der Einfügung des Schauplatzes „Vor einem Tonfilmkino“ nicht mehr im Bierkeller präsent ist (vgl. aber wieder in K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 41). Dann tritt der Buchhalter auf und verkauft „Herbstastern“; diese wurden hs. eingefügt, in der Grundschicht war noch wie in TS17 von „Flieder“ die Rede (vgl. dazu oben A7–A9/BS 39 e [4a], Bl. 13). Der Dialog von Szene 29 schließlich wird hs. zu Ende geführt, um ihn an den in A10 eingefügten neuen oberen Teil von BS 39 e [4a], Bl. 15 anzupassen. Der untere Teil von Bl. 15 sowie zwei Teile von BS 39 e [4a], Bl. 16 stammen ebenfalls noch aus TS17/A24. Sie alle tragen das Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“ und weisen zusätzliche Korrekturen der Szenennummerierung auf. Auf Bl. 16 sind insgesamt vier Überarbeitungen der Grundschicht nachzuweisen (50, dann 48, 51, 49, 33), was um noch eine Korrektur mehr ist als zuletzt auf BS 39 e [4a], Bl. 14. Hier hat vermutlich noch eine weitere Bearbeitung vorgelegen, die sich aber nur rudimentär nachvollziehen lässt, etwa in der ebenfalls vierfachen Überarbeitung auf dem Blatt BS 39 i [2], Bl. 6 (vgl. A10). Ein möglicher weiterer Mosaikstein

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dazu ist in der überklebten Szenennummerierung des unteren Teiles von BS 39 e [4a], Bl. 15 zu sehen (Grundschicht 43, Korrekturen 42, 49, 48). Dieser Teil hat erst mit der ersten Korrektur zu 42 an die Grundschicht von BS 39 e [4a], Bl. 14 (zuletzt: 40) angeschlossen. Schließlich weist BS 39 e [4a], Bl. 16 oben eine Grundschicht-Paginierung von 46 auf, was die Grundschicht von Bl. 14 (Pag. 44) über den fehlenden Teil von Bl. 15 logisch fortsetzen würde. Diese hat Horváth zuletzt zu 49 korrigiert, womit sie in die mit A10 gegebene Blattfolge eingepasst wird. In A10 fügt er zunächst einen neuen oberen Teil von BS 39 e [4a], Bl. 15 sowie einen neuen Mittelteil von BS 39 e [4a], Bl. 16 ein. Bereits in A9 wurde der Text hier auf TS21/BS 39 i [2], Bl. 6 fortgesetzt, wo Horváth mehrere Blattteile verklebt hat, die schließlich zum Schauplatzwechsel in „Elisabeths möbliertes Zimmer“ führen. Bl. 16 endet am Fuß des Blattes mit dem Abgang von Präparator und Tierpfleger in Szene 33, TS21/Bl. 6 setzt den Text dann mit Szene 34 fort. Diese Szenennummer ist ebenfalls vierfach überarbeitet (Grundschicht 51, Korrekturen 49, 52, 50, 34) und schließt in jeder Permutation klar an die von Bl. 16 an. Auch im Falle dieses Teils von BS 39 i [2], Bl. 6 liegt wieder Papier mit dem Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“ vor. Im Dialog fragt der Schupo, ob Elisabeth die beiden abgehenden Herren kenne, was diese abstreitet. Dann machen sich beide auf den Weg nach Hause. Horváth schneidet den unteren Teil des hier zuvor vorliegenden Blattes mitten in der Replik des Schupo ab: „Da hast Deine weis-“. Der untere Teil ist nicht überliefert. In TS21/A4 verklebt Horváth dann diesen Teil über einen kleineren Textschnipsel aus anderem Papier mit den Blättern aus TS21, die gleichfalls zu großen Teilen das Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“ aufweisen. Dieses Übergangsstück setzt die Replik des Schupos fort: „-sen Herbstastern.“, dann folgt der Abgang Elisabeths und des Schupos. Die hs. Korrektur des Genus („Deinen“ zu „Deine“) in der Replik des Schupo deutet darauf hin, dass hier zunächst noch von Flieder die Rede gewesen war. Am Übergang von den Blättern der Mappe BS 39 e [4a] zu denen von BS 39 i [2] und damit vom Schauplatz „Bierkeller“ zu „Elisabeths möbliertes Zimmer“ irritiert allein die zuletzt vorliegende Paginierung: Der obere Teil von BS 39 i [2], Bl. 6 mit dem Schluss des Schauplatzes „Bierkeller“ trägt die Grundschicht-Paginierung 48, das vorangehende BS 39 e [4a], Bl. 16 allerdings bereits in der Korrekturschicht 49 und in der Grundschicht 46. Eine mögliche Auflösung dieses Widerspruchs kann ausgehend von BS 39 e [4a], Bl. 14 vermutet werden, wo Horváth zunächst die Paginierung zu 45 korrigiert hat, was auf den folgenden Blättern, soweit überliefert, allerdings keine Folgen hatte. Da in der zuletzt bis BS 39 i [2], Bl. 6 reichenden Fassung genau zwei Blätter vorliegen, war möglicherweise dergestalt eine passende Abfolge gegeben. Auch ist denkbar, dass BS 39 e [4a], Bl. 16 zunächst in der Form zweier Blätter mit den Paginierungen 46 und 47 existiert hat. Dass Horváth die Paginierungen dann nicht auf den Blättern des folgenden Schauplatzes übertragen hat, lässt sich als Hinweis werten, dass diese weitgehend unabhängig von den umfänglichen Montagearbeiten am Schauplatz „Bierkeller“ (bzw. „Vor einem Tonfilmkino“) entstanden sind. Horváth dürfte zu diesem Zeitpunkt vor dem Hintergrund der sonstigen Umarbeitungen die Inkonsequenz schlicht hingenommen haben. In jedem Fall ist aber ein unmittelbarer textlicher Anschluss der diversen Blätter möglich, und es lassen sich aus TS19 und TS20 gemeinsam mit TS21 und dem Epilog in TS22 zwei fast vollständige, durchgängige Fassungen des zweiten Teiles zusammenfügen (vgl. TS24 und TS27). Mit TS20/A10 ist Horváths Arbeit an den Schauplätzen „Vor einem Tonfilmkino“ und „Bierkeller“ in K1 beendet. In TS26 liegt abschließend noch das Bruchstück einer

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Konzeption 1

Reinschrift von BS 38 e [4a], Bl. 12 vor. In der Fassung von TS27 wird der vorliegende Text die Grundlage der weiteren Bearbeitung des Stückes in K2, wo er das vierte und fünfte Bild konstituiert. Der Schauplatz „Vor dem Tonfilmkino“ wird dabei aufgegeben, die übernommenen Einzelszenen werden aber nur geringfügig geändert.

Schauplatz: „Elisabeths möbliertes Zimmer“ T20 = ÖLA 3/W 37 – BS 39 i [1], Bl. 1–5, ÖLA 3/W 38 – BS 39 i [2], Bl. 6–13 Insgesamt 13 Blatt, davon 7 Blatt unliniertes Papier (285 × 225 mm), Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, 1 Blatt unliniertes Papier (261 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (172 × 225 mm), Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (81 × 225 mm), Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (480 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (336 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (434 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, hs. Eintragungen mit schwarzer Tinte und rotem Buntstift, gestrichene Paginierung 51, 52 und hs. Paginierung 50, 51 auf BS 39 i [1], Bl. 1, 2, Paginierung 54, 55 auf BS 39 i [1], Bl. 3, 4, Paginierung 48 und überklebte gestrichene Paginierung 49 auf BS 39 i [2], Bl. 6, gestrichene Paginierung 50 und hs. Paginierung 49 auf BS 39 i [2], Bl. 7, Paginierung 50, 51 auf BS 39 i [2], Bl. 8, 9, gestrichene Paginierung 53, 54 und hs. Paginierung 52, 53 auf BS 39 i [2], Bl. 10, 11, Paginierung 54, 55 auf BS 39 i [2], Bl. 12, 13 TS21/A1 = fragm. Fassung mehrerer Szenen, konstituiert durch BS 39 i [2], Bl. 6, 7, BS 39 i [1], Bl. 1, 2, BS 39 i [2], Bl. 10, 11 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS21/A2 = fragm. Fassung der Szenen 51–59, 61, 62 („Elisabeths möbliertes Zimmer“), konstituiert durch BS 39 i [2], Bl. 6, 7, BS 39 i [1], Bl. 1, 2, BS 39 i [2], Bl. 10, 11, BS 39 i [1], Bl. 3, 4, BS 39 i [2], Bl. 13, BS 39 i [1], Bl. 5, BS 39 i [2], Bl. 13 (Grundschicht; vgl. Simulationsgrafik) TS21/A3 = fragm. Fassung mehrerer Szenen, konstituiert durch BS 39 i [2], Bl. 6, 7, BS 39 i [1], Bl. 1, 2, BS 39 i [2], Bl. 10, 11, BS 39 i [1], Bl. 3, 4, BS 39 i [2], Bl. 13, BS 39 i [1], Bl. 5, BS 39 i [2], Bl. 13 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS21/A4 = Fassung mehrerer Szenen, konstituiert durch BS 39 i [2], Bl. 6, 7, BS 39 i [1], Bl. 1, 2, BS 39 i [2], Bl. 10–13 (vgl. Simulationsgrafik; nicht gedruckt) TS21/A5 = Fassung, konstituiert durch BS 39 i [2], Bl. 6–13 (vgl. Simulationsgrafik; gedruckt als Teil von K1/TS27)

TS21 ist unmittelbar mit TS19 und TS20 zusammenhängend entstanden und wird ab A3 auch materiell über die Montage des Blattes BS 39 i [2], Bl. 6 an beide angeschlossen (vgl. zum Zusammenhang von TS19 und TS20 das Blatt BS 39 e [4a], Bl. 9a sowie die Kommentare zu TS20/A1 und A10). Die Handlung am Schauplatz „Elisabeths möbliertes Zimmer“ ist bereits wesentlich auf einem von Lukas Kristl stammenden Typoskript unter dem Titel „Im Zimmer des Fräulein“ präfiguriert (VA2/TS3). Horváth greift nur wenig in den von Kristl bereitgestellten Handlungsbogen ein und übernimmt auch einige Formulierungen, arbeitet aber intensiv an der sprachlichen Gestaltung, stellt Replikenfolgen um und integriert die Passagen in das dichte Motivgeflecht des Stückes. In der Arbeit an TS21 lässt sich somit einerseits die Zusammenarbeit Horváths mit Kristl genau nachvollziehen, andererseits ist sie auch exemplarisch für Horváths eigene Arbeitsweise der sukzessiven Verdichtung und Unterbrechung des Dialogtexts. A1 setzt mit einem zunächst noch eigenständigen Blatt ein, das später den unteren Teil von BS 39 i [2], Bl. 6 bilden wird. Auf dem montierten Blatt sind hier eine in

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Chronologisches Verzeichnis

A3 überklebte Paginierung 49 sowie die Szenennummern 51 und 52 zu erkennen (zur etwas widersprüchlichen Paginierung im Übergang der Schauplätze vgl. den Kommentar zu TS20/A10). Der später überklebte Text von Szene 51 enthält hier allein die Anweisung zur Übergangsmusik, von Szene 52 ist nur die Nummerierung selbst überklebt. Wie später auch vorgesehen, schreibt Horváth hier „Schmeichelkätzchen“ (vgl. TS27/BS 39 i [2], Bl. 6). Bei diesem Stück ist nicht eindeutig zu klären, ob damit der Walzer von Eduard Strauss (1835–1916, op. 225) oder das Salonstück von Richard Eilenberg (1848–1927, op. 25, auch unter dem Titel „Everybody’s Darling“) gemeint ist, die beide diesen Titel führen. Es handelt sich bei beiden um Werke aus der zeitgenössischen Unterhaltungsmusik, wie Horváth sie gerne verwendet, um Kontrast zu erzeugen. Bereits im ersten Ansatz dieser Textstufe liegt eine recht weit gediehene, voll ausformulierte fragmentarische Fassung des Schauplatzes vor, die bis zum Dialog zwischen dem in der Grundschicht noch „Herr“ genannten Oberinspektor und dem Schupo auf BS 39 i [2], Bl. 11 reicht. Dies ist wohl auch der durchgängigen Vorlage Kristls zu verdanken, die den Handlungsverlauf fixiert hat. Horváth hat für A1 ausschließlich Papier mit Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“ verwendet, was eine Entstehung der Blätter im Zusammenhang mit TS17/A24 nahelegt (vgl. dazu auch die Entstehung des oberen Teiles von BS 39 i [2], Bl. 6 im Zuge von TS17). Die Überarbeitung der Szenennummerierung zeigt überdies, dass der untere Teil von Bl. 6 anders behandelt wurde als die übrigen Materialien zu diesem Schauplatz: Hier vollzieht Horváth die Korrektur wie auf den meisten anderen aus TS17 übernommenen Blättern des Schauplatzes „Bierkeller“ in insgesamt drei Korrekturschritten mit. Auf den übrigen Blättern der Mappen BS 39 i [1] und [2] ist nur noch ein einziger Korrekturschritt verzeichnet, der von der ursprünglichen, hohen Nummerierung der Grundschicht gleich zur final gültigen Zählung dieser Konzeption führt. Der genaue Grund, warum Horváth die Blätter nicht fortlaufend mitkorrigiert hat, lässt sich nicht mehr erschließen. Die weiteren Blätter ab BS 39 i [2], Bl. 7 sind, wie die Fortführung der diversen Korrekturen zeigt, aber in jedem Fall gemeinsam entstanden. Die auf BS 39 i [2], Bl. 6 und 7 vorliegenden Szenen stammen vollständig von Horváth und entfalten die bei Kristl allein als „Gespräch zweier Liebenden hinter einem Vorhang“ (VA2/TS3/BS 39 c [4], Bl. 3) festgehaltene Ausgangsituation. Mit BS 39 i [1], Bl. 1 nimmt er dann den in VA2/TS3 vorbereiteten Handlungsbogen mit dem Auftritt eines hier noch „Herr“ geheißenen Kriminalpolizisten (bei Kristl „Polizeibeamter“, VA2/TS3/BS 39 c [4], Bl. 3) auf. In der Grundschicht bleibt der Text noch sehr eng an Kristls Vorlage, wurde aber an mehreren Stellen gestrafft, indem etwa Repliken zusammengezogen und um einige für Horváth typische Floskeln ergänzt wurden. Kristls Text ist bis zur Entdeckung des Sipos hinter dem Vorhang (vgl. ebd., Bl. 5) überliefert. In Horváths Bearbeitung befindet sich hier bereits auf A1/BS 39 i [2], Bl. 10 der Schupo im Kleiderschrank, wo er „stramm“ steht (vgl. ebd. sowie VA2/TS3/ BS 39 c [4], Bl. 5). Vermutlich lagen bei Kristl noch weitere Blätter vor, an denen sich Horváth orientiert hat. Der Herr von der Kriminalpolizei schickt Elisabeth aus dem Zimmer und klärt den Schupo über ihre Vorstrafe auf. Auf BS 39 i [2], Bl. 11 bricht der Text dieses Ansatzes mit einer Schnittkante ab. In A2 klebt Horváth einen weiteren Teil an BS 39 i [2], Bl. 11, dem indes neuerlich ein Abschnitt fehlt. Auch wenn aufgrund späterer Montage der obere Teil mit der Paginierung fehlt, kann aufgrund der Korrekturen im Text und dem finalen Handlungsbogen BS 39 i [1], Bl. 3 als Fortsetzung von A2/Bl. 11 erschlossen werden. Da die Pa-

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Konzeption 1

ginierung von Bl. 11 (54) dann auf Bl. 4 (55) fortgesetzt wird, ist es denkbar, dass der vorliegende Teil von Bl. 3 ursprünglich Teil des zuvor verklebten Teiles von Bl. 11 war, was aufgrund eines fehlenden Zwischenteiles aber nicht belegt werden kann. An Bl. 3 schließt ein Blatt mit der Paginierung 55 an, das aus dem geschnittenen Blatt BS 39 i [1], Bl. 4, einem auf BS 39 i [2], Bl. 13 verklebten Blattteil und BS 39 i [1], Bl. 5 bestanden hat. Hier verlässt der Schupo Elisabeth und der Herr stellt sie zur Rede, warum sie dessen Karriere so „leichtfertig“ (Bl. 13) gefährdet habe. Der Herr empfiehlt ihr, zu ihrem Vater zurückzukehren (vgl. Bl. 5), was Elisabeth ablehnt. Schließlich war auch ein weiterer Teil des späteren Bl. 13 bereits Teil von A2, was sich anhand der Verwendung des Figurennamens „Herr“ absichern lässt (vgl. den Kommentar zu A3). Der Herr empfiehlt Elisabeth, sich am kommenden Vormittag bei ihm zu melden, da er sich „etwas durch den Kopf gehen“ (Bl. 13) habe lassen. Damit ist das gegenüber den folgenden Bearbeitungen grundsätzlich andere Ende der Fassung in zwei Teilen angesprochen, das Elisabeth als Polizeispitzel zeigt (vgl. dazu TS22). Diesem Blattteil von Bl. 13 dürfte in A2 nur mehr der Schluss fehlen. Damit liegt in A2 eine in der Grundschicht bis auf wenige Repliken fast vollständige Fassung des Schauplatzes „Elisabeths möbliertes Zimmer“ vor. In A3 ergänzt Horváth den unteren Teil von BS 39 i [2], Bl. 11 und den noch fehlenden Teil von BS 39 i [1], Bl. 3 oben, der die Paginierung 54 trägt. Dabei dürfte ihm ein Fehler in der Paginierung unterlaufen sein, da nun sowohl Bl. 11 als auch der eingefügte Teil von Bl. 3 über die Paginierung 54 verfügen. Eine Korrektur der Paginierung in A4 fängt diesen Fehler schließlich auf (siehe dort). Auf dem neuen Blattteil von Bl. 3 ist der Figurenname „Oberinspektor“ bereits in der Grundschicht realisiert. Die umfänglichen Korrekturen, die sich insbesondere auf den Blättern BS 39 i [1], Bl. 1–5 finden und im Zuge derer der „Herr“ konsequent zum „Oberinspektor“ korrigiert wurde, sind also zwischen A2 und A3 anzusiedeln (vgl. auch den Kommentar zu A4). Mit der hs. Überarbeitung der vorliegenden Blätter emanzipiert sich Horváth deutlich vom sprachlichen Duktus Kristls und übernimmt ihn nur dort, wo er seinem dramaturgischen Konzept entgegenkommt. Das später als oberer Teil von BS 39 i [2], Bl. 6 montierte Blatt mit den abschließenden Szenen des Schauplatzes „Bierkeller“ ist vermutlich auch in diesem Ansatz ins Spiel gekommen. Eine vollständige Überarbeitung hat dann spätestens mit A4 vorgelegen: Horváth verklebt hier die zuvor unabhängigen Teile von BS 39 i [2], Bl. 6 mittels eines nur wenige Repliken und den Schauplatzwechsel umfassenden Bindestückes, wobei die Seitenzahl 49 überklebt wird. Dadurch wird auf den folgenden Blättern eine Anpassung der Paginierung notwendig, die schließlich auch den in A2 entstandenen Paginierungsfehler der Blätter BS 39 i [2], Bl. 11 und BS 39 i [1], Bl. 3 auffängt. Horváth tauscht Bl. 3 sogleich aus und ersetzt das montierte Blatt durch ein neues, das, anders als die zuletzt eingefügten Blattteile von Bl. 3, 6 und 11, wieder das Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“ trägt. Auf diesem Blatt BS 39 i [2], Bl. 12 ist der korrigierte Text von Bl. 3 ins Reine geschrieben. Nicht auf Bl. 3 vorbereitet ist eine Zusammenziehung der Szenen 44 und 45 (in der Grundschicht: 60 und 61), die auf Bl. 12 in der Grundschicht umgesetzt ist und nicht weiter korrigiert wird. Damit ist der Zeitpunkt definiert, bis zu dem Horváth die wiederholte Überarbeitung der Szenennummern definitiv abgeschlossen hatte. Gleich im Anschluss zerschneidet er auch das aus Teilen von Bl. 5, 13 und 4 bestehende Blatt mit der Paginierung 55 und montiert es mit dem bereits seit A2 vorliegenden Teil von Bl. 13 und neuem Material zum fertigen Bl. 13, wofür er aber kein mit Wasserzeichen versehenes Papier benutzt.

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Chronologisches Verzeichnis

Damit liegt dieser Schauplatz, der zugleich den zweiten Teil des Stückes beschließt, erstmals vollständig vor. In A5 schließlich ersetzt Horváth die teilweise sehr stark überarbeiteten Blätter BS 39 i [1], Bl. 1 und 2 durch neu getippte Reinschriften, die wieder mit dem Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“ versehen sind. Andere Blätter mit erkennbaren Überarbeitungsspuren wie Bl. 10 und Bl. 11 belässt er. Die mit der Korrekturschicht von A5 vorliegende Fassung geht schließlich in TS27 ein. Möglicherweise hat Horváth davon auch eine Reinschrift angefertigt, die die Grundlage der Erarbeitung des sechsten Bildes in K2 war; davon haben sich allerdings keine Spuren erhalten.

Epilog T21 = ÖLA 3/W 40 – BS 39 k [1], Bl. 1, 2, 4, ÖLA 3/W 41 – BS 39 k [2], Bl. 5–10 Insgesamt 9 Blatt, davon 2 Blatt unliniertes Papier (287 × 225 mm), 2 Blatt unliniertes Papier (295 × 208 mm), 1 Blatt unliniertes Papier (319 × 225 mm), Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (285 × 225 mm), Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, 1 Blatt unliniertes Papier (123 × 225 mm), Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (410 × 227 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (287 × 227 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte und rotem Buntstift, hs. Eintragungen mit Bleistift von fremder Hand, Paginierung 58 auf BS 39 k [1], Bl. 2, Paginierung 59 auf BS 39 k [1], Bl. 4, gestrichene Paginierung 57 und hs. Paginierung 56 auf BS 39 k [2], Bl. 5, Paginierung 57–61 auf BS 39 k [2], Bl. 6–10 TS22/A1 = fragm. Fassung mehrerer Szenen, konstituiert durch BS 39 k [2], Bl. 9, 10 (nicht gedruckt) TS22/A2 = fragm. Fassung der Szenen 64–72 („Epilog“), konstituiert durch BS 39 k [2], Bl. 5, BS 39 k [1], Bl. 1, 2, 4, BS 39 k [2], Bl. 8–10 (Grundschicht) TS22/A3 = Fassung mit Titel „Epilog“, konstituiert durch BS 39 k [2], Bl. 5, BS 39 k [1], Bl. 1, 2, 4, BS 39 k [2], Bl. 8–10 (nicht gedruckt) 22 TS /A4 = Fassung der Szenen 1–11 mit Titel „Epilog“, konstituiert durch BS 39 k [2], Bl. 5–10 (Korrekturschicht; gedruckt als Teil von TS27) Druck von BS 39 k [2], Bl. 5–10 (Korrekturschicht) in: GW IV, S. 315–319.

H7 = ÖLA 3/W 40 – BS 39 k [1], Bl. 3 1 Blatt unliniertes Papier (287 × 225 mm), schwarzblaue Tinte TS23 = fragm. Fassung mit Titel „Epilog“ (Korrekturschicht)

Wie bereits der Schluss des Schauplatzes „Elisabeths möbliertes Zimmer“ in TS21 anklingen lässt, endet das Stück in K1 gänzlich anders als in den beiden folgenden Konzeptionen: Elisabeth wird, nachdem der Schupo sie verlassen hat, vom Oberinspektor als Polizeispitzel rekrutiert. In TS22 arbeitet Horváth den an den zweiten Teil anschließenden Epilog aus, der Elisabeth bei ihrer Spitzeltätigkeit zeigt. Das Stück mündet hier noch in ein volksstückhaftes, gleichwohl stark ironisiertes Figurentableau während einer Polizeiparade. Die im Tableau erwähnten Figuren geben dabei einigen Aufschluss über die nicht überlieferten Teile der Fassung in zwei Teilen (vgl. den Kommentar im Folgenden). Eine ganz ähnliche werkgenetische Gemengelage ist etwa bei Geschichten aus dem Wiener Wald zu erkennen, wo die Gesamtfassung in sieben Bildern ebenfalls noch in einem überzogen kitischigen Schlusstableau endet, in dem Oskar und Marianne Hochzeit feiern (vgl. WA 3/K4/TS24).

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Konzeption 1

A1 wird durch die Blätter BS 39 k [2], Bl. 9 und 10 konstituiert, die über die folgenden Ansätze hinweg stabil den Abschluss des Epilogs bilden und den Text zum Tableau enthalten. Dem gingen wohl nicht überlieferte Blätter voraus, was zum einen der dann in A2 verwendete Teil von BS 39 k [2], Bl. 8 vermuten lässt. Dieser verfügt über einen auffällig großen Leerraum in der unteren Blatthälfte, wie er für gewöhnlich bei der Anfertigung von Reinschriften und der notwendigen Einpassung an bestehende Textteile entsteht. Ein weiterer Hinweis liegt zum anderen durch das verwendete Papier vor: Während die Bl. 9 und 10 kein Wasserzeichen zeigen, verfügen die A2 zugeordneten Blätter zumeist über das Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“ (vgl. TS17, TS20 und TS21). Bl. 9 weist in der Grundschicht äußerst hohe Szenennummerierungen (70–72) auf, die wohl die Szenennummerierungen der Grundschicht des zweiten Teiles fortsetzen; als höchste Nummerierung lässt sich dort 59 auf BS 39 i [2], Bl. 10 für den Schauplatz „Elisabeths möbliertes Zimmer“ belegen (vgl. TS21/A2). Der Epilog war demnach ursprünglich unmittelbar ein Bestandteil des zweiten Teiles (vgl. A3). In A2 kommen mehrere Blätter der Papiersorte „Papyrus Rex M. K. Papier“ hinzu, die vermutlich eine Reinschrift nicht überlieferter Blätter darstellen. Ein Teil des späteren BS 39 k [2], Bl. 5 sowie BS 39 k [1], Bl. 1 bilden hier den vordem zusammengehörigen Rest vermutlich zweier Blätter, die den Beginn des Epilogs enthalten haben. Bl. 1 ist in diesem Zusammenhang besonders problematisch, hier wurden restauratorisch zwei Blattteile mittels Japanpapiers verbunden, die keine eindeutige Schnittkante aufweisen. Allerdings lassen sich leichte Klebespuren auf beiden Teilen entdecken, die möglicherweise von einer gelösten Klebung herrühren. Der untere Teil von Bl. 1 weist klar erkennbar das Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“ auf, was sich für den oberen nicht eindeutig sagen lässt. Diese Papiersorte ist an der Längskante 285 mm lang. Da der untere Teil von Bl. 1 255 mm, der obere wiederum 64 mm lang ist (gesamt: 319 mm), entstammen sie also eindeutig zwei separaten Blättern. Die genauen Zusammenhänge bleiben jedoch unklar; in jedem Fall kann aber hier zumindest ein fortlaufender, sinnvoller Text konstituiert werden. Der oben befindliche Teil von BS 39 k [1], Bl. 1 hat wiederum eine eindeutige Schnittkante mit einem Teil von BS 39 k [2], Bl. 5, was die Annahme von zwei separaten Blättern im Fall von Bl. 1 erhärtet. Auf diesem Teil von Bl. 5 befindet sich ein Teil der Szenenanweisung für den Epilog, Bl. 1 enthält dann den Text von zuletzt Szene 2 (Grundschicht: 65, vgl. zur Szenennummerierung oben). An den hier entwickelten Dialog zwischen Elisabeth und Maria schließt textlich eindeutig BS 39 k [1], Bl. 2 an. Dieses trägt die Paginierung 58, womit sich rückschließend die Paginierungen 56 und 57 für die angenommenen zwei Vorblätter ergeben, die wiederum genau an die letzte Paginierung von TS22 anschließen (vgl. aber A3). Auf BS 39 k [1], Bl. 2 tritt ein Kriminaler hinzu und befragt Elisabeth, geht dann in die Bar und verhaftet dort Maria. Der Text wird auf einem Blatt fortgeführt, das aus Bl. 4 und dem unteren Teil des späteren Bl. 8 bestanden hat. Maria beschimpft Elisabeth und wird abgeführt, dann folgt ein kurzes Wiedersehen mit dem Schupo, der zur „Parade“ (Bl. 8) abgeht. Darauf folgen dann die Blätter aus A1. In A3 fügt Horváth einen neuen Teil von BS 39 k [2], Bl. 5 ein, den er mit dem bestehenden verklebt. Dieser enthält die Überschrift „Epilog“ sowie die Szenenanweisung zum Beginn. Damit liegt eine erste vollständige Fassung des Epilogs vor. Die Nummerierung von Szene 1 ist hier bereits in der Grundschicht realisiert, womit der Epilog nun definitiv als eigenständiger Teil des Stückes mit eigener Zählung vorliegt.

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Chronologisches Verzeichnis

Widersprüchlichkeiten ergeben sich neuerlich aus der Paginierung, da Horváth in der Grundschicht hier die Pagina 57 setzt. An TS21/A5 würde korrekt die Pagina 56 anschließen. Eine entsprechende Korrektur ist hier zwar vorhanden, diese wurde aber erst in A4 gesetzt. In A3 ist eine fortlaufende Paginierung nur von 57 aus gegeben. Spätestens in A3 wurden schließlich die in A2 eingefügten Blätter hs. überarbeitet, wobei ein Teil der Korrekturen (etwa auf BS 39 k [1], Bl. 1) recht umfangreich ausfällt. Zwischen A3 und A4 hat Horváth die Arbeit am Typoskript unterbrochen, um auf einem separaten Blatt eine Neugestaltung der Anfangsszenen des Epilogs festzuhalten. In der separat entstandenen TS23 ist, anders als noch in TS22/A3, der Auftritt Marias gemeinsam mit dem Baron vorgesehen. Der Dialogtext über die „fremde Freundin“, an die sich die seit den Vorarbeiten immer wieder verwendete sadomasochistische Hunde-Passage anschließt, entstammt dabei der Handlung, die ursprünglich im Blauen Schiff angesiedelt war. Diese war zuletzt in TS18 Teil der Handlung des zweiten Teiles (vgl. TS18/BS 39 h [2], Bl. 7). Überdies wird die Verhaftung Marias nun vor das Blaue Schiff verlegt. In A4 setzt Horváth diese Neugestaltung masch. um, wodurch der Epilog um zwei Szenen anwächst. BS 39 k [1], Bl. 1 wird von BS 39 k [2], Bl. 5 abgetrennt und dieses durch einen neuen Teil ergänzt, die Blätter BS 39 k [2], Bl. 6 und 7 ersetzen das nun ausscheidende BS 39 k [1], Bl. 2. Dann wird noch Bl. 4 abgetrennt und der Rest mit einem neuen Teil zum fertigen BS 39 k [2], Bl. 8 montiert. Die seit A1 vorhandenen Blätter BS 39 k [2], Bl. 9 und 10 bleiben auch hier bestehen. Mittels hs. Korrektur passt Horváth abschließend die Paginierung auf Bl. 5 an, die nun einerseits korrekt an die letzte Fassung des Schauplatzes „Elisabeths möbliertes Zimmer“, TS21/A5, anschließt und andererseits korrekt durch die neu eingefügten Blätter bis zu Bl. 10 mit der Paginierung 61 durchläuft. Die Eingriffe von A4 sind erst sehr spät erfolgt, worauf die Notizen E17 und E18 hinweisen. Horváth summiert dort kurz den Szenenumfang seines Stückes, wobei in E17 noch neun Szenen, in E18 aber elf Szenen für den Epilog vorgesehen sind. Das entspricht genau der Erweiterung von A4. Damit liegt folgender Handlungsbogen vor: Elisabeth wartet vor der Bar Blaues Schiff, wo sie kurz den Kriminaler spricht. Dann treten Maria und der Baron auf, Letzterer geht in die Bar ab. Maria versucht Elisabeth zu überzeugen, für ein „Schinkenbrot“ (Bl. 6; vgl. den Kommentar zu TS13) mitzukommen und spricht dann recht freimütig über eine Zigarettendose, die sie „verkitscht“ (ebd.) habe sowie über ihre „Stiftzähn“ (Bl. 7). Der Kriminaler tritt in der Folge hinzu und verhaftet Maria, die Elisabeth beschimpft (vgl. Bl. 7f.). Auf das Geschrei hin kommt der Schupo hinzu, es gibt ein letztes, recht trockenes Wiedersehen der beiden. Die Verhaftung Marias verpflanzt Horváth in K2 und K3 in das vierte (K2/TS6) bzw. dritte (K3/TS7) Bild vor dem Wohlfahrtsamt, wo es umgekehrt zur Annäherung zwischen Elisabeth und dem Schupo kommt. Damit nimmt Horváth überaschenderweise eine Konfiguration wieder auf, die bei Kristl vorgeformt war: Im mit VA2/TS2 vorliegenden Fragment lernt das Fräulein den Sipo ebenfalls nach einer Verhaftung kennen. Auf Bl. 9 beginnt dann die Verwandlung zur Parade, die alle Figuren außer die gerade verhaftete Maria umfasst; abschließend schreitet der Polizeipräsident die Reihen ab. Das Motiv einer Parade hat Horváth zuvor an unterschiedlichen Stellen des zweiten Teiles eingefügt und teilweise auch als eigenen Schauplatz erwogen (vgl. E1, E4 und E6). Die mit der Korrekturschicht von A5 vorliegende Fassung geht schließlich in TS27 ein.

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Konzeption 1

Die Figurenaufstellung des Tableaus auf Bl. 9 ist, gemeinsam mit der Figurenliste besonders interessant, da sie einige Rückschlüsse auf die Beschaffenheit des nur äußerst fragmentarisch überlieferten ersten Teiles zulässt (vgl. TS1–TS9). So sind hier auch die Figuren Schmidt, von Müller, Vetterle und Eltz vorgesehen. Die Figur des Pascha wird überdies in der Szenenanweisung zum Epilog ganz selbstverständlich erwähnt (vgl. Bl. 1). Zugleich ist aber die Figur der Elli gestrichen, was der Streichung des Wiedersehens zwischen Elisabeth und Eltz (zuletzt in TS18/BS 39 h [2], Bl. 4) am Schauplatz „Vor dem Wohlfahrtsamt“ entspricht. Da sie jedoch in der Grundschicht sowohl des Tableaus auf BS 39 k [2], Bl. 9 als auch im Figurenverzeichnis noch vorgesehen war, hat die Umarbeitung des Beginns von TS19 erst nach Abschluss der Arbeit am Epilog stattgefunden (vgl. TS19/A6). Da die Nennung der Figurennamen im Tableau der Auftrittsreihenfolge nach erfolgt, waren Eltz, Pascha und die drei Studenten für einen Auftritt im ersten Teil, vermutlich am Schauplatz „Vor dem anatomischen Institut“ vorgesehen. Diese Annahme lässt sich durch das Figurenverzeichnis in TS25 stützen, das Horváth hs. überarbeitet und für die Fassung in sieben Bildern verwendet hat (vgl. den Kommentar dort und zu K2/TS6). Hier sind diese Figuren ebenfalls ihrer Auftrittsreihenfolge nach notiert und somit sehr früh vorgesehen. Auch wird hier an der unterschiedlichen Art der Durchstreichung (einfacher Strich bzw. Schraffur) deutlich, dass diese Figuren bzw. die Figur Elli unabhängig voneinander gestrichen wurden. Schließlich zeigt die Erwähnung des „hochgewachsene[n] Herr[n] mit seinem vierjährigen Sohne“ im Schlusstabelau, dass auch in der Fassung in zwei Teilen ein Schauplatz im Tierpark, analog zum zweiten Bild der Fassung in sieben Bildern, vorgesehen gewesen sein dürfte. Keine weiteren Anhaltspunkte gibt es indes für einen Schauplatz „Bierkeller“ im ersten Teil, auf den allerdings mehrfach hingewiesen wird (vgl. v.a. die Szenenanweisung „wo einst der Präparator Elisabeth kennen lernte“ in TS27 bzw. TS20/A10/BS 39 e [4a], Bl. 12, die bereits in TS17/A15 und A16 vorkam).

TS25,

Glaube Liebe Hoffnung in zwei Teilen und einem Epilog T22 = ÖLA 3/W 28 – BS 39 e [4a], Bl. 2, 3, 5–8, 9a, 10–16, ÖLA 3/W 29 – BS 39 e [4b], Bl. 1, ÖLA 3/W 38 – BS 39 i [2], Bl. 6–13, ÖLA 3/W 41 – BS 39 k [2], Bl. 5–10 Insgesamt 28 Blatt, davon 6 Blatt unliniertes Papier (285 × 225 mm), Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, 3 Blatt unliniertes Papier (295 × 205 mm), 2 Blatt unliniertes Papier (287 × 228 mm), 2 Blatt unliniertes Papier (295 × 208 mm), 1 Blatt unliniertes Papier (213 × 205 mm), gerissen, 1 Blatt unliniertes Papier (299 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (285 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (399 × 210 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (644 × 208 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (330 × 208 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (412 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (400 × 225 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Paper (330 × 222 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (338 × 225 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Paper (336 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (480 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (336 × 225 mm), teil-

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Chronologisches Verzeichnis

weise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (434 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (410 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (287x 228 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte und rotem Buntstift, Paginierung 36 auf BS 39 e [4a], Bl. 2, gestrichene Paginierung 37 und hs. Paginierung 30 auf BS 39 e [4a], Bl. 3, gestrichene Paginierung 35 und hs. Paginierung 29 auf BS 39 e [4a], Bl. 5, gestrichene hs. Paginierung 35 und hs. Paginierung 29 auf BS 39 e [4a], Bl. 6, Paginierung 38 auf BS 39 e [4a], Bl. 7, Paginierung 39 und überklebte Paginierung 40 auf BS 39 e [4a], Bl. 8, Paginierung 40 auf BS 39 e [4a], Bl. 9a, hs. Paginierung 40, 41 und Paginierung 43 auf BS 39 e [4a], Bl. 10, Paginierung 44–46 auf BS 39 e [4a], Bl. 11–13, überklebte Paginierung 43 auf BS 39 e [4a], Bl. 12, gestrichene Paginierung 44, gestrichene hs. Paginierung 45 und hs. Paginierung 47 auf BS 39 e [4a], Bl. 14, Paginierung 48 auf BS 39 e [4a], Bl. 15, gestrichene Paginierung 46 und hs. Paginierung 49 auf BS 39 e [4a], Bl. 16, gestrichene Paginierung 34 und hs. Paginierung 28 auf BS 39 e [4b], Bl. 1, Paginierung 48 und überklebte gestrichene Paginierung 49 auf BS 39 i [2], Bl. 6, gestrichene Paginierung 50 und hs. Paginierung 49 auf BS 39 i [2], Bl. 7, Paginierung 50, 51 auf BS 39 i [2], Bl. 8, 9, gestrichene Paginierung 53 und hs. Paginierung 52 auf BS 39 i [2], Bl. 10, gestrichene Paginierung 54 und hs. Paginierung 53 auf BS 39 i [2], Bl. 11, Paginierung 54, 55 auf BS 39 i [2], Bl. 12, 13, gestrichene Paginierung 57 und hs. Paginierung 56 auf BS 39 k [2], Bl. 5, Paginierung 57–61 auf BS 39 k [2], Bl. 6–10 TS24 = fragm. Gesamtfassung, konstituiert durch K1/TS19/A5, K1/TS20/A10, K1/TS21/A5 und K1/TS22/A4 (nicht gedruckt)

TS24 ist die erste abgeschlossene Gesamtfassung des Stückes in der Fassung in zwei Teilen und besteht aus den jeweils letzten Ansätzen von TS20–TS22 sowie aus TS19/A5, dem vorletzten Ansatz dieser Textstufe. Sie reicht damit vom überlieferten Beginn des zweiten Teiles vor dem Wohlfahrtsamt bis zum abschließenden Figurentableau. Ausgehend von der dort in der Grundschicht noch erwähnten Figur der Elli (vgl. TS22/A4/BS 39 k [2], Bl. 9) lässt sich rückschließen, dass Horváth erst nach Vorliegen dieser ersten Gesamtfassung noch einmal wesentlich in den Text eingegriffen hat. So dürfte er erst dann den Schauplatz „Einsame Landstrasse“ im ersten Teil (vgl. TS8) und die korrespondierenden Auftritte der Figur Eltz und somit Ellis aus dem Schauplatz „Vor dem Wohlfahrtsamt“ gestrichen haben (vgl. im Detail den Kommentar zu TS19/A6). Aus diesem Eingriff ergibt sich schließlich eine neue Fassung in TS27 (vgl. den Kommentar dort). Das überlieferte Fragment einer Reinschrift in TS26 ist mit hoher Wahrscheinlichkeit basierend auf TS24 entstanden. Darauf deutet insbesondere die glatt an die Materialien aus TS18 anschließende Paginierung der Blätter hin (vgl. dazu den Kommentar zu TS26). T23 = ÖLA 3/W 36 – BS 39 h [3], Bl. 1–3 (vgl. K2/T6) Insgesamt 3 Blatt, davon 2 Blatt unliniertes Papier (295 × 205 mm), dünn, Durchschlag, 1 Blatt unliniertes Papier (287 × 200 mm), dünn, Durchschlag, Restaurierungsspuren, hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte, Pag. I–III TS25 = Fassung der Titelei mit Werktitel „Glaube Liebe Hoffnung. Volksstück in zwei Teilen“ (Grundschicht)

TS25 enthält die Titelei einer Reinschrift des Stückes in der Fassung in zwei Teilen und umfasst das Deckblatt, das Figurenverzeichnis sowie das Motto des Stückes. Dieses stammt aus der Genesis (1 Mose 8,21) und betrifft den neuen Bund Gottes mit den Menschen nach der Sintflut. Horváth stellt es auch den beiden späteren Fassungen des Stückes voran.

388

Konzeption 1

Das verwendete dünne Papier weist darauf hin, dass es sich um Durchschläge handelt. Horváth hat diese Blätter nach einer Überarbeitung auch für die Titelei der Reinschrift der Fassung in sieben Bildern (K2/TS6) benutzt. Neben einer Adaption des Titels wurden dort Eltz und Pascha sowie die Studenten Schmidt, von Müller und Vetterle aus dem Verzeichnis gestrichen, nachdem wesentliche Teile der diese Gruppe betreffenden Nebenhandlungen bereits aus dem Stück entfernt worden waren (vgl. dazu die Kommentare zu TS17 und TS19). Die Blätter wurden noch vor der finalen Überarbeitung von TS24 zu TS27 gefertigt. Wesentliches Indiz dafür ist die Erwähnung der Figur Elli in der Grundschicht, die schließlich in TS19/A6 aus dem Stück entfernt wird. In E14, einer der zahlreichen Notizen, die sich Horváth für eine Überarbeitung gemacht hat, ist diese Streichung Ellis auch nochmals dezidiert festgehalten (siehe den Kommentar zu E11–E18). Sie ist in TS25 überdies grafisch anders realisiert als die der übrigen, die erst in der Fassung in sieben Bilder entfernt werden (Schraffur bzw. einfache Durchstreichung). Gemeinsam mit dem Figurentableau des Epilogs (vgl. TS22/A4), in dem Elli gestrichen, Eltz, Pascha etc. aber noch vorgesehen sind, lassen sich so Aussagen über die nicht überlieferten Teile des Stückes machen und die Überarbeitungsfolge von TS24 zu TS27 erschließen (vgl. dazu im Detail die Kommentare zu TS19/A6 und TS22/A4). T24 = ÖLA 3/W 23 – BS 39 d, Bl. 40, 41, ÖLA 27/W 29 – BS 39 e [4b], Bl. 17–20, ÖLA 3/W 35 – BS 39 h [2], Bl. 14–16 Insgesamt 9 Blatt, davon 8 Blatt unliniertes Papier (295 × 205 mm), dünn, Durchschlag, 1 Blatt unliniertes Papier (83 × 205 mm), dünn, Durchschlag, geschnitten, hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte und rotem Buntstift, Paginierung 40, 41 auf BS 39 d, Bl. 40, 41, Paginierung 39–41 auf BS 39 e [4b], Bl. 17–19 und BS 39 h [2], Bl. 14–16, gestrichene Paginierung 46 und hs. Paginierung 39 auf BS 39 e [4b], Bl. 20 TS26 = fragm. Fassung der Szenen 9–14, 21, 22 des zweiten Teiles, konstituiert durch BS 39 e [4b], Bl. 17–20 (Korrekturschicht: schwarzblaue Tinte)

TS26 ist der Rest einer überarbeiteten Reinschrift des Stückes basierend auf TS24. Insgesamt sind drei separate Durchschläge überliefert, von denen der mit insgesamt 4 Blatt umfangreichste in der Mappe BS 39 e [4b] abgelegt wurde. In der Mappe BS 39 d sind demgegenüber nur zwei, in Mappe BS 39 h [2] drei Blatt an Durchschlägen überliefert. Allein die Blätter aus BS 39 e [4b] hat Horváth mit rotem Buntstift und Tinte überarbeitet. Die hier entstandenen Korrekturen dürften bei der Adaptierung des bestehenden Materials für die Fassung in sieben Bildern entstanden sein. So sind etwa die Eingriffe im Dialog zwischen dem Schupo und Elisabeth auf Bl. 19 dort im vierten Bild umgesetzt sind (vgl. K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 34). Ob sie auch für die neuerliche Adaption der Gesamtfassung TS24 zu TS27 relevant war, lässt sich nicht abschließend beurteilen. TS26 enthält zum einen die Reinschrift von TS24/BS 39 e [4a], Bl. 8 und 9a, vom Abgang Marias vor dem Wohlfahrtsamt über den Dialog mit dem Schupo bis zum Beginn der Handlung vor dem Tonfilmkino (Szenen 9–14) auf Bl. 17–19, von denen es in den anderen Mappen auch Durchschläge gibt. Diese Blätter sind besonders interessant, da sie sich hinsichtlich Text, Szenennummer wie Paginierung nahtlos an den Text von TS18/BS 39 h [2], Bl. 5 anfügen lassen. Das stützt auch die Annahme, dass Horváth die Streichung der Szenen mit Eltz und Elli sowie einige weitere Eingriffe am

389

Chronologisches Verzeichnis

Text dieses Schauplatzes erst in TS19/A6 und nach Vorliegen von TS24 vorgenommen hat (vgl. den jeweiligen Kommentar dort). Zum anderen enthält TS26 das Bruchstück einer Reinschrift von TS24/BS 39 e [4a], Bl. 12 am Schauplatz „Bierkeller“ (Szenen 21 und 22), die nur die Szenenanweisung zum Auftritt des Tierpflegers und des Präparators umfasst. Die hier vorhandene Paginierung 46 wurde hs. zu 39 korrigiert, was in etwa mit der Entfernung des Schauplatzes „Einsame Landstrasse“ im ersten Teil (TS8) korrespondiert. Auf den Blättern von TS19/A6 wurde deshalb die Paginierung um sechs bzw. sieben Seiten nach unten korrigiert. Wieso Horváth hier eine Korrektur gesetzt hat, auf den vorigen Blättern allerdings nicht, lässt die geringe Materialmenge nicht mehr nachvollziehen. Ebenfalls unklar bleibt der genaue Umfang der Reinschrift, deren Rest TS26 konstituiert. Es ist allerdings in jedem Fall anzunehmen, dass Horváth für die Weiterarbeit in K2 eine Form von Reinschrift angefertigt hat. T23 = ÖLA 3/W 28 – BS 39 e [4a], Bl. 4–8, 9a, 10–16, ÖLA 3/W 29 – BS 39 e [4b], Bl. 1, ÖLA 3/W 38 – BS 39 i [2], Bl. 6–13, ÖLA 3/W 41 – BS 39 k [2], Bl. 5–10 Insgesamt 28 Blatt, davon 6 Blatt unliniertes Papier (285 × 225 mm), Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, 2 Blatt unliniertes Papier (295 × 205 mm), 2 Blatt unliniertes Papier (287 × 228 mm), 2 Blatt unliniertes Papier (295 × 208 mm), 1 Blatt unliniertes Papier (158 × 225 mm), Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (299 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (285 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (399 × 210 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (644 × 208 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (330 × 208 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (412 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (400 × 225 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Paper (330 × 222 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (338 × 225 mm), geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Paper (336 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (480 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (336 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (434 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (410 × 225 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, 1 Blatt unliniertes Papier (287x 228 mm), teilweise Wasserzeichen „Papyrus Rex M. K. Papier“, geschnitten und geklebt, hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte und rotem Buntstift, gestrichene hs. Paginierung 34 und gestrichene hs. Pag. 28 auf BS 39 e [4a], Bl. 4, gestrichene Paginierung 35 und hs. Paginierung 29 auf BS 39 e [4a], Bl. 5, gestrichene hs. Paginierung 35 und hs. Paginierung 29 auf BS 39 e [4a], Bl. 6, Paginierung 38 auf BS 39 e [4a], Bl. 7, Paginierung 39 und überklebte Paginierung 40 auf BS 39 e [4a], Bl. 8, Paginierung 40 auf BS 39 e [4a], Bl. 9a, hs. Paginierung 40, 41 und Paginierung 43 auf BS 39 e [4a], Bl. 10, Paginierung 44–46 auf BS 39 e [4a], Bl. 11–13, überklebte Paginierung 43 auf BS 39 e [4a], Bl. 12, gestrichene Paginierung 44, gestrichene hs. Paginierung 45 und hs. Paginierung 47 auf BS 39 e [4a], Bl. 14, Paginierung 48 auf BS 39 e [4a], Bl. 15, gestrichene Paginierung 46 und hs. Paginierung 49 auf BS 39 e [4a], Bl. 16, gestrichene Paginierung 34 und hs. Paginierung 28 auf BS 39 e [4b], Bl. 1, Paginierung 48 und überklebte gestrichene Paginierung 49 auf BS 39 i [2], Bl. 6, gestrichene Paginierung 50 und hs. Paginierung 49 auf BS 39 i [2], Bl. 7, Paginierung 50, 51 auf BS 39 i [2], Bl. 8, 9, gestrichene Paginierung 53 und hs. Paginierung 52 auf BS 39 i [2], Bl. 10, gestrichene Paginierung 54 und hs. Paginierung 53 auf BS 39 i [2], Bl. 11, Paginierung 54, 55 auf BS 39 i [2], Bl. 12, 13, gestrichene Paginierung 57 und hs. Paginierung 56 auf BS 39 k [2], Bl. 5, Paginierung 57–61 auf BS 39 k [2], Bl. 6–10 TS27 = fragm. Gesamtfassung, konstituiert durch K1/TS19/A6, K1/TS20/A10, K1/TS21/A5 und K1/TS22/A4 (Korrekturschicht)

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Konzeption 1

Die jeweils letzten Ansätze von TS19–TS22 konstituieren die fragmentarische Gesamtfassung TS27, die damit über die letzten Eingriffe Horváths in TS19/A6 aus der ersten Gesamtfassung TS24 hervorgeht. Dort hat der Autor nochmals weitreichend in einen Teil der Szenenfolge vor dem Wohlfahrtsamt eingegriffen und die Figuren Eltz und Elli entfernt. Dies hängt höchstwahrscheinlich mit der Streichung des Schauplatzes „Einsame Landstrasse“ (TS8) im ersten Teil des Stückes zusammen, was eine inkonsequente Paginakorrektur zur Folge hatte (vgl. den Kommentar zu TS19/A6). Wie die jeweiligen Ansatzfolgen zeigen, hat Horváth den Text im Verbund weiterentwickelt. Die einzelnen Schauplätze sind dabei nicht strikt voneinander getrennt entstanden, sondern gehen materiell ineinander über (vgl. dazu die Kommentare zu den einzelnen Textstufen, insbesondere zu TS19–TS21). TS24 umfasst schließlich fast den ganzen zweiten Teil samt dem Epilog. Das erhaltene Fragment einer Reinschrift TS26 ist bereits auf deren Basis entstanden und wäre damit hier als Text letzter Hand zu bewerten, ist aber von sehr geringem Umfang. Aufgrund der stark in sich verschränkten Entwicklung des Textes ist davon auszugehen, dass der in TS19/A6 bzw. TS20/A10 enthaltene Text der maßgebliche ist. Letztlich sind auch die Korrekturschicht hier und die Grundschicht von TS26 identisch. Ob Horváth von TS27 nochmals eine Reinschrift angefertigt hat, ist ungewiss. Vermutlich hat er die bereits für TS24 erstellte Reinschrift benutzt, um daraus in K2 die Fassung in sieben Bildern zu montieren, die ihrerseits nur als finale, gleichfalls fragmentarisch erhaltene Reinschrift vorliegt (vgl. K2/TS6). Der zweite Teil von TS27 ist bis auf vermutlich ein einzelnes Blatt, das den Beginn der Handlung vor dem Wohlfahrtsamt enthalten haben muss (vgl. TS19), vollständig erhalten. Die Abfolge der Schauplätze im zweiten Teil lautet somit: „Vor dem Wohlfahrtsamt“ (Szenen 3–11, die ersten beiden Szenen sind nicht erhalten), „Vor einem Tonfilmkino“ (Szenen 12–19), „Bierkeller“ (Szenen 20–34) und „Elisabeths möbliertes Zimmer“ (Szenen 35–45); daran schließt der Epilog an (Szenen 1–11). Die Schauplätze „Vor dem Wohlfahrtsamt“ und „Bierkeller“ gehören dabei zu den relativ konstanten Bestandteilen des Stückes während seiner Genese in K1 (vgl. bereits E1–E4). Der Schauplatz „Elisabeths möbliertes Zimmer“ geht auf eine von Lukas Kristl gelieferte Textstufe zurück (VA2/TS3, vgl. auch K1/E4 und E7–E9), die Horváth zunächst mit nur geringen Änderungen übernimmt (vgl. TS21/A2). Während er die Grundzüge der Handlung in der von Kristl entworfenen Form beibehält, arbeitet er demgegenüber intensiv am Text (vgl. dazu den Kommentar zu TS21). Der Schauplatz „Vor einem Tonfilmkino“ wurde in einigen Entwürfen erwogen (vgl. E3 und E7–E9), dann aber erst relativ spät hinzugefügt, wofür der bisherige Schauplatz „Bierkeller“ (vgl. TS17) aufgeteilt wurde. In K2/TS6 wird diese Änderung wieder vollständig rückgängig gemacht. Die in mehreren Entwürfen vermerkte „Parade“ der Polizisten (vgl. E1, E4 und E6) kehrt in Form des Schlusstableaus im Epilog (vgl. BS 39 k [2], Bl. 9) wieder. Der bis TS18 vorgesehene Schauplatz „Im blauen Schiff“ wiederum wurde aus dem Stück entfernt, wodurch starke Adaptionen an den Szenennummerierungen notwendig wurden, die sich teilweise in weitergewandertem Material bis zu TS27 zeigen. Mit diesem Schauplatz hat Horváth auch die erstmals in TS10 erwähnte Nebenhandlung unter Studenten verworfen. Die dort handelnden Figuren schieden damit aber noch nicht völlig aus dem Stück aus und waren anscheinend noch für den ersten Teil des Stückes vorgesehen (vgl. dazu die Kommentare zu TS22 und zu TS25). Von den wenigen überlieferten Textstufen des ersten Teiles kann indes keine definitiv der vorliegenden Gesamtfassung TS27 zugeordnet werden. Aus den wenigen er-

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Chronologisches Verzeichnis

haltenen Textstufen (TS1–TS9) lassen sich mit Sicherheit allein die Schauplätze „Vor dem anatomischen Institut“ und „Kontor der Firma Irene Prantl“ erschließen, die sich in sehr ähnlicher Form auch in den folgenden Fassungen wiederfinden. Den Schauplatz „Einsame Landstrasse“ (vgl. TS7 und TS8) hatte Horváth im Zusammenhang mit TS19/A6 definitiv verworfen (vgl. dazu auch E13 sowie E18). Mit einiger Sicherheit hat es im ersten Teil auch einen Schauplatz rund um den Tierpark gegeben, wie die Erwähnung des „Herr[n] mit seinem vierjährigen Sohne“ (TS27/BS 39 k [2], Bl. 9) nahelegt, der sich in K2/TS6 allein für das zweite Bild im Tierpark nachweisen lässt. Die Szenenanweisung zum Schauplatz „Bierkeller“ von TS27/BS 39 e [4a], Bl. 12 weist schließlich darauf hin, dass es eventuell bereits einen Schauplatz „Bierkeller“ im ersten Teil gegeben haben könnte (vgl. dazu auch den Kommentar zu TS22/A4). Der augenfälligste Unterschied zwischen TS27 und K2/TS6 bzw. K3/TS7 ist der Schluss, der zwar ambivalent bleibt, aber Elisabeth immerhin mit dem Leben davonkommen lässt. Ein weiterer merklicher Unterschied besteht im nur in dieser Fassung vorhandenen Schauplatz „Vor einem Tonfilmkino“. Horváth erarbeitet hier allerdings nur wenig neuen Text und verwendet Passagen, die zuvor bereits für den „Bierkeller“ vorgesehen waren (vgl. TS17). Diese wird er in K2/TS6 wieder in das im Bierkeller angesiedelte 5. Bild rückführen bzw. in der Endfassung K3/TS7 in das 3. Bild und damit in den Schauplatz vor dem Wohlfahrtsamt integrieren. Eine weitere bemerkenswerte Abweichung ist die musikalische Begleitung: Die Transitionen zwischen den Schauplätzen sind in TS27 von meist zeitgenössischer Unterhaltungsmusik geprägt, etwa dem aus der Filmmusik entnommenen „Mickymausmarsch“ (TS27/BS 39 e [4a], Bl. 9a; wohl eines der Begleitstücke zu den zeitgenössisch sehr beliebten Disney-Animationskurzfilmen; vgl. den Kommentar zu TS21) oder die „Hochzeit der Winde“ (TS27/ BS 39 e [4a], Bl. 12, Wedding of the Winds, vgl. den Kommentar zu TS20). Sowohl in die Fassung in sieben Bildern als auch in die Endfassung in fünf Bildern wird Horváth nur den „Trauermarsch“ (Marche funèbre) von Chopin übernehmen, der höchstwahrscheinlich auch in TS27 im ersten Teil vorgesehen war (vgl. dazu den Kommentar zu TS3). In den beiden späteren Fassungen ist darüber hinaus noch der in TS27 nicht verwendete Marsch Alte Kameraden vorgesehen (vgl. K2/TS3/A2/BS 39 j [1], Bl. 5 und K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 58). Abgesehen von der starken Reduktion der vorgesehenen Titel verliert die Musik im Verlauf der weiteren Genese ihre an Kasimir und Karoline erinnernde Überleitungsfunktion (vgl. WA 4) und erhält eher den kontrastierenden, kommentierenden Charakter der Musikstücke von Geschichten aus dem Wiener Wald (vgl. WA 3). Auch wenn sich in der Handlung einige merkliche Unterschiede ergeben, weist TS27, soweit dies die überlieferten Blätter einschätzen lassen, im Detail bereits größtenteils den Text der folgenden beiden Fassungen auf. Diese unterscheiden sich von TS27 im Wesentlichen nur durch das Arrangement von Repliken und Dialogsequenzen, was vor allem in der wesentlich knapperen Endfassung K3/TS7 relevant ist. Genuin neuer Text liegt dort nur für das in K2 entwickelte siebte (später: fünfte) Bild auf der Polizeiwache (vgl. K2/TS1–TS5) sowie im Falle der erst in K3 verschriftlichten Randbemerkung (vgl. K3/TS2–TS6) vor. Sowohl die Fassung in zwei Teilen als auch jene in sieben Bildern, die sich die Blätter der Titelei teilen (vgl. TS25 und K2/TS6), verfügen nur über das auch in die Randbemerkung übernommene Motto aus dem ersten Buch Mose (vgl. den Kommentar zu TS25).

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Konzeption 1

H8 = ÖLA 3/W 29 – BS 39 e [4b], Bl. 2 1 Blatt unliniertes Papier (295 × 208 mm), schwarze Tinte und roter Buntstift E11 = Notizen (links ganz oben) E12 = Notizen (links mittig oben) E13 = Notizen (rechts ganz oben) E14 = Notizen (rechts mittig oben) E15 = Notizen zum II. Teil (links mittig und rechts unten) E16 = Dialogskizze (rechts mittig) E17 = gestrichene Notizen (links mittig) E18 = gestrichene Notizen (links unten)

Auf dem Blatt BS 39 e [4b], Bl. 2 hat Horváth eine Reihe von Notizen angefertigt, die sich auf die Korrektur bzw. Überarbeitung einer vollständigen Fassung des Stückes in zwei Teilen mit Epilog beziehen. Wie unterschiedliche Eintragungen darauf nahelegen, hat dieses Blatt größere Teile des Überarbeitungsprozesses von TS24 zu TS27 sowie darüber hinaus begleitet. Teile der Notizen lassen sich hier eindeutig auf die Entfernung des Schauplatzes „Einsame Landstrasse“ beziehen (vgl. E11–E14, E17, E18). Andere Eintragungen schlagen sich wiederum erst in der Fassung in sieben Bildern (K2/TS6) nieder (vgl. E15 und E16). Schließlich bildet sich auch ein Teil der Überarbeitung des Epilogs hier ab (vgl. E17 und E18). Insgesamt lassen sich fünf verschiedene Gruppen an Notizen zur Überarbeitung je unterschiedlicher Teile des Textes (E11–E15), zwei Aufstellungen zur Gesamtszenenanzahl (E17 und E18) sowie eine Dialogskizze (E16) ausmachen. Bei den neben den einzelnen Notizen notierten Zahlen handelt es sich um Seitenzahlen (vgl. auch E10). E11–E13 betreffen, wie auch die erwähnten Figuren und Textfragmente nahelegen, den ersten Teil des Stückes. E11 hält einige Korrekturen zum vermutlich ersten Schauplatz „Vor dem anatomischen Institut“ und vermutlich auch, aufgrund der hohen Seitenzahl, zu einem folgenden Schauplatz fest. Hier könnte es sich um eine Variante des späteren zweiten Bildes „Im Tierpark“ der Fassung in sieben Bildern handeln. Die Notizen aus E12 und E13 wiederum betreffen den Schauplatz „Kontor der Firma Irene Prantl“. In E12 hat Horváth die Seitenangaben neben den Notizen um sechs Seiten nach unten korrigiert, was wohl mit der Entfernung des Schauplatzes „Einsame Landstrasse“ zusammenhängt (vgl. TS8 sowie den Kommentar zu TS27). Auf diesen Zusammenhang deutet auch E13 hin, wo bereits die neuen Seitenangaben umgesetzt sind und Korrekturangaben zu den Szenen gemacht werden. Die angemerkte Änderung von 40 zu 32 entspricht hier genau dem Umfang des Schauplatzes „Einsame Landstrasse“ in TS8 (vgl. dazu auch den Kommentar dort). In E14 wiederum notiert Horváth zwei Korrekturen zur mit römischen Ziffern paginierten Titelei, einerseits den Umlaut zu seinem Vornamen, andererseits die Streichung von Elli aus dem Figurenverzeichnis. Beide Eingriffe sind, neben den erst für K2/TS6 vorgenommenen, in TS25 zu beobachten (vgl. den Kommentar dort). E15 wurde explizit zum „II. Teil“ festgehalten und betrifft augenscheinlich alle in TS24/TS27 vorhandenen Schauplätze. Hier wurde bereits die in TS19/A6 nur halbherzig durchgeführte und sich nicht auf den übrigen Teil des Textes erstreckende Korrektur der Paginierung infolge der Streichung des Schauplatzes „Einsame Landstrasse“ konsequent durchgeführt. Die Vermutung liegt damit nahe, dass hierfür eine nicht erhaltene Reinschrift vorgelegen hat. Szene 2, die in TS18 wie in TS19 nicht überliefert ist, ist hier auf Seite 27 vorgesehen (vgl. dazu passend die korrigierte Paginierung 28 auf TS27/BS 39 e [4b], Bl. 1). Dazu trägt Horváth auch den Figurennamen „Elly“ ein,

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Chronologisches Verzeichnis

wohl um ihn aus dem Stück zu entfernen. Kleinere Korrekturen wie etwa das für Seite 37 vorgesehene Fragment einer Replik „mich dafür verloben“ deuten weiter darauf hin, dass diese Eintragungen zur Erarbeitung der Fassung in sieben Bildern führen; in K2/TS6 sind diese Änderungen dann umgesetzt (vgl. ebd./BS 39 b [3], Bl. 38 bzw. TS27/BS 39 e [4a], Bl. 11). In E16 hält Horváth eine Variante zum bereits bestehenden Dialog zwischen Elisabeth und dem Schupo über ihre klappernden Zähne fest (vgl. TS27/BS 39 i [2], Bl. 6). Diese Änderung geht ebenfalls in die Fassung in sieben Bildern ein (vgl. K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 45). Die hier sowie in den sonstigen Textträgern notierten bzw. konkret vorgenommenen Änderungen schlagen sich schließlich in den beiden Notizen E17 und E18 nieder. Horváth überschlägt in beiden die Szenenzahl seines Stückes: In E17 sind dies, soweit zu entziffern, 43 Szenen für den ersten und 45 Szenen für den zweiten Teil sowie neun für den Epilog, insgesamt also 97. In E18 wiederum sind jeweils 35, 45 und 11 Szenen vorgesehen, insgesamt somit 91. Den zuletzt 91 Szenen der Fassung in zwei Teilen stehen damit (vermutlich) 95 Szenen in der Fassung in sieben Bildern und nur 66 in der merklich reduzierten Endfassung in fünf Bildern gegenüber. Die in E18 festgehaltene Reduktion von 43 zu 35 Szenen im ersten Teil entspricht dabei genau der Verminderung der Szenenzahl durch die Entfernung des Schauplatzes „Einsame Landstrasse“. Die notierte Erhöhung der Szenenzahl im Epilog wiederum reflektiert die Überarbeitung des Epilogs in TS22/A3 zu A4. Dort hatte Horváth genau zwei Szenen eingefügt, wodurch sich deren Gesamtzahl auf 11 erhöht hatte (vgl. insbesondere die Korrektur der Szenennummerierung auf TS22/A4 bzw. TS27/BS 39 k [2], Bl. 9). Es scheint somit durchaus möglich, dass auch TS22/A4, analog zu TS19/A6, erst sehr spät entstanden ist. Weitere Belege dafür liegen aber nicht vor.

Konzeption 2: Glaube Liebe Hoffnung – Volksstück in sieben Bildern Von der Überarbeitung der Fassung in zwei Teilen hin zur der in sieben Bildern haben sich nur wenige Spuren erhalten. Neben wenigen zu dieser Konzeption gehörigen Entwürfen sind vor allem Fragmente der Arbeit am siebten Bild überliefert. Dabei handelt es sich um genuin neuen Text, zu dem keine vorhergehenden Arbeiten in K1 überliefert sind. Mit diesem Bild schlägt der Charakter von Glaube Liebe Hoffnung vom ironisierten Volksstückhaften ins Tragische um: Elisabeth bietet sich nun kein Ausweg mehr, sondern sie unternimmt einen Selbstmordversuch, wird gerettet und auf die Polizeiwache gebracht. Hier ist zunächst noch ein Ende in einer „Zwangsjacke“ (TS2/BS 39 j [1], Bl. 2) für sie vorgesehen. Ab TS3/A2 jedoch ist ihr Tod fixer Bestandteil der Handlung. H1 = ÖLA 3/W 21 – BS 39 c [5], Bl. 1 1 Blatt unliniertes Papier (285 × 226 mm), schwarzblaue Tinte E1 = fragm. Strukturplan in 3 Akten mit Dialogskizzen und Notizen mit Werktitel „Glaube Liebe Hoffnung“ (links oben)

H2 = ÖLA 3/W 21 – BS 39 c [5], Bl. 2 1 Blatt unliniertes Papier (285 × 226 mm), schwarzblaue Tinte E2 = Konfigurationsplan zum Bild „Anatomie“ des ersten Aktes (rechts mittig und unten) E3 = Notiz zum II. Akt (rechts ganz unten)

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Konzeption 2

Die Entwürfe E1 bzw. E2 und E3 wurden auf zwei Blättern festgehalten, auf denen Horváth auch die einzige erhaltene Textstufe zum Prosawerkprojekt Der römische Hauptmann (WA 13/WP16) eingetragen hat. Alle drei Entwürfe betreffen mehrheitlich Text, der dem ersten Teil der Fassung in zwei Teilen entstammt, was eine genaue genetische Einordnung aufgrund der nur geringen Menge an überliefertem Material dazu schwierig macht. Die Einteilung in Akte sowie einige hier vorgesehene bzw. gerade nicht vorgesehene Figuren lassen K2 als den wahrscheinlichsten Entstehungszusammenhang vermuten. Mit E1 liegt ein fragmentarischer Strukturplan in fünf Akten vor, von dem drei Akte näher beschrieben sind. Während die im Untertitel notierten fünf Akte eine Nähe zur Endfassung in K3 nahelegen, so ist der darin vorgesehene Schauplatz „Kino“, den Horváth zum dritten Akt notiert, ein starkes Indiz für einen Zusammenhang mit K1 und der Fassung in zwei Teilen. Zum ersten Akt hält er „Anatomie“ fest, zum zweiten „Zoo“ und zum dritten „Wohlfahrtsamt. / Kino / Bierkeller.“ Auch wenn zum dritten Akt noch mehrere Schauplätze vorgesehen sind, zeichnet sich hier bereits die Abkehr von einer direkten Aufeinanderfolge von Szenen zugunsten einer konventionelleren Struktur ab. Der im zweiten Akt vorgesehene „Zoo“ ist die erste tatsächlich zu belegende Erwähnung des Schauplatzes im Tierpark, der in der Fassung in sieben Bildern das zweite Bild ausmacht. Für die Fassung in zwei Teilen kann dieser Schauplatz aufgrund verschiedener Indizien vermutet werden (vgl. die Kommentare zu K1/TS8, TS13, TS25 und TS27). Die Schauplätze Wohlfahrtsamt, Kino und Bierkeller sind aus K1 bekannt. Überraschend ist hier das Fehlen eines Aktes, der im Kontor der Firma Irene Prantl spielt. Dieser Schauplatz ist für alle Fassungen des Stückes belegbar (vgl. K1/TS9, K2/TS6 und K3/TS7). Detaillierte Notizen sind nur zum ersten Akt vorhanden, der vor der „Anatomie“ spielt. Die Dialogskizze hier sieht einen Auftritt der Frau Amtsgerichtsrat vor, die den Oberpräparator nach den „Korsetts für Ihre Frau Gemahlin“ fragt. Nachdem sie wieder weg ist, beschwert sich der Oberpräparator dann beim Präparator über die „Kuh“. Ein Zusammentreffen zwischen dem Oberpräparator und der Frau Amtsgerichtsrat ist sonst nur im entstehungsgeschichtlich anschließenden Konfigurationsplan E2 belegbar. Im genetischen Material von K1 ist, soweit dies ersichtlich ist, diese Konfiguration nicht vorgesehen. Das Figurenverzeichnis in K1/TS25, das die Figuren in der Reihenfolge ihres Erscheinens auflistet, sieht einen Auftritt der Frau Amtsgerichtsrat in der abgeschlossenen Fassung in zwei Teilen erst später vor. In diesem Zusammenhang ist zur „Anatomie“ auch ein „Gesang“ von Maria und dem Invaliden vorgesehen, der dann vom Schupo untersagt wird. Die also vermutlich mehrere „Sänger“ umfassende Konfigurationsfolge von E2 scheint sich darauf zu beziehen. Beide Eintragungen haben aber keinen Einfluss auf die weitere Entwicklung des Textes. Etwas abgesetzt fügt Horváth in E1 oberhalb des Strukturplans eine Eintragung „Menschenkind“ ein. Dabei könnte es sich möglicherweise um einen alternativen Titel für das Stück handeln. Weitere alternative Titel hat Horváth auch in den Arbeiten zur Randbemerkung festgehalten (vgl. K3/TS3). Als „armes Menschenkind“ wird Elisabeth zuletzt in der Endfassung (K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 60) nach ihrem Tod im Polizeirevier vom Schupo bezeichnet. E2 betrifft allein den ersten Akt „Anatomie“. Der hier entworfene Konfigurationsplan greift die Notizen von E1 auf und entwickelt vermutlich einen alternativen Be-

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Chronologisches Verzeichnis

ginn der Handlung. Elisabeth sitzt hier „auf der Bank“ während zunächst der Oberpräparator, der Baron und die Frau Amtsgerichtsrat, schließlich der Präparator auftreten. Dann erst ist Elisabeth als Handelnde vorgesehen; mit „Sänger“ sind hier vermutlich Maria und der Invalide gemeint (vgl. E1). Der Präparator und der Schupo kommen hinzu, zuletzt verbleibt Elisabeth mit dem Präparator. Es ist zu vermuten, dass erst dann die eigentliche Handlung beginnen sollte. Diese Sequenz war womöglich als Ersatz für die mit K2 völlig aus dem Stück entfernten Studentenfiguren gedacht, die in K1/TS27 noch für den Beginn des Stückes vorgesehen waren (vgl. den Kommentar dort). Zum zweiten Akt notiert Horváth noch, dass Elisabeth „füttert“, was sich wohl auf eines der Tiere im „Zoo“ (vgl. E1) bezieht. T1 = ÖLA 3/W 39 – BS 39 j [1], Bl. 1 1 Blatt unliniertes Papier (112 × 209 mm), geschnitten, hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte, Paginierung 58 TS1 = fragm. Fassung der Szene 7 des siebten Bildes (Korrekturschicht)

T2 = ÖLA 3/W 39 – BS 39 j [1], Bl. 2, 3 Insgesamt 2 Blatt, davon 1 Blatt unliniertes Papier (297 × 209 mm), 1 Blatt unliniertes Papier (167 × 209 mm), geschnitten, hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte, Paginierung 67 auf Bl. 3 TS2 = fragm. Fassung der Szenen 14–19 des siebten Bildes (Korrekturschicht) Druck in: KW 6, S. 128f; Horváth 1973, S. 160f. (teilweise).

Das siebte Bild ist eine völlige Neuentwicklung von K2, die mit dem grundlegend veränderten Schluss des Stückes einhergeht. Anstatt Elisabeth zum Spitzel werden zu lassen, endet sie auf einem Polizeirevier; in TS2 zunächst in einer Zwangsjacke, bevor ihr Tod in TS3 zum fixen Endpunkt des Stückes wird. Die Papiersorte der vorliegenden Blätter ist unauffällig, es handelt sich um Schreibmaschinenpapier ohne Wasserzeichen im Format A4. Verbindungen zu zuvor verwendetem Material lassen sich nicht herstellen. Bei einem Teil der Blätter handelt es sich um Blattteile (vgl. T1, T2 und T4), was auf Blattmontagen hinweist. Die überlieferten Materialien sind wahrscheinlich also die, die in der Bearbeitung ausgeschieden worden sind. Zur Entwicklung des siebten Bildes sind insgesamt fünf Textstufen in recht unterschiedlichen Ausreifungsgraden erhalten. Wie auch im Falle vieler anderer Bilder bzw. Schauplätze zuvor ist die Textgenese damit aber nur höchst lückenhaft dokumentiert. Bis auf eine Ausnahme betreffen die überlieferten Textstufen allein die letzten Szenen des Stückes. Blätter, die explizit einen Bildtitel oder Ähnliches nennen würden, sind nicht erhalten, weshalb die Zuordnung der Textstufen zum siebten Bild aus dem weiteren Verlauf der Genese erschlossen wurde. Eine Reinschrift des siebten Bildes ist nicht erhalten und auch die Fassung in sieben Bildern enthält genau dieses Bild nicht (vgl. TS6). Wie einige Entwürfe zeigen (vgl. E7–E9), dürfte Horváth das Bild überdies für die Endfassung nochmals separat revidiert haben. TS1 ist auf dem abgetrennten oberen Teil eines Blattes überliefert, das die Paginierung 58 trägt. Sie ist die einzige Textstufe zu den ersten Szenen des Bildes. Enthalten ist ein Teil von Szene 7, in der der Präparator „in seinem Saurausch“ zu einem Monolog ansetzt. In diesem Monolog spricht er den „Staatsanwalt“ an und beschwert sich darüber, nie befördert worden zu sein, woran der Oberpräparator schuld sei. Eine vergleichbare Suada ist in der Endfassung in fünf Bildern nicht enthalten, dort findet sich nur mehr die Replik „Und wer ist schuld? Der Oberpräparator“ (K3/TS7/SB Arca-

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Konzeption 2

dia 1933, S. 48). Diese befindet sich allerdings schon in Szene 4 der dortigen Fassung des (dort fünften) Bildes, Szene 7 enthält dort das Telefonat Joachims (vgl. ebd./SB Arcadia 1933, S. 51f.). Das lässt vermuten, dass das Bild zuvor noch umfangreicher war bzw. eine andere Struktur hatte. TS2 enthält auf insgesamt zwei Blättern eine Variante der letzten Szenen des Stückes. Bei TS2/Bl. 2 handelt es sich um die untere Hälfte eines Blattes, dessen obere Hälfte nicht überliefert ist. Bl. 3 ist vollständig und weist die relativ hohe Paginierung 67 auf. In der Grundschicht ist zuletzt Szene 22 vorgesehen, die zu Szene 19 korrigiert wurde (vgl. TS2/Bl. 3). In der Endfassung K3/TS7 verfügt das Bild schließlich über 20 Szenen. Wie in TS1 liegen damit Hinweise vor, dass das Bild ursprünglich umfangreicher war und gekürzt wurde. Die Textstufe setzt mit einem Teil von Szene 14 ein, in der Elisabeth zu beißen beginnt; in der Endfassung K3/TS7 ist dies auch in Szene 14 vorgesehen. Die weitere Handlung nimmt aber einen gänzlich anderen Verlauf. Elisabeth wird in eine Zwangsjacke gesteckt, während draußen der Marsch Alte Kameraden erklingt. Der von Carl Teike (1864–1922) komponierte populäre Militärmarsch ist schließlich auch in der Endfassung vorgesehen. Er erinnert die Polizisten an die bevorstehende „Parade“ (Bl. 2), die ein thematischer Rest des Figurentableaus im Epilog der Fassung in zwei Teilen ist (vgl. TS22/A4 bzw. TS27/BS 39 k [2], Bl. 9). Elisabeth verstirbt in dieser Fassung des Textes nicht, sondern gleitet augenscheinlich in den Wahnsinn ab: Noch aus der Zwangsjacke heraus offeriert sie den Herren „[p]rima Büstenhalter“. Das Stück endet damit, dass ihr der Vizepräparator über das Haar streicht und zu ihr sagt: „Nur die Hoffnung nicht sinken lassen --“ (Bl. 3). Das Ende ist in TS2 explizit gekennzeichnet; in TS3 bzw. TS5 fehlt demgegenüber jeweils ein Blatt, das die letzte Szene sowie den Vermerk des Endes enthalten haben muss (vgl. die Kommentare dort). Unter den vorgesehenen Figuren fallen in TS2 insbesondere Joachim und der Tierpfleger auf. Joachim ist ein Neuzugang und definitiv erst für das Figureninventar der Fassung in sieben Bildern zu belegen; er ersetzt als Sohn der Prantl die Figur des Pascha. Der Tierpfleger wiederum ist nur in TS2, aber auch in E9 für das siebte Bild nachweisbar. Er gehört in K1 zum fixen Figureninventar und ist in der Fassung in sieben Bildern für das zweite und das fünfte Bild belegt. Die hier erstmals auftauchenden Figuren des Kameraden und des Dritten Schupo schließlich sind bis in die Endfassung vertreten. T3 = ÖLA 3/W 39 – BS 39 j [1], Bl. 4–6 3 Blatt unliniertes Papier (297 × 209 mm), hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte TS3/A1 = fragm. Fassung des siebten Bildes, konstituiert durch BS 39 j [1], Bl. 5, 6 (nicht gedruckt) TS3/A2 = fragm. Fassung der Szenen 14–19 des siebten Bildes, konstituiert durch BS 39 j [1], Bl. 4–6 (Korrekturschicht)

In TS3–TS5 entwickelt Horváth eine andere Auflösung als noch in TS2; das Stück endet nun mit dem Tod Elisabeths. TS3 liegt in zwei Ansätzen auf insgesamt drei unpaginierten Blättern vor und umfasst in der Korrekturschicht von TS3/A2 die Szenen 14–19. Es fehlt allerdings ein letztes Blatt, das das Ende des Stückes enthalten haben muss. Wie im letzten Bild der Endfassung K3/TS7 lagen hier zuletzt wohl 20 Szenen vor. In der Grundschicht war die Szenennummerierung um eins höher, was auf neuerliche Veränderungen im nicht erhaltenen Teil des Bildes hinweist (vgl. bereits TS1 und TS2). Materiell liegt wieder Schreibmaschinenpapier ohne Wasserzeichen im For-

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Chronologisches Verzeichnis

mat A4 vor, das keinen nennenswerten Aufschluss über genetische Zusammenhänge gibt. Die Bl. 5 und 6 sind zuerst entstanden und konstituieren TS3/A1, das nur teilweise beschriebene Bl. 4 ergänzt in A2 einige Repliken. In der Fassung, die mit A2 vorliegt, beginnt der Text fast genau an der Stelle, an der auch TS2 einsetzt. Vermutlich waren die Blätter für Ersetzungen vorgesehen, die fehlende Paginierung der vollständigen Blätter deutet jedenfalls darauf hin, dass es sich um eine vorläufige Überarbeitung gehandelt hat. Wie in TS2 beginnt Elisabeth zu toben, wird aber nicht in eine Zwangsjacke gesteckt, sondern sie „zieht sich verschüchtert zurück“ (A2/Bl. 5), nachdem sie Joachim gebissen hat. Dieser bezeichnet sich als ihren „Lebensretter“, was auf den Selbstmordversuch hinweist (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 58). Der Tierpfleger ist nun nicht mehr vorgesehen (vgl. TS2). Danach erklingt wieder der Marsch Alte Kameraden von Carl Teike und erinnert an die bevorstehende Parade. Elisabeth bekommt in Szene 17 vom Kameraden ein Brötchen angeboten, meint aber plötzlich, dass sie jemand „angehaucht“ habe (Bl. 5; vgl. TS4/Bl. 7 und TS5). Vor ihrem Tod hält Elisabeth dann noch einen längeren Monolog über das „Leben ohne Wandergewerbeschein“ (Bl. 5) und ruft zuletzt die „Mutter“ an und die „schöne gebratene Gans“ (Bl. 6), von der sie ein Stück möchte: „[N]ein, gib mir nicht den Rücken, Mutter – nein gib mir die Brust -- die Brust --“ (ebd.). Sie stirbt draufhin an einer „plötzlichen Herzschwäche“ (ebd.). Während TS4 noch einen vergleichbaren Monolog aufweist, wird die Stelle in TS5 merklich reduziert. Der charakteristische Satz über die „schwarze[n] Würmer“ in der Endfassung (K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 60) war hier vermutlich noch nicht vorgesehen (vgl. dazu E9). Die Anrufung der verstorbenen Mutter schlägt einen Bogen zu den in VA3 entwickelten Szenen rund um Elisabeths Familie, ihren Vater und ihre Stiefmutter (vgl. VA3/TS1/A3). Fragmente dieses Monologs aus TS3/A2 tauchen, in veränderter Zusammensetzung, später in der Endfassung auf (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 57f.) Die anschließenden Szenen 18 und 19 entwickeln nun die Reaktionen der anwesenden Herren auf Elisabeths Tod. Horváth hat den Text, der hier in der Grundschicht gerade bis zur Mitte des Blattes reicht, intensiv hs. überarbeitet. Dabei fügt er in Szene 18 neue Dialogpassagen ein und restrukturiert die Abfolge der vorhandenen Repliken. Unter anderem spricht der Vizepräparator nun die Zeilen „Ich lebe ich weiss nicht wie lang […]“ (Bl. 6). Diese auf den spätmittelalterlichen Gelehrten Martinus von Biberach (gestorben 1498) zurückgehende Sentenz findet sich auch in der Endfassung, wo sie vom Buchhalter geäußert wird (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 60). Szene 19 umfasst nur die Szenenanweisung über die neuerlich vorbeiziehende Musik und den Abgang der Schutzpolizisten. Am Fuß des Blattes, unterhalb der zahlreichen, mittels Pfeilen in den Text von Szene 18 verweisenden Passagen, fügt Horváth noch hs. den Abgang des Kameraden und des Schupo Klostermeyer ein, der „noch einen letzten Blick auf seine tote Elisabeth“ (Bl. 6) wirft. Damit bricht die Bearbeitung ab und Horváth setzt den erarbeiteten Text in weiteren Textstufen um.

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Konzeption 2

T4 = ÖLA 3/W 39 – BS 39 j [1], Bl. 7, 8 Insgesamt 2 Blatt, davon 1 Blatt unliniertes Papier (97 × 209 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (200 × 209 mm), geschnitten, hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte, Paginierung 67 auf Bl. 7 TS4 = fragm. Fassung einer Szene des siebten Bildes (Korrekturschicht)

T5 = ÖLA 3/W 39 – BS 39 j [1], Bl. 9 1 Blatt unliniertes Papier (297 × 209 mm), hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte, Paginierung 67 TS5 = fragm. Fassung der Szenen 17–19 des siebten Bildes (Korrekturschicht)

TS4 und TS5 basieren auf TS3/A2, lassen aber neuerlich erkennen, dass zahlreiche Blätter zur Arbeit am siebten Bild nicht überliefert sind. Wie die vorherigen Arbeiten sind auch TS4 und TS5 auf Schreibmaschinenpapier ohne Wasserzeichen im Format A4 überliefert, das keinen besonderen Aufschluss über die genetischen Zusammenhänge gibt. Horváth hat TS4 auf ein Blatt getippt, das er vermutlich in Vorbereitung einer dann nicht durchgeführten Montage zerschnitten hat, weshalb es in zwei Teilen vorliegt. Der obere Teil, Bl. 7, trägt die Paginierung 67, die zuletzt in TS2 auf Bl. 3 vorlag und dort bereits das Ende des Stückes enthielt. Anscheinend ist also im ersten Teil des Bildes wieder Text hinzugekommen; auch das TS5 konstituierende Bl. 9 weist schließlich die Paginierung 67 auf. Eine Szenennummer ist in TS4 nicht eingetragen, in TS3/A2 wie in TS5 sind vergleichbare Passagen in Szene 17 verortet. TS4 beginnt mit der Feststellung, dass der Magen Elisabeths knurrt, worauf ihr der Kamerad ein „Brötchen“ (Bl. 7) reicht und Elisabeth davon spricht, dass sie jemand „angehaucht“ (ebd.) habe. Der folgende, auf Bl. 8 befindliche Monolog der Elisabeth basiert auf TS3/A2/Bl. 5f., ist aber in der Grundschicht nur teilweise realisiert und wird von Horváth hs. fortgeführt. Elisabeth verstirbt nun nicht sogleich, es folgt das Fragment eines Dialogs mit dem Vizepräparator. Eine vergleichbare Stelle mit der Replik des Vizepräparators „Sie Kind --“ findet sich in der Endfassung (K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 58). In TS4 bricht Horváth die Bearbeitung aber rasch ab und trennt Bl. 8 ab, das unten noch einigen Freiraum hat, vermutlich um Bl. 7 an neues Material anzukleben. Zwischen TS4 und TS5 haben wahrscheinlich noch weitere Bearbeitungsschritte vorgelegen, wie größere Sprünge in der Textentwicklung zeigen. TS5 beginnt an der gleichen Stelle wie TS4 mit der Replik des Vizepräparators „Was knurrt denn da?“, woraufhin der Kamerad Elisabeth ein Brötchen reicht. Elisabeth nimmt es nicht mehr mit einem Grinsen, sondern „apathisch“ entgegen. Der in TS3/A2 und TS4 hier anschließende Monolog Elisabeths über ihre Situation wird nicht übernommen und die Replik, dass sie „angehaucht“ werde, mit der dem Monolog entnommenen Passage vermengt, der an die „Mutter“ gerichtet ist, die ihr „die Brust“ geben solle (vgl. TS3/ A2/Bl. 6). Elisabeth stirbt in der Grundschicht noch „sanft, an einer plötzlichen Herzschwäche“ und nach der Überarbeitung der Stelle nur noch „sanft“. Der darauffolgende Text der Szenen 18 und 19 baut auf den umfangreichen Korrekturen von TS3/A2/Bl. 6 auf. Den von dort übernommenen, indirekten Hinweis auf die Gefühlsregung des Schupos („Du weinst?“) streicht Horváth und fügt dafür die auch in der Endfassung enthaltene Replik des Schupo „Ich hab kein Glück. Ich hab kein Glück“ ein (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 60). Die Geste, in der er ihr „über das Haar“ streicht, war zuvor bereits in der noch mit Elisabeth in der Zwangsjacke endenden Fassung des Bildes in TS2/Bl. 3 vorgesehen.

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TS5 ist die letzte nachweisbare längere Bearbeitung des Schlussbildes vor der Endfassung K3/TS7, wo diese Handlung im fünften Bild stattfindet. In der Reinschrift der Fassung in sieben Bildern ist das Bild nicht erhalten. Möglicherweise lag auch gar keine Reinschrift dieses neu entwickelten Textes vor und die zuletzt vorliegende, vermutlich montierte Fassung wurde für weitere Adaptionen in K3 herangezogen. Einige Änderungen sind, wie sich in E7–E9 zeigt, mit hoher Wahrscheinlichkeit erst nach Erstellung der Reinschrift der Fassung in sieben Bildern vorgenommen worden (vgl. den Kommentar dort). T6 = ÖLA 3/W 36 – BS 39 h [3], Bl. 1–3, ÖLA 3/W 16 – BS 39 b [3], Bl. 1–54 Insgesamt 57 Blatt, davon 48 Blatt unliniertes Papier (330 × 210 mm), Durchschlag, 2 Blatt unliniertes Papier (295 × 205 mm), Durchschlag, 1 Blatt unliniertes Papier (312 × 210 mm), Durchschlag, 1 Blatt unliniertes Papier (325 × 210 mm), Durchschlag, 1 Blatt unliniertes Papier (314 × 210 mm), Durchschlag, 1 Blatt unliniertes Papier (326 × 210 mm), Durchschlag, 1 Blatt unliniertes Papier (323 × 210 mm), Durchschlag, 1 Blatt unliniertes Papier (322 × 210 mm), Durchschlag, 1 Blatt unliniertes Papier (287 × 200 mm), Durchschlag, Paginierung I–III auf BS 39 h [3], Bl. 1–3, Paginieriung 1–4, 4a und 5–53 auf BS 39 b [3], Bl. 1–54, hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte, Eintragungen mit Bleistift und blauer Tinte von fremder Hand (Berliner Bearbeitung) TS6 = fragm. Fassung mit Werktitel „Glaube Liebe Hoffnung. Volksstück in sieben Bildern von Ödön Horváth. Unter Mitarbeit von Lukas Kristl“ (Korrekturschicht) Druck in: KW 6, S. 61–127. Druck von BS 39 b [3], Bl. 10–17 („Im Tierpark“) in: GW IV, S. 283–289. Druck von BS 39 b [3], Bl. 35–46 („Bierkeller“) in: GW IV, S. 305–315.

Die Fassung in sieben Bildern von Glaube Liebe Hoffnung ist als fragmentarische, sechs Bilder umfassende Reinschrift überliefert. In das Typoskript sind nur minimale hs. Korrekturen eingetragen, die zumeist Tippfehler betreffen. An vielen Stellen wurden keine Leerzeichen zwischen Wörtern bzw. nach Satzzeichen gesetzt; diese Flüchtigkeitsfehler werden hier stillschweigend emendiert; sämtliche anderen Herausgebereingriffe sind im Apparat vollständig dokumentiert. TS6 beruht im Wesentlichen auf dem bereits in K1 fixierten Text, den Horváth teilweise neu arrangiert. Der in K2 entwickelte, genuin neue Text zum siebten Bild ist in TS6 nicht enthalten und nur in Form einiger fragmentarischer Textstufen dokumentiert (vgl. TS1–TS5). Wie auch die bei der Umarbeitung zur Endfassung übrig gebliebenen Fragmente zeigen (vgl. TS7), hat dieses neue Bild wohl auch gar nicht in einer Reinschrift vorgelegen. In TS6 enthalten sind die bereits als Schauplätze in K1 bekannten Bilder „Vor dem anatomischen Institut“, „Im Tierpark am Sonntagnachmittag“, „Kontor der Firma Irene Prantl“, „Vor dem Wohlfahrtsamt mit minimalem Vorgarten“, „Bierkeller“ und „Elisabeths möbliertes Zimmer“. Die Fassung in sieben Bildern hatte einen gewissen Einfluss auf die Rezeption des Stückes, da der Regisseur Peter Palitzsch das zugrundeliegende Typoskript für seine stark adaptierte, auf Archivmaterial aufbauende Inszenierung am Staatstheater Stuttgart 1969 verwendet hat. Diese, von Walter Huder als „geradezu wissenschaftliche Vorarbeit“ (zit. nach Krischke 1973, S. 162) bezeichnete Fassung umfasste auch den Schauplatz „Einsame Landstrasse“ (K1/TS8) und ist zwar anhand von Originalmaterial entwickelt, jedoch als fiktiv anzusehen. Die Ausgaben von Glaube Liebe Hoffnung aus den 1970er-Jahren übernahmen teilweise die fehlerhaften Grundannahmen der sogenannten „Palitzsch-Fassung“ (vgl. dazu das Vorwort in diesem Band, S. 25 f.).

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Konzeption 2

Aufgrund der Beschränkung auf sieben Bilder, die zugleich als Schauplätze fungieren, verpflanzt Horváth Teile des Textes wegfallender Passagen in beibehaltene Textzusammenhänge. So wird im fünften Bild „Bierkeller“ die Begegnung mit der Frau Amtsgerichtsrat reintegriert. In K1/TS19 bzw. TS20 wurde dieser, im Kontext des Schauplatzes „Bierkeller“ entwickelte Handlungsteil (vgl. TS17) in einen eigenen Schauplatz „Vor einem Tonfilmkino“ ausgelagert, der nun wieder wegfällt. Aus dem entfallenden Epilog werden Dialogpassagen in neue Bildzusammenhänge verschoben: Die Verhaftung Marias durch den Kriminaler ist nun Teil der Handlung des vierten Bildes vor dem Wohlfahrtsamt, sie wird hier aber nicht durch Elisabeth, sondern durch den Baron verraten, wofür Horváth neuen Text geschaffen hat. Diese Änderung geht auch in die Endfassung ein. Interessanterweise stellt Horváth damit wieder eine Situation her, die bei Kristl vorgebildet war: In VA2/TS2 spricht das Fräulein ebenfalls von der Verhaftung einer Frau durch einen „Kriminaler“. Unterschiede zur Fassung in zwei Teilen liegen auch vermutlich im ersten Bild „Vor dem anatomischen Institut“ vor. Der entsprechende Schauplatz ist zwar in K1 nur in Fragmenten überliefert, die dort entwickelte Nebenhandlung über den verletzten Zeigefinger (vgl. zuletzt K1/TS4/BS 39 f, Bl. 7) nimmt Horváth aber augenscheinlich nicht in TS6 auf. In der Endfassung ist dieses Detail wieder enthalten; das erste Bild ist dort auch um eine Szene erweitert (vgl. K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 13f.). Sämtliche Einpassungen in TS6 sind nicht dokumentiert, es hat sich dazu keinerlei genetisches Material erhalten. Einen ähnlichen, allein durch K3/TS1 dokumentierten Adaptionsprozess nimmt Horváth im Zuge der Erarbeitung der Endfassung K3/TS7 vor, die nochmals um zwei Bilder und damit Schauplätze reduziert ist (vgl. den Kommentar dort). Größere hs. Eingriffe weist in TS6 allein die Titelei auf, die aus einer Reinschrift der Fassung in zwei Teilen übernommen und den neuen Gegebenheiten angepasst wurde (vgl. K1/TS25). Horváth ändert hier den Untertitel, behält aber die Gattungsbezeichnung „Volksstück“ (BS 39 h [3], Bl. 1) bei. Wie auch die Fassung in zwei Teilen verfügt jene in sieben Bildern noch nicht über die Randbemerkung, die eine Neuzutat von K3 ist. Als Motto steht unverändert die Passage über den neuen Bund Gottes mit den Menschen nach der Sintflut aus 1 Mose 8,21 voran. Besonders aufschlussreich ist die Überarbeitung des Figurenverzeichnisses (vgl. BS 39 h [3], Bl. 2), von dem aus sich einige Rückschlüsse auf den nicht überlieferten ersten Teil der Fassung in zwei Teilen machen lassen (vgl. im Detail die Kommentare zu K1/TS25 und TS27). Die Studentenfiguren (Eltz, Schmidt, von Müller, Vetterle und Pascha) werden nun vollständig gestrichen. Damit scheidet die bereits in TS19 stark reduzierte Nebenhandlung unter Studenten völlig aus dem Stück aus. Etwas unklar ist die Adaption der Auftrittsreihenfolge im ersten Bild, hier sind der Reihe nach der Oberpräparator, der Präparator und der neu ins Stück eingefügte Vizepräparator vorgesehen, dann erst der Baron mit dem Trauerflor. Die Auftrittsreihenfolge im ersten Bild von TS6 lautet indes Präparator, Oberpräparator, Baron und zuletzt Vizepräparator. Möglicherweise reflektiert sich darin auch noch ein anderer, nicht überlieferter Textzustand. Zu Irene Prantl wird Joachim Prantl als neue Figur gestellt, ihr Sohn, der seinen ersten Auftritt gemeinsam mit seiner Mutter im zweiten Bild hat und im letzten Bild Elisabeths Retter ist (vgl. TS1–TS5). Die Figur der Elli wurde bereits in K1 aus dem Stück gestrichen (vgl. die Kommentare zu K1/TS25 und TS27). Unklar sind auch die letzten vermerkten Auftritte: So verbleibt der Kriminaler, der Maria jetzt im vierten Bild verhaftet, an seiner Stelle, die dem Auftritt im Epilog entspricht, außerdem ist nach wie vor der Polizeipräsident vorgesehen. Überdies fehlen die beiden

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Chronologisches Verzeichnis

weiteren Schupos, die für die Fassung des Bildes in dieser Konzeption ebenfalls zu belegen sind (vgl. TS5). Ob die beiden Männer „im Smoking“ (K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 49) auch hier schon vorgesehen waren, ist aufgrund der fehlenden Überlieferung nicht zu eruieren. Diese Chargenrollen sind allerdings auch in der Endfassung nicht im Figurenverzeichnis gelistet. Wahrscheinlich hat Horváth die Überarbeitung des Figurenverzeichnisses zu TS6 nur unzureichend ausgeführt; möglicherweise spiegelt sie aber auch den Zustand einer früheren Bearbeitung wider. Zuletzt ist auch nicht ganz ausgeschlossen, dass der in K1/TS27 vorgesehene Polizeipräsident noch einen Auftritt im Stück hatte; das siebte Bild ist in K2 nur in der frühen Fassung von TS2 tatsächlich bis zu einem expliziten Ende ausgeführt. Mit der Überführung des Stückes in eine Bilder-Struktur liegt in gewisser Weise eine umgekehrte Entwicklung wie bei Kasimir und Karoline vor. Das zuvor entstandene Volksstück wurde in einer konventionellen Struktur in sieben Bildern entwickelt und dann in eine Folge von 117 lose gefügten Szenen an verschiedenen Schauplätzen überführt (vgl. WA 4). In K3 von Glaube Liebe Hoffnung wird Horváth die Verdichtung des Stückes fortsetzen. Für die Überarbeitung hat er einen Durchschlag von TS6 benutzt, von dem einige Fragmente in TS7 vorliegen. H3 = IN 221.001/3 – BS 45 a [3], Bl. 1v 1 Blatt kariertes Papier (208 × 170 mm), (Handelsregister), schwarzblaue Tinte E4 = gestrichene Werktitel „Glaube Liebe Hoffnung“ und „Kasimir und Karoline“ (oben) Druck in: WA 4, S. 92f. (WA 4/K2/E2–E4).

H4 = ÖLA 3/W 14 – BS 39 b [1], Bl. 1 1 Blatt unliniertes Papier (296 × 207 mm), schwarzblaue Tinte, hs. Eintragungen mit Bleistift von fremder Hand (Berliner Bearbeitung) E5 = Werktitel „Glaube Liebe Hoffnung nebst Kasimir und Karoline“ (mittig oben) E6 = gestrichener Werktitel „Glaube Liebe Hoffnung nebst Kasimir und Karoline“ (mittig) Druck in: WA 4, S. 366f. (WA 4/K4/E1); WA 13, S. 337f. (WA 13/WP17/E5).

Mit E4–E6 liegen mehrere Titeleintragungen zu Glaube Liebe Hoffnung vor, die in Verbindung mit Kasimir und Karoline entstanden sind. Horváth erhoffte sich von seinem Verleger Ullstein eine gemeinsame Publikation der beiden Stücke, die sich auf einen gemeinsamen textgenetischen Ursprung zurückführen lassen (vgl. VA1). In E5 und E6 hält der Autor konkrete Titelentwürfe für eine gemeinsame Veröffentlichung fest und notiert den Titelentwurf „Glaube Liebe Hoffnung nebst Kasimir und Karoline“ neuerlich in E8 im Kontext zweier Entwürfe, die die Überarbeitung von Glaube Liebe Hoffnung hin zur Endfassung erkennen lassen (vgl. den Kommentar dort). Zwei erwogene Varianten zu einem Untertitel, „Zwei kleine Dramen aus dem Volksleben“ und „Zwei Volksstücke 1932“ (E5) streicht der Autor wieder. E5 und E6 stehen in unmittelbarer Nachbarschaft zu Strukturplänen zum nicht vollendeten Dramenwerkprojekt Lustspiel und einem fragmentarischen Entwurf zum Romanprojekt Himmelwärts, an denen Horváth in der zweiten Jahreshälfte 1932 arbeitete (vgl. WA 13/WP17) Der Titeleintrag in E4 wirft allerdings einige chronologische Fragen hinsichtlich der Entstehung sowohl von Glaube Liebe Hoffnung als auch von Kasimir und Karoline auf. Dort führt das Stück bereits den Untertitel „Volksstück in sieben Bildern“, was das Blatt K2 zuordnet. Damit muss das Stück bereits in einem sehr weit entwickelten Stadium vorliegen. Die darunter festgehaltenen Strukturpläne (WA 4/K2/E3 und E4) zu Kasimir und Karoline indes entstammen einem relativ frühen Punkt in der Textgenese

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Konzeption 2

dieses Volksstücks. Dies lässt unterschiedliche Schlüsse zu. Möglicherweise lag eine fertige Fassung von Glaube Liebe Hoffnung in sieben Bildern vor, noch bevor Horváth Kasimir und Karoline vollendet hatte. Die Annahme von Kasimir und Karoline wurde allerdings schon am 9. Mai 1932 von Ullstein bestätigt (vgl. WA 4, S. 10). Zu diesem Zeitpunkt waren Horváth und Kristl allerdings noch mit der Arbeit an einzelnen Szenen beschäftigt, wie ein Brief Kristls vom 12. Mai 1932 belegt (vgl. dazu das Vorwort in diesem Band, S. 17). Eine denkbare Lösung für das vorliegende Dilemma wäre, dass Horváth noch vor der Konzeption des Stückes in zwei Teilen eine Struktur in sieben Bildern erwogen hat. Diese würde vermutlich im Umfeld der nur sehr bruchstückhaft überlieferten VA3 anzusiedeln sein, wo etwa TS1 eine Struktur in Bildern erkennen lässt. Belastbare Belege dafür fehlen aber, die einzige nachweisbare Struktur in sieben Bildern ist mit K2 gegeben. Andererseits könnte die chronologische Einordnung des Blattes in der Genese von Kasimir und Karoline fehlerhaft sein, wogegen allerdings die Gestalt der eingetragenen Entwürfe spricht (vgl. den Kommentar zu WA 4/K2/E2–E4). Die genauen textgenetischen Verhältnisse lassen sich nicht definitiv klären. Die Zuordnung von E4 zu K2 geschieht hier einzig über die Angabe „in sieben Bildern“, die sonst allein mit K2 verbrieft ist, und ist unter Vorbehalt zu verstehen. H5 = ÖLA 3/W 14 – BS 39 b [1], Bl. 2 1 Blatt unliniertes Papier (296 × 207 mm), schwarzblaue Tinte, hs. Eintragungen mit Bleistift von fremder Hand (Berliner Bearbeitung) E7 = Notiz zum 7. Bild mit Werktitel „Glaube Liebe Hoffnung. Ein Totentanz“ (links oben) E8 = Werktitel „Glaube Liebe Hoffnung nebst Kasimir und Karoline“ (rechts oben) E9 = Notizen (rechts mittig und unten) Druck in: WA 4, S. 368f. (WA 4/K4/E2).

Die Entwürfe E7–E9 stehen an der Schwelle zwischen K2 und K3. In E7 wie E9 ist noch eine Einteilung in sieben Bilder zu erkennen, zugleich wird in E7 bereits die Bezeichnung „Totentanz“ verwendet, die für die Endfassung K3/TS7 charakteristisch ist. Die Fassung in sieben Bildern (TS6) weist noch die aus K1 übernommene Gattungsbezeichnung Volksstück auf, die auch in den Titeleinträgen E4 und E5 verwendet wird. E7 bricht nach dem adaptierten Werktitel und der Eintragung „VII. Bild“ sofort wieder ab. Die Titeleintragung von E8 nimmt jene von E6 wieder auf, sie gehört zu Horváths Überlegungen, Glaube Liebe Hoffnung gemeinsam mit Kasimir und Karoline als Buch zu veröffentlichen (vgl. den Kommentar zu E5 und E6). E9 versammelt Notizen zu unterschiedlichen Stellen des Stückes, die sich Horváth parallel oder in Vorbereitung zu einer Überarbeitung gemacht hat. Nach wie vor ist eine Struktur in sieben Bildern vorgesehen. Der konkrete Bezug zum Text in seiner mit TS6 vorliegenden Gestalt wird an den diversen Nummernangaben deutlich, bei denen es sich um Seitenzahlen handelt. Zuerst notiert Horváth „15“, was sich auf Text des zweiten Bildes beziehen würde (vgl. TS6/BS 39 b [3], Bl. 16, mit der Pag. 15), fügt aber keine weiteren Eintragungen hinzu. Die zu „39“ vorgesehene Notiz zu einer Replik des Tierpflegers betrifft Text auf dem mit 39 paginierten Blatt BS 39 b [3], Bl. 40 in TS6, wo sich eine sehr ähnliche Passage über die „Hochstaplerin“ in Szene 10 des fünften Bildes findet. Die Variante hier sollte vermutlich den Text aus dieser Szene an den von Szene 8 eine Seite davor anschließen, wo der Präparator von der „höheren Ordnung“ spricht (TS6/BS 39 b [3], Bl. 39).

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Chronologisches Verzeichnis

Während sich diese Überarbeitung nicht weiter nachvollziehen lässt, da Horváth die Szenen mit dem Tierpfleger nicht in die Endfassung übernimmt, ist die gleich darunter eingefügte Notiz zu Seite 66 aufschlussreicher. Diese betrifft eindeutig das siebte Bild: Hier agiert überraschenderweise wieder der Tierpfleger, der dort zuletzt in TS2 vorgesehen war. Der Ausruf „Beissen wirst Du – beissen?!“ wurde dort in einer hs. Korrektur auf den Vizepräparator übertragen (vgl. TS2/BS 39 j [1], Bl. 2). Da dies auch in TS3/A2/BS 39 j [1], Bl. 4 sowie in der Endfassung K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 58 so ist, wäre anzunehmen, dass E9 vor TS2 entstanden ist. Maßgeblich für die Einordnung nach TS1–TS5 ist jedoch die Replik Elisabeths, die „schwarze Würmer“ herumfliegen sieht. Dies entspricht dem Text der Endfassung (K3/TS7/SB Arcadia 1933, S. 60) und ist in TS2, TS3/A2 sowie TS5, die alle die Sterbeszene beinhalten, nicht realisiert. T7 = ÖLA 3/W 15 – BS 39 b [2], Bl. 1–11 Insgesamt 11 Blatt, davon 1 Blatt unliniertes Papier (312 × 210 mm), 1 Blatt unliniertes Papier (150 × 210 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (216 × 210 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (53 × 210 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (82 × 210 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (153 × 210 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (61 × 210 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (207 × 210 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (90 × 210 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (20 × 210 mm), geschnitten, 1 Blatt unliniertes Papier (108 × 210 mm), geschnitten, dünn Durchschlag, hs. Eintragungen mit schwarzblauer Tinte, Paginierung 34 auf Bl. 1, Paginierung 36 auf Bl. 3, Paginierung 40 auf Bl. 6, Paginierung 44 auf Bl. 7, Paginierung 45 auf Bl. 9 TS7 = fragm. Fassung des 5. und 6. Bildes (nicht gedruckt)

Mit den Blättern BS 39 b [2], Bl. 1–11 liegen mehrere Fragmente eines Durchschlags von T6 vor, die bei der Umarbeitung der Fassung in sieben Bildern (TS6) zu jener in fünf Bildern (K3/TS7) übriggeblieben sind. Die teilweise geschnittenen Blätter stammen aus dem fünften Bild (Bl. 1–9) und, in wesentlich geringerem Ausmaß, aus dem sechsten (Bl. 10 und 11). Die nicht erhaltenen Teile hat Horváth wohl für die Montage eines nicht erhaltenen Typoskripts verwendet, das die Vorlage für das Stammbuch (K3/TS7) war. Aus diesem Überarbeitungsprozess ist nur eine einzige Textstufe überliefert, die aber kein Material aus T7 enthält (vgl. K3/TS1). Wie auch in TS6 gibt es hier keinerlei Hinweise zu einer Reinschrift des in K2 neu erarbeiteten siebten Bildes. Bis auf einen minimalen hs. Eingriff (Korrektur des Tippfehlers „Wüescht“ auf Bl. 8, vgl. dazu TS6/BS 39 b [3], Bl. 45) ist die in TS7 vorliegende fragmentarische Fassung mit dem entsprechenden Text von TS6 identisch.

Konzeption 3: Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz Die Umarbeitung der Fassung in sieben Bildern hin zur gekürzten und stark verdichteten Endfassung in fünf Bildern ist nur wenig dokumentiert. Reste eines teilweise zerschnittenen Durchschlags der Fassung in sieben Bildern deuten auf einen umfassenden Montageprozess hin (vgl. K2/T7). In K3 liegt nur eine einzige Textstufe dazu vor (vgl. TS1). Während der Umarbeitung entwickelt Horváth auch die Randbemerkung zu Glaube Liebe Hoffnung, in der er seine Zusammenarbeit mit Lukas Kristl schildert und auf einige zentrale Aspekte seiner Stücke hinweist. Gemeinsam mit der Gebrauchsanweisung ist sie ein wichtiges Dokument zum Verständnis von Horváths Poetik.

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Konzeption 3

T1 = ÖLA 3/W 24 – BS 39 e [1], Bl. 1 1 Blatt unliniertes Papier (297 × 209 mm), hs. Eintragungen mit schwarzer Tinte TS1 = fragm. Fassung der Szenen 14 und 15 („Vor dem Wohlfahrtsamt“)

H1 = ÖLA 3/W 24 – BS 39 e [1], Bl. 2 1 Blatt unliniertes Papier (297 × 209 mm), schwarze Tinte E1 = Dialogskizzen (oben und unten) E2 = Replik zum IV. Bild (mittig)

TS1 ist die einzige erhaltene Textstufe zur Arbeit Horváths an der Endfassung in fünf Bildern. Auf einem Blatt Schreibmaschinenpapier im Format A4 hat der Autor hier einen Teil der Szenen 14 und 15 des nun dritten Bildes „Vor dem Wohlfahrtsamt“ getippt. Etwa in der Mitte des Blattes bricht der masch. Text ab und wird hs. ergänzt bzw. überarbeitet. Die Dialogskizzen bzw. Repliken von E1 und E2 wurden auf demselben Material getippt und hängen eng mit TS1 zusammen. Der in TS1 festgehaltene Text schließt genau an den Schluss des vierten Bildes der Fassung in sieben Bildern an (vgl. „Sie können schnell gehen, aber ich kann auch schnell gehen“, K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 34). Während in K2/TS6 das Bild mit „Dunkel“ endet, wird es in TS1 durch den Auftritt von Herrn und Frau Amtsgerichtsrat fortgesetzt (vgl. dazu TS7/SB Arcadia 1933, S. 32f.). Damit gliedert Horváth das zuvor im fünften Bild (K2/TS6) bzw. am Schauplatz „Vor einem Tonfilmkino“ (K1/TS27) angesiedelte Wiedersehen zwischen der Frau Amtsgerichtsrat und Elisabeth in den neuen Handlungszusammenhang ein. E1 führt den Text von TS1 anhand einiger Dialogskizzen fort. Der Amtsgerichtsrat betritt das Wohlfahrtsamt, und Elisabeth unterhält sich mit der Frau Amtsgerichtsrat über ihre Bekanntschaft mit dem Schupo, was den Szenen 16 und 17 der Endfassung entspricht (vgl. TS7/SB Arcadia 1933, S. 33–36). Der Schupo kehrt zurück und berichtet von einer „Strassenschlacht“. In einer bereits oben, nach dem Abgang des Amtsgerichtsrats eingetragenen Replik wird davon berichtet, dass die Polizei „nur einen Unbeteiligten erschossen“ hätte (vgl. ebd., S. 36). Hier schließt die Passage mit dem Mantel an, der „immer im Dienst“ sei, die Horváth selbst andernorts als „Mantelmotiv“ (K1/TS11) bezeichnet hat. Zwischen den Dialogskizzen zum dritten Bild befindet sich die Replik E2, die eindeutig dem vierten Bild zugeordnet ist. Dabei handelt es sich um eine Äußerung des Schupos, die zuvor am Schauplatz „Bierkeller“ bzw. im fünften Bild vorgesehen war. Wie in E2 angemerkt, verschiebt Horváth sie ins vierte Bild der Endfassung (vgl. TS7/SB Arcadia 1933, S. 39). H2 = ÖLA 3/W 362 – o. BS, Bl. 4 1 Blatt des Notizbuchs Nr. 7 mit ziegelrotem Kartoneinband und Spiralbindung, kariertes Papier (210 × 132 mm), schwarzblaue Tinte und roter Buntstift E3 = Werktitel „Glaube Liebe Hoffnung. Kleinbürgerliches Schauspiel“ Druck in: WA 4, S. 398f. (WA 4/K5a/E23).

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Chronologisches Verzeichnis

H3 = ÖLA 3/W 362 – o. BS, Bl. 8 1 Blatt des Notizbuchs Nr. 7 mit ziegelrotem Kartoneinband und Spiralbindung, kariertes Papier (210 × 132 mm), schwarzblaue Tinte und roter Buntstift TS2 = Fassung einer Vorbemerkung mit Titel „Glaube Liebe Hoffnung. Kleinbürgerliche Komödie“ (Korrekturschicht) E4 = Werktitel „Glaube Liebe Hoffnung. Kleinbürgerliche Komödie“ (unten)

E3 und TS2 bzw. E4 wurden in das Notizbuch Nr. 7 eingetragen, das vor allem Entwürfe für die Adaptierungsarbeiten an Kasimir und Karoline im Umfeld der Uraufführung in Leipzig bzw. Berlin im November 1932 enthält (vgl. WA 4/K5a–K5c). Die festgehaltenen Variationen des Untertitels: „Kleinbürgerliches Schauspiel“ (E3) bzw. „Kleinbürgerliche Komödie“ (TS2 und E4) sind nur hier belegt. Krischke vermutete, dass damit die frühesten Belege für das Stück vorlagen (vgl. Krischke 1973, S. 54), was allein aufgrund der umgebenden Adaptierungsarbeiten zu Kasimir und Karoline, die frühestens auf den Sommer 1932 zu datieren sind, nicht zu halten ist. Der genaue textgenetische Status von Entwurf wie Textstufe ist mangels konkreter Anknüpfungspunkte unsicher, sie dürften aber zu K3 zu zählen sein. Für die Einordnung in K3 spricht nicht zuletzt, dass mit TS2 eine vermutlich erste Aussage Horváths über sein Stück erhalten ist. Weder die Fassung in zwei Teilen (K1/TS27) noch die in sieben Bildern (K2/TS6) weisen eine Form von Vorwort auf, sondern beschränken sich auf das Motto aus der Genesis, 1 Mose 8,21 (vgl. zuletzt K2/TS6/BS 39 h [3], Bl. 3). Horváth spricht in TS2, geleitet vom Untertitel, einerseits das Kleinbürgertum, andererseits die Form der Komödie an. Die mit TS3–TS6 belegten Arbeiten zur Randbemerkung im engeren Sinne nehmen die hier skizzierten Gedanken indes nicht auf. Einzig in TS3 wird das Stück nochmals als „grosse Komödie“ (TS3/BS 39 a [2], Bl. 2) bezeichnet, diese Idee aber nicht weiterverfolgt. T2 = ÖLA 3/W 239 – BS 39 a [2], Bl. 1, 2 2 Blatt unliniertes Papier (296 × 209 mm), hs. Eintragungen mit schwarzer Tinte TS3 = fragm. Fassung mit Titel „Ueber die Entstehung meines Volksstückes ‚Glaube Liebe Hoffnung‘“ (Korrekturschicht)

Die Randbemerkung, deren Entwicklung sich über TS3–TS6 erstreckt, ist die wichtigste Neuzutat zu Glaube Liebe Hoffnung in K3. Horváth schildert darin seine Zusammenarbeit mit Kristl und weist auf einige zentrale Aspekte seiner Stücke hin. Gemeinsam mit der Gebrauchsanweisung ist sie ein wichtiges Dokument zum Verständnis seiner Poetik. Die in TS3 vorliegende Fassung ist bereits sehr ausführlich, trägt aber noch den Titel „Ueber die Entstehung meines Volksstückes ‚Glaube Liebe Hoffnung‘“. Damit nimmt Horváth nochmals die Gattungsbezeichnung Volksstück auf, die er schließlich zugunsten von „Totentanz“ (erstmals in TS4; vgl. aber bereits K2/E7) aufgibt. In TS3 wird die Unterhaltung zwischen Horváth und Kristl, die „kleinen unscheinbaren Paragraphen“ (Bl. 1) betreffend, noch wesentlich ausführlicher geschildert als in der Endfassung TS7. Der tatsächliche „Fall“ (Bl. 2) wird aber nicht erzählt. Anschließend hält Horváth noch in einigen Sätzen das „Wesentliche“ fest, das er aus Kristls Bericht „herausschälen“ will: den „Kampf des Einzelnen gegen die Allgemeinheit, mit der Allgemeinheit. Individuum und Gesellschaft. Die grosse Komödie ‚Glaube Liebe Hoffnung‘.“ (ebd.) Die Gattungsbezeichnung Komödie wird sonst nur in TS2 bzw. E4 verwendet, die im Umfeld der Adaptierungsarbeiten zu Kasimir und Karoline entstanden

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Konzeption 3

sind. An die erwähnten Ausführungen schließt Horváth zuletzt einen Verweis auf das bereits in den vorhergehenden Fassungen verwendete biblische Motto aus 1 Mose 8,21 an. Dabei handelt es sich um den Schluss der Erzählung über die Sintflut in der Genesis und den neuen Bund Gottes mit den Menschen. TS3 wurde von Horváth hs. überarbeitet, wobei er auf Bl. 1 oben eine Reihe alternativer Titel einträgt: „In die Maschine geraten“, „Von der Maschine erfasst“ und „In der Maschinerie der Paragraphen“. Sie sind wesentlich deutlicher auf die Unmenschlichkeit der Bürokratie gemünzt, in der die „kleinen unscheinbaren Paragraphen“ die „Menschen nichtmehr auslassen, umklammern und schliesslich erwürgen“ (Bl. 1). Der Titel „Von der Maschine erfasst“ wird in TS4 kurzzeitig für das Stück erwogen. Weitere Varianten, die Horváth dafür angedacht hat, sind „Menschenkind“ (K2/E1) und, mit großem zeitlichem Abstand, „Die kleinen Paragraphen“ in der Liste „Fünf Filme“ von 1935/36 (vgl. E6 und E7). T3 = ÖLA 3/W 238 – BS 39 a [1], Bl. 3 1 Blatt unliniertes Papier (296 × 209 mm) TS4 = fragm. Fassung mit Titel „Randbemerkungen“ (Grundschicht)

TS4 ist eine nur sehr kurze Ausarbeitung der Randbemerkung, die Horváth nach wenigen Zeilen bereits wieder abgebrochen hat. Erstmals wird hier als Titel „Randbemerkungen“ genannt, der im Singular für die weiteren Fassungen des Textes maßgeblich wird. Bereits seinem frühen Drama Die Bergbahn hatte Horváth einige mit „Randbemerkung“ betitelte Zeilen vorangestellt (vgl. WA 1, S. 378). Zumindest kurzfristig hat der Autor überdies eine Änderung des Titels seines Stückes erwogen, der laut TS4 „Von der Maschine erfasst“ lauten sollte; diese Variante wurde bereits in TS3 hs. notiert und wird in TS5 nochmals aufgegriffen (vgl. TS5/BS 39 a [3], Bl. 5), setzt sich aber schließlich nicht durch. Die Bezeichnung des Stückes als „Totentanz“ hat Horváth erstmals in K2/E7 erwähnt, sie ersetzt die Gattungsbezeichnung Volksstück aber erst ab TS4 definitiv. Zuletzt weisen die Formulierung „Ich habe mich immer dagegen gesträubt […]“ und die Betonung von „Missverständnisse[n] in der Presse“ erstaunliche Parallelen zur Gebrauchsanweisung auf (vgl. Horváth 2009, S. 160–166). Glaube Liebe Hoffnung bezeichnet Horváth als sein „sechstes Stück“, womit er seine tatsächlich aufgeführten Stücke meint: 1929 hatte Die Bergbahn Premiere, dem folgte im selben Jahr noch Sladek, 1931 dann Italienische Nacht und Geschichten aus dem Wiener Wald; 1932 wurde schließlich Kasimir und Karoline uraufgeführt. Das bereits 1927 uraufgeführte Volksstück Revolte auf Côte 3018 dürfte Horváth gemeinsam mit Die Bergbahn rechnen. Nicht aufgeführte Stücke wie Zur schönen Aussicht (1927), die Posse Rund um den Kongreß (1928) oder die frühen Stücke Mord in der Mohrengasse (1923/24) und Niemand (1924) zählt er offenkundig nicht. T4 = ÖLA 3/W 240 – BS 39 a [3], Bl. 4, 5 2 Blatt unliniertes Papier (296 × 209 mm), hs. Eintragungen mit schwarzer Tinte und mit Bleistift von fremder Hand (Berliner Bearbeitung), Paginierung 1 auf BS 39 a [3], Bl. 4 TS5 = fragm. Fassung mit Titel „Randbemerkung“ (Korrekturschicht)

T5 = ÖLA 3/W 240 – BS 39 a [3], Bl. 6, 7 2 Blatt unliniertes Papier (296 × 209 mm), hs. Eintragungen mit schwarzer Tinte und mit Bleistift von fremder Hand (Berliner Bearbeitung), hs. Paginierung IV, V auf Bl. 6, 7 TS6 = fragm. Fassung („Randbemerkung“) (Korrekturschicht)

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Chronologisches Verzeichnis

In TS5 und TS6 erweitert Horváth den in TS3 umrissenen Text der Randbemerkung zu seinem Stück, das er hier ein letztes Mal unter dem Titel „Von der Maschine erfasst“ (TS5/Bl. 5) nennt. TS6 baut dabei auf einigen Einfügungen in TS5 auf und integriert allgemeine Überlegungen Horváths zu seinen Stücken aus dem Jahr 1932. TS5 ist erstmals explizit mit „Randbemerkung“ betitelt (vgl. die „Randbemerkungen“ in TS4). Horváth beschreibt darin erneut sein Zusammentreffen mit Kristl und die jeweilige Motivation zu ihrer Zusammenarbeit basierend auf dem Text von TS3. Anschließend geht er ausführlich auf den „alltäglichen Fall“ (TS5/Bl. 4) ein, den ihm Kristl geschildert hat: Eine Geschäftsreisende leiht sich 150 Mark, um eine offene Strafe wegen Verkaufs ohne Wandergewerbeschein zu bezahlen, muss dann aber infolge eines Missverständnisses wegen Betrugs ins Gefängnis. Hierbei handelt es sich um die Rekapitulation des tatsächlichen Falls der Klara Gramm, über den Kristl 1929 einen Gerichtsbericht für die Münchener Post verfasst hatte (vgl. dazu das Vorwort in diesem Band, S. 19f.). In den anschließenden Passagen erläutert Horváth seine auch für die anderen Stücke gültige dramatische Intention, „den ewigen Kampf zwischen Individuum und Gesellschaft“ (TS5/Bl. 5) zu gestalten. Damit erweitert er die zuvor nur sentenzhaft festgehaltenen Ausführungen von TS3 über den „Kampf des Einzelnen gegen die Allgemeinheit, mit der Allgemeinheit“ (TS3/BS 39 a [2], Bl. 2). In einer Reihe hs. Ergänzungen zum getippten Text beginnt er zugleich, seine eigenen Überlegungen von Kristls Absicht, „ein Stück gegen die unsinnige, bürokratisch-verantwortungslose Anwendung kleiner Paragraphen zu schreiben“ (TS5/Bl. 5), abzugrenzen. Horváth führt diese Ergänzungen in TS5 nicht fertig aus. In TS6 liegt bereits eine zwei Blatt umfassende masch. Reinschrift davon vor, deren Beginn fehlt, die aber um Anmerkungen des Autors zu seiner Poetik erweitert ist. Insbesondere auf TS6/Bl. 6 wurden zahlreiche weitere Ergänzungen und Überarbeitungen hs. eingefügt. Hier führt Horváth die auch in die Endfassung TS7 eingehenden Überlegungen zu den „bestialischen Zügen des Publikums“ und seinen „Trieben“ (TS6/Bl. 6) aus und betont das rezeptionsorientierte, kathartische Ziel seiner Dramatik: Der Zuseher solle sich selbst erkennen und „aufrichtiger“ werden, damit er „zu jener Heiterkeit“ gelange, die ihm den eigenen „Kampf“ erleichtere (ebd.). Auf dem anschließenden, weitaus weniger überarbeiteten Blatt BS 39 a [3], Bl. 7 nimmt der Autor schließlich nochmals grundlegend Stellung zu seinen Stücken, auch wenn er sich bisher „immer dagegen gesträubt“ (TS6/Bl. 7) habe. Die hier festgehaltenen Gedanken zu Ironie, Parodie, Kitsch und dramatischer Aufklärung fußen im Wesentlichen auf der zu Lebzeiten unveröffentlichten, 1931/32 entstandene Gebrauchsanweisung, dem Interview für den Bayerischen Rundfunk mit Willy Cronauer vom April 1932 und einigen in dessen Umfeld entstandenen Texten. Ähnliche Anmerkungen zur Auseinandersetzung mit „Dummheit“ und „Lüge“ hält er auch in einer Textstufe zum unvollendeten Romanprojekt Himmelwärts fest (vgl. WA 13/WP17/TS1/A6), an dem er Ende 1932 arbeitete. Sie gehen nicht zuletzt auf das bekannte Motto von Geschichten aus dem Wiener Wald zurück: „Nichts gibt so sehr das Gefühl der Unendlichkeit als wie die Dummheit“ (WA 3, S. 705). Die in die Endfassung TS7 eingehende Fassung der Randbemerkung basiert auf den Ausführungen und Überlegungen von TS5 wie TS6. Sie ist aber wesentlich kürzer. Weitere Ausarbeitungen, die den Schreibprozess dokumentieren würden, sind nicht überliefert. Der nächste Textzeuge ist bereits das vom Berliner Arcadia-Verlag vervielfältigte Stammbuch mit der Endfassung des Stückes (vgl. TS7).

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Konzeption 3

D1 = Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz in fünf Bildern (Exemplar in: ÖLA 27/W 12) Stammbuch des Arcadia-Verlags, Berlin 1933, Verlagsimpressum überklebt mit „M. Kantorowitz / Bühnenvertrieb / Torgasse 6, Zürich 1“, Paginierung 2–61 TS7 = Endfassung mit Werktitel „Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz in fünf Bildern von Ödön von Horváth“ (Grundschicht) Druck in: Horváth 1961, S. 165–203.

Die Endfassung von Glaube Liebe Hoffnung liegt allein in Form eines vom ArcadiaVerlag hektografisch vervielfältigten Stammbuchs mit dem Copyright 1933 vor. Bereits am 27. Juli 1932 bestätigte der Ullstein Verlag Horváth schriftlich die Annahme des Stückes. Die große Zeitspanne bis zu seiner Veröffentlichung als Theaterdruck lässt vermuten, dass es sich bei der dem Verlag im Juli offerierten Fassung noch nicht um die Endfassung gehandelt hat. In einem Brief des Ullstein-Verlags an Horváth vom 23. Dezember 1932, eine Buchausgabe von Glaube Liebe Hoffnung betreffend, wird erwähnt, dass ein druckfertiges Manuskript noch nicht vorliegt (vgl. dazu das Vorwort in diesem Band, S. 3). Auf dem im Splitternachlass Horváth (ÖLA 27) überlieferten Exemplar ist das Verlagsimpressum des Arcadia-Verlags überklebt und der Zürcher Bühnenvertrieb M. Kantorowitz als Inhaber der Aufführungsrechte ausgewiesen. Wie genau das Stück in den Rechtevertrieb von Kantorowitz gelangt ist, ist unklar. Der von Michael Kantorowitz (1877–1961) begründete Bühnenvertrieb bestand von 1930 bis 1964; Glaube Liebe Hoffnung ist, soweit bekannt, das einzige Stück Horváths, das dort vertrieben wurde. Möglicherweise führte die unklare Verlagssituation Horváths Anfang 1933 dazu, dass Glaube Liebe Hoffnung in den Schweizer Vertrieb gegeben wurde (vgl. dazu das Vorwort in diesem Band, S. 4). Der Splitternachlass ÖLA 27, in dem das vorliegende Exemplar überliefert ist, wurde aus den Beständen des Thomas Sessler Verlags, Wien, übernommen, der nach dem Zweiten Weltkrieg aus Horváths österreichischem Theaterverleger Georg Marton hervorgegangen ist. Die Endfassung TS7 ist gegenüber den vorherigen beiden Fassungen merklich gestrafft, verdichtet und intensiviert. Mündete die nur fragmentarisch erhaltene erste Fassung des Stückes in zwei Teilen (K1/TS27) noch in ein stark ironisiertes Schlusstableau, in dem „die Sonne scheint und der Himmel lacht“ (K1/TS27/BS 39 k [2], Bl. 10), endet das Stück nun düster mit Elisabeths Tod. Diese Wendung ins Tragische wurde bereits in der Fassung in sieben Bildern eingeleitet (vgl. K2/TS1–TS5). In der Endfassung TS7 werden überdies das zweite und fünfte Bild und damit die Schauplätze „Im Tierpark“ und „Bierkeller“ vollends aus dem Stück entfernt. Insbesondere durch die Streichung des zweiten Bildes verliert Glaube Liebe Hoffnung seine letzten humoristischen Szenen. Dies nicht zuletzt, da Horváth vermutlich alles ausschließen wollte, das auch nur entfernt als parodistisch missverstanden werden hätte können (vgl. zu Horváths Ablehnung der Parodie auch die Ausführungen in der Randbemerkung, TS7/SB Arcadia 1933, S. 3). Die Folge der Schauplätze in der Endfassung lautet nun: „Vor dem anatomischen Institut“, „Kontor der Firma Irene Prantl“, „Vor dem Wohlfahrtsamt“, „Elisabeths möbliertes Zimmer“ und „Polizeirevier“. Das letzte Bild hatte Horváth in K2 für die Fassung in sieben Bildern entwickelt, es ist aber nur in der Endfassung TS7 vollständig überliefert. Teile des Textes aus dem entfernten Bild im „Bierkeller“ integriert Horváth in das dritte (Aufeinandertreffen von Elisabeth und der Frau Amtsgerichts-

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Chronologisches Verzeichnis

rat) bzw. vierte Bild (Dialog zwischen Elisabeth und dem Schupo über die Astern und Elisabeths Gang auf die Toilette). Das zweite Bild wird ersatzlos gestrichen, womit auch die Figur des Tierpflegers aus dem Stück entfernt wird. Aufgrund dieser Streichung ist Joachim, der Retter Elisabeths im letzten Bild, allerdings auch nicht mehr als Sohn der Irene Prantl zu erkennen. Das beibehaltene Telefonat Joachims mit seiner Mutter im letzten Bild (vgl. Szene 7, TS7/SB Arcadia 1933, S. 51f.) bleibt dementsprechend nebulös. Das erste Bild vor der Anatomie erweitert Horváth um eine Szene, die den Dialog zwischen Präparator und Oberpräparator nach dem Abgang Elisabeths enthält (vgl. ebd., S. 13f.). Hier wird auch der verletzte Zeigefinger des Oberpräparators thematisiert, der gemäß den überlieferten Fragmenten in der Fassung in zwei Teilen vorgesehen (vgl. K1/TS4/BS 39 f, Bl. 7), in der Fassung in sieben Bildern aber nicht enthalten war. Dort endet das erste Bild abrupt mit Elisabeths Abgang (vgl. K2/TS6/BS 39 b [3], Bl. 9). Die von Horváth erhoffte baldige Uraufführung des Stückes sowie eine Buchausgabe gemeinsam mit Kasimir und Karoline waren nach der nationalsozialistischen Machtergreifung nicht mehr möglich. In der vorliegenden Fassung, jedoch unter dem geänderten Titel „Liebe, Pflicht und Hoffnung. Ein kleines Volksstück in fünf Bildern“, gelangte das Stück am 13. November 1936 im kleinen Wiener „Theater für 49“ unter der Regie von Ernst Jubal zu einer ersten, bescheidenen Uraufführung. Die Fassung des Stammbuchs war zugleich die Grundlage für den Erstdruck in der rezeptionsgeschichtlich höchst einflussreichen Sammlung Stücke, die Traugott Krischke 1961 für den Rowohlt Verlag besorgt hat. H4 = ÖLA 3/W 43 – BS 43 b, Bl. 2 1 Blatt unliniertes Papier (225 × 144 mm), geschnitten, schwarze Tinte, Bleistift E5 = Werktitel (rechts oben, nicht gedruckt) Druck in: WA 6, S. 420f. (WA 6/Hin und her/K2/E9–E11), WA 7, S. 362f. (WA 7/K1/E1–E3).

H5 = ÖLA 3/W 370 – o. BS, Bl. 90v, 91 2 Blatt des Notizbuchs Nr. 4 mit schwarzem, glattem Kunstledereinband, kariertes Papier (149 × 88 mm), roter Blattschnitt, schwarze Tinte E6 = Titelliste „Fünf Filme“ (Bl. 91) E7 = Titelliste „Fünf Filme“ (Bl. 90v) Druck in: WA 6, S. 466f. (WA 6/Hin und her/K2/E20–E21).

H6 = ÖLA 3/W 370 – o. BS, Bl. 98v, 99 2 Blatt des Notizbuchs Nr. 4 mit schwarzem, glattem Kunstledereinband, kariertes Papier (149 × 88 mm), roter Blattschnitt, schwarzblaue Tinte E8 = Werkverzeichnis (nicht gedruckt) Druck in: WA 8, S. 220f. (WA 8/K4/E1); WA 9, S. 372f. (WA 9/K5/E39).

In H4–H6 liegen verschiedene Eintragungen des Titels „Glaube Liebe Hoffnung“ in anderen Werkkontexten vor, die teilweise erst lange nach Abschluss der Arbeit an dem Stück entstanden sind. E5 entstammt den Werkgenesen von Hin und her (WA 6) und Mit dem Kopf durch die Wand (WA 7), an denen Horváth um 1934 gearbeitet hat. Die auf BS 43 b, Bl. 2 festgehaltenen Entwürfe entstammen dabei der K2 von Hin und her bzw. der K1 von Mit dem Kopf durch die Wand, in der Horváth noch eine Komödie namens „L’inconnue de la Seine“ entwickelte. Die genaue Funktion der Titeleintragung „Glaube Liebe Hoffnung“ ist unklar; möglicherweise überlegte Horváth, den Titel des

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Konzeption 3

bis dahin noch nicht aufgeführten Stückes dafür zu verwenden (vgl. auch den Kommentar zu WA 7/K1/E1–E3, S. 834f.). E6 und E7 halten unter dem Titel „Fünf Filme“ verschiedene Überlegungen Horváths für Filmtreatments fest. Sie wurden in das Notizbuch Nr. 4 eingetragen, das er in den Jahren 1935/36 benutzt hat und das vor allem Arbeiten zu Don Juan kommt aus dem Krieg (WA 9) enthält. In E5 sind zunächst die Titel „Kaiser Probus in Wien“, „Glaube Liebe Hoffnung“, „Hin und Her“, „Himmelwärts“ und „L’inconnue de la Seine“ vorgesehen. Horváth ändert sie dann zu „Kasimir und Karoline“, „Die kleinen Paragraphen“, „Zwischen den Grenzen“, „Ein Pakt mit dem Teufel“ und „Ein Kuss im Parlament“. In E7 wird diese Liste dann ins Reine geschrieben, wobei sich nur der letzte Titel leicht zu „Ein Kuss im Senat“ ändert. Bis auf die Ersetzung von Kaiser Probus in Wien, einem nicht vollendeten Dramenwerkprojekt jener Jahre, durch Kasimir und Karoline handelt es sich durchwegs um Alternativtitel. Die Titelalternative zu Glaube Liebe Hoffnung nimmt dabei auf die auch im Stück so apostrophierten „kleine[n] Paragraphen“ Bezug, an denen man „hängen“ bleibt (TS7/SB Arcadia 1933, S. 26). Ein tatsächliches Filmtreatment zu Glaube Liebe Hoffnung, wie Horváth es etwa für Don Juan kommt aus dem Krieg angefertigt hat (vgl. WA 9/K2), ist nicht überliefert. Im kurz darauf entstandenen Werkverzeichnis E8 wiederum, das ebenfalls im Notizbuch Nr. 4 steht, wird Glaube Liebe Hoffnung neben Italienische Nacht, Geschichten aus dem Wiener Wald und Kasimir und Karoline unter den Volksstücken genannt. H4 = ÖLA 3/W 309 – BS 14 b, Bl. 6 1 Blatt unliniertes Papier (340 × 208 mm), Wasserzeichen „Drei Sterne“, schwarze Tinte TS8 = Fassung eines Vorworts zur „Komödie des Menschen“ (nicht gedruckt) Druck in: WA 7, S. 672f. (WA 7/K3/TS22).

Unter dem Titel der Uraufführung von 1936 in Wien, „Liebe, Pflicht und Hoffnung“, verzeichnet Horváth Glaube Liebe Hoffnung im Rahmen einer Textstufe zur Komödie des Menschen, die Ende 1937 entstanden ist (vgl. dazu WA 10, S. 565 f. und WA 11, S. 1 f.). Dieses unvollendete Werkprojekt hatte einen an die Tragödie des Menschen von Imre Madách (Az ember tragédiája, 1861) angelehnten Dramenzyklus zum Ziel, dem die späten Stücke Ein Dorf ohne Männer und Pompeji zuzuordnen sind (beide 1937, vgl. WA 10 und WA 11). Der Titel „Liebe, Pflicht und Hoffnung“ steht hier in einer Liste von Stücken, die von Kasimir und Karoline bis Der jüngste Tag (unter dem Titel „Das jüngste Gericht“) reicht; Horváth möchte diese Stücke zurückziehen, da sie nur „Versuche“ (TS8) gewesen seien. Die Verwendung des Titels der Uraufführung überrascht hier besonders, da der Autor zunächst „Glaube“ notiert hatte, dann aber diesen Eintrag durchstreicht und durch „Liebe, Pflicht und Hoffnung“ ersetzt.

Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz (Endfassung, emendiert) Die emendierte Endfassung von Glaube Liebe Hoffnung folgt der Endfassung K3/TS7, die in Form eines mit wenigen Korrekturen des Autors versehenen Theaterstammbuchs des Arcadia-Verlags mit Copyright 1933 vorliegt. Fallweise abgekürzte Wörter wie „dergl.“ wurden ausgeschrieben. Sämtliche in K3/TS7 vermerkte Herausgeberein-

411

Chronologisches Verzeichnis

griffe wurden hier umgesetzt und der Text nach den Rechtschreibregeln der Entstehungszeit normalisiert. Die uneinheitlich als „---“ und „--“ realisierten Bindestriche wurden zu einfachen Gedankenstrichen normalisiert. Fallweise nach Szenennummern gesetzte Punkte wurden entfernt. Am Beginn der Szene Nummer 6 des 5. Bildes hat Horváth den Text, der als Szenenanweisung fungiert, in Form einer Regieanweisung realisiert. Dieser Text wird in der emendierten Endfassung zu einer Szenenanweisung vereinheitlicht und entsprechend dargestellt. Alle weiteren Normalisierungen finden sich in den Editionsprinzipien am Ende dieses Bandes aufgelistet (vgl. S. 426).

412

Simulationsgrafiken

Simulationsgrafiken

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1/TS16/A1–A4 („Vor dem Wohlfahrtsamt“) Simulationsgrafik zu KSimulationsgrafiken

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Simulationsgrafik zu K1/TS17/A1–A12 („Vor Simulationsgrafiken dem Wohlfahrtsamt“/„Im blauen Schiff“/„Bierkeller“)

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Simulationsgrafik zu K1/TS17/A13–A24 („Vor Simulationsgrafiken dem Wohlfahrtsamt“/„Im blauen Schiff“/„Bierkeller“)

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1/TS19/A1–A6 („Vor dem Wohlfahrtsamt“) Simulationsgrafik zu KSimulationsgrafiken

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Simulationsgrafik zu K1/TS20Simulationsgrafiken /A1–A10 („Vor einem Tonfilmkino“/„Bierkeller“)

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21/A1–A5 („Elisabeths möbliertes Zimmer“) Simulationsgrafik zu K1/TS Simulationsgrafiken

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Simulationsgrafik Simulationsgrafiken zu K1/TS22/A1–A4 („Epilog“)

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Simulationsgrafiken

Anhang

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Simulationsgrafiken

422

Editionsprinzipien

Editionsprinzipien Die Wiener Ausgabe (WA) sämtlicher Werke Ödön von Horváths ist eine historischkritische Edition. Sie umfasst alle abgeschlossenen und Fragment gebliebenen Werke sowie alle verfügbaren Briefe und Lebensdokumente des Autors. Den Ausgangspunkt bilden die umfangreichen werkgenetischen Materialien aus dem Nachlassbestand des Autors im Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek (teilweise als Leihgabe der Wienbibliothek im Rathaus). Die einzelnen Bände der WA sind in Vorwort, Text- und Kommentarteil gegliedert. In ihrem Zusammenspiel machen diese Teile den Entstehungsprozess der Werke transparent und bieten die Möglichkeit eines schrittweisen Nachvollzugs bis in die Letztfassungen der Texte. Das Vorwort skizziert die Entstehungsgeschichte unter Miteinbeziehung der zeitgenössischen Rezeption. Der Textteil reiht die genetischen Materialien chronologisch, wobei die Edition in Auswahl und Textkonstitution auf Lesbarkeit zielt. Dem Lesetext ist ein kritisch-genetischer Apparat beigegeben. Dieser macht die Änderungsprozesse des Autors deutlich, auf denen die konstituierten Fassungen basieren, ferner verzeichnet er alle Eingriffe der Herausgeber. Die Endfassung des Werkes wird zusätzlich in emendierter Form dargestellt. Im Kommentarteil findet sich ein chronologisches Verzeichnis, das alle vorhandenen Textträger formal und inhaltlich beschreibt und Argumente für die Reihung der darauf befindlichen Entwürfe (E) und Textstufen (TS) sowie für die Konstitution der innerhalb der Textstufen vorliegenden Fassungen liefert. Simulationsgrafiken dienen zur Darstellung komplexer genetischer Vorgänge.

1 Textteil 1.1 Genetisches Material Das genetische Material wird in zwei unterschiedlichen Formen zur Darstellung gebracht: Entwürfe erscheinen in diplomatischer Transkription, Fassungen innerhalb von Textstufen werden linear konstituiert.

1.1.1 Diplomatische Transkription und Faksimile (Entwürfe) Von genetischen Materialien, deren Topografie sich nicht in eine lineare Folge auflösen lässt, wird eine diplomatische Transkription geboten. Hierbei handelt es sich um sogenannte Entwürfe (E), in denen Horváth auf meist nur einem Blatt in Form von Strukturplänen u.ä. das grobe Konzept von Werken und Werkteilen oder knappe Textskizzen entwirft. Die diplomatische Transkription versteht sich als eine Orientierungshilfe zur Entzifferung des nebenstehend faksimilierten Originals und gibt dessen Erscheinungsbild nicht in allen Details, sondern nur insofern wieder, als dies eine vergleichende Lektüre ermöglicht. Den verwendeten Schriftgrößen kommt dabei keine distinktive Funktion zu; sie dienen dazu, die räumlichen Verhältnisse des Originals annähernd wiederzugeben. Folgende Umsetzungen finden statt:

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Editionsprinzipien

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x

x

x

x x x

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x

Überschriebene Zeichen oder Wörter werden links neben den sie ersetzenden wiedergegeben, wobei der ursprüngliche Ausdruck gestrichen und der neue Ausdruck mittels zweier vertikaler Linien eingeklammert wird: tä|e|xt; text|text|. Unlesbare Wörter erscheinen als: { } , gegebenenfalls mehrfach gesetzt; unsicher entzifferte Zeichen und Wörter als: te{x}t, {text}. Gestrichener Text in Zeilen erscheint als: text. Vertikale oder kreuzförmige Streichungen werden als solche dargestellt. Mit Fragezeichen überschriebener oder mit Wellenlinie gekennzeichneter Text wird als solcher wiedergegeben. Unterstreichungen erscheinen als: text, text. Deutlich von einem Wort abgesetzte Punkte werden entsprechend dargestellt: text . Eingerahmte oder in eckige Klammern gestellte Ziffern, Wörter und Textpassagen erscheinen als: [text], gegebenenfalls auch über mehrere Zeilen gestellt. Der vom Autor zur Strukturierung verwendete Stern (manchmal eingekreist und bis hin zu dicken schwarzen Punkten intensiviert) erscheint als: . Das vom Autor zur Strukturierung verwendete große X erscheint als: . Von Horváth zur Markierung verwendete An- und Durchstreichungen werden individuell angepasst wiedergegeben. Verweispfeile und Linien werden schematisch dargestellt, sofern sie Wörter und Textblöcke miteinander verbinden. Dienen solche Zeichen der Abgrenzung von Textteilen, werden sie nicht wiedergegeben. Liegen auf einem Blatt mehrere Entwürfe nebeneinander, werden diese ab dem zweiten Entwurf zur besseren Unterscheidung grau hinterlegt. Aktuell nicht relevanter Text (Entwürfe zu anderen Werken und Werkvorhaben) erscheint in Grau (50 %): text. Die im Zuge der Berliner Bearbeitung von Horváths Nachlass partiell vorgenommene Transkription schwer lesbarer Wörter bzw. allfällige Kommentare direkt in den Originalen erscheinen kursiv und in Grau (50 %): text.

1.1.2 Lineare Textkonstitutionen (Fassungen) Textausarbeitungen des Autors, die eine lineare Lektüre zulassen, werden (ohne Faksimileabdruck) konstituiert. Hierbei handelt es sich oft um Fassungen im Rahmen umfänglicher Textstufen (TS). Folgende Prinzipien kommen zur Anwendung: x

x

Schichtwahl: Im Lesetext wird entweder die Grundschicht oder die in der jeweiligen Arbeitsphase gültige Korrekturschicht einer Textstufe ediert. Die Grundschicht wird im Allgemeinen dann gewählt, wenn es um die Präsentation frühester Schreibansätze geht; in eher seltenen Fällen liegen Typoskripte auch ohne handschriftliche Korrekturschichten vor. Ein genauer Ausweis der Schichtwahl (im Fall des Vorliegens komplexer Schichtungen differenziert nach unterschiedlichen Schreibwerkzeugen und Farben – z.B. schwarze Tinte, roter Buntstift) erfolgt im chronologischen Verzeichnis. Punktuelle Streichungen und Einfügungen, die aus einer späteren Bearbeitungsphase stammen, weil das Material im Laufe des Produktionsprozesses dorthin weitergewandert ist, werden im Lesetext nicht berücksichtigt. Besondere Auffälligkeiten werden gegebenenfalls im chronologischen Verzeichnis beschrieben.

424

Editionsprinzipien

x

x

Textausarbeitungen, die nicht sinnvoll linear in eine Fassung integriert werden können, aber offensichtlich aus der gegenwärtigen Bearbeitungsphase stammen, erscheinen im Lesetext eingerückt und grau hinterlegt. Deutlich gesetzte Leerzeilen werden in entsprechender Anzahl wiedergegeben.

Emendiert (und im kritisch-genetischen Apparat ausgewiesen) werden offensichtliche Schreib- und Tippfehler des Autors sowie inkonsequente Ersetzungen oder offensichtlich falsche Setzungen von Figuren- oder Ortsnamen. Folgende Normierungen finden statt: Regie- und Szenenanweisungen erscheinen kursiv, Figurennamen in Kapitälchen (innerhalb von Regie- oder Szenenanweisungen nur dann, wenn sie vom Autor grafisch hervorgehoben wurden, ansonsten bleiben sie ohne Auszeichnung). Von Horváth handschriftlich fallweise anstelle von (runden Klammern) gesetzte [eckige Klammern] werden als runde Klammern wiedergegeben. Autortext erscheint in Times New Roman 12 pt. Herausgebertext innerhalb des Autortextes wird unter Backslashs in Helvetica 9 pt. gesetzt; im Einzelnen umfassen diese Eintragungen den Abbruch von Textbearbeitungen ohne Anschluss an den folgenden Text bzw. am Ende von Texten durch den Eintrag: \Abbruch der Bearbeitung\ sowie den Verlust von Text (z.B. durch Abriss oder Blattverlust): \Textverlust\. Unsicher entzifferte Buchstaben bzw. unsicher entzifferte Wörter erscheinen als: te{x}t, {text}; unlesbare Wörter (gegebenenfalls mehrfach gesetzt) als: { }. Blattwechsel wird durch 얍 angezeigt, die Angabe des neuen Textträgers mit Signatur erfolgt in der Randspalte. Die Ansatzmarke: text kennzeichnet im Lesetext Wörter oder Textpassagen, die aus Änderungsvorgängen des Autors oder Eingriffen der Herausgeber hervorgegangen sind; nachgewiesen wird beides im kritisch-genetischen Apparat. B

N

1.1.3 Kritisch-genetischer Apparat Werden Fassungen in der Grundschicht ediert, verzeichnet der kritisch-genetische Apparat die Veränderungsprozesse nur in dieser Schicht (Sofortkorrekturen). Werden Fassungen in der Korrekturschicht ediert, verzeichnet er alle Änderungsprozesse im Übergang von der Grundschicht zur Korrekturschicht; Sofortkorrekturen in der Grundschicht werden hier nicht mehr verzeichnet, sondern als Ausgangspunkt gesetzt. Ferner weist der kritisch-genetische Apparat alle Eingriffe der Herausgeber nach (diese werden von Herausgeberkommentaren eingeleitet, wie z.B. korrigiert aus:, gestrichen:, gemeint ist:). Autortext erscheint in Times New Roman 10 pt, Herausgebertext in Helvetica 9 pt.

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Editionsprinzipien

1.2 Emendierte Endfassungen (normierter Lesetext) Was die Gestalt der Endfassungen betrifft, werfen die bisherigen Leseausgaben Horváths zahlreiche Fragen auf. Um den Benutzern der Wiener Ausgabe einen einheitlich normierten Lesetext zu bieten, erscheinen die Endfassungen der Texte zusätzlich in emendierter Form. Die Basis der Emendation sind die zeitgenössischen Rechtschreibregeln (Duden 1929 u.a.). Gegenüber den (nicht immer konsequent gepflogenen) Eigentümlichkeiten von Horváths Schreibung ergeben sich vor allem in folgenden Punkten Abweichungen: x

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x

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x x

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x

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x

Zusammengeschriebene Wörter und Wortgruppen wie „garnicht“, „garkein“, „nichtmehr“ werden getrennt. Doppel-s anstelle von ß wird berichtigt (mit Ausnahme des Doppel-s im Format Figurennamen, z.B. Grossmutter). Interjektionen, bei Horváth oft: „A“ und „O“, werden auf „Ah“ und „Oh“ vereinheitlicht. Falschschreibungen von Fremdwörtern werden korrigiert, sofern es sich nicht um stilistische Setzungen handelt. Werden bereits zu Horváths Lebzeiten gemäß zeitgenössischer Rechtschreibkonvention veraltete Fremdwortschreibungen verwendet (z.B. „Affaire“, „Couvert“), so wird die Schreibung Horváths beibehalten. Fehlende Akzente werden nachgetragen, ebenso fehlende Punkte, auch bei „usw.“ etc. Gedankenstriche, die in Typoskripten als -- realisiert sind, erscheinen als –. Die großgeschriebene Anrede „Du“, „Ihr“ etc. wird klein gesetzt, die Höflichkeitsform erscheint groß. Ebenfalls groß bleiben persönliche Anreden in Zitaten innerhalb von Figurenreden (z.B. in von Figuren vorgelesenen Briefen, Schildern etc.). Kleinschreibung zu Beginn ganzer Sätze nach Doppelpunkten und Gedankenstrichen wird korrigiert. Kommasetzung, im Einzelnen: – Überzählige Kommata in „als“- und „wie“-Vergleichen werden getilgt. – Fehlende Kommata in vollständigen Hauptsätzen, die durch „und“ oder „oder“ verbunden sind, werden ergänzt; ebenso in Relativsätzen und erweiterten Infinitiv- und Partizipialgruppen. – Nach Interjektionen wie „Ja“, „Nein“, „Na“, „Ah“, „Oh“, „Geh“ wird nur dann ein Komma gesetzt, wenn die Interjektionen betont sind und hervorgehoben werden sollen. Wenn sie in den Folgetext integriert sind, werden sie nicht durch Kommata getrennt, z.B. „Na und?“ Grammatikalische Fehler werden nur so weit korrigiert, als es sich dabei nicht um stilistische Setzungen handelt; alle dialektal geprägten Formen bleiben erhalten. Figurennamen erscheinen in Kapitälchen (auch in Regie- und Szenenanweisungen). Normierungen in Regieanweisungen: Bilden Regieanweisungen ganze Sätze (auch in Verbindung mit vorangegangenen Figurennamen), so wird abschließend ein Punkt gesetzt.

426

Editionsprinzipien

2 Kommentarteil 2.1 Chronologisches Verzeichnis Das chronologische Verzeichnis beschreibt alle zu einem Werk vorhandenen Textträger und sichert die Reihung der darauf befindlichen werkgenetischen Einheiten argumentativ ab. Textträger und Text werden getrennt sigliert: Die Materialsigle bezeichnet den Textträger und unterscheidet Handschrift (H), Typoskript (T) und Druck (D). Die Textsigle bezeichnet die auf dem Textträger befindliche werkgenetische Einheit und differenziert Entwürfe (E) und Textstufen (TS) mit teilweise mehreren Ansätzen (A). Die Beschreibung des Textträgers umfasst folgende Elemente: Signatur: Wiener Signatur (ÖLA bzw. IN) des Nachlassbestands und Berliner Signatur (BS), gegebenenfalls auch andere Angaben zu Bezeichnung und Herkunft des Textträgers Materielle Beschreibung: Umfang, Papierart samt Angaben über spezielle Erscheinung, Größe in Millimetern, Angaben über Teilung, Faltung, Reißung o.ä., Wasserzeichen, Schreibmaterial, Paginierung vom Autor samt Seitenzahlen und Blattnachweisen, Eintragungen fremder Hand Der Beschreibung des Textträgers folgen eine Auflistung und eine formale Beschreibung der auf dem jeweiligen Textträger befindlichen Entwürfe, Textstufen und Ansätze. Umfasst ein Textträger mehrere werkgenetische Einheiten und ist eine dieser Einheiten im Entstehungsprozess später einzuordnen, wird sie erst dort verzeichnet und kommentiert. Die Beschreibung des Textträgers wird an der späteren Stelle wiederholt. Auch das Weiterwandern von Textträgern (durch Übernahme von Blättern in spätere Fassungen) wird vermerkt. Sofern die Entwürfe und Fassungen veröffentlicht sind, wird deren Erstdruck in einer abschließenden Zeile verzeichnet. Das konkrete Erscheinungsbild der Texte in den Erstdrucken weicht jedoch von den in der Wiener Ausgabe gebotenen Neueditionen oftmals gravierend ab. Der nachfolgende werkgenetische Einzelkommentar beschreibt die Entwürfe, Textstufen und Ansätze auch inhaltlich. Argumente für deren Reihung (manchmal in Form von gesetzten Wahrscheinlichkeiten) werden genannt und Beziehungen zu anderen Einheiten im werkgenetischen Material hergestellt; gegebenenfalls wird auch auf den Zusammenhang mit anderen Werken des Autors verwiesen. Folgende werkgenetische Begriffe finden Verwendung: Konzeption Als Konzeption (K) gilt eine übergeordnete Gliederungseinheit des genetischen Materials innerhalb eines Werkes. Sie bezeichnet eine meist längere Arbeitsphase, die sich durch eine prinzipielle Annahme des Autors über die makrostrukturelle Anlage des Werkes von einer anderen Phase deutlich unterscheidet. Einzelne Konzeptionen sind durch Unterschiede in der Struktur (drei Teile, sieben Bilder, etc.) und/oder wichtige Strukturelemente (zentrale Motive und Schauplätze, Figurennamen der Hauptpersonen etc.) voneinander getrennt.

427

Editionsprinzipien

Vorarbeit Frühere Werkvorhaben, aus denen der Autor im Zuge der Entstehungsgeschichte eines Werkes einzelne Elemente entlehnt und/oder übernimmt, werden dem jeweiligen Werk als Vorarbeiten (VA) zugeordnet. Liegen mehrere Vorarbeiten zugrunde, werden diese nach genetischen Zusammenhängen gruppiert und/oder in eine Folge gebracht. Entwurf In einem Entwurf (E) legt Horváth die Gesamtstruktur eines Werkes oder eines einzelnen Strukturelements (Bild, Kapitel, Szene, …) fest. Entwürfe sind fast ohne Ausnahme handschriftlich ausgeführt und zumeist auf ein einzelnes Blatt beschränkt. Zur näheren Beschreibung stehen (spezifisch für den Dramentext) folgende Begriffe zur Verfügung: x

x x

x

Strukturplan: Skizzierung des Gesamtaufbaus eines Werkes bzw. einer Werkkonzeption (enthält z.B. Gliederung in Akte oder Teile, Szenen, Titeleintrag und -varianten, Schauplätze, knappe Schilderungen wichtiger Handlungselemente und erste Repliken einzelner Figuren). Konfigurationsplan: Skizzierung einzelner Szenen (= Auftritte). Skizze: punktuell bzw. schematisch ausgearbeitete Textsequenz. Der Begriff wird auch für grafische Entwürfe (z.B. zum Bühnenbild) verwendet. Darüber hinaus können Entwürfe auch lose Notizen zu Motiven, Figuren, Schauplätzen, Dialogpassagen oder Handlungselementen enthalten.

Textstufe Eine Textstufe (TS) bezeichnet eine klar abgrenzbare Arbeitseinheit im Produktionsprozess, die intentional vom Anfang bis zum Ende einer isolierten Werkeinheit (Bilderfolge, Bild, Akt, Kapitel, Unterkapitel, …) reicht und (anders als ein Entwurf) bereits der konkreten Ausformulierung des Textes dient. Materiell umfasst der Begriff alle Textträger, die der Autor in dieser Arbeitseinheit durch schriftliche Bearbeitung oder Übernahme aus einer frühen Arbeitsphase zur Zusammenstellung aktueller Fassungen verwendet hat. Ansatz Ein neuer Ansatz (A) liegt dann vor, wenn der Autor innerhalb einer Textstufe eine materielle Ersetzung von Textträgern oder Teilen davon (Blattbeschneidungen, Austausch von Blättern usw.) vornimmt. Innerhalb einer Textstufe bilden die einander folgenden Ansätze eine genetische Reihe; textlich repräsentiert sich in ihnen in der jeweils gültigen Textschicht die jeweils aktuelle Fassung des Textes. Der letzte Ansatz einer Textstufe, d.h. der letztmalige Austausch von Textträgern, bildet die materielle Grundlage der letzten Fassung innerhalb der jeweiligen Textstufe. Die Abfolge der Ansätze innerhalb einer Textstufe wird in komplizierten Fällen in Simulationsgrafiken dargestellt. Fassung Der Begriff der Textstufe ist ein dynamischer; er bezeichnet die Gesamtheit des in einer Arbeitsphase vorliegenden genetischen Materials, das in Grund- und Korrekturschicht und in verschiedene Ansätze differenziert sein kann. Der Begriff der

428

Editionsprinzipien

Fassung bezeichnet im Gegensatz dazu die konkrete Realisation eines singulären Textzustands (z.B. K1/TS7/A5 – Korrekturschicht). Die Fassungen, die im Textteil konstituiert werden, stellen eine Auswahl innerhalb einer Vielzahl von Möglichkeiten dar. Der Produktionsprozess wird von ihnen an möglichst aussagekräftig gesetzten Punkten unterbrochen und ein jeweils aktuelles Textstadium linear fixiert. Endfassung Der Begriff der Endfassung bezeichnet eine Fassung, in der sich aus Autorensicht eine endgültige Textgestalt repräsentiert. Durch eine spätere Wiederaufnahme der Arbeit können innerhalb einer Werkgenese mehrere Endfassungen (meist auch als Abschluss einzelner Konzeptionen) vorliegen. Stammbuch Mit dem Begriff Stammbuch bezeichneten Horváths Theaterverlage in kleiner Auflage hergestellte Drucke, die nicht für den allgemeinen Verkauf, sondern für den Gebrauch an Theatern bestimmt waren. Oft tragen solche Stammbücher den Aufdruck: „Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt“ sowie den meist handschriftlich notierten Vermerk „ST“ (für „Stammbuch“). Mit diesen Anmerkungen wurde der für die jeweilige Aufführung autorisierte Text gekennzeichnet. Vorarbeiten und Konzeptionen, Entwürfe, Textstufen und Ansätze werden im chronologischen Verzeichnis über Siglen gereiht, die Reihung von Textstufen (TS) und Entwürfen (E) erfolgt innerhalb der jeweiligen Kategorie, sodass sich als genetische Abfolge z.B. ergeben kann: K2/E1, K2/TS1, K2/TS2/A1, K2/TS2/A2, K2/E2, K2/E3, K2/TS3 usw.

2.2 Simulationsgrafiken In den Simulationsgrafiken wird die Abfolge von Ansätzen innerhalb einer Textstufe dargestellt und zwar in der Art, dass die Textträger mit syntagmatisch zusammengehörendem Text untereinanderstehen und die ersetzenden Textträger rechts von den ersetzten positioniert werden. Ausgangspunkt der Darstellung ist der früheste Ansatz der jeweiligen Textstufe. Die Textträger werden an allen rekonstruierbaren Positionen abgebildet und damit werden die materiellen Vorgänge der Textentstehung und -ersetzung simuliert. Die ungefähre Form des Textträgers ist in der Grafik durch einen Rahmen wiedergegeben. Die Paginierung Horváths – so vorhanden – und die Berliner Blattnummer sind eingetragen. An seiner ersten Position wird der Textträger mit durchgezogenen Rahmenlinien dargestellt, an allen späteren mit strichlierten, wobei der Textträger so lange eingeblendet bleibt, wie er Gültigkeit hat. Die doppelt-strichpunktierten Linien kennzeichnen Schnitte, die punktierten Linien „Klebenähte“, die nach dem Ankleben von neuem Text auf den Originalen erkennbar sind. Zur Illustration der Funktionsweise dient die nachstehend abgebildete Simulationsgrafik zu einer Textstufe der Hofrat-Konzeption aus Geschichten aus dem Wiener Wald. Diese Grafik, die ausschließlich Material der Mappe BS 37 c darstellt, zeigt einen relativ gleichmäßig verlaufenden Produktionsprozess: Horváth beginnt (links

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Editionsprinzipien

oben eingetragen) auf Bl. 14 mit der Ausarbeitung des Bildes, bricht jedoch mitten auf Bl. 15a ab, setzt auf Bl. 15b mit dem Text neu an und kommt bis Bl. 17. Er korrigiert den Text dieser Blätter handschriftlich und macht sich am Fuß von Bl. 17 Notizen zum weiteren Textverlauf. Auf Bl. 18 und 19 schreibt er den Text von Bl. 17 ins Reine und setzt ihn dann auf Bl. 19 neu fort, bricht jedoch wieder ab, noch bevor er das Blatt vollgeschrieben hat. Bl. 19 wird dann durch Bl. 20 ersetzt, Bl. 20 gemeinsam mit Bl. 21 durch Bl. 22–24. In dieser Art schreibt sich Horváth in immer neuen Ansätzen bis ans Ende des Bildes durch. Bei Bl. 32 wendet der Autor ein Verfahren an, das ihm kürzere Rückschritte ermöglicht: Er schneidet Bl. 32a von Bl. 32 ab und klebt ein Stück mit neuem Text an. Die sich anschließenden Bl. 33 bis 37 sind in einem Zug geschrieben.

430

Editionsprinzipien

431

Siglen und Abkürzungen

Siglen und Abkürzungen Schriftarten (allgemein) Times New Roman

Autortext

Helvetica

Herausgebertext, im Autortext unter Backslashs

Diplomatische Transkriptionen (Entwürfe) text, text

getilgtes Zeichen, getilgter Text; Tilgungen über mehrere Zeilen (meist durch Kreuz) werden grafisch entsprechend dargestellt

tä|e|xt

überschriebenes und ersetzendes Zeichen

text|text|

überschriebener und ersetzender Text

text, text

unterstrichener Text

text

unterwellter Text; mit Fragezeichen überschriebener Text wird grafisch entsprechend dargestellt

[text]

eingerahmter oder in eckige Klammern gestellter Text oder gestellte Ziffer; falls über mehrere Zeilen reichend, grafisch entsprechend dargestellt Strukturierungszeichen: Stern, Punkt Strukturierungszeichen: großes

te{x}t, {text}

unsicher entzifferter Buchstabe; unsicher entziffertes Wort

{}

unlesbares Wort, ggf. mehrfach gesetzt

Times New Roman, 50 % grau

Eintragung fremder Hand, Berliner Bearbeitung

Times New Roman, 50 % grau

aktuell nicht relevanter Text

\E1\

grau hinterlegte Fläche zur Abgrenzung verschiedener Entwürfe

Lineare Konstitutionen (Fassungen) B

textN, B N

Ansatzmarke; kennzeichnet Wörter oder Textpassagen, die aus Änderungen des Autors hervorgegangen sind, sowie Eingriffe der Herausgeber



Blattwechsel; Angabe des Textträgers in der Randspalte eingerückt, grau hinterlegt; Textzusätze des Autors in der aktuellen Fassung, die sich in den Lesetext linear nicht integrieren lassen

te{x}t, {text}

unsicher entzifferter Buchstabe; unsicher entziffertes Wort

{}

unlesbares Wort, ggf. mehrfach gesetzt

\Abbruch der Bearbeitung\

Herausgebertext im Autortext

\Textverlust\

432

Siglen und Abkürzungen

Kritisch-genetischer Apparat text\e/

nachträglich eingefügtes Zeichen

\text/

nachträglich eingefügter Text

text[e]

getilgtes Zeichen

[text]

getilgter Text

t[ä]|e|xt

getilgtes Zeichen in Verbindung mit Ersetzung

[text] |text|

getilgter Text in Verbindung mit Ersetzung

[text]|text|

überschriebener Text

te{x}t, {text}

unsicher entzifferter Buchstabe; unsicher entziffertes Wort

{}

unlesbares Wort, ggf. mehrfach gesetzt

[text]

rückgängig gemachte Tilgung

text

mit Fragezeichen überschriebener oder mit Wellenlinie versehener Text

!text"!text"

durch Verweisungszeichen des Autors umgestellter und gegeneinander ausgetauschter Text

text f text [text]f x

Text von bis Textverschiebung

text

x

neuer Textanschluss

text2 text1

vom Autor geänderte Wort- oder Satzfolge

(1), (2) …

Variantenfolge

gestrichen: gemeint ist: Eintragung von fremder Hand: eingefügt verweist auf K3/TS7

irrrorrrp

korrigiert aus:

Herausgeberkommentare in Helvetica 9 pt.

Signaturen ÖLA

(vormals: Österreichisches) Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, Wien

BS

Berliner Signatur

IN

Inventarnummer

IN 221.000/34 – BS 38 a [1], Bl. 1

Signatur Wienbibliothek im Rathaus, Wien

ÖLA 3/W 365 – BS 33 [1], Bl. 9

Signatur Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, Wien

433

Siglen und Abkürzungen

Abkürzungen K

Konzeption

VA

Vorarbeit

H

Handschrift

T

Typoskript

D

Druck

TS

Textstufe

A

Ansatz

E

Entwurf

WP

Werkprojekt

Bl.

Blatt

Pag.

Pagina (vom Autor eingefügt)

hs.

handschriftlich

masch.

maschinenschriftlich

fragm.

fragmentarisch

r

recto (Vorderseite)

v

verso (Rückseite)

o. BS

ohne Berliner Signatur

434

Literaturverzeichnis

Literaturverzeichnis GW

Ödön von Horváth: Gesammelte Werke in 4 Bänden. Hg. v. Dieter Hildebrandt/Walter Huder/Traugott Krischke. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1970–71. GWA Ödön von Horváth: Gesammelte Werke in 8 Bänden. Hg. v. Traugott Krischke/Dieter Hildebrandt. 2., verbesserte Auflage. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1978. GA Ödön von Horváth: Gesammelte Werke in 4 Bänden. Hg. v. Traugott Krischke unter Mitarbeit von Susanna Foral-Krischke. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1988. (= Gedenkausgabe anlässlich des 50. Todestages, Abdruck von Texten und genetischem Material aus den Gesammelten Werken und Bibliothek-Suhrkamp-Bänden, der 5. Band mit Skizzen, Fragmenten und einem Gesamtkommentar ist nicht erschienen) Horváth 1961 Ödön von Horváth: Stücke. Hg. v. Traugott Krischke. Mit einem Nachwort von Ulrich Becher. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1961. Horváth 1973 Ödön von Horváth: Glaube Liebe Hoffnung. Hg. und mit einem Nachwort versehen von Traugott Krischke. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1973. Horváth 2007 Ödön von Horváth: Glaube Liebe Hoffnung. Text und Kommentar. Hg. v. Dieter Wöhrle. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2007. Horváth 2009 Ödön von Horváth: Kasimir und Karoline. Hg. v. Klaus Kastberger und Kerstin Reimann. Stuttgart: Reclam 2009. Krischke 1973 Traugott Krischke (Hg.): Materialien zu Ödön von Horváths „Glaube Liebe Hoffnung“. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1973. KW Ödön von Horváth: Kommentierte Werkausgabe in 14 Einzelbänden. Hg. v. Traugott Krischke unter Mitarbeit von Susanna Foral-Krischke. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1985–88. KW 15 Ödön von Horváth: Himmelwärts und andere Prosa aus dem Nachlass. Hg. v. Klaus Kastberger. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2001. KW 16 Ödön von Horváth: Ein Fräulein wird verkauft und andere Stücke aus dem Nachlass. Hg. v. Klaus Kastberger. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2005. WA Ödön von Horváth: Wiener Ausgabe sämtlicher Werke. Historisch-kritische Edition am Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek. Hg. v. Klaus Kastberger. Berlin: de Gruyter 2009ff. WA 1 Ödön von Horváth: Frühe Dramen. Hg. v. Nicole Streitler-Kastberger unter Mitarbeit von Martin Vejvar. Berlin: de Gruyter 2019. (= Wiener Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 1) WA 2 Ödön von Horváth: Sladek. Italienische Nacht. Hg. v. Nicole Streitler-Kastberger unter Mitarbeit von Sabine Edith Braun und Martin Vejvar. Berlin: de Gruyter 2016. (= Wiener Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 2) WA 3 Ödön von Horváth: Geschichten aus dem Wiener Wald. Hg. v. Erwin Gartner und Nicole Streitler-Kastberger unter Mitarbeit von Charles-Onno Klopp, Kerstin Reimann und Martin Vejvar. Berlin: de Gruyter 2015. (= Wiener Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 3 [2 Teilbände]) WA 4 Ödön von Horváth: Kasimir und Karoline. Hg. v. Klaus Kastberger und Kerstin Reimann unter Mitarbeit von Julia Hamminger und Martin Vejvar. Berlin: de Gruyter 2009. (= Wiener Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 4) WA 6 Ödön von Horváth: Eine Unbekannte aus der Seine. Hin und her. Hg. v. Nicole Streitler-Kastberger und Martin Vejvar. Berlin: de Gruyter 2012. (= Wiener Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 6) WA 7 Ödön von Horváth: Himmelwärts / Mit dem Kopf durch die Wand. Hg. v. Nicole Streitler-Kastberger unter Mitarbeit von Sabine Edith Braun und Martin Vejvar. Berlin: de Gruyter 2020. (= Wiener Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 7)

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WA 8

WA 9

WA 10

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WA 13

WA 14

WA 15

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Ödön von Horváth: Figaro läßt sich scheiden. Hg. v. Nicole Streitler unter Mitarbeit von Andreas Ehrenreich und Martin Vejvar. Berlin: de Gruyter 2011. (= Wiener Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 8) Ödön von Horváth: Don Juan kommt aus dem Krieg. Hg. v. Nicole Streitler unter Mitarbeit von Julia Hamminger und Martin Vejvar. Berlin: de Gruyter 2010. (= Wiener Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 9) Ödön von Horváth: Der jüngste Tag. Ein Dorf ohne Männer. Hg. v. Nicole Streitler und Martin Vejvar. Berlin: de Gruyter 2011. (= Wiener Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 10) Ödön von Horváth: Ein Sklavenball / Pompeij. Hg. v. Martin Vejvar unter Mitarbeit von Sabine Edith Braun und Nicole Streitler-Kastberger. Berlin: de Gruyter 2015. (= Wiener Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 11 [2 Teilbände]) Ödön von Horváth: Sportmärchen, Kurzprosa und Werkprojekte. Hg. v. Martin Vejvar unter Mitarbeit von Sabine Edith Braun und Nicole Streitler-Kastberger. Berlin: de Gruyter 2017. (= Wiener Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 13) Ödön von Horváth: Der ewige Spießer. Hg. v. Klaus Kastberger und Kerstin Reimann unter Mitarbeit von Julia Hamminger und Martin Vejvar. Berlin: de Gruyter 2010. (= Wiener Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 14 [2 Teilbände]) Ödön von Horváth: Jugend ohne Gott. Hg. v. Nicole Streitler-Kastberger unter Mitarbeit von Sabine Edith Braun und Martin Vejvar. Berlin: de Gruyter 2013. (= Wiener Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 15) Ödön von Horváth: Ein Kind unserer Zeit. Hg. v. Nicole Streitler-Kastberger unter Mitarbeit von Sabine Edith Braun und Martin Vejvar. Berlin: de Gruyter 2014. (= Wiener Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 16)

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Inhalt (detailliert)

Inhalt (detailliert) Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Lesetext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

Vorarbeit 1: Kasimir und Karoline / Glaube Liebe Hoffnung-Szenerie Strukturpläne in sieben Bildern (VA1/E1–E4). . . . . . . . . . Fassung des ersten Bildes „Vor der Anatomie“ (VA1/TS1) . . . Strukturplan in acht Bildern (VA1/E5) . . . . . . . . . . . . .

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29 30 32 34

Vorarbeit 2: Typoskripte von Lukas Kristl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung eines Bildes (VA2/TS1) . . . . . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung eines Bildes (VA2/TS2) . . . . . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung des Bildes „Im Zimmer des Fräulein“ (VA2/TS3) Fassung des Bildes „Im Korsettenladen. (Zweiter Teil.)“ (VA2/TS4) . . .

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37 38 40 41 44

Vorarbeit 3: Stiefmutter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung zweier Bilder (VA3/TS1/A3) . . . . . . . . Fassung der Szene Nummer 6 (VA3/TS2) . . . . . . . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung des Bildes „Im Korsettenladen“ (VA3/TS3) .

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49 50 56 57

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60 61 62 64 66 67

Schauplatz „Einsame Landstrasse“ Fragmentarische Fassung einer Szene (K1/TS7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung der Szenen 29–39 (K1/TS8) . . . . . . . . . . . . . . . .

68 70

Schauplatz „Kontor der Firma Irene Prantl“ Fragmentarische Fassung der Szenen 29–31 (K1/TS9) . . . . . . . . . . . . . . . .

75

Konzeption 1: Glaube Liebe Hoffnung – Volksstück in zwei Teilen. Schauplatz „Vor dem anatomischen Institut“ Fragmentarische Fassung der Szenen 3–5 (K1/TS1) . . . . . Fragmentarische Fassung einer Szene (K1/TS2) . . . . . . . Fragmentarische Fassung der Szenen 5–9 (K1/TS3/A2). . . . Fragmentarische Fassung einer Szene (K1/TS4) . . . . . . . Fragmentarische Fassung einer Szene (K1/TS5) . . . . . . . Fragmentarische Fassung einer Szene (K1/TS6) . . . . . . .

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Entwürfe zum zweiten Teil Strukturplan in drei Schauplätzen zum II. Teil (K1/E1) . . . . . . . Konfigurationsplan, Strukturplan in drei Schauplätzen zum II. Teil (K1/E2–E3). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strukturplan in vier Schauplätzen, Konfigurationspläne (K1/E4–E6). Strukturpläne in vier Schauplätzen (K1/E7–E9) . . . . . . . . . . .

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Schauplätze „Vor dem Wohlfahrtsamt“ / „Im blauen Schiff“ / „Vor einem Tonfilmkino“ / „ Bierkeller“ Fragmentarische Fassung eines Schauplatzes (K1/TS10) . . . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung des Schauplatzes „Bierkeller“ (K1/TS11) . . . . . . Konfigurationsplan (K1/E10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung („Vor dem Wohlfahrtsamt“) (K1/TS12) . . . . . . . Fassung der Szenen 12 und 13 („Im blauen Schiff“) (K1/TS13) . . . . . . . Fragmentarische Fassung der Szenen 28–35 („Bierkeller“) (K1/TS14) . . . . Fragmentarische Fassung der Szenen 5, 6, 8–10 („Vor dem Wohlfahrtsamt“) (K1/TS16/A2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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84 89 90 93 94 99

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Inhalt (detailliert)

Fragmentarische Fassung der Szenen 10–18 („Vor dem Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“) (K1/TS17/A1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung der Szenen 21–36 („Im blauen Schiff“, „Bierkeller“) (K1/TS17/A8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung der Szenen 21–32 („Im blauen Schiff“, „Bierkeller“) (K1/TS17/A10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung der Szenen 31, 32 („Bierkeller“) (K1/TS17/A11) . . . Fragmentarische Fassung der Szenen 35–37 („Bierkeller“) (K1/TS17/A16) . . . Fragmentarische Fassung der Szenen 41–45 („Bierkeller“) (K1/TS17/A18) . . . Fragmentarische Fassung der Szenen 41–45 („Bierkeller“) (K1/TS17/A20) . . . Fragmentarische Fassung der Szene 45 („Bierkeller“) (K1/TS17/A23) . . . . . . Fragmentarische Fassung der Szenen 3–26 („Vor dem Wohlfahrtsamt“, „Im blauen Schiff“) (K1/TS18) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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117 123 125 126 128 131

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132

Schauplatz „Elisabeths möbliertes Zimmer“ Fragmentarische Fassung der Szenen 51–59, 61, 62 (K1/TS21/A2) . . . . . . . . .

142

Epilog Fragmentarische Fassung der Szenen 64–72 (K1/TS22/A2) . . . . . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung „Epilog“ (K1/TS23) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

148 151

Glaube Liebe Hoffnung in zwei Teilen und einem Epilog Fassung der Titelei (K1/TS25) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung der Szenen 9–14, 21, 22 des zweiten Teiles („Vor dem Wohlfahrtsamt“, „Bierkeller“) (K1/TS26) . . . . . . . . . . . Fragmentarische Gesamtfassung in zwei Teilen und einem Epilog (K1/TS27) Notizen, Dialogskizze (K1/E11–E18) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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185 186 188 190 191 193 196 197 198 230 232 234

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248 250 251 254

Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz – Endfassung in fünf Bildern (K3/TS7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

257

Titellisten (K3/E6–E7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

292

Konzeption 2: Glaube Liebe Hoffnung – Volksstück in sieben Bildern . . . . . . Strukturplan in drei Akten (K2/E1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konfigurationsplan, Notiz (K2/E2–E3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung der Szene 7 des siebten Bildes (K2/TS1) . . . . . Fragmentarische Fassung der Szenen 14–19 des siebten Bildes (K2/TS2) . . Fragmentarische Fassung der Szenen 14–19 des siebten Bildes (K2/TS3/A2) Fragmentarische Fassung einer Szene des siebten Bildes (K2/TS4) . . . . . Fragmentarische Fassung der Szenen 17–19 des siebten Bildes (K2/TS5) . . Fragmentarische Fassung in sieben Bildern (K2/TS6) . . . . . . . . . . . . Werktitel (K2/E4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werktitel (K2/E5–E6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Notizen, Werktitel (K2/E7–E9) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Konzeption 3: Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz . . . . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung der Szenen 14 und 15 („Vor dem Wohlfahrtsamt“) (K3/TS1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dialogskizze, Replik (K3/E1–E2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werktitel (K3/E3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung (K3/TS2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werktitel (K3/E4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung („Ueber die Entstehung meines Volksstückes ‚Glaube Liebe Hoffnung‘“) (K3/TS3). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung der „Randbemerkungen“ (K3/TS4) . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung der „Randbemerkung“ (K3/TS5) . . . . . . . . . . Fragmentarische Fassung („Randbemerkung“) (K3/TS6). . . . . . . . . . . .

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Inhalt (detailliert)

Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz (Endfassung, emendiert) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

295

Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

329

Chronologisches Verzeichnis . Vorarbeit 1 . . . . . . . . Vorarbeit 2 . . . . . . . . Vorarbeit 3 . . . . . . . . Konzeption 1 . . . . . . . Konzeption 2 . . . . . . . Konzeption 3 . . . . . . . Endfassung, emendiert . .

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Simulationsgrafiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . K1/TS16/A1–A4 („Vor dem Wohlfahrtsamt“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . K1/TS17/A1–A24 („Vor dem Wohlfahrtsamt“ / „Im blauen Schiff“ / „Bierkeller“) . K1/TS19/A1–A6 („Vor dem Wohlfahrtsamt“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . K1/TS20/A1–A10 („Vor einem Tonfilmkino“ / „Bierkeller“) . . . . . . . . . . . . K1/TS21/A1–A5 („Elisabeths möbliertes Zimmer“) . . . . . . . . . . . . . . . . . K1/TS22/A1–A4 („Epilog“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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413 414 415 417 418 419 420

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

421

Editionsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Textteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Genetisches Material . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Diplomatische Transkription und Faksimile (Entwürfe) . 1.1.2 Lineare Textkonstitutionen (Fassungen) . . . . . . . . 1.1.3 Kritisch-genetischer Apparat . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Emendierte Endfassungen (normierter Lesetext) . . . . . 2 Kommentarteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Chronologisches Verzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Simulationsgrafiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Siglen und Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt (detailliert)

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