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German Pages 207 [236] Year 1926
WAHRHEIT UND ERKENNTNISSTRUKTUR ERSTE
EINLEITUNG
ALETHEIOLOGISCHEN
IN
DEN
REALISMUS
VON
SCHALWA NUZUBIDSE O. ö. P R O F E S S O R D E R P H I L O S O P H I E AN D E R U N I V E R S I T Ä T TIFLIS
B E R L I N U N D L E I P Z I G 1926
WALTER
DE
GRUYTER
& CO.
V O R M A L S G. J. GÖSCHEN'SCHE V E R L A G S H A N D L U N G / J . G U T T E N T A G , V E R L A G S B U C H H A N D L U N G / G E O R G REIMER / K A R L J. T R Ü B N E R / V E I T ) ibid. 182.
7. D a s Problem der W a h r h e i t i. d. Phänomenologie. —
Husserl.
w ä r e . Das kann, wie ersichtlich, bloß jenes E t w a s sein, u n t e r dessen L e i t u n g das Verlangen nach dem überstandpünktlichen S t a n d p u n k t einzig und allein gerechtfertigt ist. Ist es aber nur einen Augenblick möglich, eine d e m a u f g e f u n d e n e n E l e m e n t widersprechende B e h a u p t u n g zuzulassen, so erhebt sich dann die Frage nach dem entscheidenden neuen Moment, und wir befinden uns wieder auf dem Streitplatz der Gegensätzlichkeit. W i r haben oben nach unseren K r ä f t e n dieses Gebiet der Aletheiologie zu durchwandern versucht. W i e steht es nun mit ihm in der Phänomenologie? Es scheint uns, ohne auf alle strittigen P u n k t e einzugehen, d a ß die Phänomenologie ein solches, alle G e g e n b e h a u p t u n g prinzipiell ausschließendes Gebiet nicht erobert h a t , d a ß das Absolute cies Bewußtseins zu bestreiten ist und d a ß infolgedessen die v o n ihm herrührenden S i n n g e b u n g viel Schwierigkeiten begegnet. A l s allgemeines E r g e b n i s erhält die W a h r h e i t zur Unterlage nur den Glauben, der als solcher keine allgemeine A n e r k e n n u n g beanspruchen kann. W e n d e n wir uns nun zur A u s f ü h r u n g dieser These. Die Phänomenologie w i l l a n d a s D e s c a r t e s s c h e » c o g i t o « anknüpfen. Sie sucht das „ w a h r h a f t A b s o l u t e " und meint es in dem Bewußtsein gefunden zu haben. D a s B e w u ß t s e i n k a n n als „individuelles V o r k o m m n i s " genommen werden, u m später reines Bewußtsein zu werden. Ist das B e w u ß t s e i n aber wirklich, w a h r h a f t absolut ? Wir meinen, d a ß eine A b w e n d u n g v o m B e w u ß t e n — dem Gegenständlichen — und zugleich eine Hinwendung zum Bewußtsein wohl möglich ist. Die R e f l e x i o n der „phänomenologischen Einstellung" k a n n das leisten, aber mit e i n e r s e h r w i c h t i g e n E i n s c h r ä n k u n g : alle dem „ c o g i t o " unterliegenden Gegenstände können weggedacht w e r d e n , a u ß e r d e m S e i n des Bewußtseins. D a h e r das D e s c a r t e s sche „cogito s u m " . Man kann in B e z u g auf alle Gegenstände, mit denen das „ c o g i t o " sich beschäftigt, snoxr) ü b e n ; sofern es aber etwas gibt, das über allem den gegensätzlichen B e w e r t u n g e n Unterliegenden steht, ist inoyr\ u n s t a t t h a f t , prinzipiell unzulässig, tatsächlicher „ W i d e r s i n n " . D a s Moment d e s S e i n s l ä ß t sich nicht ausschalten, mindestens ist noch v o m B e w u ß t - S e i n
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I V . Kapitel.
Das Problem der Wahrheit.
die Rede. Ist die Reflexion der Weg, den die Phänomenologie über ihr Feld nimmt, so bleibt das Seinsmoment stets außerhalb, da es der Reflexion nicht einbezogen werden kann. Dieses Sein ist nicht jene mythische, absolute Realität, wie sie die „gewöhnlichen Realisten dem physikalischen Sein unterschieben", sondern jenes Sein, das uns aus der aletheiologischen Grundtatsache hervorleuchtet. D e s c a r t e s selbst hat von ihm keinen weiteren Gebrauch gemacht, wie es oben aufgezeigt wurde. Eine Erweiterung der D e s c a r t e s s c h e n These scheint uns deshalb angebracht zu sein. Wir brauchen nicht um die Wahrheit des Gesagten weiter zu streiten. Es genügt zu konstatieren, daß die These vom Bewußtsein, als „wahrhaft Absolutem", eine Gegenbehauptung prinzipiell nicht aufhebt. D e s c a r t e s war ein Beispiel dafür. Es ist nicht nötig, weiter zu gehen, weil H u s s e r l selbst zugibt, „daß man das wahrhaft Absolute, das reine Bewußtsein, als solches gar nicht sieht" 1 ). In die Tiefe des Bewußtseins einzudringen, seine Art und sein Wesen zu durchschauen, ist sicherlich zu schwer, solange das menschliche Denken auf das Bewußte gerichtet ist. Diese Tatsache entscheidet aber selbstverständlich nichts, wohl aber das Problem selbst. Wir wollen nur sagen: Diese wesentliche Hinwendung zu dem Bewußtsein als solchem verbürgt nicht, daß wir uns schon im Gebiete der gegensatzlosen Wahrheit befinden. Sobald aber gegenseitige Behauptungen prinzipiell möglich sind — und sie sind es wirklich, wie Husserl selbst zugibt — kann man nicht länger bei der ijio%ri stehen bleiben, weil die Phänomenologie damit vor die Lebensfrage gestellt ist. Es ist nun schon ersichtlich, daß für die Wahrheit hier weiter nichts herauskommen kann als allein das „Absolute" des Bewußtseins. „Wahrheit ist" — so lautet die Wahrheitsdefinition der Phänomenologie — „das Korrelat des vollkommenen Vernunftcharakters der Urdoxa; der Glaubensgewißheit" 2 ). Um etwas mehr Klarheit in die Sache zu bringen, muß man den Begriff der Urdoxa präzisieren. „Wir führen," sagt H u s s e r l , „den Terl)
ibid. 101. *) ibid. 290.
7. Das Problem der Wahrheit i. d. Phänomenologie. — Husserl.
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minus U r g l a u b e oder U r d o x a ein, womit sich die von uns herausgestellte intentionale Rückbezogenheit aller Glaubensmodalitäten angemessen ausprägt" 1 ). Daraus soll es verständlich werden, daß schließlich alle Linien zurück zum Urglauben und seiner Urvernunft, bzw. zur Wahrheit laufen" 8 ). Schließlich soll es auch klar sein, daß die Wahrheit in Urglauben aufgeht, daß ihr Grund in ihr und nur in ihr gesucht werden darf. Ist von vornherein alles außer dem Bewußtsein und dem von ihm herrührenden Sein abgelehnt, beginnt die Phänomenologie mit der Evidenz die dem Bewußtsein zukommt, so ist damit das Schicksal des Wahrheitsproblems, wie inhaltlich so „doxisch", im voraus besiegelt. Ist damit nicht der Zustand erreicht, wo nichts weiter zu bestreiten ist, wo der Glaube unbehi ndert herrscht ? Und uns scheint es, daß „die Synthesen des Widerstreites", deren Problem die Phänomenologie zuletzt aufstellt, bei ihr nicht geleugnet werden können 3 ). Ein teilweises Zugeständnis davon finden wir in der Behauptung: „für eine Phänomenologie der wahren Wirklichkeit" ist auch die P h ä n o m e n o l o g i e des „ n i c h t i g e n S c h e i n s " ganz unentbehilich. Was ist aber die „Sinngebung", die nicht minder die Phänomenologie selbst begründet ? Das Problem, mit dem wir es hier zu tun haben, besteht darin, das Verhältnis, genauer: den Zusammenhang zwischen dem Wesen des Bewußtseins und dem der anderen Phänomene verständlich zu machen. Phänomenologie ist selbstverständlich kein „subjektiver Idealismus", sie will nur gegen die „philosophische Verabsolutierung der Welt" kämpfen; und statt der widersinnigen Deutung der Welt behauptet sie, ,,daß die Welt selbst ihr ganzes Sein als einen gewissen Sinn" hat, der „absolutes Bewußtsein als Feld der Sinngebung voraussetzt" 4 ). Wenn hier noch unbestimmt bleibt, was mit diesem bildlichen Ausdruck „Bewußtsein als Feld der Sinngebung" gemeint sein soll, nämlich wem diese Sinngebung als Grundcharakter zukommt, so gelangen wir zur deutlichen Auffassung davon in der folgenden Formulierung: „Sinn zu haben, bzw. etwas „im ') ibid. 2i6f. ) ibid. 317.
a
2
) ibid. 290. ) ibid. 107.
4
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I V . Kapitel.
Das Problem der Wahrheit.
Sinne zu haben", ist der Grundcharakter des Bewußtseins" 1 ). Stellen wir beide Formulierungen zusammen, so ergibt sich, daß das „Wesen des Bewußtseins sinngebend für andere Wesen ist", und gerade hier scheint sich uns die Frage zu erheben: „Die individuellen Vorkommnisse des Bewußtsein haben ihr Wesen, die individuellen Vorkommnisse anderer Phänomene haben auch ihr Wesen. W i e k o m m t es, d a ß sie a l l e in „ e i n e m " S i n n e v e r e i n i g t w e r d e n k ö n n e n ? Wenn Sinn zu haben, der Grundcharakter des Bewußtseins ist, so gehört es zu seinem Wesen; wie steht es mit den anderen Wesen, wie können sie an dem teil haben, was zu ihrem Wesen nicht gehört ? Damit scheint uns das Problem der Phänomenologie nur verschoben, nicht aber gelöst zu sein. Der transzendentale Idealismus erhält in der Phänomenologie wohl eine neue Wendung, die aber weder dessen Mängel noch ihre eigenen aufzuheben vermag. Das Bedeutende, was die Phänomenologie der kantischen Position hinzugefügt hat, kommt in der These zum Ausdruck, daß das Bewußtsein und der Gegenstand einen einheitlichen Komplexus bilden. Was Kant nur mit den alten Komponenten Form-Materie versuchen konnte, das hat die Phänomenologie mit der „Einheit des Sinnes" geleistet. Irrig glaubte sie nur, daß die Möglichkeit dieser Einheit aus dem „Grundcharakter" des Bewußtseins stammt. Was das Verschiedene zur Einheit bringt., daß kann aber nicht aus dem einen Moment des Verschiedenen stammen, wie „absolut" sich dies auch ausnehmen mag. Dem Standpunkte, der „außer" den Behauptungen der „natürlichen Einstellung" bleiben will, sind nur zwei Wege offen: neutral zu bleiben oder über die verschiedenen — tatsächlich immer dem Gegensätzlichen verfallenden — Momente hinauszugehen. Die Phänomenologie blieb letzten Endes dem alten Idealismus treu, und wie eigenartig ihre Ausführungen auch immer sein mögen, sie hat das Problem zu Gunsten des Bewußtseins gelöst. So blieb der überstandpünktliche Standpunkt unerreicht, und die ganze Unternehmung der Phänomenologie verliert sich im Rahmen der ') ibid. 185.
8. Realismus und Wahrheitsproblem. — Herbertz, Geyser.
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Gegensätzlichkeit. Der Einfluß der B o l z a n o s c h e n „Wahrheit an sich" kann nur dann zum Erfolge führen, wenn sie durch die „aletheiologische „Wahrheit an sich" ersetzt wird. 8. R e a l i s m u s u n d
Wahrheitsproblem.
Herbertz,
Geyser.
Die Aletheiologie ist realistisch, weil sie nichts anderes sein kann. Die Basis, worauf sie sich gründet, ist die aletheiologische Grundtatsache, die nur richtig erklärt zu werden braucht. Soweit unterliegt sie keiner Theoretisierung im Sinne der späteren Zeit, und der Ausdruck „aletheiologischer Realismus" ist unpassend. Der Begriff der Aletheiologie müßte schon genügen, da der ganze mit ihr gemeinte Gedankenkieis sich um die Daseinsweise des das Real-Seiende bezeichnende „Mehr-als-Seins" dreht. Die aletheiologische „Wahrheit an sich" ist „theoretisch" im Sinne der Antike und realistisch, sofern real zu sein und Sein zu realisieren ihr eigenstes Wesen i s t . Nicht in dem Kampfe „gegen" den Idealismus und sonstige die Realität des Seienden ablehnende Standpunkte hat sie ihr Betätigungsgebiet gefunden. Der überstandpünktliche Standpunkt, den sie einnimmt, schließt prinzipiell die Möglichkeit aus, in den Kampf zwischen Idealismus und Realismus einzugreifen. Das gelingt ihr, als einem übergegensätzlichen Phänomen auf Grund der aletheiologischen Dialektik. Die Frage steht beinahe so wie bei P i a t o s Ideenlehre. Es ist wohl anzunehmen, daß die Ideen, wie oben darauf hingewiesen wurde, übergegensätzlich gemeint sind; zugleich ist gemeint, daß ihr Wesen in der Realität besteht. Wir wissen schon, daß e s P l a t o nicht gelang, die Ideen als „Wahrheit" an sich zu fassen: Dazu mußten sie inhaltslose Phänome werden. Doch müssen wir der Ansicht H. M a i e r s zustimmen, daß P l a t o selbst die Ideen als „Realitäten an sich" angenommen *) Diese Realisierung hat nichts mit der von K ü l p e zu tun.
Bei
ihm ist die Realisierung blos Methode, hier aber — das Wesen des Soseienden. G. K ü l p e , Die Realisierung, I, 12 f. f. K ö h l e r , Das Realitätsproblem.
Vgl. M a x
Frischeisen-
Berlin 1912, S. 247, 9öf.
8. Realismus und Wahrheitsproblem. — Herbertz, Geyser.
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Gegensätzlichkeit. Der Einfluß der B o l z a n o s c h e n „Wahrheit an sich" kann nur dann zum Erfolge führen, wenn sie durch die „aletheiologische „Wahrheit an sich" ersetzt wird. 8. R e a l i s m u s u n d
Wahrheitsproblem.
Herbertz,
Geyser.
Die Aletheiologie ist realistisch, weil sie nichts anderes sein kann. Die Basis, worauf sie sich gründet, ist die aletheiologische Grundtatsache, die nur richtig erklärt zu werden braucht. Soweit unterliegt sie keiner Theoretisierung im Sinne der späteren Zeit, und der Ausdruck „aletheiologischer Realismus" ist unpassend. Der Begriff der Aletheiologie müßte schon genügen, da der ganze mit ihr gemeinte Gedankenkieis sich um die Daseinsweise des das Real-Seiende bezeichnende „Mehr-als-Seins" dreht. Die aletheiologische „Wahrheit an sich" ist „theoretisch" im Sinne der Antike und realistisch, sofern real zu sein und Sein zu realisieren ihr eigenstes Wesen i s t . Nicht in dem Kampfe „gegen" den Idealismus und sonstige die Realität des Seienden ablehnende Standpunkte hat sie ihr Betätigungsgebiet gefunden. Der überstandpünktliche Standpunkt, den sie einnimmt, schließt prinzipiell die Möglichkeit aus, in den Kampf zwischen Idealismus und Realismus einzugreifen. Das gelingt ihr, als einem übergegensätzlichen Phänomen auf Grund der aletheiologischen Dialektik. Die Frage steht beinahe so wie bei P i a t o s Ideenlehre. Es ist wohl anzunehmen, daß die Ideen, wie oben darauf hingewiesen wurde, übergegensätzlich gemeint sind; zugleich ist gemeint, daß ihr Wesen in der Realität besteht. Wir wissen schon, daß e s P l a t o nicht gelang, die Ideen als „Wahrheit" an sich zu fassen: Dazu mußten sie inhaltslose Phänome werden. Doch müssen wir der Ansicht H. M a i e r s zustimmen, daß P l a t o selbst die Ideen als „Realitäten an sich" angenommen *) Diese Realisierung hat nichts mit der von K ü l p e zu tun.
Bei
ihm ist die Realisierung blos Methode, hier aber — das Wesen des Soseienden. G. K ü l p e , Die Realisierung, I, 12 f. f. K ö h l e r , Das Realitätsproblem.
Vgl. M a x
Frischeisen-
Berlin 1912, S. 247, 9öf.
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IV- Kapitel.
Das Problem der Wahrheit.
hat. Dann müssen wir aber auch zugeben, daß der Realismus mit dem Wesen der I d e e verbunden ist 1 ). Es liegt uns nun noch daran, das Wahrheitsproblem in dem nicht-aletheiologischen Realismus zu besprechen. Das würde nicht nur an sich von Belang sein, sondern könnte auch unserer Hauptaufgabe: der Klärung des Wahrheitsproblems, als Einführung in die Aletheiologie gute Dienste leisten. Da hier für uns nicht die geschichtliche, sondern die prinzipielle Seite der Frage mehr Gewicht hat, so wollen wir alle dem Realismus nur gleichenden Ansichten beiseite lassen und nur den typisch realistischen Gedankenkreis in Betracht ziehen. Darum sei uns gestattet, von solchen „Realisten" wie R i e h l , K ü l p e u. a. zu schweigen. Vor einiger Zeit stand es mit dem Realismus so schlecht, daß er nicht wagte, öffentliche Anerkennung zu beanspruchen. Den Idealisten mangelte es einfach an Gegnern, um im Kampfe ihr eigenes kritisches Geschick zu demonstrieren. Für solche Zeiten konnte auch R i e h l s „Realismus" taugen. Jetzt sind diese Zeiten schon vorbei. Auch K ü l p e s „Realisierung" ist kein Realismus. Für ihn ist „Realisierung" eine berechtigte Methode des Denkens und Erkennens. Es kommt nicht darauf an, die Realität und das wirkliche Seiende als solches zu begründen, sondern zu untersuchen, „wie wir dazu kommen, das enge Reich unserer Bewußtseinswirklichkeit zu überschreiten und Realitäten zu setzen und zu bestimmen" 2 ). Ganz deutlich also, daß hier nicht das Reale und Wirkliche, sondern die Methode davon, wie wir zum Gedanken der „Realisierung" kommen, gemeint ist. Die typische Auffassung des Realismus, soweit wir sie für die Aufrollung des Wahrheitsproblems brauchen, ist bei H e r b e r t z , G e y s e r und M o n t a g u e zu finden. Wir müssen hinzufügen, daß der Realismus eines jeden von ihnen eigene Kennzeichen trägt, was bei der Besprechung des Wahrheitsproblems berücksichtigt werden soll. ') H e i n r i c h M a i e r , Sokrates, sein Werk und seine geschichtliche Stellung. Tübingen 1 9 1 3 . 5 1 5 , 29, 5 2 5 , 30, 3 3 f f . Vgl. P a u l N a t o r p , „ Ü b e r P i a t o s Ideenlehre" besonders „Kritischer N a c h t r a g " . Berlin 1 9 1 4 . 2
) K ü l p e , Die Realisierung, I I I , 2.
8. Realismus und Wahrheitsproblem.—Herbertz, Geyser.
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In allen Wahrheitstheorien, und tolglich auch in der realistischen, wird Wahrheit als Relation verstanden. Dieses Überbleibsel der Übereinstimmungstheorie der Wahrheit scheint so tief eingewurzelt, daß sogar ein Denker wie L a s k sich nicht davon befreien konnte 1 ). Er behauptete einerseits, daß „räumlich-zeitliche Gegenstände Wahrheiten sind" 2 ). Die „kopernikanische These" andererseits forderte bei ihm dazu auf, alle Überbleibsel der Übereinstimmungstheorie preiszugeben. Trotzdem ist der R e l a t i o n a l i s m u s der Wahrheit auch bei ihm nicht völlig überwunden. Dieser Zug ist aber für den Realismus ganz und gar nicht charakteristisch; er will ihn auch möglichst überwinden. So sagt J . Geyser, der sich zu den ,.kritischen" Realisten zählt 3 ): „Die Wahrheit ist nichts Fürsichseiendes oder Substantielles, sondern hat die Natur einer Eigenschaft und Relation" 4 ). Sofern nach G e y s e r der Träger dieser Wahrheit der Urteilssinn ist, das Urteil aber in das „meinende" und „schauende" zerfällt, von denen das erste sich als „Übereinstimmung des gedachten Sachverhaltes mit dem Gegenständlichen definieren" läßt 5 ), während das zweite „der Sinn dieser Definition nicht ungezwungen t r i f f t " (ibid.), so ist „eineDefinition vorzuziehen, die auf jedes Urteil paßt" (ibid.). Hier ist kein Platz, auf diese Urteilstheorie näher einzugehen. Für uns ist nur die Tatsache wichtig, daß die realistische Wahrheitstheorie in dieser Wendung der Ubereinstimmungstheorie immer noch soweit Rechnung trägt, also relational bleibt. H e r b e r t z , der auch als Vertreter des kritischen Realismus auftritt, ist radikaler und typischer als G e y s e r . Seine Aufstellungen vom Gegenstand der Logik als der „Wirklichkeit ohne Beschaffenheit", vom Bewußtsein als intraobjektiver Beziehung 6 ), vom Subjekt-Objekt-Idol als psychologisierendem J
) L a s k , Die Logik der Philosophie, 1 9 1 1 . Tübingen 40. ) Werke I I , 41. 3 ) Erkenntnistheorie, 279. Münster 1922. 4 ) G e y s e r , Über Wahrheit und Evidenz. Freiburg 1918, S. 17. 6 ) ibid. 4 1 . 6 ) H e r b e r t z . Prolegomena, 133. N 11 z 11 b 1 (1 se , Wahrheit uml ICrki-nntnisitru^tm . IO 2
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IV. Kapitel. Das Problem der Wahrheit.
Vorurteil 1 ) u. a. gestatten ihm, auch in der Frage des Wahrheitsproblems eine bestimmt-realistische Position anzunehmen. Er sucht nicht mehr, wie G e y s e r , nach „passenden" und versöhnenden „Definitionen" der Wahrheit. Er will aus der kritisch-realistischen These alle Folgerungen ziehen, ungeachtet, ob sie als versöhnende Definition „passen" oder nicht. Der Geist des Radikalismus, der den Grundcharakter alles Realismus ausmacht, lebt in H e r b e r t z ' Ausführungen besonders stark. Um so mehr bedauern wir, daß der Denker, der schon den Begriff der „Wirklichkeit ohne Beschaffenheit" und der inhaltslosen Wahrheit an der Hand hatte, den Weg des aletheiologischen Realismus nicht betreten hat. „Die Wahrheit", sagt H e r b e r t z , „ist zu definieren als wirklicher Sachverhalt." Er geht noch weiter: „Ein Wirkliches steht in der „Form" der Wahrheit in demselben Sinne, in dem es in der Form der Wirklichkeit steht. Wahrheit und Wirklichkeit sind also letzten Endes ein und dasselbe." H e r b e r t z bemerkt sofort, daß dieses Zusammenfallen die Möglichkeit, die Wahrheit vom Wirklichen definitorisch zu unterscheiden, aufheben könnte. Um das genus proximura für die Wahrheitsdefinition zu erhalten, fügt er hinzu, daß „nicht isolierte, wirkliche Gegenstände, sondern wirkliche Beziehungen Wahrheiten sind" 2 ). Es ist schon aus diesem wenigen zusehen, daß H e r b e r t z die Wahrheit ins Wirkliche, d. h. in den „Sachverhalt am Wirklichen" verlegt. Es wäre aber unrichtig, anzunehmen, daß damit das Dasein des Wirklichen in der Form „der Wahrheit" gemeint ist, trotzdem seine Worte so aletheiologisch klingen. Die aletheiologische „Wahrheit an sich", die über der Gegensätzlichkeit der Erkenntnis und des Zu-Erkennenden steht und beide in dem Begriffe des Wirklichen vereinigt, bleibt dem kritischen Realismus von H e r b e r t z fremd. Er beschäftigt sich mit der Herausarbeitung dessen, was in dem Wirklichen, als dem Gegen-Stande, zu finden sei. Er hebt, und mit vollem Recht, das Subjekt-Objekt-Idol auf, behält aber die Relation, genauer Relations-Berücksichtigung, insofern das Wirkliche, obgleich negativ relational, doch prinzipiell als vom Bewußtsein unabJ
) ibid. 139.
») l62f., 166.
8. Realismus und Wahrheitsproblem. — Herbertz, Geyser.
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hängig festgestellt wird. „Der Realismus behauptet," sagt Herbertz, „daß der Gegenstand des Bewußtseins (speziell des Erkennens, Denkens) eine von diesem Bewußtsein selbst unabhängige, selbständige, d. h. „reale" Wirklichkeit besitze"1). Es klingt danach nicht ganz verständlich, wenn der „kritischrealistische Logiker" nachher mit einem Schlage das Dogma vom „Verhältnis der Erkenntnis zu ihrem Gegenstande" aufhebt2). Herbertz bemerkt nicht, daß das negative Verhältnis doch eben ein Verhältnis bleibt. Es liegt keine Notwendigkeit vor, das Verhältnis zwischen der Erkenntnis und dem Zu-Erkennenden um jeden Preis aufzuheben. Was in diese Richtung gehört, kann man ruhig so gelten lassen. Der völlig zu Recht bestehende Kampf Herbertz' gegen die „Problemverschlingungen" würde dadurch nichts an seiner Kraft verlieren. In diesem Kampf beweist aber Herbertz mehr Eifer als n ö t i g g e w e s e n wäre. Man darf nicht, das hat Herbertz schlagend ausgeführt, die Erkenntnis der Wahrheit mit der Wahrheitserkenntnis verschlingen. Aber daraus folgt nicht, daß die Tatsache der Wahrheitserkenntnis aus dem Gebiete des Wirklichen, und also der Wahrheit, auszuschließen sei. Gerade diesen Fehler begeht aber Herbertz, und das kommt von dem Grundmangel seines kritischen Realismus. Wir wollen und können auch nicht gegen Herbertz mit idealistischen Argumenten kämpfen. Der Argumentation des kritischen Realismus stellen wir die des a l e t h e i o l o g i s c h e n Realismus entgegen. Es scheint uns, daß Herbertz' Realismus prinzipiell auf demselben Boden steht wie der Idealismus. Mit der Negation des Abgelehnten und immer noch negativen Bestimmungen vom abgelehnten Standpunkt her („unabhängig vom Bewußtsein") kommt man nicht zu einer prinzipiell eigenartigen Position, die dem Gegner unerreichbar wäre. Das Gebiet des Gegensätzlichen — und in diesem Gebiete verweilt noch Herbertz' Realismus—ist für diese Perspektive untauglich. Der Gegenstand ist nur ein Teil des Komplexes, d. h. der Einheit von Erkenntnis und dem ZuErkennenden. Die Unabhängigkeit, von der H e r b e r t z spricht, gehört nicht dahin, wohin er sie rückt. Die Unabhängigkeit im i) 198.
•) 205. 10*
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IV. Kapitel.
Das Problem der Wahrheit.
echten Sinne setzt nur da ein, wo der überstandpünktliche Standpunkt eingenommen wird, der über der Gegensätzlichkeit der Erkenntnis und des Zu-Erkennenden, also auch über allen Verhältnissen zwischen ihnen, sowohl positiven als auch negativen, steht. Der ist aber nur mit der „Wahrheit an sich" erreicht. Was Herbertz sucht, das könnte man im besten Falle „als Wahrheit für uns" bezeichnen. Aber auch dieser Charakterisierung steht noch der Umstand im Wege, daß er das Moment der Erkenntnis ganz und gar aufheben will, was, wie gezeigt, aus seinen Prämissen, gar nicht folgt, und daß er damit die Einheitlichkeit im Problem des S e i n s , in das wie das Sein so auch das E r k e n n t n i s - S e i n eingeht, außer acht läßt 1 ). Es ist leicht zu sehen, daß alles andere durch das Gesagte schon mit bestimmt ist. Der Begriff der inhaltslosen Wahrheit läßt sich nicht auf dem Wege der einfachen Abstraktion erhalten. K a n t s Stellung zu dieser Frage ist ganz besonders eigentümlich: Was K a n t n e g a t i v e n t s c h i e d e n h a t , d. h. f ü r u n m ö g l i c h h i e l t , g e r a d e das muß die r i c h t i g e W a h r h e i t s t h e o r i e l e i s t e n ; m. a. W. sie muß die a l l g e m e i n e T h e o r i e dazu g e b e n , daß die Erkenntnis in jedem konkreten Falle mit der Wahrheit zusammenfällt. Das Problem und seine Lösung wird von K a n t durchaus richtig gefühlt, nur negativ formuliert. Insofern läßt sichKantmitsolchenrelationalistischen Realisten wie Montague 2 ), sogar im „umgekehrten" Sinne, nicht zusammenstellen. Die Inhaltlichkeit und Relationalität der Wahrheit fordern, wie oben des öfteren gezeigt wurde, stets zugleich den ergänzenden Gedanken der Inhaltslosigkeit; was zuerst, obgleich noch unklar, Kant bemerkte und womit die Relationalisten endlich Ernst machen sollten. Es scheint uns auch, daß der unbedingt wichtige Begriff der „Wirklichkeit ohne Beschaffenheit" für das Wahrheitsproblem von H e r b e r t z unbenutzt bleibt. Dieser Gedanke beEbenso läßt er außer acht, das Problem des Irrtums, was M. S c h l i c k Anlaß gibt, die treffenden Einwände darzustellen. „Vierteljahresschrift für Wiss. Philosophie und Soziologie", 1916, Neue Folge X V , S. 3 7 9 f . 2 ) Prol. 167.
9. Relationalistische Theorie der Wahrheit. — N. Hartmann.
149
findet sich in leicht nachweisbarem Zusammenhange — natürlich im logischen Zusammenhange — mit dem eben aufgezeigten K a n t i s c h e n Gedanken. Das W a h r h e i t s p r o b l e m konnte nicht um diese Aufstellung herumkommen; doch — sagen wir es noch einmal — bei H e r b e r t z bleibt sie, vom Standpunkte des Wahrheitsproblems aus, unbenutzt. Nichts Unverständliches ist in diesem Begriffe, Undifferenziertes abei sehr viel. Wir stehen hier vor zwei Aufgaben: Einerseits soll die Konkretheit so, wie sie ist, ergriffen werden; andererseits aber wird ausgeführt, daß sie, d.h. die e r s t e T a t s a c h e , so verlaufen muß. Es braucht nicht erst erklärt zu werden, daß die „erste Tatsache" mit der Tatsächlichkeit der Erkenntnis und ihres Gegenstandes zusammenfällt. Sie ist der der Intentionalität der Erkenntnis vorliegende Gegenstand, zu Gunsten dessen stets alle jene Erkenntnis-Vorzüge einsetzen, die von H u s s e r l und M e i n o n g berücksichtigt werden. Wird dieser Unterschied angenommen und durchgeführt, so kann der kritische Realismus das „Wahrheitliche", d. h. die aletheiologische Grundlage des Seienden, in Anspruch nehmen. Das Ergebnis dieses Kapitels ist also: R e a l sein, ist dasselbe wie w a h r sein; also k a n n ein R e a l i s mus n u r a l e t h e i o l o g i s c h sein.
9. Relationalistische Theorie der Wahrheit.
—
N. Hartmann.
Die Wahrheit als Relation wird, wie gesagt, von verschiedenen Richtungen vertreten. Da die Entgegenstellung der Erkenntnis und des Zu-Erkennenden den Rahmen ?ür alle Arten der gnoseologischen Fragestellung bildet, so ist das Problem der Relation entscheidend. Solange das Problem der Wahrheit in diesem Rahmen bleibt, scheint es, daß, trotz der verschiedensten Wendungen, alle seine Lösurgsversuche sich um das Relationsproblem drehen müssen. Sogar der Versuch eines kritischen Realismus, das Relationsmoment in das Wirkliche zu verlegen und so das Moment des Verhältnisses zu verwischen, steht, wenn er nicht nur von Ontologie, sondern auch von Gnoseologie sprechen will, auf dem Boden der Relationalität. Sprechen wir von den
9. Relationalistische Theorie der Wahrheit. — N. Hartmann.
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findet sich in leicht nachweisbarem Zusammenhange — natürlich im logischen Zusammenhange — mit dem eben aufgezeigten K a n t i s c h e n Gedanken. Das W a h r h e i t s p r o b l e m konnte nicht um diese Aufstellung herumkommen; doch — sagen wir es noch einmal — bei H e r b e r t z bleibt sie, vom Standpunkte des Wahrheitsproblems aus, unbenutzt. Nichts Unverständliches ist in diesem Begriffe, Undifferenziertes abei sehr viel. Wir stehen hier vor zwei Aufgaben: Einerseits soll die Konkretheit so, wie sie ist, ergriffen werden; andererseits aber wird ausgeführt, daß sie, d.h. die e r s t e T a t s a c h e , so verlaufen muß. Es braucht nicht erst erklärt zu werden, daß die „erste Tatsache" mit der Tatsächlichkeit der Erkenntnis und ihres Gegenstandes zusammenfällt. Sie ist der der Intentionalität der Erkenntnis vorliegende Gegenstand, zu Gunsten dessen stets alle jene Erkenntnis-Vorzüge einsetzen, die von H u s s e r l und M e i n o n g berücksichtigt werden. Wird dieser Unterschied angenommen und durchgeführt, so kann der kritische Realismus das „Wahrheitliche", d. h. die aletheiologische Grundlage des Seienden, in Anspruch nehmen. Das Ergebnis dieses Kapitels ist also: R e a l sein, ist dasselbe wie w a h r sein; also k a n n ein R e a l i s mus n u r a l e t h e i o l o g i s c h sein.
9. Relationalistische Theorie der Wahrheit.
—
N. Hartmann.
Die Wahrheit als Relation wird, wie gesagt, von verschiedenen Richtungen vertreten. Da die Entgegenstellung der Erkenntnis und des Zu-Erkennenden den Rahmen ?ür alle Arten der gnoseologischen Fragestellung bildet, so ist das Problem der Relation entscheidend. Solange das Problem der Wahrheit in diesem Rahmen bleibt, scheint es, daß, trotz der verschiedensten Wendungen, alle seine Lösurgsversuche sich um das Relationsproblem drehen müssen. Sogar der Versuch eines kritischen Realismus, das Relationsmoment in das Wirkliche zu verlegen und so das Moment des Verhältnisses zu verwischen, steht, wenn er nicht nur von Ontologie, sondern auch von Gnoseologie sprechen will, auf dem Boden der Relationalität. Sprechen wir von den
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IV. Kapitel.
Das Problem der Wahrheit.
Relationen im S e i e n d e n , so sind wir noch nicht beim Wahrheitsproblem, weil keine Bedingungen für seine Anwendung da sind. Von da, d. h. von dieser Sphäre des Rein-Ontologischen, führen zwei Wege weiter: Zu der Erkenntnis, die dem Seienden gnoseologisch gegenübergestellt sein soll, oder zu dem Standpunkte, von dem aus diese für uns als Tatsache feststehende Gegenüberstellung in nichts anderem besteht als im Aufgehen des Inhaltlichen ins Inhaltslose, oder deutlicher, von dem aus diese Gegenüberstellung sekundär und vergänglich ist, nur aufgestellt, um wieder aufgehoben zu werden. Den typischen Vertreter einer relationalen Theorie der Wahrheit haben wir in N. H a r t m a n n vor uns. Da die Aletheiologie eine irrelationale Wahrheitstheorie ist, ist die Auseinandersetzung mit N. H a r t man n unumgänglich. Das Wahrheitsproblem, wie es N. H a r t m a n n behandelt, steht im nächsten Zusammenhang mit dem Erkenntnisproblem, genauer: mit der Wendung, die bei ihm dem Erkenntnisproblem gegeben wird. Der ganzen Fragestellung geht die Phänomenologie und Aporetik voraus „und machen erst gemeinsam die Vorarbeit einer sachgemäßen Behandlung von Problemen aus'* 1 ). Daraus soll die Ablehnung aller Standpunkte und aller im voraus angenommenen Metaphysik folgen. Der Anfang der Erkenntnis, bzw. Wahrheitsforschung, liegt „diesseits der Standpunkte und ihrer Metaphysik". Das Metaphysische wird als solches erst durch ihre Arbeit erkannt. Die Erforschung des Phänomens zeigt, worin das Erkenntnisphänomen besteht; die Aporetik analysiert und bestimmt die Probleme, und so führen beide, jede nach ihrer Art, aber in sachlicher Homogeneität, „bis zur Schwelle der Theorie" 2 ). „In aller Erkenntnis stehen einander ein Erkennendes und ein Erkanntes, ein Subjekt und ein Objekt der Erkenntnis gegenüber. Die zwischen ihnen bestehende Relation ist die Erkenntnis selbst" 3 ). Dieses Gegenüber wird weiter als „Transzendenz" charakterisiert. Es ist nicht nötig, auf alle Einzel*) N. H a r t m a n n , Die Metaphysik der Erkenntnis, 1925, 2. Aufl., 38. Berlin und Leipzig. *) ibid. 43. ») ibid. 43.
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heiten einzugehen, die N. H a r t m a n n in dem Erkenntnisphänomen festzustellen sucht. Die verschiedenen möglichen Fragestellungen auf dem Gebiete, um das es sich hier handelt, sind so eindeutig, daß man aus den oben angeführten Sätzen von vornherein erraten kann, in welchem Zusammenhang das Wahrheitsproblem hier auftreten wird. Die Erkenntnis und das Erkannte, Subjekt und Objekt, Relation auf Grund der Transzendenz, alle diese viel behandelten, interpretierten und ausgedeuteten Begriffe werden für Merkmale des Phänomens erklärt und in den Vordergrund des Problems gerückt. Fügen wir hinzu, daß damit eine Kritik des alle diese Begriffe idealistisch umdeutenden logischen Idealismus gemeint ist, so kommen wir in die Lage, alle diese Begriffe in ihrem alten gnoseologischen und ursprünglichen Sinne zu nehmen. Und der Verfasser hat nun die Absicht, um sie auf dem Felde der Metaphysik eine Schlacht zu liefern. Daher ist die Stellung des Problems sehr einfach. Das Erkenntnisproblem soll außerhalb jeder Standpünktlichkeit aufgefaßt werden, und erst dann folgt seine Lösung ohne Berücksichtigung voreingenommener Standpunkte. Keine Verminderung der Schärfe der Lage. Das Transzendenzbewußtsein begleitet die Erkenntniserscheinungen — soviel wird aus dem Phänomenologischen klar; wozu nachher die Theorie hinzufügt, daß diese Transzendenz „das Ding an sich" sei, das weder die Idee ist, wie es die Meinung der logischen Idealisten war, noch sich in den Prozeß der Erkenntnis auflöst 1 ). Es werden vier verschiedene Bedeutungen des „Gegenübers", d. h. des Gegenstandes, unterschieden, woraus klar werden soll, daß nicht alles, was das Merkmal des „an sich Seienden" trägt, Gegenstand der Erkenntnis ist. Das Wichtigste in diesem Gedankengange, besonders für das Wahrheitsproblem, ist jene Zweiheit, die aus „der einfachen Deskription des Phänomens" einleuchtet. „Die Zweiheit der Gebilde und die Gespanntheit der Relation zwischen ihnen sind Bestandteile des Phänomens" 2 ). Damit ist, wie gesagt, noch einmal jene alte Fragestellung in Bezug auf die Erkenntnis, 2
ibid. 99. ) ibid. 79.
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I V . Kapitel.
Das Problem der Wahrheit.
bzw. die Wahrheit, erneuert, bei der unter Wahrheit die Übereinstimmung des Erkenntnisgebildes, „des Bildes", der Vorstellung, des Urteils, des Gedankens „mit dem Gegenstande zu verstehen sei" 1 ). Das an sich Seiende aber steht, ohne so etwas zu brauchen und sich darum zu kümmern, uns gegenüber. Es wird von unserer Erkenntnis intendiert — das an sich Seiende, nicht aber der intentionale Gegenstand! — wienach H a r t mann die „Phänomenologen" fälschlich meinen2); infolgedessen soll „das Bild" des Objektes mit diesem Objekt übereinstimmen. Das ganze Erkenntnisproblem dreht sich um die Möglichkeit dieser Übereinstimmung. Hat das Phänomen die Zweiheit des Bildes und des Objektes gezeigt und damit das Gebiet des Wahrheitsproblems gezeichnet, so ist damit doch noch nicht alles gesagt, was zu diesem Problem gehört. „Die Relation des Bildes zum Objekt ist die der Ubereinstimmung oder nicht Übereinstimmung" 3 ). Das Wahrheitsproblem im eigentlichen Sinne ist, soweit das Entscheidende dabei eben Wahrheit und Unwahrheit sind, kein Problem für sich. „Die Erkenntnis kann nur entweder wahr oder unwahr sein." Darum wird hier das Problem selbst zum Problem. Aber nur erst dann, wenn die beiden antinomischen Möglichkeiten mit gleichem Anspruch auf Zustimmung auftreten. Es kann nur in dem Wahrheitsbewußtsein festgestellt werden, was eigentlich die Frage nach dem Wahrheitskriterium meint. Die Aporie des Wahrheitskriteriums führt zu der Konsequenz: Es kann überhaupt kein Kriterium der Wahrheit geben4). Damit ist ganz klar und deutlich, unte • welchen Bedingungen das Wahrheitsproblem in der „Metaphysik der Erkenntnis" steht. Wahr oder unwahr sind immer nur Erkenntnisgebilde, niemals aber das Objekt selbst. „Dieses ist an sich, was es ist, unabhängig von der Erkenntnisrelation. Es steht jenseits von wahr und unwahr" 6 ). Aber es wäre ein großes Mißverständnis zu meinen, daß Wahrheit „Qualität eines Gebildes in sich selbst ist", sondern nur, sofern es„auf ein anderes außer ihm", das als sein Objekt unabhängig von ihm besteht, bezogen ist" 8 ). Es !) ibid. 80. *) ibid. 64f.
2 5
) ibid. i n . ) 55.
3
) ibid. 55. 407.
9. Relationalistische Theorie der W a h r h e i t . — N . H a r t m a n n .
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ist nicht nötig, weitere Belege für den relationalen Charakter der Theorie der Wahrheit in der „Metaphysik der Erkenntnis" beizubringen. Das Gesagte genügt, ihre Hauptzüge festzuhalten; es sei nur noch hinzugefügt, daß die Wahrheit absolut ist und in diesem Sinne sich von der wahren Meinung unterscheidet, daß sie überzeitlich und ewig ist und daß ihr gnoseologisches Sein „ein ideales Sein ist" 1 ). Es wird dann später das Problem des Wahrheitskriteriums erörtert, dessen Lösung der Verfasser in der Theorie von den „zwei Erkenntnisquellen" zu finden glaubt, deren Zeugnisse sich wie die von zwei Zeugen miteinander vergleichen lassen 2 ). Dieser Versuch, ein positives Kriterium der Wahrheit festzustellen, kostet dem Verfasser viele Mühe, ist talentvoll ausgeführt und trotzdem belanglos. Die Deutung der k a n t i s c h e n Lehre von der materiellen und formellen Erkenntnis als Erkenntnisquellen, die eine Vergleichung zulassen, scheint uns ein glänzendes Beispiel für eine Betrachtung von „voreingenommenem Standpunkte" aus zu sein. Die Funktion der beiden Quellen ist verschieden, nämlich die des Apriorischen und die des Aposteriorischen; und doch dienen sie der Feststellung derselben Wahrheit. „Diese beiden genügen für den relationalen Bau des Kriteriums. In ihrer Diallele besteht das Kriterium" 3 ). So lautet in kurzer und umfassender Darstellung das Wahrheitsproblem in der „Metaphysik der Erkenntnis". In unserer allgemeinen Einführung in die Aletheiologie können wir nicht alle mit ihm verbundenen Probleme berücksichtigen. Doch genügt das Gesagte, um klarzumachen, worin und warum die Aletheiologie der „Metaphysik der Erkenntnis" nicht zustimmen kann. Zuerst von der methodologischen Seite aus. Vom Phänomen wird ausgegangen. So will es eine Strömung unserer Zeit; das Phänomen soll für alles verantwortlich sein. In der *) 408—411. ) 411—429, 421 f., dasselbe auch in dem Beitrage „Diesseits von Idealismus und Realismus". Kantstudien X X I V Heft 1/2, 181 f. E s ist zu beachten, daß in beiden Fällen N. H a r t m a n n selbst bezweifelt, ob diese Gedanken als .Kantisch zu bezeichnen sein dürfen". 3 ) ibid. 426. 2
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Tat aber liest man gewöhnlich das aus ihm heraus, was man im voraus hineingesteckt hat. H a r t m a n n kämpft mit gewissem Recht gegen voreingenommene Standpünktlichkeit, die der sachgemäßen Untersuchung vorangehen und dadurch die eigentliche Sachlage verdecken kann. Wir meinen aber, daß dieselbe Standpünktlichkeit im Ausgehen vom „Phänomen" steckt, durch das die Unabhängigkeit des zu erfassenden Gegenstandes nicht nur zweifelhaft wird, sondern je nach dem, wie es dem das Phänomen Beschreibenden gutdünkt, verdreht werden kann. Es ist wohl zuzugeben, daß die Anfänge des Philosophierens außer und vor dem Logischen liegen und insofern nicht Gegenstand der Beweisführung sein können. Das kann aber nur unter der Bedingung sein, daß die Anfänge jenseits von aller Bestreitbarkeit liegen. Ist das hier der Fall? Die Polemik gegen die Phänomenologen beweist gerade das Gegenteil1). Es war von vornherein klar, daß für eine „metaphysische Grundlegung" der Erkenntnis sowohl die Transzendenz als auch ihr Gegenglied in der Erkenntnis aufrecht erhalten werden mußten. Daher die viergradige Deutung des Gegenstandes, durch die das Ding an sich in dem Gewände des nur an sich Seienden auftreten konnte. Das Gewicht des Metaphysischen soll das an sich Seiende tragen, und wenngleich es der Erkenntnis nicht gänzlich zugänglich ist, sind doch seine Momente in erkenntnismäßigen Terminis ausgedrückt. Die Komponenten des Erkenntnisphänomens sind das „Bild" und der Gegenstand, dem es entsprechen oder mit dem es übereinstimmen soll. Lassen wir die der Übereinstimmungstheorie anhaftenden Schwierigkeiten einmal beiseite, so scheint uns doch, daß aus dem Phänomen mehr, als in ihm liegt, herausgelesen wird. Die Vereinfachung des Erkenntniszusammenhangs ist vielleicht recht bequem dafür, das Metaphysische in ihm zu suchen und zu finden, wenn wir aber, wie verabredet, frei von allen voreingenommenen Standpunkten urteilen wollen, so müssen wir zugeben, daß die Erkenntnis hinter dem „Bilde" keinen Gegenstand mehr hat. Das Zentrum des Problems liegt nicht in der Relation, sondern darin, woher das „ B i l d " s t a m m t . Ist es „mein Bild", d. h. ein ') ibid. 103—121.
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v o n m i r erzeugtes Bild, oder ein mir gegebenes Bild, d. h. ein von mir und meiner Erkenntnis unabhängig bestehendes Bild? E s ist offenbar, daß, sobald die Frage so gestellt wird, die hierher gehörenden Ausführungen H a r t mann s nicht weiter stimmen. Das Problem besteht also nicht in der Relation, sondern in der Bestimmung der Momente, die in Relation treten. Die Tendierung auf das ,,An-sich-Seiende" und die Transzendenz bieten noch keine Bürgschaft für das Zu-Recht-Bestehen des unter diese Frage fallenden Sachverhaltes. Ist es m e i n B i l d , so ist im voraus entschieden, daß es mit dem Gegenstande nichts zu tun hat; ist es aber ein Gegenstandsbild, dann erhebt sich sofort die Frage: Wie ist die Relation, der das andere Moment fehlt, zu verstehen ? Diese „Aporie" hat H a r t m a n n , wie es uns scheint, übersehen. Der Intuitivismus, mit dem H a r t m a n n kämpft, konnte ihn, besonders in der Wendung, die ihm von N. L o s s k y i gegeben wurde, viel Merkwürdiges über diese Relation lehren 1 ). Wenn H a r t m a n n sagt, daß das „ B i l d " als solches ein subjektives Gebilde sei, in dem das Subjekt in Beziehung zu dem Objekt trete, so wird damit das Gebiet des Gnoseologischen verlassen und das psychologische betreten. Die Psychologie des Denkens kann wohl von diesem Begriffe erfolgreichen Gebrauch machen 2 ). Wie läßt sich die oben beschriebene „Aporie" nun aber lösen? H a r t m a n n könnte es, sofern er von der Bestrebimg unserer Erkenntnis, dem Gegenstande nahe zu kommen, spricht. Wollen wir von dem Erkenntnisbewußtsein sprechen, so beginnt alles mit „unserem Bild". Die Erkenntnis kann aber nicht bei diesem Bilde stehen bleiben; sie strebt danach, ein Gegenstandsbild zu erreichen, nicht den Gegenstand als Seienden — so kann das Wahrheitsproblem nicht lauten. So sehr wir dem Kampfe H a r t m a n n s gegen den logi sehen Idealismus zustimmen, so können wir doch nicht die Meinung teilen, daß in jeglichem Sinne die These von der Übereinstimmung des Denkens mit ') N . L o s s k y i , Grundlegung des Intuitivismus. Halle 1909. ) In diesem Sinne hatte den Begriff „ B i l d " . „ O b r a s " , Professor W . W w e d e n s k y i in seiner „Psychologie ohne jede Metaphysik" schon längst verwendet. 2
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I V . Kapitel.
Das Problem der Wahrheit.
seinem Gegenstande keine Geltung behalte. Wenn z. B. N a t o r p sagt: „jede Bestimmung, die im Denken gelten soll, muß erst im Denken gesetzt werden" 1 ), so ist das hier ausgesagte Übereinstimmungsprinzip nicht abzulehnen. Die Übereinstimmung fordert aber gar nicht, daß sie ,,im Denken gesetzt" werden soll; insofern will die These des logischen Idealismus mehr, als nötig ist, beweisen. Der Gegenstand, als seiender, kann kein Glied der Erkenntnisrelation sein, wenn diese Relation auch sonst irgendwie bestünde. Nur das am Seienden, worin es zustande kommt, nur das „Mehr-als-Sein", als „Wahrheit an sich", kann zu der Erkenntnis in Beziehung stehen. Wiekann H a r t m a n n , d e r so eifrig die Gleichgültigkeit des Seins gegen Objektion betont, dasselbe Sein als Komponente der Subjekt-Objekt-Relation betrachten? „Unsere" Wahrheit kann nur erst als „Wahrheit für uns" mit der „Wahrheit an sich" zusammentreffen. Sei dem, wie es will, so ist trotzdem keine Relation am Platze. „Unser" Bild, soweit es nicht das, was ist, sondern unsere Vermutungen aussagt, befindet sich in dem Zustande des Erkenntniswerdens. Es ist noch keine Erkenntnis, sondern zielt erst darauf. Dieses Moment soll aber offenbar ausgeschlossen sein, sofern auch H a r t m a n n von der E r k e n n t n i s und dem E r k a n n t e n spricht. Dieses setzt voraus, daß es die Erkenntnis mit bereits Erkanntem zu tun hat. Was ist hier zu vergleichen ? Welche Gebilde sollen miteinander übereinstimmen? Mein B i l d gibt es nicht mehr, weil die Erkenntnis ihren Gegenstand bereits erkannt hat und alles, was von mir stammt, erledigt ist. In der Tat verläuft der Erkenntnisprozeß nicht so, daß ich , .mein Bild"mit dem Objektbild vergleiche,sondern „ m e i n " B i l d w i r d a l l m ä h l i c h vom E r k e n n t n i s b i l d e r s e t z t . Wird auch dies noch Relation genannt, so ist sie doch nicht mehr im Sinne der relationalen Wahrheit zu verstehen. Die Zweiheit, die als Ergebnis der Erkenntnisphänomenologie zu Recht besteht, drückt nur die psychologische Seite des Phänomens aus. Was die Erkenntnis-Beziehung selbst betrifft, so ist sie wohl eine Art von „Gegenüber", deren Sinn aber in der allmählichen Aufhebung dieses Gegenübers besteht. Wollen wir uns an das Phänomen ') P. N a t o r p , Die log. Grundlagen d. exakt. Wissenschaften, 46.
9- Relationalistische Theorie der W a h r h e i t . — N . Hartmann.
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der Erkenntnis, nicht aber des Erkenntnisbewußtseins halten, so ist in diesem nichts anderes zu finden als die allmähliche Überwindung des Gegenübers zwecks Zustandekommens der Ver söhnung (formal) und des Zusammenfallens (wesentlich). Sine! hier die für eine Relation im Sinne H a r t m a n n s notwendigen Bedingungen gegeben? Wir meinen: nein, solange von der Aufhebung eines für die Relation unumgänglichen Momentes gesprochen wird. Das Bild soll aufhören, „mein" Bild zu sein, damit ein Objektsbild daraus werde. Dieser Prozeß ist nicht der der R e l a t i o n , wo die Relationsmomente beide bestehen bleiben, sondern der der Elimination, wo alles Subjektive, alles, was das Zu-Erkennende nur zu „meinem" Inhalt macht, eliminiert wird, so daß die Erkenntnis mit dem Erkannten schließlich zusammen fallen muß. Die Zweiheit besteht nur da zu Recht, wo das Zu-Erkennende neben der erzielten Erkenntniseinheit noch weiter bestehen bleibt. Das Seiende, als „inhaltlich" dargestellt, ist keine Erkenntnis, sondern Vorerkenntnis, deren Merkmale H a r t m a n n für die Normen der Erkenntnis ansehen möchte. Die „Metaphysik" der Erkenntnis hat noch eine charakteristische Seite der Erkenntnis nicht hervorgehoben, wenngleich gefühlt. Das ist die Tatsache, daß das Verhältnis zwischen der Erkenntnis und dem Zu-Erkennenden in seiner Tragweite und Allseitigkeit nicht erfaßt werden kann, solange die Forschung über diese Elemente selbst nicht hinauszugehen weiß. Hier gerade spielt die Standpünktlichkeit eine Rolle, nicht aber die der voreingenommenen Vorurteile, die das Wirkliche zu sehen hindert, sondern gerade die sachgemäße, die die nötige Erweiterung des Gesichtskreises liefert. Das ist die „prinzipielle" Standpünktlichkeit, gegen die auch H a r t m a n n , s o w e i t s i e „überstandpünktlich" ist, nichts einwenden könnte. Die dialektische Natur der überstandpünktlichen Standpünktlichkeit entspricht der dialektischen Natur der Erkenntnis. Die hervorragenden Träger philosophischen Geistes haben stets bemerkt, daß die Relation zwischen der Erkenntnis und dem Zu-Erkennenden nicht in dem Rahmen derselben Relation erfaßbar ist. Denn wenn unser „ S t a n d p u n k t " in diesen gleichen Rahmen verlegt wird, so können wir den Trugschlüssen nicht entgehen, die mit
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IV. Kapitel. Das Problem der Wahrheit.
dieser Beschränktheit verbunden sind und die seinerzeit von H e g e l als Sache des „kurzen Verstandes" bezeichnet wurden. Und in der Tat, bleiben wir in diesem Rahmen, so scheint es, als ob die Erkenntnis in dem Fortschritt auf dem Felde des Erkennens bestehe. Der Begriff des Fortschrittes ist hier selbstverständlich erkenntnisstrukturell, nicht inhaltlich-materiell zu verstehen. So scheint es, wie gesagt, daß die Erkenntnis in das Gerichtetsein auf den Gegenständen den Drang nach Vorwärts aufgeht. So ist es aber nur vom „Standpunkte" der SubjektObjekt-Relation aus. P l a t o und H e g e l haben nachdrücklich darauf hingewiesen, was für ein Irrtum hier vorliegt. Jeder Schritt nach vorwärts ist eigentlich einer nach rückwärts. Auch diese Begriffe sind nicht wertphilosophisch, sondern strukturell zu verstehen. Die Theorie der avdfivrjati; und des dialektischen Kreises führen nicht die Sache der voreingenommenen Standpünktlichkeit, sondern der „überstandpünktlichen Standpünktlichkeit" 1 ). Die Relationstheorie, ganz gleich ob es sich um ein Ausgehen vom Subjekt oder umgekehrt um ein solches vom Objekt handelt — letzteres findet bei H a r t m a n n statt — ist eine einseitige, auf einem Trugschluß basierte Theorie der Wahrheit. Sie läßt unbeachtet, daß die Bedingungen der Relation sich sofort verändern, wenn wir nur über den Rahmen der Subjekt-ObjektRelation hinauszugehen versuchen. Über die Möglichkeit dieses Hinausgehens wurde oben gesagt: Die Relation zwischen Erkenntnis und Zu-Erkennendem nimmt dann eine Form der Gegensätzlichkeit an, die sich von den anderen Formen derselben durch eine bevorstehende Versöhnbarkeit unterscheidet. Diese Versöhnung ist die Beseitigung des Unerkannten, das der Erkenntnis im Wege war. Der Weg selbst aber ist gar nicht eindimensional, wie er vom „Standpunkte" des erkennenden Subjekts aus erscheint. In solchen Messungen und Qualifizierungen lebten noch die Uberreste des „Spezifisch-Menschlichen" in der Philosophie. Genau so trügerische Punkte unserer „gnoseologischen" Orientierung in der Welt, in denen das „SpezifischMenschliche" sich wieder geltend macht, sind die Begriffe von ') H e g e l , Wissenschaft d. Logik. Leipzig, Erster Teil 54 ff.
Herausgeg. von L a s s o n
1923.
g. Relationalistische Theorie der Wahrheit. — N . Hartmann.
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Subjekt und Objekt. Wir gehen dahin zurück, von wo wir ausgingen. — So etwas ergibt sich nicht aus dem „Phänomen" der Erkenntnis, sondern aus dem des Erkenntnisbewußtseins. P l a t o hat diesen Weg in der Rückkehr zu den Ideen, H e g e l in der Rückkehr zur bereicherten Thesis erblickt. Beide standen auf dem Standpunkte der Inhaltlichkeit. Im Unterschiede von ihnen, wie das nun klar sein dürfte, gründet sich die aletheiologische Auffassung auf das Aufgehen des Inhaltlichen ins Inhaltslose. Es sind Momente, an die die Dialektik nicht von außen herangebracht werden kann, sondern denen sie innewohnt 1 ). So bleibt H a r t m a n n im Gebiete der einseitigen Gegensätzlichkeit, wo offenbar keine Möglichkeit ist, das Erkenntnis-, bzw. Wahrheitsproblem zu lösen. Es ist beachtenswert, daß H a r t m a n n noch einen anderen Wahrheitsbegriff kennt, der „in manchen heutigen Theorien lebendig ist". Er hat hier den Begriff der sogenannten teleologischen Wahrheit im Auge. Obgleich diese Auffassung behauptet, daß, „unabhängig" von Wahrheit und Unwahrheit der „Erkenntnis", „das Seiende als solches noch wahr oder unwahr sein kann" 2), so meint H a r t m a n n doch, daß die Wahrheit „auch in ontologischem Sinne etwas Relationales" und „die Ubereinstimmung mit Etwas" ist 3 ). Und zwar handelt es sich um die Übereinstimmung mit dem Wert, dem Seinsollenden, dem Ideal. Der an dieser Ansicht geübten Kritik können wir nur zustimmen. Sind aber damit alle Möglichkeiten erschöpft ? Ganz und gar nicht. Es bleibt, ganz unbetroffen von dieser Kritik, noch ein anderer Wahrheitsbegriff übrig. Nach ihm wird die Wahrheit „unabhängig" von Wahrheit und Unwahrheit der Erkenntnis, und das Seiende wird nicht „wahr oder unwahr", sondern es wird das „ M e h r - a l s - S e i e n d e " , d a s k e i n „ I d e a l " o d e r „ I d e a l e s " und d o c h „ m e h r a l s R e a l e s " i s t , w e i l es ü b e r d e r G e g e n s ä t z l i c h k e i t v o n w a h r - u n w a h r s t e h t . Das ist die These des aletlieiologischen Realismus. x)
Der Begriff des Inhaltslosen blieb P l a t o ganz fremd. H e g e l aber
hat darunter etwas ganz anderes, nämlich „das noch Unentwickelte . . . im Anfang noch nicht wahrhaft Erkannte" verstanden. W . d. L., S. 56. •) H a r t m a n n , Met. d. Erkenntnis, S. 80. ») ibid. S. 81.
V. K a p i t e l .
Die Struktur der Erkenntnis. i. Aufgabe, Wesen und Struktur der Erkenntnis. Nicht das gnoseologische Problem von den Grenzen und der Tragweite der Erkenntnis hat die Lehre von der Struktur der Erkenntnis zu beschäftigen. Wie weit reicht die Erkenntnis ? und welche Bedingungen gibt es für ein Erreichen ihres Zieles? — Diese Fragen gehören zu der speziellen Untersuchung, die eine spezielle Einführung in die Aletheiologie wäre. Das Problem der Gnoseologie steckt in dem Verhältnis zwischen der Erkenntnis und dem Zu-Erkennenden. Was die Erkenntnis in Bezug auf den Gegenstand bedeutet, wie weit sie für ihn gilt, von welcher Seite und in welchem Grade der Adäquation sie ihn ergreift — alle diese und ähnliche Nebenfragen, die alle dem engeren Gebiete des eigentlichen Erkenntnisproblems angehören, müssen das innere Verhältnis zwischen jenen aufklären. Die Lehre von d e r S t r u k t u r d e r E r k e n n t n i s h a t n i c h t s damit zu tun, wie das gnoseologische Problem lautet. Doch handelt es sich auch in der Gnoseologie um Erkenntnisphänomene, und insofern ist es nicht belanglos, was sie letzten Endes ihrerseits über die Erkenntnis zu sagen hat. Wir geben zu, wie das von allen Gnoseologen behauptet wird, daß das erste, was sich uns in der Erkenntnis als solcher aufdrängt, in ihrem Bestreben besteht, das Objekt zu ergreifen. Der Gegenstand ist es, der die Erkenntnis vervollkommnet, an dem die Erkenntnis sich betätigt, in den sie mündet. Selbstverständlich kommt nicht die biologische Bestimmung der Erkenntnis hier in Betracht. Die Genesis der Erkenntnis kann sein, wie sie will; die Tatsache der Erkenntnis bleibt davon unbe-
i. Aufgabe, Wesen und Struktur der Erkenntnis.
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rührt. Diese Tatsache aber läuft darauf hinaus, daß die Erkenntnis Herr über das Zu-Erkennende werden will. Dadurch erhebt sich von selbst die Frage, wie weit ihr objektive Geltung zukommt. Der Forschungsbereich dieser Frage ist die Gnoseologie. Sie kann verschiedenartig gefaßt werden, je nachdem, was für Bedingungen für den Erfolg der Erkenntnis als günstig angesehen werden. Idealistische, realistische, subjektivistische, objektivistische, tätige und mögliche Standpunkte sind im Sinne von Hartmann „standpünktlich" oder, wie wir lieber sagen wollen, nicht „strukturell", sondern „konstruktiv". Das VOTEQOV ngoTegov, daß sich hier uns aufdrängt, besteht darin, daß das Erkenntnisproblem je nach dem, wie es zur jeweiligen Lösung der Frage passen will, „konstruiert" wird. Die Forschung wird also nicht von dem Tatbestand zu den von ihm zugelassenen Ergebnissen geführt, sondern umgekehrt von einer vorausgenommenen Lösung zu einem Ausgangspunkt, aus dem sie sich ergeben soll. Die wirkliche Sachlage bleibt dabei unberührt, weil sie wahrhaft gleichgültig gegen unsere „spezifisch-mensch liehen" Konstruktionen ist. Eine spezielle Einführung in die Aletheiologie soll „die konstruktive Gnoseologie" beseitigen, um dem Erkenntnisproblem den gebührenden Platz einzuräumen. Doch kommen, wie gesagt, alle diese Konstruktionen zur Zeit nicht mehr in Betracht. Die Aletheiologie will damit nicht sagen, daß sie gleich der Phänomenologie oder Gegenstandstheorie sich der Frage nach der Realität der Erkenntnis enthalte. Es stimmt aber nicht vollständig, wie einige meinen, daß HusserlundMeinongdiegleiche Stellung zum Rea'li tätsproblem einnehmen. H u s s e r l hält der „natürlichenEinstellung"mit ihren real-seienden Gegenständen die „phänomenologische Einstelling" entgegen; und so ist seine Stellung zu der Frage ganz klar, nämlich im Sinne einer vollständig durchgeführten Gleichgültigkeit gegen das Reale. Was aber die Gegenstandstheorie betrifft, so läßt sich die Frage nicht so einfach lösen. Es ist wahr, daß A. Meinong das von E. Mally zuerst ausgesprochene „Prinzip der Unabhängigkeit des So-Seins vom Sein" angenommen hat; doch gibt er selbst dann wieder zu, daß es sich ,,zuN u z u b i d s c , W a h r h e i t und Erkenntnisslruklur.
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IÖ2
V . Kapitel.
Die Struktur der Erkenntnis.
nächst um das „So-sein" des „Gegebenen" handelt, aber auch um dessen „ S e i n " , soweit dieses aus dem So-Sein erkennbar ist 1 ). Die Aletheiologie behauptet, daß die Frage nach der Realität der Erkenntnis eine Teilfrage von der allgemeinen Frage nach dem Realen nach Art der Wahrheit ist. Diese, als „allgemeine", soll jener, als „spezieller", vorangehen, womit der Weg der Forschung vorgezeichnet ist. Der Aletheiologie liegt es daran, die Erkenntnis nicht erst in ihrer konkreten, sondern in ihrer allgemeinen Form zu erforschen. Wenn es sich dann zeigt, daß das Allgemeine nur eine Seite des Phänomens ist, das daneben noch andere, konkrete Seiten besitzt, so wird natürlich das vom ersten Geltende seine Geltung von selbst auch auf das Konkrete erstrecken 1 ). Das Forschungsgebiet der Erkenntnis erschöpft sich nicht mit dem Inhalt der Gnoseologie. Dabei versteht sich von selbst, daß die Psychologie des Erkennens hier beiseite gelassen werden kann. Die Erkenntnis ist nicht nur das, was in ihr zum Objekt gehört. Es ist möglich und auch notwendig, sie außer der Relation zum Gegenstande zu betrachten. Sie läßt sich dabei als ebenso ein Phänomen wie der Gegenstand behandeln. Die Phänomenologie will das mit der Aufhebung der „natürlichen Einstellung" erreichen. Dagegen ist nichts einzuwenden, sofern wir nur das Eigentümlichste dieser Aufhebung dabei vor Augen haben: d a s G e r i c h t e t s e i n auf etwas. „Statt in ihnen (in Kogitationen, Thesen) 2 ) zu leben, vollziehen wir," sagt H u s s e r ! , „auf sie gerichtete Akte der Reflexion." Das ist ein weiterer Schritt zur Erkenntniserforschung; was aber die Phänomenologie ') A . M e i n o n g , Untersuch, z. Gegeustandstheorie, S. 40. Vgl. die These v o n E . M a l l y, „ D a s So-Sein eines Gegenstandes ist in seinem,.Sein" vom Sein des Gegenstandes unabhängig." Zur Gegenstandstheorie des Messens Kap. I, 3, vgl. A k o s v o n P a u l e r , „Grundlagen der Philosophie." Berlin und Leipzig 1925. 281 f. H u s s e r l , Phänomenologie 1 2 t . E s ist dabei wohl zu beachten, daß die Probleme der Gegenstandstheorie denen der Phänomenologie übrigens nahestehen. Vgl. dazu die „These von Essenz und Existenz" bei A r n o l d M e t z g e r , „ D e r Gegenstand der Erkenntnis." 1 9 2 5 . Halle, 21 f. 2 ) Ideen zur Phänom., 95.
i. Aufgabe, Wesen und Struktur der Erkenntnis.
163
sonst noch daraus für Schlüsse zieht, geht uns hier nichts mehr an (oben ist schon davon gesprochen worden). Wir fragen hier nur nach der Struktur der Erkenntnis, die allein mit dem „Gerichtetsein der Erkenntnis" nicht erschöpft zu sein scheint. Wir haben das gnoseologische Problem betreffs der objektiven Gültigkeit der Erkenntnis beiseite gelassen, weil, wie wichtig es auch immer sein mag, es doch kein Licht auf die Erkenntnisstruktur wirft. Dieser letzteren sind wir auch in dem Phänomen des Gerichtetseins um keinen Schritt näher gekommen. Was die gnoseologische Seite der Erkenntnis charakterisiert, läßt sich in dem Begriffe der Erkenntnisaufgabe zusammenfassen. Also ist das, was unter die Gnoseologie fällt, die A u f g a b e d e r E r k e n n t n i s . Daß die Erkenntnis, als spezifische Form des transzendentalen Bewußtseins, in dem Gerichtetsein auf etwas besteht, kann nicht mehr bezweifelt werden. Also gehört dies zu i h r e m W e s e n . Das Gerichtetsein auf etwas ist nicht mehr die Aufgabe, sondern das Wesen der Erkenntnis, also gehört es zum F o r s c h u n g s b e r e i c h derjenigen Disziplinen, die sich mit dem Wesen der Phänomene oder Gegenstände befassen, d. h. der Phänomenologie oder der Gegenstandstheorie. Nun ist offenbar, daß die Erkenntnis zuletzt weder in ihre Aufgabe noch in ihr Wesen völlig aufgeht. Das „Gerichtetsein" setzt das voraus, was gerichtet ist. Dabei kommt das, auf was hier die Erkenntnis „gerichtet" ist, noch nicht in Betracht. Was bei dieser letzteren Frage für gültig zu halten ist, gehört zum Bereich der Erkenntnisaufgabe. Wie ist das, „was gerichtet ist", zu verstehen? Ist das eine wiederholte Form der Subjekt-ObjektRelation oder der in ihr sich äußernden Tätigkeit und des Subjektes derselben ? Alle diese nur logischen Momente müssen wir ausschalten. Sie sind „konstruktiver" Herkunft, da sie nicht aus der eigenen Natur der Sache, sondern, im Dienste der formallogischen Relation entstanden sind. Das „Gerichtetsein" läßt sich nicht von dem scheiden, „was" gerichtet ist, weil beides nur zusammen bestehen kann. In dem Moment des „Gerichtetseins" wird aber das Problem der Richtung mit gemeint, obgleich diese beiden am wenigsten zusammenfallen dürfen. Das Moment der Richtung geht dem des Gerichtetseins voran. 11*
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V. Kapitel.
Die Struktur der Erkenntnis.
Doch liegt hier nicht wieder formallogische Konstruktion vor. Die Frage lautet: Wie ist das, was bei dem Gerichtetsein als das Moment der Richtung übrig bleibt, zu verstehen ? Das Erkenntnisphänomen läßt uns ohne Mühe bemerken, daß nicht die ganze Erkenntnis in das Gerichtetsein aufgehen darf. Wohl wird alles, was erkannt wird, zugleich von dem Moment „des Gerichtetseins" begleitet sein; nicht nur also von dem des Bewußtseins des Gegenübers, von dem N H a r t m a n n 1 ) spricht, sondern auch von dem des „Gerichtetseins". Das Moment des „Gegenübers" fällt ganz und gar in gnoseologisches Gebiet und steht in diesem Sinne auf dem Boden der „natürlichen Einstellung", wie der Phänomenologe sagen würde, oder auf dem der „versöhnbaren Gegensätzlichkeit", wie es die Aletheiologie lieber nennt. In diesem Sinne hat die Phänomenologie recht, wenn sie keinen Unterschied zwischen der Erkenntnis des Konkreten und der zu ihm gehörigen „obersten Gattungen, die den niedersten Differenzen innerhalb des Konkretums zugehören" 2 ), zugesteht. Die „eidetische Reduktion", von der wir unten zu sprechen haben werden, ändert nichts an diesem Sachverhalte, weil sie Methode der phänomenologischen Forschung, nicht aber eine Aussage über die Erkenntnisstruktur sein will. Die eidetische Wesensschauung steht ebenso im Zeichen des Gerichtetseins wie die Erkenntnis des Konkreten. Das Erkenntnisphänomen, soweit wir speziell seine Struktur beachten wollen, zeigt uns eine merkwürdige Seite, die wohl oft bemerkt wurde, deren Bedeutung aber bisher nur unzulänglich gewürdigt worden ist. Diese merkwürdige Seite an dem Erkenntnisphänomen läßt sich folgendermaßen beschreiben. Die Erkenntnis ist zugleich progressiv und regressiv. Sie richtet sich auf den Gegenstand, der ihr „gegenüber-steht", und in diesem Sinne geht die Erkenntnis nach vorwärts, progressiert, erobert immer neue und neue, bis dahin unerkannte Seiten des Zu-Erkennenden. Hier tritt die Erkenntnis als fortschreitende auf. Unter bestimmten Bedingungen, d. h. in den Termini der Gegenständlichkeit, folgt sie Schritt für Schritt dem „Vor') N. H a r t m a n n , Met. 43. 2 ) H u s s e r l , Phänom. 3of.
i. Aufgabe, Wesen und Struktur der Erkenntnis.
165
stehenden", d. i. dem „Vorgestellten", um so in seine Natur immer weiter einzudringen. Das ist aber nur die eine Seite der Erkenntnis. Die Erkenntnis strebt danach, dem Gegenstande näher zu kommen und das, was ist, so aufzufassen, wie es ist, das von ihr entworfene inhaltliche Bild preiszugeben und das Wirklichkeitsbild dafür zu erwerben. Das ist aber nicht alles. Der Fortschritt ist nur ein vom „Standpunkte" des Subjektes aus betrachtetes Phänomen. Das Erkenntnisphänomen enthält nun aber noch ein anderes Moment, noch eine „andere Richtung" dadurch, daß das Gesuchte bereits im voraus als die „Wahrheit an sich" da ist. Eigentlich ist es keine Richtung, die hier vorliegt, weil es dazu am Gegenstand fehlt, im Verhältnis zu welchem allein das „Gerichtetsein" einen Sinn hat. Die „Objekte" des „Gerichtetseins" brauchen dabei gar nicht gerade die räumlich-zeitlichen Gegenstände zu sein. Auf die „Wesen" der Phänomenologie, wie auch die „Objektive" der Gegenstandstheorie kann sich das Gerichtetsein erstrecken. Da das Wesentliche in der Tatsache des Gerichtetseins liegt, so ist der Charakter dessen, worauf die „Erkenntnis gerichtet" ist, nicht entscheidend. An sich selbst aber ist es einseitig und deshalb unzulänglich. Etwas durch darauf „Gerichtetsein" in den Erkenntnisbereich einbeziehen, heißt, es mit dem Zeichen der Wahrheit versehen, d. h. es als „so und nicht anders" Seiendes bestimmen. Die Erkenntnis als Fortschrittsphänomen, d. h. die Erkenntnis in ihrem Wesen, erschöpft nicht alles, was der Erkenntnis als Struktur zukommt. Die drei Momente also: die A u f g a b e , d a s W e s e n und die S t r u k t u r der E r k e n n t n i s — sind die Elemente, deren Gesamtheit den Erkenntnisgehalt ausmacht. Das erste fällt der Gnoseologie zu, das zweite der Phänomenologie, bzw. Gegenstandstheorie, das dritte aber der Aletheiologie. 2. Die Zweidimensionalität der Erkenntnisstruktur. Ist so vorläufig gezeigt, um WEIS es sich in der Strukturfräge handelt, so müssen wir nun näher darauf eingehen. Die Tatsache der zwei Richtungen in der Erkenntnis, wie sehr sie sich
i. Aufgabe, Wesen und Struktur der Erkenntnis.
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stehenden", d. i. dem „Vorgestellten", um so in seine Natur immer weiter einzudringen. Das ist aber nur die eine Seite der Erkenntnis. Die Erkenntnis strebt danach, dem Gegenstande näher zu kommen und das, was ist, so aufzufassen, wie es ist, das von ihr entworfene inhaltliche Bild preiszugeben und das Wirklichkeitsbild dafür zu erwerben. Das ist aber nicht alles. Der Fortschritt ist nur ein vom „Standpunkte" des Subjektes aus betrachtetes Phänomen. Das Erkenntnisphänomen enthält nun aber noch ein anderes Moment, noch eine „andere Richtung" dadurch, daß das Gesuchte bereits im voraus als die „Wahrheit an sich" da ist. Eigentlich ist es keine Richtung, die hier vorliegt, weil es dazu am Gegenstand fehlt, im Verhältnis zu welchem allein das „Gerichtetsein" einen Sinn hat. Die „Objekte" des „Gerichtetseins" brauchen dabei gar nicht gerade die räumlich-zeitlichen Gegenstände zu sein. Auf die „Wesen" der Phänomenologie, wie auch die „Objektive" der Gegenstandstheorie kann sich das Gerichtetsein erstrecken. Da das Wesentliche in der Tatsache des Gerichtetseins liegt, so ist der Charakter dessen, worauf die „Erkenntnis gerichtet" ist, nicht entscheidend. An sich selbst aber ist es einseitig und deshalb unzulänglich. Etwas durch darauf „Gerichtetsein" in den Erkenntnisbereich einbeziehen, heißt, es mit dem Zeichen der Wahrheit versehen, d. h. es als „so und nicht anders" Seiendes bestimmen. Die Erkenntnis als Fortschrittsphänomen, d. h. die Erkenntnis in ihrem Wesen, erschöpft nicht alles, was der Erkenntnis als Struktur zukommt. Die drei Momente also: die A u f g a b e , d a s W e s e n und die S t r u k t u r der E r k e n n t n i s — sind die Elemente, deren Gesamtheit den Erkenntnisgehalt ausmacht. Das erste fällt der Gnoseologie zu, das zweite der Phänomenologie, bzw. Gegenstandstheorie, das dritte aber der Aletheiologie. 2. Die Zweidimensionalität der Erkenntnisstruktur. Ist so vorläufig gezeigt, um WEIS es sich in der Strukturfräge handelt, so müssen wir nun näher darauf eingehen. Die Tatsache der zwei Richtungen in der Erkenntnis, wie sehr sie sich
i66
V. Kapitel.
Die Struktur der Erkenntnis.
auch dem Betrachter des Phänomens aufdrängt, bleibt solange unbeachtet, als ihre Wurzeln in der Wahrheit selbst nicht aufgedeckt werden. Daß es neben dem „Gerichtetsein" auf die Gegenstände noch einen Hinblick auf etwas anderes gibt, wodurch das zu Ergreifende als wirklich Soseiendes festgestellt wird, das alles genügt noch nicht. Das Phänomen kann nur Andeutungen von dem machen, was nun erst näher untersucht werden muß. Nicht mehr als eine solche Andeutung gilt uns die in dem Erkenntnisphänomen nachzuweisende Tatsache, von der oben die Rede war. Was soll dadurch nun angedeutet werden ? Es wurde der Versuch gemacht, festzustellen, daß die Erkenntnis vom Inhaltlichen zum Inhaltslosen geht. Was sie als Inhalt hat, soll in das aufgehen, was das Sosein des Seienden ist, d. h. was keinen eigenen Inhalt hat und nur das „Wie- oder So-sein" des anderen kennzeichnet. Das „Gerichtetsein" der Erkenntnis beschränkt sich auf das, was ihr und nur ihr „gegenüber"-steht, ihren Gegen-Stand ausmacht. Was sie hier findet, ist deshalb nur ein Ausschnitt aus dem Ganzen der Erkenntnis, worin viel mehr eingeht, als was ihr „gegenüber" steht. Trotzdem würde die Erkenntnis nichts sein, wenn dieses nicht wahr wäre. Gegenstandserkenntnis soll also Wahrheit sein, wobei ihre Beschränktheit in der Tatsache sich geltend macht, daß sie nur „Wahrheit für uns" sein kann. Ihrem Wesen nach fällt diese Wahrheit, wie oben festgestellt wurde, mit der „Wahrheit an sich" wohl zusammen, unterscheidet sich aber von ihr dadurch, daß sie es bei dem „Gegenüber" der Erkenntnis, trotz der Aufhebung der Inhaltlichkeit, bewenden läßt. Jetzt muß es klar sein, daß jeder Schritt vorwärts tatsächlich ein Rückschritt zu dem ist, was von Anfang an bereits war. Es leuchtet nämlich von hieraus ein, d a ß die „ W a h r h e i t an s i c h " sowohl Ziel, als a u c h V o r a u s s e t z u n g d e r E r k e n n t n i s ist. D a m i t d a ß wir, die M e n s c h e n , zu erkennen a n f a n g e n , wird das nicht erst geschaffen, was e r k a n n t w e r d e n soll. Daß es für uns noch unbekannt und deshalb erst zu erkennen ist, liefert den Ausgangspunkt nicht für die Wahrheit ,,an sich", s o n d e r n „ f ü r uns", f ü r Menschen.
2. Zweidimensionalität der Erkenntnisstruktur.
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D a ß etwas überhaupt erkannt wird, das setzt voraus, daß das Zu-Erkennende nicht erst damit entsteht, sondern vor dem besteht. A r i s t o t e l e s hat für diese schon vor ihm von Plato bemerkte Tatsache die kurze Formel des TIQOXEQOV JTQOQ r/fiäg gefunden. W a s für uns erst einsetzt, braucht darum nicht auch „an sich" erst zu entstehen. Niemand aber hat wie Plato das Wesen des hier vorliegenden Sachverhaltes erfaßt. Die berühmte Lehre von der ävdfivrjoig, wie auch sonst die Ideenlehre im Geiste des modernen Idealismus interpretiert werden mag, birgt in sich noch unabsehbare Tiefen, deren eigentlicher Sinn in die Lehre von der Erkenntnisstruktur mündet. Der Erkenntnis, als „spezifisch-menschlicher" Erscheinung, d. h. der Äußerung des zum Erkennen hinzutretenden Nicht-Erkennens, geht die Wahrheit der Ideen voran, für deren Erschauung (d. i. wahre Erkenntnis) die Befreiung von aller „spezifisch-menschlichen" Beschränktheit (also Aufhebung des Erkenntnisinhaltes) die notwendige Bedingung ist 1 ). Bolzano berücksichtigt diesen Sachverhalt, obgleich er ihm eine etwas vereinfachte Gestalt gibt. Sein Beispiel von der Zahl der Blätter, die wir noch nicht aufgezählt haben und von der wir doch wissen, daß sie so groß ist, wie sie ist, will gerade der Tatsache Ausdruck geben, daß der Erkenntnis eine an sich ganz bestimmte Sachlage vorangeht, die als noch nicht gewußt und doch als „ a n sich" bestimmt angenommen werden muß 2 ). Dieser Gedanke verbreitet sich allmählich in verschiedener Form und dringt sogar in rein gnoseologische Untersuchungen ein. Z. B . liegt er bei N. H a r t m a n n in dem Begriffe v o m „Wissen des Nichtwissens" 3 ). Wer überhaupt sich mit dem Erkenntnisphänomen befaßt, kann nicht umhin, die zweite Richtung der x)
Was die sehr wichtigen Bemerkungen Heinrich M a i e r s von der
,,realen Wahrheit" in P i a t o s Ideenlehre noch einigen Bedenken aussetzt, kann beseitigt werden, wenn die Bedeutung der Ideenlehre vom Standpunkte der Aletheiologie behandelt sein wird. E s muß übrigens bemerkt werden, daß M a i e r s Ausführungen in mehr als einer Hinsicht belehrend sind.
, , S o k r a t e s , sein Werk und sein Leben", 1915.
a)
B o l z a n o , Wissenschaftslehre I, S. 112.
3)
Das „Wissen des Nichtwissens" bei H a r t m a n n ist mit der soma-
tischen These ihrem Inhalte nach nicht zu verwechseln.
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V. Kapitel.
Die Struktur der Erkenntnis.
Erkenntnis zu bemerken. Sobald das aber geschieht, erhebt sich von selbst die Frage, was sie eigentlich bedeuten soll.. Die Aletheiologie hat alles dafür getan, diese Sachlage verständlich zu machen. Ist die „Wahrheit an sich" schon bei Beginn der Erkenntnis da und hegt es im Wesen der Erkenntnis, in der Versöhnung mit dem ihr „Gegenüber"-Stehenden zur Ergreifung der Wahrheit zu gelangen, so sind alle Bedingungen erfüllt, die Zweiheit der Erkenntnisstruktur vorher zu bestimmen. Damit ist aber nicht alles gesagt. Jetzt ist es gerade am Platze, daran zu erinnern, was oben von der Inhaltslosigkeit der ,,Wahrheit an sich" festgestellt wurde. Da wurde schon hervorgehoben, daß das Inhaltslose nichts aus sich ableiten läßt. Und der Weg, der zu ihm führt, soll und kann nur in der Rückführung bestehen. Die „Wahrheit an sich", haben wir gesehen, geht in die Zusammenstellung der Momente auf, die die a l e t h e i o l o g i s c h e D i a l e k t i k e r m ö g l i c h e n . Sie hat weder Sein noch Inhalt, und trotzdem ist sie, als So-Sein des Seienden, d. h. als das „Mehr-als-Sein" da. Sie ist das e i n z i g e R e a l e , das n i e mals z e r s t ö r t w e r d e n k a n n ; Alles was ist, ist so, wie es ist — in dieser Formulierung entgeht sie allen Gefahren, die jemals dem Realen und Wahren drohen können. Das von K a n t negativ geschilderte Ideal vom Wahrheitsbegriff, der neben dem tatsächlichen inhaltlichen Verhältnisse inhaltslos bleiben sollte, kommt hier erst zur Geltung. Nicht als weiter zu benutzende und insofern einen klaren Inhalt besitzende ist die Wahrheit als Anfang da. Ihre Inhaltslosigkeit erlaubt, zu ihr zurückzukommen, nicht aber von ihr auszugehen. Daher die Zweidimensionalität der Erkenntnis. Das ist also die in der Erkenntnisstruktur verborgene Zweiseitigkeit: das „Gerichtetsein" auf „Wahrheit für uns" und der Hinblick auf die „Wahrheit an sich". Die deutliche erkenntnismäßige Überwindung der in dem Erkenntnisphänomen gegebenen Gegensätzlichkeit ist nur möglich durch das Inhaltslose, d. h. durch die Aufhebung des eigenen Inhaltes. Auf dieser Stufe besteht Gegensätzlichkeit zwischen dem Inhalt und dem Inhaltslosen, d. h. zwischen Unkenntnis und Wahrheit. Das unbetroffene Subjekt läßt sich nicht dem zu betreffenden
3- Die Lehren von der Doppelseitigkeit der Erkenntnis.
169
Objekt entgegenstellen. Hier liegt auch keine Beziehung der Gegensätzlichkeit vor, sondern nur die der „Indifferenz". Offenbar steht nicht die Erkenntnis der Unkenntnis gegenüber, weil hier weder Logisches noch Gnoseologisches in Betracht kommt, sondern die Unkenntnis der Wahrheit, weil die Erkenntnis in die Wahrheit aufgeht. Also ist, wie gesagt, die Zweidimensionalität das wesentlichste Merkmal der Erkenntnisstruktur. 3. Die Lehren von der Doppelseitigkeit der Erkenntnis.
Die Zweidimensionalität in der Erkenntnisstruktur, von der oben gesprochen wurde, ist von allen ähnlichen Lehren wohl zu unterscheiden. Das Thema ist zu breit, um ihm hier gerecht werden zu können. Soweit es zur Verdeutlichung unserer Auffassung nötig ist, wollen wir aber einige charakteristische Merkmale hervorheben. Die Lehre von der Dualität der Erkenntnis drängt sich uns schon bei P l a t o und A r i s t o t e l e s auf. Der erste hat sie durch den Unterschied zwischen Idee und sinnlicher Erkenntnis, der zweite durch den zwischen Form und Materie ausdrücken wollen. Präzisieren wir, was jeder von ihnen mit den genannten Begriffen gemeint hat, so sehen wir sofort, daß schon die antike Zeit •— und zwar bereits bei diesen Denkern — in der Auffassung von der der Erkenntnis eigenen Dualität nicht einig war. Für P l a t o sind die beiden Momente einander entgegengesetzt. Die sinnliche Erkenntnis beeinträchtigt die echte Erkenntnis, die nur im Schauen der Idee zustande kommen kann. Wollen wir zur adäquaten Erkenntnis gelangen, so muß die sinnliche vorher überwunden sein. Das Bild ist völlig deutlich. Ebenso deutlich ist es auch, worin Aristoteles' Ansicht von der Pia tos abweicht. Form und Materie verhalten sich nicht feindselig zueinander, wie es bei P l a t o mit der Ideen und der sinnlichen Erkenntnis der Fall war, sondern sie stehen und fallen miteinander. Die Erkenntnis kommt nur bei ihrem Zusammensein zustande. Die Materie strebt nach der Form, die Form hebt die Materie durch immer neue Daseinsweisen zu sich empor. Diesem Unterschiede gemäß hielt P l a t o daran fest, einen rückläufigen Weg in der Erkenntnisstruktur anzunehmen. Die Theorie der
3- Die Lehren von der Doppelseitigkeit der Erkenntnis.
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Objekt entgegenstellen. Hier liegt auch keine Beziehung der Gegensätzlichkeit vor, sondern nur die der „Indifferenz". Offenbar steht nicht die Erkenntnis der Unkenntnis gegenüber, weil hier weder Logisches noch Gnoseologisches in Betracht kommt, sondern die Unkenntnis der Wahrheit, weil die Erkenntnis in die Wahrheit aufgeht. Also ist, wie gesagt, die Zweidimensionalität das wesentlichste Merkmal der Erkenntnisstruktur. 3. Die Lehren von der Doppelseitigkeit der Erkenntnis.
Die Zweidimensionalität in der Erkenntnisstruktur, von der oben gesprochen wurde, ist von allen ähnlichen Lehren wohl zu unterscheiden. Das Thema ist zu breit, um ihm hier gerecht werden zu können. Soweit es zur Verdeutlichung unserer Auffassung nötig ist, wollen wir aber einige charakteristische Merkmale hervorheben. Die Lehre von der Dualität der Erkenntnis drängt sich uns schon bei P l a t o und A r i s t o t e l e s auf. Der erste hat sie durch den Unterschied zwischen Idee und sinnlicher Erkenntnis, der zweite durch den zwischen Form und Materie ausdrücken wollen. Präzisieren wir, was jeder von ihnen mit den genannten Begriffen gemeint hat, so sehen wir sofort, daß schon die antike Zeit •— und zwar bereits bei diesen Denkern — in der Auffassung von der der Erkenntnis eigenen Dualität nicht einig war. Für P l a t o sind die beiden Momente einander entgegengesetzt. Die sinnliche Erkenntnis beeinträchtigt die echte Erkenntnis, die nur im Schauen der Idee zustande kommen kann. Wollen wir zur adäquaten Erkenntnis gelangen, so muß die sinnliche vorher überwunden sein. Das Bild ist völlig deutlich. Ebenso deutlich ist es auch, worin Aristoteles' Ansicht von der Pia tos abweicht. Form und Materie verhalten sich nicht feindselig zueinander, wie es bei P l a t o mit der Ideen und der sinnlichen Erkenntnis der Fall war, sondern sie stehen und fallen miteinander. Die Erkenntnis kommt nur bei ihrem Zusammensein zustande. Die Materie strebt nach der Form, die Form hebt die Materie durch immer neue Daseinsweisen zu sich empor. Diesem Unterschiede gemäß hielt P l a t o daran fest, einen rückläufigen Weg in der Erkenntnisstruktur anzunehmen. Die Theorie der
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V . Kapitel.
Die Struktur der Erkenntnis.
ává¡j.vr¡aic bietet das Beispiel dazu. D o c h ist das etwas ganz anderes als die Zweidimensionalität der Erkenntnisstruktur. Die E r k e n n t n i s ist hier e r s t auf die Dinge gerichtet und n a c h h e r auf die Ideen; obgleich es so aussieht, als ob zwei Richtungen der Erkenntnis vorliegen, handelt es sich doch tatsächlich h i e r n i c h t u m die s t r u k t u r e l l e D u a l i t ä t , sondern um ein Gerichtetsein mit veränderlicher Richtung. Die Ergebnisse, zu denen A r i s t o t e l e s gelangt, sind dadurch wichtig, d a ß hier ein Moment gesucht wird, bei dem die E r kenntnis — genauer die Beweisführung — halt machen soll. D e r zu ihm führende W e g geht dorthin zurück, w o auch die ersten A x i o m e liegen, die keines weiteren Beweises mehr bedürfen. Man sieht sofort, wie das endgültige A u f g e h e n des Form-Materie-Verhältnisses, wie es in der „ M e t a p h y s i k " dargestellt ist, der eben besprochenen These der „ A n a l y t i k e n " entspricht. Obgleich in der a r i s t o t e l i s c h e n Lehre von der Beweisführung sehr viel für die strukturelle D u a l i t ä t der Erkenntnis herauskommt, so blieb dies alles doch durch das Streben nach analytischer D e u t ü c h k e i t im D u n k e l . Die analytische Deutlichkeit des Grundsatzes soll erst durch eine lange Reihe diskursiver Reflexionen gefunden werden. Die auf das Inhaltliche gegründete strukturelle D u a l i t ä t der Erkenntnis ist also noch gar nicht geahnt. Die strukturelle D u a l i t ä t , v o n der hier im Unterschiede zu d e m Erkenntnisphänomen allein die Rede ist, ist in der Philosophie o f t behandelt worden. Meistens wurde sie als Feindseligkeit der in dieser Zweiheit begriffenen Elemente gedeutet. So gibt z. B . L e i b n i z ' Lehre v o n den zwei A r t e n der Wahrheit demselben Gedanken A u s d r u c k . I m allgemeinen bleibt auch hier die Lehre des A r i s t o t e l e s richtunggebend: D e r Unterschied zwischen tatsächlichen und ewigen Wahrheiten gründet sich, wie bekannt, auf den zwischen den Grundsätzen. E s scheint, d a ß L e i b n i z Ein der a r i s t o t e l i s c h e n Ansicht festhalten wollte, d a ß in dem R ü c k g a n g der Gedankenreihe einmal ein Moment einsetzen m u ß , das der weiteren Bestätigung und A u s f ü h r u n g nicht bedarf. Obgleich zuletzt auch dieser Unterschied in eine ewige Wahrheit der „anders-nicht-sein-könnenden" W e l t auf-
3. Die Lehre von der Doppelseitigkeit der Erkenntnis.
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geht, so wird damit doch keine für die Erkenntnisstruktur charakteristische Einheit erreicht. Faktische und ewige Wahrheit bleiben geschieden, und für ihre Einheit kann die Erkenntnis den nötigen Unterbau nicht liefern. Es war zu erwarten, daß ein Denker, der das Erkenntnisproblem der a r i s t o t e l i s c h e n Form-Materie-Konzeption anpaßte, die Frage nach der Erkenntnisstruktur in den Vordergrund rückte. Nicht die Frage also nach der Aufgabe oder dem Wesen, sondern die nach der Struktur der Erkenntnis. Dieser Denker war K a n t . Angenommen, wie L a s k behauptet, daß K a n t die aristotelisch-scholastische Konzeption von Form-Materie durch seine k o p e r n i k a n i s c h e Tat durchaus verändert hat, so bleibt doch bestehen, daß K a n t die Wahrheit der Erkenntnis nur unter der gegenseitigen Wirkung von Gegenstand und Erkenntnis für möglich gehalten hat. Die in der Relation der Erkenntnis und des Zu-Erkennenden bestehende Gegensätzlichkeit blieb für K a n t kein Geheimnis. Ihre Versöhnung aber sieht er nicht in dem Begriffe des Gegenstandes als solchen, sondern in der gegenstandsbezogenen Rollenverteilung zwischen der von außen stammenden Materie und der von innen hinzukommenden Form. K a n t würde niemals zugeben: „man darf unbedenklich sagen, räumlich-zeitliche Gegenstände s i n d Wahrheiten" 1 ), ohne die Einschränkung hinzuzufügen, daß die Feststellung dieser Wahrheiten zweiseitig bedingt ist. In der Einheit, die die Wahrheit darstellt, kommt die k an tische Grundansicht zum Ausdruck, daß es, außer der in der Gegenständlichkeit herrschenden Wahrheit, keine zu ihr irgendwie sich verhaltende Erkenntnis gibt. In diesem Sinne ist Gegenstand — Wahrheit. Die Frage aber, die wir nun aufwerfen müssen, lautet: Wie ist die in der Gegenständlichkeit sich darbietende Wahrheit beschaffen ? Und man muß auf diese Frage unzweideutig antworten: Die Wahrheit ist aus dem Apriorischen und dem Aposteriorischen zusammengesetzt. Nicht die „Wahrheit an sich", die nachher in der Erkenntnis als „Wahrheit für uns" sich herausstellt, wird als Erkenntnisbedingung vorausgesetzt. Der Versöhnung der in der L a s k , Die Logik der Philosophie und die Kategorienlehre, 1911. Tübingen 40.
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V . Kapitel.
Die Struktur der Erkenntnis.
Erkenntnis auftretenden Gegensätzlichkeit wußte K a n t nur durch die Verteilung der Rollen beim Aufbau der Erfahrung zu genügen. Daher kennt er nicht Rücksichtnahme auf die „Wahrheit an sich" und infolgedessen auf die Dualität der Erkenntnisstruktur, sondern nur „Restringierung" der Erkenntnisformen auf das bestimmte Erkenntnismaterial und infolgedessen die Annahme der „zwei Quellen der Erkenntnis" 1 ). Tatsächlich stand auch K a n t auf dem Standpunkt der strukturellen Dualität der Erkenntnis. Wie könnte es anders sein ? Da die transzendentale Analytik „die Logik der Wahrheit" sein wollte und die wahre Erkenntnis nur in der Durchführung ihrer Regeln bestehen sollte, so stand es außer Zweifel, daß jeder Erkenntnisfortschritt von vornherein bestimmt war. Darin, und nicht in dem Zusammenstimmen oder Nicht-Zusammenstimmen der an der Erkenntniswahrheit beteiligten Elemente, lag ihre Bedeutung — wie es N. H a r t m a n n behauptet, der die These von den zwei Erkenntnisquellen für seine Lehre von Wahrheitskriterium benutzen will. Als ob diese Elemente — wie schon erwähnt—mit einander jemals nicht übereinstimmen könntenl Es gibt keine zwei Quellen der Erkenntnis,sondern zwei Richtungen, die von der Veränderlichkeit der einen Erkenntnisrichtung, wie sie bei P l a t o vorliegt, streng zu unterscheiden sind. Als strukturelle Phänomene sind sie zugleich tätig, wodurch jede Tatsache, wie auch die räumlich und zeitlich begrenzte, an der Überzeitlichkeit und -Räumlichkeit der Wahrheit teil hat Wer die Aufgabe der transzendentalen Philosophie, die allgemeinen und notwendigen Urteile zu begründen, im Auge behält, dem muß es ganz klar werden, daß die Lehre von Form-Materie als zwei Erkenntnisquellen gerade das in K a n t s System war, was seiner Aufgabe nicht mehr entsprach. 4. Erkenntnisstruktur und das Problem der Denkprinzipien.
Ist unsere Lehre von der Erkenntnisstruktur mehr oder weniger begründet, so kommt es jetzt darauf an, zu sehen, welche Probleme mit der Zweiheit der Erkenntnis verbunden sind. Es *) H a r t m a n n , Met. d. E .
421t.
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V . Kapitel.
Die Struktur der Erkenntnis.
Erkenntnis auftretenden Gegensätzlichkeit wußte K a n t nur durch die Verteilung der Rollen beim Aufbau der Erfahrung zu genügen. Daher kennt er nicht Rücksichtnahme auf die „Wahrheit an sich" und infolgedessen auf die Dualität der Erkenntnisstruktur, sondern nur „Restringierung" der Erkenntnisformen auf das bestimmte Erkenntnismaterial und infolgedessen die Annahme der „zwei Quellen der Erkenntnis" 1 ). Tatsächlich stand auch K a n t auf dem Standpunkt der strukturellen Dualität der Erkenntnis. Wie könnte es anders sein ? Da die transzendentale Analytik „die Logik der Wahrheit" sein wollte und die wahre Erkenntnis nur in der Durchführung ihrer Regeln bestehen sollte, so stand es außer Zweifel, daß jeder Erkenntnisfortschritt von vornherein bestimmt war. Darin, und nicht in dem Zusammenstimmen oder Nicht-Zusammenstimmen der an der Erkenntniswahrheit beteiligten Elemente, lag ihre Bedeutung — wie es N. H a r t m a n n behauptet, der die These von den zwei Erkenntnisquellen für seine Lehre von Wahrheitskriterium benutzen will. Als ob diese Elemente — wie schon erwähnt—mit einander jemals nicht übereinstimmen könntenl Es gibt keine zwei Quellen der Erkenntnis,sondern zwei Richtungen, die von der Veränderlichkeit der einen Erkenntnisrichtung, wie sie bei P l a t o vorliegt, streng zu unterscheiden sind. Als strukturelle Phänomene sind sie zugleich tätig, wodurch jede Tatsache, wie auch die räumlich und zeitlich begrenzte, an der Überzeitlichkeit und -Räumlichkeit der Wahrheit teil hat Wer die Aufgabe der transzendentalen Philosophie, die allgemeinen und notwendigen Urteile zu begründen, im Auge behält, dem muß es ganz klar werden, daß die Lehre von Form-Materie als zwei Erkenntnisquellen gerade das in K a n t s System war, was seiner Aufgabe nicht mehr entsprach. 4. Erkenntnisstruktur und das Problem der Denkprinzipien.
Ist unsere Lehre von der Erkenntnisstruktur mehr oder weniger begründet, so kommt es jetzt darauf an, zu sehen, welche Probleme mit der Zweiheit der Erkenntnis verbunden sind. Es *) H a r t m a n n , Met. d. E .
421t.
4- E r k e n n t n i s s t r u k t u r und das P r o b l e m der Denkprinzipien.
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ist von vornherein zuzugeben, daß, wenn jedes Gedankenphänomen als aus zwei Momenten bestehend betrachtet wird, die ganze Logik demgemäß bearbeitet werden muß. E i n e a l l g e m e i n e Einführung in die Aletheiologie kann selbstverständlich dieser Aufgabe nicht Genüge leisten. Es muß einer weiteren Ausführung vorbehalten bleiben, die Lehre von Begriff, Urteil und Schluß, wie auch die von der Methode zu behandeln. Jetzt haben wir schließlich nur das hervorzuheben, was zur Verdeutlichung des in dieser Abhandlung Vorgetragenen dient und andererseits für die folgenden Untersuchungen vorbereitende und prinzipielle Bedeutung hat. Es scheint uns nun, daß die mit der Dualität der Erkenntnis verknüpften Probleme, die der Grundsätze und der Grundmethode sind. Die Grundsätze müssen uns zeigen, wie in der Zweiheit der Erkenntnisstruktur das „An sich" und „Für uns" in „Berührung" miteinander kommen. Insofern müssen auch sie an der D u a l i t ä t teilhaben. Das Problem der Grundmethode aber behandelt etwas allgemeinere Fragen in Bezug auf die Methode, durch die das Inhaltliche zum Inhaltslosen zurückgeführt wird, d. h. die Met h o d e d e r R e d u k t i o n . Wenden wir uns zuerst dem Problem der Grundsätze zu. 5. Die Dualität der Denkprinzipien. Man kann sagen, daß es in der reichhaltigen logischen Literatur kaum zwei Lehrbücher gibt, die betreffs dieser Fragen einverstanden wären. Für die Klärung dieser verwickelten und beinahe hoffnungslosen Situation kann der Hinweis genügen, daß die Prinzipien des Denkens bald am Anfang der Logik, bald in der Mitte usf. erörtert werden. Diese planlose Umstellung weist auf das Schwanken hin, das bezüglich dieser Frage in der Logik herrscht. Es gibt Logiker, die die Lehre über die Prinzipien des Denkens für völlig unstatthaft im Gebiete ihrer Wissenschaft halten 1 ). Nach all diesem hat A. P f ä n d e r mit Recht in *) So z. B. Wilhelm K o p p e l m a n n ,
der m e i n t , d a ß m a n für jene
Gesetze innerhalb der eigenen A n s c h a u u n g e n eigentlich „keine V e r w e n dung h a t und ihnen nur bei irgendeiner G e l e g e n h e i t seine R e v e r e n z erweist, weil nun einmal dem Menschen das, was g r a u
vor A l t e r ist, für
4- E r k e n n t n i s s t r u k t u r und das P r o b l e m der Denkprinzipien.
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ist von vornherein zuzugeben, daß, wenn jedes Gedankenphänomen als aus zwei Momenten bestehend betrachtet wird, die ganze Logik demgemäß bearbeitet werden muß. E i n e a l l g e m e i n e Einführung in die Aletheiologie kann selbstverständlich dieser Aufgabe nicht Genüge leisten. Es muß einer weiteren Ausführung vorbehalten bleiben, die Lehre von Begriff, Urteil und Schluß, wie auch die von der Methode zu behandeln. Jetzt haben wir schließlich nur das hervorzuheben, was zur Verdeutlichung des in dieser Abhandlung Vorgetragenen dient und andererseits für die folgenden Untersuchungen vorbereitende und prinzipielle Bedeutung hat. Es scheint uns nun, daß die mit der Dualität der Erkenntnis verknüpften Probleme, die der Grundsätze und der Grundmethode sind. Die Grundsätze müssen uns zeigen, wie in der Zweiheit der Erkenntnisstruktur das „An sich" und „Für uns" in „Berührung" miteinander kommen. Insofern müssen auch sie an der D u a l i t ä t teilhaben. Das Problem der Grundmethode aber behandelt etwas allgemeinere Fragen in Bezug auf die Methode, durch die das Inhaltliche zum Inhaltslosen zurückgeführt wird, d. h. die Met h o d e d e r R e d u k t i o n . Wenden wir uns zuerst dem Problem der Grundsätze zu. 5. Die Dualität der Denkprinzipien. Man kann sagen, daß es in der reichhaltigen logischen Literatur kaum zwei Lehrbücher gibt, die betreffs dieser Fragen einverstanden wären. Für die Klärung dieser verwickelten und beinahe hoffnungslosen Situation kann der Hinweis genügen, daß die Prinzipien des Denkens bald am Anfang der Logik, bald in der Mitte usf. erörtert werden. Diese planlose Umstellung weist auf das Schwanken hin, das bezüglich dieser Frage in der Logik herrscht. Es gibt Logiker, die die Lehre über die Prinzipien des Denkens für völlig unstatthaft im Gebiete ihrer Wissenschaft halten 1 ). Nach all diesem hat A. P f ä n d e r mit Recht in *) So z. B. Wilhelm K o p p e l m a n n ,
der m e i n t , d a ß m a n für jene
Gesetze innerhalb der eigenen A n s c h a u u n g e n eigentlich „keine V e r w e n dung h a t und ihnen nur bei irgendeiner G e l e g e n h e i t seine R e v e r e n z erweist, weil nun einmal dem Menschen das, was g r a u
vor A l t e r ist, für
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Die Struktur der Erkenntnis.
seiner „ L o g i k " geschrieben, daß „die Lehre von den obersten logischen Grundsätzen noch bis heute ein recht trübes, wirres und verdorrtes Kapitel der Logik bleibt" 1 ). Dieses Schwanken in der Logik in Bezug auf die Behandlungsmethode wie auch in der Abschätzung eines und desselben Elementes, weist jedenfalls darauf hin, daß die der modernen Logik zu Gebote stehenden Mittel für die Lösung des genannten Problems nicht ausreichen. Die Möglichkeit freilich ist zuzugeben, daß das Problem der Prinzipien aus der Logik vollständig verbannt werden könnte. Das wäre die prinzipielle Stellung der Frage, und die dazu dienenden Argumente könnten näher geprüft und untersucht werden. Es wird aber auch der Fall nicht ausgeschlossen sein, daß, falls diese Argumente sich als unhaltbar erweisen, die Verleugnung dieses Elementes irgendwie zu rechtfertigen sei. Die Unfähigkeit der modernen Logik aber, den Denkprinzipien einen bestimmten Ort anzuweisen, ist ein Zeichen der inneren Unhaltbarkeit der logischen Forschung überhaupt und ihres Mangels an einer bestimmten Richtschnur. Der allgemeingültige Charakter dieser Behauptung läßt sich nicht durch einige Versuche, in der Art etwa von B. E r d m a n n s Logik, erschüttern 2 ). Wie läßt es sich aber sonst erklären, daß jahrhundertelang die Lehre von den Denkprinzipien mit dem Gebäude der Logik unabtrennbar verwachsen war ? Es ist hier nicht der Platz, sich in historische Forschungen zu vertiefen; aber ohne weiteres ist es doch klar, daß die Lehre von den Denkprinzipien samt anderen logischen Elementen nicht zufällig entstanden ist. Worin soll der Sinn eines logischen Grundsatzes bestehen ? Es leuchtet sofort ein, daß ein Gedanke, wenn er richtig gefaßt beilig gilt." Auch die Meinungsverschiedenheit, die hinsichtlich dieser Gesetze in der Logik herrscht, scheint dem Verfasser als die Bestätigung seiner Ansicht. Der Umstand, daß die einen ihnen „metaphysische B e deutung" zuschreiben, die anderen sie mehr oder weniger „unverblümt für elende Tautologien erklären und so weiter, verrät deutlich, wie sehr die Logik noch im Dunklen t a p p t . " Wilhelm K o p p e l m a n n , Untersuch, zur Logik d. Gegenwart I I , I, S. 80. *) A . P f ä n d e r , Logik, S. 189. Halle 1 9 2 1 . B . E r d m a n n , Logik, I. Band 2 3 7 — 5 5 u. a.
Halle 1907.
5- Die Dualität der Denkprinzipien.
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ist, diesen Grundsätzen entsprechen und sie verwirklichen muß. Das genügt aber selbstverständlich nicht. Damit wird nur die formelle Charakteristik gegeben: wenn ein Gesetz vorliegt, so soll es erfüllt werden. So weit ist noch nichts Wesentliches gesagt. Nun gilt es zu zeigen, daß das Problem zwei wesentliche Momente enthält. Das erste kann durch die Betonung der Tatsache bezeichnet werden, daß im Gebiete der Logik kein außergesetzlicher Gedanke Platz hat. Und damit ist zugleich das andere Moment berührt, nämlich die Frage, wie das Gesetz das Ganze alles Gedachten durchdringt. Wer das Problem der Denkprinzipien aus dem Gebiete der logischen Arbeit ausschließen will, der muß beweisen, daß es Denkphänomene gibt, die mit diesen Gesetzen nichts gemeinsam haben. Doch wird das nicht so leicht gewagt werden; denn jedes Stück der Gedankenwelt sträubt sich dagegen. Es ist zwar möglich, daß jemand den Satz aufstellt: die in der gewöhnlichen Logik dargestellten Gesetze träfen in der Wirklichkeit nicht zu. In dieser Wendimg wird der Streit sowohl zulässig als auch verständlich ; von da ist es aber noch weit bis zur Annahme der Möglichkeit des außer-gesetzlichen ordentlichen Denkens. Also kommt es hier nicht zur prinzipiellen Aufhebung des Problems — wie das manchmal angenommen wird — sondern nur zu einer auf demselben prinzipiellen Boden geleiteten Auseinandersetzung. Das die Grenze der formalen Logik überschreitende Gesetz des Denkens ist doch ein Gesetz! Was heißt es nun, daß es außergesetzliche Gedanken nicht gebe ? — Daß der Gedanke so und nicht anders sein kann, d. h., daß er in dieser und nicht in anderer Form ablaufen kann. Aber auch damit verlassen wir nicht den Rahmen der formellen Betrachtung des Problems. Wir könnten uns nur in dem Falle für befriedigt erklären, daß dieses „Nicht-anders-sein-können" irgendwie innerlich abgeleitet und gerechtfertigt wäre. Die Prinzipien des Denkens erfüllen diese Bedingung nicht, sondern, da die Gedanken von Anfang an ihnen unterstehen sollen, so sind sie im voraus schon da. Gerade das ist der Sinn von ,,Prinzipien", die zugleich chronologisch und inhaltlich „das erste" bedeuten.
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Vom Standpunkte der Aletheiologie aus stehen Erkenntnis und Zu-Erkennendes nicht einander entgegen, sondern bilden ein einheitliches Ganzes, d. h. der Gedanke und das Gedachte bilden einen Zusammenhang, dessen eine Seite uns das zeigt, was ist, dessen andere aber die Tatsache zum Ausdruck bringt, daß das Seiende so ist, wie es ist. Wir meinen, daß diese Fragestellung allein imstande ist, das Problem der Denkprinzipien von den Schwierigkeiten zu entlasten, die ihm sonst unvermeidlich sind. Wäre in Wirklichkeit der Gedanke ontologisch und gnoseologisch von dem Gedachten getrennt, dann würde jede Möglichkeit aufhören, diese Frage zu lösen. Auf dem Boden der Gegensätzlichkeit werden auch die Denkprinzipien einseitig betrachtet, d. h. sie werden entweder dem Sein oder dem Denken zugeschrieben. Die ontologische Logik des A r i s t o t e l e s wußte noch nicht, diese zwei Momente voneinander zu trennen, und obgleich eine durchgeführte Zusammenhangstheorie bei ihm nicht zu finden ist so halten doch in seiner Logik die Formen des Seins mit denen des Denkens immer gleichen Schritt. Nachdem aber die stoische Umformung und Vereinfachung des aristotelischen Werkes den echten Geist aus ihm herausgetrieben und es des belebenden Zusammenhanges des Denkenden mit dem Seienden beraubt hatte, blieben diese beiden Momente voneinander geschieden und einander als heterogene Phänomene entgegengesetzt. Die ganze nachfolgende Zeit hindurch (darunter ist nicht nur das Mittelalter, sondern auch die Neuzeit zu verstehen), hat das logische Denken den Charakter, den es bei den Stoikern erhalten hat, bewahrt. Es wurde nun prinzipiell angenommen, und darin bestand die richtunggebende Überzeugung, daß Sein und Denken disparate, heterogene Phänomene sind, die zueinander nur in ein äußerliches Verhältnis treten können. Danach wird das Denken ein selbständiges Untersuchungsobjekt, und es sollten nun seine Natur im Ganzen wie auch seine Prinzipien auf Grund dieser Selbständigkeit erforscht werden. Nun war es offenbar, daß es keinen Gedanken gibt, der sich „außer" den Denkprinzipien behaupten könnte. Doch schien es nicht so leicht, nachzuweisen, welchen Denkphänomen sie ausschließlich zugeschrieben werden könnten. Hier beginnt die traurige Geschichte des ungeheu-
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ren Schwankens in der Stellungnahme gegenüber den Denkprinzipien. Für die Klarlegung der Sachlage in der neuesten Logik könnte Pfänders Standpunkt genügen, da derselbe ein auffallendes Beispiel dafür liefert, in welche Verlegenheit das logische Denken auch dann geraten kann, wenn es der Notwendigkeit, den realen Sachverhalt als Grund der wahren Urteile beizubringen, sich deutlich bewußt ist. A. P f ä n d e r hat die Denkprinzipien als Sätze über die Wahrheit und Falschheit der Urteile dargestellt. Die Art und Weise, wie er diese Frage behandeln will, äußert sich in der Behauptung, daß „ein Urteil aus sich selbst weder eine Erkenntnis noch ein Irrtum ist; sowohl die Erkenntnis als auch der Irrtum bedürfen notwendig der Ersichtlichkeit eines außerhalb ihrer gelegenen zureichenden Grundes1). Was hier vom Satz vom Grunde gesagt wird, ist auch in Bezug auf die anderen logischen Grundsätze charakteristisch, deren gemeinsamer Sinn darauf hinausläuft, daß, in der Sphäre des Gedankens bleibend, wir aller Möglichkeit beraubt sind, zur richtigen Abschätzung der Urteile zu gelangen. Der Verfasser bemerkt nicht, in welchen Widerspruch er verfällt, wenn er für das als problematisch erklärte Urteil den „ersichtlich erfaßten Sachverhalt" als Grund fordert. Wodurch könnte dieser als Grund zu benutzende Sachverhalt „ersichtlich erfaßt" werden? Es ist ganz richtig, daß „ein Urteil aus sich selbst weder eine Erkenntnis noch ein Irrtum ist", aber das trifft nur deshalb zu, weil es überhaupt keine „Urteile aus sich selbst" gibt. An sich gibt es auch kein „Äußeres" oder „Inneres" im Gebiete der zwischen Sein und Denken obwaltenden Relation. Diese Unterscheidung gründet sich auf Absonderung des Seienden vom Gedanken. Es liegt im Interesse des sachgemäßen Verständnisses des Problems der Denkprinzipien, die Einseitigkeit sowohl des Realismus als auch des Anthropologismus zu überwinden. Kommen die Denkprinzipien allen logischen Elementen zu, dem Begriffe, dem Urteil und dem Schlüsse, so liegt die Versuchung nahe, diese Prinzipien im Zusammenhange bald mit dem einen, bald mit dem anderen von diesen Elementen zu behandeln. Die aus ihrem natürlichen Orte ausgewiesenen Denk') A. P f ä n d e r , Logik, III. Abschnitt. N u z u b i d s e , W a h r h e i t und Erkenntnisstruktur.
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prinzipiell können in der Logik bis heute keinen festen Anwendungs- und Betrachtungspunkt finden, und die fortschreitende Verwirrung in dieser Hinsicht ist der Ausdruck nicht des Mangels an einer formal-methodologischen Systematik, sondern des radikalen Fehlers, welcher der Behandlung der prinzipiellen Fragen der modernen Logik zu Grunde liegt. Das Seiende läßt sich nicht graduell zerlegen. Es gibt — der kantischen Ansicht entgegen — keine Stufen der Realität. Alles Seiende ist so, wie es ist, und in diesem Momente des So-Seins kommt das Sein dem Denken entgegen. Nach dem Gesagten ist es wohl überflüssig, nochmals darauf hinzuweisen, daß dieses Sosein aletheiologischer, nicht ontologischer Natur ist. Liegt es infolgedessen außer der Zeitlichkeit, so wird damit das Entwicklungsmoment doch nicht aufgehoben, obgleich das Prinzip des Soseins sich mit dem des „Nicht-anders-sein-könnens" verbindet ; dieses letztere steht aber gar nicht der in der Zeitlichkeit sich entfaltenden Veränderung im Wege. Also befindet sich die in der Richtung des Fortschrittes liegende Entwicklung außer jeder Gefahr. Der Unterschied zwischen dem ontologischen und aletheiologischen Moment soll vor solchem Mißverständnis warnen. Was dabei allererst in Angriff zu nehmen ist, ist die Auffindung des naturgemäßen Anwendungsbereiches für die Denkprinzipien. Die D e n k p r i n z i p i e n nehmen den Ort ein, wo das Gedachte und der Gedanke sich t r e f f e n . Deshalb gehören sie weder v ö l l i g der Sphäre des Seins, noch der des Gedankens an; der ersten nicht, weil sie das ,,Mehr-als Sein" ausdrücken, der zweiten auch nicht, weil sie für den Gedanken als Gesetzgeber auftreten. Folglich befinden sich die Denkprinzipien, wie g e s a g t , zwischen dem Seienden und dem Gedanken und s i n d dazu b e s t i m m t , vom ersten zum zweiten die B r ü c k e zu schlagen. Daraus folgt der universelle Charakter ihrer Geltung, der in der Tatsache zum Ausdruck kommt, daß es keinen außergesetzlichen Gedanken gibt. Sie sind schon bei Beginn des Denkens da, und, den ganzen Bereich der Denkentfaltung umfassend, dienen sie zugleich zum Endziel derselben. Diese zweifache Geltung gründet
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sich ihrerseits darauf, daß das „Mehr- als Sein", als reale Wahrhat, sich nach zwei Seiten offenbart: als „Wahrheit an sich" und „Wahrheit für uns". Im ersten Falle ist sie der Ausgangspunkt der Erkenntnis, im zweiten — das Ziel derselben. Da der ganze Spielraum der Erkenntnis zwischen diesen beiden Momenten liegt, so bleibt die Erkenntnis von den Denkprinzipien umschlossen, und also sind diese für den ganzen Umfang der Erkenntnis maßgebend. Dies sind die Resultate, zu denen wir vom Standpunkt des aletheiologischen Realismus aus gelangen. Sie können selbstverständlich die völlige Lösung des ganzen oben erwähnten Problems nicht beanspruchen. Ist aber die Möglichkeit einer neuen Fragestellung hinsichtlich der Denkprinzipien sichergestellt, so kann damit wenigstens das Wichtigste als erreicht gelten. Jetzt müssen wir noch zeigen, wie die Denkprinzipien selbst sich auf dem beschriebenen Grunde darstellen lassen. 6. Neue Darstellung der Denkprinzipien. Aus der Tatsache, daß die Denkprinzipien den Ubergang vom Sein zum Gedanken bilden, folgt, daß es zwischen ihnen keinen Geltungsunterschied gibt. Sie dienen alle nur zur Ermöglichung dieses Überganges, und ihre verschiedene Charakteristik hängt davon ab, von welchem Standpunkte aus sie angesehen werden, von dem des Seins oder dem des Denkens, a) Die These: „Alles ist so, wie es ist", die für uns grundlegend war, findet in dem Prinzip des Soseins ihren Ausdruck. Vermutlich gehört der traditionelle Satz der Identität hierher. Die Schwierigkeiten, die sich nicht nur auf die Form, sondern auch auf den Inhalt desselben beziehen, sind nach allem oben Erwähnten leicht zu verstehen. Dieses Prinzip, außerhalb der oben ihm zugewiesenen Bedingungen gestellt, wurde augenscheinlich des ihm gebührenden Anwendungsgebietes beraubt, und soweit seine Begründung in der Sphäre des vom Sein gelösten Denkens versucht wurde, hatte dies Unternehmen im voraus verspielt. Was durfte wohl unter solchen Bedingungen als „Identisches" betrachtet werden ? Und welchen Sinn konnte überhaupt eine so gemeinte Identität 12*
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sich ihrerseits darauf, daß das „Mehr- als Sein", als reale Wahrhat, sich nach zwei Seiten offenbart: als „Wahrheit an sich" und „Wahrheit für uns". Im ersten Falle ist sie der Ausgangspunkt der Erkenntnis, im zweiten — das Ziel derselben. Da der ganze Spielraum der Erkenntnis zwischen diesen beiden Momenten liegt, so bleibt die Erkenntnis von den Denkprinzipien umschlossen, und also sind diese für den ganzen Umfang der Erkenntnis maßgebend. Dies sind die Resultate, zu denen wir vom Standpunkt des aletheiologischen Realismus aus gelangen. Sie können selbstverständlich die völlige Lösung des ganzen oben erwähnten Problems nicht beanspruchen. Ist aber die Möglichkeit einer neuen Fragestellung hinsichtlich der Denkprinzipien sichergestellt, so kann damit wenigstens das Wichtigste als erreicht gelten. Jetzt müssen wir noch zeigen, wie die Denkprinzipien selbst sich auf dem beschriebenen Grunde darstellen lassen. 6. Neue Darstellung der Denkprinzipien. Aus der Tatsache, daß die Denkprinzipien den Ubergang vom Sein zum Gedanken bilden, folgt, daß es zwischen ihnen keinen Geltungsunterschied gibt. Sie dienen alle nur zur Ermöglichung dieses Überganges, und ihre verschiedene Charakteristik hängt davon ab, von welchem Standpunkte aus sie angesehen werden, von dem des Seins oder dem des Denkens, a) Die These: „Alles ist so, wie es ist", die für uns grundlegend war, findet in dem Prinzip des Soseins ihren Ausdruck. Vermutlich gehört der traditionelle Satz der Identität hierher. Die Schwierigkeiten, die sich nicht nur auf die Form, sondern auch auf den Inhalt desselben beziehen, sind nach allem oben Erwähnten leicht zu verstehen. Dieses Prinzip, außerhalb der oben ihm zugewiesenen Bedingungen gestellt, wurde augenscheinlich des ihm gebührenden Anwendungsgebietes beraubt, und soweit seine Begründung in der Sphäre des vom Sein gelösten Denkens versucht wurde, hatte dies Unternehmen im voraus verspielt. Was durfte wohl unter solchen Bedingungen als „Identisches" betrachtet werden ? Und welchen Sinn konnte überhaupt eine so gemeinte Identität 12*
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haben? Identität ist keine gedankliche Konzeption, wenn ihr Inhalt bis zu Ende durchdacht wird. Insofern ist die übliche Annahme unhaltbar, daß diese und ähnliche Kategorien den Gegenstand der gedanklichen Aktivität bilden. Diese Ansicht bringt den ihr zu Grunde liegenden Mangel zum Vorschein, an dem das gesamte logische Denken gegenwärtig leidet: Als ob es eine Identität, Verschiedenheit usw. außerhalb der identischen, verschiedenen usw. Gegenstände gebe! Die der Philosophie geläufigen mannigfachen Darstellungsweisen dieser Ansicht sind ein Anzeichen dafür, daß die Philosophie sich des hier aufgewiesenen Mangels selbst mehr oder weniger bewußt war. Doch bleiben sie alle unzureichend, solange der zu Grunde liegende Fehler verborgen bleibt. Es wurde oben betont, daß jedes Seiende nur im Zusammenhange mit dem „Mehr-als Seienden" bestehen kann. Der Ausdruck dieses Umstandes wurde andererseits wieder in dem Prinzip des,,,Soseins" erblickt. Es wäre aber eine unzulässige Einseitigkeit, die in diesem Prinzip ausgedrückte Bestimmtheit als ein einzeln zu betrachtendes Phänomen zu verstehen. Das Sein ist kein einfaches Problem, und seine Züge eindimensional zu verstehen, wobei der zu seinem Wesen gehörigen mannigfachen Verflechtung keine Rechnung getragen wird, ist keine Vereinfachung, sondern nur eine Verfälschung der Sachlage. Die Bestimmtheit jedes Stückes des Seienden ist zugleich die Mitbestimmtheit jedes anderen, mit dem es in ontologische Berührung kommt. Insofern ist das Seiende nicht einfach, sondern mannigfach gegeben: darin soll der tiefgreifende Sinn des Hegelschen Satzes liegen, daß das Sein und sein Anders-sein gleich seien1). Andererseits ist seit einiger Zeit die Unterscheidung zwischen dem Logischen und dem Ontologischen üblich geworden, die allem Anschein nach darauf zielt, das logische Verfahren vor der Verwechslung mit dem ontologischen zu schützen. Ontologisch betrachtet sind der Gegenstand und die Erkenntnis als zwei gleichwertige Geschehnisse da, und gerade darin soll H e g e l , Wissenschaft der Logik. Teil, S. 104—110.
Leipzig 1923.
L a s s o n , Erster
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letzten Endes der eigentliche Sinn der „Gegenständlichkeit" bestehen. Der standpünktliche Mangel der ganzen bisherigen Philosophie drückt sich darin aus, daß sie diesen Begriff v o r z ü g l i c h vom S e i e n d e n g e b r a u c h t hat. Als ob das Phänomen des Erkennens, als ontologische Tatsache, im minderen Grade dem Seinsphänomen entgegensteht. Auf der Linie der Ontologie, d. h. im Schoß des Seienden, gibt es keinen Unterschied zwischen den einander entgegenstehenden Elementen. In diesem Sinne ist jedes Element des Seienden, möge es auch der Sphäre der Erkenntniserscheinungen angehören, ein Gegen-Stand in Bezug auf andere Seinselemente. Insofern ist jene Beschränkung auf die Philosophie, die Erkenntniserscheinungen belegt, einseitig und unberechtigt1). Geben wir irgendeinem Elemente des Seienden den Vorzug, so haben wir damit den ontologischen Boden verlassen und den der Gnoseologie betreten. Kur hier geraten die Elemente des Seienden in ein spezifisches Verhältnis, da hier das eine hervorgehoben werden soll, um dem anderen einen Sinn zu verleihen. Wenn, ontologisch betrachtet, alle Seinselemente einander entgegenstehen, soll hier dagegen das eine in Bezug auf das andere v o r - und nicht gegen-gestellt sein, damit die Erkenntnis als solche zustanden kommen könne. So sind diese Begriffe zu korrigieren, um sie für die Aletheiologie verwendbar zu machen. Die Denkprinzipien gehören, wie das oben gezeigt wurde, weder dem Seienden als solchen noch dem Bereiche des Gedankens an. Folglich sind sie weder ontologische noch logische Gesetze, und, als der Sphäre des Aletheiologischen angehörend, weisen sie auf die tatsächliche Sachlage hin, wo Sein und Denken auf dem Grunde des ,,Nicht-anders-sein-könnens" sich als einheitliches Phänomen erweisen. Ist dem so, dann verliert der alte Begriff des „Gesetzes" jeden Sinn. Es wäre angemessener, an seine Stelle den Begriff des Prinzips zu setzen, der die in ihm liegenden zwei Bedeutungen beibehalten kann. Wie ist das zu verstehen? In Bezug auf das Gedankliche enthält der Begriff des Prinzips wohl zwei Seiten: einmal bedeutet er, was als „erstes" in der Reihe der Geschehnisse den anfänglichen Platz einnimmt, l)
Vgl. Kap. I.
1-3. 12 * *
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die zweite Bedeutung desselben Begriffes bezieht sich auf seine Geltung und Würde. Bei der Behandlung des Gedanklichen ist keine der beiden Seiten zu entbehren; und die Denkprinzipien sind also nach ihrer Lage und nach ihrer Geltung die ersten. Der Satz, daß die Denkprinzipien der Reihe nach die ersten sind, will behaupten, daß das Denken als gedanklicher Aufbau in diesen Prinzipien sich offenbart. Sind die Denkprinzipien zum Grade formaler Forderungen herabgesetzt, so wird dadurch die Tatsache des Gedanklichen aufgehoben, weil das Anfangsmoment des Gedankenaufbaues dabei abgeschnitten wird. Die normative Haltung der Logik kümmert sich um diese Fragen nicht, und die formalistische Betrachtung hält es für möglich, die Denkgesetze, als Normen, von der Tatsache des Gedanklichen abzusondern und sie einander (als Tatsache und Norm) entgegenzustellen. Haben wir aber die Denkprinzipien für den Anfang des Denkens erklärt, so ist damit die Auffassung des Sachverhaltes von Grund aus geändert, indem das, wovon auszugehen ist, nicht als formelle Forderung, sondern als inhaltsvolle Grundtatsache betrachtet werden muß. Daher braucht der Gedanke nicht Normen, denen er um der Wahrhaftigkeit willen gehorchen will, sondern einen Boden, worauf sein Gebäude errichtet werden kann. Es gibt also, vom Standpunkte der Aletheiologie aus, keine Norm und kein Gesetz des Denkens; und insofern verliert der unfruchtbare und endlose Streit über den normativen Charakter der Denkgesetze jeden Sinn. Die Tatsache des Gedanklichen ist folglich mit den Denkprinzipien als ihrem Ausgangsmomente verbunden; und gerade das will der Satz über die Priorität dieser Prinzipien vom Standpunkte der Reihe besagen. Daran ist aufs engste die andere Priorität geknüpft, die die Geltung der Prinzipien betrifft. Der Gedanke kann und soll gerade das ausdrücken, was als ,,Mehr-alsSeiendes" mit dem Seienden gegeben ist. Damit ist der Geltungsbereich der Prinzipien umschrieben. Somit ist sichergestellt, daß die Denkprinzipien, wenn sie in der oben beschriebenen Weise verstanden werden, am fernsten von dem liegen, was die Logik entweder als Normen oder als natürliche Anlage zu bezeichnen pflegt. Vom Standpunkte des
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aletheiologischen Realismus aus ist schon die bloße Möglichkeit solcher Fragestellung aufgehoben. Das erste Denkprinzip muß also als Prinzip des So-seins bezeichnet werden. Es umfaßt vollständig jenes „Mehr-als-Seiende", welches besagt, daß alles, was ist, so ist, wie es ist. Als solches kann es zur selben Zeit nicht anders sein als so, wie es ist. Dies letztere findet seinen Ausdruck in dem anderen Prinzip, nämlich in dem Prinzip des „Nicht-anders-sein-könnens". Die überlieferte Form des Denkgesetzes, die als Satz der Identität bekannt ist, wollte offenbar etwas Verwandtes zu dem durch das Prinzip des Soseins Gemeinten darstellen. Inwiefern ihm das gelungen ist, kann hier nicht in Betracht kommen. Nach allem oben Gesagten ist es nun klar, daß dieser, vom realen Boden losgelöste, wenn gleich in der Form eines Gesetzes auftretende Satz nicht ausreicht. Ähnlich steht es auch mit dem zweiten Denkprinzip, dem des „Nicht-anders-sein-könnens". Der sogenannte Satz des Widerspruches schien dazu bestimmt zu sein, die Unhaltbarkeit eines mit widersprechenden Merkmalen versehenen Phänomens festzustellen. Der Satz war sehr einschränkend formuliert, und obgleich ein Gedanke nicht nur bei kontradiktorischem, sondern auch bei konträren Merkmalen unzulässig ist, bestand jene Formulierung nur auf dem ersten Fall. Solange dem Seienden die Bestimmtheit, als Ausdruck seines Soseins, anhaftet, ist damit auch die Mitbestimmtheit des Anderen postuliert. Diese Mitbestimmtheit des Anderen darf nicht der Bestimmtheit des ersten gleichgesetzt werden. Das Prinzip des Soseins erstreckt sich nicht so weit, um die Vergleichbarkeit zweier und mehrerer Phänomene zu gewährleisten. Das wollte der formalistische Satz der Identität leisten, wodurch H e g e l ein glänzender Anlaß zu einer vernichtenden Kritik dargeboten war 1 ). Damit soll nicht gesagt sein, daß das Prinzip des Soseins nur bis zu einer gewissen Grenze gelte, jenseits deren es durch ein anderes Prinzip ersetzt werden muß. Nach dem oben Gesagten steht es fest, daß es im Gebiete des „Mehr-als-Seienden", wo der eigentliche Spielraum für den Gedankenaufbau sich offenbart, keine Schranken und kein Jenl)
H e g e l , W. d. L o g i k , Z w e i t e r T e i l .
I-eipzig 1923, S. 48—62.
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seits oder Diesseits gibt. Das Eigentümliche dieses Gebietes äußert sich darin, daß die Realität ihm in einem spezifischen Sinne, im Sinne der Wahrheit zukommt. Dieses aletheiologische Reale läßt sich in keine abgesonderte Elemente zerlegen. Deshalb soll die Sachlage nicht etwa so vorgestellt werden, als ob es eine bestimmte Gruppe Phänomene gebe, angesichts derer nur ein bestimmtes Prinzip gültig und tätig sein kann. Gewiß nicht! Die Unterscheidung und Aufzählung der Gesetze hatte nur da einen Sinn, wo sie, als Regeln und Normen, dem gehorchenden Bewußtsein vorgelegt und vorgeschrieben wurden. Wo aber die Denkprinzipien nur die Tatsache zum Vorschein bringen, wodurch die Denkbarkeit des Seienden zustande kommt, da müssen sie nicht mehr als Regeln, sondern als Vehikel des Gedankens betrachtet werden. Im eigentlichen Sinne des Wortes, wie gesagt, gibt es kein Gesetz des Denkens. Wo die tatsächliche Möglichkeit des Gedankens sichergestellt ist, da ist alles beigebracht, was der Gedanke braucht. Was für einen Sinn könnten noch die „Denkgesetze" beanspruchen ? Folglich schließt dieselbe Tatsache, die in dem Prinzip des Soseins sich ausdrückt, die Notwendigkeit der anderweitigen Betrachtung ein. Je mehr das Prinzip des So-Seins aktuell hervortritt, desto klarer wird das Prinzip des „Nicht-anders-seinkönnens". Wenn das Seiende mit dem anderen in Berührung kommt, so wird es in diesem anderen sogar als sein Anderssein auftauchen. Es gibt also kein „Anderssein überhaupt", weil diese Möglichkeit im voraus durch das „Sosein" aufgehoben ist; sondern „sein Anders-sein", gibt es, in dem das Soseiende (und folglich das Bestimmtseiende) sich nochmals bestätigt. Die dialektische Logik kam fast soweit, dieses verborgene Moment ans Tageslicht zu bringen, und es wäre wohl geschehen, wenn Hegels scharfsinniger Blick von dem in der Wahrheitsweise gegebenen „Mehr-als Seienden" nicht zufällig abgelenkt worden wäre1). Verfolgen wir weiter, wie die anderen Denkprinzipien auf dem Grunde des aletheiologischen Realismus zu deuten seien, so treffen wir den Zustand, wo Etwas entweder ist oder nicht *) H e g e l , Enzyklop. d. phil. W . § 1 1 8 — 2 0 . Wissenschaft d. Logik, I.e.
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ist. Solange dieses „entweder-oder" sich auf Grund des Bestimmtseienden behauptet, ist jede andere Möglichkeit innerhalb des Seins und Nichtseins ausgeschlossen. Dieselbe Bestimmtheit hebt zugleich die Zulässigkeit irgendeines anderen außer dem Bestimmtseienden auf. Betreffs der überlieferten Form des Satzes vom ausgeschlossenen Dritten lautet die Antwort so, daß außer der Bejahung und Verneinung kein drittes Moment gerechtfertigt werden kann. Als ob von Bejahung und Verneinung außer dem zu Bejahenden und Verneinenden die Rede sein könnte?! Angenommen, daß dem auch so ist, wie es die überlieferte Form will, so bleibt doch unklar, woher dieses Dritte genommen werden soll. Dieses unberechtigte Dritte hat auch manchmal den Gegnern der formalen Logik gestattet, an diesem Moment erfolgreiche Kritik zu üben. Es gibt kein Drittes, sogar wenn wir auf dem Grunde des überlieferten Denkgesetzes stehen bleiben. Die verschiedenen Formulierungen des Satzes können nicht den Umstand aufzeigen, in Bezug auf welchen dieses dritte Moment sich auffinden ließe, Wenden wir uns z. B. der Logik von Alexander P f ä n d e r , als einer der neuesten, zu, so finden wir da die folgende Formulierung des Satzes: „Falls das eine von zwei einander kontradiktorisch entgegengesetzten Urteilen falsch ist, ist notwendig das a n d e r e w a h r " 1 ) . Auch hier ist und kann keine Rede von einem Dritten sein: das eine oder das andere — das sind die .Betätigungsmöglichkeiten des auswählenden Denkens. Der Fehler, den Alexander P f ä n d e r mit allen anderen Logikern teilt, besteht in der Annahme, daß die Denkgesetze sich in dieser oder jener logischen Form (in diesem Falle in Form eines Urteils) ausdrücken lassen. Die Selbsttäuschung, die darin liegt, ist aus der Tatsache entsprungen, daß die Denkprinzipien, dem ganzen Gebiete des Gedanklichen innewohnend, in diesem oder jenem Zusammenhang auftreten und dementsprechend diese oder jene Gestalt annehmen. Der Aufgabe aber, die Natur der Prinzipien klarzulegen, kann nicht durch den Hinweis auf diese Tatsache Genüge geleistet werden, sondern nur vermittelst der Untersuchung über die Stellung der Prinzipien in dem ganzen Bau des Gedanklichen. Die Forscher, die sich um diese allgemeine l
) A. P f ä n d e r , op. cit. 224.
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Fragestellung nicht bekümmern, sehen den Wald vor Bäumen nicht und verschließen sich den Weg, welcher zum Ausgangspunkt alles Denkens führt. Jedes Seinsstück, als verwirklichte Bestimmtheit, steht dem ganzen Universum entgegen. Leibniz, Hegel und alle anderen Vertreter der organischen Weltansicht haben mit dieser für sie offenkundigen Tatsache das intime Band zwischen den entgegengesetzten Weltelementen, jeder nach eigener Art, ausgedrückt. Der „kurze Verstand" der formalen Logik konnte nicht hoch genug steigen, um dieses intime Band zu erschauen. Für letztere ist diese Entgegensetzung der Art, daß das Zustandekommen oder die Bejahung des einen zur Aufhebung oder Verneinung des anderen führen muß und nichts weiter. Diesen Umstand in der Form einer gedanklichen Norm auszudrücken, war dem Satze des ausgeschlossenen Dritten überlassen. Der Umstand, daß diese Entgegenstellung bei Leibniz das wechselseitige Widerspiegeln der einander entgegenstehenden Elemente ergibt und insofern gerade in dieser Entgegensetzung ein positives Moment eingeführt wird, daß ferner bei Hegel das „Andersseiende" nicht als „Anderssein überhaupt", sondern als „sein Anderssein" gilt, wodurch die Negation positive Kraft erhält — das alles geht leider für die „gegensätzliche" Logik verloren. Deshalb enthält die Formel „S" ist „P" oder „S" ist nicht „P" keinen greifbaren Inhalt. In solcher Formulierung stellt das Urteil nichts anderes dar als einen Sonderfall des allgemeinen Urteils: „Etwas ist oder ist nicht" und teilt mit ihm die Gefahr der Inhaltsleerheit. Diese Formel soll durch die andere „S ist P oderNon-P" ersetzt werden. Der Unterschied zwischen diesen beiden Formeln tritt am klarsten hervor, wenn wir darauf acht geben, daß im ersten Falle der Urteilsakt, im anderen aber der Urteilsgegenstand zum Forschungsobjekt wird. Dort haben wir es mit zwei Akten der Bejahung und Verneinung zu tun, hier aber, außerhalb dieser nur die betreffenden Akte charakterisierenden Entgegenstellung, bleibt die Qualität des einen bestimmten Sachverhalt ausdrückenden Urteiles unverändert. So drückt der Satz nicht die kontradiktorische Beziehung zwischen zwei Urteilsakten („ent-
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weder ist oder ist nicht") aus, sondern das Bestimmtsein dieses Seinsstückes, worin „P" und ,,Non-P" nicht nur als entgegen-, sondern zugleich als „zusammengestellte Elemente", eingehen. Jedes Element des Seienden, wie das oben ausdrücklich betont wurde, steht dem ganzen Universum entgegen, aber das ist keine leere Gegensätzlichkeit, wo das sinnlose „Entweder-Oder" maßgebend ist, sondern jener aletheiologische Zusammenhang, wo das Negative zur Bestätigung des Positiven dienen soll. Um des Bestimmtwerdens willen kann sich der Gedanke eines negativen Begriffes nicht bedienen, weil dieser selbst seiner Natur nach von Hause aus unbestimmt ist. Deshalb liegt das Ziel des dem P entgegengestellten „Non-P" nicht darin, das negative Prädikat mit ,,S" zusammenzubringen, weil das ,,Non-P" an sich ein unselbtändiges Phänomen bleibt, das nur dann einen Sinn enthält, wenn das P aus dem Bereiche der möglichen Prädikate abgezogen ist. Sofern wir unsere Untersuchung von jeglicher „spezifischmenschlichen" Färbung frei halten und es nicht mit dem allmählichen Aufsuchen dieser oder jener Möglichkeit (wo das „entweder-oder" zu seinem Rechte kommt), sondern mit dem aletheiologisch aufgefaßten „P" und „Non-P" zu tun haben, stehen letztere nicht als gleichwertige, sondern als die Bestimmtheit des ,,S" behauptende Momente da. Die formalistische Logik war in diese positive Geltung des Negativen nicht eingeweiht, dem zufolge erzählte sie vom ausgeschlossenen Dritten, das wie ein Gespenst hinter dem Rücken von Position und Negation herumschleicht. Es geht aus dem Dargestellten aufs klarste hervor, daß es keinen Satz des a u s g e s c h l o s s e n e n D r i t t e n gibt. Das Prinzip, welches hier der Gedanke meint, kann als P r i n z i p der B e s t i m m t h e i t charakterisiert werden. Um seinen eigentlichen Sinn zu erfassen, muß man die Beschränkung der gegensätzlichen Logik überwinden und sich die positive Geltung des Negativen klarmachen. Wem das versagt ist, dem ist der Eintritt zum sachgemäßen Verständnis der Prinzipien verschlossen. Wollen wir unsere Untersuchung auf die bisherige Fragestellung einschränken, so bleibt uns noch ein Prinzip — das des Grundes — ebenso kurz wie die anderen zu betrachten.
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V . Kapitel.
Die Struktur der Erkenntnis.
Falls der Satz vom Grunde nur das besagen will, daß jeder Gedanke zureichend begründet sein soll, so ist dadurch so viel wie nichts gesagt. Der Schwerpunkt des Gedankens liegt nicht in den Beweisen des guten Willens, immer berechtigt und begründet zu Denken, sondern darin, die Möglichkeit und Erfüllbarkeit aufzufinden, wo und wie der Gedanke dieser Forderung gerecht werden kann. Wie kann der leere Satz, daß jeder Gedanke einen zureichenden Grund besitzen soll, für ein Gesetz gelten, wenn nicht bestimmt und deutlich aufgewiesen wird: i. was es heißt, daß der Gedanke einen Grund haben soll, und, 2. wann und nach welchem Maßstab dieser Grund für zureichend erklärt werden kann. Es mangelt der überlieferten Form des Satzes an beiden aufgewiesenen Momenten, weswegen sie entweder jeden Sinn verliert oder sich in eine nichtssagende Tautologie verwandelt. Wenn die objektiven Merkmale der Begründung nicht aufgewiesen sind, wie wird man die Frage, ob der Grund zureichend ist, entscheiden können. Gerade hier eröffnet sich ein breiter Spielraum für die zügellose Willkür, dit alles für zureichend erklären kann, was ihr erwünscht ist. Der Satz des Grundes kann nur alsdann Sinn und Geltung erhalten, wenn sein Inhalt im Einklang mit dem realen Sachverhalt dargestellt ist. Worin kann dieser Einklang bestehen ? Das reale Geschehen ist letzten Endes der ontologische Boden der Erkenntnis, weil der Gedanke außer dem Zustandekommen des Realen keinen Anlaß zum Entstehen haben könnte. E s m u ß e t w a s s e i n , um e r k a n n t zu s e i n — das ist der echte Sinn des Satzes vom Grunde. Wie dieses Sein, inhaltlich betrachtet, zum Erkenntnisgegenstand wird, davon kann hier nicht die Rede sein, aber die Tatsache selbst, daß das Seiende dem Gedanken vorangehen soll, ist der Grundstein, auf dem die Denkbarkeit des Seienden ruht. Ursache und Wirkung einerseits, Grund und Folge andererseits — das sind nach der herkömmlichen Ansicht die Elemente, die man als zwei parallel verlaufende Erscheinungsreihen behandelt. Nach S c h o p e n h a u e r ist diese Unterscheidung so tief in der Logik eingewurzelt, daß sogar die neuesten Verfasser sich davon nicht befreit haben. Trotzdem ist diese Ansicht voll-
6. N e u e Darstellung der Denkprinzipien.
ständig falsch. Die Lehre von dem parallel verlaufenden Reihen des Seins und Denkens steht und fällt mit der Übereinstimmungstheorie der Wahrheit. Hier aber, wo dieser Standpunkt prinzipiell abgewiesen und die Denkprinzipien für die Vermittler zwischen dem Sein und der Erkenntnis erklärt sind, muß die oben beschriebene Tatsache irgendwie anders angegeben werden. Ontologisch haben wir es mit dem Denken zu tun, was nur dann möglich ist, wenn ihm etwas als Tatsache entgegensteht. Ist darin einer der grundlegenden Umstünde enthalten, so muß der Satz vom Grunde als das P r i n z i p der G e g e n s t ä n d l i c h k e i t charakterisiert werden. Bei Aufzählung der verschiedenen transzendentalen Erkenntnisbedingungen hat K a n t die wichtigste von ihnen außer acht gelassen: den Erkenntnisgegenstand selbst. Wir drücken diesen Satz, wie darauf schon oben hingewiesen wurde, in folgender These aus: e t w a s m u ß d a s e i n , um e r k a n n t z u w e r d e n . Damit ist keine allgemeine und insofern nichtssagende, sondern eine inhaltliche Definition des Prinzips gegeben 1 ). E s unterliegt keinem Zweifel, daß es keine bestimmte Zahl von Denkprinzipien geben kann. Die Seiten der Gegenständlichkeit sowohl als des Vorgestelltseins sind keinesfalls ein für allemal bestimmt. Es gibt also keine Tafel der Prinzipien, wie das die transzendentale Fragestellung zu fordern pflegt. Haben wir unsere Untersuchung doch auf die vier Prinzipien beschränkt, so ist damit nur der überlieferten Logik Genüge geleistet, was selbstverständlich nicht verbietet, den aletheiologischen Standpunkt auch in Bezug auf andere mögliche Modifikationen der Prinzipien anzuwenden. Dem gegenständlichen „Gerichtetsein", als dem Wesen der Erkenntnis, entspricht eine Seite ihrer Struktur. Es lag uns daran zu zeigen, daß außerdem die Erkenntnis noch anders „gerichtet" ist. Die Duplizität der Erkenntnis kommt in den Denkprinzipien zum Ausdruck. Die spezielle Behandlung dieser Prinzipien wie auch die Auseinandersetzung mit den gegenwärtigen Auffassungen wird dem Folgenden vorbehalten. ') W i e
uns scheint, t a d e l t gerade diese nichtssagende,
Charakteristik des S a t z e s v o n Grunde, Johannes v . K r i e s . Tübingen
1916,
S. 58.
allgemeine Vgl. Logik.
V. Kapitel.
Die Struktur der Erkenntnis.
7. Erkenntnisstruktur der
und das Problem
Grundmethode.
Nach der Erörterung der Erkenntnisstruktur und der mit ihr verbundenen Denkprinzipien ist die Aufgabe der Grundmethode erleichtert. Das „Mehr-als-Seiende", d. h. das aletheiologisch Reale, dessen Wesen in dem Sosein des Seienden besteht, geht der Erkenntnis voran und liegt der Erkenntnis als übergegensätzliche „Wahrheit an sich" zu Grunde. Fortschreitend in tatsächlichem Werden blickt die Erkenntnis auf sie hin. Die „Wahrheit an sich" ist zugleich das Ziel und der Ausgangspunkt der Erkenntnis. Die Duplizität der Erkenntnisstruktur ist keine „Fiktion" für die Erklärung eines komplizierten Sachverhaltes, kein Orientierungsmittel, sondern eine Tatsache des Erkenntnisphänomens, soweit wir unbefangen im serer eigenen Gedanken bewußt werden wollen. Der ganze Bau der Logik soll zeigen, wie die Duplizität der Erkenntnisstruktur in allen logischen Elementen zum Ausdruck kommt. Daher kann und soll die Logik als objektive und subjektive dargestellt werden. Oben war festgestellt, daß es vom Vorlogischen her keinen ableitenden Weg gibt. Die Vermittelungsrolle, die den Denkprinzipien zugewiesen wurde, bedeutet nicht, daß in ihnen dieser Weg etwa irgendwie vorliegt. Die Denkprinzipien sind keine des weiteren Beweises nicht mehr bedürfenden Axiome 1 ). So könnten sie gelten in der Logik des Aris totele s, wo die zu Grunde liegende Wahrheit ontologisiert (vgl. oben) oder bei D e s c a r t e s , wo die Beweisführung formal-analytisch orientiert war. Die Denkprinzipien sind nur die Äußerung der Duplizität der Erkenntnisstruktur, in der die Möglichkeit des Weges noch nicht gemeint ist. Die auf die Inhaltlichkeit basierten Logiken, obgleich sie erfaßt haben, daß die Beweisführung irgendwie auf das Zugrundeliegende zurückgeführt werden muß, haben dieses letztere als inhaltliches Axiom aufgefaßt. Der zurückführende 1)
Hier liegt der Kern des Unterschiedes zwischen der hier und bei
P a u l e r dargestellten Auffassung der Denkprinzipien. Vgl. P a u l e r , Die Grundlagen der Philosophie, 1925.
Berlin.
7- Erkenntnisstruktur und das Problem der Grundmethode.
191
oder reduzierende Weg soll die Methode der R e d u k t i o n genannt werden 1 ). Entsprechend der Zweidimensionalität der Erkenntnisstruktur zerfällt auch die Methodologie in zwei Teile: Die Ableitungs- oder Übergangsmethode, d. h. die Deduktion und Induktion, und Rückführungsmethode oder die Reduktion. Die ersten zeigen den Weg der Erkenntnis, soweit sie fortschreitend auf den Gegenstand gerichtet ist. Zwei Momente sind hier charakteristisch : die Ableitung und der Übergang. Zwischen ihnen gibt es keinen prinzipiellen Unterschied. Sie sind nur Momente des inneren Sachverhaltes. Deshalb ist es Sache der Logik, die Gleichwertigkeit von Induktion und Deduktion aufzuweisen. Die auf die Aletheiologie gegründete Logik muß den seit langer Zeit üblichen Vorzug der Deduktion vor der Induktion wie auch die in der empiristischen Logik der Neuzeit hinzukommende umgekehrte Überschätzung der Induktion preisgeben. Beide Methoden stehen ganz gleichwertig der Reduktion gegenüber. Das Verhältnis zwischen den Methoden soll nicht logisch verstanden werden. Dann würde die Sache ungefähr so herauskommen, als ob die Reduktion die Grundmethode wäre, deren Spezies die der Deduktion und Induktion sind. Das verträgt sich nicht damit, daß die Instanz, im Verhältnis zu der die Reduktion sich betätigt, vorlogisch ist. Hier liegt überhaupt kein logisches Moment vor. Die Situation darf nicht so aufgefaßt werden, daß die Induktion und Deduktion erst außer der Reduktion wirken, zu der sie später eingeführt werden können. Die Duplizität der Erkenntnisstruktur hat uns belehrt, daß beide Momente untrennbar sind und daß der Fortschritt der Erkenntnis schon im Hinblick auf „Wahrheit an sich" geschieht Das k a n t i s c h e „nicht unter", sondern „in ihr", als Charakte') In meiner Abhandlung „Bolzano und Wissenschaftslehre", 1 9 1 3 M o s k a u (russ ), habe ich bereits die These von der Reduktion als philosophischer Grundmethode aufgestellt Nachher habe ich in meinem ,,Lehrbuch der L o g i k " , T i f l i s 1922 (georgisch), dieselbe Methode ausführlicher dargelegt E s freut mich, daß jetzt A k o s v o n P a u l e r auf Grund eines verwandten Gedankenganges zu denselben Resultaten kommt Akos von P a u l e r , Grundlagen der Philosophie, Berlin und Leipzig 1925, S 7 — 1 7
192
V . Kapitel.
Die Struktur der Erkenntnis.
ristik der nicht logischen Relation, liegt hier an der Hand, mit dem Zusätze freilich, daß dieses „in ihr" dann weiterhin ein „zu ihr" wird. Dem Ausdruck dieses „zu ihr" dient die Methode der Reduktion. 8 . D i e D e u t u n g e n der Methode der
Reduktion.
Die auf die Aletheiologie begründete Logik hat die komplizierte Aufgabe zu lösen, die strukturelle Duplizität der Er-< kenntnis für alle logischen Phänomene durchzuführen. Dem kann, wie gesagt, nur durch Herstellung des hegelschen Prinzips der objektiven neben der subjektiven Logik Genüge geleistet werden. Tatsächlich wird sie die Logik des Gegensätzlichen und des Ubergegensätzlichen werden. Hier sei nur schließlich kurz darauf hingewiesen, wie der Begriff der Reduktion auch anders ausgedeutet werden kann. a) L o g i s c h e D e u t u n g der R e d u k t i o n . Als solche hat sie S i g w a r t in seiner Logik behandelt. Im Vergleich mit gewöhnlichen, in dem Schlußverfahren üblichen Arten, unterscheidet sie sich bei ihm nicht als neben den anderem bestehende Methode. Der logische Zusammenhang läßt sich selbstverständlich verschieden betrachten. Wir können von den Prämissen zum Schluß oder umgekehrt von den Schlüssen zu den Prämissen fortschreiten. Prinzipiell Eigentümlichem begegnen wir dabei nicht. Es handelt sich um bestimmte Beziehungen, die sich verschiedenartig modifizieren lassen, wobei alles im Rahmen des Logischen bleibt, insofern der logische Begriff der Reduktion vollständig im Rückschluß aufgeht und weiter nichts bedeutet1). b) P h ä n o m e n o l o g i s c h e oder e i d e t i s c h e R e d u k t i o n . Die Zusammenstellung der beiden Arten von Reduktion darf nicht Bedenken erregen. Dem Wesen nach haben wir es in beiden Fällen mit demselben Phänomen zu tun. Handelt es sich um „Wesens-Allgemeinheit" oder um „transzendental-gereinigtes Bewußtsein", die Hauptsache liegt doch nicht in ihnen, sondern in der „Überführung", die dabei bezweckt wird. Dasselbe gilt auch in Bezug auf alle Ausgangsmomente der Reduktion. Ob l
) S i g w a r t , Logik, Tübingen, 1924.
II. B . § 82, S. 298—306.
192
V . Kapitel.
Die Struktur der Erkenntnis.
ristik der nicht logischen Relation, liegt hier an der Hand, mit dem Zusätze freilich, daß dieses „in ihr" dann weiterhin ein „zu ihr" wird. Dem Ausdruck dieses „zu ihr" dient die Methode der Reduktion. 8 . D i e D e u t u n g e n der Methode der
Reduktion.
Die auf die Aletheiologie begründete Logik hat die komplizierte Aufgabe zu lösen, die strukturelle Duplizität der Er-< kenntnis für alle logischen Phänomene durchzuführen. Dem kann, wie gesagt, nur durch Herstellung des hegelschen Prinzips der objektiven neben der subjektiven Logik Genüge geleistet werden. Tatsächlich wird sie die Logik des Gegensätzlichen und des Ubergegensätzlichen werden. Hier sei nur schließlich kurz darauf hingewiesen, wie der Begriff der Reduktion auch anders ausgedeutet werden kann. a) L o g i s c h e D e u t u n g der R e d u k t i o n . Als solche hat sie S i g w a r t in seiner Logik behandelt. Im Vergleich mit gewöhnlichen, in dem Schlußverfahren üblichen Arten, unterscheidet sie sich bei ihm nicht als neben den anderem bestehende Methode. Der logische Zusammenhang läßt sich selbstverständlich verschieden betrachten. Wir können von den Prämissen zum Schluß oder umgekehrt von den Schlüssen zu den Prämissen fortschreiten. Prinzipiell Eigentümlichem begegnen wir dabei nicht. Es handelt sich um bestimmte Beziehungen, die sich verschiedenartig modifizieren lassen, wobei alles im Rahmen des Logischen bleibt, insofern der logische Begriff der Reduktion vollständig im Rückschluß aufgeht und weiter nichts bedeutet1). b) P h ä n o m e n o l o g i s c h e oder e i d e t i s c h e R e d u k t i o n . Die Zusammenstellung der beiden Arten von Reduktion darf nicht Bedenken erregen. Dem Wesen nach haben wir es in beiden Fällen mit demselben Phänomen zu tun. Handelt es sich um „Wesens-Allgemeinheit" oder um „transzendental-gereinigtes Bewußtsein", die Hauptsache liegt doch nicht in ihnen, sondern in der „Überführung", die dabei bezweckt wird. Dasselbe gilt auch in Bezug auf alle Ausgangsmomente der Reduktion. Ob l
) S i g w a r t , Logik, Tübingen, 1924.
II. B . § 82, S. 298—306.
8. Die Deutungen der Methode der Reduktion.
193
es ein konkretes Bewußtseinsphänomen ist oder ein individuelles Ereignis überhaupt, das ändert nichts daran, daß die Aufgabe der Reduktion stets dieselbe bleibt 1 ). Im Unterschiede zur logischen liegt in der phänomenologischen Reduktion eine ganz eigenartige und bestimmte Methode vor. Daß es sich hier nicht um die Erkenntnisstruktur, sondern um die Forschungsmethode handelt, liegt klar zutage. Besonders wenn wir beachten, welcher Zusammenhang zwischen der „Reflexion" und der „Reduktion" besteht. Nicht für die Erkenntnis selbst ist die Reduktion ausschlaggebend, sondern erst für die Reflexion in Bezug auf die Erkenntnis8). Der Sachverhalt für die Phänomenologie liegt, wie bekannt, folgendermaßen : Die Erkenntnis ist auf die Gegenstände gerichtet — das ist die natürliche Einstellung, die eingeklammert werden muß, damit die „Reflexion" möglich wird3). Nicht also zusammen mit dem „Gerichtetsein" auf Gegenstände, als Äußerung der strukturellen Duplizität, sondern prinzipiell außer dem „Gerichtetsein", d. h. nach seiner Aufhebung, wird die Reduktion hier möglich. Auch hier also finden wir, wie es zu erwarten war, die Lehre von der Reduktion im Sinne einer philosophischen Grundmethode dargelegt4). c) D i e R e d u k t i o n als Methode der P h i l o s o p h i e . Die Reduktion als eigentliche Methode der Philosophie ist von Pauler dargestellt worden. Er meint, daß sie „mehr als eine spezielle Form des Schlußverfahrens" sei. Sie ist nach ihm ein gerade so „selbständiges Untersuchungsverfahren, wie es die Induktion und Deduktion sind". „Ist die Induktion die Methode der Wirklichkeitswissenschaften und die Deduktion die der Mathematik, so stellt die Reduktion die eigentliche Methode x)
I d e e n , 34ff., 12, 56 u. a.
2)
Ideen, 150.
s)
ibid. 44, 45.
4)
Für
die Charakteristik der Verwendung, die die Reduktion in
der Phänomenologie findet, würde es nicht überflüssig sein, zu beachten, was A. M e t z g e r
schreibt: „Bei H u s s e r l , " sagt er, „hat die Re-
duktion den Sinn, das Erlebnisfeld als die Stätte absoluter Ursprünge zu gewinnen." Halle 1925.
A. M e t z g e r ,
Der Gegenstand der Erkenntnis,
S. 16.
194
V . Kapitel.
Die Struktur der Erkenntnis.
der Philosophie dar" 1 ). Nachdem P a u l e r den Unterschied der reduktiven Methode in Bezug auf die Induktion darin sehen will, daß die Reduktion „nicht einer R e i h e von Erfahrungsdaten bedarf, sondern bereits auf ein einziges empirisches Datum bauen kann"; in Bezug auf die Deduktion aber darin, daß sie die Sätze nicht „konstruiert", sondern „auffindet", gibt er eine allgemeine Charakteristik der genannten Methode. Er meint, daß „das reduktive Verfahren . . . bis dahin vordringen muß, wo es schließlich Sätze vorfindet, die keine logisch gestützten Sätze mehr hinter sich haben." Diese nennt er „autonome Sätze", unter denen eigentlich die logischen Grundsätze verstanden sind 2 ). Ohne weiteres muß einleuchten, daß P a u l e r s Fragestellung wie auch ihre Lösung im Sinne der a r i s t o t e l i s c h e n ausgeführt ist. Deshalb brauchen wir nicht des Genaueren wieder aufzuzeigen, worin wir dieser Auffassung nicht zustimmen können. Die Reduktion ist nicht die Sache einer Beweisführung, und folglich besteht ihr Ziel nicht in der Auffindung von Sätzen, die keiner weiteren Bestätigung bedürfen. Die Forderung heißt nicht: der autonome Satz, sondern: die übergegensätzliche Wahrheit, zu der aber kein logischer, sondern nur der aletheiologische Weg führt. Er geht nicht zu diesen Sätzen hin, die, wie wir gezeigt haben, nur Richtungsmomente und keine Richtungsinstanzen sind, sondern er geht durch sie. Das Wichtigste aber, was P a u l e r übersieht, besteht darin, daß dieser Weg zwei Richtungen hat, von denen die eine der Sphäre der Logik, die andere aber der der Aletheiologie zuführt. Die Richtungszweiheit, die sich uns in dem Erkenntnisphänomen aufdrängt, fordert dazu auf, die Natur der Sphäre zu besichtigen, mit der die Erkenntnis in Berührung kommt. Diesen Einblick aber kann uns, wie es sich aus allem Dargelegten ergibt, nur das Gebiet der übergegensätzlichen „Wahrheit an sich" gewähren. ') P a u l e r , Grundlagen der Philosophie. -) P a u l e r , ibid. 16, 5of.
Berlin 1 9 2 5 , S. 1 5 .
Register. Aietheiologie 50, 58ff. p 94, 96, 129, 138, 144, 160, 161, 176. 181. Analogie 58. Analysis 65, 61, 68. A n a l y t i k 17, 97, 123, 125, 127, 170. A n s c h a u u n g 72. Anders-Sein 79. Ansich-Seiende 78, 155. A n t h r o p o l o g i s m u s 3, 8, 92. A n t i k e ; These der A n t i k e 6. A n t i n o m i e n 20, 29f., 124. A n tith e s is 89. Anzeichen 12. Aporetlk 150. Aporie 155. A r i s t o t e l e s 16f., 33, 61, 66, 70, 76, 88, 97, 117, 1 6 7 f f „ 176, 190. A r t e n der W a h r h e i t 111. Auffassung 5. A u f g a b e 9. A u s f ü h r u n g s m e t h o d e 20. A u s g a n g s p u n k t des P h i l o sophierens 17, 56. Begriff 2, 25, 29, 34, 87 ; B. des „ M e n s c h l i c h e n " 1; B des „ G e g e n ü b e r s " 108. Begriffsdefinition 4. B e g r i f f s m e r k m a l 80. B e j a h u n g 59, 118, 122. B e s c h a f f e n h e i t 13. B e w e r t u n g 5. B e w u ß t s e i n 4 f . , 14, 21, 73, 135, 1 3 7 f „ 140, 142. Bewußtseinsgegenständlichkeit 12. Bild 144, 156. B o l z a n o 1 4 , 4 5 f „ 48f., 63, 65, 74, 1 3 0 f „ 135, 143. B r e n t a n o 131 f. C o h e n 23, 69, 83. C o h n 89. Dasein 4, 80; D . a n sich 81, 93. D e d u k t i o n 97, 191. D e d u z i e r u n g 71. Definition 7, 26. Denken 7. Denkprinzipien 172ff. D e s c a r t e s 22, 25, 3 7 f f „ 40f., 48, 5 1 , 68f., 75, 133 f. Dialektik 4, 1 6 f „ 88, 90, 124, 126, 142, 168. Diallele 153. D r i e s c h 1, 23, 25, 29, 80, 104. D u a l i t ä t 173f.
Einheit 74. E l e m e n t 2. E l i m i n a t i o n 157. E l s e n h a n s 136. E r d m a n n 174. Erfahrung 9f. E r k e n n t n i s 1, 3, 7, 9, 14, 89, 115, 124, 129, 125t., 160. E r k e n n t n i s p h ä n o m e n 129, 150, 160, 165. E r k e n n t n i s p r o b l e m 151. E r k e n n t n i s r e l a t i o n 33, 42. Erkenntnisstruktur 43,165, 167 f., 172, 190. E r k e n n t n i s t h e o r i e 125. Erste Philosophie 97ff. E v i d e n z 70, 72, 96. E x i s t e n z 8 0 f f . , 85, 94. E x i s t i e r e n d e 4. F a k t i c i t ä t 9. F a l s c h h e i t 3 5 , 61, 117, 121 f. Fehler 7 f . F i c h t e 19, 21. F i k t i o n 6, 190; F i k t i o n a listische Philosophie 8. F o r m 54, 127; — F o r m — Materie — Konzeption — 171. F o r m a r t i g k e i t 55. F r i s c h e i s e n - K ö h l e r l 43 F u n k t i o n 35, 153. G e d a n k e n r i c h t u n g 3. G e d a n k e n w e l t 3. G e g e n s ä t z l i c h e 20, 36, 70, 113. G e g e n s ä t z l i c h k e i t 32f., 42, 53, 55, 63, 67, 70f., 73, 84, 113, 119, 148. Gegensatzlosigkeit 51. G e g e n s t a n d 4 4 , 5 5 f f . , 75, 80, 96, 116, 160. G e g e n s t ä n d l i c h k e i t 115, 189. Gegenstandsbestimmtheit 80f. O e g e n s t a n d s t h e o r i e 4, 79, 161, 165. G e y s e r 11, 92, 144. G i b s o n 131. Gnoseologie 4 4 , 125, 160f. G r u n d l a g e des Phllosop h i e r e n s 7. G i u n d t a t s a c h e (aletheiologische) 111. G r u n d s a t z 62, 64, 87. H a r t m a n n 3 3 f . , 37, 4 2 f . , 44, 6 5 , 84, 122, 149ff., 158, 161, 167, 172.
H e g e l 19, 21, 78, 90, 158, 180, 184. H e r b e r t z , 3, 9 2 f „ 145ff. H y l e t i k (reine) 12. H u m e 93. H u s s e r l l l f , 20, 31, 73, 75, 86, 1 3 0 f f „ 140, 161. Ich — nicht ich 21. Idealismus 134, 136, 142, 144, 156. I d e a l i t ä t 132. l d e a t i o n 73. I d e n t i t ä t 124. I d e n t i t ä t s t h e o r i e 84. I m m a n e n z 27. I n d u k t i o n 97, 191. i n h a l t l i c h k e i t 6 2 f „ 87, 100. Inhaltlose 2 6 , 8 4 , 9 6 , 103ff., 150. Inhaltslosigkeit 100. I n t u i t i o n 21, 45, 71, 9 6 , 133; intellektuelle I . . . 129 Irrational 20. Irrelational 20. I r r t u m 4, 6, 3 0 f f . , 177. K a n t 9f„ 19f„ 21,55,93f., 122ff., 129, 148, 171. Kategorie 52, 54, 57, 63, 115. Kategorienlehre 5 2 , 5 6 , 1 2 9 . K l a r h e i t 39. K o m p l e x u s 11 f. K o p p e l m a n n 173f. Korrelation 4 3 f . K r i e s 189. K r i t e r i u m 39, 15üf. K ü l p e 93, 143. L a s k 20, 25, 30, 51 f f . , 5 5 f „ 63, 66, 78, 86, 114, 128. 171. Leibniz 74, 76, 103, 170, 184. Logik 21. 29, 45, 52, 56. Logik d e r W a h r h e i t 123ff. Logizität 20, 22. L o s s k y i 155. L o t z e 85. M a i e r 143, 167. M a l l y 161 f. Material 56, 127 f. Mehr-als-Sein 8 3 f . , 8 7 , 89, 119, 159, 168, 178f. M e i n o n g 4, 20, 7 8 , 80, 149, 161 f. Menschliches 1. M e s s e r 43. Metalogisch 2 7 f . , 55. Metalogizität 22.
Register. Metaphysik 27, 72, 129, 150, 170. Methode 2, 12, 19, 46, 70, 77, 122, 144. Methode der Reduktion 173f., 191, 192. Methodologie 3 8 f . , 40, 41, 97, 191. M e t z g e r 162, 193. Monade 76. M o n t a g u e 148. N a t o r p 127, 156. Negation 25, 31, 32, 35, 41, 60, 71, 89, 113, 120, 137. N o r m a l i t ä t 1. Notwendigkeit 2 8 f . , 111. N u z u b i d s e 46. Ordnungslehre 23. O b j e k t 81, 151 ft. Ontologisierung 121. Ontologizität 64. P a l a g y i 47. P a r m e n l d e s 8 3 f . , 101. P a u l e r 132, 1 9 0 f „ 194. Pfänder 13, 110, 171, 177, 184. Phänomen 26, 54, 6 4 , 80, 125, 154, 166. Phänomenologie 11, 17, 71, 73, 81, 130, 138, 142, 162. Philosophie 1, 3 f . , 4, 12, 28, 38, 48, 60. Philosophieren I , 39, 48. Physiologie 4, 89. P i k 30. P i a t o n 4 , 16, 3 3 , 6 6 , 7 4 f „ 88, 143, 159, 167 ff. P l o t i n 19, 66, 76. Position 31 f., 41, 58, 60, 78, 89, 113, 137. P r a n t l 118. Prinzipien 175ff. Problem 1 , 5 , 8. Problemverschiingung 93,
100.
Psychologie des Erkennens Psychologismus 3, 8 , 1 4 , 9 2 . Rational 22, 64. Realisierung 143. Realismus 61, 91, 94, 134, 136, 144, 146. Realität 13, 28, 136, 140, 161, 178. Reduktion 20, 9 7 f f „ 102, 191, 194; eidetische R . 164, 192f. R e j e k t i o n 4 f „ 14, 137, 139, 193. Reinheit, Reinigung 12, 15, 49.
Relation 23, 38, 4 2 , 4 4 , 5 0 f . , 5 7 f . , 67, 75, 125, 145, 155ff., 177. R e l a t i o n a l s t 72, 78, 85. Relationsmoment 50. Relativismus 14, 145. Repräsentationskraft 76. R i c k e r t 42,52f., 58f.,90f. Satz an sich 47, 66. Satz der Identität 179f. Schematismus 128. S c h o p e n h a u e r 188. Sein 77, 81, 91, 148. Selbstbewußtsein 4. S e l z 80. S i g w a r t 192. Sinn (desPnilosophlerens)3. Sinnstruktur 55. S o k r a t e s 4 f . , 12, 15, 16f., 22 25. 32. 72. Sosein 45, 47, 70, 78, 8 3 f . , 89, 162, 178, 184. Soseinstatsache 26, 32, 40, 49, 63, 77, 92. Soseinstatsächlichkeit 6 3 f f . 69f. Speziell-Menschliche 3, 5. Spezies 5. Spezifisch-Menschliche 2 f . , 5, 9, 14, 44, 48, 58, 74, 95 f., 122, 131, 158. Standpunkt 1. Standpünktlichkeit 4 4 , 1 0 7 . Struktur 3, 18, 72, 164; Struktur der Erkenntnis 160, 165. S t u m p f 11. Subjekt 1, 13, 47, 50, 130, 151. Subjektivismus 1, 6. Subjekt — Objekt — Relation 163. Synthesis 12. System 22. Tatsache 8, 3 2 f „ 87, 149, 157. Tatsache des Urteilfällens 39. Tatsächlichkeit 81 f., 131. Theorie 55, 71, 73, 96. Topik 117. Transzendentale 9, 12, 31. Transzendentalismus 16. Transzendentallogische 28f. Transzendentalphilosophie 11, 13, 20. Ubereinstimmungstheorie 116, 138, 145. Übergegensätzliche 10, 20, 53, 57f., 63, 66, 81, 84. 114, 120. Urteilstheorie 120f., 145. Urdoxa 140 ff. Urglaube 141.
Ursprung 3, 19, 22ff., 53, 63. Urteil 8, 24, 31, 33ff., 5 2 f „ 55, 62, 119. Urteilslehre 52. Urteilsregion 55. Urteilssubjekt 50. Urteilstatsache 33. Urwissen 23. Verneinung 59, 118, 122. Versöhnung 5 5 f . Verstand 128. Vielheit 74. Vorlogische 2 2 f . , 26, 32, 54, 72. Vorstellung 64, 78, 80. Vorurteil 3, 94. Wahrheit 5, 8, 16, 21, 2 5 f „ 28f., 31 ff., 45, 48, 50, 85, 91, 113, 140. Wahrheit an sich 8, 30, 34, 3 6 f „ 4 0 f . , 49, 60, 64, 72, 82, 114, 116, 143, 156, 166, 168, 171. Wahrheit für uns 93, 113, 115, 129, 166, 171. Wahrheit (unsere) 1 0 7 « . , 112. Wahrheitscharakteristik 50. Wahrheitserkenntnis 100. Wahrheitskriterium 152. Wahrheitslogik 123. Wahrheitsproblem 3 , 2 6 , 4 2 , 5 0 f . , 77, 93, 116, 130, 134, 141. Wahrheitstheorie 46, 69, 123, 145, 148, 150. Wahrheitswidrigkeit 52. Wahrsein 77. Weltanschauung 4. Weltauffassung 3 f f . , 57, 95, 134. Welterkenntnis 14. Wert 30, 52, 59. Wert an sich 60. W er t ar t ig keit 54. Wertgegensätzlichkeit 63. Werttheorie 51, 54, 5 8 f . Wertlehre 87. Wesen, 3, 163; W . des Seienden 83. Wesensschau 1 1 , 7 1 . Wie — Bestimmtheit 81. W i n d e l b a n d 84. Wirklichkeit 3, 34f., 38, 87, 137, 141, 146. Wirklichkeitsauffassung 3. Wirklichkeitsbild 3. Wissen des Nichtwissens 15, 25, 31, 167. Wissenschaftslehre 1 4 , 4 5 f . , 65, 131. Z e l l e r 84. Zweidimensionalitat 165. Zweifel 8.