Vielgewandts Sprüche und Groa's Zaubersang: (Fiölsvinnsmal-Grougaldr). Zwei norränische Gedichte der Sæmunds-Edda 9783111482965, 9783111116150


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German Pages 189 [196] Year 1874

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INHALT
A. VIELGEWANDTS SPRÜCHE
I. Einleitung
II. Text
III. Textkritik und Worterklärung
IV. Uebersetzung
V. Erklärung zum übersetzten gedieht
B. GROA'S ZAUBERSANG
I. Einleitung
II. Text
III. Textkritik und Worterklärung
IV. Uebersetzung
V. Erklärung zum übersetzten gedieht
C. Allgemeines namen-, wort-und Sachregister
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Vielgewandts Sprüche und Groa's Zaubersang: (Fiölsvinnsmal-Grougaldr). Zwei norränische Gedichte der Sæmunds-Edda
 9783111482965, 9783111116150

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VIELGEWANDTS SPRÜCHE und

GROA'S Z A U B E R S A N G (FIÖLSVINNSMAL -

GROUGALDR)

VIELGEWANDTS SPRÜCHE und

GROA'S ZAUBERSANG (FIÖLSVINNSMAL-GROUGALDR;

zwei norränische Gedichte der Samunds-Edda kritisch hergestellt, übersetzt und erklart von

D r FRIEDRICH WILH. BERGMANN P r o f e s s o r a n d e r p Iii l o s . F a e u l t ä t

in

Strassburg.

Wiederum zwei myslerien weniger.

STRASSBURG VKRI.AC.

VON

KAKI.

1874

T R ÌJ li N K R

STRASSBrRO,

Dltl'CK

V O S O. KIS( U B A C H

Dem verstorbenen K ö n i g e v o n Schweden und N o r w e g e n

KARL DEM FÜNFZEHNTEN dem förderer nordischer Studien w i e i m reiche so i m auslande w i d m e t in dankbarem andenken diese erklärung eddischer runen Friedrich Wilhelm Bergmann ritter des Polarstern ordens.

INHALT.

A.

VIELGEWANDTS SPRÜCHE. 1. Einleitung: Seite. 1. Didaktischer zweck des gedichts 1 2. Wie verhält sich im alterthum die didaktik zur poesieV 3 3. Der didaktische Inhalt und der epische rahmen unsers gedichts 8 4. Freyia (Menglöd); ihre mythologische bedeutung 11 5. Odr (Svipdag); seine mythologische bedeutung . . 15 6. Vielgewandt, hauptperson in unserm gedieht . . . 24 7. Theile des gedichts 26 8. Titel, versart und abfassungszeit dos gedichts . . . 28 9. Integrität des gedichts in bezug auf Vollständigkeit des inhalts und auf urspränglichkeit der lesarten 31 II. Text 3» III. Textkritik und Worterklärung 49 IV. Uebersetzung 70 V. Erklärung zum übersetzten gedieht: 1. Der titel Fiölvinnsmftl übersetzt durch VielgewandtsSprüche 81 2. Anfang des lieds; der burgwächter Vielgewandt; die vorzäune der bürg Freyias, mit der Waberlohe . . 83 3. Des ankömmlings Vorwurf gegen den burgwächter 86 4. Selbstrechtfertigung des burgwächters 87 5. Der fremdling ist durch die glanzburg angelockt worden 88 6. Der burgwart frägt den fremden nach seinem nomen und geschlecht 89 92 7 u. 8. Die schlossbesitzerin Schmuckfrohe . . . . 9 u. 10. Die gitterthilr Donnerschälle 97

ii

Inhalt. Seite.

11 13 15 17

u. 12. Der verback Gangstruppig genannt. . . . 101 u. 14. Die wachthunde vor der gitterthür . . . . 102 u. 16. Der abwechselnde schlaf der wachthunde . 105 u. 18. Speise, kampfbraten genannt, womit man die wachthunde kirre machen kann 106 19 u. 20. Der feurigglänzende laubbaum.Lüsteholz genannt 109 21 u. 22. Eine brunst feuriger als die des Lüsteholzes . 111 23 u. 24. Der hahn Baumgliiher auf Ltisteholzes höchsten ästen 114 25 u. 26. Der Schädenspiess allein ist dem Baumgliiher todesgefUhrlich 116 27 u. 28. Womit Altmehre bestochen werden könnte . 118 29 n. 30. Mit der leuchtenden sense erkauft man den Schädenspiess 119 31 u. 32. Freyias unzugänglicher saal Leer (Hlyr) genannt 122 33 u. 34. Die künstlerischen Schöpfer der inneren einrichtung der bürg 124 35 u. 36. Der Heilenberg worauf Freyias saal steht. . 127 37 n. 38. Die der Freyia dienenden neun Heiljungfrauen 130 39 u. 40. Den Heiljungfrauen muss geopfert werden . 137 41, 42 u. 43. Schwipptag allein darf in Menglöds arm ruhen 139 44 u. 45. Schwipptag bei Schmuckfrohe angemeldet . 140 46 u. 47. Der fremde weisst sich als Schwipptag aus . 141 48, 49 u. 50. Odr (Schwipptag) wieder vereinigt mit Freyia (Schmuckfrohe) 142 Schlusswort zur erklärung des gedichts 143

Inhalt.

in

B. GROA'S

ZAUBERSANG.

I. Einleitung: 1. Verhältniss der magie zur mythologie 2. Was ist Zauberei? 3. Zweck, entwarf und rahmen des lieds Groa's zaubersang 4. Zeit der abfassung des lieds II. Text HI. Textkritik und Worterklärung IV. Uebersetzung V. Erklärung zum übersetzten gedieht: 1 u. 2. Mutterliebe dauert über das grab hinaus . . . 3 u. 4. Rath und fiirsorge zur ausfahrt 5. Der söhn bittet um schützende zaubermittel . . . 6. Zaubermittel für freie annahme des schicksals . . ?. Zaubermittel gegen niedere liebschaft 8. Zaubermittel gegen todesverlust der mitkämpfer . 9. Zaubermittel gegen hass von feinden 10. Zaubermittel um fesseln zu sprengen 11. Zaubermittel gegen verderben zur see 12. Zaubermittel gegen verderben durch kälte . . 13. Zaubermittel gegen Untergang im Nebelmeer . . . 14. Zaubermittel für klugheit im wissenskampf . . . 15. Der besitz der zaubermittel gibt trost und muth . . 16. Mutterworte sind segensworte

Seite. 145 149 153 154 157 161 168 172 173 174 175 176 177 177 178 178 179 179 180 181 182

G.

Allgemeines namen-, wort-und Sachregister . . . .

183

VIELGEWANDTS SPRÜCHE. I. E I N L E I T U N G .

1. Didaktischer z w e c k des gedichts. § \ . Das gedieht V i e l g e w a n d t s S p r ü c h e gehurt nicht zu den heroischen, sondern zu den m y t h o l o g i s c h e n liedern der Siemunds Edda. Alle mythologischen lieder dieser Sammlung können, ihrem zwecke nach, auf zwei hauptklassen zurückgeführt werden. Die einen, meist älteren, haben nämlich zum zweck mytlien, die in dem bewusstsein und in der tradition des Volkes noch fortleben, und somit allgemeiner bekannt sind, e p i s c h zu erzählen; sie sind also die poetische fassung und epische erzählung mehr oder weniger allgemein bekannter volksmythen ; sie wollen nicht unbekanntes l e h r e n , sondern traditionnel bekanntes episch erzählen. Sie bilden demnach die klasse der e p i s c h e n mythologischen gedichte. Die anderen, meist jüngeren, mythologischen lieder der Samiunds Edda haben zum zweck vereinzelte mythen verschiedener göttercyklen, und sogar, manchmal, blosse auf solche mytlien bezügliche, mythologische namen, die, in der volkstradition schon, mehr oder weniger in ver-

2

Yielgewandts Sprüche,

gessenheit g e k o m m e n sind, als einen gegenständ der m y thologischen k e n n t n i s s von n e u e m zu l e h r e n ,

dadurch

dass sie diese m y t h e n und n a m e n , k u r z zusammcngefasst, didaktisch v o r t r a g e n .

Diese zweite g a t t u n g von Hedem

bilden d e m n a c h die klasse der

mythologisch-didakti-

s c h e n gedichte. § 2 . Zu den mythologisch-didaktischen gedichten gehölt n u n auch das gedieht Y i e l g e w a n d t s S p r ü c h e ; was ja schon, auf den e r s t e n a n h l i c k , d a r a u s h e r v o r g e h t d a s s , von den 5 0 Strophen, w o r a u s es besteht,

3 5 Strophen

nichts a n d e r e s sind als, e i n e r s e i t s , f r a g e n ü b e r

mytholo-

gische Sachen u n d n a m e n , u n d , a n d e r e r s e i t s ,

hierüber

ertheilte a n t w o r t e n u n d b e l e h r u n g e n . Ein lied d a s , wie das u n s r i g e , fast n u r aus fragen und a n t w o r t e n bestellt, wie zum beispiel : Strophe 9 : W i e heisst diese g i t t e r t h ü r ? e t c . , st. 10 : Donnerschelle sie heisst etc.; st. 11 : wie heisst d e r v e r s c h l u s s ? e t c . , st. 1 2 : G a n g s t r u p p i g e r heisst e t c . ; st. 1 3 : wie heissen die C e r b e r e n ? etc., st. 14 : Heftig heisst der eine etc. etc., weisst sich d a d u r c h , von v o r n h e r e i n , nicht als ein erzählendes (episches), sondern als ein l e h r e n d e s gedieht a u s . V i e l g e w a n d s S p r ü c h e

(didaktisches)

gehört demnach

n i c h t zu d e r klasse von E d d a l i e d e r n welche, wie V ö l u s p a , Skirnisför,

Hymiskvida,

tamskvida,

Hrafnagaldr

Harbardsliod, Odins

etc.,

Yeg-

traditionell

b e k a n n t e m y t h e n episch erzählen ; es gehört vielmehr zu d e r classe d e r j e n i g e n gedichte w e l c h e , wie nismäl,

Grimnismäl,

fragen und

Alvismäl,

Yafthrud-

Sölarliod

etc.,

a n t w o r t e n ü b e r mythologische objekte und

n a m e n e n t h a l t e n , u n d somit ü b e r h a u p t einen r e i n didaktischen zweck sich vorsetzen.

3

I. Einleitung.

2 . W i e verhält sich im alterthum die didaktik zur poesie? § 3 . Heutzutage versteht man unter Wissenschaft, zugleich die kenntniss des physisch und metaphysisch

(geistig)

reellen, und die erkenntniss des grundes dieses physisch oder geistig reellen. Sie ist, ihrem w e s e n n a c h , l e h r e n d (didaktisch) weil sie das was ist (reelles) oder was sie, begrifflich , für reell wahr hält, sich vorsetzt darzulegen, zu lehren, und kritisch, nach dem begriff und der idee, zu beurtlieilen. Die kunst hingegen, und speziell die poesie, wie man sie heute aufzufassen und auszuüben h a t , will nicht die Sachen bloss besprechen und beurtlieilen, begriffe und ideen ü b e r

oder

dieselben entwickeln, sie will

und soll die Sachen s e l b s t dem geiste concret darstellen ; wobei sie sicli so einzurichten h a t , d a s s das geschafTne werk, durch geistige, ideale auffassung, und anschauliche schöne darstellung, geistig und ästhetisch g e f ä l l t ,

und

nur nebenbei und indirekt auch realitäten und Wahrheiten lehrt und beweist. So oft nun ein autor unternimmt die gegenstände nicht selbst concret darzustellen, sondern sie nur begrifflich und ideal

zu besprechen und

tlieilen, so hat er einen mehr oder weniger schaftlichen

zweck, und

zu

beur-

wissen-

die natürliche forin dieser

seiner darlegung ist die p r o s a , das heisst die direkte, ungeschmückte, präcise

spräche der verständigen a u s e i n -

andersetzung, darlegung und beurtheilung. W e n n die prosa, hei wichtigen geist- und herzergreifenden

dann ge-

genständen, auch künstlerisch plastisch für die einbildungskraft, und erbauend für das gefühl, sich auslässt, so erhebt sie sich zur eloquenz oder beredsamkeit, die, im fall sie, schon alsausdruck, g e f ä l l t , somit das gebiet der kunst betritt. Als beredsamkeit kann alsdann die prosa

/,

Vielgewandts Sprüche,

sogar einen untergeordneten bestandtlieil der poesie a b geben, ohne jedoch selbst, ihrem wesen und zwecke nach, eigentliche poesie zu sein. § 4. Sobald aber ein autor zum zweck hat die gegenstände, statt sie blos zu besprechen und zu beurtheilen, dieselben vielmehr selbst der einbildungskraft, als a n schauung und bild, darzustellen, so hat er einen eigentlichen k u n s t z w e c k ; sein gegenständ, wie wenig ideäl er auch sein mag, ist immerhin dichterisch, und die natürliche form seiner darstellung, wie mangelhaft sie aucli sein möge, erheischt auch eine über der prosa stehende künstlerische spräche, die künstliche spräche nämlich der poesie (s. G r a u b a r t s l i e d , s. 45). Da nun die didaktik, ihrem begriffe nach, zur lehrenden Wissenschaft und nicht zur darstellenden kunst gehört, so ist, i m p r i n e i p , lehrende kunst oder didaktische poesie ein Widerspruch in sich selbst. W e i l , ferner, jede form ihrem inhalte e n t sprechend sein soll, und da Wissenschaft zu ihrem natürlichen ausdruck die prosa, so wie die dichtkunst, zu ihrem natürlichen ausdrnck, die poetischen formen, erheischt, so ist es ein missgrifi', wenn ein autor, bei didaktischem gegenständ und zweck, dichterische formen anwendet, oder wenn einer, bei poetischem gegenständ und zweck, sich des prosaausdrucks der didaktischen beredsamkeit bedient. § 5. Es ist also, im allgemeinen, wahr dass didaktische poesie, sowohl dem inhalt als der form nach betrachtet, eigentlich einen Widerspruch in sich selbst enthält. Indessen ist zu bedenken d a s s , wie in der n a t u r , so auch auf geistigem gebiet, neben einfachen, ihrem eigentlichen begriff allein entsprechenden dingen , sich auch solche h e r vorthun, welche, entweder in der f o r m oder in ihrem i n h a l t , mittelglieder zwischen zwei entgegengesetzten e i n fachen naturen bilden, und dass die meisten ersebeinungen

I. Einleitung.

5

in der weit sogar der art sind dass s i e , wie seele und leib, als ein harmonisches ganzes aus antithetischen elementen oder als

thatsächliche

auflösungen

innerlicher

sprüche sich darstellen. Deswegen hat sich auch

Widerschon

frühe, in der geschichte der dichtkunst, die sich begrifflich widersprechende gattung der d i d a k t i s c h e n p o e s i e herangebildet, die

nach und nach, aus

verschiedenen

grüAden, immer mehr berechtigung zu ihrem fortbestehen erlangt hat. In altern Zeiten n ä m l i c h , wo der menschengeist noch viel leichter concreten

und bereitwilliger sich in der

anschauung der einbildungskraft, als in den

abstrakten formen des Verstandes, und den noch abstrakteren der intelligenz bewegte, konnte auch der begriffliche unterschied zwischen lehrender

Wissenschaft und dar-

stellender kunst nur mit mühe aufgefasst werden. Beide, Wissenschaft und kunst, standen sich, auf dem vorherrschenden gebiete des concreteren vorstellungsvermügens, noch viel näher als im heutigen wissenschaftlichen denken, so dass sogar die Griechen zwischen eigentlicher Wissenschaft (episteme) und kunst (techne) selten genau unterscheiden

verstunden.

Darum wurden

zu

gewöhnlich

auch gegenstände der eigentlichen Wissenschaft ins gebiet der poesie aufgenommen, und wenigstens der form nach poetisch dargestellt. So entstund ein erster natürlicher ansatz zur d i d a k t i s c h e n poesie, welche sich dann immer mehr als gattung ausbildete, und sich somit, faktisch, auf dem gebiete der dichtkunst, durch form und inhalt, b ü r gerrccht und geistige berechtigung vindicirte.

Denn was

die poetische form in der didaktik betrifft, so kam sie schon darum vorzüglich, auch bei wissenschaftlichem gegenständ und zweck, zur vollen anwendung, und drängte somit die passendere prosaform in den Hintergrund, weil man die poetische spräche als eine v o r n e h m e r e , würdi-

6

Yielgewandts Sprüche,

gere und d a r u m v o r z u g s w e i s e anzuwendende a u s drucksweise, zu betrachten gewohnt w a r . Obgleich die prosaform offenbar älter und allgemeiner als die künstlichere ausdrucksweise der dichtkunst w a r , so findet man dennoch, anfanglich, in den litteraturen aller Völker, bloss poetische werke a u f b e w a h r t : nicht als ob es neben diesen keine proben von beredsamkeit in prosa gegeben hätte; aber die a u f b e w a h r u n g u n d aufzeichnung solcher prosastücke wurde lange vernachlässigt, weil m a n , neben der göttersprache der poesie, muster von wohl redenheit eben noch nicht berücksichtigte u n d sie noch nicht für würdig erachtete überliefert zu werden (s. S t r a s s b u r g e r V o l k s g e s p r ä c h e , s. 2). § 6 . F e r n e r , was den i n h a l t der didaktischen poesie betrifft, so konnte dieser zur poesie erhöht werden, indem m a n den didaktischen gegenständ derartig wählte, dass er, wie echt poetische gegenstände, als i d e e u n d ideal a u f gefasst, zugleich zur einbildungskraft, zum gefühl und zur intelligenz sprechen, und somit, wie jede w a h r e poesie, geist und gemüth erheben und e r b a u e n konnte. D e r a r t sind, zum beispiel, die gegenstände welche, im alterthum, im .mittelalter u n d in der neuzeit, f ü r die didaktischen gedichte D e r e r u m n a t u r a v o n L u c r e z , für L a d i v i n a c o m e d i a von D a n t e , u n d f ü r den F a u s t von Goethe gewählt und poetisch transfigurirt worden sind. Das didaktische Gedicht De r e r u m n a t u r a behandelt eben dichterisch die eigentlich blos philosophische frage, wie der weise die weit anschauen muss u m einigermaassen darin glücklich zu leben. Diesen didaktischen Stoff hat Lucrez, in seinem namen sprechend, m e h r lyrisch als erzählend, mit oftmals erbauender beredsamkeit vorgetragen. Das moralisch-politisch-religiöse lehrgedicht L a d i v i n a c o m e d i a behandelt, in dem rahmen einer reise Dantes

I. Einleitung.

7

durch Hölle, Fegfeuer und Paradies, die acht wissenschaftliche frage was soll der Christ glauben und thun damit er, als mitglied des staates und der kirche, glück in dieser weit und glückseligkeit in der anderen erlange.

Und der

dichter beantwortet diese ideale frage so, dass er poetisch (theils lyrisch, theils episch, theils dramatisch) darstellt 1 ) was sündhaft ist und die hölle verdient; 2 ) was zur christlichen unschuld unzureichend ist, und durch fernere reinigung im fegfeuer abgestreift werden muss; 3 ) was, cndlich, vollkommen, heilig und göttlich ist, u n d ,

zum

ewigen lohn, die glückseligkeit im himmlischen paradies verdient und erlangt. Gcethe behandelt im F a u s t als lehrgedicht, in dramatischer form, dieselben höchsten lebensfragen wie Lucrez und Dante, die frage nämlich was soll der mensch glauben und thun um seiner 'irdischen und ewigen zu entsprechen; soll er die

Wahrheit,

bestimmung

wissenschaftlich

theoretisch, erforschen, oder soll er die weit physisch und geistig gemessen,

oder soll er öffentlich handelnd die

lebensverhältnisse

der

Zeitgenossen,

zum

allgemeinen

glück, nach kräften bestimmen? Solche wichtige fragen, wie sie, zum beispiel, in den drei genannten gedichten behandelt werden, sind zwar didaktischer, aber zugleich auch

idealer

natur,

wodurch

sie

zur

poetischen

e r b a u u n g ganz geeignet sind; und diese gedichte liefern ja den faktischen beweis dass die didaktik, unter gewissen bedingungen, sich trefflich mit dem wesen der

poesie

verschmelzen kann. § 7. Die didaktische poesie hat es aber im alterthum, im mittelalter gedichteil,

und in

der neuzeit, ausser diesen

höchst selten verstanden, durch wähl

drei eines

i d e a l e n gegenständes, sich zur wahren dichtung aufzuschwingen. Da man, wie oben bemerkt (s. s . 5 ) , zwischen

8

Vielgewandts Sprüche.

Wissenschaft und kunst nicht genau zu unterscheiden verstund, so haben unzählige didaktische ¿redichte rein prosaische

gegenstände,

höchstens in poetischen

for-

men, vorgetragen. Deswegen kann bei solchen gedichten weder von poetischem schwung, noch von dichterischem genuss oder ächter erbauung für geist und gemüth die rede sein. Sie haben höchstens das interesse das durch wissenschaftliche gegenstände erweckt wird, und gehören zur poesie nicht durch den idealen inhalt, der ihnen ja mangelt, sondern bloss durch den poetischen rahmen in dem der didaktische inhalt gefasst worden ist, oder endlich durch die poetische spräche und den äussern versbau der bei ihnen, statt der für den didaktischen gegenständ passenderen prosa, in anwendung gekommen ist. Zu den gedichten dieser art gehört nun auch das vorliegende Eddalied V i e l g e w a n d t s S p r ü c h e , das uns nicht gerade poetisch hoch erbaut, sondern mehr wissenschaftlich, als mythologie, interessirt, und das von der ächten poesie nur jugendlich poetische

bilder und anschauungen,

einen

episch dramatischen rahmen, und einen poetischen versbau, als ästhetische mittel in anwendung gebracht hat. 3. Der didaktische Inhalt und der epische rahmen unsers gedichts. § 8. Die mythologischen lehrgegenstände und namen, welche in unserm gedieht besprochen werden, gehören alle, mehr oder weniger, direkt und speziell zum inythencyclus der göttinn F r e y i a . Freyia, welche wie wir sehen werden (s. s. 11) ursprünglich die göttliche personification des zu- und abnehmenden mondes war, wurde als solche später auch, einerseits zur göttin des wachsthums, der entstehung und des lebens, andrerseits zur Vernichtung und des todes (s. Les

Getes,

göttin der

p. 222). Als

I. Einleitung.

9

pflegerin der entstehung und des lebens ward sie auch zur göttin der liebe und des heils, und endlich als göttin der liebe wurde sie nocli das symbol und ideal der f r a u (frevia) und der J u n g f r a u (mey). Als frau und J u n g frau lebte sie zurückgezogen, und hatte ihre heimlichkeiten, welche die mythische tradition ungern veröffentlichte. Deswegen geschah es dass viele attribute dieser so allgemein bekannten und verehrten göttin sich, in der volkstradition, verdunkelten, und dass anschauungen und namen, die sich auf ihren mythencyclus, auf ihre wohnung, ihre umgebung, ihre geschäfte bezogen, weniger ausführlicher, als die anderer gottheiten, genannt,

berührt und b e -

sprochen wurden, so dass solche undeutlich gewordene Sachen und namen, auch in der mythologie, in den hintergrund geschoben, und endlich grossentheils ganz, in der tradition, vergessen wurden. Der Verfasser der F i ö l s vinnsmâl,

der diese

halbvergessenen attribute,

schauungen und namen genauer

kannte,

an-

und in der

Überlieferung fest halten wollte, sah sich deswegen veranlasst dieselben von neuem zum gegenständ seiner m y thologischen belehrung oder seines didaktischen gedichts zu machen. § 9 . Da der noch unphilosophische jugendliche geistsich natürlich eher zum conkret poetischen ausdruck als zur abstrakteren prosaform hinneigt, so ist diese neigung und Vorliebe, der didaktischen poesie trefflich zu gute gekommen. Deswegen hat sie von vorn herein vorgezogen, statt die direkte, klare, prosaische darstellung, wie sie zu didaktischen Stoffen erforderlich ist, zu befolgen, die concreto form fest zu halten, unter der ja auch der wissenschaftliche Vortrag, ursprünglich, angefangen hat. Lehre und wissen nämlich sind zuerst veranlasst worden durch aufgestellte fragen und darauf ertheilte antwor-

-10

Vielgewandts Sprüche,

ten. Statt n u n aber die ursprüngliche form von f r a g e und a n t w o r t , später, als blosse f o r m , fallen zu lassen, und an den inhalt der frage und der antwort als an die hauptsache im wissen und im Vortrag, sich zu halten, hielt man diese concrele form fest, und legte in den lehrgedichten nicht allein die lehre an sich, sondern auch die sie v e r anlassenden fragen und sie enthaltenden antworten, als zur lehre gehörend, dar. Daher kömmt es nun dass die älteste u n d gewöhnlichste form der didaktik, in fragen und a n t worten, die wie zu protokoll gebracht worden sind, oder, in einem erzählten k a t e c h e t i s c h e n dialog zwischen lehrenden und a u f h ö r e n d e n , besteht (s. F a s c i n a t i o n de G u l f i , p. 58). Ihrerseits werden nun aber hinwiederum der fragende und der antwortende nicht abstrakt als solche aufgezählt, sondern gleichsam als geschichtliche persönlichkeiten, m i t a n g a b e desorts, der zeit und der umstände des dialogs, e p i s c h vorgeführt. Daraus entstand nun eine poetische Aktion oder eine geschichte, welche erzählte wo, wie, und was der fragende und der antwortende über den didaktischen inhalt gefragt worden ist und darauf geantwortet hat. Solche den eigentlichen didaktischen inhalt einkleidende geschichten, bilden in der regel, bei den didaktischen gedichten, den p o e t i s c h e n r a h m e n derselben. Solche historische oder epische rahmen w a r e n , ursprünglich, meistens auch h i s t o r i s c h w a h r , indem sie ja die personell und umstände des dialogs gleichsam protokollartig treu vorführten. Späterhin wurde aber meistentheils dieser historische r a h m e n , durch n a c h a h m u n g , zu einem e r d i c h t e t e n , wie diess ja auch, z u m b e i spiel, bei den meisten dialogen des Piaton, oder bei einigen philosophischen dialogen des Cicero anzunehmen ist. Auch in den didaktischen gedichtender E d d a benutzte man, zu solchen epischen rahmen, gewöhnlich schon bestehende,

I. Einleitung.

41

mehr oder weniger bekannte mythen. So ist, zumbeispiel, in den S p r ü c h e n d e s G r i m n i r (Grimnismàl) der eigentlich didaktische theil dieses gedichts in den epischen rahmen eines älteren mythus gefasst, welcher den aufenthalt O d i n s beim königGeirrüdur erzählte(s. L e M e s s a g e d e S k i r n i r , etc., p. 1 9 9 ) . Auch in V i e l g e w a n d t s S p r ü c h e n ist d e r r a h m e n , der die fragen und antworten oderden eigentlichen didaktischen inhalt des liedes e n t h ä l t , nicht vom autor ganz neu e r d i c h t e t , sondern er ist einem alten mythus e n t n o m m e n , und nach demselben vom dichter etwas umgeformt worden. Dieser alte mythus, der zum epischen rahmen unseres gedichtes umgestaltet oder u m gedichtet worden ist, erzählte, ganz kurz, nach art

der

ältern mytlien (s. G r a u b a r t s l i e d , s. 22), die trennung und die Wiedervereinigung, nach langer trennung, der beiden liebenden, des O d r ( S v i p d a g r ) u n d d e r F r e y i a (Menglöd).

4. Freyia (Menglöd); ihre mythologische bedeutung. § 1 0 . Freyia (Herrin, F r a u ) hiess ursprünglich bei den Slavo-Geten A r t i n - f a t h i a (geschlechter-herrin ; s. Les Gètes, p. 2 0 7 . ) Sie war zuerst, bei den vorfahren der Slaven und Germano-Goten, der mythisch

authropomorphifche,

früher noch weibliche mond (lat. Luna, Lucina) und win de somit später die güttin des mondes. W e g e n ihrer ursprünglichen beziehungen zum monde behielt sie lange die attribute, welche man dem monde beilegte. Sie wurde d e m nach betrachtet als die Ursache des entstehens der e r d produkte, welche man zum theil der Wirkung des mondes zuschrieb. S i e wurde ferner als Ursache des entstehens auch z u r h e r r i n des l e b e n s in der familie undin d e r n a t u r , und erhielt desshalb den namen F r e y i a (Vorsteherin,

her-

r i n , f r a u , s . 9 ) , wodurch es auch geschah, dass sie b i s -

-12

Yielgewandts Sprüche.

weilen an die stelle der altern

obersten

natur-güttin

F r i g g getreten ist (s. Les G£tes, p. 165). Als lebensgüttin

war Freyia

noch die gottheit

der

lebenbringenden sommerwärme in der natur und der belebenden liebesgluth bei menschen und thieren. Als göttin des wachsthums (sansc. v r i d h is) und des lebens war Freyia zugleich die gottheit der heilung und des heils, und somit auch der heilkräfte und der therapie. Es ist eine merkwürdige erscheinung in den mythologien, dass die göttinnen welche ursprünglich den m o n d symbolisirten, zugleich gottheiten der g e b u r t und des tod e s waren. Das kommt, einestheils, daher, weil der zu-und abnehmende mond, durch sein verhältniss zur nacht, b e greiflich mit dieser verbunden wurde, und da die nacht das s y m b o l d e s n i c h t s u n d d e r Vernichtung w a r , d e r m o n d a u c h

nicht allein als eine

wirkende

kraft

des

entstehen«

(s. s. 11), sondern, wie die nacht, auch als das symbol des vergebens und des todes betrachtet wurde. Anderntheils kommen diese entgegengesetzten

attribute auch daher,

weil der begrifl'der n a t u r , welcher ursprünglich die entstehung (sansc. b h ü t i s , gr. p h u s i s , lat. n a t u r a ) der dinge ausdrückte, faktisch auch zugleich deren endliche Vernichtung d a r s t e l l t e , d a j a a l l e s w e l t l i c h e e n t s t e h t

und

vergeht. Darum ist, zum beispiel, in der brahma-mythologie der Inder neben dem männlichen Tchandras (mond) die ursprüngliche mondsgöttin C i v a - K ä l i zugleich die göttin des l e b e n s und des t o d e s ; darum ist, in der griechischen mythologie, diemondgöttin A r t e m i s zugleich die gottheit der g e b u r t tenden

(lat. L u c i n a , Luna) und der

vernich-

jagd. Deswegen ist auch, in der slavo-germa-

nischen mythologie, Freyia (sl. P r a v i a ) zugleich lebensund todes-gottheit. Als todesgöttin führte Freyia die Valkyrien an, und erhielt, als antheil am kämpf zum tod, auf

I. Einleitung.

«

der walstalt, die hülfteder gefallenen krieger (valfall), w ä h rend die andere hälfte dem kampfgott u n d windgott 0 d i n n , ihrem geliebten, zufiel, welcher später an die stelle des früliern O d e r (wind) getreten war (si. F a s c i n a t i o n d e G u l f i , p. 242). Eine andere merkwürdige erscheinung, welche mit der vorigen zusammenhängt, ist die, dass in den mythologien die mondsgöttin des lebens und der Vernichtung zugleich als symbol des f r a u e n - und m u t t e r t h u m s und als symbol des m a gdthums oder der j ungfräuliclikeit betrachtet wurde. So war, bei den Indern, B h a v A n i - f i v d zugleich mutter und j u n g f r a u ; so war, bei Griechen und Römern, A r t e m i s - D i a n a die j u n g f r ä u l i c h e güttin, und z u gleich, inEphesus, die vielerzeugende, vielernährende, vielbrüstige (amazön) m u t t e r (s. L e s A m a z o n e s d a n s l ' h i s t o i r e e t d a n s l a f a b l e , p. 25). Aus ähnlichem gründe war auch Freyia nicht allein eine jungfräuliche, männerliebscheuende amazone, das symbol der u n v e r lieiratheten ehescheuen jungfrau oder magd (mey), sondern auch das symbol der ehelichen, liebenden, f ü r s o r genden hausmutter oder hausfrau (freyia). Einerseits schütztc sie, wie Venus, die liebenden, anderntheils beschützte sie, als j u n g f r a u , die unverheiratheten jungfrauen, welche, wenn sie als solche starben, nach ihrem tode bei ihr aufgenommen wurden. Ursprünglich war der weibliche mond die geliebte oder gemalilinder männlichen sonne; später blieb auch F r e y i a in der epischen mythologie, die jungfräuliche güttin des mondes, die schwester und adelphische geliebte des F r e y r , des erben eines f r ü h e m männlichen sonnen-gottes. § i l . Als gott der sonne und göttin des mondes, und als symbole der erzeugung, der fruchtbarkeit und der lieblichen n ü t z l i c h e n sommerjahrszeit, waren die g e -

•14

Yielgewandts Sprüche,

schwister F r e y r

und F r e v i a

und

des

die

tocliter

alten

b e t r a c l i t e t als d e r

( V r i n d u s , R i n d u s , Q u e l l ; s. M e s s a g e p. 2-4), w e l c h e r

der söhn eines

deSkirnir,

ä l t e r n slavischen

n e n g o t t e s w a r , d e r in d e r n o r d i s c h e n den e p i t h e t i s c h e n

söhn

erzeugungsgottes N i ö r d r

mythologie

namen S v a f r t h o r i n

Sonnoch

(sonnenkühn)

trug. Niördr

und seine kinder, F r e y r

und F r e y i a ,

als

gottheiten d e r f r u c h t b a r k e i t u n d d e r n ü t z l i c h e n s o m m e r jahrszeit, h i e s s e n die n ü t z l i c h e n g ö t t e r ( n y t g o d ) ;

als

gottheiten

sie

des l i e b l i c h e n g e l i n d e n s o m m e r s h i e s s e n

die g e n e i g t e n gottheiten (blid god), u n d als u r s p r ü n g l i c h wendische

( s l a v i s c h e ) gottheiten, w e l c h e die G o t e n von

i h r e n v e r w a n d t e n v e t t e r n den W e n d e n ( V a n i t a i , a b k ö m m linge d e r V a n e n , s . M e s s a g e de S k i m i r , p. 2 0 ) e n t l e h n t und a n g e n o m m e n h a t t e n , h i e s s e n

sie die

Vanen-gütter

(vana-god). § 1 2 . Die u r s p r ü n g l i c h l i t v a - s l a v i s c h e m o n d s g ö t t i n P r a v i a ( F r e y i a ) galt a u c h f ü r die a d e l p h i s c h e g e l i e b t e des m o r g e n und a b e n d s t e r n s , d e n s i e , als m o n d , m o r g e n s u n d a b e n d s v e r f o l g t ; w e s w e g e n sie i h r b r u d e r u n d g e m a h l , d e r ä l t e r e s o n n e n - und g e w i t t e r g o t t P e r k u n a s

(norr. Fiörgvn) aus

e i f e r s u c h t , zur s t r a f e , m i t s e i n e m Schwerte zerhieb, u n d in mondsviertel theilte ( s . L i t h a u i s c h e V o l k s l i e d e r , N e s selmann, s. 1 ) . In dem spätem goto-germanischen mythus wurde

der

ursprüngliche

personifizirte

morgen-

und

abendstern R r u s i (zeugungslustiger) genannt, dann, als g e s t i r n , von s e i n e r p e r s o n i f i z i r u n g , w i e die s o n n e u n d d e r mond,

als h i m m e l s k ö r p e r ,

von i h r e n u r s p r ü n g l i c h

mit

i h n e n identifizirten g o t t h e i t e n g e t r e n n t . D e r m o r g e n - u n d a b e n d s l e r n , a l s g l ä n z e n d e zierde des h i m m e l s , w u r d e das g e s e l l m e i d e (sansc. m a n i ,

lat. m o n i l e , h e b . m e n i

das m o n d c h e n ) d e r B r u s i n g e r ( n a c h k o m m e n d e s B r u s i )

I. Ginleitung. und deswegen als gestirn das B r i s i n g a - m e n (Brisingergeschmeide) genannt. Freyia, die frühere geliebte des B r u s i , wurde später dargestellt als die frau oder jungfrau, d i e , nach frauenund Jungfrauen art, ihr vergnügen an dem geschmeide B r i s i n g a m e n hatte, und es als halsband zum schmucke trug. Deswegen erhielt F r e y i a den epithetischen namen M e n g l ü d (geschmeidefreudige). Dieses epitheton, das sich, ursprünglich, auf das Brisingamen bezog, wurde später eine poetische a l l g e m e i n e bezeichnung der frau (freyia) und der jungfrau (mey, s. G r ö u g a l d r , str. 3) überhaupt; da aber F r e y i a als göttin die f r a u oder j u n g frau par excellence \var(s. s.43), so wurde die a l l g e m e i n e poetische bezeichnung m e n g l ö d vorzugsweise der epithetische specielle namen der F r e y i a , so dass diese göttin ausschliesslich unter dem namen M e n g l ö d in unserm gedieht bezeichnet wird. Wie es kam, dass Freyia auch als die verlobte braut des O d e r betrachtet wurde, soll in folgendem abschnitt erklärt werden. 5 . Odr (Svipdag); seine mythologische bedeutung. § 13. Wie die meisten älteren mythe», hatte auch der niythus von Odr, ehe er bloss, wie dies gewöhnlich geschah, zu einer epischen erzählung herabsank, ursprünglich eine s y m b o l i s c h e bedeutung, das heisst, er drückte concret die anschaming eines für jene zeit wichtigen natur-ereignisses, nämlich der phänomene des sommers, aus. Die j a h r s z e i t e n wurden, in der altern anschauung, jnythisch aufgefasst theils nach ihren Wärmegraden, theils nach ihren l i c h t unterschieden. Ursprünglich unterschied und zählte man, als schroffe gegensätze, n u r z w e i jahrszeiten, den älteren kalten meist dunklen winler, und den jüngeren w a r m e n , m e i s t e n t e i l s klarsonnigen sommer.

16

Yielgewandts Sprüche.

Dem w ä r m e grad nach' wurde später, im kosmolo^ischen theil der nordischen mythologie, der sommer , persönlich, als der wind ( V a t u s , Udr, Odr) aufgefasst, weil 1) der Wärmegrad der jahrszeiten als durch den darin herrschenden w i n d o d e r l u f t (masc.) bewirkt, betrachtet wurde, und weil 2) der l u f t oder wind des s o m m e r s , als der dem menschen angenehmste oder als der wind par excellence, geradezu w i n d benannt wurde. Der Sommer w i n d (Odr) oder der S o m m e r (Sumar) wurde ferner genealogisch zum söhn des S va s - ü d r (Süsswind), weil der warme sommerwind auf den lauen, angenehmen, s ü s s e n frühlingswind folgt, also aus ihm entstanden, oder als sein nachkomme oder söhn betrachtet wurde (s. V a f t h r u d n i s m ä l , 27). Da man sich früher schon die endung u d r (wind) in Svas-udr nicht mehr zu erklären wusste, so nahm man den namen S v a s u d r nicht mehr als einen zusammengesetzten, sondern als ein participium passivum von einem vom adjectif s v a s abgeleiteten verbum svasa (verzärteln), in der bedeutung von V e r z ä r t e l t e r , den gleichsam durch lauheit verzärtelten frühlingswind bezeichnend. Deswegen sagte man, fälschlich, statt Svas üd s son (söhn des Siisswindes), S v a s a d a r son (söhn des Verzärtelten; s. S n o r r a E d d a , I, 332). Der frühlingswind oder süsswind (svas-udr) folgt, der zeit nach, auf den noch rauhen beissend-bittern spätwinterhauch; er wurde deswegen, genealogisch, zum nachkommen oder söhn des V i n d k a l d (Hauchkalt). Dieser Hauchkalt wurde seinerseits zum söhn des V ä r k a l d (Früh-kalt, Frühlingskalt), welcher der söhn wurde des F i ü l k a l d (Starkkalt), und diese drei bildeten genealogisch den Übergang zu dem altern kalten, iotnischen wintersturm (winter) und gehörten selbst zum i o t n i s c h e n geschlecht.

I. Einleitung.

-17

O d r als äsischer, warmer sommc-r, war also, dertemperatur nach, ursprünglich entgegengesetzt dem kalten iotnischen wintersturm. § 14. Neben dieser auf die temperatur ( l u f t , wind) der jahrszeilen gegründeten genealogie des O d e r (Wind, Sommer) bildete sich, und bestand eine andere, welche auf dem unterschied des mehr oder weniger klaren l i c h t e s dieser frühlings- und sommerszeiten beruhte. Dem lichte wie dem winde nach, war nämlich O d r der repräsentant des klaren Hellten s o m m e r s , im gegensatz des dunkeln, bedeckten w i n t e r s . Er erhielt deshalb, bei Sarmaten und Geten, auch den namen e r l e u c h t e t e r ( d a v - i k s , davitsch, dätch, daks, von dav*, licht, vgl. engl, d a w n , s. L e s G u t e s , p. 4-1), welcher name, im gothischen, durch d a g s (f. davigs), und, im nordischen, durch d ä g r (tag) ausgedrückt wurde. Da nun, im sommer, besonders in den gebenden wo sich dieser mytlius gebildet hat, das morgenlicht s c h n e l l (engl, s w i f t ) anbricht, so erhielt O d r den spocielleren namen S v i p d a g r (Schwipptag, Schnelltag), (lerdenschnelltagigen Sommer bezeichnet. Odr, als Sumar (Sommer) und Svipdagr (Schwipptag), wurde genealogisch zum söhn des S ö l b i a r t r (Sonnenglänziger), welcher der reprüsentant war der schon sommerlich sonnigen tage des frühjahrs, welche, nach den nebligen trüben tagen des spätwinlers, dem erdbewohner um so angenehmer und bemerkbarer sind. Odr (Snmar, Svipdagr) wurde, als wind und als licht, zum repräsentant der lichten sommerwitterung, und demnach als ein den menschen und der nahir günstiger gott oder Ase angesehen. In dieser beziehung wurde er auch als der geliebte der lichten, sommerlichen F r e y i a betrachtet, wie O s i r i s (sommersonne) in Aegypten der geliebte der I s i s (mondgöttin) war.

18

Vielgewandts Sprüche.

§'15. Da in der norra-nischen mythologie S v i p d a g (Odr) der repräsentant der Sommerzeit (s. s. 17.) w a r , so geschah es natürlich dass er, mythologisch, ineinliebensverhältniss mit der M e n g l ö d (Freyia), der göttin der liehe lind des sommers, gesetzt w u r d e . Da aber der sommer im norden kurz ist, und durch den winter bald vernichtet wird, so sagte der ursprünglich symbolische mythus aus, dass das liebesverhfdtniss zwischen S v i p d a g (Odr) und M e n g 1 ö d (Freyia) kein e h e 1 i cli dauerndes w a r , sondern dass der u n v e r h e i r a t e t e S v i p d a g , mit der unverheirat e t e n jungfräulichen M e n g l ö d , n u r kurze zeit, als Verlobter, der jugendlichen liebe pflegen konnte, und bald von ihr, durch das unerbittliche schicksal (urlag), getrennt w u r d e . Der grund dieser t r e n n u n g der beiden verlobten durch das schicksal lag, nach dem ältern symbolischen m y t h u s , in dem naturgemässen jährlichen eintritt des w i n t e r s , der die verlobten von e i n a n d e r , auf ein j ä h r , trennte. Svipdag wird somit nach dem naturmythus von seiner geliebten g e t r e n n t , und von den iotnischen winterstürmen hinweg getragen nach Iotnenheim, wo er verweilt bis der winter vorüber ist, und bis die noch rauhen frühlingswinde ihn in die nähe seiner geliebten z u r ü c k b r i n g e n , und er endlich, nach jährlicher trennung, im sommer, wieder mit der M e n g l ö d vereinigt wird. Dieser ursprüngliche symbolische naturmythus wurde später, wie alle naturmythen, immer e p i s c h e r , und e n t fernte sich immer m e h r von seiner logischen n a t u r - b e deutung. u m sich als geschichtliche erzählung auszubilden und umzugestalten. Daher kommt es dass, im spätem e p i s c h e n mythus, das s o n n e n j a h r (wälirend welchem die verlobten Svipdag und Menglöd von einander getrennt waren) zu einem w e l t j a h r der götter, das heisst zu einem

I. Einleitung.

-19

langen Zeitraum ausgedehnt w u r d e , •welcher die e r s t e jungend der verlobten u m f a s s t e . Der epische g r u n d w a r u m das schicksal, w ä h r e n d der ersten Jugendzeit d e r verlobten, diese von e i n a n d e r

ge-

t r e n n t hielt, w u r d e wahrscheinlich, im bewusstsein des e p i s c h e n mytlius, dahin b e s t i m m t , dass O d i n n ( W i n d gott), der an die stelle des ältern O d r (wind) g e t r e t e n w a r , auch an dessen stelle als

geliebter

der

Freyia

(Menglöd) treten wollte, u n d deswegen d u r c h das Schicksal bewirkte dass O d r , w ä h r e n d d e r jugendzeit F r e y i a ' s , von ihr fern gehalten w u r d e , u n d erst n a c h d e m

Odinn

der Freyia ü b e r d r ü s s i g g e w o r d e n , als die erste Jugendzeit der Asen vergangen w a r , zu d e r verlobten z u n i c k k e h r e n durfte. § IG. Nach

d e m n a t u r m y t h u s versetzt die plötzliche

t r e n n u n g von i h r e m geliebten Svipdag die M e n g l ö d

in

grosses leid. Die verlassene s u c h t , schmcrzensvoll, i h r e n verlornen geliebten in allen s o m m e r g e g e n d o n , wie Isis den Osiris, a b e r findet ihn daselbst n i c h t , da e r in I o tunheim weilt. Deswegen beklagt sie ihren verlust, wie die über den v e r l o r n e n Adonis weheklagenden fratien, u n d , in ihrer, klage vergiesst sieheisse g o l d n e thränen (s. F a s c i n a t i o n d e G u l f i , p. 29H). Sie h a r r t auf die Wiederkehr des geliebten, bis d i e s e r , nach j a h r e s f r i s t , w i e d e r mit ihr vereinigt w i r d . Da d e r mytlius von der t r e n n u n g u n d Wiedervereinigung Svipdags u n d Menglöds von d e m j ä h r lichen v e r s c h w i n d e n u n d w i e d e r k e h r e n des s o m m e r s entn o m m e n w a r , so pflegte das volk, bei der a n k u n f t des sommers, sprichwörtlich zu s a g e n : O d r k e h r t z u r ü c k (Odr hverfr a p t r ) ; u n d a u s dieser kurzen redeweise bildete sich, wie a u s e i n e m keim, d e r epische mytlius der Wiedervereinigung des O d r mit F r e y i a , so wie j a a u c h ähnliche redeweisen w i e , zum beispiel, S k i m i r f ä h r t

(Skirnir

Yielgewandts Sprüche, ferr), L o k i h a t d e n T h 6 r a u f g e h a l t e n (Loki heiir dvaldan T h ü r ) , T h ö r h a t d e n A l v i s v e r s p ä t e t (Thor hefir dvaldan

Alvis), die epischen mythen veranlasst haben,

welche den gegenständ der eddischen lieder

Skirnis-

f a h r t (Skirnisför), G r a u b a r t s l i e d (Harbardsliod), und A l l w e i s s S p r ü c h e (Alvismül) a u s m a c h e n . § 17. D e r A s e O d r , dessen attribute zum thcil auf den O d i n n der ihn beerbte u n d verdunkelte, ü b e r g i n g e n , w u r d e d a d u r c h in d e r mvthologie zur sekundären gottheit; u n d da e r kein populärer angebeteter gott w a r , so w u r d e auch sein n i y t h r n - c y c l u s wenig ausgebildet. F r e y i a h i n g e g e n , die, von a n f a n g a n , eine grössere mythologische b e d e u t u n g hatte, w u r d e nicht allein eine bloss dogmatische, sondern auch eine populäre allgemein verehrte gotlheit. I h r m y t h e n cyclus vergrosserte sich mit der zeit, dehnte sich i m m e r m e h r aus, u n d w u r d e , mit Vorliebe, bis in die einzelnheiten episch ausgemalt. "Wie kam es a b e r n u n dass diese einzelnheiten im Volksglauben weniger bekannt w a r e n , als diess d e r f.dl w a r mit ähnlichen details im m y t h u s a n d e r e r populären gottheiten,

Baidur,

Odinn,

Thor,

F r i g g , e t c . ? Der g r u n d liegt darin dassdas volk, aus den r e l i g i o n s ü b e r l i e f e r u n g e n , n u r das im gedächtniss behält w a s von d e n s e l b e n , im jährlichen cultus, gleichsam concret dargestellt w a r , u n d dasjenige fallen lässt und vergisst, was als blos theoretisch, dogmatisch u n d spekulatif, der darstellung i m cultus ermangelte, u n d somit aus volksgedächtniss

u n d volksinteresse

dem

immer mehr ver-

s c h w a n d . Noch heute k e n n t , zum beispiel, das christliche volk von d e r geschichte Jesu meistens n u r

diejenigen

Ü b e r l i e f e r u n g e n , welche in d e m cult u n d j ä h r l i c h e n f e s ten zu w e i n a c h t e n , in der passionszeit u n d zu pfingsten episch erzählt, u n d m a n c h m a l dramatisch vorgestellt w e r d e n . Die einzelnheiten d e r dogmatik s a m m t d e r e n n a m e n

I. Einleitung.

21

überlässt das volk, aus mangel a n interesse f ü r dieselben, d e n gelehrten theologen. A u s analogem g r ü n d e geschah es auch dass die vielen einzelnheiten u n d n a m e n , welche sich auf den epischen theil des F r e y i a - c y c l u s bezogen, mit d e r zeit imitier u n b e k a n n t e r w u r d e n . Solche einzelnheiten und n a m e n w a r e n , zum beispiel, die n a m e n der gitterthür, d e r wachenden liunde der u m z ä u n u n g , an u n d

in d e m

bergschloss der Freyia, die n a m e n des l a u b w a l d e s in d e r luirg, und des leuchtenden hahns im laubwalde, die n a m e n des saales in der b ü r g und der kiinstler welche denselben e r b a u t , die n a m e n

der heilhöhe in d e r b ü r g u n d d e r

heilenden j u n g f r a u e n daselbst bei F r e y i a , etc., etc.

Da

diese einzelnheiten u n d n a m e n , zur zeit des Verfassers u n seres liedes, in Vergessenheit g e r a t h e n w a r e n , so w a r dies f ü r ihn ein g r u n d dieselben wieder ins gedächtniss zu r u fen, indem er sie zum gegenständ seines didaktischen g e dichtes machte. Der historische beweis dass zur zeit des dichters diese einzelnheiten und n a m e n nicht m e h r allgemein bekannt w a r e n , liegt n u n eben d a r i n dass d e r s e l b e sich veranlasst fühlte dieselben zum gegenstände seines didaktischen gedichtes zu w ä h l e n ; d e n n damals liess ein dichter sich n u r dann an, eine ihm interessant scheinende materie lehrend vorzutragen, w e n n dieselbe der m e n g e gänzlich unbekannt oder g r ö s s t e n t e i l s ins vergess g e k o m m e n war. § 18. Es frä gt sich n u n a b e r ob n i c h t , vielleicht, diese vom dichter didaktisch vorgetragenen einzelnheiten u n d namen vorher niemals in der mythologie bestanden h a b e n , sondern von i h m ausgedacht u n d als m y t h e n gelehrt w o r den s i n d . Der beweis aber dass diese n a m e n u n d einzelnheiten von u n s e r m dichter nicht e r f u n d e n w o r d e n , s o n d e r n von ihm bloss, im mythischen bewusslsein, wieder als alte e r i n n e r u n g e n f ü r s gedächtniss aufgefrischt worden sind,

22

Yielgewanilts Sprüche.

liegt in d e m umstand- d a s s u n s e r d i c h t e r s e i n e n d i d a k t i schen

gegenständ kurz

und bündig, einfach und

ohne

n e b e n s a c h e , v o r t r a g t . Hütte d e r d i c h t e r d i e s e n stoß' selbst e r d a c h t u n d e r f u n d e n , so hätte e r i h n m i t m e h r d i d a k t i s c h e r a u s f ü h r l i c h k c i t , e m p h a s e u n d Selbstgefälligkeit d e m z u h ü r e r a u s g e m a l t , u n d i h n n i c h t , so wie e r es g e t h a n ,

aphoris-

t i s c h , als sei d e r s e l b e a l l g e m e i n v e r s t ä n d l i c h u n d gleichs a m schon j e d e r m a n n b e k a n n t , d a r g e s t e l l t . Die f r a g e darf i n d e s s e n aufgestellt w e r d e n ob n i c h t d e r dichter, wiewohl

e r t r a d i t i o n n e l l e s v o r t r ä g t , d o c h , hie

u n d d a , zutliaten von s e i n e r e r t i n d u n g h i n z u g e f ü g t h a b e . E s ist a b e r

darauf

zu

antworten

dass,

bei

mytholo-

g i s c h e n d i c h t e m , es r e i n u n m ö g l i c h ist zu u n t e r s c h e i d e n w a s sie t r a d i t i o n n e l l ü b e r k o m m e n , u n d w a s sie, in i h r e r mythischen

aull'assung,

dem

überlieferten

hinzugefügt

h a b e n . Die m y t h o l o g i e bildet sicli j a auf d i e s e l b e w e i s e a u s , w i e die t r a d i t i o n n e l l e e p i s c h e d i c h t u n g , o d e r wie d i e e b e n f a l l s stets t r a d i t i o n n e l l e

spräche.

In

der

epischen

poesie gestaltet u n d e r w e i t e r t d e r e i n z e l n e d i c h t e r n o t w e n d i g d e n ü b e r k o m m e n e n stofT n a c h s e i n e r i h m n a t ü r lichen aufl'assung, die d a n n s p ä t e r z u m g e m e i n g u t a n d e r e r w i r d . A u c h in d e r s p r ä c h e e r f i n d e t d e r e i n z e l n e , n a c h s e i n e n a n s c h a u u n g e n u n d n a c h d e n e n s e i n e r z e i t , die a u s d r ü c k e , w e l c h e , weil sie d e n z e i t a n s c h a u u n g e n e n t s p r e c h e n d s i n d , d a r u m z u m g e m e i n s a m e n s p r a c h g u t f ü r alle w e r d e n k ö n n e n . E s w ä r e a b e r v e r k e h r t , b e h a u p t e n zu w o l l e n , a u s d r ü c k e von e i n z e l n e n sprache

gehören,

oder

gefunden

dass

nicht zur

mythische

dass Volks-

anschauungen

vom e i n z e l n e n d i c h t e r gefasst u n d a u s g e d r ü c k t ,

nicht

z u r volks-mythologie g e h ö r e n . Das r i c h t i g e b e s t e h t d a r i n a n z u n e h m e n d a s s alles v o m e i n z e l n e n in s p r ä c h e

und

m y t h o l o g i e e r f u n d e n e , z u r zeit als d i e s p r ä c h e u n d m y t h o logie n o c h l e b t e u n d sich e n t w i c k e l t e , a u c h zu

dieser

I. Einleitung. spräche und mythologie g e h ö r t ,

23 dass m a n

aber w ä h l

d a r a n t h u t , u m den historischen entwickelungsgang der spracht; und mythologie genau zu k e n n e n , die einzelnen sprachlichen u n d mythologischen zulhaten chronologisch zu u n t e r s c h e i d e n , u n d aufeinander historisch folgen zu lassen, indem m a n , z u m beispiel, in der

griechischen

spräche u n d mythologie, die spräche und mythologie eines Homeros,

eines H e s i o d o s , eine S o p h o k l e s ,

eines

E u r i p i d e s , eines alexandrinischen dichters, etc., genau zu unterscheiden versteht. Es w ä r e demnach zu w ü n s c h e n dass w i r , in der nordischen mythologie, zu unterscheiden v e r m o c h t e n , was unser dichter von den mythischen einzelnlieiten u n d namen aus der tradition h e r ü b e r g e n o m m e n , u n d was er aus seiner dichterischen a n s c h a u u n g hinzugefügt hat. Da dies aber unmöglich i s t , nach dem jetzigen stände der Wissenschaft, u n d es wahrscheinlich f ü r i m m e r so bleiben w i r d , so m ü s s e n wir u n s damit b e g n ü g e n , die vom dichter gelehrten einzelnheiten

und

n a m e n als zur nordischen mythologie i n t e g r a l gehörend zu betrachten, u n d f ü r diese seine b e l e h r u n g u n s e r m dichter zu d a n k e n . W a s diesen u n s e r n dank erhöhen m u s s , ist der u m s t a n d , dass die in u n s e r m gedieht gegebene belehr u n g über den Freyiacyclus u n s in keinem a n d e r n

ed-

dischen gedieht oder anderswo geboten w i r d ; und dies ist w i e d e r u m zugleich ein beweis davon d a s s , einerseits, die zum Freyiacyclus gehörenden einzelnlieiten u n d n a m e n , die in unserm gedieht gelehrt werdeil, allgemein in Vergessenheit gekommen w a r e n , und dass, andererseits, der dichter sich deswegen veranlasst fühlen m u s s t e , u n d auch wohl d a r a n gethan h a t , das v e r g e s s n e , in seinem lehrgedicht, von neuem vorzutragen.

24

Vielgewandts Sprüche. 6. V i e l g e w a n d t , hauptperson in unserm gedieht.

§ 19. Seinen didaktischen Vortrag hatte, wie oben gesagt (s. 10), der dichter, dem gebrauch seiner zeit gemäss, in eiin'ii epischen rahmen einzufügen; und der epische rahmen bestand am natürlichsten darin zu erzählen, wie eine bestimmte person, bei einer bestimmten gelegenlieit, fragen aufgeworfen, deren beantwortung die lelirgegenstände betraf, welche vorzutragen eben der zweck und der gegensland des didaktischen gediehtos sein sollte. Bei einem derartigen lehrgedicht ist nun aber der antwortende oder lehrende , mehr noch als der fragende und belehrte, die h a u p t p e r s o n . Als diese hauptperson erscheint, in unserm gedieht, der liese V i e l g e w a n d t ( F i ö l s v i d r oder F i ö l s v i n n r , für F i ö l s v i n d r ) . Es wäre schwer zu sagen ob dieser Vi e 1 g e w a n d t , was wahrscheinlich ist, ein aller traditionneller name w a r , und schon f r ü h e r , wie liier, den mythischen burgwächter der Freyia (Menglöd) bezeichnet halte, oder o b , was weniger wahrscheinlich ist, unser dichter diesen namen und diese person eigens zum beliufe seines epischen rahmens erfunden hat. Da indessen der dichter diesen rahmen nicht erfunden, s o n d e r n d e m alten inythus des O d r und der F r e y i a ( s . s . 11) entlehnt hat, so ist wohl auch anzunehmen dass er die hauptperson dieses rahmens gleichfalls aus der mythologischen Überlieferung herübergenommen hat. Jedenfalls enspricht die person und der name Viel g e w a n d t ganz der ihm im gedieht angewiesenen rolle, als auskunftgebende und lehrende hauptperson. Denn, da er dargestellt wird als der burgwächter der F r e y i a , so kennt er somit am besten die namen der mythologischen gegenstände die sich an und in der bürg seiner herrin befinden, und die den gegenständ der hier zu gebenden

I. Einleitung.

23

belehrung bilden. Der n a m e V i e l g e w a n d t , im sinne von s e h r g e s c h i c k t und sehr verständig, ist ein zum eigenname gewordenes n e n n w o r t . So ist e r j a , unter a n derem, ein epithetischer n a m e O d i n s ( G r i m n i s m ä l , 46), diesen gott, als was e r w a r , als g e w a n d t u n d verschlagen, bezeichnend. Er ist auch der eigenname eines mythologischen zwergs ( S n o r r a E d d a , I I , 4 7 0 ) , da zwerge, in der mythologie, als einsichtsvoll und g e w a n d t dargestellt werden. Es wäre n u n möglich dass V i e l g e w a n d t , der burgwüchler der Freyia, als zum z w e r g g e s c h l e c h t gehörig gedacht worden w ä r e ; man könnte hierfür anführen dass er, in unserm gedieht, als kunstfertig und als künstler, wie viele andere zwerge dargestellt wird (s. str. 34). Er ist aber hier als zum i o t n e n g e s c h l e c h t gehörig anzusehen. Denn ein Iotne, wegen seiner kräftigen, furchterregenden r i e s e n n a t u r , war hier geeigneter zu einem burgwüchter der jungfräulichen F r e y i a , als ein schwac h e r , vor riesen zurückschreckender zwerg. Zudem werden die I o t n e n , eben so gut u n d noch besser als die zwerge, als umsichtig, verständig u n d klug ausgegeben ; sie heissen ja geradezu h u n d v i s s (bundweise), was ausdrückt dass sie die umsichtige, instinetive s p ü r kraft der hunde besitzen, und nicht blos dass sie, wie man diesen ausdruck erklärt h a t , h u n d e r t f a c h ( h u n d für l i u n d r a d , das heisst in hohem grade) weise sind. Die Iotnen wissen auch, als a r c h i t e c t e , Werkmeister und kiinstler, eben so gut wie die z w e r g e , künstliche und magischc w u n d e r w e r k e zu schaffen, wie es ja ein Iotne war der sich anbot, die von den Vanen niedergerissene mächtige ringmauer von Asengart wieder mächtiger, in einem winter, gegen stipulirten l o h n , aufzurichten. Da in der bürg der F r e y i a , der göttin des heissen

26

Yielgewandts Spruche,

sommers und der feurigen liehe, viele gegenstände, in b e ziehung hierauf, als f e u r i g dargestellt werden, so ist auch anzunehmen dass der im dienste der Freyia stehende V i e l g e w a n d t nicht aus dem geschlecht der F r o s t riesen, sondern aus dem der F e u e r r i e s e n stammte, welche die riesige macht der feuerphiinomene der n a t u r symbolisirten. W a s aber noch entschieden dafür spricht, dass V i e l g e w a n d t hier zum i o t n i s c h e n geschlechte gehört, ist der umstand dass er den aus Iotnenheim mit lotnengefolge kommenden, und noch in Iotnengestalt sich nullenden O d r (Svipdag, Vindkaldr), aus der lerne, als einen i o t n i s c h e n ankömmling erkennt (s. str. 1.) Wenn aber V i e l g e w a n d t diesen namen als vorsichtiger burgwächter und kluger Iotne verdient, so erklärt er selber diesen namen besonders in beziehung auf die, von i h m , durch sein amt als burgwächter einer jungfrau, erforderliche klugheit und vorsieht, um die gefährlichen ankümmlinge verständig abzuweisen (s. str. i). 7 . Theile des g e d i c h t s . § 2 0 . Während nun einerseits V i e l g e w a n d t die g e eignetste person abgibt, um über die dinge und namen an und in der bürg F r e y i a s auskunft zu geben, so ist, andererseits, S v i p d a g (Odr) vom dichter geschickt gewählt worden, um als f r a g e n d e r aufzutreten.Er ist dargestellt als ankömmling bei der ihm unbekannten b ü r g , und er ist begierig von dem burgwächter V i e l g e w a n d t zu e r fahren, welches die gegenstände sind, die er an und in der bürg erblickt, und welche namen sie tragen. So entspinnt sich natürlich zwischen V i e l g e w a n dt und S v i p d a g ein dialog, der den eigentlich d i d a k t i s c h e n theil, und deswegen auch den g r ö s s t e n theil des gedichtes a u s -

I. Einleitung.

27

m a c h t . Dieser didaktische theil ist eingefasst in die geschichte des mytlius von der Wiedervereinigung des O d r mit F r e y i a (s. s . l i ) , so dass diese geschichte, zu anfung, die kurze einleitung ins didaktische gedieht, und zu ende den kurzen schluss desselben a b g i b t . Das gedieht zerfallt somit in folgende theile oder dialoge : 1 ) dialog zwischen V i e l g e w a n d t und dem u n b e k a n n ten ankömmling S v i p d a g , als einleitender kurzer r a h men zum folgenden dialog; 2 ) dialog zwischen V i e l g e w a n d t und dem sich W i n d k a l t nennenden S v i p d a g , als eigentlicher

haupttheil

des didaktisclien gedichts; 3 ) dialog

zwischen V i e l g e w a n d t

und

Menglöd

( F r e y i a ) , worin dieser ihr die Wiederkehr Svipdags a n k ü n digt. Dieser kurze dialog gehört schon wiederum zum historischen rahmen, u m den schluss des gedichtes herbeizuführen ; •i) dialog zwischen F r e y i a und dem zurückgekehrten S v i p d a g ( O d r ) . Dieser letzte dialog, wie der erste, gleichfalls zum epischen r a h m e n gehörend, schliesst diess gedieht kurz ab. Diese vier dialoge, von denen der zweite allein ganz d i d a k t i s c h ist, während der erste, dritte und vierte bloss zum epischen r a h m e n gehören, bilden vollständig das gedieht. S ä m m t l i c h e dialogen sind aber nicht als d r a m a t i s c h e , sondern bloss als e r z ä h l t e dialogen aufzufassen, ( s . G r a u b a r t s l i c d , s. 3 ü ) , so dass das didaktische g e dieht eine erzählung bildet, in der die dialoge

referirt

s i n d , und durch die geschickte Verbindung des d i d a k t i s c h e n inhalts mit dem e p i s c h e n r a h m e n , zu einem poetischen ganzen sich a b r u n d e n .

Vielgewandts Sprüche.

28

8. Titel, versart und abfassungszeit des gedichts. § 2 1 . U n s e r gedieht trägt im Originaltext den titel F i olsvinnsmàl.

Mài

im

plural

bedeutet

hier

reden,

a u s s p r ä c h e . Da im alterthum die Wissenschaft, die p h i losophie und jede doctrin in kurzen S p r ü c h e n ,

prover-

bialisch, a p h o r i s t i s c h , und m a n c h m a l orakelmässig, mitgetheilt w u r d e , so zeigt der plural m à i , von vorn herein, den d i d a k t i s c h e n karakter u n s e r s gedichts a n . Da die H a u p t p e r s o n , welche hier auskunft ü b e r die gestellten

fragen durch

ausspräche

ertheilt,

Fiöls-

v i n n r ( V i e l g e w a n d t ) i s t , so trägt u n s e r didaktisches g e dieht den ganz geeigneten titel F i ü l s v i n n s m ä l

(Yielge-

wandts s p r ä c h e ) . Andere didaktische gedichte der E d d a tragen ähnliche titel : so z. b . Y a f t h r u d n i s m à l ,

Hava-

m à l , A l v i s m à i , G ri m n i s m à i , e t c . , welche die b e l e h r e n den a u s s p r u d l e des Iotnen Y a f t h r u d n i r , des gottes Ilàvi ( O d i n n ) , des zwergen A l w e i s s , und des unter dem n a m e n G r i m n i r verborgenen O d i n n enthalten. E s ist n u r zu b e m e r k e n d a s s , in s p ä t e m Zeiten, ungeschickter weise, m a l , wie zum beispiel in R i g s m à i , Hakonar m a l e t c . , nicht a u s s p r e c h e des R i g ( H e i m d a l r ) u n d

ausspräche

des königs I l a k o n b e d e u t e t e . Das wort m à i wurde hier i m sinne von e r z ä h l u n g (statt s ö g u

l i ü d , l l i u l a e t c . ) ge-

n o m m e n , so dass die ursprünglich betitelte R i g s t h u i a (erzählung ü b e r R i g r ) titel R i g s m ä l

auch später den

ungeschickten

bekam.

E s ist kein g r u n d vorhanden a n z u n e h m e n dass der p a s sende natürliche

titel F i o l s v i n n s m à l

nicht von

dem

autor selbst h e r r ü h r e , oder dass e r , wie es öfters g e s c h e h e n , von den rhapsoden später dem gedieht, um es von andern zu unterscheiden, beigefügt worden sei. Allerdings da u r sprünglich die gedichte meistens g e l e g e n h e i t s g e d i c h t e

I. Einleitung.

29

w a r e n (s. M e s s a g e d e S k i r n i r , p. 178), d e r e n zweck und inhalt als solche den Zuhörern von vorn h e r e i n bekannt w a r e n , so konnten, im a l t e r t h u m , solche gedichte einen titel als überflüssig e n t b e h r e n , u n d erhielten einen näher bezeichnenden titel erst in d e r folgezeit. "Was a b e r einen beweiss abgeben k a n n dass das F i ü l s v i n n s m ä l

ur-

sprünglich diesen, vom autoren s e l b s t , vor a n f a n g seines gesangs, angegebenen titel t r u g , ist der u m s t a n d dass das gedieht die erzählung mit den w o r t e n b e g i n n t : v o n d e n z ä u n e n d r a u s s e n s a h E n h e r a u f k o m m e n , wo E r sich auf den V i e 1 g e w a n d t bezieht, den bereits der autor, vor anfang, im vorangestellten

titel,

Vielgewandts

S p r ü c h e , hinlänglich bezeichnet hatte. Hätte der autor diesen titel nicht vorausgeschickt, so hätte e r auch nicht zu anfang den u n b e s t i m m t e n a u s d r u c k E r g e b r a u c h e n dürfen. Die versart in der u n s e r gedieht abgefasst ist, ist die sogenannte spätere 1 i o d e r f o r m (liodahattr), ü b e r deren f o r m , entstehung u n d karakter i c h , in f r ü h e r e n publicat i o n e n , öftere e r k l ä r u n g e n gegeben habe i s l a n d a i s , p. 131; C h a n t s d e S k i r n i r , p. 5 7 ;

(s.

Poemes

d e S ö l , p. 3 5 ; M e s s a g e

Graubartslied,

s. 4 9 - 5 2 ) , auf

welche ich hier verweisen darf. W a s die verfassungszeit des F i ö l v i n n s m ä l betrifft, so kann dieselbe, wie bei allen

übrigen Eddaliedern, n u r

indirekt und approximatif ermittelt w o r d e n . E s m u s s hierzu die Verschiedenheit der eddischen lieder nach inhalt u n d f o r m berücksichtigt w e r d e n , w o r n a c h diese lieder chronologisch etwa in drei auf einander folgende perioden zu vertheilen sind. Die i n n e r n kennzeichcn w o r n a c h diese vertheilung in drei perioden zu bewerkstelligen ist, so wie die g r ü n d e wodurch diese vertheilung gerechtfertigt wird, haben wir, vor kurzem erst, im G r a u b a r t s 1 i e d (s.56, s.57)

30

Yielgewandts Sprüche,

angegeben. Bedenkt m a n , diesem nach, dass das F i ö l s v i n n s m a l zu den mythologischen liedern der d i d a k t i s c h e n art gehört, welche ihrer natur nach j u n g e r sind als die mythologischen lieder e p i s c h e r a r t ; fügt man liinzu dass das gedieht zwar in der alten, aber doch im vergleich mit dem altern f o r n y r d a l a g (altgedichIssatz)etwas jüngeren versart l i o d a h ü t t r , verlasst ist, so gelangt man zu dem schluss dass dieses gedieht gegen das ende der zweiten periode zu setzen ist, in die zeit zu der die Eddalieder gehören welche etwa vom j ä h r 700 bis 900 nach Christus gedichtet worden sind. Die F i ö l s v i n n s m ä l gehören also am wahrscheinlichsten der zweiten hälfte des neunten Jahrhunderts an, einer epoehe wo die nordische mythologie als volksreligion noch geglaubt und bekannt w a r , wo aber schon, in den nordlanden, eine religiöse, politische und sociale u m wälzung begonnen hatte. Jedenfalls gehört u n s e r gedieht einer zeit an, wo man schon bürgen, vielleicht sogar.glasburgen baute, mit wald umgeben, und von Wächtern und wällen geschützt, wie die b ü r g welche im gedichte vorkommt. Das gedieht gehört ferner in eine zeit wo die burgjustiz schon eingeführt w a r , weil, im gedieht, M e n gl öd dem thorwärter F i ü l s v i n n d r o h t , i h n , wenn er sie belüge, hängen zu lassen. Die person des Verfassers der F i ö l s v i n n s m ä l ist, wie diess überhaupt bei fast allen Eddaliedern der fall ist, aus angegebenen guten gründen (s. G r a u b a r t s l i e d , s. 55), ganz unbekannt. Der ort der abfassung ist jedenfalls ausserhalb Islands zu suchen, da alle im gedieht erwähnten einzelnheiten nicht auf diese insel passen, sondern eher auf Norwegen oder speziell, auf Schweden, wo Freyia und Svipdag scheinen besonders verehrt worden zu sein.

I. Einleitung.

31

9. Integrität des gedichts in b e z u g anf Vollständigkeit des Inhalts und auf ursprünglichkeit der lesarten. § 22. Unter I n t e g r i t ä t verstellt man das verhältniss eines schriftstücks zu seiner ursprünglichen Verfassung, sowohl in bezug auf den gesammtinhalt als auf die einzelnen lesarten. Ein schriftstück ist unversehrt (integer) wenn es so erhalten ist, wie es aus den händen des autors hervorgieng, ohne anslassungen und zusätze, ohne falsche, verdorbene oder substituirle lesarten. W a s nun die integrität der F i ö l s v i n n s m a l betrifft, so ist zuerst in bezug auf den ursprünglichen inhalt derselben zu bemerken dass das gedieht keine auslassungen und keine zusiitze erlitten hat. Die theile desselben sind nicht vermindert noch vermehrt w o r d e n , sondern sind geblieben so wie sie der dichter ursprünglich zusammengestellt hat. Das gedieht ist. wie fast alle Eddalieder, eine vollständige, dem inhalt nach unversehrte r h a p s o d i e , das heisst ein spezialgesang eines mythencyclus. Es ist daher hier der ort eine förmliche einspräche einzulegen und zu begründen gegen die behauptung als seien V i e l g e w a n d t s S p r ü c h e nur ein unvollständiges fragment, wie Sophus B u g g e und Svend G r u n d t v i g annehmen zu müssen glauben. G r u n d t v i g (Dan. Folkev., I I , 238) machte zuerst die richtige bemerkung dass das eddische gedieht G r ö a ' s o r a k e l s a n g (Grougaldr) nachgeahmt worden sei, im ersten theil der alten schwedischen und dänischen Volksw e i s e vorn J u n k e r S v e d e n d a l (Sveidal). l i u g g e (Dan. Folkev. , 1 1 , 0G7) fand h i e r a u f , gleichfalls richtig, eine nachahmung der F i ö l s v i n n s m a l im zweiten theil der S v e d e n d a l s v i s a , gieng aber so weit daraus den schluss zu ziehen, dass die beiden theile dieser visa den beweis abgeben dass ursprünglich die F i ö l s v i n n s m a l der

32

Yiclgewandts Sprüche.

zweite t h e i l d e s G r o u g a l d r gewesen, so dass diese beiden lieder zusammengehörten u n d ein gedieht b i l d e t e n , wie wir dies vollständig in der dem alten gedieht nachgeahmten visa besitzen.

Er gab daher den beiden so

zusammen

gesellweissten Eddaliedern den gemeinschaftlichen, nicht g u t gewählten (s. s. 29) titel S v i p d a g s m ü l

(Svipdags

Sprüche), welchen G r u n d t v i g , der seine ansieht theilte, gegen den besser gewählten titel S v i p d a g s f ö r (Svipdags ausfahrt) vertauschte. Die ansieht aber dass G r o u g a l d r und F r ö l s v i n n s m ä l

zusammengehören, und u r s p r ü n g -

lich ein einziges gedieht w a r e n , ist nicht r i c h t i g , u n d b e r u h t auf unzulässlichen schlüssen, wie aus folgenden k u r z zusammengefassten g r ü n d e n hervorgeht : 4) E s ist allerdings w a h r dass die meisten nordischen volksvisor des mittelalters traditionnelle nachbildungen älterer mythologischer u n d epischer lieder sind, dass also die J u n k e r Svedendals nachahmung

w e i s e füglich in ihren theilen als des Grougaldr u n d der

eine

Fiülsvinnsmal

angesehen werden darf. N u r sind diese n a c h a h m u n g e n keine d i r e k t e n noch ganz g e n a u e , sondern blosse Umgestaltungen und metamorphosen f r ü h e r e r von e i n a n d e r m e h r oder weniger abhängiger lieder. Die ähnlichkeiten zwischen der Volksweise S v e d e n d a l s und den g e n a n n ten Eddaliedern sind daher natürlich n u r schwach u n d treffen n u r im allgemeinen zu. Die Ähnlichkeit zwischen d e r visa und dem Grougaldr bestellt nämlich bloss darin dass in beiden gedichten die rede ist von einer, aus i h r e m grabe, von i h r e m söhne hervorgerufenen m u t t e r , welche diesem söhne Zauberformeln u n d zaubermittel mittheilt, u m ihn auf seinen fahrten u n d abenteuern zu schützen. Desgleichen besieht die Ähnlichkeit zwischen

Sveden-

d a l s v i s a u n d den F i ö l s v i n n s m ä l bloss allgemein d a r i n dass in beiden Hedem von einem jüngling erzählt w i r d ,

I. Einleitung.

33

der sich mit seiner, vom schicksal ihm bestimmten, braut schliesslich vereinigt. Da die Volksweisen blosse metamorphosen eines traditionnellen stofles sind, und die metamorphose, bloss den grundstoff festhaltend, denselben im einzelnen manchfach und öfters gänzlich umändert, so ist sich nicht zu wundern dass, in den einzelnheiten, zwischen der S v e d e n d a l s v i s a

einerseits, und dem G r o u g a l d r

und den F i ö l s v i n n s m ä l

anderseits, die grössten Ver-

schiedenheiten obwalten, wie jeder leser leicht schon bei flüchtigem lesen ersehen kann. Aber trotz dieser grossen Verschiedenheiten ist daran festzuhalten dass die S v e d e n d a l s v i s a in ihren beiden theilen eine indirekte,entfernte, durch mittelglieder vermittelte nachahmung des G r o u g a l d r und der F i ö l s v i n n s m ä l ist. 2 ) E s ist wahr dass die beiden theile der S v e d e n d a l s v i s a

noch ähnlichkei-

ten haben mit ihren grundtypen dem G r o u g a l d r und den F i ö l s v i n n s m a l , und dass die beiden theile der visa zueinander gehören und e i n gedieht bilden; es ist aber ein ganz unzulässlicher schluss zu behaupten dass darum auch die beiden Eddalieder, die mit den zusammengehörenden theilen der visa ähnlichkeiten haben, gleichfalls zusammengehören und ursprünglich ein einziges gedieht ausmachten. Dies zusammenschweissen der beiden Eddalieder liesse sich noch als wahrscheinlich begreifen: 1 ) wenn

das

G r o u g a l d r keine v o l l s t ä n d i g e abgeschlossene rhapsodie wäre,

sondern zum abschluss die

Fiölsvinns-

m ä l bedürfte, was durchaus nicht der fall ist;

2 ) wenn

die F i ö l s v i n n s m ä l keine vollständig a b g e s c h l o s s e n e rhapsodie wären und zu ihrer Vervollständigung und als anfang die G r o u g a l d r nöthig hätten, was ebenfalls nicht der fall ist, wie aus unserer erklärung hervorgeht; 3) wenn die beiden Eddalieder, statt sich in bezug auf zweck, inhalt und conception zu widersprechen, sich als ein ganzes bil-

34

Vielgewandts Sprüche.

dend exegetisch erklären Hessen, was rein unmöglich ist; 4) wenn die beiden lieder nicht schon jedes die gehörige länge einer gewöhnlichen rhapsodie hätten, und nicht, wenn aneinander gereiht, zu einer für rhapsodien ungewöhnlichen länge anormal ausgedehnt werden müssten; 5) wenn das, was die erste idee der zueinandergehörigkeit der beiden Eddalieder gab, nämlich die, in beiden gedichten, und nur in ihnen vorkommenden namen m e n g l ö d u m (Grougaldr 3) und M e n g l ö d (in Fiölsvinnsmäl), nicht ganz verschiedene bedeutung hätten, da m e n g l ö d u m , als nennwort, die jungfrauen allgemein bezeichnet, während M e n g l ö d der epithetische namen der F r e y i a ist. Da nun durchaus keine spur und kein grund vorhanden sind, aus denen liervorgienge dass die F i ö l s v i n n s m ä l lückenhaft, und bloss ein theil eines grössern gedichtes sei, da ferner sich keine spur von einschiebsei darin bemerkbar macht, so ist die i n t e g r i t ä t des gedichtes in bezug auf dessen inhalt gründlich festgestellt. § 23. Was nun zweitens die integrität des gedichtes, in bezug auf die ursprünglichkeit des überlieferten textes oder die richtigkeit der lesarten betrifft, so versteht es sich von selbst dass dieser text nicht unversehrt (integer) geblieben ist, sondern wie alle schriftstücke aller zeiten und aller orten, in den überlieferten manuscripten mehr oder weniger falsche und verdorbene lesarten, hier und da, aufgenommen hat. Es ist hier nicht der ort diese verdorbenen lesarten zu besprechen, u n d , nach den Fingerzeigen der höhern textkritik, zu verbessern. Da aber in neuerer zeit die quellen für die textkritik der Eddalieder, namentlich durch die umsichtige und genaue arbeit von B u g g e ( N o r r a c n F o r n k v a i d i ) , zugänglicher gemacht worden sind, aber zugleich auch annahmen ver-

I. Einleitung.

33

anlasst wurden, die auf irrwege führen könnten, und jedenfalls, wenn man diese annahmen beibehielte, den zweck aller textkritik, nämlich die exegese oder das philologische verständniss der Eddalieder f ö r i m m e r unmöglich machen würde, so sei es hier, in dieser Einleitung, erlaubt die geschichte der eddischen texte, und die für die textkritik daraus zu folgernden grundsätze, kurz zusammenzufassen. Es gab in den Nordlanden eine viel grössere anzahl von mythischen und epischen gedichten als die welche uns in der jetzigen Eddasammlung des Saemund erhalten sind. Diese altern lieder waren fast alle v o r der einwanderung in Island, also ausserhalb dieser insel, in Norwegen, Schweden und Dänemark gedichtet, und pflanzten sich, in diesen ländern, zuerst bloss m ü n d l i c h fort, bis sich später in Island, neben der mündlichen tradition, auch schriftliche aufzeichnungen in currenten lateinischen buchstaben hervorthaten. In Island selbst aber sind die dahin geretteten gedichte nicht sehr häufig niedergeschrieben worden, vielmehr bewahrten sie sich noch grösstentheils im gedächtniss, etwa bis ins vierzehnte jahrhundert hinein. Die beiden ä l t e s t e n uns erhaltenen pergamentmanuscripte Cod. r e g . und A r n a M a g n . , die in schreib- und losarten unter sich schon manche Verschiedenheiten aufweisen, sind offenbar nicht die aller-ältesten und einzigen iiKiiiuseripte die jemals in Island ausgefertigt worden sind, sondern reproduciren einerseits, die zu ihrer zeit schon vorhandenen membranen, andererseits, die damals auf der ins e l b e s t e h e n d e m ü n d l i c h e t r a d i t i o n ; sie sind also, wiealle inanuscripte welche nicht von den autoren selbst h e r r ü h ren, auch nicht stets als a b s o l u t e n o r m , für die Eddalieder die sie enthalten, anzusehen, und, obgleich die besten und ältesten, sind sie doch nicht in allen schreibund lesarten unfehlbar, und einzig und allein maassgebend.

36

Vielgewandts Sprüche.

Sie waren auch so wenig die alleinigen allgemein befolgten und bekannten normaltexte in Island, dass sie, lange unbekannt und v e r b o r g e n , später erst entdeckt und von neuem abgeschrieben worden sind. Die, ausser diesen membranen, noch in Island ausgefertigten spätem papiermanuscripte eddischer lieder mögen wohl grösstenteils copien dieser membranen sein; womit aber nicht gesagt werden soll noch bewiesen werden kann dass diesen spätem abscliriften, ausser jenen membranen, k e i n e a n d e r e quellen zu geböte standen, und dass sie nicht auch lesarten aus der m ü n d l i c h e n tradition aufgenommen haben. Es geschah vielmehr bei diesen abschriften was sich bei vielen andern manuscripten zugetragen hat, dass nämlich ihre mehr oder weniger gelehrten Verfasser sich an die, ihnen als o r i g i n a l vorliegenden membranen meistentheils treu gehalten, aber hier und da, aus der mündlichen tradition entlehnte oder, in ihrem gedächtniss aufbewahrte, ihnen besser dünkende und auch manchmal aus conjectur wirklich richtige lesarten, in ihre copien aufgenommen haben. Es müssen also zur herstellung des textes der Eddalieder nicht allein die oben genannten membranen, sondern a u c h die papierabschriften als hülfsmittel benützt werden. In der textkritik darf man nicht bloss äusserlich materiell auf ein oder zwei manuscripte schwören, wie alt und wie gut diese auch sein mögen, sondern man muss über sie hinaus nach benützung a l l e r hülfsmittel, sich zur höhern i n n e r n textkritik erheben, deren autorität ja, wissenschaftlich, über a l l e n manuscripten sieht, und die schliesslich denn doch den text des autors nach sprachlichen und sachlichen i n n e r n gründen correkt herzustellen allein berufen und im stände ist. Der beste beweis dass dieser in der philologie allgemein gültige grundsatz auch bei der textkritik

I. Einleitung.

37

der Eddalieder befolgt werden muss, besteht darin dass wenn man die lesarten der beiden membranen a l l e i n , exclusiv und absolut als richtig anerkennen wollte, man dem zweck der textkritik, nämlich der erklärung oder exegese dieser lieder, unüberwindliche Schwierigkeiten bereiten würde, weil, alsdann, das literarische verständniss derselben r e i n u n m ö g l i c h gemacht wäre, da dertext dieser membranen, an vielen stellen, offenbar verdorben und somit philologisch unerklärbar ist. Im ganzen genommen, ist für die textkritik der F i ö l s v i n n s m ä l kein allzu grosser nachtheil daraus erwachsen dass dieses gedieht sich nur in spätem papiermanuscripten erhalten hat. Die höhere i n n e r e kritik ist darum nicht weniger im stände diesen text richtig herzustellen. Die gründe aber die mich bestimmten die oder jene lesart zu bessern, diese anzuführen muss dem besondern theil dieser schritt nämlich der kritik, welche auf den nachstehenden text folgt, vorbehalten bleiben.

Vielgewandts Sprüche.

n. TEXT. Fiòlsvinns mài. ì. i/tan garÒa l i a n a ' ) ¡>à

j/pp u m - k o m a

J)ursa J)iòàar s i ò t . ! ) k vaà :

Fiolsvìòr

« Hvat e r J>at f l a g d a , ' ) or stendi 1 fyr / b r g o r ò u m , « o k /ivarflar u m ftuettan Ioga

»

2. « f / v e r s {)ù leitar ?

eòa hxers |>ù à leitum e r t

« e ò a hvat viltu, vinlauss ! v i t a ? « wrgar b r a u t i r

a r n a j)ù a p t r 4 ) h è d a n !

«àttattu lièr, v e m ò a r - v a n r ! t/eru!8)»

3. Komu-maòr « Hvat c r jiat f lagòa

kvaò:

e r s t e n d r fyr / o r g a r ò i ,

« ok b y ò r a t / ì ò ò n d u m ¿od ? « l o e m ò a r orda l a u s s

hefir j j ù , s e g g r ! of-lifat ;

« o k ftaltu fteim h è d a n ! »

4. Fiòlsviòr « Fiolsvìòr ek beiti,

kvaò:

e n n e k à frodati sefa ,

« Jjeigi e m - ' k mìns m i l d r wtatar. « t n n a n garda Jjù k e m r

liér a l d r eigi ;

« o k drìf-})ù n ù , vargr ! at t>egi.»

II. Text.

39

5. Komu-maôr « eim var varósla vituó; « annarr of naetr sefr,

en annarr of daga;

« i n n " ) ftemsk |)á vaettr, ef |)á í¡om.»

17. Vindkaldr

kvaó:

«Segóu mér Jjat, Fiólsvidr!

er ek |)ik /"regna mun.

« ok ek vilia vita: « hvárt sé matar nókkut

[>at er menn haíi

« ok hlaupi ¿nn meóan Jaeir eta ? »

18. Fiólsviór

kvaó:

« Vegnbraóir ! 0 ) tvaer liggia

i Vióofnis") lióum,

« e f {)il vilt |>at vita: «jiat eitt er svd matar

at Jieim menn of-gefi

« ok hlaupa ¿nn meóan f>eir eta.»

19. Vindkaldr

kvaó:

« Segóu mér })at, Fiólsviór!

er ek {)ik /regna mun

« ok ek vilia vita: « hvat jjat barr heitir

er ftirtask af' 1 )

«lünd óll ok /imar ? »

M

Vielgewandts Sprüclie.

20. Fiólsviór

kvaó:

« A/una m e i Ó r " ) hann h e i t i r ;

menn j)at fáir vitu

« af hverium rótum r e n n r ; « vid jjat hann fellr

er /¡están v a r i r ;

« flaer-at hann eldr né i a m . 21. Vindkaldr « Segóu m c r l^at, Fiólsviór !

kvaó: e r ek |)ik /regna m u n ,

« o k ek vilia fita : « hvat-af moeói 14 ) verór

Jiess ins m a r a vióar,

« e r hann fla>r ei «ldr né ¿ a r n . » 22. Fiólsviór « Ut af hans aldnum

kvaó:

skal á eld b e r a i ! )

« fyr fcylli-siükar /¡onur'2®); « utar hverfa |)ess") jiau'r innar skyli **); « s á er hans, meó monnum, m i ó t u ó r " ) ! »

23. Vindkaldr « Segóu mer Jaat, Fiólsviór!

kvaó: er ek jrik /"regna mun

« ok ek filia vita: « hvat sá ftani heitir

er sitr i enum ftáva viói ?

« allr hann vió gulli glóir. »

24. Fiólsviór « Vióofnir hann lieitir;

kvaó:

en hann stendr teór-glasir 1 0 )

« á A/eiós kvistum m i n n i 5 1 ) ; « einum ekka |>róngr

hann drofnaóan

« S u r t u r , sina m ó t u " ) . »

II. Text.

43

25. Vindkaldr kvaò : « Segòu mer jiat, Fiòlsvìdr !

er ek J)ik /regna mun

« ok ek vilia vita : « hvat sé vapna nòkkut

Jjat er knegi Vidofnir fyrir

« /inìga à //eliar siot. »

26. Fiòlsvìdr kvaò: « Loevateinn " ) heitir hann ;

en hann gerdi Loptr rùnu

«fyr iVagrindr n e ò a n " ) ; « ì Stcgiarns k e r i " ) liggr hann,

hià Sìnmàru,

« ok halda niaròlàsar") nìu. » 27. Vindkaldr

kvaò:

« Segòu mer jjat, Fiòlsvìòr !

er ek pik /regna mun

«ok ek vilia vita : « livàrt hann aptr kemr,

sà-er eptir ferr,

« ok vili J)ann tein laka? »

28. Fiòlsvìór « i4ptr hann mun koma

kvaò: sà er eptir ferr

« ok vili jiann tein

3d. Vindkaldr kvaô: «Segdu mér |jat, Fiolsvìòr! er ek J>ik fregna mun, « ok ek vilia vita : « hvat |>at òiarg heitir er ek sè òrùòi â «Jjiôàmsera46) pruina. 36. Fiolsvìòr kvaò: « Lyfia-berg") jiat heitir, en jjat hefir íengi verit svikum ok sari gaman4"); «fceilveròr h ver, Jjòtt hail Aars4®) sôtl, « ef f)atfclìfr,/íona. » 37. Vindkaldr kvaô: o Sogòu mér [>at, Fiolsvìòr! er ek jrik /"regna mun. « ok ek vilia vita : « hvat |i.rr meyiar heita er fyr Mengladar kniàm « sitia sàttar saman?» 38. Fiolsvìòr kvad: « //lif heitir ein, önnur í/lif Jmrsa « Jjriòia jjiòàvarta ; , ßiürt ok Blìd, ßlidr ok Frîd, «Eil- ok Orboda60). 39. Vindkaldr kvaô: (i Segôu mér (lat, Fiölsvidr ! er ek j)ik /"regna mun «ok ek vilia vita. V hvat J)xtftiarganökkut |>eim er ¿ilòta |)a'r «ef görask jjarfar [>ess.

!6

Vielgewandls Sprüclie.

40. Fiòlsvìór « Sumar hver òiarga " )

kvaò:

er menn Mòta fjajr

t à stall-helgum staò : «eigi svà hàtt foràt kemr at /tòlda sonum, «hvern j)icr ornauòum nema. » 41. Vindkaldr

kvaò:

« Segòu mér J)at, Fiòlsvidr!

er ek j)ik /'regna mun.

« ok ek villa vita : « hvàrt sé manna nòkkut f>at er knegi à Afenglaòm « svàsum armi sofà ? » 42. F i ò l s v ì ò r kvaò : « Vietr er fiat manna

er knegi à Menglaòar

« svàsum armi sofà, « nema Svipdagr einn ; hànum var sù-in sòlbiarta « brùdr at kvàn of fcveòin. 43. Vindkaldr « /frittu à Ziuròir !

kvad:

lattu hliò rum 5 3 )

« hèr màttu Svipdag sia ! « en j)ò vita far ef rilia muni «3/englòò mitt gaman.» 44. Fiòlsvidr « Heyrdu, 3/englòd !

kvad:

hér er ?naòr kominn ;

« j/akk J>u à f/est sia ; « /lundar fagna ; liùs hefir upp-lokizk ; « hygg-ek at Svipdagr sé. »

II. Text.

45. Menglòò

kvaò:

«< Horskir /¡rafnar skolu Jier

à hàm gàlga

dslìta siònir or, « ef {jù J>at iygr

at hér sè i a n g t " ; kominn

« mògr til minna sala.»

46. i o at v a r d a t (nun geschah dass) darum eingeschlichen weil man statt e r e k ai v a l i t gewünscht

hefik

(was ich i m m e r

habe) fälschlich, e r e k sc vaett h e f i

(was

ich immer gehofft habe) las, und um das d a s s (at) in a t Jni e r t a p t r k o m i n n (dass du bist wieder gekommen) zu erklären, man n ü J)at v a r d in den text schob, wodurch die theile

der Strophe überzählig wurden. Die richtige

lesart v a l i t habe icli aus der verdorbenen lesart v a ; l t der handschrift E erschlossen, da v a j l t (wofür man später voett setzte) fälschlich aus v a l i t entstanden ist. 5 8 ) E n i (sind) ist nothwendig wieder in den text e i n zusetzen, um den vollen satz zu bilden, und um den bisher nur dreisilbigen, also unvollständigen, halbvers, dadurch rhythmisch zu vervollständigen.

70

Vielgewandts Sprüche.

IT. ÜBERSETZUNG. Vielgewandt's Sprache. 1. Vor den zäunen draussen sah Er heraufkommen Thursenvolks gefolge. Vielgewandt sprach : « W a s für ein balg ist das der an den vorzäunen steht, « und schwankt u m die gefährliche flamm' ? 2. « W e n suchst du ? — oder wessen spur verfolgst du ? « oder was willst du, freundloser!, wissen? « kehre die koth'gen pfade zurück, von dort weg; «keine Versorgung erhältst, schutzbedürft'ger! du, hier. 3. Ankömmling sprach : « W a s für ein balg ist das, der drinnen im vorzaune steht, if und nicht den leuten einladung b e u t ? « schicklicher rede baar hast, Sprecher d u ! , hingelebt; —' « halt', d r u m , daheim dich, von dort weg! 4. Vielgewandt sprach : «Vielgewandt heiss' ich; auch hab' ich klugen verstand; « doch nicht zur speisung milde ich bin ; « Innert der zäune kommst du, deiner lebtage, nicht; «treib, d r u m , verworfner! dich dort weg.

IV. Uebersetzung.

71

5. Ankömmling sprach : ù mèr gal |)à er gòóir eru ; « biarg J)ù, mòdir ! megi ; « à vegum allr hygg ek at ek uerda muna ; « {>ikkiumk ek til wngr afì. » 6.

(Gròa kvaò:) « jjann gel ek J)èr /yrstan, jjann kveda /ìolnytan, « f>ann gòl fìindr /{ani ; « al |dù of-òxl skiòtir {»vi er {»èr atalt {»ikkir, « siàlfr leiòir J)ù siàlfan j)ik. » 7. « |)ann gel ek f)èr annali ; ef J)ù àrna skalt « vilialauss à tiegum ; « f/rdar lokur haldi {»èr òllum megum, « er {»ù à smàn sèr. » 8.

« |>ann gel ek Jjèr inn Jjridia ; ef {»èr jjióflar « /alla at /ìòrlàtum ; « Hrùn ok Hrùdr snùisk til Zieliar meóan, « en {»verri ai fyr j)èr. » 9. « |)ann gel ek j>èr inn /lórda ; ef J)ik /ìàndr standa « r/iórvir à galgvegi ; « hugr {>eim hverfi til /landa {»èr, « ok snùisk {»eim til sàtta sefl. »

II. Text.

459

10. « J>ann gel ek £>ér inn /Irrita ; ef ¡)ér /lòturrveròr « borinn at bòglimum ; « hlaupins iiòa lètimk |)èr fyr legg of kvedna, < ok stókkvi jià iàss af iimum, « en af /"òtum /ioturr. » 11. « J)ann gel ek J>ér inn sètta ; ef Jjù à sió kemr « meira en menn viti ; « iogn ok Z5gr gangi })èr i iùòr saman, « ok liài {>èr ae /riddriùgrar /arar. » 12. « £>ann gel ek |)èr inn siaunda; ef J>ik scekia kemr « /rost à /ialli hà ; « hraeva kuldi megit |)inu /ioidi fara, « ok haldi j)ér Zìk at /eiòum. » 13. « Jjann gel ek {)èr inn òtta ; ef }>ik uti nemr « nòtt à niflvaegi : « at J)vì firr megi J)èr til meins giura « ftristin daud fcona. » 14. « Jiann gel ek J)ér inn niunda ; ef f>ù vid inn nadd« oróum skiptir iòtun : [gòfga « màis ok manvits sè pèr à Afìmis hiarta «. i/nòga of-gfefit. »

160

Grôa's Zaubersang.

15. c< F a r |)û nù seva

Jiar's /'oràt Jiikkir

« ok standit J)êr m e i n fyr » w n u m ! « à i a r ô f o s t u m steini

stôô ek trinan d u r a ,

« m e ô a n ek |)èr , 178. HEILIG, 128, 129. HE1LENBERG, 128, 129. HZLSITZ, 116. HELIOB, 93. heulerin (gygr), 119. HIMINB1ÖBG, 100. HLID, 50. HLIF , 66. HLÎFTHUB8A, 66. HLTR, 62, 122. HOHELIED, 111. HB0B8TH10FR, 175. HUNDVÎS8, 134. I. IARTEIKN, 69. n u , 64.

IBING, 64. INTEGBITttT, 31. K. KADOBCH, 129. KAMPFBRATEN, 118. KERBEROH,103. KIÖKR, 52. KLAPPTHÜBE, 101. KOTHIO (Auri), 126.

und Sachregister. KUNST, 3. KTLLIR, 56. L. L.EVATEINN, 58. laubig (Barri), 125. LEICHENOITTER, 117. leirbboub, 51. LENZKALT, 90. LEUT8CHIBM, 126. Lift (Bichel), 61.

lidskiai.fr, 64. lieb und leid, 144. LIMB, 52. LIODAIIATTE, 29. LÖWE, 130. LOGI, 59.

LOKASENNA, 96. I.OKI, 59, 65, 117, 126. LOPTR, 59. LUDR, 61. LUCRETIUS, 6. LÜSTEHOLZ, 109, 114. LYFIABERG, 65. M. MAGIE, 145, 147. MAGISTER, 137. MANAQAKMR, 103. MANNESLIEBE , 116. MEEBGEBN, 118. MENGLADAR, 162. MENOLÜD, 15, 34, 97. MEPHISTOrilELES, 121. M1MIR, 180. MINISTER, 137. MIÖTUDR, 55, 59. MI8SVEFNI, 53. MODGUDR, 99, 119. M(EDI (tod), 55.

MORIA (berg), 127, 130.

MUNAMEIDB, 55. MU8PILHEIM, 116. MYTHOLOGISCH-DIDAKTISCH, 2. IV. NAMEN, 82. NABDKBAUT, 167. NABVAL, 167. NEBELMEER, 179. NEUN, HEILIGE ZAHL, 132, 153. N1ABDL&S, 60. NIÖBDR, 14, 95.

Wo

Wort-, namen- u n d Sachregister. O. ODINN, 81. O D R , 15, 16. ODU8SEUS, 1 2 2 . 01.AF9BIDEN , 179. ORBODA, 67. ÒKVANDIL, 154. OSIRIS, 17.

p. FANTHER ( s y m b . ) , 130. P A R G O L E T T A , 133. PERILLOS, 127. PERIPET1E, 130. PERKUNAS, 14. PHALARIS, 127. l'HILADEI.PHISCHE EUE, 95. FLEISTORUS, 68.

8KADI, 96. SLAVINE, 94. SI.ONCE, 9 4 . 8 0 L B I A R T R , 17. 8ÖLBLINDI, 101.

SOLUM (solum, solea, solidus, consul), 122. SONXBRECHT, 1 4 2 . 80KNKÜHN, 92. SOULATZ ( s o l a t i u m ) , 6 5 .

SPEISE (unreine), 107. 8TKA88BUBGEB

V O L K S G E-

8 P R & C H E , 6. 8TROBEL ( g e f l e c h t ) , 5 1 . STUNDENREIH, 105. 8TUBM W O G E N , 1 7 9 .

STÜRZE (alleg.), 177. 81'ITE ( g e f o l g e ) , 49.

RAHMF.N ( H t t . ) , 10.

SURTUR, 6 3 . S U R T A R B B A N D , 116. 8VAFUB, 94. 8VAFLRLOOI, 94. 8VAFURTHOR1NN, 9 4 . 8 V A S U D R , 16. 8VEVI, 94.

Ras, 164. REX ( g r . nefros), 93.

8 YENDAL8V1SA, 3 3 , 155. 8YIPDAOR, 47.

PORTA (thiir), 50. PROBA, 3 .

rVB&xx,148.

It.

KETTLNGS-SCHLALXII, 166,179. ICHAL'SODIE , 8 3 , 154. UI.NDUR ( V r i n d u s 1 , 95. KUXA, 1 1 7 , 148.

8. &JELDE , 128. Bài., 122. S-EOIARN, 5 9 . 8.XHRIMNIR, 108. BCH&DEN8PIE88, 116. BCHICKBAL, 146. 8CHL&FRIO ( D o r i ) , 1 2 5 . SCHIRKER, 138. SCHLAMMSCHUUMER , 1 0 2 . 8CHMUCKFROHE, 92. 8( I I N A P P H A H N , 1 0 8 , 1 2 0 . 8CUWABEN, 9 4 . SCHWALBE, 94. SCHWLL'PTAO, 1 3 9 . 8CYTHA, 134. SES8RÙMNIR, 1 2 2 .

SÌNHàRA, 59. BÌNFLUTH, 59.

SÌOT ( g e f o l g c ) , 49.

X. T A L E N T (V. f r . ) , 164. TSOLINQ ( D e l l i n g T ) , 125. THIODM.SRA, 65. THIODVARTA, 65, 66.

TUOR, 81. THORGERDR,133. THRYMGIÖLL, 100. TVR, 81.

U . UNNI ( W o n n i g ) , 64. UPAXI8CHADA8, 137. URBETE, 6 7 ,

136.

V. VALA (straucli), 62. V A L Q A I . D R , 172.

VAI.I (sl. v o j ) , 175. vftRANftsi (Benares), 93. V & R K A L D R , 16. VEDBOLA8IR, 58. VEGKBRADIR, 53. VEGTAH8KV1DA, 103.

186

Wort- , n a m e n - und Sachregister.

VERA (speise), 50. VIDOFN1R, 5 1 , 1 0 7 . VIELGEWANDT, 2 4 , 2 5 , VIELKALT, 9 0 . VINDKALDK, 1 6 .

WENDEN, 9 3 . WETTEKOLäNZER, WINDOELLE, 99. WIKDKALT, 9 0 . WONNIG (Unni),

88.

v o j (Boius) sl., 175.

225.

WISSENSCHAFT, 3 . WISSENSKAMPF, 1 8 1 .

VOLKSWEISEN , 3 3 . V O R S I C H T I G (Var), 1 2 6 . V R I N D U S (quell), 93.

WÖLFIN

W . WABERLOHE, 8 5 , 8 6 , 1 3 9 . W E Ö L S L ' K E B (Vegdrasill), WEICHSELZOI'F, 6 5 . W K I . T A I . T E K , 14.'!. WENCESLAUS , 8 1 .

115.

(alleg.), 130. Z.

126.

ZALMOKSIS, 6 8 . ZAUBER, 149. ZAUBEROESANG, 1 4 9 . 7.ALBERIIANDLUNO, 1 4 9 . ZWÖLF W E L T A L T E R , 1 0 4 .

Straub urg, Drnek von O. FlMhbuh. — 101.