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German Pages 154 Year 1994
ULRICH VOSS
Vertragliche und gesetzliche Ansprüche des Schwarzarbeiters
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 173
Vertragliche und gesetzliche Ansprüche des Schwarzarbeiters Von
Dr. Ulrich Voß
DUßcker & Humblot . Berliß
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Voss, U1rich: Vertragliche und gesetzliche Ansprüche des Schwarzarbeiters / von Ulrich Voss. - Berlin : Duncker und Humblot, 1994 (Schriften zum bürgerlichen Recht; Bd. 173) Zug!.: Würzburg, Univ., Diss., 1993 ISBN 3-428-08125-0 NE:GT
Alle Rechte vorbehalten
© 1994 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-08125-0
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Meinen Eltern
Vorwort
Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als Akademischer Rat am Institut für Wirtschafts- und Steuerrecht der JuliusMaximilians-Universität Würzburg und wurde von der Juristischen Fakulät im Sommersemester 1993 als Dissertation angenommen. Dank gebührt neben meinen Eltern, denen ich diese Arbeit gewidmet habe, in besonderem Maße meinem Lehrer und Doktorvater Herrn Universitätsprofessor Dr. Klaus Tiedtke, der die Dissertation nicht nur angeregt und betreut hat, sondern darüber hinaus mir jederzeit mit Rat oder als Gesprächspartner zur Seite gestanden hat, und dessen Ideen für mich immer auch eine persönliche Bereicherung waren. Bei Herrn Universitätsprofessor Dr. Dr. h.c. Günther Grasmann möchte ich mich für die Erstellung des Zweitgutachtens bedanken. Allen Mitarbeitern am Lehrstuhl für Finanz- und Wirtschaftsrecht sowie Zivilrecht danke ich sehr herzlich für die Hilfe, die sie mir bei der Erstellung der Arbeit zuteil kommen ließen.
Ulrich Voß
Inhaltsverzeichnis Einleitung .......................................................................................................................................
15
1. Teü
Allgemeines zur Schwarzarbeit
17
I. Begriffsbestimmung..............................................................................................................
17
11. Entwicklung des SChwArbG................................................................................................
19
III. Umfang und Auswirkungen der Schwarzarbeit................................................................
20
1. Umfang der Schwarzarbeit..............................................................................................
20
2. Auswirkungen der Schwarzarbeit...................................................................................
22
IV. Ursachen ................................................................................................................................
23
V. Folgen außerhalb des Verhältnisses SChwarzarbeiter-Auftraggeber............................
23
1. Schwarzarbeit aus strafrechtlicher Sicht........................................................................
23
2. Schwarzarbeit und Arbeits- und Sozialrecht ................................................................
24
VI. Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 SChwArbG.............................................................
2S
1. Objektive Voraussetzungen ............................................................................................
2S
a) Erzielung wirtschaftlicher Vorteile in erheblichem Umfange................................
2S
b) Ausführung von Dienst- oder Werkleistungen ........................................................
27
2. Subjektive Voraussetzungen ...........................................................................................
30
3. Ausschluß nach § 1 Abs. 3 SChwArbG...........................................................................
30
a) Gefälligkeit.....................................................................................................................
30
b) Nachbarschaftshilfe ......................................................................................................
30
c) Selbsthilfe .......................................................................................................................
31
10
Inhaltsverzeichnis 4. Resümee.............................................................................................................................
32
VII. Tatbestandsmerkmale des § 2 SchwArbG ........................................................................
32
2. Teil Vertraglicher AnspnlCh des Schwanarbeiters
34
I. Allgemeines zu § 134 BGB..................................................................................................
34
1. Tatbestandsmerkmale des § 134 BGB und ihre Prüfung...........................................
34
2. Verständnis des § 134 BGB ............................................................................................
36
3. Objektiver Verstoß ...........................................................................................................
38
11. Rechtsprechung des BGH zum SChwArbG......................................................................
40
1. Entscheidung vom 315.1990 ...........................................................................................
40
2. Verbotswidriges Handeln von Auftraggeber und Schwanarbeiter ..........................
40
3. Einseitiger Verstoß gegen das SChwArbG....................................................................
41
a) Entscheidung des BGH vom 19.1.1984......................................................................
41
b) Urteil des BGH vom 20.12.1984.................................................................................
42
4. Verstoß gegen § 1 HandwO ............................................................................................
42
111. Rechtsprechung der Instanzgerichte..................................................................................
42
IV. Rechtslehre............................................................................................................................
44
1. Vorherrschende Ansicht..................................................................................................
45
2. Gegenansicht.....................................................................................................................
45
a) Wirksamkeit des Vertrages trotz des Verstoßes beider Beteiligter gegen das SchwArbG .....................................................................................................................
45
aa) Das SchwArbG als reine Ordnungsvorschrift...................................................
45
bb) Heilung der Nichtigkeit durch (teilweise) Erfüllung.......................................
46
ce) Auffassung von Honig...........................................................................................
46
dd) Ansicht von Westphal..........................................................................................
47
Inhaltsverzeichnis
11
b) Differenzierung zwischen ein- und beiderseitigen Verstößen ...............................
48
aa) H.M. vor den Entscheidungen des BGH...........................................................
48
bb) Ansicht von Köhler...............................................................................................
48
cc) Halbseitige Teilnichtigkeit....................................................................................
49
V. Stellungnahme.......................................................................................................................
49
1. Das SchwArbG als zur Nichtigkeit führendes Vemotsgesetz....................................
SO
2. Zur Nichtigkeit führender Verstoß................................................................................
55
a) Beiderseitiger Verstoß .................................................................................................
55
aa) Entscheidung des LG Bonn vom 2.12.1988.......................................................
55
bb) Gegenansicht .........................................................................................................
57
cc) Stellungnahme........................................................................................................
57
b) Einseitiger Verstoß.......................................................................................................
59
aa) Methodische Vorgehensweise des BGH ...........................................................
59
bb) Schwarzarbeit und Normrichtungstheorie ........................................................
61
ce) Normzweck und Nichtigkeit.................................................................................
66
(1) Einseitiger Verstoß des Auftraggebers ..................................................
67
(2) Einseitiger Verstoß des Auftragnehmers...............................................
68
dd) Berücksichtigung des § 817 Satz 2 BGB............................................................
73
ee) Rechtliche Position des gutgläubigen Auftraggebers bei Nichtigkeit des Vertrages..............................................................................................................
75
(1) Halbseitige Teilnichtigkeit........................................................................
75
(a) Nach Erfüllung des Vertrages ..........................................................
75
(b) Vor Erfüllung des Vertrages............................................................
76
(c) Die Vorleistungsfalle .........................................................................
77
(2) Schadensersatzansprüche des Auftraggebers........................................
79
(3) Treuwidrige Berufung auf die Nichtigkeit .............................................
80
(4) Resümee......................................................................................................
81
3. Zwischenergebnis..............................................................................................................
82
u
Inhaltsverzeichnis 3. Teil
Anspncb des Sclrwanarbeiten ••s eiller Geschiftsftihra.. olute A.1IratI
83
I. Auffassung des Bundesgerichtshofes......................................................................................
83
11. Stellungnahme...........................................................................................................................
84
1. Anwendbarkeit der §§ 677 Cf. BOB bei nichtigen Verträgen.....................................
84
2. Leistungen des Schwanarbeiters als Aufwendungen..................................................
86
3. Erforderlichkeit der Aufwendungen..............................................................................
87
111. Zwischenergebnis....................................................................................................................
88
4. Teil
Bereicheranpnchtlkher Anspnch
89
I. Einführung ..................................................................................................................................
89
11. Höhe des (unterstellten) bereicherungsrechtlichen Anspruchs........................................
89
1. Ansicht des BOH..............................................................................................................
91
2. Resonanz in der Rechtslehre ..........................................................................................
91
3. Stellungnahme...................................................................................................................
92
a) Abzug für nur mögliche Mängel und Risiken...........................................................
92
aa) Möglichkeit späterer Oewährleistungsrechte....................................................
92
bb) Oegenargumente...................................................................................................
92
ce) Zweck des Abschlags.............................................................................................
9S
dd) Resümee.................................................................................................................
98
b) Bereits aufgetretene oder latente Mängel................................................................
99
aa) Traditionelle Lösung.............................................................................................
99
bb) Aufteilungsgedanke ..............................................................................................
100
Inhaltsverzeichnis
13
4. Zwischenergebnis..............................................................................................................
100
ill. Eingreifen des § 817 Satz 2 BOB..........................................................................................
101
1. Entscheidung des BOH ...................................................................................................
102
2. Auffassung von Köhler ....................................................................................................
103
3. Kritik von Tiedtke.............................................................................................................
103
4. Meinungsstand bis zur Entscheidung des BOH...........................................................
lOS
5. Entscheidungen anderer Senate zu § 817 Satz 2 BOB aus 1992................................
lOS
6. Beschluß des LO Bonn vom 24.10.1990........................................................................
106
7. Auseinandersetzung mit den verschiedenen Auffassungen .......................................
106
a) Rechtsnatur der Vorschrift..........................................................................................
107
b) Sinn und Zweck des § 817 Satz 2 BOB......................................................................
108
aa) Auffassung der Rechtsprechung.........................................................................
108
(1) Ansicht des RO..........................................................................................
108
(2) Bisherige Auffassung des BOH...............................................................
109
(3) Zusammenhang zwischen Rechtsschutzversagung und Strafe............
109
bb) Rechtslehre............................................................................................................
110
(1) Schuldkompensation .................................................................................
110
(2) § 817 Satz 2 BOB als Arglisteinrede.......................................................
111
(3) Herrschende Lehre....................................................................................
112
ce) Folgerungen............................................................................................................
113
c) Einschränkungen des § 817 Satz 2 BOB aufgrund seines historischen Anwendungsbereichs ...............................................................................................................
114
aa) Auffassung von Honsell.......................................................................................
114
(1) Begründungsansatz....................................................................................
114
(2) Resonanz in der Rechtslehre ...................................................................
115
(3) Stellungnahme............................................................................................
116
bb) Thesen von Bufe ...................................................................................................
117
(1) Ausgangspunkt.......................................... .................................................
117
14
Inhaltsverzeichnis (2) Reaktion in der Rechtswissenschaft .......................................................
118
(3) Stellungnahme............................................................................................
119
d) Beschränkungen des Anwendungsbereichs von § 817 Satz 2 BGB durch den Zweck des Verootsgesetzes ........................................................................................
120
aa) Auffassung von Fabricius.....................................................................................
121
(1) Vertragspartner (oder ein Dritter) als Schutzobjekt ...........................
121
(2) Schutz der Allgemeinheit..........................................................................
123
(3) Anwendbarkeit auf den Fall.....................................................................
125
bb) Vorgehensweise des BGH...................................................................................
126
ce) Generalpriiventive Wirkung.................................................................................
128
dd) Erreichen der ordnungspolitischen Ziele..........................................................
130
e) Das gerechte Ergebnis..................................................................................................
133
aa) Schwanarbeit und Bordellkauf...........................................................................
134
bb) § 817 Satz 2 BGB als Arglisteinrede..................................................................
134
cc) Stellungnahme........................................................................................................
136
f) Methodische Zulässigkeit der "einschränkenden Auslegung" ................................
141
8. Zwischenergebnis..............................................................................................................
144
5. Teil Ergebnisse
Literaturveneichnis......................................................................................................................
146
148
Einleitung Schwarzarbeit, ein Kavaliersdelikt? Viele sehen die Schwarzarbeit als solches an, halten sie teilweise sogar für notwendig1, andere sehen in ihr eines der großen Probleme unserer Gesellschaft. Sogar das Fernsehen widmete diesem Thema eine 45-minütige Sendung. Aktueller Anlaß für die Frage "Wie würden Sie entscheiden?" war ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 31.05.1~. Dieses Urteil und der ihm zugrundeliegende Fall steht auch im Mittelpunkt dieser Untersuchung. Der Fall: ''Die K/ägerin verlangt vom Beklagten aus abgetretenem Recht restlichen Werklohn in Höhe von 20.505 DM und Zinsen. Der Ehemann der K/ägerin, der Zeuge S., führte 1985 und 1986 für den Beklagten Handwerksarbeiten durch, ohne in der Handwerksrolle eingetragen zu sein und ohne einen Gewerbebetrieb angemeldet zu haben. Beides war dem Beklagten bekannt. Er hat S. für dessen Leistung mindestens 4.500 DM gezahlt. Steuern und Sozialversicherungsbeiträge (für einen Helfer) hat S. nicht abgeführt. Die von ihm behaupteten Restwerklohnforderungen hat S. an die K/ägerin abgetreten ,J.
Es geht um die Frage, ob der vorleistende Schwarzarbeiter einen Anspruch auf "Zahlung des restlichen Werklohns" hat. Die Abtretung dieses vermeintlichen Anspruchs an seine Ehefrau kann bei der Lösung des Falles ignoriert werden. Derartige Abtretungen erfolgen meist aus prozeßtaktischen Gründen, um den ursprünglichen Anspruchsinhaber im Prozeß als
1 Nach Reuter, Zivilrechtliche Probleme der Schwarzaroeit, S. 48 ist ·Schwarzaroeit weniger Ausdruck unrechter Gesinnung als sozialen Bedarfs·; vgI. auch Aberle/Eggenberger, WiVerw 1979, S. 193,204 f. 2
BGHZ 111, S. 308 ff.
3 Vgl. Tatbestand des BGH-Urteils, BGHZ 111, S. 308.
16
Einleitung
Zeugen auftreten lassen zu können4 • Der Ehefrau des S. kann jedenfalls nur dann ein Anspruch zustehen, wenn ihr Ehemann (also der vorleistende Schwarzarbeiter) einen Anspruch auf Bezahlung hatte. Dieser Anspruch könnte sich aus Vertrag, aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus ungerechtfertigter Bereicherun~ ergeben. Nach einer kurzen Einführung in die allgemeine Problematik der Schwarzarbeit wird die Untersuchung auch diese Reihenfolge beachten. Ausführungen zu Ansprüchen aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus ungerechtfertigter Bereicherung sind nur veranlaßt, wenn ein vertraglicher Anspruch nicht gegeben ist. Der erste Schwerpunkt der Untersuchung ist daher die Wirksamkeit des Schwarzarbeitsvertrages. Daneben soll aber - wie auch in der Entscheidung des BGH - ein anderer Problemkreis im Mittelpunkt stehen: Es soll der Frage nachgegangen werden, ob (und ggf. in welcher Höhe) dem vorleistenden Schwarzarbeiter bei Nichtigkeit des Vertrages ein bereicherungsrechtlicher Anspruch zusteht oder ob ein solcher Anspruch an dem Kondiktionsverbot des § 817 Satz 2 BGB scheitert. Sonstige (noch in der Diskussion befmdliche) Probleme der Schwarzarbeit, besonders die Frage, ob Ansprüche des Auftraggebers auf Erfüllung, auf Gewährleistung oder auf Schadensersatz (z.B. aus culpa in contrahendo oder positiver Vertragsverletzung) bestehen, werden nur insoweit dargestellt, als sie für das bearbeitete Thema relevant sind.
4 Zum fragwürdigen Wert einer derartigen "Zeugenaussage" vgJ. LG Bonn, Urteil vom 2.12.1988,18 rn7/88, S. 7 (n.v.) als 1. Instanz in dem vom BGH entschiedenen Fall. SEin deliktischer Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB LV.m. § 263 StGB für den Fall, daß der Auftraggeber von vornherein nicht vorhatte zu zahlen, kam hier nicht in Betracht. Der Streit, ob in diesem Fall überhaupt ein Betrug i.S.d. § 263 StGB vorliegt, soll auch in der Untersuchung vernachlässigt werden (vgJ. dazu TU!dtke, DB 1990, S. 2307; Köhler, TZ 1990, S. 466, 469 f. jeweils m.w.N.; Kern, JuS 1993, S. 193, 194).
1. Teil
Allgemeines zur Schwarzarbeit I. Begriffsbestimmung
Schattenwirtschaft, Grauarbeit, Untergrundwirtschaft und Ausweichwirtschaft sind Begriffe, die neben dem der Schwarzarbeit oft verwendet werden1. Diese Bezeichnungen werden teilweise als (identische) Oberbegriffe verwendet, die neben der Schwarzarbeit z.B. auch (unerlaubte) Kaufgeschäfte erfassen2• Üblich ist es, die Schwarzarbeit als Unterfall der Schattenwirtschaft anzusehen3. Der Zusammenhang der Schwarzarbeit mit der illegalen Beschäftigung, die auch von dem Begriff der Schattenwirtschaft erfaßt wird, zeigt sich daran, daß die Novellierung des Schwarzarbeitsgesetzes 1981 im Rahmen des Gesetzes zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung (BillBG)4 vorgenommen wurde. Müllers defIniert die Schwarzarbeit als "Teilnahme am Markt für entgeltliche Dienst- oder Werkleistungen im Sinne der §§ 611, 631 BGB (Arbeit) ohne vollständige Übernahme der dabei öffentlich-rechtlich allen Wettbewerbern auferlegten Lasten (schwarz)", bzw. als "Schmutzkonkurrenz durch Trittbrettfahren, ohne den Fahrpreis durch Übernahme aller öffentlich-rechtlichen Lasten zu entrichten". Diese Begriffsumschreibungen sind für das hier zu bearbeitende Thema jedoch zu allgemein gehalten.
1 Vgl. Buchner, GewArch 1990, S. 1, 3; Klinge, WiVerw 1986, S. 154; Mückl, Die Schattenwirtschaft, S. 9, 10; AberlejEggenberger, WiVerw 1979, S. 193, 195 ff.
2 Rüfner, Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit aus öffentlich-rechtlicher Sicht, S.."2. 3 Vgl. Mückl, S. 9, 12; Klinge, WiVerw 1986, S. 154. 4 Vom 15.12.1981, (BGBI. I, S. 1390); Neufassung des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit BGBI. I 1982, S. 110; zuletzt geändert 31.8.1990 (BGBI. 11, S. 809); vgI. dazu Buchner, GewArch 1990, S. 1. 5 Schwarzarbeit (A) 11; ähnlich RüJner, S. 52. 2 Voß
18
1. Teil: Allgemeines
Brauchbar für die hier verfolgten Zwecke erscheint vielmehr die unten dargestellte Legaldeflnition des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (SchwArbG)6, bei der von der Schwarzarbeit im engeren Sinn7 gesprochen werden kann. Danach begeht ein in die Handwerksrolle eingetragener Unternehmer, der einen Teil seiner Aufträge an den "Büchern vorbei" ausführt und/oder seine Arbeitnehmer teilweise "schwarz" beschäftigt, keine Schwarzarbeit (LS.d. SchwArbG)8, während dieser Fall von dem Schwarzarbeitsbegriff, wie ihn Müller versteht, erfaßt würde. Es gibt nach dem SchwArbG entsprechend der in § 1 aufgeführten Ziffern 3 Fallgruppen, denen gemeinsam ist, daß "wirtschaftliche Vorteile in erheblichem Umfang durch die Ausführung von Dienst- oder Werkleistungen erzielt" werden müssen (§ 1 Abs. 1), ohne daß diese Leistungen auf Gefälligkeit oder Nachbarschaftshilfe beruhen oder eine Selbsthilfe LS.d. § 36 Abs. 2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes9 darstellen (Abs. 3). Ziffer 1 erfaßt den sog. Leistungsmißbrauch. Ein Arbeitsloser kommt seiner Mitwirkungspflicht nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch gegenüber der Bundesanstalt für Arbeit nicht nach. Die Verwirklichung der Ziffer 1 setzt als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal nach h.M. 1O zusätzlich zum Wortlaut voraus, daß der Arbeitslose Arbeitslosengeld oder -hilfe bezieht. Ziffer 2 regelt das Unterlassen der Anzeige entgegen § 14 GewO und den fehlenden Erwerb der Reisegewerbekarte (§ 55 GewO). Ziffer 3 betrifft denjenigen, der "ein Handwerk als stehendes Gewerbe selbständig betreibt, ohne in der Handwerksrolle eingetragen zu sein (§ 1 der Handwerksordnung)". 6 Vgl. auch Marschall, Bekämpfung illegaler Beschäftigung, S. 132; Helf, Zivilrechtliche Folgen eines Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsgesetz, S. 9; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, § 43 II 6, S. 224 f.; SChmidt, MDR 1966, S. 463; Buchner, WiVerw 1979, S. 212, 213. 7 Marschall, Bekämpfung illegaler Beschäftigung, S. 132; AberlejEggenberger, WiVerw 1979, S. 193, 196; Kern, FS Gemhuber, S. 192. 8 Vgl. Brecht, S. 1631. 9 In der Fassung der Bekanntmachung vom 14.8.1990 (BGB!. I, S. 1730). 10 Vgl. Marschall, Bekämpfung illegaler Beschäftigung, S. 134; Sannwald, Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und Nebengesetze, § 1 Rz. 19; TiedlJre, EWiR § 134 BGB 1/91, S. 223, 224.
11. Entwicklung des SchwArbG
19
In dem vom BGH zu entscheidenden Fall lag auf Seiten des Auftragnehmers unstreitig ein Fall des § 1 Abs. 1 Ziffer 3 (und 2) SchwArbG vor. Wird im folgenden allgemein von einem Verstoß gegen das Schwarzarbeitsgesetz gesprochen, so ist damit ein Eingreifen der Ziffer 3 des § 1 Abs. 1 SchwArbG gemeint. Bei Ziffer 3 liegt gleichzeitig ein bußgeldbewehrter Verstoß gegen die Handwerksordnung vor (wobei für den Verstoß gegen die HandwO nicht der wirtschaftliche Vorteil im erheblichen Umfang erforderlich ist). Diese enge Wortwahl des Verstoßes gegen das SchwArbG entspricht der für das Handwerk entscheidenden Bedeutung der Schwarzarbeit, der unbefugten HandwerksausübunglI.
11. Entwicklung des SchwArbG Die ursprüngliche Fassung des SchwArbG ist am 30.03.1957 im Bundesgesetzblatt12 verkündet und einen Monat danach in Kraft getreten13• Der heutigen Fassung entsprechend enthielt das SchwArbG in § 1 drei Grundtatbestände, die die Strafbarkeit des Ausführenden und in § 2 die des Auftraggebers betrafen14• Bis zur Strafrechtsreform 1974 wurde der Verstoß gegen das SchwArbG als Vergehen geahndet. Durch Art. 323 EGStGB 15 erfolgte eine Herabstufung zur Ordnungswidrigkeitl6, jedoch verbunden mit einer Erhöhung der Geldbuße auf bis zu 30.000 DM. Das SchwArbG gilt heute in der Fassung der Bekanntmachung vom 29.1.198217• Die Tatbestandsvoraussetzungen des SchwArbG wurden durch Art. 5 des Gesetzes zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung (BillBG) 11 Vgl. Klinge, WiVelW. 1986, S. 154, 155. 12 BGBt. I, S. 315.
13 Vgl. dazu Achten, Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, S. 21 ff.; Friebe, Das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, S. 55 ff. 14 Vgl.Achten, S. 30 ff. 15 Vom 2.3.1974 (BGBt. I, S. 469), Bekanntmachung der Neufassung des SchwArbG vom 315.1974 (BGBt. I, S. 1252).
16 Vgl. Sannwald, Rz. 1 vor §§ 1, 2 SchwArbG.
17 BGBt. I, S. 110, zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.9.1990 (BGBt. 11, S. 885,1038).
20
1. Teil: Allgemeines
vom 15.12.1981 geändertl8, in der u.a. die Obergrenze der Geldbuße auf 50.000 DM festgesetzt wurde. Seit 1982 ist es nicht mehr erforderlich, daß der Schwarzarbeiter (oder der Auftraggeber) "aus Gewinnsucht" handelt. Dafür wurde das objektive Tatbestandsmerkmal der Erzielung von "wirtschaftlichen Vorteilen in erheblichem Umfang" eingeführt. Hintergrund dieser Änderung waren die Schwierigkeiten in der Praxis, das subjektive Merkmal der Gewinnsucht nachzuweisen. Das Ziel der Beweiserleichterung muß jedoch als gescheitert erklärt werden l9 . Insbesondere die Schwierigkeiten in der Beweisführung führen auch derzeit immer wieder dazu, daß anstatt auf das SchwArbG auf die Grundtatbestände (wie § 117 I 1 HandwO) zurückgegriffen wird. Die letzte legislative Maßnahme im Zusammenhang mit Schwarzarbeit war das Gesetz zur Einführung des Sozialversicherungsausweises20, welches sich insbesondere gegen die verschiedenen Formen der illegalen Beschäftigung richtet.
111. Umfang und Auswirkungen der Schwarzarbeit 1. Umfang der Schwarzarbeit
Der Umfang der Verstöße gegen §§ 1 und 2 SchwArbG läßt sich nur schwer bestimmen. Das Wesen der Schwarzarbeit, die Publizität zu scheuen, bringt es zwangsläufig mit sich, daß es keine empirisch gesicherten Daten über ihren Umfang geben kann21 • Wird auf die verhängten Bußgelder zurückgegriffen, so ist deswegen zu berücksichtigen, daß diese Zahlen mit der Unsicherheit einer hohen Dun-
18
BGBI. I, S. 1390; vgI. Marschall, NJW 1982, S. 1362 ff.; Sannwald, Rz. 2 vor §§ 1, 2 SchwArbG. 19 VgJ. Klinge, WiVerw 1986, S. 154, 161 f.; Buchner, GewArch 1990, S. 1, 7; AberlejEggenberger, WiVerw 1979, S. 193, 194. 20
Durch Gesetz vom 6.10.1989, BGBI. I, S. 1822; vgI. Plagemann, AnwBI. 1990, S. 14 ff.
21 VgJ.lAngfeldt, Ursachen der "Schattenwirtschaft", S. 32 ff.
III. Umfang und Auswirkungen
21
kelziffer belastet sind. Die Bußgeldsumme22 im Hinblick auf "Schwarzarbeit im Handwerk" soll nach einer Darstellung des Zentralverbandes des deutschen Handwerks (ZDH) im Jahre 1988 insgesamt 8,1 Mio. DM betragen haben. Die Zahl der rechtskräftigen Bußgeldbescheide wegen Schwarzarbeit nach § 1 SchwArbG betrug 1987 gegen Schwarzarbeiter 475, gegen deren Auftraggeber 43 Fälle. Daneben gab es 797 Verstöße gegen § 117 HandwO und 1305 Verstöße gegen §§ 145, 146 GewO, die mit der Verhängung von Bußgeldern abgeschlossen wurden23• Die Bundesanstalt für Arbeit gibt die Zahl der Verfahren wegen Schwarzarbeit (einschließlich § 1 Abs. 1 Ziff. 1) für das Jahr 1989 mit 289.900 an24• Allein in Nordrhein-Westfalen wurden 1989 31.000 Personen wegen Leistungsmißbrauchs angezeigt25. Diese Zahlen bieten jedoch nur einen Anhaltspunkt, die wirkliche Zahl der Verstöße dürfte um ein vielfaches höher liegen, die genaue Zahl kann nur geschätzt werden. Nach einer Schätzung des Zentralverbandes des deutschen Handwerks liegt der Umsatz von "Schwarzarbeitern im Handwerk" bei etwa 10 % des Handwerksumsatzes, das hieße für 1986 rund 40 Mrd. DM26. Der Gesamtumsatz der Schwarzarbeit in den alten Bundesländern wird in mehreren Untersuchungen auf jährlich etwa 10 % des Bruttosozialprodukts, d.h. für das Jahr 1989 auf rund 200 Mrd. DM, geschätzt27. Andere Untersuchungen gehen von 1 %28 oder von 2,5 bis 5,2 % des Bruttosozialprodukts aus29• Nach einer Umfrage des Emnid-Instituts sollen etwa 8 % aller Arbeiter gelegentlich oder regelmäßig schwarzarbeiten, Allensbach schätzt die Zahl regelmäßiger
22 Vgl. Tabelle 13 der BT-Drucksache 11/2639, S. 74 und die Zusammenstellung für die Jahre 1976-1978 bei AberlejEggenberger, WiVerw 1979, S. 193,202 f. 23
BT-Drucksache 11/2693, Tabelle 13, S. 74.
24 Zitiert nach Impulse 11/91, S. 14.
25 Die Zeit vom 13.7.1990. 26 ZDH, Kontra Schwarzarbeit, S. 10 f. 27 ZDH, S. 11; BT-Drucksache 11/2639, S. 45. 28 Untersuchung des Sonderforschungsbereichs 3 der Universitäten Frankfurt und Mannheim von 1986, zitiert nach BT-Drucksache 11/2639, S. 45. 29 Rheinisch-Westfalisches Institut für Wirtschaftsforschung von 1987, zitiert nach BTDrucksache 11/2639, S. 45.
22
1. Teil: Allgemeines
Schwarzarbeiter auf 3,3 Millionen30• Nach einer Studie über Schattenwirtschaft in den alten Bundesländern sind 1987 30 % aller privaten Haushalte als Anbieter oder Nachfrager von Schwarzarbeit aufgetreten31 • Die teilweise stark differierenden Ergebnisse sind (auch) dadurch zu erklären, daß von unterschiedlichen Begriffen der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung ausgegangen wird32 • Welche der Schätzungen auch nur annähernd richtig ist, kann jedoch offenbleiben. Selbst wenn die niedrigsten Schätzungen als zutreffend angesehen werden, zeigt sich das hohe Ausmaß der Schwarzarbeit.
2. Auswirkungen der Schwarzarbeit Der Ausfall an Steuer- und Sozialversicherungsbeiträgen wird von der Bundesanstalt für Arbeit auf ca. 50 Mrd. DM geschätzt33 . Weiterhin führt die Schwarzarbeit unbestritten zu einer Wettbewerbsverschärfung und damit mittelbar zu einer Erhöhung der Arbeitslosigkeit. Würden alle Aufträge, die an Schwarzarbeiter vergeben werden, von legal Tätigen ausgeführt werden, so würde dies nach einer Berechnung des ZOH allein im Handwerk zu einem Mehr von 400.000 Beschäftigen führen können34 • Dies ist zwar nur ein theoretisches Rechenspie~ da die höheren Preise der legal arbeitenden Handwerker zu einer deutlich geringeren Nachfrage führen würden35 , zeigt aber doch das bedeutende Ausmaß der geleisteten Schwarzarbeit.
30 Zitiert nach ZDH, S. 15 f.; vgi. auch Klinge, WiVerw 1986, S. 154, 157 und BT-Drucksaehe 11/2639, S. 46 f. 31 BT-Drueksache 11/2639, S. 45; vgi. auch Niessen/Ollmann, Schattenwirtschaft, S. 169 ff. 32 Vgi. BT-Drucksache 11/2639, S. 45. 33 Zitiert nach ZDH, S. 21 f.; vgi. auch Klinge, WiVerw 1986, S. 154, 157 und BT-Drucksaehe 11/2639, S. 46 f. 34 Vgi. dazu auch Benöhr, BB 1975, S. 232; Sonnenschein, JZ 1976, S. 497. 35 VgL Reuter, Zivilrechtliche Probleme der Schwarzarbeit, S. 31.
IV. Ursachen
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IV. Ursachen Ohne Zweifel (hiervon gehen alle einschlägigen Untersuchungen aus) ist einer der Hauptgründe für Schwarzarbeit die hohe Abgaben- und die damit zusammenhängende Lohnnebenkostenbelastung des Handwerks36 . Oftmals sind Auftraggeber nicht mehr in der Lage, sich an offIZielle Anbieter zu wenden37• Daneben spielen natürlich die fInanziellen Vorteile für Auftraggeber und Auftragnehmer eine große Rolle. Auch die Verkürzungen der regelmäßigen Wochenarbeitszeiten begünstigen die Möglichkeit zur Schwarzarbeit38 • "Die Schwarzarbeiter ihrerseits nutzen Freizeitreserven, anstatt sie zu vergeuden", meint Reuter39. Es darf aber auch nicht übersehen werden, daß bei florierender Konjunktur legal tätige Handwerker oft an kleineren Arbeiten überhaupt nicht interessiert sind40 und von sich aus anbieten, "nach Feierabend einen ihrer Arbeitnehmer vorbeizuschicken" . V. Folgen außerhalb des Verhältnisses Schwarzarbeiter-Auftraggeber Neben dem SchwArbG (und den Grundtatbeständen des § 1 SchwArbG) selbst, können im Fall der Schwarzarbeit verschiedene öffentlich-rechtliche41 (insbesondere strafrechtliche) und privatrechtliehe Vorschriften zur Anwendung kommen. Auf die wichtigsten sei hier kurz eingegangen.
1. Schwarzarbeit aus strafrechtlicher Sicht
Der Schwarzarbeiter begeht regelmäßig neben der Ordnungswidrigkeit nach § 1 SchwArbG eine Steuerhinterziehung (§ 370 AO), Steuerverkürzung 36 Vgl. Mücld, S. 9, 14; AberlejEggenberger, WiVerw 1979, S. 193, 211 C.; Klinge, WiVerw 1986, S. 154, 159 m.w.N. 37 So sogar das ZDH, S. 20.
38 KJinge, WiVerw 1986, S. 154, 160; vgI. Mücld, S. 14; Friebe, S. 109 CC. 39 Zivilrechtliche Probleme der Schwarzarbeit, S. 48. 40 VgI. Rü[ner, S. 54; Bou, Schwarzarbeit, S. 57, 69. 41 VgI. dazu Buchner, GewArch 1990, S. 1,3 ff.
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1. Teil: Allgemeines
(§ 378 AO) oder -gefährdung (§ 379 AO). Für den Auftraggeber kommt eine Beihilfe hierzu in Betracht. Als betroffene Steuern kommen neben der Einkommen- und Kirchensteuer vor allem die Gewerbeertrag- und Umsatzsteuer in Betracht. Durch das Gesetz zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung42 wurde in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit der einzelnen Behörden (z.B. durch die Einführung des § 31 a AO) verbessert. Setzt der Schwarzarbeiter Arbeitnehmer ein, ist daneben insbesondere eine Strafbarkeit nach § 266 a StGB gegeben, wenn er "Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung oder zur Bundesanstalt für Arbeit der Einzugsstelle vorenthält". Diese Beiträge sind, ebenso wie die nicht abgeführten Steuern, nachzuentrichten. Im Fall des Leistungsmißbrauchs nach § 1 Abs. 1 Ziff. 1 SchwArbG kann der Schwarzarbeiter auch einen Betrug nach § 263 BGB begehen43, wenn er Einkommen erzielt, welches gemäß §§ 115, 134 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 138 Abs. 1 Nr. 1 AFG auf das von ihm gleichzeitig bezogene Arbeitslosengeld (oder -hilfe) anzurechnen wäre, und er dies nicht anzeigt.
2. Schwarzarbeit und Arbeits- und Sozialrecht Die Erbringung von Schwarzarbeit kann (für einen hauptberuflich tätigen Arbeitnehmer) einen (verhaltensbedingten) Grund zur ordentlichen oder sogar außerordentlichen Kündigung44 darstellen oder zumindest Anlaß für eine Abmahnung sein. Dies gilt besonders dann, wenn der Schwarzarbeiter die gleichen Leistungen wie der Arbeitgeber anbietet45 • Wird der Arbeitnehmer bei der Schwarzarbeit durch Krankheit arbeitsunfähig, soll dies zwar grundsätzlich den Lohnfortzahlungsanspruch nach § 1 Abs. 1 Satz 1 LohnfortZG aus dem Hauptarbeitsverhältnis nicht ausschließen, die Geltendmachung dieses Anspruches kann aber rechtsmißbräuchlich sein46 • Wo
42 BiIIBG vom 15.12.1981, BGBI. I, S. 1390.
43 Sannwald, Einführung S. 4, Rz. 12. 44 Reuter, S. 46; Schaub, § 43 11 6, S. 184. 45 Schaub, § 43 11 6, S. 226. 46 Schaub, § 98 11 6, S. 735 m.w.N.; vgI. auch Buchner, GewArch 1990, S. 41, 44.
VI. Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 SchwArbG
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der Arbeitnehmer in Konkurrenz zu seinem Arbeitgeber tritt, kann der Arbeitgeber Unterlassung47 und Schadensersatz verlangen48. Der Schwarzarbeiter ist regelmäßig als selbständig Tätiger49, nicht als Arbeitnehmer des Auftraggebers, anzusehen und unterliegt als solcher nicht dem Schutz der Sozialversicherun~o.
VI. Tatbestandsvorausseuungen des § 1 SchwArbG 1. Objektive Voraussetzungen
a) Erzielung wirtschaftlicher Vorteile in erheblichem Umfange Als wirtschaftlicher Vorteil wird jede günstigere Gestaltung der Vermögenslage angesehen51 , ein Gewinn oder eine sonstige Bereicherung ist hierfür nicht edorderlich52 • Ausreichend ist neben der Vermeidung eines ansonsten drohenden Verlustes53, z.B. die Verbesserung der Marktposition durch Zurückdrängen von Mitbewerbern54 . Die zusätzliche Voraussetzung eines erheblichen Umfangs des Vorteils wurde in das SchwArbG aufgenommen, um nicht auch BagatellfäUe zu er47 Reuter, s. 45 f.; dort auch zu Verletzung des § 1 UWG und den sich ergebenden Möglichkeiten für Konkurrenten. 48 Neben der positiven Forderungsverletzung kommt als Anspruchsgrundlage auch § 61 HGB in Betracht, in dessen Rahmen dem Arbeitgeber auch ein "Eintrittsrecht" zustehen kann. 49 Vgl. dazu Buchner, GewArch 1990, s. 1, 9 und WiVerw 1979, S. 212, 221 f.; BFH, BStBl. 197511, S. 513 f.; zum "stehenden Gewerbe" vgI. auch BGHZ 111, S. 308, 309. 50 Zu der "schwarzarbeiterfreundlichen Rechtsprechung" des BSG, vgI. Rüfner, S. 62 ff. Andererseits ist das BSG in seinen bei Rüfner angeführten Entscheidungen jeweils von einem Nichtvorliegen von Schwarzarbeit ausgegangen, wobei es jedoch zugegebenermaßen wohl die "Augen vor den Tatsachen verschlossen" hat. 51 Vgl. für das Gebiet des Strafrechts RGSt 50, S. 2TI; OLG Celle, GewArch 1988, S. 366. 52 BGHZ 111, S. 308, 309. 53 Vgl. BayOblG, DB 1986, S. 702; Marschall, Bekämpfung illegaler Beschäftigung, S. 149. 54 Vgl. BT-Drucksache 9/975, S. 23; weitere Beispiele bei Sannwald, § 1 Rz.8.
1. Teil: Allgemeines
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fassen55 • Der Begriff des erheblichen Umfangs ist in der Praxis aber sehr umstritten. Die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft der Freien und Hansestadt Hambur~ will den erheblichen Umfang bereits bejahen, wenn es sich nicht um einen Bagatellfall handelt. Das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft und Verkem57 hält hingegen die Vergleichbarkeit des üblichen Nettolohnes mit dem vereinbarten Entgelt für eine denkbare Nachweismöglichkeit. HeIf8 will auf die Umstände des Einzelfalles abstellen. Neben der benötigten Arbeitszeit komme dem Wert des erstellten Werkes oder der erbrachten Dienstleistung eine entscheidende Bedeutung zu. Ein Rückgriff auf die Geringfügigkeitsgrenzen etwa des § 8 SGB IV59 oder des Steuerrechts wird in der Literatur abgelehnt60 • Im Schrifttum hat sich die, auch vom BGIfl akzeptierte, Ansicht von Ambs62 durchgesetzt, die eine feste Grenze zur Begriffsbestimmung ablehnt. Ein erheblicher wirtschaftlicher Vorteil ist nach Ambs63 zumindest dann anzunehmen, wenn die Einnahmen aus der Schwarzarbeit ·wesentliche
55
BOHZ 111, S. 308, 310.
56 Fachliche Weisung WO Nr. 1/83 vom 18.3.1983 unter 2.1.2; zitiert nach SannwaJd, § 1 Rz. 14, der dem zustimmt. 57 Bekanntmachung vom 1.11.1985 (MBI. S. 1003 ff. unter 2.2.); so auch eine gemeinsame Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr, des Inneren und für Arbeit und Sozialordnung vom 1.8.1984, Amtsblatt des Bayer. Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr, Nr. 7/1984 Pkt. 2.2, in der (auch) ein Rückgriff auf die monatliche Entgeltgrenze von 390 DM monatlich nach § 8 SOB IV vorgenommen wird. 58 Zivilrechtliche Folgen eines Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsgesetz, S. 30. 59 Vgl. gemeinsame Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr, sowie für Arbeit und Soziales vom 1.8.1984, Amtsblatt des Bayer. Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr, Nr. 7/1984 Pkt. 2.2. 60 Marschall, Bekämpfung illegaler Beschäftigung, S. 152; SannwaJd, § 1 Rz. 14. 61 BOHZ 111, S. 308, 310. 62 In ErbsjKohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 1 SchwArbO Anm. 3; ebenso Marschall, Bekämpfung illegaler Beschäftigung, S. 152; SannwaJd, § 1 Rz. 14. 63 In ErbsjKohlhaas, § 1 Anm. 3.
VI. Tatbestandsvoraussetzungen des f 1 SchwArbG
27
Auswirkungen auf die Art der LebensfühlUng des Täters haben, etwa wenn sie aufwendigere Reisen, besondere Anschaffungen oder ins Gewicht fallende Ersparnisse ermöglichen".
Unter Zugrundelegung dieser Auffassung hat der BGH angesichts der Höhe der Klageforderung und des bereits gezahlten Geldes diese Voraussetzung in unserem Fall zu Recht bejaht. b) Ausführung von Dienst- oder Werkleistungen Die wirtschaftlichen Vorteile in erheblichem Umfang müssen "durch die Ausführung von Dienst- oder Werkleistungen" erzielt werden. Neben Dienst- oder Werkleistungen i.S.d. §§ 611 ff., 631 ff. BGB kommen auch die Ausführungen von Werklieferungs-, Reise-, Makler-, Geschäftsbesorgungsoder Speditionsverträgen, nicht aber eine reine Verkaufstätigkeit, in Betracht64 . Umstritten ist, ob die Dienst- oder Werkleistungen selbst einen erheblichen Umfang haben müssen. Die h.M. 65 bejaht dies, während HeIfii auf den Wortlaut abstellen will und der Auffassung ist, nur der erzielte wirtschaftliche Vorteil müsse von erheblichem Umfang sein. Ursache dieses Streits ist die Neufassung des § 1 Abs. 1 SchwArbG durch das BillBG von 1981/8267• Die ursprüngliche Fassung lautete: "Wer aus Gewinnsucht Dienst- oder Werkleistungen für andere in erheblichem Umfang erbringt .... " Demgegenüber fordert die derzeitig gültige Fassung, ''wer wirtschaftliche Vorteile in erheblichem Umfange durch die AusfühlUngen von Dienst- oder Werkleistungen erzielt".
64 Marschall, Bekämpfung illegaler Beschäftigung, S. 147 C.; Ambs in ErbsjKohiJuuls, § 1 Anm. 3; Sannwald, § 1 Rz. 15 cc.
65 Ambs in ErbsjKohlhcws, § 1 Anm. 2 a.E; Marschall, Bekämpfung illegaler Beschäftigung, S. 150; Sannwald, § 1 Rz. 5 C. 66 S. 26. 67 Vom 15.12.1981, BGBI. I, S. 1390.
28
1. Teil: Allgemeines
Der derzeit verwendete Gesetzeswortlaut spricht also für die Auffassung von HeWS, daß sich der erhebliche Umfang nur auf die wirtschaftlichen Vorteile, nicht aber auf die Dienst- oder Werkleistungen bezieht. Die Gegenauffassung69 beruft sich demgegenüber auf das BillBG 1981/82 und die Begründung hierzu, wonach ein wirtschaftlicher Vorteil in erheblichem Umfang nur gegeben sein kann, "wenn die Dienst- oder Werkleistungen selbst erheblichen Umfang haben,,70. Helf71 meint, dies sei nicht so zu verstehen, "daß ein erheblicher Umfang der erbrachten Leistung eine notwendige Voraussetzung ist, denn sonst hätte es der Gesetzgeber auch bei der früheren Formulierung belassen können. Vielmehr stellt der Umfang der Leistungen ein Indiz für die daraus erwachsenden Vorteile dar". Die Begründung von Helf, die Änderung sei unverständlich, wenn der Inhalt der gleiche bleibe, erscheint schlüssig. Der Wortlaut der Gesetzesmaterialien ist jedoch eindeutig und mit der Auffassung von Helf nicht zu vereinbaren. Der Gesetzgeber meinte gerade auf einen "Verweis hierauf'72 verzichten zu können. Andererseits gibt es Fälle, in denen mit einem unerheblichen Arbeitsaufwand ein erheblicher wirtschaftlicher Vorteil zu erzielen ist. Klärungsbedürftig ist daher, was als erhebliche Dienst- oder Werkleistungen anzusehen ist. In der Begründung zum BillBG 81/82 wird hierauf nicht eingegangen. In der amtlichen Begründung zur ersten Fassung73 des SchwArbG heißt es hierzu: "Ob die vom Täter ausgeführten Dienst- oder Werkleistungen erheblichen Umfang haben, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach objektivem Maßstab zu beurteilen, bei dessen Ennittlung vor allem die Frage eine Rolle spielen düfte, ob die Arbeitskraft des
68 S. 26. 69
Marschall, NJW 1982, S. 1363, 1365; Sannwald, § 1 Rz. 15.
70 Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drucksache 9/847, S. 11. 71 S. 26.
72
BT-Drucksache 9/847, S. 11.
73 BT-Drucksache 2/1111 (1953), S. 5.
VI. Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 SchwArbG
29
Täters für eine nicht zu kurze Zeit voll, überwiegend oder in laufender Folge eingesetzt worden ist".
Bereits dieses Zitat zeigt, daß die zur alten Fassung des § 1 Abs. 1 SchwArbG vertretene Meinung von Thilenius74, der (unter Rückgriff auf §§ 102, 243 AFG) eine Tätigkeit von mindestens 20 Wochenstunden verlangte, nicht zutreffend sein kann. Dieser Standpunkt kann der Einzelfallbetrachtung nicht gerecht werden75. Dies gilt auch für die Auffassung von Benöhr76, wonach die Tätigkeit "dem Zeitaufwand für einen Hauptberuf ziemlich nahekommen" müsse. Zuzustimmen ist vielmehr der h.M., die auf die Dauer, Häufigkeit, Regelmäßigkeit und auch auf die erforderliche Vorbildung77 abstellt. Bei Werkleistungen kann daher die zeitliche oder physische Inanspruchnahme der Arbeitskraft gegenüber dem Umfang und Wert des erstellten Werkes ganz in den Hintergrund treten78. Wird ein Schwarzarbeiter für mehrere Auftraggeber tätig, sind die erbrachten Leistungen zusammenzuzählen; eine Addition der Leistungen ist auch vorzunehmen, wenn mehrere Schwarzarbeiter für einen Auftraggeber tätig werden79. Unbestritten ist, daß die Arbeit für andereso erbracht werden muß. Die Errichtung eines Gebäudes auf eigenem Grund, um es dann mit Gewinn weiter zu veräußern, ist also nicht als Schwarzarbeit anzusehen.
74 S. 7. 75 76
v~.
Sannwald, § 1 Rz. 16.
BB 1975, S. 233.
77 Dazu OLG Saarbrücken, GewA 1979, S. 93; Ambs in ErbsjKnh/hQQs, § 1 Anm. 3; Sann-
wald, § 1 Rz. 16; Friebe, S. 341.
78 Sannwald, § 1 Rz. 18; Ambs in ErbsjKoh/hQQs, § 1 Anm. 3. 79 Marschall, Bekämpfung illegaler Beschäftigung, S. 150 f. SO V~. Helf, S. 31; Sannwald, § 1 Rz. 7; Ambs in ErbsjKohihaas, § 1 Anm. 3.
30
1. Teil: Allgemeines
2. Subjektive Voraussetzungen
Die Ordnungswidrigkeit nach § 1 Abs. 1 SchwArbG kann gemäß § 100WiG nur vorsätzlich begangen werden, wobei bedingter Vorsatz ausreichend ist81 • Ein Handeln aus Gewinnsucht ist seit 1982 aber nicht mehr erforderlich.
3. Ausschluß nach § lAbs. 3 SchwArlJG
Das Vorliegen einer Gefälligkeit, Nachbarschaftshilfe oder Selbsthilfe LS.v. § 36 Abs. 2 und 4 des 11. WoBauG schließt das Vorliegen von Schwarzarbeit aus. a) Gefälligkeit Bei einer normalen Gefälligkeit kann bereits tatbestandsmäßig keine Schwarzarbeit LS.v. § 1 Abs. 1 SchwArbG vorliegen. Diese ist begriffsnotwendig unentgeltlich82, die Erzielung eines wirtschaftlichen Vorteils in erheblichem Umfang kommt daher regelmäßig nicht in Betracht. Dies gilt auch dann, wenn nur ein "relativ geringes Entgelt" gezahlt wird83 . § 1 Abs. 3 SchwArbG hat insoweit also nur klarstellenden Charakter84 • b) Nachbarschaftshilfe Dieser Ausschlußtatbestand wird als "gegenseitige Unterstützung von Nachbarn" deflniert85 . Als Nachbarn gelten aber beispielsweise auch 81 Vgl. dazu Ambs in Erbs/Kohlhaas, § 1 Anm. 4. 82 BGH, NJW 1950, S. 1313; Achten, § 1 Anm. 12 b; Ambs in ErbsjKDhlhaiJs, § 1 Anm. 9; Marschall, Bekämpfung illegaler Beschäftigung, S. 153; SannwaJd, § 1 Rz. 26; aA. Buchner, WiVerw 1979, S. 212, 217; Gemeinsame Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums vom 1.8.1984, Pkt. 2.4. (Vgl. oben S. 26, Fn. 57), wonach Leistungen, "dieaufgrund persönlichen Entgegenkommens, im Rahmen üblicher gesellschaftlicher Gepflogenheiten oder bei Notfällen erbracht werden (z.B. Abschleppen eines Kraftfahrzeugs, provisorische Schadensbehebung an einer Wasserleitung u.ä.)" auch als Gefälligkeiten bezeichnet werden. 83 Hel/, S. 39 m.w.N. 84 Achten, § 1 Anm. 12 b, S. 52.
VI. Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 SchwAIbG
31
Familienangehörige, Vereinsmitglieder u.ä.; eine örtliche Verbindung wäre also nicht immer erforderlich86• Einige der zuständigen Landesministerien87 setzen demgegenüber aber eine räumliche Nähe voraus, "Nachbarschaft" soll danach innerhalb eines Straßenzugs oder eines kleineren Ortsbereichs gegeben sein. Darüber hinaus sollen bestimmte persönliche Beziehungen genügen, wobei mit zunehmender räumlicher Entfernung die persönlichen Beziehungen zueinander enger sein müssen. Auch bei der Nachbarschaftshilfe fehlt es - abgesehen von kleineren Aufmerksamkeiten - i.d.R. an einer Entgeltlichkeit. Die Gegenseitigkeit liegt meist in der Erwartung (oder dem Versprechen), der Nachbar werde gegebenenfalls seinerseits helfen88 • c) Selbsthilfe Nach § 36 Abs. 2 des 11. WoBauG gehören zur Selbsthilfe die Arbeitsleistungen, die zur Durchführung eines Bauvorhabens erbracht werden - von dem Bauherren selbst, - von seinen Angehörigen, - von anderen unentgeltlich oder auf Gegenseitigkeit. Eine Entgeltlichkeit kommt also durch Angehörige89 oder auf Gegenseitigkeit tätige Dritte in Betracht. Berücksichtigt man, daß bei Tätigkeit auf Gegenseitigkeit diese nicht unmittelbar erfolgen muß, also auch zu einem späteren Zeitpunkt erbracht werden kann, erscheint der Einwand der
85
Sannwald, § 1 Rz. 27.
86 Sannwald, § 1 Rz. 27; Ambs in Erbs/Kohlhaas, § 1 Anm. 9; Marschall, Bekämpfung illegaler Beschäftigung, S. 153; aA. Buchner, GewArch 1990, S. I, 7; Helf, S. 40. 87 Für das Saarland MBS vom 27.8.1986, abgedruckt in ZDH, S. 52 ff.; für Bayern die gemeinsame Bekanntmachung vom 1.8.1984, Amtsblatt des Bayer. Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr, Nr. 7/1984, Pkt. 2.3. 88 Achten, § 1 Anm. 13 b, S. 52; Marschall, Bekämpfung illegaler Beschäftigung, S. 153; Müller, Anm. F 11; Helf, S. 39. 89 Vgl. dazu AG Neustadt, GewArch 1975, S. 95.
32
1. Teil: AIIgemeines
Selbsthilfe durch einen mutmaßlichen Schwarzarbeiter am schwersten widerlegbar90•
4. Resümee Gerade die Beweisschwierigkeiten hinsichtlich der "qualifizierenden" Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 SchwArbG und der Ausschlußtatbestände des § 1 Abs. 3 SchwArbG führen oft dazu, daß Schwarzarbeit nicht als solche verfolgt und bestraft, sondern auf die "Grundtatbestände" der Handwerksordnung und Gewerbeordnung zurückgegriffen wird91 . 475 Fällen von Verstößen gegen § 1 Abs. 1 Nr. 2 u. 3 SchwArbG und 43 gegen § 2 SchwArbG stehen 797 Verstöße gegen § 117 Abs.1 Nr.1 HandwO und 1305 gegen §§ 145 Abs. 1 Nr.1, 146 Abs. 2 Nr. 1 GewO gegenüber, die 1987 durch Bußgelder abgeschlossen werden konnten92 .
VII. Tatbestandsmerkmale des § 2 SchwArbG Nicht nur der Schwarzarbeiter, sondern auch sein Auftraggeber kann eine Ordnungswidrigkeit nach dem SchwArbG begehen. Dies ist durch § 2 SchwArbG bestimmt. Der Gesetzgeber (der ursprünglichen Fassung) hat ausdrücklich darauf Wert gelegt, daß die beiden Beteiligten gleich bestraft werden können, nachdem der Bundesrat eine mildere Bestrafung für den Auftraggeber vorgeschlagen hatte93• Durch die Beauftragung muß der Auftraggeber selbst wirtschaftliche Vorteile in erheblichem Umfang erzielen. Der Begriff des wirtsch.aftlichen Vorteils in erheblichem Umfang entspricht dem beim Auftragnehmer. An diese Voraussetzung werden aber nur geringe Anforderungen gestellt. Aus-
90 Vgl. dazu Ambs in ErbsjKohlhaas, § 1 Anm. 9 a E; Klinge, WiVetw 1986, S. 154, 163. 91 Klinge, WiVeIW 1986, S. 154, 161 f.; BT-Drucksache 11/2639, S. 42, C 1. 92 BT-Drucksache 11/2639, TabeIle 13, S. 74. 93 Vgl. dazu BT-Drucksache 2/1111, S. 10.
VII. Tatbestandsmerkmale des § 2 SchwArbG
33
reichend ist aber nicht die Zahlung des marktüblichen Preises94 . In seiner Entscheidung vom 31. Mai 199095 hat der BGH den wirtschaftlichen Vorteil allein wegen des Umstandes, daß der Schwarzarbeiter weder Steuern noch Sozialversicherungsbeiträge abgeführt habe, bejaht, wenn der Auftraggeber hierdurch einen entsprechenden Vorteil erlangt hat. Einen erheblichen Umfang dieses Vorteils nimmt der BGH bereits an, wenn die Kostenersparnis nicht nur gering war. Ein gleichzeitiger wirtschaftlicher Vorteil in erheblichen Umfang auf Seiten des Beauftragten ist für die Verwirklichung des § 2 SchwArbG nicht erforderlich. Der Beauftragte muß nur gegen die in den Ziffern 1 - 3 des § 1 Abs. 1 SchwArbG aufgezählten sozial- und gewerberechtlichen Vorschriften verstoßen haben96• Ein Verstoß des Auftraggebers gegen § 2 SchwArbG setzt also ebensowenig die Strafbarkeit des Beauftragten voraus97, wie eine Schwarzarbeit nach § 1 Abs. 1 SchwArbG gleichzeitig eine Ordnungswidrigkeit des Auftraggebers nach § 2 Abs. 1 SchwArbG nach sich ziehen muß. Auf Seiten des Auftraggebers kann es z.B. an dem wirtschaftlichen Vorteil in erheblichem Umfang98 oder an dem erforderlichen Vorsatz fehlen. Dieser setzt nämlich (auf Seiten des Auftraggebers) auch die Kenntnis des Auftraggebers von einem Verstoß gegen die Ziffern 1 - 3 des § 1 Abs. 1 SchwArbG durch den Beauftragten voraus. Nach § 10 OWiG ist insoweit bloße Fahrlässigkeit nicht ausreichend, bedingter Vorsatz genügt jedoch.
94 BGHZ 111, S. 308, 310; Marschall, Bekämpfung illegaler Beschäftigung, S. 153; Sannwald, § 2 Rz. 15. 95 BGHZ 111, S. 308, 310.
96 Ambs in ErbsjKohJluJas, § 2 Anm. 1; Buchner, GewArch 1990, S. 1, 8. 97 Vgl. im einzelnen Helf, S. 43 f.
98 Buchner, GewArch 1990, S. 1, 8. Zur Frage, ob in diesen Fällen ein Teilnahme zu § 1 Abs. 1 SchwArbG in Betracht kommt (so Sannwald, § 2 Rz. 1 f.), oder ob eine straflose "notwendige Teilnahme" vorliegt, (so Amtliche Begründung zu § 2 BT-Drucksache 11/1111, S. 6 ff.; Helf, S. 42), vgl. Ambs in ErbsjKohJluJas, § 2 Anm. 1; von Ebner, ZRP 1978, S. 211, 212. 3 Voß
2. Teil
Vertraglicher Anspruch des Schwarzarbeiters Ausgangspunkt zivilrechtlicher Überlegungen im Zusammenhang mit dem Vergütungsanspruch des Schwarzarbeiters ist die Frage, ob Auftraggeber und Schwarzarbeiter einen wirksamen Vertrag abgeschlossen haben. Geht es - wie in unserem Fall - um die Durchführung von Handwerksarbeiten, kommt ein Werkvertrag i.S.v. § 631 BGB in Betracht. Einem vertraglichen Vergütungsanspruch des Schwarzarbeiters gemäß § 631 Abs. 1 BGB könnte allerdings die Nichtigkeit des Vertrages entgegen-
stehen. Der Verstoß gegen das SchwArbG könnte zur Nichtigkeit des Vertrages nach § 134 BGB1 führen.
I. Allgemeines zu § 134 BGB
Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
1. Tatbestandsmerkmale des § 134 BGB und ihre Prüfung
Als Gesetz, und damit als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB, kommt nach Art. 2 EGBGB grundsätzlich jede Rechtsnorm in Betracht2. Nicht jeder Verstoß gegen ein Gesetz führt aber zur Nichtigkeit des Vertrages, was aus der Formulierung des § 134 BGB deutlich wird.
1 Im Verhältnis zu § 138 BGB geht § 134 BGB vor, wenn dessen Anwendung zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führt, vgl. MünchKomm/Mayer-Maly, BGB, § 134 Rz. 4; Kern, FS Gemhuber, S. 193 jeweils m.w.N. 2 Vgl. Enneccerus-Nipperdey, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, 2. Halbband, S. 1153; Palandt/Heinrichs, BGB, § 134 Rz. 2; zweifelnd MünchKomm/Mayer-Maly, BGB, § 134 Rz. 28.
I. Allgemeines zu § 134 BGB
35
Ausgehend vom Wortlaut der Vorschrift könnte man bei der Frage, ob die Voraussetzungen des § 134 BGB vorliegen, in mehreren Schritten vorgehen. Dann wäre zunächst zu prüfen, ob das verletzte Gesetz als Verbotsgesetz anzusehen ist, und anschließend zu erörtern, ob (und in welchen Fällen) sich hieraus die Nichtigkeit des abgeschlossenen Vertrages ergibt3. In den Entscheidungen des BGit und nach einem Teil der Literatur5 wird in der Regel von der Rechtsnatur als Verbotsgesetz ausgegangen und die Frage der Rechtsfolge in den Mittelpunkt gestellt. Bei der Prüfung des Verbotsgesetzes wird von dieser Ansicht lediglich eine Abgrenzung zu den Vorschriften vorgenommen, die zur Einschränkung der rechtsgeschäftlichen Dispositions- und Gestaltungsfreiheit6 führen (wie z.B. § 7197 oder § 181 BGB8), bei denen der Verbotsgesetzcharakter von vornherein nicht gegeben ist. Andere - wie z.B. Mayer-MalY - prüfen das Vorliegen eines Verbotsgesetzes detaillierter. Bei der Frage des Verbotsgesetzcharakters einer Norm, welcher durch Auslegung zu ermitteln seilO, sei neben der Prüfung des Wortlauts11 und der Systematik des zu überprüfenden Gesetzes, sowie
3 Im römischen Recht gab es eine Dreiteilung der Verbotsgesetze nach ihrer Wirkung: Die leges perfectae führten zur Nichtigkeit des verbotenen Geschäftes, die leges minus quam perfectae bedrohten die Vornahme des Geschäfts mit Strafe, ohne die zivilrechtliehe Gültigkeit des Rechtsgeschäfts zu berühren, die leges imperfectae enthielten zwar ein Verbot, aber keine Sanktion, vgl. Seüer, § 817 S. 2 und das römische Recht, GS Martens, S. 719, 7]j) ff. 4 Vgl. z.B. BGHZ 85, S. 39,42 f. 5 Palandt/Heinrichs, BGB, § 134 Rz. 1 und Rz. 7; vgI. auch Soergel/Hefermehl, BGB,
§ 134 Rdnr. 1.
6 Flume, Allgemeiner Teil des BGB, Zweiter Band, Das Rechtsgeschäft, § 17, 2, S. 342 f. 7
Vgl. dazu BGHZ 13, S. 179, 184.
8 RGRK/Krüger-Nieland/ZöUer, BGB, § 134 Rz. 3 - 6; Staudinger/Dilcher, BGB,
§ 134 Rz. 2.
9 Handelsrechtliehe Verbotsgesetze, FS Hefermehl, S. 103 und MünchKomm, BGB, § 134 Rz. 38, 39; zustimmend RGRK/Krüger-Nieland/Zöller, BGB, § 134 Rz. 6; Erman/Brox, BGB, § 134 Rz. 9; Helf, S. 48; ablehnend Mailänder, Privatrechtliche Folgen unerlaubter KarteIlpraxis, S. 150.
10 EnnanjBrox, BGB, § 134 Rdnr. 9. 11 Formulierungen wie z.o. "kann nicht", "darf nicht", "ist nicht zulässig" werden nicht nur in Literatur und Praxis teilweise unterschiedlich bewertet, sondern auch vom Gesetz unter-
2. Teil: Vertraglicher Anspruch
36
des gesetzgeberischen Willens, bereits eine teleologische Betrachtung vorzunehmen. Der Sinn und Zweck eines Gesetzes sei, "nicht nur für die Frage bedeutsam, ob der Gesetzesverstoß Nichtigkeit nach sich zieht oder ob sich aus dem Gesetz 'ein anderes ergibt'; auch für die Frage, ob überhaupt ein Verbotsgesetz vorliegt, muß auf Sinn und Zweck des Gesetzes gesehen werden, mit dem das Rechtsgeschäft kollidiert,,12. Die Vertreter dieser Auffassung prüfen daher die Fragen, ob das verletzte Gesetz nur eine reine Ordnungsvorschrift13 darstellt und ob es sich gegen beide Beteiligte richtet auf der 1. Stufe, während die Gegenansicht dies auf der 2. Stufe miterörtert. Der Bundesgerichtshof arbeitet in diesem Bereich etwas ungenau, erspart sich aber einiges an Mehrarbeit. Eine Überprüfung am Beispiel des Schwarzarbeitsgesetzes zeigt deutlich, daß es sich bei den Streit meist um eine Frage der Vorgehensweise, nicht um eine des Ergebnisses handelt. Auf beiden Stufen sind es dieselben Argumente, die für die Annahme als Verbotsgesetz und auch für die Nichtigkeitsfolge sprechen 14 •
2.
Verständnis des § 134 BGB
Ob ein Verstoß gegen das SchwArbG zur Nichtigkeit führt, hängt auch davon ab, wie die Formulierung, "wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt", zu verstehen ist. Dies ist seit Inkrafttreten des BGB umstritten.
schiedlich gebraucht (vgl. Larenz, Allgemeiner Teil des BGB, § 22 11, S. 420). Dies spricht gegen eine große Bedeutung der grammatikalischen Auslegung für die Beantwortung der Nichtigkeitsfrage (vgl. auch MünchKomm/Mayer-Maly, BGB, § 134 Rz. 40 ff.). Verstöße gegen eine Sollvorschrift ändern hingegen nichts an der Gültigkeit des Rechtsgeschäfts. 12 MünchKomm/Mayer-Maly, BGB, § 134 Rz. 42. 13 Wobei der Begriff der Ordnungsvorschrift unterschiedlich vetwendet wird, vgI. einerseits RGRK/Krüger-Nieland/Zöller, BGB, § 134 Rz. 12, andererseits MünchKomm/MayerMaly, BGB, § 113 Rz. 47 ff. 14 Vgl. Hel!, S. 48 ff. Dies erkennt auch Mayer-Maly (MünchKomm, BGB, § 134 Rz. 39) für den "Einzelfall" an.
I. Allgemeines zu § 134 BGB
37
In der Literatur wird sowohl die Auffassung vertreten, daß die Nichtigkeit des Vertrages entsprechend dem Wortlaut des § 134 BGB die regelmäßige Folge des Verstoßes ist, also eine Vermutung der Nichtigkeit enthält l5, als auch, daß die Vorschrift des § 134 BGB überhaupt nicht als "Auslegungsregel" verwendet werden kann. Der Gesetzeswortlaut des § 134 BGB wird von anderen als "nichtssagend,,16 oder wenig aussagekräftig angesehen17. Viele sprechen auch von dem "subsidiären Charakter der Nichtigkeitsbestimmung"18. Nach den Motiven des Bürgerlichen Gesetzbuches zu § 105 des 1. Entwurfes19 sollte ein Rechtsgeschäft, dessen Vornahme verboten ist, in der Regel nichtig sein. Etwas anderes sollte hingegen in den Fällen gelten, "in welchen bei einem Vertrage das Verbot nur den einen Theil trifft". In diese Richtung gehen auch die Entscheidungen des Reichsgerichts20 zu dieser Problematik. Seit der Entscheidung der Vereinigten Zivilsenate vom 17. März 190521 hat das RG die Ansicht vertreten, daß "der Regel nach das Rechtsgeschäft im ganzen nicht nichtig ist, wenn das gesetzliche Verbot nur die
eine Seite der Beteiligten in ihren Handlungen beeinflussen und vom Abschluß eines Vertrages abhalten will, und nur nichtig wird, wenn das Verbot sich gegen beide Teile richtet,,22.
15 Canaris, Gesetzliches Verbot und Rechtsgeschäfte, S. 14 ff.,19; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, § 43 I 3, Rdnr. 646 m.w.N.; RGRK/Krüger-Nieland/Zöller, BGB, 12. Aufl., § 134 Rz. 2; Pa/andt/Heinrichs, BGB, § 134 Rz. 7, weitergehend MünchKomm/Mayer-Maly, BGB, § 134 Rz. 1; Kramer, Der Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot und die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften, S. 143. 16 Flume, Allg. Teil, § 17 I, S. 341.
17 Soerge//Hefermehl, BGB, 12. Aufl., § 134 Rz. 1, der dann aber doch eine grundsätzliche Nichtigkeit annimmt, vgI. § 134 Rz. 29. 18 Staudinger/Dilcher, BGB, § 134 Rdnr. 3; Enneccerus-Nippertky, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 2. Halbband, § 190 11, S. 1155; Giesen, Allgemeiner Teil des BGB, Rechtsgeschäftslehre, S. 91 Rz. 159; noch weiter geht Seüer, § 817 S. 2 und das römische Recht, GS Manens, S. 719, 732, der die Nichtigkeitsfolge nur für Verstöße "gegen die Verbote des klassischen Strafrechts" befürwortet. 19 Bd. I zu § 105, S. 210 f.
20 Vor Inkrafttreten des BGB hielt das Reichsgericht verbotswidrige Geschäfte grundsätzlich für nichtig (vgl. z.B. Bd. 16, S. 88, 106; Bd. 18, S. 242, 243).
21 RGZ 60, S. 273 ff.
38
2. Teil: Vertraglicher Anspruch
Dieser als Normrichtungstheorie bezeichneten Differenzierung23 hat sich auch der Bundesgerichtshof (nach anfänglichem Zögern24 ) angeschlossen; er legt sie seinen (meisten) Entscheidungen zur Beantwortung der Frage zugrunde, ob ein Rechtsgeschäft nach § 134 BGB nichtig ist25 • Auch in seinen Urteilen zur Schwarzarbeit26 und in der 1992 ergangenen Jahresabschluß27_ und in der Kontaktanzeigen28-Entscheidung ist der BGH davon ausgegangen, daß ein gegen ein Verbotsgesetz verstoßendes Rechtsgeschäft regelmäßig nur nichtig ist, wenn sich dieses gegen beide Beteiligte wendet und regelmäßig wirksam ist, wenn es sich nur gegen einen richtet.
3. Objektiver Verstoß Umstritten ist, ob bereits ein objektiver Verstoß gegen das Verbotsgesetz ausreicht oder ob die Beteiligten auch schuldhaft gehandelt haben müssen. § 134 BGB spricht nur von einem "Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt", ohne darzulegen, wie dieser Verstoß auszusehen hat. Oft findet sich in den Kommentierungen zu § 134 BGB der kurze Satz, ein objektiver Verstoß gegen ein Verbotsgesetz reiche aus29 . Anders als § 138
BGB setze § 134 BGB kein vorwerfbares Verhalten vorausJO • Die Kenntnis der Verbotswidrigkeit sei also nicht erforderlich.
22 RGZ 100, S. 39, 40; ebenso Bd. 100, S. 238, 239; Bd. 104, S. 105, 107; Bd. 106, S. 316, 317; Bd. 170,S. 155, 156. 23 Westpha/, BB 1984, S. 1002. 24 BGHZ 37, S. 258, 262. 25 Z.B. BGHZ Bd. 37, S. 363, 364; LM § 134 BGB Nr. 56; Bd. 46, S. 24, 26; Bd. 53, S. 152, 157; Bd. 65, S. 368, 370; Bd. 78, S. 263, 265; Bd. 88, S. 240, 243; BGH, LM § 134 BGB Nr. 113. 26 BGHZ 85, S. 39, 44; BGHZ 89, S. 369, 373.
27 DB 1992, S. 1466.
28
NJW 1992, S. 2557, 2559.
29 Z.B. Palandt/Heinrichs, BGB, § 134 Rz. 5.
I. Allgemeines zu § 134 BGB
39
Daß es im Rahmen des § 134 BGB auf einen schuldhaften Verstoß nicht ankommt, hat auch der BGH31 bei einem Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Nr. 2 SpielbankenV0 32 vertreten. Er führt dazu aus: "Für die Anwendung des § 134 BGB genügt, daß objektiv gegen das Verbotsgesetz verstoßen worden ist"33. Auf dieses Urteil hat er in der ersten Entscheidung zum SchwArbG34, ausdrücklich Bezug genommen. Ein objektiver Verstoß soll aber nicht immer zur Herbeiführung der Nichtigkeit ausreichen. Bei Strafvorschriften (und Ordnungwidrigkeiten35) wird oftmals danach unterschieden, ob das Verbot unmittelbar das Rechtsgeschäft oder nur das Handeln, also dessen Vornahme betrifft36 . Im letzteren Fall tritt die Nichtigkeit regelmäßig nur dann ein, wenn sich beide Vertragsparteien strafbar gemacht haben37. Erstreckt sich hingegen die Strafvorschrift unmittelbar auf den Inhalt des Rechtsgeschäfts, so genügt der objektive Verstoß38• Bei derartigen Verbotsgesetzen wäre es also auch nach dieser Auffassung nicht erforderlich, daß alle Beteiligten schuldhaft gegen die Verbotsnorm verstoßen
30 EnMccerus-Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 2. Halbband, § 190 11, S. 1154 f.
31 BGHZ 37, S. 363, 366. In BGHZ 52, S. 152, 157 f. wurde trotz Nichtigkeit des Vertrages im Rahmen eines DauerschuldverhäJtnisses ein Anspruch auf Vergütung aus Billigkeitsgründen zugesprochen. 32 VO über öffentliche Spielbanken vom 27. Juli 1938 (RGBI. I, S. 955), Spielverbot für Einwohner des Betriebsom einer Spielbank. 33 BGHZ 37, S. 363, 366.
34 BGHZ 85, S. 39, 44. 35
Vgl. SoergeljHe{ermehJ, BGB, § 134 Rz. 24; andersKem, PS Gernhuber, S. 194 f.
36 Flume, AT Band 2, § 17, 3, S. 344 f.; zustimmend ErmanjBrox, BGB, § 134 Rz. 10; vgI. auch RGRK/Krüger-NielandjZöller, BGB, § 134 Rz. 15; SoergeljHe{ermehJ, BGB, § 134 Rdnr. 24; RGZ 60, S. 273, 275 ff.; RGZ 104, S. lOS, 107 f.; RGZ lOS, S. 65, 66; kritisch MünchKomm/Mayer-Maly, BGB, § 134 Rz. 49; ablehnend Medicus, BGB AT, § 43 11 I, Rdnr. 647 und Canaris, Gesetzliches Verbot, S. 23, die auf das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen generell verzichten wollen.
37 Bei "einseitiger Strafbarkeit" ist das Rechtsgeschäft nach F1ume (AT 11, § 17,3, S. 346) bereits dann nichtig, wenn alle Beteiligten "von dem Verstoß eines von ihnen wissen oder damit rechnen und zu ihrem Vorteil dennoch das Rechtsgeschäft vornehmen". 38 SoergeljHe{ermehJ, BGB, § 134 Rdnr. 164; ebenso F1ume, AT 11, § 17, 3, S. 346, der allerdin~ die Spielbank-Entscheidung des BGH (BGHZ 37, S. 363 ff.) ablehnt, weil dort diese Voraussetzung nicht gegeben sei.
40
2. Teil: Vertraglicher Anspruch
haben. Eine andere Ansicht39 fordert eine bewußte Übertretung nur für den Fall, daß sich dies aus dem Verbotsgesetz selbst bzw. dessen Sinn und Zweck ergibt.
11. Rechtsprechung des BGH zum SchwArbG
1. Entscheidung vom 31.5.1990
Der BGIfO hat in dem hier zu untersuchenden Fall die Nichtigkeit des Vertrages gemäß § 134 BGB bejaht. Der "Zweck des SchwArbG" lasse sich "nur e"eichen, wenn deramge Verträge nicht als rechtswirksam angesehen werden. Das gilt zumindest dann, wenn wie hier beide Parteien gegen das SchwArbG verstoßen haben". Der BGH qualifiziert das SchwArbG also als Verbotsgesetz i.S.v. § 134 BGB, hält aber hinsichtlich der Nichtigkeitsfolge eine Differenzierung nach beiderseitigen und einseitigen Verstößen für möglich.
2. Verbotswidriges Handeln von Auftraggeber und Schwarzarbeiter
Die Annahme der Nichtigkeit bei beiderseitigen Verstößen gegen § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 2 SchwArbG entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Grundlegend für diese Meinungsbildung war das erste Urteil des BGH zum SchwArbG vom 23.9.1982, die Festpreisabrede-Entscheidung41. Ausgangspunkt auch dieses Urteils war die Frage, "ob es mit dem Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene rechtliche Regelung hinzunehmen und bestehen zu lassen". Der BGH hat diese Frage bejaht. 39 MünchKomm/Mayer-Maly, BGB, § 134 Rz. 92. 40 BGHZ 111, S. 308, 311 = NJW 1990, S. 2542 ff. § 134 BGB Nr. 130.
= BB 1990, S. 1661 ff. = BGH, LM
41 VII ZR 183/80, BGHZ 85, S. 39 ff. = NJW 1983, S. 109 ff. = MDR 1983, S. 222 ff. WM 1982, S. 1251 ff. = BGH, LM § 134 Nr. 103 (Anm. Wachshöfer).
=
11. Rechtsprechung des BGH zum SchwArbG
41
Die erwähnte Unvereinbarkeit wird danach beurteilt, ob sich das Verbotsgesetz nur gegen die äußeren Bedingungen im Zusammenhang mit dem Abschluß des Rechtsgeschäfts wendet oder darüber hinaus auch gegen dessen zivilrechtliche Wirksamkeit und damit gegen dessen wirtschaftlichen Erfolg42 • Ein gewichtiger Hinweis soU die in den §§ 1 und 2 des SchwArbG enthaltene Bußgeldandrohung sein, die sich nicht nur gegen einen, sondern gegen beide Beteiligte richtet. Der Sinn und Zweck des SchwArbG gehe dahin, führt der BGH aus, "nicht nur als Ordnungsvorschrift den tatsächlichen Vorgang, sondern darüber hinaus im Interesse der wirtschaftlichen Ordnung dem zugrundeliegenden Rechtsgeschäft die rechtliche Wirkung zu versagen ,.43; jedenfalls seien Verträge, durch die beide Vertragspartner gegen das SchwArbG verstoßen, nichtig.
3. Einseitiger Verstoß gegen das SchwArbG
a) Entscheidung des BGH vom 19.1.1984 In dem Urteil v. 19.01.198444 ging es um die Frage, ob der Vertrag auch nichtig ist, wenn nur der Auftragnehmer gegen das SchwArbG verstößt, ohne daß dies dem Auftraggeber bekannt ist. Der BGH hat trotz des einseitigen Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 Ziff. 3 SchwArbG die Nichtigkeit des Vertrages abgelehnt. Dies folge daraus, daß Verträge, durch deren Abschluß nur eine der Vertragsparteien ein gesetzliches Verbot verletze, in der Regel gültig seien. Diesem Ergebnis stehe das SchwArbG nicht entgegen. Vielmehr müßten dem gesetzestreuen Auftraggeber seine vertraglichen Ansprüche belassen werden.
42 43
44
Vgl. auch BGHZ 89, S. 369, 372 m.w.N. BGHZ 85, S. 39, 44.
VII ZR 121/83, BGHZ 89, S. 369 ff. = NJW 1984, S. 1175 ff. = MDR 1984, S. 480 ff.; JZ 1984, S.490 ff. = BB 1984, S. 637 ff. = BGH, LM § 134 Nr. 111 (Anm. Bliesener).
42
2. Teil: Vertraglicher Anspruch
b) Urteil des BGH vom 20.12.1984 Dieser Entscheidung45 lag ebenfalls ein einseitiger Verstoß des Schwarzarbeiters gegen das SchwArbG zugrunde. Der BGH verneinte eine Nichtigkeit des Vertrages selbst für den Fall, daß dem Auftraggeber der Gesetzesverstoß des Schwarzarbeiters bekannt sei, wenn er diese Kenntnis nicht "bewußt zum eigenen Vorteil habe ausnutzen wollen". Auch in dieser Entscheidung ging es um die Geltendmachung eines vertraglichen Anspruchs durch den "gesetzestreuen" Auftraggeber gegen den Schwarzarbeiter.
4. Verstoß gegen § 1 HandwO Einer früheren Entscheidung46 des BGH lag dagegen ein Anspruch des Auftragnehmers, der als gewerblicher Bauhandwerker, unter Verletzung des § 1 HandwO, nicht in die Handwerksrolle eingetragen war, zugrunde. Der BGH gewährte dem Handwerker einen Anspruch auf Zahlung des Werklohns. § 1 HandwO sei nur eine rein öffentlich-rechtliche Ordnungsvorschrift, deren Verletzung nicht zur Nichtigkeit des Vertrags gern. § 134 BGB führe47•
III. Rechtsprechung der Instanzgerichte Die Amts-, Land- und Oberlandesgerichte nahmen (auch bei einseitigen Verstößen) vor der ersten Entscheidung des BGH nahezu einhellig eine Nichtigkeit des Schwarzarbeitsvertrages an48.
45 VII ZR 388/83, NJW 1985, S. 2403 f. 46 BGHZ 88, S. 240 ff. = NJW 1924, S. 230 ff. S. 173 ff. = BGH, LM § 134 BGB Nr. 108.
= MDR 1984, S.
135 Cf.
= BB
1984,
47 BGHZ 88, S. 240, 243. Die nicht vorhandene Eintragung in die Handwerksrolle sei auch keine verkehrswesentliche Eigenschaft einer Person, die den Auftraggeber zur Anfechtung berechtige (vgl. dazu OLG Nümberg, BauR 1985, S. 322, 323). 48 So auch OLG Nürnberg, Urteil v. 19.10.1991, Az 11 U 2075/91 (n.v.).
III. Rechtsprechung der Instanzgerichte
43
Lediglich die erste veröffentlichte Entscheidung zu dieser Problematik, die des Landgerichts Osnabrück49, hielt einen derartigen Vertrag für voll wirksam. Die Normen des Schwarzarbeitsgesetzes seien lediglich als Ordnungsvorschriften zu qualifIZieren, die "allein die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung bezwecken, (sie) sollen nicht in die Privatsphäre des Einzelnen eingreifen". In diesem Urteil ging es um den Schadensersatzanspruch gegen einen (schwarzarbeitenden) Maurer aus positiver Vertragsverletzung. Bei diesem Urteil ist jedoch zu beachten, daß sie nur einen einseitigen Verstoß des Schwarzarbeiters gegen § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwArbG zum Gegenstand hatte. Sie steht damit im Ergebnis - wenn auch nicht in der Begründung - in Einklang mit der Auffassung des BGH. Die anderen bekanntgewordenen Entscheidungen der Instanzgerichte wenden sich hingegen gegen die (volle) Wirksamkeit des Schwarzarbeitsvertrages50, wobei ihnen nur teilweise beiderseitige Verstöße gegen das SchwArbG zugrunde lagen51 • Es gibt kein veröffentlichtes Urteil, welches bei einem beiderseitigen Verstoß gegen das SchwArbG die Nichtigkeit des Vertrages bezweifelt. Auch das OLG Nürnberg;2 lehnt in einer neueren Entscheidung jegliche Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers ab. In den meisten Entscheidungen53, die vor den Urteilen des BGH von 1984 ergangen sind, wurde jedoch nicht nach ein- oder beiderseitigen Verstößen gegen das SchwArbG differenziert. Ein "Verstoß gegen das Schwarzarbeitsgesetz" wurde als ausreichend empfunden, um die Nichtigkeit des Vertrages herbeizuführen, wobei regelmäßig eine Verletzung des § 1 Abs. 1 49
BB 1964,
s. 904.
AG Hamburg-Harburg, MDR 1967, s. 41; LG Karlsruhe, NJW 1975, s. 1420; OLG Koblenz, DB 1975, s. 2125, 2126; OLG Karlsruhe, Justiz 1977, s. 13 ff.; OLG Oldenburg, GewArch 1978, S. 228; OLG Düsseldorf, BauR 1978, S. 412; LG Itzehoe vom 10.9.1980, 1 S 263/79, S. 6 (n.v.), S. 3; LG Stuttgart vom 18.8.1981, 21 0 112/80 (n.v.), S. 7; AG Oldenburg, WM 1986, S. 1160, 1161; OLG Düsseldorf, BauR 1987, S. 562, 564; OLG Köln, NJW-RR 1990, S.251. 50
51 OLG Koblenz, DB 1975, S. 2125; OLG Karlsruhe, Justiz 1977, S. 13, 14; LG Stuttgart vom 18.8.1981, 21 0 112/80 (n.v.); AG Oldenburg, WM 1986, S. 1160, 1161; OLG Düsseldorf, BauR 1987, S. 562, 563; OLG Köln, NJW-RR 1990, S. 251 f. 52 Urteil vom 19.10.1991, Az 11 U 2075/91 (n.v.). 53 LG Osnabrück, BB 1964, S. 904; OLG Celle, JZ 1973, S. 246; AG Hamburg-Harburg, MDR 1967, S. 41; LG Karlsruhe, NJW 1975, S. 1420; OLG Koblenz, DB 1975, S. 2125, 2126; OLG Düsseldorf, BauR 1978, S. 412 ff. (anders in BauR 1987, S. 562, 563); OLG Oldenburg, GewArch 1978, S. 228; LG Itzehoe vom 10.9.1980, 1 S 263/79, S. 3 u. 6 (n.v.).
44
2. Teil: Vertraglicher Anspruch
Ziff. 3 SchwArbG gegeben war. Dem Urteil des OLG Karlsruhe54 lag ein einseitiger Verstoß des Auftraggebers gegen § 2 SchwArbG, der dem Auftragnehmer bekannt war, zugrunde. Das OLG Karlsruhe lehnte auch für diesen Fall Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers wegen Nichtigkeit des Vertrages ab. Die Entscheidung des OLG Celle55, die einen nur einseitigen Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Ziff. 3 SchwArbG betraf, nahm die Nichtigkeit des Vertrages bezüglich der Ansprüche des Schwarzarbeiters, nicht aber im Hinblick auf die Ansprüche des Auftraggebers, an. Ähnlich entschied das LG Bonn in seinem Urteil vom 24.10.199