Vermessungskunde: Band 3 Trigonometrische und barometrische Höhenmessung, Tachymetrie und Ingenieurgeodäsie 9783110854022, 9783110114508


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German Pages 247 [248] Year 1988

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Table of contents :
Vorbemerkung
Inhaltsverzeichnis
Symbolverzeichnis
1. Trigonometrische Höhenmessung
2. Barometrische Höhenmessung
3. Spezielle Instrumente für topographische Vermessungen
4. Topographische Vermessungen
5. Ingenieurgeodäsie
Literaturverzeichnis
Sachverzeichnis
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Vermessungskunde: Band 3 Trigonometrische und barometrische Höhenmessung, Tachymetrie und Ingenieurgeodäsie
 9783110854022, 9783110114508

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Vermessungskunde in Trigonometrische und barometrische Höhenmessung, Tachymetrie und Ingenieurgeodäsie von

Walter Großmann f und

Heribert Kähmen Zwölfte, erweiterte Auflage mit 136 Figuren

w DE

G

1988

Walter de Gruyter • Berlin • New York

SAMMLUNG GÖSCHEN 2162 Dr.-Ing. E. h. Walter Großmann f em. Professor an der Technischen Universität Hannover

Professor Dr.-Ing. Heribert Kähmen Institut für Landesvermessung und Ingenieurgeodäsie Technische Universität Wien Die Gesamtdarstellung umfaßt folgende Bände: Band I: Fehlerlehre, Vermessungen und Berechnungen für großmaßstäbige Karten und Pläne, Nivellieren. 16., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage (Sammlung Göschen Band 2160). Band II: Winkel- und Streckenmeßgeräte, Polygonierung, Triangulation und Trilateration. 13., völlig neubearb. u. erw. Auflage 1983 (Sammlung Göschen Band 2161). CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Kähmen, Heribert: Vermessungskunde / Heribert Kähmen. — Berlin ; New York : de Gruyter. (Sammlung Göschen ; ...) Literaturangabe Früher u. d. T.: Großmann, Walter: Vermessungskunde 3. Kähmen, Heribert: Trigonometrische und barometrische Höhenmessung, Tachymetrie und Ingenieurgeodäsie. — 12., erw. Aufl. - 1988 Kähmen, Heribert: Trigonometrische und barometrische Höhenmessung, Tachymetrie und Ingenieurgeodäsie / von Heribert Kähmen. — 12., erw. Aufl. - Berlin ; New York : de Gruyter, 1988 (Vermessungskunde / von Heribert Kähmen ; 3) (Sammlung Göschen ; 2612) 8. —11. Aufl. u.d.T.: Großmann, Walter: Trigonometrische und barometrische Höhenmessung, Tachymetrie und Ingenieurgeodäsie ISBN 3-11-011450-X NE: 2. GT © Copyright 1988 by Walter de Gruyter & Co., 1 Berlin 30 - Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. — Printed in Germany — Satz und Druck: Arthur Collignon GmbH, 1 Berlin 30. Buchbinder: Lüderitz & Bauer, Buchgewerbe GmbH, 1 Berlin 61

Hans Damjakob gewidmet

Vorbemerkung Verfasser der 1. bis 6. Auflage (1910—1949) der „Vermessungskunde III" war Prof. Dr.-Ing. Paul Werkmeister. 1960 erschien eine vollständige Neubearbeitung von Prof. Dr.-Ing. Walter Großmann, der bis zur 11. Auflage (1979) auch für alle weiteren Neuauflagen verantwortlich zeichnete. Nach dem Tode von Prof. Großmann bearbeitete Prof. Dr.-Ing. Heribert Kähmen die nun vorliegende 12. Auflage völlig neu. Die Gesamtdarstellung umfaßt noch folgende Bände: Band 1: Fehlerlehre, Vermessungen und Berechnungen für großmaßstäbige Karten und Pläne, Nivellieren; 16. völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage 1985 (Sammlung Göschen Band 2160). Band II: Theodolite und das Messen von Richtungen und Winkeln, Distanzmessung und Distanzmeßgeräte, elektronische Tachymeter, Punktbestimmung mit klassischen geodätischen Verfahren und Satellitenverfahren, Grundlagen der Landesvermessung; 14. überarbeitete und erweiterte Auflage (Sammlung Göschen Band 2161). Die Bände Vermessungskunde I, II und III sind so geschrieben, daß sie für eine Einführung in das Vermessungswesen und nachfolgend für ein vertieftes Studium verwendet werden können. In erster Linie dienen sie als Fachliteratur für Studierende der Fachbereiche Vermessungswesen, Kartographie, Bauingenieurwesen, Architektur, Raum- iund Landesplanung, Geographie und weitere Geowissenschaften. Bei der schnellen Fortentwicklung der Techniken und Methoden des Vermessungswesens sollen sie all denen eine Hilfe sein, die um die Fort- und Weiterbildung bemüht sind. Besonderer Dank gebührt Hans-Jürgen Kramer für das Anfertigen vieler neuer Zeichnungen.

Inhaltsverzeichnis Symbolverzeichnis 1. Trigonometrische Höhenmessung 1.1 Grundgleichung der trigonometrischen Höhenmessung Einrichtungen des Theodolits für die Vertikalwinkelmes1.2 sung 1.2.1 Der Höhenkreis und die Ablese- bzw. elektronische Abtastvorrichtung 1.2.1.1 Libellengesteuerter Höhenindex 1.2.1.2 Höhenindex mit Kompensator 1.3 Messen von Vertikalwinkeln 1.3.1 Anordnung der Messung 1.3.2 Berechnen von Zenitwinkel und Indexabweichung . . . 1.3.3 Beseitigen der Indexabweichung 1.3.4 Genauigkeit der Zenitwinkelmessung 1.3.5 Praktische Berechnung und Genauigkeitsuntersuchung von Zenitwinkeln 1.4 Trigonometrische Höhenübertragung auf kurze Entfernungen 1.4.1 Turmhöhenbestimmungen mit horinzontalem Hilfsdreieck 1.4.2 Turmhöhenbestimmung mit vertikälem Hilfsdreieck . . 1.4.3 Genauigkeit der trigonometrischen Höhenmessung auf kurze Entfernungen 1.5 Trigonometrische Höhenübertragung über große Entfernungen 1.5.1 Erdkrümmung und Refraktion 1.5.2 Höhenunterschiede aus einseitig beobachteten Zenitwinkeln 1.5.3 Höhenunterschiede aus gegenseitigen Zenitwinkeln . . . 1.5.4 RefraktionskoefTizient aus Gegenvisuren 1.5.5 Reduktion von Zenitwinkeln auf den Stationsnullpunkt 1.5.6 Berücksichtigung der Lotabweichungen und des Geoids 1.5.7 Genauigkeit der trigonometrischen Höhenübertragung über große Entfernungen 1.6 Trigonometrisches Nivellement 2.

Barometrische Höhenmessung

11 13 13 14 14 15 17 28 28 28 31 32 33 34 34 35 36 39 39 42 43 44 46 47 48 50 52

8 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.5

Inhaltsverzeichnis 52 53 54 55 55 55 56 57 57 58 58 60 61

2.7.2 2.7.3 2.7.4 2.8

Physikalische Grundlagen Die Quecksilber- oder Hg-Barometer Heberbarometer und Gefaßbarometer Normal-, Stations- und Reisebarometer Verbesserung der Rohablesungen am Hg-Barometer . . Die Temperaturverbesserung Die Kapillardepression Die Schwerereduktion Die Standverbesserung Die Federbarometer Barometer mit Membrandose Altimeter Digitalbarometer Verbesserung der Rohablesungen an den Federbarometern Die Reduktionsformel Der Temperaturkoeffizient Teilungskoeffizient und Standverbesserung Elastische Nachwirkungen Ermittlung von Höhenunterschieden aus Barometermessungen Die Barometerformel von W. Jordan Messen von Höhenunterschieden mit Barometern . . . Beobachtungsverfahren Ermittlung von Höhenunterschieden aus Altimetermessungen Die Formel für Altimeter mit linear geteilter metrischer Höhenskala Die vereinfachte Formel von D. Möller Messen von Höhenunterschieden mit Altimetern . . . . Spezielle Beobachtungsverfahren Genauigkeit der barometrischen Höhenmessung . . . .

3. 3.1 3.1.1 3.1.2 3.2 3.2.1 3.2.2 3.3 3.3.1

Spezielle Instrumente für topographische Vermessungen Tachymetertheodolite Der Reichenbachsche Distanzmesser Der Tachymetertheodolit in der Praxis Die Reduktionstachymeter Diagramm- oder Kurventachymeter Genauigkeit Bussolen und Bussolentachymeter Die Bussoleninstrumente

83 84 84 93 94 94 97 97 97

2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.5.4 2.6 2.6.1 2.6.2 2.6.3 2.7 2.7.1

62 62 62 63 64 65 65 68 69 73 73 75 76 77 79

Inhaltsverzeichnis 3.3.2 3.4 3.4.1 3.4.2 3.5 3.6 3.6.1 3.6.2

9

Die Prüfung der Bussoleninstrumente Meßtisch und Kippregel Das Gerät Prüfung und Berichtigung des Geräts Kartiertische Tachymeter mit Basis im Stand des Beobachters . . . . Geräte mit konstanter Basis Geräte mit veränderlicher Basis Tafel: Tachymetrische und topographische Aufnahmeinstrumente

102 103 103 105 106 107 107 108

113 114 114 114 116 117 119 121 122

4.3.1.4 4.3.2 4.4 4.4.1 4.4.2 4.5

Topographische Vermessungen Karteninhalte Situation Das Gelände Namengut Digitale Geländemodelle Erfassen der Geländeformen Zahlentachymetrie Die Aufnahmegrundlagen Tachymetrie mit elektrooptischen und elektronischen Tachymetern Tachymetrie mit Tachymetertheodoliten und Reduktionstachymetern Tachymetrie mit den Bussolentachymeter Meßtischtachymetrie Kartenherstellung Manuelle Techniken Rechnergestützte Kartenherstellung Genauigkeit der Geländeaufnahme

5. 5.1 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.3.1 5.2.3.2 5.2.3.3 5.2.3.4 5.2.4

Ingenieurgeodäsie Aufgaben und Besonderheiten der Ingenieurmessungen Ingenieurgeodätische Arbeiten bei Verkehrsanlagen . . Herstellung der Entwurfsunterlagen Absteckung von Geraden mit dem Theodolit Absteckung von Kreisbögen Absteckung der Hauptpunkte Absteckung von Haupt- und Zwischenpunkten Überschlag- und Einrückformeln Korbbögen Übergangsbögen

144 144 146 146 149 152 152 154 162 163 165

4. 4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.2 4.3 4.3.1 4.3.1.1 4.3.1.2 4.3.1.3

110

122 124 131 135 138 139 140 141

Inhaltsverzeichnis

10 5.2.4.1 5.2.4.2 5.2.4.3 5.2.4.4 5.2.4.5 5.2.4.6 5.2.5 5.2.5.1 5.2.5.2 5.2.5.3 5.2.5.4 5.2.5.5 5.2.5.6 5.2.6 5.2.6.1 5.2.6.2 5.2.6.3 5.3 5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.3.4 5.3.4.1 5.3.4.2 5.3.4.3 5.4 5.4.1 5.4.2 5.4.3 5.4.3.1 5.4.3.2 5.4.3.3 5.4.4 5.5 5.5.1 5.5.2 5.5.3

Krümmung und Länge der Übergangsbögen Die kubische Parabel Die Klothoide Die Klothoide als Übergangsbögen Bogenfolge zwischen zwei Anschlußpunkten Klothoidenkleinpunkte Absteckung von Übergangsbögen und zusammengesetzten Trassen Absteckung der Klothoide von der Tangente Absteckung nach der Sehnenwinkelmethode Absteckung von einer frei gewählten Messungslinie aus Absteckung von einem achsnahen Polygonzug aus . . . Absteckung von einem frei wählbaren Standpunkt aus Näherungen bei flachen Klothoiden Bogenabsteckung nach dem Nalenzverfahren Grundgleichungen und Winkelbild Das Nalenzverfahren Überblick über die Arbeitsgänge beim Nalenzverfahren Erdmassenberechnung Erdmassenberechnung aus Querprofilen Erdmassenberechnung aus Flächennivellements Erdmassenberechnung aus Höhenlinienplänen Erdmassenberechnung aus digitalen Geländemodellen Herstellen eines digitalen Geländemodells Mathematische Beschreibung des Geländemodells . . . Massenausgleich und optimale Trassenführung Abstecken von Ingenieurbauten Allgemeine Gesichtspunkte Abstecken von Brücken Tunnelabsteckungen Aufbau der Tunnelnetze Auswerteverfahren Varianten des unterirdischen Netzes Absteckgenauigkeit bei Ingenieurbauten Die Überwachung von Staumauern Physikalische und geodätische Verfahren Die geodätischen Überwachungsmethoden im einzelnen Berechnung und Darstellung der Ergebnisse

Literaturverzeichnis Sachverzeichnis

165 168 171 175 179 181 185 185 187 188 190 193 195 197 197 198 202 203 204 208 211 212 212 214 216 217 217 219 222 223 227 228 229 231 232 233 238 241 245

Symbolverzeichnis 1. Meßwerte R Richtungen Z Zenitwinkel DA am Entfernungsmesser abgelesene Distanz T, T Temperatur des trockenen bzw. feuchten Thermometers p Luftdruck 2. Abgeleitete bzw. reduzierte Meßergebnisse r Richtungen r° orientierte Richtung t Richtungswinkel z Zenitwinkel z' Zenitwinkel (beeinflußt durch Refraktion) D geometrische Weglänge SR Schrägstrecke 5° Strecke in Meereshöhe S ellipsoidische Länge s Strecke im Gauß-Krüger-Koordinatensystem H Höhe über NN AH Höhendifferenz ß Brechungswinkel (Polygonzug) 3. Koordinaten rechtwinklige Koordinaten x, y, z in nordorientierten Abbildungssystemen x', y'; rj in örtlichen Systemen X, Y, Z in äquatorialen Systemen s, t s', t'

Polarkoordinaten in nordorientierten Abbildungssystemen in örtlichen Systemen

12

Symbolverzeichnis

4. Statistik s\•) empirische Varianz theoretische Varianz empirische Standardabweichung theoretische Standardabweichung ffp Standardabweichung eines Punktes

1. Trigonometrische Höhenmessung 1.1 Grundgleichung der trigonometrischen Höhenmessung Das theoretisch einfachste und zugleich genaueste Verfahren zur Bestimmung von Höhenunterschieden ist das in Band I im 7. Abschnitt behandelte Nivellement. Dieses Verfahren versagt jedoch gelegentlich, z.B. wenn es sich um die Bestimmung einer Turmhöhe handelt, und es wird unwirtschaftlich, z. B. wenn steile Hänge überschritten werden müssen. Für solche Fälle steht die trigonometrische Höhenmessung zur Verfügung. Diese kann sich darüber hinaus ganz allgemein aus Gründen der Wirtschaftlichkeit empfehlen, wenn Höhenunterschiede von etwas geringerer Genauigkeit verlangt werden. Zur trigonometrischen Messung des Höhenunterschiedes der Punkte A und B mit den Meereshöhen Hi + i und H2 + t muß die horizontale Entfernung SH oder die schräge Entfernung SR der beiden Punkte bekannt sein und auf einem der beiden Punkte der Vertikalwinkel zu dem anderen gemessen werden. Der Vertikalwinkel kann dabei gem. Abb. 1.1 entweder der Höhenwinkel a oder sein Komplement, der Zenitwinkel z = lOOgon — a sein. Mißt man in A den Zenitwinkel z und

Abb. 1.1.

14

1. Trigonometrische Höhenmessung

bezeichnet die Höhe der Kippachse des Theodolits über dem Bodenpunkt ( = Instrumentenhöhe) mit i, die Höhe der Zieltafel B über dem Bodenpunkt mit t, so lautet die Grund-Gleichung der trigonometrischen Höhenmessung oder

H2 - Hy = AH = S" cot z + i - t

(1.1)

H2 - Ht = AH = SR cos z + i - t

(1.2)

Diese Gleichung gilt jedoch nur für Entfernungen bis etwa 250 m; bei größeren Entfernungen müssen die Krümmung der Erdoberfläche und die Beugung des Zielstrahls durch die Refraktion berücksichtigt werden [1.5]. Die Strecke SR kann sehr schnell und genau mit einem elektrooptischen Distanzmesser bestimmt werden [Band II, 2 u. 3]. Manchmal bietet es sich jedoch auch an, die Strecke SH mit einem Stahlmeßband zu messen [Bandl, 2.4]. Berechnet man andererseits SH aus Koordinaten, so sind die Reduktionen, die ursprünglich wegen der Gaußschen Abbildung angebracht wurden, rückgängig zu machen [Band II, 4.3.3]. Bei Aufgaben mit geringen Genauigkeitsanforderungen kann dies gegebenenfalls entfallen.

1.2 Einrichtungen des Theodolits für die Vertikalwinkelmessung Für die Vertikalwinkelmessung benötigen die Theodolite zwei zusätzliche Einrichtungen, nämlich den Vertikal- oder Höhenkreis und die Kreisablese- oder elektronische Kreisabtastvorrichtung. 1.2.1 Der Höhenkreis und die Ablese- bzw. elektronische Abtastvorrichtung Der Höhenkreis ist zentrisch an der Kippachse befestigt, so daß er alle Kippbewegungen des Fernrohres mitmacht. Bei optischen Theodoliten ist sein Durchmesser gewöhnlich etwas

1.2 Einrichtungen des Theodolits für die Vertikalwinkelmessung

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kleiner als der des Horizontalkreises. Der Höhenkreis kann mit Hilfe einer Klemmvorrichtung [Band II, 1.2.4] in einer bestimmten Stellung festgehalten und mit einer Feinbewegungsschraube fein eingestellt werden. Die Ableseeinheit ist in der Regel die gleiche wie beim Horizontalkreis; die Meßgenauigkeit ist allerdings etwas geringer, wenn der Kreisdurchmesser kleiner gewählt wurde. Ältere Instrumente sind meistens mit Kreisen ausgestattet, die linksläufig in 360° oder zweimal 180° geteilt sind und Höhenwinkel angeben. Bei den neueren Instrumenten sind die Kreise durchweg rechtsläufig von 0 bis 400 gon geteilt und so beziffert, daß Zenitwinkel abgelesen werden (Abb. 1.2 und 1.3).

Die Kreisablesevorrichtung in einem optischen Theodoliten, die kurz als Höhenzeiger oder Höhenindex bezeichnet wird, dient einerseits zum Ablesen der Höhen- oder Zenitwinkel am Höhenkreis; andererseits muß sie die Ablesung auf die Richtung der Schwerkraft beziehen. Diese Beziehung wird bei fast allen Theodoliten entweder von Hand mit Hilfe einer Libelle oder automatisch durch einen Kompensator hergestellt. Die Libelle oder der Kompensator sind zusätzlich erforderlich, da sich in der Regel die Stehachse des Theodolits mit der Horizontierlibelle nicht ausreichend genau für die Vertikalmessung lotrecht stellen läßt. Die Kreisabtastvorrichtung in einem elektronischen Theodoliten ist im allgemeinen ähnlich mechanisch angeordnet wie die Kreisablesevorrichtung in optischen Theodoliten. Der Höhenindex wird durch ein elektronisches Abtastelement, z. B. eine oder mehrere Lumineszenz- und Fotodioden [Band II, 1.4.3], realisiert. Nach der Analog —Digitalwandlung der Winkel können die Werte unmittelbar an elektronischen Ziffernanzeigeeinheiten abgelesen oder von Speichereinheiten registriert werden.

1.2.1.1 Libellengesteuerter Höhenindex Vorwiegend in älteren oder in einfachen optischen Theodoliten findet man den libellengesteuerten Höhenindex. Dieser besitzt

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1. Trigonometrische Höhenmessung

eine oder zwei Ablesestellen sowie eine Röhrenlibelle, die so justiert werden muß, daß bei horizontaler Visur der Höhenwinkel Ogon bzw. der Zenitwinkel lOOgon erscheint. Vor der Ablesung bringt man den Höhenindex mit der justierten Libelle [1.3] in die richtige Lage und kann die Höhen- oder Zenitwinkel an Mikroskopen — wie am Horizontalkreis — ablesen. Bei den Mikroskoptheodoliten erscheinen Horizontalwinkel und Zenitwinkel gewöhnlich in e i n e m , meist neben dem Theodolitfernrohr angebrachten Ableseokular [Bd. II, 1.3.2]. Die Instrumente, bei denen die Ablesevorrichtung mit einer Röhrenlibelle eingestellt wird, unterteilt man, wie in der schematischen Abb. 1.2 und 1.3 gezeigt wird, in Instrumente mit Libelle am Fernrohrträger und Libelle am Höhenindex.

Abb. 1.2. Libelle an der Stütze des Fernrohres

Abb. 1.3. Libelle am dex

Höhenin-

Theodolite niederer Genauigkeit besitzen gewöhnlich eine Libelle an der Stütze des Fernrohres. Diese ist — von Justiermöglichkeiten abgesehen — unbeweglich am Fernrohrträger befestigt; sie kann nur mit Hilfe der Fußschrauben des Instruments zum Einspielen gebracht werden. Bei den Theodoliten mittlerer, hoher und höchster Genauigkeit ist die Ablesevorrichtung meistens mit einer unmittelbar mit

1.2 Einrichtungen des Theodolits für die Vertikalwinkelmessung

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dem Höhenindex verbundenen Höhenindexlibelle ausgestattet. Bei solchen Instrumenten kann die Ablesevorrichtung oder der Höhenindex um die Kippachse in beschränktem Umfang gedreht werden, ohne daß dabei die Vertikalachse des Instruments ihre Lage ändert. Die Drehung der Ablesevorrichtung aber wird mittels der Höhenindexlibelle so gesteuert, daß — richtige Justierung vorausgesetzt — bei einspielender Libelle der Höhen- oder Zenitwinkel mit seinem Sollwert am Höhenzeiger abgelesen werden kann. Instrumente mit Höhenindexlibelle liefern nicht nur bessere Ergebnisse, sondern sie sind auch bequemer zu bedienen als Instrumente mit einer Libelle an der Stütze des Fernrohres.

1.2.1.2 Höhenindex mit

Kompensator

Der Kompensator für die Vertikalwinkelmessung ist eine Zusatzeinrichtung des Theodolits mit der Aufgabe, die Ablesungen am Vertikalkreis automatisch auf die Lotrichtung am Beobachtungsort zu beziehen. Er nutzt, beeinflußt durch die Schwerkraft, einen Flüssigkeitshorizont oder ein Pendel, um die in der Zielebene liegende Komponente der restlichen Stehachsenneigung automatisch zu kompensieren. Je nach Hersteller umfaßt der Arbeitsbereich im allgemeinen 35 bis 95 mgon und für die Einspielunsicherheit werden Standardabweichungen zwischen 0,1 und 0,3 mgon angegeben. In den Kompensatoren verwendet man: — freischwingende Pendel — Pendel mit erzwungener Schwingung — Flüssigkeitshorizonte. (1) Kompensator mit frei schwingendem Pendel Das Grundprinzip ist vereinfacht in der Abb. 1.4 wiedergegeben. Nach dem linken Bild (Abb. 1.4a), das die Verhältnisse bei horizontaler Ziellinie ZZ und senkrechter Stehachse SS zeigt, wird die am Vertikalkreis abzulesende Stelle A durch eine Abbildungsoptik mit einem Doppelobjektiv auf den Hö-

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1. Trigonometrische Höhenmessung

henindex I abgebildet. Das obere der beiden Objektive ist am unteren Ende eines frei schwingenden Pendels befestigt, das die gleiche Länge r hat wie der Radius des Vertikalkreises. Im rechten Bild (Abb. 1.4b) soll bei horizontaler Visur die Stehachse und die mit ihr gekoppelte optische Achse des unteren Objektivs um den Winkel a gegen die Lotrichtung LL geneigt sein. Ohne Kompensation würde man jetzt am Index I anstelle der Ablesung A die verfälschte Ablesung A' erhalten. Weil aber das pendelnde Objektiv mit seinem Mittelpunkt senkrecht unter der Pendellagerung einspielt und der Strahlengang zwischen den beiden Objektivgliedern parallel verläuft, wird die Ablesung A auf den Index I abgebildet.

Abb. 1.4. Schematische Darstellung eines Kompensators mit freischwingendem Pendel

Ähnlich, wie zuvor beschrieben, arbeiten z. B. die Kompensatoren der Theodolite Kern K1-A, K1-RA, Breithaupt TEAUT. In den Wild Theodoliten T16 dienen pendelnde Planplatten zur Kompensation der Stehachsenneigung. In den Theodoliten FT1A und FT RA von Fennel arbeitet der Kompensator mit

1.2 Einrichtungen des Theodolits für die Vertikalwinkelmessung

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einem Pendelprisma, das über weitere fest eingebaute Linsen und Prismen die in der Vertikalebene der Kippachse liegende Ablesestelle auf einem Strichplattenindex abbildet (Abb. 1.5).

Abb. 1.5. Kompensator mit Pendelprisma Fennel FT 1A, FTRA

(2) Kompensator mit einem Pendel mit erzwungener Schwingung In dem vorausgehenden Abschnitt wurden Pendel behandelt, die sich direkt in die Richtung der Schwerkraft einstellen. Hier kommen nun Pendel zum Einsatz, die die Restneigung zwischen der Vertikalachse des Theodolits und der Richtung der Schwerkraft nicht im Verhältnis 1:1, sondern vergrößert oder verkleinert anzeigen. Das Grundprinzip eines Kompensators mit der Vergrößerung n =# 1 zeigt schematisch die Abb. 1.6. Im Gegensatz zu den vorher beschriebenen Instrumenten ist das ganze Mikroskop mit Ausnahme der Strichplatte an einem federgehängten Pendel mit einer Winkelvergrößerung n < 1 befestigt. Im einzelnen befinden sich, wie die Abb. 1.6a zeigt, das Objektiv O des Ablesemikroskops und die beiden Umlenkprismen Pt und P2 auf einer Platte P, die durch eine im Aufhängepunkt C eingespannte Gelenkfeder pendelnd an einem Arm des Fernrohrträgers befestigt ist. Schwingungen des Pendels werden durch eine Dämpfungseinrichtung D klein gehalten. Außerhalb der Zeichenebene ist in der Kippachse KK der Ableseindex I angebracht, auf den über die beiden Umlenkprismen durch

1. Trigonometrische Höhenmessung

20

das Objektiv O die Teilung des Vertikalkreises abgebildet wird. Bei fehlerfreier Aufstellung des Instruments fallen die Mittellinie der Platte und die Lotrichtung LL zusammen und an dem Index I kann jetzt die auf die Lotrichtung bezogene Teilkreisstelle A abgelesen werden.

b)

5

c)

L

s

Abb. 1.6. Schematische Darstellung eines Kompensators mit einem Pendel mit erzwungener Schwingung

Die Abb. 1.6b zeigt einen Theodoliten, dessen Stehachse um den Winkel a gegen die Lotlinie LL geneigt ist und dessen Ziellinie erneut horizontal eingestellt wurde. Der Pendelaufhängepunkt C ist aus der Linie LL ausgewandert in die Achse SS, und die Platte P dreht sich nun um das Momentandrehzentrum C'. Wenn nun die Platte allein der Schwerkraft folgte, würde das Objektiv in die Lage 0' schwingen und die Ablese-

1.2 Einrichtungen des Theodolits für die Vertikalwinkelmessung

21

stelle Ä auf den Index I projizieren. Damit aber auch bei nicht streng lotrecht ausgerichteter Stehachse die auf die Lotrichtung bezogene Ablesung A auf den Index I abgebildet wird, muß das Objektiv in der Linie LL liegen (Abb. 1.6c). Anders ausgedrückt bedeutet dies: Das Pendel darf in C nicht um den vollen Betrag a, sondern nur um den etwas kleineren Winkel ß ausschwingen. Dazu muß die Biegesteifigkeit der Gelenkfeder durch Wahl eines Materials mit entsprechendem Elastizitätsmodul erhöht werden; ferner müssen das Trägheitsmoment des Federquerschnitts, das Gewicht der pendelnden Teile und der Abstand des Schwerpunkts von der Einspannstelle zweckentsprechend gewählt werden.

Abb. 1.7 zeigt einen Kompensator (1), der mit einem Kreuzfedergelenk arbeitet. Auch bei dieser Anordnung ist der Winkelvergrößerungsfaktor n < l . Das hängende Pendel ist sowohl magnetisch (3) als auch luftgedämpft (4). Der Kompensator ist daher sehr unempfindlich gegen Störungen. Die von den Ablesestellen kommenden Strahlen werden durch die Prismen (7) und (8) auf die Planplatte (5) und (6) gelenkt. Das Pendel

22

1. Trigonometrische Höhenmessung

steuert die beiden Planplatten so, daß restliche Stehachsneigungen durch paralleles Versetzen der von den Prismen (7) und (8) kommenden Abbildungsstrahlen kompensiert werden. Die Mittelung der beiden Ablesungen erfolgt in einem Koinzidenzmikroskop [Band II, 1.3.2.4], Pendel mit einer Winkelvergrößerung n > 1 kennzeichnen die Kompensatoren der Theodolite, die mit einem V-förmigen oder X-förmigen Gelenkviereck arbeiten. Abb. 1.8 zeigt das schematisierte Grundprinzip. In dem linken Bild, das die Verhältnisse bei horizontaler Ziellinie ZZ und senkrechter Stehachse SS = LL zeigt, wird die am Vertikalkreis abzulesende Stelle A unbeeinflußt durch die Planplatte auf den Höhenindex / abgebildet. Die Planplatte trägt ein V-förmiges Gelenkviereck. Durch ein längs der Pendelstange verschiebbares Gewicht kann die Schwerpunktlage und somit der Vergrößerungsfaktor reguliert werden. Bei einer restlichen Stehachsenschiefe zwingt das Gelenkviereck der Grundfläche der pendelnden Planplatte eine andere

Abb. 1.8. Schematische Darstellung eines Kompensators mit V-förmigem Gelenkviereck

1.2 Einrichtungen des Theodolits für die Vertikalwinkelmessung

23

Neigung auf, als durch die Schwerkraft vorgegeben (linkes Bild Abb. 1.8). Die von dem Teilkreisausschnitt kommenden Abbbildungsstrahlen werden jetzt durch die Planplatte so weit parallel versetzt, daß die Restneigung der Vertikalachse kompensiert wird und somit die auf die Lotrichtung bezogene Ablesung A erhalten wird. Der mit einem Skalenmikroskop ausgestattete Theodolit Zeiss TH42 arbeitet z. B. mit dem zuvor beschriebenen Kompensator. Ein Kompensator dieser Art wurde auch in das ZeissTachymeter Elta2 übernommen [Band II, 1.4.3.2], In diesem Instrument werden die diametral aufeinander abgebildeten Code- und Strichteilungen des Vertikalkreises über die pendelnde Planplatte so auf die Ablese- und Koinzidenzelektronik abgebildet, daß eine restliche Stehachsschiefe kompensiert wird.

Einen Kompensator, der von einem X-förmigen Gelenkviereck gesteuert wird, zeigt Abb. 1.9. Mit einer solchen Konstruktion lassen sich Pendellängen von mehr als 10 m erzielen. Bei streng lotrechter Stehachse und horizontaler Zielung gelangen die

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1. Trigonometrische Höhenmessung

Strahlen von den Teilkreisstellen 100 und 300 gon unbeeinflußt von den Planplatten zum Punkt K in der Kippachse, wo sie durch ein weiteres Prisma zusammengeführt und zu einem Koinzidenzmikroskop weitergeleitet werden. Bei einer restlichen Stehachsenschiefe werden die von den Teilkreisausschnitten kommenden Abbildungsstrahlen so weit parallel versetzt, daß die auf die Lotrichtung bezogene Ablesung A (100 gon) erhalten wird. Einen Kompensator dieser Art findet man z. B. in dem Theodolit Th 2 der Firma Zeiss. (3) Flüssigkeitskompensator Das Schema eines Flüssigkeitskompensators ist in der Abb. 1.10 wiedergegeben. Bei diesem Kompensator laufen die von dem Teilkreisausschnitt kommenden Strahlen durch ein Gefäß mit einer Flüssigkeit (z. B. Silikonöl), bevor sie zum Ableseindex / gelangen. Befindet die Stehachse des Instruments sich genau in der Vertikalen, so bilden der Boden des Gefäßes und die Oberfläche des Silikonöls eine planparallele Platte, durch die die Strahlen ungebrochen hindurchgehen (Abb. 1.10a). Ist die Stehachse aber (Abb. 1.10b) gegen die

Abb. 1.10. Schematische Darstellung eines Flüssigkeitskompensators

1.2 Einrichtungen des Theodolits für die Vertikalwinkelmessung

25

Lotlinie um den Winkel a geneigt, so bildet die Flüssigkeit einen Keil mit dem Winkel a. Die hindurchfallenden Strahlen werden dann mit dem Brechungsindex n des Silikonöls um den Winkel (n — 1) a abgelenkt, womit der Einfluß der Neigung der Stehachse auf die Vertikalkreisablesung kompensiert wird. Der Theodolit T 1 A der Firma Wild arbeitet z. B. mit einem Kompensator dieser Art. Sehr interessant ist der Flüssigkeitskompensator, den die Firma Kern (Aarau) für ihren Sekundentheodolit D K M 2 - A entwickelt hat. Sein Hauptmerkmal ist die Ausnutzung der totalen Reflexion, die ein aus einem optisch dichteren Stoff herkommender Lichtstrahl beim Übergang in einen weniger dichten Stoff an der Grenzfläche beider Stoffe erfahrt. Die Flüssigkeit befindet sich gemäß der linken Figur in Abb. 1.11 in einem abgeschlossenen stützenfest montierten Glasbehälter, unter dessen Bodenfläche ein symmetrisches trapezförmiges Prisma angebracht ist. Da die Flüssigkeit und das Glas nahezu identische Brechungskoeffizienten haben, trifft ein über ein fünfseitiges Prisma und eine Linse einfallender Strahl rechtwinklig auf das trapezförmige Prisma unter dem Flüssigkeitsbehälter, wird von diesem Prisma nach oben auf die sich stets horizontal einstellende Oberfläche der Flüssigkeit geleitet und an ihr total reflektiert. Ist nun, wie in der rechten Abb. 1.11, die Stehachse um den kleinen Winkel ß geneigt, so ist es auch die stützenfeste Optik. Am Ort der Totalreflexion entsteht dann zwischen dem einfallenden und dem ausfallenden Strahl nicht der Winkel 100 gon,

Abb. 1.11. Flüssigkeitskompensator des Theodolits DKM 2-A (Kern)

26

1. Trigonometrische Höhenmessung

sondern der Winkel lOOgon + 2ß. Der von der Ablesestelle I, die anstelle der Teilung nur eine Strichmarke hat, herkommende Strahl bildet daher die Ablesestelle I im R ä u m e der Ablesestelle II u m 2ß verschoben ab. Durch Mitteln beider Ablesungen wird mithin die Restneigung ß kompensiert. Bei elektronischen Theodoliten ist man dazu übergegangen, die restliche Stehachsenneigung sehr genau mit einem ein- oder zweiachsigen elektronischen Neigungssensor auszumessen. Das Prinzip eines solchen Sensors zeigt Abb. 1.12.

1 2 3 4 5 6

Flüssigkeitskompensator Abbildungseyetem Beleuchtungediode Photodiode (Posicon) Prisma Pentaprisma

1 - 4 * «—*

Quadranten Lichtpunkt Fernrohr-Richtung

T

Kippache-Richtung

Abb. 1.12. Flüssigkeitskompensator für die rechnerische Korrektur der restlichen Stehachsenschiefe (Beispiel: Kompensator des Theodolits E 2 der Firma Kern)

1.2 Einrichtungen des Theodolits für die Vertikalwinkelmessung

27

Der Sensor befindet sich außerhalb des Ablesestrahlenganges. Diese getrennte Anordnung hat den Vorteil, daß die in Richtung der Ziel- und Kippachse bestimmten Neigungen sowohl für die Korrektur der Horizontal- als auch die der Vertikalablesungen genutzt werden können. Die Korrekturen erfolgen rechnerisch in einem Mikroprozessor. Gelegentlich können die Korrekturen auch unterbleiben. Dies kann vorteilhaft sein, wenn z. B. in einem geneigten Koordinatensystem oder auf einem schwankenden Untergrund (z. B. auf einem Schiff) gemessen wird. Die Kompensation beruht ähnlich wie in der Abb. 1.11 auf der Spiegelung an einer horizontalen Flüssigkeitsoberfläche. Der Lichtpunkt einer Lumineszenzdiode wird nach der Reflexion an der Flüssigkeitsoberfläche auf einen zweidimensionalen Positionsdetektor abgebildet. Wenn der Lichtpunkt auf die aktive Fläche des Detektors trifft, entstehen an den vier seitlich angebrachten Elektroden Photoströme. Die Photoströme sind umgekehrt proportional zum Abstand des Lichtpunktes von den Elektroden. Der Positionsdetektor kann daher als Koordinatensystem betrachtet werden, in dem sich der Auftreffort des Lichtpunktes koordinatenmäßig festlegen läßt. Die eine Koordinate ist ein Maß für die Neigung des Theodolits in Zielachsenrichtung, die andere für die Neigung in Kippachsenrichtung. Die Auflösung liegt unter 1 /im und ist besser als 1 mgon. Die Komponente i(F) der Stehachsenneigung in Zielrichtung wird direkt als Korrektur an die Vertikalkreisablesung angebracht: Z = Z + i(F). (Die Komponente i(K) in Kippachsenrichtung wird in Abhängigkeit des Zenitwinkels umgerechnet in eine Korrektur für den Horizontalkreis.) Die elektronischen Theodolite E l und E 2 der Firma Kern arbeiten mit einem elektronischen Flüssigkeitskompensator der zuvor beschriebenen Art. Der Theodolit E1 verfügt jedoch nur über einen Kompensator mit einer Komponente in Richtung der Zielachse. Der Arbeitsbereich automatischer Höhenindexkompensatoren ist mit rund + 0.05 gon wesentlich kleiner als der Einstellbereich von Höhenzeigerlibellen. Automatische Höhenindexkompensatoren haben darüberhinaus eine Nichtlinearität in

28

1. Trigonometrische Höhenmessung

der Größenordnung Promille. Für genaue Höhenwinkelmessungen muß daher der Theodolit entsprechend sorgfältig horizontiert werden.

1.3 Messen von Vertikalwinkeln 1.3.1 Anordnung der Messung Fortan wird — wenn nichts anderes ausdrücklich gesagt ist — unterstellt, daß der Theodolit eine Höhenindexlibelle oder einen Kompensator besitzt; der Höhenkreis soll in 400 gon eingeteilt sein und Zenitwinkel liefern. Diejenige Fernrohrlage, bei der der Höhenkreis vom Beobachter aus gesehen links liegt, wird kurz mit „Kreis links" oder mit Lage I bezeichnet. Die andere Lage heißt „Kreis rechts" oder Lage II. Sind zwei Ablesestellen vorhanden, so heißen die Ablesestellen A und B, wobei die Ablesestelle A in Fernrohrlage I dem Beobachter am nächsten liegt. Wo in unserem Text Höhenwinkel auftreten, sind sie aus den Zenitwinkeln rechnerisch abzuleiten. Ebenso wie die Horizontalwinkel werden auch die Vertikalwinkel zum Eliminieren von Instrumentalfehlern in beiden Fernrohrlagen beobachtet. Während aber bei der Horizontalwinkelmessung der Kreis feststeht und die Zeiger sich bewegen, ist es bei der Vertikalwinkelmessung umgekehrt. Ferner sind zur Bestimmung eines Horizontalwinkels zwei Richtungen einzustellen; der Vertikalwinkel dagegen wird durch Messung einer Richtung, nämlich durch Einstellen und Ablesen der Richtung zum Zielpunkt erhalten. Der andere Schenkel oder die Ausgangsrichtung ist bei Höhenwinkeln die Horizontale und bei Zenitwinkeln die Richtung zum Zenit, die beide am Instrument mit Hilfe von Libellen oder Kompensatoren bestimmt werden.

1.3.2 Berechnen von Zenitwinkel und Indexabweichung Zum Bestimmen des Zenitwinkels muß nach der obigen Beschreibung der Höhenindex in bezug auf die Visierachse des

1.3 Messen von Vertikalwinkeln

29

Fernrohrs so orientiert sein, daß bei einer Zielung zum Zenit sich die Ablesung z = 0 ergeben würde. Leider wird aber die Lage der Zielachse gegenüber dem Vertikalkreis beim Justieren des Strichkreuzes [Bd.I, 5.3.1.1] etwas verändert. Ferner erleidet ein Höhenindex, der durch das Einspielen einer Höhenindex- oder einer Fernrohrträgerlibelle gesteuert wird, beim Justieren der Libelle eine Lageänderung gegenüber der Vertikalachse des Instruments. Hauptsächlich diese beiden Einflüsse bewirken, daß bei der Visur zum Zenit anstelle der Sollablesung z = 0 die fehlerhafte Ablesung z = ( erscheint. Der Winkel £ aber, der auch alle anderen Ablesungen am Vertikalkreis in gleichem Sinne verfälscht, wird als Indexabweichung oder Indexfehler bezeichnet. Seinem Wesen nach ist er ein Nullpunktfehler, der theoretisch jede beliebige Größe annehmen kann und in ähnlicher Form, wenn auch aus etwas anderen Ursachen, auch bei Instrumenten mit Kompensatorhorizontierung auftritt. Nun ist die Richtung z zum Zenit in der Natur nicht gegeben. Der Zenitwinkel z und die Indexabweichung £ können aber durch Messung eines Zenitwinkels in beiden Fernrohrlagen gemeinsam bestimmt werden. Der Zenitwinkel wird nämlich auf dem Vertikalkreis beim Einstellen des Ziels in der einen Fernrohrlage (Ablesung A, im linken Bild der Abb. 1.13) in Richtung der zunehmenden Bezifferung und in der anderen Lage (Ablesung An im rechten Bild der Abb. 1.13) entgegen dem positiven Sinn der Kreisteilung abgetragen. Demnach lassen sich in der Abb. 1.13 folgende Beziehungen ablesen:

Abb. 1.13. Messen von Zenitwinkeln in 2 Fernrohrlagen

30

1. Trigonometrische Höhenmessung

am linken Bild

z+ £=

am rechten Bild

z — £ = 400 gon — A„

+ A,

(1.3) (1.4)

Daraus folgen, wenn zuerst (1.3)+ (1.4), dann (1.3) — (1.4) gebildet wird, zur Berechnung von Zenitwinkel und Indexabweichung die Gleichungen 2z = (400 gon + A,) - AIin

(1.5)

21 = (A, + Au) - 400 gon = - 2v;

(1.6)

worin vz = — £ die in der Praxis bevorzugte Indexverbesserung bedeutet. Beide Gleichungen können auf zwei Wegen ausgewertet werden: Erster Weg: Berechne z nach (1.5) und zweckmäßig zur Kontrolle auch ( = — vz nach (1.6). Die Klammern in (1.5) und (1.6) sollen den einfachsten Rechensatz andeuten. Zweiter Weg: Bilde die Summe (A, + An) und stimme sie auf 400 gon so ab, daß A, und Au um je die Hälfte der Differenz gegen 400 gon verbessert werden. Dann hat man in den verbesserten Ablesungen den gesuchten Zenitwinkel z sowie dessen Ergänzung zu 400 gon und in den Abstimmungsbeträgen die Indexverbesserung vz oder den negativen Wert der Indexabweichung vergl. das Zahlenbeispiel in [1.3.5]. Ein Zenitwinkel wird demnach folgendermaßen ermittelt: Nach dem Horizontieren des Theodolits mit der Horizontierlibelle legt man den Vertikalkreis nach links (I.Lage) und bringt den mittleren Horizontalstrich des Fernrohrokulars ins Ziel; dann läßt man die Höhenzeigerlibelle einspielen oder den Kompensator zur Ruhe kommen und macht die Ablesung Aj. In der II. Lage (Kreis rechts) sind die entsprechenden Handgriffe das Erfassen des Ziels mit dem Horizontalstrich, erneutes Einspielenlassen von Höhenzeigerlibelle oder Kompensator und Ablesung An. Es folgt die Berechnung von z und vz nach (1.5) und (1.6) oder nach der Methode des Abstimmens. Zwar wird vz selbst meistens nicht benötigt; man bestimmt vz jedoch gelegentlich, weil sein Betrag bei allen Vertikalwinkelmessungen, die auf e i n e m Stand gemacht werden, nahezu gleich sein muß, wodurch eine Meßprobe gegeben ist.

1.3 Messen von Vertikalwinkeln

31

Allgemein beachte man folgendes: Wird der Vertikalkreis nur an e i n e r Stelle abgelesen, wie es bei den meisten einfachen Theodoliten vorgesehen ist, so fällt eine möglicherweise am Vertikalkreis vorhandene Teilkreisexentrizität — anders als bei der Horizontalwinkelmessung — durch Beobachten in beiden Fernrohrlagen nicht heraus. Bei hohen Genauigkeitsansprüchen wird man daher zweickmäßig Gegenvisuren beobachten. 1.3.3 Beseitigen der Indexabweichung Beim Messen und Berechnen der Zenitwinkel ist es angenehm, wenn die Indexabweichung klein ist. Für untergeordnete Messungen, die nur in einer Fernrohrlage durchgeführt werden, sucht man sie ganz zu beseitigen. Das geschieht folgendermaßen: Bei Instrumenten mit einer Höhenindexlibelle wird zunächst nach [1.3.2] z durch Messen nach einem scharf einstellbaren Ziel bestimmt. Alsdann wird der Zielpunkt — der Einfachheit halber in der I. Fernrohrlage — noch einmal scharf eingestellt und der Höhenindex mit Hilfe der Höhenindex-Feinbewegungsschraube so lange bewegt, bis die Sollablesung erscheint. In dieser Stellung wird die Höhenindexlibelle mit ihren Justierschrauben zum Einspielen gebracht. Bei Theodoliten mit Koinzidenzmikroskopen stellt man die Sollablesung an der Mikrometertrommel ein, bringt die Teilstriche des Vertikalkreises mit Hilfe der Feinbewegungsschraube zur Koinzidenz und justiert die Libelle. Bei Theodoliten mit einer Libelle an der Stütze des Fernrohres [1.2.2] wird ebenfalls zuerst nach [1.3.2] die Sollablesung ermittelt. Zur Beseitigung der Indexabweichung stellt man bei scharf einspielender Horizontierlibelle entweder die Sollablesung am Vertikalkreis ein und bringt das Strichkreuz mit Hilfe der Fadenkreuzjustierschrauben ins Ziel, oder man bringt zunächst das Fadenkreuz ins Ziel und stellt die Sollablesung durch Verschieben der Zeiger her. Bei Theodoliten mit einem Kompensator ermittelt man zunächst die Sollablesung. Alsdann bringt man das Strichkreuz ins Ziel

32

1. Trigonometrische Höhenmessung

und stellt entweder, während das Fadenkreuz im Ziel bleibt, mittels der Justierschrauben die Sollablesung her, oder man stellt zuerst die Sollablesung ein und bringt das Fadenkreuz mit seinen Justierschrauben ins Ziel. 1.3.4 Genauigkeit der Zenitwinkelmessung Die Standardabweichung eines beobachteten Zenitwinkels läßt sich aus der mehrfachen Bestimmung von f errechnen. Es ist nämlich auf Grund des Fehlerfortpflanzungsgesetzes [Band I, 1.4.4], wenn 5 die Standardabweichung in einer Fernrohrlage ist, gem. (1.5) und (1.6) 1

^ - ( j ' + J2)^2. 4 Wenn man nun auf einem Stand m Zenitwinkel in je n vollen Sätzen beobachtet hat, so berechnet man aus den m • n Beobachtungen von vz = — C das arithmetische Mittel ( m sowie die zugehörigen v; = ( m — ( und hat dann nach [Bandl, 1.4.5] als Standardabweichung einer aus beiden Lagen ermittelten Indexabweichung £ und eines Zenitwinkels z (1.7)

Da bei unserer Messungsanordnung £ n/w-mal, jedes z aber nur «-mal bestimmt wurde, sind die Standardabweichungen der gemittelten Werte

Die Genauigkeit der Zenitwinkelmessung hängt weniger ab von der Güte des Teilkreises und der Ablesevorrichtung als von der Sorgfalt, mit der die Höhenlibelle zum Einspielen bzw. der Kompensator zur Ruhe gebracht wird. Als groben Durchschnitt kann man für einen mit einem Theodolit mittlerer Genauigkeit [Band II, 1.3.3] einmal in beiden Lagen gemessenen Zenitwinkel eine Standardabweichung von ± 2 mgon erwarten. Dazu kann jedoch bei Theodoliten mit nur einer Ablesestelle noch ein durch eine Exzentrizität des Vertikalkreises hervorgerufener systematischer Fehler bis zu etwa + 3 mgon hinzukom-

1.3 Messen von Vertikalwinkeln

33

men (Soltau 1961). Bei höheren Genauigkeitsansprüchen wird man daher entweder diesen systematischen Fehler nach der angegebenen Literatur bestimmen und eliminieren, oder einen Theodolit hoher bzw. höchster Genauigkeit [Band II, 1.3.3, 1.4.4] verwenden und damit gleichzeitig die zufälligen Fehler spürbar herabsetzen. 1.3.5 Praktische Berechnung und Genauigkeitsuntersuchung von Zenitwinkeln Zahlenbeispiel: Beobachtungen am Vertikalkreis und Berechnung der Zenitwinkel auf dem 2. Weg von [1.3.2], Instrument: Elektronischer Theodolit mittlerer Genauigkeit, Standpkt. TP A 460> et) J

Ablesungen am Vert.Kr. gon

mgon

z 400-z

z gemittelt

gon

gon

97,3820 302,6220

-2,0 97,3800 -2,0 302,6200

400,0040 97,3830 302,6220

400,0000 -2,5 97,3805 -2,5 302,6195

400,0050

400,0000

97,8880 302,1190

-3,5 -3,5

97,8845 302,1155

400,0070 97,8870 302,1190

-3,0 -3,0

400,0000 97,8840 302,1160

400,0060 Im Mittel C = - 2 , 8 oder v, = + 2,8

mgon

97,3802

-0,8

Kähmen, Vermessungskunde III

0,64

-0,3 0,09

97,8842 + 0,7 0,49

+2

400,0000

0,04 1,26

1,26

2-2-1

= 0,65 mgon

0,65 „ „„ 0,65 „ sß = . g—s- = 0,32 mgon SiB = Sic = t ^ = 0,46 mgon ]/2 2

(mgon) 2

1. Trigonometrische Höhenmessung

34

1.4 Trigonometrische Höhenübertragung auf kurze Entfernungen Unter kurzen Entfernungen sollen Strecken verstanden werden, bei denen der Einfluß von Erdkrümmung und Refraktion auf die trigonometrische Höhenbestimmung [1.5] vernachlässigt werden kann. 1.4.1 Turmhöhenbestimmung mit horizontalem Hilfsdreieck Gegeben ist die NN-Höhe Ha eines Punktes A, gesucht die Höhe Ht eines nahegelegenen Turms (Abb. 1.14 und 1.15). Die Aufgabe gliedert sich in zwei Schritte: Erster Schritt: Da die Projektion der Turmspitze gewöhnlich in das Gebäudeinnere fallt, muß die Horizontalprojektion a der Entfernung vom Instrument zum Turmknopf indirekt bestimmt werden. Dazu legt man wie in Abb. 1.14 in der Nähe

Abb. 1.14.

Abb. 1.15.

des Turmes eine Basis AB = b an und beobachtet auf A und B bei streng lotrechter Stehachse [Band II, 1.6.1.4] die Horizontalwinkel a und ß. Dann ist sin (a + ß)'

(1.9)

Zur Probe kann a ein zweites Mal mit Hilfe des punktiert angedeuteten zweiten Hilfsdreiecks ermittelt werden.

1.4 Trigonometrische Höhenübertragung

35

Zweiter Schritt: Zur Bestimmung von H, mißt man sodann die Höhe i der Kippachse über dem Bodenpunkt und erhält gem. Abb. 1.15 die gesuchte Turmhöhe aus H, = Ha + i + a cot z,

(1.10)

Ist Ha nicht bekannt, wohl aber die Höhe Hb eines in der Entfernung d stehenden Höhenbolzens, so bekommt man den Instrumentenhorizont (H a + i), indem man eine Nivellierlatte auf B entweder bei einspielender Fernrohrlibelle abliest oder wie in Abb. 1.15 an der Latte / einstellt und zb mißt. In diesem Falle ist H, = Hb +l - dcotzb +acotz,.

(1.10a)

Zur Probe kann die Höhe des Bolzens auch über B oder C auf T übertragen werden. Wegen der Form der horizontalen Hilfsdreiecke beachte man Band II, [5.4.1]. Die Länge der auf den Turm zuführenden Seiten wähle man möglichst so, daß z, nicht kleiner als 70 gon wird. 1.4.2 Turmhöhenbestimmung mit vertikalem Hilfsdreieck Wenn es an Raum zum Anlegen eines horizontalen Hilfsdreiecks fehlt, z. B. weil die Turmspitze nur von einer schmalen Straße aus anzumessen ist, so nimmt man nach Abb. 1.16 das vertikale Hilfsdreieck P1P1T zar Hilfe. Die Hilfspunkte P1 und P2 wählt man so, daß Pu P2 und Tin einer Vertikalebene liegen, und macht folgende Arbeitsgänge:

Abb. 1.16. 2*

36

1. Trigonometrische Höhenmessung

a) Messen der horizontalen Strecke PiP2 = d. b) Bestimmen der Instrumentenhorizonte = H1 + und J2 = H2 + i2 wie in 1.4.1. c) Messen der Zenitwinkel zi und z 2 . d) Berechnen von e, indem man nach Abb. 1.16 ansetzt Ht = Jl + e cot z1=J2

+ (d + e) cot z2

(1.11)

und daraus ableitet e =

d cot z2 +

J2-Jl

cot z, — cot z2

.

(1-12)

e) Zweimalige Berechnung von H, nach (1.11). f) Zur Probe Wiederholen der Messungen mit etwas veränderter Höhenlage des Theodolits. Die Turmhöhenbestimmung in einer Vertikalebene ist beträchtlich ungenauer als die mit einem horizontalen Hilfsdreieck, weil die Visuren, durch die H, bestimmt wird, sich unter einem recht spitzen Winkel schneiden. Man beachte daher folgendes: a) Den vorderen Standpunkt P t bringe man möglichst nahe an den Turm (zt « 50 gon). Die Länge von d soll etwa zwei Turmhöhen betragen, womit z 2 « 80 gon wird. b) Die Strecke d ist mit großer Sorgfalt zu messen. c) Der Zenitwinkel im hinteren Stand P2 soll mit größerer Genauigkeit (doppelte Anzahl von Sätzen) beobachtet werden als der in Pt. d) Die Höhenübertragung ist auf dem hinteren Standpunkt P2 anzusetzen; die auf Pt dient nur zur Kontrolle. e) Die günstigste Bestimmung erhält man, wenn sich für P y und P2 die Standorte auf entgegengesetzten Seiten des Turmes finden lassen (Kohr 1951). 1.4.3 Genauigkeit der trigonometrischen Höhenmessung auf kurze Entfernungen Die Genauigkeit der trig. Höhenmessung hängt davon ab, ob die Einflüsse von Erdkrümmung und Refraktion zur Genauig-

1.4 Trigonometrische Höhenübertragung

37

keit der Zenitwinkel- und Streckenmessung in einem günstigen Verhältnis stehen. Der Einfluß von Erdkrümmung und Refraktion beträgt, wie in [1.5.1] gezeigt werden wird, auf 100m, 2 0 0 m und 500m rund 0,7 mm, 2,8 mm und 18 mm. U m die Auswirkungen der Messungsungenauigkeiten überschlagen zu können, differenziere man z.B. die Gl. (1.1) und erhält, wenn man H2 — H1 = AH setzt und dz und später s2 in der Einheit Radiant (rad)* einführt, dAH = cot z ds

=— • dz + di — di sin z

(1.13)

oder wenn man die Differentiale als Standardabweichungen betrachtet und das Fehlerfortpflanzungsgesetz [Bandl, 1.4.4] anwendet, (1.14) Unterstellt man, daß die Zenitwinkel in zwei unabhängigen Sätzen gemessen wurden, so kann man ausgehend von der in * Die Einheit (1 rad) ist gegeben durch b/r = 1. Wird nach DIN 1315 (1974) ein Winkel ohne Angabe der Einheit nur durch eine Zahl, insbesondere durch Vielfache oder Teile von n, angegeben, so gilt als vereinbart, daß er in rad angegeben wurde. Wenn dann auf die Gon-Teilung übergegangen wird, so ist 1 rad =

200 7t

gon

1 gon =

n 200

rad = 15,7mrad

Zur Genauigkeitsabschätzung wird zweckmäßig beim Differenzieren für die Differentiale da bzw. für die Messungsunsicherheit m„ die Einheit rad beibehalten. Die in rad gefundenen Ergebnisse sind dann umzurechnen z. B. für Gon nach den Formeln da (rad) = da (gon) ——; da (gon) = -^^-da (rad) 200

7i

in denen da (rad) und da (gon) zu lesen sind als „da in rad" und „da in gon".

38

1. Trigonometrische Höhenmessung

[1.3.4] angegebenen Meßgenauigkeit sz = 2mgon/J/5 x 1,4 mgon setzen und ss so wählen, daß das erste Glied die gleiche Größenordnung bekommt wie das zweite. Setzt man dazu versuchsweise ss = 0,0015 j/s, so ergeben sich die in der nachstehenden Tabelle eingetragenen Millimeterbeträge: s • 2 S* sin-'z z \ s ( g o n \ 100m 200 m 500 m 100m 200 m 500 m cot Z Ss

90 70 50

2,4 7,6 15,0

3,4 10,8 21,2

5,4 17,1 33,6

2,4 2,9 4,7

4,8 5,9 9,4

12,0 14,7 23,5

Nach dieser Tabelle liefern Beobachtungen mit sz = 1,5 mgon und ss = 0,0015 ]/s Fehler der gleichen Größenordnung; nur bei Steilvisuren sind die Strecken noch etwas sorgfaltiger zu ermitteln. Mißt man die Zenitwinkel genauer oder weniger genau, so muß die Genauigkeit der Streckenbestimmung im gleichen Verhältnis gesteigert oder vermindert werden. Außerdem müssen i und t mit entsprechender Sorgfalt bestimmt werden. Werden die für sz und ss gefundenen Zahlenwerte in (1.14) eingeführt und st und s, mit 2 mm in Rechnung gestellt, so darf man als mittleren Gesamtfehler der beobachteten Höhenunterschiede nachstehende mgon- und mm-Beträge erwarten: z\ s

(gon\ 90 70 50

100 m 200 m 500 m 4,4 8,5 16,0

6,5 12,7 23,4

13,4 22,7 41,1

•Sz = 1,5 mgon = 23 /jrad = l,5|/i^mm Si = 2mm = 2mm

Bei Strecken bis zu 200 m sind diese Fehlerbeträge rund viermal so groß wie die Auswirkungen von Erdkrümmung und Refraktion, während bei 500 m beide die gleiche Größenordnung haben. Kurze Entfernungen im Sinne des einleitenden

1.5 Trigonometrische Höhenübertragung

39

Satzes sind also Strecken bis etwa 250 m. Diese Entfernung wird z. B. bei der Bestimmung von Turm- und Gebäudehöhen oder bei trigonometrischen Nivellements kaum jemals überschritten werden. Die in der obigen Tabelle errechneten Beträge können daher unmittelbar zum Abschätzen der mit einer einzelnen Höhenunterschiedsbestimmung erreichbaren Genauigkeit in [1.4.1] dienen. Im Falle [1.4.2] ist die Fehlerberechnung komplizierter (vgl. z.B. Kohr 1951).

1.5 Trigonometrische Höhenübertragung über große Entfernungen 1.5.1 Erdkrümmung und Refraktion Diese beiden Parameter bewirken, daß bei größeren Entfernungen die Strecke AD der Abb. 1.17 als Kreisbogen behandelt werden muß und daß auch der Zielstrahl AB in einen flachen Bogen übergeht. Zur Vereinfachung der nachstehenden Darstellung sind in Abb. 1.17 die Instrumentenhöhe i und die Tafelhöhe t fortgelassen worden.

40

1. Trigonometrische Höhenmessung

Infolge der Erdkrümmung schneidet eine Tangentialebene, die in A an die als Kugel gedachte Erde gelegt ist, die den Punkt B enthaltende Flächennormale im Abstand ci von der Erdoberfläche. Zur Ermittlung von c t beachte man, daß in Abb. 1.17 der Winkel DAE gleich dem halben Zentriwinkel y, also gleich S/2R ist. Dann folgt auf Grund des Sinussatzes, da genau genug S x S° und damit sin y/2 « S/2R ist, Cj =

S sin y/2 S sin y/2 Syß + ... = « sin (n/2 — y) cos y 1+ .. .

oder (1.15)

Mit dieser Überschlagsformel ergibt sich: auf 100m 200m 500m 1000m = 0,8mm 3,2mm 2,0cm 7,9cm

5km 1,96m

10 km 7,9m.

Die Refraktion entsteht in der Hauptsache dadurch, daß die Dichte der Luft mit wachsender Höhe abnimmt. Denkt man sich die Luft als eine Folge aufeinanderliegender Schichten, deren Dichte nach oben zu immer geringer wird (Abb. 1.17), so wird ein von A ausgehender Lichtstrahl fortlaufend zum dichteren Medium hin gebrochen. Die so entstehende Lichtkurve wird in erster Näherung als Kreisbogen mit dem Radius r betrachtet, und man weiß aus Erfahrung, daß im groben Mittel r tts&R ist. Man rechnet jedoch nicht mit r, sondern setzt r = R/k und nennt k = R/r den Refraktionskoeffizienten. Zur Verdeutlichung der geometrischen Zusammenhänge ist der obere Teil der Abb. 1.17 in Abb. 1.18 herausgezeichnet, und es ist dabei berücksichtigt worden, daß y und der der Lichtkurve AB entsprechende Zentriwinkel ö (siehe Abb. 1.18) sehr kleine Winkel sind. Man erkennt weiter, daß bei längeren Sichten zumal im Flach- und Hügelland die Zenitwinkel nur wenig von 100 gon abweichen. Schließlich ist genau genug R « R + H. Also kann ohne Genauigkeitsverlust AD x AE ss AB ss AF « S gesetzt werden. Damit ergibt sich, da der Sehnentangen-

41

1.5 Trigonometrische Höhenübertragung

tenwinkel Azx = 1/2Ö ist, durch Wiederholung des auf (1.15) führenden Gedankengangs 2

2r

2R

v

'

Die danach berechneten Beträge für c2 machen für den Mittelwert r « 8/? nur 1 / 8 der entsprechenden Werte von ct aus und sind ihnen, wie Abb. 1.18 erkennen läßt, im Vorzeichen entgegengesetzt. Die Wirkung der Erdkrümmung wird also durch die Refraktion im groben Mittel um rund 1 / 8 vermindert. Der Refraktionskoeffizient hat für r « SR den Wert k « 0,13. k ist indessen abhängig von der Luftdichte, und diese ist ihrerseits wieder eine Funktion vor allem des Luftdrucks, der Lufttemperatur und der Luftfeuchtigkeit. In Bodennähe wird k ferner durch die verschiedenartige Gestaltung und Bewachsung der Erdoberfläche, ferner durch die Vorgänge bei der Einstrahlung und Ausstrahlung in oftmals schwer übersehbarer Weise beeinflußt, k ist daher regionalen und zeitlichen Schwankungen unterworfen, die schon unter günstigen Verhältnissen ± 0,1 betragen können. Abb. 1.19 zeigt an einem Beispiel Schwankungen des Refraktionskoeffizienten über ebenem Wiesenland (Kähmen 1980). Die Refraktionskoeffizienten wurden während des Tages (zwi-

42

1. Trigonometrische Höhenmessung

sehen 9 Uhr und 16 Uhr) für eine Zeitspanne von mehr als 3200 Tagen berechnet. Noch größer ist die Unsicherheit bei Zielungen in geringer Höhe über offene Wasserflächen, Wälder und Industriegelände; verhältnismäßig sichere Werte dagegen hat man im Hochgebirge bei Visuren gefunden, die großen Bodenabstand haben. Auch innerhalb eines Tages schwankt k sehr stark, wobei die kleinsten Schwankungen mittags gefunden werden. Die Schwankungen gehen sodann bei höherer Aufstellung über dem Erdboden bzw. der Gipfelzone der Wälder zurück.

Abb. 1.19. Refraktionskoeffizienten berechnet vom 1.1. 1962 . . . . 27.4. 1971 zu verschiedenen Tageszeiten (zwischen 9 und 16Uhr) für jeden 5. Tag; 0 systematische Schwankungen, © Langperiodische zufällige Schwankungen, © kurzperiodische zufällige Schwankungen.

1.5.2 Höhenunterschiede aus einseitig beobachteten Zenitwinkeln Aus Abb. 1.18 ist abzulesen AH = H2- Hi = SH cot zj + cy - c2.

(1.17)

1.5 Trigonometrische Höhenübertragung

43

Daraus folgt durch Einsetzen von (1.15) und (1.16), wenn noch gem. (1.1) die Instrumentenhöhe i und die Tafelhöhe t hinzugefügt werden, AH = H2-H1

= Sh cot z + (1 -

(SHY

2R

+ i-t.

(1.18)

Wird k zu 0,13 und R zu 6370 km genommen und im Korrekturglied SH in km angesetzt, so erhält (1.17) die Form A H=H2-Hl

= S" cot 2 + 0,068 (S?J 2 + i - t .

(1.19)

Benutzt man für die Berechnungen Schrägstrecken SR, so geht Gl. (1.18) über in (SH)2

AH = H2 — Hi = SR cos z + (1 - k)-——+

2R

i- t

(1.19a)

mit S" x SR sin z. Einseitige Zenitwinkelbeobachtungen verlege man aus den in [1.5.1] genannten Gründen möglichst in die Mittagsstunden.

1.5.3 Höhenunterschiede aus gegenseitigen Zenitwinkeln In dem Dreieck ABC (Abb. 1.18) bezeichne man vorübergehend den Winkel BAC mit ßx und den Winkel CBA mit ß2. Dann gibt der ebene Tangenssatz (R + H2) ~(R + HJ _ tan V 2 (ß, - ß2) (.R + H2) + (R + HJ tan »/, ißx + ß2)' Wegen

ist H2 -

ßi = 200 gon - (zj + AzJ; ß2 = 200 gon - (z 2 + Az2), tan 1 /, (ßl + ß2) = cot l / 2 y

Hl

= 2R( 1 + V

+ H i

2R

) )

ta

° ^

(Zz +

~* "

cotVzr

AZl)

.

44

1. Trigonometrische Höhenmessung

Man setze wieder V2 (#2 + H\) = Hm und, da y ein kleiner Winkel ist, tan y « S"/R, dann ist 2R: cot v/2 = 2R • tan y/2 « SH.

(1.21)

Betrachtet man ferner die Lichtkurve als symmetrisch, so ist AZY = AZ2, und man erhält als Formel für die trigonometrische Höhenübertragung aus Gegenvisuren AH=H2-Hl

= Sh(^1 +

tan

~

Zl

.

(1.22)

Hat man Schrägstrecken SR gemessen, so erhält man entsprechende Gleichungen, indem die halbe Differenz der zwei reziproken Höhendifferenzen AH12 und AH21 — vgl. (1.19a) — bei gleichzeitiger Annahme = k2 berechnet wird: AH = (AH12 — AH2i)l2

=

SR

-^-(cos z t — cos z2) + ¡i —

i2 — t2 + t j.

(1.22a) Die Annahme, daß die Lichtkurve symmetrisch sei, ist nur dann ausreichend gerechtfertigt, wenn das Geländeprofil in A und B einigermaßen gleichmäßig ausgebildet ist, die atmosphärischen Verhältnisse auf beiden Seiten einander entsprechen und die gegenseitigen Zenitwinkel streng gleichzeitig beobachtet wurden. Nur unter diesen Voraussetzungen folgt aus (1.22) und (1.22a), daß bei der Beobachtung von Zenitwinkeln in Gegenvisuren Erdkrümmung und Refraktion herausfallen. Ganz allgemein werden günstige Beobachtungsbedingungen erhalten, wenn die Instrumente A und B einige Meter über dem Gelände bzw. über den Baumgipfeln aufgestellt werden können und man zur Beobachtung bewölkte Tage oder die Stunden vor der abendlichen Isothermie benutzen kann. 1.5.4 Refraktionskoeffizient aus Gegenvisuren Unter den in [1.5.3] am Schluß genannten Voraussetzungen kann aus gegenseitig beobachteten Zenitwinkeln auch k be-

1.5 Trigonometrische Höhenübertragung

45

rechnet werden. Im Dreieck ABC der Abb. 1.18 ist nämlich mit 7t = 200 gon z1 + Azi+z2

+ Az2 = n + y.

(1.23)

Nun ist, wenn der Lichtstrahl AB als Kreisbogen betrachtet und (1.21) beachtet wird, Az,1 = Ali2 «

SH SHk 1 & « /2mV k. 2r 2R

Einsetzen in (1.23) gibt Zi + z2 + yk = 200 gon + y,

oder da zv und z 2 in gon bestimmt sind, y(k-

1) = (200 - z, - z 2 ) gon

und mit y =

SH 200gon R n

k = 1—

Zj + z 2 — 200 gon

200/n

R S"

(1.24)

Diese Formel läßt sich nur dann mit Erfolg auswerten, wenn die in [1.5.3] beschriebenen günstigen Bedingungen vorliegen. Für die Vertiefung der Kap. [1.5.1 — 1.5.4] steht umfangreiche Literatur zur Verfügung. Es sei nachfolgend eine Auswahl gegeben: (Helmert 1880, Hradilek 1982, Jordan/Eggert/Kneissl 1969, Past 1965, Tegeler 1971, Wunderlich 1985). Zahlenbeispiele: zu [1.5.2] und [1.5.3]

Einseitige Zenitwinkel nach Gl. (1.19):

Beobachtet z1 = 98,6750gon; i = 1,42; t = 6,10m; S" = 1578,1 m. Gl.(1.19): AH = 1578,1 0,020816 + 0,17 + 1,42 - 6,10 = 28,34m.

Gegenseitige Zenitwinkel nach Gl. (1.22) und (1.24):

Beobachtet nach Reduktion auf die Stationsnullpunkte [1.5.5]: Gl. (9): — Gl. (11):

zt = AH= , k=

98,8638gon; z 2 = 101,1510gon; S" = 1578,1 m. 1578,1 0,017965 = 28,35m; „1 0,0148 6370 = 0,063. ! 200/tc 1,58

46

1. Trigonometrische Höhenmessung

1.5.5 Reduktion von Zenitwinkeln auf den Stationsnullpunkt Für die trigonometrische Höhenübertragung über große Entfernungen werden als Stand- und Zielpunkte häufig Türme benutzt. Oft müssen auf einem Turm für die Beobachtungen in den verschiedenen Richtungen verschiedene Theodolitstände benutzt werden, und wenn ein Turm Zielpunkt ist, werden von den benachbarten Beobachtungsstationen aus Hilfsziele angeschnitten, die in verschiedenen Höhen liegen. In solchen Fällen reduziert man alle Beobachtungen auf den jeweiligen Stationsnullpunkt und wählt dabei als solchen zweckmäßig die Kippachsenhöhe des Theodolitstandes, von dem aus die meisten Beobachtungen gemacht sind oder der von den meisten Beobachtungsstationen aus angeschnitten ist. Die Reduktion entspricht der Zentrierung bei der Horizontalwinkelmessung. Die Formeln lassen sich aus den Abb. 1.20 und 1.21 leicht ablesen. Es seien Bl und B2 zwei Nebenbeobachtungsstände, Z t und Z 2 zwei Nebenzielpunkte; die Bedeutung und die Vorzeichen von i und t entnehme man den Bildern. Der in Bi oder B2 beobachtete Zenitwinkel sei z', der gesuchte sei z. Dann ist in Abb. 1.20 im oberen Dreieck sin ös = sin z' i/s'. Da aber s' = s sin z x s sin z' ist und i einige Meter nicht überschreitet, ist 10 m unbedenklich nach (3.1) berechnet werden. Besser setzt man jedoch k = 100 + dk, bringt (3.2) in die Form E=c + (m + dk)l=mi + (c + dkl) (3.3) oder mit AE = c + dk l ist E= 100/ + AE, (3.4) und man bestimmt AE empirisch. Da es heute dem Konstrukteur meistens glückt, c und dk sowie ihre Veränderungen mit der Entfernung durch optische Mittel klein zu halten, kann AE bei einfacheren Arbeiten vernachlässigt werden, für feinere Arbeiten (Tachymeterzüge usw.) muß AE jedoch bekannt sein. Zur empirischen Bestimmung von AE verfahre man folgendermaßen: Man verpflocke eine horizontale Vergleichsstrecke an unrunden Stellen in der Nähe von 20, 40 ... 100 oder 120m und messe mit abgeglichenen Meßbändern oder elektronischem Gerät die genauen Entfernungen Et der markierten Punkte von der Vertikalachse des Instruments. Dieselben Strecken beobachte man mit dem Meßfernrohr, indem man den Abstand / der Distanzstriche an der auf den Zielpunkten sorgfältig lotrecht zu haltenden Distanzlatte 5 bis lOmal bestimmt und mittelt. Dann bildet man mit den gemittelten l{ für jede der gemessenen Entfernungen Et die vorläufigen Werte (zl£,) = Ei — 100/¡. Schließlich trägt man auf der Abszissenachse eines kartesischen Koordinatensystems die 100/ ; und senkrecht dazu die (AEi) auf und zieht nach Augenmaß eine ausgleichende Gerade (Abb. 3.2). Mit deren Hilfe ermittelt man die Werte der ausgeglichenen AE, greift ihre Abszissen ab und vertafelt sie. Der Abschnitt auf der ¿IE1-Achse ist ein Nähe-

3.1 Tachymetertheodolite

87

rungswert für c; dk ist gleich dem Steigerungsmaß der Geraden und k = 100 + dk. Die Genauigkeit des Verfahrens hängt wesentlich ab von der Schärfe, mit der die Lattenabschnitte ermittelt werden. Man stütze die Latte ab und halte wenigstens bei den näheren Entfernungen als Ablesehilfe eine Millimeterskala an die Stellen der Latte, an denen abgelesen wird. Zahlenbeispiel: Ermitteln von AE, c und k für den Theodoliten Theo 030 Nr. 121241. Bestimmen von / bei E = 80,75 0 —u m

+v

Bilden der vorläufigen (AE) E

100/

(AE)

100/

AE

m

m

cm

m

cm

10,35 19,80 40,10 60,18 80,55 102,05 120,09

10,40 19,88 40,15 60,28 80,64 102,17 120,21

- 5 - 8 - 5 -10 - 9 -12 -12

7 24 40 57 73 90 107 123

6 6

16 196 16 36 36 16 36 16 36 36

30

440

dk



V

vv

mm/10

0,806 0,805 0,806 0,807 0,807 0,806 0,807 0,806 0,807 0,807

4 14 4

8,046

30

6 6 4 6 4

l = 0,8064 m,= ±

Ausgeglichene AE

I 440 = ± 0,2 mm 910

-10 -11 -12

c = -0,05 (-11 - ( - 5 )

k = 99,94

100

= -0,06

88

3. Spezielle Instrumente für topographische Vermessungen

Nach Anlage der Vergleichsstrecke wurden auf ihrem Anfangspunkt die Entfernungen nach den markierten Punkten Et mit dem Theodolit optisch gemessen. Dabei wurden z. B. für den Punkt E = 80,75 m die in der linken Tafel vermerkten Lattenabschnitte o — u erhalten und gemittelt, was / = 0,8064 ergab. Entsprechend wurden die /, für die übrigen Punkte Et bestimmt und mit ihnen in der mittleren Tafel die vorläufigen {AE^ berechnet. Nach Eintragen der 100 /,• und (AEt) in das Diagramm wurde nach Augenmaß die ausgleichende Gerade gezogen, der die Daten für die am weitesten rechtsstehende Tafel der endgültigen AEt entnommen wurden. Schneller und genauer als auf einer Vergleichsstrecke bestimmt man die Konstante k mit Hilfe eines Kollimators (vgl. Band I, Abb. 6.2.3.2), der im Okular eine 0,1 mm-Skala oder ein Okularmikrometer besitzt. Man stellt dazu außer dem Kollimator auch das zu untersuchende Fernrohr auf oo ein, mißt mit Hilfe der Skala oder des Okularmikrometers an dem in der Brennweite des Kollimators entstehenden Bild der Strichplatte den Abstand pk der Bilder der Distanzstriche und erhält, wenn fk die Brennweite des Kollimators ist, f j p k = f / p = k1/2 cot y/2. Dieses k gilt nur für die Einstellung des Distanzmessers auf oo; diese Einstellung ist jedoch bei Tachymetertheodoliten bei E = 100 m bereits annähernd erreicht. Für Theo 030 Nr. 121 241 fand sich in der Brennebene eines Askaniakollimators mit der Brennweite^ = 2250 mm als Abstand der Distanzstrichbilder pt = 22,52 mm und damit k = 2250:22,52 = 99,91. Dieser Wert differiert gegen das Ergebnis auf der Vergleichsstrecke um 0,03%, also um 3 cm auf 100 m. Allgemein hat man mit einer Unsicherheit von + 0,05% zu rechnen. (2) Reduktionsformeln für schräge Sichten Die Ausführungen in (1) beziehen sich in erster Linie auf ebene Aufnahmen mit einem Nivelliertachymeter. Für Aufnahmen im Berg- und Hügelland werden Distanzstriche aber auch in die Strichplatten von Theodolitfernrohren eingezogen. Damit hat man die Urform eines „Tachymetertheodolits". Gleichzeitig ergeben sich zwei neue Aufgaben: die Reduktion schräg gemessener Entfernungen auf die Horizontale und die Berechnung der Höhenunterschiede zwischen Stand- und Zielpunkten.

3.1 Tachymetertheodolite

89

Wird mit einem Tachymetertheodoliten, dessen Zielachse mit der Horizontalen den Winkel a bildet, eine vertikalstehende Latte anvisiert, so steht der Lattenabschnitt / nicht senkrecht auf der Zielachse, sondern bildet mit ihr den Winkel 100 gon + a bzw. 100 gon - a (Abb. 3.3). 0

10

A

Abb. 3.3. Reduktion schräg gemessener Entfernungen

Zur Ermittlung der schrägen Strecke E' braucht man den zwischen den Schenkeln des parallaktischen Winkels liegenden Abschnitt /' einer senkrecht zur Zielachse zu denkenden Latte. Mit einer Vernachlässigung, die bei a = 30 gon und / = 100 cm weniger als 0,02 mm ausmacht, ist /' = / c o s a ,

(3.5)

und demnach ist gem. (3.2) die schräge Strecke A'M E = c + kl cosa.

(3.6)

Die Horizontalprojektion A'B' dieser Strecke ist E = c c o s a + &/cos 2 a

(3.7)

und der Höhenunterschied B'M zwischen der Horizontalen durch die Kippachse und dem Punkt M, in dem der Mittelfaden der Latte abgebildet wird, ist AH = E sin a = c sin a + kl sin a cos a.

(3.8)

90

3. Spezielle Instrumente für topographische Vermessungen

Um noch einfachere Rechenformeln zu gewinnen, setzt man in (3.7) c cosa « c cos 2 a und in (3.8) csina x csina cosa; dann klammert man im Hinblick auf (3.4) in beiden Gleichungen (c + k[) = (AE+\00l) = S

(3.9)

aus und erhält mit der Stammzahl S die Gebrauchsformeln E = S cos 2 a, AH = 5 sin a cos a = l/2 S sin 2 a.

. 1Q) \ • J

Die Näherungen für c c o s a und csina verursachen bei c — 0,30 m und a = 30gon auf 100 m in E einen Fehler von 29 mm und in h von 15 mm, was bei der gewöhnlichen Tachymetrie vernachlässigt werden kann. Die Fehler entfallen ganz, wenn wie bei den meisten neueren Tachymetern die Additionskonstante nahezu Null ist. Zur Berechnung von E und AH nach (3.10) gibt es zahlreiche Hilfsmittel. Die einfachsten Hilfsmittel sind Strahlendiagramme und Zahlentafeln. Heute benutzt man meistens Taschenrechner. (3) Die Genauigkeit der Reichenbachschen Tachymeter Bei der Entfernungsbestimmung sind die wichtigsten Fehlerquellen ungenaue Werte von AE bzw. c u. k, ungenaue Ablesungen an der Latte und am Höhenkreis, Refraktionseinflüsse und Mängel beim Senkrechthalten der Ziellatte. Um die letztgenannten Mängel vorweg zu behandeln, wird angenommen, es sei die Latte gegen die Vertikale um den Winkel 8 geneigt; dann müßte / in (3.5) nicht mit cos a, sondern mit cos (a + die geogr. Breite des Beobachtungspunktes ist. c) Der Winkel zwischen den Richtungen nach Magnetisch Nord und Gitter Nord heißt die Nadelabweichung. Sie ist die Differenz von Deklination und Meridiankonvergenz. Da die Deklination in Deutschland durchweg westlich, also negativ ist, ist die Nadelabweichung in den deutschen Koordinatensystemen absolut betrachtet ostwärts des Hauptmeridians gleich der Summe, westlich des Hauptmeridians gleich der Differenz von Deklination und Meridiankonvergenz. Die Kurven, die die Orte gleicher magnetischer Deklination miteinander verbinden, heißen Isogonen. Sie verlaufen keineswegs geradlinig zum magnetischen Nordpol, sondern sie sind durch regionale oder lokale Einflüsse vielfach gestört. Sie unterliegen ferner fortschreitenden säkularen Änderungen und

4.3 Erfassen der Geländeformen

133

periodischen täglichen Schwankungen. Die säkulare Änderung vermindert die Deklination in Deutschland um jährlich rund 0,1 Die tägliche Periode beträgt im Winter rund 4', an heißen Sommertagen 8' bis 10', wobei das Minimum in den Morgenstunden, das Maximum in den Mittagsstunden liegt. Für Deutschland gibt das Erdmagnetische Observatorium in Fürstenfeldbruck eine Isogonenkarte und eine Karte gleicher Nadelabweichungen heraus, beide im Maßstab 1:300 000. Ferner befinden sich am Rande der meisten amtlichen deutschen Karten Hinweise auf die Größe der Nadelabweichung und ihre jährlichen Änderungen. (2) Bestimmen der Mißweisung der Sicht Die Angaben der Isogonen- und Nadelabweichungskarten sind für die meisten geodätischen Arbeiten nicht genau genug. Bei Bussolenaufnahmen pflegt man daher morgens, mittags und abends auf einem koordinierten Punkt P, den magnetischen Richtungswinkel am nach einem gleichfalls koordinierten Punkt P2 mit dem bei der Aufnahme benutzten Bussoleninstrument zu messen und den entsprechenden geodätischen Richtungswinkel t aus Koordinaten zu errechnen [Band II, 4.1.2], Die Differenz t — am, die außer der Deklination und der Meridiankonvergenz noch etwaige Fehler des Instruments enthält, heißt im geodätischen Sprachgebrauch die Mißweisung der Sicht*. Addiert man diese unter zeitlicher Verteilung der im Laufe des Tages aufgetretenen Schwankungen zu den beobachteten Bussolenrichtungen am, so gewinnt man geodätische Richtungswinkel, die eine ausreichende Grundlage für die Berechnung der Bussolenzüge bilden (Abb. 4.7).

* In der Nautik wird unter „Mißweisung der Magnetnadel" die Deklination verstanden.

134

4. Topographische Vermessungen

(3) Messen und Berechnen der Bussolenzüge Der Bussolenzug ist ein kurzseitiger Tachymeterzug, bei dem auf den Instrumentenstandpunkten an Stelle der Brechungswinkel die Bussolenrichtungen, d.h. die magnetischen Richtungswinkel der Zugseiten beobachtet werden. Dabei arbeitet man mit sogenannten Sprungständen, d. h. man stellt das Bussolentachymeter nur auf jedem zweiten Punkt auf und beobachtet von dort die Bussolenrichtungen und die Zenitwinkel nach dem vorhergehenden und nach dem folgenden Punkt. Dadurch ergibt sich, wenn auf den Anschlußpunkten am Anfang und am Ende des Zuges Bestimmungen der Mißweisung gemacht werden, das Grundrißschema in Abb. 4.8, in dem auf den Punkten mit ungerader Nummer das Instrument steht, während auf denen mit gerader Nummer ein Fluchtstab bzw. eine Distanzlatte aufzuhalten ist.

Abb. 4.8.

Die Seiten und der Zenitwinkel werden nur einmal gemessen. Wünscht man eine Probe, so benutzt man, wie in Abb. 4.8 punktiert angedeutet ist, doppelte Wechselpunkte. Wie bei den Tachymeterzügen pflegt man die Lagekoordinaten der hauptsächlichsten Bussolenzüge durch Rechnung zu ermitteln, während die nachgeordneten Züge auf Pauspapier aufgetragen und graphisch eingepaßt werden. Bei der Berechnung der Züge bringt man an den Bussolenrichtungen (bei rückwärtigen Visuren + 200 gon) die Mißweisung an und rechnet den Zug wie einen Polygonzug durch, wobei die Koordinatenabschlußfehler proportional den Seitenlängen verteilt werden. Die Höhen werden ebenso berechnet wie bei den Tachymeterzügen.

4.3 Erfassen der Geländeformen

135

Man verwendet die Bussolenzüge gern in unübersichtlichen Gebieten, vor allem in Wäldern mit dichtem Unterholz. Die Geländepunkte werden von den Standpunkten aus nach demselben Verfahren wie mit dem Kreistachymeter aufgenommen. (4) Genauigkeit der Bussolenzüge Die verhältnismäßig geringe Genauigkeit der Bussolenrichtungen wird zum großen Teil durch eine günstige Fehlerfortpflanzung wettgemacht. Einerseits gibt es beim Verfahren der Sprungstände keine Zentrierungsfehler. Zum anderen verschwenken die Richtungsfehler nicht wie beim Polygonzug den ganzen nachfolgenden Zugteil, sondern nur die betreffende Seite, so daß sie sich nach dem Fehlerfortpflanzungsgesetz [Bandl, 1.4.4] aufsummieren. Da ferner ein Richtungsfehler die Lage eines polar angehängten Punktes um so weniger beeinflußt, je kürzer die Seite ist, wirken die kurzen Seiten (etwa 50 m) sich ebenfalls günstig auf die Fehlerfortpflanzung aus. Wenn schließlich der Beobachter sein Instrumentarium sorgfaltig behandelt und die Nähe von ablenkenden eisernen Zäunen, Schienenwegen und Hochspannungsleitungen vermeidet, so kann er damit rechnen, daß die Abschlußfehler nur wenig größer sind als bei den Tachymeterzügen [4.3.1.3],

4.3.2 Meßtischtachymetrie (1) Vorbereitung der Meßtischaufnahme Vor Beginn der Arbeit wird auf dem Meßtisch ein glatter Zeichnungsträger, z. B. -eine Platte aus Kunststoff oder ein Zeichenkarton mit Aluminiumeinlage aufgebracht, auf dem ein Kartennetz und die in der Örtlichkeit vorhandenen Festpunkte in Landeskoordinaten nach Lage und Höhe eingetragen sind. Reichen diese als Standpunkte für die Geländeaufnahme nicht aus, so werden weitere Festpunkte in der Regel mit Hilfe von Tachymeterzügen [4.3.1.3] bestimmt. Liegt bereits ein Grundriß des Aufnahmegeländes vor, so wird eine auf den Aufnahmemaßstab umgebildete Kopie des Grundrisses auf dem Meßtisch befestigt. (2) Zentrieren und Orientieren des Meßtisches Der so vorbereitete Meßtisch muß auf dem Standpunkt zentriert, horizontiert und orientiert werden (Abb. 4.9). Es seien

136

4. Topographische Vermessungen

A und B zwei in der Örtlichkeit vermarkte Festpunkte, und es seien a und b ihre Bilder in dem auf der Meßtischplatte befestigten Zeichnungsträger. Zentrieren in A bedeutet, daß der Kartenpunkt a lotrecht über dem Geländepunkt A liegen muß. Dazu bestimmt man auf dem Meßtisch zunächst die Koordinaten x und y des Mittelpunktes c der Meßtischplatte in Beziehung auf die Bildgerade a — b und setzt die in Abb. 4.9 mit x und y bezeichneten Stücke im Gelände von A aus in der Richtung nach B ab. Man bekommt so den Geländepunkt

Abb. 4.9. Zentrieren und Orientieren des Meßtisches C, über dem der Meßtischmittelpunkt c wie üblich mit dem Schnurlot zu zentrieren ist. Auf dem so gewonnenen Standpunkt wird die Meßtischplatte mit Hilfe der beigegebenen Libelle sauber horizontiert. Dann legt man die Kippregelkante an die Punkte a und b an und dreht die Platte so lange, bis im Fadenkreuz der Punkt B erscheint. Die Zentrierung prüft man mit der Lotgabel nach. Zur Verbesserung der Orientierung visiere man mit der Kippregel über a und weitere auf dem Meßtisch gegebene Bildpunkte die zugehörigen Festpunkte an und gleiche die Differenzen aus. Schließlich ermittelt man, um die Orientierung auf dem nächsten Stand zu erleichtern, mit Hilfe der Orientierbussole die magnetische Nordrichtung, reißt sie an und schreibt die Uhrzeit daneben. Die AW-Höhe der Kippachse bestimmt man, wenn die NNHöhe des Bodenpunktes bekannt ist, durch Heraufmessen; andernfalls muß sie nach dem in [4.3.1.3] beschriebenen Verfahren von benachbarten Punkten mit bekannter Höhe hergeleitet werden.

4.3 Erfassen der Geländeformen

137

(3) Bestimmen von weiteren Aufnahmestandpunkten Der Topograph bestimmt zusätzliche Standpunkte je nach den Genauigkeitsanforderungen durch Polygonzüge und Nivellements, durch Tachymeterzüge [4.3.1.3] oder durch Bussolenzüge [4.3.1.4]. Bei Einsatz von elektronischen Tachymetern [4.3.1.2] können die Elemente zur Koordinatenberechnung gleichzeitig mit der Geländeaufnahme gemessen werden. Neupunkte in der Nähe vorhandener Standpunkte werden durch polares Anhängen bestimmt. Gelegentlich bietet es sich auch an, weitere Aufnahmestandpunkte durch graphisches Vor- und Rückwärtseinschneiden mit der Kippregel zu bestimmen A*• M :

7p)

A-, A=a Abb. 4.10.

P

1

a

I b-B i

m b P-uP

Abb. 4.11.

Der Höhenunterschied von Festpunkt zu Neupunkt wird mit Hilfe des Zenitwinkels und der erforderlichenfalls auf dem Meßtisch abzugreifenden Entfernung berechnet. Unübersichtliches Gelände ist mit dem Meßtisch schlecht zu erfassen. Solche Flächen werden ausgespart und mit Hilfe von Bussolenzügen aufgeschlossen. (4) Bestimmen der Geländepunkte Die Geländepunkte werden nach den in [4.3] erläuterten Grundsätzen ausgewählt. Von einem Standpunkt aus können die Punkte beim Maßstab 1: 5000 in flachen Gebieten in einem Umkreis bis zu 250 m, in geneigtem Gelände bis etwa 150 m aufgenommen werden; beim Maßstab 1:1000 beschränkt man sich auf 150 bzw. 100 m. Vor dem Beginn der Messung geht der Beobachter das Gebiet ab und weist die Meßgehilfen ein. Dann tritt er an den Meßtisch, schickt Meßgehilfen und Latte

138

4. Topographische Vermessungen

zum 1. Geländepunkt, stellt die Latte mit der Kippregel ein, ermittelt die Entfernung und den Höhenunterschied auf demselben Wege wie mit einem Kreistachymeter und berechnet die AW-Höhe des Geländepunktes. Schließlich setzt er die Horizontalentfernung an der Linealkante ab, sticht den Punkt ein und schreibt die AW-Höhe mit Bleistift daneben. Der Meßgehilfe kennzeichnet derweil den beobachteten Punkt durch ein Papierfähnchen, einen Zweig oder dergleichen und begibt sich zum nächsten Punkt, wo der Vorgang von neuem beginnt. Nachdem alle Punkte aufgenommen sind, entwirft der Beobachter die Höhenlinien mit denselben Mitteln wie in [4.3.1.2] bereits beschrieben oder durch Krokieren. Dazu schraubt er den Meßtisch auf ein Stockstativ, geht damit von Geländepunkt zu Geländepunkt und ergänzt die Aufnahme zeichnerisch teils nach Augenmaß, teils mit Hilfe von Schrittmaß und Taschengefallmesser (Krokieren). Im Quartier überzieht er die Eintragungen mit Tusche und trägt die Bodenbedeckung und die erforderlichen Namen ein. So entsteht das vollständige Kartenbild bereits während der Feldarbeit. (5) Vor- und Nachteile der Meßtischaufnahme Die Meßtischaufnahme beansprucht mehr Feldarbeitszeit als die Zahlentachymetrie. Das Auge des Meßtischtopographen wird jedoch durch den ständigen Vergleich von Örtlichkeit und Karte so geschult, daß er das Höhenlinienbild nach einiger Übung bereits ohne Messung vor sich sieht und die aufzunehmenden Geländepunkte lediglich als Stützen betrachtet, die seinem Höhenlinienbild einen festen Maßstab geben. Er braucht infolgedessen weniger Punkte aufzumessen als bei der Zahlentachymetrie und macht dadurch den Zeitverlust, den das Zeichnen der Höhenlinien während der Feldarbeit zur Folge hat, zum Teil wieder wett. Nicht auszugleichen ist jedoch die Starrheit, die die Bindung an einen festen Maßstab mit sich bringt.

4.4 Kartenherstellung Bei kleineren Aufnahmegebieten wendet man gelegentlich manuelle Techniken an. Insbesondere bei großflächigen Arbeiten

4.4 Kartenherstellung

139

bedient man sich jedoch der rechnergestützten Kartenherstellung. Eine ausführliche Beschreibung der Kartenherstellung findet man u.a. in dem Lehrbuch von Hake (1985). Nachfolgend wird nur eine kurze Einführung gegeben. 4.4.1 Manuelle Techniken (1) Auftragen der Geländepunkte Nachdem die nach Koordinaten bestimmten Tachymeterstandpunkte in einem mit einem Quadratnetz versehenen Plan aufgetragen sind, werden die Nebenzüge mit Transporteur und Maßstab auf Pauspapier gezeichnet und unter graphischer Verteilung der Abschlußdifferenzen zwischen den Anschlußpunkten eingepaßt und durchgestochen. Von den so gewonnenen Standpunktbildern aus werden die Richtungen und Entfernungen nach den Geländepunkten abgesetzt; ferner wird neben jedem Punkt seine auf dm abgerundete NN-Höhe mit Bleistift vermerkt. Für das Auftragen der Richtungen und Entfernungen gibt es zahlreiche Kleingeräte aus durchsichtigem Kunststoff (Plexi-

Abb.4.12. Polarkoordinator von Ott

140

4. Topographische Vermessungen

glas), die einen Winkeltransporteur mit einem Maßstab verbinden und als Voll- und Halbkreiswinkelmesser oder auch als Geodreiecke im Handel sind. Zum Kartieren tachymetrischer Aufnahmen und zur Entnahme von Punkten im Polarkoordinatensystem eignet sich sehr gut der Polarkoordinator der Firma Ott-Kempten (Abb. 4.12). Das Gerät besteht aus einem Punktierlineal, das mit einem Winkel-Meßwerk gekoppelt ist. Das Lineal läßt sich um den durch eine Nadel gebildeten Pol frei durchschwenken. Die Meßrolle führt Bewegungen aus, die dem Drehwinkel proportional sind. Die Winkel werden an der Zählscheibe, der Zähltrommel und dem Nonius abgelesen, die Strecken am Nonius des Punktierlineals. Das Gerät ist mit den Maßstabsteilungen 1:250, 1:500, 1:1000 und 1:2000 erhältlich. (2) Darstellung von Situation und Gelände Nach dem Kartieren der Einzelpunkte zeichnet man den Grundriß zunächst mit Bleistift; gleichzeitig werden unter sorgfaltiger Beachtung des Feldhandrisses die Höhenlinien nach der in [4.1] gegebenen Anleitung entworfen. Schließlich wird eine Reinzeichnung hergestellt (Bandl, 7.6.1],

4.4.2 Rechnergestützte Kartenherstellung Bei den rechnergestützten Verfahren übernimmt die Computertechnik einen Teil der menschlichen Aufgaben. Die rechnergestützte Kartenherstellung umfaßt folgende Arbeitsschritte: Erfassung, Verarbeitung, Speicherung und graphische Ausgabe der Daten. Systeme, die der Ausführung dieser Schritte dienen, bezeichnet man auch als interaktive Vermessungs- und Kartiersysteme. Die Beschreibung eines solchen Systems findet man in [Bandl, 3.3.4], Bei der Tachymetrie mit elektronischen Tachymetern läßt sich der höchste Automationsgrad erzielen. Die Meßdaten und ein Teil der Zusatzinformationen für die digitale Weiterverarbeitung werden automatisch während der Feldarbeiten registriert. Restliche Zusatzinformationen sind von Hand einzugeben.

4.5 Genauigkeit der Geländeaufnahme

141

V e r w e n d e t m a n e l e k t r o o p t i s c h e T a c h y m e t e r , s o w e r d e n nur die D i s t a n z e n a u t o m a t i s c h registriert. Bei allen übrigen V e r f a h ren der Z a h l e n - u n d M e ß t i s c h t a c h y m e t r i e m ü s s e n alle D a t e n u n d Z u s a t z i n f o r m a t i o n e n über eine T a s t a t u r v o n H a n d in e i n e n Speicher e i n g e g e b e n w e r d e n . D i e s e V e r f a h r e n verlieren daher zunehmend an Bedeutung.

4.5 Genauigkeit der Geländeaufnahme A m Ende einer tachymetrischen oder topographischen A u f n a h m e steht die Karte. D a die Kartiergenauigkeit auch in großen Maßstäben nicht größer ist als die Aufnahmegenauigkeit, kann als Maßstab für die Grundrißdarstellung die Kartiergenauigkeit gelten, die mit ± 0 , 2 m m für den gestochenen Punkt anzusetzen ist. Für die zwischen den Punkten liegenden Flächen mag etwa der doppelte Satz gelten. D a s sind beim M a ß s t a b 1:1000 ± 0 , 2 bzw. 0,4 m in der Natur; beim M a ß s t a b 1:5000 sind es ± 1 , 0 bzw. 2,0 m. In die Genauigkeit der Höhenlinien geht außer der Ungenauigkeit bei der A u f n a h m e der Geländepunkte die Unsicherheit beim Entwerfen der Höhenlinien ein. Zur Abschätzung des Höhenfehlers einer Höhenlinie benutzt man die empirisch entstandene Koppesche Formel. N a c h K o p p e ist, wenn a und b zwei vom Maßstab der Karte abhängige Konstanten sind und a den Neigungswinkel des Geländes bedeutet, der Höhenfehler eines beliebigen auf einer Höhenlinie liegenden Punktes ±(a

+ b tan a ) .

(4.4)

Der Höhenfehler wächst also etwa proportional zur Geländeneigung. M a n kann den Höhenfehler bei gleichmäßiger Neigung des Geländes auch als Lagefehler auffassen. Dazu multipliziert m a n o h mit cot a und erhält dann als Lagefehler eines Höhenlinienpunktes "i=

+(b + a cot a ) .

(4.5)

F ü r die Deutsche G r u n d k a r t e 1:5000 hat der ehemalige Beirat für das Deutsche Vermessungswesen im Jahre 1924 vorgeschlagen, als obere Grenze des Höhenfehlers o h eines auf einer Höhenlinie liegenden Punktes den Wert anzuhalten, den die Koppesche Formel (4.4) mit a = 0,4 und b = 5 ergibt. Wird mit diesen Koeffizienten auch der

142

4. Topographische Vermessungen

Lagefehler m, nach (4.4) errechnet, so ergeben sich, wenn a der Neigungswinkel des Geländes ist, folgende Werte: Tab. 1. Fehler nach der Koppeschen Formel a

Sh

•Si

a

•s»

Si

gon 0 1 2 3

m 0,4 0,5 0,6 0,6

m

gon 5 10 20 30

m 0,8 1,2 2,0 2,9

m 10,0 7,5 6,2 5,8

Die Arbeitsgemeinschaft



30 18 14

der Vermessungsverwaltungen

der Bundesre-

publik Deutschland (AdV) gibt in ihrem Beschluß vom 12.11. 1970 getrennte Vorschriften für die Genauigkeit der nach den Kartenangaben im Gelände eindeutig wiederauffindbaren „plansicheren" Punkte und für die Genauigkeit von Höhenlinien. Sie unterteilt dazu die Aufnahmeblätter der Deutschen Grundkarte 1: 5000 in I. Blätter, bei denen zur Geländedarstellung Äquidistanzen bis zu 1 m erforderlich sind; II. alle übrigen Blätter. Auf dieser Grundlage hat die AdV beschlossen: 1. Der Lage- und Höhenfehler (a, und ' und beschafft sich durch Abgreifen aus einem Plan oder durch Abschreiten Näherungswerte von a und b. Um den Abstand h des Punktes P' von der Geraden zu berechnen, setzt man die doppelte Fläche des Dreiecks AP'B zweimal an, nämlich 2 F= ABhx(a

+b)h, TL

2F = ab sin 200 gon + V2 (£' + £") usw. c) Zu noch schärferen Ergebnissen als in a) und b) kommt man, wenn man in die Nachbarschaft des — etwa durch eine Vorabsteckung genähert ermittelten — Bogenverlaufs einen Polygonzug legt, den man mit Zwangszentrierung [Band II, 1.5.4] mißt und auf mm durchrechnet. Man berechnet dann aus Koordinaten die Entfernungen e der Polygonpunkte vom Kreismittelpunkt, vergleicht sie mit dem Radius r und setzt die Differenzen (e — r) in der Richtung der Radien ab. Bei Tunnelabsteckungen macht man zweckmäßig zunächst eine Vorabsteckung nach a) oder b) und überprüft das Abstekkungsergebnis mit dem Verfahren c).

156

5. Ingenieurgeodäsie

(2) Mit rechtwinkligen Koordinaten von der Tangente M a n benutzt einen der nach [5.2.3.1] abgesetzten H a u p t p u n k t e als Anfangspunkt und die Tangente als Abszissenachse. Zweckmäßig nimmt m a n entweder runde Abszissen oder runde Bogenlängen. Runde Abszissen (Abb. 5.11) wählt m a n je nach dem Zweck der Absteckung, z.B. von 10m zu 10m, und berechnet die zugehörigen Ordinaten aus y¡ = r- yrL - xf = r - |/(r + x¡) (r - x¡)

(5.15)

oder 2r

(5.16)

V 2 rj

oder, was aus (5.15) auch unmittelbar folgt, x

' + y? x

Abb. 5.11. Bogenabsteckung nach runden Abszissen

(5.17)

Abb. 5.12. Bogenabsteckung nach gleichen Bogenlängen

In der Regel verwendet m a n bei der Stationierung runde Bogenlängen b (Abb. 5.12). Liegt der Anfangspunkt der Stationierung im Ursprung des Koordinatensystems, so lauten die Gleichungen f ü r die Abszissen und Ordinaten:

5.2 Ingenieurgeodätische Arbeiten bei Verkehrsanlagen

ß i = b/r(200/n); xt = r sin ßt; y! = r(l - cosßj ß2 = 2ßi; x2 = r sin ß2; = r (1 ~~ cos ^2)

157

(5.18)

ßi — 3ßi> x3 = r sinß3 ; y3 = r( 1 — cos/?3) Die Absteckung führt man bei größeren Bögen von zwei Seiten aus durch, damit die Ordinaten nicht zu lang werden. Normalerweise liegt der Anfangspunkt der Stationierung nicht im Ursprung des Koordinatensystems (Abb. 5.13). Bei Abstekkungsarbeiten hat man dann unrunde Bogenlängen.

Abb. 5.13. Bogenabsteckung bei ungleichen Bogenlängen

Der Stationierungswert des Bogenanfangspunktes ist dann durch die Länge des vorangehenden Trassierungselementes bestimmt. Den Wert für die Bogenmitte erhält man, indem man zum Stationierungswert des Bogenanfangspunktes die halbe Bogenlänge addiert. Die Stationierung des Bogenendpunktes ergibt sich, indem man zum Wert des Bogenanfangspunktes die Bogenlänge addiert. Als weitere Kreisbogenzwischenpunkte sollen nun die in den Bogen fallenden volle Meter

158

5. Ingenieurgeodäsie

(z.B. 20m) auseinanderliegenden Stationierungspunkte abgesteckt werden. Aus der Abb. 5.13 ergibt sich: ßi =

r

7t

Xi = r sin/?!; >>1 = r(l — cos/?!)

^•

ß2 = r

; x2 = r sin ß2 ; y2=

r(\

— C0S /?2)

%

26 ' 200 ; ß.3 = ¿i + r n

= rsinß3

; y3 = r( 1

-cosß3)

¿>i + (w - 2)6 200 /• jr - i = r sinß„ _ i; y„ _ t = r ( l - cosßn _ ,) ß„ =

bl + (n-2)b

Bogenmitte B 200

0m = 7;

2r

+ b„ 200

x„ = r sinj8„; >>„ = r ( l -

; xM = r s i n ß M ; >>M = r ( l

cosß„)

-cosßM)

n

Bogenende B 200 ; xE = r s i n ß E ; yE = r ( l ßE = —• r %

cosßE).

(3) Mit rechtwinkligen Koordinaten von der Sehne Müssen die Zwischenpunkte von der Kreissehne a abgesetzt werden, so bezieht man ihre Koordinaten zunächst nach (2)

• / W /

/

// '

0/2

4

h » \

Abb. 5.14. Rechtwinklige Absteckung von der Sehne

5.2 Ingenieurgeodätische Arbeiten bei Verkehrsanlagen

159

auf eine der Sehne parallele Tangente. Beim Übergang auf die Sehne werden die Abszissenunterschiede unverändert beibehalten, während die von der Sehne a abzusetzenden Ordinaten die Ergänzungen der Tangentenordinaten zu der Pfeilhöhe h = r - ]/rz - a 2 /4

(5.20)

sind.

(4) Mit Peripheriewinkeln und Sehnen vom Anfangspunkt des Kreisbogens aus Seit elektronische Tachymeter zur Verfügung stehen, haben polare Absteckverfahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Ein sehr einfaches Verfahren läßt sich in bezug auf den Anfangspunkt eines Kreisbogens und die zugehörige Tangente ableiten, wenn folgende geometrische Beziehung zugrunde gelegt wird: Der Winkel zwischen der Tangente und der Sehne ist gleich dem Umfangswinkel (Peripheriewinkel) über der betreffenden Sehne und gleich dem halben zugehörigen Zentriwinkel (Abb. 5.15).

Abb. 5.15. Peripheriewinkel und Zentriwinkel

Nach Abb. 5.15 und 5.16 gilt: y b 200 co = — = — • n 22rr n

und s = 2r sin co,

(5.21)

wobei n die Anzahl der gleichen Bogenlängen in der Stationierung bezeichnet. Bei gleichen Bogenlängen berechnet man die

160

5. Ingenieurgeodäsie

Abb. 5.16. Polare Absteckung von A aus mit Sehnentangentenwinkeln und Sehnen

polaren Absteckelemente für den gesamten Bogen in bezug auf die Tangente nach für

Py tu = b P2 2a>

200 ; Sy = 2r sin m 71 ; s2 = 2r sin 2m

P3 3m

; i3 = 2r sin 3m

27

(5.22)

Ist der Bogen nur ein Trassierungselement einer längeren Trasse, so fallen die runden Stationierungswerte normalerweise nicht auf die Hauptpunkte des Kreisbogens. Man erhält dann ungleiche Bogenlängen. Bezieht man die Berechnung der polaren Absteckelemente auf die Abb. 5.16, so gilt in bezug auf die Tangente für Py. CÜ! = ' 2'•

co

2

=

b

(5.22a) i

200



bl+b2 r bi + b2

.

; '

= 2r sincü!;

200

j s2

n

¿3



200

=

, . 2r sin co2; ^ = 2r sin (m 2 — mj

,

; i 3 = 2r sin m3; % = 2r sin (tu3 — m2)

5.2 Ingenieurgeodätische Arbeiten bei Verkehrsanlagen

161

Das Verfahren läßt sich kontrollieren, wenn man die Sehnen PiP2 = P j P j , — 4.-, ••• berechnet und mit entsprechenden im Feld gemessenen Werten vergleicht. (5) Mit gleichen Sehnen und Umfangswinkeln Zu gleichen Sehnen gehören gleiche Umfangswinkel; ferner ist der Sehnentangentenwinkel gleich dem Umfangswinkel über demselben Bogen (Abb. 5.15). Auf diese Sätze gründet sich folgendes Absteck verfahren.

Abb. 5.17. Bogenabsteckung mit Sehnen und Umfangswinkeln

Nachdem aus dem durch den Absteckungszweck oder die Stationierung vorgegebenen Sollabstand b zweier benachbarter Zwischenpunkte der zugehörige Umfangswinkel co und die Sehne s nach (5.21) errechnet sind, stellt man einen Theodolit im Punkt A des Bogens AE auf und zielt E an (Abb. 5.17). Dann dreht man das Fernrohr um co auf A zu und schlägt gleichzeitig mit einem Meßband, an dem die Strecke s markiert ist, einen Kreisbogen um E. Der Schnittpunkt von Visierlinie und Bogen ist © . Jetzt wird das Fernrohr um co weitergedreht und ein Bogen mit s um (T) geschlagen, wodurch man (2) erhält, und so fort. Schließlich bleibt ein Restbogen br mit dem Sehnentangentenwinkel cor und der Restsehne sr übrig; cor und sr mißt man und berechnet sie zur Probe aus (vgl. Gl. 5.22): cor =

TAE -neo; sr = 2r sin tu,.

Für s = 20 m hat co folgende Größen: r=

100m

co =

6,3768 gon 3,1846gon 1,2735 gon 0,6367 gon 0,3182gon

6

200 m

Kähmen, Vermessungskunde III

500m

1000m

2000m

162

5. Ingenieurgeodäsie

Man steckt die Zwischenpunkte, um Fehleranhäufungen zu vermeiden, in Richtung auf das Instrument ab. Das Verfahren liefert mit wenig Meß- und Rechenarbeit in kurzer Zeit sichere Bogenpunkte. Man kann die Arbeitsgeschwindigkeit noch steigern, wenn man die neu einzuweisenden Punkte zuvor roh nach der Sekantenmethode [5.2.3.3] einweisen läßt. Das Verfahren empfiehlt sich besonders bei Absteckungen auf Dämmen. Die Meßausrüstung kann sehr einfach sein: man benötigt nur einen Theodolit und ein Meßband. 5.2.3.3 Uberschlag- und Einrückformeln Das Projektieren von Kreisbögen und das Überprüfen abgesteckter Bögen wird sehr erleichtert, wenn man Überschlagsformeln zur Hand hat. Genähertes Absetzen von einer Tangente (Abb. 5.11). Aus dem ersten Glied von (5.17) folgt xvs-y*^-. 2r

(5.23)

Genähertes Absetzen von einer Sekante (Abb. 5.18). Bei diesem Verfahren müssen zuvor zwei aufeinanderfolgende Punkte abgesteckt sein.

Abb. 5.18. Dann ist nach [5.2.3.2 (4)] und Abb. 5.15 y = s sin 2 w, sin w = s/2 r, sin 2 a> « s/r, woraus folgt

5.2 Ingenieurgeodätische Arbeiten bei Verkehrsanlagen

163

Pfeilhöhenermittlung (Abb. 5.14). Anwendung der binomischen Reihe auf (5.20) gibt - a2/4r2 * r - r(l - a 2 /8 r 2 + ...)

k = r-r]/1 oder h au—, 8r

(5.25)

Viertelsmethode (Abb. 5.14). Um aus der Pfeilhöhe h eines Bogens die Pfeilhöhe h' des Halbbogens abzuleiten, ist in (5.25) a durch «/2 zu ersetzen. Dann wird h'v — K^ih. 32 r

(5.26)

Einrückformel (Abb. 5.19). Ist z. B. zum Stationieren des Bogens zwischen zwei abgesteckten Bogenpunkten ein Zwischenpunkt einzuschalten, so geht man am besten von der Sehne aus. Meistens ist in den flachen Bögen der Praxis genau genug x K, b. Für y erhält man mit (5.23) und (5.25) y = h-y

5.2.3.4

,

a2 8r

(aß - xf 2r

«

x(a-x) . 2r

(5.27)

Korbbögen

Die Lage eines Kreisbogens in der Örtlichkeit ist durch 3 Stücke — im einfachsten Falle durch die Richtungen von Anfangs- und Endtangente und den Kreishalbmesser — bestimmt. Kommen noch weitere Bedingungen hinzu, z. B. die Lage der Berührungspunkte auf den Tangenten, Zwangspunkte auf Brücken usw., so muß die Trasse aus Kreisbögen verschiedener Halbmesser zusammengesetzt werden, die in den Punkten, in denen sie aneinanderstoßen, eine gemeinsame Tangente besitzen. In den meisten Fällen ist die gegenseitige Lage 6*

164

5. Ingenieurgeodäsie

der Ausgangsstücke durch indirekte Messungen zu bestimmen; ferner müssen beim Übergang von den Geraden zu den Kreisbögen und zwischen Kreisbögen verschiedener Halbmesser Übergangsbögen [5.5] eingeschaltet werden; schließlich hat man häufig gleichzeitig Niveauunterschiede zu überwinden. Die Berechnung von Korbbögen ist daher so schwierig, daß hier nur die Grundlagen (Abb. 5.20) erläutert werden können.

C,

Abb. 5.20. Korbbögen

Bei einem zweiteiligen Korbbogen mögen neben der Anfangs- und Endtangente, die einander unter dem sorgfaltig zu messenden Winkel 2T schneiden, drei weitere Stücke gegeben sein, wofür in erster Linie die beiden verschieden langen Tangentenabschnitte a und b und die beiden Krümmungshalbmesser, Rl und R2 (oder das Verhältnis beider) in Frage kommen. Zwischen diesen Stücken bestehen folgende Beziehungen: Man betrachte zuerst die beiden punktiert eingezeichneten Hilfskreise um den auf der Halbierungslinie des Tangentenschnittwinkels 2T liegenden Mittelpunkt O mit den Halbmessern Qi =

a+ b a-b . t a n r ; q2 = 2

(5.28)

Für die in Cj und C 2 eingetragenen Zentriwinkel 2y und 2S der beiden Bogenstücke AS und SE entnimmt man der Abb. 5.20 tany = — — — ; tan3-System gegebenen Koordinaten des Punktes 6 der Wendeklothoide in das *i>vSystem nach [Band II, 4.2.1]. Die Punkte 5 und 7 sind in beiden Koordinatensystemen identische Punkte. Damit ist auch der Richtungswinkel der Wendetangente im übergeordneten Koordinatensystem gegeben.

5.2 Ingenieurgeodätische Arbeiten bei Verkehrsanlagen

5.2.4.6

181

Klothoidenkleinpunkte

(1) Berechnung von Kleinpunkten bei Krümmungszunahme Gegeben sind die Stationen L0 des Klothoidenursprungs, der Klothoidenparameter A, die Koordinaten des Klothoidenursprungs x0, y0 im Festpunktfeld, der Richtungswinkel q> der Tangente und die Station Lt eines Klothoidenkleinpunktes (Abb. 5.30).

X

• X

Abb. 5.30. Kleinpunktberechnung bei Klothoiden mit Krümmungszunahme

Die Berechnungen umfassen folgende Schritte: 1. Berechnung der Bogenlänge der Station für die Einheitsklothoide und T; L, - ¿o _ . _ lf 200 A " Ti 2 n 2. Berechnung der Stationskoordinaten der Station L{ in bezug auf die Tangente der Klothoide

182

5. Ingenieurgeodäsie

3. Transformation der Koordinaten in das Festpunktfeld nach [Band II; 4.2.1]:

übergeordnete

xt = x0 + Xj cos q> — Yi sin q>, yt = y0 + Xi sin