Vereinsstrafen im deutschen, englischen, französischen und schweizerischen Recht: Insbesondere im Hinblick auf die Sanktionsbefugnisse von Sportverbänden [1 ed.] 9783428511693, 9783428111695

Hochprofessioneller Spitzensport wird "global" betrieben, seine Rechtsgrundlagen liegen hingegen im nationalen

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German Pages 246 [247] Year 2003

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Vereinsstrafen im deutschen, englischen, französischen und schweizerischen Recht: Insbesondere im Hinblick auf die Sanktionsbefugnisse von Sportverbänden [1 ed.]
 9783428511693, 9783428111695

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STEFFEN KRIEGER

Vereins strafen im deutschen, englischen, französischen und schweizerischen Recht

Beiträge zum Sportrecht Herausgegeben von Kristian Kühl, Peter J. Tettinger und Klaus Vieweg

Band 13

Vereinsstrafen im deutschen, englischen, französischen und schweizerischen Recht Insbesondere im Hinblick auf die Sanktions befugnisse von Sportverbänden

Von Steffen Krieger

Duncker & Humblot . Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen hat diese Arbeit im Jahre 2002 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über < http://dnb.ddb.de> abrufbar.

D 21

Alle Rechte vorbehalten

© 2003 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Druck: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 1435-7925 ISBN 3-428-11169-9 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 €I

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2002 von der Juristischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen als Dissertation angenommen. Die Untersuchung wurde bereits im September 2001 abgeschlossen. Rechtsprechung und Literatur konnten jedoch weitgehend bis Dezember 2002 berücksichtigt werden. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Burkhard Heß, der nicht nur die Anregung zu der rechts vergleichenden Thematik der Arbeit gegeben hat, sondern auch immer ein freundlicher und bereitwilliger Betreuer des Promotionsvorhabens war. Danken möchte ich ferner Herrn Prof. Dr. Hans-Jürgen Kerner. Er hat mich in meinem Entschluss zu diesem Vorhaben bestärkt und war insbesondere in den "schwierigen Anfangstagen" ein stets hilfsbereiter Ansprechpartner. Außerdem danke ich ihm für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Sehr verbunden bin ich Herrn Prof. Dr. Ulrich Weber, der mir durch die Aufnahme an seinen Lehrstuhl wertvolle Einblicke in wissenschaftliches Arbeiten gewährt hat, und seinem Nachfolger, Herrn Prof. Dr. Joachim Vogel, der mir im Rahmen meiner Tätigkeit an seinem Lehrstuhl durch zahlreiche Diskussionen Freude an der wissenschaftlichen Auseinandersetzung vermittelt hat. Herrn Prof. Dr. Klaus Vieweg, Herrn Prof. Dr. Dr. Kristian Kühl und Herrn Prof. Dr. Peter J. Tettinger danke ich für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe "Beiträge zum Sportrecht". Dank schulde ich nicht zuletzt meiner Lebensgefährtin Frau Katrin Budde und Herrn Frank Fad für die kritische Durchsicht der Arbeit, sowie meiner Lebensgefährtin und meinen Eltern für die unablässige Unterstützung nicht nur während der Zeit der Bearbeitung der Dissertation. Tübingen, im November 2003

Steffen Krieger

Inhaltsverzeichnis § 1 Problemstellung.............. . . . . . ........... .... ... .. . .. .. .... ..... .... ... .. ....

21

A. Einleitung ........ . . . ...... . . . . . ...... . ..... . . . .... . . . .... . . . ..................

21

B. Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

C. Zum Gang der Untersuchung ........................................ . .........

28

§ 2 Die Verbandsstrafgewalt im Bereich des Sports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

A. Die Strafgewalt der Sportverbände nach deutschem und schweizerischem

Recht..........................................................................

30

I. Reichweite der Verbandsstrafgewalt .......................................

33

l. Satzungsrechtliche Lösung ............... .. . . .... ... ....... .. ...........

34

b) Doppelmitgliedschaft ................................................

34

b) Statutarische Bindung durch Doppelverankerung ....................

35

2. Vertragsrechtliche Lösung ..............................................

40

a) Nominierung ........................................................

40

b) Konkludente Unterwerfung durch Benutzung von Verbandseinrichtungen ..............................................................

42

c) Athletenvereinbarung, Lizenzvertrag ................................

43

3. Lösung zur Erlangung einer möglichst lückenlosen Erfassung aller Teilnehmer am Sport. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

II. Die rechtliche Einordnung der Verbandsstrafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

l. Die Vereinsstrafe als Vertragsstrafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . .. . .. .

51

2. Die Vereinsstrafe als autonomer Selbstverwaltungsakt des Vereins. . . . . . .

52

3. Stellungnahme ..........................................................

54

a) Die herkömmliche Unterscheidung zwischen Strafen und anderen Ordnungsmitteln ....................................................

55

b) Verschwimmen der Grenzen zwischen Strafen und anderen Ordnungsmitteln ........................................................

56

aa) Beispiel Schmerzensgeld .............................. . ........

57

bb) Die Verbandsstrafe . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . .. .. . . .. . . . . .. . . .

60

10

Inhaltsverzeichnis B. Die Strafgewalt der Sportverbände nach englischem Recht . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . .

63

I. Vertrag als Grundlage der Vereinsstrafgewalt .. ..... . ... . .... .. .... ..... ...

64

11. Erstreckung der Verbandsstrafgewalt auf Nichtmitglieder ......... .. . ......

66

C. Die Strafgewalt der Sportverbände nach französischem Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

I. Die Organisation des Sports in Frankreich . .. .. .. . .. . ... . ... . ......... . .. . .

70

11. Die Erstreckung der Strafgewalt der französischen Sportverbände auf Einze\sportler . . ........................ .. ......... ........... ....... .... ..... .

72

III. Die Rechtsnatur der Verbandsstrafen im Bereich des Sports . . ........ .. ....

73

IV. Praktische Auswirkungen auf den Rechtsweg . ... ... . ... . . . .. ... .. .. . ... . . .

77

1. Sanktionen einer federation agreee .. .. .. .. .. ..... . ... . . . . . ..... . . . . . . . . .

78

2. Sanktionen einer federation delegataire ................. . ....... . .......

78

3. Sanktionen eines internationalen Sportverbands . ... . ... . ...... . .. .. .. .. .

79

D. Verhältnis zwischen Verbandsstrafgewalt und staatlicher Strafgewalt. ... ... . . . .

81

§ 3 Die Grenzen der Verbandsstrafgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

A. Die gerichtliche Kontrolle von Verbandssanktionen nach englischem Recht . ...

85

I. Nachprüfungsausschluß: trivial occasion - property right? . . . ... .. ... . .....

85

11. Traditioneller Umfang gerichtlicher Nachprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . .

88

1. Kein Verstoß gegen die rules of the club. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

2. Entscheidung in good faith ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

3. Kein Verstoß gegen die Grundsätze der natural justice . . . . . ... .... . . .. .. .

90

a) Das Verbot des Richters in eigener Sache ..... . ..... ...... . ... . .... . .

90

b) Das Gebot audi alteram partem ................................ .. . . ..

91

III. Fortentwicklung der Rechtsprechung zur Nachprüfung von Verbandssanktionen .... .. .. .. ... . . . ... . ... . ... .. .. . ... .. .. .. ... . ... . . . .. .. ... .. ... .... . .

93

1. Beschränkung der Anwendbarkeit der natural justice? . . . . ... . ... .. .. . ...

93

2. Ausschließbarkeit der natural justice?

94

3. Überprüfung der Tatsachenermittlung

95

4. Umfang der inhaltlichen Nachprüfung der Vereinsmaßnahme .. . . . ......

96

a) Die Intensität inhaltlicher Nachprüfung bei social clubs . . . . . . . . . . . . . .

97

b) Die Intensität inhaltlicher Nachprüfung bei Monopolvereinen . . . .....

97

aa) Erweiterung des traditionellen Nachprüfungsumfangs .. ... .. . . . .

97

bb) Ergänzung der Nachprüfung durch die Lehre der restraint of trade . .. .. . . ... .. . . . .... . .. ... ... .... . . ... ... .. . ..... . .. . . . .. . . . . 100

Inhaltsverzeichnis

11

B. Die gerichtliche Kontrolle von Verbandssanktionen nach schweizerischem Recht .......................................................................... 103 I. Nachprüfungsausschluß: Spielregel- Rechtsregel? ... . ............... . .... 104

11. Nachprüfung eines Vereinsausschlusses . .. . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 1. Die Kontrolle der formellen Rechtmäßigkeit eines Ausschließungsbeschlusses nach Art. 72 11 ZGB ........................................ 110 2. Die Kontrolle der materiellen Rechtmäßigkeit eines Ausschließungsbeschlusses nach Art. 72 11 ZGB ........................................

111

a) Die Anfechtung einer Ausschließung wegen Rechtsrnißbrauch . . . . . . . 111 b) Die Anfechtung einer Ausschließung aus einern Monopolverband '" III. Nachprüfung der Verhängung einer sonstigen Sanktion ....................

115 117

C. Die gerichtliche Kontrolle von Verbandssanktionen nach französischem Recht 121 I. Nachprüfungsausschluß: regles techniques dujeu .......................... 122

11. Überprüfung der formellen Rechtmäßigkeit einer Verbandssanktion ........ 124 1. Zuständigkeit des die Sanktion verhängenden Verbandsorgans ........... 124 2. Einhaltung des vorgeschriebenen Verfahrens ................. . .......... 125 3. Wahrung der vorgeschriebenen Form. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 III. Überprüfung der materiellen Rechtmäßigkeit einer Sanktion ......... . ..... 127 1. Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze ................................. 127 2. Zutreffende Tatsachenermittlung durch das zuständige Verbandsorgan ... 128 3. Rechtsfehlerhafte Entscheidung......................................... 128 a) Nachprüfung der Subsumtion........................................ 128 b) Nachprüfung der konkreten Straffestsetzung ...................... . .. 129 D. Die gerichtliche Kontrolle von Verbandssanktionen nach deutschem Recht. . . .. 133 I. Nachprüfungsausschluß im Bereich des Sports? ............................ 133 11. Die Überprüfung der Sanktionen eines Vereins ohne Monopolstellung oder "Normalvereins" .......................................................... 139 1. Grundlage in der Satzung ................. . . . ...... . ...... . . . ........... 139 2. Verfabrensrechtliche Kontrolle .......................................... 140 3. Inhaltliche Kontrolle. . . . . . . . . . . . . . ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 142 a) Tatsachenkontrolle ....... . ............ . .... . . . ...... . . . .... . ........ 142 b) Subsumtionskontrolle .... . ................. . ........ . ...... . ........ 143 c) Ausübungskontrolle ................. . ...... . . . ...... . ...... . .... . ... 144

12

Inhaltsverzeichnis

HI. Die Überprüfung der Sanktionen eines Monopolvereins oder eines Vereins mit überragender Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich 147 1. Inhaltskontrolle ............... .. .... .. .... ... ... ... ... . . . ... .. ....... . .. 147

2. Erweiterung der Subsumtionskontrolle .... .. ..... . . . ...... . ....... ... . .. 151 3. Ausübungskontrolle . .. .. .. ... .. ... . . .. . ... . .... .. .. . . .... .. .... .. . . . . . "

151

a) Intensivierung der Nachprüfung. ... . . .. .. . . ......... . ........ . . .. ... 151 b) Anwendung kartellrechtlicher Grenzen. . ..... .. ............... ... ... 153 4. Prüfungsumfang bei der Sanktionierung von Nichtmitgliedern durch Sportverbände . ... ... . . . ... ........ . ............ . ..... .. ... ... .. . ....... 156 E. Zusammenschau ...................... .. .... . . . .. . . . ..... . ....... . . . . . .. .... ... 160 I. Partieller Nachprüfungsausschluß? ...... . . . .......... . .......... . .... .. . .. 160

H. Nachprüfungsumfang . ... .... . ................................... . ...... . .. 162 I. Die Kontrolle von Disziplinarmaßnahmen eines Normalvereins .. . .. . ... 162 2. Die Kontrolle von Disziplinarmaßnahmen eines Monopolverbandes oder eines Vereins mit überragender Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich . . . . .. .. .. . ... . . . . . ..... .. ... ... . . . .... .. .. . .. . . . . . .. . .. 164 § 4 Wege zur Vereinheitlichung des Rechts der Verbandsstrafe im Sport. . .. . . . . .. 165

A. Unterschiedliche rechtliche Gestaltung - einheitliche Ergebnisse? .. .. .. . .. .. ... 165 I. Die Nachprüfung des Sanktionsverfahrens eines Sportverbandes in verfahrensrechtlicher Hinsicht ..... . ... ... ... ... ... . . . .... . . ... .... ... .. .. .... ... 165

11. Die Nachprüfung des Sanktionsverfahrens eines Sportverbandes in materiellrechtlicher Hinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . ... . . . . . . .. 167 1. Die Kontrolle der Tatsachenfeststellung durch das Disziplinarorgan .. . .. 167 2. Die Inhaltskontrolle der Verbandsregelwerke . ... . . . ... ... ... ... ......... 167 3. Die Subsumtionskontrolle im Hinblick auf die Bestimmung tatbestandlichen Verhaltens .. . . . .. . ... . .... . . . ... ... .... . .... . ... . .... .. ... . ... . . .. . 168 4. Die Ausübungskontrolle im Hinblick auf die konkrete Straffestsetzung .. 169 B. Bedarf an einer einheitlichen Sportrechtsordnung ... .... . ...... . ..... . .. .... ... 172 I. Theoretische Voraussetzungen sportlichen Wettkampfes .......... . . .... ... 172

H. Der Geltungsvorbehalt staatlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 172 III. Verselbständigung des Rechts des Sports. . . . .. . . . . . . . . .. .. . .. . . . . . . . . . . . . . . 174 C. Schaffung einer internationalen Sportschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

I. Die Rolle des TAS .. . .... . ... . . . . . . ... .. . . ....... . ... ... . ... .. ... .. . . . .. .. . 179

Inhaltsverzeichnis

13

II. Zulässigkeit des Ausschlusses des Rechtswegs durch Schiedsvereinbarungen ................................... . . . .. ... . .. ......... . . ... ... . .... . . .. 180 1. Schiedsvereinbarungen nach schweizerischem Recht . .. . .. ........... .. . 180 a) Zu1ässigkeit einer satzungsmäßigen Schiedsvereinbarung ..... .. .. .. . 181 b) Wirkung einer zulässigen Schiedsvereinbarung

182

2. Schiedsvereinbarungen nach französi schem Recht

182

a) Disziplinarstreitigkeiten der internationalen Sportverbände ........ .. 183 aa) Grundsätzliche Zulässigkeit einer Schiedsvereinbarung? ... . .... 183 bb) Zulässigkeit einer satzungs mäßigen Schiedsvereinbarung ... .... 184 cc) Wirkung einer zulässigen Schiedsvereinbarung . .. . ... . .. ....... 184 b) Disziplinarstreitigkeiten im Bereich der nationalen Sportausübung: Verfahren der conci1iation . ... . ..... . .. .. .. . .. . .... ... .. ..... . .. .. . . . 185 3. Schiedsvereinbarungen nach englischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 186 a) Zulässigkeit einer satzungsmäßigen Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . 187 b) Wirkung einer zulässigen Schiedsvereinbarung ...... ......... ... . ... 187 4. Schiedsvereinbarungen nach deutschem Recht .. . .. .... .. .. ....... . . . ... 188 a) Zu lässigkeit einer satzungsmäßigen Schiedsvereinbarung ... . . . . . . . . . 188 aa) Schriftformerfordernis: § 1031 ZPO . .. .. . ..... . ... .. . .. ... . .... 188 bb) Sittenwidrigkeit: § 138 BGB .. .. . .. .. .. .. . ..... . . .. ... . ..... . ... 189 (I) Bei nachträglicher Aufnahme einer Schiedsklausel in die

Vereinssatzung .. .. . ... . .. . . . .. . ... .. .. . . . ... .... . ... . .. .. . . 189 (2) Bei Vereinsbeitritt im Zeitpunkt des Bestehens einer Schiedsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 b) Wirkung einer zulässigen Schiedsvereinbarung .. ..... . . ... .. . . . .. . .. 192 IlI. Die Überprüfung schiedsgerichtlicher Entscheidungen im Bereich des Sports durch staatliche Gerichte ... ... . . . .. .. .. . .. .. . ...... . . ...... . . .. . . .. 193 1. Wege zur Nachprüfung eines Schiedsspruches durch ein staatliches Ge-

richt .. .. . .... . . . . .......... ......... . . .. . .. .. . .. . ...... ....... .......... 193

2. Der Umfang der gerichtlichen Nachprüfung im einzelnen .. . . . .. .. . ... .. 196 a) Art. 190 II lit. a IPRG: vorschriftswidrige Bestellung . ... .. .. .. ... . . . 196 b) Art. 190 II lit. b IPRG: Unzuständigkeit des Schiedsgerichts für den konkreten Rechtsstreit und Art. 190 II lit. c IPRG: Entscheidungen ultra oder infra petita .... ....... .. . .... . ... . . ....... . . ... .. .. ........ 196 c) Art. 190 II lit. d IPRG: Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Parteien oder des rechtlichen Gehörs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 d) Art. 190 II lit. e IPRG: Verletzung des ordre public ... . .............. 200 aa) Die Maßstäbe für die Bestimmung des ordre public-Vorbehaltes 200

14

Inhaltsverzeichnis bb) Der Inhalt des ordre pubJic international

202

(1) Der verfahrensrechtliche ordre public . .... . .... . .... . . . . .... 203

(2) Der materielle ordre public ...... . . . . . .... . ..... . ... .. ... .. . 204 e) Von Art. 190 11 IPRG abweichende Maßstäbe zur Überprüfung von Schiedssprüchen in den Schiedsverfahrensrechten der untersuchten Rechtsordnungen ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 aa) Kontrolle am Maßstab des Art. V UNÜ . ... . ... . .. . .. . ... .. .... . 208 bb) Der Kontrollmaßstab nach Maßgabe der anderen Schiedsrechte 208 3. Vergleich zur Kontrollintensität gegenüber sportgerichtlichen Entscheidungen .......... ... ................................. . ............. ...... 209 D. Kollisionsrechtliche Geltung des internationalen Rechts des Sports .... ... .. ... . 212 I. Das anwendbare Recht in Verfahren gegen internationale Sportverbände.. . 212

1. Vorrang einer parteiautonomen Rechtswahl .... ........ ................. 212 2. Das Personalstatut eines internationalen Sportverbandes . . . . . . . . . . . . . . . .. 214 3. Das Vertragsstatut im Verhältnis zwischen Athlet und Sportverband . ... . 216 11. Die Existenz einer lex sportiva...................... .. .................. .. . 218 III. Die Zulässigkeit einer partei autonomen Rechtswahl der lex sportiva ....... 222

Literaturverzeichnis . . . . . . . .. . . . .. . . .. . . . . . . . .. . . . . . . . .. . . . .. . . .. . . . .. . . . .. . . . . . . . . . .. 226 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . . . . .. . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 244

Abkürzungsverzeichnis a.A. a. a. O.

andere Ansicht

AC

Law Reports, Appeal Cases

am angegebenen Ort

AcP

Archiv für die civilistische Praxis

a.F. AG AG AGBG

alte(r) Fassung

AlBA

Association Internationale de Boxe Amateur

Aktiengesellschaft Amtsgericht Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz)

AJDA

Actualite juridique - droit administratif

AktG

Aktiengesetz

All ER

All England Law Reports

All ER Rev.

The All England Law Reports Annual Review

Anm.

Anmerkung

ArbAct 1996

Arbitration Act 1996

Art.

Artikel

AT

Allgemeiner Teil

AZ.

Aktenzeichen

BAF

British Athletic Federation

BAWLA

British Amateur Weightlifters' Association

Begr.

Begründer

BeK

Berner Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht

BG

Schweizerisches Bundesgericht

BGB

Deutsches Bürgerliches Gesetzbuch

BGE

Entscheidungssammlung der Entscheidungen des schweizerischen Bundesgerichts

BGH

Deutscher Bundesgerichtshof

BGHSt

Entscheidungssammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen

BGHZ

Entscheidungssammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BOA

British Olympic Association

bspw.

beispielsweise

BT-Drs.

Verhandlungen des Deutschen Bundestages, Drucksachen

16 BVerfGE BVerwGE C.A. CAS Cass. CC C.E. Ch.D. chr. C1Q CMLR CNOSF c. sante pub\. D.

DEB DEL ders. DFB dies. Diss. DLV doctr. Dr. soc. DSB DStR DZWir EGBGB EGV Ein\. EU EuGH EuGVÜ

EuSchVÜ EuZW EWiR F.A. FAZ FEI

Abkürzungsverzeichnis Entscheidungssammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Entscheidungssammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Court of Appeal Court of Arbitration for Sport, siehe auch TAS Cour de Cassation Code Civil Conseil d' Etat Law Reports, Chancery Division chronique Civil lustice Quarterly Common Market Law Reports Corni te national olympique et sportif fran"ais Code de la Sante Publique Recueil Dalloz de doctrine, de jurisprudence et de legislation Deutscher Eishockeybund Deutsche Eishockey Liga Betriebs GmbH derselbe Deutscher Fußball bund dieselbe(n) Dissertation Deutscher Leichtathletik Verband doctrine Droit social Deutscher Sportbund Deutsches Steuerrecht Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Einführungsgesetz zum Deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch Vertrag der Europäischen Gemeinschaften Einleitung Europäische Union Europäischer Gerichtshof Brüsseler EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilund Handelssachen vom 27. 9. 1968 Römisches EWG-Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19.6. 1980 Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Football Association Frankfurter Allgemeine Zeitung Federation Equestre Internationale

Abkürzungsverzeichnis

FFS FIBA FIFA

FIS

Federation Franc,;aise de Ski Federation Internationale de Basketball Amateur Federation Internationale de Football Association

Fn.

Federation Internationale de Ski Fußnote

FS Gaz. Pal.

Festschrift Gazette du Palais

GG GWB

Deutsches Grundgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Habilitationsschrift

Habil. Hrsg. IAAF ICC ICSID IIHF info rap. IOC

17

Herausgeber International Amateur Athletic Federation International Chamber of Commerce International Centre for Settlement of Investment Disputes International Ice Hockey Federation informations rapides

IPR

International Olympic Commitee Internationales Privatrecht

IPRax IPRG i.S.v.

Schweizerisches Bundesgesetz über das internationale Privatrecht im Sinne von

ITF i.Y.m.

Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts

International Tennis Federation in Verbindung mit

JR jur. JuS JW

Juristische Rundschau jurisprudence

JZ

Juristenzeitung Law Reports, King's Bench Division Kommentar lateinisch

KB Komm. la!. LG LM LREq. LugÜ

MDR Mio. MLR m.N.

Juristische Schulung Juristische Wochenschrift

Landgericht Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs Law Reports, Equity Cases inc1uding bankruptcy cases Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16.9. 1988 Monatsschrift für Deutsches Recht Millionen The Modem Law Review

MüKo

mit Nachweisen Münchener Kommentar

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

2 Krieger

18

Abkürzungsverzeichnis

Nada

Nationale Antidoping-Agentur

NCPC

Nouveau Code de procedure civile

NGRC

National Greyhound Racing Club Ltd.

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NJW-RR

NJW-Rechtsprechungsreport Zivilrecht

NOK

Nationales Olympisches Komitee

Nr.

Nummer

NZG

Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht

NZZ

Neue Zürcher Zeitung

OLG

Oberlandesgericht

OR

Schweizerisches Obligationenrecht

PHB Sportrecht

Praxishandbuch Sportrecht

QB

Law Reports, Queen's Bench Division

Rdnr.

Randnummer

Rec.

Recueil des decisions du Conseil d'Etat

Rev. arb.

Revue de I'arbitrage

Rev. crit.

Revue critique de droit international prive

RG

Deutsches Reichsgericht

RGZ

Entscheidungssammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

Riv. dir. sport.

Rivista di diritto sportivo

RIW

Recht der internationalen Wirtschaft

s.

section

S.

Seite

S.

Recueil General des Lois et des Arrets Sirey

SchiedsVfG

Gesetz zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts

SchKonk

Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit

seil.

scilicet

SFV

Schweizerischer Fußballverband

SJZ

Schweizerische Juristenzeitung

SLS

Schweizerischer Landesverband für Sport

SLT

Scots Law Times

SLV

Schweizerischer Leichtathletikverband

SOC

Schweizerisches Olympisches Comite

sog.

sogenannte

som.

sommaires

SOV

Schweizerischer Olympischer Verband

SpuRt

Zeitschrift für Sport und Recht

StGB

Strafgesetzbuch

st. Rspr.

ständige Rechtsprechung

SVBV

Schweizerischer Volleyballverband

SZ

Süddeutsche Zeitung

Abkürzungsverzeichnis SZStr TA TAS TGI TLR Trib. ConfI. TVG UCI UEFA UmwG Univ. UNÜ Urt. v. v. VersR vg!. Wada WFV WLR

WM

WRP WuW WuW/EBGH WuW/EDE-R

z. B. ZfA ZGB ZGR ZIP zit. ZPO ZSR ZStW zug!. ZZPInt

19

Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht Tribunal administratif Tribunal Arbitral du Sport, siehe auch CAS Tribunal de Grande Instance Times Law Reports Tribunal des Conflits Tarifvertragsgesetz Union Cycliste Internationale Union des Associations Europeennes de Football Umwandlungsgesetz Universität New Yorker UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. 6. 1958 Urteil versus vom Versicherungsrecht vergleiche Welt-Antidoping-Agentur Württembergischer Fußballverband Weekly Law Reports Wertpapiermitteilungen Wettbewerb in Recht und Praxis Wirtschaft und Wettbewerb WuW, Entscheidungssammlung des BGH WuW, Entscheidungssammlung deutsche Rechtsprechung zum Beispiel Zeitschrift für Arbeitsrecht Schweizerisches Zivilgesetzbuch Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert Zi vilprozeßordnung Zeitschrift für schweizerisches Recht Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft zugleich Zeitschrift für Zivilprozeß International

§ 1 Problemstellung A. Einleitung "Citius, Altius, Fortius" - schneller, höher, weiter. Der olympische Wahlspruch I bringt - in aller Deutlichkeit - zum Ausdruck, welcher Ehrgeiz Athleten in aller Welt antreibt, ihre Kräfte zu messen und ihre eigene Leistungsfähigkeit zu steigern. Dagegen mutet die Ziel vorgabe der olympischen Bewegung, die Welt mit Hilfe des Sports zu einen und Frieden zu stiften, "eines Sports, der, auf jede Form der Diskriminierung verzichtend und in olympischem Geiste ausgeübt, gegenseitiges Verstehen, den Geist der Freundschaft, Solidarität und Fair play erfordert,,2, illusorisch an. Insbesondere im Falle der Anwendung verbotener, leistungs steigernder Substanzen oder Methoden, dem sogenannten Doping3 , geraten diese beiden Grundsätze der olympischen Bewegung zunehmend in Konflikt. Welche Bedeutung, welches Selbstverständnis hat der Sport, wenn Athleten Anabolika zu sich nehmen, um schneller zu sprinten, um höher zu springen oder um den Diskus weiter zu schleudern? Die Aktualität dieses Problems vergegenwärtigt sich bei nahezu jeder morgendlichen Zeitungslektüre. Krabbe, Johnson, Sotomayor, Christie, Ottey, Pippig, MitchelI, Baumann, Hunter, Balzer - allesamt Namen prominenter Leichtathleten, die unter Dopingverdacht geraten sind4 . Doping in einem Sport, der Beispiel für die Jugend sein, der den Geist von "Freundschaft, Solidarität und Fair play" atmen soll? Das Internationale Olympische Komitee (IOC) und mit ihm alle im Sport tätigen Organisationen sind berufen, für einen "sauberen Sport" einzutreten. Als Mittel im "Kampf gegen Doping,,5 dienen ihnen dabei in erster Linie Strafen6 . Je höher die Regel 14 der Olympischen Charta. Grundlegendes Prinzip des Olympismus gemäß Nr. 6 Präambel der Olympischen Charta. 3 Vgl. beispielhaft die Definition des Dopings in Art. 4 Nr. I der Anti-Doping Examination Regulations des Internationalen Radsportverbandes UCI v. I. 7. 2001, im Internet: www.uci.ch. 4 Vgl. auch die beispielhafte Schilderung von zehn aktuellen Dopingfällen aus der deutschen Leichtathletik bei Prokop, Grenzen der Dopingverbote, S. 65 ff. 5 Helmut Digel, Präsident des DLV, zit. nach Süddeutsche Zeitung (SZ) v. 19. 9. 2000, S. 41. I

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§ I Problemstellung

Strafdrohung, desto größer werden die Aussichten einer erfolgreichen Bekämpfung des Dopingmißbrauchs eingeschätzt7 . Typische Verbandsreaktionen auf den Mißbrauch von Dopingmitteln bilden dabei die Suspendierung des Sportlers und die Verhängung einer - zumeist zeitlich befristeten - Wettkampfsperre8 . Daneben gehören aber auch beispielsweise Verwarnung, Verweis, Geldbuße, Verlust einer Ämterbekleidung, Punkteabzug, Disqualifikation, Ausschluß vom Verein oder Verband zum Sanktionsinstrumentarium9 von Sportvereinen und -verbänden 10.

Im Februar 1999 traten die Verantwortlichen aus Sport und Politik zusammen, zur "Weltkonferenz gegen Doping" in Lausanne. Das Ergebnis blieb ernüchternd. Mit einem 6-Punkte-Plan gegen Doping, der "Lausanner Deklaration"ll, die die Schaffung einer Internationalen Antidoping-Agentur vorsieht und eine mit zahlreichen Ausnahmeregelungen relativierte Mindeststrafdrohung von 2 Jahren Wettkampfsperre schon für Ersttäter enthält, blieb der Gipfel weit hinter den in der internationalen Öffentlichkeit gehegten Erwartungen zurück 12. Dennoch brachte der Gipfel in Lausanne das Thema der Verhängung von Sanktionen gegen Sportler durch Sportvereine und -verbände auf die Seiten der internationalen Presse und gab damit auch den Anstoß zu dieser Untersuchung. Wie nämlich lassen sich solche Maßnahmen in einem Verhältnis unter Privaten rechtfertigen? Welche rechtlichen Möglichkeiten bleiben dem von einer Sanktion betroffenen Sportler? Inwieweit und mit welchem Erfolg kann er gerichtlichen Rechtsschutz erlangen?

6 Neben Sanktionen der Sportverbände werden teilweise auch staatliche Kriminalstrafen zur Bekämpfung des Dopings eingesetzt, so beispielsweise in Frankreich - Art. L 3633-1 ff. c. sante pub!. - oder ihr Einsatz erwogen, so nunmehr auch in Deutschland - vg!. Pressenotiz in der SZ v. 6. 7. 2001 , S. 37, wonach die Bundesregierung den Bundestags-Sportausschuß mit dem Entwurf eines deutschen Anti-Doping-Strafgesetzes beauftragt hat. Zu Bedenken hierzu vg!. unten, § 3 Fn. 376. 7 Ion Tiriac, Präsident des Nationalen Olympischen Komitees von Rumänien: "lch bin für lebenslänglich ... Einen Bankräuber bestraft man auch nicht mit nur zwei Jahren Gefängnis. Der Sport muß absolut sauber bleiben."; zit. nach Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) v. 3. 2. 99, S. 38. Kritisch hierzu Seitz, NJW 2002, 2839 f. 8 Überblicke über die Regelungen internationaler Sportverbände zur Bekämpfung des Dopings bei Spindler/ Fritzweiler; in: Fritzweiler; Doping, S. 133 ff., und (tabellarisch geordnet) bei Siekmann, in: Röhricht I Vieweg, Doping-Forum, S. 33 f. 9 Vg!. beispielhaft § 45 der DFB-Statuten; eine Zusammenstellung gängiger "Sportsanktionen" findet sich auch bei Summerer; PHB Sportrecht, 2. Teil Rdnr. 172. 10 Mittels dieses Instrumentariums versuchen Sportvereine nicht nur dem Dopingmißbrauch Herr zu werden. Vereinsstrafen bilden allgemein das Mittel zur Aufrechterhaltung der gruppeninternen Ordnung eines Vereins, vg!. etwa Meyer-Cording, Vereinsstrafe, S. 29 f. ll Abgedruckt in Röhricht / Vieweg, Doping-Forum, S. 151 ff. 12 Vg!. beispielsweise die in FAZ v. 5. 2. 1999, S. 38 abgedruckten Äußerungen von Tony Banks (britischer Sportminister): "lch erkläre im Namen meiner Regierung, daß wir mit der Erklärung von Lausanne nicht einverstanden sind." und Peter Struck (SPD-Fraktionschef im Deutschen Bundestag): "Diese Entscheidung ist ein Armutszeugnis."

B. Fallbeispiele

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Ihre besondere Brisanz erlangen diese Probleme durch zwei den Sport bestimmende Aspekte. Erstens seine Internationalität 13 , denn ein sportlicher Wettkampf setzt zwingend voraus, daß alle Teilnehmer die gleichen Bedingungen haben. Man spricht von Chancengleichheit. Diese ist aber nur dann gegeben, wenn Strafen international gleiche Wirkung haben, was wiederum verlangt, daß die gerichtliche Nachprüfung von Vereinssanktionen einen international einheitlichen Beurteilungsmaßstab zugrundelegen müßte. Zweitens wird der Sport in zunehmendem Maße von wirtschaftlichen Interessen bestimmt 14. Das heißt, die gleiche Behandlung der Sportler ist nicht mehr nur ein Gebot der sportlichen Fairness, sondern sie wird mehr und mehr zu einer Frage von finanziellen Interessen und wirtschaftlicher Existenz. Durch diese maßgeblichen Faktoren ist der Bereich des internationalen Sports als Gegenstand einer juristischen Untersuchung von besonderem Interesse. Denn die Internationalität sportlichen Wettkampfes erfordert einen internationalen Vergleich der rechtlichen Lösungen in den verschiedenen Rechtsordnungen. In Verbindung mit der anhaltenden Steigerung der wirtschaftlichen Bedeutung der Teilnahme am Sport für den Einzelnen macht dies den Bereich des internationalen Sports zu einem besonders anschaulichen und interessanten Beispiel für eine rechtswissenschaftliche Untersuchung des Phänomens der Vereinsstrafe. Ein Beispiel, das zudem die Vorteile eines großen praktischen (Nachhol-)15Bedarfs an rechtswissenschaftlicher Forschung und - wie gezeigt - großer Aktualität besitzt.

B. Fallbeispiele Die Verschärfung des Konflikts zwischen individuellen Rechten der Sportler und übergeordneten Verbandsinteressen durch die zunehmende Kommerzialisierung und Professionalisierung des Sports hat in letzter Zeit einen starken Anstieg gerichtlicher Entscheidungen verursacht 16. Kernpunkt dieser Entscheidungen bildet regelmäßig die Frage, ob und inwieweit die Verbandsentscheidung gericht13 Symbolisiert durch das Olympische Symbol, die fünf ineinander verschlungenen Ringe. Regel 12 Nr. 3 der Olympischen Charta: "Das olympische Symbol stellt die Vereinigung der fünf Kontinente und die Zusammenkunft der Athleten der ganzen Welt bei den Olympischen Spielen dar." 14 Zur wachsenden Kommerzialisierung des Sports bspw. Raupach, in: Führungs- und Verwaltungsakademie des DSB, Profigesellschaften, S. 6 ff. 15 Das "Sportrecht" ist in Deutschland erst seit den 60er Jahren zum Gegenstand juristischen Interesses und damit zum Thema rechtswissenschaftlicher Abhandlungen geworden. Zu dem Begriff des Sportrechts und zu den Anfängen sportrechtlicher Forschung vgl. Pfister, PHB Sportrecht, Ein!. Rdnr. 6 ff. 16 Vg!. Buchberger, SpuRt 1996, 122. Schickhardt, in: Justizministerium Baden-Württemberg, Sport und Recht, S. 76, zu Folge beschäftigen ca. 850.000 Fälle jährlich die Sportgerichte der deutschen Sportverbände, von denen "ein paar dutzend Fälle" pro Jahr (S. 78) vor die ordentliche Gerichtsbarkeit gelangen.

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§ I Problemstellung

licher Kontrolle zugänglich ist, inwieweit sich also der staatliche Richter als Wahrer individueller Interessen an die Stelle von Verbandsgerichten setzen darf. Die Problematik zeigt sich anschaulich in folgendem aktuellen Fallbeispiel Nr. 1 - Fall Diane Modahl: Die britische 800-Meter-Läuferin Diane Modahl wurde am 18. 6. 1994 anläßlich ihrer Teilnahme an einem internationalen Leichtathletiktreffen in Lissabon, das von dem nationalen portugiesischen Leichtathletikverband veranstaltet wurde, einem Dopingtest unterzogen. In der ihr entnommenen Urinprobe wurde ein erhöhter Testosteronwert festgestellt, der durch die B-Probe bestätigt wurde. Gemäß den Regeln des nationalen Britischen Leichtathletik Verbandes BAF wurde die Athletin, die im Jahr 1977 anläßlich ihres Beitritts zu einem Sportverein in Manchester eine Erklärung unterzeichnet hatte, die einen Verweis auf das Regelwerk der BAF enthielt, zunächst suspendiert. Am 13. 12. 1994 verhängte der Disziplinarausschuß der BAF (BAF Disciplinary Committee) eine Sperre gegen Diane Modahl für die Teilnahme an Wettkämpfen für die Dauer von vier Jahren. Die Sperre wurde jedoch am 25.7. 1995 - mehr als sieben Monate nach Verhängung der Sperre! - von der Berufungsinstanz im verbandsinternen Verfahren (BAF Independent Appeal Panel) wieder aufgehoben, da nicht ausgeschlossen werden konnte, daß die Überhöhung der Werte nicht auf eine Einnahme von unerlaubten Medikamenten durch die Athletin, sondern auf eine unsachgemäße Lagerung der Proben zurückzuführen sein könnte. Ein Verfahren des Internationalen Leichtathletik Verbandes IAAF gegen diese Entscheidung des Appeal Panel der BAF wurde zwar zunächst eingeleitet, dann jedoch nicht durchgeführt.

Am 14. 2. 1996 reichte Diane Modahl in England Klage gegen die BAF ein mit dem Ziel, die BAF zur Zahlung von Schadensersatz für die erzwungenen sieben Monate Wettkampfpause und die damit einhergehenden Verluste an Einnahmen, vor allem durch Sponsorenverträge, verurteilen zu lassen. Begründet wurde die Klage damit, daß die vom Disziplinarausschuß der BAF verhängte Sperre rechtswidrig gewesen sei und die BAF daher einen Vertragsbruch begangen habe. Der High Court wies die Klage ab l7 : Zum einen habe zwischen der Athletin und dem nationalen Verband keine vertragliche Beziehung bestanden. Zum anderen sah das Gericht weder verfahrensrechtliche Verstöße, die die Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Disziplinarausschusses zur Folge haben könnten, noch Fehler in der Anwendung des Verbandsrechts durch den Disziplinarausschuß, die die Sperre als rechtswidrig erscheinen ließen. Zwar stellte das Gericht die Unschuld der Athletin nicht in Frage, die gegenteilige Entscheidung des Disziplinarausschusses sei aber gleichwohl rechtmäßig. Zu diesem Ergebnis gelangte das Gericht, indem es die vom Verband verhängte Sanktion nur in beschränktem Umfang daraufhin überprüfte, ob das Verbandsgremium bei der Verhängung der Strafe das vorgegebene Verfahren und allgemeine Verfahrens grundsätze beachtet hat und ob die der Entscheidung zugrundeliegenden Tatsachen einer unvoreingenommenen Wertung unterzogen und die Sanktion ohne Einfluß sachfremder Erwägungen festgesetzt wurde. Eine Überprüfung der Sanktion auf inhaltliche Richtigkeit, bei der das Gericht seine eigene Wertung der Tatsachen an die Stelle des Verbands gerichtes setzen würde, nahm der High Court - im Einklang mit der englischen Rechtsprechung 18 - nicht vor.

Noch ein weiteres spezifisch sportrechtliches Problem tritt neben die Problematik des Verhältnisses zwischen Verband und Staat, zwischen Autonomieanspruch High Court, Queen's Bench Division - Urt. v. 14. 12. 2000,2000 WL 33201389. Grundlegend Lee v. Showmen's Guild of Great Britain [1952)1 All ER 1175 und Breen v. Amalgamated Engineering Union [1971) 2 QB 175; ausführlich dazu unten, § 3 A. 17 18

B. Fallbeispiele

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und Justizgewährung. Aus der Internationalität sportlichen Wettkampfs ergeben sich Kompetenzüberschneidungen auch zwischen nationalen und internationalen Verbänden. In jüngster Zeit beschäftigte dabei vor allem in Deutschland ein Fall - erneut unter Beteiligung der IAAF - Sportverbände, Gerichte und Medien gleichermaßen, in dem sich diese Fragestellungen in ihrer ganzen Komplexität zeigen. Fallbeispiel Nr. 2 - Dieter Baumann: In Kürze wiedergegeben 19 stellt sich der Sachverhalt im Fall des Langstreckenläufers und Olympiasiegers Dieter Baumann, der eine fast einzigartige ..juristische Verfahrensodyssee,,2o auslöste, so dar, daß bei einer Trainingskontrolle im Urin des Athleten in A- und B-Probe eine erhöhte Konzentration von Nandrolon nachgewiesen wurde. Baumann wurde daraufhin am 19. I!. 1999 durch die Anti-Doping-Kommission des Deutschen Leichtathletik Verbandes (DLV) vorläufig suspendiert. Gegen die Suspendierung, deren Aufhebung der Rechtsausschuß des DLVam 3. 5. 2000 abgelehnt hatte, versuchte der Athlet im Wege des einstweiligen Rechtschutzes vorzugehen. Zur Begründung führte er an, auf ihn sei ein Anschlag verübt worden. Das Dopingmittel sei gegen seinen Willen in seinen Körper gelangt. Tatsächlich waren zuvor zwei mit Nandrolon versetzte Tuben Zahnpasta im Haushalt Dieter Baumanns entdeckt worden. Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. 21 lehnte die gerichtliche Aufhebung der Suspendie-

rung jedoch ebenso ab wie schon das Landgericht Darmstadt als Vorinstanz. Es erkannte eine rechtsgeschäftliche Unterwerfung des Athleten unter die Verbandsstrafgewalt des DLV aufgrund einer von Dieter Baumann unterzeichneten Athletenvereinbarung für die Jahre 1999 und 2000 an. Die Entscheidung, Baumann zu suspendieren, sei auch nicht rechtsfehlerhaft gewesen. Zwar unterliege die Disziplinarmaßnahme eines Sportverbandes grundSätzlich einer gerichtlichen Nachprüfung, diese habe sich jedoch in inhaltlicher Hinsicht auf die Kontrolle der Angemessenheit des Regelwerks und der konkreten Entscheidung zu beschränken. Die Angemessenheit sah das OLG hier als nicht verletzt an, machte jedoch deutlich, daß eine Sanktionierung eines Sportlers wegen eines Dopingverstoßes einen Verschuldensnachweis erfordere, der nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises erbracht werden könne. Vorliegend sei die Wertung des Rechtsausschusses, es bestehe dringender Tatverdacht gegen den Athleten wegen Verstoßes gegen das Dopingverbot, auf der Grundlage der Regeln über den Anscheinsbeweis nicht zu beanstanden. Die vom Athleten behauptete Anschlagstheorie sei zwar grundsätzlich geeignet, den Anscheinsbeweis der schuldhaften Einnahme von Dopingmitteln zu erschüttern, die Annahme eines (bloßen) dringenden Tatverdachts durch den DLV sei jedoch nicht rechtsfehlerhaft. Die Entscheidung führte damit zwar nicht direkt zur Aufhebung der Suspendierung. Der Rechtsausschuß des DLV setzte jedoch am 23. 6. 2000 die Suspendierung des Athleten aus. Ebenso wies der Rechtsausschuß am 13.7.2000 den Antrag des Präsidiums des DLV auf Verhängung einer zweijährigen Wettkampfsperre gegen Dieter Baumann ab 22 , weil er auf der 19 Eine umfassende Dokumentation der Tatsachen im .. Fall Baumann" findet sich bei Haug, SpuRt 2000, 238, bis zur Entscheidung des Internationalen Sportschiedsgerichts (Tribunal Arbitral du Sport, TAS; dazu ausführlich unten, § 4 C.) vom 22. 9. 2000. Daran schließt die Tatsachendokumentation bei Heß, WFV Nr. 43, S. 83 f., an. Weiterer Überblick bei Prokap, Grenzen der Dopingverbote, S. 72 f. 20 Heß, WFV Nr. 43, S. 70. 21 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 18. 5. 2000, NJW-RR 2000, 1117 mit Anm. Fenn/ Pe tri, SpuRt 2000, 232 ff. und van Look, EWiR 2000, 659 f.

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§ 1 Problemstellung

Grundlage der oberlandesgerichtlichen Entscheidung den Beweis des ersten Anscheins durch die Anschlagsmöglichkeit als erschüttert ansah. Gegen diese Entscheidung des Rechtsausschusses des DLV rief das Council der IAAF das IAAF arbitration panel an. Es beantragte, die Entscheidung des DLVaufzuheben und Baumann zu sperren. Nach einem Verfahren, in dem nur der DLV und die IAAF, nicht aber der Athlet, Parteien waren, hob das arbitration panel mit Entscheid vom 18. 9. 2000 23 kurz vor Beginn der Olympischen Spiele in Sydney den "Freispruch" des Rechtsausschusses des DLV auf und setzte eine zweijährige Sperre gegen Dieter Baumann fest. Das arbitration panel sah eine vertragliche Bindung Baumanns an das Regelwerk der IAAF, durch die ihm die Entscheidungsgewalt in dem vorliegenden Verfahren übertragen sei. Anders als das OLG Frankfurt a. M. und der Rechtsausschuß des DLV entschied das arbitration panel, ein Verschuldensnachweis sei nicht erforderlich und setzte sich damit in Widerspruch zu einer von Dieter Baumann erwirkten Eilentscheidung des LG Stuttgart24 , das der IAAF die Sperrung Baumanns unter Anwendung der sog. "strict liability"-Regel verboten hatte. Im übrigen sei ein Verschuldensnachweis aber durch die IAAF nach den Grundsätzen eines prima facie Beweises erbracht. Die insbesondere durch den Fund der Zahnpastatuben erhärtete Theorie eines Anschlags reiche zu dessen Erschütterung nicht aus. Diese Entscheidung bestätigte das von Dieter Baumann wegen des drohenden Entzugs der olympischen Akkreditierung durch das IOC angerufene ad-hoc Tribunal des TAS, das in seiner Entscheidung vom 22. 9. 200025 , der streitgegenständlich eigentlich der Entzug der Akkreditierung durch das IOC zugrunde lag, der Sache nach die Entscheidung des arbitration panel überprüfte. Auf Grundlage eines begrenzten Nachprüfungsumfangs - Verfahrensfehler, fehlerhafte Tatsachenerrnittlung, Nichtberücksichtigung relevanter Tatsachen - kam der TAS zu dem Schluß, die Sperre Baumanns durch die IAAF - und damit auch der Entzug der olympischen Akkreditierung durch das IOC - sei rechtmäßig gewesen. Einen Verfahrensfehler erblickte der TAS auch nicht in der Tatsache, daß der Athlet selbst nicht Partei des Verfahrens vor dem arbitration panel war26 . Dieter Baumann verzichtete hiergegen auf eine Anrufung etwa der australischen Gerichte, sondern erhob stattdessen am 21. 11. 2000 Klage auf Schadensersatz gegen die IAAF beim LG Stuttgart. Nachdem der Rechtsausschuß des DLVeinem Eilantrag Baumanns auf Erteilung eines nationalen Startrechts stattgegeben hatte - diese Entscheidung wurde am 23. 2. 2001 bestätigt vom OLG Frankfurt a. M., ein dagegen gerichteter Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung durch den DLV beim Bundesverfassungsgericht wurde von diesem am 2.3.2001 abgelehnt - startete Baumann bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Dortmund. Dies veranlaßte die IAAF, die Sperre gegen Dieter Baumann arn 26. 2. 2001 um ein weiteres Jahr zu verlängern. Zudem sperrte die IAAF alle anderen Teilnehmer des 3000-Meter-Laufes gemäß IAAF-Regel 53. Am 21. 3. 2001 lehnte das LG Darrnstadt einen weiteren Eilantrag Baumanns gegen den DLV auf Erteilung einer Startberechtigung beim 22 Rechtsausschuß des DLV, RA 1/00; im Internet veröffentlicht unter www.sportgericht.de. 23 Arbitration Panel der IAAF, IAAF v. DLV ("Baumann Case"), mit Anm. Heß, WFV Nr. 43, S. 69 ff. 24 LG Stuttgart, Beschluß v. 30. 8. 2000, AZ. 17 0 460/00 - nicht veröffentlicht. 25 CAS arbitration N° SYD 6, ebenfalls mit Anm. Heß, WFV Nr. 43, S. 69 ff.; hierzu auch Martens / Oschütz, SpuRt 2001, 7. 26 CAS arbitration N° SYD 6, Nr. 5. 2. 11: "We find the Athlete, in all the circumstances, was allowed due process and there cannot, therefore, be a finding based on allegations of procedural irregularities that IAAF pane1's decision is nullity".

B. Fallbeispiele

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Hamburg-Marathon ab 27 . Es begründete seine Entscheidung damit, die überwiegenden Interessen der anderen Sportler, denen bei einer Teilnahme Baumanns eine Sperre durch die IAAF unter Anwendung der IAAF-Regel 53 drohte und der dem DLVangeschlossenen Verbände, die ihren Vereinszweck, die Förderung der Leichtathletik, bei einem drohenden Konflikt zwischen DLV und IAAF nur noch eingeschränkt wahrnehmen könnten, rechtfertigten die Versagung der Startberechtigung für Dieter Baumann. Im Ergebnis bestätigte das OLG Frankfurt a. M. am 18. 4. 2001 diese Entscheidung 28 . Ausgehend von der Annahme einer wirksamen Unterwerfung des Athleten unter die Disziplinargewalt der IAAF erkannte das OLG eine Bindung Baumanns an die vom arbitration panel der IAAF verhängte Sperre. Die IAAF habe eine "eigene Sanktionskompetenz". Die Rechtmäßigkeit der Sperre durch die IAAF unterzog das OLG einer nur sehr eingeschränkten Prüfung am Maßstab des Art. 6 EGBGB: Danach erkannte es keinen ordre public-Verstoß in der Entscheidung des arbitration panel, da dieses zum einen in der Sache nach den Regeln des Anscheinsbeweises entschieden habe und zum anderen der Anspruch Baumanns, der im Verfahren vor dem arbitration panel nicht Partei war, auf Gewährung rechtlichen Gehörs durch das Recht auf Anhörung und auf Stellungnahme ausreichend geWährleistet worden sei. Ausdrücklich hob das OLG dabei hervor, daß es "nicht der gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ob die Bewertung der Tatsachen durch das Verbandsgericht zutreffend ist oder nicht". Nach Abweisung seiner Schadensersatzklage durch das LG Stuttgart am 2. 4. 2002 29 und dem Ablauf der gegen ihn verhängten Wettkampfsperre am 22. I. 2002 hat Dieter Baumann auf weitere rechtliche Schritte gegen IAAF und DLV verzichtet. Statt dessen nimmt er wieder an nationalen und internationalen Leichtathletikwettkämpfen teil. Die gerichtliche Auseinandersetzung im "Fall Baumann" scheint daher abgeschlossen. Kernpunkt dieser Auseinandersetzung bildete in rechtlicher Hinsicht zum einen die Frage der Bindung eines Athleten an die Strafgewalt eines Sportverbandes. Aus der Beantwortung dieser Frage ergibt sich mittelbar die bereits angesprochene Kompetenzverteilung zwischen nationalen und internationalen Verbänden. So hält es beispielsweise das OLG Frankfurt a. M. in seiner Entscheidung vom 18.4.2001 für ausreichend, daß der Athlet eine Athletenvereinbarung 30 mit dem nationalen Verband abschließt, in der er zugleich erklärt, er erkenne die Bestimmungen des internationalen Verbandes an, die ihrerseits eine Bindung der Entscheidungen des internationalen Verbandes gegenüber dem nationalen Verband 31 und eine Entscheidungskompetenz des internationalen Verbandes im Falle, daß der nationale Verband seine Aufgaben nach Ansicht des internationalen Verbandes nicht ausreichend wahrnimme 2 , vorsehen. Es räumt damit dem internationalen Verband eine die Sanktionsgewalt des nationalen Verbandes derogierende eigene Sanktionskompetenz gegenüber dem Athleten ein. Demgegenüber setzt die wohl herrschende Meinung 33 - jedenfalls im deutschen Recht - einen LG Darmstadt, SpuRt 2001, 114. OLG Frankfurt a. M., SpuRt 2001, 159. 29 LG Stuttgart, SpuRt 2002, 245. 30 Abdruck der von Dieter Baumann unterzeichneten Athletenvereinbarung in SpuRt 2000,207. 31 IAAF-RegeI21.4. 32 IAAF-RegeI59.2. 33 Im Anschluß an BGHZ 128, 93; vgl. etwa Heß, Rechtsfragen des Sports, S. 35, ders., WFV Nr. 43, S. 73 f.; Haas / Prokop, JR 1998,52; Reuter, DZWiR 1996,5; ders., in: Reuter, Einbindung des nationalen Sportrechts in internationale Bezüge, S. 59 f. 27

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28

§ I Problemstellung

Vertragsschluß zwischen nicht ohnehin durch Mitgliedschaft den Verbandsregeln unterworfenem Athlet und Verband voraus, in dem sich der Athlet der Strafgewalt des Verbandes unterwirft 34 und durch den zwischen Athlet und Verband ein mitgliedschaftsähnliches Verhältnis entsteht. Hierdurch bliebe der nur mit dem nationalen Verband vertraglich verbundene Athlet einzig der Sanktionsgewalt seines Nationalverbandes unterworfen, der internationale Verband könnte allenfalls ein Bestimmungsrecht im Sinne des § 317 BGB beanspruchen - ausführlich dazu unten, § 2 A.1. Zweiter Kernpunkt im Rahmen der juristischen Auseinandersetzung zwischen Dieter Baumann, dem DLV und der IAAF bildete die Frage der Überprüfbarkeit verbandsgerichtlicher Entscheidungen durch die nationalen Gerichte oder - im Falle des TAS - durch Schiedsgerichte. Während etwa das OLG Frankfurt a. M. in seiner Entscheidung vom 18.4.2001 auf dem Standpunkt steht, die Verhängung einer Sanktion durch einen internationalen Sportverband sei alleine am Maßstab des Art. 6 EGBGB zu messen, steht die ganz herrschende Ansicht in Deutschland auf dem Standpunkt, Strafen sozial mächtiger Verbände wie der internationalen Sportverbände unterlägen neben einer umfassenden verfahrensrechtlichen Kontrolle und einer vollen Nachprüfung der Tatsachenermittlung auch einer Überprüfung im Hinblick auf die "BiIIigkeit,,35 oder "uneingeschränkte Nachvollziehbarkeit,,36 der Subsumtion und einer Kontrolle der konkreten Straffestsetzung nach dem Maßstab der Verhältnismäßigkeit 37 - im einzelnen dazu unten, § 3 D.

c. Zum Gang der Untersuchung Der Gang der Untersuchung ergibt sich zum Teil bereits aus den in den Fallbeispielen aufgeworfenen Fragestellungen. In einem ersten Abschnitt (§ 2) ist zu untersuchen, inwieweit ein Teilnehmer am Sport der Sanktionsgewalt eines Sportverbandes unterworfen ist. Dabei ist zu klären, auf welcher Grundlage Vereinen und Verbänden das Recht zukommt, gegenüber Einzelpersonen oder anderen Vereinen Sanktionen festzusetzen. Durch die Erörterung der Frage der Reichweite der Verbandsstrafgewalt kann zugleich bestimmt werden, wie die Sanktionsgewalt verschiedener, hierarchisch gestaffelter Verbände gegeneinander abzugrenzen ist. In einem nächsten Abschnitt (§ 3) ist dann zu untersuchen, wie das Verhältnis zwischen Verbänden, die das Recht beanspruchen, Sanktionen zu verhängen, einerseits und einem seinen Bürgern umfassenden Rechtsschutz garantierendem Staat 34 In der Regel erhält der Athlet dafür im Gegenzug ein nationales, bzw. internationales Startrecht bei vom Verband veranstalteten Wettkämpfen. 35 So BGHZ 105,265 (276 f.). 36 So OLG München, SpuRt 1996, 133 (135). Im Ergebnis ebenso Summerer, PHB Sportrecht, 2. Teil Rdnr. 367; Röhricht, in: Röhricht, Sportgerichtsbarkeit, S. 32 f.; MüKo-BGBReuter; § 25 Rdnr. 54; Vieweg, Normsetzung und -anwendung, S. 243. 37 Vgl. OLG München, SpuRt 1996, 133 (136, 138); LG München I, SpuRt 1995, 161 (167); MüKo-BGB-Reuter; § 25 Rdnr. 54 f.; Buchberger; SpuRt 1996, 160 f.

C. Zum Gang der Untersuchung

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andererseits beschaffen ist. Relevant wird diese Frage bei der Bestimmung, ob und inwieweit Vereinsstrafen gerichtlicher Nachprüfung zugänglich sind. Die gesamte Untersuchung orientiert sich an der praktischen Ausgestaltung der Beziehungen im internationalen Sportbereich und stellt daher insbesondere Grund und Grenzen der Sanktionsgewalt nationaler und internationaler Sportverbände dar. Untersuchungsgegenstand bilden dabei folgende vier Rechtsordnungen: die Rechtsordnung Englands als Beispiel für den anglo-amerikanischen Rechtskreis, die französische Rechtsordnung als Beispiel für den romanischen Rechtskreis, die Rechtsordnung Deutschlands und schließlich die schweizerische Rechtsordnung wegen ihrer besonderen praktischen Bedeutung im Sportrecht aufgrund der Tatsache, daß sowohl das IOC als auch der mitgliederstärkste Weltfachsportverband, der Internationale Fußball Verband FIFA, ihren Sitz in der Schweiz haben. Außerdem befindet sich in der Schweiz auch der Sitz des internationalen Schiedsgerichts der Sportgemeinschaft, des TAS. Die Untersuchung soll daher in den ersten bei den Abschnitten rechtsvergleichend zwischen diesen vier Rechtsordnungen erfolgen. Aufgrund der jeweiligen Befunde in den einzelnen Rechtsordnungen soll dann in einem weiteren Abschnitt der Untersuchung (§ 4) bestimmt werden, ob man von einer international einheitlichen Handhabung des Rechts im Sport sprechen kann oder ob nicht vielmehr im Bereich des Rechts eine Vielzahl nationaler Lösungen existieren, die möglicherweise zu einer gänzlich anderen rechtlichen Behandlung von Vereinssanktionen im Sportrecht führen 38 . Auf der Grundlage dieses Ergebnisses soll dann wiederum erörtert werden, inwiefern eine Notwendigkeit für eine Vereinheitlichung des Rechts im Sport bestehe 9 . Möglichkeiten hierzu wären die Schaffung einer internationalen Sport(schieds)gerichtsbarkeit40 und die kollisionsrechtliche Anerkennung und praktische Konkretisierung einer internationalen "lex sportiva,,41.

§ 2 Die Verbands strafgewalt

im Bereich des Sports

Wie einleitend bereits anhand des Falls des Leichtathleten Dieter Baumann aufgezeigt wurde!, besteht ein zentrales Problem der Verbandsstrafe zunächst darin, den Kreis derjenigen Personen zu bestimmen, die der Sanktionsgewalt eines Verbandes unterworfen sind. Es versteht sich von selbst, daß nur solche Strafen rechtmäßig sein können 2 , die auf Grundlage einer wirksamen Unterwerfung des Sanktionierten unter die Strafgewalt des Verbandes ergangen sind 3 . Anderenfalls fehlt es an der erforderlichen rechtlichen Grundlage für eine Sanktionierung. Unzweifelhaft ist eine rechtliche Grundlage für die Verhängung von Strafen im Falle der Mitgliedschaft des Sanktionierten im strafenden Verein gegeben 4 . Fraglich ist jedoch, ob ein Verband seine Strafgewalt auch über den Kreis seiner unmittelbaren Mitglieder hinaus erweitern kann. Es ist daher zu untersuchen, wodurch eine Erstreckung der Verbands strafgewalt auf Nichtmitglieder erreicht werden kann und wo die Grenzen der Reichweite der Verbandsstrafgewalt liegen.

A. Die Strafgewalt der Sportverbände nach deutschem und schweizerischem Recht Das Problem der Reichweite der Verbandsstrafgewalt stellt sich in der Rechtspraxis des schweizerischen oder deutschen Rechts deshalb, weil einerseits der Dachverband einer Sportdisziplin national oder international eine umfassende Regelungsbefugnis und dazu korrespondierend eine umfassende Befugnis zur Durchsetzung seiner Regeln im Bereich "seiner" Sportart beansprucht, andererseits die Mitgliedschaft im Dachverband in aller Regel nur Vereinen, nicht aber einzelnen Athleten offensteht5 . Der Grund dafür, daß Verbände wie die nationalen SportverSiehe oben, § I B., Fallbeispiel Nr. 2. Und daher vor staatlichen Gerichten Bestand haben können. 3 Siehe nur Buchberger; Überprüfbarkeit sportverbandsrechtlicher Entscheidungen, S. 128. 4 Zu deren umstrittener dogmatischer Einordnung siehe aber unten, § 2 A.II. zum deutschen und schweizerischen Recht; § 2 B.I. zum englischen Recht; § 2 c.m. zum französischen Recht. S Vgl. bspw. § 6 11 Satzung des Deutschen Fußballbundes (DFB). Weitere Nachweise bei Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluß, S. 149. Zur identischen Situation bei den internationalen Sportverbänden Vzeweg, Normsetzung und -anwendung, S. 58 f. I

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A. Die Strafgewalt nach deutschem und schweizerischem Recht

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bände die Möglichkeit der Einzelmitgliedschaft in der Regel nicht vorsehen, liegt darin, daß die Verbandsverwaltung durch die dadurch entstehende Vielzahl an Mitgliedern deutlich erschwert würde 6 . Hieraus ergibt sich in der Rechtspraxis eine als sportspezifisch zu bezeichnende Verbandspyramide, die die Organisation der Sportausübung in Deutschland und der Schweiz trägt. Tatsächliche Ausübung des Sports findet dabei traditionell in Sportvereinen 7 statt. Als Rechtsform stellt das BGB - ebenso wie das ZGB - den eingetragenen, rechtsfähigen, nicht wirtschaftlichen Verein nach §§ 21 ff. BGB, Artt. 60 ff. ZGB bereit8 . Die Sportvereine einer Sportdisziplin - nicht aber deren Mitglieder - sind in Deutschland9 ihrerseits in Landesfachsportverbänden zusammengeschlossen, die ebenfalls Idealvereine darstellen. Die Landesfachsportverbände wiederum bilden auf Bundesebene einen Zusammenschluß als Bundesfachsportverband. Pro Disziplin existiert in Deutschland und in der Schweiz in der Regel nur ein Sportfachverband auf jeder Verbandsebene lO • Parallel zur fachlichen Gliederung existieren als disziplinübergreifende Vereinigungen der Sportverbände eines jeden Bundeslandes die sogenannten Landessportbünde, ebenfalls Idealvereine, die jedoch nur fachübergreifende Aufgaben wahrnehmen und daher für den sportiven Ablauf eher weniger bedeutsam sind. Die Bundesfachsportverbände und die Landessportbünde sind ihrerseits wiederum im Deutschen Sportbund (DSB) zusammengeschlossen. Diesem obliegen ebenfalls weniger organisatorische Aufgaben im Bereich des Sports, sondern er nimmt koordinierende und repräsentative Aufgaben wahr. Daneben existiert in der Sporthierarchie das Nationale Olympische Komitee (NOK). Seine Mitglieder setzen sich hauptsächlich aus Vertretern der Bundesfachsportverbände der olympischen Disziplinen zusammen und seine Aufgabe besteht darin, die ihm vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) gestellten Aufgaben in bezug auf die Olympischen Spiele wahrzunehmen. Siehe auch Reichert, Handbuch des Vereinsrechts, 7. Auflage 1999, Rdnr. 512. Vgl. Summerer, PHB Sportrecht, 2. Teil Rdnr. I, 24; außerhalb von Vereinsstrukturen gewinnt Sportausübung als Dienstleistung privater Unternehmen, insbesondere in Fitneßstudios, mehr und mehr an Bedeutung, soll aber nicht Gegenstand vorliegender Untersuchung sein. 8 Im Bereich des Profisports bestehen dabei erhebliche Bedenken an der idealen, d. h. nicht wirtschaftlichen Zielsetzung der Vereine, die aber bislang unter Berufung auf das Nebenzweck-Privileg nicht zu einer zwangs weisen Amtslöschung führten (dazu Summerer, PHB Sportrecht, 2. Teil Rdnr. 54 ff.). Dennoch zeigen sich insbesondere in den Disziplinen Fußball, Handball und Eishockey (hier wurde die Umwandlung in Deutschland bereits vollzogen) Tendenzen hin zur Umwandlung der Idealvereine in Kapitalgesellschaften (zum aktuellen Stand vgl. Summerer, PHB Sportrecht, 2. Teil Rdnr. 63 ff.; zu den Umwandlungsmöglichkeiten von Sportvereinen nach dem UmwG vgl. Orth, in: Führungs- und Verwaltungsakademie des DSB, Profigesellschaften, S. 83 ff.). Diese sollen jedoch für den Inhalt der vorliegenden Arbeit außer Betracht bleiben. 9 Zu Struktur und Aufbau der Sportorganisationen in Deutschland vgl. Summerer, PHB Sportrecht, 2. Teil Rdnr. 24 ff. 10 Sog. "Ein-Platz-Prinzip"; näher dazu im Anschluß. 6

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§ 2 Die Verbands strafgewalt im Bereich des Sports

Vergleichbare Hierarchien existieren auch in der Schweiz 11. Hier VereInIgen kantonale Fachsportverbände die Sportvereine einer Disziplin auf Kantonsebene, ohne daß die Mitglieder der Vereine dadurch zu Mitgliedern des kantonalen Verbands würden. Über den kantonalen Verbänden wiederum sind regionale Fachsportverbände angesiedelt, die sich für jede Disziplin zu einem nationalen Fachverband zusammengeschlossen haben. Alle Fachverbände sind dabei ebenfalls Idealvereine im Sinne der Artt. 60 ff. ZGB. Die Nationalverbände ihrerseits sind Mitglieder des Schweizerischen Olympischen Verbandes (SOV)12, der ebenfalls als Verein nach Artt. 60 ff. ZGB organisiert ist. Der SOVentstand am 1. 1. 1997 durch Zusammenschluß des Schweizerischen Landesverbandes für Sport (SLS) und des Schweizerischen Olympischen Comites (SOC). Mitglieder im SOV sind neben den nationalen Fachsportverbänden die schweizerischen Mitglieder des IOC. Der SOV als Dachverband der nationalen schweizerischen Fachsportverbände nimmt folglich zugleich die vom IOC übertragenen nationalen Aufgaben wahr. Kennzeichnend für die Sportorganisation in Deutschland und der Schweiz ist damit zunächst, daß der Sport weitgehend ohne staatliche Einflußnahme privatrechtlich organisiert ist. Strukturell existiert eine pyramidenförmige Hierarchie von den einzelnen Vereinen über die regionalen Verbände bis hin zu den nationalen Spitzenverbänden. Eine mitgliedschaftliche Bindung der Sportler in den Verbänden besteht dabei in der Regel nicht. Die gleiche Struktur findet sich auch auf der Ebene der internationalen Sportorganisation 13. Den einzelnen nationalen Fachsportverbänden übergeordnet ist der in nahezu jeder Disziplin existente Zusammenschluß der Nationalverbände zu Weltfachsportverbänden (z. B. FIFA, IAAF), teilweise daneben auch zu regionalen, etwa die nationalen Fachsportverbände eines Kontinents vereinigenden, Fachsportverbänden (z. B. DEFA). Die in der Regel als Entsprechung zum deutschen Idealverein nach einer bestimmten nationalen Rechtsordnung gegründeten Weltfachsportverbände sehen normalerweise wie im deutschen und schweizerischen Recht nicht die Möglichkeit einer Einzelmitgliedschaft natürlicher Personen vor l4 . Neben den internationalen Fachsportverbänden existiert - wie in Deutschland ein "olympischer" Verband. International ist dies das IOC, eingetragener Verein nach Schweizer Recht mit Sitz in Lausanne. Seine Aufgabe besteht in erster Linie II Zu Struktur und Aufgabenverteilung der schweizerischen Sportorganisation vgl. Scherrer, Rechtsfragen des organisierten Sportlebens, S. 10 ff.; Baddeley, l'association sportive, S.5 ff. 12 Hierzu Scherrer, Sportrecht, S. 139 ff. 13 Zur Struktur der internationalen Sportorganisationen vgl. Summerer, PHB Sportrecht, 2. Teil Rdnr. 31 ff. mit anschaulichem Schaubild Rdnr. 34. 14 Zur Besonderheit der "fördernden Einzelmitglieder" - diese genießen praktisch keine Mitgliedschaftsrechte - in einzelnen internationalen Fachsportverbänden siehe Vieweg, Norrnsetzung und -anwendung, S. 58 f. Jedenfalls sieht keine der internationalen Verbandssatzungen die Mitgliedschaft von Athleten vor.

A. Die Strafgewalt nach deutschem und schweizerischem Recht

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in der Organisation 15 der Olympischen Spiele. Das IOC setzt sich im Unterschied zu den Fachsportverbänden nur aus Einzelmitgliedern zusammen. Durch ein System von Anerkennung und normativer Bindung erreicht das IOC faktisch aber eine Unterwerfung der internationalen Spitzenverbände und der NOKs unter seine Regelungsmacht 16 • Die Statuten der internationalen Fachsportverbände enthalten die Bestimmung, daß nur ein Spitzenverband pro Nation Aufnahme in den internationalen Verband finden kann. Dieses sogenannte "Ein-Platz-Prinzip" dient der Einheitlichkeit der Regelsetzung und ermöglicht so chancengleichen Wettkampf auf internationaler Ebene 17. Das Ein-Platz-Prinzip als Grundsatz der Sportorganisation findet sich nicht nur bei den internationalen Spitzenorganisationen, sondern prägt wie gezeigt in gleicher Weise auch national die Organisation des Sports in Deutschland und der Schweiz. Es bestimmt dadurch wesentlich die Charakteristik und Besonderheit des Rechts im Sport. Die Sportverbände haben durch das Ein-Platz-Prinzip eine den internationalen "Sportmarkt" beherrschende MonopolsteIlung inne. Berufsausübung ist für den einzelnen Athleten nur möglich unter Mitwirkung des Monopolverbands. Dies begründet eine - auch rechtlich zu beachtende l8 - Abhängigkeit der Sportler von den Verbänden.

I. Reichweite der Verbandsstrafgewalt Aufgrund des pyramidenförmig hierarchischen Aufbaus der Sportorganisation ist also die Situation gegeben, daß zwar der einzelne Sportler Mitglied in seinem Verein und - möglicherweise - der Verein Mitglied im Verband ist, jedoch der einzelne Sportler nicht Mitglied des Verbandes ist. Diese Konstellation wird irreführend als "mittelbare Mitgliedschaft" bezeichnet. Irreführend ist diese Bezeichnung deshalb, weil die mittelbare Mitgliedschaft eben keine mitgliedschaftliche Bindung erzeugt 19 . Aus diesem Grund ist der Verband zur Herstellung eigener 15 Trotz ihrer immensen kommerziellen Bedeutung ist die Vermarktung der Spiele demgegenüber nur "Nebenzweck" des IOC. 16 Vgl. Pfister, PHB Sportrecht, 6. Teil Rdnr. 6; in diesem Sinne auch die Einschätzung von Vieweg, Normsetzung und -anwendung, S. 59 f. 17 Dazu, teilweise mit kritischen Anmerkungen, bspw. Pfister, PHB Sportrecht, Einl. Rdnr. 14 ff.; Summerer, PHB Sportrecht, 2. Teil Rdnr. 108 f.; Heß, Rechtsfragen des Sports, S. 7; Vieweg, Normsetzung und -anwendung, S. 61 ff.; Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordinationen, S. 54 ff. 18 Beispielsweise beim Umfang der Überprüfung von Sanktionen der Sportverbände durch staatliche Gerichte; siehe dazu unten, § 3. 19 Vgl. BGHZ 28,131 (134); MüKo-BGB-Reuter, Vor § 21 Rdnr. 121; Sauter/Schweyer/ Waldner/Röseler, Der eingetragene Verein, Rdnr. 324; Lukes, FS-Westermann, S. 331 f.; Röhricht, WFV Nr. 24, S. 82; Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluß, S. 150; Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordinationen, S. 79; Buchberger, Überprüfbarkeit sportverbandsrechtlicher Entscheidungen, S. 109. Ebenso nach schweizerischem Recht, vgl.

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§ 2 Die Verbandsstrafgewalt im Bereich des Sports

Ordnungsgewalt auf dem von ihm beanspruchten Sektor des sozialen Lebens gezwungen, andere Mechanismen zur Erstreckung seiner Disziplinargewalt auf Nichtverbandsmitglieder zu ergreifen.

1. Satzungsrechtliche Lösung

Ein gangbarer Weg hierzu stellt die Herstellung einer Bindungswirkung für die nichtverbandszugehörigen Vereinsmitglieder durch entsprechende Bestimmungen in der Satzung des Vereins und des Verbandes dar. Diese Lösung soll als satzungsrechtliche Lösung bezeichnet werden. a) Doppelmitgliedschaft Die erste Lösungsmöglichkeit in diesem Zusammenhang, die sich insbesondere für kleinere Verbände anbietet, besteht darin, eine automatische Doppelmitgliedschaft der Einzelpersonen in Verein und Verband herbeizuführen. Rechtstechnisch kann dies dadurch erfolgen, daß der Sportler bei seinem Eintritt in einen Sportverein gleichzeitig den Beitritt zum übergeordneten Verband erklärt. Ob eine solche Beitrittserklärung aber durch korrespondierende Satzungsbestimmungen im Regelwerk des Vereins und des Verbandes erzeugt werden kann, ist fraglich. Dogmatisch sind zwei Konstruktionen für die Erklärung des Beitritts zum Dachverband denkbar. Einmal könnte der Sportler durch seinen Beitritt zum Sportverein diesen bevollmächtigen, in seinem Namen den Beitritt zum Verband zu erklären. Zum anderen könnte der Vereinsbeitritt selbst die konkludente Erklärung des Sportlers eines Beitritts zum übergeordneten Verband enthalten. Ein solcher Erklärungswert ist der gegenüber dem Verein abgegebenen Beitrittserklärung jedoch nicht zu entnehmen und kann dieser Erklärung auch nicht etwa durch entsprechende Satzungsbestimmungen des Sportvereins aufgezwungen werden 2o . Ebensowenig erteilt der Sportler durch seinen Beitritt konkludent eine Bevollmächtigung des Vereins zur Begründung weiterer Mitgliedschaften21 . Jedoch ist es durch entsprechende Gestaltung der Vereins satzung ohne weiteres möglich, daß dem Verein die Vollmacht erteilt wird, im Namen seiner Mitglieder deren Mitgliedschaft im übergeordneten Verband zu veranlassen. Demnach entspricht es der ganz herrBaddeley, l' association sportive, S. 104; insoweit mißverständlich Fuchs, Rechtsfragen der Vereinsstrafe, S. l39, der den Fall meint, daß die Vereinssatzung die Unterwerfung unter die Verbandsstrafgewalt anordnet (S. 47 Fn. 241). - A.A. Bauemfeind, NJW 1959, 379: "bei natürlicher Betrachtungsweise mitgliedschaftliche Beziehung." 20 Ebenso MüKo-BGB-Reuter, Vor § 22 Rdnr. 122; anders Baecker, Grenzen der Vereinsautonomie, S. 108. 21 Zutreffend Müko-BGB-Reuter, Vor § 22 Rdnr. 122; das., in: Reuter, Einbindung des nationalen Sportrechts in internationale Bezüge, S. 58 f.; Pfister, FS-Lorenz, S. 183 f.

A. Die Strafgewalt nach deutschem und schweizerischem Recht

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sehenden Ansicht, daß die Begründung einer Doppelmitgliedschaft durch korrespondierende Satzungsbestimmungen von Verein und Verband zulässig ist22 . Nachteil dieser Konstruktion ist jedoch, daß die "Doppelmitglieder" vollwertige Einzelmitglieder des Verbandes sind, die im Grundsatz erhebliche, allerdings durch Satzung beschränkbare Mitgliedschaftsrechte genießen. Dies erschwert wiederum, wie eingangs erwähnt, die Verbandsverwaltung. Deshalb kommt eine solche Lösung im Prinzip nur für kleinere Verbände in Betracht, also nur für nationale Sportverbände mit überschaubaren Mitgliederzahlen in den ihnen angeschlossenen Vereinen, nicht aber für mitgliederstarke oder gar internationale Verbände. Praktiziert wird diese Lösung im Sportbereich beispielsweise vom Schweizerischen Volleyball Verband (SVBV)23.

b) Statutarische Bindung durch Doppelverankerung Eine andere Lösung der satzungsrechtlichen Bindung mittelbarer Mitglieder ermöglicht es, nur eine Unterwerfung derselben unter die Verbandsstrafgewalt zu erreichen, ohne ihnen zugleich eine echte Mitgliedschaft im Verband einzuräumen. Dies kann richtigerweise nicht dadurch geschehen, daß der Verband einseitig die Geltung seiner Normen auch für die Mitglieder seiner Mitgliedsvereine anordnet sogenannte self-executing Norm in der Satzung des Dachverbands -, da dies einer Änderung der Satzung des Mitgliedsvereins gleichkäme, die nur durch diesen Verein nach dem dafür bestimmten Verfahren zulässig ist24 . Eine für das deutsche Recht vertretene Mindermeinung 25 ist der Ansicht, Sportverbandsregeln hätten im gesamten Verbandsbereich unmittelbare Geltung, weil es sich bei diesem Bereich um einen von staatlichem Recht freien Raum handele. Diese Ansicht geht von der Hypothese aus, daß neben den dem staatlichen Recht zugänglichen Lebensbereichen auch ein Raum existiert, der dem Einfluß des Rechts entzogen ist, ein sogenannter rechtsfreier Raum26 . Dieser rechtsfreie Raum entstehe überall dort, wo einerseits der Staat keine Regelungs- oder Durchsetzungsbefugnis beansprucht, andererseits eine abgrenzbare Gemeinschaft besteht, die auf staatlichen Rechtsschutz verzichtet 27 . 22 Vgl. BGHZ 28,131 (134); 105,306 (312); Reichert, Handbuch des Vereinsrechts, Rdnr. 347,494; Sauter/Schweyer/Waldner/Röseler, Der eingetragene Verein, Rdnr. 324; Edenfeld, Rechtsbeziehungen des Vereins, S. 51; Fikentscher, Mitbestimmung im Sport, S. 98; Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluß, S. 150 f. m. w. N. Siehe auch Heini, Vereinsrecht, S. 48, 77; Baddeley, l'association sportive, S. 79 - jeweils m. w. N. 23 Siehe Art. 15 Statuten SVBV; im Internet unter www.volleyball.ch. 24 Vgl. Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluß, S. 161. 25 Pfister, FS-Zivilrechtslehrer 1934/1935, S. 472.

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Vgl. Pfister, FS-Zivilrechtslehrer 1934/1935, S. 463. Pfister, FS-Zivilrechtslehrer 1934/1935, S. 467.

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§ 2 Die Verbandsstrafgewalt im Bereich des Sports

Der Qualifikation des Lebensbereichs der Sportausübung als rechtsfreien Raum ist jedoch entschieden zu widersprechen. Selbst wenn man der Prämisse folgt, daß die Existenz eines rechtsfreien Raums im Grundsatz denkbar ist28 , ist zu konstatieren, daß der Bürger gegen den Staat einen Anspruch auf Schutz seiner Individualrechte 29 hat. Es ist nicht einzusehen, weshalb ausgerechnet im Sportbereich, in dem unbestritten individuelle Rechtsgüter von nicht unerheblichem Umfang - man denke nur an die wirtschaftliche Bedeutung des Profisports - durch sportverbandliehe Regelungen und Maßnahmen betroffen sind, eine Ausnahme von dieser umfassenden staatlichen Garantie bestehen soll. Ebensowenig ist es plausibel, daß der Teilnehmer am Sport einen Verzicht auf staatlichen Rechtsschutz anstrebt. Angesichts der erheblichen Bedeutung des Sports für den Einzelnen erscheint die Annahme eines generellen Verzichts auf staatlichen Rechtsschutz lebensfremd und ist ein Einverständnis in einen solchen Verzicht nicht zu belegen. Der Sport ist nicht "rechtsfrei", ein Ausschluß staatlicher Gerichte ist weder von den Sportteilnehmern gewollt noch zulässig. Stattdessen läßt sich eine satzungsrechtliche Anbindung lediglich im Wege einer sogenannten Doppelverankerung erreichen 3o . Dazu bedarf es eines Systems korrespondierender Satzungsbestimmungen in den Regelwerken des Sportverbandes und der ihm angeschlossenen Vereine, gegebenenfalls auch bei Zwischenschaltung weiterer nationaler oder regionaler Verbände entsprechender Satzungsinhaite in deren Statuten. Darin muß beiderseits die unmittelbare Geltung der Verbandsnorrnen 28 Kritisch dazu bspw. Radbruch, Rechtsphilosophie, S. 298: "Es liegt im Wesen rechtlicher Ordnung, universal zu sein. Recht kann eine Teilregelung nicht treffen, ohne schon durch die Auswahl des geregelten Teils menschlicher Beziehungen auch zu dem nichtgeregelten Teil - eben durch den Ausschluß von Rechtswirkungen - Stellung zu nehmen. Deshalb ist ein "rechtsleerer Raum" immer nur vermöge des eigenen Willens der Rechtsordnung rechtsleer und überhaupt nicht im strengen Sinne rechtsleer, nicht ein rechtlich ungeregeltes, sondern ein rechtlich im negativen Sinne, durch Verneinung jeder Rechtsfolge geregeltes Tatsachengebiet. " 29 Justizgewährungsanspruch als Ausfluß des Rechtsstaatsprinzips, vgl. nur Jarass I Pieroth, GG, Art. 20 Rdnr. 89 f. 30 Fast allgemeine Ansicht: Grundlegend für das deutsche Recht BGHZ 128, 93 (100) "Reiter-Urteil"; dazu Anm. von Pfister; JZ 1995,464 ff.; Vieweg, SpuRt 1995,97 ff.; Haasl Adolphsen, NJW 1995,2146 ff.; Fenn, SpuRt 1997, 77 ff. Ebenso Reichert, Handbuch des Vereinsrechts, Rdnr. 348, 512; Vieweg, Normsetzung und -anwendung, S. 340 ff.; ders., NJW 1984,1514; ders., in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft, Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle, S. 102; Röhricht, in: Führungs- und Verwaltungsakademie des DSB, Verbandsrecht und Zulassungssperren, S. 16; Haas, in : Führungs- und Verwaltungsakademie des DSB, Rechte der Athleten, S. 62; Baecker; Grenzen der Vereinsautonomie, S. 125; Buchberger; Überprüfbarkeit sportverbandsrechtlicher Entscheidungen, S. 112; Edenfeld, Rechtsbeziehungen des Vereins, S. 51,180; Fikentscher; Mitbestimmung im Sport, S. 99; Krogmann, Grundrechte im Sport, S. 75; Lenz, Verfassungsmäßigkeit von Anti-Doping-Bestimmungen, S. 7; Prokop, Grenzen der Dopingverbote, S. 98 f.; Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluß, S. 162 ff. m. w. N. Vgl. für das schweizerische Recht Kummer; Spielregel und Rechtsregel, S. 28 f.; Bodmer; Vereinsstrafe, S. 105; Scherrer; Rechtsfragen des organisierten Sportlebens, S. 160; Baddeley, l'association sportive, S. 104.

A. Die Strafgewalt nach deutschem und schweizerischem Recht

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für die Vereins mitglieder niedergelegt sein. Eine solche Geltungsanordnung kann dabei entweder durch Aufnahme der entsprechenden Verbandsregeln oder auch durch konkrete Verweisung auf die Satzung des Verbandes geschehen, da dies ebenso der KlarsteIlung des Satzungsinhalts dient3l . Durch diese Konstruktion entsteht zwar kein echtes Mitgliedschaftsverhältnis der einzelnen Athleten zum Dachverband. Jedoch kommt das entstehende Verhältnis dem sehr nahe. Wie Mitglieder sind die Athleten der Sanktionsgewalt des Verbandes dauerhaft unterworfen. Zugleich haben sie aber auch mittelbar durch ihre Vereine und gegebenenfalls zwischengeschaltete Verbände die Möglichkeit, Einfluß auf die Verwaltung des Verbandes zu nehmen. Insgesamt erzeugt diese Art der Bindung eine der Mitgliedschaft ähnliche Eingliederung in die Organisationsstruktur des übergeordneten Verbandes. Das dadurch entstehende Verhältnis läßt sich, da der Begriff der "mittelbaren Mitgliedschaft" irreführend schon anderweitig vergeben ist, am treffendsten als "quasi-mitgliedschaftliches" Verhältnis kennzeichnen. Diese Konstruktion statutarischer Anbindung weist aber erhebliche praktische Probleme auf, denn eine jede Satzungsänderung des Dachverbandes bedarf zur Geltungserlangung für die Mitglieder der angeschlossenen Vereine der Umsetzung durch deren Änderung ihrer Satzung. Ob diese Umsetzung aber tatsächlich erfolgt, läßt sich durch den Dachverband nicht kontrollieren 32 . Zudem sind insbesondere Mehrspartenvereine, die gleichsam mehrere Dachverbände durch Regelumsetzungen "bedienen" müssen, durch diese Umsetzungspflichten hoffnungslos überfordert 33 . Insbesondere bei der Zwischenschaltung weiterer Verbände auf regionaler oder nationaler Ebene entsteht so eine erhebliche zeitliche Verzögerung, bis die Regeländerung des Dachverbandes für die Mitglieder des Sportvereins verpflichtend wird 34 . Dies kann bei zeitlich verschieden schneller Umsetzung durch die einzelnen Vereine zu einer individuell anderen Geltung der Sanktionsbestimmungen eines Verbandes führen 35 . Gerade dies läuft aber dem Prinzip der Chancengleichheit aller Wettkampfteilnehmer, das im Sport von besonderer Bedeutung ist, weil es die Durchführung sportlichen Kräftemessens überhaupt erst ermöglicht, evident zuwider. Vermieden werden könnten die durch das Umsetzungserfordernis entstehenden Probleme durch die Zulässigkeit einer dynamischen Verweisung in den Vereinssatzungen auf das Verbandsregelwerk in seiner jeweils aktuell gültigen Fassung. Eine solche dynamische Verweisung ist jedoch nach herrschender Meinung unzulässig 36 . Begründet wird dies in erster Linie 37 mit dem Gebot der Satzungsförmigkeit Vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1988, 183. So Fenn, SpuRt 1997, 78. 33 Ebenso Fenn, SpuRt 1997, 78; Prokop, Grenzen der Dopingverbote, S. 99. 34 Vgl. auch Heß, Rechtsfragen des Sports, S. 17; Vieweg, SpuRt 1995, 98. 35 Summerer. Internationales Sportrecht, S. 154 spricht daher anschaulich von einem "Fleckenteppich". 36 Vgl. BGHZ 128,93 (100); OLG Hamm, NJW-RR 1988, 183 (184); MÜKo-BGB-Reuter. Vor § 21 Rdnr. 120; ders .. in: Reuter. Einbindung des nationalen Sportrechts in internationale 31

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§ 2 Die Verbandsstrafgewalt im Bereich des Sports

der Vereinsverfassung 38 . Aus diesem Gebot wird abgeleitet, daß alle wesentlichen, das Vereinsleben bestimmenden Grundentscheidungen in der Satzung zu verankern sind39 . Dieses Erfordernis dient einmal dem Informationsschutz. Das Mitglied soll jederzeit Kenntnis über den Inhalt des Vereinslebens erhalten können und die örtliche Vereinssatzung gilt allgemein als leichter zugänglich als das jeweils aktuelle Verbandsregelwerk4o . Zum anderen dient das Gebot der Satzungsförmigkeit der Verwaltung dem Funktions- beziehungsweise Institutionsschutz. Der Verein wird dadurch zu seinem eigenen Schutz verpflichtet, alle wesentlichen Grundentscheidungen selbst zu treffen41 . Diese Verpflichtung dient der Wahrung seiner Souveränität. Aus dieser Sicht könnte eine dynamische Verweisung in der Vereinssatzung als Delegation dieser Entscheidungsbefugnis über die Grundlagen des Vereinslebens verstanden werden. Der Verband würde dann die wesentlichen Entscheidungen für das Leben im Verein an dessen Stelle treffen. Damit käme die dynamische Verweisung einer Übertragung der Satzungsänderungskompetenz gleich42 . Sie führte damit zu einer Selbstentmündigung43 beziehungsweise Selbstentrechtung44 des Vereins.

Bezüge, S. 67 f.; Reichert, Handbuch des Vereinsrechts, Rdnr. 348; Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluß, S. 175 f.; Wagner, Satzung des Vereins, S. 20; Haas I Prokop, SpuRt 1998, 16; Prokop, Grenzen der Dopingverbote, S. 99; Buchberger, Überprüfbarkeit sportverbandsrechtlicher Entscheidungen, S. 111 f.; Fikentscher, Mitbestimmung im Sport, S. 100; Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordinationen, S. 83; Lenz, Verfassungs mäßigkeit von Anti-Doping-Bestimmungen, S. 7. - Differenzierend Bluml Ebeling, in: Bepler, Sportler, Arbeit und Statuten, S. 111 ff. 37 Wenig überzeugend ist das Argument, die Eintragungspflicht von Satzungsänderungen nach §§ 25, 71 BGB stehe der Zu lässigkeit einer dynamischen Verweisung entgegen (so aber Lenz, Verfassungsmäßigkeit von Anti-Doping-Bestimmungen, S. 7). Denn selbst wenn man diese Bestimmung auf Satzungsänderungen in Folge dynamischer Verweisungen anwenden wollte, so führte dies nicht etwa zur Unzulässigkeit der dynamischen Verweisung, sondern lediglich zur Unwirksamkeit des in Folge der Verweisung geänderten Satzungsteils, bis dessen Anmeldung erfolgt ist (so zu Recht Bluml Ebeling, in: Bepler, Sportler, Arbeit und Statuten, S. 111). 38 Nach deutschem Recht ergibt sich dies aus § 25 BGB analog; vgl. dazu MüKo-BGBReuter. Vor § 21 Rdnr. 120. 39 BGHZ 105,306 (313 ff.) . 40 So bspw. Haas I Prokop, SpuRt 1998, 17. Ob diese Aussage im heutigen Informationszeitalter, in dem (fast) alle Regelwerke nationaler und internationaler Sportverbände jederzeit per Internet abrufbar sind, ohne auch nur den Fuß aus dem Haus zu setzen, noch Geltung haben kann, erscheint allerdings fraglich . 41 Vgl. HaaslProkop, SpuRt 1998, 18. 42 Vgl. Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluß, S. 175 f. 43 OLG Hamm, NJW-RR 1988, 183 (184). 44 Reuter. in: Reuter. Einbindung des nationalen Sportrechts in internationale Bezüge, S.67.

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Jedoch vermögen diese Begriindungen gegen die Zulässigkeit einer dynamischen Verweisung in den Satzungen der Vereine zumindest für den Bereich des Sports nicht zu überzeugen. So ist das Verbot der dynamischen Verweisung hier nicht dem Informationsschutz der Vereinsmitglieder dienlich. Denn die Regeln des Verbandes, der in seiner Disziplin die Austragungsbedingungen für die jeweilige Sportart vorgibt, sind es, die die Grundlage des Sports als Inhalt des Vereinslebens bilden. Diese Regeln sind aber in Sportkreisen praktisch viel weiter bekannt und eher zugänglich als die Satzungswerke örtlicher Vereine. So gibt es wohl kaum einen Sportverein, der an Wettkämpfen teilnimmt, in dem nicht das aktuelle Regelwerk des Verbandes für die Mitglieder öffentlich ausliegt. Dadurch aber kann das Informationsbedürfnis für die Mitglieder weitaus besser durch die Verbandsregelwerke im Falle deren einheitlicher Geltung geleistet werden, als es durch Einblicke in eventuell unterschiedliche Vereinssatzungen möglich wäre 45 . Auch das Verbot der dynamischen Verweisung aufgrund des Gebotes der Satzungsförmigkeit der Verfassung als Institutionsschutz des Vereins vermag für den Sportbereich nicht zu überzeugen. In diesem Bereich ist die Abhängigkeit der Vereine von den übergeordneten Dachverbänden ein Fakt, der wegen der notwendigen Allgemeingültigkeit sportlicher Regelungen hinzunehmen ist46 . So hält man es auch allgemein für zulässig, daß übergeordnete Verbände in ihren Satzungen die Mitgliedsvereine dazu verpflichten, ihre Regelwerke ständig den Regeln des übergeordneten Verbands anzupassen 47 . Durch diese Verpflichtung, der der Sportverein aufgrund der Monopolisierung des Sportsektors durch das Ein-Platz-Prinzip nicht entgehen kann, verbleibt der Mitgliederversammlung bei der Rezeption von Verbandsregeln ohnehin kein Entscheidungsspielraum hinsichtlich der Übernahme der Verbandsregelungen 48 . Eine weitergehende Selbstentrechtung findet also auch bei der Aufnahme einer dynamischen Verweisung in die Satzung des Vereins nicht statt49 . Im übrigen kann bei der Aufnahme einer dynamischen Verweisung auf die Regeln des Dachverbands in der Satzung eines angeschlossenen Vereins von einer Selbstentrechtung nicht die Rede sein. Denn dem Verein ist es unbenommen, durch eine Änderung oder Abschaffung dieser Adaptionsklausel die Geltung unerwünschter Verbandsregeln zu verhindern. Natürlich hätte dies im Verhältnis zwischen Verein und Verband Sanktionen bis hin zur Ausschließung des widerstrebenden Vereins zur Folge. Nichts anderes würde dem Verein aber auch zustoßen, wenn er - ohne eine dynamische Verweisung in seiner Satzung verankert zu haben Ebenso Heß. Rechtsfragen des Sports, S. 18. In diesem Sinne sogar Reuter; DZWir 1996, 7 f. 47 V gl. etwa Haas / Prokop. SpuRt 1998, 18. 48 So auch Heß. Rechtsfragen des Sports. S. 18. 49 Im Grundsatz ebenso Bluml Ebeling. in: Bepler; Sportler, Arbeit und Statuten, S. 112, die jedoch - inkonsequent - eine dynamische Verweisung im Bereich des Sanktionswesens ablehnen, da hierdurch der "Kern der Selbstbestimmung" des Vereins betroffen sei (S. 113). 45

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§ 2 Die Verbandsstrafgewalt im Bereich des Sports

Regeländerungen des übergeordneten Verbandes nicht ordnungsgemäß umsetzen würde. Zudem wird die Einbuße im Hinblick auf die Satzungsautonomie des Vereins durch die Mitwirkungsrechte des Vereins im Dachverband zumindest teilweise kompensiert5o . Angesichts der Tatsache, daß das Erfordernis der internationalen Chancengleichheit bei sportlichen Wettkämpfen die Geltung eines einheitlichen Regelwerks für alle Teilnehmer am Sport nötig macht, ist es nicht nur als zulässig anzusehen, daß Sportvereine dynamische Verweisungen in ihre Satzungen aufnehmen, die die Geltung der Regelungen des übergeordneten Sportverbandes in ihrer jeweils aktuellen Fassung anordnen, sondern ist eine solche Regelung in den Vereinssatzungen geradezu notwendig. Denn dem Erfordernis einheitlicher Geltung der Verbandsregeln für alle Sportteilnehmer kann durch statische Verweisungen und andere, Umsetzungen durch die Vereine erfordernde, Konstruktionen nur unzureichend genügt werden 5l .

2. Vertragsrechtliche Lösung

Neben einer satzungsrechtlichen Anbindung mittelbarer Mitglieder an die Verbands strafgewalt kommt auch eine rechtsgeschäftliche Unterwerfung von Sportteilnehmern unter die Verbandsgewalt in Betracht. Aufgrund der generellen Akzeptanz privatautonomer Vereinbarungen durch die deutsche und schweizerische Rechtsordnung bestehen im Grundsatz keine Bedenken gegen die Wirksamkeit entsprechender vertraglicher Vereinbarungen zwischen Sportverband und Sportler52 . a) Nominierung Vertragliche Vereinbarungen zwischen Sportverband und Sportler, die die Anerkennung der Regelungen des Sportverbandes durch den Sportteilnehmer und damit die Unterwerfung des Sportlers unter die Sanktionsbestimmungen des Verbandes zum Inhalt haben, sogenannte Regelanerkennungsverträge, können zunächst im 50 Hierin liegt ein entscheidender Unterschied etwa zu dynamischen Verweisungen in staatlichen Rechtsvorschriften. Eine dynamische Verweisung in einem Landesgesetz auf ein Gesetz des Bundes gilt (auch) deshalb als grundsätzlich unzulässig, weil das Land keinen unmittelbaren Einfluß auf die Gestaltung des Bundesrechts hat und sich daher durch die dynamische Verweisung seiner zwingenden Gesetzgebungskompetenz begibt, vgI. Jarass / Pieroth, GG, Art. 30 Rdnr. 9. 51 In diesem Sinne auch Vieweg, Normsetzung und -anwendung, S. 343 ff., der ein verringertes Maß an verbandsdemokratischer Mitwirkung und erhöhten Dritteinfluß aufgrund des gemeinsamen Interesses an einer einheitlichen Geltung der Verbandsregeln für "hinnehmbar" hält. 52 VgI. Z. B. OLG Düsseldorf, SpuRt 1995, 171 (172). Kritisch aber Baecker, Grenzen der Vereinsautonomie, S. 124, und Reuter, DZWir 1996,7, der dadurch eine Umgehung des Gebots der Satzungsförmigkeit der Vereinsverfassung befürchtet.

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Rahmen einer Meldung des Sportlers zu einem konkreten Wettkampf erfolgen. Durch diese Meldung, auch Nominierung genannt53 , und die korrespondierende Teilnahmeerlaubnis durch den Verband entsteht eine vertragliche Beziehung zwischen veranstaltendem Verband und Sportler. Im Rahmen internationaler Wettkämpfe ist Veranstalter in aller Regel nicht der internationale Sportverband, sondern der jeweilige nationale Verband, dem die Organisation und Durchführung des Wettkampfes vom internationalen Verband übertragen wurde 54 . Unter dem Vorbehalt ausdrücklich anderslautender Willenserklärungen des veranstaltenden nationalen Verbandes kommt dadurch folglich nur eine vertragliche Beziehung mit dem nationalen Verband zustande 55 , da dessen Erklärung ansonsten kein Handeln in fremdem Namen als Stellvertreter des internationalen Verbandes zu entnehmen ist56 . Wird durch die Regelanerkennung also eine Entscheidungsbefugnis des internationalen Verbands in Bezug auf Sanktionen gegen den Wettkampfteilnehmer begründet, ohne daß in dem Nominierungsvertrag ein Handeln des nationalen Verbands im Namen des internationalen Verbands offenkundig gemacht wird und damit ohne daß dem Vertragsschluß eine wirksame Stellvertretung zugrunde liegt, so ist dies als zulässige Vereinbarung eines Bestimmungsrechts eines Dritten anzusehen, vergleiche beispielsweise die Regelung des § 317 BGB 57 . Auch diese "Nennungslösung"58 weist jedoch praktische Probleme auf. Insbesondere begründet sie immer nur punktuell für die Dauer eines Wettkampfes eine Disziplinargewalt des Verbandes, gewährleistet jedoch keine dauerhafte Anbindung an die Verbandsorganisation. Dadurch wird vor allem Verhalten im Vorfeld von Wettkämpfen nicht durch verbandsrechtliche Sanktions bestimmungen erfaßt und kann entsprechend nicht geahndet werden 59 . Virulent ist dieses Problem bei der von den Sportverbänden angestrebten Bekämpfung des Dopings, da Dopingmittel regelmäßig gerade in der Vorbereitungsphase vor einem Wettkampf zum Einsatz gelangen. Daneben treten aber auch praktische Probleme bei einer derartigen rechtsgeschäftlichen Begründung verbandsseitiger Strafgewalt auf. Denn die Meldung erfolgt im Regelfall nicht durch den Sportler selbst, sondern durch Trainer oder Funktionäre. Damit können aber vertretungsrechtliche Probleme insbesondere hinsichtlich der Vertretungsmacht des Sportfunktionärs zum Abschluß einer solchen Unterwerfungsvereinbarung entstehen60. Außerdem muß der Sportverband dem meldenden Sportler in zumutbarer Weise eine Möglichkeit zur Vgl. Summerer, PHB Sportrecht, 2. Teil Rdnr. 156. Siehe Heß, Rechtsfragen des Sports, S. 36; Fikentscher, Mitbestimmung im Sport, S. 86. 55 Zutreffend Heß, ZZPlnt 1996, 376. 56 So aber Haas / Prokop, JR 1998, 51 f. 57 Ebenso Heß, ZZPInt 1996, 376. 58 Nach Fenn, SpuRt 1997,79. 59 Vgl. Fenn, SpuRt 1997, 80; Haas/Adolphsen, NJW 1995,2146; Lenz, Verfassungsmäßigkeit von Anti-Doping-Bestimmungen, S. 8. 60 In diesem Sinne auch Vieweg, SpuRt 1995,99; ders, in: Führungs- und Verwaltungsakademie des DSB, Verbandsrecht und Zulassungssperren, S. 37. 53

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§ 2 Die Verbandsstrafgewalt im Bereich des Sports

Kenntnisnahme der Sanktions bestimmungen verschaffen, um sie zu wirksamen Vertragsbestandteilen zu machen 61 . Insgesamt ist diese Lösung daher der auf einheitlicher lückenloser Erfassung aller Teilnehmer am Sport gerichteten Zielsetzung sportverbandlicher Regelungen nur bedingt zuträglich. b) Konkludente Unterwerfung durch Benutzung von Verbandseinrichtungen Neben einer rechtsgeschäftlichen Unterwerfung durch Nennung könnte ein Regelanerkennungsvertrag zwischen Sportler und Verband auch konkludent durch die Nutzung von Verbandseinrichtungen zustande kommen 62 . Dogmatisch könnte ein Vertragsschluß mit einem solchen Inhalt dadurch erfolgen, daß die Nutzung einer Verbandseinrichtung - beispielsweise eines Trainingsgeländes oder einer Wettkampfstätte - konkludent die Willenserklärung enthält, das Nichtmitglied erkenne die Sanktionsgewalt des Sportverbandes an. In der Duldung dieser Nutzung durch den Verband wiederum könnte dann die konkludente Annahme dieser Erklärung des Mitglieds gesehen werden, die dann zum Zustandekommen eines Vertrages führen würde63 . Vertragsinhalt wäre demgemäß die verbindliche Anerkennung der vereinsrechtlichen Regelungen und der Vollzugsmaßnahmen zu ihrer Durchsetzung durch das Nichtmitglied64 . Jedoch erscheint es außerordentlich fraglich, ob ein Sportler durch die bloße Nutzung einer Verbandseinrichtung mit entsprechendem Rechtsbindungswillen seine Unterwerfung unter die Disziplinargewalt des Verbandes erklärt 65 . So liegt es zwar nahe, daß der Athlet seine Zustimmung zu all denjenigen Regelungen des Verbandes erklärt, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Verbandseinrichtung, die er nutzt, stehen, also beispielsweise mit den Benutzungszeiten für das ihm zur Verfügung gestellte Trainingsgelände. Eine Zustimmung zu Regelungen, die keinen oder nur sehr mittelbaren Zusammenhang zur Verbandseinrichtung aufweisen, kann dem Verhalten des Sportlers in der Regel aber nicht konkludent entnommen werden. So kann durch Auslegung seiner Erklärung zum Beispiel keine Anerkennung der Verbandsregelungen gegen Dopingmißbrauch oder vergleichbarer Regelungen angenommen werden. Eine umfassende Unterwerfung unter die Siehe Vieweg, SpuRt 1995, 99; Fenn, SpuRt 1997, 78. Für eine solche Konstruktion OLG Düsseldorf, SpuRt 1995, 171 (172); Lukes, FS-Westermann, S. 333; Sauter/Schweyer/Waldner/Röseler, Der eingetragene Verein, Rdnr. 324; Prokop, Grenzen der Dopingverbote, S. 101; ders., in: Führungs- und Verwaltungsakademie des DSB, Rechte der Athleten, S. 24; ders., in: Führungs- und Verwaltungsakademie des DSB, Verbandsrecht und Zulassungssperren, S. 34; Lenz, Verfassungsmäßigkeit von Anti-Doping-Bestimmungen, S. 9. 63 Vgl. dazu insbesondere Lukes, FS-Westermann, S. 333. 64 Lukes, FS-Westermann, S. 333. 65 Skeptisch auch Bodmer, Vereinsstrafe, S. 111. 61

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Disziplinargewalt des Sportverbandes konkludent durch Nutzung von Verbandseinrichtungen ist daher regelmäßig abzulehnen 66 . Die Erklärung rechtsgeschäftlicher Unterwerfung muß vielmehr im Normalfall ausdrücklich durch Meldung zu einem Wettkampf oder im Wege einer Athletenvereinbarung beziehungsweise Lizenzerteilung erfolgen. c) Athletenvereinbarung, Lizenzvertrag So verbleibt letztlich noch die Möglichkeit, Athleten oder Vereine durch Abschluß von Verträgen, die die generelle, dauerhafte Erteilung einer Spielerlaubnis zum Inhalt haben, an die Sanktionsgewalt des Verbandes zu binden67 . In der Sportpraxis erfolgen solche dauerhaften Regelanerkennungsverträge entweder durch Abschluß einer Athletenvereinbarung oder eines Lizenzvertrages, die die Anerkennung der Verbandsregeln durch den Athleten oder Sportverein enthalten. Sportler können dabei vom Verband zum Abschluß eines solchen Vertrages gebracht werden, indem ein solcher Vertragsschluß von Verbandsseite zur Voraussetzung für die Teilnahme an Wettkämpfen gemacht wird. Zu Beginn eines jeden Wettkampfes ist dann der "Sportlerpaß" oder das entsprechende Dokument vorzuweisen. Eine solche Athletenvereinbarung oder Lizenz bindet den einzelnen Sportler dauerhaft an die Verbandsorganisation an, da die Teilnahmeerlaubnis für Wettkämpfe generell erklärt wird und nicht wie bei der Nominierung auf die Teilnahme an einem Wettkampf beschränkt ist. Durch den Abschluß einer Athletenvereinbarung oder die Erteilung einer Lizenz entsteht keine auf Leistungsaustausch gerichtete Sonderbeziehung, sondern eine faktische Eingliederung des Sportlers oder Vereins in die Verbandsorganisation 68 . Dadurch wird der Athlet, obwohl er nicht Mitglied des Verbandes ist, Teil der Verbandsstruktur. Das Verhältnis des Athleten zum Verband läßt sich treffend als "mitgliedschaftsähnlich,,69 oder wie das der satzungsrechtlich gebundenen Personen als "quasi-rnitgliedschaftlich" beschreiben 7o . Es ist zwar kein echtes Mitgliedschaftsverhältnis, da der einzelne Athlet keine unmittelbaren Mitwirkungsrechte in der Verbandsverwaltung genießt, sondern allenfalls mittelbar über einen im Verband vertretenen Verein, dem er angehören kann, aber nicht notwendigerweise muß, Einfluß auf die verbandsinterne Willensbildung 66 Ablehnend auch Eden/eid, Rechtsbeziehungen des Vereins, S. 198 ff.; Fikentscher; Mitbestimmung im Sport, S. 97. 67 So beispielsweise im "Reiter-Fall" BOHZ 128,93. 68 Ebenso Reuter; DZWir 1996, 5; Adolphsen, IPRax 2000, 82. 69 So auch Heß, Rechtsfragen des Sports, S. 35; Reuter; DZWir 1996,5; ders., in: Reuter; Einbindung des nationalen Sportrechts in internationale Bezüge, S. 59 f.; Haas I Prokop, IR 1998, 52; Prokop, in: Führungs- und Verwaltungsakademie des DSB, Rechte der Athleten, S.23. 70 Praktische Folgen hat diese Qualifikation bspw. bei der Bestimmung des auf das Rechtsverhältnis zwischen Sportler und internationalem Verband anwendbaren Rechts (dazu unten, § 4 D.I.).

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§ 2 Die Verbandsstrafgewalt im Bereich des Sports

nehmen kann 71. Er erhält also durch den Abschluß der Athletenvereinbarung keine organschaftlichen Rechte 72 . Jedoch darf nicht verkannt werden, daß dem Athleten durch die Athletenvereinbarung als quasimitgliedschaftliches Wertereche 3 die Befugnis eingeräumt wird, die vom Verband zur Verfügung gestellte Einrichtung "Sport" zu nutzen 74, also insbesondere an vom Verband veranstalteten Wettkämpfen teilzunehmen. Die Einräumung von Mitgliedschaftsrechten erzeugt auf Seiten des Verbandes beim Abschluß der Vereinbarung ein Interesse, den Athleten unter die Verbandsstrafgewalt zu unterstellen. Denn die dem Athleten übertragenen Rechte zur Teilhabe an Verbandsleistungen erfordern aus Sicht des Verbandes die Erstreckung der verbandlichen Ordnungs gewalt auf diesen Athleten, um zu gewährleisten, daß die verbandsinterne Ordnung durch den Athleten nicht gestört wird. So wie beim Nominierungsvertrag punktuell, für die Dauer eines Wettkampfes, ein Interesse des Verbandes an der Begründung einer Ordnungsgewalt für die Dauer dieses Wettkampfes besteht, so besteht bei einer dauerhaften Teilhabe des Athleten an Verbandsleistungen ein Interesse des Verbandes zur Begründung eigener Ordnungsgewalt für die Dauer dieses Zeitraums. Daraus folgt aber andererseits, daß es an einem solchen Interesse des Verbandes regelmäßig fehlt, wenn dem Athleten keine Teilhaberechte in Form eines Rechts zur generellen Wettkampfteilnahme durch die Vereinbarung übertragen werden. Diese Interessenlage bildet den Maßstab für die Auslegung von Athletenvereinbarungen. Folglich ist eine Vereinbarung, die der Athlet mit einem nationalen Verband abschließt, in der ein Verweis auf das Regelwerk des übergeordneten Verbandes enthalten ist und die dessen Geltung für den Athleten vorsieht75 , in der Regel- anders bei ausdrücklich erklärtem gegenteiligen Willen - dahingehend auszulegen, daß dadurch eine eigene Sanktionsgewalt des internationalen Verbandes nicht begründet werden soll. Denn da dem Athleten durch die Vereinbarung keine mitgliedschafts( -ähnlichen) Rechte von Seiten des internationalen Verbandes übertragen werden, besteht auf Seiten des nationalen Verbandes auch kein für den Athleten als Vertragspartner erkennbares Interesse an der Herstellung einer eigenen Ordnungsgewalt des internationalen Verbandes. Statt dessen ist eine solche Vereinbarung regelmäßig dahingehend auszulegen, daß anstelle einer eigenen Sanktionsbefugnis nur ein Bestimmungsrecht des internationalen Verbandes im Sinne des § 317 BGB 71 Nach Fikentscher; Mitbestimmung im Sport, S. 103, bewirkt der Abschluß einer Athletenvereinbarung daher nur die "Einräumung einer mitgliedschaftsähnlichen PflichtensteIlung bei gleichzeitiger Vorenthaltung wesentlicher Mitgliedsrechte". 72 Siehe auch Adolphsen, IPRax 2000, 82. 73 Zur herkömmlichen Unterscheidung von Werterechten und organschaftlichen Rechten vgl. etwa MüKo-BGB-Reuter; § 38 Rdnr. 25. 74 Adolphsen, IPRax 2000, 82; Lenz, Verfassungsmäßigkeit von Anti-Doping-Bestimmungen, S. 8. Dies erkennt auch Fikentscher; Mitbestimmung im Sport, S. 103. 75 Wie etwa die - auch von Dieter Baumann unterzeichnete - Athletenvereinbarung des DLV, abgedruckt in SpuRt 2000, 207; im einzelnen dazu gleich im Anschluß, § 2 A.L3.

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erzeugt werden solf6 . Dem steht auch nicht der in § 317 BGB zum Ausdruck kommende Schlichtungsgedanke entgegen 77 . Zwar ähnelt die im Sport übliche Kompetenzverteilung zwischen nationalem und internationalem Verband78 eher einer Art "Rechtsaufsicht". Jedoch wird der internationale Sportverband, wie auch der Schlichter nach § 317 BGB, nur subsidiär tätig, nämlich dann, wenn das Verbandsregelwerk durch die Maßnahmen des nationalen Verbands nach Ansicht des internationalen Verbandes nur unzureichend vollzogen wurde. Diese Subsidiarität des Eingriffs in die Beziehung zwischen Athletem und nationalem Verband führt dazu, die Vereinbarung einer Sanktionsbefugnis des internationalen Verbandes nicht als eine eigene Ordnungsgewalt desselben, sondern als ein - den Befugnissen des nationalen Verbandes übergeordnetes - Bestimmungsrecht, ähnlich § 317 BGB, auszulegen. Durch die dauerhafte Anbindung des Athleten vermeidet die Lösung über Athletenvereinbarungen das bei der Nennungslösung entstehende Problem zeitlicher Lücken in der Geltung der Verbandsstrafgewalt. Jedoch könnten eben aufgrund dieser dauerhaften Beziehung erneut Umsetzungsprobleme und -defizite auftauchen, wie sie bei der satzungsrechtlichen Lösung kraft Doppelverankerung auftreten. Wie dort können sie jedoch durch die Aufnahme dynamischer Verweisungen in die Vertragswerke behoben werden. Hiergegen werden bei Athletenvereinbarungen als Fall der vertraglichen Unterwerfung auch von der dynamische Verweisungen bei satzungsrechtlichen Konstruktionen ablehnenden Ansicht keine Bedenken erhoben, da bei Vertragsabschlüssen das Gebot der Satzungsförmigkeit der Vereins verfassung, das nach dieser Ansicht dynamische Verweisungen in Satzungen hindert, keine Geltung hat79 . Jedoch erzeugen Athletenvereinbarungen wiederum technische Probleme bei der Verwaltung großer Verbände. Angesichts der hohen Zahl organisierter Athleten im Bereich eines internationalen Verbandes oder eines nationalen Verbandes in 76 Ebenso Heß, WFV Nr. 43, S. 74. Anders Fikentscher, Mitbestimmung im Sport, S. 154 ff., der eine eigene Sanktionsgewalt des übergeordneten Verbandes daraus ableiten will, daß es "Sinn und Zweck" der Athletenvereinbarung sei, die Verbindlichkeit des Regelwerks sicherzustellen. Diese Sichtweise berücksichtigt jedoch einseitig nur das Interesse des Verbandes, nicht aber des Athleten, beim Vertragsschluß. 77 So aber Adolphsen, IPRax 2000, 82. 78 Beispielhaft hierzu die Satzung der IAAF hinsichtlich des Verfahrens bei Dopingverstößen: Bei einer grundsätzlichen Verfolgungszuständigkeit der nationalen Verbände schafft IAAF-Regel 21.3 (ii) die Möglichkeit für die IAAF, das Verfahren an sich zu ziehen und dem arbitration panel der IAAF zur Entscheidung vorzulegen. Diese Möglichkeit besteht jedoch nur im Anschluß an ein vom nationalen Verband durchgeführtes Verfahren, dessen Ergebnis der IAAF als unrichtig erscheint ("where a Member has held a hearing under Rule 59, and the IAAF believes that in the conduct or concIusions of such hearing the Member has misdirected itself, or otherwise reached an erroneous conc\usion"). 79 Vgl. etwa Haas / Prokop, SpuRt 1996, Ill; dies., SpuRt 1998, 18; Prokop, Grenzen der Dopingverbote, S. 102; Lukes, FS-Westerrnann, S. 335 f.; Edenfeld, Rechtsbeziehungen des Vereins, S. 212 ff.; Fikentscher, Mitbestimmung im Sport, S. 103; Bluml Ebeling, in: Bepler, Sportler, Arbeit und Statuten, S. 117 f.; Fuchs, Rechtsfragen der Vereinsstrafe, S. 76 ff.

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von einer Vielzahl an Personen betriebenen Sportarten 80 ist der Abschluß einer Athletenvereinbarung mit jedem einzelnen dieser Athleten aus organisatorischen Gründen nur sehr schwer möglich.

3. Lösung zur Erlangung einer möglichst lückenlosen Eifassung aller Teilnehmer am Sport

Wie bereits mehrfach erwähnt ist eine lückenlose Erfassung aller Wettkampfteilnehmer, Sportler und Sportvereine gleichermaßen, durch die einheitliche Strafgewalt eines Verbandes zur Schaffung von Chancengleichheit und damit erst zur Ermöglichung von Wettkampf unbedingt erforderlich. Hierzu bieten sich im Grundsatz wie gezeigt zwei Lösungen an. Einmal kann satzungsrechtlich über ein System der Doppelverankerung oder der Doppelmitgliedschaft eine weitgehend lückenlose Erfassung aller Sportteilnehmer erfolgen. Hierzu ist jedoch die Integration dynamischer Verweisungen in die Vereinssatzung zulässig und erforderlich, um eine einheitliche Geltung der Verbandsregeln für alle Sportler gleichermaßen zu erreichen. Dennoch bietet auch das Netz satzungsrechtlicher Regelungen Lükken. Wettkampfteilnehmer, die in keinem dem Verband angeschlossenen Verein Mitglied sind, können so nicht erfaßt werden 8l . Insbesondere läßt sich eine Erfassung dort nicht bewerkstelligen, wo Sportler generell nicht Vereinsmitglieder sind, beispielsweise im Bereich des Profifußballs, in dem sie aus steuerlichen Gründen nicht Mitglieder der Vereine sein können 82 . Auch eine vertragsrechtliche Lösung alleine vermag nicht das Problem der einheitlichen, lückenlosen Erfassung aller Wettkampfteilnehmer zu lösen. Die Nennungslösung ist aufgrund der erheblichen zeitlichen Lücken, in denen eine Disziplinargewalt des Verbandes nicht besteht, praktisch nur als Ergänzung brauchbar. Der Abschluß einer Athletenvereinbarung mit allen Wettkampfteilnehmern wiederum stellt eine immense Belastung für den Verwaltungsapparat eines jeden Sportverbandes dar83 und kann daher in der Praxis nur mit wenigen, exponierten Athleten in Betracht kommen 84 . 80 So zählte beispielsweise der deutsche Leichtathletikdachverband DLV laut seiner Website (www.dlv-sport.de) im Jahr 2000 7.652 angeschlossene Vereine mit insgesamt 856.693 Mitgliedern. Der DLV war damit (nur) sechstgrößter Fachsportverband im DSB. 81 Siehe auch Röhricht, in: Führungs- und Verwaltungsakademie des DSB, Verbandsrecht und Zulassungssperren, S. 17. 82 Vgl. zur diesbezüglich identischen Situation in Deutschland und der Schweiz beispielsweise Westermann, Verbandsstrafgewalt, S. 27; ScherreT, SpuRt 1994,59 f. 83 Dies übersieht wohl Niese, in: Führungs- und Verwaltungsakademie des DSB, Rechte der Athleten, S. 8, wenn er den Abschluß von Athletenvereinbarungen als "einfach zu realisieren" bezeichnet. 84 Prokap, in: Führungs- und Verwaltungsakademie des DSB, Rechte der Athleten, S. 25, schlägt folgerichtig den Abschluß von Athletenvereinbarungen nur für die "Spitzenathleten", d. h. für Athleten aus Bundeskader und/ oder Nationalmannschaft vor.

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Folglich empfiehlt es sich und ist gängige Praxis im Hinblick auf eine lückenlose Anbindung aller Sportteilnehmer an die Sanktionsgewalt eines Verbandes, eine Kombination aus satzungsrechtlicher und vertragsrechtlicher Lösung anzuwenden 85 . Ein solches zweispuriges System ermöglicht eine möglichst einheitliche Erfassung aller Sportler86 . Indem Grundlage der Verbandsstrafgewalt eine Unterwerfung aller Vereinsmitglieder der Mitgliedsvereine durch entsprechende Satzungsbestimmungen, im Regelfall im Wege der Doppelverankerung anstelle der Begründung einer Doppelmitgliedschaft, bildet, bindet der Verband schon den ganzen Bereich des Breitensports und alle in Vereinen organisierten LeistungssportIer an seine Disziplinargewalt, ohne dadurch seine interne Verwaltung zu erschweren. Darüberhinaus werden trotz Gebrauchs der satzungsrechtlichen Lösung bestehende Lücken durch Athletenvereinbarungen geschlossen. Zielgruppe für solche Athletenvereinbarungen bilden demgemäß vor allem diejenigen Spitzensportler, die nicht Vereinsmitglieder sind. So erteilt der DFB beispielsweise eine Spielberechtigung in den Profiligen nur auf Grundlage eines Lizenzspie1ervertrages, den der betreffende Sportler mit ihm abschließen muß. Dieser Vertrag enthält dabei eine Verweisung auf die Sanktionsvorschriften des DFB 87 . Ebenso benötigt ein Profifußballspieler in der Schweiz einen Lizenzvertrag, den dort die schweizerische Nationalliga selbst erteilt. In diesem Vertrag werden jedoch Disziplinarrechte zugunsten des Schweizerischen Fußball Verbandes (SFV) begründet88 . Ein solches zweigleisiges System, eventuell ergänzt durch die Regelanerkennung bei Meldung zu Wettkämpfen, genügt der im Sport bestehenden Notwendigkeit, möglichst alle Wettkampfteilnehmer und alle in gleichem Maße, das heißt zur Geltung derselben Regeln, an die Strafgewalt der Sportverbände zu binden. Auf der Grundlage der Zweigleisigkeit der rechtlichen Möglichkeit zur Anbindung eines Athleten an die Verbandsstrafgewalt untersuchte auch das OLG Frankfurt a. M. in seiner Entscheidung vom 18. 5. 200089 im eingangs geschilderten "Fall Baumann,,9o die Frage der Sanktionsbefugnis des DLY. Zutreffend verneint es eine Unterwerfung des Athleten nach der satzungsrechtlichen Lösung durch seinen Beitritt zum Sportverein TSV Bayer 04 Leverkusen, da dessen Satzung keine verbands gerichtlichen Bestimmungen - etwa in Form einer Verweisung auf das Regelwerk des DLV - enthält. Einen etwaigen Verweis in Nebenbestimmungen des Vereins prüft das OLG mit Recht nicht. Denn das Gebot der Satzungsförmigkeit der Vereinsverfassung verlangt eine Verankerung von Sanktionsbestimmungen als Grundlage der Mitgliedschaft in der Satzung selbst91 . Nicht zu beanstanden ist So auch Vieweg, SpuRt 1995, 99. Vgl. etwa auch BGHZ 128,93. 87 Siehe dazu Westennann, Verbandsstrafgewalt, S. 27 f. 88 Vgl. Bodmer; Vereinsstrafe, S. 107. 89 OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 2000,1117 mit Anm. Fenn/ Petri, SpuRt 2000, 232 ff. und van Look, EWiR 2000, 659 f. 90 Oben, § 1 B., Fallbeispiel Nr. 2. 85

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auch die Annahme einer auf dem Abschluß einer Athletenvereinbarung92 mit dem DLV beruhenden Unterwerfung des Athleten unter die Strafgewalt des DLV93 . Bedenken im Hinblick auf die Zulässigkeit der eine dynamische Verweisung enthaltenden Athletenvereinbarung hat das OLG zu Recht nicht. Ebenso bejahten das OLG Frankfurt a. M. in seiner Entscheidung vom 18.4.2001 94 und das LG Stuttgart in seiner Entscheidung vom 2. 4. 200295 auch eine rechtswirksame Unterwerfung Dieter Baumanns unter die Verbandsstrafgewalt der IAAF. Das LG Stuttgart erblickt dabei eine verbindliche Anerkennung der Sanktionsgewalt der IAAF in der wiederholten Teilnahme Dieter Baumanns an internationalen Wettkämpfen 96 . Jeder an einem Wettkampf teilnehmende Sportler gehe von einer allgemeinen Geltung der Regeln aus und erkenne diese auch für sich als verbindlich an, weil er seinerseits auch eine Bindung der anderen Wettkampfteilnehmer durch diese Regeln erwarte. Die Regelanerkennung durch Wettkampfteilnahme erfasse "selbstverständlich" auch die wettkampffreien Zeiten. Gegen diese Auffassung des LG Stuttgart bestehen schon im Grundsatz Bedenken. Der bloßen Nutzung von Verbandseinrichtungen wie etwa einer Wettkampfstätte kommt regelmäßig kein dahingehender Erklärungswert zu, der Sportler wolle sich dem gesamten Regelwerk des veranstaltenden Verbands 97 unterwerfen. Vielmehr hat eine solche Unterwerfungserklärung normalerweise ausdrücklich zu erfolgen und geschieht etwa im Rahmen der Meldung zu einem Wettkampf. In diesem Fall aber erfaßt die Unterwerfungserklärung nach zutreffender herrschender Ansicht 98 gerade nicht den Zeitraum zwischen Wettkämpfen, so daß im Fall Baumann eine Bindung an das IAAF-Regelwerk im Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Einnahme von Dopingsubstanzen nicht bestand. Das OLG Frankfurt a. M. erkennt in der von Dieter Baumann unterzeichneten Athletenvereinbarung die Grundlage für eine Unterwerfung des Athleten unter die 91 Vgl. etwa BGHZ 47, 172 (178); OLG Frankfurt a. M., WRP 1985,564 (566) - ausführlich dazu unten, § 3 D.n.l. 92 Im Wortlaut abgedruckt in SpuRt 2000, 207; zur Athletenvereinbarung des DLV siehe Prokop, in: Führungs- und Verwaltungsakademie des DSB, Rechte der Athleten, S. 19 ff. 93 Diese Ansicht legte auch der Rechtsausschuß des DLV seiner Entscheidung im "Fall Baumann" zugrunde; RA 1/00 v. 13. 7. 2000 - veröffentlicht im Internet, www.sportgericht.de. 94 OLG Frankfurt a. M., SpuRt 2001, 159. 95 LG Stuttgart, SpuRt 2002, 245 . 96 LG Stuttgart, SpuRt 2002, 245 (246 f.). 97 Dieser ist in der Regel ein nationaler Verband und nicht die IAAF, vgl. Heß, Rechtsfragen des Sports, S. 36; Fikentscher; Mitbestimmung im Sport, S. 86. Das LG Stuttgart läßt dies außer Acht. Hätte Dieter Baumann demgemäß nicht an von der IAAF selbst veranstalteten Wettkämpfen teilgenommen, so müßte die nach Ansicht des LG gegenüber dem Veranstalter konkludent erklärte Unterwerfung auch noch die Einwilligung in die Begründung der Sanktionsgewalt eines Dritten enthalten. Diesen erweiterten Erklärungswert wird man erst recht nicht dem bloßen Wettkampfstart zumessen können. 98 Vgl. Fenn, SpuRt 1997,80; HaaslAdolphsen, NJW 1995,2146.

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Sanktions gewalt der IAAF. Es legt die von dem Athleten unterzeichnete Athletenvereinbarung, die die Erklärung enthält, der Athlet erkenne "die IAAF-Bestimmungen ... in der jeweils gültigen Fassung im Training und Wettkampf als für sich verbindlich an", "interessengerecht" - ebenso wie zuvor das arbitration panel der IAAF99 - dahingehend aus, daß der IAAF "eine eigene Sanktionskompetenz gegenüber dem Athleten" vorbehalten sei 100. Zu dem selben Ergebnis gelangt auch das LG Stuttgart in einer Hilfsbegründung lOl . Die Ansicht der bei den Gerichte vermag nicht zu überzeugen und steht auch im Widerspruch zur Rechtsprechung des LG München I im "Fall Krabbe,,102, in dem die Athletin eine wortgleiche Vereinbarung mit dem DLV abgeschlossen hatte. Die Athletenvereinbarung verweist lediglich auf das Rege1werk der IAAF, ohne daß dem Athleten durch den Abschluß der Vereinbarung mitgliedschaftsähnliche Teilhaberechte übertragen werden. Es besteht daher aus der Sicht des Athleten als Vertragspartner kein erkennbares Interesse des DLVan der Begründung einer eigenen Sanktionsgewalt der IAAF. Die von Dieter Baumann unterzeichnete Erklärung kann daher mangels ausdrücklich erklärtem gegenteiligen Willen nur so verstanden werden, daß der IAAF ein dem § 317 BGB entsprechendes Bestimmungsrecht übertragen wurde, während die grundsätzliche Sanktionskompetenz alleine beim DLVals Vertragspartner des Athleten liegt 103. Untersucht man auf dieser Grundlage nach dem - im Originalfall nicht anwendbaren - deutschen Recht die von Diane Modahl im eingangs dargestellten Fallbeispiel Nr. 1104 unterzeichnete Vereinbarung bei ihrem Beitritt zu ihrem Heimatver99 Arbitration Panel der IAAF v. 18.9.2000, IAAF v. DLV ("Baumann Case"), mit Anm. Heß. WFV Nr. 43. 100 OLG Frankfurt a. M., SpuRt 2001, 159 (1610. 101 LG Stuttgart, SpuRt 2002, 245 (247). 102 LG München I, SpuRt 1995, 161; Abdruck der Erklärung Krabbes bei OLG München, SpuRt 1996, 133 (134). Katrin Krabbe hatte die Athletenvereinbarung zwar nie unterzeichnet, die Gerichte nahmen jedoch gleichwohl eine konkludente Vereinbarung gleichen Inhalts zwischen Katrin Krabbe und dem DLVan, vgl. OLG München, SpuRt 1996, 133 (134). 103 In diesem Sinn auch Heß. WFV Nr. 43, S. 74. Im "Fall Krabbe" ebenso LG München I, SpuRt 1995, 161 (167). Anderer Ansicht wohl Adolphsen. IPRax 2000, 86, der in einem im Hinblick auf die getroffenen Vereinbarungen parallelen Fall - der Grundlage für eine Entscheidung des österreichischen OGH v. 24. 9. 1998, AZ. 2 Ob 232/98a, IPRax 2000, 138 bildet - unter Anwendung deutschen Rechts ein mitgliedschaftsähnliches Verhältnis zwischen einem Eishockeyspieler und dem internationalen Eishockeyverband IIHF bejaht. In diesem Fall hatte der Spieler zum einen eine Transferkarte vom nationalen deutschen Eishokkeyverband DEB erworben mit dem Inhalt, der Spieler unterwerfe sich dem Regelwerk der IIHF. Zum anderen hatte der Spieler einen Lizenzvertrag mit der Deutschen Eishockey Liga (DEL) unterzeichnet, in dem er erklärte, die By-Laws der IIHF als Grundlage des Spielerlizenzvertrages anzuerkennen. Beides genügt jedoch nicht für die Begründung einer eigenen Sanktionsgewalt der IIHF, da dem Spieler weder aufgrund der Transferkarte des DEB noch durch die Lizenzvereinbarung mit der DEL mitgliedschaftsähnliche Rechte von Seiten der IIHF übertragen wurden. "Interessengerecht" erscheint auch hier eine Auslegung der Erklärungen als Vereinbarung eines Bestimmungsrechts eines Dritten im Sinne des § 317 BGB. 104 Oben, § I B.

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ein Manchester Sale HaITiers, die einen Verweis auf das Regelwerk der BAF enthielt, so gelangte man auch in diesem Fall zu dem Ergebnis, daß hierdurch nur ein Bestimmungsrecht des Verbandes, entsprechend § 317 BGB, nicht aber eine eigene Sanktionsgewalt der BAF begründet worden wäre. Denn eine Auslegung der von der Athletin unterzeichneten Erklärung nach deutschem Recht müßte dazu gelangen, mangels Übertragung von Teilhaberechten an die Athletin durch die BAF ein erkennbares Interesse des Heimatvereins an der Begründung einer eigenen Sanktionsgewalt der BAF zu verneinen. Die auch von dem englischen Gericht untersuchte konkludente Unterwerfung der Athletin unter die Disziplinargewalt der BAF und der IAAF durch Teilnahme an einem von dem nationalen portugiesischen Verband in Lissabon organisierten Wettkampf wäre nach deutschem Recht ebenfalls abzulehnen, mit der Folge, daß der BAF nach deutschem Recht 105 keine eigene Sanktionsbefugnis gegenüber Diane Modahl zustünde. 11. Die rechtliche Einordnung der Verbandsstrafe

Durch die vertragliche oder satzungsrechtliche Ausdehnung ihrer Sanktionsgewalt erweitern Sportverbände die ihnen im Verhältnis zu ihren Mitgliedern zukommenden Ordnungsbefugnisse auf einen weiteren Personenkreis der der Verbandsgewalt unterworfenen Nichtmitglieder. Grundlage der dem Verband gegenüber diesem Personenkreis zukommenden Sanktionsbefugnis bildet danach die vereinseigene Ordnungsgewalt des Verbandes, deren Anwendungsbereich vertraglich oder satzungsrechtlich ausgedehnt wird lO6 . Es ist in der deutschen und schweizerischen Rechtslehre schon seit langem umstritten, ob diese dem Verein eigene Ordnungsgewalt Ausdruck der Vereinsautonomie, die Vereinsstrafe damit autonomer Akt der Selbstverwaltung ist, oder ob die Vereinsstrafe, die ihren Ursprung in dem rechtsgeschäftlichen Beitritt eines Mitglieds zum Verein hat, lediglich einen Anwendungsfall der Vertragsstrafe darstellt. Ihre Rechtsgrundlage findet die Vereinsstrafe jedenfalls in der Satzung. Somit ist Ausgangspunkt des Streits um die rechtliche Einordnung der Vereinsstrafe die Frage der rechtlichen Einordnung der Vereinssatzung. Die jeweilige Qualifikation der Satzung entscheidet über die Qualifikation der Rechtsnatur der Vereinsstrafe 107.

105 Anders jedoch nach englischem Recht, vgl. die "Original"-Entscheidung des High Court, Queen's Bench Division - Urt. v. 14. 12. 2000, 2000 WL 33201389. Dazu unten, § 2

B.n.

In diesem Sinne auch Westennann, Verbandsstrafgewalt, S. 38. So Meyer-Cording, Vereinsstrafe, S. 53 f.; Flume, BGB AT 1.2, S. 316; Habscheid, in: Schroeder / Kauffmann, Sport und Recht, S. 161; van Look, Vereinsstrafen als Vertragsstrafen, S. 58 f. 106 107

A. Die Strafgewalt nach deutschem und schweizerischem Recht

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I. Die Vereinsstrafe als Vertragsstrafe

Die eine Ansicht sieht in der Satzung einen vertraglichen Zusammen schluß und beurteilt demzufolge die Vereinsstrafe als Vertrags- oder Konventionalstrafe und den Ausschluß aus dem Verein als deren Sonderfall als Kündigung des Vertrags 108. Diese Ansicht soll im folgenden der von Hadding lO9 eingeführten Terminologie entsprechend als rechtsgeschäftliehe Lösung bezeichnet werden. Die rechtsgeschäftliehe Lösung findet ihren Ursprung in den Arbeiten von Tuhrs. Dieser erblickte in der Vereinsgründung einen vertraglichen Zusammenschluß, da die Gründung zweiseitige Erklärungen erfordere, die dem jeweiligen Mitgründer als Erklärungsempfänger zugehen müssen 110. Auch den Beitritt ordnete er als Vertrag oder einseitige Erklärung des Mitglieds an den Vorstand, aber jedenfalls als Willenserklärung und damit als Rechtsgeschäft ein 111. So gelangte von Tuhr dazu, die Satzung selbst als die schriftliche Fixierung der übereinstimmenden Willenserklärungen ebenfalls als Vertrag zu qualifizieren 112. Hauptargument für die rechtsgeschäftliehe Lösung bildet nach wie vor die auf einem Rechtsgeschäft basierende Vereinsgründung. Es ist unumstritten, daß die Gründung eines Vereins durch ein privates Rechtsgeschäft in der Form eines Vertrags erfolgt ll3 . Aber auch der Beitritt eines neuen Mitglieds zu dem gegründeten Verein stellt sich als Rechtsgeschäft mit dem Inhalt der Vereinbarung der Geltung der Satzung für das neue Mitglied dar ll4 . Daraus wird gefolgert, daß die Geltung der Satzung für das Mitglied stets auf einem Rechtsgeschäft beruhe, gleich ob das Mitglied (Mit-)Gründer des Vereins ist oder nach der Gründung dem Verein beigetreten ist ll5 . Die Satzung des Vereins bilde damit die Entsprechung zum Gesellschaftsvertrag bei einer Personengesellschaft ll6 . Die vertragliche Bindung zeige sich auch daran, daß - im Unterschied zu einer Bindung an objektives Recht - eine 108 Diese Ansicht wird in der deutschen Rechtslehre vertreten von Bötticher; ZfA 1970, 44 ff.; Staudinger-Coing, Vorbem zu §§ 21-54 Rdnr. 23 ff.; Soergel-Hadding, § 25 Rdnr. 37 ff.; van Look, Vereins strafen als Vertragsstrafen, S. 22 ff.; Flume, BGB AT 1.2, S. 315 ff., der den Vereinen aber das Recht abspricht, Ehrenstrafen zu verhängen. Im schweizerischen Recht ist die rechtsgeschäftliche Lösung ständige Rechtsprechung des BG, vgl. BGE 57 I 200 (204); 8011 123 (133); sie wird außerdem vertreten von BeK-Riemer; Art. 70 ZGB Rdnr. 226; Egger; ZGB, Art. 60 Rdnr. 17; v. Tuhrl Peter; OR AT I, S. 144; Fuchs, Rechtsfragen der Vereinsstrafe, S. 19 ff.; Culdener; ZSR 1952,212 a Fn. 10; Piaget, ZSR 1952, 309 a. 109 Hadding, FS-Fischer, S. 165 ff. 110 V. Tuhr; BGB AT I, S. 476 ff. 111 V. Tuhr; BGB AT I, S. 504 f. 112 V. Tuhr; BGB AT I, S. 505; zustimmend Heinsheimer; JW 1928,2210. 113 Siehe etwa Staudinger-Coing, Vorbem zu §§ 21-54 Rdnr. 38; van Look, Vereinsstrafen als Vertragsstrafen, S. 106. 114 Staudinger-Coing, Vorbem zu §§ 21-54 Rdnr. 38; Flume, BGB AT 1.2, S. 320; Bötticher; ZfA 1970,45 f.; BeK-Riemer; Art. 70 ZGB, Rdnr. 226. 115 Vgl. auch Corbat, peines statuaires, S. 64. 116 V. Tuhr; BGB AT I, S. 504.

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§ 2 Die Verbandsstrafgewalt im Bereich des Sports

Loslösung vom Vertrag durch Austritt aus dem Verein jederzeit möglich sei 117. Die Satzung könne dagegen schon deshalb kein objektives Recht darstellen, weil durch Rechtsgeschäft nur subjektive Rechte begründet werden könnten, niemals aber objektives Recht durch Rechtsgeschäft erzeugt werden könne l18 . Unter Zugrundelegung dieser Argumentation ordnen die Vertreter der rechtsgeschäftlichen Lösung die auf der Satzung beruhende Vereinsstrafe daher als Vertragsstrafe ein und sehen in der Vereinsautonomie nur einen Ausfluß der allgemeinen Privatautonomie l19 . Damit entspreche die Vereinsstrafe den gesetzlich vorgesehenen Arten der satzungsmäßigen Vertragsstrafe gemäß §§ 55 II, 63 III AktG 12o. Diese Ansicht ist gleichwohl nicht frei von Bedenken. Insbesondere vermag die Qualifikation der Satzung als Vertrag zwischen den Gründern kaum zu erklären, wie ein Rechtsverhältnis zwischen den Gründern des Vereins und dem dann als eigenständige juristische Person ins Leben getretenen Verein zu entstehen vermag l21 . Zudem kennt jedenfalls das deutsche Recht durchaus den Fall der Erzeugung objektiven Rechts durch privates Rechtsgeschäft, wie das Beispiel der zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften geschlossenen Tarifverträge zeigt, deren Normen nach herrschender Meinung objektives Recht darstellen 122. 2. Die Vereinsstrafe als autonomer Selbstverwaltungsakt des Vereins

Die andere Ansicht sieht in der Satzung die objektive Rechtsordnung des autonomen Vereins und ordnet die Vereinsstrafe daher als Akt der Selbstverwaltung ein 123. Für diese Ansicht wird im folgenden der Terminus korporationsrechtliehe Lösung verwandt. So Corbat, peines statuaires, S. 64. Vgl. insbesondere v. Tuhrl Peter, OR AT I, S. 143. 119 Van Look, Vereinsstrafen als Vertragsstrafen, S. 60 ff. 120 Flume, BGB AT 1.2, S. 337. 121 Ebenso Meyer-Cording, Vereinsstrafe, S. 34. 122 Vgl. Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht, S. 222 f.; Söllner, Arbeitsrecht, S. 122 f.; a.A.: Zöllner / Loritz, Arbeitsrecht, S. 374 ff. 123 Ständige Rspr. des RG und BGH, vgl. RGZ 49,150; 151,229; RG, JW 1906,416; RG, lW 1928, 2208; BGHZ 21, 370; 29, 352; 87, 337; außerdem in Deutschland vertreten von Meyer-Cording, Vereinsstrafe, S. 31 ff.; Larenz, FS-Dietz, S. 45 ff.; Habscheid, in: Schroeder / Kauffmann, Sport und Recht, S. 158 ff.; Schlosser, Vereinsgerichtsbarkeit, S. 44 ff.; Lukes, FS-Westermann, S. 329; Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, Rdnr. 668; Vieweg, lZ 1984, 167 ff.; Baecker, Grenzen der Vereinsautonomie, S. 29 ff., 84; Prokop, Grenzen der Dopingverbote, S. 121 ff.; Buchberger, Überprüfbarkeit sportverbandsrechtlicher Entscheidungen, S. 50 ff.; Edenfeld, Rechtsbeziehungen des Vereins, S. 37 ff. Im schweizerischen Recht wird die korporationsrechtliche Lösung insbesondere vertreten von Heini, FS-MeierHayoz, S. 225 ff.; ders., Vereinsrecht, S. 61; BeK-Forstmoser, Art. 832 und 833 OR, Rdnr. 13 ff.; Burckhardt, System des Rechts, S. 171 Fn. 2; Huber, ZSR 1921, 10; Corbat, peines statuaires, S. 67; Baddeley, l'association sportive, S. 220 ff.; Bodmer, Vereinsstrafe, S. 76 ff. 117

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A. Die Strafgewalt nach deutschem und schweizerischem Recht

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Die korporationsrechtliche Lösung geht zurück auf von Gierke. Gierke sah in dem Verein einen Körper, der über seine Glieder eine rechtlich anerkannte Herrschaft ausübt und sich dazu unter anderem des Mittels der Strafgewalt bedienen kann 124. Grundlage dieser Herrschaftsbefugnis sei dabei die ihm zugestandene Vereinsautonomie. Daraus erwachse ihm das Recht, selbst Recht zu setzen (= "Satzung"), das daher als objektives Recht und nicht als Rechtsgeschäft gelte 125. Insbesondere die Willensbildung des Vereins gilt heute als Hauptargument gegen die rechts geschäftliche Lösung. Vereinsbeschlüsse, die nach § 32 BGB bzw. Art. 67 II ZGB grundsätzlich mit der Mehrheit der anwesenden Mitglieder in der Vereinsversammlung ge faßt werden, binden auch diejenigen Mitglieder, die ihre Zustimmung nicht erklärt haben. Nach §§ 32, 33 BGB ist der Verein nach deutschem Recht sogar dazu berechtigt, mit 3/4 -Mehrheit die Satzung zu ändern. Die Drittverbindlichkeit von Vereinsbeschlüssen habe zur Folge, daß in der Gemeinschaft eine Loslösung vom Vertrag stattfinde, nach dem der Vertrag gegründet wurde 126 . Aus der Autonomie des Vereins 127 erwachse diesem sowohl ein Recht zur Selbstverwaltung als auch ein Recht, seine Satzung selbst als objektives Recht zu gestalten 128. Die Vereins satzung bildet danach die Verfassung des Vereins, deren Regeln objektives Recht darstellen l29 . Nur die Ausgestaltung als objektives Recht könne der Geltung der Satzung für ständig wechselnde Mitglieder, also einen ständig wechselnden Adressatenkreis gerecht werden 130. Außerdem enthalte die Satzung noch sonstige für eine Rechtsnorm typische Charakteristika: sie ist abstrakt gefaßt, auf eine dauernde Geltung angelegt und viele ihrer Regelungen sind nicht aushandelbar, sondern durch die Gruppeninteressen vorgezeichnet l3l . Daher gesteht selbst von Tuhr der Satzung eine inhaltliche Analogie zur Staatsverfassung ZU 132 .

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V. Gierke, Privatrecht I, S. 513.

V. Gierke, Privatrecht I, S. 142 f.; später wurde diese Theorie als "Normentheorie" bezeichnet. 126 Siehe etwa Meyer-Cording, Vereinsstrafe, S. 36; ebenso Burckhardt, System des Rechts, S. 171; Huber; ZSR 1921, 10. 127 Grundlegend hierzu RGZ 49, 150 (155); RG, JW 1906,416 (417); RGZ 151,229 (231). 128 Habscheid, in: Schroederl Kauffmann, Sport und Recht, S. 159. 129 In diesem Sinne Burckhardt, System des Rechts, S. 171; BeK-Forstmoser; Art. 832 und 833 OR, Rdnr. 13; abweichend Heini, FS-Meier-Hayoz, S. 225, der die Satzung, insbesondere aufgrund ihres Zustandekommens durch Rechtsgeschäft, für eine "dem Vertrag gleichgeordnete, selbständige Ordnungsfigur des Privatrechts" hält. Ihm folgend Corbat, peines statuaires, S. 67. 130 Meyer-Cording, Vereinsstrafe, S. 46; Habscheid, in: Schroeder I Kauffmann, Sport und Recht, S. 159. 131 So Meyer-Cording, Vereinsstrafe, S. 46; BeK-Forstmoser; Art. 832 und 833 OR, Rdnr. 13; Corbat, pein es statuaires, S. 64. 132 V. Tuhr; BGB AT I, S. 502 f. 125

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§ 2 Die Verbandsstrafgewalt im Bereich des Sports

Der Beitritt kann dann verstanden werden als die Unterwerfung unter die Satzung als objektiv geltendes Recht I33 , mit der das neu eintretende Mitglied zugleich die sich aus der Vereinsautonomie ergebende Strafbefugnis des Vereins anerkenne 134 . Die Vereinsstrafe bildet damit keinen Anwendungsfall der Vertragsstrafe, sondern ist autonomer Akt der Selbstverwaltung des Vereins 135 . Gegenargumente lassen sich aber auch gegen diese Ansicht finden. Das Argument der Drittverbindlichkeit von Vereinsbeschlüssen erscheint als nicht zwingend, denn auch dem Vertragsrecht sind Fremdbestimmung und Mehrheitsbeschlüsse nicht grundsätzlich fremd . Beispiele für eine mögliche Fremdbestimmung im deutschen Vertragsrecht bilden etwa §§ 315-317 BGB, oder § 709 II BGB I36 .

3. Stellungnahme

Praktischer Hintergrund des Streits zwischen rechtsgeschäftlicher und korporationsrechtlicher Lösung bildet die Tatsache, daß die rechtsgeschäftliche Lösung, die die Vereinsstrafe als Vertragsstrafe einordnet, versucht, § 343 BGB bzw. Art. 163 III OR zur Anwendung zu bringen, um den Gerichten eine genaue Überprüfung der verhängten Strafe zu ermöglichen. Dagegen versucht die korporationsrechtliche Lösung, den Gerichten eben diese Kontrollmöglichkeit zu entziehen und damit dem Verein einen autonomen, letztlich gerichtsfreien Raum zu schaffen. Das heißt, die rechtliche Qualifikation der Vereinsstrafe entscheidet danach über die Intensität der Kontrolle der Vereinsmaßnahme durch staatliche Gerichte 137. Zum anderen beruht der Streit auch darauf, daß die Vereinsstrafe teilweise als etwas grundsätzlich anderes als die Vertragsstrafe angesehen wird. Die Vereinsstrafe weise große Ähnlichkeit zur öffentlich-rechtlichen Disziplinarstrafe auf 138 . Die Sanktionsbefugnis der Vereine lasse sich daher als "private Disziplinarstrafgewalt,,139 kennzeichnen. Demgegenüber wird die Vertragsstrafe häufig als bloßes, einer "Strafe" nicht vergleichbares Ordnungsmiuel angesehen, dessen Zweck sich in der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Erfüllung eines Schuldverhältnisses erschöpfe 140. Die Vertragsstrafe rückt damit in eine Nähe zum privatrechtlichen OrdRG, JW 1906,416 (417); BGHZ 21,370 (373); 87, 337 (344). RGZ 151,229 (232 f.); BGHZ 29, 352 (355). 135 RGZ 49, 150 (154); RG, JW 1928,2208 (2208); Habscheid, Sport und Recht, S. 161. Kummer, Spielregel und Rechtsregel, S. 52, der sich weder für die korporationsrechtliche noch für die rechtsgeschäftliche Lösung entscheidet, bezeichnet die Vereinsstrafe daher als "vereinsrechtliches Institut sui generis". 136 Ebenso v. Tuhr, BGB AT I, S. 504. 137 Siehe etwa Reuter, ZGR 1980, 102. 138 So Kummer, Spielregel und Rechtsregel, S. 49; Meyer-Cording, Vereinsstrafe, S. 71 ff.; Flume, FS-Bötticher, S. 101; Westermann, Verbandsstrafgewalt, S. 46; Werner, Sport und Recht, S. 14; Baddeley, I'association sportive, S. 222. 139 So Meyer-Cording, Vereinsstrafe, S. 54 und Flume, FS-Bötticher, S. 101. 133

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A. Die Strafgewalt nach deutschem und schweizerischem Recht

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nungsmittel Schadensersatz, die auch darauf gründet, daß eine maßgebliche Funktion der Vertragsstrafe in dem Ausgleich des durch eine Verletzung entstandenen Schadens besteht 141 . a) Die herkömmliche Unterscheidung zwischen Strafen und anderen Ordnungsmitteln Nach der deutschen und schweizerischen Rechtsordnung von zentraler Bedeutung als Ordnungsmittel ist der Schadensersatz. Der Zweck des Schadensersatzes besteht grundsätzlich darin, im Verhältnis von Verletztem und Schädiger einen entstandenen materiellen Schaden auszugleichen 142 . Indem er so den rechtlich garantierten Zustand (wieder) herstellt 143 , "ordnet" er ein soziales Geschehen. Zudem hat er ordnenden im Sinne eines verhaltenssteuemden Einflusses aufgrund der mit abstrakt drohenden Schadensersatzpflichten zwangsläufig verbundenen Präventivwirkung 144 • Nach deutschem Recht erfolgt der Schadens ausgleich gemäß § 249 S. 1 BGB grundsätzlich im Wege der Naturalrestitution. Das heißt, primär ist Schadensersatz in natura zu leisten 145 . Hierdurch wird deutlich, daß als Leitbild möglichst exakt der ohne die Schädigung bestehende Zustand wieder hergestellt werden soll. Nach schweizerischem Recht hat der Richter gemäß Art. 43 OR das Recht, darüber zu bestimmen, wie der ohne die Schädigung bestehende Zustand wieder erreicht werden soll. Dabei hat er die freie Wahl zwischen Naturalersatz, Geldersatz oder einer Kombination aus beidem 146 . Demgegenüber nehmen Strafen keine materielle Ausgleichsfunktion wahr. Sie dienen dazu, die soziale Ordnung aufrechtzuerhalten, indem sie weiteren Störun140 Staudinger-Rieble, Vorbem zu §§ 339 ff. Rdnr. 3; Buchberger, Überprüfbarkeit sportverbandsrechtlicher Entscheidungen, S. 53 ff.; dies entspricht einem international verbreiteten Verständnis von Vertragsstrafvereinbarungen, vgl. dazu den rechtsvergleichenden Überblick von Bucksch, RIW 1984, 778 ff. 141 Siehe Staudinger-Rieble, Vorbem zu §§ 339 ff. Rdnr. 13 / 22; Guhl-Schnyder, § 56 Rdnr. 6 - jeweils m. w. N. Beispielhaft dazu die ständige Rechtsprechung des BGH, NJW 1993,2993 (2993 f.); NJW 1975, 163 (164); NJW 1988,2536 (2536), wonach die Vertragsstrafvereinbarung die doppelte Zielrichtung verfolgt, zum einen als Druckmittel den Schuldner zur ordnungsgemäßen Erfüllung anzuhalten und zum anderen, dem Gläubiger im Verletzungsfall die Möglichkeit einer erleichterten Schadensdurchsetzung ohne Einzelnachweis zu eröffnen. 142 Siehe etwa Schultz, Strafrecht AT I, S. 29; MüKo-BGB-Oetker, § 249 Rdnr. 8. Dasselbe Verständnis von Schadensersatz herrscht auch im französischen und englischen Recht, vgl. Bouzat / Pinatel, droit penal I, Nr. 315; Brazier, Street on Torts, S. 4 f.; Ogus, Law of Damages, S. 5 f. 143 M. Weber, Rechtssoziologie, S. 114. 144 Siehe Soergel-Mertens, Vor § 249 Rdnr. 26. 145 Vgl. Palandt-Heinrichs, § 249 Rdnr. I; Magnus, Schaden und Ersatz, S. 29. 146 Dazu BeK-Brehm, Art. 43 Rdnr. 5 ff.; Privatrecht-Komm. OR-Schnyder, Art. 43 Rdnr. 1 ff.

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§ 2 Die Verbandsstrafgewalt im Bereich des Sports

gen der Gemeinschaftsordnung vorbeugen. Dazu soll durch die Strafe begangenes Unrecht gesühnt werden, das heißt, dem Tater soll anstelle eines materiellen Ausgleichs die Möglichkeit eröffnet werden, das durch seine Tat begangene Unrecht zu tilgen und dadurch seine eigene Persönlichkeit wiederherzustellen l47 . Deutlich wird dies insbesondere am Beispiel der Kriminalstrafe. Nach der in Deutschland so genannten Vereinigungstheorie l48 verfolgt die Kriminalstrafe nach nunmehr ganz allgemeiner Ansicht in Deutschland und der Schweiz l49 zum einen spezialund generalpräventive Zwecke l5o , zum anderen bezweckt sie aber auch die Vergeltung des vom Tater angerichteten Unrechts 151. Strafe ist daher ein Ordnungsmiuel, das zugleich ein sozialethisches Unwerturteil über den Störer der sozialen Ordnung ausdrückt 152. In der Sühnefunktion, die auf dem in einer Bestrafung enthaltenen Unwerturteil basiert, wird daher herkömmlicherweise der maßgebliche Unterschied zwischen Strafen und anderen Ordnungsmiueln gesehen l53 . b) Verschwimmen der Grenzen zwischen Strafen und anderen Ordnungsmiueln Diese klare Grenze zwischen Strafen und anderen Ordnungs mitteln kann in der Rechtspraxis so jedoch nicht stets gezogen werden. Vielmehr bestehen im Bereich des privatrechtlichen Ausgleichs durchaus Berührungspunkte zur Sühne der Tat 147 Vgl. Stratenwerth, Strafrecht AT I, § 2 Rdnr. 9; in diesem Sinne auch JeschecklWeigend, Strafrecht AT, S. 64 f. 148 Maßgeblich BVerfGE 21, 378 (384); 21, 391 (404). Dazu und zu einzelnen Ausprägungen der Vereinigungstheorie vgl. Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht AT, § 3 Rdnr. 61 ff. 149 Statt aller Roxin, Strafrecht AT I, § 3 Rdnr. 2 ff.; Maurach/Zipf, Strafrecht AT I, S. 66 Rdnr. 3 ff. Ebenso für das schweizerische Recht Stratenwerth, Strafrecht AT I, § 2 Rdnr. 3 ff. 150 Nach den sogenannten relativen Straftheorien, da diese den Zweck der Strafe in seiner Wirkung auf die Gesellschaft sehen. 151 Vergeltungstheorie als sogenannte absolute Straftheorie, da danach der Zweck der Stafe von ihrer gesellschaftlichen Wirkung losgelöst wird. Die Kombination aus Prävention und Vergeltung entspricht übrigens auch dem Verständnis des Strafzwecks nach französischem und englischem Recht. Neben utilitaristischem Zweck in Form der Prävention dient Strafe auch hiernach der Sühne der Verletzung, in Frankreich bezeichnet als "but moral" oder als "fonction de retribution" im Unterschied zum "but utilitaire" der Strafe, vgl. Stefani / Levasseur/ Bouloc, droit penal general, Nr. 28 f.; Bouzat/ Pinatel, droit penal 1, Nr. 317 ff.; Merle/ Vitu, droit criminel I, Nr. 603 n° 2. In England wird dieser Strafzweck retribution genannt; vgl. Smith/Hogan, Criminal Law, S. 4 ff.; Honderich, Punishment, S. 12 f. 152 Vgl. Jescheckl Weigend, Strafrecht AT, S. 13,50: "öffentliche Mißbilligung der Tat". 153 BGHSt 11,263 (264), der das Kriterium des ethischen Unwerturteils zur Abgrenzung von Kriminalunrecht und Verwaltungsunrecht verwenden will. Zu Recht weist Roxin, Strafrecht AT I, § 2 Rdnr. 50, jedoch daraufhin, daß das Kriterium des ethischen Verdikts zu dieser Abgrenzung nicht taugt, da auch der ordnungswidrig handelnde Täter sich keineswegs sozialethisch einwandfrei verhält. Vielmehr ist das ethische Unwerturteil bei Ordnungswidrigkeiten im Verhältnis zu Straftaten nur in dem Maße geringer, wie die SozialgeHihrlichkeit des zugrundeliegenden Verhaltens abnimmt.

A. Die Strafgewalt nach deutschem und schweizerischem Recht

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durch Strafe, Sühne und materielle Wiederherstellung des Ausgangszustands können miteinander verbunden sein 154. Es findet damit in der Praxis eine Vermischung von Strafen und anderen Ordnungsmitteln statt. aa) Beispiel Schmerzensgeld

Im deutschen Recht 155 zeigt sich dies beispielsweise deutlich im Bereich des Schmerzensgeldes. Vor der Reform des Schmerzensgeldes durch das Zweite Schadensersatzrechtsänderungsgesetz 156 , das am 1. 8. 2002 in Kraft getreten ist, bildete Ausgangspunkt der Beurteilung des Zwecks des Schmerzensgeldanspruchs durch die deutsche Rechtsprechung und Literatur eine Entscheidung des Großen Zivilsenats des BGH 157 . Seitdem ordneten die Gerichte in ständiger Rechtsprechung den Schmerzensgeldanspruch nach § 847 BGB a.F. zwar formell als privatrechtlichen Schadensersatzanspruch 158 ein, materiell bildete der Anspruch aus § 847 BGB a.F. danach aber einen Anspruch eigener Art mit einer doppelten Funktion: In erster Linie sollte Schmerzensgeld dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für seine nicht vermögensrechtlichen Schäden bieten, daneben sollte durch das Schmerzensgeld aber auch dem Gedanken Rechnung getragen werden, daß der Schädiger dem Geschädigten Genugtuung schuldet l59 . Die Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes diente danach dem Ersatz für entgangene Lebensfreude, durch

154 Eine Verbindung bei der Funktionen gibt es auch im Strafrecht im Wege des sogenannten Adhäsionsverfahrens gemäß §§ 403 ff. StPO, in dem mit dem Unwerturteil in Form eines Strafurteils zugleich die Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz an den Verletzten ausgesprochen werden kann. 155 Deutlicher noch als im deutschen Recht zeigt sich das Fließen zwischen Strafe und anderen Ordnungsmitteln etwa bei einem Blick ins englische Recht. Am Beispiel der exemplary damages (vergleichbar in den USA: punitive damages, von lat.: punire = strafen), die aus Anlaß gravierender Verletzungshandlungen bei einer besonders verwerflichen, dem Opfer gegenüber verachtenden oder gleichgültigen Handlungsweise des Taters (vgl. Ogus, Law of Damages, S. 28, 34 ff.) dem Tater auferlegt werden können, läßt sich exemplarisch die Vermischung von Schadensersatz und Strafe darstellen. Der Einsatz der exemplary damages bezweckt neben Spezialprävention (so ausdrücklich Rookes v. Bamard [1964] AC 1129 [1227]; Drane v. Evangelou [1978] 1 WLR 455 [460]) und Generalprävention (dazu Ogus, Law of Damages, S. 32) ebenso wie die Kriminalstrafe auch die Vergeltung des begangenen Unrechts (vgl. Brazier; Street on Torts, S. 509; Ogus, Law of Damages, S. 32). Der kompensatorische Zweck tritt dahinter zur Gänze zurück (vgl. Treitel, Law of Contract, S. 845; zu diesem Ergebnis gelangen auch die rechts vergleichenden Untersuchungen von Magnus, Schaden und Ersatz, S. 32; Stall, Haftungsfolgen, S. 62). Ausführlich zu praktischer Handhabung und rechtlicher Einordnung der punitive damages in den USA Trenczek, Restitution, S. I ff. 156 Der Gesetzentwurf der Bundesregierung findet sich in BT-Drs. 14/7752; Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses in BT-Drs. 14/8780. 157 BGHZ 18, 149. 158 Vgl. BGHZ 18, 149, 156; siehe auch Staudinger-SchäJer; § 847 Rdnr. 7. 159 Vgl. BGHZ 26, 349 (358); 35, 363 (369); 120, I, (4 f.); 128, 117 (120); BGH, NJW 1976,1147 (1148). Weitere Nachweise bei Kern, AcP 191 (1991),247 f.

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§ 2 Die Verbandsstrafgewalt im Bereich des Sports

die Genugtuungsfunktion sollte eine Wiedergutmachung für die erlittene seelische Kränkung erreicht werden 160. Nach der Ansicht der Rechtsprechung schwang in dem Schmerzensgeldanspruch nach § 847 BGB a.F. der Charakter einer Buße mit l61 . Die Zahlung sollte den Verletzer, der "Genugtuung schuldet,,162, als "fühlbares üpfer,,163 treffen. Anders als der normale Schadensersatzanspruch orientierte sich die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes damit nicht am Geschädigten und dessen Schaden, sondern in erster Linie sollte sie - wie eine Strafe - auf den Verletzer einwirken 164. Die Rechtslehre sah daher in der Rechtsprechung zur Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes die Umgestaltung eines Schadensersatzanspruchs in eine Buße oder private Strafe l65 . Besondere Bedeutung erlangt die Genugtuungsfunktion bei Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts l66 . Einen anderen wesentlichen Anwendungsbereich bildeten die Fälle der weitgehenden psychischen Zerstörung der Persönlichkeit des Verletzten. Dadurch, daß dem Verletzten aufgrund der Tat jegliche Empfindungsmöglichkeit genommen wurde, hielt die Rechtsprechung hier einen Ausgleich ebensowenig für möglich wie in den Fällen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts 167 und sprach stattdessen unter Berufung auf seinen Sühnecharakter Schmerzensgeld als "wenigstens symbolhafte Wiedergutmachung für die schwere Beeinträchtigung des Menschseins" zu 168. Mittlerweile hat die Rechtsprechung die Abkehr von ihrer früheren Auffassung zum zeichenhaften Sühnecharakter des Schmerzensgeldes bei Zerstörung der Persönlichkeit zugunsten eines vollen Ersatzes für die Persönlichkeitseinbuße im Sinne der Ausgleichsfunktion vOllzogen l69 . Dadurch ist ein wesentlicher Anwendungsbereich der GenugtuungsSiehe etwa Staudinger-Schäfer, § 847 Rdnr. 8. Ausdrücklich BGHZ 18, 149 (155 f.); auch BGH, NJW 1976, 1147 (1148). 162 BGHZ 35, 363 (368). 163 BGH, NJW 1976, 1147 (1149). 164 So Kern, AcP 191 (1991),253 f. 165 Nach Kern, AcP 191 (1991), 262 ff. handelte es sich bei dem Schmerzensgeld nach § 847 BGB a.F. um eine zulässige Privatstrafe. Größtenteils wurde die Rechtsprechung zur Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes aber kritisch aufgenommen, vgl. etwa Bätticher, AcP 158 (1959/60), 394 ff., der eine Abkehr von der Genugtuungsfunktion als "pönalem Relikt" und eine alleinige Ausrichtung des Schmerzensgeldes am Ausgleichsgedanken forderte. In diese Richtung gehen auch Kritik und Ansätze von Soergel-Zeuner, § 847 Rdnr. 14 f. und MüKo-BGB-Stein, § 847 Rdnr. 3 ff., die die mit der Genugtuungsfunktion verfolgten Ziele des Schmerzensgeldes nicht als Sühne, sondern als erweiterten Ausgleich für die Beeinträchtigung der menschlichen Persönlichkeit als Ganzem interpretieren wollten, die mangels Alternativen nur in Geld erfolgen kann. 166 Vgl. BGHZ 26,349 (358) - "Herrenreiter-Entscheidung"; BGHZ 35,363 (369). 167 Siehe auch schon BGHZ 18, 149 (156 f.). 168 BGH, NJW 1976, 1147 (1148) mit ablehnender Anm. Niemeyer, NJW 1976, 1792 und Hupfer, NJW 1976, 1792 f. 169 BGHZ 120, 1,6 f. 160

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funktion des Schmerzensgeldes schon vor der Reform des Schmerzensgeldes durch das Zweite Schadensersatzrechtsänderungsgesetz entfallen 170. Praktische Bedeutung kam der Genugtuungsfunktion aber noch immer insoweit zu, als aufgrund dieser Funktion der Grad des Verschuldens des Schädigers eine maßgebliche Grundlage für die Bemessung des Schmerzensgeldanspruchs bildete l71 . Nach neuerer Rechtsprechung schien dabei offen, ob eine Berücksichtigung der Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes im Bereich leicht fahrlässiger Verletzungen noch in Betracht kamin. Das Zweite Schadensersatzrechtsänderungsgesetz hat nunmehr durch Streichung des bisherigen § 847 BGB und Überführung des Schmerzensgeldanspruchs in den neuen § 253 II BGB das Erfordernis eines Verschuldens des Schädigers für das Bestehen eines Schmerzensgeldanspruchs entfallen lassen. Schmerzensgeld ist nach der gegenwärtigen Rechtslage bei allen entschädigungspflichtigen Verletzungen von Körper, Gesundheit, Freiheit und sexueller Selbstbestimmung zu leisten, auch im Falle, daß der Schädiger ausschließlich aus Gefährdungshaftung zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet ist 173 . Angesichts dessen ist fraglich, ob der Gesetzgeber mit dieser Änderung von der Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes abgerückt ist und das Schmerzensgeld all eine auf seine Ausgleichsfunktion beschränkt hat 174 . Jedoch soll nach dem Willen des Gesetzgebers l75 für die Genugtuungsfunktion noch insoweit Raum bleiben, als der Grad des Verschuldens auch weiterhin für die konkrete Bemessung des Schmerzensgeldes maßgeblich sein so1l176. Die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes nach deutschem Recht ist daher zwar durch die Reform in ihrer Bedeutung zurückgedrängt, nicht aber zugunsten einer Beschränkung des Schmerzensgeldanspruchs auf den Ausgleich immaterieller Tatfolgen entfallen. Eine andere Situation besteht hingegen im schweizerischen Recht, dem die Bezeichnung "Genugtuung" entliehen ist 177 • Rechtsprechung und herrschende Lehre fassen die dem Schmerzensgeldanspruch nach deutschem Recht entsprechende Genugtuung, die der Schädiger dem Verletzten nach Artt. 47, 49 OR schuldet, als reinen Ausgleich für den Eingriff in das seelische Wohlbefinden des Geschädigten Siehe MüKo-BGB-Stein, § 847 Rdnr. 4. Vgl. BGHZ 18, 149 (159 f.). Bei einer Schadensersatzhaftung ohne Verschulden karn ein Schmerzensgeldanspruch nach bisheriger Rechtslage folglich nicht in Betracht, siehe Staudinger-Schäfer, § 847 Rdnr. 10. 172 Siehe etwa BGHZ 120, I (7); 128, 117 (120 f.); BGH, NJW 1996, 1591. Wohl (noch) zu weitgehend MüKo-BGB-Stein, § 847 Rdnr. 4, die davon ausgeht, die Genugtuungsfunktion werde von der Rechtsprechung nur noch bei Vorsatzdelikten berücksichtigt. 173 Vgl. die klarstellenden Verweisungen in § 1l S. 2 StVG, § 6 S. 2 HaftpflG, § 8 S. 2 ProdHaftG; vollständige Nachweise bei Wagner, NJW 2002, 2053 Fn. 39. 174 In diesem Sinne wohl Freise, VersR 2001, 543. 175 BT-Drs. 14/7752, S. 15. 176 Kritisch dazu Wagner, NJW 2002, 2054 f. 177 Vgl. BGHZ 18, 149. 170 17l

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§ 2 Die Verbandsstrafgewalt im Bereich des Sports

auf 178 . Die Genugtuung nach Artt. 47, 49 OR liegt danach im Unterschied zur Strafe, die in erster Linie auf den Täter einwirken soll, all eine im Interesse des Verletzten 179. Sie verfolgt so keinen pönalen Zweck, sondern nur das Ziel des Ausgleichs für erlittenes Unbill, indem das geminderte Wohlbefinden in Folge der Zahlung anderweitig gesteigert wird l8o . Dabei gewährt die schweizerische Rechtsprechung ausgehend von einem weiten Ausgleichsbegriff auch bei völliger Zerstörung der Persönlichkeit und damit Verlust der Wahrnehmungsfähigkeit Genugtuung als Ersatz für die Zerstörung der Persönlichkeit als soIche l81 . Da die Genugtuung nach Artt. 47, 49 OR "nicht Sühne für schuldhaftes Verhalten" 182 sein soll, kann Genugtuung auch in Fällen einer verschuldensunabhängigen Haftung verlangt werden 183. Jedoch berücksichtigt die schweizerische Rechtsprechung den Grad des Verschuldens bei der Bemessung der Genugtuung, da die Beeinträchtigung des seelischen Wohlbefindens im Falle vorsätzlicher Schädigung größer sei als im Falle nur leicht fahrlässigen Verhaltens des SChädigers l84 . bb) Die Verbandsstrafe

Beispiel für das Verschwimmen der Grenzen zwischen Strafen und anderen Ordnungsmitteln bildet auch die Verbandsstrafe. Zum einen bildet Ursprung der Verbandsstrafgewalt ein rechtsgeschäftlicher Akt des Privatrechts, zum anderen enthält die Verbandsstrafe als Ausdruck der Verletzung der verbandsinternen Ordnung ein sozialethisches Unwerturteil gegenüber dem Verletzer l85 . Ausgehend von diesem Befund ist schon beim "Normalfall" der Vereinsstrafe - also der Sanktion eines Vereins gegen ein Mitglied - deren rechtliche Einordnung als Vertragsstrafe und Ordnungsmittel oder als Selbstverwaltungsakt und Strafe umstritten. Die Konturen zwischen Vertragsstrafe und vereinsautonomem Selbstverwaltungsakt verblassen aber noch mehr, wenn man die Frage erörtert, wie sich die Strafgewalt von Sportverbänden gegenüber Lizenzspielern und anderen vertraglich, entweder dauerhaft durch den Abschluß einer Athletenvereinbarung oder punktuell durch Mel178 Vgl. BGE 74 11 202 (213); 11511 156 (158); 11811 404 (408); Aepli/Casanova, in: Gauch, OR AT, Art. 47 S. 143; Oser, in: Eggerl Escherl HaablOser, Kommentar zum ZGB, Art. 47 Rdnr. 4. - A.A. Guhl-Koller, § 10 Rdnr. 7, der der Genugtuung die Doppelfunktion einmal des Ausgleichs für die Beeinträchtigung der Lebensfreude und zweitens der Erteilung von Satisfaktion durch Feststellung des Unrechts beimißt. 179 So Oser, in: Eggerl Escherl Haabl Oser, Kommentar zum ZGB, Art. 47 Rdnr. 3. 180 BGE 11511 156 (158). 181 BGE 10811 422 (428 ff.). 182 BGE 7411 202 (213). 183 Vgl. BGE 7411 202 (210 ff.); 10411 259 (263 f.). 184 BGE 10211 18 (21 f.); 10411 259 (264); 11511 156 (158). 185 Siehe Flume, FS-Bötticher, S. 128; Soergel-Schultze-v.Lasaulx, § 25 Rdnr. 25; Horschitz, Vereinsstrafe, S. 38 f.

A. Die Strafgewalt nach deutschem und schweizerischem Recht

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dung zu einem Wettkampf an die Strafgewalt eines Sportverbandes gebundenen Teilnehmern am Sport 186 einordnen läßt. Durch die Konstruktion des Lizenzvertrages, ebenso wie durch Ath\etenvereinbarung oder Nominierung, wird die Strafgewalt der Verbände durch Individualvertrag ausgedehnt I87 . Daher stellt sich die Frage, ob die von den Sportverbänden auf dieser Grundlage verhängten Strafen noch als Vereinsstrafen 188 einzuordnen sind, oder ob sie aufgrund der vertraglichen Beziehung des Sportlers zum Verband zu "echten" Vertragsstrafen werden. Nach einer Ansicht 189 stünden beim Lizenzvertrag wirtschaftliche Interessen gegenüber den Interessen des Verbandes an der Aufrechterhaltung der verbandsinternen Ordnung im Vordergrund. Der Lizenzvertrag entspreche einem Arbeitsvertrag, damit sei Grundlage der Strafgewalt die Privatautonomie im Sinne eines privatwirtschaftlichen Rechtsverhältnisses im Unterschied zur Verbandsautonomie. Nach dieser Ansicht wären folglich Strafen aufgrund eines Lizenzvertrages oder einer Athletenvereinbarung als Vertrags- und nicht als Vereinsstrafen anzusehen l90 . Die Gegenansicht 191 ordnet die Sanktionsgewalt des Verbandes auch im Falle einer vertraglichen Ausdehnung als korporativ geprägte Vereinsstrafgewalt ein. Die dynamischen Verweisungen auf die Satzungen der Sportverbände, die in Athletenvereinbarungen und Lizenzverträgen regelmäßig enthalten sind, führten zur Einräumung einer Befugnis zu einseitiger Rechtsetzung. Hierdurch gelte das Verbandsregelwerk gegenüber den der Disziplinargewalt unterworfenen Athleten faktisch als Norm, nicht als Vertrag. Sanktionen des Verbandes seien daher Vereinsstrafen. Nach zutreffender Ansicht ist die Strafe eines Sportverbandes gegen einen Lizenzspieler Ergebnis eines Zusammenflusses aus individualistischer Vertragsstrafe, die aus dem Lizenzvertrag als quasi Arbeitsvertrag hervorgeht, und kollektivrechtlicher Vereinsstrafe, die auf der Ordnungsgewalt des Verbandes beruht l92 . Die Verbands strafe vermengt also in für die Rechtspraxis typischer Weise Elemente von Vereins- und Vertragsstrafe. Bei der Sanktionierung eines durch Lizenzvertrag oder Athletenvereinbarung angebundenen Sportlers ist noch deutlich, daß durch die Verbandsstrafe gegenüber dem in Form eines mitgliedschaftsähnlichen Verhältnisses an den Verband an geDazu im einzelnen oben, § 2 A.1.2. Siehe auch Westemzann, Verbandsstrafgewalt, S. 38. 188 Also je nach vertretener Ansicht zur Rechtsnatur als Selbstverwaltungsakt oder als Sonderfall der Vertragsstrafe. 189 OLG Frankfurt a. M., NJW 1973, 2208 (2209 f.) ; Röhricht, WFV Nr. 24, S. 83 ; Fuchs, Rechtsfragen der Vereinsstrafe, S. 74; Petri, in : BepLer. Sportler, Arbeit und Statuten, S. 284. 190 So im Ergebnis auch Fikentscher. Mitbestimmung im Sport, S. 117 ff., der das Fehlen zwingender Mitwirkungsrechte als Argument gegen eine satzungsrechtliche Einordnung der Sanktionsgewalt des Verbandes ansieht. 191 Prokop, Grenzen der Dopingverbote, S. 124 ff. 192 Ebenso Westermann, Verbandsstrafgewalt, S. 38 f. 186 187

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§ 2 Die Verbandsstrafgewalt im Bereich des Sports

bundenen Athleten die rechtliche Mißbilligung der von ihm verursachten Störung der Verbandsordnung durch die Gemeinschaft ausgedrückt wird. Hingegen tritt dies bei der Unterwerfung eines Athleten durch Nominierungsvertrag zurück, da in diesem Fall eine Eingliederung des Athleten in die Verbandsstruktur nicht erfolgt und somit eine Gemeinschaft im eigentlichen Sinne, der der Störer angehört, gar nicht besteht. Alleine aufgrund der Tatsache, daß der Verband rechtliche Beziehungen auch zu allen anderen Teilnehmern an dem Wettkampf unterhält, verbleibt noch ein Rest an Gruppenorganisation. Insofern erscheint es zutreffend, auch hier eine Vermischung der Typen Vereins- und Vertragsstrafe anzunehmen. Aufgrund der Kombination von präventiven Zwecken und Sühnefunktion, die dem Einsatz einer Vereinsstrafe zugrundeliegt, liegt es nahe, in der Vereinsstrafe entsprechend der korporationsrechtlichen Lösung einen autonomen Selbstverwaltungsakt des Vereins im Sinne einer privaten Strafe zu sehen l93 . Letztlich ist es jedoch unerheblich, ob man die Vereins- und damit auch die Verbandsstrafe als einen Sonderfall der Vertragsstrafe oder aber die Vereinsstrafe als autonomen Selbstverwaltungsakt und damit die Verbandsstrafe als eine Mischung aus Vertrags- und Vereinsstrafe ansieht. Denn für die rechtliche Praxis ist nicht die dogmatische Einordnung von entscheidender Bedeutung, sondern der Umfang der gerichtlichen Nachprüfung einer Vereinssanktion. Eine intensive Nachprüfung von Vereinssanktionen läßt sich jedoch nicht durch eine auf die Einordnung als Vertragsstrafe gründende Anwendung des § 343 BGB bzw. Art. 163 III OR erreichen. Denn § 343 BGB und Art. 163 III OR passen nicht auf die Vereinsstrafe und die vielfältigen Möglichkeiten des vereinsrechtlichen Sanktionsinstrumentariums, die zum Beispiel die Satzungen der Sportvereine aufweisen 194. So ist beispielsweise die Herabsetzung einer Verwarnung oder eines Verweises gar nicht möglich. In anderen Fällen wäre an Stelle einer Herabsetzung der verhängten Strafe nur eine Auswechslung der Sanktionsart geeignet, die Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme zu beseitigen. Aus diesem Grund ist der Umfang der gerichtlichen Nachprüfung einer Vereinsstrafe nicht entsprechend ihrer rechtlichen Einordnung zu bestimmen. Diese Frage stellt sich vielmehr unabhängig von der Qualifikation der Vereinsstrafe als Selbstverwaltungsakt des Vereins oder als Vertragsstrafe 195 als eine Frage der Abwägung zwischen Vereinsautonomie und subjektivem Rechtsschutz und soll deshalb auch von ihr losgelöst behandelt werden 196. 193 Zu demselben Ergebnis gelangt Meyer-Cording, Vereinsstrafe, S. 70 ff., mittels einer "soziologischen" Betrachtung des Phänomens der Vereinsstrafe. 194 Ebenso Larenz, FS-Dietz, S. 53; Baddeley, I'association sportive, S. 223. Zum Sanktionsinstrumentarium der Sportvereine und -verbände vgl. die beispielhafte Auflistung oben,

§ IA.

195 Grunsky, WFV Nr. 38, S. 17. Vgl. z. B. auch Larenz, FS-Dietz, S. 55 ff., der, obwohl er die korporationsrechtliche Lösung vertritt, für eine voll umfängliche gerichtliche Nachprüfung eintritt, oder Bätticher, ZfA 1970, 53 ff., der trotz Eintretens für die rechtsgeschäftliche Lösung für eine Beschränkung der gerichtlichen Nachprüfung plädiert. 196 Unten, § 3.

B. Die Strafgewalt nach englischem Recht

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Ebenso keine Unterschiede im Nachprüfungsumfang darf es im Hinblick darauf geben, ob der Athlet in einem echten mitgliedschaftlichen Verhältnis zum Verband, in einem mitgliedschaftsähnlichen Verhältnis zu diesem oder aber in einer nominierungsvertraglichen Beziehung nahezu ohne mitgliedschaftlichen Charakter zu dem Verband steht l97 . Dies folgt für das deutsche Recht schon aus Art. 3 GG, der über § 242 BGB auch für das Verhältnis zwischen Verband und Athlet Anwendung findet l98 und im Sportbereich wegen des besonderen Stellenwerts des Gleichbehandlungsgebots - Chancengleichheit als Wettkampfvoraussetzung l99 - von herausgehobener Bedeutung ist.

B. Die Strafgewalt der Sportverbände nach englischem Recht Auch in der englischen Rechtspraxis kommt der Problematik der Reichweite der Verbandsstrafgewalt im Bereich des organisierten Sports aufgrund einer pyramidenfönnigen Organisationsstruktur der nationalen wie auch der internationalen Sportverbände besondere Bedeutung zu. Denn auch die Satzungen der nationalen englischen Fachsportverbände sehen im Regelfall eine Einzelmitgliedschaft von Sportlern nicht vor200 . Beispielhaft für die Organisation des Sports in England ist etwa die Verbandspyramide im Bereich des Fußballs, die anschaulich in der Entscheidung Enderby Town Football Club Ltd. v. Football Association Ltd. 2ol aufgezeigt wird: Die Organisation des Fußballsports im nationalen Bereich obliegt der Football Association Ltd. (EA.), einer juristischen Person in der Rechtsfonn einer Company limited by guarantee202 . Deren Mitglieder bilden regionale Fußball verbände, die sogenannten County Football Associations. Mitglieder im Regionalverband wie197 Vgl. BGHZ 128, 93 (110 f.) - "Reiter-Urteil"; OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 2000, 1117 (1119) - "Fall Baumann". 198 Im Wege der mittelbaren Drittwirkung von Grundrechten, vgl. dazu Jarass / Pieroth, GG, Vorb. vor Art. 1, Rdnr. 15 m. N. der Rspr. des BVerfG. 199 Dazu beispielsweise Pfister; PHB Sportrecht, Einleitung Rdnr. 25. 200 Vgl. Grayson, Sport and Law, S. 146; dies gilt z. B. auch für den nationalen englischen Leichtathletikverband BAF, vgl. Modahl v. The British Athletic Federation Ltd., High Court, Queen's Bench Division - Urt. v. 14. 12. 2000, 2000 WL 33201389. 201 Lord Denning M.R., [1971] Ch. 591 (603). 202 Die meisten nationalen Sportverbände Englands sind - wie die F.A. - in der Form der Company limited by guarantee organisiert, so bspw. auch die BAF, der Spitzen verband der englischen Leichtathleten, vgl. High Court, Queen's Bench Division - Urt. v. 14. 12. 2000, 2000 WL 33201389. Andere nationale Verbände bestehen aber auch in der Organisationsform der unincorporated association fort, so beispielsweise der Verband der britischen Gewichtheber BAWLA, vgl. Baker v. Jones [1954]2 All ER 553 (558).

§ 2 Die Verbandsstrafgewalt im Bereich des Sports

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derum sind clubs, in denen der Fußballsport durch die Mitglieder tatsächlich ausgeübt wird. Hierzu zählte auch die Klägerin, der Enderby Town Football Club Ltd. Während im Regelfall die clubs, die englische Entsprechung des deutschen Vereins, die Rechtsform einer unincorporated association haben 203 und ihnen damit nach englischem Recht keine eigene Rechtspersönlichkeit zukommt 204 , hatte die Klägerin jedoch wie andere clubs, die am Profispielbetrieb der englischen Premier League teilnehmen, von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch Eintragung als Company limited by shares eine Umwandlung 205 in eine incorporated association mit eigener Rechtspersönlichkeit 206 zu erreichen. Die County Football Association, der grundsätzlich auch die Möglichkeit der Umwandlung in eine company zur Verfügung steht, ist hingegen in der Rechtsform der unincorporated association organisiert. Weder die Statuten der County Association noch der EA. sehen dabei eine Einzelmitgliedschaft natürlicher Personen vor. Aus dieser Tatsache ergibt sich folglich - wie im deutschen und schweizerischen Recht auch - das Problem der Reichweite der Sanktionsgewalt eines Sportverbandes. Denn unstreitig besteht eine Grundlage für Sanktionen einer association gegenüber ihren Mitgliedern in Form ihrer für die Mitglieder bindenden Satzung 207 . Zur Erweiterung der Sanktionsgewalt über den Kreis der Mitglieder hinaus bedarf es jedoch zusätzlicher rechtlicher Konstruktionen 208 . Zur Ergänzung sei hier noch nachgetragen, daß auch in England neben der hierarchischen Organisationsstruktur innerhalb der einzelnen Sportdisziplinen noch eine Vereinigung derjenigen Sportverbände, die den olympischen Disziplinen zurechnen, zur British Olympic Association (BOA) existiert. Aufgabe der BOA ist in erster Linie die Bereitstellung von Strukturen für die Förderung des Sports und die Teilnahme an den Olympischen Spie1en209 . I. Vertrag als Grundlage der Vereinsstrafgewalt Die Bindung der Mitglieder einer association erfolgt nach englischem Recht durch die Satzung als Vertrag zwischen dem Mitglied und der Gemeinschaft. So ist Vgl. Furmston, Law of Contract, S. 456; Grayson, Sport and Law, S. 319. Siehe z. B. Baker v. Jones [1954]2 All ER 553 (558). 205 Rechtsgrundlage für die Umwandlung in eine incorporated association bildet der Companies Act 1985. 206 Neben der Rechtsform der Company limited by share stehen clubs auch die Rechtsformen der Company limited by guarantee oder der Company incorporated by royal charter zur Verfügung, daneben besteht die Möglichkeit der Umwandlung in eine Friendly Society nach dem Friendly Societies Act 1992. Zu den einzelnen Rechtsformen und deren unterschiedliche Bedeutung in den einzelnen Bereichen des Sports siehe Grayson, Sport and Law, S. 319 ff. 207 Dazu sogleich I. 208 Hierzu im Anschluß, II. 209 Weitere Informationen zur BOA finden sich im Internet auf deren Homepage unter www.olympics.org.uk. 203

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B. Die Strafgewalt nach englischem Recht

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in der englischen Rechtsprechung nach anfänglichem Streit um die Rechtsnatur der Satzung nunmehr seit über 100 Jahren anerkannt, daß die Satzung einer association als Vertrag zwischen ihren Mitgliedern zu qualifizieren ise IO . Nach englischem Rechtsverständnis erfolgt die Gründung einer association durch Vertrag. Tritt ein Mitglied später in eine bestehende association ein, so geschieht dies bei einer incorporated association durch Vertrag mit der association selbsr2 11 , bei einer unincorporated association durch Vertrag mit jedem einzelnen Mitglied 212 . Dieser Vertrag zwischen Mitglied und incorporated association bzw. zwischen den Mitgliedern einer unincorporated association stellt dann die Satzung des Vereins dar und bildet so die Rechtsgrundlage für alle Maßnahmen - also auch für Sanktionen - der association gegenüber ihren Mitgliedern 213 . Diese Ansicht bildet gefestigtes englisches Recht: "Judicial opinion has been hardening and is now firmly set along the lines that the interests and rights of persons who are members of any type of unincorporated association are govemed exclusively by contracts.,,214

Gleichwohl bestehen Zweifel daran, ob eine Interpretation der Satzung als Vertrag den Besonderheiten der rechtsgeschäftlichen Willensbetätigung im Zeitpunkt des Vereinsbeitritts gerecht wird 215 . Diese Bedenken teilt im Grundsatz auch die englische Rechtsprechung 216 . Sie gründen hauptsächlich auf die enorme Machtstellung großer Verbände im wirtschaftlichen, aber auch im sportlichen Sektor, die diesen aufgrund ihrer MonopolsteIlung zukommt. Wegen fehlender Alternativen zu einem Beitritt fehlt es hier an der für einen Vertragsschluß typischenSituation 217 , die Monopolstellung einzelner Verbände bewirkt für den Einzelnen einen faktischen Zwang zu kontrahieren218 . Hieraus wird gefolgert, daß die Satzung des Vereins für das neue Mitglied damit faktisch nicht wie ein Vertrag - nämlich auf210 Hopkinson v. Marquis ofExeter [1867]5 LR Eq. 63; siehe bspw. Baker v. Jones [1954] 2 All ER 553 (558), Reel v. Holder [1981] 3 All ER 321 (325); weitere Nachweise bei Prentice, Chitty on Contracts 1, Rdnr. 9-079. 211 Vgl. Breen v. Amalgamated Engineering Union [1971]2 QB 175 (190). 212 Siehe Hopkinson v. Marquis ofExeter [1867]5 LR Eq. 63 (67 f.). 213 Siehe Warburton, Unincorporated Associations, S. 2 f. 214 Walton J. in In re Bucks Constabulary Widows' and Orphans' Fund Friendly Society (No. 2) [1979] 1 WLR 936 (952). 215 Kritisch Z. B. Bond, in: Grayson, Sport and Law, S. 481. 216 Insbesondere Lord Denning M. R. in Lee v. Showmen's Guild of Great Britain [1952]1 All ER 1175 (1181), Breen v. Amalgamated Engineering Union [1971] 2 QB 175 (190), Enderby Town Football Club Ltd v. Football Association Lid. [1971] Ch. 591 (606). 217 So Bond in: Grayson, Sport and Law, S. 481. 218 Vgl. Denning L.J. in Lee v. Showmen's Guild ofGreat Britain [1952]1 All ER 1175 (1181): "In theory their (der Vereine, im vorliegenden Fall ging es um eine Gewerkschaft) powers are based on contract. The man is supposed to have contracted to give them these great powers, but in practice he has no choice in the matter. If he is to engage in the trade, he has to submit to the rules promulgated by the committee." 5 Krieger

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§ 2 Die Verbandsstrafgewalt im Bereich des Sports

grund freiwilliger Vereinbarung - sondern vielmehr wie ein Gesetz gelte - nämlich ohne Entscheidungsfreiraum für das zukünftige Mitglied 219 . Gleichwohl haben diese Bedenken die Rechtsprechung nicht zu einer Abkehr von der Einordnung der Satzung als Vertrag veranlaßt 22o . Praktische Auswirkungen hat diese Einschätzung jedoch im Hinblick auf die Überprüfung von Sanktionen sozial mächtiger Verbände durch die englischen Gerichte 221 . 11. Erstreckung der Verbandsstrafgewalt auf Nichtmitglieder

Danach beruht die Disziplinargewalt eines Vereins, die ihre Grundlage in der Satzung hat, also nach englischem Recht auf einer vertraglichen Beziehung zwischen dem einzelnen Mitglied und seinem Verein bzw. dessen anderen Mitgliedern. Daraus folgt, daß eine Erstreckung der Strafgewalt eines Verbandes auf nichtverbandszugehörige Personen in erster Linie durch eine Ausdehnung dieses Vertrags auf andere Personen und damit durch vertragliche Vereinbarungen des Verbands mit diesem Personenkreis erfolgen kann. Dabei lassen sich drei Arten rechtsgeschäftlicher Unterwerfung unter die Sanktionsgewalt von Verbänden unterscheiden. Zunächst besteht die Möglichkeit der Unterwerfung unter die Verbandsgewalt durch Begründung einer (Doppel-)Mitgliedschaft des einzelnen Sportlers im Sportverband im Zusammenhang mit seinem Beitritt zu einem Sportverein 222 . Der Vertrags schluß im Namen einer unincorporated association bindet mangels Rechtsfähigkeit nicht diese selbst, sondern deren Mitglieder223 . Dies hat zur Folge, daß bei dem Beitritt einer unincorporated association zu einem Sportverband, der nach englischem Recht durch Vertragsschluß erfolgt, eine mitgliedschaftliehe Beziehung des Verbandes zu den einzelnen Sportlern als Mitgliedern der unincorporated association entsteht. Hierdurch entsteht also ein System der Doppelmitgliedschaft des Athleten in Verein und Verband, das den Verband dazu ermächtigt, Disziplinarmaßnahmen gegen den Athleten zu ergreifen 224 . 219 Siehe etwa Denning M.R. in Breen v. Amalgamated Engineering Union [1971] 2 QB 175 (190): "Their (der Vereine, Gegenstand der Entscheidung war wiederum die Sanktion einer Gewerkschaft) rules are said to be a contract between the members and the union ... But the rules are in reality more than a contract. They are a legislative code laid down by the council of the union to be obeyed by the members." In diesem Sinne auch Denning M.R. in Enderby Town Football Club Ltd. v. Football Association Ltd. [1971] Ch. 591 (606): "The rules of a body like this (hier: der F.A.) are often said to be a contract. So they are in legal theory. But it is a fiction ... Putting the fiction aside, the truth is that the rules are nothing more nor less than a legislative code - a set of regulations laid down by the goveming body to be observed by all who are, or become, members of the association." 220 Vgl. die in der vorstehenden Fußnote genannten Entscheidungen. 221 Dazu unten, § 3 A.III.4.b. 222 Vgl. Bailey, in: Vieweg, Doping - Realität und Recht, S. 335. 223 Prentice, Chitty on Contracts, Rdnr. 9-069.

B. Die Strafgewalt nach englischem Recht

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Als weitere Möglichkeit einer rechtsgeschäftlichen Unterwerfung unter die Sanktionsgewalt eines Sportverbandes sieht das englische Recht - ebenso wie das deutsche und schweizerische Recht - die Erteilung einer Spielerlaubnis durch den Sportverband auf Antrag des Sportlers vor, in der der Sportler im Gegenzug seine Unterwerfung unter die Sanktionsgewalt des Sportverbandes erklärt. Dabei kann die Spielerlaubnis einmal aufgrund der Meldung des Sportlers zu einem konkreten Wettkampf punktuell durch Gestattung der Teilnahme an diesem Wettkampf erteilt werden 225 • Eine - gegebenenfalls auch konkludent zu erklärende - Unterwerfung des Sportlers unter die Verbandsstrafgewalt besteht dann nur für die Dauer des Wettkampfes. Eine solche konkludente Unterwerfung eines Sportlers unter die Sanktionsgewalt eines Sportverbandes bejahten englische Gerichte etwa im Fall des tschechischen Tennisspielers Petre Korda 226• Korda war im Rahmen seiner Teilnahme an den Wimbledon Lawn Tennis Championships 1998 positiv im Hinblick auf die Einnahme von verbotenen Substanzen getestet worden. Ihm konnte jedoch keine Kenntnis von der Einnahme eines Dopingmittels nachgewiesen werden, so daß der Anti-Doping-Ausschuß des internationalen Tennisverbandes ITF gegen Korda keine Wettkampfsperre festsetzte, sondern ihm lediglich die während des Turniers erspielten Weltranglistenpunkte aberkannte und ihn dazu verpflichtete, das erworbene Preisgeld zurückzuzahlen. Gegen diese Entscheidung des Anti-Doping-Ausschusses rief die ITF das internationale Sportschiedsgericht TAS an. Die englischen Gerichte, die auf Antrag Kordas zu prüfen hatten, ob eine wirksame Schiedsvereinbarung den Rechtsstreit zwischen Korda und der ITF dem TAS zuwies, prüften zunächst das Vorliegen einer wirksamen Unterwerfung des Spielers unter die eine Schiedsklausel zugunsten des TAS enthaltende Disziplinarordnung der ITF. Eine solche Unterwerfung des Athleten und damit eine Erstreckung der Verbandsstrafgewalt der ITF auf den Spieler erblickten sie konkludent in der Teilnahme Kordas an dem von der ITF veranstalteten Turnier in Wimbledon, obwohl weder eine ausdrückliche mündliche noch gar eine schriftliche Vereinbarung mit dem Inhalt der Unterwerfung des Athleten unter die Sanktionsgewalt der ITF bestand 227 • Zum anderen kann eine Spielerlaubnis auch auf Dauer erteilt werden mit der Folge der dauerhaften Unterwerfung des Athleten unter die Disziplinargewalt des Sportverbandes. Eine solche dauerhafte Unterwerfung mit der Konsequenz der faktischen Einbindung des Athleten unter die Verbandsstruktur erfolgt auch nach eng224 So bspw. in Baker v. lones [1954]2 All ER 553. Beklagter Verband war hier der Britische Gewichtheberverband BAWLA. 225 Vgl. zu der Erstreckung der Verbandsgewalt aufgrund "apply for entry into competition" etwa Bailey, in: Vieweg, Doping - Realität und Recht, S. 335. 226 Korda v. ITF Ltd., Ch D 29. 1. 1999, Times 4.2. 1999; Court of Appeal, 25. 3. 1999, Independent 2l. 4. 1999. 227 So explizit Korda v. ITF Ltd., Ch D 29. l. 1999, Times 4.2. 1999; bestätigt von Court of Appeal, 25. 3. 1999, Independent 2l. 4. 1999.

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§ 2 Die Verbandsstrafgewalt im Bereich des Sports

lischem Recht durch Abschluß eines Lizenzvertrages zwischen Verband und Sportler228 . Neben diesen drei Möglichkeiten der Erstreckung der Verbandsstrafgewalt durch vertragliche Vereinbarungen zwischen Verband und Sportler besteht auch die Möglichkeit einer rechtsgeschäftlichen Unterwerfung des Sportlers unter die Verbandsgewalt, ohne daß dadurch eine gegenseitige Bindung zwischen Athlet und Verband zustande kommt. Eine eigene Sanktions befugnis eines übergeordneten Verbandes kann nach englischem Recht auch darauf gründen, daß der Athlet einseitig die Geltung des Verbandsregelwerks für sich anerkennt, ohne daß er im Gegenzug dafür Teilhaberechte von Seiten des Verbandes übertragen erhält. In dieser Weise legen englische Gerichte Vereinbarungen zwischen Vereinen und Sportlern aus, in denen ein Verweis auf das Regelwerk eines übergeordneten Verbandes enthalten ist229 . Durch eine solche Vereinbarung entsteht danach mangels erkennbar entgegenstehenden Willens des Athleten eine eigene Sanktionskompetenz des übergeordneten Verbandes, ohne daß dem Athleten im Gegenzug Teilhaberechte etwa in Form einer generellen Starterlaubnis von Seiten des übergeordneten Verbands übertragen würden. Auf der genannten Grundlage erfolgte eine Überprüfung der Reichweite der Verbandsstrafgewalt der BAF durch den High Court auch im eingangs 230 geschilderten Fallbeispiel "Diane Modahl". Der High Court231 hatte hier das Vorliegen einer mitgliedschaftlichen Beziehung nicht zu prüfen, da das Regelwerk der BAF die Einzelmitgliedschaft von Athleten nicht zuließ. Daher prüfte er in der Folge das Vorliegen einer vertraglichen Vereinbarung zwischen der BAF oder dem übergeordneten internationalen Spitzen verband IAAF und der Athletin als Voraussetzung des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs wegen Vertragsbruchs. Die Athletin hatte im Rahmen ihres Beitritts zu ihrem Heimatsportverein Sale Harriers Manchester im Jahr 1977 eine Erklärung unterzeichnet, die einen Verweis auf das Regelwerk der BAF enthielr232 . Diese Erklärung verstand das Gericht mangels erkennbarem Rechtsbindungswillen jedoch nicht als Begründung einer eigenen vertraglichen Beziehung zwischen der BAF und der Athletin im Sinne einer Athletenoder Lizenzvereinbarung. Auch lehnte es eine vertragliche Bindung zwischen der 228 Vgl. dazu die Fälle Chapman v. Ellesmere [1932] All ER 221 und Russell v. Duke of Norfolk [1949]1 All ER 109, beide den Jockey Club betreffend; ebenso McInnes v. OnslowFane [1978] 1 WLR 1520 betreffend den Britischen Boxverband; Law v. National Greyhound Racing Club Ltd. [1983]3 All ER 300 betreffend den Nationalen Hunderennverband NGRC. 229 Siehe High Court, Queen's Bench Division, Modahl v. The British Athletic Federation Ltd. - Urt. v. 14. 12.2000,2000 WL 33201389. 230 Siehe oben, § I B., Fallbeispiel Nr. I. 231 High Court, Queen's Bench Division, Modahl v. The British Athletic Federation Ltd. Urt. v. 14. 12.2000,2000 WL 33201389. 232 Der hier relevante Teil der von Diane Madahl unterzeichneten Erklärung lautete: "I hereby apply for membership of Sale Harriers Manchester and I understand my obligations under BAF rules."

B. Die Strafgewalt nach englischem Recht

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Athletin und der IAAF durch Meldung zu dem von dem nationalen portugiesischen Verband veranstalteten Wettkampf, anläßlich dessen der Dopingtest erfolgte, ab mit der Begründung, auch diese Erklärung, die - anders als im Fall Korda 233 nicht von der Athletin persönlich, sondern von deren Heimatverein abgegeben wurde, lasse keinen Rechtsbindungswillen im Hinblick auf eine vertragliche Unterwerfung unter die Disziplinargewalt der IAAF erkennen. Ebenfalls keinen konkludenten Vertragsschluß mit der IAAF erkannte das Gericht in der Teilnahme der Athletin an dem anläßlich des Wettkampfes durchgeführten Dopingtest, dem sich die Athletin freiwillig unterzogen hatte. Gleichwohl hegte der High Court keine Zweifel an dem Bestand einer eigenen Sanktionskompetenz der BAF gegenüber der Athletin, sondern hielt die Sanktion vielmehr insgesamt für rechtmäßig. Dabei ließ er jedoch offen, ob die Sanktionskompetenz der BAF auf der von der Athletin im Jahre 1977 unterzeichneten Beitrittserklärung zu ihrem Heimatsportverein beruhte oder ob die bloße Teilnahme an dem Wettkampf in Lissabon eine Sanktionsbefugnis der BAF als "Filiale" der IAAF begründete. Unter Anwendung englischen Rechts, das ebenfalls die Ausdehnung der Verbandsstrafgewalt durch Individualvertrag zuläßt, bestünde im Fall des deutschen Leichtathleten Dieter Baumann 234 kein Zweifel an einer durch den Abschluß einer Athletenvereinbarung zwischen dem DLV und dem Athleten erzeugten vertraglichen Bindung zwischen Baumann und dem nationalen Verband, die den DLV dazu ermächtigte, Disziplinargewalt über den Athleten auszuüben 235 . Legt man die Rechtsprechung des High Court im "Fall Modahl" zugrunde, so wäre die Frage einer Unterwerfung Baumanns unter die Sanktionsgewalt des internationalen Dachverbandes IAAF nach englischem Recht ebenso wie im "Fall Modahl" dahingehend zu beurteilen, daß die von Baumann unterzeichnete Athletenvereinbarung, die einen Verweis auf das Regelwerk der IAAF enthielt, zwar keinen Vertragsschluß zwischen der IAAF und dem Athleten bewirkte, aber im Sinne der Begründung einer eigenen Sanktionskompetenz der IAAF auszulegen wäre. Demnach bestünde nach englischem Recht236 auch für die von der IAAF gegen Baumann verhängte Wettkampfsperre eine wirksame rechtliche Grundlage.

233 Korda v. ITF Ltd., Ch D 29. I. 1999, Times 4.2. 1999; Court of Appeal, 25. 3. 1999, Independent 21. 4. 1999. 234 Oben, § I B., Fallbeispiel Nr. 2. 235 Ebenso auch nach deutschem Recht, siehe oben, § 2 A.I.3. 236 Zu demselben Ergebnis gelangt auch das OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 18. 4. 2001, SpuRt 2001,159, unter Anwendung deutschen Rechts. Kritisch dazu oben, § 2 A.L3.

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§ 2 Die Verbandsstrafgewalt im Bereich des Sports

C. Die Strafgewalt der Sportverbände nach französischem Recht Im Unterschied zu den bisher untersuchten Rechtsordnungen, die die Organisation des Sports privatrechtlichen Vereinigungen überlassen, kennzeichnet die Rechtslage in Frankreich vor allem eine erhebliche staatliche Einflußnahme auf die Sportorganisation. Erhebliches Unterscheidungsmerkmal bildet auch die Tatsache, daß in Frankreich in der Regel eine direkte mitgliedschaftliche Beziehung zwischen den nationalen Sportverbänden einerseits und den einzelnen Sportlern andererseits besteht 237 . Dadurch existiert eine mitgliedschaftliche Beziehung des Verbands also nicht nur zu den angeschlossenen Vereinen, sondern auch zu den einzelnen Teilnehmern am Sport.

I. Die Organisation des Sports in Frankreich In Frankreich bilden die unterste Stufe des organisierten Sports die sogenannten groupements sportifs. Diese haben gemäß Art. 7 der loi nD 84-610 du 16 juillet 1984 die Organisationsform der association, des Gegenstücks zum deutschen Verein. Nach Art. 11 der loi du 16 juillet 1984 müssen diejenigen Sportvereine, die an der Organisation von Sportveranstaltungen beteiligt sind, für die Eintritt verlangt wird, und die dadurch Einnahmen erzielen, die über eine durch gesondertes decret festgelegte Obergrenze hinausgehen, und die Sportler gegen Entgelt beschäftigen, das ihrerseits ebenfalls einen durch decret festgelegten Betrag überschreitet, zur Durchführung dieser Tätigkeit eine Gesellschaft, eine sogenannte societe sportive, gründen 238 • Um staatliche Unterstützung zu erhalten, bedürfen gemäß Art. 8 der loi du 16 juillet 1984 sämtliche groupements sporti ves einer Zulassung, sogenanntes agreement, durch den Staat239 • Eine Stufe darüber sind die federations sportives, die Sportverbände, angesiedelt. Auch diese haben gemäß Art. 16 I der loi du 16 juillet 1984 die Organisationsform der association und setzen sich zusammen aus den angeschlossenen Sportvereinen und deren Mitgliedern. Über diesen wiederum steht das nationale olympische Komitee Frankreichs, das Comite national olympique et sportif fran~ais (CNOSF), dessen Aufgabe es ist, die allgemeinen Sportverhaitensregeln zu bestimmen und ihre Einhaitung zu überwachen 24o .

237 Anschaulich dazu Simon, puissance sportive, S. 34: "La federation n'est pas seulement une "association d'associations"." Dazu sogleich, 11. 238 Zu den Einzelheiten siehe Röthel, SpuRt 2001, 90 f. 239 Die Voraussetzungen der Zulassung sind geregelt durch decret n° 85-37 du 13 fevrier 1985. 240 Art. 19 1 der loi du 16 juillet 1984.

C. Die Strafgewalt nach französischem Recht

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Gemäß Art. 16 III der loi du 16 juillet 1984 nehmen diejenigen Sportverbände, die vom Minister für Sport anerkannt (agreement) werden (sog. federations agreees) und deren Satzungen einer per decret241 erlassenen Mustersatzung entsprechen, eine öffentliche Aufgabe wahr. Diese öffentliche Aufgabe besteht gemäß Art. 16 III der loi du 16 juillet 1984 in der Förderung der sportlichen Betätigung und in der Entwicklung und Organisation der Ausübung des Sports 242 . Ein ministerielles agreement, durch das eine federation an der Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe beteiligt wird, kann mehreren Verbänden, die sich die Förderung derselben Sportart zum Ziel gesetzt haben, gleichzeitig zugesprochen werden 243 . Hingegen erhält jeweils nur eine federation agreee einer jeden Sportart vom Minister für Sport die sog. delegation gemäß Art. 17 der loi du 16 juillet 1984. Die delegation beinhaltet die Beauftragung des jeweiligen Verbandes zur Organisation und Durchführung von Wettkämpfen auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene, bezogen auf die jeweilige Sportart, in der die federation tätig ist. Zu diesem Zweck fällt es gemäß Art. 17 I der loi du 16 juillet 1984 auch in den Aufgabenbereich dieser federation delegataire, die technischen Regeln der jeweiligen Disziplin zu bestimmen und den internationalen Regelungen anzugleichen. Zudem ist es Aufgabe der federation delegataire, den von ihr geschaffenen Regeln zur Durchsetzung zu verhelfen, also eine Disziplinargewalt auszuüben 244 . Das Verfahren der delegation bestimmt sich dabei nach dem decret n° 85-238 du 13 fevrier 1985, geändert durch das decret n° 89_260245 . Die erfolgte delegation schafft für die jeweilige federation in ihrer Sportart eine auf die Dauer von fünf Jahren befristete Monopolstellung, die nach Ablauf dieser Zeitspanne durch erneute delegation unbegrenzt oft um weitere fünf Jahre verlängert werden kann 246 . Aktuell decret n° 93-1059 du 3 septembre 1993. Vgl. zur Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe durch die federations agreees bspw. Dudognon, D. 1990, P. II S. 280; Hecquard-Theron, D. 1990, P. II S. 279; Lachaume, D. 1988, P. II S. 388; Carbajo, D. 1988, P. 11 S. 386; anders als nach deutschem Verständnis handelt es sich bei der Förderung und Organisation des Sports nach französischem Verständnis nicht um eine Tatigkeit, die sich die im Sportsektor aktiven privatrechtlichen Vereine und Verbände selbst zur Aufgabe gemacht haben, sondern um eine ihnen von staatlicher Seite überantwortete öffentliche Aufgabe (= service public): dazu Schoettll Hubac, AJDA 1984, 531. 243 Vgl. Dudognon, D. 1990, P. II S. 280. 244 Siehe Schoettll Hubac, AJDA 1984, 532. 245 Im einzelnen dazu Dudognon, D. 1990, P. 11 S. 280. 246 Zur Verdeutlichung der Unterscheidung zwischen dem ministeriellen agreement und der delegation, die ein Sportverband erhalten kann, kann eine aktuelle Entscheidung des französischen Conseil d'Etat (C.E., 8. 2. 1999 ["Federation de snowboard"] - unveröffentlicht; zusammenfassende Wiedergabe der Entscheidungsgründe D. 2000, som. 225 f. mit Anm. Lachaume) dienen. Der Entscheidung lag eine Klage des neu gegründeten französischen Snowboardverbandes Federation de snowboard gegen den Minister für Sport zugrunde. Die Federation de snowboard hatte vom Sportminister sowohl das agreement für die Sportart des Snowboardens als auch die diesbezügliche delegation beantragt. Der zuständige Minister hatte bei des verweigert mit der Begründung, es gebe bereits einen bedeutenderen und daher zur 241

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§ 2 Die Verbandsstrafgewalt im Bereich des Sports

11. Die Erstreckung der Strafgewalt der französischen Sportverbände auf EinzelsportIer

Ausgangspunkt für die Frage der Anbindung von Einzelsportlern an die Strafgewalt der nationalen französischen Sportverbände bildet Art. 16 I der loi du 16 juillet 1984. Dieser bestimmt, daß Mitglieder der französischen Sportverbände nicht nur die ihnen angeschlossenen Sportvereine sind, sondern auch diejenigen Einzelpersonen, die im Besitz einer Lizenz des jeweiligen Verbandes sind. Art. 16 I der loi du 16 juillet 1984 gilt dabei gleichermaßen für die federations delegataires wie für die federations agreees. Die genannten Einzelpersonen, die eine Lizenz besitzen, bezeichnet Art. 16 I der loi du 16 juillet 1984 als "licencies". Sie sind unabhängig von der Tatsache, ob sie Mitglied in einem angeschlossenen Sportverein sind oder nicht, Mitglied des Sportverbandes247 . Entstehungstatbestand der Unterwerfung eines Sportteilnehmers unter die Disziplinargewalt eines französischen Verbandes ist also der Erwerb einer Lizenz. Eine Sanktionsgewalt über nichtlizenzierte Sportteilnehmer steht den Verbänden nicht ZU 248 • Eine "licence" ist dabei nicht nur für die aktive Teilnahme an Wettkämpfen 249 , also für die einzelnen Sportler, erforderlich, sondern auch zur Ausübung eines Vereinsamtes 25o , also für die Tätigkeit als Sportfunktionär, wird eine Lizenz durch den nationalen Verband benötigt. Förderung des Snowboardsports besser geeigneten Verband als die Federation de snowboard, nämlich den französischen Ski verband Federation fralll;aise de ski, der mit der Wahrnehmung der Förderung der Sportart Snowboard im Wege des agreements und der delegation betraut sei. Der Conseil d'Etat entschied, daß die Nichterteilung des agreements zugunsten der Klägerin durch den Sportminister rechtswidrig war. Denn es gebe kein rechtliches Hindernis dafür, mehreren Verbänden zugleich ein agreement zur Förderung einer Sportdisziplin zu erteilen, so daß die Entscheidung, der Klägerin deshalb das begehrte agreement zu verweigern, weil bereits ein anderer, selbst ein besser geeigneter Verband im Besitz eines solchen agreement sei, ermessensfehlerhaft war. Demgegenüber urteilte der Conseil d'Etat, daß die Nichterteilung der delegation aus dem gleichen Grund keinen Ermessensfehler darstellt. Denn gemäß Art. 17 I der loi du 16 juillet 1984 kann die delegation jeweils nur einem Verband pro Disziplin verliehen werden, so daß die Entscheidung des Sportministers, diese dem französischen Skiverband zu verleihen, weil dieser aufgrund seiner größeren Bedeutung besser zur Wahrnehmung der Aufgabe der Förderung des Snowboardsports geeignet sei, rechtlich nicht zu beanstanden ist. 247 Siehe Simon, puissance sportive, S. 34. 248 Vg!. Lachaume, D. 2001, som. 1659. Um eventuelle darauf zurückzuführende Lücken in der Erfassung aller Sportteilnehmer durch die Disziplinargewalt eines Sportverbandes jedenfalls im Bereich des Dopingmißbrauchs zu schließen, wurde auf diesem Gebiet durch die loi n° 99-223 du 23 mars 1999 - jetzt: Art. L 3634-2 Nr. 1 c. sante pub!. - eine eigene subsidiäre Sanktionsgewalt des französischen Conceil de prevention et de lutte contre le dopage, einer von den Sportverbänden unabhängigen Verwaltungsbehörde gemäß Art. L 3612-1 c. sante pub!., geschaffen gegenüber denjenigen Personen, die an von französischen Verbänden organisierten Wettkämpfen teilnehmen, ohne im Besitz einer Lizenz zu sein. 249 Dazu Simon, puissance sportive, S. 109. 250 Dazu Simon, puissance sportive, S. 114.

C. Die Strafgewalt nach französischem Recht

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Die dogmatische Einordnung der Erteilung einer solchen Lizenz ist dabei durchaus umstritten. Nach in der Literatur teilweise vertretener zivilrechtlicher Lesart stellt sie eine vertragliche Vereinbarung zwischen Verband und licencie dar251 . Nach der Rechtsprechung des Conseil d'Etat hingegen bildet sie einen begünstigenden Verwaltungsake52 . Welches Verständnis auch immer man diesbezüglich zu Grunde legt, jedenfalls ist der Erwerb der Lizenz gleichbedeutend mit der Unterwerfung unter die Disziplinargewalt des Verbandes 253 . Es ist daher folgerichtig, daß im Gegenzug die Sanktionsbefugnis endet, wenn der Sanktionierte nicht mehr im Besitz einer Lizenz ist. Entscheidend ist dabei nach französischem Recht nicht der Zeitpunkt, zu dem das regelwidrige Verhalten des Einzelnen stattfand, sondern der Zeitpunkt, zu dem der Verband eine Sanktion gegen ihn verhängt hat 254 . Durch das Erfordernis des Lizenzerwerbs zur Wettkampfteilnahme und die gesetzliche Bestimmung, daß der Erwerb einer Lizenz die Mitgliedschaft im jeweiligen nationalen Sportverband zur Folge hat, besteht nach französischem Recht also ein in der Tat nahezu lückenloses und einheitliches System der Unterwerfung aller Teilnehmer am Sport unter die Disziplinargewalt der maßgeblichen Sportverbände. Umstrittene dogmatische Konstruktionen wie dynamische Verweisungen oder ähnliches sind so entbehrlich, da die Verbandssatzung für alle Verbandsmitglieder stets einheitlich in der jeweils aktuellen Fassung Geltung hat. Überdies gelingt durch dieses System, das selbst von Sportfunktionären den Erwerb einer Lizenz erfordert, sogar eine Unterwerfung dieses für den sportlichen Ablauf maßgeblichen Personenkreises unter die Strafgewalt des Verbandes. Diese Tatsachen vermögen wohl dafür zu entschädigen, daß die französischen Verbände durch die Vielzahl an Einzelmitgliedern schwerer zu verwalten sind als entsprechende Sportverbände in England, Deutschland oder der Schweiz, die nur Vereinen die Mitgliedschaft gestatten. III. Die Rechtsnatur der Verbandsstrafen im Bereich des Sports Hinsichtlich der Rechtsnatur von Sanktionen französischer Sportvereine und -verbände gegenüber ihren Mitgliedern ergibt sich schon aus dem bereits genannten die Notwendigkeit einer Differenzierung zwischen den Vereins strafen einfacher Sportvereine und den Verbandsstrafen der nationalen französischen Sportverbände. Die delegation verleiht den federations delegataires eine MonopolsteIlung und räumt ihnen damit gegenüber den anderen Sportverbänden Vorrechte ein. "Engagement contractuel"; so bspw. Plouvin, Gaz. Pa!. 1977, P. H doctr. 452. "Acte administratif createur de droits"; vg!. C.E., 31. 5. 1989 ("Union sportive de Vanda:uvre"), D. 1990, P. H, 394 mit Anm. Lachaume. 253 Ebenso Simon, puissance sportive, S. 115. 254 Vg!. C.E., 4. 11. 1983 ("Noulard"), rec. 452 f.; so auch Lachaume, D. 1995, P. H S. 64. 251

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§ 2 Die Verbands strafgewalt im Bereich des Sports

Daher stellt die Reglementierung der Wettkämpfe und die zugehörige Ausübung der Disziplinargewalt über die an den Wettkämpfen Beteiligten durch die federations delegataires den Gebrauch eines durch die öffentliche Gewalt per delegation eingeräumten Hoheitsrechts dar255 . Den federations agreees und den federations delegataires ist gemeinsam, daß es sich bei bei den um juristische Personen des Privatrechts, sogenannte personnes privees, handelt. Beide nehmen auch teil an der Bewältigung einer öffentlichen Aufgabe - den federations agreees ist die Förderung und Entwicklung des Sports anvertraut, den federations delegataires dazu noch die Organisation und Durchführung von Wettkämpfen. In Ausübung dieser Tätigkeit verhängen dabei beide gelegentlich Sanktionen gegen ihre Mitglieder. Einseitige Maßnahmen juristischer Personen des Privatrechts, zu denen auch Sanktionen zählen, behalten nach anerkannter Lehre grundsätzlich dennoch ihre Rechtsnatur als privatrechtliche Maßnahmen, sogenannte actes de droit prive, obwohl sie zu dem Zwecke verhängt werden, eine öffentliche Aufgabe wahrzunehmen; wenn aber diese Sanktionen zugleich noch einen Gebrauch von Hoheitsrechten darstellen, werden sie zu actes administratifs und erlangen damit öffentlich-rechtliche Natur256 . Daher ergibt sich für die Frage nach der Rechtsnatur der Sanktionen eines nationalen französischen Sportverbandes folgende U nterscheidung 257 : Sanktionen, die von einer federation agreee im Rahmen ihrer Tätigkeit ausgesprochen werden, sind nicht öffentlich-rechtlich einzuordnen, da den federations agreees keine Vorrechte der öffentlichen Gewalt zukommen258 . Sie sind vielmehr Ausdruck der normalen Disziplinargewalt einer jeden association 259 . Diese ist jedenfalls privatrechtlicher Natur, wobei im einzelnen umstritten ist, ob die Satzung als Grundlage der Vereinsstrafe als Vertrag zu qualifizieren und dementsprechend die Vereinsstrafe als Vertragsstrafe einzuordnen ist260 , oder ob die Satzung objektives Recht des Vereins darstellt und es sich dementsprechend bei der Vereinsstrafe um einen autonomen Selbstverwaltungsakt des Vereins handelt 261 . Während der 255

Vg!. Moreau, AJDA 1989,271; Lachaume, D. 1988, P. 11 S. 388; Dudognon, D. 1990,

P. 11 S. 280.

256 C.E., 11. 5. 1984 ("Pebeyre"), AJDA 1984, 559 (559); vg!. auch Alaphilippe / Karaquillo, activite sportive, S. 15; Plouvin, Gaz. Pa!. 1977, P. 11 doctr. 450; Schoettll Hubac, AJDA 1984,532; Gros/Verkindt, AJDA 1985,699; Lachaume, D. 1990, P. 11 S. 281; Dudognon, D. 1990, P. 11 S. 280. 257 Differenzierung gemäß C.E., 19. 12. 1988 ("Mme Pascau"), AJDA 1989, 270 (271) mit Anm. Moreau und mit Anm. Dudognon, D. 1990, P. 11 S. 280 f. 258 C.E., 19. 12. 1988 ("Mme Pascau"), AJDA 1989,270 (271); vg!. Alaphilippe/Karaquillo, activite sportive, S. 16 f.; Lachaume, D. 1990, P. 11 S. 281; ders., D. 1991, P. II S. 394. 259 So ausdrücklich Alaphilippe, D. 1990, P. 11 S. 278. 260 Sogenannte theorie du contrat; vertreten z. B. von Planiol/Ripert-Lepargneur, droit civil XI, Nr. 1073 Fn. 2; Aubry /Rau-Esmein, droit civil VI, S. 84 Fn. 33. 261 Sogenannte theorie de I'institution; vertreten insbesondere von Duguit, droit constitutionnel, S. 292 ff.; Morel, S. 1922, P. I S. 369 ff.; Mestre, S. 1926, P. 11 S. 113 ff.; Beudant, D. 1927, P. 11 S. 164 ff.; Brethe de la Gressaye, S. 1931, P. 11 S. 201 ff.

C. Die Strafgewalt nach französischem Recht

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Wortlaut des Art. 1 der loi du ler juillet 1901 262, der ausdriicklich 263 die Vorschriften über Verträge auf die association für anwendbar erklärt, die Interpretation der Vereinssatzung als Vertrag nahelegt, spricht vor allem die Möglichkeit der Fremdbestimmung innerhalb des Vereins gegen deren vertragliche Natur264 . Den federations delegataires hingegen wurden durch die delegation Hoheitsrechte übertragen 265 . Ihre Sanktionen stellen daher die Ausübung staatlicher Gewalt aufgrund erfolgter "delegation de pouvoirs" durch den Staat selbst dar266 . Das heißt, originärer Träger der Disziplinargewalt, die durch die federations delegataires ausgeübt wird, ist der französische Staat, in dessen Namen die Verbände handeln 267 . Oder anders: Die federations delegataires üben - nach deutschem öffentlich-rechtlichem Verständnis - als Beliehene hoheitliche Gewalt aus. Die von ihnen verhängten Sanktionen sind daher staatlicher Natur und mithin öffentlichrechtlich als actes administratifs zu qualifizieren 268 . Dies gilt jedoch nur dann, wenn die von den Verbänden getroffenen Maßnahmen beide Voraussetzungen erfüllen, die an die "publicisation,,269 privatrechtlicher Akte zu stellen sind: Sie müssen der Durchführung einer öffentlichen Aufgabe dienen und den Gebrauch hoheitlicher Befugnisse darstellen. Daher stellen Entscheidun262 "L' association est la convention par laquelle deux ou plusieurs personnes mettent en commun d'une fa,