Urologie [Reprint 2011 ed.] 9783110881561, 9783110133806

“What impressed me again about this book was the conception of the book with a marginal zone and the presentation of the

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German Pages 397 [404] Year 1995

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Table of contents :
1. Anatomie und Embryologie des Urogenitalsystems
1.1 Nieren
1.2 Harnblase und Urethra
1.3 Prostata und ableitende Samenwege
1.4 Gonaden
1.5 Äußeres Genitale
2. Nephrologische Erkrankungen
2.1 Tubuläre Schäden
2.2 Niereninsuffizienz
2.3 Renale Hypertonie
3. Harnabflußstörungen
3.1 Pathogenese, Pathophysiologie
3.2 Diagnostik
3.3 Klinik
3.4 Therapie und Folgezustände
4. Leitsymptome urologischer Erkrankungen
4.1 Veränderungen der Harnmenge und -qualität
4.2 Hämaturie
4.3 Schmerz
4.4 Miktionsstörungen
4.5 Urethraler Ausfluß
4.6 Symptome aus dem Sexualbereich
5. Urologische Diagnostik
5.1 Körperliche Untersuchung bei Erkrankung des Urogenitaltraktes
5.2 Laboruntersuchungen
5.3 Bildgebende Verfahren in der Urologie
5.4 Urologische Endoskopie und Katheterismus
5.5 Interventionelle Uroradiologie
5.6 Nuklearmedizinische Untersuchungen
5.7 Urodynamische Untersuchungen
6. Fehlbildungen
6.1 Fehlbildungen der Nieren
6.2 Fehlbildungen des Hohlsystems und der Harnleiter
6.3 Fehlmündungen der Harnröhre
6.4 Anomalien der Sexualdifferenzierung
7. Kinderurologie
7.1 Häufige Anomalien des oberen Harntraktes
7.2 Vesikoureteraler Reflux (VUR)
7.3 Harnabflußstörungen im Bereich der Urethra
7.4 Blasenekstrophie, Epi-, Hypospadie
7.5 Maldescensus testis
7.6 Vorhautverklebung, Phimose
7.7 Akutes Skrotum im Kindesalter
7.8 Harnsteinleiden im Kindesalter
7.9 Onkologische Erkrankungen
8. Unspezifische urogenitale Entzündungen
8.1 Wirt-Parasit-Wechselbeziehung im Urogenitaltrakt
8.2 Diagnostik
8.3 Systematik der speziellen Entzündungen des Urogenitaltraktes
9. Spezifische Entzündungen des Urogenitalsystems
9.1 Urogenitaltuberkulose
9.2 Bilharziose
9.3 Echinokokkose
10. Urolithiasis
10.1 Definition und allgemeine klinische Gesichtspunkte, Epidemiologie
10.2 Ätiologie und Pathogenese
10.3 Klinik, Diagnostik, Therapie, Metaphylaxe
11. Harnblasenentleerungsstörungen
11.1 Ursachen von Blasenentleerungsstörungen
11.2 Detrusorbedingte Blasenentleerungsstörungen, Obstruktion
11.3 Diagnostik
11.4 Therapie
12. Benigne Prostatahyperplasie (BPH)
12.1 Funktionelle Anatomie
12.2 Ätiopathogenese
12.3 Klinik, Komplikationen
12.4 Diagnose und Differentialdiagnose
12.5 Stadieneinteilung und Behandlungsindikation
12.6 Behandlung
12.7 Sexualität und BPH
13 Urethrastrikturen
14. Urogenitale Tumoren
14.1 Tumormarker (TuM) in der Urologie
14.2 Tumoren des Nierenparenchyms
14.3 Nierenbecken- und Uretertumoren
14.4 Tumoren der Harnblase
14.5 Tumoren der Harnröhre
14.6 Prostatakarzinom
14.7 Hodentumoren
14.8 Tumoren des Penis
14.9 Tumoren des Skrotums und paratestikulärer Strukturen
15. Traumatologie der Harnwege und Genitalorgane
15.1 Verletzungen der Niere und des proximalen Harnleiters
15.2 Verletzungen von Blase und membranöser Harnröhre
15.3 Verletzungen von bulbärer Harnröhre und äußerem Genitale
15.4 Pfählungsverletzungen
15.5 Verletzungen der Harnwege bei Polytrauma
16. Gynäkologische Urologie
16.1 Spezielle Diagnostik
16.2 Infektionen und Reizsymptome
16.3 Harninkontinenz, Blasenentleerungsstörungen
16.4 Pyelonephritis, Urolithiasis in der Schwangerschaft
16.5 Harnröhrenerkrankungen: Karunkel, Polypen, Prolaps, Divertikel
16.6 Urologische Komplikationen bei gynäkologischen Erkrankungen
17. Operative Techniken in der Urologie
17.1 Äußeres männliches Genitale und Leistenkanal
17.2 Harnröhre und Prostata
17.3 Harnblase und Harnleiter
17.4 Niere und proximaler Harnleiter
17.5 Retroperitoneum
17.6 Endourologie
18. Laparoskopische Operationen in der Urologie
18.1 Grundlagen laparoskopischer Eingriffe
18.2 Spezielle laparoskopische Eingriffe
18.3 Komplikationen laparoskopischer Eingriffe
18.4 Zukünftiger Stellenwert laparoskopischer Operationen
19. Nierentransplantation
19.1 Auswahl und Vorbereitung der Patienten
19.2 Immunologische Voraussetzungen für die Transplantation
19.3 Nierenspender
19.4 Nierenentnahme, -konservierung, Transplantation
19.5 Immunsuppression, akute Abstoßungsreaktion
19.6 Komplikationen nach Nierentransplantation
20. Nebennierenerkrankungen
20.1 Phäochromozytom
20.2 Conn-Syndrom, Nebennierenrindenhyperplasie
20.3 Cushing-Syndrom
20.4 Seltene Erkrankungen, Nachsorge
21. Hauterkrankungen des Genitale
21.1 Genitalekzeme, Psoriasis vulgaris
21.2 Lichen, Balanitis, Craurosis
21.3 Mykosen im Genital- und Perigenitalbereich
21.4 Condylomata acuminata
21.5 Primäraffekt bei Syphilis
22. Sexuelle Funktionsstörungen des Mannes
22.1 Erektionsstörungen
22.2 Ejakulationsstörungen
22.3 Orgasmusstörungen
23. Fertilitätsstörungen des Mannes
23.1 Physiologie der Reproduktion, Fertilitäts- diagnostik
23.2 Entzündungen der männlichen Adnexe
23.3 Kryptorchismus (Hodenhochstand)
23.4 Varikozele
23.5 Therapie der Verschluß-Azoospermie
23.6 Medikamentöse Therapie männlicher Fertilitätsstörungen
24. Urologische Notfälle im Überblick
24.1 Verletzungen von Niere, Harnblase und äußerem Genitale
24.2 Anurie, Harnverhalt
24.3 Makrohämaturie und Blasentamponade
24.4 Steinkoliken
24.5 Hodentorsion, Hydatidentorsion
24.6 Urosepsis und septischer Schock
24.7 Paraphimose
24.8 Priapismus
25. Urologische Arzneimitteltherapie
25.1 Infektionen und Antibiotikatherapie
25.2 Medikamentöse Therapie bei Steinerkrankungen
25.3 Benigne Prostatahyperplasie (BPH)
25.4 Blasenentleerungsstörungen
25.5 Therapie der Nierenkolik
25.6 Urologische Onkologie
25.7 Therapie der erektilen Dysfunktion
25.8 Hormonsubstitution
Weiterführende Literatur
Sachregister
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Urologie [Reprint 2011 ed.]
 9783110881561, 9783110133806

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de Gruyter Lehrbuch mit Repetitorium Urologie

Mit Beiträgen von K. Dreikorn, D. Fahlenkamp, A. Frankenschmidt, E. Gerharz, O. Hakenberg, D. Heimbach, K. Höfner, M.Hohenfellner, U.Jonas, B.Leibundgut, S. A.Loening, M. Ludwig, A. Manseck, H. Neumann, P. Rathert, H. Riedmiller, R.-H. Ringert, G. Rodeck, St. Roth, K. Rüdiger, G. Rutishauser, H. G. Schiefer, P. Schollmeyer, J. Schubert, W. Schultze-Seemann, A. Semjonow, H. Sommerkamp, Ε. A. Tanagho, J.W.Thüroff, B.Ulshöfer, S.von Kleist, W.Weidner, U. Wetterauer, W. Wetterauer, M.Wirth, H.Wokalek

Urologie Herausgegeben von U. Wetterauer, G. Rutishauser, H. Sommerkamp

w DE

G

Walter de Gruyter Berlin · New York 1995

Herausgeber Prof. Dr. med. U. Wetterauer Abt. Urologie Klinikum der Universität Hugstetter Str. 55 79106 Freiburg Prof. Dr. med. G. Rutishauser Urologische Klinik Departement Chirurgie Kantonsspital CH-4031 Basel Prof. Dr. med. H. Sommerkamp Abt. Urologie Klinikum der Universität Hugstetter Str. 55 79106 Freiburg

Dieses Buch enthält 20 Tabellen und 225 Abbildungen.

Die Deutsche Bibliothek -

CIP-Einheitsaufnahme

Urologie / hrsg. von U. Wetterauer... [Mit Beitr. von K. Dreikorn . . . ] . Berlin ; New York : de Gruyter, 1995 (De-Gruyter-Lehrbuch mit Repetitorium) ISBN 3-11-013380-6 NE: Wetterauer, Ulrich [Hrsg.]

© Copyright 1995 by Verlag Walter de Gruyter & Co., D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Der Verlag hat für die Wiedergabe aller in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen etc.) mit Autoren bzw. Herausgebern große Mühe darauf verwandt, diese Angaben genau entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abzudrucken. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen und dergleichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, daß solche Namen ohne weiteres von jedermann benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt es sich häufig um gesetzlich geschützte, eingetragene Warenzeichen, auch wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind. Printed in Germany Didaktisches Konzept: Dr. U. Herzfeld, Gaiberg Zeichnungen: Helmut Holtermann, Dannenberg Umschlagentwurf: Rudolf Hübler, Berlin Satz und Druck: Appl, Wemding Bindung: Lüderitz & Bauer GmbH, Berlin

Vorwort

Kaum ein anderes Gebiet der Medizin hat in den vergangenen Jahren soviel Innovationen und Fortschritte zu verzeichnen wie die Urologie. Ihr weites Arbeitsfeld, welches von der endoskopischen Diagnostik und Therapie über die Tumorchirurgie und plastisch rekonstruktive Maßnahmen bei Fehlbildungen bis hin zur extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie reicht, ist fast in jeder Sparte durch Neuerungen bereichert worden. Die diagnostische Vielfalt des Faches integriert neben konventionellen und interventionellen sonographischen und radiologischen Verfahren endokrinologische und andrologische Abklärungen und die auf den ganzen Harntrakt erweiterten endoskopischen Untersuchungen. Aufgabe eines Lehrbuches für Studenten und junge Ärzte ist das Zusammenführen der bewährten Lerninhalte und der Innovationen im jeweiligen Fachgebiet. Die Vermittlung von Wissen muß überdies aus dem Zusammenhang heraus erfolgen und ist deshalb auf Querverbindungen zu allen medizinischen Disziplinen angewiesen. Aufbau und Inhalt des Lehrbuches folgen dem Gegenstandskatalog und gehen an jenen Stellen über den GK hinaus, wo neue Erkenntnisse zu vermitteln waren. Dabei stehen die häufigen urologischen Krankheitsbilder, wie ζ. B. Prostatahyperplasie oder Harnsteinleiden, im Mittelpunkt. Daneben sind aber auch wichtige Randgebiete, wie sexuelle Funktionsstörungen oder die Dermatologie des Genitale, berücksichtigt. Die Gestaltung der de Gruyter-Lehrbuchreihe mit Hervorhebung von Textabschnitten, Kleindruck und randständigem Repetitorium unterscheidet klar zwischen Basiswissen und Detailkenntnissen. Durch den übersichtlichen Aufbau und die im Text gekennzeichneten Praxishinweise sollen auch Ärzte anderer Fachrichtungen angesprochen werden. A m Ende des Buches sind, nach Kapiteln geordnet, einige weiterführende Literaturstellen genannt. Die zitierten Artikel lassen sich in fast allen Handbibliotheken der Urologischen Kliniken finden und werden, wo das gewünscht wird, zur Vertiefung des Wissens empfohlen. Die im Buche aufgenommenen Annoncen medizinisch-technischer und pharmazeutischer Firmen ermöglichen eine auch für Studenten akzeptable Preisgestaltung. Die Herausgeber danken allen Autoren und Mitarbeitern, die an der Verwirklichung dieses Buches mitgearbeitet haben. Besonders erwähnt sei P D Dr. R. Radke vom Verlag de Gruyter, der das Lektorat in souveräner Weise betreut und in allen Phasen der Planung und Ausarbeitung mit Rat und Hilfe zur Verfügung stand. Die leserfreundliche Ausstattung des Werks und die Einbindung in eine weitgehend komplette medizinische Buchreihe mag zur raschen Verbreitung beitragen.

Vorwort

VI

Der ständige Kontakt der Autoren mit Studenten und Kollegen, auf deren Kritik und Verbesserungsvorschläge die Herausgeber großen Wert legen, wird dazu beitragen, daß dieses Lehrbuch für Urologie auch in zukünftigen Auflagen immer den aktuellen Kenntnisstand widerspiegelt. U. Wetterauer im Februar 1995

G. Rutishauser

H. Sommerkamp

Anschriftenverzeichnis der Autoren

Dreikorn, Prof. Dr. med. K. Urologische Klinik Zentralkrankenhaus Sankt-Jürgen-Straße Sankt-Jürgen-Straße, 28203 Bremen

Loening, Prof. Dr. med. St. Charite, Urologische Klinik Humboldt-Univ. zu Berlin Schumannstr. 20/21, 10117 Berlin

Fahlenkamp, Priv.-Doz. Dr. med. D. Charite, Urologische Klinik Humboldt-Univ. zu Berlin Schumannstr. 20/21,10117 Berlin

Ludwig, Dr. med. M. Urologische Klinik d. Justus Liebig Univ. Med. Zentrum f. Chirurgie, Anästhesie u. Urologie Klinikstr.29,35392 Gießen

Frankenschmidt, Dr. med. A. Abteilung Urologie Klinikum der Universität Hugstetter Str. 55,79106 Freiburg

Manseck, Dr. med. A. Klinik und Poliklinik für Urologie Med. Akademie Carl-Gustav-Carus Fetscherstr. 74,01307 Dresden

Gerharz, Dr. med E. Klinik für Urologie Klinikum der Universität Baldinger Str., 35043 Marburg

Neumann, Priv.-Doz. Dr. med. H. Abteilung Nephrologie Med. Klinik der Universität Hugstetter Str. 55, 79106 Freiburg

Hakenberg, Dr. med. O. Abteilung Urologie Klinikum der Universität Hugstetter Str. 55,79106 Freiburg

Rathen, Prof. Dr. med. P. Klinik für Urologie und Kinderurologie Akademisches Lehrkrankenhaus Düren Roonstr. 30, 52351 Düren

Heimbach, Dr. med. D. Urologische-Klinik der Universität Sigmund-Freud-Straße, 53127 Bonn

Riedmiller, Prof. Dr. med. H. Klinik für Urologie Klinikum der Universität Baldinger Straße, 35043 Marburg

Höfner, Priv.-Doz. Dr. med. K. Urologische Klinik Med. Hochschule Hannover Konstanty-Gutschow-Str. 8,30625 Hannover

Ringert, Prof. Dr. med. R.-H. Klinik und Poliklinik für Urologie Klinikum der Universität Robert-Koch-Str. 40, 37075 Göttingen

Hohenfellner, Priv.-Doz. Dr. med. M. Klinik für Urologie und Kinderurologie Klinikum Wuppertal-Barmen Heusnerstr. 40,42283 Wuppertal

Rodeck, Prof. Dr. med. G. Posener Str. 3, 35043 Marburg-Cappel

Jonas, Prof. Dr. med. U. Urologische Klinik Med. Hochschule Hannover Konstanty-Gutschow-Str. 8, 30625 Hannover Leibundgut, Dr. med. B. Urologische Klinik Med. Fakultät Basel Kantonsspital, CH-4410 Liestal

Roth, Priv.-Doz. Dr. med. St. Klinik und Poliklinik für Urologie Klinikum der Universität Albert-Schweitzer-Str. 33, 48149 Münster Rüdiger, Dr. med. K. Facharzt für Urologie Schiffstr. 9, 79098 Freiburg Rutishauser, Prof. Dr. med. G. Urologische Klinik Departement Chirurgie Kantonsspital, CH-4031 Basel

VIII

Anschriftenverzeichnis der Autoren

Schiefer, Prof. Dr. med. H. G. Institut für Med. Mikrobiologie Klinikum der Justus-Liebig-Universität Schubertstr. 1, 35392 Gießen

Ulshöfer, Prof. Dr. med. B. Klinik für Urologie Klinikum Erfurt Nordhäuser Str. 74, 99089 Erfurt

Schollmeyer, Prof. Dr. med. P. Abt. Innere Medizin IV - Nephrologie Klinikum der Universität Hugstetter Str. 55, 79106 Freiburg

von Kleist, Prof. Dr. Dr. med. S. Institut für Immunbiologie der Universität Freiburg Stefan-Meier-Str. 25,79104 Freiburg

Schubert, Prof. Dr. med. J. Urologische Universitätsklinik Lessingstr. 1,07743 Jena

Weidner, Prof. Dr. med. W. Urologische Klinik d. Justus Liebig Universität Med. Zentrum f. Chirurgie, Anästhesie u. Urologie Klinikstr. 29, 35392 Gießen

Schultze-Seemann, Priv.-Doz. Dr. med. W. Abteilung Urologie Univ. Klinikum Hugstetter Str. 55,79106 Freiburg

Wetterauer, Dr. med. W. Nuklearmed. Praxis Schwabentorplatz 6, 79098 Freiburg

Semjonow, Dr. med. A. Klinik und Poliklinik für Urologie Klinikum der Universität Albert-Schweitzer-Str. 33, 48149 Münster

Wetterauer, Prof. Dr. med. U. Abteilung Urologie Klinikum der Universität Hugstetter Str. 55, 79106 Freiburg

Sommerkamp, Prof. Dr. med. H. Abteilung Urologie Klinikum der Universität Hugstetter Str. 55, 79106 Freiburg

Wirth, Prof. Dr. med. M. Klinik und Poliklinik für Urologie Med. Akademie Carl-Gustav-Carus Fetscherstr. 74, 01307 Dresden

Tanagho, Prof. Dr. Ε. A. Dept. of Urology/School of Medicine University of California San Francisco, CA 94143-0738, USA

Wokalek, Prof. Dr. med. H. Facharzt für Dermatologie Venerologie und Allergologie Tivolistr. 15, 79104 Freiburg

Thüroff, Prof. Dr. med. J. W. Klinik für Urologie und Kinderurologie Klinikum Wuppertal-Barmen Heusnerstr. 40, 42283 Wuppertal

Inhalt

1.

5.3

Anatomie und Embryologie des Urogenitalsystems Ε. A. Tanagho

1

1.1 1.2 1.3 1.4 1.5

Nieren Harnblase und Urethra Prostata und ableitende Samenwege Gonaden Äußeres Genitale

1 5 9 13 16

2.

Nephrologische Erkrankungen P. Schollmeyer

19

2.1 2.2 2.3

Tubuläre Schäden Niereninsuffizienz Renale Hypertonie

19 22 25

Bildgebende Verfahren in der Urologie W. Schultze-Seemann 5.3.1 Ultraschalldiagnostik 5.3.2 Röntgendiagnostik 5.4 5.4.1 5.4.2 5.4.3 5.4.4 5.4.5 5.4.6 5.5 5.5.1 5.5.2 5.5.3 5.5.4

....

55 55 60

Urologische Endoskopie und Katheterismus . A. Frankenschmidt Instrumente Endoskopische Technik am Harntrakt Indikationen und Kontraindikationen zur Endoskopie Komplikationen der Endoskopie Spezielle Formen der urologischen Endoskopie Katheterismus Interventionelle Uroradiologie A. Frankenschmidt Retrograde Verfahren Perkutane Verfahren Angiographische Verfahren Spezielle Verfahren der Uroradiologie

66 66 67 69 69 70 70 72 73 76 78 80

3.

Harnabllußstörungen H. Sommerkamp

28

3.1 3.2 3.3 3.4

Pathogenese, Pathophysiologie Diagnostik Klinik Therapie und Folgezustände

28 29 31 33

5.6

Nuklearmedizinische Untersuchungen W. Wetterauer 5.6.1 Nieren und ableitende Harnwege 5.6.2 Nebennieren, Hoden 5.6.3 Skelett

80 84 84

4.

Leitsymptome urologischer Erkrankungen U. Wetterauer

. .

35

5.7

86

4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6

Veränderungen der Harnmenge und -qualität . Hämaturie Schmerz Miktionsstörungen Urethraler Ausfluß Symptome aus dem Sexualbereich

35 36 38 41 43 43

Urodynamische Untersuchungen K. Höfner, U. Jonas Uroflowmetrie Zystometrie Urethradruckprofil Druck-Fluß-Messung

6.

Fehlbildungen R.-H. Ringert

92

5.

Urologische Diagnostik

44

5.1

Körperliche Untersuchung bei Erkrankung des Urogenitaltraktes P. Rathert, A. Semjonow

6.1 6.2

44

6.3 6.4

Fehlbildungen der Nieren 92 Fehlbildungen des Hohlsystems und der Harnleiter 96 Fehlmündungen der Harnröhre 100 Anomalien der Sexualdifferenzierung 101

5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4

Laboruntersuchungen A. Semjonow, P. Rathert Uringewinnung Urinuntersuchung Urethrasekret, Abstriche, Serologie, Ejakulatuntersuchung Serumuntersuchungen und Nierenfunktionstests

5.7.1 5.7.2 5.7.3 5.7.4

80

86 87 88 89

49 7. 49 50 54 55

Kinderurologie J. Schubert

7.1 Häufige Anomalien des oberen Harntraktes 7.1.1 Subpelvine Ureterstenosen 7.1.2 Megaureter

104

. 104 104 105

χ

Inhalt

7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 7.8 7.9

Vesikoureteraler Reflux (VUR) 106 Harnabflußstörungen im Bereich der Urethra . 108 Blasenekstrophie, Epi-, Hypospadie 109 Maldescensus testis 112 Vorhautverklebung, Phimose 113 Akutes Skrotum im Kindesalter 114 Harnsteinleiden im Kindesalter 115 Onkologische Erkrankungen 116

8.

Unspeziflsche urogenitale Entzündungen . . . M. Ludwig, H. G. Schiefer, W. Weidner

8.1

Wirt-Parasit-Wechselbeziehung im Urogenitaltrakt Diagnostik Systematik der speziellen Entzündungen des Urogenital traktes Niere und Nierenhüllen Harnleiter, Blase Prostata und Bläschendrüsen Harnröhre Penis Hoden und Nebenhoden Urosepsis und septischer Schock

8.2 8.3 8.3.1 8.3.2 8.3.3 8.3.4 8.3.5 8.3.6 8.3.7

9.

118

118 120 121 121 126 128 130 131 132 134

Spezifische Entzündungen des Urogenitalsysteins G. Rodeck

137

9.1 9.2 9.3

Urogenitaltuberkulose Bilharziose Echinokokkose

137 144 147

10.

Urolithiasis Β. Ulshöfer

150

Harnblasenentleerungsstörungen U. Jonas, K. Höfner

170

11.1 Ursachen von Blasenentleerungsstörungen . . 11.2 Detrusorbedingte Blasenentleerungsstörungen, Obstruktion 11.3 Diagnostik 11.4 Therapie

171 173 178

12.

181

Benigne Prostatahyperplasie (BPH) G. Rutishauser

12.1 Funktionelle Anatomie 12.2 Ätiopathogenese

Klinik, Komplikationen 185 Diagnose und Differentialdiagnose 187 Stadieneinteilung und Behandlungsindikation . 188 Behandlung 189 Sexualität und B P H 192

13

Urcthrastrikturen G. Rutishauser

194

14.

Urogenitale Tumoren

197

14.1 Tumormarker (TuM) in der Urologie S. von Kleist

197

14.2 Tumoren des Nierenparenchyms G. Rutishauser

200

14.3 Nierenbecken- und Uretertumoren W. Schultze-Seemann

208

14.4 Tumoren der Harnblase U. Wetterauer, K. Rüdiger

214

14.5 Tumoren der Harnröhre U. Wetterauer

223

14.6 Prostatakarzinom H. Sommerkamp

225

14.7 Hodentumoren M. Wirth, D. Heimbach, A. Manseck

234

14.8 Tumoren des Penis St. Roth, P. Rathen

244

14.9 Tumoren des Skrotums und paratestikulärer Strukturen A. Semjonow, R Rathert 15.

10.1 Definition und allgemeine klinische Gesichtspunkte, Epidemiologie 150 10.2 Ätiologie und Pathogenese 152 10.3 Klinik, Diagnostik, Therapie, Metaphylaxe . . 155 11.

12.3 12.4 12.5 12.6 12.7

170

181 182

Traumatologic der Harnwege und Genitalorgane G. Rodeck

248

252

15.1 Verletzungen der Niere und des proximalen Harnleiters 15.2 Verletzungen von Blase und membranöser Harnröhre 15.3 Verletzungen von bulbärer Harnröhre und äußerem Genitale 15.4 Pfählungsverletzungen 15.5 Verletzungen der Harnwege bei Polytrauma . .

262 264 264

16.

Gynäkologische Urologie M. Hohen fellner, J. W. Thüroff

266

16.1 16.2 16.3 16.4

Spezielle Diagnostik Infektionen und Reizsymptome Harninkontinenz, Blasenentleerungsstörungen Pyelonephritis, Urolithiasis in der Schwangerschaft

266 267 271

252 259

274

Inhalt

XI

16.5 Harnröhrenerkrankungen: Karunkel, Polypen, Prolaps, Divertikel 275 16.6 Urologische Komplikationen bei gynäkologischen Erkrankungen 276

21.3 Mykosen im Genital-und Perigenitalbereich 21.4 Condylomata acuminata 21.5 Primäraffekt bei Syphilis 22.

17.

Operative Techniken in der Urologie H. Riedmiller, E. Gerharz

17.1 Äußeres männliches Genitale und Leistenkanal 17.2 Harnröhre und Prostata 17.3 Harnblase und Harnleiter 17.4 Niere und proximaler Harnleiter 17.5 Retroperitoneum 17.6 Endourologie

279

279 283 287 295 299 300

. 329 331 333

Sexuelle Funktionsstörungen des Mannes . . . 335 U. Wetterauer

22.1 Erektionsstörungen 22.2 Ejakulationsstörungen 22.3 Orgasmusstörungen

335 343 345

23.

346

Fertilitätsstörungen des Mannes B. Leibundgut

18.

Laparoskopische Operationen in der Urologie D. Fahlenkamp, S. A. Loening

304

18.1 18.2 18.3 18.4

Grundlagen laparoskopischer Eingriffe . . . . Spezielle laparoskopische Eingriffe Komplikationen laparoskopischer Eingriffe . . Zukünftiger Stellenwert laparoskopischer Operationen

304 306 309

23.1 Physiologie der Reproduktion, Fertilitätsdiagnostik 23.2 Entzündungen der männlichen Adnexe . . . . 23.3 Kryptorchismus (Hodenhochstand) 23.4 Varikozele 23.5 Therapie der Verschluß-Azoospermie 23.6 Medikamentöse Therapie männlicher Fertilitätsstörungen

310

24.

Nierentransplantation K. Dreikorn

311

24.1 Verletzungen von Niere, Harnblase und äußerem Genitale 24.2 Anurie, Harnverhalt 24.3 Makrohämaturie und Blasentamponade . . . . 24.4 Steinkoliken 24.5 Hodentorsion, Hydatidentorsion 24.6 Urosepsis und septischer Schock 24.7 Paraphimose 24.8 Priapismus

359 359 360 361 361 363 363 364

25.

366

19.

19.1 Auswahl und Vorbereitung der Patienten . . . 19.2 Immunologische Voraussetzungen für die Transplantation 19.3 Nierenspender 19.4 Nierenentnahme, -konservierung, Transplantation 19.5 Immunsuppression, akute Abstoßungsreaktion 19.6 Komplikationen nach Nierentransplantation . 20.

Nebennierenerkrankungen H. Neumann

312 313 314 315 316 317 320

20.1 Phäochromozytom 20.2 Conn-Syndrom, Nebennierenrindenhyperplasie 20.3 Cushing-Syndrom 20.4 Seltene Erkrankungen, Nachsorge

322 323 324

21.

326

Ilauterkrankungcn des Genitale H. Wokalek

21.1 Genitalekzeme, Psoriasis vulgaris 21.2 Liehen, Balanitis, Craurosis

320

326 328

Urologische Notfälle im Überblick U. Wetterauer

Urologische Arzneiniitteltherapie O. Hakenberg

346 352 352 353 355 356 359

25.1 Infektionen und Antibiotikatherapie 25.2 Medikamentöse Therapie bei Steinerkrankungen 25.3 Benigne Prostatahyperplasie (BPH) 25.4 Blasenentleerungsstörungen 25.5 Therapie der Nierenkolik 25.6 Urologische Onkologie 25.7 Therapie der erektilen Dysfunktion 25.8 Hormonsubstitution

366 369 370 370 371 371 373 373

Weiterführende Literatur

375

Sachregister

379

1. Anatomie und Embryologie des Urogenitalsystems

Anatomie und Embryologie des Urogenitalsystems

1.1

Nieren

E.A. Tanagho

Nieren

1.1.1 Entwicklung des nephrogenen Systems

Entwicklung des nephrogenen Systems

D a s n e p h r o g e n e System entwickelt sich n a c h e i n a n d e r - zeitlich a b g e s t u f t - in 3 f u n k t i o nell unterschiedlich d i f f e r e n z i e r t e n E i n h e i t e n : Vorniere, Urniere u n d Nachniere (Abb. 1-1): Vorniere (Pronephros). D i e erste E n t w i c k l u n g s s t u f e von N i e r e n g e w e b e b e i m M e n schen ist das P r o n e p h r o s . D i e V o r n i e r e erreicht e i n e n D i f f e r e n z i e r u n g s g r a d , d e r d e m d e s Nierengewebes niederer Vertebraten entspricht. D i e primitiven A u s f ü h r u n g s g ä n g e d e r U r n i e r e m ü n d e n in die K l o a k e . D a s P r o n e p h r o s erfüllt in d e r F e t a l p e r i o d e n u r eine v o r ü b e r g e h e n d e F u n k t i o n u n d ist mit A b l a u f d e r 4. E m b r y o n a l w o c h e vollständig verschwunden. Urniere (Mesonephros). N a c h d e r A u f l ö s u n g des P r o n e p h r o s entwickelt sich das M e s o n e p h r o s , d a s von d e r 4.-8. E m b r y o n a l w o c h e die N i e r e n f u n k t i o n erfüllt. Die E n t w i c k lungsstufe dieser U r n i e r e e n t s p r i c h t d e r des Nierenorgans höherer Fische und Amphibien. D i e Tubuli d e r U r n i e r e u n t e r s c h e i d e n sich von d e n e n d e r V o r n i e r e d a d u r c h , d a ß hier b e r e i t s eine k e l c h f ö r m i g e A u s s t ü l p u n g u m e i n e n K a p i l l a r k n o t e n e n t s t e h t , eine primitive F o r m von B o w m a n - K a p s e l u n d G l o m e r u l u m . A u c h die A u s f ü h r u n g s g ä n g e d e r Urn i e r e n m ü n d e n in die K l o a k e . A m E n d e d e r 8. W o c h e löst sich d e r ü b e r w i e g e n d e Teil d e s M e s o n e p h r o s auf. A n t e i l e des G a n g s y s t e m s v e r b i n d e n sich j e d o c h mit d e n m ä n n l i c h e n F o r t p f l a n z u n g s o r g a n e n .

4. Woche

6. Woche

Vorniere (Pronephros) • Differenzierungsgrad wie bei niederen Vertebraten • Ausführungsgänge münden in Kloake Urniere (Mesonephros) • 4.-8. Embryonalwoche • Differenzierungsgrad wie bei Amphibien • primitive Form des Glomerulum

8. Woche

Vorniere (Pronephros) Urnierentubuli

undifferenzierte Gonade

degenerierte Urniere

undifferenziertes Urnierengewebe

Rektum Kloake

Sinus urogenitalis

Abb. 1-1: Embryonalentwicklung des Urogenitaltrakts. Zu Beginn der 4. Woche erkennt man wenige Tubuli der Vorniere. Das Urnierengewebe erreicht Anschluß an den Urnierengang, aus dem die Ureterknospe aussproßt. Nach 6 Wochen ist die Vorniere vollständig degeneriert; die Urniere beginnt sich zurückzubilden. Die Ureterknospe, umgeben von metanephrogenem Gewebe, wächst nach dorsal/kranial. Das kraniale Ende der Ureterknospe zeigt in der 8. Woche mehrere Ausstülpungen

1. Anatomie und Embryologie des Urogenitalsystems

2

• Ausdifferenzierung der Glomerula mit der 36. SSW

Nachniere (Metanephros). Die Entwicklung der Nachniere beginnt am Ende der 8. Embryonalwoche mit der Ausstülpung der Ureterknospe aus dem mesonephrogenen Gang. Er entspricht dem Ausführungsgang der Vor- und Urnieren in die Kloake. Um diese Ureterknospe, die aus dem mesonephrogenen Gang aussproßt und nach kranial ins Mesoderm wächst, sammelt sich aus Mesodermzellen eine Organanlage, die rasch an Größe zunimmt und sich in Nierengewebe differenziert. Die Glomerula sind erst mit dem Ende der 36. Woche entwickelt, wenn der Fetus 2500 g wiegt. Das Metanephros entsteht in H ö h e des 28.Somiten (entspricht dem 4. Lumbalsegment). Bei der Geburt liegt die Niere auf Höhe des 1. Lumbal- oder 12.Thorakalwirbels. Dieser Aufstieg der Niere resultiert nicht nur aus der kranialen Aussproßung der Ureterknospe, sondern auch aus dem Wachstum anderer Unterleibsorgane. Der Aszensus erfolgt von der 7.-9. Woche, verbunden mit einer Rotation, so daß Nierenbecken und Gefäßstiel nach medial gerichtet sind.

Anatomie der Nieren

1.1.2 Makro- und mikroskopische Anatomie

Nachniere (Metanephros) • Ausstülpung Ureterknospe aus mesonephrogenem Gang • Mesodermzellen differenzieren sich in Nierengewebe

• Nierengröße 1 2 x 6 cm • Gewicht ca. 150 g

Praxishinweis

Nierenrinde (Kortex) Nierenmark mit Pyramiden Nierenkelche Nierenbecken

Histologie • Nephron = funktionelle Einheit • sekretorischer Teil - prox. Tubulus u.a. • exkretorischer Teil - Sammelrohre Gefäßversorgung

Aufteilung der A. renalis in Segmentarterien

Verzweigung in Interlobararterien und Aa.arcuatae

Die Nieren liegen als paarige Organe retroperitoneal auf dem Psoasmuskel in Höhe von Th 12-L3 rechts und Th 11-L2 links. Die rechte Niere liegt direkt unterhalb der Leber und steht dadurch etwas tiefer als die linke. Beim Erwachsenen hat die Niere eine durchschnittliche Größe von 12 χ 6 cm und wiegt ca. 150 g. Die Nieren sind 4-5 cm atemverschieblich und in perirenales Fett eingebettet, welches von der perirenalen Faszie (Gerota-Faszie) umgeben ist. Praxishinweis: Die enge Nachbarschaft der Niere mit intraperitoneal gelegenen Organen und die zum Teil mit diesen gemeinsame vegetative Innervation bedingt häufig Mitreaktionen gastrointestinaler Organe und diffuse Schmerzausstrahlungen bei Nierenerkrankungen (Abb. 1-2). Im Längsschnitt besteht das Nierenorgan aus einer äußeren Rinde (Kortex), dem zentralen Mark sowie den Kelchen und dem Nierenbecken. Teile der Rinde ziehen als Columnae renales (Bertini-Säulen) zwischen den Pyramiden bis zum Nierenbecken. Das Mark besteht aus zahlreichen Pyramiden, in die Tubuli und Sammelrohre konvergieren und als Papillen in die Kelche münden. Mikroskopische Anatomie. Die funktionelle Einheit der Niere ist das Nephron, bestehend aus einem Tubulussystem mit sekretorischen und exkretorischen Funktionen. Der sekretorische Teil ist in der Rinde lokalisiert und setzt sich aus dem proximalen Tiibulusanteil, der Henle-Schleife und den distalen Tubuli renales contorti zusammen. Die Sammelrohre bilden den exkretorischen Teil des Nephrons und liegen im Nierenmark. Gefäßversorgung. Die Nieren erhalten ihre Blutzufuhr über jeweils eine aus der Aorta entspringende Arterie (A. renalis). Nicht selten sind akzessorische Gefäße (sog. Polarterien) vorhanden. Die A. renalis zieht ventral vom Nierenbecken in die Niere und teilt sich in vordere und hintere Segmentarterien auf. Die hintere Segmentarterie versorgt den mittleren Anteil der Dorsalfläche der Niere, während die vordere sich wiederum in mehrere Äste teilt, die die gesamte Vorderfläche sowie den oberen und unteren Nierenpol versorgen. Beide Stromgebiete werden durch die Brödel-Linie getrennt. Die einzelnen Äste laufen als Interlobararterien in den Columnae renales zwischen den Pyramiden und teilen sich an der Basis der Pyramiden in die Aa. arcuatae. Äste hiervon versorgen als Vas afferens das Glomerulum.

3

1.1 Nieren

Leber Nebenniere

Milz Nierengefäßstiel Niere

A. testicularis oder ovarica

M.psoas

Harnblase

Ureter

Trigonum vesicae

Ductus deferens Bläschendrüse Colliculus seminalis Prostata

Corpus cavernosum

Urethra

Nebenhoden Hoden

Abb. 1-2: Anatomie des männlichen Urogenitaltrakts

Die Nierenarterien sind funktionelle Endarterien. D e r venöse Abfluß erfolgt jeweils über die Nierenvene, deren Aufzweigung analog zu der der Arterien ist. Die vegetative und sensorische Innervation der Niere erfolgt über perivaskuläre Nervengeflechte. Der Lymphabfluß der Niere geht zum Nierenhilus und von dort zu den lumbalen paravertebralen Lymphknoten.

· funktionelle Endarterien · Venen verlaufen wie Arterien

· Lymphabfluß zum Nierenhilus

1.1.3 Fehlbildungen des nephrogenen Systems

Fehlbildungen des nephrogenen Systems

Bei fehlender Aszension des M e t a n e p h r o s k o m m t es zu einer ektopen Niere (Abb. 1-3). Die Ektopie kann einfach (auf der Seite ihrer Harnleitermündung) oder gekreuzt (bei Lage der Niere auf der gegenüberliegenden Seite) sein. E i n e Malrotation der Nieren entsteht, wenn es während der Aszension nicht zu einer Rotation um die eigene Achse k o m m t . Eine Verschmelzung der paarig angelegten Nachnieren kann verschiedenartige Anomalien zur Folge haben, wobei die Hufeisenniere am häufigsten vorkommt. Die Harnleiterknospe aus d e m Urnierengang kann sich - abhängig von der Zeit der Aufteilung der Knospe - auf verschiedenen H ö h e n aufzweigen und zu einem biflden Ureter führen. Entwickelt sich eine zusätzliche Harnleiter-

• Nierenektopie bei fehlender Aszension

Malrotation der Nieren • Verschmelzungen der Nieren (ζ. B. Hufeisenniere)

bifider Ureter

4

1. Anatomie und Embryologie des Urogenitalsystems

Abb. 1-4: Doppelnieren. Rechts Ureter fissus mit orthotoper Mündung des Ostiums in der Harnblase. Links Ureter duplex mit Überkreuzung der Ureteren (Meyer-Weigert-Regel) und verschiedenen Möglichkeiten der Ektopie des zum oberen Anteil gehörenden distalen Ostiums

• Doppelureter • Doppelnieren • Meyer-Weigert-Regel: Doppelureteren kreuzen sich stets, d. h. kraniale

knospe aus dem Urnierengang, entsteht ein Doppelureter (Ureter duplex), der gewöhnlich auf dasselbe metanephrogene Gewebe trifft. Wenn jede Knospe ihr eigenes metanephrogenes Gewebe hat, entstehen überzählige Nieren (Doppel-, Tripelnieren). Meyer-Weigert-Regel. Liegen die gedoppelten Ureterknospen nahe beieinander a u f j e m Urnierengang, münden sie später in geringem Abstand voneinan-

5

1.2 Harnblase und Urethra d e r in d i e H a r n b l a s e . D i e H a u p t k n o s p e , die als e r s t e e r s c h e i n t u n d k a u d a l gelegen ist, e r r e i c h t die B l a s e z u e r s t . Sie w ä c h s t n a c h k r a n i a l u n d lateral, w o b e i ihr die z u s ä t z l i c h e z w e i t e K n o s p e folgt. D i e Hauptharnleiterknospe, die n u n auf d e m U r o g e n i t a l s i n u s m e h r k r a n i a l liegt, v e r s o r g t d e n unteren Pol d e r Niere. Bei i h r e r W a n d e r u n g v o m U r n i e r e n g a n g z u m U r o g e n i t a l s i n u s h a b e n d i e 2 H a r n l e i t e r k n o s p e n i h r e L a g e z u e i n a n d e r u m g e k e h r t . D e s h a l b k r e u z e n sich D o p p e l u r e t e r e n stets (Meyer-Weigert-Regel).

Ureterknospe versorgt unteren Nierenpol und weiter kaudal g e l e g e n e den oberen Nierenpol

W e n n die b e i d e n H a r n l e i t e r k n o s p e n auf d e m U r n i e r e n g a n g weit v o n e i n a n d e r e n t f e r n t liegen, e r s c h e i n t die a k z e s s o r i s c h e K n o s p e w e i t e r p r o x i m a l u n d e n d e t in d e r B l a s e mit e i n e m e k t o p e n Ostium, w e l c h e s distal d e r n o r m a l e n H a r n l e i t e r m ü n d u n g liegt ( A b b . 1-4). D i e s e s e k t o p e O s t i u m k a n n n a h e a m Blasenhals, in d e r U r e t h r a o d e r s o g a r in G e n i t a l g ä n g e n m ü n d e n . E n t s p r i n g t e i n e e i n z e l n e H a r n l e i t e r k n o s p e auf d e m m e s o n e p h r o g e n e n G a n g h ö h e r als n o r m a l , k a n n sie e b e n f a l l s e k t o p m ü n d e n . B l e i b t d i e E n t w i c k l u n g e i n e r H a r n l e i t e r k n o s p e aus, e n t w i c k e l t sich e i n e Einzelniere u n d ein Hemitrigonum.

• Einzelniere - Hemitrigonum

1.2 Harnblase und Urethra

Harnblase u n d Urethra

1.2.1 Entwicklung der vesikourethralen Einheit Aus dem blinden Ende des Darmes unterhalb der Einmündung des Allantois-Ganges bildet sich die Kloake, die nach außen durch eine dünne Gewebsschicht (Kloakenmembran) abgeschlossen ist. Von ihrem kranialen Anteil aus teilt sich durch das Wachstum der Urorektalfalte die Kloake in 2 separate Kompartimente. Die Teilung der Kloake in einen ventralen Anteil (Sinus urogenitalis) und einen dorsalen Anteil (Rektum) ist in der 7. Entwicklungswoche abgeschlossen. Der ventrale Teil (primitiver Sinus urogenitalis) setzt sich nach kranial in den Allantoisgang fort und öffnet sich nach außen durch das urogenitale Ostium. Der dorsale Anteil, das Rektum, bildet als externe Öffnung den Anus. In den Urogenitalsinus münden die mesonephrischen Gänge. Das kaudale Ende distal der Ureterknospe wird nach und nach in den Urogenitalsinus integriert und bildet später das Trigonum. Ab der 7. Woche haben mesonephrischer Gang und Ureterknospen eigene Öffnungen gebildet. Die Öffnung des mesonephrischen Ganges, aus dem der Ductus ejaculatorius entsteht, wandert nach kaudal und medial: die Öffnung der Ureterknospe, die später zum Ureterostium wird, wandert nach kranial und lateral. Das spätere Trigonum vesicae ist die einzige mesodermale Struktur in der sonst ausschließlich entodermalen vesikourethralen Einheit. D e r urogenitale Sinus ist in 2 H a u p t s e g m e n t e u n t e r t e i l t ( A b b . 1-5). D e r ventrale und pelvine A n t e i l bildet s p ä t e r die Blase sowie d e n p r o x i m a l e n Teil d e r männlichen Urethra bzw. die gesamte weibliche Urethra. In d i e s e n Teil m ü n d e n die U r e t e r e n . In d e n urethralen oder phallischen Anteil m ü n d e n d i e m e s o n e p h r o g e n e n u n d v e r e i n i g t e n M ü l l e r - G ä n g e . A u s d i e s e m Teil e n t s t e h e n e n t w e d e r Teile der männlichen Urethra o d e r Teile der unteren Vagina u n d d e s Introitus. B e i m Mann e n t s t e h t a u s d e m k a u d a l e n A n t e i l d e s Sinus u r o g e n i t a l i s d e r unt e r e A n t e i l d e r p r o s t a t i s c h e n Harnröhre ( u n t e r h a l b des S a m e n h ü g e l s ) sowie d i e membranöse Harnröhre. D i e p e n i l e H a r n r ö h r e e n t s t e h t d u r c h die Vers c h m e l z u n g d e r U r e t h r a l f a l t e n auf d e r V e n t r a l s e i t e d e s G e n i t a l h ö c k e r s . B e i m weiblichen Fetus ( A b b . 1-6) b l e i b e n die U r e t h r a l f a l t e n g e t r e n n t u n d bild e n d i e Labia minora. D i e H a r n b l a s e e r s t r e c k t sich u r s p r ü n g l i c h bis z u m N a b e l , w o sie V e r b i n d u n g z u m A l l a n t o i s g a n g hat, d e r in d e r N a b e l s c h n u r v e r l ä u f t . D e r A l l a n t o i s g a n g ist g e w ö h n l i c h bis z u r 15. W o c h e o b l i t e r i e r t , mit d e r 18. W o c h e b e g i n n t die Blase

E n t w i c k l u n g der vesikourethralen Einheit

Teilung der Kloake in: S i n u s urogenitalis u n d Rektum

M ü n d u n g der m e s o n e p h r i s c h e n G ä n g e in den Urogenitalsinus

• Trig, vesicae - einzige m e s o d e r m a l e Struktur Urogenitalsinus 1. ventraler u n d pelviner Anteil —> Harnblase, prox. Urethra 2. urethraler oder phallischer Anteil Vagina, Introitus, dist. männl. Harnröhre • männl. Harnröhre entsteht durch V e r s c h m e l z u n g der Urethralfalten

• beim weibl. Fetus bleiben Urethralfalten getrennt und bilden Labia minora

6

1. Anatomie und Embryologie des Urogenitalsystems 5. Woche

9. Woche Sinus urogenitalis

urorektales Septum Urniere Urnierengang Müller-Hügel

6. M o n a t

12, Woche

Ureter

Allantoisgang tubulärer Sinus urogenitalis

Prostata

Urnierengang epitheliale Prostataknospe

sich differenzierendes Mesenchym (Phallus)

Abb. 1-5: Differenzierung des Sinus urogenitalis b e i m m ä n n l i c h e n E m b r y o . Das nach kaudal w a c h s e n d e urorektale S e p t u m t r e n n t den Sinus urogenitalis v o m Rektum. S o w o h l U r n i e r e n g a n g als auch Ureter m ü n d e n in den Sinus urogenitalis. In der 12. W o c h e differenziert sich das den U r n i e r e n g a n g u m g e b e n d e Mesenc h y m u n d bildet die Prostata. Später bildet der ventrale Anteil des Sinus urogenitalis die Harnblase, der enge pelvine Anteil bildet Teile der Harnröhre

verschmolzener Müller-Gang

Niere

Sinus urogenitalis Blase und Urethra Vagina Uterus

üller-Hügel intratuberkulärer Teil des Sinus urogenitalis 9. Woche

sinovaginaler Knoten 12. Woche

Hymen

Vestibulum vaginae 15. Woche

Abb. 1 - 6 : Differenzierung des Sinus urogenitalis u n d der Müller-Gänge b e i m w e i b l i c h e n E m b r y o in der 9., 12. und 15. Woche. Der distale Anteil des Sinus urogenitalis bildet das V e s t i b u l u m vaginae. A u s d e m kranial des Müller-Hügels gelegenen Teil entstehen Harnblase u n d -röhre. Die verschmolzenen Müller-Gänge bilden den Uterus und die oberen 4 / 5 der Vagina

Urachus = obliterierter Allantoisg a n g (Lig. umbilicale mediale)

nach kaudal zu wachsen. Durch diesen Deszensus der Blase streckt sich deren Apex und zieht an dem bereits obliterierten Allantoisgang, den man jetzt Urachus nennt. Bis zur 20. Woche ist die Blase vom Nabel deutlich entfernt und der gedehnte Urachus wird zum Lig. umbilicale mediale.

1.2 Harnblase und Urethra

1.2.2 Makro- und mikroskopische Anatomie von Harnblase und Harnröhre

7 Anatomie der Harnblase

1.2.2.1 Harnblase D i e H a r n b l a s e ist ein m u s k u l ä r e s H o h l o r g a n , w e l c h e s als U r i n r e s e r v o i r d i e n t . Bei d e r F r a u w e r d e n B l a s e n d a c h u n d - h i n t e r w a n d d u r c h d e n U t e r u s e i n g e dellt. D i e H a r n b l a s e d e s E r w a c h s e n e n h a t e i n e K a p a z i t ä t v o n 350—450 ml. Im l e e r e n Z u s t a n d liegt d i e Blase im k l e i n e n B e c k e n h i n t e r d e r S y m p h y s e . Praxishinweis: D i e g e f ü l l t e H a r n b l a s e s t e h t d e u t l i c h ü b e r d e r S y m p h y s e u n d ist d e r P a l p a t i o n u n d P e r k u s s i o n zugänglich. E i n e ü b e r v o l l e H a r n blase, z . B . b e i m H a r n v e r h a l t , k a n n e i n e s i c h t b a r e V o r w ö l b u n g im U n terbauch verursachen. V o m B l a s e n s c h e i t e l z i e h t ein f i b r ö s e r S t r a n g , d a s Lig. u m b i l i c a l e m e d i a l e (obl i t e r i e r t e r U r a c h u s g a n g ) z u m N a b e l . D i e Harnleiter münden a m B l a s e n b o d e n v o n dorsolateral in die Blase u n d sind a n d i e s e m P u n k t ca. 5 c m v o n e i n a n d e r e n t f e r n t . D i e Ureterostien in d e r B l a s e liegen auf d e r h a l b m o n d f ö r m i g e n U r e t e r e n l e i s t e , ca. 2,5 cm v o n e i n a n d e r e n t f e r n t . D i e U r e t e r e n l e i s t e bildet die p r o x i m a l e B e g r e n z u n g d e s T r i g o n u m , d a s sich n a c h distal in d e n B l a s e n h a l s erstreckt.

• muskuläres Hohlorgan als Urinreservoir

• Praxishinweis

Harnleiter münden am Blasenboden auf Ureterenleiste ca. 2,5 cm voneinander entfernt

D e r i n t e r n e S p h i n k t e r o d e r B l a s e n h a l s ist kein z i r k u l ä r e r S c h l i e ß m u s k e l , s o n d e r n ein g l a t t m u s k u l ä r e r Wulst aus i n e i n a n d e r v e r s c h l u n g e n e n u n d k o n v e r g i e r e n d e n M u s k e l f a sern d e s D e t r u s o r vesicae, die nach distal zur U r e t h r a z i e h e n .

Topographische A n a t o m i e . B e i m M a n n liegen h i n t e r d e r B l a s e die Bläschendrüsen, Samenleiter, Ureteren u n d d a s Rektum. B e i d e r Frau liegen zwischen Blase u n d R e k t u m Uterus u n d Vagina. B l a s e n d a c h u n d - h i n t e r w a n d sind v o n P e r i t o n e u m ü b e r z o g e n ; die B l a s e ist hier d e m Colon sigmoideum und Dünndarm unmittelbar benachbart. Die Vorderw a n d d e r B l a s e liegt bei b e i d e n G e s c h l e c h t e r n d i r e k t an d e r Symphysenhinterwand, die V o r d e r w a n d d e r vollen B l a s e liegt d e r v o r d e r e n A b d o m i n a l w a n d an.

Topographie • Blasendach und-hinterwand von Peritoneum überzogen

Mikroskopische A n a t o m i e . D i e S c h l e i m h a u t d e r H a r n b l a s e b e s t e h t aus m e h r r e i h i g e m Ü b e r g a n g s e p i t h e l . D a r u n t e r liegt e i n e k r ä f t i g e S u b m u k o s a aus Bind e g e w e b e mit z a h l r e i c h e n elastischen F a s e r n . A u ß e r h a l b d e r S u b m u k o s a folgt d e r M . d e t r u s o r vesicae, d e r sich a u s e i n e m G e f l e c h t g l a t t e r M u s k e l f a s e r n in z i r k u l ä r e r , l o n g i t u d i n a l e r u n d spiraliger A n o r d n u n g z u s a m m e n s e t z t . Lediglich im B e r e i c h d e s B l a s e n h a l s e s lassen sich 3 S c h i c h t e n klar v o n e i n a n d e r abg r e n z e n : E i n e i n n e r e Längs-, e i n e m i t t l e r e R i n g - u n d e i n e ä u ß e r e L ä n g s m u s kelschicht.

Histologie • mehrreihiges Übergangsepithel • dreischichtiger Detrusormuskel

Gefäßversorgung. D i e G e f ä ß v e r s o r g u n g d e r H a r n b l a s e erfolgt ü b e r die p a a r i g a n g e l e g t e A . i l i a c a i n t e r n a u n d die A . v e s i c a l i s s u p e r i o r , m e d i a l i s u n d i n f e r i o r sowie ü b e r k l e i n e r e Ä s t e aus d e r A . o b t u r a t o r i a u n d g l u t a e a i n f e r i o r . Bei d e r F r a u z i e h e n a u c h Ä s t e d e r A . u t e r i n a u n d vaginalis z u r Blase. U m die Blase h e r u m liegt ein a u s g e d e h n t e r V e n e n p l e x u s , d e r in die Vv. iliacae internae drainiert. D e r Lymphabfluß a u s d e r Blase erfolgt in die perivesikalen und iliakalen Lymphknoten.

• Gefäßversorgung über Aa. iliacae internae

1.2.2.2 Harnröhre

Anatomie der Harnröhre 1. männliche Urethra • prostatisch • membranös • bulbär • penil

• D i e männliche Urethra ist d u r c h s c h n i t t l i c h 1 5 - 2 0 c m lang u n d e r s t r e c k t sich v o m B l a s e n h a l s bis z u m M e a t u s e x t e r n u s auf d e r G l a n s penis. U n t e r s c h i e d e n w e r d e n die prostatische, membranöse, bulbäre u n d penile H a r n r ö h r e .

Lymphabfluß über iliakale Lymphknoten

1. A n a t o m i e u n d E m b r y o l o g i e d e s U r o g e n i t a l s y s t e m s

8 Mündung der Samenleiter am Colliculus seminalis

• prostatische Harnröhre: Übergangsepithel • bulbäre u. penile Harnröhre: Zylinderepithel • Fossa navicularis: Plattenepithel

• Lymphabfluß: - p r o x . —»iliakale LK - d i s t . - » i n g u i n a l e LK 2. weibliche Urethra - 4 c m lang - Skene-Drüsen

Sphincter externus: quergestreifte Muskelfasern des Beckenbodens

Lymphabfluß: p r o x . ->iliakale LK dist. —»inguinale LK

F e h l b i l d u n g e n der v e s i k o u r e t h r a l e n Einheit • persistierende Kloake • rektovesikale Fisteln mit Analatresie

• -

Urachuspersistenz Zysten Divertikel Fisteln

• Epispadie • Blasenekstrophie • Hypospadie: F e h l e n d e r V e r s c h l u ß der Urethralfalten

Im Bereich der distalen prostatischen Harnröhre findet sich an der Hinterwand eine Vorwölbung (Colliculus seminalis), auf dem die beiden Samenleiter in die hintere Harnröhre münden. Zusätzlich finden sich an der Vorderwand der gesamten prostatischen Harnröhre die Ausführungsgänge der prostatischen Drüsengänge. Das Epithel der prostatischen Harnröhre besteht aus Übergangsepithel, die bulbäre und penile Harnröhre weist ein Zylinderepithel auf und geht in der Fossa navicularis in Plattenepithel über. Unter der Mukosa liegt eine submuköse Schicht aus Bindegewebe und glatter Muskulatur mit darin eingebetteten zahlreichen kleinen Drüsen (Littre-Driisen). Die Urethra ist vom Corpus spongiosum und der Glans penis umgeben. Die männliche Harnröhre wird von den Aa. bulbourethrales und von Ästen der A. pudenda interna versorgt. Der venöse Abfluß erfolgt über die oberflächliche und tiefe dorsale Penisvene. Der Lymphabfluß der proximalen Harnröhre erfolgt in die iliakalen Lymphknoten, während der Abfluß der distalen Harnröhre zu den inguinalen Lymphknoten erfolgt. • Die weibliche Harnröhre ist ca. 4 Zentimeter lang und hat einen Durchmesser von 8 mm. Sie liegt zwischen Vaginalvorderwand und Symphyse und mündet zwischen Klitoris und Vaginaleingang. Sie ist im distalen Bereich von Plattenepithel und im proximalen Bereich von Übergangsepithcl ausgekleidet. Zahlreiche submuköse Drüsen finden sich vor allem in der distalen Harnröhre, wobei die größeren, unmittelbar am Meatus periurethral gelegenen, Skene-Drüsen genannt werden. Außerhalb der Submukosa liegt eine Längsschicht glatter Muskulatur als Fortsetzung der inneren Längsmuskelschicht des Blasenhalses, die von einer zirkulären Schicht umgeben wird. Beide Muskelschichten bilden den glattmuskulären Sphinkter der weiblichen Harnröhre. Der Sphincter externus der weiblichen Harnröhre wird von quergestreiften Muskelfasern der Beckenbodenmuskulatur gebildet, die sich ringförmig um die Harnröhre schlingen. Die arterielle Blutversorgimg kann aus der A.vesicalis inferior sowie aus der A. pudenda interna und Vaginalarterien erfolgen. Der Lymphabfluß der distalen Harnröhre geht in die inguinalen, der der proximalen Harnröhre in die iliakalen Lymphknoten.

1.2.3 Fehlbildungen der vesikourethralen Einheit Eine ausbleibende Kloakenteilung ist selten und führt zu einer persistierenden Kloake. Häufiger ist eine inkomplette Teilung mit rektovesikalen, -urethralen oder-vaginalen Fisteln, die in der Regel mit einer Analatresie vergesellschaftet sind. Ein fehlender oder inkompletter Deszensus der Harnblase führt zu den verschiedenen Varianten von Urachuspersistenz: Zyste, Divertikel oder Fistel mit nässendem Nabel. Entwickeln sich die Genitalhöcker weiter kaudal als normal, kann dies zur Entwicklung der Corpora cavernosa unterhalb des Urogenitalsinus führen, wobei die Urethralrinne dann an deren Dorsalseite zu liegen kommt. Dies führt zum Defekt der Epispadie in verschiedenen Ausprägungsgraden bis hin zur Blasenekstrophie. Ein fehlender Verschluß der Urethralfalten führt zu den verschiedenen Varianten der Hypospadie. Dieser Defekt erstreckt sich niemals bis zur bulbären Harnröhre, im Gegensatz zur Epispadie, die die gesamte Harnröhre bis zum Blasenhals betreffen kann.

1.3 Prostata und ableitende Samenwege

1.3 Prostata und ableitende Samenwege 1.3.1 Embryologie der Prostata und der ableitenden Samenwege

Prostata und ableitende Samenwege

Embryologie d. Prostata

1.3.1.1 Prostata Prostata entwickelt sich aus Aussprossungen des urethralen Epithels

D i e P r o s t a t a e n w i c k e l t sich a u s m u l t i p l e n A u s s p r o s s u n g e n des u r e t h r a l e n E p i thels o b e r - u n d u n t e r h a l b d e r E i n m ü n d u n g d e s m e s o n e p h r i s c h e n G a n g s . D i e s e t u b u l ä r e n E i n s t ü l p u n g e n b e g i n n e n sich a m E n d e d e r 11. E n t w i c k l u n g s w o c h e in 5 s e p a r a t e G r u p p e n a u f z u t e i l e n , w a s mit d e m E n d e d e r 16. W o c h e abgeschlossen ist. D i e Tubuli w a c h s e n in z a h l r e i c h e n V e r z w e i g u n g e n u n d V e r ä s t e l u n g e n , u m die sich M e s e n c h y m z e l l e n aus d e m U r o g e n i t a l s i n u s a n s i e d e l n . A u s d i e s e n M e s e n c h y m z e l l e n , die u m die 16. W o c h e c r s c h c i n c n , e n t s t e h t d a s m u s k u l ä r e S t r o m a d e r P r o s t a t a , d a s mit d e r 22. W o c h e a u s g e b i l d e t ist, sowie in d e r P e r i p h e r i e die P r o s t a t a k a p s e l .

5 Aussprossungen ergeben 5 Prostatalappen

A u s d e n u r s p r ü n g l i c h e n 5 Aussprossungen resultieren die 5 Prostatalappen: a n t e r i o r e r , p o s t e r i o r e r , m e d i a n e r sowie 2 l a t e r a l e L a p p e n (vgl. A b b . 1-7). Der Lobus anterior atrophiert noch vor der Geburt, die Tubulusverzweigungen bilden sich zurück.

- Lobus post, wird digital rektal palpiert

D e r Lobus posterior wird von d e n w a c h s e n d e n S e i t e n l a p p e n n a c h dorsal verd r ä n g t u n d bildet die Hinlerwand der Drüse, die r e k t a l p a l p i e r t w e r d e n k a n n .

1.3.1.2 Samenwege

Samenwege

N e b e n d e n i n d i f f e r e n t e n G o n a d e n gibt es in d e r f r ü h e r e n E m b r y o n a l e n t w i c k lung 2 eng beieinander liegende Gänge: D e n primär der Nierenentwicklung z u g e h ö r i g e n Wolff-Gang (pronephrischer Gang), d e r j e d o c h a u c h als Genitalgang b e n u t z t wird, w e n n d e r E m b r y o sich z u m m ä n n l i c h e n G e s c h l e c h t e n t w i k kelt u n d d e n Müller-Gang, d e r v o n A n f a n g an als w e i b l i c h e Genitalstruktur angelegt ist u n d bei m ä n n l i c h e r E n t w i c k l u n g w e i t g e h e n d a t r o p h i e r t (s. A b b . 1-9). B e i d e G ä n g e w a c h s e n n a c h k a u d a l u n d v e r e i n i g e n sich m i t d e m U r o g e n i t a l s i nus. D e r W o l f f - G a n g ( p r o n e p h r i s c h e r G a n g in d e r F r ü h p h a s e ) m ü n d e t in d e n v e n t r a l e n A n t e i l d e r K l o a k e . W e n i g o b e r h a l b d e s k a u d a l e n E n d e s dieses G a n ges e n t w i c k e l t sich die U r e t e r k n o s p e , die n a c h k r a n i a l v o r w ä c h s t , u m sich mit m e t a n e p h r o g e n e m G e w e b e zu v e r e i n i g e n . A m E n d e d e r 7. W o c h e b e g i n n t die E n t w i c k l u n g d e s Müller-Gangs, d e r erst spät - in d e r 9. W o c h e - d e n U r o g e nitalsinus e r r e i c h t . D i e partiell v e r w a c h s e n e n b l i n d e n k a u d a l e n E n d e n d e r M ü l l e r - G ä n g e b i l d e n im U r o g e n i t a l s i n u s e i n e V o r w ö l b u n g , d a s sog. M ü l l e r - T u b e r k e l . d e n zuverlässigsten Orientierungspunkt im ganzen Entwicklungssystem. W e n n sich die G o n a d e in d e r 7. W o c h e zu Testes e n t w i c k e l t , b e g i n n t sich d e r Wolff-Gang zum männlichen Gangsystem umzuformen. Aus ihm entstehen Nebenhoden, Ductus deferentes, Bläschendrüsen u n d Ductus ejaculatorii.

• • -

Wolff-Gang pronephrischer Gang männlicher Genitalgang Müller-Gang weiblicher Genitalgang wachsen nach kaudal zum Urogenitalsinus

Orientierungspunkt

• bei Entwicklung der Gonade zu Testes: - Wolff-Gang -»Nebenhoden, Ductus def., Bläschendrüsen

Gleichzeitig vereinigt sich der Müller-Gang mit dem Sinus urogenitalis, um sich dann sofort wieder zurückzubilden. wobei nur das kaudale und kraniale Ende des MiUler-Gangs beim männlichen Geschlecht als Teil des Utriculus prostaticus und der Appendix testis persistieren. E n t w i c k e l t sich die G o n a d e z u m O v a r (in d e r 8. W o c h e , s p ä t e r als d e r B e g i n n d e r m ä n n l i c h e n D i f f e r e n z i e r u n g ) e n t s t e h e n a u s d e m Müller-Gang die Tuben, d e r Uterus u n d d e r k r a n i a l e A n t e i l d e r Vagina. Der Wolff-Gang bleibt rudimentär bis auf seinen Anteil am Sinus

urogenitalis.

bei Entwicklung der Gonade zum Ovar: Müller-Gang -»Tuben, Uterus, prox. Vagina

1. A n a t o m i e und E m b r y o l o g i e des U r o g e n i t a l s y s t e m s

10 Nebenhoden

1.3.1.3 N e b e n h o d e n

• entsteht aus mesonephrischen Tubuli und kranialem mesonephrl· schem Gang

W e g e n d e r e n g e n N a c h b a r s c h a f t d e r G o n a d e u n d des m e s o n e p h r i s c h e n G a n ges b l e i b e n einige Tubuli d e s M e s o n e p h r o s e r h a l t e n u n d v e r b i n d e n sich m i t d e m R e t e testis. D i e s e Tubuli b i l d e n z u s a m m e n m i t d e m Teil d e s m e s o n e p h r i s c h e n G a n g s , in d e n sie m ü n d e n , d e n N e b e n h o d e n ( E p i d i d y m i s ) . D e r k r a n i a l e Teil d e s m e s o n e p h r i s c h e n G a n g s bildet ein d i c h t e s K o n v o l u t im N e b e n h o d e n , ein Beispiel f ü r d e n E i n s c h l u ß e i n e r n e p h r i s c h e n S t r u k t u r in d a s G e n i t a l s y s t e m . A n d e r e m e s o n e p h r i s c h e Tubuli k ö n n e n als r u d i m e n t ä r e S t r u k t u r e n persistieren ( A p p e n d i x e p i d i d y m i d i s o d e r p a r a d i d y m i d i s ) .

Ductus deferens, ejaculatorius, Bläschendrüse

1.3.1.4 M ä n n l i c h e s G a n g s y s t e m , B l ä s c h e n d r ü s e

• entstehen aus kaudalem meso nephrischem Gang

D e r m e s o n e p h r i s c h e G a n g k a u d a l d e s A b s c h n i t t e s , aus d e m d e r N e b e n h o d e n e n t s t e h t , wird z u m D u c t u s deferens. K u r z v o r E i n m ü n d u n g d i e s e s G a n g e s in die U r e t h r a (Sinus u r o g e n i t a l i s ) e n t s t e h t e i n e A u s s t ü l p u n g ( A m p u l l a ) u n d d a s s a k k u l ä r e K o n v o l u t , d a s d i e Bläschendrüse bildet. D e r m e s o n e p h r i s c h e G a n g zwischen A u s s t ü l p u n g d e r B l ä s c h e n d r ü s e u n d E i n m ü n d u n g in die U r e t h r a bild e t d e n D u c t u s ejaculatorius. Ober- und unterhalb der Einmündung des mesonephrischen Gangs in die Urethra beginnt das Wachstum der Prostata mit multiplen epithelialen Einstülpungen und der Entwicklung glatter Muskulatur aus dem Urogenitalsinus.

Weibliches Gangsystem Müller-Gang mit peritonealer Öffnung

uterovaginaler Gang

Müller-Tuberkel Vulva-Spalte mit separaten Öffnungen für Urethra und Vagina

Hymen: Relikt des Müller-Tuberkels

1.3.1.5 W e i b l i c h e s G a n g s y s t e m Die p a a r i g e n M ü l l e r - G ä n g e liegen lateral n e b e n d e n m e s o n e p h r i s c h e n G ä n gen. I h r e Ö f f n u n g in die Z ö l o m h ö h l e persistiert als p e r i t o n e a l e Ö f f n u n g d e r T u b e n , d a s a n d e r e E n d e wächst als solide V o r w ö l b u n g n a c h k a u d a l , k r e u z t vor d e m m e s o n e p h r i s c h e n G a n g u n d vereinigt sich mit d e m M ü l l e r - G a n g d e r G e g e n s e i t e , z u n ä c h s t n o c h d u r c h ein S e p t u m g e t r e n n t . N a c h d e m V e r s c h w i n d e n d i e s e s S e p t u m s e n t s t e h t e i n e H ö h l e , d e r uterovaginale Gang. D a s s p ä t e r e L u m e n d e r Vagina ist j e d o c h völlig mit Z e l l e n a u s g e f ü l l t ; d i e s e r G e w e b s p f r o p f s c h i e b t das E p i t h e l des U r o g e n i t a l s i n u s n a c h a u ß e n v o r ( M ü l l e r - T u b e r kel, 9. W o c h e ) . D i e V e r e i n i g u n g d e r M ü l l e r - G ä n g e erfolgt in d e r 13. W o c h e , d e r u n t e r s t e A n t e i l d e s u t e r o v a g i n a l e n K a n a l s e n t s t e h t d a b e i a u s d e m Sinus urogenitalis. A u s d e m Sintis urogenitalis unterhalb des Müller-Tuberkels entsteht durch Aufw e i t u n g die V u l v a s p a l t e . D i e s bringt die V a g i n a l ö f f n u n g in i h r e s p ä t e r e Position u n d b e d i n g t separate O f f n u n g e n f ü r U r e t h r a u n d Vagina. G l e i c h z e i t i g erfolgt ein L ä n g e n w a c h s t u m d e r Vagina; d a s Vestibulum vaginae e n t s t e h t a u s d e m i n f r a t u b e r k u l ä r e n S e g m e n t d e s Sinus urogenitalis. D i e Labia minora e n t stehen aus den Urethralfalten. Als Relikt des Müller-Tuberkels verbleibt das H y m e n ( A b b . 1-6).

1.3.2 Makro- u n d m i k r o s k o p i s c h e A n a t o m i e der Prostata und a b l e i t e n d e n S a m e n w e g e , Gefäßversorgung Anatomie der Prostata

1.3.2.1 Prostata

• Drüse mit fibromuskulärem Stroma • ca. 20 g

D i e P r o s t a t a ist e i n e D r ü s e mit f i b r o m u s k u l ä r e m S t r o m a u n m i t t e l b a r u n t e r h a l b d e r H a r n b l a s e . Sie wiegt d u r c h s c h n i t t l i c h 20 g u n d u m s c h l i e ß t die h i n t e r e H a r n r ö h r e , d e r e n L ä n g e ca. 2,5 cm b e t r ä g t . D i e P r o s t a t a w i r d v e n t r a l v o n d e n

1.3 Prostata und ableitende Samenwege

11

Übergangszone

Zentrale Zone Periphere Z o n e (dorsal)

fibromuskuläres Stroma IV A b b . 1 - 7 : A n a t o m i e d e r P r o s t a t a . U n t e r t e i l u n g in 5 S e g m e n t e n a c h M c N e a l

puboprostatischen

Ligamenten

g e h a l t e n u n d liegt d e m D i a p h r a g m a u r o g e n i t a -

le a u f . S i e w i r d i n i h r e m h i n t e r e n Teil v o n d e n Ductus d i e s c h r ä g v e r l a u f e n u n d a m Colliculus

seminalis

ejaculatorii

durchzogen,

( V e r u m o n t a n u m ) an der Hin-

terwand der prostatischen Harnröhre unmittelbar proximal des

Sphinkters

münden. Die Prostata besteht aus 5 Segmenten (Lobuli): L o b u s anterior, posterior, medialis sowie 2 laterale L a p p e n . N a c h M c N e a l (1972) wird u n t e r klinischen G e s i c h t s p u n k t e n eine a n d e r e E i n t e i l u n g in p e r i p h e r e , z e n t r a l e u n d transitionale Z o n e , sowie ein a n t e r i o r e s S e g m e n t u n d e i n e präp r o s t a t i s c h e S p h i n k t e r z o n e v o r g e n o m m e n ( A b b . 1-7). D i e p r o s t a t i s c h e H a r n r ö h r e ist v o n e i n e r i n n e r e n L ä n g s m u s k e l s c h i c h t

• -

5 Segmente: periphere Z o n e zentrale Z o n e Transitionalzone anteriores S e g m e n t praeprostat. Sphinkterzone

umge-

b e n , die in K o n t i n u i t ä t m i t d e r e n t s p r e c h e n d e n M u s k e l s c h i c h t d e r H a r n b l a s e s t e h t . I m S t r o m a d e r P r o s t a t a f i n d e t s i c h r e i c h l i c h glatte

Muskulatur,

d i e sich

im w e s e n t l i c h e n von d e r ä u ß e r e n L ä n g s m u s k e l s c h i c h t d e r Blase herleitet. D i e se

Muskulatur

Sphinkter

stellt

der hinteren

den

eigentlichen,

Harnröhre

glattmuskulären

unwillkürlichen

beim M a n n dar.

D i e a d e n o m a t ö s e Hyperplasie der Prostata entsteht aus d e n thralen

Drüsen

i m Mittel-

• glattmuskulärer unwillkürlicher Sphinkter

u n d in d e n

periure-

Seitenlappen.

Ductus epididymidis

- Sertoli-Zellen und Spermatogonien -

Leydig-Zwischenzellen

Gefäßversorgung • Arterien entspringen aus der Aorta unterhalb der Nierenarterien • Venen - V.testicularis dextra -> V.cava - V.testicularis sinistra —> V. renalis sin.

Lymphabfluß zu lumbalen Lymphknoten im Retroperitoneum

1.4.3 Gonadale Fehlbildungen

Gonadale Fehlbildungen

Als gonadale Agenesie b e z e i c h n e t m a n e i n e f e h l e n d e G o n a d e n e n t w i c k l u n g . E i n e u n v o l l s t ä n d i g e E n t w i c k l u n g mit Stillstand in e i n e r b e s t i m m t e n P h a s e b e z e i c h n e t m a n als Hypogenesie.

• gonadale Agenesie, Hypogenesie

D i e h ä u f i g s t e F e h l b i l d u n g ist d e r f e h l e n d e D e s z e n s u s d e s H o d e n s . Ein Z u r ü c k b l e i b e n im A b d o m e n o d e r e i n e U n t e r b r e c h n u n g d e s D e s z e n s u s an i r g e n d e i n e m P u n k t d e s n a t ü r l i c h e n A b s t i e g w e g s wird als Kryptorchismus b e z e i c h n e t . D i e s e r k a n n ein- o d e r beidseitig a u f t r e t e n . K o m m t ein H o d e n a u ß e r h a l b d e r n o r m a l e n A b s t i e g s b a h n zu liegen, spricht m a n von e i n e m ektopen Hoden. E i n e a u s b l e i b e n d e V e r e i n i g u n g v o n R e t e testis u n d G a n g s y s t e m ( M e s o n e p h r o s ) f ü h r t zu e i n e r S e p a r a t i o n v o n H o d e n u n d N e b e n h o d e n u n d d a m i t zur Azoospermie.

• Kryptorchismus

• ektoper Hoden: - Lage außerhalb des Abstiegswegs

1. Anatomie und Embryologie des Urogenitalsystems

16 Äußeres Genitale

1.5 Außeres Genitale

Entwicklung

1.5.1 Embryologie

• ab 8. Embryonalwoche

Die D i f f e r e n z i e r u n g des ä u ß e r e n G e n i t a l e setzt w ä h r e n d d e r 8. Woche ein. Allerdings bilden sich erst nach 3 M o n a t e n charakteristische M e r k m a l e aus, die den U n t e r s c h i e d zwischen m ä n n l i c h e m und weiblichem ä u ß e r e n G e n i t a l e sichtbar m a c h e n .

- 3 Protuberanzen auf der Kloakenmembran

W ä h r e n d des i n d i f f e r e n t e n S t a d i u m s d e r S e x u a l e n t w i c k l u n g bilden sich 3 kleine Protuberanzen auf d e r K l o a k e n m e m b r a n aus, wobei das z e n t r a l e genitale T u b e r k u l u m bds. von d e n G e n i t a l w ü l s t e n u m g e b e n ist. Mit d e m V e r s c h w i n d e n d e r U r o g e n i t a l m e m b r a n in d e r 7. W o c h e b e k o m m t der primitive U r o g c n i t a l s i n u s eine g e t r e n n t e M ü n d u n g an d e r U n t e r s e i t e des G e n i t a l t u b e r k e l s .

1. männliches Genitale

· Bei d e r D i f f e r e n z i e r u n g des männlichen äußeren Genitale verlängert sich

- Genitaltuberkulum bildet Phallus

- ab 10. Woche Verschmelzung der Urethralfalten -> penile Harnröhre

- Präputium - Skrotum 2. weibliches Genitale - Genitaltuberkulum wird zur Klitoris

Anatomie des Penis

2 Corpora cavernosa 1 Corpus spongiosum

3 Faszien Tunica albuginea Buck-Faszie Colle-Faszie

das Genitaltuberkulum

und bildet so den Phallus.

In der 7. Woche werden die

C o r p o r a cavernosa als g e p a a r t e m e s e n c h y m a l e Säulen i n n e r h a l b des Penisschafts sichtbar. A b d e r 10. Woche b e g i n n e n sich die U r e t h r a l f a l t e n von d e r Ö f f n u n g des Urogenitalsinus zur Phallusspitze hin zu verschmelzen. Mit d e r 14. W o c h e ist die Verschmelzung abgeschlossen und resultiert in d e r Bildung d e r penilen Harnröhre. D a s Corpus spongiosum entsteht durch die D i f f e r e n zierung m e s e n c h y m a l e n G e w e b e s um die penile H a r n r ö h r e . Durch die Ausbildung eines zirkulären Sulcus coronarius wird am distalen Phallusteil die G l a n s penis e r k e n n b a r . Die glanduläre Harnröhre entwickelt sich als Folge d e r Kanalisierung eines e k t o d e r m a l e n Stranges, der durch die Glans penis gewachsen ist und mit d e m distalen E n d e d e r schon gebildeten penilen H a r n r ö h r e z u s a m m e n t r i f f t . Im 3. M o n a t wächst eine H a u t f a l t e an der Basis der Glans penis nach distal und umgibt 2 M o n a t e später als voll ausgebildetes Präputium die G l a n s penis. Die skrotalen Schwellungen verlagern sich nach kaudal, verschmelzen und bilden das Skrotum, welches aus 2 K o m p a r t i m e n t e n besteht, die durch ein mittleres S e p t u m und eine R a p h e g e t r e n n t sind. · Bei d e r D i f f e r e n z i e r u n g zum weiblichen äußeren Genitale bildet sich im G e gensatz zum m ä n n l i c h e n Individuum eine k ü r z e r e u r e t h r a l e F u r c h e aus. D a s Tuberculum genitale wird zur Klitoris. D e r am tiefsten gelegene Teil des U r o genitalsinus weitet sich und bildet das vaginale Vestibulum. Die u r e t h r a l e n Falten verschmelzen nicht und bilden die Labia minora. Die Genitalschwellungen v e r g r ö ß e r n sich beidseits des Vestibulums und bilden die Labia m a j o r a .

1.5.2 Makro- und mikroskopische Anatomie von Penis und Skrotum D e r Penis besteht aus den b e i d e n Corpora cavernosa und einem die H a r n r ö h r e u m g e b e n d e n Corpus spongiosum. Distal w e r d e n die Schwellkörper von d e r Glans penis bedeckt. J e d e r Schwellkörper ist von einer d e r b e n Faszie, der Tunica albuginea, umschlossen. E i n e fibröse Bindegewebsschicht (Buck-Faszie) umgibt alle 3 Schwellkörper. U n t e r d e r H a u t von Penis und S k r o t u m liegt die Colle-Faszie, die sich von d e r Eichel bis zum D i a p h r a g m a urogenitale erstreckt. Proximal sind die C o r p o r a cavernosa o b e r h a l b d e r Sitzbeinhöcker am Schambein fixiert. D a s C o r p u s spongiosum verläuft in einer ventral der C o r p o ra cavernosa gelegenen Vertiefung in d e r Mittellinie. D e r proximale Teil des C o r p u s spongiosum wird vom Musculus b u l b o c a v e r n o s u s u m g e b e n . Histologisch setzen sich die C o r p o r a cavernosa und das C o r p u s spongiosum sowie die G l a n s penis aus Septen glatter M u s k u l a t u r und vaskulären H o h l r ä u m e n zus a m m e n . Sie sind zur G r ö ß e n a u s d e h n u n g fähig und w e r d e n als erektiles G e w e b e bezeichnet.

1.5 Äußeres Genitale Gefäßversorgung. Penis und Harnröhre werden durch die Aa.pitdendae internae versorgt. Jede Arterie teilt sich in eine tiefe Penisarterie, die den Schwellkörper versorgt, eine dorsale Penisarterie, die auf dem Penisrücken zu Glans zieht und eine bulbourethrale Arterie, die Corpus spongiosum und Harnröhre versorgt. Die reifförmig den Penisschaft umgreifenden Zirkumflexen Venen münden in die unterhalb der Buck-Faszie liegende V. dorsalis penis profunda, die mit den oberflächlichen Penisvenen außerhalb der Buck-Faszie in Verbindung steht. Die Lymphgefäße der Penishaut führen zu den inguinalen Lymphknoten. Die proximale Harnröhre hat ihren Lymphabfluß zu den Lymphknoten der Iliakalregion. Unter der gefältelten Haut des Skrotum liegt die muskuläre Tunica dartos. Hieran schließen sich 3 weitere Bindegewebsschichten an, die während des Hodendeszensus ihren Ausgang von den einzelnen Bauchwandschichten genommen haben. Das parietale Blatt der Tunica vaginalis (Periorchium) umhüllt den Hoden.

17 Gefäße - Aa. pudendae int. - V. dorsalis penis • Lymphgefäße - Penishaut ^ inguinale LK - prox. Urethra iliakale LK

Anatomie des Skrotums - Tunica dartos - Hodenhüllen

D u r c h die K o n t r a k t i o n u n d E r s c h l a f f u n g d e r M u s k e l s c h i c h t e n des S k r o t u m wird die E i n h a l t u n g d e r f ü r d e n H o d e n adäquaten Temperatur gewährleistet.

- Temperaturkonstanz durch Kontraktion u. Erschlaffung

1.5.3 Fehlbildungen

Fehlbildungen des äußeren Genitale

Das Fehlen oder eine Verdopplung des Penis oder der Klitoris sind sehr selten. Häufiger findet man einen rudimentär angelegten Penis oder eine Hypertrophie der Klitoris. Dies wird allein oder in Verbindung mit einem Pseudohermaphroditismus beobachtet. Eine Transposition von Penis und Skrotum sind ebenfalls sehr seltene Mißbildungen. Häufiger ist eine fehlende oder unvollständige Verschmelzung der urethralen Falte anzutreffen, die zur Hypospadie unterschiedlichen Ausmaßes führt (s. Abschn.7.4.3, S . l l l ) .

unvollständige Verschmelzung der urethralen Falte Hypospadie

Nephrologische Erkrankungen betreffen: • E r k r a n k u n g e n der Nieren • d e s Wasser- u n d Elektrolythaushalts

2. Nephrologische Erkrankungen P. Schollmeyer

In diesem Beitrag wird nur ein kleiner Ausschnitt aus der Nephrologie - einem Spezialgebiel d e r Inneren Medizin - abgehandelt: die nephrologischen E r k r a n k u n g e n , die in der täglichen urologischen Praxis v o r k o m m e n .

Tubuläre S c h ä d e n Nephron als Funktionseinheit: Primärharn: 170 l/d

• Endharn: 1,5 l/d

2.1 T u b u l ä r e S c h ä d e n D a s Nephron ist die F u n k t i o n s e i n h e i t d e r N i e r e n ; es b e s t e h t a u s d e m G l o m e rulum und den verschiedenen Tubulusabschnitten. D e r Primärharn, das Glom e r u l u m f i l t r a t v o n 170l/Tag, wird w ä h r e n d d e r P a s s a g e d u r c h d e n p r o x i m a len Tubulus, d i e H e n l e - S c h l e i f e , d e n distalen T u b u l u s u n d d a s S a m m e l r o h r d u r c h R e a b s o r p t i o n u n d S e k r e t i o n z u m Endharn von ca. 1,5 1/Tag e i n g e e n g t u n d k o n z e n t r i e r t . In d e r R e g e l w i r k e n sich S t ö r u n g e n d e r g l o m e r u l ä r e n F u n k tion a u c h auf die t u b u l ä r e R e a b s o r p t i o n u n d S e k r e t i o n aus. D i e B e z i e h u n g e n zwischen Tubulitsschäden und urologischen Erkrankungen sind wechselseitig:

Wechselbeziehung zwischen Tubuluss c h ä d e n und u r o l o g i s c h e n Erkrankungen

So führt ζ. B. einerseits die renale Hyperkalzurie, eine F u n k t i o n s s t ö r u n g des distalen Tubulus, zur Nierensteinbildung, andererseits z.B. eine Harnstauungsniere zur Ausscheidungsstörung von Wasser. N a t r i u m und Kalium.

Lokalisation, Art der S t ö r u n g

2.1.1 Lokalisation und Art der Funktionsstörung

T u b u l u s s c h ä d e n sind a n g e b o r e n oder erworben, sie betreffen: • Harnkonzentrierung, -Verdünnung • Säureausscheidung • Elektrolyt-, U r a t a u s s c h e i d u n g

Ätiopathogenese u r o l o g i s c h e U r s a c h e n tubulärer S c h ä den: 1. E n t z ü n d u n g e n und 2. H a r n w e g s o b s t r u k t i o n

Isolierte tubuläre Funktionsstörungen t r e t e n auf im p r o x i m a l e n , im d i s t a l e n T u b u l u s u n d im S a m m e l r o h r . Sie sind a n g e b o r e n o d e r e r w o r b e n . T u b u l ä r e S c h ä d i g u n g e n als Folge u r o l o g i s c h e r E r k r a n k u n g e n b e t r e f f e n d i e F u n k t i o n d e s Sammelrohrs u n d d e s distalen Tubulus: • Harnkonzentrierung und -Verdünnung, Säureausscheidung, Ausscheidung von Elektrolyten und U r a t e n

2.1.2 Ursachen und Pathogenese tubulärer Schäden Tubuläre Schäden werden durch folgende urologischc Krankheiten verursacht: • Entzündungen: t u b u l o i n t e r s t i t i e l l e N e p h r i t i s bei b a k t e r i e l l e n o b e r e n H a r n w e g s i n f e k t i o n e n (Pyelonephritis), Refluxnephropathie • Harnwegsobstruktionen: K o n k r e m e n t e u n d Kristalle, T u m o r e n , S t r i k t u r e n , äußere Ureterkompression, Mißbildungen, funktionelle Störungen.

Entzündungen

2.1.2.1 Entzündungen

• tubulointerstitielle Nephritis - Refluxnephropathie - Pyelonephritis

Refluxnephropathien, a k u t e u n d c h r o n i s c h e Pyelonephritiden, a b e r a u c h Harnwegsinfektionen g e h e n h ä u f i g mit tubulointerstitieller Nephritis e i n h e r , w o b e i die E n t z ü n d u n g s p r o z e s s e v o m N i e r e n b e c k e n a u s auf d a s a n g r e n z e n d e t u b u lointerstitielle N i e r e n p a r e n c h y m ü b e r g r e i f e n . Sie f ü h r e n z u r z e l l u l ä r e n Infil-

2.1 Tubuläre Schäden

19

tubuläre Osmolalität (mosm /1) 0.2

ml / min

1200bei maximaler ADH-Sekretion

900

600 mi / min

J

300

V/

/' /

/

/

20

ml / min ml / min Henle-Schleife prox. Tubulus

absteigende

>|a

aufsteigende

dist. Tubulus früher . s p ä t e r -H Folge: ggf. globale Niereninsuffizienz

2.1.2.2 Harnwegsobstruktionen

Harn wegsobstruktion

Bei allen Harnwegsobstruktionen, wie auch bei der Refluxnephropathie, kommt es zu einer Drucksteigerung im Nierenbecken, die sich in die Sammelrohre fortsetzt und den Harntransport einerseits einschränkt und andererseits über eine Druckschädigung die Transportfunktion der Zellen des Sammelrohrs und des distalen Tubulus reduziert. Während die Drucksteigerung bei der Refluxnephropathie nur periodisch bei jeder Miktion auftritt, besteht sie bei Harnwegsobstruktionen ständig. Häufig treten bei der Refluxnephropathie rezidivierende Harnwegsinfekte auf. Entwickelt sich bei der Refluxnephropathie eine große Proteinurie, so ist dies Ausdruck einer fokalsegmentalen Glomerulosklerose, die immunologischer Genese ist und zur fortschreitenden Niereninsuffizienz führt.

2.1.3 Störungen des Konzentrations- und Verdünnungsvermögens Die Osmolalität des Primärharns unterliegt während der Tubuluspassage starken Veränderungen (Abb. 2-1). Die Konzentration des Endharns findet im Endteil des distalen Tubulus und in den Sammelrohren statt und wird von der Hypertonizität des Nierenmarks und der Funktion des antidiuretischen Hormons ( A D H = Arginin-Vasopressin, AVP) bestimmt. Der Hormonmechanismus ist rezeptorabhängig. A V P erhöht die Wasserdurchlässigkeit des Sammelrohrs, so daß Wasser passiv entsprechend dem Konzentrationsgradienten in das hypertone Nierenmark diffundiert. Die maximale Konzentrierung ist erreicht, wenn zwischen Endharn und Markhypertonizität an der Papillenspitze die Konzen-

Drucksteigerung -> Harntransport i

Refluxnephropathie: -»fokale Sklerose chronische Niereninsuffizienz

Konzentrationsmechanismus

• Hypertonizität des Nierenmarks • ADH-Funktion: - HjO-Permeabilität Τ von dist. Tubulus und SR

2. Nephrologische Erkrankungen

20

tration ausgeglichen ist. Tubulointerstitielle Erkrankungen und Harnwegsobstruktionen schränken das Konzentrationsvermögen der Nieren ein. Ursachen, Diagnostik des eingeschränkten Konzentrationsvermögens

Das Konzentrationsvermögen ist eingeschränkt infolge • verringerter Markhypertonizität und gestörter Markdurchblutung • seltener durch - gestörte Α VP-Rezeptorfunktionen - gestörte oder fehlende Α VP-Sekretion

Praxishinweis

Praxishinweis: Der Verlust des Konzentrationsvermögens ist die häufigste tubuläre Funktionsstörung. Diagnostik: • spezifisches Gewicht (1032) des Urins, besser: Urinosmolalität 1400 mosmol/kg H 2 0 ) • ersatzweise: Harnstoffkonzentration nach 12stündigem Durst)

Verdünnungsfähigkeit • dicke aufsteigende Henle-Schleife • distaler Tubulus -> aktiver NaCI-Transport • Thiazide hemmen NaCI-Transport

Säureausscheidung

(max.

Die Verdünnungsfähigkeit wird vom Verdünnungssegment, dem dicken aufsteigenden Schleifenteil und dem frühdistalen Tubulus, bestimmt. Hier findet ein aktiver, auswärts gerichteter Natriumchloridtransport statt, wodurch die Osmolalität der Tubulusflüssigkeit auf 30-50 mosmol/kg H 2 0 verdünnt wird. Thiaziddiuretika, die den NaCI-Transport in diesem Tubulusabschnitt hemmen, können die Ausscheidung freien Wassers und damit die Verdünnungsfähigkeit verringern.

2.1.4 Säureausscheidung Täglich müssen 40-80 mmol aus dem Stoffwechsel anfallende respiratorisch nicht flüchtige Säureäquivalente ausgeschieden werden. Der Urin pH-Wert sinkt normalerweise nicht unter 4,5 ab.

Mechanismus

2.1.4.1 Mechanismen der Säureausscheidung und ihre Störungen

Mechanismen: • Protonensekretion • titrierbare Azidität • Ammoniumausscheidung

Zur Säureausscheidung stehen 3 Mechanismen zur Verfügung. • aktive Protonensekretion oder Bikarbonatrückresorption • Ausscheidung titrierbarer Azidität und • Ammoniumausscheidung Die Bikarbonatrückresorption findet überwiegend proximal tubulär statt, die beiden anderen Mechanismen sind distal tubulär und im Sammelrohr lokalisiert. Eine gestörte Säureausscheidung führt zur renalen metabolischen Azidose. Eine unzureichende Säureausscheidung tritt bei jeder chronischen Niereninsuffizienz ab einer glomerulären Filtrationsrate ( G F R ) von etwa 3 0 % infolge unzulänglicher Bikarbonatresorption auf. Eine vorzeitige Einschränkung der Säureausscheidung wird bei tubulointerstitiellen Erkrankungen, im Gefolge von Harnwegsobstruktionen oder bei Nephrokalzinosen beobachtet.

Störungen • renale metabolische Azidose bei: - GFR-Einschränkung auf 30% - tubulointerstitielle Erkrankungen -- Nephrokalzinose Harnwegsobstruktion

Je nach A u s m a ß d e r r e n a l e n F u n k t i o n s e i n s c h r ä n k u n g sind h i e r b e i n u r die v o r w i e g e n d distal t u b u l u l ä r lokalisierten M e c h a n i s m e n o d e r die G e s a m t s ä u r e a u s s c h e i d u n g b e e i n trächtigt.

RTAI

2.1.4.2 Renal tubululäre Azidose (RTA) Typ I

- Urin pH >5,5

Bei der distalen hypokaliämischen RTA Typ I besteht ein Defekt der maximalen Säuerung des Urins. Der Urin pH-Wert sinkt nicht unter 5.5 ab. Es besteht eine systemische Azidose. Die distal tubulär lokalisierte Störung der H + -Se-

2.1 Tubuläre Schäden

21

kretion geht mit einer verminderten Bikarbonatregeneration einher. Anstelle von H + -Ionen werden Na + - und K + -Ionen ausgeschieden. Es entsteht ein relativer Volumenmangel mit Stimulation der Renin-Aldosteron-Sekretion mit verstärkter Kaliumausscheidung und Hypokaliämie. Zusätzlich besteht eine verm e h r t e Kalziumausscheidung, so daß 2 / 3 der Patienten eine Nephrokalzinose oder eine Nephrolithiasis aufweisen. Ursachen der RTA Typ I sind: • primär: idiopathisch • sekundär: Sjögren-Syndrom und Lupus erythematodes • in Verbindung mit Nephrokalzinose: idiopathische Hyperkalzurie, primärer Hyperparathyreoidismus, Hyperthyreose, Markschwammnieren.

Hypokaliämie systemische Azidose Nephrokalzurie —> Nephrolithiasis Ursachen RTA I

Ist die Diagnose der RTA I unsicher, kann sie durch eine AmmoniumchloridBelastung gesichert werden. Z u r Behandlung wird die G r u n d k r a n k h e i t therapiert. Symptomatisch wird oral Kalium substituiert und die Azidose mit Zitratsalzgemischen ausgeglichen.

DD: NH 4 CI-Belastung Therapie - Grundkrankheit - Kalium, Zitratsalze

2.1.4.3 Renal tubuläre Azidose Typ IV

RTA IV

Die RTA I V (hyperkaliämisch distale RTA) entsteht bei Aldosteronmangel oder gestörter Aldosteronwirkung (kaliumsparende Diuretika). Sie geht mit einer Hyperkaliämie einher, milder Azidose und mäßiggradiger Niereninsuffizienz. Mehr als 50 % der Patienten sind Diabetiker.

• Aldosteronmangel (K + -sparende Diuretika) - überwiegend bei spätdiabetischem Syndrom

2.1.5 S t ö r u n g e n der A u s s c h e i d u n g v o n Elektrolyten und Urat

Elektrolytausscheidung

Eine D r u c k e r h ö h u n g infolge einer Harnwegsobstruktion kann über einen erhöhten intratubulären Druck zur A b n a h m e der glomerulären Filtrationsrate führen. Die Druckschädigung derTubulusepithelien stört transzelluläre Transportvorgänge und damit nicht nur Konzentrationsvermögen und Säureausscheidung sondern auch den Elektrolyttransport.

2.1.5.1 Natriumausscheidung

Na*

Eine vermehrte Natriumausscheidung tritt auf • postobstruktiv und nach akutem parenchymatösem Nierenversagen (ANV) • bei chronischer unvollständiger Obstruktion und interstitieller Nephritis N u r bei den beiden erstgenannten Störungen ist mit schwerwiegenden Hyponatriämien zu rechnen. Die Substitutionsbehandlung setzt eine exakte Flüssigkeits- und Natriumbilanzierung voraus.

4 -

Praxishinweis: Die häufigste Ursache einer Hyponatriämie äquate Diuretikatherapie.

ist eine inad-

2.1.5.2 Kaliumausscheidung 90 % des ausgeschiedenen Kaliums werden im kortikalen Sammelrohr sezerniert. Die Kaliumausscheidung wird durch Aldosteron gesteuert. Sowohl die chronische tubulointerstitielle Nephritis wie auch Harnwegsobstruktionen können mit einer Hyper- und Hypokaliämie einhergehen.

Ursachen renaler Na*-Verluste postobstruktiv Polyurie nach A N V chronische Obstruktion chronische interstitielle Nephritis

Praxishinweis

κ+ · Steuerung durch Aldosteron

2. Nephrologische Erkrankungen

22 • Hypokaliämie -» Nephritis - bei Diuretikaabusus Hyperkaliämie: bei Niereninsuffizienz

Ca++

• idiopathische Hyperkalzurie

• E i n e chronische Hypokaliämie ist häufig Folge l a n g d a u e r n d e r D i u r e t i k a o d e r L a x a n t i e n e i n n a h m e . D i e chronische H y p o k a l i ä m i e kann ihrerseits zu einer chronischen interstitiellen Nephritis f ü h r e n . • E i n e Hyperkaliämie ist fast i m m e r durch Niereninsuffizienz verursacht.

2.1.5.3 Kalziumausscheidung V e r ä n d e r u n g e n d e r K a l z i u m a u s s c h e i d u n g sind nicht typisch f ü r e i n e tubulointerstitielle Nephritis. Bei d e r idiopathischen Hyperkalzurie ist die t u b u l ä r e K a l z i u m r e a b s o r p t i o n gestört. Die d a d u r c h g e s t e i g e r t e K a l z i u m a u s s c h e i d u n g begünstigt die Nierensteinbild u n g u n d eine N e p h r o k a l z i n o s e u n d k a n n e i n e n s e k u n d ä r e n H y p e r p a r a t h y r e o i d i s m u s auslösen.

Harnsäure

2.1.5.4 Harnsäureausscheidung

Hyperurikosurie Harnsäuresteine 1. akute Uratnephropathie (Harnsäureverstopfungsniere) ANV - zytostatische Therapie - Nulldiät

2. chronische Gichtnephropathie —> interstitielle Nephritis - Arthritis urica

Eine v e r m e h r t e H a r n s ä u r e a u s s c h e i d u n g - Hyperurikosurie - k a n n zur Bildung von Harnsäuresteinen f ü h r e n . E i n e akute Uratnephropathie - H a r n s ä u r e v e r stopfungsniere - geht mit e i n e m a k u t e n N i e r e n v e r s a g e n einher. Sie entsteht bei a k u t e m H a r n s ä u r e a n f a l l , wie u n t e r zytostatischer T h e r a p i e von L y m p h o men und L e u k ä m i e n o d e r bei d e r sogen. Nulldiät, begünstigt durch die gleichzeitige K e t o - ( H u n g e r ) - A z i d o s e . D i e B e h a n d l u n g erfolgt durch Alkalisierung, z.B. B i k a r b o n a t , ggf. Dialyse. Die chronische Gichtnephropathie tritt bei P a t i e n t e n mit Arthritis urica u n d schlecht kontrollierten H a r n s ä u r e s p i e g e l n auf u n d zeigt das Bild d e r chronisch-intcrstitiellen Nephritis.

Niereninsuffizienz (Nl)

2.2 Niereninsuffizienz

• Urämie: Symptomatologie bei Nl

E i n e Niereninsuffizienz entsteht durch die E i n s c h r ä n k u n g d e r exkretorischen N i e r e n f u n k t i o n . Sie ist Folge des Ausfalls f u n k t i o n s t ü c h t i g e r N e p h r o n e . D e r damit v e r b u n d e n e Anstieg der harnpflichtigen Substanzen wird als Azotämie bezeichnet. Die aus d e r Niereninsuffizienz f o l g e n d e n klinischen S y m p t o m e werden u n t e r d e m Begriff Urämie z u s a m m e n g e f a ß t .

Akutes Nierenversagen (ANV)

2.2.1 Akutes Nierenversagen (ANV)

• Anstieg harnpflichtiger Substanzen = Azotämie

Als A N V wird eine akut a u f t r e t e n d e Niereninsuffizienz o h n e v o r b e s t e h e n d e Nierenschädigung bezeichnet, die zur Azotämie führt, sehr häufig mit einer Oligoanurie e i n h e r g e h t und im Prinzip reversibel ist. Definition: Akute Niereninsuffizienz oft mit Anurie, Oligurie

=I>

Kriterium für das ANV ist die G F R - A b n a h m e mit täglichem Anstieg des Serumkreatinins. Als Anurie wird eine 2 4 - S t u n d e n - H a r n m e n g e von weniger als 100 ml/ 24 h, als Oligurie eine H a r n m e n g e von weniger als 500 ml/24 h bezeichnet. Es gibt auch normurische u n d p r i m ä r polyurische Versagen.

Einteilung, Pathogenese

2.2.1.1 Einteilung und Pathogenese

Ursachen des ANV:

D a s A N V wird nach seinen Ursachen unterschieden.

2.2 Niereninsuffizienz • prärenales A N V durch glomeruläre Minderperfusion: - Volumenverlust (Exsikkose, Blutung, Flüssigkeitssequestration, Diuretikaüberdosierung) - v e r r i n g e r t e s Herz-Zeit-Volumen (Herzinsuffizienz, kardiogener Schock) - Vasodilatation (Sepsis, a n t i h y p e r t e n s i v e T h e r a p i e ) - Vasokonstriktion (hepatorenales Syndrom, Katecholamininfusion) • renales A N V durch akute Tubulusnekrose: - zirkulatorisch (hämorrhagischer, septischer Schock, Pankreatitis) - toxisch (Hämolyse, Myolyse, Antibiotika, organische Lösungsmittel, Schwermetalle) - bei renalen Erkrankungen (Vaskulitis, a k u t e u n d p e r a k u t e G l o m e r u l o n e phritis, a k u t e interstitielle N e p h r i t i s ) • postrenales A N V durch Obstruktion: - intrarenal ( A u s f ä l l u n g von H a r n s ä u r e , O x a l s ä u r e , S u l f o n a m i d e n ) - postrenal (Nierensteine, Koagel, U r e t e r e n k o m p r e s s i o n , Ureter-/Blasentumoren, Prostatahyperplasie, neurogene Blasenlähmung, Urethrastrikturen)

23

1. prärenal —> Minderperfusion

2. renal

akute Tubulusnekrose

3. postrenal -» Obstruktion

2.2.1.2 Klinik, Diagnose, Verlauf

Klinik

Klinik. D a s p r ä r e n a l e A N V ist z u n ä c h s t n u r e i n e f u n k t i o n e l l e S t ö r u n g , d. h. die N i e r e n f u n k t i o n e r h o l t sich rasch, w e n n die U r s a c h e n beseitigt sind. Bei länger e m B e s t e h e n ist d e r Ü b e r g a n g in ein r e n a l e s A N V m ö g l i c h . A u c h b e i m postrenalen ANV k o m m t die N i e r e n f u n k t i o n schnell w i e d e r in G a n g , w e n n die A b f l u ß s t ö r u n g beseitigt ist, o f t mit e i n e r p o s t o b s t r u k t i v e n Polyurie. D i e D i a g n o s e ergibt sich aus d e r Vorgeschichte, den Begleitumständen des Ents t e h e n s , d e m s c h n e l l e n A n s t i e g von Serumkreatinin, ca. 1 mg/dl/Tag u n d Serumharnstoff, ca. 40 mg/dl/Tag u n d ggf. d e r Oligoanurie. Bei a u s g e p r ä g t e m E i w e i ß k a t a b o l i s m u s ( p o s t o p e r a t i v , Fieber, Sepsis) k a n n sich d e r tägliche A n s t i e g d e r g e n a n n t e n P a r a m e t e r m e h r als v e r d o p p e l n ( h y p e r k a t a b o l e s N i e r e n v e r s a g e n ) . E n t s c h e i d e n d f ü r die D i a g n o s e sind die zeitliche E n t w i c k l u n g d e r Azotämie und d i e quantitative Urinausscheidung; f e r n e r die Sonographie, die die B e s t i m m u n g d e r N i e r e n g r ö ß e e r l a u b t u n d ein m ö g l i c h e s A b f l u ß h i n d e r n i s e r k e n n e n läßt.

• prärenales ANV —> Restitution bzw. renales ANV

Verlauf. D a s typische A N V d u r c h l ä u f t 4 Stadien • Schädigungsphase, oligoanurisches Stadium • polyurisches und R e s t i t u t i o n s s t a d i u m D a s o l i g o a n u r i s c h e S t a d i u m k a n n w e n i g e Tage d a u e r n o d e r bis zu 4 W o c h e n a n h a l t e n . D a s a n s c h l i e ß e n d e p o l y u r i s c h e S t a d i u m d a u e r t im M i t t e l 8 Tage. D a s ANV, das ohne Oligoanurie einhergeht, hat einen kürzeren Krankheitsverlauf.

4 • • • •

Praxishinweis: D e r P a t i e n t mit A N V ist g e f ä h r d e t d u r c h • e i n e Überwässerung: F l ü s s i g k e i t s l u n g e im T h o r a x r ö n t g e n b i l d • e i n e Hyperkaliämie >7 mmol/1 u n d U r ä m i e • p o l y u r i s c h e s S t a d i u m : G e f a h r v o n Exsikkose, Hyponatriämie u n d -kaliäniic.

2.2.1.3 Therapie Z u n ä c h s t sind d i e a u s l ö s e n d e n u n d d a s A N V u n t e r h a l t e n d e n F a k t o r e n m ö g lichst zu b e s e i t i g e n . D i e Flüssigkeits- und Elektrolytbilanz mit H i l f e d e r Urinsammlung im 2 4 - S t u n d e n - R h y t h m u s , sind s o w o h l im o l i g o a n u r i s c h e n wie im p o l y u r i s c h e n S t a d i u m die G r u n d l a g e d e r T h e r a p i e . Bei renalem ANV wird in der oligo-anurischen Phase zunächst versucht, den H a r n f l u ß durch eine kontin u i e r l i c h e I n f u s i o n mit F u r o s e m i d u n d D o p a m i n in G a n g z u b r i n g e n o d e r auf-

• postrenales ANV -> Restitution

Diagnose • Kreatinin Τ • Azotämie, zeitliche Entwicklung • quantitative Urinausscheidung • Sonographie • Nierengröße • Harnstau

ANV-Stadien Schädigung Oligoanurie Polyurie Restitution

Praxishinweis

Therapie

• Grundlage: Flüssigkeits-, Elektrolytbilanz

• Infusion von Furosemid/Dopamin

2. Nephrologische Erkrankungen

24

• Ernährung: 35 kcal/kg/Kg

Praxishinweis

r e c h t z u e r h a l t e n . G e l i n g t dies nicht, ist die D i a l y s e indiziert. D i e tägliche Kalorienzufuhr soll 35 k c a l / k g / K G b e t r a g e n , bei v e r m e h r t e m K a t a b o l i s m u s ist d e r K a l o r i e n b e d a r f h ö h e r . D i e E i w e i ß z u f u h r ist auf 40 g täglich zu b e s c h r ä n k e n . Praxishinweis: I n d i k a t i o n e n z u r D i a l y s e b e i m A N V sind: • Uberwässerung, u r ä m i s c h e Perikarditis, Hyperkaliämie, >200 mg/dl.

Harnstoff

Prognose: gut, abhängig von Zahl gestörter Vitalfunktionen

D i e P r o g n o s e f ü r d i e N i e r e ist in A b h ä n g i g k e i t v o n d e r U r s a c h e d e s A N V gut. E i n e v o l l s t ä n d i g e O b s t r u k t i o n v o n m e h r als 3 W o c h e n f ü h r t j e d o c h z u r irreversiblen N i e r e n s c h ä d i g u n g . D i e Ü b e r l e b e n s c h a n c e sinkt mit d e m Ausfall w e i t e rer V i t a l f u n k t i o n e n d r a m a t i s c h ab.

Chronische Niereninsuffizienz

2.2.2 Chronische Niereninsuffizienz (CNI) Eine chronische Niereninsuffizienz entsteht allmählich in Monaten bis Jahren bei fortschreitendem und irreversiblem Ausfall funktionstüchtiger Nephren. Sie kann durch alle Nierenerkrankungen und bei urologischen Erkrankungen dann entstehen, wenn diese Rückwirkungen auf die Nierenfunktion haben.

Symptome

1. laborchemisch: • Azotämie • Hyperphosphatämie/Hypokalzämie • Hyperkaliämie • Azidose • Anämie 2. klinische Symptome:

• Hypertonie • Anämie • renale Osteopathie

• Flüssigkeitsausscheidung verzögert • Trinkmenge >2,5 l/d Harnstoffausscheidung Τ • Eiweißbeschränkung: < 40 g/d

2.2.2.1 Symptome und klinisches Bild D i e l a b o r c h e m i s c h e n V e r ä n d e r u n g e n g e h e n d e n klinischen S y m p t o m e n voraus. B e i d e sind Folge d e s z u n e h m e n d e n Verlustes d e r e x k r e t o r i s c h e n u n d ink r e t o r i s c h e n N i e r e n f u n k t i o n . D i e laborchemischen Veränderungen in d i e s e m S t a d i u m sind • Azotämie: S e r u m k r e a t i n i n e r h ö h u n g a b h ä n g i g von d e r M u s k e l m a s s e , H a r n s t o f f e r h ö h u n g a b h ä n g i g v o n d e r E i w e i ß z u f u h r , Anämie, Hyperkaliämie • Hyperphosphatämie, Hypokalzämie und metabolische Azidose Mit klinischen S y m p t o m e n ist e t w a a b e i n e m Serumkreatininwert von 4 mg/dl, entsprechend einer glomerulären Filtrationsrate von 20-25 ml/min (normal: 120) zu r e c h n e n : • a r t e r i e l l e Hypertonie in ü b e r 8 0 % , renale Anämie i n f o l g e E r y t h r o p o i e t i n mangels • renale Osteopathie w e g e n d e s M a n g e l s a n D i h y d r o x y c h o l e c a l c i f e r o l (1,25 O H J - D J ) und wegen ungenügender Phosphatausscheidung und dem daraus folgenden sekundären Hyperparathyreoidismus • e i n e verzögerte Ausscheidung z u g e f ü h r t e r Flüssigkeit mit N y k t u r i e . D a s e i n g e s c h r ä n k t e A u s s c h e i d u n g s v e r m ö g e n f ü r H a r n s t o f f k a n n in d i e s e m S t a d i u m d u r c h S t e i g e r u n g d e r T r i n k m e n g e auf 2,5 1/Tag evtl. mit G a b e v o n S c h l e i f e n d i u r e t i k a im Fall d e r W a s s e r e i n l a g e r u n g u n d d e r B e s c h r ä n k u n g d e r E i w e i ß z u f u h r auf 40 g/Tag (0,6 bis 0,7 g / k g / K G ) v e r b e s s e r t w e r d e n .

Urämie

2.2.2.2 Urämie

• Symptome der Urämie ab Serumkreatinin 7-9 mg/dl

Im S t a d i u m d e r t e r m i n a l e n N i e r e n i n s u f f i z i e n z , d. h. e t w a a b e i n e m Serumkreatininwert von 7-9 mg/dl weist d e r P a t i e n t m e i s t S y m p t o m e d e r U r ä m i e auf. Urämische S y m p t o m e sind: • Leistungsabfall, Müdigkeit, Brechreiz, Übelkeit • Zeichen der Überwässerung, Thrombozytenfunktionsstörungen, Amenorrhoe, Impotenz • braunes Hautkolorit, Pruritus, erosive Gastritis • p e r i p h e r e N e u r o p a t h i e , M u s k e l k r ä m p f e , „restless legs", S o m n o l e n z , P e r i karditis

Urämiesymptome: - Leistungsabfall - Überwässerung - braunes Hautkolorit, Pruritus - Neuropathie, Somnolenz - Perikarditis u.a.

2.3 Renale Hypertonie 2.2.2.3 Progressionsfaktoren Das Fortschreiten einer chronischen Niereninsuffizienz läßt sich nachweislich verzögern durch eine kontrollierte Blutdruckeinstellung und eine frühzeitige Eiweißrestriktion auf 40 g (0,6 bis 0,7 g/kg/KG). Letzeres geschieht mit Hilfe der Diätberatung. Zusätzlich ist eine orale phosphatbindende Therapie mit Aluminiumhydroxid oder Kalziumkarbonat oder -azetat notwendig.

25 Progressionsfaktoren

Hypertonie —> Behandlung Eiweißzufuhr -> < 40 g/d Aluminiumhydroxid Kalziumkarbonat

2.2.2.4 Nierenersatztherapie

Nierenersatztherapie

Die Nierenersatztherapie bei CNI ist indiziert bei • urämischer Symptomatologie, anhaltenden Serumharnstoffspiegeln > 200 mg/dl • diätetisch nicht beherrschbarer Hyperkaliämie und Überwässerung. Die Nierenersatztherapie durch Dialyse ersetzt nur die exkretorische Nierenfunktion und das nur unvollkommen. Die chronische Hämodialyse erfordert einen geeigneten Gefäßzugang.

bei 1. urämischen Symptomen 2. Serumharnstoffspiegel >200 mg/dl 3. Hyperkaliämie (diätetisch nicht beherrschbar) 4. Überwässerung 3 Verfahren: 1. chronische Hämodialyse 3 mal wöchentlich für 4-5 Stunden

D i e „ B l u t r e i n i g u n g " , d . h . die K o r r e k t u r d e r v e r ä n d e r t e n B l u t p a r a m e t e r u n t e r Wassere n t z u g erfolgt e x t r a k o r p o r a l mit Hilfe eines Dialysators n a c h d e n Prinzipien d e r D i f f u sion, K o n v e k t i o n u n d Filtration.

Sie erfolgt diskontinuierlich 3 mal wöchentlich für 4 - 5 Stunden. Behandlungsprobleme e r g e b e n sich aus d e r i n t e r m i t t i e r e n d e n K r e i s l a u f b e l a s t u n g , der systemischen A n t i k o a g u l a t i o n . d e n G e f ä ß z u g ä n g e n u n d d e r u n g e n ü g e n d e n Elimination harnpflichtiger Substanzen mittleren Molekulargewichts.

• Für die Peritonealdialyse wird ein Plastikkatheter d a u e r h a u f t chirurgisch in die Peritonealhöhle eingelegt. Hier dient das Peritoneum als Dialysemembran. 4-5 mal werden 1,5-21 Dialysat am Tag in die Peritonealhöhe eingebracht und nach 4 - 8 Stunden wieder abgelassen. Die Behandlung erfolgt kontinuierlich und ambulant durch den Patienten ( C A P D ) . Probleme e n t s t e h e n d u r c h I n f e k t i o n e n des P e r i t o n e u m s o d e r im s u b k u t a n e n K a t h e t e r tunnel.

2. Peritonealdialyse: • kontinuierlich • Peritoneum als Dialysemembran • CAPD: moderne Form der Heimdialyse

• N u r die Nierentransplantation, die bei j e d e m Patienten unter 65 Jahren möglichst anzustreben ist, ersetzt die ex- und inkretorische Nierenfunktion.

3. Nierentransplantation • ersetzt exkretorische und inkretorische Nierenfunktion

2.3 Renale Hypertonie

Renale Hypertonie

Alle renalen H y p e r t o n i e f o r m e n gehören zu den sekundären Hypertonien: Man unterscheidet • renal parenchymatöse Hypertonie bei beidseitiger N i e r e n e r k r a n k u n g • Hochdruck bei einseitiger Nierenerkrankung einschließlich renovaskulärer Hypertonie, d. h. Nierenarterienstenose • Hypertonie nach Nierentransplantation

• renal parenchymatös • einseitige Nieren(gefäß)-Erkrankung

2.3.1 Renal parenchymatöse Hypertonie

Renal parenchymatöse Hypertonie

Ca. 3 - 5 % aller H o c h d r u c k f o r m e n und ca. 70 % der sekundären Form sind re nal parenchymatös verursacht. Jede Nierenerkrankung, die die Nierenfunkti on einschränkt, kann einen Hochdruck auslösen. Ursachen sind: • Volumenexpansion infolge renaler Natrium- und Wasserretention

• nach Transplantation

• 3 - 5 % aller Hochdruckformen

• Ursachen: - Volumen t

2. Nephrologische Erkrankungen

26

a

b

c

d

Abb. 2-2: Ursachen der Hyptertonie bei einseitigen Nierenerkrankungen, a. pyelonephritische Schrumpfniere, b. große Nierenzysten, c. Nierenarterienstenose, d. Harnstauungsniere

Gefäßwiderstand ΐ RAAS Τ

Folgen: Nephrosklerose Niereninsuffizienz

Diagnose: Nachweis einer renal-parenchymatösen Erkrankung Therapie: Blutdruckeinstellung

Hochdruck bei einseitigen Nierenerkrankungen

• erhöhter peripherer (renaler) Gefäßwiderstand • aktiviertes Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS). Die Hypertonie ihrerseits kann zur Nephrosklerose und damit zur Niereninsuffizienz führen. Darüberhinaus beschleunigt ein Bluthochdruck das Fortschreiten jeder Nierenerkrankung zur terminalen Niereninsuffizienz, besonders bei der diabetischen Nephropathie. Bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz ist es nicht mehr möglich, Nephrosklerose als Hochdruckfolge und primäre Niercnerkrankung als Hochdruckursache zu unterscheiden. Die Diagnose gründet sich auf den Nachweis einer renal-parenchymatösen Erkrankung, wie Glomerulonephritis, primäre Nephrosklerose, interstitielle Nephritis, Zystennieren, Analgetikanephropathie, diabetische Nephropathie und andere. Die Therapie folgt den Prinzipien der Hochdruckbehandlung unter bevorzugter Verwendung von Diuretika, Kalziumantagonisten und A C E - H e m m e r n .

2.3.2 Hochdruck bei einseitiger Nierenerkrankung

durch

Ursachen sind

1. pyelonephritische Schrumpfniere u.a.

• • -

2. einseitige Gefäßprozesse - Nierenarterienstenose - fibromuskuläre Dysplasie

• Praxishinweis

Ursache: RAASt

einseitige Nierenerkrankungen (Abb.2-2) pyelonephritische Schrumpfniere, Hydronephrose große (>als 6 cm) zentrale Nicrcnzystc strahlenbedingte konstriktive Perinephritis kongenitale Hypoplasie (Hypertonie selten) Gefäßprozesse der Nierenarterie oder ihrer Teiläste (Abb. 2-2) Nierenarterienstenose, selten doppelseitig bei Arteriosklerose (75 %) bei fibromuskulärer Dysplasie (25 %), Aneurysma dissecans der Aorta, Aneurysma der Nierenarterie - Embolie in das Nierenarteriensystem, Kompression der Nierenarterie (Tumor, retroperitoneale Fibrose)

Praxishinweis: Der Hochdruck bei Gefäßprozessen entsteht schnell und ist ausgeprägt, insbesondere ist der diastolische Druck erhöht (>120 mmHg). Das Ausmaß der Zielorganschäden hängt von der Dauer der Hypertonie ab und spart bei Nierengefäßprozessen die Niere selbst aus. Ursache des Hochdrucks ist ein aktiviertes Renin-Angiotensin-Aldosteron-System. Er geht mit einem sekundären Hyperaldosteronismus einher. Die Blutdrucksteigerung wird direkt durch die vasokonstriktorische Wirkung von Angiotensin II und indirekt über die vermehrte Aldosteronsekretion ausgelöst, die eine gesteigerte Natriumresorption bewirkt (Abb. 2-3).

27

2.3 Renale Hypertonie Angiotensinogen Renin Angiotensin 11 ACE Aldosteron t

Natrium- und Wasserretention

intravasales Volumen t

Angiotensin II t

Vasokonstriktion direkte Blutdrucksteigerung

indirekte Blutdrucksteigerung

Abb.2-3: Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) am Beispiel der Nierenarterienstenose. Die Hypertonie wird direkt durch die vaskokonstriktorische Angiotensin-Il-Wirkung und indirekt über eine aldosteronbedingte vermehrte Natriumrückresorption verursacht

Für die Diagnose ist die Ultraschalhmtersiichung dierten Duplexsonographie entscheidend.

kombiniert mit der farbko-

L e t z t e r e läßt nicht n u r die S t e n o s e e r k e n n e n , s o n d e r n die M i n d e r d u r c h b l u t u n g semiq u a n t i t a t i v e r f a s s e n u n d die W i d e r s t ä n d e in der N i e r e m e s s e n . D i e D u p l e x s o n o g r a p h i e e r l a u b t eine Aussage zur h ä m o d y n a m i s c h e n W i r k u n g d e r S t e n o s e . Sie hat die ü b r i g e n d i a g n o s t i s c h e n V e r f a h r e n bis auf die A n g i o g r a p h i e abgelöst.

D i e Therapie des Hochdrucks bei einseitiger N i e r e n e r k r a n k u n g ist operativ durch Korrektur oder Nephrektomie. Bei N i e r e n g e f ä ß e r k r a n k u n g e n ist die Angioplastie die Therapie der Wahl. Ggf. erfolgt eine Stentimplantation. Voraussetzung ist die Arteriographie, die in Dilatationsbereitschaft erfolgt.

• Diagnose: - Sonographie - Duplexsonographie - Angiographie • Therapie: - operativ - konservativ/medikamentös

N u r noch selten ist es n o t w e n d i g , e i n e n a o r t o r e n a l e n Bypass a n z u l e g e n .

Die Prognose ist gut, solange die gegenseitige Niere durch die Hypertonie noch nicht geschädigt ist.

2.3.3 Hochdruck nach Nierentransplantation

Hochdruck nach Transplantation

Eine Hypertonie nach Nierentransplantation entwickelt sich bei etwa 50 % der Patienten postoperativ nach 3 - 6 Monaten. Die Pathogenese ist heterogen, oft sind m e h r e r e Faktoren wirksam. D i e Hypertonie wird verursacht: • d u r c h d e n Empfänger: e i g e n e S c h r u m p f n i e r e n , aktiver R e n i n m e c h a n i s m u s • d u r c h d a s Transplantat: N i e r e n a r t e r i e n s t e n o s e des Transplantats, c h r o n i s c h e A b s t o s s u n g s r e a k t i o n , G l o m e r u l o n e p h r i t i s im T r a n s p l a n t a t

Hypertonieursache • Empfänger • Transplantat

• d u r c h die Immunsuppression: Cyclosporin

• Immunsuppression

Die Behandlung ist die gleiche wie bei renaler Hyptertonie; A C E - H e m m e r sind gefährlich. D e r operativen Korrektur der Nierenarterienstenose kann ein Angioplastieversuch vorausgehen.

Therapie • s. renale Hypertonie

Harnabflußstörungen

3. Harnabflußstörungen Η. Sommerkamp

Pathogenese

3.1 Pathogenese, Pathophysiologie Pathogenese. Die funktionelle und anatomische Integrität der oberen Harnwege ist an intakte urodynamische Verhältnisse gebunden, die den (bolusartigen) Transport des Urins vom Nierenhohlsystem in die Blase sicherstellen.

• obstruktive Uropathie, Inzidenz

Harnleiterobstruktion Erweiterung (Ektasie) des Hohlsystems

Endstadium: funktionslose Hydronephrose akute Harnstauung —> Druck Τ -» Fornixruptur

Bei angeborener oder erworbener Harntransportstörung kommt es primär zur Drucksteigerung im Hohlsystem mit morphologischen und funktionellen Folgen: „obstruktive Uropathie". Die Obstruktion kann ein- oder doppelseitig sein, akut, subakut oder chronisch, mechanisch oder funktionell, primär oder sekundär. Die Inzidenz von Harnstauungsnieren beträgt im Kindesalter rund 2 %, beim Erwachsenen etwa 4 %. Die anatomischen Auswirkungen einer Harntransportstörung manifestieren sich in einer Dilatation von Ureter und Nierenbeckenkelchsystem kranial der Obstruktionsursache. Es tritt eine Ektasie auf, die in Schweregrade unterteilt werden kann (Abb.3-1). Bei kurzzeitiger Obstruktion ist die Ektasie reversibel; bei chronischer Transportstörung tritt (durch Längenwachstum des Ureters) eine Harnleiterschlängelung und eine Nierenparenchymreduktion (Atrophie) auf. Das Endstadium ist die irreversibel geschädigte Niere (Hydronephrose). Bei akuter Harnstauung kann der Druck im Nierenbecken (Norm: 6-12 cm H 2 0 ) auf Werte ansteigen (> 80 cm Η,Ο), die zur perirenalen Urinextravasation führen (Fornixruptur). Bei doppelseitiger Obstruktion sind Rückwirkungen auf die Homöostase des Organismus (N- und Wasserbilanz, Elektrolyte) die Folge.

29

3.2 Diagnostik Pathophysiologic

Pathophysiologic. D i e V e r l e g u n g eines Harnleiters h a t e i n e R e i h e von K o n s e q u e n z e n f ü r die N i e r e , d i e sich auf d e r e n D r u c k - u n d Z i r k u l a t i o n s v e r h ä l t n i s se, auf d e n M e t a b o l i s m u s u n d d i e N i e r e n l e i s t u n g a u s w i r k e n . Primäres P h ä n o m e n ist der A n s t i e g des Drucks im H o h l s y s t e m . D i e s e r h a t e i n e R e i h e f u n k t i o n e l l e r u n d m o r p h o l o g i s c h e r Folgen. In d e r I n i t i a l p h a s e d e r O b s t r u k t i o n steigt d i e N i e r e n d u r c h b l u t u n g d u r c h W e i t s t e l l u n g d e s Vas a f f e r e n s u m ca. 25 % an; n a c h e i n i g e n S t u n d e n g e h t diese P h a s e u n t e r R ü c k g a n g d e r D r u c k e r h ö h u n g in e i n e V a s o k o n s t r i k t i o n d e r p r ä g l o m e r u l ä r e n K a p i l l a r e n ü b e r . B e r e i t s w e n i g e S t u n d e n n a c h k o m p l e t t e r U r e t e r l i g a t u r sind g r ö ß e r e N i e r e n p a r e n c h y m a r e a l e nicht m e h r d u r c h b l u t e t . D i e s g e h t m i t e i n e r V e r m i n d e r u n g d e r g l o m e r u l ä r e n F i l t r a t i o n s r a t e auf die H ä l f t e o d e r w e n i g e r e i n h e r . E i n e c h r o n i s c h e O b s t r u k tion f ü h r t a u c h zu d i s t a l - t u b u l ä r e n S c h ä d e n mit H e r a b s e t z u n g des K o n z e n t r a t i o n s v e r m ö g e n s . Bei c h r o n i s c h e r S t a u u n g k o m m t es langfristig z u r N i e r e n g e w e b s a t r o p h i e , d. h. z u r h y d r o n e p h r o t i s c h e n S c h r u m p f n i e r e . Bei doppelseitiger Abflußstörung ist e i n e R e t e n t i o n h a r n p f l i c h t i g e r S u b s t a n z e n die Folge. E s resultiert e i n e A z o t ä m i e , Wasser- u n d E l e k t r o l y t r e t e n t i o n u n d e i n e m e t a b o l i s c h e A z i d o s e . E i n e sog. p o s t r e n a l e A n u r i e bei k o m p l e t t e r H a r n l e i t e r v e r l e g u n g ( b e i d s e i t s o d e r bei E i n n i e r i g k e i t ) f ü h r t d u r c h H y p e r k a l i ä m i e u n d Ü b e r w ä s s e r u n g rasch zu e i n e r b e d r o h l i c h e n klinischen S i t u a t i o n , die unverzüglich e n t l a s t e n d e M a ß n a h m e n e r f o r d e r n . N a c h E n t l a s t u n g b e o b a c h t e t m a n m e i s t eine sog. p o s t o b s t r u k t i v e D i u r e s e mit A u s s c h e i d u n g g r o ß e r H a r n v o l u m i n a (bis 20 1/die u n d m e h r ) als A u s d r u c k e i n e r r e n a l e n S c h ä d i g u n g .

- chronische Stauung hydronephrotische Schrumpfniere

3.2 Diagnostik

Diagnostik

D i e Ultraschalluntersuchung d e r o b e r e n H a r n w e g e ist die M e t h o d e der Wahl z u r D i a g n o s t i k von H a r n a b f l u ß s t ö r u n g e n (s. A b s c h n . 5.3.1, S.55): • B e s t i m m u n g d e s Durchmessers von Nierenbecken, Kelchen und Kelchhälsen • Vermessung des Parenchymmantels, bedeutungsvoll für Befund und Verlauf ( A b b . 3-2).

1. einseitige Abflußstörung • Druckanstieg, Folgen: - Ischämie - glomeruläre Funktion i - tubuläre Funktion I - Gewebsatrophie

2. doppelseitige Abflußstörung: • Azotämie • Wasser- u. Elektrolytretention • metabolische Azidose • ggf. postrenale Anurie (Notfall!) Entlastungspolyurie: cave: Elektrolytstörung!

1. Sonographie

D e r H a r n l e i t e r ist n o r m a l e r w e i s e s o n o g r a p h i s c h nicht d a r z u s t e l l e n ; e r k a n n jed o c h bei D i l a t a t i o n im o b e r e n D r i t t e l e r k a n n t w e r d e n .

• Harnleiter nur bei Erweiterung darstellbar

Röntgenuntersuchung. I n t r a v e n ö s injizierte K o n t r a s t m i t t e l w e r d e n bei H a r n a b f l u ß s t ö r u n g e n infolge d e r h e r a b g e s e t z t e n D u r c h b l u t u n g u n d g l o m e r u l ä r e n

2. Röntgenuntersuchung

Abb.3-2: Ultraschallbild bei Harnstauung (Emmett II). Erweiterung des Nierenbeckens (NB) und Verplumpung der Kelche (K)

30 a) Ausscheidungsurogramm (AUG): - bei Obstruktion verzögerte, schwache Kontrastierung - vollständige Ureterkontrastierung (prävesikaler Stein) - verplumpte Kelche, Pyelektasie chronische Harnstauung

• AUG-Nachteil: - bei Niereninsuffizienz (Kreatinin > 1,5 mg/100 ml) begrenzte Aussage

3. H a r n a b f l u ß s t ö r u n g e n Filtration verzögert ausgeschieden. D a s A u s s c h e i d u n g s u r o g r a m m ( A U G ) zeigt d a h e r eine/Zauere Kontrastanreicherimg und eine zeitlich verzögerte Kontrastierung. O f t sind sog. Spätaufnahmen (1-24 Std. nach I n j e k t i o n ) angezeigt, um eine B e w e r t u n g des U r o g r a m m s zu ermöglichen. D i s k r e t e A b f l u ß b e h i n d e rungen (Beispiel: kleiner prävesikaler U r e t e r s t e i n ) zeigen sich oft nur in einer vollständigen Kontrastierung des U r e t e r s in ganzer Länge. E i n e ausgeprägtere o d e r länger b e s t e h e n d e H a r n s t a u u n g d o k u m e n t i e r t sich in v e r p l u m p t e n Kelchen, erweiterten Kelchhälsen und eine Pyelektasie (Abb. 3-3). • Nachteil: Bei eingeschränkter N i e r e n f u n k t i o n ( S e r u m k r e a t i n i n > 1 , 5 m g % ) ist von der A U G nur eine b e g r e n z t e diagnostische Aussage zu e r w a r t e n und

Abb.3-3: Ausscheidungsurogramm bei subvesikaler Obstruktion. Hochgradige Dilatation der Nierenhohlsysteme und Schlängelung der Ureteren.

31

3.3 Klinik a n d e r e U n t e r s u c h u n g s m e t h o d e n vorzuziehen. H i e r ist die retrograde Pyelographie sinnvoll (s. Abschn.5.5.1.3, S.74). D i e Lokalisation einer O b s t r u k t i o n , A u s d e h n u n g und U r s a c h e kann auf diese Weise definiert w e r d e n . In b e s o n d e r s gelagerten Fällen k a n n auch eine antegrade Pyelographie (s.Abschn.5.3.2.6, S.63) indiziert sein z.B. bei U n m ö g l i c h k e i t der r e t r o g r a d e n S o n d i e r u n g (Abb. 3-4). Nuklearmedizinische Diagnostik. Wichtigste U n t e r s u c h u n g e n zur E r k e n n u n g von H a r n a b f l u ß s t ö r u n g e n sind die Isotopennephrographie (ING) und die Nierensequenzszintigraphie. Sie e r l a u b e n (bei geringer Strahlenbelastung) die D i a g n o s e und Q u a n t i f i z i e r u n g einer O b s t r u k t i o n (s. Abschn. 5.6.1.1, S.80). • Bei d e r Isotopennephrographie wird eine radioaktiv m a r k i e r t e Substanz ( 9 9 m T c - M A G 3 ) intravenös injiziert und die renale V e r a r b e i t u n g des Isotops ( A n f l u t u n g , Sekretion, A b f l u ß ) ü b e r 2 dorsal positionierte Z ä h l k a m m e r n ( G a m m a - K a m e r a ) gemessen. E i n e gesunde Niere scheidet die Aktivität innerhalb von 5 - 1 5 min aus. Bei A b f l u ß s t ö r u n g ist die renale Elimination verzögert, es zeichnet sich ein „Stauungstyp" der Kurve ab mit Verlängerung der Halbwertszeit. • Die Sequenzszintigraphie (mit l 3 , J - H i p p u r a n o d e r W m T c - M A G 3 ) ermöglicht die bildliche Darstellung funktionstüchtiger bzw. -gestörter P a r e n c h y m abschnitte. Nach Injektion von Furosemid wird die sog. Auswaschphase beschleunigt. Bei signifikanter O b s t r u k t i o n ist dies nicht der Fall. Es bildet sich ein p l a t e a u f ö r m i g e r Kurvenverlauf im I N G aus (s. A b b . 5-30). Interventionelle Diagnostik. D e r Nachweis bzw. die Lokalisation einer O b struktion kann in ausgewählten Fällen über einen direkten Z u g a n g zum Nierenhohlsystem angezeigt sein. Nach p e r k u t a n e r N e p h r o s t o m i e (s.u.) kann nach Kontrastmittelinjektion die H a r n l e i t e r a n a t o m i e und d e r O r t der O b struktion röntgenologisch dargestellt w e r d e n . A n d e r e r s e i t s weist eine M a n o metrie des Hohlsystems eine A b f l u ß b e h i n d e r u n g nach, wenn Druck-FlußKurven pathologisch verlaufen.

b) retrograde Pyelographie: • direktes Einbringen von Kontrastmittel in den Harnleiter —> Lokalisation und Ausdehnung der Obstruktion c) antegrades Pyelogramm: • perkutane Nierenbeckenpunktion KM -> Lokalisation und Ausdehnung der Obstruktion • Indikation: retrograde Sondierung gelingt nicht 3. nuklearmedizinische Untersuchung • ermöglicht die Diagnosesicherung und Quantifizierung einer Obstruktion a) ING: • quantifiziert Ausscheidungsfunktion der Niere

b) Sequenzszintigraphie: • Darstellung pathologischer - Organabschnitte - Funktion (Auswaschphase)

3. interventionelle Diagnostik: perkutane Nephrostomie • Kontrastfüllung • Druckmessung

3.3 Klinik

Klinik

Symptomatik. A k u t e o d e r chronische A b f l u ß s t ö r u n g e n sind in ihrer klinischen A u s p r ä g u n g sehr verschieden.

• Symptome nicht immer eindeutig

• Bei akuter O b s t r u k t i o n (häufigste Ursache: H a r n l e i t e r s t e i n ) steht die sog. Nierenkolik im Vordergrund. D e r a k u t e D r u c k a n s t i e g im Hohlsystem löst starke Schmerzen im Nierenlager aus, begleitet von Übelkeit, Erbrechen und kollapsartigem Zustand (Vagusreflex). Ausstrahlende Schmerzen in R ü c k e n o d e r U n t e r b a u c h bzw. G e n i t a l e sind - je nach O b struktionslokalisation - üblich. N a c h einigen Tagen tritt oft eine Dermatome mit Meteorismus hinzu. • Bei chronischer H a r n s t a u u n g (Beispiel: a n g e b o r e n e subpelvine Stenose) fehlen S y m p t o m e oft völlig. Allenfalls sind M i ß e m p f i n d u n g e n im N i e r e n l a g e r bei v e r s t ä r k t e r Flüssigkeitsbelastung o d e r körperlicher B e a n s p r u c h u n g vorhanden. Die häufigsten Ursachen einer H a r n w e g s o b s t r u k t i o n sind: • angeboren: subpelvine Stenose, r e t r o k a v a l e r U r e t e r , obstruktiver M e g a u r e ter, U r e t e r o z e l e , dystope M ü n d u n g , s e k u n d ä r bei vesikaler o d e r subvesikaler Ursache • erworben: Harnstein, traumatisch (postoperativ), Tumorinfiltration (Blase, Prostata), Kompression ( L y m p h k n o t e n , Gravidität, r e t r o p e r i t o n e a l e Fibrose), U r e t e r - / N i e r e n b e c k e n t u m o r , radiogene, tuberkulöse Striktur.

1. akute Harnstauung —> „Nierenkolik"

2. chronische Harnstauung: • meist asymptomatisch

• • -

angeboren subpelvine Stenose retrokavaler Ureter Megaureter u.a. erworben Harnstein traumatisch Tumor u.a.

3. Harnabflußstörungen

32 Fallbeispiele 1. angeborene subpelvine Stenose

Häufige Obstruktionssyndrome sind (Fallbeispiele): • angeborene subpelvine Stenose (Abb. 3-5)

• • -

E i n e O b s t r u k t i o n im p y e l o u r e t e r a l e n H a r n l e i t e r a b s c h n i t t ist im Kindesalter die häufigste U r s a c h e e i n e r H a r n s t a u u n g s n i e r e u n d in 2 0 % doppelseitig. Pathologisch-anatomisch findet m a n e i n e abnorme Muskelstruktur mit e r h ö h t e m i n t e r z e l l u l ä r e m Kollagen im S t e n o s e a b s c h n i t t , sowie ein d e n H a r n l e i t e r k r e u z e n d e s akzessorisches Gefäßbündel in 3 0 - 4 0 % . D a s N i e r e n b e c k e n ist meist weitgestellt, die K e l c h e balloniert mit P a r e n c h y m a u s d ü n n u n g , je n a c h A u s m a ß d e r A t r o p h i e . Die Diagnose läßt sich meist b e r e i t s sonographisch stellen; sie wird d u r c h AUG (oft S p ä t a u f n a h m e n e r f o r d e r l i c h ! ) u n d retrograde Pyelographie gesichert. Klinisch ist das K r a n k h e i t s b i l d h ä u f i g a s y m p t o m a tisch, e i n e u n b e m e r k t s c h l e i c h e n d e N i e r e n a t r o p h i e bis zur f u n k t i o n s l o s e n H y d r o n e p h r o s e häufig. I n f e k t e t r e t e n bei d e r H ä l f t e d e r P a t i e n t e n auf. F l a n k e n s c h m e r z , H ä m a t u r i e , S t e i n b i l d u n g u n d H y p e r t o n i e sind w e i t e r e E r s c h e i n u n g e n .

häufig: Kindesalter Pathologie: abnorme Muskelstruktur kreuzendes Gefäßbündel

• Diagnostik: Sonographie, AUG, retrogr. Pyelographie

2. akute Harnstauungsniere bei Steinverschluß

• akute Harnstauungsniere bei Steinverschluß (Abb. 3-6) E i n e a k u t e O b s t r u k t i o n d u r c h e i n e n o k k l u d i e r e n d e n H a r n l e i t e r s t e i n läßt sich mittels Ultraschall bereits bei g e r i n g e r A u s p r ä g u n g e r k e n n e n ( E m m e t t I - I I ) . D a s A U G ist

Abb.3-5: Hochgradige Harnstauungsniere bei subpelviner Stenose (Ureterabgangsstenose) rechts. Ballonierung des Hohlsystems bei fehlender Ureterdarstellung

Abb.3-6: Ausscheidungsurogramm bei linksseitigem Ureterstein, a. Leeraufnahme: kalkdichte Verschattung zwischen dem 3. und 4.Wirbelkörperquerfortsatz der LWS, b. nach Kontrastmittelapplikation: Harnstauung links mit Abbruch der Harnleiterkontrastierung am Ort des Steinsitzes

33

3.4 Therapie und Folgezustände durch eine verzögerte K o n t r a s t a n r e i c h e r u n g gekennzeichnet, sowie durch eine Dilatation des Harnleiters bis zur Position des Steins. Auch kleinste K o n k r e m e n t e (1-2 mm D u r c h m e s s e r ) k ö n n e n , besonders bei o s t i u m n a h e m Sitz, beträchtliche A b f l u ß s t ö r u n gen h e r v o r r u f e n . Fornixrupturen mit perirenaler Extravasation von kontrastiertem H a r n sind bei U r o g r a p h i e n im Status colicus häufig. In diesem Stadium sollte sich die Diagnostik auf eine L e e r a u f n a h m e und eine Sonographie b e s c h r ä n k e n .

• doppelseitige Harnstauungsnieren bei v e s i k a l e r / s u b v e s i k a l e r O b s t r u k t i o n

3. doppelseitige Harnstauungsnieren

Eine bilaterale obstruktive U r o p a t h i e ist meist ein sich schleichend entwickelndes Krankheitsbild, das bei benigner Prostatahyperplasie (Stadium III), infiltrierend wachsenden K a r z i n o m e n von Blase, Prostata o d e r der weiblichen Geschlechtsorgane in Erscheinung tritt. Eine akute bilaterale Stauung wird nicht selten im G e f o l g e beckenchirurgischer Eingriffe ( H y s t e r e k t o m i e , R e k t u m a m p u t a t i o n ) gesehen. Die Diagnose wird sonographisch o d e r röntgenologisch ( A U G , retrogrades P y c l o g r a m m ) gestellt. Die (oft notfallmäßig erforderliche) Entlastung durch N e p h r o s t o m i e o d e r E n d o k a t h e t e r sollte an der funktionell besseren Niere v o r g e n o m m e n werden. Zu dieser Entscheid u n g s f i n d u n g tragen Sonographie (Parcnchymdicke). U r o g r a p h i e (Seite der besseren Kontrastierung) und evtl. die seitengetrennte Isotopen-Clearance bei. D a s A u s m a ß d e r A z o t ä m i e ist zu ermitteln und von B e d e u t u n g für die Wahl des Diagnostikverfahrens.

3.4 Therapie und Folgezustände

Therapie

Therapie. D i e r a s c h e u n d w i r k s a m e B e s e i t i g u n g e i n e r H a r n w e g s o b s t r u k t i o n ist f ü r die E r h a l t u n g d e r N i e r e n f u n k t i o n v o n g r ö ß t e r B e d e u t u n g . D a b e i wird d a s V o r g e h e n v o n G e s i c h t s p u n k t e n b e e i n f l u ß t , d i e sich aus d e r Ä t i o l o g i e d e r O b s t r u k t i o n , d e r D r i n g l i c h k e i t , d e m Z u s t a n d des P a t i e n t e n u n d d e r A k z e p t a n z des T h e r a p i e v o r s c h l a g s e r g e b e n . W i r u n t e r s c h e i d e n zwischen Notfallmaßnahmen ( z . B . bei p o s t r e n a l e r A n u r i e ) , Interimslösungen u n d definitiven Maßnahmen. N o t f a l l m a ß n a h m e n bei akuter Obstruktion sind: • retrograde Harnleiterschienung ( E n d o k a t h e t e r , K a t h e t e r ) u n d perkutane N e p h r o s t o m i e .

Splint,

Doppel-J-

D u r c h d i e s e i n t e r v e n t i o n e l l e n E i n g r i f f e lassen sich d i e S y m p t o m e d e r a k u t e n S t a u u n g s n i e r e sofort b e h e b e n , die n e g a t i v e n A u s w i r k u n g e n auf die N i e r e anh a l t e n , u n d die e n d g ü l t i g e n M a ß n a h m e n p l a n e n . D i e V e r f a h r e n w e r d e n a u c h als Interimslösungen a n g e w a n d t , w e n n Z e i t bis z u r d e f i n i t i v e n K o r r e k t u r g e w o n n e n w e r d e n soll. So k a n n eine N e p h r o s t o m i e d a z u d i e n e n , die E r h o l u n g s f ä h i g k e i t e i n e r g e s t a u t e n N i e r e v o r e i n e r o r g a n e r h a l t e n d e n O p e r a t i o n zu p r ü f e n , o d e r z . B . die R e k o n s t r u k t i o n e i n e r U r e t e r l ä s i o n im B e c k e n auf e i n e n o p t i m a l e n Z e i t p u n k t zu v e r s c h i e b e n . E i n e N i e r e n i n s u f f i z i e n z d u r c h b i l a t e r a l e H a r n s t a u u n g e r f o r d e r t eine W i e d e r h e r s t e l l u n g d e r H o m ö o s t a s e v o r o p e r a t i v e n o d e r i n s t r u m e n t e l l e n E i n g r i f f e n in N a r k o s e . Bei vesik a l e r o d e r s u b v e s i k a l e r U r s a c h e (Beispiel: Ü b e r l a u f b l a s e bei B P H ) ist in d e r Regel eine Blasenentlastung durch einen suprapubischen oder transurethralen K a t h e t e r angezeigt. Definitive Eingriffe sind in d e r R e g e l o p e r a t i v e r N a t u r , wie: N i e r e n b e c k e n p l a stik, U r e t e r o z y s t o n e o s t o m i e o d e r U r e t e r o l y s e (s. A b s c h n . 17.3.2, S. 293). Folgezustände. E i n e u n b e h a n d e l t e c h r o n i s c h e H a r n s t a u u n g f ü h r t z u r hydronephrotischen Atrophie d e r b e t r o f f e n e n N i e r e . K o r r i g i e r e n d e o p e r a t i v e E i n griffe erreichen meist keine wesentliche R e k o m p e n s a t i o n der Nierenleis t u n g . Bei D o p p e l s e i t i g k e i t r e s u l t i e r t e i n e g l o b a l e N i e r e n i n s u f f i z i e n z . Ein Hypertonus ist bei c h r o n i s c h o b s t r u k t i v e r U r o p a t h i e e h e r d i e A u s n a h m e , bei a k u t e r S t a u u n g h ä u f i g . Infektionen d e r o b e r e n H a r n w e g e t r e t e n bei O b s t r u k -

• schnelle Beseitigung der Obstruktion als - Notfallmaßnahme - Interimslösung - definitive Behandlung

1. Notfallmaßnahmen bei akuter Obstruktion

2. Interimslösung vor definitiver Therapie • Nephrostomie • Katheter

3. definitive Behandlung • Operation Folgezustände • hydronephrotische Atrophie • Hypertonus • Infektion

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• Pyonephrose

• Urosepsis

3. Harnabflußstörungen tion prinzipiell nicht häufiger auf als bei Gesunden, sind jedoch bei unkorrigierter Abflußbehinderung therapeutisch schwerer zu beeinflussen. Bei subpelviner Stenose muß in rund 15 % mit dem Auftreten eines Infekts gerechnet werden. Das Krankheitsbild einer Pyonephrose entsteht bei Ansammlung infizierten Urins in einer (chronischen) Stauungsniere. Ein bedrohliches Krankheitsbild kann sich entwickeln, wenn bei akuter Harnstauung mit Infekt eine hämatogene Keimstreuung auftritt. Es resultiert eine Urosepsis, meist mit gramnegativen Keimen, die eine hohe Letalitätsrate hat (septischer Schock).

4. Leitsymptome urologischer Erkrankungen U.

L e i t s y m p t o m e urologischer Erkrankungen

Wetterauer

L e i t s y m p t o m e , die auf E r k r a n k u n g e n d e r N i e r e n u n d a b l e i t e n d e n H a r n w e g e h i n w e i s e n , sind: • v e r ä n d e r t e H a r n m e n g e u n d -qualität: Anurie, Oligurie, Polyurie • Hämaturie: M i k r o h ä m a t u r i e , M i k r o h ä m a t u r i e • Schmerz: Dehnungsschinerz parenchymatöser Organe, akute Abflußbehinderung aus H o h l o r g a n e n • Miktionsstörungen u n d urethraler Ausfluß • S y m p t o m e aus d e m Sexualbereich: Hämospermie, Ejakulationsstörungen, erektile Dysfunktion. Wichtig f ü r e i n e richtige D i a g n o s e s t e l l u n g ist e i n e r s e i t s die Fähigkeit d e s Pat i e n t e n , seine S y m p t o m e zu b e s c h r e i b e n u n d a n d e r e r s e i t s die k o r r e k t e Interpretation und Z u o r d n u n g derselben durch den Arzt.

4.1 Veränderung der Harnmenge und -qualität Ein g e s u n d e r M e n s c h s c h e i d e t täglich e t w a 1,5 1 H a r n aus. U n t e r s c h i e d l i c h e T r i n k g e w o h n h e i t e n sowie K ö r p e r - u n d U m g e b u n g s t e m p e r a t u r b e d i n g e n jedoch eine große Schwankungsbreite. Pathologische A b w e i c h u n g e n sind: • Anurie: U r i n p r o d u k t i o n < 100 ml/24 h, Oligurie: U r i n p r o d u k t i o n < 500 ml/24 h o d e r < 20 ml/h. Polyurie: U r i n p r o d u k t i o n > 4000 ml/24 h D i e h ä u f i g s t e u r o l o g i s c h e Ursache f ü r e i n e A n u r i e u n d O l i g u r i e ist die obstruktive Uropathie ( p o s t r e n a l e A n u r i e / O l i g u r i e ) . D i e O b s t r u k t i o n k a n n sup r a v e s i k a l ( s . A b b . 3-2, S.29), vesikal o d e r i n f r a v e s i k a l lokalisiert sein. S o w o h l m e c h a n i s c h e ( z . B . e i n g e k l e m m t e r H a r n l e i t e r s t e i n bei E i n z e l n i e r e ) als a u c h funktionelle A b f l u ß b e h i n d e r u n g e n (z.B. neurogene Blasenentleerungsstörung) können eine obstruktive Uropathie bedingen. Weitere Ursachen für e i n e 0 1 i g o - / A n u r i e sind S t ö r u n g e n d e s E l e k t r o l y t - u n d W a s s e r h a u s h a l t e s , die t e r m i n a l e N i e r e n i n s u f f i z i e n z (s. A b s c h n . 2 . 2 , S. 22) u n d S c h o c k z u s t ä n d e (septisch, h y p o v o l ä m i s c h . h ä m o r r h a g i s c h etc.). E i n e Polyurie tritt h ä u f i g n a c h e i n e r B e s e i t i g u n g v o n S t a u u n g s z u s t ä n d e n (ζ. B. E n t l a s t u n g d u r c h K a t h e t e r o d e r N i e r e n f i s t e l u n g ) auf. D i e Harnschau ( U r o s k o p i e ) ist e i n e d e r ä l t e s t e n ä r z t l i c h e n U n t e r s u c h u n g s m e t h o d e n . D i e U r i n f a r b e u n d - b e s c h a f f e n h e i t k a n n R ü c k s c h l ü s s e auf K r a n k h e i t e n zulassen: • D e r frisch e n t l e e r t e U r i n ist hell- bis dunkelgelb u n d klar. D i e F a r b e ist abh ä n g i g v o m H y d r a t a t i o n s z u s t a n d u n d von d e r K o n z e n t r a t i o n s f ä h i g k e i t d e r Nieren. • In d e r Kälte fallen d i e in g e s ä t t i g t e r L ö s u n g v o r h a n d e n e n Salze a u s u n d trüben den Urin (Ziegelmehl). • B a k t e r i e n f ü h r e n zu e i n e r H a r n z e r s e t z u n g u n d k ö n n e n e i n e n Geruch n a c h A m m o n i a k o d e r d e n t y p i s c h e n G e r u c h infizierten U r i n s b e d i n g e n .

• • • • •

Hämaturie Schmerz Miktionsstörungen veränderte Urinausscheidung Sexualstörungen

1. Harnmenge, -qualität

• tägliche Harnmenge ca. 1,5 I

• Anurie, Oligurie, Polyurie

Mittelstrahlurin

• Praxishinweis: fraktionierte Urinpro' ben zur Lokalisationsdiagnostik

2. Frauen: ggf. Einmalkatheter

Bei pathologischem Befund sollte daher, insbesondere für bakteriologische Untersuchungen, der Urin durch steriles E i n m a l k a t h e t e r i s i e r e n o d e r in b e s o n d e r e n Fällen durch suprapubische Blasenpunktion g e w o n n e n werden.

Bei Kleinkindern k a n n d e r U r i n n a c h D e s i n f e k t i o n d e s g e s a m t e n ä u ß e r e n G e n i t a l e s in aufklebbaren Plastikbeuteln aufgefangen werden. Alternativ kann m i t e t w a s G e d u l d d u r c h manuelles Beklopfen d e s U n t e r b a u c h e s bei g e f ü l l t e r B l a s e eine M i k t i o n ausgelöst w e r d e n o d e r a u s n a h m s w e i s e d e r U r i n d u r c h suprapubische Blasenpunktion gewonnen werden. Suprapubische Blasenpunktion: Die Punktion sollte nur bei möglichst prall gefüllter Harnblase erfolgen. Technik: Nach H a u t d e s i n f e k t i o n wird die Blase in R ü c k e n l a g e des Patienten ca. 2 cm kranial der Symphyse in der Mittellinie punktiert. Die sonographische Lokalisation und Füllungsbestimmung der Blase ist hilfreich. Kontraindikationen:

3. Kinder: • aufklebbare Plastikbeutel • suprapubische Punktion

50

5. Urologische Diagnostik

Hauptmenge Blasenurin

10-15 ml 1. Glas

2. Glas

10-30 ml Ausstrich

3. Glas

Abb. 5-3: Dreigläserprobe. Die fraktionierte m i k r o s k o p i s c h e u n d ggf. kulturelle U n t e r s u c h u n g des Urins u n d des Prostataexprimats e r m ö g l i c h t Rückschlüsse auf den U r s p r u n g s o r t p a t h o l o g i s c h e r Veränderungen

Die Punktion sollte nicht d u r c h g e f ü h r t werden bei Gravidität, G e r i n n u n g s s t ö r u n g , Tum o r im Punktionsgebiet o d e r nach a u s g e d e h n t e n U n t e r b a u c h o p e r a t i o n e n . 24-Std. Urin: • Kreatinin-Clearance • Steinabklärung • Endokrinologie • Proteinurie

24-Std.-Urin. Die quantitative Bestimmung von Substanzen im Sammelurin dient neben der Berechnung der endogenen Kreatinin-Clearance zur Abklärung einer lithogenen Stoffwechsellage, ζ. B. Hyperparathyreoidismus, speziellen endokrinologischen Fragestellungen (Katecholamine, Ketosteroide, Harnzucker) oder einer Proteinurie.

Urinuntersuchung

5.2.2 Urinuntersuchung

1. makroskopische Untersuchung

5.2.2.1 Makroskopie, spezifisches Gewicht

• sichtbare Hämaturie: > 2 m l Blut/I Urin • Medikamente • Lebensmittelfarbstoffe

. spezifisches Gewicht 1001-1030 Aufschluß über Nierenfunktion Methode: Urometer Teststreifen

Makroskopisch erkennbare Verfärbungen des Urins lassen bereits Rückschlüsse auf Erkrankungen zu. So ist eine Makrohämaturie bereits ab 2 ml Blut/1 Urin erkennbar. Eine Verfärbung des Urins kann auch durch Medikamente (u.a. Aminopyrin, Ceftriaxon, Chinin, Chloroquin, Eisensorbit, Levodopa, Metronidazol, Nitrofurantoin, Phenacetin, Phenytoin, Rifampicin, Sulfonamide, Triamteren) und natürliche oder künstliche Nahrungsmittelfarbstoffe hervorgerufen werden. Das spezifische Gewicht des Urins (Norm 1001-1030) erlaubt unter Berücksichtigung der Trinkmenge eine Aussage über die Konzentrationsfähigkeit und damit über die Funktionstüchtigkeit der Nieren z.B. bei Niereninsuffizienz oder Diabetes insipidus (Glukosurie oder Röntgenkontrastmittel erhöhen das spezifische Gewicht unabhängig von der Nierenfunktion). Die Bestimmung ist mit einem Urometer oder Teststreifen möglich.

5.2 Laboruntersuchungen

51

5.2.2.2 Chemische und bakteriologische Untersuchungen • D e r pH-Wert des Urins kann beim gesunden Menschen nahrungsabhängig in weiten G r e n z e n schwanken (4,5-8). Urin, der vor der Untersuchung lange gestanden hat, kann durch bakterielle Besiedelung alkalisch werden. D e r pHWert frisch gewonnenen Urins läßt Rückschlüsse auf eine evtl. bestehende Harnsteindiathese, Infektion mit harnstoffspaltenden Bakterien oder eine renale tubuläre Azidose zu.

3. • -

• Eiweiß. O b ein Molekül glomerular filtriert wird, richtet sich nach seiner G r ö ß e , Ladung und Konfiguration. Moleküle mit einem effektiven Radius von m e h r als 2 nm werden zurückgehalten. Dieser Radius entspricht etwa einem relativen Molekulargewicht von 40000 Dalton.

4. Eiweiß

Pathologisch ist eine Proteinurie von mehr als 150 mg im 24-Std.-Urin. Nach immunchemischer Differenzierung unterteilt man die Proteinurie klinisch: selektiv-glomerulär, nicht selektiv-glomerulär, tubulär, nicht tubulär, Bence-Jones-Proteine (Plasmozytom). Die Proteinurie kann auch durch M e d i k a m e n t e und Fieber verursacht sein.

pH-Wert nur in frischem Urin bestimmen Harnsteindiathese? Infektion? RTA?

• Proteinurie

Vereinfachend kann auf die 24-Std.-Sammelperiode verzichtet werden: f ü r den Quotienten aus Protein und Kreatinin im Morgenurin besteht eine gute Korrelation mit der Proteinausscheidung im 24-Std.-Sammelurin (Norm 0,2 mg Protein pro mg Kreatinin). Eine durch Teststreifen nachweisbare Mikroproteinurie dient zur Früherkennung einer diabetischen Nephropathie und bestimmter Gestoseformen.

• quantitative Beurteilung der Proteinurie auch im Morgenurin: - Quotient aus Protein und Kreatinin

• Glukose. Die physiologische Glukoseausscheidung im Urin liegt unter der Nachweisgrenze gängiger Bestimmungsverfahren. Schwangerschaft, Diabetes mellitus, Nebennierenhyperplasie und renale Schädigungen k ö n n e n Ursache einer Glukosurie sein.

5. Glukose • Glukosurie

• Mikroproteinurie bei diabetischer Nephropathie

Die Einnahme größerer Mengen von Ascorhinsäure, Azetylsalizylsäure oder Cephalosporinen kann bei der Teststreifenuntersuchung falsch-positive Ergebnisse hervorru• Nitrit, Granulozytenesterase, Eintauchnährböden (Urinkultur). D e r Nachweis von Harnwegsinfekten durch Teststreifen (Nitrit, Granulozytenesterase) sollte die mikroskopische Sedimentuntersuchung und Urinkultur nicht ersetDie Urinkultur dient der Bestimmung der Keimzahl pro ml Urin, wobei die Grenzwerte abhängig von der Art der Urinprobengewinnung sind (Mittelstrahl-, Katheter- oder Punktionsurin). Insbesondere bei Patienten mit rezidivierenden oder persistierenden Harnwegsinfekten, Niereninsuffizienz oder Medikamentenallergie sollte eine Keimidentifizierung durch Bakterienkultur mit Resistenzbestimmung (Antibiogramm) folgen.

6. Diagnose von Harnwegsinfektionen • Teststreifen • Sedimentuntersuchung Urinkultur frischer Urin!

Für die Urinkultur ist die frische Verarbeitung des Urins wichtig, da sich die Keimzahl im Urin in weniger als I Stunde verdoppeln kann. Praxishinweis: Das pathologische Ergebnis einer Urinkultur sollte nur in Verbindung mit zusätzlichen U r i n b e f u n d e n (Leukozyturie, fakultativ Nitrit) bewertet werden, denn ein Keimnachweis ohne Leukozyturie geht meist auf eine Verunreinigung zurück. Ist umgekehrt bei einer Leukozyturie zunächst kein Keimnachweis zu erbringen, so kann dies neben infektiösen (schwer anzüchtbare Keime s.u.) und nicht-infektiösen Ursachen (z.B. transurethrale Resektion) auch an einem vom Patienten oft nicht angegebenen Selbstbehandlungsversuch liegen.

Praxishinweis: Keimnachweis ohne Leukozyturie = Verunreinigung?

• Leukozyturie ohne Keimnachweis: - weitere Abklärung

52

5. U r o l o g i s c h e Diagnostik

7. Hb, Bilirubin • Hämoglobinurie * Mikrohämaturie! • Bilirubin, Urobilinogen Leber-

schädigung

• H ä m o g l o b i n , Bilirubin. D u r c h T e s t s t r e i f e n n a c h g e w i e s e n e s H ä m o g l o b i n o d e r M y o g l o b i n ist nicht mit e i n e r H ä m a t u r i e (= E r y t h r o z y t u r i e ) gleichzusetzen u n d b e d a r f d e r m i k r o s k o p i s c h e n K o n t r o l l e . D e r N a c h w e i s v o n B i l i r u b i n o d e r Urobilinogen läßt R ü c k s c h l ü s s e auf die A r t e i n e r L e b e r s c h ä d i g u n g zu.

Mikroskopische Urinuntersuchung

5.2.2.3 M i k r o s k o p i e

• Sediment

Trotz i h r e r g r o ß e n d i a g n o s t i s c h e n B e d e u t u n g ist die m i k r o s k o p i s c h e U n t e r s u c h u n g d e s U r i n s e d i m e n t s n u r wenig standardisiert.

• alternativ frischer Nativurin (Pha

senkontrastmikroskop)

Erythro-, Leukozyturie

• Mikrohämaturie, Leukozyturie, Zylinder

=ί>

Ihre Ergebnisse sind abhängig von der Uringewinnung, von der H y d r a t a t i o n f K o n z e n tration), von A r t und D a u e r des Zentrifugierens, vom Alter der U r i n p r o b e , vom Volumen des resuspendierten Sediments, sowie von der Stärke der mikroskopischen Vergrößerung. Technik: Nach Z e n t r i f u g i e r e n von 10 ml Urin (5 min bei 400 g) wird d e r Ü b e r s t a n d verworfen, und das resuspendierte Sediment auf einen O b j e k t t r ä g e r getropft. Die Beurteilung erfolgt bei 400facher V e r g r ö ß e r u n g (40er Objektiv, 10er O k u l a r ) . Es handelt sich um eine qualitative Methode. F ü r die Routinediagnostik ist keine Färbung erforderlich, die P h a s e n k o n t r a s t m i k r o s k o p i e stellt viele Strukturen deutlicher dar. D a r ü b e r hinaus wurden semiquantitative V e r f a h r e n entwickelt (z.B. Addis-Sediment), die a b e r nicht r o u t i n e m ä ß i g zum Einsatz k o m m e n . Alternativ wird die U n t e r s u c h u n g von frischem Nativurin in einer Zählkammer u n t e r dem Phasenkontrastmikroskop durchgeführt.

• Erythrozyten. O b w o h l die N i e r e n u n d a b l e i t e n d e n H a r n w e g e f ü r E r y t h r o z y t e n p h y s i o l o g i s c h e r w e i s e nicht durchlässig sind, k o m m t es a u c h bei g e s u n d e n P e r s o n e n i m m e r w i e d e r zu e i n e r E r y t h r o z y t e n p a s s a g e in d e n U r i n . H i e r a u s ergibt sich das P r o b l e m d e r G r e n z e zwischen p h y s i o l o g i s c h e r u n d p a t h o l o g i s c h e r Hämaturie: D i e Mikrohämaturie ist nicht e i n h e i t l i c h d e f i n i e r t . A l l g e m e i n w e r d e n m e h r als 2 - 5 E r y t h r o z y t e n jeweils in 2 0 - 3 0 a u f e i n a n d e r f o l g e n d e n G e s i c h t s f e l d e r n als p a t h o l o g i s c h a n g e s e h e n . Bei Frauen m u ß e i n e B l u t b e i m e n g u n g w ä h r e n d der Menstruation ausgeschlossen werden. • D e r Teststreifen r e a g i e r t nicht n u r auf E r y t h r o z y t e n , s o n d e r n a u c h auf Hämoglobin u n d Myoglobin, d a h e r ist bei p o s i t i v e m Test e i n e m i k r o s k o pische K o n t r o l l e e r f o r d e r l i c h . • Erythrozytenzylinder wie a u c h ü b e r w i e g e n d glomerulär dysmorphe Erythrozyten ( P h a s e n k o n t r a s t - M i k r o s k o p o d e r S e d i m e n t f ä r b u n g mit M e t h y l e n b l a u ) lassen d e n S c h l u ß auf e i n e glonteruläre U r s a c h e der Hämaturie zu ( A b b . 5-4). • L e u k o z y t e n . Mehr als 10 Leukozyten p r o G e s i c h t s f e l d (Vergr. 10x40) w e i s e n auf e i n e n I n f e k t , Leukozytenzylinder auf e i n e P y e l o n e p h r i t i s

L e u k o z y t e n z y l i n d e r sind f ü r die D i a g n o s e a l l e r d i n g s nicht b e w e i s e n d u n d m ü s sen v o n E p i t h e l i e n z y l i n d e r n u n t e r s c h i e d e n w e r d e n . • D e r Nachweis von Bakterien allein genügt nicht zur A n n a h m e eines H a r n w e g s i n f e k tes. Z u r weiteren Diagnostik dient die U r i n k u l t u r (s.o.).

Kristallurie • bei Urolithiasis

· Kristalle. E i n e Kristallurie wird v e r e i n z e l t bei G e s u n d e n g e f u n d e n , k a n n jed o c h a u c h d e r H i n w e i s auf e i n e Urolithiasis sein. Bei l ä n g e r e m K r a n k h e i t s v e r lauf o d e r g r ö ß e r e n K o n k r e m e n t e n ist e i n e b e g l e i t e n d e H ä m a t u r i e u n d L e u k o z y t u r i e typisch. D a r ü b e r h i n a u s k a n n e i n e Kristallurie n a c h d e r E i n n a h m e v o n bestimmten Substanzen beobachtet werden: Azetylsalizylsäure, Phenazetin, Ascorbinsäure, Sulfonamide, Koffein (Abb.5-5).

5.2 Laboruntersuchungen

53

nicht-glomeruläre Erythrozyten

Abb. 5-4: Erythrozytenmorphologie. Nichtglomeruläre Erythrozyten (a-c): a. normaler Erythrozyt, mikroskopische Ebene (Pfeil). Osmotisch veränderte Formen: b. Stechapfelform, c. zarter Doppelrand bei meist noch angedeutetem zentralen Zellplasma. Glomerular veränderte Erythrozyten (d-f): d. Ringstruktur mit stanzartigem Locheffekt, die mikroskopische Ebene (Pfeil) erfaßt einen scheinbar leeren Innenhof bei Anreicherung des Plasmas im äußeren Zellbereich, e. Vesikelformen, Akanthozyten. Ausstülpungen der Erythrozytenoberfläche in die Umgebung oder den Innenhof, f. destruierte Formen sind schwer von lytisch oder mechanisch veränderten Erythrozyten zu unterscheiden, treten jedoch fast immer gemeinsam mit den Formen (d) und (e) auf

5.2.2.4 Zytologie, Sedimentfärbung

Urinzytologie

Für die zytologische Untersuchung sollte frisch gelassener Urin verwendet werden. Durch konservierende Zusätze wird eine Haltbarkeit von etwa 1 Woche erreicht. Die Zellanreicherung erfolgt durch Zentrifugieren. Die anschließende Färbung des Sedimentes, z.B. mit Methylenblau, nach Papanicolaou oder auf farbstoffbeschichteten Objektträgern, erlaubt die Beurteilung der Kernstruktur und -form. Die Urinzytologie besitzt eine hohe Sensitivität für schlecht differenzierte Tumoren und für das Carcinoma in situ. Falsch positive B e f u n d e können auf Entzündung, iatrogener Manipulation, Urolithiasis sowie Zellschädigungen nach vorangegangener Kontrastmittelapplikation beruhen.

· frischer Urin! · Beurteilung der Kernstrukturen

54

5. Urologische Diagnostik

Abb.5-5: Mikroskopisch erkennbare Kristallformationen im Urin, a-d: Harnsäure (a-c polarisiertes Licht, d Hellfeld), e-g: Phosphate (e, f Kalziumphosphat, polarisiertes Licht; gTripelphosphat, Interferenzmikroskopie), h Zystin (Hellfeld, Interferenzmikroskopie), i Kalziumoxalat (Interferenzmikroskopie)

• Praxishinweis

• spezielle Kulturen bei Tuberkuloseverdacht

• Trichomonaden im Nativurin

Praxishinweis: Neben der Diagnostik und Verlaufskontrolle von Urothelkarzinomen ist die Urinzytologie ein wichtiges Verfahren zur Erkennung von parasitären Erkrankungen des Urogenitaltraktes. • Schwer anzüchtbare Erreger und Mykosen erfordern spezielle Nährböden oder Färbungen (Gonokokken, Candida-Hyphen, Chlamydien, säurefeste Stäbchen, Mykoplasmen). Bei V. a. Urogenitaltuberkulose („sterile" oder „abakterielle" Leukozyturie) ist für den Nachweis säurefester Stäbchen die Ziehl-Neelsen-Färbung und Tuberkulosekultur erforderlich. Trichomonaden fallen im Nativurin durch ihre Beweglichkeit auf. Oft sieht man ihre Geißeln nicht, die Ansatzstelle der Geißeln ist jedoch als Unterbrechung der Randkontur sichtbar.

Urethrasekret, Urethraabstriche

5.2.3 Urethrasekret, Abstriche, Serologie, Ejakulatuntersuchung

• Gonorrhoe: intrazelluläre Diplokokken

Weißlich-gelbes Urethrasekret ist typisch für die Gonorrhoe und wird nach Gramfärbung auf gramnegative, intrazelluläre Diplokokken untersucht. Verunreinigungen durch Bakterien aus dem Smegma können zu falsch positiven Resultaten führen. Eine Bestätigung der Untersuchung durch spezielle Kulturen wird empfohlen.

• Syphilis: Abstrich aus Randbereich, serologische Untersuchung obligat

Bei Verdacht auf Syphilis ist die mikroskopische Untersuchung im Dunkelfeld unblutiger, seröser Flüssigkeit aus dem Randbereich des Ulkus möglich. Die Spirochäten zeigen eine typische Abknickbewegung. Wegen der Verwechslungsgefahr mit apathogenen Spirochäten ist jedoch eine serologische Sicherung notwendig. Die Beurteilung der Behandlungsbedürftigkeit einer Syphilis erfolgt durch den Venereal Disease Research Laboratory Test.

55

5.3 Bildgebende Verfahren in der Urologie Ejakulatuntersuchungen. Das Spermiogramm erlaubt wichtige Aussagen über die möglichen Ursachen einer Fertilitätsstörung. Wegen der großen Schwankungsbreite zwischen einzelnen Proben ist die wiederholte Untersuchung unter möglichst standardisierten Bedingungen (2-5 Tage sexuelle Karenz) notwendig. Neben Farbe, Geruch, Volumen und pH-Wert, wird die Verflüssigungszeit des Ejakulates untersucht. Die Bestimmung der Spermatozoenmotilität, -dichte und -morphologie gehört zu den Grundlagen der Fertilitätsbeurteilung. Z u den biochemischen Untersuchungen gehört die Ermittlung der Fruktosekonzentration und bei Azoospermie die Karnitinbestimmung, um Rückschlüsse auf die Durchgängigkeit der Ductus deferentes zu gewinnen (s. Abschn. 23.1.2.4. S. 349).

5.2.4 Serumuntersuchungen und Nierenfunktionstests Praxishinweis: • D e r Serumharnstoff wird erst bei einem Abfall des Glomerulumfiltrates auf etwa 25 % pathologisch. Die Harnstoffkonzentration ist neben der Nierenfunktion auch vom Stickstoffumsatz und damit vom Eiweißgehalt der Nahrung abhängig. • Eine E r h ö h u n g des Serumkreatinins besteht ab einer Einschränkung des Glomerulumfiltrates auf etwa 50 %. • Schon relativ geringfügige Einschränkungen der Nierenfunktion lassen sich durch die endogene Kreatinin-Clearance erkennen.

Ejakulatuntersuchung • Farbe, Geruch, Volumen, pH • Spermiendichte • Spermienmotilität • Spermienmorphologie • biochemische Zusatzuntersuchun* gen

Nierenfunktionstests

• Praxishinweis: Harnstoff, Kreatinin, Clearance

D i e C l e a r a n c e b e s c h r e i b t d a s p r o Z e i t e i n h e i t von e i n e r b e s t i m m t e n S u b s t a n z b e f r e i t e P l a s m a v o l u m e n . D a K r e a t i n i n nicht n e n n e n s w e r t t u b u l ä r r e s o r b i e r t wird, dient es als M a ß für die g l o m e r u l ä r e Filtrationsrate. E i n e g e n a u e r e B e w e r t u n g der e n d o g e n e n K r e a t i n i n - C l e a r a n c e wird ermöglicht, w e n n sie auf die K ö r p e r o b e r f l ä c h e b e z o g e n wird. Die N o r m b e r e i c h e sind geschiechts- u n d a l t e r s a b h ä n g i g .

Das spezifische Gewicht des Urins erlaubt eine einfache und gut reproduzierbare Beurteilung der Nierenfunktion. Konzentrationsversuche sollten nicht m e h r durchgeführt werden. Blutbild (normochrome, normozytäre Anämie), Blutgasanalyse und Serumelektrolyte ergänzen die Beurteilung der Nierenfunktion. Tumormarker s. Abschn. 14.1, S. 197

5.3 Bildgebende Verfahren in der Urologie

• spezifisches Gewicht

• Blutgasanalyse

Bildgebende Verfahren in der Urologie

W. Schultze-Seemann

5.3.1 Ultraschalldiagnostik In der Rangfolge der urologischen Bildgebung steht die Sonographie an erster Stelle, da sie ein nicht invasives, jederzeit mit guter Reproduzierbarkeit wiederholbares Verfahren darstellt. Alle urologischen Organe (Niere, Blase, Prostata, U r e t h r a , H o d e n , Penis) sind sonographisch hervorragend abzubilden. Lediglich die Harnleiter sind in längeren Abschnitten einer Routinediagnostik nicht zugängig. Die Urosonographie erfaßt im wesentlichen statische O r g a n b e f u n d e . Nur in wenigen Fällen sind dynamische Untersuchungen (Atembeweglichkeit, Organverschiebbarkeit) von Bedeutung.

Ultraschalldiagnostik wichtigstes bildgebendes Verfahren in der Urologie

Realtime-Sonographie (B-Bild) für Organdiagnostik

56

5. Urologische Diagnostik

Abb.5-6: Ultraschallbefund einer normalen Niere. Transhepatischer Longitudinalschnitt der rechten Niere mit unauffälligem Parenchym und zentralem Reflexband, welches sich aus dem Nierenhohlsystem, dem parapelvinen Fettgewebe und Gefäßstrukturen zusammensetzt

Dopplersonographie zur Messung der Blutströmung

Neben der Realtime-Sonographie wird in der Urologie auch die Doppler-Sonographie eingesetzt, die der Erfassung von Blutströmen im R a h m e n funktioneller Fragestellungen (Durchblutung von Niere/Transplantat, H o d e n , Penis) dient.

Niere

5.3.1.1 Niere

• • •

Die normal große Niere weist kraniokaudal im Longitudinalschnitt eine Länge von 11-13 cm, im Transversalschnitt von 6 - 8 cm auf; die Parenchymbreite ist 15-20 mm. Vom Nierenparenchym, das eine dem Leberparenchym ähnliche Echostruktur aufweist, unterscheidet man das zentrale Reflexband mit einer Breite von ca. 20 mm, welches sich aus dem Nierenbecken, dem parapelvinen Fettgewebe und G e f ä ß s t r u k t u r e n zusammensetzt (Abb. 5-6). Im Parenchym können die gegenüber der Rinde (Cortex) etwas echoärmeren Markpyramiden und die dazwischenliegenden Bertini-Säulen differenziert werden. Sonographisch können besonders gut Raumforderungen und Anomalien erkannt werden.

Größe: longitudinal: 11-13 cm transversal: 6-8 cm Parenchymbreite: 15-20 mm zentrales Reflexband Markpyramiden echoärmer, dazwi sehen Bertini-Säulen

Raumforderungen

5.3.1.2 Raumforderungen in der Niere

1. Zysten: - echofrei - glatt begrenzt - kortikal - intraparenchymal - parapelvin

• Zysten sind sonograpisch echofreie, glatt begrenzte R a u m f o r d e r u n g e n , die an der vom Schallkopf abgewandten Z i r k u m f e r e n z eine Schallverstärkung aufweisen. Dabei werden kortikale, intraparenchymale und parapelvine Zysten unterschieden. Nierenzysten können solitär, multipel, uni- oder bilateral auftreten. Eine Sonderform stellt die hereditäre polyzystische Nierendegeneration mit zystischem U m b a u der gesamten Niere dar.

2. -

• Tumoren: Bei den soliden R a u m f o r d e r u n g e n werden sowohl echoarme wie -reiche Tumoren unterschieden, die meist unscharf abgegrenzt sind, sich vereinzelt jedoch auch kreisrund mit scharfer Abgrenzung vom Parenchym a b h e b e n (Abb. 5-7). Die Parenchymkontur ist unterbrochen, eine Schallverstärkung fehlt. Parenchymtumoren werden mit hoher Treffsicherheit diagnostiziert, während Tumoren des Nierenbeckens häufig unzureichend darstellbar sind.

Tumoren: meist echoarm unscharf begrenzt Parenchymtumoren sicher zu diagnostizieren. - Nierenbeckentumoren schwer darstellbar 3. Aufstau: - Aufspreizung des zentralen Reflexbandes

• Aufstau: Bei einer postrenalen A b f l u ß b e h i n d e r u n g k o m m t es sonographisch zu einer Aufspreizung des Zentralreflexes. Dabei k o m m t das flüssigkeitsgefüll-

5.3 Bildgebende Verfahren in der Urologie

57

GftlNj

Abb.5-7: a. Nierenzyste: Echofreie Raumforderung mit dorsaler Schallverstärkung, b. Echoreicher Tumor am unteren Nierenpol (Angiomyolipom)

ΡMR * Η I GH

Abb.5-8: Sonographische Darstellung eines Nierenkelchsteins. Typisch für einen Stein ist ein heller Reflex mit dorsaler Schallauslöschung aufgrund einer Reflexion der Schallwellen am Stein.

te echofreie Nierenbecken mit den Kelchen, bei einer distalen Obstruktion auch der aufgeweitete pyeloureterale Übergang sowie der proximale Ureter zur Darstellung. Ist d e r U r i n blutig o d e r eitrig, so f i n d e n sich B i n n e n e c h o s im H o h l s y s t e m . Die E k t a s i e d e s N i e r e n b e c k e n k e l c h s y s t e m s sollte graduell d i f f e r e n z i e r t w e r d e n (s. A b b . 3 - 1 . S.2S).

- B i n n e n e c h o s bei b l u t i g e m , e i t r i g e m Urin

ist zusätzlich eine P a r e n c h y r n r e d u k t i o n g e g e b e n , so liegt eine H y d r o n e p h r o s e (Wassers a c k n i e r e ) vor.

• Steine: Harnsteine reflektieren den Ultraschall nahezu vollständig, d.h. sie zeichnen sich sonographisch durch einen hellen Reflex mit hinter dem Stein liegenden Schallschatten aus (Abb.5-8). Die Diagnose der Steine im Niercn-

3. Steine: - heller Reflex - dorsaler Schallschatten

58

5. Urologische Diagnostik

- schwer darstellbar: Harnleitersteine

hohlsystem gelingt mit hoher Treffsicherheit, während die Abbildung im proximalen und distalen Harnleiterdrittel nur eingeschränkt möglich ist. Im mittleren Drittel ist keine sonographische Aussage zu treffen.

Anomalien

5.3.1.3 Anomalien, Verletzungen, Entzündungen der Nieren

• sichere Diagnostik von IMormvarianten der Niere

Sichere Aussagen sind weiterhin zur Lage (Dystopie-lumbal/pelvin, Malrotation), numerischen Anomalien (Agenesie), Form- und Größenanomalien (hypoplastische Niere, Hyperplasie, Hufeisenniere), Anomalien des Hohlsystems (Megakalikose, Doppelniere, Nierenbecken-Abgangsstenose) sowie Verletzungen der Niere (Kapselhämatom, perirenales H ä m a t o m , Parenchymeinrisse) möglich.

Verletzungen • Hämatome Entzündliche Krankheitsbilder • eingeschränkte Diagnostik

D a g e g e n ist die Diagnostik entzündlicher Krankheitsbilder (Pyelonephritis, G l o m e r u lonephritis) n u r e i n g e s c h r ä n k t u n d u n t e r K e n n t n i s d e r Klinik möglich. E i n e S o n d e r f o r m stellt die x a n t h o g r a n u l o m a t ö s e P y e l o n e p h r i t i s mit A u s b i l d u n g eines P s e u d o t u m o r s dar.

Harnblase

5.3.1.4 Harnblase

- echofreies Hohlorgan

Die Harnblase ist bei der suprapubischen Untersuchungstechnik nur in gefülltem Zustand beurteilbar. Dabei zeigt sich die Blase als völlig echofreies Hohlorgan. Der Blaseninhalt, insbesondere auch das Restvolumen nach Miktion (Restharn) können über eine Volumenformel relativ genau ermittelt werden, so daß die Restharnbestimmung über einen Katheter entbehrlich geworden ist. Weiterhin gibt die Sonographie Auskunft über die Wandstärke (TrabekelMuskelhypertrophie), mögliche Blasendivertikel, wie ins L u m e n ragende Tumoren oder Wandverdickungen als Ausdruck invasiv oder transmural wachsender Tumoren. Die Invasionstiefe (T-Stadium) kann jedoch nur unzureichend erfaßt werden. N e b e n Wandveränderungen können Strukturen im Blasenlumen selbst erkannt werden (Steine, Koagel, Fremdkörper).

• Resth a rnm essung • Wandveränderungen der Blase: (Tumor) oder intraluminale Struktu ren (Koagel, Steine)

5.3.1.5 Prostata, Bläschendrüsen

Prostata • suprapubisch mung

Größenbestim-

• transrektal —> Tumordiagnostik incl Biopsie

Bläsendrüsen transrektal

Die Abbildung der Prostata mit suprapubisch aufgesetzter Schallsonde erfordert eine ausreichend gefüllte Harnblase als „Schallfenster". Die Symmetrie der Kapselkontur und damit eine Größenbestimmung ist ausreichend genau beurteilbar. Eine detaillierte Beurteilung der Echostruktur sowie der Bläschendrüsen ist nicht möglich. Eine wesentlich bessere Abbildung der Prostata ist über einen transrektal eingeführten Schallkopf (TRUS, 5 bis 10 m H z ) zu erzielen (s. Abb. 14.19, S.229). Ziel ist vorrangig die Frühdiagnostik des Prostatakarzinoms in Kombination mit der sonographisch gesteuerten Biopsie sowie die Abschätzung der Tumorausdehnung. In gleicher Weise sind die Bläschendrüsen von transrektal beurteilbar.

Hoden

5.3.1.6 Skrotalinhalt/Hoden

erfaßt: - Tumoren - Spermato-, Hydrozele - Entzündungen

In der Abklärung unklarer Palpationsbefunde ist die Sonographie mit 5 10 MHz-Schallköpfen allen anderen Techniken überlegen (Abb. 5-9). Damit ist es möglich, testikuläre (Hodentumoren) von peritestikulären R a u m f o r d e rungen (Spermatozele, Hydrozele) zu unterscheiden, ebenso flüssige (Spermatozele, Hydrozele) von soliden Strukturen (Hoden-, Nebenhoden-Tumoren, Epididymoo rchitis).

5.3 Bildgebende Verfahren in der Urologie

59

Abb.5-9: Hodensonographie, a. Hydrozele: Der Hoden von normaler und Echodichte wird von der echofreien Hydrozelenflüssigkeit umgeben. lich stellt sich im Nebenhodenkopf eine erbsgroße Spermatozele dar, b. tumor: Im Hodenparenchym demarkiert sich ein echoarmer Bezirk, der für einen Hodentumor ist.

Kontur ZusätzHodentypisch

5.3.1.7 Penis, Urethra

Penis

Penis: Die Sonographie erfaßt als echoreiche Veränderungen Plaques der Tunica albuginea bei Induratio

penis plastica

( I P P ) in ihrem Ausmaß recht genau. Weiterhin kann der

Versuch unternommen werden, sonographisch die Infiltrationstiefe

von

• Penissonographie bei IPP und evtl. Peniskarzinom

Peniskarzino-

men zu bestimmen. Urethra. Die Harnröhre ist sonographisch ( 5 - 1 0 M H z Schallsonden) nur nach retrograder Auffüllung mit Wasser zu beurteilen. Dabei lassen sich jedoch insbesondere Harnröhrenstrikturen. ebenso wie das Ausmaß der Narbenbildung nach vorausgegangenen U r c t h r o t o m i c n . Steine

in der Harnröhre und die seltenen Harnröhrentnmoren

Urethra • Harnröhrensonographie bei Strikturen

abbil-

den. Eine Beurteilung der Pars prostatica ist nicht möglich.

5.3.1.8 Doppler-Sonographie

Dopplersonographie

Die Doppler-Sonographie ist eine dynamische Untersuchung, die insbesondere der

Duplex (B-Bild + Doppler)

Messung des Blutflusses (Flußrichtung. Flußrate) dient. In Kombination mit der BBild-Technik spricht man von Duplex-Sonographie. Erste Indikation im urologischen Bereich war die Erfassung der Ahstoßimf· rentransplantation;

nach

Nie-

durch Erhöhung des peripheren Widerstandes sinkt die Durchblu-

tung der Niere. Mittlerweile haben sich folgende weitere Indikationen etabliert:

• Indikation: - Nierentransplantatabstoßung

5. Urologische Diagnostik

60 - akutes Skrotum: DD: Hodentorsion, Epididymitis - erektile Impotenz: arterielle Ursachen Pharmako-Doppler nach Injektion va soaktiver Substanzen

Röntgendiagnostik

• Akutes Skrotum: Die Differentialdiagnose Hodentorsion, Epididymitis kann mit Hilfe der Doppler-Sonographie mit hoher diagnostischer Sicherheit getroffen werden. • Erektile Impotenz: Die doppler-sonographische Messung der penilen Flußraten ist zum Ausschluß arterieller Ursachen der erektilen Impotenz unentbehrlich; da der penile Ruheflow sehr gering ist, wird die Messung nach Injektion vasoaktiver Substanzen in den Penis als pharmakodynamische DopplerSonographie vorgenommen.

5.3.2 Röntgendiagnostik

Kontrastierung der Harnwege nach Gabe von nierengängigem KM

Verabfolgt man im Rahmen der Röntgendiagnostik nierengängige hochmolekulare Kontrastmittel, so werden die Röntgenstrahlen von diesen absorbiert und erlauben eine Beurteilung der ableitenden Harnwege. Dies ist das Grundprinzip sowohl der Ausscheidungsurographie ( A U G ) wie der Computertomographie (CT). Sie liefern neben der Sonographie zum Teil identische, zum Teil ergänzende und weiterführende Befunde, sind jedoch wegen der Strahlenbelastung gezielt einzusetzen.

Nierenübersicht

5.3.2.1 Nierenübersichtsaufnahme (Abdomenübersicht)

Grenzen: kranial: Zwerchfellkuppen kaudal: Symphyse Abbildung von: Nieren, Psoaskontur Wirbelsäule Beckenknochen Harnblase Kalkdichten Konkrementen

Der Ausscheidungsurographie sollte im Rahmen der radiologischen Darstellung des oberen Harntraktes und der Harnblase eine Leeraufnahme (Abdomenübersicht im Liegen/Nierenleeraufnahme) vorangestellt werden. Nach kranial sollte die Aufnahme die Zwerchfellkuppen, nach kaudal die Symphyse einschließen. Dies muß abhängig von der Größe des Patienten durch ein ausreichendes Filmformat (Standardformat 30 χ 40 bzw. 35 χ 43/Halbformat 20 χ 40) gewährleistet sein. Auf der Leeraufnahme sollten beide Nieren in Form, Lage und Größe (Tumor, Hypoplasie, Hyperplasie), die Psoas-Randkonturen, die knöcherne Lendenwirbelsäule (Spaltbildung, Osteolysen, degenerative Veränderungen), die Beckenknochen und die Weichteilkontur der Harnblase (Restharn, Überlaufblase) erkennbar sein. Bereits auf der Übersichtsaufnahme sind kalkdichte Konkremente in Projektion auf die Nieren, Ureteren und die Harnblase sichtbar (Abb.5-10). Differentialdiagnostisch kommen jedoch auch Phlebolithen, verkalkte Mesenteriallymphknoten. Prostatasteine, selten auch Echinokokkus-Zysten im Bereich der Nieren und verkalkte Uterusmyome im kleinen Becken in Frage.

Abb.5-10: Nierenleeraufnahme. In Projektion auf die Ii. Niere zeigt sich ein kalkdichter Ausgußstein des Hohlsystems. Gut zu erkennen sind zusätzlich die Psoasrandkonturen und die Organgrenze der re. Niere.

5.3 Bildgebende Verfahren in der Urologie

61

D a d i e Ü b e r s i c h t s a u f n a h m e in nicht w e n i g e n Fällen b e r e i t s z u r D i a g n o s e f ü h r t o d e r s p ä t e r e K o n t r a s t b i l d e r o h n e K e n n t n i s des L e e r b i l d e s nicht b e u r t e i l b a r sind, ist sie i n t e g r a l e r B e s t a n d t e i l des A u s s c h e i d u n g s u r o g r a m m s .

• Kein Urogramm ohne Nierenübersicht!

Die Beurteilbarkeit kann bei e x t r e m e r Stuhlfüllung o d e r D a r m g a s ü b e r l a g e r u n g erschwert sein; hier kann eine L e e r z o n o g r a p h i e o d e r -Tomographie hilfreich sein, insbes o n d e r e in der Diagnostik von kleinen K o n k r e m e n t e n .

• evtl. ergänzt durch - Leerzono-, oder - Tomographie

5.3.2.2 Ausscheidungsurographie (AUG)

Ausscheidungsurographie

A m Tag v o r d e r g e p l a n t e n U n t e r s u c h u n g sollte e i n e s c h l a c k e n a r m e Kost vera b f o l g t w e r d e n . Bei o b s t i p i e r t e n P a t i e n t e n k a n n e i n e L a x a n s zusätzlich gegeb e n w e r d e n , bei s t a r k e m M e t e o r i s m u s a u c h g a s b i n d e n d e M i t t e l . E i n e Flüssigk e i t s k a r e n z v o n ca. 6 S t u n d e n ist e m p f e h l e n s w e r t . F r ü h e r g e ü b t e l ä n g e r e D e h y d r a t a t i o n s z e i t e n sind bei d e n m o d e r n e n t r i j o d i e r t e n K o n t r a s t m i t t e l n nicht n o t w e n d i g . Bei n i e r e n i n s u f f i z i e n t e n P a t i e n t e n soll im G e g e n t e i l e i n e D e h y drierung vermieden werden. Nach Kontrastmittelunverträglichkeit, Allergien ist zu f r a g e n . Kontraindikationen f ü r die U r o g r a p h i e sind: • n a c h g e w i e s e n e Kontrastmittelunverträglichkeit, schwere Niereninsuffizienz und Leberparenchymschaden • m a n i f e s t e Hyperthyreose, Lungenödem, frischer Myokardinfarkt O r g a n b e z o g e n e K o n t r a s t m i t t e l r e a k t i o n e n sind: • Haut und Schleimhaut: R ö t u n g . Juckreiz, Q u a d d e l n , Urtikaria, L i d ö d e m , Konjunktivitis, Glottisödem, Rhinitis • Atmung: Tachypnoe. D y s p n o e , Bronchospasmus, L u n g e n ö d e m . Atemstillstand ( A p noe), Husten • Herz-Kreislauf: H y p e r t o n i e (hypertone Krise), H y p o t o n i e . Herzrhythmusstörung, Asystolie • ZNS, Vegetativum: Übelkeit, E r b r e c h e n , G ä h n e n , Niesen. Agitation, Somnolenz. Bewußtlosigkeit. Koma, K r ä m p f e , L ä h m u n g

• -

Vorbereitung: schlackenarme Kost evtl. Laxans Flüssigkeitskarenz ca. 6 Stunden

Kontraindikationen: KM-Unverträglichkeit Niereninsuffizienz Leberparenchymschaden Hyperthyreose Lungenödem frischer Herzinfarkt KM-Reaktionen: organbezogen

D a s A u f t r e t e n s c h w e r e r K o n t r a s t m i t t e l r e a k t i o n b e t r ä g t 0,1 % (ionische K o n t r a s t m i t t e l ) u n d 0.01 % (nicht ionische K o n t r a s t m i t t e l ) . L e t a l e Z w i s c h e n f ä l l e w e r d e n ca. 1 : 7 5 0 0 0 (ionische K o n t r a s m i t t e l ) bzw. ca. 1 : 5 0 0 0 0 0 (nicht ionische K o n t r a s t m i t t e l ) b e o b a c h t e t .

Morbidität 0,01-0,1 % und Letalität (1 : 75000-1 : 500000)

Das A u f t r e t e n allergoider leichter und mittclgradiger R e a k t i o n e n kann durch die Kombination von Η 1- und H 2 - R e z e p t o r a n t a g o n i s t e n oder G l u k o k o r t i k o i d e signifikant reduziert werden, letztlich jedoch sind sie nicht ganz sicher auszuschließen. F ü r die U r o g r a p h i e ist die Abbildungsqualität vom Jodgehalt des Kontrastmittels und von d e r Dosis abhängig. Es sollte eine Dosierung von 0,25 bis 0,3 g Jod/kg Körpergewicht gewählt w e r d e n . Beim hochdosierten U r o g r a m m kann die Dosis auf m e h r als 30 g/70 kg Körpergewicht gesteigert werden. Insbesondere bei alten und adipösen Patienten sollte die Dosis gesteigert werden, w ä h r e n d bei Kindern meist 20 ml ausreichen. Die Injektion sollte zügig erfolgen, die b e k a n n t e n N e b e n w i r k u n g e n sind nicht von d e r Injektionsgeschwindigkeit abhängig.

- Bei KM-Reaktionen: Η 1 + Η 2 Rezeptorantagonisten, evtl. Glukokortikoide

5.3.2.3 Indikation und Ablauf der AUG

Dosierung 0,25-0,3 g Jod/kg/KG

AUG-Indikation

D i e Indikation z u r A U G ist bei allen u r o l o g i s c h e n K r a n k h e i t s b i l d e r n g e g e b e n , d i e e i n e B e u r t e i l u n g d e r Ausscheidungsfunktion, d e r Abflußverhältnisse sowie d e r Anatomie des oberen Harntraktes e r f o r d e r t (Urolithiasis, e n t z ü n d l i c h e Erkrankung, Tumoren, Mißbildungen).

Abbildung der ableitenden Harnwege

A b l a u f . K o n t r a s t m i t t e l w e r d e n n a h e z u ausschließlich g l o m e r u l a r filtriert. D u r c h W a s s e r r ü c k r e s o r p t i o n im p r o x i m a l e n T u b u l u s e r f o l g t die K o n z e n t r i e r u n g d e s K o n t r a s t m i t t e l s , w o b e i ein G r a d i e n t z u m P l a s m a von 5 - 1 0 : 1 erreicht wird. In d e r P h a s e d e r K o n z e n t r i e r u n g des K o n t r a s t m i t t e l s in d e n o b e -

AUG-Ablauf - glomeruläre Filtration - Wasserrückresorption im proximalen Tubulus

62 - nephrographischer Effekt

5. Urologische Diagnostik ren Nephronabschnitten läßt sich der nephrographische Effekt beurteilen. Dieser ist auch beim Nierenversagen (Ausfall distaler Tubulusabschnitte) zu beobachten. Im R a h m e n d e r D i a g n o s t i k von N i e r e n a r t e r i e n s t e n o s e n w u r d e f r ü h e r der n e p h r o g r a phische E f f e k t d u r c h A u f n a h m e n in d e n ersten drei M i n u t e n im Seitenvergleich e r m i t telt. D u r c h q u a n t i t a t i v e n u k l e a r m e d i z i n i s c h e T e c h n i k e n sowie die d i r e k t e a r t e r i o g r a p h i sche D a r s t e l l u n g ist die „ F r ü h u r o g r a p h i e " h e u t e ersetzt w o r d e n .

Vorteil des AUG

• zystographische Phase

• Panurographie: A U G + Miktionsphase • Ergänzung durch Zono-/Tomographie • ev. Bauchlage bei Meteorismen • Kompressionsurographie mit Artefakten behaftet • bei Niereninsuffizienz Dosiserhöhung, bei Kreatinin > 2,5 mg/dl ungeeignete Technik

Übersichtsaufnahmen 5-20 Minuten nach Kontrastmittelgabe erlauben eine Beurteilung des Pyeloureterogramms, wobei die hohe Auflösung konventioneller Röntgenbilder die detaillierte Beurteilung der Kelche und Papillen sowie des Nierenbeckens und des pyeloureteralen Übergangs ermöglicht. Hier liegt unverändert eine Stärke der Urographie im Vergleich zur Sonographie oder CT (Abb. 5-11). Die „Zystographie" im Rahmen der Urographie ist von limitiertem Wert angesichts der guten sonographischen Beruteilbarkeit der Harnblase. Eine urographische Restharnbestimmung ist überflüssig. Wird im Rahmen funktioneller Fragestellungen noch die Miktionsphase radiologisch dargestellt, so spricht man von Panurographie, eine detaillierte morphologische Beurteilung des unteren Harntraktes ist dabei jedoch häufig wegen zu geringer Kontrastdichte nicht möglich. D i e U r o g r a p h i e k a n n d u r c h Zono- u n d Tomographie, zusätzliche A u f n a h m e n im Stehen, g e d r e h t e ( a n g e h o b e n e ) o d e r seitliche A u f n a h m e n e r g ä n z t w e r d e n ( Z u o r d n u n g k a l k d i c h t e r S t r u k t u r e n zu d e n H a r n w e g e n ) . Ist eine B e u r t e i l u n g d u r c h s t a r k e D a r m g a s ü b e r l a g e r u n g e r s c h w e r t , k a n n eine A u f n a h m e in B a u c h l a g e hilfreich sein. D i e K o m p r e s s i o n s u r o g r a p h i e ( A u f b r i n g e n eines K o m p r e s s o r i u m s auf das A b d o m e n zur s t ä r k e ren K o n t r a s t i e r u n g d e s N i e r e n b e c k e n k e l c h s y s t e m s ) ist mit einer R e i h e von I n t e r p r e t a t i o n s p r o b l e m c n b e h a f t e t u n d in d e r R e g e l nicht n o t w e n d i g . Urographie bei Niereninsuffizienz: Wie dargestellt, h ä n g t die a u s r e i c h e n d e K o n t r a s t i e r u n g des N i e r e n b e c k e n k e l c h s y s t e m s von e i n e r i n t a k t e n g l o m e r u l ä r e n u n d t u b u l ä r e n F u n k t i o n ab. Sind diese deutlich e i n g e s c h r ä n k t , k a n n z u n ä c h s t d u r c h D o s i s e r h ö h u n g u n d G a b e eines n i e d e r m o l e k u l a r e n K o n t r a s t m i t t e l s eine identische A b b i l d u n g s q u a l i t ä t erzielt w e r d e n . D e n n o c h t r e t e n K o n t r a s t m i t t e l r e a k t i o n e n bei N i e r e n i n s u f f i z i e n z geh ä u f t auf. Die diagnostische Aussage n i m m t ab. Bei K r e a t i n i n - W e r t e n a b 2,5 mg/dl {2-\ mg/dl) sollten d a h e r Nierenszintigraphie, Sonographie u n d ggf. retrograden Pyelographie b e v o r z u g t w e r d e n .

Abb.5-11: Ausscheidungsurographie. 15 min nach Kontrastmittelinjektion zeigt sich eine Kontrastfüllung beider Nierenhohlsysteme. Li. unauffälliges Nierenbeckenkelchsystem und zarter Ureter. Re. Aufweitung der Nierenkelche bei zentral liegender Nierenzyste.

5.3 Bildgebende Verfahren in der Urologie

63

5.3.2.4 Urethrogramm

Urethrogramm

Technik: Die Urethrographie wird beim Mann meist als retrograde Urclhrographie durchgeführt. Bei speziellen Fragestellungen (Harnröhrenklappen. Blasenhalsöffnung bei Miktion. Urethradivertikel) kann jedoch auch eine antegrade (prograde) Urethrographie nach vorausgegangener Kontrastfüllung der Harnblase durch Punktion oder eine liegende Zystostomie erfolgen. Der Patient wird bei retrograder Darstellung auf dem Rücken in Lauenstein-Position gelagert, der Penis nach Piazieren eines Urethrographie-Katheters in der Fossa navicularis durch leichten Zug gestreckt und die Füllung unter physiologischen Drücken (< 50 cm Wassersäule) durch Infusion des Kontrastmittels herbeigeführt (s. Abb.5-19, S.73). Es empfiehlt sich, die Untersuchung unter Röntgen-Bildwandlerkontrolle durchzuführen und sparsame Röntgenfilmdokumente anzufertigen. Die antegrade Darstellung ist kontrastschwächer, kommt jedoch den physiologischen Miktionsbedingungen näher. Bei zu hohen Infusionsdrucken besteht die Gefahr von Mukosaeinrissen mit konsekutiver Keimeinschwemmung. Um dies zu vermeiden, sollten manuelle Kontrastmittelinjektionen vermieden werden.

-

Indikation: E i n e U r e t h r o g r a p h i e wird bei allen F o r m e n e i n e r subvesikalen Obstruktion (Striktur), Prostatahyperplasie, Blasenhalssklerose. Blasenstein, F r e m d k ö r p e r , M e a t u s s t e n o s e ) , Harnröhrendivertikeln, Fisteln o d e r Verletzungen d e r H a r n r ö h r e d u r c h g e f ü h r t .

Indikationen: • subvesikale Obstruktion • Fisteln • Verletzungen

Zur Klärung eines I larnröhrendivertikels der weiblicheη Harnröhre kann die Untersuchung auch mit einem Doppelballonkatheter, der vor den Meatus urethrae externus und am Blasenhals geblockt wird, vorgenommen werden.

• Urethrographie der Frau mit Doppelballonkatheter

5.3.2.5 Zystographie, Miktionszystourethrographie, retrograde Pyelographie

Zystogramm

Technik: Die alleinige Kontrastdarstellung der Harnblase ist eine selten durchgeführte Untersuchung. Die Füllung erfolgt über einen transurethralen oder suprapubisch gelegten Katheter oder durch suprapubische Punktion der Harnblase.

retrograd

- antegrad

über transurethralen o d e r s u p r a p u bischen Katheter

Indikation: D i e Z y s t o g r a p h i e d i e n t d e r B e u r t e i l u n g d e r L a g e u n d F o r m d e r H a r n b l a s e im k l e i n e n B e c k e n , v o r allem bei V e r d a c h t auf Verletzungen, Fisteln o d e r Divertikeln oder vor E n t f e r n u n g operativ plazierter Zystostomien. Miktionszystourethrographie (s. A b s c h n . 5 . 5 . 1 . 2 , S.73) Retrogrades P y e l o g r a m m (s. A b s c h n . 5 . 5 . 1 . 3 , S. 74)

Indikationen: - Lage, F o r m der Blase - Fisteln, T r a u m e n , Reflux - postoperative Kontrolle

5.3.2.6 Antegrade (prograde) Pyeloureterographie

Antegrade Pyelographie

Technik: Die Darstellung des Nierenbeckenkelchsystems und des Ureters erfolgt durch Einmalpunktion des Nierenhohlsystems oder häufiger über eine bereits liegende transkutane Nephrostomie.

- über N e p h r o s t o m a oder Punktion der Niere

Indikation: Es g e l t e n die gleichen I n d i k a t i o n e n wie f ü r die r e t r o g r a d e Pyelog r a p h i e . D i e U n t e r s u c h u n g b l e i b t j e d o c h r e s e r v i e r t f ü r Fälle, bei d e n e n w e g e n e i n e r distalen U r e t e r o b s t r u k t i o n ( H a r n b l a s e n t u m o r , P r o s t a t a k a r z i n o m , obs t r u i e r e n d e r S t e i n ) nicht r e t r o g r a d v o r g e g a n g e n w e r d e n k a n n ( s . A b b . 3-4. S.30) o d e r w e n n ein e k t o p e s U r e t e r o s t i u m g e s u c h t wird.

Indikation - w i e bei der retrograden Pyelographie

5.3.2.7 Kavernosographie (Kavernographie)

Kavernosographie

Technik: Durch Einmalpunktion eines Corpus cavernosum penis wird eine Kontrastierung beider Schwellkörper erzielt. Im Rahmen der Abklärung der erektilen Impotenz wird die Untersuchung als Pharmakokavernosographie durchgeführt: Nach Injektion vasoaktiver Substanzen (Papaverin-Phentolamin, Prostaglandin) wird die Flußrate zur Erreichung sowie Erhaltung einer Erektion ermittelt.

- Kontrastierung der C o r p o r a cavernosa - meist als P h a r m a k o k a v e r n o s o g r a phie

64

5. Urologische Diagnostik

Indikation: - erektile Impotenz -

IPP

- Penisfraktur

Indikation: Hauptindikation sind die erektile Impotenz, die Induratio penis plastica (Ausmaß der Plaques), sowie Penisfrakturen (kavernöses Leck), oder penetrierende Penisverletzungen (Abb. 15-13).

Vaso-/Vesikulographie

5.3.2.8 Vaso-/Vesikulographie

- Darstellung der Samenwege - heute obsolet!

Technik: E s h a n d e l t sich u m die radiologische D a r s t e l l u n g d e r S a m e n w e g e (Vas d e f e rens, A m p u l l a d u c t u s deferentis, Vesicula seminalis) nach P u n k t i o n o d e r o p e r a t i v e r Freilegung des Samenleiters. Indikation: D i e Vaso-/Vesikulographic w u r d e f r ü h e r zur A b k l ä r u n g von S a m e n w e g s verschlüssen d u r c h g e f ü h r t . D e r Eingriff ist w e g e n gleicher A u s s a g e k r a f t d e r b i o c h e m i schen E j a k u l a t p a r a m e t e r u n d d e r G e f a h r von S a m e n w e g s v e r k l e b u n g e n d u r c h d a s Kontrastmittel nicht m e h r indiziert.

Phlebographie

5.3.2.9 Arterielle Renovasographie, Phlebographie Arterielle Renovasographie (s.Abschn.5.5.3.1, S. 78)

- D a r s t e l l u n g d e r V. r e n a l i s

- Nierenvenenthrombose Lysetherapie - bei Sklerotherapie der Varikozele

Technik: Die Phlebographie erfolgt d u r c h e i n e K a t h e t e r p u n k t i o n d e r V. f e m o r a l i s u n d selektive D a r s t e l l u n g d e r V.renalis.

Indikation: Eine Indikation besteht vor allem bei Nierenvenenthrombose, ggf. Lyse des Thrombus nach Piazieren des Phlebographiekatheters. Regelmäß i g w i n J d j e p h i e b o g r a p h i e im Rahmen der selektiven retrograden Sklerosie-

zur

rung der V. testicularis Ii. bei Varikozele testis vorgenommen. Bei einem Tumorzapfen in der V. renalis ist meist eine Kavographie ausreichend.

Kavographie

5.3.2.10 Kavographie

- Darstellung der V. cava transfemoral

Technik: Die D a r s t e l l u n g d e r V.cava inferior erfolgt d u r c h P u n k t i o n d e r V.femoralis.

- Tumorzapfen bei Nierenzellkarzinom - Tumorkompression - M.Ormond

Indikation: Hauptindikation ist die Darstellung intraluminärer Tumorzapfen bei Nierenzellkarzinomen, aber auch bei Tumorkompression oder Verlagerung durch Tumoren des Retroperitoneums oder fibrotischer Einscheidung wie bei retroperitonealer Fibrose (M. Ormond). Die B e d e u t u n g des V e r f a h r e n s ist d u r c h die E n t w i c k l u n g d e r S o n o g r a p h i e , d e r C o m p u t e r t o m o g r a p h i e u n d K e r n s p i n t o m o g r a p h i e deutlich rückläufig, so d a ß vor allem die e r s t g e n a n n t e I n d i k a t i o n v e r b l i e b e n ist.

Lymphographie

5.3.2.11 Lymphographie

- Lymphangiogramm - Lymphadenogramm

Technik: Die p e d a l e L y m p h o g r a p h i e wird d u r c h P u n k t i o n von L y m p h b a h n e n a m F u ß r ü c k e n beidseits v o r g e n o m m e n .

Indikation: - Lymphknotenmetastasen bei Hodentumoren • Methode durch Sonographie, CT, MRT verdrängt

Indikation: S o n o g r a p h i e , C T u n d M R T h a b e n die L y m p h o g r a p h i e v e r d r ä n g t . A l l e n f a l l s zum A u s s c h l u ß von L y m p h k n o t e n m e t a s t a s e n bei H o d e n t u m o r e n ist e i n e I n d i k a t i o n verblieben, da n e b e n d e r reinen G r ö ß e d e r L y m p h k n o t e n auch die B i n n e n s t r u k t u r abgebildet wird. D a die e r s t e L y m p h k n o t e n s t a t i o n d e r P r o s t a t a - u n d H a r n b l a s e n k a r z i n o m e mit d e r p e d a l c n L y m p h a n g i o g r a p h i e nicht e r f a ß t wird, k o m m t sie hierbei nicht z u m Einsatz.

Computertomographie

5.3.2.12 Computertomographie (CT) Technik: G e m e i n s a m e G r u n d l a g e d e r k o n v e n t i o n e l l e n D i a g n o s t i k sowie d e r C T ist die E r s t e l l u n g von Bildern d u r c h R ö n t g e n s t r a h l e n . D i e E n t s t e h u n g e i n e r c o m p u t e r t o m o g r a p h i s c h e n A u f n a h m e ist j e d o c h wesentlich k o m p l e x e r (s. P s c h y r e m b e l Klinisches Wörterbuch).

65

5.3 Bildgebende Verfahren in der Urologie

Abb.5-12: Computertomographie der Nieren: Zyste re. und Tumor an der Dorsalseite der Ii. Niere. Typisch für einen Tumor ist die Kontrastmittelanreicherung in den Randbereichen.

Indikation: Wegen der hohen Auflösung in axialer E b e n e von ca. 0,4 m m ist die Indikation zur CT vor allem bei sehr kleinen Nierentumoren oder N e b e n n i e r e n t u m o r e n und bei unklarer Dignität von R a u m f o r d e r u n g e n der Niere (Zyste?, eingeblutete Zyste?, Nierenbuckel?) gegeben (Abb.5-l2).

Unumstritten ist der Wert des Verfahrens bei Nierenverletzungen und Traumen der Beckenorgane (s. Abb. 15-4, S.254), insbesondere zur Verlaufsbeurteilung und zur Planung rekonstruktiv operativer Eingriffe. Auch bei entzündlichen Erkrankungen der Niere (paranephritischer Abszeß, Nierenrindenabszeß, xanthogranulomatöse Pyelonephritis) sowie der Prostata (Prostataabszeß, E m p y e m der Vesicula seminalis) liefert das C T wichtige Zusatzinformationen über die Sonographie hinaus. Bei der Erstunlersuchung und Verlaufskontrolle von Patienten mit Hodentumoren (zum Ausschluß oder Nachweis von Lymphknotenmetastasen im Retroperitoneum) ist die C o m p u t e r t o m o g r a p h i e heute Methode der Wahl.

Indikationen: - Raumforderungen der Nieren

Nierentrauma entzündliche Nierenerkrankungen (Abszeß)

Erstuntersuchung und Verlaufskontrolle des Retroperitoneum bei Hodentumoren

Das klinische Staging des Harnblasen- wie des Prostatakarzinoms ist dagegen mit einer hohen Fehlerquote behaftet, ebenso die Diagnostik des Nierenbeckens und Ureters. Die Erwartung, das Lvmphknotenstaging urologischer Tumoren im kleinen Becken und Retroperitoneum durch die CT zu verbessern, ist bisher ebenfalls nicht erfüllt worden, so daß trotz aufwendiger bildgebender Verfahren operative Stagingverfahren Vorrang haben.

5.3.2.13 Kernspintomographie (MRT) Mit der Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie) steht ein weiteres digitales bildgebendes Verfahren zur Verfügung, dessen Bilderzeugung auf der Gewebsdifferenzierung aufgrund magnetischer Gewebseigenschaften beruht. Mit Hilfe von Elektromagneten hoher Feldstärke, einem Hochfrequenzsystem und einem Prozeßrechner können Schnittbilder j e d e r gewünschten E b e n e (multiplanar) hergestellt werden (Abb. 5-13). D e r Vorteil des Verfahrens liegt in der multiplanaren Abbildung, insbesondere gegenüber der CT, sowie der fehlenden Strahlenbelastung. Nachteil ist das Unvermögen, Verkalkungen abzubilden, insbesondere in der Urolithiasisdiagnostik sowie bei postentzündlichen Verkalkungen. Dennoch hat sich die Kernspintomographie zu einem der klinisch wichtigsten Verfahren für die Darstellung urologischer Organe, insbesondere im kleinen Becken, entwickelt.

MRT

Abbildung in verschiedenen Ebenen möglich fehlende Strahlenbelastung

5. Urologische Diagnostik

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Abb. 5-13: MRT des A b d o m e n s : A u f den beiden Sagittalschnitten stellt sich eine Zyste a m linken oberen Nierenpol dar

Urologische Endoskopie und Katheterismus

5.4 Urologische Endoskopie und Katheterismus A.

Endoskopie: • optische Untersuchung des Körperinneren • invasive urologische Basisuntersuchung mit klarer Indikation

Frankenschmidt

• Videoendoskopie

Endoskopieren heißt „von innen besehen". Die Spiegelung der ableitenden H a r n w e g e ist die fachspezifische U n t e r s u c h u n g s m e t h o d e des U r o l o g e n , erfolgt a b e r wegen ihrer Invasivität in der Regel erst nach Ausschöpfen der bildgebenden und L a b o r v e r f a h r e n am E n d e der diagnostischen Kette; dies umso m e h r als für einige uroskopische Techniken eine Anästhesie erforderlich ist. D a r a u s resultiert die Notwendigkeit einer klaren Indikationsstellung und die B e m ü h u n g , die endoskopische Diagnostik mit der therapeutischen M a ß n a h m e zu kombinieren. Die letzten 10 Jahre brachten der urologischen Endoskopie deutliche Entwicklungsimpulse: Die Miniaturisierung der optischen I n s t r u m e n t e erlaubt heule nicht nur den Einsatz im frühesten Kindesalter, sondern auch das retrograde Vordringen in Harnleiter und N i e r e n b e c k e n (Ureterorenoskopie). Die Kombination mit sonographischer o d e r radiologischer Punktionstechnik e r ö f f n e t den perkutanen Zugang zum Nierenhohlraumsystem und das antegrade Vordringen in den Harnleiter (perkutane Nephroskopie). Auf die Optik aufgesetzte E n d o k a m e r a s gestatten das A r b e i t e n und Weitervermitteln per Videomonitor.

Katheterismus: S o n d i e r u n g der Blase o h n e optische Kontrolle

Katheterismus. Die Sondierung der Blase o h n e Optik heißt K a l h e t e r i s m u s und wird diagnostisch, häufiger a b e r therapeutisch d u r c h g e f ü h r t (s.Abschn. 5.4.6, S. 70).

Instrumente

5.4.1

1. Urethrozystoskop

5.4.1.1 Urethrozystoskop

• Ureterorenoskopie (URS) • perkutane Nephroskopie

Instrumente

O b w o h l m o d e r n e flexible E n d o s k o p e mit Fiberglasoptik zur V e r f ü g u n g steh e n , ist d a s Standardzystoskop

n a c h w i e v o r starr.

Anatomische

Vorausset-

z u n g d a f ü r ist d i e h o h e E l a s t i z i t ä t d e r H a r n r ö h r e in r a d i a l e r u n d l o n g i t u d i n a männliche Harnröhre: 2 1 - 3 0 Ch. w e i b l i c h e Harnröhre > m ä n n l i c h e

ler R i c h t u n g . D a s passiv e n t f a l t b a r e H a r n r ö h r e n k a l i b e r m i ß t b e i m M a n n an d e n e n g s t e n S t e l l e n 7 - 1 0 m m , d a s s i n d 2 1 - 3 0 C h . , (1 C h a r r i e r e ä

'/, m m ) ; die

w e i b l i c h e H a r n r ö h r e ist w e i t e r . übliche Endoskop-Kaliber: Erwachsene: 15-24 Ch. Kinder: 5 - 1 4 Ch. Spüllösung: 0,9% NaCI-Lsg.

D a s Standardzystoskop mißt 15-22 Ch. Es enthält neben d e m Lichtleiter eine a u s t a u s c h b a r e O p t i k , 2 S t u t z e n f ü r d e n A n s c h l u ß v o n S p ü l l ö s u n g e n bzw. A b flußschlauch und einen Arbeitskanal, durch den verschiedene

Zusatzinstru-

m e n t c e i n g c b r a c h t w e r d e n k ö n n e n ( A b b . 5 - 1 4 ) . A l s Spiillösung

wird steriles

Wasser oder physiologische

Kochsalzlösung

v e r w e n d e t . Je nach

apikalem

5.4 Urologische Endoskopie und Katheterismus

67

Abb.5-14: Urologische Endoskope: a. Zystoskop mit Faßzange, b. Ureterorenoskop mit Steinkörbchen, c. perkutanes Nephroskop mit Steinzertrümmerungssonde (Sonotrode)

Schliff der Optik ist das Blickfeld geradeaus gerichtet oder abgewinkelt, so daß auch abgelegene Winkel der Harnblase eingesehen werden können. Für Kinderendoskopien stehen Endoskope bis 4,5 Ch. zur Verfügung. Zystoskopische Arbeitsoptionen. Durch den Arbeitskanal kommen Biopsiezangen, kleine Faßzangen für Steine und Fremdkörper (Abb. 5-14a), Lasersonden und elektrische Koagulationssonden unter Sicht zum Einsatz. Darüber hinaus läßt sich durch diesen Kanal der Harnleiter sondieren, was häufig zur diagnostischen Kontrastierung (retrogrades Ureteropyelogramm) oder zur Einlage eines an beiden Enden gebogenen Doppel-J-Katheters in den Harnleiter genutzt wird. Auf gleichem endoskopischem Wege werden auch moderne Harnröhren-Stents appliziert.

• -

zystoskopische Arbeitsoptionen: Biopsien Koagulation Faßzangen Steinzertrümmerung Lasertechnik Harnleitersondierung Harnröhren-Stents

Hinsichtlich weiterer instrumenteller Kombinationen zur Harnröhrenschlitzung und transurethralen Resektionstechnik wird auf die betreffenden Kapitel verwiesen (s. Abschn. 12.6, S.189).

5.4.1.2 Ureterorenoskop, Nephroskop Im Vergleich zum Zystoskop ist das Ureterorenoskop dünner (4,5-12 Ch.) und bedeutend länger, um bis ins Nierenbecken gelangen zu können (Abb.5-14b). Durch das Instrument können Biopsiezängchen, Steinkörbchen, Steinzertrümmerungs- und Lasersonden in den oberen Harntrakt eingebracht werden. Als Nephroskope werden analog gebaute Instrumente zum perkutanen Einsatz am Nierenhohlraumsystem bezeichnet, die in Länge und Kaliber etwa den Zystoskopen entsprechen. Die Optik ist aber vom Arbeitskanal abgewinkelt (Abb. 5-14 c), um bessere operative Handlungsfreiheit zu erzielen (s. Abschn. 17.6.2, S.302).

2. Ureterorenoskop erschließt optisch Harnleiter und Nierenbecken

3. Nephroskop • dient zum perkutanen Einsatz am Nierenhohlraumsystem

5.4.2 Endoskopische Technik am Harntrakt

Endoskopische Technik am Harntrakt

5.4.2.1 Urethrozystoskopie

Urethrozystoskopie

Die Spiegelung von Harnröhre und Harnblase erfolgt beim Erwachsenen meist ohne Narkose oder Sedierung, aber unter sterilen lokalen Bedingungen. Beim Mann ist es sinnvoll, nach Desinfektion des Genitale in Steinschnittlage

• Vorgehen: - Steinschnittlage - Desinfektion

5. Urologische Diagnostik

68 - Instillation von Gleitmittel - sterile Endoskopie

Was sieht man? 1. Harnröhre: • Divertikel • Verletzungen • Harnröhrenklappen • Prostataobstruktion 2. Harnblase: • Schleimhautbild • Trabekulierung • Divertikel • Steine • Tumoren • Blutungsquellen • Lage/Form der Ureterostien

die Harnröhre mit einem oberflächenanästhesierenden Gleitmittel zu instillieren. Beim Vorschieben des Endoskops lassen sich Engstellen, Divertikel und Schleimhautverhältnisse der Harnröhre beurteilen. Der elastische Penis wird dabei gestreckt und die bulbäre Kurvatur durch Absenken des Instruments überwunden. Nach Passage des Schließmuskelbereichs blickt man in die Pars prostatica der Harnröhre, die neben dem dorsal liegenden Colliculus seminalis vor allem die Größe, Form und mögliche Obstruktion der Prostatalappen zeigt. Nach Passage des Blasenhalses kann mit verschieden stark gewinkelten Optiken die gesamte Blase eingesehen werden. Entzündlich veränderte Mukosa, Trabekulierung, Divertikel, Blasentumoren, -steine, Blutungsquellen und Blutgerinnsel können diagnostiziert werden. Darüber hinaus gibt die Lage und Form der Ureterostien Hinweise auf einen Reflux. Durch Beobachtung des Harnausstoßes aus den Ostien kann bei Hämaturie der oberen Harnwege eine Seitendiagnostik gelingen. Bei schwieriger Identifizierung markiert die i.v.-Gabe eines blauen Farbstoffs das Ostium (Chromozystoskopie).

• keine Antibiotika oder Antiseptika instillieren!

Ggf. w e r d e n w e i t e r e M a ß n a h m e n mit d e r Z y s t o s k o p i e k o m b i n i e r t , wie A u s s p ü l u n g von G e r i n n s e l n , P r o b e b i o p s i e n , K o a g u l a t i o n von kleinen B l u t u n g s q u e l l e n , S o n d i e r u n g / K o n t r a s t i e r u n g d e r H a r n l e i t e r u . a . Die Instillation von Hamantiseptika o d e r gar Antibiotika a m E n d e d e s Eingriffs ist obsolet.

Ureterorenoskopie

5.4.2.2 Ureterorenoskopie

- meist Narkose nötig - manchmal Ostienbougierung notwendig - Technik oft schwierig

Dieser Eingriff bedarf meist einer spinalen oder allgemeinen Anästhesie. Nach Passage der Harnröhre wird mit dem Renoskop direkt in das Harnleiterostium eingegangen (Abb. 5-15). Zu enge Ostien können aufbougiert oder inzidiert werden. Diagnostisch lassen sich Tumoren und Steine in Harnleiter und Nierenbecken verifizieren. Bei Steinen wird der Eingriff in der Regel mit der Therapie (Körbchenextraktion, Ultraschall- oder Laserzertrümmerung) kombiniert, bei Tumorverdacht Spülzytologien oder Biopsien entnommen. Narbige Harnleiterengen können auf diesem retrograden Weg geschlitzt werden. (Weitere Formen der Endoskopie s. Abschn. 5.4.5 und 5.5)

renoskopische Arbeitsoptionen: • Mukosainspektion • Spülzytologie • Steinextraktion • Steinzertrümmerung • Strikturspaltung

69

5.4 Urologische Endoskopie und Katheterismus

5.4.3 Indikationen und Kontraindikationen zur Endoskopie

Indikationen und Kontraindikationen zur Endoskopie

5.4.3.1 Indikationen • Urethroskopie. In der Regel wird die Urethroskopie mit einer Zystoskopie kombiniert. Indikationen zur Inspektion der H a r n r ö h r e sind Tumor, Fremdkörperverdacht, radiologisch ungenügend darstellbare Striktitren, Divertikel und Fehlbildungen (z.B. Duplikaturen). D e r s u p r a d i a p h r a g m a l e Anteil wird bisweilen bei chronisch-entzündlichen Prozessen der Prostata (Urethritis posterior) und häufig zur Beurteilung einer Prostataobstruktion inspiziert, um die Indikation zur Operation zu ergänzen oder das Operationsverfahren festzulegen. • Zystoskopie. Die wichtigste Indikation zur Zystoskopie ist die Hämaturie, die solange tumorverdächtig ist, bis ein Tumor als Ursache ausgeschlossen ist. Auch die Tumornachsorge nach erfolgreicher Entfernung eines Blasentumors muß regelmäßig zystoskopisch erfolgen. Weitere Indikationen sind Tumoren der Nachbarschaft (Uterus, R e k t u m ) , Darstellung von Fisteln, die Beurteilung von Trigonum und Harnleitermündungcn bei vesikoureteralem Reflux, Blasendivertikel, Steine, Ureterozelen und Verdacht auf Fremdkörper. Manchmal muß auch im Zuge der Abklärung rezidivierender Harnwegsinfekte und Blasenentleerungsstörungen endoskopiert werden. Die Sondierung/Schienung und retrograde Kontrastierung der Harnleiter erfordert zwangsläufig eine Urethrozystoskopie. • Die Indikationen zur Ureterorenoskopie erstrecken sich auf die Abklärung eines Tumorverdachts in Harnleiter und Nierenbecken sowie auf die therapeutischen Verfahren der Harnleitersteinbehandlung.

1. Urethroskopie Indikation • Harnröhrentumor • Fremdkörper in der Harnröhre • Harnröhrenstriktur • Harnröhrenanomalie • chronische Urethritis • Prostataobstruktion 2. Zystoskopie Indikation • Hämaturie • Blasentumor, Tumornachsorge • Tumorinfiltration von außen • Fistel, Divertikel • Blasenstein, Fremdkörper in der Blase • vesikoureteraler Reflux • Ureterozele • Harnleitersondierung, -kontrastierung

3. Ureterorenoskopie Indikationen: • Harnleitertumor • Nierenbeckentumor • Harnleiterstein, -striktur

5.4.3.2 Kontraindikationen

Kontraindikationen

Bei akuten Entzündungszuständen ist die primäre Urethrozystoskopie äußerst schmerzhaft. Zusätzlich wird die Beurteilung der Mukosaverhältnisse durch die massive R ö t u n g (vermehrte Gefäßinjektion) beeinträchtigt. Eine weitere Kontraindikation stellt die traumatische Urethraverletzung dar, da hier durch die Spülflüssigkeit Keime aus der vorderen H a r n r ö h r e in die Beckenweichteile gespült werden können.

· frisches Urethraltrauma · akute Urethritis/Zystitis

5.4.4 Komplikationen der Endoskopie Bei jeder retrograden Endoskopie werden Bakterien aus der vorderen Harnröhre in den sterilen H a r n t r a k t verschleppt. Daraus können Infektionen der Harnblase, des oberen Harntrakts und der männlichen Genitalorgane (Prostatitis, Epididymitis) resultieren. Bei nicht obstruktivem H a r n t r a k t ist das Infektionsrisiko jedoch gering. Jede instrumentelle Passage der H a r n r ö h r e verursacht Mikroläsionen der Schleimhaut. G r ö b e r e Verletzungen mit Erosionen haben häufig sekundäre narbige Strikturen der H a r n r ö h r e zur Folge. Bei unübersichtlichen Verhältnissen durch Blutung oder bei unsachgemäßer D u r c h f ü h r u n g kann es in seltenen Fällen zur Perforation der Harnröhrenoder Blasenwand (Via falsa) k o m m e n , die meist narbig ausheilt. E i n e v o r ü b e r g e h e n d e Hämaturie n a c h Z y s t o s k o p i e ist vor allem beim M a n n häufig u n d k a n n nicht als K o m p l i k a t i o n gewertet w e r d e n . Sie hat ihre U r s a c h e in K o n t a k t b l u t u n gen, die das I n s t r u m e n t an p r o m i n e n t e n P r o s t a t a r a n d v e n e n auslöst.

Komplikationen der Endoskopie

• • • • • • • •

Harnwegsinfektion Epididymitis Blutung ex urethra Harnröhrenverletzung (Via falsa), -striktur Blasenwandperforation Ureterverletzung Harnleiterstriktur, -perforation retroperitoneale Einschwemmung von Spülflüssigkeit

70

5. Urologische Diagnostik Bei d e r U r e t e r o r e n o s k o p i e sind M u k o s a l ä s i o n e n u n d P e r f o r a t i o n e n d e r U r e t e r w a n d nicht selten u n d b e d ü r f e n d e r v o r ü b e r g e h e n d e n p o s t o p e r a t i v e n Schien u n g mit e i n e m D o p p e l - J - K a t h e t e r .

Spezielle Formen der Endoskopie

5.4.5 Spezielle Formen der urologischen Endoskopie

1. Laparoskopie: Abklärung • des nicht palpablen Hodens und • intraabdomineller Genitalrudimente bei Intersexualität

• Laparoskopie. B e i m Kind wird die L a p a r o s k o p i e z u r D i a g n o s t i k d e s nicht palpablen, im b i l d g e b e n d e n V e r f a h r e n nicht d a r s t e l l b a r e n Hodens benutzt. D a b e i läßt sich zwischen B a u c h h o d e n , H o d e n r u d i m e n t u n d A n o r c h i e d i f f e r e n z i e r e n . G g f . wird d i e o p e r a t i v e T h e r a p i e in g l e i c h e r N a r k o s e a n g e s c h l o s sen. D i e V e r i f i z i e r u n g rudimentärer innerer Genitalstrukturen und deren Biopsie bei v e r s c h i e d e n e n F o r m e n d e r I n t e r s e x u a l i t ä t wird gleichfalls l a p a r o s k o pisch d u r c h g e f ü h r t (s. A b s c h n . 18.2.2, S.307).

2. Genitoskopie: Spiegelung des Genitale bei • Intersexformen • kloakalen Fehlbildungen • vaginalem Fremdkörper

• G e n i t o s k o p i e . Bei Fremdkörperverdacht in d e r k i n d l i c h e n Vagina f ü h r t die Vaginoskopie rasch z u r D i a g n o s e . Bei k o m p l i z i e r t e n intersexuellen und kloakalen Fehlbildungen g e h ö r t die e n d o s k o p i s c h e D i a g n o s t i k d e s Sinus u r o g e n i t a lis o d e r d e r K l o a k e n s t r u k t u r zur i n t e r d i s z i p l i n ä r e n A b k l ä r u n g d e r G e n i t a l a n omalie.

Katheterismus

5.4.6 Katheterismus

Indikationen

5.4.6.1 Indikationen, Formen

1. Diagnostik:

Indikationen. E i n e S o n d i e r u n g d e r H a r n r ö h r e k a n n a u s diagnostischen Gründen z u r Kaliberbestimmung d e s Meatus o d e r t i e f e r e r A b s c h n i t t e d e r Harnröhre e r f o l g e n .

• • • • •

Harnröhrenkalibrierung Gewinnung von Blasenurin Infektdiagnostik urodynamische Messungen Flüssigkeitsbilanzierung

2. Therapie: • Entlastung bei Harnverhalt • intermittierender (selbsttätiger) Ein malkatheterismus bei neurogener Blasenentleerungsstörung • Ausspülen von Blutgerinnseln (bei Blasentamponade) Formen 2 grundsätzliche Wege: • transurethral • suprapubisch-transkutan - bei Frauen meist transurethral

Vorteile des suprapubischen Katheters: • keine Strikturgefahr • geringere Infektionsrate • erleichterte Miktionsdiagnostik

Bei Verdacht auf Anuric wird besser eine Blasensonographie durchgeführt. Z u r Gewinnung von Blasenurin k a n n ein E i n m a l k a t h e t e r i s m u s d u r c h g e f ü h r t w e r d e n . U r o d y n a m i s c h e U n t e r s u c h u n g e n (Blasendruckmessung) b e d ü r f e n ein e r K a t h e t e r e i n l a g e e b e n s o wie d i e Bilanzierung intensivpflege-bedürftiger Patienten. H ä u f i g e r wird d e r K a t h e t e r i s m u s therapeutisch z u r Entlastung bei Harnverhalt a n g e w e n d e t . D a b e i ist zwischen d e m h o c h steril d u r c h z u f ü h r e n d e n Einmalkatheterismus u n d d e m sog. s a u b e r e n intermittierenden Katheterismus, der r e g e l m ä ß i g u n d m e h r m a l s täglich d u r c h g e f ü h r t wird, zu u n t e r s c h e i d e n . L e t z t e rer a h m t die n o r m a l e B l a s e n e n t l e e r u n g z . B . bei n e u r o g e n e r B l a s e n e n t l e e r u n g s s t ö r u n g n a c h u n d k a n n ggf. a u c h v o m P a t i e n t e n selbst getätigt w e r d e n . Formen. D i e K a t h e t e r a b l e i t u n g d e r H a r n b l a s e k a n n g r u n d s ä t z l i c h auf 2 W e gen e r f o l g e n : transurethral oder suprapubisch-transkutan. • Bei d e r Frau ist in d e r R e g e l w e g e n d e r k u r z e n H a r n r ö h r e d e m transurethralen Zugang d e r V o r z u g zu g e b e n . N u r g e n i t a l e V e r b r e n n u n g e n , L a g e r u n g im G i p s b e t t u n d m a n c h e i n t e n s i v m e d i z i n i s c h e n I n d i k a t i o n e n r e c h t f e r t i g e n bei der Frau einen suprapubischen Katheter. • B e i m Mann läßt sich die h o h e urethrale Strikturgefahr d u r c h d e n suprapubischen Katheterismus wirkungsvoll u m g e h e n . D i e s e r K a t h e t e r ist auch s u b j e k tiv a n g e n e h m e r zu t r a g e n u n d e r m ö g l i c h t d u r c h A b k l e m m e n j e d e r z e i t die P r ü f u n g d e r S p o n t a n m i k t i o n . D a r ü b e r h i n a u s zeigt d e r s u p r a p u b i s c h e K a t h e t e r ein g e r i n g e r e s H a r n w e g s i n f e k t r i s i k o .

71

5.4 Urologische Endoskopie und Katheterismus )

ι





α

X Abb.5-16: Transurethrale Katheter: a. Einmalkatheter mit Nelaton-Spitze, b. Einmalkatheter mit Tiemann-Spitze, c. Verweilkatheter mit Casper-Spitze, d. Ballon-Verweilkatheter (Foley), e. Spül-Verweilkatheter

Abb. 5-17: Transurethraler Katheterismus: a. Strecken der penilen Kurvatur durch Hochklappen des Penis, b. Strecken der bulbären Kurvatur durch Z u g am Penis, c. Prädilektionsort für bulbäre Verletzung (Via falsa)

Abb. 5-18: Suprapubischer Katheterismus: a. bei voller Blase gleitet die Peritonealfalte nach kranial und gibt den Punktionsweg frei, b. Punktionsort median 2 Querfinger oberhalb der Symphyse, c. suprapubische Blasen punktion im rechten Winkel zur Bauchdecke

5.4.6.2 Technik des Katheterismus

Technik

• Transurethrale Katheter sind aus PVC, Silikon oder G u m m i und haben je nach Zweck verschiedene Kaliber (6-30 Ch.), verschieden geformte Katheterspitzen und als Verweilkatheter einen blockbaren Ballon (Abb.5-16). Spülkatheter, wie sie bei Blasenblutungen oder nach transurethralen Operationen eingelegt werden, haben zusätzlich einen Zulaufkanal integriert. Beim Einführen des Katheters wird reichlich Gleitmittel verwendet. Beim Mann wird die penile Kurvatur der Pars pendulans durch H o c h k l a p p e n des Penis nach kranial mühelos überwunden (Abb. 5-17). Die bulbäre Kurvatur läßt sich aber nicht strecken, so daß hier der elastische Katheter nur durch die

1. Wie legt man einen transurethralen Katheter? • desinfizieren • Gleitmittel einfüllen • Penis hochklappen • Katheter einführen • Harnröhre durch Zug am Penis strecken • Sphinkter und Prostata sanft überwinden (keine Gewalt!)

72

5. Urologische Diagnostik straff a n l i e g e n d e H a r n r ö h r e n w a n d g e f ü h r t wird. D a g e r a d e im u n m i t t e l b a r s u b s p h i n k t ä r e n B e r e i c h die S c h i e n u n g d e r H a r n r ö h r e d u r c h d a s C o r p u s s p o n g i o s u m entfällt, m u ß z u r V e r m e i d u n g e i n e r d o r s a l - b u l b ä r e n V i a falsa d i e H a r n r ö h r e d u r c h Z u g a m P e n i s m a x i m a l g e s t r e c k t w e r d e n ( A b b . 5-17). Bei e n t s p a n n t e m B e c k e n b o d e n gleitet d e r K a t h e t e r d a n n p r o b l e m l o s in die Blase. E i n e g e w a l t s a m e K a t h e t e r i s i e r u n g ist g e g e n die R e g e l d e r K u n s t u n d f ü h r t imm e r zur Verletzung der H a r n r ö h r e .

- bei der Frau problemloses Einführen möglich

Bei d e r Frau ist das E i n f ü h r e n d e s t r a n s u r e t h r a l e n K a t h e t e r s n a c h d e r I d e n t i f i zierung des Meatus problemlos.

2. Wie legt man einen suprapubischen Katheter? • volle Blase sichern • Lokalanästhesie • suprapubische Probepunktion • Blasenpunktion • Katheter annähen und Verband

• Suprapubischer Katheter. D i e A n l a g e e i n e r s u p r a p u b i s c h e n H a r n a b l e i t u n g setzt e i n e volle Harnblase voraus. Im Z w e i f e l s f a l l k a n n v o r h e r e i n e s o n o g r a p h i s c h e L o k a l i s a t i o n e r f o l g e n . U n t e r Lokalanästhesie d e r H a u t wird 2 Q u e r f i n g e r o b e r h a l b d e r S y m p h y s e mit e i n e r l a n g e n , d ü n n e n K a n ü l e z u n ä c h s t p r o b e p u n k t i e r t . D i e P u n k t i o n d e r Blase erfolgt mit e i n e r H o h l n a d e l ( 1 0 - 1 2 C h . ) , die b e r e i t s mit d e m K a t h e t e r s c h l a u c h b e s t ü c k t ist ( A b b . 5-18). N a c h E n t f e r n e n d e r N a d e l wird d e r K a t h e t e r a n d e r H a u t a n g e n ä h t o d e r a n g e k l e b t . Ein k l e i n e r V e r b a n d d e c k t die P u n k t i o n s s t e l l e .

Komplikationen und Kontraindikationen

5.4.6.3 K o m p l i k a t i o n e n und Kontraindikationen

1. suprapubischer Katheter • Unterbauchverwachsung • Aszites • Schrumpfblase • Blutungsübel • Blasentumor • in 5% Makrohämaturie/Hämatom

• Suprapubische Punktion. V o r a u s s e t z u n g f ü r e i n e k o r r e k t e P u n k t i o n ist d a s H o c h g l e i t e n d e r p r ä v e s i k a l e n P e r i t o n e a l f a l t e bei z u n e h m e n d e r F ü l l u n g d e r Blase ( A b b . 5-18). Unterbauchoperationen mit Verwachsungen und Aszites sind d a h e r r e l a t i v e K o n t r a i n d i k a t i o n e n dieses V e r f a h r e n s . Strikt k o n t r a i n d i ziert ist die s u p r a p u b i s c h e P u n k t i o n b e i m Blasentumor, da die G e f a h r d e r Tum o r z e l l v e r s c h l e p p u n g in W e i c h t e i l g e w e b e g r o ß ist. Schließlich sind alle A r t e n von Blutgerinnungsstörungen K o n t r a i n d i k a t i o n e n des s u p r a p u b i s c h e n K a t h e terismus. T r o t z d e m k o m m t es a u c h bei lege artis d u r c h g e f ü h r t e r P u n k t i o n in r u n d 5 % d e r Fälle z u r M a k r o h ä m a t u r i e o d e r z u m p e r i v e s i k a l e n H ä m a t o m , was g e l e g e n t l i c h s o g a r zur t r a n s u r e t h r a l e n K o a g u l a t i o n z w i n g e n k a n n . D i e g r o ß e n V o r t e i l e d i e s e s K a t h e t e r i s m u s b e i m M a n n r e c h t f e r t i g e n a b e r das R e s t risiko in d e n m e i s t e n Fällen.

2. transurethraler Katheter: • akutes Harnröhrentrauma • iatrogene Via falsa • akute Urethritis • aszendierende Harnwegsinfektion • Epididymitis • Katheterinkrustation

• Transurethraler Katheter. Auf die g r o ß e G e f a h r d e r Via falsa b e i m M a n n d u r c h u n s a c h g e m ä ß e H a n d h a b u n g d e r t r a n s u r e t h r a l e n K a t h e t e r e i n l a g e wurde o b e n s c h o n h i n g e w i e s e n . J e d e r W i d e r s t a n d d u r c h S t r i k t u r , S p h i n k t e r s p a s mus oder Prostatakarzinom m u ß zum Abbruch des Katheterversuchs führen. Bei b e k a n n t e r Via falsa u n d a k u t e r U r e t h r i t i s ist d e r t r a n s u r e t h r a l e K a t h e t e r i s mus kontraindiziert. W e g e n d e r S c h l e i m s c h i c h t zwischen H a r n r ö h r e n w a n d u n d K a t h e t e r birgt die t r a n s u r e t h r a l e F o r m d e r H a r n a b l e i t u n g auch ein h o h e s R i s i k o a s z e n d i e r e n d e r H a r n w e g s i n f e k t i o n e n u n d b e i m M a n n zusätzlich d e r E p i d i d y m i t i s . I n f e k t b e d i n g t e K a t h e t e r i n k r u s t a t i o n e n u n d H a r n s t e i n b i l d u n g sind b e i m t r a n s u r e t h r a len D a u e r k a t h e t e r nicht selten.

Interventionelle Uroradiologie

5.5 Interventionelle Uroradiologie A.

Kombination aus endourologischer Technik und bildgebendem Verfahren

Frankenschmidt

Die Kombination urologischer Techniken der Endoskopie und des Katheteris( s A b s c h n . 5.4, S. 66) mit klassischen u n d m o d e r n e n b i l d g e b e n d e n M e t h o d e n f ü h r t e zu e i n e r R e i h e d i a g n o s t i s c h e r u n d t h e r a p e u t i s c h e r V e r f a h r e n , die erst d u r c h S o n d i e r u n g o d e r P u n k t i o n e i n e R ö n t g e n k o n t r a s t i e r u n g d e r H a r n o r g a n e e r m ö g l i c h e n o d e r die u r o l o g i s c h e M a n i p u l a t i o n r ö n t g e n o l o g i s c h bzw. so-

m u s

5.5 Interventionelle Uroradiologie

73

nographisch steuern. Diese Verfahren faßt man unter dem Begriff der „Interventionellen Uroradiologie" zusammen. Je nach Spezifität d e r b i l d g e b e n d e n u n d d e r e n d o o p e r a t i v e n Technik wird der Eingriff v o m U r o l o g e n . R a d i o l o g e n o d e r im Team a u s g e f ü h r t .

5.5.1 Retrograde Verfahren

Retrograde Verfahren

Werden die Harnwege durch die H a r n r ö h r e n m ü n d u n g gegen den Strom passiert, spricht man von retrogradem Vorgehen. Dazu gehören die retrograde Kontrastierimg von H a r n r ö h r e , Harnblase, Harnleiter und Nierenbeckenkelchsystem, die retrograde Applikation von H a r n r ö h r e n - und Harnleiterschienen und bildgestützte renoskopische Techniken zur Biopsie, Strikturspaltung und Steinsanierung. Praxishinweis: Diese retrograden Verfahren können auch bei Kontrastmittelallergie durchgeführt werden, da keine parenterale Kontrastmittelpassage erfolgt.

Praxishinweis: reduziertes Allergierisiko

5.5.1.1 Retrogrades Urethrogramm

Retrogrades Urethrogramm

Die männliche H a r n r ö h r e läßt sich über einen in der Fossa navicularis sanft geblockten Ballonkatheter retrograd kontrastieren. Bei schräger Projektion und Streckung der U r e t h r a durch Zug am Penis k o m m e n Harnröhrenstrikturen, -divertikel, -fisteln, -tumoren, traumatische Paravasate oder Anomalien gut zur Darstellung (Abb. 5-19). Bei ausreichender Relaxation des Beckenbodens wird auch der prostatische Harnröhrenanteil abgebildet, und das Kontrastmittel tritt in die Blase über. Die H o d e n sollten durch eine Bleikapsel geschützt werden. Die weibliche Harnröhre läßt sich retrograd nur über einen Doppelballonkatheter kontrastieren, der den Blasenhals und den Meatus externus abdichtet. Dies ist nur zum Nachweis oder Ausschluß eines Harnröhrendivertikels indiziert.

Indikationen beim Mann: • Harnröhrenstriktur • Harnröhrendivertikel • Harnröhrenfistel • Harnröhrentrauma • Harnröhrentumor

5.5.1.2 Miktionszystourethrogramm (MCU)

Miktionszystourethrogramm (MCU)

Die Füllung der Harnblase mit Kontrastmittel (Zystogramm) erfolgt in der Regel retrograd über einen dünnen Katheter; alternativ kann das Kontrastmittel aber auch über eine suprapubische Punktion eingebracht werden.

Zystographie: • retrograd oder • suprapubisch

Abb. 5-19: Retrogrades Urethrogramm: bulbäre Harnröhrenstriktur

Indikation bei der Frau: • Harnröhrendivertikel

74

5. Urologische Diagnostik

Abb. 5-20: Miktionszysturethrogramm: Normalbefund der Miktionsphase

Beurteilungskriterien im MCU: • Lage, Form • Größe (Kapazität) • Kontur • Miktionsmodus • Reflux • Restharnmenge • Kontrastaussparung • Paravasat

Lage, Form, Größe, Kontur u n d Füllungskapazität d e r Blase sind wichtige B e f u n d k r i t e r i e n . A u c h ein vesikoureteraler Reflux k a n n n u r z y s t o g r a p h i s c h sic h e r n a c h g e w i e s e n u n d klassifiziert w e r d e n . N a c h F ü l l u n g d e r B l a s e wird d e r K a t h e t e r e n t f e r n t u n d die M i k t i o n d e s K o n t r a s t m i t t e l s b e o b a c h t e t ( M C U ) . D i e Formwandlung d e r Blase, d i e Ö f f n u n g d e s Blasenhalses und der Sphinkterregion u n d die jetzt a n t e g r a d e D a r s t e l l u n g d e r H a r n r ö h r e v e r m i t t e l n dem Untersucher morphologische und funktionelle Hinweise über Störungen a m u n t e r e n H a r n t r a k t ( A b b . 5 - 2 0 ) . N a c h E n t l e e r u n g zeigt d a s v e r b l e i b e n d e K o n t r a s t m i t t e l die Restharnmenge an.

Risiken beim MCU: • Harnwegsinfekt • beim Mann: Harnröhrenstriktur

Trotz d e r r a d i o g e n e n u n d i n s t r u m e n t e i l e n B e l a s t u n g ist das M C U w e g e n s e i n e s hohen diagnostischen Wertes eine Basisuntersuchung der unteren Harnwege. H i n r e i c h e n d e A u s s a g e k r a f t erzielt sie j e d o c h n u r u n t e r D u r c h l e u c h t u n g s b e d i n g u n g e n mit S t e h b i l d t e c h n i k u n d U n t e r s u c h u n g in g e e i g n e t e r P r o j e k t i o n s e b e n e . I a t r o g e n a q u i r i e r t e H a r n w e g s i n f e k t e m ü s s e n d u r c h steriles V o r g e h e n vermieden werden.

Retrogrades Ureteropyelogramm (RP)

5.5.1.3 Retrogrades Ureteropyelogramm (RP)

Technik: - Zystoskopie - Harnleitersondierung - Kontrastierung

W a n n i m m e r die i. v . - U r o g r a p h i e (s. A b b . 3-3, S. 30) die o b e r e n H a r n w e g e u n g e n ü g e n d o d e r ( z . B . bei s t u m m e r N i e r e ) ü b e r h a u p t nicht a b b i l d e t , k a n n d a s R P die U r s a c h e d a f ü r in d e r R e g e l k l ä r e n . D a z u wird d e r H a r n l e i t e r z y s t o s k o pisch mit e i n e m d ü n n e n U r e t e r e n k a t h e t e r i n t u b i e r t u n d u n t e r B i l d w a n d l e r k o n t r o l l e k o n t r a s t i e r t . Nicht s c h a t t e n g e b e n d e H a r n s t e i n e , U r e t e r t u m o r e n o d e r e i n e O b s t r u k t i o n von a u ß e n k ö n n e n so m e i s t lokalisiert u n d d i f f e r e n z i e r t w e r d e n . G e s c h w ü l s t e in H a r n l e i t e r u n d N i e r e n b e c k e n w e i s e n h ä u f i g e i n e typische polyzyklische O b e r f l ä c h e n k o n t u r auf. D a r ü b e r h i n a u s liefert die U n t e r s u c h u n g a b e r a u c h d i a g n o s t i s c h e H i n w e i s e bei A n o m a l i e n d e s o b e r e n H a r n trakts: U r e t e r a b g a n g s t e n o s e , M e g a u r e t e r e n , D o p p e l b i l d u n g e n u n d bei F e h l f u n k t i o n e n d e r Peristaltik ( A b b . 5-21).

Indikationen: • stumme Niere • Lokalisation und Differenzierung eines Abflußhindernisses im Harnleiter Beseitigung • Tumor im Harnleiter oder Nierenbecken • Harnleiteranomalien

W i r d d a s H i n d e r n i s passiert, e r f o l g t im g l e i c h e n A r b e i t s g a n g die Entlastung der proximal gestauten Harnwege. D a die U n t e r s u c h u n g s e h r invasiv ist u n d die G e f a h r d e r p o s t i n s t r u m e n t e l l e n H a r n w e g s i n f e k t i o n o d e r s o g a r e i n e r H a r n l e i t e r p e r f o r a t i o n birgt, m u ß die I n d i k a t i o n b e s o n d e r s s t r e n g gestellt w e r d e n .

Doppel-J-Katheter

5.5.1.4 Doppel-J-Katheter

• innere Harnleiterschiene, die das Nierenbecken mit der Blase verbindet • Einlage erfolgt über das Zystoskop

D ü n n e innere Harnleiterschienen, d e r e n e n d s t ä n d i g e K r ü m m u n g e n in N i e r e n b e c k e n u n d Blase zu p i a z i e r e n sind, w e r d e n in g l e i c h e r r e t r o g r a d - e n d o s k o p i scher Technik e i n g e l e g t u n d ihre Position r ö n t g e n o l o g i s c h o d e r s o n o g r a p h i s c h k o n t r o l l i e r t ( A b b . 5-22). D i e s e D o p p e l - J - K a t h e t e r d i e n e n d e r s u f f i z i e n t e n H a r n d r a i n a g e bei H a r n l e i t e r s t r i k t u r e n , U r e t e r o b s t r u k t i o n v o n a u ß e n ( B e k -

5.5 Interventionelle Uroradiologie

75

Abb. 5-21: Retrograde Ureteropyelographie: Nachweis eines Ureter fissus bei Doppelniere

b Abb.5-22: Doppel-J-Katheter: a. in situ, b. schematisch

kentumor. M . O r m o n d , Schwangerschaft), zur Schienung nach Ureterverletz u n g o d e r als auxiliäre M a ß n a h m e z u r V o r b e u g u n g o b t u r i e r e n d e r „ S t e i n s t r a ßen" nach extrakorporaler Stoßwellenlithotripsie (ESWL). A l s F r e m d k ö r p e r im H a r n t r a k t sind diese S c h i e n e n a b e r infektionsträchtig u n d b e d i n g e n n a t u r g e m ä ß e i n e n artifiziellen vesikorenalen Reflux.

Indikationen: • Harndrainage bei Obstruktion • Schienung bei Harnleiterverletzung • auxiliäre Maßnahme bei ESWL Risiken: • Harnwegsinfekt • artifizieller Reflux • Harnleiterperforation

76

5. Urologische Diagnostik

Abb. 5-23: Harnröhren-Stent: a. Stent im Röntgenleerbild, b. Stent schematisch

Ureterorenoskopische Eingriffe

5.5.1.5 Ureterorenoskopische Eingriffe, Implantate

technische Optionen: • Steinextraktion • Steinzertrümmerung (mit Ultraschall, elektrohydraulisch, mit Laser) • Strikturspaltung

Prinzipiell können ureterorenoskopische Operationen ohne Bildwandler durchgeführt werden (s. Abschn. 5.4.2.2, S. 68). Wenn sich jedoch Sonden und Steinkörbchen wegen Schleifenbildung des Harnleiters oder schlechter Sichtverhältnisse der endoskopischen Kontrolle entziehen, wenn der Verbleib von Steinfragmenten zu klären oder eine Kontrastierung des proximalen Hohlraumsystems notwendig ist, kann der renoskopische Eingriff unter Röntgensicht gesteuert werden.

Implantate zur Strikturbehandlung Urethrale Stents halten die Harnröhre permanent offen Indikationen: • Rezidivstrikturen • inoperables obstruktives Prostataadenom/-karzinom

Implantate zur Strikturbehandlung. Netzartig aufgebaute Metallhülsen werden in jüngster Zeit zur Behandlung rezidivierter Strikturen in die U r e t h r a implantiert. In komprimierter Form werden diese Schienen (stents) unter endoskopischer Kontrolle in die frisch gespaltene Strikturregion eingebracht und vor Ort an die H a r n r ö h r e n w a n d gepreßt. Die exakte Entfaltung und Positionierung der Hülse kann im Bildwandler kontrolliert werden (Abb. 5-23). Das Implantat hält die Strikturzone offen, überwuchert mit Urothel und verhindert die Restrikturierung. A n a l o g e I m p l a n t a t e f ü r d e n H a r n l e i t e r s i n d in k l i n i s c h e r E r p r o b u n g .

In gleicher Weise können spiral- o d e r netzförmige Metallhülsen bei obstruktiver Prostata in die proximale H a r n r ö h r e piaziert werden und den H a r n f l u ß gewährleisten, wenn das Risiko einer transurethralen Elektroresektion zu groß

Perkutane Verfahren • Optionen

• Technik: - Infiltrationsanästhesie - Punktionsort: hintere Axillarlinie, sub-/interkostal - sonographisch gesteuerte Organpunktion

5.5.2 Perkutane Verfahren Nierenzysten, -parenehym und -beckenkelchsystem lassen sich unter sonographischer oder radiologischer Steuerung gezielt sub- oder interkostal in der hinteren Axillarlinie perkutan punktieren. Eine Infiltrationsanästhesie reicht dazu in der Regel aus; nur bei ausgedehnten Manipulationen in Nieren und Harnleiter ist eine Regional- oder Allgemeinnarkose erforderlich. Schwere Gerinnungsstörungen sind eine generelle Kontraindikation p e r k u t a n e r Verfahren.

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5.5 Interventionelle Uroradiologie 5.5.2.1 Transkutane Nierenbiopsie, Nierenzystenpunktion

Perkutane Nierenbiopsie, Zystenpunktion

Nicht selten liefern die m o d e r n e n bildgebenden Verfahren widersprüchliche oder unsichere B e f u n d e , deren Dignität nur durch gezielte Feinnadelbiopsie eruiert werden kann. Auch die Differentialdiagnose entzündlicher Nierenparenchymerkrankungen erfordert manchmal eine histologische Sicherung. Die Nierenpunktion wird sonographisch mit einem speziellen Punktionsschallkopf durchgeführt. Eine Punktionspistole reduziert dabei den Schmerz und erhöht die bioptische Ausbeute. Die G e f a h r der Nachblutung ist bei Verwendung einer Feinnadel minimal. In gleicher Technik können Nierenzysten gezielt punktiert, der Zysteninhalt ggf. zytologisch untersucht und der Zystenhohlraum kontrastiert werden. Große Zysten können auf diesem Wege verödet werden (z.B. durch Instillation von 5 - 1 0 ml 9 6 % i g e m Alkohol). Eine Indikation dazu besteht aber nur bei symptomatischen Zysten oder solchen, die den H a r n a b f l u ß erheblich behindern.

Indikationen zur Nierenpunktion: • bildgebend nicht zu klärende Raumforderung • Glomerulonephritis, nephrotisches Syndrom • Nierenabszeß • Abstoßung bei Transplantat • Technik: - sonographisch gesteuerte Punktion

5.5.2.2 Perkutane Nephrostomie (PNS)

Perkutane Nephrostomie (PNS)

Nierenzystenpunktion • Technik: - sonographisch gesteuerte Punktion - ggf. Zytologie entnehmen - ggf. Zyste kontrastieren - Verödung symptomatischer Zysten

Die p e r k u t a n e Kathetereinlage ins Nierenhohlraumsystem ist ein heute häufig angewandtes Verfahren, um eine akut syptomatische oder infizierte Stauung der oberen Harnwege notfallmäßig zu entlasten. Bei Urosepsis m u ß aber die Gerinnungssituation beachtet werden. Technik: Das Hohlraumsystem wird sonographisch lokalisiert, mit dem Punktionsschallkopf entlang der orthograden Achse eines Nierenkelchs punktiert, unter Röntgenkontrolle ein Führungsdraht ins Nierenbecken vorgeschoben, der Punktionskanal darüber aufbougiert und schließlich über den Draht ein sogen. Pigtail-Katheter eingeführt (Abb. 5-24). Die notfallmäßige Nephrostomie beseitigt die G e f a h r der Urosepsis und die Schmerzen, verbessert die Nierenfunktion und bietet einen Zugang für weitere diagnostische oder therapeutische M a ß n a h m e n . Eiter kann über diesen Schlauch ausgespült und das Hohlraumsystem im Intervall mit Kontrastmittel dargestellt werden (antegrade Ureterographie, s. Abb. 3-4, S.30). Ist das Abflußhindernis nicht zu beseitigen (Tumorleiden), kann der Kanal erweitert und ein Ballonkatheter als p e r m a n e n t e palliative Harnableitung ins Nierenbecken piaziert werden. Perkutane Nephrolitholapaxie (PNL). Bei großen Steinmassen, bei -matrix oder erfolgloser extrakorporaler Lithotripsie ( E S W L ) ist eine perkutane Steinsanierung indiziert. D e r oben beschriebene Punktionskanal (s. Abb.524) wird soweit aufbougiert, daß ein N e p h r o s k o p (Ch. 24-30) ins Nieren-

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Abb. 5-24: Perkutane Nephrostomie (schematisch)

• Technik: - sonographisch und radiologisch gesteuerte Punktion - Einlage eines Pigtail- oder BallonNephrostomiekatheters - Katheterfixation und Verband • Indikationen: - Entlastung bei symptomatischem Harnstau - drohende Urosepsis durch Obstruktion - Nephrolitholapaxie - auxiliäre Maßnahme bei E S W L

Perkutane Nephrolitholapaxie perkutane Steinzertrümmerung und -entfernung im Nierenhohlraumsystem

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5. Urologische Diagnostik

Abb. 5-25: Perkutane Nephrolitholapaxie (schematisch) • Indikationen: - Nierenausgußstein/große Steinmassen - erfolglose E S W L - kombinierte Behandlung mit E S W L • Risiken: - Blutung durch Punktion und Bougierung - Nierenbeckenperforation mit Einschwemmung von Spülflüssigkeit

beckenkelchsystem eingeführt werden kann. Durch dessen Arbeitskanal lassen sich die Steine mit Ultraschallwellen, elektrohydraulisch oder mit Lasertechnik z e r t r ü m m e r n und die Fragmente mit kleinen Z a n g e n extrahieren oder herausspülen (Abb. 5-25). Auf diesem Weg kann auch der proximale Harnleiter erreicht und von Steinen befreit werden. Blutungen und Nierenbeckenperforationen mit Einschwemmen von Spülflüssigkeit sind seltene, aber ernste Komplikationen. G e g e n ü b e r der E S W L ist dieser aufwendige Eingriff daher nicht nur invasiver, sondern auch risikoreicher.

Nephroskopie, antegrade Ureterotomie

5.5.2.3 Nephroskopie und antegrade Ureterotomie

Nephroskopie: - seltener Eingriff antegrade Ureterotomie bei • Ureterabgangsstenose • sekundärer narbiger Harnleiterstriktur

In seltenen Fällen wird der o b e n b e s c h r i e b e n e p e r k u t a n e Z u g a n g zur I n s p e k t i o n u n d Biopsie u n k l a r e r B e f u n d e im N i e r e n h o h l r a u m s y s t e m b e n u t z t . O b e r f l ä c h l i c h e , gestielte U r o t h e l t u m o r e n im N i e r e n b e c k e n lassen sich sogar n e p h r o s k o p i s c h e l e k t r o r e s e z i e r e n . Auch U r e t e r a b g a n g s s t e n o s e n k ö n n e n auf diesem p e r k u t a n e n Weg inzidiert u n d vorü b e r g e h e n d geschient w e r d e n .

Angiographische Verfahren

5.5.3 Angiographische Verfahren Die selektive Renovasographie und die daraus entwickelten uroradiologischen Interventionen werden wegen der erforderlichen Röntgentechnik vom Radiologen durchgeführt. Sie sind wichtige Verfahren zur Diagnostik und Therapie urologischer Krankheitsbilder. Sie benötigen nur eine Lokalanästhesie an der Punktionsstelle.

• strenge Indikationen

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Renovasographie und Embolisation sind aber wegen der arteriellen Sondierung, der Verwendung größerer Kontrastmittelmengen und der hohen Strahlenexposition sehr invasiv, hinsichtlich Thrombosen oder Blutungen an der punktierten Arterie nicht ohne Risiko und daher ganz spezifischen Indikationen vorbehalten.

Arterielle Renovasographie

5.5.3.1 Arterielle Renovasographie

konventionelle Nierenangiographie: Darstellung von • Gefäßbaum und • durchblutetem Parenchym

D e r Gefäßbaum der Niere wird in der Regel über den arteriellen Schenkel kontrastiert. Dazu wird in Seldinger-Technik die A. femoralis punktiert und ein Angiographiekatheter über einen Führungsdraht in die A o r t a vorgeführt.

79

5.5 Interventionelle Uroradiologie

Abb. 5-26: Nierenarteriographie beim Nierentumor: bei der selektiven Darstellung der Ii. Nierenarterie stellt sich ein gr. Tumor am oberen Nierenpol mit Kaliberschwankungen, AV-Shunts und pathologischen Gefäßen dar.

Hier kann zunächst eine abdominelle Übersichtsaortographie erfolgen. D a n n werden nacheinander die Nierenarterien beider Seiten selektiv sondiert und unter schneller Bildsequenz Kontrastmittel in die Nierengefäße injiziert (DSA-Tcchnik). Die Bildreihe zeigt in arterieller und Parenchymphase das Gefäßbild und Durchblutungsmuster des Organs. Zusätzlich müssen manchmal akzessorische Polgefäße gesondert sondiert und kontrastiert werden. R a u m f o r d e r n d e Prozesse können pathologische Gefäßkriterien (Korkenzieher-Gefäße, Kontrastmittel-Pooling, arteriovenöse Shunts) aufweisen (Abb. 5-26) oder aber gef ä ß a r m sein. Zysten können die Gefäßverläufe ausspannen. Nierenarterienstenosen werden in Lage und Konfiguration dargestellt. Beim Nierentrauma demonstriert das Kontrastmittelparavasat die Lokalisation und das Ausmaß der Nierenruptur und zeigt durch fehlende Kontrastierung abgesprengte Parenchymfragmente an (s. Abb. 15-5. S.255). In der Tumordiagnostik haben CT und MRT die Nierenangiographie weit zurückgedrängt. Bei unklaren Befunden, bei sehr großen, nierenüberschreitenden Tumoren und aus operationsstrategischen G r ü n d e n (Tumor in der Einzelniere) ist aber eine Renovasographie vor der Operation nach wie vor erforderlich.

• -

Indikationen: große Nierentumoren unklare Raumforderung der Niere Nierenarterienstenose akutes Nierentrauma mit Blutverlust Operationsplanung bei Nierenteilresektion

5.5.3.2 Arterielle Embolisation

Arterielle Embolisation

Die Embolisation der gesamten Niere kann bei intaktem kontralateralem Organ zur Behandlung lebensbedrohlicher Blutungen (Hämangiom), traumatischer Blutungen oder aber zur palliativen Behandlung blutender Nierentumoren erfolgen. Gelegentlich werden auch superselektiv periphere Nierenarterienäste okkludiert, wenn umschriebene Blutungen infolge Trauma, H ä m a n giom, Aneurysma oder arteriovenöser Fistel nicht spontan zum Stillstand kommen.

selektiver oder superselektiver Verschluß der Nierenarterie/-äste • Indikationen: - blutendes Nierenmalignom - blutendes Nierentrauma - blutendes Hämangiom - blutendes Aneurysma - arteriovenöse Fistel

U n t e r A n w e n d u n g der Seldinger-Technik w e r d e n zur E m b o l i s a t i o n g e k r ü m m t e , steuerb a r e K a t h e t e r t r a n s f e m o r a l ü b e r e i n e n F ü h r u n g s d r a h t bis in die zu o k k u d i e r e n d e G e f ä ß r e g i o n v o r g e s c h o b e n u n d das E m b o l i s a t (nicht r e s o r b i e r b a r e G e l a t i n e . Polyvinvl-Alk o h o l , C y a n o a c r v l a t . Metallspiralen, M i k r o b a l l o n s ) d a r ü b e r appliziert. D i e erforderlic h e n K o n t r a s t m i t t e l m e n g e n zur O r i e n t i e r u n g im G e f ä ß b a u m sind dabei beträchtlich, u n d die G e f a h r , d a ß das E m b o l i s a t in g e s u n d e N i e r e n a r e a l e a b g e s c h w e m m t wird, nicht zu vernachlässigen.

• Risiken: - Abschwemmen des Embolisats in gesunde Nierenregionen oder andere Organe

5. Urologische Diagnostik

80

• Nebenwirkungen: - Schmerzen, Fieber, gastrointestinale Symptome

Dennoch werden rund 90 % der Blutungen mit dieser M e t h o d e erfolgreich gestillt. Patienten mit palliativer Tumorembolisation können durch diese Therapie sogar eine partielle Remission ihres Tumorleidens erfahren. Als Nebenwirkung treten nach Embolisation analog zum ausgedehnten Niereninfarkt über einige Tage lokale Schmerzen, Fieber, Übelkeit und vereinzelt auch leichte Darmparalysen auf.

Spezielle Verfahren der Uroradiologie

5.5.4 Spezielle Verfahren der Uroradiologie

Abszeßdrainage • Paranephritische Abszesse werden primär perkutan punktiert und drainiert.

• Abszeßdrainage. Die sonographisch oder radiologisch gesteuerte Punktion von paranephritischen Abszessen mit Aufbougierung des Punktionskanals und Einlage einer oder m e h r e r e r Drainageschläuche über einen Führungsdraht hat die offene Drainageoperation heute weitgehend verdrängt.

• -

Nachweis urologischer Fisteln: transkutane Kontrastierung im i. v.-Urogramm im Zystogramm

• Fisteldarstellungen. Wie in der Allgemeinen Chirurgie werden auch auf urologischem Sektor u r o k u t a n e Fistelsysteme perkutan sondiert und kontrastiert. Fisteln zur Nachbarorganen (Ureter-, Blasenscheiden-, enterovesikale Fistel) werden urographisch oder endoskopisch nachgewiesen.

• Genitogramm - zur Abklärung bei Intersexualität

• Genitogramm. Bei manchen intersexuellen Fehlbildungen ist zur diagnostischen Abklärung die Kontrastierung des urogenitalen Sinus erforderlich (s. Abschn.6.4, S. 101).

Conduitogramm • zur Abklärung von Abflußstörungen im Conduit

• Conduitogramm. Die Kontrastierung eines zwischen Harnleiter und H a u t geschalteten Darmsegments (Conduit) kann Engstellen und Abknickung des Conduits als Ursache einer Abflußstörung aufzeigen. Bei nicht antirefluxiver Implantationstechnik, k o m m e n dabei auch die oberen Harnwege zur Darstellung.

Nuklearmedizinische Untersuchungen

5.6 Nuklearmedizinische Untersuchungen W. Wetterauer

5.6.1 Nieren und ableitende Harnwege Nierenfunktionsszintigraphie

5.6.1.1 Nierenfunktionsszintigraphie

Beurteilung von: • gesamter und seitengetrennter Nierenfunktion • Abflußverhältnissen

Durch den Einsatz neuer R a d i o p h a r m a z e u t i k a in Verbindung mit hochtechnisierten G a m m a k a m e r a - C o m p u t e r s y s t e m e n sind qualitative und quantitative Funktionsprüfungen der Nieren möglich. Die Funktionsszintigraphie der Nieren ist ein einfaches, schnell durchzuführendes und nicht invasives Verfahren, das eine Beurteilung der globalen und seitengetrennten Funktion der Nieren sowie der Harnabflußverhältnisse erlaubt. Nebenwirkungen sind nicht bekannt. Die Strahlenbelastung der G o n a den ist deutlich geringer als bei der Ausscheidungsurographie.

Indikationen: • seitengetrennte Funktionsbeurteilung vor Operationen

Indikationen zur Nierenfunktionsszintigraphie: • seitengetrennte Funktionsbeurteihmg der Nieren vor operativen Eingriffen und postoperative Therapiekontrolle • Entscheidungshilfe bei der Frage organerhaltende Operation/Nephrektomie • Verlaufskontrolle bei b e k a n n t e r N i e r e n e r k r a n k u n g • stumme Niere im Ausscheidungsurogramm • obstruktive Uropathie, zur Diagnosesicherung und Verlaufskontrolle nach Operation • Bestimmung des Schweregrades einer Harnabflußstörung

• stumme Niere im A U G • obstruktive Uropathie • nach Nierentransplantation

5.6 Nuklearmedizinische Untersuchungen

81

• Klärung einer lageabhängigen Funktionseinschränkung bei Ren mobilis • Sicherung/Ausschluß einer renovaskulären Hypertonie • Verlaufskontrolle vor und unter einer Behandlung mit nephrotoxischen Medikamenten • Verlaufskontrolle nach Nierentransplantation • Nachweis von dystopem Nierengewebe. Radiopharmazeutika. Mit ' 9 m T c M A G 3 ( T e c h n e t i u m - m a r k i e r t e s M e r c a p t o a c e t y l g l y cin) steht eine S u b s t a n z zur V e r f ü g u n g , die sich d u r c h rasche A n r e i c h e r u n g in d e n Nier e n u n d gute r e n a l e E l i m i n a t i o n p r o N i e r e n p a s s a g e auszeichnet. Die A u s s c h e i d u n g erfolgt d u r c h t u b u l ä r e S e k r e t i o n . D u r c h die M a r k i e r u n g mit d e m reinen G a m m a s t r a h l e r T e c h n e t i u m , der e i n e H a l b w e r t s z e i t von n u r 6 S t u n d e n hat, wird eine gute A b b i l d u n g s qualität bei g e r i n g e r S t r a h l e n b e l a s t u n g f ü r P a t i e n t u n d U m w e l t e r r e i c h t . D i e mit m J o d m a r k i e r t e Ortho-Jodhippursäure hat ähnlich gute A b b i l d u n g s q u a l i t ä t e n , ist j e d o c h als Z y k l o t r o n p r o d u k t nicht i m m e r v e r f ü g b a r u n d sehr teuer. Die ü b e r J a h r e v e r w e n d e t e R e f e r e n z s u b s t a n z , 3 1 J o d h i p p u r a n sollte w e g e n h ö h e r e r S t r a h l e n b e l a s t u n g des P a t i e n t e n bei s c h l e c h t e r e r A b b i l d u n g s q u a l i t ä t nicht m e h r verwendet werden.

renovaskuläre Hypertonie

gute renale Elimination des Radiopharmazeutikums pro Nierenpassage durch tubuläre Sekretion geringe Strahlenbelastung

Prinzip. Nach Bolusinjektion des R a d i o p h a r m a z e u t i k u m s wird dessen Anflutung, Sekretion und Ausscheidung in das harnableitende System seitengetrennt erfaßt. Durchführung. Nach ausreichender Hydrierung des Patienten und nach Entleerung der Harnblase erfolgt eine Bolus-Injektion von 60 bis 150 M B q W m Tc M A G 3. Mit der G a m m a k a m e r a werden aus dorsaler Sicht erstellt: • Sequenzszintigramme zur visuellen Beurteilung der Nierenfunktion und der Abflußverhältnisse (Abb.5-27). Mit einer E x p o s i t i o n s d a u e r von 1 - 3 M i n u t e n w e r d e n S e q u e n z a u f n a h m e n ü b e r d e n ge-

Durchführung - Hydrierung - Harnblasenentleerung - Tc-Injektion 1. Sequenzszintigramme: • Nierenfunktion • Abflußverhältnisse

s a m t e n U n t e r s u c h u n g s z e i t r a u m von 30 M i n u t e n angefertigt. In der P e r f u s i o n s p h a s e k ö n n e n S e q u e n z b i l d e r mit k ü r z e r e r A u f n a h m e z e i t zusätzlich erstellt w e r d e n .

• Zeitaktivitätskurven über beiden Nieren mittels „Regions of Interest-Technik" ( R O I ) durch gleichzeitige Computer-Akquisition der Daten: In die S z i n t i g r a m m s e r i e k ö n n e n beliebige R e g i o n s of Interest ( R O I ) e i n g e z e i c h n e t u n d d e r zeitliche Aktivitätsverlauf i n n e r h a l b dieser A r e a l e e r r e c h n e t w e r d e n .

1—2m

f

ι

5—6m jt

*

2—3m

3-Hm

η

#

e-7rn

7-8m

#

i

I

•+—5 m

ι

# * 8-9rn

i

ι

3 - 1 Om

IG—lfm

11-13m

12-l5rl

14-1

le-lSm

18-215»

20—2?rn

Abb.5-27: Nierensequenzszintigraphie: Normalbefund mit seitengleicher und zeitgerechter Perfusion, intrarenalem Transport und Ausscheidung in die ableitenden Harnwege

2. Zeitaktivitätskurven: • 3 Phasen: - Perfusionsphase - Sekretionsphase - Exkretionsphase

82

5. Urologische Diagnostik Aktivität Abb.5-28: Isotopennephrogramm, I. Perfusionsphase: Aktivitätsanflutung in der Niere innerhalb weniger Sekunden, II. Sekretionsphase: tubuläre Sekretion in die ableitenden Harnwege (bis ca. 3 min), III. Exkretionsphase: Abfluß über das harnableitende System Tmax

= Kurvenmaximum (Sekretion = Exkretion)

T m n x 1 = Exkretionshalbwertszeit (normal 5-15 Min. nach T m a < )

Aktivität

Aktivität

Aktivität

Horizontaltyp

Stauungskurve

Zeit

Zeit

Nephrektomietyp

Zeit

Abb.5-29: Typische Kurvenverläufe des Isotopennephrogramms, a. Stauungskurve (Abflußstörung bei guter Funktion): stetiger Kurvenanstieg während des gesamten Untersuchungszeitraums, b. Horizontaltyp (Isosthenurie): hochgradige Funktionseinschränkung, c. Nephrektomie-Typ: funktionslose Niere. Die Kurve entspricht dem Abfall der Hintergrundaktivität

pathologische ING sind: • Stauungstyp —> postrenale Schädigung • Isosthenurietyp —> intrarenale Schädigung • Nephrektomietyp -> Niere nicht nachweisbar Clearance-Bestimmung:

Der normale Zeitaktivitätsverlauf des Radiopharmakons (Isotopennephrogrammkurve) läßt sich in 3 Phasen einteilen (Abb. 5-28). Charakteristische pathologische Isotopennephrogamme (ING) sind (Abb. 529 a-c): • Akkumulationstyp (Stauungstyp): Mißverhältnis zwischen Sekretion und Exkretion, einer postrenalen Schädigung entsprechend • Horizontal- bzw. Isosthenurietyp: schwere Funktionseinschränkung bei intrarenaler Schädigung • Nephrektomietyp:

kein Nachweis von funktionstüchtigem Nierenparenchym

Clearance-Bestimmung:

1. Gesamtclearance

• Gesamtclearance. Aus der Gesamtkörper-Retentionskurve und dem Aktivitätsgehalt in 1 oder 2 Blutproben (nach 15-25 min entnommen) kann die Gesamtclearance für die verwendete Substanz bestimmt werden.

2. seitengetrennte Clearance

• Seitengetrennte Clearance. Aus dem Aktivitätsanstieg in den Nieren während der Sekretionsphase bis 120 Sekunden p. i. wird die relative Seitenleistung der Nieren errechnet. Die absolute Funktion jeder Niere errechnet sich aus der relativen Seitenleistung durch Multiplikation mit der GesamtclearanFolgende Nierenfunktionsszintigraphie-Verfahren haben sich bewährt:

Furosemid-Szintigraphie zur Differentialdiagnose mechanische Obstruktion/ampulläres Nierenbecken

• Furosemid-Szintigraphie. Die Diurese-Funktionsszintigraphie ist eine Ergänzung zur Nierenfunktionsszintigraphie und wird in der Regel im Anschluß an die Ausgangsuntersuchung bei Feststellung einer Harnabflußstörung angeschlossen.

83

5.6 Nuklearmedizinische Untersuchungen Furosemid

Abb.5-30: Furosemid-Szintigraphie bei mechanischer Obstruktion rechts. Stauungskurve rechts und leichte Funktionseinschränkung (erkennbar am flachen Kurvenanstieg). Nach Gabe von Furosemid i. v. kein Kurvenabfall

Nach Blasenentleerung werden Ü.5 mg/kg Körpergewicht Furosemid i.v. injiziert und Sequenzaufnahmen (1 Bild/min) über 15-20 min durchgeführt. Die quantitative Auswertung erfolgt wiederum über ROI-Technik, die Nieren und Nierenhohlraumsysteme beider Nieren einschließen. B e u r t e i l u n g s p a r a m e t e r sind K u r v e n v e r l a u f u n d A k t i v i t ä t s a b f a l l in d e r jeweilig e n N i e r e n a c h 15 m i n . E i n e m e c h a n i s c h e O b s t r u k t i o n liegt vor, w e n n d e r A k tivitätsabfall in d e r e n t s p r e c h e n d e n N i e r e u n t e r 50 % liegt. Indikationen z u r D u r c h f ü h r u n g e i n e r F u r o s e m i d - S z i n t i g r a p h i e sind e i n e r s e i t s die B e u r t e i l u n g d e s S c h w e r e g r a d s e i n e r H a r n a b f l u ß s t ö r u n g u n d a n d e r e r s e i t s die Differentialdiagnose zwischen ampullärem Nierenbecken und urodynamisch wirksamer subpelviner Stenose. Bei e i n e m a m p u l l ä r e n N i e r e n b e c k e n k o m m t es zu e i n e m r a s c h e n A b f a l l d e r Z e i t - A k t i v i t ä t s - K u r v e , w ä h r e n d bei e i n e r U r e t e r a b g a n g s s t e n o s e kein n e n n e n s w e r t e r A b f a l l e r f o l g t ( A b b . 5-30). • Die Funktionsszintigraphie nach Captopril-Gabe ist eine nicht invasive Methode zur Erfassung hämodynamisch relevanter Nierenarterienstenosen. Die szintigraphisch erfaßbaren Veränderungen sind auf das Absinken der glomerulären Filtrationsrate der betroffenen Niere unter der Wirkung von ACE-Hemmern zurückzuführen. Es resultieren eine Abnahme der Funktion, ein verzögerter intrarenaler Transport mit verzögerter Aktivitätserscheinung im Nierenbecken. Nierenarterienstenosen ohne hämodynamische Relevanz zeigen einen weitgehend unauffälligen szintigraphischen Befund.

Funktionsszintigraphie mit Captopril Klärung einer renoveskulären Hypertonie

• Refluxdiagnostik. Im Anschluß an eine Funktionsszintigraphie oder nach direkter Instillation einer radioaktiven Substanz in die Harnblase werden unter Miktion Sequenzszintigramme von Blase. Harnleitern und Nieren angefertigt. Ein Aktivitätsanstieg im Ureter oder Nierenhohlsystem ist beweisend für einen Reflux.

Refluxdiagnostik

• Transplantat-Szintigraphie. D i e N i e r e n f u n k t i o n s - S z i n t i g r a p h i e e r l a u b t e i n e Beurteilung der arteriellen Perfusion, der tubulären Funktion, der Harnproduktion und des Harnabflusses ohne Einsatz nephrotoxischer Kontrastmit-

Transplant-Szintigraphie Erfassung der Nierenfunktion postoperativ: • Tubulusnekrose? • Abstoßungsreaktion? • Obstruktion?

H i e r m i t ist es möglich, zwischen a k u t e r Tubulusnekrose, u n d Harnabflußstörung zu u n t e r s c h e i d e n .

Abstoßlingsreaktion

5.6.1.2 Statische Nierenszintigraphie Durch Einsatz von Technetium-markierten Radiopharmazeutika (z.B. lWmTc DMSADimercaptobernsteinsäure), die in der Nierenrinde tubulär gespeichert und nur gering in das Nierenhohlraumsystem ausgeschieden werden, ist es möglich, das funktionsfähige Parenchym der Niere darzustellen. Die Methode spielt durch den Einsatz von Sonographie und CT heute nur eine untergeordnete Rolle.

Statische Nierenszintigraphie

84

5. Urologische Diagnostik

5.6.2 Nebennieren, Hoden Nebennierenrinde • Adenome bei Conn-Syndrom oder M.Cushing • Hyperplasie

Nebennierenrinde. Die Nebennierenrinden-Szintigraphie mit radioaktiv markierten Cholesterin-Derivaten wird zur Lokalisationsdiagnostik von kortisol- oder aldosteronproduzierenden Nebennierenrindentimioren und zur Abklärung einer bilateralen Nebennierenrindenhyperplasie eingesetzt. Die Nebennierenrinden-Szintigraphie ist mit einer hohen Strahlenbelastung verbunden und deshalb diagnostischen Problemfällen vorbehalten.

Nebennieren mark • Phäochromozytom- Diagnostik

Nebennierenmark. Z u r Darstellung adreno- o d e r extramedullärer Phäochrom o z y t o m e ist die N e b e n n i e r e n m a r k - S z i n t i g r a p h i e m i t 131 o d e r l 2 3 J M I B G (Metajodobenzyl-Guanidin) geeignet. Guanidin verhindert die Speicherung und Freisetzung von Noradrenalin an sympathischen Nervenfasern. Prinzipiell gelingt dadurch eine Darstellung sämtlicher Tumoren neuroendokrinen Ursprungs (Tumoren des APUD-Systems).

Hoden Differentialdiagnose: • Hodentorsion • Orchitis, Epididymitis

D i e Hoden-Szintigraphie ist ein nicht invasives V e r f a h r e n z u r d i f f e r e n t i a l d i a gnostischen Unterscheidung einer frischen Hodentorsion von einer Entzünd u n g d e s H o d e n s u n d N e b e n h o d e n s . Sie h a t e i n e h o h e d i a g n o s t i s c h e T r e f f sicherheit. Die Untersuchung wird nach i.v. Bolus-Injektion von 100-550 MBq w , "Tc DTPA (Diäthylendiamin-Essigsäure) durchgeführt. Die Auswertung erfolgt visuell nach Aufnahme mit der Gammakamera. E i n e frische Hodentorsion zeigt e i n e f e h l e n d e P e r f u s i o n d e s H o d e n s . E i n e ältere Hodentorsion ist d a g e g e n d u r c h e i n e z e n t r a l v e r m i n d e r t e P e r f u s i o n m i t ringförmiger Anreicherung charakterisiert. D i e Epididymitis zeigt e i n e v e r m e h r t e D u r c h b l u t u n g u n d e i n e n e r h ö h t e n B l u t pool.

Skelett

• Praxishinweis

Indikationen • Metastasensuche • Knochenschmerzen • Anstieg PSA • Verlaufskontrolle

5.6.3 Skelett Praxishinweis: D i e Metastasensuche ist d i e h ä u f i g s t e I n d i k a t i o n z u r Skel e t t s z i n t i g r a p h i e . Viele m a l i g n e T u m o r e n d e s U r o g e n i t a l t r a k t e s m e t a s t a s i e r e n b e v o r z u g t in d e n K n o c h e n (Prostatakarzinom, Nierenkarzinom). Sie ist d a s sensitivste Verfahren zum N a c h w e i s von K n o c h e n m e t a stasen u n d g e h t d e m R ö n t g e n b e f u n d h ä u f i g u m M o n a t e voraus. Indikationen f ü r d a s S k e l e t t s z i n t i g r a m m sind: • initiales Staging e i n e s T u m o r s v o r T h e r a p i e o d e r Metastasensuche u n d Verlaufskontrolle unter einer Therapie • Knochenschmerzen u n d A n s t i e g von Tumormarkern (ζ. B. p r o s t a t a s p e z i f i sches A n t i g e n , P S A ) . Prinzip und Radiopharmazeutika. Radioaktive osteotrope Substanzen werden im Skelett in Abhängigkeit von Perfusion und Intensität des regionalen Knochenstoffwechsels angereichert. Nur ein Teil des Radiopharmakons wird in das Skelett eingebaut; der Rest wird über die Nieren durch glomeruläre Filtration ausgeschieden. Eine Niereninsuffizienz mit Krcatininwerten über 3 mg % führt zu einer schlechten Skelettdarstellung infolge herabgesetzter Ausscheidung des Radiopharmakons über die Nieren mit dadurch erhöhter Wcichteilanreicherurig. Die Verteilung im Knochen wird mit Hilfe einer Gammakamera von außen erfaßt und dargestellt. Die Anreicherung erfolgt immer im stoffwechselaktiven Randsaum einer Metastase und nicht im Tumor selbst. Die Skelettszintigraphie wird heute ausschließlich mit '""Technetium markierten Phosphatverbindungen durchgeführt. w " T c hat als reiner Gammastrahler eine hervorragende Abbildungsqualität und führt durch seine kurze physikalische Halbwertszeit von 6 Stunden zu einer geringen Strahlenbelastung. Als knochenaffine Trägcrmolekülc wer-

85

5.6 Nuklearmedizinische Untersuchungen

R

V

L

L

D

R

A b b . 5 - 3 1 : Skelettszintigramm v o n ventral (links) und dorsal (rechts). Multiple S p e i c h e r h e r d e in Becken, Wirbelsäule und Rippen, die multiplen Metastasen bei e i n e m Patienten mit Prostatakarzinom entsprechen.

den Phosphatverbindungen ( H M D P = Hydroxymethylendiphosphonat, M D P = Methylendiphosphonat, D P D = Dipropylphosphonat) verwendet. Die Strahlendosis des Knochens liegt bei 30 mGy. die des Knochenmarks und der Gonaden bei 0.30,6 mGy. Durchführung. Z u m N a c h w e i s o d e r A u s s c h l u ß e i n e r M e t a s t a s i e r u n g in d e n K n o c h e n ist e i n e Ganzkörperszintigraphie a u s r e i c h e n d . 2-Λ S t u n d e n n a c h Inj e k t i o n v o n 4 0 0 - 7 0 0 M B q l W m T c - M D P o d e r D P D wird n a c h B l a s e n e n t l e e r u n g in e i n e r Ü b e r s i c h t s a u f n a h m e v o n v e n t r a l u n d dorsal d a s g e s a m t e Skelett a b g e bildet. Um einzelne Bezirke überlagerungsfrei darstellen zu können, können zusätzlich mit einer rotierenden Gammakamera sog. SPECT (Single Photon Emission Computed Tomography)-Aufnahmen angefertigt werden. Zur Differentialdiagnose benigner/degenerativer und maligner/entzündlicher Knochenprozesse ist es häufig sinnvoll, die Skelettszintigraphie in Mehrphasentechnik (mit Frühaufnahmen zur Beurteilung der lokalen Durchblutung) durchzuführen. D i e Auswertung d e r S k e l e t t s z i n t i g r a p h i e e r f o l g t in d e r R e g e l visuell. E i n e q u a n t i t a t i v e A u s w e r t u n g ist bei speziellen F r a g e s t e l l u n g e n m ö g l i c h . Typisch f ü r e i n e M e t a s t a s i e r u n g u r o l o g i s c h e r T u m o r e n ist e i n e verstärkte Aktivitätsanreicherung in d e n b e f a l l e n e n K n o c h e n a r e a l e n . E i n e n t y p i s c h e n B e f u n d eines m e t a s t a s i e r t e n P r o s t a t a k a r z i n o m s mit m u l t i p l e n S p e i c h e r h e r d e n in S t a m m s k e lett u n d R i p p e n zeigt A b b . 5-31. B e i d i f f u s e r M e t a s t a s i e r u n g k a n n die R a d i o n u k l i d e i n l a g e r u n g in d a s S k e l e t t i n s g e s a m t v e r s t ä r k t sein, so d a ß u n t e r B e r ü c k s i c h t i g u n g d e s A l t e r s d e s P a t i e n t e n e i n e a u f f a l l e n d g u t e s z i n t i g r a p h i s c h e D a r s t e l l u n g resultiert, d a s Bild eines sog. Superscan. H e r d e mit v e r m i n d e r t e r A n r e i c h e r u n g (cold lesions) sind selten; sie f i n d e n sich bei o s t e o l y t i s c h e n P r o z e s s e n , d i e k e i n e r e a k t i v v e r m e h r t e n K n o c h e n u m b a u prozesse aufweisen (typischerweise beim Plasmozytom).

Durchführung • G a n z k ö r p e r a u f n a h m e n mit G a m m a kamera

. ggf. S P E C T

• ggf. Mehrphasentechnik Beurteilung: • Aktivitätsanreicherung t —> Metastasen

Aktivität i —> P l a s m o z y t o m

5. Urologische Diagnostik

86 Urodynamische Untersuchungen

5.7 Urodynamische Untersuchungen K. Höfner, U. Jonas

Grundfunktionen des unteren Harn traktes: • Harnsammlung • Urethraverschluß • Miktion Grundparameter der Urodynamik: • Druck • Harnfluß • EMG Untersuchungskombinationen: • Uroflow (Harnflußmessung) • Zystometrie • Urethradruckprofil • Druck-Fluß-Messung Uroflowmetrie Harnflußkurve (ml/s) Parameter: • Volumen • Miktionszeit • Flußrate

U m Funktionsstörungen des unteren H a r n t r a k t e s erfassen zu können, sind Messungen der G r u n d f u n k t i o n e n Harnsammlung, Urethraverschluß und Miktion erforderlich. Urodynamische M e ß m e t h o d e n sind standardisiert und gehören, abgestuft eingesetzt, zur urologischen Routinediagnostik. Die G r u n d p a r a m e t e r urodynamischer Messungen, die erfaßt werden können, sind Druck, Harnfluß und Elektromyogramm und werden in den klassischen Untersuchungskombinationen Uroflowmetrie (Harnflußmessung), Zystometrie (Blasendruckmessung), Urethradruckprofil und Druck-Fluß-Messung aufgezeichnet (Tab. 5-1).

5.7.1 Uroflowmetrie Definition: Harnflußkurve, nichtinvasive Aufzeichnung einer Harnfluß-ZeitKurve ( H a r n f l u ß pro Zeiteinheit in ml/s). Durchführung und Parameter: Bei der Uroflowmetrie wird die Harnmenge (ml), die die U r e t h r a pro Zeiteinheit (s) während einer Miktion verläßt, als Harnflußrate (ml/s) aufgezeichnet. Mit handelsüblichen U r o f l o w m e t e r n unterschiedlicher Meßprinzipien ist die direkte Registrierung einer H a r n f l u ß k u r v e möglich (Tab. 5-2).

Tab.5-1: Klassische urodynamische Untersuchungsverfahren Verfahren

Parameter

Untersuchungsziel

Uroflowmetrie

Harnfluß

Miktionsbeurteilung

Zystometrie

Blasendruck Rektumdruck Detrusordruck (Blasen- minus Rektumdruck)

Reservoirfunktion der Harnblase

Urethradruckprofil

Blasendruck Urethradruck Verschlußdruck (Urethra- minus Blasendruck)

Verschlußfunktion der Urethra

Druck-Fluß-Messung

Blasendruck Rektumdruck Detrusordruck (Blasen- minus Rektumdruck) Harnfluß Elektromyogramm

detaillierte Miktionsanalyse (Detrusorleistung und urethraler Widerstand)

Tab.5-2: Uroflowmetrie: Definitionen Parameter

Bedeutung

Einheit

Flußrate (Q) Flußzeit(t) Miktionsdauer Max. Harnfluß (Qmax) Mittl. Harnfluß (Qave) Miktionsvolumen (V)

Urinvolumen pro Zeiteinheit Zeit, während Harnfluß registriert wird Dauer der Miktion bei intermittierendem Fluß maximaler Wert der Flußrate Miktionsvolumen dividiert durch Flußzeit Gesamtvolumen der Miktion

ml/s s s ml/s ml/s ml

87

5.7 Urodynamische Untersuchungen Volumen maximaler Harnfluß

Miktionsvolumen mittlerer Harnfluß

Zeit

Flußanstieg Miktionsdauer

Flow (ml/s)

normal Harnröhrenstriktur funktionelle Obstruktion b e d Abb.5-32: a. Schematische Darstellung der Uroflowmetrie (Harnflußmessung) und charakteristische Miktionsbilder (b-d)

Praxishinweis: D e r wichtigste klinische P a r a m e t e r zur Beurteilung von Blasenentleerungsstörungen ist der maximale Harnfluß (Abb. 5-32). Dieser verändert jedoch seine G r ö ß e mit der Menge des entleerten Urinvolumens, so daß die Beurteilung nur im Vergleich mit Nomogrammen möglich ist. Von Wichtigkeit ist die Beurteilung des sog. Miktionsbildes. Aus Abweichungen von der Normalkurve ergeben sich mit gewissen Einschränkungen bestimmte Verdachtsdiagnosen (Abb. 5-32). Das Untersuchungsziel besteht in der graphischen Aufzeichnung des Miktionsverlaufes, um eine Blasenentleerungsstörung zu erfassen.

5.7.2 Zystometrie

Praxishinweis

Beurteilung des Miktionsbildes: • normal • Harnröhrenstriktur • funktionelle Obstruktion

Zystometrie

Definition: Untersuchung zur Beurteilung des Detrusorv erhalt ens während der Blasenfüllung (s. Abb. 11-8, S. 177). Durchführung und Parameter: Gemessen wird der intravesikale Druck bei kontinuierlicher Blasenfüllung. Da die Harnblase intraabdominell liegt und

Tab.5-3: Zystometrie: Definitionen Parameter

Bedeutung

Einheit

Restharn

Urinvolumen in der Blase nach Miktion

ml

max. Blasenkapazität

Fassungsvolumen des Detrusors

ml

effektive Blasenkapazität max. Blasenkapazität minus Restharn

ml

Detrusor-Compliance

Dehnbarkeit des Detrusors (Quotient aus max. Blasenkap./intraves. Druckzuwachs)

ml/ cm l·

erster Harndrang

Blasenvolumen an der Schwelle des ersten Harndrangs

ml

instabile Detrusor-Kontraktion

unwillkürlicher, isolierter Druckanstieg im Detrusordruck mit oder ohne begleitende Inkontinenz

Detrusorverhalten bei Blasenfüllung Parameter:

88

5. Urologische Diagnostik

Abb. 5-33: Zystometrie (Pabd = Abdominaldruck, P ves = Blasendruck, Pdet = Detrusordruck, Kurvenbasis = intravesikales Volumen)

Harndrang

Blasendruck Abdominaldruck • Detrusordruck

Untersuchungsziel: • Reservoirfunktion der Harnblase: - Kapazität - Stabilität - Dehnbarkeit - Sensibilität Urethradruckprofil - in Ruhe - bei Belastung

Streßinkontinenz

Parameter: • Urethradruck • Blasendruck • Verschlußdruck

Verschlußdruckprofil • Kontinenz: - Verschlußdruck = positiv • Streßinkontinenz: - Verschlußdruck = Null/negativ

Blasenkapazität

sich somit alle Druckerhöhungen im Abdomen bei Bewegung, Husten, Pressen etc. auf den Blasendruck auswirken, ist eine simultane Registrierung des Abdominaldrucks (gemessen im Rektum) crfordcrlich. Durch Subtraktion des Abdominaldrucks vom Blasendruck wird es möglich, Rückschlüsse auf den Detrusordruck zu ziehen und somit isolierte, ausschließlich intravesikal entstehende Druckschwankungen bei Detrusorkontraktionen zu registrieren. Es werden die Eigenschaften des Detrusors während der Blasenfüllung, d.h. dessen Kapazität, seine Stabilität oder Instabilität bei zunehmender Füllung, die Dehnbarkeit (Detrusor-Compliance) und seine Sensibilität für steigende Füllmengen (Registrierung des Harndranggefühls) erfaßt. Die abgeleiteten Parameter sind in der Tab. 5-3 zusammengefaßt. Die Abb. 5-33 zeigt schematisch die Ableitung einer Zystometriekurve. Untersuchungsziel: Die Zystometrie dient der Beurteilung der Reservoirfunktion der Harnblase mit Erfassung von Kapazität, Stabilität, Dehnbarkeit (Compliance) und Sensibilität des Detrusors.

5.7.3 Urethradruckprofil Definition: Untersuchung zur Dokumentation des urethralen Verschlusses als Druckprofil in Ruhe und unter Streßbedingungen (Erhöhung des intraabdominellen Drucks) zur Diagnostik einer Streßinkontinenz. Durchführung und Parameter: Simultane Messung von Blasen- und Urethradruck mit speziellen Mehrkanal-Kathetern, um den Verschlußdruck (Urethraminus Blasendruck) erfassen zu können. Um ein Druckprofil (Abb. 5-34) über den gesamten Verlauf der Urethra aufzuzeichnen, wird während der Druckmessung der Meßkatheter mit konstanter Geschwindigkeit (maschinell) zurückgezogen. Die Parameter des Urethradruckprofils sind standardisiert (Tab. 5-4). Im Verschlußdruckprofil unter Streßbedingungen (bei Erhöhung des intraabdominellen Drucks = Husten, Niesen, Pressen oder Bewegung) wird festgestellt, inwieweit auch unter abdomineller Druckbelastung in der Urethra ein positiver Druckgradient aufrechterhalten werden kann. Fällt der Verschlußdruck beim Husten auf Null oder wird negativ, so liegt eine Streßinkontinenz vor.

89

5.7 Urodynamische Untersuchungen cm H ? 0

Abb.5-34: Urethradruckprofil. Druckmessung bei Rückzug des Meßkatheters mit konstanter Geschwindigkeit

Tab.5-4: Urethradruckprofil: Definitionen Parameter

Bedeutung

max. Urethradruck

Maximaldruck des Urethradruckprofils

Einheit

max. Urethraverschlußdruck intravesikaler Druck

simultan gemessener Blasendruck

cm H 2 0

funktionelle Urethralänge

Strecke, auf der der Urethradruck den Blasendruck übersteigt

cm H 2 0

Ruheprofil

Druckprofilmessung in Ruhe

Streßprofil

Druckprofilmessung bei abdomineller Druckerhöhung (Husten, Pressen)

5.7.4 Druck-Fluß-Messung Definition: Detaillierte Beurteilung aller Faktoren der Miktion aus Detrusordruck und Harnfluß. D a zur Realisierung des Harnflusses sowohl der Detrusor als Leistimgsquelle als auch die Urethra als wesentlicher Miktionswiderstand von Bedeutung sind, ermöglicht erst die Messung von Druck und Fluß die detaillierte Analyse der Miktion. Durchführung und Parameter: P a r a m e t e r zur Miktionsanalyse sind der Detrusordruck (als Differenzdruck aus Blasen- minus R e k t u m d r u c k ) und der Harnfluß. Bei Verdacht auf eine funktionelle Blasenentleerungsstörung ist es darüber hinaus erforderlich, diese Messung mit der Ableitung des Elektromyogramms ( E M G ) aus dem externen urethralen (s. Abb. 11-10, S. 178) oder analen Sphinkter zu kombinieren. Auf diesem Weg gewinnt man Informationen über den Aktivitätszustand der urethralen Verschlußmuskulatur. Normalerweise k o m m t es bei Miktion zur Relaxation der Urethra-Muskulatur, die durch eine „Nullinie" im E M G nachgewiesen werden kann (Abb.5-35a). Bei Detrusor - externer Sphinkter/Beckenboden -Dyssynergie erfolgt eine simultane Kontraktion des Beckenbodens, die mit einem Aktivitätsanstieg im E M G einhergeht (Abb.5-35b). Die Dyssynergie ist somit eine funktionelle, nur bei Miktion nachweisbare Blasenentleerungsstörung.

Druck-Fluß-Messung Miktionsbeurteilung aus: • Detrusordruck und • Harnfluß - Detrusor: Leistungsquelle - Urethra: Miktionswiderstand

Parameter: • Detrusordruck • Harnfluß • EMG

• synerge Miktion: - normale Relaxation der Urethramuskulatur • dyssynerge Miktion: - simultane Kontraktion der Urethramuskulatur

90

5. Urologische Diagnostik

Abb. 5-35: Druck-Fluß-Messung bei normaler Miktion (a) und Detrusor-externer Sphinkter/Beckenboden - Dyssynergie (b) (Pdet = Detrusordruck)

- Obstruktion kann bedingt sein: • mechanisch • funktionell Untersuchungsziel

Die Diagnostik von Quantität und Qualität einer mechanischen erfolgt aus der Analyse der Druck-Fluß-Relation.

Obstruktion

Die Druck-Fluß-Messung ist die einzige Methode, um detaillierte Informationen über verschiedene Obstruktionsformen und die Detrusorleistung zu gewinnen.

6. Fehlbildungen ff.-Η.

Fehlbildungen

Ringert

F e h l b i l d u n g e n d e r Nieren, ableitenden Harnwege u n d Genitalorgane mac h e n 3 5 - 4 0 % aller a n g e b o r e n e n Veränderungen aus. Sie k o m m e n sowohl solitär als a u c h im R a h m e n v o n S y n d r o m e n vor. N o r m v a r i a n t e n müssen von behandlungsbedürftigen Fehlbildungen abgegrenzt werden.

• Epidemiologie

6.1 Fehlbildungen der Nieren

Nieren

6.1.1 Nierenagenesie, -aplasie und -hypoplasie

1. Agenesie

Bei d e r N i e r e n a g e n e s i e f e h l t e i n e N i e r e n a n l a g e vollständig. Sie stellt die f r ü h ste u n d s c h w e r s t e F o r m e i n e r H e m m u n g s f e h l b i l d u n g dar. • D i e beidseitige N i e r e n a g e n e s i e ist mit e i n e r s c h w e r e n Lungenhypoplasie v e r g e s e l l s c h a f t e t . E i n e Gesichtsdysplasie ist c h a r a k t e r i s t i s c h u n d hat nach d e m E r s t b e s c h r e i b e r z u r B e z e i c h n u n g Potter-Syndrom g e f ü h r t . K i n d e r mit b e i d s e i t i g e r N i e r e n a g e n e s i e sind nicht l e b e n s f ä h i g , klinische B e d e u t u n g h a t d e s h a l b diese s c h w e r s t e F c h l b i l d u n g nicht. • D i e einseitige N i e r e n a g e n e s i e ist h ä u f i g , die I n z i d e n z wird mit 1 : 1000 bis 1 : 1500 a n g e g e b e n . D i e linke N i e r e f e h l t e t w a s h ä u f i g e r als die r e c h t e , M ä n n e r sind d o p p e l t so h ä u f i g wie F r a u e n b e t r o f f e n .

• vollständiges Fehlen der Nieren• beidseitige = Potter-Syndrom: - Lungenhypoplasie - Gesichtsdysplasie

• -

einseitige: Inzidenz: > 1 : 1500 Ii. Niere fehlt häufiger 9 : cJ = 1 : 2

Auf der betroffenen Seite fehlen bei der Agenesie auch der Harnleiter, die Hälfte des Blasentrigonums, der Ductus deferens und der ipsilaterale Prostatalappen - also alle Abkömmlinge des Wolff-Ganges. Dies kann bei der Beurteilung der Fertilität von Männern mit Einzelniere von Bedeutung sein. D i e Nierenaplasie setzt voraus, d a ß Teile d e s m e t a n e p h r o g e n e n B l a s t e m s vorh a n d e n sind, die E n t w i c k l u n g d e r N i e r e j e d o c h nicht v o l l s t ä n d i g e r f o l g t e . Aplastisches G e w e b e entspricht undifferenziertem Blastem, das z.B. später als Z u f a l l s b e f u n d als v e r k a l k t e s G e b i l d e im R ö n t g e n l e e r b i l d d a r g e s t e l l t werd e n k a n n . E i n a t r e t i s c h e r H a r n l e i t e r läßt sich o f t n a c h w e i s e n . G e n i t a l a n o m a lien k ö n n e n a u c h in diesen Fällen v o r h a n d e n sein, j e d o c h ist nicht mit R e g e l m ä ß i g k e i t von e i n e m F e h l e n d e r A b k ö m m l i n g e des W o l f f - G a n g e s a u s z u g e -

D i e Nierenhypoplasie u n d die -dysplasie sind die h ä u f i g s t e n m u n g s f e h l b i l d u n g e n , die zu e i n e r verkleinerten und malformierten re f ü h r e n .

HemNie-

• Nierenhypoplasie b e d e u t e t , d a ß e i n e verkleinerte, morphologisch jedoch völlig normal a n g e l e g t e N i e r e vorliegt. E s f i n d e t sich e i n e v e r r i n g e r t e A n z a h l v o n K e l c h g r u p p e n . M e h r als 90 % d e r zu b e o b a c h t e n d e n N i e r e n h y p o p l a s i e n sind sporadisch a u f t r e t e n d e F e h l b i l d u n g e n , d . h . d i e N i e r e n h y p o p l a s i e ist zum e i s t k e i n e v e r e r b t e F e h l b i l d u n g . D i e N i e r e n h y p o p l a s i e ist m e i s t einseitig u n d h a t e i n e Inzidenz v o n 1 : 1000. Sic v e r u r s a c h t k e i n e n H y p e r t o n u s u n d

2. Aplasie • metanephrogenes Blastem vorhanden, unvollständige Nierenentwicklung

Praxishinweis

3. Hypoplasie • verkleinerte, normale Niere - Kelchgruppenzahl i - meist sporadisch (> 90%) - einseitig - Inzidenz: 1 : 1000 - kein Krankheitswert

92

6. Fehlbildungen

Abb.6-1: Multizystische Nierendysplasie (Typ IIa nach Potter) 4 Tage postpartal

• beidseitige Hypoplasie - Nierenfunktion I 4. Dysplasie • abnorme Entwicklung des metanephrogenen Gewebes • häufig mit zystischen Veränderungen einhergehend (Potter II)

- meist mit Fehlbildungen von Ureter, Blase, Urethra

• Potter-Einteilung: ein-, beidseitig - II a-Dysplasie: unilaterale multizystische große Niere (9 : ci = 1 : 2) - II b-Dysplasie: kleine, aplastische Niere

auch keine v e r m e h r t e Infektanfälligkeit. Es gibt keine Indikation zur Entfernung einer hypoplastischen N i e r e ohne Z u s a t z e r k r a n k u n g . D i e beidseitige Hypoplasie geht mit einer E i n s c h r ä n k u n g der globalen N i e r e n f u n k t i o n e i n h e r und ist wesentlich seltener als die einseitige Form. • Nierendysplasie entsteht durch eine a b n o r m e Entwicklung des m e t a n e p h r o genen G e w e b e s mit V e r ä n d e r u n g e n der strukturellen O r g a n i s a t i o n und abnorm a l e r Entwicklung d e r g e s a m t e n N e p h r o n e . D i e Dysplasie ist keine h e r e d i t ä r e E r k r a n k u n g . Dysplasien gehen zwar mit zystischen V e r ä n d e r u n g e n e i n h e r (Typ II nach Potter), sind j e d o c h streng zu t r e n n e n von polyzystischen Nierene r k r a n k u n g e n . Dysplastische N i e r e n k ö n n e n klein aber auch n a h e z u n o r m a l groß, solide und zystisch, n i e r e n f ö r m i g o d e r von der F o r m h e r fehlgebildet sein. Ihre Funktionsfähigkeit k a n n sehr unterschiedlich sein und ist häufig auch abhängig von den zusätzlichen Fehlbildungen der H a r n l e i t e r , Blase und U r e t h r a , die in n a h e z u 90 % d e r Fälle leichtere o d e r schwere Fehlbildungen aufweisen. Potter teilte 1972 die Dysplasie in die Typen IIa und IIb ein. Die Potter I I a-Dysplasie ist die zumeist unilaterale multizystische g r o ß e N i e r e , die bei K n a b e n d o p p e l t so häufig wie bei M ä d c h e n auftritt (Abb. 6-1). Potter I I b-Dysplasie ist die kleine, e h e r solide, aplastische Nierendysplasie. Beide F o r m e n der Nierendysplasie k ö n n e n einseitig, beidseitig und auch segmental an einer Niere a u f t r e t e n . B i l d g e b e n d e U n t e r s u c h u n g s v e r f a h r e n k ö n n e n die Dysplasie nicht sichcr e r f a s s e n . Sic ist eine histologische D i a g n o s e mit d e m N a c h w e i s primitiver S a m m e l r o h r e , u n d i f f e r e n z i e r t e m Epithel und e i n e r inselförmigen K n o r p e l m e t a p l a s i e . S t ö r u n g e n der E n t w i c k l u n g d e r U r e t e r k n o s p e , die e k t o p entspringt u n d auf a n o m a l e s m e t a n e p h r o g e n e s G e w e b e stößt, sind U r s a c h e f ü r viele Typ I I a D y s p l a s i e n , die h ä u f i g mit einer Atresie d e s U r e t e r s e i n h e r g e h e n .

Therapie: • die betroffene Niere wird in der Regel belassen • Nachsorge zur Kontrolle der Nierenfunktion notwendig

Therapie. Eine E n t f e r n u n g der typischen unilateralen multizystischen N i e r e wird heute nicht m e h r e m p f o h l e n . D a s Risiko, in einer solchen N i e r e einen malignen T u m o r zu entwickeln, ist ausgesprochen gering. Diese K i n d e r b e d ü r f e n aber d e r regelmäßigen Nachsorge, um zu sehen, o b es in d e r Folgezeit zu einer s p o n t a n e n Verkleinerung dieses O r g a n s k o m m t o d e r o b sich eine Vergrößerung einstellt. In letzterem Fall ist die Nephrektomie d u r c h z u f ü h r e n u n t e r Beachtung von F u n k t i o n und M o r p h o l o g i e des k o n t r a l a t e r a l e n Organs, das gehäuft Störungen aufweist.

Nierenlage, -form

6.1.2 Fehlbildungen der Nierenlage und -form

Lage-, Drehungsanomalien: • unvollständiger Aszensus • unvollständige Rotation

N a c h V e r e i n i g u n g d e r U r e t e r k n o s p e mit d e m m e t a n e p h r o g e n e n B l a s t e m b e g i n n t die N a c h n i e r e ihre W a n d e r u n g a u s d e r S a k r a l r e g i o n , tritt in K o n t a k t mit d e r N e b e n n i e r e u n d erreicht bei e i n e r S c h e i t e l - S t e i ß - L ä n g e des E m b r y o s von 25 m m die e n d g ü l t i g e Nie-

93

6.1 Fehlbildungen der Nieren r e n p o s i t i o n hoch l u m b a l . Gleichzeitig erfolgt eine 9 0 " - D r e h u n g u m die L ä n g s a c h s e , die d e n p r i m ä r nach ventral o r i e n t i e r t e n N i e r e n h i l u s w i r b e l s ä u l e n w ä r t s d r e h t (7.-8. SSW).

Aszensus und Rotation erklären die sehr häufigen Lageanomalien (Dystopien) der Nieren. • Entsprechend dem Wanderungsweg werden sakrale, iliakale, lumbale Dystopien differenziert (vgl. Abb. 1-3). • Vielfach weisen diese Nieren zumeist auch Drehungsanomalien (Malrotationen) auf. bei denen die Konvexität der N i e r e n k o n t u r nicht wie üblich nach lateral sondern nach dorsal zeigt. Diese A n o m a l i e n lassen sich leicht im Ausscheidungsurogramm darstellen, während in der Sonographie leichte Formen der Malrotation häufig übersehen werden.

a) Dystopien: - sakral - iliakal - lumbal b) Malrotation: - bei orthotoper Niere: Normvariante - bei dystoper: Harnabflußstörungen ausschließen

D r e h u n g s a n o m a l i e n sind bei o r t h o t o p g e l e g e n e n N i e r e n als N o r m v a r i a n t e n a n z u s e h e n . Klinische B e d e u t u n g k o m m t i h n e n selten zu.

Bei dystop gelegenen Nieren kann bei Harnabflußstörungen eine operative Korrektur notwendig werden. • Bei gekreuzten Dystopien liegen beide Nieren auf einer Körperseite. Sie sind zumeist miteinander verschmolzen. Die nichtgekreuzte Niere liegt in normaler, die gekreuzte in dystoper Position unterhalb des orthotopen Organs. D e r Harnleiter der dystopen Niere kreuzt vor der Wirbelsäule auf die Gegenseite. Die beiden Ureterostien liegen jedoch in a n n ä h e r n d orthotoper Lage im Blasentrigonum. D i e thorakale Ektopie ist die seltenste L a g e a n o m a l i e u n d f i n d e t sich in Z u s a m m e n h a n g mit e i n e r Z w e r c h f e l l h e r n i e o d e r R e l a x a t i o n .

Die häufigste Form der Verschmelzungsniere ist die Hufeisenniere. Zumeist verbindet eine Parenchymbrücke die beiden Unterpole, seltener auch die Oberpole.

c) gekreuzte Dystopie - beide Nieren liegen auf einer Körperseite

d) thorakale Ektopie

e) Hufeisenniere

Die verschmolzenen Nieren weisen zusätzlich Malrotationen auf. Die Hufeisenniere liegt tiefer als normale Nieren, die Harnleiter verlaufen ventral der Parenchymbrücke. Die Gefäßversorgung einer solchen Verschmelzungsniere besteht aus einer variablen Zahl von Arterien und Venen. Die Achsenstellung dieser Nieren divergiert in einem nach kranial offenen Winkel (Abb. 6-2). Therapie. Alle Lage- und Formanomalien der Nieren machen selten Krankheitszeichen. Werden sie entdeckt, so ist nur dann durch bildgebende und funktionelle Diagnostik eine weitere Abklärung notwendig, wenn klinische Zeichen wie Schmerzen, Harnwegsinfekte oder Steinbildungen im Hohlsystem

Abb.6-2: Hufeisennieren, divergierende Achsenstellung, ventral gelegenes Nierenbecken

Therapie • nur bei entsprechender Klinik erforderlich: - Schmerzen - Konkremente - Harnabflußstörungen - Harnwegsinfekte

6. Fehlbildungen

94

hinzutreten. Beschwerden treten bei diesen Fehlbildungen insbesondere durch Harnabflußstörungen auf.

Zystennieren DD im Ultraschall: Harnstauungsnieren • Klassifikation nach Potter: - Typ I - Typ IIa, b - Typ III - Typ IV

6.1.3 Zystennieren Sonographisch zu differenzieren von Aufweitungen des Hohlsystems der Nieren bei Harntransportstörungen sind echoarme Raumforderungen bei Neugeborenen und Säuglingen, die zystischen Nierenerkrankungen zuzuordnen sind. Potter führte 1964 eine Klassifikation der zystischen Nierenveränderungen ein, die allgemein akzeptiert wird (dahinter die Synonyme): • Potter I-Typ: infantile polyzystische Nierenerkrankung oder autosomal rezessive polyzystische Nephropathie (ARPN) • Potter Ii-Typ: IIa = multizystische, I I b = hypoplastische Nierendysplasie • Potter III-Typ: adulte polyzystische Nierenerkrankung, autosomal dominante polyzystische Nephropathie (ADPN) • Potter IV-Typ: zystische Nierendysplasie bei Obstruktion der unteren Harnwege

• Potter-Syndrom: Fruchtwassermangel - Potter-Gesicht - funktionslose Nieren -> intrauteriner Fruchttod

Zu trennen von dieser Klassifikation nach Potter ist das Potter-Syndrom. Dies ist ein klinisches Syndrom, das durch langanhaltenden intrauterinen Fruchtwassermangel unterschiedlicher Ursache entsteht. Es ist charakterisiert durch das „Potter-Gesicht", bewirkt durch Hypertelorismus, Verbreiterung und Abflachung der Nasenwurzel, Epikanthus, Lidwinkelwangenfalte, Mikrognathie und tiefansetzende, dysplastische Ohrmuscheln. Daneben werden Klumpfüße, Gelenkkontrakturen und plumpe Hände beschrieben. Dieses Syndrom ist ein „Nonfunction-Syndrom" der Nieren, das nicht mit dem Überleben der Kinder zu vereinbaren ist. Es sagt nichts über die Ursachen des Verlustes der Nierenfunktion aus. Neben bilateraler Nierenagenesie können auch schwere Formen der Typ-II-Zystennieren nach Potter Ursache des gleichnamigen Syndroms sein.

Typ I-Zystennieren • Vorkommen: Kindesalter - perinatal, neonatal - infantil - juvenil • Nierenvergrößerung, Sammelrohrzysten

• Typ I-Zystennieren (ARPN). Diese Form der zystischen Nierenanomalie fällt klinisch bereits im Kindesalter auf. Es werden je nach Manifestationsalter eine perinatale von einer neonatalen, infantilen und juvenilen Form unterschieden. Die Nieren sind beidseits vergrößert, die Sammelrohre sind zystisch erweitert. Obligat vergesellschaftet ist diese Erkrankung mit einer cholangiodysplastischen Fibrose der Leber. Respiratorische Komplikationen führen durch die Lungenhypoplasie häufig in der Neugeborenen- oder Säuglingszeit zum Tode. Überleben diese Kinder, werden die Symptome der sich entwikkelnden portalen Hypertension bei gleichzeitiger Niereninsuffizienz bedeutTyp II-Zystennieren, s. Nierendysplasie.

Typ Ill-Zystennieren

^ΐ> • Erwachsenentyp

• Typ Ill-Zystennieren (ADPN). Polyzystische Nieren vom Erwachsenentyp gehören zu den häufigsten monogen erblichen Erkrankungen überhaupt. Klinisch treten sie erst nach dem 3. Lebensjahrzehnt in Erscheinung. Etwa 5 0 % der Anlageträger erreicht bis zum 6. Lebensjahrzehnt des Stadiums der terminalen Niereninsuffizienz· Pankreas, Lunge, Leber und Milz können ebenfalls zystische Veränderungen aufweisen. Immer sind beide Nieren betroffen. Bluthochdruck, Flankenschmerzen, Hämaturie und eine Nephrolithiasis sind häufige klinische Symptome. Etwa die Hälfte der Kinder eines Betroffenen sind Anlageträger und entwikkeln im Verlaufe ihres Lebens Symptome.

Therapie: symptomatisch I • Eiweißrestriktion • Elektrolytausgleich • Hochdruckbehandlung

Eine kausale Therapie gibt es nicht. Elektrolytausgleich und Eiweißreduktion verlangsamen die fortschreitende Niereninsuffizienz. Der Hypertonus bedarf strenger Kontrolle und guter Einstellung, da unbehandelte Hypertoniker häufig an Rupturen der Hirnstammarterien sterben.

6.1 Fehlbildungen der Nieren

95 ggf. Nephrektomie Dialyse Transplantation

Infizierte Zysten und Blutungen in große Zysten können eine operative Freilegung erfordern. Eine N e p h r e k t o m i e ist selten indiziert. Selbst sehr große Nieren machen kaum Verdrängungserscheinungen. Letztendlich ist eine Nierenersatztherapie notwendig. Vor oder bei einer Nierentransplantation ist aus Platzgründen häufig die E n t f e r n u n g einer polyzystischen Niere angezeigt. • Typ IV-Zystennieren. Eine fetale Obstruktion geht oft mit einer zystischen Dysplasie einher. Inwieweit diese Form zystischer N i e r e n e r k r a n k u n g e n eigenständig und vom Typ II a nach Potter abzutrennen ist, wird diskutiert.

Typ IV-Zystennieren • ähnlich Typ IIa • kortikale Zysten • Nierenfunktion oft normal

Die pathologisch-histologische Klassifikation der zystischen Nierenerkrankungen (n. Bernstein) ordnet diesen Typ der Dysplasie zu: 1. zystische N i e r e n d y s p l a s i e a. multizystische N i e r e n b. zystische Dysplasie mit O b s t r u k t i o n d e s H a r n t r a k t s c. s e g m e n t a l e Dysplasie d. d i f f u s e zystische Dysplasie 2. polyzystische N i e r e n e r k r a n k u n g a. P o t t e r Typ I (infantile F o r m ) b. P o t t e r Typ III ( a d u l t e F o r m ) 3. g l o m e r u l o z y s t i s c h e E r k r a n k u n g e n 4. m e d u l l ä r e N i e r e n z y s t e n a. M a r k s c h w a m m n i e r e b. m e d u l l ä r zystischc E r k r a n k u n g 5. e i n f a c h e N i e r e n z y s t e n u n d m u l t i l o k u l a r zystisches N e p h r o m 6. e r w o r b e n e N i e r e n z y s t e n

Typ IV-Zysten sind in der Regel kortikale Zysten. Die Nieren sind meist nur wenig vergrößert. Häufig besteht keine Einschränkung der Nierenfunktion. Die kortikalen Zysten bedürfen keiner Therapie.

6.1.4 Markschwammnieren, Nierenzysten

Markschwamm η ieren

Markschwammnieren sind gekennzeichnet durch zystische Erweiterungen der Sammelrohre im Papillenbereich. Meist sind beide Nieren betroffen, jedoch nicht alle Papillen. Die Entstehung von Steinen in den Sammelrohren mit Steinabgängen, Koliken, H a r n s t a u u n g und seltener Harnwegsinfektionen führen oft erst im Erwachsenenalter zu klinischer Symptomatik. M ä n n e r erkranken häufiger als Frauen. Familiäre H ä u f u n g e n sind bekannt, ohne daß ein einheitlicher E r b g a n g bisher beschrieben wurde.

• • -

Sammelrohrzysten beider Nieren Klinik: Konkremente Koliken Harnstau

Die Nierenleeraufnahme und das nachfolgende intravenöse Ausscheidungsurogramm sind charakteristisch mit den kontrastschwachen kleinen Konkrementen und den kontrastmitteldargestellten Markzysten und büschelartigen Pyramiden.

• Diagnostik - Nierenleeraufnahme - AUG

Nierenzysten. Einfache Zysten können solitär oder multipel auftreten. Sie sind beim Kind sehr selten und jenseits des 30. Lebensjahres häufig. Sie liegen zumeist polständig, können aber auch intrarenal (parapelvin) gelegen sein. Durch die Routinesonographie werden sie heute leicht erkannt.

Nierenzysten - solitär oder multipel • Diagnostik: Sonographie

Therapie. Nierenzysten bedürfen in aller Regel keiner Behandlung. Auch perk u t a n e Zystenpunktionen sind nicht notwendig, wenn es sich um „einfache" Nierenzysten handelt. Typische Nierenzysten sind rund, die Wand ist regelmäßig und glatt begrenzt, das angrenzende G e w e b e zeigt keine sonographischen Auffälligkeiten. Multilokuläre Zysten, Zysten mit Binnenechos und Wandunregelmäßigkeiten erfordern eine weitere Abklärung. Parapelvine Zysten können selten Obstruktionen der ableitenden Harnwege bewirken oder Ursache einer renalen Hypertonie sein und müssen dann behandelt werden.

• Therapie: „einfache" Nierenzysten bedürfen in der Regel keiner Therapie

6. Fehlbildungen

96 Hohlsystem-, Ureterfehlbildungen

Anomalien des Nierenbeckenkelchsystems (IMBKS) • NBKS: zahlreiche Formvarianten ohne Krankheitswert - unterschiedliche Zahl der Kelche - ampulläres Nierenbecken

6.2 Fehlbildungen des Hohlsystems und der Harnleiter 6.2.1 Anomalien des Nierenhohlsystems Die Form des Hohlsystems der Nieren (NBKS) unterliegt sehr großen individuellen Formvarianten. Die Zahl der Pyramiden, Papillen und Kelche schwankt zwischen 4 und 14. Die Kelchhälse können kurz sein und direkt an das Nierenbecken angrenzen. Sie können jedoch auch 2 - 3 Kelchgruppen bilden, die sich dann gemeinsam an das Nicrcnbccken anschließen. D a s Nierenbecken ist teils intra-, teils extrarenal gelegen, es kann ampullar oder dendritisch aufgezweigt sein.

Megakalikosis: Kelchaufweitung ohne Krankheitswert

Die Megakalikosis ist eine F o r m v a r i a n t e d e s K e l c h s y s t e m s mit einer e r h e b l i c h e n A u f w e i t u n g d e r K e l c h e o h n e eine f u n k t i o n e l l w i r k s a m e O b s t r u k t i o n d e r Kelchhälse. E i n e A u f w e i t u n g d e s N i e r e n b e c k e n s b e s t e h t in d e r Regel nicht, d e r H a r n l e i t e r ist zart. D i e Megakalikosis bedarf keiner Therapie.

Erweiterungen des Harntraktes sonografisch intrauterin erkennbar meist kein Krankheitswert

Sonographisch erkennt man Aufweitungen des Harntraktes schon in der Fetalzeit. Erste Verdachtsdiagnosen können in der 12.-14. SSW gestellt werden. Vergleicht man die b e k a n n t e Inzidenz der unterschiedlichen Harntransportstörungen mit der R a t e der pränatal diagnostizierten Harntrakterweiterungen, so darf nicht vergessen werden, d a ß bis zu 4 / 5 der pränatal diagnostizierten H a r n t r a k t e r w e i t e r u n g e n direkt postnatal keine Krankheitszeichen aufweisen. D i e s e N e u g e b o r e n e n sind vor d e r A n w e n d u n g d e r S o n o g r a p h i e bei d e r U n t e r s u c h u n g d e r S c h w a n g e r e n nicht e r k a n n t w o r d e n . D e r s o n o g r a f i s c h e N a c h w e i s einer A u f w e i t u n g des M i t t e l e c h o s der N i e r e n o d e r der N a c h w e i s von e c h o a r m e n R a u m f o r d e r u n g e n hinter d e r g e f ü l l t e n H a r n b l a s e k a n n zwar ein H i n w e i s auf eine O b s t r u k t i o n sein, die S o n o g r a p h i e k a n n j e d o c h w e d e r p r ä n a t a l noch p o s t n a t a l e i n e O b s t r u k t i o n b e w e i s e n .

Nierenkelchzysten (bzw. -divertikel) ggf. Sitz von Divertikelsteinen

Doppelbildungen

• Vorkommen

• • -

Hohlsystem-Dichotomie Ureter fissus (bifidus) doppeltes Nierenhohlsystem doppelter Ureter (Vereinigung oberhalb der Blase)

Nierenkelchzysten oder Kelchdivertikel sind angeborene zystische Ausbuchtungen des Hohlsystems, die mit Urothel ausgekleidet sind. Sie sind im Ausscheidungsurogramm als rundlicher H o h l r a u m dargestellt, der mit einem Kelch über einen engen Hals (Divertikelhals) verbunden ist. Sie bedürfen keiner Therapie, können jedoch Sitz von Divertikelsteinen sein.

6.2.2 Doppelbildungen des Hohlsystems und der Harnleiter Doppelbildungen k o m m e n etwa bei 1 von 100 Personen vor und sind die häufigsten Anomalien der Harnorgane. Alle D o p p e l u n g e n der Harnleiters gehen mit einer Doppelniere einher. Die D o p p e l u n g der Niere bedeutet jedoch nur, daß 2 getrennte Hohlsysteme vorliegen. Die Zahl der N e p h r o n e einer D o p p e l n i e r e ist jedoch nicht erhöht. Häufig ist der obere Anteil der Doppelniere kleiner und der obere Harnleiter drainiert nur 3 von 7 Pyramiden. Die obere Kelchgruppe des Nierenbeckens kann wie „abgesprengt" von der mittleren und unteren imponieren. Hierdurch ergibt sich die einfachste Form einer Teilung des Hohlsystems der Niere: Dichotomie des Hohlsystems. Solche Formen gehen in das Bild des Ureter fissus (Ureter bifidus) über. Hiervon spricht man, wenn die D o p p e l u n g nicht nur das Hohlsystem der Niere sondern auch den Harnleiter betrifft, die Vereinigung der beiden Harnleiter jedoch oberhalb des Blasenniveaus lokalisiert ist. Als Ureter duplex bezeichnet man ein Harnleitersystem einer Niere, bei d e m 2 bis zur M ü n d u n g in die Blase vollständig getrennte Harnleiter vor-

97

6.2 Fehlbildungen des Hohlsystems und der Harnleiter liegen. Entsprechend der Meyer-Weigert Regel, die embryologisch begründet ist, kreuzen sich die Harnleiter im pelvinen Bereich, so daß der das obere Doppelnierensegment drainierende Harnleiter weiter kaudal, der untere Segmentharnleiter dagegen weiter kranial in die Blase mündet.

Ureter duplex: doppelter Harnleiter mit 2 Ostien (2 Ureterknospen) Kreuzung der Harnleiter nach der Meyer-Weigert Regel

U r s a c h e d e r k o m p l e t t e n D o p p e l u n g ist d a s E n t s t e h e n zweier U r e t e r k n o s p e n . die getrennt das metanephrogene G e w e b e erreichen. Die inkomplette Harnleiterdoppelung wird d u r c h die f r ü h e Teilung einer U r e t e r k n o s p e e r k l ä r t .

Die Diagnose einer Doppelniere kann eindeutig nur durch die Ansscheidungsurographie gestellt werden. Aufweitungen des Hohlsystems, die einen Großteil der „ k r a n k e n " Doppelnieren ausmachen, lassen sich andererseits gut sonographisch darstellen. Die Frage - U r e t e r fissus oder U r e t e r duplex - ist nicht immer durch die Ausscheidungsurographie zu entscheiden. In solchen Fällen hat die Blasenspiegelung mit Aufsuchen der Harnleiterostien und die retrograde Pyelographie ihre Berechtigung behalten.

Diagnostik: • AUG: Doppelniere • Sonographie: Hohlystemerweiterungen • Zystoskopie: Ureter fissus sive duplex

Klinik. Nicht alle ureterorenalen Fehlbildungen haben Krankheitswert. Insbesondere Doppelnieren mit einem U r e t e r fissus weisen selten behandlungsbedürftige E r k r a n k u n g e n auf. Es ist sehr fraglich ob ein „Pendelreflux" zwischen den beiden Harnleitern Krankheitswert hat und ziehende Beschwerden in der Flanke erklären kann. Bei den kompletten Doppelbildungen sind schwere Fehlbildungen mit Krankheitswert und auch sekundäre pathologische Veränderungen recht häufig. Die Ureterektopie mit und ohne Ureterozele einerseits und der vesikorenale Reflux in einen Doppelnierenanteil andererseits haben in der Fehlposition der H a r n l e i t e r m ü n d u n g in der Harnblase ihre pathogenetische Ursache. Sie machen die häufigsten k r a n k m a c h e n d e n Anomalien der Doppelniere aus.

Klinik: • Doppelnieren mit Ureter fissus haben selten Krankheitswert • Fehlpositionen der Harnleitermündungen bedingen: - Ureterozele - vesikorenaler Reflux

6.2.2.1 Ureterektopie

Ureterektopie: Mädchen

• Mädchen. Die ektope M ü n d u n g des Harnleiters liegt bei Mädchen am Blasenhals, in der H a r n r ö h r e , am Meatus urethrae, in der vorderen Scheidenwand oder gar im Uterus (Abb. 6-3). Aus der Lokalisation der ektopen Ureterm ü n d u n g ist zu erkennen, daß der überwiegende Teil der ektopen U r e t e r m ü n dungen extrasphinktär liegt. Beim Mädchen ist die persistierende Urininkontinenz deshalb klinisches Leitsymptom. Die sonographische Darstellung des manchmal nur sehr wenig aufgeweiteten Hohlsystems am Oberpol einer ansonsten unauffälligen Niere ist schwierig.

Abb.6-3: Lokalisation ektoper Harnleitermündungen bei der Frau, a. Rektum, b. Vagina, c. Meatus urethrae

Uretermündung meist extrasphinktär

Praxishinweis

98

6. Fehlbildungen

Diagnostik: • AUG: diagnoseweisend - Impressionseffekt - obere Kelchgruppe fehlt - Achsenabweichung des Hohlsystems

Die Gabe eines Farbstoffes ist wenig erfolgversprechend, da das vorhandene Parenchym dieses kleinen, dysplastischen Doppelnierenanteils nicht ausreicht, um den Farbstoff zu konzentrieren. Auch in der Ausscheidungsurographie verrät sich das aufgeweitete Hohlsystem nur durch Impressionseffekte an dem normal ausscheidenden unteren Hohlraumsystem. Das Ausscheidungsurogramm kann jedoch durch indirekte Röntgenzeichcn wie divergierende Achse des Hohlraumsystcms, eine verminderte Anzahl von Nierenkelchen oder das Fehlen der oberen Kelchgruppe diagnostisch wegweisend sein.

Therapie: • Resektion des dysplastischen Nierenanteils mit dazugehörendem Harnleiter

Therapie. Die Behandlung besteht in der Resektion dieses dysplastisch veränderten Nierenanteils mit gleichzeitiger vollständiger Entfernung des Harnleiters. Ein Belassen eines kleinen Harnleiterstumpfes ist möglich.

Abb.6-4: Lokalisation ektoper Harnleitermündungen beim Mann Ureterektopie: Knaben • Mündung oberhalb des Schließmuskels • keine Inkontinenz

• Knaben. Beim Knaben mündet der ektope Harnleiter in die hintere Harnröhre oberhalb des Sphinkter externus oder in den Genitaltrakt (Abb. 6-4). Da die ektope Mündung immer oberhalb der Schließmuskelregion liegt, ist eine Urininkontinenz nie zu verzeichnen. Bei Mündung in den Genitaltrakt findet sich fast nie eine Doppelbildung des Hohlsystems.

Ureterozele

6.2.2.2 Ureterozele

1. orthotope Ureterozele: - ca. 25% der Ureterozelen - angeborene Dilatation des terminalen Harnleiters - selten Krankheitswert

2. ektope Ureterozele: • Uretermündung distal der regelhaften Mündung - Hohlsystem komplett gedoppelt - Nierenteil der ektopen Ureterozele dysplastisch

Man unterscheidet die orthotope und ektope Ureterozele. • Die orthotope Ureterozele ist mit 25 % die seltenere Form. Sie entsteht als angeborene Dilatation des terminalen Harnleiters und reicht nicht bis in den Blasenhals hinein. Sie wird auch als einfache Ureterozele, Erwachsenenform der Ureterozele bezeichnet, da sie selten Krankheitswert hat und zumeist im Erwachsenenalter als Nebenbefund diagnostiziert wird. Sie ist sonographisch in der gefüllten Harnblase als schmaler, echoreicher Saum zu sehen, der zwei echoarme Bereiche voneinander trennt. Im Ausscheidungsurogramm imponiert sie als typisches Schlangenkopfphänomen des terminalen Harnleiters. • Die ektope Ureterozele (75 % der Fälle) wird zumeist schon im Kindesalter symptomatisch und diagnostiziert. Die Uretermündung liegt definitionsgemäß distal der normalen trigonalen Uretermündung. Die ektope Ureterozele ist in aller Regel mit einer kompletten Doppelung des Hohlsystems der betroffenen Niere vergesellschaftet (Abb. 6-5). Die Mündung liegt häufig in der hinteren Harnröhre und der Blasenhals sowie die proximale Harnröhre können dementsprechend verändert sein. Der Nierenanteil, der durch den Harnleiter mit Ureterozele drainiert wird, ist dysplastisch und hat häufig eine stark eingeschränkte Ausscheidungsfunktion. Das Ausmaß der Dysplasie des Nierenanteils und damit auch das Ausmaß der Funktionsstörung sind durch das Ausmaß der Fehllage der ektopen Uretermündung bestimmt.

99

6.2 Fehlbildungen des Hohlsystems und der Harnleiter

Abb.6-5: Ausscheidungsurogramm: 8 Wochen alter Säugling mit Ureterozele rechts bei Doppelnieren beidseits mit Megaureter links

Therapie. Behandlungsbedürftig werden orthotope Ureterozelen nur bei einer Harnstauungsniere und bei Steinen innerhalb der Ureterozele. Eine transurethrale Inzision ist bei kleinen Steinen die Therapie der Wahl im Erwachsenenaltcr. Bei ausgedehntem Befund und bei den seltenen Fällen im Kindesalter ist die Exzision der Ureterozele und die Neueinpflanzung des Harnleiters mit Rekonstruktion des Trigonum und falls nötig eine terminale Modellage des Harnleiters zu empfehlen. Eine transurethrale Inzision kann als N o t f a l l m a ß n a h m e auch bei einer ektopen Ureterozele eine Entlastung der septischen Obstruktion bringen. Das weitere und endgültige Vorgehen wird von der Dysplasie und Funktion des zugehörigen Nierenanteils bestimmt. Häufig ist die Polresektion mit Ureterektomie die Therapie der Wahl.

Therapie: • orthotope Ureterozele: transurethrale Inzision

• ektope Ureterozele: - abhängig von Funktion des zugehörigen Nierenanteils - evtl. Polresektion mit Ureterektomie und Ureterozelenausschälung

U n t e r s c h i e d l i c h e A n s c h a u u n g e n b e s t e h e n z u r F r a g e , o b in g l e i c h e r S i t z u n g v o n e i n e m zweiten Z u g a n g die U r e t e r o z e l e entfernt und der v e r b l e i b e n d e U r e t e r neuimplantiert w e r d e n soll. E n t s c h e i d e t m a n sich g e g e n e i n e v o l l s t ä n d i g e K o r r e k t u r , m u ß m a n in bis z u r H ä l f t e d e r Fälle s p ä t e r d i e s e n S c h r i t t n a c h h o l e n .

6.2.2.3 Vesikoureteraler Reflux (VUR)

Primärer V U R

Der Rückfluß von Urin aus der Harnblase in Harnleiter und Nierenbekken wird als vesikoureteraler oder vesikorenaler Reflux bezeichnet und ist eine der wichtigsten Anomalien der Harnwege und Nieren im Kindesalter. Fehlbildungen im Bereich der ureterovesikalen Verbindung aber auch Fehlbildungen und E r k r a n k u n g e n der Harnblase selbst und der subvesikalen Harnwege können Rückfluß von Urin aus der Blase in die Nieren hervorrufen. Bei Ureter duplex bewirkt die dystope Lage des kranialen Ureters zumeist den Reflux in den unteren Doppelnierenanteil. Bei normaler A n a t o m i e tritt d e r H a r n l e i t e r schräg d u r c h die M u s k u l a t u r d e r Blase hind u r c h u n d ist m i t d i e s e r d u r c h s p i r a l i g e M u s k e l z ü g e v e r b u n d e n . D u r c h d e n i n t r a v e s i k a len D r u c k von 8 - 1 5 m m H g ( R u h e d r u c k ) wird das D a c h des H a r n l e i t e r s gegen die daru n t e r l i e g e n d e M u s k u l a t u r g e d r ü c k t u n d d e r H a r n l e i t e r d a d u r c h passiv verschlossen.

• -

bei Kindern häufig: durch Fehlbildungen Harnblasenerkrankungen Ureter duplex

6. Fehlbildungen

100

Abb.6-6: Einteilung des vesikoureterorenalen Refluxes (VUR) die Grade I bis V nach Parkkulainen.

Die von des len,

Refluxnephropathie durch 1. Ureterostiuminsuffizienz und 2. Keimbesiedlung der Niere —> infizierter Urin • intrarenaler Reflux: - obere, untere Kelchgruppen: haben klaffende Sammelrohrostien Interstitium pyelonephritische Schrumpfnieren bes. bei Säuglingen, Kleinkindern

Sekundärer VUR • Ursache: - subvesikale Obstruktion - „neurogene Blase" - Blasenentzündung

pcristaltischc H a r n l e i t e r k o n t r a k t i o n e r h ö h t den i n t r a u r e t e r a l e n D r u c k u n d e n t l ä ß t Z e i t zu Z e i t e i n e n Bolus U r i n in die H a r n b l a s e . E n t s c h e i d e n d f ü r d e n V e r s c h l u ß distalen H a r n l e i t e r s ist das V e r h ä l t n i s von L ä n g e zu D u r c h m e s s e r des i n t r a m u r a submukösen Harnleiterabschnitts.

Pathophysiologic. Der Rückfluß von Urin aus der Harnblase in den Harnleiter und das Nierenbecken bewirkt für sich allein betrachtet keine Erkrankung. Die Refluxnephropathie entsteht zwar auf dem Boden eines angeborenen Defektes (angeborene Ureterostiuminsuffizienz) bedarf jedoch zusätzlich des schädigenden Einflusses bakterieller Besiedlung der Niere: Der Reflux infizierten Urins erreicht nicht nur das Nierenbecken, sondern auch in das Tubulussystem der Nieren. Dieser intrarenale Reflux wird inbesondere an den unteren und oberen Kelchgruppen beobachtet. An den Papillen in diesen Kelchen finden sich anlagebedingt klaffende Sammelrohrostien (Compound-Papillen), die den intrarenalen Reflux gestatten. Der in das Interstitium der Niere gepreßte, infizierte Urin schädigt die Niere. Besonders empfindlich sind die Nieren im Säuglings- und frühen Kleinkindalter. Es kommt zur Ausbildung von segmentalen Nierennarben, bei Fortschreiten der Erkrankung zu progredienter Vernarbung (pyelonephritische Schrumpfniere). Als Folge kommt es zu einer Senkung der glomerulären Filtrationsrate und in 10-20% der Fälle zu einer reninabhängigen arteriellen Hypertonie. Zu trennen von diesen angeborenen, primären Formen des V U R sind die sekundär erworbenen Formen, die bei subvesikaler Obstruktion, neurogener Blasenentleerungsstörung oder auch passager bei Entzündungen der Harnblase entstehen, (s. Abschn. 11, S. 170) Diagnostik. Sonographie, M C U und nuklearmedizinische Untersuchung können heute den vesikorenalen Reflux und seine Auswirkungen auf den oberen Harntrakt bestimmen (s. Abschn. 7.2.1.1, S. 107). Das Ausmaß der Aufweitung des Harnleiters und Nierenbeckens im M C U ist Grundlage für die Klassifizierung des Refluxes in die Grade I bis V (Abb. 6-6). Grad I erreicht nur den Harnleiter, Grad II auch das Nierenbecken. Die Grade III bis V zeigen zusätzlich eine zunehmende Dilatation des Nierenbeckenkelchsystems.

Fehlmündungen der Harnröhre

6.3 Fehlmündungen der Harnröhre Unter den Fehlmündungen der Harnröhre werden die Hypospadie (s. Abschn.7.4.3, S . l l l ) als häufigste (5/1000 Geburten) und die isolierte Epispadie (1/120000 Geburten) als seltenste Form zusammengefaßt.

6.4 Anomalien der Sexualdifferenzierung

101

D i e H y p o s p a d i e w i r d als u n t e r e H a r n r ö h r e n s p a l t e u n d d i e E p i s p a d i e als obere Harnröhrenspalte definiert. Epispadien treten häufiger zusamm e n mit d e r E k s t r o p h i e als k o m b i n i e r t e r Epispadie-Ekstrophie-Komplex auf (3,3/100000 G e b u r t e n ) . Blasenekstrophie s. A b s c h n . 7.4.1, S. 109

6.4 Anomalien der Sexualdifferenzierung D i e sexuelle D i f f e r e n z i e r u n g e r f o l g t in 3 S c h r i t t e n : chromosomal, phänotypisch.

gonadal

Blasenekstrophie s. Abschn.7.4.1, S. 109

Anomalien der Sexualdifferenzierung und

Bis z u r 6. Embryonalwoche v e r l ä u f t die g o n a d a l e E n t w i c k l u n g bei beid e n G e s c h l e c h t e r n gleich, die testikuläre Differenzierung b e g i n n t in d e r 7., die ovarielle in d e r 11. Embryonalwoche. Sie ist i n s g e s a m t e n g mit d e r E n t w i c k l u n g d e s H a r n t r a k t e s v e r b u n d e n . A b b . 6-7 zeigt die E n t wicklung der ä u ß e r e n weiblichen und männlichen Genitalorgane aus der gemeinsamen Anlage.

3 Schritte der sexuellen Differenzierung: chromosomal gonadal phänotypisch

bis 7. Embryonalwoche gleich

weiblich

männlich

f Abb.6-7: Entwicklung des äußeren weiblichen und männlichen Genitale

Z u r B e u r t e i l u n g d e s i n t e r s e x u e l l e n G e n i t a l e wird die Einteilung nach Prader h e r a n g e z o g e n ( A b b . 6-8):

£

Normal

Ο

Abb.6-8: Klassifikation des intersexuellen Genitale, Typ l-V nach Prader

Intersexuelles Genitale:

6. Fehlbildungen

102 Prader-Einteilung Stadium l - V

nach dem Karyotyp unterscheidet man 3 Gruppen:

1. Pseudohermaphroditismus masculinus • unzureichende männliche Ausprägung des äußeren Genitale • phänotypisch: Mädchen Ursachen: - Androgensynthesestörung - Alpha-Reduktase-Mangel - Androgen-Rezeptor-Defekte - Ovidukt-Persistenz

• maligne Entartung bei: - gemischte Gonadendysgenesie - dysgenetischem Pseudohermaphroditismus - XY-Karyotyp —> Gonadektomie

Testikuläre Feminisierung (komplette Androgenresistenz)

• therapeutischer Grundsatz

=i>

2. Pseudohermaphroditismus femininus • Maskulinisierung nur „äußerlich" • 2/3 durch A G S bedingt

• Therapie: Korrektur des äußeren Genitale in weibliche Richtung

3. Hermaphroditismus verus • Hoden und ovarielles Gewebe • selten, 10% aller Intersexformen

• Stadium I bedeutet eine Vergrößerung der Klitoris • Stadium IV entspricht einer perinealen Hypospadie • Stadium K e i n e m regelrechten äußeren männlichen Genitale. Der Karyotyp ist Grundlage der Z u o r d n u n g der intersexuellen M e r k m a l e in 3 große G r u p p e n : Pseudohermaphroditismus masculinus, Pseudohermaphroditisnms femininus und Hermaphroditismiis verus.

6.4.1 Männliche Pseudohermaphroditen Hierbei handelt es sich um Knaben, deren äußeres Genitale nicht regelrecht männlich ausgeprägt wurde. Das äußere Genitale ist phänotypisch zwittrig oder weiblich. Eine Reihe von Ursachen kann diesem B e f u n d zugrunde liegen: • dysgenetische Entwicklung der Hoden mit Androgensynthesestörung • 5-Alpha-Reduktasemangel (Testosteron-Konversionsstörung) • Androgen-Rezeptor-Defekte (Androgen-Utilisationsstörung) • Ovidukt-Persistenz bei Mangel des Anti-Müller-Faktors Z u entscheiden ist bei allen sexuellen Differenzierungsstörungen schon im Neugeborenen- spätestens im sehr jungen Säuglingsalter - über die Geschlechtszuordnung des Kindes. D a m i t können spätere Geschlechtswechsel vermieden werden. Die G e f a h r einer malignen Entartung der G o n a d e besteht bei dysgenetischen Gonaden. Deshalb ist in diesen Fällen die beidseitige Gonadektomie durchzuführen. Diese Kinder werden als Mädchen aufgezogen. Kinder mit einem erheblichen A n d r o g e n - R e z e p t o r - D e f e k t sollten eher in die weibliche Richtung operativ korrigiert werden. Die stärkste Verweiblichung erfolgt bei kompletter Androgenresistenz (testikuläre Feminisierung). Die Brustentwicklung in der Pubertät ist typisch weiblich wie auch der äußere Genitalbefund. Die pubertäre B e h a a r u n g bleibt aber aus. Die als Mädchen verkannten sterilen Knaben fallen klinisch meist durch eine primäre A m e n o r r h o e auf. Die Vagina ist kurz, der Uterus fehlt. Kinder mit einem 5-Alpha-Reduktasemangel erleben in der Pubertät eine erhebliche Virilisierung, so daß bei diesen ein Wechsel des Geschlechts manchmal angestrebt wird. Insgesamt ist nur bei ausreichend virilisiertem Genitale eine kosmetisch gute Korrektur in die männliche Richtung möglich. Bei allen anderen Kindern sollte eher eine Gonadektomie und eine feminisierende Genitoplastik durchgeführt werden.

6.4.2 Weibliche Pseudohermaphroditen Diese Sexualdifferenzierungsstörungen finden sich insbesondere beim adrenogenitalen Syndrom ( 2 /, aller Fälle von Pseudohermaphroditismus femininus). Auch die seltenen durch Arzneimittel und durch Tumoren hervorgerufenen Maskulinisierungen des weiblichen Genitale sind rein äußerlich und betreffen nicht das innere Genitale. Alle weiblichen P s e u d o h e r m a p h r o d i t e n sind potentiell reproduktionsfähig. Die weibliche Z u o r d n u n g und entsprechende Korrekturen des äußeren Genitale in die weibliche Richtung sind aus diesen G r ü n den zwingend.

6.4.3 Echte Hermaphroditen Die Patienten weisen Hoden und ovarielles Gewebe auf. Diese Form des Intersexes macht in E u r o p a nur 10 % aller Fälle aus. Das äußere Genitale geht m e h r in die männliche Richtung, so daß diese Kinder bisher zumeist als Jungen auf-

6.4 Anomalien der Sexualdifferenzierung gezogen werden. D e r G o n a d e n b e f u n d kann jede Kombination von H o d e n , O v a r und Ovotestes darstellen. Das ovarielle G e w e b e ist immer normal und als Mädchen zugeordnete echte H e r m a p h r o d i t e n mit belassenen Ovarien erleben zumeist eine spontane weibliche Pubertät. Im Gegensatz dazu ist das Hodengewebe zumeist dysgenetisch und als Jungen aufgezogene Hermaphroditen sind infertil. Es ist d a r ü b e r hinaus nicht sicher, o b für die Einleitung der Pubertät die eigene Testosteronbildung ausreichen wird. Alle diese G r ü n d e machen es deshalb wünschenswert, bei echten H e r m a p h r o diten eine Z u o r d n u n g zum weiblichen Geschlecht anzustreben. Eine Laparoskopie ist notwendig, um gonadales G e w e b e , das dem nicht gewählten Geschlecht entspricht, zu entfernen. Therapie. Kinder mit einem intersexuellen Genitale, die als Jungen erzogen werden, b e d ü r f e n einer operativen Korrektur, die den M e t h o d e n der schweren Formen der Hypospadie entspricht. Auch die eventuell notwendige Orchidopexie ist vor Abschluß des 2. Lebensjahres einzuplanen. D e r beste Zeitabschnitt für diese Korrekturen liegt wie bei der Hypospadie zwischen d e m 6. und 18. Lebensmonat. In einem größeren Anteil der Fälle wird man aber aus plastisch-chirurgischen G r ü n d e n eine feminisierende Korrektur anstreben. Auch diese Korrektur wird bevorzugt zwischen dem 6.-18. Lebensmonat durchgeführt. Hierbei wird der vergrößerte Phallus verkleinert, so daß die Klitoris nach Form, Lage und G r ö ß e der eines Mädchens entspricht. Zusätzlich sind die Labia minora und der Introitus vaginae neu zu bilden.

103

spontane weibliche Pubertät, Hoden dysgenetisch (infertil) - » Z u o r d n u n g zum weiblichen Geschlecht

meist feminisierende Korrektur: Klitoris Labia minora Introitus vaginae

Kinderurologie

7. Kinderurologie J. Schubert

D a s richtige E i n o r d n e n k i n d e r u r o l o g i s c h e r K r a n k h e i t s b i l d e r d u r c h d e n E r s t b e h a n d l e r ist von e n t s c h e i d e n d e r B e d e u t u n g für die P r o g n o s e . D u r c h die interdisziplinäre Z u s a m m e n a r b e i t zwischen G e b u r t s h e l f e r , N e o n a t o l o g e n , K i n d e r a r z t , A r z t f ü r A l l g e m e i n m e d i z i n und d e n K i n d e r u r o l o g e n k a n n d e r o p t i m a l e Z e i t p u n k t des T h e r a p i e b e g i n n s e r f a ß t u n d festgelegt w e r d e n . B e s o n d e r s der Einsatz von U l t r a s c h a l l u n t e r s u c h u n g e n bereits in d e r p r ä n a t a l e n P h a s e e r l a u b t eine F r ü h e r f a s s u n g von S t ö r u n g e n d e r a b l e i t e n d e n H a r n w e g e , so d a ß h i e r d u r c h eine frühzeitige B e h a n d l u n g möglich wird. M i n i a t u r i s i e r t e e n d o s k o p i s c h e I n s t r u m e n t e u n d m i k r o s k o p i s c h e O p e r a t i o n s t e c h n i k e n sind d e m kindlichen O r g a n i s m u s a n g e p a ß t e F o r m e n d e r T h e r a p i e . Sie w e r d e n n e b e n k o n s e r v a t i v e n B e h a n d l u n g s m e t h o d e n in kind e r u r o l o g i s c h e n E i n r i c h t u n g e n praktiziert. Auf G r u n d der k o m p l i z i e r t e n e m b r y o n a l e n E n t w i c k l u n g d e r U r o g e n i t a l o r g a n e ist e i n e Vielzahl von F e h l b i l d u n g e n möglich. In diesem B e i t r a g w e r d e n die h ä u f i g s t e n kinderurologischen E r k r a n k u n g e n vorgestellt.

7.1 Häufige Anomalien des oberen Harntraktes Subpelvine Ureterstenosen

7.1.1 S u b p e l v i n e U r e t e r s t e n o s e n

• -

Ätiologie: neuromuskuläre Dysfunktionen aberrierende Gefäße Briden

Ätiologie. Die von den Nierenkelchen zum distalen Harnleiter verlaufende Peristaltik wird durch Störungen am pelviureteralen Übergang gehemmt. Ursächlich kommen neuromuskuläre Dysfunktionen, aberrierende Gefäße oder auch Briden hierfür in Frage. Das prästenotische Nierenbecken kann eine Windkesselfunktion ausüben und dilatiert durch die ständige Druckbelastung. Später kommt es zur Parenchymschädigung (Abb. 7-1).

Symptomatik: Säuglings-, Kleinkindesalter Gedeihstörungen

Symptomatik. Im Säuglings- und Kleinkindesalter bestehen uncharakteristische Gedeihstörungen. Im späteren Alter werden von den Kindern Druckge-

Abb. 7-1: Schematische Darstellung einer Ureterabgangsstenose links. Deutliche Erweiterung des Nierenbeckens, Verschmälerung des Parenchyms, Verplumpung der Kelche. Der Pfeil markiert die Stenose

7.1 Häufige Anomalien des oberen Harntraktes

105

fühl im Oberbauch oder Appetitlosigkeit angegeben. Bei der Vergesellschaftung der Störung mit einem akuten Harnwegsinfekt imponieren Zeichen der Pyelonephritis, bei Nierensteinen dominieren kolikartige Schmerzen.

Druckgefühl im Oberbauch Appetitlosigkeit

Diagnostik. Die Sonographie zeigt ein dilatiertes Nierenbeckenkelchsystem und erlaubt eine Beurteilung des Nierenparenchyms. Ein Ausscheidungsurogramm deckt die Art und Lokalisation der Harnabflußstörung auf. Durch ein Isotopennephrogramm unter forcierter Diurese mit Furosemid oder ein Diurese-Sonogramm können relative Stenosen objektiviert werden (s. Abschn. 5.6.1).

Diagnostik Sonographie AUG ING Furosemid-Belastungstext

Therapie. Subpelvine Stenosen bedürfen der operativen Beseitigung, wobei Ureter und Nierenbecken nach der Stenosenresektion wieder anastomosiert werden. Die Ziele des Eingriffes bestehen in einem Erhalt der Nierenfunktion, der Beseitigung subjektiver Beschwerden und sollen eine sekundäre Harnsteinbildung verhindern.

• Therapie: - operative Beseitigung der Stenose

7.1.2 M e g a u r e t e r 7.1.2.1 Primärer kongenitaler Megaureter

Primärer kongenitaler Megaureter

Ätiologie. Infolge von Störungen während der Embryonalentwicklung kommt es zur Stenose des juxtavesikalen Uretersegments.

Stenose des juxtavesikalen Uretersegments

Pathologie. In Abhängigkeit vom Stenosegrad und Diagnosezeitpunkt liegt eine unterschiedliche Erweiterung des prästenotischen Harntraktes vor.

• Pathologie: - Uretererweiterung - Vergesellschaftung mitVUR ist möglich

U n t e r U m s t ä n d e n k a n n d u r c h d a s w e i t e r e W a c h s t u m u n d die f o r t s c h r e i t e n d e E n t w i c k lung die p r ä - u n d p o s t n a t a l diagnostizierte S t e n o s e s p o n t a n ausheilen.

Bei einem Teil der primären kongenitalen Megaureteren ist die Mündung der Ureteren in die Harnblase regelrecht und weist einen suffizienten Verschlußmechanismus auf. Einige Patienten weisen allerdings einen vesikoureteralen Reflux auf. Klinik. Die Verläufe sind häufig asymptomatisch. Durch die breite Anwendung der perinatalen Sonographie wird diese Störung sehr frühzeitig diagnostiziert. Therapieresistente Harnwegsinfekte können auf einen Megaureter zurückzuführen sein. Die Sicherung des Befundes erfolgt durch die Ausscheidungsurographie (Abb. 7-2).

Klinik: asymptomatisch oder therapieresistente Harnwegsinfekte Diagnostik: AUG

Therapie. Die Indikationsstellung zur operativen oder konservativen Behandlung des primären Megaureters wird individuell ermittelt. Sie richtet sich nach dem Grad der Stenose, einer Begleitpyelonephritis, der Nierenfunktion,

Therapie: individuell nach Stenosegrad Nierenfunktion

t Abb. 7-2: Megaureter. Deutliche Schlängelung und Erweiterung des Harnleiters, Erweiterung des Nierenbeckenkelchsystems

106

7. Kinderurologie

- Alter - begleitenden Infekten

n e m

Sekundärer M e g a u r e t e r

7.1.2.2 Sekundärer Megaureter

E n t l e e r u n g s s t ö r u n g e n der Harnblase

Ätiologie. Höhergradige Entleerungsstörungen der Harnblase oder Urethrastenosen führen konsekutiv zur Dilatation der übergeordneten Harnwege (s. auch Harnröhrenstenosen beim Kind).

• Klinik: - Niereninsuffizienz m ö g l i c h - gleichzeitige Pyelonephritis f ü h r t zu s c h w e r e m Krankheitsverlauf

Klinik. Bei fortgeschrittenen Megaureteren liegen Zeichen der Niereninsuffizienz und Gedeihstörungen vor. Eine Urosepsis kann bei der Vergesellschaftung von Pyelonephritis und Harnabflußstörung zu einem lebensbedrohlichen Zustand insbesondere im Säuglingsalter führen.

• Diagnostik: - Sonographie - AUG

Diagnostik. Die Ultraschalluntersuchung und das Ausscheidungsurogramm lokalisieren einen ein- oder beidseitigen Megaureter und lassen eine Graduierung der Parenchymbeteiligung zu.

• 1. 2. 3.

Therapie. Die Entlastung der prästenotischen Harnwege und eine Flüssigkeitsbilanzierung stehen im Vordergrund bei akuten Krankheitszuständen. Nach Stabilisierung der Stoffwechselsituation erfaßt eine weiterführende Diagnostik (Ausscheidungsurogramm. Miktionszystourethrogramm) die Ursache der Harnabflußstörung und einen möglichen Reflux. Sie ist Grundlage für eine kausale operative Therapie.

Therapie: Entlastung der Nieren Stabilisierung der N i e r e n f u n k t i o n operative kausale Therapie

der Dilatation und dem Alter des Kindes sowie der Vergesellschaftung mit eivesikoureteralen Reflux.

Vesikoureteraler Reflux

7.2 Vesikoureteraler Reflux (VUR)

Rückfluß v o n U r i n aus der Harnblase in die oberen H a r n w e g e

Definition: V U R ist das Zurückfließen des Urins aus der Harnblase in den Harnleiter oder das Nierenbecken.

Einteilung u n d Ä t i o l o g i e

7.2.1 Einteilung, Ätiologie, Folgen

1. Dysplasie des T r i g o n u m vesicae u n d distalen Ureters —> p r i m ä r e r angeborener Reflux

• Beim primären V U R liegt eine Dysplasie des Trigonum vesicae, des Ureterostiums (Abb. 7-3) und des terminalen Ureters vor. Ausdruck hierfür ist ein lateral von der Harnleiterleiste lokalisiertes klaffendes Harnleiterostium und ein kurzer intramuraler Harnleiterverlauf. Durch die Störung des sog. vesikoureteralen Klappenmechanismus kommt es zum Rückfluß von Urin aus der Harnblase in die oberen Harnwege.

A b b . 7-3: K o n f i g u r a t i o n und Lage des Harnleiterostiums, A. n o r m a l e s O s t i u m , Β. s t a d i o n f ö r m i g e s Ostium, leichte Lateralisation, C. h u f e i s e n f ö r m i g e s O s t i u m zur Harnleiterleiste deutliche Lateralisation, D. G o l f l o c h o s t i u m , ausgeprägte Lateralisation

7.2 Vesikoureteraler Reflux (VUR) I m L a u f e d e r e r s t e n f r ü h k i n d l i c h e n P h a s e (bis ca. zum 3. Lebensjahr) k a n n es n o c h z u r R e i f u n g d i e s e r d y s p l a s t i s c h e n E i n h e i t u n d d a m i t zur Spontanheilung k o m m e n (Maturation). Bei f o r t g e s c h r i t t e n e r A n o m a l i e d i e s e r F u n k t i o n s e i n h e i t b e s t e h t d e r R e f l u x a u c h ü b e r d i e s e n Z e i t a b s c h n i t t hinaus. Z u m R ü c k f l u ß von U r i n a u s d e r H a r n blase in die o b e r e n H a r n w e g e k a n n es b e r e i t s u n t e r d e m z u n e h m e n d e n Füll u n g s d r u c k d e r H a r n b l a s e k o m m e n (Niederdruckreflux). E i n e w e n i g e r ausgep r ä g t e V e r s c h l u ß i n s u f f i z i e n z e r m ö g l i c h t erst bei h ö h e r e n H a r n b l a s e n d r u c k w e r t e n , wie sie bei d e r M i k t i o n a u f t r e t e n , e i n e n R e f l u x (Hochdruckrefliix). • D e r sekundäre erworbene R e f l u x b e i m K i n d ist nicht primär in der angeborenen Verschlußunfähigkeit d e s K l a p p e n m e c h a n i m u s zu sehen, s o n d e r n tritt bei a n d e r e n p a t h o l o g i s c h e n Z u s t ä n d e n wie c h r o n i s c h e n H a r n b l a s e n e n t z ü n dungen, neurogenen Blasenentleerungsstörungen oder subvesikalen Abflußb e h i n d e r u n g e n ( M e a t u s s t e n o s e , U r e t h r a l k l a p p e n ) auf.

107 • Spontanheilung

- fortgeschrittene Anomalie führt zur Persistenz • Niederdruckreflux • Hochdruckreflux 2. sekundär erworbener Reflux • Folge anderer Erkrankungen im Bereich der Harnblase oder Urethra (seltener)

B e i m K i n d s t e h t d e r primäre a n g e b o r e n e V U R im V o r d e r g r u n d . Folgeerscheinungen des Refluxes: (1) D i e s t ä n d i g e D r u c k - u n d V o l u m e n b e l a s t u n g f ü h r t zur H y p e r t r o p h i e d e r Harnleitermuskulatur. (2) D e r H a r n b l a s e n - o d e r M i k t i o n s d r u c k ü b e r t r ä g t sich n a c h d e m P r i n z i p d e r k o m m u n i z i e r e n d e n S y s t e m e a u c h auf die N i e r e u n d f ü h r t hier zu S c h ä d i g u n gen. (3) D e r P e n d e l u r i n f ö r d e r t die K e i m a s z e n s i o n v o n d e r H a r n b l a s e zu d e n Nie-

Folgen a) Hypertrophie der Uretermuskulatur

(4) E i n u n b e h a n d e l t e r H a r n w e g s i n f e k t bei gleichzeitig b e s t e h e n d e m R e f l u x k a n n zu F u n k t i o n s e i n s c h r ä n k u n g e n e i n e r o d e r b e i d e r N i e r e n f ü h r e n ( c h r o n i sche P y e l o n e p h r i t i s , p y e l o n e p h r i t i s c h e S c h r u m p f n i e r e ) .

d) chronische Pyelonephritis, Schrumpfniere

7.2.1.1 Primärer oder angeborener VUR

Primärer angeborener VUR

Klinik. M ä d c h e n sind h ä u f i g e r als K n a b e n b e t r o f f e n . Im Säuglings- u n d Kleink i n d e s a l t e r sind bei r e z i d i v i e r e n d e n H a r n w e g s i n f e k t e n auf d e r Basis des vesik o u r e t e r a l e n R e f l u x e s u n k l a r e G e d e i h - u n d E n t w i c k l u n g s s t ö r u n g e n sowie uncharakteristische Bauchschmerzen Hinweise für einen V U R .

- 9 > d - beim Kleinkind: uncharakteristische Beschwerden

B e i asymptomatischer Bakteriurie o d e r unklaren Fieberschüben m u ß ein V U R a u s g e s c h l o s s e n w e r d e n : 3 0 - 5 0 % d e r rezidivierenden Harnwegsinfekte sind mit e i n e m V U R v e r g e s e l l s c h a f t e t .

b) Druckübertragung auf die Nieren

c) Keimaszension

• Klinik:

• Praxishinweis: DD

Diagnostik • Sonographie/Ausscheidungsurographie: Diese Untersuchungen gestatten die B e u r t e i l u n g von n a r b i g e n V e r ä n d e r u n g e n an d e n N i e r e n als R e f l u x f o l g e , die G r ö ß e n v e r h ä l t n i s s e d e r N i e r e n , H a r n a b f l u ß s t ö r u n g e n u n d w e i t e r e A n omalien.

Diagnostik: 1. Sonographie/AUG: Narben an den Nieren, Harnabflußstörungen, Anomalien

• Miktionszystourethrogramm (MCU): Bei F ü l l u n g d e r H a r n b l a s e mit K o n t r a s t m i t t e l k a n n u n t e r B i l d w a n d l e r k o n t r o l l e d e r e n F o r m , K a p a z i t ä t u n d ein m ö g l i c h e r R e f l u x in die o b e r e n H a r n w e g e b e u r t e i l t w e r d e n . D i e G r a d u i e r u n g d e s R e f l u x e s w i r d n a c h r ö n t g e n o l o g i s c h e n K r i t e r i e n v o r g e n o m m e n (s. A b b . 6-6, S. 100). D i e D u r c h l e u c h t u n g w ä h r e n d d e r M i k t i o n k a n n H i n w e i s e auf ein e n H o c h d r u c k r e f l u x g e b e n u n d U r e t h r a s t e n o s e n o d e r - k l a p p e n a u f d e c k e n sowie d e n R e s t h a r n d o k u m e n t i e r e n .

2. -

• Endoskopie: Sie b e u r t e i l t die O s t i e n l o k a l i s a t i o n , F o r m u n d V e r s c h l u ß f ä h i g keit (s. A b b . 7 - 3 ) .

MCU: Beurteilung von Urethra und Harnblase sowie Grad des Refluxes

3. Endoskopie: - Ostienkonfiguration, -topik und -verschluß

7. Kinderurologie

108 Therapie: konservativ, minimal-invasiv, operativ a) konservativ: - antibiotische Langzeitprophylaxe

b) endoskopisch: - submuköse Kollagenunterspritzung

c) operativ: - Bildung eines verlängerten intramuralen Ureterverlaufs

Therapie. Die Therapie richtet sich nach Alter, der Infektsituation, Refluxgrad, Nierenfunktion und Ostienkonfiguration: • D i e konservative Behandlung wird bei niedrigen Refluxgraden mit diskreter Ostienveränderung, einmaligem Harnwegsinfekt und guter M e d i k a m e n t e n verträglichkeit durchgeführt. Ziel: Erreichen der Maturation und damit Verschwinden des Refluxes unter gezieltem antibiotischen Schutz. Nachteil: langfristige antibiotische Behandlung, gute Compliance erforderlich. • Endoskopische submuköse Kollagenunterspritzung im Bereiche des Ostiums. Ziel: Verhinderung des Refluxes, insbesondere bei niedrigen Refluxgraden. Nachteil: zeitlich befristeter Effekt. • Operation: Schaffung eines Antirefluxmechanismus durch operative Verlagerung des Ureters. Ziel: definitive Refluxkorrektur insbesondere bei höhergradigen Refluxen und hochpathologischen Ostien. Nachteil: operativer Eingriff.

7.3 Harnabflußstörungen im Bereich der Urethra Proximale Harnröhrenklappen bei Knaben

7.3.1 Proximale Harnröhrenklappen bei Knaben Ätiologie. A m Ü b e r g a n g der embryonal angelegten primären U r e t h r a (Pars prostatica, Pars m e m b r a n a c e a ) zur sekundären H a r n r ö h r e (Pars bulbosa, pars penilis) können im unterschiedlichen Grad Stenosen oder Klappen ausgebildet sein.

Pathophysiologie: proximal der Stenose Harnröhrendilatation, Detrusorhypertrophie Reflux Pyelonephritis

Pathophysiologie. G r a d und D a u e r der Obstruktion sind verantwortlich f ü r die sich entwickelnden Sekundärschäden. Proximal der Enge k o m m t es zu einer Harnröhrendilatation und zu einer Detrusorhypertrophie. Eine gleichzeitig mögliche Ostienverschlußinsuffizienz mit vesikorenalem Reflux führt zur Druckbelastung der Harnleiter und der Nieren. Eine assoziierte Pyelonephritis kann zu einer Urosepsis führen.

Klinik:

Klinik. Je nach Alter und dem G r a d der Abflußstörung treten individuelle Störungen auf: • Beim Neugeborenen imponieren Erbrechen, Gedeihstörungen, und bei gleichzeitiger Pyelonephritis kann sich eine Urosepsis entwickeln. • Im Kleinkindesalter imponieren ein abgeschwächter Harnstrahl und rezidivierende Harnwegsinfekte. • Im Schulalter können Zeichen der Enuresis vorliegen.

Neugeborene: Erbrechen, Gedeihstörungen, Urosepsis Kleinkinder: abgeschwächter Harnstrahl Schulkinder: Enuresis

Abb.7-4: Schematische Darstellung von Harnröhrenklappen (Miktionszystourethrogramm). Der Pfeil markiert den Ort der Abflußbehinderung. Proximal deutliche Harnröhrenerweiterung, gezähnelte Randkontur der Harnblase (Muskelhypertrophie)

7.4 Blasenekstrophie, Epi-, Hypospadie

109 Diagnostik: Symptomatik in den Altersgruppen Sonographie MCU

Diagnostik. Die in den einzelnen Altersgruppen bestehende Symptomatik muß die Verdachtsdiagnose hervorrufen. Klinisch kann ein Unterbauch- (gefüllte Harnblase) oder ein Oberbauchtumor (Hydronephrose) imponieren. Sonographisch lassen sich erweiterte Nierenbeckenkelchsysteme, Ureteren, eine übervolle Harnblase oder eine verdickte Harnblasenwandung nachweisen. Ein MCU stellt die Klappe und die erweiterte prästenotische Harnröhre dar (Abb. 7-4). Therapie. Die Behandlung richtet sich nach dem Allgemeinzustand, dem Alter und der Ausprägung der Harnröhrenklappen. Endoskopisch können die Klappen reseziert werden.

• Therapie: - Beseitigung der Klappen

Differentialdiagnose: Strikturen der kindlichen Harnröhre (postentzündlich, traumatisch), Meatusstenosen.

7.3.2 Distale Urethrastenose beim Mädchen

Harnröhrenstenosen beim Mädchen

D i e U r e t h r a s t e n o s e bei M ä d c h e n ist selten.

selten

Ätiologie. M o r p h o l o g i s c h e E n g e d e r distalen U r e t h r a e n t s p r e c h e n d d e r Ö f f n u n g der e m b r y o l o g i s c h p r i m ä r a n g e l e g t e n U r e t h r a oder f u n k t i o n e l l e S t ö r u n g e n d e r u r e t h r a l e n Harnentleerung. Symptomatik. Harnblasendysfunktion mit rezidivierenden Harnwegsinfekten. Bei gleichzeitig b e s t e h e n d e m R e f l u x k a n n i n t e r m i t t i e r e n d eine P y e l o n e p h r i t i s ausgelöst w e r d e n . D e s w e i t e r e n fällt ein a b g e s c h w ä c h t e r H a r n s t r a h l auf.

Symptomatik: Harnblasendysfunktion rezidivierende Harnwegsinfekte

Diagnostik. Sie e r f o r d e r t z u n ä c h s t d e n A u s s c h l u ß e i n e r m o r p h o l o g i s c h e n S t ö r u n g . Hierzu w e r d e n sog. Bougie ά boule ( S o n d e n mit kugeligen E n d e n ) eingesetzt. Mit diesen Ins t r u m e n t e n wird die H a r n r ö h r e n w e i t e ü b e r p r ü f t ( n o r m a l e H a r n r ö h r e n w e i t e wird n a c h C h a r r i e r e b e r e c h n e t ) . In d e r Regel e n t s p r i c h t 10 + A l t e r d e r H a r n r ö h r e n w e i t e in Charriere. D a s MCU u n t e r M o n i t o r k o n t r o l l e zeigt eine Weitstellung d e r g e s a m t e n H a r n r ö h re w ä h r e n d der M i k t i o n .

Diagnostik: Harnröhrenkalibrierung MCU Urodynamik

7.4 Blasenekstrophie, Epi-, Hypospadie 7.4.1 Blasenekstrophie

Blasenekstrophie

Definition. Infolge einer embryonalen Fehlentwicklung der Kloakenmembran kommt es nicht zum Verschluß der unteren Bauchwand, so daß die Harnblasenschleimhaut mit den Harnleitermündungen freiliegt.

fehlender Verschluß der Kloakenmembran

Klinik. Die offenliegende Harnblasenschleimhaut geht in die normale Haut des Unterbauchs über (Abb.7-5). Die Ureteren münden mit einem kurzen intramuralen Verlauf und zeigen deshalb keine vollständige Verschlußfähigkeit. Auf Grund der örtlichen Gegebenheiten kann eine Pyelonephritis entstehen. Beim Knaben ist der Penis verkürzt, und liegt bei Erektion fast der Bauchwand an. Die beiden Klitorishälften beim Mädchen sind deutlich lateralisiert. Der Symphysenspalt ist beträchtlich erweitert. Es liegt eine Außenrotation der Beckenschaufeln vor, was zur Beeinträchtigung des Ganges führt. Der M. rectus abdominis ist nach lateral verlagert. Infolge der ständigen Urinbenetzung und des Kontaktes der Harnblasenschleimhaut mit Gewebe treten ekzematöse Veränderungen in der Umgebung der fehlangelegten Harnblase auf. Darüber hinaus resultieren metaplastische Veränderungen der Harnblasenschleimhaut.

• -

Therapie. Diese schwere Fehlbildung erfordert die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Neonatologen, Pädiatern, Orthopäden und Kinder-

• Therapie: - primäre Harnblasenrekonstruktion

Klinik: Harninkontinenz Hautmazeration Pyelonephritis dorsale Penisverkrümmung laterale Dislokation beider Klitorisschwellkörper - erweiterter Symphysenspalt - Gangbeeinträchtigung

7. Kinderurologie

110

Abb. 7-5: Blasenekstrophie bei einem Knaben. Freiliegende Harnblasenschleimhaut bei fehlender -vorderwand. Gespaltene dorsale Harnröhre, fehlender Sphinktermechanismus

- Penis/Klitoris bzw. Vulvarekonstruktion

Urologen: Angestrebt wird die sofortige primäre Harnblasenrekonstruktion in der Neugeborenenphase mit Aufbau des Sphinktermechanismus sowie des männlichen oder weiblichen Genitale.

Epispadie

7.4.2 Epispadie

unzureichender Verschluß der Kloakenmenbran

Definition. Die Fehlbildung der Kloakenmenbran ist geringer als bei der Blasenekstrophie.

• Klinik: - Harnröhrenmündung auf der Dorsalseite des Penis - bei Erektion: Penisverkrümmung nach dorsal

Klinik. Die Harnröhrenöffnung liegt auf der Dorsalseite des Penis. Die Einteilung erfolgt in glanduläre oder penile Epispadie. Bei schweren Formen (Möns pubis) fehlt der Blasenschließmuskel mit den Folgen der Inkontinenz. Bei der Inspektion fällt eine Spaltung der Glans penis und der Urethra auf. Zusätzlich zur Epispadie können Becken-, Skelett- und Bauchdeckenmalformationen vorliegen (Abb. 7-6). Im erigierten Zustand ist der Penis nach dorsal verkrümmt.

Folgen: Miktionsstörungen Behinderung des Sexualkontaktes

Folgen der Störung: Oft liegen kosmetische Beeinträchtigungen und Miktionsstörungen vor. Bei ungenügender Korrektur der Anomalie kann es zur Behinderung des Sexualkontaktes mit psychosexuellen Komplikationen kommen.

Therapie: Penisaufrichtung Harnröhrenrekonstruktion

Therapie. Ausgleich der Peniskrümmung mit plastischer Rekonstruktion Glans penis und Schaffung einer Neourethra.

der

Abb. 7-6: Epispadieformen (Mündung der Harnröhre auf der Dorsalseite des Penis), a. Epispadia glandis, b. Epispadia penis, c. Epispadia pubis

7.4 B l a s e n e k s t r o p h i e , Epi-, H y p o s p a d i e

111

7.4.3 H y p o s p a d i e

Hypospadie

Definition: Hemmungsfehlbildung bei der Urethralfaltenverschmelzung. Die Hypospadie ist eine relativ häufige Fehlbildung und k o m m t bei 0,5 % der neugeborenen K n a b e n vor. D e r Meatus urethrae mündet proximal von der sonst an der Glansspitze orthotopen Ö f f n u n g . Die distale Strecke vom dystopen Meatus bis zur Glans besteht nur aus bindegewebigem Material (Chorda). Diese Fehlanlage ist für die Verkrümmung des Penis nach ventral bei der Erektion verantwortlich. Die Vorhaut ist an der Ventralseite gespalten (Abb. 7-7).

ungenügende Urethralspaltenverschmelzung

Klinik. Es fällt der dystope Meatus u r e t h r a e an der Ventralseite des Penis auf. Eine Meatusstenose kann vorliegen, die bei konsekutiver H a r n s t a u u n g zur entsprechenden Symptomatik führt. Eine nicht regelrechte Urinentleerung kann zu ekzematösen Hautveränderungen im Genitalbereich führen. Folgen der Fehlbildung sind eine ventrale V e r k r ü m m u n g des Gliedes bei der Erektion. D a d u r c h k o m m t es ohne Korrektur zu Störungen der Immissio penis sowie fehlender regelrechter D e p o n i e r u n g des Spermas in die hintere Vagina. Klassifikation. Die Hypospadie wird nach der Lage des dystopen Meatus eingeteilt in (Abb. 7-8): glanduläre, penile, penoskrotale, skrotale, perineale Hypospadie. Therapie. Die Behandlung verfolgt mehrere Ziele. Sie bestehen in einer vollständigen Aufrichtung des Gliedes, dem Aufbau einer Neourethra und einer Verlagerung des Meatus an die Glansspitze. Als Operationszeitpunkt wird das 1.-2. Lebensjahr angestrebt, um spätere Probleme im psychosexuellen Be-

Abb. 7-7: Hypospadie 3. Grades mit Vorhautschürze und penoskrotaler Harnröhrenmündung

Abb. 7-8: Hypospadieformen, a. glanduläre Hypospadie, b. penile Hypospadie, c. penoskrotale Hypospadie, d. perineale Hypospadie

• häufig: 0,5% der männlichen Neugeborenen betroffen - Meatus urethrae liegt dystop an der Ventralseite des Penis - bei Erektion ventrale Penisverkrümmung - Vorhautspaltung

• Klinik: -

Meatusstenose kann vorliegen gestörte Miktion Behinderung der Immissio penis Dislokation des Spermas

• Klassifikation: -

glanduläre penile penoskrotale perineale Hypospadie

• Therapie: - operative Aufrichtung des Gliedes - Bildung einer Neourethra - Operationszeitpunkt: 1.-2. Lebensjahr

7. Kinderurologie

112

reich zu vermeiden. Damit bestehen hohe A n f o r d e r u n g e n an mikrochirurgische Operationstechniken. • Besonderheiten: - Ausschluß weiterer Fehlbildungen

Besonderheiten: Hochgradige H y p o s p a d i e f o r m e n erfordern den Ausschluß genetischer Störungen. Je höhergradiger die Hypospadie, um so häufiger sind weitere Fehlbildungen zu erwarten. Weitere, seltene Penisfehlbildungen: Mikropenis, angeborene ventrale Penisverkrümmung ohne Hypospadie.

Maldescensus testis

7.5 Maldescensus testis

extraskrotal liegender Hoden - Hodenretention: Hoden extraskrotal im Verlauf des Deszensusweges - Hodenektopie: Hoden extraskrotal außerhalb des Deszensusweges

Definition: U n t e r Maldescensus testis oder Kryptorchismus versteht man alle A r t e n von extraskrotal liegenden H o d e n . Synonym: Hodendystopie. Eine Unterteilung erfolgt in Hodenretention (der H o d e n befindet sich extraskrotal an einer Stelle des physiologischen Deszensusweges) und der Hodenektopie (der H o d e n liegt extraskrotal und außerhalb dieses Verlaufs).

• Ätiologie: 1. Störungen der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse 2. anatomische Deszensusbarrieren

Ätiologie. Ursachen f ü r einen Maldescensus testis sind einerseits Störungen in der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse, und andererseits k o m m e n als Hauptursachen anatomische Hindernisse im Bereiche des Deszensusweges in Frage.

• -

Nomenklatur. Pendelhoden werden zufällig sowohl inguinal als auch skrotal angetroffen. Sie gelten als Normvariante und bedürfen keiner Therapie. Gleithoden liegen präskrotal und lassen sich unter Z u g der Samenstranggebilde in das Skrotum verlagern. Nach A u f h e b e n des Zuges gleiten sie wieder in ihre Ausgangslage zurück. Bei einem Leistenhoden (Retentio testis inguinalis) ist der H o d e n im Leistenbereich palpabel. Er läßt sich bei manuellen Manipulationen nicht in das Skrotum mobilisieren. Beim Kryptorchismus ist der H o d e n nicht tastbar. Ursachen hierfür können eine Retentio abdominalis (Bauchhoden) oder eine Aplasie des H o d e n s sein. Bei der Ektopia testis liegt der H o d e n außerhalb des normalen Deszensusweges und befindet sich zum Beispiel epifaszial oder auch perineal (Abb.7-9).

Nomenklatur: Pendelhoden Gleithoden Retentio testis inguinalis Retentio testis abdominalis Ektopia testis

Diagnostik

Diagnostik. Die A n g a b e n der Eltern über die Hodenlage beim Kind (z.B. im warmen Bad) sind wichtig. Die klinische Untersuchung soll in einem w a r m e n R a u m erfolgen.

- Palpation

Z u vermeiden sind kalte H ä n d e und ein primäres Berühren des Skrotums (Kremasterreflex mit Hodenverlagerung).

=ί>

Leistenband Leistenkanal

Abb. 7-9: Lageanomalien des Hodens: 1 Hodenanlage, 2 Retentio testis abdominalis, 3 Retentio testis inguinalis, 4 Pendelhoden, 5 Hodenektopie

113

7.6 Vorhautverklebung, Phimose Problematisch kann die Diagnostik von Bauchhoden sein. Hier finden sowohl der HCG-Slimulationstest 7.ur Differentialdiagnostik (bilaterale Dystopie, Anorchie). Sonographie. aber auch das Magnetresonanztomogramm, die Laparoskopie und chirurgische Exploration ihre Anwendung.

spezielle Diagnostik bei Retentio testis a b d o m i n a l i s

Häufigkeit des Maldescensus testis: • n a c h Alter: N e u g e b o r e n e 5, F r ü h g e b o r e n e 20, E n d e d e s 1. L e b e n s j a h r 1 % • n a c h Retentionsform: a b d o m i n a l 7, inguinal 60, p r ä s k r o t a l 24, E k t o p i e 11 % .

Häufigkeit des Maldescensus testis: E n d e 1. L e b e n s j a h r 1 % ü b e r die Hälfte L e i s t e n h o d e n

Folgen e i n e s Maldeszensus testis. I n t r a a b d o m i n a l g e l a g e r t e H o d e n n e i g e n zu e i n e r 6fach h ö h e r e n karzinomatösen Entartung. Desweiteren weisen M ä n n e r mit e i n e m nicht o d e r zu spät b e h a n d e l t e n M a l d e s z e n s u s Fertilitätsstörungen

Folgen des Maldeszensus testis: m a l i g n e Entartung möglich Fertilitätsstörungen

Therapie. W e g e n eines m ö g l i c h e n S p o n t a n d e s z e n s u s sollte die B e h a n d lung erst a m Ende der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres begonnen werden.

• Therapie - Zeitpunkt: E n d e d e s I . L e b e n s j a h r e s

• D i e Operation e r f o l g t p r i m ä r ( o h n e h o r m o n e l l e V o r b e h a n d l u n g ) b e i m Vorliegen eines M a l d e s c e n s u s testis mit B e g l e i t h e r n i e o d e r e i n e r H o d e n e k t o p i e . Sie h a t das Ziel, d e n S a m e n s t r a n g so zu m o b i l i s i e r e n , d a ß d e r H o d e n s p a n n u n g s f r e i im S k r o t a l f a c h fixiert w e r d e n k a n n ( F u n i k u l o l y s e u n d O r c h i d o p e xie).

I.Op. - bei a n a t o m i s c h e n U r s a c h e n d e r R.t. o d e r Versagen der H o r m o n t h e r a p i e - Funikulolyse u n d O r c h i d o p e x i e

• Hormonelle Therapie mit G n R H , m i t H C G o d e r K o m b i n a t i o n s t h e r a p i e v o n G n R H u n d H C G ( S t i m u l a t i o n d e r T e s t o s t c r o n p r o d u k t i o n in d e n L e y d i g - Z e l len).

2. Hormontherapie: GnRH, HCG

Zur hormonellen Therapie des Kryptorchismus und deren Dosierung nach den Richtlinien der W H O s. Abschn. 23.4.1, S. 353). • Weiteres Vorgehen: E i n e K o n t r o l l e d e s H o r m o n e f f e k t e s ist e r f o r d e r l i c h . Bei T h e r a p i e v e r s a g e n ist d i e o p e r a t i v e O r c h i d o p e x i e a n g e z e i g t . E i n e L a n g z e i t b e o b a c h t u n g ist n o t w e n d i g . D e r P a t i e n t sollte z u r Selbstpalpation angehalten w e r d e n ( h ö h e r e M a l i g n i t ä t s r a t e n im f e r t i l e n A l t e r als in d e r n o r m a l e n P o p u l a tion a u c h bei b e h a n d e l t e m M a l d e s c e n s u s testis).

3. Therapiekontrolle: - nach H o r m o n a p p l i k a t i o n - nach Op. - Malignitätsrate auch nach Behandlung e r h ö h t !

7.6 Vorhautverklebung, Phimose

Phimose

Im S ä u g l i n g s a l t e r u n d bis z u m 3. L e b e n s j a h r ist e i n e p h y s i o l o g i s c h e V o r h a u t v e r k l e b u n g von d e r e i g e n t l i c h e n P h i m o s e zu d i f f e r e n z i e r e n .

bis 3. Lebensjahr physiologische Vorhautverklebung

In der embryonalen Phase ist die Vorhaut mit der Glans verwachsen, und erst später kommt es durch Gewebedegeneration des inneren Vorhautblattes zum Lösen der Vorhaut von der Glans (bis zum 3. Lebensjahr). M a n u e l l e u n d i n s t r u m e n t e i l e V o r h a u t d e h n u n g f ü h r e n zu E i n r i s s e n u n d Vern a r b u n g e n mit n a r b i g e r P h i m o s e . Praxishinweis: Bis z u m 3. Lebensjahr soll k e i n e f o r c i e r t e L ö s u n g d e r Vorhautverklebung vorgenommen werden. E i n e primäre Phimose liegt bei e i n e r a n g e b o r e n e n E n g e d e s ä u ß e r e n V o r h a u t r i n g e s vor. D a d u r c h läßt sich d a s P r ä p u t i u m nicht r e p o n i e r e n . E s e n t f ä l l t d a m i t die M ö g l i c h k e i t d e r R e i n i g u n g d e s P r ä p u t i a l s a c k e s . Komplikationen. Paraphimose (s. A b b . 24-5, S. 364). Bei h o c h g r a d i g e n Vorh a u t v e r e n g u n g e n k a n n es zu akuten Harnverhaltungen oder chronischen H a r n a b f l u ß s t ö r u n g e n u n d z u r rezidivierenden Balanitis k o m m e n .

• Praxishinweis

• primäre Phimose ist E n g e d e s ä u ß e ren V o r h a u t r i n g e s • Komplikationen: - Paraphimose - akute o d e r c h r o n i s c h e H a r n a b f l u ß störungen - rezidivierende Balanitis

114

7. Kinderurologie

• Therapie: - Op. (Zirkumzision)

Akutes Skrotum • -

Differentialdiagnose: Hodentorsion Hydatidentorsion Orchitis Epididymitis

Therapie. In der Regel wird eine komplette Resektion der Vorhaut durchgeführt (Zirkumzision). Die Op. erfolgt bei rezidivierender Balanitis, Harnverhalt und ausgeprägter Phimose.

7.7 Akutes Skrotum im Kindesalter Die häufigste akute Erkrankung des Skrotum in dieser Lebensphase ist die Hodentorsion. Diese ist differentialdiagnostisch von Torsionen von Anhangsgebildcn des Hodens und Nebenhodens (Hydatidentorsion) abzugrenzen. S e l t e n e r k ö n n e n Insektenstiche

zur S k r o t a l s c h w e l l u n g f ü h r e n .

Hodentorsion

7.7.1 H o d e n t o r s i o n

Abnorme Hodenbeweglichkeit infolge anatomischer Anomalien

Ätiologie. Eine ausgeprägte Beweglichkeit des Hodens (langes Gubernaculum testis - keine ausreichende Fixation zwischen Hoden und Nebenhoden) kann insbesondere bei abrupten Bewegungen zur Drehung des Hodens um seine Längsachse führen. Man unterscheidet die intravaginale von der supravaginalen Hodentorsion (s. Abb. 24-3, S. 362).

• Pathogenese: - venöse und arterielle Durchblutungsstörung - hämorrhagischer Infarkt

Pathogenese. In Abhängigkeit zum Drehwinkel des torquierten Hodens sind venöser und arterieller Schenkel betroffen. In der Regel wird der venöse Abfluß stärker blockiert bei noch erhaltener arterieller Zufuhr. Die Folge ist ein hämorrhagischer Infarkt des Hodens.

• Klinik - Häufigkeitsgipfel

plötzliche Unterbauch- und Hodenschmerzen peritoneale Symptomatik Gangbehinderung hochstehender Hoden Rötung des Skrotalfaches Druckschmerz kein Fieber

• -

Diagnostik Symptomatik Klinik Op.

Klinik. Es besteht ein typischer Alters-Häufigkeitsgipfel für Hodentorsionen im Neugeborenenalter und zum Zeitpunkt der Pubertät. Typischerweise treten plötzlich einsetzende starke Unterbauch- und Hodenschmerzen auf. Das Ereignis wird besonders nach abrupten Bewegungen beobachtet. Eine peritoneale Symptomatik ist möglich (Erbrechen), ebenso kann bei starker Schmerzhaftigkeit eine Gangbehinderung vorliegen. Bei der Untersuchung fallen in Abhängigkeit zur Erkrankungsdauer ein hochstehender Hoden (Gegenseite beachten), eine Rötung des Skrotalfaches, eine Druckschmerzhaftigkeit, bei extravaginaler Hodentorsion eine Schnürfurche des Funiculus spermaticus sowie kein Fieber auf. Das Anheben des Hodens führt typischerweise nicht zur Schmerzerleichterung. Der Kremasterreflex ist auf der betroffenen Seite nicht auslösbar. Diagnostik. Das typische Alter des Kindes, die akute Symptomatik und die klinischen Befunde müssen vorrangig an eine Hodentorsion denken lassen. Schwierigkeiten können bei der Differentialdiagnostik zur Hydatidentorsion (Appendix testis, entspricht Rudimenten des Müller-Ganges) bestehen. Die Doppleruntersuchung der Hodengefäße und die Sonographie des Hodens geben oft keine zuverlässigen Aussagen. Unklare Hodenbefunde erfordern immer die sofortige Hodenfreilegung!

Therapie: keine Zeitverzögerung

Therapie. L a n g w i e r i g e D i a g n o s t i k m a ß n a h m e n o d e r k o n s e r v a t i v e B c h a n d l u n g s v c r s u che k o s t e n u n n ö t i g e Z e i t u n d k ö n n e n zu i r r e p a r a b l e n F u n k t i o n s s t ö r u n g e n f ü h r e n .

Die sofortige dringliche Einweisung ins Krankenhaus ist daher indiziert. Eine über 4 Stunden dauernde Hodentorsion verschlechtert die Prognose des Hodens evident. Nicht detorquierte Hoden führen zur aseptischen Nekrose oder

7.8 Harnsteinleiden im Kindesalter

115

Atrophie. Bei der operativen Freilegung wird die Erhaltungsfähigkeit des Hodens überprüft. Im positiven Falle wird eine Orchidopexie durchgeführt. Da die Anomalie häufig beidseits vorliegt, wird auch der kontralaterale H o d e n im Skrotalfach fixiert (gleichzeitige kontralaterale Orchidopexie).

- operative Hodenfreilegung - Orchidopexie oder Ablatio testis - simultane kontralaterale Orchidopexie

Differentialdiagnose: Hydatidentorsion (s. Abb. 24-4, S. 363) häufigste differentialdiagnostische E r k r a n k u n g im Kindesalter, Insektenstiche ( A n a m n e s e , Einstiche), inkarzerierte Skrotalhernie, Epididymitis, Orchitis, Tumor.

• -

7.8 Harnsteinleiden im Kindesalter

Differentialdiagnostik: Hydatidentorsion Orchitis Skrotalhernie Epididymitis

Harnsteinleidem in Kindesalter

Das Harnsteinleiden ist im Kindesalter eine relativ seltene E r k r a n k u n g ( 2 % aller Harnsteine).

• selten (2 % aller Harnsteine)

Die frühzeitige D i a g n o s e , eine a d ä q u a t e T h e r a p i e u n d eine k o n s e q u e n t e N a c h s o r g e sind allerdings e n t s c h e i d e n d f ü r die z u k ü n f t i g e L e b e n s q u a l i t ä t d e s P a t i e n t e n .

Ca. 2 Drittel aller Steine sind Kalziumoxalat/Phosphatsteine. Diese können Ausdruck einer angeborenen metabolischen Störimg sein. 1 Drittel der Steine sind hingegen Infektsteine (besonders im Kleinkindesalter).

• Arten der Steine

A n g e b o r e n e Stoffwechselstörungen führen zur Bildung von Oxalatsteinen, Harnsäure-, Xanthin- und Zystinsteinen. Generell lassen sich unterschiedliche Merkmale in den G r u p p e n der aseptischen und der Infektsteine feststellen. Klinik. Der Harnstein als E n d p r o d u k t einer Stoffwechselstörung zuerst auf diese E r k r a n k u n g aufmerksam machen.

kann

Die typische Symptomatik der Harnsteinkolik des Erwachsenen ist bei kleineren Kindern nicht ohne weiteres erkennbar. Reflektorisch wird der MagenDarm-Trakt in Mitleidenschaft gezogen. H e r v o r t r e t e n d e Symptome sind deshalb Erbrechen, Wind- oder Stuhlverhaltungen bis zum Subileus. Fieber, Dysurie. Enuresis und trüber Urin sind hingegen Ausdruck einer begleitenden Zystopyelonephritis. Bei größeren Kindern imponiert der Flankenschmerz· Eine H ä m a t u r i e kann von den Eltern oder den Kindern beobachtet werden. Diagnostik (s. Abschn. 10.3.1, S. 155) • Anamnese: Die familiäre Disposition und zurückliegende Steinleiden. Ernährungsgewohnheiten sowie ein M e d i k a m e n t e n a b u s u s sind vorrangig zu erfragen. • Sonographie: besonders indiziert bei röntgennegativen Steinen, Nierenparenchymbeurteilung sowie bei -beckenkelchsystem- oder Uretererweiterung. • Abdomeniibersichtsaufnahme: Steinnachweis bei röntgenpositiven Steinen. • Ausscheidungsurographie: erfaßt anatomische Anomalien sowie Art und Topik der Harnabflußstörung. • Nierenfunktions- und Serumuntersuchungen: Natrium, Kalium, Kalzium. Harnsäure, Kreatinin und Parathormon. • Harnuntersuchung: Urinsediment. pH-Wert, spezifisches Gewicht, Bakteriologie, 24-Stunden-Sammelurin zur Erfassung lithogener und inhibitorischer Substanzen. Eine spezielle Diagnostik ist e r f o r d e r l i c h , u m die u n t e r s c h i e d l i c h e n p a t h o p h y s i o l o g i schen V e r ä n d e r u n g e n zu e r f a s s e n . D i e e x a k t e llarnsteincmalyse sche M a ß n a h m e n .

(z.B. I n f r a r o t s p e k t r o s k o p i e ) e r l a u b t spezielle t h e r a p e u t i -

Therapie (s. Abschn. 10.3.2, S. 156).

• Symptomatik

- Symptome des Magen-Darm-Traktes

- Fieber, Leukozyturie, Bakteriurie weisen auf sekundäre Pyelonephritis hin - größere Kinder: Flankenschmerzen • Diagnostik 1. Anamnese: - familiäre Belastung - Ernährung - Medikamente 2. Sonographie: - röntgennegative Steine - Erweiterung des Nierenbeckenkelchsystems 3. Abdomenübersicht: - röntgenpositive Steine 4. A U G (nicht während der Kolik!) - erfaßt Harnabflußstörungen 5. Nierenfunktionsuntersuchungen 6. Serum- und Urinuntersuchung: - Erfassung lithogener und inhibitorischer Substanzen • spezielle Diagnostik zur Erfassung pathophysiologischer Veränderungen

7. Kinderurologie

116 Maligne Tumoren

7.9 Onkologische Erkrankungen Klinische Bedeutung haben bei dieser Erkrankungsgruppe die WilmsTumoren der Niere, Neuroblastome des retroperitonealen Grenzstrangs oder Nebennierenmarks, Rhabdomyosarkome der Harnblase und Prostata sowie die malignen Hodentumoren. Diese Tumoren sind hinsichtlich ihrer biologischen Wertigkeit hochmaligne. Die frühzeitige, aggressive Therapie unter interdisziplinärer Zusammenarbeit ist eine conditio sine qua non.

Wilms-Tumor

7.9.1 Wilms-Tumor

• Pathologie - Mischtumor - Ausbreitung: per continuitatem, hämatogen und lymphogen

Pathologische Anatomie: Es handelt sich um einen aus mesenchymalen und epithelialen Anteilen in mensetzung besteht. Die Ausbreitung erfolgt per (parahiläre Lymphknoten) oder durch hämatogene

• Symptomatik: - Tumor im Abdomen - seltener: Schmerz, Hämaturie, Gewichtsreduktion, Fieber

Symptomatik. Das typische Erstsymptom des Wilms-Tumors ist die matische Schwellung im Abdominalbereich.

• -

Diagnostik. Bei der klinischen Untersuchung ist auf eine vorsichtige Palpation zu achten, da die Ruptur des Tumors droht. Sonographie, Ausscheidungsurographie und Computertomographie sind obligate Verfahren zum Staging dieser Erkrankung.

Diagnostik: vorsichtige Palpation Sonographie AUG, CT

malignen Mischtumor, der unterschiedlicher Zusamcontinuitatem, lymphogen Metastasen. asympto-

D e r S c h m e r z , eine H ä m a t u r i e o d e r G e w i c h t s r e d u k t i o n stellen s e l t e n e r e S y m p t o m e dar. D a s A u f t r e t e n von F i e b e r u n d A b g c s c h l a g e n h e i t läßt sich bei f o r t g e s c h r i t t e n e n T u m o ren b e o b a c h t e n .

• Therapie - individuelle Festlegung nach dem Staging: Op., Chemotherapie

Therapie. Die Behandlung richtet sich nach der Tumorausdehnung. Sie wird individuell festgelegt und umfaßt die operative Tumor- und Metastasenentfernung und Chemotherapie.

• Prognose: - frühe Stadien Heilung möglich

Prognose. In der Mehrzahl der Fälle ist heute eine Heilung möglich.

Neuroblastome

7.9.2 Neuroblastome

» Pathologie: - aus Zellen der Neuraileiste im Retro peritoneum, Becken - Ausbreitung wie Wilms-Tumor

Pathologische Anatomie: Neuroblastome entstehen aus Zellen der Neuralleiste. Die bevorzugte Lokalisation sind der Retroperitonealraum und das Becken. 3 Viertel der Kinder sind unter 4 Jahre alt. Die Tumoren sind überwiegend endokrin aktiv (Katecholamine). Die Ausbreitung erfolgt per continuitatem, lymphogen und hämatogen.

• -

Symptomatik: abdominale Symptomatik Tumor Temperatur paraneoplastische Syndrome

Symptomatik. Eine vordergründige Symptomatik besteht bei den Kindern mit Inappetenz, Gewichtsverlust, allgemeiner Schwäche, Erbrechen, abdominalen Schmerzen, Anstieg der Temperatur und Schwellung im Abdominalbereich.

• -

Diagnostik: Sonographie AUG, CT, MRT Knochenszintigraphie Katecholamine

Diagnostik. Die Sonographie, Ausscheidungsurographie und Computer- sowie Magnetresonanztomographie erlauben eine exakte Größenbestimmung des Tumors, die Erfassung von abdominellen Metastasen und eine Operationsplanung. Die Knochenszintigraphie ermittelt eine mögliche Knochenmetastasierung. Die Bestimmung der Katecholaminc weist einen hormonaktiven Tumor nach.

Paraneoplastische Syndrome K r a n k h e i t s b i l d e s sein.

u n d neurologische

Störungen

können Bestandteil

des

117

7.9 Onkologische Erkrankungen Therapie und Prognose. In Abhängigkeit vom Alter des Patienten und des Stadiums der Erkrankung werden rein operative, radio- oder chemotherapeutische Behandlungen angestrebt. Die Prognose ist nur in frühen Stadien günstig.

• • -

7.9.3 Rhabdomyosarkom der Harnblase und Prostata, Hodenkarzinom

Rhabdomyosarkom

Rhabdomyosarkom. Es h a n d e l t sich u m seltene Erkrankungen. D a s raschc W a c h s t u m f ü h r t zur O b s t r u k t i o n d e r H a r n l e i t e r o d e r d e r U r e t h r a . D a d u r c h stehen diesbezüglich e n t s p r e c h e n d e S y m p t o m e im V o r d e r g r u n d . Klinische U n t e r s u c h u n g , b i l d g e b e n d e und e n d o s k o p i s c h e V e r f a h r e n b e u r t e i l e n die A u s b r e i t u n g des Tumors. Die Therapie u m f a ß t die O p e r a t i o n u n d C h e m o t h e r a p i e . Hodenkarzinom. Bei allen u n k l a r e n H o d e n s c h w e l l u n g e n im K i n d e s a l t e r ist a u c h an ein e n m a l i g n e n T u m o r zu d e n k e n , d e r a b e r seilen

vorkommt.

Therapie: operativ Chemotherapie Prognose: Frühstadium: gut

- Harnblase/Prostata - Obstruktion von Harnleiter, Urethra • Klinik: bildgebende Verfahren und Endoskopie sichern Diagnose • Therapie: Op. und Chemotherapie Hodenkarzinom - selten - differentialdiagnostisch wichtig

Unspezifische Entzündungen

8. Unspezifische urogenitale Entzündungen M. Ludwig, H. G. Schiefer, W. Weidner

• urogenitale Infektion + Reaktion des Wirtsorganismus auf Keiminvasion = urogenitale Entzündung

• 3 HWI-Formen: 1. unspezifische Entzündung 2. spezifische Entzündung

3. sexuell übertragbare Erkrankung

Lokale Wirt-Parasit-Wechsel Wirkung

D e f i n i t i o n . A l s urogenitale Infektion b e z e i c h n e t m a n Invasion, A d h ä r e n z , Verm e h r u n g u n d A u s b r e i t u n g von E r r e g e r n im U r o g e n i t a l t r a k t . E i n e klinisch s y m p t o m a t i s c h e urogenitale Erkrankimg (Entzündung) entsteht infolge der u n s p e z i f i s c h e n u n d s p e z i f i s c h e n R e a k t i o n e n d e s W i r t s o r g a n i s m u s auf d i e cing e d r u n g e n e n E r r e g e r ; die d a f ü r o f t v e r w a n d t e B e z e i c h n u n g „Harnwegsinfektion" ( H W I ) ist begrifflich u n s c h a r f , a b e r in d e r Praxis v e r b r e i t e t . A u f g r u n d histopathologischer Befunde u n t e r s c h e i d e t m a n d i e unspeziflsche, d. h. histologisch u n c h a r a k t e r i s t i s c h e , meist a k u t e , eitrige, u r o g e n i t a l e E n t z ü n d u n g von d e r spezifischen, m e i s t c h r o n i s c h e n , o f t g r a n u l o m a t ö s e n E n t z ü n d u n g s f o r m ( z . B . T u b e r k u l o s e ) m i t h i s t o l o g i s c h e n V e r ä n d e r u n g e n , die f ü r d e n ätiologischen E r r e g e r typisch sind. E i n e d r i t t e G r u p p e b i l d e n d i e sexuell übertragbaren Erkrankungen ( z . B . d u r c h N e i s s e r i a g o n o r r h o e a e , C h l a m y d i a trac h o m a t i s ) , die v o r allem E n t z ü n d u n g e n mit B e t e i l i g u n g d e r v o r d e r e n H a r n röhre verursachen.

8.1 Wirt-Parasit-Wechselbeziehung im Urogenitaltrakt

Schutzmechanismen des Wirts

8.1.1 Schutzmechanismen des Wirts

männlicher Urogenitaltrakt: Schutz durch • Anatomie der Urethra • bakterielle Standortflora im distalen Harnröhrendrittel

D e r Urogenitaltrakt des M a n n e s ist d u r c h d i e lange, e n g e U r e t h r a g e g e n ü b e r a u f s t e i g e n d e n b a k t e r i e l l e n E r r e g e r n gut g e s c h ü t z t . E i n d r i n g e n d e M i k r o o r g a n i s m e n t r e f f e n in d e r H a r n r ö h r e auf e i n e k o m p l e x z u s a m m e n g e s e t z t e bakterielle Standortflora, die das vordere Drittel der U r e t h r a des M a n n e s besiedelt. N o r m a l e r w e i s e v o r k o m m e n d e K e i m e sind k o a g u l a s e p o s i t i v e u n d - n e g a t i v e Staphylokokken, Streptokokken, Enterobacteriaceen, P e p t o k o k k e n und Peptostreptokokken, Bacteroidesarten, Fusobakterien, Mykoplasmen und Sproßpilze. E i n d r i n g e n d e p a t h o g e n e M i k r o o r g a n i s m e n m ü s s e n mit d i e s e r S t a n d o r t f l o r a u m B i n d u n g s s t e l l e n auf d e r S c h l e i m h a u t k o n k u r r i e r e n . Die ableitenden H a r n w e g e der Frau (s. A b s c h n . 16.2.1, S.267) sind d e m g e g e n ü b e r s c h l e c h t e r g e s c h ü t z t . P e r i n e u m u n d V e s t i b u l u m v a g i n a e sind m i t D a r m b a k t e r i e n b e s i e d e l t , die d u r c h d i e k u r z e H a r n r ö h r e d e r F r a u leichter a s z e n d i e ren k ö n n e n als b e i m M a n n . D i e H a r n w e g s i n f e k t i o n wird b e i m M ä d c h e n d u r c h h a b i t u e l l e H a r n r e t e n t i o n , bei d e r F r a u d u r c h d e n K o i t u s ( M i k r o t r a u m e n d e r U r e t h r a und Keiminokulation) begünstigt.

weiblicher Harntrakt: schlechter geschützt gegen Infektionen als beim Mann wegen • kurzer Urethra • bakterieller Umgebungsflora

unspezifische Schutzmechanismen gegenüber Bakterien: Verdünnung der Bakterienkonzentration durch Urin Urinbeschaffenheit

Wichtige unspezifische Schutzmechanismen gegenüber Bakterien, die zufällig und in geringer Zahl in die Harnwege gelangen, sind die Verdünnung des Bakterieninokulums im Urin und die regelmäßige Blasenentleening. Der Urin ist wegen seiner Hyper- oder Hypoosmolarität, seiner hohen Harnstoffkonzentration, seines Gehalts an organischen Säuren und seines niedrigen pH-Werts für viele Bakterien ein ungünstiges Milieu.

8.1 Wirt-Parasit-Wechselbeziehung im Urogenitaltrakt Das im aufsteigenden Teil der Henle-Schleife gebildete Uromukoid (Tamm-HorsfallGlykoprotein) und von Sekretoren ausgeschiedene Blutgruppensubstanzen binden uropathogene Erreger, die bei der Harnentleerung ausgeschieden werden. Das Prostatasekret enthält antibakteriell wirksame zinkhaltige Proteine. Bei den oberen Harnwegsinfektionen, meist Parenchyminfektionen. werden Immunglobuline gebildet. Sie werden im Urin ausgeschieden und hemmen die Adhärenz uropathogener Erreger an die Mukosa. Infektionen der unteren Harnwege, meist Hohlrauminfektionen, induzieren dagegen nur eine geringe Antikörperantwort. Zellvermittelte Immunprozesse spielen nur bei der Urogenital-Tb eine Rolle.

119 -

Tamm-Horsfall-Glykoprotein Blutgruppensubstanzen zinkhaltiges Prostatasekret Immunglobuline

8.1.2 Infektion, Prädisposition 8.1.2.1 Bakterielle Infektion

Bakterielle Infektion

Urogenitale Infektionskrankheiten - das Erregerspektrum gibt Tabelle 8-1 wieder - entstehen auf 3 Wegen: • aszendierend: 8 0 - 9 0 % aller urogenitalen Infektionen entstehen aszendierend.

3 Infektionswege:

Tab.8-1: Häufige Erreger urogenitaler Infektionen spezifische Infektionen nicht berücksichtigt) urogenitale Infektion

unspezifische Erreger

sexuell übertragbare Erreger

Pyelonephritis

E.coli, Proteus spp., Pseudomonas, Enterobacteriaceae spp., Enterokokken, Staphylococcus spp.

Mycoplasma hominis (selten)

Nierenabszeß

E.coli, Proteus spp., Pseudomonas, Enterobacteriaceae spp., Staphylococcus spp., selten: Anaerobier

Zystitis

E.coli, Enterokokken, Staphylococcus spp., Adenoviren (Kinder)

Chlamydia trachomatis (?)

akute Prostatitis und Prostataabszeß

E.coli, Pseudomonas, Staphylococcus spp., Anaerobier

Neisseria gonorrhoeae

chronische Prostatitis

E.coli, Pseudomonas, Enterobacteriaceae spp., Enterokokken, Staphylococcus spp.

Ureaplasma urealyticum (?) C. trachomatis (?) N. gonorrhoeae

Epididymitis

E.coli, Pseudomonas

Ν. gonorrhoeae C. trachomatis

Orchitis

E.coli, Pseudomonas, MumpsVirus

Treponema pallidum

Urethritis

hämolysierende Streptokokken, N. gonorrhoeae Gardnerella vaginalis C. trachomatis U. urealyticum T. vaginalis Herpes-simplex-Virus Typ I

Urethralsyndrom

E.coli, Staph, saprophyticus

C. trachomatis, HSV Typ II N. gonorrhoeae

Balanitis

Staphylococcus spp., Gardnerella vaginalis, hämolys. Streptokokken

Ν. gonorrhoeae, Papillom-Viren, HSV I, HSV II, Τ. vaginalis, Haemophilus ducreyi

1. aszendierend (am häufigsten)

120 2. hämatogen (selten) 3. per continuitatem

• Praxishinweis

8. U n s p e z i f i s c h e u r o g e n i t a l e E n t z ü n d u n g e n · hämatogen: Selten. Renale Abszesse und die Urogenitaltuberkulose entstehen hämatogen. · per continuitatem: Direkte Infektionen müssen bei Infektionen des Dickdarms, abszedierenden Infektionen des weiblichen Genitaltrakts, bei paravesikalen Abszessen und bei vesikovaginalen und -intestinalen Fisteln bedacht werden. Praxishinweis: U r o p a t h o g e n e Escherichia coli, insbesondere die Serovare Ο 4, Ο 6, Ο 25, Ο 50 und Ο 75, verursachen etwa 70 % aller Harnwegsinfektionen.

• besondere Haftungsfähigkeit (Adhärenz) von E. coli auf Epitheloberflächenrezeptoren durch Fimbrien

Viele u r o p a t h o g e n e E r r e g e r h e f t e n sich mit Hilfe von Fimbrien lektinähnlich an zuckerhaltige u r o e p i t h e l i a l e Z e l l o b c r f l ä c h e n r e z e p t o r e n . D i e A d h ä r e n z g r a m p o s i t i v e r B a k t e rien wird d u r c h T e i c h o n s ä u r e n g e f ö r d e r t . K a p s e l p o l y s a c c h a r i d e u n d U r e a s e sind weitere Virulcnzl'aktoren. Die a d h ä r e n t e n B a k t e r i e n i n d u z i e r e n die W i r t s a n t w o r l ( E n t z ü n d u n g ) d u r c h E i n w i r k u n g von Lipoid Α u n d Z y t o t o x i n e n auf die M u k o s a z e l l e n .

Prädisponierende Faktoren für urogenitale Infektionen

8.1.2.2 P r ä d i s p o n i e r e n d e F a k t o r e n

• Obstruktion • Urolithiasis • Schwangerschaft • hohes Alter • Portiokappen, Spermizidgele • instrumenteile Manipulationen • genetische Faktoren • Diabetes mellitus • Urinhyperosmolarität

Infektionsdiagnostik

Urogenitale Infektionen und Entzündungen werden gefördert durch • mechanische und funktionelle Obstruktion: Striktur, Stenose, Stein, Blasenlähmung • Urolithiasis: bakterielle Steinbesiedlung • Schwangerschaft: vermindertes U r o m u k o i d , Weitstellung der Harnwege • hohes Alter: Obstruktion, Verminderung des zinkhaltigen Prostatafaktors, Stuhlinkontinenz, vermindertes U r o m u k o i d • Portiokappen und Spermizide Gele zur Kontrazeption: veränderte Standortflora und Zelloberflächen • instrumenteile Manipulationen: erleichterte Keimaszension, gestörte Blasen-Mucin-Schicht • genetische Faktoren: erhöhte Rezeptorendichte des Uroepithels mit erhöhter bakterieller Adhäsivität • Diabetes mellitus: eingeschränkte Granulozytenfunktion, durch Glukosurie gefördertes Bakterienwachstum • Urinhyperosmolarität: Inaktivierung des Komplements, verminderte Chemotaxis der Granulozyten.

8.2 Diagnostik Symptomatologie u n d klinische Diagnostik w e r d e n in d e n n a c h f o l g e n d e n speziellen Kapiteln d e r u r o g e n i t a l e n E n t z ü n d u n g e n dargestellt.

Urinuntersuchung

Harnanalyse besteht aus:

Die Urinuntersuchung ist die diagnostisch wichtigste Laboruntersuchung bei der Harnwegsinfektion. Harngewinnung: Optimal ist die Urinabgabe mit sofortiger Verarbeitung der Urinprobe. Beim Mann ist die Gewinnung von Mittelstrahlurin M e t h o d e der Wahl. Bei der Frau erfolgt die Harngewinnung besser durch sterilen Einmalkatheterismus (s. Abschn.5.2.1, S.49). Die Blasenpunktion ausschließlich zur Infektionsdiagnostik ist nur sehr selten indiziert. Harnanalyse: Die Harnanalyse umfaßt bei Verdacht auf Harnwegsinfektion: Streifentest, mikroskopische Untersuchung, Mikrobiologie.

8.3 Systematik der speziellen Entzündungen des Urogenitaltrakts • Streifentests sind S t ä b c h e n , auf d e n e n R e a g e n z i e n fest a u f g e b r a c h t sind; diese w e r d e n mit U r i n b e n e t z t u n d g e b e n n a c h e i n e m d e f i n i e r t e n Z e i t r a u m e i n e n standardisierten Farbumschlag. • D i e wichtigste mikroskopische Untersuchung ist das Urinsediment. 10 ml U r i n w e r d e n bei 400 g 5 m i n z e n t r i f u g i e r t , u n d d a s S e d i m e n t wird im H e l l f e l d o h n e F ä r b u n g b e t r a c h t e t . D i e Leukozytenzahl (s. A b s c h n . 5.2.2.3, S. 52) als wichtigster E n t z ü n d u n g s i n d i k a t o r wird p r o G e s i c h t s f e l d (Vergr. 1 0 x 4 0 ) ges c h ä t z t ( N o r m : 3 - 5 L e u k o z y t e n ) , m e h r als 10 sind e i n d e u t i g p a t h o l o g i s c h . Der alleinige mikroskopische Nachweis von Mikroorganismen ohne entzündliche Begleitreaktion (Leukozyten) spricht für eine Kontamination. G r u n d l a g e n d e r mikrobiologischen Urindiagnostik bei H a r n w e g s i n f e k t i o n sind: • Erregernachweis u n d -differenzierung, Keimzahlund Resistenzbestimmung. Z u r o r i e n t i e r e n d e n mikrobiologischen Diagnostik k ö n n e n E i n t a u c h n ä h r b ö d e n (ζ. B. U r i c u l t " ) e i n g e s e t z t w e r d e n . Bei E r r e g e r w a c h s t u m w e r d e n v o n d i e s e n z u r K e i m - u n d R e s i s t e n z b e s t i m m u n g E i n z e l k o l o n i e n auf N ä h r b ö d e n ü b e r t r a g e n . • U r i n k u l t u r . D e f i n i e r t e V o l u m i n a d e s U r i n s w e r d e n auf f e s t e n N ä h r b ö d e n a u s g e s t r i c h e n . D i e nach I n k u b a t i o n ( 2 4 - 4 8 Std.) g e w a c h s e n e n K o l o n i e n werd e n d i f f e r e n z i e r t . A u s d e r Z a h l d e r K o l o n i e n wird die E r r e g e r z a h l im U n t e r s u c h u n g s m a t e r i a l e r r e c h n e t : signifikante Bakteriurie > 1 0 ^ E r r e g e r / m l .

121 1. Streifentests

2. Urinsediment: >10 Leukozyten pathologisch

• Nachweis von Mikroorganismen ohne Leukozytennachweis —> Kontamination? • mikrobiologische Diagnostik umfaßt: 1. Erregernachweis, -differenzierung 2. Keimzahlbestimmung 3. Resistenzbestimmung • orientierende Diagnostik durch Eintauchnährböden: • Urinkultur: - Keimzahlbestimmung - > 1 0 5 Erreger/ml pathologisch - Keimdifferenzierung - Resistenzbestimmung

Dieser ursprünglich bei Schwangeren mit der Mittelstrahlurintcchnik erarbeitete Begriff besagt, daß bei Verwendung dieses Keimzahlkriteriums häufiger ein relevanter Harnwegsinfekt vorliegt. Bei symptomatischen Harnwegsinfektionen sind auch geringere Zahlen uropathogener Erreger, insbesondere bei Monoinfektionen, diagnostisch bedeutsam. • E r r e g e r e m p f i n d l i c h k e i t : Bei N a c h w e i s u r o p a t h o g e n e r E r r e g e r in signifikant e n K e i m z a h l e n wird die E r r e g e r e m p f i n d l i c h k e i t g e g e n ü b e r a n t i m i k r o b i e l l e n S t o f f e n im A g a r d i l u t i o n s - o d e r P l ä t t c h e n d i f f u s i o n s t e s t b e s t i m m t .

8.3 Systematik der speziellen Entzündungen des Urogenitaltrakts

Erregerempfindlichkeit

Spezielle Entzündungen des Urogenitaltrakts

8.3.1 Niere und Nierenhüllen 8.3.1.1 Akute Pyelonephritis

Akute Pyelonephritis

D i e a k u t e P y e l o n e p h r i t i s ist e i n e E n t z ü n d u n g von N i e r e n b e c k e n und - p a r e n chym. Epidemiologie: Entzündungen der Nieren gehören zu den häufigsten Infektionskrankheiten. Die Morbidität ist bei Frauen höher als bei Männern. Man findet sie bei 10 % aller Obduktionen. 2-5 % aller Erkrankungen des Kindes sind Pyelonephritiden.

häufige Infektionskrankheit

Ä t i o l o g i e , P a t h o g e n e s e und pathologische A n a t o m i e : D i e a k u t e P y e l o n e p h r i tis wird ü b e r w i e g e n d d u r c h a e r o b e g r a m n e g a t i v e B a k t e r i e n , a m h ä u f i g s t e n E . c o l i , h e r v o r g e r u f e n . U r e a s e b i l d e n d e K e i m e , wie P r o t e u s u n d K l e b s i e l l e n , k ö n n e n durch Alkalisierung des Urins und Präzipitation von Magnesium-, A m m o n i u m - und Kalziumphosphat eine Steinbildung unterhalten. D i e Ausbreitung der Infektion e r f o l g t ü b e r w i e g e n d k a n a l i k u l ä r a s z e n d i e r e n d , v o r allem bei O b s t r u k t i o n .

Atiopathogenese • häufigster Erreger: E.coli - Proteus und Klebsiellen können Infektsteine bilden

Praxishinweis: 98 % aller a k u t e n P y e l o n e p h r i t i d e n b e i m Mann 5 0 % bei d e r Frau sind obstruktiven U r s p r u n g s ( A b b . 8-1).

u n d ca.

Ausbreitung: • überwiegend kanalikulär aszendierend (prädisponierend: Obstruktion) • Praxishinweis

4=

122

8. Unspezifische urogenitale Entzündungen

[ Lokalisation | —| intrapelvin | Steine, Tumoren, Koagel, Detritus pyeloureteral j— Abgangsanomalien Nai ben | extraureterai] I aberrierendes Gefäß * Konipression durch Tumor M. Ormond

/ | intraureteral | Steine, Tumoren Narben, Koagel, Detritus Ρ perivesikal Kompression, Uterusmyom Prostata-, Portiokarzinom, Harnblasendivertikel, Descensus uteri

/ [ intravesikal | Steine,Tumoren, Ureterengen, / Fremdkörper ty

l intraurethral | Striktur, Fremdkörper, Tumor, Mißbildung benigne Prostatahyperplasie | Ursachen

Abb.8-1: Obstruktive Pyelonephritis und ihre Ursachen

• selten hämatogen und per continui tatem

A n d e r e F o r m e n , w i e d i e hämatogene

mit Ausbildung einer p r i m ä r e n

i n f e k t i o n ( z . B . bei C a n d i d a - S e p s i s ) u n d d a s direkte

Übergreifen

Nierenrinden-

einer E n t z ü n d u n g be-

n a c h b a r t e r O r g a n e ( z . B . D a r m d i v e r t i k u l i t i s ) , sind s e l t e n .

Klinik: • meist einseitig • Rezidive häufig Anamnese: - frühere Infektionen - HWI in Schwangerschaft, Kindheit - Urolithiasis - Obstruktion • Symptome: - plötzlicher Krankheitsbeginn - A Z i , Rückenschmerzen - Fieber, Erbrechen - Tachykardie - Pollakisurie, Dysurie - Klopfschmerz im Nierenlager • Labor: - Leukozytose - Leukozyturie, Bakteriurie

Klinik: In fast allen Fällen verläuft die akute Pyelonephritis einseitig. D a sie ein Rezidiv einer chronisch rezidivierenden Niereninfektion sein kann, sind anamnestische Hinweise wichtig: • früherer Pyelonephritisschub, Harnwegsinfektion in der Kindheit und Sch wangerschaft • bekanntes Steinleiden, infra- und supravesikale Obstruktion. • Typische Symptome sind plötzlicher Krankheitsbeginn, schweres Krankheitsgefühl, Rückenschmerzen, oft ausstrahlend in die Leiste, Fieber, Tachykardie und E r b r e c h e n . Pollakisurie und Dysurie treten als Zeichen der H a r n wegsinfektion auf. D a s Nierenlager ist klopfschmerzhaft. • Labor: Leukozytose mit Linksverschiebung, Leukozyturie und Bakteriurie, manchmal Leukozytenzylinder. Bei der unkomplizierten Pyelonephritis ist die renale Funktion unbeeinträchtigt (Kreatinin im Normbereich).

123

8.3 Systematik der speziellen Entzündungen des Urogenitaltrakts

Abb.8-2: CT bei abszedierender Pyelonephritis rechts

Von der unkomplizierten Pyelonephritis wird die komplizierte Form unterschieden mit ihren Prädispositionsfaktoren: Urolithiasis, Obstruktion und urogenitale Fehlbildungen, verbunden mit Harnabflußstörungen. Differentialdiagnostisch müssen neben dem renalen und paranephritischen Abszeß alle akuten entzündlichen A b d o m i n a l e r k r a n k u n g e n . Epididymitis beim Mann und akute Salpingitis bei der Frau abgegrenzt werden. Therapie: Sofort nach E n t n a h m e einer Urinprobe (U-Status. Kultur) verabfolgt man ein Breitspektrumantibiotikum, bis eine erreger- und resistenzgerechte Therapie möglich ist. Unterstützend wirken Bettruhe, ausreichende Flüssigkeitszufuhr, antipyretische und analgetische M a ß n a h m e n . Die Therapie bei komplizierenden Faktoren richtet sich nach der Ursache. Wichtige Komplikationen sind in der Frühphase die Abszedierung (kanalikulär aszendierend) und Pyonephrose (eitrige Infektion einer gestauten Niere). Klinisch weisen hohe septische Temperaturen, z u n e h m e n d e Flankenschmerzen und Thrombopenie auf einen komplizierten Verlauf hin. Sonographie. A U G und CT führen zur Diagnose (Abb.8-2). Therapie der Wahl ist neben hochdosierter Antibiotikagabe die perkutane Nephrostomie. Wichtigste Spätkomplikation ist die Entwicklung einer chronischen Pyelonephritis.

8.3.1.2 Sonderformen der akuten Pyelonephritis • Pyelonephritis im Kindesalter: Prädisponierend sind urogenitale Mißbildungen. Jede ätiologisch unklare, t h e r a p i e r e f r a k t ä r e fieberhafte E r k r a n k u n g des Kindes ist auf eine Pyelonephritis verdächtig. • Pyelonephritis in der Schwangerschaft: Sie beginnt meist im 2. Monat, oft als asymptomatische Bakteriurie, und wird im 5.-8. Monat klinisch manifest. Abortneigung, Frühgeburt, erhöhte fetale und mütterliche Mortalität und chronische Pyelonephritis sind mögliche Komplikationen. • Die nekrotisierende Papillitis ist eine mit Nekrosen der Papille einhergehende Pyelonephritis. Ursachen sind ischämische Nekrosen bei akuter oder chronischer interstitieller Nephritis bei Harnwegsinfektion (Diabetes mellitus) oder bei nichtinfektiös bedingten Erkrankungen (Analgetikaabusus, renale vaskuläre Erkrankungen). Die Klinik entspricht der akuten Pyelonephritis, häufig besteht eine Pyonephrose. Harnleiterkoliken treten bei Abgang abgestoßener Papillenspitzen auf. Therapeutisch steht die p e r k u t a n e Entlastung des infizierten Hohlraumsystems im Vordergrund. Bei Harnwegsinfektion erfolgt eine konsequente antimikrobielle Therapie. Bei Analgetikaabusus m u ß die auslösende Noxe vermieden werden.

komplizierte Pyelonephritis bei • Urolithiasis • Obstruktion • Fehlbildungen Differentialdiagnose: • intra-, perirenaler Abszeß • entzündliche Abdominalerkrankungen • Epididymitis, Salpingitis Therapie: • Breitspektrumantibiotikum • Flüssigkeitszufuhr • Bettruhe • Therapie komplizierender Faktoren Komplikationen: • Abszeß • Pyonephrose bei hohem Fieber, zunehmendem Flankenschmerz und Thrombopenie an Komplikationen denken! • Therapie: - Antibiotika - perkutane Drainage • Spätkomplikation: chronische Pyelonephritis Sonderformen der akuten Pyelonephritis 1. Pyelonephritis im Kindesalter

2. Pyelonephritis in der Schwangerschaft

3. nekrotisierende Papillitis/Papillennekrose - infektiöse und nichtinfektiöse Ursachen - Klinik wie akute Pyelonephritis, Koliken bei Papillenabgang - Therapie: perkutane Entlastung -> bei Infektion Antibiotika

124

8. Unspezifische urogenitale Entzündungen

Chronische Pyelonephritis

8.3.1.3 Chronische Pyelonephritis

• histologisch: chronische interstitielle Nephritis

D i e D e f i n i t i o n d e r c h r o n i s c h e n P y e l o n e p h r i t i s ist u n s c h a r f . H i s t o l o g i s c h h a n delt es sich u m e i n e c h r o n i s c h e interstitielle N e p h r i t i s , bei d e r e i n e persistierende bakterielle renale Infektion fehlen kann.

Ätiopathogenese • aszendierende akute HWI -> chron. Pyelonephritis • Endstadium: Schrumpfniere • disponierende Faktoren: - Diabetes, Urolithiasis - Analgetikaabusus, Obstruktion - vesikoureteraler Reflux - Hyperurikämie, Schwangerschaft

Ä t i o l o g i e , P a t h o g e n e s e und Morphologie: Akute u n k o m p l i z i e r t e H a r n w e g s i n fektionen k ö n n e n aszendierend zur chronischen Pyelonephritis führen. Die N i e r e zeigt g r o b n a r b i g e V e r ä n d e r u n g e n mit A u s b i l d u n g v o n G e w e b s b u c k e l n . I m E n d s t a d i u m e n t w i c k e l t sich d i e p y e l o n e p h r i t i s c h e S c h r u m p f n i e r e . D i s p o n i e r e n d e Faktoren sind ( n a c h B e d e u t u n g u n d H ä u f i g k e i t ) : Diabetes mellitus, Urolithiasis, Analgetikanephropathie ( u . a . P h e n a z e t i n ) , obstruktive Uropathie, a n a t o m i s c h e V e r ä n d e r u n g e n d e s H a r n t r a k t s , v o r a l l e m vesikoureteraler Reflux bei H W I im K i n d e s a l t e r , Hyperurikämie, wiederholte Schwangerschaften bei r e n a l e r V o r s c h ä d i g u n g .

Klinik: • Symptome einer akuten Pyelonephritis nur im akuten Schub • bei Niereninsuffizienz: - Hypertension - Anämie - Azotämie - Proteinurie - Retentionswerte Τ • Urogramm: - kolbenförmige Kelch- und Kelchhalsveränderungen - Endstadium: Schrumpfniere mit Parenchymschwund und Randkonturnarben - beim Kind immer Ausschluß eines vesikoureteralen Refluxes (MCU)

Klinik: I m a k u t e n S c h u b t r e t e n d i e S y m p t o m e e i n e r a k u t e n P y e l o n e p h r i t i s auf. Bei c h r o n i s c h e r P y e l o n e p h r i t i s u n d N i e r e n i n s u f f i z i e n z f i n d e n sich H y p e r t e n s i on, A n ä m i e u n d A z o t ä m i e . D i e klinische U n t e r s u c h u n g ist h ä u f i g u n e r g i e b i g . Im U r i n s e d i m e n t f i n d e t m a n s e l t e n e r H i n w e i s e auf e i n e u r i n o g e n e I n f e k t i o n ( L e u k o z y t u r i e , B a k t e r i u r i e ) . H ä u f i g e r tritt e i n e Proteinurie als Z e i c h e n g l o m e r u l ä r e r B e t e i l i g u n g auf. D i e R e t e n t i o n s w e r t e im Blut k ö n n e n i n f o l g e r e n a l e r F u n k t i o n s e i n s c h r ä n k u n g e r h ö h t sein.

Therapie

Typischer B e f u n d d e r c h r o n i s c h e n P y e l o n e p h r i t i s im U r o g r a m m (s. A b b . 8-3) sind d i e k o l b e n f ö r m i g e n e n t z ü n d u n g s b e d i n g t e n V e r ä n d e r u n g e n d e r K e l c h e und Kelchhälse, welche eine Kelchgruppe oder auch das gesamte Hohlraumsys t e m b e t r e f f e n k ö n n e n . D i e V e r ä n d e r u n g e n k ö n n e n bis z u r A u s b i l d u n g e i n e r pyelonephritischen Schrumpfniere mit Parenchymschwund und narbigen Einz i e h u n g e n d e r R a n d k o n t u r r e i c h e n . D i e K o n t r a s t m i t t e l a n r e i c h e r u n g ist f l a u als Z e i c h e n d e r v e r m i n d e r t e n K o n z e n t r a t i o n s f ä h i g k e i t d e r N i e r e . Z u r D i a g n o stik g e h ö r t b e i m K i n d d a s M i k t i o n s z y s t o u r e t h r o g r a m m z u m A u s s c h l u ß e i n e s v e s i k o u r e t e r a l e n R e f l u x e s (s. A b s c h n . 5 . 5 . 1 . 2 , S.73). D i e b e s t e Therapie der chronisch bakteriellen Pyelonephritis ist ihre Prävention, d. h. d i e A u s h e i l u n g j e d e r akuten Harnwegsinfektion, die grundsätzlich a n t i m i k r o b i e l l b e h a n d e l t wird. Bei Kindern ist e i n e k o n s e q u e n -

Abb.8-3: Urogramm bei chronischer Pyelonephritis re. Verplumpung der Kelche, narbige Parenchymeinziehungen, verschmälerter Parenchymsaum.

8.3 Systematik der speziellen Entzündungen des Urogenitaltrakts

125

te Langzeitantibiose - besonders bei Reflux - notwendig. Alle beschriebenen Risikofaktoren müssen frühzeitig behandelt werden: • Sanierung von Obstruktion und Behandlung der systemischen Grunderkrankung: Gicht, Diabetes mellitus. Bei arterieller Hypertonie sind Funktionskontrollen und Blutdruckeinstellung notwendig. Bei einseitiger Erkrankung kann die Nephrektomie erforderlich werden.

• arterielle Hypertonie behandeln • ggf. Nephrektomie

Prognose: Die chronische Pyelonephritis kann im chronischen Nierenversagen enden; Ursache ist oft eine unzureichend behandelte, akute rezidivierende Pyelonephritis während der Kindheit.

Prognose: unzureichende Therapie kann zum chronischen Nierenversagen führen

8.3.1.4 Nierenabszeß

Nierenabszeß

Definition: D e r Nierenabszeß besteht aus konfluierenden, embolisch eitrigen H e r d e n einer Rindennephritis.

Rindennephritis mit eitrigen Herden

Ätiologie und Pathogenese: A m häufigsten entsteht der Nierenabszeß hämatogen oder durch aszendierende Infektion bei Obstruktion. Prädisponierender Faktor ist ein Diabetes mellitus. Bei der h ä m a t o g e n e n Infektion ist Staphylococcus aureus der häufigste Erreger. Die klinische Symptomatik entspricht der einer akuten Pyelonephritis. Bei einer kanalikulären Verbindung zum Nierenbecken findet man eine signifikante Bakteriurie. Die Röntgendiagnostik zeigt in der Übersicht häufig eine vergrößerte Niere mit unscharfer R a n d k o n t u r . Wichtigste Differentialdiagnosen sind akute Pyelonephritis und paranephritischer Abszeß. G r ö ß e r e Abszesse können im U r o g r a m m oder Sonogramm als R a u m f o r d e r u n g imponieren. Therapeutisch sind bei Staphylokokken-Infektionen betalaktamasestabile Penizilline bestens geeignet. Bei urinogenen Infektionen wird die Kombination eines Cephalosporins mit einem Aminoglykosid eingesetzt. Bei Obstruktion. Septikämie und z u n e h m e n d e r Einschmelzung wird die perkutane (perkutane Nephrostomie) oder chirurgische Drainage notwendig.

Ätiopathogenese: • aszendierend: - Erreger: HWI-Erreger • hämatogen - Erreger: Staphylococcus aureus Klinik: wie bei akuter Pyelonephritis

Prognose: Die chirurgische Sanierung (Hemi-, N e p h r e k t o m i e ) ist oft unumgänglich. Prognostisch ungünstig ist der nicht erkannte Abszeß mit Urosepsis und septischem Schock.

8.3.1.5 Paranephritischer (perinephritischer) Abszeß Definition: D e r paranephritische Abszeß bezeichnet eine Eiteransammlung zwischen Nierenkapsel und perirenaler ( G e r o t a ) Faszie. Leitsymptome sind hohes Fieber, d u m p f e r Flankenschmerz mit und ohne Hautrötung, Schonhaltung der Wirbelsäule und Beugehaltung der ipsilateralen Oberschenkelmuskulatur als Zeichen einer Psoasreizung. Zusätzlich finden sich: reaktive Pleuritis, Peritonitis und Dysurie (bei Beteiligung der ableitenden Harnwege). Leukozyturie, Pyurie und Bakteriurie sind selten. D a s Urogramm zeigt in der Übersichtsaufnahme einen vergrößerten Nierenschatten und eine verwaschene Psoasgrenze. Häufig besteht eine Skoliose zur betroffenen Seite. Die Kontrastmittelgabe zeigt eine in der Ausscheidung gestörte Niere bei obstruktiver Uropathie. Das CT sichert die Diagnose. Differentialdiagnostisch k o m m e n alle renalen Infektionskrankheiten in Frage: akute Pyelonephritis, Pyonephrose, Nierenabszeß. Die Therapie entspricht der des intrarenalen Abszesses. D e r Abszeß wird retroperitoneal unter Antibiotikaschutz drainiert.

Differentialdiagnose: • akute Pyelonephritis • paranephritischer Abszeß Therapie: • Staphylokokken: laktamasestabile Penizilline • urinogene Erreger: Cephalosporin + Aminoglykosid • perkutane Entlastung bei Obstruktion Prognose: • oft operative Sanierung notwendig

Paranephritischer Abszeß Eiteransammlung zwischen Nierenkapsel und perirenaler Faszie Leitsymptome: • hohes Fieber • Flankenschmerz • Schonhaltung der Wirbelsäule • Psoasdehnungsschmerz • weitere Symptome: - Pleuritis, Peritonitis - Dysurie • Urogramm: - Nierenschatten Τ - unscharfe Psoasrandkontur - Atemverschieblichkeit aufgehoben • CT: wegweisend! Differentialdiagnose: • akute Pyelonephritis, Pyonephrose • intrarenaler Abszeß Therapie: Drainage

8. Unspezifische urogenitale Entzündungen

126 Prognose: - Mortalität bis 5 0 %

Prognose: Bei v e r z ö g e r t e r D i a g n o s e s t e l l u n g b e t r ä g t die Mortalität bis zu 50 %. C h r o n i s c h e A b s z e s s e f ü h r e n zu r e z i d i v i e r e n d e n s u b f e b r i l e n T e m p e r a t u r e n u n d zur Amyloidose.

X a n t h o g r a n u l o m a t ö s e Pyelonephritis

8.3.1.6 Xanthogranulomatöse Pyelonephritis

eitrige Entzündung von Nierenparenchym, -becken, -hilus

Definition: D i e x a n t h o g r a n u l o m a t ö s e P y e l o n e p h r i t i s ist e i n e c h r o n i s c h e , eitrige, v e r f e t t e n d e E n t z ü n d u n g von N i e r e n p a r e n c h y m u n d - h i l u s g e w e b e .

Ätiopathogenese: - meist einseitig - häufiger bei Frauen - A b b a u phagozytierter Bakterien in M a k r o p h a g e n gestört

Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese: M e i s t v e r l ä u f t d i e E r k r a n k u n g einseitig; sie f i n d e t sich h ä u f i g e r bei F r a u e n . H i s t o l o g i s c h n a c h w e i s b a r e P s e u d o x a n t h o m z e l l e n g a b e n ihr d e n N a m e n .

Klinik: • Leukozyturie, Mikrohämaturie • E.coli-, Proteus mirabilis-IMachweis Differentialdiagnosen: • Nierenzellkarzinom • Wilms-Tumor

Klinik: D i e N i e r e ist v e r g r ö ß e r t . I m U r i n s e d i m e n t f i n d e t m a n e i n e L e u k o z y t urie u n d M i k r o h ä m a t u r i e , k u l t u r e l l w e r d e n h ä u f i g P r o t e u s mirabilis u n d E . c o l i isoliert. Differentialdiagnosen sind d a s N i e r e n z e l l k a r z i n o m b e i m Erwachsenen und der Wilms-Tumor beim Kind.

Pathogenetisch vermutet man eine Störung des Abbaus phagozytierter Bakterien in den Makrophagen.

Die endgültige Diagnose erfolgt aufgrund des histologischen Ergebnisses nach Nephrektomie.

8.3.2 Harnleiter, Blase Ureteritis

8.3.2.1 Ureteritis

begleitet i.a. eine Pyelonephritis oder Zystitis

Die Ureteritis ist im allgemeinen eine Begleiterkrankung der Pyelonephritis oder Zystitis. Eine isolierte Ureteritis kann einen eingeklemmten Harnleiterstein, seltener Entzündungen benachbarter Organe (perforierte Appendizitis, M.Crohn) begleiten.

Zystitis

8.3.2.2 Zystitis

Blasenentzündung: 9 > d

Epidemiologie: Z y s t i t i d e n ( B l a s e n e n t z ü n d u n g e n ) k o m m e n ü b e r w i e g e n d bei F r a u e n , s e l t e n e r bei M ä n n e r n o d e r K i n d e r n vor.

Ätiopathogenese: - aszendierend durch Darmbakterien - selten: S t a p h y l o k o k k e n , Viren

Ätiologie, Pathogenese und pathologische Anatomie: D i e B l a s e n e n t z ü n d u n g d e r F r a u e n t s t e h t aszendierend ü b e r die U r e t h r a u n d wird überwiegend durch E. coli und andere Enterobakterien h e r v o r g e r u f e n . Staphylokokken sind selten e E r r e g e r . E i n e h ä m o r r h a g i s c h e Zystitis k a n n d u r c h Adenoviren hervorgeruf e n w e r d e n . Prädisponierend f ü r die rezidivierende Zystitis der Frau (rezidiv i e r e n d e u n k o m p l i z i e r t e H a r n w e g s i n f e k t i o n ) sind: • N e u i n f e k t i o n d e r genetisch disponierten Patientin ( e r h ö h t e R e z e p t o r e n d i c h te d e s U r o e p i t h e l s mit e r h ö h t e r b a k t e r i e l l e r A d h ä r e n z ) • die kurze Harnröhre d e r F r a u u n d s u b v e s i k a l e Harnabflußhindernisse • vesikale Fremdkörper, Steine, hormonelle Faktoren: K l i m a k t e r i u m • lokale immunsuppressive M a ß n a h m e n : Radiatio, Zytostatikatherapie Pathomorphologisch u n t e r s c h e i d e t m a n die akute u m k o m p l i z i e r t e , hämorrhagische u n d eitrige Zystitis. Pseudomembranös nekrotisierende F o r m e n (fibrinös, g a n g r ä n ö s , n e k r o t i s i e r e n d ) w e r d e n a b g e g r e n z t .

• rezidivierende Zystitis bei: - genetischer Disposition - bestimmten prädisponierenden Faktoren • -

Zystitisformen: akute unkomplizierte Z. h ä m o r r h a g i s c h e und eitrige Z. p s e u d o m e m b r a n ö s nekrotisierende Z. • Leitsymptome

Klinik: Leitsymptome sind P o l l a k i s u r i e , D y s u r i e , N y k t u r i e u n d S t r a n g u r i e , h ä u f i g auch r e t r o p u b i s c h e r D r u c k s c h m e r z . Urge-Inkontinenz und terminale Hämaturie k ö n n e n die S y m p t o m a t i k k o m p l i z i e r e n . Bei F r a u e n b e g i n n e n die Beschwerden oft nach dem Geschlechtsverkehr („Honeymoon-Zystitis"). D i e klinische U n t e r s u c h u n g ist o f t u n e r g i e b i g .

127

8.3 Systematik der speziellen Entzündungen des Urogenitaltrakts Z u r Diagnose f ü h r e n Leukozytund Bakteriurie. Harnpflichtige Substanzen und Blutbild sind normal. E i n e Zystoskopie ist nicht indiziert; sie kann bei rezidivierender h ä m o r r h a g i s c h e r Zystitis nach A b k l i n g e n d e r S y m p t o m e durchg e f ü h r t w e r d e n . Sonographie und Urogramm d i e n e n d e r A b k l ä r u n g kompliz i e r e n d e r F a k t o r e n wie H a r n s t a u u n g und Urolithiasis. Differentialdiagnostisch müssen bei d e r Frau Vulvovaginitis, Urethralsyndrom und akute Pyelonephritis ausgeschlossen w e r d e n . Bei chronischem Verlauf müssen spezifische Zystitiden auch nichtinfektiöser G e n e s e abgegrenzt werden: radiogene Zystitis, Zytostatika- und Chemozystitis, eosinophile und interstitielle Zystitis. „Reizblase", B l a s e n k a r z i n o m (bes. das C a r c i n o m a in situ). Praxishinweis: U m ein K a r z i n o m auszuschließen, ist bei rezidivierender Zystitis eine Zystoskopie indiziert.

Diagnose durch • Leukozyturie • Bakteriurie • Abklärung komplizierender Faktoren durch Sonographie, Urogramm Differentialdiagnose: • topographisch benachbarte Entzündungen • spezifische Zystitis bei chronischem Verlauf • Zystitiden nichtinfektiöser Genese: radiogen, interstitiell • Praxishinweis

• D i e radiogene Zystitis e n t s t e h t nach B e s t r a h l u n g von T u m o r e n im kleinen B e c k e n als F r ü h k o m p l i k a t i o n einige W o c h e n nach B e s t r a h l u n g s e n d e o d e r in F o r m r a d i o g e n e r S p ä t u l z e r a mit B l a s e n s c h r u m p f u n g m e h r e r e J a h r e später.

• radiogene Zystitis - Früh- und Spätkomplikation nach Radiatio

• D i e ( h ä m o r r h a g i s c h e ) Zytostatikazystitis tritt n a c h B e h a n d l u n g b e s o n d e r s mit Cyclop h o s p h a m i d auf. Sie ist d u r c h p r o p h y l a k t i s c h e G a b e von M e s n a v e r m e i d b a r . Ä h n l i c h v e r l ä u f t die Chemozystitis nach Instillation von Z y t o s t a t i k a o d e r B C G in die Blase zur R e z i d i v p r o p h y l a x e des o b e r f l ä c h l i c h e n B l a s e n k a r z i n o m s . • D i e eosinophile Zystitis wird bei f e h l e n d e m E r r e g e r n a c h w e i s bioptisch diagnostiziert. Z y s t o s k o p i s c h f i n d e t m a n rötliche P l a q u e s o d e r f i b r i n b e d e c k t e U l z e r a , die Biopsie zeigt eine Infiltration mit e o s i n o p h i l e n E n t z ü n d u n g s z e l l e n . E i n e Bluteosinophilie k a n n auf e i n e allergische Genese h i n d e u t e n .

• Zytostatikazystitis - bei Cyclophosphamid-Therapie - Vermeidung durch Mesna

Therapie: F ü r die akute Zystitis ist die antimikrobielle Einmal- oder Kurzzeittherapie indiziert. Sie erfolgt nach klinischer D i a g n o s e sofort nach U r i n e n t n a h m e zur E r r e g e r b e s t i m m u n g u n d evtl. Resistenztestung. T h e r a p e u t i k a der Wahl sind Cotrimoxazol, Amoxicillin und Gyrasehemmer. Ergänzende Maßnahmen sind Steigerung d e r Flüssigkeitszufuhr, Spasmolytika und e x t e r n e Wärmeapplikation. Die a k u t e unkomplizierte bakterielle Zystitis heilt folgenlos aus. Bei Prädisposition (Leitsymptom: rezidivierende Zystitis) m u ß eine Antibiotikaprophylaxe zur U n t e r b r e c h u n g d e r a s z e n d i e r e n d e n Infektion eingesetzt w e r d e n . Bei d e r Langzeitprophylaxe rezidivierender H a r n w e g s i n f e k t i o n e n d e r Frau (> 4 H W I / J a h r ) gegen N e u i n f e k t i o n e n aus d e r D a r m f l o r a w e r d e n Nitrofurantoin o d e r Trimethoprim eingesetzt. Charakteristisch f ü r komplizierende Faktoren ist das Versagen einer antimikrobiellen Kurzzeittherapie. U m eine E r r e g e r p e r s i s t e n z zu erklären, sind d a n n folgende U n t e r s u c h u n g e n anzuraten: Sonographie, Urogramm, Zystoskopie (s.o., s. Abschn.5.4.2.1, S.67), Uroflowmetrie (s. Abschn.5.7.1, S.86), Restharnbestimmung, MCU (s. Abschn.5.5.1.2, S.73) zum Ausschluß eines vesikoureteralen Refluxes.

Therapie 1. akute Zystitis - E i n m a l - o d e r Kurzzeitantibiose - supportive M a ß n a h m e n

• eosinophile Zystitis - allergische Genese

2. rezidivierende Zystitis: > 4 HWI/Jahr • Langzeit-Antibiotikaprophylaxe

• Abklärung komplizierender Faktoren: - Sonogramm, Urogramm - Zystoskopie, Uroflowmetrie - Restharn, MCU

8.3.2.3 Interstitielle Zystitis

Interstitielle Zystitis

Die Ätiologie der nichtinfektiösen interstitiellen Zystitis der Frau in der 4. L e b e n s d e k a d e ist nicht geklärt.

Ätiopathogenese - ungeklärte Ätiologie

V e r m u t e t w e r d e n i m m u n o l o g i s c h e Prozesse, s e k u n d ä r e l y m p h a t i s c h e V e r ä n d e r u n g e n , Gefäßverschlüsse, endokrine und psychogene Faktoren.

Pathomorphologisch typisch ist eine Fibrose d e r B l a s e n w a n d mit A b n a h m e d e r Blasenkapazität. Die Schleimhaut ist v e r d ü n n t , es zeigen sich kleine Ulzera. D u r c h eine Schädigung d e r H a r n l e i t e r - B l a s e n - M ü n d u n g kann ein vesikorenaler Reflux e n t s t e h e n , d e r zu H y d r o n e p h r o s e und Pyelonephritis führt. Histologisch f i n d e t m a n e i n e n E r s a t z von M u s k u l a t u r d u r c h B i n d e g e w e b s z e l l e n u n d eine Infiltration d u r c h Mastzellen u n d L y m p h o z y t e n .

• -

Fibrose der Blasenwand Blasenkapazität i Endstadium Schrumpfblase Folgen: Hydronephrose Pyelonephritis

128 Klinik: • Leitsymptome: - wie bei Zystitis - unauffälliger Urinbefund! • Zystoskopie: - Hämorrhagien - Hunner-Ulzera

Differentialdiagnose: • Tb, bakterielle Infektionen • Urothelkarzinom • Reizblase Therapieansätze • Blasendehnung, DMSO-Instillation, Kortisoninjektion - Ergebnisse oft unbefriedigend • ultima ratio: Zystektomie

8. Unspezifische urogenitale Entzündungen Klinik: L e i t s y m p t o m e sind bei e n t s p r e c h e n d e r Altersdisposition dysurische B e s c h w e r d e n mit Pollakisurie, N y k t u r i e und s u p r a p u b i s c h e Schmerzen bei Blasenfüllung, wobei der Urinbefund unauffällig ist. D i e S c h m e r z e n reduzieren sich nach E n t l e e r u n g d e r Blase. Eine U r g e - I n k o n t i n e n z k a n n das K r a n k heitsbild komplizieren. W ä h r e n d U r i n - u n d Labordiagnostik keine auffälligen B e f u n d e zeigen, lassen sich zystoskopisch p u n k t f ö r m i g e H ä m o r r h a g i e n bei zun e h m e n d e r Blasenfüllung und gelegentlich U l z e r a t i o n e n ( H u n n e r - U l z e r a ) nachweisen. Die Differentialdiagnose u m f a ß t : Blasentuberkulose, rezidivierende bakterielle Infektionen, Urothelkarzinom, Reizblase. Die Therapie der interstitiellen Zystitis ist oft u n b e f r i e d i g e n d , e m p f o h l e n werden: • Blasendehnung in N a r k o s e , Blaseninstillation mit Dimethylsulfoxid ( D M S O ) , Injektionen von Kortison in die sichtbaren Ulzera und E i n b l u t u n gen. Bei Erfolglosigkeit k a n n eine B l a s c n a u g m e n t a t i o n d u r c h D a r m o d e r eine Zystektomie mit H a r n a b l e i t u n g u n u m g ä n g l i c h w e r d e n , u m die P a t i e n t e n von ihren q u ä l e n d e n S c h m e r z e n zu b e f r e i e n u n d v o r der d r o h e n d e n U r ä m i e zu s c h ü t z e n .

Reizblase

8.3.2.4 Reizblase

Blasenfunktionsstörungen: überwiegend 9 (30-50 Jahre)

Definition: Die „ R e i z b l a s e " ist ein Sammelbegriff für Blasenfunktionsstörungen unterschiedlicher G e n e s e ü b e r w i e g e n d bei P a t i e n t i n n e n zwischen d e m 30. und 50. L e b e n s j a h r .

Ätiopathogenese:

Ätiologie und Pathogenese: A l s ursächlich wird eine n e u r o h o r m o n a l e S t ö r u n g angen o m m e n . wobei die G r e n z e z u m „ Urethralsyndrom" f l i e ß e n d ist.

• Ursache: neurohormonale Störung Klinik: wie Zystitis Diagnostik: • Praxishinweis

==> Therapie: • ggf. Östrogensubstitution

Die Klinik ist geprägt von charakteristischen zystitischen B e s c h w e r d e n . Praxishinweis: D e r Urethralabstrich mit F ä r b u n g nach P a p a n i c o l a o u ist diagnostisch wegweisend! Eosinophile O b e r f l ä c h e n z e l l e n (Superfizialzellen) sprechen f ü r einen a u s r e i c h e n d e n lokalen Östrogenspiegel. Fehlen sie o d e r überwiegen Intermediär-, Basal- und Parabasalzellen, spricht dies f ü r ein lokales Ostrogendefizit. Therapeutisch wird bei b e w i e s e n e m Ö s t r o g e n m a n g e l dieses H o r m o n substituiert.

8.3.3 Prostata und Bläschendrüsen Prostatitissyndrom

8.3.3.1 Prostatitissyndrom

variable urogenitale, perineale, anorektale Beschwerden

Definition: D e r Begriff umschreibt ein S y n d r o m mit verschiedenartigen urogenitalen, perinealen und a n o r e k t a l e n B e s c h w e r d e n , d e r e n eindeutige organische Z u o r d n u n g meist nicht möglich ist. M a n unterscheidet die akute und chronische bakterielle und die „abakterielle" E n t z ü n d u n g der P r o s t a t a sowie die nichtentzündlich b e d i n g t e Prostatodynie, f e r n e r den Prostataabszeß als S o n d e r f o r m der a k u t e n bakteriellen Prostatitis.

Formen: • akut bakteriell • chronisch bakteriell • „abakteriell" • Prostatodynie • Praxishinweis: Differentialdiagnose

• Epidemiologie - akute bakterielle Prostatitis: selten - chronische Prostatitis: häufig

Praxishinweis: D i e Differentialdiagnose ist wegen d e r identischen klinischen S y m p t o m a t i k n u r durch den Nachweis von Entzündungszellen ( L e u k o z y t e n ) im Prostatasekret möglich. Epidemiologie: D i e a k u t e b a k t e r i e l l e Prostatitis ist selten. H ä u f i g k o m m e n d a g e g e n die u n t e r d e m O b e r b e g r i f f „chronische Prostatitis" s u b s u m i e r t e n F o r m e n vor. Bei j e d e m

8.3 Systematik der speziellen Entzündungen des Urogenitaltrakts

129

2. M a n n tritt im V e r l a u f s e i n e s L e b e n s e i n e P r o s t a t i t i s s y m p t o m a t i k auf. 5 0 % dieser Pat i e n t e n leiden an e i n e r Prostatodynie, k n a p p 40 % an „abakterieller" Prostatitis. Die Inzidenz d e r chronisch bakteriellen Form ist mit 5 - 1 0 % a m niedrigsten.

- Prostatodynie: häufig

Ätiologie: D a s E r r e g e r s p e k t r u m der a k u t e n und chronischen bakteriellen Prostatitis entspricht d e m von H a r n w e g s i n f e k t i o n e n . A n a e r o b i e r k ö n n e n einen P r o s t a t a a b s z e ß verursachen. Pilzinfektionen f i n d e n sich bei abwehrgeschwächten Patienten. D i e t u b e r k u l ö s e Prostatitis entsteht im R a h m e n der U r o g e n i t a l t u b e r k u l o s e . Bei d e r „abakteriellen Prostatitis" sind u r o p a t h o g e n e B a k t e r i e n nicht nachzuweisen, Chlamydia trachomatis und M y k o p l a s m e n ( U r e a p l a s m a urealyticum) sind in ihrer ätiologischen B e d e u t u n g umstritten (Tab. 8-1). Die Ätiologie der Prostatodynie ist unklar, häufig psychosomatisch bedingt. O f t findet m a n funktionelle und m o r p h o l o g i s c h e V e r ä n d e r u n g e n am Blasenhals o d e r einen B e c k e n b o d e n s p a s m u s . Pathogenetisch relevante Infektionswege sind: • kanalikuläre Deszension ü b e r Reflux infizierten Urins in die Prostatagänge • kanalikuläre Aszension sexuell ü b e r t r a g b a r e r M i k r o o r g a n i s m e n ü b e r die Harnröhre

Ätiopathogenese • Erregerspektrum: - bakterielle Prostatitis: HWI-Erreger

Klinik: N u r die akute Prostatitis und d e r Prostataabszeß zeigen ein charakteristisches klinisches Bild. Leitsymptome sind:

Klinik: • nur bei akuter Prostatitis charakteristische S y m p t o m e

• Dysurie und Pollakisurie bis zum a k u t e n H a r n v e r h a l t • perineale, perianale sowie D e f ä k a t i o n s s c h m e r z e n • schwere A l l g e m e i n s y m p t o m e mit Fieber und Schüttelfrost bis zur Urosepsis Die Diagnose d e r a k u t e n Prostatitis stützt sich auf die klinische S y m p t o m a t i k , den rektalen T a s t b e f u n d ( ö d e m a t ö s vergrößerte, d r u c k s c h m e r z h a f t e Prostata) und den U r i n b e f u n d (Leukozyt- und Bakteriurie). O f t ist das prostataspezifische Antigen ( P S A ) passager e r h ö h t . E i n e Fluktuation bei Palpation weist auf einen A b s z e ß hin. Eine P r o s t a t a m a s s a g e ist kontraindiziert ( G e f a h r der h ä m a t o g e n e n Streuung). Z u r Klinik d e r chronischen Prostatitis und d e r Prostatodynie g e h ö r e n lokale E n t z ü n d u n g s s y m p t o m e , diffuse S y m p t o m e im G e n i t a l - und A n a l b e r e i c h . Miktionsstörungen und Störungen d e r Sexualität. Ihre A u s p r ä g u n g kann variabel sein, wobei allein a n h a n d der S y m p t o m a t i k die E r k r a n k u n g s f o r m e n nicht differenziert w e r d e n k ö n n e n . G r u n d l a g e d e r Diagnostik ist: • Nachweis einer eitrigen Entzündung aus P r o s t a t a e x p r i m a t o d e r Exprimatharn nach Prostatamassage bei chronisch bakterieller und abakterieller Prostatitis. > 20 L e u k o z y t e n im Ausstrich des Prostataexprimats bei lOOOfacher V e r g r ö ß e r u n g sind p a t h o g n o m o n i s c h . • Nachweis einer bakteriellen Besiedlung d e r Prostata mittels Viergläserprobe. E i n e chronisch bakterielle Prostatitis beweisende E r r e g e r z a h l e n sind: Ersturin < 103, Mittelstrahlurin < 1 0 \ Prostataexprimat > 104, Exprimaturin > 103 Keime/ml. Die weiterführende Diagnostik untersucht die Blasenentleerung zur E r f a s s u n g f u n k t i o n e l l e r o d e r morphologischer B l a s e n e n t l e e r u n g s s t ö r u n g e n ( U r o f l o w metrie, U r e t h r o z y s t o s k o p i e , U r e t h r o z y s t o g r a p h i e , Z y s t o m a n o m e t r i e , transr e k t a l e r Ultraschall, mikrobiologische E j a k u l a t u n t e r s u c h u n g ) . Differentialdiagnostisch sollte bei j e d e m Patienten mit Prostatodynie eine proktologische U n t e r s u c h u n g erfolgen, da H ä m o r r h o i d e n , Analfissuren und Proktitiden eine ähnliche S y m p t o m a t i k verursachen k ö n n e n („Anogenitalsyndrom"). Auch ein B l a s e n t u m o r sollte ausgeschlossen w e r d e n . Die Therapie orientiert sich an der D i f f e r e n z i e r u n g zwischen entzündlicher Prostatitis und Prostatodynie.

- „abakterielle" Prostatitis: keine Erreger nachweisbar, C. trachomatis (?), U. urealyticum (?) - Prostatodynie: nichtentzündlich

• Infektionswege: - kanalikulär deszendierend (Reflux von infiziertem Urin) - kanalikulär aszendierend (sexuell übertragbare Erreger aus Harnröhre)

• Leitsymptome

Diagnose: • akute Prostatitis - Klinik - rektale Palpation - typischer Urinbefund • Prostataabszeß - Fluktuation • chronische Prostatitis, Prostatodynie - lokale E n t z ü n d u n g s s y m p t o m e - genitale und anorektale S y m p t o m e - Miktionsstörungen - Störungen der Sexualität - eitriges Prostatasekret

- bakterielle Besiedlung der Prostata („4-Gläser-Probe"): < 103 Keime bei Erst-, Mittelstrahlurin, > 103 bei Exprimaturin, > 104 bei Prostataexprimat • weitere Diagnostik - Urethrozystoskopie - evtl. Funktionsuntersuchungen • DD: Prostatodynie - A u s s c h l u ß Anogenitalsyndrom

Therapie:

8. Unspezifische urogenitale Entzündungen

130 • akute und chron. bakterielle Prostatitis mit Erregernachweis: Antibioti ka • Prostataabszeß: Drainage • „abakterielle" Prostatitis: keine Antibiotika ohne Erregernachweis • Prostatodynie: - psychosomatische Betreuung - medikamentöse Therapie von Blasenentleerungsstörungen

• Die akute Prostatitis erfordert eine möglichst gezielte antimikrobielle Therapie mit Cotrimoxazol oder Gyrasehemmern oder Cephalosporin + Aminoglykosid. Ein Abszeß wird transperineal oder transrektal eröffnet. • Bei der chronischen bakteriellen Prostatitis werden Cotrimoxazol oder Fluorochinolone über einen längeren Zeitraum eingesetzt. • Die „abakterielle" Prostatitis ohne Erregernachweis wird symptomatisch entzündungshemmend und sekretionsfördernd therapiert, bei Nachweis von Chlamydien oder Mykoplasmen werden Tetrazykline oder Erythromycin eingesetzt. Die Therapie der Prostatodynie ist eine Domäne der psychosomatischen Medizin. Funktionelle Blasenentleerungsstörungen bedürfen einer medikamentösen Begleittherapie (Alpha-Rezeptorenblocker).

Prostatovesikulitis

8.3.3.2 Prostatovesikulitis, granulomatöse Prostatitis

• Vesikulitis - hintere Harnröhre immer mitbeteiligt - Krankheitsbild mit Prostatitis identisch, aber: Hämospermie! - Bläschendrüsenempyem bei Formanomalien möglich Granulomatose Prostatitis - histologisch definiert • Formen: - spezifisch - unspezifisch - allergisch - nach TUR-Prostata • Palpation: karzinomsuspekte Indura tion • Therapie: meist Spontanheilung

Die E n t z ü n d u n g d e r B l ä s c h e n d r ü s e n (Vesikulitis) v e r l ä u f t i m m e r mit e i n e r P r o s t a t a e n t z ü n d u n g u n t e r B e t e i l i g u n g d e r h i n t e r e n H a r n r ö h r e als „ P r o s t a t o u r e t h r o v e s i k u l i t i s " . Ätiologie, Pathogenese, Klinik, Diagnostik und Therapie sind identisch mit d e m K r a n k heitsbild d e r Prostatitis. G e h ä u f t tritt e i n e H ä m o s p e r m i e auf. K o n g e n i t a l e V e r ä n d e r u n gen, ζ. B. eine b a k t e r i e l l e I n f e k t i o n d u r c h e k t o p e U r e t e r m ü n d u n g in e i n e B l ä s c h e n d r ü se, k ö n n e n ein B l ä s c h e n d r ü s e n e m p y e m u n t e r h a l t e n . Die granulomatöse Prostatitis ist g e k e n n z e i c h n e t d u r c h h e r d f ö r m i g e A n s a m m l u n g e n von L y m p h o z y t e n , Plasmazellen, Histiozyten. E p i t h e l o i d - u n d R i e s e n z e l l e n . Sie wird in spezifische (z.B. t u b e r k u l ö s e ) , unspezifische, allergische (z.B. bei A s t h m a b r o n c h i a le) u n d nach TUR-Prostata auftretende Formen unterteilt. D i e Klinik ist u n c h a r a k t e r i s t i s c h . Bei r e k t a l e r P a l p a t i o n tastet m a n e i n e k a r z i n o m v e r dächtige V e r h ä r t u n g . D i e n o t w e n d i g e P r o s t a t a b i o p s i e f ü h r t zur D i a g n o s e . Die Therapie richtet sich nach d e r U r s a c h c . M e i s t e n s heilt die E r k r a n k u n g s p o n t a n

8.3.4 Harnröhre Urethritis

8.3.4.1 Urethritis

vordere Harnröhrenentzündung

Definition: Die Urethritis ist eine Entzündung der vorderen Harnröhre.

Ätiopathogenese: • Formen: - gonorrhoisch: N. gonorrhoeae - nichtgonorrhoisch: Chlamydien, Mykoplasmen - nichtinfektiös: M. Reiter

Ätiologie und Pathogenese: Es ist üblich, die gonorrhoische (Erreger: Neisseria gonorrhoeae) von der nichtgonorrhoischen Urethritis zu unterscheiden (Erregerspektrum in Tab. 8-1), wobei bei der letztgenannten Form in über 90 % Chlamydia trachomatis oder Ureaplasma urealyticum isoliert werden. Nichtinfektiös bedingt sind mechanische (z.B. nach Dauerkatheter) und allergische (z.B. nach Harnröhreninstillationen) sowie die mit Allgemeinerkrankungen vergesellschafteten Urethritiden (z.B. M.Reiter).

Symptome - Urethralausfluß - Brennen in Harnröhre - Schmerzen bei Miktion

Klinik: Unabhängig von der Genese sind die Leitsymptome beim Mann: • Urethralausfluß (bei der akuten Form), Brennen in der Harnröhre, Schmerzen bei der Miktion. Wichtigster klinischer B e f u n d ist d e r glasig-trübe bis eitrige Urethralausfluß; der k a n n gerötet sein.

Diagnostik: • mikroskopisch: - > 4 Leukozyten ("lOOOfache Vergr.) im Urethralsekretausstrich - > 15 Leukozyten (400fache Vergr.) im Ersturin • mikrobiologisch: - > 10" Erreger im Urethralausfluß - > 103 Erreger im Ersturin (4-GläserProbe)

Meatus

Diagnostik: Eine mikroskopische Untersuchung von Urethralsekret (bzw. Harnröhrenabstrich) und Ersturin sollte bei sichtbarem Ausfluß und bei jeder entsprechenden Symptomatik durchgeführt werden. Für eine Urethritis spricht der Nachweis von > 4 Leukozyten/Gesichtsfeld bei lOOOfacher Vergrößerung im Ausstrich des Sekrets bzw. von > 1 5 Leukozyten bei 400facher Vergrößerung im Sediment von 3 ml Ersturin (Viergläserprobe). In der semiquantitativen mikrobiologischen Diagnostik beweisen Erregerzahlen von > 1 0 4 Keimen/ml im Urethralfluor und > 1 0 3 im Ersturin eine bakterielle Urethritis. Bei

131

8.3 Systematik der speziellen E n t z ü n d u n g e n des Urogenitaltrakts N. g o n o r r h o e a e , C. t r a c h o m a t i s u n d T r i c h o m o n a d e n g e n ü g t d e r q u a l i t a t i v e Nachweis. D i e Therapie e r f o l g t e r r e g e r s p e z i f i s c h : • gonorrhoische Urethritis: Penizilline, Spectinomycin pie), Cephalosporine, Tetrazykline • nichtgonorrhoische Urethritis: - Chlamydien, Mykoplasmen: Tetrazykline Erythromycin - T r i c h o m o n a s vaginalis: Metronidazol - Pilze: Antimykotika

(Einzeitthera-

- Nachweis von N. gonorrhoeae, C.trachomatis, Trichomonaden qualitativ Therapie: • erregergerechte antibiotische Therapie

M i s c h i n f e k t i o n e n sind möglich u n d m ü s s e n bei d e r T h e r a p i e m i t b e d a c h t werd e n . Bei allen sexuell ü b e r t r a g b a r e n K e i m e n ist die M i t b e h a n d l u n g d e s Sexualpartners notwendig.

• Partnerbehandlung

Komplikationen: Bei j e d e m 4. M a n n tritt e i n e a s z e n d i e r e n d e I n f e k t i o n d e r hint e r e n H a r n r ö h r e („Urethritis posterior"), der Prostata und der N e b e n h o d e n auf. W e i t e r e K o m p l i k a t i o n e n sind p o s t u r e t h r i t i s c h e Harnröhrenstrikturen, vor allem n a c h g o n o r r h o i s c h e r u n d C h l a m y d i e n - U r e t h r i t i s .

Komplikationen: • „Urethritis posterior" • Harnröhrenstriktur

8.3.4.2 U r e t h r a l s y n d r o m

Urethralsyndrom

Definition: D a s U r e t h r a l s y n d r o m ist ein K r a n k h e i t s b i l d d e r Frau, d a s bei una u f f ä l l i g e m U r i n b e f u n d d u r c h d i e Symptome einer Zystitis g e k e n n z e i c h n e t ist. Ursächlich w e r d e n s o w o h l u r e t h r i t i s ä h n l i c h e als a u c h n i c h t e n t z ü n d l i c h b e d i n g te V e r ä n d e r u n g e n a n g e s c h u l d i g t . D i e A b g r e n z u n g z u r „ R e i z b l a s e " ist u n s c h a r f (s. A b s c h n . 16.2.2, S.268).

Zystitissymptome ohne Urinbefund bei Frauen

Diagnostik: F o l g e n d e B e f u n d e s p r e c h e n f ü r ein entzündliches Urethralsyndrom: • > 4 L e u k o z y t e n / G e s i c h t s f e l d (lOOOfache V e r g r ö ß e r u n g ) im A u s s t r i c h des Urethralsekrets • „ L o w - C o u n t " - B a k t e r i u r i e m i t N a c h w e i s v o n Enterobakterien in nicht signifikanter Keimzahl (102-10J Bakterien/ml Urin) • N a c h w e i s v o n Chlamydia trachomatis, Staphylococcus saprophyticus, HSV II • D i e zytologische Untersuchung d e s H a r n r ö h r e n a b s t r i c h s weist auf e i n e d u r c h Ö s t r o g e n m a n g e l b e d i n g t e H a r n r ö h r e n a t r o p h i e hin, w e n n Basal- u n d Parabasalzellen überwiegen. • Uroflowmetrie zur A b g r e n z u n g funktioneller Blasenentleerungsstörungen u n d die Urethrozystoskopie zum Ausschluß anatomischer Veränderungen komplettieren die Diagnostik. D i e Therapie d e s m i k r o b i e l l v e r u r s a c h t e n U r e t h r a l s y n d r o m s e r f o l g t e r r e g e r g e r e c h t ; n i c h t e n t z ü n d l i c h e U r s a c h e n e r f o r d e r n ein p r a g m a t i s c h e s V o r g e h e n .

• typische Befunde:

Ursache sind: • urethritisähnliche und • nichtentzündliche Veränderungen

- > 4 Leukozyten/Gesichtsfeld (1000 x) - Enterobakteriennachweis - „Low-Count"-Bakteriurie - Chlamydia trachomatis-Nachweis - Zytologie des Harnröhrenabstrichs: Östrogenmangel (Superfizialzellen 4.)

Therapie: ursachenorientiert

8.3.5 Penis 8.3.5.1 Balanitis

Balanitis

Definition: D a d i e E n t z ü n d u n g d e r G l a n s m e i s t mit e i n e r E n t z ü n d u n g d e r H a u t des i n n e r e n V o r h a u t b l a t t s v e r b u n d e n ist, sollte m a n b e s s e r v o n e i n e r B a lanoposthitis sprechen.

meist Balanoposthitis (+ Entzündung des inneren Vorhautblatts)

Ä t i o l o g i e und Pathogenese: Pyogene o d e r sexuell ü b e r t r a g b a r e M i k r o o r g a n i s m e n k ö n n e n e i n e B a l a n i t i s a u s l ö s e n (s. Tab. 8-1). Sie k a n n a u c h im R a h m e n ge-

Ätiopathogenese: • pyogene und sexuell übertragbare Erreger

132

8. Unspezifische urogenitale Entzündungen

• bei generalisierten entzündlichen Erkrankungen klinische Formen: • makulo-papulös, vesikulös • ulzerös, papillomatös Differentialdiagnose: - Peniskarzinom - Erythroplasie - Liehen sclerosus

n e r a l i s i e r t e r e n t z ü n d l i c h e r E r k r a n k u n g e n a u f t r e t e n . Klinisch w e r d e n makulopapulöse, vesikulöse, ulzeröse u n d papillomatöse Formen unterschieden. D e r m i k r o b i o l o g i s c h e n Diagnostik d i e n e n D i r e k t a b n a h m e d e s M a t e r i a l s m i t Ösen, Aspiration von Bläscheninhalt und Abklatschpräparate. Differentialdiagnostisch m ü s s e n Peniskarzinom, Erythroplasie und Liehen sclerosus a b g e g r e n z t w e r d e n . D i e Therapie r i c h t e t sich n a c h d e m Erreger, bei r e z i d i v i e r e n d e n I n f e k t i o n e n sollte e i n e Zirkumzision erfolgen.

Fournier-Gangrän

8.3.5.2 Fournier-Gangrän

nekrotisierende Gangrän der Skrotumund Penisschaftfaszie Ätiopathogenese: Auslösung durch Mischinfektion (Aerobier + Anaerobier)

Definition, Ätiologie und Pathogenese: Die Fournier-Gangrän ist eine akut verlaufende, nekrotisierende Gangrän der Faszie des Skrotums und Penisschaftes (Abb. 8-4). Sie wird wahrscheinlich durch eine Mischinfektion aerober und anaerober Erreger verursacht. Eine Endarteriitis der Skrotalgefäße führt zu ausgedehnten Nekrosen. Ausgangspunkt sind meist nicht adäquat therapierte Fisteln und Abszesse der Rektal- und Perianalregion oder therapeutische/diagnostische Manipulationen an den ableitenden Harnwegen.

Klinik: • initiale Schwellung und Schmerzen • ausgedehnte Nekrose innerhalb von Stunden Sepsis • Diagnose durch Klinik, Sicherung durch Erregernachweis Therapie: • parenterale Breitbandantibiotika • chirurgische Sanierung • Mortalität 10%

Klinik: Nach initialen lokalen Veränderungen (Schwellung, Schmerzen) kommt es innerhalb von Stunden zu ausgedehnter Nekrose mit schweren Allgemeinsymptomen bis zur Sepsis. Therapie: sofortige Klinikeinweisung und unverzügliches chirurgisches Debridement neben einer parenteralen Therapie mit Breitbandantibiotika. Trotz adäquater Therapie beträgt die Mortalität 10 %.

8.3.6 Hoden und Nebenhoden

Epididymitis

8.3.6.1 Epididymitis

Nebenhodenentzündung Ätiopathogenese:

Definition, Ä t i o l o g i e und Pathogenese: D i e E p i d i d y m i t i s ist e i n e E n t z ü n d u n g des N e b e n h o d e n s , d e r i n f e k t i ö s e u n d n i c h t i n f e k t i ö s e U r s a c h e n z u g r u n d e liegen k ö n n e n . F o l g e n d e Infektionswege sind a b z u g r e n z e n :

• Infektionswege:

• Ι

I

1 nfe SBe - ^b v.

Abb.8-4: Fournier-Gangrän des Penis nach Zirkumzision bei Diabetes mellitus

8.3 Systematik der speziellen Entzündungen des Urogenitaltrakts • kanalikulär aszendierend. Betroffen sind jüngere, sexuell aktive Männer. Erreger sind C. trachomatis und N. gonorrhoeae. • kanalikulär deszendierend. Betroffen sind Kleinkinder mit Fehlbildungen der Harnwege und ältere Patienten mit/ohne Blasenentleerungsstörungen und mit einem Harnwegsinfekt, dessen Erreger d e m der Epididymitis entspricht. • hämatogen (selten), ζ. B. im R a h m e n einer Septikämie Die tuberkulöse Epididymitis wird in Abschn. 9.1.2, S. 140 beschrieben. Prädisponierende Faktoren einer akuten infektiösen E n t z ü n d u n g (s. Tab. 8-1) sind infravesikale Obstruktion, Verletzung des Sphinkterverschlußmechanismus, bakterielle Prostatitis und neurogene Blasenentleerungsstörungen. Erkranken Kinder, besteht fast immer eine Harnentleerungsstörung mit sekundärer Infektion. Die wichtigste nichtinfektiöse Form ist die „chemische" Epididymitis infolge Refluxes sterilen Urins bei insuffizientem Verschlußmechanismus im Bereich des Colliculus seminalis, z.B. iatrogen nach transurethraler Prostataresektion.

133 - kanalikulär aszendierend (sexuell übertragbare Erreger) - kanalikulär deszendierend (HWI)

- hämatogen (bei Septikämie): selten • -

prädisponierende Faktoren: infravesikale Obstruktion Sphinkterverletzung bakterielle Prostatitis neurogene Blasenentleerungsstörung - nichtinfektiöse Ursachen

Klinik: Leitsymptom ist die schmerzhafte Schwellung des Nebenhodens. Kann dieser nicht vom H o d e n abgegrenzt werden, liegt eine Epididymoorchitis vor. Im allgemeinen beginnt die E n t z ü n d u n g am Nebenhodenschwanz, eine Begleithydrozele kann auftreten. Nach Urethritis und Harnwegsinfekt ist zu fahnden. Allgemeinsymptome sind Fieber und Schüttelfrost. Die klinische Diagnose erfolgt durch Inspektion und Palpation. Die Anamnese sollte die genannten Pathomechanismen berücksichtigen. Ergänzend erlaubt die Sonographie den Nachweis einer Hydrozele oder Abszedierung. Die Abklärung der Blasenentleerung ist obligat. Die mikrobiologische Diagnostik berücksichtigt Alter und A n a m n e s e des Patienten: untersucht werden Harnröhrenabstriche bei Patienten mit Urethritis und Ausfluß, Mittelstrahlurin bei Patienten mit Harnwegsinfektionen bei Blasenentleerungsstörungen. Wichtigste Differentialdiagnose ist die Samenstrangtorsion; bei der Epididymitis kann dopplersonographisch eine Perfusion der A. testicularis nachgewiesen werden. Weiterhin müssen Orchitis und akute Hydrozele beim Kleinkind sowie die Begleitepididymitis bei Tumoren abgegrenzt werden. Die Therapie erfolgt sofort nach P r o b e e n t n a h m e . Bei jüngeren Patienten, bei d e n e n in erster Linie G o n o k o k k e n und Chlamydia trachomatis in Frage kommen, werden Ceftriaxon + Tetrazykline verordnet, bei älteren Patienten mit Blasenentleerungsstörungen Cephalosporine und Aminoglykoside. Auch Gyrasehemmer sind wirksam. Antiphlogistika, Bettruhe, Kühlung und Hochlagern des H o d e n s ergänzen die Therapie. Als Komplikationen werden Übergreifen der E n t z ü n d u n g auf den H o d e n (Epididymoorchitis), Abszedierung und Hodennekrose gesehen. Im Anschluß an die E n t z ü n d u n g kann eine zeitweilige oder endgültige Infertilität sowie eine Verschlaßazoospermie bei bilateralem Befall auftreten. U n t e r der chronischen Epididymitis versteht man eine anhaltende, fakultativ schmerzhafte Nebenhodenschwellung. Vor allem die tuberkulöse Epididymitis kann schleichend verlaufen, aber auch nach insuffizienter Therapie kann eine Epididymitis chronisch werden. Palpatorisch finden sich häufig Restinfiltrationen und knotige Narben. Diagnostisch sollten eine Harnwegsinfektion ausgeschlossen und eine Kultur auf Tuberkelbakterien angelegt werden.

Klinik: • Leitsymptom: schmerzhafte Nebenhodenschwellung • weiterhin: - Begleithydrozele - Fieber, Schüttelfrost Diagnose durch Inspektion und Palpation - Anamnese beachten - Abklärung auslösender Ursachen - Erregernachweis führen

8.3.6.2 Orchitis

Orchitis

Definition, Ätiologie und Pathogenese: Die Orchitis ist eine E n t z ü n d u n g des Hodens. Sie tritt bei vielen bakteriellen Allgemeininfektionen (Typhus, Brucellose, Tuberkulose, Q-Fieber), bei Infektionen mit Mumpsvirus und bei Mala-

Hodenentzündung 3 häufige Formen: • Mumpsorchitis

• Differentialdiagnose: - Hodentorsion - Orchitis - akute Hydrozele (beim Kind) - Hodentumor Therapie: • erregergerechte Antibiose • Antiphlogistika • Hochlagern, Kühlen, Bettruhe

Komplikationen: • Epididymoorchitis • Abszeß Hodennekrose • Infertilität • Verschlußazoospermie chronische Epididymitis • DD: Tb! • insuffiziente Primärtherapie

134

8. Unspezifische urogenitale Entzündungen

• • • -

granulomatöse Orchitis Epididymoorchitis außerdem: spezifische Orchitis Hodenbeteiligung bei Allgemein Infektionen Komplikation: Infertilität 1. Mumpsorchitis:

ria auf. Weitere Formen sind die granulomatöse Orchitis und die Epididymoorchitis als sekundäre Mitbeteiligung bei der Nebenhodenentzündung.

2. granulomatöse Orchitis • wichtigste DD: Hodentumor

Die Diagnostik der granulomatösen Orchitis erfolgt häufig nur durch Biopsie. Wichtigste Differentialdiagnose ist der Hodentumor. Eine medikamentöse Therapie besteht nicht.

Wichtigste Komplikation ist die Defektheilung mit Zerstörung des Keimepithels (Infertilität). Die Mumpsorchitis tritt nur beim postpuberalen Patienten auf, in bis zu 30 % beidseits. Sie beginnt 3^1 Tage nach der Parotitis mit schmerzhafter Hodenschwellung, der eine Hodenatrophie folgen kann. Die beste „Therapie" ist die Prophylaxe mittels Impfung nach dem 1. Lebensjahr, eine Therapie mit α-Interferon wird diskutiert.

Urosepsis und septischer Schock

8.3.7 Urosepsis und septischer Schock

Ätiopathogenese

8.3.7.1 Ätiologie und Pathogenese Ursache der Urosepsis sind fast immer gramnegative Erreger, meist E.coli, bei nosokomialen Infektionen oft polyresistente Bakterien, wie Pseudomonas aeruginosa, Enterobacter cloacae. Alle urogenitalen Infektionen können Fokus einer Bakteriämie sein (s. Tab. 8-1).

Prädisponierende Faktoren: • Harnabflußbehinderung • hospitalisierte Männer > 60 Jahre • chronische Krankheiten • Abwehrschwäche • Blasendauerkatheter

Prädisponierende Faktoren sind: • Harnabflußbehinderung • Hospitalisierung über 60 Jahre alter Patienten • chronische Krankheiten: Diabetes mellitus, chronische Nieren-, Herzinsuffizienz, fortgeschrittene maligne Tumoren, Mangelernährung • Immunologisch geschwächte Patienten und urethrale Manipulationen (z.B. Dauerkatheter)

gramneg. Bakterien -»Zytokinf reiset zung —> Aktivierung von Komplementund Gerinnungssystem, Beeinflussung der Neutrophilen: - Chemotaxis und Adhäsivität T, - Ansammlung in Lungenstrombahn - Enzymfreisetzung - Bildung von Sauerstoffradikalen

L i p o p o l y s a c c h a r i d e g r a m n e g a t i v e r B a k t e r i e n i n d u z i e r e n in M o n o z y t e n / M a k r o p h a g e n die Synthese u n d F r e i s e t z u n g von Z y t o k i n e n . I n s b e s o n d e r e die I n t e r l e u k i n e - 1 u n d -6, Tumornekrosefaktor (TNF), Interferon (IFN-α) und plättchenaktivierender Faktor ( P A F ) wirken, meist ü b e r w e i t e r e B o t e n s t o f f e ( P r o s t a g l a n d i n e , L e u k o t r i e n e , T h r o m b o xan). auf die Z i e l o r g a n e u n d sind f ü r k o m p l e x e systemische E f f e k t e v e r a n t w o r t l i c h . A k tivierung des K o m p l e m e n t - u n d B l u t g e r i n n u n g s s y s t e m s und die E i n w i r k u n g e n t s t e h e n der B r u c h s t ü c k e auf die N e u t r o p h i l e n mit S t e i g e r u n g d e r C h e m o t a x i s u n d A d h ä s i v i t ä t , A n s a m m l u n g in d e r L u n g e n s t r o m b a h n , A k t i v i e r u n g . E n z y m f r e i s e t z u n g u n d B i l d u n g von S a u e r s t o f f r a d i k a l e n lösen letztlich d e n septischen Schock aus. D i e s e r ist g e k e n n zeichnet d u r c h e n d o t h e l i a l e S c h r a n k e n s t ö r u n g mit Flüssigkeits-, I o n e n - u n d P r o t e i n a u s -

i

septischer Schock Volumenmangel

intravasaler

Tab.8-2: Schockphasen bei Urosepsis Klinik

Frühphase

Spätphase

Patient fühlt sich warm an

Patient kalt, zyanotisch

Pathophysiologic Herzzeitvolumen

normal bis Τ Τ (Vasokonstriktion)

peripherer Gefäßwiderstand ZVD

normal bis Τ

i

Atmung

Tachypnoe

Tachypnoe

Säure-Basen-Haushalt

respiratorische Alkalose Laktatanstieg

metabolische Azidose Laktatanstieg

8.3 Systematik der speziellen Entzündungen des Urogenitaltrakts

135 Folgen: A V D 0 2 4 d u r c h av-Shunts Laktat T, Azidose A n o x i e , Fieber, RR 4 O r g a n s c h ä d i g u n g e n , DIC

tritt ins Interstitium, H ä m o k o n z e n t r a t i o n , A b n a h m e des zirkulierenden Blutvolumens. m a n g e l h a f t e H a u t - und O r g a n d u r c h b l u t u n g mit v e r m i n d e r t e r arteriovenöser Sauerstoffdifferenz durch U m g e h u n g der Kapillaren über multiple Shunts, A n h ä u f u n g von Laktat, metabolische Azidose. Anoxie, Fieber, Blutdruckabfall, Leber-, Nieren-, Lungenschädigung und disseminierte intravasale G e r i n n u n g ( D I C ) .

8.3.7.2 Klinik

Klinik

L e i t s y m p t o m ist s e p t i s c h e s , i n t e r m i t t i e r e n d e s F i e b e r m i t S c h ü t t e l f r o s t . D e r P a -

8-2).

• Leitsymptom: septisches Fieber, Schüttelfrost - Patient blaß, s c h w e i ß b e d e c k t - Puls flach, HF u n d AF T, RR I • hyperdyname Frühphase • späte Schockphase

8.3.7.3 Diagnose

Diagnose

Möglichst im Fieberanstieg e n t n o m m e n e , a e r o b e und a n a e r o b e Blutkulturen sind unverzichtbar. W ä h r e n d bei Kindern im allgemeinen eine L e u k o p e n i e b e o b a c h t e t wird, findet sich bei Erwachsenen eine Leukozytose mit Linksverschiebung. Charakteristisch für eine D I C sind T h r o m b o p e n i e und A b n a h m e der G e r i n n u n g s f a k t o r e n II. V und VII; Fibrinspaltprodukte h ä u f e n sich. Weitere L a b o r v e r ä n d e r u n g e n ä u ß e r n sich in einem Blutzuckeranstieg und einem A n stieg des spezifischen Uringewichts, verursacht durch v e r m i n d e r t e Nierenperfusion. Eine z u n e h m e n d e R e d u k t i o n des p 0 2 zeigt den p r o t r a h i e r t e n Schock an, im Endstadium findet sich eine metabolische Azidose. H o h e Serumlaktatspiegel (>5 mmol/l) korrelieren mit der Mortalität. Eine diffuse Verschleierung der Lungen im Thoraxbild ist das Korrelat der Schocklunge.

• • • •

t i e n t w i r k t s c h w e r k r a n k , ist b l a ß u n d s c h w e i ß b e d e c k t . D e r P u l s ist s c h n e l l u n d flach, der B l u t d r u c k oft niedrig, H e r z - u n d A t e m f r e q u e n z sind e r h ö h t . D i e h y p e r d y n a m e F r ü h p h a s e m ü n d e t in d i e h y p o d y n a m e S c h o c k p h a s e ( T a b .

8.3.7.4 Komplikationen

-

Blutkulturen Kinder: Leukopenie Erwachsene: Leukozytose Disseminierte intravasale Gerinnung (DIC): Faktoren II, V, VII 4 Fibrinspaltprodukte Τ Blutzucker? spezifisches Uringewicht t p 0 2 4, respiratorische Alkalose - » m e t a b o l i s c h e Azidose Laktat i.S. Τ

Komplikationen

Komplikationen betreffen: • d i e N i e r e m i t Nierenversagen Arrhythmie

und

u n d a k u t e r t u b u l ä r e r Azidose,

das Herz mit

Herzversagen

• das Gefäßsystem mit H ä m o r r h a g i e n , die Lungen (Schocklunge).

• • • •

Nierenversagen Herzversagen DIC Schocklunge

8.3.7.5 Therapie

Therapie

Wichtigste M a ß n a h m e n sind die frühe Diagnostik u n d B e k ä m p f u n g einer Bak-

frühe Diagnose und Bekämpfung der Bakteriämie!

teriämie u n d die Beseitigung der H a r n a b f l u ß s t ö r u n g . Im einzelnen sind folgende M a ß n a h m e n zu ergreifen: • Diagnostik der bestehenden Bakteriämie durch mikrobiologische U n t e r s u c h u n g von Urin, Blutkulturen und K a t h e t e r n . • Flüssigkeitsbilanzierung. Zentraler Venenkatheter für eine ausreichende, am zentralen V e n e n d r u c k orientierte Flüssigkeitszufuhr, transurethraler oder suprapubischer Blasenk a t h e t e r zur Messung der Urinausscheidung. • Kolloidale Lösungen (z.B. n i e d e r m o l e k u l a r e D e x t r a n l ö s u n g e n ) zur M i n d e r u n g von T h r o m b o z y t e n a g g r e g a t i o n und Blutviskosität und zur E r h ö h u n g des onkotischen Drucks. • Regelrechte antimikrobielle Therapie: initiale T h e r a p i e mit Reserve-Betalaktam-Antibiotika (z.B. C e p h a l o s p o r i n e ) + Aminoglykoside, bei Kenntnis von E r r e g e r und Resistenz gezielte Therapie, bei Verdacht auf Pseudomonas-, Staphylokokken-, A n a e r o bier- oder Pilzinfektion e n t s p r e c h e n d e Ergänzung der Behandlung. • Vasoaktive Substanzen zur Verbesserung der kardialen Leistung. Insbesondere Dopamin bewirkt in niedriger Dosis über eine Verbesserung von M y o k a r d k o n t r a k t i l i t ä t und renaler und mesenterialer D u r c h b l u t u n g eine A n h e b u n g des Blutdrucks und der Urinausscheidung.

1. Identifikation des Erregers 2. Flüssigkeitsbilanzierung - ZVK - Katheter 3. Flüssigkeitssubstitution: - kolloidale Lösungen 4. hochdosierte antimikrobielle Therapie: • initial Cephalosporin + Aminoglykosid • ggf. Erweiterung 5. vasoaktive Substanzen: - Dopamin!

8. U n s p e z i f i s c h e u r o g e n i t a l e E n t z ü n d u n g e n

136 - p 0 2 > 70 m m Hg 7. Digitalisierung 8. Schleifendiuretika: - Furosemid 9. Heparinisierung

• Eine ausreichende Sauerstoffzufuhr soll den arteriellen p O z auf 70-90 m m H g heben. • Die Digitalisierung ist bei Verdacht auf kongestive Herzinsuffizienz angezeigt. • Schleifendiuretika begegnen der Oligurie und dienen d e r Prophylaxe einer a k u t e n tubulären N e k r o s e . • Eine frühzeitige Heparinisierung ist zu Prophylaxe und T h e r a p i e d e r D I C indiziert (Dosis: 1000-2000 I E alle 4 - 6 Stunden).

Prognose

8.3.7.6 P r o g n o s e

Mortalität des septischen Schocks

Sie wird bestimmt durch die der Urosepsis z u g r u n d e l i e g e n d e E r k r a n k u n g . D i e

50%!

Mortalität liegt beim septischen Schock immer noch bei 50 %.

9. Spezifische Entzündungen des Urogenitalsystems

Spezifische E n t z ü n d u n g e n

G. Rodeck

9.1 Urogenitaltuberkulose (UGT)

Urogenitaltuberkulose

D e f i n i t i o n und E p i d e m i o l o g i e : D i e U r o g e n i t a l t u b e r k u l o s e ist e i n e d e r s e k u n d ä r e n O r g a n m a n i f e s t a t i o n e n n a c h h ä m a t o g e n e r S t r e u u n g , die v o n e i n e r primären Lungentuberkulose u n d h e u t e n u r n o c h selten von e i n e r D a r m t u b e r k u lose a u s g e h e n .

• sekundäre UGT n. hämatogener Streuung einer Lungentuberkulose

Die Zahl der Tuberkulosekranken ist in den Industrieländern aufgrund verbesserter Hygiene und effektiver medikamentöser Therapie wesentlich zurückgegangen. Neue Gesichtspunkte ergeben sich für die kommenden Jahre durch den Zustrom von Flüchtlingen und Asylanten sowie durch die steigende Zahl von HIV-Infektionen, bei denen sich in ca. 5 % eine aktive Tuberkulose nachweisen läßt gegenüber 0,2 % bei der Bevölkerung allgemein. Als weiterer Risikofaktor ist die Immunsuppression bei Organtransplantierten zu werten.

• starker Rückgang der Erkrankung

D i e U G T ist v o n allen extrapulmonalen Organmanifestationen mit 33 % die h ä u f i g s t e .

• UGT häufigste extrapulmonale Manifestation

W ä h r e n d f ü r alle T u b e r k u l o s e e r k r a n k u n g e n d e r A l t e r s g i p f e l zwischen d e m 20. u n d 40. L e b e n s j a h r liegt, ist f ü r die U G T z u r Z e i t n o c h e i n e d e u t l i c h e H ä u f u n g in h ö h e r e n A l t e r s s t u f e n ( 4 0 - 7 0 J a h r e ) f e s t z u s t e l l e n .

• Erkrankungsgipfel 40-70 Jahre

Die Möglichkeit neu auftretender Infektionsquellen muß ebenso wie die Reaktivierung in Einzelfällen auch durch Anwendung der extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie (ESWL) und die Alterstuberkulose in Betracht gezogen werden.

9.1.1 Ätiopathogenese

Ätiopathogenese

E r r e g e r ist h e u t e im m i t t e l e u r o p ä i s c h e n R a u m fast ausschließlich Mycobacterium tuberculosis, d a s d u r c h T r ö p f c h e n i n f e k t i o n in die A t e m w e g e g e l a n g t , w o sich in 9 0 - 9 5 % d e r P r i m ä r k o m p l e x a u s b i l d e t , v o n d e m bei u n g ü n s t i g e r A b w e h r l a g e h ä m a t o g e n , s e l t e n e r a u c h l y m p h o g e n a n d e r e O r g a n e , wie z . B . die N i e r e , s e k u n d ä r b e f a l l e n w e r d e n . D i e E n t w i c k l u n g e i n e r U G T ist s c h e m a t i s c h in A b b . 9-1 d a r g e s t e l l t . B e i m M a n n ist die Urotuberkulose in 7 0 - 8 5 % mit ein e r Genitaltuberkulose (Prostata, Samenblasen, Nebenhoden) kombiniert. Z u n ä c h s t k o m m t es in b e i d e n N i e r e n z u r A n s i e d l u n g d e r B a k t e r i e n in d e r R i n d e n z o n e mit A u s b i l d u n g epitheloidzelliger Granulome, d i e bei p o s i t i v e r Imm u n r e a k t i o n g r o ß e H e i l u n g s t e n d e n z b e s i t z e n u n d sich o f t n u r in e i n e r N i e r e w e i t e r e n t w i c k e l n . D i e s e s parenchymatöse Stadium ist klinisch k a u m f a ß b a r , d a ein B a k t e r i e n n a c h w e i s im U r i n erst d a n n m ö g l i c h ist, w e n n die R i n d e n g r a n u l o m e ü b e r die M a r k z o n e d u r c h K o n f l u e n z u n d E i n s c h m e l z u n g A n s c h l u ß a n d a s H o h l s y s t e m d e r N i e r e g e f u n d e n h a b e n . In d i e s e m S t a d i u m d e r „offenen" U r o t u b e r k u l o s e k a n n sich d i e E r k r a n k u n g k a n a l i k u l ä r d e s z e n d i e r e n d a u s b r e i t e n u n d auf die m ä n n l i c h e n G e n i t a l o r g a n e ü b e r g r e i f e n (s. A b b . 9-1). D a n e b e n ist e i n e d i r e k t e h ä m a t o g e n e I n f e k t i o n d e r G e n i t a l o r g a n e b e i d e r G e s c h l e c h t e r möglich.

• Erreger: Mycobacterium tuberculosis • Primärkomplex in > 90% in der Lunge • hämatogene Ausbreitung u. a. in Nieren und Genitalorganen

• in der Niere Entwicklung tuberkulöser Granulome mit guter Heilungstendenz

• Ausbreitung in der Niere und Übergreifen auf die ableitenden Harnwege und Genitalorgane

138

9. Spezifische Entzündungen des Urogenitalsystems Lunge

enteromesenterial

Skelett

(Hoden) Abb.9-1: Entstehung und Ausbreitung der Urogenitaltuberkulose nach hämatogener Streuung des Primärkomplexes

Abb.9-2: Schematische Darstellung der Stadien l-lll der Nierentuberkulose

3 Stadien für Urotuberkulose

. parenchymatös-ulzeröses Stadium Papillenherde Kelchdestruktion

II. ulzerös-kavernöses Stadium • Kavernen • Pyelitis casaeosa • Ureter-, Ostiumobstruktion

9.1.1.1 Stadien der Urotuberkulose Für die Urotuberkulose hat sich unter Berücksichtigung der klinischen und röntgenologischen B e f u n d e sowie der speziellen Morphologie folgende Einteilung in 3 Stadien bewährt (Abb. 9-2): • Parenchymatös-ulzeröses Stadium I: Hier sind sowohl die kleinsten initialen P a r e n c h y m h e r d e als auch die sich a n b a h n e n d e Ausbreitung in Richtung Hohlsystem mit röntgenologisch nachweisbaren kleinen Papillenherden und Kelchdestraktionen als Ausdruck der bakteriologisch nachweisbaren U r o t u b e r k u l o se zusammengefaßt (Abb. 9-3). • Ulzero-kavernöses Stadium II: Es beinhaltet einzelne, aber auch multiple durch Einschmelzung entstandene Kavernen der Rinden- und Markzone, die entweder noch mit spezifischem Granulationsgewebe, käsigen Nekrosen oder flüssigem Eiter angefüllt sind. Typisch ist hier die kanalikuläre Ausbreitungs-

9.1 Urogenitaltuberkulose (UGT)

139

Abb.9-3: Schematische Darstellung röntgenologischer Stadien (l-lll) der Nierentuberkulose

t e n d e n z m i t Befall des P y e l o n (Pyelitis casaeosa), N e i g u n g zu Obstruktionen an v o r g e b i l d e t e n E n g e n wie K e l c h h ä l s e n , p y e l o u r e t e r a l e m Ü b e r g a n g u n d U r e t e r mit P r ä d e l e k t i o n s s t e l l e an d i s t a l e m U r e t e r u n d O s t i u m . O b w o h l g a n z e K e l c h g r u p p e n d u r c h k o m p l e t t e K e l c h h a l s s t e n o s e n a u s f a l l e n k ö n n e n , liegt in d i e s e m S t a d i u m g e w ö h n l i c h n o c h e i n e a u s r e i c h e n d e N i e r e n f u n k t i o n vor, insof e r n nicht d u r c h H a r n s t a u u n g bei U r e t e r o b s t r u k t i o n e n e i n e zusätzliche F u n k t i o n s b e e i n t r ä c h t i g u n g erfolgt ( A b b . 9-3). • Tuberkulöse P y o n e p h r o s e und Kittniere im Stadium III: D i e s e s S t a d i u m ist d u r c h h o c h g r a d i g e E i n s c h r ä n k u n g d e r Nierenfunktion (< 15%) g e k e n n z e i c h n e t u n d k a n n auf v e r s c h i e d e n e Weise e n t s t e h e n .

III. tuberkulöse Pyonephrose u. Kittniere • Nierenfunktion < 15%!

Zum einen kann der Ubergang von Befunden des Stadiums I I zur funktionslosen Pyonephrose durch plötzlich einsetzende komplette Ureterobstruktion rasch erfolgen, zum anderen ist die Kittniere mit meist vollständigem Schwund des Nierenparenchyms das Ende eines langfristigen, mit Organzerstörung einhergehenden Selbstheilungsprozesses, der völlig symptomlos verlaufen kann und daher nicht selten als Zufallsbefund erfaßt wird (Abb.9-3).

9.1.1.2 Latenzzeit

Latenzzeit

D i e s e h r u n t e r s c h i e d l i c h e Z e i t s p a n n e v o n 6 M o n a t e n bis 30 J a h r e n zwischen p r i m ä r e r S t r e u u n g u n d klinischer M a n i f e s t a t i o n ist v o n Zahl u n d Virulenz der Tuberkelbakterien, d e r Immunitätslage des O r g a n i s m u s u n d v o m Z e i t p u n k t d e r Diagnosestellung a b h ä n g i g . Sie ist n u r d a n n zuverlässig zu b e s t i m m e n , w e n n die h ä m a t o g e n e S t r e u u n g , z . B . d u r c h e i n e Pleuritis e x u d a t i v a zeitlich erf a ß t wird.

• 6 Mon.-30 Jahre abhängig von Virulenz u. Zahl der Erreger sowie Abwehrlage

9.1.2 Klinik, Diagnostik 9.1.2.1 Klinik

Klinik

E r s t im f o r t g e s c h r i t t e n e n S t a d i u m d e r Urotuberkulose t r e t e n d u m p f e F l a n k e n s c h m e r z e n auf. Wichtig ist die Anamnese bezüglich p u l m o - p l e u r a l e r u n d e x t r a p u l m o n a l e r V o r e r k r a n k u n g e n , wie L y m p h k n o t e n - , K n o c h e n - o d e r G e lenktuberkulose.

1. Urotuberkulose: • keine Frühsymptomatik • Anamnese

Praxishinweis: N e b e n d e n S y m p t o m e n Pollakisurie, Mikrohämaturie u n d subfebrilen Temperaturen ist die sterile Leukozyturie w e g w e i send.

Praxishinweis

140

9. Spezifische Entzündungen des Urogenitalsystems Septische T e m p e r a t u r e n w e r d e n n u r bei M i s c h i n f e k t i o n e n u n d gleichzeitiger H a r n s t a u ung b e o b a c h t e t . D e r N a c h w e i s unspezifischer E r r e g e r k a n n die frühzeitige D i a g n o s e erheblich v e r z ö g e r n .

2. Genital-Tb • männliches Genitale - Nebenhodeninfiltrate - D.deferens-Verhärtung - rektaler Tastbefund: Prostatainduration • bei der Frau - primäre Sterilität - Menstruationsanomalie

Die Genitaltuberkulose des Mannes tritt durch m e h r oder weniger schmerzhafte Schwellung des Nebenhodens und knotige Verhärtung des Ductus deferens in Erscheinung. Rektaler Tastbefund: meist strangförmige Induration der Prostata ( D D : Prostatakarzinom), prallelastische Vorwölbung der Samenblasen. Bei der Frau: Unklare Unterbauchbeschwerden, Menstruationsanomalie und primäre Sterilität können Hinweis auf eine Genitaltuberkulose sein.

Diagnostik

9.1.2.2 Diagnostik

1. aktive Tb: • Nachweis M.tuberculosis im Urin, Exprimat oder Ejakulat, spez. Gewebsveränderungen 2. UGT-Verdacht: a) Urinuntersuchung: mikroskopisch, bakteriologisch



b) Nierenleeraufnahme: • Verkalkungen!

c) Urogramm: • Kelchdeformierungen • Ureterobstruktion

• DD: - xanthogranulomatöse Pyelonephritis - Pyelitis- und Ureteritis cystica - M.Ormond d) Urethrozystogramm • Beurteilung von Prostata und Harnblase (Reflux?) e) Sonographie, CT: ergänzende Untersuchung

Wegen der uncharakteristischen Symptomatik ist eine Frühdiagnose der U G T nur möglich, wenn bei den genannten hinweisenden Symptomen rechtzeitig an die Möglichkeit einer Tuberkulose gedacht wird und entsprechende Untersuchungen gezielt durchgeführt werden. • D i e aktive Urotuberkulose wird durch Nachweis von Mycobactrium tuberculosis im Urin, evtl. Exprimaturin oder Ejakulat bzw. durch den histologischen B e f u n d an Biopsie- oder Operationsmaterial diagnostiziert. • Bei UGT-Verdacht sind folgende Untersuchungen angezeigt: (1) Urin. Dreimalige steril aufgefangene Probe des Morgenurins (40-100 ml), Lagerung bei 4°C. - Spezialfärbung nach Ziehl-Neelsen zum mikroskopischen Nachweis säurefester Stäbchen - bakteriologische Kultur nach Löwenstein-Jensen Radiometrische Verfahren ermöglichen eine schnelle Beurteilung. - Tierversuche sind nur noch in Ausnahmefällen angezeigt. (2) Bildgebende Verfahren • N i e r e n l e e r a u f n a h m e und Ausscheidungsurogramm (evtl. mit Schichtaufnahmen). Das Leerbild zeigt disseminiert angeordnete Verkalkungen. Typisch sind großräumige, den einzelnen Kelchgruppen entsprechende verkalkte Kavernen bei Kittnieren und Kalkherde in der Prostata. Im Urogramm sind Destruktionen der Kelchkonturen, -deformierungen infolge Papillennekrosen (Abb. 9-4), klein- oder großräumige Kavernen mit inkompletter Stenosierung des zugehörigen Kelchhalses oder komplette Kelchhalsabbrüche mit „stummen Kavernen", die zur A b d r ä n g u n g benachbarter Kelchabschnitte f ü h r e n , zu beachten. Gleichzeitig v o r h a n d e n e Obstruktionen im Ureterbereich erleichtern die röntgenologische Diagnose einer U r o t u b e r k u l o se (Abb. 9-5). Differentialdiagnose: Xanthogranulomatöse Pyelonephritis, Pyelitis- und Ureteritis cystica, retroperitoneale Fibrose (M. O r m o n d ) . • Retrogrades Urethrozystogramm: Aussagekräftige M e t h o d e zum Nachweis kleinerer oder größerer Prostatakavernen im Stadium I—III (Abb. 9-6) sowie spezifischer Urethrastrikturen. Gleichzeitige Beurteilung der Harnblase bezüglich Deformierung, Schrumpfung und Vorliegen eines ureteralen Refluxes. • Sonographie und CT: Wertvolle Ergänzung des Ausscheidungsurogramms zur Bestimmung von Lage und G r ö ß e sowie Morphologie r a u m f o r d e r n d e r (kavernöser) Nierenprozesse. Die Sonographie hat darüber hinaus besondere B e d e u t u n g für die Verlaufsbeobachtung von Stauungszuständen unter der medikamentösen Therapie.

141

9.1 Urogenitaltuberkulose (UGT)

Abb.9-4: Pyelogramm mit Destruktionen und kleinkavernösen Veränderungen an der oberen Kelchgruppe und am Kelchhals, diskreter Befund an der unteren Kelchgruppe

Abb.9-5: Ausscheidungsurogramm re.: Zeichen spezifisch entzündlicher Veränderungen an der oberen Kelchgruppe mit Verplumpung der Kelchnischen, Abdrängung eines Kelches nach kaudal (—>) und inkompletter Kelchhalsstenose. Dilatation des Harnleiters bei prävesikaler Ureterstenose

Abb.9-6: Stadieneinteilung (l-lll) der kavernösen Prostatatuberkulose nach typischen Befunden des retrograden Urethrozystogramms

• Endoskopie und retrograde Ureteropyelographie (s. Abschn.5.5.1.3. S.74): Beide Untersuchungsmethoden sollten als invasive M e t h o d e n möglichst erst nach Einleitung der medikamentösen Therapie vorgenommen werden. Es können sowohl spezifische Veränderungen der Blase erkannt als auch Harnleiter und N i e r e n h o h l r ä u m e bei gestörter Kontrastausscheidung retrograd zur Darstellung gebracht werden.

f) endoskopischer Nachweis spez. Blasenveränderungen, Biopsie, retrograde Ureteropyelographie bei mangelhafter Darstellung im Urogramm

142 g) Nuklearmedizin: Bestimmung der globalen und seitengetrennten Nierenfunktion h) Tuberkulintest: • Stempeltest • Intrakutantest

Therapie

9. Spezifische Entzündungen des Urogenitalsystems (3) Nuklearmedizinische Untersuchungen (s. Abschn.5.6, S. 80) mit Bestimmung der seitengetrennten Funktion sind für die Entscheidung zu organerhaltenden Operationsmaßnahmen und zur Verlaufsbeobachtung von Bedeutung. (4) Tuberkulintests: Bei Infektion mit M. tuberculosis kommt es immer zu einer Sensibilisierung gegen spezifische Antigene, die sowohl mit dem Stempeltest nach Tine als auch mit dem Intrakutantest nach Mendel-Mantoux nachgewiesen werden können. Eine Positivreaktion besagt jedoch nichts über die Aktivität eines Tb-Prozesses.

9.1.3 Therapie

1. Medikamentös in Initial- u. Stabilisierungsphase

9.1.3.1 Medikamentöse Behandlung

A n t i t u b e r k u l o t i k a (I.Wahl): • Rifampicin • Isoniazid • Pyrazinamid • Streptomycin • Ethambutol • Protionamid

Bei gesicherter aktiver Tuberkulose ist die kombinierte antituberkulotische Chemotherapie mit Medikamenten der höchsten Wirksamkeitsstufe indiziert (Tab. 9-1): • Initial: 3-4fach Kombination für 2-3 Monate • zur Stabilisierung: 2fach Kombination für 3-4 Monate

• Praxishinweis

• simultane Steroidgaben nur unter strenger Kontrolle • Kurzzeittherapie mit INH, RMP (6 Mo.)

Praxishinweis: Bei Niereninsuffizienz muß die Dosis reduziert und ggf. das Applikationsintervall verlängert werden. Durch frühzeitige Verabreichung von Kortikosteroiden können Obstruktionen an den harnableitenden Wegen zurückgebildet bzw. verhindert werden. Die 6monatige Kurzzeittherapie gilt nur für den Fall, daß INH und R M P für die gesamte Dauer zum Einsatz kommen. Andernfalls und bei komplizierten Krankheitsverläufen (z.B. bei Aidskranken) verlängert sich die Therapiedauer auf 9-12 Monate.

Tab.9-1: Antituberkulotika (Mittel der I.Wahl) Medikament (Abkürzung)

Erwachsenendosis (Dosisbereich)

Applikation

Hauptnebenwirkung

Rifampicin (RMP)

(7)-10 mg/kg (450-600 mg/d)

oral, Infusion

cholostatische Hepatitis

Isoniazid (INH)

5-(8) mg/kg (0.3-0.6 g/d)

oral, Infusion

Hepatitis (Transaminasenerhöhung) Polyneuropathie (durch Pyridoxin vermeidbar)

Pyrazinamid (PZA)

30-35-(40) mg/kg oral (bis 50 kg: 1.5 g/d über 50 kg: 2.0 g/d)

Streptomycin (SM)

10-15 mg/kg (0.75-1.0 g/d)

i. m., Infusion Ototoxizität (Schädigung des Ν VIII) Nephrotoxizität

Ethambutol (EMB)

20-25 mg/kg (1.0-2.0 g/d)

oral, Infusion

Optikusneuritis Zentralskotom Visusverlust Nephrotoxizität

Protionamid (PTH)

10-15 mg/kg (0.75-1.0 g/d) 5-7.5 mg/kg bei Kombination mit INH

oral, Infusion

Hepatitis gastrointestinale Nebenwirkungen

Hepatitis Hyperurikämie Gelenkbeschwerden

9.1 Urogenitaltuberkulose (UGT)

143

Tab. 9-2: Tuberkulosebehandlung - Kontrolluntersuchungen a) in der Initialphase und vor Beginn der Therapie

Blut

bei Therapie mit

Untersuchung

RMP, PTH, PZA RMP + INH

SGOT, SGPT, GT, Bilirubin

EMB SM, CM PZA

Intervall

1. Kontr. n. 2 Wochen, dann Kreatinin Kreatinin

4-6 Wochen

Harnsäure n. 2 Wochen, dann je nach Verlauf

Kortikoide

Blutzucker, Na, K.

Urin

generell

4-6 Wochen

Gewicht

generell

Urinstatus Tb-Bakteriologie (I.Serie n. 3tägiger Medikamentenpause) z. Dosisanpassung der Antituberkulotika

Augenarzt

EMB

Ausschluß eines Zentralskotoms, Farbsehstörung, Visusverschlechterung

4-6 Wochen

HNO-Arzt

SM, CM

Ausschluß von Hörverlusten u. Gleichgewichtsstörungen

2-3 Wochen

Ultraschall

generell

Nieren, Blase, Prostata, Hoden/Nebenhoden Indikation wie bei Röntgenuntersuchung

4-6 Wochen

Röntgen

generell

Urogramm, Refluxzystogramm abhängig von Ausgangs- bzw. Vorbefund und Beschwerden

8-12 Wochen

4 Wochen

b) in der Stabilisierungsphase • Blut-, U r i n - u n d Gewichtskontrollen, Augenund HNO-ärztliche Untersuchungen wie in der Initialphase

4-6 Wochen

• Tb-Bakteriologie ab stabiler Konversion - nach 3tägiger Medikamentenpause

2x im Abstand von 6 Monaten, dann 1x jährlich über 5-7 Jahre

• Röntgen bzw. Ultraschalluntersuchung

Z u r F e s t s t e l l u n g d e r W i r k s a m k e i t u n d w e g e n d e r individuell u n t e r s c h i e d l i c h a u f t r e t e n d e n N e b e n w i r k u n g sind r e g e l m ä ß i g e K o n t r o l l e n a n g e z e i g t (Tab. 9-2).

· Kontrolluntersuchungen

9.1.3.2. Operative Behandlung

2. Operativ

I m G e g e n s a t z zu f r ü h e r e n J a h r e n s t e h e n h e u t e o r g a n e r h a l t e n d e M a ß n a h m e n f ü r d a s Stadium II n a c h 2 - 3 m o n a t i g e r m e d i k a m e n t ö s e r V o r b e h a n d l u n g im Vordergrund. Rekonstruierende Operationen an den ableitenden Harnwegen sind a n g e z e i g t , w e n n sich O b s t r u k t i o n e n u n t e r d e r T h e r a p i e nicht z u r ü c k b i l den oder verstärken.

im Stadium II organerhaltend nach 2-3monatiger Vorbehandlung

I m Stadium III sollte die o f t m i s c h i n f i z i e r t e tuberkulöse Pyonephrose mit einem Funktionsanteil unter 1 0 % nach 6-8wöchiger Vorbehandlung entfernt w e r d e n ( A b b . 9-7). D i e s y m p t o m - u n d f u n k t i o n s l o s e K i t t n i e r e stellt k e i n e dringliche I n d i k a t i o n z u r N e p h r e k t o m i e dar.

Stadium III: Nephro-Ureterektomie nach 6-8wöchiger Vorbehandlung

144

9. Spezifische Entzündungen des Urogenitalsystems

Abb.9-7: Operationspräparat einer mischinfizierten tuberkulösen Kittniere (obere Kelchgruppe) und Pyonephrose. Hochgradige Schrumpfung des Pyelon, Dilatation und Wandinfiltration des Ureters

- Behandlung von Prostata, Samenbläschen, Nebenhoden - nur medi kamentös • Praxishinweis: Infektiosität

Prostata-, Samenbläschen- und Nebenhodentuberkulosen werden ausschließlich m e d i k a m e n t ö s behandelt. Praxishinweis: Die Ansteckungsgefahr ist bei der Urogenitaltuberkulose sehr gering. Schon während der Initialphase ist eine stabile Urinkonversion zu erwarten und somit eine U m g e b u n g s g e f ä h r d u n g nicht gegeben. Arbeitsunfähigkeit ist deshalb nur für die D a u e r einer stationären Behandlung und in der initialen Therapiephase anzunehmen. Dies gilt für alle Berufe auch der Lebensmittelbranche und des Gaststättengewerbes. Voraussetzung ist allerdings, daß die M e d i k a m e n t e zuverlässig eingenommen werden und die Kontrolluntersuchungen regelmäßig erfolgen.

Bilharziose

9.2 Bilharziose

parasitäre Erkrankung der Subtropen u. Tropen

Definition. Die Bilharziose ist eine parasitäre E r k r a n k u n g in den Subtropen und Tropen. Epidemiologie. Die Schistosomiasis ist die häufigste spezifische Entzündung am Urogenitalsystem.

Epidemiologie: • weltweit 300 Mill. Erkrankte - häufigste spezifische Urogenitalerkran kung

Sie ist vorwiegend in den Ländern Afrikas, des Nahen Ostens und vereinzelt auch in europäischen Mittelmeerländern endemisch. Die Zahl der Erkrankten wird auf ca. 300 Mio. geschätzt. Der weitverbreitete Flugtourismus und die Entsendung von Industriegruppen in Entwicklungsländer hat auch in den mitteleuropäischen Ländern zu einer allgemeinen Zunahme der Erkrankungen geführt.

Erreger: • Schistosoma haematobium (Pärchen-Egel) • Zwischenwirt: Bulinus truncatus (Süßwasserschnecke)

Erreger. Erreger der Blasenbilharziose ist das 1852 von d e m Deutschen Bilharz entdeckte Schistosoma haematobium, ein tropischer Saugwurm (Pärchen-Egel) von 10-20 m m Länge, mit der Süßwasserschnecke (Bulinus truncatus) als Zwischenwirt.

2-monatiger Zyklus: Bulinus truncatus I

Der Zyklus im Wirtsorganismus (Mensch) und Zwischenwirt (Süßwasserschnecke) ist in Abb.9-8 schematisch dargestellt. Die von Bulinus truncatus ausgeschiedenen und im Wasser schwärmenden Zerkarien durchbohren beim Baden in verseuchten Gewässern

9.2 Bilharziose

145 Mensch

aktives Einbohren

erwachsene Pärchenegel

Ausscheidung der Eier I

Schnecke

Zerkarien schwärmen im Wasser A

Mirazidium schwärmt im Wasser, dringt ein in:

* Muttersporozysten

I

Tochtersporozysten

I

Zerkarien Abb.9-8: E n t w i c k l u n g s z y k l u s v o n S c h i s t o s o m a h a e m a t o b i u m

Abb.9-9: „ P ä r c h e n e g e l " , S c h e m a (s. Text)

die intakte H a u t und gelangen so in den menschlichen Organismus, wo sie sich zunächst zu noch nicht geschlechtsreifen Schistosomen entwickeln und auf der W a n d e r u n g ü b e r das G e f ä ß s y s t e m bis zum Ansiedlungsort in d e m Venenplexus des B e c k e n r a u m e s G e schlechtsreife erlangen. Hier legen die Weibchen p r o Tag etwa 20-30 Eier ab. wodurch die Kapillaren „verstopfen". In den Eiern entwickeln sich Mirazidien, die im Wirtsgew e b e entzündliche V e r ä n d e r u n g e n hervorrufen. Von hier aus gelangen die Eier über die Blasenwand ins -lumen und w e r d e n mit dem Urin ausgeschieden. Auf d e m Blutweg ist auch eine Ausbreitung in a n d e r e O r g a n e , wie L e b e r und Lunge, möglich. D i e mit d e m Urin (oder Kot) ausgeschiedenen Eier mit E n d - o d e r Seitenstachel entwickeln sich im w a r m e n Süßwasser innerhalb weniger Stunden zur nächsten L a r v e n g e n e r a t i o n in Mirazidien, die nur eine L e b e n s d a u e r von ca. 24 Stunden h a b e n . Erfolgt in dieser Zeit ein Eindringen in den Zwischenwirt (Schnecke) so beginnt der Zyklus von ca. 2 M o n a t e n D a u e r von n e u e m .

Zerkarien

D e r Pärchenegel (Schistosoma h a e m a t o b i u m ) hat seinen N a m e n von der Eigenart, daß das f a d e n f ö r m i g e Weibchen (7-18 m m ) in einer ventralen Längsrinne des M ä n n c h e n s (6-12 m m ) liegt (Abb. 9-9).

Besonderheit: W e i b c h e n liegt in ventraler L ä n g s r i n n e d e s M ä n n c h e n s .

Pathologie: In d e r S u b m u k o s a d e r Blase, v o r w i e g e n d im B e r e i c h d e s Trigo-

Pathologie • Granulome in der Submukosa • Blasenkapazität 4 • Harnstauung

n u m , f i n d e n sich G r a n u l o m e , d i e e n d o s k o p i s c h Ä h n l i c h k e i t m i t T b - G r a n u l o m e n haben. Ulzeröse und papillomatöse Infiltrate m i n d e r n die Kapazität der Blase, sklerosieren die Ostien u n d distalen Harnleiterabschnitte mit ein- o d e r

I I I I Mirazidien (Mensch) ι I I I I I Bulinus truncatus

b e i d s e i t i g e r H a r n s t a u u n g als F o l g e z u s t a n d . Komplikationen. Unspezifische S e k u n d ä r i n f e k t i o n e n f ü h r e n nicht selten zum V o l l b i l d d e r Urosepsis. sentumoren

Harnsteinbildungen,

Blasenhaisobstruktionen

und

(ca. 50 % P l a t t e n e p i t h e l k a r z i n o m e ) sind häufig.

I n d e n U r s p r u n g s l ä n d e r n ist d i e B i l h a r z i o s e h ä u f i g s t e U r s a c h e d e s B l a senkarzinoms ( ü b e r 90 % ) !

Bla-

Komplikationen: • Harnsteine • Urothelkarzinome • Urosepsis

146

9. Spezifische Entzündungen des Urogenitalsystems

9.2.1 Klinik, Diagnostik Klinik

9.2.1.1 Klinik

Symptome • lokal: allergische Reaktionen (Quaddeln, Juckreiz) • allgemein: Mattigkeit, Gliederschmerz, Fieber, N-Insuffizienz • Blase: Pollakisurie, Urgeinkontinenz, Hämaturie

Symptomatik: An den Eintrittsstellen der Haut treten in ca. 50 % der Fälle jukkende Quaddeln als allergische Reaktionen auf und nach einer „Inkubationszeit" von ca. 6 Wochen Allgemeinsymptome wie Mattigkeit, Gliederschmerzen und Fieber. Nach einem Intervall von 3-6 Monaten stellen sich als Folge des spezifischen Entzündungsprozesses der Harnblase Pollakisurie, Urgeinkontinenz sowie Mikro- und terminale Makrohämaturie ein. Später kommt es in Abhängigkeit vom Grad der Blasenschrumpfung mit Begleitinfektion zur Verstärkung dieser Symptome, zu septischen Fieberschüben und Zeichen der fortschreitenden Niereninsuffizienz· Kolikartige Schmerzen der oberen Harnwege können durch häufig vorkommende Harnsteine verursacht sein.

Diagnostik

9.2.1.2 Diagnostik

1. Anamnese

• Anamnese: Auftreten von Erstsymptomen im Zusammenhang mit Reisen oder Aufenthalten in Endemiegebieten. • Urinuntersuchung: Mikro- Makrohämaturie; direkter Nachweis von Schistosomaeiern im frischen Urin oder indirekt durch den Mirazidienschlüpftest. • Laboruntersuchungen. Blutbild: Leukozytose, Eosinophilie, Alphafetoprotein in 50 % positiv. Serologisch: Intradermaltest mit Zerkarienantigen; Zerkarienhüllenreaktion durch Immunglobuline bedingt, Komplementbindungsreaktion, Immunfluoreszenztest. • Endoskopisch: Herdförmige oder diffuse Hyperämien und Ödeme der Blasenschleimhaut, submuköse Knötchen, papilläre Veränderungen, sandkornähnlicher Belag, wandständige Inkrustationen. DD: Tuberkulose, unspezifische Zystitis, Cystitis cystica oder -granulans. • Histologie: In Biopsie- oder Operationsmaterial lymphozytäre plasmazelluläre Infiltrate, epitheloidzellige Granulome mit Einschluß verkalkter Eier von Schistosoma haematobium; nach längerem Krankheitsverlauf gehäufte maligne Entartung. • Radiologie, Sonographie: Röntgenleeraufnahme: Konkrementbildungen uncharakteristisch, aber hinweisend; schalenförmige Verkalkungen an der Blasenwand sind dagegen sehr verdächtig. Urogramm: Im Frühstadium nicht aussagekräftig. Im fortgeschrittenen Stadium Kaliberschwankung der Harnleiter, mehr oder weniger ausgeprägte Harnstauungen und rundliche kapazitätsgeminderte, deformierte Harnblase (Abb. 9-10).

2. Urinuntersuchung 3. Labor: - serol. Diagnostik - Blutbild 4. endoskopisch

5. histologisch

6. Radiologie: • Verkalkung in der Blasenregion • deformierte Harnblase • Harnstauung

Abb.9-10: Zystogramm mit Kontrastaussparung infolge Blasentumor ( 150 mol/l

• Zystin. Die O b e r g r e n z e d e r Z y s t i n a u s s c h e i d u n g liegt bei 150 μηιοΙ/24 h. B e i d e r a u t o s o m a l d o m i n a n t v e r e r b t e n Z y s t i n u r i e b e s t e h t e i n e m a n g e l n d e bzw. fehlende Rückresorption des proximalen Tubulus für die dibasischen A m i n s ä u r e n : Zystin, Lysin, A r g i n i n u n d O r n i t h i n . Klinisch spielt, a u f g r u n d d e r s c h l e c h t e n L ö s l i c h k e i t , lediglich Z y s t i n e i n e R o l l e . H e t e r o z y g o t e , d e r e n Z y s t i n a u s s c h e i d u n g u n t e r 800 μηιοΙ/24 h liegt, b i l d e n in d e r R e g e l k e i n e S t e i n e . H o m o z y g o t e , die bis zu 6000 μιτιο1/24 h a u s s c h e i d e n , b i l d e n meist, a b e r nicht i m m e r , S t e i n e . W i r d ein Z y s t i n s t e i n festgestellt, sind i m m e r F a m i l i e n u n t e r s u c h u n g e n sowie e i n e e n t s p r e c h e n d e g e n e t i s c h e P a t i e n tenaufklärung durchzuführen.

10.3 Klinik, Diagnostik, Therapie, Metaphylaxe

155

Ursache der Zystinurie: autosomal dominant vererbter Stoffwechseldefekt des proximalen Tubulus mit einer mangelhaften bzw. fehlenden Rückresorption f ü r Zystin (bei etwa 0,2 % aller Steinpatienten läßt sich Zystin allein oder in Kombination mit anderen Bestandteilen nachweisen) • Xanthin. Erheblich verminderte Xanthinoxidaseaktivität (< 1 %), so d a ß als E n d p r o d u k t des Purinstoffwechsels praktisch ausschließlich Xanthin und Hypoxanthin entstehen: die Harnsäurespiegel in Blut und Urin sind entsprechend extrem niedrig. Die E r k r a n k u n g ist sehr selten (< 100 Fälle in der Weltliteratur). 2,8-Dihydroxiadeninsteinbildung. A n g e b o r e n e v e r m i n d e r t e Aktivität P h o s p h o r i b o s y l - T r a n s f e r a s e ; die E r k r a n k u n g ist e x t r e m selten.

der

Xanthin seltene Harnsteinkomponente

Adenin-

• Matrixsteine. Gelegentlich findet sich bei schwach schattengebenden Steinen operativ eine weiche, zerreißliche, gummiartige Substanz, die nach Lufttrocknung erheblich an Volumen verliert. Im frischen Präparat können nicht selten mikroskopisch Pilzhyphen nachgewiesen werden. Die getrockneten Reste bestehen aus Struvit, Apatit und Kalziumoxalat. Als Ursache sind Infekte anzunehmen.

10.3 Klinik, Diagnostik, Therapie, Metaphylaxe In der Klinik hat sich die Unterscheidung in die am häufigsten vorkomm e n d e n ( 7 0 - 8 0 % ) „anorganischen", röntgendichten Kalziumsteine (Kalziumoxalat, -phosphat), die nicht oder schwach röntgendichten „organischen" Steine (Harnsäure ( 1 5 - 2 0 % ) , Zystin ( < 0 , 5 % ) und die in etwa 1 0 % a u f t r e t e n d e n röntgendichten Infektsteine (Struvit) bewährt.

Matrixsteine • „weiche" Steine

Klinik

• Praxishinweis

Diese Steinarten haben eine unterschiedliche Ätiologie, Häufigkeit sowie Klinik (Rezidive. Infekt) und verlangen deshalb unterschiedliche Behandlungsstrategien.

10.3.1 Diagnostik

Diagnostik

Z u r Diagnostik der Urolithiasis sind die Röntgenuntersuchung (Leeraufnahme, A u f n a h m e nach Kontrastmittelgabe) sowie die Sonographie obligat. • Kalziumhaltige Steine (Kalziumoxalat, -phosphat) sind auf der Leeraufnahme spontan schattengebend (röntgendicht), auf der A b f l u ß a u f n a h m e können sie vom Kontrastmittel überdeckt werden (Abb. 10-4). In Projektion auf Skeletteile (z.B. Querfortsätze, Kreuzbein) hängt die Darstellbarkeit auf der Nativaufnahme erheblich von der G r ö ß e des Konkrementes ab. Im kleinen Bekken kann eine Unterscheidung von den, meist kreisrunden, Phlebolithen schwierig sein. Eine herausgedrehte A u f n a h m e nach Kontrastmittelgabe kann klären, ob ein kalkdichter Schatten außerhalb (z.B. Phlebolith, verkalkter Lymphknoten) oder im Harnleiterverlauf (Ureterstein) liegt. Auch die Überlagerung durch Darminhalt bzw. -gas kann die röntgenologische Erkennbarkeit von Steinen erschweren oder unmöglich machen. Kalkhaltige Gallensteine werden in der Regel durch die ebenfalls obligate Ultraschalluntersuchung als solche erkannt.

1. Röntgenleeraufnahme 2. Ultraschall 3. Urogramm Kalziumsteine: - röntgenologisch gut schattengebend, können aber in Projektion auf Skeletteile oft nicht erkannt werden - Phlebolithen im kleinen Becken erschweren ebenfalls die Diagnose

• Infektsteine, die aus Struvit und unterschiedlichen Anteilen von Kalziumphosphat und -oxalat bestehen, stellen sich auf der L e e r a u f n a h m e meist etwas schwächcr kontrastdicht dar.

Infektsteine sind meist schwächer schattengebend

156

10. Urolithiasis

Abb. 10-4: Nierenbeckenstein Ii. Nierenleeraufnahme: Kalkdichte Verschattung in Projektion auf die Niere. Im retrograden P y e l o g r a m m (re. Bildhälfte) projiziert sich diese in das Nierenbecken. Die Kelche s i n d zart, der A b f l u ß über d e m Ureter frei.

Zystinsteine geben ab 5 - 6 m m , Harnsäuresteine ab 1 c m einen flauen Schatten

Differentialdiagnose: - Urotheltumor

• Zystinsteine geben ab einer Größe von 5 - 6 mm ebenfalls einen flauen Schatten, während Harnsäuresteine bis zu 1 cm nicht spontan schattengebend sind. Diese Steine werden röntgenologisch durch eine Kontrastmittelaussparung (Differentialdiagnose: Urotheltumor, Blutkoagel, Matrixstein) diagnostiziert. Läßt sich sonographisch ein Stein nachweisen und ist die Röntgenleeraufnahme unauffällig, so kann ebenfalls auf einen Harnsäurestein geschlossen werden. In seltenen Fällen kann die Dichtemessung bei der Computertomographie den Verdacht auf einen Harnsäurestein lenken (< 700 HE). Differentialdiagnostisch ist bei Koliken an Gefäßprozesse der Niere (Embolie, Thrombose) und des Darmes (Mesenterialinfarkt) sowie an Gallenkoliken (Ausstrahlung in die rechte Schulter), eine Appendizitis oder eine Extrauteringravidität zu denken.

Therapie

10.3.2 Therapie

• Akutbehandlung: Koliken, infizierte Stauungsniere • definitive Behandlung (Ziel: Steinfreiheit)

Es wird zwischen der Akutbehandlung, ζ. B. Bekämpfung des Kolikschmerzes oder Harnableitung bei obstruierter septischer Niere, und einer definitiven Behandlung, die die Steinfreiheit zum Ziel hat, unterschieden.

1. Symptomatische und konservative Behandlung

10.3.2.1 Symptomatische und konservative Behandlung

• Praxishinweis

Praxishinweis. Die Nierenkolik wird durch i.v.-Gabe eines kums in Kombination mit einem Analgetikum behandelt.

Spasmolyti-

Opiate bewirken eine Spastik der glatten M u s k u l a t u r und sind kontraindiziert. • Spontanabgang kann bei kleinen (5-6 m m ) Steinen ohne Begleitinfekt u n d Stauung a b g e w a r t e t w e r d e n - kurzfristige K o n t r o l l e n bis z u m S t e i n a b g a n g (Steinfreiheit) erforderlich • infizierte Stauungsniere: Antibiotikum u n d sofortige Ableitung d u r c h - U r e t e r - o d e r DJ-Katheter bzw. - perkutane N e p h r o s t o m i e - stationäre B e h a n d l u n g erforderlich (Urosepsisgefahr)!

Ist der Patient infektfrei, der Stein nicht größer als 3-5 mm und besteht keine wesentliche Abflußbehinderung, kann der Spontanabgang abgewartet werden: regelmäßige Kontrollen (Röntgen, Ultraschall, Urinkultur) sind erforderlich. Neben forcierter natürlicher Diurese - Diuretika können durch die plötzlich auftretenden Druckerhöhungen bei bestehender Abflußbehinderung zur Fornixruptur führen - besteht die Behandlung in fortgesetzter Spasmoanalgesie. Aufgrund klinischer Erfahrungen werden zur Vermeidung eines Harnleiterödems nichtsteroidale Antiphlogistika eingesetzt. Warme Bäder helfen durch ihre relaxierende Wirkung weitere Koliken zu vermeiden; eine zusätzliche Phytotherapie ist weithin üblich, ihr Nutzen fraglich.

157

10.3 Klinik, Diagnostik, Therapie, Metaphylaxe • Besteht eine deutliche Abflußbehinderung durch den Stein und sind die Nierenkelche über 10-12 mm weitgestellt, sollte spätestens nach 12 Wochen eine Entlastung, entweder durch transureterale Ableitung oder durch perkutane Nephrostomie, und eine aktive Behandlung erfolgen. • Liegt neben der Stauung ein Infekt vor, so ist, auch wenn der Patient zunächst symptomfrei ist, sofort für eine Ableitung zu sorgen, da sich dann innerhalb kürzester Zeit eine obstruktive Pyelonephritis und Urosepsis entwicklen kann.

• Abflußbehinderung

Harnsäuresteine können durch systemische Alkalisierung verbunden mit gesteigerter Diurese (> 2,5 1/24 h) in vivo zur Auflösung gebracht werden; eine gleichzeitige Senkung der Harnsäurekonzentration durch Allopurinol ist sinnvoll.

• Harnsäuresteine k ö n n e n d u r c h Alkalisierung in v i v o aufgelöst w e r d e n (Chemolitholyse)

10.3.2.2 Maßnahmen zur aktiven Steinentfernung

Aktive Steinentfernung

Die Therapie der Nierensteine hat sich seit 1980 grundlegend gewandelt. Neben dem intraoperativen Ultraschall mit hochauflösenden Schallköpfen zur Steinsuche und der Doppler-Sonographie zum Aufsuchen gefäßarmer bzw. -freier Bezirke zur gewebeschonenden und blutarmen Nephrotomie sind es die neuen endoskopischen Methoden der perkutanen Nephrolitholapaxie (PNL) sowie Ureterorenoskopie (URS) und vor allem die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie ( E S W L ) , die neue Strategien ermöglichten. Durch immer neue Gerätegenerationen und Modifikationen ist die Entwicklung im Fluß, so daß es, mit wenigen Ausnahmen, keinen goldenen Standard mehr gibt, sondern daß sich derzeit unterschiedliche Konzepte, teils ergänzend, teils konkurrierend, gegenüberstehen.

• • • •

Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL) Innerhalb von 10 Jahren wurde die E S W L zur Standardmethode der Harnsteinbehandlung.

1. ESWL ( e x t r a k o r p o r a l e Stoßwellenlithotripsie)

Bei d e r E S W L wird eine a u ß e r h a l b des Körpers erzeugte Stoßwelle so fokussicrt. d a ß d e r Stein im B r e n n p u n k t liegt (Abb. 10-5). Die am Stein wirkenden D r u c k - und Zugwellen f ü h r e n zur Desintegration der Struktur des Steins. Die zur Desintegration notwendige E n e r g i e wird fraktioniert in 1000-3000 Impulsen abgegeben. Z u r möglichst verlust-

A u ß e r h a l b des Körpers erzeugte Stoßw e l l e n w e r d e n so fokussiert, daß der zu b e h a n d e l n d e Stein i m B r e n n p u n k t liegt.

Abb. 10-5: Prinzip der extrakorporalen S t o ß w e l l e n l i t h o t r i p s i e (ESWL)

ESWL URS PNL offene Operation (Schlinge)

158

10. Urolithiasis

Abb. 10-6: Partieller Ausgußstein des Ii. Nierenhohlsystems Nach zweimaliger Lithotripsie stellt sich auf der re. Bildhälfte eine „Steinstraße" im mittleren Harnleiterdrittel dar

f r e i e n L e i t u n g d e r E n e r g i e in d e n K ö r p e r wird Wasser o d e r ein wässriges M e d i u m b e nutzt. Die S t e i n o r t u n g erfolgt d u r c h R ö n t g e n o d e r Ultraschall.

Hauptindikation: • Nierenbecken- und Kelchstein bis 1,5 cm • größere Steine erfordern Mehrfachbehandlungen (zuvor ein DJ-Katheter)

• ESWL ist ein sicheres Verfahren, Gerinnungsstörungen sind zu beachten.

Hauptindikation d e r E S W L sind Nierenbeckenund Kelchsteine. A b e i n e m Steindurchmesser von 1,5 cm w e r d e n vor d e r S t o ß w e l l e n b e h a n d l u n g D o p p e l J - K a t h e t e r zur Sicherung der A b f l u ß v e r h ä l t n i s s e eingelegt. Bei g r ö ß e r e n Steinen o d e r Ausgußsteinen sind meist m e h r f a c h e B e h a n d l u n g e n erforderlich. Bei g r o ß e r Steinmasse k ö n n e n die D e s i n t e g r a t e den U r e t e r ausfüllen und obstruieren (Steinstraße) (Abb. 10-6). Harnleitersteine k ö n n e n , w e n n sie sich nicht in D e c k u n g mit den B e c k e n k n o c h e n b e f i n d e n , an j e d e r Stelle, gegebenenfalls nach M a r k i e r u n g mit einem U r e t e r e n k a t h e t e r , b e h a n d e l t w e r d e n . Mittlere und hohe Harnleitersteine werden oft vor d e r S t o ß w e l l e n b e h a n d l u n g in das N i e r e n b e c k e n reponiert, um M e h r f a c h b e h a n d l u n g e n zu v e r m e i d e n . Die S t o ß w e l l e n b e h a n d l u n g ist ein sehr sicheres V e r f a h r e n , und Langzeitschädigungen sind bisher, auch nach V i e l f a c h b e h a n d l u n g e n , nicht b e k a n n t . Bei Störungen der Blutgerinnung k a n n es allerdings zu massiven Blutungen k o m men. Die F.:,»VL wird meist in Aimlgosedienmg u n d n u r noch selten ( K i n d e r , m a n g e l n d e C o m p l i a n c e . S p r a c h s c h w i e r i g k e i t e n ) mit A n ä s t h e s i e d u r c h g e f ü h r t .

2. URS (Ureterorenoskopie) Inspektion und Behandlung des oberen Harntraktes mit starren, halbstarren oder flexiblen Instrumenten • Hilfsinstrumente: Dormiakörbchen, verschiedene Zangen • Steindesintegration: - mechanisch (z.B. Ultraschallsonde) oder - durch intrakorporale Stoßwellen (elektrohydraulisch, Laser)

Ureterorenoskopie ( U R S ) Mit starren, halbstarren o d e r flexiblen I n s t r u m e n t e n kann d e r o b e r e H a r n t r a k t bis zu den N i e r e n k e l c h e n eingesehen w e r d e n (s.Abb. 5-15). Bei der Steinbeh a n d l u n g w e r d e n D o r m i a k ö r b c h e n zur direkten E n t f e r n u n g kleiner bzw. Fixierung g r ö ß e r e r Steine v e r w e n d e t . Z u r S t e i n e n t f e r n u n g bzw. Z e r t r ü m m e r u n g stehen mechanische Systeme (Steinfaßzange, D o r m i a k o r b , Ultraschallsonde, Lithoklast) und Stoßwellensysteme (elektrohydraulisch, Laser) zur Verfügung. Bisher ist die durch mechanische Systeme erzielbare direkt postoperative Steinfreiheitsrate höher, da es nach Stoßwellenapplikation zwar zur Desintegration, a b e r nicht zum sofortigen A b g a n g der D e s i n t e g r a t e k o m m t . In d e r Regel ist eine Allgemein- oder Regionalanästhesie erforderlich, j e d o c h kann mit den schmalkalibrigen I n s t r u m e n t e n (7,5-9,5 Ch.) die U R S auch o h n e Anästhesie, ggf. in P r ä m e d i k a t i o n erfolgen. Komplikationen: D u r c h T r a u m a t i s i e r u n g des O s t i u m s o d e r H a r n l e i t e r s k a n n es n a c h d e r U R S zu S t e n o s e n k o m m e n , so d a ß es sich e m p f i e h l t , nach S c h l e i m h a u t l ä s i o n e n p o s t o p e r a t i v f ü r einige Tage einen D J - K a t h e t e r zur S c h i e n u n g zu belassen. Bei f e h l e n d e r Ü b e r s i c h t o d e r u n v o r s i c h t i g e m V o r g e h e n k a n n es zu H a r n l e i t e r e i n - u n d -abrissen k o m m e n , die o f f e n o p e r a t i v versorgt w e r d e n m ü s s e n u n d z u m Verlust d e r N i e r e f ü h r e n können.

3. PNL (perkutane Nephrolitholapaxie)

Perkutane Nephrolitholapaxie ( P N L ) Bei d e r p e r k u t a n e n Litholapaxie w e r d e n bei d e m auf d e m Bauch liegenden P a t i e n t e n ü b e r einen direkten Z u g a n g zur Niere, d e r durch B o u g i e r u n g einer

159

10.3 Klinik, Diagnostik, Therapie, Metaphylaxe

Abb. 10-7: Kompletter Nierenbeckenkelchausgußstein Ii. (sog. Korallenstein)

u n t e r Ultraschallkontrolle angelegten N e p h r o s t o m i e geschaffen wird, Steine wie bei d e r U R S desintegriert o d e r in toto extrahiert (s.Abb. 5-25). Bei der O p e r a t i o n k a n n es zur E i n s c h w e m m u n g von Spülwasser ( T U R - S y n d r o m ) , zu erheblichen Blutungen und zu Verletzungen des N i e r e n b e c k e n h o h l r a u m s y s t e m e s k o m m e n ; postoperativ wird ü b e r m e h r e r e Tage eine N e p h r o s t o m i e belassen. Steine, die in endoskopisch unzugänglichen Kelchen liegen, w e r d e n später mit E S W L b e h a n d e l t . Die P N L wird in Allgemein-, Regional- oder Lokalanästhesie durchgeführt.

Nach ultraschallgezielter Punktion der Niere in Bauchlage wird der Punktionskanal aufbougiert (20-26 Ch.) und über ein starres Nephroskop die Steinbehandlung wie bei der URS durchgeführt.

Operation O f f e n e S t e i n o p e r a t i o n e n sind h e u t e sehr selten g e w o r d e n . Eine Indikation besteht noch bei weitverzweigten o d e r sehr großen Nierensteinen (Abb. 10-7). U m Steinfreiheit zu erreichen, w e r d e n intraoperativ Hilfsmittel wie Ultraschall und R ö n t g e n eingesetzt. Mit einer D o p p l e r s o n d e k ö n n e n g e f ä ß a r m e A r e a l e f ü r N e p h r o t o m i e n aufgesucht werden, o h n e d a ß d e r Nierenstiel a b g e k l e m m t w e r d e n m u ß ; die G e f a h r von D u r c h b l u t u n g s s t ö r u n g e n , evtl. mit nachfolgend e r H y p e r t o n i e , infolge von Intimaläsionen durch das A n l e g e n einer K l e m m e k a n n so v e r m i e d e n w e r d e n . Postoperativ wird i m m e r eine Nephrostomie belas-

4. offene Operation • Hauptindikation: große Nierenausgußsteine

Die Ureterolithotomie gehört heute zu den Ausnahmen. Schiingenbehandlung Bei der Zeiss-Verweilschlinge und ihren M o d i f i k a t i o n e n wird u n t e r Bildwandlerkontrolle ein U r e t e r k a t h e t e r a m Stein v o r b e i g e s c h o b e n und anschließend durch Z u g an e i n e m e n t s p r e c h e n d a n g e b r a c h t e n Faden eine Schlinge gebildet, mit d e r d e r Stein „ e i n g e f a n g e n " wird. Schlingen w e r d e n nur noch selten a n g e w a n d t , da sie g e g e n ü b e r d e r U R S und E S W L keinen Vorteil m e h r h a b e n .

5. Schiingenbehandlung • an Bedeutung verloren: keine Vorteile gegenüber ESWL oder URS

10.3.2.3 Nierensteine

Nierensteine

N i e r e n s t e i n e k o m m e n sowohl als einzelne o d e r multiple Solitärsteine wie auch als Ausgußsteine vor. E i n e S o n d e r f o r m sind die Steine bei M a r k s c h w a m m n i e -

kommen ein- oder beidseitig, einzeln oder multipel, als Solitär- oder Ausgußsteine in Kelchen oder Nierenbekken vor

Symptomatik N i e r e n s t e i n e k ö n n e n i n t e r m i t t i e r e n d eine Mikro-, seltener Makrohämaturie h e r v o r r u f e n . Ein Harnwegsinfekt, meist mit h a r n s t o f f s p a l t e n d e n K e i m e n wie Proteus, ist nur bei den Struvit-(Infekt-)steinen obligat. Insgesamt besteht eine e r h ö h t e N e i g u n g zu H a r n w e g s i n f e k t e n ; oft w e r d e n die Steine erst im R a h m e n der I n f e k t a b k l ä r u n g diagnostiziert. K o m m t es bei einem Infekt d e r obe-

Symptomatik • intermittierend Mikro-, seltener Makrohämaturie • Harnwegsinfekt bei Struvit-(Ausguß-)steinen obligat

10. Urolithiasis

160 bei gleichzeitiger Obstruktion droht Urosepsis, deshalb sofortige Entlastung

ruhende Kelchsteine und Ausgußsteine machen i. d. R. keine Schmerzen

Nieren(becken)steine

Diagnostik 1. allgemeine Untersuchungen • Anamnese: Koliken, Schmerzen, Infekt, Fieber, frühere Steine • körperliche Untersuchung: Nierenlager, Ureterverlauf • Urinuntersuchung: Status (Erythrozyten), Urinkultur, ggf. pH-Profil • Blutuntersuchung: Kreatinin, Blutbild (Leukozyten), Elektrolyte (Kalzium, Kalium), Harnsäure

2. spezielle Untersuchungen • Abdomenübersicht im Liegen • Ultraschall der Nieren (Stein = dorsale Schallauslöschung) • Urogramm, bei Ausscheidungsverzögerung oder stummer Niere Spätaufnahmen (Schichtaufnahmen)

Kontrastmittelaussparungen im Urogramm bei fehlendem Steinnachweis —> Urotheltumor, dann retrograde Pyelographie mit Zytologie, CT, URS

röntgenologisch stumme Nieren: nuklearmedizinische Untersuchungen (Erhaltungs- und Behandlungswürdigkeit des Organs)

ren Harnwege zu einer partiellen oder kompletten Obstruktion durch einen Stein, so ist die sofortige Entlastung (perkutane Nephrostomie, bei schon gestörter Gerinnung evtl. Ureterkatheter) der betroffenen Niere notwendig, da sich rasch eine obstruktive Pyelonephritis und Urosepsis entwickeln können. Ruhende Kelchsteine sowie unbewegliche Ausgußsteine verursachen in der Regel keine Beschwerden, wenn auch manchmal ein dumpfes Druckgefühl im Nierenlager darauf hindeuten mag. So werden Nierensteine oft als Zufallsbefund bei der Abklärung von Rücken- oder Abdominalbeschwerden durch Ultraschall- oder Röntgenuntersuchungen festgestellt. Solitärsteine im Nierenbecken rufen bei intermittierendem Verschluß des Ureterabganges oder nach Eintreten in den Ureter (s.d.) die typischen Nierenkoliken, einen stechenden starken Schmerz mit wellenförmigem Verlauf, in der Flanke hervor.

Diagnostik Die Diagnostik wird bei Koliken, Rückenschmerzen, Hämaturie und Infekt durchgeführt. Die üblichen urologischen Untersuchungen, wie Anamnese (Schmerzen, Koliken, Fieber, Infekt, Hämaturie, frühere Steine), körperlicher Untersuchungsbefund (Nierenlager, Harnleiterverläufe) sowie Blut- (Kreatinin, Kalzium, Harnsäure) und Urinanalysen (Keime, Blut, Leukozyten, Kristalle (Zystin!), Nitrit), sind selbstverständlich Voraussetzung. Es schließen sich eine Abdomenübersichtsaufnahme im Liegen (Leeraufnahme) sowie eine Ultraschalluntersuchung der Nieren an; sonographisch sind Steine an der dorsalen Schallauslöschung zu erkennen, auch eine eventuelle Weitstellung des Nierenhohlraumsystems läßt sich leicht feststellen. Ist der Patient kolikfrei und sprechen nicht schwerwiegende Gründe dagegen (ζ. B. bekannte Jodallergie), wird die Untersuchung durch ein Urogramm vervollständigt. Liegt eine Harntransportstörung durch den Stein vor, so können Spätaufnahmen bis zu 24 Stunden nach Kontrastmittelapplikation notwendig werden. Sind die Befunde nicht eindeutig oder kann ein kalkdichter Fleckschatten nicht sicher dem Nierenhohlraum zugeordnet werden, können herausgedrehte Aufnahmen Klärung bringen. Eine erhebliche Überlagerung der interessierenden Region mit Darminhalt oder -gas oder nur sehr schwach röntgendichte oder kleine Steine können Schichtaufnahmen erforderlich machen. Kommt auf der Leeraufnahme kein Steinschatten zur Darstellung, obwohl sonographisch ein Stein gesehen wurde, oder zeigt sich im Urogramm eine konstante Kontrastmittelaussparung, so besteht der Verdacht auf einen nichtschattengebenden Harnsäurestein. Kann trotzdem der Verdacht eines Urotheltumors der Niere nicht ausgeräumt werden, kommen Computertomographie und retrograde Sondierung mit Pyelographie und Entnahme einer Spülzytologie, die jedoch bei Steinen häufig falschpositive Resultate liefert, sowie die direkte endoskopische Untersuchung (URS) in Betracht. In die Differentialdiagnose sind auch nekrotische Papillen (Nephritis, Phenazetinabusus) oder Blutkoagel eines Nierenparenchymtumors, die Kontrastmittelaussparungen kombiniert mit einer (Mikro-)Hämaturie verursachen können, miteinzubeziehen. Findet sich eine erheblich weitgestellte Niere infolge der Steinobstruktion, so kann vor weiteren Maßnahmen durch nuklearmedizinische Untersuchungen überprüft werden, ob überhaupt noch erhaltungswürdiges funktionsfähiges Nierenparenchym vorhanden ist. Kann trotz typischer Symptomatik kein schattengebender Stein nachgewiesen werden oder besteht der Verdacht auf eine Harnsäurelithiasis (Anamnese, Gicht, Habitus), vervollständigt ein pH-Profil (mehrfache tägliche Messungen des Spontanurins mit Indikatorpapier) die Diagnostik.

10.3 Klinik, Diagnostik, Therapie, Metaphylaxe T h e r a p i e schattengebender Steine (Kalziumsteine)

Je nach zu erwartender Steinzusammensetzung (Kalziumoxalat, -phosphat, Struvit, Zystin) und Form (Solitärsteine, Ausgußsteine) wird das Vorgehen unterschiedlich sein. • schattengebende Solitärsteine bis 1,5 cm: Liegt keine anatomisch bedingte Abflußbehinderung (z.B. Ureterabgangsstenose) vor, ist die alleinige E S W L Therapie der Wahl. • schattengebende, auch multiple, Solitärsteine bis ca. 2,5 cm: Auch diese Steine werden mit der E S W L behandelt. Da bei der größeren Steinmasse jedoch vermehrt mit Steinstraßen, die ζ. T. obstruieren oder eine sehr langsame Abgangstendenz haben, zu rechnen ist, ist es üblich, vor der ersten ESWL einen DJ-Katheter, der den freien Abfluß sichert, zu legen. • schattengebende Ausgußsteine (Infekt- bzw. Struvitsteine) mit kleiner Steinmasse (Durchmesser 2,5 1/ die) Harnsäuresteine in vivo zur Auflösung gebracht werden. Mit sukzessiver Verkleinerung der Harnsäuresteine wird deren Eintreten in den Ureter wahr-

10. Urolithiasis

162

s c h e i n l i c h e r , s o d a ß m a n h e u t e p r o p h y l a k t i s c h e i n e n D J - K a t h e t e r l e g t , u m einer Obstruktion vorzubeugen. Durch ESWL kann die Oberfläche der harten Steine vergrößert und damit die Lyse beschleunigt werden.

e) Zystin: • große Ausgußsteine: offene Op. • kleine i n k o m p l e t t e A u s g u ß s t e i n e , N i e r e n b e c k e n - und Kelchsteine: unter S c h u t z eines DJ-Katheters ESWL (Mehrfachbehandlung)

Bei g r ö ß e r e n N i e r e n b e c k e n s t e i n e n o d e r Ausgußsteinen kann die Litholyse sinnvollerweise durch eine ESWL, die zwar die harten K o n k r e m e n t e nicht v o l l k o m m e n desintegrieren. a b e r zumindest in kleinere Partikel zerlegen und damit die O b e r f l ä c h e vergrößern kann, beschleunigt werden. Bei ultraschallgesteuerten Stoßwellensystemen (z.B. Piezolith) entstehen keine O r t u n g s p r o b l e m e ; wird R ö n t g e n zur O r t u n g verwendet, m u ß der Stein gegebenenfalls durch Kontrastmittel, sei es intravenös o d e r ü b e r eine p e r k u t a n e N e p h r o s t o m i e appliziert, negativ (= Kontrastmittelaussparung) zur Darstellung gebracht w e r d e n . Alternativ kann durch eine PNL die Steinmasse verkleinert und so die Lyse beschleunigt werden. Ist aus der A n a m n e s e ein Zystinsteinleiden b e k a n n t o d e r werden im U r i n Zystinkristalle nachgewiesen, so hat es sich bewährt, zusätzlich eine p e r k u t a n e N e p h r o s t o m i e anzulegen. Zystinsteine e b e n s o wie solchc aus H a r n s ä u r e sind sehr hart und werden durch die Stoßwellen zumeist nur in größere, oft nicht abgangsfähige Partikel zerlegt. Ü b e r die N e p h r o s t o m i e kann nach der Z e r t r ü m m e r u n g dann eine zusätzliche Chemolitholyse mit N-Acetyl-Cystein d u r c h g e f ü h r t w e r d e n . Auf diese Weise k ö n n e n , allerdings mit längerer B e h a n d l u n g s d a u e r und m e h r f a c h e n ESWL-Sitzungen, auch g r ö ß e r e Zystinsteine o h n e weitere invasive M a ß n a h m e n k o m p l e t t e n t f e r n t w e r d e n .

Ureterstein

10.3.2.4 U r e t e r s t e i n

• meist einzeln und einseitig Bei kompletter O b s t r u k t i o n einer infizierten Niere kann der Urin leukozyten frei s e i n !

f l u ß b e h i n d e r u n g e n auch an multiples und beidseitiges V o r k o m m e n zu d e n k e n .

U r e t e r s t e i n e k o m m e n m e i s t einseitig

u n d einzeln

v o r , d o c h ist b e i u n k l a r e n A b -

W i e b e i d e n N i e r e n s t e i n e n f i n d e t s i c h m e i s t e i n e Mikro-, hämaturie.

seltener eine

Makro-

E i n e L e u k o z y t u r i e ist b e i a s e p t i s c h e n S t e i n e n n i c h t o b l i g a t . B e i

kompletter

Obstruktion

einer infizierten Niere kann ein

leukozytenfreier

Urin Infektfreiheit vortäuschen. Symptomatik und Akutbehandlung Erstsymptome

D e r g r ö ß t e Teil d e r U r e t e r s t e i n e v e r u r s a c h t t y p i s c h e K o l i k e n , d . h. e i n e n p l ö t z l i c h e i n s e t z e n d e n s t e c h e n d e n S c h m e r z m i t wellenförmigem tätsverlauf.

p h y s i o l o g i s c h e n U r e t e r e n g e n (Ureterabgang, raler

Ureter)

Intensi-

D i e Koliken treten meist erstmals bei Passieren einer der 3 Gefäßkreuzung,

intramu-

a u f . E n t s p r e c h e n d p r o j i z i e r t s i c h d e r S c h m e r z in d i e F l a n -

k e , L e i s t e o d e r d a s ä u ß e r e G e n i t a l e b z w . d i e U r e t h r a u n d in d i e I n n e n seite des Oberschenkels; bei t i e f e n S t e i n e n k o m m t oft n o c h e i n e Pollakisurie h i n z u . F r a u e n v e r g l e i c h e n d e n S c h m e r z c h a r a k t e r o f t m i t Wehen. W ä h r e n d e i n e r Kolik sind die P a t i e n t e n , im G e g e n s a t z zu p e r i t o n e a l e n R e i z z u s t ä n d e n , extrem

unruhig;

o f t b e s t e h t g l e i c h z e i t i g e i n e Darmatonie.

s c h m e r z w i r d d u r c h d i e p l ö t z l i c h a u f t r e t e n d e Abflußbehinderung f o l g e n d e Nierenstauung

D e r Kolikund die nach-

( K a p s e l s p a n n u n g ) , m ö g l i c h e r w e i s e in V e r b i n d u n g m i t

den frustranen Ureterkontraktionen, hervorgerufen. symptomatische Behandlung: • Spasmolytikum i.V., evtl. zusätzlich Analgetikum • bei k o m p l i z i e r t e n S t e i n e n (infizierte S t a u u n g s n i e r e ) sofortige Entlastung (Ureter- bzw. DJ-Katheter o d e r perkutane Nephrostomie)

D i e p r i m ä r e B e h a n d l u n g b e s t e h t in d e r G a b e v o n Spasmolytika, z u s ä t z l i c h Analgetika

ggf. m ü s s e n

verabreicht werden.

N u r bei komplizierten Steinen (d.h. Infekt. Leukozytose, Fieber. Einnierigkeit) ist die sofortige Ableitung ü b e r einen U r e t e r k a t h e t e r bzw. D J - K a t h e t e r o d e r eine p e r k u t a n e N e p h r o s t o m i e indiziert. Nach längerdauernder Obstruktion und dadurch bedingter Ektasie des Nier e n b e c k e n k e l c h s y s t e m s k a n n es zu einer fixierten Weitstellung u n d nachfolg e n d e m P a r e n c h y m s c h w u n d bis z u r H y d r o n e p h r o s e k o m m e n .

10.3 Klinik, Diagnostik, Therapie, Metaphylaxe

163

Abb. 10-8: Ureterstein Ii. Die Nierenleeraufnahme zeigt eine knapp bohnengroße kalkdichte Verschattung paravertebral Ii. auf Höhe des Oberrandes des 4. LWK. Nach i.v.-KM-Gabe stellt sich ein erweitertes Nierenhohlsystem Ii. dar, wobei der mittelgradig dilatierte und mit KM gefüllte Harnleiter auf das Konkrement zuläuft

Diagnostik Während einer Kolik beschränkt man sich auf Leeraufnahme (Abb. 10-8) und Ultraschall, da es durch die forcierte Diurese infolge des Kontrastmittels komplizierend zur Fornixruptur und damit Urinextravasation k o m m e n kann. Scheidet auch im kolikfreien Intervall die betroffene Niere nur spät oder gar nicht aus, sind Spätaufnahmen (bis zu 24 Stunden p. inj.) anzufertigen, da oft nur so die Lokalisation des Steines gelingt, insbesondere wenn er sich in Knochendeckung befindet. Führen U r o g r a m m und Ultraschall nicht zur Klärung der Diagnose bzw. des Steinsitzes, so ist bei weiterbestehender Abflußbehinderung eine retrograde Pyelographie mit anschließender Dauerentlastung (Ureterkatheter, D J - K a t h e t e r ) durchzuführen oder, wenn dies nicht möglich ist, eine p e r k u t a n e (ultraschallgezielte) Nephrostomie anzulegen. Differentialdiagnose. K a n n kein s c h a t t e n g e b e n d e s (kalziumhaltiges) K o n k r e m e n l n a c h g e w i e s e n w e r d e n , ist d i f f e r e n t i a l d i a g n o s t i s c h n e b e n e i n e m H a r n s ä u r e s t e i n auch an Uretertumoren o d e r eine Kompression des Ureters von a u ß e n (gynäkologische T u m o ren, r e t r o p e r i t o n e a l e Fibrose) zu d e n k e n u n d d u r c h ein pH-Profil o d e r eine C T weiter a b z u k l ä r e n . Bei r ö n t g e n o l o g i s c h s t u m m e r N i e r e ist d i f f e r e n t i a l d i a g n o s t i s c h a b e r auch an e i n e N i e r e n a p l a s i e , -agenesie o d e r d y s t o p e N i e r e zu d e n k e n .

Konservative Therapie Bei unkomplizierten (kein Infekt, kein w e s e n t l i c h e r A u f s t a u ) kleinen (bis 5 m m ) Steinen: forcierte Diurese u n d f o r t g e s e t z t e Spasmoanalgesie bis S p o n t a n a b g a n g • alternativ ( k ü r z e r e B e h a n d l u n g s d a u e r ) : E S W L o d e r U R S

Diagnostik während der Kolik und bei Schmerzen: • Leeraufnahme, Ultraschall bei Schmerzfreiheit: Urogramm, evtl. mit herausgedrehten oder Spätaufnahmen

DD (kein schattengebendes Konkrement nachweisbar): Harnsäurestein Uretertumor Blutkoagel Urothel- oder Nierentumor Konservative Therapie • kleine Steine ohne Abflußbehinderung

Φ

Die E n t s c h e i d u n g , e i n e n U r e t e r s t e i n k o n s e r v a t i v zu b e h a n d e l n , d . h . seinen S p o n t a n a b g a n g a n z u s t r e b e n , hängt von d e r S t e i n g r ö ß e , -läge u n d d e n a n a t o m i s c h e n G e g e b e n h e i ten ( z . B . V o r o p e r a t i o n e n ) , a b e r auch von d e n M ö g l i c h k e i t e n des b e h a n d e l n d e n A r z t e s u n d w e i t e r e n p a t i e n t e n a b h ä n g i g e n V o r a u s s e t z u n g e n bzw. B e d i n g u n g e n ( A r b e i t s u n f ä higkeit bis z u m S t e i n a b g a n g bei B u s f a h r e r n . L o k o m o t i v f ü h r e r n , f l i e g e n d e m P e r s o n a l ) ab. G r u n d s ä t z l i c h m u ß bei k o n s e r v a t i v e r T h e r a p i e mit e i n e m l ä n g e r e n Verlauf, plötzlich w i e d e r a u f t r e t e n d e n Koliken u n d w i e d e r h o l t e n R ö n t g e n u n t e r s u c h u n g e n zur Lagek o n t r o l l e g e r e c h n e t w e r d e n . D a r a u s ergibt sich:

Steine, die schon Monate oder Jahre an gleicher Stelle sitzen, sind mit konservativen M a ß n a h m e n nicht zum Spontanabgang zu bringen. Eingetretene Steine, die unter konservativer Therapie nach einigen Wochen keine Abgangstendenz zeigen, sollten ebenso wie die, die eine z u n e h m e n d e A b f l u ß b e h i n d e r u n g verursachen, aktiv angegangen werden. Ist es zum Spontanabgang gekommen, m u ß immer eine Dokumentation der Steinfreiheit durch eine Röntgena u f n a h m e erfolgen, da verbliebene Steine auch bei Symptomfreiheit nach län-

unkomplizierte kleine Steine ohne Abgangstendenz sollten aktiv (ESWL, URS) angegangen werden auch bei Beschwerdefreiheit Kontrolle bis zum Steinabgang eine langsam zunehmende Abflußbehinderung kann ohne Schmerzen zu einer Hydronephrose führen!

164

10. Urolithiasis gerem Verlauf zu einer Hydronephrose ren können.

und damit zum Verlust der Niere füh-

Aktive (operative) Behandlung offene Operation (Ureterolithotomie) heute nur noch in Ausnahmefällen

Aktive (operative) Behandlung N e b e n den schon seit langen b e k a n n t e n Möglichkeiten der Zeiss-Verweilschlinge, d e m Dormiasteinfänger und der offenen Operation (Ureterolithotomie) stehen heute die Ureterorenoskopie und die ESWL zur Steinentfernung im Vordergrund.

Standard: 1. E S W L , in situ oder nach Reposition in das Nierenbecken (push & smash)

• Die offene Operation, früher Standard, wird als invasiver Eingriff mit den einer Schnittoperation eigenen Komplikationsmöglichkeiten heute nur noch in Ausnahmesituationen zur Anwendung kommen. Als Zugangswege kommen je nach Lage des Konkrementes ein Inter- oder Subkostalschnitt (oberes Ureterdrittel), Pararektal- oder Wechselschnitt (mittleres Drittel) oder der Suprainguinalschnitt (unteres Drittel) in Frage; bei Frauen kann der distale Ureter auch per vaginam freigelegt werden.

2. U R S - komplikationsarm

• Schlingen werden unter Röntgenkontrolle gelegt und bedingen sowohl f ü r den Arzt wie für den Patienten (jüngere Frauen!) eine zusätzliche Strahlenbelastung; gleiches gilt für die ESWL, insbesondere wenn zur Steinmarkierung die Einlage eines U r e t e r k a t h e t e r s notwendig ist. • Die Ureterorenoskopie ( U R S ) ist zwar eine invasive M a ß n a h m e , k o m m t jedoch ohne intraoperative Röntgenkontrolle aus und ist in e r f a h r e n e r H a n d , da die Behandlung unter direkter endoskopischer Sicht erfolgt, komplikations-

Blasenstein

10.3.2.5 Blasenstein

Ursächlich sind: • Blasenentleerungsstörungen mit Restharnbildung • chronische Infekte oder • Fremdkörper (ζ. B. Katheter)

Ätiologie. Begünstigt wird die Blasensteinbildung durch d a u e r n d e Restharnbildung (Blasenhaisobstruktion durch Prostataadenom o d e r - k a r z i n o m , neurogene Blasenentleerungsstörungen), persistierende Infekte sowie F r e m d k ö r p e r (Katheter); aber auch in der Blase verbleibende Blutkoagel können der Ausgangspunkt f ü r eine Kristallisation und nachfolgende Steinbildung sein.

Symptomatik: • schmerzhafte (Tenesmen) Makrooder Mikrohämaturie, besonders nach körperlicher Bewegung

Symptomatik. Die meist schmerzhafte Mikro- oder Makrohämaturie (Blasentenesmen) nach körperlicher Bewegung, Pollakisurie, therapieresistente Infekte sind die f ü h r e n d e n Symptome. Die klassische, stakkatoartige Unterbrechung des Harnstrahls durch den Blasenhals intermittierend obstruierende Konkremente findet man in der Praxis selten.

Diagnostik • Ultraschall • Röntgen • Zystoskopie

Diagnostik. D a j e d e H ä m a t u r i e abklärungsbedürftig ist, werden die Blasensteine heute rasch durch Ultraschall- und Röntgenuntersuchung diagnostiziert (Abb. 10-9 a) und bieten k a u m differentialdiagnostische Schwierigkeiten. Kann im Röntgenbild eine Kontrastmittelaussparung noch tumorverdächtig sein, so ist der Steinschatten, d. h. die dorsale Schallauslösung, bei der Sonographie eindeutig. Stellen sich Blasensteine nur nach Kontrastmittelgabe als Aussparung dar, so bestehen sie ganz oder zum größten Teil aus H a r n s ä u r e und werden zunächst konservativ behandelt. Eine präoperative Zystoskopie (Abb. 10-9b) dient daher m e h r der Umfelddiagnostik (Blasenhalslänge, Blasendivertikel, Urethrastriktur, F r e m d k ö r p e r ) als d e m Steinnachweis.

Behandlung Harnsäurssteine werden, wie in der Niere, durch Harnalkalisierung in vivo aufgelöst. Kalziumhaltige Steine werden je nach Größe und Zahl entweder endoskopisch zerkleinert (Lithotripsie, mechanisch oder Stoßwelle) und abgesaugt oder durch eine offene Operation (Sectio alta) entfernt.

Therapie. Blasensteine aus H a r n s ä u r e können in vivo durch Harnalkalisierung aufgelöst werden. Sind sie jedoch kalziumhaltig, so müssen sie endoskopisch (Lithotripsie) oder, heute nur noch selten, transvesikal (Sectio alta) entfernt werden. Liegt gleichzeitig ein Prostataadenom vor, das aufgrund seiner Größe offen enukleiert werden sollte, oder handelt es sich um sehr große Konkremente (> 5-6 cm), ist die Indikation zur Sectio alta zu stellen; in den meisten Fällen wird der endoskopischen Behandlung der Vorzug zu geben sein.

10.3 Klinik, Diagnostik, Therapie, Metaphylaxe

165

Abb. 10-9: Blasenstein a) Pflaumengroße kalkdichte Verschattung in Projektion auf das kleine Becken b) Endoskopisches Bild des Blasensteins

Z u r S t e i n e n t f e r n u n g bzw. - Z e r t r ü m m e r u n g s t e h e n v e r s c h i e d e n e I n s t r u m e n t e zur V e r f ü gung. E i n e e v e n t u e l l e r f o r d e r l i c h e U r e t h r o t o m i e o d e r t r a n s u r e t h r a l e P r o s t a t a r e s e k t i o n k a n n in gleicher Sitzung d u r c h g e f ü h r t w e r d e n . E i n e alleinige S t e i n e n t f e r n u n g o h n e Beseitigung d e r U r s a c h e d e r R e s t h a r n b i l d u n g f ü h r t fast mit Sicherheit z u m Rezidiv.

Die Ursache der Restharnbildung (ζ. B. Prostata-Adenom oder neurogene Störung) muß ebenfalls behandelt werden.

10.3.2.6 Steinbildung in Ersatzblasen (Pouch)

Steinbildung in Ersatzblasen

Ätiologie. Bei d e r V e r w e n d u n g a u s g e s c h a l t e t e r D a r m s e g m e n t e zur E r s a t z b l a s e n b i l d u n g w e r d e n oft Stapler mit M e t a l l k l a m m e r n v e r w e n d e t . Liegen diese K l a m m e r n so. d a ß sie in d i r e k t e m K o n t a k t mit U r i n s t e h e n , k a n n an ihrer O b e r f l ä c h e , wie bei a n d e r e n d a u e r n d von Urin b e n e t z t e n F r e m d k ö r p e r n , eine heterogene Kristallbildung mit Steinbildung e n t s t e h e n : in der Regel h a n d e l t es sich dabei u m kalziumhaltige Steine, die im U r o g r a m m bereits a u f f a l l e n .

Metallklammern (Stapler), die Kontakt mit Urin haben, können als Ausgangspunkt für eine heterogene Kristallbildung dienen.

Therapie. D i e s e d e n M e t a l l k l a m m e r n a u f s i t z e n d e n K o n k r e m e n t e w e r d e n endoskopisch zerkleinert u n d h e r a u s g e s p ü l t : eine A l l g e m e i n a n ä s t h e s i e ist meist nicht e r f o r d e r l i c h . D a die K l a m m e r n nicht e n t f e r n t w e r d e n k ö n n e n , o h n e d e n K o n t i n e n z m e c h a n i s m u s bei k o n t i n e n t e n H a r n a b l e i t u n g e n zu g e f ä h r d e n , m u ß , s o l a n g e die K l a m m e r n nicht mit S c h l e i m h a u t ü b e r w a c h s e n sind, mit Rezidiven g e r e c h n e t w e r d e n , die bei r e g e l m ä ß i g e r K o n t r o l l e j e d o c h f r ü h e r k a n n t und t h e r a p i e r t w e r d e n k ö n n e n .

Behandlung endoskopische Zerkleinerung und Absaugen der Fragmente, analog zur Harnblase. Regelmäßige Kontrollen erforderlich

10.3.3 Metaphylaxe

Metaphylaxe

Als Metaphylaxe oder Rezidivprophylaxe bezeichnet man M a ß n a h m e n , deren Ziel eine Vermeidung weiterer Harnsteinbildungen ist. Entsprechend der Ätiologie der Steinarten sind die M a ß n a h m e n unterschiedlich.

Rezidivprophylaxe: vorbeugende Maßnahmen nach bereits erfolgter Steinbildung

E i n e eigentliche P r o p h y l a x e setzt ein, w e n n eine E r s t s t e i n b i l d u n g v e r h i n d e r t w e r d e n

Prophylaxe: vorbeugende Maßnahmen vor erster Steinbildung (ζ. B. bei

soll; dies trifft zu, w e n n im R a h m e n von F a m i l i e n u n t e r s u c h u n g e n bei Z y s t i n u r i e Patien-

10. Urolithiasis

166 Zystinurikern im Rahmen von Familienuntersuchungen)

ten mit dieser Erbanlage gefunden werden, die bislang noch keine Steine gebildet haben.

generell durch folgende Maßnahmen:

G e n e r e l l gilt, d a ß e i n e Senkung der steinbildenden I o n e n e r r e i c h t w e r d e n soll. Dies kann durch: • S e n k u n g d e r K o n z e n t r a t i o n (Verdünnung) u n d Ionisation (pH-Veränderungen, K o m p l e x o r e n ) u n d • Veränderung der Ausscheidung ( S e n k u n g d e r i n t e s t i n a l e n A u f n a h m e , Verminderung der Produktion, erhöhte renale Rückresorption) geschehen. W ä h r e n d derzeit für Patienten mit aseptischen Kalziumoxalat- und -phosphats t e i n e n e i n e spezielle D i a g n o s t i k u n d M e t a p h y l a x e erst bei R e z i d i v s t e i n e n f ü r n o t w e n d i g a n g e s e h e n w e r d e n , sind diese f ü r Harnsäure- u n d b e s o n d e r s f ü r Zystinsteinpatienten b e r e i t s bei E r s t m a n i f e s t a t i o n e r f o r d e r l i c h . V o r a u s s e t z u n g e n e i n e r g e z i e l t e n u n d w i r k s a m e n M e t a p h y l a x e sind: Patientencompliance, Diagnostik (Stein-, U r i n - u n d B l u t a n a l y s e n ) , Wirksamkeitskontrolle d e r M a ß n a h m e .

• Verdünnung • Veränderung der Ionisation • Veränderung der Gesamtausscheidungen

wirksame Metaphylaxe ist an 2 Voraussetzungen gebunden:

1. Compliance

10.3.3.1 Compliance

durch umfassende und kompetente Aufklärung des Patienten

Die C o m p l i a n c e w i r d g e f ö r d e r t d u r c h d a s E i n s e h e n d e s P a t i e n t e n in seine Erk r a n k u n g u n d d a s Wissen u m die M ö g l i c h k e i t e n d e r B e h a n d l u n g . D i e s w i r d erreicht d u r c h eine u m f a s s e n d e A u f k l ä r u n g z u r Ä t i o l o g i e d e r S t e i n b i l d u n g u n d z u m M e c h a n i s m u s d e r R e z i d i v p r o p h y l a x e , soweit es d e r P a t i e n t v e r s t e h e n kann.

2. Diagnostik

10.3.3.2 Diagnostik

a) Minimalprogramm

b) erweitertes Programm (zusätzlich): - Serum (Parathormon) - 24-h-Sammelurin (Kreatinin, Kalzium, Harnsäure [Zitrat, Oxalat, Zystin]) - Nüchternurin (Kreatinin, Kalzium) - pH-Profil (immer) - Mikroskopie (Zystinkristalle im Urin) bei Zystinurikern c) Verlaufskontrollen Die korrekte Beurteilung einer Metaphylaxe ist nur möglich, wenn klinischer Verlauf (Steinbildung) und biochemische Befunde (Veränderung der Urinparameter) korreliert werden

Harnstein-Diagnostikprogramm. Bei allen H a r n s t e i n p a t i e n t e n sollte eine Minimaldiagnostik: Kreatinin, Elektrolyte einschließlich K a l z i u m (!) u n d Harnsäure im S e r u m , Steinanalyse u n d Urinkultur durchgeführt w e r d e n , so d a ß N i e r e n f u n k t i o n s e i n s c h r ä n k u n g , p r i m ä r e r H y p e r p a r a t h y r e o i d i s m u s , H y p e r u r i k ä m i e bzw. G i c h t u n d ein u r e a s e p o s i t i v e r H a r n w e g s i n f e k t e r k a n n t w e r d e n k ö n n e n . B e s t e h t d e r V e r d a c h t auf e i n e n Harnsäurestein, sollte a u c h ein pH-Profil ( m e h r f a c h e tägliche p r o t o kollierte p H - M e s s u n g e n ü b e r 2 - 3 Tage) erstellt w e r d e n . Bei Rezidivsteinbildnern ist e i n e weitergehende Abklärung, die e i n e gezielte a l l g e m e i n - d i ä t e t i s c h e o d e r a u c h m e d i k a m e n t ö s e B e h a n d l u n g erlaubt, anzustreben. Erweitertes Programm. D i e g e n a n n t e n Serumuntersuchungen e r g ä n z t bei grenzwertigem oder erhöhtem Kalzium eine Parathormonbestimmung. Im 24-h-Sammelurin u n t e r ü b l i c h e r Kost w e r d e n K r e a t i n i n , K a l z i u m , H a r n s ä u r e , Z i t r a t sowie O x a l a t u n d ggf. Zystin g e m e s s e n . A n d e n S a m m e l u r i n schließt sich n a c h n ä c h t l i c h e m F a s t e n ein Nüchternurin an, w o b e i die D i u r e s e mit 250 ml d e s t i l l i e r t e m W a s s e r a n g e r e g t wird. In diesem N ü c h t e r n u r i n w e r d e n K r e a t i n i n u n d K a l z i u m b e s t i m m t . D i e mikroskopische Untersuchung d e s S p o n t a n u r i n s z u m N a c h w e i s bzw. Ausschluß von Z y s t i n k r i s t a l l e n bei Z y s t i n u r i k e r n v e r v o l l s t ä n d i g t das U n t e r s u chungsprogramm. D i e s e s D i a g n o s t i k p r o g r a m m ist in u n v e r ä n d e r t e r F o r m e b e n f a l l s g e e i g n e t , d e n Verlauf b i o c h e m i s c h zu k o n t r o l l i e r e n . D e r E r f o l g von E m p f e h l u n g e n in m e t a p h y l a k t i s c h e r A b s i c h t u n d C o m p l i a n c e ist n u r d a n n k o r r e k t zu b e u r t e i l e n , w e n n nicht n u r e i n e klinische (= a u s b l e i b e n d e R e z i d i v s t e i n b i l d u n g ) , s o n d e r n gleichzeitig a u c h e i n e b i o c h e m i s c h e K o n t r o l l e e r f o l g t , d . h . w e n n d e r klinische Verlauf mit b i o c h e m i s c h e n B e f u n d e n k o r r e l i e r t wird.

167

10.3 Klinik, Diagnostik, Therapie, Metaphylaxe Bei b e k a n n t e n Zystinurikern sollte i m m e r eine mikroskopische U n t e r s u c h u n g des S p o n t a n u r i n s (Zystinkristalle) erfolgen. • Steinanalyse. G r u n d l a g e j e d e r Diagnostik ist die A n a l y s e des Harnsteines. E i n e k o r r e k t e Analyse ist n u r durch Röntgendiffraktometrie, Infrarotspektroskopie o d e r Polarisationsmikroskopie möglich. J e d e r spontan a b g e g a n g e n e o d e r e n t f e r n t e H a r n s t e i n sollte analysiert werden, da im L a u f e des L e b e n s die Steinart wechseln kann. Nach einer E S W L genügt es, wenn 2 - 3 repräsentative P r o b e n der Steindesintegrate analysiert w e r d e n . • Blutuntersuchungen. Es sind die üblichen U n t e r s u c h u n g e n : Kreatinin. Elektrolyte (einschl. Kalzium) und H a r n s ä u r e zu f o r d e r n . Bei grenzwertigem o d e r e r h ö h t e m S e r u m k a l z i u m k o m p l e t t i e r e n die P a r a t h o r m o n b e s t i m m u n g und die Messung des ionisierten Kalziums im S e r u m die Diagnostik des p r i m ä r e n Hyperparathyreoidismus, bei Verdacht auf renale t u b u l ä r e Azidose die Blutgasanalyse das S p e k t r u m .

Steinanalyse - jeder Stein sollte analysiert werden - nach ESWL genügen 2-3 repräsentative Proben Steinanalyse durch: - Röntgendiffraktometrie - Infrarotspektroskopie - Polarisationsmikroskopie Blutuntersuchungen Kreatinin, Kalzium, Harnsäure (Parathormon, ionisiertes Kalzium, Blutgasanalyse)

• Urinuntersuchungen. G r u n d l a g e d e r U r i n u n t e r s u c h u n g e n ist der 24-h-Sammelurin u n t e r n o r m a l e n , d . h . bisher üblichen Kost- und Trinkgewohnheiten. E i n e b e s o n d e r e U n t e r w e i s u n g zur exakten S a m m e l d a u e r ist anfangs erforderlich. D i e laborchemischen U n t e r s u c h u n g e n umfassen minimal Kreatinin, Kalzium und H a r n s ä u r e ; Zitrat-, aber auch O x a l a t b e s t i m m u n g e n sind meist Steinzentren v o r b e h a l t e n . E i n e A m i n o s ä u r e a n a l y s e zur Z y s t i n b e s t i m m u n g ist nur bei Patienten mit Zystinsteinen bzw. F a m i l i e n u n t e r s u c h u n g e n in diesem R a h m e n angezeigt. In b e s o n d e r e n Fällen werden, ebenfalls nur in Steinzentren, Belastungstests (Kalzium, Purin, Säure ( A m m o n i u m c h l o r i d ) ) d u r c h g e f ü h r t . Z u r D i f f e r e n z i e r u n g einer diätetischen bzw. diätetisch b e e i n f l u ß b a r e n Hyperkalziurie von einer resorptiven Hyperkalziurie bei p H P T empfiehlt sich die K a l z i u m b e s t i m m u n g des N ü c h t e r n u r i n s (nach 12stündigem Fasten, kalziumfreie G e t r ä n k e erlaubt). U m die Ausscheidungsmengen im 24-h-Sammelurin mit d e n e n in Portionsurinen, z.B. N ü c h t e r n - o d e r Belastungsurinen, vergleichen zu k ö n n e n , hat es sich b e w ä h r t , die m o l a r e n K o n z e n t r a t i o n e n von z . B . Kalzium o d e r H a r n s ä u r e auf die m o l a r e K r e a t i n i n k o n z e n t r a t i o n zu beziehen ( m o l a r e r K r e a t i n i n q u o tient). Ein Vorteil der V e r w e n d u n g von K r e a t i n i n q u o t i e n t e n ist. d a ß die Sammelgenauigkeit, sonst u n b e d i n g t e Voraussetzung einer k o r r e k t e n Beurteilung, n u r m e h r von u n t e r g e o r d n e t e r B e d e u t u n g ist. D a eine a n n ä h e r n d gleichmäßige Kreatininausscheidung vorausgesetzt w e r d e n kann, ist auch in einem Aliquot, etwa d e m N ü c h t e r n u r i n o d e r einer P r o b e nach Kalziumbelastung, eine mit a n d e r e n P r o b e n vergleichbare M e n g e n a n g a b e o h n e Berücksichtigung des Volumens o d e r d e r S a m m e l d a u e r möglich.

Urinuntersuchungen Gesamtausscheidungen im 24-h-Sammelurin unter bisheriger Ernährung - Kreatinin - Kalzium - Harnsäure - Zitrat - Oxalat, evtl. Zystin

• Mikroskopie. Bei d e r mikroskopischen U n t e r s u c h u n g des U r i n s k ö n n e n zahlreiche verschiedene Kristalle gesehen w e r d e n . Von B e d e u t u n g ist lediglich der Nachweis d e r h e x a g o n a l e n Zystinkristalle, d e r anzeigt, d a ß die Zystink o n z e n t r a t i o n im instabilen Bereich liegt und es zur s p o n t a n e n Ausfällung von Zystin k o m m t , d. h. daß eine Zystinsteinbildung möglich ist. Bei d e r B e t r e u u n g d e r Z y s t i n u r i e p a t i e n t e n ist dies der I n d i k a t o r dafür, d a ß die bisherigen M a ß n a h m e n noch nicht ausreichend sind.

Mikroskopie - mikroskopischer Nachweis von Zystinkristallen im Urin -»instabile Übersättigung Steinbildung

• Urin-pH. Einmalige p H - M e s s u n g e n (alkalisch nach R ö n t g e n k o n t r a s t m i t t e l , sauer nach Koliken o d e r N ü c h t e r n p e r i o d e ) sind o h n e Aussagekraft, deshalb sollten M e s s u n g e n mit speziellen Teststreifen wiederholt d u r c h g e f ü h r t werden. D u r c h D o k u m e n t a t i o n ü b e r 2 - 3 Tage läßt sich ein p H - P r o f i l erstellen. Die „ S ä u r e s t a r r e " bei H a r n s ä u r e s t e i n p a t i e n t e n läßt sich so sicher nachweisen und d e r E r f o l g einer Alkalisierungsbehandlung kontrollieren.

pH-Messung - Messungen mit Stix im Urin ohne Aussagekraft - diagnostisch nur mehrfache tägliche Messungen mit pH-Indikatorpapier brauchbar (pH-Profil)

Nüchternurin (nach 12stündigem Fasten) (Diagnostik der absorptiven Hyperkalziurie) Kreatinin Kalzium Kalzium-, Purin- und Säurebelastungstest nur unter spezieller Fragestellung Kalzium-Kreatinin-Quotient

10. Urolithiasis

168 Urinvolumen, spezifisches Gewicht • 24-h-Urinvolumen gebräuchliche Größe in der Harnsteindiagnostik, jedoch in 20-30% Sammelfehler (Sammeldauer) - Korrektur anhand der endogenen Kreatininclearance • bessere Beurteilung der Dilution durch das spezifische Gewicht möglich (Dilutions-Profil)

• Urinvolumen, spezifisches Gewicht. Das 24-h-Urinvolumen ist eine gebräuchliche G r ö ß e in der Harnsteindiagnostik. Ausgehend von einem physiologischen Volumen zwischen 1200 und 1500 ml ist bei der Beurteilung der 24h-Menge jedoch zu berücksichtigen, daß in 2 0 - 3 0 % Sammelfehler vorliegen. Das Volumen ist dann, ebenso wie Gesamtausscheidungsmengen, nur näherungsweise mit V o r b e f u n d e n zu vergleichen. Ein Anhaltspunkt für die korrekte Sammeldauer ist die endogene Kreatininclearance. Eine weitere Möglichkeit, die Harndilution zu beurteilen, ist die Messung des spezifischen Gewichts. Während die Messung mit leicht zerbrechlichen Harnspindeln relativ umständlich ist, kann mit entsprechenden Teststreifen einfach ein Profil der Dilution erstellt werden. D a r ü b e r hinaus werden so auch Zeitabschnitte mit geringer Diurese sichtbar, die anhand eines 24-h-Volumens natürlich nicht erkannt werden können.

Mikrobiologie - harnstoffspaltende Bakterien (z.B. Proteus) -» Struvitsteinbildung

Mikrobiologie. Die mikrobiologische Diagnostik ist eine urologische Standarduntersuchung. In der Diagnostik der Urolithiasis ist der Nachweis von harnstoffspaltenden Keimen, wie z.B. Proteus, von Bedeutung, da das freiwerdende A m m o n i a k zur alkalischen Reaktion des Urins führt und so die Bildung von Struvit begünstigt.

Metaphylaxe, allgemeine Grundsätze

10.3.3.3 Allgemeine Metaphylaxe

Urinanalysen erlauben keine sichere Unterscheidung zwischen Steinbildnern und Gesunden. Unabhängig von Grenzwerten hat ein Patient seinen Stein individuell gebildet (Ausnahmen: pHPT, Zystinurie, RTA, Säurestarre bei Harnsäuresteinen, Oxalose).

Ausgehend von der Tatsache, d a ß Urinanalysen keine sichere Unterscheidung zwischen G e s u n d e n und Kalziumsteinpatienten erlauben, und der Überlegung. daß ein Patient unter bestimmten Bedingungen individuell einen Stein gebildet hat, folgt, daß sich metaphylaktische M a ß n a h m e n mit wenigen Ausn a h m e n (z.B. Serumkalzium bei pHPT. H a r n v o l u m e n und Zystinausscheidung bei Zystinurie, U r i n - p H bei Harnsäuresteinpatienten) nicht an einem Grenzwert, sondern an dem B e f u n d vor Beginn der Metaphylaxe orientieren

Prinzipien der Metaphylaxe • Senkung der Konzentrationen lithogener Substanzen (Dilution, Gesamtausscheidung) • Verbesserung der Löslichkeit (pH, Hemmstoffe [z.B. Zitrat])

Das Ziel, das Steinbildungsrisiko zu senken, basiert auf: - Senkung der Konzentrationen lithogener Substanzen durch Harndilution - Senkung der Ausscheidung lithogener Substanzen durch verminderte enterale A u f n a h m e (Einschränkung von Milch- und Molkereiprodukten, wenn absorptive Hyperkalziurie nachweisbar) und tierischem Eiweiß (bewirkt Senkung der Kalzium- und Harnsäureausscheidung, vermeidet azidotische Stoffwechsellage mit verminderter Zitratausscheidung) - A n h e b e n der Zitratausscheidung (Hemmstoff der Steinbildung) und des U r i n - p H (Löslichkeitsverbesserung) durch vermehrt vegetabile Kost.

langfristige Änderung der Lebensgewohnheiten

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Spezielle Metaphylaxe

Praxishinweis. Nicht eine kurzfristige, angeordnete strenge Diät mindert das Harnsteinrezidivrisiko, sondern eine langfristige Ä n d e r u n g der Lebensgewohnheiten, die der Patient aus Überzeugung herbeiführen muß.

10.3.3.4 Spezielle Metaphylaxe In Sonderfällen kann es notwendig sein, über die allgemeinen M a ß n a h m e n hinaus eine medikamentöse Metaphylaxe durchzuführen.

1. Kalziumsteine • pHPT (primärer Hyperparathyreoidismus): Op. • RTA: orale Alkaligabe (Zitratsalze)

• Kalziumsteine. Wird ein primärer Hyperparathyreoidismus nachgewiesen (Erhöhung von S e r u m k a l z i u m , P a r a t h o r m o n , K a l z i u m g e s a m t - u n d - n ü c h t e r n a u s s c h e i d u n g , Phosp h a t a u s s c h e i d u n g , e r n i e d r i g t e s S e r u m p h o s p h a t ) , ist die o p e r a t i v e Revision d e r N e b e n schilddrüsen indiziert; erst n a c h E x s t i r p a t i o n eines A d e n o m s o d e r s e l t e n e r d e r s u b t o t a len R e s e k t i o n einer H y p e r p l a s i e k a n n mit einer N o r m a l i s i e r u n g d e s K a l z i u m s t o f f w e c h sels g e r e c h n e t w e r d e n .

10.3 Klinik, Diagnostik, Therapie, Metaphylaxe In Fällen mit h o h e r , sonst nicht b e e i n f l u ß b a r e r K a l z i u m a u s s c h e i d u n g u n d rezidivierend e r S t e i n b i l d u n g k a n n d u r c h G a b e von Thiaziden die t u b u l ä r e K a l z i u m r ü c k r e s o r p t i o n gesteigert u n d so die A u s s c h e i d u n g im U r i n g e s e n k t w e r d e n ( w e g e n des möglichen Kaliumverlustes K o n t r o l l e n n o t w e n d i g ) . Bei azidotischer S t o f f w e c h s e l l a g e (auch bei r e n a l e r t u b u l ä r e r A z i d o s e , R T A ) k a n n d u r c h die orale A l k a l i g a b e ( Z i t r a t ) die A u s s c h e i d u n g d e s I n h i b i t o r s Z i t r a t im U r i n gesteigert w e r d e n . B e h a n d l u n g e n mit M a g n e s i u m u n d K a l z i u m i o n e n a u s t a u s c h e r n sind h e u t e weitestgeh e n d verlassen w o r d e n . D i e G a b e von B a l l a s t s t o f f e n hat bislang k e i n e n E i n g a n g in die Klinik g e f u n d e n . • Harnsäuresteine. D e r w e s e n t l i c h e M e c h a n i s m u s der H a r n s ä u r e s t e i n b i l d u n g ist in d e m p e r m a n e n t u n t e r p H 5,4 l i e g e n d e n U r i n ( „ S ä u r e s t a r r e " ) zu s e h e n , so d a ß die G r u n d l a g e d e r B e h a n d l u n g die Anhebung des Urin-pH auf 6-6,5 ist. O b w o h l mit steig e n d e m p H die Löslichkeit d e r H a r n s ä u r e w e i t e r v e r b e s s e r t wird, ist w e g e n d e r d a n n möglichen unerwünschten Kalziumphosphatsteinbildung Zurückhaltung geboten. U m diese zu v e r m e i d e n , ist bei einer A l k a l i s i e r u n g s b e h a n d l u n g eine Mindestdiurese von 2,5 1/24 h V o r a u s s e t z u n g . Bei k o n s e q u e n t e r D u r c h f ü h r u n g ist es möglich, auch g r ö ß e r e H a r n s ä u r e s t e i n e in vivo a u f z u l ö s e n (Litholyse). Zusätzlich w e r d e n H a r n s ä u r e s t e i n p a t i e n t e n mit Allopurinol behandelt, um den Harnsäurespiegel im Blut, u n d d a m i t a u c h die A u s s c h e i d u n g , zu s e n k e n . Bei G i c h t p a t i e n t e n , die mit e i n e m U r i k o s u r i k u m b e h a n d e l t w e r d e n u n d d a r u n t e r Steine g e b i l d e t h a b e n , sollte e b e n f a l l s auf A l l o p u r i n o l u m g e s e t z t w e r d e n . • Zystinsteine. D u r c h E i n s c h r ä n k u n g der täglichen Z u f u h r an tierischem E i w e i ß auf 1 2 g E W / k g K ö r p e r g e w i c h t läßt sich eine S e n k u n g d e r Z y s t i n a u s s c h c i d u n g u m 3 0 - 5 0 % erreichen. D a die Löslichkeit d e s Zystins stark p H - a b h ä n g i g ist, wird eine Alkalisierungsbehandlung bis p H 8 d u r c h g e f ü h r t . U m d e r G e f a h r d e r d a n n m ö g l i c h e n K a l z i u m p h o s p h a t a u s f ä l l u n g zu b e g e g n e n , a b e r a u c h zur S e n k u n g d e r Z v s t i n k o n z e n t r a t i o n , ist f ü r diese P a t i e n t e n e i n e tägliche Diurese von 3,5 bis 4 l u n b e d i n g t e r f o r d e r l i c h . D i e s e forcierte D i u r e s e m u ß auch n a c h t s a u f r e c h t e r h a l t e n w e r d e n . D i e zusätzliche G a b e von 5 χ 1 g Ascorbinsäure täglich soll eine Vers c h i e b u n g d e s G l e i c h g e w i c h t s zwischen d e m schlechtlöslichen Zystin z u g u n s t e n d e s gutlöslichen Z y s t e i n s b e w i r k e n . G u t e L a n g z e i t e r f a h r u n g e n mit dieser n e b e n w i r k u n g s f r e i en T h e r a p i e o h n e C h e l a t b i l d n e r s p r e c h e n f ü r die W i r k s a m k e i t dieses M e c h a n i s m u s . E i n e w e i t e r e M ö g l i c h k e i t , die aktuelle Z y s t i n k o n z e n t r a t i o n im U r i n zu s e n k e n , ist die G a b e von Chelatbildnern wie D-Penicillaniin oder a-Mercaptopropionylglycin ( A M P G ) ; w ä h r e n d e r s t e r e s e r h e b l i c h e N e b e n w i r k u n g e n aufweist, ist bei l e t z t e r e m im L a u f e der B e h a n d l u n g e i n e D o s i s s t e i g e r u n g bis auf 20 g (20 T a b l e t t e n / T a g ) nötig. D e r Einsatz dieser b e i d e n M e d i k a m e n t e e r s c h e i n t h e u t e n u r noch bei Versagen d e r o b e n ang e f ü h r t e n B e h a n d l u n g angezeigt. R e s t s t e i n e nach E S W L o d e r O p e r a t i o n k ö n n e n bei liegender N e p h r o s t o m i e d u r c h Spülung mit N - A c e t y l c y s t e i n l ö s u n g aufgelöst w e r d e n . • Infektsteine. D a s bei d e r H a r n s t o f f s p a l t u n g f r e i w e r d e n d e A m m o n i a k f ü h r t zur alkalischen R e a k t i o n des Urins, so d a ß die p H - a b h ä n g i g e Löslichkeit von Struvit u n d A p a t i t sinkt. Solange der ( c h r o n i s c h e ) I n f e k t besteht, ist d a s Steinbildungsrisiko u n v e r ä n d e r t u n d e r k l ä r t die h o h e R e z i d i v r a t e . E i n e A u s h e i l u n g d e r c h r o n i s c h e n I n f e k t e ist n u r möglich, w e n n u n t e r gezielter antibiotischer Therapie k o m p l e t t e S t e i n f r e i h e i t d u r c h O p e r a t i o n o d e r E S W L e r r e i c h t wird: j e d e s k o m p a k t e R e s t k o n k r e m e n t v e r h i n d e r t die Infektsan i e r u n g . Sind n a c h O p e r a t i o n o d e r E S W L R e s t k o n k r e m e n t e o d e r - d e s i n t e g r a t e z u r ü c k g e b l i e b e n , k a n n ü b e r eine N e p h r o s t o m i e e i n e A u f l ö s u n g d u r c h C h e m o l y s e erreicht wer-

169 Thiazide zur Senkung der Kalziumausscheidung (Kaliumkontrollen!) orale Alkaligabe zur Anhebung der Zitratausscheidung

2. Harnsäuresteine • orale Alkaligabe zur Anhebung des Urin-pH auf 6-6,5 (Diurese > 2,5 1/ 24 h)

Allopurinol zur Senkung der Harnsäureausscheidung, evtl. Urikosurika absetzen 3. Zystinsteine Alkalisierung des Urins bis pH 8 und Diurese > 3,5-41/24 h zusätzlich eiweißarme Kost (S-haltige Aminosäuren!) Ascorbinsäure 5 x 1 g/die evtl. Chelatbildner (a-Mercaptopropionylglycin oder D-Penicillamin) Restkonkremente bzw. -Desinteg rate nach ESWL, PNL oder Op. können über eine Nephrostomie mit N-Acetylcystein-Spülungen aufgelöst werden

4. Infektsteine • Infektsanierung, d. h. komplette Steinsanierung bzw. Steinfreiheit durch offene Op., PNL oder ESWL und gezielte antibiotische Therapie

Harnblasenentleerungsstörungen

11. Harnblasenentleerungsstörungen U. Jonas,

Κ.

Höfner

11.1 Ursachen von Blasenentleerungsstörungen Ursachen der Blasenentleerungsstörungen: • Detrusorinsuffizienz • urethraler Widerstand Τ - mechanische Obstruktion - funktionelle Obstruktion

Obstruktion —» Überaktivität des Detrusors (Kompensation) Dekompensation des Detrusors (sekundäre Detrusorinsuffizienz) —> Reflux oder Harnstauung, Überlaufinkontinenz

Bei der Miktion wirkt der Detrusor als Energiequelle und die U r e t h r a als wesentlicher Widerstandsfaktor, so daß sich alle Ursachen auf Detrusor oder Urethra beziehen lassen (Abb. 11-1). Man kann deshalb zwischen detrusorbedingten Blasenentleerungsstörungen einerseits und Blasenentleerungsstörungen auf der Grundlage einer Erhöhung des urethralen Widerstandes andererseits unterscheiden. Eine E r h ö h u n g des urethralen Widerstandes findet sich bei mechanischen (morphologisch definierbares Abflußhindernis) und funktionellen (fehlende Relaxierung oder Aktivitätssteigerung der verschließenden urethralen Muskulatur) Ursachen. Bei den obstruktiven Blasenentleerungsstörungen wird zunächst die Miktion durch einen Anstieg der Detrusorleistung m e h r oder minder suffizient aufrecht erhalten - die Obstruktion ist kompensiert. O h n e Therapie k o m m t es infolge einer z u n e h m e n d e n D e k o m p e n s a t i o n des Detrusors (sekundäre Detrusorinsuffizienz) zu steigenden R e s t h a r n m e n g e n bis hin zur Harnverhaltung mit Überlaufinkontinenz. Die Konsequenzen für den oberen Harntrakt können Reflux oder Harnstauung bis hin zur Retention harnpflichtiger Substanzen sein.

Abb. 11-1: Detrusor und urethrale Widerstandsfaktoren während der Miktion: Der Detrusor entspricht mit seiner Kontraktion der Energiequelle für die Miktion. Die funktionellen Widerstände Ris (innerer Sphinkter) und Res (externer Sphinkter) relaxieren bei Miktion und bilden nur bei fehlender Erschlaffung oder Kontraktion (Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie) ein potentielles Abflußhindernis. Morphologisch definierbare Strukturen (Prostata, Strikturen etc.) zeigen keine Relaxation und sind deshalb als konstanter (mechanischer) Miktionswiderstand wirksam.

171

11.2 Detrusorbedingte Blasenentleerungsstörungen, Obstruktion

11.2 Detrusorbedingte Blasenentleerungsstörungen, Obstruktion 11.2.1 D e t r u s o r b e d i n g t e S t ö r u n g Definition. Sich nicht bzw. nur schwach kontrahierender Detrusor während der M i k t i o n , w o b e i d i e D e t r u s o r k o n t r a k t i o n hinsichtlich S t ä r k e o d e r D a u e r insuffizient ist. D i e Ursachen sind e n t s p r e c h e n d d e r F o r m e n u n t e r s c h i e d l i c h . Formen. E i n e primäre Insuffizienz f i n d e t sich bei neurogenen Ursachen i n f o l g e e i n e r S c h ä d i g u n g d e r D e t r u s o r i n n e r v a t i o n . D i e sekundäre Detrusorinsuffizienz e n t s t e h t , w e n n infolge W e c h s e l w i r k u n g e n zwischen D e t r u s o r a k t i v i t ä t u n d s u b v e s i k a l e r O b s t r u k t i o n eine D e k o m p e n s a t i o n d e r D e t r u s o r m u s k u l a t u r resultiert.

11.2.2 M e c h a n i s c h e O b s t r u k t i o n

Detrusorbedingte Blasenentleerungsstörungen • insuffiziente Detrusorkontraktion bei Miktion

Detrusorinsuffizienz • primär neurogen • sekundär durch subvesikale Obstruktion

Mechanische Obstruktion

Definition. Von m e c h a n i s c h e n B l a s e n e n t l e e r u n g s s t ö r u n g e n wird d a n n g e s p r o c h e n , w e n n ein morphologisch definierbares Abflußhindernis a n o d e r in d e r U r e t h r a n a c h w e i s b a r ist.

urethrales Abflußhindernis

Ursachen sind Meatusstcnoscn, Urethrastrikturcn, Harnröhrcnklappcn (angeboren), benigne Prostatahyperplasie (BPH), Prostatakarzinom oder Blasenhalssklerose.

proximale Urethraobstruktion: • BPH • Prostatakarzinom • Harnröhrenklappen • Blasenhalssklerose distale Urethraobstruktion: • Harnröhrenstrikturen • Meatusstenose

Formen. D i e proximale Obstruktion v e r u r s a c h e n : b e n i g n e P r o s t a t a h y p e r p l a s i e (Abb.11-2), Prostatakarzinom, H a r n r ö h r e n k l a p p e n (Abb.11-3), Blasenhalss k l e r o s e . D i e distale Obstruktion v e r u r s a c h e n : S t r i k t u r , M e a t u s s t e n o s e . Proxim a l e O b s t r u k t i o n e n f ü h r e n s c h n e l l e r zu R e s t h a r n u n d D e t r u s o r d e k o m p e n s a tion.

11.2.3 Funktionelle O b s t r u k t i o n

Funktionelle Obstruktion

Definition. E i n e f u n k t i o n e l l e O b s t r u k t i o n liegt vor, w e n n d a s Z u s a m m e n s p i e l von D e t r u s o r k o n t r a k t i o n u n d s i m u l t a n e r R e l a x a t i o n d e r die U r e t h r a vers c h l i e ß e n d e n M u s k u l a t u r g e s t ö r t ist.

· Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie

Diese Störung wird deshalb allgemein auch als Dyssynergie zwischen Detrusor und Sphinkter bezeichnet.

Abb. 11-2: Ausscheidungsurographie bei benigner Prostatahyperplasie (BPH): Anhebung des Blasenbodens durch endovesikal entwickelte BPH

11. Harnblasenentleerungsstörungen

172 I

Abb.11-3: Z y s t o g r a p h i e bei Harnröhrenklappen: A u f t r e i b u n g der hinteren Urethra bis z u m mechanischen A b f l u ß h i n d e r n i s (Klappen), Divertikelblase m i t Reflux links und S t a u u n g des linken Ureters

3 Formen: 1. glatte Urethra-Muskulatur: DetrusorBlasenhals-Dyssynergie 2. quergestreifte U r e t h r a - M u s k u l a t u r : Detrusor-ext. Sphinkter-Dyssynergie 3. k o m b i n i e r t : Detrusor-Urethra-Dyssynergie • Dyssynergie bei m i t i g i e r t neurogener Blasenentleerungsstörung = „dysfunctional voiding"

Neurogene Blasenentleerungsstörung „ n e u r o g e n e Blase" bei Erkrankungen des N e r v e n s y s t e m s m i t i g i e r t n e u r o g e n e Blase: n e u r o g e n e Blase o h n e Nachweis einer n e u r o l o g i s c h e n Erkrankung

klassische L ä s i o n s m u s t e r bei Querschnittslähmung: • obere 1 • untere [ n e u r o m o t o r i s c h e Läsion • gemischte J

Formen. Die Dyssynergie ist entsprechend der Beteiligung von glattmuskulären und quergestreiften Sphinkteranteilen zu unterteilen in: • Detrusor-externe Sphinkter-Dyssynergie und Detrusor-Blasenhals (innere Sphinkter j-Dyssynergie. • Bei Beteiligung beider Sphinkteranteile wird von einer kombinierten Detrusor-Urethra-Dyssynergie gesprochen. Dyssynergien treten bei neurogenen Störungen wie k o m p l e t t e r Q u e r s c h n i t t s l ä h m u n g und i n k o m p l e t t e n Störungen wie multiper Sklerose o d e r Myelomeningozele auf, sind j e d o c h als urodynamisches B e f u n d m u s t e r auch bei mitigiert „neurogenen" Blasenentleerungsstörungen ( o h n e neurologisches Substrat) häufig, wobei die Dignität einer funktionellen O b s t r u k t i o n o h n e Nachweis eines n e u r o g e n e n Schadens unterschiedlich zu beurteilen ist. Letztere wird deshalb auch als „ d y s f u n c t i o n a l voiding" bezeichnet, um den prinzipiellen Unterschied h e r v o r z u h e b e n .

11.2.4 Neurogene Blasenentleerungsstörung Definition. Als „neurogene Blase" bezeichnet man alle Funktionsstörungen des unteren Harntraktes, die im Rahmen neurologischer Erkrankungen von ZNS, autonomem und peripherem Nervensystem (PNS) auftreten. Liegt eine entsprechende Blasenfunktionsstörung ohne neurologische Erkrankung vor, wird von einer mitigiert neurogenen Blasenentleerungsstörung gesprochen. Formen. Wegen der komplizierten Dreifachinnervation des unteren Harntraktes aus parasympathischen, sympathischen und somatischen Anteilen und deren Interaktionen auf allen Ebenen des Nervensystems lassen sich nur bei der kompletten Querschnittslähmung klassische Läsionsmuster am unteren Harntrakt nachweisen, die in obere und untere neuromotorische Läsion eingeteilt werden (Abb. 11-4). Bei den nichttraumatischen entzündlichen und degenerativen Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems (s.u.) sind diese klassischen Funktionsmuster nicht vorhanden. Sie entsprechen den gemischten oder inkompletten Läsionen. Ausmaß und Muster bieten ein nahezu für jeden Patienten spezifisches Bild: • Hirn: zerebrale Durchblutungsstörung. M. Parkinson, H i r n t u m o r e n . D e m e n z • Hirn, Rückenmark: multiple Sklerose, amyotrophische Lateralsklerose

11.3 Diagnostik

173

obere neuromotorische Läsion: spastischer Lähmungstyp

untere neuromotorische Läsion: schlaffer Lähmungstyp gemischte Läsion

parasympathisch

ο | , Para~ -ο S sympathisch .Q X trφ

φ t •-

sympathisch

sympathisch

somatomotorisch (Sphincter externus)

= Ξ 3 ο tn Ο CD ο 3

ο 3

Ό

CD Q-ι W D Ο c 3· w

somatomotorisch (Sphincter externus) 2 mg % ) ist die D u r c h f ü h r u n g eines Ausscheidungsurogramms nicht möglich, so d a ß hier die Sonographie Methode der Wahl ist. • Z u r Bestimmung von G r ö ß e und Struktur der Prostata hat sich der transrektale Ultraschall (TRUS) durchgesetzt. Die Röntgenuntersuchung des unteren Harntraktes beinhaltet die Urethrographie, die Zystographie und die Miktionszystourethrographie (MCU).

Abdomen-Leeraufnahme: Konkremente Skelettanomalien Ausscheidungsurogramm: Kontrastmittelausscheidung Beurteilung von Nieren, Ureter und Blase - Restharn nach Miktion • -

Sonographie: Harnstauung, Konkremente Restharnbestimmung Alternative zum A U G bei eingeschränkter Nierenfunktion

• transrektaler Ultraschall (TRUS): - Beurteilung von Größe, Struktur der Prostata • Röntgen des unteren Harntraktes:

175

11.3 Diagnostik

Abb. 11-6: Miktionszystourethrographie (MCU) bei Detrusor-SphinkterDyssynergie: Aufweitung der hinteren Urethra, Engstellung der Pars membranacea urethrae infolge Dyssynergie

• Das Urethrogramm deckt mechanische Abflußhindernisse wie Strikturen, Blasenhalsobstruktionen und Meatusstenosen auf. • Die Zystographie (s. Abschn.5.5.l.2, S.73) informiert über die Gestalt der Harnblase, die bei neurogener Blase das charakteristische Bild einer „Christbaumblase" mit Pseudodivertikeln und Trabekeln aufweisen kann (Abb. II5). Auch ein Reflux kann in der Zystographie nachweisbar sein. • Die MCU ist eine dynamische Untersuchung mit S e r i e n a u f n a h m e n während der Miktion. Sie wird separat oder in Kombination mit der urodynamischen Messung als Videourodynamik durchgeführt. Das M C U gibt Aufschluß über Reflux und die Konfiguration der hinteren Urethra bei Miktion. Hierbei ist die Beurteilung der Ö f f n u n g des urethralen Verschlußsystems von besonderer Bedeutung. In der Z u o r d u n g zu den Dyssynergien ergeben sich typische Röntgenbilder (Abb. 11-6).

1. Urethrographie nisse

Abflußhinder-

2. Zystographie Harnblasenmorphologie: Divertikel, Trabekel

3 MCU^separat Videourodynamik - Refluxnachweis - Urethraverschluß - Dyssynergien

11.3.2.2 Endoskopie

Endoskopie

Die Endoskopie des unteren Harntraktes wird immer als Urethrozystoskopie durchgeführt: • Neben dem Nachweis mechanischer Abflußhindernisse wie Strikturen in der distalen Urethra kommt der Inspektion der hinteren Urethra des Mannes mit Beurteilung des Blasenhalses und prominenter Prostatalappen besondere Bedeutung zu. • D e r Ruhetonus des externen Sphinkters ist endoskopisch kaum zu objektivieren. wohl aber die Fähigkeit zur willkürlichen Kontraktion, die bei neurogener Harninkontinenz zu prüfen ist. Bei funktionellen Obstruktionen finden sich häufig sekundäre morphologische Veränderungen z.B. in Form eines fibrotischen U m b a u s mit Strikturen im Bereich der Sphinkteren. Bei DetrusorSphinkter-Dyssynergie kann ein offenstehender Blasenhals endoskopisch nachweisbar sein. • Die Endoskopie der Harnblase beinhaltet neben der Suche nach Tumoren, Fisteln, Entzündungen und ektopen Harnleitermiindungen die Beurteilung des Trabekulieruugsgrades (sekundäres Zeichen einer subvesikalen Obstruktion) und der Ureterostien hinsichtlich sekundärer Refluxveränderungen.

= Urethrozystoskopie Beurteilung: • Urethra: - Strikturen - prominente Prostatalappen - Blasenhalssklerose • Sphinkter: - Tonus, Kontraktion

• -

Blase: Tumoren, Entzündung, Fisteln Divertikel Trabekulierung

11.3.3 Urodynamik

υ rodynamik

Die urodynamische Messung hat in der Diagnostik von Blasenentleerungsstörungen einen hohen Stellenwert. Z u r urodynamischen Klassifikation von Blasenentleerungsstörungen gehört die Beschreibung von Reservoir- und Miktionsphase.

wegweisend für die Diagnose

11. Harnblasenentleerungsstörungen

176 Gestörte Reservoirfunktion 2 Erscheinungsbilder

1. Detrusorhyperaktivität neurogener Genese: Hyperreflexie • bei komplettem Querschnitt: Reflexinkontinenz -> Blasendehnbarkeit i -> vesikales Hochdrucksystem -> Reflux oder Harnstauung 2. Detrusorhypoaktivität • Blasenkapazität Τ • gestörte Sensibilität • Dehnbarkeit Τ

11.3.3.1 Reservoirfunktionsstörungen Störungen der Reservoirfunktion sind als Hyper- oder Hypoaktivität des Detrusors bei der Zystometrie nachweisbar. • Die Hyperaktivität wird bei neurogener Genese als Hyperreflexie bezeichnet. Im klassischen Fall einer Läsion des oberen motorischen Neurons findet sich eine Detrusorhyperreflexie (Abb. 11-7), die wegen der Asensibilität f ü r die Blasenfüllung als Reflexinkontinenz bezeichnet wird. Bei Mischläsionen ist oft eine Einschränkung der Harnblasendehnbarkeit (Compliance) festzustellen (Abb. 1 l - 8 a ) , die im Z u s a m m e n h a n g mit Restharn zu einem vesikalen Hochdrucksystem führt. Dieses führt zur sekundären Ausbildung von Reflux und/oder Stauung im oberen Harntrakt (Abb. 11 -8 b). • Bei Mitbeteiligung des unteren motorischen Neurons zeigt sich eine Harnblasenhypoaktivität, die sich durch eine erhöhte Blasenkapazität bei gestörter W a h r n e h m u n g der -füllung bei gleichzeitig e r h ö h t e r -dehnbarkeit auszeichnet. Besteht eine Blasenentleerungsstörung über einen längeren Zeitraum, sind Rückwirkungen auf den Detrusor zu erwarten, ohne daß eine primäre neurogene Schädigung des Detrusors vorliegt. Auf eine O b s t r u k t i o n reagiert d e r D e t r u s o r z u n ä c h s t mit einer k o m p e n s a t o r i s c h e n Z u n a h m e d e r Aktivität, die sich u r o d y n a m i s c h in e i n e r Instabilität u n d h o h e m M i k t i o n s druck zeigt. In diesem S t a d i u m ist k a u m zu e n t s c h e i d e n , o b es sich d a b e i u m eine primär neurogene Hyperreflexie o d e r u m eine sekundäre Instabilität h a n d e l t .

Restharn Τ Detrusordekom— pensation

• Kontraktion bei Miktion i

Besteht die Obstruktion weiter, k o m m t es zu Restharn und z u n e h m e n d e r Dekompensation des Detrusors. Die Folge ist eine A b n a h m e der Intensität und D a u e r der Kontraktion bei Miktion. In diesem Stadium findet sich dann eine Kombination von funktioneller Obstruktion und detrusorbedingter Blasenentleerungsstörung (Abb. 11-9). Die Folgen für den oberen H a r n t r a k t hängen wesentlich vom A u s m a ß der Obstruktion und vom Funktionszustand des D e t r u sors ab.

Gestörte Miktion

11.3.3.2 Miktionsstörungen

Uroflowmetrie • Screeningverfahren • keine Aussage zu Ursachen der Bla senentleerungsstörung

Die Uroflowmetrie (s. Abschn. 5.7.1, S.86) hat sich als Screeningverfahren in der Miktionsdiagnostik durchgesetzt. Eine Differenzierung der Ursache ist jedoch nicht möglich.

Obstruktion

25 12,5 /V Q (ml/s) 200 100 Κ ; Pves c m H 2 0 ; 200 100 Pabd cmH 2 0 200 100 . .Λλ;; Pdet cmH 2 0 25 EMG

Praxishinweis: N u r mittels Druck-Fluß-Messungen lassen sich Blasenentleerungsstörungen nach G r a d und Typ ausreichend genau beurteilen (s. Abschn. 5.7.4, S.89).

1. mechanische Obstruktionen • normale Relaxation der urethralen Muskulatur • hohe Miktionsdrucke • niedriger Harnfluß 2. funktionelle Obstruktionen: • fehlende Relaxation urethraler Muskeln • wechselnde Miktionsdrucke • intermittierender Flow 3. Detrusor-externe Sphinkter-Dyssynergie: • mit Detrusorkontraktion simultane Kontraktion des Beckenbodens 4. Detrusor-Blasenhals-Dyssynergie • normale Relaxation im Beckenboden • nichtmechanische Obstruktion am Blasenhals

• Bei mechanischen Obstruktionen besteht trotz vollständiger Relaxierung der U r e t h r a m u s k u l a t u r ein hoher Miktionsdruck bei niedrigem H a r n f l u ß (s. Abb.5.32c, d , S . 87). • Nichtmechanische, funktionelle Obstruktionen sind durch fehlende Relaxation bzw. Hyperaktivität des urethralen Sphinktersystems bei der Miktion charakterisiert. In der urodynamischen Messung findet sich bei Detrusorexterner Sphinkter/Beckenboden-Dyssynergie eine mit der Detrusorkontraktion nachweisbare simultane Aktivitätserhöhung des E l e k t r o m y o g r a m m s (Abb. 11-10). Bei der Detrusor-inneren Sphinkter-Dyssynergie liegt eine fehlende Relaxation des inneren glattmuskulären Sphinkters vor, die urodynamisch indirekt als nichtmechanische Obstruktion im Bereich des Blasenhalses nachzuweisen ist.

Therapie

11.4 Therapie

• Grundsatz

Die Therapie von Blasenentleerungsstörungen ist abhängig von Ursache und Ausmaß sowie vom Zustand des oberen Harntraktes.

Detrusorbedingte Blasenentleerungsstörungen

11.4.1 Detrusorbedingte und mechanische Blasenentleerungsstörungen

primäre: • Parasympathikomimetika sekundäre: • Therapie der Obstruktion

Primäre detrusorbedingte Blasenentleerungsstörungen werden m e d i k a m e n t ö s mit Parasympathikomimetika behandelt, da der Detrusor vorwiegend parasympathisch innerviert ist (Tab. 11-1).

mechanische Blasenentleerungsstörungen Therapieziel: • Beseitigung des mechanischen Abflußhindernisses

Handelt es sich um eine sekundäre Detrusordekompensation, wird zuerst die Obstruktion behandelt. In den meisten Fällen tritt eine komplette oder partielle Rekompensation ein. so daß eine spezielle Medikation nicht erforderlich ist. Bei mechanischen Blasenentleerungsstörungen besteht das Ziel, das Abflußhindernis zu beseitigen, was in Abhängigkeit von der Art der Obstruktion meist operativ erfolgt.

11.4 Therapie

179

Tab. 11-1: Pharmakologische Beeinflußbarkeit des unteren Harntraktes Detrusor (parasympathisch)

Stimulation

Hemmung

Bethanechol Carbachol Distigminbromid

Butylscopolamin, Trospiumchlorid, Methantheliniumbromid, Emepronium, Propiverin, Oxibutynin, Flavoxat, Diazepam

Midodrin

Phentolamin, Phenoxybenzamin, Prazosin, Alfuzosin, Terodilin, Urapidil

Urethra innerer Sphinkter (adrenerg) externer Sphinkter/ Beckenboden (somatisch)

Baclofen, Dantrolen, Diazepam

Eine gewisse Ausnahme bildet heute die Therapie der benignen Prostatahyperplasie (s. Abschn. 12, S. 181).

11.4.2 Funktionelle Blasenentleerungsstörungen und neurogene Blase

Funktionelle Blasenentleerungsstörungen

11.4.2.1 Pharmakologische Therapie Diese Therapieform basiert auf der Innervation thra.

von Harnblase und Ure-

Dyssynergien sind mit S y m p a t h o l y t i k a (Detrusor - innerer Sphinkter - Dyssynergie) oder Skelettmuskelrelaxanzien (Detrusor-externer Sphinkter/Bekkenboden-Dyssynergie) therapeutisch beeinflußbar. Kombinationen von verschiedenen Präparaten sind je nach Störungsmuster möglich (Tab. 11-1).

11.4.2.2 Auslösung der Blasenentleerung durch Triggermechanismen Praxishinweis: Bei der Reflexblase (kompletter Querschnitt oberhalb S 2 ) ist über den intakten sakralen Reflexbogen eine reflektorische Blasenentleerung durch Triggermechanismen möglich: suprapubisches Klopfen oder Streichen des Unterbauches, des äußeren Genitale oder der Oberschenkelinnenseiten, anale Stimulation. Durch diese Triggermechanismen wird eine Detrusorkontraktion ausgelöst. Nachteil: Die gleichzeitige Kontraktion der Beckenbodenmuskulatur, die als funktionelle Obstruktion wirkt und eine restharnfreie Blasenentleerung verhindert, führt zu intravesikalen Druckstcigcrungcn mit D e k o m p e n s a t i o n des o b e r e n Harntraktes.

Prinzip

• Detrusor-Blasenhals-Dyssynergie: - a-Rezeptoren-Blocker • Detrusor-ext. Sphinkter-Dyssynergie: - Muskelrelaxantien • Detrusor-Urethra-Dyssynergie: - Kombinationstherapie

Praxishinweis: Reflexblase

0 =

Triggerentleerung: • Detrusorkontraktion bei gleichzeitiger Kontraktion des Beckenbodens • Nachteil: hohe intravesikale Drucke -> Dekompensation des oberen Harntrakts

Ob eine derartige Triggerentleerung für den Patienten zweckmäßig ist. muß deshalb mittels urodynamischer Messungen beurteilt werden.

11.4.2.3 Intermittierender Katheterismus

Intermittierender Katheterismus

Besteht keine suffiziente Blasenentleerung, m u ß die Harnblase mittels Käthe ter entleert werden. D e r Katheterismus kann vom Patienten selbst 3^1mal tag lieh durchgeführt werden und ist als definitive Therapie etabliert.

• intermittierender Selbstkatheterismus - wenn keine optimale Blasenentleerung erreichbar ist

180

11. Harnblasenentleerungsstörungen

- möglich als Dauertherapie • kein Dauerkatheter!

Dauerableitungen mittels transurethraler oder suprapubischer Katheter sind wegen der hohen G e f a h r für Harnwegsinfektionen und Inkrustationen des Fremdmaterials obsolet und nur als passagere Lösungen zu akzeptieren.

Implantierbare Stimulatoren

11.4.2.4 Blasenstimulation mit implantierbaren Schrittmachern

Schrittmacher

2 implantierbare Schrittmachersysteme, die spezielle Impulse auf die sakralen Spinalnerven aussenden und damit eine Kontraktion des Detrusors auslösen, stehen zur Verfügung. Voraussetzung ist eine intakte Innervation der Blase; schlaffe Blasen mit Schädigung des unteren motorischen Neurons sind für eine Schrittmacherimplantation ungeeignet.

• Auslösung Detrusorkontraktion • nicht bei schlaffer Blase • zusätzliche M a ß n a h m e n zur Thera pie der Dyssynergie erforderlich

Bei der Implantation der Schrittmacher sind teilweise zusätzliche Eingriffe an den spinalen Wurzeln des N. pudendus zur Verminderung der dyssynergen Kontraktion des externen Sphinkters/Beckenbodens notwendig, so daß derartige Eingriffe nur an spezialisierten Zentren durchgeführt werden können.

Operative Behandlung

1. Sphinkterapparat: • Blasenhalsschlitzung • Sphinkterotomie 2. • -

supravesikale Harnableitung Urostoma: kontinent inkontinent

11.4.2.5 Operative Therapie Die operative Therapie von funktionellen Blasenentleerungsstörungen wird bei Versagen konservativer Therapiemaßnahmen erforderlich. Zu unterscheiden sind 2 Verfahren: • Operationen am Sphinkterapparat zur Senkung des Auslaßwiderstandes (.innerer Sphinkter = Blasenhalsschlitzung oder -resektion, externer Sphinkter = Sphinkterotomie) bzw. • die supravesikale Harnableitung, bei der die Ureteren in ausgeschaltete Darmsegmente eingepflanzt werden. Die Urinableitung erfolgt über eine Urostomie, die bei inkontinentem Stoma mit Beutel versorgt werden muß. Bei den modernen kontinenten Verfahren entleert der Patient das zu einer Ersatzblase ausgebildete Darmsegment mittels Katheter selbst.

12. Benigne Prostatahyperplasie (BPH)

BPH

G. Rutishauser

Definition. Die B P H ist eine gutartige Gewebsproliferation, die von der periurethralen Region des kranialen Teils der prostatischen U r e t h r a ausgeht. Die G e w e b s k n o t e n können die prostatische H a r n r ö h r e komprimieren und den H a r n a b f l u ß behindern.

gutartige Gewebsproliferation der Prostata

Synonyma. A n s t e l l e von P r o s t a t a h y p e r p l a s i e w e r d e n s y n o n y m v e r w e n d e t :

• -

• Prostatahypertrophie oder Prostataadenom (genauer:

Prostataadenomyofibromato-

se). D a s P r o s t a t a k a r z i n o m wird im A b s c h n . 14.6, S. 225 b e s c h r i e b e n .

A n der G r ö ß e n z u n a h m e der Prostata scheinen sowohl hyperplastische (Zun a h m e der Zellzahl) wie hypertrophische ( Z u n a h m e des Zellvolumens) Vorgänge beteiligt zu sein. Epidemiologie. Die B P H ist ein praktisch obligates pathologisch-anatomisches Geschehen beim alternden Mann, das allerdings nur bei einem Teil der Betroffenen Beschwerden verursacht: Prostataadenomfrager sind nicht unbedingt auch ProstataadenomA:ra«A:e. Aufgrund von Autopsiebefunden bei 60-70jährigen M ä n n e r n weiß man, daß nahezu alle mikroskopisch faßbare Veränderungen aufweisen. • Bei rund 50 % liegt auch eine makroskopische, tastbare B P H vor. Etwa die H ä l f t e dieser G r u p p e hat auch krankheitsbedingte Symptome, also eine klinische B P H -jeder 4. Mann wird wegen einer BPH behandelt! Die B P H hat eine erhebliche gesundheitspolitische und ökonomische Bedeutung: • ca. ein Drittel der Konsultationen in einer urologischen Praxis gehen auf die B P H zurück und • ein Fünftel der Operationen in urologischen Abteilungen betreffen BPH-Kranke • Allein für Phytotherapie - in den nicht operationsbedürftigen Stadien der E r k r a n k u n g - werden in Deutschland pro Jahr ca. 100 Mio. Mark ausgegeben.

12.1 Funktionelle Anatomie Die Prostata ist eine am Blasenauslaß rund um die H a r n r ö h r e gelegene exokrine Drüse mit erheblichen fibromuskulären Anteilen. Sie hat nach Abschluß der Pubertät etwa die Form und G r ö ß e einer Eßkastanie (Gewicht 15-20 g, Länge 25-30 m m ) und ist in Z o n e n bzw. Lappen gegliedert. Sie wird von den Ductus ejaculatorii durchquert, die am Colliculus seminalis innerhalb der Prostata in die H a r n r ö h r e m ü n d e n (Abb. 12-1). Die funktionelle Reifung der Prostata wird androgen gesteuert; Kastration hat Atrophie zur Folge. Als exkretorische Drüse produziert sie nach der Pubertät das Prostatasekret, das zusammen mit dem Bläschendrüsensekret den Hauptbestandteil des Ejakulates ausmacht.

synonyme Bezeichnungen: Prostatahypertrophie Prostataadenom pathologisch-anatomisch: Prostataadenomyofibromatose • Organvergrößerung durch - Hyperplasie und - Hypertrophie Epidemiologie: • Prostataadenomträger sind nicht unbedingt auch -kranke.

• jeder 4. Mann wird wegen einer klinischen BPH behandlungsbedürftig

Gesundheitsökonomische Bedeutung

Anatomie • exokrine Drüse • ringförmig um den proximalen Harnröhrenabschnitt angelegt • Gliederung in Lappen Physiologie • androgenabhängige Reifung in der Pubertät • Kastraten entwickeln keine BPH • Prostatasekret ist ein Hauptanteil des Ejakulates

182

12. Benigne Prostatahyperplasie (BPH)

Abb. 12-1: Schematischer Querschnitt durch die Harn- und Geschlechtsorgane beim Mann: 1 Samenleiter, 2 Samenblasen, 3 Prostata, 4 Colliculus seminalis, 5 Glandulae b u l b o u r e t h r a l (Cowper-Drüsen); Zonen der Prostata: a ventrale Zone, b dorso-kraniale Zone, cdorsokaudale Zone (bei der digitalen rektalen Palpation beurteilbar)

D a s Prostatasekret e n t h ä l t P h o s p h a t a s e , Z i t r o n e n s ä u r e , E l e k t r o l y t e u n d eiw e i ß s p a l t e n d e E n z y m e . D i e s e b e w i r k e n die A u f l ö s u n g d e r S p e r m i e n a g g l u t i n a te u n d sind m i t v e r a n t w o r t l i c h f ü r die M o t i l i t ä t u n d Fertilität d e r S a m e n f ä d e n . Beim BPH-Patienten variiert - verglichen mit dem Jugendlichen - die Sekretzusammensetzung lediglich in Bezug auf die Metallionen Zink und Magnesium, deren Konzentration signifikant erhöht ist. • Ejakulation: - vegetativ gesteuertes - tonisch-spastisches Geschehen, an dem Blasenauslaß und die Prostata beteiligt sind

D i e Ejakulation wird b e w i r k t d u r c h K o n t r a k t i o n e n d e r D r ü s e u n t e r d e m E i n f l u ß d e s a l p h a a d r e n e r g e n Teils d e s v e g e t a t i v e n N e r v e n s y s t e m s . D u r c h gleichzeitigen t o n i s c h e n V e r s c h l u ß d e s B l a s e n h a l s e s w i r d die p r o g r a d e E n t l e e r u n g d u r c h die U r e t h r a g a r a n t i e r t .

12.2 Ätiopathogenese 12.2.1 Ätiologie und natürlicher Verlauf Kausalgenese gesicherte Risikofaktoren: • intakte Androgeninkretion • Alter diskutierte Risikofaktoren - Umwelteinflüsse (geographische Häufigkeitsunterschiede) Entstehungstheorien für die BPH: • hormonale Induktion gesichert • Androgene, Östrogene beteiligt Arbeitshypothesen zur Auslösung der BPH: 1. Dihydrotestosteronzunahme im Alter 2. Verschiebung des Androgen-Östrogen-Quotienten 3. Reaktivierung „embryonaler Potenzen"

Natürlicher Verlauf • meist extrem langsames Wachstum • deutliche individuelle Unterschiede:

Als kausalgenetische Risikofaktoren sind lediglich das Alter Androgeninkretion bewiesen.

u n d die i n t a k t e

Umwelteinflüsse mögen eine risikoerhöhende Rolle spielen und könnten gewisse geographische Häufigkeitsunterschiede (BPH ist in Ostasien seltener) erklären. Sexuelle Gewohnheiten, Leberzirrhose, Diabetes, Hypertonie haben sich nicht als Risikofaktoren erwiesen. Sowohl Androgene wie auch Östrogene scheinen in der komplizierten, vermutlich mehrstufigen kausalen Genese der BPH eine Rolle zu spielen. Neuere Erkenntnisse haben zu mehreren Arbeitshypothesen geführt, die bislang nicht bewiesen sind: • Es ist sehr wahrscheinlich, daß das in der Prostata aus Testosteron (durch 5 Alpha-Reduktaseeinwirkung) entstehende und im Alter möglicherweise vermehrt vorhandene Dihydrotestosteron den die BPH auslösenden Faktor darstellt. Möglicherweise exprimieren die durch Dihydrotestosteroneinwirkung stimulierten Fibroblasten Wachstumsfaktoren, die dann in einem weiteren Schritt das Drüsenepithel zur Proliferation anregen. • Auch das sich mit zunehmendem Alter zugunsten der Östrogene verschiebende Androgen-Östrogen-Verhältnis wird als krankheitsauslösender Faktor diskutiert: das Prostatastroma als die Hauptkomponente der BPH enthält reichlich Östrogenrezeptoren. • Schließlich wird auch die Reaktivierung von unvollständig unterdrückten, im Alter (durch Androgene bzw. Wachstumsfaktoren) stimulierten „embryonalen Potenzen" in mesenchymalen Prostatazellen diskutiert. D i e B e u r t e i l u n g d e s Verlaufs der u n b e h a n d e l t e n B P H w i r d e r s c h w e r t d u r c h das e x t r e m l a n g s a m e W a c h s t u m d e s G e s c h w u l s t g e w e b e s . H i s t o l o g i s c h k a n n m a n z w a r b e r e i t im 4. D e z e n n i u m e r s t e V e r ä n d e r u n g e n n a c h w e i s e n , a b e r of-

12.2 Ätiopathogenese

183

fenbar entwickelt sich nicht aus allen mikroskopischen Herden auch eine makroskopische oder gar eine klinisch relevante BPH.

Ursachen dafür unbekannt individuelle Prognosen unmöglich

W e s h a l b die G e w e b s p r o l i f e r a t i o n bei e i n e m Teil d e r M ä n n e r relativ rasch fortschreitet, bei e i n e m a n d e r e n Teil a b e r m e h r o d e r w e n i g e r s t a t i o n ä r bleibt, ist nicht b e k a n n t . F ü r d e n individuellen A d e n o m t r ä g e r lassen sich j e d e n f a l l s keine V o r a u s s a g e n m a c h e n . S p o n t a n e B e s s e r u n g e n d e r S y m p t o m a t o l o g i e sind möglich.

12.2.2 Pathogenese (Formale Genese)/Pathologie

Formale Genese

Die B P H entwickelt sich, ausgehend von ihrem periurethralen (um die kraniale prostatische H a r n r ö h r e und in der Übergangszone zwischen Blasenhals und U r e t h r a gelegenen) Ursprungsbereich asymmetrisch und unregelmäßig knotig in zentrifugaler Richtung. Aus der periurethralen Proliferationszone werden die „Seitenlappen", aus den Wucherungen in der urethro-vesikalen Übergangszone wird der „Mittellappen" des häufig dreilappigen Adenoms. Durch das Geschwulstwachstum wird einerseits das Drüsengewebe der Prostata gegen die Peripherie gedrängt und andererseits die Urethra mehr und m e h r komprimiert (Abb. 12-2).

• Wachstumsbeginn periurethral im blasennahen Anteil der Drüse • zentrifugale Proliferation mit - Verdrängung des Drüsengewebes in die Peripherie und - zunehmender Kompression der Urethra • Lappenbildung: - 2 Seitenlappen - 1 Mittellappen

Analogie: Im Vollbild der Erkrankung resultiert schließlich eine Situation, die sich mit e i n e r dickschaligen Orunge vergleichen läßt: die in d e r P e r i p h e r i e z u s a m m e n g e p r e ß t e P r o s t a t a wird zur „ S c h a l e " ( p a t h o l o g i s c h - a n a t o m i s c h zur „chirurgischen K a p s e l " ) , aus d e r d a s „ F r u c h t f l e i s c h " ( p a t h o l o g i s c h - a n a t o m i s c h die A d e n o f i b r o m y o m a t o s e . d u r c h die die k o m p r i m i e r t e U r e t h r a v e r l ä u f t ) relativ leicht „ h e r a u s g e s c h ä l t " w e r d e n k a n n . Z u r ü c k bleibt d a n n die jetzt h o h l k u g e l f ö r m i g e P r o s t a t a d r ü s e , die nach wie vor eine „ w a s s e r d i c h t e " V e r b i n d u n g zwischen Blase und H a r n r ö h r e g a r a n t i e r t ( A b b . 12-3).

• Vollbild der Erkrankung (Vergleich mit „Orange") - „Fruchtfleisch" = Adenom - „Schale" = komprimierte Prostatadrüse

Das Gewicht des Adenoms kann einige 10 g bis zu 200 g und m e h r betragen. Ein durchschnittliches A d e n o m bei einem 70jährigen wiegt etwa 45 g. Histologisch überwiegt der fibromuskuläre Anteil ( 5 0 % ) deutlich gegenüber dem Drüsenepithel (25 %). Recht häufig findet man im A d e n o m g e w e b e auch Entzündungsherde und infarzierte Bezirke.

• Adenomgewichte bei Obstruktion: - 20-30 g und mehr - Durchschnittsgewicht beim 70jährigen ca. 45 g • Histologie: - fibromuskulärer Anteil 50% - Drüsenepithel 25% - Drüsenhohlräume 25%

1

1

1

Abb. 12-2: Schematisierte Entwicklung der Prostataadenomyomatose. Querschnitt durch die Prostata in verschieden weit (von links nach rechts) fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung entsprechend etwa einem 30 bzw. 50 bzw. 70 jährigen Mann. Das mehr und mehr Volumen einnehmende Adenom verdrängt das Drüsengewebe in die Peripherie: 1 Drüsengewebe der Prostata, 2 Adenomgewebe, 3 anatomische Kapsel der Prostata, 4 sog. „chirurgische Kapsel" (schalenartig verdrängte Prostatadrüse)

Abb. 12-3: Schematische Darstellung des Prostataadenoms und der „chirurgischen Kapsel" (schalenartig komprimierte Drüse). Bei der „Prostatektomie" wird das Adenom, aus der Kapsel herausgeschält ähnlich wie das Fruchtfleisch einer Orange aus ihrer Schale, die in situ verbleibt.

184

12. Benigne Prostatahyperplasie (BPH)

Abb. 12-4: Auswirkungen der Prostatahypertrophie auf die Blase. Aus der normalen Blase wird eine „Balkenblase" mit verdicktem Muskelmantel und ansteigenden Restharnmengen mit Rückstau in die oberen Harnwege und Nierenschädigung: a. normale Blase mit unbehindertem Harnabfluß, b. Balkenblase mit verdicktem Muskelmantel bei erschwertem Harnabfluß, c. Balkenblase mit Restharn bei unvollständiger Entleerung, d. Rückstau in die oberen Harnwege (Hydronephrose) mit Nierenschädigung

a b c Abb. 12-5: Zunehmende Blasenerweiterung bis zur irreversiblen Überdehnung und fibrotische Umwandlungen des Detrusors durch adenombedingte Abflußbehinderung: a. normale Blase mit unbehindertem Harnabfluß, b. erweiterte, überfüllte Blase mit zunehmender Schädigung der Muskelfasern des Detrusors, c. klinischer Aspekt der Überlaufblase

• Folgen:

1. Harnrückstau: - Muskelhypertrophie - Balkenblase mit Restharn - Blasenerweiterung Schädigung der Detrusormuskulatur (fibrotische Umwandlung)

Bei der B P H ist die Geschwulstbildung an sich völlig harmlos. Krankheitsverursachend sind die Rückwirkungen der Geschwulst auf die Harnwege und auf die Nierenfunktion. • Behinderung des Urinabflusses. Die Harnentleerung gegen zunehmenden Widerstand führt zu kompensatorischer Hypertrophie des Detrusors mit trabekelartigem Hervortreten von Muskelfaserbündeln und Verdickung der Blasenwand (Balkenblase Abb. 12-4). Im weiteren Verlauf kann es zu einer rückstauungsbedingten Erweiterung der Blase mit (Über-)dehnung ihres Muskelmantels und in der Folge zur bindegewebigen Umwandlung desselben kommen. Die Restharnmenge, die nach der Miktion in der Blase zurückbleibt, nimmt weiter zu und kann schließlich

185

12.3 Klinik, Komplikationen

a

b

c

A b b . 12-6: Die W e i t e r e n t w i c k l u n g v o n der „Balken-" zur Divertikelblase bei fortschreitender A b f l u ß b e h i n d e r u n g : a. Balkenblase, b. Balkenblase m i t Restharn u n d Divertikeln, c. Divertikelblase m i t Steinen. Schematisch dargestellt ist die (natürlich unvollständige) Entleerung bei Detrusorkontraktion (Pfeile)

mehr als 1 1 betragen. Der Urinrückstau überträgt sich nun auf die oberen Harnwege und führt zur Erweiterung der Ureteren (Hydroureteren) und der Nierenbecken (Hydronephrose) und schließlich zur Druckschädigung des Nierenparenchyms und zur stauungsbedingten Urämie. Patienten mit „Überlaufblasen" haben meist trotzdem - wie sie meinen „normale" Entleerungen, beklagen sich aber über unfreiwilligen Harnverlust bei akuter Drucksteigerung im Abdomen, etwa bei Husten und Niesen oder beim Drehen im Schlaf (Abb. 12-5). • Eine fortschreitende Zerstörung der Blase kann das Krankheitsbild dominieren. Durch zunehmenden Druck in der Blase wird die Mukosa zwischen die Muskelfaserbündel hineingepreßt und ballonartig durch den Muskelmantel der Blasenwand hindurch in das lockere paravesikale Gewebe ausgestülpt. Es entstehen einzelne oder mehrere Divertikel, die sich bei der Miktion nicht mehr oder nur sehr unvollständig entleeren. Die Stagnation des Urins in diesen Divertikeln begünstigt Infekte und Blasensteine. Zwischen einer ausgeprägten Balkenblase mit sog. Pseudodivertikeln und einer eigentlichen Divertikelblase gibt es fließende Übergänge (Abb. 12-6).

- Rückstau in die oberen H a r n w e g e mit Nierenschädigung - „ Ü b e r l a u f b l a s e " (Inhalt: > 1 I) - Hydroureter - Hydronephrose - Urämie - Überlaufblase verursacht Inkontinenz 2. • • -

Harnblasendestruktion: M u k o s a p r o l a p s -> Divertikel: Infekte Blasensteine DD: Balkenblase m i t Pseudodivertikeln Divertikelblase

12.3 Klinik, Komplikationen

S y m p t o m a t i k der BPH

Die B P H ist die häufigste Ursache der Harnabflußbehinderung. Beim alternden Menschen gibt es aber auch eine detrusorbedingte Miktionssymptomatik ohne Entleerungsproblematik.

M i k t i o n s s y m p t o m e durch: • Harnabflußbehinderung • E r k r a n k u n g des Detrusors

Diese ursächlich unterschiedlichen, aber subjektiv ähnlichen Erscheinungen überschneiden sich nicht selten, was ihre Beurteilung und B e w e r t u n g der G e s a m t s y m p t o m a tik im Hinblick auf eine B e h a n d l u n g erschwert (Abb. 12-7).

Die Miktionssymptomatik des alternden Mannes wird als „klinische Prostatahyperplasie" bezeichnet oder neutraler unter dem Begriff „Prostatismus" zusammengefaßt. Leitsymptome sind: (1) Obstruktive Symptome: • zögernder Miktionsbeginn, Abnahme der Kraft des Nachträufeln • Gefühl der unvollständigen Entleerung (Restharngefühl), mehreren Portionen.

• M i k t i o n s s y m p t o m a t i k h e i ß t auch: - klinische Prostatahyperplasie oder - Prostatismus

• Leitsymptome

Harnstrahls, Miktion in

186

12. Benigne Prostatahyperplasie (BPH)

Abb. 12-7: Interaktionen zwischen Pathologie, Pathophysiologie und Symptomatik bei Prostatahypertrophie: a. typische Prostatahypertrophie: adenomyomatöse Volumenzunahme, Abflußbehinderung und entsprechende Symptomatologie, b. Adenomyomatose der Prostata ohne wesentliche Abflußbehinderung, aber mit irritativer Symptomatik („Prostatisme sans prostate"), c. Adenomyomatose der Prostata mit Abflußbehinderung, aber ohne entsprechende Symptomatik (ζ. B. Überlaufblase), d. Abflußbehinderung ohne wesentliche adenomyomatose Volumenzunahme, aber mit typischer Symptomatik (ζ. B. Blasenhalssklerose)

(2) Irritative Symptome: • Pollakisurie, Nykturie, imperativer

Harndrang.

• nicht alle Leitsymptome sind Ausdruck einer Abflußbehinderung

Da nicht alle „Prostatismus"-Symptome auf die BPH-bedingte Abflußbehinderung zurückgehen, kann die Indikationsstellung (mit A u s n a h m e der akuten Harnretention) auch nicht allein aufgrund einer Symptomanalyse erfolgen.

• weitere Symptome der (komplizierten) BPH: - Algurie: Infektbeschwerden - Hämaturie: venöse Blutungen - paradoxe Ischurie: bei Überlaufblase - Gewichtabnahme, Durst: stauungsbedingte Urämie • Praxishinweis

W e i t e r e , seltenere Symptome, die z.T. bereits von K o m p l i k a t i o n e n h e r r ü h r e n , sind:

• symptombezogener Index: berücksichtigt Rückwirkungen der BPH-Beschwerden auf die Lebensqualität Komplikationen der BPH 5 Kardinalsymptome: 1. akute Harnverhaltung: 2-5% • sehr schmerzhafte Notfallsituation • Behandlungsziel - sofortige Entlastung der Blase durch: - (Dauer-)Katheterableitung - suprapubische Harnableitung 2. Infekte: 5-10% • verursachen Pyurie und Brennen bei der Miktion • behandlungsbedürftig 3. Blutungen: 2-3% • Differentialdiagnose: - Nierenparenchym- und - Urotheltumoren 4. Blasensteine: 2-3% • können die irritativen Symptome verstärken 5. Divertikel: 10% • ihr Auftreten kann die subjektiven Erscheinungen schlagartig lindern

• Algurie/Strangurie: meist i n f e k t b e d i n g t e S c h m e r z e n • Makrohämaturie: episodisch (aus V e n e n k o n v o l u l e n a m B l a s e n a u s g a n g ) • Ischuria paradoxa: unfreiwilliger H a r n a b g a n g bei Ü b c r l a u f b l a s e • Urämiesymptome (Durst, Gewichtsabnahme): durch stauungsbedingte Niereninsuffizienz

Praxishinweis: Die typischen B P H - S y m p t o m e manifestieren sich mit wechselnder Intensität. Perioden mit relativ geringen Erscheinungen wechseln mit Phasen erheblicher dysurischer Beschwerden. Im Hinblick auf die I n d i k a t i o n s s t e l l u n g w e r d e n die subjektiven Symptome häufig nach einem Punktsystem b e w e r t e t u n d in e i n e m s y m p t o m b e z o g e n e n I n d e x z u s a m m e n g e faßt, in d e m auch die (sehr unterschiedlich e m p f u n d e n e n ) R ü c k w i r k u n g e n auf die Lebensqualität Berücksichtigung finden.

Komplikationen manifestieren sich durch 5 Hauptsymptome: • akute Harnverhaltung (2-5 %): kann in j e d e m Stadium der B P H auftreten, gelegentlich ausgelöst durch übermäßige Flüssigkeitszufuhr und langes Sitzen. Diese äußerst schmerzhafte Notfallsituation bedarf sofortiger Behandlung: Katheterismus mit Ballonkatheter (s. Abb.5.17, S.71) oder suprapubische Harnableitung (s. Abb.5.18, S.71). • Infekte (5—10 %): k o m m e n bei jüngeren harnwegsgesunden M ä n n e r n k a u m vor, werden aber häufiger, wenn sich die Blase nicht mehr vollständig entleert • Blutungen ( 2 - 3 % ) : aus gestauten Venen am Blasenausgang. Differentialdiagnose: Nieren- und Harnwegstumoren • Blasensteine ( 2 - 3 %): entwickeln sich meist in seit längerer Zeit stagnierend e m Restharn • Divertikel (ca. 1 0 % ) : werden auch bei kleineren A d e n o m e n beobachtet.

187

12.4 Diagnose und Differentialdiagnose

12.4 Diagnose und Differentialdiagnose

Diagnose und Differentialdiagnose

12.4.1 Diagnose 12.4.1.1 Klinische und Laboruntersuchungen

Klinische Untersuchung

N e b e n der Anamnese sind f ü r die Beurteilung der B P H obligatorisch (s. Abschn. 14.6.2, S. 227): • die Untersuchung des Abdomens und der Lendengegend mit Perkussion der Blase • die Untersuchung des äußeren Genitale: Phimose, Meatusstenose, Hernien, Hydrozelen usw. • die digitale rektale Palpation (DRP) der Prostata in erster Linie zur differentialdiagnostischen Abgrenzung gegenüber dem Prostatakarzinom (s. Abb. 5.2, S.48). Beurteilt werden: Begrenzung, Oberflächenbeschaffenheit, Konsistenz, Größe, Dolenz. Weiter beurteilt wird der Anus ( H ä m o r r h o i d e n ) , der Sphinktertonus und die Ampulla recti (Obstipation, Tumoren).

obligatorische Untersuchungen • Perkussion der Blase • Inspektion des äußeren Genitale • Digitale rektale Palpation: - Begrenzung - Oberfläche - Konsistenz - Größe - Schmerz

Praxishinweis: D e r rektale Tastbefund erlaubt keinen Rückschluß auf die Abflußbehinderung: Eine geringfügige Prostatavergrößerung kann eine erhebliche A b f l u ß b e h i n d e r u n g verursachen und umgekehrt. Die Urinuntersuchung gibt Aufschluß über (Mikro- oder Makro-)Hämaturie und über Infekte. Im Serum können Kreatinin und Harnstoff auf eine Nierenschädigung hinweisen. Das prostataspezifische Antigen (PSA) kann bei B P H leicht erhöht sein und ist differentialdiagnostisch bei palpatorischem Karzinomverdacht bedeutungsvoll (s. Abschn. 14.1.1, S. 197).

12.4.1.2 Bildgebende Untersuchungen Bei den bildgebenden M e t h o d e n steht heute die Ultraschalldiagnostik im Vordergrund: • Die abdominale Ultraschalluntersuchung eignet sich für die Restharnbestimmung, für eine „eindrucksmäßige" Beurteilung der Form (Mittellappen?) und des Volumens des Adenoms sowie f ü r die Kontrolle der Nieren und Ureteren bei Verdacht auf Rückstau. A n s t e i g e n d e Restharnvolumina ( m e h r f a c h e B e s t i m m u n g e n u n a b d i n g b a r ) sind bei B P H A u s d r u c k einer z u n e h m e n d e r A b f l u ß b e h i n d e r u n g , k ö n n e n a b e r a u c h d u r c h neurogene Blasenfunktionsstörungen (z.B. bei P a r k i n s o n - S y n d r o m , D i a b e t e s ) u n d d u r c h a n d e r e stenosierende Erkrankungen am Blasenauslaß u n d in der Urethra (ζ. B. S t r i k t u r e n ) verursacht sein.

Für die genaue Beurteilung der Form sowie für die G r ö ß e n b e s t i m m u n g des A d e n o m s genügt die abdominale Ultraschalluntersuchung nicht. Sie ergänzt aber in wertvoller Weise die digitale, rektale Palpation, und ihre Informationen genügen für die Alltagspraxis durchaus. Sie macht in den meisten Fällen das U r o g r a m m überflüssig. • Transrektale Sonographie (s. Abb. 14.19, S.229). Für eine reproduzierbare Volumenbestimmung des A d e n o m s und für die differentialdiagnostische Erhärtung bei Karzinomverdacht (durch gezielte Biopsie) benötigt man die (wesentlich aufwendigere) transrektale Ultrasonographie (s. Abschn.5.3.1.5, S. 58). Die Erweiterung der oberen Harnwege im Ultraschallbild kann Ausdruck einer BPH-bedingten Rückstauung sein.

• Anus: Hämorrhoiden, Sphinktertonus • Ampulla recti: Tumor Praxishinweis 4= Labordiagnostik • Urin: - Hämaturie - Infekt • Serum: Kreatinin, Harnstoff - PSA: wichtigster Labortest für die Differentialdiagnose: BPH - Karzinom Bildgebende Diagnostik 1. Ultraschall • abdominal: - Restharn

- BPH-Konfiguration - Rückstau in die oberen Harnwege (Erweiterung von NB und Ureteren)

- ersetzt meist das Urogramm • transrektale Ultraschalluntersuchung bei Karzinomverdacht: - gezielte Biopsien in hypoechogenen Arealen - genaue Volumenmessung

12. Benigne Prostatahyperplasie (BPH)

188

Ihre Feststellung ist meist A n l a ß f ü r e i n e i n t r a v e n ö s e K o n t r a s t d a r s t e l l u n g (Urographie) z u m differentialdiagnostischen Ausschluß a n d e r e r S t a u u n g s u r s a c h e n , b e s o n d e r s bei einseitiger Erweiterung u n d bei Hämaturie.

2. Röntgenuntersuchungen • nur noch bei mehrdeutigem Ultraschallbefund, besonders in der Tumordifferentialdiagnose • ausnahmsweise für die Beurteilung von - Divertikelblasen und - Harnröhrenstrikturen

- d a s Zystogramm (evtl. M i k t i o n s z y s t o g r a m m ) zur B e u r t e i l u n g von Divertikelblasen - d a s Urethrogramm zur a t r a u m a t i s c h e n B e u r t e i l u n g bei Strikturverdacht.

Urodynamische Diagnostik

12.4.1.3 Urodynamische und endoskopische Untersuchungen

• Harnflußmessung: - objektiviert Abflußstörung

• Die (mehrfach durchgeführte) Harnflußmessung gestattet die Objektivierung einer Abflußstörung, ohne deren Ursache aufzuklären:

• simultane Druck-Fluß-Messung Endoskopie • Urethrozystoskopie: - aufschlußreiche Untersuchung für Diagnose, Differentialdiagnose, Be handlung • Praxishinweis

Prostatakarzinom verdächtiger Tastbefund PSAT „rheumatische" Beschwerden

Stadieneinteilung und Behandlungsplanung

3 BPH-Stadien 1. Reizstadium

• Die kostspieligere radiologische

Untersuchung

bei B P H g e h ö r t nicht mehr zur

- d a s Urogramm zur D i f f e r e n t i a l d i a g n o s e bei einseitiger

Harnstauung

und

Routi-

Hämaturie

Liegt bei e i n e m M i k t i o n s v o l u m e n von m e h r als 150 ml d e r m a x i m a l e H a r n f l u ß u n t e r 10-12 ml/s, so ist eine A b f l u ß b e h i n d e r u n g wahrscheinlich. • Simultane Druck-Fluß-Messungen sind d i f f e r e n t i a l d i a g n o s t i s c h schwierigen E r k r a n kungsfällen vorbehalten.

• Die Urethrozystoskopie ermöglicht neben der Beurteilung der Harnröhre (Kaliber? Verengungen?) die Untersuchung der Form (Mittellappen? Asymmetrie?) und der Größe (Länge der prostatischen Harnröhre?) des Adenoms sowie die Inspektion der Blase (Trabekulierung, Steine, Divertikel, Tumoren). Praxishinweis: Neben Anamnese und digitaler rektaler Palpation vermitteln Restharnbestimmung und Endoskopie die wichtigsten Beurteilungskriterien für die Behandlungsbedürftigkeit.

Differentialdiagnose • -

Immer wieder werden anläßlich von Ultraschalluntersuchungen der Nieren zufällig Tumoren gefunden.

Prostatismus

2. Restharnstadium Restharn > 50 ml 3. Harnstauungsstadium Restharn > 150 ml - Kreatinin Τ - Blasensteine

12.4.2 Differentialdiagnose Bevor die Diagnose einer behandlungsbedürftigen BPH gestellt wird, sind andere Erkrankungen auszuschließen: • Phimose bzw. Meatusstenose, Harnröhrenstrikturen, narbige Veränderungen am Blasenausgang (Sphinktersklerose, Kontraktur) • Blasensteine, neurogene Detrusorerkrankungen, vor allem aber das Prostatakarzinom: verdächtiger Tastbefund, PSA-Erhöhung, „rheumatische" Beschwerden.

12.5 Stadieneinteilung und Behandlungsindikation Für die Behandlungsplanung kann ein Stadiensystem nützliche Kriterien liefern. Man unterscheidet 3 BPH-Erkrankungsstadien: (1) Initial- oder Reizstadium, charakterisiert durch mehr oder weniger starke Symptome des Prostatismus ohne oder mit geringem Restharn. (2) Restharnstadium, verstärkte Prostatismus-Symptome mit Restharnvolumina, die bei mehrfacher Messung zwischen 50 und 150 ml liegen. (3) Stadium der chronischen Harnstauung: Restharn über 150 ml mit Zeichen der Blasenüberdehnung oder Divertikelbildung, Rückstau in die oberen Harnwege (mit Kreatininerhöhung), Blasensteine.

189

12.6 Behandlung Die Indikation zur Behandlung ergibt sich aus dem Erkrankungsstadium und den subjektiven Symptomen bzw. der Beeinträchtigung der Lebensqualität: • Absolute Behandlungsindikation: - obstruktive Nierenschädigung, Überlaufblase und akuter Harnverhalt - Blasensteine, rezidivierende und chronische Infekte • Relative Indikation: - höhere Restharnwerte mit entsprechenden Symptomen, deutliche Einschränkung der Lebensqualität (z.B. durch Nykturie) - rezidivierende. BPH-bedingte Hämaturieepisoden • Beobachtung und symptomatische Therapie: geringe bzw. erträgliche Symptomatik ohne wesentlichen Restharn.

12.6 Behandlung

Behandlungsindikation hängt ab von: • Stadium • subjektiven Symptomen • Lebensqualität • absoluten Indikationen: - obstruktive Nierenschäden - Harnretention u.ä. • relativen Indikationen: - Einschränkung der Lebensqualität durch Nykturie und Dranginkontinenz u.a.

Behandlung

3 Behandlungsverfahren stehen zur Verfügung: • Operative Behandlung - transurethrale Resektion der Prostata ( T U R P ) - offen-chirurgische Prostatektomie (TVP), meist transvesikal • Alternative instrumenteile Behandlung: - transurethrale Lasertherapie der Prostata (ζ. B. T U L I P ) * und transurethrale Inzision* - endoprostatische Dilatationsprothesen („Stents")* und transurethrale oder interstitielle Wärmebehandlung* - D a u e r k a t h e t e r , suprapubische Harnabteilung • Medikamentöse Behandlung: Pflanzenextrakte, α - R e z e p t o r e n b l o c k e r , antiandrogene P h a r m a k a . 5-Alpha-Reduktase-, Aromataseinhibitoren Praxishinweis: Die Stadien l ( - 2 ) werden eher konservativ medikamentös, das ausgeprägte Stadium 2 und Stadium 3 operativ behandelt.

3 Behandlungsverfahren: 1. operative Therapie: . TURP • TVP 2. • • • 3. -

alternative instrumentelle Therapie: Lasertherapie Thermotherapie Katheter medikamentöse Therapie: Pflanzenextrakte α-Rezeptorenblocker Antiandrogene 5-a-Reduktaseinhibitoren Aromaseinhibitoren

• Praxishinweis

* Therapieverfahren in klinischer Erprobung

12.6.1 Operative Behandlung

Operative Behandlung

Adenomektomie. Die Elektroresektion ( T U R P : 8 0 - 9 0 % ) oder die offene Enukleation bei großen A d e n o m e n (TVP: 1 0 - 2 0 % ) der abflußbehindernden Geschwulst ist in den ausgeprägteren Erkrankungsstadien die Therapie der Wahl (Abb. 12-8). TVP

"chirurgische Kapsel"

TURP

Wundhöhle

Abb. 12-8: Z u g a n g s w e g e zur und Zustand nach Adenomektomie („Prostatektomie") bei T V P und TURP. Unabhängig vom Z u g a n g s w e g ist das Endergebnis dasselbe: Das Adenom ist entfernt. Zurück bleibt die leere Wundhöhle umgeben von der „chirurgischen Kapsel"

2 Adenomektomie-Verfahren: • TURP: - elektrochirurgische Abtragung in Spänen • TVP: - digitale Ausschälung (offene Adenomektomie)

190

12. Benigne Prostatahyperplasie (BPH)

TUR-Instrument

Abb. 12-9: Schematischer Querschnitt durch die Prostata während einer transurethralen Adenomresektion. TUR-Instrument mit a. beweglicher Schneideschlinge zum elektrochirurgischen Schnitt und b. in Entfernung begriffener Gewebsschnitzel aus dem Adenom

chirurgische Kapsel

palpierender Finger mit Karzinom

• Krankenhausaufenthaltsdauer ca. 1 Woche - Mortalität0,2% - Morbidität ca. 15% - Reoperationen häufiger bei T U R P als bei T V P • Praxishinweis: Beurteilung der Operationsmethoden

Frühkomplikationen: • Nachblutungen (in den ersten 3 4 Wochen nach Operation): können in schweren Fällen Rehospitalisation und Tamponadenausräumung notwendig machen • Infekte • Thromboembolie • (Leukozyturie) Spätkomplikationen: • Harninkontinenz: < 1 % • Harnröhrenstrikturen: < 5 % • Blasenhalssklerosen/Logenstrikturen: vereinzelt • chronische Infekte: Kontrolle nach 3 Monaten • Spätrezidive: 10-12% • Praxishinweis: Beurteilung des Behandlungserfolges

Abb. 12-10: Vorsorgeuntersuchungen mit digitaler rektaler Palpation sind auch nach einer Adenomoperation notwendig, da sich in der zurückbleibenden Prostatadrüse („chirurgische Kapsel") ein Karzinom (rot) entwickeln kann

Dabei wird der a d e n o m y o f i b r o m a t ö s e Tumor aus der „chirurgischen Kapsel" herausgelöst: bei der TURP schnitzelweise mit einem Hochfrequenzschneidegerät, bei der TVP offen-chirurgisch mit d e m Finger (s. Abb. 17-6, S.285 und 12-9). D e r Krankenhausaufenthalt ist kurz (auch nach T V P selten länger als eine Woche) und die Mortalität (0,2 % ) und Morbidität (10-15 % ) sind niedrig. Reoperationen scheinen bei transurethralem Vorgehen 2 - 3 mal häufiger erforderlich zu werden als nach offener Prostataenukleation ( 1 0 - 1 2 % nach 8 - 1 2 Jahren). Praxishinweis: Allein die konkrete Situation des Patienten bestimmt das Operationsverfahren. Eine ideale Operationsmethode zur Behandlung der B P H existiert nicht. Die hauptsächlichen Frühkomplikationen sind: Nachblutungen, nenthrombosen und Lungenembolien.

Infekte,

Ve-

Die nach einer Operation obligate Leukozyturie verschwindet 2-3 Monate nach dem Eingriff spontan. Spätkomplikationen sind vor allem: • Harninkontinenz: vollständige Inkontinenz sehr selten (< 1 %), Streßinkontinenz, die das Tragen einer Einlage häufiger notwendig macht (ca. 3 % ) • Harnröhrenstrikturen: sind bei der Verwendung kleinkalibriger Instrumente und vorbeugender U r e t h r o t o m i e selten geworden (< 5 % ) • narbige Blasenhaissklerosen (Logenstrikturen): vereinzelte Fälle (nach Prostatitis?) und nach T U R bei kleinen A d e n o m e n • persistierende Infekte: meist bei fortbestehender Blasenentleerungsstörung (Divertikel, chronische Dilatation) • Rezidive: nach 10 Jahren 1 0 - 1 2 % . Praxishinweis: 1 0 - 1 5 % der Operierten sind mit dem Spätergebnis der T U R P nicht völlig zufrieden. Diese Tatsache unterstreicht eine sorgfälti-

191

12.6 Behandlung g e O p e r a t i o n s i n d i k a t i o n u n d favorisiert

alternative u n d m e d i k a m e n t ö s e

Behandlungsmethoden. Krebsvorsorge bei A d e n o m e k t o m i e r t e n . Bei d e n A d e n o m e k t o m i e n T V P ) - „Prostatektomie"

(TURP,

ist u n z u t r e f f e n d - b l e i b t d i e P r o s t a t a ( a l s „ c h i r u r g i -

sche Kapsel") im K ö r p e r zurück und k a n n Ausgangspunkt eines K a r z i n o m s w e r d e n . D i e digitale s t i m m u n g d e s PSA

rektale

Palpation

und, bei verdächtigem B e f u n d , die Be-

sind b e i m f r ü h e r „ p r o s t a t e k t o m i e r t e n " P a t i e n t e n n o t w e n -

d i g u n d g e h ö r e n z u r Vorsorgeuntersuchung

( A b b . 12-10).

O p . - K o n t r a i n d i k a t i o n . B e i s c h w e r e m h i r n o r g a n i s c h e m P s y c h o s y n d r o m ist d i e A d e n o m e k t o m i e kontraindiziert.

12.6.2 Alternative instrumentelle Behandlung

Adenomektomie ist nicht Prostatektomie - die Vorsteherdrüse verbleibt in situ Krebsvorsorge bei Adenomektomierten: digitale rektale Palpation PSA-Bestimmung Kontraindikation für Adenomektomie: schweres Psychosyndrom

Alternative instrumenteile Behandlung

Diese Verfahren zielen auf einer Erweiterung bzw. Offenhaltung der prostatischen Harnröhre und damit auf eine A b f l u ß v e r b e s s e r u n g u n t e r V e r m e i d u n g der Risiken der Pros t a t e k t o m i e und. wenn i m m e r möglich, auch der Anästhesie. In klinischer Prüfung stehen • Inzision des Blasenhalses und der Prostata (mit H o c h f r e q u e n z s t r o m o d e r Laserenergie), sie soll bei kleinen A d e n o m e n ähnlich gute Resultate geben wie die T U R P . Regionale Anästhesie notwendig. • Transurethrale Lasertherapie der Prostata. Ü b e r ein E n d o s k o p wird vom Urethralum e n aus das A d e n o m g e w e b e abgetragen (vaporisiert) oder koaguliert (mit nachfolgend e m A b g a n g von G e w e b s n e k r o s e n ) . Alternativ wird die Laserfascr u n t e r Ultraschallkontrolle von perineal in das A d e n o m g e w e b e eingestochen. D u r c h Weiterentwicklung und O p t i m i e r u n g der M e t h o d e k ö n n t e die Prostatalaserung in Z u k u n f t eine echte Alternative zur transurethralen Elektroresektion werden. • In die prostatische H a r n r ö h r e eingebrachte Metallgitterrohre (sog. Stents), die den A b f l u ß in diesem Bereich offen halten. • Wärmetherapie. Sie zerstört A d e n o m g e w e b e durch Mikrowelleneinwirkung und erweitert durch die im A d e n o m e n t s t e h e n d e N a r b e die prostatische H a r n r ö h r e .

In klinischer Prüfung sind zur Zeit: • Blasenhalsinzision

• Lasertherapie der Prostata

• „Stents" • Wärmetherapie

Diese Verfahren k ö n n e n in Bezug auf ihre Wirksamkeit, ganz besonders aber auch bezüglich der Dauerhaftigkeit einer A b f l u ß v e r b e s s e r u n g . noch nicht endgültig bewertet werden.

12.6.3 Konservative Behandlung

Konservative B e h a n d l u n g

• Exspektative Betreuung, Pflanzenextrakte. Die konservative B e t r e u u n g von

1. Exspektative Betreuung durch Beratung und Führung des Patienten unterstützt durch S y m p t o m a t i k a ist in f r ü h e n Stadien angesichts der sehr l a n g s a m e n Progredienz eine sinnv o l l e Therapie.

Patienten mit klinischer B P H beinhaltet vorerst einmal die B e o b a c h t u n g und B e w e r t u n g d e r S y m p t o m a t i k u n d die B e r a t u n g u n d B e r u h i g u n g d e r meist bes o r g t e n A d e n o m t r ä g e r . K r e b s a n g s t u n d A b n a h m e d e r „ V i t a l i t ä t " s t e h e n im Vordergrund der geäußerten oder verschwiegenen Bedenken. Die Erklärung d e r S y m p t o m e ist b e r e i t s T h e r a p i e . D i e s e k a n n w i r k u n g s v o l l u n t e r s t ü t z t w e r d e n d u r c h Pflanzenpräparate o d e r Tees, d e r e n d e k o n g e s t i o n i e r e n d e u n d antiinflammatorische Wirkung subjektive und objektive Erleichterung

bringen

k ö n n e n . D i e s e s t h e r a p e u t i s c h e K o n z e p t ist v e r a n t w o r t b a r b e i k a u m o d e r n u r geringfügig obstruierten Patienten. • α-Rezeptorenblocker (Prazosin. Terazosin u.a.) senken den Tonus am Blasenhals und in der Prostata. Die B e h a n d l u n g bewirkt eine objektivierbare Abflußverbesserung, ist aber mit nicht unbeträchtlichen Nebenwirkungen belastet: Trockenheit der Schleimhäute, Visusstörungen. Schwindel und Hypotension. • Antiandrogene. Einen dritten m e d i k a m e n t ö s e n A n g r i f f s p u n k t bietet die A n d r o g e n abhängigkeit der B P H . Bereits vor 100 Jahren war der günstige Einfluß der Kastration auf die vergrößerte Prostata b e k a n n t . H e u t e zielt die h o r m o n m a n i p u l i e r e n d e T h e r a p i e vor allem auf die Neutralisierung des in der Prostatazelle wirksam w e r d e n d e n A n d r o -

2. Pflanzenpräparate w i r k e n dekongestionierend und entzündungshemm e n d , z.T. auch leicht a n t i a n d r o g e n , u n d beeinflussen die S y m p t o m a t o logie i m S t a d i u m 1 g ü n s t i g . Nebenwirkungsfrei. 3. α-Rezeptorenblocker k ö n n e n die d y n a m i s c h e K o m p o n e n t e der Obs t r u k t i o n g ü n s t i g beeinflussen, haben aber N e b e n w i r k u n g e n . 4. 5-a-Reduktasehemmer blockieren die U m w a n d l u n g v o n Testosteron in das p r o l i f e r a t i o n s f ö r d e r n d e Dihydrotestosteron.

12. Benigne Prostatahyperplasie (BPH)

192

5. Aromatasehemmer hemmen die Umwandlung von Androgenen in (die Proliferation im Prostatastroma fördernde) Östrogene, in klinischer Prüfung.

Sexualität und BPH • BPH hat keine direkten Auswirkungen auf Libido und Potenz • indirekte Einflüsse sind möglich: „Knick" in der Lebenskurve

sexuelle Aktivität nimmt mit dem Alter ab

gens Dihydrotestosteron. LH-RH-Agonisten („medikamentöse" Kastration) und steroidale Antiandrogene kommen wegen Beeinträchtigung von Libido und Potenz nicht oder höchstens vorübergehend für eine solche Therapie in Frage. • 5-u-Reduktasehemmer. Keine Auswirkungen auf die Sexualität hat offenbar die Verabreichung von 5-a-Reduktasehemmern (die die Transformation von Testosteron in das in der Prostata proliferationsfördernd wirkende Dihydrotestosteron blockieren) und von Aromatasehemmern (die die Umwandlung von Androgenen in Östrogene hemmen und damit die stimulierende Wirkung der Östrogene auf das Prostatastroma blockieren). 5-a-Reduktasehemmer führen offenbar zu einer gewissen Reduktion des Prostatavolumens und zu einer leichten Verbesserung des maximalen Harnflusses. Beide Substanzen sind - sofern sie sich als wirklich nebenwirkungsfrei erweisen sollten möglicherweise ein erster Schritt in Richtung auf eine kausale medikamentöse Therapie der BPH.

12.7 Sexualität und BPH D i e p s y c h o l o g i s c h e n A s p e k t e d e r B P H - E r k r a n k u n g selbst, a b e r a u c h die Ausw i r k u n g e n i h r e r T h e r a p i e , i n s b e s o n d e r e d e r O p e r a t i o n e n , sind ein s e h r wichtig e r Teil d e s A r z t - P a t i e n t e n - G e s p r ä c h s . Z w a r f ü h r t die B P H p e r se nicht zu e i n e r M i n d e r u n g v o n L i b i d o u n d P o t e n z . Als A l t e r s e r k r a n k u n g , die sich im G e n i t a l b e r e i c h abspielt, wird sie a b e r v o n P a t i e n t e n , o b z u g e g e b e n o d e r nicht, als „ K n i c k " in d e r L e b e n s k u r v e u n d als das m ä n n l i c h e S e l b s t v e r s t ä n d n i s t a n g i e r e n d e m p f u n d e n . A n d e r e r s e i t s ist e i n e gewisse - individuell s t a r k v a r i a b l e - A b n a h m e v o n Libid o u n d P o t e n z ein a l t e r s a b h ä n g i g s c h i c k s a l h a f t e r V o r g a n g , d e r d u r c h d a s F e h len e i n e s P a r t n e r s a k z e n t u i e r t w e r d e n k a n n . In der Alterskategorie 60-69 ist nur noch etwa die Hälfte der Männer sexuell aktiv, in der nächsthöheren (70-79 Jahre) ist es nur noch knapp ein Viertel.

TUR, TVP führen zur retrograden Ejakulation, die vom Patienten als „trockene" Ejakulation erlebt wird

Besprechung der „retrograden Ejakulation" gehört zur Patienteninformation

Bei d e r P r o s t a t e k t o m i e w e r d e n z w a r k e i n e S t r u k t u r e n v e r l e t z t , die f ü r d i e A u f r e c h t e r h a l t u n g d e r P o t e n z b e d e u t u n g s v o l l sind, d a g e g e n wird d u r c h die E n t f e r n u n g des A d e n o m s u n d d u r c h die d a m i t v e r b u n d e n e E r w e i t e r u n g d e s B l a s e n a u s l a s s e s die p r o g r a d e E j a k u l a t i o n n a c h a u ß e n a u f g e h o b e n . Sie f i n d e t z w a r n a c h wie v o r statt, u n d d e r O r g a s m u s ist in d e r R e g e l nicht b e e i n t r ä c h tigt. D a s E j a k u l a t fließt j e d o c h d e m W e g d e s g e r i n g e r e n W i d e r s t a n d e s folg e n d in d i e B l a s e u n d wird mit d e r n a c h f o l g e n d e n M i k t i o n e n t l e e r t . D i e Ejakulation n a c h A d e n o m o p e r a t i o n e r f o l g t also retrograd, „trocken", e i n e K o n s e q u e n z , ü b e r die d e r P a t i e n t u n b e d i n g t a u f g e k l ä r t w e r d e n m u ß ( A b b . 1211).

a

b

Abb. 12-11: Ejakulation vor (a) und nach (b) Adenomektomie. Durch den nach der Operation weit offenen Blasenauslaß fließt das Ejakulat dem Weg des geringsten Widerstandes folgend in die Blase und wird später mit dem Urin entleert

12.7 S e x u a l i t ä t u n d B P H Praxishinweis: Obwohl keine objektiven Ursachen gefunden werden können, wird von 5-10% der Operierten eine Abnahme der Potenz angegeben und mit dem Eingriff in ursächlichen Zusammenhang gebracht. Sexuelle Dysfunktion nach BPH-Eingriffen ist ein komplexes Geschehen, bei welchem organische, psychische (Kausalitätsbedürfnis) und soziale Einflüsse mitwirken können. Die Besprechung dieser Aspekte der BPH ist ein wichtiger Teil der allgemeinen Patienteninformation.

193 • Praxishinweis: Potenzabnahme

Urethrastrikturen

13. Urethrastrikturen G. Rutishauser

Harnröhrenkaliber

Das Kaliber der Harnröhre beträgt beim Mann max. 24-26 Ch. (s. Abschn.5.4.1.1, S. 66), bei der Frau 28-30 Ch. Nichtspezialisten sollten bei Männern keine Katheter mit Kaliber über Ch.20 verwenden. Die meisten Harnröhrenstrikturen sind

erworben.

Angeborene Engen sind selten und finden sich bei Knaben in der prostatischen Urethra als segelartige, parakollikuläre Klappen (ohne eigentliche Stenosierung) und weiter distal in der bulbären Harnröhre (sehr selten) sowie am Meatus urethrae. • Strikturen fast ausschließlich bei Männern • angeborene Engen selten

Die erworbenen Strikturen sind eine ausgesprochene M ä n n e r e r k r a n k u n g . Bei Frauen sieht man sie eigentlich nur nach U r e t h r a o p e r a t i o n e n bzw. nach lokaler Bestrahlung.

Ätiopathogenese

13.1 Ätiopathogenese

Ursache: fast immer traumatisch • äußeres Trauma: Becken, Damm • inneres Trauma: Sonden, Instrumente, Fremdkörper • häufig iatrogen

Die Mehrzahl der Harnröhrenstrikturen hat eine traumatische Ursache. In der A n a m n e s e wird häufig ein Katheterismus oder eine instrumenteile Untersuchung bzw. Behandlung von H a r n r ö h r e , Prostata oder Blase angegeben. Z u m Z e i t p u n k t der Diagnose kann aber die Ursache häufig nicht m e h r mit Sicherheit ermittelt werden (Fremdkörper?).

• Praxishinweis

chronische Balanitis gonorrhoische und tuberkulöse Strikturen sind heute in Westeuropa selten strikturbedingte Rückstauung führt zur Schädigung der Blase, der oberen Harnwege und der Nieren

Praxishinweis: Ist ein Katheterismus (s. Abb. 5-17, S. 71) in der Praxis nicht auf Anhieb erfolgreich, so m u ß der Versuch abgebrochen werden. Eindeutig ist die Ätiologie infolge eines direkten Traumas des Beckens (mit Abriß der H a r n r ö h r e im Beckenboden) oder des D a m m e s (mit Quetschung oder offener Verletzung). Bei Patienten, die vorübergehend D a u e r k a t h e t e r träger waren, k ö n n e n katheterbedingte bakterielle E n t z ü n d u n g e n an der Strikturentwicklung mitbeteiligt sein. Infektionen, insbesondere G o n o k o k k e n u r e t h r i t i s oder gar Tuberkulose als Ursache einer Urethrastriktur, sind in Westeuropa heute selten. Bei schwerer chronischer Balanitis (und Phimose) entwickeln sich aber recht häufig entzündlichnarbige Meatusstenosen. Die zur Striktur f ü h r e n d e Verletzung betrifft auch das die H a r n r ö h r e umschließende Corpus spongiosum und führt dort zu bindegewebiger Narbenbildung mit Schrumpfungstendenz. Die Entwicklung der abflußbehindernden Verengung verläuft dann recht langsam. Mit der Zeit führt sie zur Ausweitung der über der Enge gelegenen H a r n r ö h r e und schließlich zu den bekannten Auswirkungen der Rückstauung auf Blase und obere Harnwege.

195

13.3 Behandlung

13.2 Klinik, Diagnose, Differentialdiagnose Die Entwicklung einer Striktur wird vom Betroffenen in der ersten Phase oft kaum bemerkt. Typisch sind das allmähliche Nachlassen der Kraft des Harnstrahls und z u n e h m e n d e Dysurie. D e r Harnstrahl kann gedreht oder gespalten sein. Meist besteht lästiges Nachträufeln. Gelegentlich ist das erste Zeichen der gestörten Entleerung eine akute Zystitis. Lage und Ausdehnung der Läsion werden ausschließlich mit einem retrograden Urethrogramm erfaßt (Abb. 13-1). A n d e r e Ursachen der Abflußbehinderung, wie F r e m d k ö r p e r oder in der Harnröhre eingeklemmte Konkremente, kann man gelegentlich von äußert palpieren oder auf einer Leeraufnahme des Beckens erkennen. Auch die Induration einer in der Pars pendulans gelegenen Striktur kann manchmal getastet werden. Hinweise f ü r eine in der Prostata gelegene A b f l u ß b e h i n d e r u n g gibt die rektale Untersuchung.

Klinik

• -

Symptome: Nachlassen der Kraft des Harnstrahls Verformung des Harnstrahls Nachträufeln

Diagnose - Palpation - Urethrographie (retrograd)

D e m Facharzt steht z u d e m zur B e u r t e i l u n g des S c h w e r e g r a d e s d e r A b f l u ß b e h i n d e r u n g die Harnflußmessung zur V e r f ü g u n g (s. A b s c h n . 5.7.1, S. 86).

13.3 Behandlung

Behandlung

Bei akuter Harnverhaltung und Strikturverdacht ist als Notfallmaßnahme die suprapubische Harnableitung angezeigt (s. Abb. 5-18, S. 71). Ist die Diagnose gesichert und sind Lage und Ausdehnung der Verengung bekannt, so bestehen mehrere Behandlungsmöglichkeiten.

1. bei Harnverhaltung —> Zystostomie

• Urethrotomie. Die Sichturethrotomie erfolgt mit einem U r e t h r o t o m , das (entlang einer filiformen Sonde) an die Striktur geführt wird (Abb. 13-2). Diese wird mit einem vorschiebbaren Messer gespalten (oder mit Laserenergie inzidiert). Diese Behandlung benötigt eine lokoregionäre Anästhesie. Ihre Erfolgsrate über ein Jahr beurteilt beträgt ca. 8 0 % . Es besteht also bei diesem Verfahren eine gewisse Rezidivtendenz. Distale, langstreckige penile Strikturen können alternativ mit einer Otis-Urethrotomie (ohne Optik) gespalten werden. Über 90 % aller Strikturen werden heute durch eine Urethrotomie behandelt.

2. Urethrotomie: bei 9 0 % aller Strikturen • Sichturethrotomie • Otis-Urethrotomie

• Bougierung. Dilatationsbehandlung mit filiformen flexiblen Sonden in Oberflächenanästhesie. Nach Passage der Engstelle wird mit Kathetern von z u n e h m e n d e m Kaliber das L u m e n geweitet. Die auf diese Weise „gesprengt e " Striktur zeigt natürlich wieder Vernarbungstendenz, weshalb Bougierungen regelmäßig (etwa alle 3 - 4 Monate) wiederholt werden müssen (evtl. Selbstbougierung).

3. Erweiterung (Bougierung)

Abb. 13-1: Kurze Harnröhrenstriktur in der Pars bulbosa der Harnröhre. Nachweis und Darstellung mit retrogradem Urethrogramm

196

13. U r e t h r a s t r i k t u r e n

Abb. 13-2: Sichturethrotomie bei kurzer Striktur in der Pars bulbosa der Harnröhre: a. Das Instrument ist bis auf die verengte Stelle eingeführt, und diese ist mit einer filiformen Leitschiene (Ureterenkatheter) passiert, die beim Schneidevorgang als Wegweiser dient, b. Vergrößerter Ausschnitt, auf dem das bewegliche Messer erkennbar ist, mit dem die Striktur gerade (bei 12 Uhr) geschlitzt wird

4. Stents: • u.a. nach mehrfachen Rezidiven

• Instrumentelle Einlage von inneren Schienen („Stents"). Mit e i n e m speziellen Instrum e n t w e r d e n r ö h r e n f ö r m i g e (z.T. t h e r m o p l a s t i s c h e ) M a s c h e n d r a h t g i t t e r im v o r h e r erw e i t e r t e n S t r i k t u r b e r e i c h so piaziert, d a ß die b e i d e n E n d e n d e s M a s c h e n g i t t e r r o h r e s in d e r g e s u n d e n U r e t h r a liegen. E r f a h r u n g e n mit d i e s e r M e t h o d e w e r d e n zur Z e i t ges a m m e l t (s. A b b . 5-23, S.76). E i n e I n d i k a t i o n b e s t e h t v. a. bei m e h r f a c h rezidivierten Strikturen.

5. chirurgische Behandlung, abhängig von Lage und Ausdehnung:

• Operative Behandlung. Die chirurgischen T h e r a p i e v e r f a h r e n richten sich nach Lage und A u s d e h n u n g d e r Verengung: langstreckige, den Verschlußmechanismus der Blase m i t e i n b e z i e h e n d e Strikturen (z.B. nach U r e t h r a a b r i ß bei B e c k e n f r a k t u r e n ) sind eine g r o ß e H e r a u s f o r d e r u n g . Im Prinzip wird hier die u n t e r h a l b d e r Striktur gelegene U r e t h r a mobilisiert, der v e r n a r b t e H a r n r ö h r e n a b s c h n i t t exzidiert und die gesunde distale U r e t h r a mit d e r U r e t h r a prostatica anastomosiert o d e r in diese invaginiert. Kurze Strikturen, b e s o n d e r s in den v o r d e r e n A b s c h n i t t e n der H a r n r ö h r e , werden exzidiert und die schräg angefrischten S t ü m p f e p r i m ä r sorgfältig anastomosiert. Eine weitere Möglichkeit b e s o n d e r s bei längeren Verengungen sind gestielte o d e r freie H a u t i m p l a n t a t e (besonders günstig ist Vorhaut), mit denen d e r strikturierte Abschnitt erweitert o d e r ersetzt wird. Sehr lange oder mehrfache Strikturen müssen gelegentlich zweizeitig versorgt werden.

einzeitige Eingriffe: vor allem bei kurzen, peripher gelegenen Striktu-

• zweizeitige Eingriffe: bei ausgedehnten Strikturen der proximalen Urethra Prognose/Nachsorge • konsequente Kontrollen unverzichtbar wegen Rezidivgefahr, am besten durch - Harnflußmessung und - Restharnbeurteilung

Prognose/Nachsorge. Alle operativ b e h a n d e l t e n Strikturen b e d ü r f e n einer k o n s e q u e n t e n Nachsorge durch U r i n f l u ß m e s s u n g e n und im Verdachtsfall ret r o g r a d e U r e t h r o g r a p h i e bzw. Kalibrierung. Rezidive entwickeln sich langsam und werden vom B e t r o f f e n e n m a n c h m a l k a u m oder erst bei Komplikationen w a h r g e n o m m e n .

14. Urogenitale Tumoren

Urogenitale Tumoren

14.1 Tumormarker (TuM) in der Urologie

Tumormarker

S. von Kleist Definition. T u m o r m a r k e r sind Substanzen, die durch eine charakteristische Konzentrationserhöhung im Blut oder in anderen Körperflüssigkeiten (z.B. Aszites, Pleuraflüssigkeit. Magen- oder Pankreassaft) einen Hinweis auf die Präsenz einer Neoplasie geben können. T u m o r m a r k e r weist man durch Radio- oder Enzymoimmunoassays im Serum oder immanhistologische Methoden im G e w e b e nach. Sie werden meist vom Tumor selbst gebildet. Sie gehören folgenden Stoffgruppen an: Enzymen (z.B.: alkalische und saure Phosphatase, neuronspezifische Enolase), H o r m o n e n (z.B.: H C G , Kalzitonin), Serumproteinen oder Glykoproteinen, die auch schon in Feten nachweisbar sind, wie das Carcinocmbryonale Antigen ( C E A ) oder das Alpha-Feto-Protcin ( A F P ) . Keiner der TuM ist wirklich tumorspezifisch in dem Sinne, daß er nur von Tumorzellen produziert würde und deshalb nur bei Tumorpatienten nachweisbar wäre. Gleichwohl vermitteln TuM wichtige Erkenntnisse: • bezüglich der Tumorausbreitung (Tumorstadium): In ca. 8 0 % der Fälle sind TuM bei fortgeschrittenen Tumoren (Invasion der regionalen Lymphknoten, Fernmetastasen) pathologisch erhöht • ansteigende Serumspiegelveränderungen können Rezidive, ein Nichtansprechen auf die Therapie oder Metastasierung signalisieren, ein Absinken der Werte dagegen eine kurative O p e r a t i o n bzw. eine erfolgreiche Therapie anzeigen. Praxishinweis: T u m o r m a r k e r b e s t i m m u n g e n können somit zur Verbesserung der Stadieneinteilung (Staging), der Prognosestellung und der Therapieplanung beitragen sowie zur f r ü h e r e n E r k e n n u n g von Therapieresistenz oder Wiederauftreten des malignen Wachstums. T u m o r m a r k e r , die d u r c h ihre b l o ß e A n w e s e n h e i t e i n e n m a l i g n e n T u m o r , i n s b e s o n d e r e im F r ü h s t a d i u m , u n d seine Lokalisation anzeigen w ü r d e n , fehlen allerdings bis h e u t e . A u s d e r Fülle der inzwischen b e k a n n t g e w o r d e n e n u n d k o m m e r z i a l i s i e r t e n T u m o r m a r k e r n a c h w e i s t e s t s h a b e n n u r eine b e g r e n z t e A n z a h l klinische R e l e v a n z bei urologischen T u m o r e n erlangt, u n d sie sollen hier in V e r b i n d u n g mit d e n wichtigsten K a r z i n o m e n des U r o g e n i t a l t r a k t e s b e s p r o c h e n w e r d e n (Tab. 14-1).

14.1.1 Marker für das Prostatakarzinom: PAP, PSA Die saure Phosphatase aus der Prostata (PAP) war bis vor wenigen Jahren der am häufigsten bestimmte L a b o r p a r a m e t e r beim Prostatakarzinom.

• Tumorzellprodukte, die - ins Blut oder andere Körperflüssigkeiten sezerniert werden oder - zellständig sein können • • -

Nachweis: Serum: Immunoassay Gewebe: immunhistologisch Natur der Tumormarker: Enzyme, Hormone, Serum- und Paraproteine - tumorassoziierte und fetale Glykoproteine • keine Tumorspezifität • • -

TuM erhöht bei: Tumorausbreitung Rezidiven Therapieversagen Metastasierung TuM abnehmend nach: kurativer Op. erfolgreicher Therapie

• Praxishinweis

Anwendungsgebiete

Prostatakarzinom. PAP, PSA I.PAP

Als klinischer Test e t a b l i e r t e sich dieser E n z y m n a c h w e i s erst, als es gelang, aus d e r Prostata das Tartrat-labile Isoenzym zu isolieren und ( m o n o k l o n a l e ) A n t i k ö r p e r d a g e g e n zu e n t w i c k e l n .

D e r PAP-Nachweis, der als enzymatischer oder Radio-Immunoassay durchgeführt wird, ist von begrenztem Wert:

Nachweis radioimmunologisch enzymatisch

198

14. Urogenitale Tumoren Tab. 14-1: Klinisch eingeführte Tumormarker in der Urologie Tumor

optimaler Marker

fakultativer Marker

Abkürzung

voller Name

Abkürzung

voller Name

Prostatakarzinom

PSA

prostataspezifisches Antigen

PAP

Saure Prostataphosphatase

Hodenkarzinom

AFP ß-HCG

Alphafetoprotein humanes Choriongonadotropin

CEA

Carcinoembryonales Antigen

Nierenkarzinom Blasenkarzinom

• praktische Bedeutung

=ί>

• metastasierte Karzinome: PAP-Positivitätsrate >80% • postoperative Bestimmung: - Metastasenbildung - Spätrezidive 2. P S A

• gewebe- aber nicht völlig tumorspezifisch

• Medikamentöse Therapien können u.U. zu falsch positiven und falsch negativen Werten führen

• Prostatakarzinom-Patienten weisen in 60-70 % der Fälle Normalwerte auf. • Mehr als ein Drittel aller Patienten mit erhöhten PAP-Werten befinden sich bei der Erstdiagnose bereits in einem fortgeschrittenen Stadium. Deshalb eignet sich die PAP-Serumbestimmung wenig f ü r ein Screening-Verfahren. Bei fortgeschrittenen Tumorstadien (Knochenmetastasen) kann beim enzymatischen Nachweis der PAP mit einer Positivitätsrate von 4 0 - 7 0 % gerechnet werden, die beim spezifischeren immunologischen Nachweis ( R I A , E I A ) bis auf 90 % steigen kann. Serielle Markerbestimmungen im Serum von Patienten mit Prostatakarzinom in der postoperativen Phase helfen Spätrezidive und Metastasenbildung nachzuweisen. PSA. Die Spezifität eines solchen Nachweises kann verbessert werden, wenn ein neueres Glykoprotein, das prostataspezifische Antigen (PSA), ( m i t b e stimmt wird. PSA hat eine hohe Spezifität für Prostatagewebe, wenn auch nicht nur für maligne entartetes. Auch die benigne Prostatahyperplasie zeigt erhöhte PSA-Werte: • D e r immunhistologische PSA-Nachweis in Metastasen u n b e k a n n t e n Ursprunges ist pathognomonisch f ü r ein Prostatakarzinom. • Tumorstadium und PSA-Serumspiegel korrelieren eng, so daß PSABestimmungen auch prognostische Bedeutung zukommt. • Therapieüberwachung: Abfallende Werte (PSA, PAP) zeigen ein A n sprechen auf die Behandlung. PAP ist im Gegensatz zum PSA sehr temperaturempfindlich und denaturiert schon durch längeres Stehen des Blutes bei Raumtemperatur und wiederholtes Einfrieren und Auftauen des Serums. Zu beachten ist, daß nach den Erfahrungen einiger Untersucher Kalziumantagonisten zu falsch hohen, eine Behandlung mit Chemotherapeutika zu falsch niedrigen PSA-Serumwerten führen können. Die Parallelbestimmung von PSA und P A P - bei Verwendung nur eines Markers sollte dem P S A der Vorzug gegeben werden - wird beim Prostatakarzinompatienten empfohlen: • zur Beurteilung des Behandlungserfolges sowie zur • Ü b e r w a c h u n g der Tumorkrankheit (Metastasenbildung).

3. Hormonrezeptoren: • ER, PR: sind zellständige Marker

Hormonrezeptoren sind Tumormarker im weiteren Sinne, die immunhistologisch oder biochemisch bestimmt werden. Patienten mit hormonrezeptorpositiven Tumoren haben

14.1 Tumormarker (TuM) in der Urologie eine bessere Prognose und sprechen günstig auf eine Antihormontherapie an. Die Östrogen- (ER) und Progesteronrezeptoren (PR) gehören zu den zellständigen Tumormarkern.

14.1.2 Marker für das Blasenkarzinom Praxishinweis: Für das Harnblasenkarzinom existiert bislang kein zuverlässiger Tumormarker. Da das Harnblasenkarzinom mit einer Rezidivfrequenz von 5 0 - 7 0 % bei nichtinfiltrierenden papillären Urotheltumoren belastet ist, wäre der Gebrauch von Tumormarkern besonders indiziert. In der Tat wurden auch eine Reihe von Markern beschrieben, wie z.B. der Verlust von A-, B- oder H-Isoantigenen in 87 bzw. 6 8 % von invasiven und nichtinvasiven Harnblasenkarzinomen, wobei dieser Verlust der Blutgruppenexpression gleichzeitig eine schlechtere Prognose anzeigte.

CEA. Unter den zirkulierenden Markern wurde das C E A . das sowohl im Serum als auch im Urin bestimmt wurde, am meisten verwendet.

199 · positiver H o r m o n r e z e p t o r n a c h w e i s bedeutet günstigere Prognose

Blasenkarzinom • Praxishinweis

• •

Tumormarker: A-Isoantigen B-Isoantigen H-Isoantigen Verlust der Antigene -

Prognose I

CEA allenfalls in Spätstadien verwendbar

C E A ist ein - 180 k D großes Makromolekül mit einem Kohlehydratanteil von ~ 70 %. das hitze- und säurebeständig ist, und das Teil einer großen Genfamilie ist, die ihrerseits zur Ig-Supergenfamilie gehört.

Sein klinischer Aussagewert ist aber sehr begrenzt durch die Tatsache, daß auch entzündliche Veränderungen der Blasenschleimhaut Erhöhungen vor allem des Urin-CEA-Spiegels verursachen können. Außerdem hat sich kein Zusammenhang zwischen der TN Μ-Klassifikation und den CEA-Konzentrationen nachweisen lassen. Die klassischen diagnostischen Parameter, wie Feststellung einer Mikrohämaturie oder Urinzytologie, sind der CEA-Bestimmung überlegen.

CEA auch bei entzündlichen Veränderungen erhöht

14.1.3 Marker für Hodentumoren: AFP, HCG

Hodentumoren: AFP, HCG

Die Klassifikation von Hodentumoren ist besonders bedeutungsvoll (s. Abschn. 14.7, S. 234). 2 Marker spielen hierbei eine entscheidende Rolle: AFP und HCG.

2 Tumormarker: • AFP • ß-HCG

• Alphafetoprotein (AFP), ein 70 kD Glykoprotein mit einem Kohlehydratanteil von nur 3 % und einer dem Albumin vergleichbaren elektrophoretischen Wanderungsgeschwindigkeit (= α) • Humanes Choriongonadotropin (HCG), normalerweise von der frühen Plazenta synthetisiert, dessen ß-Kette als Marker dient.

Tumoren mit hohen HCG-Werten haben eine ungünstige Prognose. Der AFP- und ß-HCG-Nachweis wird routinemäßig zur histopathologischen Klassiiikation und der Serumtest zur Kontrolle nach Therapie angewandt: • Reine Seminome, die ca. 40 % aller Hodentumoren ausmachen, produzieren niemals A F P und nur selten ß-HCG. Tumormarker fehlen für diesen Hodenkarzinomtyp gänzlich. • Für die nichtseminomatösen Keimzelltumoren, meist Mischtumoren, empfiehlt sich die parallele Bestimmung von A F P und ß-HCG. wobei es sich hier sogar lohnt, die Halbwertszeit der Marker mit in Betracht zu ziehen, die für A F P 4,5 Tage und für ß-HCG 1 - 2 Tage beträgt. Eine kurative Operation wird von einem Markerabfall innerhalb der Halbwertszeiten angezeigt, während ein Resttumor oder eine ineffektive Therapie durch einen langsameren bzw. keinen Abfall der Markerkurven gekennzeichnet werden. Da ß-HCG nur in der Plazenta produziert wird, ist der Nachweis erhöhter Serumspiegel beim Mann pathognomonisch für das Vorliegen eines Tumors mit trophoblastischen

ß-HCG-Nachweis bedeutet bei allen Varianten eine ungünstige Prognose Markerbestimmung: histopathologische Klassifikation Serumtest Seminome sind stets AFP- und meist HCG-negativ für sie fehlt ein Marker nichtseminomatöse Keimzelltumoren AFP und ß-HCG stets parallel bestimmen Markerabfall Therapieerfolg

200

14. Urogenitale Tumoren Anteilen. Damit ist ß-HCG auch der einzige Tumormarker, der primär diagnostisch eingesetzt werden kann.

• Praxishinweis

Praxishinweis: AFP- und ß-HCG-Bestimmungen eignen sich zur postoperativen Überwachung, zur früheren Rezidiverkennung ebenso wie zur Verbesserung der Stadienbestimmung. Präoperative Werte haben einen prognostischen Aussagewert, da die Serumkonzentrationen abhängig sind vom klinischen Stadium und vom histologischen Tumortyp.

• reine Chorionkarzinome sind immer AFP negativ

N e b e n reinen S e m i n o m e n sind auch reine C h o r i o n k a r z i n o m e AFP-negativ, Dottersackt u m o r e n sind i m m e r AFP-positiv, undifferenzierte maligne T e r a t o m e sind es in ca. 80 % , T e r a t o m e des i n t e r m e d i ä r e n Typs in ca.50 %. Patienten mit ß-HCG-positiven Mischtum o r e n h a b e n eine schlechtere Prognose als diejenigen, die ß - H C G negativ sind.

Durch immunhistologische und serologische Bestimmungen kann man also auch histogenetische Rückschlüsse auf den Tumortyp ziehen. Nierenkarzinom • kein T u m o r m a r k e r bekannt • Praxishinweis

Nierentumoren

Tumormarker für Nierenkarzinome wurden bisher nicht gefunden. Praxishinweis: Von den urologischen Tumoren können nur das Prostataund das Hodenkarzinom wirkungsvoll mit Markerbestimmungen überwacht werden, wobei sich insbesondere das PSA beim Prostatakarzinom durch eine hohe Gewebsspezifität und das ß-HCG und AFP durch sowohl hohe Gewebs- als auch Tumorspezifität auszeichnen (s. Tab. ΜΙ ). Alle Marker korrelieren bei diesen Neoplasien gut mit der Tumormasse (Tumorstadium), und ihre Nachweistests zeichnen sich durch einen geringen Kosten- und Arbeitsaufwand aus. Bei den genannten Tumoren sind diese Markeranstiege zuverlässige Indikatoren für Rezidive bzw. Metastasierung.

14.2 Tumoren des Nierenparenchyms G. Rutishauser

• Geschwülste des Nierenparenchyms (am häufigsten: Nierenzellkarzinome) sind zu unterscheiden von Nierenbeckentumoren (Urothelkarzinomen) • Nierenzellkarzinome sind mit einem 3 °/ ϋ -ΑηΐθϊΙ an den malignen Tumoren des Erwachsenen relativ selten • maligne Nierentumoren sind: - epithelial - mesenchymal - Karzinome - Sarkome - Blastome • alle „ R a u m f o r d e r u n g e n " sind karzin o m v e r d ä c h t i g , sofern das Gegenteil nicht erwiesen ist Gutartige Nierentumoren • meist mesenchymal • haben nur geringe klinische Bedeutung • lassen sich klinisch schwer von Nierenkarzinomen abgrenzen, Ausnahmen:

T u m o r e n des N i e r e n p a r e n c h y m s - kurz Nierentumoren - (im G e g e n s a t z zu den U r o t h e l t u m o r e n des N i e r e n b e c k e n s - kurz N i e r e n b e c k e n - bzw. U r e t c r t u m o r e n ) k ö n n e n gutartig oder bösartig sein. G u t a r t i g e Tumoren sind selten. Ebenfalls selten sind s e k u n d ä r e bösartige T u m o r e n (Metastasen a n d e r e r Geschwülste o d e r L y m p h o m e ) .

Der häufigste primäre bösartige Nierentumor ist das Nierenzellkarzinom. Es gehört aber mit einem Anteil von nur etwa 3 % aller bösartigen Geschwülste des Erwachsenen zu den relativ seltenen Karzinomen. Eine Übersicht über die Nierentumoren gibt die nachstehende Zusammenstellung (Tab. 14-2). Seit E i n f ü h r u n g von Sonographie und C T in die allgemeine Diagnostik w e r d e n im Verlaufe von abdominellen U n t e r s u c h u n g e n i m m e r häufiger relativ kleine asymptomatische N i e r e n t u m o r e n zufällig entdeckt.

14.2.1 Gutartige Tumoren Die meisten gutartigen Nierentumoren sind mesenchymalen Ursprungs (Fibrome, Leiomyome, Lipome) und haben nur geringe klinische Bedeutung. W e r d e n sie zufällig e n t d e c k t , so ist die Differentialdiagnose schwierig, abgesehen von den seltenen reninproduzierenden juxtaglomerulären Tumoren (bei vorwiegend jugend-

14.2 Tumoren des Nierenparenchyms

201

Tab. 14-2: Tumoren des Nierenparenchyms benigne Tumoren

Adenom Onkozytom Angiomyolipom Lipom Fibrom Juxtaglomerulärer Tumor

maligne Tumoren primäre T.

sekundäre T.

epitheliale T. Nierenzellkarzinom Nephroblastom

Metastasen Lymphome

mesenchymale

T.

Nierensarkome

liehen Patienten) und beim Angiomyolipom, einem Mischtumor, der in 20-30% der Fälle zusammen mit einer tuberösen Sklerose (M. Bourneville-Pringle) auftritt und sich im CT gegenüber dem Nierenzellkarzinom als stark fetthaltig abgrenzen läßt.

Angiomyolipome (fetthaltig) J u x t a g l o m e r u l a r Tumoren (reninproduzierend, sehr selten)

14.2.1.1 Nierenadenom, Onkozytom N i e r e n a d e n o m e zeigen ein tubuluszellähnliches Gewebsbild u n d lassen sich b e züglich i h r e r D i g n i t ä t o f t nicht v o m N i e r e n k a r z i n o m a b g r e n z e n . B e t r ä g t d e r T u m o r d u r c h m e s s e r m e h r als 2 c m , so ist d i e G u t a r t i g k e i t fraglich. D i e D i f f e r e n t i a l d i a g n o s e e r f o l g t d u r c h S c h n e l l s c h n i t t b e u r t e i l u n g w ä h r e n d des E i n griffs, d e r meist o r g a n e r h a l t e n d e r f o l g e n k a n n . O n k o z y t o m e sind klinisch e b e n f a l l s nicht v o m N i e r e n z e l l k a r z i n o m zu u n t e r s c h e i d e n u n d k ö n n e n , w e n n sie A n s c h l u ß an die a b l e i t e n d e n H a r n w e g e gewinn e n , s o g a r Hämaturien v e r u r s a c h e n . P a t h o l o g i s c h - a n a t o m i s c h w e r d e n sie in l e t z t e r Z e i t h ä u f i g e r d i a g n o s t i z i e r t u n d m a c h e n zwischen 5 u n d 10 % d e r Nier e n t u m o r e n aus. A u c h hier ist die c h i r u r g i s c h e T h e r a p i e in d e r R e g e l o r g a n e r haltend.

Nierenadenom • bei Durchmesser über 2 cm Gutartigkeit fraglich • Teilresektion empfehlenswert (nach Schnellschnittbeurteilung)

14.2.1.2 Angiomyolipom (Hamartom)

Angiomyolipom

D i e s e T u m o r e n w e r d e n n a c h i h r e n histologischen B e s t a n d t e i l e n b e n a n n t , w o bei die l i p o m a t ö s e K o m p o n e n t e d o m i n i e r t . D a d u r c h wird das A n g i o m y o l i p o m c o m p u t e r t o m o g r a p h i s c h relativ e i n f a c h d i a g n o s t i z i e r t . Klinisch k ö n n e n sich diese G e s c h w ü l s t e e b e n f a l l s d u r c h Hämaturie b e m e r k b a r m a c h e n . G r ö ß e r e T u m o r e n k ö n n e n r u p t u r i e r e n u n d ein a k u t e s F l a n k e n s c h m e r z s y n d r o m mit Kollaps verursachen.

• Fettgewebe dominiert: Differentialdiagnose daher mit CT möglich • gehäuft bei Patienten mit tuberöser Sklerose (50%) • Ruptur und Entartung möglich: bei Durchmesser über 4 cm Teilresektion empfohlen

Onkozytom • 5-10% der Nierentumoren • Differentialdiagnose histologisch (im Schnellschnitt) • Teilresektion möglich

G r o ß e H a m a r t o m e ( > 4 c m ) . W ä h r e n d bei k l e i n e n A n g i o m y o l i p o m e n B e o b a c h t u n g g e n ü g t , e m p f i e h l t sich w e g e n Rupturgefahr o d e r Entartung (in bis zu 1 0 % ) die o p e r a t i v e E n t f e r n u n g , w e n n d e r D u r c h m e s s e r 4 cm ü b e r s t e i g t . A n g i o m y o l i p o m e k ö n n e n multipel v o r k o m m e n .

14.2.2 Bösartige Tumoren • Die primär malignen Tumoren des Nierenparenchyms werden von d e n Nierenzellkarzinomen ( S y n o n y m e : Adenokarzinom, Hypernephroma Grawitz-Tumor) zu m e h r als 9 0 % d o m i n i e r t ( A b b . 14-1). • Bei Kindern u n d Jugendlichen sind m a l i g n e N i e r e n t u m o r e n fast i m m e r N e phroblastome ( S y n o n y m : Wilms-Tumor). • Weitere maligne Nierentumoren sind die seltenen Sarkome und als sekundäre Tumormanifestationen Lymphome und Metastasen (weniger als 5 %).

Bösartige Nierentumoren

• > 90% Nierenzellkarzinome

• bei Kindern/Jugendlichen: fast immer Nephroblastome Synonym: Wilms-Tumor • Sarkome selten < 5%

14. Urogenitale Tumoren

202

Abb. 14-1: Nierenzellkarzinom im oberen Nierenpol. Einbruch ins Nierenbecken mit Koagulum im oberen Hauptkelch

Nierenzellkarzinom

14.2.3 Nierenzellkarzinom

• Inzidenz: - Altersgipfel um 60 Jahre

Inzidenz. Nierenzellkarzinome manifestieren sich am häufigsten in der Altersgruppe um 60 Jahre. Rund 2 % aller Tumoren beim männlichen und ca. 1 % aller Tumoren beim weiblichen Geschlecht sind Nierenzellkarzinome.

5 - 6 Karzinome pro 100000 Einwohner und Jahr

Pro Jahr müssen in einer Population von 100000 Menschen etwa 5 - 6 Nierenzellkarzinomerkrankungen erwartet werden.

Ätiologie unklar

Ätiopathogenese. Zur Ätiologie des Nierenzellkarzinoms ist nichts Sicheres bekannt. Der Häufigkeitsunterschied zwischen den Geschlechtern deutet auf mögliche endokrine Zusammenhänge. Auch hereditäre Faktoren scheinen eine Rolle zu spielen. Neuerdings ergaben sich Hinweise, daß Genverluste bzw. Translokationen am kurzen A r m des Chromosoms 3 für die Onkogenese und Progression des Nierenzellkarzinoms von Bedeutung sein könnten.

Ausgangspunkt: Tubuluszellen an einer beliebigen Stelle der Niere

Beide Nieren sind gleich häufig befallen. Das Nierenzellkarzinom entwickelt sich als unregelmäßiger Tumor (Ausgangspunkt: Tubuluszellen) gegen das Nierenbecken zu oder über die Nierenoberfläche hinaus. Durch Einwachsen in die Nierenvene kann es links zur Stauung der V. spermatica und zu einer symptomatischen Varikozele kommen. Die V.cava kann bei großen Geschwülsten u. U. durch eingewachsenes Tumorgewebe völlig verlegt sein. Der Tumor kann in das Nierenbecken einbrechen (Abb. 14-1). Die Lymphabflußwege und Lymphknoten im Hilusbereich und entlang der großen Gefäße sind unterschiedlich befallen.

• Metastasen

Symptome im Anfangsstadium symptomlos meist Zufallsbefunde bei Ultraschalluntersuchung des Abdomens

„klassische" Symptomentrias

Hämatogene Fernmetastasen sind am häufigsten in der Lunge, dann abnehmend in Leber, Knochen, Nebennieren und Gegenniere anzutreffen.

14.2.3.1 Klinik Zur Zeit werden (je nach Einzugsgebiet etwas unterschiedlich) gegen zwei Drittel der Nierenzellkarzinome zufällig bei einer sonographischen oder computertomographischen Abdominaluntersuchung entdeckt. Die klassische klinische Symptomentrias - Makrohämaturie, Flankenschmerz, tastbarer Tumor im Oberbauch - ist deshalb selten geworden

203

14.2 Tumoren des Nierenparenchyms Tab. 14-3: A l l g e m e i n s y m p t o m e und laborchemische Veränderungen beim Nierenzellkarzinom unspezifische paraneoplastische Symptome

endokrine paraneoplastische Symptome

Müdigkeit

Hypertonie (Renin)

Gewichtsverlust

P o l y g l o b u l i e (Erythropoetin)

Fieber

Hyperkalziämie (Parathormon, Vitamin D, Prostaglandin)

Blutsenkungserhöhung Dysproteinämie Anämie Leberfunktionsstörungen

Hyperkaliämie ( A C T H )

u n d in j e d e m Fall Z e i c h e n e i n e s fortgeschrittenen Tumorleidens: Mehr als die H ä l f t e d e r P a t i e n t e n mit d i e s e r Trias h a t b e r e i t s M e t a s t a s e n . • Makrohämaturie ist b e i m N i e r e n z e l l k a r z i n o m ein s e h r wichtiges Symp t o m , a b e r im U n t e r s c h i e d z u m Urothelkarzinom in d e r R e g e l kein Frühsymptom.

• a u c h g r o ß e T u m o r e n s i n d oft asynv ptomatisch

Z w i s c h e n 5 u n d 10 % d e r N i e r e n z e l l k a r z i n o m t r ä g e r k o n s u l t i e r e n d e n A r z t weg e n E r s c h e i n u n g e n , die v o n Metastasen ausgehen. E i n ähnlich g r o ß e r Teil v o n N i e r e n z e l l k a r z i n o m p a t i e n t e n w i r d d u r c h e i n e n paraneoplastisch-toxischen o d e r endokrinen S y m p t o m e n k o m p l e x auf d a s L e i d e n a u f m e r k s a m (Tab. 14-3).

• Metastasen können d a s Initialsymp t o m sein

14.2.3.2 Diagnostik

Diagnostik

W e n n e i n m a l e i n e R a u m f o r d e r u n g in d e r N i e r e n a c h g e w i e s e n ist, so m ü s s e n folgende Fragen beantwortet werden: • Z y s t e o d e r solide G e s c h w u l s t ? ( g u t a r t i g ? b ö s a r t i g ? ) u n d A u s d e h n u n g ? (TStadium) • L y m p h k n o t e n b e f a l l o d e r F e r n m e t a s t a s e n ? (N- bzw. M - S t a d i u m ) u n d E i n w a c h s e n in N i e r e n v e n e o d e r V . c a v a ? A u s d e n A n t w o r t e n , die sich a u s d e n b i l d g e b e n d e n U n t e r s u c h u n g s v e r f a h r e n e r g e b e n , läßt sich die Behandlungsstrategie ableiten. Andererseits vermitteln sie H i n w e i s e auf d i e Prognose.

• A l l g e m e i n u n t e r s u c h u n g e n , bildgeb e n d e Untersuchungsverfahren - > R a u m f o r d e r u n g in der Niere: - Z y s t e - solide G e s c h w u l s t ? - gutartig - bösartig? - A u s d e h n u n g / L a g e in der Niere? - Fernmetastasen? - Befall der Nierenvene/V.cava?

Stadieneinteilung Ist ein N i e r e n k a r z i n o m g e s i c h e r t , so wird d a s S t a d i u m i n n e r h a l b d e s T N M Systems festgelegt:

Stadieneinteilung • Einteilung der Tumorstadien im TNM-System

T, T2 T3

- T: T u m o r a u s d e h n u n g - N: L y m p h k n o t e n m e t a s t a s e n - M: Fernmetastasen

Tumordurchmesser < 2.5 cm Tumordurchmesser > 2,5 cm. auf Niere beschränkt Tumordurchmesser > 2,5 cm, mit Invasion von größeren Venen oder Nebenniere oder Invasion der Umgebung ohne Durchbruch durch die Gerota-Faszie. T 3 a Nebenniere oder perirenales Gewebe, T 3 b Nierenvene oder V.cava T 4 Tumorinfiltration überschreitet die Gerota-Faszie N 0 keine Lymphknotenmetastasen N, Befall eines Lymphknotens < 2 cm N2 N3 M0 M,

Befall eines Lymphknotens (2-5 cm) oder mehrerer Lymphknoten Lymphknotenmetastasen von > 5 cm keine Fernmetastasen Fernmetastasen (z.B. in der Lunge)

• endokrine oder paraneoplastische S y m p t o m e können die erste Krankheitsmanifestation darstellen

204 Bildgebende Diagnostik

Algorithmus der Diagnostik

1. Sonographie • in der Regel der erste Abklärungsschritt, Hinweise: - Raumforderung - Stadium - Zyste/Tumor • Früherfassung -» Prognose Τ

14. Urogenitale Tumoren Bildgebende Diagnostik Folgende Übersicht klärt über die Reihenfolge der Untersuchungen auf: • Symptome veranlassen bildgebendes Untersuchungsverfahren: • Ultraschall oder Urographie (oder beide): - führen zur Diagnose „Raumforderung" und klären gelegentlich auch bereits die Differentialdiagnose Zyste - solider Tumor - ermöglichen eine vorläufige Beurteilung des Stadiums • Computertomographie/Kernspintomographie: - konsolidieren (wenn notwendig) die Differentialdiagnosc Zyste-solider Tumor - klären die Differentialdiagnose: Angiomyolipom Nierenzellkarzinom - legen bei sicherem Nierenzellkarzinom das T- und N-Stadium (evtl. auch M: Leber) fest • Arteriogramm und Kavographie: - kann nützlich sein bei der Planung einer Teilresektion - klärt in Verdachtssituationen den Nierenvenen- bzw. Kavabefall • Therapieplanung/prognostische Überlegungen • Die Sonographie (Abb. 14-2) ist der erste und preisgünstigste diagnostische Schritt. Sie gestattet die Diagnose einer Raumforderung und gibt Hinweise auf Ausdehnung (Stadium) und Differentialdiagnose (Zyste/Tumor). Ihre zun e h m e n d e Verbreitung auch in der allgemeinen Praxis ist verantwortlich f ü r die heute deutlich frühere Erfassung des Nierenzellkarzinoms und damit für eine crhcbliche Verbesserung der Prognose.

Abb. 14-2: Polständiger Tumor der rechten Niere im dorsolateralen Ultraschallbild. Verdrängung der Binnenstrukturen durch die Geschwulst

Abb. 14-3: Urographisches Bild eines Nierenzellkarzinoms im oberen Pol der rechten Niere (Schichtaufnahme)

14.2 Tumoren des Nierenparenchyms • Die Urographie/intravenöses Urogramm (Abb. 14-3). Diese hat durch die Verbreitung der Sonographie in der Nierentumordiagnostik an Bedeutung verloren. Sie bleibt aber eine wichtige M e t h o d e bei der Abklärung der Makrohämaturie. Z u r Routinediagnostik für die Abklärung von Nierentumoren gehört sie nicht mehr. Sie orientiert aber über den Zustand der Gegenniere und kann nützliche Hinweise für die Wahl des Zugungsweges geben, ganz besonders, wenn eine nierenerhaltende Operation geplant ist. • Die Computertomographie (Abb. 14-4) ist das Untersuchungsverfahren der Wahl geworden, weil sie nicht nur mit hoher Spezifität (Differentialdiagnose gegen Zysten und Angiomyolipome) die Diagnose bestätigt, sondern auch die Ausdehnung der Primärgeschwulst gut wiedergibt (T-Stadium). Auch gibt sie Hinweise auf tumorbedingt vergrößerte Lymphknoten. Z u r Beurteilung der Ausdehnung eines Hohlvenenbefalls ist die Kernspintomographie ( M R T ) der C T überlegen, weil auch frontale Schnittebenen abgebildet werden können. • Gefäßdarstellungen (Abb. 14-5) sind aus diagnostischen G r ü n d e n heute nur noch selten indiziert. A m ehesten noch die Kavadarstellung (Kavogramm) zur Erfassung eines Tumorthrombus. Dagegen ist die Nierenarteriographie Teil des Embolisierungsverfahrens, das zur Operationsvorbereitung (Unterbrechung der arteriellen Blutzufuhr) oder aber bei inoperablen Tumoren mit anämisierender Makrohämaturie indiziert sein kann. Gelegentlich benötigt man sie zur Planung einer Nierenteilresektion (z.B. bei Einzelniere) (Abb. 145).

Abb. 14-4: Sehr großer Tumor der rechten Niere (a. CT, b. MRT). Es handelt sich um denselben Patienten und um eine ähnliche Schnittebene

205 2. Urographie • indiziert zur Hämaturie-Abklärung, kann so zur Diagnose führen • beweist das Vorhandensein einer funktionstüchtigen Gegenniere

3. CT, MRT • wichtigste bildgebende Untersuchung bei „Raumforderung" in der Niere • sichere differentialdiagnostische Abgrenzung gegen - Zysten - Angiomyolipome • Hinweis auf Befall der V.cava (MRT überlegen) 4. Gefäßdarstellungen • Arteriographie - präoperativ: Embolisierung - Nierenteilresektion • Kavographie - Thrombus in V.cava

14. Urogenitale Tumoren

206 • andere bildgebende Untersuchungen - Thoraxaufnahmen, evtl. CT-Thorax - Skelettszintigraphie zur Abklärung einer evtl. Fernmetastasierung im Skelett Labordiagnostik

• Wegen der Metastasenhäufigkeit in Lungen, Leber und Skelettsystem gehören zur Abklärung eines größeren Nierenzellkarzinoms in der Regel auch Thoraxaufnahmen in 2 E b e n e n , eine Skelettszintigraphie sowie eine Lebersonographie.

• bringt keine Beweise für das Vorliegen eines Nierenkarzinoms • pathologische Laborwerte können auf ein Nierenzellkarzinom hinweisen

E i n e spezifische L a b o r d i a g n o s t i k f ü r das N i e r e n z e l l k a r z i n o m existiert nicht. Auf die Möglichkeiten paraneoplastischer Symptombilder, insbesondere auch paraneoplastischer E n d o k r i n o p a t h i e n , w u r d e bei d e r S y m p t o m a t o l o g i e h i n g e w i e s e n . Ist die G e schwulst mit e i n e m b i l d g e b e n d e n V e r f a h r e n e r f a ß t , so e r ü b r i g e n sich in d e r R e g e l diesbezügliche A b k l ä r u n g e n . U n t e r U m s t ä n d e n k a n n a u s positiven L a b o r b e f u n d e n auf die Malignität der G e s c h w u l s t geschlossen w e r d e n .

Differentialdiagnose

Differentialdiagnose Die wichtigsten differentialdiagnostischen Abgrenzungen bestehen gegenüber: • anderen bösartigen Nierentumoren: Sarkomen, Wilms-Tumoren und • Nierenzysten: Form, h o m o g e n e Struktur, flüssiger Inhalt im C T und Sonogramm • Angiomyolipomen: fettgewebstypisches C o m p u t e r t o m o g r a m m • Nierenbeckentumoren: positive Urinzytologie, A b f l u ß b e h i n d e r u n g im U r o gramm • xanthogranulomatöse Pyelonephritis: A n a m n e s e . Eine sichere Abgrenzung gegenüber dem Nierenzellkarzinom ist manchmal nicht möglich. Im Zweifel sind solide R a u m f o r d e r u n g e n als karzinomverdächtig operativ zu entfernen.

• • • • •

andere Nierentumoren Nierenzysten Angiomyolipome Nierenbeckentumoren entzündliche Prozesse

Labordiagnostik

Operative Therapie

14.2.3.3 Operative Therapie des Nierenzellkarzinoms und Metastasenchirurgie

1. radikale Tumornephrektomie: • bei großen Tumoren und funktionstüchtiger Gegenniere —> radikale Tumornephrektomie unter Mitnahme der Faszie

• Radikale Nephrektomie. Die Behandlung maligner Nierengeschwülste besteht in ihrer operativen Entfernung. Bei größeren Tumoren erfolgt diese in der Regel als radikale Tumornephrektomie unter Mitnahme des perirenalen Fett- und Bindegewebes (innerhalb der Gerota-Faszie). Bei Befall des Oberpols wird in der Regel auch die Nebenniere mitentfernt. Selbstverständlich werden auch vergrößerte, tumorverdächtige Lymphknoten reseziert. D e r Wert einer systematischen Lymphadenektomie ist aber umstritten. Die E n t f e r n u n g von Tumorthromben in Nierenvene und V. cava ist dagegen integrierender Bestandteil der radikalen Nephrektomie.

Wert der systematischen Lymphadenektomie umstritten Tumorthromben in Nierenvene und V. cava werden entfernt abdominal-transperitonealer Zugang 2. Teilresektion: • bei tumorbefallenen Einzelnieren • bei doppelseitigem Tumorbefall

bei kleinen, zufällig entdeckten peripher gelegenen Tumoren wird (auch bei gesunder Gegenniere) gelegentlich eine Teilresektion durchgeführt

Als Z u g a n g wird meist ein abdominal-transperitonealer Schnitt g e w ä h l t , der die prälim i n a r e Ligatur der N i e r e n a r t e r i e (vor M a n i p u l a t i o n des T u m o r s ) e r m ö g l i c h t u n d so eine h y p o t h c t i s c h c T u m o r z c l l v e r s c h l c p p u n g b e h i n d e r t .

• Organerhaltende Tumorchirurgie. Bei Einzelnieren oder bei doppelseitigen Tumoren ist man gezwungen, die Geschwulst unter Erhaltung von möglichst viel Nierengewebe zu entfernen. Dies geschieht durch eine Teilresektion der Niere. Die tumorabhängige Spätprognose ist damit bei größeren Geschwülsten natürlich weniger günstig. Dessenungeachtet wird man eine radikale Nephrektomie (im Hinblick auf eine spätere Transplantation) bei Einnierigen nur in besonders gelagerten Fällen vornehmen. In d e n letzten J a h r e n gibt es angesichts der Tatsache, d a ß N i e r e n z e l l k a r z i n o m e h ä u f i g f r ü h e r u n d d e m e n t s p r e c h e n d k l e i n e r zufällig e n t d e c k t w e r d e n , eine T e n d e n z , a u c h bei P a t i e n t e n mit g e s u n d e r Z w e i t n i e r e bei kleinen, p e r i p h e r g e l e g e n e n G e s c h w ü l s t e n org a n e r h a l t e n d zu o p e r i e r e n . Es scheint bisher, d a ß d a d u r c h die P r o g n o s e nicht w e s e n t lich negativ b e e i n f l u ß t wird. A b s c h l i e ß e n d läßt sich d a s a b e r w e g e n d e r f ü r das N i e r e n z e l l k a r z i n o m typischen langen L a t e n z z e i t für die M e t a s t a s i e r u n g (bis zu 15 J a h r e n u n d m e h r ) noch nicht b e u r t e i l e n .

14.2 Tumoren des Nierenparenchyms

207

• Metastasenchirurgie. D i e c h i r u r g i s c h e E n t f e r n u n g von S o l i t ä r m e t a s t a s e n aus Lunge u n d Leber, a b e r a u c h a u s d e m Gehirn u n d a u s l a n g e n Röhrenknochen, h a t e i n e relativ g u t e k u r z f r i s t i g e P r o g n o s e . B e s o n d e r s bei L u n g e n m e t a s t a s e n sind 5 - J a h r e s - Ü b e r l e b e n s r a t e n v o n bis zu 40 % m i t g e t e i l t w o r d e n .

3. Metastasenchirurgie: • bei Solitärmetastasen (Lunge, Leber, Knochen) gute kurzfristige Prognose

14.2.3.4 Adjuvante lokale und systemische Behandlungsmethoden

Adjuvante Behandlungsmethoden

• Embolisierung des Tumors. D i e t r a n s a r t e r i e l l e E m b o l i s i e r u n g s b e h a n d l u n g h a t i h r e H a u p t i n d i k a t i o n bei inoperablen blutenden Nierenzellkarzinomen. Allerdings treten oft erhebliche, durch Gewebsinfarzierung bedingte Schmerzen a u f , die einige Tage a n h a l t e n k ö n n e n .

1. Tumorembolisierung bei • Inoperabilität • anämisierender Hämaturie -> Infarkt-Schmerzen

• Strahlentherapie. Nierenzellkarzinome sind weitgehend strahlenresistent. Eine Strahlentherapie bringt deshalb dem Patienten keine Vorteile. Die Bestrahlung von Knochenmetastasen kann schmerzlindernd sein.

2. Strahlentherapie: • ohne Wirkung • Ausnahme: Schmerzbestrahlung bei Knochenmetastasen 3. Chemo- und Hormontherapie: • keine erfolgversprechenden Ansprechraten

• Chemo- und Hormontherapie. Obwohl im Nierenzellkarzinom hormonspezifische Rezeptoren gefunden wurden, haben Behandlungsversuche mit Gestagenen, Androgenen und Antiöströgenen keine nennenswerten Prognoseverbesserungen gebracht. Auch Versuche mit den derzeit zur Verfügung stehenden Tumorchemotherapeutika haben keine erfolgversprechenden Ansprechraten ergeben. Ursache dafür ist möglicherweise das Vorliegen eines „multidrag-resistenten" Gens. • Immuntherapie. Im Vordergrund des wissenschaftlichen Interesses stehen derzeit Therapieversuche, die das Immunsystem „modulieren". Dazu werden Studien mit Interferon, Interleukin 2, tumorinfiltrierenden Lymphozyten (TIL) und anderen biologisch aktiven Substanzen durchgeführt, die z.T. kombiniert angewendet werden. Bei multiplen Lungenmetastasen wird damit immerhin eine Ansprechrate von 20-30% erreicht. D i e B e h a n d l u n g mit I m m u n m o d u l a t o r e n ist mit e i n e r e r h e b l i c h e n m e d i k a mentenbedingten Morbidität belastet. Immuntherapeutische Behandlungen sind d e s h a l b f ü r die klinische R o u t i n e h e u t e n o c h nicht g e e i g n e t .

14.2.3.5 Prognose, Nachsorge

4. Immuntherapie: • Immunmodulation (ζ. B. mit Interleukin 2 oder TIL) hat bessere Ansprechraten (bis zu 30%) ergeben, besonders bei Lungenmetastasen • aber: erhebliche medikamentenbedingte Morbidität • z.Z. nur in klinischen Studien

Prognose

D i e P r o g n o s e d e s N i e r e n z e l l k a r z i n o m s ist a b h ä n g i g v o m T u m o r s t a d i u m u n d v o m M a l i g n i t ä t s g r a d (bzw. v o m Z e l l t y p ) d e s T u m o r s . • Kleine, gut differenzierte Tumoren ( h e u t e r u n d die H ä l f t e d e r n e u e n t d e c k t e n Fälle) v o m Stadium T, (nicht g r ö ß e r als 5 cm im D u r c h m e s ser) h a b e n e i n e 5-Jahres-Überlebensrate v o n fast 1 0 0 % . • In fortgeschrittenen Stadien u n d bei h ö h e r e m Malignitätsgrad sinkt die Ü b e r l e b e n s q u o t e rasch auf 20 % (T3). T u m o r e n mit spindelzelligem o d e r anaplastischem Gewebsbild haben eine ausgesprochen schlechte Prognose. • E i n b e s o n d e r s u n g ü n s t i g e s Z e i c h e n ist ein ausgedehnter Lymphknotenbefall. V o n solchen P a t i e n t e n ü b e r l e b e n n u r w e n i g e 2 J a h r e . K l e i n e r e , leicht e n t f e r n b a r e G e s c h w u l s t t h r o m b e n in d e r V . c a v a s c h e i n e n d e m g e g e n ü b e r die d u r c h d a s T - S t a d i u m g e g e b e n e P r o g n o s e k a u m n e g a t i v zu b e e i n f l u s s e n . Spätmetastasen sind b e i m N i e r e n z e l l k a r z i n o m auch n o c h n a c h 10-15 J a h r e n und später beschrieben worden. • Eine sehr schlechte Prognose haben Nierensarkome. Von den betroffenen Patienten überleben nach 3 Jahren weniger als 10%. Nachsorge. M e t a s t a s e n m a n i f e s t i e r e n sich in d e r R e g e l in d e n ersten 3 Jahren nach der Tumornephrektomie. A m h ä u f i g s t e n sind sie in d e n Lungen u n d in d e r Leber, w e s h a l b T h o r a x a u f n a h m e n u n d Oberbauchsonographie die w e s e n t l i c h e n K o n t r o l l u n t e r s u c h u n g e n d a r s t e l l e n .

• Stadium T1

• fortgeschrittene Stadien (T3) mit höherem Malignitätsgrad haben eine ungünstige Prognose: - 2 0 % 5-Jahres-Überlebende • ausgedehnter Lymphknotenbefall ist ein prognostisch ungünstiges Zeichen

• Nierensarkome: sehr schlechte Prognose Nachsorge

Plattenepithelkarzinome

Bilharziose (s. A b s c h n . 9.2, S. 144). U n t e r S c h i s t o s o m a h a e m a t o b i u m e n t s t e h e n g r a n u l o m a t ö s e Polypen o d e r p a p i l l o m a t ö s e T u m o r e n , die j e d o c h b e n i g n e sind und u n t e r T h e r a pie v e r s c h w i n d e n . D a g e g e n k o m m t es bei c h r o n i s c h e n I n f e k t i o n e n zur A u s b i l d u n g epithelialer Dysplasien u n d P l a t t e n e p i t h e l m e t a p l a s i e n mit der Möglichkeit, in P l a t t e n e p i t h e l k a r z i n o m e ü b e r z u g e h e n . Es gibt H i n w e i s e , d a ß a u c h hierbei N i t r o s a m i n e eine wichtige Rolle spielen.

6. B i l h a r z i o s e

• Saccharin und Cyclamat in h o h e n D o s e n h a b e n im T i e r e x p e r i m e n t zu e i n e r e r h ö h t e n I n z i d e n z von U r o t h e l k a r z i n o m e n g e f ü h r t . E p i d e m i o l o g i s c h e D a t e n v o m M e n s c h e n widersprechen dem jedoch.

7. K ü n s t l . S ü ß s t o f f e

• Radiatio. S e k u n d ä r k a r z i n o m e d e r a b l e i t e n d e n H a r n w e g e t r e t e n nicht selten n a c h Bes t r a h l u n g gynäkologischer T u m o r e n auf. Statistisch ist diese H ä u f u n g j e d o c h schwer zu erfassen.

8. S t r a h l e n t h e r a p i e

Balkannephritis

210

14. Urogenitale Tumoren

Pathologie

14.3.1.2 Pathologie

überwiegend epitheliale Tumoren: • Urothelkarzinome: 90 % • Plattenepithelkarzinome: 5-20 % • Adenokarzinome < 1 %

H i s t o l o g i s c h u n t e r s c h e i d e t m a n epitheliale u n d mesenchymale Tumoren, wobei l e t z t e r e e i n e a b s o l u t e R a r i t ä t d a r s t e l l e n . Bei d e n epithelialen Tumoren h a n d e l t es sich in 8 0 - 9 0 % u m Urothelkarzinome, in 5 - 2 0 % u m Plattenepithelkarzinome ( c h r o n i s c h e E n t z ü n d u n g e n ) , die e i n e h o h e I n v a s i o n s t e n d e n z u n d e i n e s c h l e c h t e P r o g n o s e a u f w e i s e n . Adenokarzinome sind s e h r s e l t e n . Die prozentuale Verteilung ist wie folgt: • epitheliale Tumoren: maligne: Urothelkarzinom 90 %, Plattenepithelkarzinom 8 %, Adenokarzinom und entdifferenzierte Karzinome 1 % benigne: Fibroepitheliom 1 % • mesenchymale Tumoren maligne: Leiomyosarkom benigne: Fibroepitheliom, Leiomyom, Angiom. Eine Sonderform stellt der Nierenbecken- oder Ureterpolyp dar, ein seltener benigner ektomesodermaler Mischtumor (Fibroepitheliom), der meist im oberen Ureterdrittel wächst und schmale, glatte Tumoren ausbildet, die nur selten zu Obstruktionen führen.

Klassifikation nach TNM-System

D i e Klassifikation d e r N i e r e n b e c k e n - u n d U r e t e r t u m o r e n e r f o l g t n a c h d e m TNM-System (UICC): Tx: Primärtumor kann nicht beurteilt werden Tis: Carcinoma in situ Ta: papilläres, noninvasives Karzinom T l : Tumor infiltriert Tunica submucosa T2: Tunica muscularis infiltriert T3: peripelvines oder periurcterales Fettgewebe oder Nierenparenchym infiltriert T4: Infiltration von Nachbarorganen durch die Niere in das perirenale Fettgewebe N+: regionäre (hiläre, abdominale, paraaortale, parakavale, intrapelvine) Lymphknoten befallen (s. Abschn. 14.4.1.2, S. 116).

Metastasierung lymphogen paraaortal, -kaval hämatogen selten: Leber, Lungen, Skelett

D i e Metastasierung e r f o l g t a u s d e m N i e r e n b e c k e n z u n ä c h s t lymphogen nach p a r a a o r t a l u n d - k a v a l , e b e n s o d i e U r e t e r t u m o r e n in i h r e m l u m b a l e n A n t e i l , w ä h r e n d im iliakalen A n t e i l die p a r a i l i a k a l e n , - v e s i k a l e n u n d O b t u r a t o r i u s l y m p h k n o t e n b e f a l l e n sein k ö n n e n . D a b e i w e r d e n h ä u f i g lymphogene Lokalrezidive n a c h v o r a u s g e g a n g e n e r O p e r a t i o n b e o b a c h t e t . Fernmetastasen sind initial s e l t e n ( 1 - 2 % ) , b e t r o f f e n sind Leber, Lunge, Skelett.

14.3.2 Klinik, Diagnostik Symptomatik

14.3.2.1 Klinik

• Makrohämaturie - in > 70% Initialsymptom • Nierenkolik: (erst Blutung, dann Ko lik) • Aufstau obere Harnwege

Bei 7 0 - 8 0 % d e r U r o t h e l k a r z i n o m e d e r o b e r e n H a r n w e g e ist die Makrohämaturie Initialsymptom. Z e i t w e i l i g t r e t e n kolikartige Schmerzen nach der B l u t u n g infolge K o a g e l a b g a n g s auf. Vereinzelt b e r i c h t e n d i e P a t i e n t e n a u c h ü b e r d u m p f e Flankenschmerzen. S e l t e n f ü h r e n eine alleinige M i k r o h ä m a t urie, I n f e k t e , u n s p e z i f i s c h e T u m o r s y m p t o m e o d e r P a r a n e o p l a s i e n zur D i a g n o se. Bei e i n e m D r i t t e l d e r P a t i e n t e n mit U r e t e r t u m o r e n wird d i e D i a g n o s e ü b e r u r o g r a p h i s c h s t u m m e N i e r e n gestellt, d e n n o c h f e h l t e i n e p a t h o g n o m o nische S y m p t o m a t i k .

Diagnostik

14.3.2.2 Diagnostik

=ΐ>

D i e D i a g n o s e s i c h e r u n g des P r i m ä r t u m o r s erfolgt m i t t e l s i n t r a v e n ö s e r Ausscheidungsurographie, r e t r o g r a d e r Ureteropyelographie mit selektiv e r Urinzytologie, evtl. a u c h e n d o s k o p i s c h m i t t e l s Ureterorenoskopie.

14.3 Nierenbecken- und Uretertumoren

211

Z u r erweiterten Diagnostik im R a h m e n des Stagings gehören die CT oder MRT sowie selten die Angiographie. • Urographie: N i e r e n b e c k e n t u m o r e n fallen urographisch durch typische randständige, in der Lage unveränderliche Kontrastmittelfüllungsdefekte auf (Abb. 14-6). Manchmal besteht eine Ektasie des Hohlsystems oder eine Stenose des Ureterabgangs, auch funktionslose Nieren k o m m e n vor. U r e t e r t u m o r e n werden wegen einer fehlenden Kontrastfüllung des Ureters nicht selten übersehen. In einem Drittel der Fälle findet sich eine ungeklärte Harnstauung oder ein Füllungsdefekt ohne Obstruktion; somit ergeben sich häufig indirekte Hinweise. Im typischen Fall zeigt sich ober- und unterhalb des Tumors ein konvexer Kontrastmittelabbruch bei nichtinvasiven Tumoren, während invasive Tumoren häufig irreguläre Einengungen der U r e t e r w a n d verursachen.

Abb. 14-6: Ausscheidungsurographie beim Nierenbeckentumor: Verwaschene Kontur und Füllungsdefekt der linken oberen Kelchgruppe

Abb. 14-7: Papilläres Nierenbeckenkarzinom, a. Die retrograde Ureteropyelographie zeigt einen großen Füllungsdefekt des gesamten Nierenbeckens, der mittleren und unteren Kelchgruppe sowie des proximalen Ureters, b. Operationspräparat mit eröffnetem Nierenhohlsystem beim selben Patienten

1. Ausscheidungsurographie • KM-Füllungsdefekte

Harnstauung

212 2. retrograde Pyelographie

3. Zytologie

4. Sonographie: • größere Tumoren 5. CT: • Raumforderung

14. Urogenitale Tumoren • Die Urographie ist jedoch deutlich weniger sensitiv als die retrograde Ureteropyelographie (Abb. 14-7 a, -8). Zusätzlich kann bei unklaren B e f u n d e n eine Endoskopie des Ureters und Nierenbeckens (s. Abschn. 5.4.2.2, S. 68) vorgenommen und Urin zytologisch untersucht werden. Eine Zystoskopie schließt einen zusätzlichen Blasentumor aus. • Zytologie: Die retrograde Pyelographie ermöglicht neben der Kontrastdarstellung der U r e t e r e n und des Nierenbeckens die selektive Harngewinnung zur zytologischen Untersuchung des Nativharns, die sehr aussagekräftig ist. • Sonographie: Die Sonographie hat sich bei kleinen Nierenbecken- und Uretertumoren als wenig geeignete M e t h o d e erwiesen, während sie bei größeren Tumoren sowie im R a h m e n der Lymphknotendiagnostik wertvoll sein kann. • Computertomographie: N i e r e n b e c k e n t u m o r e n stellen sich als solide Raumforderung im Hohlsystem mit Verdrängung des parapelvinen Fettgewebes dar (Abb. 14-9). Nach Kontrastmittelgabe kommt es zu einer minimalen Kontrast-

Abb. 14-8: Retrograde Ureteropyelographie: Durch einen papillären Tumor bedingte polyzyklische Aussparung im distalen linken Ureter

Abb. 14-9: Computertomographie: Nierenbeckenkarzinom links. Solide Raumforderung im linken Nierenbecken, die nach Kontrastmittelgabe nur eine minimale Anreicherung zeigt.

213

14.3 Nierenbecken- und Uretertumoren m i t t e l a n r e i c h e r u n g , nicht selten w e r d e n K o n t r a s t m i t t e l r e s t e in d e n K e l c h g r u p p e n z u r ü c k g e h a l t e n . D i e N i e r e n k o n t u r ist in d e r R e g e l völlig e r h a l t e n . • Magnetresonanztomographie: F ü r d i e M R T ergibt sich e i n e v e r g l e i c h b a r e d i a g n o s t i s c h e T r e f f s i c h e r h e i t wie f ü r d i e C T b e i m N i e r e n b e c k e n t u m o r . F ü r die S i c h e r u n g d e r U r e t e r t u m o r e n ist d i e d r i t t e A b b i l d u n g s e b e n e h ä u f i g v o n zusätzlichem Wert. • Angiographie: Im Gegensatz zum Nierenzellkarzinom (s. Abb. 14-5, S.205), ist sie für die Diagnostik kleiner N i e r e n b e c k e n t u m o r e n wenig aussagekräftig; lediglich g r ö ß e r e Läsionen über 3 cm D u r c h m e s s e r k ö n n e n relativ sicher erfaßt w e r d e n . • Tumormarker: Organspezifische T u m o r m a r k e r im R a h m e n der Diagnostik der Nier e n b e c k e n - und U r e t e r t u m o r e n existieren nicht.

Differentialdiagnosen: D i f f e r e n t i a l d i a g n o s t i s c h m u ß bei K o n t r a s t a u s s p a r u n g e n im N i e r e n b e c k e n v o r a l l e m a n d a s V o r h a n d e n s e i n nicht k o n t r a s t g e b e n d e r ( r ö n t g e n n e g a t i v e r ) K o n k r e m e n t e , selten an e i n e T u b e r k u l o s e , e i n e x a n t h o g r a n u l o m a t ö s e P y e l o n e p h r i t i s , e i n e c h r o n i s c h e P y e l o n e p h r i t i s o d e r e i n e Pyelitis cystica g e d a c h t w e r d e n . D i f f e r e n t i a l d i a g n o s t i s c h zu U r e t e r t u m o r e n k o m m e n ebenfalls Harnleitersteine, Tuberkulose, unspezifische Stenosen, Strahlenschäd e n , B i l h a r z i o s e , g y n ä k o l o g i s c h e T u m o r e n , U r e t e r i t i s cystica o d e r eine r e t r o p e r i t o n e a l e F i b r o s e in Frage.

14.3.3 Therapie

6. M R T • alternativ zur C T

7. A n g i o g r a p h i e • kaum Bedeutung 8. T u m o r m a r k e r • keine spezifischen Marker Differentialdiagnosen • bei K M - A u s s p a r u n g im N B K S - Steine, T b - Pyelonephritis - Pyelitis cystica

Therapie

Operation. F ü r d i e T h e r a p i e e n t s c h e i d u n g m u ß b e d a c h t w e r d e n , d a ß in A b h ä n gigkeit v o m D i f f e r e n z i e r u n g s g r a d Atypien, Carcinomata in situ u n d m a n i f e s t e Karzinome e n t f e r n t v o m P r i m ä r t u m o r v o r k o m m e n ( G 2 bis 20 % s y n c h r o n e A t y p i e n , G 3 bis zu 75 % zusätzliche Cis). R e z i d i v t u m o r e n ( 3 0 - 5 0 % ) sind im U r e t e r n u r s p ä t zu d i a g n o s t i z i e r e n u n d e r l a n g e n rasch A n s c h l u ß an L y m p h g e f ä ß e , so d a ß bei N i e r e n b e c k e n t u m o r e n die E n t f e r n u n g v o n N i e r e , U r e t e r u n d O s t i u m u n t e r M i t n a h m e e i n e r 1 cm b r e i t e n B l a s e n m a n s c h e t t e S t a n d a r d ist: N e p h r o ureterektomie ( A b b . 14-7 b). Bei i n k o m p l e t t e r E n t f e r n u n g e i n e r B l a s e n m a n s c h e t t e m u ß mit bis zu 20 % R e z i d i v e n im O s t i u m b e r e i c h g e r e c h n e t w e r d e n ( A b b . 14-10).

20-30 %

um 30 %

Abb. 14-10: Relative Häufigkeit der Lokalisation eines Harnleitertumors, a. nach Nephroureterektomie bei der E r s t d i a g n o s e , b. beim Lokalrezidiv

1. chirurgisch

Nephroureterektomie

214

14. Urogenitale Tumoren ipsilaterale Lymphadenektomie

Bei infiltrierenden T u m o r e n t r e t e n in bis zu 50 % Lymphknotenmetastasen d i e m e i s t ipsilateral

g e l e g e n sind. D u r c h e i n e ipsilaterale

auf,

Lymphadenektomie

ist s o m i t e i n e s i g n i f i k a n t e V e r b e s s e r u n g d e r 5 - J a h r e s - Ü b e r l e b e n s r a t e g e g e n ü b e r einer e i n f a c h e n N e p h r e k t o m i e zu erzielen. organerhaltende Tumorresektion in Einzelfällen

2. Radiatio

3. Chemotherapie • Remission bis zu 30 %

Da die Morbidität und Mortalität dieses Eingriffs nicht unerheblich sind, muß nach individueller Risikoabschätzung eine Modifikation der Operation vorgenommen werden. Während eine organerhaltende Therapie bei gesunder kontralateraler Niere bei Nierenbeckentumoren nicht indiziert ist (Ausnahme kleiner unifokaler T1-Tumor), kann bei funktionellen Einzelnieren oder beidseitigem Tumorbefall der Versuch einer Organerhaltung (Resektion, Laser, Instillation von Chemotherapeutika/BCG) unternommen werden. Bei eingeschränkter Operabilität kann auf die Ureterstumpfexstirpation verzichtet und dieser in der Nachsorge engmaschig kontrolliert werden. Im Ureter besteht bei nichtinvasiven Tumoren die Möglichkeit der Resektion mit End-zu-End-Anastomose oder der endoskopischen Lasertherapie. Hierbei muß allerdings mit einer hohen Rezidivrate gerechnet werden. Strahlentherapie: Größere Beobachtungsserien zur Strahlentherapie von Nierenbekken- oder Uretertumoren existieren nicht. Einzelne Berichte lassen kein einheitliches Bild entstehen. Auch über die Rolle der intraoperativen Strahlentherapie ( I O R T ) kann wegen fehlender Langzeitgergebnisse nicht abschließend geurteilt werden. Chemotherapie: D i e Polychemotherapie (z.B. M V A C ) hat mittlerweile ihren f e s t e n S t e l l e n w e r t in d e r T h e r a p i e f o r t g e s c h r i t t e n e r , i n o p e r a b l e r U r o t h e l k a r z i n o m e . L a n g a n h a l t e n d e k o m p l e t t e T u m o r r e m i s s i o n e n s i n d in e t w a 3 0 %

der

Fälle z u e r z i e l e n . Nachsorge • vierteljährlich: - Zystoskopie - Urinzytologie • jährlich: - Urographie - Sonographie - ggf. CToder MRT - ggf. Knochenszintigraphie Prognose • 5-Jahres-ÜLR 40-65% • abhängig vom Differenzierungsgrad

N a c h s o r g e : D i e T u m o r n a c h s o r g e u m f a ß t in 3 m o n a t l i c h e n I n t e r v a l l e n e i n e klin i s c h e Untersuchung,

Urinstatus,

Zystoskopie

werden.

stasen sowie T h o r a x und K n o c h e n durch R ö n t g e n und Knochenszintigraphie zur A u f d e c k u n g einer Fernmetastasierung dargestellt werden. D i e P r o g n o s e d e r N i e r e n b e c k e n - u n d H a r n l e i t e r t u m o r e n ist s t a r k a b h ä n g i g v o m G r a d i n g u n d d e r I n f i l t r a t i o n s t i e f e . D i e 5-Jahres-Überlebensrate

für das

G e s a m t k o l l e k t i v liegt z w i s c h e n 4 0 u n d 6 5 % . D i e A b h ä n g i g k e i t v o m D i f f e -

Nierenbecken:

• Ureter:

1 4 . 4

T U ITIΟΓΘΠ

U. Wetterauer,

• Hämangiom • Endometriose

Weiterhin

vorgenommen

t o n e u m d u r c h S o n o g r a p h i e , ggf. C T z u m A u s s c h l u ß v o n L y m p h k n o t e n m e t a -



gutartige Tumoren sind selten: • Papillome

Urinzytologie.

A b h ä n g i g v o m T - S t a d i u m d e s P r i m ä r t u m o r s (> T l ) sollte a u c h d a s R e t r o p e r i -

r e n z i e r u n g s g r a d „ G " e r g i b t sich w i e folgt: Grading: G 1

Tumoren der Harnblase

und

sollte j ä h r l i c h e i n m a l e i n e Ausscheidungsurographie

0 θ Γ

G 2

G 3

100%

90 %

20%

100%

80%

30%

Η θ ΠΊ

fc)laSe

Κ. Rüdiger

Gutartige Tumoren der Harnblase sind selten. Lediglich 2,5 % aller Blasentumoren sind gutartige Papillome. Sie weisen einen fibromuskulären Anteil auf, der von einer normalen Epithelschicht bedeckt ist. Nach der neueren Klassifikation werden sie als Urothelkarzinom T., G„ eingestuft. Endoskopisch sind diese von bösartigen Karzinomen nicht zu unterscheiden. Therapie der Wahl ist die transurethrale Resektion. Eine Überwachung ist notwendig, da sich bei diesen Patienten nicht selten im Laufe der Jahre ein Blasenkarzinom entwickelt. Hämangiome können zu rezidivierenden Makrohämaturien führen. Therapeutisch kommt eine Exzision oder Lasertherapie in Frage. Eine Endometriose kann ektop in der Harnblase auftreten und führt zu zyklusabhängigen Hämaturien.

215

14.4 Tumoren der Harnblase

14.4.1 Harnblasenkarzinom E p i d e m i o l o g i e . H a r n b l a s e n k a r z i n o m e m a c h e n ca. 3 % aller b ö s a r t i g e n T u m o r e n a u s u n d g e h ö r e n zu d e n häufigsten Neoplasien im B e r e i c h d e s U r o g e n i t a l traktes. M ä n n e r sind 2- bis 3 m a l h ä u f i g e r b e t r o f f e n als F r a u e n , w o b e i n e b e n der beruflichen Exposition beim M a n n eine längere Karzinogenexposition bei o b s t r u k t i v e r P r o s t a t a h y p e r p l a s i e d i s k u t i e r t wird. D a s H a r n b l a s e n k a r z i n o m tritt ü b e r w i e g e n d im höheren Lebensalter auf. D a s D u r c h s c h n i t t s a l t e r bei D i a g n o s e s t e l l u n g b e t r ä g t 67 J a h r e . N u r 1 % d e r P a t i e n t e n mit e i n e m H a r n b l a s e n k a r z i n o m sind j ü n g e r als 40 J a h r e .

Harnblasenkarzinom Epidemiologie • 3 % aller bösartigen T u m o r e n - cf: 9 = 2 , 5 : 1

K a r z i n o m d e s älteren M e n s c h e n

Φ

14.4.1.1 Ätiologie

Ätiologie

A u f f ä l l i g sind g l o b a l e U n t e r s c h i e d e mit e i n e r h ö h e r e n I n z i d e n z d e s B l a s e n k a r z i n o m s in I n d u s t r i e l ä n d e r n . E r s t e B e o b a c h t u n g e n ü b e r d e n Z u s a m m e n h a n g zwischen e i n e r S c h a d s t o f f e x p o s i t i o n u n d d e r I n d u k t i o n eines B l a s e n k a r z i n o m s f i n d e n sich b e r e i t s u m die J a h r h u n d e r t w e n d e . Seit d i e s e r Z e i t sind e i n e V i e l z a h l v o n S u b s t a n z e n als p o t e n t i e l l e K a n z e r o g e n e in V e r b i n d u n g mit d e m Harnblasenkarzinom genannt worden:

• höhere Inzidenz in Industrieländern

• aromatische Amine: industriell: 2-Naphthylamin, 4-Aminobiphenyl, medikamentös: Phenazetin, Cyclophosphamid • chronische Entzündung: Urothelmetaplasie durch chronischen Reiz, Nitrosaminbildung durch Bakterien, Bilharziose • Zigarettenkonsum und Strahlentherapie • endogene Faktoren: Vitaminmangel Bft, A), Tryptophanstoffwechsel, Onkogene (s. Abschn. 14.3.1.1, S.208). Bei A r b e i t e r n d e r c h e m i s c h e n I n d u s t r i e , die aromatischen Aminen ausgesetzt sind, w u r d e das H a r n b l a s e n k a r z i n o m als B e r u f s k r a n k h e i t a n e r k a n n t . E x p o nierte Berufsgruppen unterliegen routinemäßigen urinzytologischen Kontrollen. D i e L a t e n z z e i t zwischen E x p o s i t i o n mit d e r N o x e u n d I n d u k t i o n e i n e s K a r z i n o m s liegt z w i s c h e n 10 u n d 50 J a h r e n . Metaboliten des Phenazetins w e i s e n c h e m i s c h die S t r u k t u r aromatischer A m i ne auf. Bei c h r o n i s c h e m A b u s u s f i n d e n sich g e h ä u f t U r o t h e l k a r z i n o m e , v o r all e m d e s o b e r e n H a r n t r a k t e s (s. A b s c h n . 14.3.1.1, S.208). D i e L a t e n z z e i t bis z u r E n t w i c k l u n g eines B l a s e n k a r z i n o m s ist deutlich l ä n g e r als bei K a r z i n o m e n des N i e r e n b e c k e n s u n d k a n n bis zu 25 J a h r e b e t r a g e n . P a t i e n t e n n a c h Cyclophosphamid-Behandlung h a b e n ein bis zu 9fach e r h ö h t e s Risiko, ein B l a s e n k a r z i n o m zu e n t w i c k e l n .

Berufskrankheit in bestimmten Industriezweigen Kanzerogene: aromatische Amine

D i e F r a g e e i n e r I n d u k t i o n des B l a s e n k a r z i n o m s d u r c h Zigarettenkonsum wird k o n t r o v e r s d i s k u t i e r t , w e n n g l e i c h in z a h l r e i c h e n S t u d i e n f ü r R a u c h e r ein bis zu lOfach h ö h e r e s R i s i k o b e s c h r i e b e n wird. Ein m ö g l i c h e r K o f a k t o r k ö n n t e die A n w e s e n h e i t a r o m a t i s c h e r A m i n e , i n s b e s o n d e r e in d u n k l e n T a b a k s o r t e n sein.

Zigarettenrauch

C h r o n i s c h e I n f e k t i o n e n , v e r b u n d e n mit e i n e r d a u e r h a f t e n B e s i e d e l u n g d e s H a r n t r a k t s mit U r e a s e b i l d n e r n o d e r d e r R e i z d u r c h i n t r a l u m i n a l e K a t h e t e r ind u z i e r e n eine M e t a p l a s i e d e s U r o t h e l s . E i n ä h n l i c h e r M e c h a n i s m u s wird f ü r die auf d e m B o d e n e i n e r B i l h a r z i o s e e n t standenen Blasenkarzinome diskutiert. In Endemiegebieten (ζ. B. Ägypten) gilt das durch die Bilharziose (Schistosoma haematobium) induzierte Blasenkarzinom als häufigster Tumor überhaupt. Zu den exogenen Faktoren scheinen zusätzlich endogene Mechanismen bei der Induktion eines Blasenkarzinoms beteiligt zu sein. Durch Karyotypisierung konnten vereinzelt chromosomale Veränderungen nachgewiesen werden.

Phenazetinmetaboliten

Cyclophosphamid

- Urothelmetaplasie: - durch chron. Infekte und Dauerkatheter -

Bilharziose

- endogene Mechanismen

216

14. Urogenitale Tumoren

Pathologie

• -

9 8 % epithelialen Ursprungs: 90% Urothelkarzinome 5 % Plattenepithelkarzinome 1 - 2 % Adenokarzinome

14.4.1.2 Pathologie Die normale Blasenschleimhaut besteht aus mindestens 3 oder höchstens 6 Zellschichten. Brunn-Zellnester können als Normvariante im Urothel auftreten. Die Basalzellen sitzen auf einer dünnen Lamina propria, die Gefäße enthält. Die anschließende Muskelschicht ist kräftig entwickelt und besteht aus einem komplexen Netz glatter Muskelfasern. Die überwiegende Zahl der Blasentumoren ( 9 8 % ) ist epithelialen Ursprungs. Über 9 0 % sind Übergangszell-(Urothel-)Karzinome, 5 % Plattenepithelkarzinome und 1 bis 2 % Adenokarzinome. WHO-Einteilung nach dem histologischen Typ: • Übcrgangszellkarzinom > 90 % • Plattenepithelkarzinom 5 % • Adenokarzinom 1 - 2 % • undifferenziertes K a r z i n o m < 1 % Z u den seltenen, nicht epithelialen Tumoren zählen Sarkome, Phäochromozytome und Karzinoidlwnoren.

maligne

Lymphome,

Rhabdomyosarkome (s. Abschn. 7.9.3, S. 117). Die meisten Tumoren der Harnblase sind papillär und maligne. Von einem „gutartigen" Papillom spricht man, wenn ein papillärer Tumor von einer Epithelschicht aus weniger als 6 Zellschichten bedeckt ist, die sich nicht von normaler Blasenmukosa unterscheidet. Etwa 15 % der Patienten mit einem Papillom der Harnblase entwickeln über einen Zeitraum von 5 Jahren ein Harnblasenkarzinom, so daß eine Überwachung erforderlich ist. • Klassifizierung

• Tumorstaging nach d e m T N M System: - T: lokale T u m o r a u s d e h n u n g - N: L y m p h k n o t e n b e f a l l - M : Fernmetastasierung

Maligne Tumoren werden aufgrund ihrer Ausbreitung (Stadium, „Staging"), ihres Malignitätsgrades („Grading") und der Metastasierung charakterisiert: • Tumorstaging. Die Klassifizierung des Harnblasenkarzinoms erfolgt nach dem TNM-System. Hierbei findet das Tumorwachstum (T), die Ausbreitung auf primäre Lymphknoten (TV) und die Metastasierung (M) Eingang in die Stadieneinteilung. Diese Einteilung ist Grundlage einer stadiengerechten Therapie und gibt Auskunft über die Prognose (Abb. 14-11). TNM-Klassifikation Harnblase (nach H e r m a n e k , 1987) To: kein A n h a l t für P r i m ä r t u m o r Tis: C a r c i n o m a in situ Ta: papilläres, nicht invasives Karzinom

Mukosa Lamina propria innere Muskulatur äußere Muskulatur perivesikates Fett

Prostata uierus, oigma, Prostata Abb. 14-11: T u m o r a u s d e h n u n g u n d S t a d i e n e i n t e i l u n g b e i m nom

Harnblasenkarzi-

217

14.4 Tumoren der Harnblase Tl: T2: T3: T4: Nx: NO: Nl: N2: N3: Gx: Gl: G2: G3: G4:

Tumor infiltriert subepitheliales Blasengewebe (lamina propria) Tumor infiltriert oberflächliche Muskulatur Tumor infiltriert tiefe Muskulatur Tumor infiltriert Prostata, Uterus, Vagina oder Becken-/Bauchwand regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden keine Lymphknotenmetastasen solitäre Lymphknotenmetastase < 2 cm solitäre Lymphknotenmetastase > 2 cm, < 5 cm oder multiple Lymphknotenmetastasen < 5 cm Metastasen in Lymphknoten > 5 cm keine Beurteilung möglich gut differenziert mäßig differenziert schlecht differenziert undifferenziert

• Tumorgrading. D a s G r a d i n g ( h i s t o l o g i s c h e r D i f f e r e n z i e r u n g s g r a d ) eines H a r n b l a s e n k a r z i n o m s s t e h t in e n g e m Z u s a m m e n h a n g mit d e r I n f i l t r a t i o n s t i e fe u n d d e r Ü b e r l e b e n s r a t e d e r P a t i e n t e n . E i n hochdifferenzierter Tumor ( G l ) k o r r e l i e r t mit e i n e r geringen Invasionstiefe u n d e i n e r guten Prognose. Dageg e n w ä c h s t ein schlecht d i f f e r e n z i e r t e s o d e r u n d i f f e r e n z i e r t e s K a r z i n o m infiltrativ in t i e f e r e W a n d s c h i c h t e n , m e t a s t a s i e r t h ä u f i g u n d weist e i n e s c h l e c h t e r e P r o g n o s e auf.

Tumorgrading: histologischer Differenzierungsgrad hochdifferenziert: geringe Invasionstiefe, gute Prognose

E i n e S o n d e r f o r m bildet d a s Carcinoma in situ (Tis) als ein nicht i n f i l t r i e r e n d e r i n t r a e p i t h e l i a l e r B l a s e n t u m o r v o n h o h e m M a l i g n i t ä t s g r a d ( G 3 ) . E s fällt e n d o skopisch n u r d u r c h e i n e s a m t a r t i g e V e r d i c k u n g o d e r R ö t u n g d e r B l a s e n s c h l e i m h a u t auf. D a s C a r c i n o m a in situ h a t e i n e h o h e m a l i g n e P o t e n z , zeigt eine große Rezidivneigung und frühe Progression. D a s U r o t h e l k a r z i n o m ist ein s e h r h e t e r o g e n e r T u m o r . Ü b e r g ä n g e eines p r i m ä r p a p i l l ä r e n K a r z i n o m s m i t h o h e m D i f f e r e n z i e r u n g s g r a d in ein e n t d i f f e r e n z i e r tes, aggressiv w a c h s e n d e s K a r z i n o m sind nicht selten. A u c h i n n e r h a l b eines T u m o r s w e r d e n Z e l l e n u n t e r s c h i e d l i c h e r D i f f e r e n z i e r u n g s g r a d e g e f u n d e n , wobei f ü r die P r o g n o s e i m m e r d e r h ö c h s t e Atypiegrad e n t s c h e i d e n d ist.

• Carcinoma in situ:

• Metastasierung. G e w ö h n l i c h ist das U r o t h e l k a r z i n o m auf die H a r n b l a s e bes c h r ä n k t . Bei d e r E r s t d i a g n o s e f i n d e n sich 70 % aller U r o t h e l k a r z i n o m e in ein e m o b e r f l ä c h l i c h e n S t a d i u m (pTa u n d p T l ) mit n i e d r i g e m M a l i g n i t ä t s g r a d . 9 % d e r P a t i e n t e n w e i s e n bei d e r D i a g n o s e r e g i o n a l e ( p e l v i n e ) L y m p h k n o t e n m e t a s t a s e n u n d 6 % F e r n m e t a s t a s e n ( u . a . L u n g e , L e b e r ) auf.

• bei Erstdiagnose 70% oberflächliches Stadium • lymphogene Metastasierung in pelvine Lymphknoten

14.4.1.3 Klinik

Symptomatik

D i e Makrohämaturie ist d a s Kardinalsymptom u n d tritt in 80 % auf.

eines Harnblasentumors

In d e r R e g e l f ü h r e n r e z i d i v i e r e n d e H ä m a t u r i e n d e n P a t i e n t e n z u m A r z t . D i e M a k r o h ä m a t u r i e ist meist s c h m e r z l o s u n d tritt u n a b h ä n g i g v o n d e r T u m o r g r ö ß e auf. D y s u r i s c h e B e s c h w e r d e n , h ä u f i g d u r c h B e g l e i t i n f e k t i o n e n v e r u r s a c h t , w e r d e n von e i n e m V i e r t e l d e r P a t i e n t e n b e o b a c h t e t . Bei f o r t g e s c h r i t t e n e n o d e r m u s k e l i n v a s i v e n T u m o r e n k a n n e i n e H a r n l e i t e r o b s t r u k t i o n zu A b f l u ß s t ö r u n g e n im o b e r e n H a r n t r a k t u n d d a m i t v e r b u n d e n e n Flankenschmerzen führen. Praxishinweis: Bei j e d e r Dysurie o d e r rezidivierenden Zystitis d e s ü b e r 4 0 j ä h r i g e n sollte ein H a r n b l a s e n k a r z i n o m a u s g e s c h l o s s e n w e r d e n u n d j e d e schmerzlose Makrohämaturie ist bis z u m B e w e i s d e s G e g e n t e i l s tumorverdächtig.

hohe maligne Potenz große Rezidivneigung frühe Progression

• höchster Atypiegrad bestimmt Prognose

• Makrohämaturie

• Dysurie bei Infektion • Flankenschmerz bei Harnleiterobstruktion

Praxishinweis

4=

14. Urogenitale Tumoren

218 Diagnostik

14.4.1.4 Diagnostik

1. klinischer Befund: meist unauffällig - bimanuelle Untersuchung

Das Ziel der Diagnostik besteht einerseits darin, die Verdachtsdiagnose zu bestätigen und andererseits, G r ö ß e , Lokalisation und Aspekt sowie die Infiltrationstiefe und den histologischen A u f b a u zu erfassen. Die klinische Untersuchung ist meist unauffällig. Erst in fortgeschrittenen Stadien kann der Tumor durch die Bauchdecke oder bei der bimanuellen Untersuchung getastet werden. Die Urinuntersuchung zeigt in 80 % der Fälle eine Hämaturie. Nicht selten treten so heftige Blutungen auf, daß sich eine Blasent a m p o n a d e (Blutkoagelbildung in der Harnblase) entwickelt.

—c> 2. Ausscheidungsurographie - Darstellung des gesamten Harntrakts

3. Zystoskopie - Tumorbeschreibung - mono-oder multilokulär

4. Urinzytologie - Ca in situ - Nachsorge - Screening bei Risikogruppen

5. bildgebende Verfahren: a) Sonographie - abdominal - transurethral

Ausscheidungsurographie und Zystoskopie schmerzlosen H ä m a t u r i e obligat.

sind bei der A b k l ä r u n g der

Die Ausscheidungsurographie ist als weniger invasive Untersuchung gewöhnlich der erste Schritt der Diagnosestellung eines Blasentumors bzw. der Abklärung einer H ä m a t u r i e . D a s Ausscheidungsurogramm gestattet einen Überblick über den gesamten H a r n t r a k t , was gerade beim Urothelkarzinom, das häufig multilokulär und im ganzen H a r n t r a k t v o r k o m m e n kann, wichtig ist. Man erhält Auskunft über eine Harnleiterobstruktion, Füllungsdefekte im Hohlsystem und eine Verlagerung oder D e f o r m i e r u n g der Blasenkontur (Abb. 14-12). Die Urethrozystoskopie (Spiegelung der H a r n r ö h r e und -blase) dient der Erkennung eines Tumors, erlaubt eine Beschreibung der G r ö ß e und Lokalisation und ermöglicht ein systematisches Absuchen der gesamten Blasenschleimhaut mit der Feststellung, ob ein einzelner Tumor vorliegt oder multizentrische H e r d e bestehen (Abb. 14-13). Urinzytologische Untersuchungen sind insbesondere beim Carcinoma in situ und bei wenig differenzierten Tumoren diagnostisch wertvoll (Abb. 14-14). Beim gut differenzierten urothelialen Tumor k o m m t es jedoch in ca. 25 % zu falsch-negativen Resultaten. Breite A n w e n d u n g findet die Urinzytologie in der Nachsorge urothelialer Tumoren und beim Screening von Risikogruppen. Die abdominelle Sonographie der Harnblase hat lediglich eine orientierende Bedeutung zur Beurteilung der Tumorausdehnung (Abb. 14-15). Die transurethrale Sonographie läßt eine gute Erkennung papillärer Tumoren zu, kann jedoch keine sichere Aussa-

Abb. 14-12: Ausscheidungsurographie: Füllungsdefekt durch einen papillären Blasentumor im Bereich der rechten Seitenwand

219

14.4 Tumoren der Harnblase

A b b . 14-13: Endoskopisches Bild eines papillären B l a s e n t u m o r s

Abb. 14-14: Urinzytologie. Befund eines gering differenzierten (G3) Urothelkarzinoms m i t Größenunterschieden der Zellkerne, Zell kern w a n d Verdickung und H y p e r c h r o m a s i e

A b b . 14-15: Sonographisches Bild eines a u s g e d e h n t e n Urothelkarzinoms an der rechten B l a s e n h i n t e r w a n d

ge über die Invasionstiefe m a c h e n . Für die R o u t i n e hat diese U n t e r s u c h u n g einen geringen Stellenwert. Die Computertomographie (CT) läßt ebenfalls keine sichere Aussage über die Eindringtiefe des Tumors zu. Lediglich ein o r g a n ü b e r s c h r e i t e n d e s Tumorwachstum kann mit einer hohen Treffsicherheit festgestellt werden. H ä u f i g wird das C T zum Lymphknotenstaging eingesetzt. D a nicht vergrößerte t u m o r b e f a l l e n e L y m p h k n o t e n einer E n t d e c k u n g entgehen, liegt die R a t e falsch-negativer B e f u n d e bei 40 %. Trotz einer gewissen Hilfe durch das C T ist ein operatives Lymphknotenstaging die einzige M e t h o d e . L y m p h k n o t e n m e t a s t a s e n von weniger als 2 cm im D u r c h m e s s e r sicher nachzuweisen. Die Magnetresonanztomographie ( M R T ) scheint bei der E r k e n n u n g der Invasionstiefe als auch bei der Aussage über den Lymphknotenbefall dem C T überlegen zu sein (Abb. 14-16).

b) CT: - Infiltrationstiefe - Lymphknotenstaging

c) MRT - alternativ zur CT

220

14. Urogenitale Tumoren

Abb. 14-16: MR: Befund eines nicht infiltrierenden Urothelkarzinoms (T1) der Harnblase im Längs- (a) und Querschnitt (b)

6. Biopsie und TUR - histologische Diagnose -

Quadrantenbiopsie

Therapie stadienabhängig TUR Zystektomie

Oberflächliche Tumoren • TUR - mit Nachresektion

Histologische Sicherung. D i e transurethrale Biopsie bzw. TUR e r l a u b t e i n e histologische B e s t ä t i g u n g d e r D i a g n o s e . Bei k l e i n e r e n u n d p a p i l l ä r e n T u m o r e n wird d e r T u m o r k o m p l e t t r e s e z i e r t , was bei o b e r f l ä c h l i c h e n T u m o r e n gleichzeitig e i n e k u r a t i v e B e h a n d l u n g b e d e u t e t . E i n e Q u a d r a n t e n b i o p s i e mit E n t n a h m e v o n G e w e b s p r o b e n aus allen Q u a d r a n t e n d e r H a r n b l a s e u n d d e r p r o s t a t i schen H a r n r ö h r e ist bei w e n i g d i f f e r e n z i e r t e n K a r z i n o m e n n o t w e n d i g , d a hier s e h r h ä u f i g a b n o r m e B e f u n d e bei B i o p s i e n a u s u n v e r d ä c h t i g e n S c h l e i m h a u t a r e a l e n g e f u n d e n w e r d e n (panurotheliale Erkrankung).

14.4.1.5 Therapie Die B e h a n d l u n g v o n H a r b l a s e n k a r z i n o m c n e r f o l g t stadienabhängig u n d reicht von d e r transurethralen Resektion d e s T u m o r s ( T U R ) bis z u r r a d i k a l e n Zystektomie mit Harnableitung (s. A b s c h n . 17.3.1.3, S. 287). D e r e r s t e Schritt z u r D i a g n o s e s i c h e r u n g d e s H a r n b l a s e n k a r z i n o m s ist die T U R . Sie b e s t ä t i g t die D i a g n o s e u n d bildet n a c h h i s t o l o g i s c h e r A u f a r b e i t u n g d e s G e w e b e s die G r u n d l a ge f ü r e i n e a d ä q u a t e T h e r a p i e . Oberflächliche U r o t h e l t u m o r e n Ein o b e r f l ä c h l i c h e s H a r n b l a s e n k a r z i n o m bis z u m S t a d i u m T l , w e l c h e s die S u b m u k o s a noch nicht ü b e r s c h r i t t e n h a t , wird d u r c h e i n e T U R b e h a n d e l t . In d e r R e g e l erfolgt 1 - 2 W o c h e n n a c h d e r E r s t r e s e k t i o n eine N a c h r e s e k t i o n d e s

14.4 Tumoren der Harnblase ehemals t u m o r t r a g e n d e n Bezirks. Zeigt sich im Nachresektat histologisch kein Tumor mehr, kann von einer kurativen E n t f e r n u n g ausgegangen werden. Nach alleiniger T U R treten bei 5 0 - 6 0 % der Patienten Tumorrezidive auf. Bei multilokulärem Tumorwachstum oder geringem Differenzierungsgrad ist die Rezidivrate höher. Diese R a t e kann jedoch durch eine Instillationsbehandlung mit Zytostatika oder BCG gesenkt werden (Rezidivprophylaxe). Für diese Instillationen werden Anthrazykline (Mitomycin, Doxorubicin oder Epirubicin) in definierten A b s t ä n d e n über einen Z e i t r a u m von einem halben Jahr instilliert. B C G (Bacillus-Calmette-Guerin) wird 6mal in wöchentlichem Abstand nach der transurethralen E n t f e r n u n g des Tumors instilliert und soll durch eine Stimulation der lokalen I m m u n a b w e h r tumorprotektiv wirken.

221

• Rezidivprophylaxe mit intravesikaler Chemotherapie oder BCG

Carcinoma in situ D a s Carcinoma in situ der Harnblase besitzt, obwohl es sich um einen nicht infiltrierenden intraepithelialen Tumor handelt, einen hohen Malignitätsgrad, eine f r ü h e Progression und eine große Rezidivneigung. N e b e n einer T U R der befallenen Schleimhaut ist eine anschließende adjuvante Therapie bzw. Rezidivprophylaxe durch intravesikale Instillationen von Zytostatika (Mitomycin C, Doxorubicin, Epirubicin) oder B C G erforderlich.

Carcinoma in situ

Praxishinweis: Engmaschige zytologische Kontrollen und vierteljährliche Blasenspiegelungen mit Biopsie verdächtiger Areale bzw. eine Quadrantenbiopsie sind erforderlich.

• Praxishinweis

• TUR + intravesikale Instillation von Zytostatika oder BCG

Besteht trotz topischer Chemo- oder I m m u n t h e r a p i e bei einem Z e i t r a u m von 3 - 6 M o n a t e n eine Tumorpersistenz, sollte eine radikale Zystektomie in Erwägung gezogen werden.

· Zystektomie

Alternativ zur TUR kann eine Laser-Behandlung (Neodym-YAG) mit Denaturierung

· Laser alternativ zur TUR?

des T u m o r s d u r c h g e f ü h r t w e r d e n . Die e n d o v e s i k a l e L a s e r t h e r a p i e n a c h Fotoscnsibilisierung d u r c h i. v. G a b e von H ä m a t o p o r p h y r i n d e r i v a t e n ( H P D ) , die sich in p a p i l l ä r e n T u m o r e n u n d P r ä n e o p l a s i e n anreic h e r n , k a n n diese A r e a l e d u r c h Laserlicht z e r s t ö r e n . Möglicherweise eignet sich diese H P D - L a s e r t h e r a p i e ( p h o t o d y n a m i s c h e T h e r a p i e , P D T ) zur B e h a n d l u n g d e s m u l t i f o k a len C a r c i n o m a in situ.

Invasive Urotheltumoren Bei einer Invasion des Tumors in die Muskulatur (T2 und T3) ist die radikale Zystoprostatektomie Therapie der Wahl. Abhängig vom Alter, d e m Operationsrisiko und dem Wunsch der Patienten kann bei einer Infiltration des Tumors in oberflächliche Muskelschichten (T2) bei mittelgradiger Differenzierung eine TUR und Nachresektion in kurativer Absicht durchgeführt werden. Tumoren mit schlechtem Differenzierungsgrad oder multilokulärem Auftreten sowie T3-Tumoren (Infiltration tiefer Wandschichten) sollten jedoch nur in Ausnahmefällen (palliativ) transurethral angegangen werden. Bei der radikalen Zystektomie werden zunächst die pelvinen Lymphknoten entfernt (Lymphknotenstaging). Sie entscheidet über das weitere operative Vorgehen bzw. eine adjuvante Chemotherapie.

Invasive Tumoren • radikale Zystektomie bei Muskel· invasion . evtl. TUR: - bis T 2 und - mittlerem Differenzierungsgrad

Beim Mann werden in der Regel Harnblase und Prostata entfernt; bei der Frau Harnblase, Uterus, vordere Vaginalwand und U r e t h r a (vordere Exenteratio). Eine radikale Zystektomie ist notwendigerweise mit einer Harnableitung verbunden. Hierzu stehen einerseits nasse Urinstomata und andererseits kontinente Harnableitungen zur Verfügung (s. Abschn. 17.3.1.4, S. 289): • inkontinente („nasse") Harnableitungen sind: Ureterhautfistel. Conduit (Ileum-Conduit, Kolon-Conduit)

• Harnableitung

14. Urogenitale Tumoren

222

• kontinente Harnableitungen sind: Ileum-Neoblase, katheterisierbare Pouches, Ureterosigmoideostomie. Bei d e r Ureterhautfistel wird eine I m p l a n t a t i o n d e r g e k r e u z t a n a s t o m o s i e r t e n U r e t e r e n in die B a u c h d e c k e v o r g e n o m m e n . Sie dient in d e r R e g e l als palliative H a r n a b l e i t u n g bei a u s g e d e h n t e n B l a s e n t u m o r e n . W e g e n d e r h o h e n V e r n a r b u n g s t e n d e n z d e s k u t a n e n Stom a s ist diese F o r m d e r H a r n a b l e i t u n g nicht sinnvoll bei P a t i e n t e n mit g u t e r P r o g n o s e . Beim Conduit w e r d e n die U r e t e r e n in ein a u s g e s c h a l t e t e s I l e u m s e g m e n t i m p l a n t i e r t , welches ü b e r ein k u t a n e s S t o m a ausgeleitet wird (Bricker-Blase). Beim Kolon-Conduit erfolgt die I m p l a n t a t i o n der U r e t e r e n antirefluxiv. D i e Ileum-Neoblase ist die h e u t e mit a m h ä u f i g s t e n a n g e w a n d t e F o r m d e r k o n t i n e n t e n H a r n a b l e i t u n g . H i e r z u wird ein ca. 60 c m m e s s e n d e r A b s c h n i t t d e s t e r m i n a l e n I l e u m s ausgeschaltet u n d n a c h F o r m u n g eines R e s e r v o i r s an die Stelle d e r r e s e z i e r t e n Blase gesetzt. V o r a u s s e t z u n g ist, d a ß kein T u m o r b e f a l l d e r p r o s t a t i s c h e n H a r n r ö h r e vorliegt. Initial b e s t e h t bei dieser F o r m d e r H a r n a b l e i t u n g eine h o h e V e r s c h l e i m u n g s t e n d e n z d e r I l e u m s c h l e i m h a u t u n d eine a n f ä n g l i c h e nächtliche I n k o n t i n e n z . Z u r k o n t i n e n t e n H a r n ableitung, i n s b e s o n d e r e a u c h bei Frauen, s t e h e n alternativ katheterisierbare Pouches zur V e r f ü g u n g . Z u r F o r m u n g d e s R e s e r v o i r s w e r d e n D a r m a b s c h n i t t e des t e r m i n a l e n I l e u m u n d Z ö k u m o d e r des R e k t o s i g m o i d s v e r w e n d e t . Z u r H a r n e n t l e e r u n g wird dieses R e s e r v o i r ü b e r ein k u t a n e s S t o m a k a t h e t e r i s i e r t . E i n e h e u t e n u r noch selten v e r w e n d e t e H a r n a b l e i t u n g ist die Ureterosigmoideostomie, bei d e r die U r e t e r e n in d a s Sigma antirefluxiv i m p l a n t i e r t w e r d e n . Komplikationen sind hierbei Elektrolytstörungen, r e z i d i v i e r e n d e a u f s t e i g e n d e Infekte u n d eine Karzinominduktion an d e r I m p l a n t a t i o n s s t e l l e .

• systemische Chemotherapie in Spätstadien

• Palliativmaßnahmen bei Blutungen - TUR - Formalininstillation - Salvage-Zystektomie

- Nephrostomie • Strahlentherapie

- Schrumpfblase - Strahlenzystitis, -proktitis • kombinierte Radio-Chemotherapie

Nachsorge Zystoskopie Urinzytologie

Bei fortgeschrittenen organüberschreitenden Tumoren, sowie bei Metastasierung in regionäre Lymphknoten oder bei Fernmetastasen ist eine kurative Therapie selten möglich. Hier kann versucht werden, durch eine systemische Chemotherapie mit Methotrexat, Vinblastin, Doxorubicin und cis-Platin (MVAC) eine partielle oder komplette Remission bei 30-50 % der Patienten zu erreichen. Palliativmaßnahmen zur Beherrschung von Blutungen sind die palliative transurethrale Resektion, die in der Mehrzahl der Fälle zu einem blutungsfreien Intervall von mehreren Monaten führt. Bei lebensbedrohlichen Blutungen kann die Instillation einer 2 ^ % - i g e n Formalinlösung die Blutung zum Stehen bringen. Eine palliative Zystektomie (Salvage-Zystektomie) mit gleichzeitiger Harnableitung kann im Einzelfall zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität führen. Bei einer durch eine Ureterobstruktion bedingten Niereninsuffizienz oder Urämie kann als Palliativmaßnahme eine Nephrostomie angelegt werden. Die externe Hochvoltbestrahlung der Blasenregion unter Einschluß der ersten Lymphknotenstation mit 50 bis 60 Gy wird an manchen Zentren bei fortgeschrittenen Tumoren als Alternative zur radikalen Zystektomie angeboten. Die 5-Jahres-Überlebensraten liegen jedoch deutlich unter denen nach radikaler Zystektomie; außerdem muß mit radiogenen Spätschäden wie Schrumpfblase, hämorrhagischer Zystitis oder Strahlenproktitis gerechnet werden. Eine kombinierte Radio-Chemotherapie verbessert möglicherweise durch eine Sensibilisierung den Strahleneffekt.

14.4.1.6 Nachsorge und Prognose Die hohe Rezidivrate bei transurethral resezierten Harnblasenkarzinomen macht eine engmaschige Nachsorge notwendig. In den ersten 3 Jahren sind vierteljährliche zystoskopische und urinzytologische Kontrollen notwendig. Wenn keine Rezidivtumoren auftreten, können anschließend die Nachsorgeintervalle verlängert werden. Wiederholte Urogramme zur Kontrolle des oberen Harntraktes sind heute weitgehend durch die Urinzytologie ersetzt worden.

223

14.5 T u m o r e n der Harnröhre D i e P r o g n o s e ist bei oberflächlichen u n d gut bis mäßig differenzierten Tumoren sehr gut u n d weist e i n e 5 - J a h r e s - Ü b e r l e b e n s r a t e von ü b e r 90 % auf.

Prognose

In ca. 5 0 % m u ß j e d o c h mit d e m A u f t r e t e n e i n e s R e z i d i v t u m o r s g e r e c h n e t werd e n . Bei schlecht d i f f e r e n z i e r t e n o b e r f l ä c h l i c h e n T u m o r e n liegt die R e z i d i v r a te s o g a r bei ü b e r 7 0 % . D i e 5 - J a h r e s - Ü b e r l e b e n s r a t e bei invasiven T u m o r e n , die d i e M u s k u l a t u r b e r e i t s infiltriert h a b e n , s c h w a n k t n a c h r a d i k a l e r Z y s t e k t o m i e zwischen 40 u n d 60 % . Bei f o r t g e s c h r i t t e n e n ( T 4 ) u n d m e t a s t a s i e r t e n Tum o r e n liegt die Ü b e r l e b e n s r a t e t r o t z A u s s c h ö p f u n g aller t h e r a p e u t i s c h e r M ö g l i c h k e i t e n bei d e u t l i c h u n t e r 2 0 % , bei F e r n m e t a s t a s e n b e t r ä g t die m i t t l e r e Überlebenszeit 6 Monate.

· Rezidivtumoren: 50-70%

14.5 T u m o r e n d e r Ha Γ Π rÖhre

Tumoren der Harnröhre

U. Wetterauer

14.5.1 Tumoren der männlichen Harnröhre

BeimMann

Das Epithel der männlichen Harnröhre weist histologisch je nach Lokalisation einen unterschiedlichen Aufbau auf: Die prostatische Harnröhre ist von Übergangsepithcl ausgekleidet, die bulbäre und penile Harnröhre weist ein Zylinderepithel auf und geht in der glandulären Harnröhre (Fossa navicularis) in Plattenepithel über. Der Lymphabfluß erfolgt von der hinteren Harnröhre in die iliakalen und von der vorderen Harnröhre in die inguinalen Lymphknoten.

14.5.1.1 G u t a r t i g e T u m o r e n

1. gutartige Tumoren:

Condylomata acuminata sind nicht selten v o r k o m m e n d e b e n i g n e T u m o r e n , die sich v o n d e r P r i m ä r l o k a l i s a t i o n a m ä u ß e r e n G e n i t a l e in 1 - 5 % a u c h auf die U r e t h r a a u s b r e i t e n k ö n n e n (siehe K a p . P e n i s t u m o r e n ) .

· Condylomata acuminata

14.5.1.2 Bösartige T u m o r e n

2. bösartige Tumoren: • Plattenepithelkarzinome: am häufigsten • Adenokarzinome • Übergangsepithelkarzinome

P r i m ä r e H a r n r ö h r e n k a r z i n o m e sind s e h r selten. H i s t o l o g i s c h h a n d e l t es sich ü b e r w i e g e n d u m Plattenepithel-, s e l t e n e r u m Adeno- u n d Übergangsepithelk a r z i n o m e . M e l a n o m e sind e i n e R a r i t ä t . • D i e Stadieneinteilung erfolgt n a c h d e m TNM-System: TO: kein Anhalt für Primärtumor Tis: Carcinoma in situ Ta: nichtinvasiver papillärer, polypoider oder verruköser Tumor T l : Tumorinfillration des subepithelialen Bindegewebes T2: Tumorinfiltration von Corpus spongiosum, Prostata oder periurethraler Muskulatur T3: Infiltration von Corpus cavernosum. Blasenhals oder vorderer Vaginalwand T4: Infiltration von Nachbarorganen (Harnblase. Zervix, Labien) N l : solitäre Lymphknotenmetastasc < 2 cm N2: solitäre Lymphknotenmetastase 2-5 cm oder multiple < 5 cm N3: Lymphknotenmetastase von mehr als 5 cm in größter Ausdehnung

• Stadieneinteilung nach TIMM

Bei m u l t i l o k u l a r e n H a r n b l a s e n k a r z i n o m e n ist in bis zu 1 0 % die p r o s t a t i s c h e H a r n r ö h r e m i t b e f a l l e n . I n s b e s o n d e r e bei w e n i g d i f f e r e n z i e r t e n U r o t h e l k a r z i n o m e n u n d d e m C a r c i n o m a in situ d e r H a r n b l a s e sollten v o r e i n e r r a d i k a l e n

• Befall der prostatischen Harnröhre in bis zu 10% bei multilokularem Harnblasenkarzinom

224

14. Urogenitale T u m o r e n Zystektomie immer Biopsien aus der prostatischen H a r n r ö h r e e n t n o m m e n werden. Eine kontinente Harnableitung (z.B. Ileum-Neoblase) mit Ableitung über die H a r n r ö h r e ist bei einem Befall wegen der hohen lokalen Rezidivrate nicht sinnvoll.

Symptomatik Harnstrahlabschwächung Dysurie Hämaturie

• Symptomatik. Häufig b e m e r k e n die Patienten als erstes Zeichen eine Schwellung im Bereich der H a r n r ö h r e , eine Harnstrahlabschwächung oder Dysurie. Richtungsweisend können auch Blutungen aus der U r e t h r a , periurethrale Abszesse und spontane Fistelbildungen sein. Nicht selten verbirgt sich hinter einer rezidivierenden Harnröhrenstriktur ein Urethrakarzinom.

Diagnostik • Urethrogramm: KM-Aussparung • palpable Induration

• Diagnostik. Das retrograde Urethrogramm zeigt typischcrweise eine Kontrastmittelaussparung. Gelegentlich deutet bei der Palpation ein indurierter Bezirk auf einen bereits fortgeschrittenen Tumor hin.

• Praxishinweis: Urethroskopie mit Biopsie

Praxishinweis: Die Diagnosesicherung erfolgt durch die Urethroskopie und endoskopische Biopsie. Zytologische Untersuchungen des Urethralsekrets oder von Urethraspülungen können hilfreich sein.

Therapie und Prognose • Penisteilamputation

• Penektomie mit Prostatovesikulektomie

• TUR • Harnableitung, Schmerzbestrahlung

• Therapie und Prognose. Die Behandlung hängt von Lage und Ausmaß des Tumors im Bereich der H a r n r ö h r e ab. Eine Penisteilamputation wird bei Tumoren im Bereich der penilen H a r n r ö h r e und der Fossa navicularis durchgeführt. Hierbei werden 5-Jahres-Überlebensraten von über 50 % berichtet. Bei einem Befall der b u l b o m e m b r a n ö s e n H a r n röhre ist ein radikaler operativer Eingriff mit Penektomie, bilateraler pelviner Lymphadenektomie und evtl. Prostatovesikulektomie notwendig, um der hohen Rezidiv- und schlechten Überlebensrate zu begegnen. Jedoch versterben die meisten dieser Patienten an einer raschen lymphogenen Metastasierung. Oberflächliche papilläre Tumoren der prostatischen H a r n r ö h r e können durch eine transurethrale Elektroresektion ( T U R ) erfolgreich behandelt werden. Palliativmaßnahmen stellen die suprapubische Harnableitung und ggf. Schmerzbestrahlung dar.

Bei der Frau

14.5.2 T u m o r e n der w e i b l i c h e n Harnröhre

weibliche Harnröhrentumoren sind u.a.: • Condylomata acuminata

Folgende Tumoren der weiblichen H a r n r ö h r e sind bekannt: • gutartige Tumoren: Condylomata acuminata, Urethralkarunkel • bösartige Tumoren: Plattenepithel-. Übergangsepithel- und A d e n o k a r z i n o m Harnröhrenkarunkel stellen einen Prolaps der vorderen H a r n r ö h r e dar, imponieren als rötlicher ringartiger Wulst an der H a r n r ö h r e n m ü n d u n g und m a c h e n sich durch Miktionsstörungen und Blutungen bemerkbar. Therapie der Wahl ist die lokale Exzision. Maligne Erkrankungen entstehen am häufigsten im distalen H a r n r ö h r e n a b schnitt, wobei Plattenepithelkarzinome überwiegen. Die histologische Beschaffenheit ist für die Therapie von untergeordneter Bedeutung; diese orientiert sich allein an der Ausbreitung des Tumors. Primäre H a r n r ö h r e n k a r z i n o m e breiten sich anfänglich durch lokale Infiltration aus. Eine Metastasierung über die Lymphgefäße erfolgt inguinal (v. a. distaler Befall) und iliakal (proximaler Befall der H a r n r ö h r e ) .

• Harnröhrenkarunkel

meist Plattenepithelkarzinome seltener Urothelkarzinome

Symptome: • Blutung ex urethra • Dysurie • Harnverhalt

Symptomatik und Diagnostik. Häufige Beschwerden sind Harnröhrenblutungen und Ulzerationen sowie dvsurische Beschwerden mit Pollakisurie oder Harnverhalt. Distale H a r n r ö h r e n t u m o r e n können als papilläre Gebilde oder ringförmige Vorwölbungen aus dem Meatus austreten und fallen bei der klinischen Untersuchung auf. Tumoren der mittleren und proximalen Urethra können bei der vaginalen Untersuchung als Verhärtung oder d e r b e r Strang getastet werden.

225

14.6 Prostatakarzinom Die endoskopische Diagnostik ist schwierig und nur eindeutig, wenn der Tumor intraluminal oder papillär wächst. Die wichtigste Differentialdiagnose ist das Harnröhrenkarunkcl. Therapie und Prognose. O b e r f l ä c h l i c h e K a r z i n o m e des M e a t u s u r c t h r a c u n d d e r distalen H a r n r ö h r e w e r d e n exzidiert u n d nachbestrahlt. Bei invasiven T u m o r e n wird e i n e Zystektomie u n d Urethrektomie o d e r e i n e ext e r n e H o c h v o l t b e s t r a h l u n g e m p f o h l e n . D i e P r o g n o s e wird in e r s t e r Linie d u r c h e i n e h o h e R a t e an L o k a l r e z i d i v e n b e s t i m m t . D i e 5 - J a h r e s - Ü b e r l e b e n s r a t e n liegen zwischen 30 u n d 5 0 % . T u m o r e n d e s M e a t u s u n d d e r distalen H a r n r ö h r e h a b e n e i n e b e s s e r e P r o g n o s e als ein Befall d e r p r o x i m a l e n U r e t h r a .

Therapie: • Exzision, Bestrahlung • Zyst-, Urethrektomie, Bestrahlung

14.6 Prostatakarzinom

Prostatakarzinom

H.

Prognose • Lokalrezidive!

Sommerkamp E p i d e m i o l o g i e . D a s P r o s t a t a k a r z i n o m ist bezüglich d e r N e u e r k r a n k u n g e n die häufigste maligne Geschwulst des Mannes, gefolgt v o m Bronchialkarzinom. Bei d e n T o d e s u r s a c h e n steht es an 3. Stelle.

Epidemiologie

M a n g e h t h e u t e d a v o n aus, d a ß j e d e r 11. M a n n an e i n e m P r o s t a t a k a r z i n o m erk r a n k e n u n d j e d e r 30. d a r a n s t e r b e n wird. P r o J a h r w e r d e n in d e n alten B u n d e s l ä n d e r n d e r B R D r u n d 18000 n e u e T u m o r f ä l l e d i a g n o s t i z i e r t . In Sektionsstatistiken f i n d e t m a n ein sog. „latentes Karzinom" in bis zu 50 % bei M ä n n e r n von 80 u n d m e h r J a h r e n . Klinisch tritt d a s K a r z i n o m a b d e m 50. L e b e n s j a h r mit z u n e h m e n d e r H ä u f i g k e i t in E r s c h e i n u n g . D i e m e i s t e n P a t i e n t e n sind z u m Z e i t p u n k t d e r D i a g n o s e 70 J a h r e alt. 11 % d e r j ä h r l i c h e n K r e b s s t e r b e f ä l l e , e n t s p r e c h e n d 8 0 0 0 - 1 1 000 K r a n k e n , sind d u r c h ein P r o s t a t a k a r z i n o m v e r u r s a c h t .

· latentes Karzinom in 50% bei über Achtzigjährigen

14.6.1 Ätiopathogenese, Pathologie

Ätiopathogenese

14.6.1.1 Histopathologie und natürlicher Verlauf

Histopathologie

D a s P r o s t a t a k a r z i n o m ist in 95 % d e r Fälle ein A d e n o k a r z i n o m , d a s sich meist ( 8 5 % ) im dorsalen Anteil d e r D r ü s e , s e l t e n e r in d e r p e r i u r e t h r a l e n D r ü s e n z o n c ( Ü b e r g a n g s z o n e ) , c n t w i c k c l t . M a n u n t e r s c h e i d e t uniform u n d pluriform a u f g e b a u t e K a r z i n o m e . B e i d e F o r m e n sind gleich h ä u f i g , w o b e i T u m o r a n t e i l e m i t h o h e r , m i t t l e r e r o d e r n i e d r i g e r D i f f e r e n z i e r u n g o d e r M i s c h f o r m e n vorkommen.

in 95 % Adenokarzinom: - entwickelt sich meist im dorsalen Anteil - uni- oder pluriform aufgebaut

Selten ( 5 % ) werden andere histopathologische Arten gefunden: Urothelkarzinome, Plattenepithelkarzinome. Karzinoide und nicht näher klassifizierbare undifferenzierte Karzinome. D e r Grad der Malignität ( G r a d i n g ) läßt sich a m histomorphologischen Aufbau u n d a m G r a d d e r Zellkernatypie b e u r t e i l e n . Bei W e r t u n g b e i d e r P a r a m e t e r wird e i n e E i n t e i l u n g in G r a d 1 - 3 m ö g l i c h ( D h o m 1977):

Differenzierungsgrade 1-3 prognostisch bedeutsam:

• Grad-]-Karzinome sind h o c h d i f f e r e n z i e r t e g l a n d u l ä r e K a r z i n o m e mit geringer Kernatypie • Grad-2-Karzinome entsprechen mäßig differenzierten glandulären Karzinom e n o h n e o d e r mit e i n z e l n e n k r i b r i f o r m e n H e r d e n u n d m ä ß i g e r K e r n a t y p i e • Grad-3-Karzinome sind k r i b r i f o r m e o d e r solide K a r z i n o m e mit s t a r k e r Kernatypie D i e P r o g r e s s i o n s t e n d e n z d e s j e w e i l i g e n T u m o r s , u n d d a m i t d i e P r o g n o s e , ist e n g mit s e i n e r D i f f e r e n z i e r u n g v e r k n ü p f t .

• Grad 1: hochdifferenziert • Grad 2: mäßig differenziert • Grad 3: entdifferenziert, Kernatypien

14. Urogenitale Tumoren

226 Ausbreitung: • Dorsalzone Metastasierung • lymphogen (pelvine Lymphknoten) • hämatogen (Knochen, Leber, Lunge)

Ausbreitung, Metastasierung. D a s K a r z i n o m b r e i t e t sich m e i s t in d e r Dorsalzone d e r D r ü s e aus, infiltriert die K a p s e l u n t e r I n v a s i o n v o n L y m p h s p a l t e n u n d N e r v e n s c h e i d e n . E s m e t a s t a s i e r t in die r e g i o n ä r e n pelvinen Lymphknoten bzw. f ü h r t zu e i n e r hämatogenen Ausbreitung, b e v o r z u g t in Knochen, Leber u n d Lunge.

Stadieneinteilung

14.6.1.2 TNM-Stadieneinteilung

TN Μ-System: • Τ = lokale Tumorausbreitung • Ν = Lymphknotenbefall • Μ = Fernmetastasen • zusätzlich: Grading 1-3

D i e F e s t l e g u n g d e s T u m o r s t a d i u m s wird im E i n z e l f a l l d u r c h d i e E r m i t t l u n g d e s lokalen Tumorstadiums (T-Kategorie), d e s regionären Lymphknotenstatus (NKategorie) u n d a n h a n d d e s V o r l i e g e n s o d e r A u s s c h l u s s e s v o n Fernmetastasen (M-Kategorie) v o r g e n o m m e n . H i n z u k o m m t d e r B e f u n d d e r Tumordifferenzierung (G-Grading). D a s T N M - S y s t e m d e f i n i e r t diese K a t e g o r i e n wie folgt ( A b b . 14-17). T-Kategorie (p)TX: Primärtumor kann nicht beurteilt werden (p)T0: kein Anhalt für Primärtumor (p)Tl: Tumor ist zufälliger histologischer Befund (inzidentell). T l a in 5 % des resezierten Gewebes. T i c Tumor entdeckt bei Biopsie (ζ. B. wegen erhöhtem PSA) (p)T2: Tumor klinisch oder makroskopisch vorhanden. T 2 a Tumor 1,5 cm oder weniger im größten Durchmesser. T 2 b Tumor mehr als 1,5 cm im größten Durchmesser in einem Lappen. T 2 c Tumor in beiden Lappen. (p)T3: Tumor infiltriert jenseits der Prostatakapsel. T 3 a einseitig. T 3 b beidseitig. T 3 c Samenblaseninfiltration (p)T4: Tumor ist fixiert oder infiltriert Nachbarstrukturen, die bei T 3 nicht aufgeführt sind. T 4 a Blasenhals, ext. Sphinkter, Rektum. T 4 b Levatormuskel oder Bekkenwand N-Kategorie NX: regionäre Lympknoten können nicht beurteilt werden NO: keine regionären Lymphknotenmetastasen Ν1: Metastase in solitärem Lymphknoten, 2 cm oder weniger im größten Durchmes-

T4 Abb. 14-17: Klassifizierung des lokalen Tumorstadiums (T-Kategorie) beim Prostatakarzinom

227

14.6 Prostatakarzinom Ν 2:

Ν3:

M e t a s t a s e ( n ) in s o l i t ä r e m L y m p h k n o t e n , m e h r als 2 cm, a b e r nicht m e h r als 5 cm im g r ö ß t e n D u r c h m e s s e r , o d e r in multiplen L y m p h k n o t e n , k e i n e m e h r als 5 cm im g r ö ß t e n D u r c h m e s s e r M e t a s t a s e n in L y m p h k n o t e n m e h r als 5 cm im g r ö ß t e n D u r c h m e s s e r

M-Kategorie MO: Ml:

keine F e r n m e t a s t a s e n N a c h w e i s von F e r n m e t a s t a s e n

G-Kategorie ( h i s t o p a t h o l o g i s c h e s G r a d i n g ) GX: D i f f e r e n z i e r u n g s g r a d k a n n nicht beurteilt w e r d e n Gl: G2: G3:

gut d i f f e r e n z i e r t , leichte A n a p l a s i e mäßig differenziert, mäßige Anaplasie schlecht d i f f e r e n z i e r t / u n d i f f e r e n z i e r t , a u s g e p r ä g t e A n a p l a s i e

Als okkultes Karzinom bezeichnet m a n ein klinisch nicht entdecktes, durch Metastasen manifestes Karzinom. Ein latentes Karzinom ist ein klinisch stummes, postmortal e n t d e c k t e s Karzinom. Ein inzidentes Karzinom wird bei 1 2 % d e r P a t i e n t e n b e o b a c h t e t , die wegen benigner Hyperplasie operiert wurden (s.Abb. 12-10, S. 190). Bei M ä n n e r n ü b e r 70 und bei k o m p l e t t e r A u f a r b e i t u n g des histologischen Materials kann d e r Anteil m e h r als 3 0 % betragen. Die Stadien T 1 a und T 1 b k o m m e n etwa gleich häufig vor: • T1 a-Karzinome sind i m m e r hochdifferenziert und prognostisch günstig. Sie b e d ü r f e n in d e r Regel keiner T h e r a p i e . • 7 7 b-Karzinome sind mäßig o d e r schlecht differenziert (in 10 % G r a d 3) und weisen in 26 % einen L y m p h k n o t e n b e f a l l auf, was eine schlechtere Prognose bedingt. Sie sind in d e r Regel b e h a n d l u n g s b e d ü r f t i g .

• okkultes Karzinom: - Metastasen bei nicht diagnostiziertem Primärtumor • latentes Karzinom: - postmortale Entdeckung • inzidentes Karzinom: - 12-30% bei TURP zufällig entdeckt - Τ1 a: keine Therapie - Τ1 b: meist behandlungsbedürftig

D a s klinisch manifeste, lokal begrenzte Karzinom (Stadium T 2 a und T 2 b ) wird bei k n a p p 30 % d e r P a t i e n t e n g e f u n d e n . E s bietet günstige Voraussetzungen f ü r eine Heilung. Fernmetastasen w e r d e n j e d o c h in bis zu 20 % b e o b a c h t e t , sowie ein L y m p h k n o t e n b e f a l l in bis zu 2 8 % . D i e metastatische Ausbreitung des K a r z i n o m s ist von d e r Differenzierung und vom Tumorvolumen abhängig. D a s lokal fortgeschrittene Karzinom (T3) weist in der Mehrzahl der Fälle bereits einen regionären Lymphknotenbefall (s. u.) und in r u n d 30 % Knochenmetastasen auf. D i e H ä u f i g k e i t von F e r n m e t a s t a s e n und L y m p h k n o t e n b e f a l l korreliert eng mit d e m T u m o r v o l u m e n und d e r D i f f e r e n z i e r u n g des Tumors.

• lokal begrenztes Karzinom: - < 30%: T2a, T2b - jeder 5. hat Metastasen

Inzidenz von Lymphknotenmetastasen ( % ) in A b h ä n g i g k e i t von Tumorstadium -differenzierung ( H a r t y & C a t a l o n a 1987):

• Lymphknotenmetastasen abhängig von:

Grading Stadium

T2a T2b T3

Gl

G2

G3

alle

4 18 50

14 27 41

33 43 93

12% 28 53

und

- Lymphknoten in 28% befallen

• lokal fortgeschrittenes Karzinom: (T3) - meist Lymphknotenbefall - in 30% Knochenmetastasen

- Malignitätsgrad Ν + Ν + Ν +

14.6.2 Klinik, Früherkennung Symptomatik. D a s P r o s t a t a k a r z i n o m f ü h r t - im G e g e n s a t z zur benignen Prostatahyperplasie (s. Abschn. 12.3, S. 185) - erst im lokal fortgeschrittenen Stadium zu Miktionsbeschwerden. Die meisten P a t i e n t e n mit lokal b e g r e n z t e m Tum o r sind asymptomatisch. Praxishinweis: D a ü b e r 50 % d e r E r k r a n k t e n zum Z e i t p u n k t d e r Diagnose bereits Fernmetastasen h a b e n , sind Knochenschmerzen oft Erstsymptome.

- Tumorstadium

Symptomatik

im Frühstadium keine Miktionssymptome meist asymptomatisch

• Praxishinweis

14. Urogenitale Tumoren

228 Früherkennung

Anamnese Untersuchung: Abdomen DRU DRU + PSA steigern die Früherkennungsrate deutlich

Friiherkennung ( V o r s o r g e u n t e r s u c h u n g ) . A b d e m 45. L e b e n s j a h r ist die V o r s o r g e u n t e r s u c h u n g des M a n n e s a n g e z e i g t , d i e f o l g e n d e L e i s t u n g e n u m faßt: • Anamnese, Blutdruckund Pulsfrequenzkontrolle, Harnanalyse, Palpation des Abdomens, Inspektion der Analregion, digital-rektale Prostata- u n d Mastdarmuntersuchung (DRU). Bei 1 , 5 % d e r U n t e r s u c h t e n wird d u r c h die r e k t a l e U n t e r s u c h u n g allein ein P r o s t a t a k a r z i n o m g e f u n d e n . D R U u n d S e r u m - P S A - A n a l y s e (s.u.) s t e i g e r n die Sensitivität: • bei u n a u f f ä l l i g e m T a s t b e f u n d u n d e r h ö h t e m P S A - W e r t f i n d e t m a n in bis zu 1 4 % d e r P a t i e n t e n ein K a r z i n o m • bei s u s p e k t e m T a s t b e f u n d in V e r b i n d u n g mit e i n e r P S A - E r h ö h u n g in bis zu 65%. Trotz dieser möglichen Früherkennung beträgt die Inanspruchnahme tersuchung bundesdurchschnittlich nur 14%!

Diagnostik

der

Vorsorgeun-

14.6.3 Diagnostik Diagnostische M a ß n a h m e n werden beim Prostatakarzinom vorgenomm e n zur: • Sicherung der Diagnose und Ermittlung des Ausbreitungsstadiums • E r f a s s u n g v o n Tumorfolgen: H a r n s t a u , L y m p h ö d e m , B l u t u n g

Rektale Untersuchung • Konsistenzvermehrung = Karzinom' verdacht!

• R e k t a l e Untersuchung, s. A b b . 5-2, S. 48, s. A b s c h n . 12.4.1.1, S. 187: • J e d e Induration d e r P r o s t a t a ist auf ein Karzinom verdächtig: Differentialdiagnose:

- T2: abgegrenzte Induration

Prostatasteine, Prostatitis granulomatosa, Tbc.

- T3: Infiltration über Organgrenze

Bei T 2 - S t a d i e n t a s t e t m a n e i n e abgegrenzte Induration innerhalb der Drüse: dies e n t s p r i c h t m e i s t e i n e m T u m o r v o l u m e n von 1 - 2 ccm. • T 3 - S t a d i e n lassen eine Infiltration bzw. ein Überschreiten der Kapsel e r k e n -

- T4: fixierter, Nachbarorgane infiltrierender Tumor

• Bei T 4 - S t a d i e n liegt ein f i x i e r t e r u n d ggf. N a c h b a r o r g a n e ( R e k t u m , H a r n blase, B e c k e n w a n d ) i n f i l t r i e r e n d e r T u m o r vor.

Prostatabiopsie

14.6.3.1 Prostatabiopsie

Diagnosesicherung durch

D i e D i a g n o s e wird d u r c h die G e w i n n u n g h i s t o l o g i s c h e n o d e r z y t o l o g i s c h e n Tumormaterials gesichert.

• transrektale oder perineale Stanzbiopsie oder

• Stanzbiopsie. H i e r b e i wird ein Gewebszylinder mit e i n e r B i o p s i e n a d e l gew o n n e n ( S t a n z b i o p s i e ) : d a z u w i r d ( t r a n s p e r i n e a l o d e r - r e k t a l ) u n t e r digitaler o d e r s o n o g r a p h i s c h e r K o n t r o l l e e i n e N a d e l b i o p s i e aus d e m s u s p e k t e n A r e a l e n t n o m m e n ( A b b . 14-18).

• Feinnadelaspirationsbiopsie

• 90% konkordante Befunde

• Aspirationsbiopsie. Auf gleiche Weise k a n n mit e i n e r F e i n n a d e l zytologisches Material z u r D i a g n o s e v e r w e n d e t w e r d e n . D i e s V e r f a h r e n ist w e n i g e r invasiv, setzt j e d o c h g r o ß e E r f a h r u n g in d e r B e f u n d i n t e r p r e t a t i o n voraus. D i e Ü b e r e i n s t i m m u n g b e i d e r M e t h o d e n liegt bei 9 0 % .

Bildgebende Untersuchungsverfahren

14.6.3.2 Bildgebende Untersuchungsverfahren

1. Sonographie:

• Ultraschall. Z u r K a r z i n o m d i a g n o s t i k u n d B e s t i m m u n g d e r l o k a l e n A u s b r e i t u n g wird die S o n o g r a p h i e als transrektale Ultrasonographie ( T R U S ) n u t z b r i n g e n d e i n g e s e t z t . Ein in d a s R e k t u m e i n g e f ü h r t e r S c h a l l k o p f e r m ö g l i c h t

229

14.6 Prostatakarzinom

Prostata

Abb. 14-18: Technik der transperinealen Stanzbiopsie

Abb. 14-19: Transrektale Sonographie (TRUS). Im rechten Prostatalappen sieht man eine hypodense Zone (eingekreist), die einem T3-Karzinom entspricht

die bildliche D a r s t e l l u n g v o n Prostataform, -große u n d Binnenstruktur. Karzin o m a r e a l e sind meist, j e d o c h nicht t u m o r s p e z i f i s c h , von v e r m i n d e r t e r E c h o d i c h t e (hypoechogen) ( A b b . 14-19). D i e l o k a l e T u m o r a u s d e h n u n g (Kapseldurchbrach, Bläschendrüseninfiltration) k a n n in d e r R e g e l gut e r f a ß t w e r d e n S u s p e k t e A r e a l e w e r d e n u l t r a s c h a l l g e s t e u e r t biopsiert. Praxishinweis: D i e t r a n s r e k t a l e U l t r a s c h a l l - U n t e r s u c h u n g ( T R U S ) ist d a s wichtigste bildgebende Verfahren z u r D a r s t e l l u n g d e s lokal begrenzten Prostatakarzinoms. Sie e r l a u b t e i n e g e z i e l t e B i o p s i e t u m o r v e r d ä c h tiger A r e a l e .

• Darstellung von - Prostataform, -läge - Binnenstruktur hypoechogene Zonen - lokaler Tumorausdehnung

• Praxishinweis

< 3 =

• CT, MRT. Diese Verfahren sind zur Tumorerkennung nicht, und zur Festlegung der lokalen Primärtumorausbreitung wenig geeignet. Zur Beurteilung des pelvinen Lymphknotenstatus haben sowohl CT wie MRT eine relativ geringe Sensitivität für die Routinediagnostik.

2. CT, MRT • geringe Aussagekraft für Stadieneinteilung (Tund N)

• Szintigraphie ( s . A b s c h n . 5.6.3, S. 84), R ö n t g e n . D i e M e t h o d e d e r W a h l z u r D i a g n o s t i k v o n K n o c h e n m e t a s t a s e n ist die Skelettszintigraphie (s.Abb.5-31. S. 85). Bei u n s i c h e r e r s z i n t i g r a p h i s c h e r A u s s a g e sind Röntgenzielaufnahmen hilfreich.

Szintigraphie Erfassung der M-Kategorie durch • Skelettszintigraphie • Röntgenzielaufnahmen

Knochenmetastasen können szintigraphisch Monate vor ihrer röntgenologischen stellbarkeit erfaßt werden.

Dar-

230

14. Urogenitale Tumoren

Lymphknotendiagnostik

14.6.3.3 Lymphknotendiagnostik

Erfassung des N-Stadiums durch • pelvine Lymphadenektomie

Bei d e r e r h e b l i c h e n B e d e u t u n g , die e i n e m m e t a s t a t i s c h e n B e f a l l d e r pelvinen Lymphknoten in B e z u g auf P r o g n o s e u n d T h e r a p i e z u k o m m t , m u ß b e i m lokal b e g r e n z t e n T u m o r d i e N - K a t e g o r i e g e p r ü f t w e r d e n . Bei d e r g e r i n g e n Sensitivität d e r b i l d g e b e n d e n V e r f a h r e n e r f o l g t dies a u c h h e u t e n o c h d u r c h die o p e r a t i ve E x p l o r a t i o n d e r e r s t e n L y m p h k n o t e n s t a t i o n . D i e s k a n n auf v e r s c h i e d e n e Weise v o r g e n o m m e n w e r d e n : pelvine Lymphadenektomie: z . B . mit Schnells c h n i t t d i a g n o s t i k v o r R a d i k a l - O p . o d e r laparoskopische Lymphadenektomie. Lymphographisch lassen sich pelvine Lymphknoten nicht mit ausreichender diagnostischer Sicherheit darstellen; die Feinnadelbiopsie suspekter (lymphographisch angefärbter) Lymphknoten ist ebenfalls unüblich und nicht zuverlässig. Ein metastatischer Lymphknotenbefall k a n n n u r m i t t e l s Lymphknotenexstirpation gesichert w e r d e n : S t a n d a r d v e r f a h r e n ist d a h e r die o f f e n e o d e r l a p a r o s k o p i s c h e (s. A b s c h n . 18.2.1, S. 306) L y m p h a d e n e k t o m i e . D i e E n t n a h m e d e r wichtigsten r e g i o n ä r e n L y m p h k n o t e n ( O b t u r a t o r i u s - , Iliak a l - L y m p h k n o t e n ) e r m ö g l i c h t die S i c h e r u n g d e s L y m p h k n o t e n s t a t u s im E i n zelfall. Sind die L y m p h k n o t e n t u m o r f r e i , so sind d i e C h a n c e n f ü r ein k u r a t i v e s V e r f a h r e n günstig. In w e n i g e n Fällen sind j e d o c h s a k r a l e o d e r p a r a r e k t a l e L y m p h k n o t e n b e f a l l e n , die d u r c h die E x p l o r a t i o n nicht e r f a ß t w e r d e n .

Labordiagnostik

1. PSA • Praxishinweis

2. PAP 3. AP

14.6.3.4 Labordiagnostik Praxishinweis: W i c h t i g s t e r T u m o r m a r k e r (s. A b s c h n . 14.1.1, S. 197) im S e r u m ist d a s prostataspezifische A n t i g e n ( P S A ) , ein G l y k o p r o t e i n , d a s in d e n D r ü s e n e p i t h e l i e n d e r P r o s t a t a g e b i l d e t wird. Daneben spielt die Analyse weiterer Markersubstanzen, wie der sauren Prostataphosphatase (prostatic acid phosphatase, PAP) oder der alkalischen Phosphatasen (AP) eine nachgeordnete Rolle. Normwerte: PSA < 4,0 ^ig/l, PAP < 4,0 U/1, AP 6 0 - 2 0 0 U/1. D e r wichtigste u n d sensitivste L a b o r w e r t , d a s P S A , ist f ü r Diagnostik u n d Verlaufskontrolle von eminenter Bedeutung. Seine Plasmakonzentration korreliert e n g mit d e r M a s s e P S A - e x p r i m i e r e n d e r Z e l l e n . Leicht erhöhte Werte kann man auch bei benigner Hyperplasie und bei akuter Prostatitis finden.

PSA-Werte > 10 ^g/l: Karzinomverdacht suspekter Tastbefund und PSAWert> 10 Mg/1: 65% Karzinomwahrscheinlichkeit

Therapie: PSA l —> Erfolg

Therapie

kuratives Ziel nichtkuratives Ziel

Bei Konzentrationen über 10 μg/l m u ß ein Karzinom vermutet und diagnostisch a u s g e s c h l o s s e n bzw. verifiziert w e r d e n : • In V e r b i n d u n g mit e i n e m suspektem Tastbefund wird die K a r z i n o m v e r d a c h t s d i a g n o s e in 65 % d e r Fälle bestätigt. • S c h o n bei Werten von 4-10 fig/l ist e i n e Prostatabiopsie in 21 % d e r Fälle p o sitiv. D e r E r f o l g e i n e r Therapie k a n n a m A b s i n k e n bzw. d e m f e h l e n d e n N a c h w e i s (Radikaloperation) des Markers abgelesen werden.

14.6.4 Therapie In d e r B e h a n d l u n g d e s P r o s t a t a k a r z i n o m s u n t e r s c h e i d e n wir f o l g e n d e Z i e l e : • kurative Zielsetzung: d e r lokal b e g r e n z t e T u m o r (NoMo) wird geheilt u n d • nichtkurative Zielsetzung: bei r e g i o n ä r e r ( N + ) o d e r h ä m a t o g e n e r ( M l ) S t r e u u n g ist e i n e H e i l u n g nicht m ö g l i c h .

14.6 Prostatakarzinom

231

• Bei metastasenfreien Patienten wird der P r i m ä r t u m o r in kurativer Intention behandelt: Radikaloperation (Prostatektomie), Bestrahlung. • Metastasierte Tumoren b e d ü r f e n einer Hormontherapie: Androgenentzug (Orchiektomie, medikamentös). Voraussetzung für eine stadiengerechte Therapie ist ein exaktes Staging eine A b s t i m m u n g auf den Einzelfall (Stadium, Alter, Op.-Risiko etc.).

und

• Behandlungsgrundsatz

• Voraussetzung: - Staging - individuelle Entscheidung

14.6.4.1 Radikaloperation Radikaloperation Standardverfahren zur operativen E n t f e r n u n g eines lokalisierten Prostatakarzinoms ( T l - 2 p N o M o ) ist die radikale Prostatektomie. Sie ermöglicht bei gegebenen Voraussetzungen die vollständige Karzinomexzision (tumorfreie Resektionsränder). Die PSA-Konzentration fällt nach radikaler Tumorresektion auf Null ab. Die Indikation ist bei Patienten mit lokal begrenztem Karzinom im Alter bis zu 70 Jahren gegeben, sofern keine e r h ö h t e n Operationsrisiken vorliegen. Die Kenntnis des pelvinen Lymphknotenstatus ist für die Indikationsstellung zur Op. und eine adjuvante (Hormon-)Therapie Voraussetzung. Eine diagnostische pelvine Lymphadenektomie wird daher routinemäßig vor jeder Radikaloperation vorgenommen. • Bei ausgedehntem Befall (pN3) wird der Eingriff in der Regel abgebrochen, bzw. bei zweizeitigem Vorgehen, nicht ausgeführt. • Bei geringfügigem Lymphknotenbefall führt die O p e r a t i o n in Verbindung mit einem H o r m o n e n t z u g zu einer Verlängerung des progressionsfreien Intervalls. Operationstechnisch (s. Abschn. 17.2.2.2, S. 286) muß bei der radikalen Prostatektomie die gesamte Drüse mit Anhangsgebilden exzidiert werden (Abb. 14-20). Blasenhals und Harnröhrenstumpf werden danach durch Naht reanastomosiert. Durch eine anatomiegerechte Technik lassen sich die Hauptkomplikationen der Operation (Inkontinenz, Impotenz) in Grenzen halten. Nur ca. 3 % der

Abb. 14-20: Technik der radikalen Prostatektomie. Mit der eigentlichen Drüse werden gleichzeitig die Bläschendrüsen und Ampullen der Samenleiter exzidiert

• radikale Prostatektomie: Therapie der Wahl beim lokal begrenzten (NoMo) Karzinom • Voraussetzung: - pelviner Lymphknotenstatus

• < pN3: Operation mit zusätzlicher Hormontherapie —> Prognose Τ • Operationstechnik: - komplette Exzision der Prostata mit Bläschendrüsen und Samenleiterampullen • Hauptkomplikationen: - Impotenz - Inkontinenz

232

14. Urogenitale Tumoren

10-Jahres-ÜLR: 70% bei Τ 2 43 /o bei T3

Strahlentherapie

Operierten sind nach dem Eingriff komplett inkontinent; die erektile Funktion kann bei ca. der Hälfte der Patienten erhalten werden. Die 10-Jahres-Überlebenszeiten betragen für T2-Stadien 70 % und für T3-Stadien 43 %_ Lokalrezidive werden (abhängig vom Grading und der Vollständigkeit der primären Exzision) in 10-35 % beobachtet.

14.6.4.2 Strahlentherapie Das Prostatakarzinom ist ein strahlensensibler Tumor, der bei ausreichend hoher Dosis aktinisch unter Kontrolle gebracht werden kann. Die Indikation wird gestellt, wenn eine Operation aus Alters- oder Risikogründen nicht in Betracht kommt, der Patient die Bestrahlung bevorzugt, oder die Wahrscheinlichkeit einer kompletten chirurgischen Tumorexzision (T3) zu gering erscheint. In 20-40 % der Patienten muß ein N+-Stadium angenommen werden.

Alternative zur Radikaloperation: 1. perkutane Hochvolttherapie

• Linearbeschleuniger. Methodischer Standard ist die perkutane HochvoltTherapie (Linearbeschleuniger). 65-70 Gy werden fraktioniert über 6 Wochen eingestrahlt.

2. interstitielle Strahlentherapie

• Interstitielle Strahlentherapie. Eine Steigerung der Herddosis läßt sich durch die Kombination mit radioaktiven, in die Prostata implantierten Nukliden erzielen. Die (temporäre) Iridium 1 '' 2 oder (permanente) Au 198 oder J 125 -Implantation in die Prostata (interstitielle Strahlentherapie) führt in Verbindung mit der perkutanen Dosisaufsättigung zu einer verbesserten lokalen Tumorkontrolle. Der Erfolg einer Strahlentherapie läßt sich nur bioptisch sichern. Der rektale Tastbefund allein ist unzuverlässig. • In 3 0 ^ 0 % zeigen Biopsien, die nach mehr als 18 Monaten entnommen werden, eine Tumorpersistenz. • Der PSA-Wert kann nach der Bestrahlung einen Hinweis auf das Ansprechen der Therapie geben und sollte innerhalb von 6 Wochen deutlich abfallen. Ein Wiederanstieg bedeutet ein Lokalrezidiv oder eine systemische Progression. • Die 10-.Jahres-Üherlebenszeiten betragen im Mittel 60 % bei T2 und 36 % im T3-Stadium. Komplikationen der Strahlentherapie sind die Proktitis, Strahlenzystitis, Impotenz und Harnröhrenstrikturen (s. Abschn. 13, S. 194).

beide Verfahren kombiniert für Τ 1-3 Nachteil: hohe Raten von lokaler Tumorpersistenz Therapiekontrolle: Biopsie PSA-Werte

• • -

10-Jahres-ULR: 60% bei Τ 2 36% bei Τ 3 Komplikationen: Proktitis, Zystitis Strikturen

Hormontherapie

14.6.4.3 Hormontherapie

Das Prostatakarzinom ist androgenabhängig: • Androgendeprivation h e m m t Tumorprogression: - bei 80% der Patienten - geringer bei undifferenziertem Karzinom - testikuläre Androgene: 90% - adrenale Α.: 10%

Eine zentrale Rolle in der Behandlung des Prostatakarzinoms nimmt die Hormontherapie ein. Ihr liegt die fundamentale Erkenntnis von Huggins (1941) zugrunde, daß eine Abhängigkeit dieses Tumors von den männlichen Sexualhormonen besteht. Eine Kastration führt bei Patienten mit fortgeschrittenem Karzinom meist zu dramatischer Befundbesserung und Hemmung der Tumorprogression. Dieser Effekt beruht auf dem Entzug des D H T (Dihydrotestosteron), das die Tumorzellen zur DNA-Synthese benötigen. Rund 9 0 % der Androgene sind testikulären, 10% adrenalen Ursprungs (Abb. 14-21). Wird ein Androgenentzug vorgenommen, so kommt es zur Proliferationshemmung. Diese Hormonabhängigkeit besteht bei etwa 80 % der Karzinome, bei undifferenzierten ( G 3 ) Tumoren ist sie weniger ausgeprägt.

• Androgenentzug

Der Androgenentzug kann auf 2 Wegen erreicht werden (Abb. 14-21): • chirurgische Kastration • pharmakologische Kastration: GnRH-Analoga, Antiandrogene, Östrogene, Kombinationen (komplette Androgenblockade).

14.6 Prostatakarzinom

233

LH-RH-Agonisten Östrog

ACTH LH FSH

ψ

v

Nebenniere

Testi

Orchiektomie

/

5-10 %

Androgene

t Antiandrogene

Abb. 14-21: Möglichkeiten und Ansatzpunkte des Androgenentzugs beim metastasierten Prostatakarzinom

N a c h einer ( o p e r a t i v e n ) bilateralen Orchiektomie fällt der Plasma-Testosteronspiegel innerhalb von 24 S t u n d e n auf Kastrationswerte ab, oft mit einer raschen S y m p t o m l i n d e r u n g ( S c h m e r z e n ) e i n h e r g e h e n d . D a s Verfahren ist besonders beim alten Patienten mit unsicherer C o m p l i a n c e (unregelmäßige Med i k a m e n t e n e i n n a h m e ) sinnvoll und langfristig am kostengünstigsten. D e r Eingriff stellt f ü r fortgeschrittene Stadien die B a s i s b e h a n d l u n g dar. G n R H (LH-RH)-Analoga sind synthetische V e r b i n d u n g e n , die eine p e r m a n e n t e Ausschüttung von L H aus dem H y p o p h y s e n v o r d e r l a p p e n bewirken. Bei D a u e r m e d i k a t i o n führt dies zunächst (über 8 - 1 0 Tage) zu einer Steigerung d e r T e s t o s t c r o n p r o d u k t i o n , weshalb in dieser Phase i m m e r zusätzlich ein A n t i a n d r o g e n gegeben w e r d e n sollte. D a n a c h k o m m t es zu einem Abfall auf Kastrationswerte (Erschöpfungsmechanismus). U n t e r dieser M e d i k a t i o n läßt sich die testikuläre A n d r o g e n p r o d u k t i o n d a u e r h a f t , j e d o c h reversibel supprimieren. Präparate sind: Buserelin-, Goserelin- o d e r L e u p r o r e l i n a c e t a t . Die B e h a n d l u n g mit G n R H - A n a l o g a ist einer Kastration gleichwertig und wird oft einer operativen Kastration vorangestellt, um die Effizienz (Hormonsensibilität) einer solchen M a ß n a h m e v o r a b zu p r ü f e n . Nebenwirkungen sind: verstärkte S y m p t o m e in d e r Initialphase der V e r a b r e i c h u n g (Testosteronanstieg), Hitzewallungen, I m p o t e n z , G y n ä k o m a s t i e . D i e Kosten der Medikation sind erheblich. Antiandrogene blockieren die Wirkung d e r k ö r p e r e i g e n e n A n d r o g e n e auf zellulärer E b e n e . D u r c h kompetitive H e m m u n g des D H T schirmen sie die Tumorzelle vor A n d r o g e n e n testikulärer und a d r e n a l e r H e r k u n f t ab. A n t i a n d r o gene w e r d e n als M o n o t h e r a p i e o d e r in K o m b i n a t i o n mit L H - R H - A n a l o g a („komplette Androgenblockade") eingesetzt. D a b e i unterscheidet m a n steroidale ( C y p r o t e r o n a c e t a t = C P A ) von nichtsteroidalen A n t i a n d r o g e n e n (Flutamid, Nilutamid). • C P A hat n e b e n seinem Blockierungseffekt noch eine zentral antigonadot r o p e Wirkung. • Flutamid wirkt ausschließlich auf Z e l l e b e n e und f ü h r t somit nicht zu einem Abfall der Plasma-Testosteronkonzentration. Die meisten Patienten weisen

Orchiektomie • wirkungsvolle und kostengünstige Form der Androgendeprivation

GnRH-Analoga • „pharmakologische Kastration": Alternative zur Orchiektomie

• -

Nebenwirkungen initial: Testosteron Τ Hitzewallungen Impotenz Gynäkomastie

Antiandrogene • blockieren Androgene • Medikamente: - Cyproteronacetat - Flutamid

234

14. Urogenitale Tumoren

• Nebenwirkungen - Gynäkomastie - Unverträglichkeit

daher unter der Behandlung keine sexuellen Funktionsstörungen auf (Impotenz). Hauptnebenwirkungen sind: Gynäkomastie, gastrointestinale Unverträglichkeit, Leberfunktionsstörungen.

Östrogene hohe kardiovaskuläre Nebenwirkungsrate

• Östrogene wirken zentral antigonadotrop und führen über eine LH-Supression zum Abfall des Plasmatestosterons. Sie werden derzeit nur noch selten eingesetzt, da sie durch kardiovaskuläre Nebenwirkungen (Natrium- und Wasserretention) belastet sind. Es werden unter Östrogentherapie vermehrt Infarkte, Thrombosen und zerebrovaskuläre Blutungen beobachtet.

Komplette Androgenblockade

Unter einer kompletten Androgenblockade versteht man die Ausschaltung sowohl der testikulären wie der adrenalen Androgene, bzw. deren Vorstufen. Verbreitetste Kombination ist der Einsatz von LH-RH-Analoga (oder einer Kastration) mit einem Antiandrogen. Statistisch läßt sich bei Patienten mit geringem metastatischen Befall eine Progressionsverzögerung und Lebensverlängerung gegenüber der alleinigen Kastration nachweisen, wenn mit einem nichtsteroidalen Antiandrogen kombiniert wird.

Kombination von Orchiektomie oder LH-RH-Analoga mit Antiandrogenen

hormontaube Tumorzellen

geringe Ansprechrate auf Zytostatika

Schmerztherapie: Analgetika Schmerzbestrahlung Radionuklide

Die Wirkung der Hormondeprivation läßt in der Regel nach einigen Jahren nach, und Progreßzeichen treten auf. „Hormontaube" Tumorzellverbände bestimmen danach den Krankheitsverlauf. Eine Poly-Chemotherapie kann bei den meist schwerkranken Patienten kaum jemals eingesetzt werden. Weniger belastend sind Zytostatika wie N-Lost (Estramustinphosphat), Epirubicin, oder Doxorubicin. Eine Ansprechrate von 40 % (Schmerzlinderung) kann erwartet werden. Zur Bekämpfung der oft ausgeprägten Knochenschmerzen sind Analgetika, eine lokale perkutane Strahlentherapie oder Radionuklide (Strontium, Yttrium) indiziert.

Prognose

14.6.4.4 Prognose

• bei lokalisiertem Tumorbefall gute Heilungschancen

Das Prostatakarzinom ist ein meist langsam wachsender Tumor, der bei Hormonabhängigkeit über lange Zeiträume unter Kontrolle gehalten werden kann. Bei der geringen Inanspruchnahme der urologischen Vorsorgeuntersuchung ist der Prozentsatz an frühen, heilbaren Stadien recht gering (20%). Reale kurative Chancen bestehen nur in den Stadien pNoMo. Die regionär bzw. fernmetastasierten Karzinome werden durch eine stadienangepaßte Therapie zwar in bezug auf Symptome und Progression günstig beeinflußt, in der Regel jedoch nicht geheilt. Ein Patient mit Metastasen hat eine vom Ausmaß der Metastasierung und der Tumordifferenzierung bestimmte, begrenzte Lebenserwartung; durch die Therapie kann lediglich eine Verzögerung der Progression erreicht werden. Die 5-Jahres-Überlebenszeit eines Patienten mit Fernmetastasen ( M l ) liegt unter 2 0 % . Patienten, die früh einer Androgenblockade mit nichtsteroidalen Antiandrogenen zugeführt werden, profitieren von einer längeren Lebenserwartung und längeren progressionsfreien Zeit (späteres Auftreten von Metastasen und Symptomen).

• unter Hormonbehandlung langfristige Palliation die Regel

• 5-Jahres-ÜLR: bei Μ 1 < 20%

Hodentumoren

14.7 Hodentumoren M. Wirth,

Epidemiologie

D. Heimbach,

A.

Manseck

Epidemiologie. 1 % aller malignen Tumoren Mannes sind Hodentumoren. Die Inzidenz liegt bei 6,5 Erkrankungen auf 100000 männliche Einwohner pro Jahr. In Deutschland rechnet man zur Zeit mit jährlich etwa 2600 Neuerkrankungen.

14.7 Hodentumoren

235

• 70 % aller H o d e n t u m o r e n betreffen 2CM0jährige. • In der Altersgruppe der 20- bis 34jährigen stellt der H o d e n t u m o r vor den Leukämien und dem M. Hodgkin die häufigste maligne Erkrankung dar. H o d e n t u m o r e n können jedoch prinzipiell in jedem Alter auftreten. Sie treten fast immer einseitig auf. In etwa 2 - 3 % k o m m t es zu einem bilateralen Befall. Die Tunica albuginea begrenzt normalerweise das lokale Wachs tum der H o d e n t u m o r e n .

häufigste maligne Erkrankung bei 20-34jährigen

• Hodentumoren sind zu 97 % einseitig

14.7.1 Ätiopathogenese, Pathologie 14.7.1.1 Ätiologie

Ätiologie

Die Ursache der H o d e n t u m o r e n ist unbekannt. Gesicherte Risikofaktoren sind: • kontralateraler Hodentumor und Maldescensus testis (Kryptorchismus). Das Tumorrisiko bei Männern mit einem Maldescensus testis ist gegenüber jenen mit einem n o r m o t o p e n H o d e n 15- bis 30 fach erhöht.

unbekannt

Praxishinweis: Auch eine konservative oder operative Korrektur der Hodendystopie vor d e m 6. Lebensjahr bietet keinen Schutz vor d e m höheren Tumorrisiko.

erhöhtes Tumorrisiko bei: • Maldescensus testis

• Praxishinweis

14.7.1.2 Pathogenese, Pathologie

Pathologie

Germinale Hodentumoren. Eine pathohistologische Klassifikation der germinalen H o d e n t u m o r e n wurde von Dixon und Moore sowie von Collins und Pugh angegeben, um eine Vergleichbarkeit von Untersuchungs- und Therapieergebnissen zu ermöglichen. Die WHO-Klassifikation (Tab. 14-4). die von Mostofi entwickelt wurde, lehnt sich eng an die Dixon- und Moore-Einteilung an. Sie berücksichtigt jedoch zusätzlich Differenzierungen der Keimzelltumoren und wird gegenwärtig zur allgemeinen A n w e n d u n g empfohlen.

1. Germinale Tumoren: pathohistologische Klassifikationen: - Dixon, Moore - Collins, Pugh - WHO: Differenzierung berücksichtigt

Tab. 14-4: Vergleich der Klassifikationen testikulärer Keimzelltumoren Dixon und Moore

Collins und Pugh

WHO

Seminom

Seminom • klassisch • spermatozytisch

Seminom: • typisch • anaplastisch • spermatozytisch

embryonales Karzinom

malignes Teratom undifferenziert

embryonales Karzinom

Teratom rein

Teratom differenziert

Teratom reif

Teratom mit embryonalem Karzinom = Teratokarzinom

malignes Teratom intermediär

embryonales Karzinom mit Teratom = Teratokarzinom Teratom unreif

Chorionkarzinom

malignes Teratom trophoblastisch Dottersacktumor

Chorionkarzinom Dottersacktumor

14. Urogenitale Tumoren

236 überwiegend Tumoren des Keimepl· thels

=» Altersgipfel • Seminom: 37 Jahre • Nichtseminom: 28 Jahre • Dottersacktumor: Kindesalter 2. IMichtgerminale Hodentumoren: • Tumoren des gonadalen Stromas • Kapsel-, Nebenhoden, Bindegewebstumoren • Systemerkrankungen • Metastasen

93 % aller Tumoren sind germmale der häufigste Tumortyp.

D e r Altersgipfel der Patienten mit Seminomen liegt bei 37 Jahren. Bei nichtseminomatösen Tumoren wird der Altersgipfel bereits mit 28 Jahren erreicht. O b e r h a l b des 50. Lebensjahres bilden sich fast ausschließlich Seminome. Im Kindesalter stellt der Dottersacktumor den häufigsten Tumortyp dar. Nichtgerminale • Tumoren des chidoblastom • Tumoren des Stützstrukturen • Tumoren des

Hodentumoren sind gonadalen Stroma, Leydigzell-Tumor, Sertolizell-Tumor, OrRete testis, des Nebenhodens, lymphatischen

D e r Sertoli-Zelltumor der Leydig-Zelltumor Stadieneinteilung:

Tumoren: D a s Seminom ist mit 40 %

der Kapsel, der Appendices,

und hämatopoetischen

Systems

sowie

der

Metasta-

wird vor allem vor der Pubertät beobachtet, w ä h r e n d altersunabhängig auftritt.

• TNM-System: - histopathologische Ausdehnung

Stadieneinteilung. Die wichtigsten Klassifikationen (Tab. 14-5) sind das TNMSystem der U I C C und die Stadieneinteilung von Lugano. D e r Vorteil des TNM-Systems besteht darin, daß vor allem die histopathologische Ausdehnung des Primärtumors genau erfaßt wird.

• Lugano-Klassifikation: - Klinik - Lokalisation

D i e Lugano-Klassifikation o r i e n t i e r t sich am speziellen klinischen E r s c h e i n u n g s b i l d des T u m o r s und u n t e r s c h e i d e t zwischen lokaler, infra- u n d supradiaphragmaler Lokalisation.

Metastasierungswege

Hodenfreilegung: - immer inguinal

Metastasierung. Die lymphogene Ausbreitung ist für die germinalen Hodentumoren typisch. Das Chorionkarzinom setzt jedoch frühzeitig prim ä r hämatogene Metastasen. Bei n o r m a l e n Lymphabflußverhältnissen b e s t e h t k e i n e V e r b i n d u n g zu d e n inguinalen L y m p h k n o t e n . D u r c h skrotale Operationen k ö n n e n j e d o c h die tiefen L y m p h b a h n e n A n schluß an die o b e r f l ä c h l i c h e n e r h a l t e n , so d a ß eine inguinale L y m p h k n o t e n m e t a s t a s i e r u n g möglich ist. D e s h a l b ist f ü r die Hodenfreilegung i m m e r d e r inguinale Zugang zu w ä h l e n .

D e r Lymphabfluß des H o d e n s verläuft primär entlang der Hodengefäße sowie der Lymphbahnen, die vor- oder entlang der Aorta und der V. cava liegen.

Tab. 14-5: Stadieneinteilung bei Hodentumoren TNM-System

Lokalisation

LuganoKlassifikation

T1N0M0

Tumor begrenzt auf den Hoden (einschl. Rete testis)

Stadium I

T2N0M0

Tumor infiltriert jenseits der Tunica albuginea oder in den Nebenhoden

Stadium I

T3N0M0

Tumor infiltriert den Samenstrang

Stadium I

T4N0M0

Tumor infiltriert das Skrotum

Stadium I

T1-4N1M0

retroperitoneale Lymphknotenmetastasen < 2 cm

Stadium IIA

T1-4N2M0

solitäre oder multiple Lymphknotenmetastasen 2-5 cm

Stadium II Β

T1-4N3M0

retroperitoneale Lymphknotenmetastasen >5 cm (bulky-Tumor)

Stadium NC

T1-4N1-3M1

mediastinal oder supraclaviculäre Lymphknotenmetastasen, Fernmetastasen

Stadium III

14.7 Hodentumoren

237

Abb. 14-22: Primäre Lymphknoten metastasierung, a. rechtsseitiger Hodentumor, b. linksseitiger Hodentumor. Die jeweiligen Grenzen der modifizierten retroperitonealen Lymphadenektomie sind grau gerastert

Die Metastasierung erfolgt bei rechtsseitigen Hodentumoren parakaval, präkaval, interaortakaval von den Hilusgefäßen der Nieren bis zur Aufzweigung von V.cava bzw. Aorta, präaortal bis zum Abgang der A.mesenterica inferior und in die rechte iliakale Region. Linksseitige Hodentumoren metastasieren primär paraaortal links und in das obere präaortale Feld (Abb. 14-22). Eine kontralaterale Metastasierung ist möglich. Praxishinweis: Die erste Lymphknotenstation liegt am A b g a n g der Nierengefäße. Nach Befall der vorbeschriebenen Lymphknoten erfolgt die weitere Metastasierung bevorzugt mediastinal oder über den linken Venenwinkel zu den supraklavikulären Lymphknoten.

Metastasierung: • re. Tumor: - para-, - präkaval - interaortokaval • Ii. Tumor: - paraaortal Ii. - präaortales Feld • Praxishinweis

• mediastinal

14.7.2 Klinik, Diagnostik 14.7.2.1 Klinik

Klinik

Das häufigste Frühsymptom des H o d e n t u m o r s ist ein derber, nicht druckdolenter Knoten, der zu einer z u n e h m e n d e n Hodenvergrößerung führt. O f t handelt es sich um einen Zufallsbefund, der keine Beschwerden verursacht. Ein Schweregefühl im Skrotum und Leistenbeschwerden deuten auf einen größeren Hod e n t u m o r hin. Schmerzen können durch Einblutungen in den Tumor mit nachfolgender Kapselspannung oder durch Infiltration von N e b e n h o d e n und Hodenhüllen verursacht werden. In etwa 15 % der Fälle finden sich entzündliche Veränderungen, die eine Epididymitis vortäuschen können. Auch die Ausbildung einer Begleithydrozele ist möglich.

• Frühsymptom: - derber, nicht druckdolenter Knoten im Hoden - Vergrößerung

Praxishinweis: H o d e n t u m o r e n können durch eine Epididymitis und Hydrozele maskiert werden!

Praxishinweis: Differentialdiagnose

Hormonaktive Tumoren k ö n n e n eine Gynäkomastie h e r v o r r u f e n . Meist h a n d e l t es sich u m ein Chorionkarzinom, welches C h o r i o n g o n a d o t r o p i n p r o d u z i e r t . Die h o r m o n a l e A k tivität von Leydigzell-Tumoren f ü h r t zur Pubertaspraecox infolge A n d r o g e n p r o d u k t i o n .

• Hormonaktivität: - Gynäkomastie - Pubertas praecox

238

14. Urogenitale Tumoren

• Allgemeinsymptome: - Reizhusten, Dyspnoe bei Lungenme tastasierung - Gewicht 4 - Leistung i - „Kreuzschmerzen"

Zu den Allgemeinsymptomen der fortgeschrittenen Metastasierung zählen M ü d i g k e i t , L e i s t u n g s m i n d e r u n g u n d G e w i c h t s v e r l u s t . S c h m e r z e n in d e r Sakral- u n d L u m b a i r e g i o n sowie im F l a n k e n b e r e i c h k ö n n e n auf e i n e U r e t e r o b s t r u k t i o n mit n a c h f o l g e n d e r H a r n s t a u u n g h i n w e i s e n . R e i z h u s t e n u n d Dysp n o e w e r d e n bei e i n e r L u n g e n m e t a s t a s i e r u n g b e o b a c h t e t .

Diagnostik

14.7.2.2 Diagnostik, Differentialdiagnose

Ziel: Stadieneinteilung: - Tumorausdehnung? - Metastasen?

D i e D i a g n o s t i k e r f a ß t die Ausdehnung des Primärtumors, der Lymphknotenu n d d e r viszeralen Metastasen, um eine Stadieneinteilung zu e r m ö g l i c h e n , die vor B e h a n d l u n g e r f o l g e n muß. D i a g n o s t i s c h e M a ß n a h m e n sind: klinische, radiologische U n t e r s u c h u n g (Sonographie, Ausscheidungsurogramm, Röntgenthorax, CT, MRT), biochemische B e f u n d e (AFP, HCG).

Untersuchungsgang: 1. Klinische Untersuchung: • Palpation des Primärtumors • der Lymphknotenstationen: - retroperitoneal - supraklavikulär

• Klinische Untersuchung. D i e Palpation e r m ö g l i c h t die E r k e n n u n g d e s Prim ä r t u m o r s in 97 % d e r Fälle. W e i t e r h i n ist e i n e k o m p l e t t e klinische U n t e r s u chung erforderlich. Hierzu gehört insbesondere die Palpation des A b d o m e n s , u m g r o ß e retroperitoneale Lymphknotenkonglomerate zu e r f a s s e n . D e s w e i t e r e n m ü s s e n die Lymphknoten der Supraklavikular-Region beurteilt werden.

2. Sonographie: • skrotale S. zur Differentialdiagnose - kleine, nicht palpable Tumoren • abdominale S.: - retroperitoneale Lymphknotenmeta stasen > 1,5 cm - Lebermetastasen 3. Röntgenthorax: - Rundherde

• Sonographie. M i t d e r skrotalen S o n o g r a p h i e ( s . A b b . 5 - 9 b , S. 59) lassen sich fast alle T u m o r e n d i a g n o s t i z i e r e n ( A b b . 14-23 a). Sie e r f a ß t a u c h kleine, nicht palpable Tumoren. D i e S o n o g r a p h i e weist r e t r o p e r i t o n e a l e Lymphknotenlind Lebermetastasen a b e i n e m D u r c h m e s s e r v o n e t w a 1,5 c m n a c h .

4. Ausscheidungsurogramm: - Ureterverlagerung - präoperativ

• Ausscheidungsurogramm. G r ö ß e r e r e t r o p e r i t o n e a l e L y m p h k n o t e n m e t a s t a sen w e r d e n d u r c h d i e Verdrängung e i n e r o d e r b e i d e r Ureteren erkannt ( A b b . 14-23 b). D i e s e U n t e r s u c h u n g ist i n s b e s o n d e r e v o r retroperitonealer Lymphadenektomie wichtig, u m A n o m a l i e n d e r a b l e i t e n d e n H a r n w e g e zu erfassen.

5. Lymphographie: durch CTersetzt

• Lymphographie. Diese Methode ermöglicht die Beurteilung der Binnenarchitektur der Lymphknoten unabhängig von deren Größe. Dieses Verfahren hat jedoch wegen der hohen Fehlerquote (bis zu 5 0 % falschpositive bzw. falschnegative Befunde) keine Bedeutung mehr und wurde weitgehend durch die CTersetzt.

6. CT

7. Tumormarker: AFP, HCG

• Praxishinweis

• Röntgenthorax. D i e R ö n t g e n t h o r a x a u f n a h m e d e r L u n g e n in 2 E b e n e n sollte v o r d e r H o d e n f r e i l e g u n g r o u t i n e m ä ß i g d u r c h g e f ü h r t w e r d e n . Metastasen stellen sich als scharf a b g r e n z b a r e Rundherde dar.

C o m p u t e r t o m o g r a p h i e . D i e A b d o m e n - C T ist z u r e x a k t e n B e s t i m m u n g d e s Tumorstadiums i m m e r e r f o r d e r l i c h . Retroperitoneale Metastasen w e r d e n mit e i n e r T r e f f e r w a h r s c h e i n l i c h k e i t v o n ca. 85 % e r k a n n t ( A b b . 14-23 c). Z u r B e u r t e i l u n g v o n mediastinalen und intrapulmonalen Metastasen h a t sich das T h o r a x - C T als d a s sensitivste V e r f a h r e n erwie-

• Laborchemische Untersuchungen. Tumormarker sind f ü r Diagnostik, rapieüberwachung u n d Verlaufskontrolle von g r o ß e r B e d e u t u n g .

The-

Praxishinweis. T u m o r m a r k e r ( A F P , H C G ) m ü s s e n vor E n t f e r n u n g d e s befallenen Hodens bestimmt werden.

=ί> Nichtseminome: • AFP t, HCG t : Tumor Τ • AFP 4, HCG i: Tumor l

A F P , H C G o d e r b e i d e T u m o r m a r k e r sind in bis zu 9 0 % aller P a t i e n t e n mit nichtseminomatösen Hodentumoren erhöht: - ihr Abfall zeigt d e n T h e r a p i e e r f o l g an - ihr Anstieg zeigt ein f o r t s c h r e i t e n d e s W a c h s t u m an - ihr Wiederauftreten d e u t e t auf M e t a s t a s e n hin

14.7 Hodentumoren Ein Residualtumor oder ein Tumorprogreß wird durch negative Marker nicht ausgeschlossen. A F P (Alphafetoprotein) ist in ca. 75 % aller Fälle nichtseminomatöser H o d e n t u m o r e n erhöht. Die Sezernierung von A F P kann jedoch auch durch andere Karzinome oder durch Lebererkrankungen bedingt sein. Die Halbwertszeit beträgt 5 - 7 Tage. Bei histologisch „reinem" Seminom ist A F P nicht nachweis-

239

• -

AFP: nicht tumorspezifisch Halbwertszeit 5-7 Tage in 7 5 % Τ bei nichtseminomatösen Hodentumoren

H C G (humanes Choriongonadotropin). Die Halbwertszeit von B e t a - H C G beträgt etwa 24 Stunden. D e r T u m o r m a r k e r ist in bis zu 65 % beim Teratokarzinorn des H o d e n s erhöht. Auch beim Seminom können selten erhöhte H C G Werte beobachtet werden.

• HCG: - HCG-Erhöhung bei ca. 6 5 % der Teratokarzinome

L D H (Laktadehydrogenase) ist ein unspezifischer Tumormarker. Seine B e d e u t u n g liegt vor allem in d e r Therapieüberwachung u n d in d e r Verlaufskontrolle fortgeschrittener S e m i n o m e sowie in d e r p r o g n o s t i s c h e n B e u r t e i l u n g von f o r t g e s c h r i t t e n e n T u m o r e n . PlaP (plazentare alkalische Phosphatase). Bei 96 % d e r S e m i n o m e ist dieser T u m o r marker immunhistochemisch nachweisbar.

• LDH, PlaP: - bei Seminomen nachweisbar

Differentialdiagnose. Die akute Epididymitis geht mit plötzlich a u f t r e t e n d e n Entzündungszeichen einher. Anamnestisch besteht häufig ein Harnwegsinfekt. D e r H o d e n ist vom N e b e n h o d e n palpatorisch nicht abgrenzbar. Es findet sich meist hohes Fieber. Die Symptomatik der chronischen Epididymitis ist weniger ausgeprägt und oftmals nur durch die Vorgeschichte von einem H o d e n t u m o r zu unterscheiden. Bei der tuberkulösen Epididymitis zeigt sich isoliert der N e b e n h o d e n verhärtet und vom H o d e n glatt abgrenzbar. D e r Samenstrang kann knotenförmig verändert sein. Weiterhin weisen Fisteln auf eine Genitaltuberkulose hin. Eine Orchitis wird besonders bei Viruserkrankungen wie M u m p s oder auch bei Malaria, Scharlach und Typhus abdominalis beobachtet. Schwellung und R ö t u n g des H o d e n s werden meist in Verbindung mit hohem Fieber angetrof-

Differentialdiagnose • akute Epididymitis

Eine akute Hodentorsion wird meist im Kindesalter und in der Pubertät diagnostiziert. Die plötzlich einsetzende akute Schmerzsymptomatik ist typisch und oft mit einem relativen Hodenhochstand verbunden. Eine ähnliche Beschwerdesymptomatik kann durch die Torsion der Appendix testis oder epididymidis verursacht werden. Hydrozele, Hämatozele und Spermatozele lassen sich meist sonographisch von einem H o d e n t u m o r differenzieren.

• akute Hodentorsion, Torsion der Appendix testis oder epididymidis

D e s w e i t e r e n sind p r i m ä r nicht v o m H o d e n a u s g e h e n d e E r k r a n k u n g e n wie leukämisches Infiltrat, Skrotalhernie u n d Lymphabflußstörungen sowie eine Varikozele o d e r eine Nebenhodenkopfzyste differentialdiagnostisch abzugrenzen.

Praxishinweis: Jeder suspekte H o d e n b e f u n d m u ß durch eine inguinale Hodenfreilegung abgeklärt werden.

14.7.3 Therapie Behandlungsgrundsatz: Hodenfreilegung über einen hohen Inguinalschnitt und Semikastration nach makroskopischem oder schnellschnitthistologischem Befund. Falls der Tumor die Skrotalwand infiltriert, ist die Hemiskrotektomie indiziert. Bei ungezielten Biopsien des kontralateralen Hodens wird bei 3 - 5 % der Patienten eine testikuläre intraepitheliale Neoplasie (TIN), aus der sich ein invasives Karzinom entwickeln kann, diagnostiziert. Durch eine lokale Bestrahlung

• chronische Epididymitis • tuberkulöse Epididymitis

• Orchitis

• • • •

Hydrozele Hämatozele Spermatozele Varikozele

Praxishinweis

Therapie Behandlungsgrundsatz: Semikastration

Hemiskrotektomie bei Infiltration der Skrotalwand TIN im kontralateralen Hodens

240

14. Urogenitale Tumoren mit 20 G y ( 5 x 2 G y / W o c h e ) k a n n dies v e r h i n d e r t w e r d e n , w o b e i eintritt, sog. „ S e r t o l i - c e l l - o n l y - S y n d r o m " . D i e Testosteronproduktion weitgehend erhalten.

Therapie des Seminoms

Stadium I

Infertilität bleibt

14.7.3.1 Seminom • Stadium I. B e h a n d l u n g s s t a n d a r d d e s S e m i n o m s im S t a d i u m I ist d i e infradiaphragmale Bestrahlung n a c h E n t f e r n u n g des P r i m ä r t u m o r s .

• Strahlentherapie - Gesamtdosis 25-30 Gy

D a m i t sollen diagnostisch nicht e r f a ß t e Mikrometastasen vernichtet werden. D i e Gesamtdosis v o n 2 5 - 3 0 G y ( F r a k t i o n i e r u n g 5 x 2 G y / W o c h e ) wird in einem Zeitraum von 3^1 Wochen verabreicht. N e b e n w i r k u n g e n der Bestrahlung sind g a s t r o i n t e s t i n a l e B e s c h w e r d e n u n d D u o d e n a l u l z e r a bei 6 % d e r P a t i e n t e n vor allem bei h ö h e r e n S t r a h l e n d o s e n . D i e Infertilität als B e s t r a h l u n g s folge ist m e i s t r e v e r s i b e l .

• alternativ: - Chemotherapie - Beobachtung

Alternative Behandlungsverfahren: • systemische Chemotherapie mit Carboplatin engmaschige Beobachtung, „wait and watch".

Stadium IIA/B: • Bestrahlung in höherer Dosis in größerem Bestrahlungsfeld (Gesamtdosis 36 Gy) • alternativ: - Chemotherapie

• Stadium II A / B . A u c h hier w i r d infradiaphragmal bestrahlt. D i e Gesamtdosis b e t r ä g t 36 G y ( F r a k t i o n i e r u n g 5 x 2 G y / W o c h e ) . D a s Strahlenfeld ist e r w e i t e r t .

Stadium II c und III: • primäre Chemotherapie

Als Alternative kommt eine Chemotherapie tracht.

(2 Serien) und

Surveillance-Strategie:

z.B. Carboplatin-Monotherapie in Be-

• Fortgeschrittene Stadien ( H C , III) w e r d e n p r i m ä r e i n e r C h e m o t h e r a p i e u n t e r z o g e n . B e h a n d l u n g d e r e r s t e n W a h l ist e i n e K o m b i n a t i o n s - C h e m o t h e r a p i e mit Cisplatin, Etoposid u n d Ifosfamid (PEI, 4 Serien). Auf Bleomycin wird wegen der Lungentoxizität dieses Zytostatikums bei den meist älteren Seminompatienten nach Möglichkeit verzichtet. • H C G - p o s i t i v e s S e m i n o m . D i e B e h a n d l u n g wird wie b e i m markernegativen Seminom durchgeführt. Die prognostische Bedeutung der HCG-Expression von Seminomen ist bisher unbekannt.

Nichtseminomatöse Hodentumoren

14.7.3.2 Nichtseminomatöse Tumoren

Stadium I: 1. RLA oder

Im Stadium I liegen g e g e n w ä r t i g 2 B e h a n d l u n g s o p t i o n e n vor: • d i a g n o s t i s c h e , modifizierte retroperitoneal Lymphadenektomie (RLA) und Nachkontrolle • e n g m a s c h i g e Nachbeohachtung (wait a n d w a t c h ) . Im S t a d i u m I sind t r o t z aller k l i n i s c h - d i a g n o s t i s c h e r M a ß n a h m e n in 1 7 - 3 8 % unerkannte Metastasen v o r h a n d e n . U m e i n e M e t a s t a s i e r u n g in die p r i m ä r e L y m p h k n o t e n s t a t i o n a u s z u s c h l i c ß c n , ist die m o d i f i z i e r t e retroperitoneale L y m p h a d e n e k t o m i e das sicherste V e r f a h r e n ( A b b . 14-23). D i e O p e r a t i o n wird 2 - 4 W o c h e n n a c h d e r S e m i k a s t r a t i o n d u r c h g e f ü h r t . D a b e i w e r d e n n u r die p r i m ä r e n M e t a s t a s e n s t a t i o n e n auf G r u n d l a g e d e r b e k a n n t e n testikulären Lymphdrainage entfernt und einer Schnellschnittuntersuchung zugeführt.

2. Nachbeobachtung - häufig unerkannte Metastasen

- Schnellschnittuntersuchung • Verlust der antegraden Ejakulation - bei radikaler retroperitonealer Lymphadenektomie - selten bei selektiver Lymphadenektomie

D i e m o d i f i z i e r t e r e t r o p e r i t o n e a l e L y m p h a d e n e k t o m i e läßt z u m i n d e s t die symp a t h i s c h e n G a n g l i e n L I bis L 3 d e r G e g e n s e i t e i n t a k t . So wird d e r Verlust der antegraden Ejakulation, d e r bei e i n e r r a d i k a l e n E n t f e r n u n g d e r r e t r o p e r i t o n e a l e n L y m p h k n o t e n i m m e r zu b e o b a c h t e n ist, bei e t w a 90 % d e r P a t i e n t e n v e r m i e d e n . D u r c h e i n e S c h o n u n g d e r im O p e r a t i o n s g e b i e t l i e g e n d e n N e r v e n k a n n die p o s t o p e r a t i v e E j a k u l a t i o n s f ä h i g k e i t n o c h e r h ö h t w e r d e n .

14.7 Hodentumoren

241 SIEMENS

βΜ l 9 5 % ) , M e l a n o m e , S a r k o m e , Basalzellkarzinome.

V. epigastrica spf. Tub. pubicum

V. saphena magna Abb. 14-25: Schildwächter-Lymphknoten (n. Cabanas). Die erste metastatische Lymphknotenstation liegt subkutan und medial der V.epigastrica superficialis. Sie ist ca. 2 Querfinger (4,5 cm) lateral und unterhalb des Tuberculum pubicum aufzufinden

Differentialdiagnosen: • Infektionen

• benigne Tumoren • Präkanzerosen • maligne Tumoren

248

14. Urogenitale Tumoren

Therapie

14.8.2.2 Therapie

1. Condylomata acuminata • Allgemeinmaßnahmen: - sexuelle Abstinenz oder Kondomschutz - Therapie lokal begünstigender Milieufaktoren • ablative Therapie: - Elektrokauterisation oder Laserbehandlung - alternativ Podophyllin • adjuvante Interferontherapie 2. Präkanzerosen • bei präputialer Lokalisation: Zirkumzision

Behandlung der Condylomata acuminata. Als Allgemeinmaßnahmen sind sexuelle Abstinenz oder Kondomschutz und die Therapie lokal begünstigender Milieufaktoren (z.B. Phimose, Fisteln, Mykosen) wichtig. Die Entfernung der Condylome erfolgt meist elektrochirurgisch oder mittels Laser. Alternativ können auch lokal ätzende bzw. antimitotische Substanzen wie Podophyllin verwendet werden. Bezüglich der Rezidivprophylaxe scheint der systemischen Interferontherapie eine wesentliche Rolle z u z u k o m m e n . Bei kleineren Arealen steht neuerdings auch ein lokal applizierbares Interferon-Gel zur Verfügung. Behandlung der Präkanzerosen. Bei einer präputialen Lokalisation ist eine organerhaltende Therapie in Form der Zirkumzision einfach zu realisieren. Bei einer Lokalisation an der Glans ist die Therapie der Wahl die lokale Applikation von 5-Fluorouracilcreme. D e r Stellenwert der Lasertherapie ist noch unklar. In j e d e m Fall m u ß eine engmaschige Nachkontrolle erfolgen.

• alternativ: lokale Exzision oder Laser 3. Peniskarzinom

a) Primärläsion: - lokale Exzision - Lasertherapie - Strahlentherapie - ab Stadium T2: partielle oder totale Penektomie

b) Lymphknoten: - abT2-Tumoren prophylaktische ilioinguinale Lymphknotenentfernung

c) palliative Chemotherapie

Maligne paratestikuläre und skrotale Tumoren

Behandlung des Peniskarzinoms • Oberflächliche und kleine Tumoren des Präputiums (unter 2 cm) können durch lokale Exzision (Zirkumzision) behandelt werden. Ist die Glans penis befallen, beträgt die Rezidivrate nach alleiniger Exzision ca. 4 0 % , so d a ß alternativ die partielle Penektomie, Laser- o d e r eine Strahlentherapie in Frage kommt. • Bei größeren Läsionen der Glans penis bzw. des Penisschaftes ist die partielle Penektomie mit einem Sicherheitsabstand die Therapie der Wahl. Lehnen die Patienten die „verstümmelnde" partielle P e n e k t o m i e ab, kann eine strahlentherapeutische Behandlung oder Laserchirurgie erwogen werden. • Bei einem ausgedehnten Tumorbefall des Penisschaftes ( > T 3 ) ist die totale Penektomie unter Mitnahme der Crura erforderlich. Die Urinausleitung erfolgt perineal. Behandlung bei regionärem Lymphknotenbefall. A b dem Stadium T 2 ist eine lymphogene Metastasierung in ca. 6 0 % zu erwarten. Da bei lokoregionären Lymphknotenmetastasen durch die inguinale L y m p h a d e n e k t o m i e in 20-50 % der Fälle eine Heilung erreicht werden kann, wird diese in Abhängigkeit vom Alter empfohlen. A b einem Tumorstadium > T2 wird heute allgemein die prophylaktische ilioinguinale L y m p h a d e n e k t o m i e ca. 4 Wochen nach der Operation der Primärläsion am Penis empfohlen. Hierbei erfolgt zunächst eine inguinale Lymphadenektomie. Sind in der Schnellschnittuntersuchung keine pathologischen Lymphknoten vorhanden, kann auf die iliakale Lymphknotendissektion verzichtet werden. Palliative Chemotherapie bei Metastasierung. D e r Stellenwert d e r C h e m o t h e r a p i e ist begrenzt. Sic ist keinesfalls ein E r s a t z d e r p r i m ä r e n O p e r a t i o n o d e r S t r a h l e n t h e r a p i e . Die a k t u e l l e n D a t e n s p r e c h e n im R a h m e n d e r palliativen B e h a n d l u n g f ü r e i n e n w e n n auch n u r k u r z e n T h e r a p i e g e w i n n d u r c h d e n Einsatz, von Methotrexat.

14.9 Tumoren des Skrotums und paratestikulärer Strukturen A. Semjonow,

selten

P. Rathert

Maligne Geschwülste paratestikulärer Strukturen und des Skrotums sind selten. Die Symptomatik ist uncharakteristisch. O f t besteht eine schmerzlose Schwellung, evtl. verbunden mit leichten, ziehenden Schmerzen im Inguinalbereich. Gelegentlich findet der Untersucher eine palpable, inguinale Lymphknotenvergrößerung.

14.9 Tumoren des Skrotums und paratestikulärer Strukturen Diagnostik. Für paratestikuläre Raumforderungen gibt es meist keine sichere anamnestische, palpatorische o d e r inspektorische Hinweise auf ihre Dignität. Tumorspezifische L a b o r p a r a m e t e r , wie sie f ü r einige H o d e n t u m o r e n existieren, sind bislang nicht bekannt. Die Sonographie mit hochauflösenden Schallköpfen ist ein zuverlässiges Mittel zur Differenzierung von extra- und intraskrotalen Prozessen. Sie ist in der Lage, zystische Prozesse sicher von soliden Prozessen abzugrenzen. Eine klare Z u o r d n u n g weichteildichter, paratestikulärer R a u m f o r d e r u n g e n ist jedoch nur selten möglich. Besteht der geringste Verdacht auf einen intraskrotalen malignen Prozeß, sollte die operative Freilegung von einem Inguinalschnitt aus erfolgen. Die histopathologische Schnellschnittuntersuchung entscheidet über die Organerhaltung.

249 Diagnostik: • Palpation • Sonographie

• operative Freilegung • Schnellschnitt -> weiteres Vorgehen

14.9.1 Maligne Skrotumtumoren

Maligne Skrotumtumoren

14.9.1.1 Plattenepithelkarzinom

Plattenepithelkarzinom

D e r häufigste maligne Tumor des Skrotums ist das Plattenepithelkarzinom, das bereits 1775 als erste maligne Berufserkrankung (Schornsteinfegerkrebs) erkannt wurde.

• erste maligne Berufserkrankung

In d e r V e r g a n g e n h e i t meist d u r c h b e r u f l i c h e E x p o s i t i o n mit R u ß , Teer, P a r a f f i n u n d and e r e n P e t r o l e u m p r o d u k t e n v e r u r s a c h t , ist es h e u t z u t a g e e h e r die Folge m a n g e l n d e r persönlicher H y g i e n e . D i e Inzidenz ist rückläufig. N e u e r d i n g s w u r d e eine H ä u f u n g e p i t h e lialer G e n i t a l t u m o r e n n a c h P h o t o c h e m o t h e r a p i e bei Psoriasis b e s c h r i e b e n . E i n e e r h ö h te Inzidenz m u l t i p l e r P r i m ä r t u m o r e n bei P a t i e n t e n mit S k r o t a l k a r z i n o m e n w u r d e m e h r fach b e s c h r i e b e n , k a n n a b e r bislang nicht e r k l ä r t w e r d e n .

Klinisch besteht meist eine knotige, schmerzlose Läsion der Skrotalhaut, häufig verbunden mit Ulzerationen (Abb. 14-26). Die R ä n d e r sind gerötet und oft wallartig aufgeworfen. Nach bioptischer Sicherung der Verdachtsdiagnose besteht die Therapie in der weiten Exzision des Tumors (mit ca. 2 cm Sicherheitsabstand), einschließlich aller befallenen inguinalen und ilioinguinalen Lymphknoten. Bei ausgedehntem Tumorwachstum ist die (Hemi-)Skrotektomie und D e c k u n g des D e f e k t e s mit gestielten L a p p e n oder Spalthaut erforderlich. Ein Übergreifen des Tumors auf den Skrotalinhalt ist selten. Metastasierung. Z u m Zeitpunkt der Diagnosestellung bestehen in ca. 50 % der Fälle Lymphknotenmetastasen. Lymphangiographie oder C T sind nur bei vergrößerten Lymphknoten hilfreich. Man findet bei tastbaren Leistenlymphknotenvergrößerungen in nur etwa der H ä l f t e aller Fälle eine maligne Ursache. Die lymphatischen Abflußwege des Skrotums führen zu den gleichseitigen oberflächlichen, inguinalen Lymphknoten. A n a s t o m o s e n zur Gegenseite be-

Abb. 14-26: Plattenepithelkarzinom der Skrotalhaut (sog. Schornsteinfegerkrebs).

Prophylaxe durch Hygiene, Schutzkleidung

Klinik: • knotige Läsion • Ulzerationen Therapie: • Exzision des Tumors • Lymphadenektomie

Metastasierung: • häufig Lymphknotenmetastasen

• Lymphabflußwege: - Anastomosen zur Gegenseite - gleichseitige Nil. inguinales spf.

250

Nachsorge-» Lymphknotenmetastasen

14. Urogenitale Tumoren stehen über die Raphe. Trotzdem sind kontralaterale inguinale Lymphknotenmetastasen selten (8 %). Eine konsequente Nachsorge ist angezeigt, da Lymphknotenmetastasen noch Jahre nach abgeschlossener Therapie auftreten können.

- Strahlentherapie, Zytostatika wenig erfolgreich

Durch Radiatio und topische Chemotherapie konnten keine Erfolge erzielt werden. Der Einsatz systemischer Zytostatika (Bleomycin, Cisplatin oder Methotrexat) bewirkt möglicherweise eine partielle Remission.

M.Paget

14.9.1.2 M.Paget

• b i o p t i s c h e K l ä r u n g therapieresistenter A n o g e n i t a l e k z e m e

Auch der M. Paget des Skrotums ist selten. Bei therapieresistenten chronischen Ekzemen der Anogenitalregion empfiehlt es sich, frühzeitig eine Biopsie durchzuführen. Nach histologischer Sicherung erfolgt die Exzision der betroffenen Skrotalhaut. Die Exzisionsränder sollten makroskopisch mindestens 1,5-2 cm tumorfrei sein, da das Tumorausmaß klinisch meist unterschätzt wird. Darüber hinaus ist die Suche nach einer zweiten, vom Skrotalbefund unabhängigen, malignen Erkrankung sinnvoll.

Malignes Melanom

14.9.1.3 Malignes Melanom des Skrotums

Behandlung: • lokale Exzision • Lymphadenektomie

Bei primären Melanomen des Skrotums sollte eine weite lokale Exzision mit bilateraler oberflächlicher inguinaler Lymphknotendissektion durchgeführt werden. Bei histologisch gesichertem Lymphknotenbefall wird auch die bilaterale tiefe pelvine Lymphknotendissektion empfohlen. Unabhängig vom Manifestationsort des Melanoms gelten Chemotherapie und Radiatio als wenig erfolgversprechend. Mit Interleukinen kann oft eine, wenn auch meist nur kurze, Remission erzielt werden.

Interferon

Rhabdomyosarkom

14.9.1.4 Rhabdomyosarkom

• häufigster Weichteiltumor des Kindes

Rhabdomyosarkome sind die häufigsten Weichteiltumoren des Kindes. Das Skrotum ist oft betroffen. Häufiger als in jeder anderen Lokalisation bestehen bei paratestikulärem Sitz des Tumors bei Diagnosestellung paraaortale Lymphknotenmetastasen. Hämatogene Metastasen treten meist in der Lunge auf. Die Therapie besteht in der radikalen inguinalen Orchiektomie mit hoher Absetzung des Funiculus spermaticus. Eine zytostatische Behandlung sollte angeschlossen werden. Verwendung finden Schemata mit Vincristin in Kombination mit Dactinomycin und Cyclophosphamid oder Adriamycin bzw. Doxorubicin. Die Notwendigkeit einer retroperitonealen Lymphknotendissektion wird auf Grund der Spätkomplikationen bei Kindern kontrovers beurteilt. Bei Erwachsenen erscheint eine prophylaktische retroperitoneale Lymphknotendissektion gerechtfertigt.

Therapie: • inguinale Orchiektomie • Chemotherapie

Sekundäre maligne Skrotumtumoren

14.9.1.5 Sekundäre maligne Skrotumtumoren Sekundär kann das Skrotum durch eine Infiltration, ausgehend von Tumoren des Penis, Hodens oder Samenstranges, einbezogen sein. Skrotale oder paratestikuläre Metastasen können bei Primärtumoren von Lunge, Prostata, Magen. Niere, Kolon, Pankreas, Harnblase oder Rektum (in absteigender Häufigkeit) auftreten. Die Therapie richtet sich nach dem Primärtumor.

14.9 T u m o r e n des S k r o t u m s u n d paratestikulärer S t r u k t u r e n

14.9.2 B e n i g n e S k r o t u m t u m o r e n Für Epidermoidzysten des Skrotums wie auch für fibröse Hamartome ist die einfache Exzision ausreichend. Zu den gutartigen mesenchymalen Neubildungen des Skrotums gehören das Hämangiom, Lymphangiom und das Lipom. Bei der Mehrheit der, normalerweise kongenital auftretenden, Hämangiome tritt eine Spontanregression innerhalb von 5 Jahren ein. Die Exzision oder Lasertherapie kann bei einer schmerzhaften Thrombose des Hämangioms oder aus kosmetischen Gründen erforderlich sein. Die Therapie von Lymphangiomen, Atheromen und Lipomen besteht in ihrer vollständigen Exstirpation. Der relativ häufig auftretende Adenomatoidtumor entwickelt sich vor allem im Nebenhodenschwanz, kann aber auch im Samenstrang oder den Hodenhüllen auftreten. Der Hoden selbst ist nicht betroffen. Die organerhaltende einfache Exzision oder Nebenhodenteilresektion ist ausreichend.

251 Benigne Skrotumtumoren • Epidermoidzysten • Hamartome

• Hämangiome

• Lymphangiome • Lipome • Adenomatoidtumoren

organerhaltende Therapie nach Schnellschnitt

Traumatologie

15. Traumatologie der Harnwege und Genitalorgane G. Rodeck

Epidemiologie • Urogenitalsystem mit ca. 2 % an Unfallverletzungen beteiligt

E p i d e m i o l o g i e . B e z o g e n auf die G e s a m t z a h l d e r U n f a l l v e r l e t z u n g e n ist d e r A n t e i l d e r t r a u m a t i s c h e n S c h ä d e n a m U r o g e n i t a l s y s t e m m i t ca. 2 % relativ gering. D e n n o c h v e r d i e n e n die H a r n o r g a n e s o w o h l bei isolierten V e r l e t z u n g e n als a u c h im R a h m e n s c h w e r e r K o m b i n a t i o n s t r a u m e n w e g e n i h r e r speziellen Problematik Beachtung.

Nieren stehen mit 12 % bei stumpfen und 5% bei penetrierenden Oberbauchtraumen nach Milz und Leber an 3. Stelle der verletzten Organe

Von d e n O r g a n e n d e s A b d o m i n a l - u n d R e t r o p e r i t o n e a l r a u m e s ist die N i e r e mit 1 2 % bei d e n s t u m p f e n u n d 5 % bei p e r f o r i e r e n d e n V e r l e t z u n g e n d e r O b e r b a u c h r e g i o n n a c h Milz u n d L e b e r a m h ä u f i g s t e n b e t r o f f e n . G l e i c h z e i t i g e V e r l e t z u n g e n d e r N i e r e u n d h a r n a b l e i t e n d e n W e g e , die v o r w i e g e n d in V e r b i n d u n g m i t B e c k e n f r a k t u r e n v o r k o m m e n , sind relativ selten. D i e Verletzungsursachen sind s e h r vielgestaltig. A n e r s t e r Stelle s t e h e n h e u t e V e r k e h r s u n f ä l l e mit ü b e r 50 % , gefolgt v o n S p o r t - , A r b e i t s - u n d h ä u s l i c h e n U n f ä l l e n .

Verkehrsunfälle weitaus am häufigsten (50-70%), gefolgt von Sport-, Arbeits- und häuslichen Unfällen

Verletzungen von Niere und proximalem Harnleiter

15.1 Verletzungen der Niere und des proximalen Harnleiters

Pathomechanismen • in ca. 90% stumpfes Trauma des Rumpfes von ventral, lateral oder dorsal • Besonderheit: Schleudertrauma

Pathomechanismen: H i e r d o m i n i e r e n O r g a n s c h ä d e n d u r c h s t u m p f e i n w i r k e n d e G e w a l t (ca. 9 0 % ) , die in A b h ä n g i g k e i t v o m U n f a l l h e r g a n g d e n R u m p f von v e n t r a l , seitlich u n d dorsal, b r e i t f l ä c h i g o d e r p u n k t u e l l t r e f f e n k a n n ( A b b . 15-1 a). W e i t e r h i n spielen sog. S c h l e u d e r t r a u m e n , bei d e n e n die relativ s c h w e r e p a r e n c h y m a t ö s e N i e r e d u r c h schnell a b g e b r e m s t e v e r t i k a l e B e w e g u n g , wie b e i m Fall aus g r o ß e r H ö h e , eine R o l l e ( A b b . 15-1 b).

• Kinder sind besonders gefährdet

Im Kindesalter ist weiter zu beachten, daß die Nieren durch ihre relative Größe, die geringer ausgebildete Muskulatur und das nachgiebige Thoraxskelett besonders gefährdet sind. Hinzu kommt die Dehnbarkeit des Nierengefäßstiels, so daß es beim Schleuder-

Abb.15-1: Pathomechanismus, b. Schleudertrauma

a. stumpfes

Bauchtrauma

von

ventral,

15.1 Verletzungen der Niere und des proximalen Harnleiters

253

I r a u m a s e l t e n e r zu G e f ä ß s t i e l a b r i s s e n , a b e r h ä u f i g e r zu Ü b e r d e h n u n g e n d e r N i e r e n a r t e r i e n mit s e k u n d ä r e m t h r o m b o t i s c h e n G e f ä ß v e r s c h l u ß k o m m t .

15.1.1 Klinik, Diagnostik 15.1.1.1 Klinik

Symptomatik

Allgemeinsymptome: Schockzustände verschiedener Schweregrade mit Hypotonie und Pulsfrequenzanstieg. Kreislaufzentralisation, Bewußtseinstrübung, Übelkeit und Erbrechen, Schmerzen.

Allgemeinsymptome - Schock versch. Grade

Lokale Symptome: Hämatome und Prellmarken in der Lenden-, Thorax- und Bauchregion, diffuser abdominaler Druckschmerz oder speziell in der Nierengegend; deutliche Abwehrspannung sowie eine allmählich an Größe zunehmende Resistenz im Oberbauch, die bei bimanueller Palpation als „Flankentumor" imponiert. Hinweisende Symptome für eine Beteiligung des Harntrakts: Hier steht die Makrohämaturie mit unterschiedlicher Intensität an erster Stelle. In 10-15% kann sie trotz schwerer Nierenverletzung, z.B. bei Nierenstiel- oder Harnleiterabriß auch fehlen. Blasenentleerungsstörung und Blutaustritt aus der Harnröhre weisen immer auf eine Verletzung der Harnröhre hin.

Lokale Symptome - „Flankentumor"

15.1.1.2 Urologische Diagnostik

Urologische Diagnostik

Praxishinweis: Folgende diagnostische Maßnahmen sind durchzuführen: • Anamnese: Klärung des Unfallhergangs und Information über frühere urologische Erkrankungen. • Die klinische Untersuchung umfaßt Inspektion und vorsichtige Palpation des Verletzungsgebiets, Messung des Bauchumfangs, Laboruntersuchungen (Hb, Erythrozyten, Hämatokrit, Leukozyten, Blutgerinnung), Blutdruckkontrollen und Untersuchung des Spontan- bzw. Katheterurins. Kein Katheterisierungsversuch bei Harnröhrenverletzung! • Sonographie beider Nieren, des Retroperitonealraumes und der Harnblase. • Abdomenleeraufnahme und Infusionsurogramm mit Spätaufnahmen. Bei Blasen- oder Harnröhrenverletzung retrogrades Urethrozystogramm (s. Abschn. 15.2. S. 260). Diese Untersuchungen können meist schon im Initialstadium und während einer Schocktherapie durchgeführt werden. Ergänzende Untersuchungen sind: CT des Abdomens, Nierenangiographie (DSA) und -Szintigraphie. • Die Ultraschalluntersuchung hat heute in der Akutdiagnostik von Unfallverletzten eine zentrale Stellung. Als nichtinvasive M a ß n a h m e gibt sie e i n e e r s t e O r i e n t i e r u n g ü b e r d e n B e f u n d an d e n intra- u n d r e t r o p e r i t o n e a l g e l e g e n e n p a r e n c h y m a t ö s e n Organen sowie ü b e r Fliissigkeitsansammlung (Blut. U r i n ) im B a u c h - u n d R e t r o p e r i t o n e a l r a u m . A b b . 15-2 zeigt eine tiefe R u p t u r mit e c h o d i c h t e m H ä m a t o m . D i e Farbdopplertechnik gibt zusätzliche Inform a t i o n e n ü b e r die D u r c h b l u t u n g e i n z e l n e r O r g a n a b s c h n i t t e . D a r ü b e r h i n a u s eignet sich die S o n o g r a p h i e f ü r l a u f e n d e Befundkonirollen u n d längerfristige V e r l a u f s k o n t r o l l e n .

• Nierenübersichtsaufnahme und Infusionsurogramm: Obwohl auch heute der CT besondere Bedeutung beigemessen wird, bleibt nach der Sonographie die Ausscheidungsurographie die Basisuntersuchung, zumal davon ausgegangen werden kann, daß diese Untersuchung in allen Fachpraxen und auch kleineren Krankenhäusern vorgenommen werden kann.

Spezifische Symptome des Harntraktes - Makrohämaturie

Praxishinweis 4=

• -

ergänzende Untersuchungen: CT DSA Nuklearmedizin

Diagnostik beim Nierentrauma 1. Sonographie: - Organbefund - Flüssigkeitsansammlung - Verlaufskontrollen

2. Nierenübersichtsaufnahme, Infusionsurogramm: • nach Sonographie wichtigste Basisuntersuchung: - Psoaskontur

254

15. Traumatologie der Harnwege und Genitalorgane

Abb. 15-2: S o n o g r a p h i s c h e r Schrägschnitt der linken Niere (N) nach N i e r e n t r a u m a . Die Pfeile markieren ein 6 χ 4 c m großes H ä m a t o m bei Nierenparenchymruptur

Abb. 15-3: Infusionsurog r a m m (Spätaufnahme) m i t a u s g e d e h n t e n Kontrastmittelparavasaten als Zeichen einer N i e r e n r u p t u r a m unteren Pol

Abb. 15-4: C o m p u t e r t o m o g r a m m eines 17jährigen Patienten nach s c h w e r e m Trauma (IIb) einer bis d a h i n nicht bekannten Einzelniere M a n erkennt die gut d u r c h b l u t e ten Areale m i t i n t e r f r a g m e n t ä r e n u n d perinealen B l u t a n s a m m lungen

-

Frakturen Schonhaltung Ausscheidung Hohlraumdarstellung Harnleiterverlauf Harnblasendarstellung

3. retrograde Ureteropyelographie bei Verdacht auf Ureterabriß

4. CT: - Nierenform

Schon die Ü b e r s i c h t s a u f n a h m e ergibt durch verwaschene Psoaskonturen, Nachweis von Rippen-, Wirbel- und Querfortsatzfrakturen sowie durch eine auffällige Skoliosehaltung wichtige Hinweise. Nach Kontrastmittelgabe werden durch die einzelnen A u f n a h m e n in Folge, einschließlich S p ä t a u f n a h m e n , nach 30-60 M i n u t e n wertvolle Erkenntnisse über Aiisscheidangsstörimg, i n k o m p l e t t e Hohlraumdarsteüung, den Verlauf des Harnleiters sowie Kontrastmittelparavasate gewonnen (Abb. 15-3). Bei T r a u m e n der U n t e r b a u c h r e g i o n erhält man zusätzliche I n f o r m a t i o n e n über Lage, Form und A u s d e h n u n g der Harnblase. Bei Verdacht auf U r e t e r a b r i ß ist die r e t r o g r a d e Ureteropyelographie indiziert (s. Abschn. 15.2. S. 259). Inl'usionsurogramm und Sonographie b e s t i m m e n in ca. 70 % den Schweregrad d e r Nierenverletzung. • Computertomographie: Diese Untersuchungstechnik ermöglicht eine zuverlässige B e f u n d e r h e b u n g im Falle s t u m p f e r , a b e r a u c h p e n e t r i e r e n d e r Verlct-

15.1 Verletzungen der Niere und des proximalen Harnleiters

255

Abb. 15-5: Übersichtsangiographie: Thrombotischer Verschluß der rechten Arteria renalis ( 50 %), Extremitäten (ca. 35 %). B e i d e r N o t f a l l v e r s o r g u n g d i e s e r P a t i e n t e n a m U n f a l l o r t u n d w ä h r e n d des T r a n s p o r t s in d i e U n f a l l k l i n i k gilt d a s v o r r a n g i g e I n t e r e s s e d e r K r e i s l a u f - u n d A t e m f u n k t i o n sowie d e r E i n d ä m m u n g ä u ß e r e r B l u t u n g e n . In d e r Klinik k ö n nen noch während der Schockbehandlung oder spätestens nach Wiederherstellung a u s r e i c h e n d e r K r e i s l a u f v e r h ä l t n i s s e die e r f o r d e r l i c h e n d i a g n o s t i s c h e n M a ß n a h m e n in d e r R e i h e n f o l g e i h r e r D r i n g l i c h k e i t d u r c h g e f ü h r t w e r d e n . Bei e i n e m s t u m p f e n o d e r p e n e t r i e r e n d e n B a u c h t r a u m a mit V e r d a c h t auf Bet e i l i g u n g d e r H a r n o r g a n e , z . B . d u r c h P r e l l m a r k e n in d e r L e n d e n g e g e n d , fläc h e n h a f t e H ä m a t o m e an d e r B a u c h - u n d G e n i t a l r e g i o n , R i p p e n - o d e r B e c k e n f r a k t u r e n , M i k r o h ä m a t u r i e bzw. S p o n t a n b l u t u n g aus d e r H a r n r ö h r e , sollte unverzüglich a u c h ein U r o l o g e z u g e z o g e n w e r d e n , d e r die e r f o r d e r l i c h e n U n t e r s u c h u n g e n v e r a n l a s s e n o d e r d u r c h f ü h r e n u n d a n s c h l i e ß e n d seine B e u r t e i l u n g zum therapeutischen Vorgehen beitragen kann. Ein allgemeiner Stufenplan, d e r d e m Einzelfall a n z u p a s s e n ist, k a n n hilfreich sein. V o n e n t s c h e i d e n d e r B e d e u t u n g a b e r ist d a s g u t e Z u s a m m e n w i r k e n aller b e t e i l i g t e n Fachdiszipli-

15.6 Prognose

Allgemeingültige Grundsätze

Atmung Kreislauf

Stufenplan zur interdisziplinären Versorgung polytraumatisierter Patienten

Prognose

Nierenparenchymverletzungen haben eine gute Heilungstendenz. M ö g l i c h e Spätfolgen an H a r n - u n d G e n i t a l o r g a n e n sind: (1) Funktionsverlust infolge Reduzierung des Nierenparenchyms durch M i n d e r d u r c h b l u t u n g ( I n f a r k t e , a r t e r i o v e n ö s e Fisteln, P a r e n c h y m n ä h t e ) , Teil- o d e r T o t a l e n t f e r n u n g d e s O r g a n s (2) chronische Pyelonephritis, septische Steinbildung, traumatische Pseudozysten und Hydronephrosen. (3) p e r i r e n a l e E i n s c h w i e l u n g d e r N i e r e (Concretio renis) (4) Hypertonus als Folge v o n 1 - 3 , Urinfisteln, Harnrohrenstrikturen. Mit A u s n a h m e d e r i r r e v e r s i b l e n P a r e n c h y m v e r l u s t e lassen sich diese S p ä t s c h ä den durch zweckmäßige T h e r a p i e m a ß n a h m e n und sorgsame Nachbetreuung weitgehend vermeiden.

Spätfolgen

Gynäkologische Urologie

1 6 .

Gynäkologische Urologie

M. Hohenfellner

Diagnostik

und J. W. Thüroff

16.1 Spezielle Diagnostik Die engen embryologischen und anatomischen Beziehungen zwischen dem unteren Harntrakt und dem Genitale der Frau erklären die funktionelle physiologische und pathophysiologische Abhängigkeit der beiden Organsysteme. Voraussetzung für die urologische Diagnostik der Frau ist daher die erweiterte körperliche Untersuchung, die die Beurteilung des äußeren Genitale, der Vagina und Portio (Spekulumeinstellung) sowie die rektale Palpation beinhaltet.

Spekulumeinstellung

Bei der Spekulumeinstellung werden unterschieden ein Tiefertreten von: • Gebärmutter (Prolaps), Trigonum und Blasenboden (Zystozele), Blase und proximaler Urethra (Zystourethrozele, rotatorischer Deszensus) • hinterer Vaginalwand (Rektozele), hinterem Scheidengewölbe und Inhalt des Douglasschen Raums (Enterozele). Neben der Sonographie von Nieren und Blase sind die Gewinnung des Katheterurins zur Bestimmung des Restharns und des Harnstatus (Sediment und Bakteriologie), die Kalibrierung der Harnröhre und die Bestimmung des karyopyknotischen Index aus dem Urethralabstrich ergänzende Basisuntersuchungen.

• Bougie ä boule: Harnröhrenweite, mind. 26 Ch.

• Kalibrierung. Die Harnröhre wird mit Bougie a boule kalibriert. Die normale Harnröhrenweite beträgt mindestens 26 Ch., bei Mädchen unter 10 Jahren wird die Harnröhrenweite nach der Formel: „Lebensalter + 10 = Charriere" kalkuliert.

• karyopyknotischer Index (KPI) Ostrogenhaushalt

· KPI. Der karyopyknotische Index (KPI) wird als Parameter für den Östrogenhaushalt im nach Papanicolaou gefärbten urethralen Epithelabstrich bestimmt. Normalerweise finden sich mehr als 70 % Oberflächenzellen und weniger als 30 % Intermediär- und Basalzellen. Ein KPI von weniger als SO % ist beweisend für einen Östrogenmangel.

- KPI < 50% -> Östrogenmangel

Praxishinweis

• laterales Zystogramm - Ruheposition - Mobilität v o n Blasenboden, Blasenhals, Urethra

Urodynamik

Praxishinweis: Voraussetzung für die invasive radiologische, urodynamische und instrumentelle Diagnostik ist der unauffällige Urinbefund. • Das laterale Zystogramm mit Harnröhrenmarkierung in Doppelbelichtungstechnik unter Ruhe und erhöhtem intraabdominalem Druck (Valsalva) wird zur Beurteilung der Ruheposition und Mobilität von Blasenboden, -hals und Urethra in bezug auf die Conjugata mediana (Verbindung zwischen Unterkante der Symphyse und Unterrand des Kreuzbeins) benutzt. Der Blasenhals liegt etwa in Mitte zwischen der Symphysenober- und Unterkante und sinkt im lateralen Zystogramm nicht unter die Conjugata mediana ab. Pathologische Befunde wie vertikaler oder rotatorischer Deszensus sowie Zystozele müssen in Zusammenhang mit dem körperlichen Untersuchungsbefund gesehen werden (Abb. 16-1). • Grundlage der funktionellen Diagnostik ist die urodynamische Untersuchung mit Messung des Urethradruckprofils unter Ruhe- und Streßbedingung,

267

16.2 Infektionen und Reizsymptome Inklination

a

posteriorer urethrovesikaler Winkel

d Abb. 16-1: Befundung des lateralen Zystogramms, a. Normalbefund: Die Blase befindet sich oberhalb der Conjugata mediana. Die Inklination der Urethralängsachse gegen die Vertikale (Winkel α) ist kleiner als 30° und der posteriore urethrovesikale Winkel β kleiner als 90°, b. Zystozele: Absinken des Blasenhalses, besonders unter Belastung, bei normaler Lage der Urethra, c. Vertikaler Deszensus (Blasenhalsinsuffizienz): trichterförmiger Blasenhalsübergang in die Blase mit Öffnung unter Belastung. Schematische (d) und röntgenologische (e) Darstellung einer Urethrozystozele (rotatorischer Deszensus): Absinken von Blase und proximaler Urethra um einen Rotationspunkt im Bereich des Meatus externus, besonders unter Belastung. Winkel α ist vergrößert, Winkel β verstrichen

b

der Zystomanometrie und der Druck-Fhiß-Messung netem E M G des Beckenbodens.

mit simultan aufgezeich-

- funktionelle Diagnostik des unteren Harntrakts

16.2 Infektionen und Reizsymptome 16.2.1 Bakterielle Infektionen Ätiologie, Pathophysiologic: Es werden akute und chronische Infektionen des unteren Harntrakts unterschieden, die unbehandelt aszendierend zu einer Mitbeteiligung des oberen Harntraktes führen können. Die höhere Inzidenz der Infektion von Harnröhre und Harnblase bei Frauen erklärt sich durch die kurze weibliche Harnröhre, die ebenso wie das Perineum und der Introitus vaginae in ihrem äußeren Drittel mit gramnegativen Keimen der Darmflora besiedelt ist. Infektionsfördemd wirken: • u n p h y s i o l o g i s c h e Miktionsgewohnheiten ten)

(geringe Flüssigkeitszufuhr, langes Einhal-

Bakterielle Infektionen

weibliche Prädisposition:

• kurze Harnröhre • Besiedlung des äußeren Genitale durch Keime der Darmflora eine Zystitis kann durch Keimaszension zu einer Pyelonephritis führen

16. Gynäkologische Urologie

268

• Irritationen des Harntrakts, z.B. durch Geschlechtsverkehr (Flitterwochenzystitis), Schwangerschaft (Schwangerschaftspyelonephritis), Entbindung, gynäkologische und urologische Operationen • Östrogenmangel und Katheterisierung (Infektionsrisiko bei Einmalkatheter 1 - 2 0 % , bei Dauerkatheter bis zu 77 %)

Der Übergang einer akuten in eine chronische Infektion wird durch zusätzliche Faktoren wie neurogene Blasenfunktionsstörungen, infravesikale Obstruktion mit Restharnbildung (s. Abb. 8-1, S. 118), Fisteln, Urolithiasis und Immundefekte gefördert. akute Zystitis: • „Brennen beim Wasserlassen" akute Pyelonephritis: • zusätzlich Flankenschmerzen, Fieber

Diagnostik: • Leukozyturie • Bakteriurie> 10 5 /ml • positive bakterielle Kultur

Therapie der akuten Infektion: • Bettruhe • forcierte Diurese • antibiotische Therapie Therapie der chronischen Infektion: • Antibiotika • Sanierung von Grundkrankheiten • antibiotische Prophylaxe • Ansäuerung des Urins

Abakterielle Reizsymptome

Symptomatik: Eine akute Zystitis ist durch retrosymphysären Spontan- und Druckschmerz, Dysurie, Pollakisurie und imperativen Harndrang und gelegentlich durch eine Makrohämaturie (hämorrhagische Zystitis) gekennzeichnet. Eine Beteiligung des oberen Harntrakts, Pyelonephritis, geht mit schmerzhaftem Nierenlager und Fieber einher. Patientinnen mit einer chronischen Zystitis oder einer chronischen Pyelonephritis können - vor allem während eines akuten Infektionsschubs - die Zeichen der akuten Entzündung zeigen, ansonsten aber asymptomatisch sein. Die Diagnose (s. Abschn.8.2, S. 120) wird durch den Nachweis der signifikanten Bakteriurie und Leukozyturie (> 5 Leukozyten/Gesichtsfeld) im Harnsediment gestellt, das bei gramnegativen Infektionen meist nitritpositiv ist, sowie durch den Nachweis der Bakterien in der Harnkultur. Bei akuten Infektionen wird häufig nur ein Keim, der in der Regel aus dem Spektrum der Darmflora stammt (in erster Linie E. coli; seltener Klebsiella, Proteus und Enterobacter) gefunden (s. Tab. 8-1, S. 119). Bei chronischen Infektionen werden meist 2 oder mehr Keime kultiviert. Beweisend für eine Infektion gilt eine Keimzahl von 100000 Bakterien/ml Urin, wobei geringere Keimzahlen eine Infektion nicht ausschließen. Therapie: Akute Zystitiden werden durch erhöhte Flüssigkeitszufuhr und zunächst blinde antibiotische Therapie per os über 1 - 2 Tage behandelt, eine akute fieberhafte Pyelonephritis durch parenterale Flüssigkeits- und Antibiotikagabe über mindestens 5-7 Tage. Chronische Infektionen werden durch Sanierung einer ggf. vorhandenen koexistenten Pathologie und testgerechte antibiotische Therapie behandelt; im Anschluß an die Primärtherapie kann eine antibiotische Langzeitprophylaxe über 6 Monate oder Ansäuerung des Urins indiziert sein.

16.2.2 Abakterielle Reizsymptome des unteren Harntrakts 16.2.2.1 Allgemeine Gesichtspunkte

Klassifikation der abakteriellen Reizsymptome des unteren Harntrakts 1. sensorische Urge (Reizblase) 2. Detrusorhyperaktivität (motorische Urge) - Detrusorinstabilität (nicht-neurogen) - Detrusorhyperreflexie (neurogen) 3. low-compliance Blase

Ätiologie, Pathophysiologic: Reizsymptome der Harnblase können bedingt sein durch eine • pathologisch gesteigerte Scnsitivität (sensorische Urge) • Detrusorhyperaktivität (motorische Urge) - Detrusorinstabilität: nicht-neurogene Detrusorhyperaktivität - Detrusorhyperreflexie: neurogene Detrusorhyperaktivität • verminderte Akkommodationsfähigkeit der viskoelastischen Blasenwandelemente („low-compliance Blase"). Die Pathogenese dieser auch in gemischter Form auftretenden Reizsymptome kann idiopathischer oder sekundärer (symptomatischer) Natur sein. Eine sekundäre sensorische Urge kann begründet sein durch postmenopausalen Östrogenmangel, Radiozystitis, interstitielle Zystitis, tiefe Harnleitersteine, infravesikale Obstruktionen sowie durch intravesikale Fremdkörper und Tumoren.

269

16.2 Infektionen und Reizsymptome D i e U r s a c h e n d e r Detrnsorinstabilität b l e i b e n bis h e u t e mit A u s n a h m e einer n a c h g e w i e s e n e n i n f r a v e s i k a l e n O b s t r u k t i o n meist unklar.

Ursachen einer Detrusorhyperreflexie sind Läsionen des ZNS, die oberhalb des sakralen Miktionszentrums (S 2 -S 4 ) lokalisiert sind (suprasakrale Läsionen), wie z.B. Querschnitt. M. Parkinson, Apoplex (s. Abb. 11-7, S. 176) oder Multiple Sklerose (s. Abb. 11-4, S. 173). Die Symptomatik erlaubt meist keine Unterscheidung zwischen einer idiopathischen und symptomatischen bzw. einer sensorischen und motorischen Reizblase. Im Vordergrund der Beschwerden stehen: Pollakisurie, Nykturie und Algurie, unter U m s t ä n d e n auch viszerale Schmerzen im Bereich des kleinen Bekkens. Die Übergänge zu einer beginnenden Harninkontinenz infolge einer Speicherstörung der Blase ohne Restharn sind fließend.

Ursachen der Detrusorhyperreflexie: suprasakrale Läsionen mit konsekutiver Enthemmung sakraler Reflexbögen

Diagnostik. Die Diagnostik schließt insbesondere den grob neurologischen Status (Sensibilitätstestung im Reithosenbereich, Klitorisreflex, Analreflex), die Bestimmung des karyopyknotischen Index, die erweiterte Röntgendiagnostik (Urethrographie, Miktionszystourethrographie) sowie die Urethrozystoskopie ein. Bei Verdacht auf eine funktionelle Reizblase ist zusätzlich die urodynamische Untersuchung indiziert. Die Zystomanometrie erkennt eine pathologisch vergrößerte (Blasenentleerungsstörung) oder verkleinerte (Urgeinkontinenz) Blasenkapazität und deren Ursache durch den Nachweis einer Detrusorhyperaktivität (motorische Urge) oder deren Fehlen (sensorische Urge). Die Druck-Fluß-Messung (s. Abschn. 11.3.3.2, S. 176) mit simultan aufgezeichn e t e m EMG des Beckenbodens dient der Beurteilung der Kontraktilität des Detrusors und der E r k e n n u n g einer funktionellen oder anatomischen infravesikalen Obstruktion.

Diagnostik: • Ausschluß einer sek. Reizblase • Klassifikation der Reizblase

Therapie: Therapeutisches Ziel bei der Behandlung der Dranginkontinenz ist die Vergrößerung der funktionellen Kapazität der Blase durch Reduzierung der pathologisch gesteigerten Detrusorhyperaktivität oder Blasenhypersensitivität.

Folgen der Reizblase: • Verminderung der funktionellen Kapazität mit oder ohne Inkontinenz

Therapeutisches Ziel

Pharmakotherapie. Im Gegensatz zur sensorischen Urgeinkontinenz ist die P h a r m a k o t h e r a p i e der Detrusorhyperaktivität häufig erfolgreich. Generell ist das Ansprechverhalten auf die einzelnen P h a r m a k a sehr individuell, so daß ein Wechseln der Medikation, auch innerhalb einer Substanzgruppe, sowie Kombinationstherapien sinnvoll sein können.

1. Pharmaka: • Domäne der Pharmakotherapie ist die Detrusorhyperaktivität

Anticholinergika mit a t r o p i n a r t i g e r W i r k u n g ( O x y b u t y n i n , Propiverin, T r o s p i u m ) reduzieren die D e t r u s o r k o n t r a k t i l i t ä t d u r c h k o m p e t i t i v e H e m m u n g d e r p o s t g a n g l i o n ä r e n parasympathischen Rezeptoren (muskarinartige Wirkung). Entscheidender Nachteil dieser S u b s t a n z g r u p p e sind die meist h a r m l o s e n , a b e r h ä u f i g u n a n g e n e h m e n N e b e n w i r k u n g e n , wie ζ. B. M u n d t r o c k e n h e i t .

• wichtigste Substanzgruppe sind die Anticholinergika

Beta-2-Adrenergika (z.B. C l e n b u t e r o l ) u n d myotrope Spasmolytika ( z . B . Flavoxat) w i r k e n ü b e r eine H e m m u n g der e l e k t r o m e c h a n i s c h e n K o p p l u n g d e r glatten Muskelzelle, allerdings ist die t h e r a p e u t i s c h e Breite d e r s t ä r k e r w i r k s a m e n B e t a - 2 - A d r e n e r g i k a durch kardiovaskuläre Nebenwirkungen eingeschränkt. • E i n e H e m m u n g d e r m o t o r i s c h e n I n n e r v a t i o n d e r H a r n b l a s e ist auch d u r c h die m e d i k a m e n t ö s e Blockierung der sakralen Spinalnerven, vor allem von S, bilateral, d u r c h Lokalanästhetika ( t e m p o r ä r ) o d e r Neurolytika, wie ζ. B. A l k o h o l o d e r P h e n o l , ( p e r m a n e n t ) möglich (s. A b b . 11-4, S. 173).

Die Elektrostimulation kann zur Therapie der sensorischen und motorischen Dranginkontinenz angewendet werden. Die Elektrostimulation kann temporär transurethral, intravaginal, klitoral oder rektal angewendet werden, alternativ kann mittels eines implantierbaren Schrittmachers p e r m a n e n t elektrostimuliert werden. Blasenaugmentation. Letzte therapeutische Alternative zur Behandlung der Reizblase ist die Blasenaugmentation nach subtrigonaler Zystektomie oder bei insuffizientem Kontinenzapparat - die kontinente Harnableitung.

• beta-2-Adrenergika • myotrope Spasmolytika

Blockade der Spinalnerven

2. temporäre vs. permanente Elektrostimulation

3. Blasenaugmentation oder kontinente Harnableitung

270

16. Gynäkologische Urologie

Östrogenmangel

16.2.2.2

Östrogenmangel

• Diagnose - KPI < 5 0 %

Ä t i o l o g i e , Pathophysiologie: D i e F o l g e n e i n e s Ö s t r o g e n m a n g e l s e r k l ä r e n sich aus d e r p h y s i o l o g i s c h e n W i r k u n g d e r Ö s t r o g e n e . E i n e S t i m u l i e r u n g d e r Ö s t r o g e n r e z e p t o r e n im U r e t h r a e p i t h c l b e w i r k t e i n e Sensibilisierung d e r A l p h a - 1 Rezeptoren, eine E r h ö h u n g der Durchblutung des submukösen Venenplexus u n d e i n e v e r b e s s e r t e E p i t h e l p r o l i f e r a t i o n mit A n h e b u n g d e r Z a h l d e r O b e r f l ä c h e n z e l l e n . E i n Ö s t r o g e n m a n g e l f ü h r t d a h e r zu e i n e r atrophischen Urethritis und Vaginitis sowie zu e i n e r verminderten Abdichtfunktion des urethralen Verschlußmechanismus. Symptomatisch w e r d e n R e i z b l a s e n s y m p t o m e , g e h ä u f t e b a k t e r i e l l e H a r n w e g s infekte und Streßinkontinenz beobachtet. Diagnostisch f i n d e t sich im k a r y o p y k n o t i s c h e n I n d e x ( K P I ) ein A n t e i l d e r O b e r f l ä c h e n z e l l e n v o n w e n i g e r als 5 0 % .

Therapie: - Östrogenapplikation

Therapeutisch k ö n n e n Ö s t r o g e n e lokal in F o r m von O v u l a o d e r C r e m e s , parenteral durch Pflaster oder systemisch-oral (Ovestin) zugeführt werden.

Interstitielle Zystitis

16.2.2.3 Interstitielle Zystitis

• reduzierte Abdichtfunktion des urethralen Verschlußmechanismus • Reizblasensymptome

unklare Ätiologie im Spätstadium verminderte anatomische Kapazität

Ätiologie, Pathophysiologie der interstitiellen Zystitis sind bis heute ungeklärt. Als krankheitsauslösende Faktoren der fast ausschließlich bei Frauen auftretenden Erkrankung werden unter anderem Permeabilitätsdefekte der Mukosa, allergische oder Autoimmunprozessc sowie eine neurogen bedingte Entzündung diskutiert. Im Rahmen einer chronisch sterilen Entzündung kommt es in frühen Stadien durch eine Hypersensitivität der Blase zu einer Verminderung der funktionellen und anatomischen Blasenkapazität.

Symptome - sensorische Urge

Symptomatisch ist d a s K r a n k h e i t s b i l d g e k e n n z e i c h n e t d u r c h e i n e s e n s o r i s c h e R e i z b l a s e bzw. e i n e s e n s o r i s c h e U r g e i n k o n t i n e n z ( V e r m i n d e r u n g d e r f u n k t i o nellen K a p a z i t ä t ) mit S c h m e r z p r o j e k t i o n bei B l a s e n f ü l l u n g in d e n B e r e i c h d e r Blase, d e r U r e t h r a u n d g e l e g e n t l i c h in a n d e r e O r g a n e d e s k l e i n e n B e k kens.

Diagnose: • Kombination von Symptomen und Befunden: - sensorische Urge - Blasenkapazität I - petechiale Schleimhautblutungen - Mastzellen Τ

Diagnose: Aufgrund der fehlenden pathologisch-anatomischen Definition wird die D i a g n o s e a n h a n d e i n e s Symptomkomplexes gestellt. W i c h t i g s t e K r i t e rien sind e i n e s e n s o r i s c h e U r g e mit V e r m i n d e r u n g d e r f u n k t i o n e l l e n B l a s e n k a pazität. Ausschluß einer Detrusorhyperaktivität, petechiale Schleimhautblut u n g e n nach A u f f ü l l e n d e r Blase. S c h l e i m h a u t u l z e r a , e i n e n o r m a l e o d e r verm i n d e r t e a n a t o m i s c h e B l a s e n k a p a z i t ä t u n d e i n e M a s t z e l l e n v e r m e h r u n g in Submukosa und besonders auch Muskularis.

Therapie: • medikamentös (s.o.)

Therapie: Bei e i n g e s c h r ä n k t e r f u n k t i o n e l l e r K a p a z i t ä t ist d e r konservative Behandlungsversuch mit Anticholinergika, Histaminantagonisten oder Glykosaminglvkanen indiziert, d e s s e n E r f o l g s r a t e mit 3 0 - 3 5 % a b e r u n b e f r i e d i g e n d ist. Bei V e r s a g e n d e r k o n s e r v a t i v e n T h e r a p i e o d e r v e r m i n d e r t e r a n a t o m i s c h e r B l a s e n k a p a z i t ä t (< 150 m l ) k ö n n e n langfristig g u t e E r g e b n i s s e d u r c h e i n e Blasenaugmentation o d e r e i n e kontinente Harnableitung erzielt w e r d e n .

Blasenaugmentation Harnableitung

Strahlenzystitis

Strahlenschäden des Harntraktes

16.2.2.4

nach Bestrahlung von gynäkologischen Tumoren oder Rektumkarzinomen

Ä t i o l o g i e , Pathophysiologie. A u f g r u n d d e r e n g e n t o p o g r a p h i s c h e n V e r h ä l t n i s se im k l e i n e n B e c k e n w e r d e n bei e i n e r Radiotherapie des weiblichen Genitale o d e r d e s R e k t u m s in 5 - 3 0 % S t r a h l e n r e a k t i o n e n d e s u n t e r e n H a r n t r a k t s b e o b achtet. Inzidenz und Schweregrad der Schädigung hängen von Strahlenfeld u n d S t r a h l e n d o s i s , k o e x i s t e n t e n H a r n w e g s i n f e k t i o n e n sowie v o n a d j u v a n t e n c h i r u r g i s c h e n E i n g r i f f e n ab.

271

16.3 Harninkontinenz, Blasenentleerungsstörungen In d e r Frühphase des Strahlenschadens w e r d e n u n t e r s c h i e d e n : Grad I: g e r i n g e e n t z ü n d l i c h - ö d e m a t ö s e R e a k t i o n e n d e r M u k o s a Grad II: m i t t e l s t a r k e V e r ä n d e r u n g e n mit N e k r o s e n u n d U l k u s b i l d u n g Grad III: s c h w e r e S c h ä d e n mit Fistelbildung. A l s Strahlenspätschäden w e r d e n S c h l e i m h a u t a t r o p h i e u n d - u l z e r a t i o n , Fisteln und Schrumpfblase beobachtet.

Frühphase: Grade l-lll

• Spätphase: - Schrumpfblase

S y m p t o m e : Je n a c h S c h w e r e g r a d des S t r a h l e n s c h a d e n s wird e i n e u n t e r s c h i e d lich s t a r k e R e i z b l a s e n s y m p t o m a t i k bis hin z u r D r a n g i n k o n t i n e n z , rezidivier e n d e M a k r o h ä m a t u r i e n bzw. die Folgen d e r Fistelbildung b e o b a c h t e t : vesikov a g i n a l e u n d u r e t e r o v e s i k a l e Fisteln f ü h r e n zu totaler Inkontinenz, vesikointestinalc Fisteln zu therapieresistenten Harnwegsinfekten, Pneumaturie u n d Fäkalurie.

Symptome: - Reizblase - Fisteln u.a.

Diagnostik: E n t s c h e i d e n d e R ü c k s c h l ü s s e ü b e r die N a t u r d e r S c h ä d i g u n g ergibt die A n a m n e s e . D i e r a d i o l o g i s c h e D i a g n o s t i k ( A U G , M C U ) wird d u r c h die U r e t h r o z y s t o s k o p i e mit B l a s e n b i o p s i e e r g ä n z t .

Diagnostik: - Anamnese - AUG, MCU - Blasenbiopsie

Therapie: D i e k o n s e r v a t i v e T h e r a p i e d e r R e i z b l a s e n s y m p t o m a t i k e n t s p r i c h t im w e s e n t l i c h e n d e m B e h a n d l u n g s k o n z e p t bei interstitieller Zystitis. Bei rad i o g e n e r S c h r u m p f b l a s e o d e r s c h w e r e r F i s t e l b i l d u n g bleibt meist n u r n o c h die, w e n n m ö g l i c h , k o n t i n e n t e H a r n a b l e i t u n g .

Therapie: - symptomatisch - Harnableitung

16.3 Harninkontinenz, Blasenentleerungsstörungen 16.3.1 Harninkontinenz

Harninkontinenz

E p i d e m i o l o g i e , Ä t i o l o g i e , Pathophysiologic: Ca. 50 % aller F r a u e n ü b e r d e m 50. L e b e n s j a h r leiden a n u n w i l l k ü r l i c h e m U r i n a b g a n g , w o b e i e i n e w e i t e Variabilität d e s d a d u r c h e n t s t e h e n d e n L e i d e n s d r u c k e s b e o b a c h t e t wird. E i n e H a r n i n k o n t i n e n z k a n n v e r u r s a c h t sein d u r c h eine:

• ca. 50% der über Fünfzigjährigen

• g e s t ö r t e Reservoirfunktion d e r H a r n b l a s e : m o t o r i s c h e , s e n s o r i s c h e Dranginkontinenz • g e s t ö r t e F u n k t i o n des K o n t i n e n z a p p a r a t e s : Streßinkontinenz • a n a t o m i s c h e U m g e h u n g d e s K o n t i n e n z a p p a r a t e s : extraurethrale Inkontinenz • B l a s e n e n t l e e r u n g s s t ö r u n g mit p a r a d o x e r I n k o n t i n e n z : Überlaufblase.

Formen: • Dranginkontinenz • Streßinkontinenz • extraurethrale Inkontinenz • Überlaufblase

Symptomatik: D i e S y m p t o m a t i k variiert je n a c h M e n g e ( A n z a h l d e r V o r l a g e n , G e w i c h t d e r W i n d e l n ) u n d Z e i t p u n k t ( B e l a s t u n g / R u h e / t a g s / n a c h t s ) d e s unfreiwilligen U r i n v e r l u s t e s sowie d e r b e g l e i t e n d e n S e n s o r i k ( u n b e m e r k t / i m p e rativer H a r n d r a n g ) .

Symptomatik abhängig von: - Menge des unfreiwilligen Harnverlustes

Diagnostik: D i e A n a m n e s e e r l a u b t e i n e v o r l ä u f i g e D i a g n o s e , w e n n z . B . ü b e r n e u r o l o g i s c h e G r u n d e r k r a n k u n g e n o d e r V o r o p e r a t i o n e n im k l e i n e n B e c k e n b e r i c h t e t wird. B e s t ä t i g t wird die D i a g n o s e d u r c h die e r w e i t e r t e k ö r p e r l i c h e U n t e r s u c h u n g sowie d u r c h d i e radiologische u n d urodynamische Diagnostik. D e r Verzicht auf die u r o d y n a m i s c h e U n t e r s u c h u n g f ü h r t in ü b e r 30 % d e r Fälle zu e i n e r F e h l d i a g n o s e .

- Zeitpunkt des Urinverlusts Diagnose: • Klassifikation derUntersuchung Harninkontinenz: urodynamische

272

16. Gynäkologische Urologie

Drangkontinenz (Urgeinkontinenz)

16.3.1.1 Harninkontinenz als Folge einer gestörten Reservoirfunktion der Blase

gestörte Reservoirfunktion:

Ä t i o l o g i e , Pathophysiologie: A l s Dranginkontinenz ( U r g e i n k o n t i n e n z ) wird ein i m p e r a t i v e r H a r n d r a n g mit u n w i l l k ü r l i c h e m U r i n v e r l u s t d e f i n i e r t . U r s a c h e n sind ein p a t h o l o g i s c h e s V e r h a l t e n d e r B l a s e w ä h r e n d d e r S p e i c h e r p h a s e der Harnblase:

• sensorische Urgeinkontinenz • motorische Urgeinkontinenz

• v e r f r ü h t e s s t a r k e s F ü l l u n g s g e f ü h l (sensorische Urgeinkontinenz) und • u n w i l l k ü r l i c h e D e t r u s o r k o n t r a k t i o n e n mit e i n e m i n t r a v e s i k a l e n D r u c k a n stieg ü b e r 15 cm W a s s e r s ä u l e (motorische Urgeinkontinenz).

- Differenzierung durch Zystomano metrie

Diagnostik und Therapie s. Abschn. 16.2.2.1, S. 269

Streßinkontinenz

16.3.1.2 Harninkontinenz durch eine gestörte Funktion des Kontinenzapparates

Insuffizienz des Kontinenzapparates durch: • Beckenbodenrelaxation • Insuffizienz des urethralen Abdichtmechanismus

Ä t i o l o g i e , Pathophysiologie: U n t e r Streßinkontinenz wird ein u n w i l l k ü r l i c h e r U r i n v e r l u s t d u r c h e i n e I n s u f f i z i e n z d e s K o n t i n e n z a p p a r a t e s v e r s t a n d e n . Ursache e i n e r S t r e ß i n k o n t i n e n z ist h ä u f i g eine B e c k e n b o d e n r e l a x a t i o n o d e r e i n e Insuffizienz des urethralen Abdichtmechanismus.

Symptomatische Einteilung in 3 Schweregrade: - Grad I - Grad II - Grad III

Symptomatik: N a c h S t a m e y w e r d e n 3 S c h w e r e g r a d e d e r S t r e ß i n k o n t i n e n z unterschieden: • Grad I: H a r n v e r l u s t erst bei s c h w e r e r B e l a s t u n g ( H u s t e n , N i e s e n , L a c h e n ) • Grad II: H a r n v e r l u s t bei leichter B e l a s t u n g ( A u f s t e h e n , G e h e n ) • Grad III: H a r n v e r l u s t im L i e g e n ( „ t o t a l e I n k o n t i n e n z " ) .

Diagnostik: • Klassifikation: Urethradruckprofil unter Ruhe- und Streßbedingung

Diagnostik: D i e vaginale Einstellung, die radiologische Diagnostik u n d Urethrozystoskopie s c h l i e ß t i n s b e s o n d e r e bei d e r t o t a l e n I n k o n t i n e n z e i n e e x t r a u r e t h r a l e U r s a c h e d e r I n k o n t i n e n z d u r c h Fisteln ( v e s i k o v a g i n a l , u r e t e r o v a g i nal) o d e r ektope Uretermiindungen ( u r e t h r a l , vaginal) aus.

Praxishinweis

Therapie: - Beckenbodentraining - medikamentös

Praxishinweis: K o m m t es b e r e i t s in S t e i n s c h n i t t l a g e u n t e r B e l a s t u n g z u e i n e m u n f r e i w i l l i g e n U r i n v e r l u s t , k a n n die S c h e i d e im r e c h t e n u n d link e n Fornix a n g e h o b e n w e r d e n , u m g r o b d e n t h e r a p e u t i s c h e n W e r t ein e r S u s p e n s i o n s o p e r a t i o n a b z u s c h ä t z e n (Elevationstest nach Bonney). F u n k t i o n e l l wird die S t r e ß i n k o n t i n e n z d u r c h die urodynamische Untersuchung (s. A b s c h n . 5.7, S. 86) klassifiziert. Therapie: Bei l e i c h t e n F o r m e n d e r S t r e ß i n k o n t i n e n z k a n n ein k o n s e r v a t i v e r T h e r a p i e v e r s u c h m i t t e l s Beckenbodentraining o d e r Pharmakotherapie erfolgreich sein. Gemeinsames Ziel der unterschiedlichen Formen des Trainings des Beckenbodens (ζ. B. vaginale Elektrostimulation, Tragen von Vaginalkoni) ist die Erlernung der willkürlichen motorischen Kontrolle und die Beseitigung einer Inaktivitätsatrophie der entsprechenden Muskelgruppen. Zur pharmakotherapeutischen Erhöhung des urethralen Abdichteffektes können Östrogene und Alpha-l-Adrenergika zur Erhöhung des glattmuskulären Tonus des Blasenhalses verabreicht werden.

Operationen • Suspensionsoperationen • Schiingenoperationen • vordere Vaginalplastiken

In d e r R e g e l wird die S t r e ß i n k o n t i n e n z operativ k o r r i g i e r t , w o b e i die g r o ß e A n z a h l d e r u n t e r s c h i e d l i c h e n T e c h n i k e n n a c h i h r e m W i r k p r i n z i p in Suspensionsoperationen, Schiingenoperationen u n d vordere Vaginalplastiken unterteilt wird: • Bei Suspensionsoperationen (z.B. Kolposuspension nach Burch, Nadelsuspension nach Pereyra oder nach Stamey) wird die vordere Vaginalwand an den Bändern des knöchernen Beckens oder an der vorderen Bauchdecke aufgehängt. Dadurch werden die hintere Harnröhre und der Blasenhals auch unter Belastung nach kranial fixiert

273

16.3 Harninkontinenz, Blasenentleerungsstörungen und die passive Drucktransmission verbessert. Suspensionsoperationen sind daher vor allem erfolgreich, wenn der urethrale Abdichtmechanismus intakt ist, aber seine Effektivität durch einen Deszensus aus dem abdominopelvinen Druckübertragungsbereich vermindert ist (normotone-hyporcaktive Urethra). • Bei Läsionen des urethralen Abdichtmechanismus (hypotone Urethra) wird eine Schlinge, meist aus autologer Faszie, als Zügel unter Blasenhals und Urethra fixiert. • Die vordere vaginale Plastik mit Raffung und Plikation der Fascia pubovesicocervicalis oder des Blasenhalses und der hinteren Harnröhre ist in erster Linie zur Therapie einer Zystozele und eines Genitaldeszensus geeignet, nicht aber als Methode der ersten Wahl zur Korrektur einer Harninkontinenz.

16.3.2 Blasenentleerungsstörungen

Blasenentleerungsstörungen

Ä t i o l o g i e , Pathophysiologic: U r s a c h e n v o n B l a s e n e n t l e e r u n g s s t ö r u n g e n k ö n n e n sein eine: Blasenhyposensitivität, Detrusorhypokontraktilität, infravesikale Obstruktion (s. A b b . 11-1, S. 170). • E i n e Detrusorhyposensitivität (s. A b s c h n . 11.2. S. 171) k a n n d u r c h p e r i p h e r e o d e r z e n t r a l e N e u r o p a t h i e n b e d i n g t sein ( z . B . D i a b e t e s mellitus. M u l t i p l e Sklerose). Die Ursache einer Detrusorhypokontraktilität kann myogen oder neurogen b e g r ü n d e t sein. Myogene Schäden als Folge e i n e r c h r o n i s c h e n Ü b e r d e h n u n g o d e r E n t z ü n d u n g sind g e k e n n z e i c h n e t d u r c h D e g e n e r a t i o n d e r g l a t t e n M u s kelzellen, v e r m e h r t e interstititielle K o l l a g e n e i n l a g e r u n g u n d e i n e r e d u z i e r t e m y o g e n e E r r e g u n g s ü b e r t r a g u n g . Neurogene Schäden bei D e t r u s o r h y p o k o n traktilität b e t r e f f e n die p a r a s y m p a t h i s c h e I n n e r v a t i o n d e r H a r n b l a s e u n d k ö n n e n z e n t r a l lokalisiert sein, z . B . im S i n n e e i n e s K o n u s / K a u d a - S y n d r o m s ( T r a u m a , D i s k u s p r o l a p s , M u l t i p l e S k l e r o s e ) o d e r p e r i p h e r a m P l e x u s pelvicus ( S c h w a n g e r s c h a f t , W e r t h e i m - M e i g s - O p e r a t i o n , tiefe v o r d e r e R e k t u m r e s e k tion).

• Blasenhyposensitivität • Detrusorhypokontraktilität • infravesikale Obstruktion Detrusorhyposensitivität: - periphere oder zentrale Neuropathien Detrusorhypokontraktilität: - myogen - Läsion des parasympathischen Motoneurons der Harnblase

Symptomatik: B l a s e n e n t l e e r u n g s s t ö r u n g e n f ü h r e n d u r c h e i n e V e r m i n d e r u n g d e r f u n k t i o n e l l e n B l a s e n k a p a z i t ä t (= m a x i m a l e B l a s e n k a p a z i t ä t m i n u s R e s t h a r n ) zu Pollakisurie und Nykturie. D e r R e s t h a r n ist h ä u f i g U r s a c h e rezidivierender Harnwegsinfekte. Wenn der intravesikale Druck den maximalen uret h r a l e n V e r s c h l u ß d r u c k ü b e r s t e i g t , k a n n die Ü b e r f ü l l u n g d e r H a r n b l a s e unw i l l k ü r l i c h e n U r i n v e r l u s t (Überlaufinkontinenz, Incontinentia paradoxa) bed i n g e n . D i e b e h i n d e r t e D r a i n a g e d e s o b e r e n H a r n t r a k t s k a n n zu Stauungsnieren u n d c h r o n i s c h postrenalem Nierenversagen führen.

Symptomatik:

Diagnostik (s. A b s c h n . 11.3, S. 173): D i e Zystomanometrie d i f f e r e n z i e r t zwis c h e n d e r D e t r u s o r h y p o s e n s i t i v i t ä t mit v e r g r ö ß e r t e r B l a s e n k a p a z i t ä t bei verspätetem oder f e h l e n d e m H a r n d r a n g , aber erhaltener willkürlicher Detrusorkontraktilität und der Detrusorhypokontraktilität. D i e Druck-Fluß-Messung erkennt eine infravesikale Obstruktion durch Erhöh u n g d e s i n t r a v e s i k a l e n D r u c k s (> 75 cm H 2 0 ) bei r e d u z i e r t e m U r o f l o w ( < 1 5 ml/s). D a s EMG d i e n t d e r D i a g n o s t i k e i n e s s p a s t i s c h e n B e c k e n b o d e n s w ä h r e n d d e r M i k t i o n ( D e t r u s o r - S p h i n k t e r - D y s s y n e r g i e , s. A b s c h n . 11.2.3, S. 171).

Diagnostik: • Zystomanometrie

Therapie: A u f g r u n d d e r h ä u f i g u n b e k a n n t e n Ä t i o l o g i e gelingt e i n e kausale Therapie e i n e r B l a s e n e n t l e e r u n g s s t ö r u n g selten ( B e s e i t i g u n g e i n e r K o m p r e s s i o n s n e u r o p r a x i e des P l e x u s pelvicus o d e r e i n e r i n f r a v e s i k a l e n O b s t r u k t i o n ) . Die Prognose einer frühzeitig behandelten akuten Blasenentleerungsstörung ist g ü n s t i g e r als n a c h c h r o n i s c h e m V e r l a u f , w ä h r e n d d e s s e n es b e r e i t s zu irreversiblen Schäden der glatten Muskelfasern des Detrusors und der intramuralen I n n e r v a t i o n g e k o m m e n sein k a n n . D i e symptomatische Therapie d e r Blas e n e n t l e e r u n g s s t ö r u n g zielt auf die restharnfreie Blasenentleerung mit niedrig e m M i k t i o n s d r u c k , w o b e i d a s e r s t e t h e r a p e u t i s c h e Ziel - i n s b e s o n d e r e bei

Therapie: • primäres Ziel: Schutz des oberen Harntrakts • sekundäres Ziel: Kontinenz

Folgen der Blasenentleerungsstörungen: • Inkontinenz • rezidivierende Harnwegsinfekte • postrenales Nierenversagen

Druck-Fluß-Messung

• Beckenboden - EMG

symptomatisch: Blasenentleerungsmanöver Elektrostimulation

274

16. Gynäkologische Urologie Crede: Gefährdung des oberen Harntrakts durch hohe Miktionsdrucke

n e u r o g e n e r B l a s e - d e r Schutz d e s o b e r e n H a r n t r a k t s v o r S t a u u n g , R e f l u x u n d I n f e k t i o n ist. D a s t h e r a p e u t i s c h e S p e k t r u m u m f a ß t die Blasenentleerungsmanöver ( B l a s e n e x p r i m i e r u n g , T r i g g e r t e c h n i k e n , s a u b e r e r E i n m a l k a t h e t c r i s m u s ) , die Pharmakotherapie u n d die Elektrostimulation. Eine Blasenexprimier u n g d u r c h E r h ö h u n g des i n t r a a b d o m i n e l l e n u n d d a m i t d e s i n t r a v e s i k a l e n D r u c k s i n s b e s o n d e r e d u r c h das C r e d e - M a n ö v e r birgt die G e f a h r u n k o n t r o l liert h o h e r i n t r a v e s i k a l e r M i k t i o n s d r u c k e .

- Praxishinweis: Selbstkatheterismus

Praxishinweis: D e r s a u b e r e i n t e r m i t t i e r e n d e (Selbst-)Katheterismus ist die sicherste Form der Blasenentleerung bei B l a s e n f u n k t i o n s s t ö r u n g e n .

Pharmakotherapie: Reduzierung des Auslaßwiderstands und Stimulierung der Detrusorkontraktilität

D i e Pharmakotherapie k a n n alleine o d e r in K o m b i n a t i o n mit B l a s e n e n t l e e r u n g s m a n ö v e r n a n g e w a n d t w e r d e n . D e r T o n u s d e s B l a s e n h a l s e s u n d d e r glattmuskulären Urethra kann durch Alpha-Blocker oder durch Antispastika reduziert w e r d e n , w ä h r e n d die K o n t r a k t i l i t ä t d e s D e t r u s o r s d u r c h s y s t e m i s c h e A p p l i k a t i o n von d i r e k t e n o d e r i n d i r e k t e n C h o l i n e r g i k a sowie d u r c h i n t r a v e s i k a l e Instillation v o n P r o s t a g l a n d i n e n ( P G E 2 , PGFj.,,,.,) positiv b e e i n f l u ß t w e r d e n kann. Eine bei der Frau seltene mechanische infravesikale Obstruktion durch eine Stenose des Meatus urethrae externus oder der distalen Harnröhre kann durch Meatotomie oder Urethrotomie behandelt werden.

Schwangerschaftspyelonephritis, Urolithiasis

16.4 Pyelonephritis, Urolithiasis in der Schwangerschaft

Schwangerschaft: • Diurese T, GFR Τ • Relaxation der glatten Muskulatur mit Dilatation vorwiegend des rechten oberen Harntrakts

Physiologische Veränderungen des Harntrakts. Die Schwangerschaft geht mit einer Polydipsie, einer erhöhten renalen Durchblutung und glomerulären Filtrationsrate sowie einer erhöhten Diurese einher. Als Folge kommt es zu einer Glukosurie und Albuminurie in einem alkalisierten Urin und zu einer Erniedrigung der Normalwerte für Kreatinin und Harnstoff im Serum. Gegen Ende des ersten Trimenons sind bei 50-90 % der Schwangeren eine während des weiteren Schwangerschaftsverlaufes fortschreitende Ektasie des Nierenbeckenkelchsystems und des proximalen Harnleiters vorhanden. Ursache dieser Dilatation sind wahrscheinlich die während der Schwangerschaft erhöhte Diurese und eine hormonell (Progesteron) bedingte Relaxation der glatten Muskulatur sowie mechanische Faktoren im 3. Trimenon. Die Prävalenz der rechten Seite in fast 90 % der Fälle wird durch die Dilatation der rechten V. ovarica, die Rechtsrotation des Uterus und die Polsterung des linken Ureters durch das Sigma erklärt.

Pyelonephritis durch • veränderte Urinzusammensetzung • Harnwegsdilatation • Bakteriurie

Ä t i o l o g i e , Pathophysiologic: D i e v e r ä n d e r t e Z u s a m m e n s e t z u n g d e s U r i n s u n d die p h y s i o l o g i s c h e D i l a t a t i o n d e r o b e r e n H a r n w e g e ist vor a l l e m in V e r b i n d u n g mit e i n e r in 2 - 1 0 % w ä h r e n d d e r S c h w a n g e r s c h a f t a u f t r e t e n d e n a s y m p t o m a t i s c h e n B a k t e r i u r i e P r ä d i s p o s i t i o n f ü r e i n e Schwangerschaftspyelonephritis. U m g e k e h r t f ü h r t d i e u n b e h a n d e l t e a s y m p t o m a t i s c h e B a k t e r i u r i e in 2 5 40 % zu e i n e r S c h w a n g e r s c h a f t s p y e l o n e p h r i t i s .

Harnsteine: • Symptomatik meist nach 20. SSW

D i e H ä u f i g k e i t e i n e s Harnsteinleidens w ä h r e n d d e r S c h w a n g e r s c h a f t ist in e t w a i d e n t i s c h mit d e r I n z i d e n z a u ß e r h a l b d e r S c h w a n g e r s c h a f t , w o b e i d e r A n teil d e r sog. I n f e k t s t e i n e mit ca. 13 % relativ h ö h e r ist. E i n e S t ö r u n g d e s H a r n t r a n s p o r t s d u r c h e i n e U r o l i t h i a s i s wird m e i s t n a c h d e r 20. S c h w a n g e r s c h a f t s w o c h e ( S S W ) b e o b a c h t e t , w e n n die p h y s i o l o g i s c h e D i l a t a t i o n d e r H a r n w c g c d e n E i n t r i t t von N i e r e n b e c k e n - u n d K e l c h s t e i n e n in d e n H a r n l e i t e r p r o v o ziert, w o b e i ca. 60 % aller S t e i n e s p o n t a n a b g e h e n .

Symptome: • Krankheitsgefühl • Koliken

S y m p t o m e : D e r V e r l a u f e i n e r akuten Pyelonephritis ist d u r c h F l a n k e n s c h m e r z e n , Fieber, S c h ü t t e l f r o s t , A l g u r i e u n d Pollakisurie g e k e n n z e i c h n e t , c h r o n i sche a f e b r i l e E r k r a n k u n g s f o r m e n sind d u r c h I n a p p e t c n z , A b g e s c h l a g e n h e i t , Kopfschmerzen, allgemeines Krankheitsgefühl und Übelkeit gekennzeichnet.

275

16.5 Harnröhrenerkrankungen: Karunkel, Polypen, Prolaps, Divertikel E i n Harnleiterstein k a n n d u r c h K o l i k e n o d e r d u r c h e i n e P y e l o n e p h r i t i s im Rahmen der Harntransportstörung symptomatisch werden. Diagnostik: E i n e d e r wichtigsten d i a g n o s t i s c h e n A u f g a b e n w ä h r e n d d e r S c h w a n g e r s c h a f t ist zwischen d e r „ p h y s i o l o g i s c h e n " W e i t s t e l l u n g d e s H o h l s y stems und einer pathologisch wirksamen Obstruktion durch U r e t e r k o m p r e s sion o d e r U r e t e r o l i t h i a s i s zu u n t e r s c h e i d e n . A n a m n e s e ( b e k a n n t e k o n g e n i t a le A n o m a l i e n d e s U r o g e n i t a l t r a k t s , f r ü h e r e S t e i n e r k r a n k u n g e n ) u n d klinische U n t e r s u c h u n g w e r d e n in d e r P r i m ä r d i a g n o s t i k d u r c h die Sonographie erg ä n z t . E r s t e r H i n w e i s auf e i n e n H a r n l e i t e r s t e i n ist h ä u f i g e i n e Mikrooder Makrohämaturie, w o b e i d e r s o n o g r a f i s c h e S t e i n n a c h w e i s meist n u r im o b e r e n D r i t t e l des H a r n l e i t e r s gelingt.

Diagnose: • Anamnese • Sonographie • Differentialdiagnose: - Pyelonephritis und physiologische Dilatation vs. Pyelonephritis und Obstruktion

Die Sicherung der Diagnose durch eine Abdomenübersicht oder ein eingeschränktes i. r. Urogramm (2. Aufnahme 20 min nach Kontrastmittelinfusion, ggf. Spätaufnahmen) wird nur bei vitaler Indikation durchgeführt. Therapie: Z u r s y s t e m i s c h e n A n a l g e s i e wird im e r s t e n u n d z w e i t e n T r i m e n o n v o r z u g s w e i s e Azetylsalizylsäure a n g e w a n d t ( k o n t r a i n d i z i e r t im 3. T r i m e n o n ) u n d im z w e i t e n u n d d r i t t e n T r i m e n o n Paracetamol ( n u r bei s t r e n g e r Indikatio n im 1. T r i m e n o n ) . A n a l g e t i k a d e r z w e i t e n W a h l f ü r s t ä r k e r e S c h m e r z e n sind M e t a m i z o l u n d P e n t a z o c i n . D a die T h e r a p i e e i n e r asymptomatischen Bakteriurie die I n z i d e n z d e r S c h w a n g e r s c h a f t s p y e l o n e p h r i t i s v o n 2 5 - 4 0 % auf 2 - 6 % r e d u z i e r t , wird eine asymptomatische Bakteriurie durch eine Einzeldosis eines Breitspektrumpenizillins o d e r C e p h a l o s p o r i n s b e h a n d e l t . Z u r T h e r a p i e e i n e r s y m p t o m a t i s c h e n I n f e k t i o n d e r H a r n w e g e wird die a n t i b i o t i s c h e T h e r a p i e ü b e r 7 - 1 4 Tage ausged e h n t . Z u r Rezidivprophylaxe k a n n a l t e r n a t i v zu e n g m a s c h i g e n K o n t r o l l e n d e r H a r n k u l t u r eine L a n g z e i t - S u p p r e s s i o n s t h e r a p i e d u r c h g e f ü h r t w e r d e n . D i e B e s e i t i g u n g e i n e r H a r n a b f l u ß s t ö r u n g in V e r b i n d u n g m i t e i n e m f i e b e r h a f t e n o d e r s e p t i s c h e n H a r n w e g s i n f e k t wird u n t e r d e m G e s i c h t s p u n k t d e r minim a l e n Invasivität d u r c h e i n e Doppel-J-Harnleiterschiene (s. A b b . 5-22, S. 75) oder eine unter sonografischer Kontrolle angelegte perkutane Nephrostomie erzielt. D i e k a u s a l e T h e r a p i e erfolgt erst post p a r t u m .

Therapie: a) Analgetika: • Azetylsalizylsäure (1., 2. Trimenon) • Paracetamol (3. Trimenon) • Metamizol, Pentazocin die asymptomatische Bakteriurie in der Schwangerschaft ist behandlungsbedürftig b) Antibiotika: • Penizilline • Cephalosporine

16.5 Harnröhrenerkrankungen: Karunkel, Polypen, Prolaps, Divertikel • Bei der Urethralkarunkel handelt es sich um eine lokalisierte Epithelhyperplasie der Urethralschleimhaut auf dem Boden einer chronischen Entzündung der Skene-Drüsen, wobei es zur Formation eines gestielten Schleimhauttumors kommt, der aus dem Meatus urethrae externus prolabiert. • Als Urethralpolyp wird ein gutartiger Schleimhauttumor bezeichnet, der meist im dorsalen Blasenhalsbereich gestielt ist und ebenfalls aus dem Meatus urethrae externus prolabieren kann. • Beim Urethralprolaps kommt es bei verminderter Gewebeelastizität in der Postmenopause insbesondere bei chronischen Blasenentleerungsstörungen mit Einsatz der akzessorischen Bauchpresse bei der Miktion zu einer zirkulären Protrusion des Urethraepithels durch den Meatus externus und sekundärer hämorrhagischer Infarzierung. Symptomatik: Karunkel, Polypen und Prolaps der Urethra können zu Reizblasensymptomatik, Blasenentleerungsstörungen und Makrohämaturie führen. Diagnostik, Therapie: Die Diagnose erfolgt durch Inspektion des äußeren Genitale und Urethrozysloskopie (s. Abschn.5.4.2.1, S.67), die Therapie durch Elektrokoitguiation oder Resektion. • Harnröhrendivertikel entstehen aus paraurethralen Drüsen, die sich aufgrund einer angeborenen oder erworbenen Verlegung des Ausführungsganges im Septum urethrovaginale dilatieren, wobei sich der Verbindungsgang (Divertikelhals) meist in dorsalen

Urethralkarunkel • Epitheldysplasie

Urethralpolyp • Schleimhauttumor Urethralprolaps • Epithelprotrusion —> Infarzierung Symptome: • Reizblase, Hämaturie • Entleerungsstörungen • Makrohämaturie Diagnostik: • Inspektion • Urethrozystoskopie Therapie: • Koagulation/Resektion Urethradivertikel

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16. Gynäkologische Urologie

Abb. 16-2: Darstellungeines Urethradivertikels durch Urethrographie mittels Doppelballonkatheter

o d e r l a t e r a l e n S e g m e n t e n d e r U r e t h r a findet. Je n a c h Weite des D i v e r t i k e l h a l s e s u n d G r ö ß e d e s Divertikels k a n n sich d a s Divertikel w ä h r e n d d e r M i k t i o n a u f f ü l l e n u n d die U r e t h r a k o m p r i m i e r e n bzw. k ö n n e n i n n e r h a l b des Divertikels A b s z e s s e , Steine o d e r Divertikelkarzinome entstehen.

Symptome: • Entleerungsstörung • Reizblase Diagnose: • vaginale Einstellung • radiologisch • endoskopisch Therapie: • Exzision

Symptomatik: o b s t r u k t i v e B l a s e n e n t l e e r u n g s s t ö r u n g e n , N a c h t r ä u f e l n ( E n t l e e r u n g d e s Divertikels) o d e r irritative S y m p t o m e im Sinne e i n e r Reizblase. D i e D i a g n o s e erfolgt d u r c h I n s p e k t i o n u n d P a l p a t i o n d e r U r e t h r a (vaginale Einstellung), radiologisch ( M C U , D o p p e l b a l l o n u r e t h r o g r a p h i e ) u n d e n d o s k o p i s c h ( A b b . 16-2). Therapie: B e i m e n d o s k o p i s c h e n V o r g e h e n wird d e r D i v e r t i k e l h a l s inzidiert u n d d a s Divertikel d u r c h R e s e k t i o n des D i v e r t i k e l d a c h e s breit mit d e r H a r n r ö h r e vereinigt. Bessere E r g e b n i s s e w e r d e n d u r c h die o f f e n e chirurgische Exzision erzielt, die meist transvaginal erfolgt.

16.6 Urologische Komplikationen bei gynäkologischen Erkrankungen Extragenitale Endometriose

16.6.1 Extragenitale Endometriose

Lokalisation: • Peritoneum • Darm • Ureter • Blase

Ätiologie, Pathophysiologie: O r t s f r e m d e s E n d o m e t r i u m findet sich in weniger als 5 % in anderen O r g a n e n als in U t e r u s und Tuben, wobei die Mehrzahl dieser heterotopen H e r d e in Peritoneum, D a r m , U r e t e r und Blase lokalisiert sind.

Leitsymptom: • zyklische Beschwerden mit Gipfel während der Menstruation

Diagnostik: - Endoskopie - Biopsie, Histologie

Symptome: D a auch die Proliferationsphasen des extragenitalen E n d o metriums von der endokrinen Funktion der Ovarien abhängig sind, wird eine Endometriose nur während der Geschlechtsreife, meist nach d e m 35. Lebensjahr, symptomatisch. Leitsymptom: Beschwerdegipfel während der Menstruation. Bei einer Beteiligung des Ureters kann es neben einer intermittierenden Stauung des oberen H a r n t r a k t s mit Koliken zu einer zyklischen H ä m a t u r i e k o m m e n . Eine vesikale Endometriose kann neben der Hämaturie zu Reizblasenbeschwerden mit Pollakisurie, Algurie und imperativem H a r n d r a n g führen. Diagnostik: Die Diagnose wird makroskopisch und histologisch durch eine endoskopische Biopsie oder Resektion des E n d o m e t r i o s c h e r d e s (Harnblase, interne U r e t e r e n d o m e t r i o s e ) gestellt.

277

16.6 Urologische K o m p l i k a t i o n e n bei gynäkologischen Erkrankungen Therapie: P r i m ä r e s t h e r a p e u t i s c h e s Ziel ist d i e E n t f e r n u n g o r t s f r e m d e n E n d o m e t r i u m s e n d o s k o p i s c h o d e r o f f e n chirurgisch. Z u r R ü c k e n t w i c k l u n g verbleib e n d e r o d e r m u l t i f o k a l e r E n d o m e t r i o s e h e r d e wird a l t e r n a t i v o d e r a d j u v a n t e i n e h o r m o n e l l e T h e r a p i e mit d e m A n t i g o n a d o t r o p i n D a n a z o l , mit L H - R H A n a l o g a o d e r mit g e s t a g e n b e t o n t e n O v u l a t i o n s h e m m e r n d u r c h g e f ü h r t .

Therapie: - endoskopisch, chirurgisch - LH-RH-Analoga

16.6.2 Ureterläsionen, Blasenläsionen, Fisteln

Ureter-, Blasenläsionen

• Ureter- und Blasenbeteiligungen bei g y n ä k o l o g i s c h e n E r k r a n k u n g e n k ö n n e n d u r c h intraoperative Verletzungen o d e r d u r c h o r g a n ü b e r s c h r e i t e n d e entzündliche oder tumoröse Veränderungen des w e i b l i c h e n G e n i t a l e b e g r ü n d e t sein.

Ursachen: - intraoperative Verletzungen - Entzündungen - Tumoren

S y m p t o m e : I n t r a o p e r a t i v nicht e r k a n n t e L ä s i o n e n k ö n n e n p o s t o p e r a t i v d u r c h A n u r i e (beidseitige Ureterligatur), Flankenschmerzen oder Fieber (Ureterlig a t u r ) , f r e i e Flüssigkeit im A b d o m e n ( k o m p l e t t e U r e t e r d u r c h t r e n n u n g ) o d e r H a r n v e r l u s t d u r c h die S c h e i d e ( U r e t e r s c h e i d e n f i s t e l , B l a s e n s c h e i d e n f i s t e l ) imponieren.

Symptome: • postoperativ: - Stauungsniere - Koliken

Diagnostik: I n t r a o p e r a t i v k ö n n e n f r a g l i c h e L ä s i o n e n d u r c h F a r b s t o f f a u s t r i t t n a c h i n t r a v e n ö s e r I n j e k t i o n von M e t h y l e n b l a u bestätigt w e r d e n .

Diagnostik: - Farbstoffaustritt

Therapie: I d e a l e r w e i s e w e r d e n L ä s i o n e n d e r a b l e i t e n d e n H a r n w e g e i n t r a o p e rativ e r k a n n t u n d sofort versorgt. Bei p o s t o p e r a t i v d i a g n o s t i z i e r t e n L ä s i o n e n f ü h r t die Frühversorgung i n n e r h a l b v o n 48 S t u n d e n n a c h d e m E r s t e i n g r i f f zu b e s s e r e n R e s u l t a t e n als die Spätversorgung, die n a c h e i n e m Intervall von 3 - 6 W o c h e n n a c h d e m E r s t e i n g r i f f d u r c h g e f ü h r t wird. I m Intervall wird die A b l e i t u n g d e r N i e r e d u r c h e i n e perkutane Nephrostomie (s. A b b . 5-24, S. 77) sichergestellt.

Therapie: • intraoperative Versorgung • Frühversorgung • Spätversorgung

• Urogenitale Fisteln ( u r e t h r o v a g i n a l , v e s i k o v a g i n a l , -zervikal, u r e t e r o v a g i nal, K l o a k e ) k ö n n e n Folge e i n e r i n t r a o p e r a t i v e n Verletzung der Harnwege bei g y n ä k o l o g i s c h e n E i n g r i f f e n , von o r g a n ü b e r s c h r e i t e n d tumorösen Prozessen d e s i n n e r e n G e n i t a l e o d e r e i n e r Radiatio sein.

Fisteln • urethrovaginal • vesikovaginal • ureterovaginal • vesikozervikal • Kloake Leitsymptom: totale Inkontinenz durch transvaginalen Urinverlust

S y m p t o m e : F ü h r e n d e s S y m p t o m d e r Uretero- u n d Vesikovaginalfisteln ist die totale Inkontinenz (tags u n d nachts, im S t e h e n u n d im L i e g e n ) d u r c h U r i n v e r lust a u s d e r S c h e i d e . K l o a k e n ( v e s i k o - v a g i n o - i n t e s t i n a l e Fisteln) sind d u r c h P n e u m a t u r i e , F ä k a l u r i e , U r i n - u n d S t u h l v e r l u s t d u r c h die S c h e i d e o d e r U r i n verlust p e r a n u m g e k e n n z e i c h n e t . Diagnostik: D e r V e r d a c h t auf e i n e u r o g e n i t a l e Fistel wird d u r c h e i n e positive „ B l a u p r o b e " bestätigt. A l s N a c h w e i s e i n e r vesikovaginalen Fistel f ä r b e n sich d i e im h i n t e r e n S c h e i d e n g e w ö l b e l i e g e n d e n T u p f e r bei a u s t a m p o n i e r t e r Vagin a an, w e n n die Blase mit M e t h y l e n b l a u a u f g e f ü l l t wird. Bei e i n e r ureterovaginalen Fistel f ä r b e n sich die T u p f e r nicht n a c h A u f f ü l l e n d e r Blase mit M e t h y l e n b l a u , a b e r n a c h i n t r a v e n ö s e r I n j e k t i o n von M e t h y l e n b l a u . Z y s t o s k o p i e , ret r o g r a d e H a r n l e i t e r d a r s t e l l u n g , V a g i n o s k o p i c u n d ggf. R e k t o s k o p i e k l ä r e n G r ö ß e u n d L a g e d e r Fistel(n).

Diagnose, Differentialdiagnose: - Blauprobe

Therapie: Ureterovaginalfisteln w e r d e n je n a c h L a g e u n d S u b s t a n z d e f e k t wie d i e o b e n b e s c h r i e b e n e n U r e t e r l ä s i o n e n versorgt. U n k o m p l i z i e r t e Blasenscheidenfisteln k ö n n e n von vaginal, s i c h e r e r a b e r a b d o m i n e l l - t r a n s v e s i k a l versorgt w e r d e n , d a die gute E x p o s i t i o n b e i m a b d o m i n e l l e n V o r g e h e n die k o m p l e t t e Exzision d e s F i s t e l g a n g e s u n d die I n t e r p o s i t i o n e i n e s P e r i t o n e a l p a t c h e s o d e r von O m e n t u m m a j u s in das S e p t u m vesicovaginale e r m ö g l i c h t . T h e r a p e u t i sches Mittel d e r letzten W a h l f ü r j e d e A r t e i n e r u r o g e n i t a l e n Fistel o d e r e i n e r K l o a k e n b i l d u n g ist die supravesikale Harnableitung.

Therapie der Blasenscheidenfistein: • Fistelexzision und Verschluß: - von vaginal - transvesiko-transabdominal mit Interposition von Peritoneum oder Omentum • Mittel der letzten Wahl bei - irreparabler Fistel - zerstörtem Kontinenzapparat —> supravesikale Harnableitung

278 Tumoren

16. Gynäkologische Urologie

16.6.3 Gynäkologische Tumoren

Kollumkarzinom: postrenales Nierenversagen

Von d e m i n n e r e n w e i b l i c h e n G e n i t a l e a u s g e h e n d e T u m o r e n k ö n n e n d u r c h m e c h a n i s c h e K o m p r e s s i o n ( O v a r i a l z y s t e ) o d e r I n f i l t r a t i o n ( K o l l u m k a r z i n o m ) zu u r e t e r a l e n Harntransportstörungen, Stauimgsnieren u n d postrenalem Nierenversagen f ü h r e n .

Symptome: - Reizblase

S y m p t o m e : Blasenreizungen infolge einer mechanischen Imprimierung der H a r n b l a s e , Z e i c h e n d e r septischen Stauungsniere, Urämie bei b i l a t e r a l e n Harnstauungsnieren.

- Stauungsniere, Urämie Diagnostik: - präoperativ immer AUG

Therapie: • palliativ: Harnableitung - Doppel-J-Ureterkatheter - perkutane Nephrostomie - Ileum-Conduit • kurativ: - vordere, totale Exenteration, kombi niert mit Harnableitung

Diagnostik: Bei o n k o l o g i s c h - c h i r u r g i s c h e n E i n g r i f f e n im k l e i n e n B e c k e n ist das p r ä o p e r a t i v e U r o g r a m m ( A U G ) z u m A u s s c h l u ß e i n e r H a r n t r a n s p o r t s t ö r u n g wichtig. Therapie: Bei palliativen I n d i k a t i o n e n ( L y m p h k n o t e n m e t a s t a s e n a u ß e r h a l b d e s k l e i n e n B e c k e n s , F e r n m e t a s t a s e n ) wird die H a r n a b l e i t u n g d u r c h e i n e n int e r n e n D o p p e l - J - U r e t e r k a t h e t e r (s. A b b . 5 - 2 2 , S. 75) o d e r e i n e p e r k u t a n e N e p h r o s t o m i e (s. A b b . 5-24, S. 77) sichergestellt, in s e l t e n e n Fällen d u r c h s u p r a v e sikale H a r n a b l e i t u n g ü b e r ein Conduit. K u r a t i v e u l t r a r a d i k a l e c h i r u r g i s c h e M a ß n a h m e n s c h l i e ß e n im R a h m e n d e r tot a l e n E x e n t e r a t i o n ( E n t f e r n u n g aller O r g a n e d e s k l e i n e n B e c k e n s ) u n d d e r v o r d e r e n E x e n t e r a t i o n ( E n t f e r n u n g aller O r g a n e d e s k l e i n e n B e c k e n s bis auf d a s R e k t u m ) die Z y s t o u r e t h r e k t o m i e mit i n k o n t i n e n t e r o d e r k o n t i n e n t e r H a r n a b l e i t u n g ein.

17. Operative Techniken in der Urologie H. Riedmiller,

Operative Techniken

E. Gerharz

D a s b r e i t e o p e r a t i v e S p e k t r u m in d e r U r o l o g i e u m f a ß t kinderurologische und plastisch-rekonstruktive Eingriffe, diagnostisch-interventionelle Verfahren, radikale u n d palliative Tumoroperationen, die gynäkologische Urologie u n d andrologische Operationen e b e n s o wie die endourologischen Techniken (s. A b s c h n . 18, S. 304). D a s umfangreiche Schnittrepertoir erfordert eine exakte Kenntnis der topographischen und funktionellen Anatomie. D i e f ü r die A u s b i l d u n g u n d Praxis wichtigen Standardeingriffe w e r d e n im folgenden besprochen.

Breites operatives Spektrum • Kinderurologie • plastisch-rekonstruktive Eingriffe • Tumorchirurgie • gynäkologische Urologie • operative Andrologie • endourologische Techniken

17.1 Äußeres männliches Genitale und Leistenkanal

Äußeres männliches Genitale und Leistenkanal

D e r optimale Zugang zu L e i s t e n k a n a l u n d d e n S k r o t a l f ä c h e r n ist d e r Suprainguinalschnitt. W e s e n t l i c h e r o p e r a t i v e r Schritt zur t o p o g r a p h i s c h e n O r i e n t i e r u n g ist bei d e r M e h r z a h l d e r u n t e n b e s c h r i e b e n e n E i n g r i f f e die D a r s t e l l u n g d e s ä u ß e r e n L e i s t e n r i n g s u n d d e r in i h m v e r l a u f e n d e n S a m e n s t r a n g g e b i l d e . D e r F u n i c u l u s s p e r m a t i c u s wird vor d e m ä u ß e r e n L e i s t e n r i n g u n t e r f a h r e n u n d a n g e z ü g e l t . Bei B e d a r f k a n n d e r L c i s t c n k a n a l d u r c h S p a l t e n d e r E x t e r n u s a p o n e u r o s e e r ö f f n e t u n d d e r F u n i c u l u s s p e r m a t i c u s je n a c h O p e r a t i o n s z i e l bis weit in d e n R e t r o p e r i t o n e a l r a u m v e r f o l g t w e r d e n . Bei P r ä p a r a t i o n d e s Funiculus n a c h distal wird Z u g a n g z u m S k r o t a l f a c h g e w o n n e n u n d bei B e d a r f d e s s e n I n h a l t ( H o d e n , N e b e n h o d e n u n d H o d e n h ü l l e n ) aus d e m S k r o t u m herausluxiert.

Suprainguinalschnitt • Darstellung des äußeren Leistenrings und des Samenstrangs • • -

Eröffnung des Leistenkanals Zugang zum Funiculus spermaticus zum Skrotalinhalt

Am Ende des Eingriffs werden die Fasern des M. obliquus internus an das Leistenband geheftet und die Externusaponeurose unter Rekonstruktion des Leistenrings verschlos-

17.1.1 Zirkumzision, Funikulolyse, Orchidopexie, Hodentorsion 17.1.1.1

Zirkumzision

Indikation: • rituelle Gründe ( z . B . M o h a m m e d a n e r , J u d e n ) • hygienisch-prophylaktische Gesichtspunkte (v. a. in d e n U S A ) • medizinische Aspekte ( h o c h g r a d i g e o d e r n a r b i g e P h i m o s e , rezidivierende Balanitiden, rezidivierende Paraphimose) N a c h L ö s e n v o n V e r k l e b u n g e n d e r G l a n s mit d e m i n n e r e n V o r h a u t b l a t t mit ein e r K n o p f s o n d e (Präputiolyse) wird d a s ä u ß e r e Blatt in o v a l ä r e r S c h n i t t f ü h r u n g v o m D o r s u m p e n i s aus e n t l a n g d e s Sulcus c o r o n a r i u s d u r c h t r e n n t . D a s

Zirkumzision

Indikation

Abtragen der

17.1.2 Hydrozelektomie, Semikastration, Varikozelektomie, Sterilisation 17.1.2.1 Hydrozelektomie Indikation: • kosmetische A s p e k t e bei kleinen und mittleren H y d r o z e l e n • B e s c h w e r d e n bei Sitzen und G e h e n bei g r o ß e n Hydrozelen. Bei inguinalem Z u g a n g wird der b e t r o f f e n e H o d e n samt H y d r o z e l e aus dem S k r o t u m luxiert. Nach vollständiger D a r s t e l l u n g wird die H y d r o z e l e e r ö f f n e t . • Bei großen u n d dickwandigen Hydrozelen empfiehlt sich die weitestgehende Resektion der Zelenwände. Z u r Blutstillung werden die R e s e k t i o n s r ä n d e r mit f o r t l a u f e n d e r N a h t g e s ä u m t (Op. nach v. B e r g m a n n ) . • Bei kleinen Hydrozelen ist eine Vernähimg der umgestülpten Hydrozelenw a n d hinter d e m H o d e n ausreichend (Op. nach W i n k e l m a n n ) . W ä h r e n d bei H y d r o z e l e n im Kindesalter der inguinale Z u g a n g s w e g zu bevorzugen ist ( o f f e n e r Proc. vaginalis peritonei), kann bei Erwachsenen auch der skrotale Z u g a n g s w e g gewählt w e r d e n . Die gelegentlich d u r c h g e f ü h r t e P u n k t i o n und Sklerosierung von H y d r o z e l e n ist a u f g r u n d der h o h e n Rezidivrate und des nicht unbeträchtlichen Infektrisikos obsolet.

Hydrozelektomie Indikation

< i =

• Resektion der Zelenwand (große Hydrozele) • Vernähung der umgestülpten Zelenwand (kleine Hydrozele) • beim Kind (häufig offener Proc. vaginalis) inguinaler Zugang • Erwachsener: skrotaler Zugang • Punktion und Sklerosierung von Hydrozelen obsolet

282 Semikastration

17. Operative Techniken in der Urologie 17.1.2.2 Semikastration (Ablatio testis) • Jeder unklare und tumorverdächtige H o d e n b e f u n d zwingt zur ingul· nalen Freilegung.

• Abklemmen der Samenstranggefäße • Freilegung des Hodens und Ablatio bei Tumor

• Biopsie des kontralateralen Hodens

Varikozelektomie

Indikation

U m e i n e m ö g l i c h e T u m o r z e l l a u s s a a t zu v e r m e i d e n , wird d e r S a m e n s t r a n g v o r dem äußeren Leistenring mit einer weichen D a r m k l e m m e abgeklemmt. A n s c h l i e ß e n d wird d e r S k r o t a l i n h a l t h e r v o r l u x i e r t u n d das G u b e r n a c u l u m d u r c h t r e n n t . B e s t ä t i g t sich n a c h E r ö f f n e n d e r H o d e n h ü l l e n d e r T u m o r , e r f o l g t d i e A b l a t i o testis. N a c h E r ö f f n e n d e s I n g u i n a l k a n a l s w e r d e n D u c t u s d e f e r e n s u n d die w e i t e r e n G e b i l d e d e s F u n i c u l u s s p e r m a t i c u s a m i n n e r e n L e i s t e n r i n g d u r c h trennt und das Präparat entfernt. • Bei d r i n g e n d e m T u m o r v e r d a c h t k a n n vor d e r g e p l a n t e n S e m i k a s t r a t i o n d e r k o n t r a l a t e r a l e H o d e n z u m A u s s c h l u ß eines C a r c i n o m a in situ f r e i g e l e g t u n d biopsiert werden.

17.1.2.3 Varikozelektomie Indikation: • massive Varikozele ( R e f l u x G r a d III) • s u b j e k t i v e Beschwerden bei l ä n g e r e m S t e h e n u n d k ö r p e r l i c h e r A n strengung • Fertilitätsprophylaxe

bei V a r i k o z e l e n v o n A d o l e s z e n t e n .

1. chirurgisch • Ligatur und Resektion der V. testicularis - hohe Ligatur - im Leistenkanal - tiefe Ligatur (distal des Leistenkanals) - laparoskopische Variozelenoperation (s. Abschn. 18.2.3, S.308) 2. Sklerosierung • retrograd: - V. fem. —> V.c. inf., -> V. renalis -> V. testicularis

Operation. D i e Ligatur u n d Teilresektion d e r e k t a t i s c h e n V. testicularis unter S c h o n u n g d e r A . testicularis k a n n e r f o l g e n : s u p r a i n g u i n a l r e t r o p e r i t o n e a l (hohe Ligatur nach Bernardi), im L e i s t e n k a n a l (nach Ivanissevich) o d e r distal d a v o n (tiefe Ligatur) ( A b b . 17-3). D e r inguinale Zugang e r l a u b t n e b e n d e r Isolation d e r v a r i k ö s v e r ä n d e r t e n V e n e n a u c h die U n t e r b i n d u n g n a c h m e d i a l u n d lateral z i e h e n d e r K o l l a t e r a l g e f ä ß e , die nicht selten U r s a c h e v o n R e z i d i v e n sind.

• antegrad: - direkte Sklerosierung des Venenkonvoluts

E i n e A l t e r n a t i v e d a z u (mit d e u t l i c h g e r i n g e r e r S t r a h l e n b e l a s t u n g d e s P a t i e n t e n ) ist d i e antegrade Sklerosierung, bei d e r ü b e r e i n e n S k r o t a l s c h n i t t d a s e k t a tische V e n e n k o n v o l u t a u f g e s u c h t u n d d a s S k l e r o s i e r u n g s m i t t e l a n t e g r a d injiziert wird.

Sklerosierung. A l t e r n a t i v z u r S c h n i t t o p e r a t i o n b e s t e h t die M ö g l i c h k e i t e i n e r radiologisch-interventionellen Sklerosierung der Varikozele retrograd über eine P u n k t i o n d e r V. femoralis. U n t e r r ö n t g e n o l o g i s c h e r K o n t r o l l e wird ein K a t h e t e r ü b e r die V. cava i n f e r i o r u n d V. renalis in die V. testicularis piaziert und das Verödungsmittel appliziert.

Abb. 17-3: Zugangswege zur Varikozelenligatur. Pararektalschnitt, Wechselschnitt und Suprainguinalschnitt (von oben nach unten)

283

17.2 Harnröhre und Prostata 17.1.2.4 Sterilisation des Mannes Indikation: V a s o r e s e k t i o n z u r

Sterilisation des Mannes

Familienplanung.

D i e an i h r e r c h a r a k t e r i s t i s c h e n K o n s i s t e n z e r k e n n b a r e n D u c t u s d e f e r e n t e s w e r d e n im o b e r e n A n t e i l des S k r o t a l f a c h s p a l p a t o r i s c h g e o r t e t , zwischen D a u m e n u n d Z e i g e f i n g e r isoliert u n d fixiert. D u r c h 2 k l e i n e s k r o t a l e I n z i s i o n e n unm i t t e l b a r ü b e r d e n D u c t u s w e r d e n diese d a r g e s t e l l t u n d j e ca. 1 c m r e s e z i e r t ( A b b . 17-4). D i e S t ü m p f e w e r d e n ligiert. D e r Eingriff wird in d e r R e g e l in L o kalanästhesie durchgeführt.

Indikation

• Resektion und Ligatur beider Samenleiter

Abb. 17-4: Ligatur und Resektion des Ductus deferens

D i e I n d i k a t i o n z u r V a s o r e s e k t i o n m u ß s t r e n g gestellt w e r d e n u n d darf n u r nach ausführlicher Aufklärung des Patienten erfolgen. Gelegentlich bedingen spätere Meinungsänderungen des Patienten die Refertilisierung durch beidseitige Reanastomose der Ductus deferens-Stümpfe (Vaso-Vasostomie).

Refertilisierung möglich

17.1.2.5 Plastische (subkapsuläre) Orchiektomie (Op. nach Riba)

SubkapsuläreOchiektomie

• Indikation: H o r m o n e n t z u g bei m e t a s t a s i e r t e m o d e r o r g a n ü b e r s c h r e i tendem Prostatakarzinom. Im Gegensatz zur radikalen (Tumor-)Orchiektomie werden Samenstrang, Neb e n h o d e n u n d H o d e n h ü l l e n b e l a s s e n . Ü b e r e i n e k l e i n e s k r o t a l e Inzision wird b e i d s e i t s die Tunica a l b u g i n e a d e r H o d e n längs e r ö f f n e t . D a s H o d e n p a r e n c h y m wird s t u m p f von d e r Tunica a b g e s c h o b e n u n d mit d e m E l e k t r o k a u t e r abg e t r e n n t ; d a s G e f ä ß n e t z wird mit e i n e r D u r c h s t e c h u n g s l i g a t u r versorgt. D i e H o d e n h ü l l e n w e r d e n mit f o r t l a u f e n d e n N ä h t e n v e r s c h l o s s e n .

Indikation

Ausschälung des (hormonproduzierenden) Hodenparenchyms

17.2 Harnröhre und Prostata 17.2.1 Harnröhre

Urethra

17.2.1.1 Harnröhrenstrikturen

Harnröhrenstrikturen

• H a r n r ö h r e n s t r i k t u r e n j e g l i c h e r G e n e s e , die u r o d y n a m i s c h r e l e v a n t sind ( R e s t h a r n b i l d u n g , d e u t l i c h e E r n i e d r i g u n g d e s U r o f l o w s ) m ü s s e n behandelt werden. W ä h r e n d die ü b e r w i e g e n d e Z a h l aller H a r n r ö h r e n s t r i k t u r e n e i n e r endoskopischen Therapie z u g ä n g l i c h ist (s. A b s c h n . 13), wird bei l a n g s t r e c k i g e n u n d kal-

Indikation

• meist endoskopische Op.

284

offene O p e r a t i o n b e i m m e h r f a c h e n Rezidiv bei kurzer Striktur: E n d - z u - E n d Anastomose

- bei l a n g s t r e c k i g e n Strikturen: gestielte H a u t l a p p e n - evtl. z w e i z e i t i g e s V o r g e h e n

Urethrektomie

Indikation

17. Operative Techniken in der Urologie

lösen Strikturen sowie beim m e h r f a c h e n Rezidiv die o f f e n e Operation bevorzugt: • Bei geplanter End-zu-End-Anastomose, die bei kurzer Striktur die Therapie der Wahl ist, wird die Urethra über einen perinealen Zugang freigelegt und das stenotische Segment reseziert. Die beiden Urethraenden werden nach ausreichender Mobilisation nach dem Prinzip der Querschnittsvergrößerung beider Urethralstümpfe gegensinnig längs inzidiert und End-zu-End miteinander anastomosiert (Abb. 17-5). • Bei langstreckigen Strikturen wird das stenotische Areal der Urethra reseziert bzw. gespalten und mit einem gestielten Hautlappen gedeckt. Die gestielten und gut gefäßversorgten Hautlappen werden dabei aus dem Präputialbereich, der Penisschafthaut oder der wenig behaarten Haut des Perineums gebildet (einzeitiges Vorgehen). In der zweizeitigen Technik wird das slenotische Areal längs gespalten und die Harnröhrenränder an die Schnitträndcr der umgebenden Haut adaptiert. Nach abgeschlossener Wundheilung wird ca. 3 Monate nach der ersten Sitzung die offen liegende Urethra mit einem umgebenden Hautrand so umschnitten, daß sie spannungsfrei zum Rohr geschlossen werden kann. Die seitlich mobilisierten Hautränder werden über der rekonstruierten Harnröhre anastomosiert.

17.2.1.2 Urethrektomie Indikation: • b e i primärem

Urethrakarzinom

( s e l t e n ! ) e r f o l g t d i e U r e t h r e k t o m i e in

V e r b i n d u n g mit der Z y s t o p r o s t a t e k t o m i e • b e i b l a s e n a u s l a ß n a h e n Urothelkarzinomen

oder Carcinoma

Blase o d e r prostatischen H a r n r ö h r e sollte bei d e r

in situ d e r

Zystoprostatektomie

mit k u r a t i v e m A n s p r u c h d i e H a r n r ö h r e p r i m ä r bzw. s e k u n d ä r e n t f e r n t werden. - perineale H a u t i n z i s i o n - Präparation d e s C o r p u s s p o n g i o s u m

In Steinschnittlage erfolgt die Hautinzision im Bereich des Perineums. Nach Spaltung des M. bulbocavernosus und des M. transversus perinei superficialis wird das Corpus spongiosum urethrae freipräpariert und angezügelt. Bei der Dissektion des Corpus spongiosum nach distal samt Urethra wird der Penis zunehmend eingestülpt, bis die Urethra im Bereich der Fossa navicularis durchtrennt werden kann. Die anschließende Mobilisierung der proximalen Urethra reicht bis in das Diaphragma urogenitale. I m R a h m e n d e r Z y s t e k t o m i e b e i d e r Frau ( v o r d e r e E x e n t e r a t i o n ) w i r d d i e ges a m t e U r e t h r a u n t e r M i t n a h m e e i n e s Teils d e r v o r d e r e n V a g i n a l w a n d exstirpiert.

285

17.2 Harnröhre und Prostata 17.2.1.3 Hypospadiekorrektur

Hypospadiekorrektur

Indikation: • bei distalen Formen der Hypospadie vorwiegend kosmetischer Aspekt • bei proximalen, schweren Hypospadieformen mit G l i e d v e r k r ü m m u n g funktioneller Aspekt. Die Beschreibung von mehr als 250 Techniken zur Hypospadiekorrektur zeigt, daß es kein allgemein gültiges Verfahren gibt: • Bei den einfachen, distalen Hypospadieformen ist die Verlagerung des hypospaden Meatus in Richtung Glansspitze therapeutisches Ziel. • D i e operative Korrektur der schweren Hypospadien mit Gliedverkrümmung umfaßt 3 Aspekte: Aufrichtung des v e r k r ü m m t e n Penis, Ersatz des fehlenden Anteils der H a r n r ö h r e durch eine Neourethra und Korrektur der fehlgebildeten Glans penis.

Indikation

1. distale H.: Verlagerung der Harnröhrenmündung an die Glansspitze 2. proximale H.: • Penisaufrichtung • Ersatz des fehlenden Anteils der Harnröhre durch Neourethra • Korrektur der fehlgebildeten Glans

Man unterscheidet einzeitige von zwei- und mehrzeitigen Verfahren, wobei der Zeitpunkt zur operativen Versorgung einer Hypospadie von den Größenverhältnissen im Bereich des äußeren Genitale und den lokalen Hautverhältnissen abhängig ist und heute - aus psychologischen Gründen - überwiegend in den Bereich der ersten 18 Lebensmonate gelegt wird. Zum Ersatz des fehlenden Anteils der Harnröhre werden neben umgebenden Hautanteilen vor allem gut vaskularisierte, gestielte Insellappen aus dem Präputium oder der Penisschafthaut sowie auch freie Transplantate (Blasen-, Mundschleimhaut) eingesetzt. • Häufige Komplikationen der H y p o s p a d i e k o r r e k t u r e n sind Stenosen des Neomeatus, Anastomosenstrikturen sowie die Ausbildung u r e t h r o k u t a n e r Fisteln.

Komplikationen - Strikturen - Fisteln

17.2.2 Prostata

Prostata

17.2.2.1 Transvesikale Prostatektomie (TVP)

Transvesikale Prostatektomie

Indikation: großes P r o s t a t a a d e n o m mit A b f l u ß b e h i n d e r u n g Bei sehr großen Vorsteherdrüsen (> 80-100 g) ist die offene operative Entfernung des A d e n o m s angezeigt, da in diesen Fällen die transurethrale Resektion aufgrund der bei langer Resektionsdauer möglicherweise a u f t r e t e n d e n Probleme der belastendere Eingriff sein kann (ζ. B. E i n s c h w e m m p h ä n o m e n ) . D e r Zugang bei T V P erfolgt über eine m e d i a n e Unterbauchinzision. Die Blasenvorderwand wird freigelegt und eröffnet. U n t e r Schonung der beiden Harnleiterostien wird die Blasenschleimhaut zirkulär um den endovesikal entwickelten A d e n o m a n t e i l inzidiert. Nach Sprengen der vorderen Prostatakommissur mit d e m Finger wird das A d e nom stumpf aus der Prostataloge enukleiert (Abb. 17-6, s. Abb. 12-8, S. 189). • D a bei der suprapubischen transvesikalen Prostatektomie die „chirurgische Kapsel" belassen wird, andererseits die Karzinome ihren Ausgang von der

Abb. 17-6: Digitale Enukleation eines Prostataadenoms

Indikation

• stumpfes Ausschälen des Adenoms mit dem Finger

286

17. Operative Techniken in der Urologie Kapsel nehmen, sind bei diesen Patienten grundsätzlich weiterhin angezeigt.

Radikale Prostatektomie

Indikation

Krebsvorsorgeuntersuchungen

17.2.2.2 Radikale retropubische Prostatektomie mit pelviner Lymphadenektomie Indikation: auf das Organ begrenztes Prostatakarzinom Beim lokal begrenzten Prostatakarzinom ist die radikale Prostatektomie die Therapie der Wahl. Einschränkungen sind gegeben bei älteren Patienten, deren Lebenserwartung aufgrund von Begleiterkrankungen nicht deutlich über 5 Jahren liegt, da das Tumorleiden in diesen Fällen über diesen Zeitraum auch mit weniger aggressiven Therapieverfahren beherrscht werden kann.

Entfernung der Prostata mit chirurgischer Kapsel Samenblasen und Ampullae ductus deferentes

Im Gegensatz zur suprapubischen Prostatektomie beim Adenom wird bei der radikalen Prostatektomie die komplette Vorsteherdrüse mit chirurgischer Kapsel, Samenblasen und den zentralen Abschnitten der Ductus deferentes entfernt.

deszendierende Technik Reanastomose zwischen membranöser Harnröhre und Blasenhals

Der operative Zugang erfolgt über einen medianen Unterbauchschnitt. Der radikalen Prostatektomie vorangehend erfolgt die pelvine Lymphadenektomie (s. Abschn. 18.2.1, S.306). • Bei der deszendierenden radikalen Prostatektomie wird der Blasenhals zirkulär eröffnet (Abb. 17-7 a). Unter A n h e b u n g der Blasenhinterwand werden die beidseitigen Samenblasen sowie die zentralen Anteile der Ductus deferentes freipräpariert, die beidseitigen Prostatapfeiler ligiert und durchtrennt und die Prostata bis zur membranösen Harnröhre mobilisiert. Distal des Apex prostatae erfolgt die Durchtrennung des dorsalen Venenplexus und der membranösen Harnröhre (Abb. 17-7 b).

aszendierende Technik

Nach Rekonstruktion und Einengen des inneren Blasenmundes erfolgt die Reanastomose zwischen membranöser H a r n r ö h r e und Blase über einem intraoperativ eingelegten transurethralen Verweilkatheter (Abb. 17-7c). • Alternativ kann die radikale Prostatektomie auch auf umgekehrtem Wege in aszendierender Technik erfolgen. Hier wird zuerst die membranöse Harnröhre freipräpariert und durchtrennt und anschließend das tumortragende Organ kranialwärts vorgehend mobilisiert und exstirpiert.

potenzerhaltende Operation (nervenschonende Technik) Komplikationen: vorübergehende Streßinkontinenz

• Bei frühen Stadien des Prostatakarzinoms (T,, T 2 ) können u.U. die laterodorsal dicht an der Prostatakapsel verlaufenden Gefäß-Nerven-Bündel geschont werden. Die Indikation zu diesem potenzerhaltenden Vorgehen muß bei kapselnahen Karzinomen streng gestellt werden, um nicht die Radikalität des Eingriffs zu gefährden. • Die Patienten müssen vor dem Eingriff darüber aufgeklärt werden, daß über eine geraume Zeit postoperativ eine Streßinkontinenz bestehen kann.

Abb. 17-7: Deszendierende, radikale Prostatektomie, a. Zirkuläre Durchtrennung des inneren Blasenmundes, b. Durchtrennung der puboprostatischen Bänder und der membranösen Harnröhre, c. Reanastomose zwischen Blase und Harnröhrenstumpf

287

17.3 Harnblase und Harnleiter

17.3 Harnblase und Harnleiter 17.3.1 Harnblase

Harnblase

17.3.1.1 Sectio alta

Sectio alta

• Indikation: Blaseneröffnung zur Stein- oder

Fremdkörperentfernung

Die Bezeichnung Sectio alta umschreibt die Freilegung und Eröffnung der Blase über einen suprapubischen Zugang (Medianschnitt) unter Schonung des Peritonealsackes. D e r Zugang selber ist Bestandteil zahlreicher O p e r a t i o n e n an der Blase wie z.B. der transvesikalen Prostatektomie, der Divertikulektomie oder auch mancher Techniken der Ureterneueinpflanzung.

17.3.1.2 Harnblasenerweiterung Indikation: Irreversibler Verlust der Speicherkapazität der Blase. Z u r Augmentation empfiehlt sich meist die subtotale Zystektomie mit Entfernung der oft hochgradig veränderten, extrem verdickten Blasenwand unter Belassung des trigonalen Blasenanteils. Man verwendet aus dem D a r m v e r b a n d ausgeschaltete D ü n n d a r m - , Dickdarmoder Dick- und D ü n n d a r m s e g m e n t e (Ileozökalregion) (Abb. 17-8 a). U m die im D a r m durch Kontraktionen a u f t r e t e n d e n Druckspitzen zu verhindern, werden die ausgeschalteten D a r m s e g m e n t e vollständig antimesenterial eröffnet (Abb. 17-8 b) und miteinander zu einer großen D a r m p l a t t e verbunden (Abb. 17-8c). Diese wird mit d e m vorhandenen Blasenrest anastomosiert, so daß ein großvolumiges Niederdruckreservoir entsteht (Abb. 17-8d). Wurden bei der subtotalen Zystektomie auch die Harnleiterostien mitreseziert, so ist die Reimplantation der Harnleiter in den Darmanteil der augmentierten Blase erforderlich.

Indikation

Kontrolluntersuchungen

Komplikationen der Pouch-Techniken sind: • Störungen des Säure-Basen- und Elektrolythaushaltes • Karzinominduktion an der Ureterimplantationsstelle. Langjährige Kontrollen sind erforderlich.

17.3 Harnblase und Harnleiter

293

17.3.2 Harnleiter

Ureter

17.3.2.1 Ureterreimplantation (Psoas-Hitch-Technik)

Ureterreimplantation

• Indikation: distale Harnleiterstenosen und -läsionen • Reflux beim Erwachsenen und Adoleszenten, komplizierter Reflux im Kindesalter

Indikation

Die Ureterreimplantation in die auf d e m Psoasmuskel fixierte Blase ist aufgrund ihrer vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten zu einer Standardtherapie geworden und soll hier beispielhaft für die Varianten der Ureterneuimplantation in die Blase dargestellt werden.

• Fixation der Harnblase am Psoasmuskel

D i e Blase wird halbseitig mobilisiert, bis sich ein Blasenzipfel s p a n n u n g s f r e i o b e r h a l b d e r I l i a k a l g e f ä ß e auf d e n M. psoas b r i n g e n läßt, w o er mit N ä h t e n fixiert wird. D e r pexierte Blasenzipfel wird in L ä n g s r i c h t u n g e r ö f f n e t . Im Bereich d e r H i n t e r w a n d dieses Blasenzipfels wird ein ca. 3 - 4 cm langer s u b m u k ö s e r T u n n e l gebildet, d u r c h d e n d e r H a r n l e i t e r z u m R e f l u x s c h u t z h i n d u r c h g e f ü h r t u n d mit d e r B l a s e n m u k o s a a n a s t o m o siert wird ( A b b . 17-15).

- direkte antirefluxive Ureterreimplantation

Ist der zu ü b e r b r ü c k e n d e Harnleiterdefekt so ausgedehnt, daß die Blase nicht ausreichend nach kranial gebracht werden kann, so wird aus der Blasenvorderwand ein U-förmiger, kranial gestielter Blasenlappen gebildet, der nach oben geschlagen am M. psoas pexiert und in den der Harnleiter implantiert wird (,Boari-Hitch-Technik, Abb. 17-16).

• Neueinpflanzung des Ureters in einen gestielten Blasenlappen (BoariHitch-Technik)

Abb. 17-15: Harnleiterreimplantation in PsoasHitch-Technik. Antirefluxive Implantation des Harnleiters

294 Antirefluxoperation Indikation

• Ziel: Stärkung des passiven Refluxschutzmechanismus durch Verlängerung der intramural verlaufenden Harnleiterstrecke 1. Op. nach Lich-Gregoir - Spalten des M. detrusor vesicae und submuköse Einbettung des Harnleiters

2. Op. nach Politano-Leadbetter

17. Operative Techniken in der Urologie 17.3.2.2 Antirefluxoperation • Indikation: vesikoureteraler Reflux Grundprinzip der zahlreichen Varianten der operativen Refluxkorrektur ist die Stärkung des passiven Refluxschutzmechanismus durch Verlängerung des in der Blasenwand verlaufenden Harnleiterabschnittes. Bei zunehmender Füllung wird durch Erhöhung des intravesikalen Druckes der intramural verlaufende Harnleiter gegen das muskuläre Widerlager der Blasenwand gedrückt und somit passiv verschlossen. Diese Bedingungen werden von der extravesikalen Operationstechnik nach Lich-Gregoir erfüllt (Abb. 17-17 a, b). Nach Freilegung des distalen Harnleiters und der Blasenseitenwand wird parallel zum Harnleiterverlauf der M. detrusor vesicae auf einer Strecke von ca. 4-5 cm bis auf die Blasenmukosa gespalten (Abb. 17-17 a). In den so entstehenden „submukösen Tunnel" wird der Harnleiter eingebettet und der M. detrusor darüber wieder verschlossen. Auf diese Weise resultiert eine Verlängerung des intramuralen Harnleiteranteils (Abb. 1717b). Alternativ kann auch die Ureterreimplantation transvesikal nach Politano-Leadbetter durchgeführt werden.

Abb. 17-17: Antirefluxoperation nach Lich-Gregoir, a. Durchtrennung des Detrusors b. Einbetten des Harnleiters und Verschluß des M. detrusor über dem Harnleiter

Abb. 17-18: Zugangswege zu Harnleitersteinen

17.4 Niere und proximaler Harnleiter

295

17.3.2.3 Ureterolithotomie

Ureterolithotomie

Indikation: S c h n i t t o p e r a t i v e E n t f e r n u n g g r o ß e r

Harnleitersteine.

A l s f r ü h e r h ä u f i g d u r c h g e f ü h r t e S t a n d a r d o p e r a t i o n ist die U r e t e r o l i t h o t o m i e h e u t e n u r n o c h w e n i g e n I n d i k a t i o n e n , wie ζ. B. g r o ß e n i m p a k t i e r t e n H a r n l e i tersteinen vorbehalten.

Indikation

bei großen impaktierten Uretersteinen

Je nach Lage des Steines erfolgt der Zugang über einen subkostalen (oberes Harnleiterdrittel), pararektalen (mittleres Drittel) oder suprainguinalen (unteres Harnleiterdrittel) Schnitt (Abb. 17-18). Nach Abschieben des Peritonealsackes nach medial wird der Harnleiter im Retroperitonealraum identifiziert und kranial sowie kaudal des Steines angezügelt. Über eine kleine Harnleiterinzision erfolgt die Extraktion des Steines mit anschließendem Verschluß der Ureterwand.

17.4 Niere und proximaler Harnleiter Z u g a n g s w e g e . S o w o h l f ü r die N e p h r e k t o m i e wie a u c h f ü r o r g a n e r h a l t e n d e rek o n s t r u k t i v e E i n g r i f f e a n N i e r e u n d p r o x i m a l e m H a r n l e i t e r wird h e u t e allgem e i n d e r in g e k n i c k t e r S e i t l a g e r u n g d u r c h g e f ü h r t e Schnitt im 11. Interkostalraum ( I C R ) b e v o r z u g t . F ü r P r o z e s s e a m N i e r e n o b e r p o l bzw. N e b e n n i e r e n e i n g r i f f e e m p f i e h l t sich d a s E i n g e h e n im 10. oder sogar 9. ICR. Z u r T u m o r n e p h r e k t o m i e mit g u t e r E x p o s i t i o n d e r N i e r e n s t i e l g e f ä ß e sowie d e r g r o ß e n G e f ä ß e h a t ein Interkostalschnitt in Halbseitenlage Vorteile ( A b b . 1719), d a e r bis z u m N a b e l o d e r d a r ü b e r h i n a u s v e r l ä n g e r t w e r d e n k a n n . Bei sehr großen Nebennierentumoren oder ausgedehnten Tumoren des Nierenoberpols ist bisweilen der thorakoabdominale Zugangsweg empfehlenswert.

Niere und proximaler Harnleiter Zugang: • geknickte Seitenlagerung • Flankenschnitt (10. + 11. ICR)

• thorakoabdominaler Zugang

17.4.1 Nephrektomie, Nephroureterektomie 17.4.1.1 Nephrektomie • Indikation ι funktionslose

Nephrektomie

o d e r infizierte

Niere.

N a c h Z u g a n g in d e n R e t r o p e r i t o n e a l r a u m ü b e r e i n e n I n t e r k o s t a l s c h n i t t wird die G e r o t a - F a s z i e u n d die N i e r e n f e t t k a p s e l g e s p a l t e n u n d a l s d a n n die g e s a m te N i e r e vollständig m o b i l i s i e r t . D i e isolierten N i e r e n s t i e l g e f ä ß e w e r d e n li-

Indikation

• Zugang zum Retroperitoneum über Interkostalschnitt

296

erhalten bleiben: Fettkapsel Nebenniere

Nephroureterektomie Indikation

• Mitentfernung des Ureters inkl. Bla senmanschette

17. Operative Techniken in der Urologie giert und durchtrennt und das Operationspräparat (Niere mit proximalem Harnleiteranteil) exstirpiert. Bei der einfachen Nephrektomie werden üblicherweise sowohl Nebenniere als auch Nierenfettkapsel belassen. Bei septischen Nieren und auch längerer entzündlicher Vorgeschichte kann die Präparation des Organs erheblich erschwert sein.

17.4.1.2 Nephroureterektomie • Indikation: Urotheltumoren des oberen Harntraktes. Bei Urotheltumoren des oberen Harntraktes muß aus Gründen der Radikalität neben der betroffenen Niere auch der Harnleiter (unter Mitnahme einer Blasenmanschette) um das Ureterostium herum entfernt werden. Dabei werden im ersten Operationsschritt in Seitlagerung Niere und proximaler sowie mittlerer Harnleiter exstirpiert. Nach Wundverschluß und Umlagern in Rükkenlage erfolgt über einen bogenförmigen Spurainguinalschnitt die Entfernung des unteren Harnleiteranteiles und der Blasenmanschette. Im höheren Alter kann u. U. der distale Harnleiterstumpf belassen werden, muß aber im R a h m e n der ohnehin obligaten vierteljährlichen Zystoskopie nachgesorgt werden (Risiko der Karzinomentstehung im Ureterstumpf bis zu 3 0 % ) .

17.4.2 Tumornephrektomie, -resektion, Nierenteilresektion Tumornephrektomie Indikation

• Entfernung der Niere mit Fettkapsel und Nebenniere

17.4.2.1 Tumornephrektomie • Indikation: Parenchymtumoren der Niere. Im Gegensatz zur einfachen Nephrektomie wird bei der Tumornephrektomie neben der befallenen Niere auch die gesamte Fettkapsel, die ipsilaterale Nebenniere sowie das proximale Harnleiterdrittel entfernt (Abb. 17-20). Um eine Tumorzellaussaat auf dem Gefäßwege durch Manipulationen an der Niere zu vermeiden, sollte primär der Nierenstiel freipräpariert und Nierenarterie und -vene ligiert und durchtrennt werden, bevor mit der Mobilisation der tumortragenden Niere begonnen wird.

Die parakavale bzw. paraaortale Lymphadenektomie suchungen ohne therapeutischen Effekt.

ist nach neueren Unter-

Abb. 17-20: Resektionsgrenzen bei Tumornephrektomie

297

17.4 Niere und proximaler Harnleiter 17.4.2.2 Organerhaltende Tumorresektion Indikation: • elektiv: peripher gelegene kleine N i e r e n t u m o r e n • imperativ: Tumoren in Einzelnieren, bilaterale N i e r e n t u m o r e n (Vermeidung der postoperativen Dialysepflicht).

Organerhaltende Tumorresektion

Indikation

Bei peripher gelegenen, gut abgekapselten N i e r e n t u m o r e n von nicht mehr als 4 - 5 cm Durchmesser kann anstelle der T u m o r n e p h r e k t o m i e auch eine organerhaltende Tumorresektion durchgeführt werden. Auch bei Tumoren in Einzelnieren oder bilateralen Tumoren sollte - sofern operationstechnisch möglich - eine organerhaltende Tumorresektion angestrebt werden. Wie u n t e r d e r einfachen N e p h r e k t o m i e (Abschn. 17.4.1.1) a n g e f ü h r t , wird die befallene N i e r e freipräpariert, wobei j e d o c h die Nierenfettkapsel ü b e r dem die N i e r e n o b e r f l ä c h e ü b e r r a g e n d e n T u m o r k n o t e n belassen wird. Besonders wichtig ist die Isolation der Nierenstielgefäße, um bei stärkeren Blutungen diese intermittierend a b k l e m m e n zu können. Z i r k u l ä r um den palpablen T u m o r k n o t e n wird die Nierenkapsel inzidiert und der palpable T u m o r stumpf unter M i t n a h m e eines ca. 2 - 3 m m breiten S a u m e s aus d e m u m g e b e n den N i e r e n p a r e n c h y m reseziert (Abb. 17-21). D e r zentrale g e f ä ß f ü h r e n d e Stiel des Tumors wird mit Durchstechungsligaturen versorgt.

evtl. t e m p o r ä r e Ischämie n o t w e n d i g

Abb. 17-21 a,b: T u m o r e n t f e r n u n g durch Resektion des T u m o r k n o t e n s

17.4.2.3 N i e r e n t e i l r e s e k t i o n

Indikation: • funktionsloser Doppelnierenanteil • Tumoren in Einzelnieren, bilaterale Tumoren • ausgedehnte Poldestruktionen. Nach Freilegung der gesamten Niere mit Isolation der Nierenstielgefäße werden die den zu e n t f e r n e n d e n Nierenanteil versorgenden G e f ä ß e isoliert, Iigiert und durchtrennt. Die Nierenkapsel wird so umschnitten, d a ß die nach Resektion des entsprechenden Nierenanteiles verbleibende Parenchymfläche mit der Kapsel gedeckt werden kann. Die Resektion des b e t r o f f e n e n Nierenanteils (meist Ober- bzw. Unterpol) erfolgt in üblicher Weise mit dem Elektrokauter oder Skalpell (Abb. 17-22 a). Nach Versorgung der spritzenden G e f ä ß e im Bereich der Resektionsfläche erfolgen p a r e n c h y m a d a p t i e r e n d e Nähte sowie die D e c k u n g der Resektionsfläche mit der zuvor erhaltenen Nierenkapsel (Abb. 17-22 b).

Nierenteilresektion

Indikation

· Isolierung der Gefäße · Verschluß der Nierenkapsel

298

17. Operative Techniken in der Urologie

Abb. 17-22: Nierenteilresektion (am Beispiel einer Doppelniere mit funktionslosem oberen Anteil), a. Resektion des betroffenen Nierenanteiles, b. Kapselverschluß über der Resektionsfläche

17.4.3 Steinoperationen und Nierenbeckenplastik Steinoperationen Indikationen

aufgrund moderner Techniken nur noch selten indiziert erweiterte Pyelokalikotomie radiäre Nephrotomien

Nierenbeckenplastik Indikation

17.4.3.1 Steinoperationen Indikation: • ausgedehnte, peripher im Nierenbeckenkelchsystem gelegene Steine • komplette korallenförmige Nierenbeckenkelchausgußsteine. Offene Steinoperationen an der Niere sind heute aufgrund der Möglichkeiten der E S W L (s. Abschn. 10, S. 150) sowie endourologischer Techniken (perkutane Litholapaxie) nur noch selten indiziert. Je nach Ausdehnung und Lage des Steines erfolgt der Zugang über eine Pyelotomie, erweiterte Pyelokalikotomie (Abb. 17-23) oder auch radiäre Nephrotomien, bei deren Anlage sich der intraoperative Einsatz von Doppler-Sonographie und Ultraschall zur Festlegung eines möglichst „avaskulären" transparenchymatösen Weges zum Stein als besonders hilfreich erwiesen hat.

17.4.3.2 Nierenbeckenplastik • Indikation: relevante Harntransportstörung bei Harnleiterabgangsenge.

Abb. 17-23: Pyelokalikotomie

299

17.5 Retroperitoneum

Abb. 17-24: Nierenbeckenplastik (Modifikation nach Sigel)

Nach Freilegen der Niere und des proximalen Harnleiters wird dieser im subpelvinen Bereich schräg durchtrennt und nach kaudal spatuliert. Durch eine entsprechende Inzision im Bereich der Nierenbeckenvorder- sowie -hinterwand wird der untere Anteil des Nierenbeckens nach kaudal geschlagen und mit dem spatulierten Harnleiter reanastomosiert (Abb. 17-24). Wesentlich dabei ist, daß die Anastomose in Höhe des tiefsten Punktes des Nierenbeckenkelchsystems zu liegen kommt, um eine wirkungsvolle Drainage des Hohlsystems zu gewährleisten.

Resektion des stenotischen Anteils Reanastomose des spatulierten Harnleiters mit dem tiefsten Punkt des Nierenbeckens

17.5 Retroperitoneum

Retroperitoneum

17.5.1 Adrenalektomie

Adrenalektomie

• Indikation: primäres Nebennierenkarzinom, hormonaktive Nebennierentumoren, Nebennierenmetastasen.

Indikation

Voraussetzung zur erfolgreichen Nebennierenchirurgie ist eine präzise Diagnostik (s. Abschn.20, S.320). Die Freilegung der Nebenniere erfolgt über einen Zugang im 10. oder 9. ICR. Bei sehr großer Nebennierenraumforderung mit zu erwartender Verschwartung zur Umgebung ist ein thorakoabdominaler Zugang besser.

17.5.2 Retroperitoneale Lymphadenektomie • Indikation: retroperitoneale Lymphknotenexstirpation bei - gemäß bildgebender Diagnostik - nicht metastasierten nichtseminomatösen Keimzelltumoren. Der Zugang zur retroperitonealen Lymphadenektomie erfolgt über einen medianen Laparotomieschnitt. Nach Eröffnen der Abdominalhöhle wird der Darm samt Mesenterium so weit mobilisiert, daß eine großzügige Exposition des gesamten Retroperitonealraumes und der großen Gefäße gegeben ist. Die Resektionsgrenzen bei der Lymphknotenausräumung werden vorgegeben durch die Seitenlokalisation des primären Hodentumors sowie auch durch die Ausdehnung des Lymphknotenbefalls.

Retroperitoneale LA Indikation

• Exposition des Retroperitoneum und der großen Gefäße

300 „ m o d i f i z i e r t e " L y m p h a d e n e k t o m i e mit engeren Resektionsgrenzen

17. Operative Techniken in der Urologie W e r d e n bei den intraoperativen Schnellschnittuntersuchungen in der p r i m ä r e n Lymphknotenstation (linksseitiger Infrahilärbereich) keine Metastasen v o r g e f u n d e n , so können die Resektionsgrenzen im Sinne einer „modifizierten L y m p h a d e n e k t o m i e " noch weiter begrenzt werden, um operatives Trauma und das Risiko einer späteren retrograden E j a k u l a t i o n (Folge einer Sympathikusläsion) zu reduzieren (s. Abb. 14-22, S.237).

In den letzten Jahren findet auch die „nervenschonende" Technik mit sorgfältiger Aussparung der Sympathikusfasern z u n e h m e n d Verbreitung.

Endourologie

17.6 Endourologie

Transurethrale Eingriffe

17.6.1 Transurethrale Eingriffe

• viele Schnittoperationen w u r d e n durch endourologische Verfahren ersetzt

Kontinuierliche Weiterentwicklungen des endoskopischen Instrumentariums, d ü n n k a librige und auch flexible I n s t r u m e n t e sowie der Einsatz verschiedener E n e r g i e f o r m e n (Strom, Laser, elektrohydraulische Stoßwelle) h a b e n dazu geführt, d a ß m a n c h e f r ü h e r weitverbreitete Schnittoperationen durch für den Patienten weniger invasive endourologische Verfahren ersetzt w e r d e n k o n n t e n . Seit vielen Jahrzehnten ist die A b k l ä r u n g morphologischer V e r ä n d e r u n g e n des unteren Harntraktes ( U r e t h r a , Blase) fast ausschließlich eine D o m ä n e der Urethrozystoskopie.

Urethrozystoskopie

Durch Einsatz eines entsprechenden Instrumentariums wie z.B. elektrische Schlingen, Messer, Zangen und Sonden zur Applikation elektrohydraulischer Stoßwellen oder Laserenergie, wird der Einsatz der Endoskopie zu therapeutischen Interventionen ermöglicht. Entsprechend lange, sehr kleinkalibrige Instrumente erlauben auch therapeutische M a ß n a h m e n im Bereich des gesamten Harnleiters und Nierenbeckens. U n t e r Ultraschall- und Bildwandlerkontrolle kann das Hohlsystem der Niere perkutan punktiert werden. Nach A u f d e h n u n g des Punktionskanals kann ein endoskopisches Instrument (Nephroskop) in das Nierenbeckenkelchsystem eingeführt und für therapeutische Manipulationen im Hohlsystem benutzt werden.

Urethrotomie

Indikation

• Schlitzung der Striktur mit endoskopischem Messer

TUR-B

17.6.1.1 Urethrotomie • Indikation: Harnröhrenstrikturen. U n t e r endoskopischer Sicht wird mit einem Messer, das über den Arbeitskanal des E n d o s k o p s eingeführt und bewegt werden kann, der stenotische H a r n r ö h renanteil üblicherweise bei 12 Uhr, effizienter noch „mercedes-sternförmig" gespalten. Dabei m u ß meist die Schlitzung des narbigen Areals bis ins Corpus spongiosum urethrae durchgeführt werden, um eine entsprechende Weitung der H a r n r ö h r e zu erzielen.

17.6.1.2 Transurethrale Blasentumorresektion (TUR-B) • Indikation: oberflächliche Blasentumoren.

Abtragung mit elektrischer Schlinge (Hochfrequenzstrom)

Durch das transurethral eingeführte Resektoskop wird mit Hilfe einer bewegliehen, an H o c h f r e q u e n z s t r o m angeschlossenen Schlinge der Blasentumor schrittweise bis in die Muskelschicht der Blasenwand hinein abgetragen (Abb. 17-25). Die Blutstillung erfolgt ebenfalls mit H o c h f r e q u e n z s t r o m über die elektrische Schlinge.

301

17.6 Endourologie

Abb. 17-25: Transurethrale Blasentumorresektion

17.6.1.3 Transurethrale Prostataresektion (TUR-P) • Indikation: Prostatahyperplasie. Identisch zur transurethralen Blasentumorresektion erfolgt die endoskopische schichtweise A b t r a g u n g des Prostataadenoms bis auf die chirurgische Kapsel (Abb. 12-2, S. 183). Die Resektion reicht vom Blasenhals nach distal bis zum Colliculus seminalis, wobei insbesondere das parakollikuläre A d e n o m g e w e b e zur Gewährleistung einer freien postoperativen Miktion reseziert werden muß. Die Stillung der spritzenden Prostatagefäße erfolgt mittels Elektrokoagulation. Nach dem endoskopischen Eingriff wird ein transurethraler Spülkatheter eingelegt.

17.6.1.4 Lithotripsie

TUR-P Indikation

• Resektion des Adenoms bis auf die chirurgische Kapsel

Lithotripsie

• Indikation: Steine im Bereich des unteren Harntraktes. U n t e r endoskopischer Sicht können Steine des unteren H a r n t r a k t e s mechanisch (Steinpunch) oder mit Hilfe von Ultraschall-, Laser- oder elektrohydraulischen Sonden z e r t r ü m m e r t werden. Die Fragmente werden über das Endoskop ausgespült.

17.6.1.5 Innere Harnableitung Indikation: postrcnale supravesikalc Obstruktion. Durch Zystoskopie wird das Harnleiterostium lokalisiert und über das Endoskop ein dünnkalibriger U r e t e r e n k a t h e t e r in den Harnleiter eingeführt und bis ins Nierenbecken vorgeschoben. U m die f ü r den Patienten resultierende Unannehmlichkeit des transurethral nach außen geführten U r e t e r e n k a t h e t e r s zu vermeiden, kann auch ein sogenannter Doppel-J-Katheter eingeführt werden, dessen gebogenes distales E n d e in der Blase verbleibt (Abb. 5-22, S. 75). Nachteil des Doppel-J-Katheters ist die Notwendigkeit zur nochmaligen Endoskopie zur E n t f e r n u n g der Schiene sowie die fehlende Möglichkeit zur Bilanzierung der Urinproduktion der entlasteten Niere (s. Abschn.5.5.1.4, S.74). Ist das Einlegen einer inneren Schiene aus anatomischen G r ü n d e n nicht möglich, so erfolgt die Ableitung über eine perkutane Nephrostomie (s. Abschn. 17.6.2.2).

Innere Harnableitung Indikation

Einführen eines Ureterenkatheters über das Ostium in den Harnleiter bis ins Nierenbecken Doppel-J-Katheter

perkutane Nephrostomie

302 Ureterorenoskopie Indikation

17. Operative Techniken in der Urologie 17.6.1.6

Ureterorenoskopie

Indikation: • Diagnostik im Bereich von Harnleiter und Nierenbecken • Lithotripsie von Steinen im U r e t e r und Nierenbecken.

• Lithotripsie und Entfernung von Uretersteinen über dünnes Endoskop

Durch Einsatz d ü n n e r und langer E n d o s k o p e können U r e t e r und Nierenbekken auf transurethralem Wege untersucht werden. Neben d e m reinen diagnostischen Einsatz dient die U r e t e r o r e n o s k o p i e vornehmlich zur Therapie von Steinen im Harnleiter, die endoskopisch direkt extrahiert oder mit Hilfe von Ultraschall, elektrohydraulischer Stoßwelle oder Laserenergie fragmentiert und anschließend extrahiert werden. Die endoskopische Therapie von Tumoren des Harnleiters und des Nierenbekkens hat vorwiegend palliativen Charakter.

Perkutane Eingriffe

17.6.2 Perkutane Eingriffe

Nephrostomie

17.6.2.1 Perkutane Nephrostomie

Indikation

• ersetzt die Nierenfreilegung bei (infizierten) Harnstauungsnieren • Punktion des Nierenbeckens unter Ultraschallkontrolle

• Indikation: postrenale supravesikale Obstruktion. Die E i n f ü h r u n g der p e r k u t a n e n Nephrostomie in den 70er Jahren b e d e u t e t e einen entscheidenden Fortschritt. Durch diese vergleichsweise einfache Maßn a h m e konnten zahlreiche, in der Regel notfallmäßig durchgeführte operative Nierenfreilegungen ersetzt werden. U n t e r Ultraschallkontrolle wird das Nierenbeckenkelchsystem p e r k u t a n und transparenchymatös punktiert. Ü b e r die Punktionsnadel wird ein Führungsdraht in das Hohlsystem piaziert, über den der Punktionskanal aufgedehnt wird und letztlich ein Katheter zur t e m p o r ä r e n und in Einzelfällen auch perm a n e n t e n Harnableitung eingelegt werden kann (Abb. 17-26a).

Abb. 17-26: a. Perkutane Nephrostomie, b. Perkutane Litholapaxie

17.6 Endourologie 17.6.2.2 Perkutane Nephrolitholapaxie (PNL) Indikation: • Steine im Bereich des N i e r e n b e c k e n k e l c h s y s t e m s • in Einzelfällen Steine des oberen Harnleiters. N a c h e n t s p r e c h e n d e r A u f d e h n u n g des im R a h m e n d e r p e r k u t a n e n N e p h r o s t o mie g e s c h a f f e n e n Kanals k a n n mit d e m N e p h r o s k o p in das Nierenhohlsystem eingegangen w e r d e n . U n t e r e n d o s k o p i s c h e r und röntgenologischer Kontrolle k ö n n e n Steine im Hohlsystem sowie auch im proximalen U r e t e r a n t e i l mechanisch, elektrohydraulisch, durch Ultraschall o d e r Laser z e r t r ü m m e r t und anschließend extrahiert w e r d e n (Abb. 17-26b). D e r e n d o s k o p i s c h - p e r k u t a n e n T h e r a p i e von U r o t h e l t u m o r e n des N i e r e n b e c k e n k e l c h s y s t e m s k o m m t in d e r Regel palliativer C h a r a k t e r , d e r vereinzelt g e ü b t e n e n d o s k o p i s c h e n Schlitzung von S t e n o s e n des U r e t e r a b g a n g s derzeit n u r e x p e r i m e n t e l l e r C h a r a k t e r zu.

N a c h allen p e r k u t a n e n Eingriffen am Nierenhohlsystem wird t e m p o r ä r f ü r einige Tage ein N e p h r o s t o m i e k a t h e t e r eingelegt.

303 PNL

Indikation

• Zertrümmerung von Steinen im Nierenhohlsystem: - mechanisch - elektrohydraulisch - durch Ultraschall oder Laser

Laparoskopische Operationen

18. Laparoskopische Operationen in der Urologie F. Fahlenkamp,

Vorteil: minimal invasiv Nachteil: lange Einarbeitungszeit

S.A.

Loening

L a p a r o s k o p i s c h e O p e r a t i o n s v e r f a h r e n e r l e b e n derzeit e i n e s t ü r m i s c h e V e r b r e i t u n g . D i e l a p a r o s k o p i s c h e A p p e n d e k t o m i e u n d m e h r noch die C h o l e z y s t e k t o m i e h a b e n zun e h m e n d die o f f e n e n o p e r a t i v e n V e r f a h r e n v e r d r ä n g t . D e r g r o ß e Vorteil d e r l a p a r o s k o p i s c h e n V e r f a h r e n liegt vor allem in i h r e r m i n i m a l e n Invasivität g e g e n ü b e r d e n o f f e n e n O p e r a t i o n e n . D i e s e V o r a u s s e t z u n g sollte d e s h a l b a u c h i m m e r bei d e r Suche nach n e u e n I n d i k a t i o n e n l a p a r o s k o p i s c h e r M e t h o d e n im Vordergrund stehen.

Minimal invasive Techniken haben in der Urologie einen hohen Stellenwert. Insbesondere die zahlreichen endourologischen Operationstechniken und die ESWL seien an dieser Stelle genannt. Die laparoskopische Technik bedingt zunächst einen Zugang durch die offene Bauchhöhle. Der Retroperitonealraum wird somit über einen Umweg erreicht. Daneben sind längeres Einarbeiten und Gewöhnen an diese für den Urologen neue, monitorgesteuerte Operationstechnik nötig.

Grundlagen

18.1 Grundlagen laparoskopischer Eingriffe 18.1.1 Anästhesie, Instrumente

Anästhesie

18.1.1.1 Anästhesiologische Probleme

Pneumoperitoneum mit C 0 2

Bedingt durch das zur Laparoskopie notwendige Pneumoperitoneum kommt es während der Operation zu einer Reihe pathophysiologischer Veränderungen.

-» pC0 2 Τ -> H M V l

Intubationsnarkose mit kontrollierter Beatmung und Muskelrelaxation sind erforderlich intraoperative Kontrolle von: EKG, Blutdruck, Pulsoximetrie, Kapnometrie

W e g e n seiner guten Blutlöslichkeit u n d d a m i t g e r i n g e r e r E m b o l i e g e f a h r wird C O i als M e d i u m v e r w e n d e t . E i n e Folge ist, d a ß d e r arterielle p C 0 2 ansteigt. Dies f ü h r t ü b e r eine R e d u k t i o n d e r C o m p l i a n c e von L u n g e n u n d T h o r a x zu h ä m o d y n a m i s c h e n V e r ä n d e r u n g e n . die eine A b n a h m e des H e r z z e i t v o l u m e n s zur Folge h a b e n . E x t r e m e K o p f tieflage, lange O p e r a t i o n s d a u e r sowie ein A n s t i e g d e s i n t r a a b d o m i n e l l e n D r u c k e s ü b e r 20 m m H g k ö n n e n so zu s c h w e r w i e g e n d e n V e r ä n d e r u n g e n f ü h r e n . D i e ausschließliche V e r w e n d u n g d e r Intubationsnarkose mit k o n t r o l l i e r t e r B e a t m u n g und M u s k e l r e l a x a t i o n hilft, diese m ö g l i c h e n V e r ä n d e r u n g e n rechtzeitig zu e r k e n n e n u n d d a r a u f zu r e a g i e r e n . Z u m intraoperativen Monitoring sollte n e b e n EKG, trie u n b e d i n g t die Kapnometrie gehören.

Blutdruckmessung

und

Pulsoxime-

Postoperativ muß eine sorgfältige Überwachung der Spontanatmung der Patienten gewährleistet sein. Auch nach Ablassen des Pneumoperitoneums am Ende der Operation verbleiben noch etwa 50 % des insufflierten CO, im Organismus. Die dadurch entstandene Hyperkapnie muß der Patient über eine kompensatorische Hyperventilation ausgleichen. Atemdepressive Pharmaka sind deshalb postoperativ zu vermeiden.

305

18.1 Grundlagen laparoskopischer Eingriffe 18.1.1.2 Laparoskopisches Instrumentarium Folgende laparoskopische Grundausstattung an Geräten und Instrumenten notwendig:

Instrumentarium

ist

• Geräte: - COi-Insufflalor mit automatischer Drucksteuerung zur Anlage des Pneumoperitoneums - Videosystem mit Endokamera und Monitor - Kaltlichtfontäne - Spül-Saug-Apparat (Pelvi-Cleaner) - Hochfrequenz-Generator mit Fußschalter • Operationsinstrumente (Abb. 18.1) - Veressnadel, Laparoskop (30-Grad-C)ptik) - Trokare unterschiedlicher Durchmesser zum Einbringen der Instrumente (5 mm, 7 mm, lü mm) - Endoschere mit Koagulationsanschluß und -fasszange bzw. -dissektor mit Koagulationsanschluß - Koagulationszange, Spiil-Saug-Sonde. Clip-Applikator (7 mm. 10 mm) - Löffelzange zur Entfernung von Lymphknoten und Gewebe, Taststab

18.1.2 Laparoskopische Technik Man operiert auf einem kipp- und drehbaren Op.-Tisch in Rückenlage. Der Patient sollte grundsätzlich wie zu einem offenen Eingriff vorbereitet werden. Das beinhaltet insbesondere eine suffiziente Darmvorbereitung und die Blasenentleerung. Letztere ist zumeist spontan unmittelbar präoperativ ausreichend. Nur bei Eingriffen, die länger als eine Stunde dauern, ist ein Blasenverweilkatheter notwendig. Der Operateur steht bei laparoskopischen Eingriffen immer auf der kontralateralen Seite des Operationsgebietes, der Assistent steht auf der Gegenseite (Abb. 18.2). Eine Aufgabe des Assistenten ist das Halten und ständige Positionieren der Kamera, ohne deren exakte Justierung die Operation unmöglich werden kann. Mit der zweiten Hand hilft der Assistent dem Operateur durch den Einsatz eines Instrumentes, ζ. B. einer Endozange oder der Spül-Saug-Sonde. Es erleichtert die Arbeit ganz erheblich, wenn 2 Monitore zur Beobachtung des Operationsgebietes zur Verfügung stehen. Der Operateur arbeitet beidhändig mit Endoschere und Faßzange über 2 Arbeitstrokare. Beim laparoskopischen Operieren ist das Mileinanderarbeiten noch entscheidender als bei offenen chirurgischen Eingriffen. Unabdingbar sind gemeinsames Vorbereiten, Trainieren (Pelvitrainer) auf einen geplanten operativen Eingriff. Nach Einleitung der Intubationsnarkose wird über eine infraumbilikale Inzision die Verres-Kanüle piaziert. Liegt die Nadel sicher, kann C O , bis zu einem intraabdominalen Druck von 15 mm Hg insuffliert werden. Über die gleiche Inzision wird dann der ge-

Laparoskopische Technik

• monitorgesteuertes Operieren verlangt längeres Einarbeiten und spezielles Teamwork

• Op.-Vorbereitung am Pelvitrainer

• Veress-Kanüle umbilikal piazieren

306

18. L a p a r o s k o p i s c h e O p e r a t i o n e n in d e r U r o l o g i e Pelvi-Cleaner

Monitor

Anästhesist

HF

Pneu

Assistent

OP-Schwester

Abb. 18-2: Aufbau des Operationsraumes bei laparoskopischen Eingriffen

über dieselbe Inzision kann das Optiktrokar eingeführt werden Druck des Pneumoperitoneums zwischen 10-12 m m Hg Zahl und Lokalisation der Arbeitstrokare sind v o m geplanten Eingriff abhängig

wählte Trokar zur Aufnahme des Laparoskopes eingeführt. Bei Kindern ist in der Regel eine 5 mm starke Optik ausreichend, bei Erwachsenen wird je nach Art des Eingriffes ein 7- oder 10 mm-Laparoskop verwendet. Nunmehr kann der intraabdominale Druck auf etwa 10-12 m m H g justiert werden, um die Hyperkapnie in Grenzen zu halten. Die Plazierung und die G r ö ß e der für die A u f n a h m e der Operationsinstrumente notwendigen Arbeitstrokare ist von der Art des Eingriffes abhängig. Diese Trokare werden unter direkter laparoskopischer Sicht unter Vermeidung von Gefäßläsionen durch die Bauchwand geführt. Es ist zumeist sehr hilfreich, wenn der Patient zur Operation in eine Kopf-Tief-Lage gekippt wird. Die zu operierende Seite kann so gedreht werden, daß der Darm aus dem Operationsfeld gleitet. A m Ende der Operation sollte der intraabdominelle Druck unter 10 m m H g reduziert werden. Mögliche Blutungen aus kleineren G e f ä ß e n können so besser identifiziert werden. Anschließend werden die Arbeitstrokare unter Sicht entfernt. Blutungen im Bereich der Trokarinzisionen können so gesehen und entsprechend versorgt werden. Bei kleineren Läsionen ist die Koagulation der Blutungsquelle ausreichend. Größere Gefäße können unter laparoskopischer Kontrolle umstochen werden.

Laparoskopische Eingriffe

18.2 Spezielle laparoskopische Eingriffe

Pelvine Staging-Lymphadenektomie

18.2.1 Pelvine Staging-Lymphadenektomie

beim lokalisierten Prostatakarzinom:

Die laparoskopische pelvine Staging-Lymphadenektomie wird beim lokalisierten Prostatakarzinom angewandt. Ziel ist die Entfernung der Lymphknoten der Fossa obturatoria und ggf. der Vasa iliaca externa.

• diagnostische Lymphadenektomie: - obturatorische und ggf. - iliakal-externe Lymphknoten

Benötigt werden neben dem umbilikalen Laparoskoptrokar 3 weitere Arbeitstrokare (Abb. 18-3): Jeweils ein 5 mm Trokar hoch inguinal rechts und links sowie ein 10 mm starker Trokar suprasymphysär zur Aufnahme eines dickerlumigen Instrumentes, mit dem die mobilisierten Lymphknoten entnommen werden können. Z u Beginn der eigentlichen Präparation ist zunächst die laparoskopische Orientierung im kleinen Becken notwendig. Als zentrale Leitstrukturen dienen das Lig. umbilicale laterale, die Vasa iliaca externa, der Ductus deferens und der innere Leistenring. Das Peritoneum wird dann seitlich des Ligamentum umbilicale laterale etwa vom inneren Leistenring bis kurz distal der Bifurkation der Arteria iliaca communis inzidiert. Der Ductus deferens wird koaguliert und durchtrennt. Es gelingt dann meist leicht, den

307

18.2 Spezielle laparoskopische Eingriffe

m e d i a l e n R a n d d e r A. und V. iliaca e x t e r n a f r e i z u p r ä p a r i e r e n . Diese S t r u k t u r e n stellen die laterale B e g r e n z u n g der L v m p h a d e n e k t o m i e dar. N a c h L ö s u n g der L y m p h k n o t e n von d e n e x t e r n e n I l i a k a l g e f ä ß e n wird weiter nach distal bis zur Symphyse p r ä p a r i e r t . Die P r ä p a r a t i o n des L y m p h k n o t e n p a k e t e s erfolgt d a n n w e i t e r n a c h medial und k a u d a l in die Fossa o b l u r a t o r i a u n t e r S c h o n u n g d e r N . o b t u r a t o r i u s . Die p r ä p a r i e r t e n L y m p h k n o t e n sollten am b e s t e n in t o t o a b g e t r e n n t u n d e n t f e r n t w e r d e n . Z u r V e r s o r g u n g der d u r c h t r e n n t e n L y m p h b a h n e n ist zumeist die H o c h f r e q u e n z k o a g u l a t i o n a u s r e i c h e n d , g r ö ß e r e L y m p h g e f ä ß e sollten mit E n d o c l i p s verschlossen w e r d e n . Ein Verschluß des h i n t e r e n P e r i t o n e a l b l a t t e s u n d eine D r a i n a g e des O p e r a t i o n s g e b i e t e s ist nicht e r f o r d e r lich. N a c h der L y m p h a d e n e k t o m i e d e r k o n t r a l a t e r a l e n Seite w e r d e n die A r b e i t s t r o k a r e und das L a p a r o s k o p in o b e n a n g e g e b e n e r Weise e n t f e r n t .

18.2.2 Laparoskopie bei Kryptorchismus Bei Kryptorchismus - der H o d e n ist nicht palpabel - klärt die Laparoskopie, ob ein Bauchhoden vorliegt (Abb. 18-4). Z u r diagnostischen L a p a r o s k o p i e , zumal es sich meist um K l e i n k i n d e r h a n d e l t , sollte ein K i n d e r l a p a r o s k o p . S t ä r k e 5 m m . v e r w e n d e t w e r d e n . Bei einseitigem Kryptorchism u s ist es z w e c k m ä ß i g , zunächst mit d e m L a p a r o s k o p die g e s u n d e Seite einzustellen. Leistenring und D u c t u s d e f e r e n s u n d die T e s t i k u l a r g e f ä ß e sind dort in der Regel leich-

Abb. 18-4: Laparoskopisches Bild eines hypoplastischen Bauchhodens, der z.T. in den Leistenkanal eingetreten ist. Vom Leistenring nach medial (links) erkennbar der Ductus deferens, der sich am Leistenring mit dem testikulären Gefäßbündel v-förmig trifft

Laparoskopie beim Kryptorchismus • Bauchhoden: kann sich entlang des Deszensusweges der Testikel vom inneren Leistenring bis zum unteren Nierenpol befinden

308

18. Laparoskopische Operationen in der Urologie tcr zu lokalisieren. Kurz vor d e m L e i s t e n r i n g t r e f f e n die T e s t i k u l a r g e f ä ß e u n d d e r D u c tus d e f e r e n s V - f ö r m i g a u f e i n a n d e r u n d z i e h e n d a n n g e m e i n s a m in d e n Leistenring. Auf d e r Seite des K r y p t o r c h i s m u s ist d e r L e i s t e n r i n g o f t h y p o p l a s t i s c h e r ausgebildet, was seine I d e n t i f i k a t i o n i n s b e s o n d e r e d e m A n f ä n g e r erschwert. Sind die S t r u k t u r e n des S a m e n s t r a n g e s im L e i s t e n r i n g zu s e h e n , ist ein B a u c h h o d e n ausgeschlossen. A n d e r n f a l l s m u ß nach diesen S t r u k t u r e n e n t l a n g des D e s z e n s u s w c g e s d e r H o d e n , also vom u n t e r e n N i e r e n p o l bis z u m i n n e r e n Leistenring, gesucht w e r d e n .

• hypoplastischer Bauchhoden laparoskopische Orchiektomie

Wird ein hypoplastischer Bauchhoden diagnostiziert, kann in gleicher Sitzung die laparoskopische Orchiektomie angeschlossen werden. D a z u w e r d e n 2 w e i t e r e T r o k a r e rechts u n d links inguinal e i n g e b r a c h t , ü b e r die die O p e r a t i o n s i n s t r u m e n t e e i n g e f ü h r t w e r d e n . Die M o b i l i s i e r u n g eines B a u c h h o d e n s ist mit E n d o z a n g e und S c h e r e zumeist keine schwierige A u f g a b e . Die T e s t i k u l a r g e f ä ß e sollten mit e i n e m Clip verschlossen w e r d e n . D e r H o d e n wird d a n n n a c h T r e n n u n g von seinen G e f ä ß e n u n d d e m D u c t u s d e f e r e n s mit einer F a ß z a n g e e n t f e r n t . P a ß t er nicht in t o t o d u r c h d e n Trokar, k a n n er auch mit d i e s e m z u s a m m e n a u s d e r W u n d e g e z o g e n w e r d e n .

• Erhaltung des Bauchhodens: Mobiiisation des retinierten Hodens: nachfolgende Op. wird dadurch erleich-

Varikozelenoperation

• Prinzip der Op.: endoskopische Unterbindung der erweiterten Testikularvenen

Ist die Erhaltung des Hodens indiziert, kann entweder nach Mobilisierung des H o d e n s und D u r c h t r e n n u n g der Testikulargefäße einige Wochen später eine Operation nach Fowler-Stephens angeschlossen werden. Eine zweite Möglichkeit ist eine Hodenautotransplantation, die unmittelbar im Anschluß an die Laparoskopie erfolgen kann. Dabei werden die Testikulargefäße möglichst proximal durchtrennt und mit den Vasa epigastrica inferiora anastomosiert.

18.2.3 Laparoskopische Varikozelenoperation, Lymphozelendrainage Das Prinzip der laparoskopischen Varikozelenoperation besteht im Verschluß und anschließender Durchtrennung der erweiterten Testikularvenen kurz oberhalb des inneren Leistenrings. Sie bietet sich als Alternative zu den offenen operativen Verfahren bzw. zu den interventionellen radiologischen Methoden an (Abb. 18-5). N e b e n d e m L a p a r o s k o p t r o k a r w e r d e n 2 w e i t e r e inguinal rechts u n d links piazierte Trok a r e b e n ö t i g t . Auf d e r k o n t r a l a t e r a l e n Seite d e r Varikozele sollte ein g e n ü g e n d g r o ß e r T r o k a r (7 m m o d e r 10 m m ) zur A u f n a h m e des C l i p - A p p l i k a t o r s eingesetzt w e r d e n . 1 - 2 cm p r o x i m a l des i n n e r e n L e i s t e n r i n g e s wird lateral u n d m e d i a l des t e s t i k u l ä r e n G e f ä ß b ü n d e l s das P e r i t o n e u m mit e i n e r E n d o s c h e r e e t w a je 1,5 cm inzidiert. D i e G e f ä ß e

Abb. 18-5: Laparoskopisches Bild einer rechtsseitigen Varikozele. Bei 10 Uhr ist die Plica umbilicalis, bei 12 Uhr ein Arbeitstrokar, vom Mittelpunkt bis 6 Uhr das testikuläre Gefäßbündel erkennbar

309

18.3 Komplikationen laparoskopischer Eingriffe k ö n n e n d a n n mit e i n e r D i s s e k t i o n s k l e m m e mobilisiert u n d u n t e r f a h r e n w e r d e n . Je nach Zielstellung w e r d e n die V e n e n von d e r A r t e r i e isoliert o d e r a b e r mit dieser z u s a m m e n mit E n d o c l i p s versorgt und d u r c h t r e n n t . K l e i n e r e K o l l a t e r a l g e f ä ß e sollten koaguliert werden. L y m p h o z e l e n d r a i n a g e . L y m p h o z e l e n nach

operativen

Eingriffen

im

kleinen

Lymphozelendrainage

B e c k e n w e r d e n b e h a n d e l t , w e n n sie z u r K o m p r e s s i o n bzw. V e r d r ä n g u n g a n d e rer Organe oder der Beckengefäße führen. Insbesondere nach

Nierentrans-

p l a n t a t i o n e n ist r e l a t i v h ä u f i g m i t L y m p h o z e l e n z u r e c h n e n , d i e d u r c h

die

Lage im kleinen B e c k e n zur H a r n s t a u u n g f ü h r e n k ö n n e n .

• Prinzip der Op.: D r a i n a g e (Fenster u n g ) d e r L y m p h o z e l e in d e n PeritO' nealraum

D a s Prinzip d e r l a p a r o s k o p i s c h e n L y m p h o z e l e n o p e r a t i o n b e s t e h t in d e r S c h a f f u n g ein e r b r e i t e n V e r b i n d u n g zwischen d e r L y m p h o z e l e u n d d e m P e r i t o n e a l r a u m . Die Lymp h e k a n n so u n g e h i n d e r t a b f l i e ß e n und r e s o r b i e r t w e r d e n . N a c h l a p a r o s k o p i s c h e r O r i e n t i e r u n g im kleinen B e c k e n w e r d e n w i e d e r u m 2 A r b e i t s t r o k a r e inguinal eingef ü h r t , d e r e n g e n a u e Lage d u r c h die Lage u n d G r ö ß e d e r L y m p h o z e l e u n d des N i e r e n t r a n s p l a n t a t s b e s t i m m t w e r d e n . In die L y m p h o z e l e n w a n d wird mit d e r E n d o s c h e r e ein 2 - 3 cm g r o ß e s F e n s t e r geschnitten. D e r R a n d des F e n s t e r s wird a n s c h l i e ß e n d k o a g u liert.

18.2.4 Nephrektomie und weitere Eingriffe

Nephrektomie

D i e l a p a r o s k o p i s c h e N e p h r e k t o m i e b e f i n d e t s i c h d e r z e i t n o c h i m S t a d i u m klin i s c h e x p e r i m e n t e l l e r F o r s c h u n g . D i e e r s t e n E r f a h r u n g e n e i n i g e r Z e n t r e n lassen vor allem auf eine kürzere postoperative K r a n k e n h a u s v e r w e i l d a u e r

und

e n t s p r e c h e n d schnellere R e k o n v a l e s z e n z d e r P a t i e n t e n im Vergleich zur offenen Nephrektomie hoffen. Bei d e r l a p a r o s k o p i s c h e n N e p h r e k t o m i e , die vor allem bei sehr kleinen funktionslosen Nieren möglich ist, w e r d e n a u ß e r d e m L a p a r o s k o p t r o k a r 2 - 4 w e i t e r e Z u g ä n g e f ü r Ins t r u m e n t e b e n ö t i g t . Zusätzlich wird d e r P a t i e n t in eine S e i t e n l a g e r u n g g e b r a c h t , u m d e n r e t r o p e r i t o n e a l e n Z u g a n g zu e r l e i c h t e r n . Die Z a h l d e r T r o k a r e richtet sich nach d e n G e w o h n h e i t e n des O p e r a t e u r s . Z u n ä c h s t wird laterokolisch d a s P e r i t o n e u m inzidiert, u m d e n distalen H a r n l e i t e r a u f z u f i n d e n . D i e s e r wird mit E n d o c l i p s versorgt u n d d u r c h t r e n n t . D e r p r o x i m a l e H a r n l e i t e r s t u m p f dient als Leitschiene der w e i t e r e n Mobilisation von U r e t e r u n d N i e r e . Die N i e r e n s t i e l g e f ä ß e w e r d e n von distal u n d kranial freip r ä p a r i e r t u n d mit Clips bzw. e i n e m N a h t k l a m m e r g e r ä t verschlossen. Ein P r o b l e m k a n n bei g r ö ß e r e n N i e r e n die B e r g u n g sein. Z u m e i s t wird so v e r f a h r e n , d a ß die N i e r e in ein im A b d o m e n e n t f a l t e t e s Plastiksäckchen gesteckt u n d d o r t m a n u ell zerteilt wird. A n s c h l i e ß e n d erfolgt die stückweise E n t f e r n u n g d e r N i e r e ü b e r e i n e n großen Trokarport.

Indikation: kleine funktionslose Nieren D i e P a t i e n t e n w e r d e n d a b e i in e i n e Seitenlagerung gebracht

Weitere laparoskopische Eingriffe in der Urologie. E i n e ständig g r ö ß e r w e r d e n d e A n zahl o f f e n e r urologischer O p e r a t i o n e n sind schon laparoskopisch a u s g e f ü h r t w o r d e n . A n d e r e sind G e g e n s t a n d t i e r e x p e r i m e n t e l l e r U n t e r s u c h u n g e n bzw. b e f i n d e n sich in klinischer E r p r o b u n g .

18.3 Komplikationen laparoskopischer Eingriffe

Komplikationen

D i e typischen chirurgischen K o m p l i k a t i o n e n laparoskopischer Eingriffe sind Blutungen und Verletzung der A b d o m i n a l o r g a n e . Sie sind, sorgfältiges O p e r i e r e n v o r a u s g e s e t z t , z u m g r ö ß t e n Teil v e r m e i d b a r . • W e r d e n größere

Blutgefäße

verletzt,

m u ß s c h n e l l e n t s c h i e d e n w e r d e n , o b la-

p a r o t o m i e r t w e r d e n m u ß , u m die B l u t u n g zu stillen. B l u t u n g e n im

Bereich

d e r T r o k a r e i n g ä n g e sind z u m e i s t u n t e r Sicht e n t w e d e r mit e i n e r K o a g u l a t i o n s zange oder einer Umstechungsligatur zu versorgen. • V e r l e t z u n g e n d e r lliakalgefäße Laparotomie.

o d e r g a r d e r Aorta

verlangen eine

Notfall-

die häufigsten Komplikationen sind Blutungen und Verletzungen der Abdominalorgane. Bei g r ö ß e r e n Gefäßverletzungen m u ß jederzeit in eine offene O p e r a tion ü b e r g e g a n g e n w e r d e n können

310

18. Laparoskopische Operationen in der Urologie Z u r Verletzung der A b d o m i n a l o r g a n e kann es vor allem beim E i n f ü h r e n der Trokare oder durch unbeabsichtigtes Koagulieren k o m m e n . Sie sind, werden sie erkannt und kunstgerecht versorgt, zumeist kein Problem. Handelt es sich um größere Verletzungen von D a r m , Blase oder Harnleiter, ist eine offene Versorgung nötig. Diese möglichen Komplikationen setzen voraus, daß die laparoskopischen Eingriffe in einem Operationssaal stattfinden, der den schnellen Ü b e r g a n g in einen offenen operativen Eingriff zuläßt.

Zukünftiger Steilenwert

laparoskopische Eingriffe werden sich nur durchsetzen, wenn sie gegenüber den offenen Operationen Verbesserungen bringen.

18.4 Zukünftiger Stellenwert laparoskopischer Operationen Prinzipiell vermag ein geübter O p e r a t e u r einen großen Teil der urologischen O p e r a t i o n e n laparoskopisch ausführen: • Die laparoskopischen Operationsverfahren werden sich aber auf D a u e r nur durchsetzen, wenn sie gegenüber den vergleichbaren offenen M e t h o d e n Verbesserungen hinsichtlich geringerer Komplikationen und schnellerer Erholung bringen. Diese Vorteile dürfen jedoch nicht auf Kosten der Qualität des operativen Ergebnisses erhandelt werden. • Ein begrenzender Faktor ist weiter die relativ lange Lernphase der laparoskopischen Operationstechnik. Das impliziert die G e f a h r von Komplikationen in der Anfangsphase ihres klinischen Einsatzes. • Letztlich gilt immer, daß sich eine neue M e t h o d e an den Ergebnissen des alten Verfahrens messen muß.

19. Nierentransplantation Κ.

Nierentransplantation

Dreikorn

D i e N i e r e n t r a n s p l a n t a t i o n stellt h e u t e in E r g ä n z u n g zu d e n v e r s c h i e d e n e n F o r m e n d e r D i a l y s e b e h a n d l u n g ( H ä m o - , P e r i t o n e a l d i a l y s e ) ein a k z e p t i e r t e s B e h a n d l u n g s v e r f a h r e n d e r chronischen (terminalen) Niereninsuffizienz dar. W e g e n d e r o p t i m a l e n m e d i z i n i s c h e n , psychischen u n d sozialen R e h a b i l i t a t i o n s m ö g l i c h k e i t e n gilt die N i e r e n t r a n s p l a n t a t i o n i n s b e s o n d e r e bei Kindern als die bevorzugte Form der Nierenersatztherapie.

akzeptiertes Behandlungsverfahren der chronischen Niereninsuffizienz, vor allem bei Kindern

Vor allem d u r c h F o r t s c h r i t t e auf i m m u n o l o g i s c h e m G e b i e t (Gewebetypisierung), die E n t w i c k l u n g n e u e r e r Immunsuppressiva (Ciclosporin, m o n o k l o n a l e A n t i k ö r p e r ) , z u n e h m e n d e E r f a h r u n g e n bei d e r P a t i e n t e n v o r b e r e i t u n g u n d -nachsorge u n d die Standardisierung der Operationstechnik k o n n t e n die E r g e b n i s s e d e r N i e r e n t r a n s p l a n t a t i o n in d e n letzten Jahrzehnten dramatisch verbessert werden. • D i e Einjahres-Patienten-Uberlebensrate n a c h L e i c h e n n i e r e n t r a n s p l a n t a t i o n b e t r ä g t h e u t e ü b e r 95 % , die Einjahres-Transplantat-Funktionsrate ü b e r 85 % . D i e m e i s t e n Spendernieren s t a m m e n v o n P a t i e n t e n , bei d e n e n in Folge a k u t e r z e r e b r a l e r E r e i g n i s s e ( T r a u m a , B l u t u n g , H i r n t u m o r , Suizid) a u f g r u n d e i n e r k o m p l e t t e n u n d i r r e v e r s i b l e n H i r n s c h ä d i g u n g d e r H i r n t o d eintritt, w ä h r e n d die T r a n s p l a n t a t i o n von N i e r e n v e r w a n d t e r L e b e n d s p e n d e r ( z . B . E l t e r n K i n d , G e s c h w i s t e r ) z u m i n d e s t in D e u t s c h l a n d n u r e i n e n g e r i n g e n Teil (ca. 5 % ) ausmacht. D a s g r ö ß t e P r o b l e m im R a h m e n d e r N i e r e n t r a n s p l a n t a t i o n stellt d e r a n h a l t e n d e Mangel an Spendernieren dar, d e r zu e i n e m k o n t i n u i e r l i c h e n A n s t i e g d e r W a r t e l i s t e u n d W a r t e z e i t f ü h r t ( d e r z e i t i g e W a r t e z e i t ca. 2 - 3 J a h r e ) . D i e T r a n s p l a n t a t i o n von N i e r e n nicht v e r w a n d t e r L e b e n d s p e n d e r wird aus ethischen G r ü n d e n und wegen der G e f a h r der Kommerzialisierung der Organtransplantation von den meisten Transplantationszentren abgelehnt.

Leichennierenspender: > 95% • Hirntod nach - Trauma - Blutung - Suizid Lebendspender: - 5% Probleme: • Mangel an Spendernieren • Wartezeit 2-3 Jahre

Wegen der derzeit unüberwindbaren immunologischen Barrieren hat die zeitweise versuchte Transplantation von Tiernieren (Xenotransplantion) keine Bedeutung. E p i d e m i o l o g i e . E s wird d a m i t g e r e c h n e t , d a ß ca. 4 0 - 5 0 M e n s c h e n / M i o . E i n w o h n e r j ä h r l i c h in das S t a d i u m d e r c h r o n i s c h e n N i e r e n i n s u f f i z i e n z g e r a t e n . In L ä n d e r n mit a u s r e i c h e n d e r V e r s o r g u n g s k a p a z i t ä t w e r d e n derzeit ca. 500 Patienten/Mio. Einwohner mit c h r o n i s c h e m N i e r e n v e r s a g e n b e h a n d e l t . H ä u f i g s t e Ursache der Niereninsuffizienz im E r w a c h s e n e n a l t e r sind die G l o m e r u l o n e p h r i t i s , die c h r o n i s c h e Pyelo-/interstitielle Nephritis, r e n o v a s k u l ä r e E r k r a n k u n g e n , die d i a b e t i s c h e N e p h r o p a t h i e u n d Z y s t e n n i e r e n . Bei Kindern ü b e r w i e g e n die G l o m e r u l o n e p h r i t i s , P y e l o n e p h r i t i s u n d h e r e d i t ä re N e p h r o p a t h i e n . Der Anteil der Nierentransplantation an der Gesamtzahl der wegen chronischer Niereninsuffizienz behandelten Patienten ist in den einzelnen Ländern unterschiedlich: Deutschland 25 %. Dänemark 37 %. Österreich 42 %, Schweiz 49 % und Norwegen sogar 84%. In den letztgenannten Ländern ist ein höherer Anteil an Lebendspendernierentransplantationen zu verzeichnen.

Epidemiologie • chronische Niereninsuffizienz in Deutschland: 500 Pat./Mio. Einwohner • häufigste Ursachen der chronischen Niereninsuffizienz: - Glomerulonephritiden - chron. Pyelo-/interstitielle Nephritis - renovaskuläre Erkrankungen - Zystennieren - diabetische Nephropathie

312 • Nierentransplantation in Deutschland: - derzeit: ca. 2500/Jahr - angestrebt: 3500-4000/Jahr

Patientenauswahl und Vorbereitung

Indikationen erweitert: biologisches Alter wichtiger als chronologisches

absolute Kontraindikationen: • nicht vertretbares Op.-Risiko • Erkrankungen mit Verschlechterung durch Immunsuppression

• irreversible Lebererkrankungen • schwere Arteriosklerose • akute und chronische Infektherde müssen saniert sein • positive Kreuzprobe • inkurable maligne Erkrankungen relative Kontraindikationen: • Systemerkrankungen - Diabetes mellitus - Amyloidose, Kollagenosen - inaktive Tuberkulose - kardiale, pulmonale Zusatzerkrankungen

Voraussetzung zur Transplantation: • anatomisch und funktionell intakte, nicht infizierte ableitende Harnwege

Nephrektomie vor Transplant, bei: • aktiver Pyelonephritis • Reflux mit Infekten • Analgetikanephropathie • evtl. Zystennieren

19. Nierentransplantation Die A n z a h l d e r jährlich in D e u t s c h l a n d d u r c h g e f ü h r t e n N i e r e n t r a n s p l a n t a t i o nen liegt bei ca. 2500. A n g e s t r e b t w e r d e n ca. 3500-4000 N i e r e n t r a n s p l a n tationen pro Jahr.

19.1 Auswahl und Vorbereitung der Patienten Die Indikationen zur N i e r e n t r a n s p l a n t a t i o n wurden in den letzten Jahren ständig erweitert. Dies gilt insbesondere f ü r die u n t e r e und o b e r e Altersgrenze. Auch Kleinkinder und ü b e r 70jährige U r ä m i k e r k ö n n e n erfolgreich transplantiert werden. Von g r ö ß e r e r B e d e u t u n g als das chronologische ist das biologische Alter. Für die Transplantation sind n e b e n R i s i k o f a k t o r e n auch relative und absolute Kontraindikationen zu b e a c h t e n . Absolute Kontraindikationen sind: • ein nicht v e r t r e t b a r e s Operationsrisiko und Erkrankungen, die eine Verschlechterung u n t e r d e r postoperativen I m m u n s u p p r e s s i o n e r w a r t e n lassen. Infektionsherde müssen ausgeschlossen bzw. saniert werden (z.B. im B e r e i c h e d e r Z ä h n e , N e b e n h ö h l e n , Tonsillen, A p p e n d i x , Gallenblase, N i e r e n und ableitenden Harnwege) • a k u t e und schwere chronische Lebererkrankungen und schwere arteriosklerotische Veränderungen, i n s b e s o n d e r e der B e c k e n a r t e r i e n , die eine A n a s t o m o sierung d e r E m p f ä n g e r g e f ä ß e mit d e n e n des Transplantates unmöglich machen • positiver T-Zell-Cross-Match (s.u.) • maligne Erkrankungen - die I m m u n s u p p r e s s i o n begünstigt Wachstum und Ausbreitung maligner T u m o r e n Relative Kontraindikationen sind: • Systemerkrankungen, wie D i a b e t e s mellitus, Amyloidose, Kollagenosen und inaktive Tuberkulose stellen individuell abzuschätzende R i s i k o f a k t o r e n dar, e b e n s o wie kardiale und pulmonale Zusatzerkrankungen (z.B. chronische E m physembronchitis, M y o k a r d i n f a r k t , Herzinsuffizienz) • bei einigen seltenen Formen d e r Glomerulonephritis (membranoproliferative G N , IGA-Nephritis, nephrotisches S y n d r o m mit f o k a l s e g m e n t a l e r Sklerose) besteht ein e r h ö h t e s Risiko des W i e d e r a u f t r e t e n s im Transplantat. A n a t o m i s c h und funktionell intakte, infektionsfreie H a r n w e g e sind eine Vorbedingung für die Transplantation. Miktionszystourethrographie (s. Abschn.5.5.1.2, S. 73) und Uroflowmetrie (s. A b s c h n . 5.7.1, S. 86) dienen zur Bes t i m m u n g d e r Blasenkapazität, zum Nachweis eines evtl. vesikoureteralen bzw. -renalen Refluxes und zum Ausschluß von mechanischen und neurogenen B l a s e n e n t l e e r u n g s s t ö r u n g e n , die durch spezielle und u r o d y n a m i s c h e U n t e r s u c h u n g s v e r f a h r e n weiter abgeklärt w e r d e n müssen (s. A b s c h n . 5.7, S. 86). Auch die Harnableitung in eine Ersatzblase bzw. in ein Kolon- o d e r I l e u m k o n duit (s. A b s c h n . 17.3.1.4, S. 289) ist möglich. Die Entfernung der Eigennieren des T r a n s p l a n t a t e m p f ä n g e r s ist nur bei spezieller Indikation erforderlich: Bei aktiver Pyelonephritis, Reflux mit rezidivier e n d e n I n f e k t e n , bei Analgetikanephropathie, die häufiger in ein U r o t h e l k a r z i n o m übergeht sowie bei infizierten und b l u t e n d e n Zystennieren. Bei Patienten mit Nierentumoren, die nach der N e p h r e k t o m i e dialysepflichtig w e r d e n , ist ein 2jähriges m e t a s t a s e n f r e i e s Intervall bis zur Transplantation a b z u w a r t e n .

313

19.2 Immunologische Voraussetzungen für die Transplantation

19.2 Immunologische Voraussetzungen für die Transplantation 19.2.1 HLA-, A B O - S y s t e m

Immunologische Voraussetzungen

HLA-, ABO-System

Von entscheidender Bedeutung für den Transplantationserfolg, insbesondere die Langzeitprognose des Transplantates, ist die genetisch gesteuerte Immunreaktivität des Empfängers, die in erster Linie von der Gewebeverträglichkeit zwischen Spender und E m p f ä n g e r abhängt. D e r Grad der Histoinkompatibilität bestimmt das Ausmaß der immunologischen A b w e h r r e a k t i o n e n des Empfängers gegenüber dem Transplantat, wobei der Immunsuppression ein modulierender Effekt zukommt, der im günstigsten Falle die potentiellen Abstoßungsvorgänge verhindert.

Transplantatprognose

95 % retroperitoneal) werden in der Regel auch Phäochromozytome genannt (s. Abb.20-2a, b). machen etwa 10% aus und verhalten sich klinisch und morphologisch gleich. Es erkranken vornehmlich Erwachsene zwischen 25 und 50 Jahren.

5% maligne -» Fernmetastasen

E t w a 5 % d e r P h ä o c h r o m o z y t o m e sind m a l i g n e , w a s sich j e d o c h nicht an histologischen Z e i c h e n wie K e r n a n a p l a s i e , G e f ä ß i n v a s i o n o d e r l o k a l e r A u s b r e i tung, s o n d e r n n u r an Fernmetastasen zeigt.

Symptome • Trias: - Kopfschmerzen - Herzklopfen - Schwitzattacken • meist paroxysmale Hypertonie • Laborwerte i.d.R. normal

S y m p t o m e . U n t e r d e n t y p i s c h e r w e i s e „ b u n t e n " S y m p t o m e n d o m i n i e r e n Kopfschmerzen, Palpitationen u n d Schwitzattacken: r i c h t u n g s w e i s e n d e r B e f u n d ist e i n e Hypertonie, m e i s t p a r o x y s m a l mit k r i s e n a r t i g e n S p i t z e n .

Diagnostik • Sammelurin: - Noradrenalin - Adrenalin - VMS

Diagnostik. W i r d ein P h ä o c h r o m o z y t o m v e r m u t e t , gelingt d e r N a c h w e i s meist rasch d u r c h k o m b i n i e r t e e n d o k r i n o l o g i s c h e u n d r a d i o l o g i s c h e D i a g n o s t i k . W e g e n u n v o r h e r s e h b a r e r p h a s e n h a f t e r A k t i v i t ä t ist d e r P l a s m a u n t e r s u c h u n g die A n a l y s e d e s 24-Stunden-Urins v o r z u z i e h e n , w o b e i i m m e r s o w o h l Noradrenalin als auch Adrenalin u n d Vanillinmandelsäure zu b e s t i m m e n ist. E i n e nicht t u m o r b e d i n g t e , leichte E r h ö h u n g von P l a s m a s p i e g e l n u n d A u s s c h e i d u n g d e r K a t e c h o l a m i n e läßt sich d u r c h C l o n i d i n u n t e r d r ü c k e n (Tab. 20-1).

EKG und Routine-Labor sind praktisch immer normal, woraus sich erklärt, daß die Patienten oft und lange unter Fehldiagnosen geführt werden. Bisweilen treten Hypoglykämien auf. Bei Kindern gelten Sehstörungen als typisch.

Sonographie: 50% sensitiv CT: für extraadrenale Tumoren zu aufwendig

Die Sonographie ist nur verwertbar im Falle der Tumordarstellung - etwa 50% werden hierbei übersehen (Abb. 20-1 a). Die CT liefert nur Transversalschnitte; sie eignet sich deshalb nur zur Untersuchung der Nebennieren und ist für den Nachweis extraadrenaler Tumoren zu aufwendig (Abb. 20-1 c).

MRT: sehr geeignet

Die MRT liefert bei T 2 - G e w i c h t u n g c h a r a k t e r i s t i s c h e B i l d e r u n d ist w e g e n d e r M ö g l i c h k e i t d e r c o r o n a r e n ( f r o n t a l e n ) P r o j e k t i o n mit D a r s t e l l u n g d e s g e s a m ten R e t r o p e r i t o n e u m s d e r C T ü b e r l e g e n ( A b b . 2 0 - 1 d. e).

20.1 P h ä o c h r o m o z y t o m

Abb.20-1: Adrenales Phäochromozytom, a. S o n o g r a m m (Sagittalschnitt), b. MIBG-Szintigraphie. Großer Pfeil: Tumor, kleiner Pfeil: Ausscheidung des Radiopharmakons durch die Blase, c. CT. d. MRT, T 2 gewichtet, transversal und (e) coronar, f. Operationspräparat Τ = Tumor, L = Leber, Ν = Niere, A = Aorta, W = Wirbelsäule Die Abb.a. zeigt einen Tumor eines 19jährigen Mannes rechts, b. bis f. stellen einen Tumor links eines 34jährigen Mannes mit MEN-Typ IIa dar.

Abb.20-2: Extraadrenale Phäochromozytome, a. Coronare MRT, T 2 gewichtet. Tumor des Zuckerkandl-Organs (Pfeile) eines 19jährigen Mannes mit Hippel-Lindau-Syndrom, b. Angiographie mit Darstellung von Aorta, A. renalis, Niere und infrarenalem Phäochromozytom (Pfeile). Beachte das geschlängelte, von der A. renalis nach kaudal ziehende, den Tumor versorgende Gefäß des 18jährigen Patienten

321

322

20. N e b e n n i e r e n e r k r a n k u n g e n

• Praxishinweis: MIBG-Szintigraphie

• diagnostischer Stufenplan

Praxishinweis: D i e nuklearmedizinische Diagnostik mit J o d - m a r k i e r t e m M e t a j o d o b e n z y l g u a n i d i n ( M I B G ) n u t z t d e s s e n E i n s c h l e u s u n g in d e n Katecholaminstoffwechsel und erlaubt somit sowohl den Tumornachweis ( a u c h m u l t i p l e r T u m o r e n ) als a u c h d i e e n d o k r i n o l o g i s c h e Z u o r d n u n g ( A b b . 20-1 b). D i e M e t h o d e ist die d e r z e i t v e r l ä ß l i c h s t e z u m P h ä o chromozytomnachweis und -ausschluß.

Tab. 1: Stufenplan zur Phäochromozytom-Diagnostik I.Stufe: • Basisuntersuchungen • gering erhöhte Katecholamine

Therapie • Alpha- u. Beta-Rezeptorenblockade präoperativ • Enukleation • bei Malignität: adjuvante MIBG-Therapie • Differentialdiagnose: 1. MEN II 2. v. Hippel-Lindau Syndrom

Conn-Syndrom

Anamnese, Klinik, Befund Katecholaminbestimmung + Sonographie Cionidin-Hemmtest

2.Stufe: Sicherung/Ausschluß/ multiple Tumoren?

MIBG-Szintigraphie

3. Stufe: Op.-Planung

Computertomographie/MRT

4. Problemfälle

Angiographie

Die Therapie e r f o r d e r t z u n ä c h s t e i n e B l u t d r u c k - u n d K r e i s l a u f n o r m a l i s i e r u n g mit A l p h a - u n d B e t a - B l o c k a d e . F ü r d i e O p e r a t i o n k a n n ein t r a n s a b d o m i n e l l e r o d e r l u m b a l e r Z u g a n g g e w ä h l t w e r d e n . W e g e n d e s im Einzelfall s c h w e r a b s c h ä t z b a r e n R i s i k o s f ü r b i l a t e r a l e u n d m u l t i p l e T u m o r e n ist die o r g a n e r h a l t e n d e T u m o r e n u k l e a t i o n a n z u s t r e b e n ( A b b . 20-1 f). Bei d e n s e l t e n e n m a l i g n e n T u m o r e n k a n n M T B G in h o h e n D o s e n verwendet werden. Differentialdiagnose: 1st ein Phäochromozytom festgestellt, müssen (besonders bei jungen Erwachsenen und Kindern) 2 hereditäre Erkrankungen, bei denen diese Tumoren vorkommen, aus vorsorgemedizinischen Gründen ausgeschlossen werden: • multiple endokrine Neoplasie (MEN) Typ II (mit zusätzlichem medullärem Schilddrüsenkarzinom und Hyperparathyreoidismus) und • v. Hippel-Lindau Syndrom (mit Angiomatosis retinae, Hämangioblastom des ZNS, Nierenzysten und -karzinom. Pankreaszysten, Nebenhodenzystadenom).

20.2 C o n n - S y n d r o m , Nebennierenrindenhyperplasie

• Rindentumor • Q:d = 2:1

D a s C o n n - S y n d r o m wird d u r c h e i n e n a l d o s t c r o n p r o d u z i e r e n d e n T u m o r ( A d e n o m ) der Nebennierenrinde ( Z o n a glomerulosa = Syntheseort von Aldos t e r o n ) v e r u r s a c h t ( A b b . 2 0 - 3 ) . F r a u e n e r k r a n k e n d o p p e l t so h ä u f i g wie M ä n -

Klinik • Hypertonie obligat • Hypokaliämie

Klinik, Diagnostik. D i e P a t i e n t e n sind m e i s t 3 0 - 5 0 J a h r e alt u n d zeigen e i n e Hypertonie. Typische S y m p t o m e sind Kopfschmerzen, Muskelschwäche und Polyurie. Im R o u t i n e l a b o r fällt e i n e Hypokaliämie auf; sie ist d i a g n o s e w e i s e n d , w e n n D i u r e t i k a mit k a l i u r e t i s c h e m E f f e k t m i n d e s t e n s 7 Tage nicht m e h r v e r a b r e i c h t w u r d e n . D i e B l u t g a s a n a l y s e zeigt e i n e metabolische Alkalose. Je n a c h E r k r a n k u n g s d a u e r u n d A u s m a ß d e r H y p o k a l i ä m i e f i n d e n sich im E K G Hypertrophiezeichen, U-Welle und Arrhythmie. Im P l a s m a f i n d e t sich e i n e Aldosteronerhöhung bei S u p p r e s s i o n d e r R e n i n a k t i vität, w o d u r c h d e r p r i m ä r e A l d o s t e r o n i s m u s v o m s e k u n d ä r e n a b g e g r e n z t wird. D i e m e i s t k l e i n e n A d e n o m e sind radiologisch nicht e i n f a c h n a c h w e i s b a r u n d e r f o r d e r n e i n e C T m i t d ü n n e n S c h i c h t e n ( A b b . 2 0 - 3 a, b). D i e Kernspintomographie ist e t w a gleich a u s s a g e k r ä f t i g . D i e Angiographie e i g n e t sich e b e n f a l l s

• metabolische Alkalose

• • • -

Aldosteron Τ Renin-Aktivität l Tumornachweis schwierig: CT MRT Angiogramm

323

20.3 Cushing-Syndrom

Abb.20-3: Conn-Syndrom, a. CT (Pfeile: Tumor, Ν = oberer Nierenpol, A = Aorta), b. Angiogramm, c. Operationspräparat. Die Abb. a. und c. zeigen den Befund einer 42jährigen Frau, b. den einer 34jährigen. In beiden Fällen bestand seit Jahren eine Hypertonie und zum Zeitpunkt der Aufnahmen eine hypokaliämische Alkalose

zur Darstellung. Seitengetrennte Aldosteronmessungen nach Nebennierenv e n e n k a t h e t e r i s m u s k ö n n e n in Z w e i f e l s f ä l l e n zur L o k a l i s a t i o n b e i t r a g e n . Therapie. N a c h B l o c k a d e mit S p i r o n o l a c t o n ( A b b . 20-3 c).

e r f o l g t die

Adrenalektomie

Therapie: • Adrenalektomie

D i e s e l b e n klinischen S y m p t o m e k ö n n e n a u c h d u r c h e i n e bilaterale N e b e n n i e renrindenhyperplasie b e d i n g t sein. D i e L a b o r b e f u n d e sind identisch, a b e r d e r T u m o r n a c h w e i s gelingt nicht. I m N e b e n n i e r e n v e n e n b l u t ist b e i d s e i t s d e r Ald o s t e r o n s p i e g e l e r h ö h t . T h e r a p e u t i s c h wird S p i r o n o l a c t o n e i n g e s e t z t , wod u r c h sich B l u t d r u c k u n d F o l g e z e i c h e n ( K a l i u m etc.), nicht j e d o c h die A l d o s t e r o n p r o d u k t i o n n o r m a l i s i e r e n lassen. N e b e n w i r k u n g e n ( g a s t r o i n t e s t i n a l e Beschwerden, Gynäkomastie, Libidoverlust, Impotentia coeundi und Menstruationsstörungen) können eine bilaterale A d r e n a l e k t o m i e erforderlich machen.

Bilaterale Nebennierenrindenhyperplasie Bilaterale Hyperplasie verursacht ähnliche Symptome wie Conn-Syndrom Therapie: Spironolacton

Extrem selten ist das reine Conn-Syndrom auch durch ein Nebennierenrindenkarzinom bedingt.

• Nebennierenrindenkarzinom selten

20.3 Cushing-Syndrom

Cushing-Syndrom

A l s C u s h i n g - S y n d r o m wird d a s klinische Bild ( A b b . 20-4) eines G l u k o k o r t i k o i d ü b e r a n g e b o t e s gleich w e l c h e r G e n e s e b e z e i c h n e t . U r s ä c h l i c h k o m m e n in Frage: • in 70-80 % zentrales, hypothalamisches Cushing-Syndrom physenadenoms spricht man vom „M. Cushing"),

Rindentumor: 10-20%: adrenales Cushing-Syndrom

(bei Nachweis eines Hypo-

• in 1 0 - 2 0 % adrenale Tumoren ( A d e n o m e u n d K a r z i n o m e ) , s e h r selten bilaterale a d r e n a l e Hyperplasie ( Z o n a reticularis = S y n t h e s e o r t von K o r t i s o n ) und

5 cm malignitätsverdächtig. Die bildgebende Diagnostik entspricht dem Vorgehen bei ConnSyndrom, gelingt jedoch leichter, da die Tumoren meist größer sind. Therapie der Wahl ist die Adrenalektomie (Abb. 20-4c).

Seltene Nebennierenerkrankungen

20.4 Seltene Erkrankungen, Nachsorge

• Neuroblastom: typischer Marktumor beim Kind • Metastasen, Hämangiom, Myelolipom bei Erwachsenen

Seltene chirurgisch behandelbare Erkrankungen für das Kindesalter sind • Neuroblastom und die histologisch verwandten Formen Ganglioneuroblastom und Ganglioneurom • im Erwachsenenalter: Metastasen, Hämangiom und Myelolipom. Sehr seltener Anlaß operativer Eingriffe sind weiterhin Zysten (echte, Pseudo-, epitheliale, lymphangiomatöse und Echinokokkus-Zysten) und traumatische Blutungen.

Nachsorge • Kreislaufüberwachung • Serumelektrolyte • Glukose • Substitution bei bilateraler Operation

Nachsorge. Patienten mit Phäochromozytom und Conn-Syndrom entwickeln nach partieller oder totaler einseitiger A d r e n a l e k t o m i e erfahrungsgemäß keine Nebenniereninsuffizienz und bedürfen nur der üblichen Überwachung, während beim Cushing-Syndrom in ca. 5 0 % eine Nebenniereninsuffizienz eintritt. Bei bilateraler A d r e n a l e k t o m i e ist schon während der O p e r a t i o n mit einer Substitutionstherapie zu beginnen.

21 Hauterkrankungen des Genitale

Hauterkrankungen des Genitale

H. Wokalek

D e r Urologe wird häufig auch mit dermatologischen E r k r a n k u n g e n konfrontiert. Gelegentlich bilden diese sogar den A n l a ß zur Konsultation, besonders wenn sie am Penis oder am Skrotum lokalisiert sind.

21.1 Genitalekzeme, Psoriasis vulgaris 21.1.1 Ekzeme

Genitalekzeme

In ätiologischer Hinsicht unterscheidet man folgende Ekzemformen: Kontaktekzem, seborrhoisches Ekzem, Neurodermitis constitutionalis, mikrobielles Ekzem mit bakteriellem und mykotischem Ekzem.

-

Kontaktekzem seborrhoisches Ekzem Neurodermitis mikrobielles Ekzem

In dieses S c h e m a lassen sich die E k z e m e a m G e n i t a l e , d a z u g e h ö r e n b e s o n d e r s d a s Inguinal-, Skrotal- u n d Penis- bzw. V u l v a e k z e m , nicht b e f r i e d i g e n d e i n o r d n e n . E i n e topologische E k z e m k l a s s i f i z i e r u n g wird den B e s o n d e r h e i t e n eines E k z e m s in d e r G c n i t a l u n d P e r i g e n i t a l r e g i o n b e s s e r g e r e c h t als die o.g. ä t i o p a t h o g e n e t i s c h e Klassifizierung, w e l c h e die B e s o n d e r h e i t d e r Lokalisation u n b e r ü c k s i c h t i g t läßt.

• Klinik. Das akute Ekzem ist durch Rötung, Bläschenbildung und starken Juckreiz gekennzeichnet, das chronische Ekzem durch entzündliche Verdikkung der Haut mit vergröberten Hautfeldern und vertieften H a u t f u r c h e n (Lichenifikation). Typisch für das subakute und das chronische E k z e m ist die Schuppung der Haut. Die meisten E k z e m e r k r a n k u n g e n am Penis und an der Vulva sind allergische Kontaktekzeme (Abb.21-1). Hierbei ist an Substanzen zu denken, die im Kondomgummi, in Intimsprays, in vaginal anzuwendenden Kontrazeptiva oder in ähnlichen Gegenständen des intimen G e b r a u c h s v o r k o m m e n . Die Diagnose wird durch die Begrenzung des ekzematösen Geschehens auf die Kontaktstelle am Genitale und durch die A n a m n e s e (zeitlicher Z u s a m m e n h a n g mit der A n w e n d u n g ) gestützt. Durch Epikutanteste und Abheilen des Ekzems bei Vermeidung der Kontaktnoxe wird die Diagnose bestätigt. Im Inguinalekzem kann oft die sekundäre Ekzematisation einer Pilzinfektion (Epidermophytie) beobachtet werden (Abb. 21-2). Lichenifizierte Hauterscheinungen und Pilznachweis führen zur Diagnose. Differentialdiagnose: inguinale Candidamykose, Erythrasma. Das E k z e m der Skrotalhaut m u ß - bedingt durch die besondere A n a t o m i e - in m e h r f a c h e r Hinsicht als Sonderform des E k z e m s herausgestellt werden. Für das Ekzem der Skrotalhaut ist bedeutungsvoll, daß es sich in einem besonderen „Mikroklima" mit e r h ö h t e r H a u t t e m p e r a t u r , a b n o r m e r Feuchtigkeit bei geringer Wärmekonvektion abspielt. D e r Verlauf ist oft langwierig, chronisch, häufig von neuen Schüben gekennzeichnet und therapeutisch hartnäckig. Klinisch fallen auf: bräunlichrote schuppende Erytheme, die isoliert auf die typisch gefältelte Skrotalhaut beschränkt bleiben mit weitgehend verstrichener Fältelung, die scharf gegen die nicht erkrankte, normal gefältelte Skrotalhaut abgesetzt ist.

Klinik: • akutes Ekzem: - Rötung - Bläschenbildung - Juckreiz • chronisches Ekzem: - Hautverdickung - Lichenifikation - Schuppung • allergisches Kontaktekzem an Penis und Vulva - Kondome - Intimsprays

• Inguinalekzem häufig Folge einer Pilzinfektion

Ekzem der Skrotalhaut Mikroklima mit erhöhter Hauttemperatur und Feuchtigkeit schuppende Erytheme

Abb.21-2: Inguinalekzem mit Beteiligung der anliegenden Skrotalfläche Therapie: • Ausschaltung der Noxe

• antiekzematöse und antimikrobielle Therapie - Farblösungen - Polyvidon-Jod

• Therapie. Wichtigste M a ß n a h m e ist die Identifizierung und Elimination einer allergischen Kontaktnoxe. Ferner sollte in j e d e m Fall sehr sorgfältig nach einer Candidabesiedlung gesucht werden. Jedes Genital- und Skrotalekzem m u ß nicht nur antiekzematös, sondern auch antimikrobiell behandelt werden. Z u r lokalen antimikrobiellen Behandlung eignen sich Farblösungen, ζ. B. Brilliantgrün und Solutio Pyoktanini (die wäßrigen Lösungen dieser beiden Farbstoffe nicht höher als in der Konzentration von 0,5 % anwenden). Auch Polyvidon-Jod hat sich in unverdünnter oder auch in 1:3 bis 1:5 verdünnter Lösung bewährt.

327

21.1 Genitalekzeme, Psoriasis vulgaris E s wird e i n e sog. l o k a l e 3-Schichten-Behandlung empfohlen: Z u n ä c h s t E i n p i n s e l n mit F a r b s t o f f - o d e r P o l y v i d o n j o d ; n a c h d e m A n t r o c k n e n w i r d als z w e i t e Schicht d i e C r e m e e i n e s p o t e n t e n L o k a l k o r t i k o i d s a u f g e t r a gen. Als d r i t t e Schicht e m p f i e h l t sich schließlich d i e A n w e n d u n g v o n Z i n k ö l o d e r e i n e r w e i c h e n Z i n k p a s t e , d e r X e r o f o r m in 3 % iger K o n z e n t r a t i o n z u g e f ü g t wurde. Z u s ä t z l i c h wird e m p f o h l e n , e i n e h o c h d o s i e r t e V i t a m i n B - B e h a n d l u n g zu versuchen.

- 3-Schichten-Behandlung

21.1.2 P s o r i a s i s v u l g a r i s

Psoriasis vulgaris

D i e Psoriasis vulgaris ist e i n e h ä u f i g e ( 1 - 2 % d e r B e v ö l k e r u n g ) e r y t h e m a t o squamöse H a u t e r k r a n k u n g mit variabler Ausprägung und genetisch gegebener Disposition. • Ätiologisch liegt eine permanent gesteigerte Epidermopoese zugrunde. Eine zusätzliche Steigerung führt zu sichtbaren Hauterscheinungen. Als Provokationsfaktoren werden exogene Noxen (isomorpher Reizeffekt, Köbner-Phänomen) und endogene Faktoren, z.B. Infektionskrankheiten, Medikamente, Strcß. Alkoholismus diskutiert.

Provokation durch e x o g e n e N o x e n u n d e n d o g e n e Faktoren

• Klinik. D i e E r k r a n k u n g m a n i f e s t i e r t sich als ein scharf b e g r e n z t e s u n d leicht infiltriertes E r y t h e m , w e l c h e s sich f l ä c h e n h a f t a u s b r e i t e t u n d m e i s t m u l t i p e l vorliegt. Typisch ist e i n e silbrige p a r a k e r a t o t i s c h e H y p e r k e r a t o s e . J u c k r e i z ist selten. P r ä d i l i k t i o n s s t e l l e n sind die E x t r e m i t ä t e n - S t r e c k s e i t e n ( E l l e n b o g e n , K n i e ) , d a s C a p i l l i t i u m , i n t e r t r i g i n ö s e R ä u m e u n d die N ä g e l . E i n e b e s o n d e r e L o k a l i s a t i o n ist die Psoriasis a m Penis. H i e r f i n d e n sich t r o c k e n e , scharf b e g r e n z t e E r y t h e m e , i n s b e s o n d e r e an d e r G l a n s ( A b b . 21-3). D i e Psoriasis vulgaris f i n d e t sich a b e r auch g e l e g e n t l i c h a m P e n i s s c h a f t . D a s S k r o t u m ist s e l t e n e r b e f a l l e n . Differentialdiagnostisch k o m m e n E k z e m e und B a l a n i t i d e n in B e t r a c h t . • D i e Therapie ist prinzipiell a n t i p s o r i a t i s c h , w o b e i die B e s o n d e r h e i t d e r L o kalisation e h e r d e n E i n s a t z v o n m i l d e n L o k a l k o r t i k o i d e n u n d salizylsäurehaltigen S a l b e n (ζ. B. 3 % Salizyl-Vaseline) e r f o r d e r t .

• scharf b e g r e n z t e s E r y t h e m mit silbriger Hyperkeratose - E l l e n b o g e n , Knie - Capillitium, Nägel - Penis

Abb.21-3: Psoriasis v u l g a r i s der G l a n s penis

Therapie: • Kortikoide • Salizylsäure

21 Hauterkrankungen des Genitale

328 Liehen sclerosus et atrophicus, Balanitis xerotica obliterans, Craurosis penis

21.2 Liehen sclerosus et atrophicus penis, Balanitis xerotica obliterans, Craurosis penis H e u t e besteht die Auffassung, d a ß es sich bei der Balanitis xerotica obliterans nur um das Durchgangsstadium einer entzündlichen progredienten atrophisierenden Balanitis handelt, die schließlich in die Craurosis penis einmündet.

• Balanitiden, die in sklerosierende Atrophie übergehen

Die Ä t i o l o g i e ist unklar. In d e r P a t h o g e n e s e m ü s s e n e n t z ü n d l i c h e V e r ä n d e r u n g e n , wie u n b e m e r k t a b l a u f e n d e B a l a n i t i d e n , a n g e n o m m e n w e r d e n , die in e i n e s k l e r o s i e r e n d e Atrophie übergehen.

• L. sclerosus et atrophicus

Das Vollbild des Liehen sclerosus et atrophicus k o m m t bei M ä n n e r n und bei Frauen, vor allem um die Menopause, aber auch bei Kindern vor. Ätiopathogenetisch wird ein erniedrigter Testosteronspiegel durch eine abnorme enzymatische Aktivität im G e w e b e diskutiert. Komplikationen sind stärkere Atrophie und S c h r u m p f u n g im Ano-Genitalbereich, im Bereich der Labia m a j o r a et minora sowie des Orificium urethrae zu nennen.

- Atrophie und Schrumpfung der Haut im Bereich der Labia majora sowie des Orificium urethrae

Seltene m a l i g n e T r a n s f o r m a t i o n e n sind v e r m u t l i c h d u r c h die c h r o n i s c h e E n t z ü n d u n g bedingt.

- bläulich-weiße Verfärbung der Eichel - teils Erosionen - narbige Atrophie mit Meatusstenose

• Klinik. Das klinische Bild des Liehen sclerosus et atrophicus zeichnet sich beim Mann durch eine bläulich-weiße Verfärbung der Eicheloberfläche mit pergamentartiger Beschaffenheit des Epithels aus (Abb. 21-4 a, b). Mitunter entwickeln sich erosive Veränderungen teilweise aber auch umschriebene Epidermisverdickungen. Endzustand ist eine narbige Atrophie, die auch auf die H a r n r ö h r e n m ü n d u n g übergreifen und zur Stenose der U r e t h r a mit nachfolgenden Miktionsstörungen f ü h r e n kann. Subjektiv bestehen b r e n n e n d e Schmerzen, Spannungsgefühl und ausgesprochene Schmerzhaftigkeit bei der Erektion. Differentialdiagnostisch müssen eine Leukoplakie, eine zirkumskripte Sklerodermie sowie nicht progrediente sklerotische N a r b e n nach Balanitiden abgegrenzt werden.

atrophicus, a. Typische Veränderung des äußeren Vorhautblattes, man erkennt deutlich die fibrotische Phimose, b. Derselbe Befund in der Seitenansicht mit charakteristischer bläulichweißlicher Verfärbung der Vorhaut

329

21.3 Mykosen im Genital- und Perigenitalbereich • Therapie. Die möglichst frühzeitige A n w e n d u n g potenter Lokalkortikoide hat sich bewährt. Gelegentlich läßt sich das Krankheitsbild auch durch Testosteron-Propionat-Salben-Behandlung (2 %ig) günstig beeinflussen. Gelingt es nicht, eine Stenose der U r e t h r a l ö f f n u n g zu verhindern, so wird die operative Erweiterung der H a r n r ö h r e n ö f f n u n g durch eine „ M e a t o t o m i e " notwendig. Eine Erweiterung durch Bougierung ist unzweckmäßig. Die Craurosis penis et vulvae ist als Präkanzerose anzusehen, die Patienten müssen daher fortlaufend überwacht werden.

21.3 Mykosen im Genital- und Perigenitalbereich 21.3.1 Epidermophytia inguinalis Die Fadenpilzerkrankung (Epidermophytie) k o m m t perigenital besonders in der Genitokruralfalte und ihrer Nachbarschaft (Skrotum, Oberschenkelinnenseite) wie auch in der Rima ani häufig vor. In Mitteleuropa sind Trichophyton r u b r u m Castellani und Trichophyton mentagrophytes die häufigsten Fadenpilze. • Klinik. Scheibenförmige H e r d e mit rotem, mitunter schuppendem, meist scharf begrenztem Rand, die sich oft bogenförmig oder serpiginös zentrifugal ausbreiten. Die randständigen Primäreffloreszenzen bestehen aus Vesikeln, die schnell eintrocknen und sich selten zu Pusteln weiterentwickeln. Das Zentrum der H e r d e kann geringere entzündliche Intensität aufweisen und eine teilweise Abheilung vortäuschen (Abb.21-5). Die Diagnose wird durch den mikroskopischen und kulturellen Nachweis von Pilzelementen (Myzel) in abgeschabten Hautschuppen gesichert. • Die Therapie besteht in der äußeren A n w e n d u n g von Antimykotika in Salb e n f o r m oder in verdünntem Alkohol als Vehikel (zusätzlich austrocknende Wirkung). Bewährt sind auch Farbstoffe: 0,5-1 %ige Pyoktaninlösung, 1 %ige Brilliantgrünlösung und Solutio Castellani.

Abb.21-5: Epidermophytia inguinalis mit den randbetonten scheibenförmigen Herden an der Schenkelinnenseite. Typisch auch der feine Schuppensaum

Therapie: • Lokalkortikoide • Testosteron-Salbe • evtl. Meatotomie

Craurosis penis et vulvae = Präkanzerose

Mykosen

1. Epidermophytia inguinalis

- Genitokruralfalte, Skrotum und Rima ani

Klinik: • scheibenförmige Herde mit schuppendem, scharf begrenztem Rand

Therapie: • lokal: - Antimykotika - Farbstofflösungen

330

21 Hauterkrankungen des Genitale Die Epidermophytia inguinalis spricht auch auf eine systemische Behandlung mit den gegen Fadenpilze wirksamen Chemotherapeutika an. In der Regel ist aber eine lokale Therapie ausreichend.

2. Erythrasma

21.3.2 Erythrasma

• bakterielle Erkrankung

D a s E r y t h r a s m a ist e i n e b a k t e r i e l l e E r k r a n k u n g d e r G e n i t o k r u r a l f a l t e n , d i e n a h e z u ausschließlich b e i m M a n n v o r k o m m t . Aus differentialdiagnostischen Gründen ist es sinnvoll, an dieser Stelle das Erythrasma zu besprechen, obwohl sein Erreger (das Corynebacterium minutissimum) nicht zu den Pilzen gehört.

Klinik: • plane, rötliche und später bräunliche, stark schuppende Herde

• Klinik. Z u n ä c h s t e r s c h e i n e n plan in d e r H a u t l i e g e n d e r ö t l i c h e H e r d e , die sich s p ä t e r e t w a s b r ä u n l i c h e i n f ä r b e n u n d s t a r k s c h u p p e n . Sie sind ä h n l i c h wie bei d e r E p i d e r m o p h y t i a inguinalis, v o r z u g s w e i s e a n d e r I n n e n s e i t e d e r O b e r s c h e n k e l g e g e n ü b e r d e m S k r o t u m u n d in d e n L e i s t e n b e u g e n lokalisiert.

Therapie: - Antibiotika - Solutio Castellani

• Therapie. D a s C o r y n e b a c t e r i u m m i n u t i s s i m u m spricht auf A n t i b i o t i k a wie E r y t h r o m y c i n , Tetrazyklin usw. a n . E s k o m m t a b e r s e h r leicht z u r R e i n f e k t i o n d u r c h K l e i d u n g s s t ü c k e ; d a h e r ist d e r E r f o l g e i n e r ausschließlich s y s t e m i s c h e n B e h a n d l u n g fraglich. D u r c h die B e h a n d l u n g mit S o l u t i o C a s t e l l a n i f a r b l o s u n d D e s i n f i z i e n t i e n ist die E r k r a n k u n g gut zu b e h e r r s c h e n . O f t g e n ü g t s c h o n r e g e l m ä ß i g e s sorgfältiges R e i n i g e n mit Seife.

3. Candidamykose

21.3.3 Candidamykose

• STD

Die Infektion mit Sproßpilzen der Candida-Spezies (Hauptvertreter: C a n d i d a a l b i c a n s ) ist e i n e d e r häufigsten Infektionen. Die genitale Cand i d a m y k o s e w i r d zu d e n S T D (= sexually t r a n s m i t t e d d i s e a s e s ) gezählt. D i e C a n d i d a b e s i e d l u n g d e s w e i b l i c h e n G e n i t a l e wird h ä u f i g ü b e r s e h e n , d e r M a n n steckt sich e r f a h r u n g s g e m ä ß h ä u f i g e r bei d e r F r a u an als u m g e k e h r t . Prädisponierende Faktoren sind Diabetes mellitus u n d Immunschwäche.

Klinik: • häufig mit Soor, Paronychien und intertriginösem Befall kombiniert

• Klinik. Beim Vorliegen prädisponierender Faktoren findet man neben der Besiedlung des Genitale typische Candidamanifestationen an anderen Körperstellen wie Soor, Paronychien. interdigitale Erosionen und Candidamykosen in intertriginösem Bereich (Axillen, Nabelgegend, Bauchfalten adipöser Patienten). Die Candidamykose des männlichen Genitale manifestiert sich an der Urethra, ferner an Glans, Penis und Präputium sowie in den Genitokruralfalten und schließlich auch im Analtrichter.

1. Candida-Urethritis

D i e an sich s e l t e n e Candida-Urethritis (Urethritis candidamycetica) wird weniger d u r c h p r ä d i s p o n i e r e n d e F a k t o r e n als v i e l m e h r d u r c h h ä u f i g e K o n t a m i nation, d.h. durch Geschlechtsverkehr, unterhalten. Die Krankheitserschein u n g e n sind relativ m i l d e u n d ä u ß e r n sich vor allem als J u c k r e i z a m O r i f i c i u m e x t e r n u m u n d e n t l a n g d e r U r e t h r a . D e r eitrige A u s f l u ß ist g e g e n ü b e r a n d e r e n U r e t h r i t i d e n relativ g e r i n g u n d b e s o n d e r s m o r g e n s n a c h w e i s b a r .

Klinik: • Juckreiz am Orificium und entlang der Urethra

Therapie: • Nystatin lokal und systemisch

2. Balanoposthitis candidamycetica

D i e D i a g n o s e ist m i t d e m K a l i l a u g e n f r i s c h p r ä p a r a t a u s d e m e i t r i g e n A u s f l u ß m ö g l i c h . F ü r e i n e n s i c h e r e n N a c h w e i s ist das K u l t u r v e r f a h r e n e r f o r d e r l i c h . • D i e Therapie b e s t e h t in d e r Instillation h a n d e l s ü b l i c h e r N y s t a t i n - P r ä p a r a t e in die v o r d e r e H a r n r ö h r e . G l e i c h z e i t i g sollte N y s t a t i n a u c h systemisch z u r San i e r u n g des M a g e n - D a r m - T r a k t e s g e g e b e n w e r d e n , u n d z w a r in d e r D o s i e r u n g v o n 3 χ täglich 5 0 0 0 0 0 bis 1 M e g a . D i e Balanoposthitis candidamycetica e n t s t e h t in d e r R e g e l n u r b e i m Z u s a m mentreffen mehrerer Faktoren: Langes Präputium, Diabetes, Kortikoid- oder

331

21.4 Condylomata acuminata

Abb.21-6: C a n d i d a - B a l a n i t i s mit umschrieben erosiven Veränderungen

A n t i b i o t i k a b e h a n d l u n g , häufige und intensive K o n t a m i n a t i o n durch die Sexualpartnerin. Die häufigsten S y m p t o m e sind Schmerzhaftigkeit an der Penisspitze, verbunden mit Juckreiz und eitrigem Ausfluß, der u n t e r d e r V o r h a u t hervorquillt. • D a s klinische Bild d e r Balanoposthitis candidamycetica kann lediglich in e r y t h e m a t ö s e n E r s c h e i n u n g e n bestehen; es kann a b e r auch zu erosiven Veränd e r u n g e n , m e m b r a n ö s e n A u f l a g e r u n g e n und zu kleinen Pusteln k o m m e n ( A b b . 21 -6). Erosive V e r ä n d e r u n g e n sind häufig von einem Ö d e m des Präputiums begleitet. Z u r Sicherung der Diagnose ist eine Pilzkultur aus dem Eiter o d e r den weißlichen A u f l a g e r u n g e n erforderlich. Die Basisbehandlung besteht in täglich 2maligem sorgfältigen Waschen des G e n i t a l e mit desinfizierender Seife und der A n w e n d u n g antimykotischer Salben (Nystatinsalbe). Auch antimykotische P r ä p a r a t e wie Clotrimazol o d e r Miconazol sind geeignet. Eine S i m u l t a n b e h a n d l u n g d e r Sexualpartner ist auch hier notwendig.

21.4 C o n d y l o m a t a a c u m i n a t a

Klinik: - schmerzhafte Penisspitze, Juckreiz, Ausfluß

Therapie: • desinfizierende Seife • antimykotische Salben • Hygiene

Condylomata acuminata

Die C o n d y l o m a t a acuminata w e r d e n auch „Feigwarzen", ..Feuchtwarzen" o d e r „spitze K o n d y l o m e " genannt. D a s für die E n t s t e h u n g e n t s c h e i d e n d e H u m a n p a p i l l o m a v i r u s ( H P V ) (Typ 6. 11) gelangt durch Inokulation ü b e r kleinste Läsionen in die H a u t . E s wird in der Regel durch G e s c h l e c h t s v e r k e h r übertragen.

• Synonyme: Feigwarzen, spitze Kondylome • Erreger: H P V

• Klinik. Klinisch imponieren die C o n d y l o m a t a a c u m i n a t a anfangs als kleine w a r z e n f ö r m i g e Papeln. D u r c h V e r g r ö ß e r u n g und V e r m e h r u n g bilden sich Furchen, so d a ß b l u m e n k o h l ä h n l i c h e T u m o r e n a u f t r e t e n k ö n n e n . Ihre Konsistenz ist weich. Erst nach längerem Bestand kann eine an der O b e r f l ä c h e z u n e h m e n de V e r h o r n u n g a u f t r e t e n (Abb. 21-7).

Klinik: • w a r z e n f ö r m i g e P a p e l n bis b l u m e n k o h l ä h n l i c h e T u m o r e n m i t oberflächlicher Verhornung

C o n d y l o m a t a a c u m i n a t a e n t s t e h e n b e v o r z u g t in pathologisch f e u c h t e m Milieu. D e r Sitz im P r ä p u t i a l s a c k o d e r an d e r U r e t h r a k a n n ein H i n w e i s auf e i n e n U r e t h r a l f l u o r sein. Im

332

21 Hauterkrankungen des Genitale

Abb. 21-7: Condylomata acuminata am inneren Vorhautblatt

Abb.21-8: Bowenoide Papulose Bereich d e r R i m a ani weisen C o n d y l o m a t a a c u m i n a t a auf i n n e r e H ä m o r r h o i d e n bzw. auf eine p a t h o l o g i s c h e S e k r e t i o n im Bereich des E n d d a r m e s hin.

Differentialdiagnose: • bowenoide Papulose (Carcinoma in situ!)

Differentialdiagnostisch ist die bowenoide Papulose (Abb. 21-8) zu erwähnen. Es handelt sich um eine Genitalerkrankung besonders jüngerer Erwachsener mit dem histologischen Bild eines Morbus Bowen. Hierbei handelt es sich um eine wahrscheinlich durch Papillomaviren (Typ 11, 18) bedingte persistierende Dermatose bei vermutlich spezifischer Abwehrschwäche. Typisch dafür sind multiple bräunliche Papeln und flache Plaques, die zum Teil konfluieren, im Bereich des Präputiums oder der Labia majora et minora. Bemerkenswert

333

21.5 Primäraffekt bei S y p h i l i s - Ulcus durum ist, d a ß sich hier histologisch das Bild eines Carcinoma in situ mit Dyskeratosen und vereinzelten Zellatypien zeigt. D i e d i f f e r e n t i a l d i a g n o s t i s c h e A b g r e n z u n g g e g e n ü b e r Condylomata lata, d e n b r e i t e n n ä s s e n d e n P a p e l n d e r L u e s II ist relativ leicht, da diese aus r u n d l i c h e n , d u r c h w e g s n u r flach e r h a b e n e n , o b e r f l ä c h l i c h stets n ä s s e n d e n E i n z e l h e r d e n b e s t e h e n .

Die Differentialdiagnose gegenüber einem Peniskarzinom kann schwierig sein. Die meist glattere Oberfläche, die Neigung zur Ulzeration und die wesentlich geringere Wachstumsgeschwindigkeit sprechen f ü r das Karzinom. Wichtig ist auch die differentialdiagnostische Abgrenzung gegenüber der harmlosen sog. Papillomatosis penis. D i e Frage einer m ö g l i c h e n E n t a r t u n g spitzer K o n d y l o m e w u r d e i m m e r w i e d e r diskutiert. Dies ist u m s o verständlicher, als eine Ihrer S p i e l a r t e n , d e r B u s c h k e - L ö w e n s t e i n T u m o r infiltrierend wächst.

• Die Therapie der Condylomata acuminata erfolgt operativ mit der Diathermieschlinge oder besser mit Laser. Kleine Kondylome können einer Ä t z b e h a n d l u n g mit 2 0 % i g e r alkoholischer Podophyllin-Lösung unterzogen werden.

• Condylomata lata bei Lues II

• Peniskarzinom

• Papillomatosis penis • Buschke-Löwenstein-Tumor Therapie: • operative Entfernung oder Laser • Podophyllin-Lösung

Die A n w e n d u n g von P o d o p h y l l i n - L ö s u n g e m p f i e h l t sich a b e r n u r bei g u t e r C o m p l i a n c e , da es d u r c h zu lange u n d zu intensive A n w e n d u n g zu N e k r o s e n k o m m e n k a n n .

21.5 Primäraffekt bei Syphilis - Ulcus durum Bei allen erosiven und ulzerösen Affektionen am Genitale muß man, besonders wenn sie in der Einzahl v o r k o m m e n , auch an den Primäraffekt der Syphilis (Ulcus durum, harter Schanker, Initialsklerose) und auch an ein Ulcus molle denken. • Klinik. 90-95 % aller Primäraffekte entwickeln sich im Genitalbereich. Beim Mann liegen die Prädilektionsstellen am inneren Vorhautblatt, an der Glans, im Sulcus coronarius, nicht selten am Frenulum und etwas seltener am Penisschaft, bei der Frau in der Vagina, an der Klitoris und an der Portio. Ein Primäraffekt kann aber auch an jeder anderen Stelle des Genitale oder Perigenitale v o r k o m m e n . D e r Primäraffekt ist die erste klinisch manifeste Erscheinung einer syphilitischen Infektion. Er tritt etwa 2-Λ Wochen, meist jedoch recht exakt 3 Wochen nach der Infektion auf und entwickelt sich an der Inokulationsstelle des Erregers an der Haut oder Schleimhaut (Abb.21-9). D e r Primäraffekt ist im Verhältnis zu seiner entzündlichen Rötung wenig schmerzhaft. D e r Primäraffekt kann Reiskorn- bis Bohnengröße erreichen. D e r H e r d besitzt meist die Konsistenz eines Pergamentblattes. Die Oberfläche kann nahezu intakt sein und dann einen fettigen firnisartigen oder lackartigen Glanz haben. D e r Primäraffekt kann aber auch erodiert sein oder einen flachen, ein wenig kraterartigen ulcerösen D e f e k t aufweisen oder sogar gangränös verändert sein. Niemals finden sich jedoch unterminierte Ränder. Die Basis und der wallartige Ulkusrand sind derb infiltriert. Primärkomplex. D e r weitere Verlauf ist dadurch charakterisiert, daß ungefähr 3 Wochen nach dem ersten Auftreten des Primäraffektes eine regionäre Lymphknotenschwellung tastbar wird (Primärkomplex). Bei einem Primäraffekt am Penis wird das einseitige, selten ein doppelseitiges Anschwellen der Inguinallymphknoten beobachtet. Die Schwellung kann geringfügig, aber auch stark ausgeprägt sein. Charakteristisch ist ferner, daß sich mit der regionären

Primäreffekt bei Syphilis • harter Schanker

Klinik, Prädilektionsstellen

• Primäraffekt - erste manifeste Erscheinung einer syphilitischen Infektion - tritt 3 Wochen nach Infektion auf

derb infiltrierter Ulkusrand Primärkomplex: zusätzliche regionäre Lymphknotenschwellung

334

21 Hauterkrankungen des Genitale

Abb.21-9: Primäraffekt bei Syphilis, schmierig belegtes Ulkus im Sulcus coronarius

- Primäreffekt heilt ohne Narben ab • sekundäre Syphilis: - Exanthem - generalisierte Lymphknotenschwel lung - Condylomata lata Diagnostik: - Spirochätennachweis mikroskopisch - Lues-Serologie

Lymphknotenschwellung der Primäraffekt zurückbildet, wobei erosive Primäraffekte folgenlos abheilen. Mit dem Auftreten der sekundären Syphilis (Exanthem, generalisierte Lymphknotenschwellung, Condylomata lata, Plaque muqueuse opaline der Mundschleimhaut) kann eine erneute bindegewebige und leicht ödematöse Induration am Orte des abgeheilten Primäraffektes auftreten. Diese sog. Reinduration ist pathognomonisch für die sekundäre Syphilis. Die Diagnose Primäraffekt ergibt sich aus dem Lokalbefund, sowie aus der Sexualanamnese mit einem sexuellen Fremdkontakt 2-4 Wochen vor Auftreten des Herdes. Jede Erosion am Genitale ist suspekt, ein Primäraffekt zu sein. Die Sicherung der Diagnose erfolgt durch Spirochätennachweis aus dem sog. „Reizserum" mit der Dunkelfeldmikroskopie. Auch eine serologische Bestätigung ist mit den modernen Luesreaktionen bereits wenige Tage nach Auftreten des Primäraffektes möglich. Sowohl der treponemenspezifische TPHA-Tesl als auch der FTA-Abs-Test (Fluoreszenz-Treponema-Pallidum-Absorbenstest) werden nach 3 - 4 Wochen, der 19-S-IgMTest wird etwa 2 Wochen nach der Infektion reaktiv.

• meldepflichtige Geschlechtskrankheit! Therapie: • Penizillin

Der Primäraffekt unterliegt den gesetzlichen Regelungen und Vorschriften einer meldepflichtigen Geschlechtskrankheit. • Therapie der Wahl ist Penizillin (über 2 Wochen 1 Mega pro Tag). Alternativ können Cephalosporine, Tetrazykline oder Erythromycin angewandt werDas Tertiärstadium (Spätsyphilis) und Quartärstadium (Neurosyphilis) sind heute Raritäten.

22. Sexuelle Funktionsstörungen des Mannes

Sexuelle Funktionsstörungen des Mannes

U. Wetterauer

22.1 Erektionsstörungen

Erektionsstörungen

E i n e D a r s t e l l u n g d e r E r e k t i o n s s t ö r u n g e n aus d e r Sicht des U r o l o g e n , die sich n u r mit d e m M a n n beschäftigt, m u ß die zu e i n e r g e s t ö r t e n Sexualität d e s M a n n e s f ü h r e n d e n P h ä n o m e n e n o t w e n d i g e r w e i s e aus d e m Z u s a m m e n h a n g r e i ß e n . D e r Begriff „Störung der Beischlaffähigkeit des Mannes" suggeriert lediglich die B e e i n t r ä c h t i g u n g d e r physischen, rein s o m a t i s c h e n Seite d e s P r o b l e m s . D a b e i k o m m e n A s p e k t e wie f e h l e n d e G l ü c k s e m p f i n d u n g o d e r P a r t n e r s c h a f t s p r o b l e m e , die a u c h in B e z i e h u n g zu einer Pot e n z s t ö r u n g s t e h e n , nicht z u m A u s d r u c k . D a s in seiner Sexualität b e e i n t r ä c h t i g t e I n d i v i d u u m e m p f i n d e t sich in seinen L e b e n s w e r t e n e i n g e s c h r ä n k t . Es ist w e n i g e r b e l a s t u n g s f ä h i g und psychisch u n d somatisch leichter anfällig. Die lcidvoll e r f a h r e n e I m p o t e n z erfüllt als regelwidriger Z u s t a n d alle Kriterien einer e c h t e n K r a n k h e i t . U n t e r diesem G e s i c h t s p u n k t wird a u c h die B e h a n d l u n g s w ü r d i g k e i t m ä n n l i c h e r P o t e n z s t ö r u n g e n d u r c h die K r a n k e n k a s s e n b e j a h t . In d e n letzten J a h r e n sind bei d e r D i a g n o s t i k , T h e r a p i e u n d G r u n d l a g e n f o r schung der erektilen D y s f u n k t i o n richtungsweisende Fortschritte erzielt word e n . W ä h r e n d in d e r V e r g a n g e n h e i t d i e P s y c h o t h e r a p i e v o n E r e k t i o n s s t ö r u n g e n im V o r d e r g r u n d s t a n d , b e s t i m m e n h e u t e z u n e h m e n d u n s e r e

Kenntnisse

von der Physiologie und Pathophysiologie der Erektion die Therapie.

Neue

diagnostische

Methoden

und

ihre standardisierte

Anwendung

k o n n t e n a u f z e i g e n , d a ß e i n e m G r o ß t e i l a l l e r E r e k t i o n s s t ö r u n g e n e i n organisches Korrelat z u g r u n d e l i e g t . A n d e r Inzidenz d e r e r e k t i l e n D y s f u n k t i o n k a n n m a n a b s c h ä t z e n , welche B e d e u t u n g dieses K r a n k h e i t s b i l d in Z u k u n f t e i n n e h m e n wird. N a c h S c h ä t z u n g e n leiden allein in D e u t s c h l a n d e t w a 5 Millionen M ä n n e r an d i e s e m K r a n k h e i t s b i l d . Diese Z a h l übersteigt bei w e i t e m j e n e d e r k o r o n a r e n H e r z e r k r a n k u n g .

22.1.1 Anatomie des Penis und Physiologie der Erektion A n a t o m i e . D e r Penis wird aus d e n b e i d e n S c h w e l l k ö r p e r n (Corpora cavernosa), dem die H a r n r ö h r e u m g e b e n d e n Corpus spongiosum u n d d e r Glans penis gebildet. Die G l a n s penis steht a n a t o m i s c h u n d f u n k t i o n e l l mit d e m H a r n r ö h r e n s c h w e l l k ö r p e r in V e r b i n d u n g und reicht k a p p e n f ö r m i g ü b e r die Spitzen d e r C o r p o r a c a v e r n o s a . D i e H a u t des P e n i s s c h a f t e s b e d e c k t in d e r R e g e l die G l a n s u n d ist im Bereich d e s Sulcus cor o n a r i u s fixiert. B e i d e P e n i s s c h w e l l k ö r p e r s t e h e n ü b e r ein i n k o m p l e t t e s S e p t u m miteina n d e r in V e r b i n d u n g und w e r d e n von d e r d e r b e n Tunica albuginea u m g e b e n . Z w i s c h e n Tunica a l b u g i n e a u n d d e r auch d e n H a r n r ö h r e n s c h w e l l k ö r p e r u m g e b e n d e n Buck-Faszie v e r l a u f e n an d e r D o r s a l s e i t e die V. dorsalis penis p r o f u n d a u n d die p a a r i g a n g e o r d n e t e n A a . , N n . dorsales penis ( A b b . 22-1). Die Corpora cavernosa b e s t e h e n aus e i n e m N e t z w e r k von glatter M u s k u l a t u r und B i n d e g e w e b e , die b l u t g e f ü l l t e H o h l r ä u m e (kav e r n ö s e R ä u m e ) u m s c h l i e ß e n . Die Tunica albuginea b e s t e h t aus k o l l a g e n e n Fasern, die m a s c h e n a r t i g a n g e o r d n e t sind. Sie k a n n sich bei einer E r e k t i o n sowohl in Längsricht u n g e r h e b l i c h d e h n e n als auch an U m f a n g z u n e h m e n . A b e i n e m gewissen G r a d ist kei-

• häufig durch organische Ursachen bedingt

4= • Inzidenz der erektilen D y s f u n k t i o n höher als die der K H K

Anatomie des Penis und Physiologie der E r e k t i o n • Penis: Corpus spongiosum, Glans penis Corpora cavernosa

• beide Penisschwellkörper bilden funktionelle Einheit - Netzwerk a u s glatter M u s k u l a t u r u n d Bindegewebe

• Tunica albuginea - kollagene Fasern

336

22. Sexuelle Funktionsstörungen des Mannes oberflächl. Penisvenen

V. dorsalis penis profunda A. dorsalis penis N. dorsalis penis

Zirkumflexe Venen

Buck-Faszie Tunica albuginea A. penis profunda

Schwellkörpergewebe: glatter Muskulatur, Bindegewebe, autonome Nerven

A. urethrales Urethra Corpus spongiosum Abb. 22-1: Querschnitt durch den Penis

- begrenzte Dehnungsfähigkeit • paarig angelegte tiefe Penisarterie • venöser Abfluß über tiefe dorsale Penisvene

• autonome Innervation des erektilen Gewebes über - N.cavernosus (parasymp.) - N.hypogastricus (sympathisch) Erektionsauslösung durch - psychogene Stimuli oder - reflektorisch • Relaxation der glatten Schwellkörpermuskulatur • Dilatation der Arterien

• Drosselung des venösen Abflusses

ne weitere Größenzunahme mehr möglich, wobei dann eine weitere Druckerhöhung im Schwellkörper zur Rigidität führt. Die arterielle Versorgung des Schwellkörpers erfolgt über die paarig angelegten tiefen Penisarterien, die sich in Arteriolen verzweigen und als sog. Rankenarterien die kavernösen Hohlräume erreichen. Der venöse Abfluß aus dem Schwellkörper erfolgt über die die Tunica albuginea durchbohrenden Emissarvenen, die in die Zirkumflexen Penisvenen münden. Diese umgreifen zirkulär das Corpus cavernosum und münden in die tiefe dorsale Penisvene, die wiederum mit den oberflächlichen Penisvenen Verbindung hat. Die autonome Innervation des erektilen Gewebes erfolgt über parasympathische Fasern der Nn.cavernosi sowie über sympathische Nervenfasern, die im Plexus hypogas t r i c s umgeschaltet werden. Über die Nn.dorsales penis werden afferente Reize von der Glans penis und vom Penisschaft zum sakralen Erektionszentrum weitergeleitet. Erektion. Sowohl psychogene Stimuli als auch sensorische Reize über die Nn. dorsales penis lösen eine Erektion aus. Parasympathisch gesteuert k o m m t es zu einer Relaxation der glatten Muskulatur im Corpus cavernosum und einer gleichzeitigen Dilatation der Penisarterien. G e g e n ü b e r dem Ruhezustand wird bei einer Erektion der Blutfluß um das 2CMÜfache gesteigert. Die aktive Erweiterung der kavernösen H o h l r ä u m e führt zu einer Kompression der den Schwellkörper drainierenden Venen unterhalb der Tunica albuginea und damit zu einer Drosselung des venösen Abflusses. Eine zusätzliche Aktivierung der somatisch innervierten Mm.ischiocavernosi führt zur vollständigen Rigidität des Penis mit intrakavernösen D r u c k w e r t e n bis 800 m m H g . Gegenstand der derzeitigen Forschung sind die bei der parasympathisch vermittelten Erektionsauslösung beteiligten überwiegend peptidergen Neurotransmitter. Endothelzellen, welche die Sinusoide säumen, bewirken durch die Freisetzung von EDRF (endothelium derived relaxing factor) eine Relaxation der glatten Schwellkörpermuskulatur. EDRF ist mit Stickoxid (NO) identisch und kann möglicherweise auch therapeutisch eingesetzt werden.

Ätiopathogenese, Risikofaktoren Ursachen 1. arteriell bedingte Dysfunktion 2. neurogene Dysfunktion

22.1.2 Ätiopathogenese und Risikofaktoren Ätiopathogenetisch wird die organisch bedingte erektile Dysfunktion unterteilt in • arteriell bedingte Dysfunktion (arteriosklerotische G e f ä ß v e r ä n d e r u n g e n , Diabetes mellitus) • neurogene Dysfunktion (z.B. nach O p e r a t i o n e n im kleinen Becken)

337

22.1 Erektionsstörungen • kavernöse/venöse Dysfunktion (z.B. Degeneration und fibrotische U m w a n d l u n g d e r S c h w e l l k ö r p e r m u s k u l a t u r bei v e r s c h i e d e n e n U r s a c h e n ) . D i e d u r c h arterielle Durchblutungsstörungen h e r v o r g e r u f e n e n E r e k t i o n s s t ö r u n g e n sind mit A b s t a n d am häufigsten. D i e e r e k t i l e D y s f u n k t i o n wird d u r c h 4 Risikofaktoren g e f ö r d e r t o d e r ausgelöst: Diabetes mellitus, Hyperlipidämie, Hypertonie, Nikotinabu-

Ob beim Diabetes mellitus primär eine Mikroangiopathie mit Degeneration der glatten Muskulatur im Schwellkörper oder eine Störung der autonomen Innervation (Polyneuropathie) im Vordergrund steht, ist nicht eindeutig geklärt. Wahrscheinlich greifen beide Mechanismen ineinander und sind dafür verantwortlich, daß fast alle Männer mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus früher oder später an Erektionsstörungen leiden. Eine Hyperlipidämie führt zu Fettablagerungen und Verkalkungen subendothelial im Bereich der Rankenarterien und kavernösen Räume. Nikotin kann in höherer Dosis als Ganglienblocker zu einer vorübergehenden Unterbrechung der efferenten parasympathischen Impulse und langfristig /.u Gefäßschädcn führen. E i n nicht u n e r h e b l i c h e r Teil v o n E r e k t i o n s s t ö r u n g e n e n t s t e h t mit d u r c h eigen e s V e r s c h u l d e n . Im S i n n e e i n e r G e s u n d h e i t s e r z i e h u n g m u ß diese G r u p p e von Patienten davon überzeugt werden, die schädigende N o x e abzubauen. N i c h t selten k a n n b e o b a c h t e t w e r d e n , d a ß sich n a c h e i n e m nikotinfreien Intervall v o n 3 M o n a t e n o d e r n a c h e i n e r Gewichtsreduktion und Normalisierung der Blutfette w i e d e r e i n e n o r m a l e e r e k t i l e P o t e n z einstellt.

3. kavernöse/venöse Dysfunktion

Risikofaktoren

Diabetes m.: Mikroangiopathie Polyneuropathie

• Hyperlipidämie: - Fettablagerung - Verkalkung • Nikotin: - Ganglienblocker —> Nikotin meiden!

22.1.3 Diagnostik der erektilen Dysfunktion

Diagnostik der erektilen Dysfunktion

D i e D i a g n o s t i k zielt in e r s t e r Linie d a r a u f ab, e i n e k l a r e A b g r e n z u n g d e r organischen von d e r psychisch b e d i n g t e n Impotenz v o r z u n e h m e n . D i e s wird o f t dadurch erschwert, daß jede organisch verursachte Erektionsstörung sekundär a u c h zu e i n e r p s y c h i s c h e n B e e i n t r ä c h t i g u n g f ü h r t . D i e zweite A u f g a b e d e r D i a g n o s t i k b e s t e h t d a r i n , Art und Ort der Störung h e r a u s z u f i n d e n , u m diese d a n n gezielt b e h a n d e l n zu k ö n n e n .

• Abgrenzung der organisch bedingten von der psychogenen Impotenz

22.1.3.1 A n a m n e s e und Sexualanamnese

Sexualanamnese

Bei d e r E r h e b u n g d e r S e x u a l a n a m n e s e m u ß auf f o l g e n d e P u n k t e g e a c h t e t werden: • Libido, sexuelles I n t e r e s s e , d. h. d e r W u n s c h n a c h s e x u e l l e r K o n t a k t a u f n a h m e im w e i t e s t e n Sinn • Erektionen: m o r g e n d l i c h e S p o n t a n e r e k t i o n e n , E r e k t i o n e n bei s e x u e l l e r K o n t a k t a u f n a h m e u n d bei visueller S t i m u l a t i o n , n ä c h t l i c h e E r e k t i o n e n

Fragen zu: 1. Libido 2. Erektionen

• sexuelle Aktivität nach Häufigkeit und Modalität. H ä u f i g m ü s s e n in e i n e m G e s p r ä c h a u c h F e h l v o r s t e l l u n g e n ü b e r d i e P e n i s g r ö ß e , ü b e r die sexuelle d u r c h s c h n i t t l i c h e L e i s t u n g s f ä h i g k e i t u n d die n o r m a l e H ä u f i g k e i t s e x u e l l e r A k tivität k o r r i g i e r t w e r d e n

3. sexuelle Aktivität

• A b k l ä r u n g d e r psychosexuellen Entwicklung in d e r K i n d h e i t u n d J u g e n d (soweit m ö g l i c h ) • Verlauf der Pubertätsentwicklung: erste Pollutionen, Beginn und Häufigkeit v o n O n a n i e , sexuelle P h a n t a s i e n , P a r t n e r b e z i e h u n g e n • F r a g e n n a c h abgebrochenen sexuellen Kontakten u n d n a c h m i ß g l ü c k t e m G e schlechtsverkehr

4. psychosexuelle Entwicklung

• F r a g e n a c h Risikofaktoren (s. o.) u n d Medikamentenanamnese: Eine Reihe von M e d i k a m e n t e n wie A n t i h y p e r t e n s i v a , L i p i d s e n k e r , N e u r o l e p t i k a , A n t i d e p r e s s i v a o d e r H o r m o n e wie A n t i a n d r o g e n e o d e r Ö s t r o g e n e k ö n n e n f ü r E r e k t i o n s s t ö r u n g e n v e r a n t w o r t l i c h sein.

7. Risikofaktoren

5. Pubertätsentwicklung 6. mißglückter GV?

8. Medikamentenanamnese

338

22. Sexuelle Funktionsstörungen des Mannes

Labordiagnostik

22.1.3.2 Labordiagnostik

umfaßt: • Hormone: Testosteron und Prolaktin • Blutfette • Blutzucker

M a n b e s t i m m t die Blutfette, steron und Prolaktin.

d e n Blutzuckerspiegel

u n d Hormonwerte:

Testo-

Überraschenderweise liegt lediglich bei 1-5 % aller Patienten mit erektiler Dysfunktion eine hormonelle Störung vor. Die heute immer noch weit verbreitete Testosteron-Medikation kann deshalb lediglich einen Placebo-Effekt haben.

Nächtliche Tumeszenzmessung

22.1.3.3 Nächtliche Tumeszenzmessung

• eingeschränkte Aussage, da Tumeszenz ψ Rigidität

N ä c h t l i c h e G l i e d v e r s t e i f u n g e n t r e t e n in d e r R e g e l alle 90-120 Minuten auf u n d sind mit REM-Phasen k o m b i n i e r t . D i e T u m e s z e n z m e s s u n g wird z u r U n t e r s c h e i d u n g e i n e r o r g a n i s c h von e i n e r psychisch b e d i n g t e n I m p o t e n z e i n g e s e t z t . Z u r M e s s u n g w e r d e n ü b e r N a c h t Dehnungsmeßstreifen u m d e n P e n i s gelegt u n d an e i n e n M o n i t o r a n g e s c h l o s s e n . D i e T u m e s z e n z w e r t e sind f ü r die I m p o t e n z d i a g n o s t i k allerdings v o n e i n g e s c h r ä n k t e m W e r t , d a d e r g r ö ß t e U m f a n g des P e n i s e r r e i c h t wird, lange b e v o r die f ü r d i e D u r c h f ü h r u n g eines G e s c h l e c h t s v e r k e h r s n o t w e n d i g e Rigidität eintritt.

Doppler- bzw. Duplex-Sonographie

22.1.3.4 Doppler- bzw. Duplex-Sonographie der Penisarterien

• arterielle Durchblutungsstörungen

Die R e g i s t r i e r u n g d e r S t r ö m u n g s g e r ä u s c h e bzw. die M e s s u n g d e s Blutflusses in d e n Aa. penis profundae ist die wichtigste Untersuchung für die klinische D i a g n o s t i k e i n e r a r t e r i e l l e n D u r c h b l u t u n g s s t ö r u n g .

• aussagekräftig nur nach pharmakologischer Stimulation

Mit e i n f a c h e n D o p p l e r - G e r ä t e n gelingt es, S e i t e n d i f f e r e n z e n zu e r k e n n e n . Q u a n t i t a t i v e M e s s u n g e n k ö n n e n zuverlässig mit d e r ( f a r b k o d i e r t e n ) D u p l e x S o n o g r a p h i e e r f o l g e n ( A b b . 22-2). Von g r o ß e r p r a k t i s c h e r B e d e u t u n g ist es, die D o p p l e r - U n t e r s u c h u n g e t w a 5 Min. nach intrakavernöser Injektion gefäßwirksamer Substanzen durchzuführ e n . w o b e i d a n n ein m a x i m a l e r u n d g e g e n ü b e r d e r R u h c d u r c h b l u t u n g d e u t l i c h h ö h e r e r B l u t e i n s t r o m v o r h e r r s c h t . Im Stadium der Tumeszenz k ö n n e n d a n n bei m a x i m a l e n F l u ß r a t e n leicht Seitendifferenzen o d e r e i n e Abschwächung geg e n ü b e r N o r m a l b e f u n d e n festgestellt w e r d e n .

Abb. 22-2: Duplex-Sonographie der tiefen Penisarterie. Im Ultraschallbild läßt sich die Arterie genau orten. Der Blutfluß wird mit dem gepulsten Doppler erfaßt und aufgezeichnet

339

22.1 Erektionsstörungen 22.1.3.5 Neurologische Diagnostik

Neurologische Diagnostik

Die klinische und apparative neurologische Diagnostik mit Auslösung des Bulbokavernosus-Reflexes oder des Analreflexes bzw. der Messung der Bulbokavernosus-Reflex-Latenzzeit kann lediglich die Integrität benachbarter Reflexbögen feststellen.

· Reflexauslösung

M ö g l i c h e r w e i s e gelingt es in Z u k u n f t , d u r c h die A b l e i t u n g elektrischer Potentiale d e r S c h w e l l k ö r p e r m u s k u l a t u r die F u n k t i o n d e r k a v e r n ö s e n N e r v e n direkt zu u n t e r s u c h e n u n d somit die a u t o n o m e I n n e r v a t i o n d e s S c h w c l l k ö r p e r s zu p r ü f e n .

-

22.1.3.6 Intrakavernöse Pharmako-Testung

Intrakavernöse Pharmako-Testung

Einen zentralen Stellenwert bei der Diagnostik der erektilen Dysfunktion nimmt die intrakavernöse Pharmako-Testung mit vasoaktiven Substanzen ein. Sie erlaubt häufig eine ätiologische Klassifizierung und kann damit einen Teil der aufwendigen und invasiven Diagnostik ersetzen. Für diesen Test haben sich P h a r m a k a bewährt, die heute auch für die Schwellkörper-Autoinjektionstherapie ( S K A T ) eingesetzt werden. Es handelt sich um eine Mischung aus Papaverin und Phentolamin oder Prostaglandin Papaverin wirkt direkt relaxierend auf die glatte Muskulatur; Phentolamin beeinflußt über die A l p h a - R e z e p t o r e n die penile H ä m o d y n a m i k und schaltet h e m m e n d e Sympathikuseinflüsse aus. Prostaglandin E, hat einen ähnlichen Effekt. Bei der intrakavernösen Pharmako-Testung wird zunächst eine geringe Ausgangsdosis injiziert, die solange verdoppelt wird, bis eine volle Tumeszenz und Rigidität erreicht wird. Aus der hierzu erforderlichen Dosis kann eine Unterscheidung in nichtvaskuläre Dysfunktion (neurogen, psychogen, hormonell), in arteriell-vaskuläre Dysfunktion und in die kavernöse/venöse Dysfunktion vorgenommen werden.

22.1.3.7 Penisarteriographie Die Penisarteriographie kann den gesamten Gefäßverlauf der Penisarterien aufzeigen. D i e s e U n t e r s u c h u n g wird e b e n s o wie die D o p p l e r - U n t e r s u c h u n g nach i n t r a k a v e r n ö s e r I n j e k t i o n v a s o a k t i v e r S u b s t a n z e n , also im Z u s t a n d d e r T u m e s z e n z . d u r c h g e f ü h r t ( A b b . 2 2 - 3 ) . D i e A r t e r i o g r a p h i e ist allerdings h e u t e w e i t g e h e n d d u r c h D o p p l e r - und D u p l e x - S o n o g r a p h i e ersetzt w o r d e n u n d ist n u r noch vor einer g e p l a n t e n arteriellen R e v a s k u l a r i s a t i o n indiziert.

Abb. 22-3: Arteriographie des Penis. Die A. pudenda teilt sich nach Abgabe von Ästen zum Bulbus des Corpus spongiosum in die am Penisrücken sichtbare dorsale Penisarterie und die den Schwellkörper versorgende tiefe Penisarterie auf. Normalbefund

„Penis-EMG"

• wichtigste diagnostische Maßnahme

4 =

Pharmaka: • Papaverin/Phentolamin • PGE·,

Unterscheidung in - nichtvaskuläre Dysfunktion - arteriell-vaskuläre D. - kavernöse/venöse D.

Penisarteriographie

weitgehend durch Duplex-Sonographie ersetzt

340

22. Sexuelle Funktionsstörungen des Mannes

Kavernosometrie, -graphie

22.1.3.8 Kavernosometrie und Kavernosographie

prüft Integrität des venösen/kavernösen Verschlußmechanismus

Die Erektion ist nicht nur ein Resultat des arteriellen Bluteinstroms, sondern auch der Drosselung bzw. Absperrung des venösen Abflusses. 20-30 % aller Erektionsstörungen sind durch eine Schwellkörperinsuffizienz oder eine pathologische venöse Drainage bedingt. Wie morphologische und elektronenmikroskopische Untersuchungen zeigen konnten, ist ein vermehrter kavernöser Abstrom nicht durch eine Texturstörung der Tunica albuginea, sondern vielmehr durch eine gestörte Innervation oder Muskeldegeneration im Schwellkörper mit ausbleibender venöser Restriktion bedingt. Die Prüfung des venösen Schenkels erfolgt durch die Kavernosometrie und Kavernosographie. Unter Kavernosometrie versteht man die Druckmessung im Schwellkörper und die Bestimmung der Flußrate (Maintenance-Flow), die zur Aufrechterhaltung einer Erektion notwendig ist. Sie liegt unter 10 ml/min. Bei einer fehlenden venösen Restriktion können selbst Flußwerte von über 300 ml/min nicht zur Aufrechterhaltung einer Erektion ausreichen. Die Cavernosographie ist die Röntgendarstellung des Corpus cavernosum und seiner Abflußwege mit Kontrastmittel und dient der Lokalisation eines cavernösen Lecks (Abb.22-4).

- Schwellkörperinsuffizienz in 20-30%

Kavernosometrie: Druckmessung im Schwellkörper und Bestimmung des MaintenanceFlow

Kavernosographie: Röntgendarstellung des Schwellkörpers und seiner Abflußwege mit Kontrastmittel

K a v e r n o s o m e t r i e u n d K a v e r n o s o g r a p h i e müssen stets in arlifizieller E r e k t i o n d u r c h g e f ü h r t w e r d e n . H i e r b e i sind n o r m a l c r w e i s e die A b f l u ß w e g e verschlossen, so d a ß n u r ein p a t h o l o g i s c h e r A b f l u ß e r f a ß t wird. In d e r Regel wird die U n t e r s u c h u n g e b e n f a l l s nach vorheriger Relaxation der kavernösen R ä u m e durch Injektion vasoaktiver Pharmaka durchgeführt.

Abb. 22-4: Kavernosographie (Röntgendarstellung des Schwellkörpers und seiner Abflußwege): venöses Leck über die tiefe dorsale Penisvene mit KM-Abfluß über den Plexus vesicoprostaticus Psychosexueiie Störungen

22.1.3.9 Psychogene Dysfunktion

• Abklärung durch Psychologen oder Sexualtherapeuten

Die Diagnose „psychogene Impotenz" ergibt sich aus der psychosexuellen Exploration und dem Ausschluß organischer Ursachen. Hinweise auf eine psychogene Erektionsstörung können ein situationsbedingter Erektionsverlust mit Versagensängsten oder Partnerschaftsprobleme geben. Nach Ausschluß von organischen Störungen oder deutlichen anamnestischen Hinweisen auf psychogene Ursachen einer erektilen Dysfunktion sollte der Patient an einen sexualtherapeutisch erfahrenen Psychiater oder Psychotherapeuten überwiesen werden. Vielfach ist eine Paartherapie notwendig.

341

22.1 Erektionsstörungen

22.1.4 Therapie der organisch bedingten erektilen Dysfunktion

Therapie

22.1.4.1 Intrakavernöse Pharmakotherapie

Intrakavernöse Pharmakotherapie

Mit d e r i n t r a k a v e r n ö s e n A p p l i k a t i o n von v a s o a k t i v e n S u b s t a n z e n wird trotz S t ö r u n g e n d e s a r t e r i e l l e n B l u t f l u s s e s o d e r d e r I n n e r v a t i o n eine E r e k t i o n erz e u g t . D i e V e r ä n d e r u n g e n d e r penilen H ä m o d y n a m i k b a s i e r e n auf d e r Relaxation d e r g l a t t e n Schwellkörpermuskulatur, auf e i n e r Zunahme d e s arteriellen Blutflusses in die S c h w e l l k ö r p e r u n d e i n e r Restriktion d e s venösen Abflits-

Untersuchungen über die Pharmakokinetik intrakavernös applizierter Pharmaka haben gezeigt, daß das Corpus cavernosum pharmakologisch ein separates Kompartiment darstellt. Es können dort sehr hohe Konzentrationen der Pharmaka erreicht werden, ohne daß systemische Nebenwirkungen nach der Verteilung dieser Medikamente im Blutkreislauf auftreten. D i e S c h w e l l k ö r p e r - A u t o i n j e k t i o n s t h e r a p i e ( S K A T ) e r m ö g l i c h t die Ausl ö s u n g e i n e r E r e k t i o n , w e n n sie e r w ü n s c h t ist. Im R a h m e n d e r D i a g n o s t i k e r f o l g t e i n e e x a k t e Ermittlung der Dosis u n d die Erlernung der Selbstinjektion durch den Patienten. N a c h d e m in f r ü h e r e n J a h r e n Papaverin als M o n o t h e r a p i e in D o s e n bis 80 m g i n t r a k a v e r n ö s appliziert w u r d e , h a t sich in d e n letzten J a h r e n die K o m b i n a t i on v o n Papaverin und Phentolamin durchgesetzt. Hiermit konnte Papaverin d e u t l i c h r e d u z i e r t u n d S c h w e l l k ö r p e r f i b r o s e n in i h r e r H ä u f i g k e i t s e l t e n e r werden. Prostaglandin £ , f ü h r t n u r selten zu p r o l o n g i e r t e n E r e k t i o n e n u n d Schwellkörp e r f i b r o s e n u n d ist in d e r L a n g z e i t t h e r a p i e d e r M i s c h u n g a u s P a p a v e r i n - P h e n t o l a m i n z u m i n d e s t gleichwertig.

Beeinflussung der penilen Hämodynamik: C. cavernosum-Relaxation arterieller Zufluß t venöser Abfluß ! Corpus cavernosum ist pharmakologisch separates Kompartiment -» geringe systemische Medikamentenwirkung

• SKAT

• Dosisermittlung bei der Diagnostik - Papaverin - Papaverin/Phentolamin

- Prostaglandin ET

Praxishinweis. In g r ö ß e r e n P a t i e n t e n k o l l e k t i v e n b e t r ä g t die m i t t l e r e D o s i s d e s Papaverin-Phentolamin-Gemisches bei d e r Selbstinjektion ca. 15 m g P a p a v e r i n u n d 0,5 m g P h e n t o l a m i n ; bei Prostaglandin E , werd e n d u r c h s c h n i t t l i c h 15 ^ig injiziert.

• Praxishinweis

Komplikationen der intrakavernösen Pharmakotherapie. S y s t e m i s c h e Nebenwirkungen wie K r e i s l a u f r e a k t i o n o d e r V e r ä n d e r u n g e n d e r L e b e r w e r t e sind bei d e r i n t r a k a v e r n ö s e n P h a r m a k o t h e r a p i e e x t r e m selten.

Komplikationen:

• P h a r m a k o l o g i s c h i n d u z i e r t e prolongierte Erektionen sind d a g e g e n mit 2 10 % w ä h r e n d d e r P h a s e d e r D o s i s a n p a s s u n g relativ häufig. W ä h r e n d d e r Beh a n d l u n g s p h a s e sinkt die R a t e p r o l o n g i e r t e r E r e k t i o n e n allerdings in d e n P r o millebereich.

1. prolongierte Erektionen

Tritt e i n e p r o l o n g i e r t e E r e k t i o n auf, so ist eine f r ü h z e i t i g e I n t e r v e n t i o n notw e n d i g , u m F o l g e s c h ä d e n mit G e w e b s u n t e r g a n g u n d n a c h f o l g e n d e r Schwellk ö r p e r f i b r o s e zu v e r m e i d e n . Als A n t i d o t e i g n e n sich Alpha-Sympathomimetika wie Metaraminol (2 mg), Epinephrin (0,03 m g ) u n d Etilefrin ( 5 - 2 0 mg), die, i n t r a k a v e r n ö s injiziert, in d e n m e i s t e n Fällen zu e i n e r r a s c h e n D e t u m e s zenz führen. • E i n e w e i t e r e N e b e n w i r k u n g ist die E n t w i c k l u n g e i n e r Schwellkörperfibrose u n d k n o t e n f ö r m i g e r Verdickungen in der Tunica albuginea, i n s b e s o n d e r e an d e r I n j e k t i o n s s t e l l e . D i e s e V e r ä n d e r u n g e n sind teilweise r e v e r s i b e l , e r f o r d e r n j e d o c h i m m e r ein A u s s e t z e n d e r i n t r a k a v e r n ö s e n P h a r m a k o t h e r a p i e .

• Antidot: Alpha-Sympathomimetikum

2. Schwellkörperfibrose 3. lokale Verdickung der T. albuginea

342

22. Sexuelle Funktionsstörungen des Mannes

Abb. 22-5: Revaskularisierung des Schwellkörpers nach Hauri. Die A.epigastrica inferior wird mit der A. dorsalis penis anastomosiert und gleichzeitig ein Shunt zur V.dorsalis penis profunda angelegt

Vakuumsysteme

22.1.4.2 Vakuumsysteme

• Erektion durch Unterdruck, Verhinderung des Blutabflusses durch Gummiring

Eine konservative Behandlungsmöglichkeit bei Erektionsstörungen - unabhängig von der Ätiologie - stellen sog. Vakuumsysteme zur artifiziellen Erektionsauslösung dar. Zur Erzeugung einer Erektion wird ein Plastikzylinder über das Glied gestülpt und durch ein Vakuum eine Expansion erreicht. Anschließend wird durch Anlegen eines straffen Gummirings um die Penisbasis ein Abfließen des Blutes aus dem Schwellkörper verhindert. Die Akzeptanz dieser Methode liegt bei 50-75 %.

Arterielle Revaskularisation

22.1.4.3 Arterielle Revaskularisation

• Anastomose zwischen A. epigastrica inf. und Penisgefäßen, evtl. mit AVShunt (Op. nach Hauri)

Das Prinzip aller Revaskularisierungsoperationen ist eine Anastomose der Penisgefäße mit der A. epigastrica inferior. Sie führt in vielen Fällen zu einer Verbesserung der Hämodynamik. Bei der am häufigsten durchgeführten Operation nach Hauri wird zusätzlich zur Anastomose der epigastrischen Arterie mit einer dorsalen Penisarterie ein Shunt zur tiefen dorsalen Penisvene angelegt (Abb. 22-5). Dieser AVShunt schafft high-flow-Bedingungen und dadurch eine geringe Rate von Restenosierungen oder einem thrombotischen Verschluß der Anastomose. Indikationen zur arteriellen Revaskularisierung sind arterielle Durchblutungsstörungen bei jüngeren Männern. Die anfänglichen Erfolgsraten über einen Zeitraum von 1-2 Jahren werden mit 60 bis 80 % angegeben.

• Indikation: - arterielle Durchblutungsstörungen

Penisvenenchirurgie

22.1.4.4 Penisvenenchirurgie

• Ligatur bzw. Resektion der tiefen und oberflächlichen Penisvenen Drosselung des venösen Abstroms

Bei Patienten mit nachgewiesener kavernöser/venöser Insuffizienz kann durch die Ligatur der V. dorsalis penis profunda und der oberflächlichen Penisvenen eine Drosselung des venösen Abstroms erfolgen. Es handelt sich hierbei jedoch um eine rein symptomatische Maßnahme, da die Ursache der venösen/ kavernösen Insuffizienz im Schwellkörper selbst liegt und durch eine Degeneration der glatten Muskulatur oder Störung der autonomen Schwellkörperinnervation bedingt ist. Kurzfristig können hiermit gute Resultate erzielt werden, die jedoch im Laufe weniger Jahre durch Ausbildung von Kollateralen rasch abnehmen. Nach 3 Jahren berichten noch knapp 20 % der Patienten über Spontanerektionen. Bei 30 % können durch eine zusätzliche Schwellkörperinjektionstherapie Erektionen ausgelöst werden.

22.2 Ejakulationsstörungen

343

Praxishinweis. Die Penisvenenligatur sollte nur noch bei Patienten mit normalen arteriellen Durchblutungsverhältnissen des Schwellkörpers (unauffälligem Doppler) und einem kavernosographisch nachgewiesenen dorsalen „Leck" durchgeführt werden.

22.1.4.5 Schwellkörperimplantate (Penisimplantationsprothesen)

• Praxishinweis

längerfristig nur mäßige Erfolgsraten

Schwellkörperimplantate

Penisprothesen werden heute in der Regel nach dem Versagen anderer, weniger invasiver M a ß n a h m e n implantiert. Sie treten an die Stelle des Schwellkörpergewebes und bewirken so eine Gliedversteifung. Man verwendet 2 Typen von Penisprothesen: das semirigide oder biegbare Implantat und das hydraulische Implantat. • Die semirigiden Implantate bestehen aus Silikonzylindern, die in das rechte und linke Corpus cavernosum eingesetzt werden. Sie führen zu einer Elongation des Penis, was eine gewisse kosmetische Beeinträchtigung mit sich bringt. Eine Weiterentwicklung ist die biegbare Penisprothese, die im Ruhezustand abgebogen werden kann. • Die hydraulische Penisprothese (Abb. 22-6) ermöglicht die Erzeugung einer Erektion bei Bedarf. N e b e n den in die C o r p o r a cavernosa implantierten aufp u m p b a r e n Zylindern ist ein Flüssigkeitsreservoir im U n t e r b a u c h und eine P u m p e zur Aktivierung und Deaktivierung der Prothese im Skrotum notwendig. Im Ruhezustand sind die Zylinder leer, der Penis hängt nach unten. Bei Betätigung der P u m p e wird aus d e m Reservoir Flüssigkeit in den Zylinder gefüllt und damit eine Erektion ausgelöst. Neuere Modelle erlauben neben einer Breiten- auch eine Längenausdehnung des Penis.

2 Typen: • semirigide/biegbare Prothesen • hydraulische Prothesen Silikonzylinder ersetzen das Schwellkörpergewebe

Abb. 22-6: Hydraulische Penisimplantationsprothese. Durch die Betätigung der Pumpe im Skrotum wird aus dem Reservoir Flüssigkeit in die Silikonzylinder gepumpt und eine Gliedversteifung ausgelöst

22.2 Ejakulationsstörungen

Ejakulationsstörungen

22.2.1 Anejakulation (Aspermie) und retrograde Ejakulation

Anejakulation (Aspermie), retrograde Ejakulation

Tumorchirurgische Eingriffe führen beim Mann nicht selten zu einer Beeinträchtigung von Erektion oder Ejakulation, wenn die a u t o n o m e n Ganglien des sympathischen Grenzstrangs oder der Plexus bzw. N.hypogastricus entfernt oder geschädigt wurden.

• bei Op. mit Schädigung der sympathischen Innervation:

344 - retroperitoneale Lymphadenektomie - a b d o m i n o p e r i n e a l Rektumamputation - aorto-iliakaler Bypass

1. Anejakulation • kein Spermientransport 2. retrograde Ejakulation: • bei Störung des adrenerg gesteuerten Blasenhalsverschlusses (funktionell) nach Prostata- oder Blasenhalsresektion (mechanisch)

22. Sexuelle Funktionsstörungen des Mannes Störungen der Ejakulation werden verursacht: • neurogen: Trauma, diabetische Neuropathie, multiple Sklerose; postoperativ: Rektumamputation, retroperitoneale Lymphadenektomie, aorto-iliakaler Bypass • medikamentös: a-Rezeptoren-Blocker • anatomisch: nach Prostata- oder Blasenhalsresektion. Im urologischen Bereich ist dies in erster Linie die retroperitoneale Lymphadenektomie, die jahrzehntelang das Standardverfahren in der Therapie des lymphogen metastasierten H o d e n t u m o r s war. Ejakulationsstörungen finden sich aber auch nach abdominosakraler Rektumamputation und nach gefäßchirurgischen Eingriffen (aorto-iliakaler Bypass). Bei einer U n t e r b r e c h u n g des f ü r die Ejakulation verantwortlichen Reflexbogens können 2 Formen der Ejakulationsstörungen auftreten: • Bei der Anejakulation (Aspermie) bzw. dem F.missionsverlust unterbleiben Transport der Spermien und Emission der Samenflüssigkeit in die hintere Harnröhre. • Bei der retrograden Ejakulation ist die Emission des Samens in die U r e t h r a zwar ungestört, es unterbleibt jedoch der adrenerg gesteuerte Blasenhalsverschluß, so d a ß die Samenflüssigkeit retrograd in die Blase befördert wird. Die Patienten b e m e r k e n einen „trockenen Orgasmus" und entleeren das Sperma mit der nächsten Miktion. Ein ähnliches P h ä n o m e n wird sehr häufig nach Prostata- und Blasenhaisresektionen beobachtet, bei denen es aus mechanischen G r ü n d e n nicht m e h r zur Abdichtung des Blasenhalses bei der Ejakulation k o m m e n kann. Die Folge ist eine retrograde Ejakulation, bei der jedoch die Orgasmusfähigkeit i.d. R. erhalten ist.

Therapie: • Sympathomimetika • Elektrostimulation

Differentialdiagnose. Die Unterscheidung zwischen Anejakulation und retrograder Ejakulation gelingt durch die mikroskopische Untersuchung einer U r i n p r o b e nach einem Orgasmus. Finden sich hierbei Spermien, so handelt es sich um eine retrograde Ejakulation. Ist die U r i n p r o b e spermienfrei, liegt eine Aspermie vor. Therapeutisch werden bei bestehendem Kinderwunsch Sympathomimetika zur Tonisierung des Blasenhalses und zur Stimulation des Samentransports eingesetzt. Bei Patienten mit einem Emissionsverlust hat sich insbesondere bei Querschnittgelähmten die Elektrostimulation als erfolgreich herausgestellt. D a jedoch in aller Regel die Orgasmusfähigkeit erhalten ist, k o m m e n diese technisch aufwendigen Verfahren lediglich bei bestehendem Kinderwunsch zur Anwendung.

Ejaculatio praecox

22.2.2 Ejaculatio praecox

Differentialdiagnose: • mikroskopische Untersuchung des Urins nach Orgasmus

• vorzeitiger Samenerguß

• Therapie: Squeeze-Technik

Bei einem vorzeitigen Samenerguß erlebt der Mann zwar einen Orgasmus, da die Ejakulation jedoch regelmäßig zu früh eintritt, ist eine befriedigende sexuelle Reaktion bei der Frau meist nicht möglich. Die Folge ist, daß die Frau beim Geschlechtsverkehr praktisch nie zum Orgasmus k o m m t und den Mann als impotent empfindet. Charakteristisch für die Ejaculatio praecox ist, daß der Ejakulationsablauf vom Mann nicht willkürlich kontrolliert werden kann. Therapie der Wahl bei vorzeitigem Samenerguß ist die von Masters und Johnson entwickelte sog. Squeeze-Technik. Ziel ist, beim M a n n einen bestimmten Grad sexueller Erregung aufrecht zu erhalten, ohne ejakulieren zu müssen, also den Ejakulationsprozeß zu kontrollieren.

345

22.3 Orgasmusstörungen

22.3 Orgasmusstörungen Bei der n o r m a l e n sexuellen R e a k t i o n des M a n n e s ist die E j a k u l a t i o n mit d e m O r g a s m u s gesetzmäßig gekoppelt. U n t e r pathologischen B e d i n g u n g e n kann j e d o c h eine Dissoziation zwischen E j a k u l a t i o n und O r g a s m u s a u f t r e t e n . K o m m t es zu einer E j a k u l a t i o n o h n e Orgasmus, liegt eine Anorgasmie (orgastische I m p o t e n z ) vor. Eine primäre Anorgasmie ist die U n f ä h i g k e i t , ü b e r h a u p t jemals einen Orgasmus durch M a s t u r b a t i o n , Petting o d e r Koitus zu erreichen. Bei d e r sekundären Anorgasmie war vor d e m A u f t r e t e n der Störung eine n o r m a l e O r g a s m u s f ä higkeit gegeben. Psychogene U r s a c h e n stehen bei der A n o r g a s m i e im V o r d e r g r u n d . H ä u f i g finden sich ausgeprägte M u t t e r b i n d u n g e n o d e r Kastrationsängste. Erfolgversprec h e n d zur B e h a n d l u n g einer A n o r g a s m i e ist eine Psychotherapie bzw. eine k o n d i t i o n i e r e n d e Paartherapie.

Orgasmusstörungen

Dissoziation zwischen Ejakulation und Orgasmus

primäre A n o r g a s m i e sekundäre A.

Ursachen: psychogen Therapie: Psychotherapie bzw. konditionierende Paartherapie

Fertilitätsstörungen des Mannes

23. Fertilitätsstörungen des Mannes

B. Leibundgut

• Epidemiologie

Jede sechste E h e oder Partnerschaft ist ungewollt kinderlos. Bei etwa 30 % liegt die Ursache dafür ausschließlich beim Mann, bei weiteren 20 % ist der Mann als „ K o f a k t o r " an der Kinderlosigkeit mitbeteiligt.

23.1 Physiologie der Reproduktion, Fertilitätsdiagnostik Physiologie der Reproduktion • Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse Hodenfunktion exkretorisch: Spermatogenese inkretorisch: Testosteronproduktion

pulsatile GnRH-Sekretion: . LH Τ . FSH Τ - Leydig-Zwischenzellen - Sertolizellen

Diagnostik

• primärer Hypogonadismus: Störung im Hoden selbst • sekundärer Hypogonadismus: Störung übergeordneter Zentren

23.1.1 Physiologie der Reproduktion Die Steuerung der R e p r o d u k t i o n erfolgt durch die Hypothalamus-Hypophys e n - G o n a d e n - A c h s e nach dem Prinzip des Feedback-Mechanismus. Die Hauptfunktionen der H o d e n sind die Synthese und Sekretion von Steroidhormonen wie auch die Spermatogenese. Die durch den Hypothalamus bewirkte pulsatile Freisetzung von Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) in einem R h y t h m u s von 8 Impulsen pro Tag unterhält die fortlaufende Sekretion von luteinisierendem Hormon (LH) und follikelstimulierendem Hormon (FSH) durch die Hypophyse. L H stimuliert die Testosteronsynthese und -Sekretion in den Leydig-Zwischenzellen. Ein Teil des Testosterons wird in der Peripherie zu Östradiol umgewandelt, welches über ein negatives Feedback die LH-Sekretion steuert. Die Sertolizellen setzen Inhibin frei und regulieren damit die Freisetzung von FSH aus der Hypophyse. Bei Schädigung der Sertolizellen k o m m t es zu einem Anstieg des FSH im Blut. Prolaktin kann ebenfalls bei Störungen der männlichen Reproduktionsfähigkeit eine Rolle spielen. Es unterliegt der inhibitorischen Steuerung durch den Hypothalamus. Als Funktionsparameter der H y p o t h a l a m u s - H y p o p h y s e n - G o n a d e n Achse werden üblicherweise FSH, LH, Testosteron und Prolaktin im Serum bestimmt. Ein weiterer Grundpfeiler der andrologischen Diagnostik ist die E j a k u latuntersuchung (Spermiogramm). Die Untersuchung des Ejakulates m u ß unter standardisierten Voraussetzungen erfolgen. Nach einer sexuellen Karenz von 3 - 4 Tagen werden Spermienzahl, Motilität, Vitalität und Fehlformrate erfaßt. Einer Spermiogenesestörung kann einerseits eine exokrin-tubuläre, andererseits eine inkretorische Hodeninsuffizienz mit unzureichender Testosteronproduktion durch die Leydig-Zellen zu G r u n d e liegen. Bei primären H o d e n e r k r a n k u n g e n spricht man von einem primären Hypogonadismus. Unter sekundärem Hypogonadismus versteht man eine Hodeninsuffizienz als Folge einer Funktionsstörung übergeordneter Z e n t r e n wie Hypophyse und Hypothalamus.

347

23.1 Physiologie der Reproduktion, Fertilitätsdiagnostik

23.1.2 Fertilitätsdiagnostik

Fertilitätsdiagnostik

23.1.2.1 Anamnese, klinische Untersuchung

Anamnese

D i e A n a m n e s e e r h e b u n g bei Fertilitätsstörungen u m f a ß t :

1. Familienanamnese

• Familienanamnese. Bei der E r h e b u n g der Familienanamnese soll auf Erbkrankheiten wie Diabetes mellitus u. a. geachtet werden. D a s Alter der M u t t e r und des Vaters bei der G e b u r t sollte e b e n s o wie die Zahl der Geschwister festgehalten werden. • Eigenanamnese. D u r c h g e m a c h t e K i n d e r k r a n k h e i t e n wie Parotitis epidemica (Mumpsorchitis) sowie S t o f f w e c h s e l e r k r a n k u n g e n wie Diabetes mellitus o d e r neurologische Krankheiten (multiple Sklerose, eventuelle R ü c k e n m a r k s e r k r a n k u n g e n ) sollten erfragt werden. Verletzungen o d e r O p e r a t i o n e n im kleinen Becken, im R e t r o p e r i t o n e um o d e r am Genitale sind festzuhalten. Auf im Kindesalter normal deszendierte Hoden ist zu achten. Frage nach urologischen Infektionen, die zu H ä m o s p e r m i e . zu Ausfluß aus der H a r n r ö h r e o d e r zu E n t z ü n d u n g e n am H o d e n o d e r N e b e n h o d e n führten. • Allgemeine und soziale Anamnese. E i n n a h m e von M e d i k a m e n t e n wie Antibiotika, C h e m o t h e r a p e u t i k a , H o r m o n e , Antihypertensiva, Cortison. A l k o h o l k o n s u m . Nikotink o n s u m . Berufliche Exposition g e g e n ü b e r chemischen ( C h e m i e a r b e i t e r ) und physikalischen N o x e n (z.B. Hitze bei Koch. Schmied, H o c h o f e n a r b e i t e r ) . • Spezielle andrologische Fragen. D a u e r des unerfüllten Kinderwunsches. Wie lange wird ungeschützter Geschlechtsverkehr ( G V ) praktiziert. Häufigkeit sexueller Kontakte, e n t s p r e c h e n d d e m weiblichen Zyklus. N o r m a l e Libido mit ungestörter Erektion und E j a k u l a t i o n beim GV. • Partnerin. Zahl der G e b u r t e n , evtl. A b o r t e erfragen. Messung d e r B a s a l t e m p e r a t u r . Nachweis von Zyklusunregelmäßigkeiten. Festhalten von gynäkologischen E r k r a n k u n gen, O p e r a t i o n e n .

• Erbkrankheiten • Alter v o n Mutter, Vater bei Geburt • Geschwisterzahl 2. Eigenanamnese • Kinder-, S t o f f w e c h s e l k r a n k h e i t e n • n e u r o l o g i s c h e Krankheiten • Becken-/Genitalverletzungen • Hodenhochstand • Operationen • urogenitale Infektionen 3. ergänzende Anamnese • Medikamente • Nikotin • Berufsexpositionen 4. spezielle andrologische Gesichtspunkte • Beginn Pubertät, Dauer des unerfüllten K i n d e r w u n s c h e s • Häufigkeit sexueller Kontakte • Libido, Erektion, Ejakulation 5. Partnerin • Geburten/Aborte, gynäkologische Erkrankungen • Z y k l u s u n r e g e l m ä ß i g k e i t , Basaltemperatur

Klinische Untersuchung: Bei der Inspektion und Palpation der Genitalorgane m u ß auch der G e s a m t h a b i t u s m i t b e r ü c k s i c h t i g t w e r d e n ; d e r P a t i e n t s o l l t e in u n b e k l e i d e t e m

Klinische U n t e r s u c h u n g

Zustand

untersucht werden. • Inspektion. Betrachtung des Genitale bezüglich Form und G r ö ß e , B e h a a r u n g s t y p mit B e g r e n z u n g der S c h a m h a a r e , der A x i l l a r b e h a a r u n g und des Bartwuchses. A n a t o m i s c h e V e r ä n d e r u n g e n o d e r Fehlbildungen (Mikrophallus, Phimose. Hypo- ev. Epispadic)? O p e r a t i o n s n a r b e n aufsuchen, regionäre L y m p h k n o t e n palpieren. auf eine G y n ä k o m a stie achten.

1. • • • •

• Palpation des äußeren Genitale und Skrotum. Nach Verhärtungen in den Schwellkörpern des Penis tasten (Induratio penis plastica). Läßt sich die Vorhaut hinter die Eichel zurückschieben, besteht eine Phimose? Es folgt die Palpation des Skrotalinhaltes. Ist das Skrotum evtl. leer? Beurteilung der H o d e n in Form. Lage und G r ö ß e . D a s Volumen ist mit einem O r c h i d o m e t e r (z.B. nach Prader) oder durch eine H o d e n s o n o g r a p h i e zu b e s t i m m e n und beträgt durchschnittlich 18 ml. D e r N e b e n h o d e n ist auf Indurationen o d e r Zystenbildungen abzutasten.

2. Palpation äußeres Genitale und Skrotum • Phimose, H y p o - o d e r Epispadie • Induratio penis plastica • Palpation des Skrotalinhaltes • Hoden: Lage, Form, Konsistenz u n d Größe (Volumen) • Nebenhoden

Bei der Beurteilung des Samenstrangs wird der Samenleiter gesucht. Ist er palpabel. fehlt er o d e r sind N a r b e n sichtbar? Die G e f ä ß e des Plexus pampiniformis werden im Stehen und Liegen untersucht. Auf Venektasien (Varikozele) ist besonders zu achten. Die Venektasie kann durch eine intraperitoneale D r u c k e r h ö h u n g (Valsalvamanöver) verstärkt werden. Eine Dopplersonographie kann den venösen Reflux d o k u m e n t i e r e n . • Inspektion und Palpation der Analregion und der Prostata. D e r A n u s ist auf H ä m o r rhoiden, R h a g a d e n , ev. Kondylome zu untersuchen. Bei der Palpation der Prostata sind G r ö ß e . Konsistenz. A b g r e n z b a r k e i t und D r u c k e m p findlichkeit, sowie die Verschieblichkeit der Rektalschleimhaut zu beachten. Die Bläschendrüsen k ö n n e n normalerweise nicht getastet werden. Mit transrektalem Ultraschall lassen sie sich jedoch gut beurteilen.

• S a m e n s t r a n g : Samenleiter palpabel oder f e h l e n d • Plexus p a m p i n i f o r m i s

Inspektion der Genitalorgane Behaarungstyp, F e h l b i l d u n g e n Operationsnarben regionäre L y m p h k n o t e n Gynäkomastie

3. Inspektion und Palpation der Analregion und der Prostata • digitale U n t e r s u c h u n g der Prostata

348 Spermiogramm

mikroskopische Untersuchung

1. Spermiendichte

23. Fertilitätsstörungen des Mannes 23.1.2.2 Spermiogramm D i e E j a k u l a t u n t e r s u c h u n g hat e i n e z e n t r a l e B e d e u t u n g in d e r a n d r o l o g i s c h e n D i a g n o s t i k . D i e Q u a l i t ä t wird n a c h d e n K r i t e r i e n d e r W H O b e u r t e i l t . In d e r R e g e l e r f o l g e n 2 U n t e r s u c h u n g e n i n n e r h a l b v o n 2 W o c h e n , b e i d e nach e i n e r 3 ^ 1 t ä g i g e n S e x u a l k a r e n z . D i e mikroskopische Ejakulatuntersuchung e r f a ß t die klassischen S p e r m i o g r a m m - P a r a m e t e r : Spermienzahl, Spermienbeweglichkeit u n d Morphologie. • Spermiendichte: M a n u n t e r s c h e i d e t die G e s a m t z a h l d e r S p e r m a t o z o e n im E j a k u l a t u n d ihre K o n z e n t r a t i o n p r o ml (= S p e r m i e n d i c h t e ) . Die Bestimmung der Spermiendichte erfolgt durch direkte Auszählung unter dem Mikroskop in einer Zählkammer (ζ. B. Fuchs-Rosenthal- oder Makler-Kammer).

• Normozoospermie 20-250 Mio./ml • Oligozoospermie < 20 Mio./ml • Azoospermie = keine Spermien im Zentrifugat

Dazu gelten folgende Eckwerte: Oligozoospermie: < 20, Normozoospermie: spermie: > 250 Mio./ml

=» 2. Spermienbeweglichkeit

2 0 - 2 5 0 , Hyper-

(Poly-)

zoo-

• Motilität: A b s c h ä t z e n d e r B e w e g l i c h k e i t im N a t i v p r ä p a r a t u n d B e s t i m m u n g in d e r Z ä h l k a m m e r . Eine genauere Analyse erlaubt die sog. multiple-exposure-Photographie (MEP), bei der Bewegungsstrecke und -art durch kurz aufeinander folgende Belichtungen unter dem Mikroskop dokumentiert bzw. computergesteuert ausgewertet werden.

• > 50% beweglich (Zählkammer, MEP)

Normal: > 30 % p r o g r e s s i v l e b h a f t b e w e g l i c h , > 20 % p r o g r e s s i v m ä ß i g b e w e g lich, < 5 0 % o r t s s t ä n d i g b e w e g l i c h o d e r u n b e w e g l i c h .

3. Spermienmorphologie • > 3 0 % normal geformt (gefärbtes Ausstrichpräparat)

• OAT-Syndrom (Oligo-Astheno-Teratozoospermie)

• Morphologie: H E - F ä r b u n g d e s E j a k u l a t a u s s t r i c h e s ( o d e r n a c h P a p a n i c o laou). N a c h w e i s v o n „ R u n d z e l l e n " , S p e r m a t o g e n e s e z e l l e n , K o p f - u n d S c h w a n z d e f o r m i t ä t e n ( A b b . 23-1). Bei g l e i c h z e i t i g e m V o r h a n d e n s e i n v o n m o r p h o l o g i s c h e n A b n o r m i t ä t e n sowie O l i g o - u n d A s t h e n o z o o s p e r m i e spricht m a n v o n e i n e m O A T - S y n d r o m (Oligo-Astheno-Teratozoospermie-Syndrom).

Protokoll erfaßt:

E i n P r o t o k o l l z u r B e u r t e i l u n g des E j a k u l a t s e r f a ß t die f o l g e n d e n D a t e n : • • • •

Zeitpunkt der Ejakulation, Farbe Verflüssigungszeitpunkt (10-30 Minuten) Volumen (2-6 ml) pH (7,2-8.0)

i

Abb. 23-1: Spermatozoen (gefärbter Ausstrich zur Beurteilung der Morphologie). — • normal konfiguriertes Spermatozoon mit ovalem Kopf und gestrecktem Schwanz, ^ Spermatozoon mit Zytoplasmatropfen im Bereich des Mittelstücks

349

23.1 Physiologie der Reproduktion, Fertilitätsdiagnostik Spermiendichte/Spermienzahl χ 106 S p e r m i e n p r o ml (20 M i o . - 2 5 0 Mio. S p e r m i e n p r o ml) R u n d z e l l e n w e n i g e r als 2 χ 10 6 p r o ml Motilität % l e b h a f t bewegliche S p e r m a t o z o e n (> 30 % ) % m ä ß i g bewegliche S p e r m a t o z o e n (> 2 0 % ) % u n b e w e g l i c h e S p e r m a t o z o e n (< 5 0 % ) Morphologie % n o r m a l g e f o r m t e r S p e r m a t o z o e n (> 30 % ) % abnorm geformter Spermatozoen % Kopfdeformitäten Mittelstückdeformitäten Schwanzdeformitäten B e s t i m m u n g von L e u k o z y t e n , evtl. G e r m i n a l z e l l e n Vitalität ( E o s i n t e s t ) . . . . % l e b e n d e S p e r m i e n (> 6 0 % ) Fruktose ng/ml ( ü b e r 1200 ng/ml bzw. 1,2 g/1)

Spermiendichte

Motilität

Morphologie

Vitalität Fruktose

23.1.2.3 Spermienfunktionstests

Spermienfunktionstests

Eosin-Test: Vitalitätsprüfung der Spermien. Hiermit ist eine Unterscheidung „toter" = membrangeschädigter ( A n f ä r b u n g mit Eosin) von unbeweglichen Spermien möglich.

• Vitalitätsprüfung mit Eosin-Test

Antikörper-Suchtest: D e r MAR-Test (mixed antiglobulin reaction) bringt unspezifische A n t i k ö r p e r gegen Spermatozoen zur Darstellung. Spermatozoen besitzen antigene Eigenschaften, die eine Autoantikörper-Bildung auslösen können. Diese können bei einer Fertilitätsstörung mitbeteiligt sein.

• Antikörper-Suchtest (MAR-Test) - bei Asthenospermie

E r ist b e s o n d e r s nützlich bei d e r A b k l ä r u n g e i n e r A s t h e n o s p e r m i e u n d k a n n A n t i k ö r p e r auf S p e r m a t o z o e n m e m b r a n e n für IgA u n d IgG a u f d e c k e n .

Penetrationstest: Die Beurteilung der Penetrationsfähigkeit der Spermatozoen durch den Zervikalmukus wurde f r ü h e r postkoital (z.B. nach Sims-Huhner) vorgenommen. H e u t e steht hierfür ein standardisierter boviner MukusPenetrationstest (Penetrak"-Test) zur Verfügung. Er erlaubt, die Fähigkeit der Spermatozoen zur Penetration des Zervikalschleims und ihre Beweglichkeit in diesem Milieu zu überprüfen.

Penetrationstest Penetrationsfähigkeit der Spermatozoen im Zervikalmukus

23.1.2.4 Bläschendrüsen, Nebenhoden, Prostata

Sekretionsleistung

Die Sekretionsleistung der Drüsen wird anhand der Meßwerte für Zink, Zitro nensäure, Fruktose und Carnitin wie auch für die saure Phosphatase im E j a k u lat beurteilt. Parameter zur Beurteilung der Sekretionsleistimg akzessorischer Drüsen sind: Bläschendrüse: Fruktose, Prostata: Zitrat, saure Phosphatase, Zink, N e b e n h o den: Carnitin.

Bläschendrüsen/Nebenhoden/Prostata • Zink, Zitronensäure (Prostata) • Fruktose (Bläschendrüse) • Carnitin (Nebenhoden)

23.1.2.5 Spermaaufbereitung

Spermaaufbereitung

In der Reproduktionsmedizin erfordern verbesserte Inseminationstechniken, wie auch die In-vitro-Fertilisation, eine Optimierung der Spermaqualität. Es besteht eine direkte Beziehung zwischen schnell beweglichen, normal gef o r m t e n Spermatozoen und der Chance für eine Konzeption. In andrologischen Speziallaboratorien werden die Ejakulate aufbereitet in der Absicht, eine Selektion hochmotiler, normal geformter Spermatozoen zu erhalten, die sich f ü r die homologe Insemination oder die In-vitro-Fertilisation besonders eignen.

für • Insemination oder • In-vitro-Fertilisation

350

23. Fertilitätsstörungen des Mannes

„Swim-up"-Verfahren In-vitro-Fertilisation nach Ausschöpfung der klassischen therapeutischen Verfahren

Mindestanforderungen für IVF

ICSI (intracytoplasmatische Spermieninjektion)

D a z u wird d a s Sperma gewaschen u n d d a s S e m i n a l p l a s m a a b p i p e t t i e r t . Die g e w a s c h e nen S p e r m a t o z o e n w e r d e n mit e i n e m b e s o n d e r e n M e d i u m ü b e r s c h i c h t e t . D u r c h ein sog. Swim-up-Verfahren w e r d e n bewegliche S p e r m i e n isoliert, a u f g e f a n g e n u n d zur Insemination vorbereitet. In-vitro-Fertilisation ( I V F ) Die I V F ist bei m ä n n l i c h e r S u b f e r t i l i t ä t d a n n g e r e c h t f e r t i g t , w e n n die klassischen t h e r a p e u t i s c h e n V e r f a h r e n ( m ö g l i c h e kausale T h e r a p i e o d e r T h e r a p i e d e r Frau mit ovarieller U b e r s t i m u l a t i o n o d e r h o m o l o g e r I n s e m i n a t i o n ) a u s g e s c h ö p f t sind. In diesen Fallen besteht eine 1 0 % i g e C h a n c e auf eine S c h w a n g e r s c h a f t . Z u r I V F sind f o l g e n d e Mindestanforderungen notwendig: • 1 ml E j a k u l a t v o l u m e n u n d 1,5 χ 10Λ progressiv m o t i l e S p e r m i e n • 5 Mio./ml S p e r m i e n d i c h t e u n d 3 0 % progressiv motile S p e r m i e n • 3 0 % normalkonfigurierte Spermatozoen.

N e u e Perspektiven eröffnet die intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI), bei der in vitro ein Spermatozoon direkt in die Eizelle implantiert wird. Nach der bisherigen E r f a h r u n g sind hiermit selbst bei schwerer Oligoasthenoteratozoospermie oder mit einzelnen aus d e m N e b e n h o d e n bzw. H o d e n tubuli gewonnenen Spermatozoen in einem hohen Prozentsatz Schwangerschaften und G e b u r t e n zu erzielen.

Genetische Untersuchungen

23.1.2.6 Genetische Untersuchungen

Chromosomenaberrationen bei Infertilität

Bei ca. 10 % der infertilen M ä n n e r finden sich Chromosomenaberrationen. Bei Patienten mit Azoospermie werden sie in 15% diagnostiziert, bei Oligozoospermie mit einer stark erniedrigten Spermiendichte von < 5 Mio./ml in 5 7%. • Ein Klinefelter-Syndrom 47, X X Y k o m m t bei 2 % der männlichen Gesamtbevölkerung vor. D e r Nachweis erfolgt anhand kultivierter Lymphozyten aus dem Serum, anhand einer Hodenbiopsie oder durch eine Meiose-Chromosomenuntersuchung im Ejakulat. Das Klinefelter-Syndrom zeichnet sich durch eine doppelseitige H o d e n h y p o plasie mit Azoospermie und Gynäkomastie aus. Endokrinologisch werden erhöhte G o n a d o t r o p i n e sowie eine Verminderung des Testosteron-Spiegels beobachtet. Z u r Vermeidung einer Osteoporose wird mit Testosteron substituiert. • Beim Sertoli-cell-only-Syndrom wird eine Azoospermie beobachtet. D e r Körperhabitus ist normal, insbesondere sind die H o d e n palpatorisch bezüglich G r ö ß e und Konsistenz meist unauffällig. Die Diagnose wird anhand der Hodenhistologie gestellt, meist fehlt das Keimepithel oder es sind nur Residuen vorhanden. Die Leydig-Zwischenzellen können vermehrt sein. • Beim Turner-Syndrom besteht ein 45, X O C h r o m o s o m e n m u s t e r mit meist infantilem Phänotypus. Vielfältige Mißbildungen werden beobachtet, wie Mongolenfalten, Pterygium colli. Cubitus valgus, angeborene Herzvitien. Die G o n a d e n können fehlen oder sie sind rudimentär angelegt.

1. Klinefelter-Syndrom: 47, X X Y

-

Azoospermie Hodenhypoplasie Gynäkomastie erniedrigtes Testosteron

2. Sertoli-cell-only-Syndrom - normaler männl. Habitus

3. Turner-Syndrom: 45, X O

Endokrine Diagnostik

1. • • • •

Hormonstatus FSH LH Prolaktin Testosteron

23.1.2.7 Endokrine Diagnostik Die exokrine und endokrine H o d e n f u n k t i o n , d . h . die Spermatogenese und Steroidproduktion wird durch einen hormonellen Steuermechanismus unterhalten. die Hypothalamus-Hypophysen-Gonadenachse. Als Basisinformation sollte bei j e d e m subfertilen Mann ein Hormonstatus mit Bestimmung des FSH, LH-, Prolaktin- und Testosteronspiegels im Plasma, möglichst am Vormittag. durchgeführt werden. Bei Azoospermie und ausgeprägter Oligozoospermie wird der Regelmechanismus der Hypothalamus-Hypophysen-Gonadenachse wie folgt untersucht:

351

23.1 Physiologie der Reproduktion, Fertilitätsdiagnostik • Tamoxifen-/Clomifen-Test. Eine hypothalamische fen, einem Antiöstrogen, nachgewiesen.

Störung wird mit Tamoxi-

Dazu werden 5 Tage lang jeweils 100 mg Tamoxifen pro Tag per os verabreicht und täglich (evtl. jeden 2. Tag) Bestimmungen des LH und FSH im Serum durchgeführt.

2. diagnostische Tests bei Azoo- oder Oligozoospermie: a) Tamoxifen-/Clomifen-Test • hypothalamische Störung

Ein fehlender Anstieg der Gonadotropine spricht für eine Hypothalamusstörung. Ein Anstieg der Gonadotropine weist auf eine Störung im Rückkoppelungsmechanismus hin. Normalerweise wird durch Tamoxifen der Hypothalamus stimuliert, LH-RH zu sezernieren. Letzteres stimuliert die Hypophyse, Gonadotropine auszuschütten. Tamoxifen blockiert den Rückkoppelungsmechanismus für Androgene im Hypothalamus. Daraus resultiert eine vermehrte Sekretion von LH-RH. • Der LH-RH-Test ermöglicht die funktionelle Beurteilung der Hypophyse. Nach Verabreichung von 1000 ng LH-RH i.m. oder i. v. sollte nach 15, 30, 90 und 120 Minuten der Serumwert für LH und FSH gegenüber dem Ausgangswert auf das 2 bis 3fache ansteigen. Fehlt der Gonadotropinanstieg, so läßt das auf eine hypophysäre Funktionsstörung im Sinne eines primären Hypogonadismus schließen. Werte, die mehr als 3fach über dem Basiswert liegen, sprechen für einen hypergonadotropen Hypogonadismus.

- hypergonadotroper Hypogonadismus

• HCG-Test. Humanes Choriongonadotropin (bzw. ein Analogon) stimuliert die Leydig-Zwischenzellen zur Testosteronproduktion.

c) HCG-Test • Funktion der Leydig-Zwischenzellen

b) LH-RH-Test • funktionelle Beurteilung der Hypophyse

Dosierung: 5000 IE H C G i.m. jeden 5.Tag während 3 Wochen

Bei normaler Leydig-Funktion resultiert eine Testosteronerhöhung im Serum. Keine oder nur eine geringe Stimulation deutet auf einen primären Hypogonadismus hin. Hohe Werte nach Stimulation sind ein Hinweis auf sekundären Hypogonadismus.

- primärer oder sekundärer Hypogonadismus

23.1.2.8 Hodenbiopsie

Hodenbiopsie

Indikationen zur Biopsie sind: • Azoospermie bei normalem Hodenvolumen und normalem FSH im Serum • schwere Oligozoospermie (weniger als 2 Mio. Spermien pro ml) • evtl. bei einer Varikozelenoperation, Beurteilung der Spermiogenese und der Leydig-Zellen

Indikationen: - Azoospermie, Oligozoospermie (< 2 Mio./ml) - Varikozelen-Op.

Abb. 23-2: Hodenbiopsie. Leicht verminderte Spermiogenese bei normal weiten Tubuli seminiferi und unauffälligen Leydig-Zwischenzellen

352 - Kryptorchismus - Hodentorsion • Histologie: - Fixationstechnik: Glutaraldehyd (Semidünnschnitt) - Sertoli-, Leydig-Zellen beurteilbar - Spermiohistogenese - Carcinoma in situ

Entzündungen der männlichen Adnexe Epididymitis, Prostatitis, Vesikulitis

• Ätiologie: - bei jüngeren Männern: häufig Chlamydien, Mykoplasmen - bei älteren Männern: Harnwegsinfektion mit gramnegativen Bakterien

akute Prostatitis chronische Prostatitis

Kryptorchismus

23. Fertilitätsstörungen des Mannes • Kryptorchismus (uni- oder bilateral): prognostische B e d e u t u n g im Kindesalter • Hodentorsion, A u s m a ß der Parenchymschädigung. Eine reiskorngroße Biopsie erlaubt es, die Funktionen des G e s a m t h o d e n s zu beurteilen. Die Fixation in 2 % i g e r Glutaraldehydlösung erlaubt die histologische Untersuchung mit der Semidünnschnitt-Technik. Diese gestattet eine Aussage über die Sertoli- und Leydig-Zellen und eine Beurteilung der Spermiohistogenese (Abb. 23-2). Zusätzlich kann ein Carcinoma in situ diagnostiziert werden.

23.2 Entzündungen der männlichen Adnexe Epididymitis, Prostatitis und Vesikulitis können zur Infertilität führen. Die Epididymitis entsteht in der Regel kanalikulär durch aszendierende Infektionen aus H a r n r ö h r e , Prostata oder Blase. Bei jüngeren M ä n n e r n unter 30 Jahren sind die Erreger oft Chlamydien und Mykoplasmen, die gleichzeitig eine unspezifische Prostatitis oder Urethritis hervorrufen. Virusinfekte können zu einer Orchitis führen mit Schädigung des Keimepithels (Mumpsorchitis). Bei älteren Männern mit Harnabflußstörungen, z.B. durch Prostatahyperplasie ist oft eine Harnwegsinfektion mit gramnegativen Bakterien vorhanden. Alle entzündlichen Nebenhodenaffektionen können zum narbigen Verschluß des Nebenhodenganges führen und damit eine Sterilität verursachen. Eine Prostatitis kann akut entzündlich oder mit geringer Symptomatik chronisch verlaufen. Sie kann an einer Fertilitätsstörung mitbeteiligt sein. Die Symptomatik einer akuten Prostatitis ist eindrucksvoll mit hohem Fieber und Schmerzen im D a m m b e r e i c h sowie mit Miktions- und Defäkationsbeschwerden. Die chronische Prostatitis zeigt weniger typische Symptome: unbestimmte genitale Beschwerden wie Druck über der Symphyse, im D a m m - und im H o d e n bereich. Die Drüse ist palpatorisch nicht vergrößert, jedoch ist die Konsistenz gelegentlich vermehrt. Sie geht mit einer Einschränkung der sekretorischen Funktion der Prostata einher.

23.3 Kryptorchismus (Hodenhochstand)

Häufigkeit: • 3 - 6 % bei Neugeborenen • bei 1-2 % nach dem ersten Lebensjahr - 7 0 % unilateral - 3 0 % bilateral

Bei 3 % - 6 % der neugeborenen K n a b e n besteht ein ein- oder beidseitiger Hodenhochstand oder Kryptorchismus. Im ersten Lebensjahr kann noch ein Spontandeszensus erfolgen. Primär nicht palpable oder hochinguinal gelegene H o d e n haben wenig Chancen für einen Spontandeszensus. Insgesamt m u ß nach d e m ersten Lebensjahr mit einer Kryptorchismushäufigkeit von 1 % bis 2 % gerechnet werden; dabei ist ein unilateraler Kryptorchismus häufiger (ca. 7 0 % ) .

Ätiologie • hypogonadotroper Hypogonadis-

Ätiologie. Kryptorchismus ist nach heutiger Auffassung keine Mißbildung der G o n a d e selbst, sondern die Folge eines hypogonadotropen Hypogonadismus. Die Ursache des Maldeszensus scheint in einer Hypothalamus-HypophysenG o n a d e n d y s f u n k t i o n zu liegen. U n t e r Z u f u h r von H C G o d e r L H - R H d e s z e n d i e r e n viele k r y p t o r c h e H o d e n , was eine e n d o k r i n e D y s r e g u l a t i o n bestätigt. Je tiefer die G o n a d o t r o p i n w c r t c im S e r u m sind, d e sto niedriger ist die Z a h l d e r G e s c h l e c h t s z e l l e n im H o d e n g e w e b e .

Hormontherapie • Spätergebnisse

Hormontherapie. Nach hormoneller Therapie des unilateralen Kryptorchismus findet man in 64 % ein normales Spermiogramm, bei 36 % be-

23.4 Varikozele

353

s t e h t e i n e O l i g o - bis A z o o s p e r m i e . Bei h o r m o n e l l b e h a n d e l t e m b i l a t e r a l e m Kryptorchismus e r r e i c h t m a n n o c h in 50 % ein n o r m a l e s S p e r m i o g r a m m , 50 % zeigen e i n e O l i g o z o o s p e r m i e u n t e r 20 Mio./ml. • H C G - T h e r a p i e s c h e m a nach WHO

(1975):

• Therapieschemata: 1. HCG-Therapie

Durchführung: 3.-12. M o n a t 250 Ε i. m. 2 χ, 1 . - 6 . J a h r 500 Ε u n d ü b e r 6 J a h r e 1000 Ε w ö c h e n t lich f ü r die D a u e r von 5 W o c h e n . D i e Erfolgsrate d i e s e r T h e r a p i e wird mit 3 0 ^ - 0 % a n g e g e b e n . Unter der Behandlung kann es zu einem vorübergehenden Wachstum des Penis und aggressiven psychischen Verhalten kommen. • LH-RH-Therapie: Die L H - R H - B e h a n d l u n g induziert über eine LH-Stimulation die E n t w i c k l u n g d e r L e y d i g - Z e l l e n u n d e r h ö h t d a s i n t r a t e s t i k u l ä r e Tes t o s t e r o n . D i e s e T e s t o s t e r o n e r h ö h u n g b e e i n f l u ß t die R e i f u n g u n d D i f f e r e n z i e r u n g des N e b e n h o d e n s u n d d a m i t d e n H o d e n d e s z e n s u s .

2. LH-RH-Therapie - Leydigzell-Stimulation - Testosteron Τ

Dosierung: 1,2 mg LH-RH/die für 28 Tage

3. Kombination HCG mit LH-RH

Bleibt d e r E r f o l g aus, so k a n n H C G mit L H - R H k o m b i n i e r t w e r d e n . E i n e Orchidopexie sollte erst n a c h definitiv e r f o l g l o s e r m e d i k a m e n t ö s e r T h e r a p i e e r f o l g e n , a u ß e r n a m e n t l i c h bei V o r l i e g e n e i n e r e c h t e n H o d e n e k t o p i e .

Indikation zur Orchidopexie ist die erfolglose medikamentöse Therapie

Praxishinweis: D i e konservativ-medikamentöse Therapie sollte bis z u m 2. Lebensjahr a b g e s c h l o s s e n sein. Bei t h e r a p i e r e f r a k t ä r e m K r y p t o r c h i s m u s m u ß die Operation s p ä t e s t e n s zu d i e s e m Z e i t p u n k t e r f o l g e n , d a sonst irreversible S c h ä d e n in d e n H o d e n t u b u l i d r o h e n .

23.4 Varikozele E i n e V a r i k o z e l e (Venektasie des Plexus pampiniformis) wird in c a . 2 0 % d e r m ä n n l i c h e n B e v ö l k e r u n g b e o b a c h t e t . In e i n e m Kollektiv i n f e r t i l e r M ä n n e r wird sie in 4 0 % d i a g n o s t i z i e r t . In 8 0 - 9 5 % ist sie linksseitig lokalisiert, rechtsseitig in 2 % , bilateral in bis zu 20 % .

23.4.1 Ätiologie Inkompletter Klappenverschluß im B e r e i c h d e r N i e r e n v e n e n b e g ü n s t i g t d e n v e n ö s e n R e f l u x in die V. testicularis. D i e L ä n g e d e r V e n e im R e t r o p e r i t o n e u m b e g ü n s t i g t e i n e Stase d e s V e n e n b l u t e s . D a r a u s resultiert e i n e Temperatursteigerung im P l e x u s p a m p i n i f o r m i s u n d w e i t e r e i n e Verminderung des Sauerstoffpartialdruckes. D i e H o d e n t e m p e r a t u r b e t r ä g t 35 °C. Sie ist 2 ° C t i e f e r als die K ö r p e r t e m p e r a tur. Bei V a r i k o z e l e n t r ä g e r n wird die T e m p e r a t u r d i f f e r e n z auf 0,8 °C r e d u ziert. Im Spermiogramm wird meist e i n e B e e i n t r ä c h t i g u n g d e r D i c h t e , Beweglichkeit u n d M o r p h o l o g i e , im S i n n e e i n e r O l i g o - A s t h e n o - T c r a t o z o o s p e r m i e . beobachtet (OAT-Syndrom). D i e S p e r m i o g e n e s e wird d u r c h eine M i n d e r d u r c h b l u t u n g d e s H o d e n g e w e b e s , evtl. a u c h d u r c h R e f l u x von K a t e c h o l a m i n e n ( a u s d e m N e b e n n i e r e n b l u t ) beeinträchtigt. Durch Kompression der V. renalis zwischen Aorta und A. mesenterica superior wird der hydrostatische Druck in der V. renalis erhöht und ein Rückfluß in die Testikularisgefäße begünstigt (Nußknackerphänomen). Der Hoden der Gegenseite kann durch eine ge-

• Praxishinweis

Varikozele kommt gehäuft bei infertilen Männern vor

Ätiologie

• Temperatursteigerung im Plexus pampiniformis und Hoden sowie Minderdurchblutung - p02 i • Temperaturdifferenz zwischen Körper- und Hodentemperatur < 0,8 °C (normal: 2 °C) • Spermiogramm: OAT-Syndrom

• Spermiogenese i - Katecholaminreflux?

354

23. Fertilitätsstörungen des Mannes k r e u z t e B l u t z i r k u l a t i o n via Plexus p a m p i n i f o r m i s o d e r auf d e r E b e n e d e r V e n e n im Bereiche d e s kleinen B e c k e n s e b e n f a l l s b e e i n t r ä c h t i g t w e r d e n .

Klinische Untersuchung

23.4.2 Klinische Untersuchung, Diagnostik, Therapie

- Hodenpalpation - Inspektion (liegend und stehend)

- Grad 3

Inspektion und Palpation des H o d e n s (Plexus p a m p i n i f o r m i s ) in liegender und a u f r e c h t e r K ö r p e r h a l t u n g . Wichtig ist die U n t e r s u c h u n g des H o d e n s im Stehen. D u r c h E r h ö h u n g des i n t r a a b d o m i n e l l e n D r u c k e s mittels eines ValsalvaVersuchs wird die Venenektasie besser zur Darstellung gebracht (Abb. 23-3). Es w e r d e n 3 Schweregrade beobachtet: • Grad 1: palpable Venen w e r d e n erst durch ein Valsalvamanöver verstärkt sichtbar g e m a c h t • Grad 2: palpable V e n e n k o n v o l u t e sind bereits o h n e Valsalvamanöver erkennbar • Grad 3: im Stehen und Liegen gut sichtbare V e n e n k o n v o l u t e .

Diagnostik apparative Diagnostik: • Doppler-Sonographie • Duplex-Sonographie

Adjuvante apparative Diagnostik: Mit Hilfe d e r Doppler-Sonographie läßt sich beim Valsalva-Versuch ein Reflux nachweisen und semiquantitativ erfassen. Die f a r b c o d i e r t e D u p l e x - S o n o g r a p h i e erlaubt eine f u n k t i o n e l l e G e f ä ß darstellung.

• Phlebographie

Phlebographie: Darstellung d e r Vene in ihrem g e s a m t e n Verlauf, insbesondere im Z u s a m m e n h a n g mit einer Sklerosierungstherapie der V.testicularis.

• 3 Venektasiegrade (Valsalva-Versuch) - Grad 1 - Grad 2

Therapie • Ziel

=» • Operation - Unterbindung der V.testicularis • Sklerosierungstherapie

Therapieziel ist die V e r h i n d e r u n g des venösen Rückflusses in die V.testicularis. • Operation. Bei d e r h o h e n Ligatur der Vene wird die Testikularvene auf H ö h e des mittleren U r e t e r s d u r c h t r e n n t . D i e A. testicularis wird meist geschont, da sie ursächlich am Leiden nicht mitbeteiligt ist. • A l t e r n a t i v e zu den chirurgischen M e t h o d e n ist die angiologische Sklerosierungstherapie nach einer P h l e b o g r a p h i e . Sie ist b e s o n d e r s bei Rezidiv bzw. Persistenz einer Varikozele zu e m p f e h l e n .

Abb. 23-3: Linksseitige Varicocele testis

355

23.5 Therapie der Verschluß-Azoospermie Bei beiden therapeutischen Verfahren wird eine Schwangerschaftsrate von ca. 1CM0% angegeben. Sie liegt damit nicht oder nur unwesentlich höher als die spontane Schwangerschaftsrate ohne Therapie. Die Notwendigkeit einer Behandlung zur Verbesserung der Fertilität wird derzeit kontrovers diskutiert und kann nicht uneingeschränkt empfohlen werden.

23.5 Therapie der Verschluß-Azoospermie

Verschluß-Azoospermie

• Die Vasoresektion als männlicher Beitrag zur Fertilitätskontrolle erfreut sich heute dank ihrer Einfachheit und ihres hohen Sicherheitsgrades zunehm e n d e r Beliebtheit.

Vasoresektion: - einfache und sichere Maßnahme, Infertilität zu erreichen

In d e n U S A w e r d e n ca. 2 Mio. S t e r i l i s a t i o n s o p e r a t i o n e n p r o J a h r a u s g e f ü h r t .

Die z u n e h m e n d e Scheidungsrate und der Wunsch, in einer neuen Partnerschaft wieder zeugungsfähig zu sein, erklärt den Wunsch nach Refertilisierungsoperationen. Die Rekonstruktion der Samenwege bei Azoospermie, angeboren oder erworben, hat sich in den letzten Jahren technisch von der einschichtigen Vaso-Vasostomie, mit einer Schienung des Lumens, zur mikrochirurgischen zweischichtigen Nahttechnik ohne Splint verfeinert. Auffallend ist bei allen Ergebnisberichten die Diskrepanz zwischen der Durchgängigkeitsrate der Anastomosen und der wesentlich niedrigeren Fertilitätsrate. Praxishinweis: D e r zeitliche Abstand zwischen der Vasoresektion und der Rekonstruktion beeinflußt die Fertilitätsrate negativ. Bei der mikrochirurgischen Rekonstruktion der Samenwege ist eine Durchgängigkeitsrate von > 90 % und eine Schwangerschaftsrate von 5 0 - 6 0 % zu erwarten. Intervalle zwischen Vasoresektion und Rekonstruktion deutlich s c h l e c h t e r e n E r g e b n i s s e n v e r b u n d e n .

Refertilisierungs-Operationen: 1. Nach Vasoresektion • Vaso-Vasostomie: - zweischichtig ohne Splint - meist mikrochirurgisch

• Praxishinweis: Operationserfolge

von m e h r als 15 J a h r e n sind mit

E i n e r s e i t s f ü h r t die O k k l u s i o n d e r S a m e n w e g e zu e i n e m Ü b e r d r u c k im N e b e n h o d e n mit R u p t u r e n im B e r e i c h e des D u c t u s epididymidis, die die E n t s t e h u n g von Spennagranulomen b e g ü n s t i g e n . D a n e b e n w e r d e n i m m u n o l o g i s c h e F a k t o r e n diskutiert, da nach V a s e k t o m i e g e h ä u f t z i r k u l i e r e n d e S p e r m a a n t i k ö r p e r n a c h w e i s b a r sind.

• biologische Veränderungen nach Vasektomie: - Spermagranulome - Sperma-AK

Die Behandlung einer angeborenen oder erworbenen Verschluß-Azoospermie ist in Bezug auf die Erfolgsrate wesentlich ungünstiger.

2. bei angeborener oder erworbener Verschluß-Azoospermie

Die Azoospermie geht mit erniedrigtem Carnitin- aber normalem Fruktosegehalt einher. Die Hormonanalyse zeigt normale Werte für FSH, L H und Testosteron. In einer Hodenbiopsie, die vor jeder aufwendigen Refertilisierung durchgeführt werden sollte, m u ß eine ungestörte Spermiohistogenese vorliegen. In diesen Fällen muß eine Okklusion des N e b e n h o d e n s oder des Ductus deferens a n g e n o m m e n werden. Bei unklaren Fällen kann eine intraoperative Vasographie mit einem wasserlöslichen Kontrastmittel die Blockade radiologisch zur Darstellung bringen.

Carnitin i Hodenbiopsie

intraoperative Vasographie: nur in Ausnahmefällen

Mikrochirurgisch w e r d e n Inzisionen im B e r e i c h e d e s N e b e n h o d e n s , b e g i n n e n d im S c h w a n z b e r e i c h a u f s t e i g e n d bis z u m N e b e n h o d e n k o p f v o r g e n o m m e n , bis bewegliche Spermien gefunden werden.

Bei positivem Spermiennachweis erfolgt eine mikrochirurgische Vaso-Epididymostomie. Die Erfolgschancen liegen bei einer Durchgängigkeitsrate von 5 0 - 6 0 % und einer Schwangerschaftsrate zwischen 20 und 40 %.

mikrochirurgische Vaso-Epididymostomie

356 3. doppelseitige Samenleiteragenesie

23. Fertilitätsstörungen des Mannes In 3 - 8 % aller P a t i e n t e n mit A z o o s p e r m i e wird eine meist doppelseitige Samenleiteragenesie v o r g e f u n d e n . O f t ist dies mit e i n e m F e h l e n d e r B l ä s c h e n d r ü s e n vergesellschaftet. E i n e t r a n s r e k t a l e U l t r a s c h a l l u n t e r s u c h u n g k a n n diese M i ß b i l d u n g b e s t ä t i g e n . Im S p e r m a p l a s m a f e h l e n F r u k t o s e u n d Carnitin.

alloplastische Spermatozele mikrochirurgische Aspiration von Spermien aus dem Nebenhoden (MESA)

erfolgversprechend in Kombination mit ICSI

Medikamentöse Therapie

überwiegend empirische Therapie

Behandlungsdauer mindestens 3 Monate ( Δ Spermatogenesezyklus)

Spezifische Therapie

Die t h e r a p e u t i s c h e n M ö g l i c h k e i t e n sind hier sehr b e s c h r ä n k t . D i e I m p l a n t a t i o n e i n e r alloplastischen Spermatozele im B e r e i c h e des N e b e n h o d e n s zur a n s c h l i e ß e n d e n E n t n a h m e von S p e r m a zur h o m o l o g e n I n s e m i n a t i o n hat w e i t g e h e n d f e h l g e s c h l a g e n .

In letzter Zeit hat die mikrochirurgische Aspiration von S p e r m a t o z o e n aus d e m N e b e n h o d e n ( M E S A = mikrochirurgische epididymale S p e r m i e n - A s p i r a tion) n e u e H o f f n u n g gebracht. Motile S p e r m i e n werden aus d e m N e b e n h o denkopf mikrochirurgisch aspiriert. Es erfolgt eine In-vitro-Fertilisation mit E m b r y o t r a n s f e r in die Tuben. D i e Schwangerschaftsrate wird mit ca. 1 0 % angegeben. Wesentlich bessere Ergebnisse werden in K o m b i n a t i o n mit der intracytoplasmatischen S p e r m a t o z o e n - I n j e k t i o n (ICSI) erzielt.

23.6 Medikamentöse Therapie männlicher Fertilitätsstörungen Je subtiler die A b k l ä r u n g erfolgt, desto spezifischer und e r f o l g v e r s p r e c h e n d e r sind die Therapiemöglichkeiten. Trotz zahlreicher U n t e r s u c h u n g e n bleibt die m e d i k a m e n t ö s e T h e r a p i e m ä n n l i c h e r Fertilitätsstörungen in d e r M e h r z a h l der Fälle empirisch. J e d e r Behandlungsversuch sollte m i n d e s t e n s 3 M o n a t e d a u e r n , da d e r S p e r m a togenesezyklus ü b e r diesen Z e i t r a u m abläuft. E i n e S p e r m a k o n t r o l l e ist also erst nach Ablauf dieser 3 M o n a t e sinnvoll.

23.6.1 Spezifische Therapie

bei

• B e i m hypergonadotropen Hypogonadismus b e s t e h e n praktisch keine sinnvollen ther a p e u t i s c h e n M ö g l i c h k e i t e n . U r s a c h e ist meist ein p r i m ä r e r H o d e n s c h a d e n .

1. hypogonadotropem Hypogonadismus (sekundärem Hodenschaden) - Substitution mit H C G und H M G

• Hingegen b e s t e h e n gute T h e r a p i e c h a n c e n bei hypogonadotropem Hypogonadismus, d.h. bei Patienten mit einem s e k u n d ä r e n H o d e n s c h a d e n a u f g r u n d v e r m i n d e r t e r H y p o p h y s e n - H y p o t h a l a m u s - F u n k t i o n . E s wird eine Substitution mit h u m a n e m C h o r i o n g o n a d o t r o p i n ( H C G ) und h u m a n e m M e n o p a u s e n g o n a d o t r o p i n ( U r o g o n a d o t r o p i n , H M G ) d u r c h g e f ü h r t , die in ca. 6 0 % zu ein e r Verbesserung des S p e r m i o g r a m m s f ü h r t .

- evtl. pulsatile LH-RH-Therapie

Bei n o r m a l e r H y p o p h y s e n - F u n k t i o n w e r d e n mittels pulsatiler LH-RH-Therapie v e r m e h r t t h e r a p e u t i s c h e Erfolge verzeichnet. • Bei normogonadotropem Hypogonadismus existiert kein eigentliches T h e r a p i e k o n zept. E m p i r i s c h w e r d e n gelegentlich H o r m o n e wie H C G u n d H M G , A n t i Ö s t r o g e n e , Kallikrein o d e r Pentoxifyllin eingesetzt.

2. Hyperprolaktinämie - Bromocriptin

• Hyperprolaktinämie: Mittel der Wahl ist Bromocriptin, ein D o p a m i n - A n t agonist (2,5 mg täglich). Wichtig ist d e r klinische Ausschluß eines Prolaktinoms, vor allem bei h o h e n Prolaktinwerten.

3. Asthenozoospermie mit Spermienantikörpern

• Asthenozoospermie mit Spermienantikörpernachweis. D i e s e F o r m e n entstehen durch Schädigung d e r B l u t - H o d e n - S c h r a n k e , b e s o n d e r s nach H o d e n t r a u m a , -torsion, - t u m o r o d e r nach G e n i t a l i n f e k t i o n e n . Eventuell ist ein Therapie-Versuch mit Steroiden hilfreich. Zusätzlich kann eine IVF versucht w e r d e n .

- Steroide

357

23.6 Medikamentöse Therapie männlicher Fertilitätsstörungen • E i n e r e t r o g r a d e E j a k u l a t i o n ist d i e F o l g e e i n e s u n v o l l s t ä n d i g e n V e r s c h l u s s e s d e s B l a s e n h a l s e s b e i d e r E j a k u l a t i o n (s. A b s c h n . 2 2 . 2 , S . 3 4 3 ) .

4. retrograder Ejakulation - meist postoperativ

D i e s e k o m m t z u s t a n d e d u r c h eine Läsion s y m p a t h i s c h e r A f f e r e n z e n ζ. B. nach r e t r o p e r i t o n e a l e r L y m p h a d e n e k t o m i e bei H o d e n t u m o r , bei d i a b e t i s c h e r N e u r o p a t h i e , sowie natürlich a u c h n a c h O p e r a t i o n e n am Blasenhals ( P r o s t a t a o p e r a t i o n e n ) . T h e r a p e u t i s c h k o m m e n Sympathikomimetika

o d e r Imipramin

zum

Einsatz.

Sympathikomimetika

D a s O r g a s m u s g e f ü h l wird durch eine retrograde Ejakulation nicht beeinträchtigt. E i n e B e h a n d l u n g s b e d ü r f t i g k e i t b e s t e h t n u r bei K i n d e r w u n s c h . • E i n e Prostatitis k a n n d u r c h e i n e n p H - A n s t i e g s o w i e tiefe W e r t e f ü r Z i n k

5. Prostatitis

u n d Z i t r o n e n s ä u r e i m S p e r m a d i e F e r t i l i t ä t in M i t l e i d e n s c h a f t z i e h e n . G r a m negative I n f e k t i o n e n f ü h r e n häufig zu einer Motilitätsstörung der S p e r m a t o z o -

T h e r a p i e : Antibiotika

(s. A b s c h n . 8 . 3 . 3 , S. 1 2 8 ) .

23.6.2 Unspezifische Therapie

- antibiotische Therapie

Unspezifische Therapie

Bei 25 % d e r m ä n n l i c h e n F e r t i l i t ä t s s t ö r u n g e n f i n d e t sich k e i n e f a ß b a r e U r s a c h e . M a n s p r i c h t d a n n v o n i d i o p a t h i s c h e r I n f e r t i l i t ä t . D i e in d e r P r a x i s h ä u f i g d u r c h g e f ü h r t e n e m p i r i s c h e n T h e r a p i e v e r s u c h e sind v o n fraglichem N u t z e n :

• ist von fraglichem Nutzen:

• AntiÖstrogene ( C l o m i f e n . T a m o x i f e n ) b l o c k i e r e n d e n F e e d b a c k - M e c h a n i s m u s , dad u r c h steigen F S H u n d L H an, was t h e r a p e u t i s c h a u s g e n ü t z t wird.

- AntiÖstrogene

• E i n e Therapie mit Gonadotropinen wie H C G und H M G bei n o r m o g o n a d o t r o p e r H o r m o n l a g e bringt n u r geringe S c h w a n g e r s c h a f t s r a t e n von ca. 1 7 % . D e r Einsatz von L H - R H - A n a l o g a hat bis jetzt keine b e s s e r e n R e s u l t a t e gezeigt. • Die Androgen-Therapie b e i n h a l t e t die G e f a h r einer Ü b e r d o s i e r u n g mit einer „ D o w n - R e g u l a t i o n " . d . h . eine negative B e e i n f l u s s u n g d e r S p e r m i o g e n e s e . Z u r Erreic h u n g eines w i r k s a m e n i n t r a t e s t i k u l ä r e n T e s t o s t e r o n s p i e g e l s sind sehr h o h e Testoster o n w e r t e im S e r u m n o t w e n d i g , die t h e r a p e u t i s c h nicht erreicht w e r d e n . • Kallikrein k a n n ü b e r e i n e Kinin-Freisetzung die S p e r m i e n m o t i l i t ä t e r h ö h e n u n d soll bei l ä n g e r d a u e r n d e r A n w e n d u n g die S p e r m i e n d i c h t e positiv beeinflussen. Pentoxifyllin wird eine d u r c h b l u t u n g s f ö r d e r n d e W i r k u n g im H o d e n z u g e s c h r i e b e n . In p l a c e b o k o n t r o l l i e r t e n S t u d i e n k o n n t e j e d o c h mit k e i n e m der M e d i k a m e n t e die Schwangerschaftsrate erhöht werden.

- Gonadotropine - Androgen-Therapie

- Kallikrein, Pentoxifyllin

Urologische Notfälle

24. Urologische Notfälle im Überblick U. Wetterauer

Notfälle sind: - Traumata - Anurie, Harnverhalt - Makrohämaturie - Steinkoliken - Hodentorsion - Urosepsis - Paraphimose - Priapismus Verletzungen

Z u den urologischen Notfallsituationen zählen: • T r a u m a t a von N i e r e , H a r n b l a s e u n d ä u ß e r e m G e n i t a l e • Anurie (postrenal), Harnverhalt • Makrohämaturie und Blasentamponade • Steinkoliken. Hodentorsion, Urosepsis, Paraphimose, Priapismus.

24.1 Verletzungen von Niere, Harnblase und äußerem Genitale Verletzungen der Urogenitalorgane werden in Abschn. 15 im Detail besprochen.

Verletzungen der Harnwege meist Teil eines Polytraumas

Praxishinweis: Leitsymptom Hämaturie

1. Nierenverletzungen • leichte Nierenverletzungen: - konservative Therapie • schwere Nierenverletzungen: - konservativ oder operativ • bedrohliche Nierenverletzungen: - operativ nach initialer Schocktherapie

2. Harnblasenrupturen • intraperitoneal operativer Verschluß • extraperitoneal —> Op. oder evtl. suprapubische Harnableitung

B e z o g e n auf die G e s a m t z a h l d e r U n f a l l v e r l e t z u n g e n sind t r a u m a t i s c h e Schäd e n a m U r o g e n i t a l s y s t e m mit e i n e r H ä u f i g k e i t v o n 2 % relativ gering. Verletz u n g e n d e r H a r n w e g e sind in d e r R e g e l Teil eines P o l y t r a u m a s . Wichtig ist in d i e s e m Z u s a m m e n h a n g ein S t u f e n p l a n z u r i n t e r d i s z i p l i n ä r e n V e r s o r g u n g d e s Patienten. Ein Leitsymptom f ü r e i n e B e t e i l i g u n g d e s H a r n t r a k t e s ist die Makrohämaturie. D e r erste diagnostische Schritt ist die o r i e n t i e r e n d e Ultraschalluntersuchung des H a r n t r a k t s . Sie wird e r g ä n z t d u r c h die Ausscheidungsurographie u n d ggf. CT. Nierentrauma. Leichte Nierenverletzungen ( S t a d i u m I) w e r d e n i m m e r k o n s e r vativ b e h a n d e l t . A u c h bei schweren Nierenverletzungen h a t sich in d e n l e t z t e n Jahren zunehmend eine konservative Haltung durchgesetzt. Bei ausgedehnten Pare?ichymrupturen mit V e r l e t z u n g d e s H o h l s y s t e m s , bei den e n e i n e o p e r a t i v e R e v i s i o n u n u m g ä n g l i c h ist, hat eine o p e r a t i v e I n t e r v e n t i o n mit a u f g e s c h o b e n e r D r i n g l i c h k e i t Vorteile. Bei bedrohlichen Nierenverletzungen ( S t a d i u m III) ist e i n e o p e r a t i v e R e v i s i o n n a c h initialer S c h o c k t h e r a p i e unu m g ä n g l i c h . H ä u f i g ist h i e r b e i e i n e N e p h r e k t o m i e nicht zu v e r m e i d e n . I n t r a p e r i t o n e a l e Harnblasenrupturen e r f o r d e r n i m m e r e i n e n o p e r a t i v e n Verschluß. K l e i n e r e e x t r a p e r i t o n e a l e R u p t u r e n v e r s c h l i e ß e n sich meist s p o n t a n u n t e r e i n e r s u p r a p u b i s c h e n H a r n a b l e i t u n g . Bei e i n e r i n s t a b i l e n B e c k e n r i n g f r a k t u r w e r d e n sie j e d o c h s i m u l t a n mit d e r O s t e o s y n t h e s e z u r S t a b i l i s i e r u n g des B e c k e n r i n g s o p e r a t i v v e r s c h l o s s e n . W i r d e i n e H a r n r ö h r e n v e r l e t z u n g v e r m u t e t , sollte j e d e r K a t h e t e r i s i e r u n g s v e r such u n t e r b l e i b e n . Insbesondere bei Beckenringfrakturen Harnröhrenabriß gerechnet werden!

• Praxishinweis: Kein Katheterisierungsversuch

muß mit einer Harnröhrenruptur oder einem

Bei Beckenringfraktur ist p r i m ä r ein transurethraler Katheterismus kontraindiziert. Z u n ä c h s t m u ß d u r c h ein r e t r o g r a d e s U r e t h r o - Z y s t o g r a m m e i n e Harnröhrenruptur ausgeschlossen werden.

24.2 Anurie, Harnverhalt

359

Abb. 24-1: Stumpfes Hodentrauma. Ausgedehntes Hämatom im Bereich von Skrotum, Penis und Teilen des Unterbauchs

Abb. 24-2: Sonographie bei einem Hodentrauma. Großes peritestikuläres Hämatom bei weitgehend erhaltener Kontur des Hodens

Stumpfe Traumata des äußeren Genitale führen oft zu ausgedehnten Hämatomen (Abb. 24-1). Diese werden meist spontan innerhalb weniger Tage resorbiert. Die Ultraschalluntersuchung dient zum Nachweis bzw. Ausschluß einer Hodenruptur und zur Feststellung des Ausmaßes der Parenchymschädigung (Abb.24-2). In Abhängigkeit hiervon erfolgt eine konservative Therapie oder eine operative Revision mit Naht der Tunica albuginea bzw. Orchiektomie. Eine Penisfraktur mit Einriß der Tunica albuginea entsteht durch Gewalteinwirkung auf den erigierten Penis und stellt eine typische Kohabitationsverletzung dar (s. Abb. 15-13. S.263). Die Verletzung wird meist als „Krachen", begleitet von einem heftigen lokalen Schmerz, wahrgenommen. Therapie der Wahl ist die sofortige operative Versorgung mit Naht der Tunica albuginea. Eine konservative Behandlung ist ebenfalls möglich, führt jedoch häufiger zu Vernarbungen mit Deviationen und Erektionsstörungen.

24.2 Anurie, Harnverhalt • Eine Anurie liegt vor. wenn die Urinproduktion unter 100 ml/24 h beträgt. U n b e h a n d e l t führt dies zu einer Retention harnpflichtigcr Substanzen, einer Elektrolytverschiebung und innerhalb weniger Tage zur Urämie.

3. Genitalverletzungen: - oft ausgedehnte Hämatome bei stumpfen Verletzungen - Sonographie

Penisfraktur: Kohabitationsverletzung Therapie: operativ (konservativ)

Anurie, Harnverhalt 1. Anurie: Urinausscheidung < 100 ml/ 24 h

360 - prärenal - renal - postrenal

postrenale Anurie • Steine oder Tumoren im Bereich der Harnleiter oder Nierenbecken mit Harnabflußstörung

IMotfalltherapie: perkutane Nephrostomie oder retrograde Einlage von Harnleiterschienen (kompensatorische) Polyurie nach Entlastung

2. Harnverhalt • infravesikale Obstruktion - meist durch benigne Prostatahyperplasie

24. Urologische Notfälle im Überblick Pathophysiologisch u n t e r s c h e i d e t m a n die prärenale, die renale u n d die postrenale Anurie (s. A b s c h n . 2.2.1, S.22). E i n e prärenale Anurie wird im u r o l o g i s c h e n B e r e i c h meist d u r c h e i n e n V o l u m e n m a n g e l h e r v o r g e r u f e n . D i e s e r wird einerseits d u r c h h o h e Blutverluste bei U n f ä l l e n o d e r O p e r a t i o n e n , a n d e r e r s e i t s a b e r auch d u r c h die Vasodilatation bei e i n e r Urosepsis ausgelöst. U r s a c h e des renalen a k u t e n Nierenversagens ist eine a k u t e Tubulusnekrose, die zirkulatorisch ( h ä m o r r h a g i s c h e r o d e r septischer Schock), toxisch o d e r d u r c h renale E r k r a n k u n g e n ( z . B . a k u t e G l o m e r u l o n e p h r i t i s ) bedingt ist.

Bei der postrenalen Anurie liegt eine Harnabflußstörung im Bereich des oberen Harntrakts vor (s. Abschn. 3, S. 28). Ursachen sind Steine oder Tumoren im Bereich des Ureterabgangs oder im -verlauf bzw. große Blasentumoren, die zu einer Obstruktion der Harnleiter im Bereich der Ostien führen. Häufig führen auch gynäkologische Tumoren (Zervix-, Ovarialkarzinom) zu einer Kompression der Ureteren. Die Notfalltherapie einer supravesikalen H a r n s t a u u n g besteht in der retrograden Sondierung der U r e t e r e n mit Einlage von Harnleiterschienen bzw. in der Anlage einer p e r k u t a n e n Nephrostomie (s. Abschn. 5.5, S. 72). In der Regel tritt nach der Entlastung einer obstruktiven A n u r i e eine Polyurie auf, die eine entsprechende Ü b e r w a c h u n g und Flüssigkeitssubstitution erforderlich macht. • Im Gegensatz zur Anurie besteht beim Harnverhalt (Ischurie) eine unbeeinträchtigte Nierenfunktion und freie Durchgängigkeit der U r e t e r e n . Häufigste Ursache des Harnverhalts, bei dem die volle Blase plötzlich nicht mehr entleert werden kann, ist eine infravesikale Obstruktion (s. Abschn. 12.3, S. 185). Im Vordergrund steht hierbei die benigne Prostatahyperplasie, seltener sind Prostatakarzinom, Urethrastriktur, Tumoren oder F r e m d k ö r p e r in der Harnröhre. E b e n f a l l s s e l t e n e r sind n e u r o g e n e U r s a c h e n mit p e r i p h e r e n o d e r z e n t r a l e n N e r v e n l ä sionen u n d ein H a r n v e r h a l t d u r c h P h a r m a k a mit p a r a s y m p a t h o l y t i s c h e r bzw. s y m p a t h o mimetischer Wirkung.

Klinisch findet man eine prall gefüllte, meist schmerzhafte Blase bei frustranem Harndrang. Bei der Inspektion sieht man eine Vorwölbung des Unterbauchs; die Palpation zeigt einen prallelastischen U n t e r b a u c h t u m o r , die Perkussion eine Schalldämpfung. • Praxishinweis: DD

=ί>

• Notfalltherapie: - transurethrale Katheterisierung oder - suprapubischer Blasenkatheter

Die Sonographie ist die wichtigste Untersuchungsmethode zur Differentialdiagnose: bei Anurie ist die Harnblase leer, beim Harnverhalt prall gefüllt. Bei bereits länger bestehender subvesikaler Obstruktion können zusätzlich Harnstauungsnieren vorliegen. Die Notfalltherapie besteht in einer sofortigen Entlastung der Harnblase durch einen sterilen transurethralen Katheterismus oder der Einlage eines suprapubischen Blasenkatheters (Zystostomie). U m eine spontane Blutung e vacuo aus komprimierten Blasenvenen bei der Entlastung der Blase zu vermeiden, sollte der Urin fraktioniert abgelassen werden (s. Abschn. 5.4.6, S. 70).

Makrohämaturie, Blasentamponade

24.3 Makrohämaturie und Blasentamponade

1. Makrohämaturie

Als Makrohämaturie bezeichnet man sichtbare Blutbeimengungen zum Urin. Sie hat vielfältige Ursachen u n d k a n n d u r c h gut- und bösartige E r k r a n k u n g e n aller A b schnitte des H a r n t r a k t s a u f t r e t e n (s. A b s c h n . 4.2, S. 36).

2. Blasentamponade

Bei einer massiven M a k r o h ä m a t u r i e kann es zu einer Koagelbildung und zur Blasentamponade k o m m e n . Hierbei ist das Harnblasenlumen mit Blutkoa-

361

24.5 Hodentorsion, Hydatidentorsion geln ausgefüllt, die häufig durch die Verlegung des Blasenauslasses zu einem Harnverhalt führen. Häufige Ursachen einer Blasentamponade sind Blutungen aus varikös erweiterten Venen bei einer Prostatahyperplasie, Blutungen aus Blasentumoren und strahlengeschädigten Blasen sowie postoperativ nach Prostata- und Blasenoperationen. Klinisch findet man einen tastbaren U n t e r b a u c h t u m o r und häufig eine R e d u k tion des Allgemeinzustandes durch den mit der Blasentamponade verbundenen Schmerz und Blutverlust.

Makrohämaturie mit Koagelbildung und Verlegung des Blasenauslasses spontan bei BPH und Blasentumoren postoperativ nach Prostata- und Blasenoperationen

Therapie. Die B l a s e n t a m p o n a d e wird notfallmäßig über einen großlumigen Blasenkatheter ausgespült oder über ein Zystoskop ausgeräumt. Bei der instrumentellen Ausräumung kann ggf. gleichzeitig die Blutungsquelle kauterisiert werden. Z u r Vermeidung einer erneuten Koagelbildung erfolgt dann eine Dauerspülung der Blase mit physiologischer Kochsalzlösung oder verschiedenen Spüllösungen über einen Dreiwegekatheter.

Therapie Ausspülung über Blasenkatheter oder Ausräumung über Zystoskop, evtl. mit gleichzeitiger Kauterisation der Blutungsquelle Dauerspülung über Dreiwegekatheter

24.4 Steinkoliken

Steinkoliken • wellenförmig verlaufender Schmerz

D e r Kolikschmerz (Nierenkolik, Ureterkolik, Steinkolik) tritt akut ohne Prodromalsymptom auf und wird vom Patienten als wellenförmig verlaufender, vernichtender Schmerz beschrieben. Er geht häufig mit Allgemeinsymptomen einher (s. Abschn.4.3.2, S.38). Z u r Schmerzprojektion s. Abb. 4-2, S. 39. Die Notfalldiagnostik schließt folgende Untersuchungen ein: • klinische Untersuchung: klopfschmerzhaftes Nierenlager bzw. druckschmerzhafter Ureterverlauf • Urinuntersuchung: H ä m a t u r i e • Sonographie: dilatiertes Nierenhohlsystem • N i e r e n l e e r a u f n a h m e : kalkdichte Verschattung in Projektion auf den Harnleiterverlauf Soforttherapie mit Spasmoanalgetika (Abschn. 25.5 S. 371). Die intravenöse spasmoanalgetische Therapie kann nach Kupierung oder Durchbrechung des Status colicus als bedarfsgesteuerte Infusion und in Form von Suppositorien fortgesetzt werden.

-

24.5 Hodentorsion, Hydatidentorsion

Hodentorsion

Anlagebedingt kann es spontan, durch Kremasterkontraktionen oder durch plötzliche Bewegungen zu einer Torsion des Samenstrangs k o m m e n . In Abhängigkeit vom Ausmaß der Torsion kommt es zu einer U n t e r b r e c h u n g des venösen Abflusses und der arteriellen Perfusion. Typischerweise kommt es zu einer hämorrhagischen Infarzierung des H o d e n g e w e b e s (Abb. 24-3). Eine Häufung der Hodentorsion findet man im Säuglingsalter, wobei hier supravaginale Torsionen außerhalb der Tunica vaginalis überwiegen. Ein zweiter Häufigkeitsgipfel findet sich in der Pubertät, wobei hier, ebenso wie beim Erwachsenen, in der Regel Torsionen des Samenstrangs innerhalb der Tunica vaginalis vorliegen. Klinik: Typisch ist ein plötzlich auftretender, heftiger einseitiger Hodenschmerz mit Schmerzausstrahlung in die Leiste und den Unterbauch. Häufig besteht eine abdominale Symptomatik mit Übelkeit und, seltener, Erbrechen. In der Frühphase kann man einen extrem druckschmerzhaften und hochstehenden H o d e n palpieren. Innerhalb von wenigen Stunden k o m m t es zu einer massiven Skrotalschwellung und -rötung, die die Differentialdiagnose erschwert (s. Abschn. 4.3.4, S.40 und Abb.4.3. S.40).

• Notfalldiagnostik: klin. Untersuchung Urinuntersuchung Sonographie Nierenleeraufnahme

• Therapie: - Spasmoanalgetika

hämorrhagische Infarzierung des Hodengewebes Häufung: Säuglingsalter und Pubertät

Klinik: Hoden druckschmerzhaft und hochstehend Skrotalschwellung

362

24. Urologische Notfälle im Überblick

Abb. 24-3: Samenstrangtorsion mit hämorrhagischer Infarzierung von Hoden und Nebenhoden. Die Hodenhüllen sind eröffnet; der Torsionsring (360 ist erkennbar

• Praxishinweis

• Diagnostik: - Anamnese - Inspektion, Palpation

- Kremasterreflex fehlt

- diagnostisch wegweisend

• -

Therapie: sofortige operative Hodenfreilegung Detorquierung und Pexie kontralaterale Orchidopexie

Jede akute Hodenschwellung erfordert eine notfallmäßige Diagnostik und Therapie: Nur eine Operation innerhalb weniger Stunden kann das Organ retten. Bei der Diagnostik kommt der Anamnese eine wichtige Bedeutung zu. Art und Ausstrahlung des Schmerzes sowie das plötzliche Auftreten und das Fehlen von Miktionsbeschwerden (Differentialdiagnose: Epididymitis) lassen eine Hodentorsion vermuten. Die Inspektion des Skrotum und Palpation des Skrotalinhaltes können im Anfangsstadium richtungsweisend sein, machen jedoch im fortgeschrittenen Stadium die Differentialdiagnose schwierig. In der Regel ist bei einer Torsion auf der ipsilateralen Seite der Kremasterreflex nicht auslösbar. Das Prehn-Zeichen ist unsicher: Anheben des Hodens verstärkt bei Torsion den Schmerz. Dagegen ist die Dopplersonographie bzw. die Duplexsonographie bei der Differentialdiagnose einer Hodentorsion eine der verläßlichsten Untersuchungsmethoden. Bei der Torsion stellt man einen Abbruch der Durchblutung distal des Torsionsbereiches fest. Therapeutisch wird beim Nachweis einer Hodentorsion bzw. bei fehlendem Ausschluß einer Torsion der Hoden sofort operativ freigelegt. Dies kann durch einen Skrotalschnitt oder eine inguinale Freilegung (beim Säugling obligat) erfolgen. Es gilt die Regel, daß innerhalb der ersten 6 Stunden der Hoden erhalten werden kann; nach dieser Zeit sind irreversible Schäden am Keimepithel zu erwarten. N a c h d e r D e t o r q u i e r u n g erfolgt die O r c h i d o p e x i e mit Fixierung d e r Tunica a l b u g i n e a an d e n H o d e n h ü l l e n . Gleichzeitig sollte d e r k o n t r a l a t e r a l e H o d e n p e x i e r t w e r d e n , da dieser meist a u c h eine a b n o r m e M o b i l i t ä t u n d m ö g l i c h e T o r s i o n s b e r e i t s c h a f t hat.

Hydatidentorsion - Torquierung rudimentärer Anteile des Müller-Ganges (Appendix testis)

Von der Hodentorsion abzugrenzen ist die Hydatidentorsion (Abb. 24-4), die meist nur von einer kurzen Schmerzattacke begleitet wird, jedoch auch das Bild einer Hodentorsion vortäuschen kann. Es handelt sich hierbei um eine Torquierung von rudimentären Anteilen des Müller-Ganges am Hoden (Ap-

24.7 Paraphimose

363

Abb. 24-4: Hydatidentorsion: Torquierung von rudimentären Anteilen des Müller-Gangs an Hoden oder Nebenhoden (Appendix testis bzw. epididymidis)

pendix testis) bzw. Nebenhoden. Die Hydatidentorsion tritt meist im Kindesalter auf. Gelegentlich kann eine stielgedrehte Hydatide als dunkelblauer Fleck durch die Skrotalhaut erkennbar sein (blue dot). In der Regel erfolgt die Abtragung der Hydatide bei Hodenfreilegung.

meist im Kindesalter wichtige Differentialdiagnose zur Hodentorsion

Ist die H y d a t i d e n t o r s i o n sicher zu diagnostizieren, k a n n konservativ ( A n a l g e t i k a für

Therapie: Operative Abtragung konservativ

wenige Tage) v o r g e g a n g e n w e r d e n .

24.6 Urosepsis und septischer Schock

Urosepsis, septischer Schock

K r a n k h e i t s b i l d , P a t h o g e n e s e u n d T h e r a p i e sind im A b s c h n . 8.3.7, S. 134 b e s c h r i e b e n .

Unter Urosepsis versteht man eine von den Harnwegen ausgehende Septikämie: Allgemeinreaktionen durch die Einschwemmung von Bakterien und deren Toxinen ins Blut. Die Urosepsis wird vom zeitlichen Ablauf her in eine hyperdyname Frühphase und eine späte Schockphase unterteilt. Voraussetzung für eine Urosepsis ist häufig eine obstruktive Harnwegserkrankung: infizierte Harnstauungsniere, Pyelonephritis bei obstruktivem Ureterstein oder Harnaufstau mit Infektion bei Papillenabstoßung des Diabetikers. Die Urosepsis erfordert ein sofortiges Handeln. Die Mortalität beim septischen Schock liegt bei über 5 0 % . Therapie. Neben einer breiten antibiotischen Therapie muß notfallmäßig der Sepsisherd angegangen werden. Liegt ζ. B. eine infizierte Harnstauungsniere vor, erfolgt die Entlastung durch eine perkutane Nephrostomie bzw. eine retrograd eingelegte Ureterschiene. Die Verbrauchskoagulopathie. OHgo-/Anurie, Hypotension und Azidose erfordern eine intensivmedizinische Behandlung.

24.7 Paraphi mOSe Bei bestehender Phimose kann es bei zurückgestreifter Vorhaut zu einer Paraphimose kommen. Durch diesen hinter die Glans penis gezogenen Schnürring kommt es zu einem massiven Ödem des inneren Präputialblattes und der

• von den Harnwegen ausgehende Septikämie • hyperdyname Frühphase • späte Schockphase

• hohe Mortalität

< 3 = • Therapie: - antibiotische Behandlung - Entlastung Harnstauungsniere (perkutane Nephrostomie) - intensivmedizinische Betreuung

Paraphimose

364

24. Urologische Notfälle im Überblick

• Ödem - des inneren Vorhautblattes und - der Glans penis durch Schnürring

Glans durch eine oberflächliche venöse Abflußstörung. Bei Fortbestehen des Schnürrings und Zunahme des Ödems resultiert zusätzlich eine arterielle Durchblutungsstörung, ggf. mit Gangrän der Glans penis.

• Therapie: - Repositionsversuch

Therapie. Zunächst sollte immer ein Repositionsversuch nach Kompression der Glans penis durchgeführt werden (Abb. 24-5). Evtl. ist eine Lokalanästhesie (Peniswurzelblock) notwendig. Bleibt dieser konservative Behandlungsversuch erfolglos, ist eine dorsale Inzision des Schnürrings erforderlich. Sekundär sollte eine Zirkumzision erfolgen.

- Inzision Schnürring - sekundärZirkumzision

Priapismus

• schmerzhafte Dauererektion ohne sexuelle Stimulation

24.8 Priapismus, prolongierte Erektion durch Pharmaka Unter Priapismus versteht man eine über 2 Stunden anhaltende schmerzhafte Dauererektion der Corpora cavernosa ohne sexuelle Stimulation. Typischerweise sind Corpus spongiosum und Glans penis schlaff. Anamnestisch gehen häufig frühere Episoden verlängerter Erektionen voraus.

Ursachen: meist idiopathisch

Häufig läßt sich keine Ursache für den Priapismus finden (idiopathischer Priapismus). Bekannte Ursachen sind: • Blutkrankheiten mit Erhöhung der korpuskularen Anteile (Sichelzellanämie, myeloische und lymphatische Leukämie) • direkte Reizung des spinalen Erektionszentrums bzw. der peripheren Nervenbahnen durch Rückenmarkserkrankungen, Traumen, Prostatitis • thrombotische Verschlüsse im Bereich der Peniswurzel oder des kleinen Beckens • medikamentös induziert durch Sympatholytika, Psychopharmaka, Heparin (Dialyse).

Pathophysiologic: initial Trabekelödem Fibrose (Spätfolge)

Pathophysiologisch überschreitet bei einem Priapismus der arterielle Zufluß den venösen Abfluß. Durch ein Ödem der Trabekel wird die Blutzirkulation gestört, was eine Abnahme der 0 2 -Spannung und eine Azidose zur Folge hat. Nach ca. 48 Stunden beginnt eine Fibrosierung der Schwellkörpertrabekel, was letztlich zu einer erektilen Impotenz führt. Abzugrenzen vom Priapismus ist die pharmakologisch induzierte prolongierte Erektion (s. Abschn.22.1.4, S.341). Diese wird durch intrakavernös injizierte gefäßwirksame Pharmaka ausgelöst, die im Rahmen der Schwellkörper-Autoinjektionstherapie bei erektiler Dysfunktion angewendet werden. Bei der pharmakologisch induzierten Restriktion des venösen Abflusses bei gleichzeitig unverminderter arterieller Perfusion (High Flow-Priapismus) verbleibt das in-

Pharmakologisch induzierte prolongierte Erektion

24.8 Priapismus, prolongierte Erektion durch Pharmaka jizierte Medikament über mehrere Stunden im Schwellkörper und unterhält die Erektion. Auch dies führt nach 5 - 8 Stunden zu einem Abfall der (^-Spannung, einer Azidose, einem Trabekelödem und geht damit in einen Priapismus über. Therapie: Priapismus und prolongierte Erektion werden innerhalb von 12 Stunden mit Sympathomimetika intracavernös behandelt (s. Abschn. 22.1.4.1, S. 341).

365 • häufigste Nebenwirkung der Schwellkörper-Injektionstherapie bei erektiler Dysfunktion

• Therapie: - Sympathomimetika intracavernös

In der Regel tritt eine rasche Detumeszenz ein. F ü h r t diese M a ß n a h m e nicht z u m Erfolg, ist die A n l a g e eines k a v e r n o g l a n d u l ä r e n S h u n t s (Winter, A l G h o r a b ) , e i n e s k a v e r n o s p o n g i ö s e n S h u n t s an d e r Penisbasis ( Q u a k kels) o d e r eine S h u n t v e r b i n d u n g zwischen C o r p u s c a v e r n o s u m u n d d e r V. s a p h e n a magna ( G r a y h a c k ) möglich. D a es in vielen Fällen allerdings b e r e i t s zu irreversiblen Schäd e n d e r S c h w e l l k ö r p e r m u s k u l a t u r g e k o m m e n ist, k ö n n e n d e r a r t i g e S h u n t s lediglich in e t w a der H ä l f t e d e r Fälle e i n e P o t e n z e r h a l t u n g b e w i r k e n .

- operativ: Shunt zwischen Corpus cavernosum und Glans, Corpus spongiosum oder V.saphena magna

25. Urologische Arzneimitteltherapie O. Hakenberg

25.1 Infektionen und Antibiotikatherapie Grundsätzlich sollte vor Einleitung einer Antibiotikatherapie ein Erreger nachgewiesen werden. Eine „blinde" antibiotische Behandlung ist dagegen sinnvoll bei typischen klinischen Zeichen einer Infektion mit vorhersehbarem Erregerspektrum (ζ. B. akuter Harnwegsinfekt) sowie bei schweren infektiösen Krankheitsbildern (z.B. fieberhafte Pyelonephritis). In jedem Fall ist vor Therapiebeginn die Gewinnung von Material zum späteren mikrobiologischen Erregernachweis erforderlich (Urin- und Blutkultur). Kombinationen von Antibiotika sind nur indiziert: • zur breiten Abdeckung bis zum Erregernachweis (Urosepsis) • bei Erregern mit rascher Resistenzentwicklung unter Monotherapie (Tuberkulose) • bei Mehrfachinfektionen mit multirestistenten Keimen oder zur Ausnutzung von synergistischen Effekten (z.B. Cotrimoxazol). Bei Erkrankungen des harnableitenden Hohlsystems (Zystitis) kommen Antibiotika mit hohen Urinspiegeln zur Anwendung, bei der Therapie und Prophylaxe von chronischen oder rezidivierenden Infekten auch sog. Harnwegsdcsinfizientien. Entzündungen parenchymatöser Organe (Pyelonephritis) erfordern Antibiotika mit hohen Gewebespiegeln; nur wenige Antibiotika erreichen ausreichende Gewebespiegel in der Prostata.

25.1.1 Penizilline Penizilline sind gut verträgliche Antibiotika, die die Synthese der bakteriellen Zellwand hemmen. Ursprünglich aus Schimmelpilzkulturen gewonnen, tragen alle Penizilline die 6-Aminopenicillansäure mit dem ß-Lactamring.

Wichtigste Nebenwirkung sind allergische Reaktionen (5 %); wegen des hohen Allergisierungsrisikos dürfen Penizilline nicht lokal angewendet werden. Sekretion im proximalen Tubulus führt zur raschen renalen Elimina-

tion (t 1/2 = 30-60 Min.). Penizilline erreichen hohe Urinund Gewebespiegel (mit Ausnahme der Prostata). Für das ursprüngliche Penizillin G gibt es wegen der schlechten oralen Verfügbarkeit (Säurelabilität), seines eingeschränkten antibakteriellen Spektrums und seiner Labilität gegenüber bakteriellen ß-Laktamasen nur noch wenige Indikationen: Als i.m. injizierbares Depotpräparat (Procain-Penizillin) zur Therapie der Syphilis, evtl. auch der Gonorrhoe (in Kombination mit Probenecid zur Ausscheidungsverzögerung).

Die Breitspektrumpenizilline (Ampicillin, Amoxicillin) sind wirksam gegen viele gramnegative Erreger von Harnwegsinfekten und säurestabil, jedoch nicht ß-laktamasefest. Die Kombination mit Laktamase-Hemmstoffen (Clavulansäure, Sulbactam) ist möglich. Amoxicillin wird oral gut resorbiert, Ampicillin nur zu 50 % (mit der Folge der Schädigung der Darmflora) und sollte parenteral gegeben werden. Anwendung: Unkomplizierte Harnwegsinfektionen, wobei mit Resistenzen gerechnet werden muß. Die Acylaminopenizilline (z.B. Piperacillin) sind weder säurestabil noch lactamasefest, besitzen aber ein deutlich erweitertes antibakterielles Spektrum: Pseudomonas, Enterobacter, Proteus. Anwendung: parenteral bei fieberhafter Pyelonephritis oder Urosepsis mit nachgewiesener Erregersensitivität.

25.1.2 Cephalosporine Cephalosporine sind ß-Laktam-Antibiotika, haben den gleichen Wirkmechanismus wie Penizilline und sind ebenfalls Pilzprodukte. Durch Strukturmodifikationen wurden eine Vielzahl neuer Cephalosporine („der 1., 2. und 3. Generation") synthetisiert, mit Veränderungen des antibakteriellen Spektrums und der pharmakokinetischen Eigenschaften.

Cephalosporine sind gut verträglich (häufigste Nebenwirkung sind Allergien), säurestabil, aber oft schlecht resorbierbar, so daß viele nur parenteral wirksam sind. Vielfach sind Cephalosporine resistent gegen penizillininaktivierende ß-Laktamasen. Fast alle Cephalosporine werden ausschließlich renal durch tubuläre Sekretion ausgeschieden und erreichen hohe Urinkonzentrationen. Anwendung: parenteral bei fieberhafter Pyelonephritis; in Kombination mit Aminoglykosiden als breite antibiotische Abdeckung bei Urosepsis mit unbekanntem Erreger

367

25.1 Infektionen und Antibiotikatherapie oder Problemkeimen (z.B. Cefotaxim, Cefotiam). Nach klinischer Besserung kann eine Cephalosporintherapie ohne wesentliche Nachteile durch Substanzwechsel mit Oralcephalosporinen weitergeführt werden (Cefaclor, Cefuroxim/Axetil).

25.1.5 Tetracycline Tetracycline (z.B. Doxycyclin) hemmen die bakterielle Proteinsynthese, wirken bakteriostatisch und haben ein breites Wirkungsspektrum. Vermutlich aufgrund der massenhaften Anwendung in der Tierhaltung haben sich jedoch zahlreiche Resistenzen entwickelt.

25.1.3 Sulfonamide und Trimethoprim S u l f o n a m i d e w a r e n die e r s t e n , s y n t h e t i s c h e n a n t i b a k t e r i e l l wirks a m e n S u b s t a n z e n ( „ C h e m o t h e r a p e u t i k a " ) , sie h e m m e n die bakterielle F o l s ä u r e s y n t h e s e u n d w i r k e n b a k t e r i o s t a t i s c h . A n w e n d u n g f i n d e n die S u l f o n a m i d e h e u t e n u r noch in K o m b i n a t i o n mit T r i m e t h o p r i m , das die T e t r a h y d r o f o l s ä u r e s y n t h e s e h e m m t (additive W i r k u n g ) .

Cotrimoxazol ist die fixe Kombination von Sulfamethoxazol und Trimethoprim (im Verhältnis 5:1). Die vorwiegend renale Ausscheidung führt zu hohen Urinspiegeln. Das antibakterielle Spektrum ist breit, erfaßt jedoch nicht Pseudomonas und Bacteroides. Die Resistenzentwicklung ist durch die Kombination zweier Wirkstoffe mit unterschiedlichem Wirkmechanismus gering. Cotrimoxazol kann oral und parenteral gegeben werden; hohe Gewebespiegel werden auch in der Prostata erreicht. Nebenwirkungen ( 5 % ) betreffen meist die Haut, selten kommt es zu reversiblen Hämatopoesestörungen. Nephrotoxizität ist möglich, besonders bei bereits reduzierter Nierenfunktion. Anwendung: akute und rezidivierende Harnwegsinfekte, Langzeitprophylaxe bei rezidivierenden Harnwegsinfekten, fieberhafte Pyelonephritis, Epididymitis beim älteren Mann, akute Prostatitis.

25.1.4 Aminoglykoside Aminoglykoside sind Aminozucker bakterieller Herkunft, die die Proteinsynthese hemmen und bakterizid wirken. Sie sind enteral schwer resorbierbar, ototoxisch (Vestibularisschädigung) und nephrotoxisch (Akkumulation in der proximalen Tubuluszelle). Sie werden deshalb nur zur intravenösen Behandlung schwerer Erkrankungen verwandt. Die Ausscheidung erfolgt rasch renal (t 1/2 = 2-3 Stunden), dadurch werden hohe Urinkonzentrationen erreicht. Das antibakterielle Spektrum umfaßt nur aerobe gramnegative Keime. Anwendung: (Gentamicin, Tobramycin): fieberhafte Pyelonephritis, Urosepsis zur breiten Abdeckung bei unbekanntem Erreger in Kombination mit einem ß-LaktamAntibiotikum, und bei Pseudomonas-Infektionen. Bei Sensitivität d e s E r r e g e r s gegen w e n i g e r toxische A n t i b i o t i k a sollten A m i n o g l y k o s i d e abgesetzt w e r d e n .

Im Gegensatz zu vielen anderen Antibiotika sind sie wirksam gegen Mycoplasmen, Chlamydien und Ureaplasma urealyticum. Die enterale Resorption ist unterschiedlich, alle Tetracycline werden größtenteils renal mit langen Halbwertszeiten eliminiert (6-18 Stunden). Anwendung: Doxycyclin bei Infektionen mit Chlamydien, Mycoplasmen oder Ureaplasmen: Urethritis, Epididymitis: bei Penizillinresistenz der Erreger auch bei Gonorrhoe.

25.1.6 Erythromycin und andere Makrolide Erythromycin wirkt bakteriostatisch und deckt das gramnegative Spektrum ab, die Resorption ist ausreichend gut, die Ausscheidung vorwiegend hepatisch, so daß zwar hohe Gewebespiegel (auch in der Prostata), aber nicht ausreichende Urinspiegel erreicht werden. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind selten. Die t1/2 ist jedoch sehr kurz. Andere Makrolid-Antibiotika (Chlarithromycin, Roxithromycin) unterscheiden sich von Erythromycin bei gleichem Wirkungsspektrum durch längere Halbwertszeiten. Anwendung: Infektionen mit Chlamydien (Urethritis, Epididymitis), Harnwegsinfekte durch Staphylococcus aureus, Alternative bei Gonorrhoe (Resistenzbestimmung).

25.1.7 Quinolone (Chinolone, Gyrasehemmstoffe) Gyrasehemmer, synthetische Chemotherapeutika, hemmen die bakterielle Topoisomerase (Gyrase) und damit die Verknüpfung und Faltung der bakteriellen DNS. Nalidixinsäure ist als Harnwegsantibiotikum für gramnegative Keime seit langem in Gebrauch, erreicht sehr hohe Urinspiegel, aber keine ausreichenden Gewebespiegel. Die neueren Fluorquinolone (Norfloxacin, Ciprofloxacin, Ofloxacin, Enoxacin) haben ein erweitertes Spektrum und erreichen mit Ausnahme von Norfloxacin neben hohen Urinspiegeln auch hohe Gewebespiegel. Alle Quinolone sind gut verträglich, Resistenzen entwickeln sich relativ langsam. Die Ausscheidung erfolgt vorwiegend renal, so daß bei eingeschränkter Nierenfunktion eine Kumulationsneigung besteht.

368 Anwendung: Nalidixinsäure bei Harnwegsinfekten mit nachgewiesener Sensitivität, Norfloxacin bei unkomplizierten Harnwegsinfekten, Ciprofloxacin und Ofloxacin bei komplizierten Harnwegsinfekten und Prostatitis.

25.1.8 Harnwegsantiseptika Hierunter versteht man antibakteriell wirksame Substanzen, die bei oraler Gabe durch rasche Konzentration in den Nierentubuli und hohe Urinspiegel ausschließlich zur Therapie und Prophylaxe von Hohlrauminfektionen geeignet sind. Hierzu zählen Nitrofurantoin, Nitroxolin und Methenamin sowie der Gyrasehemmer Nalidixinsäure. • Nitrofurantoin wird in Mikroorganismen zur zytotoxischen Wirkform reduziert und ist wirksam gegen E. coli und Enterokokken, nicht gegen Pseudomonas und Proteus. Die Wirkung ist bei alkalischem Urin-pH vermindert. An Nebenwirkungen treten leichtere gastrointestinale Beschwerden häufig auf. • Nitroxolin ist ein Oxychinolinderivat mit antimykotischer und breiter antibakterieller Wirksamkeit im gramnegativen Bereich und guter enteraler Resorption. • Methenamine wird im Urin pH-abhängig zu Formaldehyd abgebaut, das bei ausreichender Konzentration bakterizid wirkt. Da die Umwandlung langsam erfolgt und nicht bei pH-Werten über 6, wird systemisch kein Formaldehyd freigesetzt. Es ist wirksam bei E. coli und Staphylokokken. Eine gleichzeitige Urinansäuerung ist erforderlich, daher die Anwendung von Methenamin-Salzen (Methenaminmandelat, -hippurat). Kontraindiziert ist die Gabe wegen der Ammoniakfreisetzung bei Lebererkrankungen, bei Nierenfunktionsstörungen wegen der Säurebelastung. Eine Reizung der Blasenschleimhaut kann bei längerer Gabe auftreten. Anwendung: Langzeitprophylaxe und -therapie von Infekten der unteren Harnwege, Nalidixinsäure und Nitrofurantoin sind auch zur Behandlung akuter Infektionen geeignet.

25.1.9 Desinfektionsmittel bei Katheterträgern Um ein Aufsteigen von Keimen entlang des Katheters bei dauerkatheterisierten Patienten zu vermindern, kann Chlorhexidin, ein Biguanid mit breiter bakterizider und antimykotischer Wirkung, als 5 %ige Lösung in die Urinbeutel gegeben werden; die Wirksamkeit dieser Anwendung ist umstritten. Eine Instillation der Blase mit 0,02%iger Lösung ist auch möglich. Alternativ können Ethacridin oder Polyvidon-Jod angewandt werden.

25. Urologische Arzneimitteltherapie

25.1.10 Antibiotika in der Schwangerschaft In der Schwangerschaft sind viele Antibiotika wegen potentieller Teratogenität kontraindiziert: Nitrofurantoin, Tetracycline und Gyrasehemmer, für Cotrimoxazol gilt dies nur im letzten Trimenon. Diese Einschränkungen beziehen sich zum Teil auch auf die Stillzeit. Unbedenklich in Schwangerschaft und Stillperiode sind alle Penizilline und Cephalosporine sowie Erythromycin.

25.1.11 Nephrotoxizität und Nierenversagen Viele Antibiotika müssen bei eingeschränkter Nierenfunktion wegen der Kumulationsgefahr dosisreduziert gegeben werden: Aminoglykoside, Cotrimoxazol, Tetracycline (mit der Ausnahme von Doxycyclin) und einige Cephalosporine. Penicilline, Quinolone und Nitrofurantoin sollten im Hinblick auf andere Nebenwirkungen ebenfalls dosisreduziert werden. • Erythromycin kumuliert bei gestörter Nierenfunktion nicht. • Cotrimoxazol führt zu einer reversiblen Einschränkung der Tubulusfunktion, bei bereits vorgeschädigter Nierenfunktion jedoch zu irreversiblen weiteren Schäden. • Obwohl die meisten Cephalosporine wenig nephrotoxisch sind, sollte eine Dosisreduktion bei verminderter Nierenfunktion erfolgen. Praxishinweis: Grundsätzlich sollte die antibiotische Therapie auch bei eingeschränkter Nierenfunktion mit einer Standarddosis begonnen werden, um rasch ausreichende Wirkspiegel zu erreichen. Danach kann entweder eine reduzierte Erhaltungsdosis gegeben oder bei gleicher Erhaltungsdosis ein verlängertes Dosierungsintervall gewählt werden. Das Maß der Reduktion der Gesamtdosis ist abhängig vom Ausmaß der Nierenschädigung (Abschätzung der glomerulären Filtrationsrate anhand des Serum-Kreatininwertes).

25.1.12 Tuberkulostatika Die Behandlung der Urotuberkulose erfolgt nach den gleichen Prinzipien wie die Behandlung anderer tuberkulöser Erkrankungen. Wegen der Fähigkeit der Mykobakterien zur raschen Resistenzentwicklung ist immer eine Kombinationstherapie mit 2 oder 3 Substanzen erforderlich. Mittel der Wahl sind Isoniazid, Rifampicin, Ethambutol, Streptomycin und Pyrazinamid.

25.2 Medikamentöse Therapie bei Steinerkrankungen Die gegenwärtige WHO-Empfehlung sieht eine 2 monatige Dreierkombination, gefolgt von einer 4 monatigen Zweierkombination vor.

25.1.13 Therapiedauer • A k u t e unkomplizierte Harnwegsinfektionen w e r d e n in d e r R e g e l 3 Tage lang t h e r a p i e r t . D i e Ein-Tages-Therapie hat eine deutlich höhere Rezidivrate. • Rezidivierende Harnwegsinfekte k ö n n e n mit e i n e r Breitspektrum-Langzeitprophylaxe behandelt werden (ein Viertel d e r n o r m a l e n T a g e s d o s i s a b e n d s ) ; d a d u r c h wird e i n e R e d u k t i o n u r o p a t h o g e n e r K e i m b e s i e d l u n g erreicht. A l t e r n a t i v k a n n e i n e Patienten-initiierte Bedarfstherapie ( S e l b s t m e d i k a t i o n bei A u f t r e t e n v o n t y p i s c h e n B e s c h w e r d e n ) o d e r Bedarfsprophylaxe (Einmaldosis postkoital) angewendet werden. • Chronische Infektionen d e r o b e r e n H a r n w e g e b e d ü r f e n e i n e r mehrwöchigen a n t i b i o t i s c h e n B e h a n d l u n g mit gleichzeitiger S a n i e r u n g von I n f e k t f o c i . • Fieberhafte p a r e n c h y m a t ö s e Infektionen d e r U r o g e n i t a l o r g a n e sollen 3 - 5 Tage ü b e r die E n t f i e b e r u n g h i n a u s behandelt werden. • Entzündungen des männlichen Genitale e r f o r d e r n wegen der hohen Rezidivneigung immer eine längere Therap i e d a u e r ( a k u t e P r o s t a t i t i s u n d E p i d i d y m i t i s ü b e r 3 Woc h e n ) . D i e a k u t e nicht-gonorrhoische Urethritis wird 7 Tage b e h a n d e l t , die a k u t e u n k o m p l i z i e r t e G o n o r r h o e mit e i n e r E i n m a l d o s i s . E i n e P a r t n e r t h e r a p i e ist bei allen sexuell ü b e r t r a g b a r e n I n f e k t i o n e n obligat.

25.2 Medikamentöse Therapie bei Steinerkrankungen • Urinansäuerung Bei H a r n w e g s i n f e k t i o n e n mit u r e a s e p o s i t i v e n K e i m e n u n d bei S t r u v i t s t e i n e n ist e i n e H a r n a n s ä u e r u n g d u r c h organische Säuren (Ascorbinsäure), Ammoniumchlorid o d e r L-Methionin, e i n e r s c h w e f e l h a l t i g e n A m i n o s ä u r e , sinnvoll. • Urinalkalisierung: Bei H a r n s ä u r e l i t h i a s i s u n d Z y s t i n u r i e ist e i n e U r i n a l k a l i s i e r u n g d u r c h s c h w a c h e o r g a n i s c h e S ä u r e n möglich, die bei U r i n - p H - W e r t e n u n t e r h a l b ihres p K a - W e r t e s als s c h w a c h e B a s e n P r o t o n e n b i n d e n (Zitronensäure als K- oder Na-Citrat). A l t e r n a t i v k a n n B i k a r b o n a t als b a s i s c h e V e r b i n d u n g g e g e b e n w e r d e n ( N a - oder K-Bikarbonat). N a - B i k a r b o n a t f ü h r t n e b e n e i n e r Z u f u h r v o n b a s i s c h e n V a l e n z e n zu e i n e r ä q u i m o l a r e n N a t r i u m b e l a s t u n g , so d a ß die A n w e n d u n g bei H y p e r t o n i e u n d H e r z i n s u f f i z i e n z k o n t r a i n d i z i e r t sein k a n n . A c e t a z o l a m i d (Carboanhydrase-Hemnmng) kann ebenfalls eingesetzt werden.

369 Bei d e r Harnsäurelitholyse soll d e r U r i n - p H in e i n e n s c h w a c h s a u r e n B e r e i c h ( p H 6 . 5 - 7 ) , bei d e r Zystinurie bis z u m s c h w a c h a l k a l i s c h e n B e r e i c h ( p H 7.5) a n g e h o b e n werden. • Hyperurikämie/Hyperurikosurie: B e i m Steinbildner sollte eine H y p e r u r i k ä m i e b e h a n d e l t w e r d e n . Urikosurika sind bei d e r U r o l i t h i a s i s kontraindiziert, d a sie e i n e H y perurikosurie verstärken. Neben diätetischer Reduktion d e r P r o t e i n z u f u h r k a n n die X a n t h i n - O x i d a s e - H e m m u n g d u r c h Allopurinol die H a r n s ä u r e p r o d u k t i o n s e n k e n . A l s E n d p r o d u k t e des Purinstoffwechsels werden unter Allop u r i n o l g a b e v e r m e h r t die b e s s e r löslichen V o r s t u f e n H y poxanthin und Xanthin ausgeschieden. Allopurinol m u ß in 2 - 3 T a g e s d o s e n z u g e f ü h r t w e r d e n , u m a u s r e i c h e n d e W i r k s p i e g e l zu e r r e i c h e n . • Hyperoxalurie: D a n u r ionisiertes O x a l a t a u s d e m D a r m r e s o r b i e r t wird, k a n n bei d e r s e k u n d ä r e n H y p e r o x a l u r i e ( z . B . bei c h r o n i s c h e n D a r m e r k r a n k u n g e n ) die O x a l a t r e s o r p t i o n m e d i k a m e n t ö s r e d u z i e r t w e r d e n . Cholestyramin, Cholestipol u n d D E A E - Z e l l u l o s e sind e n t e r a l nichtresorbierbare Anionen-Austauscherharze; Choles t y r a m i n u n d C h o l e s t i p o l . sonst z u r T h e r a p i e d e r H y p e r c h o l i n e s t e r ä m i e e i n g e s e t z t , h e m m e n die G a l l e n s ä u r e r e s o r p t i o n u n d v e r m i n d e r n d a m i t a u c h die C a - R e s o r p t i o n , so d a ß v e r m e h r t nicht r e s o r b i e r b a r e s C a - O x a l a t im D a r m l u m e n g e b i l d e t wird. A l u m i n i u m h a l t i g e A n t a z i d a ( A l u minium-Hydroxid) r e d u z i e r e n bei e i n e r s e k u n d ä r e n H y p e r o x a l u r i e e b e n f a l l s die R e s o r p t i o n v o n C a l c i u m u n d P h o s p h a t . D E A E - Z e l l u l o s e b i n d e t O x a l a t - I o n e n im Darmlumen. • Hyperkalzurie: D i e e n t e r a l e C a l c i u m r e s o r p t i o n k a n n d u r c h die o r a l e G a b e von P h o s p h a t e n (Orthophosphate) o d e r von n i c h t r e s o r b i e r b a r e n Ionenaustauschern ( N a Zellulose-Phosphat. Polystyrolbenzolsulfonsäure), die C a - u n d M g - I o n e n im D a r m l u m e n b i n d e n , g e s e n k t werden. Thiaziddiuretika: B e n z o t h i a d i a z i n e (Hydrochlorothiazid) h e m m e n die N a - u n d C l - R ü c k r e s o r p t i o n im distalen Tub u l u s u n d e r h ö h e n gleichzeitig die C a - R ü c k r e s o r p t i o n . D i e W i r k d a u e r b e t r ä g t 8 - 1 2 S t u n d e n , so d a ß 2 - 3 Tagesd o s e n n o t w e n d i g sind. In d e r R e g e l tritt e i n e H y p o k a l i ä m i e auf. • Zystinurie: E i n e V e r b e s s e r u n g d e r Löslichkeit d e s r e n a l a u s g e s c h i e d e n e n Z y s t i n s ist m ö g l i c h d u r c h die U m w a n d lung in Z y s t e i n o d e r d u r c h B i l d u n g b e s s e r w a s s e r l ö s l i c h e r gemischter Disulfide. Ascorbinsäure spaltet reduktiv Zystin zu Zystein und muß hierzu in großen Mengen (über 5 g/Tag) und als Brausetablette über lange Zeit zugeführt werden. Das in Brausetabletten enthaltene Natriumbikarbonat führt dabei gleichzeitig zu der nötigen Urinalkalisierung. Die Anwendung ist gut verträglich, jedoch nicht bei allen Zystinurikern allein ausreichend, Thiole: D-Penicillamin, α-Mercaptopropionylglyzin (MPG) und Azetylzystein sind Thiole. die sich mit L-Zystin zu wasserlöslichen Disulfiden verbinden. Bei D-Penicillamin sind Nebenwir-

370 kungen häufig (Allergien, Schleimhautreaktionen, Nierenschädigung). a-Mercaptopropionylglycin u n d Azetylzvstein sind bei h ö h e r e r L ö s l i c h k e i t s k a p a z i t ä t f ü r Zystin wesentlich besser verträglich. D i e D o s i e r u n g o r i e n t i e r t sich wie b e i m Pcnicillamin an d e r Z y s t i n a u s s c h e i d u n g im U r i n , die u n t e r 100 mg/Tag g e b r a c h t w e r d e n sollte. B e w ä h r t h a t sich die K o m b i n a t i o n mit A s c o r b i n säure.

• Lokale Steinlyse: E i n e Auflösung von Steinen kann durch lokale S p ü l b e h a n d l u n g mit Na-Bikarbonat ( U r a t steine d e r Blase) und bei Struvitsteinen mit sauergepuff e r t e n Lösungen ü b e r B l a s e n s p ü l k a t h e t e r o d e r Nierenfisteln erreicht w e r d e n . Die Spülung mit N a - B i k a r b o n a t sollte zweimal täglich mit v e r d ü n n t e r Lösung ( 1 , 8 % ) erfolgen. Z u r Spülung bei Struvitsteinen sind verschiedene Spüllösungen beschrieben (z.B. Renacidin), die alle im sauren Bereich g e p u f f e r t e Lösungen sind. Die Spülung bei Restk o n k r e m e n t e n m u ß ü b e r eine N e p h r o s t o m i e kontinuierlich ü b e r Tage erfolgen, wichtig ist eine gleichzeitige Harndilution.

25.3 Benigne Prostatahyperplasie (BPH) 25.3.1 Phytopharmaka P h y t o p h a r m a k a h a b e n ihren Stellenwert in d e r B e h a n d l u n g chronischer, funktioneller oder psychosomatischer Störungen, dies b e i n h a l t e t a u c h e i n e n P l a c e b o - E f f c k t . Sie sind in d e r Regel a l k o h o l i s c h e P f l a n z e n e x t r a k t e mit z a h l r e i c h e n , z.T. nicht defin i e r t e n I n h a l t s s t o f f e n in n i e d r i g e r u n d nicht k o n s t a n t e r D o s i e rung. Bei d e r B e h a n d l u n g d e r B P H wird den P h y t o p h a r m a k a eine antiphlogistische u n d antiödematöse Wirkung zugeschrieb e n , die nicht e i n d e u t i g belegt ist.

D a s B u n d e s g e s u n d h e i t s a m t hat 3 P h y t o t h e r a p e u t i ka f ü r die Indikation B P H positiv bewertet: Kürbissamen, Brennesselwurzel und Sägepalmenfrüchte. • Kürbissamen ( C u c u r b i t a pepo): Delta-7-Sterole werden als wesentliche Inhaltsstoffe angesehen; diese sollen die D i h y d r o t e s t o s t e r o n b i n d u n g im P r o s t a t a g e w e b e erniedrigen. • Brennesselwurzel (Urtica dioica): zahlreiche Inhaltsstoffe, d a r u n t e r Sterole, Isolektine und das C u m a r i n Scopolectin; die A n d r o g e n - B i n d u n g s k a p a z i t ä t des sexualhorm o n b i n d e n d e n Globulins ( S H B G ) soll beeinflußt w e r d e n . • Sägepalmenfriichte ( a m e r i k a n i s c h e S e r e n o a repens): Z a h l r e i c h e Inhaltsstoffe (Sterole, Polysaccharide) sollen eine H e m m u n g d e r 5 - a l p h a - R e d u k t a s e sowie d e r Dihyd r o t e s t o s t e r o n b i n d u n g bewirken. • ß-Sitosterin (Phytosterolgemisch d e r südafrikanischen H y p o x rooperi): A n g e g e b e n wird eine H e m m u n g d e r Prostaglandinsynthesc und eine R e d u k t i o n des Cholesteringehaltes d e r Prostata.

25. Urologische Arzneimitteltherapie

25.3.2 Alpharezeptorblocker A m Blasenhals und in d e r Prostata k ö n n e n A l p h a r e z e p t o ren nachgewiesen w e r d e n . E i n e R e d u k t i o n von R e s t h a r n und eine Verbesserung des H a r n f l u s s e s bei B P H ist nachgewiesen. • Bei Phenoxybenzamin als einem unspezifischen A l p h a blocker k ö n n e n Nebenwirkungen durch u n g e h e m m t e N o r a d r e n a l i n f r e i s e t z u n g a u f t r e t e n : Tachykardie, R h y t h m u s s t ö r u n g e n , orthostatischer Kollaps, auch r e t r o g r a d e Ejakulation. • Prazosin ist ein selektiver Alpha-1-Blocker, eine ungeh e m m t e N o r a d r e n a l i n f r e i s e t z u n g tritt nicht auf, die Verträglichkeit ist besser. Die t, l2 liegt bei 3 Stunden, so daß Prazosin dreimal täglich e i n g e n o m m e n werden m u ß . N e u e r e A l p h a - 1 - B l o c k e r (Terazosin, Doxazosin) h a b e n wesentlich längere t ] / 2 und wegen der langsameren A n - und A b f l u t u n g weniger orthostatische N e b e n w i r k u n g e n .

25.3.3 5-Alpha-Reduktase-Hemmer Die selektive Blockade d e r 5 - A l p h a - R e d u k t a s e h e m m t die U m w a n d l u n g von Testosteron in D i h y d r o t e s t o s t e r o n in allen K ö r p e r g e w e b e n . D a s Azasteroid Finasterid ist ein bei oraler G a b e wirksamer, k o m p e t i t i v e r Inhibitor d e r 5 - A l p h a - R e d u k t a s e ; die D i h y d r o t e s t o s t e r o n k o n z e n tration wird im Plasma und in d e r Prostata deutlich abgesenkt. O b j e k t i v nachweisbare E f f e k t e bei der T h e r a p i e d e r B P H sind eine R e d u k t i o n der P r o s t a t a g r ö ß c und eine Verbesserung des Harnflusses. Nebenwirkungen sind selten: v e r m i n d e r t e Libido, Ejakulations- und Potenzstörungen.

25.4 Blasenentleerungsstörungen Die k o m p l e x e Innervation des u n t e r e n H a r n t r a k t e s erschwert eine rationale P h a r m a k o t h e r a p i e d e r Blasenentleerungsstörungen. D i e D e t r u s o r k o n t r a k t i o n wird vorwiegend cholinerg stimuliert, d e r Blasenverschluß sympathisch durch a l p h a a d r e n e r g e N e u r o n e in Blasenhals und Prostata. D e r e x t e r n e Sphinkterverschluß wird durch den Tonus der q u e r g e s t r e i f t e n S k e l e t m u s k u l a t u r des Beckenbodens aufrechterhalten.

25.4.1 Detrusorstörungen Ein hyperaktiver Detrusor kann durch spasmolytische Anticholinergika, eine Detrusorschwäche durch Cholinomimetika gebessert w e r d e n .

371

25.6 Urologische Onkologie Anticholinergika: Methantelin, Oxybutinin, Emepronium, Trospium, Flavoxat, Dicycloverin und Butylscopolamin sind schwache Cholinolytika, die durch Blockade am Musc a r i n - R e z e p t o r und ζ. T. auch direkte Wirkung an d e r glatten M u s k u l a t u r den D e t r u s o r t o n u s senken k ö n n e n . Auch s c h m e r z h a f t e D e t r u s o r s p a s m e n k ö n n e n gelindert werden. Emepronium passiert als q u a r t ä r e A m m o n i u m v e r b i n d u n g nicht die Blut-Hirn-Schranke; zentrale N e b e n wirkungen treten nicht auf. Bei Flavoxat, Oxybutinin und Butylscopolamin steht d e r spasmolytische E f f e k t im Vord e r g r u n d . Alle g e n a n n t e n Substanzen sind oral wirksam und müssen 2- bis 3 mal pro Tag appliziert w e r d e n . Die D o s i e r u n g richtet sich nach d e m E f f e k t und den atropinartigen Nebenwirkungen: M u n d t r o c k e n h e i t , Obstipation. Bei der kindlichen Enuresis nocturna und der funktionellen Reizblase kann das zentral wirksame trizyklische A n tidepressivum Imipramin gegeben w e r d e n , dessen E f f e k t d e r anticholinergen W i r k k o m p o n e n t e zugeschrieben wird. Die D o s i e r u n g m u ß wegen d e r anfänglich a u f t r e t e n den Sedierung einschleichend und mit der H a u p t d o s i s zur N a c h t erfolgen. Cholinomimetika: Carbachol und Distigminbromid können diagnostisch (Carbachol-Test) und therapeutisch zur B e h a n d l u n g einer Blasenatonie eingesetzt w e r d e n ; d e r D e t r u s o r t o n u s wird gesteigert. Cholinomimetische E f f e k te an a n d e r e n O r g a n s y s t e m e n k ö n n e n a u f t r e t e n (Bradykardie, H y p o t o n i e . D a r m s p a s m e n ) .

25.4.2 Sphinkterstörungen Bei h y p e r t o n e n Z u s t ä n d e n d e r B e c k e n b o d e n m u s k u l a t u r (ζ. B. bei Q u e r s c h n i t t s l ä h m u n g ) w e r d e n periphere Myotonolytika eingesetzt: • Dantamacrin h e m m t die sarkoplasmatische C a - I o n e n Freisetzung im Skeletmuskel und bessert s c h m e r z h a f t e spastische Z u s t ä n d e . Die D o s i e r u n g m u ß individuell und einschleichend erfolgen. Z e n t r a l n e r v ö s e S y m p t o m e und Leberfunktionsstörungen können auftreten. • Baclofen, ein Agonist am G A B A - R e z e p t o r im ZNS, h e m m t die i n t e r n e u r o n a l e Impulsausbreitung auf R ü k k e n m a r k s e b e n e , der S k e l e t m u s k e l t o n u s wird herabgesetzt.

25.5.1 Akute Nierenkolik D a s Analgetikum der Wahl ist das Pyrazolonderivat Metamizol. E s wirkt analgetisch, antipyretisch und antiphlogistisch. Im G e g e n s a t z zu a n d e r e n Pyrazolonen ist es auch bei viszeralen Schmcrzen wirksam: eine spasmolytische Wirkung ist fraglich. Es ist oral und parenteral rasch wirksam, wobei die Wirkung etwa 6 Stunden anhält. Nebenwirkungen: allergische Reaktionen k ö n n e n auftreten, sehr selten Agranulozytosen. Bei rascher p a r e n t e r a ler G a b e k ö n n e n schockartige Zustände durch Blutdruckabfall a u f t r e t e n . Metamizol ist deshalb nur als A k u t m e d i kation a n z u w e n d e n . Als stärker wirksame A n a l g e t i k a k ö n n e n trotz der spastischen W i r k k o m p o n e n t e Opioide eingesetzt w e r d e n , z.B. Pentazocin, das zentral analgetisch wirkt und ein geringeres Suchtpotential als a n d e r e Opioide besitzt. Spasmolytika: N-Butylscopolamin ist ein Derivat des A n ticholinergikums Scopolamin mit deutlich v e r m i n d e r t e r Affinität zum M u s c a r i n - R e z e p t o r und direkt spasmolytischer Wirkung. Dies erklärt die gute klinische Wirksamkeit bei d e r Nierenkolik trotz f e h l e n d e n Nachweises ein e r cholinergen Innervation des Ureters. Anticholinerg bedingte N e b e n w i r k u n g e n treten j e d o c h auf (Obstipation, M u n d t r o c k e n h e i t ) . Benzodiazepine: Gelegentlich kann eine zentrale Anxiolyse und Sedierung bei ängstlichen Kolikpatienten hilfreich sein. Diazepam p a r e n t e r a l gegeben ist rasch wirksam. insbesondere tritt die gewünschte anxiolytische Wirkung sofort ein.

25.5.2 Steinpassage Nach B e h e r r s c h u n g d e r a k u t e n Kolikschmerzen kann die Steinpassage bei U r e t e r k o n k r e m e n t e n durch eine antiphlogistisch-analgetische M e d i k a t i o n erleichtert w e r d e n (z.B. Diclofenac). D u r c h die antiphlogistische W i r k u n g wird der Bildung eines S c h l e i m h a u t ö d e m s im U r e t e r entgegengewirkt.

25.5 Therapie der Nierenkolik

25.6 Urologische Onkologie

Die T h e r a p i e d e r a k u t e n Kolik soll Schmerzfreiheit erreichen und die initiale u r e t e r a l e Hyperperistaltik d ä m p f e n . A n s c h l i e ß e n d k a n n die Passage kleiner H a r n l e i t e r s t e i n e durch spasmolytisch-analgetische M e d i k a t i o n erleichtert werden.

25.6.1 Intravesikale I m m u n - u n d Chemotherapie Bei der Rezidivprophylaxe des oberflächlichen Urothelkarzinoms der Harnblase k o m m e n die intravesikale Imm u n t h e r a p i e ( B C G . Z y t o k i n e ) und die intravesikale topische C h e m o t h e r a p i e (Doxorubicin, Mitomycin) zur A n wendung.

372 • Intravesikale Immuntherapie: D i e I n s t i l l a t i o n s t h e r a p i e mit B C G (Bacille-Calmette-Guerin-Stämme, attenuierte vitale M y c o b a c t e r i u m b o v i s - K e i m e ) i n d u z i e r t ü b e r f i b r o nectinvermittelte Urotheladhärenz eine Reaktion immunk o m p e n t e n t e r Z e l l e n u n d die F r e i s e t z u n g von Z y t o k i n e n in d e r B l a s e n w a n d . E s r e s u l t i e r t ein a n t i p r o l i f e r a t i v e r E f f e k t , d e r e r f o l g r e i c h z u r T h e r a p i e d e s Carcinoma in situ u n d z u r Rezidivprophylaxe nichtinvasiver Urothelkarzinome angewandt werden kann. E i n Therapiezyklus b e i n h a l t e t die w ö c h e n t l i c h e Instillation f ü r 1 - 2 S t u n d e n ü b e r 6 W o c h e n . Fast i m m e r k o m m t es z u e i n e r s y m p t o m a t i s c h e n Zystitis, in 1 - 3 % zu fieberh a f t e n R e a k t i o n e n . D i e s e N e b e n w i r k u n g e n s p r e c h e n in d e r R e g e l auf e i n e a n t i p y r e t i s c h e B e h a n d l u n g ü b e r 48 S t u n d e n gut a n . Zytokine: D i e i n t r a v e s i k a l e Instillation mit r e k o m b i n a n t e m Interferon alpha-2b ü b e r 3 M o n a t e zeigt ä h n l i c h e R e s u l t a t e wie die B C G - T h e r a p i e , ist a l l e r d i n g s d e u t l i c h t e u rer. L a n g z e i t b e o b a c h t u n g e n liegen hierzu n o c h nicht vor. • Intravesikale Chemotherapie: Die Instillation mit Z y t o s t a t i k a (Thiotepa, Doxorubicin, Mitomycin) ist e b e n f a l l s von nachgewiesener Effektivität. Die systemische Resorpt i o n s r a t e ist g e r i n g ( u n t e r 1 % ) .

25.6.2 S y s t e m i s c h e T h e r a p i e des Prostatakarzinoms

25. U r o l o g i s c h e A r z n e i m i t t e l t h e r a p i e 25.6.2.2 Androgen-Antagonisten A l s spezifische, k o m p e t i t i v e A n t a g o n i s t e n b l o c k i e r e n sie die Bindung von Testosteron und Dihydrotestosteron am Androgenrezeptor. • Cyproteronacetat ist ein v o m P r o g e s t e r o n a b g e l e i t e t e s S t e r o i d mit intrinsischer g e s t a g e n e r W i r k u n g u n d hemmt die Freisetzung der Gonadotropine. E s i n t e r f e r i e r t mit d e r Produktion von Testosteron und dessen Bindung; daraus r e s u l t i e r t ein A b f a l l v o n L H , F S H u n d T e s t o s t e r o n im Ser u m . E s k a n n oral g e g e b e n o d e r als D e p o t p r ä p a r a t injiziert w e r d e n , L e b e r f u n k t i o n s s t ö r u n g e n k ö n n e n a u f t r e ten. • Flutamid ist ein oral w i r k s a m e r , n i c h t s t e r o i d a l e r Androgenrezeptorblocker o h n e intrinsische A k t i v i t ä t . D a d i e i n h i b i t o r i s c h e R ü c k k o p p l u n g des T e s t o s t e r o n s auf d i e L H - P r o d u k t i o n a u c h b l o c k i e r t wird, k o m m t es zu e i n e m A n s t i e g von L H u n d T e s t o s t e r o n . D e r s y s t e m i s c h e antia n d r o g e n e E f f e k t wird d u r c h die r e a k t i v e E r h ö h u n g d e s T e s t o s t e r o n s teilweise a u f g e h o b e n , die W i r k u n g auf die P r o s t a t a z e l l e j e d o c h nicht b e e i n t r ä c h t i g t . D i e A n w e n d u n g b e i m P r o s t a t a k a r z i n o m e r f o l g t also a m b e s t e n in K o m b i n a t i o n mit G n R H - A n a l o g a o d e r O r c h i e k t o m i e (komplette Androgenblockade). Die Nebenwirkungen sind ähnlich wie bei G n R H - A n a l o g a .

25.6.2.3 Östrogene

25.6.2.1 G n R H - A n a l o g a E i n e e f f e k t i v e H e m m u n g d e r T e s t o s t e r o n s y n t h e s e wird d u r c h d i e k o n t i n u i e r l i c h e A p p l i k a t i o n von G o n a d o t r o pin-Releasing H o r m o n ( G n R H ) oder einem Analogon („Super-Agonisten") erreicht. Es k o m m t zum Abfall der Serumspiegel von L H und Testosteron (medikamentöse K a s t r a t i o n ) . G n R H u n d seine A n a l o g a sind D e k a p e p t i de, w e r d e n schlecht r e s o r b i e r t u n d m ü s s e n d a h e r p a r e n t e ral g e g e b e n w e r d e n . • G n R H - A g o n i s t e n (Buserelin, Goserelin, Triptorelin) f ü h r e n bei pulsatiler G a b e z u r v e r m e h r t e n F r e i s e t z u n g der G o n a d o t r o p i n e L H und FSH. Bei kontinuierlicher G a b e resultiert e i n e initial e r h ö h t e G o n a d o t r o p i n f r e i s e t z u n g , die n a c h T a g e n bis W o c h e n d u r c h e i n e R e z e p t o r Desensibilisierung zum kompletten Abfall der Gonadot r o p i n p r o d u k t i o n f ü h r t ; als Folge erlischt die T e s t o s t e r o n p r o d u k t i o n . Bei T h e r a p i e e i n l e i t u n g ist w e g e n d e r initial erhöhten Testosteronproduktion (u. U. Z u n a h m e d e r K n o chenschmerzen beim metastasierten Prostatakarzinom) d i e K o m b i n a t i o n mit e i n e m A n d r o g e n r e z e p t o r b l o c k e r notwendig. • G n R H - A n t a g o n i s t e n (Leuprorelin) s u p p r i m i e r e n als k o m p e t i t i v e R e z e p t o r b l o c k e r die T e s t o s t e r o n p r o d u k t i o n o h n e initialen G o n a d o t r o p i n a n s t i e g . D i e A n d r o g e n s u p p r e s s i o n k a n n zu L i b i d o v e r l u s t , P o t e n z s t ö r u n g e n u n d schmerzhafter Gynäkomastie führen.

Die alleinige Therapie des Prostatakarzinoms mit Östrogenen ist wegen der Nebenwirkungen (Thromboembolierisiko) verlassen worden. D i e K o m b i n a t i o n e i n e s Ö s t r o g e n s mit e i n e m Z y t o s t a t i k u m , Estramustinphosphat, k a n n bei z u n e h m e n d e r E n t differenzierung und Testosteronunabhängigkeit eines f o r t g e s c h r i t t e n e n P r o s t a t a k a r z i n o m s palliativ e i n g e s e t z t w e r d e n . N e b e n d e r a n t i a n d r o g e n e n W i r k u n g ergibt sich ein z y t o s t a t i s c h e r , s t i c k s t o f f l o s t a r t i g e r E f f e k t .

25.6.2.4 Chemotherapie Die zytostatische C h e m o t h e r a p i e des Prostatakarzinoms ist rein palliativ u n d o h n e n e n n e n s w e r t e L e b e n s v e r l ä n g e r u n g . Sie w i r d ü b e r w i e g e n d z u r Schmerztherapie im Finalstadium eingesetzt.

25.6.3 Z y t o k i n t h e r a p i e b e i m Nierenzellkarzinom B e i m m e t a s t a s i e r t e n N i e r e n z e l l k a r z i n o m k a n n e i n e sys t e m i s c h e Z y t o k i n t h e r a p i e ( I n t e r l e u k i n e , I n t e r f e r o n e ) in 2 0 - 3 0 % e i n e Teilremission e r z i e l e n , V o l l r e m i s s i o n e n n u r in 1 - 3 % . D a s A n s p r e c h e n ist a m e h e s t e n bei d e r r e i n pulmonalen Metastasierung zu e r w a r t e n .

25.8 H o r m o n s u b s t i t u t i o n

373

D a s leukozytäre I n t e r f e r o n - A l p h a wird aus genetisch manipulierten E. coli-Stämmen g e w o n n e n . Interleukin 2 ist ein T-Zell-Wachstumsfaktor. Die A n w e n d u n g erfolgt als parenterale Mono- oder Kombinationstherapie. Nebenwirkungen: Fieber, H a u t s c h ä d i g u n g e n , Wassereinlagerungen.

25.6.4 S c h m e r z t h e r a p i e bei T u m o r e n Bei d e r S c h m e r z t h e r a p i e fortgeschrittener maligner Tum o r e n ist eine S t u f e n t h e r a p i e sinnvoll. Praxishinweis: Mit stark w i r k s a m e n Analgetika soll bei i n k u r a b l e n E r k r a n k u n g e n nicht gespart w e r d e n . Wichtig ist die konsequente Dauermedikation bei ausreichend kleinen Dosierungsintervallen, damit eine D a u e r a n a l g e s i e erreicht wird. Eine Bedarfsmedikation ist nicht sinnvoll. • Stufe 1: periphere Analgetika peroral: Α zetylsalizylsäare.

Paracetamol,

• Stufe 2: Wie Stufe 1, zusätzlich ein schwaches Opioid (zentrales A n a l g e t i k u m ) : Codein, Dihydrocodein oder Tramadol. Tramadol verursacht deutich weniger Obstipation und A t e m d e p r e s s i o n als a n d e r e O p i a t e . • Stufe 3: Wie Stufe 1, j e d o c h G a b e eines stark wirksamen Opioids: Morphin. Die M o r p h i n d o s i e r u n g m u ß nach E f f e k t erfolgen, eine G e w ö h n u n g kann eintreten. Bei d e r oralen G a b e von Morphinsulfat sind A b h ä n g i g k e i t e n bisher nicht beschrieben. Bei Versagen dieser M a ß n a h m e n m u ß eine p a r e n t e r a l e o d e r peridurale O p i a t g a b e erfolgen. Zusätzlich ist oft ein antiemetisch und antidepressiv wirkendes P h a r m a k o n sinnvoll, z . B . ein B u t y r o p h e n o n (Haloperidol) o d e r ein trizyklisches A n t i d e p r e s s i v u m (ζ. B. Imipramin) als CoAnalgetikum.

25.6.5 P r o p h y l a x e bei s y s t e m i s c h e r Chemotherapie A l k y l i e r e n d e Z y t o s t a t i k a wie Cyclophosphamid und Ifosfamid h a b e n s e k u n d ä r e k a r z i n o g e n e E f f e k t e ; der M e t a b o lit Acrolein kann ein s e k u n d ä r e s B l a s e n k a r z i n o m nach C h e m o t h e r a p i e eines a n d e r e n malignen Tumors induzieren. Mesna ( N a - m e r c a p t o e t h a n s u l f o n a t ) wirkt bei gleichzeitiger G a b e mit Alkylantien uroprotektiv: es wird durch rasche renale Elimination im Urin angereichert und bindet a u f g r u n d seiner freien Sulfhydrylgruppen Acrolein und a n d e r e k a r z i n o g e n e Metabolite; diese werden durch die B i n d u n g inaktiviert. M e s n a k a n n oral und p a r e n t e r a l gegeben w e r d e n .

25.7 T h e r a p i e der erektilen Dysfunktion Eine orale Testosterongabe ist o h n e nachgewiesenes A n drogendefizit kontraindiziert! Yohimbin, ein schwacher kompetitiver A l p h a - B l o c k e r und S e r o t o n i n - A n t a g o n i s t , gilt seit langer Zeit als Potenzmittel, mit j e d o c h nur fraglicher Wirkung am M e n s c h e n . Z u r Schwellkörperinjektion werden Papaverin, ein A l k a loid aus R o h o p i u m mit m u s k u l o t r o p spasmolytischer Wirkung, Phentolamin. ein unspezifischer A l p h a - B l o c k e r , und das vasodilatierend wirkende Prostaglandin E , angewandt. Systemische W i r k u n g e n treten nicht auf; die Schwellkörper stellen bei E r e k t i o n ein separates p h a r m a kokinetisches K o m p a r t i m e n t dar. Lokale N e b e n w i r k u n gen ( s c h m e r z h a f t e Injektion, Fibrosen) k ö n n e n a u f t r e t e n . Z u r T h e r a p i e d e r prolongierten Erektion wie auch des Priapismus kann das direkt und indirekt wirkende Alpha- und B e t a s y m p a t h o m i m e t i k u m Metaraminol o d e r auch a n d e r e S y m p a t h o m i m e t i k a ( E p i n e p h r i n , Etilefrin) intrakavernös injiziert w e r d e n (s. Abschn. 22.1.4.1). Hierbei k ö n n e n durch systcmische R e s o r p t i o n schwere Kreisl a u f r e a k t i o n e n (Tachykardie, h y p e r t o n e Krisen) ausgelöst werden.

25.8

Hormonsubstitution

Beim g e s u n d e n M a n n liegt die tägliche P r o d u k t i o n an Testosteron bei 5 - 1 0 mg, d e r Serumspiegel bei 300-1000 ng/ dl. Testosteron ist oral nicht wirksam, da es bei h o h e r hepatischer Extraktion rasch inaktiviert wird. • Die S ä u r e e s t e r Testosteronpropionat und -enantat können a u f g r u n d ihrer ausgeprägten H y d r o p h o b i e als D e p o t p r ä p a r a t (ölige Lösung) i . m . injiziert w e r d e n . Die Testosteronfreisetzung erfolgt kontinuierlich ü b e r Tage (-propionat) bis Wochen ( - e n a n t a t ) . • Methylierte Testosteronderivate ( M e t h y l t e s t o s t e r o n , M e s t e r o l o n ) sind oral wirksam, da sie langsamer hepatisch metabolisiert w e r d e n . • Ebenfalls p e r os wirksam ist Testosteron-Undecanoat, das als Fettsäureester so lipophil ist. d a ß es aus d e m D a r m lymphatisch resorbiert wird und die präsystemische L e b e r p a s s a g e u m g a n g e n wird. Die D o s i e r u n g richtet sich nach dem klinischen E f f e k t (Erhalt von s e k u n d ä r e n G e s c h l e c h t s m e r k m a l e n , Libido und Potenz) und der v e r w e n d e t e n Substanz; orale G a b e bis zu dreimal täglich, injizierbare P r ä p a r a t e 3 x/Woche (T.-propionat) bzw. einmal alle 2 - 3 Wochen (T.-enantat). D i e injizierbaren Testosteronester w e r d e n im Plasma hydrolysiert, so d a ß die T h e r p i e durch Testosteron-Serumspiegel kontrolliert w e r d e n kann.

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Sachverzeichnis Hauptfundstellen erscheinen im Fettdruck. Abbildungshinweise sind durch „Abb." gekennzeichnet. Eigenschaftswörter sind nachgestellt außer bei englischsprachigen Begriffen oder Eigennamen.

Abdomenübersicht, Abb. 60 Abdominaldruck. Abb. 177 A b d o m i n a l h o d e n , s. Kryptorchismus 281,352 Ablatio testis 239,282 ABO-System 313 Abstoßungsreaktion, akute 316 - , akute, D D 318 - , - , Formen 317 - , - , Symptome 317 Abszeß, paranephritischer 125 - , - , Diagnostik 46 - , - , Schmerz 38 Abszeßdrainage 80 A C T H - P r o d u k t i o n , ektope 323 A d e n o k a r z i n o m 210 - , Blase 216 - N i e r e 201 - , Prostata 225 A d e n o m a t o i d t u m o r , Skrotum 251 A D H 19 A d h ä r e n z 118,119 A D P N , adulte polyzystische Nierenerkrankung 94 Adrenalektomie 299 - , Conn-Syndrom 323 - , Cushing-S. 324 Adrenalin, Phäochromozytom 320 AFP, Alphafetoprotein, Hodentumoren 199,238 Agenesie, gonadale 15 A G S 102 - , Inspektion 46 Akkumulationstyp, ING. Abb. 82 A k u t e s Nierenversagen, s. A N V 22 Aldosteron, Conn-Syndrom 322 - , Kaliumausscheidung 21 - , R A A S , Hypertonie, Abb. 27 Aldosteronmangel, RTA 21 Algurie, Definition 41 Allantois-Gang 5 Allopurinol 161,369 Alpha-Reduktase, B P H 182 - M a n g e l 102 Alpha-Rezeptorenblocker. B P H 191 Alpha-Sympathomimetika, Erektion 341 Amine, aromatische 208 - , - , Blase 215 Aminoglykoside, Übersicht 367 Ammoniumausscheidung 20 Amyloidose 126 Analatresie 8 Analgetikanephropathie 124 Analgetikum 156 Analreflcx 174 Analsphinkter, Tonus 174 A n d r o g e n - R e z e p t o r - D e f e k t 102 Androgenblockade, komplette 233 Androgene, B P H 182 Androgenentzug. Prostatakarzinom 231, Abb. 233 Androgensynthesestörung 102 Anejakulation 344

Angiographie, s. Renovasographie 78 Angiomyolipom 201 - N i e r e 205 Anogenitalsyndrom 129 Anorchie 113 - , Laparoskopie 70 Anorgasmie 345 Antiandrogene. B P H 191 - , Prostatakarzinom 233 Antibiotika, H W I 268 - , Langzeitprophylaxe, V U R 108 - , Schwangerschaft 368 - , Therapie mit 366 Anticholinergika, Reizsymptome 269 Antigen, prostataspezifisches, s. PSA 187,198 Antikörper-Suchtest 349 Antilymphozytenglobulin 316 Antimykotika 329 AntiÖstrogene 357 Antirefluxoperation 108,294 Antituberkulotika, Ototoxizität 142 Anurie, Definition 22, 36 - N o t f a l l 359.360 - , postrenale 29 ANV, Einteilung, Pathogenese 22 - , Klinik, Diagnose, Verlauf 23 - , polyurisches 23 - , postrenales 23 - , prärenales 23 - , renales 23 - . Therapie 23 Appendix epididymidis 10 - testis 10 Arginin-Vasopressin, s. A VP 19 Aromataseinhibitoren, B P H 189, 192 A R P N , infantile polyzystische Nierenerkrankung 94 Arteria renalis 2 - , testicularis 15 - , vesicalis 7 Arteriae arcuatae 2 - , interlobares 2 Arteriographie, Nierentumor, Abb. 205 Arzneimitteltherapie, urologische 366 Ascorbinsäure 369 - . Alpha-Mercaptopropionylglycin 169 Aspermie 343 Aspirationsbiopsie, Prostata 228 Atrophie, hydronephrotische 33 Atypiegrad, Urothel 217 A U G . Abb. 62 - , Blasentumor, Abb. 218 - , H o d e n t u m o r , Abb. 241 - , Indikationen. Ablauf 61 - . Kontraindikationen 61 - . Kontrastmittel 61 - , Niereninsuffizienz 62 - , Nierenverletzung 253 - , Ureterstein 32

Ausfluß, urethraler. Leitsymptom 43 Ausscheidungsurographie, s. A U G Azathioprin 316 Azidose, renale metabolische 20 - . - . tubuläre, s. RTA 20 -. - , Urolithiasis 167 Azoospermie 13.350,351 - , Verschluß- 354 Azotämie 22

Bakteriurie 127 asymptomatische, Schwangerschaft 275 - . s i g n i f i k a n t e 121 - V U R 107 Balanitis 131 - , xerotica obliterans 328 - , Op. 279 - , Inspektion 46 Balanoposthitis candidamycetica 330 Balkannephritis. Karzinogenese 209 Balkenblase, BPH, Abb. 184 Bauchhoden, s. Kryptorchismus 112, Abb. 307 Bauchpresse, Abb. 177 Bauchtrauma, stumpfes 253 - , - , Harnwege 264 BCG, Blasenkarzinom 371 Beckenbodendyssynergie 89 B e c k e n b o d e n - E M G , Entleerungsstörung 273 Beckenbodentraining 272 Beckenfraktur. Urethrozystogramm, Abb. 260 Begleithydrozele 133 - . Tumor 237 Behaarungstyp 44. 347 Bence-Jones-Proteine 51 Bernardi. Op. nach 282 Bertini-Säulen 2 Sonographie 56 Berufskrankheit, Blasenkarzinom 215 Betalaktam-Antibiotika 366 Bikarbonatrückresorption 20 Bilharziose 144 - . Blasenkarzinom 215. 144 - . Karzinogenese 209 Biopsie, transurethrale. Blasentumor 220 Bläschendrüse, A n a t o m i e 10 Infiltration 229 Sonographie 58 - . Sperma 349 Blasenekstrophie. s. Harnblase 101,109. Abb. 110 Blasenpunktion, s. Harnblase 49 Blauprobe 277 Blutgasanalyse 55 - , Urolithiasis 167 Blutung. B P H 186 Boari-Hitch-Technik, Abb. 293

Bougie ä boule 266 Bougierung. Urethrastriktur 195 Bowen-Krankheit 245, Abb. 332 BPH (beningne Prostatahyperplasie) 181 Ätiopathogenese 182 - . 5-Alpha-Reduktase-Hemmer 370 - . Alpha-Rezeptorenblocker 370 - . Behandlungsverfahren 189 - . Beta-Sitosterin 370 - . B i o p s i e 228. Abb. 229 - . Brennesselwurzel 370 - . Diagnose. D D 187 - . Doxazosin 370 - . Entwicklung, Abb. 183 - . Enukleation, Abb. 285 - . Finasterid 370 - . Komplikationen 186, 190 - . Kürbissamen 370 - , obstruktive Symptome 185 - , Pathogenese 183 - . Phytopharmaka 370 Prazosin 370 - . Prostatismus 185 - . Sägepalmenfrüchte 370 - . Stadien. Therapie 188 - . Terazosin 370 - . T U R - P 301. Abb. 189 - . Urethrographie 64 Bricker-Blase 222 Bromocriptin 356 Buck-Faszie 17 Bulbocavernosusreflex 174 Buschke-Löwenstein-Tumor 333 - . Peniskarzinom 245 Butylscopolamin, 179. 371

Candidamykose 330 - . Balanitis. Abb. 331 - U r e t h r i t i s 330 Carbachol. Entleerungsstörungen 179 Carcinoma in situ. Blase 217,221 - . Hodenbiopsie 352 - . N i e r e n b e c k e n k a r z i n o m 213 - P e n i s 245 Zytologie 53 Casoni. Intrakutantest 148 Casper-Katheter. Abb. 71 C E A . karzinoembryonales Antigen 198 Cephalosporine. Übersicht 366 Charriere. Ch.. Katheter 66 Chemolitholyse 157.161 C h e m o t h e r a p i e . Nierentumor 207 - . systemische. Prophylaxe 373 Chemozvstitis 127 Chinolone. Übersicht 367 Chirurgie, minimal-invasive. Techniken 304 Chlamydia trachomatis 130 Chlorhexidin 367 Cholinergika. Blasenentleerungsstörung 274

Sachverzeichnis

380 Chorionkarzinom, AFP 200 - , Klassifizierung 235 Christbaumblase, Abb. 174 Chromozystoskopie 67 Ciclosporin 316 Cisplatin, Hodentumor 243 Clearance, Bestimmung 82 - , seitengetrennte 82 Clomifen-Test 351 Clonidin-Hemmtest 322 CNI (chronische Niereninsuffizienz), Klinik 24 - , Nierenersatztherapie 25 - , Progressionsfaktoren 25 CO r Insufflator 305 Colliculus seminalis 8 Computertomographie, s. CT 64 Concretio renis 258 Conduit, Ileum, Kolon 221, Abb. 291 Conduitographie 80 Condylomata acuminata 223, 331. Abb. 332 - , Penistumoren 244 - lata 333 Conn-Syndrom 322 Befunde, Abb. 323 Corpora cavernosa 17, 335 Corpus spongiosum 8, 335 Cotrimoxazol 130 Cowper-Drüsen, Abb. 182 Craurosis penis 328 Cremasterreflex 47,174 Cross-Match 314 CT, Blasentumor 219 - , Hodentumoren 238 - , Indikationen 65 - , Nieren, Abb. 65 - , Nierenbeckenkarzinom, Abb. 212 - , Nierentumor, Abb. 205 - , Nierenverletzung, Abb. 254 - , Technik 64 Cushing-Syndrom 323, Abb. 324 Cyproteronacetat 233, 372

D-Penicillamin 369 Darmatonie, Ureterstein 162 Dauerkatheter, BPH 189 Defäkationsschmerz 40 Desintegration, ESWL 157 Deszensus, rotatorischer 266, Abb. 267 - , vertikaler, Abb. 267 Detrusor-Blasenhals-Dyssynergie 172 - Sphinkter-Dyssynergie 170, 172, Abb. 178 Detrusordruck 89, Abb. 90, 177 Detrusordyssynergie 89 Detrusorhyperaktivität 176 Detrusorhyperreflexie 269 Detrusorhypertrophie 108 Detrusorinsuffizienz 170 Detrusorkontraktion 170 Detrusorleistung 90 Diabetes mellitus, HWI 120 Diagnostik 44 - , Angiographie 78 - , endokrine 350 - , Blasenentleerungsstörungen 173 - , Inspektion, Auskultation 44 - L a b o r 49 -, Lymphknotenpalpation 45 -, nuklearmedizinische 80 Palpation 45 Palpation, Nieren, Abb. 45 -, perkutane Verfahren 76

Röntgen 60 Sonographie 55 Diaphanoskopie 47 Diaphragma urogenitale. Zerreißung, Abb. 260 Diazepam, Nierenkolik 371 DIC, diss, intravasale Gerinnung, Nierenversagen 135 Dihydrotestosteron 232 - B P H 182 Diskusprolaps 173 Diuretika, Thiazide 20 Divertikelblase, BPH, Abb. 185 Dopamin, ANV 23 - . Urosepsis 135 Doppelballonkatheter 63 Doppel-J-Katheter 74, Abb. 75 -, Urinableitung 301 Doppelnieren 58, 96, Abb. 4 -, Ureter fissus, RP, Abb. 75 Doppler-Sonographie 56, 59 Dottersacktumoren, Klassifizierung 235 Doxorubicin, Blasenkarzinom 371 Dranginkontinenz 271 - D e f i n i t i o n 41,42 Drehungsanomalien, Nieren, s. Malrotation 93 Dreigläserprobe 49, Abb. 50 DRU. digitale rektale Untersuchung d. Prostata. 187, Abb. 48, 190 Druck-Fluß-Messung 89, 267, Abb. 90, 177 - B P H 188 Drüsen, periurethrale 11 DSA, Nierentrauma 255 Ductus deferens, Agenesie 356 -, Ligatur, Resektion, Abb. 283 Ductus ejaculatorius 10,11 Duplex-Sonographie 59 Dysfunktion, erektile 336 -, - , Diagnostik 337 Pharmakotherapie 373 -, - , Papaverin 373 - , - P G E , 373 -, - , Risikofaktoren 337 - . - Y o h i m b i n 373 - . kavernöse 337 -, sexuelle 335 -, - , psychogene 340 Dysplasie, fibromuskuläre 26 - . segmentale 95 Dystopie, gekreuzte 93 - , Nieren 58.93 Dysurie 122 - . Blasentumor 217 - , Definition 41 Urethrastriktur 195

E. coli, Urosepsis 120,134 Echinococcus granulosus, Hundebandwurm 147 Echinococcus multilocularis 147 Echinokokkose 147 Echinokokkuszyste 148 Effekt, nephrographischer, A U G 62 Einheit, vesikoureterale 8 Einjahres-Transplantat-Funktionsrate 311 Einmalkatheterismus 70 Ein-Tages-Therapie 369 Eintauchnährböden 51, 121 Einzelniere, Tumorresektion 297 Eiweißrestriktion, CNI 25 Ejaculatio praecox 344

Ejakulat, Prostatasekret 181 - , Spermiendichte 55 -, Spermienmotilität 55 Untersuchung 54, 55 mikrobiologische 129 Ejakulation, retrograde 344,356 - , - , BPH 82, Abb. 192 - , - , Hodentumor 241 - , -, Lymphadenektomie 300 Ejakulationsstörungen 343 - , Leitsymptom 43 Ekzem, chonisches 325 - , Genitale 325 - , mikrobielles 325 - , seborrhoisches 325 Elektrolytbilanz, ANV 23 -.Pouch 292 Elektromyogramm, Detrusor, Abb. 176 Elektroresektion, BPH 189 Elektrostimulation 269, 344 - , Blasenentleerungsstörung 274 Elevationstest n. Bonney 272 Embolisation, arterielle 78 Emissionsverlust 344 Endokrinopathie, paraneoplastische 206 Endometriose, Blase 214 - , extragenitale 276 Endoskopie, s. auch Endourologie 66, 300 - , Blasenentleerungsstörungen 175 - , Indikationen 69 - , Instrumente, Abb. 67 - , Komplikationen 69 Kontraindikationen 69 - , spezielle Formen 70 Endourologie 66,300 - , Operationstechniken 304 Entzündungen, spezifische 137 - , unspezifische urogenitale, s. HWI 118 Enukleation, BPH 189 Enuresis, Definition 42 Enzymimmunoassay, TuM 197 Eosin-Test 349 Epidermoidzyste, Skrotum 251 Epidermophytia inguinalis, Abb. 329 Epididymis 10 Epididymitis 132 akute, 239 - , chronische 133 -, Erreger 119 -, Infertilität 352 Schmerz 41 - , tuberkulöse 133 Epididymoorchitis 133 Epispadie 8, 100,110 - , Formen, Abb. 110 - , glanduläre 110 - p e n i l e 110 Erektion, Physiologie 335 - , prolongierte 341 - - N o t f a l l 364 - , -, Sympathikomimetika 365 - , Leitsymptom 43 Störungen 335 Erkrankung, panurotheliale 220 nephrologische 18 -, tubuläre 18 Erregernachweis 121 mikrobiologischer 366 Ersatzblasen, Pouch 165 Erythrasma 330 Erythromycin, Übersicht 367 Erythroplasie Queyrat 245 Erythrozytenmorphologie, Abb. 53

Erythrozytenzylinder 52 ESWL, extrakorporale Stoßwellenlithotripsie 157 Ethambutol 142 Exenteration, vordere, Blasentumor 221,289 - , - , Tumoren 278 - , - , Urethrektomie 284 Exkretionsphase, ING, Abb. 82 Exposition, berufsbedingte 208 Externusaponeurose, Op. 279

Fäkalurie 43 Faktoren, prädisponierende, HWI 120 Faszie, perirenale 2 Fehlbildungen 91 - , gonadale 15 Feigwarzen 331 Fernmetastasen, Nierenzellkarzinom 202 - , Prostatakarzinom 227 Fertilität, Diagnostik 347 - , Maldescensus testis 113 - , Störungen 346 Fibrose, retroperitoneale, Kavographie 64 Fieberschübe, VUR 107 Filtrationsrate, glomeruläre, s. GFR 20 Fisteln, urogenitale 277 - , - , Darstellung 80 - , - , Exzision 277 Flankenschmerz 125 Harnsteine, Kind 115 - , Nierenbeckentumor 210 - , Nierenkarzinom 202 - , Nierentrauma 257 Flitterwochenzystitis 268 Fluorquinolone, Übersicht 367 Flüssikeitsbilanz, ANV 23 Flutamid 233 Fornixruptur, Ureterstein 39,163 Fossa navicularis, Urethrographie 63 Fournier-Gangrän 132 Fowler-Stephens-Manöver 281 Fowler-Stephens, Op. nach 308 Fremdkörper, Blasenstein 164 Genitoskopie 70 Frühphase, hyperdyname, Urosepsis 135 Frühurographie 62 Fruktose 349 FSH 346 Füllungsdefekt, AUG, Tumor, Abb. 211 Funikulolyse, Technik 280 Funktionsstörungen, sexuelle 335 - , tubuläre 18 Furosemid, ANV 23 Furosemidszintigraphie 82, Abb. 83

Gang, mesonephrogener 2 - , uterovaginaler 10 Ganzkörperszintigraphie 85 Genitale, äußeres 16 - , - , Fehlbildungen 17 - , - , Verletzung, Notfall 358 - , - , Verletzungen 262,263 - , Differenzierung, Abb. 14 - , Entwicklung, Abb. 101 - , feminisierende Korrektur 103 Hauterkrankungen 325 - , intersexuelles n. Prader, Abb. 101

Sachverzeichnis Genitalekzem 325 Genitaltuberkulose 137, 140 Genitaltuberkulum 16 Genitographie 80 Genitoskopie 70 Gerinnung, disseminierte intravasale, D I C 135 Gerota-Faszie 2 - , N e p h r e k t o m i e 295 G e r u c h 44 Gesamtclearance 82 Geschlechtskrankheiten, meldepflichtige 334 Gewebetypisierung 313 Gewicht, spezifisches, Harn 20 - , - , M e t h o d e 50 - , - , Urinvolumen 168 G F R 20 Gichtnephropathie 22 Glans penis 8 Gleithoden 112 Gleitmittel 67 Glomerulum 1 Glukosurie 51 G n R H 346 - Analoga, Prostatakarzinom 233 G o n a d e n , A n a t o m i e 13 - D e s z e n s u s 13 - , dysgenetische 102 Gonadendysgenesie, gemischte 102 G o n o r r h o e 54 - , Behandlung 369 G r a n u l o m e , epitheloidzellige 137 G u b e r n a c u l u m 15, Abb. 14 Gynäkomastie 44, 347 - , H o d e n t u m o r 237 - , H o r m o n e , Prostatakarzinom 234 G y r a s e h e m m e r 130 - . Ü b e r s i c h t 367

H ä m a n g i o m 79 - B l a s e 214 - , Skrotum 251 H a m a r t o m , fibröses, Skrotum 251 H ä m a t o m , s. N i e r e n h ä m a t o m 256 Hämatozele, H o d e n t u m o r 239 Verletzung 264 Hämaturie, Fremdkörper 37 - , Harnblase 37 - , initiale 36 - , Leitsymptom 36 - , scheinbare 36 schmerzhafte 36 - , schmerzlose 36 - , terminale 36,126 - , totale 36 - , Ursachen 36, Abb. 37 Hämodialyse 25 Hämodynamik, penile 341 Hämoglobinurie 36, 51 Hämospermie, Leitsymptom 43 H a r n . . . , s. auch U r i n . . . Harnabflußstörungen, s. Harnstauung 28 Harnblase, A n a t o m i e 5 - , Augmentation 269 - , - , Technik, Abb. 288 - B P H , Abb. 184 - , Dehnbarkeit, Einschränkung, Abb. 177 - , Divertikel, B P H 185,186 - , Druck, Abb. 177 Entleerungsstörungen 170,271, 273 - , - , Anticholinergika 371

381 Baclofen 371 - , - , Butylscopolamin 371 - , - , Carbachol 371 - , - , Cholinergika 274 - , - , Dantamacrin 371 - , - , detrusorbedingte 170 - . - . D i a g n o s t i k 173,273 - , - , H W I 273 - , - , neuromotorische 172 - , - , obere, untere Läsion 172 - , - , obstruktive 170 - . - , P h a r m a k o t h e r a p i e 370 - . - . R e f l e x p r ü f u n g 173 - , - , Therapie 178 - . Ersatz 289 - , Erweiterung 287 - , Ekstrophie 101,109, Abb. 110 - . F i s t e l 277 Strahlenspätschäden 270 - , Fremdkörperentfernung, Op. 287 - , Hals, Abriß 262 - . - , Inzision, B P H 191 - , - , Schlitzung 180 - , - , Sklerosen, B P H 190 - , Hyposensitivität 273 - , Kapazität. Reizsymptome 269 Karzinom 215 - , - , Chemotherapie 371 - , - , Grading 217 - . - . H a r n a b l e i t u n g 221 - , - , Immuntherapie 371 - . - . Op.-Technik 288 - , - . Stadien, Abb. 216 - , - , Tu Μ 199 Katheter, Notfalltherapie 358, 360 - , Läsion 277 - , Manschette 296 - , neurogene, Abb. 177 -, Läsionsmuster, Abb. 173 - , Operationen 287 Punktion, suprapubische, Technik 49 - , Ruptur, intra-, extraperitoneal 259 - , - . intraperitoneale, Therapie 262 - , - , Notfall 358 - , Sonographie 58 - , Schmerzen, Leitsymptom 40 - , Steine, Abb. 150,164 - , - , B P H 186 - , - , Entfernung, Op. 287 - . S t i m u l a t i o n 180 - , Substitution, orthotope 291 - . Tamponade 360 - , Tumor 214 - . - , MRT, Abb. 220 - . - . N a c h s o r g e 218 - . - . papillärer, Abb. 219 Resektion, transurethrale T U R - B 300, Abb. 301 - , Verletzung 259 - - . N o t f a l l 358 - S c h r i t t m a c h e r 180 Harnblasenscheidenfistel 277 Harninkontinenz 9 7 , 1 7 3 , 2 7 1 - , Blasenreservoir 272 - B P H 190 - . Definition 41 - , extraurethrale 271 - , gestörter Kontinenzapparat 272 - , komplette 42 - , Op. 272 - . Therapie 272 - , totale, Fisteln 277 Harnkonzentrierung 18 H a r n m e n g e , -qualität, Leitsymptom 35

Harnröhre, s. Urethra 5, 8 Harnsäure 150 - , Ausscheidung 22 - , Steine 165 - , Verstopfungsniere 22 Harnschau 35 Harnstauung, Diagnostik 29 - , Klassifizierung n. E m m e t t , Abb. 28 - K l i n i k 31 - , Röntgen, Abb. 30 - , Sonographie. Abb. 29 - , Therapie, Folgen 33 Harnsteine. Analyse 115 - K i n d 115 Harnstrahlmessung, s. Urinfluß 42. 86 Harnverhaltung, akute, BPH 186. 189 - . akute. Schmerzen 40 - , chronische, Schmerzen 40 - , Definition 41 - , Katheterismus 70 - N o t f a l l 359 Harnwegantiseptika, Übersicht 367 Harnweginfekt, s. H W I Harnweginfektion.s. H W I 118.267 Hauri, Op. nach. Abb. 342 H a u t e r k r a n k u n g e n . Genitale 325 H C G . H o d e n t u m o r 238 - , humanes Choriongonadotropin, Tumormarker 199 - Stimulation 113 - Therapie 353 Hemmungsfehlbildungen, Nieren 91 Henle-Schleife 2 Hermaphroditismus verus 102 Herzinsuffizienz, A N V 23 Hippel-Lindau-Syndrom, D D Phäochromozytom 322 - . MRT, Abb. 321 Hirsutismus, Cushing-S. 324 Histoinkompatibilität 313 HIV-Infektionen. U G T 137 HLA-System 313 Hochdruckreflux 107 Hochfrequenzstrom, T U R - B 300 Hoden, A n a t o m i e 15 Autotransplantation 308 Biopsie, kontralaterale 282 - , - A b b . 351 - . D y s t o p i e 112 - . Ektopie, Abb. 112 - . Freilegung 282 - . - , operative, Hodentorsion 114 - . Tumoren 236, 239 - . G r ö ß e 47 - , Hochstand, s. Kryptorchismus 352 - . Karzinom, Kind 117 - , Konsistenz 47 - . Palpation 47 - . R e t e n t i o n 112 - . Schmerzen, DD, Abb. 40 - , - . Leitsymptom 40 - . - . N o t f a l l 361 - , Sonographie 58, Abb. 59 - , Szintigraphie 84 - , Trauma, stumpfes. Abb. 359 - . Tumor 234 - . - . Chemotherapie, BEP-Schema 242 - , - , Diagnose, D D 238 - , - . germinaler, Klassifikation 235 - , - . Lymphadenektomie. Abb. 237 - . - , Nachsorge, Prognose 243

- , nichtseminomatöser 240 - . - , Sonographie, Abb. 241 - , - , T N M 236 - . - . Tu Μ 199 - , Vergrößerung. Tumor 237 - . Verletzung 264 Hodentorsion. akute 239 - , intravaginale 114 - K i n d 114 - . N o t f a l l 361 - . Op. 281 - , Palpation 47 - . Schmerz 40 Sonographie 362 - . supravaginale Horizontaltyp. ING. Abb. 82 H o r m o n , antidiuretisches, s. A D H 19 - . Rezeptoren. TuM 198 - . Sensibilität. Prostatakarzinom 233 - . Therapie 373 - . - , N i e r e n t u m o r 207 - , - , Prostatakarzinom 231 Hufeisenniere 3. 58. Abb. 93 Humanpapillomavirus ( H P V ) , Peniskarzinom 244,331 H u n d e b a n d w u r m , Echinococcus granulosus 147 H W I (Harnweginfektion) 118,267 - a k u t e 118 - . a l l g e m e i n 118 - . Antibiotika 268 - . aszendierende 119 - . bakterielle 119 - , - . Frauen 267 - , Erregernachweis 121 - , Schwangerschaft. Rezidivprophylaxe 275.368 - , V U R 107 Hydatidentorsion 115, 281 - . N o t f a l l . A b b 362,363 Hydronephrose 26 - B P H 185 - . traumatische 258 - . Ureterstein 162 Hydrozele, Ektomie. Op.-Technik 281 - . H o d e n t u m o r 239 - . Schmerz 41 - . Sklerosierung 281 Hymen 10 Hvperkaliämie. Niereninsuffizienz 22 - . Schrumpfnieren 29 Hyperkalzämie. Nierenkarzinom 203 Hyperkalzurie 369 - . absorptive 167 - . RTA 21 - . Urolithiasis 153 Hyperkeratose 327 H y p e r n e p h r o m . s. Nieren. Karzinom 201 Hyperoxalurie 369 - . U r o l i t h i a s i s 154 Hyperparathyreoidismus. Urolithiasis 166.168 - , RTA 21 Hyperperistaltik, Ureter 39 Hyperprolaktinämie 356 Hyperreflexie. Detrusor 176 Hypertonie, arterielle, CNI 24 - , - . Cushing-Syndrom 323 - . paroxysmale, Phäochromozytom 320 - , - . V U R 100 - , renale 25

Sachverzeichnis

382 Hypertonie, renale, einseitige Nierenerkrankungen 26 - , - , Nierentransplantation 27 -, parenchymatöse 25 - , - , Ursachen, Abb. 26 - , renovaskuläre, Szintigramm 81 Hyperurikämie 166,369 Hyperurikosurie 2 2 , 1 5 4 , 3 6 9 H y p o g o n a d i s m s 346 - , hypogonadotroper 352, 356 Hypokaliämie, chronische 22 Hyponatriämie, Diuretika 21 Hypospadie 8, 100, Abb. 111 - , Formen 111 Korrektur, Technik 285 Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse 112

ICSI 356 Ileozökalpouch, Abb. 289,292 Ileum-Conduit 221,291 Ileum-Neoblase 222 Imipramin 357 Immunsuppression, Nierentransplantation 27, 316 Immuntherapie, N i e r e n t u m o r 207 Implantate, U r e t e r 76 Impotenz, psychogene 340 In-vitro-Fertilisation 349 Index, karyopyknotischer, KPI 266 Induratio penis plastica 347 Infektion, h ä m a t o g e n e 120 - , urogenitale, s. H W I 118 Infektsteine 165 - K i n d 115 Infrarotspektroskopie, Urolithiasis 167 I N G 31 - , Abb. 82 - , pathologisches 82 Inguinalekzem, Abb. 325,236 Insemination 349 Interferon 207 Interkostalschnitt, N e p h r e k t o m i e , Abb. 295 Interleukin 2 207 Intersex 102 Ischämiezeit, kalte 315 Ischuria paradoxa, B P H 186 Isoantigene, TuM 199 Isoniazid 142 Isosthenurietyp, ING, Abb. 82 Isotopennephrographie, s. I N G 31, 82

Kallikrein 357 Kalzium, Ausscheidung 22 - , - , Aldosteron 21 - . O x a l a t 150 - . P h o s p h a t 150 Kanzerogene, Blase 215 Karyotyp 102 Karzinom, embryonales, Klassifizierung 235 Katheter, Formen, Abb. 71 - , Inkrustationen 72 transurethraler, Abb. 71 Katheterismus 6 6 , 7 0 - , Beckenringfraktur 358 - , Desinfektion, Übersicht 367 - , Indikationen 70 - , intermittierender 70 - , - , Entleerungsstörungen 179 - , Katheterformen, Abb. 71 Komplikationen 72 - N o t f a l l 358.360

- , suprapubischer 70, 72 Abb. 71 - . T e c h n i k 71 - . t r a n s u r e t h r a l e r 70, 72, Abb. 71 - , Urethrastriktur 194 - , Urolithiasis 156 Kavernen, U G T 140 Kavernosographie, Abb. 340 - , Indikationen 63 - , Peniskarzinom. Abb. 246 Kavernosometrie 340 Kavographie 64 Keimzahlbestimmung 121 Keimzelltumoren, nichtseminomatöse. TuM 199 - , s. H o d e n t u m o r e n , germinale 235 Kelchdestruktion 138 Kelchdivertikel 96 Kelchgruppen, Anomalien 96 Kelchsteine 160 Kernatypie, Prostatakarzinom 225 Kernspintomographie, s. M R T 65 Ketoazidose 22 Kinderurologie 104 - , Onkologie 116 Kittniere 139 Klinefelter-Syndrom 350 Klitoris, Embryologie 16 - , Form 46 Kloake 1,5 - . M e m b r a n 109 - , persistierende 8 Klopfempfindlichkeit 38 Knochenschmerzen, Prostatakarzinom 227,234 Koagelbildung 360 Kohabitationsverletzung 359 - , Penis 263 Koliken, Leitsymptom 38 - N o t f a l l 361 - , Spasmoanalgesie 39 - , Ureterstein 162 - , Urolithiasis 151 Kollagenunterspritzung, V U R 108 Kolon-Conduit 221, Abb. 291 Konkremente, s. Urolithiasis 150 Kontaktekzem, allergisches. Abb. 325, 326 Kontrastmittel, Jodgehalt 61 - , Paravasat, Nierenverletzung 258 - , Reaktionen 61 - , Unverträglichkeit 61 Konus-Kauda-Syndrom 273 Kortikosteroide 142 KPI, karyopyknotischer Index 266 Kreatinin, Clearance, endogene 50, 55 Kremasterreflex 47,112,147 - . H o d e n t o r s i o n 114 Kristallformen, Urin. Abb. 54 Kristallisation 152 Kristallurie 52 Kryptorchismus 16,112.352. Abb. 307 - . Azoospermie 352 - . Laparoskopie 307 - . Orchidopexie 280 - , Tumoren 235

Labia minora 10 - . Embryologie 16 Labiensynechie 46 Laboruntersuchungen 49 Lageanomalien, s. Dystopie, Nieren 58. 93

Laktatdehydrogenase, H o d e n t u m o r 238 Laparoskopie 70 - , Op.-Komplikationen 309 - , O p . - R a u m , Abb. 306 - , urologische, Instrumente 305 Lasertherapie, Blasentumor 221 - , B P H 189,191 - , endovesikale 221 - , Präkanzerosen 248 - , transurethrale, B P H 189 Latenzzeit 139 Lebendnierenspender 314 Leichennierenspender 314 Leistenhernie, Op. 280 Leistenhoden 112 - . Op.-Technik 280 Leitsymptom(e) 35 - , Anurie 35 - , H a r n m e n g e , -qualität 35 - , H ä m a t u r i e 36 - , Miktionsstörungen 41 - , Oligurie 35 - , Polyurie 35 - , urethraler Ausfluß 43 Leukoplakie, Peniskarzinom 245 Leukozytenzylinder 52, 122 Leukozytose 135 Leukozyturie 127 - s t e r i l e 139 Leydig-Zelltumor 236 - Zwischenzellen 15, Abb. 351 LH 346 - R H - A n a l o g a 277 - R H - T h e r a p i e 353 - , pulsatile 356 Libido 337 Lich-Gregoir, Op.-Technik, Abb. 294 Liehen sclerosus et atrophicus penis. Abb. 328 Ligament, puboprostatisches 11 Ligamentum umbilicale mediale 7 Lithotripsie 301 Littre-Drüsen 8 L-Methionin 369 Lokalanästhesie. Katheterismus 72 Lues-Serologie 334 Lugano-Klassifikation, Hodentumoren 236 Lymphabfluß, H o d e n t u m o r e n 236 Lymphadenektomie bei Nephrektomie 296 - , H o d e n t u m o r e n , Abb. 237 - , ilioinguinale, Penis 247 - , ipsilaterale 214 - , modifizierte 300 - , Nierentumor 206 - , - , 230, 287 - , - , Staging 306 - - T e c h n i k 286 - , radikale, H o d e n t u m o r 242 - , retroperitoneale, Technik 299 Lymphknoten, pelvine. Prostatakarzinom 226 - . Befall, Prostatakarzinom 227 - , Diagnostik, Prostatakarzinom 230 - , Exstirpation 230 - , Palpation 45 - , Vergrößerung, S k r o t u m t u m o r e n 248 Lymphödem, Prostatakarzinom 228 Lymphographie 64 Lymphozele, Drainage, laparoskopische 308,309

- , H o d e n t u m o r 241 - . T r a n s p l a n t a t i o n 319 Lymphozyten, tumorinfiltrierende, T I L 207

Magnetresonanztomographie, s. M R T 65 Mainz-Pouch I, Abb. 292 - 11,290 M a k r o h ä m a t u r i e , Blasenkarzinom 217 - , Diagnostik 50 - , Nierenbeckentumor 210 - , Nierenkarzinom 202 - , Nierenverletzung 253 - N o t f a l l 360 - , schmerzlose, Blasentumor 217 - , Trauma 358 Makrolide, Übersicht 367 Maldescensus testis, Diagnostik, Therapie 112 - F e r t i l i t ä t 113 - H ä u f i g k e i t 113 - . H o r m o n t h e r a p i e 113 Malrotation, Nieren 3, 93 Markschwammniere 95 - , Konkremente, Abb. 150 - , RTA Masturbationsverletzung, Penis 263 Matrixsteine, Urolithiasis 155 MCU 63,73,124 - , Abb. 175 - , N o r m a l b e f u n d , Abb. 74 - , V U R 107 Meatus urethrae e x t e m u s 46 Meatusstenose 194 - , Liehen sclerosus 328 Mebendazol 149 Medikamente, urologische 366 Megakalikosis 96 Megaureter, Abb. 99,105 - A U G , Abb. 105 - , primärer kongenitaler 105 - . s e k u n d ä r e r 106 Mehrstufenkarzinogenese 208 Melanom, malignes, Skrotum 250 M E S A 356 Mesonephros, Abb. 1 Mesorchium 14 Metamizol, Nierenkolik 371 Metanephros 2 Metaphylaxe, Urolithiasis 165 Metastasen, Chirurgie, Nierentumor 207 Metastasierung, H o d e n t u m o r 244 - , Nebenniere 324 - , N i e r e n b e c k e n t u m o r 210 - , Nierenzellkarzinom 202 - , Prostatakarzinom 227 - , TuM 197 Metronidazol, nichtgonorrhoische Urethritis 131 Meyer-Weigert-Regel 4, 97 MIBG-Szintigraphie, Phäochromozytom, Abb. 321 Mikrohämaturie, Nierensteine 159 - , Ureterstein 162 - . U r o l i t h i a s i s 151 Mikropenis 112 Mikroproteinurie 51 Miktion, A n a m n e s e 173 - D a u e r 86, Abb. 87 - , dyssynerge 89 - . F r e q u e n z 173 - , Gewohnheiten, H W I 267 - , Phasen 175

Sachverzeichnis - , - MCU, Abb. 74 - , Störungen, Leitsymptom 41,176 - , synerge 89 U r e t h r a e r k r a n k u n g e n 87 - V o l u m e n 86, Abb. 87 Miktionszystourethrographie, s. MCU 63,73,124 Mirazidien 145 Mismatch 313 Mitomycin, Blasenkarzinom 371 Mittelstrahlurin 120 Gewinnung 49 Morbus, s . . . .-Krankheit Morphin, Tumorschmerz 373 M R T 65 - , A b d o m e n , Abb. 66 - , Blasentumor 219 coronare, Phäochromozytom, Abb. 321 Müller-Gang 9, Abb. 6, 14 - Tuberkel 9, Abb. 14 Mumpsorchitis 133 Muskelrelaxanzien, Entleerungsstörungen 179 Mycobacterium tuberculosis 137 Myelolipom, NN 324 Mykosen 329

N-Butylscopolamin, Nierenkolik 371 Nachniere 2, Abb. 1 Nachträufeln. B P H 185 Natriumausscheidung 21 N e b e n h o d e n , A n a t o m i e 10 ff - , Palpation 47 - , Schwellung, Genitaltuberkulose 140 - , Sperma 349 - T u b e r k u l o s e 144 - , Verletzung 264 Nebennieren (NN), E r k r a n k u n g e n der 320 - , Karzinom, Adrenalektomie 299 - , N e p h r e k t o m i e 296 Nebennierenmark (NNM), Erkrankungen 320 - , Szintigraphie 84 Nebennierenrinde (NNR), Erkrankungen 320 Hyperplasie, s. Conn-Syndrom 322 - , Karzinom 323 - , Szintigraphie 84 Nelaton-Katheter, Abb.71 Neoplasie, multiple endokrine, M E N 322 Neourethra 111,285 Nephrektomie, ING. Abb. 82 - , Ischämie 297 - , laparoskopische 309 - , N i e r e n t u m o r 206 Op.-Technik 295 vor Transplantation 312 Nephritis, tubulointerstitielle 18 Nephroblastom, s. Wilms-Tumor 201 Nephrokalzinose, RTA 21 Nephrolitholapaxie, perkutane s. PNL 77.158.303 Nephropathie, diabetische, Mikroproteinurie 51 N e p h r o s k o p 67 - P N L 159 Nephrostomie. perkutane, PNS 77. 157 - - . H a r n s t a u u n g 31,33 - . - . T e c h n i k 302. Abb.77

383 - , - , Ureterstein 162 - , temporäre, Verletzung 259 Nephrotoxizität, Medikamente, Übersicht 368 N e p h r o u r e t e r e k t o m i e , Karzinom 213 - , Op.-Technik 296 Nervus cavernosus 336 - , hypogastricus 336 Neuroblastom 116, 324 Neuropathie, a u t o n o m e 173 Niederdruckreflux 107 Niederdruckreservoir, orthotopes 289 Nieren. Abszeß 123,125 - , - , Erreger 119 - . A d e n o m 201 - , Agenesie 91 - , - , einseitige 91 Anatomie 1 - . Anomalien 58 - , Aplasie 91 - , Ausgußsteine, P N L 159 - , Biopsie, transkutane 77 - . Degeneration, polyzystische, Sonographie 56 - , Doppelniere, Abb. 4 - . Dysplasie, multizystische, Abb. 92 - , - , zystische 95 - , dystope, Szintigramm 81 - , Dystopie 58 - , Echinokokkose 147 - , ektope 3 - , E n t n a h m e 315 - , Erkrankung, A D P N , A R P N 94 - , Fehlbildungen 91 - , Fettkapsel, N e p h r e k t o m i e 296 - , funktionslose, ING. Abb. 82 - . Funktionsszintigraphie 80 - . H a m a r t o m , Ruptur 201 - , H ä m a t o m , perirenales 256 - , - , subkapsuläres 256 - , Hohlsystem, Fehlbildungen 96 - , Hypoplasie 91 - , Infarkt, Hämaturie 36 - . Karzinom, Abb. 201. 202 - , - . A U G , Abb. 204 - , - , D D 206 - . - K l i n i k 202 - , - . O p e r a t i o n e n 206 -, Sonographie, Abb. 204 - . - , Stadieneinteilung 203 - , - , Symptome, Labor 203 - , Kelche, Anomalie 96 - , - , Divertikel 96 - , - , Steine 160 - , - , Zysten 96 - . Kolik, Harnstauung 31 - , - . Leitsymptom 38 - . - , Therapie 371 - , Konservierung 315 - , Kontusion 256 - , Lage- u. Formfehlbildungen 93 - . Lageanomalie, A b b . 4 - . Leeraufnahme. Abb.60 - . Malrotation 58 - , nuklearmedizinische Diagnostik 80 -. -. -. -. -. -.

numerische Anomalien 58 operative Zugangswege 295 Palpation. Abb. 45 Parenchym. Punktion 76 - . R u p t u r . Abb. 254 Ruptur, zweizeitige. Therapie 258 - . Punktion 76 - . R a u m f o r d e r u n g . Sonographie 56

- , Renovasographie 79 - , Rinde, Sonographie 56 - , Schmerz, Leitsymptom 38 - , Sonographie 160, Abb. 56 - , Spende, Rechtslage 314 - , Spender 314 - . Stielabriß 257 - . s t u m m e 160 - , Szintigraphie, statische 83 - . - , Sequenzszintigraphie, Abb.81 - . - . - , Harnstauung 31 - , Transplantation 311 - . - . CNI 25 - , - . Hypertonie, renale 27 - , - , Indikationen 312 - , - , Komplikationen 317 - , - , Szintigramm 81- , Tumor(en) 200 - , - , Angiographie, Abb. 205 - . - . C T . Abb. 205 - . - . Entfernung, Op.-Technik, Abb. 297 - . - . - , organerhaltende 297 - . - . gutartige 200 - . - . Nephrektomie. Op.-Technik 296 - . Verletzungen 252 - . - , Angiographie, Abb. 255 - . - , D S A , Abb. 255 - . - . Klassifikation 255 - . - . N o t f a l l 358 - , - . penetrierende 259 - , - . Schweregrade, Abb. 256 - , - , Spätfolgen, Prognose 265 - , - , Therapie 258 Nierenarterienstenose 26. 257 - . T r a n s p l a n t a t i o n 319 Nierenarteriographie, s. Renovasographie 79 Nierenbecken, ampulläres. Szintigraphie 83 - . Fehlbildungen 96 - . Karzinom, A U G 211 - P l a s t i k 298, Abb. 299 - , Punktion 76 - . Stein. Abb. 150 - . T u m o r 208 - . - . A U G , Abb. 211 Nierenersatztherapie 311 - C N I 25 Niereninsuffizienz 22 - . akute, s. A N V 22 - , chronische, s. CNI 24 - . globale 19 - . - . T r a n s p l a n t a t i o n 311 -. Zystennieren 94 Nierensteine 160 - . Sonographie, Abb. 57 Nierenteilresektion 205. 297. Abb. 298 Nierentrauma s. Nieren. Verletzung 255.358 Nierenvenenthrombose 64 - . Hämaturie 36 Nierenversagen, akutes, s. A N V 22 - . chronisches, s. CNI 125 - , medikamentöses, Übersicht 368 Nicrenzysten 95, 205 Nierenzysten. D D Nierentumor 206 - . Punktion 76 - , Sonographie. Abb. 57 Nitratgehalt, Trinkwasser 208 Nitrofurantoin 367 Noradrenalin. Phäochromozytom 320 Notfälle, urologische 358

Noxen, industrielle, Karzinogenese 208 Nykturie, B P H 186 -.Definition 41,42

OAT-Syndrom 348,353 Obstruktion, funktionelle 170 - . infravesikale 273. 274 - . m e c h a n i s c h e 170 - . postrenale. Urinableitung 301 - . subvesikale 170 - . - . Urethrographie 63 - . funktionelle, mechan. 178 Oligozoospermie 348. 350 Oligurie, Definition 22, 36 Onkogenese. Nierenzellkarzinom 202 Onkologie, urologische. Therapie 371 Onkozytom. Nieren 201 Operation, nervenschonende, Prostata 286 - . potenzerhaltende 286 - . laparoskopische 304 - . Techniken 279 Operationsinstrumente, endourologische 305, Abb. 305 Operationstechnik, Retroperitoneum 299 - . vesikoureteraler Reflux, Abb. 294 Orchidopexie 113 - . Gegenseite 281 - . kontralaterale, Hodentorsion 115 - T e c h n i k . Abb. 280 - . transskrotale 281 Orchiektomie. laparoskopische 308 - . Op. nach Riba 283 - . plastische 283 - . P r o s t a t a k a r z i n o m 231,233 Orchitis 133 - . E r r e g e r 119 - . granulomatöse 134 - . Infertilität 352 - . Schmerz 40 - . Tumor 239 Organspende 319 Orgasmusstörungen 345 Ortho-Jodhippursäure 81 Osteopathie, renale. CNI 24 Osteoporose. Cushing-S., Abb. 324 Ostienkonfiguration 107 Ostium, ektopes 5 Östrogenmangel. KPI 266 - . Reizsymptome 270 Östrogenrezeptoren. BPH 182 Ovar 14 Ovidukt-Persistenz 102 Ovotestis 103 Oxalat. Urolithiasis 152 Oxalose. Hvperoxalurie 154 Oxalsäure. Urolithiasis 153 Oxibutvnin. Entleerungsstörungen 179

Paartherapie 340. 345 Paget-Krankheit, Peniskarzinom 245 - . S k r o t u m t u m o r e n 250 Palpation. Bartholini-DrUsen 46 - . B l a s e 46 - . digitale rektale, s. D R U 187 - . Genitale, männliches 46 - . - . weibliches 46 - . Induratio penis plastica 47 - . Lymphangitis, traumatische 47

Sachverzeichnis

384 Palpation, Psoasschmerz 46 - , U r e t e r 46 Vorhaut 46 - , Wilms-Tumor 46 Panurographie 62 PAP, saure Phosphatase 197 - , Prostatakarzinom 230 Papaverin, erektile Dysfunktion 339 Papillitis, nekrotisierende 123 Papillomatosis penis 333 Papillomaviren, humane, H P V 244,331 Papillome, gutartige. Blase 214 Papulose, bowenoide, Abb. 332 Paraganglien, extraadrenale 320 Paraphimose, Notfall, Abb. 363 Parasympathikomimetika, Blasenentleerungsstörungen 178 Parathormonbestimmung, Urolithiasis 166 Pelvitrainer 305 Pendelhoden 112 Pendelurin 107 Penektomie, Karzinom 248 - , U r e t h r a k a r z i n o m 224 Penetrationstest 349 Penis, A n a t o m i e 17, 335 - , A m p u t a t i o n , Urethrakarzinom 224 - A r t e r i e n 17 - , - , Doppler-Sonographie 338 - , - , Duplex-Sonographie, Abb. 338 - , Arteriographie, Abb. 339 - , Aufrichtung, Hypospadie 285 - E M G 339 - F r a k t u r 359, Abb. 263 - , - , Kavernosographie 64 - , Implantationsprothese 343 - , Karzinom 244, 333 - , - , Diagnostik 246 - , - , Präkanzerosen 245 Therapie 248 - , - , T N M 246 - , Prothese, hydraulische, Abb. 343 - , Querschnitt, Abb. 336 - , Schwellkörper 335 - , Tumoren 244 Venenchirurgie 342 - , V e r k r ü m m u n g 111 Penizilline, gonnorrhoische Urethritis 131 - , Übersicht 366 Pentoxifyllin 357 Perfusionsphase, ING. Abb. 82 Perikarditis, urämische, A N V 24 Periorchium 17 Peritonealdialyse 25 Pfählungsverletzung 264 Pflanzenextrakte, B P H 191 P G E | , erektile Dysfunktion 339, 341 pH, Urolithiasis 166 - U r i n 51 Phallus, Embryologie 16 Phäochromozytom 320 - , adrenales, Abb. 321 Angiographie, Abb. 321 - D D 322 - , Diagnostik 320 - , extraadrenales, Abb. 321 - , Therapie 322 Pharmakotestung, intrakavernöse 339 P h a r m a k o t h e r a p i e , intrakavernöse 341 intrakavernöse, Komplikationen 341

- , urologische 366 Phenacetin, Metaboliten 209 Karzinogenese 208 Phentolamin, erektile Dysfunktion 339,341 Phimose, Op. 279 - P a r a p h i m o s e 113 - , Peniskarzinom 244 - , Zirkumzision 114 Phlebographie, Indikationen 64 Phlebolithen. Röntgen 60 Phytotherapie, B P H 181 PlaP, plazentare alk. Phosphatase, H o d e n t u m o r 239 Plattenepithelkarzinom, Blase 216 - , Penis 244 - , Urethrakarzinom 224 Plexus pampiniformis 15 Palpation 48 Pneumaturie 43 P n e u m o p e r i t o n e u m 304 PNL 77,157,158,303 - , Abb. 78, 302 - , E S W L 77 PNS, s. Nephrostomie, perkutane 77 Podophyllin-Lösung 248, 333 Polabtrennung 256 Politano-Leadbetter, Ureterreimplantation 294 Pollakisurie, B P H 186 - , Definition 41 Ureterstein 162 Polychemotherapie, primäre, Hod e n t u m o r 242 - , Urothelkarzinom 214 Polyglobulie, Nierenkarzinom 203 Polyneuropathie 142 Polytrauma, Harnwege 264 Polyvidon-Jod 326 Potenz, B P H 192 Potter I-III-Typen 92, 94 - Ila-Dysplasie, Abb.92 Potter-Gesicht 94 - Syndrom 91, Abb. 92 Pouch(es), Ersatzblasen 165 - Techniken 290 - , Komplikationen 292 - , katheterisierbarer 222 Prader-Einteilung 101 Präputialeinriß 263 Präputiolyse 279 Prellmarken 253 Priapismus, high flow 364 - . N o t f a l l 364 - . Sympathikomimetika 365 Primäraffekt, Syphillis 333, Abb. 334 Primärkomplex 137 -.Syphillis 333 Processus vaginalis peritonei, offener, Op. 280 Prolaktin 346 - , sexuelle Dysfunktion 338 Pronephros 1 Prostaglandin E,, erektile Dysfunktion 339, 341 Prostata, Abszeß 129 A d e n o m , s. B P H 181 - , A d e n o m y o m a t o s e , s. B P H , Abb. 183 - , Anatomie. Abb. 182 - , Aspirationsbiopsie 228 - , Biopsie 228 digitale rektale Untersuchung, DRU, Abb. 48 Exprimat 129 - , Histologie, Abb. 12

- , Hypertrophie, s. Prostatahyperplasie, B P H 181 - , Kapsel, anatomische, Abb. 183 - , - , chirurgische, Abb. 183 - , Karzinom 225 - , - , BPH, D D 188 - , - , Cyproteronacetat 372 - , - , Estramustinphosphat 372 - , - , Flutamid 372 - , - , G n R H - A n a l o g a 372 - , - , Grading 225 - , - , H o r m o n t h e r a p i e 232 Metastasierung 226 - , - , okkultes, inzidentes 227 - , - , Op.-Technik 286 - , - , Stadien, Abb. 226 - . - , Staging-Lymphadenektomie 306 -, Strahlen 232 - , - , Therapie 230 - , - , TuM 197 - , Lappen 9 - , - , Mittellappen, B P H 183 Seitenlappen, B P H 183 - , L o g e . T V P 285 Phosphatase, saure, s. PAP 197 Resektion, transurethrale, T U R - P 301 - , Schmerz, Leitsymptom 40 - S e k r e t 49,128, Abb. 50 - , - , B P H 182 - , Sonographie 58 - , Sperma 349 - , Tuberkulose 141,144 Prostatektomie, Abb. 183 - , potenzerhaltende Op. 286 - , radikale, deszend., Abb. 286 - . - , Karzinom, Abb.231 - , - , Lymphadenektomie 286 - , Streßinkontinenz 286 - , transvesikale, T V P 285 Prostatisme sans prostate, Abb. 186 Prostatismus, B P H 185 Prostatitis, abakterielle 128,130 akute 128, 129 - , chronische 129 - , - , Schmerz 40 - E r r e g e r 119,128 - , Infertilität 352 - , Syndrom 128 Prostatodynie 129 Prostatose, s. Prostatitis 40 Prostatovesikulitis, granulomatöse Prostatitis 130 Proteinurie 51,124 Proteus 168 Protionamid 142 PSA (prostataspezifisches Antigen) 198 - B P H 187 - , Prostatakarzinom 228,230 Pseudohermaphroditismus femininus 102 - masculinus 102 Pseudomonas aeruginosa 134 Psoas-Hitch-Technik, Ureter, Abb. 293 Psoaskonturen 254 Psoasschmerz 46 Psoriasis vulgaris 325, 327, Abb. ff Pyelektasie 30 Pyelitis casaeosa 138 Pyelographie, antegrade, 31, Abb. 30 - , - , Technik, Indikation 63 - r e t r o g r a d e 63,163 - , - , Harnstauung 31 Pyelokalikotomie, Abb. 298

Pyelonephritis, abszedierende, Abb. 123 - . a k u t e 121 - , - , Symptome 274 - , chronische 123', 124 - . E r r e g e r 119 - , H W I 268 - , Kindesalter 123 - , obstruktive, Abb. 122 - S c h w a n g e r s c h a f t 123 xanthogranulomatöse 126, 206 Pyonephrose 123 - , Harnstauung 34 - . tuberkulöse 143 Pyrazinamid 142

Querfortsatzfrakturen 254 Querschnittslähmung 173 Quinolone, Übersicht 367

R A A S , Hypertonie, renale 26 - , Nierenarterienstenose, Abb. 27 Radioimmunoassay, TuM 197 Radiopharmazeutika 81 Rauchen, Karzinogenese 209 Refertilisierung 355 Reflexblase, Sympathikolytika 179 Reflexinkontinenz 176 Reflexprüfung 174 Reflux, intrarenaler 100 - , vesikoureteraler, s. V U R 99 Refluxnephropathie 19,100 Regions of Interst-Technik, R O I 81 Reizblase 128,268 - , Ostrogendefizit, lokales 128 Reizstadium 188 Reizsymptome, abakterielle 268 - , Anticholinergika 269 Spasmolytika 269 - , l l i e r a p i e 269 Rektum-Sigma-Pouch, Speicherkapazität 291 Renin-Angiotensin-AldosieronSystem, s. R A A S 26 Renovasographie, arterielle 78, Abb. 79 Reproduktion, Physiologie 346 Resektion, transurethrale, T U R , Blasentumor 220 Reservoirfunktion 271 - , Störungen, Blase 176 Resistenzbestimmung 121 Restharn, Bildung 164 - , Sonographie 58 - S t a d i u m 188 Restitutionsstadium, A N V 23 R e s t k o n k r e m e n t e 161 Revaskularisation, arterielle 342 Rezidivprophylaxe, Blasentumor 221 - , Urolithiasis 165 Rezidivrate. H o d e n t u m o r 242 R h a b d o m y o s a r k o m e 117 - , Skrotum 250 Rifampicin 142 Rinde, Nieren 2 Risikofaktoren, erektile Dysfunktion 337 R L A , modifizierte retroperit. Lymphadenektomie 240 Röntgendiagnostik 60 - , interventionelle 72 - , Diffraktometrie, Urolithiasis 167 L e e r a u f n a h m e , Urolithiasis 155

Sachverzeichnis RTA, Typ I 20 - , - , Ursachen 21 - , Typ IV, Aldosteronmangel R u p t u r der Hydatide 148

385

21

Salizylsäure 327 Salvage-Chemotherapie, Hodentumor 242 Samenerguß, vorzeitiger 344 Samenwege, A n a t o m i e 9 Samenstrang 347 - , - , Torsion 133 - , Samenleiter. A n a t o m i e 12 - T b 144 - , Verschlüsse, Vasographie 64 Sammelrohre 2 - , Markschwammnieren 95 Sammelurin 166 Säureausscheidung 18,20 Säure-Basen-Haushalt, Pouch 292 Säurestarre, Urolithiasis 154 Schädigungsphase, A N V 23 Schallschatten 57 Schildwächter-Lymphknoten, Abb. 247 Schistosoma haematobium 144 Schistosomiasis 144 Schleudertrauma, Nieren. Abb. 252 Schlinge, elektrische, T U R - B 300 Schmerz, ausstrahlender 38 - , - , Niere, Ureter, Abb. 39 - , Leitsymptom 38 - . l o k a l e r 38 Tumoren. Therapie 373 Schock, hypodynamc Phase. Urosepsis 135 - , septischer, Notfall 363 - , - , Urosepsis 134 Schornsteinfegerkrebs 249 Schrumpfblase, Strahlenspätschäden 270 Schrumpfniere, pyelonephritische 124 - , pyelonephritische. V U R 100,107 - , hydronephrotische 29 Schüttelfrost, Klinik, Urosepsis 135 Schwangerschaft(s), Antibiotika 368 - , H W I 120,274 - , Pyelonephritis 268, 274 - R a t e 355 Schwellkörper-Autoinjektionstherapie, S K A T 341 Schwellkörperfibrose 341 Schwellkörperimplantate 343 Sectio alta, Zystoskopie 164 Segmentarterien 2 Sekretionsphase, ING. Abb. 82 Selbstpalpation, H o d e n t u m o r 243 Semikastratio, s. Ablatio testis 282 Seminom 240 - . Chemotherapie 240 - , Klassifizierung 235 - , Surveillance-Strategie 240 Sepsis, Transplantation 317 Sertoli-cell-only-Syndrom 350 - Zellen 15 - Zelltumor 236 Sexualanamnese 337 Sexualdifferenzierung, Anomalien der 101 Sexualität, B P H 192 Shoemaker, Op. nach 281 Shunts, kavernoglanduläre 365 Sichturethrotomie 195, Abb. 196 Sigma-Rektum-Pouch, Abb. 290

Sinus urogenitalis 5, A b b . 6 SKAT, erektile Dysfunktion 339, 341 Skelett, Szintigraphie 84, 229, Abb. 85 Skene-Drüsen 8 Sklerosierung, antegrade, Varikozele 282 - , retrograde 64 Sklerosierungstherapie 354 Sklettszintigraphie 84, 229, Abb. 85 Skrotalhämatom, U r e t h r a r u p t u r 262 Skrotum, akutes, Kind 114 - E m b r y o l o g i e 16 - , Karzinom, Abb. 249 - , Palpation 47 - T u m o r e n 248,249 - , Verletzung 264 Sonographie 55 - , Nierentumor, Abb. 204 - , Nierenverletzung 253 - . skrotale. H o d e n t u m o r 238 - , transrektale ( T R U S ) 228 - . - . B P H 187 Spasmoanalgetika, Koliken 361 - , Reizsymtpome 269 - , Ureterstein 162 S p ä t a u f n a h m e n 30 Spätmetastasen, Nierenzellkarzinom 207 S P E C T 85 Spekulumeinstellung 266 Spendernieren 3 1 1 , A b b . 3 1 5 Spermagranulome 353, 355 Spermatogenese 346. 353. 355 Spematogonien 15 Spermatozele, alloplastische 356 - . H o d e n t u m o r 239 - . Palpation 47 Spermatozoon, s. Spermien 348 Spermien, Abb. 348 - . Antikörper 355 - , Aufbereitung 349 - . Dichte 348 - , - . Hyperzoospermie 348 - . - . Normozoospermie 348 - . - . Oligozoospermie 348 - . - . Polyzoospermie 348 - . Funktionstests 349 - . G e n e s e 346.353,355 - , Morphologie, Abb. 348 - , Oligo-Astheno-Teratozoospermie 348 - . Z a h l 346 Spermiogramm 346.348 Sphinkterdyssynergie 89 Sphinkterotomie 180 Spirochätennachweis 334 Spontanabgang 163 Spül-Verweilkathcter, Abb. 71 Spüllösung 66 Squeeze-Technik 344 Stadium, oligoanurisches, A N V 23 Staging-Lymphadenektomie, pelvine 306, Abb. 307 Standortflora, bakterielle 118 Stanzbiopsie, Prostata 228, Abb, 229 Staphylococcus aureus 125 Stauungskurve, ING. Abb. 82 STD. sexually transmitted diseases 330 Stein(e), s. Urolithiasis 150 Stenose, subpelvine, Abb. 32 - , - . Szintigraphie 83 Stent, Urethra, 196, Abb. 76 - B P H 191

Sterilisation des Mannes, Op.-Technik 283 Stickoxid 336 Stimulator, implantierbarer 180 straddle injury. Abb.262 Strahlenschäden 270 - . Spätschäden, Blase 270 - . Strahlenzystitis 270 Strahlentherapie, Nierentumor 207 - . Prostatakarzinom 232 Streptomycin 142 Streßinkontinenz 88,271 - . D e f i n i t i o n 41,42 - . Schweregrade 272 Struvit. Steinart 151 Subtraktionsangiographie. digitale. s. DSA 255 Sulfonamide. Resistenzen 367 - . Ü b e r s i c h t 367 Superscan 85 Suprainguinalschnitt 279 Supraklavikularknoten 45 Suspensionsoperation 272 Süßstoffe. Karzinogenese 209 Sympathikolytika, Blasenentleerungsstörungen 179 Symphysensprengung, Abb. 260 Syndrom, adrenogenitales. AGS. 46. 102

Syphillis 54.333 - , sekundäre 334 Szintigraphie. Hoden 84 - . Nebennieren 84 - . N i e r e n 80 - S k e l e t t 84. Abb. 85

Tachypnoe. Urosepsis 134 Tamoxifen-Test 351 Teratokarzinom, Klassifizierung 235 Testosteron, sexuelle Dysfunktion 338 - , Substitution 373 Testosteronsalbe 329 Tetracycline 130,367 Therapie, antibiotische, Urosepsis 363 Therapie, Dauer, Übersicht 369 - . Überwachung, TuM 198 Thermotherapie, BPH 189.191 Thiaziddiuretika 369 Thiazide. Urolithiasis 169 Tiemann-Katheter. Abb.71 T N M . Blasenkarzinom 216 - . H o d e n t u m o r e n 236 - . Nierenzellkarzinom 203 - . Prostata 226 - . Urethrakarzinom 223 Transplantatruptur 319 Traumatologic 252 Trichomonaden, Nativurin 54 Triggermechanismus 179 Trigonum vesicae, Dysplasie 106 Trimethoprim. Übersicht 367 Trokar 305 Trospiumcholorid, Entleerungsstörungen 179 T R U S 228, Abb. 229 Tuberkulintest 142 Tuberkulosestadien, s. U G T 138 Tuberkulostatika, Übersicht 368 Tubuli efferentes 15 - seminiferi 14 Tubulusflüssigkeit, Abb. 19 Tubulusnekrose. akute 23 TULIP, B P H 189 Tumeszenzmessung, nächtliche 338

Tumor(en) 197.297 - . Ausbreitung. TuM 197 - . Chirurgie, organerhaltende, Niere 206 - . - . T e c h n i k . Abb. 297 - . gynäkologische 278 - . paratestikuläre 248 - . urogenitale 197 - . Marker. Urologie, s. TuM 197 - . Nephrektomie. Resektionsgrenzen. Abb. 296 - . Resektion, organerhaltende. Niere 297 - . Stadien, s. T N M - T u M 197 - . T u M . Hoden 238 Tunica albuginea 15.335 - . H o d e n t u m o r e n 235 - vaginalis 17 - . Zerreißung 263 T U R . Blasentumor 220 Turner-Svndrom 350 TUR-P. Abb. 189 - . Prostatahyperplasie 301. Abb. 189 - . S p ü l k a t h e t e r 301

Übergangszone. B P H 183 Überlaufblase 271 - B P H 189. Abb. 184 - . Schmerzen 40 Überlaufinkontinenz. Definition 41.42 U G T (Urogenitaltuberkulose) 137 - . a k t i v e 140 - . Stadien 138 - . T u b e r k u l i n t e s t 142 - . Ureterstenose Abb. 141 Ulcus durum 333 Ulzeration. S k r o t u m t u m o r e n 249 Untersuchungen, urodynamische

86 Urachus 7 Urachuspersistenz 8 Urämie 22 - B P H 185 - . CNI 24 U r a t n e p h r o p a t h i e 22 Ureaplasma urealyticum 130 - . Tetracycline 367 Ureter. Abgangsstenose, Abb. 104 Abriß. Abb. 257 - . bifider 3 - duplex 4, 96 - . Einriß 257 - . Ektopie. Abb. 97 - . Engen, physiologische 162 - fissus. bifidus 96 - fissus. RP. Doppelniere, Abb. 75 - H a u t f i s t e l 221,222 - . Implantate 76 - . Implantation 290 - K a t h e t e r 74, Abb. 75 - , Knospe. Abb. 1,97 - , Kolik, Leitsymptom 38 - . Läsion 277 - , Nekrose, Transplantation 318 - , neuromuskuläre Dysfunktion 104 - , Obstruktion 140 - , Ostium. 7. Abb. 106 - . - L a g e , Abb. 106 - , Polyp, Karzinogenese 210 - . proximaler, op. Zugangswege 295 - . - , Verletzungen 252 - . Pyelographie, retrograde, Abb. 212

Sachverzeichnis

386 Ureter, Pyelographie, Nierenbeckentumor 210 Reimplantation 287 - , - T e c h n i k . Abb. 293 R P 74, Abb. 75 - , Schienen, innere 74 retrograde, Harnstauung 33 - S t e i n 162, Abb. 150 - , - , A U G , Abb. 32 - , - , op. Zugangsweg, Abb. 294 Stenose, Abb. 141 - , - , Op.-Technik, Abb. 293 subpelvine 104 - , Stumpfexstirpation 214 - T r a n s p l a n t a t i o n 319 - , Tumoren 208 - , - , Lokalisation, Abb.213 - , Verletzung, iatrogene 259 Ureteritis 126 - cystica, U G T 140 Ureterographie, Ureterabriß 257 Ureterolithotomie 164,295 - , P N L 159 U r e t e r o r e n o s k o p 67 Ureterorenoskopie 66,158, 164, 302, Abb. 68 Ureterosigmoideostomie 222, 289, Abb. 290 U r e t e r o t o m i e 78 Ureterozele 97, 98, Abb. 99 - , ektope 98 - , orthotope 9 8 , 9 9 - , Ausschälung 99 Ureterozystoneostomie, Transplantation, Abb. 315 Urethraabriß, Pars m e m b r a n a c c a 260 Urethra, Abstrich, Papanicolaou 54 - , R e i z b l a s e 128 - , A n a t o m i e 5, 8 - , Ausfluß 130 - , Divertikel 275 Doppelballonkatheter, Abb. 276 - , Durchmesser, Katheter 66 - D r u c k p r o f i l 88,266 - , E r k r a n k u n g e n 275 -Falten 5 - , Fehlmündungen 100 - K a l i b e r 194 - , Kalibrierung 266 Karunkel 224,275 - , Karzinome 223 - , Klappen, Abb. 108, 172 - , Länge, funktionelle, Abb. 89 membranöse, Anatomie 8 - , - , Verletzung 259 - , Obstruktion, Miklionsbild 87 - , penile, A n a t o m i e 8 - , prostatische, A n a t o m i e 8 Polyp 275 - , Ruptur, Abb. 260, 261,262 - . S e k r e t 54 - , Stenose, distale 109 - , Stent, Abb. 76 - , Striktur 194 - , - , BPH 190 Endoskopie 69 langstreckige, Op. 284 - , Miktionsbild 87 - , - , Op.-Technik 283 - , - , P. bulbosa, Abb. 195 - , - , Urethrographie 73 - , - , U r e t h r o t o m i e 300 - , Stumpf, Prostatektomie 231 - , Tumoren, Frau 224 - , - , M a n n 223 Urethralsyndrom 128,131 U r e t h r e k t o m i e 225

- T e c h n i k 284 Urethritis 130, 194 - candidamycetica 330 - . E r r e g e r 119 - . g o n o r r h o i s c h e 130 Urethrographie 73 Urethrographie, retrograde, M a n n 63,73, Abb. 73 Urethroskopie 224 U r e t h r o t o m i e 195,300 Urethrozystoskop 66 Urethrozystoskopie 67, 175 Blasentumor 218 - U G T 140 Urge, motorische 268 - , sensorische 268 Urin. Abflußbehinderung. BPH 185 - , - , Szintigraphie 81 Abgang, unwillkürlicher 271 - , Ableitung, -umleitung 289 - , - , Billharziose 147 innere, Technik, Indikation 301 - - k o n t i n e n t e 221,291 - , - , Sediment 121 - , - , suprapubische, U r e t h r a r u p t u r 262 - , - , supravesikale 180 - . - , - , Fisteln 277 - , Alkalisierung 161, 369 A n s ä u e r u n g 369 - , Antiseptika 68 - , bakteriologische Untersuchung 51 Eiweiß 51 - , Entleerung. B P H 184 Fistel. Transplantation 318 - , Gewinnung 49 - , - , Infektionsdiagnostik 120 - , Inkontinenz, s. Harninkontinenz 190, 271 - , Kristallformen, Abb. 54 - K u l t u r 51 - p H 51.154 - . - . U r o l i t h i a s i s 154 - , Phlegmone, Nierenverletzung 259 - , spezifisches Gewicht 20 Stauungsstadium, B P H 188 Tumoren 221,278 Untersuchung 50 - . - . I n f e k t i o n s d i a g n o s t i k 120 - . - . U r o l i t h i a s i s 167 - , - . Volumen 168 - , - , Zytologie 53 Blasentumor 218, Abb. 219 - , - . - , N i e r e b e c k e n t u m o r 210 Urinfluß. maximaler 86 - , mittlerer 86 - M e n g e 42,86,176 - . Messung, BPH 188 Urininkontinenz, s. Harninkontinenz 190,271 Urinom, Abb.255 Urinstoma, nasses 221 Urniere, Abb. 1 Urnierengang. Abb. 6 Urobilinogen 51 Urodynamik, Blascncntlccrungsstörungen 175 Uroflowmetrie, s. Urinfluß 42. 86. 176 Urogenitalsyndrom, vegetatives, s. Prostatitis 40 Urogenitaltrakt, A n a t o m i e , Abb. 3 Embryologie, Abb. 1 männlicher, Abb. 3 - . Tuberkulose, U G T 137

Urographie, Indikationen 63 Urolithiasis 150 Analyse 151,167 - , Desintegration, U R S 158 - , D o k u m e n t a t i o n 163 - E S W L 163 - , Koliken, s. Koliken 361 - L y s e 369 - . M e h r f a c h b e h a n d l u n g 158 Op., Niere 298 - . P h a r m a k o t h e r a p i e 369f - . R e z i d i v q u o t e 151 - , Schwangerschaft 274 - , - , Medikamente 275 - . S t e i n o r t u n g 161 - . S t e i n s t r a ß e 75, Abb. 158 - , U r e t e r 162, Abb. 32, 150, 294 - , Urinuntersuchung 168 Urinvolumen 168 - U R S 157 - , Z e r t r ü m m e r u n g 68 Zitrat 152,154 - , Zystinurie 152, 154, 167, 169 Urologie, gynäkologische 266 - , minimal-invasive, Techniken 304 U r o m e t e r 50 Uropathie, obstruktive, Szintigramm 80 Uroradiologie, interventionelle 72 Urosepsis 134 - , Harnstauung 34 - . - N o t f a l l 363 Uroskopie 35 Urostoma 290 Urothelkarzinome 210 - , Sonographie, Abb.219 Urotheltumoren, oberfl.. Blase 220 Urotuberkulose. s. U G T 137 URS, Ureterorenoskopie, Urolithiasis 157 Uterusprolaps 266 Utriculus prostaticus 10

Vagina 10 Vaginalplastik, vordere 272 Vakuumsystem, erektile Dysfunktion 342 Valsalva-Manöver 354 Vanillinmandelsäure, Phäochromozytom 320 Varikozele 353, Abb. 354 - . Ektomie, Technik 282 - . laparoskopische Op.. Abb. 308 - , Ligatur nach Bernardi Abb. 282 Palpalion 47, 48 - , Sklerosierung 282 Vaso-Epididymostomie 355 Vasographie 355 - , Vesikulographie 64 Vasoresektion 355 - , Familienplanung 283 Vaso-Vasostomie 355 Vena testicularis 354 Verkalkungen, U G T 140 Verschlußazoospermie 133,354 Verschmelzungsnieren 93 Verweilkatheter, Abb. 71 Vesikulitis 130 - , Infertilität 352 Via falsa 6 9 , 7 0 Videourodynamik 175 Virilisierung 102 Vorhautspaltung 111 Vorhautverklebung, s. Phimose 113 Vorniere, Abb. 1 Vorsorgeuntersuchungen, B P H 191,228

V U R , vesikoureteraler Reflux 99 Ätiologie 106 - , Einteilung 106 - , Einteilung n. Parkkulainen, Abb. 100 - . F o l g e n 106 - . M a t u r a t i o n 107 - , Op. 294 primärer 106

Wärmetherapie, B P H 191 Weddelit, Steinart 151 Whewellit, Steinart 151 Widerstand, urethraler 170 Wilms-Tumor 116,201 - , Palpation 46 Wolff-Gang 9

Xanthin, Urolithiasis 155 Xenotransplantation 311

Yohimbin

373

Z ä h l k a m m e r 51 Zeitaktivitätskurve 81 Zerkarien 144 Ziehl-Neelsen 140 Zirkumzision 114, 279, Abb. 280 - , Paraphimose 364 Zitrat, Ausscheidung 154 - , Urolithiasis 152 Zweigläserprobe 49 Zystektomie, radikale, Blasentumor 220 subtotale, Technik 287 Zysten, parapelvine, Sonographie 56 Sonographie 56 Zystennieren, Typ I-IV 94 Zystin, Urolithiasis 150,152 Zystinkristalle, Urolithiasis 167 Zystinsteine 169 Zystinurie 369 - . U r o l i t h i a s i s 154 Zystitis 126 - a k u t e , H W I 126,268 - . A n t i b i o t i k a p r o p h y l a x e 127 - . B l a s e n t u m o r 217 - . e i t r i g e 126 - . e o s i n o p h i l e 127 - , Erreger 119 - . h ä m o r r h a g i s c h e 126 - , interstitielle 270 - , radiogene 127 - . r e z i d i v i e r e n d e 127 - . Schmerzen 40 Zystogramm 62, 63 - l a t e r a l e s 266, Abb. 267 - , retrogrades, Abb. 261 Zystomanometrie 267 - , Blasenentleerungsstörung 273 Zystometrie 87, Abb. 8 8 , 8 9 Detrusorsensibilität 88 Harnblasenkapazität 88 Zystoprostatcktomie, radikale 287, Abb. 288 - T e c h n i k 284 Zystoskop, Abb. 67 Zystoskopie 164 Zystozele 266 Zytokine, Blasenkarzinom 372 Zytologie, Urin 53 Zytomegalie-Virus-Infektion, Transplantation 318

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Mit der UROCAM hat KARL STORZ eine Kamera geschaffen, die speziell für die Bedürfnisse urologischer Resektionstechnik entwickelt wurde. Am Kamerakopf befindet sich ein Direkteinblick-Okular mit integriertem Bildteiler, welches das Resezieren sowohl per Direkteinblick als auch über den Monitor ermöglicht. Der Bildteiler befindet sich dabei - unabhängig von der Bewegung des Resektoskopes - immer in 6-Uhr-Position. Irritationen durch eine der Eigenbewegung der Optik folgende Kamera werden dadurch vermieden. Selbstverständlich entspricht die VideoKamera auch sonst in allen Punk-

ten dem neuesten Stand der Technik: Eine Auflösung von mehr als 4 5 0 Linien sorgt in Verbindung mit der hohen Lichtempfindlichkeit für stets optimale Sichtverhältnisse. Damit ist es jetzt auch dem Urologen möglich, ohne Einschränkung von den Vorzügen der Video-Endoskopie - bequeme Sitzposition, bessere Detailerkennbarkeit durch vergrößertes Monitorbild - zu profitieren. Bitte überzeugen Sie sich selbst von der Qualität unserer Produkte und fordern Sie eine unverbindliche Demonstration durch unseren Außendienst an.

STORZ

KARL STORZ

ENDOSKOPE

KARL STORZ GmbH & Co. Mittelstraße 8, D-78532 Tuttlingen/Germany Postfach 230, D-78503 Tuttlingen/Germany Telegramm: Endoskopie Telefon: