Unternehmensplanung: Grundzüge der modell- und computergestützten Planung mit Übungen [3., völlig überarb. und erw. Aufl. Reprint 2018] 9783486801842, 9783486252378

Da sich die Einschätzung der Unternehmensplanung in den letzten Jahren wiederholt gewandelt hat, setzt dieses Lehrbuch A

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German Pages 331 [332] Year 1999

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Table of contents :
Inhalt
Vorwort zur dritten Auflage
1. Planung und Planungstechnologie
2. Modell- und Computerunterstützung des Planungsprozesses
3. Modellierungsprozess
4. Anwendung im Bereich Finanzplanung
Tabellenanhang
Lösungen der Übungsaufgaben
Sachregister
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Unternehmensplanung: Grundzüge der modell- und computergestützten Planung mit Übungen [3., völlig überarb. und erw. Aufl. Reprint 2018]
 9783486801842, 9783486252378

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Unternehmensplanung Grundzüge der modell- und computergestützten Planung mit Übungen

Von

Prof. Dr. Dr. Friedrich Rosenkranz WWZ der Universität Basel

3., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage

R. Oldenbourg Verlag München Wien

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Rosenkranz, Friedrich: Unternehmensplanung : Grundzüge der modell- und computergestützten Planung mit Übungen / von Friedrich Rosenkranz. - 3., völlig Überarb. und erw. Aufl. - München ; Wien : Oldenbourg, 1999 ISBN 3-486-25237-2

© 1999 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0, Internet: http://www.oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Gesamtherstellung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe GmbH, München ISBN 3-486-25237-2

Inhalt Seite Vorwort

7

1. Planung und Planungstechnologie 1.1 Planung und Umwelt der Unternehmung 1.2 Planungsprozess und Planungsarten 1.3 Einige Beispiele aus der Praxis Literatur zu § 1

9 11 19 31 37

2. Modell- und Computerunterstützung des Planungsprozesses 2.1 Modellvariablen 2.2 Typen von Modellexperimenten 2.3 Computerunterstützung 2.4 Unterstützung der Planungstätigkeiten 2.5 Organisatorische und psychologische Aspekte Literatur zu § 2

39 40 42 44 46 48 52

3. Modellierungsprozess 3.1 Modelldaten und Planungsdatenbanken 3.1.1 Daten und Datenmodellierung 3.1.2 Datenbanken 3.1.3 Deskriptive Auswertung von Daten Literatur zu § 3.1 Übungsaufgaben zu § 3.1, Aufgaben 1 - 5

53 60 60 68 80 86 87

3.2 3.2.1 3.2.2

Modellstruktur und graphische Darstellung Typen von Modellrelationen Graphendarstellung der Modellstruktur Literatur zu § 3.2 Übungsaufgaben zu §3.2, Aufgaben 6-10

89 89 94 102 103

3.3 Schätzverfahren und Verifikation 3.3.1 Subjektive und qualitative Modellschätzung 3.3.2 Interpolation und Extrapolation 3.3.3 Glättungs-und Differenzenmodelle

109 111 118 119

Seite 3.3.4 Box-Jenkins-Modelle 3.3.5 Trendmodelle 3.3.6 ökonometrische Modelle 3.3.7 Unregelmäßige und sporadische Daten 3.3.8 Statistische Verifikation Literatur zu § 3.3 Übungsaufgaben zu § 3.3, Aufgabenl 1-20

126 131 136 146 147 154 155

3.4 Lösungsmethoden und Simulation 3.4.1 Matrixinversion, Gauli'scher Algorithmus und Austauschschritte 3.4.2 Der Ansatz der linearen Programmierung 3.4.3 Lösung stochastischer und nichtlinearer Modelle Literatur zu § 3.4 Übungsaufgaben zu § 3.4, Aufgaben 21-37

160 161 166 173 182 183

3.5 3.5.1 3.5.2 3.5.3

193 193 194 196 203 204

Validierung und Experimente mit dem Modell Pragmatische Validierung Quantitative und statistische Validierung Experimente mit dem Modell und Analyse der Resultate Literatur zu § 3.5 Übungsaufgaben zu § 3.5, Aufgaben 38 und 40

4. Anwendung im Bereich der Finanzplanung 4.1 Kennziffermodelle 4.2 Berichts-und Bilanzmodelle 4.3 Beurteilung und Vergleich von Einzelinvestitionen 4.4 Portfolio Analyse 4.5 Planung mit Hilfe von Erfahrungskurven 4.6 Cash Management und kurzfristige Disposition Literatur zu § 4 Übungsaufgaben zu § 4, Aufgaben 41-51

207 208 216 226 232 236 242 249 250

Tabellenanhang Tab. 1 t-Verteilung Tab. 2 F-Verteilung Tab. 3 Durbin-Watson Test Tab. 4 Zufallszahlen Tab. 5 Diskontierungsfaktoren

259 260 261 262 262

Lösung der Übungsaufgaben

263

Sachregister

329

Vorwort zur dritten Auflage Die vorliegende Untemehmensplariung ist ursprünglich aus meinem Buch „An Introduction to Corporate Modelling", Durham, NC. 1979 unter Anpassung des Stoffes zum einen an die sich entwickelnde Planungstechnologie, zum anderen an die Erfordernisse für Vorlesungen und Übungen zum Thema modell- und computergestützte Planung an der Universität Basel entstanden. In den nahezu zwanzig Jahren, die seitdem vergangen sind, haben sich die Informationstechnologie und die wirtschaftlichen Bedingungen für die Planung der Unternehmen grundlegend gewandelt. Damit war eine grundlegende Überarbeitung des Manuskriptes erforderlich. Ich hoffe, dass dies im Sinne von noch mehr Praxisrelevanz gelungen ist. Meine Unterrichtserfahrung in den letzten Jahre ist etwas überraschend: Die Unternehmensplanung bildete die abschließende Vorlesung von vier Vorlesungen über Operations Research und quantitative Marktforschung. Die Teilnahme der Studenten an Vorlesungen, Praktika und Übungen zur computergestützten Planung war erfreulich, überraschenderweise aber geringer als an den mehr methodologisch orientierten Veranstaltungen. Die Rückmeldungen von Absolventen aus der Praxis zeigte aber, dass die Unternehmensplanung als besonders relevant angesehen wurde. Die nachfolgenden Ausführungen der dritten Auflage sind ein Versuch, den Stoff der computergestützten Planung so darzustellen, dass sowohl Studenten als auch Praktiker schnell davon Gebrauch machen können. Ich möchte in diesem Rahmen meinen Studenten, aber auch Kollegen aus der Wirtschaftspraxis, die sowohl an Aktualität, aber auch Bewährtem interessiert waren und wertvolle Anstöße gegeben haben, herzlich danken. Herrn Prof. Dr. M. Lusti danke ich für die kritische Durchsicht und Anregungen zu Abschnitt 3.1, Frau Karin Graf und Herrn Patric Imark für die Erfassung von Teilen des Textes und der Bilder sowie für die Überarbeitung einiger Passagen und die Ergänzung einiger Übungsaufgaben. Herrn A. Friedl danke ich für die Unterstützung bei dertypografischen Aufbereitung der Texte und Grafiken.

Basel und München

Friedrich Rosenkranz

9

1. Planung und Planungstechnologie Die Unternehmungsplanung hat heute in der betrieblichen Praxis eine große Verbreitung gefunden und wird, zusammen mit darauf aufbauenden Kontrolltätigkeiten, nicht mehr in Frage gestellt. Als Gebiet der Betriebswirtschaftslehre hat sie sich zu einem weitgehend strukturierten und damit beschreibbaren Fach entwickelt. Als solches ist sie lehrbar und erlernbar, wenngleich sich ihre Inhalte auch in Zukunft ändern werden. Dies gilt insbesondere für die modell- und computergestützte Unternehmensplanung, deren Entwicklung nicht nur durch Fortschritte der Planungsphilosophie und -technologie, sondern maßgeblich durch die Computertechnologie und die Fortentwicklung der quantitativen Managementtechniken bestimmt wird. Unter Planung versteht man heute meist einen zielgerichteten Beschreibungs- und Entscheidungsprozess, der die zukünftige Entwicklung einer Unternehmung in einer unsicheren Umgebung gedanklich vorwegnimmt. Der Prozess beinhaltet die Formulierung und die Aushandlung von Zielen und Objektiven sowie Entscheide über Maßnahmen, wie diese zu erreichen sind. Das Ergebnis des Prozesses ist ein System von Plänen, die im Zeitablauf die Basis für die Kontrolle von Entscheidungen und Ergebnissen bilden. Nachfolgend wird beschrieben, wie sich dieser Prozess durch die Anfertigung von quantitativen Modellen und den Computer unterstützen läßt. In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren hat sich die Einschätzung der Planung an und für sich, der quantitativen und analytischen Unternehmensplanung im besonderen, mehrfach geändert. Während in den siebziger Jahren größere und anspruchsvollere Unternehmensmodelle im Mittelpunkt des Interesses von Praktikern und Theoretikern standen, hat die Entwicklung der Computer-Hard- und -Software in den letzten zehn Jahren dazu geführt, dass die Praktiker vermehrt auf kleine und robuste Modelle in der Form von sogenannten Tabellenkalkulationen abstellen. Verfahren der Statistik, der Ökonometrie und des Operations Research sind dabei etwas in den Hintergrund getreten. Einfache - z.T. grafische - Auswertungen von Datenbeständen aus Planungsdatenbanken sowie die Formulierung und Auswertung von Kennziffemmodellen und Planungsidentitäten sind weit verbreitet. Bei der Entwicklung der Planungsphilosophie sind ebenfalls große Änderungen festzustellen: Nicht zahlenmäßig richtig extrapolierte Trends, sondern die z.T. intuitiv richtige Erfassung und das Management struktureller Phänomena werden gefordert. Der Begriff des Controlling hat vielfach die Begriffe der Planung, manchmal ganzer Gebiete des traditionellen Rechnungswesens, verdrängt. Jedoch sind weitere Änderungen des Planungsumfeldes zu erkennen, die auf einem anderen Niveau und mit anderen

10

1. Planung und Planungstechnologie

Mitteln wieder zu einer größeren Wertschätzung quantitativer Management-Techniken führen sollten: So führen die Erfassung, Speicherung und Verarbeitung von mehr und aktuelleren Betriebsinformationen zu andersartigen Auswertungen und in der Konsequenz zu neuen Steuerungen der betrieblichen Abläufe. Im weiteren Sinne bemüht sich die Praxis heute darum, betriebliche und außerbetriebliche Daten in einem sogenannten Data Warehouse für verschiedene Anwendungszwecke bereit zu stellen. Analytische OLAP-Software (Online Analytical Processing) mit Methoden des sogenannten Data Mining gestattet die Bearbeitung, die Darstellung und die Extrapolation der Daten. Dies kann sich auf die Auswertung von Markt- und Kundendaten, auf Daten der Produktion im Rahmen des Computer integrierten Manufacturing (CIM), des Business Process Engineering oder des sogenannten Financial Engineering beziehen. Eine Vorlesung der modell- und computergestützten Planung sollte sich in dieser Situation auf die Darstellung einiger einfacher und vielfach bewährter Modelle sowie Hilfsmittel beschränken. Die Computerunterstützung durch Programme der Tabellenkalkulation, von Simulations- und Prognoseverfahren oder der linearen Programmierung muss dabei in den Unterricht integriert werden. Die mittlerweile millionenfach verbreitete Planungssoftware Excel mit ihrem bereits weit entwickelten Methodenvorrat sowie der Möglichkeit der Benutzung von Schnittstellen zu anderer Software bietet hierfür gute Voraussetzungen. Die nachfolgenden Abschnitte (1.1 und 1.2) beschreiben zunächst die Umwelt der Unternehmung, die die Planung heute zunehmend erforderlich macht, und die Entwicklung und den Stand der Planungstechnologie. Kapitel 2 beschäftigt sich mit Möglichkeiten der Unterstützung von Planungsaktivitäten durch den Computer. In Kapitel 3 werden häufig angewandte Methoden und Modelle beschrieben. In Kapitel 4 werden wichtige Anwendungen, insbesondere aus dem Bereich Finanz, diskutiert. Den einzelnen Kapiteln schließt sich jeweils ein Literaturverzeichnis und Übungsaufgaben an. Kurze Lösungen der Übungsaufgaben sind im Anhang angegeben.

1. Planung und Planungstechnologie

11

1.1 Planung und Umwelt der Unternehmung Die weite Verbreitung der Planung und computergestützter Modelle zur Planung ist insofern überraschend, als die Umgebung der Unternehmen heute vermehrt durch Instabilitäten und zunehmende Interdependenzen geprägt ist. Ackoff schreibt schon zu Beginn der 70er Jahre: die zunehmende Geschwindigkeit des politischen, sozialen, ökonomischen und technologischen Wandels hat dazu geführt, dass sich Manager mehr mit der Zukunft beschäftigen. Der Wandel hat sicherlich dazu geführt, dass es einerseits leichter geworden ist, falsch zu handeln (Fehler aus Beteiligung), andererseits zu unterlassen, was richtig wäre (Unterlassungsfehler). Um diese beiden Fehlertypen zu vermeiden, die durch die Umwelt einer Unternehmung verursacht werden, muss man sich sowohl mit der großen, komplexen und dynamischen Umwelt als auch mit der Unternehmung selber beschäftigen" 1). Ansoff fordert, daß sich die Unternehmen mit der Planung sogar turbulenter Umweltzustände beschäftigen2) (vgl. auch Liebl3). Die Entwicklung der Welt Der starke Anstieg der Weltbevölkerung, die vorübergehende Verknappung von billigen Energieträgern und bestimmter Rohstoffe sowie die mit der zunehmenden Industrialisierung einhergehende Umweltverschmutzung haben zunächst Forrester und Meadows**), später andere Forscher veranlaßt, eine stark interdependente Weltentwicklung mit der Verschlechterung der Lebensbedingungen und sogar einer kontrahierenden Wirtschaft für das 21. Jahrhundert zu prognostizieren. Die Basis der Prognosen bildeten in Gleichungen formulierte und mit stark aggregierten Vergangenheitsdaten parametrisierte Weltmodelle. In diesen Modellen wurden die kausalen Wirkungen zwischen wichtigen Weltvariablen dargestellt. Abb. 1.1 stellt die vereinfachte Struktur eines der ersten Modelle dar.

Abb 1.1: Kausale Struktur der Weltmodelle (nach Cole et al. 6 ))

12

1. Planung und Planungstechnologie

Ähnliche Kausaldiagramme werden in der Folge auch für die Unternehmensplanung verwendet. Wichtige Variablen werden dabei durch Kästchen, Kreise oder Knoten, kausale Wirkungen durch gerichtete Pfeile oder Kanten dargestellt. Nach den Abb.1.1 zugrundeliegenden Hypothesen wächst oder schrumpft die Weltbevölkerung proportional der Nahrungsmittelproduktion in der Landwirtschaft und der Bereitstellung von Gütern, die durch Kapitalinvestitionen in der Industrie ermöglicht werden. Wie in Abb.1.1 angedeutet, beschränkt das verfügbare Land und die der Industrieproduktion proportionale Umweltverschmutzung die Reproduktionsraten bzw. erhöht die Sterberaten. Unter der Annahme eines begrenzten technischen Fortschritts und beschränkter Möglichkeiten der Produktsubstitution in der Industrie und der Landwirtschaft wird über die der skizzierten Modellstruktur entsprechenden Gleichungen eine Verschlechterung der Lebensbedingungen im 21. Jahrhundert prognostiziert, wie dies in Abb. 1.2 für das aktualisierte „Welt-Modell" von Meadows 7 ) dargestellt ist.

Abb. 1.2: Resultate Meadows „Grenzen des Wachstums": Extrapolation bestehender Trends 7 )

Neuere, teils qualitative, teils quantitative Modelle haben inzwischen zu sehr differenzierten Vorhersagen der Weltentwicklung geführt. Im Gegensatz zu den ersten Modellen ist heute weniger von Verknappungserscheinungen, dafür aber mehr von durch die wachsende Industrialisierung hervorgerufenen Klimaänderungen und ihren demographischen und ökonomischen Auswirkungen die Rede. Vielfach wird angemerkt, dass die ursprünglichen Weltmodelle dasselbe Schicksal wie die verbalen Modelle der klassischen englischen Nationalökonomen erleiden werden: die Katastrophenprognosen treten insbesondere deswegen nicht ein, weil der technische Fortschritt stark unterschätzt wird. Die Entwicklung der Weltwirtschaft wird beipielsweise bereits heute stark vom Stand der Informationstechnologie beeinflußt, die

1. Planung und Planungstechnologie

13

sowohl die Produktivität in der Industrie, aber über neue Logistiklösungen letztendlich auch die Umweltverschmutzung beeinflussen kann. Trotz aller Bedenken sollte auch angesichts der starken politischen Wirkung der Modelle angemerkt werden, dass sie frühzeitig auf die Probleme der Globalisierung aufmerksam gemacht haben. Aufgrund der oben skizzierten Entwicklungen diskutiert man heute in den Planungsabteilungen der Unternehmen die Konstruktion von Datenbanken und Frühwarnsystemen, die aus der Umweltentwicklung resultierende Chancen und Probleme für das Unternehmen sichtbar machen können. Der Computer und quantitative Modelle haben sich hier als Hilfsmittel erwiesen, nicht weil die damit erzeugten Szenarios eine hohe Eintreffenswahrscheinlichkeit besäßen, sondern weil die Konsequenzen der unterschiedlichsten Annahmen für das Unternehmen schneller und verständlicher sichtbar gemacht werden können als dies aufgrund von qualitativen Beschreibungen und Handrechnungen möglich wäre. Dies ist der - auch von Forrester et al. initiierte eigentliche Fortschritt der Planungstechnologie. Die letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass sich einschneidende wirtschaftliche oder politische Ereignisse mit extrapolativen Methoden oft nicht vorhersagen lassen. Planungsmodelle gestatten jedoch das disziplinierte Gedankenexperiment und die Simulation möglicher Auswirkungen, nachdem Strukturbrüche in der wirtschaftlichen Entwicklung aufgetreten sind.

Volkswirtschaften, Märkte und Industrien Die wirtschaftliche Entwicklung der letzten drei Jahrzehnte hat zu einer wachsenden Komplexität und Interdependenz von Industrien und Volkswirtschaften geführt. Insbesondere die westlichen Industrieländer hängen stark vom Import von Rohstoffen und dem Export von Fertigprodukten ab. Störungen auf den Einkaufs- oder Absatzmärkten schlagen rasch auf nationale Industrien und Einzelfirmen durch. Einerseits nimmt die Versuchung zu Staatsinterventionen in dieser Situation zu. Andererseits hat die zunehmende Interdependenz der Märkte zu unerwünschten Rückwirkungen solcher Maßnahmen geführt. Differenzen in den Inflationsraten und Zinssätzen, die Geldmengenpolitik der Notenbanken und der Status der Handelsbilanzen verursachen, neben anderen Faktoren, Änderungen der Währungsparitäten. Die Bildung von Wirtschaftsräumen wie z.B. der EU mit dem EURO oder der NAFTA führen zu Änderungen dieser Größen, die sich nur schwer abschätzen lassen. Für Gesellschaften mit internationalen Geschäftsaktivitäten stellt sich - z.B. bei der EURO-Umstellung - das Problem der Bewertung ihrer zukünftigen Umsätze, Kosten und Anlagen. Ihre zukünftigen Investitions-, Finanzierungs- und Hedgingstrategien werden durch diese Entwicklungen beeinflußt. Viele Unternehmen sehen sich heute auf Teilgebieten mit Problemen einer fast stagnierenden Nachfrage bei Überkapazitäten und weltweiter Konkurrenz konfrontiert. Die kürzeren Innovationszyklen machen es schwieriger, sich durch spezielle Technologien, durch die Qualtität der Produkte und Dienstleistungen oder spezielles Knowhow auf den internationalen Märkten zu behaupten.

14

1. Planung und Planungstechnologie

Vor diesem Hintergrund kann man feststellen, dass die quantitative Ökonomie, insbesondere die Ökonometrie, in den letzten Jahren Fortschritte erzielt hat, die auch wichtig für die Unternehmensplanung sind. Für nahezu alle Industrieländer liegen heute computergestützte ökonometrische Modelle8. 9J der nationalen Volkswirtschaften und der wichtigsten Industriezweige vor. Computerisierte Input-OutputModelle beschreiben die Verflechtungen der verschiedenen Industrien einer Volkswirtschaft 10 ). Beispielsweise werden Modelle zur Steuerschätzung und für die Berechnung von Entwicklungsprognosen für die Sozialversicherung bei der politischen Entscheidungsfindung hinzugezogen. Spezialisierte Beratungs-Unternehmen bieten heute, insbesondere den größeren Industrieunternehmen, Datenbanken und Modelle an, die über weltweit betriebene Daten- und Computernetzwerke zugänglich sind. Für die flexible Datenauswertung und Modellierung werden in den Unternehmen die schon erwähnten Data Warehouses konstruiert. Obwohl die erwähnten Modelle und Systeme in den vergangenen Jahren mit ihren Ergebnissen oft nicht überzeugten, ist eine wachsende Nachfrage nach Modellergebnissen zu verzeichnen. Diese Tatsache ist angesichts der Instabilitäten und großen Geschwindigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung vordergründig überraschend. Die geschilderten Entwicklungen erzeugen aber bei den Planungsabteilungen der Unternehmen und öffentlichen Institutionen eine Nachfrage für Informationen und Modelle mit sichtbaren Annahmen für die Simulation und Prognose, weil sie es gestatten, eine mögliche Zukunft diszipliniert zu denken.

Verfügbarkeit von externen Planungsinformationen Aufgrund der zunehmenden Komplexität strategischer Entscheidungen und der sich immer schneller verändernden Marktbedingungen gewinnen aktuelle Informationen für die Planung immer mehr an Bedeutung. Dies zeigt sich u.a. auch darin, daß die Zahl der Datenbanken mit Wirtschaftsinformationen in den letzten Jahren stark zugenommen hat11). Unterschiedliche Firmen wie Verlage, Presse-Informationsdienste, Banken, Revisions- und Treuhandfirmen, Marktforschungsinstitute etc. versuchen, sich als Anbieter von Marktinformationen zu etablieren. Der Info-Markt weist eine hohe Dynamik auf, was durch zahlreiche Fusionen und Neuordnungen bei den Anbietern unterstrichen wird. Alle wollen den zukunftsträchtigen „Information Highway" mitgestalten. Die zunehmende Konkurrenz zwischen den Anbietern führt auch zu immer bedienungsfreundlicherer Software, welche die Datenbankabfragen wesentlich vereinfacht hat: wo früher nur ein Team von Spezialisten das nötige Know-how besaß um solche Abfragen vornehmen zu können, ist es heute für jeden Produkt-Manager, ja den Privatmann über das Internet in kürzester Zeit möglich, an viele der entsprechenden Informationen zu gelangen. Gleichzeitig machen firmenspezifische Intranets den weltweiten Datenaustausch zwischen Bereichen eines Unternehmens, seinen Lieferanten und seinen Kunden immer schneller und billiger möglich. Dies hat starke Aus-

1. Planung und Planungstechnologie

15

Wirkungen auf den Prozess der Leistungserstellung zur Folge. Verbunden mit der zunehmenden Dezentralisierung von Entscheidungen („Empowerment") ist dies eine wesentliche Grundlage für die in der heutigen Zeit geforderten „schlanken" Organisationsstrukturen, die ein schnelles Anpassen an Marktveränderungen ermöglichen sollen. Die Unternehmen versuchen heute, dieses Ziel u.a. mit Methoden des Business Process Engineering zu erreichen. Prozessorientierte Simulationsmodelle und computergestützte Planungsmodelle spielen hierbei eine große Rolle. Der strategische Informationsbedarf der Unternehmen ergibt sich nach Homburg 12 ) im Wesentlichen auf den vier Feldern Umwelt, Markt, Wettbewerb und Wettbewerbsposition (vgl. Abb. 1.3).

Politische Faktoren (gesetzliche Massnahmen, staatliche Eingriffe/Auflagen, Steuer-/Finanzpolitik) Gesellschaftliche Faktoren (Umweltschutz, Bevölkerungswachstum, Wertvorstellungen) Technologische Faktoren (technologische Entwicklungen in Nachbargebieten, Grenzen derzeitiger Technologien, neue wissenschaftliche Erkenntnisse) Wirtschaftliche Faktoren (Einkommensverteilung, Inflation, Konjunkturzyklen, Arbeitslosigkeit, internationale WirtschaftsverUmweltflechtungen, faktoren Verfügbarkeit von Rohstoffen)

Marktabgrenzung und -segmentierung Quantifizierung des Marktes (Marktvolumen, -potential, -Wachstum, Wachstumspotential) Zentrale Erfolgsfaktoren und ihre Gewichtung Marktcharakterlstika (nachgefragte Produkte/Technologien, Stellung im Marktlebenszyklus, Rentabilität der Branche, Spielraum für Preispolitik, Ein- und Austrittsbarrieren, Hauptvertriebswege,Konzentrationsgrad/Verhandlungsmacht der Abnehmer (ggf. Angabe von A Kunden], erkennbare Verlagerungen der KundenbedürfMarkt nisse, KonzentratlonsgradA/erhandlungsmacht von Lieferanten)

Strategischer Informationsbedarf Wettbewerbsdynamik (Gefahr der Substitution durch Ersatzprodukte,Bedrohung durch partielle neue (z.B. ausländische) Konkurrenten

Wettbewerb

Derzeitige Wettbewerbsintensität Wettbewerber: Erfassung und Charakterisierung (Name, Besitzverhältnisse, Grösse, Finanzkraft. Ertrags- und Kostenstruktur, Produkte, Technologien, Organisation, vertikale Integration, Vertriebswege, Marktanteile, Marktanteilsveränderongen, Marktpräsenz nach Segmenten, derzeitige Strategien, frühere Strategien und deren Erfolg) Erfüllung der zentralen Erfolgsfaktoren (Stärken/Schwächen-Analyse)

Wettbewerbsposition

Betriebswirtschaftliche Grössen (Kostenstruktur, Rentabilität nach Produkten/Kunden(gruppen), Regionen, Kapazitätsauslastung)

Quantifizierung der Marktposition (Marktanteile, Marktanteilsveränderungen, Marktpräsenz nach Segmenten) Erfüllung der zentralen Erfolgsfaktoren (Stärken-/Schwächen-Analyse) Charakterisierung wesentlicher Aspekte der Wettbewerbsposition (eigene Produktenechnologien/Dienstleistungen, Forschung und Entwicklung, Patente, Fertigungseinrichtungen, Vertriebswege, Kundenstruktur, Händlerkontakte, vertikale Integration, Organisation, Qualifikation und Motivation von Führungskräften/Mitarbeitern, Unternehmenskultur)

Abbildung 1.3: Strategischer Informationsbedarf nach Homburg 1 2 ) S. 107)

Dieser Informationsbedarf kann heute auf verschiedenste Art und Weise gedeckt werden. Neben den klassischen Medien wie Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehen (Teletext) und Radio sind Daten auch auf Massenspeichern wie CD-ROM oder aber via PC und Modem bzw. Standleitung von Online-Anbietern verfügbar. Abbildung 1.4 gibt einige Hersteller solcher Datenbanken mit den angebotenen Daten an.

McGraw-Hill Inc.

• • •







• • • •

ab 1985

U.S. Departments McGraw-Hill OECD Statistiken i Publikationen: • Airports McGraw-Hill Moody's Investors : • Aviation Daily • Biotechnology Service Newswatch Nihon Keizai • Business Week Shimbunsha • Byte Presse• Chemical Mitteilungen Engineering Nationale • Coal Week Statistiken • Electric Utility IMF Week Standard & Poor's • Inside FERC's TransportGas Market Verbände Report • Nuclear Fuel • The Physician and Sportsmedicine

ab 1947

• DRI News Service • McGraw-Hill Publications • DRI/NPDC Online Census • NIKKEI Macro Economic Statistics • DRI Europe • IMF International Financial Statistics • DRI Transportation

DRl/McGraw-Hill

Information Access Company





1• • ' • i• • i • 1 •

• Handels- und WirtschaftsZeitschriften (Forbes Magazine, Business Week, Japan Economic Newswire,...) • Tageszeitungen (z.B. Wall Street Journal, New York Times,...) • weitere Wirtschaftspublikationen • Pressemeldungen von PR Newswire

• rooo Journalisten der Reuters Ltd. Börsen Zeitungen Zeitschriften Newsletters Nachrichtenagenturen Agence Europe Pressemitteilungen von EU-Einrichtungen Reuters Risk Service Lloyds Casualty Wire

ab 1983

ab 1979

• Trade and • Reuter Business Briefing Industry ASAP I • Reuter EC Report i • Trade and , • Reuter Insurance Industry Index Briefing 1 • Reuter/News 1 • Reuters • Reuters Wirtschaftsnachrichten

Reuters Ltd.

• Erhebungen bei Ärzten (Panel) • World Drug Manual • New Product Launch Letter • Untemehmensinformationen

ab 1982

• IMSWorld Drug Markets • IMSWorld Pharmaceutical Company Directory • IMSWorld New Product Launches • IMSWorld R&D Focus Drug News

I IMS

Teledata

• Langfristige Firmenbefragung (Panel von rund 450 Firmen, bzw. 3'000 Strategische Geschäftseinheiten [Stand 1987])

ab 1972

• Orelt FQssli Graphische Betriebe AG (Handelsregisterdaten) • Schober Direktmarketing AG • U.Bär Vertag • Schweizerisches Handelsamtsblatt • AG für Wirtschaftspublikationen • Handelszeitung • TelekursAG • C.J. Bucher Verlag AG 1 • Dun + Bradstreet AG

I ab 1986

• PI MS*) - TELEDATACompetitive Targetting Strategy • TELEDATAReport • PIMS Start-up • TEtEDATABusiness Bestel I service • PIMS Portfolio • PIMS • TELEselect Quality/Differentiation • PIMS OASIS (Organization and Strategy Information Service)

Strategic Planning Institute (SPI)

16 1. Planung und Planungstechnologie

Abb. 1.4 Datenbanken für die Planung

DRI

Industriedaten wie: • Produktion nach Sektoren und Ländern • Vorhersagen

Finanzdaten wie: • Preise von "Commodities" • Wechselkurse • Zinssätze

Dow Jones News/Retrieval, FT # I PROFILE, KR DIALOG, LEXISi NEXIS i

I

• Elektronische • UntemehmensVolltext-Version informationen einzelner Artikel Branchender oben aufgeinformationen führten Publika• Wirtschaftliche tionen (Trade and Entwicklungen Industry ASAP) • Politische • Bibliographische Ereignisse Hinweise zu • Recht, Gesetzdiesen Publigebung, etc. in kationen (Trade EU and industry • Real-Time Index) Informationen von Finanzmärkten. Wertpapier- und Warenbörsen

KR DataStar, KR Reuters Ltd., Dialog, LEXISReuter/News auch durch CompuServe, NEXIS, Trade and Industry Index auch FT PROFILE, KR i durch CompuServe, DIALOG, LEXISCARL Corporation NEXIS, u.a.



Elektronische Volltext-Version der oben angegebenen (und weiteren) Medien

Volkswirtschaftliche Daten wie: • Preisindizes • Arbeitsmarktdaten • BSP

International

International

International

I

• alle

International

• alle Chemie Energie Luft- / Raumfahrt Elektronik Kommunikation Information Medizin I

• • • • • • •

• Finanzdienstleistungen • Transportwesen » Energie • Chemie • Papier

KR DataStar, KR DIALOG, STN International (zum Teil)

• Rechtliche/ Administrative Regulierung in verschiedenen Ländern • ökonomische Rahmenbedingungen und Perspektiven in verschiedenen Ländern • Markteinführung neuer Produkte • Firmenprofile • Aktuelle Entwicklungen • Wichtige Forschungsresultate

International

* Pharma

Schweiz

- alle

' SPI

Teledata, Videotex

• Handelsregisterdaten • Elektronische Volltext-Version des Schweize! rischen Handelsamtsblatts • Wirtschaftsnachrichten • Unternehmenskennzahlen und porträts Marktdaten: I • Wertschrifteninformationen • Marktentwicklung • Branchen- und • Inflation Produktinforma• Standardisierung tionen • Kreditinformationen

Aggregierte Kennzahlen der teilnehmenden Firmen, z.B.: • Marktanteil (nach SGE) • Qualitätsindizes • Marketingausgaben • Investitionen

hauptsächlich Nordamerika, Europa

• alle

1. Planung und Planungstechnologie

Ol

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1. Planung und Planungstechnologie

Nichtökonomische Faktoren (vgl. Ulrich13)) Viele Störungen in der äußeren und inneren Umwelt einer Unternehmung haben nichtökonomische Ursprünge, aber ökonomische Auswirkungen. Das Bevölkerungswachstum und die Industrialisierung haben alte sozio-politische Strukturen gewandelt. Dies führte zu politischen Instabilitäten und sozialen Unruhen, die sicherlich weiter andauern werden. Insbesondere Unternehmen, die in Länder der zweiten oder dritten Welt exportieren oder Roh- und Zwischenprodukte importieren, werden von diesen Entwicklungen beeinflußt. Umsatz- und Bedarfsprognosen sind sehr unzuverlässig. Preis- oder Mengenkartelle auf der Versorgungsseite können schnell entstehen und zerfallen. Verschiedene Regierungen fördern die Produktion im eigenen Land gegenüber den Importen; dabei wird aber von seiten der Gesetzgebung oft der Transfer von Gewinnen und Kapital eingeschränkt. Eine Berücksichtigung dieser Phänomena in der Unternehmungsplanung erfordert viel Informationen. Es besteht ein großer Bedarf nach Vorsorgeplänen für Ereignisse, deren Risiko nicht genau eingeschätzt werden kann. Die Planer in den Industriestaaten müssen auch bei der Beurteilung der inneren Umwelt der Unternehmungen einigen wichtigen Entwicklungen Rechnung tragen: Arbeiter und Angestellte sehen auf der einen Seite den Sinn ihrer Tätigkeit oft nicht mehr allein in der Beschaffung der Mittel für den Lebensunterhalt. Dies wird oft als selbstverständliche Grundvoraussetzung angesehen. Daneben tritt das Streben nach Selbstverwirklichung in der Freizeit und der Arbeitszeit verstärkt in den Vordergrund. Auf der anderen Seite haben u. a. die Fortschritte der Informationstechnologie vielfach zu Freisetzungen von Personal geführt. Von den Arbeitnehmern wird heute eine größere Flexibilität und Mobilität verlangt, weil sich die Prozesse der Leistungserstellung stark und schnell ändern. Damit geht eine Differenzierung der Kundenwünsche auf der Marktseite einher, die im Extrem bis zur Fertigung einer spezifischen Produkteinheit eines Gebrauchsartikels für eine international ausgelöste Bestellung führen kann. Falls diesen Entwicklungen beim Entwurf der Unternehmensorganisation oder der Arbeits- und Entlohnungsform nicht Rechnung getragen wird, besteht die Gefahr mangelnder Innovationsfähigkeit, Motivation und hoher Abwesenheitsraten. Der Trend zur betrieblichen Mitbestimmung und zu partizipativen Arbeitsstrukturen kann sich fortsetzen. Interventionen von seiten der Gesetzgeber auf den Gebieten des Kartellwesens, des Umweltschutzes und der Arbeitssicherheit werden wahrscheinlich zunehmen. Daneben verlangen wichtige gesellschaftliche Gruppen jedoch den Rückzug des Staates aus einer oft ineffizienten Wirtschaftsbetätigung. Wie die äußeren, so lassen sich auch die inneren Entwicklungen der Unternehmen nur schwer prognostizieren und planen. Unternehmenspläne, die sich lediglich an trendmäßigen Entwicklungen orientieren, werden leicht obsolet. Eine flexible und leicht zu handhabende Planung, die in der Lage ist, auf strukturelle, qualitative und quantitative Änderungen rasch zu reagieren, läßt sich manuell nur schwer realisieren. Dies ist eine weitere Ursache für die Zunahme der modell- und computergestützten Unternehmungsplanung.

1. Planung und Planungstechnologie

19

1.2. Planungsprozess und Planungsarten Während der letzten zwanzig Jahre haben sich die Planungssysteme der Unternehmen erheblich geändert. Verschiedene Autoren unterscheiden heute bis zu vier verschiedene Typen von Planung (Ansoff et al. 2 ), Gälweiler 14 ), Hahn et al. 15 )): Die kurzfristige Planung und Budgetierung ist im finanziellen Bereich liquiditätsorientiert, in den funktionalen Bereichen der Produktion und des Marketings erfolgt eine Planung nach operativen Größen. Die mittelfristige oder taktische Planung mensgewinnen sowie Rentabilitäten.

orientiert sich an Betriebs- und Unterneh-

Die strategische Planung hat die Definition und Erschließung von zum Inhalt. Sie bedient sich hierzu oft der Projektplanung.

Erfolgspotentialen

Das strategische Management und die strategische Kontrolle beschäftigen sich mit der Entwicklung von Maßnahmen, mit denen sich eine Unternehmung an unsichere Umweltbedingungen anpassen und dabei die eigene Wettbewerbsposition verstärken kann. Hierbei haben insbesondere die Arbeiten von Porter 1617 ) einen großen Einfluss auf die Praxis gewonnen. Die meisten der größeren Unternehmungen haben heute die ersten drei der erwähnten Planungsarten eingeführt. Die Entwicklung dieser Planungssysteme geschah dabei in mehreren Schritten und gab jeweils den Stand der Umweltbedingungen, der Planungsphilosophie, der Planungstechnologie und der Datenverarbeitung wieder. Die in den Systemen enthaltenen Planungstätigkeiten bestehen aus Aktivitäten, die in Bezug auf die Organisationsstruktur der Unternehmung nach dem Gegenstromprinzip „von unten nach oben" („Bottom Up") sowie „von oben nach unten" („Top Down") ausgeführt werden. Die beiden erstgenannten Tätigkeiten werden durch Ad-hoc-Planungselemente ergänzt. Der Inhalt, die Tätigkeiten und die Zeitpläne für die skizzierten Planungsaktivitäten werden gewöhnlich in einer Planungs- und Kontrollprozedur definiert (vgl. auch Schierenbeck 18 ) S.112-128). Bottom Up Bei diesen Planungsaktivitäten werden die Informationen, die für die Planung des gewöhnlichen Geschäftes, aber auch für die Planung von Strategien benötigt werden, von den operativen Organisationseinheiten der Unternehmung gesammelt und an die nächsten Organisationseinheiten weitergegeben (vgl. Abb. 1.5). Beispiele für operative Organisationseinheiten sind nach Produkten gegliederte Divisionen und Fabrikationsstätten. Gewöhnlich bereiten sie Planungsinformationen in regelmäßigen Abständen - wie Monaten, Quartalen und Jahren - auf. Der Informationsumfang und -gehalt variiert wenig, und meist orientiert man sich an nichtfinanziellen Zielen und Daten wie Absatz, mengenmäßigem Ausstoß und Personal-

20

1. Planung und Planungstechnologie

beständen. Die Planungsinformationen werden nach Organisationsstufe aggregiert und mit Kontrollgrößen verglichen, bevor sie die Ebene der Geschäftsführung erreichen. Bei diesem Prozess ändert sich nicht nur der Detaillierungsgrad, sondern auch die Natur der Daten: mit abnehmendem Detail und zunehmendem Hierarchieniveau gewinnen rein finanzielle Informationen an Bedeutung.

Abb. 1.5: Planung von unten nach oben

Historisch gesehen, bestand die Planung vieler Unternehmen etwa zwischen 1955 und 1965 aus den geschilderten Aktivitäten. Sie wurden von Anfang an durch die Datenverarbeitung ermöglicht und unterstützt. Die Planungs-Informationssysteme waren geschichts- und berichtsorientiert. Die Datenbanken bestanden aus starren Dateien, deren Struktur sich nur wenig oder überhaupt nicht ändern ließ. Für die Programmierung wurden überwiegend kommerzielle Sprachen eingesetzt. Eine Modellunterstützung des Planungsprozesses fehlte weitgehend; Planungsrechnungen bestanden im Wesentlichen aus Aggregationen, dem Vergleich und der Konsolidierung von Plandaten. In einigen wenigen Fällen wurden Modelle zur Produktionsplanung isoliert zur Unterstützung der operativen Planung eingesetzt. Die bei diesem Vorgehen fehlende Informationsrückkopplung und Konfrontation von Planungsannahmen und Informationen zwischen den Organisationsstufen mit entweder finanzieller oder mehr mengenmäßiger Blickrichtung zusammen mit den Weiterentwicklungen der Computertechnologie führte etwa 1965-75 zur Kombination der oben beschriebenen Planungstätigkeiten mit weiteren Tätigkeiten, die „von oben nach unten" ausgeführt wurden.

Kombinierte Planung Die vorher beschriebenen berichtsorientierten Planungstätigkeiten wurden in der Folge durch „Top Down" ausgeführte Planungstätigkeiten ergänzt. Sie werden nachfolgend auch an einigen Praxisbeispielen erläutert.

1. Planung und Planungstechnologie

21

Auf der Ebene der Geschäftsführungen werden dabei, auch mit Hilfe von Stabsabteilungen, stilistische und politische Ziele sowie die dazugehörigen Strategien formuliert. Sie ergeben sich aus einer Beurteilung der Umweltbedingungen und einer Analyse der Stärken und Schwächen der Unternehmung hinsichtlich ihrer Produkte, Märkte, Technologien und Funktionen. Die Abb. 1.6,1.7,1.8 und 1.9 vermitteln einen Eindruck von der hierfür heute oft gewählten formalen Portfolio- oder SWOT-Analyse (Analysis of Strengths, Weaknesses, Opportunities and Threats), die nachfolgend am Beispiel eines Verlagsunternehmens für Reiseinformationen kurz skizziert wird (vgl. auch Dunst 19 ), Hinterhuber 20 ), Kreikebaum 2 ')):

Markt: Reiseführer Bewertungskriterien

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

Gewichtsfaktor gi

Marktwachstum Marktgröße Marktrisiko Konkurrenzsituation Preiselastizität Kaufhäufigkeit Investitionskosten Innovationspotential Soziale Attraktivität

Marktattraktivität:

Hoch 180-121

5 2 1 1 2 2 1 2 2 Mittel 120-71

Abb. 1.6: Beurteilung der Marktattraktivität

Punktzahl PÜ (max. 10) 5 8 8 5 10 8 8 4 8

Tief 70-0

Gewichtete Punktzahl 25 16 8 5 20 16 8 8 16

Summe 122 ^ ^ g j • Py

Die für die Beurteilung der Märkte eines Unternehmens wichtigen Faktoren werden aufgelistet und nach ihrer relativen Wichtigkeit mit dem Faktor gj gewichtet. Danach ist der Faktor „Marktwachstum" am wichtigsten, gefolgt von fünf Faktoren mit dem Gewicht zwei. Dabei wird angenommen, dass die Ausprägung jedes Faktors ceteris paribus auf einer eindimensionalen Skala zwischen 0 < Pjj < 10 bewertet werden kann. Danach wird die Preiselastizität des Marktes für Reiseführer mit der maximalen Punktezahl bewertet. Der Faktor Preiselastizität an sich wird jedoch nicht besonders hoch bewertet. Der Faktor Innovationspotential wird als ebenso wichtig wie die Preiselestizität eingeschätzt, der konkrete Markt Reiseführer wird jedoch nur mit vier Punkten bewertet. Dies führt dazu, dass das Innovationspotential bei der Aggregation der Punktezahlen nicht sehr stark ins Gewicht fällt. Von den bei der Schätzung und Aggregation auftretenden Skalenproblemen und Problemen aus der möglichen Interkorrelation der Faktoren soll hier zunächst einmal abgesehen werden. Für das einfache Beispiel von Abb. 1.6 wird dem Markt „Reiseführer" mit 122 Punkten eine

22

1. Planung und Planungstechnologie

hohe Attraktivität zugemessen. Es stellt sich natürlich an dieser Stelle auch die Frage, wie die Zuordnung der Punktezahlen zu den drei ordinalen Begriffen der Marktattraktivität („Hoch, Mittel, Tief) vorgenommen wurde. In Abschnitt 3.3.1 wird ausführlicher zum skizzierten Vorgehen Stellung genommen . Eine ähnliche Bewertung wie bei den Märkten erfolgt für die Produkte und Dienstleistungen einer Unternehmung, über die Gewichtung der Produkteigenschaften sollen Stärken und Schwächen im Unternehmensportfolio aufgedeckt werden (vgl. Abb. 1.7). Produkt: CD-ROM Bewertungskriterien

Gewichtsfaktor

1. Relativer Marktanteil 2. Deckungsbeitrag 3. Produktqualität 4. Termintreue 5. Kundenberatung 6. Flexibilität der Produktion 7. Vertrieb Produktstärke:

Hoch 230-151

Punktzahl (max. 10)

Gewichtete Punktzahl

5 8 7 6 4 4 7

25 32 21 18 12 8 21

5 4 3 3 3 2 3 Mittel 150-81

Tief 80-0

Summe 137

Abb. 1.7: Schätzung der Produktstärke

Die Produktstärke der Produktgruppe „CD-ROM" des Verlagsunternehmens wird nach dem selben Vorgehen demnach als mittelgroß eingeschätzt. Die Abschätzungen möglicher Kombinationen von Produkten und Märkten wird beispielsweise in einer Tabelle wie Abb. 1.8 zusammengefasst: Märkte

Reisebücher

Reiseprospekte

Landkarten

Produkte Bücher klebegebunden Bücher fadengeheftet Broschüren Mailings CD-ROM Netzwerk-Internet

(H;H) (H;M) (H;M) entfällt (H;M) (H;T)

entfällt entfällt (T;M) (T;H) (T;M) (T;T)

(M;H) (M;M) (M;M) entfällt (M;M) (M;T)

((M; H) - (Mittel; Hoch) - (Marktattraktivität, Produktstärke)) Abb. 1.8: Klassifizierung der Markt-Produkt-Kombinationen

23

1. Planung und Planungstechnologie

In einer Tabelle wie Abb. 1.9 lassen sich nun die Stärken und Schwächen der MarktProdukt-Kombinationen ersehen. Ziel der auf die Umwelt-, Markt- und Produktanalyse folgenden strategischen Planung ist es, Stärken und Chancen der Kombinationen weiter auszubauen und Schwächen oder Bedrohungen zu vermindern (SWOT). Marktattraktivität

c a o

p r

k t s t ä r k e

H

M

T

H

M

T

Reiseführer klebegebunden

Landkarten klebegebunden

Reiseprospekte Mailings

Reiseführer - fadengeheftet - broschiert - CD-ROM

Landkarten - fadengeheftet - broschiert - CD-ROM

Reiseprospekte - broschiert - CD-ROM

Reiseführer Netzwerk

Landkarten Netzwerk

Reiseprospekte Netzwerk

Abb. 1.9: Klassifizierung der Produkt-Markt-Kombinationen in Geschäftsfeldern

Es ist heute vielfach üblich, auch andere Wettbewerbsdimensionen als die Attraktivität Absatzmarkt/Produktstärke in zweidimensionalen Schemata abzuschätzen. Beispiele hierfür sind Dimensionspaare wie Marktmacht beim Einkauf/Produktstärke, Technologiestärke/Produktstärke oder Effizienz Geschäftsprozesse/Time-to-Market. Verschiedentlich wird der Bewertungsprozess computergestützt ausgeführt und die Ergebnisse zweidimensional grafisch dargestellt. Die Geschäftsfelder werden dabei oft als Kreise dargestellt, deren Fläche dem Umsatz, Deckungsbeitrag, Cashflow oder Gewinn proportional ist (vgl. Abb.1.10). Hierbei werden statt der aggregierten Dimension Produktstärke oft auch metrische Dimensionen, wie die Umsatz- oder Kapitalrentabilität, aufgetragen. Das geschilderte Vorgehen dient der strategischen Diskussion und Veranschaulichung. Zur Realisierung und Bewertung der den Geschäftsfeldentwicklungen zugrundeliegenden Strategien kommen Projektplanungsmethoden (z.B. der Netzplantechnik), Modelle der Investitionsplanung (z.B. Barwert, interner Zinsfuß) und Kennziffernmodelle auf der Basis von Tabellenkalkulationen zum Einsatz. Wie schon seit langem üblich, werden dabei nach Gegenstand und Ziel der Planung verschiedene Strategietypen (z. B. Konzentrations- oder Diversifikationsstrategien, Expansions- oder Haltestrategien) unterschieden und gerechnet.

24

1. Planung und Planungstechnologie Marktattraktivität H

M

H

0) M T5 O

T

Abb. 1.10: Bewegung der Geschäftsfelder im Raum der Produkt-Markt-Kombinationen

Bei der kombinierten Planung bilden die Geschäftsziele, die Umweltanalyse und der strategische Planungsprozess die Informationsbasis für den mittelfristigen und kurzfristigen Planungsprozess der Tochtergesellschaften, der Divisionen und planenden Funktionen. Quantitative Ziele wie der diskontierte Free Cashflow (DFCF), der ReturnOn-Investment (ROI), der Cashflow-Return-on-lnvestment (CFROI), die Eigen- oder Gesamtkapitalrentabilität, die Gewinne vor Steuern, Deckungsbeiträge und Produktivitätskennzahlen, wie der Produktionswert und der Nutzungsgrad, werden vorgegeben und vereinbart. Oft ist der Gebrauch von Kennzahlensystemen institutionalisiert (Reichmann22)) und dient sowohl der Planung als auch der Kontrolle (Eilon23)). Die erwähnten und ausgehandelten Vorgaben „von oben" dienen als Rahmen für dezentralisierte Planungstätigkeiten nach dem Gegenstromprinzip. Das Ergebnis des Prozesses führt zu detaillierten Vorgaben in den Bereichen Finanz, Produktion und Marketing für die mittelfristige Planung oder die Kurzfristplanung und Budgetierung. Dieser Prozess wird durch die operationeilen Organisationseinheiten ausgeführt. Die Zahl möglicher Pläne und Darstellungen ist unbegrenzt (vgl. auch Schierenbeck18) S.590-611, Ossadnik24). Als Beispiel zeigt Abb. 1.11 die Struktur eines finanziellen Mittelfristplans in der Form von Planbilanz und -erfolgsrechnung. Abb. 1.12 stellt ein Beispiel für einen mittelfristigen Absatzplan nach Produktgruppen dar. Abb. 1.13 zeigt ansatzweise die Form eines kurzfristigen Budgets, wie es vielfach zur Kontrolle der finanziellen Entwicklung eines Geschäftsjahres eingesetzt wird.

1. Planung und Planungstechnologie

25

Planbilanz Zeile

Jahr 1

Jahrl

Jahrl

Ist

Plan

Abw.

Liquide Mittel

15

12

-3

2

Forderungen

20

22

3

Lagerbestände

35

4

Umlaufvermögen

70

5

Anlagevermögen

52

6

Gesamte Aktiva

1

Mio Sfr

% Abw.

Jahr 2

Jahr 3

Plan

Plan

-25,0

14

16

2

9,1

24

25

32

-3

-9,4

34

36

66

-4

-6,1

72

77

50

-2

-4,0

55

60

-6

•5,2

127

137

122

116

7

kurzfr. Verbindlichkeiten

20

22

2

9,1

20

18

8

langfr. Verbindlichkeiten

46

36

-10

-27,8

42

52

66

58

-8

-13,8

62

70

9

Fremdkapital

10

Aktienkapital

40

38

-2

-5,3

42

45

11

Rücklagen

8

10

2

20,0

12

14

12

Gewinne

8

10

2

20,0

11

8

13

Eigenkapital

14

Gesamte Passiva

56

58

2

3,4

65

67

122

116

-6

-5,2

127

137

120

115

-5

-4,3

130

135

90

88

-2

-2,3

95

97

30

27

-3

-11,1

35

38

22

17

-5

-29,4

24

30

B

10

2

20,0

11

8

107,7

116,0

8,3

118,2

111,7

Planerfolgsrechnung 15 16 17 18 19

Umsätze Variable Kosten Deckungsbeitrag Variable Aufwendungen Gewinne

Einige Kennzahlen % 20

Anlagendeckung (%)

21

Liquidität (%)

75,0

54,5

-20,5

70,0

88,9

22

Eigenkapital (%)

45,9

50,0

4,1

51,2

48,9

23

Lagerumschlag (%)

342,9

359,4

16,5

382,4

375,0

24

Rentabilität Eigenkap.(%)

14,3

17,2

3,0

16,9

11,9

25

Rent. Gesamtkap. (%)

6,6

8,6

2,1

8,7

5,8

26

Umsatzrentabilität (%)

6,7

8,7

2,0

8,5

5,9

Abb. 1.11: Finanzieller Mittelfristplan

26

1. Planung und Planungstechnologie

Produkt

Absatz

AA1

AA1

AA1

B2

B2

B2

Ist

Soll

Abw.

Ist

Soll

Abw.

115

130

-15

165

160

5

0,95

1

-0,05

0,9

0,95

-0,05

109,25

130

-20,75

148,5

152

-3,5

60

65

-5

70

75

-5

49,25

65

-15,75

78,5

77

1,5

Var.Vertriebskosten

10

10

0

15

20

-5

Var.Vertriebs-Aufwend.

20

18

2

17

15

2

Sonderkosten Vertrieb

5

5

0

10

5

5

14,25

32

-17,75

36,5

37

-0,5

% Abw.

lfd. Monat

lfd. Monat

Preis Umsatz Var. Herstellungskosten Deckungsbeitrag 1

Deckungsbeitrag 2

Abb. 1.12: Mittelfristiger Absatzplan nach Produktgruppen

Kurzfristige Kontrolle für 7 Monate (TSfr) Kumuliert

Kumuliert

Kumuliert

Ist

Plan

Abweich.

1550

1500

50

3,3

Umsätze Erlösschmälerung

Ist

Plan

221,4

214,3

10

22

-12

-54,5

1,4

3,1

155

80

75

93,8

22,1

11,4

1695

1558

137

8,8

242,1

222,6

1012

950

62

6,5

144,6

135,7

683

608

75

12,3

97,6

86,9

315

320

-5

-1,6

45,0

45,7

Abschreibungen

47

50

-3

-6,0

6,7

7,1

sonst. Steuern

15

18

-3

-16,7

2,1

2,6

306

220

86

39,1

43,7

31,4 5,4

Bestandsänderung Gesamtleistung Materialaufwand Rohertrag Personalaufwand

ord. Betriebserg.

40

38

2

5,3

5,7

Zinsen

6

12

-6

-50,0

0,9

1,7

Sonst, fin. Erträge

8

10

-2

-20,0

1,1

1,4

Beteil. Erträge

Finanzergebnis

42

36

6

16,7

6,0

5,1

a.o. Erträge

25

32

-7

-21,9

3,6

4,6 3,6

37

25

12

48,0

5,3

a.o. Egebnis

-12

7

-19

-271,4

-1,7

1,0

Ergebnis v. Steuern

336

263

73

27,8

48,0

37,6

201,6

157,8

43,8

27,8

28,8

22,5

134,4

105,2

29,2

27,8

19,2

15,0

a.o. Aufwendungen

Steuern Ergebnis n. Steuern

4125

4050

75

1,9

4030

4075

Umsatz/Kopf

0,376

0,370

0,005

1,5

0,055

0,053

Betriebserg./Kopf

0,074

0,054

0,020

36,6

0,011

0,008

Mitarbeiter

Abb. 1.13: Beispiel Jahresbudget

27

1. Planung und Planungstechnologie

Schließlich stellt Abb. 1.14 einen kurzfristigen Finanzplan dar, wie er unterjährig zur Kontrolle der Liquiditätsentwicklung eines Unternehmens eingesetzt wird (vgl. auch Perridon, Steiner25) S.559). Mit Planungssoftware lassen sich die im Wesentlichen aus Definitionen und Identitäten bestehenden Planungshilfen in kürzester Zeit erstellen. Finanzplan für 7 Monate Kumuliert

Kumuliert

Kumuliert

Monat 5

Monat 6

Monat 7

Ist

Plan

Abweich.

Plan

Plan

Plan

Personal

2550

2500

50

630

620

630

Rohstoffe

1751

1800

-49

420

400

420

Hilfs- u. Betriebsstoffe

435

400

35

80

100

120

Steuern

325

330

-5

70

120

60

68

80

-12

20

30

50

155

160

-5

40

45

45

Versicherungen Mieten Strom, Heizung

87

90

-3

25

25

30

124

100

24

50

50

100

5495

5460

35

1335

1390

1455

1255

1300

-45

1000

0

150

Vorauszahl./Restzahl.

342

300

42

100

100

0

Auszahl. Investitionen

1597

1600

-3

2100

100

150

Sonstige Auszahlungen lfd. Ge. Kauf Anlagen

Zinsen

146

130

16

30

30

30

Kredittilgungen

550

550

0

150

0

300 0

Wechseleinlösungen

650

600

50

150

250

Sonstige Entnahmen

233

200

33

50

100

0

Auszahl. Finanzverkehr

1579

1480

99

380

380

330

Summe Auszahlungen

1935

8671

8540

131

3815

1870

Barverkäufe

2234

2400

-166

650

750

600

Zahlungseing. Ford.

5347

5500

-153

1400

1600

1400

Einz. ordent. Umsätze

7581

7900

-319

2050

2350

2000

Anlagenverkäufe

200

200

0

150

0

50

Ruckz. Finanzinvest.

568

600

-32

300

0

150

768

800

-32

450

0

200

75

85

-10

20

25

25

186

200

-14

50

50

50

Einz. Desinvestit. Zinserträge Beteiligungserträge

261

285

-24

70

75

75

Summe Einzahlungen

Einz. Finanzerträge

8610

8985

-375

2570

2425

2275

Anfangsbestand

2556

2556

0

2595

2550

2605

-61

445

-506

-1245

555

340

Über-/Unterdeckung

28

1. Planung und Planungstechnologie

Kreditaufn. kurzfr.

100

100

200

Kreditaufn. langf.

0

0

1000

0

0

Darlehen

0

0

0,0

0

0

0

100

1200

0

0

Ausgleichseinz.

100

0

0

Kreditrückf.kurzfr.

0

150

-150

0

500

500

Geldanlage

0

250

-250

0

0

1000

Ausgleichsausz.

0

400

-400

0

500

1500

2595

2156

439

2550

2605

1445

Endbest. Zahlungsm.

Abb. 1.14: Schema kurzfristiger Finanzplan

Allen gezeigten Beispielen ist gemeinsam, dass die Planzahlen in Tabellenform dargestellt werden und die aktuelle Entwicklung über absolute oder relative Abweichungen mit den Plänen verglichen wird. Die Pläne enthalten vielfach Begriffe und Totale, die sich als rein definitorische Beziehungen aus den Ausgangsgrößen ergeben. In den nachfolgenden Abschnitten wird gezeigt werden, wie Planzahlen nicht nur durch Dateneingabe und die Auswertung von Definitionen oder Identitäten, sondern durch Modellstrukturen berechnet werden können. Damit können kausale Beziehungen, z.B. zwischen der Kapitalrentabilität und dem Cashflow, den Investitionen oder dem Umsatzzuwachs, diskutiert und sichtbar gemacht werden. Die Ergebnisse der mittelund kurzfristigen Planung werden über die Organisationseinheiten konsolidiert und abgestimmt. Für die Unternehmensleitung werden so Kontrollinformationen über den jeweiligen Planungshorizont gewonnen. Im Vergleich zu den früher beschriebenen „Bottom Up"-Planungstätigkeiten hat die kombinierte Planung einige Vorteile: Sie ist mehr problem- und aufgabenorientiert. Aufgrund ihrer Rückkopplungselemente kommen die Ziele, Annahmen und Wertvorstellung benachbarter Organisationseinheiten vermehrt miteinander in Berührung. Die Verzerrung von Planinformationen der mehr in Mengen denkenden operativen Einheiten mit den mehr in finanziellen Größen denkenden Stellen in der Unternehmensführung wird vermieden. Es gibt mehr Gelegenheit zum Dialog, zur Mitwirkung und zum Entscheid in Gruppen. Nicht zu Unrecht haben verschiedene Autoren die Untemehmensplanung so als ein Spiel beschrieben, bei dem die Planungsprozedur die Regeln definiert. Die meisten der heute bekannten computergestützten Systeme zur Unternehmensplanung und Modellierung unterstützen die beschriebenen Planungstätigkeiten. Sie haben dazu geführt, dass der manuelle Planungsaufwand bei der Berechnung von Planbilanzen, Erfolgsrechnungen sowie Markt- und Produktionsberichten erheblich reduziert wurde. Mit Hilfe des Computers ist es möglich geworden, alternative Pläne und Szenarios, die verschiedenen Zuständen der Umwelt, aber auch verschiedenen Management-Entscheidungen entsprechen, schnell zu berechnen und zu ändern. Diese Entwicklungen haben in verschiedenen Ländern dazu geführt, dass die Gesetzgebung die Unternehmen im Rahmen revidierter Insolvenzgesetze zur Planung

1. Planung und Planungstechnologie

29

und rechnerischen Risikoanalyse verpflichtet. Historische Unterlagen des Rechnungswesens weisen nur zum Teil auf zukünftige Gefährdungen eines Unternehmens hin. Dasselbe gilt für die Bewertung von Unternehmen: erfolgte diese früher nach entweder der Ertragswert- oder der Substanzwertmethode auf der Basis historischer Zahlen, so werden heute computergestützte Pläne zur Berechnung des Unternehmenswertes nach der Methode des diskontierten freien Cashflows herangezogen. Die skizzierte Entwicklung wurde nicht nur durch Weiterentwicklungen der Planungsphilosophie, sondern auch durch die bei der Entwicklung von Computer-Hardware und -software erzielten Fortschritte ermöglicht. Die Strukturen der Planungsdateien und Datenbank-Managementsysteme sind heute wesentlich flexibler. Allgemeine problemorientierte Programmiersprachen oder speziell entwickelte Sprachen und Systeme zur Tabellenkalkulation und Unternehmensplanung erleichtern den Entwurf und den Gebrauch quantitativer Planungshilfen. Während früher EDV-Spezialisten beim Betrieb von Planungssystemen unabkömmlich waren, erfolgt die Benutzung heute oft im Dialogbetrieb durch den Planer selber. Beispiele sind einmal Tabellen-Kalkulationsprogramme wie Excel und Statistik Programme wie SPSS, zum andern Decisión Support Systeme (DSS) oder speziell für ein Unternehmen angefertigte Executive Information Systems (EIS). Ad-hoc-Planung Die weiterentwickelten Planungssysteme beinhalten meist die oben beschriebenen Tätigkeiten zur kurzfristigen und mittelfristigen Planung. Sie werden nach wie vor regelmäßig ausgeführt, jedoch sind sie stärker dezentralisiert und werden den Planungsbedürfnissen ad hoc angepasst. Hieraus folgt beispielsweise, dass der Umfang und die Art der Planungsinformationen, die zwischen den Organisationseinheiten ausgetauscht werden, von Planungszyklus zu Planungszyklus stark variieren können. Das Ideal eines Ad-hoc-Planungssystems ist ein permanent ausgeführter und adaptiver Planungsprozess. Die Resultate des kurz- und mittelfristigen Planungsprozesses werden mehr als „Schnappschüsse" des Prozesses aufgefasst. Von den planenden Organisationseinheiten wird verlangt, dass sie permanent aktualisierte Plandatenbanken unterhalten. Entwicklungen der Computer-Hardware und -Software während der letzten Jahre erlauben die Unterstützung des Ad-hoc-Prozesses insbesondere durch eine verteilte Datenverarbeitung über Daten- und Rechnernetzwerke. Die variable Verknüpfung von Daten und Logiken wird insbesondere durch relationale und/oder objektorientierte Datenbanken sehr erleichtert. Der mittelfristige und der kurzfristige Planungsprozess erhalten ihre Vorgaben aus dem Prozess zur Ad-hoc-Planung und strategischen Planung. Letzterer wird aber nun mit wechselndem Planungsgegenstand, Detaillierungsgrad und Planungsteams unregelmäßig ausgeführt. Er ist projekt- und aufgabenbezogen und beinhaltet eine Umweltanalyse, das strategische Management zur Anpassung der Organisationsstruktur einer Unternehmung an eine sich ändernde Umwelt sowie die sogenannte SWOToder Portfolio-Analyse, die bereits kurz und prototypisch skizziert wurde.

30

1. Planung und Planungstechnologie

Die Planungsteams der Ad-hoc-Planung und strategischen Planung haben meist eine Matrixstruktur, statt der hierarchischen Zusammensetzung von funktionalen und divisionalen Planungsteams, wie sie bei „Bottom Up"- und „Top Down"-Planungstätigkeiten gefunden wird. Wie in Abb. 1.15 durch „Würfel" dargestellt, kann ein Planungsteam gleichzeitig Planer einbeziehen, die Ziele vorgeben und kontrollieren, Mitarbeiter, die für die operationale Durchführung verantwortlich sind oder schließlich die Projektarbeit ausführen.

T

Management-Stufe Top Mitte — Bottom Stäbe/Experten

/>



)

/

0

Consultants

/ (•

/

/

Planungsarten kurzfristig mittelfristig strategisch

Division/Funktion 1.15: Mehrdimensionale Zusammensetzung von Planungsteams

Die Teilnahme und Konfrontation von Planern aus verschiedenen Hierarchiestufen, Organisationseinheiten und Planungsbereichen soll die Verzerrung der Planungsinformationen verhindern und die Konsistenz der Ad-Hoc-Planung und strategischen Planung mit den anderen Planungsarten gewährleisten. Es hat sich gezeigt, dass die skizzierte Planung durch andere Modelle, Datenbanken und Planungssoftware unterstützt werden muss als die vorher beschriebenen Planungsarten.

1. Planung und Planungstechnologie

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1.3. Einige Beispiele aus der Praxis Im Folgenden wird anhand einiger Beispiele qualitativ beschrieben, wie der Planungsprozess in verschiedenen Großfirmen abläuft. Das Potential für die quantitative Planung und EDV-Unterstützung läßt sich so leichter ermessen.

UBS AG In der Organisationsstruktur der Union Bank of Switzerland (UBS) werden heute vier Ebenen unterschieden: Konzern, Division, Geschäftsbereich (z.B. Private Investoren, Geschäftskunden oder das Investment-Banking) und Geschäftssektor (z.B. Private Investoren bis 5 Mio. Sfr Investitionskapital). Diese werden im Planungsprozess folgendermassen miteinander verknüpft (vgl. Abb. 1.16): Die Geschäftsbereiche und Geschäftssektoren bestimmen gleichzeitig ihre quantitativen und qualitativen Ziele für die nächsten drei Jahre. Dies geschieht in gegenseitiger Absprache während der ersten vier Monate eines Geschäftsjahres. Die dabei erzeugten Daten werden auf der Ebene Geschäftsbereiche konsolidiert und bilden zusammengefasst auf den Ebenen Konzern und Divison die „Corporate Terms of Reference", welche die Ziele und Strategien für 1 bis 3 Jahre umfassen. In der nächsten Phase werden die Herausforderungen und Chancen auf Divisionsund Konzernebene gemeinsam diskutiert und sowohl strategische Ziele als auch konkrete Jahresziele für die rollende 3-Jahresplanung vorgegeben. Die geänderten Geschäftspläne werden den Führungsverantwortlichen der Geschäftsbereiche zugestellt. In der letzten Phase werden daraus gegen Ende des Geschäftsjahres konsoliderte Pläne und Budgets erstellt, welche die Basis für eine neuerliche Bestimmung der Ziele auf der Ebene Geschäftsbereiche und Geschäftssektoren bilden. Damit ist der einjährige Planungszyklus abgeschlossen. Der UBS AG verfügt über kein zentrales Modell zur Unternehmensplanung. Die einzelnen Geschäftsbereiche bestimmen ihre Ziele in selbständigen Diskussionen auf der Basis eigener Schätzungen und Voraussagen, die vor allem qualitativer Natur sind. Das Management der Geschäftsbereiche ist sehr frei in seinen Entscheidungen, es trägt aber auch die volle Resultatverantwortung. Das Konzern-Controlling faßt die einzelnen Geschäftsbereiche wie einzelne Unternehmen einer Holding auf und versucht, auf der Basis von Barwert-Berechnungen (discounted Cashflow), Daten für die strategischen Entscheidungen zu liefern. Beispielsweise könnte ein Geschäftsbereich verkauft werden, wenn der diskontierte freie Cashflow geringer als ein gebotener Kaufpreis wäre. Hierbei spielt das Konzept eines maximalen Unternehmenswertes („Maximizing Shareholder Value") eine große Rolle. Bei der Erstellung von Planrechnungen der UBS programmieren Mitarbeiter des Konzern-Controlling meist kleine Modelle auf der Basis von Excel.

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1. Planung und Planungstechnologie

Unabhängig von diesen Planungstätigkeiten fertigen Mitarbeiter der UBS an verschiedenen Orten quantitative Modelle zur Wirtschaftsprognose, zur Bewertung und Ertragsprognose von Wertschriften sowie Modelle des Operations Research zur Optimierung von Wertschriften-Portfolios an. Diese Tätigkeiten des „financial engineering" erfolgen beispielsweise im Rahmen des Fonds-Management oder für die Kundenberatung. Sie sind nicht in die Planungsprozedur des Unternehmens integriert. Konzern

Konzernweite Referenzbedingungen

Division

• Herausforderungen und Chancen - Allokationsentscheidung

Konsolidierte Pläne/Budgets

t t Geschäftsbereich Divisionale Geschäftspläne und Plananpassungen

Geschäftssektor

Jan.

Mai

August Sept.

Nov.

Dez

Abb. 1.16: Planungsprozess Union Bank of Switzerland (UBS A G )

IBM Das Unternehmen IBM befindet sich sowohl national als auch international in einer Umbruchphase. Nach einer Reorganisation, die starke Personalreduktionen und eine starke Ausrichtung auf Qualitätsverbesserungen (TQM, Business Process Reengineering) mit sich brachte, präsentiert sich die Organisationsstruktur nun wie folgt: Das Unternehmen ist nach den Dimensionen Geschäftseinheiten, Produkte und Regionen in einer Matrix organisiert. Die Dimension Geschäftseinheiten ist resultatverantwortlich, hat Priorität und gliedert sich nach Kundensegmenten, wie beispielsweise Banken und Versicherungen, verarbeitende Industrie etc. Offizielle Budgets und Outlooks werden nur noch auf der Stufe der Regionen, nicht aber der einzelnen Länder erstellt. So ist Europa, der mittlere Osten und Afrika beispielsweise in fünf Geschäftsregionen aufgeteilt. Deutschland, Österreich, die Schweiz und die Ostländer inkl. Rußland, bilden die „Central Region". Die einzelnen Länder sind lediglich für die drei Schwerpunkte Kundenzufriedenheit, Mitarbeiter-Moral und Vertriebskanal-Strategien verantwortlich. So werden Verkaufsziele für den Vertrieb landweise vereinbart und kommissioniert.

1. Planung und Planungstechnologie

33

Der Planungsprozess der IBM läuft z.Zt. etwa folgendermassen ab: Gemäß den Vorgaben aus der Firmenzentrale in den USA berechnen die Regionen Budgets und Vorgaben für die einzelnen Kundensegmente, Produkte und Länder. Ausserdem werden andere Inputs, wie zum Beispiel die geschätzte Kostenentwicklung in der Produktion, an die Planer in den Ländergesellschaften übermittelt. Die Planer in den Geschäftseinheiten schätzen auf der Basis von Konjunkturdaten, Branchenvergleichsdaten, Erfahrungswerten und Gesprächen mit Verkaufs-Mitarbeitern die Absatzentwicklung in den verschiedenen Bereichen ein. Aus den geschätzten Absatzdaten werden die benötigte Anzahl Mitarbeiter und die dadurch enstehenden Kosten errechnet. Zusammen mit den Gemeinkosten für Gebäude, Werbung, etc. ergibt sich ein Gesamttotal, welches den zu erwartenden Erträgen gegenübergestellt wird. Nun werden verschiedene Varianten durchgerechnet und auf Übereinstimmung mit den Vorgaben der Regionen überprüft. Die besten Alternativen werden dem Management der Ländergesellschaften vorgelegt, das schließlich entscheidet, welche Alternative dem Regionen-Management unterbreitet werden soll. Der Planungshorizont der Ländergesellschaften für diesen Grobplan beträgt dabei jeweils zwei Jahre, während auf der Ebene der Regionen jeweils 3-5 Jahre im Voraus geplant wird. Nach Absprache der Resultate mit den Regionen werden die Daten pro Region und danach weltweit konsolidiert. Auf der Basis dieser Daten erfolgen schließlich die neuen Zielvorgaben und die Ausarbeitung der über Entscheidungen zu verfolgenden Strategien. Nach Genehmigung der Pläne durch das Regionen-Management arbeiten die Geschäftseinheiten detailliertere Pläne für einzelne Industrien bzw. Produkte aus. Zur Berechnung der benötigten Ressourcen aus den prognostizierten Absatzdaten, bei deren Gewinnung im Übrigen keine quantitativen Prognosemethoden zum Einsatz kommen, wird bei der IBM-Schweiz beispielsweise ein einfaches Lotus-Modell verwendet. Eine weitergehende Computerunterstützung erfolgt bei der Aggregation der Daten auf die höheren Ebenen. Die Bewertung der Investitionen erfolgt nach den üblichen Methoden computergestützt. Auch die IBM benutzt für die Planung Modelle auf der Basis von Tabellenkalkulationen. Dies ist umso interessanter, als das Unternehmen - mit dem vorhandenen Know-how hinsichtlich Hard- und Software geradezu prädestiniert für die Benutzung eines weltweit operierenden und vollintegrierten Planungssystems wäre. Die früher skizzierten wirtschaftlichen Entwicklungen und Turbulenzen haben zur Benutzung einfacher und robuster kleiner Rechenmodelle geführt, obwohl die IBM früher modellmäßig ehrgeizigere Lösungen angestrebt hat.

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1. Planung und Planungstechnologie

Asea Brown Boveri (ABB) Auch die ABB plant in mehreren Dimensionen. Die einzelnen Dimensionen bilden dabei die Geschäftsbereiche (Business Areas),die Geschäftsfelder (Business Area Units) und Regionen (Länder). Die Planung der Geschäftsbereiche hat Priorität. Innerhalb der einzelnen Geschäftsfelder können auch mehrere - rechtlich selbständige Aktiengesellschaften pro Land zusammengefaßt sein. Bei der Planung werden zwei Ebenen unterschieden: Die strategische Planung wird alle zwei Jahre über einen dreijährigen Planungshorizont ausgeführt. Die kurzfristige Planung erfolgt rollend jährlich mit einjährigem Planungshorizont. Abb. 1.17 stellt den Planungsablauf dar. Dabei werden die Ziele (Strategie Directions) weitgehend von der Konzernleitung festgelegt. Um die Ausarbeitung neuer strategischer Konzepte zu fördern, wird dabei bewußt „auf der grünen Wiese" begonnen, also zunächst möglichst nicht auf vergangene Entwicklungen abgestellt. Die strategischen Vorgaben werden auf die Ebene Geschäftsfelder und Geschäftsfelder pro Land disaggregiert. Das Management der Länder ergänzt diese Vorgaben mit eigenen Zielen und Verbesserungsplänen. Diese sind landspezifisch und betreffen gewöhnlich mehrere Geschäftsfelder. Dabei wird insbesondere auf die Ausarbeitung von Alleinstellungs-Merkmalen (Business Excellence) Wert gelegt. Der Prozess der strategischen und kurzfristigen Planung wird im Folgenden am Beispiel der ABB Schweiz skizziert: Nachdem sich die Leitung der ABB Schweiz (ABBCH) mit den Leitern der Geschäftsbereiche (BA) und Geschäftsfelder (BAU) auf die strategischen Maßnahmen geeinigt hat, werden diese in Form von strategischen Leitlinien (Strategie Directions) an die einzelnen Firmen der Gruppe weitergeleitet. Diese erarbeiten verschiedene strategische Szenarios, welche nach Rücksprache mit der Leitung von BA, BAU und ABBCH zu strategischen Plänen erweitert werden. Auf der Basis der alle zwei Jahre überarbeiteten strategischen Pläne und Daten erarbeiten die Planer von ABBCH, BA und BAU die Budgetziele für die einzelnen Geschäftsfelder und Geschäftsbereiche. Diese leiten daraufhin das definitive Budget ab und geben die entsprechenden Daten an die Konzernleitung weiter. Bei der Prognose der erwarteten Umsätze werden auch bei ABB wenig quantitative Verfahren verwendet. Investitionen werden aber anhand verschiedener Kennzahlen wie Barwert oder interner Zinsfuß bewertet. Bei ABB zeigt sich eine deutlich intensivere Nutzung der Möglichkeiten heutiger Computersysteme als bei anderen Firmen. Da der Chairman von ABB Schweiz großes Interesse an den Möglichkeiten der modernen Datenverarbeitung zeigt, besteht bereits ein gut ausgebautes MIS (Management Information System), welches auf der Basis von Lotus-Notes und einer teilweise selbst entwickelten Reporting-Software namens „ABACUS" arbeitet. Damit können konzernweit Daten aus verschiedenenen Konzerngesellschaften miteinander kombiniert, grafisch dargestellt, mit Plandaten und Werten aus der rollenden Vorhersage verglichen werden. Dieses System wird rasch aktualisiert - bereits eine Woche nach Monatsende stehen die Monatsdaten aggregiert zur Verfügung - und, dank der Unterstützung des Top-Managements, auch benützt.

1. Planung und Planungstechnologie

Abb. 1.17: Planungsprozess ABB

35

36

1. Planung und Planungstechnologie

Novartis Wie bei vielen anderen Unternehmen hat sich das Planungssystem von Novartis aufgrund struktureller Änderungen, hier die Fusion der ehemaligen Firmen CIBAGEIGY und SANDOZ und die Verselbständigung von Konzernteilen (Ciba Specialty Chemicals, Clariant), stark verändert. Der Konzern wird durch eine Geschäftsführung geleitet, der neben dem Vorsitzenden die Leiter der drei Divisionen (Gesundheit, Agribusiness, Consumer Health) und der wichtigsten Funktionen (Finanzen, Novartis Services, Technologie, Internationale Koordination) angehören. Jede Division umfasst mehrere Sektoren oder Business Units, die im Gegensatz zu den Divisionen als rechtlich selbständige Gesellschaften organisiert sind. Die Sektor-Gesellschaften halten ihrerseits wieder eine Vielzahl rechtlich selbständiger Konzerngesellschaften. Das strategische Management und die strategische Planung von Novartis gehören zu den wichtigsten Verantwortungsgebieten der Konzernleitung. Obwohl die Konzernstrategien für die einzelnen Divisionen, Sektoren und Geschäftsfelder nach dem „Bottom Up"-Prinzip ausgearbeitet werden, entwickelt die Konzernleitung eine übergeordnete Konzernstrategie, welche die hauptsächlichen Stoßrichtungen festlegt. Die Konzernleitung entscheidet auch über die von den planenden Geschäftseinheiten vorgelegten Strategiepläne und überwacht ihre Durchführung. Strategische Pläne bei Novartis haben einen Planungshorizont von mindestens fünf Jahren und werden jährlich überprüft bzw. erweitert oder angepasst. Die dabei erstellten Strategie-Dokumente bestehen aus verbalen Beschreibungen der Ziele, Strategien und Massnahmen sowie quantitativen Auswertungen. Bei der Ausarbeitung der Planrechnungen werden einfache Planungsmodelle in der Form von Investitionsrechnungen und Berechnungen des diskontierten freien Cashflow der Geschäftseinheiten verwendet. (Als Planungssoftware kommt Excel zum Einsatz.) Die Kennzahlen wie die Kapitalrentabilität der Sektoren RONA (Return On Net Assets), der erwirtschaftete Mehrwert EVA (Economic Value Added) und die Gewinne EBIT (Earnings before Interest and Taxes) bilden wichtige Kontrollgrößen für die Planung. Hierfür werden die wichtigsten Positionen der Erfolgsrechnung bis zum operativen Ergebnis und die wesentlichen Aktiva geplant. Daneben werden die wichtigsten Erfolgsfaktoren für die Sektoren, wie beispielsweise die Innovationsrate (Patente, Umsatzanteil der neu eingeführten Produkte), die Marketing- und Vertriebsanstrengungen (Marktanteile, Zuwachsraten, Aufwandskenngrößen) und die Effizienz der operativen Prozesse (Personal- und Materialaufwand im Verhältnis zum Umsatz) analysiert und kontrolliert. Kenngrößen wie der Barwert, der interne Zinsfuss und die Paybackperiode dienen - neben der Terminkontrolle - zur Beurteilung von Einzelprojekten. Aus der strategischen Planung bei Novartis leiten sich die Vorgaben für die operative Planung der Sektoren und Konzerngesellschaften ab. Das Budget hat einen Planungshorizont von einem Jahr. Die Zielerreichung wird laufend verfolgt. Dabei wird mit vollständigen Erfolgsrechnungen und Planbilanzen gearbeitet. Hierzu wird die IstEntwicklung im Vergleich zum Budget von den Konzerngesellschaften über die Sektoren und Divisionen bis auf die Konzernebene konsolidiert.

1. Planung und Planungstechnologie

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Literatur zu § 1 1) Ackoff, R. L. „Beering and Branching through Corporate Planning" in: „Proceedings 5th International Conference on Operations Research", Venedig 1969, Tavistock Publications London, New York 1970, S. 21 2) Ansoff, H. I., P. R. Declerk, R. L. Hayes „From Strategie Planning to Strategie Management", John Wiley & Sons, London, New York 1976 3) Liebl, F. „Strategische Frühaufklärung", Oldenbourg Verlag, München 1996 4) Forrester, J. W. „World Dynamics", Wright Allen Press, Cambridge, Mass. 1971 5) Meadows, D H., et al. „The Limits to Growth", Universe Books, New York, 1972 6) Cole, H. S. D., et al. „Models of Doom: A Critique of the Limits to Growth", Universe Books, New York, 1973 7) Meadows, D. H., et al. „Die neuen Grenzen des Wachstums", Deutsche Verlags Anstalt, 5. Aufl., Stuttgart 1992 8) Fair, R. C. „Specification, Estimation and Analysis of Macroeconometric Models", Harvard University Press, Cambridge / Mass. 1984 10) Wallis, K. F. Hrsg. „Macroeconometric Modelling", Vol 1+2, Edward Elgar Publ., Cheltenham / Gloust. 1994 11) Holub, H.-W., Schnabl H. „Input-Output-Rechnung: Input-Output-Tabellen", R. Oldenbourg Verlag, 3. Aufl., München 1994 12) von Wietersheim, B „ Koch, H. .Handbuch der Wirtschaftsdatenbanken", SCIENTIFIC C O N S U L T I N G • Dr. Schulte-Hillen BDU, Köln 1997 13) Homburg, Ch. „Modellgestützte Unternehmensplanung", Gabler Verlag, Wiesbaden 1991, 2.Auflage „Quantitative Betriebswirtschaftslehre" 1998 14) Ulrich, H. „Management-Philosophie in einer sich wandelnden Gesellschaft" in: Hahn, Taylor Hrsg. „Strategische Unternehmungsplanung", Physica Verlag, Würzburg. Wien 1980, 5. 501-513 15) Gälweiler, A. „Unternehmenssicherung und strategische Planung", Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung 26, 2, Juni 1976, S. 362-379 16) Hahn, D., B. Taylor Hrsg. „Strategische Unternehmensplanung, strategische Unternehmensführung", 7. Aufl. Physica Verlag, Heidelberg 1997 17) Porter, M „Wettbewerbsstrategie", Campus Vertag, 9. Aufl., Frankfurt 1997 18) Porter, M. „Wettbewerbsvorteile", Campus Verlag, 4. Aufl., Frankfurt 1996 19) Schierenbeck, H. „Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre", 12. Aufl., Oldenbourg Verlag, München 1995 20) Dunst, K. H. „Portfolio Management", Verlag Walter de Gruyter, 2. Aufl., Berlin, New York 1982 21) Hinterhuber, H. H. „Strategische Unternehmungsführung", Verlag Walter de Gruyter, 6. Aufl., Berlin, New York, Bd. 1 1996, Bd. 2 1997 22) Kreikebaum, H. „Strategische Unternehmensplanung", Kohlhammer Verlag, 6. Aufl., Stuttgart 1997 22) Reichmann, Th. „Controlling mit Kennzahlen und Managementberichten", Verlag Franz Vahlen, 5. Aufl., München 1997 23) Eilon, S. „The Art of Reckoning", Academic Press, London 1984 24) Ossadnik, W. „Controlling", Oldenbourg Verlag, München 1996 25) Perridon, L., M. Steiner „Finanzwirtschaft der Unternehmung", 8. Aufl., Vahlen Verlag, München 1996

39

2.

Modell- und Computerunterstützung des Planungsprozesses

Verschiedene Umfragen in den USA, England und Deutschland haben gezeigt, dass die modell- und computergestützte Planung weit verbreitet ist. Obwohl anfänglich in der Mehrzahl bei Großunternehmen eingeführt, scheint es heute beim Einsatz wenig Restriktionen hinsichtlich Unternehmensgröße und Art der Unternehmung zu geben. Obwohl die Anwendungen überwiegend im finanziellen Bereich der mittelfristigen und kurzfristigen Planung bekanntgeworden sind, gibt es eine Reihe von Beispielen für die Unterstützung der Marketing-, Produktions- und Personalplanung. Auch einige Modelle aus dem Bereich der strategischen Planung wurden veröffentlicht (Grinyer und Wooler 1 ), Rosenkranz2), Hanssmann 3 ' 4 ) Homburg 6 ), Schober6)). Unter einem Planungsmodell wird die Beschreibung der Unternehmung oder eines ihrer Teile auf den funktionalen Gebieten der Finanzen, des Marketings und des Personals sowie der Produktion verstanden. Die Beschreibung erfolgt in der Form von Gleichungen, Restriktionen und logischen Bedingungen. Diese Beziehungen verketten meist quantitative Variablen, deren in der Regel zeitabhängige Werte den größten Teil der Modell- und Plandaten ausmachen. In den Kapiteln 3.1 bis 3.3 werden Modelldaten und Modellstrukturen näher beschrieben und dargestellt. Relationen eines Planungsmodells werden formuliert, geschätzt und gelöst. Die Kapitel 3.3 bis 3.5 geben hierfür eine eingehende Beschreibung. Obwohl die Modelle sehr oft der Beschreibung möglicher Entwicklungen eines Unternehmens dienen, ist die Zielsetzung ihres Einsatzes meist normativer Natur: Experimente mit dem Modell sollen die Auswirkungen möglicher Entscheidungen des Managements quantifizieren helfen. Das Computerexperiment wird damit ein Substitut für tatsächliche und wesentlich teurere Entscheidungen in der wirklichen Umwelt. Die Computeranalyse soll Entscheidungen vorbereiten, die selektiert werden und den Stand des Unternehmens in seiner Umwelt verbessern, robuster gestalten oder eine Adaption an Umweltänderungen erleichtern.

40

2. Modell- und Computerunterstützung des Planungsprozesses

2.1 Modellvariablen Das Computerexperiment mit einem Planungsmodell kann als ein Einpersonenspiel gegen die Umwelt des Unternehmens aufgefaßt werden (vgl. Abb. 2.1). Das Gleichungssystem F(Yt,Vt„T,Xt,0t,yt) = O

(2.1)

beschreibt das Unternehmen oder seiner Bereiche. Darin sind Y t = (yn,y2t ••• y n t) endogene Variablen, die über das Modell berechnet und dem Benutzer zur Verfügung gestellt werden. Die Umgebung des Unternehmens wird durch exogene Variablen X t = = (x1t,x2t ••• x n t ) und Zufallsvariablen U, = (u 1t ,u 2t ••• u n t ) dargestellt. Letztere werden auf dem Computer häufig durch sogenannte Zufallszahlen-Generatoren realisiert. INPUT

Verzögerung ( - t )

Yo • Anfangswerte < vorherbestimmte Variablen LJ,Zufallsgrössen X, exogene Variablen

OUTPUT

Y t endogene Variablen

©t Entscheidungen Abb. 2.1: Klassifikation der Modellvariablen

Die Werte der exogenen Variablen und Zufallsvariablen werden meist in der Form von Zeitreihen in die Modellstruktur eingespeist und durch Modellrechnungen nicht geändert. Die Beeinflussung oder auch Steuerung der endogenen Variablen erfolgt im Planungsmodell letztlich über die vom Benutzer des Modells eingegebenen Entscheidungsvariablen © t = (©i t ,©2t ••• ®it )• Wie bei den exogenen und zufälligen Variablen wird durch die Modellstruktur keine Wechselwirkung zwischen den endogenen Variablen und den Entscheidungsvariablen abgebildet. Entscheidungen fallen außerhalb der Modellstruktur und beeinflussen die Entwicklung der endogenen Variablen. Diese kann jedoch auch durch eine Verkettung der Perioden t, t - 1 , t - 2 ... t - t über rückgekoppelte endogene oder vorherbestimmte Variablen*) erfolgen (vgl. Abb. 2.1). Die Zusammenhänge können mit Hilfe von Gl. (2.2) erläutert werden: *) Man kann für x>1 zeigen, dass es über die Einführung von zusätzlichen Modellgleichungen immer möglich ist, mit vorherbestimmten Variablen Y(_-| zu arbeiten.

41

2. Modell- und Computerunterstützung des Planungsprozesses

Es sei Lagerbestand t = L a g e r b e s t a n d , + Bestellungen, - Nachfrage, oder y, = y , _ i + 0 , - ( x , + u t ) .

(2.2)

Der Lagerbestand entwickelt sich Periode für Periode aus einem Anfangsbestand y 0 über Bestellentscheidungen 0 , und eine exogene Nachfrage x t , die von zufälligen Schwankungen u, überlagert ist. yt

(Xf+Ut)

0

1

2

3

4

5

6

7

t

0

1

2

3

4

5

6

7

t

0

1 2

3

4

5

6

7

t

Abb- 2.2: Variablen Lagerhaltung

Die Klassifikation der Modellvariablen kann aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, aber auch aus ihrer Verwendung im Computerexperiment erfolgen. Wenn angenommen wird, dass ein Unternehmen die Nachfrage nach Produkten nicht z.B. durch seine Preispolitik beeinflussen kann, dann ist x, eine exogene Variable. Falls aber im Computerexperiment verschiedene Nachfrageverläufe in Bezug auf den Lagerbestand getestet werden sollen, kann der Benutzer über die Nachfrage entscheiden. Nachfolgend soll der Gebrauch einer Variablen ihre Klassifikation bestimmen. Damit könnte die Nachfrage im Experiment zur Entscheidungsvariablen werden. Legt wiederum eine Entscheidungsregel wie Bestellungen, = 4 Nachfrage,

(2.3)

die Losbestellungen fest, kann aus einer Entscheidungsvariablen im Experiment eine endogene Variable werden. Oft stimmt der Gebrauch einer Variablen jedoch mit ihrer wirtschaftlichen Bedeutung überein. Modelle, die Zufallsvariablen enthalten, werden stochastisch genannt. Meist werden in der Praxis jedoch deterministische Modelle mit U, = 0 eingesetzt. Da man annehmen darf, dass die Modellvariablen nur einmal in einer Periode gemessen, beobachtet oder berechnet werden, wird zudem in der Regel mit diskreten Modellen gearbeitet. Diese Annahme wird durch die Feststellung gestützt, dass beispielsweise nahezu alle im betrieblichen Rechnungswesen oder im Vertrieb erfaßten Daten in regelmäßigen Abständen wie Monaten, Quartalen oder Jahren gemessen und berechnet werden. Bezüglich der Zeit kontinuierliche Modelle, die auf in diskreten Zeitabständen gemessenen Variablen beruhen, erfordern zusätzliche Hypothesen über ihren Verlauf zwischen den Meßzeitpunkten und einen höheren Rechenaufwand als diskrete Modelle.

42

2. Modell- und Computerunterstützung des Planungsprozesses

2.2 Typen von Modellexperimenten Modelle zur Unternehmensplanung werden in der Praxis hauptsächlich für drei Typen von Experimenten eingesetzt: Keine Entscheidungen (endogene Fragestellung) Modellstrukturen ohne Entscheidungsvariablen werden oft für die Unterstützung von „Bottom Up"-Planungstätigkeiten eingesetzt. So beschreiben einfache Bestands- und Flussgleichungen die Aggregation und Konsolidierung von Erfolgsrechnungen und Bilanzen auf das Konzernniveau bei vorgegebenen divisionalen oder funktionalen Plandaten auf der Ebene der Tochtergesellschaften. Entscheidungen und damit die Wechselwirkung des Benutzers mit dem Modell entfallen auch dann, wenn die Modellstruktur Entscheidungsregeln oder eine über einen Lösungsalgorithmus erzielbare Optimierungsvorschrift enthält. Ein lineares Modell zur Produktionsplanung, das z.B. mit dem Simplex-Algorithmus der linearen Programmierung gelöst wird, gehört in diese Kategorie (vgl. Kapitel 3.4). What If Dies ist der bei weitem häufigste Modus des Experiments mit einem Planungsmodell. Wie in Abb. 2.1 dargestellt, wird das Modell als Hilfsmittel zum Austesten hypothetischer Management-Entscheidungen eingesetzt. Der sogenannte „Szenario-Manager" in Excel dient diesen Zwecken. Die hypothetischen Management-Entscheidungen sind Teil des Modellinputs, die endogenen Variablen werden als Funktion der Zeit berechnet. Die Wahl der Entscheidungen erfolgt in sequentiellen Computerexperimenten durch den Benutzer. Mit Hilfe eines mentalen Auswertungsmodells gewichtet und selektiert er Entscheidungsalternativen nach seinen Wünschen. What to do to Achieve (Zielfragen) Diese Fragestellung wurde zuerst von Tinbergen 7 ) für Experimente mit makroökonomischen Modellen diskutiert. Wie in Abb. 2.3 dargestellt, gibt der Modellbenutzer Zielwerte, zumindest für einen Teil der endogenen Variablen, vor und benutzt das Modell als Werkzeug, um die Entscheidungen zu bestimmen, die zu den vorgegebenen Zielwerten führen. Anfangswerte Exogene Variablen

> >

Modell

Zielwerte der endogenen Variablen Abb. 2.3: Struktur einer Zielfrage

>

Entscheidungen

2. Modell- und Computerunterstützung des Planungsprozesses

43

Auf den ersten Blick scheint es sich bei den Zielfragen lediglich um eine Inversion der "What If'-Fragestellung zu handeln. Da endogene Variablen - wie in Gl (2.2) - jedoch oft über verschiedene Perioden durch vorangegangene Werte beeinflusst werden, handelt es sich meist um kompliziertere Modellanfragen: Wird nur ein Lagerendbestand y T als Zielwert vorgegeben, kann es viele Folgen von Bestellentscheidungen (©1, ©2, ••• ©t) geben, die zu einem y T führen. Zudem kann sich die numerische Bestimmung komplizierter gestalten. Excel versucht, Zielfragen mit der sogenannten „Zielwertsuche" zu bestimmen. Dies ist unter Umständen nur iterativ oder unter Verwendung eines Optimierungsverfahrens möglich, das Zielabweichungen minimiert.

44

2. Modell- und Computerunterstützung des Planungsprozesses

2.3 Computerunterstützung Während die modell- und computergestützte Planung ursprünglich durch höhere problemorientierte wissenschaftliche Programmiersprachen, wie FORTRAN, unterstützt wurde, werden heute meist speziell für diesen Zweck entwickelte Systeme eingesetzt. Ein System zur modellgestützten Planung besteht in der Regel aus einem zentralen Steuerprogramm, das entweder in einer höheren problemorientierten Programmiersprache oder in ASSEMBLER programmiert ist. Es erlaubt über ein System zum Daten-Management und einfache Befehle den Zugriff auf die Plandatenbank. Letztere ist gewöhnlich nach dem Konzept mehrdimensionaler Tabellen oder Matrizen aufgebaut. Daneben steuert das System über Befehle den Aufruf vorgefertigter Softwareblöcke. Diese können in einer Modellbank z.B. standardisierte Investitions-, Prognoseund Kennzahlenmodelle enthalten. Die Methodenbank des Systems enthält vorgefertigte Lösungs- und Optimierungsverfahren, statistische Tests und Verteilungen oder Generatoren zur Erzeugung von Zufallszahlen (vgl. Abb. 2.4).

Methodenbank

Eingabe Bildschirm -4 Datenträger

-

Steuerprogramm und Simulationssprache

£

Modellbank


-X2

:

(3.3.6) l n ( y t + X . 2 ) f ü r A., = 0

Dabei sind insbesondere die drei folgenden Spezialfälle interessant: Gilt Xf = X2 = 0, so handelt es sich um eine einfache logarithmische Transformation. Ist X2 = Q und Xf = - 1 , so liegt eine inverse Transformation vor und ist X2 = 0 und X^ = = 1 / 2 , dann beschreibt Gl. (3.3.6) eine Wurzeltransformation. Hauptvorteil der Glättungs- und Differenzenmodelle ist ihre konzeptionelle und rechnerische Einfachheit, Hauptnachteil der Mangel an Erklärungswert und die - nicht immer realistische - Grundannahme, dass die zukünftige Entwicklung infolge der Trägheit der Zeitreihe aus der historischen Entwicklung abzuleiten ist. X

Abb, 3,3,9; Trend, Zyklus und Streuung einer Zeitreihe

Gleitende Mittelwerte Weist eine Zeitreihe weder einen Trend noch zyklische Schwankungen auf (St = r, = 0) und sind aufeinanderfolgende Werte des Modelles y t = a 0 + u,

(3.3.7)

3. Modellierungsprozess

121

unabhängig voneinander, so kann mit Hilfe eines gleitenden Mittelwertes y t oft eine recht gute Prognose zukünftiger Werte von y t errechnet werden. Häufig wird das arithmetische Mittel über k historische Werte zu Prognosezwecken verwendet. Für einen ungeraden Wert von k gilt: yt = ¿(yt + yn+-+yt-k+i) •

(3.3.8)

Die Varianz des Mittelwertes y t ist nach der Gaußschen Fehlertheorie um den Faktor k geringer als die Varianz eines einzelnen y t -Wertes. Der Mittelwert y t kann als Prognose für eine Periode x gelten. y,+T=y,

(3.3.9)

Die Prognose ist jedoch um mindestens die halbe Glättungsperiode gegenüber den aktuellen Werten verzögert. Dies ist vor allem bei nichtstationären Reihen von großem Nachteil. Aufeinanderfolgende, gleitende Mittelwerte sind über die Formel yt = y t - i ^ ( y t - y t - k )

(3.3.10)

miteinander verbunden. Dies erleichtert die Nachführung der Prognose, sobald neue Werte verfügbar werden. Die letzten k Werte von y t müssen zu diesem Zweck allerdings gespeichert werden. Entspricht k einem natürlichen Vielfachen der Zykluslänge, wird eine zyklische Struktur der Zeitreihe y t bei der Glättung eliminiert. Im Falle eines Zyklus können die Saisonfaktoren als Quotient aus tatsächlichem und geglättetem Wert errechnet werden. Trendelimination und Differenzenmodelle Ein zeitabhängiger Trend der Form r, = 8 0 + 3 , t + a 2 t 2 + ... + a m t m

(3.3.11)

kann über die Bildung von Differenzen nach der Formel ym y t = V™-1 y , - Vm~1 y M ; m > 1; V° = 1

(3.3.12)

eliminiert werden. Die resultierende Zeitreihe schwankt um eine Konstante. V repräsentiert den sogenannten

Differenzen-Operator.

1

Es gilt V y t = y, - y,.-, 2

V y t = V (V y t ) = y t - 2 y M + yt_2

(3.3.13) usw.

Saisonale oder konjunkturelle Zyklen in einer Zeitreihe können durch eine entsprechende saisonale Differenzenbildung eliminiert werden: v p yt = yt - yt-p. p ^ 1 •

(3-3.14)

122

3. Modellierungsprozess

Liegt eine Saisonalität vor, entspricht p der Länge der Saison (p = 4 für Quartalsdaten, p = 12 für Monatsdaten). Auch kann durch eine entsprechende Wahl der DifferenzenOperatoren Vp 1 Vp 2 gleichzeitig Saisonalität und Konjunkturzyklus beseitigt werden. Beispielsweise eliminiert die Operation V48 V 1 2 yt = V 48 (yt - y t -i 2 ) = Yt - yt-12 - Ymb + Yt-eo

(3.3.15)

eine Saisonalität von 12 Monaten und einen Konjunkturzyklus von 4 Jahren, wenn y t monatlich gemessen wurde. Das nachfolgende Beispiel zeigt die Elimination eines linearen Trends. t

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

yt

980

1010

1200

1400

1700

1800

1900

2000

2000

2050

30

190

200

300

100

100

100

0

50

160

10

100

-200

0

0

-100

50

Vy t v 2 y,

Bereits nach einer einmaligen Differenzenbildung von yt verschwindet der Trend und die Reihe Vy t schwankt um einen konstanten Wert von etwa 119. Nach der zweiten Differenzenbildung schwankt die Zeitreihe V 2 y t um den Wert Null. Durch das „Überdifferenzieren" ist die Varianz der Reihe erheblich angestiegen. Somit könnte y t eine lineare Entwicklung zugrunde liegen. Trend und Saisonalität einer Zeitreihe werden in diesen Modellen vom Benutzer spezifiziert. Nimmt man an, dass die einmal spezifizierte Struktur auch für den zukünftigen Verlauf der Zeitreihe gilt, kann Trend, Saisonalität und Zyklus in die Zukunft extrapoliert werden. Angenommen für Gl. (3.3.15) ergebe sich für die transformierte Reihe ein Mittelwert a 0 , dann kann eine Prognose von y t über yt' = ao + yt-12 + Yt-48 - yt-60

(3.3.16)

erfolgen, wenn e{ut} = 0 und ut nicht autokorreliert ist. Eine Möglichkeit zur Schätzung einer Saisonstruktur ist die Bestimmung Parameter der trigonometrischen Funktion y t = a 0 +a, - sin ( • ^ • | + a 2 cos P ) l P

.

der

(3.3.17)

wo p die Zykluslänge ist. Die Parameter a 0 , a 1 und a 2 lassen sich nach der Methode der kleinsten Quadrate schätzen. Eine weitere Möglichkeit zur Darstellung und Schätzung von Saisonfaktoren, aber auch Sondereinflüssen bietet sich über die Verwendung von Hilfs- bzw. Dummy-Variablen, die nur den Wert Null oder Eins annehmen können. Dabei wird für jeden Monat oder jedes Quartal eine DummyVariable 5it, i = [1,12] bzw. i = [1,4] definiert, die sich insofern von einer gewöhnlichen

3. Modellierungsprozess

123

unabhängigen Variablen unterscheidet, als sie nur die zwei Werte (0/1) annehmen kann. Auch die Berücksichtigung von Sonderfaktoren (z.B. Zinsänderungen, ölpreise) ist über Dummy-Variablen möglich. Für die Gleichung y t = 8 0 + 8 ! • 8K + a 2 - S j t + ... + a p _ , • 8 p _ 1 t + b • t

(3.3.18)

wobei p = 12 für Monatswerte und p = 4 für Quartalswerte ist, kann der saisonale Einfluss in einem einzelnen Monat oder Quartal geschätzt werden. Die Koeffizienten i = [1, (p-1)] werden über eine Regression bestimmt. Dabei werden in Gleichung (3.3.18) für einen Basismonat alle Dummy-Variablen bis auf eine gleich Null gesetzt. Zur Berechnung des Januarwertes werden beispielsweise alle Dummies außer derjenigen für den Januar gleich Null gesetzt und entsprechend für alle anderen Monate nach der Form

(3.3.19)

berechnet. Die Dummy-Variable 5 p wird nicht berücksichtigt, da sie linear von den anderen Variablen abhängt. Die Gleichung reduziert sich somit auf die Form yjanuar

-

y Februar ~

a

0 + a J a n u a r ' 1 + a Februar • 0 + ... + b • t

a

0 +

a

Januar '

0

(3.3.20)

+ a Februar • 1 + — + b • t

wobei die Werte für a 0 , a J a n u a r und b aus der Regression bekannt sind, b • t steht für einen zeitabhängigen Trend. Ein Beispiel für die gleichzeitige Bestimmung von Saisonalität und Trend ist die von Shiskin beschriebene und bei vielen makroökonomischen Untersuchungen eingesetzte X-11-Census-Methode. Solchen Methoden können auch sogenannte ARIMA (Autoregressive Integrated Moving /Werage)-Modelle zugrunde liegen (Makridakis/ Wheelwright 8 ) 18) u n d Abschnitt 3.3.4). Exponential-Smoothlng-Modelle In die Berechnung eines gleitenden Mittelwertes gehen alle k historischen Werte einer Zeitreihe mit dem gleichen Gewicht ein. In vielen Fällen kann jedoch angenommen werden, dass die jüngsten Werte einer Zeitreihe mehr Gewicht für die zukünftige Entwicklung haben, als die weiter zurückliegenden Werte. Deshalb sollten sie bei der Prognose ein höheres Gewicht erhalten. Solche Gewichte können subjektiv geschätzt, aber auch über eine Anwendung der Fehlerquadratmethode statistisch geschätzt werden. In der Summe sollten die Gewichte 100% ergeben.

124

3. Modellierungsprozess

Von der Methode der gleitenden Mittelwerte ausgehend, wurden verschiedene Glättungsverfahren entwickelt, bei denen historische Werte ein verschiedenes Gewicht erhalten. Zu den am häufigsten verwendeten Ansätzen gehören die ExponentialSmoothing-Modelle von Brown, die mit geometrisch fallenden Gewichten arbeiten. Anstelle von (3.3.8) tritt y, = a • y, + a • (1 - a) y M + ... + a • (1 - a) n " 1 y,. n+1 + (1-a) n • y t . n , wo

(3.3.21) n-1 0 < a < 1 und l i m a ^ ( 1 - a ) ' =1 ¡=o n -*oo

und anstelle von (3.3.10) y, = cc • y, + (1 - a) • y t _i.

(3.3.22)

Außer dem letzten Wert y t der Zeitreihe, dem alten Mittelwert y M sowie dem Glättungsfaktor a muss nichts weiter gespeichert werden. Definiert man den Prognosefehler als et=yt-y

M

,

(3.3.23)

wobei yt_i als Schätzung für y t verwendet wird, folgt y, = y M + a • e t .

(3.3.24)

Somit ergibt der alte Wert der geglätteten Reihe, korrigiert um das Produkt aus Prognosefehler und Glättungsfaktor a, den neuen Wert der geglätteten Reihe. In der Praxis hat sich für den Glättungsfaktor a ein Wert von 0,05 < a < 0,2 als brauchbarer Kompromiss zwischen einer guten Anpassung an laufende Änderungen und einer möglichen Überbewertung zufälliger Änderungen erwiesen. Für a » 0,05 gehen historische Werte nach Gl. (3.3 .21) sehr stark, für a « 0,2 dagegen mit 80% = (1 — a) nur schwach in die Prognose y t ein. Neben der Auswahl des Faktors a erfolgt auch die Wahl des Glättungsmodelles mehr oder weniger willkürlich. Einer trendlosen Zeitreihe der Form r

t+T = a 0 (t)

(3.3.25)

entspricht ein Exponential-Smoothing-Modell 1. Ordnung nach Gleichung (3.3.22). y t stellte dabei eine Schätzung für a 0 (t) dar. Als Anfangswert nimmt man meist ao(1) = yi, a 0 (t)= yt und es gilt a 0 (t) = a • y t + ( 1 - a) • a 0 (t-1), t > 1. Die Prognoseformel entspricht Gleichung (3.3.25), also y l + t = a 0 (t)

(3.3.26)

125

3. Modellierungsprozess

Für eine Zeitreihe mit einem linearen Trend der Form r

(3.3.27)

t+i = a 0 (t) + a-,(t) • T

kommt das Double-Exponential-Smoothing (Modell 2. Ordnung) zur Anwendung, dessen Anfangswerte sich beispielsweise aus einer Geraden durch die ersten beiden Werte y-| und y 2 zu a 2 gilt für die Aktualisierung der Parameter a 0 (t) = y t + ( 1 - a ) 2 • (a 0 (t-1) + a

8l(t-1)

- yt)

i ( t ) = a-|(t-1) - a 2 (a 0 (t-1) + 3 l ( t - 1 ) - y t )

(3.3.28)

und für die Prognose erhält man entsprechend zu Gleichung (3.3.27) y t+T = a 0 (t) + a ^ t ) • T. In der Praxis werden lediglich Exponential-Smoothing-Modelle bis zur 3. Ordnung verwendet. Ein vorheriges Differenzieren der Zeitreihen erlaubt jedoch die Anwendung der Methoden auf Zeitreihen mit zyklischen Schwankungen und Trends. Speziell für kurzfristige Nachfrageprognosen, wie sie z.B. in der Lagerhaltung notwendig sind, haben sich Exponential-Smoothing-Methoden sehr bewährt. Hervorgehoben werden sollte, daß Exponential-Smoothing-Modelle nicht aus einem systematischen Modellbildungsprozess folgen, sondern mehr oder weniger intuitiv spezifiziert werden. Für eine exaktere Analyse von Zeitreihen empfiehlt sich die Verwendung statistischer Spezifikations- und Verifikationstests (vgl. Abschnitt 3.3.7). Neben der hier beschriebenen Methode von Brown existieren eine Reihe weiterer Smoothing-Ansätze, wie etwa das ARRSES (Adaptive Response-Rate-Single-Exponential-Smoothing), das 2Parameter-Iineare-Exponential-Smoothing von Holt, das quadratische ExponentialSmoothing von Brown sowie das lineare und saisonale Exponential-Smoothing von Winters. Insbesondere das letzte Modell hat bei verschiedenen Prognose-Wettbewerben gut abgeschnitten. Man geht beim Winters-Modell ebenfalls von Gl. (3.3.27) aus, wobei nun jedoch eine multiplikativ verknüpfte Saisonalltät S t + T _ p eingeführt wird: r

t+t = yt+T = (a 0 (t) + ai(t) • x) • S t + T _ p , wo x < p.

(3.3.29)

Der Saisonfaktor S t + T _ p entspricht einem Wert, der vor einem Saisonzyklus der Länge p berechnet wurde (z.B. p = 12 für einen Zyklus von 12 Monaten. Für x = 4 und

t = 20

wird also der in der Periode 12 berechnete Saisonfaktor zur Prognose herangezogen.)

126

3. Modellierungsprozess

yt

a 0 (t) = (a 0 (t-1) + a 1 (t-1)) + a 3

8l(t)

=

3l(t-1)

S,=St_p

+

Y

+ ß(a 0 (t) - a 0 (t-1) yt a0(t)

-(a0(t-1) +

ai(t-1))

t-L ai(t-1))

(3.3.30)

- S t-p

wo die Glättungsparameter 0 < a, ß, y < 1 sind. Sie werden in der Praxis durch Versuche oder z.B. nach einer Fehlerquadratmethode optimiert. Gute Erfahrungen wurden mit a = ß = 0.2, y = 0.6 gesammelt. In der Literatur sind auch Methoden beschrieben, bei denen a dynamisch dem Verlauf einer Zeitreihe angepasst werden kann (vgl. Williams 2 3 )). Anfangswerte für a o (0), a-|(0) und S(0) erhält man in Analogie zum Double Exponential Smoothing wie folgt: Angenommen von y t sind m • p historische Zeitreihenwerte y 1 t y 2 ... y m p verfügbar. Dann ergibt sich ein erster Schätzwert für den Trendparameter a^O) aus ai(0)=_

ym-yi > - 1 ) p J '

(3.3.31)

wo y t und y m arithmetische Mittelwerte der ersten und letzten p Werte von y t sind. Ein Anfangswert für a 0 (0) ergibt sich aus a o (0) = y i - J ( p + 1)-a 1 (O).

(3.3.32)

Schätzwerte der Saisonfaktoren S(t), 1 < t < m • p berechnen sich aus (3.3.33) yt wo

y t = a o (0) + t • a-i(O).

Anfangswerte S ( t ) , ( - p + 1) < t < 0 erhält man über 1

m

st = — V s t + ip m ¿—I i=i

(3.3.34)

3.3.4 Box-Jenkins-Modelle 2 2 ) 24-25) Box und Jenkins, die zu den Hauptkritikern einfacher Glättungsmethoden gehörten, berücksichtigen in ihrem Ansatz nicht nur Modelle aus gleitenden Mittelwerten, sondern allgemeinere, sogenannte ARIMA (Autoregressive Integrated Moving Average)Modelle der Form 0 ( B ) V d y t = 0 ( B ) • ut,

(3.3.35)

3. Modellierungsprozess

127

B ist der sogenannte Lag-Operator, der definiert wird als B p y t = yt-p.

(3.3.36)

V ist der Differenz-Operator (vgl. Abschnitt 3.3.3), und u, der stochastische Störterm. Die Funktionen 0 ( B ) und 0(B) sind Polynome des Lag-Operators. Einem Modell der Form ARIMA (p, d, q) liegt folgende Modellgleichung zugrunde (1 _ 0 1 b 1 - 0 2 B 2 - ... - 0 p BP) • V d y t = = (1 - 0 ! B 1 - 0 2 B 2 - ... - ©qBfl) • u, _

(3.3.37)

wobei die 0h i = [1,p] autoregressive Parameter und die 0j, j = [1,q] Moving-AverageParameter genannt werden. Für Zeitreihen, die nicht um den Nullpunkt schwanken, ist auf der linken Seite von Gl. (3.3.37) eine Konstante 0O zu addieren. Die Box-JenkinsModelle basieren meist auf ARIMA-Modellen erster oder zweiter Ordnung, wie ARIMA (0,1,1): y t = — ( 0O) + y M + u t - ©! • u M ARIMA (1,0,1): y, = (- 0O) +

+ u t - ©., • u M

(3.3.38)

ARIMA (0,2,2): y t = (- 0O) + 2 y M -y,. 2 + u t - 0 , • u M - 0 2 • u t . 2 ARIMA (1,1,1): y, = ( - 0 O ) + (1+ 0 1 ) y , . 1 - 0 2 y t . 2 + u t - © i • u M oder der gemischten Form (1,d,1). In der Regel wird nicht die nichtstationäre Originalreihe zur Schätzung herangezogen, sondern eine transformierte (vgl. Box-CoxFormel) oder differenzierte Version der Reihe. Vielfach ist es durch Anwendung dieser Umformungen möglich, aus einer nichtstationären eine stationäre Zeitreihe zu erhalten. Das ARIMA (0,1,1)-Modell entspricht einem Exponential-Smoothing-Modell. Die (0,2,2)-Version berücksichtigt die Nichtstationarität einer Reihe infolge eines stochastischen und quadratischen Trends. Modellierungsschritte für Box-Jenkins-Modelle 1. Die Spezifikation der Parameter p und q eines Box-Jenkins-Modelles erfolgt über den Test der Autokorrelationsfunktion (oder des Penodogramms) und der partiellen Autokorrelationsfunktion der Variablen y t . Nichtstationäre Reihen werden zuerst differenziert. Die geschätzte Autokorrelationsfunktion wird definiert als n-k

r(k) =

£(yt-y)(yt+k-y) t=i

(3.3.39)

£(y.-y)2 t=i Dabei ist y das arithmetische Mittel der gegebenen gesamten Zeitreihe y t . Die Autokorrelationsfunktion einer Reihe ohne Trend und Zyklus nimmt mit zunehmenden Werten des Lag k ab.

3. Modellierungsprozess

128

Beispiel für die Box-Jenkins-Methode Für die Umsätze eines Produktes wurden in zwanzig Quartalen die folgenden Werte erhalten: Quartal t

Umsätze yt (GE)

1

15,0

2

w,

Modellwerte

23,0

8,0

23,8

3

30,0

7,0

31,3

4

37,8

7,8

37,6

5

46,4

8,6

45,9

6

55,5

9,1

55,1

7

64,9

9,4

64,5

8

74,2

9,3

74,1

9

83,3

9,1

83,3

10

92,4

9,1

92,3

11

101,5

9,1

101,4

12

110,4

8,9

110,5

13

119,6

9,2

119,3

14

128,3

8,7

128,7

15

137,9

9,6

137,0

16

147,0

9,1

147,3

17

156,2

9,2

156,0

18

165,2

9,0

165,3

19

174,3

9,1

174,1

20

183,3

9,0

183,3

21

192,2

22

201,1

23

210,0

24

218,8

3. Modellierungsprozess

129

Abb. 3.3.10 gibt die Werte der Autokorrelationsfunktion von Vy t und eines näherungsweise berechneten Konfidenzintervalles 2a » 21 Vn wieder.

r(k) t

1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0

I i i

1

-0,2

4

"

Y Li

0,447

•k

Abb. 3.3.10: Beispiel Autokorrelationsfunktion

Unter der Annahme einer Normalverteilung der Autokorrelationskoeffizienten kann ihre Signifikanz näherungsweise getestet werden. Mit Hilfe des in der Abbildung ausgewiesenen doppelten Standardfehlers (in diesem Beispiel beträgt 2 a « 0.447 ) wird ein Konfidenzintervall von etwa 95 Prozent spezifiziert. Nur die Koeffizienten, die außerhalb des Konfidenzintervalles liegen, sind mit mehr als 95 Prozent Wahrscheinlichkeit von Null verschieden. Die nichtstationäre Ursprungsreihe y t ist stark trendbehaftet. Damit würde ihre Autokorrelationsfunktion nur langsam abklingen. Die partielle Autokorrelationsfunktion wird über die Koeffizienten 0 k k ; k > 1 definiert. Sie wird durch die sukzessive Lösung des rekursiven linearen Gleichungssystems k =1 k =2 k=3

r(1) = 0 1 1 - r ( O ) r(1) = 021 • r(0) r(2) = 0 2 1 • r(1) + 0 2 2 • r(0) r(1) = 0 3 1 - r ( 0 ) r(2) = 0 3 1 r(1) + 0 3 2 r(O) r(3) = 0 3 1 • r(2) + 0 3 2 • r(1) + 0 3 3 • r (0),

oder allgemein mit j = [1, k] rö) = 0 k i ' r(j-1) + 0 k 2 ' rü-2) + ... + 0 k k ' r(|-k)

(3.3.40)

berechnet, wobei r(j) die Werte der in Gleichung (3.3.39) berechneten Autokorrelationskoeffizienten sind.

130

3. Modellierungsprozess

Bricht die Autokorrelationsfunktion einer stationären Reihe nach k = q ab, bzw. sind die Autokorrelationskoeffizienten nicht mehr signifikant von Null verschieden, soll ein Moving-Average-Prozess q-ter Ordnung im Modell berücksichtigt werden. Im vorliegenden Fall wäre also q = 1. Analog wird die Zahl der in das Modell aufzunehmenden autoregressiven Parameter aus dem Abbrechen der patiellen Autokorrelationsfunktion bei k = p bestimmt. Es folgt also p = 1. Damit folgt ein Modell (p, d, q) = (1, 1,1). r(k) i 1,0 0,8 0,6 0,4

0,2

r

0,447

2CT5 -*k

-0,2 -0,4 Abb. 3.3.11: Beispiel partielle Ajtokorrelationskoeffizienten

2. Nachdem das Modell bestimmt ist, werden die Parameter 0|, 0 j und die Varianz der Residuen CT2U( über die Kleinstquadrat- oder die Maximum-Likelihood-Methode geschätzt. Da die differenzierte Reihe im vorliegenden Fall um einen konstanten Wert fluktuiert, wird im Modell ein 0 g geschätzt. Die Schätzung ergibt die Werte 0 O = 8,8, 0 ^ = 0,67 und = - 0,03. 3. Die Signifikanz der berechneten Parameter wird mit Hilfe eines t- oder F-Tests (vgl. Abschnitt 3.3.7) geprüft. Neben der Stationarität wird auch die Unabhängigkeit und die Normalverteilung der Residuen unterstellt bzw. getestet. 4. Mit Hilfe der dem ARIMA-Modell entsprechenden Gleichung (z. B. Gl. 3.3.37, speziell 3.3.38) können Prognosen berechnet werden. Diese sind in obiger Tabelle für die Perioden t = [21,24] eingetragen. Beim Vorliegen neuer Meßwerte einer Zeitreihe werden die Parameter eines Box-Jenkins-Modells entweder neu geschätzt oder formelmäßig angepaßt.

3. Modellierungsprozess

131

Box-Jenkins-Modelle sind darauf ausgerichtet, diejenigen Prognosen der endogenen Variablen zu berechnen, die den kleinsten mittleren quadratischen Fehler aufweisen. Da diese Anforderung durch verschiedene Modellspezifikationen erfüllt werden kann, soll - nach dem „Prinzip der Sparsamkeit" - das Modell mit der geringsten Anzahl Parameter gewählt werden. Hauptvorteil der Box-Jenkins-Modelle ist, dass die Modellstruktur nicht a priori, sondern aufgrund einer Analyse der Ausgangsdaten spezifiziert wird. Dies erfordert jedoch statistische Vorkenntnisse, Erfahrung und einen gewissen Zeitaufwand. Eine vollständige Automatisierung des Schätzvorganges ist mit der heute verfügbaren Software zwar möglich, jedoch erfordert die Interpretation der Resultate einiges Fingerspitzengefühl. Ein weiterer Nachteil der Box-Jenkins-Modelle ist der vergleichsweise hohe Bedarf an historischen Daten (n > 30, was in obigem Beispiel nicht erfüllt ist). Wegen der oft autoregressiven Struktur der Modelle, die zu einem Aufschaukeln" der Prognosefehler führen kann, eignen sich Box-Jenkins-Modelle nicht für die Prognose instabiler und nichtlinearer Zeitreihen. Trotz wesentlich geringerer statistischer Voraussetzungen haben sich bei Prognosewettbewerben Praktikermethoden, wie z.B. das Verfahren von Winters, als ähnlich gut erwiesen. Speziell für die kurzfristige Prognose zählen Box-Jenkins-Modelle heute jedoch zu den besten der verfügbaren univarlaten Prognosemethoden. Im Weiteren erlaubt ein erweiterter Ansatz der Box-Jenkins-Methode die Berücksichtigung zusätzlicher unabhängiger Variablen. Verschiedene Software-Pakete zur computergestützten Planung so SPSS - enthalten die Box-Jenkins-Verfahren in der Verfahrens- und Modellbank. In verschiedenen Software-Paketen wird der Spezifikationsprozess automatisiert.

3.3.5 Trendmodelle Trendmodelle beschreiben eine endogene Variable ebenfalls lediglich als Funktion der Zeit. Im Gegensatz zu den Exponential-Smoothing- und Box-Jenkins-Modellen gehen sie nicht nur von einer über die Zeit konstanten Funktionsform, sondern auch von konstanten Parametern aus. Diese werden für die gesamte betrachtete Zeitspanne geschätzt, und eine Anpassung der Parameter beispielsweise an neue Ursprungswerte kommt einer Neuschätzung des Modelles gleich. Trendmodelle werden meist zur Beschreibung mittel- und langfristiger Entwicklungsgesetze verwendet. Die Schätzung erfolgt entweder mehr intuitiv durch Abschätzung der Extremwerte (Sättigungsniveaus, Wendepunkte) und grafische Anpassung bei halblogarithmischer Darstellung oder über Methoden der linearen und nichtlinearen multiplen Regressionsanalyse. Die einfachste Form eines Trendmodelles ist eine lineare Funktion der Form yt = a + b • t + u t ,

(3.3.41)

das für u t = 0 mit einem Achsenabschnitt von a in einer Geraden mit der konstanten Steigung b über die Zeit hinweg ansteigt.

132

3. Modellierungsprozess

Bereits die Wahl der Funktionsform eines Trendmodells impliziert oft eine ökonomische Annahme über den Verlauf der Variablen, die mit dem a-priori-Wissen des Benutzers übereinstimmen sollte. So basiert etwa ein deterministisches exponentielles Trendmodell der Form y t = ea + b t ,

(3.3.42)

in dem a eine Konstante und b eine Zuwachsrate ist, auf der Annahme, dass das Ausmaß der Zu- oder Abnahme der Variablen von den vorangegangenen Zuwachsraten induziert wird (je höher das Wachstum von heute, desto höher dasjenige von morgen).

100 90 80 £ 70 I Ifl O | ^

60 50 40 30 20 10 0 5

10

Abb. 3.3.12: Exponentielles Modell

Das exponentielle Sättigungsmodell Yt = y«(1 - ea"b ')

(3.3.43)

geht von der Annahme aus, dass ein Zuwachs von y t für b > 0 dem Produkt aus der Differenz zwischen Sättigungsniveau yM und einem früheren Wert yt_At und einer Konstanten b proportional ist: Yt -

yt-At «

At

• b (yM - yt_At).

(3.3.44)

Im Gegensatz zum Log-Reziproken Modell yt = e x p j a 0 + | ] ^ J ,

(3.3.45)

das ebenfalls ein Sättigungsmodell wiedergibt, ist das exponentielle Sättigungsmodell nicht direkt linearisierbar. Im logistischen Trendmodell y,=—Ta>0,b>0, 1+exp{a-bt}

(3.3.46)

133

3. Modellierungsprozess

wird angenommen, dass der Zuwachs von y t proportional dem Produkt aus vorangegangenem Wert und der Differenz zwischen Sättigungsniveau y „ und vorangegangenem Wert ist. Dieses Modell wird häufig zur Beschreibung dauerhafter Konsum- oder Investitionsgüter von der Einführungs- bis zur Sättigungsphase verwendet. Während es in der Einführungsphase einem exponentiellen Wachstumsmodell entspricht, geht es später in ein Modell mit exponentieller Sättigung über. Beispiel: Für das nominelle Bruttosozialprodukt eines Landes wurden die folgenden Werte erhalten: Zeit y t [GE]

10

10

11

Zeit yt

12

14

15

1

[GE]

16

16

17

17

Die Parameter des durch Gl. (3.3.46) gegebenen Modells wurden nun über eine nichtlineare Regression geschätzt (vgl. Abschnitt 3.3.6). Dabei wurden die folgenden Resultate erhalten: Logistisches Trendmodell Bruttosozialprodukt Konstante

Sättigungsniveau Y

Koeffizient

0.42

212.

0.20

t-Wert

(3.16

(8.74

(4.16

F = 155.5 Daraus ergibt sich die Gleichung y 1t = r . ' 1 + exp{0.43~0.21 • t}

(3.3.47)

Die unter den Parameterwerten in Klammern vermerkten t-Werte zeigen, dass alle geschätzten Parameter als signifikant verschieden von Null betrachtet werden können, während der F-Wert die Signifikanz der gesamten Schätzung bestätigt (zur Berechnung der F- und t-Werte vergleiche Abschnitt 3.3.7). Für einfache logistische Modelle kann durch eine geeignete Umformung und Logarithmierung der Variablen eine Linearisierung des Modelles Gl. (3.3.46) erreicht werden (vgl. Mertens et al. 1 9 ) S. 160 ff). Anhand dieses Modells können nun die Indexwerte des BSP (y 1t ) für die Perioden 11 bis 15 prognostiziert werden. In der nachstehenden Tabelle sind die Werte eingetragen.

3. Modellierungsprozess

t

Bruttosozialprodukt (y1t) [GE]

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Produktmarkt (y2t) [GE]

100 105 110 120 140 150 160 165 170 175

980 1010 1200 1400 1700 1800 1900 2000 2000 2050

Prognosen 11 12

183 188 192 196 199

13 14 15

2122 2152 2174 2191 2204

Durch Einbezug von anderen erklärenden Variablen als der Zeit wird aus einem reinen Trendmodell ein Erklärungsmodell. So erlaubt das logistische Modell in allgemeiner Form yt=



.

(3.3.48)

1 + exp { a - t ( b 0 + Z b j X i t + Z c j 0 j t ) }

i

i

in dem die b| und Cj zusätzliche Parameter darstellen, den Einbezug von exogenen Variablen X t oder Entscheidungsvariablen 0 t . S o kann beispielsweise die Entwicklung eines Produktmarktes (Reihe y 2 t in obenstehender Tabelle in Abhängigkeit des B S P (y1t)) erklärt werden. Eine nichtlineare Regression ergibt folgende Resultate: Logistisches Modell für einen Produktmarkt (y2t) Konstante Koeffizient t-Wert

3.42 (6.84)

Sättigungsniveau 2353.4 (13.0)

BSP -0.031 (-5.45)

F = 169.3 Die Gleichung lautet somit )/ 2\

=

235: z f - 2 . 3 , 5 3 - , 0 . — f , w o x 1 t = y1t 1+ exp {3.42-0.031x 1tJ

(3.3.49)

135

3. Modellierungsprozess

Wiederum läßt sich anhand der in Klammern vermerkten t-Werte und dem F-Wert feststellen, dass sowohl die einzelnen Parameter als auch die gesamte Schätzung signifikant verschieden von Null sind (vgl. Abschnitt 3.3.7). Nachdem für den Verlauf des BSP bereits Prognosen existieren, kann auch die Entwicklung des Gesamtmarktes über fünf Jahre prognostiziert werden (vgl. Tabelle). Das Konkurrenzmodell (Gamma-Modell) eignet sich ebenfalls zur Prognose von Lebenszyklen. Es wird beschrieben durch y, = (T + t) m • exp {a - b • t}; T > 0, m > 0, b > 0

(3.3.50)

Vt

100 90 80 ^ 70 60 50 40 30 20 10 0

/

\ A. / / x\ \\

\

Zeit 5

10

15

20

25

30

35

40

• t

Abb. 3.3.13: Konkurrenzmodell

Mit diesem Ansatz kann die Einführung eines neuen Produktes, das ein Konkurrenzprodukt sukzessive vom Markt verdrängt, beschrieben werden. Der Parameter T steht für die Zeitspanne, die seit der Einführung des Produktes verstrichen ist. Das Doppel-Log-Modell Yt

a0nxitai ¡=1

(3.3.51)

wird häufig zur Beschreibung von Produktionsfunktionen verwendet, wobei an Stelle der Zeit eine exogene Variable (Arbeit, Kapital) tritt. Das Doppel-Log-Modell ist über eine Log-Transformation linearisierbar. Seine Koeffizienten lassen sich als Elastizitäten interpretieren, d. h. die Höhe der gedachten Koeffizienten a| entspricht direkt der prozentualen Änderung der erklärten Variablen, die durch eine einprozentige Änderung der erklärenden Variablen hervorgerufen wird; d. h. es gilt Ayt a¡ =

(3.3.52)

Yt

Ax i t

j * ¡ = const

136

3. Modellierungsprozess

3.3.6 Ökonometrische Modeile 25-27) Ein ökonometrisches Modell ist „die analytische Darstellung von einer oder mehreren Aussagen über wirtschaftliches Verhalten, deren statistische Formulierung dem Test von Hypothesen, der Schätzung von Parametern, der Erstellung von Prognosen oder der Simulation dient" (DhrymesJ. Dabei wird versucht, in die Formulierung dieser Aussagen soviel A-priori-Wissen wie möglich über die Form der Ursache-WirkungBeziehungen zwischen den endogenen und der sie beeinflussenden Variablen einzubringen. Dieses Wissen kann der ökonomischen Theorie, den Verhaltenswissenschaften, dem gesunden Menschenverstand oder bereits gemachten Erfahrungen entstammen. In der Venwendung des A-priori-Wissens liegt der Hauptunterschied zwischen der Formulierung, der Identifizierung, der Schätzung und Validierung eines ökonometrischen Modells und einer kritiklosen Anwendung der klassischen Korrelations- und Regressionsanalyse. Es lässt sich nicht exakt definieren, was ein gutes ökonometrisches Modell ist und wie es sich in Tests im Vergleich zu weniger guten Modellen verhalten sollte. Jedoch kann man sagen, daß ein gutes ökonometrisches Modell eine plausible und vernünftige Beschreibung des tatsächlichen wirtschaftlichen Verhaltens geben muss. Nur diejenigen Bereiche wirtschaftlichen Verhaltens allerdings, die wenigstens teilweise Zufallsschwankungen durch Unsicherheit und Risiko unterliegen, werden mit ökonometrischen Methoden modelliert. Ökonometrische Modelle sind somit per definitionem Modelle stochastischer Phänomena, auch wenn sie deterministische Beziehungen beinhalten. Sie werden zur Beschreibung der Beziehungen eines Unternehmens zu seiner Umwelt eingesetzt, die durch stochastische Fluktuationen gekennzeichnet ist. Marketing-Prozesse gehören beispielsweise zu den wichtigsten und interessantesten Anwendungsgebieten der ökonometrischen Modellierung. Auch die Abhängigkeit der Variablen einer Unternehmung von nationalen oder internationalen wirtschaftlichen Größen kann mit ökonometrischen Methoden und Modellen erfaßt werden. Als erster Test für das Bestehen einer Abhängigkeit zwischen zwei Variablen wird häufig der Koeffizient der sogenannten Kreuzkorrelation herangezogen. Für zwei Zeitreihen y t und x t berechnet er sich zu (3.3.53)

Dabei ist u x die Standardabweichung von xt, a y die Standardabweichung von y t . Die Signifikanz des Koeffizienten - 1 < r y x < 1 kann mit einem t-Test überprüft werden. Dadurch, dass die Zeitreihen zeitlich gegeneinander verschoben werden, können über Gl. (3.3.53) auch Koeffizienten der Lag-Kreuzkorrelation berechnet werden. Sie geben Hinweise auf zeitliche Zusammenhänge zwischen zwei Variablen. Auch diese Funktion gibt aus ihrem zeitlichen Verhalten Hinweise auf Kausalitäten, die eventuell zwischen zwei Variablen wirken (Granger Kausalität, vgl. Harvey 2 2 ), S. 307-313).

3. Modellierungsprozess

137

Der Wert ihrer t-Verteilung berechnet sich mit (n - 2) Freiheitsgraden aus t = / ryx9 ( l - r yx)

(3.3.54)

Im Gegensatz zu den in den Abschnitten 3.3.4 und 3.3.5 beschriebenen stochastischen Modellen, muss ein ökonometrisches Modell - um seiner Definition gerecht zu werden - wirtschaftliches Verhalten mit spezifischen Verhaltensgleichungen erklären. Die Formulierung dieser Gleichungen richtet sich zwar nach der ökonomischen Theorie, ihre genaue Spezifikation liegt jedoch beim Modellbauer. Es ist deshalb nicht weiter erstaunlich, dass verschiedene Modellbauer, die mit demselben Datenmaterial arbeiten, recht verschiedene, aber dennoch plausible Modelle erhalten können. Dies führte dazu, dass vor allem von Box, Jenkins und deren Mitarbeitern eine möglichst offene, nicht auf A-priori-Wissen gestützte Schätzphilosophie propagiert wurde, nach der die Zahlen zuerst einmal „für sich selbst" sprechen sollten, bevor Verhaltensgleichungen spezifiziert werden („atheistischer Prognosestandpunk"). Marketing-Beispiel Ein einfaches Beispiel eines Marketing-Modells soll nachfolgend die Möglichkeiten und Begrenzungen der Anwendung eines ökonometrlschen Modells illustrieren: Ein Unternehmen stellt ein Produkt oder eine Gruppe von Produkten her, die auf einem nationalen Markt verkauft werden. Es interessiert sich deshalb für die Entwicklung der Nachfrage nach seinem Produkt. Diese ist einerseits von der Entwicklung des Gesamtmarktes für das Produkt abhängig, die ihrerseits in Abhängigkeit vom BSP des Landes steht. Andererseits wird die Nachfrage über den Marktanteil des Unternehmens, von der Festlegung der Preise und den Werbeaufwendungen des Unternehmens beeinflusst. Die nachfolgende Tabelle Abb. 3.3.14 gibt historische Jahreswerte für die Entwicklung des BSP (y 1t ), des gesamten Produktmarktes (y 2t ), des Marktanteils des Unternehmens (y 3t ), Werte für die beiden Entscheidungsvariablen Preise (0 1 t ) und Werbeausgaben (0 2 t ) sowie der Nachfrage nach dem Produkt (y 4t ) wieder. Abbildung 3.3.15 veranschaulicht Beziehungen zwischen den Variablen. Die ökonometrische Analyse dieses Modells mit den vorgegebenen historischen Werten kann einerseits über die Identifikation der Einflüsse von Preis und Werbeausgaben auf den Marktanteil und die Nachfrage für das Unternehmen von Nutzen sein. Zum andern erlaubt die Kenntnis der wahrscheinlichen zukünftigen Nachfrageentwicklung die Anpassung der Produktion und der Marktstrategien an entsprechende Veränderungen. Das lineare Modell Ein ökonometrisches Modell beschreibt wirtschaftliches Verhalten meist in Gleichungsform. Eine linksstehende Linkshand- oder endogene Variable wird als Funktion von Rechtshand-Variablen (Entscheidungsvariablen, vorherbestimmte oder exogene Variablen) erklärt. So kann die Nachfrage y 4 t in Abb. 3.3.14 beispielsweise als

138

3. Modellierungsprozess

Funktion der Entscheidungsvariablen Preis 0 1 t und Werbeaufwand 0 2 t sowie der exogenen Variablen y 2t (Entwicklung des Gesamtmarktes) beschrieben werden: y 4 t = f (0 1 t , 0 2 t , y 2t )

(3.3.55)

Linkshand-Variablen, die in einer Gleichung erklärt werden, können in einer anderen Gleichung als Rechtshand-Variable auftreten. Falls Rechtshand-Variablen nicht in einer weiteren Gleichung als endogene Variablen beschrieben werden, sind sie exogene Variablen oder Entscheidungsvariablen, die im Modell als Input vorgegeben werden müssen. Im Gegensatz zu den meist von Zufallseinflüssen unabhängigen Entscheidungsvariablen sind exogene Variable nicht deterministisch, sondern müssen als Messwerte vorliegen. Sollen die endogenen Variablen prognostiziert werden, müssen die Prognosewerte für die exogenen Variablen und die Entscheidungsvariablen in das Modell eingegeben werden. Während in Gleichung (3.3.55) der Preis und die Werbeaufwendungen vom Unternehmen festgesetzt werden, muss die Entwicklung des Gesamtmarktes y 2t prognostiziert werden. Da der Gesamtmarkt in diesem Modell seinerseits vom BSP abhängt, das heißt in einerweiteren Gleichung y » = f (yit)

(3.3.56)

„endogenisiert' ist, muss der Verlauf des BSP exogen vorgegeben werden. Dies kann beispielsweise mit Hilfe der Prognosewerte aus dem logistischen Trendmodell nach (3.3.47) erfolgen. Über ein allgemeines logistisches Modell läßt sich dann nach (3.3.48), wie besprochen, auch eine Prognose für y 2t in Abhängigkeit von y 1t berechnen (vgl. Abb. 3.3.15). Das einfachste ökonometrische Zeitreihenmodell für Gleichung (3.3.55) erklärt die Nachfrage y 4t direkt in aggregierter Form als lineare Funktion der Entscheidungsvariablen und der endogenen Variablen y 2t : 2

y4i = a o + X a i 0 * + a 3 y 2 t + u t , ¡=1

(3.3.57)

wobei © i t den Produktpreis und 0 2 t die Werbeaufwendungen darstellen; y 2t ist die Entwicklung des Produktmarktes und u t die Zerfallsstreuung, die nicht durch die anderen Variablen erklärt werden kann. Die Streuung u t steht beispielsweise für Fehler in der Gleichung, die durch fehlende Variablen, durch Meßfehler, aber auch Zufallseinflüsse entstanden sein können. Die Konstante a 0 gibt den Achsenabschnitt an und steht für ein konstantes Niveau der Nachfrage, das von den anderen Variablen nicht beeinflußt werden kann. Die Parameter a-„ i = [1,3] gewichten den Einfluss der verschiedenen Variablen auf die Nachfrage.

3. Modellierungsprozess Jahr

yit

y*

®it

139 02,

Y3t

Y4t 10

1

20

135

77

80

0.07

2

35

210

77

100

0.08

17

3

40

240

83

80

0.10

24

4

45

270

80

100

0.09

24

5

50

310

80

120

0.08

25

6

60

410

84

140

0.08

33

7

75

590

86

140

0.10

59

8

85

740

85

120

0.11

81

9

90

820

93

160

0.09

74 81

10

95

900

90

180

0.09

11

100

980

89

200

0.10

98

12

105

1010

88

200

0.12

121

13

110

1200

90

190

0.10

120

14

120

1400

95

150

0.09

126

15

140

1700

95

210

0.10

170

16

150

1800

100

190

0.09

162

17

160

1900

100

180

0.09

171

18

165

2000

105

150

0.08

160

19

170

2000

95

280

0.12

240

20

175

2050

90

290

0.13

267

Abb. 3.3.14: Daten Marketing Beispiel

Abb. 3.3.15: Kausale Struktur Marketing-Modell

140

3. Modellierungsprozess

Lineare Einzelgleichungsmodelle wie Gl. (3.3.57) werden meist über die gewöhnliche Kleinstquadratmethode (Ordinary Least Squares, OLS) geschätzt, wobei die Parameter a-„ i = [1,3] so bestimmt werden, dass n

S =^u

t

2

> Min.

(3.3.58)

t=i

Unter der Annahme, dass die Residuen einen Erwartungswert von Null, eine konstante, das heißt nicht zeitabhängige Varianz und eine Kovarianz von Null haben, d.h. e{u t }

=0

e {u,2}

= o2

t = [1,n]

e{u,ut'}

=0

(3.3.59) t*t";

t' = [1,n],

erhält man mit dieser Methode einen sogenannten Best-Linear-Unbiased-Estimate (BLUE) der Parameter und der Varianz von u t . Zusätzlich wird verlangt, dass die erklärenden Variablen voneinander unabhängig und nicht mit der Streuung u t korreliert sind. Als grobe Faustregel sollten für jeden zu schätzenden Parameter mindestens fünf Messwerte der Modellvariabeln vorliegen, was für das Demonstrationsbeispiel knapp erfüllt ist. Die üblicherweise gemachte Annahme, dass die Ut normal verteilt sind, erlaubt es, die statistische Signifikanz von Parametern und Parametergruppen zu testen. Ebenfalls können Konfidenzintervalle für die Koeffizienten berechnet und Hypothesentests für Parameter oder Parametergruppen mit Hilfe von t- und F-Tests (vgl. Abschnitt 3.3.7) durchgeführt werden. Die Stärke des Einflusses einzelner Variablen auf die endogene Variable, wie beispielsweise die Auswirkungen höherer Werbeaufwendungen auf die Nachfrage, kann somit getestet werden. Gleichzeitig sollen die in den Berechnungen erhaltenen Vorzeichen der Parameter auf ihre ökonomische Plausibilität hin überprüft werden. Ein linearer Ansatz für die Erklärung der Nachfrage in der Form von Gleichung (3.3.57) führt nach einer OLS-Schätzung zu den folgenden Resultaten: y4t= t-Wert

299.13

-

(5.42)

(-5.96) 2

F = 358.65;

4.02 0 1 t +0.13 0 2 t + 0.13y 2 t + u t

R = 0.982;

(2.33)

(15.88)

(3.3.60)

d = 1.99

2

Die Statistiken t, F, R und d werden in Abschnitt 3.3.7 näher beschrieben, können hier aber kurz interpretiert werden: Die Vorzeichen der Parameter in Gleichungen (3.3.60) sind ökonomisch plausibel. Während die Preise einen negativen Einfluss auf die Entwicklung der Nachfrage ausüben, das heißt steigende Preise zu einer Abnahme der Nachfrage führen, bewirken steigende Werbeausgaben und eine Zunahme des Gesamtmarktes eine

141

3. Modellierungsprozess

Erhöhung der Nachfrage. Die t-Werte der Koeffizienten sind bis auf eine Ausnahme befriedigend. Der Einfluss der Werbeausgaben auf die Nachfrage ist nach der Schätzung statistisch nicht sehr gut gesichert. Der F-Wert bestätigt, dass die Parameter als Gruppe einen von Null verschiedenen Einfluß haben sollten, während der Durbin-Watson-Test (d) zeigt, dass weder eine negative noch eine positive Autokorrelation der Residuen u t vorliegt. Der multiple Korrelationskoeffizient R 2 deutet an, dass von der Schätzung 98,2% des tatsächlichen Verlaufs von y 4t erklärt werden (vgl. Abschnitt 3.3.7). ökonometrische Modelle erfüllen in der Praxis oft nicht die Annahmen des allgemeinen linearen Modells. In solchen Fällen ergibt eine Analyse der Zeitreihen, ihrer Autokorrelationsfunktionen und der Streuung der Residuen, dass das Modell entweder durch Differenzenbildung oder Transformation der Zeitreihen so verändert wird, dass es mit den Annahmen des linearen Modells übereinstimmt. Zu komplizierteren Fällen mit Nichtlinearitäten und fehlender Stationarität müssen komplexere Schätzmethoden eingesetzt werden. Differenzenbildung und Transformation Für das in Gleichung (3.3.55) beschriebene aggregierte Modell kann eine große Zahl von verschiedenen linearen Modellen spezifiziert werden, die mit der ökonomischen Theorie übereinstimmen. Das Modell 2

Vy 4 t = a 0 + ^ a i V 0 i t + a 3 Vy 2 t + u, ¡=1

(3.3.61)

erklärt die Veränderung der Nachfrage zwischen zwei Perioden beispielsweise als Funktion der Veränderung der Rechtshand-Variablen. Mit einer solchen Differenzenbildung kann ein linearer Trend in den Modellvariablen eliminiert werden. Die OLSSchätzung kommt entsprechend auf die Zeitreihe der differenzierten Variablenwerte zur Anwendung. Für das Beispiel ergeben sich folgende Resultate: Vy 4t =

3.40

t-Wert F = 10.7;

-

4.32 V 0 1 t + 0.01 V 0 2 t + 0.11 Vy 2t + u,

(0.66)

( - 5.53)

R = 0.63;

d = 2.3

2

(0.0)

(2.28)

(3.3.62)

Die Ergebnisse dieser Schätzung sind deutlich schlechter als diejenige, die mit dem einfachen linearen Modell nach Gleichung (3.3.60) erhalten wurden. Die Vorzeichen sind zwar weiterhin ökonomisch plausibel, die t-Werte lassen jedoch nur noch für die Preise einen signifikanten Einfluß auf die Nachfrage vermuten. Während der DurbinWatson-Test weiterhin einigermaßen befriedigend ausfällt, ist der F-Wert deutlich zu klein (vgl. Abschnitt 3.3.7). Der Koeffizient R 2 zeigt, daß nur noch 63% der Entwicklung von y 4t durch das Modell erklärt werden. Mit Hilfe einer Transformation der Funktion (Logarithmieren, Invertieren, Quadrieren) kann ein Modell in vielen Fällen linearisiert

142

3. Modellierungsprozess

werden. Solche linearisierten Ansätze geben jedoch nur eine sehr grobe Abbildung von an sich nichtlinearen Phänomena und werden vor allem aus Gründen der Einfachheit verwendet. Nichtlineare Modelle Ist von vornherein bekannt, dass ein linearer oder indirekt linearer Modellansatz nicht gerechtfertigt ist, muss mit Modellen gearbeitet werden, die Nichtlinearitäten in den Parametern enthalten. So ist es denkbar, dass weder eine lineare noch multiplikative Verknüpfung des Gesamtmarktes mit den Werbeausgaben oder dem Preis am Platze ist. Das unter dieser Voraussetzung formulierte Modell y 4 t = a o n © i t a ' + a 3 V y 2 t +u t ¡=1

(3.3.63)

enthält gleichzeitig multiplikative und additive Ausdrücke und kann deshalb nicht linearisiert werden. Es muss mit komplizierteren Methoden (nichtlineare Kleinstquadratmethode oder allgemeine Maximum Likelihood-Methode) geschätzt werden. Dabei kommen häufig Approximations- oder Suchverfahren zum Einsatz. Einige dieser Methoden werden in Abschnitt 3.4.3 skizziert. Während im Falle einer linearen Regression Höhenlinien S = const der Fehlerfunktion S=£ut2

(3.3.64)

t

Ellipsen sind, ergeben sich für nichtlineare Modelle kompliziertere Verläufe, wie sie beispielsweise in Abb. 3.3.15 dargestellt sind. Ausgehend von einem Startpunkt (*), müssen die Modellparameter (a0 und in Abb. 3.3.15) über einen iterativen Approximations- oder Suchprozess geschätzt werden. Ihre Werte ergeben sich aus dem Minimum der Fehlerquadratfunktion. a

o

Abb. 3.3.15: Iterative Schätzung eines nichtlinearen Modells

143

3. Modellierungsprozess

Lag-Verteilungen (Distributed Lags) Bisher wurden zeitliche Verzögerungen, beispielsweise zwischen der Erhöhung der Werbeaufwendungen und der daraus resultierenden Erhöhung der Nachfrage, nicht berücksichtigt. Gewöhnlich erfolgt die Wirkung der Werbeaufwendungen jedoch nicht ohne Verzögerung (Time-Lag). Meist muss angenommen werden, dass die Werbeimpulse die Nachfrage nicht nur in einer, sondern über mehrere Perioden hinweg beeinflussen. Solche Effekte können mit verteilten Lags der Form (3.3.65) j=0

berücksichtigt werden, wobei der Koeffizient a 2 j deutlich macht, dass die Werbeaufwendungen ins Modell mit mehreren um j = [0, j max ] verzögerte Termen eingehen. Eine Verzögerung des Werbeeinflusses um eine Periode würde für das Beispiel zu folgenden Modifikationen der Parameter führen: y4t=

225.76

t-Wert

(3.29)

F = 373.5;

-

3.14 0 1 t + 0.21 © 2 ( t .i) + 0.12 y 2t + u t (-3.92) 2

R = 0.98 ;

(2.83)

(3.3.66)

(10.37)

d = 1.6

Tatsächlich verbessert sich der t-Wert der Werbeausgaben in dieser Schätzung gegenüber Gleichung (3.3.60), so dass auch die Werbung einen signifikanten Einfluß auf die Nachfrage ausüben sollte. Der Durbin-Watson-Koeffizient ist jedoch etwas zu klein. *

a

> t (Verzögerung) Abb. 3.3.16: Dreieckige Lagverteilung

a.T

• x (Verzögerung) ^max Abb. 3.3.17: Parabolische Lagverteilung

144

3. Modellierungsprozess

Bei der praktischen Arbeit werden häufig Annahmen über den Verlauf sogenannter Lag-Verteilungen gemacht. Sie beschreiben den Größenverlauf von Regressionskoeffizienten aT als Funktion des Lags t. Abb. 3.3.16 und 3.3.17 geben Beispiele für die häufig eingesetzte Dreiecksverteilung und eine parabolische Lagverteilung. Über die Hypothese eines bestimmten Wirkungsverlaufes gestatten die Lagverteilungen eine Reduktion der Zahl zu schätzender Regressionskoeffizienten. Simultane Modelle Bisher ebenfalls unberücksichtigt geblieben ist die gegenseitige Beeinflussung einzelner Modellvariablen. So kann beispielsweise die Entscheidung über die Werbeausgaben in einer Periode von der Nachfrage in der vorangegangenen und in der laufenden Periode abhängen. Ein Betrag y 5t kann unter folgender Voraussetzung für die Werbung eingesetzt werden: (Yst" 0 2t) = b 0 + b, y 4 t + b 2 y 4(t . 1) + v t

(3.3.67)

wobei bj, j = [0,2], die Modellparameter und vt den stochastischen Störterm darstellen; 0 2 t ist derjenige Teil des Budgets, der nicht durch die frühere oder gegenwärtige Nachfrage bestimmt wird; y 4 t und y 5t sind nunmehr beide simultan wechselwirkende endogene Variablen. Sie beeinflussen sich gegenseitig, ohne dass unterschieden werden kann, ob die Werbung die Nachfrage bedingt oder umgekehrt die Nachfrage die Werbung. Für solche Fälle sieht die ökonometrische Theorie eine Reihe von speziellen Schätzverfahren für die Parameter vor. Beispiele sind die zwei- oder dreistufige Kleinstquadratmethode oder die Full-Information-Maximum-LikelihoodMethode. Verläuft die gegenseitige Beeinflussung zweier oder mehrerer endogener Variablen zeitlich verzögert, besteht je nach Modellstruktur die Möglichkeit, durch die Lösung der Einzelgleichungen in der richtigen Reihenfolge (rekursiv), die Simultanität zu umgehen, ohne dass auf komplexere Schätzmethoden zurückgegriffen werden muss. Hilfsvariablen Oft ist es nicht möglich, alle Faktoren, die eine endogene Variable beeinflussen, in die Gleichung einzubeziehen. Sei dies, weil ihre Quantifizierung mit hoher Unsicherheit verbunden ist, oder weil sie überhaupt nicht statistisch faßbar sind. Soll dennoch eine Modellschätzung vorgenommen werden, kann das Problem manchmal durch die Einführung von Hilfsvariablen (Dummy- oder Proxy-Variablen) gelöst werden, deren Verlauf exogen vorgegeben wird. Dummy-Variable werden auch eingesetzt, um Strukturbrüche im Verlauf der endogenen Variablen zu beschreiben. Dummy-Variable können nur die Werte Null oder Eins annehmen. So werden sie beispielsweise vor dem Auftreten des Strukturbruches gleich Null gesetzt und nachher gleich Eins.

3. Modellierungsprozess

145

Proxy-Variablen werden für nicht oder nur ungenau messbare Modellvariablen herangezogen. Ihr Verlauf sollte mit der historischen und der mutmaßlich zukünftigen Entwicklung der eigentlichen Modellvariablen stark korrelieren. Aggregierte und disaggregierte Modelle Eine vollständige Beschreibung des bisher verwendeten und in Abb. 3.3.15 dargestellten Marketing-Modells enthält nicht nur die bisher behandelte aggregierte Gleichung für die Nachfrage, sondern disaggregierte Gleichungen für die Entwicklung des Gesamtmarktes in Abhängigkeit vom BSP, für den Marktanteil als Funktion von Preis und Werbeaufwendungen sowie eine Gleichung, die die Nachfrage als Funktion von Marktanteil und Gesamtmarkt bestimmt. Damit wird das Modell in einen makroökonomischen Zusammenhang gebracht, der eine umfassendere und meist auch genauere Schätzung erlaubt. Gleichzeitig enthält jedoch ein disaggregiertes Modell leichter Nichtlinearitäten und Simultanitäten sowie größere Messfehler und Zufallsschwankungen, so dass die Anwendung der einfachen, im aggregierten Modell eingesetzten OLS-Schätzung oft problematisch wird. Bei aggregierten Modellen dagegen besteht die Gefahr, dass die Nichtberücksichtigung von wirksamen Einflussgrößen zu falschen Resultaten führt. Hier muss in der Praxis ein Mittelweg beschrieben werden. Ökonometrische Prognosen ökonometrische Modelle werden meist nicht nur zu Erklärungs-, sondern auch zu Prognosezwecken verwendet. Die Prognose basiert auf der Analyse der historischen Werte. Einerseits können ex post fehlende historische Werte berechnet werden, andererseits ex ante zukünftige Werte prognostiziert werden. Enthält ein Modell neben den endogenen Variablen nur Entscheidungsvariablen, können exakte Prognosen gemacht werden, solange sie nicht im Verlauf des zu prognostizierenden Zeitraums geändert werden. Sobald ein Modell - wie im beschriebenen Marketing-Beispiel - exogene Variablen enthält, muss deren Verlauf für den Prognosezeitraum vorgegeben oder geschätzt werden, was automatisch zu Unsicherheiten bezüglich des zukünftigen Verlaufs der endogenen Variablen führt. Im Marketing-Modell werden die Prognosewerte des BSP y 1t mit Hilfe eines logistischen Trendmodells und in Abhängigkeit davon die Entwicklung des Gesamtmarktes (y2t) berechnet (vgl. Abb. 3.3.15). Die zukünftige Entwicklung von Preis und Werbeaufwendungen sind in Abb. 3.3.18 vorgegeben. Ausgehend davon kann für den Marktanteil ein Regressionsmodell der Form y 3t = a 0 + ai 0 1 t + a 2 © 2 (t-i> + u t ,

(3.3.68)

geschätzt werden, das zu folgenden Resultaten führt: y3t=

0.31 -

227.1O- 3 0 1 t + 6.1O- 5 e 2 (t-i) + u t

t-Wert

(3.46)

(-2.76)

F= 4.98

(0.49)

(3.3.69)

146

3. Modellierungsprozess

Damit kann eine Prognose des Marktanteils gemacht werden. Da die Entwicklung des Gesamtmarktes bekannt ist, läßt sich somit auch die Nachfrage über Y4t = Y3t' Y2t

(3.3.70)

berechnen. Jahr

Yit

Y2t

©1t

02,

Y3t

Y4t

21

183

2122

95

280

0.11

233

22

188

2152

92

280

0.11

237

23

192

2174

98

300

0.10

217

24

196

2191

102

150

0.09

197

25

199

2204

99

150

0.09

198

Abb. 3.3.18: Prognosen Marketing Beispiel

3.3.7

Unregelmäßige und sporadische Daten

In den vorherigen Abschnitten wurde angenommen, dass sich die Werte der endogenen Variablen y m i t einer gewissen Regelmäßigkeit entwickeln. Ob dies allerdings der Fall ist, hängt stark vom gewählten Zeitmaßstab ab: während der Stromverbrauch in der Elektrizitätswirtschaft beispielsweise kontinuierlich gemessen werden kann und immer ungleich Null ist, gilt dies in anderen Fällen nicht. So werden in einem normalen Industrieunternehmen Bestellungen und Auslieferungen nicht jede Minute gemessen. Bei einem Anlagenbauer oder einem Softwarehaus können Tage und Wochen ohne getätigte Umsätze oder Bestellungen vorkommen. Eine Zeitreihe, die Tageswerte wiedergibt, könnte also über mehrere Perioden den Wert Null annehmen, um dann plötzlich auf sehr große Werte zu springen. Generell kann man sagen, dass eine Zeitreihe bei der Wahl eines größeren Zeitmaßstabes aggregiert und geglättet wird. Wenn eine Zeitreihe mit Tageswerten eine große Streuung aufweist, wird dies für eine durch Aggregation daraus folgende Zeitreihe mit Monatswerten viel weniger der Fall sein. Dies ist der Grund dafür, dass selbst in der kurzfristigen finanziellen Unternehmensplanung über Budgets mit Jahresplänen gearbeitet wird: Monatszahlen lassen sich mit vertretbarem Aufwand kaum planen. Anders ist es z.B. bei der Kontrolle des Beschäftigungsgrades einer im Dreischichtbetrieb laufenden Großanlage: eine Tagesabweichung von der Planbeschäftigung kann schon Anlass für Korrekturmaßnahmen sein. Die Zielsetzungen der Planung definieren den Aggregationsgrad der Plandaten und damit den Grad ihrer Regelmäßigkeit. Nun ist aber eine Datenglättung durch Aggregation nicht immer sinnvoll. Femer empfiehlt es sich oft, bekannte und regelmäßige Daten von unregelmäßigen oder gar sporadischen Daten zu unterscheiden.

3. Modellierungsprozess

147

Bekannte Daten sind Werte von y t , die nach Größe und Zeitpunkt vorgegeben sind. Beispiele sind Großaufträge im Anlagenbau, für die vertraglich geregelt Teilrechnungen nach Höhe und Termin gestellt werden oder genau determinierte Bestellungen von Großkunden, die ohne Unsicherheit eingeplant werden können. Es hat keinen Sinn, solche Daten mit statistischen Methoden zu prognostizieren. In der Planungspraxis werden deshalb deterministische Daten von den Gesamtdaten subtrahiert. Der zufällige Rest von y t wird dann entweder subjektiv oder mit statistischen Methoden prognostiziert. Die in den Abschnitten 3.3.2 bis 3.3.6 beschriebenen Methoden lassen sich für regelmäßige Daten einsetzen, deren Gesetzmäßigkeit und Streuung bekannt ist bzw. modelliert werden kann. Bisher wurde meist angenommen, dass der durch ein Modell nicht erklärte Rest uj durch eine stationäre statistische Verteilung - meist eine Normalverteilung - beschrieben wird. Bei der Planung von unregelmäßigen oder sporadischen Daten versagen die bisher beschriebenen Methoden (vgl.Nowak in Mertens 1 9 ) S. 57-68) häufig. Daten sind unregelmäßig, wenn ihre Streuung im Vergeich zum Mittel- oder Erwartungswert so gross ist, dass kein sinnvolles Modell zur Beschreibung der Daten angegeben werden kann. Ihre beste Prognose ist der arithmetische Mittelwert der vergangenen Werte. Bei sporadischen Daten nimmt y t möglicherweise für viele Planperioden den Wert Null an, um dann zufällig und kurzfristig auf große Werte zu steigen. Eine Prognose solcher Daten und Entwicklungen ist vielfach durch eine Analyse der zugrundeliegenden statistischen Verteilungen möglich. Dabei wird öfters die Verteilung der Werte von y t > 0 und ihre Häufigkeit pro Periode unterschieden. So kann es sein, dass die die Höhe der Umsatzwerte von Einzelaufträgen einer Normalverteilung, einer Gammaverteilung oder Lognormalverteilung gehorcht, während die Häufigkeit der Umsätze y t > 0 durch eine Exponential-, Weibull- oder Poissonverteilung beschrieben werden kann. In der Planungspraxis empfiehlt es sich, mögliche Verteilungen zunächst qualitativ über ihre Histogramme zu untersuchen und die Parameter der Verteilung dann statistisch zu schätzen. Für die Modellierung und Modellösung können für praktisch alle bekannten statistischen Verteilungen Zufallszahlen erzeugt werden, die bei Simulationsexperimenten unregelmäßige und sporadische Daten abbilden (vgl. Abschnitt 3.4.3). 3.3.8 Statistische Verifikation Neben dem einfachen Plausibilitätstest der Parameter-Vorzeichen ermöglicht eine Reihe von statistischen Kenngrößen die Beurteilung der Signifikanz und der Anpassungsgüte einer Regression. t-Test Mit Hilfe des t-Tests wird die statistische Signifikanz einzelner Parameter getestet. Man kann zeigen, dass aus der Annahme der Normalverteilung der Residuen u t auch eine Normalverteilung für die Verteilung der Parameter folgt. Die nach OLS geschätz-

148

3. Modellierungsprozess

ten Regressionskoeffizienten sind Schätzwerte ihres Erwartungswertes. Wäre die Varianz der Koeffizienten oder Parameter gegeben, könnten Parameterhypothesen mit Hilfe der Normalverteilung getestet werden. Da sie jedoch aus einem Schätzwert der Varianz der u t bestimmt werden muß, kommt die Studentsche t-Verteilung bei den Parametertests zur Anwendung. Werte der Verteilung sind für m = n - k Freiheitsgrade und verschiedene Signifikanzniveaus in Tabelle 1 des Anhangs gegeben. Dabei ist n die Zahl Meßwerte der Modellvariablen und k die Zahl zu schätzender Parameter. Der t-Wert eines Regressionskoeffizienten a, gestattet den Test der Hypothese a, = 0. Ist der bei einer Schätzung erhaltene t-Wert größer als der in der Tabelle für ein bestimmtes Signifikanzniveau, z.B. 95%, ausgewiesene Wert, dann kann die Hypothese verworfen werden. Für ein lineares Regressionsmodell mit mehreren unabhängigen Variablen werden die Zusammenhänge üblicherweise mit Hilfe der Matrixalgebra diskutiert. Sie lassen sich jedoch auch aus einer Verallgemeinerung des einfachen Modells yt = a0 +

xt + u t

(3.3.71)

verstehen. Der t-Wert der Parameter bestimmt sich als Quotient tai = —

.¡ = [ 1 . 2 ] ,

(3.3.72)

wobei für die Standardabweichung von a0 der Schätzwert

(3.3.73)

erhalten wird. Die Standardabweichung der Verteilung der u t wird für Gleichung (3.3.71) mitk = 2 z u

(3.3.74) geschätzt. Dabei lassen sich die u t 2 aus ut2=(yt-yt)2

3.3.75)

errechnen, wo die y t die über das Modell berechneten Werte der endogenen Variablen sind. Für die Standardabweichung von a 1 erhält man

S(xt-x)

2

wo x der arithmetische Mittelwert der exogenen Variablen ist.

(3.3.76)

3. Modellierungsprozess

149

Abb. 3.3.19 zeigt die Verteilung der t-Werte um den Wert Null. Die Fläche unter der Kurve ist auf 100% Wahrscheinlichkeit normiert. Für eine Signifikanzstufe von 95% und beispielsweise m = 7 Freiheitsgrade ergibt sich nach Tabelle 1 des Anhangs eine obere Grenze von t = 2.37 und eine untere Grenze von t = - 2.37. Außerhalb der beiden Grenzen liegen jeweils 2,5% der Gesamtfläche, da die verbleibenden 5% bei einer Signifikanzstufe von 95% symmetrisch aufgeteilt werden. Liegt der nach Formel (3.3.72) berechnete t-Wert außerhalb dieser Grenzen, muss die Hypothese a, = 0 verworfen werden. Dies bedeutet, dass der Koeffizient a, signifikant von Null verschieden ist. Liegt der t-Wert zwischen -2,37 und +2,37, kann die Hypothese a, = 0 als richtig angenommen werden. Damit ist jedoch nicht bewiesen, dass a, nicht signifikant verschieden von Null ist, sondern nur, dass die Nullhypothese nicht verworfen werden kann. f(t)

Abb. 3.3.19: Zweiseitiger t-Test eines Parameters

f(t)

Wird die Hypothese ai = 0 gegen die Hypothese a, * 0 getestet, handelt es sich um den in Abb. 3.3.19 dargestellten zweiseitigen t-Test. Besteht jedoch a priori die Gewissheit, dass der Parameter a,- nicht negativ wird, kann die Hypothese a; = 0 gegen die Hypothese aj > 0 getestet werden. Dabei handelt es sich dann um einen einseitigen t-Test. Die 95%-Signifikanzstufe wird einseitig gegen die obere Grenze abgetragen (vgl. Abb. 3.3.20) und der t-Wert beträgt nach Tabelle 1 des Anhangs für m = 7, t = 1.9. In Glei- chung (3.3.69) des linearen Modelles für den Marktanteil ist die

150

3. Modellierungsprozess

Konstante a 0 signifikant von Null verschieden. Der t-Wert für die Preise beträgt t = = - 2 , 7 6 und liegt absolut über dem Tabellenwert von t = - 2 , 3 7 für eine Signifikanz von 95% und sieben Freiheitsgraden. Der Parameter für die Werbeaufwendungen mit einem berechneten t-Wert von 0,49 kann nicht als signifikant von Null verschieden betrachtet werden. Als Faustregel kann ein Parameter als signifikant verschieden von Null angesehen werden, wenn sein t-Wert größer als 2,8 ist (zweiseitige Werte dert-Verteilung). Multipler Korrelationskoeffizient Eine Reihe weiterer statistischer Maßzahlen erlaubt die Prüfung der Anpassung für das gesamte Modell. Der quadrierte multiple Korrelationskoeffizient R 2 gibt Aufschluss darüber, welcher Prozentsatz der Varianz der beobachteten endogenen Variablen vom geschätzten Regressionsmodell erklärt wird. R 2 berechnet sich nach der Formel

(3.3.77)

wobei y t der tatsächliche beobachtete Wert, y t der geschätzte Wert und y der arithmetische Mittelwert aller y t ist (vgl. Makridakis, Wheelwright 1 6), s . 1 5 3 ff.). In Gleichung (3.3.60) ist R = 0.9908 und somit R 2 = 0.982. Das heißt, das Modell erklärt 98,2% der Abweichung. R 2 variiert zwischen 0 und 1. Je näher der Wert bei 1 liegt, um so besser ist das geschätzte Modell. Als Faustregel kann ein R 2 , das größer als 0,6 ist, noch als befriedigend gelten. Das über Gleichung (3.3.77) definierte R 2 läßt eine unterschiedliche Anzahl Meßwerte und zu schätzenden Parametern in verschiedenen Modellansätzen unberücksichtigt. Um diesen Mangel auszugleichen, kann R 2 um die Anzahl der Freiheitsgrade korrigiert werden. Es ergibt sich:

R

2_

(n-k)

(3.3.78)

F-1) wobei n wieder die Anzahl Beobachtungen und k die Anzahl der im Modell zu schätzenden Parameter ist. Das korrigierte R 2 ist in der Regel kleiner als das unkorrigierte R 2 .

3. Modellierungsprozess

151

F-Test Der F-Wert gestattet den Test der Hypothese, dass eine Gruppe von Modellparametern a 0 = a! = a 2 = ... a k = 0 ist. Bei einer Regression mit nur einer RechtshandVariablen entspricht der F-Test dem t-Test. Der F-Wert ist definiert als

F

"i^iy

(3.3.79)

F^kJ und setzt ebenfalls die von einem Modell erklärte Varianz von y t zur Gesamtvarianz von y, in Beziehung. In Tabelle 2 des Anhangs sind Werte der F-Verteilung für verschiedene Signifikanzniveaus angegeben. Die F-Verteilung hängt von zwei Freiheitsgraden v 1 und v 2 ab, wobei v^ = (k - 1) und v 2 = (n - k). Da der F-Test auch die Hypothese R 2 = 0 gegen R 2 > 0 testet, ist er einseitig. Übersteigt der für ein ökonometrisches Modell nach (3.3.79) berechnete F-Wert für ein gegebenes Signifikanzniveau die tabeliierten Werte, so kann die Hypothese R 2 = 0 oder at = 0 für alle i = [0, k] verworfen werden. Für Gleichung (3.3.69) beträgt der berechnete F-Wert 4.98. Der Tabellenwert für eine Wahrscheinlichkeit von 95% und für v-, = 2 und v 2 = 7 Freiheitsgrade beläuft sich auf 4.74, so daß die Nullhypothese knapp verworfen werden kann. Das R 2 der Schätzung und somit mindestens einer der Parameter ist signifikant verschieden von Null.

Spezifikationsfehler - Multikollinearität Die bisher beschriebenen Tests basieren auf den Annahmen, die für eine multiple Regressionsschätzung üblicherweise gemacht werden. Da diese Annahmen aber nicht zwingend erfüllt sein müssen, sollte das Modell auch in dieser Hinsicht überprüft werden. So könnte es vorkommen, dass zwar sowohl für R 2 als auch für den F-Wert signifikante Werte vorliegen, ohne dass auch nur ein Parameter einen signifikanten tWert aufweist. In einem solchen Fall liegt möglicherweise eine Multikollinearität vor, das heißt die Rechtshand-Variablen sind unter sich oder mit einer weiteren nicht berücksichtigten Variablen (z.B. der Zeit) stark korreliert oder direkt voneinander abhängig. In diesem Fall sind Schlüsse über den Zusammenhang von Rechtshand-Variablen und endogenen Variablen kaum mehr möglich. Zudem können numerische Instabilitäten in den Schätzungen sowie Verzerrungen der Koeffizienten der t-Werte und der F-Werte auftreten. Die Ökonometrie kennt heute eine ganze Reihe von Tests, um eine Multikollinearität zu identifizieren oder zu lokalisieren. Daneben sind Schätzverfahren verfügbar, die die bei Multikollinearitäten häufig auftretenden numerischen Instabilitäten vermeiden hei-

152

3. Modellierungsprozess

fen. Ohne hier weiter in Details zu gehen, kann bei einer gewöhnlichen OLS-Schätzung als Faustregel angenommen werden, dass eine Multikollinearität vernachlässigt werden kann, wenn alle Korrelationskoeffizienten zwischen jeweils Paaren von Rechtshand-Variablen kleiner als 0,5 sind. Autokorrelation Falls die Werte des stochastischen Störterms u t in einem ökonometrischen Modell nicht unabhängig voneinander, sondern autokorreliert sind, folgen verzerrte Werte des t- und F-Tests aus der Schätzung. Die Autokorrelation kann mit Hilfe des Durbin-Watson-Tests und der Testgröße

d=

(3.3.80) t=i

nachgewiesen werden. Im Anhang Tabelle 3 sind Werte der Verteilung von d für verschiedene Signifikanzniveaus angegeben. Normalerweise sollte 1,8 < d < 2,2 sein. Für kleinere Werte liegt eine positive, für größere Werte eine negative Autokorrelation vor. Eine positive Autokorrelation kann durch das Fehlen einer Variablen, eine falsche Funktionsform oder eine ungenügende Differenzierung der Variablen entstehen. Eine negative Autokorrelation ist meist auf eine zu starke Differenzenbildung der Zeitreihen zurückzuführen. Heteroskedastizität - zeitabhängige Varianz Wird die Annahme einer über den gesamten Schätzbereich konstanten Varianz der u t (Homoskedastizität) verletzt, das heißt liegt eine sogenannte Heteroskedastizität vor, dann ist dies meist auf eine falsche Modell-Spezifikation zurückzuführen. Die Heteroskedastizität kann über eine Analyse der u t des Regressionsmodells festgestellt werden. Sind diese über den gesamten Schätzzeitraum nicht wie in Abb. 3.3.21a) in etwa konstant, sondern steigen beispielsweise wie in Abb. 3.3.21b) mit der Zeit an, so liegt Heteroskedastizität vor. Dies kann oft durch weiteres Differenzieren einer Zeitreihe, durch Elimination bzw. Einbezug weiterer Variablen oder durch die Anwendung der Box-Cox-Transformation (vgl. Abschnitt 3.3.3) beseitigt werden.

153

3. Modellierungsprozess

b 0 + bi

a)

>

x

t

yt

b)

Abb. 3.3.21: Zeitabhängige Varianz

Ökonometrische Modellierungssysteme und Datenbanken Entsprechend Abb. 2.4 gibt es heute eine ganze Reihe von Planungs- und Modellierungssystemen, die die erläuterten Prognoseverfahren und die ökonometrische Analyse unterstützen. Modelldaten und gesamtvolkswirtschaftliche ökonometrische Modelle sind für die meisten Industriestaaten über Telekommunikations- und Computernetzwerke erhältlich und können unschwer mit Planungsmodellen gekoppelt werden.

154

3. Modellierungsprozess

Literatur zu § 3.3 1) Dember, W. N. „The Psychology of Perception", Holt, Rlnehardt and Winston, New York 1960 2) Moore, P. G. „The Manager's Struggle with Uncertainty", Journal Royal Statistical Soc. Ser. A, 140/2,1977, S.129-165 3) Kahneman, D„ P. Slovic, A. Tversky „Judgement and Uncertainty: Heuristics and Biases", Cambridge University Press, Cambridge 1980 4) Meyer, R. J., D. Banks „Behavioristische Theorie und naive Argumentation" in: Day, G. S., D. J. Reibstein (Edts.) "Wharton zur dynamischen Wettbewerbsstrategie", Econ Verlag, Düsseldorf 1998, S. 180-206 5) Hogarth, R. M., Makridakis, S. „Forecasting and Planning: An Evaluation", Management Science 27,2, Febr. 1981, S. 115-138 6) Little, J. D. C. „Models and Managers: The Concept of a Decision Calculus", Management Science, Vol. 16, April 1970, S. B466-B485 7) Liebl, F. „Strategische Frühaufklärung", Oldenbourg Verlag .München 1996 8) Lee, Ch. F. „Statistics for Business and Financial Economics", D. C. Heath and Comp., Lexington Mass 1994 9) Polasek, W. „EDA Explorative Daten Analyse", 2. Aufl., Springer Verlag, Heidelberg 1994 10) Saaty, T. L. „The Analytical Hierarchy Process", New York 1980 11) Saaty, T. L., L. G. Vargas „Prediction, Projection and Forecasting", Boston 1990 12) Schneeweiß, Ch. „Planung Bd. 1", Springer Vertag, Heidelberg 1991, S.107-176 13) Weber, K. „Mehrkriterielle Entscheidungen", Oldenbourg Verlag, München 1993 14) Backhaus, K., B. Erichson, W. Plinke, R. Weiber „Multivariate Analysemethoden", 8. Aufl., Springer Verlag, Heidelberg 1996, S 432-552 15) Hüttner, M. „Grundzüge der Marktforschung", 5. Aufl., Oldenbourg Verlag, München 1997 16) Albaum, G„ P. E. Green, D. Tull „Research for Marketing Decisions", 5. Aufl. Prentice Hall, Englewood Cliffs N. J. 1988 17) Green, P. E. ,V. Srinivasan „Conjoint Analysis in Consumer Research: Issues and Outlook", Journal of Consumer Research Vol. 5,September 1978 18) Makridakis, S., H. Reschke und S. C. Wheelwright "Prognosetechniken für Manager", Gabler Verlag, Wiesbaden 1980 19) Mertens, P. (Hrsg.) "Prognoserechnung", Physica Verlag, Würzburg, 5. Aufl. 1994 20) Hüttner, M. "Markt- und Absatzprognosen", Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1982 21) Hansmann, K.-W. "Kurzlehrbuch Prognoseverfahren", Gabler Verlag, Wiesbaden 1983 22) Montgomery, DC., L. A. Johnson, J. S. Gardiner „Forecasting and Time Series Analysis", 2. Aufl., Mc Graw Hill, New York 1990 23) Williams, T. M. "Adaptive Holt-Winters Forecasting", Journal Operational Research Society, Vol. 38,6, 1987.S. 553-560 24) Box, G. E. P. und G. M. Jenkins "Time Series Analysis", Holden Day, San Francisco 1976 25) Harvey, A. C. „Ökonometrische Analyse von Zeitreihen", 2. Aufl., Oldenbourg Verlag, München 1994 26) Heil, J. "Ökonometrie", Oldenbourg Verlag, München, 5. Aufl. 1996 27) Berndt, E. R. "The Practice of Econometrics", Addison-Wesley Publishing Company, 1991

155

3. Modellierungsprozess

Übungsaufgaben zu § 3.3 11. Aufgabe: Differenzenoperationen Bilden Sie für die folgende Zeitreihe y t die Differenzen Vy t , V 2 y t , VV 4 y t , berechnen Sie das arithmetische Mittel der resultierenden Reihe und Prognosen für y, für t = 11,12 t

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

yt

1

2

0

4

3

4

2

6

5

4

11

12

?

?

12. Aufgabe: Differenzenbildung und Exponential-Smoothing a) Bilden Sie für die Zeitreihe y, = 1+ t + t 2 + t 3 die Differenzen Vy t , V 2 y t , V 3 y t und kommentieren Sie die Ergebnisse. b) Berechnen Sie für die drei differenzierten Reihen aus a) Prognosen für die Perioden t = 11 und t = 12 mit Hilfe des Double-Exponential-Smoothing-Verfahrens (a = 0.2). Beginnen Sie die Rechnungen in Periode t = 7. Für welche Reihe(n) eignet sich dieses Verfahren und warum?

13. Aufgabe: Exponential Smoothing, Winters-Verfahren a) Berechnen Sie für folgende Zeitreihe mit dem Glättungsfaktor a = 0,25 zwei Prognosen mit dem Single- und dem Double-Exponential-Smoothing-Verfahren. t

1

2

3

4

5

6

7

yt

4

5

6

5

7

?

?

b) Berechnen Sie für die folgende Zeitreihe mit den Glättungsfaktoren a = ß = 0.2, y = = 0.6 und Saisonzyklus p = 6 Prognosen für die Perioden t = 13, 14 mit dem Verfahren von Winters. t

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

yt

5

4

3

5

10

9

8

6

6

10

11

13

?

?

14. Aufgabe: Spezifikation Box-Jenkins-Modell Identifizieren Sie ein Box-Jenkins-Modell für die Zeitreihe y t , deren Autokorrelationsfunktion und partielle Autokorrelationsfunktion samt Standardabweichung nachstehend gegeben ist (Sicherheitsgrad 95%).

156

3. Modellierungsprozess

Lag k

ACF r(k)

PACF

CT

ACF

CT

PACF

0kk

1

0.8

0.15

-0.6

0.10

2

0.6

0.20

-0.2

0.15

-0.1

0.20

3

0.2

0.25

4

-0.1

0.25

0.4

0.25

5

-0.4

0.25

0.6

0.25

6

0.2

0.25

0.2

0.25

7

0.1

0.25

0.1

0.25

8

-0.2

0.25

-0.1

0.25

Formulieren Sie die Prognosegleichung für y t . 15. Aufgabe: Box-Cox-Transformation Gegeben ist die Zeitreihe t

1

2

3

4

yt

5

6

8

10

Setzen Sie X2

=

0

5 15

6 12

7 18

8 16

9 20

10 25

un

Reihe für ^ = 0,

d führen Sie nach der Box-Cox-Formel eine Transformation der 1 = - 1 und = — durch.

Berechnen Sie für die Ausgangsreihe und die transformierten Reihen jeweils den arithmetischen Mittelwert und die Varianz für die Meßwerte 1-5, 3 - 7 und 6-10. Welche Transformation ergibt am besten einen annähernd konstanten Mittelwert und konstante Varianz (prozentuale Änderungen)?

16. Aufgabe: Box-Cox-Transformation Gegeben seien die beiden Zeitreihen yt(A) und yt-1 = - ; 3

b)

X-\ = 3;

=

-

2

X2 = - 2

Stellen Sie die ursprünglichen und die mit den geeigneten X transformierten Zeitreihen grafisch dar, und diskutieren Sie die Entwicklung des Mittelwertes und der Varianz von yt mit t. Durch welche zusätzliche Operation erhalten Sie einen annähernd konstanten Mittelwert? 17. Aufgabe: Logistisches Trendmodell Folgende Zeitreihe soll mit einem logistischen Trendmodell erklärt werden: t yt

1

2

22

3

30

50

4 70

5 75

6 88

7 100

8 105

9

10

?

?

Bestimmen Sie graphisch die Werte der Parameter a und b für ein Sättigungsniveau von 120. Bestimmen Sie den Wendepunkt und geben Sie Prognosen für die Perioden 9 und 10 an. 18. Aufgabe: Statistische Tests a) Zwischen Sparrate yt (o/o) und Bruttoeinkommen xt pro Kopf^sfr) wurde nach OLS der folgende Zusammenhang erhalten: y, = 2.5 + 0.25 xt + ut (t=1.7) (t = 3.5) d = 2.8;

R2korr= 0.92;

F = 32

Bei der Schätzung wurden 20 Jahreswerte der Variablen berücksichtigt. Beurteilen Sie die Ergebnisse der Verifikationstests und skizzieren Sie grob eine Verteilung der Regressionskoeffizienten. b) Zwischen yt und xt wurde für verschiedene Lags T der Kreuzkorrelationskoeffizient r y t x i berechnet. Dabei wurden mit n = 20 folgende Werte erhalten: X r

yt> Min

(3.4.2)

Min

(3.4.3)

oder m St=^|fi| ¡=1 bestimmt werden.

Für ein unter- oder überbestimmtes Modell kann die Lösung nur aus Gleichungen wie (3.4.2) bzw. (3.4.3) berechnet werden, da ein Kriterium für die Auswertung des Gleichungssystems vorgegeben werden muss. Die kausale Struktur eines rekursiven Gleichungssystems läßt sich durch einen azyklischen Graphen darstellen. Dementsprechend kann es so geschrieben werden, dass sich unbekannte Linkshandvariablen durch sukzessives Einsetzen von bekannten oder berechneten Rechtshandvariablen berechnen lassen. Für ein simultanes Glei-chungssystem erfolgt die Lösung mit komplizierteren mathematischen Verfahren. Es hat sich gezeigt, dass in der Praxis der Unternehmungsplanung meist mit rekursiven Modellen gearbeitet wird. Der zugeordnete Einflussgraph der Modellstruktur enthält dann weder Zyklen noch Schleifen der „Länge" Null, da die Ursache/WirkungsBeziehungen eines rekursiven Modells eindeutig definiert sind. Vor der Lösung eines rekursiven Modelles müssen die Gleichungen normalerweise so sortiert werden, dass eine Lösung durch Variablensubstitution erfolgen kann. Verschiedene Programmiersprachen erlauben eine computergesteuerte Sortierung rekursiver Gleichungen.

3. Modellierungsprozess

161

Liegt ein simultanes Gleichungssystem vor, kann dieses, sofern es gleichzeitig linear ist, mit Hilfe der Matrix-Inversion, des Gaußschen Algorithmus (vgl. Abschnitt 3.4.1) oder der linearen Programmierung (vgl. Abschnitt 3.4.2) gelöst werden. Ist das Gleichungssystem simultan und/oder nichtlinear, kommen Approximationsoder Suchverfahren zum Einsatz (vgl. Abschnitt 3.4.3). Lösungswege für stochastische Modelle mit U t * 0 werden in Abschnitt 3.4.4 kurz behandelt. 3.4.1 Matrixinversion, Gaußscher Algorithmus und Austauschschritte Exakt bestimmte Modelle in der Form eines Systems von n linearen Gleichungen können in Matrizenform dargestellt werden und lassen sich über eine Matrixinversion lösen (vgl. Müller-Merbach 1 ), S. 216 ff.). Lineare Gleichungssysteme mit einer größeren Anzahl von Unbekannten werden zweckmäßigerweise mit Hilfe des Gaußschen Algorithmus gelöst. Dabei wird in fortlaufenden Iterationen k = [1, n] jeweils Gleichung k des Systems dazu benutzt, die Variable ykt in den folgenden Gleichungen (k + 1), (k + 2) ... n zu eliminieren. Der Algorithmus benötigt für größere Gleichungssysteme nur etwa ein Drittel des Rechenaufwandes der expliziten Matrixinversion, weil die Zahl Gleichungen und Variablen in jeder Iteration um eins abnimmt. Die heute verfügbare Planungssoftware bietet oft beide Lösungsmethoden an oder läßt ihren Anschluss zu. Interessant ist die Matrixinversion oder die Lösung eines linearen Gleichungssystems über sogenannte Austauschschritte, weil sie eng mit der im Folgenden beschriebenen linearen Programmierung zusammenhängt. Ein Beispiel Angenommen, ein chemischer Betrieb benötigt zur Herstellung einer Mengeneinheit [ME] eines Zwischenproduktes Z 2 jeweils 2 ME des Rohstoffes R^ 4 ME des Rohstoffes R 2 und 0.5 ME des Zwischenproduktes Z:. Das Zwischenprodukt Z-, wird im gleichen Betrieb jeweils aus 5 ME des Rohstoffes Ri und 3 ME des Rohstoffes R 2 hergestellt. An einen Kunden sollen 180 ME Zy und 100 ME Z 2 geliefert werden. Aus einem linearen Gleichungssystem sollen für dieses Teilebedarfsproblem die notwendigen Rohstoffmengen ermittelt werden. Eine Kausalanalyse zeigt schnell, dass der zugeordnete Graph azyklisch ist. Das Gleichungssystem xz 2 t = 100 y z 1 t = 180

+ 0.5 xz2t

yr 2 t =

3yz1t + 4xz2t

yr 1t =

5 yzit + 2 xz 2t

(3.4.4)

ist rekursiv und kann durch das Einsetzen der jeweiligen Rechtshand-Variablen gelöst werden. Es ergibt sich zunächst durch Einsetzen yz-|t = 230 ME, dann - weil yz 1t und yz 2 t bekannt sind - y r 2 ) = 1090 ME und y r ^ = 1350 ME.

162

3. Modellierungsprozess

Es sei nun ein teilweise zyklischer Produktionsprozess angenommen. Zur Aufbereitung des Rohstoffes Ri werden pro ME Ri 0.1 ME von Z-, benötigt, für die Aufbereitung des Rohstoffes R 2 werden pro ME R 2 1/12 ME von Z 2 eingesetzt. Wie unschwer zu sehen ist, enthält der dem Modell zugeordnete Graph nun Zyklen, die den Simultanitäten entsprechen. Das modifizierte Gleichungssystem lautet yz2t = 100 yz-it = 180

+ 0.5 yz2t + 0.1 yr 1t

yi2t =

3 yzn

+4yza

yr 1t

5yz 1 t

+2yz2t.

=

vr2t

+

(3.4.5)

Die Auflösung der Matrixgleichung 1

0

-1/12

0

-0.5

1

\

'yz*'

'100N

0

-0.1

yzn

180

- 4 - 3

1

0

yr2t

0

- 2 - 5

0

1

/

. Vit.

k o

(3.4.6)

I

mit vier Iterationen des Gaußschen Algorithmus führt auf die Lösung yz2t = 600 ME, yz-it = 1200 ME, yr 2t = 6000 ME und yr 1t = 7200 ME. Bei seiner Anwendung wird sukzessive jeweils eine der Gleichungen dazu benützt, eine der Unbekannten aus den übrigen Gleichungen zu eliminieren. Die Lösung obigen Problems entspricht dem durch die vier Ebenen (3.4.5) definierten Schnittpunkt. Lösung mit Austauschschritten Dieses Verfahren geht einen anderen Weg als der Gaußsche Algorithmus: statt der Elimination der Unbekannten wird das Gleichungssystem zunächst dadurch erweitert, dass in jeder Gleichung eine zusätzliche Variable z 2 , z 3 und z 4 mit dem Koeffizienten eins eingeführt wird. Man nennt die neuen Variablen auch Basisvariablen (B), während die übrigen Variablen Nichtbasisvariablen (NB) genannt werden. Die Dimension des Gleichungssystems wird also durch eine Verdoppelung der Zahl der Unbekannten vergrößert. Damit schreibt sich obiges Gleichungssystem f z2 z3 KZ4J

+

1

0

-1/12

0

(yz^

-0.5

1

0

-0.1

yz 1t

-4

-3 -5

1 0

0 1

[-2

yr 2t

fl00 N =

J [yr1tJ

180 0 [ 0 ,

Dieses Gleichungssystem aus vier Gleichungen mit acht Unbekannten ist in der Regel unterbestimmt und hat unendlich viele Lösungen. Die vier „Freiheitsgrade" können durch willkürliche Wahl der Werte von jeweils vier Variablen festgelegt werden. Die übrigen Werte der Unbekannten folgen dann aus der Auflösung des verbleibenden

163

3. Modellierungsprozess

Gleichungssystemes. Insbesondere erhält man eine sogenannte Basislösung des Gleichungssystemes, wenn die Nichtbasisvariablen den Wert Null erhalten. Mit 'oy

yzn

'100' M

0

=

180

folgt

yr2t

0

. Vit ^

oj

=

(3.4.8)

0

Z3

, 0 ,

als erste Basislösung. Bei einer Lösung des Gleichungssystems durch sogenannte Austauschschritte werden die neuen Variablen z„ i = [1,4] so gegen die ursprünglichen Variablen ausgetauscht oder substituiert, dass nach vier Iterationen die ursprünglichen Variablen zu Basisvariablen geworden sind. Man erhält die gesuchte Lösung des Gleichungssystems, wenn die neuen Variablen, die nun Nichtbasis-Variablen sind, den Wert Null erhalten. Bei der mit den Austauschschritten verbundenen Umformung des Gleichungssystemes kommen Rechenregeln zum Einsatz, die nachfolgend allgemein an einem (2 x 2)-Beispiel hergeleitet werden. Im Prinzip dieselben Regeln kommen auch in der linearen Programmierung zum Einsatz. Gegeben sei das folgende bereits erweiterte Gleichungssystem: fa11

X3

a

21

a

12

a

22

X1

abhängige Variablen x B (Basis)

(3.4.9)

unabhängige Variablen x NB (Nicht-Basis)

Es besteht aus zwei Gleichungen und vier Unbekannten. Der Austausch einer Basisvariablen - hier x 3 - gegen eine Nichtbasisvariable - hier x-i - geschieht wie folgt: 1. Auflösen der ersten Gleichung nach x-i (Division durch das „Pivotelement" a ^ ) und Einsetzen in die zweite Gleichung: x

a

^ (bl-a12x2-x3) n

x4 + — - a a n

1 2

x

- x 3 ) + a22x2 = b2

2

(3.4.10)

oder in Matrixschreibweise a

X1

,[ x 4

a

a a

21 11

12

a

n a22 -

a

h . a n

n 12

a

a

11

21

b,-

b

1 ' a

a

21

11

164

3. Modellierungsprozess

2. Austauschen von x 2 gegen x 4 : + A " X3 = b"

mit x 3 = x 4 = 0 folgt

X1 lX2

= b".

(3.4.11)

Damit sind x ^ n d x 2 an die Stelle von x 3 und x 4 getreten. Die Matrix A" ist die Inverse der Ausgangsmatrix A. Die Rechnungen der Austauschschritte werden in Tafeln oder Tableaux ausgeführt, in die die Elemente der Matrix A eingetragen und die Zeilen und Spalten mit den Basisbzw. Nichtbasisvariablen beschriftet werden. Die b-Spalte wird als Kolonne (n + 1) der Tafeln betrachtet. NB Nr. Tafel B

X1

X3

a

x4

a

n

21

x2

b

i Zeilenindex i = [1,m]

a 12

bi

j Spaltenindex j = [1,(n+1)]

a

b2

Pivotelement a „

22

Die auszutauschende Basisvariable definiert die sogenannte Pivotzeile z, die auszutauschende Nichtbasisvariable die sogenannte Pivotspalte s. Das Pivotelement a zs steht im Schnittpunkt von Pivotzeile und -spalte und muss ungleich Null sein. Für die Umrechnung der Elemente einer Tafel A in die transformierte Tafel A gelten die folgenden Regeln: 1. Pivotelement:

1

2. Pivotzeile: 3. Pivotspalte:

j = [1, (n+1)]; j * s "IS a

4. Übrige Elemente:

i = [1, m]; i * z

(3.4.12)

zs

_

a

is '

a

z

azs

j * s, i * z

Dadurch, dass sämtliche Basisvariablen eines Ausgangsproblems x^ + A • xj^j*g = b

A - [nxm]

(3.4.13)

gegen die Nichtbasisvariablen x N B ausgetauscht werden, lassen sich über (3.4.14) > der in Simulation i erhaltene Umsatz. Im Beispiel wurde ein Mittelwert von y 1t = 9.88 erhalten. Die Beziehung yn = yit±t0/2,(k-i)

^

0-4-27)

176

3. Modellierungsprozess

Klasse

Häufigkeit

Klasse

Häufigkeit

1,42 3,99 6,56 9,14 11,71 14,28

1 2 15 14 6 0

8,36 8,88 9,40 9,92 10,44 10,96

1 8 2 8 8 6

und größer

1

und größer

6

y 2t Aufwend. Aussendienst

y 1t Umsätze

Häufigkeit Umsätze 9 L

5 4 3 2h 1

Klasse Abb. 3.4.3: Histogramme aus stochastischer Simulation

definiert ein 100(1-a)-Prozent Konfidenzintervall für den Mittelwert des Umsatzes; ta/2 (k-i) ist der in Tabelle 1 des Anhangs für (k-1) Freiheitsgrade angegebene Wert der t-Verteilung, s t ist die empirisch über
t J

i = [21, 22]

Lager YF,

«(YB6t-XB6l)

YB5t

= YBjot = 0

Forderungen kurzfr.Verb.kten +

Gewinne

(YB 4 t -XB 4 t )-(YB 1 1 t -XB 1 1 t )-(YB 1 6 t -XB 1 6 t )

(4.7)

Gleichgewichtsbedingungen (Lager proportional dem Umsatz des Folgejahres) YB@t

=0,5YB 2 0 ( t + 1 ) ;

t0;

¡ = [1,25]; i

[16, 25]

(4.9)

Verhaltensgleichungen i = [2, 3]

Forderungen

YBjt

:

YB9t

:(YB 1t + YB4 t )/02,

kurzfr. Verbindlichkeiten

XB12t + e 5 , Y F t

langfr. Verbindlichkeiten

XB13t + © 6 t • Yf,

Darlehen Muttergesellschaft.

YB12t YB^t

:

® i t " YB(j+i6)t

221

4. Anwendungen im Bereich Finanzplanung

Das Modell besteht zur Hauptsache aus linearen Gleichungen bis auf eine einfache Differenzengleichung zur Beschreibung der Relation zwischen Lagerbestand und zukünftigem Umsatz (Gl. 4.8). Das Modell ist durch eine entsprechende Anordnung der Gleichungen rekursiv lösbar. Bilanz der Tochtergesellschaft B Zeile

Planjahr

What If Simulation 1

2

3

4

20

30

40

50

- an Dritte

8,8

14,3

19,8

25,3

3

- unternehmensintern

2,2

2,2

2,2

2,2

4

gesamte Forderungen

11

16,5

22

27,5

5

Darlehen der Mutterges.

6

Lagerbestände

7

Anlagevermögen

8

Gesamte Aktiva

9

- an Dritte

1

Liquide Mittel

2

Forderungen

0

0

0

0

82,5

110

137,5

143

20

20

20

30

133,5

176,5

219,5

250,5

31

46,5

62

77,5

0

0

0

0

10

- unternehmensintern

11

Gesamte kurzfr.Verbindl.kten

31

46,5

62

77,5

12

Langfristige Verbindlichkeiten

20,25

23

31,25

28,5

13

Darlehen der Mutterges.

10,25

18

31,25

23,5

14

Aktienkapital

50

55

55

75

15

Rücklagen

10

10

15

20

16

Gewinne

12

24

25

26

17

Gesamte Passiva

133,5

176,5

219,5

250,5

253

Erfolgsrechnung Tochtergesellschaft B Umsätze 18

- an Dritte

88

143

198

19

- intern

22

22

22

22

20

Gesamte Umsätze

110

165

220

275

21

- an Dritte

77

110

154

198

22

- intern

11

11

11

11

23

Gesamte variable Kosten

88

121

165

209

24

Variable Aufwendungen

10

20

30

40

25

Gewinne

12

24

25

26

10,5

26

42,5

27

31

46,5

62

77,5

Variable Kosten

YFt

Finanzierung

YLWt

kurzfr. Liquidität

YLt

kurzfr. Liquid.koeffizient

1

1

1

1

AX18

Umsatzzuwachs Dritte

8

13

18

23

AX19

Umsatzzuwachs intern

2

2

2

2

222

4. Anwendung im Bereich Finanzplanung

Experiment mit Zielfragen Neben der Beantwortung von „What If'-Fragestellungen können Bilanz- und Berichtsmodelle auch dazu eingesetzt werden, die für die Errechnung bestimmter Zielvorgaben notwendigen Strategien bzw. Ausgangswerte der Entscheidungsvariablen zu bestimmen („What to do to Achieve"-Fragestellung). Ein Beispiel Die Tochtergesellschaft beginnt mit der Produktion zweier Produkte - p 1t , das an Dritte verkauft wird, und p 2t , das von der Muttergesellschaft abgenommen wird. Während der Absatz der beiden Produkte durch keinerlei Nachfragerestriktionen behindert wird, bestehen bei der Herstellung in den beiden Produktionsstätten der Tochtergesellschaft Restriktionen bezüglich der jährlichen Kapazitäten: Sie betragen X C 1 t und XC 2 t von 4 bzw. 6 Einheiten pro Jahr. In der ersten Produktionsanlage wird jeweils eine Einheit zur Herstellung einer Produkteinheit 1 oder 2 benötigt, in der zweiten Anlage sind es pro Einheit von Produkt 1 jeweils 3 Produktionseinheiten und für das Produkt 2 jeweils eine Einheit. Die Produkte müssen beide Anlagen nacheinander durchlaufen. Die Kosten der Herstellung einer Einheit der Produkte belaufen sich jeweils auf 5 GE, wobei das Produkt 1 z u einem Preis von 10 G E und das Produkt 2 zu einem Preis von 15 G E verkauft wird. Das Unternehmen verfolgt zwei Ziele: Einmal soll der variable Gewinn der Produktion so nahe wie möglich an einen vorgegebenen Zielwert YT t herankommen. Zum anderen soll - als Unterziel - die Kapazität der zweiten Produktionsanlage so gut wie möglich ausgenutzt werden. Auf diesen Annahmen basierend ergibt sich die folgende Modellstruktur: Exogene Variablen xc1t

=

4

XC2t

=

6

XP1t

= 10

Verkaufspreis erstes Produkt

XP2t

= 15

Verkaufspreis zweites Produkt

Xk i t

=

Herstellkosten für je eine Einheit der Produkte

5

Jahreskapazität erste Anlage Jahreskapazität zweite Anlage

Entscheidungsvariablen 0Pit

Herstellmengen der Produkte

i = [1,2]

Endogene Variablen und Restriktionen Yt,

>0

Zielgröße: Variabler Gesamtgewinn (ohne var. Aufwendungen)

YS| (

> 0;

Unausgenützte Kapazitäten der Anlagen

i = [1, 2]

4. Anwendungen im Bereich Finanzplanung

223

YD,+

> 0

Positive Abweichung vom Zielgewinn

YDt

> 0

Negative Abweichung vom Zielgewinn

YCijt

> 0;

Belegte Kapazität Produkt j auf Anlage i; i = [1,2];j = [1,2]

YCBit

>0;

Fremdumsätze [i=18] und Umsätze mit der Muttergesellschaft [¡=19]

YCBjj

>0;

Variable Herstellkosten für Fremdumsätze [i=21] und Umsätze Muttergesellschaft [i=22]

Identitäten YSit

= XCit-YCi1t-YCi2t

¡ = [1,2]

YTt

= YDr - YD^ + (YCBi 8t - YCB 21t ) + (YCB 1 9 t - YCB22t)

YDj" • YDt+ = 0

(4.11)

Verhaltensgleichungen YCB it

~ XP(i-17)t • © P ( | _ i 7 ) t

Umsätze

YCB it

= XK(i_20)t " ©P(i-20)t

Herstellkosten i = [21, 22]

YCijt

ri©p 1t

10P 2t ]

l3©P1t

10PJ

i = [18,19]

Kapazitäten

i = [1,2];j =

bzw.:

(4.12) YS 1t

= 4-@P1t-0P2t

YS 2t

=6-3©P1t-©P2t

YTt

= 5@P1t + 10©P 2t + YDj" - YD^

alle Variablen nicht negativ. Dabei ist Mi (YDj" + YDj") + M 2 YS 2t => Min mit M, » M 2 .

(4.13)

Das Modell wurde mit Hilfe der linearen Zielprogrammierung für die Zielwerte t YT,

1

2

3

4

10

20

30

50

berechnet. Bis auf die Berechnung der Umsätze und variablen Kosten wurden darüber hinaus die Modellgleichungen der vorher gelösten „What-If'-Frage verwendet. Es ergeben sich die nachfolgend dargestellten Resultate:

224

4. Anwendung im Bereich Finanzplanung

Bilanz der Tochtergesellschaft B Zielfrage Zeile 1 2

Planjahr Liquide Mittel

1

2

3

4

20

30

40

50

23

Forderungen - an Dritte

10

14,6

19,2

3

- unternehmensintern

2

3,8

5,6

8

4

gesamte Forderungen

12

18,4

24,8

31

5

Darlehen Mutterges.

0

0

0

0

6

Lagerbestände

92

124

155

161,2

7

Anlagevermögen

20

20

20

30

8

Gesamte Aktiva

144

192,4

239,8

272,2

32

48,4

64,8

81

0

0

0

0

Kurzfristige Verbindlichkeiten 9

- an Dritte

10

- unternehmensintern

11

Gesamte kurzfr. Verbindlichkteiten

32

48,4

64,8

81

12

Langfristige Verbindlichkeiten

21

22

27,5

20,6

13

Darlehen der Muttergesellschaft

11

17

27,5

15,6

14

Aktienkapital

50

55

55

75

15

Rücklagen

10

10

15

20

16

Gewinne

17

Gesamte Passiva

20

40

50

60

144

192,4

239,8

272,2

Erfolgsrechnung Tochtergesellschaft B Zeile

Planjahr

1

2

3

4

100

146

192

230

20

38

56

80

120

184

248

310

Umsätze 18

- an Dritte

19

- intern

20

Gesamte Umsätze

21

- an Dritte

80

108

146

180

22

- intern

10

16

22

30

Variable Kosten

23

Gesamte variable Kosten

90

124

168

210

24

Variable Aufwendungen

10

20

30

40

25

Gewinne

20

40

50

60

4. Anwendungen im Bereich Finanzplanung Planjahr

1

Finanzierung

12

YLW t

kurzfristige Liquidität

32

YL,

kurzfr.Liquiditätskoefflzient

1

YF

t

225 2

3

4

24

35

11,2

48,4

64,8

81

1

1

1

0P1t

Menge Produkt 1

2

1,6

1,2

0

0P2t

Menge Produkt 2

0

1,2

2,4

4

YCB 1

Umsatz extern

20

16

12

0

Umsatz intern

0

18

36

60

var. Kosten extern

10

8

6

0

var. Kosten intern

0

6

12

20

YS 1 t

Kapazität Anlage 1

2

1,2

0,4

0

YS2t

Kapazität Anlage 2

0

0

0

2

8t YCB 1 9t ycb2 1t ycb2 2t

Für dieses Modell mit zwei Entscheidungsvariablen und zwei hierarchischen Zielen existiert nur die angegebene Lösung. Wird hingegen nur ein Ziel vorgegeben, existiert möglicherweise eine unendliche Anzahl von Lösungen, aus der der Benutzer die für ihn wünschenswerteste Lösung auswählen kann.

226

4. Anwendung im Bereich Finanzplanung

4.3 Beurteilung und Vergleich von Einzelinvestitionen1) Die Wahl zwischen alternativen Möglichkeiten, Kapital zu investieren, gehört zu den am häufigsten auftretenden unternehmerischen Entscheidungssituationen. Zur Beurteilung einzelner Investitionsprojekte - sei dies nun in Vergleich mit anderen Anlageformen oder mit anderen Investitionsprojekten - stehen eine Reihe von mehr oder weniger komplexen Verfahren zur Verfügung. Dabei wird grundsätzlich zwischen statischen Verfahren, die den Zeitfaktor unberücksichtigt lassen, dynamischen Verfahren, die eine Diskontierung der Ein- und Auszahlungsströme vornehmen und stochastischen Verfahren, die Zufallseinflüsse berücksichtigen, unterschieden. Vergleich von Zahlurigsreihen Statische Verfahren basieren auf einem Vergleich von Zahlungsreihen - Kosten und Gewinne - , die im Rahmen eines Investitionsprojektes anfallen. In einer Kosten-Vergleichsrechnung werden beispielsweise alle Kosten - inklusive kalkulatorische Abschreibungen und Zinsen - , die ein geplantes Projekt verursacht, unabhängig vom Zeitpunkt, in dem sie anfallen, mit den entsprechenden Kosten eines anderen Projektes verglichen. Dabei wird die Identität der Erlöse beider Projekte unterstellt, so dass sie bei der Projektauswahl nicht berücksichtigt werden müssen. Anschaffungswert und investitionsbedingte Veränderung des Umlaufvermögens werden nur durch entsprechende Zinsen berücksichtigt. Ein Kostenvergleich eignet sich vor allem für Ersatzund Rationalisierungsinvestitionen. Da die alternativen Investitionsvorhaben in den meisten Fällen nicht nur unterschiedliche Kosten, sondern auch unterschiedliche Erlöse mit sich bringen, erweist sich ein Vergleich der Gewinne (Erlöse-Kosten) der Investitionen über die gesamte Nutzungsdauer derselben meist als sinnvoller. Diese Methode ist vor allem bei Neu- und Erweiterungsinvestitionen angebracht, die eine nachhaltige Veränderung der Erlössituation mit sich bringen. Auch der Vergleich der Gewinne verschiedener Investitionsvorhaben ist nur dann sinnvoll, wenn die Zahlungsströme über alle Perioden gleich bleiben, das heißt mit durchschnittlichen Kosten und Erlösen pro Periode gerechnet werden kann. In Erweiterung der relativ einfachen aber eigentlich oft nicht korrekt einsetzbaren Kosten- und Gewinnvergleiche für alternative Projekte kann auch der ROI der einzelnen Projekte oder die sogenannte Pay-Back-Zeit berechnet und verglichen werden. Berechnung der Pay-Back-Zeit Die Pay-Back-Methode beruht auf einem Kosten- und Gewinnvergleich. Sie ermittelt den Zeitraum, innerhalb dessen das investierte Kapital als Erlöse (Gewinne und Abschreibungen) wieder in die Unternehmung zurückfließt. Damit entspricht sie also der Kapitalbindungsdauer des Investitionsprojektes. Bei über den Zeitablauf gleichbleibenden Kosten und Erträgen ergibt sich die Amortisations- und Pay-Back-Zeit als:

4. Anwendungen im Bereich Finanzplanung

Pay - Back - Zeit =

Kapitaleinsatz jährliche Wiedergewinnung

227 (4.14)

Berechnet wird somit die Zeitdauer, nach deren Ablauf die Rückflüsse aus der Investition, die der Berechnung entsprechend ausschließlich für die Amortisation eingesetzt werden, den Anschaffungsausgaben entsprechen. Das Projekt mit der kürzeren PayBack-Zeit ist jeweils das günstigere. Da das Risiko einer Investition meist mit zunehmender Dauer der Kapitalbindung steigt, kann die Pay-Back-Zeit auch zur Beurteilung des Investitionsrisikos an sich herangezogen werden. Wie bei den übrigen statischen Verfahren wird ein über den Zeitablauf unterschiedlicher Anfall der Rückflüsse nicht berücksichtigt, wie auch die Zahlungsströme nach Ablauf der Wiedergewinnungszeit nicht mehr in die Beurteilung des Investitionsvorhabens eingehen. Der zuerst genannte Nachteil kann durch eine Diskontierung der in die Berechnung eingehenden Beträge ähnlich wie bei der Kapitalwertmethode beseitigt werden. Das ursprünglich statische Verfahren wird damit dynamisch gestaltet. Dabei werden die auf einen Zeitpunkt t = 0 diskontierten Erträge (Gewinne und Abschreibungen) dem ebenfalls diskontierten Kapitaleinsatz gegenübergestellt und so die Amortisationsdauer der Investitionen berechnet. Dabei ergibt sich gewöhnlich keine ganzzahlige Pay-BackZeit, sondern ein Wert, der durch lineare Interpolation zwischen den Perioden folgt, die die Pay-Back-Zeit „eingabein". Die Kapitalwertmethode und die Methode des Internen Zinsfußes Der Hauptvorteil der dynamischen gegenüber den statischen Verfahren ist die Berücksichtigung des zeitlich unterschiedlichen Anfalles der Zahlungen durch den expliziten Einbezug von entsprechenden Zinseszinsen. Dadurch können die in den statischen Verfahren üblichen Durchschnittsbetrachtungen aufgegeben werden. Die Kapitalwert-Methode ermittelt den Barwert (BW) einer Investition in der Periode t für einen vorgegebenen Diskontierungsfaktor i und eine bestimmte Nutzungsdauer n:

E t = Einzahlungen in der Periode t

(4.15)

A , = Auszahlungen in der Periode t Die Investition wird somit an einer alternativen Kapitalanlage, die zu einem Kalkulationszinsfuß i verzinst wird, gemessen. Ist der Barwert positiv, ist die Verzinsung des in der Investition gebundenen Kapitals größer als der Kapitalzinsfuß, das heißt die Investition ist vorteilhafter als die entsprechende Kapitalanlage. Ist der Barwert negativ, so ist die Verzinsung der Investition schlechter als diejenige der Kapitalanlage. Bei einem Barwert von Null entsprechen sich die beiden Anlageformen.

228

4. Anwendung im Bereich Finanzplanung

Bei der Berechnung einer dynamischen Pay-Back-Zeit werden Perioden mit BW < 0 für ^ und BW > 0 für t 2 ermittelt. Durch lineare Interpolation zwischen diesen Werten ergibt sich die Pay-Back-Zeit. Abgesehen davon, dass die Liquiditätsbeanspruchung über die Zeit und die Kosten einer eventuell notwendigen Fremdfinanzierung unberücksichtigt bleiben, ist das Hauptproblem der Kapitalwert-Methode die Bestimmung des Kalkulationszinsfußes i. Dieses Problem wird bei Verwendung der Methode des internen Zinsfußes umgangen. Dieses Verfahren basiert ebenfalls auf der Berechnung des Barwertes einer Investition. Dabei wird ein verschwindender Barwert angenommen und nach dem dazu führenden Kalkulationszinsfuß gefragt: (4.16) uo (1 + 0' Die Auflösung der Gleichung nach i führt zu einer Gleichung n-ten Grades in i, die mehrere Nullstellen und damit auch mehrere Lösungen aufweisen kann. Meist existiert jedoch nur ein ökonomisch sinnvoller interner Zinsfuß. Der durch Näherungsverfahren berechnete Zinsfuß kann nun mit der Verzinsung alternativer Anlagemöglichkeiten verglichen werden. Liegt der interne Zinsfuß beispielsweise über dem Kapitalmarktzins, gilt die Investition als vorteilhafter als eine entsprechende Anlage am Kapitalmarkt. Die Dimensionslosigkeit des internen Zinsfußes erleichtert einen Vergleich zwischen Projekten unterschiedlicher Größe. Wie auch bei der Kapitalwert-Methode wird jedoch immer von der Voraussetzung ausgegangen, dass alle Ersatzinvestitionen zum selben Zinsfuß i vorgenommen werden können. Beim Vergleich alternativer Investitionsprojekte mit unterschiedlicher Laufzeit und Höhe muss die Vergleichbarkeit bei beiden Methoden über hypothetische Ersatzinvestitionen zum Kalkulationszinsfuß hergestellt werden. Insbesondere bei der Methode des internen Zinsfußes, wo wegen der einem Projekt nicht zurechenbaren und vernachlässigten Overhead-Kosten oft i > 20%, ist diese Annahme vielfach unrealistisch. Ebenso bleibt in beiden Ansätzen das Risiko bei der Berechnung der zukünftigen Zahlungsströme unberücksichtigt. Diesen kann höchstens durch eine Variation des Kalkulationszinsfußes oder mit Hilfe einer eigentlichen Sensitivitätsanalyse Rechnung getragen werden. Die Risikoanalyse (Hertz-Analyse) Alle bisher besprochenen Ansätze zur Beurteilung von Investitionsprojekten basieren auf der Annahme, dass die in die Berechnung eingehenden zukünftigen Zahlungsströme einigermaßen genau im voraus bestimmt werden können. Gerade diese Schätzungen sind in der Praxis jedoch mit einem großen Unsicherheitsfaktor belastet. Bei den traditionellen Verfahren der Investitionsbeurteilung kann dieser Unsicherheit nur durch mehrere deterministische Alternativrechnungen Rechnung getragen werden.

229

4. Anwendungen im Bereich Finanzplanung

Erst der Einsatz computergestützter Simulationsverfahren erlaubt Altemativrechnungen für ein ganzes Spektrum möglicher Inputfaktoren. Dazu müssen möglichst viele Informationen über die einzelnen Inputfaktoren und deren Schwankungsbreite gesammelt werden. Von subjektiv geschätzten Wahrscheinlichkeitsverteilungen ausgehend werden die Inputfaktoren in verschiedenen Simulationen zufällig kombiniert. Für jede Kombination wird der Kapitalwert, der interne Zinsfuß oder ein anderes Kriterium zur Beurteilung der Investition berechnet. Aus den experimentell berechneten Inputkombinationen entsteht eine Liste möglicher Kapitalwerte sowie deren jeweilige Eintreffenswahrscheinlichkeit. Die so berechnete Wahrscheinlichkeitsverteilung des Kapitalwertes oder des internen Zinsfußes dient in der Folge als Grundlage für den Investitionsentscheid, wobei für den Vergleich verschiedener Investitionsprojekte sowohl die unterschiedlichen Erwartungswerte des Kapitalwertes bzw. des internen Zinsfußes wie auch die unterschiedliche Varianz der Verteilung zu berücksichtigen ist. Abb. 4.3 gibt die Wahrscheinlichkeitsdichte und Verteilung des Barwertes einer Investition wieder, deren Ein- und Auszahlungen über geeignete Zufallszahlen-Generatoren auf dem Computer erzeugt wurden. Häufigkeit 4

•—•—i 50

_ E

1 100

150

Abb. 4.3 a): Dichtefunktion des Barwertes

Wahrscheinlichkeit (%)

Abb. 4.3 b): Verteilungsfunktion des Barwertes

200

250

_ Barwert [GE]

230

4. Anwendung im Bereich Finanzplanung

Mit etwa 90 Prozent Wahrscheinlichkeit kann ausgeschlossen werden, dass er unter 100 (GE) absinkt. Die Berechnungen und Auswertungen einer solchen „Monte CarloSimulation" wurden in Abschnitt 3.4.3 beschrieben. In der Einleitung zu Abschnitt 3.3 wurde kurz auf das Problem der subjektiven Schätzungen von Wahrscheinlichkeiten hingewiesen. Da Vergangenheitswerte für Investitionsprojekte in der Regel nicht vorliegen, stellt sich das Schätzproblem bei der Risikoanalyse in besonderem Maße. Unternehmensbewertung Die Zahl und das Volumen der Untemehmenskäufe und -verkaufe hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Verschiedene Entwicklungen haben dazu beigetragen: Die Globalisierung der Wirtschaft führt zu größeren Märkten, die für ein Unternehmen zugänglich sind. Der Zukauf von Marktanteilen, Know how und Technologie kann die Stellung eines Unternehmens im zunehmenden Wettbewerb entscheidend stärken und u.a. für eine größere Economies of Scale sorgen. Das Konzept des Shareholder Value hat parallel dazu geführt, daß die Unternehmen vielfach Geschäftsbereiche abgeben, deren potentieller ROI zu klein ist. Der durch einen Verkauf frei werdende Cashflow wird entweder an die Aktionäre ausbezahlt oder in aussichtsreiche Kernaktivitäten oder Geschäftsfelder reinvestiert. Solche Maßnahmen können den Unternehmenswert und - damit verbunden - auch den Börsenkurs eines Unternehmens steigern. Zwar spielen beim Kauf und Verkauf von Unternehmen oder Geschäften subjektive Einschätzungen des Managements und der Anteilseigner eine entscheidende Rolle. Strategische Kaufentscheidungen werden heute jedoch in der Regel auch auf der Basis von Bewertungen vorgenommen, die eine sogenannte Benchmark für Verhandlungen bilden. Diese können sich klassisch über den Ertragswert oder eine Kombination von Ertrags- und Substanzwert ergeben. In den letzten Jahren hat sich jedoch vielfach eine Bewertung mit dem diskontierten freien Cashflow (DFCF,) durchgesetzt, dessen Ermittlung einer Anwendung der Barwertmethode der Investitionsrechnung entspricht. Vielfach wird dabei von den validierten Dreijahresplänen eines Unternehmens ausgegangen. Zusätzlich wird ein nachhaltiger freier Cashflow (NFCF) unter der Annahme einer unendlichen Lebensdauer des einzuschätzenden Unternehmens geschätzt. Die Auswertung kann mit einem einfachen Planungsmodell wie folgt durchgeführt werden: Brutto Cashflowt = Operat. Ergebnist + Abschreibungen, Working Capitalt = Umlaufverm.t - Kurzfrist. Verbindlkt.t Gesamtinvestition, = Bruttoinvest. t + Work. Cap. t - Work. Cap. M Operativer Free Cashflowt = Bruttocashflow, - Gesamtinvest.t Free Cashflow, = Operativer Free Cashflow, + Bankverb., - Bankverb.

(4.17)

4. Anwendungen im Bereich Finanzplanung

DFCFt =

NFCF

231 (4.18)

Das operative Ergebnis wird dabei nach Zinsen und Steuern errechnet. Den Abschreibungen wären gegebenenfalls Pensionsrückstellungen u.ä. zuzurechnen. Bankverbindlichkeiten werden bei der Berechnung des Working Capital nicht berücksichtigt. In Gl. (4.18) ist i der Diskontierungszinsfuß; der erste Term in der Gleichung entspricht dem Barwert einer unendlichen Rente mit konstantem NFCF. Der Beitrag in den drei Planjahren, für die bessere Schätzwerte des FreeCashflowt vorliegen, muss wieder subrahiert werden. Gewöhnlich erhält man einen zuverlässigeren Schätzwert für NFCF über eine Dekomposition in Einzelschätzungen, statt über eine direkte aggregierte Schätzung. Die Berechnung läßt sich leicht mit entweder deterministischen Simulationen von Positionen der Erfolgsrechnung und Bilanz, oder aber mit der vorher skizzierten stochastischen Risikoanalyse kombinieren. Auch eine Verbindung mit der nachfolgend beschriebenen Geschäftsfeldplanung ist ohne weiteres möglich.

4. Anwendung im Bereich Finanzplanung

4.4 Portfolio-Analyse8) Das in Abschnitt 4.3 beschriebene Problem der Beurteilung und Auswahl von einzelnen Investitionsprojekten wird in der Praxis oft durch eine - für eine bestimmte Periode vorgegebene - Budgetlimite beeinflußt. So werden in vielen Unternehmungen für einzelne Abteilungen oder Teilbereiche Investitionsbudgets vorgegeben, die in verschiedenen Kombinationen auf verschiedene Investitionen aufgeteilt werden können. Das Problem, ein gegebenes Budget in einer Periode t auf verschiedene Projekte mit verschiedenen Aus- und Einzahlungen aufzuteilen, kann mit Hilfe der linearen Programmierung gelöst werden. Ein entsprechendes Modell wurde von Weingartner 8 ) zur Bestimmung der optimalen Kapitalaufteilung entwickelt. Es besteht aus den Restriktionen m £ctjyj Max j=i

(4.20)

C, = Budget in der Periode t bj = Barwert des Investitionsprojektes j, j = [1, m] c t j = Nettoausgaben für das Projekt j in der Periode t, t = [1, n] Das Modell maximiert somit den Barwert sämtlicher Investitionsvorhaben bei gegebenem Budget. Die resultierenden Werte für y¡, die zwischen Null und Eins liegen müssen, geben an, wieviel Prozent der Gesamtinvestition in jedes Projekt investiert werden sollen. Die sogenannten dualen Variablen des Modells können gleichzeitig als Opportunitätskosten oder Schattenpreise der Restriktionen interpretiert werden. Sie geben im vorliegenden Fall an, wieviel Mehrgewinn durch Erhöhung des Budgets um eine Einheit erzielt werden kann. Da in der Praxis Investitionsprojekte in der Regel nicht teilbar sind, sondern nur entweder vollständig oder überhaupt nicht durchgeführt werden können, sind die im Modell errechneten Werte für y,, die zwischen Null und Eins liegen, kaum als Entscheidungsgrundlage zu verwenden. Deshalb muss eine zusätzliche Restriktion eingeführt werden, die dafür sorgt, dass y¡ nur den Wert Null oder Eins annehmen kann. Teilfinanzierungen von Investitionen werden damit ausgeschlossen. Die Variable y¡ = = [1, m] nimmt somit den Wert Eins an, wenn die Investition ausgeführt wird und den Wert Null, wenn sie nicht ausgeführt wird. Steht a t j für die Einzahlungen des Projektes j in der Periode t und l tj für die entsprechenden Auszahlungen, so läßt sich in Abwandlung des Ausgangsmodelles folgendes Linearprogramm definieren:

4. Anwendungen im Bereich Finanzplanung

Restriktionen

m £ltj-yj^ct ¡=1

Zielfunktion

ZZatjyj t=ij=i

n m

233 (4-21)

M a x

(4.22)

Die Lösung kann mit Software zur sogenannten 0/1-Programmierung erfolgen 9 ). Auch mit Excel sind gewisse Modellösungen möglich. Mit weiteren Restriktionen kann Kopplungen der Projekte Rechnung getragen werden: Die Restriktion - y 1 + y 2 < 0 bzw. y , - y 2 < 0

(4.23)

beschreibt zwei komplementäre Investitionsvorhaben und die Restriktion (4.24)

yi+y2