313 85 36MB
German Pages 377 [392] Year 1952
PHOTOGRAMMETRIE
PHOTOGRAMMETRIE VON DR. R I C H A R D FINSTERWALDER o. Professor
an der Technischen Hochschule München
Mit 140 Abbildungen Zweite, verbesserte
und 17
und erweiterte
Berlin
Tabellen Auflage
1952
W A L T E R DE G R U Y T E R & C O vormals
G.J. Göschen'sehe
Verlagshandlang
— J* Guttentag,
Verlagsbuchhandlung
Georg Reimer — Karl J . Trübner — Veit & Comp.
Alle Rechte, einschließlich des Übersetzungsrechts, von der Verlagshandlung vorbehalten. Die Open Access-Stellung dieser Publikation wurde unterstützt durch das Landesdigitalisierungsprogramm für Wissenschaft und Kultur des Freistaates Sachsen (vgl. https://sachsen.digital/das-programm/).
Dieses Werk ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution-NonCommercialNoDerivatives 4.0 International Lizenz. Weitere Informationen finden Sie unter http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/.
© 1952 Richard Finsterwalder, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston vormals G. J. Göschen‘sche Verlagshandlung - J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp. Berlin W 35, Genthiner Straße 13 Archiv-Nr. 121052 Druck von E. Heckendorff, Berlin SO 36 Printed in Germany ISBN 978-3-11-131089-3 e-ISBN (PDF) 978-3-11-169930-1 Dieses Buch ist als Open-Access-Publikation verfügbar über www.degruyter.com.
Vorwort Das vorliegende Lehrbuch soll einen Einblick in das neue, besonders für die Topographie und Kartographie so bedeutungsvolle Gebiet der Photogrammetrie geben. Es kam dem Verfasser darauf an, vor allem die Arbeitsverfahren möglichst klar und einfach darzustellen; da ein wirkliches Verständnis der vielfach neuen Methoden ohne die Kenntnis ihrer mathematischen und geometrischen Grundlagen nicht möglich ist, wurden diese grundsätzlich mitbehandelt, dabei aber stets leicht faßliche, wenig Vorkenntnisse voraussetzende Ableitungen gewählt. In der Darstellung aller wesentlichen Arbeitsverfahren ist eine gewisse Vollständigkeit angestrebt worden, nicht jedoch im einzelnen, da dies nicht Aufgabe eines Lehrbuchs sein kann. — Die Darstellung bezieht sich vor allem auf diejenigen Methoden und Verfahren, die heute von Bedeutung sind, und übergeht z.B. den räumlichen Rückwärtseinschnitt, der einst so wichtig war, weitgehend zugunsten der photogrammetrischen Hauptaufgabe, die heute im Mittelpunkt der Anwendung steht. Bei der Beschreibung der Instrumente ist ebenfalls Vollständigkeit nicht erstrebt worden, die Wahl fiel auf die typischen und am meisten gebrauchten Instrumente, die dafür verhältnismäßig eingehend behandelt werden konnten. So nimmt das Buch eine Mittelstellung zwischen den umfangreichen Werken von Bäschlin, Gast, Gruber und Hugershoff einerseits und dem kürzeren Kompendium von Schwidefsky ein. Es wendet sich in erster Linie an die Vermessungsingenieure, aber auch an alle diejenigen, die sonst das ebenso anregende wie neuartige Verfahren der Photogrammetrie anzuwenden haben, wie Bauingenieure und Geographen. Die Entwicklung der Photogrammetrie, die früher oft stürmisch vor sich gegangen ist, kann auch heute noch nicht als abgeschlossen betrachtet werden. Immerhin schien eine lehrbuchmäßige Anordnung und Darstellung des Stoffs möglich, da die meisten heutigen Anwendungen der Photogrammetrie sich bewährt haben und in der derzeitigen Form noch weiter einbürgern werden. Wo heute Entwicklungen zu verzeichnen sind, berücksichtigt das Buch möglichst den neuesten Stand, vor allem bei der Aerotriangulation, und weist auf die Entwicklungsmöglichkeiten hin. An einigen Stellen hat der Verfasser selbst stofflich Neues hinzugefügt; um die Hauptaufgabe der Photogrammetrie in ihrer einfachsten Form möglichst vollständig darzustellen, ist der theoretisch und praktisch wichtige gefährliche Ort kurz behandelt worden, während eine Darstellung der heute selten gebrauchten und umständlich abzuleitenden Konvergenzaufnahmen unterblieben ist. Um das Buch nicht zu umfangreich werden zu lassen, wurde eine klare Abgrenzung gegen Sonder- und Nachbargebiete vorgenommen. So wurden die geometrische Optik und Photochemie nur soweit sie unmittelbar für die photogrammetrischen Methoden Bedeutung haben, behandelt. Vor allem
6
Vorwort
war der Verfasser bestrebt, die topographischen Anwendungen der Photogrammetrie zu begründen und klarzulegen, ohne damit einem Buch über Topographie vorzugreifen, das alle möglichen topographischen Methoden vor allem im Hinblick auf ihre Anwendung darstellen muß. Eine Behandlung der an sich wichtigen und interessanten Röntgenphotogrammetrie mußte unterbleiben. Es war auch unmöglich, auf die Arbeiten und Leistungen all der Wissenschaftler, Erfinder und Ingenieure einzugehen, die im Lauf der letzten Jahrzehnte die photogrammetrischenMethoden und Instrumente entwickelt haben, beträgt doch die Zahl allein der deutschen Veröffentlichungen auf diesem Gebiet mehrere Tausend. Eine solche an sich sehr wünschenswerte umfassende Behandlung muß einer viel weitergehenden handbuchartigen Veröffentlichung vorbehalten sein, wie wir sie erst auf einem Teilgebiet der Photogrammetrie in dem von O. Lacmann angeregten Buch von Schwidefsky „Das Entzerrungsgerät" (Verlag Wichmann 1935) besitzen. Die Herren Dipl.-Ing. Gänger und Dr. Pillewizer haben mich beim Zeichnen der Figuren und Lesen der Korrekturen unterstützt, wertvolle Hinweise haben mir die Herren G. Heß und Professor Gast gegeben, Hansa Luftbild hat einen Luftbildplan zur Verfügung gestellt. Ihnen und all denen, die mir bei Herstellung des Buches geholfen haben, sei hier herzlich gedankt, nicht zuletzt meinem Vater S. Finsterwalder, der mich seinerzeit praktisch in die Photogrammetrie eingeführt hat und auf dessen wissenschaftliche Arbeiten ich an vielen Stellen zurückgreifen konnte. Hannover, Herbst 1938.
Vorwort zur zweiten Auflage Nachdem die erste Auflage bereits 1942 vergriffen war, konnte die neue Auflage infolge der Kriegs- und Nachkriegsverhältnisse erst jetzt fertiggestellt werden. Wie erwartet haben sich auf vielen Gebieten der Photogrammetrie neue Entwicklungen vollzogen, welche durch Umarbeitungen und Ergänzungen berücksichtigt wurden. Eine Umarbeitung erfuhr das Kapitel „Photographie", das in dankenswerter Weise Dr. W. Rahts-j-, Berlin, vorgenommen hat. Umgearbeitet wurde die wichtige Ableitung der photogrammetrischen Hauptaufgabe, neugefaßt der Abschnitt über Aerotriangulation. Wichtigere Ergänzungen betreifen die ideale Abbildung, den Rückwärtseinschnitt und die Auswertegeräte, neu aufgenommen wurden die Abschnitte über Schräg- und Konvergenzaufnahmen. Eine grundsätzliche Neubearbeitung und Erweiterung erfuhr das Kapitel über die topographische Arbeit an den Auswertegeräten und die dabei gewonnenen Ergebnisse, die ja in den meisten Fällen das wichtigste
Vorwort
7
Endziel der Photogrammetrie darstellen. Hier hat der Verfasser sich bemüht, auf Grund seiner Erfahrungen gewonnene Erkenntnisse über die Möglichkeiten und Grenzen der photogrammetrischen Verfahren in klarer und objektiver Weise niederzulegen, um den Leser instandzusetzen, die Auswertegeräte 1. und 2. Ordnung in topographischer Hinsicht richtig zu beurteilen und auszunützen. Die in vielen Fällen bei der photogrammetrischen Auswertung auftretende differentielle Unsicherheit und ihre Berücksichtigung wurden erläutert und die Ausnützung der klassischen topographischen Arbeitsweise bei den photogrammetrischen Verfahren nach Möglichkeit behandelt. In neuerer Zeit sind den praktischen Möglichkeiten vorauseilend verschiedentlich mathematische und theoretische Entwicklungen veröffentlicht worden, deren Verfasser die mechanische Genauigkeit auch der besten Auswertegeräte überschätzen und nicht genügend beachten, daß die schwierigen räumlichen Aufgaben der Photogrammetrie nicht streng auf direktem Wege lösbar sind. Hier sah der Verfasser seine Aufgabe darin, den Leser nicht mit heute noch nicht fruchtbarer Theorie zu belasten, auf die gegebenen Grenzen hinzuweisen und das für die künftige Entwicklung wesentlich Scheinende herauszuarbeiten. Zur Einführung in das so neue und für viele fremdartige Gebiet der Photogrammetrie wurde dieser Auflage eine geschichtliche Einführung in die Entwicklung und Aufgaben der Photogrammetrie vorangestellt, das insbesondere auch die so fruchtbare internationale Zusammenarbeit auf diesem Gebiet lebendig machen soll. Meinem Assistenten Dr. Walther Hofmann habe ich für wertvolle Hilfe und Anregungen bei der Abfassung des Manuskripts und beim Lesen der Korrekturen zu danken. Dank dem Entgegenkommen des Verlags war es möglich, trotz der zeitbedingten Schwierigkeiten die zweite Auflage in mancher Hinsicht besser auszustatten und zwei Anaglyphenbildpaare beizugeben. Mit Rücksicht auf die stark gestiegene Bedeutung der Luftbildinterpretation wurde noch ein Kapitel über dieses neue Gebiet aufgenommen, dessen Abfassung in dankenswerter Weise Dr. Pillewizer übernommen hat. München, Mai 1951.
Inhaltsverzeichnis Seite
Geschichtliche Einführung in die Entwicklung und Aufgaben der Photogrammetrie 13 A. Die Grundlagen der Photogrammetrie 1. D a s p h o t o g r a m m e t r i s c h e O b j e k t i v a) Die ideale Abbildung
22 23
b) Die Fehler des Objektivs 28 1. Die sphärischen Längsabweichungen. — 2. Astigmatismus, Bildfeldwölbung und Koma. — 3. Farbabweichung. — 4. Der Helligkeitsabfall nach dem Bildrand. Abschattung. •— 5. Die Verzeichnung. 6. Die Blenden und Pupillen. c) Ausführungsformen der Objektive
36
d) Prüfimg der Objektive
39
2. P h o t o g r a p h i e . Von Dr. W. Rahts 40 Einleitung. —• Photographischer Prozeß. — Das photographische Material. Schrumpfung. — Empfindlichkeit und Farbempfindlichkeit. — Gradation. Körnigkeit und Auflösungsvermögen. — Die photographische Aufnahme. Licht und Filter. — Infrarotphoto graphie. — Farbenphotographie. — Behandlung photographischer Filme. 3. G e o m e t r i s c h e B e g r i f f e u n d D e f i n i t i o n e n a) Die innere Orientierung
50 50
b) Die äußere Orientierung 51 Einzelaufnahme. — Doppelaufnahmen, räumliche Doppelpunkteinschaltung. — Die absolute Orientierung. 4. S t e r e o s k o p i s c h e s
Sehen und Messen
a) Monokulares Sehen mit freiem Auge
57 57
b) Stereoskopisches Sehen 59 Mit freiem Auge. — Künstliche Verstärkung der Tiefenwahrnehmung. c) Das stereoskopische Sehen und Messen in der Photogrammetrie.. 62 Vertikal- oder Höhenparallaxen. — Das photographisch erzeugte Raumbild. —Die wandernde Marke. — Stereoskopische Meßgenauigkeit. — Hilfsmittel des stereoskopischen Sehens. 5. B i l d k o o r d i n a t e n u n d B i l d w i n k e l
73
a) Bildkoordinatenmessung 73 Komparatoren. — Der Stereokomparator. — Prüfung des Stereokomparators. — Messung von Polarkoordinaten. b) Einfache Beziehungen zwischen Bildkoordinaten und Bildwinkeln, sowie Horizontal- und Vertikalwinkeln 79
Inhaltsverzeichnis
9 Seite
c) Der Bildmeßtheodolit, das Bildmeßprinzip nach Porro und Koppe d) Die Bestimmung der inneren Orientierung und der Verzeichnung durch Bildmeßtheodolit •— durch Rückwärtsschnitt •— durch Ausgleichung. —• Rechenbeispiel. — Verzeichnungsprüfung von Objektiven am Goniometer. — Prüfung der Verzeichnung am Auswertegerät. — Prüfung der Verzeichnung mittels rechnerischer gegenseitiger Orientierung.
81 84
B. Terrestrische Photogrammetrie 1. D i e t e r r e s t r i s c h e n A u f n a h m e g e r ä t e Der leichte Feldphototheodolit von Zeiß. — Die photogrammetrische Ausrüstung von Wild. — Andere Ausrüstungen. — Prüfung und Justierung des Phototheodoliten. — Stereometerkammern. — Allgemeines über terrestrische Ausrüstungen.
91
2. M e ß t i s c h p h o t o g r a m m e t r i e Das Verfahren der Meßtischphotogrammetrie. — Identifizierung mittels Kernstrahlen. — Praktische Anwendung.
95
3. T r i a n g u l a t i o n e n Ergänzung und Sicherung einer normalen Triangulation. — Rein photogrammetrische Triangulation. — Die gnomonische Reziprokalprojektion.
98
4. T e r r e s t r i s c h e S t e r e o p h o t o g r a m m e t r i e a) Parallaxenphotogrammetrie 1. Normalfall. — 2. Parallel verschwenkte Aufnahmen. — 3. Allgemeiner Fall. — 4. Korrektur der Basis, sowie der Parallaxen und Ordinaten. b) Fehlertheorie der Parallaxenphotogrammetrie 1. Fehler der äußeren Orientierung: Verschwenkungsfehler. —Neigungsfehler. —• Verkantungsfehler. 2. Fehler der inneren Orientierung: Bildweitenfehler. — Hauptpunktfehler. — Gemeinsamer Brennweitenfehler. — Gemeinsamer Hauptpunktfehler. — Zusammenstellung der zulässigen Orientierungsfehler. c) Die mechanische Auswertung terrestrischer Aufnahmen Der Stereoautograph von Orel-Zeiß. — Kleinautograph. d) Die Technik der photogrammetrischen Aufnahme Genauigkeit. —Verteilung der Standlinien. — Orientierungselemente. — Ergebnis terrestrischer Aufnahmen. e) Die Auswertung
101 101
105
109 113 118
5. D i e h e u t i g e A n w e n d u n g d e r E r d b i l d m e s s u n g . . . . 121 C. Stereophotogrammetrie aus der Luft 1. D i e L u f t a u f n a h m e a) Das Luftbild an sich — Das Mosaik — Interpretation b) Die Aufnahme aus der Luft — Navigation
126 126 129
10
Inhaltsverzeichnis Seite
c) Aufnahmekammern 133 Die Bestandteile. — Einrichtungen für die Einhaltung einer genäherten Orientierung. — Ausführungsformen. — Koppel- und Panoramakammern. 2. D i e H a u p t a u f g a b e d e r P h o t o g r a m m e t r i e a) Grundsätzliches zur photogrammetrischen Hauptaufgabe. Der räumliche Rückwärtsschnitt. — Neuere Lösungen des räumlichen Rückwärtsschnitts. b) Die gegenseitige Orientierung. Theoretischer Teil Höhenparallaxen. — Umprojektion einer Luftaufnahme auf den Normalfall — Gegenseitige Orientierung — Die Fehlergleichungen der gegenseitigen Orientierung. — Rechnerische und optisch-mechanische Lösung. c) Die gegenseitige Orientierung mit unabhängigen Bildpaaren Der Vorgang. — Orientierungsänderungen. — Das normale Einpaßverfahren. — Der Arbeitsvorgang bei unabhängigen Bildpaaren. — Das rechnerische Einpaß verfahren mittels Parallaxenunterschieden. — Zahlenmäßige Bestimmung der Orientierungselemente. d) Der Folgebildanschluß Der Arbeitsvorgang beim Folgebildanschluß. e) Die gegenseitige Orientierung bei bergigem Gelände Der Arbeitsvorgang. — Der gefährliche Zylinder. f) Die absolute Orientierung Unabhängige Bildpaare. — Folgebildanschluß. g) Schrägaufnahmen h) Konvergenzaufnahmen 3. D i e F e h l e r t h e o r i e d e r photogrammetrischen Hauptaufgabe a) Die unregelmäßigen Fehler der gegenseitigen Orientierung b) Modellverbiegung bei unabhängigen Bildpaaren Ableitung. — Korrektion der Modellverbiegungen. — Modellverbiegung im gefährlichen Zylinder. c) Modellverbiegung beim Folgebildanschluß Ableitung und Korrektion. •— Höhenfehler beim Vorliegen des gefährlichen Orts und ihre Beseitigung. 4. D i e r ä u m l i c h e n A u s w e r t e g e r ä t e f ü r L u f t a u f n a h m e n a) Allgemeines b) Geräte mit optischer Wiederherstellung der Strahlenbünde] Aeromultiplex — Auswertegerät nach Kelsh (Kelsh-Plotter) — Stereoplanigraph nach Bauersfeld. c) Geräte mit mechanischer Wiederherstellung der S t r a h l e n b ü n d e l . . . . Autograph Wild A 5 und Stereokartograph IV Santoni —• Autograph Wild A 6 — Stereosimplex Santoni Modell II. d) Geräte mit optisch-mechanischer Herstellung der Strahlenbündel.. e) Geräte nach dem Prinzip von Deville f) Prüfung und Beurteilung der Auswertegeräte
142
147
159
171 176 182 187 190 192 193 197 201
204 204 207
220
228 229 232
11
Inhaltsverzeichnis
Seite
5.
233
Bildtriangulierungen
233
a) Die Aerotriangulation Die Entwicklung. — Die Felllergesetze. — Die Übertragungsfehler von Glied zu Glied. —• Berücksichtigung und Ausgleich der Fehler. 249 — Aerotriangulation auf kürzere Entfernung Das Verfahren. — Die praktische Anwendung des Verfahrens. 253 b) Die Radial triangulation Die Methode im allgemeinen. — Hauptpunkttriangulation. — Die Nadirpunkttriangulation. — Die Fokalpunkttriangulation. — Der Radialtriangulator. — Die Handhabung des Radialtriangulators. •— Berechnung. — Radialtriangulation mit Markierstereoskop und Einbildtriangulator. — Die Bildschlitzmethode oder mechanische Radialtriangulation. •— Die Höhenrechnung der Radialtriangulation. c) Aerotriangulation bei der Landesvermessung in Neuländern 271 1. Einbeziehung astronomisch orientierter Grundlinien an den Knotenpunkten. — 2. Astronomisch-geodätische Bestimmung der Knotenpunkte nach Länge und Breite. — 3. Flüchtige terrestrische Triangulationen. — 4. Die Orientierung durch Sonnenbilder. •— 5. Der selbständige Aufbau eines normalen Dreiecknetzes aus den Einzelketten der Aero- oder Radialtriangulation. 6. D i e A r b e i t a n d e n r ä u m l i c h e n
Auswertegeräten,
ihr t o p o g r a p h i s c h - g e o d ä t i s c h e s
Ergebnis
a) Die Arbeitsvorgänge am Auswertegerät
278 278
b) Die topographische Auswertung 281 1. Die optisch-mechanische Auswertung. 2. Die Überarbeitung auf Grund einfacher und stereoskopischer Betrachtung. 3. Die topographische Ergänzung. — Paßpunkte — Wirtschaftlichkeit. c) Anwendung für Kataster und Flurbereinigung 307 7. N ä h e r u n g s - u n d S c h n e l l v e r f a h r e n
312
a) Die Auswertung mit dem Spiegelstereoskop 312 Grundgedanke des Verfahrens. Weiterentwicklung. Mechanische Reduktionsvorrichtungen. — Umbildung auf Normalfall. Beispiele... 318 b) Die Auswertung von Weitwinkelaufnahmen mit Instrumenten kleiner Öffnungswinkel 320 c) Näherungsverfahren für Aerotriangulation von Wolf
321
d) Die englische Arundel-Methode als Beispiel einer graphisch-rechnerischen Landesaufnahme für extensive Zwecke 322 e) Die Methode der Photogrammetrie G. m. b. H
323
D. Einbildphotogrammetrie. Entzerrung von Einzelbildern Allgemeines 1. G r a p h i s c h e E n t z e r r u n g a) Doppelverhältnisse
325 326 326
12
Inhaltsverzeichnis Seite
b) Übertragung von Punkten auf Grund gleicher Doppel Verhältnisse 328 Vierpunkt- oder Papierstreifenverfahren. — Übertragungsnetze — Ersatz unzugänglicher Fluchtpunkte und -linien. c) Netze aus orientierten Schrägaufnahmen 332 2. O p t i s c h - m e c h a n i s c h e E n t z e r r u n g 334 a) Mathematisch-geometrische Grundlagen 334 Allgemeines. — Der rechnerische Zusammenhang zwischen Originalaufnahme und Entzerrung. •— Die Umbildung. — Beziehungen zwischen den Koordinaten des Originalbildes und der Umbildung. b) Entzerrungsgeräte 341 Allgemeines. — Steuerungen. •— Das Entzerrungsgerät von Zeiß. — Das kleine Entzerrungsgerät von Zeiß. — Luftbildumzeichner. — Entzerrungsgeräte für unebenes Gelände. — Der praktische Vorgang bei der Entzerrung, c) Der Luftbildplan, seine Genauigkeit und Verwendung 348 E . Die Deutung des Luftbilds (Luftbildinterpretation)
352
F. Die Bedeutung und praktische Verwendung der Photogrammetrie.. 365 Die wichtigste Literatur Sach- und Autorenverzeichnis
370 371
Geschichtliche E i n f ü h r u n g in die E n t w i c k l u n g a n d A u f g a b e n der Photogrammetrie In einer wechselvollen oft stürmisch verlaufenden Entwicklung hat die Photogrammetrie oder Bildmessung sich neben den klassischen Verfahren der Geodäsie und Topographie in steigendem Maße durchgesetzt. Als neues Element verwendet sie das vom photographischen Objektiv erzeugte flächenhafte Bild, das dem mit dem menschlichen Auge wahrgenommenen so nahe verwandt ist, denn beide stellen eine ebene Perspektive des aufgenommenen bzw. betrachteten Objekts dar. Kennzeichnend für die Methoden, welche die Verwendung dieses neuen Elements zeitigte, ist eine überaus vielgestaltige und neuartige instrumentelle Entwicklung, die ohne Beispiel bei den klassischen geodätischen Verfahren ist. So wechselvoll die Geschichte der Photogrammetrie, zu deren Entwicklung Gelehrte, Erfinder und Ingenieure aller Kulturnationen beigetragen haben, verlaufen ist, so sehr oft eine neue Erfindung die vorherigen Leistungen übertroffen und neue Möglichkeiten geschaffen hat, die alle früheren mehr oder weniger bedeutungslos erscheinen ließ, haben doch fast alle Entwicklungsstadien auch noch heute nicht nur historisches Interesse, sondern in vieler Hinsicht praktische Bedeutung. Eine kurze Rückschau ist deshalb auch gleichzeitig eine erste Einführung in die Methoden, die Eigenart und die Anwendung des photogrammetrischen Meßverfahrens von heute; sie wird deshalb hier, im wesentlichen gegliedert in die Erd- und Luftphotogrammetrie, vorangestellt. Zum besseren Verständnis wird hierbei verschiedentlich auf Figuren und Stellen der späteren Ausführungen verwiesen.
Erdphotogrammetrie Nachdem lange vor Erfindung der Photographie Künstler wie Albrecht Dürer und Leonardo da Vinci die Perspektiven Eigenschaften der mit den Augen wahrgenommenen Büder erkannt und bewußt bei der Herstellung von Zeichnungen und Gemälden ausgenützt hatten, sind zum ersten Mal 1725 durch den Schweizer A . Cappeler1) zwei gezeichnete Ansichtsbilder ,,Prospektus" zur Herstellung einer Karte des Pilatus, wohl nach den Grundsätzen der späteren Meßtischphotogrammetrie, verwendet worden; kennzeichnend auch für den genialen Optimismus späterer photogrammetrischer Erfinder war seine Überzeugung, daß seine „Invention" eine zehnmal größere Geschwindigkeit gewährleiste als jedes andere topographische Verfahren. Obwohl der berühmte Schweizer Mathematiker I. H . Lambert die perspektivischen Theorien in seinem klassischen Werk x) W. Günther: Die erste praktische Anwendung des Meßbild Verfahrens durch den Schweizer M. A. Cappeler im Jahre 1725. Int. Archiv f. Photogrammetrie III, 1913, S. 289—290.
14 Geschichtliche Einfühlung in die Entwicklun g u. Aufgaben d. Photogrammetrie
„freye Perspektive" a) entwickelt und dabei auch die Umkehrung der Perspektive zur Bekonstruktion der Objekte behandelt hatte, fand dieses Verfahren nur gelegentlich Anwendung, so durch Beautemps-Beaupre, der 1791—93 Karten der Inseln Vera Cruz und Van-Diemensland aus gefertigten Handrissen entwickelt hat. Entscheidend für die Entwicklung der Photogrammetiie war natürlich die Erfindung der Photographie durch Mepce und Daguexre und ihre Veröffentlichung durch Arago 1839. In Frankreich stand auch die Wiege der Photogrammetrie. A. L a u s s e d a t 3 ) entwickelte dort in zäher Arbeit die „Metrotopographie", das heutige Verfahren der Meßtischphotogrammetrie, für militärisch-kartographische Aufnahmen theoretisch, instiumentell und praktisch, berichtete darüber erstmals 1859 der Akademie der Wissenschaften in Paris, nachdem er 1851 die erste topographische Aufnahmekammer gefertigt hatte, und nahm zwischen 1864 und 1868 in verschiedenen Teilen Prankreichs 72 000 ha topographisch auf. Unabhängig davon hatte in Deutschland M e y d e n b a u e r 4 ) seit 1858 Arbeiten ganz ähnlicher Art durchgeführt, aber die Aufgaben der Bekonstiuktion nicht allein auf die Topographie beschränkt, sondern auf architektonische Objekte ausgedehnt, die sich dank der leichteren Identifizierbaikeit von bestimmten Punkten auf den Bildern für jenes einfachste Meßbildverfahren besser eignen. Mit der von ihm theoretisch und praktisch entwickelten Architekturphotogrammetrie hatte M e y d e n b a u e r einen noch heute bedeutsamen Dauererfolg, die Begründung der Preußischen Meßbildanstalt zu Berlin 1885 zum Aufbau eines deutschen Denkmälerarchivs; diese Anstalt hat seitdem durch Aufnahme historisch wertvoller Bauwerke eine wichtige Kulturarbeit geleistet 6 ). Während die Meßtischphotogrammetrie sich in Kulturländern mit schwach entwickeltem Bodenrelief wie Prankreich und Deutschland für topographische Zwecke wenig einbürgern konnte, hat sie erstmals auf Forschungsreisen J o r d a n bei der Aufnahme der Oase Dachel 18746) erfolgreich benützt und dem zivilen Veimessungswesen erschlossen. Ebenso wertvoll waren die topographischen Anwendungen in Gebirgsländern, hier schritten die Italiener voran. Unter P e r r e r o , dem damaligen Chef des militärgeographischen Instituts in Florenz, und P a g a n i n i 7 ) wurde 2
) 1. Aufl. Zürich 1759. ) E. Dolezal: „Oberst Aimé Laussedat, der Begründer der Photogrammetrie, sein Leben und seine wissenschaftlichen Arbeiten". Int. Archiv f. Phot. I, 1909, S. 1—25. 4 ) E. Dolezal: „Geheimrat Dr. A. Meydenbauer." Int. Archiv f. Phot. VI, S. 13—21. 6 ) Generalbericht der Kommission V. Verschiedene Anwendungen der Photogrammetrie, S. 18/19. Int. Archiv f. Phot. IX, 2. Hälfte, Rom, 1947. 6 ) W. Jordan: Handbuch der Vermessungskunde, II. Bd., 2. Auflage 1878, neueste Auflage 1933. ') E. Dolezal: „Ingenieur Pio Paganini". Int. Archiv f. Phot. VI, 1923, S.4—10. 3
Geschichtliche Einführung in die Entwicklung u. Aufgaben d. Photogrammetrie 15
das Verfahren seit 1880 in noch heute beispielgebender Weise systematisch für die topographische Landesaufnahme in Gebirgsgegenden eingesetzt, und zwar bewußt und erfolgreich mit dem Ziel, die schwierigen Hochgebirgsformen in kartographisch hochstehender Weise darzustellen. Die Photographie mit ihrer naturgetreuen Wiedergabe ermöglichte es, die Geländeschwierigkeiten zu überwinden und den Hauptteil der Arbeit an den Zeichentisch ins Zimmer zu verlegen8). Ähnlich arbeitete Deville in Kanada, seit 1895 auch das Militärgeographische Institut in Wien im österreichischen Alpengebiet. Wissenschaftlichen Zwecken dienten seit 1888 photogrammetrische Gletscheraufnahmen S. F i n s t e r w a l d e r s , der mit der Karte des Vernagtferners die Leistungsfähigkeit des Verfahrens in topographisch-kartographischer Hinsicht erneut unter Beweis stellte'.) Alle die genannten Pioniere haben auch die i n s t r u m e n t e i l e Seite der Photogrammetrie, die sich damals im wesentlichen noch auf die Aufnahmekammer beschränkte, gefördert, Meydenbauer schuf die Kammer mit verschieblichem Objektiv bei vertikaler Bildebene, Paganini und S. Finsterwalder eine Kombination von Photokammer und Theodolit, der bei den photogrammetrischen Aufnahmen zur Standpunktsbestimmung erforderlich ist, durch Benützung des photographischen Objektivs für das Theodolitfernrohr S. 92; 1865 werden von Porro in Italien und 1896 von Koppe, Braunschweig, die ersten Ansätze für eine mechanische Auswertung durch Erfindung des Bildmeßtheodoliten gemacht. Hierbei werden die Horizontal- und Vertikalwinkel der Strahlen einer Aufnahme mittels eines vor der Bildkammer aufgestellten Theodoliten gemessen (S. 81), ein Prinzip, das später als Porro - Koppesches Prinzip in der Luftphotogrammetrie Bedeutung erlangt hat. Das Jahr 1900 bedeutet in der Photogrammetrie eine entscheidende Wende. Durch Erfindung des S t e r e o k o m p a r a t o r s Abb. 75 hat Pulfrich die Fähigkeit des Menschen, stereoskopisch zu sehen S. 57 ff., in den Dienst der photogrammetrischen Messung gestellt 10 ) und damit die instrumentelle Entwicklung der Photogrammetrie, bei der die Firma Zeiß, Jena, eine so große Bolle spielte, eingeleitet. Das stereoskopische Meßprinzip diente dabei zunächst der Ausschaltung der Identifiziexungsschwieiigkeiten zusammengehöriger Bildpunkte, unter denen die Meßtischphoto grammetrie gelitten hatte, führte aber dazu, daß mit kleinen Standlinien 8
) S. Finsterwalder: „Die Photogrammetrie in den italienischen Hochalpen", Mitt. des D. u. Ö. Alpenvereins 1890. —• P. Paganini „La Fototopographie in Italia". Rivista die Topografia Catasto, 1889. 9 ) S. Finsterwalder: Der Vernagtfemer, seine Geschichte und seine Vermessung in den Jahren 1888 und 1889. Wiss. Erg.-Heft 1 der Z. des D. u. Ö. Alpenvereins, Graz, 1895. 10 ) C. Pulfrich „Über neuere Anwendungen der Stereoskopie und über einen hierfür bestimmten Stereokomparator". Z. f. Instrumentenkunde S. 22, S. 65, 133, 178, 279, 1902.
16 Geschichtliche Einführung in die Entwicklung u. Aufgaben d. Photogrammetrie
bei parallelen Aufnahmeachsen gearbeitet werden und höchste Präzision zur Ausnützung des photographischen Auflösungsvermögens von 0,01 mm bei der Messung gewährleistet sein mußte. Die auf der Pulfrichschen Erfindung fußende P a r a l l a x e n p h o t o g r a m m e t r i e , die an Stelle der graphischen Auswertung zunächst die rechnerische setzte, eröffnete sichtlich ganz neue Möglichkeiten, aber praktisch brachte sie zunächst in der Topographie keinen entscheidenden Fortschritt gegenüber der Meßtischphoto grammetrie, denn die Kechenarbeit war besonders bei den durch die Geländeverhältnisse vorgeschriebenen Aufnahmen mit parallelen, aber gegen die Basisnormale verschwenkten Aufnahmeachsen unwirtschaftlich groß. Die in England durch Thompson und in Oesterreich durch das Militärgeographische Institut in Wien systematisch entwickelten mechanischen Einrichtungen zur Verringerung und Ausschaltung der Rechenarbeit führten 1908 zu dem von der Firma Rost, Wien, gebauten ersten Modell des S t e r e o a u t o g r a p h e n und 1911 zu der von der Firma Zeiß geschaffenen endgültigen Form dieses Gerätes 11 ). Damit war ein neuer Meilenstein der Entwicklung erreicht. Der Stereoautograph gestattete die Ausschaltung jeder Rechnung bei der Auswertung auch für verschwenkte und konvergente Aufnahmeachsen und schuf eine völlig neue Möglichkeit: die laufende, automatische Einmessung von Linien, insbesondere der topographisch so wichtigen Höhenschichtlinien. Damit war der Topographie ein Verfahren erschlossen, mit dem kein anderes konkurrenzfähig erschien, wenn auch dieses neue Präzisionsauswertegerät 1700 kg wog und 30 000 M kostete. Die großen Hoffnungen, die man an das neue Instrument und das mit ihm mögliche Verfahren knüpfte, haben sich nicht erfüllt. Die zu seiner Ausnützung in verschiedenen Ländern gegründeten Vermessungsinstitute Stereographik haben sich nicht in der erwarteten Weise entwickeln können. Daran war nicht allein der erste Weltkrieg schuld, der die Untauglichkeit des Verfahrens für militärische Zwecke unter Beweis stellte, sondern die Tatsache, daß das Verfahren nur möglich ist, wenn sich feste Aufnahmeorte mit freier und günstiger Einsicht in das Aufnahmegelände finden lassen. Das ist meist nur im Gebirge der Fall, nicht aber in Gebieten mit flachem Relief wie es in kultivierten und kultivierbaren Gebieten vorherrscht. Diese wurden der photogrammetrischen Bearbeitung erst durch die Luftphotogrammetrie erschlossen. Die Entwicklung der terrestrischen Photogrammetrie ist 1914 im wesentlichen abgeschlossen. Neue Auswertegeräte haben keine prinzipiellen Fortschritte mehr gebracht; die Methode steht für die topographische Aufnahme der Gebirge, vornehmlich der zahlreichen ausgedehnten Kettengebirge der Erde bereit und wird hierbei bisher im allgemeinen von keinem Verfahren, auch nicht der Luftphotogrammetrie erreicht. Wertvolle kartographische Anwendungen des terrestrisch photou
) E. v. Orel: „Der Stereoautograph zur automatischen Ermittlung von Komparatordaten". Mitt. d. K. u. K. Mil. Geographischen Instituts, Wien, 1911, Seite 30.
Geschichtliche Einführung in die Entwicklung u.Aufgaben d. Photogrammetrie 17
grammetrischen Verfahrens liegen aus der Schweiz und aus Oesterreich im Rahmen der amtlichen Landesaufnahmen, beim Alpenverein und bei einer ganzen Reihe von Forschungsreisen (Himalaya, Bolivien, Peru, Pamir u. a.) vor. Luftphotogrammetrie Den Anstoß zur Entwicklung der Luftphotogrammetrie, die im Gegensatz zur Erdphotogrammetrie nicht von bekannten Aufnahmeorten und gegen das Lot orientierten Aufnahmerichtungen ausgehen kann, haben schon lange vor Entwicklung des Motorflugzeuges Frei- und Lenkballonfahrten gegeben, die den topographischen Wert von steil nach unten gerichteten Luftaufnahmen erkennen ließen. Die Lösung der Aufgabe, aus Luftbildern nicht allein das Objekt, sondern, abgesehen von ebenem Gelände, vorher die Aufnahmeorte und Aufnahmerichtungen zu gewinnen, wurde von mathematischer Seite durch Sturm und G. Hauck vorbereitet. Hauck veröffentlichte 1883 und 1884 grundlegende Untersuchungen über die Konstruktion von Perspektiven und Herstellung des Objekts aus ihnen und führte die sogenannten Kernpunkte S. 53 f. ein. Auf Veranlassung des berühmten Mathematikers F . Klein berichtete 1899 S. Finsterwalder über den damals erreichten Stand der mathematischen Forschung auf photogrammetrischem Gebiet 12 ). Von großer Bedeutung ist seine Arbeit von 1002 13 ), in der er die Aufgabe der Doppelpunkteinschaltung im Baum unter Zerlegung in zwei Teilaufgaben, nämlich 1. Die gegenseitige Orientierung der Aufnahmestrahlenbändel und Herstellung des Baummodells und 2. Die absolute Orientierung des so gewonnenen Raummodellslöste. Außerdem führte er die topographische Auswertung zweier Luftaufnahmen zu einer Karte durch, die topographisch sehr bemerkenswert ist, weil sie den Eindruck, den die Landschaft dem Beschauer aus der Luft bietet, getreu in farbiger Darstellung wiedergibt. 1924 14 ) und 193015) gab O. v. Gruber der Lösung der Doppelpunkteinschaltung die für die mechanischen Auswertegeräte geeignete Form. Unmöglich ist es hier, die Fülle der Erfindungen und Entwicklungen zu würdigen, die auf dem Gebiet der Stereoauswertegeräte für Luftaufnahmen einer großen Zahl genialer Erfinderpersönlichkeiten vieler Länder zu verdanken sind. Schon 1898 hat der Oesterreicher Scheimpflug die optische Doppelprojektion ideenmäßig angegeben und der flächenhaften Bearbeitung J2 ) S. Finsterwalder „Die geometrischen Grundlagen der Photogrammetrie". Jahresbericht der deutschen Mathematiker-Vereinigung, VI, 2, Leipzig, 1899. 13 ) S. Finsterwalder: „Eine Grundaufgabe der Photogrammetrie und ihre Anwendung auf Ballonaufnahmen". Abhandl. Bayr. Ak. d. Wiss., II, Kl. II, Bd. II, Abt. 1903, S. 225—260. u ) O. v. Gruber: „Einfache und Doppelpunktionseinschaltung im Raum", Verl. Fischer, Jena 1924. ls ) O. v. Gruber: „Geometrische Grundlagen der Photogrammetrie" in „Ferienkurs in Photogrammetrie". S. 11—55. Verl. Witwer 1930.
F i n s t e r w a l d e r , Photogrammetrie
2
18 Geschichtliche Einführung in die Entwicklung u. Aufgaben d. Photogrammetrie
des Geländes aus Luftbildern eine Reihe von Patenten und Arbeiten gewidmet 16 ). Während der Ausbau des Zeißschen Stereoautographen sich zur Bearbeitung von Luftaufnahmen nicht in geeigneter Weise verwirklichen ließ, hat Gasser 1915 einen Doppelprojektor unter Benützung der Scheimpflugschen Grundidee gebaut 17 ). 1922 wurde als erstes Präzisionsauswertegerät zur Auswertung beliebig gerichteter Luftaufnahmen der Autokartograph von Hugershoff durch die Fa. Heyde fertiggestellt. Ihm folgte 1923 der Zeißsche Planigraph mit optischer Projektion und einem entscheidend wichtigen optischen Zusatzsystem S. 212 von Bauersfeld. Während dieses Instrument in der Folgezeit bis 1945 in Deutschland systematisch weiterentwickelt wurde, wurden in anderen Ländern ähnliche Auswertegeräte in vielseitiger, außerordentlich ideenreicherWeise entwickelt, hauptsächlich von Wild in der Schweiz, Poivilliers in Frankreich, Santoni und Nistri in Italien, Fourcade in Südafrika. Da hier keineswegs alle wesentlichen Erfindungen und Erfinderpersönlichkeiten genannt werden können und vor allem auch nicht der Eindruck erweckt werden soll, daß die Entwicklung überwiegend von deutscher Seite bestimmt worden ist, soll hier ausdrücklich auf die umfassende Darstellung aller Erfindungen auf photogrammetrischcm Gebiet hingewiesen werden, die W. Sander S. 173—290 und O. v. Gruber S. 290—390 des in Anmerkimg 15 zitierten, in mehrere Sprachen übersetzten Werks gegeben haben. Diese Darstellung bedeutet zugleich einen gewissen Abschluß in der Geschichte der überaus vielgestaltigen und abwechslungsreichen Entwicklung der photogrammetrischen Erfindungen. Die Luftphotogrammetrie stellte auch der A u f n a h m e t e c h n i k besondere Aufgaben. Um mit e i n e r Aufnahme möglichst große Flächen zu erfassen, konstruierte Thiele, Moskau, als erster ein System gekoppelter Kammern, Scheimpflug 1 QftA P q . n n r o . r n e n a p p a r a t , der aus sieben um eine Zentralkammer schräg seitlich angeordneten Kammern bestand, und 1926 Aschenbrenner eine ähnliche Mehrfachkammer, bei der vor die mit parallelen Achsen angeordneten seitlichen Kammern Prismen vorgeschaltet sind. Die heute normalerweise verwendeten Beihenbildkammern erhielten ihre erste Ausführungsform durch Meßter während des ersten Weltkrieges, während Zeiß nach diesem den heute gebräuchlichen Typ entwickelte. Kenonen 18 ), Finnland, führte 1932 zwecks Bestimmung der Orientierung der Aufnahmen gegen das Lot die H o r i z o n t b i l d k a m m e r ein, gleichzeitig sein Landsmann Vaisälä das S t a t o s k o p zur Messung der Höhenunterschiede zwischen den einzelnen Aufnahmeorten eines Bildflugs. 16 ) Einen eindrucksvollen Einblick in das Lebenswerk dieses allzu früh verstorbenen Pioniers der Luftphotogrammetrie gibt G. Kammerer: „Th. Scheimpflugs Landesvermessung aus der Luft". Int. Archiv f. Phot. III, 1913, S. 196—223. 17 ) Eine Würdigung der grundlegenden Erfindertätigkeit Gassers siehe bei II. Lüscher: „Dr. Gasser 65 Jahre". Bildm. u. Luftbildw. 1937 S. 90—92. ls ) H. Löfström: „Entzerrung von Luftbildern durch Horizontbildmessung"Bildm. u. Luftbildwes., 1932, S. 93—109.
Geschichtliche Einführung in die Entwicklung u.Aufgaben d. Photogrammetrie 19
Neue wesentliche Portschritte brachten für die Aerophotogrammetrie um 1935 das W e i t w i n k e l o b j e k t i v 19), das von Zeiß in der Ausführung des Topogon herausgebracht wurde und die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens erheblich steigerte, in ganz anderer Richtung, aber nicht weniger fruchtbar beeinflußte der 1933 von Zeiß-Aerotopograph eingeführte „ A e r o p r o j e k t o r M u l t i p l e x " 2 0 ) die Entwicklung. Mit ihm wurde ein ganz einfaches, billiges Auswertegerät geschaffen, das in der Folgezeit auch von Firmen anderer Länder gebaut wurde. Als Gerät z w e i t e r O r d n u n g hat es die Einführung und Verbreitung der aerophotogrammetrischen Bearbeitung von Karten besonders in wenig erschlossenen Ländern mächtig gefördert und den Bau von Geräten 2. Ordnung auch nach anderen Typen angeregt. In jener Zeit gelang es auch, ein fundamentales Problem weitgehend zu klären, um dessen Lösung schon seit über einem Jahrzehnt gerungen worden war: die Überbrückung festpunktloser Eäume durch die Aerotriangulation durch eine grundlegende Untersuchung O. v. Grubers 20) über Aeropolygonierung und Aeronivellement. Auf ihr fußend hat vor allem Schermerhorn, Holland, diese Methode in systematischer Weise theoretisch weiterentwickelt und bahnbrechend der extensiven Anwendung erschlossen. D i e E n t z e r r u n g . In großen Zügen sei hier schließlich noch die Entwicklung der Entzerrung21) oder Einbildphotogrammetrie gestreift, desjenigen photogrammetrischen Verfahrens, das wegen seiner Einfachheit am weitesten verbreitet ist. Durch die Entzerrung wird unter der Voraussetzung e b e n e n Geländes aus meist annähernd senkrechten Luftaufnahmen durch Umphotographieren eine grundrißtreue Photokarte ohne Höhenwiedergabe gewonnen. Die ersten Ansätze verdanken wir Wollastone 1804 und Laussedat in der camera clara, durch die mittels eines Prismas oder Spiegels das Bild mit der zugehörigen Karte s c h e i n b a r zur Deckung gebracht werden kann. Eine neue Ausführung nach demselben Prinzip stellt der bekannte Luftbildumzeichner von Zeiß 1934 dar. Die heutigen, weitverbreiteten Entzerrungsgeräte gehen im wesentlichen auf Th. Scheimpflug, Oesterreich, zurück, der zwischen 1897 und 1911 die optischen und geometrischen Voraussetzungen für die photographische objektive Umbildung und Entzerrung von Bildern klargestellt hat und das nach ihm benannte „Scheimpflugprinzip" entdeckte, wonach Bild- und Kartenebene sowie die Mittelebene des Entzerrungsobjektivs sich stets in einer Geraden schneiden müssen. Er baute auch das erste automatische Umbildungsgerät für die seitlichen Aufnahmen seiner Panoramenkammern und ein allgemeines 19) 0. v. Gruber: „Neuerungen im photogrammetrischen Instrumentenbau". Bildm. u. Luftbildwes., 1933, S. 173. M ) O. v. Gruber: „Beitrag zu Theorie und Praxis von Aeropolygonierung und Aeronivellement". Bildm. u. Luftbildwes., 1935, S. 127f., 161f. 21) Genauere geschichtliche Daten sind vor allem der S. 205 zitierte Artikel von Sander und die Spezialveröffentlichung Schwidefsky „Das Entzerrungsgerät", Verl. Wichmann, 1935.
2*
2 0 Geschichtliche Einführung in die Entwicklung u. Aufgaben d. Photogrammetrie
Entzerrungsgerät für Luftbildaufnahmen, das allerdings nur die Entzerrimg in •wildem Maßstab ermöglichte. Das erste Tollautomatische Gerät für Entzerrung in gegebenem Maßstab, jedoch beschränkt auf Bearbeitung von Schrägaufnahmen, konstruierte S. Finsterwalder 1915. Die heutige Form der Entzerrungsgeräte für angenäherte Senkrechtaufnahmen mit vertikaler, dei tatsächlichen Aufnahmerichtung entsprechender Projektionsanordnung verwirklichte Aschenbreimer mit seinem halbautomatischen Entzerrungsgerät der Photogrammetrie GmbH. 1924 bzw. 1926. Von diesem Gerät war es nur noch ein Schritt zu den heute üblichen vollautomatischen Instrumenten, die in verschiedenen Staaten gebaut werden und allgemein in großem Umfang Verwendimg finden. Die heutigen Aufgaben der Photogrammetrie Zur Förderung und Entwicklung der Photogrammetrie hat sich schon 1907 die österreichische Gesellschaft für Photogrammetrie gebildet. Ihr erster Obmann, Prof. Dolezal, der damals das bis heute in 9 Bänden erschienene Internationale Archiv für Photogrammetrie herausbrachte, ist heute Ehrenvorsitzender der Internationalen Gesellschaft für Photogrammetrie, die —1910 gegründet — in nunmehr 9 großen Kongressen das neuartige Verfahren gepflegt und erfolgreich weiterentwickelt hat. Die umfangreiche Literatur — allein in deutscher Sprache sind bis 1938 fast 2 500 Veröffentlichungen erschienen — zeugt von der Vielseitigkeit der Probleme und Aufgaben des photogrammetrischen Fachgebietes. Zu den Anwendungsgebieten zählen heute die Architektur, die Physik, die Medizin, die Astronomie und Meteorologie, die Archäologie, die Geologie und Geographie, das Forstwesen, die Metallurgie, das Polizeiwesen und viele andere. Die Hauptaufgabe liegt aber beim Vermessungswesen und in der Topographie und Kartographie ebenso der Kulturländer wie der großen wirtschaftlich noch unerschlossenen Gebiete der Erde. Das Schwergewicht der Entwicklung befand sich bisher zweifellos auf instrumentellem Gebiet in der Herstellung geeigneter Aufnahme- und Auswertegeräte und der Ausbildung der durch sie ermöglichten vermessungstechnischen und topographischen Methoden. Nachdem auf diesem Gebiet nach fruchtbarer Entwicklungsarbeit nicht nur eine hohe Vollkommenheit sondern menschlichem Ermessen nach ein gewisser Abschluß erzielt werden konnte, besteht nun die wichtigste Aufgabe darin, die neuen Möglichkeiten zu nützen und einzusetzen. Vor allem handelt es sich darum, die Wirtschaftlichkeit bei der Kartenherstellung zu erhöhen, ebenso aber auch die Karten ihrer Qualität nach zu verbessern, ein Ziel, das die Pioniere der Photogrammetrie mit großem Eifer verfolgt haben, das aber im Laufe der technischen Entwicklung der Photogrammetrie leider zurückgetreten ist. Der Aufgabe, die in einer Verbesserung und Veredlung unserer Karten und Kartenwerke liegt, will das vorliegende Buch dadurch dienen, daß es die mathematischen und geometrischen Zusammenhänge und
Geschichtliche Einführung in die Entwicklung u. Aufgaben d. Photogrammetrie 21
die technischen Hilfsmittel der Photogrammetrie in möglichst einfacher und leicht faßlicher Darstellung bringt, um die Kräfte für ihren fruchtbaren Einsatz auf wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet frei zu machen. Als wichtiges neues Anwendungsgebiet der Photogrammetrie entwickt lt sich ausgehend von der Schweiz1), Italien und Prankreich ihr Einsatz für Kataster, Flurbereinigung (Güterzusammenlegung) und die damit zusammenhängenden Aufgaben2). Eine Eigenheit der Photogrammetrie ist es, daß sie den Ingenieur bei der Aufnahme aus der Luft und der Arbeit am Auswertegerät vom Gegenstand der Arbeit, dem Gelände, trennt. Das ist zweifellos ein Nachteil gegenüber den klassischen Methoden, welche den Bearbeiter z. B. in der Topographie in engste Verbindung mit dem Gelände bringen. Der Photogrammeter sorgt aber nicht nur durch zusätzliche einfache Geländebegehungen an Hand der Luftbilder und dabei gewonnener graphischer Aufzeichnungen für die zunächst fehlende Verbindung mit dem Gelände ; er hat darüber hinaus in letzter Zeit die neuen Methoden der L u f t b i l d i n t e r p r e t a t i o n entwickelt; diese gestatten es, Kenntnisse und Erkenntnisse über das Gelände und die Landschaft zu gewinnen, die in vielen Fällen weit über das hinausgehen, was der Mensch durch Beobachtung auf der Erde allein feststellen kann. Die neuen, sich dadurch insbesondere für die Erschließung unentwickelter Länder ergebenden Möglichkeiten haben richtungsweisend und systematisch vor allem Troll 3 ) Havemann4) und Hagen5) veröffentlicht. Überblicken wir diegeschichtlicheEntwicklung und die heutigen Aufgaben der Photogrammetrie und werfen auch einen Blick in die Zukunft, so dürfen wir sagen, daß sich die Idee, photographische Bilder zu Meßzwecken zu verwenden, dank dem Erfindergeist weitschauender Persönlichkeiten, und dank systematischer Aufbau- und Entwicklungsarbeit feinmechanischer Firmen und des Vermessungswesens auf der Grundlage einer vorbildlichen internationalen Zusammenarbeit hat verwirklichen lassen. Es liegt aber noch ein weiter Weg vor uns. — Nicht auf dem Wege revolutionierenden Umsturzes, sondern organischer Entwicklung auf der Grandlage des früher Geschaffenen und in weitschauendem aufgeschlossenen Zusammenwirken mit ihren Hilfs- und Nachbarwissenschaften werden wir die photogrammetrischen Aufgaben lösen, die uns im Dienste menschlicher Kultur gestellt sind. ') Baltensberger, I., Harry, H., Sturzenegger, H.: Die Anwendung des photogrammetrischen Aufnahmeverfahrens bei der schweizerischen Grundbuchvermessung. Schweiz. Zeitschr. f. Vermessungswesen 1931 S. 108 f. 2 ) Int. Kongr. d. Geometer Lausanne 1949, Komm. III, Zeitschrift für Vermessungswesen 1951 S. 28. 3 ) C.Troll: Luftbildplan und ökologische Bodenforschung. Zeitschr. d. Ges. f. Erdkunde Berlin 1939, 7/8. 4 ) Havemann: Aerial Survey and the Exploration of the Natural Resources, russisch mit engl. Resume, Moskau 1937. 5 ) Toni Hagen: Wiss. Luftbildinterpretation. Verl. Leemann, Zürich 1950.
A . D i e Grundlagen der Photogrammetrie Die Aufgabe der Photogrammetrie besteht bekanntlich darin, aus den photographischen Bildern eines Gegenstandes diesen selbst nach Lage und Höhe wiederherzustellen; sehr oft ist der wiederherzustellende Gegenstand das Gelände, das von der Erde oder der Luft aus aufgenommen ist; man hat aus diesen Aufnahmen eine Karte, also den Geländegrundriß und die Höhen zu gewinnen. Die Photographie wird dabei als Meßmittel verwandt, sie liefert uns ein neuartiges vermessungstechnisches und topographisches Verfahren, das grundsätzlich auf den perspektiven Eigenschaften des photographischen Bildes beruht. Die vielseitige Anwendbarkeit der Photogrammetrie gründet sich aber auch darauf, daß die Photographie ein naturgetreues und lebendiges Abbild des aufgenommenen Gegenstandes liefert, das mittelbar und unmittelbar bei den Meßvorgängen eine wichtige Bolle spielt. Die meßtechnische Seite der Photogrammetrie steht meist im Vordergrund, auch in diesem Buch; manchmal aber ist die Photographie als naturgetreue Abbildung auch in diesem Fall die Hauptsache und die meßtecbnische Seite weniger wichtig wie zum Beispiel bei den weitverbreiteten Luftbildplänen annähernd ebenen Geländes. Geometrisch gesehen, ist das photographische Bild eine ebene Perspektive des aufgenommenen Gegenstandes, d.h. das ebene Bild und der meist räumliche Gegenstand sind einander durch gradlinige Strahlen zugeordnet; diese schneiden sich in einem Punkt 0, dem Zentrum der Perspektive, das durch das photographische Objektiv verkörpert wird. Die wichtigsten perspektivischen Beziehungen zwischen Bild und Gegenstand sind dabei die folgenden: 1. Gerade des Gegenstands werden im Bilde als Gerade abgebildet. 2. Parallele Gerade des Gegenstands werden im Bild als Gerade abgebildet, die nach einem Punkt, dem Fluchtpunkt, konvergieren. 3. Doppelverhältnisse von Strecken und Strahlenbüscheln des Gegenstandes bleiben im Bild erhalten. Die perspektivischen Beziehungen werden vor allem bei der Entzerrung von Einzelbildern unmittelbar verwendet und dort besprochen, im übrigen werden wir bald erkennen, daß die meisten photogrammetrischen Aufgaben auf die aus dem Vermessungswesen bekannten Verfahren zurückgeführt werden können, die dann allerdings aus der Ebene auf den Baum übertragen werden müssen, wie z. B. die Doppelpunkteinschaltung. Als Grundlage für die Darstellung der photogrammetrischen Methoden müssen zunächst eine Reihe neuer Begriffe geklärt werden, was in dem folgenden einleitenden Kapitel geschehen soll. Es umfaßt zunächst eine kurze Darstellung des photogrammetrischen Meßobjektives und der photographischen Grundlagen, dann die wichtigsten geometrischen Grundbegriffe und Definitionen, besonders bei Doppelaufnahmen; als wichtige Grundlage der Photogrammetrie mußte auch
Das photogrammatische Objektiv
23
das stereoskopische Sehen behandelt werden, ferner das einfache Ausmessen der Bilder nach Koordinaten und Winkeln, sowie das hierfür dienende Grund instrument, der Stereokomparator. Um den einleitenden Abschnitt über die Grundlagen kurz halten zu können, werden verschiedene Einzelheiten erst später dort besprochen, wo sie gebraucht werden.
1. Das photogrammetrische Objektiv Das zunächst wichtigste Hilfsmittel der Photogrammetrie ist das photographische Objektiv, welches durch Zentralprojektion eine ebene Perspektive des aufgenommenen Gegenstands erzeugt. Die für Meßzwecke verwendeten Objektive müssen vor allem zwei Forderungen genügen: Der Schärfe und der Verzeichnungsfreiheit; in besonderen Fällen, wenn Verzeichnungsfreiheit nicht ganz erreichbar ist, muß die Verzeichnung bekannt sein. Um den Aufbau und die Wirkungsweise der Meßobjektive im einzelnen zu erläutern, wäre eine hier zu weit führende Behandlung der Gesetze der geometrischen und physikalischen Optik nötig. Die genaue Kenntnis der schwierigen und langwierigen Berechnungsweise und Konstruktion der Objektive benötigen wir zum Verständnis der Photogrammetrie zunächst nicht. Wir können uns daher hier darauf beschränken, den Abbildungsvorgang durch das photographische Objektiv in einfacher Weise zu behandeln und seine für die Photogrammetrie wichtigen Eigenschaften zu erläutern. Auf verschiedene Sonderfragen, deren Kenntnis bei der Beschreibung der Verfahren und Instrumente nötig ist, wird an der entsprechenden Stelle später eingegangen. a ) Die ideale Abbildung Bei einer ersten Betrachtung der Wirkungsweise eines Objektivs legt man den idealen Abbildungsvorgang zugrunde, der in Abb. 1 schematisch dargestellt ist. In dieser Figur ist das Objektiv, welches aus einer Folge von geschliffenen Linsen (Abb. 12) besteht, nur durch die Krümmungen der ersten und letzten Linsenfläche dargestellt. Die optische Achse, auf der alle Krümmungsmittelpunkte der Linsenflächen liegen, schneidet die beiden Hauptebenen § und 2 ), die dadurch definiert sind, daß in ihnen Objekt und Bild gleich groß und gleich gerichtet erscheinen, in den objekt- und bildseitigen Hauptpunkten E0 und H'0 des Objektivs. Da sich zu beiden Seiten des Objektivs dasselbe Medium, nämlich Luft, befindet, fallen die Hauptpunkte des Objektivs mit Für eingehendes Studium sei auf folgende Werke hingewiesen: Bd. I des Handbuchs der wissenschaftlichen und angewandten Photographie. Das photographische Objektiv. W. Merte, E. Eichter, M. v. Eohr. 1932. Wien, Verlag Springer. — Einführung in die Physik. 3. Band. Optik, von E. W. Pohl. 4. u. 5. Auflage. Berlin, Verlag Springer, 1943. 2 ) Die Bezeichnungen entsprechen mit wenigen Ausnahmen dem von 0 . Lacmann bearbeiteten Normblatt Din Verm. 35 Berlin 1937.
24
Die Grundlagen der Photogrammetrie
den Knotenpunkten K bzw. K' zusammen, welche die Eigenschaft haben, daß die durch sie gehenden zusammengehörigen (konjugierten) Strahlen in Objekt- und Bildraum einander parallel laufen: für sie ist also tx = et', sie sind deshalb die Zentren der Perspektive und damit geometrisch von fundamentaler Bedeutung (siehe auch S. 35). Der verwickelte Durchgang eines Lichtbündels *) durch das Objektiv kann durch das in Abb. 1 dargestellte einfache Schema ersetzt werden. Das Bündel trifft auf die vordere Hauptebene § des Objektivs, verläuft dann parallel zur optischen Achse bis zur
hinteren (bildseitigen) Hauptebene von dort aus konvergieren die Strahlen wieder zum Bildpunkt P'. Strahlen, die parallel zur Achse auf das Objektiv fallen, gehen alle durch einen Punkt F' auf der Achse, der den Abstand f von der hinteren Hauptebene hat. F ' heißt der Brennpunkt, / die Brennweite des Objektivs. Da jeder Strahlengang als umkehrbar angenommen wird, verläuft jeder vom Brennpunkt auf das Objektiv fallende Strahl hinter dem Objektiv parallel zur Achse. Jedes Objektiv hat zwei Brennpunkte F und F'. Sie liegen symmetrisch zum Objektiv auf der Achse im Abstand / von den zugehörigen Hauptebenen f> und Der durch die Hauptpunkte H 0 und H'a gehende Strahl des Lichtbündels heißt Hauptstrahl. Er trifft die optische Achse unter dem Winkel tx und verläßt sie unter dem Winkel tx', der im Fall einer idealen Abbildung gleich tx ist. Zur Konstruktion des Bildes P' eines Punktes P genügen 2 Strahlen. Nach den bisherigen Ausführungen stehen sogar 3 zur Verfügung: l ) Das von einem Punkt ausgehende Liehtstrahlenbündel wird im folgenden mit Lichtbündel bezeichnet.
Das photogrammetrische Objektiv
25
1. Der von P parallel zur Achse auf die Linse fallende Strahl, der nach der Brechung durch F' geht (Parallelstrahl); 2. Der von P durch F laufende Strahl, der nach der Brechung achsparallel wird (Brennpunktstrahl); 3. Der Hauptstrahl. Bezeichnen p und p' die Achsabstände von P und P', a und a' ihre Abstände von den Hauptebenen und (Gegenstandsweite und Bildweite), so ist aus der Abbildung die Beziehung abzulesen a p a — f f (1) a' V' 1 a' — f Durch einfache Umformung wird aus diesem Ausdruck die fundamentale Beziehimg zwischen den Größen a, a' und / gewonnen (Linsenformel): 1 1 (1 a) _ + -_ = 1 " a a' f Aus (la) ist zu ersehen, daß a' beliebig nahe an f rückt, wenn a größer und größer wird. Die Bilder unendlich ferner Punkte P, deren Lichtstrahlen parallel sind, fallen in die Brennebene 33'. Aus Abb. 2 ergibt sich für die schiefen Abstände a und a' 1 _ 1 . 1 1 1 cos y (lb) - oder - + — a cos y a' cos y f aa a' a' f Bezieht man die Abstände auf die Brennpunkte (Abb. 2) und setzt a = x + / und a' — x' + /, erhält man durch Einsetzen in (1) die Newtonsche Form der Linsengleichung (1 c) x • x' = /2. ÎTach der Abbildungstheorie von Abbé wird jede Ebene durch ein verzeichnungsfreies Objektiv wieder in eine Ebene abgebildet. Die Schnittgerade s der Ebene ® (Abb. 2) mit der Hauptebene wird um den kleinen Betrag e parallel verschoben in die Schnittgerade s' der Ebene ff' mit der anderen Hauptebene abgebildet. Es ist also möglich, eine Ebene desDingraums scharf abzubilden, wenn für nur e i n e n Punkt die Gleichung (1 a) bzw. (1 b) erfüllt ist. Meistens kann der kleine Abstand e zwischen den
Abb
2
einer nicht achssenkrechten Objektebene in eine Bildebene
Abbü( iung
26
Die Grundlagen der Photogrammetrie
Hauptebenen vernachlässigt werden; es ergibt sich dann die wichtige Bedingung für die Scharfabbildung einer Ebene daß sie sich mit der Bildebene in der Objektivmittelebene schneiden muß. Die Einhaltung dieser Bedingung spielt bei der Entzerrung eine wichtige Eolle (S. 335 und 341 f.). Auch bei der idealen Abbildung tritt ein Fehler auf, wenn räumlich ausgedehnte Objekte in eine Bildebene abgebildet werden sollen. In Strenge kann ja nur eine O b j e k t e b e n e wieder in eine Bildebene abgebildet werden. Es entsteht öfters die Frage, wie weit ein Objektpunkt von der
Abb. 3. Zusammenbang zwischen, der Tiefe dx der Abbildung und dem Zerstreuungskreis z'
scharf abgebildeten Objektebene entfernt sein darf, ohne daß schädliche Unscharfe auftritt. In Abb. 3 soll Punkt P der Objektebene 93 angehören, die scharf nach 93' abgebildet wird. Der um dx von P abstehende Punkt I\ wird nach P i scharf abgebildet, das von P ' den Abstand dx' hat. Das durch die Blendenöffnung mit dem Durchmesser d begrenzte von P1 nach P\ laufende Lichtbündel durchsetzt 93' in einem „Zerstreuungskreis" mit dem Durchmesser z', der eine bestimmte Größe, etwa das Auflösungsvermögen der Emulsion, nicht überschreiten darf. Daraus läßt sich die zulässige Abweichung dx des Objektpunkts rechnen. Aus (1 c), das in der Form x =
/2
x geschrieben wird, ergibt sich durch Differentiation die „ Tiefe" dx der Ab/2 a' bildung dx— • dx'; bei kleinen Aufnahmeentfernungen mit dx' = z' co a erhält man a' x2 a' a •x JL2 — • z' = (ld) dx — z'. x' f* ' d Z' = f• d dx, das sowohl positiv als negativ sein kann, wird für große Objektentfernungen x meist so groß, daß entfernte Objekte in eine Ebene scharf abgebildet werden können; bei der Abbildung naher Gegenstände spielt die Tiefe der
Das photogrammetrische Objektiv
27
Abbildung eine wichtige Bolle und muß oft berechnet werden; man kann sie durch Wahl der Brennweite / und des Blendendurchmessers d in dem Sinne beeinflussen, daß die Tiefe um so größer wird, je kleiner f und d werden. Wenn bei kleinen Aufnahmeentfernungen dx von derselben Größenordnung wie a und x wird, so genügt die einfache Differentialformel (1 d) nicht mehr. Die Abstände dxB und dxr des — vom Objektiv aus gesehen — vordersten bzw. hintersten Objektpunktes von der Objektebene größter Schärfe, dessen Bild bei einem Blenden radius d einen Zerstreuungskreis vom Badius z' ergibt, können dann (Abb. . 3 a) durch dreimaliges Ansetzen der Linsenformel mit den Gegenstands- bzw. Bild weiten a,a'-,a— dxv, a'v; a + dxr, a'r I I I 1 1 1 a a' f ' a — dx„ /' a + dxr a(, f sowie durch die aus den ähnlichen Dreiecken des Bildraumes gewonnenen Beziehungen a¡, — a' z' a' — a{. r; » n d aiermittelt werden. Durch leichte Umrechnung ergibt sich nach Elimination von a', und a¡. aus den vorstehenden Gleichungen: a a (1 e) dx'v = -— ; dxr f-d +1 x • z' X • z' Beispiel: Ein Gegenstand wird mit einem Objektiv f = 18 cm, Öffnung d : f = 1 : 25, auf eine Entfernung von a = 12 m aufgenommen; wie groß ist die Tiefe, wenn ein Zerstreuungskreis von z' — 0,01 bzw. 0,1 mm zugelassen wird? Für z' = 0,01 mm ergibt sich mit der Näherungsformel (1 d) dx = 1,1 m. Mit der genauen Formel (1 e) dxv = 1,0 m ; dxr = 1,2 m. Für z' = 0,1 mm ist nur die genaue Formel (1 e) brauchbar, da dx groß ist. Mit (1 e) ergibt sich dxv - 5,7 m, dxr = 150 m. Bei photogrammetrischen Aufnahmen haben wir es im allgemeinen mit weit entfernten Gegenständen zu tun; deren Bilder liegen in einer Ebene Sö', nach (1 a) im Abstand a' — j von Hj. Dorthin wird auch der bildauffangende
28
Die Grundlagen der Photogrammetrie
Schichtträger möglichst genau gebracht; dessen Abstand von H'„, die photogrammetrische Bildweite, ist dann auch praktisch gleich der Brennweite und wird ebenfalls mit f bezeichnet. Der Fußpunkt des Lots von H'0 auf die Bildebene SS' ist der Bildhauptpunkt E ' . F ü r die meisten in der Photogrammetrie vorkommenden Beziehungen genügt ein noch weiter vereinfachtes Abbildungsschema, indem die von den qj Objektpunkten ausgehenden Lichtbündel durch die Hauptstrahlen erc setzt werden; man erhält dann das Schema der Abb. 4. E s ist ferner die Vernachlässigung der kurzen H' Entfernung e zwischen den Hauptebenen ip und möglich. Die Hauptstrahlen werden dann als ein Strahlenbündel betrachtet, dessen Strahlen von den Objektpunkten Abb. 4. Vereinfachtes Schema der photo- zu den Bildpunkten ungebrochen grammetrischen Abbildung verlaufen und sich im Hauptpunkt H0=H'0=Oäes Objektivs schneiden. Dieser Schnittpunkt ist dann Zentrum der Projektion bzw. des Hauptstrahlenbündels (Abb. 4). b ) Die Fehler des Objektivs Von der in Abb. 1 schematisch dargestellten idealen Abbildung bestehen in Wirklichkeit Abweichungen, die hier kurz und nur, soweit sie für die Photogrammetrie von größerer Bedeutung sind, eingehender besprochen werden müssen. Eine punktförmige Abbildung ist nur in der Nähe der optischen Achse, d. i. bei geringer Neigung der Hauptstrahlen, und bei unendlich kleiner Öffnung der Lichtbündel möglich. Photographische Objektive müssen jedoch ein ausgedehntes Bildfeld auszeichnen, also größere Hauptstrahlenneigungen zulassen und lichtstark sein, d. h. eine große Blendenöffnung besitzen und damit weit geöffnete Lichtbündel durchlassen. Um die aus beiden Gründen auftretenden Abweichungen von der punktförmigen Abbildung (Zerstreuungskreise und -figuren) und sonstigen Fehler so klein zu halten, daß sie praktisch unschädlich sind, werden die Objektive aus einer Folge von Linsen mit verschiedenen Abständen aus verschieden stark brechenden Gläsern mit verschiedener Dicke und geeigneten Krümmungshalbmessern konstruiert (siehe Abb. 12). Die bei der Konstruktion des Objektivs zu beachtenden Fehler, die möglichst klein gehalten werden müssen, sind folgende: 1. Die sphärischen Längsabweichungen. Achsparallele Strahlen des Dingraums werden nicht genau nach F' (Abb. 5) hin gebrochen, sie schneiden die optische Achse in verschiedenen Schnittweiten, teils vor, teils hinter F'.
Das photogrammetrische Objektiv
29
Für eine einfache plankonvexe Linse wird der Strahlenverlauf durch Abb. 5 a gekennzeichnet; je größer die Einfallshöhe h, desto kleiner ist die Schnittweite s. Die größte Schnittweite hat der der Achse am nächsten gelegene Strahl. — Bei Verwendung einer Linsenkombination kann die sphärische Längsabweichung nicht für alle Einfallshöhen h, sondern nur für zwei, etwa den Bandstrahl und den achsenbenachbarten Strahl, ganz beseitigt werden. Dazwischen bleiben Eestfehler (Abb. 5 b). I
h
Abb. 5a. Abb. 5b. Abb. 5a. Die sphärischen Längsabweichungen achsparalleler Strahlen (schematisch) Abb. 5b. Die Restfehler der sphärischen Längsabweichungen (schematisch)
Die Eestfehler der sphärischen Längsabweichungen sind in Abb. 5 b als Abszissen, die Einfallshöhen als Ordinaten aufgetragen. Die sphärischen Längsabweichungen verursachen statt punktförmiger Abbildung kleine Zerstreuungskreise. Durch die Korrektion der sphärischen Längsabweichungen für achsparallele Strahlen wird genügende Bildschärfe in der Achse erreicht. Für die Bildschärfe in der Nähe der Achse ist die Erfüllung der Abbe'schen Sinusbedingung f ü r w e i t e n t f e r n t e O b j e k t e maßgebend, die fordert, daß der Ausdruck
für die verschiedenen Einfallshöhen h etwa so groß wie die Bestbeträge der entsprechenden sphärischen Längsabweichungen ist. Hierbei ist /„ die Brennweite des achsennahen Baumes, >
»»
Eot i)
Luftbildfilter Untere Grenze der Lichtdurchlässigkeit in »¡|x
Mittlerer Verlängerungsfaktor für panchromatischen Film
420 470 500 525 550 575 600 625
1,2 1,5 2 2 3 4 6 12
Die Luftfilter müssen, um keine optischen Fehler in die Aufnahme hineinzubringen, aus in der Masse gefärbten planparallel geschliffenen Glasscheiben bestehen. Meistens verwendet man Luftbildfilter, die durch steil abfallende Absorptionskurven gekennzeichnet sind, ihre Wirkung auf panchromatische Emulsion ist bereits aus Abb. 14 zu ersehen. Unter normalen Bedingungen werden Filter verwendet, bei denen die untere Grenze der
48
Die Grundlagen der Photogrammetrie
Lichtdurchlässigkeit um 500—550 m/t liegt. Die Belichtungszeit muß bei Verwendung solcher Filter ungefähr verdoppelt werden. Wegen der entsprechenden Eigenschaften weiterer Filter siehe Tabelle 1. Infrarotphotographie J ). E s ist gelungen, durch die Ausnutzung infraroter Strahlen in der Luftbildphotographie besondere Wirkungen zu erzielen, d. h. die Detailerkennbarkeit zu erhöhen. E s ist aus der normalen Photographie bekannt, daß zwei Gegenstände, die für das Auge die gleiche Farbe haben, sich aber durch verschiedene^Beflexion infraroter Strahlen unterscheiden, bei einer Aufnahme auf infrarotempfindlichen Platten verschieden wiedergegeben werden. Ferner ist es bekannt, daß bei terrestrischen Aufnahmen über sehr große Entfernungen mit Vorteil die infraroten Strahlen zum Bildaufbau benützt werden 2 ), da sie, wie aus Abb. 16 hervorgeht, die Luftund Dunstschicht besonders gut durchdringen. Absorbiert man also alle kurzwelligen Strahlen durch ein strenges Filter, das nur die Tiefrot- und Infrarotstrahlung hindurch läßt, so kann man ein gutes photographisches Bild erhalten, vorausgesetzt, daß man eine für infrarote Strahlen sensibilisierte Emulsion verwendet. Meist sind infrarote Platten und Filme im Handel, bei denen die hinzugesetzte Zahl das Maximum der Sensibilisierung in m/i angibt, z. B . Infrarot-Film 800. Die Verwendung solcher Schichten für die normalen Meßzwecke dürfte aber zunächst gering bleiben, da ihre Empfindlichkeit sehr gering ist, besonders wenn man fast alles sichtbare Licht durch strenge Filter absorbieren muß. Infrarotaufnahmen kommen dann in Frage, wenn eine sehr starke Dunstschicht, — z. B . bei Aufnahmen aus sehr großer Höhe —• zu durchdringen ist (bei kleiner Fluggeschwindigkeit!) oder, wenn man künstliche Farben gegen gleich aussehende natürliche Farben unterscheiden will. Nicht geeignet ist die Infrarotphotographie zur Durchdringung von nassem Nebel (d. h. Nebel mit großen Wasserteilchen, aus denen auch die Wolken bestehen). I m allgemeinen eignet sich die Infrarotphotographie besser zur horizontalen Durchdringung der Atmosphäre als zur vertikalen. Große Bedeutung k o m m t der Infrarotphotographie dann zu, wenn nicht der Meßzweck im Vordergrund steht, sondern wenn es sich z. B . bei der Erschließung unentwickelter Länder um die Boden- und Vegetationsforschung handelt. D a s Reflexionsvermögen vieler Stoffe und Gegenstände ist im langwelligen infraroten Wellenbereich von dem im normalen Bereich sehr verschieden. Vor allem das L a u b einzelner B a u m arten, dessen Farbe für d as menschliche Auge und die üblichen Emulsionen kaum merkbare Unterschiede aufweist, erscheint auf Infrarotaufnahmen 1 ) Dr. Othmar Helwioh: Die Infrarot-Fotografie und ihre Anwendungsgebiete. 2. Auflage. Harzburg 1937, Heering-Verlag. — Dr. Heinrieh Beek: Photographie des Unsichtbaren. Berlin 1936, Photokino-Verlag Gr. m. b. H. — W. Clark: Photography by Infrared. I.Wiley, New York, 2. Aufl. 1946. 2 ) v. Angerer: Infrarot-Fernaufnahmen mit Objektiven von 1 m Brennweite. Ztschr. f. angew. Photographie 1, S. 73, 1939.
49
Photographie
stark differenziert, was mit dem verschiedenen Chlorophyllgehalt der Laubarten zusammenhängt. Die Tönung, in der die einzelnen Laubarten im Infrarotbild erscheinen, kann durch Untersuchung an einer oder einigen wenigen Stellen des Waldes festgestellt und dadurch eine Helligkeitsreihe für die „Entschlüsselung" der auf einer großen Bildanzahl wiedergegebenen ausgedehnten Wald,flächen gewonnen werden 1 ). — In ähnlicher Weise g ' h t man bei der Interpretationder Luftaufnahmen von Moor-und Heidegebieten oder bei der Bodenforschung für geologische und landwirtschaftliche Zwecke vor. Siehe auch Abschnitt über Luftbildforschung S. 352—365. Farbenphotographie2). Selbstverständlich hat man auch versucht, die neueste Errungenschaft auf dem Gebiete der Farbenphotographie, das Agfacolor-Verfahren, für die Luftbildphotographie auszunutzen 3 ). Das Prinzip des Agfacolor-Verfahrens kann hier als bekannt vorausgesetzt werden; es bot zunächst nur die Möglichkeit, Umkehrbilder herzustellen, während des Krieges wurde aber auch das Negativ-Positiv-Verfahren herausgebracht. Agfacolor-Luftbilder geben natürlich ein wesentlich schneller verständliches Bild der aufgenommenen Landschaft als Schwarzweißbilder, besonders für alle, die nicht im Lesen von Pliegeraufnahmen geübt sind. Vorläufig ist aber die Detailerkennbarkeit bei Farbenaufnahmen keineswegs größer als bei Schwarzweiß-Aufnahmen. Der Agfacolor-Negativfilm wird später vom Verbraucher selbst entwickelt und kopiert werden können — im Gegensatz zum Agfacolor-Umkehrfilm, der nur von der Agfa selbst entwickelt werden kann —, so daß erst die Zukunft lehren wird, wie weit die Farbenphotographie für photogrammetrische Zwecke mit Erfolg eingesetzt werden kann. Eine wesentliche Schwierigkeit liegt heute noch in der geringen Empfindlichkeit der Farbemulsionen; allerdings ist in den USA der Kodacolor-Farbfilm entwickelt worden, der bei einer Öffnung 1 : 8 Aufnahmen mit Viso sec Belichtungszeit zuläßt. — Die Luftbildinterpretation wird auf jeden Fall durch die Farbphotographie in bedeutungsvoller Weise gefördert werden können. Behandlung photographischer Filme 4 ;. Die Entwicklung der Fliegerfilme muß, wie aus dem Gesagten hervorgeht, bis zu einem kräftigen Bilde *) Wertvolle Erfahrungen und Forschungsergebnisse, die mit verschiedenen infraroten und panchromatischen Emulsionen und verschiedenen Filtern bei Forstaufnahmen in den USA erzielt wurden, bsrichtet St. Spurr: Films and Filters for Forest Aerial Photography. Photogrammetric Engineering XV. 1949. Seite 743—481, mit weiteren Literaturangaben. 2 ) Schmidt und Kochs: Farbfilmtechnik. Berlin 1943, Max Hesses Verlag. — Dr. Joachim Graßmann, Dr. Walter Eahts: Film und Farbe. Vorträge gehalten auf der gemeinsamen Jahrestagung „Film und Farbe" in Dresden 1.—3. Oktober 1942. Berlin, Max Hesses Verlag. 3 ) H. Frötschner: Farbige Luftaufnahmen. Ztschr. f. angew. Photographie 5, S. 38, 1943. 4 ) Dr. Heinrich Beck und Hans Westendorp: Das große Agfa Labor-Handbuch. Berlin 1941. Photokino-Verlag Hellmut Eisner K.-G. F i n s t e r w a l d e r , Photogrammetrie
4
50
Die Grundlagen der Photogrammetrie
erfolgen. D a die Schwärzungskurve sich mit zunehmender Entwicklungszeit bis zu einem Maximum aufrichtet, — bei längerer Entwicklung nimmt nur noch der Schleier, aber nicht mehr die Steilheit zu —, muß der Fliegerfilm stets „ausentwickelt" werden. Die in der Kleinbildphotographie übliche Feinkornentwicklung ist bei photogrammetrischen Aufnahmen wenig gebräuchlich, weil sie Überbelichtung fordert. Ist sie einmal notwendig, dann verwende man einen der üblichen Peinkornentwickler, wie Atomal oder dergleichen. Zwischen dem Entwickler und Fixierbad bade man den Film in einem etwa 2 °/o igen Essigsäurebad. Auf gutes Ausfixieren und sorgfältiges Wässern 20—30 Min. in fließendem Wasser ist zu achten. Die Luftbildaufnahme soll richtig belichtet und richtig entwickelt sein; man kann, wie aus der gewöhnlichen Photographie bekannt ist, durch Verstärken und Abschwächen falsche Belichtung in geringem Umfange ausgleichen man verwende dann die üblichen Vorschriften.
3 . Geometrische Begriffe a n d Definitionen Zur Lösung der photogrammetrischen Aufgaben ist es meist nötig, die Aufnahmeverhältnisse optisch-mechanisch oder rechnerisch wiederherzustellen. Hierbei spielen die Begriffe der inneren und äußeren Orientierung eine große Bolle. a) Die innere Orientierung Durch das photogrammetrische Bild ist das zugehörige Aufnahmestrahlenbündel festgelegt, wenn die relative Lage der Bildebene zum Objektiv bekannt ist. Diese Lagebeziehung wird innere Orientierung der Aufnahme genannt. Ihre Kenntnis ist die grundlegende Voraussetzung für die Wiederherstellung des nach der Belichtung jeder Aufnahme zerstörten Zusammenhangs zwischen Bild und Objektiv. Es sei zuächst ein verzeichnungsfreies Objektiv vorausgesetzt. Über die Berücksichtigung der Verzeichnung siehe Kapitel 5 d), S. 84 f. Fällt man vom hinteren Objektivhauptpunkt H 0 ' = 0 (Abb. 18) ein Lot auf die Bildebene, so bestimmen die Länge f des Lots (Bildweite) und die Bildkoordinaten xa ' und ya ' des Lotfußpunkts H' die relative Lage von Bild und Projektionszentrum. Die Größen /, x0 ' und y 0 ' nennt man die drei Konstanten der inneren Orientierimg oder auch die Konstanten der Aufnahmekammer. Die innere Orientierung ist somit unabhängig von der Lage der Aufnahmekammer und der Aufnahmerichtung im Eaum. Das Lot S0 'E' ist auf Grund unserer Definition nicht idenAbb. 18. Die innere Orientierung tisch mit der optischen Achse des Objektivs,
Geometrische Begriffe und Definitionen
51
fällt aber beiguten Aufnahmekammern mindestens nahe mit ihm zusammen Die vorstehende Definition der inneren Orientierung setzt praktisch voraus, daß bei jeder mit derselben Kammer gemachten Aufnahme Bildweite und Bildhauptpunkt H' konstant bleiben; dies ist der Fall, wenn die Bildebene stets mit der in jeder Meßkammer vorhandenen Bahmenebene genügend genau zusammenfällt, also Anliegedifferenzen nicht vorliegen. Das Lot H 0 'H' definiert dann nicht nur die Aufnahmerichtung, sondern auch eine eindeutige unveränderliche Kammerachse. Zur Bestimmung der inneren Orientierung kann man statt Bildweite und Hauptpunkt auch die vier Positionsw i n k e l ( A b b . 19) einführen, welche die vier Bildstrahlen s vom Projektionszentrum Onach z.B.in der Mitte der Bildränder gelegenen Bahmenmarken i?!_ 4 mit der Eichtling von 0 nach dem Schnittpunkt M ihrer Verbindungslinien einschließen2). Die vier Positionswinkel ÄI_4 Orientierung nach Hugershoff sind die Konstanten der Kammer oder inneren Orientierung, wobei ein Winkel überschüssig ist. Da die Strahlen s nicht nur den Bahmenmarken, sondern auch deren Abbildungen, den Bildmarken, in jeder beliebigen Lage der Bildebene zur Bahmenebene, also auch bei Vorhandensein von Anliegedifferenzen entsprechen, sind die Winkel H'i Vx und 2>i> werden in eine vorbereitete Tabelle eingeschrieben. Die Zahl der Handgriffe, die vor Beginn der Messung ausgeführt werden müssen, ist nicht sehr groß, in einer Viertelstunde ist der Apparat meßbereit. Da die Arbeitsvorgänge sehr einfach sind und sich am Instrument praktisch von selbst ergeben, wird auf ihre Beschreibung im einzelnen verzichtet. So einfach der Stereokomparator in Aufbau und Bedienung ist, so stellt er doch bei der Herstellung hohe Anforderungen wegen der einzuhaltenden Genauigkeit. Besonders folgende Bedingungen sind zu erfüllen: 1. Geradlinige Führung aller Schlitten. 2. Leichtes Gleiten der Schlitten, wobei unter keinen Umständen ein Schlottern der Schlitten auf den Führungen auftreten darf. Dies gilt insbesondere für die schmale Führung des Beobachtunsgstereoskops längs der Raniscli, K.: Das Komparatorprinzip und sein optisches Äquivalent. Optik Bd. 2, Heft 3, August 1947.
Bildkoordinaten und Bildwinkel
77
t/'-Bewegung. Kleine Verdrehungen wirken hier mit einem Hebelarm von 30 cm (Größe der Betrachtungsbasis) auf die Höhenparallaxe p^ fälschend ein. 3. Die Bilder müssen in einer Ebene liegen, die Bewegungen x', y', px und py genau parallel dieser Ebene erfolgen, so daß der Abstand des Betrachtungsstereoskops von den eingestellten Punkten in allen Stellungen derselbe ist. 4. x'- und ^/'-Maßstab, px- und Schraube müssen den entsprechenden Schlittenführungen parallel sein. 5. x'- und ^-Bewegung müssen senkrecht zur y'- bzw. py-Bewegung stehen. 6. Die Teilungen müssen frei von Teilungsfehlern sein und denselben Maßstab haben. 7. Es müssen die normalen Luftbildformate ausmeßbar sein, die Meßbereiche für die Parallaxen müssen auch für die in der Luftbildmessung vorkommenden Größen ausreichen. Alle Bedingungen sollen soweit erfüllt sein, daß die mittleren Fehler folgende Beträge nicht überschreiten: für p^ 0,01mm, für x' 0,02 mm, für py 0,04 mm und für y' 0,03 mm. Da die einzelnen Fehlerquellen 1—6 teilweise zusammenwirken, so muß für die Einhaltung der einzelnen Bedingungen eine noch größere Strenge gefordert werden, als sie den oben angegebenen Genauigkeitswerten entspricht. Um der Fehleranhäufung Eechnung zu tragen, ist im einzelnen eine zwei- bis dreimal höhere Genauigkeit anzustreben. Infolge der vom Instrument im ganzen und seinen Teilen im einzelnen zu erfüllenden Präzision ist der Stereokomparator trotz seiner Einfachheit ein wertvoller Apparat; er kostet etwa das Vierfache eines Theodoliten mittlerer Genauigkeit. Prüfung des Stereokomparators. Die Geradlinigkeit und Schlotterfreiheit sowie Rechtwinkligkeit und Parallelität der Führungen werden mit einem M e ß g i t t e r geprüft, das aus einer Spiegelglasplatte vom Bildformat mit fein eingeritztem Quadratnetz (Maschenabstand 5 mm) besteht. Die Rechtwinkligkeit der Gitterlinien und der Maschenabstand sollen mit der erwähnten höheren Genauigkeit gewährleistet sein, z. B . der Maschenabstand auf ± 1 ix (7 1 0 0 0 mm). Es wird statt der Bilder sowohl links wie rechts eine Meßgitterplatte eingelegt und so ausgekantet, so daß die Quadratnetzlinien der x'- bzw. y'Führung parallel sind. Dann wird die Meßmarke an Netzlinien oben und unten, in der Mitte, rechts und links entlanggeführt, indem jeweils die x' oder y', px und p^ Bewegung allein betätigt wird. Nichterfüllung der Bedingungen 1 und 2 würde als Ausweichen der Meßmarke von den Netzlinicn feststellbar sein. Ebenso kann geprüft werden, ob die Bedingung 3, die Rechtwinkligkeit der x' und px Bewegung zur y' und py Bewegung erfüllt ist. Setzt man die Rechtwinkligkeit der Gitter voraus, ergibt sich die Prüfimg unmittelbar, d . h . bei ^Nichtvorhandensein von der Rechtwinkligkeit würde die längs der einen Koordinatenrichtung geführte Meßmarke systematisch
78
Die Grundlagen der Photogrammetrie
von der entsprechenden Gitterlinienrichtung abweichen, während sie in der anderen genau mit ihr zusammenfiele. Setzt man die Rechtwinkligkeit der Gitterlinien nicht voraus, so mißt man die Koordinatendifferenzen weit auseinanderliegender Gitterpunkte in der einen Lage des Gitters (Gitter auf der Oberseite der Glasplatte), dann in der Lage Gitter unten, wobei die andere Gitter läge entweder durcn Vertauschen von links und rechts oder von oben und unten, nicht aber durch Vertauschen von links und rechts sowie oben und unten erreicht wird. Auch die Teilungen können durch Vergleich mit den Gitterabständen untersucht werden, wobei es nicht schwer ist, durch systematische Anlage der Messung auch die Gitterabstände selbst mit der Parallaxenschraube für px zu prüfen. Präzisionsstereokomparator von Zeiß. Ein Komparator höherer Genauigkeit wurde von Zeiß vor 1939 entwickelt. Kennzeichnend für ihn ist folgendes: 1. Schwere Ausführung aller Konstruktionsteile, so daß die Inkonstanz auch bei längeren Messungen innerhalb geringster Grenzen bleibt. 2. Drehbare Bildträger mit Marken für die Ausmessung von Luftbildern und festen Marken für die Bildhauptpunkte. 3. Große Meßbereiche in symmetrischer Anordnung für alle vorkommenden Fälle. 4. Ablesung aller Meßwerte in einem gemeinsamen Gesichtsfeld, Skalenmikroskope für exakte Ablesung von 0,01 mm und Schätzung von 0,001 mm. 5. Sicherung gegen Überdrehen der Handräder sowie gegen metallisches Anschlagen der Bildträger an das Untergestell. Hierdurch werden Stöße und durch sie hervorgerufene Fehler vermieden. 6. Regulierbare Beleuchtung für jeden Bildträger. 7. Verschiebbare Teilungen zwecks Einstellung von runden Nullstellungen. Das Instrument 1 ) wurde mit Erfolg zur Ausmessung von Luftbildern für rechnerische Auswertung von Aerotriangulationen verwendet und erscheint für solche Zwecke als wichtiges Grundinstrument der Zukunft. Die erreichten Genauigkeiten liegen für alle Meßgrößen unter 0,01 mm. Eingehende Untersuchungen des Instruments wurden von F . Schroeder 2 ) durchgeführt. Messung von Polarkoordinaten. Die Polarkoordinaten r', q> der Bildpunkte spielen eine geringere Rolle als die rechtwinkligen Bildkoordinaten, sie werden auf den Bildhauptpunkt H' als Zentrum und auf eine Marken Verbindungslinie oder bei Stereoaufnahmen auf einen Kernstrahl als Ausgangs) Eine Abbildung findet sich in Photogrammetric Engineering 1946, S. 293. ) F. Schroeder. Die rechnerische Orientierung von Luftbildaufnahmen auf Grund von Messungen am Stereokomparator und ihr Verhältnis zu den optisch-mechanischen Verfahren. Diss. Hannover 1949. Siehe auch A.V. N. 1951 S. 201. 1
2
79
Bildkoordinaten und Bildwinkel
richtung bezogen. Man kann sie mit dem Stereokomparator messen, wenn dieser als Universalkomparator ausgebildet ist und eine um 180° drehbare Verkantungsscheibe besitzt. Die Hauptpunkte der Bilder werden sehr genau auf den Mittelpunkt der Kantungsscheiben (durch Drehen derselben um 180° und Beseitigen der durch diese Drehung entstandenen Verschiebimg desHauptpunktes in der x'- und y'-Richtung) zentriert; dann wird mitder Verkantungsscheibe die Drehung
auf 13" genau mit Präzisionsphototheodoliten messen; da jedoch der Fehler dx{ durch eine einfache Parallaxenkorrektur unschädlich gemacht werden kann, verzichtet man besser darauf, ihn bei der Feldarbeit durch teure Präzisionsmessung zu beseitigen, vgl. auch S. 116. (15) besagt, daß d ip die Bildordinate»' am stärksten in den Bildecken, also bei großen x' und z' ändert. Da 2' monokular gemessen wird, ist dzfy = 0,02 mm zulässig, für x'max. — emax = ~ ergibt sich aus (15), daß drp sa 100" zulässig ist. Da der Verschwenkungsfehler wegen seiner Wirkung auf x' höchstens 50" sein darf (siehe oben), wird ein Ordinatenfehler wegen Verschwenkung i. allg. nicht zu berücksichtigen sein. N e i g u n g s f e h l e r dm. Die Wirkung eines iTeigungsfehlers dm auf die Abszissen und Ordinaten wird analog (12)—(15) gefunden, es sind nur Grund- und Aufriß sowie x' und z' zu vertauschen.
107
Terrestrische Stereophotogrammetrie
(17)
dx'm = X' — x'm =
dco.
f
(18)
dzm = f[ 1
— I d(0
Aus (17) ergibt sieh, daß dco «s 5 0 " sein darf, wenn in den äußersten Bildecken dx'm = 0,01 mm sein soll, aus (18), daß das quadratische Glied sich für Zmax = ^ bei dm «s 100", das z konstante bei dco «ü 2 5 " geltend macht. Praktisch wird man dco mit Rücksicht auf dx'm = 0,01 mm zu ^ 5 0 " machen und muß dann den konstanten Fehler dzm' durch Änderung aller z' berücksichtigen (s. S. 105 Mitte). Verkantungs fehler. Die Wirkung des Verkantungsfehlers dx ergibt sich durch Differenzieren von (4) S. 80. (19) dxi = (—• x' • sin x + cos x) dx-, dz-k = —• (z' sin x + x'cos x) dx für kleines x, bzw. x = dx ist dann der Fehler von x' bzw. z'. (20 a) da= z' • dx (20 b) dzy. = — x' • dx für zinax = //2 und dzK = 0,01mmerhält man aus (20a) den zulässigen Verkantungsfehler dx w 25".
P> Aufriß
^ z'
(«
f f cosdbp+Xf
z'9
H' sindp
.
2. Fehler der inneren Abb. 45 a und b. Wirkung eines Verschwenkungsfehlers dcp a) Aufriß, b) Grundriß Orientierung können zwei Ursachen haben: 1. Die Bildebene ist bei der Aufnahme nicht am Meßrahmen angelegen; dieser Fehler tritt bei jeder Aufnahme im allgemeinen verschieden auf und muß in seiner Wirkung auf das einzelne Bild untersucht werden. 2. Die Kammerkonstanten waren nicht richtig bestimmt, bei Aufnahmen einer Standlinie sind dann die Hauptpunktfehler und Bildweitenfehler je gleich groß. Der Hauptpunktfehler dx'0 und der Bildweitenfehler df können für das einzelne Bild getrennt untersucht werden. dx'B ist in erster Näherung offen dx'„ bar gleichbedeutend mit einer Bilddrehung ¡j, = — um die durch den
108
Terrestrische Photogrammetrie
Hauptpunkt H' gehende z'-Achse des Bilds. Der durch den Hauptpunktfehler dx'a hervorgerufene Abszissenfehler äx' läßt sich aus Abb. 46 ablesen: (21)
x' • n dx' = - j - =
x' • u • x' j =
x'2 ' dx'a
für den Bildrand ist 2x' = f , infolgedessen ergibt sich für dx' = 0,01 mm als zulässiger Hauptpunktfehler: (22)
dx'0 = 4 • dx' = 0,04 mm .
F ü r den zulässigen B i l d w e i t e n f e h l e r df ergibt sich aus Abb. 47 für dx = 0,01 mm und «; nax = 0 , 5 f. (23)
df = dx'
Abb. 46. Wirkung eines Hauptpunktfehlers
= 2dx' = 0,02 mm .
Abb. 47. Wirkung eines konstanten Bildweitenfehlers
(23) besagt, daß die Bildebene sehr genau, d. h. auf 0,02 mm am Meßrahmen des Aufnahmeapparates anliegen m u ß ; innerhalb desselben Betrags muß auch die E b e n h e i t des Schichtträgers (Glasplatte oder F i l m ) gewährleistet sein. Anders ist die Wirkung eines g e m e i n s a m e n Bildweitenf e h l e r s Af beider Aufnahmen. E s ergibt sich durch Differenzieren von (3) (S. 102) b , y dy Af (24) dy = — Af = Af oder — = -f , Px f y f d. h. Af bewirkt einen Maßstabfehler aller Entfernungen y. Wird als zulässiger Maßstabsfehler 0,5 °/00 angenommen, ergibt sich für / = 160 mm ein • 0,5 zulässiges Af = 160 -^QQQ— = 0,08 mm. Ein gemeinsamer Brennweitenfehler Af ist also wenig wirksam und kann zudem durch eine aus (10 a) bzw. (10 b) bestimmte Basiskorrektur db leicht kompensiert werden, soweit er E n t fernungsfehler dy hervorruft. Die Wirkung auf x und 2 ist aus (4) und (5) zu errechnen, sie ist aber wesentlich geringer als auf y.
Terrestrische Stereophotogrammetrie
109
Ähnlich ist ein g e m e i n s a m e r H a u p t p u n k t f e h l e r Ax„ zu Ax'0 bewerten. Er bewirkt einen gemeinsamen Verschwenkungsfehler A ',