Tonologie: Ergebnisse, Analysen, Vermutungen 3484301058, 9783484301054

Die Buchreihe Linguistische Arbeiten hat mit über 500 Bänden zur linguistischen Theoriebildung der letzten Jahrzehnte in

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Vorwort
Inhalt
I. Teil: Darstellung Geläufiger Tonologischer Probleme
II. Teil: Tonsprachendefinition und Tonsprachentypologie
Literaturverzeichnis
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Tonologie: Ergebnisse, Analysen, Vermutungen
 3484301058, 9783484301054

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Linguistische Arbeiten

105

Herausgegeben von Herbert E. Breide, Hans Jürgen Heringer, Christian Rohrer, Heinz Vater und Otmar Werner

Alfons

Weidert

Tonologie Ergebnisse, Analysen, Vermutungen

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1981

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Weidert, Alfons: Tonologie : Ergebnisse, Analysen, Vermutungen / Alfons Weidert. Tübingen : Niemeyer, 1981. (Linguistische Arbeiten ; 105) ISBN 3-484-30105-8 NE: GT

ISBN 3-484-30105-8

ISSN 0344-6727

© Max Niemeyer Verlag Tübingen 1981 Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege zu vervielfältigen. Printed in Germany. Druck: fotokop wilhelm weihert KG, Darmstadt.

VOEWOKT

Vorliegende Arbeit stellt die Untersuchungsergebnisse des ersten Teils eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Bonn bewilligten zweijährigen Forschungsprojekts mit dem Thema "Theoretische Grundlagen tonogenetischer Rekens truktionarethoden" unter den Projektleiter Professor Dr. Klaus Heger dar. Mein Dank für Unterstützung und Anregung gilt Herrn Professor Heger sowie denjenigen, mit denen entweder Probleme tonologischer Analyse ich zu diskutieren das Glück hatte oder die mich mit Literatur zu diesem Thema versorgten. Zum Material: wenn bei asiatischen Sprachen keine weitere Literaturangabe erfolgt, handelt es sich um eigene in Südostasien gesanmelte Materialien. Ansonsten wird die benutzte Quelle zitiert. Was diese Arbeit enthält: Darstellung der bisher in der Literatur vorgetragenen Theorien, Hypothesen und Konzepte zum Thema TOnologie unter dem Gesichtspunkt synchronisch-deskriptiver Analyse. Untersuchung der Abhängigkeitsverhältnisse zwischen tonologischen Einheiten einerseits und segmentalen und suprasegmentalen bzw. prosodischen Parametern andererseits. Elf der häufigsten Analysefehler bei der Beschreibung von Tonsystemen. Der Nachweis, daß eine Tantypologie nicht, dagegen eine Tonsystem-Typologie beobachtungsadäquat ist. Analysen der tonologischen "Grenzfälle". Was diese Arbeit nicht enthält: Weitgehende Ausklammerung der in den Bereich der Prozeß-Phonologie fallenden tonologischen Veränderungen. Keine Untersuchung zur Anwendbarkeit distinktiver Merkmale in der tonsprachlichen Analyse. Ausklanmerung solcher Probleme, die im Zusanmenhang mit der phonologischen Darstellung des Akzents stehen (sei es als Intensitäts- oder melodischer Akzent).

Heidelberg, April 1931.

A.W.

INHALT

VOH-jORT

V

I. TEIL: DARSTELLUNG GELÄUFIGER TONOLOGISCHER PROBLEME 1. Tonologieforschung als Spezialgebiet der Phonologie

1

2. Gegenstand der Tonologieforschung

4

3. Unterschiedliche Forschungsansätze bedingt durch regionale tonologische Besonderheiten und Materiallage

6

4. Tonologische Analyseeinheiten

10

5. Die Definition von "Tonsprache" nach Pike und Weimers

11

6. Die autosegmentale Tontheorie

13

7. Die prosodischen Korrelationskategorien nach Trubetzkoy

19

8. Die Korrelationskategorien nach Künstler

22

9. Zusammenfassende Bemerkungen zu den Korrelationskategorien

25

10. Hocketts "Accentuai Systems"

26

11. Typologische Problane bei der Einstufung von Tonsprachen

30

12. Die Auffassung über tonsprachliche Typologien in der generativen Phonologie

35

13. Voorhoeves Typologie von Tonsystemen

40

14. Das Problem tonologischer Alternationen: Klassischer Strukturalismus

43

15. Abhängigkeit zwischen tonologischen Einheiten und Druckakzent

45

16. Ton und Akzent im Thai

52

17. Ton und Akzent im Mandarin

54

18. Ton und Akzent im Mixtekischen

56

19. Gleichmäßiger vs. ballistischer Druckakzent

58

20. Abhängigkeit zwischen Ton und Tcnträger/phonotaktischer Struktur

63

21. Abhängigkeit zwischen Ton und Silbenstruktur

65

22. Abhängigkeit zwischen Ton und Zeit (- Silben-/Vökallänge)

66

23. Abhängigkeit zwischen Ten und vorangehenden Konsonanten

71

24. Abhängigkeit zwischen Ton und nachfolgenden Konsananten (Kachin)

72

25. "Consonants affect tone, but tone does not affect oonsonants"

75

VIII 26. Zentraltibetisches "Gegenbeispiel"

76

27. Abhängigkeit zwischen Ton und nachfolgendan Laryngal

78

28. Abhängigkeit zwischen Ton und Vokalhöhe

79

29. Abhängigkeit zwischen Ton und Intonation

80

30. Abhängigkeit zwischen den Definitionsverhältnissen Ton vs. Tonhöhe und Druckakzent vs. Lautstärke

98

31. Dcwndrift als Intonationsphäncrren

102

32.-42. Elf der häufigsten Fehler bei der Analyse von Tonsystemen

105-130

32. Verstoß gegen das tonologische All-or-nothing-Prinzip

105

33. Falsche (typologische und/oder phonologische) Einstufung von Konturtönen

107

34. Tonale Unterdifferenzierung

108

35. Tonale Überdifferenzierung

110

36. Vermengung segmentaler Phänomene mit tonalen Ausprägungen

111

37. Vermengung nichtsegmentaler Phänomene mit tonalen Ausprägungen

116

38. Falsche Auffassung über analytische Prioritäten

122

39. Falsche Folgerungen aufgrund der "Seltenheit" eines Tonems

127

40. Kritik des "Intervall"-Konzepts

127

41. Verstoß gegen das Kriterium der Systemhaftigkeit

129

42. Kritik am sinologischen Ton-Bezeichnungsverfahren

130

43.-49. Kritische Bemerkungen zu Maddiesons Tonuniversalien

131-142

43. "A language may contrast up to five levels of tone, but no more."

131

44. "A larger number of tone levels occupy a larger pitch range than a smaller number."

132

45. "Phonetically central tones are unmarked, extreme tones are highly marked."

136

46. "Systems in which high tones are marked are more frequent than systems in which low tones are marked."

138

47. "Languages which permit a sequence of unlike tones on a word or morpheme also permit like tones on a word or morpheme."

138

48. "If a language has contour tones, it also has level tones."

139

49. Z usairmenfas sende Bemerkungen zu Maddiescns Tonuniversalien

140

50. Bemerkungen zu dem Begriff des Registers

142

51. Extraverbale Ausnutzungen von Tonhöhenoppositionen

153

IX II. TEIL: TC^SPRACHENDEFINTTICN UND TONSPRACIENIYPOLOGIE 52. Das tonologische Perzepticnskriterium: Ein analytischer Fehlschlag

157

53. Unmöglichkeit einer allen Analyseaspekten gerecht werdenden Definition von "Tonsprache"

159

54. Erste Voraussetzung: Identische Anwendung der sekundären AnalyseParameter

159

55. Zweite Voraussetzung: Identische Anwendung phonologisch-analytischer Kriterien (= primäre Analyse-Parameter) auf Beschreibungsebenen (L^, 1*2» L^) im Rahmen einer phenologischen Theorie

164

56. "Lexikalische Signifikanz" und erste Definition von "Tonsprache"

166

57. Der Begriff der tonalen Oppositionsfähigkeit

169

58. Zweite Definition von "Tonsprache"

177

59. Die tonologische Basisform (= Definition des "maximalen Tonausprägungspotentials" )

179

60. Die tonologische Universalformel, dritte Definition von "Tonsprache" und Definition von "eingeschränkter Tonsprache"

180

61. Theoretische und praktische Begründung für die Opposition Höhe- vs. Richtung-Tonsyston

186

62. Tonsystem-Typologie unter Berücksichtiglang tonstatischer Oppositionskategorien

190

63. Typologie in Abhängigkeit zu L 2 und L 3

195

64. Typologie in Abhängigkeit zur tonologischen Universalformel

197

65. Generelle Ableitbarkeit aus

"Eliminierung" struktureller

Indeterminiertheit durch e und multiple L^-Interpretationssysteme

203

66. Übersicht über die geographische Verteilung der tonsysterrt-typologischen Ausprägungen

216

67. Tonologische Ausprägungen in den durch die sekundären Analyse-Parameter abgesteckten Analyse-"Randgebieten" (sog. eingeschränkte Tonsprachen)

219

68. Tonologische Ausprägungen durch Granmeme konditioniert (Haka-Chin)

220

69. Tonologische Ausprägungen im PE^-Randgebiet (Hai [Thin])

224

70. Tonologische Ausprägungen im f^-Randgebiet (Norwegisch und Schwedisch)226 71. Tonologische Ausprägung mit ungleicher Häufigkeitsverteilung (Rangpa-Sprache [nach Zoller 1980])

239

72. Kriterien zur Unterscheidung zwischen 2-Tonem-Höhe- vs. 2-TonemRichtung-Systan

240

X 73. Kriterien zur Unterscheidving zwischen 2-Tonem-/t^-S ^ /-Systemen und /^-«-^/-Tonsystemen (Apatani und Gallong)

243

74. Kriterien zur Unterscheidung zwischen 2-Tonem-Systemen und segmentaldefinierten Systemen mit Intensitäts- oder melodischem Akzent

248

75. Vermengimg zwischen M^ und höheren syntaktischen Rängen: Zusammenbruch zwischen H- und HR-Tonsystemen

251

76. Tonausprägungen auf höheren syntaktischen Rängen: Das /31/-Tonem des Kachin 77. Phonologische Extensionssysteme

256 261

78. Echte 5-Tonem-H-Tonsysteme

270

79. Fälschlicherweise als 5-Tonem-H-Tonsystem eingestufte Tonsprachen

277

80. Die Konturem-Analyse des Konyak Naga

283

81. "Konditioniertes Tonsystem": Die Tonstruktur des Boro

292

82. "Eingeschränktes Tonsystem": Dzongkha-Bhutanesisch

297

83. Keine Tonsprache, aber Tonalitätsausnrägung: Der Bumthang-Dialekt des Bhutanesischen

301

84. Keine Tonsprache, aber Tonalitätsausprägung: Der Kurtey-Dialekt des Bhutanesischen

302

UTERATUKVERZEICHNIS

305

SPRACHENREGISTER

329

AUTORENREGISTER

333

SACHREGISTER

336

I. TEIL: DARSTELLUNG GELÄUFIGER TONOLOGISCHER PROBLEME

1.

Tonologiefovschung als Spezialgebiet der Phonologie

Spätestens seitdem die europäische Sprachwissenschaft zu Beginn des 20. Jhds. bei der Erforschimg gesprochener Sprachen synchronisch-deskriptive Analysekriterien entwickelte, bildet das Studium von Tonsprachen einen besonderen Anreiz für die Phonologie. Auf phonetischem Gebiet liegt der Anreiz in der Schwierigkeit der Wahrnehmung tonologischer Einheiten, wenn der Analysierende als Mattersprache eine Nichttonsprache spricht. Phonemisch gesehen resultiert eine Fülle zusätzlicher Fragestellungen, die jede Phonologie-Theorie behandeln muß. Einige Beispiele: Wie ist die grundlegende tonologische suprasegmentale Einheit t - Ton(em) definiert? Wie lautet das Relevanzkriterium für tonologische suprasegmentale Einheiten? Ist das Prinzip des Binarismus in der distinktiven Merlanalanalyse auf die tonologische Analyse übertragbar? Welches Beziehungsverhältnis besteht zwischen tonologischen und segmentalen Einheiten? Können Korrelationskategorien, wie sie segmental klassifizierbar sind (z.B. Aspirations-, Öffnungsgrad-, Sonoritäts-Korrelation), auch in der Tonemanalyse in Anwendung gebracht werden? Welche Beschränkungen und gegenseitigen Beeinflussungen existieren hinsichtlich der (horizontalen) Abfolge von Tönen? Wie lassen sich Ton- und Intonationsausprägungen unterscheiden? Das Wissen von möglichen tonologischen Systemen bzw. derer phonologischanalytischer Durchdringung ist mit der Entwicklung der theoretischen Phonologie nicht konform gegangen. Die Analysemittel, welche sowohl der klassische Strukturalismus als auch die generative Phonologie entweder aus der Beobachtung einzelner Sprachen selbst abstrahierend oder sie auf solche übertragend zur Verfügung stellten, galten prinzipiell nicht-tonalen Sprachen. Die spezifischen Bedürfnisse bei der Analyse von Tonsprachen sind bisher immer auf das augenblickliche

2

sprachwissenschaftlich-phonologische "Paradigma" bezogen worden. Der Fall, daß aus den Erkenntnissen tonologischer Analyse eine eigene selbständige phonologische Forschungsrichtung entstanden wäre, ist nicht vorgekarmen. Beispiele: Die grundlegende Arbeit von Pike über Tonsprachen (K.L.Pike 1948) reflektiert das Dogma des klassischen amerikanischen Strukturalismus; die in Frcmkin 197-3 enthaltenen Aufsätze können als Versuch, die Methoden der generativen Phonologie auf die Analyse tonsprachlicher Systeme zu übertragen, betrachtet werden; alle von uns eingesehenen Werke französischer Autoren basieren auf dem PhonologieKonzept Martinets. Aufgrund des sie konstituierenden "supra"-segmentalen Untersuchungsbereichs ist die Tonologieforschung als ein Spezial- oder Untergebiet der Phonologie zu kennzeichnen. In den diesbezüglichen Arbeiten innerhalb der Phonologie kaimt dies in Form getrennter Abhandlungen bzw. Abschnitte nebst Behandlung solcher wie oben gegebener Fragen zum Ausdruck. Tonologische Analyseprobleme werden als derartig getrennt von allgenein-phonologischen empfunden, daß man z.B. den Terminus "Phonem" in seiner Verwendung als übereinzelsprachlich-universeller, abstrakter/ideeller linguistischer Bezeichnungseinheit auf "segmentale", d.h. mit nehr als dem reinen absoluten Frequenzgang korrelierte physikalische Schallereignisse einengt und in Bezug auf Phänomene des reinen Frequenzgangs bevorzugt mit "Tonern" oder - in umfassenderer Verwendung - "Prosodem" bezeichneten kleinsten phonologischen Einheiten des "supra"-segmentalen Bereichs operiert. Die sich für uns im Zusammenhang mit der Tonologie als Spezialgebiet der Phonologie ergebenden Fragestellungen werden vorrangig auf dem Gebiet a) möglicher Definitionen des Terminus "Tonsprache" bzw. "Tonsystem" und b) möglicher Typologisierungen von Tonsprachen/Tonsystemen liegen. Von jeder Phonologie-Theorie darf erwartet werden, daß ihr Ansiendungsgebiet gleichermaßen Phänomene des segmentalen wie suprasegmentalen Objektbereichs zu erklären imstande ist. Die bisherigen Analysen der theoretischen Phonologie waren vorrangig an der Beschreibung segmentaler Phänomene orientiert und reflektierten den "Geist" des sprachwissenschaftlichen Dogmas, unter dessen Einfluß sie abgefasst wurden. 1

Diese forschungsgeschichtliche Beobachtung erklärt sich selbstverständlich durch den Zustand der auf europäischen Sprachen basierenden Materiallage.

3 Aus dieser Sicht ist es relevant, die übertragbarkeit von implizit für den segmentalen Analysebereich behaupteten

phonologischen

Erkenntnissen sowie

Hypothesen auf den suprasegmentalen Objektbereich zu untersuchen. Die geläufigsten Hypothesen zur übertragbarkeit beziehen sich auf die Definition einer dem Terminus "Phonem" korrelierenden, suprasegmentalen kleinsten analytischen distinktiven Einheit, auf die Verwendung des Prinzips von primär auf PhonemSysteme und damit segmentalen Einheiten bezogenen Korrelationskategorien im tonologischen/prosodischen Bereich, scwie auf die Einführung von ursprünglich für den segmentalen Bereich behaupteten binaristischen Oppositionsgliedern distinktiver Merkmale auch im tonologischen Bereich. über diese Probleme technischer Natur heraus erhebt sich die Frage nach der Anwendung phonologischer Gesamttheorien auf den tonologischen Objektbereich. Während die Ausführungen Trubetzkpys zu den "prosodischen Differenzierungseigenschaften" einen fragmentarischen Eindruck (bedingt durch die schwache Materialbasis der damaligen Zeit) hinterlassen und seiner eigentlichen, am segmentalen Objektbereich orientierten Phonologie-Theorie als aufgepfropft erscheinen (cf. 7), zeigen die Untersuchungen Pikes die konsequente Anwendung strukturalistisch-phonologischer Untersuchungskriterien für den tonologischen Analysebereich (z.B. Verwendung der Begriffe der Tonem-Opposition, emische Relevanz, Oppositionsfähigkeit, lexikalische Signifikanz, Neutralisierung des konditionierten Morphemwandels). In entsprechender Weise wird heute von generativen Phonologen versucht, Anwendungsmöglichkeiten von ursprünglich an nichttonalen Phonologiesystemen exemplifizierten Kriterien wie z.B. denjenigen der Natürlichkeit, psychologischen Realität, der linguistisch-signifikanten Generalisierung, der Prädiktibilität, der Simplizität, der Historizität phonologischer Regeln, der Merkmalhaftigkeit etc. auch in der Analyse von tonsprachlichen Phonologiesystemen zu finden. Zur Darstellung unserer Auffassung von Phänologie gehört insbesondere die Exanplifizierung anhand tonsprachlichen Materials solch elementarer Phänomene wie a) der Abgrenzung zentraler von peripheren Subsystemen (abgekürzt mit PEn = "phonologische Extensianssysteme" bezeichnet), b) des Darstellungsverraögens ein- und desselben Oberflächenphänarnens auf verschiedenen analytischen Ebenen ("Ebene" mit "L" = level bezeichnet), c) der Verknüpfbarkeit der in b) genannten unterschiedlichen analytischen Darstellungen mit Hilfe des "Regel"-Apparates (welche tiefenphonologisch zu einer begrenzten Anzahl sog. Komponenten quasi als typologisierten

4 Regel-Indizes führen), scweit sie allerdings nur für die hier untersuchten Sprachen von Belang ist. 2.

Gegenstand der Tonologieforsohung

Wir gliedern ihn in vier Bereiche: a) den experimental-phonetischen Bereich, b) die deskriptive Analyse von Tonsprachen und Tonsysteiren, entsprechend dem synchronischen Analyseaspekt und wie er den in 1. skizzierten analytischen Ausgangspunkten entspricht, c) die komparative und Rekonstruktionsanalyse von Tonsprachen und Tonsystemen, entsprechend dem diachronischen Analyseaspekt, und d) den tonogenetischen Analysebereich, der auf den Ergebnissen der drei erst genannten aufbaut und die Entstehung und Entwicklung von Tonsprachen untersucht. Dan experimentalphonetischen Untersuchungsbereich wird im Rahmen der Intonationsforschung von Seiten der Phonetiker zusehends Aufmerksamkeit geschenkt. Im einzelnen können tonologische Untersuchungen entsprechend der mit den erzeugenden, übermittelnden und empfangenden Merkmalen verbundenen Natur des Schallsignals eingeteilt werden. Solche Untersuchungen brauchen entweder den (ton-)emisch-analytischen und damit phonologischen Aspekt nicht zu berücksichtigen oder setzen ihn in Form einer Tonemisierung zumeist klassisch-strukturalistischen (d.h. vcm Gesichtspunkt der generativen Phonologie aus gesehen: oberflächennahen und nur die auffälligsten phonetischen Redundanzen eliminierenden) Zuschnitts voraus. Im Folgenden werden experimentalphonetische Untersuchungsergebnisse nur insoweit verwendet, als ihre Kenntisnahme in der Tat eine Bereicherung an phonetischen Wissen über tonsprachliche Phänomene bedeutet. Für die abstrakte tonologische Analyse ist die Erfahrungstatsache von Belang, daß das menschliche Ohr genau über die Perzeptions-Kapazität verfügt, die das neurologisch mit dem Ohr verbundene Gehirn zur "Interpretation" des Schalleindrucks befähigt (d.h. van Gesichtspunkt der analytisch-wissenschaftlichen Wiedergabe der Lautkette her gesehen auf der Basis einer geeigneten phonologischen Theorie, für welche u.U. Kriterien wie die der psychologischen Realität oder der linguistisch-signifikanten Generalisierung verbindlich sein können). Diese Fähigkeit kann sich jeder geübte und sich übende Sprecher-Hörer, der eine Sprache nicht als seine Muttersprache spricht, zueigen machen, auch wenn es Jahrzehnte in Anspruch nehmen sollte; ihre linguistisch-analytische Durchdringung führt zu

5

den "discovery procedures" (cf. etwa Samarin 1967, Collinder 1970) der sprachwissenschaftlichen Feldforschung. Die deskriptive Analyse gemäß b) der obigen Gliederung bildet den Gegenstand vorliegender Arbeit. Sie setzt eine empirisch umfassende Kenntnis tonetischer Manifestationen einerseits sowie das Vertrautsein mit einen bestürmten, primär phonologisch orientierten/entwickelten linguistischen "Paradigma" andererseits voraus. Arbeiten zum Thema Tonologie = Tonematik = Tonemizität erstrekken sich auf folgende Gebiete: 1) Inventarisierung tonanatischer Einheiten für Einzelsprachen, bezogen auf eine unterste kleinste Kontexteinheit (gewöhnlich "Silbe", wenn der semantische Gehalt ausgeschlossen, "Morphan"/"Monari", wenn er eingeschlossen werden soll), 2) Abgrenzung "sanantischer"/"lexikalischer" (d.h. Verwendung von Tonemen als konstituierenden Einzelteilen gewöhnlich als frei vorkortmend definierter kleinster semantischer Einheiten) von "granmatischen" Tönen (d.h. Verwendung tonematischer Einheiten zur Bezeichnung funktionaler Kategorien, welche morphologisch gesehen in einer mehr oder weniger stark amalgamierten Form mit den an sie gebundenen Lexemen oberflächenstrukturell auftauchen); Untersuchungen bezüglich ihrer beiderseitigen phonetischen Identität bzw. Nichtidentität; Untersuchungen bezüglich der syntaktischen Ränge, in welchen zur Bez. grammatischer Funktionen verwendete tonanatische Einheiten vorkamen; Untersuchungen zur Funktion der Töne überhaupt; Untersuchungen zur Verwendung von Tönen für expressive (ideophone/onomatopoetische) Lautgebung, 3) Phänomene der Tonemalternation in Abhängigkeit von der angewandten Phonologie-Theorie, d.h. Enumeration, Taxonanie und Klassifikation im Falle klassisch-strukturalistischer Methoden, dagegen im Fall einer generativ ausgerichteten Sprachbeschreibung der Versuch, Tonemalternationen als zugrundeliegende Prozesse mit Hilfe des Pegelapparates nachzuzeichnen, welche ihrerseits von irgendwelchen als universell gültig postulierten Prinzipien (den "formalen" und "substantiellen UniVersalien") abgeleitet werden, 4) Typologisierung von Tonsprachen. In Bezug auf diese vier Einzelgebiete ergibt sich in der Regel entweder eine primär auf die je einzelsprachlichen Tatsachen ausgerichtete bzw. von diesen auf allgemeinere phonologische/tonologische Analysekriterien auslaufende Darstellung (klass. Strukturalismus) oder eine auf der Basis als universell-

6

gültig subsumierter Kriterien resultierende Analyse mit dem Versuch der Anwendung auf einzelsprachlich vorgegebene tonologische Phänomene (gen.Phänologie). In Bezug auf die komparative und Rekonstruktions-Analyse bilden tonsprachliche Systane insofern einen Anreiz, als es um die Anwendung der Kriterien der Rekurrenz regelmäßiger phonemischer Entsprechungen und der Korrespondenz des Bedeutungsinhalts geht. Es spielt keine Rolle, ob diese Kriterien je nach Auffassung mehr oder weniger qualitativ oder quantitativ, deterministisch oder probabilistisch, deduktiv oder induktiv konzipiert und angewandt werden. Mit Ausnahme der asiatischen komparativen Tonforschung ist dieses Gebiet bisher zu kurz gekernten; zumindest was die Tonsprachen der sino-tibetischen Sprachfamilie betrifft, geht der komparative und rekonstruktive Analyseaspekt in denjenigen 2

des tonogenetischen über. 3.

Unterschiedliche Forschungsansätze bedingt durch regionale tonologische Besonderheiten und Materiallage

Die Form der Darstellung tonologischer Analysen innerhalb einer in sich abgeschlossenen Arbeit beabsichtigt keineswegs den Eindruck zu vermitteln, alle hier zum Thema Tonologie untersuchten Aspekte basierten auf einer in etwa gleichwertige analytische Qualität implizierenden Materialsanmlung. Wenn schon im segmentalen phonologischen Analysebereich bedingt durch die mannigfaltigsten Interpretationsauffassungen - bei welchen man innerhalb des klassischen Strukturalismus mit einem guten Dutzend rechnen darf - , zum Teil bemerkenswert heterogene Ergebnisse erzielt wurden, so darf man sich nicht wundern, wenn dieser Zustand im tonologischen Bereich wegen seiner zusätzlichen prosodischen/suprasegmentalen Dimension noch um einiges mannigfaltiger erscheint.Die Materiallage ist außerdem je nach den einzelnen Kontinenten, wo Tonsprachen gesprochen werden, stark verschieden. So stehen in der Forschung zu afrikanischen und amerikanischen Tonsprachen Beschreibungsprobleme im Vordergrund, einerseits wegen des Mangels bzw. Nichtvorhandenseins an schriftlichen Quellen, andererseits wegen der beträchtliche analytische Schwierigkeiten hervorrufenden Koppelung von Tönen an grammatisch-funktionale Inhalte in diesen Sprachen. Die heutige Materiallage zur Tonsprachenforschung wird in erheblicher Weise von der Verwendung spezifischer phonologisch-sprachwissenschaftlicher Analysemittel geprägt. In grober Vereinfachung gilt: 2.

Als relativ umfassende Darstellungen zu diesem Thema seien Mazaudon 1977 und Weidert 1979 zitiert.

7 Arbeiten von Mitarbeitern des Summer Institute of Linguistics basieren zu 95% auf der klassisch-strukturalistischen Tonem-Theorie Pikes;3 die in K.Pike 1948 vorgeschlagenen Analyse-Kriterien werden sklavisch befolgt. Auf dieser theoretischen Basis ist der Kenntnisstand über mexikanische Tonsprachen am grössten (Hauptpublikationsorgan UAL). Der Kenntnisstand über Nepal-TOnsorachen darf aufgrund der ca. 8-jährigen Tätigkeit des SIL in Nepal als gut veranschlagt werfen. Dagegen ist auf dem Gebiet der Neu-Guinea-Tonsprachen bisher nicht viel Brauchbares publiziert worden. Sporadische Arbeiten von Missionaren und Verwaltungsbeamten zum Thema Tonausprägung in Einzelsprachen auf den Kontinenten Asiens, Amerikas, Afrikas und des Pazifiks bereiten dem sprachwissenschaftlichen Benutzer keine Freude, da sie in der Regel bereits den ersten, d.h. nicht sprachwissenschaftlich vorgebildeten Grad von falschen Vorstellungen über das Funktionieren von Tonsystemen 4 widerspiegeln. Im einzelnen müssen angelastet werden: keine Verwendung des Phonemkonzepts, Nichtunterscheidung zwischen (dberflächenstrukturellen) Beobachtungsaussagen und theoretisch-abstrahierenden Allgemeinaussagen, grobe Hörfehler, Interpretation des Glottaistops als eines Tons in solchen Fällen, wo keine strukturelle Motivation vorliegt, Interpretation von Intonationsphänemenen als Ton-Phäncmene, Interpretation von Ton-Ausprägtangen als Akzent-Ausprägungen. Die in den letzten 20 Jahren von der Société d'Études Anthropologiques et Linguistiques (SELAF, Paris) herausgegebenen Publikationen französischer Autoren primär auf dati Gebiet der Afrikanistik sind für den sprachwissenschaftlichen Verwender am idealsten, da die in der Regel auf der ?lartinetschen PhonologieTheorie basierenden Arbeiten einerseits einen genügend hohen Abstraktionsgehalt haben, der für weitere, insbesondere typologische Aussagen gut ausgewertet werden kann, andererseits die phonetische Datenbasis hinreichend breit genug abgesichert ist, um derartige Abstraktionen zuzulassen. Derselbe positive Eindruck gilt auch von anderen, dem Analyseprinzip des klassischen Strukturalismus verhafteten Untersuchungen (siehe Beiträge in Zeitschriften wie IJAL, Language, Journal of Chinese Linguistics). 3 4

5

Die Ausnahmen stellen einige in den letzten Jahren im Duktus generativphonologischer Betrachtungsweise geschriebene Artikel dar. Die technischen, die bestehende sprachwissenschaftliche Materiallage einseitig auswertenden Urteile, die dann in eine anfechtbare und bei verbesserter Materiallage unmittelbar einleuchtende Falsifikation von Behauptungen über Tonsysteme führen, bezeichnen wir als zweiten Grad falscher Vorstellungen; cf. 32.-42. Letztere hat allerdings eine lange europäische Tradition und geht auf das prosodische System des Altgriechischen zurück; cf. unsere Kritik an Hockett,

lo.

8

Weniger gut zu benutzen sind alle der generativen Phonologie-Analyse nahestehenden Arbeiten; sie setzen zu ihrem Verständnis wenn nicht die Beherrschung der jeweiligen Sprachen selbst, so doch die Kenntnis der dazu erschienenen nicht-generativen Arbeiten voraus. Wie an verschiedenen Stellen auszuführen sein wird, hat dies vielerlei Gründe, besonders jedoch 1) die Eliminierung des Phonem-Begriffs (und damit des Tonen-Begriffs), 2) das Nichtkenntlichmachen der Regel-Art (handelt es sich um tiefenphonologische, oberflächennahe oder zwischen diesen beiden Ebenen ein Derivationsverhältnis bezeichnende Regel-Arten?), 3) die Verwendung distinktiver Merkmale, die bisher weder einzelsprachlich noch universell zufriedenstellend (und das heißt vor allem: zur Beschreibung einzelsprachlicher tonologischer Phänomene geeignet erscheinend) begründet werden konnten. Der Versuch, aus solchen Arbeiten eine Typologie von Tonsprachen abzuleiten, schlägt gewöhnlich fehl. Arbeiten, die lediglich tonetische Aussprachephäncmene unter Ausklanmerung des Versuchs einer tonematischen Durchdringung beschreiben, sind für unsere Analysezwecke in der Regel nicht zu benutzen. Dies beruht darauf, daß man van reinen Zuhören einer Sprache nicht entscheiden kann (weder Linguist noch kompetenter Sprecher-Hörer), ob a) eine Tonsprache vorliegt, und erst recht nicht ob es sich b) um ein

H-Tonsystem (Einstufungskriterium H = relative Tonhöhe) ,

R-Tonsystem (EinstufungsJcriterium R = Richtung/Verlauf der relativen Tonhöhe), bzw. Mischformen der beiden Einstufungskriterien handelt. Alle vor 1930 erschienenen tonologischen Arbeiten sind mit Vorsicht zu benutzen, da sie in das sog. präphonematische Analysestadium gehören und den idiosynkratischen Ausführungen der Autoren breiten Spielraum gestatten. Ausnahmen: Sog. monosyllabische asiatische Tonsprachen wie Chinesisch, Vietnamesisch, Thai, Burmesisch; z.B. bezeichnen alte Wörterbücher über diese Sprachen die Toneme durchaus korrekt, wobei das Idiosynkratische solcher Arbeiten sich in der Regel auf die Verwendung des Latein-Alphabets erstreckt, was kein Problem darstellt, wenn die einheimische Schrift daneben zitiert wird. Einer der ersten Europäer, der das tonologische System einer Tonsprache adäquat erfasste, ist der Portugiese Alexandre de Rhodes, dessen Vietnamesisch-Wörterbuch Dictionarium Annamiticum Lusitanum et Latinum 1651 erschien und dessen Akzentzeichen-System zur Wiedergabe der sechs Toneme des (Nord-) Vietnamesischen so konzipiert ist, daß es bis heute die einzig regelmäßige Form der Tonbezeichnung in der Orthographie geblieben ist; cf. Gregerson (1969: 176[46]) mit den Tonsymbolen und -bezeichnungen von de Rhodes und ihren Entsprechungen in drei modernen vietnamesischen Dialekten (alle R-Tonsysteme, cf. 61.) :

6

Der mißglückte Versuch des tonologischen Perzeptionskriteriums wird in 52. behandelt.

9

Hanoi Symbol de Rhodes high rising ' "acute-angry" 1 "smooth-rising" low rising

mid to high level mid level "chesty-raised" high rising broken glottalized "chesty-heavy" low constricted low level "grave-lowering" low falling low falling

unmarked "level" •*

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Vinh high rising glottalized mid falling high level

Saig&n high rising mid rising high ir.id level mid rising low level low falling

Wo keine einheimische Schrift vorliegt, gestalten sich die Dinge schwieriger. Beispiel für den Fall der irrtümlichen Annahme des Vorliegens eines T^nsystems ist die Behauptung von Grierson im Linguistic Survey of India C 1966), daß das austroasiatische Khasi eine Tonsprache sei: "Khassi possesses tones, like the other languages of the Mon-Khmer family, Tai, and Chinese. The accurate representation of these in writing has not yet been consistently provided for, though they are distinctly differentiated to the ear. One tone, however, the abrupt, is expressed by the use of h after the vowel..." Thai und Chinesisch gehören natürlich zu einer anderen Sprachfamilie; und die h-Graphie nach dem Vokal zur Bezeichnung des Glottalstops, der mit den nichtvorhandenen Tönen des Khasi evidentermaßen nichts zu tun hat, sowie die falsche Schlußfolgerung Griersons ist gerade der Beweis für die Vorsicht, die man bei der Auswertung solcher Quellen walten lassen muß. Beispiel für das im Prinzip richtig erkannte Tonsystem einer Sprache mit nachträglicher restloser Verhedderung in der Einzelwiedergabe des Materials ist die Sema-Naga-Analyse nach Bor/Hutton 1927. Sie erkennen richtig, daß es sich um ein 3-Tonem-H-System handelt urd geben die Töne mit ] "hoch, mitte, tief" wieder. Die dann zitierten Wörter sind schon insofern falsch, als die Autoren nicht erkannten, daß die nichtfinalen Silben ebenso wie die finalen ihren eigenen Ton besitzen; die in Finalsilben vorkommenden Tonbezeichnungen sind zumeist falsch, wie folgende Liste beweist (/l/ = untere, /3/ = obere Tonhöhe): Bor/Hutton: korrekt: 2 • a~zhi 'beer' 1 1v • a-zhi 'blood• v 1 1 • a_zhi 'rat' 'a'zi apu-ku 'bridge' ^ k u ' p u [sic!] 2 2 apu_ku •leg' a pu 3 khu 2 apu_ku •hoe' sm 1 ku 1 phu 2 2 a_pi •body' a phi 1 1 a~pi •cloth' a phi a_la [richtig!] •path' Via Der traurigste Beitrag auf dem Gebiet tonologischer Sprachforschung ist die in den letzten zehn Jahren herausgekatmene Serie "Phonetic Reader Series" des Central Institute of Indian Languages, in welcher sich eine Reihe phonetischer Beschreibungen von in Indien gesprochenen tibeto-birmanischen Tonsprachen (zumeist Kuki- und Nagasprachen) befindet.Eine derartige Darstellungsweise muß als

10 amateurhaft 7 eingestuft werden und verdient nicht das Prädikat "beobachtungsadäquat". 4.

Tonologisahe

Analyseeinheiten

Wir werden in den folgenden Ausführungen die allganein gebräuchlichen Termini technici nach Möglichkeit beibehalten; einige werden im Rahmen der technischen Prämissen strenger als allgemein üblich eingeengt. Der Terminus "Tonern" als einer dem Terminus "Phonem" äquivalenten Bezeichnung der grundlegenden suprasegmentalen anisch-analytischen Einheit gilt zur Bezeichnung einer I^-analytischen (d.h. auf die mittlere von drei für die Analyse vorrangig interessierenden Ebenen) Darstellungseinheit (deren Ermittlung und Postulierung durch gewisse Kriterien wie Eliminierung von phonetischer = L1-Redundanz usw. erfolgt). Die Bezeichnung "(das) Ton" als einer dem "Phon" äquivalenten Darstellungseinheit des tonetischen Bereichs ist nicht gebräuchlich; wir sprechen von "tonetischer Realisierung". Die Bezeichnung "Morphotonem" analog zu "Morphophonem" kennt in der Literatur vor; im nicht eine unbeabsichtigte Analogie zu der klassisch-strukturalistischen Verwendung dieses Terminus aufkommen zu lassen, werden wir von den tiefenstrukturellen Einheiten innerhalb des phonologischen o Ebenen-Kontinuums nur als von "L^-Tonemen" sprechen. Folgende Termini und Ausdrücke gelten, wenn nicht anders gesagt, als an ihre jeweilige Analyseebene gebunden: L.-Darstellung: tonetisch, tonetische Realisierung, beobachtbar, Oberflächenstrukturen . Verwendung eckiger Klartmern [ ]. L,-Darstellung: Tonern, Silbe, Konturem, nicht-beobachtbar, nicht-theoretisch. Verwendung von Schrägklammern //. L_-Darstellung: L^-Tonem, L^-Silbe - Morpho-Silbe, tiefenstrukturell, tiefenphonologisch, theoretisch, zugrundeliegende Form. Verwendung senkrechter Klanmem | |. und L^ gleichermaßen umfassend "Realisationsregel": im Bereich zwischen L 2 und L^ sich abspielend "Mutationsregel": im Bereich zwischen L, und L_ sich abspielend. 7 8

Cf. auch das Lotha-Naga Beispiel in 34. und 35. Für ihre Postulierung und Darstellung gelten andere Kriterien als diejenigen, die zur Aufstellung abstrakter tonologischer Einheiten auf L2~Ebene führen; cf. vor allem die Ausführungen 54.-64.

11 5.

Die Definition von "Tonsprache" nach Pike und Weimers

Die klassisch-strukturalistische Definition von "Tonsprache" ist die von K.L. Pike (1948:1): "A tone language may be defined as a language having lexically significant, contrastive, but relative pitch on each syllable."

Un als Tonsprache klassifiziert werden zu können, ist die Relevanz dreier Kriterien nachzuweisen: lexikalische Signifikanz, Oppositionsfähigkeit und die relative Tonhöhe. Alle drei sind auf die kleinste phonologische Einheit bezogen, unter welcher sich Sequenzen von Phonemen zu einer kohärenten und konsistenten Struktur zusaimenfinden, nämlich auf die Silbe. Pike macht nicht klar, wie das Silbenkonzept in seiner tonologisehen Theorie aufzufassen ist; die Analysen seines Buches lassen keinen Zweifel daran, daß er die drei Kriterien als für sämtliche phonologische Analyseebenen Gültigkeit beanspruchend und damit auch das Konzept "Silbe" als allgemeine, für sämtliche Analysebelange in Frage könnende Sequenz-Einheit auffasst. Es ist verständlich, wenn eine derartige, die Gültigkeit des Silbenbegriffs als selbstverständlich voraussetzende Auffassung von denjenigen Phonologen als susoekt betrachtet wird, die mit dem 9 Silbenbegriff in der phonologischen Analyse nichts anfangen können; was allerdings nicht gravierend ist, da solche Phonologen nur Beispiele aus nicht-tonalen Sprachen benutzen, um die Uberflüssigkeit/Nutzlosigkeit/Unbrauchbarkeit des Silbenbegriffs zu beweisen. Andererseits ist die Gültigkeit der Pikeschen Tonsprachendefinition durch die Entdeckung solcher Sprachen angezweifelt worden, deren suprasegmentale tonologische Einheiten sich über längere Sequenzen als die 10

einer einzigen Silbe (cf. Weimers 1973, 4.22 für Kpelle) oder insgesamt sich nur über eine einzige Silbe erstrecken (Weimers 1973, 4.19 für Wäpä). Den analytischen Konsequenzen von Pikes Definition wird in 11. nachgegangen. Die Revisionsbedürftigkeit dieser Definition bezieht sich nicht nur auf mit in die Definition einzubeziehende, in den letzten 20 Jahren hinzugewonnene tonologische Daten, sondern auch auf einen fundamentalen Irrtum von praktischer Relevanz, der die tonologische Basis seiner Definition betrifft, cf. 52. öm die starke Einschränkung "auf/über jeder Silbe" in Pikes Definition abzuschwächen, hat Weimers (1959:2) folgende Definition vorgeschlagen: "A tone language is a language in which both pitch phonemes and segmental phonemes enter into the composition of at least some morphemes." 9 10

Cf. z.B. die Kohler-Fudge-Kontroverse; Kohler1966a,1966b, vs. Fudge 1969a. Gute Diskussion darüber z.B. bei Mazaudon 1973 für Tamang.

12 Nach gängiger Auffassung unter Afrikanisten erlaubt es diese Definition, zusätzlich zu Morphemen, die sich sowohl aus segmentalen und suprasegmentalen Phonemen zusanmensetzen und in Tonsprachen die Regel darstellen, Morpheme zu unterscheiden, die entweder nur segmental oder nur suprasegmental zusanmengesetzt sind.^ ^ Hinsichtlich seiner analytischen Konsequenzen läuft diese Definition auf die gleichen Beanstandungen wie bei Pikes Definition hinaus (dies betrifft vor allen die implizite Unterstellung, tonologische Phänomene seien in gleicher Weise für alle phonologischen Analyseebenen charakteristisch). Zusätzlich ergibt sich ein schwerwiegendes phonologisches Probien: wie hat man sich auf der Basis des Saussureschen Begriffs des Sprachsystems, "oü tout se tient", das Zusammenwirken von segmentalen phonologischen Einheiten einerseits und suprasegmentalen Einheiten andererseits vorzustellen? Es widerspricht dem Saussureschen Systembegriff, wenn man zusätzlich zu den segmentalen relevanten Einheiten eines phonologischen Systems die Relevanz von ebenfalls noch in demselben Sprachsystem vorkatmenden suprasegmentalen relevanten Einheiten nur für einige Positionen in der phonotaktischen Kette anninmt und nicht für sämtliche van Sprachsystem dafür vorgesehenen und analytisch für die überwiegende Menge der iforpheme auch nachgewiesenen Positionen (d.h. unseren intuitiven Vorstellungen über das Funktionieren von Silbenstrukturen entsprechenden Zusammensetzungen von Phonemen und Tönernen). Die Diskussion über diese Auffassung führt zwangsläufig zu Betrachtungen darüber, welches Maß an Regelmäßigkeit bzw. Unregelmäßigkeit in der phonologischen Analyse (noch) zulässig ist. Eine andere Konsequenz der Tonsprachendefinition von Weimers (die die generative Phonologie nachhaltig beeinflusst haben dürfte) liegt in der Trennung von "segmental phonanes" auf der einen Seite und "pitch phonemes" auf der anderen. Sie führt zu einer dualistischen Auffassung über simultan ablaufende, voneinander separate, hie phonologische, da tonologische Prozesse, die erst im Verlauf zur Oberflächenableitung miteinander in Berührung treten und sich in bestinmten charakteristischen Weisen beeinflussen können. Die Reinform dieser tonologisehen Konzeption findet sich in Arbeiten wie den von Clements, Leben und Ford (sog. autosegmental theory of tone). 11

In letzterem Fall spricht man auch von "Tonmorphemen", "tonal morpheme" = significant unit of tonal morphology, cf. A.T.Cope 1970:112. Der Typ der tonalen Morpheme ist in afrikanischen Tonsprachen häufig.

13 6.

Die autosegmentale Ton-Theorie

Die Theorie von der vollständigen Losgelöstheit tonologischer von segmentalen Darstellungs-Parametern ("autosegmental theory of tone") ist von Tonologen wie Goldsmith, Clements, Ford, Leben und Haraguchi entwickelt und anhand von afrikanischen Tonsprachen und dem Japanischen erläutert worden. Das in der Tonsprachendefinition von Pike implizit unterstellte Beziehungsverhältnis zwischen Ton und tontragenden segmentalen Einheiten ist als 1:1-Verhältnis zu kennzeichnen, welches in Form des beidseitigen Äquivalenz-Pfeils in der Formel t^ -
- S^

(t = Ton, S = Silbe) adäquat zum Ausdruck gebracht wird. Die autosegmentale Ton-Theorie geilt dagegen von der Idee aus, daß kein konstantes Beziehungsverhältnis zwischen Ton und tontragenden Einheiten zugrundegelegt werden sollte. Im Normalfall stehen sich tonale Einheiten und nicht-tonale Segmente, die bereits zu tontragenden Einheiten ("tone-bearing units") gruppiert sind, in ihrer jeweiligen Darstellungskette unassoziiert gegenüber, z.B.: T

T

T

T

T

T

T

T

T

T

"where each T designates a tone-bearing unit, each T a tone, and brackets de12

marcate domains" (Clements/Ford 1979:181).

Die Beziehungen, in welche Töne

und tontragende Einheiten eintreten können, ergeben sich aufgrund von Tonassoziationsregeln und Wohlgefonrrtheitsbedingungen: "The initial tone association rule(s) enter associations between single tones and single tone-bearing units, leaving other tones and tone-bearing units unassociated. Associations among the latter are governed by a set of principles of well-formedness which are hypothesized to be language-independent. These principles have the following effect: every tone is associated with at least one tone-bearing unit; every tone-bearing unit is associated with at least one tone; and no association lines cross." (Clements/Ford 1979:182)

Die Wohlgeformtheitsbedingungen, von Clements/Ford 1979 als drei "conventions" dargestellt, kann man sich in ihrer Anwendung rein mechanisch vorstellen, d.h. sie sorgen dafür, daß die vollkommen hergestellten Assoziationsbeziehungen 12

Formelhaft könnte diese Auffassung mit T m - [äwä]

[äbä]

/äwä/ —»- [äwä]

In diesem Beispiel stehen /p/, /b/ und /w/ stellvertretend für die Klasse stinmloser Plosive, stiimihafter Plosive scwie der Sonoranten. In /aba/ und /awa/ setzt sich ein Teil des in der ersten Silbe begonnenen Tieftons in Form des Beginns der tief-steigenden Kontur der zweiten Silbe fort. Ebenso breitet sich in /apa/ und /¿via/ der Hochton in Form des Beginns der hoch-fallenden Kontur auf der zweiten Silbe aus. Stimmlose Verschlußlaute blockieren also die Ausbreitung 53

Hier interessieren uns nur Probleme der Phonologisierung dieses Übergangsstadiums anhand heute gesprochener Sprachen, cf. die Analysen 81.-84., cf. auch die Ewe-Analyse bei Weimers 1973, 4.28.

72

des Tieftons, stimmhafte blockieren diejenige des Hochtons, und Sonoranten lassen die Ausbreitung beider Töne durch sie hindurch zu. Man sagt, /p/ sei impermeabel für Tiefton bzw. permeabel für Hochton, /b/ inpermeabel für Hochton bzw. permeabel für Tiefton. Weitere Standard-Beispiele cf. Hyman 1973 und Schuh 1978a. 24.

Abhängigkeit zwischen Ton und nachfolgendem Konsonanten (Kachin)

Diese Art von Abhängigkeit ist im Gegensatz zu 23. unbewiesen, da bisher keine einzige Sprache mit der behaupteten Entwicklung von einem finalen Stimnhaftigkeitskontrast von Verschlußlauten unter nachfolgendem Verlust nebst Phonemisierung der durch den Kontrast verursachten unterschiedlichen Tonhöhenkonturen gefunden wurde. Hanbert/Ohala/Ewan (1979:49) berichten zwar, daß Vokale vor stinmlosen Konsonanten kürzer sind als vor stimtihaften, doch ist ein dadurch bedingtes unterschiedliches Tonausprägungspotential nicht nachzuweisen. Dagegen wird in Maran 1971 behauptet, zumindest in einigen Dialekten des Kachin (Jinghpaw) sei die tonematische Ausprägung der Silben voraussagbar, indem sie von der artikulatorischen Natur des silbenauslautenden Konsonanten ab54 hängt. Es würde sich also um das Zwischenstadium eines auf dem Weg zur Tonsprache sich hin entwickelnden Systons handeln, weil beide phonetische Konponenten, nämlich der Tonhöhenverlauf und der dazu gehörige finale Konsonant, akustisch identifizierbar/hörbar sind. In den Fällen, wo der behauptete emische Unterschied des finalen Konsonanten schon nicht mehr hörbar ist, d.h. wo nur noch die Tonhöhe die Silben voneinander unterscheiden kann, setzt Maran gerade den segmentalen Unterschied in der Tiefenstruktur an und leitet ihn mit Hilfe geeigneter Regeln in einen suprasegmentalen der Oberflächenstruktur über. Genauer gesagt gipfelt Marans Arbeit bezüglich des Entstehens von Tönen im Kachin in der Behauptung, daß die tonetische Kennzeichnung jeder Silbe sich redundant aus den Vorhandensein oder Nichtvorhandensein zweier postvokalischer Elemente [h] und [h] (nach Art der generativen Phonologie in Form eines distinktiven Merkmals [± raised] angeordnet) ergibt. Wenn kein postvokalisches Segment vorhanden ist, ist die Silbe mit der Tonhöhe bzw. dem H-Tonem zu identifizieren, welches bei Maran unbezeichnet gelassen wird und welchem wir den 1 2 2 tonemischen Wert / / innerhalb eines dreistufigen H-Tonsystems (/ / tief, / / 54

Cf. auch die ausführliche Behandlung des Problems bei Mazaudon (1977:67-76), die es nicht wagt, die (muttersprachliche) Autorität Marans anzuzweifeln.

73 3

mitte, / / hoch) zuweisen. Ein postvokalisches Segment [h] hat die Merkmalspezifikation [+raised] und bewirkt die Realisierung in Ton [3], während [h] mit der Spezifikation [+lcwered] oder [-raised] die Realisierung in Ton [^] bewirkt. Was in unserer Interpretation als tonemisch/tonetisch minimale Paare der Form /1CV/

/2CV/

/3CV/

ausgedrückt würde, erscheint demzufolge als /CVh/

/CV/

/CVh/

bei Maran. Gleiches gilt für Silben mit finalen Nasalkonsonanten und Halbvokalen (= diphthongische Verbindungen): Was bei uns als tonanisch/tonetisch minimale Paare der Form /1CVN/

/2CVN/

/3CVN/

[N = Nasalkonsonant]

ausgedrückt wird, erscheint als /CVhN/

/CVN/

/CVhN/

bei Maran. Bei finalem Halbvokal rückt Maran die beiden h und h jedoch (inkonsequenterweise) ans Ende der Silbe, z.B. duih 'sweet1. Bei Silben mit finalem Plosiv (welche phonetisch scwohl tief in [ 1 ] als hoch-tonig in [ 3 ] erscheinen können), nützt Maran die durch die lateinischen Buchstaben implizierte Stinmhaftigkeitsopposition (p/b) zur Bezeichnung der Realisierung der Silbe mit 1 3 entweder Ton / / oder Ton / / aus: Was bei uns als tonemisch/tonetisch minimale Paare der Form /.1CVP/

/3CVP/

[P = /p t k/]

ausgedrückt wird, erscheint als /CVB/ [B = /b d g/]

vs.

/CVP/ [P = /p t k/] bei Maran. Unangenehm für Maran ist der Glottalstop, welcher ebenfalls in Ton / V und / 3 / realisiert wird. Dazu führt er für solche Silben, die bei uns in 1

der Form / CV7/ ausgedrückt werden, einen durchgestrichenen Glottalstop ein, = /CV/; für Silben der Form /3CV7/ genügt es, einfach /CV7/ zu schreiben. Un welche Segmente handelt es sich bei [h] und [h] laut Maran? Sie werden einmal als "back glides" (1971:167), das andere Mal als "continuant glides" (173) bezeichnet. Dazu ist zu sagen, daß h ein normaler Hauchlaut ist, der in unserer phonologischen Darstellving nur am Silbenanfang vorkamen kann und der auf das tonale Verhalten der Silbe nicht den geringsten Einfluß auszuüben vermag. In Silben mit initialem h- vermag demzufolge auch jeder beliebige Ton erscheinen. Bezüglich h stellt Maran fest:

74 "The postvocalic h has several phonetic characteristics; articulatorily, it is very heavily aspirated with the tongue-root somewhat lowered and backed against the pharyngeal wall. The vocal bands are fully spread in this configuration and the friction created by the radix against the pharygeal wall almost makes h a strident sound, however, its nonsonorant but continuant nature is quite decidedly clear. Furthermore, this contrast of the glide h agrees with the paradigm for the voiced and unvoiced stops. (Maran 1971: 173) .

Damit hat Maran nichts anderes als eine artikulatorisehe Charakteristik finaler Vokale unter Ton f1/ gegeben. Die Anfangsenergie, die beim Ausstremen des Luftstrans die Stimmlippen zum Vibrieren bringen und bei richtiger Zungenlage, Kieferstellung und Mundöffnungsgrad phonetisch irgendeinen Vokal erzeugen kann, niuntt bei fortwährender Dauer des Vokals sehr schnell ab, sodaß der Fall eintreten kann, daß die Stinmlippen nicht mehr vibrieren, aber der pulmonische Luftstram irritier noch nachfließt; dieses Nachfließen macht sich akustisch in Form von Aspiration bemerkbar (je sorgfältiger und langsamer die Aussprache, um so mehr Aspiration wird hörbar). Dies erklärt die Aussage "very heavily aspirated" in obigem Zitat. Die Tatsache, daß der Zungenrücken etwas gesenkt wird und daß "the vowel bands are fully spread", ist jedoch direkt auf die niedrige Frequenz des Tons / V im Vergleich zu den beiden höheren Tönen zu beziehen. Das, was wir als Fallen der Stirrme in Ton / V bezeichnen und damit als perzeptive Charakteristik eines Tons ausdrücken, wird bei .Maran umgedeutet als phonetische Charakteristik einer segmentalen Einheit [h]. Auf der Basis eines derartigen Erklärungsversuches können sämtliche Tonsprachen durch die Einführung geeigneter postvokalischer Segmente, die im Fall von Sprachen mit relativ wenigen Tönen durch ein oder zwsi distinktive Merkmaloppositionen binarisiert werden, auf einer abstrakten phonologischen Darstellungsebene als Nichttonsprachen dargestellt werden. Marcin verficht semit eine extreme Position, die kein Phonologe jemals vertreten hat. Die Konsequenz wäre, daß es keine Tonsprachen gäbe. Hat man einen längeren Einblick in das Gefüge von Tonsprachen gewonnen, kenmt einem eine solche Darstellung als völlig widernatürlich (um nicht zu sagen absurd) vor. Merkwürdigerweise gelingt es nicht, die Marans che Darstellungsweise klipp und klar mit Hilfe von phonetischen und/oder phananisehen Kriterien zu widerlegen. Phonetisch läßt sich einwenden, daß die artikulatorische Charakteristik von postvokalischem [h] und [h] bei weitem übertrieben ist, um glottale und pharyngale Vorgänge, die mit anderen im Mundraxm ablaufenden artikulatorischen Vorgängen konkcmitant sind, in Form eines eigenen Symbols

75

auszudrücken. Hier würde also ein Verstoß gegen Kriterien wie Hörbarkeit und damit Beobachtbarkeit vorliegen. Als phonemisches Argunent kann eingewendet werden, daß für phonatiische/L^- ebenso wie tiefenstrukturelle/L^- bzw. systeirBtisch-phonemische Darstellungen in der Regel immer ein Mittelweg eingeschlagen wird, indem die bezeichneten Einheiten sowohl artikulatorische wie akustische und perzeptive Charakteristiken reflektieren. Infolge der einseitigen Bevorzugving von rein artikulatori sehen Charakteristiken kann man phonemisch gesehen von einem Verstoß gegen das Prinzip der explanatorischen Relevanz sprechen. Es nützt nichts, dieses Erklärungsschema auf irgendwelche Dialekte des Kachin zu beschränken. Sämtliche bisher studierten Dialekte des Kachin sind von unserer Sicht aus 3-Tonem-H-Systeme, gleichgültig, ob es sich um den Standard-Dialekt, den Gauri-Dialekt oder den in Assam gesprochenen Dialekt handelt (cf. auch 76.). 25.

"Consonants Affeot Tone, But Tone Does Not Affeat

Consonants"

DerVersuch, die Tonverhältnisse des Kachin in ein Gegenbeispiel für die von Hyman und Schuh (1974:108) aufgestellte Hypothese "consonants affect tone, but tone does not affect consonants" umzudeuten, muß als Fehlschlag gewertet werden. Schuh (1978a:224f.) erwähnt Maddiesons diesbezügliche Interpretation des Kachin (vermutlich auf der Materialbasis von Maran), wonach sich im Verbalparadigma angeblich eine Konsonantengeminierung beim Übergang von CVP-Silben zur Verbalpartikel /2ai/ ereignet. Dabei soll der gelängte Konsonant unter tiefen» Ton (= /1/) stimmhaft, unter hohem Ton (= /3/) stiirmlos sein, cf. yäk

'difficult'

yäggai

'it is difficult'

cät

'tight'

cättai

'it is tight'.

Von einer Konsonantengeminieruxig kann jedoch keine Rede sein, zu schweigen von der nichtexistenten Sonoritätsassimilation der Konsonanten an die Töne. Obige Beispiele lauten tatsächlich wie folgt (cf. auch die Bemerkungen Thurgoods 1980:211f.) : / J yak/

und

/ J yak 2 ai/

/ 3 cat/

-und / 3 cat 2 ai/

[yak

ai] - [yaK1 ai]

(^ schnelle Aussprache,

kaum hörbare Sprengung des Verschlusses) [tsat' ? äi]

76 26.

Zentraltibetisohes "Gegenbeispiel"

Aufschlußreich für (a) das Ineinandergreifen verschiedener phonologischer Analyseebenen und (b) die Möglichkeit, ein Gegenbeispiel zu der Hypothese "consonants affect tone, but tone does not affect consonants" zu konstruieren, ist folgendes Beispiel eines den Lhasa-Dialekt sehr nahestehenden zentraltibetischen Idiolekts. Die Vorausinformation lautet, daß es sich um eine morenzählende Silbenstruktur handelt (also nur die beiden syllabischen Realisationsmöglichkeiten [CV] und [CW] = zeitlich identisch mit [CVC]), und daß zwei Tonkonturen dazu definiert werden können, deren Realisation von der Länge der Moren abhängig gemacht werden kann. Z.B. wird der tief-steigende Ton akustisch als ganz kurz steigende Tonbewegung über kurzen CV-Moren (cf. [mj,] 'Mensch') und als sich auf die Einzelmore verteilende Tonbewegung (1. Bestandteil tief, 2. Bestandteil steigend) im Fall von langen CW/CVC-Moren realisiert (cf.[dei>] 'Matte', [jee] 'Baumwolle'). Untersucht man die konsonantischen Anlaute unter Berücksichtigung der jeweiligen Töne, lautet das Ergebnis, daß von den in insgesamt drei phonetische Ähnlichkeitsklassen einzuteilenden Plosiven und Affrikaten p ph b

t th d

t th

k

ts

kh

tsh

d

g

dz

ts täh

ky khy gy

die stirtmlos-nichtaspirierten Konsonanten nur in Moren mit hohem Ton, die stinmhaften Konsonanten nur in Moren mit tief-steigendem Ton, und die aspirierten Konsonanten in beiden Tönen vorkaimen können. Die Ausnahmen beziehen sich auf zweisilbige Lautgruppen: Stirrmhafte Konsonanten karmen im hohen Ton in der finalen Silbe, und stinmlose Konsonanten im Tiefton ebenfalls in der finalen Silbe vor (cf. [soogo7] 'Kartoffel', [;reepaa] 'platzen'). Diese Ausnahmen sind jedoch keine schwerwiegenden, denn (a) im Fall zweisilbiger Ncmina und Adjektive tritt Neutralisation des Tons bei zweisilbigen Strukturen ein, indem grundsätzlich der hohe Ton erscheint, (b) im Fall der Verben wird automatisch die Verbalpartikel [paa] - [waa] an den monosyllabischen Verbalstarrm angehängt (cf.

[thenpaa]

'ziehen',

[yerwaa]

leihen', [tsixpaa] 'bauen', [barwaa] 'brennen, intransitiv'), andere Vörkarmnisse von stinmlosen Konsonanten mit tieftoniger Ausprägung gibt es nicht, und (c) die Druckakzentverhältnisse sind derart, daß die erste Silbe von zweisilbigen Vtörtern betont wird, der Akzent somit das eigentlich bedeutungstragende Element hervorhebt (also ['nüqmä'] 'Zuckerrohr', [soogö7] 'Kartoffel').

77

In den Fällen (a) und (b) ist also die T,tortklassenahhängigkeic zu berücksichtigen, und in allen drei Fällen weisen die Druckakzentverhältrisse auf die Gewichtigkeit der ersten Silbe, in welcher die oben formulierte Abhängigkeit zwischen Ton und Konsonant ausnahmslos gilt, hin. Da an der perzeptiven Identifizierbarkeit aller tonalen Ausprägungen (und zwar hohe und tief-steigende Töne als "normale" Tonrealisationen und hoch-fallende und tief-ebene Töne als entweder an bestürmte zusätzliche artikulatorische segmentale Merkmale oder an bestürmte Ttort-/.Menem-Klassen gebundene besondere Töne) nicht gezweifelt werden kann, drängt sich in diesen Fall das Abhängigkeitsverhältnis Ton zu initialen Konsonanten auf. Als merkmalloses Glied einer binären Tonopnosition hat der hohe Ton zu gelten, und infolge des Fo~Abfalls, der zur Realisation eines tiefen Tons unbedingt erforderlich ist, werden die rhonemisch als stimmlos einzustufenden Konsonanten stimrihaft (z.B. /p/ = [b] unter Tiefton). Eine derartige phonologische Interpretation basiert auf zweierlei Prämissen: Erstens wird davon ausgegangen, daß die tonologische Opposition gegenüber der Sonoritätsonposition der Plosive und Affrikaten phonemisch gesehen primär ist. Eine genauere phonemische Begründung bleibt allerdings zweifelhaft, da ein überzeugendes Kriterium für diesen Zusammenhang nur aus historischen Daten gewonnen werden könnte. In diesem Fall besagen die historischen Daten genau das Gegenteil, inden die Sonoritätsopposition als primär vorhanden und die Entwicklung von Tonoppositionen als von dieser abhängig erweisbar ist. Zweitens kann dieser Interpretationsversuch nur erfolgen, wenn der Zusaitmenhang zwischen Ton und Konsonant entgegen den Satz "Consonants affect tone, but tone does not affect consonants" a priori als nhonetisch möglich unterstellt wird. Gerade diese rhonetisch zwingende Abhängigkeit der Sonoritätsonposition van Ton erweist das tibetische Beisniel jedoch nicht; da es keine stützenden Beispiele aus anderen Sprachen gibt, ist die zwischen Tönen und Anfangskonsonanten implizierte phonetische Redundanz in phonenischer Analyse in anderer Weise zu interpretieren. In jener Interpretation wird der bestens bestätigten Hypothese "consonants affect tone, but tone does not affect consonants" stattgegeben und die Sonoritätsopposition initialer Konsonanten als Lj-analytisch relevant zugrundegelegt, sodaß die Tonausprägung als L^-derivierbares Phänomen beschrieben werden kann. In anderer Form wird bei Kjellin 1975 für LhasaTibetisch ebenfalls eine nicht-tonal spezifizierte Tiefenstruktur postuliert.

78 Eine Übertragung dieses Interpretationsversuchs für andere tibetische Sprachen wie den Bumthang- und Kurtev-Dialekt des Bhutanesischen entfällt schon deshalb, weil die jeweiligen Konturverlaufe akustisch weniger 'scharf' ausgeprägt verlaufen als im Fall des Lhasa-Tibetischen, wo die frequenzmäßigen Abstände zwischen den Tönen einerseits sowie ihrer FQ-Realisation an verschiedenen Stellen des Syntagmas andererseits bemerkenswert konstant, also typisch für eine zumindest auf asiatische Verhältnisse bezogene Tonsprache sind. In den Fällen der Bhutan-Sprachen ist somit der Zusanmenhang zwischen tonalen Ausprägungen und der diese konditionierenden initialen Konsonantenoppositionen phonetisch noch unmittelbar einleuchtend. 27.

Abhängigkeit zwischen Ton und nachfolgendem Laryngal

Die Abhängigkeit der FQ-Ausprägung bedingt durch nachfolgende Laryngallaute ist phonetisch ein wohlbekanntes Phänomen. Beispiel: Hcribert/Ohala/Ewan (1979:48) mit der Darstellung einer Versuchsreihe mit Sprechern des Arabischen. Untersucht wird die Abhängigkeit von F q vor postvokalischen [?] und [h]. Das Ergebnis lautet: F Q steigt mindestens 9 Hz vor [ ? ] und fällt mindestens 25 Hz vor [h]. Auch wenn diese FQ-Veränderungen nachweisbar von anderen Sprechern perzeptiv identifizierbar sind, liegen im Falle des Arabischen noch nicht Verhältnisse vor, welche als perzeptiv konstant einzustufen sind, frequenzmäßig oberhalb einer minimalen Perzeptionsschwelle liegen und damit die Voraussetzung für eine phonologische Reinterpretation bilden könnten. Im Falle des Boro ist dieser Schritt bereits erfolgt, doch prägt sich die andersartige FQ-Kontur bedingt durch das Vorhandensein von [?] erst in der nachfolgenden Silbe aus, cf. 81. im Tzotzil-Dialekt von San Bartolo5^ hat (als einzigem von allen anderen Dialekten des Tzotzil ebenso wie dem nahe verwandten Tzeltal) die frequenzmäßige Beeinflussung von postvokalischem und vor auslautendem Konsonanten erscheinenden [h ] ein Absinken von F q nebst nachfolgender Phonologisierung zu Tiefton bewirkt, sodaß das synchrone Lautsystem aus einer Zweitonem-Opposition (unter Entwicklung aller anderen, kein postvokalisch-präkonsonantisches [h] enthaltenden Silben zu Hochton) besteht. 55

C f . Kaufman

1972:84-88.

79

Beispiele:

Proto-Tzotzil:

San Bartolo:

Entwicklung zu Hochton: 'león'

*cox *hul

yul

•llegar*

*hu?

yú? / na

'ser hecho'

*nah *nAh

no

'hilo'

*pat

(s)pát

'espalda'

*hec

hec

•asi1

*c 1 uhm

c 1 um

'ayote'

«lahx

Iah

'terminar'

*cihx

cih

'venado'

*pohp

pop

'petate'

*k'ahk'al

k'àk'al

'sol, dia'

* ohb'al

'ob'al

'tos'

*mahliy

(s)màli

1

r

'casa'

Entwicklung zu Tiefton:

,

esperar'

Was Marans postvokalische Segmente [h] und [h] für Kachin betrifft, die ebenfalls als Laryngallaute einzugliedern sind, so ist ihre Existenz infolge mangelnder Beobachtbarkeit als ungesichert abzulehnen, cf. 24. Die Sprachhistoriker sind sich sicher, daß vor der registermäßigen Differenzierung der 3-Tonem-Systane des Chinesischen, der Tai-Sprachen und des Vietnamesischen bedingt durch die Stinrrihaftigkeitskorrelation der silbeninitialen Konsonanten ein Entwicklungsstadixm vorangegangen sein muß, in welchem die Tö56 ne selbst erst durch mindestens einen finalen Laryngal entstanden sind. 28.

Abhängigkeit zwischen Ton und Vokalhöhe

Zwar ist der Zusammenhang "Je höher der Vokal, umso höher die Tonhöhe" in der phonetischen Literatur wohlbekannt;"^ doch ist bisher kein einwandfreies einzelsprachliches Beispiel, gemäß welchem die Vokal höhe eine differenzierende Wirkung auf die Ausprägung von Tönen ausüben würde, beschrieben worden. Einfachstes Beispiel einer solchen "Ton"-Sprache wäre ein Drei-Vokal- und Zwei56

57

Diese Möglichkeit der tonalen Entwicklung unter Ansetzung von zwei Laryngalen *- ? und *-h wird in Weidert 1979 zu einem Rekonstruktionssystem tibeto-birmanischer Sprachen ausgenutzt. Cf. zusammenfassende Bemerkungen bei Ohala, John J., "Production of Tone", in: V.A.Fromkin (ed.), 1978:29f. mit Literatur.

80 2

tonem-Höhe-Systan mit den beiden Spezifikationen /i,u/

1

/ / und /a/ +->//,

Die Behauptung von Pilszcsikowa-Chodak, wonach im Hausa die Tonbestimmungen von Verben und der Plural von Nanina der Vokalhöhe entsprechend fixiert wer58 59 den, kann vorerst als widerlegt gelten. Die geforderte Korrelation gewinnt jedoch zusehends für gewisse paradigmatisehe Alternationen bei Ncmen und Verb beim Vergleich verschiedener Tschad-Sprachen an Erklärungs-Plausibilität: Einem als zeitlich später gekennzeichneten und durch den Gegensatz hoher und vorderer Vokal (i,e) vs. tiefer Vokal (a) charakterisierten Ablaut-System folgt ein jüngeres "Abton"-System mit der Opposition hoher Ton vs. nicht-hoher Ton.Eine derartige, auf paradigmatische Granmatikkategorien bezogene Ausprägung von Tonemen setzt a) die Existenz eines "echten" und von den fraglichen Kontexten unabhängigen Tonsystems, und b) ein (in diesen Sprachen noch zu suchendes) Übergangsstadium, in welchem die Koppelung von Vokal und Ton in re dundanzfreier Phonemisierung beliebig in die eine oder andere Richtung interpretierbar ist, voraus. Dagegen gilt das umgekehrte Abhängigkeitsverhältnis "Tone can affect vcwel 61 height, but not vice-versa" grundsätzlich: "The F 0 perturbations by consonants may be more 'noticeable' to listeners, in that they can be detected independently of (in fact, after) the conditioning segments. In the case of F 0 perturbations by vowels, the listeners may not be able perceptually to dissociate the F Q differences from the conditioning segments, since they are both present simultaneously". (Hombert/ Ohala/Ewan 1979:53). Ein Beispiel hierzu bildet der Arakanesisch-Dialekt des Burmesischen: "It is frequently stated that Arakanese tones influence the height of the vowels; this has been demonstrated above for the distribution of [i] and where |e| is written: heavy tone favours the closer (higher) vowel; creaky tone favours the opener (lower) vowel. Similar patterns occur for stop-final and nasalized [ei] and [pu]." (D.Bradley 1978:27).

29.

Abhängigkeit zwischen Ton und Intonation

Dieser Abhängigkeitsbereich ist für die tonologische Analyse besonders knifflig, da sewohl ton- als intonationsmäßige Ausprägungen auf dieselben artikulatorischen und akustischen Parameter bezogen werden müssen. Der landläufigen Ansicht, im Falle von Tonsprachen sei die Gesamtintonation des Syntagmas bedingt durch die phonemische Existenz von Tonoppositionen für das menschliche 58 59 60 61

Cf. Pilszcsikowa-Chodak (1972), insbesondere S.415. Cf. P.Newman 1975 Cf. Jungraithmayr (1980:80). Hombert/Ohala/Ewan (1979:52).

81

Chr viel auffälliger, unebener, "gezackter" oder abwechslungsreicher, muß widersprochen werden. Bejahendenfalls würde ein solcher Tatbestand zu einem perzeptiven Kriterium für das Vorhandensein eines Tonsystems führen, doch erfüllt sich diese Erwartung in der Praxis nicht. Für die phonologische Analyse muß die strenge analytische Trennung in tonologische und intonationsnäßige Phänomene gefordert werden. Normalerweise wird dies vermittels Herausisolierens kleinstmöglicher syntagmatischer Komplexe aus dan Intonationskontext unter Abstraktion jedweder emotioneller Anteilnahme des Sprechers erreicht (wobei als Nebenprodukt der Analyse meist noch eine praktische Definition für "kleinste freie Fonn" abfällt). Behauptungen, wonach der intonationsmäßige Einfluß auf das Tonemsystem unter solchen Gegebenheiten wie Schnellsprechen ("Allegro-Formen") u.U. die Auslöschung tonematischer Oppositionen hervorrufen kann, stehen wir skeptisch gegenüber, weil man auch für suprasegmentale Systeme kaum annehmen kann, daß der kompetente Sprecher von Tonsprachen nach Belieben sein Tonsvstem ein- und auszuschalten vermag. Dies zeigt sich schon an der Tatsache des Übemehmens von Lehnwörtern in Tonsprachen, welche automatisch das Prokrustes-Bett des nur wenige tonetische Realisationsmöglichkeiten zulassenden primären Tonsystems "übergestülpt" bekamen. Daß auf artikulatorischem Wege hörbar gemachte Sprecher-Intentionen im Übertragungskanal z.B. durch Leisesprechen, Nuscheln, bewußter Änderung der Stirnrqualität, nachäffender Imitation anderer idioléktalgefärbter Aussprachen usw. verloren gehen und van Empfänger nicht dekodiert werden können, ist ein typisches Merkmal akustischer Nachrichtenübermittlung und betrifft gleichermaßen Nichtton- wie Tonsprachen. Obwohl Fragen wie die nach der Funktion der Intonation, ihres analytischen Platzes innerhalb des Gesamtrahmens der Grammatik einer Sprache (ein durch das Konzept der TG-Grarrmatik aufgeworfenes Problem, cf. z.B. Stockwell 1960, Langacker 1970, Downing 1974) sowie der Trennungsmöglichkeiten zu anderen linguistisch relevanten Parametern der physikalischen Lautkette noch einer Antwort harren, machen wir ansatzweise folgende kritische Bemerkungen bezüglich der Abhängigkeitsbeziehungen von Ton und Intonation: (a) Der Gesamtfrequenzbereich, dessen sich der Sprecher einer Tonsprache entweder in quasi-emotionslosem Sprechen (z.B. Lesen von Nachrichten im Fernsehen) oder emotional entsprechend gefärbtem Sprechen bedient, kann, muß aber nicht, durchschnittlich größer sein als im Sprechen einer Nichttonsprache. Dies kann besonders für Sprachen mit wenigen tonematischen Oppositionen (vorzugsweise 2-Tonem-Tonsysteme) gelten, z.B. wenn der frequenzmäßige Abstand zwischen

82

zwei Tonemen kleiner als oder gleich zwei musikalischen Halbtönen (= große Sekunde) ist. Die intonationsmäPige Beeinflussung eines derartigen Torisystems kann den tonologisch relevanten Kontrast für den diese Sprachen nicht als Muttersprache Sprechenden derart verwischen, daß er entweder keinen tonologischen Kontrast bemerkt oder für den Fall, daß einige minimale Paare entdeckt werden, bezüglich der Frage nach der Funktion der Toneme innerhalb des Lautsystems dieser Sprache geneigt ist, den Tonemen eine "marginale" Funktion zuzuschreiben (ein Verstoß gegen das tonologische All-or-nothing-Prinzip, cf. 32.). (b) Auch wenn nicht alle Sprachen der Welt bisher untersucht worden sind, kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, daß sich die jeweilige psychologische Verfassung des Sprechers zum Zeitpunkt des Sprechens in Form von Intonation niederschlägt. Die strukturelle und lautliche Beschaffenheit des Sprachsystems, gleichgültig ob Ton- oder Nichttonsprache, muß die psychologische Verfassung (Bnotionen bzw. Attitüden bezüglich des Gesprochenen) zu jedem Aktualisierungszeitpunkt zulassen. Der analytischen Trennung zwischen einer sog. neutralen, d.h. sprach-/dialekt-/idiolekt-spezifischen und Normcharakter aufweisenden Intonation und einer die verhaltensnäßigen Uitrstände der Sprachaktualisierung berücksichtigenden (syrrptanphonologischen) Intonation pflichten zwar alle Intonationsforscher bei, doch ist ein praktikab62

les Kriterium für diese Unterscheidung nicht gefunden.

Im Fall der emotions-

los-ungefärbten symbolphonologischen Intonation muß gefragt werden, bis zu welchem Auanaß das Vorhandensein von Tonsystemen die akustische Ausprägung von Intonation verhindert. Zwar prägt sich "im Sprachlernprozeß der Lernende diejenigen Toribewegungen ein, die ihm die Sprachgemeinschaft zur Imitation vorspricht" (Meier 1967:203), doch kann, wahrscheinlich in erster Linie für Sprachen mit sehr vielen tonematischen Oppositionen, eine an Satztypen gekoppelte 63 enotionsfreie Intonation nicht in dan Maße einer Nichttonsprache durchdringen. 62 63

Cf. Lehiste (1970:96). Sollte das aus der vergleichenden Musikwissenschaft her bekannte Homogenitätsprinzip, wonach die "Sprechleistung" "durch ein lebendig wirkendes Gesetz der Ökonomie" reguliert wird und "Arbeitsaufwand und Arbeitsergebnis stehen ...stets miteinander im körperlich kontrollierbaren Gleichgewicht (Heinitz 1939:52), eine theoretisch gültige Erklärung für alle suprasegmentalen Parameter (Akzent, Satzmelodie = Intonation, Töne) und insbesondere für die Norm-Aussprache der Intonation darstellen, dann muß aufgrund seiner Existenz die Unterordnung der Töne an die Satzmelodie verlangt werden. Auf der Basis des wenigen, bisher zu diesem Komplex bekannten Untersuchungsmaterials scheint eine derartige Unterordnung (wie auch aus den Text-Beispielen hervorgeht) in höchst unterschiedlicher und intonationsmäßig sehr breit gestreuter Realisationsweise vorzukommen.

83

Innerhalb solcher Sprachen scheint sich ein Kontinuun des Intonatiansausprägungs-Potentials anzudeuten: Auf der einen Seite solche Sprachen, in welchen die Intonation eindeutig die überhand gegenüber den Tönen gewinnt und diese je nach den mit den jeweiligen semantischen Inhalten korrelierten/assoziierten Intonationsmustern beeinflusst; auf der anderen Seite solche Sprachen, bei denen mögliche Intonationanuster zugunsten einer homogenen und konstanten TonemRealisierung (auch in terminaler Position) geopfert werden. Zu der ersten Kategorie rechnen wir a) Mandarin und b) alle durch Downdrift charakterisierten 64 Tonsprachen (31.), zur zweiten das Vietnanesische. Im Mandarin bedingen 1) ein realisationsmäßig sehr flexibel gehandhabter 1. (in Einzelaussprache hoch-ebener) Ton, 2) ein ebenso flexibler 2. (normal: mitte-steigender) Ton, 3) ein ebenso flexibler 4. (normal: hoch-stark fallender) Ton, 4) ein starker Druckakzent für die semantisch "wichtigsten" Silben, 5) ein sog. neutraler Ton, dessen Aussprache sich glatt an die umgebenden, durch Intonationsmerkmale bereits "verfärbten" Ton- und Nichtton-Silben anpaßt, scwie 6) die Präponderanz terminaler Intonations-Konturen über die tonematische Normaussprache fast schon solche Intonationsverhältnisse wie in bekannten europäischen Nichttonsprachen. 65 Einige Beispiele: Wo

hen

Ich sehr 64

65

gausyig he froh

ni

mit dir

hweimyan.

'I am very pleased to meet you.'

treff-

Ob zu dieser zweiten Kategorie auch "eingeschränkte Tonsprachen" wie Norwegisch zu rechnen sind, geht jedenfalls nicht aufgrund des von KlosterJensen 1972 berichteten Perzeptions-Experiments hervor: "Das Ergebnis der Feststellung von Intonation in der betonten Silbe unserer Versuchswörter muß somit als negativ gedeutet werden...Die Ergebnisse scheinen die Annahme von Fintoft zu erhärten, daß die Tonemizität in betonten nicht-finalen, die Intonation in unbetonten finalen Siüben ausgedrückt wird". (139). Cf. auch Haugen/Joos (1972:433): "...there is no special tone for questions. But it is the usual thing for questions to be spoken with a high final, at least when the speaker is interested in the answer." Entnommen den World Foreign Language Record Series. Oskar Saage wies mich darauf hin, daß einige der Platten von Amerikanern gesprochen sind bzw. sein könnten. Die Überprüfung der hier zitierten Sätze mit Sprechern des Mandarin und Vietnamesischen ergab keine nennenswerten intonationsmäßigen Abweichungen.

84

In

erscheinen zwei fallende Töne hintereinander, in der Aussprache

'hweimyan 1

sackt die letzte Silbe gegenüber der vorangehenden als äußeres -Merkmal einer Aussagesatz-Intonation um mehr als eine musikalische Terz ab: [ hwei

n\yan ]

Der Satz hinterläßt unbeachtet der Einzelton-Realisierung den Eindruck eines englischen oder deutschen Aussagesatzes mit dem Intonationsablauf /1-3-2-1/, etwa so: 1 wo

3 hen

1

2

gausyiq

/

1 he

ni

hweimyan. //

(Wegen der Junktur in Satzmitte fällt die Stürme über

'syig'

stärker ab als

sonst üblich). Ein anderes Kriterium für das Vorliegen einer Aussagesatz-Intonation kann der zum Ende sich rapide verringernde Frequenz-Umfang der Stimme mit allgemeinem Afcwärtstrend sein. Ni hwei

shwo

Yingwen

ma ?

'Do you speak English?'

du kann- Sprech- Englisch

Die Fragepartikel /ma/ hat zwar den neutralen Ton und bleibt damit unakzentuiert, doch geht die Stimtnführung leicht nach oben, dem Sinn einer FragesatzIntonation entsprechend. Außerdem kann beobachtet Vierden, daß der Frequenzumfang der Stimme im Fragesatz ziemlich konstant innerhalb des von Sprecher vorgegebenen Frequenzspektrums erhalten bleibt, sodaß auch die Konturen der Töne deutlicher als im Aussagesatz in ihrer Einzelrealisierung scwie im gegenseitigen Frequenz-Abstand voneinander artikuliert werden. Deshalb kann die Stürme bei 'shwo' stark ansteigen (und auf dieser Tonhöhe verweilen), während im Fall des Aussagesatzes die Tonhöhe von 'shwo' erheblich niedriger sein würde. Wieder hinterläßt der Satz fast schon den Eindruck des "europäischen" Fragesatzes mit steil ansteigender und kaum abfallender Kontur: 1 ni

2

3

hwei

shwo

1

2

23

Yingwen

ma ?

23

2 23

jei

tyau

dies-

(class.) Straße sein zu

lu

shr

dau yinhang ma ? Bank

'Is this the way to the bank?'

85 Der steigende Ton der letzten Silbe von yinhang wird hier intonationsmäßig zur akustischen Realisation einer Fragesatz-Kontur verwendet, indem die Stimme gegenüber der vorangehenden Silbe sehr stark ansteigt: [ yinhang

]

Gleichzeitig vermag der Ton der dem steigenden Ton vorangehenden Silbe in keiner Weise die Gesamtintonation zu beeinflussen, z.B. 1

23

2

23

jei tyau lu shr dau jyautang ma ?

'Is this the way to the church?'

church (sehr kurzes Fallen des 4. Tons, dann starker Anstieg)

1

23

2

23

jei tyau lu shr dau gungyuan ma ?

'Is this the way to the park?'

^ ^

(1. Ton tiefer als normal

realisiert,

dann starker Anstieg)

Was das Vietnamesische entweder im 6-Tonem-System des Hanoi- oder 5-TonemSysten des Saigon-Dialekts betrifft, so beschränkt sich das suprasegmentale Ausprägungspotential in der Rede auf das korrekte Artikulieren der zu jedan Tonern gekoppelten und für dieses typischen Tonhöhe bzw. Stinmführung. Innerhalb des eiinial vorgegebenen Frequenzumfangs bleiben die Tonhöhen bzw. Tonkonturen sowohl im Vergleich zu sich selbst als auch zwischeneinander bemerkenswert konstant und distinktiv. Dies bedeutet, daß es auch für tonetisch ungeübte nichtvietnamesische Beobachter relativ leicht ist, den Ton jeder einzelnen Silbe im ungetrennten Sprech-Kontext zu identifizieren (eine Aufgabe, die im Mandarin unmöglich sein dürfte). Ein rapides "Zusammenstauchen" oder Ausdehnen des Frequenzumfangs als äußere Manifestation verschiedener Intonationen findet nicht statt. Die Töne von terminal auftretenden Fragepartikeln und -proncmina müssen von Gehöreindruck des äußeren (nichtvietnamesischen) Beobachters her gesehen als zeichenaußenseitig "arbiträr" eingestuft werden, z.B. nao

und

gx

im tief(-fallenden) Ton, oder

Die unakzentuierte terminale Pc.

khöng

khöng

und - S^/ darzustellen versuchten. Inwieweit sich Intonationsbandbreiten für H+R-Tonsysteme manifestieren, ist ein unerforschtes Gebiet. Analog zur Stellung des Chinesischen für R-Tonsysteme scheint hier das Trique (Dialekt von San Juan Cópala, gemäß den Arbeiten Barbara Hollenbachs) hinzugehören. Ob in präterminaler Stellung viel Platz für Intonationsausprägungen (bei einem 8-Tonansystem) besteht, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber in terminaler Position werden Satzpartikeln in einer Weise intonationsmäßig realisiert, daß sie nicht mehr akustisch-identifizierbar auf das Tonsystem bestehend aus 3 H- plus 5 Konturtönen (cf. 79.) bezogen werden können. Die häufigsten Partikeln sind: Sh

'declarativa' (zur Bez. eines Aussagesatzes)

na'

'interrogativa'

ah

'contestación'

?

ma

'negativa'

gä7

'interrogativa'.

Beispiele: 'Sé Español.' ne'e32 ?üh5 zina'äh21 (sé 66

yo

lengua

5ila32

a'h .

de-Castilla contestación)

Inwieweit hier die Aussage, Südvietnamesen erscheint der nordvietnamesische Dialekt als "hart", relevant ist, entzieht sich meiner Kenntnis.

88 'Te lo digo para que lo sepas.' tah3l( ?fih5 riä 34 (digo yo

zo?5 yä 3 4

cara-de ti

ge W e

32

zo?5

lugar vas-a-saber tú

áh declarativa)

'Aprendiste español?' narj?32

zo?5 zina'äh21 zila32

(aprendiste tú

lengua

na'?

de-Castilla interrogativa)

'Aqúi no hay agua.1 tah34

na3" nu3"

niäh21 na''

(no-hay agua está-adentró aqui

negativa)

'Quién tiene el machete?' me3

zi 21

ni3kahi| mizite32 gäh

(cual persona tiene

machete

interrogativa)

(c) Was unterscheidet eine Nichttonsprache wie Englisch, von welcher in klassisch-strukturalistischen Abhandlungen 4 emisch-relevante, mit Zahlen bezeichnete Intonationspunkte = "Tonhöhenphoneme" behauptet werden, von einer echten Tonsprache, in welcher dieselben vier durch den relativen Frecruenzabstand voneinander unterschiedenen Punkte als Tönerne interpretiert werden? Nach diesem Analyseprinzip müßte es sich um einen Fall von Etikettenschwindel handeln und eigentlich alle Sprachen der Welt als Tonsprachen einzustufen sein. Die Motivation für die Einführung von vier Intonations-Tonhöhen lautet z.B. wie folgt: "In English, four relative but significant levels (pitch phonemes) can be found which serve as the basic building blocks for intonation contours. These four levels may, for convenience, be labelled extra-high, high, mid and low respectively, and may be numbered from one to four beginning with the one which is extra-high; a fall from hiqh to low would be a change from pitch level two to pitch level four." (K.L.Pike 1972:61). Die Begründung, daß es nicht drei "Torihöhenphoneme" sein können, lautet: "This number is not an arbitrary one. A description in terms of three levels could not distinguish many of the contours - for example, the three contours beginning on low pitch and each rising to a different height. A description in terms of five or six levels would leave many theoretically possible contrastive combinations of pitches unused. The four levels are enough to provide for the writing and distinguishing of all of the contours which have differences of meaning so far discovered, provided that additional symbols are used for stress, quantity, pause, general height of the voice, general quality of the voice, and so on." (op.cit.,61). Eine derartige, die Existenz von 4 emisch-relevanten Tonhöhen/"Tonemen" begründende Darstellung für die Nichttonsprache Englisch hat dieselbe Gültig-

89 keit auch für andere Nichttonsprachen, sodaß sich das Tonhöheninventar solcher Sprachen nicht von dem des Englischen, höchstens im zahlermäPig festgelegten Konturablauf der beiden Sprachen für denselben Syntagma-Typ unterscheidet. Beliebig herausgegriffene Beispiele: Spanisch: Stockwell, Robert P., J.Donald Bowen, and I.Silva-Fuenzalida: "Spanish Juncture and Intonation". Lg. 32 (1956),641-65. (3 Tonhöhenphoneme aus reinen Zweckmäßigkeitsgründen). Gaskognisch: Kelly, Reine Cardaillac: A Descriptive Analysis of Gascon. The Hague: Mouton, 1973. (Cf. p.58: 4 Tonhöhen + 1 externe Junktur). Türkisch: Swift, Lloyd B. : A Reference Granunar of Modern Turkish. (= Indiana Univ. Publications, Uralic and Altaic Series, no.19). The Hague: Mouton, 1963. (Cf. p.22, das typische Aussagesatzpattern lautet: /2 3 1/ + #/. Japanisch: Miller, Roy Andrew: Bernard Bloch on Japanese. New Häven and London: Yale Univ. Press., 1970. (Cf. p.125: "For a complete account of the observable pitch variations in Japanese, four phonemically different levels are necessary and sufficient.") Diese vier Intonations-"Phoneme" haben höchstens indirekt etwas mit der als phonemisch-relevant zu kennzeichnenden Existenz des musikalischen Akzents zu tun, sodaß Bloch in diesem Fall eine Vermengung zwischen Intonationsausprägungen einerseits und emisch-relevantem, "musikalisch" definiertem Akzent (mit seinen realisationsmäßig definierten typischen Intervall-Mustern) andererseits unterlaufen ist. Daß noch nicht einmal der Regelapparat der Derivationsphonologie das analytisch geeignete Mittel zur Darstellung von Intonationsausprägungen ist (ganz zu schweigen von der verfehlten klassisch-strukturalistischen Interpretation der Intonationspunkte als "Phonemen"), erkennt man daran, daß Tonhöhen-Aspekte in Nichttonsprachen im Rahmen der generativen Phonologie völlig ausgeklammert werden. Handelt es sich um grundsätzliche, die physikalische Form der Tonhöhen dieser Sprachen charakterisierende Gemeinsamkeiten oder liegt etwa analytische Fehlerhaftigkeit vor? Nir glauben, daß letztere Annahme aus folgenden Hauptgründen der Fall ist: Die Festlegung von vier Tonhöhen unter Behauptung ihrer emischen Relevanz für alle jene Sprachen, die wir als Nichttonsprachen bestimmen, geschieht aus Zwecfonößigkeitsgründen, nicht jedoch aus Gründen, die unter Anwendung/Beachtung der beiden Kriterien der Vermeidung von phonemischer Unter- und fberdifferenzierung zur Bestinmung der relevanten phonologischen Einheiten innerhalb des Sprachsystems wie z.B. bei Ermittlung des Konsonanten- oder Vokaloder Ton-Inventars führen.^ 67

Dies verrät schon der Ausdruck "for convenience" im Zitat von Pike.

90

Es handelt sich bei der Darstellung von Intonationskonturen mit Hilfe der vier Zahlen nicht um eine der Gliederung nhonologischer Segmentketten durch Einzelphoneme analoge Gliederving, sondern um eine unsystematische "Zerhackimg", welcher nicht der phonemische r,fert eines durch ein Bündel von distinktiven Merkmalen definierten Phonems bzw. Intonems, sondern lediglich, wiederum in Analogie zu Einzelphonemen betrachtet, der Wert eines einzigen distinktiven Merkmals selbst zuzubilligen ist. Bezogen auf segmentale Phonemisierungen wäre dies dasselbe, als wenn an einzelnen willkürlich herausgegriffenen Segmentstellen nicht das jeweilige Phonem selbst, sondern dessen für am wichtigsten gehaltenes distinktives Merkmal in der Phonemisierung erscheinen würde. Gleichgültig wie "lang", d.h. über wieviele Silben/Moneme/W5rter hinweg sich eine Intonation erstreckt, entsprechend dem einmal konzipierten Phonemprinzip des klassischen Distributionalismus sind Intonationen als hemogene unikale Konturen zu betrachten. Aus diesem Grund ziehen sich diejenigen Autoren am besten aus der Affäre, die Intonationen als eine Anzahl relevanter Konturen bzw. Tonhöhenverläufe spezifizieren. Es ist in der Praxis unmöglich, einem nicht-linguistisch vorgebildeten kompetenten Sprecher-Hörer einer derartigen Sprache das als emisch-relevant erachtete /1 2 3 4/-System zu eigenständiger Verwendung beizubringen. Dieser Grund ist vrohl am einleuchtendsten, da kompetente Sprecher nach hinreichendem Training durchaus zur korrekten graphischen Wiedergabe dar Phoneme ihres Sprachsystems gebracht werden können, wobei die Tönerne in tonsprachlichen Systemen mit eingeschlossen sind. Z.B. "versteht" ein Sprecher eines 4-TonanHöhe-Tonsystems sofort die emische Relevanz der mit Hilfe der Zahlen von 1 bis 4 bezeichneten Höhe-Tonane und kann nach hinreichendertfbungohne weiteres dazu gebracht werden, in nicht tonematisch gekennzeichneten Texten die Tönerne korrekt anzugeben.6 Q" 68

69

Wobei bekanntlich diese Phoneme taxonomisch-strukturalistischen Phonemen näherstehen als den systematisch-phonemischen (tiefenstrukturellen) Phonemen der generativen Phonologie. Dieses Verfahren praktizierte ich im Feld, wann immer es die Zeit zuließ. Nachdem ich mich mit der Analyse des suprasegmentalen Systems sicher glaubte, erklärte ich dem Informanten "mein" System (Zahlen zur Wiedergabe von Höhe-Tonsystemen und Akzentzeichen für Richtung-Tonsysteme, immer vor die jeweilige phonotaktische Struktur geschrieben). Beispiel: Beim Studium des Chakhesang (= Tsakrü), einer 5-Tonem-H-Tonsprache, konnte dem Informanten nach einstündigem Recherchieren unter Verwendung minimaler Paare (cf. 7 a ) das Tonsystem erklärt werden. Als Übungsaufgabe hatte er den Text des lateinisch, ohne Tonzeichen gedruckten Vaterunsers mit Hilfe der Zahlen tonematisch zu bezeichnen. Resultat: Eine einzige Verwechslung zwischen zwei benachbarten Tönen, und das nur, weil er den Text in großer Eile durchgegangen war.

91

Die Tatsache, daß manche Autoren innerhalb ihrer strukturalistisehen Beschreibung mit drei Zahlen, andere aber auch mit fünf Zahlen zur Bezeichnung von Intonationskonturen operieren, hat weder etwas mit der Renitenz dieser Autoren gegen das /1 2 3 4/-System noch etwas mit dem evtl. andersartigen Intonationssystem der von ihnen beschriebenen Sprachen zu tun. Es handelt sich lediglich um konventionelle Methoden der Beschreibung, durch welche infolge Reduzierens auf eine kleine Zahl "minimaler" Einheiten der falsche Eindruck nhonologischer Relevanz hervorgerufen wird. Da Nichttonsprachen wie Tonsprachen gleichermaßen über Intonationskonturen verfügen müssen, stellt sich u.a. die Aufgabe, für Tonsnrachen neben dem System der emisch-relevanten Töne auch noch das System der als emisch-relevant erachteten Intonationspunkte zu ermitteln. Auf der Basis eines durch Zahlen bezeichneten Systems für Intonationskonturen ist dies eine praktisch ans Unmögliche grenzende Aufgabe des Analysierenden, soll er einerseits die frequenzmäßige Auswirkung von Tonemen und andererseits die frequenzmäßige Auswirkung von Intonationspurikten als getrennte melodische Verläufe unterscheiden. Diese Aufgabe kann auch logisch unmöglich sein, da mit Hilfe der menschlichen Sprechwerkzeuge z.B. nicht gleichzeitig das im relativen Intervallabstand von allen am tiefsten liegende Tonern mit dem höchsten Intonationspunkt korreliert werden kann. Da ein Sprecher nicht gleichzeitg im Chor sprechen kann, ergibt sich ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis, bei welchem genau überlegt und beobachtet werden muß, welche Komponente welche beeinflußt. Erwartungs- und beobachtungsnäßig lautet das Resultat, daß Intonation gegenüber Ton eine übergeordnete bzw. ranghöhere Dimension darstellt. Die Realisation eines Tons beeinflußt die Intonation zu dem Zeitpunkt/Intonationspunkt, für welchen die Realisation des Tons aufgrund des Äquivalenzverhältnisses mit der chemotaktischen Struktur definiert ist. Umgekehrt beeinflußt Intonation aufgrund ihres ranghöheren Vorkatmens die Realisation von Ketten von sich aneinanderreihenden Tönen. Da Töne aufgrund ihrer phonologischen Relevanz unbedingt dati Realisationssystan der Sprache entsprechend akustisch zum Ausdruck zu bringen sind, muß sich der für diese Stelle in der Kette definierte Intonationspunkt frequenanäßig angleichen. Auf der Basis eines klassisch-strukturalistisehen phonologischen Interpretationssystems entsteht analytisch der falsche Eindruck der völligen Unterordnung der Intonation unter das Tonsystem. Als typisches Beispiel einer solchen Darstellung bilden wir Mörses (1963:25) Darstellung der mit Zahlen von 1 bis 5 bezeichneten Intonationskonturen für das Rawang ab:

92 "The contrastive elements of the intonational system of Rawang are seen in the chart below, in which the intonational contours are referred to by an ascending numerical scale from 1 at the lowest limit of the voice, up to 5 at the extreme upper limit, with 0 representing lack of intonation features." Intonation

Intonational elements occurring: Length

Loudness

Final Contour:

Statement:

unmarked

unmarked

. . .01

Exclamation:

unmarked

type:

Narration :

Interrogation:

on main syllable of final word

...41 or

with expanded tonemic range,

. . .51

next to last

on syllable preceding the last

...2.3.1

syllable

word; crescendo effect

on final

on final syllable

syllable

...24 or . . .52

Die Zahlenangaben für diese 4 "Intoneme" sind nur deshalb nöglich, weil die zu den jeweiligen Silben definierten Tönerne (/'/ hoch, / / mitte, / V tief, in der Bezeichnung von Morse für ein 3-Tonem-Höhe-System) diesen Zahlenwerten analoge Realisationsfrequenzen aufweisen, d.h. 1 wird mit tiefem Ton, 2 und 3 mit mittlerem, und 4 und 5 mit hohen Ton assoziiert. In anderen Worten, würde z.B. die Finalpartikel /wa/ nicht unter tiefem Ton stehen, sodaß der entsprechenden Intonationskontur automatisch gemäß !*forse der Wert 1 zugeordnet wird, sondern z.B. im mittleren Ton, müßte gleichzeitig auch der Intonations-Zahlwert geändert werden. Diese Duplizität von Tonern- und IntonemAngaben ist ein analytisch unerwünschtes, da feilsche Abhängigkeitsverhältnisse implizierendes Nebenprodukt der klassischen Phonologieanalyse.70 (d) Die physikalischen Parameter von Intonation sind nicht nur auf Frequenzwerte beschränkt, sondern manifestieren sich gleichzeitig in solchen heterogenen Möglichkeiten wie Längung von Konsonanten und Vokalen, Intensitätsvergrößerungen und -abschwächungen, syntagma-finalen Besonderheiten wie Diminuendo (Verklingen der Stinme), Crescendo, höhere Energie, Glottalstop etc. Solchen Eigentümlichkeiten der Intonation ist mit Hilfe von reinen Zahlenangaben nicht beizukommen (ebensowenig wie mit Hilfe von Punkten und Linien). Welche klein70

Selbstverständlich kann dies nicht vorkommen, wenn Intonationen durch Striche, Linien und Punkte wiedergegeben werden. Der optisch entstehende Eindruck ist außerdem von größerer Plastizität, wie man leicht an solchen Beispielen wie N.C.Chang 1972 für den Chengtu-Dialekt des Szechuan-Chinesischen ersehen kann.

93 sten distinktiven Einheiten ausdrucks- wie inhaltsseitig Intoriationskonturen zuzuordnen sind, ist bisher ein ungelöstes Probisn geblieben (vor allem durch die in Punke (e) angesprochene Ungelöstheit des semantischen Zusammenhangs). Deshalb ist es ein Kurzschlußverfahren, Analysemittel wie Phoneinkonzept, emische Relevanz, Phonemebene, phonische Realisierung etc., die grundsätzlich nur für rangniedrige Analysestufen konzipiert sind, ohne Beachtung der Eigenarten der Intonationsanalyse auf die in einer anderen Dimension erscheinenden Intonations-Realisationen zu übertragen. (e) Insofern die Intonation eine distinktive Funktion ausübt, hat sie auch Zeichen-Charakter? Diese Frage wird von allen Autoren bejaht, besonders unter der Möglichkeit einer logischen Transformation, die distinktive Intonationskontiaren wie /./, /?/ und /!/ in ihren entsprechenden aussagesprachlichen Wortfassungen als semantisch identisch betrachtet, z.B. "A number of problems in syntax are easier to solve if it is assumed that at a level above the sentence itself there is a super-sentence meaning something like 'I assert this', 'I ask this', 'I order this', according to the mood of the speaker. Sometimes it is explicit: we can actually say I assert that he did it rather than just He did it. More often only a fragment of the higher sentence is there, usually in the form of a 'sentence adverb' such as truly, generally, hopefully. But usually in English no actual words betray its existence, and where the words are missing, intonation fills in." Bolinger (1972:156).

Eine derartige Auffassung über Intonation führt direkt zum Ableitungsalgorithmus der TG-Granmatik, indem performative Verben der Tiefenstruktur im Verlauf der Ableitung getilgt und durch Intonationskonturen im Oberflächen-OutDUt er71 setzt werden. Dadurch wird aber auch eine eindeutige Beziehung zwischen performativem Verb (der Tiefenstruktur) und der "Bedeutung" der Intonationskontur assoziiert, cf. z.B, Performative I.Contour 1. state statements 2. ask questions 3. order

imperatives

4. ccnmand

caimands

5. request 6. apologize

requests

7. condemn

reproach

71

apology

Z.B.: "I will claim that the overall intonation contours of sentences are derived from the deletion of those performatives." (Yorio, 1973:112).

94

8. cede

conoession

9. entreat

entreaty

10. say

72 general remarks

Wie jedoch TG-Granrnatiker selbst zugestehen müssen, gelten derartige Assoziationsbeziehungen nur bedingt, da in vielen praktischen Fällen die "Bedeutung" einer Intonationskontur für den Hörer nicht unmittelbar erschließbar ist. Die zwei wesentlichen Gründe, die gegen den in der TG-Grammatik vertretenen Standpunkt über Intonation sprechen, liegen zum einen im Ableitungsverfahren, zum anderen im oberflächenstrukturellen Erscheinungsbild der Intonation selbst begründet. Wenn es richtig sein sollte, daß z.B. die Aussage "This is a chair" (fallende Intonationskontur) tiefenstrukturell sich aus (Yorio 1973:119) s i NP

I I

' V declare

VP

'

NP

' I S

NP

You

»

1

NP

i

VP

NP

This

be

I

I

i

a chair

herleitet, könnte man zumindest einige Sprachen erwarten, bei welchen die (obligatorische) Tilgung des performativen Verbs deelave nicht stattfindet und folglich auch keine Intonation generiert wird. Die bisherigen Beobachtungen legen jedoch den Schluß als äußerst wahrscheinlich nahe, daß Intonationsphänarene zwar innerhalb eines sehr breiten Realisationsspektrums von schwach (Vietnamesisch) bis sehr stark (Mandarin) ausgeprägt sein können, nichtsdestoweniger in allen Sprachen vorhanden sind. Die Charakteristik der Intonation als eines linguistischen Zeichens muß außerdem eingeschränkt werden, da sie gemäß der Saussureschen Zeichenkonzeption arbiträr sein sollte, es in Wirklichkeit nicht ist, weil Intonationen ausdrucksseitig eine von Sprache zu Sprache erstaunlich konsistente Realisation besitzen (bezogen auf die funktionell opponierenden, anhand der zwei Dichotomien emphatic vs. non-enphatic und final vs. suspensive sich gruppierenden vier Intonations-Grundtypen, für welche die Orthographie die Symbole /. , ? !/ 72

Yorio (1973:113); cf. auch die kritischen Bemerkungen bei Downing 58) .

(1974:

95 bereithält, cf. Mulder 1968:212). Semantische Änderungen, die durch Intonation hervorrufbar sind, betreffen nicht einzelne Monere oder Wrter, sondern ganze Sätze, in welchen diese vorkamen. Martinet (1963:74) spricht von "schlecht differenziertefn] Funktionen, die unmittelbar zur Bedeutimg beitragen mögen wie in 'il pleut?', gewöhnlich aber zu den gehören, was wir Ausdrucksfunktion genannt haben". Da die (semantische!) Identität eines Wortes oder Manems durch Intonation nicht verändert werden kann, folgen wir dem terminologischen Vor73 schlag von Heger und interpretieren Intonation als Distinguem, welches lediglich Distinktivitätsgehalt zu beanspruchen vermag. Es ergibt sich eine Rangfolge von Distinguemen, deren jeweils vorangehendes Glied als Einzelmerkmal für die Definition des nachfolgenden dient: Rl

Phonem

R2

/

Akzent

Kanonische Form

/

Tonern

/

Phonotaktische Struktur

Tonologische Basisform)

R3

Im Sinne dieser Einstufimg gilt das "distinktive Merkmal" (distinctive feature) als an keinen spezifischen phonologischen Rang gebunden, da es die Distinktivität aller Distinguane zu bezeichnen hat, (f) Wir wissen nicht, inwieweit die in (e) erwähnte Konstanz des Intonationsverlaufs auch für Tonsprachen charakteristisch ist. Die häufig zu beobachtete Tatsache der Ausnutzung der durch das primäre nhonologische Extensionssystem vorgegebenen toneroatisehen Oppositionen für die Intonation erhält aber einen gegenüber Nichttonsprachen zusätzlichen Aspekt. Wir demonstrieren diese Ausnutzung anhand folgender Beispiele: Thai

(5-Tonem-Richtung-Tonsystem)

Die Interrogativpartikeln /ryy/, /mäj/, /naj/ mit steigender Tonkontur, in "strategisch" wichtiger Position hinter Verb- bzw. Clause-Komplex, evtl. gefolgt von Höflichkeitspartikeln, z.B. (mittlerer Ton = unbezeichnet) Ahun /sabaaj /khap 73

pajnäj ?/

'Wohin gehst du?"

diiryy ?/ rot

pen

mäj

'Geht es (dir) gut?' kha ?/

'Kannst du Auto fahren?'

"...wiederhole ich meinen Vorschlag, die Lingueme unter Bezugnahme auf A.Martinets "double articulation" in signifikative und distinktive Lingueme zu unterteilen und dafür die Termini "Signem" und "Distingem" zu benutzen." (1971:29 bzw. 1976:40).

96 Tangkhul (3-Tonem-Höhe-Tonsystem) Der einfache Aussagesatz enthält die Terminal-Pc. /*na/ (tief abfallende unbetonte Tonhöhenbewegung), Fragesätze enthalten die Terminal-Pc. /3kha3la/ (letzte Silbe mit starkem Druckakzent und hoch-abfallender Tonhöhenbewegung) , wenn der Satz eine Interrogativ-Pc. enthält, in allen anderen Fällen die Terminal-Pc. /3la/ (starker Akzent, hoch-abfallende Tonhöhenbewegung) , cf. / 2 na

x

2

khi

du

wer

2

3

du

wohin

/ na / 2 na

er

3

kha3la ?/

'Wer bist du?'

Person

2

J

ka li

3

va

3

ra

kha3la ?/

'Wohin gehst du?'

geh- Fut.

2

1

Holz

hack-

thiq

du /*a

3

pa

ke3tser

phai2sa

3

ra

la ?/

'Wirst du das Holz hacken?'

Fut.

J

2

lai

Geld

3

hab-

lakJka ./

'Er hat viel Geld.'

viel

('ka = phonemisch-bedingte Morphemalternation, ->- /'na/, Druckakzent auf /2lak/)

Aber: /1a. 3phai2sa

2

^ai

3

lak

la ?/

'Hat er viel Geld?' (Druckakzent auf 3la)

2

/' na du

3

2

lai rik

2

'khi

Buch

wer

2

pa

1

li

mi

3

kha3la ?/

pers. Dat./Lok. geb-

'Wem gabst du das Buch?'

Northern Rengma (3-Tonem-Höhe-Tonsystem) Fragepartikeln: /3nu/ (Sätze mit Fragepronomen), /3gwi/, und / 2 la 3 ni/ (Sätze ohne Fragepronomen), mit starkem Druckakzent und hoch-abfallender Tonhöhenbewegung, cf. / 2 na du

3

nu ?/

3

wa

nu ?/

'Wohin gehst du?'

geh-

woher

J

2lr

na

3

a

du

3

du

Holz

hack-

2

3

du

wann

/ 2 ma er

2

'Wo kommst du her?'

nä2ki. 2 la 3 ni ?/

2

1

ka dä sa

*gi12bi reich

nu ?/

komm-

'a'tsä

/ na

'Wer bist du?' ( 3 tu 2 wa = '-er?' + 'w-' = wer?)

3

/ 3 ki 2 wa /'2na

3

wer

/ 3 ki wo

tu2wa

(Grundform: 1gi3nä1ki) 3

2

hwa ni

geh-zurück 3

'Wirst du das Holz hacken?'

gwi ?/

di

3

nu ?/ 'Wann wirst du zurückkehren?' Fut.

'Ist er reich?' (Grundform: 1gi1bi)

97 Cf. im Gegensatz dazu einfache Aussagesätze, wobei das terminale Monem normal betont ist: / 2 hi

3

ich

ki 3 li

3

wa ./

'Ich gehe jetzt.'

jetzt geh-

/ 2 hi

3

wa

*bi ./

'Ich werde gehen.'

Fut. / 2 hi

3

wa

/ 2 hi

3

wa ./

'di ./

'Ich gehe gleich.'

Immed. Fut. 2

2

/ hi ich

3

'Ich ging.' 2

n ki

tza

•'bi ./

'Ich werde später essen.'

hi 3 wi

2i

'Er kommt nicht zu mir.'

ich-zu

neg. komm-

spater ess2

/'Tna er / 2 ma

3

er

bi

1

es

u ./

na

^zrn ./

dir

geb-

'Er gibt/gab es dir.'

Kachin (3-Tonem-Höhe-Tonsystem, plus /31/ hoch-stark fallend als "sekundäres" Tonern, cf. 76.)

31

Die hoch-fallende Kontur /

/ unter starkem Druckakzent ausgerechnet in

finaler Stellung kombiniert mit Fragepartikeln macht Fragesätze akustischperzeptiv außerordentlich auffällig, cf. / 2 si

3

er

na?

dein

1

ga 1 wa

Vater

/1tzii31pho'? Kachin / 2 dai dies / 2 naq du

3

J

ga

re ?

31

ni ?/

'Ist er dein Vater?'

sein a

!

yak

a? 3 1 ni ?/

'Ist Kachin schwer?'

Sprache schwer 1

ga 3 loi

1

*byin

wann

a ? 3 1 n i ?/

'Wann ist das passiert?'

gescheh-

2

ijai

3

phe ?

ich

Akk.

1

gum 1 phro Silber

1

2

lap

"Blatt"

]

si

zehn

lu

2

^hoi

ya

kann- borg-

2

na

31

kun ?/

geb- Fut.QuPc.

= Geldschein" 'Kannst du mir zehn Kyat leihen?' (Kyat = burmesische Währung) 3

/ na? dein / 2 nag du

2

2

myiij

Name 3

nc'

mein

pha

31

ta ?/ = / 3 na?

was 1

lai 2 ka 1 buk

Buch

2

myii]

2

pha

3

rc?

31

ni ?/

T

= Wie heißt du?' f l n 3 1 n i ) ?/ 1 2 ga dai3phe'? 2 ya [ 1 n 3 1 ni] ?/ pn^taj wem

geb-

= 'wem gabst du meine Bücher?'

98 Im Gegensatz dazu enthalten Aussagesätze mit Verbalkomplex die TerminalPc. /2ai/, sonst mitte-flach, aber hier in der Regel drei Halbtöne nach

2 unten "versetzt" und ohne Druckakzent, sodaß die absolute Tonhöhe von / / 2 1 in diesem Fall gegenüber vorangehenden Tonemen / / oder / / tiefer als diese liegt, z.B. /2nag 1a3rai 3n2mai du

Ding

/2qai ich

dich 2

du

ihn

3

2

ai ./

'Du darfst nicht stehlen.'

nicht-dürf- stehl-

si3phe'

2

/ naij

30.

2

'la^u

1

dai3na'?

3

khrvm\

'ma^u

heute-nacht treff?

si phe'

3 2

n mai

1

1

ma lap

2

2

ai ./

'Ich möchte dich heute

woll-

nacht treffen.'

ai ./

'Du darfst ihn nicht vergessen

nicht-dürf- vergess-

Abhängigkeit zwischen den Definitionsverhältnissen Ton vs. Tonhöhe und Druckakzent vs. Lautstärke

Nach herkömmlicher Auffassung sind den linguistischen Kategorien Ton, Druckakzent und Intonation folgende linguistische Korrelate und auditiven Parameter zuzuordnen:^ Linguistic category

Linguistic correlate

Auditory parameter

Tone Stress Intonation

syllable word phrase

pitch loudness pitch

Diese unter Berücksichtigung einer breiteren Materialbasis unhaltbare Auffassung wird von Pilch zu Recht kritisiert und unter Einbezug des Analyseergebnisses von Pike/Scott für das suprasegmentale System des Fore sowie anderer Sprachen in eine von ihm so genannte "Theory 2" wie folgt abgeändert: Linguistic category

Linguistic correlate

Phonetic feature

Tone Stress Intonation

syllable/more morpheme/word phrase

Yi y^ Y^

"y. is a bound variable for any subset of phonetic features which manifests the suprasegmentals in a specific language." (Pilch, op.cit., 189). Zu dieser Interpretation sind mehrere Bemerkungen nötig: Wir werden die Unhaltbarkeit der Beziehung Ton «-»• Silbe aufzeigen und be74

Entspechend der von Pilch so genannten "Theory 1" in seinem Kommentar zu K.L.Pike/Scotts Analyse der suprasegmentalen Eigenschaften des Fore, cf. Brend (ed.) (1975: Pilch 187-195, Pike/Scott 173-186).

99

züglich des segmentalen Bezugssystems van der nhanotaktischen Struktur auszugehen haben. Der Bezug Ton +-*- More ist ebenso wie Ton -• Silbe ein Spezialfall der allgemeinen Tonsprachendefinition t^ S (m, n = 1, 2 ...). Das auf die Kategorie Ten bezogene rhonetische fferkmalbündel macht sich natürlich in erster Linie in Form von Tonhöhe bemerkbar. Bezüglich der Korrelation Druckakzent Morphem = Moneir\A"fc>rt besteht ein eigenartiges Mißverhältnis hinsichtlich des Einbezugs semantischer Information der vorgewählten linguistischen Analyseeinheiten, insofern die Termini Silbe bzw. itore durch den Ausschluß, Monem bzw. Wort gerade durch den Einschluß semantischen Gehalts definiert sind. Wenn dies richtig wäre, könnte das Vorliegen entweder eines Teilsystems oder eines Druckakzent-Systems gerade artgekehrt als enpirisches Kriterium für die Definition kleinster Bedeutungseinheiten benutzt werden. Davon kann keine Rede sein. Dieser Irrtum ist wahrscheinlich durch die augenblickliche linguistische Materiallage bedingt. In den besser bekannten europäischen Sprachen definiert sich Druckakzent (oberflächenstrukturell) nicht mit Silbe, sondern mit einer hierarchisch höheren Einheit, für welche entweder mangels besser geeigneter Termini oder in direkter Identifikation der Begriff "Wort" benutzt wird. Darum wird im Fall des Norwegischen und Schwedischen von "Akzenten" gesprochen, da ihre Definitionsbasis nicht die einzelne Silbe sein kann.

Ein direktes physikalisches Repräsentationskorrelat ohne semantischen Einbezug ist für den Druckakzent ebenso vonnöten wie im Fall des Tons. Wir schlagen dafür den Terminus "kanonische Form" vor. Das auf die Kategorie "Druckakzent" bezogene phonetische Merkmalbündel macht sich entweder in herausragender Tonhöhe oder in Schallfülle = Intensität oder in der Kombination der beiden bemerkbar. Wir streiten selbstverständlich nicht cib, daß der Druckakzent (ebenso wie Ton und Intonation) unter anderem auch in bedeutungsunterscheidender Funktion anwendbar gemacht werden kann. Dieser indirekte semantische Bezug gilt somit gleichermaßen für Druckakzent und Ton, kann somit nicht als diakritisches Merkmal für die Verbindung zwischen phonologisch-physikalischen Einheiten bzw. Parametern einerseits und semantisch-zeicheninhaltsseitigen Entsprechungen andererseits postuliert werden.

Pilchs Revision der herkcrmlicherweise so aufgefaßten Abhängigkeitsverhältnisse geht intuitiv ven der Richtigkeit der phonologischen Analyse des suprasegmentalen Systems des Fore nach Pike/Scott aus. Von der korrekten Erfassung des suprasegmentalen Systems dieser Sprache sind die Leser von Pike/ Scotts Artikel wahrscheinlich weit entfernt. Auch wenn es in diesem Einzelfall schwer sein dürfte, die für ein Zweitonsystan zu fordernde hörbare Distinkti-

100

vität zweier Tonhöhen (unter weitgehender Ausschaltung intonationsmäßiger Aspekte) akustisch-perzeptiv nachzuvollziehen, ist damit noch keine Veranlassung für die Interpretation in Termini eines Druckakzent-Systems gegeben. Die im Fall des Fore auftretenden phonologisch-analytischen "Härten" einer derartigen Interpretation: a) Silbengruppen ohne Akzent (= herausragende Tonhöhe), und b) Silbengruppen mit mehr als einan Akzent (= mehreren oberen Tonhöhen) sind gravierender (da sie den Begriff des Akzent-Systems verwässern) als ihre dubiosen "Vorteile", welche Pike/Scott nicht präzise zu begründen vermögen. Die Vermutung, daß es sich um eine Tonsprache mit der maximalen tonologischen Kontrastausprägung über phonotaktischen Strukturen größer als der der einzelnen Silbe handeln könnte (also t^ «->- S

, wird nicht geäußert.

Damit sieht unser eigener Vorschlag bezüglich der suprasegmentalen Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Ton, Druckakzent und Intonation wie folgt aus: hing. Kategorie

Ling. Korrelat

Phonet.

Merkmalbündel

Ton Druckakzent

Phonotaktische Struktur Kanonische Form

Intonation

Syntagma

primär Tonhöhe entw. herausragende Tonhöhe oder Schallfülle = Intensität oder beide zusammen primär Tonhöhe

Unterschied zwischen phonotaktischer Struktur und kanonischer Form: "Kanonische Form" bezeichnet den oder die "Normalfälle von Lexemen" in einer Sprache (Martinet). Dieser Normalfall ist durch das Vorhandensein des Druckakzents definiert. Im Fall von Tonsprachen sind als kanonische Formen die Silbenstrukturen charakterisiert, die durch die phonetisch prädiktible (und damit phonemisch redundante) Lage des Druckakzents determiniert sind. Damit wird keine Aussage über die Anzahl von Tönen bzw. ihrer Strukturierung über solchen kanonischen Formen ganacht. Umgekehrt braucht das Vorhandensein von Ton nicht unbedingt durch die Angabe der möglichen kanonischen Formen innerhalb der phonologischen Extensionssysteme abgedeckt zu sein. Ebenso ist eine eindeutige Abhängigkeitsbeziehving zwischen Druckakzent und phonotaktischer Struktur nicht nachweisbar: die zu t (= Ton) bezogene jeweilige phonotaktische Struktur kann durchaus mehr als einen Druckäkzent zulassen. Unsere aus obigem Diagranm ersichtlichen Folgerungen bezüglich der wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnisse im suprasegmentalen Bereich lauten wie folgt: Die bisherigen Forschungsergebnisse erlauben keinen Hinweis auf ein

101 zwischen den durch die Verhältnisse Ton/Phonotaktische Struktur und Druckakzent/Kanonische Form abgestecktes und befindliches "Misch"-Svstan, in welchen bestimmte Kriterien des einen Interpretationssystesns auch auf das andere teilweise übertragbar wären.^5 Wie das Beispiel der Analyse von Pike/Scott zeigt, handelt es sich bei näheren Hinschauen um voreilige Schlüsse, die auf einan falschen theoretischen Fundament beruhen. Vielleicht kann aus diesen Befunden schon jetzt die empirische Hypothese abgeleitet werden, daß die suprasegmentalen Systeme aller Sprachen entweder in Termini von Ton oder Druckakzent phonemisch interpretierbar sind, tertium non datur. Wie die Liste der phonetischen Merkmale zeigt, besteht für den Fall dieser theoretisch zu fordernden klaren Trennung nicht unbedingt eine eindeutige klare Trennung im akustisch-perzeptiven Bereich. Der analytische Extremfall ist erreicht im Fall aller 2-Tonsysteme; Kriterien für die Unterscheidung zwischen 2-Tonsystemen und einfachem Akzentsystem werden in 74. untersucht. Konstituiert Ton das phonemisch relevante "ferkmal des suprasegmentalen Definitionsbereichs, so ist die Angabe der zugehörigen phonotaktischen Strukturen unabdingbar. Für diesen Fall ist die Definition des Druckakzents und seiner zugehörigen kanonischen Form ausschließlich an oberflächenstrukturelle (d.h. physikalisch-akustisch identifizierbare) Parameter gebunden. Nur in dieser Hinsicht kann "phonotaktische Struktur" als der "kanonischen Form" übergeordnet gedacht werden, nicht jedoch etwa in Bezug auf mögliche oberste Grenzen des durch Ton oder Akzent delimitierten/spezifizierten Segmentbereichs . Daß im Fall von tj S n prinzipiell für n keine oberste Grenze angegeben zu werden vermag, verdeutlicht das Beispiel des Tamang; und Bildungen des Deutschen wie z.B. Donaudampfschiffahrtsgesellschaftskapitänswitwenrentenauszahlungstag (zitiert bei Heger 1971:224), in welchem der Hauptdruckakzent auf die viertletzte Silbe fällt, verdeutlicht dieselbe Erscheinung für Druckakzent-Sprachen.

Konstituiert Druckakzent entweder in seiner delimitativen (und damit phonetisch ebenfalls prädiktiblen) oder seiner distinktiven Verwendung das suprasegmentale Erscheinungsbild einer Sprache, ist die Angabe von Ton bzw. phonotaktischen Strukturen scwieso hinfällig. Druckakzent hat im Gegensatz zu Ton jedoch einen stärkeren Bezug zu den 75

Einzige Ausnahme (die vielleicht keine ist, da tonologisch möglicherweise noch anderweitig interpretierbar) bildete die in 19. beschriebene Opposition "gleichmäßiger" vs. "ballistischer Druckakzent" einiger Tonsprachen in Mexiko.

102

durch die zeichenaußenseitig vermittelten Bedeutungseinheiten, Grob gesprochen, einem Ton ist es egal, auf welche phonotaktisehe Struktur - und damit auch auf welche ^tort-/Monanklasse - er zu stehen kamt, nicht dagegen dem Druckakzent. Darauf weist die Definition von kanonischer Form als Normalfall der Lexeme einer Sprache unmißverständlich hin. Dieser Unterschied dürfte wahrscheinlich mit der psychologischen Aufmerksamkeit auf die sanantisch "wichtigen" Bedeutungselanente des Syntagmas korrelierbar sein. ZI.

Downdrift als Intonationsphänomen

Als ein in afrikanischen Tonsprachen weit verbreitetes Intonationsphäncmen ist das stufenartige Absinken der Tonhöhe, bekannt unter dem Teiminus "downdrift" , zu beurteilen. Dcwndrift liegt dann vor, wenn innerhalb des Syntagmas das Tonhöhenniveau nachfolgender Töne hörbar unter demjenigen derselben, in der Kette vorausgegangenen und dadurch frequenzmäßig vorgegebenen (d.h. das Frequenz-Volumen des individuellen Sprechers für das jeweilige Syntagma insgesamt konstituierenden) Töne liegt. Die Voraussetzung für die intoriationsmäßige Bestürmung des Dcwndrifts liegt in der auf unabhängigen Analyse-Kriterien begründeten Bestimmung der Anzahl tonematischer Oppositionen. Die überwiegende Mehrheit aller Dcwndrift-Tonsprachen sind phonemisch gesehen 2-TonemHöhe-Systane; eine Beobachtung, die die meisten Forscher zu der Vermutung führt, daß Dcwndrift nur über Tonsystanen mit sehr wenigen tonematischen Oppositionen möglich ist, da im anderen Fall die Verwechslungsgefahren zwischen einem höhen-systenmäßig ausgeprägten Tonsystem einerseits und auch noch vorhandenem Dcwndrift andererseits zu groß sind. Immerhin zeigt das Beispiel des Yala (Ikcm), daß Dcwndrift auch über einem hohen-systenmäßig ausgeprägten 3-Tonsystem und außerdem noch vorhandenem (als tonemisch = I^-analytisch bezogenem) Dcwnstep (gültig sowohl für den hohen als den mittleren Ton) möglich ist, sodaß phonetisch gesehen die stattliche Anzahl von 9 register-(= tonlagen-)mäßig ausgeprägten Torihöhen verkannt, z.B. (R.G.Armstrong 1963:55 und Kamientar R.G.Armstrong 1972) 91

nden

8

gbagba

8

2

5

7

1

api utu e'

gl

gl

6

1

1

4

fu yeku no-gl

["Frcm tirre to time the paternal lineage and the matemal kindred propriate the ancestral spirits."]

103 Zeichenerklärung: 9 = höchste, 1 = niedrigste Tonstufe, /'/ = hohes, / / = mittleres, / V = tiefes Höhen-Tonen, /'/ = Dcwnstep mit tonematisehen Wert, gl = Kontur-glide ausgehend von der Tonstufe der vorausgehenden Silbe und bis 1 auf [ ] absinkend, no-gl = kein Kontur-glide. Die Methodologie der generativen Phonologie ist zur Darstellung von Downdrift besonders gut geeignet, nicht zuletzt deshalb, weil in seiner Einstufung als oberflächenstrukturellan Phänomen entsprechend formulierte Ableitungsregeln vor align durch experimental-phonetische (in anderen Worten: aipirischer Falsifikation zugänglicher) Versuchsanordnungen getestet werden können.^ Ein gutes Beispiel dieser Art stellt die Downdrift-Analyse des Hausa von Meyers 1974 dar. Daß Downdrift gleichermaßen ein Intorationsphänanen wie einen assimilatorischen Prozeß (von hohen an tiefe Töne) beinhaltet, kann als gesichert angenerrmen werden. Die bündigste Formulierung liefert Hombert (1974:178): "Downdrift is a natural, unmarked intonation with an ultimate but as yet unknown articulatory motivation. But this process can be blocked when it threatens to obscure a tonal contrast." Die artikulatorische Motivation für Downdrift wird von Becker (1979:234) von der Reduktion des subglottalen Drucks abhängig gemacht: "In my opinion this 'running down' should be associated with a fall in subglottal pressure which results from relaxation or lack of activity of expiratory muscles when the pressure generated by the passive forces of exhalation is below that required to drive the glottis."

Die insgesamt vier Intonationsregeln, die bei der Realisation eines Aussagesatzes zu beachten sind, stirrmen mit den akustischen, von Wängler bereits 1963 veröffentlichten (aber nicht weiter ausgewerteten) Daten iiberein. Es handelt sich als erstes um die "Traditional Pitch Distance Rule", wonach quasi als intonationanäßige "Idealisierung" eines Aussage-Syntagmas - ein dan Tiefton nachfolgender Hochton eine Freqruenzstufe,

ein dam Hochton nachfol-

gender Tiefton zwei. Frequenzstufen umfassen soll:

/

H

L

H

L

H

L

/

(Quasi "idealisierte" Tonhöhen-Distanzregel) 76 77

Zur Darstellungsmethodik mit Hilfe distinktiver Merkmale cf. die Peters/ Clifton-Kontroverse, Peters 1973 und Clifton 1976. Das Intervall wird nicht näher bezeichnet.

104

Die zweite,"Like-Tone Lewering" genannte Regel drückt die Tatsache des stetigen Äbsinkens der Stimme bei Sequenzen tonemisch gleicher Töne (also sowohl für den hohen als auch den tiefen Ton) aus. Die zitierten Beispiele lauten: Folgen von Hochton: 'yaa

'yaa

sun

daawo

'the children have arrived'

Jede Silbe ist wenigstens 5 Hz tiefer als die vorangehende Silbe. Das Syntagma beginnt mit 120 Hz und endet auf 90 Hz. Folgen von Tiefton: inaa

da

ayaba

da

akwatii

1

1 have a banana and a box1

Die erste Silbe ist hochtonig. Der Tonhöhenabfall von der ersten tieftonigen bis zur letzten Silbe des Syntagmas umfaßt '38 Hz. Die dritte, "High-Tone Raising", als Dissimilationsregel gekennzeichnete Regel drückt die Tatsache aus, daß der letzte von mehreren, einem Tiefton vorangehenden Hochtönen etwas höher als die Hochtöne der vorangehenden Silben realisiert wird. Es resultiert semit ein intonationsmäßiger Unterschied z.B. zwischen saabon birni

'new city1,

in welchem die Stimmfreouenz entsprechend der zweiten Regel gleichmäßig absinkt, und saabon

garii

1

new town',

in welchem der Hochton über der Silbe -bon 6 Hz höher als in der ersten Silbe realisiert wird. Eine die dritte Regel bestätigende Instanz ergibt sich bei Betrachtung des hoch-fallenden Tonems. Oeht einer derartigen Silbe eine mit Hochton voraus, z.B. fitoowa

'Coming out1,

entsteht wiederum ein Fall der Anwendung der dritten Regel, wobei die zweite / 7R More (-to-) gegenüber der ersten um 5 Hz höher realisiert wird. Die vierte, "High-Destruction", als assimilatorischer Downdrift-Prozeß gekennzeichnete Regel ist die Konsequenz der Tatsache, daß ein dem Tiefton nachfolgender Hochton sich nicht mehr über das Frequenz-Niveau des vorangehenden 78

Ob diese Erscheinung dazu berechtigt, das hoch-fallende Tonern als Folge zweier Toneme (synchronisch-deskriptiv) zu analysieren, sei dahingestellt.

1o5 Tieftons erhebt, sondern sich diesemtonhöhenmäßiganna.Rt. In einem sich tonematisch kontinuierlich abwechselnden Beispiel wie maalaminsu

yanaa

baa su

naama

'their teacher is giving them meat'

ist die Tonhöhe des dem jeweiligen Tiefton nachfolgenden Hochtons mit derjenigen des (vorangehenden) Tieftons quasi-identisch; danach pegelt sich die Tonhöhe des nachfolgenden Tieftons wieder gemäß der Tonhöhendistanz-Regel (also zwei Intervallschritte tiefer) ein. Für das auf diese Weise entstehende Regelordnungs-Problem ist bisher noch keine Patentlösung gefunden worden. Meyers (op.cit., p.58) beschreibt zwei "Lösungen": "One possible solution, suggested by Ian Maddieson, is to state that part of the Traditional Pitch Distance rule which maintains the distance between high tone and following low tone so that the distance is stated as a negative value of the previous pitch, i.e., the pitch is stated as the pitch of the preceding syllable (pitchj) minus a certain number of steps, i.e., [pitchj -2steps]. This distance would be maintained even after the high tone was lowered. Another possible solution is to claim that the part of the Traditional Pitch Distance rule that maintains the distance between high tones and following low tones is global, that it applies to any syllable whose underlying tone is high, regardless of what its specification is at the time the rule applies."

Die vier Regeln sind entweder obligatorisch anzuwenden wie z.B. die Tonhöhendistanz-Regel oder fakultativ bzw. fakultativ-vorzugsweise ("ootional but preferred") in gewissen Stellungen innerhalb des Syntagmas. 32.-42. Elf der häufigsten Fehler bei der Analyse von Tonsystemen 32.

Das tonologische

All-or-nothing-Prinzip

Ein Fehler in der tonologischen Analyse liegt dann vor, wenn aus der Beobachtung, daß von der Vfortunterscheidung mit Hilfe von Tönernen allein entweder kein oder nur spärlicher Gebrauch gemacht wird, der Schluß auf die "marginale" oder "sekundäre" Natur des Tonsystems gezogen bzw. die Relevanz des Tonsystems für das phonologische Gesamtsystem nur für die wenigen bedeutungsdifferenzierenden Stellen selbst erschlossen wird. Imnerhin hat der strukturalistische Analyseaspekt weitgehend für die Ausschaltung dieses Irrtums gesorgt, indem Töne zunächst in ein sich gegenseitig bedingendes Abhängigkeits- und damit Systemcharakter aufweisendes Verhältnis treten und erst im verlauf weiterer Analysen auf nicht-tonologisch ausgeprägte Parameter wie Vtortlänge, finale Konsonanten, Monanklassen u.a. beziehbar sind.Erweist sich die Existenz eines Tonsystems für eine Sprache als denkbar, lautet die autanatische Konsequenz, daß die Elemente des Tonsystems

106

a) zumindest für eine konsonantische Oppositions-Kategorie, b) zumindest für eine phonotaktisehe Struktur, c) zumindest für eine Maneiriklasse (bzw. eine bezogen auf die betreffende Einzelsprache definierte Tfortklasse), d) zumindest für ein phonologisches Extensionssystem (PE), und e) bezogen auf dieselbe konsonantische Oppositioskategorie, dieselbe phonotakti sehe Struktur, dieselbe Mansriklasse und dasselbe PE innerhalb bestirrmter, nicht einseitig ausgelasteter Häufigkeitswerte definierbar sind (cf. 54.). In diesem Fall kann keines innerhalb derselben konsonantischen Oppositioskategorie, derselben phonotaktischen Struktur, derselben Monemklasse oder desselben PEs definierten möglichen Elemente durch das Nichtvorhandensein von Ton ausgenarmen sein. Die Beziehbarkeit von Tönen über verschiedene Konsonantenklassen, phonotaktische Strukturen, Monemklassen und PEe hinweg stellt ein anderes Problem dar, das sich in den meisten bisher beobachteten Fällen insofern löst, als das jeweilige phonologische Gesamtsystem von Tonsprachen die analytische Nachzeichnung von größeren tonalen Vorkamienshäufigkeiten innerhalb offener bzw. quasi-offener Definitionsklassen zu kleineren Vorkcxnmenshäufigkeiten innerhalb geschlossener bzw. quasi-geschlossener Klassen geradezu dem Analysierenden aufzwingt. Dazu gehören folgende Beobachtungen: 1) für phonotaktische Strukturen kann von vornherein damit gerechnet werden, daß das Tonausprägungs-Potential über offenen Silben größer sein kann als über abrupt endenden Silben; 2) für auf Monemklassen bezogene Tonausprägungen ist mit größeren Potential bei Lexemen als bei Grartroemen zu rechnen; 3)für auf PEe bezogene Tonausprägungen ist grundsätzlich von einem größeren Ausprägungs-Potential innerhalb PE^ als bei allen weiteren PEn>-j auszugehen; 4) die Häufigkeitswerte von Tonemen nähern sich in der Regel innerhalb gewisser ervrartungsgemäßer Streuungen den "Idealwert"

/n (n = Anzahl der Toneme)

an. Die bisher beobachteten Ausnahmen sind derart gering, daß ihr Vorkamen ohne allergründlichste Analyse als suspekt beurteilt werden muß.

107 33.

Falsche (typologisohe und/oder phonologisohe) Einstufung von Konturtönen

Aus dem geringeren Vorkamen von Konturtönen Im Vergleich zu Flach-/RegisterTönen, den größeren intcmatiansmäßigen Aufwand zur Artikulierung eines Kcnturtons und ebenso wegen der akustischen Identifizierbarkeit der Anfangs- und Endfrequenzen von Konturtönen mit den durch das jeweilige tonologische System vorgegebenen Flachtönen innerhalb der tvpologischen Gruppe der HR-Tonsysteme (cf. 11.) hat sich nicht zuletzt seit Pikes Mazatekisch- und Mixtekisch-Analysen die Ansicht breitgemacht, Konturtöne seien grundsätzlich in Flachtöne bzw. in die sie konstituierenden Einzeltöne analysierbar. Abgesehen von einigen phonetischen Besonderheiten in der Realisation von Konturtönen wird Maddiesons universelle Behauptung "7. If a language has oontour tones, it also has level tanes." wahrscheinlich richtig sein. Aber sie impliziert nicht, daß die Anzahl von Konturtönen gegenüber Flachtönen kleiner sein müßte; berühmteste Ausnahmen: Mandarin (3 Konturtöne gegenüber 1 Flachtcn) und Kantonesisch (4 Konturtöne gegenüber 2 Flachtönen). Es sollte sanit eine Trennung gemacht werden zwischen der Beschreibung und Typologisierung von Konturtönen bezogen auf das jeweilige Tonsystem einerseits und die Möglichkeit ihrer Sezierbarkeit mit Hilfe distinktiver 'terkmale andererseits. Erst letztere Analysemethode hat die Kontroverse um die Nichthcmogenität von Konturtönen entstehen lassen. Diese Kontroverse sollte nicht als Ausdruck einer den Konturtönen anhaftenden Ambivalenz oder Airibiguität, sondern vorläufig noch als Ausdruck unübersehbarer Schwächen in der Anwendung des Modells der distinktiven Merkmale verstanden werden. Insofern sehen wir auch S.R.Andersons Vergleich von Konturtönen mit Diphthongen als unangemessen an: Diphthonge lassen sich, I^-analytisch betrachtet, in die sie konstituierenden einzelvokalischen Segmente zerlegen, wobei der nicht-vokalische Bestandteil redundanzfrei unbezeichnet bleibt und erst im Verlauf der Ableitungsreihe mit Hilfe von Silbenstrukturregeln bezeichnet wird. Bei reinen Richtung-Tonsystanen ist jedoch eine akustische Identifikation von Einzel-Konstituenten eines Konturtonems ausgeschlossen (sodaß die sinologische Praxis der Verwendung eines 5 Tonstufen analytisch im voraus umfassenden Interpretationssvstems für alle Tönerne des Richtung-Systems als idealisierend und tonetisch die Natur von Konturtönen verfälschend abgelehnt werden maß).

108 Alle bisher in Feldforschungen gesanmelten Erfahrungen deuten darauf hin, daß die Antwort auf das von S.R.Anderson (1978:154) zur Klärung des Probiens Homogenität oder Nicht-Hcmogenität von Konturtönen vorgeschlagenen PerzeptionsExperiment: "If it could be shown that Chinese or Vietnamese speakers basically categorize tones in terms of contours rather than registers in a generalized perception task, while speakers of Mazatec, Mixtec, Mende or Yoruba organize their perzeption in terms of levels, then we could have an argument that contour tones in languages of the Asian type have a special, psychologically primitive status".

"ja" lauten wird. Die typologischen Konsequenzen: a) entweder volle tonemische Gleichberechtigung von Kontur- und Flachtönen innerhalb von Rlchtung-Tonsystemen, oder b) Bestürmung von Konturtönen analytisch naoh der Festlegung der innerhalb des Tonsystans vorgegebenen Höhe-Toname, fiihrend zu einer Einstufung als gemischttonologischer Typ (HR-Tonsystem), sind in dieser Arbeit vollzogen. 34.

Tonale Unterdifferenzierung

Dieser Aspekt sowie der in 35. behandelte ist von primär feldforschungsmäßiger Relevanz und sei insofern vermerkt, als die Erforschung von Tonsprachen vor allere im 19. und beginnenden 20. Jhd. mit allen nur denkbaren Analyse-Hazards befrachtet war, die, sei es wegen mangelnder akustischer Differenzierung oder simplifizierenden Analyse-Voraussetzungen, die Erkenntnis auf die richtige Anzahl von Tonemen innerhalb eines Tonsysteres sowie ihrer Distribution bezogen auf phonotaktische Strukturen, T,?ort-/MonaTiklassen, phonologische Extensionssystane und Häufigkeitswerte versperrten. Der triviale Fall, fälschlicherweise ein Tonern zu wenig bzw. zwei Tönerne als Manifestationen eines einzigen Toneins (bezogen auf diejenige phonotaktische Struktur eines Phonologiesystsns, über welcher ein Maximum tonaler Oppositionen definiert werden kann) erkannt zu haben, soll hier nicht dokumentiert werden. In den folgenden drei Beispielen geht es um das Nichterkennen tonaler Kontraste über solchen phonotaktischen Strukturen, die gegenüber den das Tonmaximum zulassenden als tonologisch "sekundär" ausgeprägt charakterisiert werden müssen. Tangkhul (Bhat 1969). In diesem '«rterbuch sind dem Autor zwei gravierende Fehler unterlaufen: Die nicht-final auftretenden "Präfix"-Silben werden aus-

109

schließlich mit der untersten, innerhalb eines 3-Ton-Höhe-Systems definierten Tonhöhe / V realisiert; bei Bhat hingegen werden sie nicht mit eigenem Tonzeichen markiert, was nach den Wiedergabevoraussetzungen der Arbeit auto2 79 matisch eine Zuweisung zu Ton / / bedeutet. Der für Präfixe typische Silbentyp mit /a/-Vokalismus in offener Silbe kaimt 2 3 gelegentlich auch in den Tonarten / / und / / vor. Dies bedeutet, daß Bhat die Tonität dieses Silbentyps nicht erkannt hat. Gleiches gilt auch für Silben mit den finalen Plosiven /p t k/. Sie können tonal mit irgendeinen der drei Tonsne erscheinen, werden aber von Bhat ungekennzeichnet gelassen. Folgende unter "kap" zusammengefaßten Wörter mögen dies verdeutlichen: Bhat:

Korrekt:

kakap

^a'kap

'to be released suddenly

kacikap

^ka^ci^ksp

'to release, to fillip'

phaykap

3

akap

1

phay3kap

(as the door of a trap)'

'kind of trap used for catching birds'

2

a ksp

(Ukhrul-Dialekt:

1

a3kap)

'engine'

Lotha Naga (Acharya 1975). Da es in dieser in einer phonetischen Reihe erschienenen Arbeit ausschließlich um die Darstellung phonetischer Asoekte geht, hat der Autor versäumt, die c±ierflächenstrukturellen Gleittöne, die im Rahmen eines zugrundegelegten 3-Ton-Höhe-Systans mit Hilfe natürlicher phonologischer Regeln derivierbar sind, zu erwähnen. Darüberhinaus fehlt die Erwähnung einer 4 separaten, sich dem 3-Tonsystem überlagernden, mit / / zu kennzeichnenden Ton80

höhe mit enischer Relevanz. Kaahin (Matisoff 1974). Das 3-Ton-Höhe-Systan muß aufgrund seiner Verteilung als über sämtlichen Silbentypen ebenso wie über jeder Einzelsilbe definiert vorgestellt werden. Im Gegensatz zur Behauptung, Silben mit /a.'-Vdkalismus seinen "tonlos", gilt die Beobachtung, daß dieser Silbentyp sowohl tiefals auch hochtonig ausgeprägt ist. 79

"These [i.e. the vowels; A.W.] show a three-fold tonal contrast; two phonemes of tone may be set up for this purpose, high falling /*/ and low falling / V " (op.cit., IX). Abgesehen von der idiosynkratischen Wiedergabe der Tönerne fehlt dem Buch jegliche Gründlichkeit.

80

Damit ist nicht folgende unsinnige Bemerkung gemeint: "Apart from three tones, there is one more tone in Lotha, i.e., rising and falling (op.cit., 17). Das dazu zitierte Beispiel ygq 'wife'verhält sich den syllabischen Verhältnissen des Lotha entsprechend normal, korrekt: / 1 e 3 o / (/13/ = syllabischer Nasal) .

110 Matisoff unterschätzt den Hinweis von Maran: "Prefixial Jg. [=Jinghpaw = Kachin; A.W.] syllables whose vowel is unstressed shwa are deemed to have no tone at all for our purposes, though Maran claims that there is a high-low contrast even here." (op.cit., 160). Diese Unterlassung hat die Konsequenz, den im Fall von Nomina mit erster Silbe in Schwa-Vokalismus unter hohem Ton vorkommend auftauchenden hoch-tiefen TonhöhenaJ^all der Hauptsilbe als Primärton mit eigenem emischen Status, nämlich / /, in. die Analyse einzuführen, z.B. Matisoff:

korrekt:

dzakhÜ

T 3 dz9 3 1 khu] = / 3 js 1 khu/

lskhöij

3

31

3

1

[ la khoi3] = / ls khDi 3 /

'neun' "zwei*

Wie die phonemische Gleichsetzung zeigt, handelt es sich bei diesem Vorkommnis von [31] um einen durch die tonhöhenmäßig spezifische Natur des vorausgehenden Tons [3] phonemisch-plausibel konditionierten tonetischen Realisationswert. Durch die Existenz von /31/ als "Intonationstonem", d.h. in seinen beiden Verwendungsarten als Vokativ (vorausgesetzt, das Grundwort hat Tonern /l/) und syntagma-finales Intonem (cf. 29.), mag sich immerhin die ton-emische Natur eines solchen Konturtons "verdichten", cf. unsere Analyse in 76.

35.

Tonale Uberdiffevenzievung

Tonale Überdifferenzierung liegt vor, wenn Tönerne in sich gegenseitig ausschließenden Kontexten, aber innerhalb desselben Silbentyps, derselben Wortklasse und desselben phonologischen Extensionssystems (z.B. bei durch Onoositionskategorien wie Sonorität und Aspiration voneinander geschiedenen Klassen konsonantischer Anlaute), nicht zu einem einzigen Tonern verbunden werden. Abgesehen von einer derartigen, in der Regel auf groben Hörfehlern beruhenden falschen Interpretation tritt derselbe Fall auch ein, wenn der Analysierende das über einem bestürmten Silbentyp ermittelte Inventar von Tonemen auf einen anderen Silbentyp überträgt, bei welchem entweder weniger oder kein tonologischer Kontrast möglich ist. Ein Beispiel bildet die Lotha-Naga-Beschreibung von Acharva 1975. Im Fall von abrupt endenden Silben (möglich sind /-p/ und /-k/) vermag das über offenen und auf Nasalkonsonanten endenden Silben definierte primäre tonologische Systatt mit 3+1 emisch-relevanten Tonhöhen keine tonologische Orposition zu bilden. Alle abrupt endenden Silben werden auf einer einzigen Tonhöhenstufe 2 1 2 34 realisiert, die mit dan Tonern / / des / ' /-Systems akustisch sehr leicht identifiziert werden kann. Je nach der theoretisch-phonologischen Grundhaltung 2 des Analysierenden kann für abrupt endende Silben inner das Tonern / / als tonematische Kennzeichnung hinzugefügt werden oder es kann die durch den spezifischen Silbentyp implizierte tonale Redundanz berücksichtigt werden, indem

111 CVP-Silben im Lexikon des Lotha Naga nicht torial gekennzeichnet, sondern erst innerhalb der Derivations-Phonologie z.B. mit Hilfe einer entsnrechenden Derivationsregel abgeleitet werden. Daß in den abrupt endenden Silben des Lotha kein tonemisch-relevanter Kontrast steckt, ist Acharva nicht aufgefallen, cf. z.B. Acharya: / 3—1 olep [= ]

korrekt:

menkep

3

[= ^

J

1_2

tirok 36.

[= ^ 2

*{> lap

1—2 [= ]

men gyap

3

[= " ]

di rok

[=

]

'Schuppen des Fischs' 'Schnabel' 'sechs'

Vermengung segmentaler Phänomene mit tonalen Ausprägungen

Hier liefert die Existenz eines oberflächenstrukturell erscheinenden Glottalstops bzw. durchgehender glottaler Konstriktion (Laryngalisierung) eine mögliche Fehlerquelle. Je nach der Art seiner phonetischen Realisation und der Art der Interpretation in Bezug zu Tönen bzw. zum Tonsystem kann der Glottalstop entweder als die Avissprache von Tönen konkcmitantes Phänomen und damit als für die Phonologisierung bedeutungslos (da redundant) oder als eigenes segmentales Phonem eingestuft werden; im zweiten Fall verringert sich in der Regel das Tonem-Inventar. Wird im Fall "brüchiger"/"gebrochener" Vokale (durch Engebildung der Stimmritze) auf ein eigenes tiefenstrukturelles Merkmal in Form von Laryngalisierung erkannt, muß das Tonsystem wie im Fall des nhonemischen Glottaistops in Bezug auf verschiedene Vokal- (i.e. [ilaryngalisiert]) bzw. Silben-Typen (i.e. [iglottal]) differenziert werden. Das Probien, dem der Analysierende ausgesetzt ist, lautet: Wie ist die analytische Grenze definiert, die im einen Extrem den Glottalstop als phonemisch irrelevant van Ausprägungspotential eines oder mehrerer Tönerne abhängig macht, im anderen Extrem dem Glottalstop (bzw. dem Merkmal der Laryngalisierung) gültige phonemische Existenz verleiht? Die beiden Extreme können anhand des Vietnamesischen einerseits und des Burmesischen andererseits exemplifiziert werden: Vietnamesisch: Die Vokale von Silben unter den beiden Tonanen "ngä" und "nang" sind von brüchiger Qualität. Anstatt jedoch ein segmentales Phonem (z.B. als Glottalstop) zu "extrahieren", wodurch die Anzahl der Töne sich von 6. auf 4 verringern würde

(der Ton "ngä" wird mit dem mitte-hoch steigenden Ton "sie"

und der Ton "n|ng" mit dem tief-fallenden Ton "huyln" gleichgesetzt), wird

112 die Glottis-Verengung in den Standarddarstellungen als die beiden fraglichen Töne konkcmitantes (oberflächenstrukturelles) Merkmal interpretiert (sog. gebrochener Ton). Burmesisch'. Nach traditioneller (d.h. auf einheimischer Granmatiktradition basierender) Auffassung ist das Tonsystem des (Rangun-)Burmesischen als Dreitonsystem wiederzugeben, welchen ein tonal nicht differenzierter Silbentyp (der sich historisch gesehen von finalen Plosiven -p, -t und -k, die auch als solche in der burmesischen Schrift bezeichnet werden, ableitet) entgegensteht. Dieser Silbentyp (auch "Tonern IV" genannt) hat mit dem sog. ersten Tonern des Volltonsystems bemerkenswerte Ähnlichkeiten bezüglich Frequenz, Dauer und Glottalisierung; cf. Richters (1967:221) Charakterisierung: Tonern I: hoch einsetzend; schwach fallend; kurz; schwacher Glottisverschluß; fakultativer schwacher harter Stimnabsatz Tonern IV: hoch einsetzend; eben; sehr kurz; Glottisverschluß; fakultativer harter Stinmabsatz Nach geläufiger Darstellung wird "Tonern I" mit einem geeigneten Diakritikon (und damit als echtes Tonern gekennzeichnet), "Tonern IV" ohne Diakritikon, aber mit finalem Glottalstop ausgedrückt. Abartiger liegt die Interpretation, wenn "Tonern IV" und das "echte" "Tonern III" (hoch-fallend und lang) aufgrund des zu beobachtenden Exspirationsmaximums im Gegensatz zu den beiden ersten Tönen auch phonemisch miteinander gekoppelt werden: Der finale Glottalstop von "Tonern IV" wäre dann mit dem Diakritikon des "Tonern III" verbunden. Wieder liegt ein Fall der Nichtberücksichtigung implizierter Redundanz für die Phonemisierung zugrunde. Ebenfalls abartig ist der Interpretationsversuch von R.B.Jones 1972, der den prädiktiblen Glottalstop von "Tonern I" phonemisch "extrahiert" und damit auf folgendes verändertes Darstellungssystem stößt: R.B.Jones: Tonern I

ctf(n)'?

Tonern II

cV(n)

Tonern III Tonern IV

n) cV?

Die geplante strukturelle Harmonie zwischen CV- und CV ? -Silben stellt sich als Flop heraus, weil die durch (n) bezeichneten Nasalvokale nicht unter Tonern IV erscheinen: eine strukturell nicht mehr motivierbare Ausnahmeerscheinung, zu schweigen von den durch die Zeichen /'/ und /'/ evozierten Wiedergabeverzerrungen eines 3-Tonem-Richtung-Tonsystems.

Vergleicht man die vietnamesische mit der burmesischen Lösung, drängt sich der Schluß auf, daß eine für die synchronisch-deskriptive phonologische Ana-

113 lyse nicht statthafte Beeinflussung von Seiten der einheimischen Grarrmatik, die ausschließlich die durch das jeweilige graphische Wiedergabe-System vermittelten historischen Gegebenheiten berücksichtigt, vorliegt. Was jedoch phonemisch-analytisch als Willkür erscheint, wird sich in der Praxis bei vorsichtiger Abwägung der miteinander konkurrierenden Parameter wahrscheinlich immer einer mit dorn Sprachsystem harmonisierenden Lösung zuführen lassen. Als eins von vielen sinnvoll gehandhabten praktischen Beispielen sei die Analyse des Nong nach Freiberger 1964 zitiert, in welchem drei von sechs Tönernen entweder durchgehend glottalisiert oder mit finalem Glottalstop realisiert werden: "1.2 Glottal Stops with Tones. I have chosen to interpret the glottal of the high-glottal and low-falling tones as a feature of the tones rather than as a consonant. If the final glottal were interpreted as a consonant, it would create consonant clusters without parallel anywhere else in the language. Nong, like many other Southeast Asian languages, does not have final consonant clusters in the predominant pattern. The optional laryngealization with the low-glottal tone would tend to indicate the suprasegmental nature of the glottal. The glottal stop does not restrict voiceless stops from occurring finally with the low-falling or low-glottal tones." (op.cit., 17). In den beiden Beispielen dürfte die Entscheidung zugunsten eines Parameters (bzw. der Unterdrückung des anderen) auf der Perzeptions-Physiologie des Hörers beruhen, insofern als "Stärke" bzw. "Schwäche" in der Artikulation des Glottaistops bzw. brüchiger Stinme van Ohr (wahrscheinlich?) als getrennt im einen und nichtgetrennt im anderen Fall von separaten Tonhöhenverlauf wahrgenommen wird. Ein strukturelles und damit phonemisches Kriterium, wie es für gewisse Sprachen zu beobachten ist, ist im Fall der '-Silben des Burmesischen nicht ersichtlich; strukturell würde nichts dagegen sprechen, diese tatsächlich als "Tonern IV" (wie von einer Reihe Ausländer offensichtlich interpretiert) mit Hilfe eines Diakritikons und unter Streichens des Glottalstons anzuschreiben. "Cependant les auteurs qui n'admettent pas l'existence de consonnes finales de syllabe considèrent le 'coup de glotte' comme une des caractéristiques d'un quatrième ton." (Bernot 1963:221), Für dubios halten wir die Verwendung des Begriffs "Architonem" zur Charakterisierung der '-Silben (cf. Bernot 1963:221), gleichgültig ob diese als "Tonern IV" aufgefaßt werden oder nicht. Innerhalb der '-Silben ist unserer Auffassung gemäß kein Definitionskriterium für Töne in emischer Ausprägung gegeben; dabei kann auch nicht die Möglichkeit akustischer Identifizierbarkeit der Tonhöhe solcher Silben mit der Tonhöhe eines Tonems innerhalb des tonal maximal spezifizierten Silbentyps (bzw. ihrer Unmöglichkeit bezüglich des Burmesischen) als Kriterium für eine Architonem-Betrachtung herangezogen werden.

114

Im Vietnamesischen liegen die beiden eben skizzierten Lösungsraoglichkeiten perzeptionsphysiologisch gesehen noch näher zusammen als im Burmesischen. Wir erkennen dies u.a. daran, daß die "Principles of the International Phonetic Association" allen Ernstes von der Möglichkeit der Interpretation mit vier Tönernen und dem "extrahierten" Glottaistcp Gebrauch machen. Unter strukturellem Gesichtspunkt ist ein derartiger Interpretationsversuch anfechtbar, denn das sich nach der Alternativlösung der Schrift so harmonisch gestaltende, auf der Strukturformel TCV(C) beruhende uniforme Silbenbild erhält nun die Erweiterung zu TCV(C)(?), sodaß die beiden Töne "ngä" und "njng" in allen Vorkommnissen und sicherlich entgegen jeder vietnamesischen Sprecherintuition mit Hilfe eines Diakritikons plus Glottalstop angeschrieben werden müssen. Ein grober Analysefehler liegt vor, wann die beiden fraglichen Parameter in phonemischer Interpretation miteinander vermengt werden. Ein lehrreiches Beispiel bildet die Analyse des Tonsystems des Lao (Luang-Prabang-Dialekt) 81

nach Roffe 1946.

Innerhalb des für offene, finale Nasalkonsonant- und fina-

le Diphthong-Silben definierten 5-Tonsystems 82beobachtet Roffe in Silben mit den von ihm so bezeichneten Tonemen 3 und 4 das konkanitante Auftreten des Glottalstops vor phrase-finaler Junktur, Dieser taucht im Innern der SyntagmaKette ebenso automatisch nicht auf. Roffes eigenartige (und von Pike unterstützte) Interpretation des Glottalstops als eigenem segmentalen Phonem zusätzlich zur Menge der Tonstie des Tonsvstems liest sich wie folgt: "Glottal stop cannot be considered a non-phonemic segment which occurs at the end of utterances only, since the sound is also encountered at the end of other words and remains there even when the words occur in the middle of utterances." (op.cit,, 291f.).

Es stehen sich also einerseits Wörter wie khosq?3 'gong', khooq?lt 'fishbasket' mit abfallendem Glottalstop und andererseits Worter wie pa?1 'to abandon' mit nie abfallendem Glottalstop gegenüber. Vokalisch anlautende 'törter haben automatisch den Glottalstop vor sich, z.B. 'aap1* 'bathe'. Dieses Analyse81 82

37 Cf. auch Kommentar dazu von K.L.Pike (1948:32 ). Roffes Tonzahlen haben folgende geläufigere Entsprechungen innerhalb des Diasystems aller Lao-Dialekte: Komparative Tai-Tonkategorie Roffe: Marcus 1970: nach Simmonds (1965:136) •Iordinary"/"low" AIM / A2 1 1 und 3 2 "mid" B 2 "high" C1M / C2 5 3 1• I • I "falling C1H 6 4 i t "glide" A1H 4 5

115

beispiel zeigt, daß ein Laut unter Anwendung eines allumfassenden Distributionalismus-Kriterivms und unter gleichzeitiger Vernachlässigung seiner auf der Basis diverser phonotaktischer Strukturen (hier: Silbenstrukturen) definierten Vorkaimenseigentimlichkeiten zu phonemischer Existenz gelangt. Die Eliminierung des Glottalstops als eigenem Tiionemischen Elanent hat zu erfol3 4 gen, weil (a) er im Fall der unter den Tonemen / / und / / stehenden Silben ein FeaI.isations-Charakteristlkum der beiden Tönerne darstellt, (b) die (Gegenüberstellung zweier phonotakti scher Strukturgruprcen VS. phonotaktisch suspekt ist, da das Tanausprägungs-Potential der beiden Gruppen und (c) das keine akustische Ähnlichkeit (Identifizierbarkeit) aufweist Vorkamen eines Lautes in einer Umgebung nicht unmittelbar als Kriteriun für seine phonemische Verankerung dienen kann, wenn derselbe Laut auch in anderen Umgebungen auftaucht, unter Berücksichtigung einer nhonologisch-abgestuften analytischen Hierarchie in der Anwendung von Kriterien ebenso wie unter Beachtung phonetisch-natürlicher Derivationsprozesse, die ihren analytisch-natürlichen Ausdruck in Form redundanter *ferkmalSpezifizierungen findet, kann eine Motivierung für /?/ als eigenem phonemischen Segment nur schwer gefunden werden. In Bezug auf die die Existenz eines eigenen /?/ angeblich "stützende" Existenz der phonotaktischen Struktur /CV7/ des Lao ist festzustellen, daß der CV -Silbentyp ein gegenüber den 5-tonelementigen "glatten" Silben und den 4-tonelanentigen (gleichzeitig an die Vokallänge gekqnnelten) abrupt endenden Silben ein besonderes Verhältnis zu tonaler Ausprägung aufweist, das Roffe 34 leider nicht untersucht hat. Aufgrund der Verhältnisse im verwandten Standard Thai kann angenanmen werden, daß das tonale Ausprägungs-Potential für CV>-Silben erheblich eingeschränkt ist (ohne Berücksichtigung der "Buchstaben"Aussprache vermutlich überhaupt nicht ausgeprägt). In diesem Fall ist die CVStruktur so zu definieren, daß ihr keine suprasegmentale Ausprägungs-Kapazität zukaimt. Der in CV vorkommende Glottalstap besäße dann eine andere Dimension 83

84

In einer derartigen Interpretation müßte man eine Ähnlichkeit der TonemRealisation erwarten, sodaß das Toneminventar der '-Silben als Untermenge der i.a. mehr Elemente umfassenden Tongruppe, welche über "glatten" Silben definiert ist, hervorgeht. Dieser Aspekt läßt sich bei vielen asiatischen Tonsprachen in Form der Gegenüberstellung von "glatten" vs. abrupt endenden Silben nachweisen. Cf. Roffe, op.cit., Fußnote 12.

116 3 4 als die unter den Tonarten / / und / / automatisch voraussagbaren Glottalstcps; seine phonatiische Notierung wäre gleichbedeutend

mit dem Sonderstatus eines

gegenüber den restlichen phonotaktischen Strukturen peripheren Strukturtvps, weil die möglichen Tonhöhenausprägungen im Gegensatz zu den übrigen Silbentypen phonetisch prädiktibel wären. Wahrscheinlich entsprechen die Verhältnisse des Lao dieser Interpretation, aber auch der bisher nicht untersuchte semantisch-morphologische Aspekt dieses Strukturtyps, der u.U. von den übrigen Silbentypen verschieden sein könnte, bedarf zusätzlicher Analyse. Diese Bemerkung läuft in eine analytische Richtung hinaus, wie ich sie unter dem Stichwort "Regularisierung der Silbenstruktur" anhand eines sehr einfach ausgeprägten einzelsprachlichen Typs in Weidert 1977a vorgeführt habe, cf. a-Komponente in 65.

37.

Vermengung niahtsegmentaler Phänomene mit tonalen Ausprägungen

Unter diesem Punkt sind drei Fehlerquellen zu verzeichnen: a) Vermengung von Akzenteigenschaften mit tonalen Ausprägungen. Unsere Ausführungen zum Thai, ftandarin und Mixtekischen haben verdeutlicht, daß beim Vorliegen eines Tonsystems der Druckakzent eine bezüglich des Tonsystems sekundäre = nicht-phonemische = phonetisch prädiktible Rolle spielt. Die Ausnahme bildete die Opposition gleichmäßiger vs. ballistischer Akzent mit emischer Relevanz in einigen Otcmangue-Tonsprachen in Mexiko; doch sagt diese vermutlich mehr über die Realisation der Tonane selbst aus als über die Natur von Akzenten. Alle Fälle, die bisher von der emischen Relevanz des Druckakzents innerhalb des tonemisch ausgeprägten Phonologie-Systans ausgegangen waren, enthalten einen in der Regel leicht zu entdeckenden Analysefehler. Die Alternative "reines Druckakzent-Systan ohne tonemische Relevanz" vs. "Zweitonem-Tonsystem" bedarf dringend näherer Untersuchung; sie ist vermutlich eine unechte Alternative, da beliebige Austauschbarkeit zwischen den beiden sowohl auf Hör- als auch auf Analyse-Fehlern beruhen mag. Eine innige analytische Verbindung zwischen Akzent einerseits und Tonarten andererseits innerhalb derselben Darstellungsebene herzustellen (Beispiel: Mixtekisch-Analyse nach E.V.Pike/Oram 1976) ist unstatthaft, da sich entsprechende Aussprachekriterien für solche Sprachen nicht belegen lassen. Es ist aus diesen Gründen irreführend, im Fall von rein tonisch ausgeprägten Intonationskonturen von "Akzentuierung" zu sprechen. Auch bei "eingeschränkten Tonsprachen" wie im Fall des Norwegischen und Schwedischen ist die Fehlerhaftigkeit dieser Auffassung verglichen mit "echten Tonsprachen" gleichermaßen evident; cf. unsere Kritik an Jasanoff (1966) in 70.

117

b) Einführung einer dritten, bisher tinbekannten Größe mit suprasegmentalen Eigenschaften. Wenn alle Interpretationen in Termini von Druckakzent oder Ton versagt haben, ist es nicht untiblich, nach einer weiteren Ordnungsgröße zu suchen, welcher die sich in einem suprasegmentalen System manifestierenden Ungewöhnlichkeiten als konsistentem phonologischen Parameter subsumiert werden könnten. Einen Fall haben wir durch K.L.Pike/Scotts Analyse des suprasegmentalen Systems des Pore kennengelernt. Den Begriff "stress" zur Bezeichnung von Intensität und evtl. hervorragender Tonhöhe wegen der offenbaren Ungeeignetheit des Systems aufzugeben und ihn durch die abschwächend gemeinte Bezeichnimg "accent" zu ersetzen, muß als dubios eingeschätzt werden, da das suprasegmentale System des Fore sich eben primär in Form von Torihöhendifferenzen manifestiert. Die Kenntnis über viele Sprachen der Welt macht es äußerst unwahrscheinlich, daß neben Stress = Druckakzent in seinen beiden - möglicherweise nicht klar voneinander trennbaren - Manifestationen als dynamischem/expiratorischem und musikalischem/melodischen Druck und Ton eine dritte suprasegmentale Größe gefunden werden könnte. Wir sind uns natürlich einig mit Lehiste (1970:144), daß phonetisch gesehen eine einwandfreie Trennung von Intensität einerseits und Fundamentalfrequenz andererseits nicht immer (vielleicht nur in den wenigsten Fällen) "möglich ist: "These considerations suggest that fundamental frequency and intensity can be considered independent , at least in some cases and to a certain degree. There is solid evidence, however, that various dependence relationships exist between them at the same time." Aus diesem Grund muß das phonologische Kriterium, das die Unterscheidung zwischen Akzent- vs. Tonsystem herbeiführt, auf eine andere Definitionsbasis als die ausschließlich die lautphysiologischen Verhältnisse berücksichtigende gestellt werden.

Ebenso muß der Versuch, gewisse physiologische Aspekte aus beiden Parametern heraus zu einer dritten Größe miteinander zu kcribinieren, jedenfalls bisher als Fehlschlag gewertet werden; die Sonderstelle, die Norwegisch, Schwedisch und Serbokroatisch hier einnehmen, ist allerdings zu berücksichtigen. Für die bisherige Akzent- ebenso wie die Tonforschung gilt, daß sie zu sehr an der Basis geläufiger Manifestationsformen wie den europäischen Sprachen scwie ein paar wenigen gut tiekannten außereuropäischen Sprachen orientiert worden ist. Wie die heute gesammelten tonologischen Daten die tonologische Definitionsbasis t «-»- S n als äußerst wahrscheinlich nahelegen und aufgrund der Beliebigkeit der Wählbarkeit der Indices m und n eine breit gefächerte Inter-

118 pretationsbasis für tcmologische Systane bilden (wobei man annehmen muß, daß. unter Anwendimg dieser Definition nicht einmal die plausibleren konstruierbaren Tonsysteme in der Praxis belegbar sind), so wird man vielleicht auch die Anwendungsbereiche für den Akzent als suprasegmentale Interpretationsbasis erweitern können. c) Vermengung quantitativer Aspekte mit tonologisehen Ausprägungen. Die Quantitätsverhältnisse, insoweit sie für die Realisation von Silben-Nuklei = Vokalen (seltener Sonanten und Geräuschlauten) von Belang sind, können entweder von tonologischen Ausprägungen (in emischer Betrachtungsweise) frei sein oder mit diesen in engem, beiderseitig bedingtem Abhängigkeitsverhältnis stehen. Je nach Art der in Frage könnenden phonotaktisehen Strukturen können diese unterschiedlichen Abhängigkeiten innerhalb desselben sprachlichen Systems vorkommen. Ein Analysefehler liegt vor, wenn die Tonausprägung von den (vokalischen) Quantitätsverhältnissen abhängig gemacht wird, wenn umgekehrt unterschiedliche Quantitätsausprägungen vcm Systan der Tönerne abhängig gemacht werden sollten. Dieser Fehler ist phonologisch betrachtet nicht unmittelbar evident und bedarf genauer Begründung. Bezüglich dieses Fehlers wird den in der Tat zu beobachtenden unterschiedlichen Quantitätsverhältnissen von Vokalen größere phonologische analytische Relevanz eingeräumt als der Phonologisierung des Tonsystems. Eine derartig unstatthafte Bevorzugung des segmentalen vor dem suprasegmentalen Bereich führt zu einer vereinheitlichenden Darstellungsweise für Töne bezogen auf verschiedene phonotaktische Strukturen, welche jedoch den System der Sprache fremd ist. Wanöglich die einzigen tonsprachlichen Systeme, in welchen ein derartiger Konzeptionsfehler möglich ist, sind diejenigen der Richtung-Tonsystane; man findet ihn also nur bei Darstellungen asiatischer Tonsystane vor. Die bekanntesten Beispiele sind Thai und Lushai: Unterschiedliche Vokalquantitäten können sowohl in offenen als geschlossenen Silben ausgeprägt sein. Während innerhalb geschlossener Silben (und hier zumindest für Silben mit finalen Nasalkonsonanten und Diphthongen) bezogen auf die durch gleichartige Silbenstruktur, gleichartige Wortklasse(n), gleichartiges Extensionssystem und gleiche Ranghöhe der Signeme abgesteckten Interpretationsaspekte tatsächlich eine phonemisch-relevante Längenopposition besteht, die von der Ausprägung des Tonsystans völlig unberührt bleibt, besteht dieselbe Gleichartigkeit der Interaretationsaspekte bei offenen Silben gerade nicht, Beispiele für die durch die Gleichartigkeit der Interpretationsaspekte charak-

119 85

terisierten geschlossenen Silben mit emisch-relevanter Vokalquantität: Thai:

Lushai:

/paj/

Aal/

'gehen'

/klSj/

/hnäay/

'nahe'

/maaj/

/thiq/

'Baum, Holz1

/säam/

/thum/

'drei'

/liq/

/zooq/

'Affe1

/fai/

/mey/

'Feuer'

/kooq/

/büm/

' betrügen'

/khäaj/

/zuar/

'verkaufen'

/ c £ ew/

/kär/

'rudern'

/roog/

/zaay/

'singen'

/myyn/

/siig/

'10.000'

/seen/

/nüai/

'lOO.OOO'

/daq/

/riq/

'laut'

/mäj/

/em/

Partikel zur Bezeichnung von Fragesätzen

Bei offenen Silben sind folgende Interpretationsaspekte zu beachten: Silben mit Doppelschreibung des Vokals (= Interpretation als Langvokal) sind gleichwartig mit geschlossenen Silben, d.h. gleiche Tfortklassenzugehörigkeit, gleiche Ausprägung der Töne und Einstufung als freie Form. Silben mit einfachen 86

Vokal gehören dagegen in beiden Sprachen anderen T*fc>rtklassen - nämlich Grammatten - oder keinen an, indem sie als nichtfinale silbische Bestandteile polysyllabischer Lexsne erscheinen; die tonalen Ausprägungen sind limitiert (ThaiNormalaussprache: eine Tonhöhe im mittleren Bereich, Lushai: ein hohes und ein tiefes Tonsn = identifizierbar mit den beiden Tonemen /hoch/ und /tief/ des "Voll"-Tonsystems), Vorkenntnisse ausschließlich an gebundene Formen. Beispiele für offene Silben: a) als phonmischer Langvokal interpretiert:

85

86

Thai:

Lushai:

/h3a/

A)aa/

'fünf'

Für diesen Demonstrationszweck folgen wir der geläufigen, von uns kritisierten Ton-Schreibweise mit Hilfe folgender Akzentzeichen: /* / = hoch, / V = tief, r / = steigend, /"/ = fallend, / / = mitte (unbezeichnet). Wir berücksichtigen nicht die sog. Buchaussprache des Thai, in welcher die Aussprache kurzvokalischer Silben durch einen finalen Glottaistop gekennzeichnet ist. Für die gesprochene Rede ist diese unnatürlich.

120

/sii/

'vier'

/naa/

/li/ /sàhgaa/ /nii/

/ruu/

/hria/

'wissen

/dii/

/thràa/

'gut'

/plaa/

'Fisch' 1

Tante'

b) Kurzvokale: Thai: /ca/

Futurpartikel

'und' /le/ /tha-/ in /thanon/

'Straße'

/-la-/ in /phonlamaaj/ /cha'-/ in /chalaad/

'Frucht' 'schlau'

Lushai: /ka/ und /ka/ /ml/

1 .Pers.Sg.Pers.Pronomen (gebundene Foem)

'mich' (1. P.Objektpronomen)

/vo/ in /vo ro7/ 7

/be/ in /be ro /

'Schlag!' ("Kurz"-Form von /vua/ 'schlagen') 'Sprich!' ("Kurz"-Form von /bia/ 'sprechen')

/kha/ in /le'khaböu/ /la/

'Buch'

'noch' (steht vor dem Verb)

Im folgenden Satz des Lushai kernen drei kurzvokalische Silben vor: /kahmeel atshelow ./

'Ich bin nicht häßlich.'

/ka/ = l.P.Sg.PPr. 'mein', /hme'el/ 'Gesicht', /a/ = 3.P.Sg.PPr. 'es'/'sein', /tshe/ = "Kurz"-Fonn von /tshia/ 'schlecht(sein)', /low/ 'nicht'. Das Beispiel des Lushai verdeutlicht die durch den Kontrast zwischen geschlossenen bzw. langvokalischen, gleichzeitig tonal voll ausgeprägten Silben einerseits und kurzvokalischen, gleichzeitig tonal stark eingeschränkten Silben andererseits hervorgerufene ausdrucksseitige Opposition der Wortklassen, nämlich Lexeme im ersten, Grammsne im letzten Fall. Von der Gleichartigkeit der Interpretationsaspekte kann also bei der Analyse offener Silben keine Rede sein. Infolge der dam Quantitätsaspekt eingeräumten analytischen Bevorzugung ergibt sich wie ersichtlich keine tonologische Dichotcmisierung; das 5-Tonem-RichtungTonsystan des Thai und das 4-Tonan-Richtung-Tonsystan des Lushai bleibt für sämtliche Silbentypen definiert. Es gibt oberflächenstrukturell bzw. phonetisch gesehen keinen Grund, der gegen eine solche phonologische Lösung sprechen könnte. Genausowenig gibt es

121

aber auch einen Grund, der oberflächenstrukturell bzw. phonetisch gesehen gegen die hier vorgetragene Lösung spricht. Dieser könnt im Regensatz zu der ersten der von uns als ausschlaggebend gehaltene Grund der analytischen Einheitlichkeit zugute. Um der Gleichartigkeit sämtlicher Interpretationsaspekte nach Möglichkeit stattzugeben, ist den unterschiedlichen Verhältnissen, in welchen offene Silben in beiden Sprachen aufreten können, vorrangige Beachtung zu schenken. Dies bedeutet, daß diejenige Analyse, welche von vornherein eine über die einzelnen, teilweise beachtlich heterogenen, Auftretensbereiche von Phonemen, Tonemen und weiteren extra-segmentalen Parametern wie Länge, Nasalität etc. hinausgehende und damit jedes System in seiner Gesamtheit zu erfassen versuchende Phonologisierung anvisiert, den zweiten Schritt vor dem ersten tut: da der phonologische Untersuchungsbereich niemals in seiner Fülle komplett und simultan für den Analysierenden präsent sein kann, sollte versucht werden, eine nach den einzelnen Auftretensbereichen gegliederte phonemische, tonemische, etc. Analyse zu betreiben; eine die in den einzelnen Bereichen auftretenden Phänemene übergreifende und zusammengefaßt darstellende Beschreibung kann immer noch erfolgen. Un die Gleichartigkeit der Interpretationsaspekte zu gewährleisten, kann z.B. mit einer auf die späteren phonologischen Zwecke hin orientierten Ttortklassenanalyse begonnen werden. Bezogen auf Thai und Lushai führt dies sofort zu einer (einzelsprach-bezogenen) Dichotanisierung des Tonausprägungs-Potentials. Man erkennt unmittelbar, daß das für die Mehrzahl der Granmeme charakteristische Tonsystan nicht nur anders, sondern insgesamt wesentlich weniger Tonausprägungen gestattet als im Fall der Lexeme. Insofern erscheint die Vokalquantität in einan anderen Licht: Das über Lexonen von offenen Silben voll ausgeprägte Tonsystem bedarf einer gewissen über Normalmaß hinausgehenden zeitlichen Länge, um als Richtung-Tonsystem, welches u.a. auch Konturtöne enthält, tonphysiologisch manifest zu sein. Im Fall der tonalen Vertreter des über Granmeme von offenen Silben stark reduzierten und vereinfachten (keine Konturtöne mehr enthaltenden) Tonsystems ist dagegen keine Extralängenrealisierung nötig, da 1) die psychologische Aufmerksamkeit normalerweise auf den im Satz eingeführten Lexemen = semantisch "wichtigen" Ttörtern ruht, 2) in den meisten Sprachen der Welt der Unterschied zwischen semantisch wichtigen Vtörtern und solchen, die weniger wichtig sind, sich ausdrucksseitig in Form einer Grunddichotcmie "viel Lautsubstanz besitzend" vs. "wenig Lautsubstanz besitzend" manifestiert, und

122

3) mit Hilfe der in 2) gewonnenen Erkenntnis geschlossen werden kann, daß das zur Lautsubstanz Gesagte auch für tonologische Ausprägungen gilt. Von dieser Warte aus gesehen ist die Quantitätsopposition offener Silben im Thai und Lushai als psychologischer Faktor einleuchtend: ihrem analytischen Ausdruck sollte nach Möglichkeit stattgegeben werden. Die Quantität definiert sich als Ausdruck unterschiedlicher tonologischer Gegebenheiten, welche ihrerseits von den je einzelsprachlichen semantischen und wortklassenmäßigen Gegebenheiten abhängen. In diesem Fall handelt es sich nicht um ein für alle Interpretationsaspekte gültiges universelles Tonsystan, sondern um verschiedene Tonsysteme, deren jeweilige tonische Bestandteile verschiedene Realisationen haben. Die vorwiegend im grammatischen Bereich ausgeprägten Tönerne, die insgesamt eine andersartige Realisations-Charakteristik aufweisen als die übrigen Toneme, sind als "neutrale"/"reduzierte"/"atonische" Töne in Sprachen wie Lushai, Burmesisch, Karen, Thai und Mandarin wohlbekannt. Das durch ihre Existenz konstituierte Ton-System besteht mit Ausnahme des Lushai nur aus einem Ton-Element. Die unterschiedlichen Quantitätsverhältnisse werden nun in Abhängigkeit von der Ton-Ausprägung (phonanisch gesehen) verschiedener Tonsystane dargestellt. Ihre phonetische Voraussagbarkeit (z.B. mit Hilfe von Realisationsregeln) ist evident. Akzentuelle Gegebenheiten, die sich bezüglich der Realisation dieser Tonsysteme in Form unterschiedlicher Lautstärke bzw. Intensität beobachten lassen, sind auf alle Fälle von den tonologischen Gegebenheiten abhängig zu machen. Sie werden damit ebenfalls wie die Quantitätsverhältnisse phonetisch prädiktibel.

Es erhebt sich die Frage, ob und wie ein die divergenten Einzelsysteme generelles/umfassendes suprasegmentales System konstruierbar ist, von dem aus die Einzelsystane abgeleitet werden könnten. Diese Frage führt tief in die theoretische Phonologie hinein und wird in dieser Arbeit bezüglich des angesprochenen Problems der Reduktion von Tönen (sog. p-Komponente) ausgeklammert. Ein gutes Beispiel für die Abstraktheit solcher Betrachtungen stellt Weidert 1975 für die Analyse des Lushai dar. 38.

Falsche Auffassung über analytische Prioritäten

Bei einer anderen Art von Abhängigkeitsbetrachtung zwischen quantitativen Aspekten und tonologischen Ausprägungen findet keine Venrengung der beiden Parameter wie im Fall des Thai und Lushai statt (37.), doch führt die erwartungs-

123

mäßig genau entgegengesetzte Auffassung über das Abhäigigkeitsverhältnis in eine extreme Analyseposition. Eine solche wird verfochten, wenn ein - in der Hegel vokalischer - Längenkontrast, der über gleichen phonotaktisehen Strukturen definiert ist und ohne das Vorhandensein von Tönen evidentermaßen zu seiner mischen Einstufung führen würde, als .Manifestationsgrundlage verschiedener Töne aufgefaßt wird. Anstatt die Länge von Vokalen (bzw. die Vokalverdopplung) als snisch-relevantes Diakritikun zu "extrahieren", wird sie zusammen mit dem Frequenzverlauf als homogene 'Manifestation einzelner Tönerne interpretiert und führt zur doppelten Anzahl von Tonemen innerhalb des Tonsystems. Es handelt sich um einen Gesichtspunkt der implizierten Redundanz, wobei zwei Grundhaltungen denkbar sind: a) Einige der der jeweiligen tonematischen Einheit zugeordneten segmentalen Phonatve (bzw. der gesamte zu der tonanatischen Einheit definierte phonotaktische Strukturtyp) deuten die in der suprasegmentalen Einheit implizit enthaltene Redundanz an; also unterbleibt eine (emisch-relevante) Ton(an)"Bezeichnung. b) Die einer Gruppe von segmentalen Phonemen zugeordnete jeweilige tonematische Einheit deutet die in der Realisierung der Segmente enthaltene Redundanz implizit an; also unterbleibt eine (eraisch-relevante) Phon (an)-Bezeichnung. Standpunkt a) ist als der richtige zu werten, weil in vielen Fällen eine entsprechende segmentale Kennzeichnung getroffen werden muß, dem sich das suprasegmentale Erscheinungsbild zu unterwerfen hat. Den Standpunkt b) sich zu eigen machende Analysen kaimen recht selten vor, da zusätzlich zu dan erwähnten Grund die Analysierenden sich scheuen, Teile des segraentalen Erscheinungsbildes von tonologischen Einheiten abhängig zu machen. Als Beispiel für die Erläuterung der beiden Standpunkte bietet sich die 87 Dan-Sprache im Lcngoualfe-Dialekt an. Die Darstellung Fliks ist phonetisch und kann nach Belieben in phonemischer Interpretation wiedergegeben werden. Nach Standpunkt a) sind die folgenden Wirter wie folgt phonemisch aufzufassen: a) nuN^ ^ = /-*nuN/ 'hammock' 2—2 2 gbAN = / gbAN/ 'louse' 87 Cf. Flik 1977:23, Tonlisten a), b), c), d).

124

b) c) d)

L . 3'3 kaa . 4-4 dua V -i ~ . 2— 1 kploo kploo 3-hf see 4-mf saa

= =

1

klaN "^

/3kaa/ 4 / dua/

'partridge1

kplöö/ 3 / k / 88 n / kploo/

1

•hoe" 'spinach'

3x

/ see/ / /A saa/ U

/ klaN/ - /

cowrie shell

laf

klaN/

1

lemon1

1

soap'

'monkey1

etc. Unter Beachtung von Standpunkt b) müßte man schreiben: .1-1

a) nuN 3-3 v kaa , ...2-1 b) kploo 3-hf c) see

,11 / nuN/ /33v / /

W

21

/ kplö/

/ se/ etc. Wie ersichtlich, verwischt Standpunkt b) die (durch Standpunkt a) unangetastet gelassene) Tatsache, daß es sich um eine rcorenzählende Sprache handelt. In Sharma 1974 wird Standpunkt b) auf die Phonologie des Thadou angewandt. Dort ist die Rede von folgenden fünf Tönernen: mid-level (-) sharp-rising ('') Sharp-falling slor-rising (') slcw-falling (*) Wie unschwer erkennbar, handelt es sich um die für diesen Standpunkt typische Verdopplung der Tonane gleicher Frequenz-Charakteristik. Es liegt nach Standpunkt a) eine emisch-relevante Ouantitätsopposition der Vokale vor, von denen bei Sharma keine Rede ist außer der selbstverständlichen Feststellung: "Each of the six vcwel phonenes has a ränge of allophanes which are influenced by tone and contiguous vcwels" (op.cit., 147; meine Hervorhebung, A.W.). Die folgenden Beispiele aus Sharmas Essay können in folgende "normale" Entsprechungen überführt werden: a-f 88 Für aen af-Ton ist Fliks Wiedergabe bereits phonemisch, cf. p.24: klaa -una nicht etwa **klaaaf"af,aies aurch die phonetische Realisation bedingt.

125 Sharma:

Standpunkt a):

' 'in

'in

'Haus'

'op

'Brust'

' 'bari

'bar}

'hängen'

" "hit

'hit

'Laus'

'

a

alin

•groß'

'Hin

'muol

'muol

'kor)

'ko:

'Berg' 'Korb'89

13

Standpunkt b) liegt auch der Jabo-Analyse nach Herzog 1945 zugrunde. Er ist aus folgenden Zitat zu erkennen: "In the present study, the four registers are represented by the numbers 1 to 4, descending from the highest to the lowest. Length is not marked but implied by double tone-numbers so that each number stands for a mora." (op.cit., 225, Fn.12)

Unter Sinologen ist Standpunkt b) verbreitet. Dies geht aus der Dopnelschreibung der Zahlen zur Bezeichnung ebener/flacher Töne über kontinuierlichen Silben gegenüber Einfachschreibung zur Bezeichnung von über abrupt-endenden Silben definierten Tönen hervor. Cf. folgende Gegenüberstellung von Tonenen im Kantonesischen (Kao 1971:94): Syllables not ending in /p t k/ High falling Middle level Low level

53 33 22

Syllables ending in /p (the "Entering Tones")

t

k/

(the "High Entering") (the "Middle Entering") (the "Low Entering")

In strenger Anwendung des zweiten Standpunktes ist die Präponderanz der Tonausprägungen gegenüber den phonotaktischen Strukturen stattzugeben. Dies bedeutet, daß unterschiedliche Silbentypen wie kontinuierlich-endende vs. abruptendende Silben gegenüber der Ausprägung der Töne als sekundär einzustufen sind. Um dies schreibtechnisch besser wiederzugeben, anpfiehlt sich die Klein- bzw. Hochsetzung der sekundär eingestuften Elanente; bezogen auf die kantonesischen Silbentypen handelt es sich also im vs.

tcvE/t/k ^

denn um den tonematischen (Interschied auf L2-/phonemischer Analyseebene redun89

Beispiele mit offenen Silben gehören, anders als von Sharma behauptet, nicht hierher. In dieser Beziehung handelt es sich beim Thadou um eine dem in 37. analysierten Lushai analogen Situation.

126

danzfrei auszudrücken, dürften -p, -t, -k eigentlich dort nicht auftreten. Dagegen handelt es sich nach dan ersten Standpunkt um eine primäre Opposition verschiedener Silbentypen: fc

CV(N)

vs.

t

CVP

Letzten Endes basieren auch laienhafte Vorstellungen über die Anzahl von Tonemen auf Standpunkt b), z.B. wenn gesagt wird, das Kantonesische habe neun Töne (= sechs über kontinuierlichen, drei über abrupt-endenden Silben). Bei der hier angeschnittenen Frage über analytische Prioritäten geht es darum, Ton- oder Silben-Struktur gegenüber ihrem jeweiligen Counterpart als analytisch vorrangig festzulegen. Diese Frage ist nicht mit dem zu verwechseln, was Brown 1976 für das Thai untersucht. Dort geht es um die Auflösbarkeit implizierter Redundanz, welche bezüglich der Tonausprägung in Silben mit finalen Plosiven /-p, -t, -k/ besteht. Wohingegen die meisten westlichen Linguisten einen emischrelevanten Unterschied in der Natur des konsonantischen Auslauts erblicken - Grundopposition "life" vs. "dead consonant" -, wobei der begleitende Ton redundant dem für "glatt" endende Silben definierten Tonern 1 zugeordnet wird: 1 2 3 1 Proto Thai: lam lam lam lap , liegt für manche asiatischen Grammatiker (vor allem, wenn sie solche Sprachen selbst sprachen) der tote Teil abrupt-endender Silben in einem "toten Tonern", sodaß der finale Plosiv redundant dem homorganen Nasal zuzuordnen ist: 2 3 4 •, 1 i lam n lam lam lam .

,

Wortspiele und Reduplikationsmuster im modernen Standard-Thai deuten jedoch darauf hin, daß die Auflösung der implizierten Redundanz in dieser Form verfehlt ist: Weder handelt es sich um eine (als emisch-relevant zu postulierende) Grundopposition "lebender" vs. "toter Konsonant" (/-m/ vs. /-p/ etc.) noch um eine Grundopposition "lebender" vs. "toter Ton" (/1,2,3/ vs. /4,5/), sondern um die Silbentyp-Opposition "lebende" vs. "tote Silbe" (/CVN/ vs. /CVP/), mit dem nachträglichen Versuch der Anpassung bzw. Identifizierung der über diesen beiden Gruppen ausgeprägten tonematischen Einheiten. Wie von Brown korrekt vorgeschlagen, müßte eine adäquate phonomatische Formulierung dieser Beobachtung wie folgt aussehen (/l/ = mittel, /2/ = tief, /3/ = fallend, /4/ = hoch, /5/ = steigend): , 1 , 2 , 3 , 4 , 5 lam lam lam lam lam laam*

laam^ 2 la?m laa'm

2

laam"^ 3 la?m 3 laa'm

laam^ 4 la?m 4 laa'm 2

laam^

2

(Brown, op.cit., 35. Erkennbar /la'm / = [lap ] etc. "... spoonerisms and reduplication patterns in modern Thai indicate that there are neither dead consonants nor dead tones, but only dead syllables. That is, /?/ is a separate syllable part, not a component of final consonants or tones", p.36).

127 39.

Falsche Folgerungen aufgrund der "Seltenheit" eines Tonems

Die Seltenheit eines Tonems zu beobachten und daraus schließen, es handle sich an ein "sekundäres" Tonern, führt in der Regel zu falschen Folgerungen über das tanologische Gesamtsystem, Um diesen Fehler zu vermeiden, ist im Einzelfall zu untersuchen, ob das Vorkamen eines seltenen Tonems an gewisse Parameter wie bestürmte Zugehörigkeit zu Silbentypen/phonotaktische Strukturen, Wortklassen, phonologische Extensionssystane ("Zentrales" vs. "periphere" Extensianssysteme), syntaktische Rangebenen (Stufe des einfachen Monans vs. "höhere" Stufen) oder an irorphotonologische Alternaticns-Paradigmata gebunden ist. Eine solche Untersuchimg vermeidet über die synchronische Analyse hinausgehende falsche Schlüsse bezüglich der für Karparations- und Rekonstruktionszwecke unterstellten Belanglosigkeit solcher Töne. Dieser Fehler macht sich dann störend bemerkbar, wenn innerhalb eines typologisch als HöhefRichtung-Tonsystan gekennzeichneten Tonsystems die Anzahl der Tonane hoch ist und nicht deutlich zwischen maximal ausgeprägten Tonemen und solchen, deren Vorkamen aufgrund der eben aufgezählten Parameter für gewisse analytische Teilbereiche zu definieren ist, unterschieden wird. Gerade solche Systeme haben die Tendenz, eine innerhalb des primären phonologischen Extensionssystans bestehende strukturelle Asynmetrie innerhalb der nachfolgenden peripheren Extensianssysteme auszugleichen, indem gewisse "Lücken" durch "sekundäre" Tonane ausgefüllt werden. 40.

Kritik des "IntervalV'-Konzeptes

Vorausgesetzt, man unterstellt es als phcnemisches Analyse-Prinzip, liegt der Fehler der Intervall-Betrachtung darin, daß der Analysierende im Fall einer

2 auf primär zweisilbigen Silbentypen ausgeprägten Tonsprache mit insgesamt n

möglichen Tonem-Kcmbinationen (n = Anzahl der Toneme) nicht die n Tcnane zu den ihnen zugeordneten Silben, sondern die Tonan-FoIgen (= die durch die Tonane gebildeten Intervalle) als die primären anisch-relevanten suprasegmentalen Einheiten ansieht. Anstatt z.B. die Tonkonturen, die bei zwei Tonemen über zweisilbigen Sequenzen entstehen, in ihrem frequenzmäßigen Realisationsablauf zu beschreiben, werden die vier auf diese Weise entstandenen Frequenz-Intervalle selbst auf den Rang anisch-relevanter Einheiten verwiesen. Auf diesem Prinzip gründet z.B. Jungraithmayr/Möhligs (1976) Analyse des Hausa:

128

"Neuere Untersuchungen haben jedoch zweifelsfrei ergeben, daß im Hausa nicht die Silbentöne, sondern die zwischen den einzelnen Wortsilben bestehenden Tonintervalle die maßgebenden Formelemente sind, auf deren richtige Ausgestaltung man sich beim Sprechakt konzentrieren muß. Selbstverständlich läßt sich jedes Intervall in zwei einzelne Silbentöne zerlegen. Von dieser Möglichkeit soll aus praktischen Gründen bei der Beschreibung der Melodieverläufe und ihrer Kennzeichnung im normalen Schriftbild auch Gebrauch gemacht werden. Dennoch ist die grundsätzliche Unterscheidung zwischen Silbentonsprachen und Intervalltonsprachen keine Spitzfindigkeit unter Experten." (op.cit., 11). Wahrscheinlich bezieht sich der Terminus "Intervall" auf das Phänomen des Dcwndrifts, obwohl p.12 "absteigende", "aufsteigende" und "ebentonige" Intervalle beschrieben werden. Die Unterscheidung zwischen "Silbentonsprachen" und "Intervalltonsprachen" konstituiert keine typologische Unterscheidimg, da sie an oberflächenstrukturelle Charakteristika gebunden ist (nämlich Dcwndrift = Intonationsphäncmen ohne anische Relevanz). Ob diese Unterscheidung dann noch "grundsätzlich" gelten kann, ist zweifelhaft. Die in 31. beschriebenen Downdrift-Realisationsregeln können vom Sprecher des Hausa jederzeit entsprechend Intonationskontext (z.B. Frage) oder emotioneller Verfassung aufgehoben werden. Andererseits besteht das Sprechen von "Silbentonsprachen", womit Jungraithmayr/Möhlig unsere Höhe-Tonsysteme meinen, nicht aus konstant zueinander definierten Tönen. Im Fall einer 5-Tonem-Höhe-Tonsprache ähnelt das Frequenzvolumen in Wirklichkeit einer Ziehharmonika, mit einem ununterbrochenen, auf die Bedürfnisse des Sprechkontexts ausgerichteten Dehnen und Zusammenziehen sowohl mit als auch ohne Bezug zu bestimmten Frequenzlagen. Eine derartige Analyse muß abgelehnt werden, weil bei ihrem Akzeptieren der Eindruck entstehen könnte, daß es gleichgültig ist, entweder a) 2 Toneme auf zweisilbige Kombinationen, oder b) 4 Intervalle auf 1 -monemische/(= 2-silbige) Strukturen zu beziehen. Eine derartige Gleichsetzung verstößt gegen ein intuitives Prinzip, gemäß welchem die minimale Anzahl tonanatischer Einheiten (und nicht etwa die über m Silben definierte nm-Anzahl denkbarer Intervalle) phonemisch zur Abbildung gelangt. Grundsätzlich muß dieses Prinzip als ein Kriterium der Analysierbarkeit formuliert werden: Kriterium der Analysierbarkeit von Tonsystemen auf einer analytisch "untersten" Stufe: Wenn es die phonotaktischen Strukturen zulassen, ist das Tonsystem einer Sprache bezüglich der durch die allgemeine Definition von "Tonsystem" vorgegebenen Äquivalenz t -M- S n m abzubilden.

(n,m = 1,2,...)

129

Anders sieht der Fall für m>1 aus. Die entstehenden Intervalle sind nun tatsächlich die tonetischen Repräsentanten für tonische Einheiten, denen die Bezeichnung "Konturem" gegeben worden sind (Weidert 1980a und 1980b). Sie sind aber aufgrund obiger Äquivalenz nicht auf "kleinere" Einheiten reduzierbar. 41.

Verstoß gegen das KvLter-Lum der Systemhaftigkeit

Der Verstoß gegen das Kriterium der Systemhaftigkeit infolge von Tastatur-Beschränkungen der Schreibmaschine mag trivial klingen, muß jedoch wegen seinen negativen Folgen nachdrücklich kritisiert werden. Das Studium tonologischer Einheiten offenbart ein Geflecht wechselseitiger Abhängigkeits- und Oppositionsbeziehungen. Der sich bei der Beschreibung herausschälende System-Charakter ist nicht der des durch die Gesamtheit tonologischer Einheiten, sondern des durch die Beschreiburtgstechnik gebildeten Systems. Die Anordnung derselben tonologischen Einheiten zu einen Beschreibungs-Systan kann deshalb auf vielerlei Arten je nach Methode erfolgen. Ein tonologisches Minimal-Systan besteht, gleichgültig in welcher Interpretation, aus zwei tonologischen Einheiten. Bei der Bezeichnung dieses nur zwei Elanente umfassenden Systems ist es unlogisch, ein einziges schriftlich zu fixieren und die für die Markierung des anderen Elementes vorgesehene Stelle leer< (unbezeichnet) zu lassen. Diese in der Praxis häufig anzutreffende Bezeichnungsweise für zwei Töne muß kritisiert werden, da sie a) dem systembildenden Charakter tonologischer Einheiten widerspricht, b) Verwechslungen mit dem I^-analytisch gesehen grundsätzlich nur ein-elementigen Druckakzent-System hervorruft, c) offensichtlich Vinter dan Aspekt einer an dieser Stelle der Untersuchung unangemessenen Eliminierung von Beschreibungs-Redundanz steht, d) mit dem Substanz-Charakter tonologischer Einheiten nicht in Einklang zu bringen ist, und e) falsche Assoziationen bezüglich der Dichotomie markierter vs. unmarkierter Ton weckt. Da in der Praxis derartige Tonsysteme recht unterschiedlich ausgeprägt sein können, kann bei einem derartigen Wiedergabeversuch nicht eirmal Einstimmigkeit erzielt werden (z.B. grundsätzlich nur Bezeichnung des hohen Tons). Größer ist die Willkür bei mehr als zwei Tönerne umfassenden Tonsystemen. Daß die orthographischen Mängel bei der Wiedergabe von Tonsystemen nicht gering veranschlagt werden dürfen, zeigt das in 34. behandelte Beispiel des Tangkhul, bei

130 1 3 welchem der untere Ton / / mit dem Gravis, der obere Ton / / mit dem Akut, 2 und / / unbezeichnet wurde (Bhat 1969). Diese Bezeichnungsweise ist in einem nicht geringen Maß schuld daran, daß der "eigentliche" phonologische Charak2 ter des Tonsystans nicht erkannt wurde. Die Nichtbezeichnung von / / führt zur 2 Einstufung von / / als unmarkiertsn Ton und ist damit auch für die tonale Unterdifferenzierung dieser Beschreibung verantwortlich. 42.

Kritik am sinologischen Ton-Bezeiahnungsverfahren

Es gibt drei in der Sinologie gebräuchliche Bezeichnungsmethoden für Töne: a) Chao Yuen-rens Akzentzeichen in Anordnung links von einer senkrechten Linie, wobei die optisch-graphische Fixierung in etwa den akustischen Tonhöhenverlauf wiedergibt; z.B. "j = hoch-eben J = tief-fallend aJ = mitte-steigend-fallend b) Egerods Bezeichnung durch die Anfangsbuchstaben der Töne: /h/ = high, /m/ = middle, /l/ = lcw, /lf/ = lcw falling, /mrf/ = middle-rising-falling (middle circumflex), etc. c) Chao Yuen-rens Tonbezeichnungen anhand einer 5-Stufen-Tonhöhenskala (mit 5 = oberste, 1 = unterste Tonhöhe). Die vier Tonsne des .Mandarin lauten z.B. nach dieser Methode /55/

(1 .Ton)

/35/

(2.Ton)

/214/ (3.Ton) /51/

(4.Ton).

Diese Methode ist aus zwei Gründen als fehlerhaft zurückzuweisen: Erstens impliziert die Dqppelschreibung von Zahlen zur Bezeichnung ebener Tone eine falsche Auffassung bezüglich der zwischen segmentalen und tonologischen Ausprägungen bestehenden Abhängigkeitsverhältnisse (cf. 37.). Zweitens impliziert für den Nichtspezialisten sinitischer Sprachen die Fixierung der Töne von Richtung-Tonsystanen, als welche alle bisher bekannten chinesischen Sprachen einzustufen sind, auf eine 5-Punkt-Skala die Illusion von der Fixierbarkeit von Tönen auf ein a priori vorgegebenes - und damit phonologisch-theoretischen Status beanspruchendes - Symbol-Inventar. Die

131 Widerlegung dieser Auffassung erfolgt aufgrund der akustischen Realisationsverhältnisse: So hindert uns nichts daran, z.B. das oben zitierte Tonsystem des Mandarin mit derselben Gültigkeit anhand einer 4-Punkte-Skala (/44/, /24/, /213/, /41/) oder anhand einer 6-Punkte-Skala (/66/, /36/, /214/, /52/) abzubilden. Daß die 5-Punkte-Skala nicht das richtige Mittel zur Darstellung von Tonsystemen sein kann, erkennt man an den Diskrepanzen in der Wiedergabe derselben Töne bei verschiedenen Sinologen (soll z.B. der 3.Ton des Mandarin mit /214/ oder /213/ wiedergegeben werden?). Die Illusion der Apriori-Fixierbarkeit muß zerstört werden, weil die die Darstellbarkeit von Tönen aller Tonsprachen vermittels der Zahlen von 1 bis 5 behauptenden Propagenten (cf. 43.) im Fall der sinitischen Sprachen eine diese phonologisch-hypothetische Annalme akustisch-verifizierende Instanz zu sehen geneigt sein mögen. Mit der für die sinitischen Sprachen implizierten Darstellbarkeit anhand der 5-Punkte-Skala vermengt sich die Behauptung über die Darstellbarkeit von Höhe-Tononen anhand derselben a priori vorgegebenen 5-PunkteSkala. Wenn zur Darstellung von Tonemen innerhalb eines Höhe-Tonsystems numerische Bezeichnungen gewählt werden, ist der Grund dafür in einer anderen analytischen Zielsetzung zu suchen: Nämlich die optisch-graphische Differenzierung zwischen Richtung- und Höhe-Tonsystemen. Im Fall der Höhe-Toneme sollte darum in den wortsprachlichen Wiedergaben nicht von /hoch/ und /tief/, saidern vcn /oberer/, /unterer/, etc. Tonhöhe gesprochen werden. Der Bezug der Einzeltöne gilt in einsn solchen Fall nur dem zu diesen definierten bzw. dem durch sie konstituierten einzelsprachlichen Tonsystem. 43. - 49. Kr-itisahe Bemerkungen zu Maddiesons Tommiversalien (Maddieson 1978) 43.

"A Language May Contrast up to Five Levels of Tone, But No More"

Die in dan Satz enthaltene empirische Behauptung ist wahrscheinlich richtig. Wie Beispiele zu Downdrift und Dcwnstep verdeutlichen, kann phonetisch gesehen fast schon beliebig jede innerhalb des Frequenz-Volumens realisierbare abgestufte/diskrete Tonhohe artikuliert werden. In der phonemischen Interpretation müssen fünf anisch-relevante, sich zu einem Höhe-Tonsystem gruppierende Tonane postuliert werden, wenn die Konsistenz der Realisation über diverse Parameter wie phonotaktische Struktur, Wortklassenzugehörigkeit und phonologische Extensionssystene hinweg nachweisbar ist. Die Behauptung Pollacks (cf. Pollack 1952), vronach Menschen nicht konsistent zwischen mehr als vier Einzeltönen in

132

individueller Realisation unterscheiden können, hat mit der Einstufung zu 5-Tonem-Höhe-Systemen nichts zu tun, da kompetente Sprecher-Hörer solcher Sprachen die Unterscheidung solcher Tonhöhen unbewußt vollziehen. Es kamit einer Ironie gleich, daß die in der Literatur zur Stützung dieser Behauptung angeführten Sprachen nach den hier angestellten typologischen Einstufungen gerade nicht in die Gruppe der 5-Tonem-Höhe-Systeme fallen. Dazu gehören in Afrika Dan und Ngamambo, in ilittelamerika Trique und Usila Chinantekisch und in Südamerika das Ticuna; sie v/erden als tonologische Mischsysteme (unter Vereinigung der beiden Kriterien Höhe+Richtung) klassifiziert. Die aus Asien zitierten Sprachen Black Miao, Tahua Yao und Puyi (bzw. Dialekte derselben) sind wohl entweder als Richtung-Systeme, oder, wenn das Beispiel des benachbarten Lisu übertragen werden darf, ebenfalls als HR-Tonsysteme einzustufen. Es körnten als Feintvp von 5-Tonem-Höhe-Systemen einige der Naga-Sprachen in NO-Indien in Frage (78.). Unter Berücksichtigung der tonetischen Realisation dieser Sprachen spricht nichts dagegen, daß in Zukunft auch noch Sprachen mit 6-Tonem-Höhe-Systeraen gefunden werden können. 44.

"A Larger Number of Tone Levels Oooupy a Lavger Pitah Range Than a Smaller Number"

Sätze wie diese offenbaren die Schwäche des Versuchs, tonsprachliche Typologien auf der Basis der tonetischen Realisation von Tönen über Einzel-Systeme hinweg errichten zu wollen, Wir betonen wiederum, daß wir keinen Sinn darin sehen, Töne, die grundsätzlich nur innerhalb des einzelsprachlichen Systans ihre phonologische Existenzberechtigung finden, aus diesen System herauszureißen und sie auf der Basis eines nirgendwo erläuterten Kriteriums der Ähnlichkeit mit Tönen aus anderen beliebigen Tonsprachen zu vergleichen. Das Kriterium der Ähnlichkeit reicht gerade aus, den hohen Flachton in diversen 90 Sprachen miteinander zu vergleichen, aber über die Gleichsetzlang hinaus ergibt sich keine weitere analytische Konsequenz, 90

Wobei sich von unserem Untersuchungsgesichtspunkt aus die Frage erhebt: Welcher Flachton? Einer, der innerhalb eines Höhe-, eines Richtung- oder eines Höhe+Richtung-Tonsystems definiert ist? Das bisher applizierte Modell der generativen Phonologie kann darauf keine Antwort geben.

133 Cf. folgende Bemerkung: "This observation suggests that the equation of the highest tone in one language with the highest tone in another language may often be false. And if the equation is false, then generalizations about high tones based on this equation will apply to a heterogeneous class of objects. A different principle for equating tones across languages is required, and from this a more elaborate typology may be derived." (Maddieson 1978:340). Wir glauben weder, daß ein anderes als das hier beschriebene PerzeptionsKriterium die Misere der generativen Typologie zu beheben vermag (evtle. Ausnahme: ein experimentalphonetisches Kriterium, d.h. unter Anwendung von Maschinen, welche z.B. die Kehlkopfphysiologie während der Ton-Produktion präzis beschreiben könnten), noch daß mit Hilfe solcher Methoden eine "elaborierte" Typologie überhaupt aufgebaut werden könnte. Das Bezeichnungssystem für fünf Tonhöhen muß abgelehnt werden, weil die wortsprachlichen Benennungen fälschlicherweise im Falle von 1 und 5 den Eindruck des Extremen bzw. Außergewöhnlichen vermitteln: Extra High

5

High

4

Central

3

Lew

2

Extra Low

1

Im Fall der hier behandelten 5-Tonem-Höhe-Tonsysteme ist nichts normaler als die Realisation von 1 bzw, 5; d.h, die durch 1 "und 5 bezeichneten Tonhöhen passen sich "glatt" an das Intonationsgefüge des Satzes an. Im Gegensatz dazu 3 ist das "zentrale" Tonen / / z.B. im Angami Naga oder im "ao als realisationsmäßig außergewöhnlich zu bezeichnen, weil nur dieses eine Tonen (in sorgfältiger Aussprache vor Jünktur) eine wellenartige Kontur durchläuft; die vier über und -unter / / liegenden Tönerne sind dagegen unauffällig, Maddiesons 'Vorschlag, diese fünf Flachton-Bezeichnungen mit dan unter Sinologen gebräuchlichen Schreibsystem, das ebenfalls Zahlen von 1 bis 5 benutzt, zu identifizieren, ist unakzeptabel, weil das sinologische Bezeichnungsverfahren seinerseits gegen den Geist der durch es bezeichneten Tonsysterae verstößt (42.). Der danach folgende "Vorschlag: "...tone languages may be considered to differ in respect of which of the levels are selected for contrast as well as in the mere number of levels involved. Thus, just as a language with three different places of articulation for consonants might contrast, say, either labial, dental and velar or labial, alveolar and velar, so a tone language with three levels might employ Extra High, High and Central (5, 4 and 3) or High, Central and Low (4, 3 and 2). Consequently, the problem of making equations between tones in different languages involves the determination of the location of the

134

tone levels in relation to the center and the extremes of a phonetic dimension." (op.cit., 340),

der den Bezug aller in Tonsysteroen vorkommenden Töne auf den vorgeschlagenen Universal-Set von 5 möglichen Tonhöhen vorsieht, ist phonetisch unakzeptabel, da Maddieson wohl anninmt, einige Tonsprachen würden nur mit Fistelstinme gesprochen (nämlich das /5 4 3/-System). Tatsache ist vielmehr, daß a) die Feststellung von in etwa gleichartig realisierten Tönen bei gleicher Anzahl innerhalb des Tonsystems in der Regel nur bei nahe miteinander verwandten Tonsprachen möglich ist (Normalfall: Dialekte einer Sprache); es ist z.B. hoffnungslos, die beiden 5-Tonem-Höhe-Systeme des Angami und des Südlichen Rengma (beide in ihrem Standard-Dialekt und ohne große Ähnlichkeit miteinander) auf einen tonetischen "Nenner" bringen zu wollen, ohne die Realisationseigentümlichkeiten der Toneme in ihren jeweiligen Systemen zu vergewaltigen, cf. Angami:

Südliches Rengma-Naga:

fi—

rn

- p —

H=

p

0

f

4 2 . 3 f S " 4 Z 3 V - T b) im Fall von Tonsystemen mit nicht-identischer Anzahl von Tonemen weder der perzeptive Vergleich der Töne untereinander noch der Bezug auf den Universal-Set möglich ist, da der Frequenz-Umfang nicht (wie von Maddieson irrtümlicherweise angenarmen) eine Funktion der Töne ist, sondern umgekehrt die Töne in funktioneller Abhängigkeit van Frequenz-Umfang stehen; der FrequenzUmfang selbst orientiert sich natürlich nach Geschlecht und von Mensch zu Mensch verschieden ausgeprägter Klangqualität der Stiirme, wobei aber das Phänomen der "natürlichen" (d.h. für eine auf den Einzelsprecher bezogenen in etwa mittleren) Stinmlage charakteristisch für Ton- wie für Nichttonsprachen ist; c) beim Vergleich von Tonsystemen mit nicht-identischer Anzahl von Tonemen falsche Intervallabstände miteinander assoziiert werden, cf. Angami: —

»



4

Kachin:

H T l

p—

r*

l

3

L

w — n

t

F

j

B

2.

V-

B

5"

Eine anhand des Angami vorgenommene Aufgliederung des Tonbereiches in 5 diskrete Tonhöhen kann normativ gesehen auf keine andere Sprache mit weniger

135

Tcnemen übertragen werden. Für das Kachin ist es widernatürlich, die drei Tönerne des Höhe-Tonsystems mit 2, 4 und 5 zu bezeichnen. Ebenso verfehlt sind alle weiteren Veränderungsvorschläge. Selbst wenn man die intervallmäßigen "Unebenheiten" z.B. des Angami "normalisieren" würde (in anderen Worten: Rückkehr zum "Universal-Set"), wäre dem Kachin-Tonsystem nicht gedient, da sowohl 1, 2, 4, als auch 2, 3, 5, als auch sämtliche durch jeweils 1 voneinander getrennte Tonhöhen-Anordnungen realisations-adäquat sind. Bezüglich des Wahrheitsgehalts der Maddiesonschen zweiten Feststellung, eine größere Anzahl von Tonhöhen beanspruche einen größeren Frequenzumfang als eine kleinere Anzahl, kann lediglich gesagt werden, daß für die wenigen Tonsprachen, in denen dies der Fall ist, der Satz offenbar richtig ist, nicht jedoch für das Gros aller Tonsprachen (vorausgesetzt, wir rechnen den Mischtyp der Höhe+Richtung-Tansystane hinzu). Z.B. umspannt der Intervallabstand der beiden im Mina = Ge in Normalrealisierung ausgesprochenen beiden Flachtöne /hoch/ und /tief/ eine große Sexte, ist mithin genauso groß wie der Abstand von / / bis / / im Angami! Besonders bei Gegenüberstellung afrikanischer mit den als Höhe-System ausgeprägten asiatischen Tonsprachen scheinen sich nur Gegenbeispiele zu Maddiesons Behauptung zu ergeben. Eine Behauptung dieser Art könnte u.U. fälschlicherweise als Perzeptions-Kriterium zumindest für Tonsprachen mit einer großen Anzahl von Tönen verstanden werden; doch ist dem nicht so. Es ist klar, daß im Fall von echten 5-Tonem-Höhe-Sprachen der Konturverlauf der Sätze insgesamt auf das an Monotonie gewöhnte Ohr des Europäers den Eindruck des Aufgeregtseins vermittelt. Ein solcher Eindruck stellt sich aber auch bei einer "nur" zwei Tonane besitzenden Sprache wie Mina heraus. Mit dem situationsgebundenen Frequenz-Umfang der Stirnne hat dies nichts zu tun; die eben abgebildeten Realisations-Noten für Angami und Southern Rengma können selbstverständlich auf kleinere als das Sext- bzw. Oktav-Intervall "gestaucht" auftreten. Da die emotionelle Anteilnahme des Sprechers zu jedem Sprech-Zeitpunkt die Realisation der Tonane beeinflußt, befindet sich das durch die To5 1 neme / / und / / gebildete Gesanrtintervall mal in tiefer, mittlerer, hoher etc. Stirrmlage: Die Variationsmöglichkeiten sind genauso groß wie im Fall der Intonation nicht-tonaler Sprachen.

136

45.

"Phonetioally Central Tones Are Unmarked, Extreme Tones Are Highly Marked"

Es ist leicht, zur Falsifikation dieser Behauptung die entsprechenden Gegenbeispiele zu finden. a) Innerhalb des 3-Tonem-Höhe-Systans des Kachin ist es möglich, die .Markiertskala der Tönerne in folgender Reihenfolge zu bestirnten: 1 / / = untere Tonhöhe, maximal-uranarkiert /2 / = mittlere Tonhöhe, markiert 3 1 / / = obere Tonhöhe, weniger unmarkiert als / / Das Kriterium für Unmarkiertheit bezieht sich im Kachin in erster Linie auf größere phonotaktische Realisations-Möglichkeiten unter den Tonemen / V und /"V; dort kennen die offenen Schwa-Präfixsilben, der silbische Nasalkonsonant /n/ und die gestoppten Silben (p, t, ?; finales -k nur sekundär ausgeprägt) vor. Die Unterscheidung in maximal-unmarkiert und weniger unmarkiert für die beiden "Extrem"-Töne glauben wir aufgrund der Häufigkeitsverhältnisse machen 1 3 zu können (d.h. Silben in / / häufiger als Silben in / /). 2

b) Innerhalb des 5-Tonan-Höhe-Systems des Angami Naga ist die durch / / bezeichnete (im Gesamt-Stirrmumfang als "mittlere Tonhöhe" zu kennzeichnende) Tonhöhe als unmarkiert einzustufen, weil unter diesem Ton sechs der häufigsten Präfix-Silben sowie die Mehrzahl der Granmeme realisiert werden. Innerhalb der restlichen vier Tonhöhen ist es schwierig, eine MarkiertheitsSkala verbindlich festzulegen. Die beiden Extrenrtöne /1/ und /5/ scheinen weniger markiert zu 3 4 sein als die restlichen / / und / /; z.B. erscheint das gebräuchliche Ncminal1 5 Präfix /u/ in Ton / /, und / / ist in einer morphotanemischen Alternationserscheinung beteiligt. Wenn überhaupt möglich, dann muß die "mittlere" Tonhöhe / / als maximal-markierter Ton eingestuft werden, weil kaum granmatische Marker in ihm aus realisiert werden und weil die meisten / /-'"förter zweisilbigunter sind (bestehend einer Präfix-Silbe unter Ton /2/ und finaler Hauptsilbe c) Sprachen, deren unmarkierter Ton die untere Tonhöhe ist, sind beispielsweise Lotha, Nördliches Rengma, Sema und Tangkhul. In diesen Sprachen ist die untere Tonhöhe als intonationsmäßiger Ruhe- und Ausgangspunkt zu charakterisieren. Von hier aus orientiert sich der Sprecher, wenn er die Stimme in die oberen Tonhöhenbereiche führt. Im Lotha besteht die Tendenz, daß der durch die Tonhöhen /1/ und /4/ vorgegebene Frequenz-Umfang schnell in die Höhe "rutscht", 4 sodaß / / ins Falsett abgleiten kann. Der Selbstkorrektur-Mechanismus eines

137

Sprechers besteht darin, nach dan zuletzt insgesamt zu hoch realisierten Satz abrupt wieder auf eine mittlere Stirrmlage "herunterzugehen", indem Wörter unter beginnendem Ton /1/ (die Präfix-Silben erscheinen unter /1/) bequem eine Sext tiefer als im vorangegangenen Satz realisiert werden. Diese Situation tauchte in meinen Feldforschungen zum Lotha jeden Tag auf. Zu Beginn der Sitzungen lagen die Intervallabstände, sei es aus Müdigkeit oder Lustlosigkeit, am untersten Ende der Frequenzskala. Nach wenigen Minuten lauten Sprechens glitten die Intervalle immer weiter in die oberen Frequenzbereiche. Wenn die diskreten Tonhöhen insgesamt dem Sprecher als zu unnatürlich (da zu hoch) erschienen, artikulierte er denselben Satz nach vorherigem "Einstimmen" (d.h. ein- oder zweimaligem Repetieren eines beliebigen Wortes) eine beträchtliche Stufe tiefer, wobei gleichzeitig die Lautstärke erheblich reduziert wurde. Im übrigen wird lautes Sprechen nach meinen Beobachtungen von den meisten der Tonsprachen sprechenden südostasiatischen Völker als Ausdruck des Zorns gewertet. Nicht alle Sprecher des Lotha haben diesen Korrektur-Mechanismus: einige Sprecher waren von dem einmal erreichten Frequenz-Höhepunkt nicht wieder "herunterzubringen"; sie korrigierten meine als zu tief empfundene Aussprache nach oben, obwohl die Intervallabstände in den oberen Frequenzlagen sehr eng wurden und häufig Verwechslungen unter allen vier Tönen hervorgerufen wurden.

d) Innerhalb des 3-Tonem-Höhe-Systans des Tangsa ist die oberste Tonhöhe als unmarkiert zu kennzeichnen, weil unter diesen Ton die meisten Grarmsne vorkamen. Dieser Ton wird damit zu einem Orientierungspunkt, welcher die oberste Grenze vorgibt und von welchem die Stimme nur abfallen kann. Es handelt sich um das Gegenteil des in c) erwähnten Falls. Da jede Möglichkeit einer Begründung für die Unmarkiertheit mittlerer Töne entfällt, sind die von Maddieson anvisierten Definitionen für "mögliches Tonsystem" und "wahrscheinliches Tonsystem" hinfällig: "In the first place, 3. [= die als Überschrift zitierte Behauptung, A.W.] defines some limits on the overall variability of possible tone systems. It also indicates which are more probable tone systems." (op.cit., 341).

Wir glauben, daß ohne Bezugnahme auf das durch die Formel t m «->• S n ausgedrückte Tonausprägungspotential (und damit unter Bezugnahme auf das analytische "Nachhinein") die Begriffe "mögliches Tonsystan" und "wahrscheinliches Teilsystem" nicht definitionsfähig sind. Da die phonetische Basis wie ersichtlich eine diesbezügliche Bestürmung nicht zuläßt, kcnmen nur noch für tiefenstrukturelle Phonologisierungen relevante Analyse-Kriterien in Frage. Diese bestürmen (vorläufig jedenfalls) die Frage, ob ein Tonsystem im fraglichen Fall existiert oder nicht, aber nicht, ob ein Tonsystem im Fall des von Maddieson anvisierten analytischen "Vomhereins" "möglich" oder "wahrscheinlich" ist.

138 46.

"Systems In Whiah High Tones Are Marked Ave More Frequent Thun Systems In Whiah Low Tones Are Marked"

Bei der insgesamt gesehen schwachen Kenntnis über Markiertheitsbeziehungen von Tönen kernt eine derartige quantitative Aussage zu früh. Da nach den Prinzip des geringsten Aufwands tiefe und fallende Töne leichter artikulierbar sind, könnte die Aussage wahrscheinlich richtig sein. Ausnahmen sind jederzeit zu finden: Neben den von Maddieson selbst zitierten Hausa und Mandinka fügen wir Apatani und Yimchunger (beide 2-Tonem-Höhe-Systeme) hinzu. 47.

"Languages Whiah Permit A Sequenae Of Unlike Tones On A Word Or Morpheme Also Permit Like Tones On A Word Or Morpheme"

Diese Aussage über Flachton-Folgen hat einen afrikanistischen Hintergrund, wo sie noch am ehesten sinnvoll ist. Möglicherweise ist Maddieson an dieser Stelle ein Irrtum vinterlaufen, von welchan er auf der Basis der schwachen (und zum Teil schlechten) Materiallage nichts ahnen konnte. Bei einigen der von ihm zitierten Sprachen könnte es sich um Tansystane handeln, deren Elemente über S >1 (polysyllabische phonotaktische Strukuren) ausgeprägt sind. Was für Maddieson "Folgen" gleicher Töne sind, wäre in Wirklichkeit ein einziges Tonern. Ebenso ist der Intervallabstand zwischen zwei Silben eines Wortes nicht als Folge verschiedener Töne, sondern als homogene = ein-elementige tonologische Realisationseinheit zu interpretieren. Im übrigen ist für den Analysierenden asiatischer Tonsprachen obige Aussage bezogen auf t -«-»• S ^ -Tonsprachen entweder trivial richtig im phonetischen Sinn (man kann den Satz dann nach Belieben umkehren) oder überflüssig im phonemischen Sinn. Bezogen auf die t ++

-Tonsprachen ist sie in Bezug auf die to-

netische Realisation zumindest für einige dieser Sprachen falsch: Unter noch so genauen Hinhören ist man in der Hegel nicht in der Lage, Identität der Tonhöhen über Einzel-Silben in verschiedenen Kontexten herauszuhören (gerade dies ist bei t

S^-Tonsprachen der Fall); mit anderen Worten: es katnien nur als

Intervallabstand definierbare Tonhöhen-Folgen vor, wobei der Abstand von Silbe zu Silbe noch so klein sein kann, hörbar ist er auf jeden Fall. Diese Bemerkungen beziehen sich auf Gallong und Konyak (sowohl Wakchingals Tamlu-Dialekt). Im Tamang ist von vier Tonemen nur der dritte durch die Beibehaltung der Tonhöhe über alle Silben hinweg charakterisiert, cf. Mazaudon (1973:78).

139 Als sechste typologische Aussage versucht Maddieson Beschränkungen über erlaubte Ton-Folgen zu definieren ("A language which permits successive shifts of tone level in opposite directions within a word permits words with anly one shift of tone level"). Die bisher ganachten Beobachtungen zu Tonfolgen-Beschränkungen sind derart einzelsprach-spezifisch und heterogen, daß es sich vorläufig nicht leimt, dieser Frage nachzugehen. 48.

"If A Language Has Contour Tones, It Also Has Level Tones"

Dies ist ein aufgrund der in K.L.Pike 1948 angestellten Beobachtungen und Überlegungen sich aufdrängender Schluß. Wie unsere Ausführungen in 11. verdeutlichen, war Pike der von der Unterscheidung in Flachtöne und Konturtöne abgeleitete Unterschied in Flachton- vs, Konturtonsi/steme zwar nicht ganz bewußt, aber immerhin konnte sein tonsprachliches Material in diese Richtung hin interpretiert werden. Es ist klar, daß auf rein phonetischer Grundlage der Unterschied in Flachton- vs. Registertonsj/steme sich verwischen mußte, da ein reines Perzeptions-Kriterium nicht gefunden werden kann. Es ist innerhalb der generativphonologischen Betrachtungsweise Maddiesons gleichgültig, auf welche Ausprägung von Tonsystem der Unterschied zwischen Flachtönen und Konturtönen bezogen werden soll. In ausschließlich oberflächenstruktureller Betrachtungsweise können mangels eines (oder des) geeigneten Perzeptions-Kriteriums verschiedene Systane nicht Tinterschieden werden; und nur das Perzeptions-Kriterium, das die Unterscheidung eines Flachtons gegenüber einem Konturton gestattet, steht zur Verfügung. Damit ist die bei Pike sich anbahnende typologische Unterscheidung in Flachtan- vs. Rsgistertaisysteme innerhalb der generativen Phonologie unter den Tisch gefallen. Daß es trotzdem gewisse perzeptive und auch artikulatorische Kriterien für die Realisation von Tönen innerhalb verschiedener typologischer Tonsystan-Ausprägungen gibt, ist bisher nicht untersucht worden. Bezogen auf die reine Realisation von Tönen ( ohne Berücksichtigung der Ausprägung in einem bestinrnten Tonsystan), dürfte obige Behauptung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (wegen des artikulatorischen Trägheitsmanents) richtig sein. Bezogen auf die Tanemisierung solcher tcnetischer Realisationen braucht die Konsequenz nicht zu lauten, daß ein Mininol-Konturtonsystem wenigstens aus einem Flachton und einem Konturton zu bestehen hat. Da vor allem in den unteren Frequenzbereichen tiefe Flachtonigkeit mit tief-fallender Konturtonigkeit oft Hand in Hand geht (entweder als allotonische Distributionsregel faßbar oder aufgrund von idiosynkratischem Hörvermögen verschiedener For-

140 scher resultierend), lassen sich durchaus Zweitonsysteme, die nur aus Konturtönen bestehen konzipieren. Ein solcher Fall wäre Thadou, dessen unterer Ton als tief-fallend zu charakterisieren ist (vor allan in finaler Position); zusanrnen mit einen oberen Ton, der von einer gewissen Sprecher zahl als mittesteigender Konturton realisiert wird, ergibt sich eine Interpretation als Konturtonsystem nach Pike. Bezogen auf das Ausprägungs-Potential in verschiedenen Tonsystemen muß obiger Satz wie folgt modifiziert werden: a) Wenn innerhalb eines reinen Höhe-Tonsystems Konturtöne auftreten, sind diese imner mit Hilfe des phonologischen Regelapparates generierbar. Sie können nicht im Lexikon erscheinen, da es grundsätzlich eine analytische Möglichkeit gibt, sie von Flachtönen abzuleiten bzw. sie mit speziellen Auftretens-Bedingungen zu korrelieren. b) Das Auftreten von Konturtonemen innerhalb von Richtung-Tonsystemen ist der typologische Normalfall. Trotzdem kann aus noch zu erläuternden Gründen das Vorkamen eines Konturtons nicht als Bedingung für die Einstufung in diese Gruppe postuliert werden; dies war der Punkt, an welchem Pikes Versuch der Tonst/s tem-Typologisierung scheiterte. Da es weder ein perzeptiv noch phonologischanalytisch motivierbares Kriterium für die "Auflösung" von Konturtonemen innerhalb der Gruppe der Richtung-Tansysteme gibt, stehen Konturtöne gleichberechtigt Flachtönen gegenüber. Bezogen auf die Gruppen der HR- und HR+R~-Tonsysteme ist obiger Satz tautologisch, da Konturtöne aufgrund des Kriteriums der perzeptiven Identifizierbarkelt in dieser Kategorie die Existenz von Flachtönen voraussetzen. 49.

Zusammenfassende Bemerkungen zu Maddiesons Tonuniversalien

Weitere Behauptungen über mögliche Ton-Realisationen wie z.B. "A language with complex contours also has simple contours" sind für unsere typologisehen Klassifikationsversuche wertlos, da sie ausschließlich an tonetische Oberflächenerscheinungen gebunden sind. Die kritische Würdigung des von Maddieson "typologisch" interpretierten Ton-Materials zeigt, daß ein einzig und allein an oberflächenstrukturelle = artikulationsund perzeptions-spezifische Kriterien (wie z.B. dasjenige der "Ähnlichkeit") gebundener tonologischer Typologisierungsversuch pessimistisch gesehen nicht möglich, optimistisch gesehen noch in den Kinderschuhen steckt. Das aus der

141

Literatur verwendete tonologische Daten-Material erweist sich aufgrund seiner Heterogenität und der Möglichkeit alternativer Interpretation(en) für fast jede zitierte Tonsprache für Typologisierungsversuche ohne das Apriori-Verfügen von unter einheitlichen phonologischen Analyse-Kriterien gesammelten tonologischen Beobachtungsdaten nicht geeignet. Interessant sind die neuartigen Begriffe "mögliches Tonsystem" und "wahrscheinliches Tonsystem", deren Definition vorläufig als gescheitert zu betrachten ist. Der Versuch, Töne und nicht Tonsysteme aufgrund ihrer Realisations-Charakteristik zu typologisieren, a) vermengt die von Pike angedeutete Unterscheidung in Höhe- und Richtung-Tonsysteme, b) liefert keine Begründung für eine analytisch wünschenswerte Trennung verschiedener Darstellungsbereiche (zumindest einer sollte umfassenden Gebrauch von der Eliminierung tonetischer-oberflächenstruktureller Manifestationsredundanz machen), c) unterdrückt die empirisch unbedingt zu fordernde erweiterte tonologische Definitionsbasis scwohl für t^

S > 1 ~ als auch t>^ -- S^-Tonsprachen (letzte-

re Gruppe als typologischer Ausdruck für Tonsprachen mit "floating tones"), d) provoziert durch nichts zu rechtfertigende Behauptungen über die relativen Tonhöhen auf der Basis eines nicht definierten Kriteriums der .Markiertheit, und e) bevorzugt Flachtöne gegenüber Konturtönen, weil (ungerechtfertigt) von der Komplexität der Realisierungseigenschaften der letzteren auf ihre - zwar nur angedeutete, aber für wahrscheinlich gehaltene - analytische Auflösbarkeit in Flachtöne geschlossen wird. Maddiesons sog. Polaritäts-Fiegel, welche folgende Aussage bezüglich morphotonologischer Regel-Eigenschaften macht: "Morphemes subject to a rule which assigns a tone opposite to an adjacent tone are rauch more frequently encountered than morphemes in which some other phonological property is governed by a rule of polarity." (353),

klingt interessant (dazu lassen sich eine ganze Reihe stützender Beispiele auch aus asiatischen Tonsprachen zitieren), doch haben Probleme der Morphotonologie = tanologischer Derivations-/Proze.Q-Phonologie außer in afrikanischen Tonsprachen keine große Beachtung gefunden, sodaß a) die obige quantitative Aussage zu früh kaimt, und b) auch noch andere Plausibilitäts-Parameter als der von Maddieson betrachtete höchstmöglicher tonetisch-/tonanisch-motivierter Plausibilität berücksichtigt werden müssen.

142

Die von Maddiesan unter "Interaction of Tone and Nontonal Features" formulierten Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Ton und Konsonanten, Vokalqualität, -Quantität scwie Phonationstypen stellen die bekannten tonologischen Beobachtungsergebnisse zusanmen, ohne daß der Versuch einer tiefenstrukturellen Interpretation untematmen wird. SO.

Bemerkungen zu dem Begriff des Registers

In der phonologischen Literatur wird "Register" in vier verschiedenen Bedeutungen gebraucht: a) "Register" = "Tonhöhe". Dies ist die Verwendung von K.L.Pike, wenn z.B. von "register tone language" gesprochen wird. "Register" bezeichnet scmit auch die einzelnen Töne und Tonems eines sich zu einem Höhe-System anordnenden Teilsystems, z.B. "tiefes Register" = "unteres/tiefes Tonern". b) "Register" = "Stinmlage". In dieser Verwendung taucht "Register" bei Trubetzkoy (allerdings in Verwechslung mit a), cf.7.) auf. Damit ist ein relativ eng umgrenzter Frequenz-Umfang gemeint, innerhalb dessen durchaus mehrere Töne/Toneme definiert sein können. In dieser Form begegnet einem der Begriff in der historisch-vergleichenden Sprachwissenschaft südost- und ostasiatischer Tansprachen. Er bezeichnet dann die C^-konditionierte (C^ = initialer Konsonant) stinmlagenmäßig ausgeprägte Tonhöhenrealisation, welche innerhalb der Entwicklung von einem ursprünglichen 3-Ton-Systan zur Verdopplung dieses Systems ein Ubergangsstadium darstellt (Chinesische Sprachen, Vietnamesisch, Tai-Sprachen). Unter Neutralisation der ursprünglichen Konsonanten-Sonoritätskategorie "verfestigt" sich die Stirmilagen-Opposition und wird tonanatisch relevant. Ob man innerhalb voll-tonal ausgeprägter Tonsprachen, deren (^-konditionierter Kontext innerhalb des synchronisch-deskriptiven Beobachtungssystems nicht mehr erkennbar ist, ebenfalls von "Register" = "Stiirmlage" bzw. von derart definierten Register-Oppositionen sprechen kann, ist eine Frage, für deren Verneinung es gute Gründe gibt. Als Standard-Beispiel wird gewöhnlich das 6-Tona^ Richtung-System des Kantonesischen zitiert, bei welchen die Parallelität der Töne eine Interpretation als 2 "Register" (E. "ränge") x 3 "Hauptkonturen" = 6 Tonane gutzuheißen scheint. Cf. die Anordnung des kantonesischen Tonsystems nach Kao (1971:96):

143 falling

5 Upper scries 4 3 Lower series 2 1

rising

level (no low) (no high)

"The dividing line between the upper and the lower series is 3, the highest point in which a lower rising tone ends, as well as the lowest point from which an upper rising tone starts and in which an upper falling tone ends. In the Lower Series, no pitch 4 or 5 occurs; in the Upper Series, no 2 or 1. Thus, an analysis in terms of tonal range yields a symmetrical tworegister system by opposing the three sets of contour tones on two parallel planes, while taking into consideration the allophonic variation of 53: with 55: There are, then, according to the present analysis, six phonemic tones in Cantonese, classified into two main types of contours: static and dynamic, and into three contour tones, falling, rising, and level, each distributed over two ranges, viz., an upper and a lower series". Auch für andere chinesische Sprachen findet man eine Aufteilung des modernen Tonsystems in ein Hohes und Tiefes Register, z.B. Amoy (Chiang 1967:101): Arno y Tone Marks Long Tone High

Level Falling

x~ x"

Low

Level Falling Rising

x_ x.

Short Tone x'

X

X.

x = any syllable "It is reasonable to divide the tonal area in two parts HA (high area), LA (low area), and make this division in the middle between High Level Tone, and Low Level Tone. The only overlapping occurs in the High Falling Tone and Low Rising Tones, which move into the low and high areas respectively at the end. The interval between High Level Tone and Low Level Tone is about 3 semitones. The high area covers 4 semitones; the low area covers 8 semitones." (Ill, meine Hervorhebung, A.W.). Das 4-Tonsystem des Mandarin teilt Egerod (1971:165) in folgende zwei "Register" 91 ein: f Tones

J

/j

55 /h/

^/J

214 /1fr/

35 /hr/

\J

51 /hf/

"High register" 91

"Low register"

Da er Gänsefüßchen setzt, spricht er einer solchen Interpretation wohl synchronisch-deskriptive Geltung ab.

144

Daß die Interpretation in verschiedene Stimmlagen keine Selbstverständlichkeit ist, erkennt man an denjenigen Darstellungen zu Tonsystemen chinesischer Sprachen, die keine Verwendung davon machen, sondern die Tönerne der Reihe nach aufzählen und beschreiben (z.B. Scott 1948 für Szechuanesisch, R.L. Cheng 1968 für Taiwanesisch, Wöon 1979 für Hainan). Andererseits scheint nach der Beschreibung von Benedict (1948:185) der Ci-konditionierende Kontext in der Sprache von Shanghai vorhanden zu sein. Innerhalb der so geschaffenen zwei Stiirmlagen existieren jeweils zwei Toneme:92 "SHANGHAI Two tonal accents: high (x1), low (x2). These accents are actualized on a high register in syllables with initial surd or semivowel (w, y), and on a low register in syllables with initial sonant. The high-register forms are level or nearly so; the low-register forms are distinctly rising. The following series is characteristic: High-register series: so 1 'crunchy' (high, level) so 2 'lock' (mid; often slight rise before pause) Low-register series: zo 1 'sit' (low-mid, rising) zo 2 'tea' (low, rising)"

Die Gründe für die Ablehnung des Einteilungsversuchs in verschiedene Register = Stimmlagen unter "Extrahierung" grundsätzlich identischer Töne beziehen sich tonetisch gesehen auf die Unmöglichkeit eines perzeptiv begründbaren Identifikationskriteriums für die fragliche Stinmlage und tonemisch gesehen auf die im Fall des Akzeptierens eines derartigen Kriteriums hervorgerufene einseitige und willkürliche Darstellungsweise von Gruppen von Tönen, deren unter Anwendung der hier behandelten zwei tonologisch-analytischen Kriterien (Höhe und Richtung) ermittelte typologische Zugehörigkeit sich verdunkeln würde. Zum Perzeptionsgesichtspunkt: Auch bei einer so einleuchtenden Aufgliederung des Frequenz-Unfangs in zwei getrennte Tonhöhen-Bereiche wie im Fall des Kantonesischen ist die Perzeption der darin vorkarmendesn Töne nicht gewährleistet. Das Perzeptions-Kriterium würde besagen, daß jede Hauptkontur (fallend, steigend, flach) unmittelbar -innerhalb der jeweiligen Registerausprägung identifizierbar wäre. Tatsache ist, daß eine derart unterstellte Rigidität der tonetischen Realisation innerhalb der beiden Register nicht vor92

Ein noch weiter vereinfachtes System steht bei Rygaloff (1965:178), der im unteren Register nur den Ton /24/ ("tief-steigend") für glatt endende Silben hat.

145

könnt. Entgegen dem phonemischen/tonemischen Prinzip findet bedingt durch die zur Gruppe der Intonations-Phänamene zu rechnenden Parameter eine ununterbrochene Überlappung der beiden hypothetischen Register statt. Dies gilt vor allem für die "gefährlich" beieinanderliegenden Flachtöne ("Going") /33/ und /22/. Auch die Unterscheidung zwischen den beiden steigenden Tönen /35/ und /23/ ist im Grunde genommen nur durch exakte Kommutationstests gewährleistet. Die Zahlenangaben /53/ bzw. /55/, /35/, /33/, /21/, /23/ und /22/ vermitteln ein ungenaues Bild über die tatsächliche Normalaussprache, z.B. setzt /21/ tiefer ein als die durch /22/ vorgegebene Tonhöhe. Der unmittelbarste Grund für die Preisgabe der Register-Interpretation im Kantonesischen ist die Existenz des zweiten changed tone oder "pinyam" = Pinn'iam (cf. Chao 1947:34f.), dessen Wiedergabe mit 25: die Tatsache des Steigens durch beide Register hindurch ausdrückt, cf. z.B. dhoang (Ton 21:) 1 sugar1 vs. Pinn'iam (15:) dhoang* ' candy', etc.

Von der Warte der tonemischen Darstellung dieses Tonsystems aus gesehen bedeutet dies, daß zwar die Realisation der sechs Einzel-Tonane innerhalb einer gewissen, für die Ableitung von phonemischen zu Oberflächen-Realisationen charakteristischen, nichtsdestoweniger in allen phonologisohen Darstellungssystemen entweder sehr streng definierten oder sehr eng umgrenzten Variationsbreite voraussagbar ist; nicht jedoch die Realisation der beiden Stiircnlagen, Aus diesem Grund können einige evtl. geneigt sein, den Stimmlagen eine gegenüber der Einzelrealisation von Tonemen übergeordnete phonologische Funktion zuzuschreiben. Es würde sich um eine Situation analog der in 11. beschriebenen, in welcher es um die "Extrahierung" eines "prosodischen" Merkmals [h] im Fall von Konsonant-Systemen mit Aspirations-Korrelation ging, handeln. Dem kann wiederum als analytisches Leitprinzip nur entgegengehalten werden: "If a tone system has many tones, admit it." (cf. S.34).

Zum tonemischen Gesichtspunkt: Die Übertragung des Register-Begriffs auf andere tonologische Ausprägungen führt zu mehreren Tinklarheiten im Fall der Höhe-Tonsysteme. Für den Fall der Zweitonan-Höhe-Tonsystane wäre die Aufteilung des Perzeptionsraums in zwei Stinmlagen immer mit der Realisation der beiden Höhen-Tonane identisch, deshalb analytisch überflüssig. Fall der 3-Tonem-Höhen-Systeme: Sollen 3 Register entsprechend der Realisation der 3 Höhen-Toneme oder zwei Register für die obere und die untere Tonhöhe (unter Ausklanmerung des mittleren Realisationsbereichs) gefordert werden? Dieselbe Frage erhebt sich für ein 5-Tonem-Höhe-Svstem; und im Fall des 4-Tonem-Höhe-Svstems könnten die zwei oberen Tönerne einer "hohen Stimmlage", die beiden unteren Tönerne einer "tiefen Stirrmlage" zugeordnet werden. Dieser Fall der Anwendung auf Höhe-Tonsysteme zeigt an, daß das Arbeiten mit Registern in eine phonologische Spielerei ausartet, welche für die Darstellung tonologischer Systeme

146 bedeutungslos ist. TManwendbar vollends wird die Analyse in Stimmlagen im Fall der Höhe+Richtung-Tonsysteme, da nach der Festlegung der durch das Kriterium der Höhe artikulatorisoh und perzeptiv vorgegebenen Höhe-Tönerne die dazu definierten Toneine des Richtung-Tonem-Subsystems, welche per definitionein nur Konturtöne sein können, die frequenzmäßige "Verbindung" zwischen beliebigen einzelnen Höhe-Tonemen herstellen, wobei der zunächst behauptete Stinrnlagerikantrast sich jetzt wieder verwischen würde. Bezogen auf t •*-+

-Tonsprachen ergibt sich überhaupt keine .Anwendungs-

möglichkeit für Stimmlagen-Analysen, sofern man nicht bereit ist, (analytisch redundant) die über länger als die Einzelsilbe ausgeprägten Tonkonturen selbst als "Stimmlagen" zu identifizieren. Damit lautet unsere Bewertung hinsichtlich der Interpretation des Registers als Stirrmlage, daß im Fall der (^-konditionierten Tonhöhenrealisation eine Analyse in Termini von Registern durchaus sinnvoll, da tonphysiologisch genauestens spezifizierbar, ist, während im Fall des nicht- bzw. des nicht mehr vorhandenen C^-Kontexts der Terminus jeglicher tonphysiologischer Definitionsbasis beraubt wird und nhonologisch gesehen es zu einer SDielerei mit Bezeich. 93 nungen kennt. c) "Register" = "Stiiimregister" .Es handelt sich um eine in einigen Mon-KhmerSprachen des Austroasiatischen vorkommende binäre Ocposition des Vokalsystens, die in der Regel mit zahlreichen weiteren und sprachindividuell-ausgeprägten Phonationstypen-, weniger dagegen mit Tonhöhen-Unterschieden korreliert ist. Für die Bezeichnung der beiden Glieder dieser Opposition bieten sich die Termini "Kopfregister" vs. "Brustregister" oder "Erstes" vs. "Zweites Register" an. Die klassische Beschreibung dieses Phänomens liegt für das Khmer in Form von Henderson 1952 vor, wo die beiden mit den Stimmregistem assoziierten Stirnngualitäten als "normale" oder "Kopfstinme" für das erste und "Grabesstimme" ("sepulchral" voice) für das zweite Register bezeichnet werden. Der phonetisch konditicnierende Kontext liegt, analog wie unter b), in der Sonoritätsqpposition von C^ historisch begründet. Im Gegensazu zu b) ist die Analyse in Stirrm-Register synchrcmisch-deskriptiv irritier sinnvoll (gleichgültig ob das Phänomen bereits phenemisiert ist wie z.B. im Man und Khmer, oder ob es als phonetische Redundanzerscheinung aufgrund seiner C^-konditionierten Abhängigkeit faßbar ist), da die bisher in Form von Stirmnualität, Gespanntheit, 93

Synchronisch-deskriptive Vorkommen (^-konditionierter Tonhöhenrealisation: cf. Analyse von Dzongkha, Kurtey- und Bumthang-Dialekt des Bhutanesischen, 82.-84,; auch Lhasa-Idiolekt-Analyse in 26.

147 "breathiness", Pharyngalisierung, Zungenwurzelposition und Vokalöffnungsgrad beschriebenen phonationstypischen Korrelate der Registeropposition artikulatorisch (oder auch akustisch in Form von diskreten Tonhöhenunterschieden) präsent sind. Die Manifestation in Form von Ton steht erkennbar in Abhängigkeit zum jeweiligen Register. In Bezug auf das Khmer wird Ton als Exponent des Registers erwähnt, wobei Silben unter Register I gewöhnlich höher als solche unter Register II realisiert werden. Im heutigen gesprochenen Khmer, zumindest innerhalb des Syntagmas, können infolge Kontrastmangels die Frequenzunterschiede nicht mehr zur Identifizierung des jeweiligen Registers herangezogen werden. Bei der Ausprägung in solcherlei Stinm-Register steht zu vermuten, daß der tonhöhenmäßig ausgeprägte binäre Kontrast nicht weiter für phonologisahe Zwekke ausbaufähig ist (im Gegensatz zur unten behandelten Gruppe d)). Eine emische Opposition in zwei verschiedene Tonhöhen oder Tonkonturen scheint innerhalb eines einzigen, als Kopf- oder Brust-Stinme charakterisierten Registers kaun vorstellbar, da der Fluktuationsbereich im Frequenz-TJmfang innerhalb eines einzigen Registers beträchtlich ist (jedenfalls wesentlich größer als man es im Fall reiner Zweiton-Sprachen zu beobachten vermag). Die Entwicklung zu Stirm-Registern in den ?ton-Khmer-Sprachen wird als ein Phäncmen arealer Diffusion verstanden. Zeitlich gesehen haben sich aufgrund der Sonoritätscpposition von C^ Stirmregister in den 'fon-Kbmer-Spachen entweder gleichzeitig mit oder nach der in b) beschriebenen (^-konditionierten Verdopplung ursprünglicher 3-Tansystane im Chinesischen, Vietnamesischen und allen Tai-Sprachen entwickelt. Dieser Prozeß ist heute bei einer Reihe austroasiatischer Sprachen im Anfangs- wie mittleren Entwicklungsstadium zu beobachten. Zur Vollständigkeit zitieren wir die Beschreibung der Stimmregister-Ausprägung im Khmer (Henderson 1952:151): 94 94

Allgemein-phonetische Untersuchungen liefern: Gregerson 1976, Huffman 1976, Pinnow 1959, Pittman 1978, Shorto 1967, Smith 1972 (Appendix 1). Für folgende austroasiatische Sprachen liegen Beschreibungen des RegisterPhänomens vor: Bröu: J.D.Miller 1967 Halang: Cooper 1966 Khasi ( Mnaar = Jirang-Dialekt): Weidert 1978 Khmer: Gaudes 1978, Henderson 1952, Jacob 1968, Pinnow 1958, Nacaskul 1978 Kui: Sriwises 1978 Mon: Blagden 1910, Shorto 1962, Shorto 1966 (im Mon fehlt der Tonhöhenunterschied) Todrah: Greqerson/Smith 1973

148

"THE REGISTERS The Cambodian "registers" differ from tones in that pitch is not the primary relevant feature. The pitch ranges of the two registers may sometimes overlap, though what I shall call the Second Register tends to be accompanied by lower pitch than the First Register. The characteristics of the first register are a 'normal' or 'head' voice quality, usually accompanied by relatively high pitch. The characteristics of the second register are a deep rather breathy or 'sepulchral' voice, pronounced with lowering of the larynx, and frequently accompanied by a certain dilation of the nostrils. Pitch is usually lower than that of the first register in similar contexts. The register of a syllable is closely bound up with the vowel nucleus of that syllable, the two being mutually interdependent in a way that will be shown hereafter. In sentences the word registers are modified according to intonation and by emotional factors. Register may be used, as in many other languages, to express emotion, and when this happens the emotional register may overlie the lexical register, much as in many tone-languages intonation may overlie lexical tone." d) "Register" = "Phonationsart plus Tonausprägung". In den drei Nepal-Sprachen Gurung, Thakali und Tamang ist eine phonetisch exakte Korrelation verschiedener Phonationsarten mit jeweils entsprechenden Tonhöhen (bzw. Konturverläufen) beobachtbar. Im Gurung teilen sich die Vokale entsprechend der Aspirations- ("breathiness"-) Opposition in "klare" vs. "aspirierte" Vokale ("clear" vs. "breathy"). Innerhalb jeder Einzelgruppe realisieren sich darüber hinaus zwei verschiedene Tonhöhen bzw. Konturen, welche zusätzlich mit verschiedenen Intensitäts("intense" vs. "relaxed") und Längengraden (kurze vs. lange Realisierung) gekoppelt sind. Glover (1971:6) weist darauf hin, daß die Tonhöhe nicht allein als distinktives Charakteristikum dieser vier Silbenarten angesehen werden kann: "Pitch alone can not be used to characterise the sets because of many conditioning factors, including voicing of an initial stop, place in the word, place in larger phonological units, vowel articulatory position, and vowel nasality." Ein Unterschied zwischen drei verschiedenen Tonhöhen/Konturen wird Glovers Bestimmung gemäß konsistent gsnacht (wobei die Konturen des mittleren Frequenzbereichs aus beiden Teilen der Aspirations-Opposition der Vokale in etwa zusammenfallen) . Bei den folgenden Beispielen bezeichnet "q" die Intensitätsund "h" die Aspirations-Opposition. Bezogen auf die zwischen Phonationsart einerseits und Tonausprägung andererseits bestehende implizierte Redundanz wird durch diese Schreibung, die man mit einer phonemischen Transkription identifi-

149

zieren darf, die funktionelle Abhängigkeit der Tonhöhen-Ausprägung von Aspirations- und Intensitäts-Parameter (und nicht etwa umgekehrt) hergestellt: CLEAR

B R E A T H Y

INTENSE

RELAXED

RISING

LOW

Pitch:

High.

Mid.

Low-mid glide.

Low.

Breathiness:

Absent.

Absent.

Reduced.

Marked.

Intensity:

Loud, fortis. . Relaxed, lenis.

Noncontrastive.

Noncontrastive

Length :

Short •

Long.

Long.

Long.

mwiq •hair'

mi 'tail'

mwihq 'money'

mih 'person

ngiq 'seven'

ngi 'we'

tihq 'load'

tih 'time'

syeq 'louse'

sye 'meat'

prehq 'eight'

preh 'stick

tsaq •that'

tsa 'vein'

phoq 'stomach' pho 'deer' kuq

'nine'

ku 'chest'

ngahq 'five'

tsah 'son'

prohq 'cliff'

poh 'leaf'

Tuhq 'six'

tuh 'pail'

(Glover 1971: r 7) TABLE 1 : Contrastive Sets in Gurung Analoge Verhältnisse gelten für Thakali. Zusätzlich zum vokalischen Aspirationsunterschied (als Gespanntheitsonnosition "tense" vs. "lax" beschrieben) existiert ein Tonhöhenkontrast mit derselben Tonhöhenverteilung wie im Ourung (obere, mittlere und untere Tonhöhe): "The contrast between clear and breathy vowels is striking and used very widely in Thakali. The tongue and lip position of the breathy vowel is the same as for the clear vowels, but the breathy vowels have a different voice quality. For the clear ones the Adam's apple remains raised while for the breathy ones the Adam's apple is lowered and the throat expanded. This results in a larger resonance chamber in the back of the mouth and the vowel takes on a different voice quality. At the same time the pitch of the breathy vowel is lower than the pitch of the clear one in the same stress position. The difference in pitch is considerable. The term breathy is kept for traditional reasons and for the lack of a better term, but in Thakali it could be misleading, for it is only in overdistinct speech that a breath is audible. In normal speech, it is the low pitch and the lax voice quality which are prominent. When a person is pronouncing a breathy vowel, we can observe externally the tightening of the muscles of the front part of the neck and if a person has a protruding Adam's apple, the lowering of it is also visible. There is a large number of clear/breathy pairs which contrast in meaning. A few of these are given below." (Hari 1970:128-128).

Auch im Tamang findet sich die vokalische Aspirations-Opposition mit jeweils einer oberen und einer unteren Tonhöhen-Ausprägung. Die vier entstehen-

150

den Konturverläufe lassen sich aufgrund der Koppelungen "klar" vs. "aspiriert" und "hoch" vs« "tief" wie folgt bezeichnen: "klar"

"aspiriert"

"hoch"

1

3

"tief"

2

4

Dies ist eine phonemisch interpretierte "Verkürzung" für insgesamt vier verschiedene von oben nach unten gruppierte Torihöhen: "klar" "hoch"

1

"mitte-hoch"

2

"aspiriert"

"mitte-tief"

3

"tief"

4

Die Tonhöhenverläufe des Tamang scheinen Mazaudon 1973 so wichtig zu sein, daß sie die Aspirationsopposition der Vokale ebenso wie weitere Redundanzerscheinungen (Aspirationsonposition initialer Konsonanten unter 3 und 4 aufgehoben, Sonorisierung initialer Konsonanten unter 3 und 4) zugunsten der Tonhöhen-Ausprägung zurückstellt und umgekehrt wie in den cbigen Beispielen die Phonations-Parameter in funktioneller Abhängigkeit vom (emisch-relevanten) Ton • U4. 95 sieht. Der Terminus Register wird von Mazaudon für die vokalische AspirationsOpposition verwendet: Register I mit den Tonemen 1 und 2, Register II mit den Tctiemen 3 und 4. Aufgrund der weiter unten bestimmten historisch-gültigen segmentalen Abhängigkeit der tanalen Ausprägung deutet die Einteilung bei Glover darauf hin, daß er die mit Hilfe der vokalischen Aspirations- scwie der Intensitäts-Korrelation in synchronisch-deskriptivem Abhängigkeitsverhältnis darstellbare tonhöhenmäßige Ausprägung als insgesamt vier Register darzustellen bereit ist. Die terminologische Differenz der Auffassungen ist in diesem Fall nicht wichtig, da sie grundsätzlich auf die dem jeweiligen Autor als phonemisch-relevant erscheinenden Korrelationsbestimmungen zurückfiihrbar sind. Einig sind sich alle Autoren darin, daß die Sonorität initialer Konsonanten in funktionaler Abhängigkeit von der tonhöhenmäßigen Ausprägung zu stehen hat, und nicht umgekehrt, cf. 95

Cf. ausführlichere Bemerkungen zu dieser phonologischen Interpretation bei Mazaudon selbst (1973:85-92) sowie Weidert (Rezension 1977c).

151 "In Tamang, Taylor and Hari agree that voicing of stops is nonphonemic. In word-initial position it is predictable from tone, with words of the breathy group having voiced initial stops and words of the clear group voiceless initial stops." (Glover, op.cit., 6-7n.) .

Da andererseits ein Teil des linguistischen Hintergrundwissens darin besteht, daß alle bisher bekannten register- = stimmlagen-mäßigen Ausprägungen auf die Sonoritätsopposition initialer Konsonanten zurückführbar scwie die Koppelung stinmhafter initialer Konsonanten an das h-Register (= 3 und 4) im Fall des Tamang konkret beobachtbar ist, bietet sich in einer noch abstrakteren synchrcriisch-deskriptiven Analyse der Eliminierung implizierter Redundanz für alle drei erwähnten Sprachen die Möglichkeit an, sowohl Phonationstypen als Tonhöhen-Ausprägungen in Abhängigkeit zur Sonoritätsopposition sowohl initialer als finaler Konsonanten zu bringen. Diese vier möglichen Kcnbinationsarten werden von Glover mit KK

KG

GK

GG

bezeichnet, wobei K = stinmlose Konsonanten, G = stimmhafte Konsonanten. Glover bezeichnet die durch den Vergleich der drei Sprachen ermittelten Formen mit dem Sternchen, weil er sie als komparative bzw. rekonstruierte Einheiten auffaßt. Dies ist unnötig, da die innersprachlichen Sonoritätsverhältnisse der initialen Konsonanten scwie das Vorhandensein der vokalischen Aspirationskorrelation eine tiefenstrukturelle Darstellung in Termini von KK, KG, etc. (unter Zuhilfenahme von phonologischem Hintergrundwissen) plausibel machen. Wir zitieren abschließend von Glover (1971:9-11) die Zusammenstellung der suprasegmentalen Eigenschaften als Manifestation initialer und finaler Konsonanten in allen drei Sprachen sowie einige der von ihm zitierten ''fortbeispiele (G = Gururxj, T = Tamang, Th = Thakali):

G:

T:

Th:

KK

KG

GK

GG

Clear,

Clear,

Breathy,

Breathy,

intense.

relaxed.

rising.

low.

High stressed.

Unstressed.

Mid stressed.

Low stressed.

(Clear, high

(Clear, mid

(Breathy, mid

(Breathy, low

falling.)

level.)

level.)

level.)

Clear, high

Clear, extra-

Breathy, low

Breathy, low

level.

high falling.

rising-falling.

level.

152

KK TGTh

T

G

Th

English

*kaaq

kaaq

koq

kaa

blood

*kuq

kuq

kuq

ku

nine soup

"khuq

khuq

khuq

khu

*leq

leq

leq

le

tongue

*saaq

saaq

soq

saa

breath

*syet

syeqt

syeq

sye

louse

Th

English

KG TGTh

T

G

"*khyab-

khyap-

khyaa-

to apply a t

*min

min

mi

min

name

* na

na

na

na

nose

Kpha

pha

pha

pha

husband

*ra

ra

ra

ra

goat

Ksa

sa

sa

sa

earth

*sung

sung

SU

sung

mouth

TGTh

T

G

Th

English

GK *bliq

blihq

plihq

plihq

four

*braaq

braahq

prohq

praahq

flour

*bret

brehqt

prehq

prehq

eight

*diqm

dihqm

dihq

tihqm

house

*gyuuq

gyuuhq

kyuhq

kyuhq

sheep

*ngiihq

ngiihq

ngihq

ngihq

two

yohq

yohq

thief

*yohq

yohq

GG TGTh

T

G

Th

English

*dza

dzah

tsah

tsah

son

*dzang

dzahng

tsOh

tsahng

n est upper back

*go

goh

koh

koh

*lih

lih-

lih-

lih-

to be heavy

*miih

miih

mih

mih

person

*ngeeh

ngeeh

ngeh

ngeh

milk

*byo

byoh

pyoh

mat

*byab

byahp

pyaah

feather

153 51.

Extraverbale Ausnutzungen von Tonhöhe-Oppositionen

a) Ton und Gesang: Dieser Abhängigkeitsbereich hat Parallelen mit dem zwischen Ten und Intonation, da dem Artikulationskanal der menschlichen Stinme nur ein einziges Erzeugungsmittel, nämlich die Tonhöhenmodulation, für die Realisation tonologischer Oppositionen einerseits und Singen andererseits zur Verfügung steht. In der Praxis können alle Ubergangsstufen zwischen den Extremen "Unterdrückung des Gesangs-ffelos zugunsten der durch die tonematischen Oppositionen definierten korrekten Realisation der Intervalle" vs. "Unterdrückung der Realisierung tonematischer Oppositionen zugunsten des Gesangs-Melos" vor. Es gilt die Regel: Volkstiiniiche T«teisen lassen größtenteils (noch) einen konturmelodischen Zusammenhang zwischen Tonrealisation und Gesangs-Melodie erkennen; "spezialisierte" Sinnaussagen wie magisch-religiöse Texte, vor allem wenn sie von nur wenigen Personen beherrscht werden, ebenso wie die Übernahme westlicher Schlagermelodien drängen die Realisation von Tonhöhen-Oppositionen in den Hintergrund, sodaß der Hörer solcher Texte Verständnisprobienen ausgesetzt ist. Für den Zusammenhang zwischen Ton und Gesang spielt es keine Rolle, 96 von walcher typologischen Natur das jeweilige Tonsystem ist. b) Ton und Pfeifen: Die umfassendste Untersuchung stellt Cowan 194B für das Mazatekische dar. Diese Sprache hat ein Höhe+Richtung-Tonsystem mit 4 Tonemen des H-Teiltonsystems sowie einer großen Zahl von Konturtonemen des R-Teilsystans, deren Anfangs- und Endpukte in Termini des H-Teilsvstems perzeptiv erfaßbar sind. Bei Cowan kommen die Konturtoneme /31, 13, 24, 34, 32, 14, 23/ vor (1 = oberste Tonhöhe). Zur Übertragung gelangen die gepfiffenen Tonhöhen und Konturen der Wörter, die sich in einer Satzkette befinden, z.B. Pfeiftöne:

[1, / 1 hme

1, ^'a

3, 3

si

3, 3

2,

4

]

ki-2c?ai-'4ve/ 'What did you bring there?'

Die Kcnrnunikationsübertragung durch Pfeifen braucht nicht unbedingt an das Vor97 handensein eines Teilsystems gekoppelt zu sein. 96

97

Literatur: Velder (1962:192-93) und List 1961 für Thai; Bright 1955-56 für Lushai; gute Beobachtungen bei Herzog 1934 mit Beispielen aus dem Jabo und Navaho; Levis 1937 und Chao 1956 für Chinesisch; Johnston 1973 für Tsonga; Schumann (1917/18:164-69) für Bena: Schneider 1943-44 für Ewe; Mark/Li 1966 für Wu-ming (Tai-Sprache in der Provinz Kwangsi, China); Simmons 1980 für Efik; cf. auch Kap. lo "Tone and Tune" bei A.M.Jones 1959. "Possibly some articulatory characteristics (degrees of labialization, etc.) are also relevant, as they are for whistle talk in Tepehua, which is a non-tone-language of Mexico." (K.L.Pike/Larson 1964; Reprint Brend (ed.)

1972:219). (Ctd. S.154).

154

Das Prinzip, gesprochene Sprache durch Pfeifen in Tonhöhenvariationen umzusetzen, liegt dem auf der Insel La Gomera (Kanarische Inseln) verwendeten Pfeifsystem zugrunde; die dort gesprochene Sprache ist ein Dialekt des Spanischen: "All the silbador [= whistl-er, A.W.I has to do is to stick the tip of his tongue against his teeth, start whistling and at the same time try to articulate words as if he were speaking normally!" (Classe 1957:117). Dasselbe Prinzip wird wahrscheinlich auch für die im Département PyrenéesAtlantique in dem Weiler Aas noch von einigen Leuten verwendete Pfeifsprache gültig sein; die Sprache dieser Gegend ist ein gaskognischer Dialekt der Region Bêarn, cf. Charles Saint-André: "Whistling a dying language" (Bangkok Post Aug.18, 1980). c) Ton und Trarrmeln: Die Existenz sog. Tronmel-Sprac-hen scheint die Existenz eines tonsprachlichen Systems vorauszusetzen. Die auf Troraneln und Gongs entstehenden Tonhöhen können hinsichtlich Qualität (Tonhöhenabstufungen zur Imitation von Konturtönen) und Quantität (Abstufungen in der zeitlichen Dauer entweder als

"signifikativer" Rhythnus oder als Wiedergabeversuch für Vokal-

längenkontrast oder Moren-Kontrast) zusätzlich variiert werden. Nicht immer stürmt die Anzahl der Trarmel-Töne mit denjenigen der verwendeten Sprache überein (Beispiel: Jabo, cf. Herzog 1945? oder Efik, cf. Sunrois 1900). Beispiel für die genaue Übereinstimmung zwischen Instrumenten-Tcmhöhe und Ton~ 98 system: Efik (Nigeria): abiàbon ètok ètok atùàk anyan ofong Gongtöne: H LH LL LL H L L H HL needle very small sews long cloth "This is sent to inform the enemy that a small Efik force will conquer them no matter how numerous they are." (Simmons 1955:108). d) Ton und Flüstern: Die klassischen Bemerkungen Giets 1956 mit dem Chinesischen als Hintergrund (cf. auch Giet 1950:95-7) verdeutlichen, daß das Vorhandensein eines Tonsystems eine erfolgreiche Nachrichtenübertragung durch 99 Flüstern nicht verhindern kann:" "Die beim normalen Sprechen durch Stimmlippenschwingungen erzeugten Tonhöhenbewegungen werden beim geflüsterten Sprechen durch Phonationsersätze

(97) Weitere Literatur: Stern 1957 mit Literaturhinweisen (zitiert werden die Sprachen Zapotekisch und Tlapanekisch in Mexiko, Ibo und Venda in Afrika, und Sizang (Siyin-) Chin in NW-Burma. 98 Weitere Literatur: Stern 1957, Simmons 1960a, Simmons 1980, Westermann 1907, Nekes (1912:80-83), Burssens 1939, Valen 1955, Thilenius/Meinhof/ Heinitz 1916. 99 Weitere Literatur: Kloster-Jensen 1958a (Perzeptionstests mit Sprechern des Norwegischen, Schwedischen, Slovenischen und Mandarin); Panconcelli-Calzia 1955 unbefriedigend.

155 zum Ausdruck gebracht. Mit diesen Ersätzen ist es theoretisch und praktisch möglich, auch die bedeutungsdiakritischen Tonhöhenbewegungen einer Tonsprache, als ihre Toneme, genügend vernehmbar zu machen. Die Toneme bleiben ein bedeutungsdiakritisches Konstitutivum der Tonsprachen, auch wenn sie manchmal - eben beim Flüstern - anstatt durch Stimmgebung durch Phonatlonsersätze in allerdings schwächerer Weise hörbar gemacht werden." (1956:372).

II. TEIL: TONSPRACHENDEFINITIOl IM) TONSPRACHENTyPOLOGIE

Das tonologisohe Perseptionskriterium: Ein analytischer Fehlsahlag

52.

Ausgangspunkt der folgenden Untersuchungen ist die Pikesche Tcnsprachende.finition: "A tone language may be defined as a language having lexically contrastive, but relative pitch on each syllable." (1948:3).

significant,

Das in dem Definitionsbestandteil "relative pitch on each syllable" enthaltene tonologische Perzeptionskriterium könnte in dieser Form den Anschein erwecken, daß die Tonsprachendefinition wenn nicht ganz, so doch zu einem großen Teil von dem Vorliegen tonetischer Pealisationsaspekte abhängig gemacht werden kann. Es würde besagen, daß die Realisation von Tonemen innerhalb einer eng begrenzten Toleranzbreite möglich und der Abstand zwischen verschiedenen benachbarten Tonemen diskret, d.h. so gut »de nicht ineinander übergehend, ist. Aus diesen akustischen 'ferkmalen könnte auf das Vorliegen einer Tonsprache geschlossen werden. Diesem in der Definition von Pike enthaltenen Eindruck muß widersprochen werden: Tatsächlich ist es unmöglich, aufgrund des reinen Höreindrucks auf das Vorliegen einer Tonsnrache zu schließen (geschweige denn die Anzahl der in einem Tonsystem vorkatmenden Taneme zu bestimmen). Zwar lassen sich eine Reihe von Tonsprachen aufzählen, welche, versehen mit einer relativ hohen Anzahl von Tonemen, zwischen den einzelnen Tönernen durch genau fixierbare und konstant gehaltene akustische "Grenzen" differenzieren; bei ihrem Hören kann in der Regel richtig geschlossen werden, daß sie Tonsnrachen sind. Andererseits stehen ihnen Nichttonsprachen gegenüber, bei welchen der Frequenzverlauf (Konstanz und Diskretheit) derart unregelmäßig verläuft, daß der analytisch unbeeinflußte externe Hörer ceteris paribus wiederun auf das Vorliegen einer Tonsprache schließen muß. Die wahrscheinlich größte Zahl der Tonsprachen ist frequenanäßig derart unspezifisch ausgeprägt, daß nur genaue Kanmutationstests unter analytisch identischen Bedingungen wie gleichartigen nhonotaktisehen Strukturen etc. '"Iber

158 Vorliegen oder NichtVorliegen einer Tonsprache entscheiden können. Der perzeptiananä.ßig schwierigste Fall liegt vor, wenn die Anzahl der Tönerne innerhalb eines Tonsystems relativ klein ist, diese durch geringe akustische "Grenzen" voneinander getrennt sind und ihre funktionelle Belastung gering ist (indem "minimale Paare", welche allein aufgrund verschiedener Tonhöhen bzw. Konturverläufe verschiedene Wortbedeutungen zu unterscheiden vermögen, entweder selten sind oder nicht vorkamen). Mit diesen Bemerkungen bahnt sich eine perzentionsmäRige Unterscheidung des ''Analytisch-vorher" vs. "Analvtisch-nachher" an. Da man hinterher, wenn Kcmnutationstests und ähnliche analytische Verfahren abgeschlossen sind, irrner schlauer ist als vorher, indan man die vorher analytisch ermittelten Tönerne

/

nun tatsächlich in der Lautkette nach hinreichender fbung zu identifizieren in der Lage ist, wird der analytische Stellenwert des Perzentionskriteriums redundant, da die Wahrnehmung verschiedener Tonhöhen aufgrund des "Analytischvorher" einzig van Aspekt der Oppositionsfähigkeit abhängt ("contrastive... pitch on each svllable"). Es wird aus diesen Gründen vorgeschlagen, den Definitionsbestandteil "relative pitch on each syllable" in der Pikeschen Tonsprachendefinition ersatzlos zu streichen. Einen zusätzlichen Grund für die Streichung konnte Pike nicht ahnen: Bei den über längeren chemotaktischen Strukturen als der Einzelsilbe (tonemisch und tonetisch) definierten Tonsystemen kann in der Regel nicht die Konstanz vs. Diskretheit von Tönen über Einzelsilben perzeptiv identifiziert werden. Selbst die "präzisesten" Kanmutationstests nützen nichts, da man, entsprechend denjenigen, was man in das jeweilig Realisierte "hineinzuhören" geneigt ist, einmal die Konstanz, das andere Mal die Diskretheit von Tonhöhen über Einzelsilben "heraushört". In solchen Fällen besteht der Sinn der Kamtutationstests darin, den gesamten, sich über mehrere Silben gleichmäßig erstrekkenden Konturverlauf als hemogene tonologische Einheit zu konzipieren, sich auf die Gesamt-Realisation zu konzentrieren und ihn mit anderen Konturverläufen zu vergleichen. Die Folgerung aus dieser empirischen Erfahrung lautet, daß eine Sprache nur vermittels phonologiseh-analytisaher Methoden als Tonspraohe eingestuft werden kann.

159

53.

Unmöglichkeit einer allen Analyseaspekten gerecht werdenden Definition von "Tonsprache"

Die Kritik an Pikes Tonsprachendefinition richtete sich in erster Linie auf die Behauptung, daß jeder Silbe eine kleinste tonologische Einheit ("Tonern") zuzuordnen sei. Vor allem beim Studium afrikanischer Tonsprachen stellte sich heraus, daß, zunindest cherflächeimäßig betrachtet, einige kleinste Bedeutungseinheiten isoliert werden können, die nur aus einem Ton (ohne phänische Segmente, d.h. ohne über eine zun Bedeutungsinhalt gehörende silbische Struktur) bestehen. Wurde, wie in der generativen Phonologie üblich, das Prinzip redundanzfreier Repräsentationen für irgendeine abstrakte nhonologische Analyseebene berücksichtigt, wurde es offensichtlich, daß neu hinzugewonnene Sprachen, welche in gewissen morphologischen oder phonologischen Subsystemen keine tonologische Opposition zu bilden vermögen, entweder keine Tonsprachen im Sinne der cfoigen Definition waren oder aber eine Revision der Definition nahelegten. Der Versuch einer gleichgültig auf welchem Analyseprinzip basierenden und einer allen Analyseebenen gerecht werdenden Definition von "Tonsprache" ist als Fehlschlag zu werten, wie die Diskussion gezeigt hat. Pikes implizite Hoffnung war es gewesen, genau eine derartige, alle Analyseebenen einbegreifende Definition zu finden, denn "lexically significant (pitch)" bezieht sich auf den morphologischen, "contrastive (pitch)" auf den tiefenstrukturellen phonologischen, und "relative (pitch)" auf den oberflächenmäßigen Analysebereich. Wir werden uns anhand der Betrachtung in gesonderten Analysebereichen die Inadäquatheit der Pikeschen Definition klarmachen, indem die beiden Schlüsselbegriffe "lexikalische Signifikanz" und "Oppositionsfähigkeit" ("contrastivity") auf ihre begriffliche Funktion und ihren Bezug zu den mit L^, L^ und L^ bezeichneten phonologischen Darstellungsebenen hin untersucht werden. 54.

Erste Voraussetzung: Identische Anwendung der sekundären Analyseparameter

Damit die hier gewonnene Tonsprachendefinition für nachfolgende Typologie-Untersuchungen eine gemeinsame (= auf alle "möglichen" Tonsysteme bezogene) Grundlage schafft, lautet die erste analytische Voraussetzung: Kriterium der identischen Anwendung der sekundären Analyseparameter Die sekundären Analyseparameter müssen wenn möglich an jeweils identischen Untersuchungsstellen berücksichtigt werden.

160

Bei diesen Analyseparametern handelt es sich um die Berücksichtigung der vorkeimenden a) konsonantischen Oppositionskategorien, b) phonotaktischen Strukturen, c) V7ort-/ftonem-Klassen, d) phonologischen Extensionssystene PEn, e) syntaktischen Rangebenen, und f) im Rahmen von numerisch noch festzusetzenden, aber in etwa gleichwertig verteilten tonematischen Häufigkeitsverhältnissen. Ein Verstoß bezogen auf a) würde vorliegen, wenn eine einseitige tonale Ausprägung, die in nur einer Klasse einer mehr-klassigen konsonantischen Korrelationskategorie existiert, in der tonologischen Analyse nicht berücksichtigt würde. Solange wie im Fall des Thai in Ttörtern, die mit stinmlos-nichtaspirierten Konsonanten beginnen, von insgesamt 5 möglichen Tonanen nur drei realisierbar sind, mag dies für die tonologische Analyse des Thai wenig Konsequenz haben, da die Anzahl der Toneme relativ hoch ist und diese mit initialen Nasalkonsonanten und stimmlos-aspirierten Verschlußlauten frei keribinierbar sind. Ansonsten besteht bei echten Tonsprachen kein erkennbarer Zusammenhang zwischen Tonausprägung einerseits und Konsonantenklassen-Ausprägung auf der Basis phonologischer Korrelationskategorien andererseits. Ein Verstoß bezogen auf b) würde vorliegen, wenn die Anzahl tonematischer Oppositionen ohne Berücksichtigung der vorkatmenden Silbenstrukturen ermittelt würde. Spricht man z.B. von Kantanesischen als einem 9-Ton-System, liegt dieser Fehler vor, denn es handelt sich in Wirklichkeit um sechs über kontinuierlichendenden Silben und drei über abrupt-endenden Silben definierte Toneme. Das phonologische System des Kantonesischen gestattet und erfordert semit die primäre Unterscheidung in verschiedene Silbentypen, zu welchen jeweils verschiedene Tonsysteme ausgeprägt sind. Die perzeptive Identifizierbarkeit von Tonanen über verschiedene Silbenstrukturtypen hinweg hat selbst nichts mit diesen Analyseaspekt zu tun; es ist egal, ob die über verschiedenen Silbenstrukturtypen ausgeprägten Toneme tonemisch als identisch betrachtet werden können (wie im Kantonesischen der Fall) oder nicht (cf. 57.). Ein Verstoß bezogen auf c) würde vorliegen, wenn unterschiedlich ausgeprägte Tonsystane nicht von der mit ihnen in offenbarem Zusammenhang stehenden Struktur des Vokabulars abhängig gemacht würden. Die Ausprägung eines gegenüber der die größere Anzahl tonematischer Oppositionen zulassenden Lexeiriklasse

161

"sekundären" Tonsystems für Gramreme ist der tanologische Normalfall. Was sich innerhalb von Nichttansprachen zumeist als Reduktion des Segmentkörpers von Granmemen (bezogen auf die mehr Lautsubstanz besitzenden Lexene) äußert, setzt sich im Fall von Tonsprachen in Form der "Reduktion" der durch das Lexaansystan vorgegebenen tonematisehen Oppositionsmöglichkeiten bei Granmemen fort. Diesem tonologischen Regelfall hat die Analyse bei Bestinmung der vorkommenden tanematischen Oppositionsnöglichkeiten unbedingt Pechung zu tragen. Genau wie unter b) spielt es keine Rolle, ob derart verschieden ausgeprägte Tonsysteme miteinander korrelierbar sind oder nicht. Eine noch genauere Berücksichtigung

100

der möglichen Zeichenfunktionen führt gemäß Serebrennikcw

zu einer vier-

fachen Unterteilung in 1. lexikalisch autosemantische T,förter (qualitative Funktion: Zeichenreferent ist eine Klasse von Gegenständen, ein Begriff) 2. lexikalisch synsemantische Worter (identifikative Funktion: Benennung und Wiedererkennen, Namen von Personen, Orten, Gegenständen) 3. Vfortzeichen ohne eigenen, der lexikalischen Bedeutung zugrundeliegenden gegenstandslogischen Inhalt (deiktische Funktion, z.B. Proverben, Proncmina, Proadjektive, Proadverbien) 4. Wortzeichen, die ihren Inhalt ausschließlich beim Funktionieren in der linearen Reihe je nach den sich mit ihnen verknüpfenden Einheiten erhalten (kopulative Funktion, z.B. Kopulawörter, Präpositionen, Konjunktionen) . Die Praxis zeigt, daß eine die vier Klassen von Wörtern berücksichtigende Darstellung tonologischer Ausprägungen zu außerordentlich interessanten Ergebnissen führt. Ein Verstoß bezogen auf d) würde vorliegen, wenn tanonatische Oppositionen ciine Berücksichtigung der Zentrun-Peripherie-Dichotcmie definiert würden. Je nach Einzelfall können gegenüber dem primären System PE^ in den sekundären Ex- : tensionen PE>^ erhebliche tonematische Abweichungen auftauchen. Auch wenn es möglich ist, daß evtl. innerhalb von PE1 vorhandene "Lücken" ("structural gaps") durch tanologische Elemente nachfolgender Extensionssysteme aufgefüllt werden und sich dadurch rein oberflächlich eine vereinfachte tonologische Gesamtbeschreibung anbietet, so sind die jeweiligen tonematischen Ausprägungen in erster Linie von den Extensionssystanen abhängig zu machen, an welche sie gebunden sind. lOO Serebrennikow, B.A. 1975. Allgemeine Sprachwissenschaft II, München: W.Fink; cf. Kap.6 ("Der Wortschatz"), besonders S. 369-70.

162 Ein Verstoß bezogen auf e) würde vorliegen, wenn tonematische Oppositionen ohne Berücksichtigung ihrer wcmöglichen Verschiedenheit bezüglich der Beschreibung zun Einzel-?tonem (scwohl Ijexeme als Grammeme) und zu Kcrribinationen von Monemen = ffonemketten = syntaktischen Konstruktionsklassen = syntaktischen Amalgamierungen klassifiziert würden. Die Nichtberficksichtigung der syntaktischen Opposition "Einzel-Monero" vs. "Monero-Kette" führt sogar zu der Konsequenz, daß es keine Tonsprachen-Tynologie geben kann, weil eine bezogen auf das Einzel-ffonem erstellte typologische Bestimnung, die zur Einstufung in eine der hier analysierten möglichen Tonsystem-Tvnen geführt hat, auf höheren syntaktischen Rangebenen durchaus tonsystematische Phänomene anderer Tonsystem-Typen zulassen kann. Ein derartiger Fall ergibt sich z.B. im Kachln, wo der hoch31 fallende Konturton / / bezogen auf syntaktische Vorkommnisse oberhalb denjenigen des Einzel-ifonems als syntaktisch-konditionierter und damit derivierter Ton eingestuft und beschrieben werden kann. Bezogen auf Einzel-»taneme handelt es sich dagegen um ein 3-Tonem-Höhe-Tonsystem. VTürde die Analyse nicht diesen syntaktischen Bezug berücksichtigen, ergäbe sich eine Einstufung als 3+1-Tonero-Höhe+Pichtung-Tansystem, mithin eine Verfälschung, wenn man ein derartiges Tonsystem mit einem ausschließlich auf Einzel-Moneme beziehbaren Hfihe+Richtung-Tonsystem vergleichen würde. Nur aus diesem Grund ist eine tonologische Interpretation in Form der Gegenüberstellung "semantischer"/"inhärenter"/"etymologischer" / "lexikalischer Ton" vs. "granmatischer Ton" (cf. Ward 1939) sinnvoll. Bezogen auf die in Punkt f) angesprochenen unterschiedlichen Häufigkeitsverhältnisse ist festzuhalten, daß entsprechend dem Kriterium der Systemhaftigkeit die tonematischen Glieder eines Tonsystems gewiß innerhalb eines breiten Streuungsbereiches, nicht jedoch mit einer einseitigen Häufigkeitsauslastung von z.B. 0,98:0,02 nach Berücksichtigung möglicher sich aufgrund der Punkte a) bis e) ergeben habender unterschiedlicher Tonausprägungen vorzukcnmen vermögen. Vielleicht kann der absolut größte Diskrepanzwert bei entsprechend präzisen Kenntnissen über Tonsprachen in Zukunft ausgerechnet werden; vorläufig können nur grobe Schätzwerte angegeben werden. So wäre eine Häufigkeitsverteilung von 0,9:0,1 für ein Zweitonsystem befremdend und bedarf der Cberprüfung. Innerhalb eines 5-Tonsystems wäre ein Häufigkeitswert von nur 0,1 für ein Tonem noch im Rahmen des Normalen zu bewerten.101 Auf der Basis intuitiver tiber101 Z.B. Tritteis (1927) Häufigkeitswerte des Standard-Thai basierend auf der Auszählung von Pallegoixs Wörterbuch:

(Siamesischen),

163 legungen schätzen wir, daß innerhalb eines Zweitonsystems ein größerer Diskrepanzwert als 0,7:0,3 nicht zu erwarten ist. Die zu diesem Punkt angestellten Überlegungen geben keine unmittelbare analytische Direktive wie unter den fünf ersterwähnten Fällen wieder, da im Fall eines einseitigen Auslastungsverhältnisses zugunsten eines Tons ein Fall, der mit Ausnahme von 71. bisher nicht bekannt geworden ist - es keine zwingenden Kriterien für eine auf "normalen" Häufigkeitswerten basierende "Zurechtinterpretation" gäbe. Der von Zoller 1980 beobachtete, für unmöglich gehaltene Fall führt zur Einstufung als "eingeschränkter Tonsprache", cf. 71. Für die von Giet (1950:19-20) unter "neuentstehendes Wortmelos in modernen Sprachen" zitieren Fälle (z.B. Französisch lu vs. lue, su vs. sue, nu vs. nue) bietet sich eine analoge Interpretation an, vorausgesetzt, ein systematischer Tonausprägungsunterschied unter Arbitrarität der sprachlichen Zeichen (was im Frz. nicht der Fall ist, da lue lu-e etc.) ist perzeptiv nachweisbar. Das Fazit der 'Überlegungen zur ersten Voraussetzung fiir die Definition und Typologisierung von Tcnsprachen lautet, daß eine tonologische Gesamt-Besahre-ibung, auch wenn sie anhand von nur wenigen Regeln faßbar ist, gegentiber einer primären Analyse bezüglich der von a) bis f) angesprochenen differentiellen Manifestationen zurückzustehen hat. Zur tcnologischen f^esamt-Beschreibung kann auf der Basis von Beschreibungsadäquatheit erst dann geschritten werden, wenn sämtliche sekundären Analyse-Parameter in ihrer Eirwirkung auf das für a) die je einzelsprachlich existierenden konsonantischen Korrelationskategorien, b) den die tonologische Ausprägung maximal zulassenden SiLbentyn bzw. phonotakti sehen Strukturfr/p, c) die Klasse der Lexane, d) das primäre Extensionssystem PE^, und e) das Einzel-itonem ermittelte Tonsystem untersucht wurden.

101 ebener Ton fallender Ton tiefer Ton steigender Ton hoher Ton tiefer Ton über kurzen CVP-Silben hoher Ton über kurzen CVP-Silben

= = = = =

etwas über 24% etwas unter 24% etwa 20% etwa 11% etwa 8%

=

etwa 7%

=

etwa 6%

164

55.

Zweite Voraussetzung: Identische Anwendung phonologisoh-analytisoher Kriterien (= primäre Analyseparameter) auf Besahreibungsebenen (L^, Lg, L^) im Rahmen einer phonologisahen Theorie

Die Schwierigkeiten, die zur Formulierung einer Tonsprachendefinition im Wege stehen, beziehen sich zusätzlich zu den in 54. genannten möglichen Komplikationen auf die Akzeptierung eines einheitlichen phonologischen Analyseprinzips scwie die damit postulierte Art der Trennung verschiedener Analyse-/Darstellungs-/Beschreibungs-Ebenen. Im phonologischen Untersuchungsbereich ist es von Belang, ob die zu erstellende Definition vorwiegend oder ausschließlich oberflächenmäßige (= phonetische und phonemische, entsprechend "systematic phonetic" und Schanes 1971 Plädoyer für eine phanemische Zwischenstufe) oder tiefenstrukturelle (= morphophonenisehe, entsprechend "systematic phonsnic" der generativen Phonologie) Kriterien berücksichtigt. Da die von Pike versuchte, allen phonologischen Darstellungsebenen gerecht werdende Definition von "Tansprache" als Fehlschlag zu werten ist, muß wie unter 54. versucht werden, die für phonologische Einzel-Ebenen charakteristischen tanologischen Beschreibungs-Eigenarten festzustellen und sie nachträglich zwischen-einzelebenenmäßig miteinander in Beziehung zu setzen. Der Vorteil eines derartigen Vorgehens besteht darin, daß die tonologischen Eigenarten eines Tonsystems sich auf einzeln herausgegriffenen Darstellungsebenen besser herausschälen als es etwa eine auf eine einzige Darstellungsebene bezogene tonologische Beschreibung vermag. Dies ist der Grund unserer Ablehnung des kontextualistischen Beschreibungsverfahrens der Londoner Schule, welches prinzipiell nur eine einzige Darstellungsebene (welche ungefähr einer phonetischen "broad transcription" entspricht) vorsieht. Die hier verwendete, zwei abstrakte Analysestufen fordernde phonologische Theorie setzt einen Phonem-Begriff voraus, der in seiner Substanz, ungeachtet der Einwirkung bestimmter Kriterien auf die Phonem-Analyse, mit folgenden definitorischen Festsetzungen Haugens (1967b:805) identisch ist: "I distinguish two kinds of phonemes: the phonetic and the morphemic, roughly Bloomfield's and Sapir's. The phonetic phoneme is the one that Halle has rejected; I call it phonetic because it involves the attempt to set up bi-unique rules for converting raw phonetic data into phonemes on a one-to-one basis, and disregards the higher structures. The morphemic phoneme takes the morphemic structure into account, with no qualms about overlapping or coalescence of phonemes in actual speech."

Die verschiedenen Darstellungsebenen ergeben sich metatheoretisch betrachtet als Resultat verschiedener Adäguatheits-Kriterien, welchen die postulierten abstrakten Einheiten eines Einzelsprach-Systems zu genügen haben. Im Verlauf

165

des Operierens mit verschiedenen abstrakten Darstellungsebenen hat sich für uns die Erfahrung ergeben, daß ein Zweiebenen-Modell - sei es in seiner klassisch-strukturalistischen, sei es in seiner generativen Ausprägving - als noch zu wenig aussagekräftig herausgestellt hat. Die beiden für analytisch von ?ußerter Relevanz betrachteten Untersuchungskriterien der Redurrianzeliminierung und der minimalen Oppositionsfähigkeit führten (cf. Weidert 1975 und 1977a) zu dem Ergebnis, daß für beide Kriterien je eine voneinander getrennte abstrakte (= nicht beobachtungsmäßig definierbare) Darstellungsebene wünschenswert, möglich und beschreibungsadäquat ist. So sorgt das Kriterium der Redundanzeliminierung in seinen beiden Anwendungen der Eliminierung phonetischer direkter (= in der phonetischen Natur der beobachtbaren Laute selbst liegender) und phonetischer implizierter (= in der phonetischen Natur von miteinander verbundenen lauten bzw. Lauten und Tönen liegender) Redundanz dafür, daR in L2~analytischer Darstellung - sei es in Form "herkcmnlicher" Phoneme, sei es in Form distinktiver »ferkmale, oder in Mischungen der beiden - gerade die phonologischen Einheiten auftauchen, die unter Berücksichtigung der in 54. genannten sekundären Analyse-Parameter als für die phonemische GesamtbeSchreibung verbindlich anzusehen sind. Das Kriterium der minimalen Oppositionsfähigkeit sorgt dafür, da | (L.J-)Tonern! Die tonale Oppositionsfähigkeit ist hingegen meistens eingeschränkt, wenn ein Silbentyp die Kennzeichnung Silbencoda: [-son] hat. Als nicht-sonorante Silbencoda kanmen in der Regel stinmlose Plosive (-p, -t, -k) und glcttale Konsonanten (häufigster Fall: der Glottalstoo -?) in Frage. Im Fall des Glottalstops ist vorauszusetzen, da« er L^-Relevanz hat, d.h. daß er nicht durch eine phonetische Realisationsregel einführbar ist. Bei der Mehrheit aller in Südostasien beobachteten Tonsprachen zeigt dieser abrupte Silbentyp entweder konstante phonetische Realisation auf ein- und derselben Tonhöhe oder auf zwei verschiedenen Anhöhen, seltener auf 3 oder 4 Tonhöhen. Eine phonetische und damit phonemische Identifizierung mit dem entsprechenden Tcnem des nicht-abrupten = kontinuierlichen Silbentyps ist im Fall hinreichender perzeptiver Ähnlichkeit für die I^-analytische redundanzfreie Darstellung zu fordern. In diesen Fall entfällt in Lj- wie L^-analytischer Schreibung jeg-

171 liches Tonzeichen, da der Ton phonetisch irapliziert-prädiktibel ist und durch eine Realisationsregel eingeführt wird. Ein Beispiel für eine Tonsprache, bei der auf Plosiv endende Silben immer auf ein- und derselben Tonhöhe realisiert werden, welche phonetisch mit dem entsprechenden Ton von kontinuierlich-endenden Silbentypen identifiziert werden kann, ist Lotha Naga mit einem I^-analytisch gesehenen 4-Tonan-Höhe-System. Es gilt die Realisationsregel: [-acn] —

[ 2 ],

d.h. auf Plosiv endende Silben werden automatisch und konstant auf der innerhalb der vier Tonhöhen (/ / = unterste, /"/ = oberste Tonhöhe) vorgegebenen zweiten Tonhöhe realisiert: /Jn pyak/

r JIn 2 p h j 3 k ] 'kneifen'

/ 1 o gyak/

[1o2^jak]

1

'Trick'

: 2

/ e byak/

[ E bjak]

'flach'

/1n tzsk/

2 [1ji dzok] I ^o »

'die Hände waschen'

/nhyak/

[2ji a k]

'warten'

[1n2lsp]

'Blitz'

l

/ n lap/

In der Tonabfolge der zweisilbigen T'ßrter herrscht völlige perzentive Identität mit Wörtern, deren zweite Silbe dem nicht-plosivgestoppten Typ angehört 1 2 (Intervallabstand zwischen [ ] und [ ]: gro^e Sekunde - kleine Terz): /1e2tza/ 1 2

[ 1e2dza'?] 1 2

'Horn' ?

/ n myo/

[ m (m)jo ]

'das Gesicht waschen'

/1o2ra/

[ 1 o 2 ra ? ]

'Urwald'

Der Glottalstop bei L,-analytisch offenen Silben erscheint obligatorisch bei z 2 jeder finalen = vor Pause erscheinenden Silbe unter Tonern / /, ist somit phonemisch redundant und wird durch eine Realisationsregel eingeführt. Dagegen ist das Tiddim Chin mit einem 3-Tonem-Richtung-Tcnsystem Beispiel für eine Tonsprache, bei der abrupt-endende Silben auf derselben Tonhöhe realisiert werden, welche perzeptiv nicht mit einem der Tcname nicht abrupt-endender Silbentypen identifizierbar ist. Dem über sonoranten Silbenreimen definierten Volltonsystem (mitte-ebener, (tief-)steigender und (hoch-)fallender Ton) opponieren die Silbentypen /CVP/ (V = Kurzvokal, P = -p, -t, -k), /CV7/ und /CVS7/ (/S7/ = postglottalisierte sonorante Konsonanten,mit S = -1, -i, -u), welche in tiefer Tonhöhe realisiert werden (cf. Henderson 1965a):

172 /'xa/

[xa':]

'bitter'

/-xa/

[xl:]

'spirit'

/xa/

[xa :]

'month'

/xa?/

[xa?]

'to set on fire' 'to filter, siphon off

/xai?/

(of beer)'

/xau?/

[xau?]

'to be stiff, strong, rigid'

/xal?/

[xal?]

Nichtfinite Form des Verbs / x x a l /

Die phonetische Länge in offenen Silben ist charakteristisch für die Realisierung eines vollen Tons und wird deshalb in redundanzfreier I^-Darstellung nicht wiedergegeben. Ein anderes Beispiel ist das Rangun-Burmesische, L^-analytisch betrachtet ein 3-Tonan-Richtung-Tonsystem. Dem Volltansystem bestehend aus hohem Knarrton, fallendem und tiefem Ton opponiert ein Silbentyp mit finalem Glottaistop und hoher Frequenz läge, bei dan akustische f Messungen ebenso wie der Höreindruck keine Identifizierung mit einen der vollen Töne zulassen. /'ka/

/ ka/ / ka/

/ka'/

[hoher Knarrton, creaky tone] 1. 'a saddle-frame made of wood and iron' 2. "to dance' [fallender Ton, falling/heavy tone] 'breadth, width, to be stretched apart, expanded' [tiefer Ton, (low) level tone] 1. 'a shield of any kind' 2. 'to make a barrier' 1. 'a texture made of bamboo' 2. 'to be hard, difficult' 3. 'to press with a lever'

Im Fall von Richtung-Tonsystemen, welche bei nicht-sonoranten Silbenreimen zwei tonemisch relevante Tonhöhen unterscheiden, sind die beiden Tonhöhen so weit mir bekannt irrmer identifizierbar mit solchen aus dan über sonoranten Silbenreimen definierten Tonsystem. Beispiel: Nord-Vietnamesisch (Hanoi-Dialekt) mit einen 6-Tonem-Richtung-Tonsystan, wobei abrupt endende Silben nur in den Tönen s "Tonsprache" bezeichnet ein suprasegmentales System von Tonhöhen, welche lexikalisch-signifikant wenigstens für solche L3-Silben sind, deren Reim sonorant ist.

Oder (um den komparativen Begriff der "Oppositionsfähigkeit" besser herauszustellen) : (üef2b) "Tonsprache" bezeichnet ein suprasegmentales System von Lj-Tonemen, welche lexikalisch-signifikant wenigstens für die oppositionsfähigeren Arten von L3-Silben sind.

Es werden die Voraussetzungen zu dieser Definition zusammengefaßt. (a) Ausschließlicher Bezug auf Ly-Ebene: Wir behaupten, daß die Kriterien der lexikalischen Signifikanz und der tonolo-

178

gischen Oppositionsfähigkeit ausschließlich unter Bezug auf die L,-Ebene über " «5 das Vorliegen einer Tonsprache entscheiden. Mit dieser Behauptung wird nicht abgestritten, daß ohne den Bezug zu L^ tonale Ausprägungen entweder in ihrer akustisch-physikalischen Realisation (damit auf oberflächenstruktureller L ^ Ebene beschreibbar), oder in ihrer eine Vielzahl phonologischer Analysekriterien, besonders jedoch die Kriterien der Oppositionsbildung und der Eliminierung oberflächenstruktureller Redundanz, benutzenden Darstellbarkeit auf L^Ebene möglich seien. Wir werden solchen tonsystematischen Ausprägungen der L^- und L2~Ebene, welche kein suprasegmentales Definitionspendant auf Lj-Ebene haben bzw. erwarten lassen (im Fall, daß die Analyse noch nicht ein derartig abstraktes Analyse-Stadium erreicht haben sollte), den Charakter einer durch (Def2) definierten Tonsprache absprechen. Vorwegnehmend kann gesagt werden, daß darunter alle tonsystematischen Ausprägungen fallen, bei welchen der C^konditionierende Kontext der Tonhöhenveränderung entweder für alle Konsonanten oder wenigstens einen Teil des initialen Konsonantensystems (noch) perzeptiv erkennbar ist. (b) Vorwiegender Bezug auf L^-Ebene: Aus der komparativen Verwendung des Terminus "Oppositionsfähigkeit" entsteht ein nicht-ausschließlicher Bezug zu L^. Diese Tatsache ist wichtig, da gewisse oberflächenmäßige Charakteristiken vorhanden sein müssen, um eine Unterscheidung der Tonsprachen 1) in Höhe- vs. Richtung-Tonsysteme und 2) in /t^

S.|/- vs. /t>1

S^/- vs. /t1 -• S>1/-Tonsysteme

vornehmen zu können. Das Kriterium der Oppositionsfähigkeit gestattet, eine Sprache I^-analytisch als tonal aufgrund des in ihr enthaltenen Bildungsvermögens tonologischer Oppositionen zu charakterisieren, wobei die durch (Def2) implizierte und durch den einfachen Zusammenhang 11^ -- S^ | für L^ ausgedrückte Uniformität der Tonsprachenbestimmung in bemerkenswertem Kontrast zu der durch die L2~analytische "üniversalformel" /tm

S n / (m, n = 1, 2, 3,...) hervorge-

rufenen Flexibilität der Bestimmung möglicher Tonsysteme steht. Tonsprachliche Ausprägungen mit n, m f 1, die in Verkennung ihrer echten tonsprachlichen Natur als "restricted tone systems" eingestuft wurden, sind grundsätzlich immer unter Verwendung geeigneter Analysemittel auf die L^-Formel

«->- S11 zurück-

führbar; ihrer Einstufung als vollwertigen Tonsprachen kann nichts im Wege stehen. Die Flexibilität der I^-bezogenen üniversalformel wird durch (Def2) aber nicht abgedeckt; aus diesen Grund ebenso wie in Anbetracht der Tatsache,

179

daß nicht alle Phonologen bereit sein werden, den durch (Def2) provozierten Abstraktheits-/Theoretizitäts-Gehalt tiefenstruktureller Darstellungen anzuerkennen, wird eine weitere Revision der bisherigen Definitionen in 60. unumgänglich. (c) "Lexikalische Signifikanz": Ein klassifikatorischer Begriff mit Anwendungsbereich für L^-analytisehe Phonemisierungen. (d) "Tonologische Oppositionsfähigkeit": Ein kanparativer Begriff mit Anwendungsbereichen für L2~ und L-j-analytische Phonemisierungen. (e) "L^-Silbe": Eine Analyse-Einheit mit ausschließlichem Bezug zu L^, ermittelt unter dem Kriterium minimaler Opnositionsfähigkeit. Diese Einheit setzt ihrerseits die Einheit "Silbe" mit ausschließlichem Bezug zu L 2 (= rhonemische Analyseebene) voraus, ermittelt unter dem Kriterium redundanzfreier Darstellungen. (f) "L^-Tcmem1': Die kleinste minimal-opponierende suprasegmentale Einheit auf Lj-Ebene. Mit Veränderungsprozessen im herkömmlichen Sinn haben diese Einheiten nichts gemein. Die morphotonologische Veränderungsfähigkeit tonologischer L^-Systeme wird auf der phonemischen Analyseebene untersucht, deren kleinste redundanzfreie suprasegmentale Einheit "Tonern" heißt. 59.

Die tonologische Basisform (= Definition des "maximalen Tonausprägungspotentials")

Uti zu verhindern, daß die Definition von "Tonsprache" in der bisherigen Form zu abstrakt und damit für den einzelsprachlichen Fall nicht mehr anwendbar sein könnte, führen wir den Begriff "tonologische Basisform" ein. Er besagt, daß es sowohl in jeder echten wie in jeder "eingeschränkten" Tonsprache einen vrohldefinierten phonotaktisehen Strukturtyp gibt, mit welchem die Maximalzahl tonologischer Oppositionen des Tonsystans korrelierbar ist. Um diesen Typ feststellen zu können, bietet sich idealerweise eine Untersuchung und Darstellung auf L 2 an, da sich der "Abstand" von L 2 zu L1 ungeachtet des durch das Kriterium der Eliminierung von Oberflächenredundanz gekennzeichneten Analyseverfahrens im Sinne phonetisch-natürlicher Regeln definiert.105 Gewisse durch die Art und 105 Cf. dazu Hymans Ausführungen über "natural rules"

(1975a).

180

Weise phonetischer Oberflächenrealisationseigentümlichkeiten sich andeutende Interpretationsaspekte wie z.B. die Einstufung als morenzählende Sprache gelangen auf L 2 ZU ihrer naturgemäßen Darstellung; bei weitergehender, auf L^ bezogener Analyse können derartige Einstufungen aufgrund anderweitiger analytischer Erfordernisse wieder verloren gehen. Die tonologische Basisform ist entweder mit den phonotaktisehen Strukturen je Einzelsprache identisch oder ihr entspricht derjenige Typ aus mehreren vorkatmenden phonotaktischen Strukturen, bei welchem die Maximalzahl tonologischer Oppositionen verkannt. Ein Beispiel für Identität ist das 5-Tonan-Höhe-Tonsystem des Angami, dessen tonologische Basisform lautet: (t = 5) Die überhaupt möglichen Silbentypen sind entweder offene CV-Silben oder solche mit einem silbischen Resananten (/r/, /n/ und /m/). Wie der Zahl-Index verdeutlicht, muß zu jeder (L^-)Silbe eins der 5 vcm System bereitgestellten Toneme gehören. Ein Beispiel für Nicht-Identität ist das 5-Tonem-Richtung-Tonsystem des Thai, dessen tonologische Basisform lautet:

1

Die Formel deutet an, daß das 5-elementige Tonsystem mit drei möglichen Silbentypen (S = sonorante Konsonanten wie Nasalkonsonanten und die zweiten nichtvokalischen Bestandteile von Diphthongen, V: = Langvokal) korrelierbar ist. In der bisherigen Form wird nicht berücksichtigt, um welche tontypologische Ausprägimg es sich handelt. Außerdem wird nicht darauf hingewiesen, ob sich die Silbentypen etwa nach Art eines morenzählenden Systems anordnen. Im Fall von Nicht-Identität müssen auch die tonologisohen Sekundärformen angegeben werden, bei welchen entweder kein oder eingeschränkter tonologischer Kontrast möglich ist. 60.

Die tonologische Universal formet, dritte Definition von "Tonsprache" und Definition von "eingeschränkter Tonsprache"

Eine noch weiter an konkrete einzelsprachliche tonsystematische Ausprägungen gebundene Definition von "Tonsprache" ist nur möglich, wenn sich der Begriff

181

des "möglichen Tonsystems" näher bestimmen lassen könnte. Wir nehmen an, daß dieser Begriff nahe genug an die tonetischen Realisationsnöglichkeiten innerhalb der Oberflächenstruktur gebunden ist, um denkbar viele tonologische Ausprägungen zu erfassen. Dagegen steht die in 52. angedeutete negative Erfahrung in Form des Fehlens eines analytisch geeigneten Perzeptionskriteriums. Insofern sehen wir für den Terminus "mögliches Tonsystem" nur die Möglichkeit seiner I^-analytischen Bestirmiung. Sollte es möglich sein, ihn extensional durch eine Äquivalenz-Formel zu definieren, kann jedes suprasegmentale einzelsprachliche System durch die Anwendung geeigneter Analysemittel darauf untersucht 106

werden, ob es tatsächlich unter die Definition fällt oder nicht.

Wir be-

haupten, daß es diese Formel wie folgt gibt: (Tonologische Universal formet) /t m «->- S n /

für m, n = 1, 2,...

Begründung: Der tonologische "Normalfall" ist /t1 +-+ S^/. Bei seiner Darstellung muß der in 40. als Intervall-Konzept kritisierte Punkt berücksichtigt werden: Es ist stets die Gesamtzahl vorkommender Tonstie auf die kleinstmögliche phonotaktische Struktur und nicht etwa die insgesamt entstehenden Intervalle als tonematische Einheiten zu höheren (evtl. als "rtonem"/"Wort" charakterisierten) phonotaktischen Strukturen zu beziehen. DanebentorrmenTeilsysteme der Form /t^

S>

vor, wobei die notwendigerweise entstehende Tonkontur, die

sich über mehrere Silben erstreckt, als eine einzige hemogene toneratische Einheit aufzufassen ist. Um andererseits dem Phänomen der floating tones beizukauren, ist an das Tonausprägungskennzeichen /t/ ebenfalls ein numerischer Index anzufügen. Das Studium solcher floating tones hat erst seit wenigen Jahren mit der erforderlichen Gründlichkeit begonnen. Ob I^-analytisch höchstens zwei Toneme über einer einzigen Silbe möglich sind, wissen wir vorläufig nicht; in einem solchen Fall könnte die Formel wie folgt umgeschrieben werden: für n = 1/2, 1, 2,... i Es klingt jedoch häßlich, bei n = /2 von einem halben Tonern sprechen zu müs/t

Sn/

sen (Verstoß gegen das phonemische/tonemische Substanzkriteriun); besser ist die nur für floating tones gültige Einzelbestirnmung /t2

S^.

106 Wiederum ist keine Apriori-Bestimmung für das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Tonsprachen motivierbar.

182

Anhand der Universalformel läßt sich ein Unterschied zwischen "möglichen Tonsystemen" und "denkbaren Tonsystemen" konstituieren (wobei auf die Vorläufigkeit unseres Wissens über bisher bekannt gewordene Tonsysteme hingewiesen wird): Mögliche Tonsysteme: (a) /t1

S^/

(b) /t>1

S^/

(c) /t1

S>^/

(= tonologischer Nonnalfall) (Sprachen mit floating tones) (fälschlicherweise "restricted tone systems" genannte Tcnsprachen)

Denkbare.Tonsysteme: (a) alle möglichen Tonsysteme (b)

/Vi^

w

Aufgrund der so definierten tonologischen Universalformel läßt sich eine an tanetische Realisations-Formen angenäherte Definition von "Tonsprache" formulieren. Die Tatsache, daß die relevanten Definitionsstücke in phonemische = L2~analytische Klarrmem gesetzt wurden, ist Hinweis darauf, daß der Begriff der "lexikalischen Signifikanz" in den vorigen Definitionen von "Tonsprache" nicht vergessen wurde. Mit (Def^) wird allein aufgrund des phonemischen/ tonemischen Oppositionskriteriums ( und damit eines distr:_butionalistischen Kriteriums) der Begriff "Tonsprache" definiert; da die ausstehende semantische und morphologische Analyse erst durch den Bezug zu L^ gewährleistet wird, kann (Def3) nur den Status einer auf vorläufigen Analysen beruhenden Definition beanspruchen. Außerdem müssen die bei einem derartig starken Bezug zur tonetischen Oberflächenstruktur auftretenden Korrelationsmöglichkeiten zwischen Tönen und anderen Bezugs-Parametern als der Silbe berücksichtigt werden. Es handelt sich um a) solche Sprachen (66.f), bei welchen der C^-konditionierende Kontext der Tonhöhenveränderung (noch) perzeptiv erkennbar ist und kein ^-analytisches tonologisches Pendant definiert werden kann; b) "echte" Tonsprachen (s.u.), bei welchen zusätzlich der C^-konditionierende Kontext der Tonem-Veränderung (noch) perzeptiv erkennbar ist (sog. DepressorKansonanten). Zu a): Wir legen absichtlich nicht fest, ob im Fall des Vorhandenseins des C^bzw. allgemeinisegmental-konditionierenden Kontextes der Tonhöhenveränderung

183 grundsätzlich irtmer die Eliminierung tonologischer Einheiten aus ihrem Darstellungskontext erfolgen soll. In diesen Fall kamen drei praktisch mögliche Analysefälle vor: 1) Der Ton als konkcmitantes phonetisches Begleitphäncmen wird für das gesamte phonologische System dem segmentalen konditionierenden Faktor untergeordnet; dann treten L2-analytisch überhaupt keine tonologischen Einheiten auf, weil diese komplett durch oberflächenstrukturelle Realisationsregeln definiert werden. 2) Die tonologische Ausprägung wird als I^-relevant angesehen. Dann gelangt das L.j -analytisch definierte Tonsvstem in identischer Abbildving auch auf zur Darstellung. Die Redundanz des Systems wird nun bei den segmentalen Einheiten eliminiert. In diesem Fall muß das l^-analytische Tonsystem in Abhängigkeit von nichttonalen L^-Konditionierungs-Parametern gebracht werden. Der Aspekt der phonetischen Natürlichkeit, der unter Lösung 1) noch vorhanden war, geht verloren; stattdessen ist der Plausibilitätsgehalt der Konditionierung unter phonemischen/tonemischem Gesichtspunkt zu berechnen. 3) Die tonologische Ausprägung wird teilweise als I^-relevant angesehen. In diesem Fall wird die Redundanz in einigen Kontexten zugunsten der beteiligten Phonsne, in den restlichen Kontexten zugunsten der beteiligten Toneme eliminiert. Eine derartige Möglichkeit bietet sich an, wenn in einigen Kontexten der Hörer subjektiv den Eindruck gewinnt, daß die tonematische Verschiedenheit die phonematisehe überwiegt, mit anderen Worten: daß die tonematische Ausprägung I^-analytisch "relevanter" ist als die daran gekoppelte phonemati sehe. Mit diesen drei Fallunterscheidungen werden die Gründe für unser absichtliches Nicht-Festlegen einer a priori vorgegebenen Analyse-"Grenze" für Teilsysteme zwischen L^ und L^ klar: Der Höreindruck bezüglich der diskutierten Zusanmenhänge zwischen Ton und Segment kann a) von Sprache zu Sprache, und b) von Hörer zu Hörer anderer Sprachen sehr verschieden sein; er wird darum als wichtiges Klassifizierungs-Kriterium herausgestellt. Aufgrund der dadurch entstandenen analytischen Flexibilität wird in rein synchronisch-deskriptiver Analyse außerdem die Möglichkeit gegeben, die Entwicklung von Nicht-Tonsprache zu voll entwickelter Tonsprache nachzuvollziehen. Die entstehenden verschiedenen Optionen hinsichtlich der Darstellung ein- und desselben phonologischen Systems spiegeln analytisch gesehen intermediäre, tonal nicht abgeschlossene Entwicklungsstadien wider.

184

Zu b): Im Fall von analytisch komplett ausgeprägten Tonsprachen, d.h. mit tonologischen Ausprägungs-Eigentümlichkeiten auf allen drei Analyse-Ebenen, kann eine segmentale Konditionierung beobachtet werden, welche zur Allotonisierung der L^-Toneme führt. Es handelt sich um Tonsprachen mit Depressor-Konsonanten;

dann sind dieselben drei analytischen Möglichkeiten geltend zu machen

wie im Fall der Nichttonsprachen: 1) Komplette L.j-relevante Abhängigkeit zum segmentalen konditionierenden Faktor: Das ursprüngliche L^-Tansystgn bleibt auch I^-analytisch erhalten. Die Allotone der I^-Toneme werden durch Realisationsregeln spezifiziert. 2) Eliminierung des segmentalen Faktors in I^-analytischer Darstellung: führt zur n x m-fachen Vergrößerung des L^-Tonsystems auf L 2 (n = Anzahl der L3-T0nane, m = Anzahl segmental-konditionierender Möglichkeiten). Die Redundanzeliminierung erfolgt nun zu Ungunsten des phonisch-segmentalen Faktors. 3) Partielle I^-relevante tonologische Berücksichtigung des phonisch-segmentalen Faktors: führt zur Vergrößerung des L^-Tonsystems auf L 2 in Verbindung zu eingen L^-Tonemen. Ein derartiger Fall ist uns bisher in der Praxis nicht begegnet; wanöglich handelt es sich um einen "theoretischen Strohmann". Für alle diese Fälle hat die Definition von "Tonsprache" lediglich den Bezug zur (für L^ qua metatheoretische Charakterisierung ohnehin vorhandenen) Eliminierung implizierter L^-charakteristischer Korrelierbarkeits-Redundanz herzustellen. Dies betrifft nur die zur Gruppe a) eingeteilten Nicht-L^-Tonsprachen; die in Gruppe b) vorhandenen Tonsprachen sind aufgrund der Prämissen ohnehin als "Tonsprache" gekennzeichnet. (Def3) Eine "Tonsprache" liegt bereits vor, wenn sich die Korrelierbarkeit zwischen maximalem Tonausprägungs-Potential und entsprechender phonotaktischer Struktur anhand der Äquivalenz /tjn -- S n /

für m, n = 1, 2,...

unter Berücksichtigung der Eliminierung implizierter Lj-charakteristischer Korrelierbarkeits-Redundanz ergibt. Führt die Eliminierung der implizierten Redundanz zu einer tonem-freien L2-analytischen Darstellung (also /tm/ = 0), liegt auch kein definierbares Tonsystem mehr vor.

In Bezug auf die jeweiligen Analyseebenen lassen sich folgende terminologischen Bezeichnungen gewinnen: 107 Praktisch alle Thai-Sprachen, die chinesischen Dialekte und das Vietnamesische sind durch dieses Entwicklungsstadium vor etwa 400-800 Jahren geschritten.

105 (1) Ausschließlich L^-tonetische Ausprägungen: "Nicht-Tonsprache" (2) L^

Lj-Ausprägungen, die zu tonematischen Einheiten auf L 2 , nicht

aber auf L 3 führen: "Konditionierte Tonsprache" (3) L.j

1,2 *->• L^-Ausprägungen ohne Depressoren: "Echte Tonsprache"

(4) L^ -•->• 1^2 *-* L^-Ausprägungen mit Depressoren und I^-relevanter Vergrößerung des Tcnemsystems: "Echte und konditionierte Tonsprache". Zu ausschließlich Lj-tonetischen Ausprägungen gehören a) die oben unter al) beschriebene Tonkonditionierung, und b) konditionierte F 0 -Veränderungen, die mit dem menschlichen Gehör entweder unterhalb einer wahrnehmbaren Schwelle befindlich sind oder bewußt nicht wahrgenommen werden. Beispiele sind die in Hombert/Ohala/Ewan 1979 unter "Effect of prevocalic voiced vs. voiceless stops" für Sprachen wie Englisch oder unter "Effect of glottal consonants on vowels" für Sprachen wie Arabisch beschriebenen F 0 - V e r änderungen.

Mit (Def-j) kann der I^-analytische Bezug des Terminus "Tonsprache" als notwendig und hinreichend genug charakterisiert gelten. Die in (Def3) implizite Voraussetzung stand unter der universellen Annahme, daß das Tonsystem einer Sprache unter Berücksichtigung der "sekundären Analyse-Parameter" sich innerhalb eines jeden Parameters zuerst auf seinem maximal größten (oder "allgemeinsten") Teilbereich ausprägt. In Bezug auf a) die Vorkcmmenshäufigkeit innerhalb konsonantischer Oppositionskategorien kanten hier primär gleichartige Werte, b) phonotaktisehe Strukturtypen: primär Silben mit sonorantem Reim, c) die Wort-/Manem-Klassen: primär Lexeme, d) die phonologischen Extensionssystsne: primär das "zentrale" = primäre System PE1, e) die syntaktischen Rang-Ebenen: primär das Einzel-Monem M^, und f) die tonematische Häufigkeitsverteilung: primär gleichartige Werte in Frage. Für solche phonologischen Systemey in welchen tonsystematische Ausprägungen in Bezug auf den durch die sechs Analyse-Parameter bezeichneten kleineren Teilbereich - "analytischen Randbereich" vorkommen, reservieren wir den Terminus "eingeschränkte Tonsprache". Auf derartige Tonsysteme trifft Def3 auf den durch Def3

nicht mehr zu. Sie können in Bezug

ausgedrückten Befund van L^-analytischen "Normal"-Zustand,

welcher sich unter Berücksichtigung der sekundären Analyse-Parameter ergibt, als regel-induzierter tonologischer "sekundärer" bzw. "eingeschränkter" L^Ausprägungstyp abgeleitet werden (cf. 65.).

186 61.

Theoretische und praktische Begründung für die Opposition Höhe- vs. Richtung-Tonsystem

Wie bei Diskussion des Pikeschen Typologie-Versuchs ersichtlich wurde (cf. 11.), ist die Gegenüberstellung "register tone system" vs. "contour tone systau" deshalb nicht möglich, weil es den Feintyp von Konturton-Sj/stemen in der Praxis nicht gibt. Es bedarf einer kleinen Änderung, um tatsächlich eine grundlegende typologische Diskrepanz in der Struktur von möglichen Tonsystemen aufzudecken. Anstatt den unwahrscheinlichen Typ von nur durch Konturtöne definierten Konturtonsystemen zu postulieren, sodaß als das für diesen Typ relevante tonologische Kriterium die Kontur von Tönen selbst zu fordern wäre, ergibt sich bei nochmaliger Analyse der fraglichen Tonsprachen, daß nicht die Kontur, sondern die Richtung (= Verlauf, direction) als relevantes tonologisches Einstufungskriterium in Frage kamrt. Praktisch alle diese Sprachen sind dadurch charakterisiert, daß einem oder mehreren Flaah-Tönen einer oder mehrere, während der Realisationszeit die Frequenz ändernde Kontur-Töne kontrastieren. Da derartige tonsystematische Anordnungen systeimäßig betrachtet genauso als typologische Einheit wie der Typ der "register tone systems" aufgefaßt Warden müssen, kann als relevantes tontypologisches Einstufungskriterium nur der Aspekt des frequenzmäßigen Verlaufs (Änderung vs. Nichtänderung der Frequenz) in Frage kaimen. Da bei den "register tone systems" als relevantes typologisches Kriterium nur die Tonhöhe selbst in Frage kamtt, erhalten wir somit die tontypologische Grundopposition der Höhe- vs. Richtung-Tonsysteme. Das Richtung-Kriterium für Richtung-Tonsysteme ist wegen zwei sich aus ihm ergebenden Implikationen von beträchtlichem Vorteil: (a) es impliziert, daß der Kontur-Frequenzverlauf evtl. vorkatmender Konturtöne nicht als Anfangs- und Endpunkt von ebenfalls im System vorkommenden Flachtönen identifizierbar ist (im Gegensatz zu den unten behandelten HöhetRichtung-Tonsystemen), und (b) daß Konturtöne selbst nicht unbedingt vorkommen müssen. Die letzte Implikation wirft die Frage auf, ob ein Höhe-Tonsystem sich dann an gewissen Stellen mit einem nur Flach-Töne enthaltenden Richtung-Tonsystem überschneidet, sodaß im Prinzip die tontypologische Opposition zwischen Höheund Richtung-System hinfällig würde. Wir glauben, diese Frage entschieden verneinen zu können, cf. 72. Angenommen, eine Überschneidung zwischen beiden System-Typen kcrrirtt nicht vor: Wie läßt sich der Unterschied zwischen beiden Kriterien selbst motivieren?

187 Dazu geht aus unseren Beobachtungen hervor, daß es gewisse artikulatorische und perzeptive Anhaltspunkte gibt, die im Einzelfall über die Einstufung zu einem bestimmten Typus entscheiden. Es kann unter Umständen Jahre dauern, bis der andersartige Raster der Muttersprache des Analysierenden derartige tontypologische Anhaltspunkte "durchläßt" und ihm den Gehörs- und InterpretationsEindruck eines derartigen Tonsprachen-Typus vermittelt. Die Bestimmung der Grenze zwischen dem, was man in einem solchen Fall "hineinhört" und dem, was tatsächlich aus der Typ-Realisierung heraushörbar ist, ist beim augenblicklichen Stand der Tonsprachen-Forschung als utopisch zu bezeichnen; hier bietet sich für die kontrastive Phonetik ein bisher unerforschter Untersuchungskamplex an. Der einzelsprachliche Hintergrund der folgenden Bestinxnungen ist derjenige der Naga-Sprachen von Assam für reine H-Tonsysteme, und derjenige der gemeinhin als "Konturbonsystem" bezeichneten bekannteren südostasiatischen Tonsprachen. Die Charakteristik von Tonsprachen, bei welchen beide Kriterien zu HRTonsystemen kombiniert sind, ist davon getrennt und muß gesondert bestürmt 108 werden. Die unter den Aspekten der Länge, Reduktion, Gezacktheit und Realisationsabstand genannten Manifestationen sind gewissermaßen als diasystematische Charakteristiken von Höhe- und Richtung-Systemen zu verstehen; ein einzelsprachlich bezogener Realisationsunterschied zwischen den beiden Systemen braucht dem nicht unbedingt zu entsprechen (cf. Gegenüberstellung S. 188). Es gibt außerdem Tonsysteme, in welchen nach der Bestimmung der tonemisch relevanten Einzeltonhöhen auch noch vorkaimende Konturtöne perzeptiv ohne weiteres als Anfangs- und Endpunkte der durch das System der Einzeltonhöhen vorgegebenen Höhe-Toneme bestirrmt werden können. Der perzeptive Unterschied zu reinen Richtung-Systemen, in welchen eine derartige Höhe-Tonem-Identifizierbarkeit nicht möglich ist, ist ein eklatanter Unterschied, welchem tontypologisch Rechnung getragen wird, indem für den Typ der perzeptiv identifizierbaren Konturtöne auf eine Verbindung der beiden tontyp-relevanten Kriterien H plus R erkannt wird. Wir sprechen in einem solchen Fall von HR-Tonsystemen. Bei diesen Tonsnrachentypus ist auf den Ablauf in der Bestinmung der separaten Einzel108 Diesen Versuch habe ich unterlassen, da ich mich auf dem Gebiet der HRTonsprachen zu schwach fühle. Ein eklatanter Unterschied zwischen R- und HR-Tonsystemen scheint sich hinsichtlich der extraverbalen Ausnutzung solcher Systeme zu ergeben: Pfeiftonsysteme sind bisher nur in der HR-Gattung beobachtet worden; von den südostasiatischen R-Tonsystemen ist die Pfeifbarkeit der Töne nicht bekannt, cf. 51.

188 Höhe-Tonsystem:

Richtung-Tonsystem:

Lange von Tönen:

i.a. kürzer als RSystem

i.a. länger als IiSystem

"Reduktion" von Tönen:

Abfall ganzer Silben incl. Ton, darum tonetisch nicht wahrnehmbar

Entstehung von "P.eduktions"-Tönen, dadurch Einführung einer rhythmischen Komponente

Sprechtempo:

schneller als R-System

langsamer als H-System

"Gezacktheit" des Tonhöhenverlauf s:

insgesamt auffälliger als bei R-System

weniger auffällig als bei H-System

Tonetischer Realisationsabstand:

die einzelnen Toneme werden deutlicher voneinander differenziert als bei R-Systemen

die einzelnen Toneme sind nicht so deutlich voneinander differenziert wie bei H-Systemen, Überschneidungen bzw. "Verwischungen" möglich

Konkomitante "sekundäre Artikulationen" wie Glottalisierung, Laryngalisierung, Aspiration etc.

kein Unterschied zwischen H- und R-Systemen ersichtlich

Entstehung tonologischer Subsysteme ausgeprägt über Grammemen oder auf höheren syntaktischen Rängen als Einzel-Monem-Ebene

die oben R-System Übergang er" Töne

Phonemisch-bedingte Beeinflußbarkeit benachbarter Toneme

kein Unterschied zwischen H- und R-System ersichtlich; Beeinflussung wie Nicht-Beeinflussung kommt in beiden Typen vor

bezeichneten Unterschiede zwischen H- und verwischen sich, d.h. im Fall von H-System zu R-System und umgekehrt; Entstehung "neugleichermaßen möglich

tonsysteme zu achten: Zuerst Bestürmung des H-Systems, dann Bestinmung des RSystems. Das für diesen Typus gültige Minimaltonsystem ist ein 2+1-Tonsystem, in welchem 2 H-Toneme den Frequenzabstand eines zwischen diesen beiden Tönernen entweder steigenden oder fallenden Kanturtons determinieren. Es wird darauf hingewiesen, daß derartig "determinierten" Konturtönen innerhalb von HR-Tonsystemen nicht der Charakter des "Sekundären"/"Abgeleiteten"/"Nicht-Ursprüng-

189 liehen" inhäriert, wie die falsche Folgerung aus Pikes Bemerkungen zu diesem Tonsprachentypus glauben macht; unter Beachtung der in 54. genannten AnalyseVoraussetzungen sind derartige perzeptiv identifizierbare Tönerne in Bezug auf a) Oppositionskategorien innerhalb der Konsonanten b) sonorante Silbenreime c) lexematische Distribution d) Vorkamen innerhalb des primären phonologi sehen Extensionssystems e) Vorkamen auf Einzelmonem-Ebene f) absolute wie kontextuelle Häufigkeitswerte genauso "natürlich"/"primär" wie die das Gesamttonsystem konstituierenden Höhe-Toneme. Innerhalb von Höhe+Richtung-Tonsystemen müssen die Richtung-Toneme Kcnturtöne sein, da es sowohl logisch als auch perzeptiv gesehen undenkbar scheint, da/3 auf das Richtung-Tei ltonsystem bezogen auch noch Flachtöne vorkamen können. Eine karpliziertere tontypologische Ausprägung liegt vor, wenn nach Bestimnung der Elemente des H-Teiltonsystems und dazu determinierten R-Konturtönen solche Konturtöne übrig bleiben, welche in Bezug auf das H-Teiltcnsystem nicht determinierbar sind. In diesem Fall sprechen wir von Höhe+Richtung++Richtung_-TonsySternen, abgekürzt HR+R~-Tonsystem. Auch bei diesem Typus ist der perzeptive Identifikationsvorgang vorgezeichnet, indem erst die Elemente von H, dann die bezüglich H determinierbaren Elemente von R + , und zuletzt die bezüglich H nicht-determinierbaren Elemente von R ermittelt werden. Selbstverständlich gelten die für H+R-Systeme gemachten Bemerkungen bezüglich des primären Charakters aller im Gesamttonsystem vorkommenden Tcneme. Ein in diesen Tonsprachen-Typus fallendes Tonsystem umfaßt minimal 4 Toneme: zwei H-Toneme, ein innerhalb der durch die beiden H-Toneme fixierten Tonhöhen identifizierbares R+-Tonem und ein sich "außerhalb" der durch die H-Tonsne fixierten Tonhöhen realisierendes R~-Tonem. Sollte ein Teil (d.h. entweder Anfangs- oder Endpunkt) der Tönerne des R~-Teiltonsystams mit den Tonhöhen der entsprechenden Toneme des H-Teiltonsystems identifizierbar sein, schlagen wir das Gesamttonsystem ebenfalls dem Typ HR+R'-Systeme zu. D.h. wir erweitern das H-Teiltonsystem nicht um eine weitere fiktive (Tonhöhen-) Grenze, die als separate tanematische Einheit nicht vorkamt, sondern nur dazu dient, das Gesamttonsystem einheitlich mit Zahlangaben zu bezeichnen. Die Be-

190 merkung in Fn.150 verdeutlicht, daß das Problem eines weiteren Tonsystem-Typs der Art HR+R-

nur auf der Basis akustisch-perzeptiver Kriterien entscheidbar

ist. Wiedergabetechnisch tragen wir in dieser Arbeit den vier typologischen Hauptausprägungen wie folgt Rechnung: Typus:

Bezeichnung:

H

Zahlen (1 = unterste Tonhöhe)

R

Akzentsymbole

HR

Zahlen (z.B. / / = von der untersten zur nächsthöheren Tonstufe steigender Konturton)

HR + R"

Zahlen

(für H- und R + -Toneme) plus Akzentsymbole (für R~-Toneme;

Der Versuch, weitere denkbare Tonsprachen-Typen auf der Basis der beiden tontvpologischen Kriterien zu konstruieren, ist - vorläufig jedenfalls - als Fehlschlag zu werten. Z.B. ist ein hypothetisches HR~-Tonsystem identisch mit einen einfachen R-Tonsystem; die analytische Identifizierbarkeits-Fangfolge von HR-Systemen umzukehren und dadurch einen RH-Tonsystem-Typus zu gewinnen, entbehrt empirischer Grundlagen etc. Also können für den durch /t^

S^/

definierten tonologischen Normalfall genau vier mögliche Tonspraahen-Typen in Frage. 62.

Tonsystem-Typologie unter Berücksichtigung tonematischer Oppositions- . kategovien

Ein Entwurf einer Tansystem-Typologie, der die Anordnung von Tönernen innerhalb tonematischer Oppositionskategorien berücksichtigt, soll im folgenden unter der Annahme gemacht werden, daß als einziges tonsystem-typologisches Kriterium die Fähigkeit des menschlichen Gehörs, im HR-Fall Anfangs- und Endpunkt von Kanturtonemen aufgrund des vorgegebenen H-Teiltonsystems zu identifizieren (im R-Fall dagegen nicht), anerkannt wird. Von den von Künstler entworfenen tonematischen Oppositionskategorien (cf. 8.) bieten sich die sog. Skala-Oppositionen an, welche die Vergleichbarkeit ähnlich realisierter Tönerne gestatten. Dies soll hier allerdings ohne den einschränkenden Bezug zu der 5 Punkte enthaltenden Tonbezeichnungsskala erfolgen. Dauer- und Register-Oppositionen spielen aus den in 8. erwähnten Gründen ohnehin keine tonematisch-relevante Rolle; und die Inflexions-Oppositionen charakterisieren als typologisahe Ausprägung die 109 Die Anregung zu diesem Entwurf verdanke ich Prof.Heger sowie der Diskussion in einem seiner Seminare im Wintersemester 1980/81.

191 Anordnung der Tönerne zu Tcnem-Systemen selbst (und nicht etwa zu Oppositianskategorien). Im Fall der Anordnung der Tönerne zu reinen Flachton-Systemen liegt die tonematische Relevanz im relativen Tonabstand begründet; wir erhalten scmit den ersten Typ tonsprachlicher Ausprägungen, welcher mit dem in 61. konzipierten H-Tonsystem identisch ist (= Typ-I). Der zweite Typ umfaßt die Teilklasse Richtung-tonsystematischer Ausprägungen, welche durch das Nichtvorhandensein einer tonematischen Oppositionsart, die auf der Grundlage von Höhe-Oppositionen bildbar wäre, charakterisiert ist (= Typ-Ii). Beispiele solcher Tonsprachen sind diejenigen Kuki-Chin-Dialekte von NW-Burma, die ein über sonorantan Silbenreim definiertes Tonsystem mit einem Flachton, einem steigenden und einsm fallenden Ton enthalten. Auch das Mandarin und das Vietnamesische gehören hierher, da die Eigencharakteristik jedes Tonems aufgrund seiner Unähnlichkeit mit den anderen Tonemen innerhalb eines Tonsystems weder eine Tonhöhen- noch eine Diapasonopposition zu postulieren gestattet. Der dritte Typ enthält alle tonsystematischen Ausprägungen, die weder als reiner Typ-I noch reiner Typ-Ii eingeordnet werden können. Da in dieser Klasse tatsächlich Oppositionsarten bestinmbar sind, deren Kriterium, sei es als Tonhöhen- oder Diapasonopposition, sie zu den als Typ-I oder Typ-Ii ausgeprägten Tonsystemen verweist, handelt es sich also um alle Arten von Mischtypen von Typ-I und Typ-Ii. Dieser dritte Typ sei als "Typ-I,II" bezeichnet. Die erste Untergruppe des dritten Typs wird von denjenigen Tonsystemen gebildet, in welchen das Vorhandensein einer Tonhöhenopposition nicht zur Determinierung a) einzelner Tönerne, welche innerhalb des Konturton-Teiltonsystems auftauchen, und b) von innerhalb des Konturton-Teiltonsystems bildbaren Diapasonqppositionen beizutragen vermag. Dazu gehört, daß weder eine strenge akustische Identifikation, wie sie bei den in 61. umrissenen HR-Systanen der Fall war, noch eine angenäherte akustische Bezugsetzung des Typ-II-Teiltonsystems auf das Typ-ITeiltonsystem möglich ist. Insofern stehen sich die tonematischen Vertreter der beiden Teiltansysteme selbständig gegenüber; dieser Untertyp sei als "TypI/II" bezeichnet. Als Vertreter eines solchen Typ-I/II kaimt (womöglich) das Tonsystem des

192 Lahu in Frage (cf. Matisoff 1973a, D.Bradley 1979:67). Das über sonorantem Silbenreim definierte Tonsystem wird von den Autoren wie folgt angegeben: /ä/

high falling tone

/ä/

low falling tone

/ä/

high rising tone

/a/

low level or rising tone

/a/

mid level tone

Setzt man ein Tonhöhenteiltonsystem enthaltend /a/ (= "untere Tonhöhe") und /a/ (= "mittlere Tonhöhe") an, existieren die drei übrigen Konturtonsne selbständig innerhalb eines Typ-II-Teiltonsystems. Zwei weitere Untergruppen des dritten Typs können unterschieden werden, je nachdem ob das Tonhöhen-Identifikationskriterium die völlige oder die ungefähre /partielle Bestürmung von Kontur-Teiltonemen bzw. Kontur-Teiltonsystemen erlaubt. In beiden Fällen kann van "Typ-I(II)" gesprochen werden. Im ersten Fall liegen die in 61. analysierten HR-Tonsysteme vor; sie mögen hier mit "TypI(Il/)" bezeichnet werden. Im letzten Fall wird eine angenäherte Bestürmung eines Konturtons zu einem innerhalb des Typ-I definierten Tonhöhen-Tonems getroffen. Aussagen wie: "Der steigende/fallende Ton läuft durch den und den Höhen-Ton durch"; "der steigende/fallende Ton beginnt ungefähr auf dem Niveau des hohen/mittleren/tiefen Tons" geben diese ungefähre Konturbestimnung des Typ-II-Tonems wieder; diese Untergruppe sei mit "Typ-I(II/)" gekennzeichnet. Ein Beispiel des letzten Typs ist das 4-Tcnemsystem des Lushai mit vier über sonorantem Silbenreim definierten Tonemen: hoch-eben, tief-eben, tiefsteigend, hoch-fallend. Die beiden Konturtonane bilden unter sich ein Teiltonsystem, das unter Bezug des jeweiligen Anfangspunktes zu den entsprechenden Tonemen des Tonhöhen-Teiltonsystems approximativ identifizierbar ist. Eine andere denkbare tonsystematische Ausprägimg bestünde in der Daninanz des Typ-II-Teiltansystems gegenüber den Typ-I-System; doch ist weder die theoretische noch die praktische Relevanz eines derart konstruierten Typ-Ii(I) Systems einsichtig. Es ergibt sich folgender Vergleich der tonsystematischen Ausprägungen mit den in 61. entworfenen Möglichkeiten:

193

Typ-I

denkbarer Typ-Ii (I)

Typ-I,II

Typ-II

Typ-I/Il

Typ-I(II) Typ-I(Ii/)

H

R

R

HR

Typ-I(II/) R

R

Die HR+R~-Ausprägungen sind einerseits dem Typ-I(Il/) zuzuschlagen, falls der tonlagenmäßige "Raster" nach oben oder nach unten erweitert werden kann, weil die vom System bereitgestellten Höhen-Tonane unter sich Oppositionen bilden. In diesem Fall ist entweder der Anfangs- oder der Endpunkt von Konturtönen innerhalb des R~-Teiltcnsystems auf vorgegebene Tonhöhen-Tonene beziehbar (Beispiel: Webe, cf. 66.c). Andererseits ergeben sie einen neuen Mischtyp "I(Il/V)", wenn, wie im Attie möglicherweise richtig beobachtet, ein Konturteiltonsystem vollkatmen, ein weiteres Konturteiltonsystem nur approximativ auf benachbarte Tönerne des Höhenton-Teiltonsystems identifizierbar ist. Der Vergleich der beiden Tonsprachen-Typologien ergibt, daß der als R-Tonsystem innerhalb der ersten Auffassung gekennzeichnete Typ an drei bzw. vier Stellen innerhalb der zweiten Auffassung auftaucht. Die zweite Auffassung erlegt somit die Forderung auf, den Gedanken von relativ einheitlich ausgeprägten Tonsystemen in einer geographisch kontinuierlichen Ausbreitung (nämlich Südost- und Ostasien) preiszugeben. Sollte sich bei weiterer Beschäftigung mit den asiatischen Tonsprachen herausstellen, daß zu jeden einzelnen Typ genaue artikulatorische und perzeptive Korrelate angegeben werden können (was bisher nicht der Fall ist), würde dies die empirische Verankerung der theoretisch geforderten Unterscheidungen bedeuten. Die in 61. erfolgte Globalfestsetzung als R-Tonsystamtyp schließt sich natürlich der landläufigen, seit seiner Postulierung von Pike nie in Frage gestellten Ansicht an. Daß die Idee der geographisch kontinuierlichen Ausbreitung eines Tonsystemtyps in Asien eine Fiktion ist, erkennt man bereits daran, daß die Mehrzahl der Naga-Sprachen von Assam (gleichgültig ob zur Kuki-Naga-Chin- oder zur barischen Untergruppe der tibeto-birmanischen Sprachen gehörend) die Ausprägung als reiner H-Tonsystemtyp aufweisen. Auch die Existenz von höchstwahrscheinlich als HR-Typ ausgeprägten Sprachen wie Lisu und einigen Miao-Yao-Dialekten (cf. 79.e) könnte darauf hindeuten, daß die linguistische Landkarte Südost- und Ostasiens nicht unter dem Konzept der homogen ausgeprägten Tonsysteme, sondern der fleckenartigen Erstreckung verschiedenartiger Tonsystemtypen vorzustellen ist. Ob die aufgrund der zweiten Auffassung geforderte strenge Unterscheidung

194

zwischen Typ-I/II und Typ-I(II/) aipirisch aufrecht erhalten werden kann, ist eine ungelöste Frage. Um zu entscheiden, ob eine Trennung des Typ-II-Teiltonsystems als "hinreichend angenähert zum Typ-I-Teiltonsystan" (und damit zur Einstufung als Typ-I(II/) führend) vs. "nicht-angenähert an das Typ-I-Teiltonsystan" (und damit zur Einstufung in die Typ-I/II-Kategorie führend) empirisch verifizierbar ist, ist die Durchführung von Perzeptionstests erforderlich. Wie ersichtlich geht die Erklärungsstärke eines derartigen Modells über das bisher vorliegende Tonsprachen-Material hinaus; für die akustische und perzeptive Phonetik bietet sich ein umfangreiches Betätigungsfeld an. Der bisher ungelöste Aspekt tonematischer Anordnungen zu Oppositionskategorien gilt innerhalb der zweiten Auffassung in der Weise als gelöst, daß die Anordnung von Tonanen als Skala-Oppositionen als sinnvolle Gliederung des tonematischen "Raums" unterstellt wird. Diese in den tonematischen "Raum" schwach einschneidende Lösung erfolgt in Analogie zu phonematischen Oppositionskategorien wie Sonoritäts-, Aspirations-, etc. -kategorie, welche Teile des GesamtPhoneminventars zu charakteristischen Anordnungen zusammenstellen (entsprechend der Klassifikation Trubetzkqys in privative, graduelle und äquipollente Oppositionsarten) . Das Problem der tonematischen Oppositionsarten (im Sinn ganzer Reihenanordnungen, wie sie etwa durch Künstlers Postulat der Skalacpposition impliziert wird) liegt darin, daß wir nicht wissen, ob es sie überhaupt gibt. Aufgrund dieses Befundes haben wir die zur typologischen Unterscheidung in Hund R-Systane führenden tonsystem-atischen Kriterien H und R (analytisch redundant) gleichzeitig als (einzige) tonanatische Oppositionsarten unterstellt. Dabei ergaben sich bei der Anordnung tonanatischer Einheiten innerhalb von RTansystemen die Inflexionsoppositianen und innerhalb von H-Tonsystemen die Registeroppositionen analytisch-redundant und brauchten nicht eigens bezeichnet zu werden. Diesen im Prinzip gar keine Postulate hinsichtlich tonanatischer Oppositionsarten machenden Gedanken steht der Versuch gegenüber, außerhalb der tonsystem-atischen Ausprägungen zu Oppositionsarten zu gelangen, welchen Entscheidungen über binäre distinktive Merkmale (Vorhandensein vs. Nichtvorhandensein eines Merkmals) entsprechen. Dieser Versuch hat bisher wenig ermutigende Ergebnisse hervorgebracht: Die von Maddieson 1972 auf Beobachtungen von

195 H-Tonsystemen beruhende Iferkmal-Anordnimg bringt es mit sich, daß trotz Bestehens des Kriteriums der "hierarchy of dcminance',^- S n / auf den L^analytischen 1:1-Zusanmenhang

->-+

zurückzuführen, bietet sich dann

nicht auch etwas LyAnaloges für die in 61. aufgeführten vier tontypologischen Hauptausprägungen an? Wir glauben, die zuletzt aufgeworfene Frage - jedenfalls vorerst - verneinen zu können. Dies bedeutet, daß eine tontypologische, auf L 2 zur Darstellung gelangte Ausprägung in derselben Form auch für die Darstellbarkeit auf L^ in Frage karmt. Ein /H/-System ist z.B. auch L^-analytisch als [H|-System einzustufen. Es gibt zwei unabhängige Gründe, die sich für die Beibehaltung derselben tonsystanatischen Ausprägung sowohl auf

als auch auf L^ anführen lassen:

(a) Es ist bisher kein Kriterium gefunden worden, welches die Ableitung zu den vier tontypologischen Hauptausprägungen aus einem tontypologisch ungekennzeichneten einheitlichen L^-analytischen tonologischen Darstellungsrahmen phonologisch plausibel machen würde; (b) die sprachhistorische Analyse zeigt, daß die Ausprägung zu den vier Haupttypen nicht über eine tontypologisah andere Zwischenstufe verlaufen muß (z.B. ist die Entwicklung zu einan Richtung-Tonsystan direkt aus dem ton-konditionierenden segmentalen Kontext heraus zu verstehen, und nicht etwa über eine als Höhe-Tonsystem gekennzeichnete Zwischenstufe). 64.

Typologie in Abhängigkeit zur tonologischen Universalformel

Aufgrund der tonologischen Universalformel sind die tontypologischen Ausprägungen unter Bezug auf die möglichen Zahlenindioes für m und n zu klassifizieren. Die in 61. erstellte Klassifikation von 4 tontypologischen Haupttypen gilt für den sog. tonologischen Normalfall /t^

S^/, gemäß welchem die Elanente

111 Unser Versuch, das Kriterium der "minimalen Oppositionsfähigkeit" mit allen Konsequenzen anwendbar zu machen, wird von vielen generativen Phonologen abgelehnt werden, weil es an manchen Stellen zu einem Abstraktheitsgehalt führt, der selbst die Darstellungen in Sound Pattern of English übertrifft.

198 von Tonsystemen a) wenigstens für die oppositionsfähigeren Silben, b) wenigstere für die Klasse der Lexeme, c) wenigstens für das zentrale Phänologie-System PE1, d) wenigstens für die einzelmonematische Analyseebene M^, und e) mit in etwa ausgeglichenen Tonhäufigkeits-Verteilungen definiert sind. Die tonologische Basisform kann jetzt präzisiert werden, indem zur Bezeichnung des jeweiligen Typs des Tonsystans dem Ton-Symbol t ein entsprechender Buchstaben-Index angefügt wird. 1) t

h

-s

2) t r 3)

V

1

S1

~

S

1

4)

W ~ S1 Die bisherigen Beobachtungen zu Tonsystemen der Formel t^

zeigen,

daß der sich über mehrere Silben erstreckende Tonhöhenverlauf perzeptiv gesehen Tonkurven beschreibt, die in ihrer Form eher über Einzelsilben definierten Konturtönen als etwa diskret wahrnehmbaren Schritten von Torihöhe zu Tonhöhe ähneln. In Weidert 19G0a wurde der Terminus "Tonem" für die I^-analytische Beschreibung des Tonsystans in "Konturan" abgeändert. Aufgrund dieses terminologischen Vorschlags kann im Fall von S> ^-Tonsprachen für die fraglichen tonologischen Einheiten von "Konturemen" gesprochen werden. Andererseits ist es perzeptiv gesehen fraglich, ob hcmogene, d.h. phonologisch kleinste Einheiten konstituierende tonologische Einheiten in Form diskret wahrnehmbarer Stufenfolgen über mehreren Silben realisierbar sind. Das Vorhandensein derartiger Stufenfolgen könnte umgekehrt als Realisationsaspekt eines über mehreren Silben definierten Höhe-Tonsystans interpretiert werden, sodaß auch für S> ^-Tonsprachen von der typologischen Unterscheidung H- vs. RSystem auszugehen wäre. Die Beispiele legen jedoch den Verdacht als wahrscheinlich nahe, daß das "Hineintragen" eines derartigen typologischen Unterschieds in S>^-Tonsprachen eine das menschliche Ohr überbeanspruchende Perzeptionsleistung voraussetzen würde. Bei den Beispielen kann je nach Intention und Konzentration mal die durch die Tonkurve beschriebene Gesamtmelodie, mal die sich von Silbe zu Silbe verändernde diskrete Tonhöhenveränderung bei sprunghaft steigenden oder fallenden Konturemen "herausgehört" werden. Um einzusehen, wie S>^-Tonsysteme artikulatorisch und perzeptiv beschaffen sein müssen, um den tontypologischen Unterschied zwischen glatt ineinander übergehenden Tonmelodien - entsprechend einer Einstufung als Richtung-Tonsystem bei S>^-Tonsprachen - einerseits und "gezackten", Silbe für Silbe scharf voneinander abgesetzten Tonhöhen - entsprechend einer Einstufung als Höhe-System -

199

andererseits zu erhalten, konstruieren wir folgendes hypothetische Beispiel: Angenarmen, es handle sich um ein zweisilbig maximal ausgeprägtes Tonsystem mit insgesamt drei Ton-Melodien: Für den Fall der Einstufung als R- bzw. Konturem-Tonsystem sind die tormelodischen Übergänge von Silbe zu Silbe fließend; im Fall der Interpretation als H- bzw. Stimmlage-Tonsystem müssen idealerweise die insgesamt postulierten drei Tonhöhen durch ein konstantes Intervall definiert sowie die jederzeitige perzeptive Identifizierbarkeit der über jeder einzelnen Silbe ausgeprägten Tonhöhen in verschiedenen Wort- und Positionsstellungen gewährleistet sein, cf.: Interpretation als R-System:

Interpretation als H-System:

Im Fall der Interpretation als R-System ist von homogenen Melodie-Verläufen auszugehen und die jeweilige Melodie als tcnematische Einheit einzustufen; dies führt zu einem 3 Konturems enthaltenden /t1

Sj/^Tansystem. Im Fall der In-

terpretation als H-System kann aufgrund der Diskretheit der perzeptiv klar zu unterscheidenden Tonhöhen über jeder Einzelsilbe davon ausgegangen werden, daß die zu jeder Einzelsilbe definierte Tonhöhe einen eigenen tonematischen Status hat. Dies führt zu einer Einteilung in drei Höhen-Tonerne, welche jedoch nur in insgesamt drei Tonhöhen-Abfolgen miteinander kambinierbar sind. Es ergibt sich eine Einstufung als ein 3 Stimmlage-Tönerne enthaltendes /t^

S-Tonsystem.

Das bisher bekannte tonologische Beobachtungsnaterial liefert keine stützenden Hinweise für die Existenz von polysyllabischen Stimmlage-Tansystemen. Das typologische Ergebnis lautet vorerst, daß ein für S^-Tonsprachen definierter Kontrast zwischen H- und R-Systanen für S>1-Tonsprachen bisher keine empirische Unterstützung gefunden hat. Die Beispiele von nur zwei mehr oder weniger diskret wahrnehmbaren polysyllabisch maximal-ausgeprägten Tonsystemen werden zur Entscheidung dieser Frage womöglich besonders unschlüssig sein, da

200 in einem derartigen Fall logischerweise nur ein einziges Intervall definiert vrerden kann, welches gleichermaßen zur Interpretation in den einen oder anderen Typus geeignet ist. Bei folgender geringfügiger Änderung des oben betrachteten fiktiven IiSystems entsteht jedoch eine tonematische Anordnving, deren afrikanistisches Gepräge evident ist, wie die entsprechende Ton-Notation mit Hilfe der Symbole t H = hoch, T = tief, 'H = Downstep-Hoch zeigt: (I)

(II)

3

2

S

S

1

2

1

2

S

S

1

(III) 3 S

1

2

H =

=

2

*H S

1

T

2

H(=

"

S

H

T

=

S

S

1 S

S

S

1 1

!

H)

2 2

Es besteht also durchaus die Möglichkeit, eine derartige Tansprache mit drei tonsnatischen Einheiten definiert über bisyllabischen Strukturen in Afrika zu finden, wobei im Hinblick auf die Gliederungsmöglichkeiten auf der Grundlage der sekundären Analyse-Parameter genau festgestellt werden muß, in welcher Weise sich ein derartiges, als tonanatisch maximal-ausgeprägt subsumiertes Tonsystem gegenüber den Ton-Ausprägungen in den als "weniger allgemein" gekennzeichneten Analyse-Teilbereichen verhält. Die Untersuchungen zu Downstep und "floating tone" in afrikanischen Tonsprachen zeigen, daß I^-analytisch von einer tonologischen Basisform auszugehen ist, in welcher zwei tonenatische Einheiten über einer einzigen Silbe definiert sind: /tj

S^/. Die diese Bestimmung veranlassende Berücksichtigung

der sekundären Analyse-Parameter basiert auf der Analysierbarkeit der einzelnen Silben innerhalb der syntaktischen Ketten hinsichtlich Ihres morphologischen bzw. semantischen Gehalts. Nachdem Klassen-, Plural-Präfixe und andere granmatische Bedeutungseinheiten isoliert worden sind, verbleiben die lexikalisch autosemantischen Wärter, welche sich in Bezug auf die doppelte Anzahl von zugrundeliegenden Tönernen über einer Einzelsilbe von den ersteren unterscheiden. Ein typisches Beispiel bildet die folgende Liste von Attributions-

112 wobei die I^-analytischen Tonare der Wortstänme

konstruktionen im Babahki;

112 Cf. Hyman 1979b: 170; Zeichenerklärung: /'/ = obere, / V = untere Tonhöhe, [ ] = mittlere Tonhöhe, [ 1 '] = gedownsteppter Hochton, [ v °] = flacher, nicht-fallender Tiefton, im Vergleich dazu fällt ] ab.

201

rechts angegeben sind: ka'

a.

kasi

b.

kasi ka , \« / kasi ka' kasi

f aco \ \ maco

fanin \ -V c ka' man in

c.

kasi ko' fa'ba? . \V/ kasi ka m a b a ?

d.

kasi

ko'

kasi

ka'

fa 1 ses \ \ 0 mases

'place of squirrel'

/ * ^ / /-co /

'place of squirrels' ' / / /-nin /

'place of bird' 'place of birds'

/-ba'?V

'place of gorilla' 'place of gorillas'

/ ' ' ! /-ses /

'place of pepper' 'place of peppers'

Die tonetischen Realisationsergebnisse lauten allgemein: a) / s v / führt tonetisch zu tief-fallender Tonhöhe b) / v '/ führt tonetisch zu tief-ebener (nicht-fallender) Tonhöhe c) /' V führt tonetisch zu gedownstepptem Hochton 113 d) / " / führt tonetisch zu reinem Hochton. Da man die präzise Erfassung derartiger tonologischer Alternationen eigentlich erst mit den 1976 erschienenen "Studies in Bantu Tonology" ansetzen kann, halten wir es nicht für ausgeschlossen, daß in Zukunft auch Sprachen 114 mit drei über Einzelsilben definierten I^-Tonemen gefunden werden können. Insofern deckt die für derartige Tonsprachen vorgeschlagene Definition /t>^

S^/ we-

sentlich mehr ab, als man bisher zu analysieren in der Lage war. Die Frage nach der durch den tonologischen "Normalfall" /t^

S^/ vorgegebenen typologischen

Differenzierung zwischen Höhe- vs. Richtung-Tonsystemen ist

sinnvollerweise

auch für /t>^ «->- S^/ zu behandeln. Eine unmittelbar naheliegende Einstufung als H-System aufgrund der prima facie-Evidenz tonetischer Realisationsmöglichkeiten in Form distinktiver Tonhöhen vor allem über den nur einen inhärenten Ton enthaltenden Granmanen kann vorsichtigerweise nur als indirekte Stützung für eine derartige Einstufung eingeschätzt werden, da der in Form von Ableitungsregeln meßbare "Abstand" zwischen L 1 = der tonetischen Realisation, und Lj = der interpretierten abstrakten Analysestufe wesentlich größer sein dürfte als für die durch /t1 «->- S^/ und /t1

S > 1 / abgedeckten typologischen Ausprä-

113 Die Lj-tonetischen Realisationen der beiden Beispiele unter d) unterliegen ihrerseits dem Downstep. Hyman postuliert insgesamt zehn Regeln, welche die I^-analy tischen Tönerne in oberflächenstrukturelle Realisations-Töne überführen. 114 Da man tonetisch nicht mehr als einen Ton über einer Silbe realisieren kann, spricht man besser von der I^-AnalysierijarJceit mehrerer Toneme über Einzelsilben.

202 gungen. Zu erwägen ist mithin auch die Möglichkeit eines L^-zugrundegelegten Richtung-Tonsystans, sodaß in ctoigem Fall von zwei Flachtönen, einem hoch-fallenden und einem tief-steigenden (L2-)Tonem auszugehen ist. Vorerst begnügen wir uns mit der Lehrmeinung und stufen die über Einzelsilben definierten Dcppeltoneme innerhalb eines H-Systems ein, in Vielehen mithin nur die relative Tonhöhe als tontypologisches Kriterium in Frage katmt. In der oben vorgeschlagenen Bezeichnungsweise handelt es sich also um t - ++ S.-Tonsysteme, 'h Die Auswertung des mit ziemlicher Sicherheit interpretierbaren Tonsprachenmaterials liefert folgende tontypologische Ausprägungen: Tontypologisch-relevantes Kriterium: H S

*>i ~

1

S

HR

X

X

HR + R

X X

~

R

>1

X

X

x = kommt vor

An dieser Tabelle ist immerhin die Komplementarität von H- und R-Tonsystenen bezogen auf t>^- und

-Tonsprachendefinitionen interessant. Doch wäre es

aus folgenden Gründen vermessen, dieser Zusammenstellung den Charakter des Endgültigen zuzubilligen: (a) Das phonologische Studium der "floating tones", welches zu einer eigenen Kategorie-Bezeichnung, nämlich t >1 -• S1, geführt hat, steckt in den Kinderschuhen. Einstufungen als Richtung-Tonsystem, vielleicht sogar als H+R-Tonsystem, sind denkbar und möglich. (b) Wir sind uns nicht sicher, ob nicht doch die Möglichkeit von H-typologischen S^-Tonsystemen besteht. (c) Die "Verschiebung" von Tonanen (sog. tone displacement), wie sie in verschiedenen Niger-Kongo-Sprachen beobachtet worden ist, ist in der Zusammenstellung nicht berücksichtigt worden. Ob sie L^-typologisch überhaupt berücksichtigt wsrden kann, ist fraglich. Es handelt sich um solche syntaktischen Ketten, bei welchen der für eine Silbe eigentlich zu erwartende Ton erst auf der nachfolgenden Silbe oder noch später erscheint; z.B.

buru

'yam' —•

buru

gboro kimi 'yam-plant-er' im Kolokuma-Dialekt des Ijo (Williamson 1968). Die Links-Verschiebung ("leftward displacement") von Tonemen wird von Schadeberg

203

1977 nachgewiesen. Die eigentliche Berücksichtigung derartiger Phänomene kann allerdings erst für syntaktische Rangstufen oberhalb der des Einzelmonems M^ erfolgen, sodaß ige Zusammenstellung - vorläufig - nicht davon tangiert wird, (d) Interpretationen auf der Basis von /t>1

S^A-Tansystemen müssen unbe-

rücksichtigt bleiben, da unsere Kenntnisse in diesem tonologischen Randbereich gleich Null sind. Die Erwägungen hinsichtlich des eben konstruierten hypothetischen Beispiels zeigen, daß Interpretationsalternativen zwischen /t^ einerseits und /t>1 •«->

andererseits bezogen auf dieselbe tontypologische

Ausprägung sehr schnell zustande katmen. 65.

Generelle Ableitbarkeit aus

+-»• S^IJ "Eliminierung" struktureller

Ambiguität durah e und multiple L^-Interpretationssysteme Unter Beachtung der bisher erläuterten tonsystem-typologischen Prämissen lassen sich tcnologische Analysen mit einem gewiß hohen Grad an Beobachtungsgenauigkeit durchführen. Damit erschöpft sich die tonologische Analyse nicht; unter Kenntnis der einzel-tonsystematisehen Ausprägungen, die sich unter Beachtung auf die sekundären Analyse-Parameter herausstellen, lassen sich zumeist weitere abstrakte phonologische Interpretationsnöglichkeiten entdecken. Als Hauptproblem ergibt sich die Frage nach der Motivierung für evtl. vorkaimende Abweichungen I^-analytischer Darstellungen auf L^. Wir identifizieren die Frage nach der analytischen Motivierung mit derjenigen nach der strukturellen Motivierung: Sollte es uns gelingen, ein den jeweiligen Einzelfall plausibel charakterisierendes Kriterium für die Verschiedenheit von L^- mit L^-analytischen Darstellungen zu finden, so können wir sagen, die jeweilige strukturelle Motivierung gefunden zu haben. In der Praxis läuft dieser Gedanke auf eine Theorie tiefenstruktureller Ableitungs-Prosesse hinaus. Von solchen Prozessen wäre es zuviel verlangt, sie im analytischen Vornherein voraus sagbar zu machen, da wir nicht wissen können, welche Prozesse denkbar sind. Da ein Kriterivm der Voraussagbarkeit (Prädiktibilität) versagen würde, bleibt nur ein Kriteriun der Bewertung der Plausibilität, mit welcher der jeweilige Prozeß abläuft. Die Anwendung des Plausibilitätskriteriums führt dazu, tiefenstrukturelle Prozesse aufgrund des jeweils involvierten Plausibilitätsgrades als feste Konstanten aufzufassen. Diese Konstanten stellen somit selbst ein Verfahren zur Gewinnung sprachuniverseller, typologischer Ableitungsprozesse dar. Der klassische Strukturalianus spricht von zwei möglichen Ableitungsprozessen: Phaiamisch-bedingte Morphemveränderungen, ncsrphemisch-bedingte Morphemveränderungen. Bezogen auf

204

die damit bezeichneten Plausibilitätsgrade liegt dieser Dichotomie der Unterschied zwischen völlig plausibel und völlig unplausibel zugrunde. In der generativen Phonologie führt die Ableitung von der systematisch-phonanischen zur systematisch-phonetischen Ebene mit Hilfe des sog. Regelapparates dazu, daß allen Kegeln derselbe hohe Grad an Plausibilität zugewiesen werden muß. Die Regeln sind selber nicht auf ihre typologische Stellung klassifiziert11"' und müssen deshalb als ad hoc = nur für den jeweiligen Untersuchungsfall Geltung beanspruchend eingestuft werden. Nach der hier vorgeführten Lösung kcrtmen sich beide Auffassungen wie folgt entgegen: Das, was als Altemation zwischen verschiedenen Analyse-Ebenen beobachtbar ist, wird mit Hilfe von Regeln, die gleichzeitig und automatisch bezüglich ihres "Plausibilitätswerts" bezeichnet werden, beschrieben. Unter Einbettung in ein Koordinatensystem mit den beiden Parametern "semantischer Viert" (x-Achse) und "Plausibilität des jeweiligen Veränderungsprozesses" (y-Achse) ergeben sich weniger als zehn tiefenstrukturelle "Kcrnponenten", welche als Indices dem L^-Segment oder den L^-Segmenten angefügt werden, dessen oder deren Veränderung durch sie veranlaßt wird. "Kaiponenten" drücken die Prozesse aus, die von einer phonologischen Ebene zur anderen führen. Bezüglich der Ableitung von L^ zu L2 hat Fudge (1969b) diese Art des Regelmechanismus als "Imitation rules" gekennzeichnet, die Ableitung von L 2 zu L^ als "realization rules". Innerhalb des ersten Beziehungsverhältnisses ist die Ableitungs-"Richtung" grundsätzlich links-rechts, solange die unten erwähnten strukturellen Ambiguitäten nicht auftauchen. Diese entstehen, wenn unter Beachtung der als denkbar anwendbaren Analysekriterien mehrere tiefenstrukturelle "Lösungen" resultieren; dann ist den Kaiponenten das diakritische Zeichen e (Etymologische Rekonstruktion) anzufügen, die L3-Darstellungen gelten als mehrdeutig, da jede EinzelDarstellung korrekt zur einzigen L2-Darstellung führt. Man kann sich den Ableitungsverlauf umgekehrt als rechts-links vorstellen und die Pfeilrichtung entsprechend ändern. Wie in 63. bereits erwähnt, ist eine für L 2 ermittelte tonsystem-typologische Ausprägung auf der Basis der Definition /t^ •• S^/ aus einer "universellen" Anordnung hemogener L^-bezogener tonologischer Kennzeichnungen gestatten würde. Im Fall der Duplizität tonematischer Einheiten (sämtlicher phonologischer Einheiten überhaupt) auf beiden abstrakten Analyseebenen ist die Annahme eines Derivationsprozesses als überflüssig anzusehen. Wir untersuchen nur die beim Vergleich von L^ und L^ miteinander beobachtbaren divergenten Repräsentationen und versuchen, diese mit Hilfe der Regel-"Kanoonenten" ineinander zu überführen. Ausdrücklich sei darauf hingewiesen, daß eine Identifizierung der angedeuteten analytischen Verfahren etwa mit der klassischen Morphophonologie irreführend wäre. Der Unterschied manifestiert sich analytisch, indem aufgrund der Anwendung solcher Kriterien wie Redundanzeliminierung, minimale Oppositionsfähigkeit, Systemhaftigkeit, Regularität, Plausibilität, u.v.a. Segmentketten in ganz verschiedener Weise L2- und L3-analytisch repräsentiert werden können, obwohl sie oberflächenstrukturell keine erkennbare Alternation bilden.

Um die behauptete prinzipielle Ableitbarkeit von /t1 -• S>1/-Tonsystemen aus der tiefenstrukturellen 11^

S11 -Definition zu beweisen, genügt die Unter-

suchung von "Kanponenten", die nicht ihrerseits eine I^-analytische Änderung der jeweils betroffenen semantischen/morphologischen Informationen hervorrufen. Hält man darum den Wert des Parameters "semantischer Wert" konstant bei 1 (was bedeutet, daß das lexikalische oder granmatische Monem oberflächenstrukturell in seiner "normalen" vollen Form erscheint), ergibt sich anhand der Plausibilitätsachse folgendes Kontinuum tiefenstruktureller Kanponenten: semantischer

1

-- 1 tu c 3 M JU. -a* •^: Das Entstehen einer I^-analytisch relevanten TonOpposition ergibt sich durch die besondere Ton-Realisation von Wörtern des EE^-Bereichs im Mal (Thin) (Filbeck 1976), cf. 69. e) Opposition M^ vs. N^ ("Einzel-Monem" vs. höhere syntaktische Rangebenen): eine tonologische Ausprägung ergibt sich unter Bezug zur Wortlänge (unter automatischer Gleichsetzung von "kurzem Wort" = Einsilbler = Einzel-Monem vs. "langem Wort" = Mehrsilbler = Kompositum/syntaktisches Amalgamieriangsprodukt/syntaktische Konstruktionsklasse) in einer möglichen Interpretation des Norwegischen und Schwedischen, cf. 70. f) Opposition gleichwertige vs. ungleichwertige Tonem-Häufigkeitsverteilung: eine rein tonetische Differenzierung verschiedener, aber insgesamt nur weniger Wörter mit identischen Segmentkörper bei gleichzeitigem Nichtvorkarmen tonologischer Ausprägungen in nicht-honophonen Wortern wird als Ausprägung mit ungleichwertiger Tonem-Häufigkeitsverteilung interpretiert; Beispiel Rangpa (Zoller 1980), cf. 71. 68.

Tonologische Ausprägungen durah Grammeme konditioniert (Haka-Chin)

Im Tlangpii-Dialekt des Haka-Chin ist eine tonologische Ausprägung bezogen auf Lexeme nicht beobachtbar. Was in der benachbarten 4-Tonem-Mchtung-Tonsprache Lushai durch das jeweilige Tonen unterschieden wird, erscheint im Haka a) als Hcnonym, b) Unterscheidung vermittels zusätzlicher Suffixe, c) Unterscheidung vermittels anderer Lexeme.

221

Beispiele zu a): Haka-Chin:

Lushai:

thii

"thi

'sterben'

thii

'Blut'

saa

. thi sa

saa

~sa

'Fleisch'

tii

, tui

'Wasser'

tii

_ti

'tun'

kua

. kua

'neun'

kua

kua

'Loch'

'heiß sein'

Homonyme itoneme gleicher Monemklassen können nur durch den Kontext unterschieden werden, z.B. laa = 1. 'Milz', 2 . 'Baunwolle': 2

ka

2

1

laa

an !laa

2

a

2

a

1

f aak

x

trha

'Meine Milz schmerzt' 'Diese Baumwolle ist gut'

Beispiele zu b): Haka-Chin:

Lushai:

tsii

'tsi

tsi tee

•Saat" 'Salz' (cf. tee 'klein')

tsi

tlhaa

"tlha

'Schatten'

tlha paa

_tlha

1

"tui

'Ei'

"tui

'schmackhaft sein'

Mond'

Beispiele zu c): tii thoo it £ ? mu 1lp n• • muu puam

'schlafen'

mu mu "rau

'Falke, Adler* (cf. pii 'groß') 'Obstkern'

mu

'grobkörnig sein' (Salz, Zucker)

Kanbinationen von Personalpronanen (PPr.) haben alle die gleiche fallende 2-1Intcnationskurve, z.B. 2

ka *in 1• 2 •'na 'in

'mein Haus'

2

'ich trinke' 'du trinkst* 'er trinkt'

ka 'din na 'din

' deinHaus'

2

a lin

' seinHaus'

2

kan 'in

'unser Haus'

2 2

a 1 din 2 kan 'din

'wir trinken'

222 2 2

nan ^ n an *in

'euer Haus'

2

nan 1din

'ihr trinkt'

'ihr Haus'

2

an *din

'sie trinken'

Weiterhin gilt diese Regel für alle in Frage kennenden Silbenstrukturen: 2

ka Idoot

'ich liebe'

2

ka *tuk

'ich schlage'

2

ka 1beQ'?

'ich ohrfeige'

2

ka •'hmu7

'ich schaue'

2

a *naai

'es ist nah'

2

ka *kal

'ich gehe'

Eine Änderung der Intonationskurve ergibt sich jedoch in Konstruktionen transitiver Verben mit Objektproncmina, wenn a) dieses die 2.Sg. bezeichnet und das Subjektpronanen im Singular steht ("ich/er...dich"), b) innerhalb der Konstruktion "2./3.Sg.o.Pl. ... ObjPr.1.PI.", und c) innerhalb der Konstruktion "1./3.P1. ... ObjPr.2.Sg.". Beispiele zu a): 2 2

kan

kan

kam 31

hal

2

'ich frage dich'

vs.

2

kan

J

kan

J

hal ' wir fragen (ihn/sie)'

kan

!

tuk 'wir schlagen (ihn/sie)'

kam ' wir versprechen (ihm/ihr)'

2

kan tuk

'ich schlage dich'

vs.

2

2

an 3 beq 7

'er ohrfeigt dich'

vs.

2

an ^ e q 7 ' sie ohrfeigen (ihn/sie)'

vs.

2

an

2

3

'ich verspreche dir' vs.

3

'er liebt dich'

an doot

1

doot ' sie lieben (ihn/sie)'

Beispiele zu b): 2

na 2kan

31

2

kam

2

nan kan

2

a 2kan 3tuk 2

31

'er verspricht uns' vs. 2 na 2 ka ^ a m

'du versprichst mir'

hal 'ihr versprecht uns'vs. 2nan 2 ka ^ a l 'ihr fragt mich'

3

vs. 2 a 2 ka ^ u k

'er schlägt uns'

2

7

an kan beq

2

na 2kan 3doot

2

2

'sie ohrfeigen uns' vs. an ka ^ e g

'er schlägt mich' 7

'sie ohrfeigen mich'

vs. 2 na 2 ka ^oot 'du liebst mich'

'du liebst uns'

Beispiele zu c): 2

kan 2 in

2

2

3

31

kara

an in tuk

(phonetisch 2kanin 2

31

kam) 'wir versprechen dir'

3

(phonetisch anin tuk) 'wir schlagen dich'

In schnellerer Aussprache senkt sich die Tonhöhe der zweiten Silbe innerhalb der 2-2-3(1)-Kurve bis zu 2-1-3(1) (Verringerung des Exspirationsdrucks). Unter mehreren Interpretationsmöglichkeiten scheint folgende plausibel zu sein: Die 3- bzw. 31-Tonhöhe des folgenden Verbs wird als Indiz dafür gewertet,

223

daß das vorangehende PPr. als Objekt- und nicht als Subjekt-Kasus aufzufassen ist, z.B. 2

kan

J

tuk

'wir schlagen' 3

tuk

vs.

'du schlägst uns'

Die entsprechende Regel lautet: '2.Sg.PPr.Objektkasus' 1.PI.PPr.Objektkasus

+ Verb|

/Verb ~ 31Verb/

Durch den Einbezug grammatischer Information in dieser Regel handelt es sich un eine morphologisch-bedingte Morphemalternation. Dadurch würde eine tcnematische Opposition bezogen auf

entstehen. [2kan 3tuk] müßte danach mit /kan

2

tuk/ und [ kan ^uk] mit /kan tuk/ wiedergegeben werden. Die Regel in dieser Form ist zu statisch und scheiriatisch, als daß sie den Intonationseigentümliahkeiten der jeweiligen syntaktischen Gesamtkonstruktionen Rechnung zu tragen vermöchte. Aus diesem Grund liegt der Vorschlag nahe, die Gesamtkonstruktion mit Hilfe zweier Intonationsregeln zu charakterisieren: 1. Intonationsregel: [PPr.Pl.Subj.] + [Verb]—> [2-1] 2. Intonationsregel: [PPr.Subj.] + [PPr.Obj. mit finalem -n] + [Vb^] [ 2— (2)—3(1) ] Diese Intonationsregeln sind als oberflächenstrukturelle (bzw. nah an L^ gelegene) Realisationsregeln zu interpretieren. Ein tonematischer Kontrast würde demzufolge weder tiefenstrukturell noch phonemisch existieren, sondern erst beim Übergang von L 2 zu L^ eingeführt werden. Dies bedeutet, daß [2kan *tuk] und [2kan 3tuk] phonemisch gesehen hcnonym sind: ein analytisch unbefriedigender Zustand, da grammatische = semantische Information erst zu einem Zeitpunkt in die Analyse eingeführt wird, vro die Ableitungsplausibilität von L 2 nach L.j allein durch phonetisch natürliche (Realisaticns-) Regeln gewährleistet sein sollte. Da die Konstruktion mit ObjPr. gegenüber der einfachen ohne ObjPr. als markiert zu gelten hat, lautet darum der abschließende Vorschlag, die tonale Kennzeichnung /'/ (= Hochton) selbst in die 2. Intonationsregel mit einzubeziehen und wie folgt zu schreiben: 2. Intonationsregel: [PPr.Subj.] + [PPr.Obj. + /-n/ + /'/] + [Vb^J —

[2-(2)-3(1)]

Das ObjPr.2.Sg. lautet phonemisch /in'/ bzw. /-n / (phonemisch-plausibel abhängig davon, ob ein Konsonant (I.Fall) oder ein Vokal vorausgeht), das ObjPr.

224

1.P1. /kan'/. Die Intonationsregel spezifiziert die durch /'/ hervorgerufene Tonhähenänderung über der nachfolgenden Silbe = Hauptverb. Die L^-analytische Behandlung von /in'/ und /kan'/ braucht nur angedeutet zu werden, da /'/ als an höhere syntaktische Rangebenen gebundene Einheit die Gesamtintonation syntaktischer Konstruktionsklassen beeinflusst. Damit bietet sich tiefenstrukturell eine Betrachtung bezogen auf syntaktische Amalgamierungsprozesse an, die sich durch das Zusaitmenfügen einzelner Moneme (Lexeme + Grammeme) ergeben. Im Rahmen der Kanponentenanalyse würde dies durch a (= Syntaktische Amalgamierungskcnponente) ausgedrückt werden; zusaitmen mit einem weiteren Index, der den Plausibilitätsgrad des Phänomens als typologische Konstante bezeichnet. L^-strukturell betrachtet gelangt scmit /'/ nicht zu L^relevanter Bedeutung, sondern wird erst im Verlauf der Ableitung von L^- zu L2-analytischen Darstellungen "generiert". Diese "Erzeugung" von /'/ als tonologischer Einheit ist in jedem Fall an das Vorhandensein von Grartmemen gebunden, wodurch die Einstufung des suprasegmentalen Systems des Haka-Chin als an Grammsne gebundene "eingeschränkte Tonsprache" gewährleistet ist. 69.

Tonologisohe Ausprägung im PE^^-Randgebiet (Mal [Thin])

Die Opposition PE^ vs. PE>1 ("zentrales" vs. "periphere phonologische Extensionssystenie") manifestiert sich tonologisch normalerweise derart, daß tonologische Ausprägungen in PE>1 nur unter Bezug auf die durch PE^ vorgegebene tonologische Struktur beschreibbar sind. Mögliche Änderungen in PE>^ beziehen sich in der Regel entweder auf das Ausfüllen einer in PE^ existierenden "strukturellen Lücke" (gleichbedeutend mit einer "Verschärfung" des in PE^ nur angedeuteten tonologischen Kontrastes) oder umgekehrt auf die Neutralisierung von in PE^ existierenden tonologischen Oppositionen (gleichbedeutund mit einer "Aufweichung" des in PE^ funktionell stark belasteten tonologischen Kontrastes). Empirisch läßt sich dieser Befund wie folgt verallgemeinern: Wenn überhaupt tonologisohe Ausprägungen bestehen, dann innerhalb PEj. Mithin beansprucht die Ausprägung tonologischer Oppositionen in peripheren Extensionssystemen unter gleichzeitiger Nicht-Ausprägung in PE^ umso erhöhteres analytisches Interesse. Sie könnt in dem austroasiatischen (= grundsätzlich nicht-tonologisch ausgeprägten Sprachen) Mal (Thin) vor, einer in NordostThailand gesprochenen Sprache, die unter dem starken Einfluß von Tonsprachen wie der Nationalsprache Thai und den benachbarten Nord-Thai-Dialekt Myang steht. Das in PE> i ausgeprägte Tonsystem kann als 2-Tonem-Richtung-Tonsysteni mit einen

225

Flachton, welcher als unmarkiert einzustufen ist, da er den intonationsmäßigen Gegebenheiten am besten angepaßt ist, und einem steigenden Tonen, mit welchem die aus den Thai-Sprachen entlehnten Wörter realisiert werden, interpretiert werden: "There is an emergence of tones in this dialect of Mai which is an interesting but incomplete development. There are two tone phonemes, rising and level. The rising tone in this dialect appears to be an innovation used to assimilate loanwords from other languages. The level tone, then, is nothing more than the various intonational patterns found in the dialect." (Filbeck 1976:248).

Als "minimale Paare" werden zitiert: /poo/ 'to converse', /poo/ 'kerosine can', /kaan/

'be defeated',

'work',

/käan/

/cay/

"to use',

/cäy/

personal name,

/caaq/ 'to hire', /cäag/ 'able'.

Der steigende Ton karnrt ungeachtet verschiedener Silbentypen vor: Offene Silben: /khoo/ 'a bamboo hinge'; abrupt-endende Silben: /naak/ 'difficult', /kweet/ /näam/

'to make a backfire'; geschlossene glatt-endende Silben: 'a type of grasshopper1; zweisilbige Ausprägungen:

Das Myang-Lehnwort

3

[sa'w ]

/qäay/

/sanäat/

'easy1,

'rifle'.

3

'20' (Myang-Tonan / / = "mid (often with a

slight rise)") wird auf zwei Arten im Mal realisiert: "When the number is exactly twenty, it carries the normal Mai intonational pitches, e.g. /mooy saaw»/ '(one) twenty'. But in numerals from twentyone to twenty-nine, it carries a rising tone: /säaw ?et/ 21, /säaw soog/ 22, etc." (249).

Unter der Voraussetzung, daß das die Dichotomie PE^ vs. PEn>-| begründende Kriterium des "strukturellen Grundwortschatzes" auch auf die Phonologie dieser Sprache anwendbar ist, ergibt sich I^- und L^-analytisch folgendes Bild: L^analytisch ist der tonematische Kontrast zwischen Flachton und steigendem Ton zum Ausdruck zu bringen. Da es sich um eine höchst ungleichwertige Vorkatmensverteilung handeln dürfte (Flachton uneingeschränkt für die meisten Extensionssysteme charakteristisch, steigender Tcai nur im "letzten" peripheren Extensionssystem vorkommend), genügt in diesem Ausnahmefall die Bezeichnung des steigenden Tonems ("/"/"). Damit dient / V selbst als Bezeichnung für seine eingeschränkte Gültigkeit nur innerhalb des "letzten" peripheren PE. L^-analytisch betrachtet sind sämtliche peripheren Phänomene auf das durch PE1 (= das Zentrum der Phonologie-Struktur konstituierende) vorgegebene systematische Erscheinungsbild zu beziehen. Da es innerhalb PE^ und der nachfolgenden nicht-letzten peripheren Extensionssysteme keine relevante suprasegmentale Einheiten zu postu-

226 lieren gibt (alle Akzent-Phänanene sind I^-prädiktibel), sind L^-analytisch betrachtet sämtliche Lautketten des letzten peripheren Extensionssystems mit einen Zahlen-Index als Bezeichnung für dieses Extensianssystem zu kennzeichnen. Für das Mal kcnmt wahrscheinlich die Zahl 3 in Frage (also primäres PE1 -, sekundäres - PE2 -, und tertiäres = PE^-Extensionssystem). Damit bleiben die Lautketten auf L^ nicht-suprasegmental gekennzeichnet; die Verbindung zwischen den als PE^ gekennzeichneten L^-Ketten und die tonematische Ausprägung als steigendes Tonern in L2~relevanter Darstellung wird durch eine Ableitungsregel (in diesem Fall einer sog. Äquivalenz-Regel: cf. 77.) hergestellt. 70.

Tonologisahe Ausprägung im M^-Randgebiet (Norwegisch und Schwedisch)

Tonologische Ausprägungen auf höheren syntaktischen Rangebenen als M^ können normalerweise nur verstanden werden, wenn das bezüglich des Einzelmanems relevante Tansystesn bekannt ist. Wenn überhaupt tonologische Ausprägungen bestehen, dann bezogen auf M^. Umso interessanter sind diejenigen Fälle, bei welchen ein Tonsystem bezüglich

oberflächenstrukturell unmittelbar evident

ausgeprägt erscheint, wobei gleichzeitig gute Gründe für die Annahme des Nichtvorhandenseins jedweder suprasegmentaler Oppositionsarten für M^ bestehen. Dieser analytische Spezialfall kamrt im Norwegischen und Schwedischen vor. In aller Kürze charakterisieren wir das tonologische Erscheinungsbild dieser bei122 den Sprachen wie folgt: Der frequenzmäßig unterschiedliche Verlauf zwischen Schwedisch anden 'die Ente' vs. anden 'der Geist', oder Norwegisch [' t/ijkan] 'der Tank' vs. [' taqkan] wird herkönttlicherweise als "Akzent 1" vs. "Akzent 2" bezeichnet. Phonetische i Realisation von / /: Schwedisch: über die gesamte Länge des Wortes fallend Norwegisch: eine Quart steigend; 2 Realisation von / /: Schwedisch: steigend-fallend über der zweiten Silbe Norwegisch: eine Terz fallend und eine Quart steigend. 1 2 Akzent / / kann vor allem, deshalb als unmarkiert gegenüber Akzent / / eingestuft werden, weil der über einsilbigen Wörtern zu hörende Frequenzverlauf mit 2

ihm sehr ähnlich ist. Akzent / / könnt sanit nur über polysyllabischen Laut122 Literatur: Mehrere Arbeiten von KXoster-Jensen, Haugen, Hadding-Koch; außerdem Jasanoff 1966, Rischel 1960, Vanvik 1961, Haugen/Joos 1972.

227

ketten vor. Der polysyllabisch realisierte Frequenzverlauf von / V kann mit dam monosyllabisch realisierten als eine einzige tonematische Einheit konsti2 tuierend aufgefaßt werden. Akzent / / ist als "längerer" Akzent gegenüber dem "kürzeren" / V einzustufen, weil seine Verlaufs-Charakteristik erst auf der zweiten Silbe zum Vorschein könnt. Akzent / / bewirkt den Eindruck des into2 nationsnäßig Normalen, / / den Eindruck des intonationsmäßig Besonderen/Auffälligen. Der Versuch, dieser Opposition als grundlegendes ^-relevantes Merkmal die Intensität - und damit den Druckakzent - zugrundezulegen, ist als Fehlschlag zu werten, weil ein dazu korrelierter Aussprache-Unterschied (stark-nachlassender vs. gleichmäßig verteilter Druck) nicht nachgewiesen werden kann. Ausschlaggebend für die emische Unterscheidung ist der unterschiedliche Tonhöhenverlauf, nicht die Intensität. Dies bedeutet auch für diese beiden Sprachen, daß alle im Zusammenhang mit Intensität und Druck sich ergebenden Realisierungs-Phänomene L^-prädiktibel sind und nicht zur L^-analytischen Bezeichnung gelangen. Offenbar sind mehrere artikulatorische, akustische und perzeptive Parameter miteinander verquickt und bestimmen den Realisationsaspekt der beiden TonhöhenKonturen. Sanit handelt es sich um einen Fall implizierter Redundanz, bei welchem zu prüfen ist, ob nach Ausscheiden aller dynamisch (= zur emisch-distinktiven Unterscheidung verschiedener Akzente bzw. Akzentarten führend) konzipierten distinktiven Merkmale entweder ein quantitativ-konzipiertes Merkmal, welches phonologisch-primär zur Postulierung eines Längenkontrastes führt, oder ein qua1itativ-konzipiertes Merkmal, aufgrund dessen die beiden "Akzente" als selbständige und miteinander für dieselbe phonotaktische Struktur definierte Einheiten zu reinterpretieren sind, als I^-analytisches redundanzfreies Merkrai anzusetzen ist. Der Versuch, primär einen segmental-definierten Längenkontrast für I^-phonemische Darstellungen ("presence or absence of a long nucleus", Jasanoff 1976: 79) zu konstruieren, führt vor allem wegen seiner Konsequenz der "Re-Phonsrii123 sierung" des Intensitätsakzentes zu der in 37.a) beschriebenen unstatthaf123 Unter "Re-Phonemisierung" verstehen wir folgenden analytischen Prozeß: Ein phonologischer Parameter wie z.B. der Intensitäts- = Druckakzent wird L2~ analytisch als redundant und damit Li-prädiktibel erkannt. Nachdem die Postulierung eines anderen Parameters als eine phonologische Opposition begründendes Kriterium zu unbefriedigenden Resultaten führte, greift man auf den eben verworfenen Intensitäts-Akzent wieder zurück und führt ihn erneut

(Ctd. S.228).

228

ten analytischen Vermengung zwischen nicht-segmentalen mit rein-tonalen Ausprägungen. Einer solchen Interpretation gemäß kann unter Berücksichtigung der Intensitätsverhältnisse in Verbindung mit den beiden "Akzenten" gesagt werden, daß unter "Akzent 1" die Intensität unmittelbar "hervorbricht" (im Fall von Einsilblern charakterisiert sie die gesamte Silbe), wohingegen sie unter "Akzent 2" zwar ebenfalls auf der ersten Silbe vorhanden ist, jedoch auf der zweiten Silbe stärker fortwirkt und dadurch vermutlich auch stärker die frequenzmäßige Veränderung der Tonhöhen-Kontur gegenüber "Akzent 1" beeinflußt. Aus diesem Grund wird der Intensitätsakzent als für beide "Akzente" I^-relevant angenotmen;

zusätzlich ist dann für "Akzent 2" ein "Verzögerungs-Effekt" oder 124 125 "Verschiebungs-Effekt" oder Effekt der "Phasenverschiedenheit" anzusetzen, welcher als Lj-relevanter und auslösender Faktor für die Realisierung als "Akzent 2" verantwortlich gerecht wird. Ob es legitim ist, dem "auf-" bzw. "verschiebenden" Effekt der Akzentwirkung dadurch phonemisch Rechnung zu tragen, daß in der optisch-graphischen Miedergabe etwas Analoges geschieht, nämlich das Akzentzeichen im Fall von Tonern 1 vor, im Fall von Tonern 2 hinter den Vokal der zweiten Silbe zu setzen (z.B. /taq:k*en/ vs. /taq:ke*n/), mag dahingestellt sein. Es handelt sich um das phonemische Interpretationssystem nach Rischel. Eine solche Art der Phonemisierung mag nicht prima facie einer Verfälschung der tatsächlichen phonologischen Struktur gleichkommen, solange die physikalischen Korrelate dieser Opposition tatsächlich der "Phasenverschiedenheit" entsprechen. Auf keinen Fall sollte ein derartiges Verfahren dazu mißdeutet werden, aus einem 2-Tonem-System ein phonologisches System zu konstruieren, in welchem der Lj-prädiktible Druckakzent nun wieder re-phonemisiert wird und je nach Stellung vor Vokal das erste Tonern, in Stellung nach Vokal (oder Silbe) das zweite Tonern bezeichnet. Wiederum würde ein Verstoß gegen die analytischen Prioritäten vorliegen (38.). Da der Tonhöhenverlauf der beiden "Kontureme" im Norwegischen wie im Schwedischen wie bei echten (123) in die phonemische Analyse ein, wobei zusätzlich eine Einheit postuliert werden muß, damit sämtliche Oberflächenkontraste aus L2 ableitbar sind. 124 Cf. Haugen (1967:189): "[Accent 2] can most naturally be described as a displacement of the tonal curve of Accent I." "This displacement gives the post-tonic syllable greater 'body' and smooths out the difference between the stressed and the post-stress syllable." (189). 125 Cf. Rischel (1960:181): "Einar Haugen und Martin Joos haben gezeigt, daß der Unterschied zwischen Einzelton [= Akzent 1] und Doppelton [= Akzent 2] phonetisch mit einer Phasenverschiedenheit zusammenhängt... Betrachtet man mechanische Wiedergaben der Tonverläufe in Wörtern mit Einzelton und Doppelton in verschiedenen norwegischen und schwedischen Mundarten, sieht man sofort, daß es trotz aller Verschiedenheiten ein weit verbreiteter Zug ist, daß die tonale Distinktion mit der 'timing' zusammenhängt: beide Töne weisen eine Fallstufe auf, aber im Einzelton ist diese Fallstufe vor der Silbengrenze (bzw. vor den intersyllabischen Konsonanten) vollzogen (oder fast vollendet), während sie im Doppelton nur erst am Anfang ist."

229

Tonsprachen die jeweils ganze dazu definierte phonotaktische Struktur charakterisiert, empfiehlt sich generell eine optisch-graphische Wiedergabe von Tönen vor die phonotaktische Struktur.

Diesem Verzögerungs-Effekt ist die Zeit-Dimension zugeordnet, indem die Intonationscharakteristik von "Akzent 1"-Wörtern als [-verzögert], diejenige von "Akzent 2"-Vförtern als [+verzögert] interpretierbar ist. Außerdem impliziert dies, daß Wörter unter "Akzent 1" bezüglich ihrer phonotaktischen Struktur "kurz" = einsilbig, solche unter "Akzent 2" "lang" und damit mehrsilbig sind. Phonemisch läßt sich der Verzögerungs-Effekt im Fall von "Akzent 2" als Junktur-Phonem interpretieren: "If we then define the 'crest' of the East Norwegian intonation contour (or 'measure') as the point of lowest pitch in the unit, it is clear that we can regard / x / as a marker ordaining the postponement of the crestbearing syllable." (Jasanoff 1966:76). "/ x / may be regarded as a kind of syllabic juncture, differing from the ordinary (unmarked) syllable boundary in that it extends the nucleus begun by the preceding stress. Since it is more closely connected with posttonic syllables, but may nevertheless be associated with such features as weakening and lengthening in the stressed syllable, in would seem most convenient to write it at the syllabic boundary. Switching to more usual notation, we might then have something like /'an.den/ (for / anden/) beside unmarked /'anden/." (78). "/./• can be regarded as a juncture which marks the smoother transition." (80) .

Eine derartige Analyse bedeutet nichts anderes als a) eine Wiedereinführung des Primärakzents /'/ in die phonemische Analyse, obwohl dynamisch-konzipierte Faktoren als die tonologische Opposition zwischen 1

2

[ ] und [ ] erklärende Kriterien vorher schon als für die I^-phonemische Darstellung ungeeignet ausgeschieden waren; b) eine Nichtberücksichtigung der I^-phonemischen Eliminierung implizierter Oberflächenredundanz, da in einer derartigen Phonemisierung /'/ inmer noch L^prädiktibel bleibt, sodaß eigentlich nur das Junktur-Phonem /-/ bezeichnet zu werden braucht; c) das Abhängigmachen tonologisch-definierter L1-Einheiten von einem PrimärIntensitätsakzent /'/ und einer I^-phanemisch "obskuren" Größe /«/• Der letzte Punkt knüpft an die in 38. gemachten Bemerkungen an. Bei den bisher in der Literatur beschriebenen Fällen schien eine grundsätzliche analytische Alternative zwischen L^-(Zwei-)Tonemsystem und L^-Druckakzent zu bestehen. Wir sind der Ansicht, daß es sich scwohl um mögliche Hörfehler als auch um eine falsche analytische Position handelt. Die vorsichtige Abwägung des

230

Materials zu Sprachen mit derartigen suprasegmentalen Ausprägungen deutet mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf hin, daß Sprachen mit Druckakzent von Sprachen mit Tonsystemen analytisch streng zu unterscheiden sind. Darauf deutet nicht zuletzt die von Ivic 1970 entwickelte, von jedweder Tonsystem-Systematisierungstechnik andersartige Typologisierung (von Ivic als "prosodic possibilities" bezeichnet) von Akzent-Sprachen hin. Die Möglichkeit, L^-Töne aus einem L^-Druckakzent zu generieren, findet bisher keine empirische Stützung. Aus diesem Grund geht der Terminus "pitch-accent systsn" mit der unterstellten Verquickung akzentueller und tonologischer Ausprägungen

auf ein- und derselben

abstrakten Analysestufe auf einen Irrtum zurück und ist für die skandinavischen Sprachen fallen zu lassen. Als "pitch-accent language" wird üblicherweise das Japanische zitiert. Das einfachste und überzeugendste Argument für die Einstufung des Japanischen als einer reinen Akzentsprache (in der Charakterisierung als melodischer Akzent) bezieht sich auf den Fall syntagmatischer Konstruktionsklassen, in welchen der auf das Einzelmonem bezogene melodische Akzent ersatzlos ausfällt und nur noch ein die Gesamtkonstruktion charakterisierender melodischer Akzent übrigbleibt, z.B.: "... phrases ending with gurai 'to the extent of* (used in comparative constructions) have the accent on the first syllable of gurai regardless of the underlying noun, and phrases with nagara 'though being' have the accent on the first syllable of nagara or no accent at all, according as the noun is accented or unaccented: makura gu'rai makura na'gara [cf. ma'kura 'pillow'] kokoro gu'rai kokoro na'gara [koko'ro 'heart'] atama gu'rai atama na'gara [atama' 'head'] sakana gu'rai sakana nagara [sakana 'fish'] Postpositions displaying such behavior trigger the application of minor rules: a rule that wipes out the accent of the preceding matter, in the case of gurai and some other morphemes, and a rule attracting accent, if any, onto the first syllable of nagara." (McCawley 1978:115-16). Dies ist dasselbe Phänomen wie bei Sprachen mit Druckakzent, z.B. Deutsch "Haus" + "Tür" > "Haustür" (Druckakzent über "Tür" fällt ersatzlos aus; die Akzentkonfiguration des Kompositums wird einzig durch die Lage des Hauptdruckakzentes Lj-prädiktibel gemacht). Eine Interpretation des Japanischen in Termini eines t-t—* S^ ^-ronsystems ist möglich, doch gegenüber der Interpretation als Akzentsprache viel zu kompliziert. In ähnlicher Weise argumentiert Klingenheben (1949) für die Tonstruktur des Somali, welche von der Position des dynamischen Akzents ("Starkton") abhängig ist: "Noch entscheidender ist aber, daß...der Starkton eines Wortes...stets mit dessen hochtonigem Silbenteil zusammenfällt." (298-99). "Das Somali gehört also nicht zu den echten Tonsprachen im phonologisch allein zu rechtfertigenden Sinn, sondern zu den Starktonsprachen; hat doch zweifellos in ihm nicht der musikalische Ton phonologische Bedeutung, sondern der Starkton." (303). Ebenfalls als "pitch-accent language" einzustufen sind die beiden von Voor-

231

hoeve 1973 und Schadeberg 1973 beschriebenen Bantu-Sprachen Safwa und Kinga, in welchen der als Akzent gekennzeichnete Hoch-Ton innerhalb des Nomens, Kompositums und Syntagmas genau über einer Silbe realisiert wird; die restlichen Silben haben automatisch Tief-Ton (mit einer einzigen von Voorhoeve 1973:5 beschriebenen Ausnahme), z.B. Safwa aminögiitu 'our teeth' regulär aus ämiino 'teeth' und giitü 'our'. Zu diesem Befund paßt außerdem die Aussage Stevicks (1969:340), Urbantu sei eine "one-tone language" gewesen. Daß der Übergang von zugrundeliegendem melodischen Akzent zu tonologischer Ausprägung innerhalb des synchronisch-deskriptiven Interpretationssystems plausibel vonstatten geht, verdeutlichen nicht zuletzt die Analysen von McCawley; cf. Goldsmiths (1980a:415) Bemerkung: "McCawley's new proposal is that the traditional distinction between accentual and tonal systems may characterize, in some cases, different levels of derivation in a Single language, with an underlying accentual representation turning into a surface tonal representation."

Phonetische Beobachtungen und experimental-akustische Ergebnisse deuten vielmehr darauf hin, daß die Annahme eines homogenen Tonhöhenverlaufs für mehrsilbige phonotaktische Strukturen I^-analytisch zum Ausdruck gebracht werden soll. Die L^-tonetische Realisierung vcn Einsilblern ist prädiktibel; wegen der im Zusammenhang mit den Akzentverhältnissen sich ergebenden Redundanz unterbleibt für solche Silben jeglicher Lj-analytischer Vergleich mit Zweisilblern. Sie bleiben darum hinsichtlich ihrer suprasegmentalen Ausprägung Lj-phonemisch ungekennzeichnet. Der Vergleich tonologischer Strukturen über mehrsilbigen phonotaktisehen Strukturen schafft hingegen I^-phonenisch eine TonanOpposition, welche, da sie sich als Konturverlauf manifestiert, am besten mit 126

Hilfe von Akzentsymbolen bezeichnet wird.

Ein Hindernis für diese qualita-

tive und primär an der phonologisehen Substanz orientierte Auffassung besteht nicht, wie gelegentlich vorgebracht worden ist, in der Tatsache der beträchtlich divergenten Realisationsformen der beiden Tönerne in verschiedenen norwegischen und schwedischen Dialekten; selbst wenn es Dialekte wie den innerhalb des Südschwadischen geben soll, in welchem der Unterschied zwischen / V und / / primär akzentuell-distinktiv und nicht ton-distinktiv ausgeprägt ist, ist der Phonologe lediglich verpflichtet, in diesem Fall für das suprasegmentale I^-System akzentuell-definierte Einheiten, im Fall der übrigen Dialekte tonologisch-definierte I^-Einheiten zugrunde zu legen. Schon die Diskussion über Realisationsdivergenzen zwischen tonologischen Höhe- vs. Richtung-Systemen ergab, daß oberflächenstrukturelle Aussprache-Nuancen erst der begrifflichen 126 Auch eine Gegenüberstellung in Form solcher Termini wie "Einzelton" vs. "Doppelton" ist aufgrund des dadurch evozierten quantitativen Aspekts unzulässig.

232

(= I^-analytisch relevanten) Versahärfung bedürfen, um sie als Glieder von Oppositions-Kategorien faßbar zu machen. Daraus ergibt sich, daß die von der IPA vorgeschlagene Wiedergabe des suprasegmentalen Kontrasts in Form der beiden Symbole ['] und [ v ] zur Bezeichnung tonologischer Einheiten unter Voranschreibung an den jeweiligen Silbenkanplex und unter Berücksichtigung der implizierten Redundanz (einsilbig "kurze" Silben: kein Tonzeichen) empirisch wie interpretationsmäßig noch am sinnvollsten ist. Alle im Zusairmenhang mit akzentuellen (sei es als Intensität oder als Druck) Manifestationen resultierenden Probleme der Beobachtung oder Beschreibung oder Erklärung haben im Gegensatz zu den tonematischen Manifestationen keine L2~ phonemisohe Relevanz, da ihre L^-Prädiktibilität in allen Beschreibungskontexten gewährleistet ist. Generativ gesprochen ergibt sich die Darstellung von Akzent-Phänanenen aufgrund regel-induzierter phonetischer Natürlichkeit; den oberflächenstrukturellen Manifestations-Parametern von Akzent entspricht kein L^-relevantes diakritisches (bzw. distinktives) Merkmal. Insofern ist auch die von Haugen (1967a:189) klassifizierte Analyse-Hierarchie von Quantität, Akzent und Ton auf ein- und derselben (L2~)phonanischen Darstellungsebene als fehlerhaft zu kennzeichnen, da sie mit der Präponderanz gewisser für Irrelevante phonemische Darstelllangen erforderlicher Analyse-Kriterien wie Eliminierung von Oberflächenredundanz, phonologischem Substanzbegriff, Unterscheidung zwischen regel-induzierter phonetischer Natürlichkeit und phonemisch-bedingter Derivations-Plausibilität u.v.m. nicht in Einklang zu bringen ist; der von Haugen vorgeschlagenen Hierarchie Syllable Quantity /:/ Stress /'/ Tone / V setzen wir Vinter Bezugnahme auf den in jeder einzelnen Darstellungsebene zur Untersuchung gelangenden und relevant werdenden Teil des Beobachtungsmaterials folgende "Derivations-"Hierarchie entgegen:

233 Phonotaktische Struktur / \ | Lange |

Lang

/Ton/

vs.

Kurz

/'/ vs. / V

[Akzent]

betont vs. unbetont: für sämtliche phonotaktischen Strukturen L1-relevant

Mit der Einstufung als einem prinzipiell über polysyllabischen phonotaktischen Strukturen definierten Tonem-System im Norwegischen und Schwedischen hat die phonologische Analyse aber erst begonnen. Der von Rischel so genannte "Morphophonematische Teil", in welchan die "lexikalische" und "grarrmatische" Funktion der Tonalität untersucht wird, ist in der Vergangenheit außer in seiner Form der Formulierung von Regeln zur Bestimmung der beiden Tönerne zu kurz gekauten. Die von Rischel (1960:178-79) getroffene Beobachtung bezüglich des Vorkatmens der beiden Tönerne im Hinblick auf die morphologische Natur der betroffenen Lautketten ist der Ausgangspunkt für die noch erfolgende L^-phonologische Analyse der Toneme: "VOM morphophonematischen/morphologischen Gesichtspunkt sollte es sich um 1 Worttöne' handeln. Aber wie sind diese Worttöne mit den Morphemen verbunden? Wenn es sich um mehrsilbige Semanteme handelt, ist die Sache klar: die Tonalität ist ein Bestandteil der Wurzel, und man kann mit vollem Recht von lexikalischen Tonunterschieden reden, vgl. [' vin:t9r]

/

'Winter' und

V

[ som:ar]

'Sommer'.

In anderen Fällen aber haben die Töne eine rein grammatische Funktion, vgl. [ h»:sa] [htj^sa]

'das '(zu) Haus', hausen'

(von der gemeinsamen Wurzel ['ho:s]). Hier scheint es viel adäquater, die Tonalität als Bestandteil des Suffixmorphems zu klassifizieren; man hat ein Suffixmorphem, das aus [a] und Einzeltonigkeit [= Tonern / V ] besteht, und ein anderes Suffixmorphem, das aus [s] und Doppeltonigkeit [= Tonern /2/] besteht. Beide Suffixmorpheme können sich mit einer in tonaler Hinsicht neutralen Wurzel verbinden und bestimmen dann die Tonalität des Wortes, d.h. die Tonalität der Wortform."

Wir sehen zunächst von der grammatischen Funktion der Töne ab und betrachten die tonalen Ausprägungen auf der "untersten", d.h. mono-rnorphanatischen Analyseebene ohne das Anfügen von Suffixmorphemen. Eine Gegenüberstellung von neminalen Lexemen liefert auf Anhieb zwei Erklärungsmöglichkeiten für die Ausprägung von L2-Tonemen; cf.

234

f.

•dag

'Tag'

v

hare

'Hase'

•sol

'Sonne'

"vise

'Lied' 'year'

•är

(Beispiele von Haugen 1967a:194)

'Ohr'

.-Interpretation: nacht. Dann opponieren "kurze" Lj-Silben mit "langen" L^-Silben. Die kurzen werden unter Bezug auf einen, die langen in Bezug auf zwei vokalische SilbenNuklei definiert. Als Ableitungen ergeben sich a) |CVC| —*•/•/ (Ausprägung in Tonern 1), und b) |CVCV(C) | —> / V (Ausprägung in Tonern 2). Obige Lexeme sind vorläufig wie folgt in L^-analytischer Darstellung wiederzugeben: |dag|

|sol|

|hara|

|visa|

|ar|

|vintr| |somar| 2

Zweite L^-Interpretation: Die tonologische Avisprägung zu Tonern / / ist von dem naninalen "Postformativ" /-a/ abhängig zu machen. Dieses -a ist als nominales und damit morphologisches Bildungselement zu kennzeichnen, für welches ein konkreter semantischer Wert nicht angegeben werden kann. Theoretisch steht die Möglichkeit offen, entweder den Rest-Naninalstarrm (ohne -a) tonal zu kennzeichnen und so auch eine tonologische Opposition für L^ zu erhalten (unter Ausfall des -a und Oppositionsbildung mit Tonern 1: die phonanische Realisation als -a würde direkt auf Tonern /2/ bezogen werden), oder umgekehrt das Element -a L3~ analytisch anzusetzen und die Tonausprägung davon verantwortlich zu machen. Ohne daß man die Geschichte der Töne im Norwegischen und Schwedischen kennt, läuft phonologisches Hintergrundwissen darauf hinaus, die zweite Lösung zu bevorzugen (da in allen bisher untersuchten Fällen die Entwicklung van rein-segmentalen zum tonal-ausgeprägten phonologischen System verlaufen ist). Die zweite Lösung ist allerdings mit der ersten L^-Interpretation ähnlich: Während nach der ersten Interpretation die Tonausprägung von der Gesamtlänge des Wortes abhängig gemacht wird, wird sie nach der zweiten Interpretation nur von dem L3-Segment |-a| abhängig gemacht. Die entsprechende schriftliche Wiedergabe der zweiten Interpretation führt gegenüber der ersten lediglich zu einem zusätzlichen Juriktursymbol |-| zwischen Lexem-Starrm und Bildungselement: |har-a|, |vis-a|, |som-ar|. Unter Berücksichtigung aller denkbaren phonologischen Analyse-Aspekte er-

235

scheinen beide Interpretationen gleichermaßen gut motiviert. Es ist klar, daß Ly-analytische Darstellungen nicht-tonal spezifiziert sind; tonale Ausprägungen sind das Resultat vcn Derivations-"Mechanismen". Auf was beruhen diese "Mechanisten"? Van Standpunkt phonetischer und phonemischer Natürlichkeit ist es keine Selbstverständlichkeit, im Fall größerer Wortsubstanz (erste Interpretation) oder im Fall eines postnominalen unbetonten Schwa-Vokals (zweite Interpretation) eine tonologische Ausprägung zu erwarten. Das, was wir im analytischen "Nachhinein" tun können, beläuft sich lediglich auf die Feststellung der involvierten Plausibilität, soweit sie van deskriptiv-analytischen Gesichtspunkt aus beurteilt zu werden vermag. Van den drei zu betrachtenden Plausibilitätswerten 1, ^ /-Tonsprachen und Sprachen mit distinktivem Akzent andererseits zu erwarten. Alle oben genannten Kriterien finden auch hier ihre uneingeschränkte Anwendung. Beeinflussungen von Vokallänge, Vokalqualität und Tonhöhenfluktuation sind im Fall von S>^-Tonsprachen genauso wenig zu erwarten wie bei Si-Tonsprachen. Der Versuch, im Fall einer wirklich vorliegenden

-Ton-

sprache eine Silbe aus der Silbenkette herauszugreifen und sie mit besonderen Druck auszusprechen, führt zu Ausspracheresultaten, die von kompetenten Sprecher-Hörer abgelehnt werden, da sie außerhalb der Aussprachenorm liegen. 132 "In nontonal languages, voiceless vocoids may occur in nonstressed syllables as allophones of voiced vowels. In tone languages, however, voiceless vocoids seldom occur as allophones of vowels." (172).

251 75.

Vermengung zwischen M^ und höheren syntaktischen Rängen: Zusammenbruch zwischen H- und HR-Tonsystemen

Daß die Nichtberücksichtigung des Unterschieds verschiedener tonologischer Ausprägungen in Bezug zum Einzel-Monem vs. Bezug zu höheren syntaktischen Rängen zum Zusamtenbruch der Tonsystem-Typologie führt, zeigen wir anhand der Teilsysteme des Lotha Naga und des Kachin (76.). Lotha Naga: Bezogen auf die Stufe des Einzelmonems lassen die Tonhöhenausprägungen in finaler Position einen laryngalen Aspekt erkennen, dem durch die Anwendung des Kriterivms der Eliminierung von Oberflächenredundanz in Form geeigneter Realisationsregeln Rechnung getragen werden kann. In tonemischer Betrachtungsweise bedeutet dies die Postulierung eines 3-Tanem-Höhe-Tonsystems: /3/ = [

* -'*]

/2/ = [

• -?#]

/\/ = [

j the periphery of the language. Within the periphery it would be necessary to differentiate further between the extension systems a) that still conform to the structural and morpho-semantic patterns as laid down in PEj so that they are attributable to PE_, and b) systems that do not conform any more to the structural and morpho-semantic patterns of PE^, that is, constitute genuine innovations with respect to PE so that they are attributable to PE ''

266 ziellen PEen korrelierbar ist, wird der Druckakzent des Deutschen in L^-analytischer (tiefenstruktureller) Darstellung eliminiert und durch die entsprechenden PE-Fegeln eingeführt. Beispiel: Eine L3~Form wie |karbunk-i|

ist mit

Hilfe einer PEg-Regel, welche den Hauptdruckakzent auf die zweite Silbe setzt, phonamisch in /karbuqkai/ abzuleiten (cf. 2) mit weiteren Beispielen). Nebenbei sei das generative Verfahren, das Setzen des Druckakzents von der lautlichen Natur der betroffenen Segmente abhängig und damit tiefenstrukturell ebenfalls wie hier entbehrlich zu machen, abgelehnt. Nicht nur, daß es sich um einen phonologisch unnatürlichen Zusammenhang handelt, für jede Regel gibt es außerdem genügend Gegenbeispiele, sodaß die Regel selbst nichts nutzt. Wir beziehen uns auf Wurzel 1970. Die Anwendung des Prinzips der PEe für die Phonologie des Deutschen verlangt wegen der Komplexität der Phonologie des Deutschen eine präzisere Einzeldarstellung. Wir beschränken uns auf allgemeine Hinweise.

2) Ein weiteres Kriterium für verschieden ausgeprägte PEe in der Phonologie des Deutschen ergibt sich bei Untersuchung der Nanina und Verba der Struktur /CVB-// wo /B/ einen stinmhaften Verschlußlaut bezeichnet, V = Kurzvokal. Ohne etymologisch mit der Herkunft dieser Ncmina (Egge, Bagger, Kladde, Krabbe...) vertraut zu sein, kann aufgrund des Fehlens solcher Bildungen zur Bezeichnung für Körperteile, Zahlen und Naturerscheinungen auf den besonderen Charakter dieser Formen geschlossen und zu ihrer Darstellung ein eigenes, PE^ nachfolgendes PE2 gewählt werden. Ähnliches gilt auch für die Verben, die zum größten Teil eine expressive Kcrnponente beinhalten (schmuddeln, krabbeln, babbeln,etc.); elementare Zustände, Aktivitäten und Tätigkeiten werden gerade mit solchen Strukturen nicht realisiert. Somit lassen sich die einzelnen PEe des Deutschen ganz grob wie folgt darstellen; das zur Bestimnung der Position des Hauptdruckakzents führende Haupt145 merkmal der jeweiligen PE-Regel wird in Klanmem beigefügt : PEji

t^j] (d.h. Hauptdruckakzent über dem ersten Voll-Vokal

(kein Schwa))

P E 2 : [tfjB] (/B/ = stimmhafter Verschlußlaut) Ebbe, Kladde,

Flagge,

schlabbern,

baggern,...

PE 3 : [tfj-VC]. (/V/ = Vollvokal, kein Schwa /a/)

pe : 4

Bussard,

v

[VJ

Auto, PE 5 :

König,

Herzog,

Uhu, Vati, Mutti,

Bischof,

Estrich,

Sofa, Kino,

Kanu,

Eugen,...

Prisma,...

[^-V-ViC)] Studium,

Luftikus,

Fidibus,

Scharlatan,

Elytron,

Alkohol,...

145 Details wie die Stellung der /ts/-Affrikate wurden ausgelassen.

267

PE6: [\f2(-3)] Termin, bunkel,

Kamin, Baiast, Karbid, privat, Morphem, Karaffe, Elysium, Kloake, . . .

Kaplan,

Kapitel,

Kar-

PE?: [V-V-\f3(-a)] Karbinol,

Karawane,

Elefant,

Kantorei,

Elixier,

Kapitell,

kriminell...

PE0: Kanu,

Laväbo,

Moschee

Plazebo.

3) Die phonologische Gesamtstruktur des Mandarin umfaßt nur ein einziges phonologisches Extensionssystem. Dies ist die strukturelle Formalisierung für die altbekannte Tatsache, daß alle Lehnwörter im Chinesischen nur unter Verwendung der etwas über 1250 möglichen Silben unter Vollton wiedergegeben werden. Eine "halbe" Ausnahme bilden die keine Homonyme habenden beiden Silben kä und ka, die nur zur Wiedergabe von Fremdwörtern verwendet werden. Eine Differenzierung anhand des zur Einteilung in verschiedene PEe führenden Kriteriums des Grundwortschatzes ist im Mandarin ausgeschlossen. 4) Gleiches gilt für die phonologische Gesamtstruktur des Vietnamesischen. 5) Re-Interpretation von PE2 des Lushai (cf. Weidert 1975). Wir führen die in PE^ vorkaimenden Silbenstrukturen auf und bestirnten die entsprechenden tonologischen Ausprägungen unter dem Aspekt implizierter Oberflächenredundanz. / C W - , /CVR'/- und /CVP/-Silben (/R/ = /-l-, -r-, -i-, -u-/, /P/ = /-p, -t, -k/). Bezogen auf das unter glatt endenden Silben existierende 4-TonemVölltonsystem kann die tiefe Tonrealisation dieser Silbentypen mit dem tiefflachen Tonern akustisch identifiziert werden. Eine tonologische Opposition über /CV7/-, /CVR7/- und /CVP/-Silben könnt vor (tiefe vs. hohe Silben-Realisation) ; sie kann aber in Bezug auf Ausprägungen in verschiedenen PEen wie folgt dargestellt werden: Im Fall der Tiefton-Realisation ist keine Einschränkung hinsichtlich Monemklasse oder vermitteltem Bedeutungsinhalt erkennbar (expressive Adverbien kamen hier so gut wie nicht vor), dagegen kcmmen unter Hochton-Realisation ausschließlich expressive Adverbien oder Verben mit expressivem Gehalt vor. Semit ist die Korrelation zwischen Tonhöhenausprägung und vermitteltem Bedeutungsinhalt evident; wir weisen die semantisch "uneingeschränkte" Klasse tieftonig realisierter Silben PE^ und die semantisch "eingeschränkte" Klasse der Expressiva hochtonig realisierter Silben PE2 zu. Da in der Zuordnung zu PE^ PEj-a):

268 die tieftonige Realisation der /CV?/-, /CVR?/- und /CVP/-Silben tonetisch prädiktibel = L^-analytisch redundant wird, unterbleibt für L^-analytische Darstellungen jegliches Tonzeichen. PEj-b): /TCVP/-Silben (/T/ = die 4 für glatt endende Silben ermittelten Toneme). /CVP/-Silben mit Volltonemen werden phonetisch mit Langvokal realisiert. Um die volle tonetische Charakteristik dieser 4 Töne akustisch zum Ausdruck zu bringen, hat der Silbenkörper in passender Form die geeigneten Segmente verfügbar zu machen. Da aufgrund der Abruptheit der finalen Plosive die Tonhöhen-Charakteristik der Silbe ebenso abrupt beendet wird, muß der Vokal gelängt werden, damit ein steigender Ton von einen fallenden etc. unterschieden werden kann. Obwohl unter glatt endenden Silben ein vokalischer Längenkontrast existiert, der auf allen Analyseebenen als emisch-relevant interpretiert wird, ist die Länge von Vokalen in abrupt endenden Silben als Indiz für die Realisation eines der vier Toneme anzusehen. Die dadurch erzeugte implizierte Oberflächenredunrdanz wird eliminiert, indem nur das Tonzeichen und das einfache Symbol für den Vokal (ohne Längungszeichen oder Verdoppelung) geschrieben werden, also /TCVP/ + [ T CWP]. Eine abstraktere Darstellung bietet sich bei Untersuchung des vermittelten Bedeutungsgehalts an. Man kann beobachten, daß Ncmina und Verba, aber fast keine expressiven Adverbien, zum größten Teil mit fallenden Ton / V realisiert werden, unter den drei restlichen Tonemen kattnen relativ wenige Ncmina und Verba, aber häufig expressive Adverbien bzw. Verben, die gleichzeitig einen expressiven Gehalt aufweisen, vor. Die Differenz in der Ausprägung zu verschiedenen Wort- bzw. Tonemklassen ist nicht so offenbar wie unter /CV(R)'/- und /CVP/Silben; doch kann an seiner Existenz nicht gezweifelt werden. Bei Berücksichtigung dieser Beobachtung ergibt sich eine andere tiefenstrukturelle Interpretation: Die Realisation mit fallendem Ton für Nanina und Verba der Struktur [CWP] ist als charakteristisch für diese zu betrachten; also sehen wir diese Tonausprägung innerhalb PE^ als oberflächenmäßig impliziert-redundant an, wobei sie von der Vokallänge L3-analytisch abhängig zu machen ist; wir leiten umgekehrt wie folgt ab: |CWP| pE

+

/*CVP/

['CWP] 146

Sie kann nicht L„-phonemisch abhängig gemacht werden, da es aufgrund der Prämissen eine abstrakte Darstellungsebene geben muß, in welcher das Gesamt146 Der zwischen Vokallänge und [ T C W P ] -Silbentyp bestehende impliziert-redundante Realisationszusammenhang kann nachträglich berücksichtigt werden.Dann entfällt für PE„ sowohl L,- wie L^-phonemisch jegliche Längenbezeichnung.

269 Potential phonologischer Oppositionen ohne Rücksicht auf nisht-phonologische Zusammenhänge beschrieben wird. Auf diese Weise erkennen wir zwei verschiedene Anwendungsmöglichkeiten für das Prinzip der Redundanzeliminierung: Im Fall der /CV(R) ? /- und /CVP/-Silben handelt es sich um zwischen L_ und L. sich abspielende implizierte Oberflächenredundanz - der Ton solcher Silben wird durch eine Realisationsregel eingeführt im Fall der /CWP/-Silben geht es um die zwischen L^ und L^ sich abspielende Implikationsredundanz, welche mit der Tonrealisierung indirekt, mit dem Bezug zur Ausprägung in verschiedenen Extensionssystemen direkt etwas zu tun hat.

Dagegen sind die drei restlichen Toneme (/hoch-flach/, /steigend// /tief-flach/) als äußerer Ausdruck von Expressivität (natürlich nur für /CWP/-Silben) als PE2-charakteristisch anzusehen. Da sie unter sich tonematische Oppositionen bilden, gelangen sie auch in L-j-Darstellungen zur Bezeichnung (s. PE2-b)). Wir geben dieser Lösung, welche in eine nicht-tonaratisch gekennzeichnete L^-Darstellung für CWP-Silben führt, da sie mit der Ausprägung an ein einziges Extensionssystem korrelierbar ist, den Vorzug. FEj-a): /TCVCt/, / x CWGt/ und /TCV/ (= alle glatt endenden Silbentypen, /Ct/ = /-l, -r, -m, -n, -q, -i, -u/). Die vier "vollen" Tonstie sind: /"/ hoch-flach, /./ tief-steigend, /"/ hoch-fallend, /_/ tief-flach. Es sind keine unterschiedlichen Wortklassenverteilungen zu beobachten; in derselben Form müssen die entsprechenden L^-tonemischen Repräsentationen gekennzeichnet werden. Daraus ergibt sich die Einstufung des Lushai als einer 4-Tonan-R-Tonsprache. PEg-a): Berücksichtigt die Hochton-Realisierung von /CV?/-, /CVR?/- und /CVP/Silben. Diese wird I^-tonsnisch mit dam Symbol /"/ ausgedrückt und L^-tonemisch als PEj-Regel eingeführt, z.B. |truk| pE

-»-

/"truk/

•*•

[truk]

2

' to cluck (as a hen when calling her chickens) 1

PE^-b): Berücksichtigt die von PE^-b) verschiedene tonematische Ausprägung mit drei möglichen Tonemen /"/ hoch-flach, A / tief-steigend, und / J tief-flach unter CWP-Silben, z.B. | tik| p E

/ tik/

-s-

[tiik]

2

' to be ready (when hiding in Hide and Seek)'

PEg-e): Berücksichtigt die Klasse der expressiven Adverbien, welche phonetisch als

[TCWR']

=

/TCVRV

(/

T

/

=

/ V

hoch-fallend und /./ tief-steigend) realisiert

werden. Da L^-analytisch die tonologische Opposition nicht anderweitig erklärt werden kann, liegt die PE2~relevante Kennzeichnung dieses Silbentyps im finalen Glottalstop begründet. Indem der Glottalstop aufgrund einer PE-Regel eingeführt wird, entsteht das L^-Gegenstück der unter PE^-c) vorkctnmenden glatt endenden Silben. Z.B.: | - rui |

-»• /*rui 7 /

[ru:i ? ]

(Expressiv: plötzliches Geräusch)

270 78.

Echte 5-Tonem-Höhe-Tonsysteme

a) Angami. Die bisherigen phonologischen Beschreibungen von Burling 1960 und Ravindran 1974 werden durch Weidert 1977b präzisiert. Die Beschreibung basiert auf dem nördlichen Dialekt des Angami, wie er in Kohima, Hauptstadt des Nagalandes, gesprochen wird. Tonbeschreibung:

f /2/ wird als Ausgangspunkt gewählt, da er der Ton mit größten Vorkamen ist und gegenüber allen anderen als unmarkierter Ton eingestuft werden muß. Mit Ausnahme von /3/ fallen alle Töne in finaler Position leicht ab (= Nachlassen des Exspirationsdrucks). Die Tonhöhen der Tönerne werden i.a. konstant gehalten; damit bleiben die einmal gewählten Intervalle gleich. Mehrmals unter gleichem Ton vorkommende Silben ändern die Tonhöhe nicht. Unter emphatischer oder mit größte: Sorgfalt in Isolation realisierter Aussprache vergrößern sich die Intervalle entsprechend: /2/-/1/ bis zu einer Quinte, /2/-/3/ kleine Terz, /2/-/4/ Quart, /2/-/5/ Sext. In Einzelaussprache beschreibt Tonern /3/ eine Wellenlinie; die Verwechslungsgefahr mit /4/ ist umso größer, je weniger genau diese Wellenlinie artikuliert wird. Auch die gerade abwärts fallende Ton-Bewegung von der durch /4/ vorgegebenen Tonhöhe aus ist nicht immer vorhanden, um als Identifikationsmerkmal genutzt zu werden. Nicht nur aufgrund seiner andersartigen Intonationscharakteristik ist /3/ als maximal-markierter Ton des Tonsystems zu kennzeich147 nen; er erscheint mit wenigen Ausnahmen als zweite Silbe zweisilbiger Wörter. Mag der Unterschied zwischen /3/ und /4/ noch so schwer zu identifizieren sein, eine Neutralisation dieser beiden Tönerne ebenso wie aller anderen in allen Positionen findet nie statt. Burling beschreibt /3/ als "/ / mid, resonant" und /4/ als "/"/ mid normal". "On several vowels as noted above, this and the preceding tone are not distinguished from each other, and these vowels do not therefore appear in my transcription with / /. When associated with vowels for which this tone is distinguished from the preceding one, /*"/ is characterized by what seems to an English speaker as a normal speaking voice, while / / has more of a singing quality or is more resonant". (Burling 1960:54) 147 Der Nachweis für das Entstehen dieses Tons ist aus doppel- bzw. polykonsonantischen Anlautgruppen zu führen. Darauf gehen auch einsilbige Wörter unter Tonern /3/ zurück, wie man z.B. an /^se/ '3' im Vergleich mit anderen sino-tibetischen Sprachen erkennt.

271 Dies mag mit der hier gegebenen Charakteristik der Töne gut übereinstimmen, identifiziert man die "singing quality" von /3/ mit unserer "Wellenlinie". Die im ersten Satz enthaltene Behauptung, wonach bei bestimmten Vokalen tonale Neutralisation stattfindet, ist falsch. Bezüglich der Korrespondenz Angami /3/ : Chakhesang /3/ gibt es 40 Wörter, die Burling mit / /, und 30 Wörter, die er mit / / notiert hat. Bezüglich der Korrespondenz A. /4/ : Ch. /5/ gibt es 44 mit Ton /"/ und nur 6 Wörter mit Ton / / bei Burling. Offenbar hatte Burling mit /3/ größere Identifikations-Schwierigkeiten als mit /4/; oder: Tonern /4/ ist - möglicherweise - leichter zu identifizieren als /3/. Silbentypen: primär offene Silben, sekundär Silben mit alleinigem Sonant /m/, /n/ und /r/ unter Tonern /2/; sog. Präformativ-Silben, von denen es sechs in Ton /2/ und mit /e/- bzw. /a/-Vokalisnus gibt (abhängig von der phonetischen Natur des Anlautkonsonanten), können mit Hilfe der Quantitätsausgleich-Kcnpcriente q so behandelt werden, daß bei L^-Wiedergabe nur der anlautende Konsonant erscheint (Prinzip minimaler Oppositionsfähigkeit, cf. 56.). Konturtöne, deren Anfangsund Endpunkt etwa auf das H-System beziehbar wären, kennen nicht vor. Tonale Oppositionen: |V|

1

|2Pe|

' zittern'

|3Pe|

'Brücke'

IVI

'marschieren; fett sein'

|V|

'geneigt, gebeugt, gekrümmt s.'

schießen'

'hungrig s.' |m2rm|

/ 2 me 2 rm/

'in eine runde o. ovale Form kneten'

|m3nn|

/2me3rui/

'Axt; Brust' (= /5u2me3nu/)

/2mel*rui/

"hoffen; sich erbrechen'

Im^nul 5

|m rni|

->-

-y

2

5

/ me rvi/

'dunstig, diesig s.'

Beispielsatz /2r«i^so'1tsa^nu 2rui3krhie 2ke®vo2r 2ti3krhie 2ke2me3ku^puo ^mu ^nie^ki 2 4

u nie2ui 5suo1puo 2kuo2kuo 1 si 2 i 3 di 2ke2prui3li1tha; . . ./

'Der kalte, aus dem Norden kommende Wind und die Sonne stritten sich, wer von den beiden der Stärkere sei;...' 2

rrn^so = das Obere, 2tsa = Richtung, 5nu = Lokativ, 2nu1so2tsa5nu = im Norden,

2

rm3krhie = blasen, 2 ke = Grannen (Subordinierung der Verb-Clause), 5 vo 2 r = kom-

men ( 2 r = Richtungs-Pc.), 2ti3krhie = Luft, Wind (< 5ti = Himmel), 2 me 3 ku =

272

kalt, !puo = ein-, 2 ti 3 krhie 2 ke 2 me 3 ku 1 puo = ein kalter Wind, 3 mu = und, 3 nie5

ki

= Sonne, 2 u 4 nie = die beiden, 3.Dual (cf. 2 ke 2 nie = zwei)fa = Pc. der

Discourse-Ebene ("emphasizing a person or several persons or things out of a larger number of persons or things"), 5 suo 1 puo = wer? (cf. x puo = ein-), 2 kuo = stark, 2 kuo 2 kuo = stärker (Repetition des Adjektivs),

= Grammen (zur Bez.

2

von Interrogativ-Clauses), i = Gr. ("essential quality", die Qualität wird ausgedrückt durch ein Adj. oder Umschreibungen wie /^ha'Tce^mhie^i/ "so (wie 2

2

2

dies)" = ha = Dem.Pr., ke = Subordinierung der Verb-Clause, rrihie = gebundenes Lexem: ["in einer derartigen Qualität befindlich sein"]), 3di = Gr. ("about", 'subordinating the preceding clause when dependent on verbs like "to see somebody ...ing", "to cane ...ing", "to give up ...ing", "one order came that ...", "to argue about s.th."'), 2ke2prm3li = debattieren, s. streiten, ^tha = Gr. ("while being in such a state or condition", cf. E. continuous aspect). Der südliche Angami-Dialekt, zumindest soweit er im Dorf Viswema gesprochen wird, weicht nicht nur in Phonetik und Wortschatz vcm Standard-Dialekt ab. Das 5-Tonem-H-Tonsystan existiert auch hier; doch sind die Intervalle zwischen /2/ und /3/ einerseits und /2/ und /4/ andererseits größer als im Standard-Dialekt. Die Identifikationsschwierigkeiten zwischen /3/ und /4/ bestehen nicht. Cf. folgende Vergleichsliste: Standard-Angami (= Nördlicher Dialekt) 'verkaufen'

2

'tun'

4

ze

Südliches Angami (Dialekt von Viswema) 2zwe

tshni ''krhrn

Hhu

• 10'

3

2

' 100'

^krie

5

1

'kaufen

ke3re

ke3,yu

qa 21

'Mensch'

2

'Fisch'

^khuo

2 4

'etw. riechen'

2

the i]u 2 3

2

'Floh'

2

2

'Lunge'

5 5

2 5

'Nest'

®kru

5

'suchen'

5

5

'Speer'

b) Chakhesang.

1

^qhi

the mie l+

te3lhie u phie

pfhui

o kfhui

te'tn 23 te3ha

o pxhe qo

phu

Bei dieser mit Angami eng verwandten 5-Tonem-H-Tonsprache ist in

Normalaussprache das Intervall zwischen benachbarten Tönen nicht größer als ei-

273

ne große Sekunde. Der Abstand zwischen /3/ und /4/ ist besonders eng, da /3/ mit einem kurzen Aufwärtssteigen realisiert wird, wohingegen alle anderen Töne von der jeweiligen Tonhöhe in finaler Position leicht abfallen. Trotz dieser kurzen Aufwärtsbewegung ist der Frequenzunterschied zwischen /3/ und /4/ in etilen Positionen vorhanden und insgesamt leichter als im Angami zu identifizieren, da /4/ iitmer ein wanig höher als /3/ zu liegen könnt (was im Angami nicht unbedingt der Fall zu sein braucht). Eine Neutralisation zwischen diesen beiden Tonemen oder allen übrigen Tonemen tritt nirgendwo ein. Der "neutrale" oder maximal-unmarkierte Ton ist das Tonen /2/; dieses ist als etwa in der Mitte des Frequenzvolumens liegend zu denken. Die Präformativ-Silben erscheinen in Tonern /2/ und mit den beiden Vokalen /e/ und /v/, welche (im Gegensatz zum Angami) von Vokal der nachfolgenden (Haupt-)Silbe abhängig sind. Silbenstrukturen: nur offene Silben. Tonale Oppositionen: /^y/ • 1 • 2

Z 1 thi/ 2

'Fleisch'

/ pv/ 'nehmen'

/ thi/

'Schmerz'

/3py/ 'Brücke'

/3thi/

'der Älteste in e-r Gruppe'

/^py/ 'ausfallen - Zähne'

/^thi/

'sprießen, hervorkommen'

/5PY/ 'fett sein'

/5thi/ 'tun'

c) Mao (= Imemei). In üblicher Aussprache lassen sich die Intervalle zwischen den Tönen für einen männlichen Sprecher wie folgt angeben:

Die Stimme fällt in finaler Position von der durch die Zahl bezeichneten Tonhöhe leicht ab. Bei /3/ entsteht eine Art Fragezeichen-Kontur, indem die Stimme leicht abfällt, dann ansteigt und wiederum leicht abfällt. In finaler Position ist dieser Tonhöhenverlauf so unverwechselbar, daß man ihn nach einer gewissen Zeit des Einhörens iitmer von den beiden Nachbartönen /2/ und /3/ zu unterscheiden vermag. In nichtfinaler Stellung geht diese tonale Charakteristik zumeist 148 verloren, sodaß die Verwechslungsgefahr vor allem mit /2/ groß ist. Der Vergleich mit Tonen /3/ im Chakhesang zeigt, daß die Kontur der beiden Tönerne ähnlich ist; etymologisch gehen sie allerdings nicht auf dieselbe Vorlage zurück. 148 Insofern ergibt sich eine potentielle Fehlerquelle. Ich bin mir z.B. nicht sicher, ob das von /1o3tzui/ 'Wasser' abgeleitete 'Wasserdampf' als /2tzui^khe/ oder als /^tzui^khe/ korrekt ist (Neutralisation der Toneme /3/ ( /4/ und /5/ zu Tonern /2/ kommt bei Komposita an der ersten Stelle häufig vor).

274 Silbentypen: nur offene Silben. Tonale Oppositionen: / 2 o 1 pe/

'Großvater'

2

2

2

3

/ o be/

'Korb'

/2o"be/

Arm'

/ o pe/

2

/^mc^sui/

'Wort'

5

5

'Gewicht'

1

5

/ mo sui/

'Leber'

/2mo2sui/

'Reisbier'

/ mo sui/

1

Schuld'

/ o pe/

'schwer sein'

2

2

/ mo sui/

'spucken'

Satzbeispiele: / 2 o 1 na 4 pfo 3 to 4 hi 1 na 4 hi 2

2

la5rm1tsui1li

3

tsm2ko2thu1ni

1

3

vu2e./

2

o na = Kind, ''pfo^o = männlich, ^h^na^hi = dieser, la5na = Buch,

2

la5rui1tsm= Schule, *li = Lokativ, 3tsm2ko2thu1ni = jeden Tag, 3vu = gehen,

2

e = Gr. (Assertions-Pc.)

'Dieser Junge geht jeden Tag zur Schule'. /^pfo'no

2

ko3rw ^a^zm ^ a 2 ! !

er Erg.

Pferd

gut

ein

l

*mei1ko5tsui2o5he

-5o3te./

^u

Mensch-alt

verkauf5

'Er verkaufte dem alten Mann ein gutes Pferd'. ( he = Dativ, 5 o = PostVerb (Funktion unbekannt), 3te = Präteritum.) /^pfo^pfo

1

i 2 de 5 ko 4 no

!

sein-Vater

letztes-Jahr

thi -3te

2

to

2

a 5 he

sterb-Prät. daß

3

mir

pe./ sag-

'Er sagte mir, sein Vater sei letztes Jahr gestorben'. /2o3tsui 2nu Himmel

^a^sui^su

regn- schwer

1

ko 5 o 3du1sui'tno, 2 a 2 i Pc.(?) weil

ich

3

tsm-5he

3

bu

3

Haus-Dat. s.befind-

te./ Prät.

Weil es heftig regnete, blieb ich zu Hause'. ('Haus' = 2o3tüui) d) Südliches Rengma Naga (Standard-Dialekt = Tseminyu Village). Tonrealisierung:

m

Der "Sprung" von

pW auf /4/ ist gewaltig. /3/, /4/ und /5/ sind schwer aus-

einanderzuhalten; Ton-Neutralisation findet nicht statt. Die Grenze zur Falsettstirame im Fall von /5/ ist schnell erreicht. Das Intervall zwischen /3/ und /4/ ist minimal; zusätzlich kann /3/ mit einer fallenden Kontur realisiert werden, wohingegen /4/ und /5/ wahrscheinlich aufgrund ihrer hohen Tonrealisierung meist kurz und nur wie "angetippt" klingen. Es ist fraglich, ob das Fallen bei /3/ als Identifikationskriterium benutzt werden kann. Bei /4/ in finaler Position kommt ebenfalls ein Fallen gele-

275 gentlich vor, doch ist es nicht so geradlinig nach unten verlaufend. Für die Feldarbeit an dieser Sprache stand mir nur ein Sprecher zur Verfügung. Im ersten Jahr hatte ich den Unterschied zwischen /4/ und /5/ nicht bemerkt. Nach Entdeckung des Tonwechsels von Tonern /3/ (s.u.) konnte eine über /4/ liegende separate Tonhöhe zusätzlich identifiziert werden. In Einzelrealisierung von Wörtern mit /3/- und /4/-Tonem überschnitten sich die Tonhöhen gelegentlich, sodaß selbst der Informant verwirrt wurde. Daß /3/ und /4/ streng voneinander zu trennen sind, erkennt man allein aufgrund der Tatsache, daß der Vertreter der sino-tibetischen Tonkategorie I Tonern /4/, dagegen der Vertreter von Tonkategorie II das Tonern /3/ ist. Minimale Paare: /'n2ro/

'mit den Puppen spielen'

/3tswÄ/ 'drücken'

/ 1 n 3 ro/

'absterben, verdorren'

/"tW

'Brücke; Nadel'

/'zwè/

'verkaufen; e-e Brücke bauen'

/1tA3sÄ/ 'Brennholz' 4

3

/^tA sa/ 'zurückkehren'

/ zw§/

'einwickeln'

/2zli/

/''zwe/

'Bestechungs(geld,-gegenständ)'

3

/ zü/

'jäten'

'brachliegendes Jhum-Feld'

An dieser Sprache ist interessant, daß von den 5 I^-Tonemen die oberste Tonhöhe /5/ kein I^-Äquivalent hat, sondern mit Hilfe von tiefenstrukturellen Regeltypen ableitbar ist. Wir zitieren dazu Ausschnitte aus dan Possessiv-Paradigma von Nomina, welche in der Referenzform entweder /2/ oder /3/ aufzeigen: / 2 n 2 rü/

'Knochen'

/^a^rü/ 'mein Knochen' /5a2rü/ 'sein Knochen' / 5 a 5 u 5 rü/ '3.Dual' /V^gwi^rü/ '1.P1. inklusiv' /^ha^gwü^rü/ '2.PI.'

/3rü/

'Boot':

/1a3rü/ l.Sg.,/5a5rü/3.Sg., alle übrigen Formen regelmäßig unter Tonern /3/.

/^tA3ku/

'Affe'

z^aVu/ l.Sg., /5a3kü/ 3.Sg., / 5 a 5 u 5 kü/ 3.Du., alle anderen Formen mit /3/ realisiert.

/2n3mhu/

'Gesicht'

/Ja2mhu/ l.Sg., /5a2mhu/ 3.Sg., /5a5u5mhu/ 3.Du., /V'gw^mhu/ 1.PI. inkl.

/3pe2bl/

'Mörser':

/*a2pe2bi/ l.Sg., /5a2pe2bi/ 3.Sg., /5a5u5pe2bi/3.Du., /"•n^gwü^e2^/ 1.PI. inkl.

Ist das Nasal-Präformativ in Tonern /1/, findet kein Wechsel nach /5/ statt: /Jn2kwA/ 'Zuckerrohr* :/1a1(n2kwA/ l.Sg., /5a1n2kwA/ 3.Sg., /5a5u1n2kwA/ 3. Du., /1*nl,gwü1n2kwA/ 1. PI. inkl. Bei |41 kcnmt ein Tonwechsel nach /5/ nicht vor. Wie ersichtlich kennt /5/ bei einigen Personalproncrnina vor, außerdem bei Adverbien: /5li2ka/ 'dort', /5ha2dü2ki/ 'nach 3 Tagen', / 5 SA 2 zö 2 ki/ 'übermorgen Nacht', /1gö5kA5la1gö4sö/ 'letzten Monat" und einigen wenigen, bisher unanalysierbaren Wirtern wie:

276 / 1 p ö 5 p A 5 h a / 'halb, Hälfte', /' t kA 5 sa 5 nywö/ 'wenig, ein bißchen', / 2 r A 5 k a / 'Rupie' (Lehnwort? Hörfehler?), / ^ e ^ A ^ o / 'Spinne', / 5 a 5 p h ü / 'alle'.

Satzbeispiel: / 3 tsÄ 1 kA 1 n 3 bü ^lo 2 yhA 2 ko Wind

und

2

-®tse o

^kA^nyi

-über 1

5

Sonne

it

4

3

2

- bi ,

kA nyÄ- phi warm

- pe

-Kleid -mit

5

a -

5

^kwu^kwu-^yo -

a5u2di1gö2le

die-beiden-Nom. wer-von-ihnen-Nom.

2

2

zu dem Zeitpunkt 2

-



ihn-s.umhüll-

stärker

^kA^n^tswÄ^nywö ^n2me-2le

tSY*tsö ka

s.streiten-cont.

It

a 5 u 2 le

-

pfv trag-

Reisender

2

tse

indem

^gi^rö.

ein-Nom.

/

('by ..ing') entlangkomm-

Phenshünyu-D-Lalekt des Südliehen Rengma Naga. Die Intervalle zwischen /3/, /4/ und /5/ sind größer als im Standard-Dialekt und damit leichter identifizierbar. Es ist denkbar, daß /5/ als eigenes L^-Tonem postuliert werden kann, da mehr Vorkannnisse von /5/ unter Ncmina, welche unkonditioniert zu sein scheinen, zu beobachten sind. Gleichwohl gibt es auch in diesen Dialekt keine monosyllabischen Wörter mit Tonern /5/. Beispiele: /1a5tzwe/ 'Beule', /5tA5kö/ '9', /5tA5ph«/

'Spreu', / 5 t A 5 k o / 'Affe'

/^kö/

'Loch'.

e) Zemei (= Empeo = Zeliang). Tonrealisierung: 8)•

p—*

L

o I

Auffällig ist der leichte Tonhöhenanstieg unter /1/ in finaler Position. Deshalb gibt es zwischen /\/ und /2/ Identifikationsprobleme. Dagegen sind die oberen drei Tonone akustisch gut voneinander differenziert. Charakteristisch für /3/ ist der gerade Abfall; er kcnmt bei den übrigen Tönen nicht vor. Eine Ton-Konditionierung ist ausgeschlossen, sodaß dieses 5-Tonem-H-Tonsystem in gleicher Weise auch L^-tonemisch abzubilden ist. Silbenreime: -P -t -k

-lp -it

-ap -ak -am

-m

-op

-iep

-3t

-et

-ok

-iak

-uak

-lag

-uag -uai

-n

-q -i -u

-m

-ei -eu

-aq -ai -au

-uq -ui

Abrupt endende Silben können nur mit den Tönernen f\/, /3/ und /4/ kombiniert werden:

277 /1ke1kap/ 'beim Glücksspiel oder beim Wetten verlieren' /1ke3kap/ 'schießen' /^ke^kap/ 'mit ausgestreckten Armen abmessen' /1ke3zak/ 'schwimmen' /3ke^n3tak/'s. ausruhen'

/*ke*tiak/ 'schwarz' / 3 ke 1 n*det/ 'messen'

/^ke^cuak/ 'stoßen' /^ke^n^cip/ 'weich sein'

Minimale Paare mit glatt endenden Reimen: /^e^lim/ 'tanzen; fliegen' / 3 ke 1 n 2 lim/ 'fließen' /^he^im/ 'Tanz' /3ke1n1lim/ 'versinken' /^re^nam/ 'Urwald' /1re5nam/ 'Dorf' / 1 ke 2 na/ '2' / 1 he 3 na/ '7' / 3 ke x n 5 na/ 'nahe* 3 ! 3 1, / ke n*neu/ 'langsam' / ke^re neu/ 'schlüpfrig' /*ke3neu/ 'wünschen' Satzbeispiel: /1laq2nai-1ge Tag 1 3

-ein

n kiQ-3bi

3

4

tii31t3n5le-'ttii]1kai 1pe1nai Norden

de 2rag

stärk-er

-

Wind

1

re1|nia

-sehr-ein-mit

die beiden

ihn

s.umhüll-

Sonne

wer

- 3bam3ge , 1he5beu2me-1ge 1n3cua-2di -

Sprech- wetteifer-während

-^sat-^ge-2le 'pe^cu *he3zui

'qau./ seh-

'Während sich eines Tages der Nordwind und die Sonne stritten, wer der Stärkere sei, sahen sie einen in einen Mantel gehüllten Reisenden (des Weges) daherkommen.' (/2raq/ abgeleitet von /^ke^ag/ 'sprechen', /2raq3ke'1rel4nia/ ' to compete by way of speaking', /...3de rag.../ 'über etw. sprechen', /2di/ von 2 /^ke^di/ 'groß sein', / la/ 'daher-' (Richtung-Pc.), /1pe5cu/ = / pe/ 3. Sg.PPr., /-5cu/ Akk., /-2lu/ = Post-Verb zur Bez. einer Fähigkeit (= Angami /1~2lie/), /-3e/ Assertions-Pc.(?).)

149 79. Fälschlicherweise als 5-Tonem-H-Tonsystem eingestufte Tonsprachen a) Usila-Chinantekisch (Skinner 1962). Es werden 5 Höhe-Tönerne beschrieben; zusätzlich ergeben sich vier Konturverlaufe, deren Anfangs- und Endpunkt mit den durch das H-Systan vorgegebenen 5 Tonansn identifizierbar zu sein scheint. Skinner numeriert die Töne umgekehrt wie hier: /1/ = oberste, /5/ = unterste Tonhöhe.

149 Die von Maddieson zitierten Werke über die Sprachen Kporo und Ashuku (Afrika) und die Puyi-Dialekte (SO-Asien) sind mir nicht zugänglich. Bezüglich der 5 Tonhöhen des Ngamambo lassen Asongwed/Hyman 1976 keinen Zweifel, daß diese phonemisch von einem 2-Tonem-H-System mit den Mitteln der ProzeßPhonologie ableitbar sind.

278 Die vier zusätzlichen Konturtöne in Skinners Notation sind /23/, /34/, /32/, /43/: "A 23 sequence is actualized as a falling contour beginning on 2, but not quite reaching 3. A 34 sequence is actualized as the same type of falling contour: while beginning on 3, it does not quite reach 4. A 43 sequence is a rising contour which presents a similar phenomenon, only in reverse: while beginning on 4, the contour does not quite reach 3. A 43 sequence immediately following a tone 4 begins slightly below the level of 4 and ends slightly above it. A 32 sequence begins slightly below 2, and ends slightly above that level." (254). Inwieweit für praktische Zwecke die Konturtöne mit den innerhalb des H-Tonsystems vorgegebenen Flachtönen aufgrund dieser Bestimmungen identifizierbar sind, kann van Standpunkt des diese Sprache nicht kennenden Lesers nicht genau beurteilt werden. Unter Berücksichtigung bisher bekannten typologischen Wissens über solche Tonsprachen ist Skinners Analyse wörtlich zu nehmen: Usila Chinantekisah ist eine 5+4-HR-Tonsprache. 2 Von den theoretisch möglichen 9 = 81 Tonfolgen über zweisilbigen Wörtern werden 52 zitiert. Inwieweit die Tönerne des R-Teiltonsysteans mit Hilfe tiefenstruktureller Regeln aus L^ ableitbar sind, bleibt offen. Eine derartige Möglichkeit deutet sich bei Skinners zweisilbigen Beispielen an, wo für Kombinationen von Konturtoneanen nur Eigennamen zitiert werden. b) Trique (Dialekt von San Juan Copala; nach Hollenbach 1977a). Die 8 Tönerne dieser Sprache werden von Hollenbach wie folgt bezeichnet: /21/ /32/ /3/ /34/ /35/ /4/ /5/

mid-high gliding to high mid gliding to mid-high mid mid gliding to mid-low mid gliding to low mid-low low

/53/ low (or mid-low) gliding to mid yä 21 yä

32



3

3

'to be sitting'

yä 3 5

'scar'

'corncob'

yä 4

'unmarried'

'he is sitting'



5 53

'one'(in certain number phrases)

ya "* 'salt' yä 'Spanish moss' /4/ is phonetically intermediate between /4/ and /5/ in ultimas, and seems to represent a neutralization of these two tones; it is here assigned arbitrarily to /4/. It occurs contrastively only when the ultima tone is /21 32 3 34 35/. Non-tone-carrying non-ultimas, when not devoiced, have a carrier tone around level 3 when the following tone is / 21 32 3

279 34 35/, and around carrying nonultimas nonultimas. In ultimas, all examples above. All gano 3 2

level 4 when the following tone is /4 5 53/. Tonewith /3/ are more prominent than non-tone-carrying eight tones occur with long unchecked vowels. See but /21 35/ occur in ultimas with short vowels. guno1*

'to grab' (completive)

3

'to sow' (potential)

gun