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German Pages [284] Year 1970
H. Thyen . Studien zur Sündenvergebung
HARTWIG
THYEN
Studien zur Sündenvergebung i m Neuen Testament u n d seinen alttestamentlichen u n d jüdischen Voraussetzungen
G Ö T T I N G E N · VANDENHOECK & R U P R E C H T · 1970
Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments Herausgegeben von Ernst Käsemann und Ernst Würthwein 96. Heft der ganzen Reihe
Als Habilitationsschrift auf Empfehlung der Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. — © Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1970 — Printed in Germany. — Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus auf fotooder akustomechanischem Wege zu vervielfältigen. Gesamtherstellung: H u b e r t & Co., Göttingen
V O R W O R T
Die vorliegenden Studien sind im Dezember 1966 von der Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg als Habilitationsschrift angenommen worden. Ihr Thema „Sündenvergebung" hat R U D O L F BTJLTMANN angeregt. Daß aber die „Studien" dazu wirklich begonnen und ausgeführt werden konnten, verdanke ich E R I C H D I N K L E R . Er bot mir in Heidelberg die Möglichkeit, nach zwölfjährigem Dienst als Oldenburgischer Pfarrer zur wissenschaftlichen Arbeit zurückzukehren. Durch seine Hilfe hat mir die Deutsche Forschungsgemeinschaft ein Habilitandenstipendium gewährt. So wurde ich frei von zusätzlichen Verpflichtungen und fand die notwendige Muße für diese Untersuchungen. Manches von der seither erschienenen Literatur, soweit sie mir bekannt und zugänglich geworden ist, wurde vor der Drucklegung dieser Studien noch berücksichtigt. Vor allem die vielerorts als provokativ empfundene Darstellung der „Taufe als Begründung des christlichen Lebens", die K A R L B A R T H der Kirche zur Bewältigimg hinterlassen hat (KD IV/4, 1967), forderte zur Auseinandersetzung heraus. Sachlich stimme ich mit B A R T H in der Beurteilung der Taufe weitgehend überein, insbesondere in der Kritik ihres sakramentalen Charakters. B A R T H S Auffassung ist freilich das Ergebnis einer radikalen Sachkritik der Aussagen des Neuen Testaments von seinem christologischen Zentrum her. Er hat erneut mit wachem Instinkt gesehen, wo Christus durch den frommen Menschen verdrängt wird. B A R T H hat diese Sachkritik jedoch nicht expliziert; sie ist ihm selbst anscheinend verborgen und darum fehlt ihr die methodische Kontrolle. Dennoch steht er mit dieser — wenigstens impliziten — Sachkritik in größerer Nähe zu B U L T M A N N , als er selbst vielleicht geahnt hat. Es ist zu wünschen, daß die laier notwendige hermeneutische Diskussion aufgenommen, und dort, wo sie schon begonnen hat, weitergeführt wird. Im Blick auf die zentrale Bedeutung der Sündenvergebung im Neuen Testament halte ich die gegenwärtig verbreiteten Bemühungen um eine Restauration der Einzelbeichte in mancher Hinsicht für bedenklich. Der Mißbrauch der Formel simul iustus et peccator ist nicht selten. Das Neue Testament sollte uns lehren, den Zynismus der Rede vom Menschen als dem unverbesserlichen Sünder und von der Welt als der nichtrestituierbar gefallenen Schöpfung, in der Kriege und Aufstände zur Tagesordnung gehören, als das zu durchschauen, was
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Vorwort
er tatsächlich ist: Eine Rationalisierung im Dienste einer bestimmten Interessenlogik. Demgegenüber sollten ausnahmslos alle Menschen als solche in Anspruch genommen und behandelt werden, denen Gott durch Jesus Annahme und Vergebung so gültig zugesagt hat, daß alle sakramentalen Vermittlungsversuche hoffnungslos zu spät kommen. Das Leben im Dialog muß dazu helfen, illusionäre von wirklicher Schuld zu scheiden, die verborgenen Tatmotive zu erhellen und dabei auch die eigene Sicht und Sicherheit in Frage stellen zu lassen. Denn es gibt keine ewigen Normen: „Christus ist des Gesetzes Ende zur Gerechtigkeit f ü r jeden, der glaubt" (Rom. 10,4). Wirkliche Schuld will dann aber als vergebene miteinander getragen und solidarisch in die notwendige „Trauerarbeit" umgesetzt werden. So könnte christliches Miteinander beispielgebend dazu frei machen, mit Mut und Phantasie, ohne Furcht vor irdischen Repressionen oder himmlischen Sanktionen zu beraten und auszuführen, was heute notwendig ist, „damit allen Menschen geholfen werde, und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen" (l.Tim. 2,4). Denn das wird allein durch eine derart leibhaftige und nicht bloß verbale Verkündigung gelingen. Zum Schluß noch ein Wort des Dankes : Er gilt zunächst den Lehrern und Wegbereitern R U D O L F B U L T M A N N , E R I C H D I N K L E R , G Ü N T H E R BORNKAMM u n d ERNST KÄSEMANN. E R N S T W Ü R T H W E I N u n d
ERNST
haben diese Studien in die gleiche Reihe aufgenommen, in der meine Untersuchung über den „Stil der jüdisch-hellenistischen Homilie" (1955) erschienen war. H A N S SCHMIDT (Oldenburg) hat meinen Weg seit seinen Anfängen begleitet. M A N F R E D L Ö S C H und G O T T F R I E D B Ü R C K S T Ü M M E R haben Bibliographie und Stellenregister besorgt. E K K E H A R D S T E G E M A N N hat mit großer Geduld die mühsame Korrekturarbeit übernommen. Vor allem aber habe ich in der Zeit der Drucklegung durch ihn weiterführende Anregungen erhalten, die in die vorliegende Fassung dieser Studien eingegangen sind. KÄSEMANN
Heidelberg, am 28. Oktober 1969
Hartwig Thyen
INHALT Vorwort
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Einleitung
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I. Kapitel: Die Voraussetzungen §1. Sünde und Vergebung im Alten Testament a) Bund, Bundesbruch und Bundeserneuerung b) Die Kultzulassung c) Die sakrale Gerichtsbarkeit in Israel § 2. Sünde und Vergebung im nachbiblischen Judentum Palästinas § 3. Sünde und Vergebung in der Gemeinde von Qumran § 4. Sünde, Gnade und Vergebung im hellenistischen Judentum
16 16 31 38 44 50 77 98
II. Kapitel: Die in der Johannestaufe gespendete Sündenvergebung und die christliche Taufe 131 § 5. Die Taufe Johannes des Täufers 131 § 6. Die Übernahme der Taufe durch die Christen 145 § 7. Die neue Begründung der Sündenvergebung im Tode Jesu.. 152 a) l.Kor. 15,3—5 152 b) Mk. 10,45; Mk. 14,24 und l.Kor. 11,25 154 c) Rom. 3,24—26 163 d) 2. Kor. 5 172 § 8. Glaube und Taufe nach Rom. 6 194 III. Kapitel: Die „Schlüsselgewalt" als eschatologische Dimension des Kerygmas 218 § 9. Das Petrusbekenntnis von Caesarea-Philippi Mk. 8,27—9,1 parr § 10. Mt. 18,18 §11. Joh. 20,19—23 § 12. Der Ursprung des Wortes vom „Binden" und „Lösen".... Register a) Autoren b) Stellen
218 236 243 251 260 260 268
Die Abkürzungen entsprechen in der Regel dem Abkürzungsverzeichnis von RGG 3 , Bd. VI, S. XXff. — RGG 3 ist stets einfach als RGG zitiert. Wo eine andere als diese dritte Auflage benutzt wurde, ist das eigens vermerkt. Auf ein Literaturverzeichnis wurde verzichtet. Die vollen bibliographischen Angaben stehen in den Anmerkungen und sind mit Hilfe des Autorenregisters (S. 260ff.) leicht zu finden. Zitiert wird nur mit Namen und Seitenzahl, bei mehreren Werken eines Autors außerdem mit einer sinnvollen Titelabkürzung.
EINLEITUNG Das Thema dieser Studien hat mein Lehrer R U D O L F B U L T M A N N angeregt. Als äußerer Anknüpfungspunkt mag ihnen deshalb sein 1932 im Theologischen Wörterbuch erschienener Artikel άφεσις κτλ. dienen1. Aber abgesehen von der darin untersuchten, im wesentlichen auf die Synoptiker und die Apostelgeschichte beschränkten Wortverbindung άφεσις αμαρτιών spielt die Sache der Sündenvergebung in B U L T M A N N S theologischem Denken eine derart zentrale Rolle, daß wir davon absehen können, das durch Zitate aus seinen vielerlei Untersuchungen zu belegen. „Vergebung der Sünden", und zwar nicht als bloß jurisdiktioneller Akt des Freispruchs von der aus der Summe einzelner Gebotsübertretungen entstandenen kumulierten SündenscA«W, sondern vielmehr als Zukunft gewährende Befreiung von der Macht der Vergangenheit und Restitution des Leben und Heil verbürgenden ursprünglichen Gottesverhältnisses, ist für B U L T M A N N in der Tradition Luthers mit Recht die Mitte der biblischen Botschaft. Es gilt darum : „Wo aber Vergebung der Sünden ist, da ist auch Leben und Seligkeit" ; und zwar „Leben und Seligkeit" nicht als postmortaler Lohn und jenseitige Befindlichkeit, sondern als Gegenwart der Neuen Schöpfung als in der Liebe wirksame Freiheit der Söhne Gottes von Gesetz, Sünde und Tod mitten in einer noch unter diesen Mächten „seufzenden Welt". Ehe wir nun die neutestamentlichen Aussagen zu unserem Thema untersuchen, soll aber in einem einleitenden ersten Kapitel ein Bild der alttestamentlichen und jüdischen Voraussetzungen der Rede von der Vergebung der Sünden gezeichnet werden. Es handelt sich dabei nicht bloß um eine phänomenologische Folie, von der sich die neutestamentlichen Aussagen abheben sollen. Vielmehr ist in der Welt des Alten Testaments und in seiner exegetischen Tradition im frühen Judentum in einem Jahrhunderte währenden Prozeß die Sprache entstanden und bereitgestellt worden, in der allein das „Evangelium" in Anknüpfung und Widerspruch Gestalt gewinnen und zur rettenden Kraft für jeden, der glaubt (Rom. 1,16), werden konnte. Auch in diesem Sinn kommt das Heil also von den Juden (Joh. 4,22). Nur von dieser Geschichte her und als ihr Ziel kann Jesus als der Christus und Kyrios recht begriffen werden. Aber auch umgekehrt wird diese janusgesichtige Geschichte Gottes mit seinem Volk und mitten darin des seinem Gott widerstrebenden Volkes nur von Jesus her als „Heils1
R . BULTMANN, A r t . ¿ίφεσις κτλ. T h W 1 / 5 0 6 ff.
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Einleitung
geschichte" begreiflich. Allein „sofern sie Christum treibet" (Luther), ist sie mit all ihren rätselhaften Verästelungen die zielgerichtete „Heilsgeschichte" Gottes. Sofern sie Christus aber hemmt, ist sie bloßer Ausschnitt aus der dem tötenden Gesetz ihrer eigenen Teleologie und Evolution unterliegenden „Welt- und Religionsgeschichte". Ohne daß diese beiden miteinander verbundenen Gesichter der Geschichte je voneinander getrennt werden könnten, müssen sie jedoch kritisch unterschieden werden. Erst von diesen Voraussetzungen her kann das Besondere der christlichen Aussagen als „Erfüllung" solcher „Verheißungs- und Heilsgeschichte" und in eins damit als „Krisis und Ende" solcher „Weltgeschichte" Profil gewinnen und verständlich werden. Nach dem Gesagten versteht es sich von selbst, daß das Alte Testament die Grundlage der folgenden Skizze sein muß. Jedoch seien zu diesem ersten Paragraphen über Sünde und Vergebung im Alten Testament hier einige erläuternde Vorbemerkungen gestattet. Die Zeit intensiver eigener Arbeit am Alten Testament liegt für den Verfasser mit seinem Studium inzwischen achtzehn Jahre zurück. Es war darum ein mühsamer, aber freilich auch entdeckungsreicher Weg durch die umfangreiche und für die theologische Interpretation des Alten Testaments beinahe revolutionäre Literatur dieser Jahre zurückzulegen. Der Leser wird diese für den Verfasser notwendige Orientierung an der sogenannten „Sekundärliteratur" deutlich bemerken und gewiß auch mancherlei Desiderate empfinden. Ferner ist hier vorauszuschicken, daß das Alte Testament nicht immanent und historisch nach den einzelnen Schichten seiner Aussagen oder seines Schweigens über Sünde und Vergebung befragt wurde. Es wurde vielmehr — auch wenn das nicht überall ausdrücklich ausgesprochen ist •—· stets vom Neuen Testament her und im Blick auf seine spätere Wirkungsgeschichte im Judentum hin untersucht. So wird unter Umständen mit der Frage nach der Sündenvergebung an weite Teile des Alten Testaments eine Frage von außen herangetragen, die dort so gar nicht expliziert ist und im Mittelpunkt steht. In zahllosen Partien des Alten Testaments geht es nicht um die extremen Situationen der Rettung von Feinden, Not oder Krankheit, nicht um Sühne und Vergebung der Sünden. Sowenig das menschliche Leben — wie ein extremer Existentialismus gemeint hat — aus permanenten Entscheidungstaten punktuell zusammengesetzt ist, aus Kierkegaardschen „Augenblicken", sowenig erschöpft sich das Dasein Gottes für sein Volk und dessen Leben vor ihm in permanenten rettenden OfFenbarungsakten und Gerechtigkeitstaten. Israels Gott ist nicht nur der stets zukünftige Exodusgott, der alles neu machen will, sondern zugleich der ewige Schöpfergott, der alles „sehr gut ge-
Einleitung
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macht hat", der mit seinem Segen stetiges Wachstum, Nahrung und Frieden gewährt. CLAUS WESTERMANN hat darum ganz recht, wenn er der unter uns üblich gewordenen einseitigen Fixierung Gottes auf „Offenbarung und Geschichte" und also auf sein Rettungshandeln diese andere Dimension des stetigen Segens gegenüberstellt 1 . Durch die verläßliche und gute Ordnung seiner Schöpfung gibt Gott dem Menschen, den er als seinen freien Partner geschaffen hat und in seinem Bund erwählte, die Möglichkeit, vor ihm in Frieden zu leben. Die partnerschaftliche Freiheit des Menschen bedingt es, daß „Verzeihliches" keiner Vergebung bedarf. Erst wo Unverzeihliches die heilvolle Ordnung verkehrt, bedarf es zu ihrer Restitution entweder der Beseitigung des Sünders oder des gnädigen Aktes der Vergebung. Im zweiten Paragraphen soll sich eine Untersuchung des Fortlebens der alttestamentlichen Ideen und Institutionen im Judentum in seinen verschiedenen Ausprägungen anschließen. — Weil uns die Handschriftenfunde von Qumran Einblick in die theologischen Anschauungen und in die gottesdienstliche Praxis einer ganz konkreten jüdischen Gemeinde in der unmittelbaren Umwelt des Neuen Testaments vermitteln, sollen die infrage kommenden qumranischen Aussagen in einem gesonderten Paragraphen besprochen werden (§ 3). — Endlich 1 C. WESTERMANN, Der Segen in der Bibel u n d im Handeln der Kirche. 1968. — So hilfreich u n d notwendig freilich W E S T E R M A N N S Unterscheidung von R e t t u n g und Segen ist, so verfehlt ist ·— namentlich im Blick auf das N T — ihre Scheidung u n d Dualisierung in disparate Akte und zu disparaten Zwecken (vgl. etwa 108 u.ö.). Zudem sollte m a n schärfer zwischen Gottes Segen als einer heilvollen Befindlichkeit und dem menschlichen Segnen als der Vermittlung dieses Zustandes unterscheiden. Kein Mensch will sagen, der Segen sei nur „eine Art der F ü r b i t t e " (72 u.ö.). Allerdings ist aber das Segnen eine Art der F ü r b i t t e ; in seiner applikativen Gestalt mit dem Gestus der H a n d a u f h e b u n g oder -auflegung m a g sich zugleich die verheißene Erhörungsgewißheit solchen Gebets aussprechen. — Richtig ist, daß das Segnen in magische Ursprünge zurückweist. Richtig ist auch, daß Magie, Religion und Wissenschaft jeweils an ihrem Ort „Möglichkeiten der Daseinsbewältigung des Menschen sind" u n d daß d a r u m eine Geringschätzung der Magie „auf Voreingenommenheit zurückzuführen i s t " (ebd. 59). Freilich gilt das gegen W E S T E R M A N N nur, sofern ein Heutiger borniert frühere Generationen oder Menschen in vorwissenschaftlichen Lebensverhältnissen wegen ihres magischen Weltverständnisses verachtet. H e u t e und unter uns ist Magie keine legitime F o r m der Daseinsbewältigung mehr, sondern barer Aberglaube und Abgötterei. D a ß der Jahwist „die deutlich magischen Züge des Segens nicht austilgt", liegt gegen W E S T E R M A N N nicht daran, daß er „diesem vorjahwistischen vortheologischen Verständnis des Segens irgendeine positive Bedeutung zuerkannt h a b e n " m u ß (ebd. 60), sondern an seiner zutiefst in einer magischen Welt beheimateten Ontologie. E r erkennt nicht magische Züge u n d behält sie bewußt dennoch bei, sondern unter seiner H a n d beginnt auf dem Boden des magischen Denkens von seinem Glauben her eine Entmagisierung des Segens. Wo sie konsequent vollzogen ist, k a n n das Segnen in der Tat „ n u r " noch als F ü r b i t t e verstanden werden; aber was heißt dabei „ n u r " angesichts von Mt. 6,8; J o h . 14,13 u.ö.? Jedes „Mehr" wäre hier als ein Rückfall in die religiös-sakramentale Welt vor Jesus ein „Weniger".
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Einleitung
wird eine Untersuchung von Sünde, Gnade und Vergebung in der jüdisch-hellenistischen Synagoge, für die Philon von Alexandria als Kronzeuge gelten muß, das Kapitel beschließen (§ 4). Da — wie wir andernorts gezeigt haben1 — die Taufe Johannes des Täufers die verheißene eschatologische Sündenvergebung sakramental bewirken wollte, und da diese Anschauung in der christlichen Taufe anscheinend fortlebt, soll das zweite Kapitel den Zusammenhang von Taufe und Vergebung behandeln. Nach der Erörterung der Johannestaufe (§ 5) soll geklärt werden, warum und in welcher Weise die Christen diese Taufe übernommen und neu interpretiert haben (§6). Sodann ist — gleichsam exkursweise — die neue christliche Begründung der Sündenvergebung im Tode Jesu zu untersuchen (§7). Die Analyse des Verhältnisses von Glaube und Taufe endlich wird das zweite Kapitel beschließen. Rom. 6,1-14 soll hier als Leitfaden dienen (§ 8). Zu dem Exkurs in die neutestamentliche Soteriologie (§ 7) ist hier nun aber auf ein wesentliches Desiderat unserer Studien hinzuweisen : Allein Verkündigung und Verhalten des irdischen Jesus (nicht die historische Objektivation seiner ipsissima vox!) berechtigte und nötigte seine Gemeinde, seinen Tod — und zwar nicht als isolierte oder auch nur isolierbare „Heilstatsache", sondern als die unbedingte Konsequenz seines Lebens und darum immer mit diesem zusammen — als Gottes eschatologische Sündenvergebung und als Ursache und Ursprung der Neuen Schöpfung zu deuten und zu verkündigen. D.h. die in § 7 dargestellte christologische Soteriologie muß als Explikation der in Verkündigung und Verhalten des irdischen Jesus implizierten Christologie und Soteriologie begriffen werden. Für diesen konstitutiven Zusammenhang, der später in einer gesonderten Untersuchung dargestellt werden soll, sei einstweilen nur auf die Arbeiten v o n E . FUCHS, E . JÜNGEL, E . KÄSEMANN, G. EBELING, F . und K. E. L O G S T K Ü T verwiesen2.
GOGARTEN
Das dritte Kapitel schließlich soll — ausgehend von dem berühmten Wort der Schlüsselübergabe an Petrus (§ 9) — unter dem Stichwort „Schlüsselgewalt" die in diesen Kreis sich einordnenden Aussagen des Neuen Testaments interpretieren (§§ 10-12). 1
H . THYEN, Βάπτισμα μετανοίας είς άφεσιν αμαρτιών (in : Zeit u. Geschichte.
Bultmann-Festschrift 4
1964,
97-125).
E. FUCHS, Zur Frage nach dem historischen Jesus. GesAufs. I I , 1960. — E . JÜNGEL, Paulus und Jesus. H U T h . 2, 3. Aufl. 1967. — E . KÄSEMANN, Sackgassen im Streit um den historischen Jesus. Exeget. Versuche u. Besinnungen I I , 1 9 6 4 , 3 1 - 6 8 . — G . E B E L I N G , T h e o l o g i e u n d V e r k ü n d i g u n g . H U T h . 1, 1 9 6 2
u.a. — F. GOGABTEN, Jesus Christus Wende der Welt. 1966 u.a. — Κ. E. LASTRUP, Die ethische Forderung. 1959, bes. 23Iff. u. DEES., Kontroverse u m Kierkegaard und Grundtvig I I , 1968, bes. 42 ff.
Einleitung
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Sowenig der Sache der Sündenvergebung mit begriffsgeschichtlichen Untersuchungen allein auf die Spur zu kommen ist1, sowenig kann sie — wie das in älteren Untersuchungen gelegentlich der Fall ist — als die Geschichte der im Christentum schließlich kulminierenden Idee der göttlichen Gnade entfaltet werden. Sündenvergebung ist vielmehr wirklich und wirksam nur als ein in einem konkreten Akt personaler Begegnung erfahrbares Geschehen. Wir müssen deshalb vor allem auf derartige Akte als den wirklichen „Sitz im Leben" der Vergebung unser Augenmerk richten. „Sünde", wie immer sie im einzelnen zu bestimmen sein mag, bezeichnet stets eine verschuldete Störung des Verhältnisses des Daseins zur Gottheit. „Verschuldet" soll hier zunächst nur den objektiven Schuldcharakter anzeigen; ein subjektives Schuldigsein oder gar Schuldgefühl braucht überhaupt nicht im Blick zu sein. Es ist dabei gleichgültig, ob es sich um einen den Menschen von seinem transzendenten Daseinsgrund entfremdenden Eingriff in ein gleichsam neutrales Gefüge sakraler Mächte oder um einen Verstoß gegen eine von einer persönlichen Gottheit gesetzte Ordnung handelt, zumal beide Typen selten rein begegnen. Die Verletzung des Tabus löst ein automatisch auf den Täter und seine Sippe zurückschlagendes Übel aus, während der Übertretung des göttlichen Gebotes die vergeltende Strafe der Gottheit folgt2. In beiden Fällen jedenfalls ist „Sünde" eine konkrete und aktuelle Tat, gleichgültig ob sie bewußt oder unbewußt begangen wurde. Je stärker allerdings der persönliche Wille der Gottheit im Vordergrund steht, desto deutlicher beginnt man zwischen bewußten und unbeabsichtigten Sünden zu differenzieren. Überhaupt führt dieses „aktuelle", allein auf die konkrete Übertretung blickende Sündenverständnis je länger desto ausgeprägter zur wertenden Unterscheidung der Sünden in leichtere und schwerere, vergebbare und unvergebbare. Hier tut sich der Bußpraxis der Religionen ein weites Feld auf3. Bei diesem aktuellen Sündenverständnis ist meist im Plural von „Sünden" die Rede, wie denn hier auch weitgehend der zusammenfassende Allgemeinbegriff „Sünde" fehlt. Es finden sich vielmehr die verschiedensten Bezeichnungen einzelner Vergehen gegen konkrete kultische und ethische Tabus oder Gebote4. 1 2
Vgl. zur Sache G. VON RAD, TheolAT II, 7 und siehe unten pase. Vgl. G. MENSCHING, Die Idee der Sünde. 1931; DERS., Die Idee der aktuel-
len S ü n d e in der Religionsgeschichte (ZMR 1931, 1 6 1 - 1 8 0 ) u. G. VAN DER LEEUW
Phänomenologie der Religion 2 1956, 27ff.; 586FF. 3 S. dazu vor allem R. PETTAZZONI, Confessione dei peccati. 1929-1936,3 Bde; bes. Bd. II: Ägypten, Babylonien, Israel, Arabien u. Bd. III: Syrien, Hetiter, Klein-Asien, Griechenland (Gesamtregister). 1
Vgl. MENSCHING, I d e e 13ff.
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Einleitung
Neben solchem Sündenverständnis (peccatum actúale) und häufig mit ihm in Spannung steht ein anderes, das die Sünde als „generelle und existentielle Störung" des Gottesverhältnisses versteht (peccatum originale)1. Hier kann von Sünde streng genommen nur im Singular geredet werden2 und darum verbietet sich hier jede Differenzierung. Diese „Sünde" ist Grund und Ursache aller „Sünden"; sie ist existentielle Feindschaft gegen Gott3. „Das Schuldigsein resultiert nicht erst aus der Verschuldung, sondern umgekehrt: diese wird erst möglich 'auf Grund' eines ursprünglichen Schuldigseins"4. Jede prophetische und charismatische Kultkritik erfolgt von diesem Grunde her, denn sie sieht deutlich das Ungenügen der vor der Übermacht der Sünde in die kultische Praxis der Sühnung der Sünden ausweichenden Institution5. „Die Verständigkeit des Man kennt nur Genügen und Ungenügen hinsichtlich der handlichen Regel und öffentlichen Norm. Verstöße dagegen verrechnet es und sucht Ausgleiche. Vom eigensten Schuldigsein hat es sich fortgeschlichen, um desto lauter Fehler zu bereden"®. Wie sich die aktuellen Sünden durch einen gedankenlosen Kultmechanismus paralysieren lassen, so läßt sich aber auch dieses allem konkreten Schuldigwerden zugrunde liegende Schuldigsein neutralisieren, indem es nicht mehr als existentielle Auflehnung gegen Gott, sondern als blindes Verhängnis, Kerkerhaft der Seele im vergänglichen 1
Vgl. ebd. u. V A N D E B L E E U W 586ff. Gegen MENSOHING, ZMR 1931, 161ff. ist die Unterscheidung von „ S ü n d e " u n d „ S ü n d e n " freilich eine sachliche, die sich nicht notwendig linguistisch zu manifestieren braucht. Auch da, wo das Abstractum „die Sünde" noch nicht vorhanden ist, weil die dazu notwendige theologische Reflexion fehlt, k a n n sehr wohl ein tiefes existentielles „Wissen" u m die den Menschen bedrängende Macht der Sünde vorhanden sein. E s k a n n sich — wie wir noch sehen werden — u. a. dadurch Ausdruck verschaffen, daß eine ganze Anzahl von Ausdrücken f ü r Sünde gehäuft werden. — Luthers bekannter Protest gegen den Zwang zum Aufzählen aller Einzelsünden h a t j a vor allem den Sinn zu verhindern, daß die Sünde durch die Sünden verdrängt wird. 3 Vgl. vor allem V A N D E R L E E U W S86ff. 4 M . H E I D E G G E R , Sein u n d Zeit. Ί 9 5 3 , 2 8 4 ; s. auch ebd. 2 8 0 F F . 5 Näheres zum Sinn der „ K u l t k r i t i k " s . u . § 1. ' H E I D E G G E R , ebd. 288, wobei freilich H E I D E G G E R S Anm. auf S. 306 zu bedenken ist: „ D a s ursprünglich zur Seinsverfassung des Daseins gehörende Schuldigsein ist v o m theologisch verstandenen s t a t u s corruptionis wohl zu unterscheiden. Die Theologie k a n n in dem existential bestimmten Schuldigsein eine ontologische Bedingung seiner faktischen Möglichkeit finden. Die in der Idee dieses status beschlossene Schuld ist eine faktische Verschuldung von völlig eigener Art. Sie h a t ihre eigene Bezeugung, die jeder philosophischen E r f a h r u n g grundsätzlich verschlossen bleibt. Die existenziale Analyse des Schuldigseins beweist weder etwas für noch gegen die Möglichkeit der Sünde. Man k a n n streng genommen nicht einmal sagen, daß die Ontologie des Daseins von sich aus diese Möglichkeit überhaupt offen läßt, sofern sie als philosophisches Fragen grundsätzlich nichts von der Sünde 'weiß'." 2
Einleitung
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Leibe, Unentrinnbarkeit der Individualität oder dergleichen verstanden wird1. Dieses von den Religionswissenschaftlern — vor allem von G. VAN DEE LEEUW — aufgrund des Überblickes über eine große Fülle religionsgeschichtlichen Materials gewonnene Bild der Phänomene mag als „Vorverständnis" unsere folgende Untersuchung leiten. Es wird sich freilich immer wieder an den sich zeigenden Dingen selbst zu bewähren haben, bzw. sich von ihnen korrigieren lassen müssen2. Jedenfalls macht es aber schon im voraus deutlich, daß wir nach dem jeweils leitenden Verständnis von Sünde fragen müssen, wenn wir verstehen wollen, was „Vergebung" jeweils besagt. 1
V g l . V A N D E B L E E U W 587 u . s. u .
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Siehe die Epilegomena bei VAN DEB LEEUW 768 ff.
I. KAPITEL: DIE VORAUSSETZUNGEN
§ 1. Sünde und Vergebung im Alten Testament1) In seiner Theologie des Alten Testaments bemerkt GEBHARD VON RAD: „Schon eine kurze Durchsicht der Schriften des Alten Testaments zeigt, daß sehr selten theoretisch-theologisch von der Sünde die Rede ist"2. Übervoll dagegen sei das Alte Testament von Hinweisen, Berichten und vor allem Bekenntnissen konkreter einzelner Sünden, „die irgendwo, irgendwann und von irgendwem begangen wurden"3. Dieser Tatbestand findet seinen handgreiflichen lexikalischen Niederschlag vor allem darin, daß dem Hebräischen des Alten Testaments ein wirkliches Äquivalent zu dem neutestamentlichen Wort αμαρτία fehlt. Das Alte Testament enthält eine Vielzahl verschiedenartiger Ausdrücke mit ihrer jeweils besonderen Pointierung4. Freilich darf aus dem Fehlen eines hebräischen Terminus für αμαρτία und aus der Tatsache, daß im Alten Testament eine tiefgehende Reflexion über das Wesen der Sünde als einer von Gott trennenden Macht, wenn überhaupt, dann höchstens ganz am Rande begegnet5, nun nicht voreilig geschlossen werden, daß Israel wie die primitiven Religionen nur konkrete Sünden kenne und also von der dahinterliegenden und sie überhaupt erst ermöglichenden Urfeindschaft gegen Gott nichts wisse6. Abgesehen von der jahwisti1 Vgl. z u m Folgenden: J . K Ö B E K L E , Sünde u n d Gnade . . . 1905; J . J . S T A M M , Erlösen u n d Vergeben im A T . 1940; R . P E T T A Z Z O N I , Confessione 11/140-311; R . K N I E R I M , Die Hauptbegriffe f ü r Sünde im AT. 1965; die entspr. Abschnitte der Theologien des A T ; J . H E M P E L , Das E t h o s des A T . 1938; D E R S . , Heilung als Symbol u n d Wirklichkeit im biblischen S c h r i f t t u m . 2 1965. F e r n e r : TH. C. V R I E Z E N , A r t . „Sünde u n d Schuld I I . I m A T " R G G , V I / 4 7 8 - 4 8 2 ; D E R S . , A r t . „Sündenvergebung I . I m A T " ebd. 507-511 (Lit.); Κ . KOCH, A r t . „ S ü n d e u n d S c h u l d " E K L II/1217ff. ; DERS., Sühne u n d Sündenvergebung u m die W e n d e v o n der exilischen zur nachexilischen Zeit. E v T h 26, 1966, 217-239; S. Mow i N C K E L , Religion u n d K u l t u s . 1953, 84ff. 2 3 TheolAT 1 / 1 6 7 . E b d . ; vgl. K N I E R I M 1 7 . 4 Vgl. V O N R A D , TheolAT I / 2 7 5 f f . ; ferner die Übersicht bei G . Q U E L L , Art., άμαρτάνω κτλ. T h W I/267ff. u. V R I E Z E N (S. o. A n m . 1 ) . Siehe a b e r vor allem die sorgfältige U n t e r s u c h u n g v o n K N I E R I M , die in drei Teilen den S t ä m m e n ΝϋΠ, 5ÎÎPS u n d pj? sowie ihren Derivaten n a c h g e h t u n d dabei die häufig geübte einseitige Begriffsanalyse d u r c h ein sehr a u f m e r k a m e s Abhören der K o n t e x t e sowie d u r c h form- u n d traditionsgeschichtliche Beobachtungen ergänzt u n d korrigiert. Näheres z u m Methodenproblem s . u . 5 Siehe VON RAD, TheolAT 1/167 u. vgl. die ebd. A n m . 28 gegebenen Belege: Gen. 6,5; 8 , 2 1 ; J e r . 13,23; 17,9; Ps. 14,2f.; 116,11; H i . 14,4. Siehe d a z u E . B R A N D E N B U R G E R , A d a m u n d Christus. W M A N T 7, 1962, 16 ff. • Dieser Schluß aus d e m Fehlen eines singularischen A b s t r a c t u m s f ü r Sünde wäre verfehlt (s.o. S. 14 A n m . 2 ; es erklärt n u r die noch nicht erfolgte
Sünde und Vergebung im Alten Testament
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sehen Urgeschichte in Genesis 3-11, die wohl der älteren gemeinorientalischen Weisheit ihre Entstehung verdankt 1 , und die ganz bewußt und thematisch von der „lawinenartig" anwachsenden Sündenmacht nach dem „dramatischen Bruch" des bewahrenden „urständlichen Gottesverhältnisses" redet 2 , weiß das Alte Testament auch sonst, quer durch alle seine Schichten hindurch, ohne das terminologisch reflektiert zum Ausdruck zu bringen 3 , von der Sünde als der von Jahwe trennenden lebensfeindlichen Macht 4 . Ehe wir nun aber Einzelheiten über die Sünde, ihre Auswirkungen und ihre Aufhebung im Alten Testament darstellen, muß eine kurze Besinnung über ihren Urheber vorausgeschickt werden. I m alten Israel der Stämme-Amphiktyonie 6 ist „Sünde" nicht am sündigenden Individuum, sondern ausschließlich am Kollektiv dieses Sippenverbandes orientiert. Sie kommt in dieser ursprünglichen Pansakralität deshalb gar nicht als „Schuld" des Täters vor Gott in den Blick. Es fehlt noch jegliche Reflexion über das Gewissen und ähnliche anthropologische Kategorien. Alle im modernen Strafrecht diskutierten Merkmale der Strafe wie „Sühne", „Vergeltung" oder gar eine pädagogische Abzweckung liegen außerhalb des Horizonts. Das Individuum in unserem Sinne ist noch gar nicht entdeckt ; Individuum als das unteilbare Ganze ist vielmehr das Kollektiv mit seiner bergenden patriarchalisch-sakralen Ordnung. Es geht alles um die Wohlfahrt und das Heil dieses Ganzen, in dessen schützender Anonymität der einzelne lebt. „Sünde" ist deshalb in dieser Welt immer zugleich eine „soziale Kategorie" 6 ; sie kommt allein als Störung der Integrität der Gemeinschaft in den Blick. „Die Handlungen des einzelnen waren nie ohne Bezug zum Ganzen, gemeinschaftsfördernd oder gemeinschaftsReflexion über das Wesen der Sünde. Gerade die im AT nicht seltene Häufung verschiedener Sünden-Termini kann als Index der existentiellen Erfahrung der beherrschenden Sündenmacht angesehen werden (z.B.: E x . 34,7; Lev. 16,21; Num. 14,18; Ps. 32,1.5; Mi. 7 , 1 8 f . ; Dan. 9,24 u.ö.). Siehe dazu KNIERIM 229ff. 1 Vgl. VON RAD, TheolAT 1/168 u. C. WESTERMANN, Arten der Erzählung in der Genesis ( = Ges. Stud., TheolBü. 24, 1964, 9-91) 47ff. 2 VON RAD ebd. 167; s. auch BRANDENBURGER, Adam 16f. 3 4
V g l . KNIERIM p a s s . S i e h e b e s o n d e r s E z . 3 3 , 1 0 F F . ; v g l . VRIEZEN, R G G "VT/479 u . R . BTJLT-
MANN, Das Urchristentum im Rahmen der antiken Religionen. 1949. 56f. 6 Die Frage nach Entstehung und Institution der Amphiktyonie kann in unserem Zusammenhang auf sich beruhen; vgl. dazu vor allem S. HERRMANN, ThLZ 87, 1962, 561-574; R. SMEND, Jahwekrieg und Stämmebund. F R L A N T 8 4 , 1 9 6 3 ; J . MAIER, V o m K u l t u s z u r G n o s i s . 1 9 6 4 , 46FF. ' V O N R A D , T h e o l A T 1 / 2 7 7 ; v g l . VAN D E R L E E U W 2 7 I f f . u . s i e h e KNIERIM
97FF., der statt v o m „Kollektiv" lieber v o m „Ganzheitsdenken" sprechen möchte, nach welchem der einzelne nicht als „pars pro toto", sondern vielmehr gerade als das „totum in singulis" erscheint (99). Siehe ferner MOWINCKEL, Religion und Kultus 16 f. 2 Thyen, Studien
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Die Voraussetzungen
widrig"1. Es ist gemeingefährlich, sich an Jahwes Hoheitsrechten zu vergreifen; ob der Täter dabei etwa „Schaden an seiner Seele" nimmt, ist nicht von Interesse2. Diese ursprüngliche Orientierung der Sünde hat bis in die Spätzeit Israels nachgewirkt, so daß es sich nie völlig „auf eine Auflösung seiner Schuldvorstellung ins Subjektive" eingelassen hat3. Bahnbrechend hat das Κ . H . F A H L G R E N in seiner Untersuchung des Begriffs der Gerechtigkeit im Alten Testament deutlich gemacht4, indem er gezeigt hat, daß Jahwes Gerechtigkeit vor allem an dem Israel von ihm gewährten, in geschichtlichen Heilserweisungen manifestierten und im Kult realisierten Bundesverhältnis orientiert ist, so daß man den Sinn dieser „Gerechtigkeit" weithin geradezu mit „Bundestreue" wiedergeben kann5. Sowenig also die Gerechtigkeit durch die Vorstellung eines absoluten und allgemeinen Sittengesetzes geprägt ist 6 , sowenig ist „Sünde" als Übertretung derartiger ewiger 1 G. GERLEMAN, A r t . „Gemeinschaft u n d I n d i v i d u u m I I . I m A T " R G G I I / 1352; vgl. VON RAD, TheolAT 1/277F.; W. ZIMMEREI, D a s Gesetz u n d die P r o p h e t e n . Kleine V a n d e n h o e c k - R e i h e 166-168, 1963, 66f. (Belege). 2
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V g l . GERLEMAN, e b d .
VON RAD, TheolAT 1/281. Κ . H . FAHLGREN, Sedaka n a h e s t e h e n d e u n d entgegengesetzte Begriffe im A T . 1932; vgl. a u c h K.KOCH, Sdq im AT, Diss. Heidelberg 1953 (Masch.); DERS., Gibt es ein Vergeltungsdogma i m A T ? ( Z T h K 52, 1955, 1 - 4 2 ) ; DERS., Wesen u n d U r s p r u n g der „ G e m e i n s c h a f t s t r e u e " im Israel der Königszeit ( Z E E 5, 1961, 72ff.); J.BECKER, D a s Heil Gottes ( S U N T 3, 1964) 13ff.; P . STUHLMACHER, Gerechtigkeit Gottes bei P a u l u s . F R L A N T 87, 1965, 46ff. u. 113 ff. — J e d o c h ist in den meisten der eben g e n a n n t e n P u b l i k a t i o n e n eine a n sich richtige B e o b a c h t u n g einseitig verabsolutiert. Siehe deshalb a u c h F . NÖTSCHER, A r t . „Gerechtigkeit", Bibl. theol. W ö r t e r b . 1959, 283ff.; A. DÜNNER, Die Gerechtigkeit nach d e m A T . 1963 (Sehr. z. Rechtslehre u. Politik 42); J . VELLA, L a guistizia forense di Dio (Suppl. alla R i v i s t a Biblica 1) Brescia 1964 u n d H . H . SCHMID, Gerechtigkeit als W e l t o r d n u n g . B H T h . 40,1968 ; weiteres s.u. 5 Der A u s d r u c k „ B u n d e s - " oder „ G e m e i n s c h a f t s t r e u e " h a t sich in der Nachfolge KOCHS n a h e z u als Ü b e r s e t z u n g s t e r m i n u s v o n N¡?"TX b r e i t g e m a c h t ; vgl. vor allem STUHLMACHER pass. — D a s scheint u n s insofern bedenklich, als d a m i t der in sdq e n t h a l t e n e u n d v o n FAHLGREN (z.B. 78) ganz richtig b e o b a c h t e t e N o r m gedanke entweder übersehen wird oder gar ausdrücklich der Polemik v e r f ä l l t ; letzteres e t w a bei STUHLMACHER 47 ff. 6 Vgl. VON RAD, TheolAT I/382ff., der auf die b a h n b r e c h e n d e U n t e r s u c h u n g v o n H . CREMER, Die paulinische Rechtfertigungslehre i m Z u s a m m e n h a n g ihrer geschichtlichen Voraussetzungen, 1901, verweist. Siehe a u c h G. QUELL, T h W I I / 1 7 6 f f . ; STUHLMACHER 46ff. u . ö . — Die A n n a h m e , d a ß die R e d e v o m sdq J a h w e s , die nicht eine „geistige I d e e " , sondern eine „ r a u m h a f t dingliche S p h ä r e " beschreibt (KOCH, Gemeinschaftstreue 88), v o n d e m i m A l t e r t u m i m ganzen vorderen Orient v e r b r e i t e t e n K u l t einer G o t t h e i t „ S e d e k " beeinflußt ist, h a t viel f ü r sich. Auf einen derartigen vorisraelitischen K u l t in J e r u s a l e m k ö n n t e n die N a m e n „ A d o n i s e d e k " (Jos. 10, Iff.) u n d „Melchisedek" (Ps. 110,4) u n d „ Z a d o k " hinweisen; vgl. N . W . PORTEOUS, J e r u s a l e m - Z i o n : T h e G r o w t h of a Symbol (Verbannung u. H e i m k e h r , R u d o l p h - F e s t s c h r i f t 1961, 235-252); W . SCHOTTROFF, A r t . „ Z a d o k " R G G VI/1860 (Lit.); H . H . SCHMID lOff. u. 74ff.; J . MAIER, K u l t u s 48F.; P . STUHLMACHER 114f. (Lit.); vgl. a u c h VON RAD, TheolAT I / 3 8 8 f . A n m . 16. ·— Die Semasiologie zeigt — u n d der K u l t einer 4
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und allgemeinverbindlicher N o r m e n verstanden 1 . Freilich darf daraus, daß nach dem Alten Testament Götter und Menschen nicht „nach ewigen ehernen Gesetzen" ihres Daseins Kreise vollenden müssen, nicht die Alternative konstruiert werden: N o r m e n oder gemeinschaftsgemäßes Verhalten (so nach Vorgang v o n CREMER und KOCH jetzt STUHLMACHER). Vielmehr gehören beide zusammen, wobei die N o r m e n allerdings nicht an der Idee eines unveränderlichen Sittengesetzes, sondern an J a h w e s „Gerechtigkeit" orientiert sind 2 . Diese seinem Volk v o n J a h w e erwiesene Treue und Gerechtigkeit wird auch v o n jedem Glied des Bundesvolkes gefordert. Sie ist Israels „höchster Lebenswert" 3 . Wer ihr entspricht, ist ein Gerechter, wer gegen sie verstößt, schließt nicht allein sich selbst aus der Gemeinschaft aus, sondern — und darauf liegt ausschließlich der Akzent — stört das Verhältnis Jahwes zu seinem Volk und macht damit nichts weniger als das Heil selbst fraglich 4 . Dieses noch lange vor dem Erwachen der Individualität liegende fast leibliche Eingebundensein des einzelnen in das Kollektiv wird am handgreiflichsten durch einen Blick auf das „altisraelitische Strafpersönlichen Gottheit mit ihren Forderungen würde das bestätigen —, daß dem Wort sdq von Anfang an die Momente des Normgemäßen und Forensischen angehören (vgl. etwa G E S E N I U S - B U H L s.v.), und deshalb darf man sich nicht verschleiern, daß die atl. Rede von Gottes Gerechtigkeit nicht darin aufgeht, seine in geschichtlichen Heilserweisen (Π1Π"1 m p l S ) manifestierte Gemeinschaftstreue zu beschreiben. Weiteres s.u. 1 Vgl. dazu vor allem K N I E B I M pass. ; Ζ. Β . : „Das Aufdecken und Qualifizieren eines Lebensvorganges oder einer Tat als , Sünde' geschieht im Grunde durch das offenbarende Eingreifen Jahwes im sakralen Gerichtsakt. Was von Fall zu Fall Sünde ist und was nicht, das von vornherein zu wissen und zu bestimmen, liegt nicht in jedem Fall in der Möglichkeit des Menschen, sondern es wird ihm von Jahwe enthüllt, indem der Mensch angeklagt und überführt wird. Die Erkenntnis von ,Sünde' entspringt einem Offenbarungsvorgang" (55). 2 Wenn man dabei HplS mit „Bundestreue" wiedergibt, muß man im Auge behalten, daß Jahwe gerade um dieser Bundestreue willen lohnt und straft (vgl. D Ü N N E R 12ff.). Die Rechtsnorm, an der Sünde weitgehend gemessen und wonach sie bestraft wird, ist das apodiktische Jahwerecht (s. K N I E B I M 60ff.). Weil S T U H L M A C H E R das nicht sieht, kann er im Grunde mit dem apodiktischen Recht nichts anfangen und polemisiert grundlos gegen V O N R A D und K R A U S (120ff.), die die Promulgation des Gottesrechtes als das Zentrum des israelitischen Bundesfestes ansehen. Nach S T U H L M A C H E B (ebd.) muß der Erweis von Jahwes Gerechtigkeit als Heilsindikativ dem Imperativ des Gebotes vorangehen, das dann — aller realen Wirksamkeit und aller Rechtsfolgen entkleidet — bloß didaktisch-paränetischer Anhang „zur Erziehung des israelitischen Menschen" sein kann, womit S T U H L M A C H E B eine Formulierung G E S E S aufnimmt. Sollte sich aber Jahwes Gerechtigkeit nicht gerade in der Kund-Gabe seiner Tora äußern können (vgl. Ps. 1 u.ö.)? Siehe dazu bes. W. E I C H R O D T , Bund und Gesetz (Hertzberg-Festschrift 1965, 30-49). 3 V O N R A D , TheolAT 1 / 3 8 2 . 4 Vgl. ebd. 384f. u. S T A M M 142ff., der zeigt, daß die bei DtJes. vollzogene Identifizierung von Erlösen und Vergeben „der Sache nach im AT vorgeprägt und auch sonst vorhanden ist" (140). Vgl. VON RAD, TheolAT II/278ff.; weiteres s.u. 2*
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Die Voraussetzungen
recht" illustriert1: Nach der siegreichen Eroberung und Zerstörung Jerichos hat sich Achan am Jahwe geweihten Banngut vergriffen2 und damit Jahwes Zorn über die Israeliten heraufbeschworen, dergestalt daß die bisher Siegreichen nun von ihren Feinden in die Flucht geschlagen werden. Achans Sünde hat also gleichsam epidemische Folgen. Das Heil Israels ist fraglich geworden. Auf Josuas und der Ältesten Bußhandlungen vor der Lade hin offenbart Jahwe den Grund für die Wende ins Unheil. Der Täter wird ermittelt3, er bekennt seine Sünde4 und wird gesteinigt und verbrannt6, und zwar nicht er allein, sondern seine ganze Sippe. Jetzt ist das unheilgeladene Böse aus der Gemeinde getilgt, der Bund restituiert, und Israel besiegt erneut seine Feinde6. Ein völlig sinngemäßer Vorgang wird Ri. 19f. berichtet; die Beispiele ließen sich vermehren7. Auch die israelitische Blutrache muß in diesem Zusammenhang betrachtet werden, „ihre Unterlassung ist eine 'Verfehlung gegen Jahwe', ihre Ausführung ein 'religiöses Verdienst'. Haben die zur Rache Verpflichteten, zu schwach, sie selbst auszuführen, in feierlicher Beschwörung die göttliche Vergeltung auf den Täter herabgerufen, so vollzieht Jahwe die Blutrache an ihrer Stelle."8 In all diesen Fällen fehlt völlig der Gedanke an eine solcher Schuld zugrunde liegende essentielle Ursünde sowie die Reflexion über das subjektive Schuldigsein9. Erst ganz allmählich hat sich der Sinn für 1 Vgl. z u m Folgenden W . P B E I S E B , Vergeltung u n d Sühne i m altisraelitischen S t r a f r e c h t (Festschrift f ü r E . Schmidt 196Í, 7-38). 2 J o s . 7 ; vgl. M. N O T H , J o s u a ( H A T 7 ) z . S t . u n d siehe G. C H R . M A C H O L Z , U n t e r s u c h u n g e n zur Geschichte der Samuel-Überlieferungen. Diss. Heidelberg 1966 (Masch.), 77ff. 3 Die Schilderung der R e a k t i o n J o s u a s auf die Niederlage (V. 6) spiegelt offenbar ein festes B u ß r i t u a l ; vgl. N O T H Z. St. u. K N I E B I M : „ D a s alles sind keine p r i v a t e n A k t i o n e n u n d keine s u b j e k t i v e n Verzweiflungsausbrüche, sondern offizielle Bußzeremonien angesichts der Niederlage" (21). * A u c h die A u f f o r d e r u n g a n A c h a n z u m B e k e n n t n i s (V. 19), der erste Teil v o n Achans Beichte (V. 20), eine „vollausstilisierte a m p h i k t y o n i s c h e F o r m e l " ( K N I E B I M 22), u n d der Urteilsspruch (V. 25) sind geprägte Stücke der sakralen G e r i c h t s b a r k e i t ; vgl. K N I E B I M 22ff. 5 Die zwiefache H i n r i c h t u n g ist offenbar d u r c h die Volksetymologie bedingt (V. 26); vgl. N O T H z . S t . ; P B E I S E B 20f. u. H . G B A P R E V E N T L O W , Kultisches R e c h t im A T ( Z T h K 60, 1963) 291. • J o s . 8. Aus d e m B a n n r e c h t d ü r f t e a u c h die F o r m u l i e r i m g v o n J a h w e s H e i m s u c h u n g der Schuld bis ins d r i t t e u n d vierte Glied s t a m m e n . E s h a n d e l t sich n i c h t u m eine „ E r b s c h u l d " , sondern u m die v o m Bösen verseuchte Großfamilie, die a u s g e r o t t e t werden m u ß (vgl. W . Z I M M E B L I , Gesetz 9 0 ) . 7 Belege bei P B E I S E B 23ff., der a u c h auf Apg. 5, I f f . verweist. 8 E b d . 32; vgl. G E B L E M A N , R G G 11/1352. 9 Vgl. V O N R A D , TheolAT I / 2 8 0 f . u . K N I E B I M 6 7 f f . ; gerade die vielfältigen Sühneriten zeigen, d a ß Israel a u c h in seiner Spätzeit bei aller W ü r d i g i m g der s u b j e k t i v e n Schuld des T ä t e r s a m objektiven Verschuldensprinzip festgehalten h a t (siehe ebd. 69). Soweit i m objektiven Verschuldensprinzip die t o t a l e Abhängigkeit des Menschen v o m souveränen Rechtswillen J a h w e s festgehalten ist
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die individuelle Alleinverantwortlichkeit des Täters entwickelt. Das zeigt das israelitische Asylrecht: jetzt verfällt nur noch der Täter und nicht mehr seine gesamte Sippe der Ausrottung1. Es ist im Grunde sinnlos, bei dieser gar nicht an der Individualität des Sünders und seiner Schuld orientierten Sicht, seine Vertilgung als einen göttlichen Racheakt zu verstehen. Es trifft nicht den Sachverhalt, wenn KÖBERLE formuliert: „Nur das vernichtende Gericht, die Ausrottung, der gewaltsame Untergang stehen in direktem Gegensatz zur vergebenden Gnade."2 Jahwe erweist seinem Volk vielmehr gerade in der Identifizierung und Vernichtung des Sünders seine „vergebende Gnade"3. Darum ist die Tötung des Täters auch gar nicht in unserem Sinn „Strafe"4. Die in unseren genannten Beispielen liegende Auffassung der Sünde als eines fast magisch Unheil wirkenden und die Umgebung infizierenden Stoffes ist gemeinorientalische Vorstellung6. Auch als das patriarchalisch gefügte, von sakralem Kultrecht zusammengehaltene Kollektiv des israelitischen Sippenverbandes im Zeitalter der Staatenbildung und des Königtums allmählich zerbröckelt und mit dem „salomonischen Humanismus" zunehmend das Interesse am einzelnen, an seinem Schicksal und seiner Schuld erwacht, wirkt diese alte Anschauung noch lange fort6. Jahwe hat Israel den Bund und damit (vgl. ebd. 7 0 u. siehe VAN D E R L E E U W 5 1 8 ) , bestreitet K N T E R I M mit Recht, daß hierin eine primitivere Auffassung von der Sünde vorliege als im subjektiven Verschuldensprinzip (71). Andererseits sollte m a n sich aber dennoch nicht scheuen, ruhig von einer „Entwicklung" vom primitiveren Dynamismus zum personalen Jahwerecht, das den Menschen unwiderruflich zur allein verantwortlichen Person werden läßt, zu sprechen. — Zur entsprechenden „Entwicklung" in der griechischen Religion vgl. K. LATTE, Schuld und Sühne in der griechischen Religion ( A R W 2 0 , 1 9 2 0 / 2 1 , 2 5 4 - 2 9 8 ) , der a n der Geschichte aufzeigt, daß gerade das A u f k o m m e n der persönlichen Götter das allmähliche Verblassen des animistischen Grundgedankens bewirkt (bes. 263); s . u . Anm. 6. 1 Vgl. P R E I S E R 30f. u. J . H E M P E L , Art. „Asylrecht" R G G I/667f. (Lit.). 2 K Ö B E R L E ( 7 6 ) h a t hier wie so oft allein das Individuum mit seiner religiösen Innerlichkeit im Blick u n d übersieht deshalb den Heilssinn der den B u n d restituierenden „Strafe", die ja im Grunde als ein von Gott gewährter Sühneritus angesehen werden m u ß . 3 Vgl. P R E I S E R 3 7 f . u. K . K O C H , Die israelitische Siihneanschaung u n d ihre historischen Wandlungen. Erlanger Habil.-Schrift 1956 (Masch.), 11. 4 Vgl. P R E I S E R 3 5 ; L . K Ö H L E R , TheolAT 2 0 1 , ; VON R A D , TheolAT 1 / 2 8 4 . 6 Vgl. das reiche Material bei P E T T A Z Z O N I , Confessione I I u. I I I ; G. L A N C Z KOWSKI, Art. „Sühne" R G G V/474-476 (Lit.). * Vgl. G E R L E M A N 1352; E . S C H W E I Z E R , Erniedrigung 153f.; VON R A D , TheolAT I/48ff. ; P R E I S E R 37f. ; F . H O R S T , Naturrecht u n d A T ( = Gottes Recht. Ges. Stud, zum Recht im AT. T h B ü . 12, 1961, 235-259); K N I E R I M pass., bes. 67ff., der durch sorgfältige Textinterpretationen zeigt, daß das Erwachen des Individuums „nicht nur in profanen Vorgängen begründet (ist), sondern speziell auch in den geschichtstheologischen u n d kultischen Problemstellungen des Jahweglaubens" (111); „ D a s Individuum wird sichtbar als das durch das göttliche Gericht qualifizierte I n d i v i d u u m " (112). — Zum Fortleben der animistischen Anschauung vgl. besonders daa Sündenbockritual vom Versöhnungstag
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Die Voraussetzungen
das Heil gewährt : Bewahrung und Mehrung dieses Heils auf der einen und wirksames Inkraftsetzen von Unheil und Tod auf der anderen Seite sind nun die fast automatische Wirkung allen menschlichen Tuns. I n kritischer Anknüpfung an die bereits genannte Arbeit von F A H L G R E N hat K. K O C H in einem vielbeachteten Aufsatz diesen festen Zusammenhang von Tun und Ergehen einer gründlichen Untersuchung unterzogen 1 . E r nennt diesen von F A H L G R E N „synthetische Lebensauffassung" genannten Konnex die Auffassung von der „schicksalwirkenden Tatsphäre" 2 und versucht, ihn „in der ganzen Breite des alttestamentlichen Schrifttums" nachzuweisen 3 . In der Tat ist damit für wesentliche Zusammenhänge des Alten Testaments eine differenziertere und angemessenere Sicht eröffnet 4 . Freilich liegt darin aber kein hermeneutischer Schlüssel für alle Bereiche des Alten Testaments. K O C H S Untersuchung ist, wie schon der Titel „Gibt es ein Vergeltungsdogma im AT?" zeigt, zu stark auf die Zurückweisung dieses die Dinge in der Tat vergewaltigenden „Dogmas" hin angelegt. Solche apologetische Tendenz hat dem Autor den Blick für das genuin israelitische sakrale Recht des Jahwismus getrübt 5 , und er hat nun seinerseits durch die Yerabsolutierung einer spezifisch weisheitlichen Lebensauffassung das Alte Testament pauschal ebenfalls einem „Dogma" unterworfen, das ihm genau so wenig gerecht werden kann. Es ist eine unzulässige Vereinfachung, allein die Auffassung von der „schicksalwirkenden Tatsphäre" für genuin israelitisch zu erklären, und den Sündenfall, „die Religion in Rechtsbegriffe gefaßt" zu haben, dann der Septuaginta anzulasten® — als ob es in der griechischen Welt üblich wäre, Rechtskategorien auf die Götter zu übertragen! (Lev. 16, siehe dazu K O C H , Sühneanschauung 42ff.), sowie den dann vor allem im Rabbinat wichtigen Gedanken der stellvertretenden Sühne; weiteres dazu siehe unten. 1 2 Vergeltungsdogma Ebd. 26. 3 Ebd. 42; vgl. auch DEBS., Sdq; Sühneanschauung, sowie: „Sein Blut bleibe auf seinem Haupt" und die israelitische Auffassung vom vergossenen Blut. VT 12, 1962, 396-416. 4 Vgl. z.B. die im ganzen positive Aufnahme der Erkenntnis durch von RAD (s. TheolAT, Register s.v. „schicksalwirkende Tatsphäre"). 5 Vgl. dazu vor allem F. H O B S T , Recht und Religion im Bereich des Alten Testaments. EvTh. 16, 1956, 49-75; H. G B A F R E V E N T L O W , Kultisches Recht im AT, 267ff. ; DEBS., Sein Blut komme über sein Haupt. VT 10, 1960, 311-327 ; A. D Ü N N E R , Gerechtigkeit pass. u. H. H. S C H M I D pass. 6 So K O C H , Vergeltungsdogma 39; siehe überhaupt ebd. 37ff., u. Sühneanschauung 99ff. Dagegen mit Recht S T U H L M A C H E B : „Das ganze alttestamentliche Denken vom Bund ist eben ein Rechtsdenken, nur eben kein griechisches !" (112, Anm. 2). Völlig absurd ist dann bei J . B E C K E R allein das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein des Gedankens der „schicksalwirkenden Tatsphäre" zum Kriterium für Rechtgläubigkeit oder Häresie im Judentum geworden (vgl. bes. 13ff.).
Sünde und Vergebung im Alten Testament
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D i e v o n K O C H geltend gemachten Unterschiede e t w a zu altgriechischen und babylonischen Vorstellungen und zur ägyptischen M a a t 1 beruhen nicht darauf, daß die „ A u f f a s s u n g der schicksalwirkenden T a t s p h ä r e " , w i e K O C H sie darstellt, spezifisch alttestamentlich wäre, sondern darauf, daß diese Vorstellung schon früh unter den Einfluß des teils m i t ihr konkurrierenden, teils sie nach seinem Bilde umformenden Jahwerechtes geraten ist 2 . So gewiß es also sinnlos ist, e t w a die Steinigung Achans einem Vergeltungsdogma zu subsumieren, so ist dennoch deutlich, daß auch das A l t e T e s t a m e n t L o h n und Strafe kennt und nicht bei d e m magisch-dynamistischen Sündenverständnis stehen bleibt 3 . An dieser Stelle ist es notwendig, angesichts der neueren Diskussion um das Wort Πplïî und besonders seiner Verwendung inbezug auf Gott kurz zu untersuchen, ob denn die unten zu behandelnde rabbinische Auffassung von „Gottes Gerechtigkeit" wirklich nur ein groteskes Mißverständnis und der große Sündenfall Israels in die „Gesetzlichkeit" ist oder ob der „Fehler" des Rabbinats und der Apokalyptik nicht vielmehr darin besteht, ein einzelnes Moment des komplexen Gerechtigkeitsverständnisses im Alten Testament isoliert und verabsolutiert zu haben. Wenn man nämlich nicht erkennt, wie im Alten Testament bereits „jener Weg beschritten wird, der dann zur Ausprägung des Judentums führt, dann bleibt die Entstehung dieses Phänomens schlechterdings ein Rätsel". 4 Wieweit dabei hellenistische Motive miteingewirkt haben, kann in unserem Zusammenhang unerörtert bleiben. Auf jeden Fall könnte solche Ein1 Vgl. KOCH, Vergeltungsdogma 39ff. Zur Kritik siehe die besonnene Darstellung von H. GESE, Lehre und Wirklichkeit der alten Weisheit. 1958; vgl. auch R E V E N T L O W 301 ff. u. H . H . S C H M I D 13ff. 2 Vgl. K N I E B I M 74ff., der sich kritisch sowohl mit K O C H als auch mit der von H O B S T vertretenen Antithese (s. S. 22 Anm. 5) auseinandersetzt. Gegen K O C H wird ausführlich begründet, daß der Dynamismus im A T immer stärker in den Hintergrund tritt und nur noch die Auswirkung von Jahwes Machtausübung ist (82f. mit Verweis auf G. VON RAD, Die ältere Weisheit Israels. K u D 1956, 54ff.). Fraglich scheint uns allerdings K N I E R I M S Einwand gegen H O B S T , daß nämlich nicht Jahwes Recht den Dynamismus zerbrochen, sondern der Jahwe-GZaw&e sich Dynamismus und Recht dienstbar gemacht und sie zugleich nach seinem Bilde umgeformt habe (81ff.); und zwar deshalb fraglich, weil dieser Jahweglaube von Anfang an forensisch bestimmt ist. In diesem Sinne hat freilich der Jahweglaube auch jedes autonome Recht, etwa die vorisraelitische Blutrachepraxis, zerbrochen und in Dienst genommen. — Vgl. auch G E S E , Lehre 77 : „Das Denken im Tun-Ergehen-Zusammenhang ist überwunden durch den Glauben an die Gerechtigkeit und Treue des persönlichen Gottes . . . " (zu Hi. 16,18f.). 3 Wenn man dabei zunächst die umstrittene Frage, ob Jahwes nplÜ im A T je als (straf)richterliche Gerechtigkeit verstanden werden darf, ausklammert, so sind die Belege dafür, daß der richterliche Gott und nicht ein anonymdynamistischer Tun-Ergehen-Zusammenhang Lohn und Strafe austeilt, derart zahlreich, daß es sich erübrigt, sie aufzuzählen. Immerhin sei auf die von H O B S T in der Auseinandersetzung mit K O C H genannten Stellen verwiesen (EvTh. 16, 72ff.). 4 F.HESSE, Haggai (Festschrift für W . Rudolph 1961, 109-134) 129; der polemischen Tendenz dieses Aufsatzes stimmen wir freilich nicht zu. Weiteres s.u. zu § 2.
Die Voraussetzungen
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Wirkung nur Modifikationen gezeitigt haben, denn die Vorstellung einer gerechten Gottheit und ihres Richtens ist nicht griechisch, sondern gemein-semitisch 1 . Nach Vorgang von A . D Ü N N E R h a t zuletzt H . H . S C H M I D nachdrücklich den komplexen Verwendungsumfang des Wortfeldes (M)plS herausgestellt 2 . Wenn daher S T U H L M A C H E R an D Ü N N E R rügt, daß dieser „den eigentlichen Seinsgehalt der Wortgruppe j?"TX, HpTX" nicht erörtere, so muß gerade diese Unterlassung als der entscheidende Gewinn von D Ü N N E R S Arbeit wenigstens in methodologischer Hinsieht erkannt werden 3 . Es liegt nicht an D Ü N N E R S angeblich „vagen Formulierungen", daß die Forschung hier „letztlich keinen festen neuen Anhalt gewinnt" 4 , sondern an der von D Ü N N E R ganz zu Recht aufgewiesenen Komplexität des Wortfeldes. Man kann nicht semasiologisch mit der Vorstellung von dem „eigentlichen Seinsgehalt" einer Wortgruppe arbeiten, sondern muß jeweils die konkrete Bedeutung eines Wortes aus seinem Kontext ermitteln. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich wie beim Wortfeld p l X , ìlpTX aufweisen läßt, daß seine H e r k u n f t nicht-israelitisch ist und deswegen mit einer kritischen Adaption gerechnet werden muß 5 . Zum methodologischen Problem h a t sich mit Nachdruck J . B A R R geäußert". E r macht der in der Literatur ständig begegnenden Verwechslung von „Wörtern" und „Begriffen" den Garaus. Unter B A R R S Kritik fällt etwa auch K O C H S Vorgehen, sofern er seine Auffassung von der 'schicksalwirkenden Tatsphäre' unter anderem damit belegt, daß dem Hebräischen ein Äquivalent für unser Wort „Strafe" fehlt und daß eine Anzahl hebräischer Verben sowohl das Tun als auch dessen Resultat bezeichnen können 7 . Dabei hat das Alte Testament einfach deshalb kein Wort f ü r „Strafe", weil es nie rechtstheoretisch über Wesen und Sinn der Strafe reflektiert h a t . Daß Verben sowohl das Tun als auch das Resultat davon bezeichnen können, ist eine verbreitete Erscheinung in vielen Sprachen, die keine Rückschlüsse auf die Weltanschauung derer zuläßt, die sie sprechen 8 . Darum ist K O C H S Schlußfolgerung falsch: „Diese lexikalische Lücke läßt vermuten, daß selbst das profane Rechtsdenken im alten Israel sich nie aus den Fesseln von schicksalwirkender Tatsphäre freigemacht h a t " 9 . H O R S T wendet mit Recht dagegen ein: „Richtig daran ist nur, daß auch in Israel die Strafe einen magischen Ursprung gehabt h a t " . 1 0 K N I E R I M h a t das B A R R s c h e Anliegen positiv aufgenommen und zugleich kritisch erweitert, indem er unter Hinweis auf „formelhafte Wendungen" mit ihrem jeweils konkreten „Sitz im Leben" über die etwas zu starre Alternative 1
Vgl. W. W. G R A F VON B A U D I S S I N , Der gerechte Gott in altsemitischer Religion (Festschrift für A . von Harnack 1 9 2 1 ) 1 4 ; vgl. D Ü N N E R 2 5 ; C R E M E R 17 ff. u . BIILTMANN, T h W 1 / 5 0 7 . 2 Vgl. vor allem S C H M I D 14ff. 3 STUHLMACHER 4 9 . 6
1
STUHLMACHER 4 9 f .
Vgl. zur kanaanäischen Herkunft des Wortes S C H M I D lOff. u.ö. 6 The Semantics of Biblical Language. London 1961 (deutsch 1965). Das aus fragwürdigen semasiologischen Argumenten gewonnene Bild vom „hebräischen Denken" wird hier anhand von T H . B O M A N N S Buch (Das hebräische Denken im Vergleich mit dem griechischen. 3. Auflage 1959) und einzelner Artikel des Theologischen Wörterbuches einer scharfen Kritik unterzogen. 7
KOCH, V e r g e l t u n g s d o g m a 26 ff. (in A n k n ü p f u n g a n FAHLGREN); a u f d e n
analogen Tatbestand im Babylonischen h a t STAMM (Das Leiden des Unschuldigen in Babylon und Israel. AThANT 10, 1946, 12) aufmerksam gemacht ; vgl. auch S C H M I D 175ff. Beispiele f ü r das Englische bei B A R R . 8 Ähnliche Überlegungen zu anderen Wörtern bei B A R R pass. 9
10
KOCH, V e r g e l t u n g s d o g m a 29.
HORST, Recht und Religion 72 f.
Sünde und Vergebung im Alten Testament
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Β AHRS, nicht das Wort, sondern erst der Satz gebe Aufschluß über die jeweilige Bedeutung, hinausführt. Damit gibt er der Formgeschichte, was ihr gebührt1. Durch die Untersuchungen von D Ü N N E R und Η . H. SCHMID ist der verfehlten Alternative von iustitia salutifera und iustitia distributiva bezüglich des Wortfeldes (Π)ρΤ2ί der Boden entzogen worden. Sie konnte entstehen, weil eine Reihe von Forschern den forensischen Horizont der Wortgruppe fälschlich geleugnet hat. I m Zusammenhang unserer Arbeit ist eine eingehende Auseinandersetzung zwar nicht angebracht2, doch soll einiges wenigstens angedeutet werden: Der forensische Sinn des Wortfeldes hinsichtlich seiner Verwendung im spezifisch juristischen Bereich ist unmittelbar einleuchtend. Belege dafür zu liefern erübrigt sich3. Dabei spielt die Frage nach der Norm eine untergeordnete Rolle, denn diese ist erst aus den Rechts- und Ordnungsvorstellungen zu gewinnen. Aber auch in der Prädikation Jahwes durch das Wortfeld ist der forensische Sinn nachzuweisen. Selbst das Paradebeispiel ΓΙΊΓΓ mp"7!S (Ri. 5,11 ; l.Sam. 12,7; Mi. 6,5) zur Widerlegung des juristischen Horizontes von HpTS muß diesen bei näherer Betrachtung erkennen lassen. Denn l.Sam. 12,7 und Mi. 6,5 etwa stehen „im Zusammenhang eines Rechtsstreites Jahwes mit Israel" 4. Freilich soll hier nicht gleichsam im Gegenschlag gegen eine bestimmte Interpretation der forensische Horizont überbetont werden, so daß wir mit DÜNNER unter S T U H L M A C H E R S Verdikt fielen, an dem „positiven Grundgehalt" von (Π)ρ"Τ2ί „durchweg vorübergegangen" zu sein5. Abgesehen davon, daß uns dies Urteil über D Ü N N E R nicht zuzutreffen scheint®, macht er doch mit Recht Einschränkungen gegenüber dem Versuch, aus einem Wort eine ganze Weltanschauung zu rekonstruieren: „Ein zutreffender, sinnentsprechender Grundbegriff läßt sich nicht nachweisen."7 Natürlich kann man einen technischen Gebrauch aufzeigen, so etwa u.E. bei der deklaratorischen bzw. konfessorischen
Formel ΠΠΧ p,"T!S (bzw. ΚΊΓΤ p'TX). Es ist uns allerdings unverständlich, wie
S T U H L M A C H E R bei dem im ganzen Alten Testament nur ein einziges Mal bezeugten Ausdruck ΠΊΓΡflp"T2£(Dt. 33,21) von einem „terminus technicus" sprechen kann8. Zudem muß da, wo formelhafte Wendungen vorliegen, bedacht werden, daß ein bestimmter Bedeutungszusammenhang erstarrt ist, der deswegen keinesfalls zum normativen gemacht werden kann. Gerade die Fülle der Verwendungsmöglichkeiten aufgrund der verschiedenartigen Kontexte muß ernstgenommen werden, wenn man die Variationsbreite eines Wortfeldes einkreisen will. Dabei ist es nicht unerlaubt, Akzente in dem Bedeutungspielraum zu setzen, wenn man andere Möglichkeiten nicht einfach abblendet und für unmöglich erklärt. Gewiß ist „Jahwes Gerechtigkeit" eine iustitia salutifera; das vermögen gerade die schon genannten Belege für die ΓΠΠ"1 JUpTU herauszustellen, aber auch der übrige Gebrauch von (H)pTS in der Prädikation Jahwes kann das beweisen9. 1
Vgl. KNIERIM
14f.
Siehe dazu außer D Ü N N E R und S C H M I D auch noch J . V E L L A pass. 3 Vgl. S C H M I D 15ff., 89ff. u.ö. 4 SCHMID 20; vgl. V E L L A 65ff. (altorientalischer Hintergrund der Rechtsstreitvorstellung ). 2
S T U H L M A C H E R 131. « V g l . D Ü N N E R 12f. 8 Vgl. S T U H L M A C H E R 5
7
Ebd.
130.
145, der übrigens in der Nachfolge von K O C H viel zu selbstverständlich alle Derivate vom Stamm sdq als Synonyma behandelt. Vgl. dazu A . J E P S E N , P I S und N P T S im A T (Hertzborg-Festschrift 1965, 78-89); S C H M I D 67f. u.ö. imd D . M I C H E L , Begriffsuntersuchung über sädäq — sedaqa und ämät — ämuna (Heidelberger Habil.-Schrift, Masch.). Weiteres zur Auseinandersetzung mit S T U H L M A C H E R s. U. § 3. » Vgl. S C H M I D 78ff. u.ö.
26
Die Voraussetzungen
Doch gerade als Garant des Heils bzw. der heilsamen Ordnung m u ß J a h w e gegen die einsehreiten, die das in Frage stellen. So können etwa Israels äußeren Feinde (z.B. Ri. 5,11) oder Israel selbst (Jes. 5,16; 10,22) Objekt der „strafenden Gerechtigkeit" sein 1 . Die richtige Erkenntnis CAZELLES', daß Israel von Jahwes Gerechtigkeit das Heil erwartet, darf doch nicht zu der Behauptung führen, nie sei die HpTS, sondern stets nur der Zorn (*]Χ) Ausgangspunkt von Jahwes richterlichem H a n d e l n 2 ; denn J a h w s Zorn ist nicht der Affekt, der ein solches Handeln auslöst, sondern wie noch im Neuen Testament (z.B. Rom. 1,18) diese strafrichterliche Aktion selbst 3 . W e n n wir also, u m den Ausgangspunkt unseres knappen Exkurses wiederzugewinnen, den unleugbaren forensischen Horizont des Wortfeldes (iljpTIS, gerade auch in seiner Verwendung zur Prädikation Jahwes, in Rechnung stellen, dazu die individualisierende Tendenz des Jahweglaubens selber, die geschichtliche Lage des nachexilischen Israel u n d seine exegetisch-theologischen Traditionen beachten, d a n n dürften weniger fremdreligiöse Einflüsse als vielmehr diese genannten Faktoren zur Ausbildung der rabbinischen Auffassung von J a h w e in seiner Gerechtigkeit geführt haben. W e n n die Rede vom „ B u n d " nur noch ein theologischer Gedanke u n d nicht zugleich auch politische Realität ist, die rechtliche Geborgenheit im I n n e r n u n d Schutz vor Feinden nach außen verleiht, wird es schwer, den Heilswillen des treuen Gottes auch in seinem Strafwirken zu erkennen, es sei denn, m a n macht Gott zum großen Pädagogen u n d Tugendlehrer der Menschheit. D a r u m wird es notwendig, der strafenden Gerechtigkeit Jahwes seine vergebende Barmherzigkeit an die Seite zu stellen (s.u. § 2). D a m i t aber wird aus Gottes iustitia salutifera n u n primär seine a m Gesetz orientierte iustitia distributiva. Daraus wird „deutlich, daß wir das A u f k o m m e n des gesetzlichen Verständnisses als eine Entwicklung sehen müssen, auf die das AT selbst h i n f ü h r t . . . Mit anderen W o r t e n : Die christliche Theologie irrt, wenn sie das Gesetzesverständnis des nachbiblischen J u d e n t u m s d a r u m verachtet, weil es sich vom A T a b h e b t " 4 . Da nach dem E n d e der staatlichen Existenz der irdische R a u m f ü r die E r f a h r u n g heilvollen Schutzes durch J a h w e weitgehend fehlt, dringen nach einer gewissen Zeit in dieses Vakuum apokalyptische Motive u n d Gedanken eines jenseitigen Ausgleiches von Lohn u n d Strafe ein. Zunächst aber ist dies die Gelegenheit f ü r das Restaurationswerk von P , alten kultischen Institutionen zur Restitution der „Gerechtigkeit des Volkes u n d des Einzelnen" einen gebührenden Platz einzuräumen. 1
Zum Problem einer „strafenden Gerechtigkeit" im A T vgl. vor allem 177ff. u. 137ff. S . auch H . W I L D B E B G E B , Jesaja, B K X/3, 191 f. Auch Dt. 33,21 scheint den Vollzug von Jahwes Gerichtshandeln gegen R u b e n durch Gad zu meinen. Vgl. dazu § 2, S . 57 Anm. 2 u n d siehe noch S C H M I D 20, 123. 2 Η . C A Z E L L E S , A propos des quelques textes difficiles relatifs à la justice de Dieu dans l'Ancien Testament ( R B 58, 1951, 169ff.) 172. 3 Damit bestätigt sich B U L T M A N N S Feststellung: „Von der Gerechtigkeit Gottes ist im AT nicht selten die Rede. Die Verbindung .Gerechtigkeit Gottes bzw. Jahwes' findet sich nur D t . 33,21. Aber in dem gleichen Sinn von der Gerechtigkeit Gottes (,deiner' oder ,seiner' Gerechtigkeit) ist sonst oft die Rede, sowohl von seiner richterlichen wie von seiner heilschaffenden Gerechtigk e i t " (R. B U L T M A N N , Δ Ι Κ Α Ι Ο Σ Υ Ν Η Θ Ε Ο Υ in: Exegetica. Aufsätze zur Erforschung des NT, hrsg. von E . D I N K L E R , 1967, 470-475, bes. 473ff. in Auseinandersetzung mit E . K Ä S E M A N N , Gottesgerechtigkeit bei Paulus = Exeget. Vers. u. Bes. I I , 5. Auflage 1967, 181-193). 4 J . BARR, Alt u n d Neu in der biblischen Überlieferung, 1967. 123. SCHMID
Sünde und Vergebung im Alten Testament
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Seit den Anfängen Israels ist ein an Jahwes unantastbaren Privilegien orientiertes sakral-rechtliches Sündenverständnis eng mit einem naturhaft-magischen verbunden. Der konkrete Ort dieser Verbindung ist der Kult. Weil uns unmittelbar keine agendarischen Formulare des alten Israel erhalten sind und überhaupt kultische Rituale, solange sie in einer Gemeinschaft lebendig sind und unreflektiert vollzogen werden, keinen Anlaß zu ihrer schriftlichen Fixierung geben, wissen wir verhältnismäßig wenig über den frühen Kult Israels. Immerhin hat uns seit G U N K E L S bahnbrechender formgeschichtlicher Fragestellung die Forschung hinter manchen Partien der älteren Geschichtserzählung, der Prophetensprüche und vor allem der Psalmdichtung kultisches Geschehen zu erkennen gelehrt 1 . Neben den hieraus gewonnenen Einsichten ist uns die Priesterschrift und das von ihr widergespiegelte große priesterliche Werk der Restauration der alten liturgischen Rituale die Hauptquelle zur Rekonstruktion des israelitischen Kultus. Wenn die Priesterschrift in theologisch sehr reflektierter Weise alle „Sünde" und alle „Sühne" ausschließlich an der im Kult geschehenden Offenbarung der Herrlichkeit Jahwes orientiert, so bringt sie damit nur ein seit langem in Israel wirksames Motiv zur Geltung. Für sie gibt es „Sünde" im spezifischen Sinne erst seit der Sinaioffenbarung und der Institution des sinaitischen Kultus; sie „ist erst möglich im Strahlungsbereich des Heiligen und angesichts der vollendeten Offenbarung" 2 . Die Priesterschrift stellt diesen Tatbestand höchst dramatisch dadurch dar, daß erst und sofort nach der Aufrichtung des Sinaikultus „rätselhafterweise die Sünde in aller Wucht" aufbricht. „Noch am selben Tage . . . sind schon zwei der eben erst geweihten Priester so ungehorsam, daß Jahwe sie töten muß (Lev. 10,1-5). Was früher unfreundlicher Akt des Menschen gegen Gott war, erscheint nun als Vergehen, das durchgreifend geahndet wird" 3 . „Sünde" wie „Heil" gibt es also erst und nur, sofern Jahwe dem Menschen „begegnet" 4 . Das aber geschieht ausschließlich im Kultus. Erst jetzt bedarf der Mensch der Sühnung und Vergebung, ohne die er nun nicht mehr leben kann. So nehmen die Sühneriten in der Priesterschrift denn auch den breitesten Raum ein. 1
Vgl. dazu H. J. KRAUS, Gottesdienst in Israel. 2. Aufl. 1962, bes. 21 ff. K. KOCH, Die Eigenart der priesterschriftlichen Sinaigesetzgebung (ZThK 55, 1958, 36-51) 45; vgl. auch DEES., Sühneanschauung pass. — Der gleiche Gedanke ist Joh. 10,40f. mit dem Auftreten des Offenbarere verbunden (vgl. Joh. 4): erst jetzt gibt es Sünde im definitiven Sinn. 3 KOCH, Eigenart 45 f. — „Hierin scheint mir der Grund zu liegen, daß Ρ der Schöpfung keinen Sündenfall folgen läßt, ihn nicht folgen lassen kann" (ebd.). In die gleiche Richtimg weist KOCHS Beobachtung, daß Ρ vor Ex. 25 die Wortstämme ΝΒΠ und pjj (sowie XHO) konsequent fehlen (vgl. ebd.). 4 Vgl. zum Terminus "JY und zur Sache der „Begegnung" KOCH, ebd. 48ff. 2
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Die Voraussetzungen
Gerade mit dieser „Historisierung" des Kultus in das Sinaigeschehen wird hier zum Ausdruck gebracht, daß in Israel der Rechtsanspruch Jahwes, der sich durch die Stiftung des Bundes in ein personales Verhältnis zu seinem Volk gesetzt hat, sehr früh diese Welt des Rituellen zu durchdringen begann. Die Sühneriten haben jetzt nicht mehr den Sinn, die verletzte Ordnung einer durch Tabus eng umgrenzten Welt wiederherzustellen, sondern Jahwes Recht zu restituieren 1 . Nur in der Kultgemeinde ist Reinheit, Gerechtigkeit, Segen und Leben; aus dem Kult ausgeschlossen zu sein, bedeutet Trennung vom Leben 2 . Zugleich leben aber, bewahrt von den festen kultischen Institutionen gleichsam unter der Oberfläche das alte magisch-dynamistische Sündenverständnis und die alte „synthetische Lebensauffassung" weiter. Das wird besonders an dem engen Zusammenhang von Sünde und Leid, seien es Krankheit, Feindesnot, widrige Naturverhältnisse oder Schicksalsschläge, deutlich 3 . Der existentiale Sinn dieses Festhaltens an einem derartigen Sündenverständnis liegt darin, daß damit der Gedanke der totalen, also auch leiblichen Verantwortung vor dem Bundesherrn bewahrt und so einer Auflösung ins bloß „Spirituelle" gewehrt wird. Außerdem ist darin die in der Nachgeschichte des Alten Testaments immer gewichtiger werdende Einsicht festgehalten, daß „Sünde" nicht bloß eine akzidentelle und vermeidbare Einzeltat ist, sondern eine den Täter in ihren Bann ziehende unentrinnbare Machtsphäre 4 . Die neuere alttestamentliche Forschung hat uns gelehrt, die zentrale Rolle des Kultus in Israel nicht zu unterschätzen und die prophetische Kultkritik nicht unter dem Gesichtspunkt eines modernen Rationalis1 Vgl. HOBST, Recht und Religion 70f.; KOCH, Sühneanschauung pass.; STAMM, Erlösen und Vergeben 60f.; VON RAD, TheolAT 1/283f. 2 KOCHS jüngster Beitrag zu unserem Thema (Sühne und Sündenvergebung um die Wende von der exilischen zur nachexilischen Zeit. EvTh. 26, 1966, 217-239) schematisiert zu stark, wenn er die Bedeutung der Sündenvergebung für das vorexilische Israel bestreitet und in Ρ im wesentlichen ein Werk der „arbeitslos gewordenen" exilischen Priester sieht (vgl. 232). Offenbar richtet sich doch der prophetische Protest schon gegen kultische Sühneveranstaltungen und das große Restaurationswerk von Ρ fixiert und systematisiert nur ausdrücklich die schon lange wirksamen kultischen Institutionen zur Restitution der „Gerechtigkeit des Volkes und des Einzelnen". Weiteres siehe unten. 3 Der Zusammenhang ist gemeinorientalisch ; siehe die S. 16 Anm. 1 angegebene Literatur und vgl. für Babylon STAMM, Leiden lOff. Der Babylonier, der alles Leiden als Sündenstrafe versteht, bittet, wenn er vom Schicksal mit Krankheit geschlagen ist, nie um Heilung, sondern stets um Vergebung der Sünde. Die Möglichkeit unwissend begangener Sünden verdrängt das Theodizeeproblem und ermöglicht das Festhalten am „Vergeltungsdogma". — Für die kleinasiatischen Kulte vgl. F. STEINLEITNER, Die Beicht im Zusammenhang der sakralen Rechtspflege der Antike, 1913 (Diss.); für Ägypten: GESE, Lehre 5ff. — Zum Sündenbockritual vgl. die von STAMM (Leiden 68ff.) gegebenen babylonischen Beispiele für den Analogiezauber. * Vgl. K N I E M M 67 ff. u. VON R A D , TheolAT 1 / 4 4 9
Sünde u n d Vergebung im Alten T e s t a m e n t
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mus und Innerlichkeitsideals zu betrachten 1 . Es ist eine unzulässige und mit völlig sachfremden Maßstäben gewonnene Vereinfachung, die dem Phänomen des Kultischen nicht entfernt gerecht wird, alles kultische Handeln unter die Überschrift „Selbsterlösung des Menschen" zu stellen, und solcher Selbsterlösung dann als wirkliche Erlösung einen „transzendenten Einbruch" entgegenzusetzen 2 . Als ob der antike Mensch diesen transzendenten Einbruch nicht vor allem im Kult erfahren hätte! Bei der vielbeschworenen prophetischen Kultkritik handelt es sich vielmehr um die von der Religionswissenschaft überall beobachtete Spannung zwischen der zum Selbstzweck entarteten Institution und dem Charisma, die in einer Zeit aufbricht, da sich das Leben vom Kult zu emanzipieren beginnt. Es geht den Propheten um die Unteilbarkeit des Lebens vor Jahwe, die einst im Kultus beschlossen und verbürgt war. Bekämpft wird nicht „der" Kultus als solcher, sondern ein Kultus, der die Teilung des Lebens ermöglicht, die Flucht vor Jahwe begünstigt, das ganze Leben der geschuldeten Verantwortung entzieht und als vermeintlich automatisch wirksames Heilmittel eine lebensgefährliche Sicherheit erweckt. Solcher Kult wird als Rebellion gegeißelt 3 . Wir haben unser Augenmerk nun noch kurz auf die im Wesen des Kultus selber angelegte Tendenz zu seiner „Spiritualisierung" zu richten 4 . Sie beruht darauf, daß mit dem Zerbrechen der heilen pan1 Vgl. z . B . K Ö B E R L E pass.; e t w a : „Die Zwecke . . . des Sühneritus sind der Religion heterogen" (26). 2 So z . B . M E N S C H I N G , Die Idee der Sünde 83FF. ; aber a u c h L . K Ö H L E B , TheolAT 170ff.: „ D i e Selbsterlösung des Menschen: Der K u l t u s " ; vgl. dagegen
KOCH, S ü h n e a n s c h a u u n g p a s s . u . DERS., E v T h . 26, 222 ff. ; BUXTMANN, U r -
c h r i s t e n t u m 57. 3 Vgl. dazu G. FOHRER, Zehn J a h r e Lit. ζ. atl. Prophetie ( T h R 28, 1962, 1 - 7 5 ; 235-297; 301-374); DERS., Glaube u n d Welt im A T . 1948, 174: „ E n t scheidend sind also weder K u l t u s noch E t h o s a n sich, sondern der von G o t t ergriffene u n d gehaltene glaubende Mensch. Die P r o p h e t e n verurteilen den K u l t u s nicht einfach wegen seiner B i n d u n g a n magische E l e m e n t e oder wegen seiner E i n e n g u n g in Gesetze m i t ihrem Schema von Leistung u n d Belohnung. Sondern sie b e k ä m p f e n ihn, weil in alledem der ungläubige u n d gottlose Mensch R e c h t e gegenüber Gott beansprucht, a n s t a t t seinen Willen a n z u e r k e n n e n . " — E s h a t sich a u ß e r d e m gezeigt, d a ß hinter der „sittlichen F o r d e r u n g " der Prop h e t e n nichts anderes als die feste F o r d e r u n g der a n den B u n d g e k n ü p f t e n apodiktischen Gottesgebote s t e h t ; vgl. R . BACH, Gottesrecht u n d weltliches R e c h t in der Verkündigung des P r o p h e t e n Arnos (Dehn-Festschrift 1957, 23-34) u. H . W . WOLFF, Amos' geistige H e i m a t ( W M A N T 18, 1964). Siehe ferner: K . KOCH, Tempeleinlaßliturgien u n d Dekaloge (VON RAD-Festschrift 1961, 45-60); R . S M E N D , Das Nein des Amos (EvTh. 23, 1963, 404-423); O. K A I S E R , W o r t des P r o p h e t e n u n d W o r t Gottes (Weiser-Festschrift 1963, 79ff.; bes. 82); E . WÜRTHWEIN, Kultpolemik oder Kultbescheid? (ebd. 115-131). — Gerade diese B i n d u n g der prophetischen B o t s c h a f t a n das formulierte Gottesrecht zeigt aufs neue den forensischen Horizont ihrer Gerechtigkeitsverkündigung. 4 Vgl. H . J . HERMISSON, Sprache u n d R i t u s im altisraelitischen K u l t (WMANT 19, 1965) u. VON RAD, Gerechtigkeit u n d Leben in der K u l t s p r a c h e
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Die Voraussetzungen
sakralen Welt die ursprüngliche Einheit von Wort und Handlung im Kult problematisch wird, daß sich dem Menschen, der dem Kult gegenüber „mündig" geworden ist, das kultische Wort von der kultischen Handlung löst und er jedes für sich zum Thema macht 1 . So muß diese Spiritualisierung als der Versuch angesehen werden, die zerbrochene Welt wieder zu heilen und die Spannung zu überwinden, „in die der Mensch zum Kultus bereits geraten ist" 2 . Dieses Phänomen wird uns bei den alttestamentlichen Aussagen über die Sündenvergebung und ihre Praxis sowie ihre Nachgeschichte im Judentum noch beschäftigen müssen. STAMM hat in seiner schon genannten Studie den gesamten alttestamentlichen Sprachgebrauch für „Erlösen" und „Vergeben" einer gründlichen Analyse unterzogen. Wir verzichten deshalb auf eine Wiederholung und verweisen auf diese Untersuchung, insbesondere auf ihre übersichtlichen Zusammenfassungen am Schluß der einzelnen Abschnitte 3 . Unter Berücksichtigung dieses Materials wollen wir nun der Frage nachgehen, wo und wie im Alten Testament Sündenvergebung gewährt und erfahren wird. Nach dem zuvor Gesagten ist klar, daß wir dabei zwischen der dem Volk und der dem einzelnen gewährten Vergebung unterscheiden müssen und daß in der älteren Zeit die Vergebung für den einzelnen jedenfalls nicht im Vordergrund des Interesses gestanden hat. Auf die Schwierigkeit der Rekonstruktion des älteren Kultes haben wir oben bereits hingewiesen4. Da die Psalmen „zum größeren Teil von Angehörigen des Tempelpersonals für den Kultus gedichtet wurden und nicht etwa nur „Privatdichtung" sind, dürfen wir im Psalter die Hauptquelle für das konstitutiv zu jeder Kulthandlung gehörende „Wortelement" sehen 6 . der Psalmen (Ges. Stud. 225-247) ; Die Anrechnung des Glaubens zur Gerechtigkeit (ebd. 130-135). 1
2 V g l . HERMISSON 19ff. E b d . 151. S T A M M , Erlösen und Vergeben. S T A M M hat sich
nicht auf eine bloße Untersuchung der Terminologie beschränkt, sondern auch alle zur Umschreibung des Vorgangs der Vergebung benutzten Bilder berücksichtigt. Er hat auch beachtet, daß Strafaufschub oder Erlaß, sowie das Ende einer Not oder Heilung von Krankheit Vergebung bedeuten kann. Vgl. dazu noch S. H E R N E B , Sühne und Vergebung in Israel. 1942. 4 S.o. S. 27 Anm. 1. — Der zwar erst Tos Schabb 14,4 (ed. Zuckermandel 128) bezeugte Satz: „Jeder, der Liturgien aufschreibt, vergeht sich, als verbrennte er die Tora" scheint eine uralte Tradition zu spiegeln (vgl. T H Y E N , Stil 29 u. J. M A I E R , Vom Kultus zur Gnosis pass.). — Die thematische Behandlung der Opfer in Ρ hat ihren Grund wohl im erzwungenen Ende des Kultes durch das Exil; möglicherweise diente ihre Rezitation als „Opferersatz" (vgl. H E R M I S S O N 29 u. R . R E N D T O R F F , Die Gesetze in der Priesterschrift. F R L A N T 62,1954,22f). 6 H E R M I S S O N 30; vgl. S . M O W I N C K E L , Psalmenstudien I - V I , 1921-1924; bes. VI, 8ff. ; D E R S . , Religion und Kultus 1953, pass. u. H. G U N K E L U. J. B E G R I C H , Einleitung in die Psalmen (HK, ErgBd., 1933). Siehe ferner: J. J. S T A M M , Ein Vierteljahrhundert Psalmenforschung (ThR 23, 1955, 1-68; bes. 41ff.). 3
Sünde und Vergebung im Alten Testament
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Angesichts der kontroversen Standpunkte in der gegenwärtigen alttestamentlichen fachgelehrten Diskussion um die israelitischen Hauptfeste und den Ablauf des Tempelgottesdienstes wagen wir es nicht, die erkennbaren kultischen Einzelakte „aus der Überlieferung herauszugreifen und zusammenzuordnen" 1 , um so die israelitische „Festagende" zu rekonstruieren 2 . Eine derartige Rekonstruktion ist auch für unseren speziellen Zweck nicht erforderlich und wir können uns darauf beschränken, einige Einzelakte zu untersuchen, in denen die Spendung der Sündenvergebung ihren „Sitz im Leben" hat, oder die im Laufe der Geschichte diesen Sinn erhielten. Wir greifen drei Komplexe heraus, nämlich die Bundeserneuerung, die Kultzulassung und die sakrale Gerichtsbarkeit. a) Bund, Bundesbruch und
Bundeserneuerung3
K . B A L T Z E R hat durch einen sorgfältigen formgeschichtlichen Vergleich alttestamentlicher Zusammenhänge mit dem Schema, das den hetitischen Suzeränitätsverträgen und analogen vorderorientalischen Vasallenabkommen zugrunde liegt, die Bekanntschaft dieses „Bundesformulars" in einem breiten Bereich der alttestamentlichen Literatur nachzuweisen versucht 4 . Daß das Verhältnis Israels zu Jahwe in dieser — bei allen durch die Geschichte selbst oder die literarischen und theologischen Absichten jeweils bedingten Variationen im einzelnen — stets gleichbleibenden Grundstruktur dargestellt wird, kann nicht durch die bloß literarische Übernahme des „Bundesformulars" erklärt werden, sondern muß als Indiz dafür gewertet werden, daß dieses Formular im kultischen Leben Israels seinen festen Platz hatte 5 . 1 So KRAUS, Gottesdienst 243; zur Problematik vgl. E. KUTSCH, Art. „Feste und Feiern II. In Israel" (RGG 11/910-917, Lit.). 2 Vgl. den entsprechenden Versuch bei KBAUS, Gottesdienst 242 ff. 3 V g l . J . BEGBICH, B e r i t ( Z A W 60, 1 9 4 4 , 1 - 1 1 ) ; d i e T h e o l o g i e n d e s A T ; J . HEMPEL, A r t . „ B u n d I I . I m A T " ( R G G 1 / 1 5 1 3 - 1 5 1 6 , L i t . ) ; Κ . BAITZER,
Das Bundesformular (WMANT 4, 1960); A. JEPSEN, Berith (Rudolph-Festschrift 1961, 161-179); W. EICHRODT, Bund und Gesetz (Hertzberg-Festschrift 1 9 6 5 , 3 0 - 4 9 ) ; R . SMEND, D i e B u n d e s f o r m e l . T h S t . ( B ) 6 8 , 1 9 6 3 ; CHR. BARTH,
Theophanie, Bundschließung und neuer Anfang a m dritten Tage. EvTh. 28, 1968, 5 2 1 - 5 3 3 . 4 Die inzwischen fraglich gewordene Amphiktyonie-These (s.o. S. 17 Anm. 5) würde hier natürlich zu Modifikationen führen. Jedenfalls hat aber nachher Israel übernommen, was einst der lose Verband einzelner Stämme praktizierte. 5 Vgl. BALTZER 19ff. u. siehe W. BEYERLIN, Herkunft und Geschichte der ältesten Sinaitraditionen. 1961. Wahrscheinlich gehen sowohl die politischen Vasallenverträge als auch Israels Bundesformular auf ältere ihrerseits religiöse Verträge zurück; vgl. H. GRAF REVENTLOW, Kultisches Recht 276ff. — BALTZERS ganze Untersuchung macht noch einmal deutlich, daß Israels Gottesverhältnis vertraglichen Rechtscharakter hat und daß darum die BEGBICH-, NOTH-, VON RADsche Alternative Geschenk- oder Vertragsberith verfehlt ist (vgl. ZIMMEBLI, Gesetz 77ff.). Die wahre Größe des Geschenkes der Berith besteht gerade darin, daß Jahwe sein Volk zu seinem Vertragspartner macht.
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Die Voraussetzungen
Weil Geschichte und Recht die Säulen der Religion Israels sind, wird es schwerlich einβ jährliche Bundeserneuerungsfeier nach Analogie des babylonischen Akitu-Festes gekannt haben 1 . Außer der wahrscheinlichen „Bundesbestätigung" im Falle eines Führer- oder Thronwechsels 2 brauchte der Bund in Israel nur erneuert zu werden, wenn er gebrochen war 3 . Während es etwa für die babylonischen Klagelieder bezeichnend ist, daß nach einer breiten Schilderung der Not, die den Beter betroffen hat, stets ein beschwörendes, liturgisch stilisiertes Sündenbekenntnis und die Vergebungsbitte folgen 4 , ist es um so auffälliger, daß in den Volksklagen sowie den individuellen Klageliedern des Alten Testaments häufig jegliches Moment reuiger Zerknirschung über begangene Missetaten fehlt 6 . Der Beter kann sogar ganz im Gegenteil seine eigene Lauterkeit und Unschuld betonen 6 und Jahwe an seine vergangenen D a r u m ist Sünde hier nicht zuerst Tabuverletzung, die durch Opfer gesühnt werden kann, sondern Auflehnung und Rechtsbruch, der nur durch richterlichen Freispruch „vergeben" werden kann. Vgl. auch B U L T M A N N , T h W 1 / 5 0 7 . 1 So ist auch die genuin israelitische und im AT überwiegende Zeitvorstellung die lineare, während in Babylon die Anschauung der zyklischen Wiederkehr des ewig Gleichen dominiert (vgl. B U L T M A N N , Geschichte u n d Eschatologie 24ff.) Von ihr aus ist das jährlich an den Schalttagen, also im Vakuum zwischen den J a h r e n begangene Akitu-Fest mit seiner a m König stellvertretend f ü r das ganze Volk vorgenommenen Demütigung u n d glanzvollen Neuinvestitur (corporate personality) zu verstehen. Freilich ist auch in Babylon, besonders seit H a m m u rabi, diese naturhaft-magische Welt mit ihrem ausgeprägten kultischen Analogiezauber zunehmend durch die Rechtsnormen der fordernden Gottheit durchsetzt worden, so daß der kultischen „ S ü h n e " häufig die forensische „Vergebung" korrespondiert (vgl. S T A M M , Leiden 2 6 F F . ; R . P E T T A Z Z O N I , Der babylonische Ritus des Akitu u n d das Gedicht der Weltschöpfung, Eranos J b . 19, 1950, 403-430). 2 Vgl. B A I / T Z E R 7 I f f . ; erst die nachexilische Zeit kennt eine periodische Bundeserneuerung. Sie versteht die Gegenwart als eine Zeit, auf der der Fluch lastet, der ständig Sühnehandlungen f ü r den einzelnen wie f ü r das Volk erfordert (s. B A L T Z E R 6 8 ; K O C H , Sühneanschauung pass.; D E B S . , Art. „Versöhn u n g " R G G VI/1368-1370). — Besonders in der Apokalyptik wird so das „Fluch u n d Segen"-Element des Bundesformulars (vgl. B A I T Z E R 24f.) zum Instrument spekulativer Geschichtsdeutung, indem die Auswirkung des Bundessegens in ein jenseitiges (oder irdisches) Eschaton projiziert wird (vgl. B A L T Z E R 99f. u. siehe B U L T M A N N , Geschichte u n d Eschatologie). 3
1
V g l . B A I T Z E R 48FF. Vgl. die AOT ( 2 . Aufl.) 2 6 1
ff. zitierten Texte u n d siehe S T A M M , Leiden 7ff. Der Krankheit-Sünde-Zusammenhang ist hier derart automatisch, daß die Bitte u m Heilung und Erlösung gar nicht ausgesprochen zu werden braucht, weil sie stets in der Vergebungsbitte enthalten ist. Vgl. auch W E S T E R M A N N , Das Loben Gottes in den Psalmen, 3. Aufl. 1963, 30ff. 5 Vgl. G U N K E L - B E G R I C H , Einleitung 132 u. B A I T Z E R 64f. « Vgl. Ps. 9, lOff. ; 17,3; 44,18f.; 55; 5 9 , 4 u . ö . und siehe dazu B A L T Z E R 6 4 . — C H R . B A R T H (Die E r r e t t u n g vom Tode in den individuellen Klage- u n d Dankliedern des AT, 1947) steht zu stark im B a n n der (vermeintlichen !) babylonischen Analogien u n d übersieht deshalb diesen Zug israelitischer Frömmigkeit, wenn er es mit Verweis auf Hi. 1,5 u n d Jes. 53,4ff. einen „außerordentlichen F a l l " nennt, „der die Regel nur bestätigt", d a ß hier ein Gerechter leiden m u ß (96). Natürlich gehen die Anfeindungen des Leidenden von der populären Anschauimg
Sünde u n d Vergebung im Alten Testament
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Heilstaten und sein Treueversprechen erinnern1, wenn er um Vernichtung der Feinde bittet und Rettung aus der Not erfleht, wenn er sehnsüchtig auf den rettenden Ί3Τ seines Gottes hofft 2 . Auch hier zeigt sich, wie der naturhaft-magische Tun-Ergehen-Zusammenhang durch Israels geschichtliche Erfahrungen mit seinem treuen Bundesgott gesprengt ist 3 . Der Israelit bringt also keineswegs jedes Leid, das ihn betrifft, ursächlich mit offenbarer oder verborgener Sünde in Zusammenhang; erst das Exil mag darin eine gewisse Wandlung eingeleitet haben. Israels Sündenbekenntnisse gehören darum nicht in den Bereich ritueller Kathartik mit bloß apotropäischem Sinn 4 , sondern durchdringen und verwandeln im Gegenteil als wirkliche Bekenntnisse personaler Schuld diese Welt der Kultmagie 5 . Indikator einer Sünde ist nicht jedes beliebige irdische Unglück 6 ; vielmehr deckt Jahwe selber durch Priester- oder Prophetenwort offenbarend und den Täter überführend eine Tat als Sünde oder eine Not als Fluchfolge einer konkreten Übertretung auf'. Wie im Sakralprozeß der überführte Missetäter ein Sündenbekenntnis ablegt, dadurch Jahwes Gerechtigkeit preist, so dessen verletztes Recht wiederherstellt und dann sein Urteil empfängt, so deckt bei des magischen Konnexes von Krankheit u n d Sünde aus. Aber dagegen wehrt sich ja gerade die israelitische Jahwefrömmigkeit durch den Mund der Psalmisten (vgl. ebd. 96ff., wo B. u . E . allzu undifferenziert urteilt). Die Gleichung von Krankheit und Schuld gilt in bestimmten Fällen, wenn nämlich J a h w e die Schuld aufdeckt u n d das Leiden als Fluchfolge deutet. Pauschal t u t sie dem AT Gewalt an (so aber B A R T H 99ff.). So wertvoll B A R T H S Untersuchungen vieler Details sind, so bedenklich sind Pauschalurteile wie: „Alles Unglück ist Strafe" (105). Deshalb wird B A R T H auch dem Phänomen des Todes im AT wohl nicht ganz gerecht. E r übersieht das eigentümlich dualistische Verständnis von „Leben" und „ T o d " in der spiritualisierenden Sprache der Psalmen, das zwischen „eigentlichem" und „uneigentlichem" Leben und Tod zu unterscheiden beginnt. Nur von da aus k a n n m a n doch sagen : „Über den Tod eines Menschen ist praktisch schon entschieden an dem Tage, wo ihn die tödliche Krankheit befällt, genauer: wo er vor Gott schuldig wird" (102).—Vgl. auch S T A M M , T h R 23, 66f.; weiteres siehe unten. 1 Vgl. Ps. 7 4 ; 8 3 ; 8 9 , 3 9 F F . ; 1 1 5 u. siehe B A L T Z E R 6 4 . 2 Vgl. B E G R I C H , Heilsorakel, u. W Ü R T H W E I N , Kultpolemik. — W Ü R T H W E I N vermutet, daß die Erteilung des helfenden „ W o r t e s " Amt der Kultpropheten, nicht der Priester ist. — Siehe auch H . W. W O L F F , Umkehr (ZThK 48, 1951, 129-141). 3 Siehe o. S. 22 Anm. l f . 4 V A N D E R L E E U W 504: „Bei einigen primitiven Völkern wird vor dem Feldzug jeder Krieger gebeten, eine öffentliche Generalbeichte abzulegen. Das h a t nichts mit Reue zu t u n . . ."; vgl. ebd. 504f. 5 Vgl. K O C H , Sühneanschauung pass. — Beachte auch den Bedeutungswandel von 1 0 3 von „sühnen" zu „vergeben"; siehe dazu S T A M M , Erlösen pass. u. K N I E R I M 2 2 2 ff. 6 B A L T Z E R 65
unterscheidet ganz sachgemäß zwischen „ N o t ale U n g l ü c k " und Not als von J a h w e vollstreckten! Fluch. ' Vgl. K N I E R I M 55 (s.o. S. 19 Anm. 1) u. B A L T Z E R 66f. Noch im N T ist es prophetisches Amt, die Sünde aufzudecken u n d den Sünder zu überführen ( l . K o r . 14,3.24f.). 3
T h y e n , Studien
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Die Voraussetzungen
den von Fasten und Opfern begleiteten Volksklagefeiern anläßlich einer konkreten Not das (prophetische?) Wort, nun als „Unheilsorakel", diese Notlage als das verdiente Gericht über das bundbrüchige Israel auf 1 . Hier haben der Ruf zur Umkehr und die Bundeserneuerung ihren Ort2. In solcher Situation wird nach dem Klagelied des Volkes sein Sündenbekenntnis laut, und die prophetische Fürbitte versucht, das drohende Verderben abzuwenden 3 . Aber das Sündenbekenntnis und das Ja zur Not als der verdienten Strafe sowie die prophetische Fürbitte samt den diese Worte begleitenden Kulthandlungen wirken nicht ex opere operato 4 . Es liegt vielmehr allein bei Jahwe, ob er Bekenntnis und Gebet „erhört" und Opfer und Klage „annimmt", ob er „Sühne gewähren" und damit den Fluch aufheben will oder nicht 6 . 1 Auf einen derartigen Vorgang scheint Ps. 90,8 zu weisen. I n Jos. 7 folgt auf Josuas Klage (V. 7-9) die Deutung der N o t als Fluch (V. lOff.); vgl. W Ü B T H W E I N , Kultpolemik, u. B A L T Z E B 64f. 2 Vgl. E x . 34; Neh. 9f.; Esr. 9f.; Dan. 9,4ff. u. siehe B A L T Z E B 48ff. Zur Frage des Anlasses einer Bundeserneuerung vgl. 2.Chr. 29,5ff.; 2.Kön. 22f.; J e r . 34,8 ff. u. siehe dazu ebd. 59 ff. sowie C H E . B A B T H , Theophanie. 3 Vgl. die bei B A L T Z E B 64, Anm. 7 gegebenen Belege u. siehe K N I E B I M 29 ff. 4 VON RAD (Die falschen Propheten, ZAW 51, 1933, 109-120; vgl. TheolAT 11/59f.) h a t zuerst die F ü r b i t t e als kultische Amtsfunktion der Propheten erk a n n t u n d weitgehend Zustimmung gefunden: E . W Ü B T H W E I N , Amosstudien, ZAW 62, 1950, 10-52; H . G B A F R E V E N T L O W , Das A m t des Propheten bei Amos, 1962, 34; C. W E S T E R M A N N , Art. „Gebet. I m A T " R G G 11/1214; K O C H , Sühneanschauung 75; K N I E B I M 62. — Vgl. E x . 32,30ff.; 34,9; N u m . 14,13ff.; Gen. 18,23ff.; Am. 7,2 u. siehe dazu S T A M M , Erlösen 47ff. — Kritisch — aber nicht überzeugend — H . W. H E B T Z B E B G , Sind die Propheten Fürbitter? (WeiserFestschrift 1963, 63-74). Zum Problem vgl. noch F. H E S S E , Die F ü r b i t t e im AT, 1951 (Diss. Erlangen). Nach Ez. 36,25 gehören Lavationen zur Bundeserneuerung; E x . 24,6 Blutbesprengung ; E x . 24,3ff. : Mahlkommunion mit dem epiphanen Bundesgott (vgl. Ps. 50,5); J e r . 3,21ff.: Abiuratio, der eine konditionale Heilszusage folgt; J e r . 14,12: F a s t e n u n d Opfer; J e r . 31,31 ff.: Heilsorakel des präsenten Jahwe. Vgl. B A L T Z E B 59 u. S T A M M , Erlösen 120ff. — Zur sakramentalen Kommunion siehe KOCH, sdq 33 u. DEBS., Gemeinschaftstreue 86. 5 Zum Heilsorakel in Israel vgl. B E G R I C H , Das priesterliche Heilsorakel, ZAW 52, 1934, 81-92; S . M O W I N C K E L , Psalmenstudien I/134ff.; W E S T E R M A N N , Loben 47 ff. ; K R A U S , Gottesdienst 255; sowie den kritischen Forschungsbericht bei S T A M M , T h R 38 ff. — Deutlich ist ferner, daß dieses Jahweorakel mit einer Theophanie verbunden ist: E x . 34,5ff. (dazu B A L T Z E B 49); Hi. 33,26ff. (dazu V O N R A D , TheolAT 1/392 u. W Ü B T H W E I N , Kultpolemik 122ff.); Mi. 7,9; Jes. 6,2ff. ; Ps. 64, Iff. (dazu VON RAD ebd.). — Strittig ist die Frage, ob u n d wie diese Jahwetheophanie kultdramatisch dargestellt wurde (vgl. J . H E M P E L , Art. „Theophanie I I . I m A T " R G G VI/841-843 ; Lit.). — Auf das bei der Theophanie ergangene Heilsorakel weist deutlich Hi. 33,28 zurück: „Erlöst h a t er mich vom Tode, mein Leben darf das Licht schauen" ; vgl. Mi. 7,9 : „ J a h w e wird mich ans Licht führen, und ich werde mich an seiner Gerechtigkeit weiden"; ferner: Ps. 6,9f. ; 17,20; 28,6 (dazu K R A U S , Psalmen B K 3 1966, z.St.) u.ö. — Mit der kultischen Epiphanie Jahwes zur Sündenvergebung u n d Restitution des Sünders zum Gerechten h ä n g t wohl auch die Rede zusammen, daß J a h w e die Gerechtigkeit des Beters „herausgehen l ä ß t " : Jes. 49,4; 58,8; 62, I f . ; J e r . 51,10; Mal. 3,20; Ps. 37,6; vgl. dazu VON RAD, TheolAT 1/391 f.
Sünde u n d Vergebung im Alten Testament
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Es erscheint uns kaum zweifelhaft, daß neben anderen Riten 1 zur Bundeserneuerung bestimmte Sühnehandlungen gehört haben, und zwar wohl konkret in der älteren Zeit die ¡1*75?, die dann später durch den ursprünglich allein der Heiligtumssühne dienenden ηΧΒΠ-Ritus verdrängt worden ist 2 . In ihm wird die Sünde des bundbrüchigen Volkes durch „Handaufstemmen" auf ein Tier übertragen, das so zum „Träger der Schuld", ja zur Sünde (ΠΝϋΠ) des Volkes gemacht wird3. Mit der Vernichtung des Sündentieres im Feuer 4 weicht die Sünde endgültig von Israel, so daß der Bund restituiert werden kann. Später ist dieser Kultakt durch Blutriten erweitert worden 5 . Dabei hat wohl der zur Entsühnung des einzelnen sündigen Israeliten dienende DtPX-Ritus eingewirkt 6 . Hier sind für die spezifisch israelitische Anschauung wohl nicht so sehr die auf magische Zusammenhänge der 1 Siehe o. S. 34 Anm. 4. — Wie Ez. 36,25; Ps. 5 1 , 3 . I i werden auch D t . 21, 1-9 nach der Unschuldsbeteuerung der Ältesten Wasserriten vollzogen. K O C H (Sühneanschauung 63) weist d a r a u f h i n , daß das Händewaschen hier kein Gestus oder Beweis der Unschuld sei, sondern das Abwaschen des anhaftenden Schuldanteils ausdrücke. D a n n darf m a n wohl auch die vorausgehende Unschuldsbeteuerung als einen entsündigenden A k t verstehen; siehe unten Abschnitt b) Die Kultzulassung. 2 Gegen K O C H , Sühneanschauung pass., der strikt den sühnenden Sinn aller Opfer bestreitet, weil hier der Mensch das Opfer darbringt, während bei den Sühneriten J a h w e alleiniges Subjekt sei, dient Ri. 20 und N u m . 15,22ff. sehr deutlieh die 'ola zur Sühne der Gesamtgemeinde. K O C H h a t sein Urteil zu stark vom Vorkommen der späteren Sühneterminologie (kpr) abhängig gemacht; vgl. R . R E N D T O B F F , Studien zur Geschichte des Opfers im Alten Israel. W M A N T 24, 1967, Slff. gegen K O C H 41ff. Damit hängt auch K O C H S überspitztes Urteil, daß die Sündenvergebung im alten Israel keine Rolle gespielt habe (EvTh. 26,219ff.), zusammen. D a ß die c h a t t a t zur Heiligtumssühne dient, hält K O C H (4Iff.) f ü r einen sekundären Zuwachs, wogegen R E N D T O R F F S Analyse der Texte des Lev. deutlich zeigt, daß dies ihr primärer Sinn war (Opfer 199ff.) und sie als Sühne f ü r Menschen eine erst nachexilische Einrichtung ist. — Die die Nennung des Jahwenamens vermeidende stereotype Formel : ΪΓΟΠ OilVs? Ί 0 3 1 nnV n V o r (Lev. 4,20. 26. 31. 35; 5,10. 13. 16. 18. 26) unterscheidet deutlich zwei Subjekte, nämlich den Priester und J a h w e (durch das Passiv) und „bringt aber doch wohl auch zum Ausdruck, daß aus dem ordnungsgemäß vollzogenen IDS in jedem Fall das nVö folgt" ( R E N D T O B F F , Opfer 231). Der Formel als Anweisung an das Kultpersonal m u ß eine etwa Lk. 7,48 korrespondierende deklaratorische K u n d g a b e der erfolgten Vergebung gefolgt sein. 3 Vgl. D t . 2 1 , I f f . ; Lev. 16; 23,19; Ez. 43,19; 45,18ff.; 2.Chr. 29,21ff.; siehe dazu K O C H ebd. u. K N I E R I M 53f. u. 219ff. 4 Verbrennung außerhalb des Lagers: E x . 2 9 , 1 4 ; Lev. 4 , 1 2 . 2 1 ; 8 , 1 7 ; 9 , 1 1 ; 1 6 , 2 7 ; vgl. K O C H 4 1 F F . — Auch die Vertreibung des Asasel-Bockes in die Wüste dient nach israelitischer Anschauung seiner Vernichtung (ursprünglich wohl ein lokaler Opferritus, in welchem dem Wüstendämon Asasel ein Bock dargebracht wird; zur mythischen Asasel-Tradition vgl. B R A N D E N B U R G E R , Adam 2 1 ) . 5
8
V g l . KOCH, S ü h n e a n s c h a u u n g 4 1 ff.
Bei diesem Ritus m u ß der Priester das Tier nach der Schlachtung und der Blutlustration des Sünders verzehren. Diese einst zur Wirksamkeit des Ritus notwendige Maßnahme wird im Zeichen zunehmender Entmagisierung als Sozialhilfe f ü r die besitzlosen Priester umgedeutet u n d auch auf die c h a t t a t übertragen. Gleichzeitig wird auch hier der Blutritus als Symbol des definitiven Todes des Opfertiers umgedeutet; vgl. K O C H pass. 3*
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Die Voraussetzungen
religiösen Umwelt weisenden Blutlustrationen charakteristisch als vielmehr das Verspritzen des Blutes als der Lebenskraft des Opfertieres1. Israel kann nur leben, wenn Jahwe dafür ein anderes Leben dahingibt. Diese Zusammenhänge hat der Hebräerbrief bewahrt, wenn er sagt, daß es ohne Blutvergießen keine Vergebung gibt (Hebr. 9,22). Von daher muß sowohl Joh. 1,29 als auch die Rede vom Blut des Neuen Testaments in der urchristlichen Abendmahlsparadosis verstanden werden2. Wenn das Alte Testament an einigen Stellen berichtet, daß Jahwe dem Volk durch Prophetenspruch kundtut, er sei nicht zur Sühne bereit, so darf aus diesem „negativen Kultbescheid"3 wohl geschlossen 1
Vgl. VON RAD, TheolAT 1/28 i ff. Die Anschauung von der „schicksalwirkenden T a t s p h ä r e " läßt die von B U I T M A N N , J o h K o m m . zu 1,29, gemachte Unterscheidung zwischen einer kultischen Vorstellung (Opfer) u n d einer juristisch-satisfaktorischen (Strafe) f ü r das AT k a u m zu; vgl. K O C H 106. Daß aber die Unterscheidung hermeneutisch f r u c h t b a r ist, zeigt B D L T M A N N (Neues Testament u n d Mythologie, B E v T h . 7 , 1941, 33); denn u m die Nichtrepristinierbarkeit der mythischen synthetischen Lebensauffassung mit ihrem pars-pro-toto-Denken weiß auch K O C H 92ff. ; bes. 95, Anm. 2; siehe noch K N I E R I M 53 f. 3 Vgl. l . S a m . 15,24ff.; 2.Sam. 12,13; 2.Kön. 5,1 (Am. 7,2) u. siehe K O C H 66 sowie W Ü R T H W E I N , Kultpolemik. — Natürlich kann, wenn ein einzelner durch ein unsühnbares Vergehen gemäß dem ursprünglichen pars-pro-totoDenken den Bund gebrochen hat, auch dessen Tötung zur Sühne u n d Bundesrestitution erfolgen (Achan in Jos. 7; vgl. K O C H 92ff.) oder er kann, wie im Falle der Sünde J o n a t h a n s losgekauft werden, so daß an seiner Stelle ein anderer den Tod erleidet ( l . S a m . 14; vgl. dazu S T A M M , Erlösen 13; D E R S . , Leiden 70 u. KOCH, Sühneanschauung 68; 92ff.). D a ß freilich der mutmaßlich anstelle J o n a t h a n s getötete andere „freiwillig u n d bewußt die Sünde und die ihr folgende Strafe . . . im vollen Bewußtsein eigener Unschuld" auf sich n i m m t ( S T A M M , Leiden 70), ist dem Text nicht zu entnehmen. Dieses Urteil e n t s t a m m t der christlichen Dogmatik und ist — wie die Opfertier-Analogien zeigen — hier wie Jes. 53 durch nichts zu rechtfertigen. E s geht ja nicht darum, ob der andere sterben will, sondern darum, daß die Sünde vernichtet werden muß. — Auch E x . 32,30ff. darf schwerlich als Moses Angebot seines Sühnetodes f ü r das Volk verstanden werden (vgl. S T A M M , Leiden 71 u. K O C H , Sühneanschauung 74; D E R S . , E v T h . 26, 219). I n den Zusammenhang des Loskaufs der „Vielen" durch den Tod eines anderen gehört natürlich auch Jes. 53; einerlei, ob m a n f ü r eine individuelle Deutung des „Knechtes" eintritt und d a n n in den Vielen, deren Sünde er t r ä g t (V. 11), Israel sieht, oder ob m a n unter dem „ K n e c h t " das in Babel zum Heil der Völkerwelt den „ T o d " erleidende Israel selbst verstehen muß. Das letztere hält O. K A I S E R (Der königliche Knecht, F R L A N T 70, 1959, 84ff.) im Blick auf den K o n t e x t des ganzen DtJes.-Buches f ü r wahrscheinlicher. D a n n wären „ T o d " und „ G r a b " des Knechtes in der Klageliedtradition nicht als physisches Geschick zu verstehen, sondern als Ausdruck d a f ü r , daß sich der Leidende schon jetzt in der Gewalt des Todes u n d der Scheol befindet (vgl. etwa Ps. 88,6 u. siehe dazu C H R . B A R T H , E r r e t t u n g pass.). Das ganze Kapitel m ü ß t e d a n n paränetisch verstanden werden: Israel würde d a n n von dem seelsorgerlichen Propheten das Bild dieses Knechtes vorgehalten, in dem es sich wiederfinden, das es annehmen soll. Zusammenfassend heißt es bei K A I S E R 105: „Während es (sc. Israel) über die eigene Schuld strauchelte, trug es die Schuld der Welt. Damit ist der Sühnegedanke, obwohl er noch der Sprache u n d sicher auch der Vorstellungswelt des Opferkultes verhaftet bleibt, über die Sphäre 2
Sünde u n d Vergebung im Alten Testament
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werden, daß auch umgekehrt der klagenden Gemeinde die göttliche Sühnebereitschaft durch ein prophetisches Orakel kundgetan wurde 1 . Wie später die Bundeserneuerung zum periodisch fest terminierten Datum wird, so hat sich auch der ursprünglich fest damit verbundene Sühneritus, der einst der Beseitigung einer konkreten Schuld galt, im Laufe der Zeit mit allerlei anderen Kultelementen angefüllt und verselbständigt; so entsteht schließlich das jährliche Versöhnungsfest 2 . Es muß nun noch hinzugefügt werden, daß unter der Nachwirkung und Ausgestaltung des in seiner ältesten Gestalt in 2.Kön. 17 vorliegenden deuteronomistischen Geschichtsbildes in einer breiten Traditionsschicht des nachexilischen Israel die gesamte Gegenwart des Volkes als die Zeit des seit 722 bzw. 587 andauernden Fluches verstanden wird3. Die ursprünglichen theologischen Träger dieser weitverbreiteten deuteronomistischen Traditionen sind sehr wahrscheinlich reisende levitische Bußprediger gewesen 4 . Wenn — wie S T E C K wahrscheinlich gemacht hat — gerade in diesen Kreisen die regelmäßige kultische Bundeserneuerungsbegehung ihren festen Sitz im Leben hatte 6 , so hat sie hier ihren ursprünglichen Sinn der gnädigen Restitution des Bundes durch Jahwes Vergebungswort verloren und ist zu des eigentlichen kultischen Bereiches hinausgerückt und in den R a u m echter Geschichte eingetreten, in der sich das Leben der Menschen in einem ursprünglichen Aufeinanderangewiesensein erfüllt. Denn die K r a f t dieses Opfers liegt ja letztlich nicht in der Hingabe des Lebens als solchem, sondern in seiner Bedeutung als Erkenntnismittel f ü r die Vielen, die Könige und ihre Völker. Sie werden durch den Zusammenhang des Leidens und der Verherrlichung Israels zu der Einsicht geführt, daß J a h w e der einzige Gott und Lenker der Weltgeschichte ist." Möglich ist auch, den „ K n e c h t " als Individuum zu verstehen. Zur Diskussion der verschiedenen Auslegungsversuche vgl. H. H . R O W L E Y , Art. „Knecht J a h w e s " RGG I I I / 1 6 8 0 - 1 6 8 3 und D E R S . , The Servant of t h e Lord in t h e Light of Three Decades of Criticism (in: The Servant of the Lord a n d other Essays on t h e OT, 2 . Aufl. 1 9 6 5 , 3 - 6 0 ) . R O W L E Y selbst versucht individuelle und kollektive Deutung im Sinn der Idee der „corporate personality' zu kombinieren (5Iff.). 1
Vgl. KOCH, S ü h n e a n s c h a u u n g 66. V g l . d i e A n a l y s e v o n L e v . 16 b e i KOCH, e b d . 4 1 ff. 3 Vgl. Ο. H. S T E C K , Israel u n d das gewaltsame Geschick 2
der Propheten. Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte einer deuteronomistischen Vorstellung im AT, S p ä t j u d e n t u m u n d Urchristentum. WMA N T 23, 1967. — I n Sach. l , 2 f f . ; 7,4ff. (8,Iff.); 2.Chr. 30,6-9; 29,5-11; 15,1-7; T o b . ; in den esehatologischen Abschnitten der Test. X I I , in der Zehnwochenapokalypse (äthHen. 93, 1-10; 91,12-17) ; der Tierapokalypse (ebd. 85-90); äthHen.91-105; J u b . ; PsSal.; AssMos.; PsPhilo, Lib. a n t . bibl.; 4.Esr. ; syrBar. u n d in weiten Teilen der rabbinischen Literatur weist S T E C K diese Tradition als lebendige Überlieferung auf. Überall ist hier die Gegenwart vergebungslose Zeit zur Umkehr (vgl. S T E C K 143ff.). 4 Vgl. ebd. 196ff. 5 S T E C K vermutet im apokryphen Baruchbuch das „ P r o p r i u m " f ü r eine derartige liturgische Bußbegehung (vgl. ebd. 128£f.).
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Die Voraussetzungen
einem B u ß t a g geworden, an dem m a n voll Hoffnung auf die endgültige eschatologische Vergebung ausschaut, die keine Gegenwart stiften kann1. b) Die
Kultzulassung
Mit der Stiftung des Bundes ist die Forderung u n d Verpflichtung an jedes einzelne Glied des Volkes verknüpft, sich den Satzungen dieses Bundes gemäß zu verhalten. N u r wer den Rechtsforderungen des Bundesstifters genügt, darf hineinschreiten ins Heiligtum durch die „Tore der Gerechtigkeit" 2 , darf Zeuge der Epiphanie Jahwes sein, im Opfermahl mit ihm Gemeinschaft haben u n d so des Bundessegens teilhaftig werden 3 . Wer aber Jahwes Gebote übertreten hat, der ist vom Kult u n d damit vom lebenstiftenden Segen ausgeschlossen. „ I h r k ö n n t J a h w e nicht dienen, denn er ist ein heiliger G o t t ; ein eifersüchtiger Gott ist er, er wird euch eure Übertretung und eure Sünde nicht vergeben." 4 N ä h m e der Übertreter dennoch am Kult teil, so t r ä t e der Bundesfluch in K r a f t und tötete ihn bei der Epiphanie Jahwes 5 . Deshalb ist in Israel schon f r ü h ein jurisdiktioneller A k t der Kultzulassung entstanden. Es handelt sich um die schon mehrfach untersuchten sogenannten „Torliturgien", von denen uns z.B. die Psalmen 15 u n d 24 Zeugnis geben 6 . Vielleicht dürfen wir den Ablauf dieser Torliturgie folgendermaßen rekonstruieren: Die ankommenden Festpilger richten vor dem Tempeltor an den Priester die Frage: „Wer darf den Berg Jahwes betreten u n d wer an seiner heiligen Stätte stehen?" (Ps. 24,3) bzw. „Jahwe, wer darf Gast sein in deinem Zelt, wer wohnen auf deinem heiligen Berg?" (Ps. 15,1) oder „Womit soll ich vor J a h w e treten, mich beugen vor dem Gott in der H ö h e ? " (Mi. 6,6). J a h w e antwortet durch Priestermund : „Wer unsträflich seinen Weg geht, nach den Bundessatzungen handelt, u n d von Herzen die Wahrheit redet, der wird in Ewigkeit nicht w a n k e n " 7 oder „ E r h a t dir gesagt, Mensch, was recht ist u n d was J a h w e von dir fordert: Recht tun, Liebe üben u n d D e m u t erzeigen vor deinem G o t t " (Mi. 6,8). 1
Vgl. bes. ebd. 143ff. Ps. 1 1 8 , 1 9 f . ; Jes. 26,2; vgl. dazu V O N R A D , TheolAT 1 / 3 8 9 u. K R A U S , Gottesdienst 246 ff. 3 Zu Opfermahl und Kultepiphanie vgl. E x . 2 4 , 3 F F . u. siehe dazu K R A U S , Gottesdienst 141 ff. 4 Jos. 24,19; vgl. l.Sam. 15,24f. 5 Vgl. Ex. 33,20; Jes. 6,5. — Mt. 5,23f. hat hier seine Wurzel; siehe auch l.Kor. 11,29. — Zur Bedeutung der Kultmahle in der antiken Religiosität vgl. den Exkurs „Kultmahle" bei L I E T Z M A N N - K Ü M M E L , Kor. I. II ( H N T 9,49ff.) « Vgl. dazu V O N R A D , TheolAT I/389ff.; K O C H , Tempeleinlaßliturgien u. K B A U S , Gottesdienst 2 4 6 f. 7 Ps. 15,2 + 5 e ; Begründung für diese Kombination siehe unten. 2
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Auf diese priesterliche Toraerteilung 1 antwortet nun der Pilger mit einer Loyalitätserklärung der Forderung Jahwes gegenüber in Gestalt einer „negativen Beichte"; etwa: „Nicht habe ich mit meiner Zunge verleumdet, Nicht meinem Nächsten Böses angetan, Nicht meinem Nachbarn Schändliches zugefügt. Den von Gott Verworfenen habe ich verachtet, den Gottesfürchtigen aber in Ehren gehalten, Nicht habe ich verändert, was ich dem Nächsten eidlich versprach" 2 . Nicht habe ich Geld um Zins geliehen, Nicht gegen einen Unschuldigen Bestechungsgeld genommen" 3 . Oder: „Nicht übertrat ich eines deiner Gebote. Nicht vergaß ich eins. Nicht aß ich davon (sc. vom Geweihten), als ich in Trauer war. Nicht habe ich etwas fortgeschafft, als ich unrein war. Nicht gab ich davon einem Toten" 4 . Auf diese „Pilgerbeichte" antwortet dann wiederum der Priester mit einer förmlichen Gerechtigkeitserklärung, die als sakralrechtlicher Akt Jahwes eigene Annahme des Pilgers darstellt. E t w a : „Gerecht bist du, du sollst Leben haben!" 5 oder: „Gerecht stehst du da vor Jahwe, deinem Gott" 6 . Mit diesem irdischen Zuspruch der „Gerechtigkeit" durch den Priester ist ihre himmlische „Anrechnung" durch Jahwe verbunden; von ihm gilt also: „Was ihr auf Erden lösen werdet, wird auch im Himmel los sein" (Mt. 18,18). Der ganze Akt der Kultzulassung und Gerechterklärung verliert natürlich sein Gewicht, wenn der priesterlichen Zulassungsvollmacht nicht die Vollmacht zum Kultausschluß korrespondiert, etwa in der Form: „Sünder bist du, du sollst sterben!" 7 . Jetzt bedarf jedoch unsere Rekonstruktion, besonders aber unsere textwidrige Wiedergabe von Ps. 15,3-5 (siehe oben bei Anm. 3) der Rechtfertigung. Nach Analogie von Dt. 26,13 ff. und Hiob 31 haben wir die im Psalm in dritter Person stehenden Perfektsätze in die erste Person übertragen. Dazu glauben wir uns durch den formalen Aufbau 1
Vgl. dazu vor allem J. BEGBICH, Die priesterliehe Tora (BZNVV 66, 1936,
6 3 - 8 8 ) ; R . RENDTORFF, D i e G e s e t z e i n d e r P r i e s t e r s c h r i f t ( F R L A N T 6 2 , 1 9 5 4 ) ;
KOCH, Tempeleinlaßliturgien 50. 2 In Ps. 15,4b liest MT: "W ÑVl ΪΠΠ1? ΪΠ©3; statt des um 1 ? ist aber wohl mit L X X (τώ πλησίον αύτοϋ) und Syr. y "irò „seinem Nächsten" zu lesen; vgl. '
-
" r :
den Kontext und siehe GBSENIUS-BUHL S.V. SJ3®. Der Sinn ist also: „Nicht brach er den Eid, den er dem Nächsten schwur"; vgl. KOCH, Tempeleinlaßliturgien 47. 3 Ps. 15,3ff.; Begründung für die Wiedergabe in l.Ps. sg. siehe unten. 4
5
D t . 26,13FF. ( Ü b e r s e t z u n g
v o n KOCH, e b d .
50).
Ez. 18,5-8 enthält — hier als Jahwerede stilisiert — eine sehr ähnliche „negative Beichte". Ihr folgt in V. 9 „Gerecht ist er, er soll leben!". Als priesterlicher Zuspruch wäre also die oben gegebene Form zu vermuten; vgl. KOCH, ebd. 56 ff. 6 Vgl. Jes. 33,15f. ; Dt. 26,18f. und siehe HERMISSON 119ff. 7 Vgl. etwa Ez. 18,4.
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Die Voraussetzungen
des Psalms berechtigt. Die ersten drei Sätze der Priestertora (V. 2) beschreiben mit drei partizipialen Wendungen das ganze vom Bundesgenossen geforderte Verhalten: •DsVa
* n n / p i s Vasi / tran ^Vin
Darauf folgen „völlig andersartige, in sich geschlossene Sätze" mit längerem Objekt und einem verneinten perfektischen verbum finitum (V. 3-5 a), woran sich — recht künstlich den obigen prädikatlosen Partizipien nachgebildet — ein ΠΟΝΤΙΕ?» mit dem nun erst folgenden Prädikat d'tïS?'? tslö'' 10 anschließt1. Beschrieben die priesterlichen Partizipialsätze das bundesgemäße Gesamtverhalten, so verneinen die finiten Sätze konkrete Einzelübertretungen. KOCH hat dieses merkwürdige Stildurcheinander so erklärt, daß er V. 3-5 a als einen sekundären Zuwachs ansieht. Er kann damit auch das in solch liturgisch stilisierter Rede banale nVSTltt?» als spätere Redaktionsarbeit streichen und der Priestertora unmittelbar den Segen „der wird in Ewigkeit nicht wanken" folgen lassen. Freilich muß KOCH nun auch in Psalm 24 und Jes. 33,14-16 einen analogen sekundären Wachstumsvorgang annehmen2. Uns will das nicht einleuchten, zumal KOCH selbst weiß: „Aus Dt. 26,13ff. läßt sich entnehmen, daß ein Israelit zu gewissen Anlässen beim Eintritt in das Heiligtum eine Unschuldsbeteuerung abgab, die ähnlich lautete" 3 . Sollten diese „gewissen Anlässe" nicht ganz einfach die Kultzulassung am Tempeltor gewesen sein? Die Annahme, daß solche Liturgien bei der Aufnahme in den Psalter bzw. in die prophetischen und erzählenden Bücher ihres Personenwechsels und damit ihres dialogischen Charakters entkleidet wurden, bereitet keine großen Schwierigkeiten, sondern versteht sich vielmehr beinahe von selbst4. Wir hätten dann in unseren Torliturgien tatsächlich nahe Analogien zu Stücken wie Hiobs Reinigungseid (Hiob 31) und dem sachlich verwandten Fluchritual von Dt. 27,14ff. 5 . Vgl. KOCH, Tempeleinlaßliturgien 46ff. Ebd. 51 ff. Ebd. 49; es handelt sich Dt. 26,13ff. um die Zehnten-Abgabe. Erst nach dieser Beichte ist die Gabe rituell einwandfrei und ihr Geber „gerecht". Vgl. dazu VON RAD, Gerechtigkeit und Leben in der Kultsprache der Psalmen (Ges. Stud. ζ. A T 225-247). 4 Sie scheint uns jedenfalls den Textbefund etwa in Ps. 15 plausibler zu erklären als die Annahme einer sekundären Erweiterimg „in der Königszeit" durch „dekalogartige Sätze" (KOCH, ebd. 58), denn nach einer liturgisch praktizierten Form sieht doch der jetzige Text nicht aus. Das ist schriftstellerische Kompilationsarbeit. 5 Vgl. VON RAD, TheolAT Ι/3Θ0 und siehe K . GALLING, Der Beichtspiegel ( Z A W 47, 1929, 125-130); HEBMISSON 120. Siehe auch W . ZIMMEBLI, Die Frage des Reichen nach dem ewigen Leben (in : Gottes Offenbarung. Ges. Aufs. ThBü. 19, 1963, 316-324), der auch Mk. 10,17ff. parr. in diesem Zusammenhang betrachtet. 1
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Auch die negative Beichte aus der ägyptischen Totenliturgie 1 und das Beichtgebet des sterbenden Patriarchen Issaschar 2 sowie die nun zum Gelübde gewordene negative Beichte der Qumrannovizen im Initiationsritus 3 wären in den Kreis der Betrachtung einzubeziehen. Gerade dieses Gelübde legt bei der tempelpriesterlichen Vorgeschichte der Gemeinde von Qumran die Vermutung nahe, daß hier ein entsprechendes Tempelritual unmittelbar für die Gemeinde der Kinder des Lichtes übernommen und modifiziert wurde. Nun wird man natürlich sagen müssen, daß diese Gerechterklärung am Tempeltor zunächst noch nichts mit „Sündenvergebung" in unserem Sinn zu tun hat. Der Pilger, der die genannte — ursprünglich wohl nur wenige Glieder umfassende — Loyalitätserklärung abgibt, ist sich keiner konkreten Schuld bewußt; er lebt, wie es die Bundessatzung von ihm fordert. Dennoch ist, wie das Zeremoniell deutlich zeigt, seine „Gerechtigkeit" nicht verdienstlicher Habitus, sondern als forensisch zugesprochene die schützende und fordernde Gabe Jahwes. Erst die priesterliche Erklärung entscheidet über die Teilhabe am Kult oder das Ausgeschlossensein. „Das Prädikat pHX wurde 1 Deutsche Übersetzung in AOT 9fF. ; vgl. G A L L I N G , Beichtspiegel, der (für die ägyptische Frühzeit wohl zu Unrecht; siehe M O R E N Z , Die Zauberflöte. Münstersche Forschungen 5, 1952) hinter dem Totengericht einen K u l t a k t der Lebenden a m Tempel vermutet. Jedenfalls ist die „negative Beichte" keine bloße Unschuldsbeteuerung, sondern soll nach den Gesetzen der Magie tatsächlich begangene Sünden tilgen (vgl. P E T T A Z Z O N I , Confessione I / L F F . ; bes. 2 1 ) . So k a n n der Tote nach dem „Wägen seines Herzens" aus der H a n d seines Gottes den „Kranz der Rechtfertigung" empfangen (vgl. V A N D E R L E E U W 3 7 1 f. ; 518). — Auch die negative Beichte des babylonischen Königs im Verlauf der Akitu-Feier ist eine unmittelbare Analogie. Dabei ist der König nicht frommes Individuum, sondern Repräsentant des Volkes, u m dessen Schicksal es in der Feier geht (STAMM, Leiden 31 übersieht diese Zusammenhänge; vgl. die Ausführungen über das pars-pro-toto-Denken bei K O C H , Sühneanschauung 9 2 ff. ). Der König wird seiner königlichen Insignien beraubt und geschlagen; d a n n gibt er seine Unschuldsbeteuerung ab. „ L a confessione negativa enginziana, ha, comme vedemmo (p. 21), un carattere eliminatorio fondato su la magia della parola" ( P E T T A Z Z O N I , ebd. 1 1 / 9 4 ; vgl. D E B S . , Der babylonische Ritus des Akitu und das Gedicht der WeltEchöpfung. Eranos-Jb. 1 9 , 1 9 5 0 , 4 0 3 - 4 3 0 ) . 2 Testlss. 7; vgl. ebd. K a p . 3 und siehe dazu VON RAD, Die Vorgeschichte der G a t t u n g von l . K o r . 1 3 , 4 - 7 (Alt-Festschrift 1 9 5 3 , 1 5 3 - 1 6 8 ) . 3 1 Q S 10,17 ff. 1 Q S 1,16 f. weist offenbar auf dies Gelübde hin. S T U H L M A C H E R (131) weist, lim eine „Entwicklung" der alttestamentlichen Vorstellung von Jahwes Gerechtigkeit aufzuzeigen, auf die Psalmen 143 und 51 sowie auf die qumranischen Hodayot hin. „ D e r Beter wird in ihnen n u n nicht mehr aufgefordert, das Bild eines vollendeten Gerechten auf sich zu nehmen, sondern sich in einem Urbild des zerschlagenen und hilflosen Geschöpfes wiederzufinden." Diese Sicht ist verfehlt, denn hier handelt es sich nicht u m eine Veränderung der Torliturgien, sondern im Gefolge des deuteronomistisehen Geschichtsbildes u m eine kultische Ausweitung u n d Aktualisierung der alttestamentlichen Gerichtsdoxologien (vgl. S T E C K 159ff.). Von daher ist S T U H L M A C H E R S Kritik an V O N R A D u n d K O C H unbegründet.
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Die Voraussetzungen
im alten Israel schwerlich anders als vom Kultus aus vergeben" 1 . Darin liegen nun — wie uns scheint — Ansätze zu Weiterungen. Weil so die „Gerechtigkeit" des Frommen im Kultus gnadenweise zuerkannte und nicht durch Leistungs- und Lohndenken erworbene Gabe ist, dürfen wir aus bekenntnishaften Psalmaussagen oder dem Reinigungseid Hiobs 2 , die „schlechterdings das Wohl verhalten eines exemplarischen Gerechten" beschreiben3, nicht penetrant unbußfertige Selbstgerechtigkeit heraushören, sondern das Lob dessen, der solche „Gerechtigkeit" frei verschenkt und sein Gesetz gegeben hat, das es ermöglicht, in ihr zu leben 4 . Freilich muß dieser von Gott „angerechneten" Gerechtigkeit das Leben des Kultteilnehmers entsprechen, sonst trifft ihn Jahwes Anklage : „Was hast du meine Satzungen herzuzählen und nimmst meinen Bund in deinen Mund, während du doch Zucht hassest und meine Worte hinter dich wirfst?!" 6 . Gegen solche Anmaßung, die die im Kult gewährte, zu einem Leben in Treue zum Bund und seinem Stifter verpflichtende Gerechtigkeit von ihrem Geber losreißt und nun gleichsam zur Waffe gegen ihn macht, richtet sich der genannte prophetische Protest. So steht im Alten Testament notwendig neben dem präsentischen priesterlichen (oder kultprophetischen?) Heils- und Unheilsorakel die eschatologische Heils- und Gerichtsankündigung der Propheten 6 . Der „Gerechte" lebt in der Spannung zwischen solchem „schon" und „noch nicht" und „hat" allein darin seine „Gerechtigkeit"7. V O N R A D , Gerechtigkeit 2 3 1 ; vgl. überhaupt ebd. 2 2 5 F F . Vgl. Ps. 1; 4,2; 17,Iff.; 2 6 , I f f . ; 101; 119,14. 20. 56. 72. 97. 112. 143 u . ö . „ E s ist dann aber leicht zu sehen, wie das Bild von dem exemplarischen in dem m a n sich unterbringt u n d darstellt, in immer riesigere Dimensionen hinauswächst; und das hängt wohl mit einer Lösung dieser Stoffe von dem Kultisch-Agendarischen zusammen" (VON RAD, ebd. 233f.). Vor allem wird von hier aus verständlich, wie es in dem Augenblick, da die kultische „Gerechtsprechung" keine das Leben der Frommen bestimmende Wirklichkeit mehr ist, notwendig zu dem Weg in die Gesetzlichkeit kommen m u ß . Vgl. E I C H B O D T , B u n d und Gesetz 30ff. 3 VON RAD, Gerechtigkeit 228. 4 Darin, daß die Rabbinen die Tora als Heilszuwendung Jahwes an sein Volk verstehen, denken sie genuin alttestamentlich. S T U H L M A C H E R S Trennung der Gabe von Jahwes Gerechtigkeit von der darin begründeten „Willensmanifestation" a n die Wallfahrer (120) ist verfehlt, gerade die K u n d g a b e seiner Willensmanifestation ist Jahwes Gabe seiner Gerechtigkeit. Der Fehler steckt n u n darin, diese Gabe zum Instrument zu mißbrauchen, die eigene Gerechtigkeit aufzurichten. 5 Ps. 5 0 , 1 6 f . ; vgl. V O N R A D , Gerechtigkeit 234, u. W Ü B T H W E I N , Kultpolemik. 6 Vgl. C . W E S T E E M A N N , Das Heilswort bei Deuterojesaja (EvTh. 2 4 , 1 9 6 4 , 355-373); bes. 372 f. 7 Freilich ist diese im Kultus vermittelte „Heilsgegenwart" eine andere als die durch das paulinische oder johanneische „ j e t z t " qualifizierte neue Zeit der Gnade, die ihren Ursprung in der im Kreuz Christi erfolgten Äonenwende h a t . Das N T steht also gewissermaßen schon jenseits der prophetischen Heilsan1
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Je stärker nun, besonders nach dem Aufhören der bergenden Eigenstaatlichkeit Israels, die existentielle Erfahrung des hinter allem aktuellen Sündetun liegenden Sünderseins wächst, zu der der Jahweglaube selber zwingt, desto stärker gewinnt solche GerechtigkeitsErklärung den Charakter des existenzumwandelnden vergebenden Gnadenwortes, wofür die qumranischen Hodayot deutliche Zeugnisse sind. Allerdings ist diese Spannung selten wirklich ausgehalten worden. Aus der Polemik der Propheten kennen wir den Ausweg in die kultische Sicherheit. Daneben steht die skeptische Resignation der Weisheit des Predigers, die apokalyptische Auslöschung der geschichtlichen Gegenwart als der Zeit des Fluches um der kommenden jenseitigen Heilszeit des Segens willen 1 und der Weg in die Gesetzlichkeit einer vom Leistungsprinzip her verstandenen „Gerechtigkeit'2'. Besondere Beachtung verdient im Alten Testament wohl die Aussage über Jahwes Bund mit Abraham, dem „sein Glaube zur Gerechtigkeit angerechnet wird"3. Von jeder kultischen Institution und Leistung gelöst, gewinnt hier die Anrechnung des Glaubens zur Gerechtigkeit den Charakter des reinen vergebenden Gnadenwortes. Man mag fragen, ob darin eine unüberbietbare Polemik gegen das Kultische oder seine Interpretation von Jahwes souveränem Recht her gegen die falsche Sicherheit eines magischen Kultverständnisses liegt 4 . kündigung. Jer. 31,31 ff. ist im Glaubenden zur Erfüllung gekommen. Die äußere Analogie von Heilsgegenwart u n d Heilszukunft, ja durchaus nicht nur im N T und „einer bestimmten Strömung jüdischer Apokalyptik", sondern schon im AT selber, darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß hier und d a völlig verschiedene Inhalte mit diesem Schema umschrieben werden (Zitat im vorigen Satz: E . K Ä S E M A N N , Gottesgerechtigkeit bei Paulus. Exeget. Vers. u. Bes. 11/181-193 ; 190). I n der von K Ä S E M A N N ins Auge gefaßten „Strömung spätjüdischer Apokalyptik", nämlich konkret in Qumran, erlebt nichts anderes als die schon im AT bei den levitischen Tempelspiritualen sich anbahnende Kultmystik eine späte Blüte. Diese „mystische" Heilsgegenwart sollte m a n u m der begrifflichen Klarheit willen nicht „realized eschatology" (KÄSEMANN, ebd. 190) nennen. Weiteres s. u. im § 3 zu Qumran und im 2. K a p . 1 Vgl. dazu B A L T Z E R , Bundesformular 1 8 3 ; S T E C K llOff. 2 S . u . §2. 3 Gen. 15,6; vgl. H a b . 2,1-4 u. Jes. 7,9 und siehe dazu VON RAD, Die Anrechnung des Glaubens zur Gerechtigkeit. ThLZ 76, 1951, 129-131 ( = Ges. Stud. 130-135), der mit Verweis auf R E N D T O R F F , Gesetze, auf den kultischen Ursprung der hier verwendeten Anrechnungsterminologie hingewiesen h a t . Die Zuweisung an E ist freilich umstritten. Formgeschichtliche Untersuchungen und die Parallelität außerisraelitischer Königsorakel führen H . W I L D B E R G E R („Glauben" im AT. Z T h K 65, 1968, 129-159) 142ff. zu dem einleuchtenden Schluß, den ganzen Abschnitt dem Jahwisten zuzuweisen. HpTX ist hier das „Rechtsein" Abrahams; vgl. H . H . S C H M I D 107f. 4 Vgl. ebd. 1 3 2 u n d siehe zum Problem H E R M I S S O N pass.
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Die Voraussetzungen
c) Die salcrale Gerichtsbarkeit in Israel Die sakrale Gerichtsbarkeit in Israel haben wir oben bereits im Zusammenhang der ursprünglich rein kollektiven Bezogenheit des altisraelitischen Strafrechts betrachtet 1 . Die schwierige Frage nach dem Verhältnis von kasuistischem und apodiktischem Recht kann in unserem Zusammenhang unerörtert bleiben ; auch das Problem der sogenannten „Torgerichtsbarkeit" braucht uns nicht zu beschäftigen 2 . Freilich muß dazu gesagt werden, daß es nicht angeht, das im Tor gesprochene Recht als „profanes" dem im Heiligtum verkündeten als „sakralem" gegenüberzustellen3. Erst recht ist es unmöglich, nur die kasuistischen Sätze mit einer konkreten Straffolgebestimmung als wirkliches „ R e c h t " anzusehen, dem apodiktischen Jahwerecht dagegen lediglich paränetischen Charakter zuzuschreiben und ihm jeglichen „politisch-verbindlichen" Zug abzusprechen 4 . Im alten Israel sind Fluch und Segen als Straffolgebestimmungen nicht weniger verbindlich und konkret als die kasuistischen Sätze. Segen bedeutet Teilhabe an der Kult- und Volksgemeinschaft und damit Rechtssicherheit im täglichen Leben, Hilfe in der Not durch die Stammesgenossen und Schutz vor äußeren Feinden, Fluch aber entweder die sofortige Hinrichtung oder das Ausgestoßenwerden aus Sippen- und Kultgemeinde und damit schutzloses Preisgegebensein an Sklaverei und Tod 5 . Der unausweichlichen Alternative von Fluch und Segen entsprechend® gab es auch im Prozeß zunächst nur die Möglichkeit, 1 Vgl. o. S. 20 Anm. Iff. und siehe PREISER, Vergeltung; HORST, R e c h t ; REVENTLOW, Kultisches Recht. Ferner allgemein: K.LATTE, Heiliges Recht.
1920.
2 Vgl. dazu A . A L T , Die Ursprünge des israelitischen Rechts, 1934; H . G E S E , Beobachtungen zum Stil alttestamentlicher Rechtssätze (ThLZ 85, 1960, 147150); E . GERSTENBERGER, Wesen und Herkunft des sogenannten apodiktischen Rechts im A T (Diss. Bonn 1961); REVENTLOW, Kultisches Recht. 3 Zur Torgerichtsbarkeit vgl. L . KÖHLER, Der hebräische Mensch, 1953, 143-171. — Die ursprüngliche Pansakralität, in der der Sippenälteste durchaus eine Art Priesterwürde hat, und die in Israel wie anderswo gebräuchlichen divinatorischen Mittel zur Rechtsfindung wie Losorakel, Eid und Ordal, lassen eine derartige Lebensteilung in einen profanen und einen sakralen Sektor nicht zu; vgl. dazu vor allem REVENTLOW, Kultisches Recht 278ff.; M. NOTH, Die Gesetze im Pentateuch (Ges. Stud. ζ. AT, 1957, 9ff.) 68; K N I E R I M 65: „Das Inund Miteinander profaner und sakraler Elemente in einem Rechtsakt ist jedoch nicht nur der Niederschlag erzählerischer Freiheit, sondern auch der fließenden oder überhaupt nicht vorhandenen Grenzen zwischen profaner und sakraler Rechtspraxis in Israel." 4 So im Anschluß an G E S E und G E R S T E N B E R G E R jetzt S T U H L M A C H E R 1 2 1 f. 5 S T U H L M A C H E R S Forderung (ebd.), daß der R E V E N T L O W (Kultisches Recht 281 ff.) leitende Rechtsbegriff „diskutiert" werden müsse, weil die Praktizierung von Fluch und Segen nicht „vorstellbar" sei, wird den archaischen Rechtsverhältnissen schwerlich gerecht. Vgl. jetzt auch C. WESTERMANN, Der Segen in der Bibel und im Handeln der Kirche. 1968. • Vgl. VON RAD, Gerechtigkeit 231: „War man PHX, so war man es nicht incohativ und approximativ, sondern man war es ganz."
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entweder wegen erwiesener Unschuld freigesprochen und feierlich wieder zum „Gerechten" erklärt1 oder aber wegen erwiesener Schuld zum Tode verurteilt zu werden, weil so allein die Kultfähigkeit der Gemeinschaft wiederhergestellt werden kann 2 . Darum ist die sakrale Gerichtsbarkeit jedenfalls in ihren Anfängen in unserem Sinne kein Ort, wo „Sündenvergebung" vermittelt und erfahren wird. Der Angeklagte gibt in seiner „Gerichtsdoxologie" Jahwe seinen verletzten T13D zurück und bestätigt das leiblich, indem er seine Schuld „trägt" 3 . Die alttestamentlichen Texte zeigen jedoch an, daß wir mit einer wohl früh einsetzenden erheblichen Differenzierung der Rechtspraxis und des Rechtsbewußtseins in Israel rechnen müssen. Wie wir uns schon am Beispiel des Asylrechts und des dadurch indizierten Aufhörens der anfänglichen Sippenhaft im Falle der Blutrache klargemacht haben 4 , wird schon bald die Frage nach der Alleinschuld des Täters gestellt. Damit ist der Gedanke seiner Verantwortlichkeit entdeckt und es kommt nun zwangsläufig zu der Unterscheidung, ob eine Tat wissentlich, das heißt mit böser Absicht, oder versehentlich begangen wurde5. Zwar muß auch die Tat dessen, der ohne böse Absicht Jahwes Recht angetastet hat, gesühnt werden 8 ; aber solche 1 Vgl. D t . 2 5 , 1 ; Spr. 2 4 , 2 4 ; der Makel der erfolgten Anklage m u ß durch eine erneute Gerechterklärung beseitigt werden: so wird der Segen „praktiziert". Siehe H . J . B O E C K E R , Redeformen des Rechtslebens im AT. W M A N T 1 4 , 1 9 6 4 , 122ff. u. 132ff. 2 E s ist dabei gleichgültig, ob der Fluch als selbstwirkend gedacht oder durch menschliche Rechtsinstanzen vollstreckt wird wie im Falle Achans oder beim Heiligen Krieg, denn auch darin ist J a h w e der Handelnde. Ursprünglich wird der Fluch wohl ausgesprochen, u m einen unerkannten Täter dem gerechten göttlichen Gericht auszuliefern; vgl. D t . 27,15ff. u n d siehe dazu R E V E N T L O W , K u l t . Recht 290ff. 3 Zur Gattung der Gerichtsdoxologie vgl. F. H O R S T , Die Doxologien im Amosbuch (ZAW 47; 1929, 45ff. = Gottes Recht. Ges. Stud. 155-166); G. CHR. M A C H O L Z 77ff.; H E R M I S S O N 40f.; zu ihrer Nachgeschichte im Kult von Q u m r a n : H . W . KUHN, E n d e r w a r t u n g und gegenwärtiges Heil. Untersuchungen zu den Gemeindeliedern von Qumran. S U N T 4, 1966, 24ff. — S T E C K (137ff.) bezeichnet die Predigt, die dem unkultischen Charakter der deuteronomistischen Schule entsprechend als Deutung des Gerichts von 587 hier eine ganz fundamentale Rolle spielt, geradezu als „homiletische Einübung in die Gerichtsdoxologie" (138). So wird die Gerichtsdoxologie in den periodischen Bußbegehungen zum Siegel der Umkehrwilligkeit der Bekennenden. Vgl. a u c h J . S C H A R B E R T , Unsere Sünden u n d die Sünden unserer Väter (BZ N F 2, 1958, 14-26). 4 Vgl. Gen. 18,17ff.; Num. 16,22; Dt. 24,16; J e r . 31,29f.; Ez. 18,22 u n d siehe dazu K N I E R I M 109. — Vgl. ferner: H O R S T , Naturrecht u n d A T 246 u. K N I E R I M 67ff. 5 Vgl. die Belege bei K N I E R I M 7 0 F F . ; zur analogen Entwicklung in der griechischen Religion siehe K . L A T T E , Schuld 265ff.
• Vgl. KNIERIM
69.
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Die Voraussetzungen
Sühne kann durch Ersatzleistungen beschafft werden 1 . Damit kommt es im Sakralprozeß zu einem an bestimmte Bußleistungen geknüpften konditionalen Freispruch. W A L T E R Z I M M E R L I hat die Aussagen über „Leben" und „Tod" im Ezechielbuch zum Ausgangspunkt einer kritischen Analyse gemacht 2 und ist zu dem Resultat gekommen, „daß es offenbar im gottesdienstlichen Leben Israels bestimmte Gelegenheiten gegeben hat, bei denen Jahwe, wohl durch den Mund eines dazu legitimierten Sprechers, über den Gottlosen ausgesprochen h a t : man ma, und ebenso dann wohl auch über den Gerechten: ΗΤΤ ΓΡΠ"3. Hand in Hand aber mit der Differenzierung der einzelnen Übertretungen nach ihrer Schwere wird aus dieser ursprünglich wohl einmal unkonditionalen „Lebens-" bzw. „Todeszusage" ein an bestimmte Bedingungen geknüpftes Urteil. Hinter dem scharfen Angriff des Amos gegen die zahlreichen Wallfahrten seiner Zeit: „Suchet nicht Bethel auf, geht nicht nach Gilgal, wallfahrtet nicht nach Beerseba . . . Suchet vielmehr den Herrn, damit ihr am Leben bleibt" (Am. 5,4ff.), sieht Z I M M E R L I die Polemik gegen eine priesterliche Tora, die das „Leben" an derartige Wallfahrts-,,Leistungen" bindet 4 . Läßt sich einerseits eine zunehmende Differenzierung des Strafmaßes nicht verkennen, so daß sich die göttliche Vergebung in der Strafmilderung, im Strafaufschub oder in der Sühnegewährung äußern kann, so gewinnt auf der anderen Seite auch mit der sublimeren Ausprägung des Sündenbewußtseins die Lebenszusage immer stärker den Charakter einer unverdient gewährten Gnade, statt eines zustehenden Rechtsanspruchs, weil sich der Täter zwar nicht im Sinne der konkreten Anklage, wohl aber in einem viel umfassenderen, seine ganze Existenz betreffenden Sinn vor Jahwe schuldig weiß. Damit kann auch die Lebenszusage den Sinn göttlichen Vergebungszuspruchs gewinnen. Wie zur Bundeserneuerung ursprünglich die 'ola und später der chattat-Ritus gehört, so erfolgt die Restitution der „Gerechtigkeit" 1 Alle Vergehen, in denen der status confessionis angetastet wird, sind unsühnbar; Beispiele bei KAISER, Knecht 101 f. u. KOCH, Sühneanschauung 11. 95. — Von Beispielen für sühnbare Sünden ist Lev. voll. 2 „Leben" und „Tod" im Buche des Propheten Ezechiel (ThZ 13, 1957, 494-508) ; vgl. auch DERS., Die Eigenart der prophetischen Rede des Ezechiel
( Z A W 6 6 , 1 9 5 4 , 1 - 2 6 ) ; DERS., E z e c h i e l ( Β Κ X I I ) , s o w i e REVENTLOW, R e c h t 2 7 4 . 287FF. 3
Kult.
ZIMMERLI, Leben 497; ebd. 501 werden Gen. 2,17; 3,4; 20,7; L.Sam. 14, 44; 22,16; L.Kön. 2,37. 42; 2.Kön. 1,4. 6. 16; Jer. 26,8, wo jeweils die Formel m a n m a begegnet, als erzählerische Widerspiegelung des Todesurteils aus einer Gerichtsszene gedeutet. 4 Vgl. auch die Tempelrede Jeremias (Jer. 7, Iff.) und siehe dazu ZIMMERLI, ebd. 500ff.
Sünde u n d Vergebung im Alten Testament
47
des einzelnen mittels des ascham-Ritus 1 . Auch hier wird wohl auf die Gerichtsdoxologie des Angeklagten hin das Orakel ergangen sein, daß Jahwe Sühne gewährt 2 . Nach der Rückerstattung des Gestohlenen oder sonstiger Wiedergutmachung 3 wurde dann das ascham-Tier vom Priester geschlachtet, der Angeklagte durch eine Blutbestreichung gereinigt 4 , das F e t t des Sühnetiers Jahwe geopfert 5 und sein Fleisch von den Priestern verzehrt. Danach erst konnte die „Gerechterklärung" des Sünders und der Vergebungszuspruch erfolgen 6 . Der ganze Vorgang ist der Öffentlichkeit der versammelten Gemeinde durch das vom gerechtfertigten Sünder anzustimmende Danklied bekannt zu machen 7 ; außerdem ist dazu ein Dankopfer darzubringen 8 . Auf dem Wege der Spirituali 1 S.o. u. vgl. R . R E N D T O R F F , Opfer pass, (präzise Untersuchung der verschiedenen Opferanlässe) und KOCH, Sühneanschauung 68 ff. 2 Jos. 7,20; 2.Sam. 12, I f f . ; 2 4 , 1 0 . 1 7 ; 1.Sam. 15,24; P s . 4 1 , 5 ; 51,6 u . ö . erscheint die Formel ΎΙΝΒΠ als „offizielle Bekenntnisformel im sakralrechtlichen A k t " ( K N I E R I M 23), die „ f ü r sich allein gesprochen werden oder formale Einleitung zu einem ausführlichen Sündenbekenntnis sein k a n n " (ebd. 26). Vgl. auch E x . 9,27; 10,16f.; J e r . 2,35; Mi. 7,9; Hi. 7,20; 10,14; 33,26f.; Gen. 50,17; l . S a m . 2 5 , 2 8 ; Ps. 25,7 und siehe B O E C K E R 11 Iff. 3 Vgl. KOCH, Sühneanschauung 60f. Die Wiedergutmachung h a t nicht selbst sühnenden Charakter, sondern ist die Voraussetzung dafür, daß J a h w e Sühne gewährt (vgl. Mt. 6,14f. ; Mk. l l , 2 5 f . ) . Allerdings scheint der ursprüngliche Sinn des Schuldritus ein anderer zu sein: „Der Sünder gibt durch seine Rückerstattung und Bußzahlung oder sein Sündenbekenntnis die Sünde schon ,zurück'. Was aber an Befleckung noch an ihm h a f t e t , wird durch eine lustrativ wirkende, an ihm vollzogene Blutbestreichimg beseitigt." (KOCH, ebd. 60). 4 Siehe vor. Anm. Hiermit könnte auch die Rede, daß J a h w e die Sünde abwischt (z.B. Ps. 51,3. 11), zusammenhängen; vgl. S T A M M , Erlösen 75. — Später wird die Blutbestreichung unter der Einwirkung der c h a t t a t als Symbol der stellvertretenden Lebenshingabe des Schuldtieres verstanden; s.o. u n d vgl.
KOCH 60. 5 KOCH
(ebd.) vermutet hierin einen sekundären Einfluß aus dem Opferkult; es ist aber wohl umgekehrt ein durch die priesterliche Reform noch nicht ganz getilgter Rest eines ursprünglichen Schuldopfers. 6 Vgl. K O C H , Sühneanschauung 1 3 ; S T A M M , Erlösen 4 7 F F . ; B E G B I C H , Heilsorakel 8Iff. — Dabei könnte die 2.Kön. 5,17 (vgl. Ri. 18,6) überlieferte Formel 1 DlVtP ? die wir noch aus dem N T kennen (Lk. 7,50; 8,48), den Abschluß des ganzen Vorgangs gebildet haben. 7 Solch ein öffentliches Bekenntnis ist ursprünglich keine volkspädagogische Maßnahme (vgl. L A T T E , Schuld 293f. und V A N D E R L E E U W 480ff.). I n den kleinasiatisch-orientalischen Kulten der Kaiserzeit h a t t e der Sünder sogar eine Stele beim Heiligtum öffentlich aufzustellen, die die Angabe seiner Sünde enthielt. Solche Beichtinschriften kennen wir auch aus Ägypten: „Tue dem Gott Gutes an, damit er dir gleiches antue, mit einer Hekatombe, die den Opfertisch gedeihen läßt, und mit einer eingegrabenen Inschrift . . . Der Gott erhält K u n d e von dem, der f ü r ihn tätig i s t " (KEES, Lesebuch 44). Zu diesem reinigenden Schriftzauber vgl. P E T T A Z Z O N I pass.; V A N D E R L E E U W 504f.; L A T T E , Schuld 292ff.; F. S T E I N L E I T N E R pass.; G. B O R N K A M M , Lobpreis, Bekenntnis und Opfer (Haenchen-Festschrift 1964, 46-63). I m AT läßt Hos. 14,3 die Praxis der Boichtinschrift erkennen (vgl. B O R N K A M M , ebd. 60); siehe ferner: Am. 4,5; Ps. 40, bes. V. 7f. 11; Ps. 22,26; 116,14; Klgl. 1,18 u.ö. Vgl. noch H E R M I S S O N 36. 8 Vgl. Lev. 7 , l l f f . ; 22,29; Am. 4 , 4 f . ; J e r . 33,11; 2.Chr. 29,31; 33,16 u . ö . •— Diese kultische Vergebungspraxis wird sichtbar: Ps. 25,7; 25,18; 32,1.5;
48
Sünde und Vergebung im Alten Testament
sierung kann dabei die Beichte des Sünders selbst zum Dankopfer werden, ein Vorgang, der sich aber völlig im Raum des Kultus vollzieht, und nichts mit „Kultkritik" im vulgären Sinn zu tun hat 1 . G. BOENKAMM hat gezeigt, daß die MIN immer die Antwort auf eine dem Beter zuteil gewordene Jahweepiphanie ist 2 und daß von dieser heil- oder unheilbringenden Erscheinung her sowohl das Bekenntnis des Begnadigten als auch das Geständnis des Überführten ΓΠΊΓ1 heißen kann 3 . Schließlich ist m i n auch die Bezeichnung für das Dankopfer 4 . Erst mit dieser kultischen Restitution der Gerechtigkeit des Sünders ist das ihn bedrohende Todesschicksal abgewendet 5 und ihm wieder Leben geschenkt 6 . Beachtlich ist die dabei zu bemerkende Tendenz, „ L e b e n " nicht bloß im Sinn biologischen Lebendigseins, sondern als die durch die Vergebung ermöglichte Teilhabe am kultischen Gotteslob zu verstehen 7 . Entsprechend gewinnt umgekehrt „ T o d " den Sinn 51; 65,3f.; 85,3; 103,3.10; Jes. 38,17; 43,25; 44,22; ala Hintergrund der Predigt: Ez. 3,20f.; 18,4. 20. 24; 33,10. 14. 16 (vgl. dazu KNIERIM 92); ferner: Jes. 6,7; Sach. 3,4; Hi. 7,21 (dazu KNIEBIM 225). 1 Vgl. Jona 2,10; Ps. 50,14f. 23 (HERMISSON 35f. hat ganz richtig gesehen, daß hier — bes. in V. 13 — nicht das blutige Opfer als solches verworfen wird. Die Polemik richtet sich vielmehr gegen seine Deutung als „Götterspeise"); Ps. 107,22; 116,17f.; Jer. 33,11. — Besonders deutlich Ps. 69,30ff., wo man wohl nach Y. 30 ein Heilsorakel annehmen muß. V. 33 sagt, daß das öffentliche Bekenntnis nun den Sinn hat, den Elenden Jahwes Größe zu verkündigen. Ps. 51,18f. Siehe zum Ganzen: GUNKEL-BEGBICH, Einleitung 277; WESTEBMANN, Loben 53; HEBMISSON 29ff. ; BORNKAMM, Lobpreis 52ff. 2 Ebd. 46FF. Auch für die von STEINLEITNEB gesammelten kleinasiatischen Sühneinschriften hat E. PETEBSON (ΕΙΣ ΘΕΟΣ, Epigraphische, formgeschichtliche und religionsgeschichtliche Untersuchungen. F R L A N T 41, 1926, 200FF.) aufgrund der immer wieder auftauchenden Erfahrung der δύναμις der Gottheit und der μέγας-Formel im Eingang eine vorausgehende Epiphanie der Gottheit nachgewiesen. Vgl. auch MOWINCKEL, PsStud. I, 149FF. und KRAUS, Psalmen ( B K A T X V 1, 1960) X L I X f . 3 Jos. 7,19; E s r . 10,11; v g l . l . S a m . 6,5. Siehe BORNKAMM, L o b p r e i s 60FF.; HEBMISSON 39F.; KÖHLER-BAUMGARTNER, L e x i c o n s . v . 4
Siehe die o. S. 47 Anm. 8 genannten Belege und vgl. KRAUS, Gottesdienst
144 f.
5 Vgl. CHR. BARTH, Errettung (s.o. S. 32 Anm. 6 und beachte die ebd. gemachten Einschränkungen). — Dabei wird der alte in animistische Ursprünge weisende Gegensatz von „rein" und „unrein" so spiritualisiert, daß Unreinheit „die Schuldverfallenheit der ganzen menschlichen Existenz" beschreibt (Ps. 51) und Reinheit zur alleinigen Möglichkeit wird, „vor Jahwes Angesicht zu existieren (V. 13a), und d.h. überhaupt ,leben' zu können". (HEBMISSON 97; vgl. überhaupt ebd. 85ff.). Sach. 3, Iff. symbolisiert der Kleiderwechsel die göttliche Vergebung; vgl. Jes. 61,10. 6 Vgl. Ez. 33,10-20; Dt. 30,15. 19;Lev. 18,5;Ps. 16,9-11 ; 49,15f. ; 73,23ff. ; 118,17. 7 Vgl. Ps. 84,5; 65,5. „Das eigentliche Ziel der Errettung vom Tode liegt nicht in dem neuen Leben selber, sondern in dem Sinn dieses neuen Lebens: Bekenntnis abzulegen von Jahwe, der dieses neue Leben geschenkt und damit seine Bundestreue erwiesen hat, in der ΓΠΊΓΙ·" (F. MAND, Die Eigenständigkeit der Danklieder des Psalters als Bekenntnislieder. ZAW 70, 1958, 185-199, 199).
Sünde u n d Vergebung im Alten T e s t a m e n t
49
des Ausgeschlossenseins vom Angesicht Jahwes 1 . Hier wird die sich später in der jüdischen Mystik fortsetzende Spiritualisierung besonders bedeutsam 2 . Der Tempel wird zum Ort des „Lebens" 3 ; Jahwe wird „Teil" und „Besitz" des Frommen 4 , und die Zuversicht, bei ihm das Leben zu haben, durchbricht die das Alte Testament sonst begrenzenden Schranken der Diesseitigkeit 5 . „Absolut unmagisch und unmythologisch wuchs hier eine Zuversicht, die sich allein aus der Gewißheit der Unzerstörbarkeit einer Lebensgemeinschaft ergab, die Gott angeboten hatte" 6 . Neben all diesen realen kultischen Erfahrungen der helfenden Nähe Jahwes steht schon im Alten Testament — genährt von der täglich andringenden unüberwindlichen Mächtigkeit der Sünde — die Hoffnung auf eine eschatologisch-endgültige Vergebung der Schuld: „Er wird sich unser wieder erbarmen, unsere Missetaten niederschlagen. Ja, du wirst alle unsere Sünde in die Tiefe des Meeres werfen!" 7 . Besonders in der Zeit des Exils und vollends nach der Tempelzerstörung haben sich alle Hoffnungen Israels auf diese Stunde der Stiftung des N e u e n Bundes, der eschatologischen Vergebung und der Herrschaft des Messias verdichtet 8 . 1 Vgl. A m . 8,11 ff.; D t . 8 , 3 ; 32,47; Bz. 3 , 1 8 f f . ; Ps. 36,9f. u . ö . Siehe dazu VON RAD, Leben u n d Tod im AT, T h W 11/844-850. 2 VON RAD, Gerechtigkeit 234FF., v e r m u t e t Kreise levitischer Tempelspiritualen als U r h e b e r solcher K u l t m y s t i k ; vgl. a u c h HERMISSON 147ff. I n den H o d a y o t von Q u m r a n s p ü r t m a n den gleichen Geist (siehe u n t e n § 3). Diese E n t w i c k l u n g zeigt aber auch deutlich, „ d a ß das theologische N i v e a u " einer „ a l t t e s t a m e n t l i c h e n Theologie" keineswegs der einstigen Wirklichkeit entspricht, die n a c h unserer K e n n t n i s der U m w e l t weit stärker von mythologischen u n d religiös massiven Vorstellungen b e s t i m m t gewesen sein m u ß " (J. MAIER, V o m K u l t u s zur Gnosis 23). 3 Gerade hierbei h a b e n fraglos mythologische Vorstellungen kanaanäischjebusitischer H e r k u n f t eingewirkt (vgl. KRAUS, Gottesdienst 234ff., Lit. u. DERS. P s a l m e n pass.). Ps. 46 u n d 48 lassen das Mythologumenon v o m paradiesischen Gottesberg erkennen (vgl. J e s . 2 , 2 f f . ; Klgl. 2 , 1 5 ; Ez. 28,11 ff.; 47, Iff.). Auf d e m Zion entspringen die lebenschaffenden Wasserströme: Ps. 4 6 , 5 ; 6 5 , 1 0 ; E z . 47; vgl. das „ L e b e n s w a s s e r " v o n Sach. 14,8 u n d die „Lebensquelle" P s . 36,10. K a n a a n ä i s c h e r H e r k u n f t ist a u c h der Gott-König-Mythos (vgl. Ps. 83,19; 97,9) u n d der Gedanke des Chaoskampfes. Aus k u l t m y t h i s c h e n Voraussetzungen ist a u c h die in der A p o k a l y p t i k s t a r k ausgeprägte Kosmologie zu v e r s t e h e n : kosmische u n d kultische O r d n u n g entsprechen sich u n d stehen „in einem kausalen Z u s a m m e n h a n g m i t e i n a n d e r " (MAIER, K u l t u s 16). — Die Opferk o m m u n i o n m i t J a h w e sowie die einstige A s y l f u n k t i o n des Heiligtums b o t e n der Spiritualisierung ebenfalls weiten R a u m (vgl. Ps. 36,8ff. ; 2 7 , 4 ; 23,5 u n d siehe dazu VON RAD, Gerechtigkeit 239f. u. HERMISSON 107ff.). 4
Vgl. P s . 1 6 , 5 f f . ; N u . 1 8 , 2 0 ; P s . 7 3 , 2 6 ; 1 4 2 , 6 u n d siehe d a z u VON RAD,
e b d . 2 4 1 ff. u . HERMISSON 107FF. 5
Vgl. Ps. 73,23ff. ; 49,16 u n d siehe VON RAD, ebd. 244f.
β
E b d . 2 4 5 ; vgl. DERS., T h W I I /850.
7
Mi. 7,19; vgl. J e r . 31,31 ff,; 50,20; E z . 37,23; Sach. 13,1 u n d siehe d a z u
KNIEKIM 94. 8 Siehe d e n folgenden P a r a g r a p h e n u n d vgl. J u b . 4 , 2 6 ; 5 0 , 5 ; ä t h H e n . 10,22; PsSal. 17,22f.; T e s t L e v . 18,9. — Gegen E . LOHSE, M ä r t y r e r u n d G o t t e s k n e c h t
4 Thyen, Studien
50
Die Voraussetzungen
§2. Sünde und Vergebung im nachbiblischen Judentum Palästinas 1 ) Das in Frage kommende Material aus den Apokryphen und Pseudepigraphen sowie aus Mischna und Talmud ist vielfach gesichtet und aufgearbeitet worden2. Mit Ausnahme der Ordensgemeinschaft von Qumran, deren Sünden-, Gnaden- und Vergebungsverständnis wir anschließend in einem gesonderten Paragraphen untersuchen wollen 3 , verzichten wir hier auf eine systematische Trennung in der Behandlung der theologischen Anschauungen von Sünde und Gnade in den verschiedenen jüdischen Religionsparteien unseres Zeitraumes. Denn obwohl die Auffindung der „Gemeindebibliothek" von Qumran uns heute erlaubt, ein wesentlich detaillierteres Bild dieser Welt zu zeichnen, als es zuvor möglich war 4 , ist in der Zuweisung unserer Quellen an die einzelnen Gruppen keine zureichende Sicherheit zu gewinnen und darum Zurückhaltung geboten. Zudem gibt es in diesem Judentum nur in der das priesterliche Erbe fortführenden theokratischen Tempelpriesterschaft Jerusalems, in esoterischen Gemeinschaften wie der qumranischen und in jüdischen bzw. semijüdischen Taufsekten 5 gegenwärtige, im Kultakt gewährte Vergebung. Darin setzt sich alttestamentliches Erbe fort, und diese ( F R L A N T 64, 2. Aufl. 1963, 175) ist freüich weder TestLev. 18,9 noch PsSal. 17,36. 41 ein Beleg dafür, daß „der priesterliche Messias der Endzeit die Sünde endgültig a u f h e b e n " wird. Nach TestLev. wird sie zu seiner Zeit „vergehen", während sie nach PsSal. dadurch verschwindet, daß der Messias die Sünder ausrottet. Einen Beleg f ü r die endzeitliche Sündenvergebung durch den Messias, von der in der Literatur oft die Rede ist, haben wir nicht gefunden. 1 Weil die Varietät der Auffassungen k a u m größer ist als im AT, behandeln wir hier sowohl die „Apokalyptik" als auch die rabbinische Welt. 2 Vgl. B I L L ; G. F . M O O R E , J u d a i s m ; B O U S S E T - G E E S S M A N N , Die Religion des J u d e n t u m s im späthellenistischen Zeitalter ( H N T 2 1 , 1 9 2 6 ) ; E . K . D I E T R I C H , Die Umkehr . . . 1 9 3 6 ; J . K Ö B E R L E , Sünde und Gnade ; R . P E T T A Z Z O N I I I / 1 4 0 F F . ; E . L O H S E , Märtyrer. — Die Quellen in Texten u n d Übersetzungen sind übersichtlich aufgeführt bei E . S J Ö B E R G , Gott und die Sünder im palästinensischen J u d e n t u m ( B W A N T 79, 1938) V I I - X . 3 Siehe oben S. 11. — W i r behandeln Qumran gesondert, weil uns hier glückliche archäologische Umstände u n d eine intensive u n d überaus umfangreiche editorische und interpretatorische Arbeit in die Lage versetzen, ein konkretes Bild von Theologie und kultischer Praxis einer jüdischen Gemeinde dieses Zeitraumes zu gewinnen. Zugleich mag an diesem Paradigma deutlich werden, wie stark das J u d e n t u m dieser Zeit in den allgemeinen Sog des späthellenistischen Synkretismus geraten konnte, u n d wie wenig wir also mit einem „ n o r m a t i v e n " J u d e n t u m als Vorstufe der späteren rabbinischen Orthodoxie rechnen dürfen. Vgl. dazu H . J . S C H O E P S , Urgemeinde, J u d e n t u m , Gnosis. 1956, 44ff. 4 Vgl. dazu bes. K . S C H U B E R T , Die jüdischen Religionsparteien zur Zeit Jesu (in: Der historische Jesus u n d der Christus unseres Glaubens. 1962, 15-101 ; mit reichen Literaturverweisen in den Anm.). 6 Vgl. dazu das 2. K a p .
Sünde u n d Vergebung im nachbiblischen J u d e n t u m Palästinas
51
Erscheinungen haben nichts mit „präsentischer Eschatologie" im Sinne der paulinischen oder johanneischen Theologie zu tun 1 . Im übrigen sind fast alle Schriften dieses Judentums mehr oder minder von dem oben skizzierten deuteronomistischen Geschichtsbild bestimmt, nach welchem erst das Eschaton dem „Gerechten" Heil und Vergebung, dem Gottlosen aber Gericht und Verderben bringen wird, während die Gegenwart allein als Zeit der Umkehr auf den Weg des Gesetzes ihren Sinn hat 2 . Da es neuerdings aber geradezu üblich wird, die allein legitime Weiterführung des alttestamentlichen Erbes in der sogenannten „Apokalyptik" zu sehen 3 — im pharisäischen Rabbinat dagegen eine Art Abfall 4 —, müssen wir hier kurz auf diese Welt eingehen und begründen, warum wir ihr nicht einen gesonderten Paragraphen zur Darstellung ihres Sünden- und Gnadenverständnisses einräumen. 1 Gegen K Ä S E M A N N (Gottesgerechtigkeit bei Paulus, Z T H K 5 8 , 1 9 6 1 , 3 6 7 - 3 7 8 ; in Fußnoten u m eine Auseinandersetzung mit B U I T M A N N S Entgegnung, J B L 8 3 , 1 9 6 4 , 1 2 - 1 6 , erweitert jetzt in: Exeget. Vers. u. Bes. I I ) und S T U H L M A C H E B , die die präsentische (kultische!) Rechtfertigung in Qumran als ein apokalyptisches ( ! ) Spezifikum mit der paulinischen Eschatologie in unmittelbaren Zusammenhang bringen. Weiteres siehe unten. 2 Siehe oben S . 3 7 und vgl. S C H U B E B T , Religionsparteien 1 6 . 3 Bei allen derartigen Unternehmungen darf V O N R A D S berechtigte W a r n u n g nicht überhört werden: „Wer den Begriff Apokalyptik verwendet, sollte sich der Tatsache bewußt bleiben, daß es bisher noch nicht gelungen ist, ihn auf eine befriedigende Weise zu definieren" (TheolAT 1 1 / 3 1 5 ) . Ohne sich um diese Problematik zu kümmern, h a t z.B. D. R Ö S S L E R (Gesetz und Geschichte, W M A N T 3, 1960) unter willkürlicher Beschränkung der Quellen und der Literatur ein spezifisch apokalyptisches Gesetzes- u n d Geschichtsverständnis konstruiert. E r h a t dabei gerade die apokalyptischen Spezifika wie Dualismus, Äonenlehre und Naheschatologie völlig ignoriert (vgl. dazu P H . V I E L H A U E R , Die Apokalyptik, in: H E N N E C K E - S C H N E E M E L C H E R 1 1 / 4 1 6 ) . — U. W I L C K E N S (Die Bekehrung des Paulus als religionsgeschichtliches Problem. ZThK 56, 1 9 5 9 , 2 7 3 - 2 9 3 ) h a t diese Resultate übernommen, in solcher Apokalyptik die geistige Heimat des vorchristlichen Paulus erweisen und damit seine Bekehrung religionsgeschichtlich verständlich machen wollen (vgl. dazu E . J Ü N G E L , Paulus und Jesus. Hermeneutische Untersuchungen zur Theologie 2, 2. Aufl. 1964, 23). — K Ä S E M A N N h a t die Apokalyptik als die „Mutter der christlichen Theologie" bezeichnet, und S T U H L M A C H E B sieht in ihr — unter ausdrücklicher Aufnahme von R Ö S S L E R S Thesen ( 9 5 ) — die Ahnherrin der paulinischen Lehre von der Gottesgerechtigkeit. — Allerdings meint S T U H L M A C H E B ( 9 5 ) unter Berufung auf O. M I C H E L , Rom. (MeyerK, 1 2 . Aufl. 3 9 3 F F . ) , neben den ihn aber zweifellos bestimmenden apokalyptischen Gedanken habe Paulus auch vieles aus der rabbinischen Theologie aufgenommen, was z.B. W I L C K E N S nicht gebührend berücksichtigt habe. Hier sind „Apokalyptik" u n d „rabbinische Theologie" offenbar als eine Art konkurrierender F a k u l t ä t e n vorgestellt, an denen Paulus als kluger Eklektiker studiert h a t . Zu solchen Urteilen ist u . E . die jüdische Religionsgeschichte dieses Zeitraumes noch viel zu wenig aufgearbeitet. Das, was S T U H L M A C H E R u n d M I C H E L hier „rabbinische Theologie" nennen, lebt gerade auch in den apokalyptischen Kreisen (vgl. 4.Esr. vi. syrBar.), und die spätere Orthodoxie bildet sich erst in der Korrektur bzw. im Ausscheiden der apokalyptischen Naheschatologie sowie des sektiererischen Torarigorismus. 4
4*
Vgl. dagegen das von
SJÖBERG,
Gott und die Sünder, gegebene Bild.
52
Die Voraussetzungen
Durch die entschlossene und konzentrierte Besinnung schon der Exilsgemeinden auf das „Gesetz" als Unterpfand der Erwählung Israels 1 durch Jahwe, den Schöpfer des Alls und alleinigen Herrn der Weltgeschichte 3 , insbesondere durch das Ernstnehmen der priesterschriftlichen Akzente dieses Gesetzes, nämlich der Sabbatheiligung 3 , der Beschneidung 4 , des Verbotes jeglichen Blutgenusses 5 , des Kultus® und des Mischehenverbotes7 gelingt es der Gola, der Assimilation an die Fremdvölker und ihre Religionen zu widerstehen und als Kultgemeinde zu überleben. Diese strenge Konzentration auf das spezifisch Israelitische gebietet auch Zurückhaltung im Urteil über den Einfluß babylonisch-iranischer Eschatologie auf die Exilsgemeinden 8 . Da es vor allem priesterliche Kreise waren, die die Gola an Kult und Tora banden, wird das endgültige Heil im neuen Tempel von Jerusalem erwartet 9 . Über allen Bergen und im Mittelpunkt der Welt werden dann dieZadokiden als die allein würdigen Priester 10 auf dem heiligen Tempelberg rite und damit zum Heil Israels und der Weltvölker den von Jahwe gnädig gewährten Kult vollziehen 11 . Die im Jerusalemer Tempelkult verwirklichte Theokratie ist das einzige Ziel der Weltgeschichte. In solcher antisamaritanischen und antieschatologischen Zuspitzung nimmt hernach das chronistische Geschichtswerk diese Ideen auf 12 . 1 Zur Umstrukturierung des „Gottesvolks" zu Kultgememden vgl. L. ROST, Die Vorstufen von Kirche u n d Synagoge im AT (BWANT 24, 59) u. O. PLÖGER, Theokratie u n d Eschatologie (WMANT 2, 2. Aufl. 1962, 41ff.) sowie SCHUBERT, Religionsparteien 17. 2 Esr. 4,3; 6,17 zeigen, daß sich die Gola als das „wahre Israel" versteht; vgl. SCHUBERT, ebd. 16ff. — Der kosmische u n d weltgeschichtliche Aspekt b a h n t sich schon mit D t Jes. deutlich an. 3 Ρ begründet das Sabbatgebot mit der Sabbatruhe des Schöpfers (Gen. 1, Iff.) u n d macht es damit f ü r die gesamte Menschheit verbindlich, vgl. SCHUBERT 16f. 4 Durch die Beschneidung als Bundeszeichen hebt Ρ Israel aus der gesamten Völkerwelt bewußt heraus (Gen. 17, lOff.). 5 Ebenso wie das Sabbatgebot gilt das Noah als dem Stammvater einer neuen Menschheit gegebene Verbot jeglichen Blutgenusses der Welt (Gen. 9,4) ;
v g l . SCHUBERT 1 6 f .
6 I n Ρ werden erstmalig Kultrituale schriftlich fixiert ; möglicherweise wurden sie im Exil durch bloße Rezitation „vollzogen" (siehe oben S. 30 Anm. 4). 7 Siehe vor allem Esr. u n d Neh. u n d vergleiche die Kommentare dazu sowie
SCHUBERT 2 4 f .
8 Vgl. dazu die vorsichtigen Erwägungen PLÖGERS (61 f.) u n d VON RAD, TheolAT 11/329. — Zum iranischen Problem: G. WIDENGREN, Stand u n d Aufgaben der iranischen Religionsgeschichte (Numen I I , 1954, bes. 39ff.). — Daß zahlreiche Elemente der apokalyptischen Theologie aus uralter im Jerusalemer Tempel als geheimes priesterliches Berufswissen gehüteter jebusitischer Tradition stammen und hier nun kosmologischen Spekulationen dienstbar gemacht werden, h a t J . MAIER, Vom Kultus zur Gnosis, wahrscheinlich gemacht. 9 10 Vgl. bes. Ez. 40-48. Ez. 40,46; 44,15. 11 Zur Tempelbergtradition vgl. Ps. 48,3; Ez. 17,22; 40,2; Jes. 2,2; Mi. 4,1; Sach. 14,10. Siehe außerdem KOCH, Sühneanschauung. 12
Vgl. PLÖGER 5 4 f f . ; W . RUDOLPH, D i e C h r o n i k b ü c h e r ,
X X I I I f . ; SCHUBERT, Religionsparteien 30.
H A T 21,
1955.
Sünde und Vergebung im nachbiblischen Judentum Palästinas
53
I n Opposition zu dieser theokratischen Priesterideologie entstehen — wohl zunächst in Laienkreisen, aber schon bald unterstützt durch die wegen ihrer nichtzadokidischen Abkunft disqualifizierte Priesterschaft 1 — apokalyptische Konventikel in äußerlicher Anknüpfung an prophetische 2 und innerer Rezeption weisheitlicher Traditionen 3 . Bald wird hier und da die enttäuschte Priesterschaft die Führung übernommen haben 4 . Man kann zwar in der „Apokalyptik" in gewisser Hinsicht eine durch bestimmte Spezifika verbundene geistige Bewegung des nachexilischen Judentums sehen 6 , aber man muß sich dabei die innere Verschiedenheit der einzelnen, sie repräsentierenden Kreise deutlich vor Augen halten 6 . Und so wenig wie in theologischer ist die Apokalyptik in literarischer Hinsicht eine Einheit 7 , VON RAD hat dazu treffend bemerkt: „Sie ist im Gegenteil in formgeschichtlicher Hinsicht ein mixtum compositum, das überlieferungsgeschichtlich auf eine sehr komplizierte Vorgeschichte schließen läßt" 8 . Besonders in der Not der Religionsverfolgung unter Antiochus IV. kommt es zur Aktualisierung der apokalyptischen Naherwartung und zur esoterischen Verkapselung solcher Konventikel. „Typisch für diese Auffassung ist die Bezeichnung ,Frevler am Bund' von Dan. 11,32, unter der alle jene Israeliten zusammengefaßt werden, die nicht zu der Gruppe gehören, innerhalb der das Danielbuch entstand" 9 . Aus solchen Kreisen formierte sich die asidäische Bewegung 10 , die sich zusammen mit den Hasmonäern 1 1 zum Kampf gegen die „vom heiligen 1 Vgl. bes. P L Ö G E R 37ff.; S C H U B E R T , ebd. 30ff. Schon Jes. 66, If. läßt eine „antipriesterliche Opposition" erkennen ( S C H U B E R T 20). 2 Das erweisen allein schon die anonymen Zusätze zu den Prophetenbüchern. Die qumranischen Pescharim zeigen, wie in diesen Kreisen die Propheten verstanden wurden (s.u.); vgl. H . H . R O W L E Y , The Relevance of Apokalyptic. 2. Aufl. 1955; P L Ö G E R 69 ff. Auf den großen inneren Abstand von der Prophetie wegen des totalen „Geschichtsverlustes" und des Schwindens „der Erfahrung des geschichtlich Kontingenten" haben besonders VON RAD, TheolAT II/320f. u. M . B U B E R , Kampf um Israel, 1933, 50ff. hingewiesen. Vgl. noch B U L T M A N N , Geschichte und Eschatologie, 1958, 3Off. u. V I E L H A U E R , Apokalyptik 4 1 6 F F . 3 Vgl. dazu bes. VON RAD, TheolAT II/315ff. 4 Vgl. S C H U B E R T , Religionsparteien 31; für Qumran s.u. § 3 . 5 Vgl. dazu V O N R A D , TheolAT H / 3 2 8 u. V I E L H A U E R , Apokalyptik 412ff. 8 Siehe P L Ö G E R 58ff. u. V O N R A D , ebd. 3 2 7 . 7 Auf dieser Fiktion beruht R Ö S S L E R S Quellenbeschränkung auf die drei „Apokalypsen" (äthHen., syrBar. u. 4.Esr.), sowie die „apokalyptischen Abschnitte" etwa in Test. X I I u. Jub. 8 TheolAT II/330, Anm. 28; man muß berücksichtigen, daß z . B . der Kompilator von äthHen. einem „Epigonenstadium literarischer Sammlertätigkeit" angehört (MAIER, Kultus 126). 9 S C H U B E R T , Religionsparteien 32. Vgl. äthHen. 10,16; 84,6; Jub. 1,16; 16,26 und siehe J. M A I E R , Zum Gottesvolk und Gemeinschaftsbegriff in den Schriften vom Toten Meer (Diss. Wien 1958). 10 Vgl. S T E C K 196ff.; P L Ö G E R 16ff. u. S C H U B E R T 32. 11 Zur Abgrenzimg der Asidäer von den Hasmonäern vgl. S C H U B E R T 36ff.
54
Die Voraussetzungen
Bund abgefallenen" 1 hellenistischen Synkretisten Jerusalems und den verhaßten Antiochus erhoben2. Nach allem, was unsere Quellen erkennen lassen 3 , kann also von einer einheitlichen Gruppe oder Theologie der „Apokalyptik" nicht die Rede sein. Gewiß sind alle apokalyptischen Kreise darin geeint, daß sie das endgültige Heil für die „Gerechten" und die Vernichtung der Frevler und Abtrünnigen als unmittelbar bevorstehend erwarten, wobei freilich Art und Umfang dieses Heils hier und da verschieden beschrieben werden 4 . Geeint mögen sie auch weitgehend durch eine gewisse — aus ihrer Genesis verständliche — antikultische Haltung sein, die sich jedoch meist gar nicht dem Kultus als solchem, sondern dem gegenwärtigen Pseudokultus in Jerusalem widersetzt 5 . Ein gemeinsames Band ist schließlich die Zwei-Äonen-Lehre mit dem dadurch bedingten Universalismus und Dualismus, dem ein entsprechender Individualismus korrespondiert6. R Ö S S L E R hat vor allem das Insistieren auf dem Gesetz als dem von Jahwe gewährten Medium, die uranfängliche Erwählung Israels zu 1
3
l . M a k k . 1,15; vgl. D a n . 11,32.
2
V g l . PLÖGER 6 6 .
Solange das Verhältnis der Synagoge zu den apokalyptischen Kreisen so wenig geklärt ist wie bisher, wird m a n den Kreis der Quellen so weit wie möglich fassen m ü s s e n ; d . h . es ist geboten, auch „diejenigen Schriften . . ., in denen sich schriftgelehrt-pharisäische Gesetzesanschauung m i t apokalyptischen Gedanken verbindet (Sir., Sap., 4 . E s r . ) " , mitheranzuziehen (W. G. KÜMMEL, Jesus u n d P a u l u s , N T S 10, 1 9 6 3 / 6 4 , 1 6 3 - 1 8 1 ; e b d . 1 7 4 ) . Z u r K r i t i k a n RÖSSLER v g l . e b d . 173FF. ; s i e h e a u c h SJÖBERG 1 9 6 .
4 Vgl. VIELHAUER, Apokalyptik 414. — Bezeichnend ist, daß der P a u l u s ( R o m . 9-11) u n d die T a n n a i t e n (vgl. SJÖBERG 224) so s t a r k bewegende Gedanke der Restitution Gesamtisraels in den apokalyptischen T e x t e n weitgehend fehlt ; vgl. aber 4 . E s r . 13,39FF. u n t e r B e a c h t u n g des „pharisäischen" Charakters dieses aus vielerlei Traditionen kompilierten Buches. 6 I n J u b . u n d Q u m r a n (s.u. § 3) ist das offenkundig. — Diese H a l t u n g w u r d e gewiß d u r c h die der Hellenisierung aufgeschlossene antieschatologische Priesteraristokratie Jerusalems noch g e f ö r d e r t ; vgl. PLÖGER 50ff. u. SCHUBERT, Religionsparteien 30. Manche Züge der apokalyptischen L i t e r a t u r weisen auf die Beteiligung dissidenter Priester. Vgl. in diesem Sinn die vorsichtigen Andeutungen VON RADS: „ I s t nicht sogar m i t der Möglichkeit, j a Wahrscheinlichkeit zu rechnen, daß schon die Priesterschrift erheblich mehr von Henoch gewußt h a t , als in dem Satz Gen. 5,24 ausgesprochen i s t ? " (TheolAT 11/329); ferner seinen Verweis auf die N u m . 14,21 angedeutete Weltvollendung u n d „ d e n komplizierten A p p a r a t von J a h r e s a n g a b e n " in P. Z u m Menschensohnp r o b l e m : „Übrigens ist das K o m m e n des göttlichen K a b o d m i t der Wolke schon f ü r die Darstellung der Priesterschrift charakteristisch" (ebd. 334 m i t Verweis auf Ez. 1,26 u. O. PROCKSCH, TheolAT 416f.). Zur spekulativen U m f o r m u n g des rituellen Aktes des „ H i n t r e t e n s vor J a h w e " in den Gedanken der E n t r ü c k u n g u n d Himmelsreise (äthHen. 14; TestLev. 2ff.) vgl. MAIER, K u l t u s 20. 106. Auch der Gedanke des thronenden eschatologischen Richterkönigs (Dan. 7,9ff. ; ä t h H e n . 37ff.) u n d des Gottesthrones als Offenbarungsort (vgl. Sap. 9,10; ä t h H e n . 14; 60; 71 u.ö.) e n t h ä l t alte K u l t t r a d i t i o n e n ; siehe dazu MAIER, K u l t u s 125ff. 8 Der d u r c h den Gedanken des Gerichts n a c h den W e r k e n bedingte Individualismus s t e h t in eigentümlicher S p a n n u n g z u m Erwählungsglauben der Gruppe als des wahren Israel.
Sünde u n d Vergebung im nachbiblischen J u d e n t u m Palästinas
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bewahren, als das alle Apokalyptiker einigende Band herausgestellt. Das ist zwar richtig, aber gerade kein apokalyptisches Spezifikum. Es gilt für das gesamte nachexilische Judentum. Nun meint freilich RÖSSLER, doch ein ganz spezifisches, nur den Apokalyptikern eigenes Verständnis des Gesetzes erweisen zu können, das sie prinzipiell von den Rabbinen scheide. Aus dem Fehlen konkreter Gesetzeshalacha in den von ihm untersuchten Quellen schließt RÖSSLER, daß „Sünde" für die Apokalyptiker nicht in der Übertretung konkreter Einzelgebote, sondern in einem falschen „Verständnis vom Wesen des Gesetzes" bestehe, wie umgekehrt „Gerechtigkeit" sich nicht „im Befolgen bestimmter Gebote", sondern „im Prinzipiellen", eben im rechten Verständnis vom „Wesen des Gesetzes" manifestiere 1 . Schon R Ö S S L E R S willkürliche Quellenbeschränkung, seine fragwürdigen Schlüsse aus argumenta e silentio 2 und sein Verständnis der pharisäischen Theologie 3 deuten auf die Revisionsbedürftigkeit dieses Urteils. Davon abgesehen, daß schon der literarische Charakter dieser teilweise die Sammlerfreude von Epigonen ohne sonderliches existentielles Engagement spiegelnden Schriften zu der Frage nötigt, wie hat die Gesetzesfrömmigkeit in den hinter dieser „Literatur" liegenden Konventikeln wirklich ausgesehen, hat R Ö S S L E R nicht beachtet, daß in den von ihm untersuchten Wendungen das totum pro parte steht, wie umgekehrt gilt: pars pro toto. Denn wie soll das „Bewahren des Gesetzes", an dem sich die Gerechtigkeit des Frommen erweist, anders realisiert werden als durch die Erfüllung der konkreten Einzelgebote? Und wie soll sich umgekehrt der „Abfall vom Gesetz" anders vollziehen als durch die Übertretung bestimmter Forderungen der Tora 4 ? 1
V g l . R Ö S S L E R 7 7 ff. R Ö S S L E R vermerkt
z . B . das Fehlen von Zitaten aus dem Gesetz ( 4 7 ) , von halaehischer Gesetzesexegese, der Erwähnung des „mündlichen Gesetzes" und konkreter Einzelforderungen (48ff.). Die AsMos., die dieses Bild erheblich modifiziert hätte, wird nicht befragt ; der literarische Charakter dieser Schriften und ihre Absicht bleiben unerörtert. 3 Z.B. wird als Charakteristikum genannt, daß hier das Gesetz „prinzipiell dem Erwählungshandeln Gottes zugeordnet" werde (72), das gilt aber in gleicher Weise v o m Rabbinat; vgl. bes. Ab. III/14 und siehe dazu K U M M E L , Jesus 174. — Zum Gedanken des leidenden Gerechten (92ff.) sind die analogen Aussagen der Sap. nicht berücksichtigt. — Völlig auf den Kopf gestellt sind Aussage und theologische Absicht des 4.Esr., wenn R Ö S S L E R sagt: „Die Vorstellung solcher allgemeinen Sündhaftigkeit der Menschen stammt nun ganz offenkundig aus dem Bereich der pharisäischen Theologie. Hier hat sie ihre deutlichen Parallelen" (106, wofür dann ein Beleg: LevRab. = Bill. III/156 genannt wird.) Davon, daß die „Antworten des Offenbarers" im 4.Esr. „völlig im Rahmen der apokalyptischen Theologie bleiben" (108), kann überhaupt nicht die Rede sein. Hier wird doch im Gegenteil gerade eine mythische Konzeption von der schicksalhaften Sündenverfallenheit aller nicht ohne Leidenschaft durch — wenn man so will — pharisäische Leistungsfrömmigkeit kritisiert. Vgl. dazu besonders B R A N D E N B U R G E R , Adam 27ff. 4 Vgl. R Ö S S L E R 80ff. und siehe ebd. die Belege für die genannten Wendungen. 2
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Die Voraussetzungen
Daß, wie vor allem B R A N D E N B U R G E R gezeigt hat, der Gedanke der himmlischen Buchführung über jede gute und böse Tat diesen Kreisen völlig geläufig ist, übersieht RÖSSLER1. Solches und ein Blick in die verwandte Qumranliteratur hätte doch zeigen müssen, daß der Torarigorismus in der Apokalyptik viel radikaler ist als bei den im Vergleich dazu humanitär-liberalen Rabbinen 2 . Das von RÖSSLER beobachtete, aber wohl überschätzte Zurücktreten der Kasuistik, des Gedankens der Kompensierbarkeit böser durch gute Werke 3 sowie ausgebildeter Sühnetheorien in der Apokalyptik hat seine Gründe nicht im besseren Verständnis vom „Wesen des Gesetzes", sondern in der antikultischen Haltung, in der akuten Naherwartung und im Determinationsglauben der Apokalyptiker 4 . Wo man sich so als das „wahre Israel" weiß, gibt es im Falle der Gesetzesübertretung nicht Sühne und Bußleistungen, sondern Ausschluß und damit Überlieferung an die massa perditionis6. Schließlich ist hier nun noch — wenigstens exkursartig — auf den von STUHLMACHER versuchten Nachweis einzugehen, daß sich durch den von Paulus als die Mitte seiner Theologie aufgenommenen apokalyptischen „terminus technicus" ΓΠΓΡ npTS, diese Gottesgerechtigkeit als das bisher stets übersehene eine und einigende Thema aller Apokalyptik erweise6. 1 B R A N D E N B U R G E R , A d a m 197f. n e n n t folgende Stellen: J u b . 30,17f.; 30, 23; 39,6; ä t h H e n . 81,4; 89,62f.; 9 8 , 7 f . ; 104,7; 108,7; slavHen. 52,15; syrBar 24,1; TestBenj. 11,4 ( ? ). — „Vor seinem Angesicht vergehen wir u m unserer Werke willen, u n d alle unsere Sünden sind genau g e z ä h l t " ä t h H e n . 63,3 ( R I E S S L E R ) ; vgl. ebd. 1,9; slavHen. 50,1; 53,2f. u n d die rabbinischen Belege bei Bill. I I / 1 7 1 f . sowie B I E T E N H A R D , Die himml. Welt. W U N T 2, 1951, 231ff. 2 D a ß das Gesetz zur ewigen, präexistenten N o r m wird (näheres dazu siehe u n t e n ) u n d die Gebote „von ihren heilsgeschichtlichen Bezügen gelöst" n u n einen „klaren u n d ein f ü r alle Mal feststehenden S i n n " gewinnen, h a t von RAD (TheolÀT 11/331) gerade f ü r das Danielbuch gezeigt. Diese Entgeschichtlichung des Gotteswillens ist also kein rabbinisches Spezifikum, sondern eine gemeinjüdische Erscheinung, die ihre Ursache in dem besprochenen Strukturwandel des Gottesvolkes zur Kultgemeinde h a t u n d „das E n d e , das Überflüssigwerden der prophetischen, d . h . der geschichtlichen Eschatologie" b e d e u t e t ( P L Ö G E R 5 7 ) . Vgl. noch S C H U B E R T , Religionsparteien 62ff. 3 Vgl. TestSeb. 9,7 u n d die A n m . 1 gegebenen Belege. 4 Vgl. aber TestBenj. 3 , 6 ; J u b . 31,23 (Anrechnungsterminologie!) u n d siehe dazu B R A N D E N B U R G E R , A d a m 198 f. 5 Auf solchen H i n t e r g r u n d weist Mt. 18,15ff. (s.u. K a p . I I I ) . — Mit seiner Bemerkung, d a ß die Einzelgebotserfüllung „als schlechthin selbstverständlich" vorausgesetzt werde ( 8 7 A n m . 4 ) , verschleiert sich R Ö S S L E R das P r o b l e m : t a f e l t einer m i t Heiden, so h a t er das Gesetz „ v e r s c h m ä h t " , ist er „ v o m Gesetz abgefallen", u n d zwar durch eine konkrete Gebotsübertretung. 6 Vgl. z . B . S T U H L M A C H E R 1 4 5 f . — Vom „ t e r m , t e c h n . " spricht S T . häufig, gelegentlich wechselt d a m i t die Bezeichnung „ F o r m e l " oder es wird v o m „terminologischen" bzw. „unterminologischen" Gebrauch der „Gottesgerechtigk e i t " gesprochen.
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Stellen wir die von STUHLMACHER ermittelte Statistik des „terminus technicus" Gottesgerechtigkeit voran und lassen wir ihr sodann die Nachprüfung an den Quellen folgen: Die status-constructus-Verbindung „Gottesgerechtigkeit" begegnet ein einziges Mal im Alten Testament, nämlich Dt. 33,21 (s.o. S. 26). Wegen der qumranüblichen Vermeidung des Jahwenamens (jetzt als fip"TS) findet sich der Ausdruck zweimal im Schlußpsalm der Sektenregel (1QS 10,25; 11,12). Außerdem trägt eine der Feldtrompeten im eschatologischen Rachekrieg die Aufschrift, VN pTS (1QM 4,6). Schließlich begegnet die Wortverbindung, nunmehr griechisch, noch TestDan. 6,10. Weiter führt STUHLMACHER als Belege für den „technischen" Gebrauch von „Gottesgerechtigkeit" noch an: äthHen. 71,14; 99,10; 101,3 und 4.Esr. 8,36 (S. 175). An allen diesen Stellen findet sich aber gar nicht die status-constructusVerbindung „Gottesgerechtigkeit". Es heißt vielmehr „die Gerechtigkeit des betagten Hauptes" (äthHen. 71,14), „seine Gerechtigkeit" (ebd. 99,10; 101,3) und „deine Gerechtigkeit" (4.Esr. 8,36). Gerade die letztere Verbindung ist aber in der gesamten jüdischen Literatur, besonders etwa in den Psalmen Salomos, überaus häufig. Ihr Sinn ergibt sich jeweils aus dem Kontext; eine einheitliche Bedeutung läßt sich nicht nachweisen. Es bleiben also einschließlich des gesamten Alten Testaments vier Stellen, an denen die Verbindung „Gottesgerechtigkeit" begegnet. Ein einheitlicher „formelhafter" Sinn der Wendung läßt sich an diesen Stellen nicht feststellen. Die Nachprüfung von STUHLMACHERS Einzelexegesen ergibt, daß er im Banne seines Vorurteils vom technischen Terminus jeweils die eine Stelle zur Interpretation der anderen herangezogen hat 1 . Dt. 33,21: Der Gad-Soruch aus dem Mosesegen scheint mit ΓΡΦΙΟ ( = Erstlingsland) und ppnD np^n ( = Feld des Stammesfürsten) darauf anzuspielen, daß Gad sich Rubens Stammesbesitz einverleibt hat. Vers 21b will das theologisch rechtfertigen: Gad hat an Ruben wegen dessen Frevel an Bilha (Gen. 35,22a) Gottes Strafgericht (ΠΊΓΡ rip"TX) vollzogen 2 . Diese von ZOBEL gegebene einleuchtende Interpretation würde gerade den von STUHLMACHER strikt bestrittenen Sinn der strafrichterlichen Gottesgerechtigkeit ergeben (vgl. die Exegese dort 142ff.). 1QS 10,25; 11,12: Die von STUHLMACHER (154ff.) gegebene Interpretation ist zutreffend. Nur wird die Wortverbindung „Gottesgerechtigkeit" als vermeintlicher terminus technicus zu stark isoliert. In 10,25 f. ist der Text zerstört, so daß keine Sicherheit in der Interpretation zu erreichen ist. Daß es sich um ein „Vorurteil" handelt, wird daraus deutlich, daß STUHLvon Anfang seines Buches an so mit dem „technischen Sinn" der Gottesgerechtigkeit als dem „heilschaffenden Recht Gottes" arbeitet, als sei dies ein unerschütterliches Resultat. So wird (12-73!) in dem „Auslegungsgeschichte" überschriebenen Teil die Forschung nicht auf ihre Probleme und offenen Fragen hin abgehört, sondern am Maß dieses Resultates gemessen und zensiert. Ebenso wird dann bei der Exegese der paulinischen Stellen (74-101) einfach dieser „Maßstab" angelegt. Die Stellen, in denen bei Paulus die Wortverbindung δικαιοσύνη θεοϋ begegnet, werden von den anderen paulinischen Aussagen über die δικαιοσύνη und δικαιοϋσθαι isoliert. 2 Vgl. H. J. ZOBEL, Stammesspruch und Geschichte ( B Z A W 95, 1965, 27 u. 39ff.). Diese Deutung wird bestätigt durch Memar Marqah I V § 6, Zeile 22 (ed. MACDONALD 1/95; s. dazu unten S. 99 Anm. 1): ΓΤΠΏ1? 31p 13 131X1 Π3Ώ •'Dira nVxi u m nVrSI n n n s "ΠΝ (die Wurzel ΌΤ vertritt hier das hebr. p"lS)· Jahwe vollstreckt seine Gerechtigkeit an Ruben. 1
MACHER
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Die Voraussetzungen
1QM 4,6 : STUHLMACHEBS Prämisse (163f.), daß „in den Texten p l î î und stets ohne erkennbaren Unterschied wechseln", bedarf, zumal die Kriegsrolle nicht auf einer Ebene mit der Sektenschrift und den Hodayot gesehen werden darf, genauer Überprüfung 1 . I n 1 QM 4 zeigt aber vor allem die parallele Bildung der Aufschriften der anderen Feldtrompeten (Vs Π»Χ, 13SPD und YDD), daß es sich bei b x p"72J nicht um einen technischen Terminus, sondern um eine ad hoc gebildete Wortverbindung handelt. Gewiß werden diese Aufschriften ausdrücken, daß Gottes eigene Wahrheit, Rechtsforderung, Herrlichkeit und Gerechtigkeit „seiner Mannschaft in den heiligen Krieg voranziehen" sollen ( S T U H L M A C H E B 163). Zugleich darf aber doch nicht übersehen werden, daß es gerade dabei um die „ R a c h e " , „Heimzahlung" und „Vergeltung" (1QM4,12) an den „Hassern der Gerechtigkeit" (1QM 3,6) geht. TestDan. 6,10: Wie man bei einem nur einmaligen Vorkommen der Wortverbindung ή δικαιοσύνη του θεοϋ im gesamten Corpus der Zwölfertestamente vom Vorliegen eines „terminus technicus" reden kann (STUHLMACHEB 170ff.), ist uns unerfindlich. „Gerechtigkeit Gottes" ist an dieser Stelle als Oppositum zu άδικία einfach Gottes Rechtsforderung, und insofern ist die von α, Α , β, S 1 gebotene Lesart τη δικαιοσύνη του νόμου του θεοΰ (vgl. CHABLES, Testaments ζ. St.), auch wenn sie sekundär sein sollte, sachlich sicher richtig und keine „uminterpretierende Korrektur" (STUHLMACHEB 171); vgl. syrBar. 51,3; 57,6 und die rabbinischen Belege bei B I L L . I/250f. und IV/l,3ff. Zudem hat S T U H L M A C H E B die starke Wirkung der aus einem ganz anderen mythischen Milieu stammenden Zwei-Geister-Lehre auf die Testamente und damit die ursprüngliche Zugehörigkeit der δικαιοσύνη zu ihrem dualistisch-katalogischen Schema übersehen2. Obwohl S T U H L M A C H E B die semantischen Untersuchungen von J . B A B B zustimmend gelesen hat, äußert er im Bann der von B A B B mit Recht bekämpften Sprachphilosophie zu der Trompetenaufschrift der Kriegsrolle von Qumran (1QM 4,6): „ D i e Stelle zeigt, wie sehr der Begriff VN p I S bzw. VN D p i S seine Heimat im apokalyptischen Denken hat und aus diesem nur unter Preisgabe seiner Wesensstruktur gelöst werden kann" (STUHLMACHEB 163f.). Solche Urteile nennt B A B B mit Recht „an illigitimate confusion of theological and linguistic methods" 3 . Methodisch ungenügend beachtet ist von S T U H L M A C H E B auch der hymnische Charakter des Schlußpsalms der Sektenregel mit dem Lobpreis der rechtfertigenden Gerechtigkeit Gottes im Gegensatz zu den anderen mehr lehrhaftparänetischen Ausführungen. Denn — vom linguistischen Problem des Griechischen, über das wir noch sprechen müssen, abgesehen — kann man sinnvoll von einem „technischen" Gebrauch von Wörtern doch nur da reden, „where a pair of words, or more pairs than one, form within a certain area a recognized and technical system by which relevant realities may be classified" 4 . Bin der1 Vgl. J . B E C K E S , Das Heil Gottes 43FF. — Dazu, daß im übrigen die Wörter vom Stamm sdq in 1 QM gerade keine entscheidende Rolle spielen, siehe ebd. 74FF. 2 Vgl. dazu E. KAMLAH, Die Form der katalogischen Paränese im NT ( W Ü N T 7, 1964), 172; weiteres dazu siehe unten. 3 J. B A B B , Semantics (siehe oben S. 24) 163. Dabei nimmt S T U H L M A C H E B (116), trotz der von uns gesperrten Stellen im obigen Zitat, B A B B S methodisches Anliegen positiv auf. Er dürfte dann aber nur von dem konkreten Sinn sprechen, den die Trompetenaufschrift „Gottes R e c h t " im apokalyptischen Kontext von 1 QM 4 hat. Es handelt sich bei dieser Wortverbindung nicht um einen „ B e g r i f f " mit irgendeiner „Wesensstruktur". 4 J. B A B B , Biblical Words for Time, 1962, 153, wofür B A B B 154 die Wortpaare heilig - profan, rein - unrein „within the priestly system of holiness" als Beispiele gibt.
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artiges „System" liegt aber bei der Rede von der Gerechtigkeit Gottes nirgendwo vor. Allein bei dem deklaratorischen Zuspruch des Priesters an den gerechtfertigten Sünder mit den Worten: ΠΠΝ ρΉΚ bzw. bei dem korrespondierenden verurteilenden: ΠΠΧ Ϊ7ΕΠ kann man von einem „technischen Gebrauch" oder von einer „Formel" reden. In solchem oder ähnlichem Zuspruch wird der Preis der Gottesgerechtigkeit im Schlußpsalm der Sektenregel seinen Grund haben. Liegt also in der Rede von der Gottesgerechtigkeit eine „Formel" nicht vor, und haben wir in ihr lediglich die Verbindung zweier Wörter vor uns, die ihren Sinn jeweils aus dem Kontext gewinnen, so hätte S T U H L M A C H E R in seinen Quellen das gesamte Wortfeld von sedaqa, sadiq, sädäq und sadaq einschließlich sämtlicher Synonyma und Opposite untersuchen müssen. Dabei hätte sich ihm — zumal man unter seinen Quellen die Assumptio Mosis und die Vita Adae ebenso vermißt, wie die Zuweisung der Salomopsalmen an die „Synagoge" nicht befriedigen will — ein wesentlich breiteres und den rabbinischen Aussagen sehr viel näheres Panorama des Gebrauchs dieser Wörter und der durch sie ausgedrückten Sachverhalte gezeigt 1 . Warum S T U H L M A C H E B die zahlreichen Belege für δικαιοσύνη σου (vgl. z.B. 9,2ff.) in den Salomopsalmen nicht dem „technischen" Gebrauch zurechnet, die gleiche Wortverbindung aber äthHen. 99,10; 101,3 dafür in Anspruch nimmt (vgl. 178ff.), ist unverständlich. Das Problem des 4. Esrabuches ist völlig verkannt. Ohne eine begründete literarkritische Analyse — und dazu hat O. P L Ö G E R ZU bedenken gegeben: „doch verbietet der kompendienartige Charakter des Buches solche Versuche" (Art. 4. Esr. RGG 11/698) — kann man nicht willkürlich einzelne Sätze herausgreifen, die dann „das apokalyptische Denken auch der Zeit vor ihrer Abfassung" (172) repräsentieren sollen. Ein Beispiel mag das verdeutlichen: In dem Abschnitt 8,20-30 werden in antithetischem Parallelismus jeweils Sünder und Gerechte einander gegenübergestellt und Gott wird gebeten, den Sündern um der Gerechten willen zu vergeben, ihnen aus dem Schatz der guten Werke die Gerechtigkeit „anzurechnen". Das ist ein aus dem Rabbinat vertrauter Gedanke. — In den folgenden Versen (31-36) wird nun diese Scheidung zwischen Sündern und Gerechten aufgegeben und von der allgemeinen Sündhaftigkeit aller im Sinne eines Verhängnisses gesprochen, gipfelnd in dem Satz: „Denn dadurch wird deine Gerechtigkeit und Güte, Herr, offenbar, daß du dich derer erbarmst, die keinen Schatz von guten Werken haben!" (8,36) — Diese „Irrlehre" wird nun aber mit einer gewissen Ironie durch den angelus interpres lind das heißt durch Gott selber korrigiert (8,37ff.): Es gibt keine allgemeine Sündhaftigkeit aller, sondern Sünder und Gerechte. Es gibt keine Rettung der Sünder um der Werke der Gerechten willen, sondern ein strenges Gericht nach den Werken eines jeden. Man kann deshalb nicht eine Aussage wie die von 8,36 isolieren und als typisch für die apokalyptische Theologie in Anspruch nehmen. Gerade die Apokalyptiker wußten doch immer sehr genau zwischen Sündern und Gerechten zu unterscheiden. Die hier bekämpfte Irrlehre von der Sündenverfallenheit aller scheint ganz anderer Provenienz zu sein (vgl. unten § 4; zum 4.Esr. siehe die vorbildliche Analyse von BRANDENBURGER, Adam 27ff.). Überall in den Texten stehen neben den Aussagen über Gottes richtende und rechtfertigende Gerechtigkeit solche über die Gerechtigkeit der „Gerechten", die sein Gesetz bewahren, die gute Werke haben und sich dadurch von den Gottlosen unterscheiden. Ihnen — und nur ihnen ! — kommt Gottes Gerechtig1 Zum Methodischen vgl. BARR, Semantics 235ff. ; zum Inhaltlichen vgl. SJÖBERG, Gott und die Sünder 223ff.
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Die Voraussetzungen
keit rettend zu Hilfe, während sie die Gottlosen erbarmungslos richten wird 1 . Daß das f ü r griechische Ohren völlig unverständlich, j a „widersinnig" sein soll, leuchtet uns nicht ein ( S T U H L M A C H E R 170). Wie h ä t t e n denn die hellenistischen Hörer des Paulus seine Botschaft je verstehen sollen, wenn tatsächlich „im hellenistischen Denken kein Resonanzboden f ü r die apokalyptischen Aussagen von Gottes Heil stiftender u n d damit f ü r griechisches Empfinden geradezu widersinnig parteilicher Schöpfermacht, seinem Recht, gegeben w a r " ? ( S T U H L M A C H E R ebd.). Von dem Gebrauch der Vokabeln gilt f ü r die Septuaginta wie f ü r Paulus: „Words can only be intelligibly interpreted by what they m e a n t a t the time of their use, within t h e language system used by t h e speaker or w r i t e r " ( B A R R , Semantics 140). Nirgends in seiner umfangreichen Korrespondenz sehen wir Paulus dabei, ein „hellenistisches" Mißverständnis seiner apokalyptischen Wörter zu korrigieren (vgl. ebd. 249ff.). Daß die Gerechtigkeit Gottes oder besser Gott in seiner Gerechtigkeit dem Gerechten, der u m seiner Gerechtigkeit willen leiden muß, zu Hilfe k o m m t , leuchtet doch jedermann ein, er sei J u d e oder Grieche. Dazu bedarf es keiner besonderen, Paulus „wenigstens teilweise" analogen S t r u k t u r der „Konstellation von Eschatologie u n d Ontologie" ( S T U H L M A C H E R 71). Die Frage ist vielmehr allein die, wie es zu der Gerechtigkeit des Gerechten k o m m t : aufgrund von Werken u n d Verdienst oder sola gratia u n d sola fide. Man k a n n deshalb das jüdische sowenig wie das paulinische Verständnis der Gerechtigkeit klären, ohne sich über diese Alternative Werke — Glaube zuvor Klarheit verschafft zu haben. Nicht von einem aus der Ontologie der Apokalyptik ermittelten Verständnis der Gottesgerechtigkeit wird deutlich, was es u m die paulinische Rechtfertigungslehre ist, sondern umgekehrt wird von dem „da wir n u n gerechtfertigt sind aus Glauben . . . durch unseren H e r r n Jesus Christus" (Rom. 5,1) her deutlich, was es u m die Gottesgerechtigkeit bei Paulus ist 2 .
Trotz vieler guter Beobachtungen STUHLMACHERS zum Fortleben des alttestamentlichen Akzentes der Gottesgerechtigkeit als der helfenden Bundestreue gerade im apokalyptischen Schrifttum und der Tendenz des späteren Rabbinates in ihr nur eine, nämlich die unparteiisch richterliche Eigenschaft Gottes zu sehen, mit der die andere Seite seines „Wesens", nämlich seine vergebende Barmherzigkeit im Widerstreit liegt 3 , halten wir insgesamt die strenge Unterscheidung von „Apokalyptik" und „pharisäischer Theologie" oder „Synagoge" für die Zeit vor 70 weder für sachgemäß noch überhaupt für durchführbar. Fast alle Zeugnisse dieser Zeit sind durch das deuteronomistische Geschichtsbild geprägt und kennen also für die Gegenwart nicht den Gedanken oder die kultische Praxis der Sündenvergebung. Sie erwarten diese für die Gerechten erst vom Eschaton, 1
Vgl. die zahlreichen Belege bei S J Ö B E R G 2 2 7 . I n slavHen. u n d 3.Sib. sieht S T U H L M A C H E R klare „Zeugnisse" dafür, „wie das apokalyptische Gedankengut beim E i n t r i t t in die griechische Welt verändert w i r d " (169). Das liegt aber doch nicht an den Vokabeln, sondern vor allem daran, daß wir hier im Unterschied zum Schrifttum der weltflüchtigesoterischen Apokalyptikerkonventikel Missions- u n d Propagandaliteratur vor uns haben. 3 p , p i s , πρ-rs oppos. c r a m , i o n , aits. Zum Charakter der H p l S vgl. A . M A R M O R S T E I N , The Old Rabbinic Doctrine of God, 1 9 2 7 . 2
Sünde u n d Vergebung im nachbiblischen J u d e n t u m Palästinas
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mag dabei nun eine national-messianische oder eine kosmisch-universale Eschatologie das Feld beherrschen. Für unsere spezielle Fragestellung ist besonders auf die schon genannte Untersuchung von E. SJÖBERG über ,,Gott und die Sünder im palästinensischen Judentum" zu verweisen 1 . Wir können uns daher darauf beschränken, das Fortwirken der alttestamentlichen Motive auf der einen und ihre charakteristischen Wandlungen auf der anderen Seite kurz nachzuzeichnen. Dabei werden wir unser Augenmerk auf die möglicherweise jeweils besondere Akzentuierung in den apokalyptischen Konventikeln richten. Wenn „Vergebung" im eigentlichen Sinn stets ein völlig unvorhersehbares freies Geschenk eines Partners ist, mit dem ich immer schon verbunden bin 2 , das gerade Unverzeihliches dennoch vergibt 3 und so die zerbrochene Lebensgemeinschaft wiederherstellt, dann muß man im Blick auf das zwischentestamentliche Judentum sagen: es setzt auf seine Weise das im Alten Testament begonnene Ringen um diesen reinen Vergebungsgedanken fort; freilich in einer eigentümlichen Erstarrung, die vor allem dadurch bedingt ist, daß es sich nun immer auf die in ihrem schriftlichen Fixiertsein gleichsam geronnene Tradition des Alten Testaments zurückbezieht. Gott ist also weitgehend im Ghetto der Tradition gefangen. Aber keinesfalls darf man dieses „Judentum" als ein Phänomen sui generis vom Alten Testament lösen, wie das bei christlichen Theologen sehr beliebt ist, und in ihm lediglich eine verfehlte und 1
Der Zwiespalt zwischen „Gerechtigkeit" u n d „ B a r m h e r z i g k e i t " ist geradezu das a n allen T e x t e n immer wieder belegte Motto des Buches. 2 „ P a r t n e r s c h a f t " gibt es nie als einseitige. (Das ist auch der Fehler der u n t e r d e m Einfluß der dialektischen Theologie entstandenen Idee einer reinen „ G e s c h e n k b e r i t " ; siehe oben § 1, S. 31 Anm. 5. Abgesehen von den historischen Analogien, die solches Verständnis verbieten, wäre eine derartige Gabe a u c h inhaltlich ein Danaergeschenk, weil es Israel die ihm verheißene Freiheit letztlich dennoch vorenthielte). Das heißt f ü r unsere F r a g e : es genügt nicht, d a ß sich der Schuldige ganz d e m Vergebenden ausliefert. Sondern auch umgekehrt, liefert sich eben dadurch, daß er vergibt, der Unschuldige ganz a n den Schuldigen aus. Weil dieses wechselseitige Einander-Ausgeliefertsein u n d AufeinanderAngewiesensein konstitutiv zum Menschsein des Menschen gehört, ist ü b e r h a u p t Vergebung u n t e r Menschen möglich. E b e n diese Auffassung v o m Menschen liegt d e m biblischen Gedanken v o m „ N ä c h s t e n " zugrunde (vgl. R . BUI/TMANN, Das christliche Gebot der Nächstenliebe. GlVerst. 1/229-244). I n zahlreichen A n t h r o p o m o r p h i s m e n des AT, im Bundesgedanken, der Verkündigung eines Hosea (vgl. z.B. 2,18ff.; 11,8f.) u n d Deuterojesaja (43,22ff.) sowie im priesterlichen Sühnegedanken (vgl. dazu die genannten Arbeiten von K . KOCH) ist das Wagnis vollzogen, auch Gottes Vergebung aus solcher wechselseitigen P a r t n e r schaft zu denken. 3 Vgl. K . E . LOGSTRUP, Die ethische Forderung, 1959, der a u s f ü h r t , d a ß es den Gedanken wirklicher Vergebung depraviert, wenn etwas Verzeihliches z u m Gegenstand der Vergebung gemacht wird (234f.). D a r u m ist da, wo Sünden n a c h ihrer „Vergebbarkeit" bzw. „ U n v e r g e b b a r k e i t " klassifiziert werden, der Gottes- wie der Vergebungsgedanke immer schon destruiert.
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Die Voraussetzungen
selbstmächtige „Auslegung" der alttestamentlichen Überlieferung erblicken. E s k a n n nicht als die „Religion des J u d e n t u m s " gegen die „Offenbarung Gottes im Alten Testament" ausgespielt werden 1 . Die Unterscheidung von „Religion" und „Offenbarung" nach der Analogie von „Gesetz und Evangelium" mag nützlich, ja theologisch notwendig sein, ihre Scheidung aber ist ein historischer und theologischer Unfug. Die — freilich vom Alten Testament immer wieder gespeisten — religiösen Traditionen des J u d e n t u m s der zwischentestamentlichen Zeit sind das Koordinatensystem, in das Gott in Golgatha das Kreuz einzeichnen wird. I n diesem religiösen Wurzelboden mit seinen messianischen und apokalyptischen Erwartungen, mit seinem Sünden- und Gnadenverständnis gewinnt Jesus in Anknüpfung und Widerspruch sein Selbstverständnis. Hier wird er — wie immer das Phänomen historisch zu beurteilen sein mag — zum Christus seiner Kirche. I n diesem Sinne kommt das Heil von den J u d e n und aus dem J u d e n t u m (Joh. 4,22) und nicht aus einer auf Altes und Neues Testament beschränkten abstrakten „Heilsgeschichte" 2 . Über den im Exil angebahnten Prozeß der Wandlung Israels vom Gottesvolk zur Kultgemeinde haben wir oben schon gesprochen. I m Blick auf unsere Frage läßt sich das Resultat dieses Prozesses am trefflichsten und knappsten mit der paulinischen Formulierung wiedergeben, daß das „Gesetz zwischeneingekommen" ist 3 . Freilich bedarf dieses Urteil nach dem Vorangegangenen der Abgrenzung und Begründung. Denn der einfache Ausweg, nach einem historischen D a t u m für diesen „Sündenfall" Israels in die Gesetzlichkeit zu suchen, und es dann je nach Geschmack beim Deuteronomisten oder später anzusetzen, ist uns verwehrt. Auch die paulinische „Datierung" dieses „Zwischeneinkommens" des Gesetzes zwischen die Verheißung Gottes an Abraham und ihre Erfüllung in Christus ins Sinaigeschehen (Gal. з,17ff.) k a n n man nicht aus der Absicht ihres Kontextes lösen und sich dann entweder als historisches Urteil aneignen oder dagegen polemisieren. So versteht Paulus selbst das Hinzukommen des Gesetzes ja auch nicht als „zufällige Geschichtstatsache", sondern als Gottes heilsgeschichtliche Absicht zur Produktion u n d Intensivierung der 1 Auf dem Felde der neutestamentlichen Wissenschaft entspricht diesem Vorgehen die beliebte Disqualifikation aller möglichen religiösen Überlieferungen durch das inadäquate Stichwort „Frühkatholizismus", das auch die Funktion hat, „göttliche Offenbarung" von bloßen „traditiones humanae" zu sondern. 2 Vgl. dazu besonders J. Β ABB, Alt und Neu 23 ff. 3 Böm. 5,20; vgl. dazu Brandenburger, Adam 248f., — Zur skizzierten Entwicklung des Gesetzes siehe Gerleman, RGG II/1353f. Es handelt sich im strengen Sinn um eine „Entwicklung" des Gesetzes, nicht um eine willkürliche und heterogene „Mutation"; vgl. Babe, Alt und Neu 123 (s.o. § Í, S. 26) и. W. ZiMM-ERLi, Gesetz 93.
Sünde und Vergebung im naehbiblischen Judentum Palästinas
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Sünde. Aber dieses kritische Licht fällt erst von der Kreuzesverkündigung her auf das Gesetz. Darum ist auch das Bestreben, möglichst große Teile des Alten Testaments aus diesem Brand retten zu wollen, verfehlt und führt notwendig zu gewaltsamen historischen Urteilen 1 . Das „Zwischeneinkommen" des Gesetzes ist darum überhaupt kein fixierbares Datum, das historisch-kritische Analyse des Alten Testaments als religionsgeschichtliche Erscheinung sichtbar machen könnte. Vielmehr ereignet es sich der Sache nach überall da, wo Menschen entweder durch „Übertretung" sündigen oder aus der „Erfüllung" ihr καύχημα ableiten, wo Kult und Tradition der Errichtung menschlicher securitas dienen. Dennoch kann man wohl sagen, daß dieser latent immer vorhandene usus legis sich im nachbiblischen Judentum in besonderer Weise manifestiert hat. Das Verhältnis Jahwes zu seinem Volk ist kein unmittelbares personales Gegenüber geschichtlich erfahrener und kultisch vermittelter Kommunikation mehr, sondern ein durch die Zwischeninstanz „Gesetz" mediatisiertes Verhältnis lehrhafter Reflexion. An die Stelle des vollmächtigen priesterlichen Heils- und Unheilsorakels und prophetischer Gerichts- und Heilsankündigung ist die schriftgelehrte Toraauslegung und die Pflege ihrer Tradition getreten 2 . Aus Jahwes heilvoller und bedrohlicher Gegenwart ist seine heilsgeschichtliche Vergangenheit geworden. E r ist „Herr der Geschichte" nur noch als Gegenstand gelehrter Reflexion und apokalyptischer Utopien. So ist das von ihm vor Grundlegung der Welt geschaffene „Gesetz" 3 , das von allen Völkern der Welt allein Israel willig angenommen hat 4 , gleichsam sein eigenes Gefängnis geworden, hat ihn weitgehend seiner Gottheit beraubt und in die Zukunft eines himmlischen Lastenausgleiches verdrängt 5 . Damit ist die wirkliche Geschichte 1 Vgl. Z I M M E R L I S berechtigten Einspruch gegen das NoTHsche und V O N R A D sche Gesetzesverständnis (Gesetz 68fit.) und siehe unten § 7, S. 192 Anm. 1. 2 Ausnahmen bilden natürlich die Kreise um die Priesterhierokratie Jerusalems und Gemeinschaften wie die von Qumran (s.u.). 3 Vgl. die Belege bei B I L L IV/435ff. 4 Vgl. Mo OHE 1/277; S J Ö B E R G 17. — Alle Völker wurden am Sinai aufgefordert, die Tora zu übernehmen (Belege bei B I L L III/38ff.). — Für die apokalyptischen Kreise gilt, daß alle, Juden wie Heiden, atißer der jeweiligen Gruppe „vom Gesetz abgefallen" sind. An die Stelle der Heilsgeschichte tritt nun der Gedanke der vorgeschichtlichen Erwählung. — Auch dem Verf. von syrBar. (vgl. 15,4ff.; 19,3; 48,40; 55,2f.; 59,2) liegt besonders „an dem Gedanken, daß alle Erdenbewohner das Gesetz kennen, es also mit Wissen mißachten und übertreten" ( B R A N D E N B U R G E R , Adam 38). 5 Aus dem an der Geschichte orientierten Gegenüber Israels und Jahwes wird das an Schöpfung und Weltgericht orientierte Verhältnis des einzelnen zu seinem Gott; der Jahwename tritt zurück, an die Stelle Israels rücken die „Gerechten". Dem entspricht die missionarische Propaganda des Judentums. — In der „Apokalyptik" konkurriert damit der Gruppenanspruch das ,, wahre Israel" zu sein.
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Die Voraussetzungen
Gottes mit seinem Volk zu Ende; sie ist „gleichsam stillgelegt; das Volk steht außerhalb der Geschichte" 1 . Die gemeinsame geschichtliche Verantwortung ist erloschen. Damit ist auch Gott im Grunde seiner Geschichte beraubt ; seine Jenseitigkeit ist nicht mehr sein geschichtliches Zukommen auf sein Volk, sondern eine mythologisch objektivierte Transzendenz 2 . Dem entspricht es, daß seine „Gerechtigkeit" nicht mehr die in der Geschichte erfahrene und im Kult vermittelte Bundestreue ist, sondern mehr und mehr zur berechenbar vergeltenden iustitia distributiva wird, die mit seiner vergebenden Güte im Streit liegt 3 . Die Tora und der Kult sind Israel gegeben, damit es durch ihre gewissenhafte Einhaltung Verdienste und Lohn erwerben kann 4 . Freilich bewirkt das Beschenktsein mit der Tora auch erhöhte Verantwortung und Strafverschärfung im Falle der Übertretung 5 und die Heiden werden — obwohl sie durch das Verschmähen der ja auch ihnen angebotenen Tora schwere Schuld auf sich geladen haben® — gelegentlich milder als Israel beurteilt 7 . Man muß den paränetischen Ton solcher Aussagen hören und die Nachwirkung prophetischer Gedanken spüren, damit man daraus nicht ein allzu strenges „Lehrsystem" konstruiert. Es kann auch — freilich selten genug — ganz anders heißen : Gott hat sein Volk nur deshalb aus Ägypten gerettet, damit er ihm seine Barmherzigkeit erzeigen und ihm, wenn es sündige, seine Sünden vergeben könne 8 . H a t t e einst Amos dem auf seine Erwählungsrechte pochenden Volk noch im Namen Jahwes entgegengeschleudert : „Gewiß, ihr seid mein auserwähltes Volk auf Erden. Drum — straf ich ja auch an euch alle eure Sünden!" 9 , so wird aus B U L T M A N N , Urchristentum 64; vgl. D E E S . , Art. πιστεύω κτλ. ThW VI/ f. Trotz R Ö S S L E B S gegenteiliger Behauptung betrifft dieser totale Geschichtsverlust auch und gerade die Apokalyptik; vgl. J Ü N G E L , Paulus 2 5 0 . 2 8 7 . 2 Vgl. B U L T M A N N , Urchristentum 6 5 . 3 Vgl. S J Ö B E R G 2ff. u. S C H B E N K , ThW II/198f. 4 Vgl. S J Ö B E B G 2Iff.; B I L L IV/4 und den Exkurs zum Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg ebd. 484ff. mit zahlreichen Belegen. 5 Vgl. S J Ö B E R G 2 4 , hier wirken deutlich prophetische Gedanken nach; vgl. Am. 3,1 f. — Wo apokalyptische Naherwartung das Feld beherrscht, fehlen solche Erwägungen. Ja, es läßt sich die gegenteilige Tendenz beobachten, die ihren Grund im Determinismus hat: die Gerechten sündigen zwar auch, aber gleichsam aus Versehen. Darum erhalten sie Vergebung im Gericht; vgl. äthHen. 5,7ff. ; 9 2 , 4 und siehe S J Ö B E B G 2 2 6 . 6 Vgl. B I L L III/41ff. (Belege). 7 Vgl. S J Ö B E B G 25. Der Gedanke ist eine seltene Schlußfolgerung aus der Lehre der milderen Bestrafung unwissend begangener Sünden. Sonst gilt stets: Barmherzigkeit für die „Gerechten", Strafgerechtigkeit aber für die Gottlosen, über deren Vernichtung nicht nur der Fromme, sondern auch Gott Freude empfindet; vgl. bes. äthHen. 94,10; 97,2 und siehe S J Ö B E B G 72ff. 8 Belegt bei S J Ö B E B G 25f. 9 Am. 3,1 f.; vgl. auch Am. 9,7 (Übersetzung von E. B A L L A , Die Botschaft der Propheten 1958, 85). 1
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solchem seelsorgerlichen Zuspruch nun eine nachprüfbare Lehre von der Pädagogik Gottes und seiner Israel allein geltenden Liebe 1 . Die Völker werden unnachsichtig vom strengen Gericht getroffen, Israel aber wird milde gestraft; sind jene Strafen Zeichen der vergeltenden Gerechtigkeit Gottes, so tragen diese deutlich die Spuren seiner gütigen Barmherzigkeit 2 . Alle Strafen haben einen zwiefachen Sinn: einmal haben sie unmittelbar sühnenden Charakter, sie löschen Israels Sünden aus 3 τά παραπτώματα αύτών εξαλείψει έν παιδεία4, sodann aber führen sie zur Umkehr, die ihrerseits Sühne für die Sünden leistet 5 . Hier tut sich nun den späteren Rabbinen ein weites Feld für kasuistische Spekulationen über die Stärke der sühnenden Kraft der einzelnen Strafen und der durch sie gewirkten Umkehr auf. Jesu Bußruf ist noch fern 6 , die Frage des „gerechten" Hiob ist verstummt und Hiobs Freunde triumphieren: Selbstverständlich haben alle Leiden, Schicksalsschläge, Krankheiten und der Tod den eindeutigen Charakter von Strafen für begangene Sünden 7 . Sünde wird hier nicht durch Vergebung beseitigt, sondern durch „Abbüßen" der verdienten Strafe. Aus dem Charakter des Unglücks, das einen betroffen hat, läßt sich auf die Art und Schwere seiner Sünde zurückschließen8. Wehe dem, der auf Erden für seine Übertretung zu wenig oder gar nicht gestraft wird®. Mit dem Tode ist diese Möglichkeit der Sühne unwiederbringlich dahin ; 1 „ E s m u ß beachtet werden, daß die Liebe nicht zum jüdischen Gottesbilde an sich gehört" ( S J Ö B E R G 2 7 ) . Sie gehört vielmehr allein den „Gerechten"; siehe die ebd. 28 f. gegebenen Belege. 2 Vgl. S J Ö B E R G 72ff. (Belege). Das geht so weit, daß hier sogar gelegentlich das strenge Dogma, nach dem alles Leiden Sündenstrafe ist (s.u. Aran. 7), durchbrochen werden k a n n ; Belege bei B I L L I I / 1 9 3 . 3 Vgl. schon Jes. 40 u n d siehe die zahlreichen Belege bei S J Ö B E R G 169ff. 4 PsSal. 1 3 , 1 0 ; vgl. 1 8 , 4 und siehe H . B R A U N , E r b a r m e n 4FF. 5 Zum Zurücktreten des Umkehrgedankens in den Apokalyptikerkreisen vgl. M O O R E 1/517 u. S J Ö B E R G 250 ff. E r s t wo das apokalyptische Moment literarisch wird wie in den Test. X I I und da, wo das deuteronomistisclie Geschichtsbild wirksam ist, nimmt der Umkehrgedanke wieder breiteren R a u m ein. Vgl. aber auch syrBar. l , 4 f . ; 78,3ff. I m übrigen besteht S J Ö B E R G S Urteil, daß die Apokalyptik „keinen Bußruf an die eigentlichen Sünder erzeugt" (251) zu R e c h t ; dem entspricht es, daß in ihr auch der rabbinische Gedanke der Restitution ganz Israels keine bedeutende Rolle spielt (belegt bei B I L L IV/1053ff. ; vgl. oben S. 54 Anm. 4). « Lk. 13,1-5; vgl. dagegen die Belege bei B I L L II/193ff. 7 Vgl. B I L L 1 / 8 1 5 ; 1 1 / 1 9 3 . 5 2 7 ; S J Ö B E R G 1 7 2 u. L O H S E , Märtyrer 5 0 F F . (Belege) u n d siehe W . W I C H M A N N , Die Leidenstheologie. Β W A N T I V / 2 , 1 9 3 0 , bes. 3 3 ff. 8 E s gilt weitgehend der Talionsgrundsatz: Sl ών τις άμαρτάνει, δια τούτων κολλάζεται (Sap. 11,16); vgl. die zahlreichen Belege bei B I L L II/193ff. 9 Weil schon die Schule Rabbi Jischmaels lehrt, daß jeder, der vierzig Tage lang nichts erleidet, von Gott verworfen wird, werden die lächerlichsten Lappalien zu Leiden erklärt: z.B. ein zu enges Kleidungsstück oder ein H e m d , das m a n erst wenden muß, um es anziehen zu können usw. (belegt bei B I L L 11/245). •— Wir haben es hier wohl mit Nachwirkungen der weisheitlich-apokalyptischen Vorstellung zu tun, daß der Gerechte in der Welt prinzipiell leiden muß, die zum Sühnesystem ausgebaut wurde.
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Thyen, Studien
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Die Voraussetzungen
dann wirkt nur noch die richtende Gerechtigkeit, statt der strafenden Barmherzigkeit 1 . Glückselig aber der Mann, der schlimmes Unheil erleidet, der mit gewaltsamem Tode sühnt, fern seiner Heimat in ungeweihter Erde verscharrt wird oder dessen Leichnam gar unbestattet gierigen Raubtieren zum Opfer fällt 2 . Freilich lehrt die Erfahrung und zwingt die Schrift zu dem Schluß, daß diese Rechnung nicht immer glatt aufgeht. Darum werden mehrere Unbekannte in die Gleichung eingeführt: Es gibt — jedoch nur für kurze Zeit, längstens für zwölf Monate -— die Möglichkeit jenseitiger Strafverbüßung in der Gehenna 3 . Ferner kann um der Verdienste der Väter willen Sühne gewährt und Heil geschenkt werden. Diese „Verdienste der Väter" spielen ein große Rolle 4 , und wir müssen sie hier ins Auge fassen, weil daran das Verständnis der Sünde besonders deutlich wird. Die Väter waren sündlos; und zwar „sündlos 1 ' nicht im Sinne der „angerechneten Gerechtigkeit" 6 , sondern gemessen an der als ewige sittliche Norm verstandenen Tora. U m der Verdienste der Väter willen erfährt das sündige Volk heute Gottes Barmherzigkeit 6 . Die Sünde ist also etwas durchaus Vermeidbares und Akzidentelles, keine den Menschen versklavende Macht. I m Gegenteil hat man gelegentlich sogar den Eindruck, als sei Gott in gewisser Weise stärker im Banne der Sünde als der Mensch. Er ist von ihr Bedingungen unterworfen und kommt gegen sie kaum auf. Sie durchkreuzt seinen Erlöserwillen und schwächt seine Kraft, Gutes zu tun 7 . J a , sie gefährdet seine Gegenwart und „macht den Barmherzigen grausam" 8 . Aber um seines 1
Ausnahmen siehe unten Anm. 3 ff. Vgl. die Belege bei SJÖBEBG 172; BILL II/227f. Schon das Begrabenwerden schafft Sühne (BILL. IV/59Í). Beachte ferner die Spekulationen über die Sühnewirkung des außerhalb Israels gelegenen Mosegrabes (siehe schon Jes. 53,9 und dazu KAISEB 114f.) und die sühnende Kraft des Landes Israels; vgl. dazu LOHSE, Märtyrer 58 ff. 3 Das gilt zunächst für die sogenannten „Mittleren", d.h. die Leute, deren himmlisches Soll- und Haben-Konto genau ausgeglichen ist; vgl. SJÖBEBG 104 u. BILL IV/1043ff. (Belege). All diese Gedanken bilden sich aber nur da aus, wo sich das Judentum für die Dauer in der Welt einrichtet und das tägliche Leben das Erbe des Kultus antritt ; sie fehlen in den apokalyptischen Kreisen ebenso wie da, wo der Kult noch seine Rolle spielt. 4 Die Belege sind außerordentlich zahlreich; vgl. nur SJÖBEBG 47ff. Zur Vorgeschichte siehe O. KAISEB, Knecht lOlf. Die Erwählungsgewißheit in den Apokalyptikerkreisen braucht diese Gedanken nicht; vgl. die Polemik gegen alle Ersatzleistungen im 4.Esr. (s.o.). Ist bei ihnen aus dem Vertrauen auf die den Vätern gegebenen Verheißungen das sektiererische Bewußtsein, erwählt und allein im Besitz der wahren Heilsgnosis zu sein, geworden, so ist im Rabbinat an seine Stelle die durch die Werke der Väter beschaffte securitas getreten. 5 K Ö B E B L E , Sünde und Gnade 345ff., übersieht diesen Unterschied, wenn er schon die entsprechenden Aussagen der Psalmen ausnahmslos so deutet. 6 Vgl. B I L L I/116ff. zu Mt. 3,9 und siehe K. H. RENGSTOBF, Art. αμαρτωλός κτλ. ThW I/326ff. 2
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V g l . SJÖBEBG 3 6 f . ( B e l e g e ) ; s . o . S . 6 1 A n m . 2 .
Ebd. 40f.
Sünde und Vergebung im nachbiblischen Judentum Palästinas
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Volkes willen überlistet er die Sünde: er gibt Israel das Gebot, das Passalamm zu essen, als eine Gelegenheit, sich Verdienste zu erwerben, die seine Sünden aufwiegen 1 . Ebenso kann die Gabe der Tora motiviert werden 2 . Freilich spiegeln diese merkwürdigen Aussagen von der Vermeidbarkeit der Sünde auf der einen und der Mühe, die sie Gott bereitet, auf der anderen Seite als ihren existentialen Sinn eine Ahnung von der verstrickenden Macht der Sünde, ohne damit den Gedanken der vollen menschlichen Verantwortung preiszugeben. I n diesem Zusammenhang muß kurz auf das Fortwirken der hinter Gen. 6,1-4 sichtbar werdenden mythischen Tradition vom Fall der Engel eingegangen werden 3 . Wieder läßt hier der knappe Bericht des Alten Testaments kaum erkennen, daß hinter ihm eine in Israel bekannte, stark mythologische Tradition über den Ursprung des Bösen steckt, die in der apokalyptischen Literaturplötzlich an die Oberfläche drängt 4 . Nicht die Menschen, sondern übernatürliche Geistermächte sind die Urheber aller Bosheiten und Ungerechtigkeiten, die Lehrmeister der Sünde 5 , die frevelhaften Enthüller „verderbenbringender himmlischer Geheimnisse"®. Hier erscheinen ,,die Menschen geradezu als Opfer des mythischen Verhängnisses des Engelfalls"'. Und trotz Gottes neuen Anfangs mit dem gerechten Noah nach der Sintflut, der allein den verderbenbringenden Mächten nicht verfiel 8 , setzen die aus den Leibern der Giganten hervorgegangenen Geister 9 ihr zerstörerisches Werk auch in der noachitischen Menschheit fort 1 0 . Es gibt nur eine Möglichkeit, ihrem Bann zu entrinnen: das Festhalten am Gesetz; nur ein Mittel, aus der Finsternis ins Licht zu gelangen : die Umkehr zur Tora 11 . Ein ähnlicher, ursprünglich metaphysischer Dualismus, der hinter der Sektenregel von Qumran sichtbar wird, muß uns im folgenden Paragraphen noch beschäftigen. 1 Ebd. 30 ff. — Fraglos haben wir es hier mit Nachwirkungen der schon im Ezechielbuch deutlich wirksamen Tendenz zu tun, alles kultische Handeln völlig dem Sühnegedanken zu unterwerfen (vgl. K O C H , Sühneanschauung 8 7 ) , die jetzt auf das tägliche Leben ausgeweitet ist. 2 Vgl. B I L L IV/4f. u. 490ff. (Belege). 3 Breit entfaltet in äthHen. 6ff.; vgl. Jub. 4ff.; slavHen. 7. 18; CD 3,4ff.; TestRub. 5, Β f. Siehe zum Folgenden vor allem B R A N D E N B U R G E R , Adam 20ff. 4 Siehe oben S. 54 Anm. 5. Liegt in Gen 6, 1—4 die priesterschriftliche Sündenfallgeschichte vor? 5 Vgl. äthHen. 7 , 1 ; 8 , I f f . ; 1 0 , 7 f . und dazu B R A N D E N B U R G E R 2 0 . « Ebd.; vgl. bes. äthHen. 9,6ff. 7 B R A N D E N B U R G E R 20 f. — Asasel als Fürst der Dämonen ist an allem schuld (äthHen. 10,8); vgl. oben § 1, S. 35 Anm. 4. 8 Vgl. Jub. 5, Iff.; äthHen. 65. 9 Vgl. äthHen. 1 5 , 8 f . ; 1 6 , 1 ; 69,27 u.ö. u. B R A N D E N B U R G E R 22f. 10 Vgl. Jub. 10,Iff.; äthHen. 19,1; 54,6; 69,3 u.ö. 11 Besonders deutlich in Test. X I I ; z.B. Lev. 19,1; Jud. 2 0 , l f . ; Napht. 3,1; Dan 5, 1 ; Iss. 4, Iff.; 7, Iff. Vgl. B R A N D E N B U R G E R 25. — Auch im 4.Esr. wird im Herzen des Menschen der Kampf zwischen zwei Mächten ausgetragen ; vgl. besonders 4,28ff. u. 9,3Iff. und dazu B R A N D E N B U R G E R 33ff.
5·
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Die Voraussetzungen
hat gesehen, daß überall da, wo die Sünde derart auf die gefallenen Engel und die von ihnen gezeugten bösen Geister zurückgeführt wird, die Erzählung von Gen. 3 keine Rolle spielt 1 , ja daß hier im Gegenteil statt von Adams Sünde von seiner himmlischen Doxa und Gerechtigkeit die Rede ist 2 . „Wie sich beide Motive ohne wesentlichen Anstoß für jüdisches Benken verbinden ließen, zeigt schon äthHen. 69,6, wonach Gadreel, eines der Häupter der gefallenen Engel, auch die Eva bereits verführt haben soll"3. — Es ist bewegend zu beobachten, wie diese mythologischen, zum Zwecke derBeschreibung der Mächtigkeit der Sünde auf den Plan gerufenen Geister nun anfangen, ihr Eigenleben zu entfalten, und damit diejenigen, die sie riefen, in die Rolle des Zauberlehrlings versetzen 4 , denn trotz allem soll ja festgehalten werden, daß der Mensch allein schuldig ist 5 . Zugleich muß der Deich des monotheistischen Glaubens dieser hier andringenden dualistischen Flut standhalten. Es ist wahrscheinlich, daß in dem oben genannten Zusammenhang, nach dem es Rettung nur gibt durch die Umkehr zur Tora, den bösen, der Finsternis entstammenden Geistern ursprünglich die guten, aus dem Licht geborenen Geister korrespondierten. Erst sekundär wurden die letzteren mit der Tora als der Gabe des Schöpfers identifiziert und damit ihres dualistischen Stachels beraubt 6 . Durch formgeschichtliche Untersuchungen hat E. KAMLAH versucht, den Ursprung dieser Zwei-Geister-Lehre in der iranischen Kosmogonie zu erweisen7. Auch wenn man K A M L A H S allzu direkter BRANDENBURGER
2 3 26. Vgl. ebd. llOff. E b d . 26. « Vgl. e t w a J u b . 10,3ff.; 12,20; T e s t D a n . 4 , 7 ; TestAss. 1,8. Aus d e m J e s a j a w o r t : „ W e h denen, die die S ü n d e wie m i t Ochsenstricken herbeiziehen u n d die Schuld wie m i t Wagenseilen!" (5,18) folgert die rabbinische Exegese d u r c h S u b j e k t - O b j e k t - V e r t a u s c h u n g , d a ß die Sünde ( ! ) erst wie m i t Spinnenfäden, d a n n a b e r wie m i t Wagenseilen fesselt (belegt bei B I L L . 1 / 1 0 1 1 ) . A u c h sonst ist die bedrohlich wachsende Macht der Sünde gelegentlich beschrieben; vgl. die Belege zu J o h . 8,34 bei B I L L 11/523. B e a c h t e a b e r den A b s t a n d zu der johanneischen Aussage im K o n t e x t ! 5 Vgl. ä t h H e n . 98,4; s y r B a r . 54,14f. 19; 19, I f f . ; 48,45ff. Zu 4 . E s r . siehe oben u n d vgl. B R A N D E N B U R G E R 37 f. 6 W i r h a b e n darin einen ähnlichen Vorgang wie die im Sirachbuch zu beoba c h t e n d e s e k u n d ä r e Identifizierung der einst m y t h i s c h e n Weisheit (Isis) m i t der Tora vor uns (Sir. 24,32ff.). Weiteres d a z u siehe u n t e n im § 4. 7 E . K A M L A H , Die F o r m der katalogischen P a r ä n e s e i m N T ( W U N T 7 , 1 9 6 4 ) . Solche formgeschichtliche Orientierung a n einem t r o t z aller Variationen u n d A u s g e s t a l t u n g e n i m einzelnen dennoch i m ganzen festgeprägten Schema, d a s bei Philo wie im R a b b i n a t , in d e n T r a k t a t e n I u. X I I des C o r p H e r m . wie in Q u m r a n u n d den Test. X I I , im R e f e r a t P l u t a r c h s , D e Is et Os, bei d e n Mand ä e r n u n d Mani wie im N T deutlich sichtbare Spuren seiner sich z ä h b e h a u p t e n den f o r m e n d e n K r a f t hinterlassen h a t , scheint uns der vielfach g e ü b t e n bloß motivgeschichtlichen Methode, sowie der a n einzelnen Termini orientierten begriffsgeschichtlichen Methode weit überlegen zu sein (Kritisch zur motivgesch. M e t h o d e : J O N A S , Gnosis I / 9 F F . u. G E O R G I , V F 5 8 / 5 9 , 1 9 6 0 , 9 0 - 9 6 = Rez. S C H M I T H A L S , Gnosis in K o r i n t h ; sowie K A M L A H p a s s . ; ktitisch zur „Begriffs1
BRANDENBURGER
Sünde und Vergebung im nachbiblischen Judentum Palästinas
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genealogischer Ableitung mit Skepsis begegnet, läßt sich nicht übersehen, daß in der anthropogonischen Verwendung der Zwei-GeisterLehre bei Philo und in den Hermetica, in der von den Rabbinen entwickelten Lehre von den beiden, dem Menschen eingepflanzten Trieben, dem 31ö IX"· und dem ϊΠΠ TS-1, die miteinander im Streit liegen, und schließlich in dem paränetischen „Zwei-Wege-Schema", auf das hier und da nachträglich die Prodikosfabel eingewirkt haben mag, ein Komplex nahe verwandter Vorstellungen vorliegt. Die Zwei-Geister-Lehre, die am ausführlichsten in l Q S 3 f . verarbeitet ist, muß uns im folgenden Paragraphen noch beschäftigen. Die Vorstellung von den beiden Trieben ist mit ausführlichem Belegmaterial in einem Exkurs von BILLERBECK behandelt 1 . Daß es sich
hier tatsächlich um eine nachträglich mit dem Schöpfungsgedanken in Einklang gebrachte Psychologisierung der Zwei-Geister-Lehre handelt, die ihrerseits in der Kosmogonie ihren Ursprung hat, ist nicht zu übersehen. Wie die Lichtgeister des Mythos, wo die monotheistische Doktrin ihre Hypostasierung zu göttlichen Kräften und Mittelwesen verbietet, so wird der gute Trieb der TüT-Psychologie mit der Tora identifiziert. Ganz deutlich ist dieses Stadium im 4.Esr. und in den Zwölfertestamenten zu erkennen2. War der Gegensatz zwischen den Geistern ursprünglich ein ausschließlicher, auf den Kampf zwischen Leben und Tod abgestellter3, so kann nun in der domestizierten Triebgeschichte: B A K U , Semantics pass.). Zugleich soll diese Methode K A M L A H ein Korrektiv gegenüber der bloß existential-analytischen Methode in die Hand geben, die allzu leicht übersieht, daß es die orientalisch-mythische Ausgelegtheit der Welt ist, in der der Gnostiker sich als Verlorenen und Fremden versteht, wie nun umgekehrt dieses so erzeugte Selbstverständnis wieder auf die Weltauslegung zurückwirkt. nicht F. in Cden Irrtum verfallen, diese Art 1 BILL IV/466-483. „Man Siehe darf dazualso ferner: H . P O B T E B , The Yecer Hara. derStudy Mythenaufnahme der stoischen Allegorese gleichzusetzen" 88). A in the Jewishmit Doctrine of Sin (Bibl. and Semitic Studies) (KAMLAH 1901 ; M O O RE I/579ff. ; B O U S S E T - G B E S S M A N N 402f. ; S T Ä H L I N - G R U N D M A N N , T h W I/294f. ; SJÖBEBG 153; B R A N D E N B U R G E B 42ff. ; K A M L A H 174f. — Außer Sir. 15,14 ( L X X : διαβούλιον) ist die Triebe-Vorstellung jetzt auch in einem außerkanonischen Psalm aus Qumran bezeugt: 31ÍOB / ΠΝΏΒ m i l / Ό üVtfn VX "73X573 1UT VN / 5Π „Nicht laß herrschen über mich Satan, noch einen unreinen Geist. Leid und 'bösen Trieb' laß nicht regieren in meinem Gebein" (11Q Ps a , Col. X I X , Zeile 15; publiziert in D J D I V , ed. J. A . SANDERS, 1965, 77). Der parallelismus membrorum verrät hier deutlich die ursprüngliche Herkunft der Triebvorstellung. 2 Der böse Trieb gilt als dem Menschen anerschaffen (vgl. die Belege bei B I L L IV/466ff. und siehe B R A N D E N B U R G E R 43). Jedoch ist auch damit die Domestizierung noch nicht endgültig gelungen, denn diese Auskunft bietet die Möglichkeit, die Übertretung auf den Schöpfer abzuwälzen (vgl. BILL IV/469). Aber diesen Fluchtweg verstellen die Rabbinen durch die Auskunft: Als weit überlegenes Gegenmittel schuf Gott die Tora. Spät und vereinzelt findet sich auch die Ansicht, der Trieb sei neutral und erst der Mensch mache ihn böse (BILL I I I / 1 3 0 ; vgl. BRANDENBURGER
43).
Die Kriegsrolle von Qumran und noch die beiden Wege als „ W e g des Todes" oder „ W e g des Lebens" mit den entsprechenden Laster- und Tugendkatalogen 3
Die Voraussetzungen
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lehre gemahnt werden, den inneren Zwiespalt zu überwinden und zur άπλότης zu finden1. Trotz dieses mit der Zwei-Geister- bzw. Zwei-Triebe-Lehre aufgenommenen Instruments, das die Möglichkeit bot, die Übermacht der Sünde in einer sonst unerreichten Tiefe zu beschreiben, — wobei freilich ständig die Gefahr lauert, daß Sünde nun zum bloßen Verhängnis wird 2 — ist man aufs Ganze der Quellen gesehen von dem der Sünde gegenüber vorherrschenden Optimismus überrascht. Die Beschäftigung mit der Tora ist eine unbedingt wirksame Waffe gegen Satan oder den bösen Trieb3, ja manch ein Frommer brauchte sich überhaupt nie gegen solche Angriffe zur Wehr zu setzen, weil ihm der böse Trieb nichts anzuhaben vermochte 4 . Auch der Gedanke einer Erbsünde seit Adams Fall ist diesem Judentum fremd 5 . Nur vereinzelt und spät erheben sich Stimmen, wie diese: „Es sei wohlgefällig vor dir, Jahwe, mein Gott und Gott meiner Väter, daß du das Joch des bösen Triebes zerbrechest und aus unserem Herzen beseitigst!" 6 , denn hier geht es ja um anderes als um die Bitte, konkrete Schuld zu tilgen. Ganz am Rande des Judentums und erst verhältnismäßig spät findet sich der Gedanke des durch den Neid des Teufels 7 und Evas(!) 8 bzw. Adams Sünde über die Welt gebrachten Sünden- und Todes-Verhängnisses®, das die gute Schöpfung zu in der Did. und im Barn, lassen diese ursprüngliche Alternative deutlieh erkennen; vgl. A. S E E B E R G , Der Katechismus der Urchristenheit 1903 (Neudruck: TheolBü. 26, 1966, Iff.) u. K A M L A H 210ff. 1 Vgl. besonders TestAss. 3 u n d siehe K A M L A H 1 7 5 . 2 Wir sahen oben schon den Verfasser des 4.Esr in der Abwehr solcher Gedanken, die er mit dem I n s t r u m e n t der Gesetzesgerechtigkeit b e k ä m p f t . — Am tiefsten ist der Verhängnisgedanke in die Darstellung der VitAd bzw. der ApokMos. eingedrungen. Hier ist die Schwelle dessen, was m a n noch genuin jüdisch nennen kann, deutlich überschritten; vgl. B R A N D E N B U R G E R 3 9 f f . u. 113 ff. 3 Vgl. die Belege bei B I L L I I I / Í 3 0 ; IV/469 sowie M O O R E I/479ff. u n d siehe BRANDENBURGER 4 3 ff. 4 Belege bei B I L L 1/815;
I I I / 2 2 8 ; vgl. B R A N D E N B U R G E R 43f. Den Nachweis dafür h a t , in Auseinandersetzung mit neueren gegenteiligen Behauptungen, B R A N D E N B U R G E R erbracht; siehe besonders 4 4 f . « R . Tanchum (um 3 8 0 ? ) , belegt bei B I L L I V / 4 7 8 ; vgl. S J Ö B E R G 152f. u n d siehe oben S. 69 Anm. 1. 7 Vgl. besonders VitAd. 11 ff. ; ApokMos. 15 ff. ; ApokSedr. 5 u n d siehe dazu 5
BRANDENBURGER 8
50.
Diese zwar äußerlich an den Genesisbericht anknüpfenden Spekulationen (siehe besonders: VitAd. u n d ApokMos., aber auch ä t h H e n . 69,6: Gadreel verf ü h r t Eva, sowie Rabbinisches bei B I L L I I I / 2 2 8 f . u. Sir. 25,24) lassen Adam, „die mit δόξα bekleidete, von Engeln u n d Erzengeln anbetungswürdige είκών Gottes", als das aus dem Licht in die Finsternis verbannte bedauernswerte Opfer erscheinen ( B R A N D E N B U R G E R 40f., der all diesen Motiven sehr sorgfältig nachgegangen ist). 9 Vgl. ebd. 39ff. ·— Über die mit dem in Anm. 8 genannten Fall konkurrierenden Aussagen, die die Sünde auf die minderwertige, erdhafte Körperlichkeit Adams zurückführen u n d seine Erlösung dementsprechend im Ablegen des
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„diesem" von Drangsal, Not und Tod gezeichneten, „bösen Äon" depraviert hat 1 . Bewegend haben die Apokalyptiker ihr Leiden an dieser Welt zum Ausdruck gebracht 2 ! Aber sofern ihnen der hellenistische Ausweg, den Tod des Gerechten einfach als Scheintod zu deklarieren, versperrt war 3 , haben sie den Gedanken des universalen Todesverhängnisses gleichwohl dadurch relativiert, daß nun „Leben" und „Tod" Ausdruck für Teilhabe oder Ausgeschlossensein vom kommenden Äon werden4. Natürlich ist diese Entwicklung nicht von ungefähr gekommen; hier sind vielmehr die schon in der Kultfrömmigkeit des Alten Testaments beobachteten Anschauungen in die dualistische Eschatologie der Apokalyptik eingeflossen5. Freilich gilt auch davon wieder, daß das Gesetz „zwischeneingekommen" ist, das dem Menschen im Grunde die Selbsterlösung, zumindest in der Gestalt des Synergismus gestattet 6 . Die hierüber hinausgehenden Vorstellungen sollen in den folgenden Paragraphen behandelt werden. Die beobachtete sehr weitgehende Verharmlosung der Sünde hat ihren Grund in der völligen Formalisierung des fordernden Gotteswillens zur kodifizierten und in der rabbinischen Exegese ausgelegten Tora. Das gilt — freilich mit den schon mehrfach beobachteten charakteristischen Akzenten — auch für die Apokalyptiker-Konventikel 7 . Nur wo der geforderte Gehorsam derart entwurzelt und zur rein formalen Pflicht gemacht wird, ist Raum für über das Geforderte vergänglichen Erdengewandes u n d in der Bekleidung mit himmlischen Gewändern sehen, vgl. B R A N D E N B U R G E R U. K A M L A H pass. Weiteres dazu siehe unten § 4. 1 So wird — unter Festhalten a m Schöpfungsgedanken u n d Bewahren des Schuldcharakters der Sünde — dieser seinem Ursprung nach ganz andersartige Dualismus dem jüdischen Glauben dienstbar gemacht, freilich u m den Preis des totalen Geschichtsverlustes. E s handelt sich hier nicht u m eine rein spekulative Ausdeutung von Gen. 2 f. ; diese Kapitel werden vielmehr erst nachträglich zum Schriftbeleg (vgl. B R A N D E N B U R G E R 45ff.) — So wie hier steht fast überall die mit Instrumenten aus dem Arsenal des zeitgenössischen Synkretismus betriebene Spekulation am Anfang und der — oft allein mit dem Mittel der Allegorese erreichte — Ausgleich mit der Schrift am Ende. Man sollte sich hüten, stets zu vorschnell von reiner „Schriftgnosis" zu reden. 2 Vgl. bes. VitAd. I f f . ; 10; 47; ApokMos. 6ff.; 24f.; 4.Esr. pass.; syrBar. 17,3; 56,6 u.ö. — Wiederum ist aber die Tendenz der Verf. von 4.Esr. und syrBar. evident, das Leiden an diesem Äon als gegenstandslos, ja fast als Zeichen der Glaubenslosigkeit zu erweisen, durch den Blick auf die Herrlichkeit des kommenden; vgl. bes. 4.Esr. 7, Iff. 126ff. ; syrBar. 54,14ff. ; dazu B R A N D E N BURGER 5 6 f. 3
So Sap. 3 , I f f . ; Weiteres in § 4 u n d vgl. B R A N D E N B U R G E R 52. Diese eschatologische Umwertung ist bei B R A N D E N B U R G E R 57 f. reich belegt. Siehe oben S. 48 f Anm. 6 ff. " Am handgreiflichsten in 4. Esr. und syrBar., aber auch sonst oft (siehe oben) ; zu Qumran vgl. § 3. 1 Zum charakteristischen Traditions- und Offenbarungsverständnis dieser Kreise vgl. D. LÜHRMANN, Das Offenbarungsverständnis bei Paulus und in paulinischen Gemeinden (WMANT 16, 1965, 98ff.). 4
5
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hinausgehende verdienstliche Werke 1 ; nur da gibt es „Gerechte" kraft eigener Leistung 2 . Um der „gerechten Väter" willen und wegen der in der Gegenwart lebenden Gerechten erhält Gott die Welt 3 . Ohne sie ginge sie zugrunde 4 . Wie beim Gericht Gottes die Übertretungen des einzelnen durch seine entsprechenden guten Werke kompensiert werden können, so entscheidet die Zahl der Gerechten über das Schicksal der Sünder 6 . Der Anrechnung der Verdienste der Väter entspricht der Gedanke der Kompensation eigener Schuld durch stellvertretendes fremdes Sühneleiden. Hier gewinnt die Idee vom Sühnetod der Gerechten, insbesondere vom gewaltsamen Tod der Märtyrer große Bedeutung®. E. L O H S E ist diesem Motiv im Judentum im Blick auf die Traditionsgeschichte der neutestamentlichen Aussagen vom stellvertretenden Sühnetod Jesu nachgegangen 7 . Er kommt zu folgendem Resultat: Die Vorstellung vom stellvertretenden Sühnetod der Gerechten, der unschuldigen Kinder 8 und der Märtyrer ist im Judentum „fest verwurzelt". Obwohl ihr Tod ein besonderes Verdienst ist, liegt es jedoch „ausschließlich bei Gott, das sühnende Verdienst anzurechnen und Vergebung zu gewähren" 9 . Das bemerkenswerte Fehlen von Jes. 53 im rabbinischen Schriftbeweis für dieses Sühneleiden begründet L O H S E — im Anschluß an J . J E R E M I A S — damit, daß die Rabbinen dieses Kapitel wohl im Blick auf seine christliche Verwendung ganz bewußt gemieden hätten 1 0 . Mag dieses Urteil im Blick auf den späten Rabbinat zutreffen, so bleibt immerhin auffällig, daß Jes. 53 auch im apokryphen und pseudepigraphischen Schrifttum nie in diesem 1
Vgl. die Analyse dieses Sachverhaltes bei BULTMANN, Jesus. 1964, 62ff. Belege bei B I L L 1 / 8 1 4 f f . (die Tora ist erfüllbar!). Vgl. B I L L I/116ff. 4 „Wie die Berge das Wasser desTehom niederdrücken, damit ea die Welt nicht überschwemme, so drücken die Gerechten die Strafen nieder, daß sie die Welt nicht verbrennen" (SJÖBEBG 54 mit Belegen). Vgl. dagegen Mt. 5,13ff. im Kontext der Verkündigung Jesu. 5 Vgl. die Belege bei SJÖBEBG 5 5 . 8 Das Motiv ist alt (vgl. Jes. 52f.). Der Gedanke der Stellvertretung — ursprünglich aus dem Opferkult gewonnen -— kann auch die Form annehmen, daß die Völker zur Erlösung Israels vernichtet werden ( = Nachwirkung von Jes. 43,3f.); vgl. B I L L 11/282 u. SJÖBEBG 69 u.ö. 7 E. LOHSE, Märtyrer und Gottesknecht (FRLANT 64, 2. Aufl. 1963); vgl. auch E. SCHWEIZEB, Erniedrigung und Erhöhung bei Jesus und seinen Nachfolgern. AThANT 28, 1955. 37 f. Neben dem Opferkult ist natürlich die sich immer breiter durchsetzende Anschauung des Todes als Sündenstrafe eine weitere Voraussetzung der Sühnetod-Anschauung (vgl. BULTMANN, ThW II/856ff.) ; d.h. es mischen sich Gedanken juristischer Satisfaktion und kultischer Sühne. — LOHSES Erwägungen darüber, daß die Sühne durch den gleichsam leiblich-familiären Zusammenhang Israels ermöglicht sei, sind verfehlt (vgl. nur die vorigen Anm. !). Siehe auch R. SCBOGGS, Romans VI/7 (NTS 10, 1963/64, 104^108). 8 Siehe dazu LOHSE 9 2 ff. 9 10 Ebd. 109. Vgl. ebd. 108. 2
3
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Sinne verwandt wird. — Normalerweise kann das stellvertretende Sühneleiden nur im Diesseits drohende Strafen abwenden und allein für die Sünden, deren Folgen sie sind, Sühne erwirken1. In späteren Zeugnissen kann dann der Sühnetod allerdings auch vor jenseitigen Strafen bewahren2. Aber stets bezieht sich die so bewirkte Vergebung auf vergangene Sünden, nie vermag sie des Sündigens Herr zu werden. Fast durchgehend fehlt überhaupt der Gedanke an die allen Sünden zugrunde liegende Sünde. Es wird nicht die Feindschaft gegen Gott verziehen und damit das Leben auf eine völlig neue Ebene erhoben, sondern es werden einzelne, auch vermeidbare, sündige Akte übersehen. Deshalb müssen „immer wieder Gerechte sterben und für Israel sühnen"3. Neben ihrer sühnenden Kraft hat die Strafe erzieherische Funktion ; sie soll zur Umkehr führen4. Wie die Tora so ist die Teschuba eines der sieben von Jahwe vor Grundlegung der Welt geschaffenen Dinge6. Trotz der hier und da deutlich spürbaren Tendenzen, auch die Umkehr zu einem verdienstlichen Werk zu machen®, wird im allgemeinen daran festgehalten, daß sie Gottes gnädige Gabe ist. „Gott züchtigt den Menschen, bis er bekennt, dann vergibt er ihm"7. Gerade darin, daß Gott den Sünder nicht sogleich vernichtet, sondern ihn milde straft, so daß er umkehren kann, zeigt sich seine Souveränität. Wie ein Vater wartet er in Liebe auf die Heimkehr seiner Söhne8. Diese vergebende Gnade Gottes darf allerdings nicht achtlos verschleudert werden9, und sie ist auch nicht „billig" zu haben: Wer nicht bereit ist, sich mit seinem Nächsten zuvor zu versöhnen und den ihm zugefügten Schaden wiedergutzumachen, der darf nicht auf Vergebung hoffen10. Es geht aber nicht an, deshalb nun die Vergebung Gottes als einen durch solche Wiedergutmachung verdienten Lohn aufzufassen11; sie bleibt gleichwohl Gabe, aber eben als Gottes Ge1
2
V g l . SJÖBERG 1 7 2 f .
Da der älteste Sühnetod-Beleg in typisch hellenistischer Terminologie in 4.Makk. 6,29; 17,22 vorliegt, muß man auch mit einer sekundären Systematisierung dieser von den Rabbinen aufgenommenen Vorstellung rechnen. 3 L O H S E 1 1 0 . Man muß allerdings erwägen, ob diese späte Auskunft nicht in der Polemik gegen die cliristliche Deutung des έφάπαξ des Sühnetodes Jesu ihre Ursache hat. 4 Vgl. SJÖBERG 125FF. (Belege); B O U S S E T - G R E S S M A N N 3 8 2 F F . ; D I E T R I C H , Umkehr pass.; K Ö B E R L E 5 9 7 f f . ; siehe auch oben S . 6 5 Anm. 5 . 6 Siehe SJÖBERG 126, Anm. 5 u. H. SCHLIER, Gal. (MeyerK) 106. • Siehe unten S. 75 Anm. Iff. 7 SJÖBERG 132 (Belege). 8 Vgl. B I L L 11/216 zu Lk. 18,18 und SJÖBERG 129. 9 „Wenn jemand sagt, ich werde sündigen und umkehren, ich werde sündigen und umkehren, so wird ihm nicht das Vermögen gegeben, Umkehr zu tun" ( M . J O M A V I I I / 9 ; belegt bei SJÖBERG 1 3 2 ) . 10 Belege bei SJÖBERG 132f.; vgl. B I L L I/284ff. zu Mt. 5,24. 11 Vgl. B I L L I/224ff. u. SJÖBERG 133 (Belege).
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schenk: verpflichtende Gabe 1 . Auch wenn bei gewissen als „unvergebb a r " bezeichneten Sünden, sogar die Umkehr als Weg zur Vergebung ausgeschlossen wird, so darf man darin nicht sofort den vorborgenen Verdienstcharakter auch der Umkehr vermuten 2 , sondern m u ß das in solcher Redeweise waltende paränetische Interesse im Auge behalten 3 , zumal sich nirgends eine streng dogmatische Definition „unvergebbarer Sünden" findet4. Erst recht soll die Umkehr natürlich nicht an die Spitze der verdienstlichen Werke gesetzt werden, wenn betont wird, daß ohne sie kein anderes Sühnemittel wirksam sei 6 . F ü r viele jüdische Gebete, die in diesem Sinne die Umkehr und Vergebung als Gottes Gabe preisen, seien hier nur die Benedictionen Teschuba u n d Selicha (5 u n d 6) aus dem Schemone Esré zitiert: „Bringe uns zurück, Jahwe, zu dir, daß wir umkehren (in Buße); erneuere unsere Tage wie ehedem. Gepriesen seist du, Jahwe, der du Wohlgefallen an der Umkehr hast (n3WD3 Π^ΠΠ)"; u n d : „Vergib uns, unser Vater, denn wir haben gesündigt gegen dich; lösche aus unsere Übertretungen vor deinen Augen. Gepriesen seist du, Jahwe, der du viel vergibst!" 6 . I m Geiste von Dan. 9,18 heißt es, daß Mose u n d David, obwohl sie die Sünden leicht durch gute Werke h ä t t e n kompensieren können (!), ausdrücklich darum bitten, Gott möge ihnen umsonst vergeben. „Das ist ein Qalwachomer: Wenn schon diese, die die Übertretung durch ihre guten Werke aufheben konnten, von Gott nur erbaten, daß er ihnen umsonst gebe, — u m wievielmehr muß dann der, der nur einer der Tausend der Tausende u n d der Zehntausend der Zehntausende ihrer Schüler ist, von Gott nur bitten, er möge es ihm umsonst schenken" 7 . Stünden nicht neben diesen unerhört tiefen Aussagen, in denen in Nachwirkung des prophetischen Geistes und der Frömmigkeit der Psalmen allen eigenen Werken das alleinige Recht der schenkenden u n d fordernden Güte Jahwes entgegengesetzt wird, die beobachtete 1
Die f ü n f t e Bitte des Vater-Unser bleibt also völlig in diesem R a h m e n . Zu „vergebbaren" u n d „unvergebbaren" Sünden vgl. B I L L I / 6 3 6 Ö ' . zu Mt. 1 2 , 3 2 ; siehe auch S J Ö B E Ä G 1 3 2 F F . 3 Vgl. S J Ö B E R G 142ff. ; ähnlich wird die Aussage des Hebr. von der Unmöglichkeit einer zweiten Buße zu beurteilen sein: vgl. E . G R Ä S S E E , Der Glaube im Hebräerbrief 192ff. ( = Marburger Theol. Stud. 2, 1965). 4 I m übrigen wirkt hier natürlich der alttestamentliche Gedanke der „unsühnbaren" Sünde nach, u n d die Bemühungen u m eine Systematisierung sind deutlich sichtbar. Vgl. S J Ö B E K G 143. 5 Vgl. D I E T B I C H , Umkehr 41 Iff. u. S J Ö B E K G 141 f. 6 Zitiert nach der palästinensischen Rezension bei B I L L I V / 2 1 1 F . I n der babylonischen Rezension heißt es ausdrücklich „ U m k e h r zur Tora", was natürlich sachlich mit dem bloßen „ U m k e h r " auch gemeint ist. 7 SiphrDt. 3,23; zitiert bei S J Ö B E B G 146. — Freilich ist auch hier die Vorstellung der Gnade durch das Verdienstdenken angekränkelt: wenn m a n sich auf gute Werke auch nicht berufen soll, so muß m a n sie zum Ausgleich dennoch h a b e n ; vgl. S J Ö B E B G , ebd. Anm. 4. 2
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kleinliche Lohnrechnerei, der starre Vergeltungsglaube und das Desinteresse des auf seine Insel der Seligen geflüchteten Apokalyptikers am Schicksal der Welt, so wären wir bei dem Blick auf die UmkehrAussagen des Judentums gezwungen, unser obiges Urteil, nach dem das Judentum wirkliche Vergebung nicht kennt, zu revidieren. Es ist das unstreitige Verdienst S J Ö B E R G S , gerade diese Seite der jüdischen Frömmigkeit besonders erhellt zu haben. Aber da wir, durch unser reformatorisches Erbe verpflichtet, wissen, wie sehr auch die geringste Spur von Verdienstgedanken und Synergismus die Idee der Gnade in ihrer Wurzel korrumpiert, nimmt es nicht wunder, wenn hier gelegentlich selbst die Umkehr in das kleinliche System der Verrechnung eingespannt und das Bekenntnis zur eigenen Schuld und Verderbtheit als verdienstlich angerechnet wird 1 . So, wenn der kleineren Sühnewirkung der Umkehr die größere des Versöhnungstages gegenübergestellt wird 2 oder, wenn man mit mathematischer Präzision errechnet, daß Umkehr und Versöhnungstag addiert ein Drittel, die Leiden ein weiteres und der Tod schließlich das letzte Drittel sühne 3 . Natürlich ist zu derartigen Rechenkunststücken auch eine genaue Unterscheidung zwischen leichten und schweren Sünden erforderlich 4 . Vollends ist die Umkehr da, wo ihre Gültigkeit an bestimmte gute Werke als „Bußleistungen" geknüpft wird, dem Vergeltungsdogma unterworfen 5 . Überall jedoch ist die Umkehr Rückwendung zum formalen Toragehorsam, wie ja auch die „Sünde" in der formalen Übertretung eines möglicherweise gar nicht als „unbedingte Forderung" bejahten Gebotes bestand 6 . Wie anders 1
2 Vgl. 4.Esr. 8,47ff. Belegt bei S J Ö B E R G 142. Vgl. ebd. und siehe D I E T R I C H , Umkehr 432ff. 4 Siehe oben S. 7 4 Anm. 2 und vgl. S T Ä H L I N - G R U N D M A N N , ThW 1 / 2 9 0 - 2 9 5 sowie S J Ö B E R G 1 4 3 . 5 Vgl. S J Ö B E R G 158ff. u. B O U S S E T - G R E S S M A N N 389ff. — Almosen, Liebeswerke u. Sühneleistungen machen die Umkehr erst wirksam. — Zur kultischen Sühne der Synagoge vgl. A. B Ü C H L E R , Studies in Sin and Atonement . . . 1928, 375ff. u. More I/497ff. Der Kult ist nicht mehr Gabe Jahwes und Zeichen seiner gnädigen Präsenz, sondern Lohnerwerbsinstrument für das künftige Gericht. Darum können an die Stelle der blutigen Tempelopfer ohne Schwierigkeiten synagogale „Ersatzopfer" treten. Man bringt sie dar, indem man Opferrituale rezitiert (vgl. oben § 1, S. 30 Anm. 4): „Gott sprach zu Abraham: Ich habe deinen Kindern schon den Leseabschnitt von den Opfern verordnet, so oft sie darin lesen (!), rechne ich es ihnen so an, als ob sie Opfer von mir darbrächten, und vergebe alle ihre Sünden" (Meg 31 b , belegt bei B I L L . III/123; ebd. sind zahlreiche analoge Vorstellungen belegt). — Von einer „Spiritualisierung des Kultus" im oben besprochenen Sinn (§1, S.29ff.) kann hierbei natürlich nicht mehr die Rede sein. Es handelt sich vielmehr im Gegenteil um seine völlige Formalisierung und Entleerung, die man zutreffend seine „Materialisierung" nennen könnte. Wurden im AT etwa „rein - unrein" gerade zu Ausdrücken der Sittlichkeit und personalen Verantwortung, so gewinnt das Wortpaar hier wieder eine — nun aber völlig formalisierte — „kultische" Bedeutimg. Vgl. auch die synoptischen Streitgespräche. β Vgl. K. E. L 0 G S T R U F , Die ethische Forderung. 3
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stellt dagegen der Bußruf Jesu in den radikalen Gehorsam angesichts des unbedingten Gotteswillens1. Abschließend ist zu sagen, daß das hier dargestellte Judentum allein im Festhalten an der unausgleichbaren Spannung zwischen der vergeltenden Gerechtigkeit und der schenkenden Barmherzigkeit seines Gottes — trotz der vielerlei Ausgleichsversuche im einzelnen — sein ihm anvertrautes alttestamentliches Erbe bewahrt hat. Ja, es ist sein Ruhm, daß es diese Antinomie auch gegen vielfältige Versuchungen ausgehalten hat. Das hat S J Ö B E B G ganz richtig gesehen, wenn er die Beziehung Gottes zu den Sündern im palästinensischen Judentum von vornherein als durch diesen Zwiespalt bestimmt darstellt2. Das Judentum hat das in der religiösen Umwelt ausgebildete und präzisierte Werkzeug eines ontologischen Dualismus, der es ihm erlaubt hätte, Gutes und Böses, strafende Gerechtigkeit und schenkende Barmherzigkeit auf Gott und seinen Widergott als metaphysische Prinzipien zu verteilen, nicht benutzt 3 . Es hat die Einheit von Schöpfer und Richter und damit den Schuldcharakter der Sünde festgehalten und sich nicht in die entschuldigenden Spekulationen eines Erbsündendogmas geflüchtet. Der Versuchung, dem beinahe allmächtig sich gebärdenden Vergeltungsdogma auch noch die unverdiente Güte Gottes völlig zu unterwerfen, hat es — aufs Ganze gesehen — erfolgreich widerstanden4. Obwohl ihm das „Überdauern des Todes" und das jenseitige Heil nicht mehr die selbstverständliche Folge für den ist, der in unerschütterlicher Gewißheit Jahwes Verheißungen nicht losläßt5, sondern ein Stück einer allgemeinen Weltanschauung, dessen sich in starkem Maße der Verdienstgedanke bemächtigt hat®, hält es am Glauben an Gottes freie Gnade fest. So mag von der Gesamtheit dieses Judentums mutatis mutandis gelten, was H E R B E R T B R A U N in seiner Studie über die Salomopsalmen „vom Erbarmen Gottes über den Gerechten" sagt, und was ihm bei aller auch da zu beobachtenden Pervertierung der Idee der Barmherzigkeit durch den Verdienstgedanken und kleinlichen Gruppenegoismus als der eigentliche Reiz dieser Welt erscheint: „Gleichwohl 1
2
Vgl. BULTMANN, Jesus.
Erst die kritische Aufnahme des synkretistischen Dualismus bot die — wenngleich von vielerlei Gefahren umlauerte — Möglichkeit, diese Grunderfahrung adäquater auszudrücken; vgl. die folgenden Paragraphen. 3 Deshalb ist auch, besonders im Rabbinat, die Satanologie völlig peripher geblieben; vgl. BILL, Register IV/1258, s.v. „Satan". — Zur Beurteilung im stärker durch den Dualismus geprägten Judentum vgl. BRANDENBURGER 20ff. u. pass. 4
5
V g l . d a s „ E r g e b n i s " v o n SJÖBEBG 261 ff.
Siehe oben § 1, S. 48F Anm. 6ff und vgl. VON RAD, ThW 11/850. Vgl. H. BRAUN, Vom Erbarmen Gottes über den Gerechten. Zur Theologie der PsSal. ( = Ges. Stud. ζ. NT u. seiner Umwelt, 1962, 8-65) 46. β
Sünde u n d Vergebung in der Gemeinde von Qumran
77
lebt Gottes Souveränität in unseren Texten zu echt und zu ursprünglich, als daß die eben genannte Konzeption wirklich durchgeführt wäre; Gott in seiner Barmherzigkeit ist eben doch mehr als der Ergänzer menschlicher Leistung". 1
§ 3. Sünde und Vergebung in der Gemeinde von Qumran Auf die Frage der Datierung der einzelnen Texte und damit auf die geschichtliche und theologische Entwicklung der Gruppe können wir hier in Einzelheiten nicht eingehen 2 . Außerdem beschränken wir uns für unsere Skizze der qumranischen Vorstellungen von Sünde und Vergebung auf die Befragung der guterhaltenen größeren Texte, so daß wir uns auf hypothetische Rekonstruktionen von Zerstörtem nicht einzulassen brauchen3. Zudem können wir dankbar auf vielerei in der Literatur verstreute Vorarbeiten für unsere Fragestellung zurückgreifen4. Wie im Rabbinat, so steht auch im Mittelpunkt des Denkens und Lebens der Ordensleute von Qumran die Tora und ihre strenge Observanz ; ja, ihre Stellung ist derart beherrschend, daß die Gruppe geradezu ΠΊ1Π3 Τ Π16 oder min ΓΡ3β genannt werden kann. 1 E b d . 50; vgl. A. SCHLATTER, Der Glaube im NT, 4. Aufl. 1927, pass.; besonders 9 ff. 2 Die Literatur über Qumran ist fast unübersehbar. Eine gute E i n f ü h r u n g in die Probleme geben die beiden B ä n d e : M I L L A U B U B B O W S , The Dead Sea Scrolls, 1955 u. DERS., More Light on t h e Dead Sea Scrolls 1958 (beide inzwischen auch deutsch: Die Schriftrollen vom Toten Meer, 1956; u. Mehr Klarheit über die Schriftrollen, 1958), sowie der Artikel „ Q u m r a n " von M. B U B B O W S , R . D E V A U X , R. M E Y E B u n d K . G. K U H N in R G G V/740-754. Vgl. im übrigen die zweibändige „Bibliographie zu den Handschriften vom Toten Meer" von CHE. BUBCHABD, BZAW 73, 1957 u. BZAW 89, 1965. 3 Weil so textkritische Probleme nicht vorlagen, konnten wir im allgemeinen dankbar auf die handliche Textausgabe mit paralleler deutscher Übersetzimg von E . L O H S E zurückgreifen (Die Texte aus Qumran. Hebr. u. deutsch, 1 9 6 4 ) . Eine unschätzbare Hilfe sind fernery J . MAIER, Die Texte vom Toten Meer. 2 Bde. 1960, mit einer sorgfältigen Übersetzung u n d einem reichhaltigen Anmerkungs- und Registerband, sowie: K . G. K U H N (Hrsg.), Konkordanz zu den Qumrantexten, 1960. 4 Besonders seien hier genannt: J . BECKER, Das Heil Gottes, S U N T 3, 1964; H . BBAUN, Spätjüdisch-haeretischer u n d frühchristlicher Radikalismus, B H T h . 24, 2 Bde. 1957; DEBS., Rom. 7,7-25 u n d das Selbstverständnis des Qumranfrommen (ZThK 56, 1959, 1-18); DEBS., Qumran u n d das N T ( T h R 28, 1962, 97-234; 29, 1963, 142-176; 189-260; 30, 1964, 1-38. 89-137; S. HOLMN I E L S E N , Hodayot. Psalms from Qumran. A T h D 2, Aarhus 1960; H . W . K U H N , E n d e r w a r t u n g ; K . G. KUHN, πειρασμός - άμαρτία — σάρξ im N T und die damit zusammenhängenden Vorstellungen (ZThK 49, 1962, 200-222); S. SCHULZ, Zur Rechtfertigung aus Gnaden in Qumran u n d bei Paulus (ZThK 49, 1962, 155185). Weiteres jeweils i. d. Anm. 5
1QS 5,2.
« C D
20,10.
78
Die Voraussetzungen
Weil unter der Jerusalemer Priesterschaft die rechte Toraauslegung, insbesondere wohl die Frage nach dem richtigen Festkalender 1 strittig war, kam es um die Mitte des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts 2 zur Sezession eines Priesters mit seinem Anhang und zur Emigration dieser Gruppe in die Wüste 3 . Dieser Rückzug vom Tempel war freilich kein weiser und freiwilliger Verzicht 4 , sondern allem Anschein nach eine gewaltsame Vertreibung5. Darauf weisen die Texte hin 6 , und das erklärt am besten die Kult- und Tempelfreundlichkeit der Gruppe7 sowie ihren Haß auf die als „Frevelpriester" und „Lügenmann" 8 geschmähten Gegner und ihre Anhänger 9 . Dieser historische Anlaß der Gemeindeentstehung und ihr priesterlicher Ursprung und Kern läßt die von den Gegnern geschändete Tora 10 zum eigentlichen Heiligtum werden. Das fast rituell geordnete, Tag und Nacht ununterbrochen andauernde Torastudium 11 wird zur wichtigsten Kultfunktion 12 . Die absichtliche Übertretung auch nur 1
Vgl. 1QS 1,14f. ; 10,Iff.; C D 3 , 1 4 f . ; 10,15f.; l Q H 8 , 2 1 f . u.ö. Siehe dazu G. K U H N , R G G 7 4 6 u n d M A I E R II/115f. ; ferner: G. J E R E M I A S , Der Lehrer der Gerechtigkeit. S U N T 2 , 1963, 53FF. u. B E C K E R 61. 2 Zur Datierung vgl. K . G . K U H N , R G G 7 4 6 ; M A I E R I I / 1 3 7 F F . (Lit.); G. K.
J E R E M I A S 3 6 ff. 3
Dazu B e r u f u n g auf Jes. 4 0 , 3 in 1QS 8,12ff.; vgl. M A I E R 11/31 u. 163f. Vgl. B U R R O W S II/204ff. u. J E R E M I A S 140ff. Vgl. besonders l Q H a b . u n d siehe dazu M A I E R 11/137ff. u. J E R E M I A S 140ff. β Vgl. dazu besonders die sogenannten „Notberichte" in den „Lehrerliedern" von 1 Q H ; näheres dazu unten. 7 Vgl. K . G. K U H N , R G G 745ff.; ferner J . M A I E R , Zum Begriff des yhd in den Texten vom Toten Meer (ZAW 72, 1960, 48-66); H . W . K U H N 66ff. — Die wichtigen rituellen Waschungen (1QS 3,4ff.; CD 10,10ff. u . ö . ; vgl. Josephus, Bell. I/129f.; Ausgrabungsbefund! u n d siehe M A I E R II/16ff.) u n d das gemeinsame sakrale Mahl (vgl. Κ . G. K U H N , The Lord's Supper a n d t h e Communal Meal a t Qumran, in: K . S T E N D A H L (Hrsg.), The Scrolls a n d t h e NT, 1957, 65-93, u n d M A I E R II/159f.) weisen auf das priesterliohe Selbstverständnis der Gruppe hin. Bis das entweihte Jerusalemer Heiligtum im eschatologischen Rachekrieg erobert ist (vgl. 1QM), versteht sich die Gemeinde selbst als das wahre Tempelheiligtum (vgl. 1QS 5,6; 8,5ff.; 9,6 u.ö.). D a n n aber wird der lebenspendende K u l t wieder rite im Jerusalemer Tempel vollzogen werden (vgl. M A I E R 11/11 f. u. 116). I n der eschatologischen E r w a r t u n g der Sekte h a t der „Priestermessias" Ben-Aaron den königlichen Messias B e n - J u d a weitgehend verdrängt (vgl. Η . T H Y E N , Βάπτισμα μετανοίας εις όίφεσιν αμαρτιών in : Zeit u n d Geschichte, Bultmann-Festschrift 1964, 97-125) ; weiteres siehe unten§5. 8 Zum „Frevelpriester" vgl. besonders l Q p H a b . u. l Q p P s . 37 und siehe dazu J E R E M I A S 36ff. u. M A I E R II/137ff. — Zum „ L ü g e n m a n n " vgl. l Q p H a b . 2 , 2 f . ; 5,11 ; CD 4,19f. ; dazu J E R E M I A S 79ff. 9 Beim „ L ü g e n m a n n " handelt es sich wohl u m den Anführer eines Schismas innerhalb der „Gemeinde der E i n u n g " ; siehe dazu besonders J E R E M I A S 79ff. u. M A I E R II/137ff. 10 Siehe oben Anm. 7. — 1 Q H 4, lOff: durch das von ihnen verfälschte Gesetz verschließen die Gegner „vor den Dürstenden den T r a n k der Erkenntnis u n d tränken sie mit Essig . . . " ; vgl. auch l Q p H a b . 5,12 u.ö. 11 Vgl. 1QS 6,6 f. ; 10,10. 12 Das „Wegbereiten" von Jes. 40,3 besteht im Torastudium (1QS 8,12ff.). Das Torawissen der Sekte ist „Heilsgnosis" ; vgl. besonders 1QS l l , 2 f f . 4 5
Sünde u n d Vergebung in der Gemeinde von Q u m r a n
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eines Einzelgebotes wird streng und unnachsichtig mit der Exkommunikation, und das heißt mit der Überlieferung an die massa perditionis, deren Ausrottung unmittelbar bevorsteht 1 , geahndet 2 . Das rechnende Lohndenken und der Gedanke an eine mögliche Kompensation von Übertretungen durch „gute Werke" hat hier keinen Platz 3 . Natürlich gehört in der Qumrangemeinde wie im Rabbinat zur Tora die Tradition ihrer Auslegung. Aber anders als dort gewinnt diese Tradition hier den Charakter eines unter strengster Arkandisziplin stehenden 4 esoterischen Heilswissens 5 , das die Erlösung nicht nur garantiert 6 , sondern dem „Wissenden" schon jetzt verleiht 7 . Damit liegt hier dem Rabbinat gegenüber eine völlige Umwertung von Gesetz und Tradition vor : Nicht schon die Tora selber, sondern erst ihre Auslegung in der Gemeinde ist „Offenbarung" 8 ; sie „erhält ihre Deutung 1
Vgl. vor allem 1 Q M u n d siehe B R A U N , Radikalismus 1 / 3 2 f . 1QS 8,22; CD 20,25f.; vgl. auch die übrigen strengen S t r a f b e s t i m m u n g e n in 1QS u n d C D u n d siehe zur Toraverschärfung insgesamt B R A U N , Radikalismus I. 3 Vgl. B E C K E R 88; B R A U N , Radikalismus 1/27 u. 55. 4 Vgl. 1QS 4 , 6 ; 5,15f.; 9,16f. 22; 10,24f.; 11,5f. u . ö . — Siehe dazu B R A U N II/17ff. — Gegen H . J . S C H O E P S (Theologie u n d Geschichte des Judenchristent u m s , 1949, 315) m a c h t O. C U L L M A N N (Die neuentdeckten Q u m r a n t e x t e u n d das J u d e n c h r i s t e n t u m , in: Neutestamentl. Stud. f. B u l t m a n n , B Z N W 21, 1954, 43) m i t R e c h t geltend, daß die hier u n d im Traditionskreis, d e m die Pseudoclementinen e n t s t a m m e n , geübte Arkandisziplin weit über die übliche rabbinische Geheimniskrämerei hinausgeht. C U L L M A N N S Erwägung, daß wir allein dieser Arkandisziplin die gute E r h a l t u n g der Qumran-Bibliothek verdanken, ist einleuchtend. 6 Zur Esoterik der Gruppe vgl. besonders B R A U N 1/16ff. u n d M A I E R ZAW. Der Wissensbegriff in Q u m r a n h a t — trotz des durch den jüdischen Monotheism u s s t a r k gebrochenen Dualismus (vgl. K . G. KUHN, Die Sektenschrift u n d die iranische Religion, Z T h K 49, 1952, 296-316) — ausgegesprochen „gnostische" Züge (vgl. B U L T M A N N , T h W I/692ff. ; H . J O N A S , Gnosis u n d spätantiker Geist I/140ff. = F R L A N T 51, 1934; H . B R A U N 1/23; A. D U F O N T - S O M M E R , Les manuscrits de la Mer Morte; leur importance pour l'histoire des religions. N u m e n 2, 1955, 168-189; besonders 183). Auf die besonderen priesterlichen Traditionen und Tendenzen h a t M A I E R , ZAW u . I l / p a s s . nachdrücklich hingewiesen (beachte auch die Verwandtschaft m i t Test. X I I u. J u b . ) . E s ist eine priesterliche K u l t m y s t i k , die in Q u m r a n den zeitlich-eschatologischen Aspekt zugunsten eines räumlich-kosmologischen v e r d r ä n g t u n d so die Apokalyptik reduziert (es fehlen die Gedanken des Gerichts nach den Werken und der T o t e n a u f e r s t e h u n g ; das Heil wird im irdischen Jerusalem erwartet). 6 Das künftige Gericht m u ß im Lichte der Aussagen von 1QS u n d 1 Q H verstanden werden (1QM ist vorqumranisch, vgl. B E C K E R 4 3 f f . ; die B e d e u t u n g von CD f ü r die Gruppe ist noch ungeklärt). Das Gericht dient n u r der Ausr o t t u n g aller Gottlosen — einschließlich des empirischen Israel — u n d der Bestätigung der Gemeinde und ihres Weges. Trotz der Möglichkeit eines geheuchelten Eintritts, dessen unausbleibliche Folge die Vernichtung des Sünders durch die dann in K r a f t t r e t e n d e n Bundesflüche ist (1QS 2,11 ff. ; vgl. Apg. 5, Iff. !), ist dem Glied des Y a c h a d die Teilhabe a m Heil sicher v e r b ü r g t ; vgl. H . W . K U H N 178ff. u n d siehe u n t e n . 7 Vgl. dazu besonders H . W . K U H N 86ff. u . ö . ; weiteres siehe u n t e n . 8 Vgl. dazu D. L Ü H R M A N N , Offenbarungsverständnis 84ff. u. O. B E T Z , Offenb a r u n g u n d Schriftforschung in der Qumransekte ( W U N T 6, 1960). 2
80
Die Voraussetzungen
erst von der Geschichte der Sekte, in der sie offenbar wird, her (1 QpHab 7,3-5;
8,1—3)" 1 .
Der Gemeindegründer erhält den Titel „Lehrer der Gerechtigkeit" 2 oder „Toralehrer" 3 . Die Gemeinde weiß sich als der um der Väter willen gnädig bewahrte heilige „Rest" 4 . In der noch andauernden Zorneszeit 6 hat Gott sie „aus Israel und Aaron" als die „Wurzel einer Pflanzung", die endgültig sein Land in Besitz nehmen soll, „sprossen lassen" 8 . Weil aber die Glieder dieser Gemeinde „sündige Leute" waren, die „wie Blinde nach dem Weg tasteten" 7 , erweckte Gott ihnen zwanzig Jahre später „einen Lehrer der Gerechtigkeit, damit er sie auf dem Weg seines Herzens führe" 8 . Aus diesem mit einem hohen Maß von Reflexion gestalteten Anfang der Damaskusschrift geht hervor, daß sich die Gemeinde als die allein legitime Fortsetzerin der asidäischen Bewegung versteht 9 . Über dem alleinigen Interesse der Gruppe an ihrer eigenen Geschichte, das sich besonders in den Pescharim spiegelt, ist die gesamte alttestamentliche Heilsgeschichte zu völliger Bedeutungslosigkeit verblaßt. In den Hodayot fehlt jegliche Spur des Preises der großen geschichtlichen Taten Jahwes beim Auszug aus Ägypten, am Sinai oder bei der Landnahme 10 . Heil gibt es allein in der Gemeinde des Lehrers der Gerechtigkeit, der — von Gott erwählt und autorisiert — die Offenbarung der Heilsmysterien eingeleitet hat 11 . In den qumranischen Hodayot ist eine Gruppe von Liedern formgeschichtlich deutlich von den anderen Stücken der Rolle zu unterscheiden. Es handelt sich um Psalmen, deren betendes „Ich" nicht 1 2
LÜHEMANN 86. C D 1,11; 6,11; 20,32;
1 QpHab. pass.; vgl. G . JEREMIAS, Lehrer. CD 6,7 ; vgl. G. JEREMIAS, ebd. 272f. Zur Erwartung eines eschatologischen rmnn in Qumran siehe ebd. 289ff. 4 CD 1,4; vgl. überhaupt den Anfang von CD. 6 CD 1,5f.; siehe dazu G . J E R E M I A S 151ff. und STECK 166, der unter Beachtung der traditionsgeschichtlichen Zusammenhänge mit dem deuteronomistischen Geschichtsbild die 390 Jahre der Zorneszeit als die Zeit von 587 bis zum Beginn der asidäischen Bewegung deutet. Vgl. auch B E C K E R 56 f. 6 CD 1,7f.; vgl. die Heilsaussagen der Hodayot (siehe unten). 7 CD 1,9f. Die Sünde und Blindheit besteht hier also im fehlenden „Offenbarungswissen". Dieser Makel wird durch die Sendung des Lehrers beendet, der nach L Q H 4 , 5 f . deutlich als neuer Mose geschildert wird (vgl. E x . 3 4 , 3 5 und siehe 2.Kor. 3,7f.) vgl. M. DELCOR, Le Docteur de Justice, Nouveau Moïse, dans les Hymnes de Qumrân (in: R . de L A U G H E , Le Psautier, 1 9 6 2 , 4 0 7 - 4 2 3 ) . 3
8
9
C D 1 , 1 1 ; vgl. d a z u G.JEREMIAS
151ff.
Vgl. zur Vorgeschichte besonders STECK pass. u. JEREMIAS ebd. Die Geschichte Israels ist nur noch Geschichte der Sünde; vgl. CD 2,14ff. Siehe auch JEREMIAS 1 5 5 u. STECK 1 6 6 . 11 Gegen G. JEREMIAS 1 6 5 darf man aber die Offenbarung der rettenden Toraerkenntnis nicht auf den Lehrer beschränken. Er ist vielmehr nur der Initiator dessen, was jetzt prinzipiell jedem Glied der Gemeinde ermöglicht ist. Vgl. B R A U N 1 / 1 8 und besonders L Ü H R M A N N 86f. 10
Sünde und Vergebung in der Gemeinde von Qumran
81
ohne weiteres als das der Gemeinde verstanden werden kann, sondern klar erkennbar auf ihren Gründer weist. Ihnen fehlt die sonst typische „Elendsdoxologie" 1 , das Bekenntnis der absoluten Nichtigkeit und Sündhaftigkeit des Beters 2 . Statt dessen enthalten sie neben einem an die Sprache der Klagepsalmen angelehnten „Notbericht" 3 fast stets ein charakteristisches „Offenbarungsmittlermotiv" 4 . H . W . K U H N hat diese Formkriterien für die Abgrenzung der „Lehrerlieder" von den „Gemeindeliedern" übersichtlich zusammengestellt 6 . Trotz kritischer Vorbehalte zu Einzelheiten ist ihre Unterscheidung von den übrigen Liedern überzeugend, zumal G. JEREMIAS, durch seine Mitarbeit an der Qumrankonkordanz geschult, durch eine übersichtliche Statistik charakteristisch gehäufter Ausdrücke und Hapaxlegomena auch rein linguistische Unterscheidungsmerkmale zusammengetragen hat®. Freilich scheint uns dennoch der Schluß, diese „Lehrerlieder" deshalb als Privatdichtungen des „Lehrers der Gerechtigkeit" zu reklamieren, oder sie gar für seine Theologie und Biographie auszuwerten, verfrüht und nicht zwingend 7 . Besonders diejenigen Abschnitte, die eine fundamentale — schwerlich in der ersten Zeit erfolgte — Keflexion über die heilsgeschichtliche Funktion und Einordnung der Gemeinde und ihres Gründers verraten, sowie das Fehlen jeglichen konkretzeitgeschichtlichen Kolorits in den „Notberichten" der Lehrerlieder 8 machen die Annahme schwierig, in dem historischen Lehrer ihren Verfasser zu sehen. Wenn G. JEREMIAS, der „mit Sicherheit" den 1 H. W. K U H N (27 ff.) unterscheidet aus formkritischen Gründen zwischen „Niedrigkeitsdoxologie" und „Elendsbetrachtung". Wir können für unseren Zweck beide Formen zusammenfassen. Beispiele siehe unten. — Zum formalen Aufbau der Hodayot vgl. im übrigen: G. MOBAWE, Aufbau und Abgrenzung der Loblieder von Qumran, 1957; zu allen weiteren Problemen siehe den Kommentar von H O L M - N I E L S E N . 2 3 Beispiele siehe unten. Ausdruck von H . W . K U H N 22. 4 Vgl. K U H N 22ff.; zum Inhaltlichen siehe unten S. 82 Anm. 7ff. 5 Vgl. H. W. K U H N 21FF.; B E C K E R 50f.; G. J E R E M I A S 168ff. β G. J E B E M I A S 172 ff. — B E C K E S (54) rechnet 1 Q H 2 , 2 0 - 3 0 den Lehrerliedern zu, während das H . W . K U H N (24) offen läßt. Auch 1 Q H 18 scheint uns deutlich auf den Lehrer zu weisen (vgl. OdSal. 12, Iff.!); anders die Anm. 5 genannten Autoren. ' So besonders G. J E R E M I A S 168ff., der aber — im Gegensatz zu anderen — in der biographischen Ausnutzung Zurückhaltung übt; immerhin findet er bestätigt, was er aus den (späteren) Pescharim über die „geistliche Persönlichkeit" des Lehrers weiß. 8 Beispiele unten. — B E C K E S (51 ff.) sieht in den Notberichten eine „einmalige historische Situation" geschildert; er meint, das apokalyptische Geburtswehenbild (1QH 3,6-12) beschreibe ein „konkret-historisches Ereignis"! U . E . läßt sich aus den Notberichten nichts dergleichen entnehmen. Sie schildern in der Sprache und Topik der Klagepsalmen unter dem Einfluß der deuteronomistischen Aussagen über das Prophetengeschick (vgl. dazu S T E C K pass.): „Die wenigen, die was davon erkannt, hat man von je gekreuzigt und verbrannt". Von „unverwechselbarer Individualität" (STUHLMACHER 160) kann keine Rede sein.
β Thyen, Studien
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Die Voraussetzungen
Lehrer als den Autor dieser Psalmen erkennt 1 , fragen kann: „Wer konnte das in der Gemeinde von Qumran nachsprechen, und, erst recht, wer konnte diese Dinge von sich selbst sagen und in diese Psalmenform bringen?" 2 , so meldet sich darin das ungelöste traditionsgeschichtliche Problem an. Wie bei allen literarischen Texten muß vor der Erörterung der Verfasserfrage 3 nach dem Zweck der Überlieferung, der Aussage und Absicht des Textes gefragt werden 4 . Methodisch richtig fragt P E D D I N G H A U S : „Welches Bild von dem Lehrer, seiner Verkündigung und Bedeutung für die Gemeinde wird hier entworfen?" 6 und warum wurden die Lehrerlieder in der doch offenbar für das liturgische Gemeindegebet bestimmten Psalmenrolle tradiert, wenn sie keiner „nachzusprechen vermochte"?® Solange diese Fragen nicht befriedigend beantwortet sind, gilt: „The reason why I consider this matter (sc. the question of the authorship) less important is not only that it is barely possible to say anything at all decisive about the actual authorship, but also, and especially, that this attitude to the problem tends to obscure the pertinent question of what the purpose was in composing such psalms." 7 Das von H . W. K U H N für diese Lehrerlieder geltend gemachte Fehlen der „Niedrigkeitsdoxologien" muß keineswegs ein ursprünglicheres Stadium der Sektentheologie anzeigen. Es erklärt sich viel ungezwungener, wenn wir diese Lieder als Bildungen einer über die historische Heilsmittlerrolle ihres Gründers reflektierenden Gemeinde ansehen. Man wird ihm nicht eine Aussage wie die, daß er ein „Schmelzofen der Sünde" sei, in den Mund legen8. Von theologischen Anklängen und Analogien im religiösen Sprachmilieu abgesehen, haben wir für den in den Hodayot zu beobachtenden Wechsel von „Gemeinde-Ich" und „Oifenbarer-Ich" in den Oden Salomonis eine schöne Parallele 9 . 1
G. JEREMIAS 2 6 4 ; v g l . die kritischen F r a g e n v o n C. PEDDINGHATTS, D i e
Genesis der erzählenden Passionstradition (Diss. Heidelberg 1965, Masch.) 179f. 2
3
G. JEREMIAS 187.
G. JEREMIAS 164FF. geht umgekehrt von der Verfasserfrage aus ; vgl. dagegen
H O L M - N I E L S E N 316FF. 4
Siehe die treffenden methodischen Erwägungen bei HOLM-NIELSEN ebd.
u n d vgl. PEDDINGHAUS 179f. 5 PEDDINGHAUS 179, A N M . 28. 7
» Ebd.
179f.
HOLM-NIELSEN 316, der nach ausführlicher Diskussion der Probleme zu dem Resultat gelangt: „They (sc. the Hodayot) form a collection of different poems, possibly from different authors and from different times. Nothing can be said definitely of the authors of themselves, . . ." (331). 8 In 1QH 6, Iff. (bis Zeile 5 ist der Text verderbt) ist das „Ich" des Lehrers nicht klar zu erkennen. Es wechselt anscheinend mit dem der Gemeinde. 6,7ff. : „ich weiß, daß du in Kürze Lebendes aufrichten wirst in deinem Volk und einen Rest in deinem Erbe. Und du läuterst sie, so daß sie rein werden von Verschuldung, . . ." scheint ein Vaticinium ex eventu zu sein: dem Lehrer wird in den Mund gelegt, was das Gemeindeglied (im Initiationsritus) erfahren hat. 9 Wir verweisen im folgenden in den Anmerkungen auf derartige Anklänge. Es wäre eine reizvolle Aufgabe, dieses Problem detailliert zu untersuchen. —
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Auch die Frage nach dem Zweck der Tradierung und dem „Sitz im Leben" der Lehrerlieder läßt sich ungekünstelt beantworten, wenn wir sie als Gemeindebildung ansehen: hier überwindet die Gemeinde die Anfechtung der kleinen Zahl inmitten einer feindlichen Welt, getröstet sich ihrer Erwählung durch den von Gott berufenen „Lehrer", versichert sich des Heils, das auf der „Kenntnis" des vom Gründer geoffenbarten „Wissens" beruht, und weiß sich in der kommenden Entscheidungsschlacht des himmlichen Beistandes gewiß 1 . Eine kurze Skizze der entsprechenden Aussagen der „Lehrerlieder" mag das begründen: An der Stellung zum Lehrer entscheidet sich Heil oder Unheil aller Menschen 2 . „Ich werde zur Falle für alle Übeltäter, aber zur Heilung für alle, die umkehren von der Sünde, zur Klugheit für die Einfältigen . . ." 3 . Wohin der Lehrer seine H a n d ausstreckt, da entsteht „Leben"; zieht er sie zurück, so ist „Tod" die Folge 4 . Wenn auch der strenge Monotheismus keine Aussagen über die Präexistenz des Lehrers zuläßt 5 , so kann doch immerhin gesagt werden: „Denn du hast mich verborgen vor den Menschenkindern und hast dein Gesetz in mir verborgen bis zur Zeit der Offenbarung deiner Hilfe an mir" 6 ; d.h. bis zur Gründung der Gemeinde. Zudem ist diese Aussage auf dem Hintergrund der strikten qumranischen Lehre von der praedestinatio gemina zu sehen 7 . Ganz deutlich hat der Lehrer die Funktion des Mystagogen: er ist „Vater aller Söhne der Gnade und Amme aller Männer des Zeichens" 8 . Er ist eingesetzt „zum Dolmetscher der Erkenntnis in wunderbaren Geheimnissen" 9 und hat Auch H . W . K u h n (187) sieht die Analogien, er will sie aber durch eine in späterer Zeit erfolgte Begegnung „von Essenismus und Gnostizismus" in den Oden erklären. Das scheint uns indessen ausgeschlossen; vgl. K. R u d o l p h , Mandäer 1/226, Anm. 4. 1 Solche Gewißheit mag auch der Grund für die Aufnahme der einem ganz anderen Milieu entstammenden Kriegsrolle in Qumran sein. — Vgl. im übrigen P e d d i n g h a u s 180 f. 2 1QH 7,12. Freilich wird das „aller Menschen" durch die Prädestinationslehre und den Gedanken vom „heiligen Rest" eingeschränkt; vgl. 1 Q H 6 , 8 ; zum Restgedanken siehe B e c k e r 62 ff. Wer die Tora, so wie sie der Lehrer geoffenbart hat, hält, die Waschungen nicht bloß äußerlich vorgenommen (1QS 3) und die Vorhaut seines Herzens beschnitten hat (lQpHab. 11,12), der gehört zum heiligen Rest. — Vgl. OdSal. 11,22; 11,1. 3 4 1QH 2,8f. 1QH 8,22ff. 5 Vgl. die bei S. Schulz, Rechtfertigung 156ff. zitierten und besprochenen Texte über die „Einzigartigkeit, Kraft, Erhabenheit, Herrlichkeit, Weisheit und Ewigkeit Gottes", die neben ihm auf der Seite des Menschen nur „Fleisch", „Staub", „Chaos" (1QH 7,32) und „Knechtschaft unter der Sünde" (1QH 1,27) zulassen. Dennoch erscheint aber die qumranische Prädestinatiorislehre als eine dem gleichen Wurzelgrund entsprossene Variante der gnostischen Präexistenzvorstellung. 6 7 1 QH 5,11 f. Näheres dazu siehe unten. 8 1QH 7,20f. ; vgl. OdSal. 8,16: „. . . meine Brüste habe ich für sie bereitet, daß sie meine heilige Milch trinken können, um davon zu leben". 9 1 QH 2,13. β·
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Die Voraussetzungen
die Macht, „für die Verständigen einen Brunnen der Erkenntnis zu öffnen" 1 . Von Gott selbst in den „wunderbaren Geheimnissen" unterwiesen, so daß er in „siebenfältigem Lichte" erscheint 2 , hat er „vieler Angesicht erleuchtet" 3 . Solches „Erleuchten" ist nicht bloße Metapher für Wissensmitteilung, sondern eschatologische Heilsgabe : Einreihung in die Schar der Lichtsöhne, die schon jetzt in der Gemeinschaft mit den Engeln im himmlichen Heiligtum weilen 4 . Diese Versetzung aus der Finsternis ins Licht und aus dem Tode ins Leben 6 erfolgt durch die Sündenvergebung, die dem Eintretenden zugesprochen wird 6 . Wer aber so als „bewährter Stein" in den „auf Eels gegründeten Bau" 7 eingefügt ist, der hat „in der Gemeinschaft mit den Geistern des Wissens" selbst „unmittelbare Erkenntnis" und bedarf keines „Mittlerdolmetschers" 8 . So lebt die um den Lehrer gescharte Gemeinde mitten in der Wüste als eine „Pflanzung von Lebensbäumen" am „Born des Geheimnisses" 9 , dessen Quelle Gott durch den Lehrer geöffnet hat 10 in paradiesischem Frieden 11 . Dieser „Quellort des Lebens" ist durch eine feurige Waberlohe gegen die feindliche Welt abgeschirmt, d.h. die strenge Arkandisziplin bewahrt die Heilsmysterien 12 . Zeigen die „Lehrerlieder" so deutlich den Prozeß an, worin der ,,Verkündiger" zum „Verkündigten" wird 13 , so darf doch nicht über1
1QH 2,18; vgl. 4,11; 5,26 und siehe OdSal. 6 , l l f f . ; 11,6f.; 30,2. 1QH 7,24; vgl. OdSal. 11,14. Siehe oben S. 80 Anm. 7 (der Lehrer als neuer Mose). 3 1QH4.27. 4 Vgl. MAIER 11/77 und siehe unten die Besprechung der Texte. 6 I n den qumranischen Heilsaussagen fehlt allerdings der z.B. im Johannesevangelium bestimmende Gegensatz Tod - Leben. Auch „Leben" als Heilsterminus spielt eine untergeordnete Rolle (vgl. BRAUN, T h R 28, 192ff.). Aber dennoch ist die Sache hier und da sehr ähnlich (siehe unten); qumranischer und johanneischer Dualismus sind Zweige des gleichen Baumes (vgl. BRAUN ebd.) • 1QH 6,8f.; zum Initiationsritus siehe unten. 7 1QH6,26; zur Bauallegorese vgl. B. GÄRTNER, Die rätselhaften Termini Nazoräer und Iskariot, 1957, 31; ebd. mandäische Parallelen. Vgl. auch MAIER 11/91 und siehe OdSal. 11,5. 8 1QH 6,13. 8 1QH 8,5f.; zur hier vorliegenden Paradiesessymbolik vgl. BECKER 64 und die ebd. gegebenen jüdischen Belege. Siehe auch OdSal. 11,18f.; 4,10; JosAs 16,16 (RIESSLER 519). — Gerade das stark allegorische Stück 8,4-15 (übersetzt und kommentiert bei G. JEREMIAS 249ff.) läßt sich kaum als Dichtung des Lehrers selbst begreifen. Die drei Arten der Lebensbäume (vgl. Jes. 41,19) sind offenbar eine Mehrzahl von geistlichen Vätern der Gemeinde. Sie sind am „geheimnisvollen Quell" gepflanzt, damit sie den nzr („Sproß" vgl. Jes. 11,1) hervorbringen (8,6). Nach 1 Q H 6 , 1 5 und 7,19 ist „Sproß" die messianische Selbstbezeichnung der Gemeinde; Jes. 11,1 scheint bewußt im Hintergrund zu stehen (vgl. S. J . DE VRIES, The Syntax of Tenses and Interpretation in the Hodayot, R Q 5, 1965, 375-414, 409f.). Siehe auch Mt. 2,23 und dazu THYEN, Art. „Nazaräer" RGG IV/1385. 10 11 1QH 8,21. 1QH 8,5ff.; vgl. 8,20. 12 1QH 8, l l f f . ; vgl. 6,17. — Zum Lebenswassermotiv siehe OdSal. l l , 6 f f . ; 6,8ff. Vgl. MAIER 11/98 u. B R A U N , T h R 28, 211. 13 Beachte die Steigerung in den Pescharim. 2
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sehen werden, daß in alledem „Lehrer" immer nur Chiffre für die qumranische „Lehre" bleibt. Allein als ihr Initiator kraft göttlicher Prädestination wird der Lehrer verehrt. Wenn der Pescher den Habakuk-Satz „der Gerechte wird seines Glaubens leben" so auslegt: „Seine Deutung geht auf alle Täter des Gesetzes im Hause Juda, welche Gott erretten wird aus dem Hause des Gerichts wegen ihrer Mühsal und ihrer Treue zum Lehrer der Gerechtigkeit" 1 , so kann daraus auf keinen Fall geschlossen werden: „Das ist das Credo der Qumran gemeinde: Hier steht und fällt der Gottesglaube mit dem Glauben an den Meister von Qumran! Größeres kann man nicht sagen" 2 . — Gewiß kann man schwerlich „Größeres" sagen; man sollte aber darum bemüht sein, mit weniger Emphase und unter kritischer Zügelung der Phantasie Präziseres zu sagen 3 . Soweit die bisher publizierten Texte erkennen lassen, ist der Lehrer nirgends messianisiert und erst recht nicht zum „Glaubensgegenstand" gemacht worden 4 . Er ist vielmehr nicht mehr — aber auch nicht weniger ! — als der Initiator des in der Qumrangemeinde gegenwärtigen Heils. H. W. K U H N hat in der bereits mehrfach genannten Dissertation die Aussagen der „Gemeindepsalmen" aus der ersten Höhle über diese „Heilsgegenwart" sorgfältig analysiert. Zugleich hat er sich um die Interpretation der Spannung, in der sie zu dem erst von der Zukunft erwarteten eschatologischen Heil einerseits, und dem sich in den Elendsdoxologien bekundenden totalen Unheil der Gegenwart andererseits stehen, bemüht. Wir können deshalb auf K T J H N S Arbeit verweisen und im übrigen knapp ihre Resultate rekapitulieren 6 : Das priesterliche Selbstverständnis der Gemeinde, in der die schon bei den alttestamentlichen Psalmisten beobachtete „Spiritualisierung des Kultus" sich wegen der erzwungenen und schmerzlichen Trennung vom Tempel nur um so intensiver fortsetzt, und gewisse Ideen der Apokalyptik sind die beiden „Grundpfeiler" der Gemeindetheologie8. lQpHab. 8,2F.; vgl. ebd. 2,2f. und siehe MATER 11/146. E. STAUFFER, Das Evangelium vom barmherzigen Gott in Qumran und der Botschaft Jesu (DtPfrBl. 60, 1969, 75). — Vgl. auch 1QH 7,12: „durch mich (sc. den Lehrer) wirst du zwischen gerecht und frevelhaft scheiden" (von A. DUPONT-SOMMER, Le Livre des Hymnes découvert près de la Mer Morte (1QH) 1957, u.a. messianisch gedeutet!). Es kann aber nach dem gesamtqumranischen Kontext kein Zweifel sein, daß der Sinn auch dieses Passus ist: „durch meine Lehre"; vgl. dazu BECKER 68. — O. CTTLLMANN (BZNW 39) hat auf die bei analogem Dualismus ( ! ) bestehenden Beziehungen zwischen dem „Lehrer" und dem „Wahren Propheten" der Kerygmata Petrou hingewiesen. 3 Vgl. dagegen die besonnene Exegese von G. JEREMIAS 143f.: „Glauben heißt die Auslegung des AT durch den Lehrer als richtig anerkennen und befolgen." Siehe ferner: BRAUN 1/64 und E. GRÄSSER, Glaube im Hebr. 91 f. 1
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V g l . JEREMIAS e b d . ; M A I E R I I / 1 3 7 f f . ; B E C K E R 5 8 f f .
Vgl. bes. 44ff. und siehe DE VRIES, The Syntax.
' H . W . KUHN 182 u . ö .
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Die Voraussetzungen
Aus diesem zwiefältigen Fundament resultiert die Spannung zwischen gegenwärtigem und zukünftigem Heil. Denn während „für die Apokalyptik die Gegenwart heilsleer war, und das Heil erst von der Zukunft erhofft wurde" 1 , versteht sich der Qumran-Fromme als „Priester vom Dienst" und weiß sich als solcher in die ewige Gemeinschaft der Engel versetzt und der himmlischen Güter teilhaftig 2 . Für den einzelnen realisiert sich diese Versetzung in den Himmel in der Aufnahme in den „Neuen Bund" 3 , im täglichen Gebet findet ihre Aktualisierung und im jährlichen Bundeserneuerungsfest ihre kultische Begehung statt 4 . Während die im Rabbinat gelegentlich im Zusammenhang mit der Vergebung begegnende Redeweise von der „neuen Geburt" oder „neuen Schöpfung" stets uneigentlich-metaphorisch, etwa im Sinne unseres Ausdrucks „ich fühle mich wie neu geboren" gemeint ist 5 , weiß sich der Qumran-Fromme angesichts der ihm zuteil gewordenen Sündenvergebung in eschatologisch-endgültigem Sinne als „neues Geschöpf" 6 . Handelt es sich im Rabbinat bei der künftigen Vergebung nur um die Restitution des Alten, nämlich um die Sühnung konkreter einzelner Sünden, und bleibt so die letzte Ohnmacht des Menschen angesichts seiner Verfallenheit an die ihn knechtende Macht der Sünde verborgen, so ist dagegen in Qumran gerade diese unwiderstehliche Sündenmacht zum Thema geworden 7 . Gibt in der alttesta1
E b d . Zur R e d u k t i o n der Apokalyptik siehe oben S. 79, A n m . 5 Vgl. J . MAIER ZAW U. H . W . KUHN 66ff. — Die eschatologischen Heilsgiiter sind: Einsicht, Wissen, Klugheit, Gerechtigkeit, K r a f t u n d Herrlichkeit ( 1QS 11,5 ff. ) ; es ist der das Fleisch reinigende u n d aufrichtende göttliche Geist (1QS 3,6f.). 3 Vgl. 1 Q H 15,15ff. I n strengem Parallelismus zwischen Zeile 15 u n d 17 wird hier ausgeführt, daß der F r o m m e f ü r den „ Z e i t p u n k t des Wohlgefallens", nämlich den E i n t r i t t s t a g in die Gemeinde, der Böse aber f ü r den Z e i t p u n k t des Zorns, d . h . f ü r den apokalyptischen Schlachttag, geschaffen i s t ; vgl. H . W . KUHN 104 f. — Das „Gericht n a c h den W e r k e n " ist in die strenge Straf justiz der Gemeinde gleichsam „historisiert" worden. „Sie n i m m t das k ü n f t i g e Gericht in einem rigorosen Streben n a c h K a t h a r s i s u n d Reinigung v o r a u s " (J. GNILKA, Die Kirche des M a t t h ä u s u n d die Gemeinde v o n Q u m r â n . BZ 7, 1963, 43-63). 4 Siehe u n t e n S. 90 A n m . 2. 5 Vgl. den materialreichen E x k u r s „ N e u s c h ö p f u n g im palästinensischen 2
J u d e n t u m " b e i H . W . KUHN 75 ff.
" Vgl. dazu besonders H . W . KUHN 34ff. u n d siehe u n t e n S. 89 A n m . 2. 7 Nicht allein die reich ausgeprägte Sündenterminologie (vgl. den S. 87 zitierten Abschnitt 1 Q H 1,2Iff.) u n d das Überwiegen der Singularformen von SHPD, ΠΝΒΠ, 17BH etc. (vgl. H . BRAUN 1/41), sondern auch die u n t e n noch zu erörternden dualistischen u n d prädestinatianischen Anschauungen der Gemeinde bringen z u m Ausdruck, d a ß die Sünde hier nicht kompensierbare Verfehlung, s o n d e r n v e r s k l a v e n d e M a c h t i s t . Vgl. BRAUN 1/41 ff. ; BECKER 66 f.u. Κ . G. KUHN
Z T h K 49, 200ff.; dazu a b e r : H . W . HUPPENBAUER, „Fleisch" in den T e x t e n von Q u m r a n . ThZ 13, 1957, 298-301; E . MEYER, Fleisch im J u d e n t u m , T h W V I I / 1 0 9 - 1 1 8 ; E . BRANDENBURGER, Fleisch u n d Geist. P a u l u s u n d die dualistische Weisheit. WMA N T 29, 1968, 86 ff.
Sünde u n d Vergebung in der Gemeinde v o n Q u m r a n
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mentlichen Gerichtsdoxologie der Angeklagte durch das Eingeständnis seiner konkreten Verfehlung Jahwe, dem Bundesherrn, seinen verletzten TDD zurück, so wird der ferne und weltüberlegene Schöpfergott 1 in der „Elendsdoxologie" der Gemeinde durch das Bekenntnis der totalen Nichtigkeit und Sündhaftigkeit, aus der es irdisch keinen Ausweg gibt, „gerechtfertigt": „Ich bin ein Lehmgebilde, etwas mit Wasser Geknetetes, ein Ausbund von Schande und ein Quell von Abscheulichem, ein Schmelzofen der Schuld und ein Gebäude der Sünde, ein Geist des Irrtums, verdreht ohne Einsicht und erschreckt durch gerechte Gerichte" 2 . Die hier sichtbar werdende Diastase zwischen Gott und Welt, die sich in einem vom Menschen unübersteigbaren Dualismus von Licht und Finsternis und einer strengen Prädestinationslehre expliziert, geht weit über das übliche kreatürliche Abstandsgefühl des Juden hinaus 3 . Aber mit dem Eintritt in den „Neuen Bund der Gemeinde der Einung" 4 weiß der Fromme die Weissagung erfüllt: „Denn gleichwie der neue Himmel und die neue Erde, die ich schaffe, fortbestehen werden — Spruch Jahwes —, so wird auch euer Geschlecht und euer Name fortbestehen. Und an jedem Neumondstage und an jedem Sabbat wird alles Fleisch kommen, um vor mir anzubeten" 5 . „Vergebung" ist hier nicht mehr bloße Tilgung der kontrahierten Sündenschuld, sondern 1 A n die Stelle J a h w e s u n d seiner geschichtlichen Heilserweisungen ist der jenseitige Schöpfer u n d G o t t der E r k e n n t n i s s e (1QS 3,15; 1 Q H 1,25: ΓΠ5ΠΠ getreten, der „ W i s s e n " u n d „Einsicht " v e r l e i h t ; vgl. SCHULZ, R e c h t f e r t i g u n g 156ff.; K . BAITZKR, B u n d e s f o r m u l a r 106f. 2 1 Q H l,21fF.; vgl. 12,25ff.; 1 8 , l l f f . u . ö . ; vgl. MAIER I I / 6 5 f . ; SCHULZ 160ff. — Auf d e n traditionsgeschichtlichen Z u s a m m e n h a n g dieser Elendsdoxologien m i t der a l t t e s t a m e n t l i c h e n Gerichtsdoxologie h a b e n H . W . KUHN (27f.) u n d BECKER (126ff.) hingewiesen. E s spricht alles d a f ü r , d a ß Weisheitslehrer der deuteronomistischen Schule die T r a d e n t e n waren (siehe u n t e n § 4). 3 Vgl. schon E x . 33 u n d siehe d a z u B . BULTMANN, Die U n s i c h t b a r k e i t Gottes ( Z N W 29, 1930, 169-192 = Exegetica 174-197). 1 Die Qumrangemeinde weiß sich als „ N e u e n B u n d " (CD 6 , 1 9 f f . ; 7 , 5 ; 8,21 ; 2 0 , 1 2 ; l Q p H a b . 2 , 3 ; vgl. 1 Q H 5 , 2 3 ; 7,9). Dieser „ N e u e B u n d " darf freilich nicht in Antithese z u m Sinaibund gesehen werden (so SCHULZ 175ff.), s o n d e r n ist im Sinne von J e r . 31,31 ff. erneuerter B u n d (vgl. W . RUDOLPH, Jer., H A T 12, 1947, 170f.), was schon die A u f n a h m e des R e s t g e d a n k e n s beweist; siehe
o b e n S. 83 A n m . 2 u n d vgl. MAIER 11/54; BECKER 60ff. 5 J e s . 66,22 f. Die N a c h w i r k u n g der tritojesajanischen T r a d i t i o n (besonders der Armenfrömmigkeit) in Q u m r a n ist e v i d e n t ; vgl. n u r MAIER 11/68; 83ff. Sie h a t natürlich auch die U m b i l d u n g der Gerichts- zur Elendsdoxologie m a ß geblich beeinflußt; vgl. H . W . KUHN 32f. u . ö .
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Die Voraussetzungen
gnädige Beseitigung der tödlichen Sündenmacht: „ E r machte allen seinen Geschöpfen eine neue und gerechte Natur, daß sie nach ihrer ganzen Natur bis in Ewigkeit nicht (mehr) sündigten und gerecht wären . . . " (Jub. 5,12)!. Wie das eben zitierte Beispiel für die „Elendsdoxologien", so mag auch für die dem Beter widerfahrene Erhörung der Text eines „soteriologischen Bekenntnisses" 2 selber sprechen: „Ich will dich dafür preisen, Herr, daß du meine Seele aus der Unterwelt gerettet hast und mich aus dem höllischen Totenreich auf eine ewige Höhe hinaufgeführt hast. So kann ich mich nun auf einer grenzenlosen Ebene bewegen und kann wissen, daß es eine Hoffnung gibt für den, den du aus dem Staub heraus für die ewige Gemeinschaft geschaffen hast, indem du den verkehrten Geist von viel Sünde gereinigt hast, auf daß er mit der Heerschar deiner Heiligen Aufstellung beziehe und in die Gemeinschaft mit der Gemeinde der Himmlischen eintrete. So hast du dem Menschen ein ewiges Los zusammen mit den Geistern der Erkenntnis geworfen, auf daß er deinen Namen in gemeinsamem Jubel preise und deine Wundertaten vor allen Geschöpfen erzähle" 3 . Wie sich die neue Schöpfung in der Sündenvergebung realisiert 4 , so verleiht die dem Eintretenden mitgeteilte Heilsgnosis neues Leben 1 Das Zitat aus Jub. hat H. W. KUHN (77) zur Charakterisierung des qumranisehen Sünden- und Vergebungsverständnisses angeführt. Die hebräischen Jubiläenfragmente aus Höhle 1 und der analoge solare Kultkalender (vgl. MAIER 11/115 und siehe oben S. 78 Anm. 1) erweisen J u b . und die Sektenliteratur als nahe zusammengehörig. Siehe auch L. ROST, Art. „Jubiläenbuch" RGG III/960f. 2 Wir übernehmen die Gattungsbezeichnung „soteriologisches Bekenntnis"
v o n H . W . KUHN 24ff.
3 1QH 3,19-26; zitiert nach der Übersetzung und Gliederung von H . W . KUHN 44ff. Ebd. ist der präsentische Sinn der Perfekta eingehend begründet; vgl. dazu auch S. J . DE VRIES, The Syntax of Tenses: „One is impressed by the conflation of past, present and future in this passage. Obviously, the poet is living within the eschaton . . ." (ebd. 389). — Der Aufstieg aus der Unterwelt in die „ewige Höhe" (0*7157 Dil) ist die Versetzung in den Himmel (vgl. KUHN 56ff.); in der Gemeinde ist der Fromme vor dem zukünftigen „Mächtigwerden der Scheol" gerettet (KUHN 60), wenn sich die Tore der Unterwelt (VlìW Ή8β>) auftun (1QH 3,17; vgl. Mt. 16,18). Daß der Beter „aus dem Staub heraus für die ewige Gemeinschaft geschaffen ist" ("ID57D ΠΓΠΪΡ) kann nur den Sinn von „Neuschöpfung" haben (vgl. 11,12!); ISS? korrespondiert dem „madigen Leichnam" von 11,12 (Begründung mit viel Material bei H. W. KUHN 49). 1 H.W.KUHN 52 verweist auf Barn. 6,11; vgl. ferner: 1 Q H 7 , 3 0 ; 7,34f.; 9,34 f. (durch Vergebung wird Gott zum Vater für alle Söhne der Wahrheit, im Gegensatz zu den irdischen Eltern! — Diese Vorstellung ist auch dem hellenistischen Judentum geläufig, sie dürfte in der Proselytenbekehrung
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als wirkliche Antizipation der eschatologischen Totenauferstehung 1 . Der Stand in der Gemeinde als reale Gemeinschaft mit den Himmlischen entmächtigt die tödlich andringende Scheol 2 . Der kultische Akt des Bundeserneuerungsfestes, mit dem wohl alljährlich jeweils die Neuaufnahme der Novizen verbunden war 3 , ihren Ursprung h a b e n ; siehe unten § 4); 17,15 (durch Vergebung bekommt der Mensch Anteil an „aller Herrlichkeit A d a m s " D I S 7130*713; siehe dazu unten S. 94 Anm. 4, weiteres in § 4); 1QS 3,6ff. (Vergebung bewirkt die Schau des Lebenslichtes Ο^ΠΠ U N ; vgl. Hi. 33,28; Mand. Lit. 66 u n d siehe oben §. 1, S. 34 Anm. 5); 1QS 11,3; CD 3,17ff.; verwandt ist JosAs. 15 (ed. B A T H T O L , Studia Patristica 1889, 39-87 u n d j e t z t : M. P H I L O N E N K O , Joseph et Aséneth. Introduction. Texte critique. Traduction et notes; in: Studia Post-Biblica 13. Leiden 1968), näheres dazu in § 4. 1 Siehe oben S. 88 Anm. 3 . — Zur Wissensterminologie vgl. H . B R A U N I/20ff. — Die in 1 Q H beschriebene Heilsgegenwart sieht H O L M - N I E L S E N (297ff.) in naher Analogie zum J o h E v . ; vgl. z . B . : „One is tempted to use t h e Lord's words from J o h n 5,25, 'he . . . is passed from death into life'" (298). Demgegenüber bedarf H . B R A U N S Urteil (ThR 28, 192), daß „die Umbiegung der johanneischen Eschatologie hinein in die gegenwärtige Stunde mit der in Qumran z.T. ( l Q p H a b . ; lQSa.) hochgespannten Naheschatologie nichts zu t u n " h a t , erheblicher Modifikationen. Einmal sind Gegenstand der „hochgespannten Naheschatologie" ja gerade nicht Totenauferstehung u n d ewiges Leben bei Gott, sondern ganz handfeste irdische Realitäten. Die im J o h E v . gegenwärtigen Eschata charakterisieren auch die heilvolle Gegenwart des Qumranfrommen. Zum anderen darf m a n die f ü r Qumran charakteristische Spannung zwischen der Priesteresoterik mit ihrer räumlich-kosmologischen Heilsgegenwart u n d den überkommenen eschatologischen Erwartungen mit ihrem Zeitschema nicht einfach zugunsten der letzteren auflösen. Die qumranische Heilsgegenwart beruht auf der Vorstellung der I d e n t i t ä t von irdischem u n d himmlischem Heiligtum (gegen B I E T E N H A R D , Himmlische Welt pass., z.B. 124f., handelt es sich u m wirkliche I d e n t i t ä t und nicht bloße Entsprechung; vgl. M A I E R II/78). Vgl. zum Problem jetzt auch E . B R A N D E N B U R G E R , Die Auferstehung der Glaubenden als historisches u n d theologisches Problem (Wort u n d Dienst 9, 1967, 16-33), bes. 23ff. — Der Unterschied zur Eschatologie des J o h E v . beruht darauf, daß das eschatologische „ J e t z t " hier u n d da völlig anders qualifiziert ist. Der Qumrannovize t r i t t in den himmlischen R a u m ein, während das Wort des johanneischen Offenbarers eine neue Zeit eröffnet. I m J o h E v . hängt das Heil allein a m verkündigten Wort und wird niemals zum „Besitz", während es in Qumran eine feststellbare und abgestufte Heilsvollkommenheit gibt. 2 Siehe oben S. 88 Anm. 3. — Besonders die Anfügung der kleinen Apokalypse a n das oben zitierte „soteriologische Bekenntnis" macht deutlich, daß der Eintretende dieser künftigen Katastrophe schon entnommen und in der auf Fels gegründeten Gemeinde (1QH 6,26) sicher geborgen ist. Nach Vorgang anderer verweist H . W. K U H N 60f. dazu mit Recht auf Mt. 16,18. Zum petrinischen Schlüsselamt von Mt. 16 bildet das A m t des Aufsehers (Tp3H) eine nahe Analogie : „ E r soll E r b a r m e n haben mit ihnen wie ein Vater mit seinen Kindern und soll wegnehmen alle ihre Verschuldungen. Wie ein H i r t e ihrer Herde soll er alle ihre Bande lösen, mit denen sie gebunden sind, (damit nicht) Bedrückte u n d Zerschlagene in der Gemeinde (seien)" (CD 13,7f.) ; vgl. dazu B A I / T Z E R , Bundesformular 126. I n CD 7,15ff. wird Am. 9,11 allegorisch gedeutet: Die wiederaufgerichtete „zerfallene H ü t t e Davids" ist die Tora in ihrer Sektenpraxis; die Gemeinde ist der König. Der Messias braucht nur noch die Feinde zu vernichten; vgl. 1 Q H 14,15f. 3 Vgl. B A I T Z E R , ebd. 105ff.; 172f. u. 193ff. ; M. W E I S E , Kultzeiten u n d kultischer Bundesschluß in der „Ordensregel" vom Toten Meer, 1961, besonders 61 ff. ; H . W . K U H N 31ff.; K . G. K U H N , RGG V/776.
Die Voraussetzungen
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ist in seinem Ablauf und seinen Einzelheiten nicht mehr voll rekonstruierbar 1 . Immerhin sind in die Gemeinderegel (1QS) aber offenbar ganze Partien der Bundesfestagende eingegangen 2 . Sicher werden rituelle Bäder zur Aufnahmezeremonie gehört haben 3 . Schwerlich jedoch bestand der Initiationsakt in einem der Johannestaufe analogen Tauchbad zur Sündenvergebung 4 , das sich grundsätzlich von den übrigen Waschungen der Gruppe unterschieden hätte 6 . Der Eintrittseid, der den Initianden strikt auf die geheime Toraüberlieferung der Gemeinde verpflichtet, ist ein weiterer deutlich erkennbarer Bestandteil dieses Ritus 6 . Auch die Hodayot dürften hier ihren ursprünglichen „Sitz im Leben" haben 7 , und sie werden erst sekundär in das tägliche Gebet der Gemeinde eingegangen sein 8 . Mit großer Wahrscheinlichkeit darf man ferner vermuten, daß auf die vom Novizen gesprochene „Elendsdoxologie" eine — wie auch immer geartete — förmliche ¡?ΉΧErklärung und der Vergebungszuspruch durch den Priester erfolgten 9 . Schließlich wird auch die erste Teilnahme des Eingeführten am gemeinsamen Kultmahl der Männer der Einung zum Initiationsritus gehören 10 . — Von dieser realen kultischen Erfahrung her lassen sich die dem übrigen Judentum dieser Zeit gegenüber analogielosen präsentischen Heilsaussagen am besten begreifen. Dennoch ist der Qumran-Fromme der „Gemeinschaft des Gewürms" und der „Menge des frevelhaften Fleisches" 11 noch nicht entnom1
Er teilt damit das schon erörterte Schicksal der meisten antiken Liturgien. Sicher war wohl auch 1QS 3f. Bestandteil der Bundesfestliturgie. Der unten noch zu besprechende Abschnitt mit seiner Zwei-Geister-Lehre ist jedoch gegen BALTZER 105ff. nicht traditionsgeschichtlich aus dem Bundesformular herzuleiten; vgl. E. KAMLAH, Paränese 163. 3 Vgl. 1 QS 3,4ff. ; 5,13 und siehe M A I E R II/16ÍT.; O. CUXLMANN, BZ N W 21, 42 ff. 1 Vgl. H . W. KUHN 84 und siehe unten § 5. — Anders K. G. KUHN, The Lord's Supper and the Communal Meal at Qumran (in: K. S T E N D A H L (Hrsg.), The Scrolls and the N e w Testament 1957, 65-93), 77. 5 So O. BETZ, Die Proselytentaufe der Qumransekte und die Taufe im NT, R Q 1, 213ff.; vgl. dazu unten § 5 . β Vgl. ÎQS 5,8; 6,22; CD 14,8; Josephus, Bell 11/8,7. Der Eid als Verpflichtung auf die Tora hat zur Folge, daß der „Engel der Anfeindung" v o m Initianden weicht, solange er an der Tora festhält (CD 16,4f.); vgl. O. CULLM A N N , B Z N W 21, 42. 7 So wohl richtig B E C K E R 126ff. u. H. W. K U H N 29ff. (in Auseinandersetzung 2
m i t S. SCHULZ, R e c h t f e r t i g u n g 167 ff. u . H . BARDTKE, D a s I c h des Meisters i n
den Hodayot von Qumran, WissZtschr. d. K. Marx Univers. 1956/57, 93ff.). . 8 '"Vgl. H. W. KUHN;32. 9 ¿Vgl. l Q p H a b . 7,5'und?'siehe CONZELMANN, ThW VII/433. δ' 10 Zum Kultmahl vgl. K . G . K U H N , Supper; CULLMANN, B Z N W 21, 42ff. 11 S 1 QS 11,9f.; vgl. H . W . K U H N 102. „Fleisch" ist hier jedoch keine aktiv böse Machtsphäre, sondern im Gefolge alttestamentlicher Tradition das kreatürlich Schwache und deshalb für die Sünde Anfällige; vgl. 1QH 1,21. 35. Siehe zum Problem auch H U P P E N B A U E R , ThZ 298ff.; M A I E R II/38f. u. 65ff. ; sowie jetzt besonders B R A N D E N B U R G E R , Fleisch 86ff.
Sünde u n d Vergebung in der Gemeinde von Qumran
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men 1 . Noch dauert die Anfechtung, weil die zum LosBelials Gehörigen noch nicht vernichtet sind (lQH3,24ff.). Noch ist das Heil gefährdet, weil die Geister des Engels der Finsternis noch danach trachten, die Lichtsöhne zu Fall zu bringen (1QS 3,20ff). Erst wenn die Gottlosen samt den sie befehligenden Geistern in der eschatologischen Schlacht ausgerottet sind (1QM), wird es definitives Heil geben. Insofern steht also das Leben in der Gemeinde in der Tat in einer Spannung zwischen „schon" und „noch nicht". Freilich darf man nicht übersehen, daß dieses „Zwischen-den-Zeiten" ein ganz anderes ist als das genuin neutestamentliche und daß die qumranische Heilsgegenwart mit dem paulinischen „Siehe, jetzt ist der Tag des Heils!" (2.Kor. 6,2) nichts zu tun hat. Der Qumranfromme ist gleichsam in einer vorgeschobenen Stellung der himmlischen Streitkräfte geborgen; die Gemeinde selbst ist ein himmlischer Brückenkopf auf Erden. Diese Situation erfordert das enge Zusammenstehen im Kampf gegen die feindliche Welt, d.h. die strenge Esoterik der Sekte. Der Christ dagegen weiß sich nicht in einem ausgesonderten Kultrawm, sondern in einer durch die Versöhnungsbotschaft neu qualifizierten Weltzeit. Daß das dem Glied der Gemeinde zuteil gewordene Heil unverfügbar ist und daß die Gliedschaft in Qumran keinerlei Anspruch vor Gott begründet, kommt in vielen Aussagen deutlich zur Sprache 2 . Seinen präzisen Ausdruck findet es darin, daß der Fromme seinen eigenen 1 Vgl. die Betonung der Hoffnung: Í Q H 3,20; 14,16; 17,20 u n d siehe dazu H . W . K U H N 34ff. — Zu den andersartigen Erwartungen in 1 Q p H a b und 1 QSa. siehe oben S. 88 Anm. 4 und vgl. K . E L L I G E R 150ff. u. H. B R A U N 1/51 ff. — Das von M. B A I L L E T (Un recueil liturgique de Qumran, grotte 4: „Les paroles des luminaires"; RevBibl. 68, 1961, 195—250) unter dem vorläufigen Siglum 4 Q B t . 3 zuerst edierte, übersetzte und kommentierte liturgische Fragment enthält in Kolumne 6,2 ff. nach dem Lobpreis Gottes f ü r die den Betern gewährte Sündenvergebung die Bitte : Ach, Herr, . . . wende doch deinen Zorn und deinen Grimm von uns a b . . . u n d befreie Israel, dein Volk, aus allen Ländern, den nahen u n d den fernen . . .!" (Zeilen 10-13). — Das ganze, von der Qumranforschungsstelle der Universität Heidelberg, deren Mitarbeiter uns mit freundlichem R a t zur Seite standen, inzwischen bearbeitete Stück (vgl. K . G. K U H N , Nachträge zur Konkordanz zu den Q u m r a n t e x t e n ; R Q 14/4, 1963, 163-234, besonders 166-169), das nunmehr das Siglum 4 Q D i b H a m . f ü h r t , zeigt „in Stil u n d Terminologie der theologischen Aussagen sehr weitgehend traditionelle F ä r b u n g " ( Κ . G. K U H N , ebd. 168). Die Aussagen über die von Mose f ü r die Sünden der Väter gewirkte Sühne, die Erinnerung Gottes an seine geschichtlichen Heilstaten, sowie die oben zitierte Bitte u m die Restitution Gesamtisraels, alles gerade „keine spezifisch essenischen Gedanken" ( K . G. K U H N ebd.), führen uns zu der Vermutung, daß wir hier Gebete aus der Jerusalemer Tempelliturgie aus der Zeit vor der Sezession des „Lehrers der Gerechtigkeit" mit seinem Anhang vor uns haben. Das Vokabular mit seinen vielen Hapaxlegomena f ü r Qumran und die Rolle Jerusalems in den Gebeten bestätigen das. — E . S C H W E I Z E R , der das Stück „Zur Interpretation des Römerbriefes" (EvTh. 22, 1962, 105-107) herangezogen h a t , bringt seine traditionellen Aussagen in eine unzulässige Verbindung mit apokalyptischen u n d qumranischen Anschauungen; ebenso S T U H L M A C H E R pass. (vgl. sein Stellenregister s.v. 4QBt.). 2
Vgl. 1 Q H 11,10; l l , 2 7 f . ; 12,30ff.; 15,14ff.; 9,9ff.; l Q S l l , 1 3 f f .
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Die Voraussetzungen
Beitritt in den rettenden Bund als prädestinatianisch gewirktes göttliches Gnadenhandeln versteht 1 . Darum sind auch die besprochenen „Elendsdoxologien" nicht etwa einmaliges Bekenntnis des Novizen bei seinem Eintritt, die durch die dabei erfolgte „Gerechterklärung" durch den Priester überholt wären 2 . I n ihnen bekennt vielmehr der gerettete Sünder seine gegenwärtige Verlorenheit, nicht seine vor der Bekehrung liegenden Verfehlungen. Es gilt also vom Glied der Qumrangemeinde in gewisser Weise, daß es „simul justus et peccator" ist 3 . Und zwar bleibt der Gerechte, trotz der ihm widerfahrenen Rechtfertigung „allein aus Gnade" 4 , ein „Schmelzofen des Frevels und Bau der Sünde" 8 , weil die bedrohliche Herrschaft Belials noch andauert®, weil die „Finsternissöhne" noch unbesiegt mit ihren Verführungskünsten gegen die Kinder des Lichtes streiten 7 . Trotz der prädestinatianischen Zuordnung jedes Menschen in das eine oder in das andere der ewig feindlichen Heerlager 8 und seiner völlig passiven Rolle, in der auch alle einzelnen Taten sowie Heil und Unheil der Gerechten wie der Gottlosen prädisponiert sind 9 , weiß der Qumran-Fromme um die Macht der Sünde und seine Verführbarkeit durch das Los Belials 10 . Diesem Mächtigwerden der Sünde gilt es im Festhalten am Heilsweg, d.h. der Toraüberlieferung der Gemeinde, und im Wissen um die Hilfe des „Gottes Israels und der Engel seiner Wahrheit" 1 1 zu widerstehen. 1 Vgl. 1QH 15,15ff. : Der Fromme ist für den „Zeitpunkt des Wohlgefallens", d.h. für den Tag des Gemeindeeintritts geschaffen (siehe H. W. KUHN 104ff.), der Böse aber für den (künftigen!) Schlachttag. Vgl. 1QH 16,10; 11,34 (defekt). Die theologische Grundlegung der qumranischen Prädestinationslehre in der in l Q S 3 f . aufgenommenen und modifizierten Zwei-Geister-Lehre muß uns gleich noch beschäftigen. 2 Vgl. B B A U N 1/44; SCHULZ, Rechtfertigung 159f.; H . W . K U H N pass.;
H . BBAUN, Z T h K 56, 8 f.
3 So zuerst H. B B A U N , ZThK 56, 12; vgl. SCHULZ, Rechtfertigung; B E C K E R 153f. und siehe E. LOHSE, Texte, Anm. 83 zu 1QS 11,3 auf Seite 281. — Freilich gilt das nur mit der oben S. 89 Anm. 1 gemachten Einschränkung: das Gerechtsein des Frommen ist nicht allein in Gottes gnädigem Urteilsspruch begründet, sondern ist zugleich „eine objektiv feststellbare, für die Rangordnung maßgebliche Größe" (MAIEB 11/68); vgl. 1 Q S 2 , 2 0 ; 5,21; CD 20,24. Auch hier ist also — freilich auf eine viel sublimere Weise — das Gesetz „zwischeneingekommen". 4 So besonders SCHULZ, Rechtfertigung 107; B E C K E R 71. Die Frage, ob hier wirklich von „sola gratia" gesprochen werden kann, muß unten noch geklärt werden. 5 1QH 1,22; vgl. 12,25ff.; 1QH Fr. l , 4 f . u.ö. « Vgl. 1QS 1,10; 2,19; 10,21; C D 4 , 1 2 f f . ; 5,18; 8,2; 1 Q H 2 , 1 6 ; 3,28f.; 1QM pass. u.ö. 7 Siehe oben S. 90f.; vgl. 1QM; lQpHab.; 1QH 14,15f.; IQ 27; CD 20,20. Siehe H. BBAUN, ThW VI/239 f. u. H. W. KUHN 34ff. 8 Vgl. 1QS 4,16ff. ; 1QM pass. 9 Vgl. CD 1,3ff.; 2,7ff.; 4,3ff.; 1QH l , 7 f f . ; l,19ff.; 1,28; 1QM 16,11 u.ö. 10 1QS 3,21 ff.; vgl. K. G. K U H N , ZThK 49, 200ff.; B E C K E S 86. 11 1QS 3,24 f.
Sünde und Vergebung in der Gemeinde von Qumran
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I n dem durch seine gewichtige Einleitung 1 aus der Gemeinderegel deutlich herausgehobenen Abschnitt 1QS 3,13-4,26 stehen in eigentümlicher Spannung unmittelbar neben der Anschauung, wonach die Welt das Feld des Streites der Geister des Lichtes unter dem Kommando des „Fürsten des Lichts" gegen die Geister der Finsternis mit ihrem Anführer, dem „Finsternisengel", ist 2 , die anderen Aussagen, nach welchen der Schauplatz dieses Kampfes das menschliche Herz ist: „Bis dahin 3 streiten die Geister der Wahrheit und des Unrechts im Herzen des Mannes" 4 . Auf die Verwandtschaft dieser durch eine kräftige „monotheistische Klammer" am Anfang 5 und andere deutlich erkennbare Eingriffe® in den Dienst des jüdischen Glaubens gestellten Zwei-Geister-Lehre, deren Abkunft aus einem ursprünglich metaphysischen Dualismus durch die nachträgliche Psychologisierung „nur mühsam und dürftig verschleiert" ist 7 , mit der iranischen Kosmogonie hat kurz nach der Publikation der Texte zuerst K. G. K U H N hingewiesen 8 . Andere Forscher haben diese Beobachtung aufgegriffen und mit gewissen Modifikationen noch verstärkt 9 . Unter Einbeziehung der Mandäerfrage bedarf das Problem weiterer religionsgeschichtlicher Klärung, der wir uns jedoch wegen fehlender Sprachkenntnisse und der gegenwärtigen Problematik auf dem Felde der Iranistik nicht gewachsen fühlen 1 0 . Abgesehen also von der Frage nach der religionsgeschichtlichen Ableitung aus dem Iranismus 1 1 , verfügt die Qumrangemeinde mit dieser Zwei-Geister-Lehre über ein Instrument, das es erlaubt, sowohl 1 1QS 3,13 + 14: Das Stück ist für alle Vollmitglieder der Gemeinde ein wesentlicher Teil der Heilsgnosis. — Zu den literarkritischen Problemen des
A b s c h n i t t e s v g l . E . KAMLAH, P a r ä n e s e 40FF. u . 163FF. 2 3 4 5 β
1QS 3,20 f. Nämlich bis zur „festgesetzten Zeit" und zur „neuen Schöpfung" 1QS 4,25. 1QS 4,23 ff. KAMXAH, P a r ä n e s e 4 4 , z u 1 Q S 3 , 1 5 - 1 7 . V g l . KAMXAH 1 6 3 f . , d e r u n s m i t s e i n e r A n a l y s e d i e S k e p s i s v o n BECKER 8 8
zu widerlegen scheint. 7 BRANDENBUBGER, Adam 23. ·— Die jüdische Psychologie der beiden Triebe (siehe oben § 2, S. 69 Anm. Iff.) hat wohl die gleichen Ursprünge. 8 K. G. KUHN, Die in Palästina gefundenen hebräischen Texte, ZThK 47, 1950, 211; vgl. DERS., Die Sektenschrift und die iranische Religion, ZThK 49, 1952, 296-316. 9 Vgl. dazu KAMT,AH, Paränese pass.; besonders 163ff. 10 Vgl. besonders G. WIDENGREN, Iranisch-semitische Kulturbegegnung in parteiischer Zeit (Veröffentlichungen der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, Heft 70, 1960), 5Iff.; ferner: KAMT,AH, P a r ä n e s e p a s s . ; H . CONZELMANTST, T h W 11
VTI/433.
Das von KAMT,AH vorgelegte und analysierte Material zeigt, daß der Einfluß dieses dualistischen Schemas, das keinesfalls erst nachträglich ethisiert worden ist, sondern von vornherein Tugenden und Laster als „Gefolge" oder „Früchte" der beiden Geister kennt, nicht auf die Gemeinde von Qumran beschränkt ist. Seine Wirkung läßt sich in Apokalyptik und Rabbinat ebenso wie bei Philo und im CorpHerm. nachweisen.
Die Voraussetzungen
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die Macht der Gnade als auch die der Sünde in einer unerhörten Radikalität zu erfassen. Die erwähnten logischen Aporien machen deutlich, daß das ganze dualistisch-prädestinatianische Schema hier im Dienste einer theologischen Anthropologie steht. Es drängt darum selbst auf seine existentiale Interpretation: So wahr die Bekehrung zur Gemeinde der Einung und der Wandel auf ihrem Heilsweg, nämlich die Observanz der geheimen Toraüberlieferung, die verantwortliche Entscheidungstat des einzelnen ist, so zwingend läßt es nun das durch diese Bekehrung gewonnene neue Selbstverständnis des Frommen nicht mehr zu, die Entscheidung als eigene und damit das ihm darin widerfahrene Heil als Verdienst zu begreifen: Um seiner Ehre und Gerechtigkeit willen wirkt Gott das Wollen wie das Vollbringen 1 . Er selbst „sühnt" die Sünde durch „den Geist seines wahrhaftigen Ratschlusses" 2 . Durch seinen „heiligen Geist", den „Geist der Wahrheit", wird der „Frevelgeist" aus dem Fleisch des Menschen vertilgt ; es wird also gleichsam ein Geist durch den anderen vertrieben. Die Gabe des „heiligen Geistes" aber ist nichts anderes als „Einsicht", „Wissen" und „Weisheit", die dem Menschen „die Krone der Herrlichkeit mit dem Kleide der Pracht im ewigen Licht" verleiht 3 und ihm an „aller Herrlichkeit Adams" teil gibt 4 . Die „Elendsdoxologien" zeigen, daß das Heil nicht verfügbarer Heilsbesitz wird, sondern allein von Gott her, in dem von ihm gestifteten Bundesverhältnis erfahren wird. Da der Heilsweg im Festhalten an der Tora besteht, deren Erfüllung einen kontrollierbaren Grad und Status der Heilsvollkommenheit verleiht, kann der existentiale Sinn der Aussage vom Kampf der Geister im Herzen des Frommen kein anderer sein als der Ausdruck des Widerstreites des menschlichen „ J a und Nein" zu den Forderungen der Tora 8 . Können wir hier nun abschließend einerseits feststellen, daß kaum irgendwo im uns bekannten Judentum das Sündersein des Menschen 1
Vgl. 1QH 10,9ff. ; 11,10. 1QS 3,6. Der Gabe des Geistes muß der Wandel „im Geist" entsprechen. » 1QS 4,6ff. 4 BRANDENBURGER, Adam 110 hat darauf aufmerksam gemacht, daß in Qumran von Adams Fall nie die Rede ist, dagegen aber an drei Stellen ( 1QS 4,23; 17,15; CD 3,18-20) von der Herrlichkeit Adams als einem Heilsgut gesprochen wird. Dem entspricht es, daß statt von Gen. 3 — freilich ohne jeglichen Akzent — in CD 2,18; 1QM 14,14f. und am Anfang von lQGenAp. von Gen. 6,1-4 die Rede ist. Auch das ist ein Indiz dafür, daß hier ein ursprünglich metaphysischer Dualismus in Dienst genommen wurde. — Die hier ganz offenkundig wirksame Tradition jüdischer Weisheitsspekulationen muß uns unten im § 4 noch eingehender beschäftigen. 6 So H . B R A U K , ZThK 56, 12ff.; B E C K E R 85 scheut diese Konsequenzen vermutlich, weil er den transsubjektiven Charakter dieses „Ja und Nein" übersieht. 2
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im Lichte der rechtfertigenden Gnade Gottes so radikal zum Ausdruck gebracht und daß demnach „Vergebung" selten so ernsthaft als creatio ex nihilo erfahren worden ist, wie in der Gemeinde von Qumran, so ist aber nun andererseits doch zu fragen, ob man daraus wirklich schließen darf: „Damit aber dürfte die paulinische Anschauung von der Rechtfertigung des Sünders sola gratia in ihrer theologischen Grundstruktur als vorschristlich erwiesen sein"? 1 Wir werden unten bei der Darstellung des paulinischen Verständnisses von Sünde und Gnade hier noch genauer nachzufragen haben. Da aber die Auffassung des Paulus schon mehrfach zum Vergleich mit der Qumranfrömmigkeit herangezogen worden ist 2 und sich als Indikator dessen, was in Qumran „Sünde" und „Gnade" bedeuten, bewährt hat 3 , greifen wir hier ein wenig vor. Nach der Meinung von S C H U L Z brauchte Paulus als Christ zur Entfaltung seiner Rechtfertigungslehre „nur zu Waffen zu greifen, an denen schon andere vor ihm geschmiedet hatten" 4 . Der besondere Schliff, den Paulus diesen aus dem jüdischen Arsenal geliehenen Waffen verleiht, besteht nach S C H U L Z in folgenden drei Punkten: 1. Paulus habe die „vorchristliche Lehre von der eschatologischen Gerechtigkeit Gottes", indem er sie auf die Kreuzigung Jesu bezog, „historisiert" 6 . 2. Paulus habe wohl die qumranische Anthropologie, nicht aber die Toraverschärfung der Sekte übernommen 6 ; für ihn stehe das ,,δικαιοΰσθ-αι am Anfang" und sei „das Zentrum christlicher Existenz", während in Qumran die Toraobservanz diesen Platz einnehme und die Rechtfertigung sola gratia „Ziel und Endpunkt" sei7. 3. Paulus habe die in Qumran schon intendierte Duchbrechung der „nationalen Prärogative Israels" konsequent zu Ende geführt 8 . Ad 1. Selbst wenn man unterstellt, die paulinische „Lehre von der Gerechtigkeit Gottes" sei vorchristlich 9 , so ist doch mit der Auskunft, 1
2
SCHULZ, Rechtfertigung 182.
Vgl. H . B R A U N , ZThK 5 6 , und siehe D E E S . , ThR 2 9 , 1 4 2 - 1 7 6 u. 1 8 9 - 2 6 0 (katenenartig an den Paulusbriefen orientierte kritische Sichtung aller derartigen Versuche). 3 Vgl. besonders H. BRAUN, ZThK 56. 5 4 SCHULZ, Rechtfertigung 1 8 5 . Ebd. 1 8 2 ; vgl. B E C K E R 238FF. Β STUHLMACHER 151 meint — ausdrücklich gegen SCHULZ — bei Paulus liege sehr wohl eine Analogie zur Toraverschärfung der Sekte vor. In völliger Verkennung des paradoxen Charakters der Rede vom „Gesetz Christi" will er diesem im Anschluß an C. H . D O D D materialiter auch die von Paulus gelegentlich „zitierten Herrenworte" hinzurechnen! S. u. § 7, S. 190 Anm. 3. 7
9
SCHULZ, R e c h t f e r t i g u n g
183.
8
Ebd.
183f.
Das gilt u.E. bestenfalls für die von Paulus etwa Rom. 3,24f. u. 4,25 im Zitat aufgenommene „Rechtfertigungslehre"; doch ist das unten in § 7 näher zu klären. Vgl. G. KLEIN, Art. „Rechtfertigung" RGG V/826.
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Die Voraussetzungen
Paulus habe sie „historisiert", noch gar nichts gesagt. Da sie in Qumran an das Auftreten des „Lehrers", die Stiftung des Bundes bzw. den Eintritt des einzelnen und an die besondere Heilsgnosis gebunden ist, liegt auch hier in gewisser Weise eine „Historisierung" vor. Das zeigt besonders der oben besprochene Anfang der Damaskusschrift. Zudem hat Paulus an der „Kreuzigung J e s u " als einem „historischen Ereignis" überhaupt kein spezifisches Interesse; ein solches erwacht erst etwa im Kampf gegen den Doketismus. Die Kreuzigung Jesu ist für Paulus nicht der historische Fixpunkt, auf den er seine — „unter Benutzung von Qumranvorlagen" 1 ( ! ) — aus dem Judentum mitgebrachte Rechtfertigung bezieht 2 . Vielmehr ist ihm das „Kreuz Christi" — und zwar nicht als brutum factum, sondern in theologischer Ausgelegtheit als „Wort vom Kreuz" oder „Evangelium" 3 — alleinige Quelle seiner Rechtfertigungslehre. Das paulinische „ J e t z t " bezeichnet nicht die in der Kreuzigung Jesu erfolgte „historische" Äonenwende, sondern den rettenden Augenblick des der Verkündigung korrespondierenden Glaubens 4 . I m Lichte der dem Glauben geschenkten Gerechtigkeit zeigt sich, daß die Rechtfertigung in Qumran nicht sola gratia in die Freiheit der Kinder Gottes, sondern durch Trug der Sünde in die Sklaverei unter dem Gesetz führt 5 . Ad 2. Es ist dann natürlich auch ausgeschlossen zu behaupten, Paulus habe wohl die qumranische Anthropologie, nicht aber die Toraverschärfung der Sekte übernommen. Die paulinische Anthropologie ist allein von daher zu begreifen, daß Christus als des Gesetzes Ende den Apostel zwingt für Dreck zu halten, was ihm bis dahin Gewinn war®. Gelegentliche Strukturähnlichkeiten schließt das natürlich nicht aus 7 . Daß für Paulus die Rechtfertigung am Anfang, in Qumran dagegen am Ende stehe, ist eine zur Präzisierung der jeweiligen theologischen Standorte wenig hilfreiche Auskunft. Zudem würde, wie wir gesehen haben, auch der Qumran-Fromme für sich in Anspruch nehmen, daß ihm die Rechtfertigung Anfang und Zentrum seiner Existenz sei, wie sie umgekehrt auch als Ziel und Ende des christlichen Wandels erscheinen kann 8 . Vielmehr sind eben „Rechtfertigung" und damit 1 So SCHULZ 1 8 1 mit Verweis auf Rom. 7 , wozu er sich auf H . B R A U N , ZThK 56 beruft ! 2 Vollends nichtssagend sieht W. G R U N D M A N N (Der Lehrer der Gerechtigkeit von Qumran und die Frage nach der Glaubensgerechtigkeit in der Theologie des Apostels Paulus, R Q 2, 1960, 237-259) in der Bindung der qumranischen Rechtfertigungslehre an die Person Jesu das christliche Spezifikum. 3 Vgl. SCHLIER, Gal. (MeyerK) 79ff. (zu Gal. 3, If.). 4 Vgl. L Ü H R M A N N 125f. u.ö.; näheres siehe unten § 7 . 6 Vgl. dazu besonders BRAUN, ZThK 56. 8 « Rom. 1 0 , 4 ; Phil. 3 . ' Vgl. M A I E R II/68f. Vgl. Gal. 5,5.
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auch „Sünde" und „Gnade" hier und da etwas völlig Verschiedenes. Bei allem Respekt vor den qumranischen „Elendsdoxologien" angesichts des oft seichten Werkoptimismus im Rabbinat lotet doch der verzweifelte Ausruf „Ich elender Mensch, wer wird mich aus dem Leibe dieses Todes retten? !" in eine Tiefe, von deren Abgrund man in Qumran keine blasse Vorstellung hat 1 . Mag in der qumranischen Frömmigkeit auch jene „Gerechtigkeit, die besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer" (Mt. 5,20) in einer kaum mehr überbietbaren Weise verwirklicht sein, so ist gerade darin doch die völlig sublimierte, „die sehr unsinnliche, sehr geistige Lüsternheit des Selbst auf sich selbst" 2 im Spiel, so bleibt der Mann der Qumrangruppe, mag er auch die äußerste Stufe vor der Gnade erreicht haben, dennoch Pharisäer. Wird in Qumran die Sünde — wenn auch ohne den naiven Verdienstgedanken und unter starker Betonung der allein Rettung ermöglichenden Hilfe Gottes — auf dem Wege der strengen Observanz der verschärften Tora besiegt, daß der Fromme darin von Stufe zu Stufe sein Leben gewinnt, so sieht Paulus gerade in solcher Befolgung — nicht in der Übertretung — des Gesetzes ( ! ) die Sünde zur Herrschaft gelangen, das Ich des Menschen verschlingen und zu seinem Subjekt werden3. Ad 3. Abgesehen davon, daß in Qumran überhaupt keine Rede von einer Durchbrechung der nationalen Prärogative Israels sein kann 4 , 1 R o m . 7,24 (von der E r f a h r u n g von R o m . 7,25a her formuliert; 7,25b ist Glosse). — Die paulinische Anfechtung beginnt genau an der Stelle, wo sie in Qumran endet. E r s t wo das böse Ich, das sich Gottes heiliger Forderung widersetzt, überwunden u n d jenseits von Belials Verführungen vollkommene Erfüllung erreicht ist, zeigt sich, daß gerade das gute Ich (vgl. L U T H E B S auch in dem besten Leben") notwendig u n d nicht zufällig darauf aus ist, die eigene Gerechtigkeit aufzurichten u n d damit das Leben zu verwirken. Vgl. H . B R A U N , Z T h K 56, 15ff,; u n d H . J O N A S , Philosophische Meditation über Paulus, Römerbrief, Kapitel 7 (in: Zeit und Geschichte, Bultmann-Festschrift 1964, 557-570). 2
3
JONAS, e b d .
567;
vgl.
566FF.
Siehe dazu vor allem R . B U L T M A N N , Rom. 7 u n d die Anthropologie des Paulus (in: Imago Dei, G. Krüger-Festschrift 1932, 53-62; jetzt Neudruck in: Exegetica 198-209), besonders 201 ff. 4 So S C H U L Z , Rechtfertigung 183 f. mit Verweis auf L. R O S T , Qumranprobleme (EvTh. 18, 1958, 97-112, besonders llOf.). Doch ist R O S T S historische Konstruktion der Sektengeschichte sehr u m s t r i t t e n ; vgl. M A I E » II/137ff. (Lit.). — I m übrigen scheint uns das genaue Gegenteil der Fall : der Universalismus eines D tJes. ist völlig vergessen; an die Stelle der Mission sind Separation u n d Esoterik getreten. Die von S C H U L Z als Indizien der universalen Tendenzen der Sekte angeführten „theologisch wichtigen Aussagen" (183) „unbeschnittenes O h r " (1QH 18,20) u n d „unbeschnittene Lippe" ( 1 Q H 2 , 1 8 ) , die sich leicht noch vermehren ließen, besagen nichts. Sie stellen nicht die Beschneidung in Frage, sondern wollen sie gerade ernstgenommen wissen (siehe oben S. 73). Der ursprüngliche Universalismus der mythisch-dualistischen Zwei-GeisterLehre (siehe oben S. 92ff.) ist mit der strikten Beschränkimg des Heils auf die Sektenglieder als den Rest Israels gerade preisgegeben, so daß m a n bestenfalls noch von einem Unheilsuniversalismus reden kann. 7
Thyen, Stadien
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Die "Voraussetzungen
ist es doch für die paulinische Rechtfertigungslehre gar nicht konstitutiv, daß hier die christliche Gemeinde innerhalb der Welt genau wie der Bund der Einung innerhalb Israels eine „Gruppe" ist 1 . Daß die „Gruppe" über das empirische Israel hinaus erweitert wird und an die Stelle des Bundesgottes mit seinen heilsgeschichtlichen Treuemanifestationen der Schöpfergott als Garant der wunderbaren und verläßlichen Weltordnung tritt, ist in der jüdischen Weisheitsüberlieferung weitgehend präformiert 2 . Daß aber die „Feinde", qumranisch gesprochen „die Söhne der Finsternis", die Unreinen, „die Huren und Zöllner" durch die Glaubensgerechtigkeit versöhnt werden, das ist das schlechterdings Neue. Das paulinische Verständnis der Kirche als „Leib Christi" läßt es nicht zu, sie wie den qumranischen Bund als „Gruppe" zu verstehen; das sollte schon die bei Paulus nicht zufällig fehlende Esoterik lehren.
§ 4. Sünde, Gnade und Vergebung im hellenistischen Judentum Da nicht nur Paulus selber, sondern schon diejenigen Kreise des jungen Christentums, die ihn durch ihre Botschaft dazu herausforderten, als „Eiferer im Dienste der väterlichen Überlieferung "(Gal. 1,14) zum Verfolger καδ-' ύπερβολήν der Christen zu werden, mit ihren theologischen Anschauungen tief in der Frömmigkeit des Diaspora- und Septuaginta-Judentums verwurzelt sind, ist es notwendig, noch die typischen Anschauungen über Sünde, Gnade und Vergebung im hellenistischen Judentum zu untersuchen. Natürlich leben zahlreiche Vorstellungen, die wir in den vorigen Paragraphen bereits zu Gesicht bekamen, hier einfach fort; darauf brauchen wir nicht einzugehen. Auch die schwierige Frage nach den Anfängen der hellenistischen Einflüsse auf das Judentum, nach der Kommunikation zwischen Mutterland und Diaspora 3 sowie nach den Spannungen zwischen der Gola und dem übrigen Judentum des Mutterlandes und in der Diaspora schon während der Zeit des Exils 4 und 1 So SCHUXZ, Rechtfertigung 184; das gilt allenfalls für den als sekundäre Glosse verdächtigen, in der Tat qumrannahen Abschnitt 2. Kor. 6,14ff.; siehe dazu unten § 7. 2 Vgl. J. HEMPEL, Art. „Universalismus" RGG VI/1160-1162 (Lit.); siehe den folgenden § 4. 3 Vgl. dazu etwa R. MEYER, Hellenistisches in der rabbinischen Anthropologie (BWANT 22, 1937) und S. LIEBERMANN, Hellenism in Jewish Palestine (Texts and Studies of the Jewish Theol. Seminary of America 18, 1950). 4 Vgl. R. MEYER, Das Gebet des Nabonid (zu 4QOrNab.), SAS, phil.-hist.
KL. 1 0 7 / 3 , 1 9 6 2 .
Sünde, Gnade und Vergebung im hellenistischen Judentum
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danach — insbesondere im Blick auf das samaritanische Schisma 1 — muß unerörtert bleiben. Ganz ohne Zweifel hat die in Israel und besonders unter der weitläufigen Judenschaft der Diaspora schon früh erfolgte und immer konsequenter betriebene Theologisierung der ursprünglich rein profanen „Erfahrungsweisheit" stark dazu beigetragen, dem Jahweglauben den Weg in die antike Welt zu bahnen. Wollten die Weisheitslehrer anfänglich nur dazu helfen, das Stück normalen Lebens im Alltag zwischen dem Kult mit seinen Anforderungen und dem apodiktischen Jahwerecht zu meistern, so waren doch mit der Ausrichtung dieser Ratschläge auf das Individuum, mit ihrer ungeschichtlichen, zum Universalismus drängenden Internationalität und mit ihrer immer stärker in den Vordergrund tretenden pädagogischen Abzweckung Weichen für die spätere Entwicklung gestellt 2 . Daß gerade in der weisheitlichen Überlieferung der Gedanke der „schicksalwirkenden Tatsphäre" charakteristisch und beherrschend ist, haben wir im ersten Paragraphen bereits gesehen. Darum mußte mit der zunehmenden theologischen Reflexion der Weisheit auch der Vergeltungsgedanke nolens volens in den Vordergrund rücken. Wenn er in der Septuaginta stark dominiert, so liegt das keineswegs an der Einwirkung sachfremder griechischer Rechtsideen und an der philologischen Nachlässigkeit der Übersetzer, sondern an der durch die Theologisierung der Weisheit geprägten gemein jüdischen exegetischen Tradition, als deren Repräsentanten wir diese Übersetzer ansehen müssen 3 . 1 Vgl. J. C. H. L E B K A M , Nachbiblische Weisheitstraditionen (VT 15, 1965, 167-237), der vor allem das von J. M A C D O N A L D edierte samaritanische Traditionswerk Memar Marqah für die traditionsgeschichtliche Ortung der Weisheitsüberlieferung in Israel fruchtbar macht (Edition: J. M A C D O N A L D , Memar Marqah. The Teaching of Marqah. BZAW 84; 2 Bde. Bd. I : Text und Einleitung; Bd. II: Englische Übersetzung). Wir zitieren im folgenden gelegentlich das Memar Marqah in M A C D O N A I D S Übersetzung als „ M M " . 2 Vgl. besonders G . V O N R A D , TheolAT I/430ff.; H . G E S E , Lehre und Wirklichkeit in der alten Weisheit, 1958; J . C. H . L E B R A M (siehe oben Anm. 1 ) . — Zu den ägyptischen Beziehungen siehe ferner: B. G E M S E R , Sprüche Salomos (HAT 1, 16, 2 . Aufl. 1963) und C H R I S T A K A Y A T Z , Studien zu Prov. 1-9 (Diss. Heidelberg 1965, Masch.). 3 Eine einfache „Hellenisierung" der alttestamentlichen Gerechtigkeitsidee durch die L X X behauptet z.B. A. D E S C A M P , La Justice de Dieu dans la Bible Grecque (Stud. Hell. 5, 1948, 69ff.); ebenso K . K O C H , Sdq; und D E R S . , Vergeltungsdogma 37ff.; sowie S T U H L M A C H E R 108ff. — Behutsamer: C. H. D O D D , The Bible and the Greeks, 2. Aufl. 1954, 42ff. — Wenn man die ja auch in den hebräischen Apokryphen (etwa Tob.) greifbare exegetische Tradition der Übersetzer außer acht läßt, wird die gesamte rabbinische Auffassung der Gerechtigkeit ein einziger und rätselhafter Sündenfall (siehe oben S. 23f.). Die L X X als griechisches „Targum" zum alttestamentlichen Text muß in erster Linie auf ihre theologischen Traditionen hin und nicht im Hinblick auf das dem „hebräischen Denken" fremde Erbe des hier eindringenden „griechischen Geistes"
7·
100
Die Voraussetzungen
Das Rätsel der göttlichen Weltordnung zu lösen, um im Einklang mit ihr als „Gerechter" 1 allem bloßen Schein der Welt gegenüber wahres Glück und unvergängliches Leben zu haben 2 , ist das Ziel des Weisen ; solche Welterkenntnis als Heilsgnosis zu vermitteln, seine pädagogisch-seelsorgerliche Aufgabe. Dabei handelt es sich kaum um die Privatinitiative einiger Charismatiker ; es weist vielmehr vieles darauf hin, daß die Weisheit in Israel in einem regelrechten Schulbetrieb ihre Heimstatt hatte und daß es vor allem levitische Kreise waren, die sich ihrer Pflege widmeten 3 . Anders als bei der betont mündlich tradierten rabbinischen Halacha ist hier die Form schriftlicher Überlieferung konstitutiv, wie denn den Weisen häufig der Titel eines „Schreibers" beigelegt wird 4 . Der uns aus dem Neuen Testament bekannte Stand der „Schriftgelehrten" mag hier seine Wurzeln haben 5 . Der Vorgang der Hypostasierung und Mythologisierung 6 der Weisheit ist bekannt. Sie ist keine menschliche Möglichkeit, sondern Heilsgabe und zugleich Heilsgeberin des in immer größere Ferne rückenden transzendenten Schöpfergottes. Ihrem universalen Charakter entsprechend legitimiert sich ihr göttlicher „ A n r u f — wo er sich überhaupt dazu herbeiläßt — nicht aus der Heilsgeschichte, sondern aus der Schöpfung" 7 . So können die konkreten Gestalten der alttestamentlichen Heilsgeschichte bei Philo zu personifizierten Tugenden und Lastern werden, während sie in der SapSal — zu geschichtsloser abgehört werden. Vgl. dazu J . BAHR, Semantics pass, in der Auseinandersetzung mit TH. BOMAN; ferner die Untersuchungen von G. BEBTBAM: Art. „Septuaginta-Frömmigkeit" RGG V/1707-1709 (ebd. unter Lit. weiteres sowie Hinweise auf die entsprechenden Art. B E B T R A M S im ThW) ; Präparatio Evangelica (VT 7, 1957, 225-249); Griechisches AT und Entmythologisierung (DtPfrBl. 66, 1966, 413-418) u.a. 1 Vgl. besonders Spr. lOff. und siehe VON RAD, TheolAT I/449f. 2 Vgl. Sap. und Philo pass.; näheres siehe unten. 3
4 8
Vgl. LEBRAM 208ff.
Vgl. ebd. 214ff. ; und siehe VON RAD, TheolAT II/316f.
E r w ä g u n g v o n LEBRAM ebd.
8 Fraglos sind bei solcher „Mythologisierung" vom Judentum auch wirklich mythische Stoffe adaptiert worden, wie C O N Z E L M A N N das für Sir. 24,3 ff. (Isismythos) gezeigt hat (Die Mutter der Weisheit, in: Zeit und Geschichte, Bultmann-Festschrift 1964, 225-234). Möglicherweise liegt der gleiche Vorgang der Allegorie von Joseph und Aseneth zugrunde; siehe dazu unten. — „ U m weiterzukommen, wird man schärfer als bisher zwischen mythischem Stoff und reflektierender Mythologie als einer damaligen Form von Theologie unterscheiden
. . . m ü s s e n " (CONZELMANN, e b d . 227).
7 VON RAD, TheolAT 1/466. — Der Zusammenhang von Schöpfung und Erlösung ist ein typisch chokmatisches Proprium; vgl. nur Hi. 38ff. und die Hodayot von Qumran. Die Erlösung gründet in der vorzeitlichen Erschaffimg der Weisheit (vgl. Sir. 24,14); sie kann darum als „Neuwerden" und als „Neue Schöpfung" beschrieben werden. Vgl. JosAs. 15,3f. (ed. P H I L O N E N K O ) : θάρσει Άσενέθ ... άπό της σήμερον ταύτης άνακαινισθήση καΐ άναπλασθήση, καΐ άναζωοποιηθήση ; siehe ferner Hebr. 6,6; Barn. 6,11. 14; Philo, somn. 1/129: μεταχαραχθήναι καινόν τύπον u.ö. Auch die jüdischen Adamspekulationen haben in diesem festen Konnex von Schöpfung und Erlösimg ihren Ursprung. Vgl. noch LEBRAM 190.
Sünde, Gnade u n d Vergebung im hellenistischen J u d e n t u m
101
Anonymität verurteilt1 — zu allgemeinen Typen geworden sind. Dem entspricht es, daß Mose nicht mehr der große geschichtliche Volksführer ist, sondern der Gesetzgeber, der mehr und mehr zum Priester und Hierophanten göttlicher Geheimnisse wird2. Sein Aufstieg auf den Neb o und sein Tod werden zum Mysterium seiner Himmelfahrt3. Nur der in die göttlichen Mysterien eingeweihte Weise erwirbt sich die Liebe Gottes und darf sein „Freund" genannt werden4. Er sammelt sich durch die Weisheit einen „Schatz", der „Gerechtigkeit" verschafft, womit man am Gerichtstag bestehen kann6. Ohne Weisheit, Wissen und Erkenntnis ist der Mensch, wenn es zum „Wägen seines Herzens" kommt, verloren6. So wird die „Unkenntnis" der göttlichen Weltordnung zur Quelle alles Bösen. Wie im Ägyptischen werden Unwissenheit und Wissen mehr und mehr mit Ungehorsam und Gehorsam, mit Sünde und Gerechtigkeit synonym7. So kann der fromme Ägypter, der sich gegen seine Gottheit, „die Bergspitze des Westens" verging, beten: „Ich war ein unwissend törichter Mann, kannte gut und böse nicht. Ich beging die Verfehlung gegen die Bergspitze und sie bestrafte mich" 8. Der Mann wird infolge seines Vergehens krank und erfährt dadurch die Zornesmacht der beleidigten Gottheit. Nach seinem öffentlichen Bekenntnis dieses Frevels erfährt er Gnade : 1 Vgl. D. G E O R G I , Phil. 2,6-11 (in: Zeit und Geschichte 263-293), 266; siehe auch H . T H Y E N , Der Stil der jüd.-hell. Homilie. F R L A N T 65, 1955. 1 1 Iff. 2 MM V/3, Anrede an Mose als Erlöser: „O priest of the mysteries! Peace to you o light of priesthood. You are one t h e like has not arisen since Adam a n d never will arise" ( M A C D O N A X D 1 1 / 2 0 2 ) ; vgl. L E B R A M 1 9 6 . — Philo über Mose: γίνεται δέ ού μόνον μύστης, άλλα και ίεροφάντης οργίων καΐ διδάσκαλος θείων, & τοις ώτα κεκαθαρμένοις ύφηγήσεται. (gig. 54; ähnliches häufig bei Philo). Vgl. noch MM V I / 7 : „Praise be to t h e illuminator who fills t h e wise with t h e spirit of wisdom" ( M A C D O N A L D 1 1 / 2 3 6 ) . 3 MM V/3 : „ H e (sc. Mose) was ascending gradually his soul glad t o meet his Lord, looking toward t h e top of mountain and seeing the heavenly angels ready t o meet h i m " ( M A C D O N A X D 11/202). Bei Philo ist dieses Mosemysterium durch P A S C H E R S u n d G O O D E N O U G H S Untersuchungen b e k a n n t ; vgl. gig. 54; QE 39ff. ; vitMos. 11/210 u.ö. — Auch f ü r den Weisen ( = Gerechten) ist der Tod Himmelfahrt u n d Wiedergeburt; vgl. Sap. 3,1 ff.; Philos Allegorese von Lev. 10 in fug. 58; ferner: somn. 11/258; cherub. 114; vit.cont. 13 u.ö. « Vgl. T H Y E N , Stil 67; z.B. l.Clem. 10,1; 17,2; sobr. 56; J a k . 2,23. Hierher gehören auch die Traditionen von A d a m als erstem Weisen (z.B. MM I I / 8 f . ; V I / 2 ; Sap. 10, I f f . ; Hi. 15,7; Sir. 49,16). 6 Vgl. die Belege bei L E B R A M 172 ( M M I I I / l ; I V / 9 ; Spr. 2 , I f f . ; 4,7; Tob. 4,8ff.; Sir. 1,25; Sap. 7,14 und dazu Amenemope 4 , l f . ) . Ferner: praem. 104f.; gig. 60; confus. 176; 4.Makk. 17,4 u.ö. 6 Vgl. die zahlreichen ägyptischen Denkmäler mit Thot als dem Wäger der Herzen u n d siehe Prov. 15,11; 16,2; 17,3; 21,2; 24,12; Sir. 42,18 u.ö. 7 S. M O R E N Z , Gott und Mensch 128; vgl. noch Prov. 2,5ff.; 2,20ff.; Sib. I I I / 5 4 8 ; Philo, ebr. 154ff.; dazu: A . W L O S O K , Laktanz u n d die philosophische Gnosis (AAH 1960, 2), 77ff. 8 P a p . Ermitage 1116A, Zeile 70f.; vgl. 119/23 (zitiert bei S. M O R E N Z , Gott und Mensch 130). Der Vorgang entspricht völlig dem der kleinasiatischen Sühneinachriften oder der Oratio Nabonids. Näheres siehe unten.
102
Die Voraussetzungen
„Als ich meine Herrin rief, fand ich, daß sie zu mir kam mit angenehmem Hauche. Sie wurde mir gnädig, nachdem sie mich ihre Hand hatte sehen lassen" 1 . „Strafe nicht an mir meine vielen Sünden, denn ich bin einer, der sich selbst nicht kennt, ich bin ein törichter Mensch !", betet ein anderer Ägypter 2 . Wenn Epiktet (Diss. III/22f.) sagen kann, das Wesen der Sünde (το ίδιον του άμαρτήματος) sei der Irrtum, so klingt das formal durchaus ähnlich, und es wird verständlich, inwiefern das hellenistische Judentum diese von der Stoa ausgebildeten Gedanken in Anknüpfung und Widerspruch aufgreifen konnte. Freilich ist für Epiktet die Weisheit nicht göttliche Gnadengabe, wie ihm umgekehrt der Irrtum nicht menschliche Schuld ist. Der Gedanke der Reue und des Sündenbekenntnisses wegen der άγνοια müßte ihm absurd erschienen sein3. Er ist nur verständlich auf der Folie des Wissens: γνώσις δέ έστιν επιστήμης το τέλος, επιστήμη δέ δώρον θ-εοϋ4. Hatte das Alte Testament zunächst zwischen „wissentlicher" (bei den Rabbinen: „Sünde mit erhobener Hand") und „unwissentlicher" Sünde differenziert 5 , so kann nun in der Septuaginta άγνοια und άγνόημα für die Sünde selbst stehen®. Und wenn Philo die άγνοια als πάντων άμαρτημάτων αιτία bezeichnet7, wenn er formulieren kann: φασί δε την μέν έπιστήμην εύδαιμονίας, τήν δε άγνοιαν κακοδαιμονίας αίτίαν είναι8, so klingt das zweifellos einfach stoisch. Aber der stoische Gedanke ist bei ihm, wie wir unten noch näher sehen werden, eigentümlich paralysiert. Sein von zahlreichen Forschern, vor allem von W . VÖLKER, 2 Pap. Anastasi 11/10, 7; vgl. M O B E N Z ebd. Epiktet, Diss. 1/26,6f. : τΐ οδν έστι τί> αίτιον τοϋ άμαρτάνειν με; ή άγνοια. — Ähnliches öfter. Weitere stoische Belege bei BULTMANN, T h W i/l 16-122. — Siehe im übrigen die lehrreiche Diskussion zwischen BULTMANN und BONHÖFFEK : 1
Ebd.
3 „Vgl.
A . BONHÖFFER, E p i k t e t
und das N T ,
1911. —
R . BULTMANN, Das
religiöse
Moment in der ethischen Unterweisung des Epiktet und das N T , Z N W 13, 1912, 97-110 u. 177-191. — Antwort von BONHÖFFEB, ebd. 281-292. BONHÖFFER sieht das Epiktetsche Eingeständnis, niemand könne vollkommen fehllos sein, in zu großer Nähe zum christlichen Sündenverständnis. Die Autarkie des Stoikers weiß er nicht scharf genug von der christlichen Freiheit als einer durch die Sündenvergebung geschenkten Freiheit von der eigenen durch die Sünde qualifizierten Vergangenheit abzugrenzen. 4 C H X / 9 ; vgl. dazu H . LEWY, Sobria ebrietas 59. 5 Siehe die vorigen Paragraphen und vgl. BULTMANN, T h W I / l 16ff. Zur analogen Entwicklung in der griechischen Religion vgl. K . LATTE, Schuld und Sühne in der griechischen Religion ( A R W 20, 1920/21, 254-298). • Vgl. Lev. 5,18; Qoh. 5,5; 2.Chr. 28,13; Esr. 8,72; TestJud. 19,3; Test Lev. 3,5; TestSeb. 1,5; TestGad 5,7; Sir. 23,2; l.Makk. 13,39; Tob. 3,3; Jdt. 5,20. Siehe auch Prov. 26,11; 24,9: άπο&νήσκει δε άφρων έν άμαρτίαις . . . ; deutlich dann Rom. 10,3. άγνοια wird zur Bezeichnung des heidnischen Zustandes: Sap. 14,22; 4Makk. 1,5; 2,24; 2Makk. 4,40; Sap. 13,1; bei Philo und in den Hermetika überaus häufig (vgl. dazu WLOSOK 77ff. u. 115ff.). I n JosAs. ist der Sprachgebrauch schillernd : vgl. 55,11; 57,20; 57,25f. u.ö. (ed. BATIFFOL; vgl. unten S. 127 A n m . 1). Siehe zum ganzen noch BULTMANN, ThWI/119f. 8 LegGai. 69. ' Ebr. 160.
Sünde, Gnade u n d Vergebung im hellenistischen J u d e n t u m
103
immer wieder gerügter angeblicher „Intellektualismus" hat bei Licht besehen wenig mehr als die Sprache mit der hellenischen Tradition gemein1. Wenn επιστήμη, σοφία und γνώσις sowie αγνοία und άγνόημα geradezu zu Heils- und Unheilsbegriffen werden, wenn Cicero sagen kann: cognitio deorum, e qua oritur pietas, cui coniuncta iustitia est reliquaeque virtutes, e quibus vita beata existit par et similis deorum2, „von Seneca ep 95,47 kurz zusammengedrängt in die Formel: deum colit, qui novit"3, so tritt hier nicht „griechischer Intellektualismus", sondern der hellenistische „Orientalisierungsprozeß" hellenischer Tradition zutage4. Da wir schon mehrfach in den Fußnoten auf philonische Aussagen hingewiesen haben, und da eben Philos vermeintlicher „Intellektualismus" zur Sprache kam, ist es — ehe wir fortfahren — notwendig, einige grundsätzliche Bemerkungen zur Philo-Interpretation zu machen6. Es ist zum Verständnis Philos, wie jedes anderen antiken oder modernen Autors, notwendig, sehr detailliert all seinen jüdischen und griechisch-hellenistischen Voraussetzungen nachzugehen6. Man kann Philo nicht isolieren und ihn als sittliche Persönlichkeit nach seinem religiösen „Vollkommenheitsideal" befragen und — in bewußter Antithese gegen alle von der Religionsgeschichte geleiteten Verstehensversuche — als hermeneutischen Grundsatz ausgeben, ihn nur „aus sich selbst" verstehen zu wollen7, denn „Philo can no more 1
Vgl. dazu vor allem H.JONAS, Gnosis II/82FF.; weiteres unten. De deorum n a t . 11/153. E . NORDEN, Agnostos Theos. 4. Aufl. 1956, 96. 4 Vgl. ebd. 95ff. 5 Vgl. dazu E . R . GOODENOUGH, An Introduction to Philo Judaeus, 2. Aufl. 1962; darin besonders „Method" I f f . ; S. SANDMEL, Philo's Place in Judaism, 1956 (eine auf die Deutung Abrahams im R a b b i n a t und bei Philo konzentrierte Studie, die den Abstand und den spezifisch „hellenistischen" Charakter von Philos J u d e n t u m deutlich zeigt). — Vgl. ferner THYEN, Philoforschung (ThR 23,1955,230-246); DEUS., Art. „Philon von Alexandria" (LAW 1965,2301-2302). Aus der neueren Literatur ist wesentlich: W L O S O K 50ff.; B R A N D E N B U R G E R , Fleisch 119ff. — Einen speziellen, an den philonischen Mannaallegoresen orientierten Versuch, Philos Beziehungen zur Haggada im Blick auf die Exegese von J o h . 6 nachzugehen, h a t P. B O R G E N (Bread from Heaven. SupplNovTest. X/1965) vorgelegt. Das Resultat, Philo wolle mit seiner Hagar-Sarah-Allegorese (mut. 253ff.) die J u d e n nur ermutigen, die göttliche Tugend der jüdischen Philosophie, nämlich das mosaische Gesetz, ins Zentrum zu rücken, darüber aber die heidnische Bildung nicht zu verwerfen (120f.), ist verfehlt. Zwar zeigen besonders decal u. spec leg Philo als Gesetzesapologeten, aber sein ganzes P a t h o s dient dem Aufruf zum höheren Gesetz des mystischen Weges, der die enzyklische Bildung (Hagar) als einen erledigten παιδαγωγός είς Σαρράν erweist. ,,It does not overstate t h e case to m u c h to draw t h e contrast t h a t Philo is somewhat passive in defending t h e Mosaic Law, b u t active and aggressive in exhorting his hearers to t h e higher law" (SANDMEL 191). 6 Vgl. zur alexandrinischen Philosophie besonders W L O S O K 50ff. ' So V Ö L K E R (Fortschritt u n d Vollendung bei Philo von A . 1 9 3 8 ) ; vgl. z . B . 4 6 . 2 3
104
Die Voraussetzungen
be understood in isolation than any other human being" 1 . J a für Philo ist der Blick auf seine Traditionen um so wesentlicher, als schon der literarische Charakter seiner Schriften anzeigt, daß er als der in einem lebendigen Strom theologischer Überlieferung stehende Repräsentant der bedeutenden alexandrinischen Judenheit, als ihr Exeget und Prediger verstanden werden muß 2 . — Ebensowenig bekommt man Philo zu fassen, wenn man ihn als den genialen, die abendländische Geschichte bestimmenden Religionsphilosophen mit einem geschlossenen und widerspruchslosen „System" interpretiert 3 . Auch alle Versuche, das „Jüdische" und das „Griechische" in Philo voneinander zu sondern, führen — so wesentlich solche Versuche und Vorarbeiten zum Verständnis auch sind — nicht zum Ziel. Das „Griechische" läßt sich nicht als bloße Einkleidung oder als „Anstrich" von dem „ J u d e n " Philo subtrahieren. L. C O H N S Urteil, Philo bezwecke „die Versöhnung" des jüdischen Glaubens mit der griechischen Spekulation; „aber die Spekulation (sei) für ihn der wirkliche Ausgangspunkt, die Bibel nur der formelle" 4 , kann man sich nur dann zu eigen machen, wenn man Philo nicht als isolierten „Pontifex" zwischen „jüdischem Glauben" und „griechischer Spekulation" ansieht, sondern beachtet, daß diese Spekulation selbst durch die exegetische Tradition, in der Philo steht, bereits ein unabdingbarer Bestandteil des religiösen Erbes der alexandrinischen Synagoge geworden war. Philo ist weder „hellenisierender J u d e " noch „judaisierender Grieche", sondern Zeuge eines Diasporajudentums, das nicht als eine bloße Kombination verschiedener Quellen verstanden werden kann. Sehr schön erläutert das folgende von G O O D E N O U G H gebrauchte Bild die Sachlage: „The child may resemble the father and mother in this or that, but the child is a new personality who must be understood in himself, not as a mere combination of aspects of his parents. We shall not have learned to read Philo until we learn t h a t Philo's group was 'neither Jew nor Greek', but an new creature in being both" 5 . I n dieser Überlieferung ist Philo als ein „Mensch in seinem Widerspruch" zu sehen 6 . 1
E. R. GOODENOUGH, Problema of Method in Studying Philo Judaeus (JBL
5 8 , 1 9 3 9 , 5 1 - 5 8 ; = R e z . VÖLKER), 5 5 . 2 Vgl. THYEN, Stil 7ff. 3 So H . A . W O L F S O N , Philo, 2 Bde 1 9 4 8 ; 4
Bd. 6
6
vgl. dazu T H Y E N , ThR 231FF. L. COHN, Philo von Alexandria (Deutsches Übersetzungswerk, 2. Aufl. 1962)
1/21. GOODENOUGH, I n t r o d u c t i o n
122.
Vgl. dazu THYEN, ThR, besonders 241 mit Anm. 3. — Allen Versuchen gegenüber, diesen Widerspruch zu harmonisieren, betont GOODENOUGH mit Recht: „In his (sc. Philo's) life two types of religion, of approach to God, indeed of Gods, had come together each quite different from the other, and each unable to displace the other" (Problems of Method 57). Und andernorts fordert
Sünde, Gnade u n d Vergebung im hellenistischen J u d e n t u m
105
VOLKERS Urteil: „Nichts wäre für ein Philo-Verständnis verhängnisvoller, als wenn man sich hier um eine straffe Systematisierung bemühen würde" 1 , besteht völlig zu Recht. Es wird — wider den Willen des Autors — durch VÖLKERS eigenes Buch eindrucksvoll bestätigt. Denn der Leser muß erleben, wie Philo hier rücksichtslos in ein Prokrustesbett gezwungen wird, und wie VÖLKER alles, was nicht in sein Philo-Bild und in seine Vorstellungen von der grundsätzlichen Originalität der christlichen Mystik paßt, als „Seitenweg", „Nebenströmung", „rhetorischer Aufputz", „griechisches Gewand" oder dergleichen bezeichnet und damit eliminiert. Anderes wird mit dem „Zwang der Bibelerzählung", dem Philo unterliege, paralysiert2. Dem Satz seines Rezensenten: „Yet I know no recent writer who has so systematized Philo than Völker himself" 3 , kann man darum nur voll zustimmen. Wir hatten oben bereits ausgeführt, daß es die jüdisch-chokmatische Tradition ist — im Falle Philos bereits in einer stark dualisierten Gestalt —, die ihm die Anknüpfung an die philosophische Überlieferung ermöglichte. Daß die von Philo formal weitgehend übernommene stoische Tugendlehre bei ihm in einer eigentümlichen, ganz und gar unhellenischen Brechung vorliegt, hat H . JONAS eindrucksvoll gezeigt 4 . Und wie steht es denn mit dem „Intellektualismus" eines Mannes, der ausruft: „Beim wahrhaftigen Gott! Nichts halte ich für so schimpflich wie den Glauben, daß ich denke oder wahrnehme. Mein
der gleiche Forscher im Blick auf Philos „persönlichen G o t t " u n d seine „philosophische G o t t h e i t " „with no implication of personality", die ihm beide gleich wesentlich sind: „Let t h e m a n who has no such divided personality cast the first stone a t Philo for his dualism" (Introduction 87). 1 V Ö L K E R 49; ähnliche Formulierungen häufig. 2 „Seitenweg" z.B. 71. 73; „ N e b e n s t r ö m u n g " 102; vgl. 197 u. pass. Der von E . S T E I N (Die allegorische Exegese des Philo aus Alexandria, B Z A W 51, 1929, 48) in die Geschichte der Forschung eingeführte f r u c h t b a r e Begriff v o m „Zwang des Textes" wird von V Ö L K E R oft m i ß b r a u c h t (vgl. T H Y E N , T h R 236f.). V Ö L K E R wendet ihn z.B. auch d a n n an, wenn Philo zur Begründung eines ihm wesentlichen theologischen Gedankens zu einem fremden, gar nicht die jeweilige Auslegung leitenden Bibeltext greift. Zudem k a n n Philo, wenn es sein Zusamm e n h a n g erfordert, Texte auch ganz verschieden auslegen. — Auch V Ö L K E R S Rede von Philos „exegetischer Zwangslage" (z.B. 69) ist verfehlt. Natürlich gibt es bestimmte κανόνες της άλληγορίας (vgl. THYEN, Stil 79ÍT.), die Philos Exegese leiten. Aber diese sind doch nicht ein starres Gesetz, dem Philo unterworfen war, sondern sie zeigen — als Resultat einer kritischen Analyse der philonischen Exegese — wie Philo praktisch mit d e m Bibeltext verfuhr. 3 G O O D E N O U G H , Problems of Method 57; siehe oben S. 104 Anm. 6. 4 H. JONAS, Gnosis II/38ff. u. 70FF.; vgl. dazu THYEN, T h R 243ff. — W e n n Tugend bei Philo •— wie später die christliche Agape — ihrem „radikalen Sinne n a c h nichts anderes darstellt als die Entschlagung allen eigenen Anspruchs u n d den Verzicht auf eine eigene Positivität u n d B e h a u p t u n g des Selbstseins" (JONAS, Gnosis 11/33 über die christliche Agape), so wird auch von hier aus verständlich, daß bei ihm die Mosetora in ihrer kasuistischen Auslegung gar keine Rolle spielen k a n n .
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Die Voraussetzungen
Geist wäre die Ursache meines Denkens? Wie wäre das möglich?" 1 . „Es ist eine ruch- und gottlose Ansicht (άσεβη καί αθεον δόξα), den Geist in uns (τον έν ήμΐν νουν), unsere eigene Seele, für den Ursprung aller Güter zu halten" 2 . Über jeden, der sich erdreistet zu behaupten, daß ihm selbst irgend etwas gehöre, werden νους und αΐσθησις als „schlimme und erbarmungslose Despoten" lebenslang ihr Sklavenhalterregiment führen 3 . Es ist Raub an Gottes Eigentum, dem eigenen Geist, statt Gott allein alle Tätigkeit zuzuschreiben 4 , ουτε δόξαν ουτε πλοϋτον ουτε τιμάς ουτε άρχάς ούΟ·' δσα περί σώμα ή ψυχήν ΐδια κεκθήμε&α, άλλ' ούδ' αύτο το ζην6 ; alles ist uns vielmehr zu Lehen gegeben, über das wir Rechenschaft ablegen müssen®. Der νους ist für Philo nicht einfach das menschlich-rationale Vermögen. Dem eigenen Geist steht der Geist Gottes gegenüber: ó μεν φεύγων άπό του καθ·' αυτόν (sc. νουν) καταφεύγει επί τον συμπάντων — ó γάρ νουν τον ίδιον άπολείπων ομολογεί μηδέν είναι τά κατά τον άνθρώπινον νουν, άπαντα δέ προσάπτει θεω 7 . Derartige Äußerungen Philos, die sich leicht vermehren ließen, zeigen, daß von unserem Alexandriner als einem „naiven Synergisten" kaum zutreffend gesprochen werden kann 8 . Erst die Erfahrung der im Kreuz Christi erschienenen Gnade offenbart, daß es in der vorchristlichen Welt keine andere Möglichkeit als den — wenn auch noch so sublimierten — Synergismus gibt. Von dieser Gnadenerfahrung her trifft die Rom. 7 gegebene Schilderung gewiß auch die philonische Frömmigkeit, die jedoch alles andere als ein „naiver" Synergismus ist. Wie die von LIETZMANN zu Rom. 7 genannten Philo-Belege und wie vor allem die neueren Untersuchungen von BRANDENBURGER erweisen 9 , wird vielmehr gerade bei Philo diejenige jüdisch-exegetische Tradition greifbar, die die paulinischen Aussagen von Rom. 7 erst ermöglicht. Deshalb bleibt DIETRICHS Urteil, das sich VÖLKER weitgehend zu eigen macht, allzu vordergründig: „Die Betonung des Intellekts, der Tugend, überhaupt der stoischen Moral läßt die alttestamentlichen 1 Leg. alleg. 11/68; vgl. ebd. I I I / 7 9 f f . ; siehe dazu und zum folgenden J . DANIÉLOU, Philon d'Alexandrie, 1958, 175ff. Vgl. ferner conf. 123ff. 2 Post. C 41 f.; vgl. mut. 59. 3 Leg. alleg. III/198f.; vgl. sacrif. 2f. 4 Leg. alleg. III/32f. 5 Cher. 117 ; vgl. ebd. 108ff. : Aus Lev. 25,23 „mein ist das ganze Land, denn ihr seid nur Fremdlinge und Beisassen vor mir" folgert Philo, daß nichts, was ich zu haben oder zu sein glaube, mein eigen ist. Wirkliches Leben und Freiheit gibt erst die παλιγγενεσία ; vgl. QE 11/46 und siehe unten. e Her. 103ff. ; eher. 83 ; sacrif. 97. — Z u l.Kor. 4,7 vgl. etwa sacrif. 54; andere sinngemäße Parallelen dazu oft bei Philo. 7 Leg. alleg. 11/29; vgl. ebd. III/41; congr. 97 u.ö. 8
9
VÖLKER 1 2 1 u . ö .
H . LIETZMANN, Rom. z. St. (HNT) und BRANDENBURGER, Fleisch pass.
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Gedanken nicht völlig rein erscheinen"1. Ohnehin sind „völlig reine alttestamentliche Gedanken" eine utopische Abstraktion. Es gibt, sie nur in ihrer jeweils besonderen theologischen Explikation, wie das der Aufbau der VON RADschen Theologie schon für das Alte Testament selbst eindrücklich demonstriert. Philo gehört wie der weise Samaritaner Marqah, wie die Verfasser der Apokryphen und Pseudepigraphen, wie die pharisäischen Rabbinen und die Ordensleute von Qumran zur lebendigen Auslegungsgeschichte des Alten Testaments. Er versteht sich selbst als einen frommen und rechtgläubigen Juden, und daß seine alexandrinischen Glaubensgenossen ihn so verstanden haben, beweist das Vertrauen, das sie zur „Legatio ad Gaium" in ihn setzten. Hier einfach von einer „Hellenisierung" im Sinne einer Verfälschung der genuin „alttestamentlichen Offenbarung" zu sprechen, wäre genauso verfehlt, wie die Rede von einer „Kanaanisierung" der nomadischen Kultüberlieferungen nach der Landnahme, von einer „Babyionisierung" (Klagepsalmen etc.), „Ägyptisierung" (Hiob, Prov. 1-9 etc.) usw. So gewiß bei der Aufnahme solcher Traditionen ein wirklicher Substanzverlust möglich ist, so ist doch ihr normaler und beabsichtigter Effekt der, die Möglichkeiten für die Explikation des eigenen Glaubens zu bereichern. Und methodisch sollte man hier — wie überall — diesen nützlichen und normalen usus nicht vom möglichen abusus her diskriminieren. Es ist also nicht „menschliche ratio", „griechischer Intellektualismus", der das „Jüdische" bei Philo paralysiert, sondern in Anlehnung an die universale Tradition griechischer Philosophie, im Innersten aber durch die jüdische Weisheitsüberlieferung bestimmt, werden σοφία, επιστήμη und παιδεία zur Bezeichnung der göttlichen Heilsgabe, ohne deren Besitz der Mensch verloren ist. Sie bezeichnen nichts anderes als das, was alsbald γνώσις θ-εοϋ heißen wird2. Gerade die sehr den Anschein menschlicher Autarkie erweckenden Epitheta der philonischen Weisen αυτοδίδακτος und αύτομαθής sind in Wahrheit gar nichts anderes als die philonische Variante des „sola gratia" 3 , σοφία und αρετή, die für Philo so fest zusammengehören, daß sie nahezu Synonyma sind, können erst nach der Flucht von aller menschlichen Weisheit und der Erkenntnis der totalen Nichtigkeit aller mensch1 D I E T R I C H , Umkehr 2 9 5 . — V Ö L K E R ( Z . B . 1 1 3 ) spricht mehrfach vom „griechischen Gewand", in das der „ J u d e " Philo „seine Gedanken hüllt". Als Grund dafür weiß er kaum mehr als die „Mode der Zeit" anzugeben. 2 Uber die entsprechende Entwicklung eines deutlich „esoterischen Wissensbegriffs" im Neupythagoreismus, der seinerseits schon stark religiös akzentuiert ist und so die Anknüpfung ermöglicht, vgl. W L O S O K 5 3 f. — Zum philonischen επιστήμη- und σοφία-Verständnis siehe ebd. 77ff. 3 Vgl. det. pot. 30; opif. 148 (Adam!); immut. 4; fuga 166ff.; congr. 99 (Melchisedek!) und siehe dazu H . L E W Y , Sobria ebrietas 59ff.; G O O D E N O U G H , Light 155ff.
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Die Voraussetzungen
lichen Tugenden als göttliche Gnadengaben empfangen werden 1 . Gottes Macht allein vermag es, „die starken Festungen der Schlechtigkeit" zu zerstören 2 . Es gilt, den eigenen Geist zu fliehen, und damit zu bekennen, daß die Werke des Menschengeistes nichtig sind, und so alles Gott allein zuzuschreiben 3 . Diese Andeutungen mögen genügen, um auf dem dadurch skizzierten Hintergrund nun Philos Anschauungen über Sünde und Gnade nachzugehen. E. B E É H I E E hat unseres Wissens zuerst und nachdrücklich auf die Aufgabe hingewiesen, die Vorstellung von der Sünde und die Rolle des Gewissens bei Philo minutiös zu erforschen 4 . Recht gute Beobachtungen dazu finden sich schon bei H. W I N D I S C H 6 . Danach ist BRÉHIERS Anregung in einer Dissertation von W. KNTTTH aufgenommen worden. Aber diese Untersuchung hält sich zu einseitig an die entsprechenden Vokabeln, systematisiert Philo stark (vgl. z.B. 47) und dringt so nicht zum Kern von Philos Theologie vor, zumal die apologetischen und die allegorischen Schriften ohne Differenzierung betrachtet werden und der paränetische Charakter vieler Aussagen unberücksichtigt bleibt®. Schließlich hat VÖLKER in seiner schon mehrfach genannten Monographie, explizit an BRÉHIERS Aufforderung anknüpfend, sich um eine systematische Lösung der Aufgabe bemüht 7 . Jedoch wird Philo auch auf diesem Gebiet in ein ihm unangemessenes System gezwängt, was mit der falschen Beurteilung seines „Intellektualismus" und seiner „Tugendlehre" aufs engste zusammenhängt, so daß gerade die für Philo u.E. charakteristischen Aussagen stumm bleiben. Vor allem hat VÖLKER keinen Blick für das paränetische Pathos des Homileten Philo, dem weniger an einer Klärung des philosophischen Problems der Willensfreiheit, als vielmehr an dem Appell an die Verantwortlichkeit des Menschen und der Betonung des 1 Zur Identität von Weisheit und Tugend, sowie Torheit und Schlechtigkeit vgl. fuga 82. — Wesentlich ist in diesem Zusammenhang die philonische Transformation des alten γνώθι σαύτόν; vgl. dazu JONAS, Gnosis II/77 ff. ; THYEN, T h R 244. ó 8è μάλιστα ϊγνω, τότε μάλιστα άπέγνων έαυτόν . . . ό 8' άπογνούς έαυτόν γινώσκει τον οντα (sonni. 1/60) ; vgl. congr. 107; her. 26ff. ; fuga 97ff. — Voraussetzung der πίστις ist das άπιστήσαι γενέσει (her. 93) ; vgl. mut. 201 ; sacrif. 70 und siehe BRÉHIER 219: ,,La conscience de sa faiblesse et la croyance en Dieu c'est la même chose". Die Geburt der Tugend im Menschen beruht auf göttlicher Insemination; vgl. z . B . leg. alleg. III/180; eher. 42ff. u.ö. J a selbst die Tendenz zur Tugend muß Gott erst schenken: leg. alleg. III/136; vgl. JONAS, Gnosis II/38ff. 2 Conf. 104; vgl. ebd. 123ff. 3 Leg. alleg. III/29ff.; vgl. mut. 53; her. 186; Bomn. 11/265; QE 11/15 u.ö. 4 E . BRÉHIER, Les idées philosophiques et religieuses de Philon d'Alexandrie. 2. Aufl. Paris 1925; 296. 6 H. WINDISCH, Taufe und Sünde, 1908, 54ff. ; DERS., Die Frömmigkeit Philos, 1909, 15ff. ; vgl. auch J. DBÜMMOND, Philo Judaeus, 1888, 11/289ff. 6 W . KNUTH, Der Begriff der Sünde bei Philon von Alexandria, Diss. Jena 1934. 7 Vgl. besonders 50ff.
Sünde, Gnade und Vergebung im hellenistischen Judentum
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Schuldcharakters der Sünde gelegen ist 1 . Deshalb ist es verfehlt, Philos Aussagen über die Alleinwirksamkeit der Gnade durch den Hinweis auf seine „Lehre" von der Willensfreiheit aufzulösen, oder aber sie wiederum durch die exegetische „Zwangslage" zu erklären und damit ebenfalls unwirksam zu machen 2 . Völlig unverständlich ist schließlich das lapidare — offenbar aber auch nur aus zweiter Hand bezogene — Urteil von E. LOHSE: „In den Schriften Philos finden wir kein wirkliches Sündenbewußtsein" (sie!)3. Das hängt wohl damit zusammen, daß für LOHSE „wirkliches Sündenbewußtsein" im Gedanken des Sühnetodes kulminiert, und daß er nicht den hellenistisch-jüdischen Synkretismus, sondern „griechisches Denken" als Quelle von Philos Theologie ansieht 4 . Wenn G. BERTRAM die Septuaginta mit Recht eine „praeparatio evangelica" genannt hat 6 , so ist sie als Philos Bibel natürlich erst recht die Wegbereiterin seiner Theologie. Wir greifen hier nur zwei Züge heraus, die für Philo wesentlich sind, nämlich einmal die verhältnismäßig geschlossene Hamartiologie der Septuaginta und zum anderen ihre ausgeprägte „Fremdlingstypologie" 6 . Beide Züge sind schon mehrfach untersucht worden, so daß wir uns darauf beschränken können, das Resultat mitzuteilen. Zum Sündenverständnis der Septuaginta hat BERTRAM zusammenfassend gesagt: „So prägt die Septuaginta einen einheitlichen Sündenbegriff aus. Und die Einheit des Wortes zielt ab auf die Einheit der Sache. Gegenüber der Zersplitterung der Sündigkeit des Menschen in Einzelsünden, wie sie auch für das Spätjudentum charakteristisch ist, entsteht hier und da der Versuch, zu der Grundsünde vorzustoßen, die den Menschen von Gott trennt als eine Macht (Sir. 21,2; 27,10), die den Menschen beherrscht, solange er nicht durch Gott sich retten 1 Vgl. det. pot. 122; conf. 161; fuga 79f. Allein hierin liegt auch der Sinn von Philos ständiger Wiederholung des εκουσίως z.B. leg. alleg. 1/61; III/246; eher. 96 u.ö. — VÖLKER zieht aus der philonisehen Aussage, daß Gott als πατήρ ελευθερίας den Menschen der Ananke entrückt habe, indem er ihm den νους verlieh (immut. 45ff.), zu weitreichende Folgerungen (vgl. 58ff.) und verkennt sowohl Philos paränetische Absicht als auch sein dialektisches Verständnis des νοϋς, der als ó έν ήμΐν νους oder als niederer νους durchaus an der durch die φθορά bewirkten κακία teilhat, der zur Rettung des Menschen erst weichen muß (vgl. leg. alleg. I/105ff.; 11/77f.; ebr. 111; her. 265; gig. 29f.; conf. 123ÍF. u.ö.). 2 Vgl. somn. 11/265 und siehe dazu VOLKERS Auslegung (128); hier ist Philo doch durch nichts „genötigt", E x . 14,14 heranzuziehen. 3
4
E . LOHSE, Märtyrer 10.
5 Vgl. ebd. lOf. Siehe oben S. 99 Arnn. 3. Vgl. besonders G. BERTRAM, Theologische Prägungen von αμαρτία in L X X , ThW I/288ff. ; DERS., Die religiöse Bedeutung der alttestamentlichen Fremdengesetzgebung und die Fremdlingstypologie der Septuaginta (in: G . R O S E N , Juden und Phönizier, 2. Aufl. 1929, 39-48) ; G. STÄHLIN, Art. ξένος ThW V / l - 3 6 ; K. L. und M. SCHMIDT, Art. πάροικος ThW V/840-852. β
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Die Voraussetzungen
läßt" 1 . Gelegentlich hat die Septuaginta gegen den hebräischen Text selbständig den Gedanken der Sündenvergebung eingetragen 2 , wie sie auch den Gedanken der Umkehr von der Sünde (Sir. 4,26 HT) von einer ihr offenbar vertrauten synagogalen Beichtpraxis her neu formuliert: μή αίσχυνθής όμολογήσαι έφ' αμαρτίας σου. Mit dem Sündenverständnis hängt die sich schon im Alten Testament anbahnende „Fremdlingstypologie" der Septuaginta aufs engste zusammen. Der Aufenthalt im „Diensthause Ägyptens", der Exodus und Abrahams Wanderung werden zur typischen menschlichen Situation: είσάκουσον της προσευχής μου καί της δεήσεώς μου, ένώτισαι των δακρύων μου. μή παρασιωπήσης" ότι πάροικος έγώ είμι êv τη γη καί παρεπίδημος, καθώς πάντες οί πατέρες μου (Ψ 38,13); oder: πάροικος είμι έν τη γη μή άποστρέψης άπ' έμου τάς έντολάς σου3. Wenn der DiasporaJude betet: οίμοι δτι ή παροικία μου έμακρύν&η, κατεσκήνωσα μετά των σκηνωμάτων Κηδάρ. πολλά παρωκησεν ή ψυχή μου μετά των μισοΰντων τήν είρήνην (Ψ 119,5f.), so kündet sich hier die Sehnsucht nach der Erlösung aus einer nicht nur fremd, sondern feindlich gewordenen Welt an. Das im alten Israel einst innerhalb der irdischen Geschichte „jenseitige", nämlich allein an Jahwes unverfügbarer Verheißung hängende Heil, wird jetzt unter Einfluß dualistischer Frömmigkeit in ein mythisches „Jenseits" transponiert. Auf solchem Grunde erhebt sich die Mahnung: „Benehmt euch . . . so als wäret ihr Fremdlinge auf Erden: Wer verkauft, sei so, als ob er den Erlös verschmähte. Wer einkauft, als ob er etwas verlöre. Wer Handel treibt, als ob er keinen Gewinn empfange. Wer baut, als ob er das Haus nicht bewohnen dürfe. Wer sät, als ob er niemals erntete . . ." 4 . Nicht nur die Erde und ihre Güter werden dem Menschen fremd und — sofern er sich an sie verliert —- zur feindlichen Macht, sondern vor allem wird der Mensch sich selbst zum Feind. Darum muß „Sünden ver1
2
BERTRAM, T h W 1/290.
Vgl. L X X : Dt. 30,3; Hi. 42,7. 9. 10. —Bezeichnend sind die theologischen TTmprägungen im LXX- Qohelet. Aus der skeptischen Klage des Predigers über Vergänglichkeit und Vergeblichkeit allen menschlichen Muhens ist unter eigenwilliger Beziehung des hebräischen Bildes vom „Haschen nach Wind" bzw. „Weiden des Windes" (1,14.17; 2,11; 4,16; 6,9) auf den Menschengeist (προαίρησις πνεύματος) die Anklage gegen den der Sünde (ματαιότης) verfallenen Geist des Menschen geworden; die Klage über das Todesgeschick schlägt um in die Anklage des sündigen Menschen; vgl. dazu vor allem G. BERTRAM, Hebräischer und griechischer Qohelet (ZAW 64, 1952, 26-49); siehe auch O. BAUERNFEIND, Art. μάταιος κτλ. ThW IV/52S-530. In solchem Umschlag pessimistischer Skepsis in die Erkenntnis des aktiven „Nichtens" der Nichtigkeit liegen die Wurzeln für spätere ganz dualistische Aussagen; vgl. B R A N D E N BURGER, Fleisch 106ff. u.ö. 3 Ψ 118,19. Ist hier wie in Sir. 24,32f. sekundär die Tora an die Stelle der Weisheit getreten? 4 6.Esr. 16,41ff. ( R I E S S L E R 325); vgl. BERTRAM, bei R O S E N 46f. Siehe auch Philo: iromut. 146ff.
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gebung" nun nicht mehr allein im Erlaß konkreter Verschuldung, sondern in der gnädigen Vernichtung dieses feindlichen Ich und in seiner Neuschöpfung ihren tiefsten Ausdruck finden. Es ist nämlich keineswegs so, wie das noch R E I T Z E N S T E I N durch eine ideengeschichtliche Abgrenzung des Christentums von der antiken Umwelt glaubte feststellen zu können, daß das Neue im Christentum nicht in der allgemein verbreiteten σωτήρ-Vorstellung, sondern allein in der Dominanz des Gedankens der Sündenvergebung liege 1 . Sowenig uns LIETZMANNS Alternativlösung einleuchten will, erst die Kombination beider Vorstellungen im Christentum habe „die Idee unüberwindlich und unsterblich gemacht" 2 , so sehr müssen wir schon im Blick auf das philonische Judentum seine Bedenken gegen die R E I T Z E N 3 STEiNsche Konstruktion teilen . Auch darin wird L I E T Z M A N N zuzustimmen sein, daß —• entgegen verbreiteter Ansicht — „die Tiefe der Sündenempfindung in der hellenistisch-römischen Welt" gelegentlich „sehr innig und stark" gewesen ist 4 . Schon eine Lektüre von Senecas Werk unter diesem Gesichtspunkt würde das bestätigen. Die Quelle solchen Sündenbewußtseins entspringt aber freilich nicht in der klassischen Antike, sondern in der Welt der Mysterienreligionen 6 . Da Philo sich nicht nur gelegentlich durch die Terminologie der Mysterien beeinflußt zeigt, sondern auch ohne diese Begrifflichkeit ständig bemüht ist, das Judentum als das wahre und erlösende Mysterium darzustellen — gewiß keine nur literarisch-apologetische Absicht—, müssen wir hier unter dem Gesichtspunkt der Sünde und ihrer Vergebung kurz auf die Welt der Mysterien eingehen 6 . Da fast 1
Poimandres 1 9 0 4 (Nachdruck 1 9 6 6 ) 1 8 0 , Anm 1 ; vgl. E . N O R D E N , Agnostos Theos 1 1 . — Ähnlich G. K I T T E L , Die Probleme des palästinensischen Spätjudentums und das Urchristentum, 1 9 2 6 ; K . H O L L , Urchristentum und Religionsgeschichte ( = Ges. Aufs, zur Kirchengeschichte I I , 1 9 2 8 , 1 - 3 2 ) ; K. L A T T E , Schuld und Sühne. Vgl. W. G R U N D M A N N , Art. άμαρτάνω κτλ. ThW 1 / 3 2 0 . 2 Η. L I E T Z M A N N , Der Weltheiland (KISchr. I, Hrsg. K. A L A N D , T U 67, 1958, 25-62), 60. 3 Vgl. ebd. und siehe auch B U L T M A N N S Auseinandersetzung mit H O L L (siehe Anm. 1): Urchristentum und Religionsgeschichte (ThR N F 4, 1932, 1-21). 1 L I E T Z M A N N ebd. ; vgl. L A T T E , A R W 2 9 0 und beachte das von S T E I N L E I T N E R gesammelte Material; weiteres siehe unten. 5 Vgl. R. P E T T A Z Z O N I , Confession of Sin and the Classics (HarvTheolRev. 3 0 , 1 9 3 7 , 1 - 1 4 ) ; D E B S . , Confessione H I ; sowie J . L E E P O L D T , Dionysos und Christus (Angelus, Bh. 3 , 1 9 3 1 , 59FF.). ' Vgl. T H Y E N , ThR 2 4 1 f. u. A. W L O S O K , pass., besonders l l l f f . — Das Urteil C . C O L P E S „In Philo einen Anhänger der Mysterien zu sehen oder bei ihm direkten Einfluß kultischer δρώμενα nachzuweisen, deren Inhalt die Isislehre war, scheitert an Philos jüdischem Gottesglauben und an dem alles literarisierenden Grundzug seiner Schriftstellerei, in der gelegentlich allenfalls Lesemysterien anklingen" (Art. Philo, RGG V/345), ist aus mehreren Gründen verfehlt. Der dogmatische Hinweis auf Philos jüdischen Gottesglauben kann die genaue Analyse etwaigen Einflusses von Isistheologie und -Kult nicht ersetzen (vgl. P A S C H E R , Königsweg pass.), zumal dieser Glaube auch den Verf. von Sir. 24 nicht gehindert hat, Isismythologie zu übernehmen. Der homiletische
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alle unsere Zeugnisse nach Ägypten weisen, können wir uns auf eine Skizze dieses Traditionsstromes beschränken. Schon die lange „negative Beichte" im 125. Kapitel des ägyptischen Totenbuches läßt die Angst des Ägypters vor der lebensvernichtenden Macht der Sünde erkennen. Wenn der Redaktor des Totenbuches diese Beichte „mit dem überaus charakteristischen Zwecktitel 'Abtrennen des N N von allem Bösen'" überschreibt1, so wird hieran deutlich, wie sehr der Ägypter um den Ernst der Sünde weiß. Gerade die magischen Praktiken, mit denen er sich dem unbestechlichen Totenrichter, der die Herzen wägt, zu entziehen sucht2, bestätigen das nachdrücklich. „Diese Zwiespältigkeit findet ihren deutlichsten Ausdruck in einer Version jenes Spruches, mit dem der Tote sein eigenes Herz beschwor, beim letzten Gericht nicht als Zeuge gegen ihn aufzutreten: Ό mein Herz, sage nicht gegen mich: Er hat es wahrhaftig getan!, was ich getan habe'"3. Wer vor den Totenrichtern bestehen will, muß ein der Maat — in der die aus Philos Schriften bekannte Identität von Weisheit und Tugend ihre genaue Entsprechung hat — entsprechendes Leben vorweisen können4. Außer aus zahlreichen ägyptischen Gebeten um Sündenvergebung6 hören wir schon im zweiten vorchristlichen Jahrhundert von einer Charakter gerade der hier in Betracht kommenden Schriften Philos verbietet es, von einem „alles literarisierenden Grundzug seiner Schriftstellerei" zu sprechen. Der wohl von R E I T Z E N S T E I N übernommene Ausdruck „Lesemysterien" bedarf sorgfältiger Interpretation. Man spräche besser mit A. W L O S O K ( 1 1 3 ; vgl. HERMISSON, siehe obenS. 29f) von „spiritualisierten (nichtrationalisierten)" Mysterien, denn auch in der Loslösung vom Rituellen bleibt das Mysterium real, wenn m a n nicht völlig inadäquat modernisieren will (vgl. dazu besonders : E . R . GOODBNOUGH, Literal Mystery in Hellenistic J u d a i s m ; in: Quantulacumque. Studies pres. to Prof. Κ . LAKE, 1937, 227-241; DEBS., Introduction 153ff.). — E s k o m m t hinzu, daß Philo die jüdischen Feste u n d Riten im Geiste der Mysterien auslegt: spec. leg. 1/2-12 (die Beschneidung als Ablegen der schweren Krankheit der οιησις; vgl. QE I I I / 2 = Harris 49, migr. 92; siehe dazu Kol. 2, 11!); — der S a b b a t : spec. leg. II/56ff.; — Passa: ebd. 145ff.; vgl. congr. 161 ff.; — Versöhnungstag: spec. leg. II/193ff.; vgl. dazu I . ELBOGEN, Studien zur Geschichte des jüdischen Gottesdienstes, 53ff. — K u l t m a h l : H A R R I S , Fragments 75 ( = M A N G E Y II/658f.). Zu vergleichen ist das Mahl-Sakrament in Jos As. u n d dazu: M. PHILONENKO, Initiation et mystère dans Joseph et Aséneth (in: Initiation, ed. C. J . BLEEKER, Suppl. t o N u m e n 10, 1965, 147-153). Alle diese Beobachtungen k a n n m a n in der T a t so zusammenfassen: „ T h a t is Philo makes every festival into a sacrament . . . a mystic grace" (GOODENOITGH, Introduction 158). Gewiß h a t Philo weder die Riten noch die Theologie eines kompletten Isismysteriums „übernommen", wir sehen ihn aber dabei, das J u d e n t u m nach solcher Analogie in ein Mysterium zu transformieren. 1 S. MOBENZ, Ägyptische Religion ( = Religionen der Menschheit 8, Hrsg. C. M . SCHRÖDER, 1960), 2
139.
Vgl. oben S. 101 Anm. 6 u n d siehe S. MORENZ, Gott u n d Mensch im Alten Ägypten, 1965, 127. 3 E b d . 132 ( = Totenbuch, K a p . 30a). 4 Vgl. ebd. 120ff. (mit zahlreichen Belegen). 6 Siehe oben S. 101 f Anm. 8ff. u n d vgl. R. PETTAZZONI, Confessione I I ; A . E B M A N , Denksteine aus der Thebanischen Gräberstadt, SAB 1 9 1 1 , 1 0 8 6 - 1 1 1 0 .
Sünde, Gnade u n d Vergebung im hellenistischen J u d e n t u m
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öffentlichen Beichte im Osirisdienst bei Elephantine 1 . Offenbar sind damit die Osirismysterien, die einst allein dem Toten und seiner individuellen Vergottung galten, indem sie ihn rite ins Priesteramt einführten und ihm die geheime Gnosis für die freie Reise und das jenseitige Heil vermittelten 2 , unter griechisch-hellenistischem Mysterieneinfluß zu Initiationen für Lebende geworden3. Auch in der vieldiskutierten Isisweihe bei Apuleius bleibt die Herkunft aus dem Totenkult sichtbar: Lucius durchschreitet symbolisch die Unterwelt 4 . Eine römische Bußpraxis des Isiskultes bestätigt Juvenal: Illius lacrimae meditataque murmura praestant, ut veniam culpae non abuuat (ansere magno scilicet et tenui popano corruptus) Osiris6. Ovid ist ein weiterer Zeuge für die Sündenbekenntnisse der Isis-Mysten 6 , ja Met X I (Midas) erfahren wir von Sündenbekenntnis, Vergebung und reinigender Tauchtaufe (subdue caput corpusque simul, 141). PETTAZZONI hat das deutlich phrygisch-lydische Lokalkolorit dieser Verse aufgewiesen. Wir dürfen sie deshalb im Zusammenhang mit den von STEINLEITNER besprochenen Inschriften betrachten und in ihnen zugleich einen frühen Zeugen für das hohe Alter des in diesen meist späten Inschriften erkennbaren Kultbrauches sehen 7 . Sehr existentielle Töne erklingen aus Ovids exilischer Klage: poenitet, o ! si quid miserorum creditur ulli, poenitet, et facto torqueor ipse meo, c u m q u e sit exilium, magis est mihi culpa dolori estque p a t i p o e n a m q u a m meruisse minus, u t mihi di f a v e a n t quibus est manifestior ipse, p o e n a potest demi, culpa perennis e r i t : m o r s faciet certe, ne sim, c u m venerit, exul; ne n o n peccarim, mors q u o q u e n o n faciet 8 . 1
P a p . Dodgson, P S B A 31,1909,109FF. ; d a z u : S.MOBENZ, G o t t u n d Mensch 169. Vgl. S. MOBENZ, Die Zauberflöte (Münstersche Forschungen 5, 1952), 7 I f f . ; besonders 79f. : „ D i e Mysterien werden also im w a h r s t e n Sinn des W o r t e s gnostisch erschlossen, u n d wir h a b e n von d a a u s m i t einer s t a r k e n ägyptischen Wurzel der hellenistischen Gnosis zu r e c h n e n " (ebd. 79). — Vgl. a u c h d e n hermetischen T r a k t a t K o r e K o s m u , wo die ägyptische A b k u n f t bis h i n zu der in den H e r m e t i c a sonst ungewöhnlichen Rolle der S ü n d e ( K K 38f.) m i t H ä n d e n zu greifen ist. 2
3
4
Vgl. MOBENZ, Z a u b e r f l ö t e 80.
Met. X I / 2 4 ; ähnlichen Sinn h a t der im pompeianischen Isisheiligtum gef u n d e n e Totenschädel (vgl. A. MAU, P o m p e j i in L e b e n u n d K u n s t , 1908, 179 u. MOBENZ, Zauberflöte 86). — Zu Apuleius siehe Μ. DIBELIUS, Die Isisweihe des Apuleius u n d v e r w a n d t e Initiationsriten (Botsch. u. Gesch., Ges. Aufs. I I , 1956, 30-79). 5
S a t . VI/532FF. ; v g l . PETTAZZONI, C o n f e s s i o n of S i n 2 ; REITZENSTEIN, D i e
Vorgeschichte der christl. T a u f e . 1929, 42; LEIPOLDT, Dionysos 6 2 f . ; MOBENZ G o t t u n d Mensch 169. — Siehe a u c h Aelian, de n a t . a n i m . X I / 1 7 , wo es v o n einem sündigen Isisdiener h e i ß t : ώς ήσέβησεν όμολογήσας. • E x p o n t o 1/51 ff. ; weiteres bei LEIPOLDT, Dionysos 61. Vgl. Apuleius, Met. VII/28. 7
8
8
V g l . PETTAZZONI, C o n f e s s i o n of S i n 3FF.
E x P o n t o I / l , 5 9 - 6 6 ; vgl. d a z u PETTAZZONI, ebd. 6f.
Thyen, Studien
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Die Voraussetzungen
Aus Plutarch wissen wir von einem öffentlichen Sündenbekenntnis im Kult der Dea Syria 1 . Schließlich ist hier noch auf die Beichtpraxis von Samothrake zu verweisen 2 . Dieses Material läßt keinen Zweifel daran, daß in den Mysterien Beichte, Vergebung und Initiation sehr eng zusammengehören. In dieser Welt wird die Vergebung als Neuschöpfung und Wiedergeburt, als Anlegen des himmlischen Gewandes und Vergottung verstanden 3 . Auch in der mandäischen Religion spielt trotz des gnostischen Dualismus, wonach die Sünde eine mit dem Dasein in der Welt gegebene Notwendigkeit ist, die Sündenvergebung und ihre Praxis eine ganz außergewöhnliche Rolle. Neben der Taufe ist die Totenzeremonie ein besonders ausgeprägter Haftpunkt von Bekenntnis und Vergebung, da nur der Sündenreine in die himmlische Welt aufsteigen kann 4 . Das ist eine nahe Analogie zu ägyptischen Vorstellungen; möglicherweise ist ein hellenisiertes Judentum der Vermittler gewesen. Die Schwierigkeit der Interpretation der philonischen Aussagen über Sünde und Gnade besteht darin, daß bei ihm neben ganz konventionellen Aussagen, die uns aus dem übrigen Judentum geläufig sind, solche stehen, die von einem eigentümlichen Dualismus geprägt sind. Man wird — zumal die ersteren Aussagen sich vorwiegend in den apologetischen Schriften finden — das Problem so lösen müssen, daß die konventionellen Gedanken im Lichte jener anderen zu sehen sind. Es wird 1 De superstiti. 7ff. Das Zeugnis Plutarchs wird durch ein Menander Fragment (frg. 544) bestätigt. Die Texte sind von P E T T A Z Z O N I , ebd. 7 f. besprochen. — E . N O B D E N ( A E N E I S VI. Buch, 2 7 6 ) vermutet orphische Ursprünge der Beichtpraxis im K u l t der Dea Syria unter Hinweis auf das όμολογεΐν nach dem Tode des Sünders in Plutarchs: de sera numinis vindicta 2 2 . P E T T A Z Z O N I (ebd. 9ff.) begegnet dieser Hypothese mit großer Skepsis wegen der prinzipiellen eschatologischen Projektion der orphischen Beichte. Aber warum sollte nicht eine dem Osiriskult analoge Entwicklung auch hier vorliegen? 2 Ps-Plutarch, A p o p h t h e g m a t a L a k o n i k a 2 1 7 c . d (Entsühnung des Antalkidas) und ebd. 229d (Lysandros); vgl. dazu L E I P O L D T , Dionysos 59ff. ; D E R S . , Der Sieg des Christentums über die Religionen der alten Welt (Ihmels-Festschrift 1928, 49-83), 77ff. — P E T T A Z Z O N I (Confession of Sin 12) n i m m t als „Sitz im Leben" der samothrakischen Beichte die E n t s ü h n u n g von Mördern, nicht aber eine Mysterieninitiation an. 3 Vgl. besonders R E I T Z E N S T E I N , MystRel. pass. — Hinzuweisen ist noch auf das Zeugnis des Kelsos (bei Origines III/59). Nur Leute mit reinen Händen, rein von aller Schuld, die gerecht u n d gut gelebt haben, werden aufgefordert zur Mysterienweihe hinzuzutreten. „ U n d solches sagen Leute, die Reinigimg von den Sünden versprechen!" •— Vgl. Lukian, Demonax 34; Sueton, Nero 34 u n d siehe dazu L E I P O L D T , Dionysos 59. — H O L L S Urteil, „Ein μυστήριον, das εις άφεσιν άμαρτιών diente, wäre f ü r den Hellenen eine Ungeheuerlichkeit gewesen" (ZSTh. 2, 1924, 425), besteht d a n n zu Recht, wenn m a n den Ton auf Hellenen legt. I n der hellenistischen Welt ist es aber offenbar keine Ungeheuerlichkeit m e h r ; d a r u m ist es ungeeignet, das „Wesen des Christentums" zu bestimmen. 4 Vgl. dazu besonders K . R U D O L P H , Mandäer II/236ff., wo das ganze mandäische Material übersichtlich dargestellt u n d interpretiert ist.
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sich zeigen, daß mit den Aussagen über die Sündenvergebung die jenigen über die μετάνοια aufs engste zusammengehören. Der Mensch ist von Natur Sünder, seit seiner Geburt hat er die Laster zu „Genossen" 1 ; mit der Geburt erhält jeder die „ägyptischen Affekte", nämlich die Körperlichkeit als Wohnsitz und kettet sich an Lust und Schmerz (congr. 84). Mit Bezug auf Hiob 14,4 sagt Philo, keiner könne sich rein erhalten und lebe er auch nur einen Tag (mut.48). Es ist alleiniges Privileg Gottes — vielleicht auch eines gottbegnadeten Menschen —, überhaupt nicht zu sündigen (virt. 177). Philo denkt dabei offenbar an den sündlosen Hohenpriester-Logos Mose und die Patriarchen als die mystischen Retter Israels. I m übrigen bedarf aber auch der Vollkommene des Sündopfers: και γάρ ó τέλειος η γενητός ούκ έκφεύγει διαμαρτάνειν (spec. leg. 1/252). Von Geburt an hat der Mensch Torheit (!), Zügellosigkeit, Ungerechtigkeit, Furcht, Feigheit und die anderen Laster zu Genossen (sacrif. 14f.); so neigt er „von N a t u r " zu den εκούσια και ακούσια άμαρτήματα hin (fuga 105). Darum muß alle Kreatur finster blicken, denn sie ist von sich aus haltlos und leidvoll; — sie soll aber von Gott aufgerichtet werden und lachen (mut. 156). Immer wieder erscheint bei Philo Isaak als das Symbol dieser von Gott gestifteten Lebensfreude. Das Leben in der Sünde ist in Wahrheit ein Leben im Hades 2 ; wirkliches Leben findet man allein bei Gott: άντί 9-ανάτου ζωήν άίδιον άθλον εδρηται (fuga 97). Die Gottlosen sind seelisch tot, während diejenigen, die sich um den wirklichen Gott geschart haben, ein unsterbliches Leben führen 3 . Das μέγιστον κακόν ist die άσέβεια, die wiederum mit der φιλαυτία identisch ist 4 . Die eigentliche Sünde besteht in der Entfremdung von Gott und im Vertrauen auf die eigene Kraft und Leistung 5 ; sie wirkt den Tod des höheren Teils im Menschen (θάνατον τον έπί τιμωρία), der dann eintritt, wenn sich der Mensch der ήδονή überläßt 6 . Der „wahre Philosoph" — man muß diese Bezeichnung als die philonische Beschreibung des „Gerechten" ansehen — strebt έξ άρχής αχρι τέλους danach, τον μετά σωμάτων άποθ-νήσκειν βίον, um so das unkörperliche und unvergängliche Leben bei Gott zu erlangen (gig. 14). Die Seelen der Leute, δσοι σοφίας ήλόγησεν, sind ertrunken, dem mit uns verwachsenen Leichnam, nämlich dem Körper, verfallen, ja noch Seelenloserem sind sie ausgeliefert: Ruhm, Geld, Macht und Ehren (gig. 15). Paulinisch gesprochen: Wer auf das Fleisch sät, der wird von dem Fleisch das Verderben ernten (Gal. 6,8). Im gleichen Zusam1 2 3 4 5 6
8·
Sacrif 14f. ; vgl. vitMos. 11/147. Congr. 57; vgl. somn. 1/151; her. 45; fuga 78. Spec. leg. 1/345; vgl. praem. 28; Sap. 3, Iff. Vgl. congr. 160 mit congr. 130 u.ö. Opif. 149ff. ; vgl. B R É H I E R 297ff. Leg. alleg. 1/107; vgl. opif. 152; det. pot. 4 8 u.
BRÉHIER
262ff.
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Die Voraussetzungen
menhang bestimmt Philo, von Ex. 32,2 f. (LXX) geleitet, das Wesen des θείον πνεύμα als σοφία, σύνεσις und έπιστήμη. Dieser göttliche Geist, nicht το ίδιον αύτοϋ Μωυσέως πνεύμα ( ! ), wird von Mose den siebzig Ältesten übertragen (gig. 24 ff.). Er allein vermag gegen die Hauptursache der άνεπιστημοσύνη, nämlich ή σάρξ και ή προς σάρκα οίκείωσις aufzukommen, denn die σάρκων φύσις als -9-εμέλιον άγνοιας και άμα&ίας, d.h. als Grund und Ursache der Sünde, zieht die Menschen zur Erde hinab. Darum müssen alle „Verwandten des Körpers", wie öffentliche Anerkennung und Ehren, eine unendliche Masse unversöhnlicher Feinde, vernichtet werden 1 . Wie die qumranische Zwei-Geister-Lehre, so weiß auch Philo um den beständigen Krieg, der im Menschen um sein Selbst stattfindet (gig. 51). I n dem Bild von den beiden Frauen, den personifizierten Gestalten der άρετή und der ηδονή, die um den Menschen streiten, hat Philo das breit ausgeführt 2 , άμα τή γενέσει treten in jede Seele zwei δυνάμεις ein, die um die Vorherrschaft kämpfen : die heilbringende und die zerstörende Kraft. Diese Kräfte sind zugleich kosmogonisches Prinzip wie in der ursprünglich dualistischen Fassung der Geisterlehre von Qumran 3 . Da, wo die heilbringende die zerstörende Kraft überwältigt, ist Unsterblichkeit die Folge. Alle Menschen sind eine jeweils verschiedene Mischung beider Kräfte. Allein in der Seele des Weisen — wieder ist man geneigt zu sagen: des Gnostikers oder Pneumatikers —· herrscht die heilbringende Kraft, bewirkt seine συγγένεια mit dem Himmel und verhindert gleichzeitig den Zutritt der zerstörenden Kraft 4 . Die zerstörende Kraft ist für Philo mit der σάρξ identisch, die das Verfallen an die ήδοναί und damit das Verderben bewirkt : ού χωρισμόν ψυχής άπο σώματος, άλλά ψυχής ύπο κακίας φθοράν5. Begnadigung und Rettung besteht darum für Philo in der Vernichtung des „ägyptischen Feindes", im Tod des niederen νοΰς und seiner sechs Bewegungsarten: ώς χαρίσασδ-αι παντελή σωτηρίαν®. Paulus würde sagen: in der Kreuzigung der σάρξ und ihrer παθήματα. Erst beim Einzug des göttlichen πνεύμα zieht der έν ή μι ν ó νους aus: θεμίς γάρ ούκ εστι θνητον άθ-ανάτφ 1
Gig. 29ff. ; vgl. dazu die Analyse und Interpretation des Abschnittes bei Fleisch 140 ff. Sacrif. 20ff. ; vgl. die Jakob-Esau-Allegorese in praem. 62 ff. u.ö. — Zu den beiden Frauen siehe ferner: Sap. 8,2ff,; Prov. 9; sobr. 21ff.; verwandt ist die rabbinische Triebe-Lehre. Vermutlich hat hier und da nachträglich die Prodikos-Fabel auf die Gestaltung eingewirkt. Vgl. dazu sowie zum möglicherweise iranischen Hintergrund KAMLAH, Paränese 149f. u.ö. 3 Vgl. 1QS 3 f. 1 QE 1/23; vgl. praem. 65 und siehe K A M L A H 50ff. u. 104ff. 5 Leg. alleg. 11/72f. ; vgl. leg. alleg. I/105ff. — Die merkwürdige Aussage des Paulus in l.Kor. 5,5 kann nicht anders als auf diesem Hintergrund verstanden werden. « Ebr. 111; vgl. conf. 70; leg. alleg. Π/102; III/172; agr. 78ff.; conf. 36. BRANDENBURGER, 2
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συνοίκησα!1. Wo aber die σάρξ noch herrscht, kann das göttliche πνεύμα nicht bleiben (gig. 29); so ist Reinigung und Erlösung eine μετανάστασις vom σώμα, von der αΐσθ-ησις und vom λόγος, d.h. hier: der „Rede" 2 . Sündigt der Mensch, so entweicht das σοφίας πνεϋμα θείον (gig. 47f.). Der σοφός dagegen ist wegen des in ihm wohnenden göttlichen πνεϋμα untrennbar von der άρετή. Rebekka, die Philo immer wieder als die göttliche Gabe der Weisheit deutet, bewirkt, daß, wer sie gefunden hat, nicht mehr nach Besserung zu suchen braucht, weil Gott ihm stets alle Güter schenkt (congr. 36f.). Als άρετή oder σοφία — die Begriffe sind beliebig austauschbar — gibt Rebekka am Brunnen dem Knecht Abrahams den Logos selbst zu trinken. Philo wird nicht müde, die ewige Jugend und Schönheit der Rebekka-σοφία zu preisen. Durch die Vereinigung mit ihr wird Isaak θ-εοφόρος (deifer), wie Philo in QG IV/88ff. breit ausführt. Durch die Etymologie des Namens Bathuel (Gottes Stimme) belegt Philo, in offenbarer Anknüpfung an alte mythische Tradition, daß die Weisheit Gottes Tochter ist. Zugleich ist sie aber männlich, weil ja Bathuel Rebekkas Vater ist, so daß sie in heiliger Synusie in den Seelen Wissen, Einsicht und gute Handlungen zeugen kann 3 . Wie eine Flamme verzehrt die göttliche Gabe der σοφία oder άρετή alle Sünden und erfüllt die ganze διάνοια mit ihrem Schein. So leitet sie die volle μεταβολή είς πϋρ ιερόν ein, wie im Falle Nadabs und Abiuds 4 . Die δικαιοσύνη als Chorführerin der άρεταί (Abr. 27) zeugt im Menschen den δίκαιος λογισμός, gibt Abstand von Reichtum, Ruhm, Ehren, Ämtern usw. (vgl. mut. 174). Nach den genannten Belegen könnte das auch heißen: die Entmächtigung der σάρκων φύσις ist das Allheilmittel gegen die Sünde (det. pot. 121 ff.). Allein die Anwesenheit des θ-εΐον πνεϋμα vermag die Vertreibung und darauf das Fernhalten der ψευδαγγελοΰντες zu bewirken. Vor dem durch diesen Geist gewirkten διανοίας φως müssen die falschen Engel, οΐ του σκότους εταίροι, weichen 5 . Allein Gottes Gnade vermag den Menschen (νους) aus der ägyptischen Knechtschaft, nämlich der Machtsphäre der σάρξ, zu befreien 6 . Philo unterscheidet drei Menschenklassen, nämlich die Irdischen, die Himmlischen und die Gottesmenschen. Die der Erde gehörenden 1 Her. 265; vgl. dazu Hi. 28,22 und siehe VON RAD, TheolAT 1/460. Im Grunde ist die Weisheit nichts anderes als das belebende göttliche Pneuma; vgl. Sir. 1,9; 2 4 , Iff. 2 3 Migr. 2; vgl. Jak. 3, Iff. Fuga 50ff.; vgl. post. C 132ff. 4 Her. 307ff.; vgl. leg. alleg. II/57. — Zum Beispiel der durch ihren physischen Feuertod zum ewigen Leben geretteten Priester Nadab und Abiud (gegen Text und Sinn von Lev. 10!) vgl. fuga 59. 6 Immut. Iff.; vgl. CorpHerm. 1/23; X I I I / 8 f . ; 1QS 3f. und siehe dazu KAMIAH, Paränese pass. ' Vgl. her. 186; somn. II/265ff.; QE 11/15. Erst wenn das Irdische untergeht, erscheint der göttliche Logos als Helfer (somn. 1/119).
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Die Voraussetzlingen
jagen den ήδοναί του σώματος nach; die Himmelsmenschen sind wegen der himmlichen Abkunft des νοΰς — der chaldäische Abram ist ihr Symbol ·— τεχνΐται καί επιστήμονες καί φιλομαθείς. Die Gottesmenschen schließlich sind die Heiligen und Propheten, solche, die ihre irdische πολιτεία verachten und als Bürger in dem Staat der unvergänglichen und körperlosen Ideen eingeschrieben sind 1 . Hier wird für Philo die oben erwähnte „Fremdlingstypologie" wichtig: alle Weisen sind παροικοϋντες, denn sie haben niemals ihre άποικία aus dem Himmel vollzogen: πατρίδα μεν τον ούράνιον χώρον έν φ πολιτεύονται 2 . Die Erdenkinder bringen den Geist vom vernünftigen Denken ab und verwandeln ihn so in die seelenlose und unbewegte Fleischesnatur. Unter Anführung des Riesen Nimrod kämpfen sie dann gegen ihre eigenen „Freunde" (gig. 65f.). So versucht die σάρξ, den zu Gott führenden Königsweg zu zerstören. Dieser Weg ist die Weisheit selber: το δέ τέρμα της όδοϋ γνώσίς εστί καί επιστήμη -9-εοΰ (immut. 142f.). Edom, der Irdische, streitet gegen alle, die diese Königsstraße wandeln wollen: ούδέν άντίπαλον ώς έπιστήμη σαρκός ηδονή3. Allein durch die Weisheit — oder wie wir aus anderen Stellen belegt haben : durch die Gabe des göttlichen Geistes — wird den bittenden Seelen die Zuflucht zum Ungewordenen gewährt (immut. 160). Überblickt man diese Aussagen, so läßt sich in der Tat sagen: „that Philo, like Paul, despaired of achieving the end without a new union with the universal Spirit: the fragment or extension within him was helpless against the forces of his lower nature unless it was freshly united and augmented in the divine Spirit or Logos as a whole" 4 . Betrachtet man Philos Aussagen über die μετάνοια, so darf man nicht — wie z.B. DIETRICH das t u t 5 — den Abschnitt περί μετανοίας aus dem Traktat de virtutibus (175ff.) zum „Schlüssel" der Interpretation machen, weil Philo hier stark apologetisch-propagandistisch redet 6 . Die μετάνοια erscheint hier als eine vom Menschen geforderte Leistung. Zudem wird — wie wir schon mehrfach gesehen haben — das Klischee: „Die großen Propheten des Alten Testaments faßten die Umkehr vom Wesen Gottes her (sie!), ihre Nachfolger zum großen Teil vom Gesetz, bei Philo aber ist sie von der philosophischen Anschauung vom Guten, von der Tugend her gesehen" 7 Philo in gar Gig. 60ff. ; vgl. conf. 77ff.; her. 26ff.; 272ff. Conf. 70ff. ; vgl. her. 267ff.; eher. 119ff. Der Mensch lebt in der Fremde im Körper ; der Himmel ist seine μητρόπολις, in die er sich zurückzukehren sehnt (conf. 79f.) ; vgl. Hebr. 13,14; Eph. 2,19; Phil. 3,20; Hebr. 11,14. 3 Immut. 144ff.; vgl. post. C 101 f.; migr. 146. 4 GOODENOUGH, Introduction 118. 6 Umkehr 287ff.; vgl. besonders 291. 6 Vgl. etwa virt. 177f. 183; siehe auch fuga 157f. Das philonische Material zur Umkehr ist rasch zu übersehen bei J . BEHM, Art. νοέω κτλ. ThW IY/988ff. 7 DIETBICH, Umkehr 294. 1
2
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keiner Weise gerecht, weil dabei die Paralysierung der „philosophischen Anschauung vom Guten" völlig außer acht gelassen ist, die bei Philo unter dem Einfluß einer schon stark dualisierten jüdischen Weisheitsüberlieferung erfolgt ist. Die μετάνοια, die für Philo unlöslich mit der βελτίωσις zusammengehört (Abr. 17), ist Gottes gnädige Gabe 1 . Gott selbst führt den irregeleiteten νους zurück (praem. 117). Er allein gewährt χρόνον εις μετάνοιαν2 : ούδέ τοις άμαρτάνουσιν ευθύς έπέδειξεν ó θεός, άλλά δίδωσι χρόνον εις μετάνοιαν και την του σφάλματος ΐασιν (leg. alleg. ΙΙΙ/106). Gott aber kann die Umkehr unter Umständen auch verweigern 3 . Es darf nur ja keiner glauben, ohne göttlichen R a t das befleckte Leben abwaschen und reinbaden zu können (somn. 11/25). Die von Gott gewährte Umkehr aber wirkt : το δέ άμαρτανόντα μεταβαλεΐν προς άνυπαίτιον ζωήν 4 . Wie der Schatten dem Körper, so folgt der μετάνοια der ganze „Reigen der Tugenden" ; Philo illustriert das mit einem Tugendkatalog, neben dem er als dessen dunkle Folie in einem Lasterkatalog die Sünden der Abgefallenen aufzählt (virt. 181 f.). Den Namen Kaleb (Num. 14,24) etymologisiert Philo als 3*7 *?D = πασα καρδία und führt aus, daß Kaleb durch die μετάνοια ein neuer Geist gegeben wurde, der alles Minderwertige aus ihm vertreibt. Hier erscheinen die λόγοι οί περί μετάνοιας als λούτροι und καθάρσιο', (mut. 123f.). Die so gereinigte Seele wird zur Wohnstatt Gottes (sobr. 63f.), der die Umkehr genau so hoch einschätzt wie die Schuldlosigkeit: του ίλεω θεοϋ μετάνοιαν έν 'ίσω τω μηδε άμαρτάνειν τετιμηκότος (spec, leg. 1/187, vgl. fuga 157ff.). Zwar ist die μετάνοια nur die „zweite Stufe" nach der τελειότης und entspricht nicht der Gesundheit, sondern der Genesung von der Krankheit 6 . Aber da die mit jedem Sterblichen mitgeborenen Unheilsmächte 6 Menschen „unseres Schlages" (mut. 47ff.), die zur „Veränderung" unfähig sind (leg. alleg. 11/32), der Tugend vollständigen Besitz 1
Leg. alleg. III/211ff.; immut. 116; somn. 11/25. 3 QG 11/13; Sap. 12,20; Sir. 5,4ff. Leg. alleg. 11/213; eher. 2. 4 Mut. 123f.; vgl. somn. 11/109; spec. leg. 1/51; somn. 11/105. 5 Abr. 26. Der in der Weisheitsliteratur verbreitete enge Zusammenhang von Sünde und Krankheit ist typisch für Philo: z.B. somn. 11/229; leg. alleg. III/211: „ 0 wir Unseligen! wie lange sind wir νοσοΰντες άφροσύνης νόσον και. άνοιας καΐ αδικίας einhergegangen!"; vgl. dazu noch Prov. 3,8; 4,22; 15,4; Sir. 1,18; 3,28, MM 1/7 (dazu: L E B R A M 180f.) und siehe J. H E M P E L , Ich bin der Herr, dein Arzt (ThLZ 82, 1957, 809-826). — Zu Philos Beschreibung der Sünde (άνίατον νόσον ψυχής νοσοϋντας, leg. alleg. I I I / l l ) urteilt V Ö L K E R (92) im Anschluß an K Ö B E R L E (543), die Sünde sei für Philo eben nur eine Krankheit, und er halte das völlige Verschwinden des früheren sündigen Lebens beim Umkehrenden für möglich (vgl. praem. 16ff. und siehe unten S. 120 Anm. 5). Gewiß ! Aber doch deshalb, weil Gottes Gnade allein die unheilbare Krankheit zu heilen vermag. Vgl. leg. alleg. 11/17; Sap. 16,12. • Hi. 14,4 (siehe oben S. 114ff.). 2
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Die Voraussetzungen
unmöglich machen, ist die Umkehr eine gnädige Gabe Gottes, der damit „süßes Wasser s t a t t des salzigen" in unsere Seele fließen läßt (leg. alleg. 11/32). Philo kann die Wirkung der Umkehr gelegentlich auch als das Nüchternwerden nach dem Rausch beschreiben 1 . Eng mit Philos Auffassung der μετάνοια gehören seine Gedanken über die „Flucht" zusammen. So beschreibt er die Umkehr als „Flucht vor den Neigungen des Leibes zur Seele" (praem. 16ff.). Die wahre Flucht ist stets mit dem Verlust des Befreundetsten und Liebsten verbunden 2 . I m Zusammenhang seiner Ausführungen über die biblischen Asylstädte mahnt Philo, in atemloser Flucht zum Höchsten zu eilen, bei ihm aus der Quelle der Weisheit zu schöpfen, und so ewiges Leben an Stelle des Todes als Kampfpreis zu empfangen 3 . Die sechs Zufluchtsstädte deutet Philo auf die göttlichen δυνάμεις (vgl. QE11/68), den sündlosen Hohenpriester-Logos aber als das Gewissen (έ'λεγχος), das die Sünde vertreibt. Wenn aber — so wird die biblische Asylbestimmung vom Tode des Hohenpriesters gedeutet — dieser „Priester" stirbt, d.h. den Menschen verläßt, so kehren die Sünden sofort zurück 4 . Die Wirkung der Umkehr wird am Beispiel Henochs illustriert, der nach seiner Entrückung „nicht gefunden wurde": sein früheres sündhaftes Leben war nämlich vernichtet und ausgelöscht. Das μετε-9-έτη deutet Philo als Henochs Versetzung „aus Unwissenheit in Bildung, aus Unvernunft in Einsicht, aus Feigheit in Mannhaftigkeit, aus Gottlosigkeit in Frömmigkeit, aus Genußsucht in Enthaltsamkeit, aus Ruhmliebe in Bescheidenheit" 5 . Eine verwandte Reihe findet sich de virt. 175ff. : Als himmlischer Mystagoge f ü h r t Mose die Proselyten έκ βαθυτάτου σκότους εις αύγοειδέστατον φως: έκ έκ έκ έκ έκ
άμαθίας άφροσύνης ακράτειας άδικίας άτολμίας
εις είς είς είς είς
έπιστήμην φρόνησιν έγκράτειαν δικαιοσύνην θ-αρραλεότητα®.
1 Leg.alleg.II/60; vgl. somn. ΙΙ/292 und siehe dazu H. Lewys schon genannte Untersuchung des philonischen Oxymorons sobria ebrietas. 2 Fuga 89; praem. 17; congr. 48f.; det. pot. 174ff. Immer wieder verdeutlicht Philo diesen Gedanken am Beispiel Abrahams (siehe de migr. pass.) ; vgl. auch Mt. 6,29. 3 Fuga 97ff; vgl. 78: dazu Goodenough, Light 248ff. u. J. P a s c h e r , Η ΒΑΣΙΛΙΚΗ ΟΔΟΣ. Der Königsweg zu Wiedergeburt und Vergottung bei Philon von A. 1931, 207f. 4 Fuga 117f. •— Eng verwandt mit Joh. 15,22 ist die Aussage, solange der göttliche Logos nicht in unsere Seele einziehe, seien alle ihre Werke schuldlos. Vergebung wird all denen zuteil, die unwissend sündigen. Wenn aber der wahre Priester (ϊλεγχος vgl. Joh. 16,8ff.) einzieht, erscheint die Sünde als Sünde (immut. 138). 6 Abr. 17ff.; vgl. praem. 16ff.; QG 1/82; 11/42. • Vgl. dazu Kamlah, Paränese l l l f .
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Die Menschen sind Genossen des blutdurchtränkten sinnlichen Lebens. Sie werden vom „Pharao", dem die Frömmigkeit verstörenden Sinn, ergriffen, dessen Machbereich voller Ruchlosigkeit und Rohheit man nicht entfliehen kann, ehe nicht Elieser, das heißt: „mein Gott ist Helfer", in der Seele erzeugt wird, und nach der allein von Gott, dem einzigen Retter, kommenden Hilfe ausschaut (her. 60). Wie die hochgehenden Meereswogen ein Schiff in die Tiefe reißen, so bewirken die πάθη und άδικήματα den Untergang des νους in die Tiefe des σώμα, bildlich „Ägyptens"; paulinisch gesprochen würde das heißen εις το σώμα του θανάτου τοϋτου (agr. 89; vgl. Rom. 7,24). — All das macht deutlich, daß der Mensch stets entweder Gottes oder der Welt Sklave ist; eine andere Alternative gibt es nicht. Darum soll Gott uns doch lieber strafen als verlassen, denn dadurch würden wir der Sklaverei der unbarmherzigen und vergänglichen Welt ausgeliefert (det. pot. 144ff.). An dieser Stelle sei angemerkt, daß Philo den Gedanken der sühnenden Wirkung der Strafe, der den Rabbinen geläufig war, nicht kennt. Wie in dem Jesuslogion Lk. 13, Iff. ist ihm die Strafe allein Ruf zur Umkehr oder Warnung an die Überlebenden (praem. 163). Unter Berufung auf Prov. 3 , l l f . „. . . Wen der Herr liebt, den züchtigt er; er peitscht jeden Sohn, den er aufnimmt" führt Philo aus, daß die Strafe zur Verwandtschaft mit Gott führt (congr. 177). Auf diesem Hintergrund müssen nun auch die philonischen Aussagen über die Sündenvergebung gelesen werden. Wenn sie sich verhältnismäßig selten bei ihm finden und dabei gelegentlich einen recht konventionellen Klang haben, so darf man daraus dennoch nicht schließen: „Thus pardon for sins appears to be part of his religious heritage, but not at the centre of his own interest" 1 . Die Aussagen über die Sündenvergebung sind vielmehr deshalb selten, weil für Philo das eigentliche Problem gar nicht in der Verzeihung gelegentlicher Übertretungen, sondern in der Vernichtung der den Menschen beherrschenden Sündenmacht besteht. Darin ist er Paulus nahe verwandt, bei dem auch der traditionelle Gedanke der άφεσις άμαρτιών eine untergeordnete Rolle spielt, ohne daß man deshalb sagen dürfte, die göttliche Begnadigung des Sünders stehe für Paulus nicht im Mittelpunkt des Interesses. Im Anschluß an Lev. 23,27 führt Philo aus, daß es gilt, die μεγαλαυχία· abzulegen, ής ή άπόθεσις άδικημάτων έκουσίων και άκουσίων εργάζεται παραίτησαν (post. C 48). Ganz gewiß hat die Feier des Versöhnungstages, den Philo νηστεία nennt, in seiner Gemeinde eine außerordentliche Rolle gespielt. Er ist ihm ein Tag ώς καθάρσεως και 1
C. W. LABSON, Prayer of Petition in Philo (JBL 65, 1946, 185-203), 198.
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Die Voraussetzungen
φυγής άμαρτημάτων έφ' οΐς αμνηστία δέδοται χάρισι του ίλέω θ-εοΰ μετάνοιαν έν ΐσω τω μή άμαρττάνειν τετιμηκότος1. An diesem Tage werden Gott vom frühen Morgen bis zum späten Abend Gebete um Vergebung absichtlicher und unabsichtlicher Sünden dargebracht, „und man gibt sich der frohen Hoffnung hin, nicht eigenen Verdienstes wegen, sondern aufgrund der Gnade dessen, der lieber Vergebung gewährt, als daß er straft" (spec. leg. 11/196). „Hoffnung" ist für Philo die zuversichtliche Erwartung der göttlichen Vergebung. Den Namen Eno§ etymologisiert er „Mensch": Obwohl Enos bereits Väter und Großväter hat, ist er als „Hoffender" doch der „erste Mensch", μηδένα νομίζεσ&αι το παράπαν άνθρωπον δς άν μή επί θ-εόν έλπίζη (praem. 14; vgl. Abr. 7ff.). Als Trostmittel (παραμύ-9-ιον) hat Gott dem Menschen die Hoffnung „eingesät" bei Sünden, die nicht unheilbar (ανίατα) sind (praem. 72). Israels Hoffnungen beruhen auf dem Kult, eben weil er die Vergebung bewirkt (praem. 77). Anders gewendet heißt das: die Hoffnung richtet sich auf die durch Gottes Gnade gewirkte Rückkehr zu Tugend und Weisheit (praem. 115). Die biblischen Berichte über die Fürbitte — etwa Abrahams für Sodom oder Moses — haben für Philo insofern tröstliche Realität, als er um die gegenwärtige Fürbitte der zu himmlischen Heilbringern erhöhten Väter weiß 2 . Daß Gott den Sündern gnädig vergibt 3 , daß er allein die Krankheit beseitigt, von der kein Mensch zu heilen vermag 4 , daß er alles niederreißt und auflöst, was sich von ihm abwendet und abweicht 5 , ist Philos feste Zuversicht. Dabei ist ihm die Gnade Gottes keine verfügbare Idee, sondern konkretes Ereignis, denn er kennt ganz offenbar eine lebendige synagogale Beichtpraxis. Mit Dt. 30,11-14 begründet er, daß es leicht ist, zur Umkehr zu finden6. Solange wir nicht μετάνοια üben und unseren Abfall bekennen, ist das Sterbende in uns dem Tode verfallen und bewirkt die Vernichtung des Selbst (leg. alleg. II/78). τω μεν γάρ μήπω κραταιώς υπό κακίας καταληφθ-έντι δέδοται μετανοήσαντι καθάπερ εις πατρίδα τήν άρετήν άφ' 1 Spec. leg. 1/187; άμνηστία für Vergebung noch: vitMos. 11/24. 166; somn. 11/292; fuga 99; congr. 109; spec. leg. 11/24. — συγγνώμη: spec. leg. II/196. — άφεσις: vitMos. 11/147; spec. leg. 1/190. 237; 1/215 zusammen mit άπόλυσις. — Außerdem kann άφεσις bei Philo die Befreiung der ψυχή vom σώμα und seinen πάθη bezeichnen: her. 273; congr. 89. 107ff.; mut. 228; sacrif. 122 u.ö. — Vgl. auch spec. leg. 1/188: der Asasel-Bock soll die Flüche (δρας) der Sünder auf sich nehmen, die durch die Umkehr gereinigt worden sind und ihre παλαιά άνομία durch καινή εύνομία abgewaschen haben. — Zum Versöhnungstag bei Philo vgl. ELBOGEN 53ff. (siehe S. 111 Anm. 6). 2 Vgl. congr. 109; vitMos. 1/184; praem. 56; 164ff.; her. 206; migr. 120ff. (dazu Prov. 10,25); weiteres siehe unten. 3 Spec. leg. 1/242; vgl. QG 1/82. 4 Spec. leg. 11/17; vgl. ebd. 1/239. 253. 5 Conf. 129f. ; vgl. mut. 34. 0 Virt. 183; vgl. post. C 85; mut. 237; somn. 11/180. — Siehe aber auch QG 1/82; 11/42.
Sünde, Gnade und Vergebung im hellenistischen Judentum
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ής έξέπεσε κατελθ-εΐν (cher. 2). Wenn aber das Fieber und die Aufregung der Krankheit nachlassen, werden die aufglimmenden Funken der Gesundheit die Seele dazu zwingen πρώτον έξαγορεύσαι το αμάρτημα, τό δ' έστί κακίσαι έαυτήν, dann aber an den Altären zu flehen mit Bitten, Gebeten und Opfern, durch die allein Amnestie zu erlangen ist (somn. 11/299). Das Sündenbekenntnis nennt Philo eine „heilige Palinodie" 1 . Die μετάνοια erscheint hier personifiziert als „unbestechliche Beraterin", die zum Bekenntnis treibt, dessen Folge völlige Amnestie ist 2 . Bei all dem gilt selbstverständlich, daß es allein Gott ist, der gnädig Gebet und Opfer — von Philo natürlich zur Selbstpreisgabe spiritualisiert — annimmt und von der tödlichen Krankheit heilt (spec. leg. 11/17). Die göttlichen Strafen sollen den Menschen zur Warnung dienen, damit sie sich aus ganzer Seele bekehren (δλη ψυχη μεταβάλωσι). Sie verwerfen sich selbst wegen ihrer πλάνη(!): έξαγορεύσαντες δέ καί όμολογήσαντες όσα ήμαρτον, zuerst bei sich selbst mit reinem Geist vor ihrem wahrhaftigen und unbestechlichen Gewissen, dann aber auch „mit der Zunge" προς βελτίωσιν των άκουόντων. So allein werden sie Vergebung erlangen bei dem rettenden und gnädigen Gott 3 . Solch ein öffentliches Bekenntnis als Aufnahme der μετάνοια, der jüngeren Schwester der Sündlosigkeit, wirkt Hilfe, Reinigung und Besänftigung des „die Aufsicht führenden Rächers" 4 . Es darf aber keiner zur Schande derer, die so ihre Sünde bekannt haben, das in der Synagoge Gehörte in die Öffentlichkeit tragen, das „Beichtgeheimnis" bindet also alle Gemeindeglieder (spec. leg. I/239ff.). Auch die große „Προσευχή καί έξομολόγησις Άσενέθ" 5 , in der offenbar viel liturgisches Gut der synagogalen Exhomologese verarbeitet ist, gehört in diesen Zusammenhang des Sündenbekenntnisses, das ja nicht nur zum „festen Bestand der Weisheitsliteratur gehört" 6 , sondern in den Kreisen, die diese Literatur hervorgerbacht haben, einen ganz konkreten „Sitz im Leben" gehabt haben muß. Aseneths Gebet 1 Somn. 11/292; vgl. post. C 179. — Zur „Palinodie" vgl. Plato, Phaidr. 243Bff. u. 257 A und siehe dazu die Anmerkung von M. A D L E R , Deutsches Übersetzungswerk, VI/276. 2 Somn. 11/292; vgl. den ganzen Kontext, ebd. 291-299; siehe auch somn. 1/90; leg. alleg. 11/78. 3 Praem. 163; vgl. die verwandte Terminologie und Motivation in den kleinasiatischen Sühneinschriften (siehe S T E I N L E I T M E R , Index s.v. έξαγορεύω). Plutarch kennt eine derartige Beichtpraxis und sieht in ihr typische Züge des Aberglaubens (de superstit. VII/S 168 D ; siehe oben S. 113 Anni. 7). Vgl. zum ganzen noch E. P E T E R S O N , ΕΙΣ ΘΕΟΣ 200ff. u. „Nachträge" ebd. 319f.; und siehe oben S. 47 f. 4 Somn. 1/91; vgl. QG 1/65. 82. 5 JosAs. 1 2 (vgl. dazu P H I L O N E N K O 1 6 6 £ F . ) . 6 So L E B R A M 179; Hervorhebung von uns. Zur Exhomologese in den Mysterien vgl. F . C U M O N T , Les religions orientales dans le paganisme romain. Paris 1929, 218 Anm. 40.
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Die Voraussetzungen
und anschließende Mannaspeisung dürfte einem speziellen Initiationsritus für Proselyten zugehören 1 . Auf dem Hintergrund solcher Beichtpraxis, die ihren Ursprung im Heiligen Recht hat, sind auch die Gebete Tobits, die Oratio Manasse und das Gebet Nabonids zu sehen 2 . Wie Philo selbst solche Vergebung versteht, zeigt der folgende Abschnitt mit seinem warmen homiletischen Pathos sehr deutlich : Philo führt zunächst aus, daß an uns als einem wilden Weinstock als „Früchte" nur Erbitterung, Schlechtigkeit, Tücke, Zorn, Wut und aufbrausender Sinn wachsen, und fährt dann im kommunikativen Plural fort: „Diese von uns abzuwenden, laßt uns den allgütigen Gott im Gebet anflehen, daß er diesen wilden Weinstock zerstöre und über alle die Eunuchen und an Tugend Unfruchtbaren ewige Verbannung verhänge. Er pflanze aber dafür die edlen Bäume und begnade sie mit wahren Früchten!" (ebr. 223f.). Es ist gewiß kein Zufall, daß Philo sich in seinem großen Kommentarwerk auf die Exegese des Pentateuch beschränkt, daß er also die „Landnahme" nicht mehr schildert. Denn menschliches Dasein ist für ihn das Dasein auf der Wanderschaft zwischen dem „blutdurchtränkten Ägypten" und dem heiligen Land, nämlich der himmlischen μητρόπολις, ja Gott selbst als dem eigentlichen „Erbteil" des Weisen 3 . Auf dieser Wanderung ist das Volk aber nicht allein gelassen, sondern es geht auch heute noch unter der Führung des göttlichen Hierophanten und Logos Mose, denn Mose wie die Patriarchen, insbesondere der chaldäische Abram-Abraham als Urbild des Proselyten, gelten Philo als mystische σωτήρες der Menschen. Abraham, dessen Tod „the most glorious life of the . . . soul" war 4 , ist nicht mehr menschliches Wesen, sondern der himmlische Wächter des Menschengeschlechts, der alle Übel aus ihm vertreibt 5 . Er ist Retter und Anwalt bei Gott, der die Vergebung 1
Siehe dazu unten S. 126 f. Tob. 3,2 ff. ; OrMan. ; 4QOrNab. (vgl. dazu R . MEYER, Das Gebet Nabonids) Zur mandäischen Beichtpraxis vgl. besonders RUDOLPH, Mandäer II/236ff. und siehe oben S. 114. 3 Siehe oben S. 48 f. Diese Zusammenhänge bestätigen die Vermutung von L E B R A M (208ff.), daß levitische Kreise die Träger des „Lehrbetriebs" jüdischer Weisheitsschulen waren. 4 QG IV/152; vgl. fuga 194. — Der Bericht des MM (V/2f.) über den Tod des Mose, dessen Abstieg als sein wahrer Aufstieg geschildert wird, ist diesen Vorstellungen nahe verwandt. „He was ascending gradually his soul glad to meet his Lord, looking toward the top of the mountain and seeing the heavenly angels ready to meet him" (MACDONALD 11/202; vgl. Apg. 7,55). Die Verwandtschaft mit dem philonischen Mosemysterium ist offenkundig. 5 QG III/10; vgl. migr. 120ff. — Mose als Erzengel und allererster Logos steht zwischen Schöpfer und Geschöpf. Er ist der Ικέτης der Menschen bei Gott und Gesandter Gottes an die Menschen, der ihnen die Versöhnung predigt: έγώ γάρ έπικηρυκεύομαι τά είρηναϊα γενέσει παρά τοϋ καθαιρεϊν πολέμους έγνωκότος είρηνοφύλακος αίεΐ θεοϋ (her. 206). 2
Sünde, Gnade u n d Vergebung im hellenistischen J u d e n t u m
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der Sünden bewirkt für alle, die ihm verwandt sind1, als einer, der in die Gemeinschaft der Engel versetzt wurde2. Die rabbinische Lehre von den „Werken der Väter"3 ist im hellinistischen Judentum durch die Vorstellung der himmlischen Fürbitte der durch die Materie in die immaterielle Welt gewanderten Väter ersetzt4. Vor allem ist Mose, der — anders als der am sechsten Tag erschaffene irdische Adam — mutterlos am siebten Tag von Gott auf dem Sinai geboren wurde (QE 11/46), der ins Göttliche verwandelte sündlose Hierophant und Mittler der Menschen®. In diesen Zusammenhang gehört auch die Aussage über den himmlischen Sühnedienst Melchisedeks, die jetzt durch ein wichtiges Qumranfragment als sicher vorchristlich erwiesen ist®. 1 Abr. 2 7 0 - 2 7 2 ; Q G I I I / 4 4 . 6 2 ; R . M A R C U S (ed. L O E B ) Z. St. vermutet ein μεσίτης oder παράκλητος im ursprünglichen griechischen Text. Vgl. noch QG IV/53 f. und siehe dazu G O O D E N O U G H , Light 1 4 4 . Diese philonische ParakletVorstellung entspricht etwa der von l . J o h . 2 , 1 ; — siehe auch praem. 1 6 4 F F . : τρισι χρησάμενοι παρακλήτοις των πρός τόν πατέρα καταλλαγών. 2 Migr. 173; vgl. QG IV/20. 3 Vgl. M O O R E I/536ff. und siehe oben S. 7 2 . 4 Vgl. virt. 73ff. ; somn. I/164f. ; praem. 164ff. ; 4.Makk. 5,37; 13,17 ; ä t h H e n . 39,4f. Siehe dazu: G O O D E N O U G H , Introduction 89; E . K Ä S E M A N N , Das wandernde Gottesvolk ( F R L A N T 55, 1939, 2. Aufl. 1957), 116ff.; B I E T E N H A R D , Himml. Welt 123ff. 5 Vgl. her. 206; gig. 54f. ; spec. leg. 1/229: Der wahre Hohepriester, der die Vergebung bewirkt, ist sündlos (άμέτοχος άμαρτημάτων έστίν). Wenn er einmal strauchelt, so ist es nicht seine, sondern des Volkes Schuld. Philos ganze Hohepriesterlehre ist f ü r die Interpretation des Hebr., trotz der wesentlichen Vorarbeiten K Ä S E M A N N S , noch nicht voll ausgeschöpft. — Zum philonischen Mosemysterium vgl. noch G O O D E N O U G H , Light 223ff. Ganz ähnlich: MM I I u. V ; siehe dazu L E B B A M 211 ff. — Aussagen wie J o h . 1,17 f. u n d vor allem 6,27 ff. können u . E . nur auf solchem Hintergrund u n d als christliche Polemik gegen diese jüdische Mosesoteriologie verstanden werden. • llQMelch. Editio princeps: A. S. V A N D E B W O U D E , Melchisedek als himmlische Erlösergestalt in den neugefundenen eschatologischen Midraschim aus Qumran Höhle X I (Oudtestamentische Studien X I V , 1965, 354-373). VAN DER W O U D E gibt den leider stark zerstörten Text der 13 kleinen Fragmente in Umschrift und sorgfältig begründeter deutscher Übersetzung (Photokopie der Fragmente, Seite 356 ; Hebr. Text in Umschrift mit entsprechend gekennzeichneten Rekonstruktionsversuchen, 358; Übersetzung, 359f.). Interessant ist, daß hier der Messias (Melchisedek?) mit den Worten von Jes. 6 1 , I f f . die eschatologische Befreiung der Gefangenen ausruft, genau wie Jesus in der Synagoge von Nazareth (Lk. 4,18ff.); u n d daß hier wie Lk. 4,18 die Befreiung den Sinn der durch die Vergebung geschenkten Freiheit von der Sünde h a t . F ü r Lk. ist dieser Sinn durch seine ganze Theologie nahegelegt, in llQMelch., Zeile 6f. steht im unmittelbaren K o n t e x t des wie stets, so auch hier von L X X (u. Lk.) mit άφεσις wiedergegebenen Τ Π mehrfach "1DD; vgl. VAN· D E B W O U D E 362f. Schon die sicher lesbaren Partien des Midraech lassen keinen Zweifel, daß hier Melchisedek als himmlische Gestalt (DTTIVN, im Unterschied zu Gott, der in llQMelch. stets heißt) die eschatologische Sühne vollzieht. Vermutlich handelt es sich nicht u m eine ad hoc aus dem Bibeltext gesponnene Spekulation, sondern u m uralte Mythologumena kanaanäischer Provenienz, die, jahrhundertelang von geheimem „Priesterwissen" gehütet, hier plötzlich sichtbar werden. — Melchisedek spielt hier die Rolle, die in 1QM 13,9f. Michael i n n e h a t ; vgl. außer
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Die Voraussetzungen
Auch die in gewisser Analogie zu dem philonischen Abraham durch ihre μετάνοια erlöste Erlöserin Aseneth muß hier genannt werden 1 . Aseneths Name ist für Ewigkeiten unauslöschlich ins Lebensbuch eingeschrieben (61,3f.); sie ist neugeschaffen 2 und wird zur πόλις καταφυγής für die έθνη, d.h. für alle Umkehrenden (61,5ff.). Sehr wahrscheinlich entspricht auch das siebentägige Fasten, das Ablegen des Bußgewandes, die Waschung sowie das Anlegen einer στολή λευκή άθικτο ν einem realen Kultbrauch 3 . Durch den Besuch des Himmelsboten (Michael?) und den ιερός γάμος wird Aseneth in ihre himmlische είκών, nämlich die μετάνοια-σοφία, die die Schwester des Engels ist, verwandelt 4 . Sie wird selig gepriesen wegen des Empfangs der άπόρρητα του θεοϋ μυστήρια; mit dem himmlischen Manna gespeist, erhält sie D E R W O U D E 368ff. ; W . L U E K E N , Michael, 1898, 29ff. ; B I E T E N H A R D , Himmlische Welt 123ff. Zum himmlischen Sühnekult siehe noch: TestLev. 3,5; 5,6; TestDan. 6,2; ä t h H e n . 40,6. 9; aber auch schon Hi. 5,1; 33,23f. 1 JosAs. 12ff. — Vollständige Bibliographie und gründliche Diskussion dieser in der Forschung leider sehr zu Unrecht vernachlässigten Schrift in der neuen kritischen Edition von P H I L O N E N K O ; vgl. auch die wichtigen Vorarbeiten von C. B U R C H A R D , Untersuchungen zu JosAs. Überlieferung - Ortsbestimmung ( W U N T 8, 1965), der freilich den esoterisch-mystischen Charakter des hier zur Sprache kommenden J u d e n t u m s und die starken ägyptischen Einflüsse verkennt. — B A T I F F O L , der die erste Edition des griechischen Textes unseres Romans veranstaltet h a t , hielt die Schrift in ihrer vorliegenden Gestalt f ü r das relativ späte Werk eines Christen (4.-5. Jh.). E r glaubte in den Figuren von Jos. und As. allegorische Verschlüsselungen f ü r Christus u n d die Kirche vor sich zu haben u n d sah hier christliche Mystik und christlichen Sakramentalismus wirksam; ebenso im wesentlichen E . W. B R O O K S , Joseph a n d Asenath. The Confession and Prayer of Asenath Daughter of Pentephres the Priest (Translations and E a r l y Documents, Ser. I I . Hellenistic-Jewish Texts 7. London-New York 1918). — J ü n g s t h a t T. H O L T Z (Christliche Interpolationen in JosAs. NTS 14, 1967/68, 482-497) erneut einen Versuch unternommen, wesentliche Aussagen der Schrift als christliche Interpolationen auszuscheiden (s.u. S. 127 Anm. 3). U . E . ist aber keines seiner Argumente durchschlagend. Nirgends läßt sich in der Schrift ein direkter Einfluß des N T oder der übrigen uns bekannten urchristlichen Literatur nachweisen; es fehlen vor allem spezifisch christologische Interpolationen! Neben den unverkennbaren ägyptischen Einflüssen (vgl. dazu die Anm. bei P H I L O N E N K O und die Einleitung ebd. 6Iff.) begegnen zahlreiche jüdische Theologumena in einer noch stärker mythologischen u n d daher vorphilonischen Gestalt, die wir bei Philo d a n n in philosophierender Reinterpretation wiederfinden. — B R A N D E N B U R G E R S mündlich geäußerte Vermutung, daß hier möglicherweise die Bekehrung der Isis-Sophia selber, also die jüdische Adaption der ägyptischen Göttin unter dem Thema der μετάνοια erzählt werden soll, verdient sehr ernsthafte Nachprüfung. Jedenfalls ist u . E . dem abgewogenen Urteil P H I L O N E N K O S zuzustimmen : „Joseph et Aséneth est u n roman mystique, écrit en grec, à l'époque romain, par u n Juif d'origine égyptienne" (109). — Vgl. auch M. P H I L O N E N K O , Initiation. VAN
2
Siehe oben S. 100, Anm. 7. 14,12ff. ; vgl. die Gewandsymbolik im Isismysterium des Apuleius (met. X I / 2 3 f . ) ; siehe dazu P A S C H E R 54ff. ; D I B E L I U S , Isisweihe; B I E T E N H A R D , Himml. Welt 226ff.; K A M L A H , Paränese 127ff. — Vgl. aber schon Sach. 3,3ff. 4 1 5 , 5 F F . — Vgl. R E I T Z E N S T E I N , Vorgeschichte 1 2 0 ; D E R S . , Mysterienreligionen 248 f. — Siehe auch Philo, eher. 42 ff. 3
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das πνεΰμα ζωής und wird so zur niemals alternden und ewig schönen μητρόπολις τετειχισμένη1. Wie Aseneth so wird auch bei Philo das Volk auf seiner Wanderschaft mit Himmelsspeise gesättigt und gestärkt. Die Nahrung, die Gott ihm gewährt, ist der Λόγος oder die Σοφία selber2. Da Philo nur den Pentateuch auslegt, der ihm keinen Anlaß gibt, von einem sakramentalen Kultmahl zu reden, wissen wir nicht mit Sicherheit, ob in den alexandrinischen Synagogen ein solches Mahl gefeiert worden ist. Da uns aber das eindeutige Zeugnis eines Mysterienmahles aus der jüdischen Gemeinde, in der die Allegorie von Joseph und Aseneth entstand, zur Verfügung steht, und da dieses Mahl durch die HonigAllegorese sehr klar mit dem Manna als paradiesischem Engelsbrot identifiziert wird3, werden wir auch die Stelle in den von H A B R I S 1 E d . B A T I F F O L 64. (Leider fehlt im A p p a r a t der PniLONENKOschen E d i t i o n u n d entsprechend a u c h in d e m schönen Register der „ m o t s grecs" im A n h a n g der v o n B A T I F F O L durchweg wiedergegebene L a n g t e x t , der eine f r ü h e , a b e r ebenfalls jüdische Rezension des R o m a n s , wenn nicht gar der ursprüngliche T e x t , zu sein scheint. D a s m i n d e r t den W e r t dieser t e u r e n E d i t i o n erheblich u n d erfordert ständig den Vergleich mit d e m schwer erreichbaren BATiFFOLSchen T e x t . Vgl. zur Textüberlieferung B U R C H A R D 4ff. u. P H I L O N E N K O 3 ff. — W i r zitieren diesen T e x t d a r u m nach der Ausgabe von B A T I F F O L mit Seite u n d Zeile). Vgl. Gal. 4,26. — Später wird berichtet, d a ß Aseneth d u r c h die Küsse Josephs, des Gottessohnes (z.B. 68, 20!), πνεΰμα ζωής, πνεΰμα σοφίας u n d πνεύμα άληθείας ü b e r t r a g e n wird, n a c h d e m zuvor der R u f erklang έξω πάντες άλλότριοι (69,4 u n d 69, 25-70, 2). Vgl. a u c h OdSal. 2 8 , 6 f . : „ U n d es empfing mich das Leben ohne Tod u n d k ü ß t e mich. U n d von i h m s t a m m t der Geist, der in mir ist. U n d er k a n n n i c h t sterben, weil er lebendig i s t . " — Siehe dazu B R A N D E N B U R G E R , Auferstehimg 24ff. I n diesen Zusammenhang gehört das φίλημα αγιον. Siehe dazu Κ . M . H O F M A N N , P h i l e m a hagion. B F C h T h . 38, 1938, 70ff. 2 F u g a 138; m u t . 259f.; vgl. die Mannaallegorese leg. alleg. I I I / 1 6 2 - 1 7 6 ; congr. 170ff.; her. 191; det. p o t . 114-118 u n d siehe auf diesem H i n t e r g r u n d l . K o r . 10. 3 K . G. KUHN, T h e L o r d ' s Supper, 74ff., h a t zuerst u n d völlig überzeugend wegen der großen Ähnlichkeit u n d teilweise wörtlichen Ü b e r e i n s t i m m u n g e n der f ü n f Passagen über das K u l t m a h l in JosAs. auf ein zugrundeliegendes „technisches F o r m u l a r " geschlossen (75). Die f ü n f Stellen (49, 3ff. ; 4 9 , 2 1 - 5 0 , 1 ; 61,4-7 ; 64,14f. ; 69,8-10) n e n n e n alle das αρτον ζωής, d a s ποτήριον άθανασίας u n d d a s χρίσμα αφθαρσίας; dieses Mahl wird 62,23-65,17 d u r c h die im einzelnen schwer d u r c h s c h a u b a r e Honigwaben-Allegorese als Gabe des M a n n a gedeutet. Honig ist traditionelles Bild f ü r Weisheit; vgl. P r o v . 2,10; 16,24. — K U H N (ebd. 75f.) v e r m u t e t in d e m Mahl eine K u l t p r a x i s der T h e r a p e u t e n (vgl. Philo, vit. cont.), weil die d a m i t gespeiste F r a u (Aseneth) den von R I E S S L E R v e r m u t e t e n essenischen U r s p r u n g schwierig mache. Sicher zu R e c h t besteht K U H N S Hinweis auf die Analogien in J o h . 6 , 5 1 b f f . u n d I g n E p h . 20,2. Vgl. vor allem j e t z t P H E L O N E N X O , I n i t i a t i o n 149ff. — Gegen die b e g r ü n d e t e n Analysen der Texte u n d die Überlegungen von K U H N u n d P H I L O N E N K O k o m m t B U R C H A R D S neuerliche B e s t r e i t u n g des s a k r a m e n t a l e n Charakters dieses Mahles in keiner Weise a u f . B U R C H A R D will die fraglichen Passagen n u r auf die A u f n a h m e der bekehrt e n Proselytin in die normale jüdische Tischgemeinschaft d e u t e n . I h m ist der allegorische C h a r a k t e r der Schrift ebenso entgangen, wie i h m der Blick f ü r die religionsgeschichtlichen Z u s a m m e n h ä n g e fehlt (121 ff.).
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Die Voraussetzungen
edierten griechischen Philofragmenten, wo Philo von der Teilnahme am Heiligen Mahl redet, von dem alle Unwürdigen ausgeschlossen werden müssen, damit sie nicht „Änderung" (έναλλοιώθ-ωσιν) befalle, so deuten müssen, daß Philo die Praxis eines derartigen Kultmahles in seiner Gemeinde kennt 1 . Solche Wegzehrung und die himmlische Fürbitte der Patriarchen hilft dem „wandernden Gottesvolk", tapfer in der göttlichen τάξις zu bleiben, die Königsstraße zu wandeln und nicht in das feindliche Lager der ήδονή überzulaufen (gig. 43). So gilt es, nach dem Vorbild Abrahams, der auch nach dem „mystischen Triumph" 2 der Zeugung Isaaks auf der irdischen Wanderschaft bleibt, den toten Körper zu unterdrücken. Er wird dann ebenso fruchtbringend sein wie die Seele3. Auch die Israeliten, für Philo das verwandelte Geschlecht der Gottschauenden, wurden aus dem Roten Meer gerettet, während die „Ägypter", das materielle Element, die σάρξ, darin ertränkt wurden 4 . Ziel und Weg der Wanderung des „Weisen" faßt G O O D E N O U G H folgendermaßen zusammen: „All the virtues would be his when he reached the end of the mystic Road : his task was to push on and on in the wilderness of struggles fed by the manna, watered by streams of Sophia which Moses evoked for him on the way, looking allways to his Captain and Leader, and meanwhile doing as well as he could in his life with other men" 6 . Gewiß redet Philo — wie die Weisheitstradition durchweg — das Individuum an. Er vermag das empirische Israel ungebrochen nicht mehr als alleinigen Adressaten der göttlichen Heilszusage zu sehen. Diese Individualisierung hat aber ja schon im Alten Testament selbst und dann vor allem in der Septuaginta ein breites Fundament. Die Struktur der philonischen Gemeinde mit ihren zahlreichen Proselyten kommt hinzu. „Der Proselyt wird vom Glück hoch emporgehoben, hoch angesehen, bewundert und selig gesprochen werden (μακαριζόμενος), weil er einmal zu Gott übertrat und zum anderen als angemessenen Lohn einen sicheren Platz im Himmel erhielt, von dem man nicht sprechen darf 6 ; der Adlige dagegen (ευπατρίδης für den Israeliten), 1 H ABRIS, Fragments 75 = M A N G E Y II/658f.; vgl. l.Kor. l l , 2 9 f . (!) und siehe GOODENOUGH, Light 260f. u. DEBS., Introduction 158.
2
GOODENOUGH, I n t r o d u c t i o n 152.
3
QG IV/77ff.; vgl. her. 267ff. und siehe GOODENOUGH, Light 149ff. u. Introduction 152 f. * Somn. II/270f.; vitMos. II/246ff.; vgl. l.Kor. 10, Iff. — Der νοϋς lebt in der Knechtschaft des Körpers (Ägyptens). Gott aber hat die Leiden seiner Knechtschaft „zerrieben" und ihn in die Freiheit hinausgeführt (praem. 124). 6
β
GOODENOUGH, I n t r o d u c t i o n 153.
Vgl. JosAs. 64,3 ff. : Makarismus der Aseneth wegen der ihr geoffenbarten άπόρρητα μυστήρια; siehe auch Mt. 16,17.
Sünde, Gnade und Vergebung im hellenistischen Judentum
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der seine edle Abkunft verfälscht hat, wird in die tiefste Tiefe, in die Unterwelt und in die Finsternis hinabgestürzt werden" 1 . Wie Philo in den Patriarchen die mystischen Retter seines Volkes sieht, so gilt ihm die jüdische Gemeinde als Priester für die Welt 2 . „Beten wir daher darum, daß — gleichsam die Säule im Haus — der νους in der Seele, der gerechte Mann aber in der Menschheit zur Heilung von Krankheiten verbleibe!" 3 . Der „Weise" oder das „weise Volk" ist die κεφαλή des σώμα der Menschheit. Die einzelnen sind nur Glieder (μέλη), die belebt werden allein durch die δυνάμεις des Hauptes 4 . Überblickt man das Ganze der von Philo repräsentierten Theologie der hellenistischen Synagoge, so muß man sagen, daß Philo in einer sonst kaum erreichten Tiefe um die Sündenverfallenheit und Erlösungsbedürftigkeit des Menschen gewußt hat. E r vermag das auszudrücken, indem er die Sünde als ein mit dem Dasein in der Welt und im Körper, unter dem Ansturm der Begierden und Leidenschaften gegebenes, fast unentrinnbares Verhängnis darstellt. Den typisch gnostischen Ausweg der Minimalisierung aller Weltbeziehungen hat er aber nicht beschritten, obwohl die Verlockungen dieses Weges hier und da schon spürbar werden 6 . Statt dessen betont Philo in einem Widerspruch zu jenem Verhängnisgedanken, der ihm gewiß nicht verborgen war, bewußt die Schuldhaftigkeit aller Sünde und die Notwendigkeit der göttlichen Hilfe und Vergebung. Ein ähnliches Verständnis von Sünde und Vergebung finden wir in den Mandaica und in der gnostischen Pistis Sophia, in der neben einer Aussage wie der, daß die „Archonten der Heimarmene den Menschen zwingen, bis er sündigt" 6 , von der Übergabe des rettenden Mysteriums der Sündenvergebung an die Jünger gesprochen werden kann. 1 Praem. 152. — Beachtlich ist die Fortsetzung mit dem — wie bei Paulus, Rom. 11,16 ff. — botanisch unmöglichen Bild vom Aufpfropfen der wilden Reiser auf den edlen Baum ( ! ). Diese Parallelität ist um so auffälliger, als Philo hier (einzige Stelle in seinem gesamten Werk!) von dem eschatologischen Befreiungstag (ήμέρα μία πάντες έλευθερωθήσονται) und von der Sammlung Israels aus der Zerstreuung an einem „ihnen angewiesenen Ort" (am Zion?) redet, die unter der Führung eines eschatologischen Heilbringers stattfinden wird : ξεναγούμενοι πρός τίνος θεωτέρας ή κατά φύσιν άνθρωπίνην όψεως. (Möglicherweise ist dabei allerdings nicht an einen persönlichen Heilbringer, sondern an eine endzeitliche Wiederkehr der wegweisenden Wolke und Feuersäule aus der Exodusgeschichte gedacht, die vitMos. 11/254 θεία οψις heißt; vgl. F. H. COLSON ed. LOEB VIII/418.) — Bei diesem Zug wird das Volk durch drei Parakleten unterstützt, damit es die göttliche Versöhnung empfange (siehe oben S. 124 Anm. 5 f . ) ; praem. 164ff.; vgl. auch 4.Esr. 13,39ff. und s. o. § 2, S. 54 Anm. 4. 2 Spec. leg. II/163ff.; Abr. 98. 3 Migr. 124; vgl. ebd. 120ff.; sacrif. 122ff. 4 Praem. 125. — Zum universalen und kosmischen Aspekt von Sünde und Erlösung vgl. noch praem. 70ff. 5 Vgl. zum Problem H. JONAS, Gnosis I/313ff.
« PistSoph. 131; 9 Thyen, Studien
=
SCHMIDT-TILL, G C S 4 5 , 2. A u f l . 1 9 5 4 , 2 1 7 , Z e i l e 22FF.
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Die Voraussetzungen
Für das hellenistische Judentum gilt es im Vertrauen auf den Gott, der άφεσιν και έλευθ-ερίαν ταΐς ίκέτεσιν αύτοϋ ψυχαις προκήρυξας1, gerade das „Sündenverhängnis" als eigene Schuld zu übernehmen und in dieser τάξις mit der von Gott immer wieder gespendeten Wegzehrung seiner Gnade und Vergebung den Weg in die himmlische πατρίς zu gehen, so daß man in der Tat sagen kann: „Unlike the ethical absolutism of the Stoics, Philo's doctrine is one of 'grace' and 'forgivness'" 2 . 1 2
Her. 273; vgl. somn. I/173f. J . S . BOUGHTON, The Idea ofProgress in Philo Judaeus. New York 1932, 146.
II. K A P I T E L : D I E I N D E R J O H A N N E S T A U F E GESPENDETE SÜNDENVERGEBUNG U N D DIE CHRISTLICHE TAUFE1
§ 5. Die Taufe Johannes des Täufers Die Taufe Johannes des Täufers 2 wird von Markus als βάπτισμα μετανοίας εις αφεσιν αμαρτιών (Mk. 1,4 = Lk. 3,3 3 ) charakterisiert. Obwohl für Markus die Bußpredigt des Johannes als des geringeren Vorläufers für den nach ihm kommenden Stärkeren4 allein wesentlich 1 Vgl. zum folgenden Η . T H Y B N , Βάπτισμα μετανοίας εις άφεσιν αμαρτιών (in: Zeit und Geschichte, Bultmann-Festschrift 1964, 97-125); zu den dazu nach erneuter Beschäftigung mit dem Thema notwendig gewordenen Modifikationen vgl. das folgende. 2 ó βαπτίζων s t a t t ό βαπτιστής nur Mk. 1,4; 6,12. 24; vgl. W . M A R X S E N , Der Evangelist Markus ( F R L A N T 67, 2. Aufl. 1959), 19; gegen E . L O H M E Y E R , Das Evangelium des Markus (MeyerK, 15. Aufl. 1959), z. St. — Der feste Beiname ó βαπτιστής, den auch Josephus überliefert (Ant. X V I I I / 5 , 2), zeigt, daß die Taufe und nicht die Bußpredigt das wesentliche u n d charakteristische Merkmal des Täufers ist. Vgl. dazu A. S C H L A T T E R , Johannes der Täufer, 1956 (von W . Michaelis herausgegebene Habil-Schrift), 61 ; J . A. S I N T (S. J.), Die Eschatologie des Täufers, die Täufergruppen und die Polemik der Evangelien (in: K. S C H U B E R T (Hrsg.), Vom Messias zum Christus, 1964, 55-163), besonders 77ff. ; P . V I E L H A U E R , Art. „Johannes der T ä u f e r " (RGG III/804-808, Lit.). 3 Lk. kann hier im Gegensatz zu Mt. (siehe dazu unten S. 139 Anm. 5) der Formulierung von Mk. folgen, weil ihm Buße und Vergebung nur Vorbereitung und notwendige Bedingung des Heils, nicht aber die σωτηρία selber sind. Nur d a r u m k a n n er auch die Täufervorgeschichte so unbefangen aufnehmen. Gerade als der sündenvergebende ist ihm Johannes der rechte Vorläufer des σωτήρ und seiner σωτηρία. Buße u n d Vergebung sind bei Lk. — entgegen ihrem ursprünglich sakramental-kultischen Sinn — moralisiert, und so wurde zugleich der Täufer dem Standesprediger Johannes assimiliert; vgl. die gründliche Analyse dieses Sachverhaltes, wenn auch in anderem Zusammenhang, bei H . C O N Z E L M A N N , Mitte der Zeit (BhTh. 17, 4. Aufl. 1962, 198ff.). „ D a s Heilsgut ist f ü r Lukas die ζωή, die σωτηρία. U n d die Voraussetzung ist die Vergebung. Wiederum deren Bedingung ist die B u ß e " (ebd. 200f.). — Siehe ferner G. B A U M BACH, Das Verständnis des Bösen in den synoptischen Evangelien (TheolArb. X I X , 1963 ),122ff. ; V. T A Y L O R , Forgiveness and Reconciliation, 5. Aufl. 1956, ( T A Y L O R h a t freilich den gesamten neutestamentlichen Befund harmonisiert und ohne Blick f ü r die lebendige Einzelkontur alles dem im N T j a keineswegs so zentralen Begriff der „Versöhnung" untergeordnet). 4 Ob κηρύσσων βάπτισμα κτλ. auf die Selbsttaufe unter der bloßen Zeugenschaft des Täufers hinweist, wofür d a n n allerdings auch die Lesart ενώπιον αύτοϋ in D zu Lk. 3,7 spräche (so nach Vorgang und unter Nachfolge anderer M. D I B E L I U S , Die urchristliche Überlieferung von Johannes dem Täufer, 1 9 1 1 , 1 3 5 ) scheint uns indes höchst fraglich. Auch K . R U D O L P H , Mandäer 1 / 2 3 1 , setzt unter Berufung auf Η . V. M A R T I N (The Primitive F o r m of Christian Baptism, E T 1 9 4 7 / 4 8 , 1 6 0 F F . ) die Vorstellung der Selbsttaufe allzu selbstverständlich voraus; ebenso zur Begründung seiner phantastischen These H . S A H L I N (siehe 9'
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Johannestaufe u n d christliche Taufe
ist, läßt die offenbar übernommene Formulierung βάπτισμα μετανοίας εις άφεσιν άμαρτιών noch klar erkennen 1 , daß hier mehr ist als der Bußprediger nach Analogie eines Jona. Die artikellose Wendung verrät deutlich technisch-theologischen Sprachgebrauch2 und kennzeichnet die Johannestaufe als Buße und Vergebung wirkendes eschatologisches Sakrament 3 . Durch das Hendiadyoin „Buße und Verunten S. 136 Anm. 5-8). — Dagegen m u ß m a n wohl in dem κηρύσσων der christlichen Missionssprache anstelle eines ursprünglichen βαπτίζων eine Christianisierungstendenz erblicken; vgl. das βαπτίζειν βάπτισμα μετανοίας, das Apg. 19,4 und E b E v . bei Epiphanius, Haer. X X X / 1 3 , 6 überliefert ist, u n d siehe die K o m m . z.St. sowie A. OEPKE, T h W 1/544. Gegen die Vorstellung einer Selbsttaufe auch E . D I N K I E R , Art. „ T a u f e " (RGG VI/628) u n d P. V I E L H A U E R , ebd. III/805. — Die analogielose Wendung „der T ä u f e r " spricht zudem deutlich f ü r den Vollzug der Taufe durch Johannes. Sonst wäre ein κήρυξ τοϋ βαπτίσματος o. dgl. zu erwarten; so auch SCHLATTER, Täufer 61; W . MICHAELIS, Zum jüdischen Hintergrund der Johannestaufe (Judaica 7, 1951, 81-120), 119. — Bei der Selbsttaufvorstellung ist meist mit sehr fragwürdiger Selbstverständlichkeit die Proselytentaufe als unmittelbares Vorbild der Johannestaufe gesehen (vgl. dazu G. F . M O O R E I/331ff. und C. H. K R A E L I N G , J o h n the Baptist, 1951, 95ff.). Beachte auch das ύπ' αύτοϋ von Mt. 3,6! 1 Gerade wegen der Tendenz, den Täufer zum Vorläufer Jesu zu machen, u n d den dahinter stehenden Auseinandersetzungen mit der Täufergemeinde auch bei Markus (vgl. E . GRÄSSER, Das Problem der Parusieverzögerung in den synoptischen Evangelien u n d in der Apostelgeschichte, B Z N W 22, 1957, 179f.), und wegen der Erzählung von der Heilung des Paralytischen mit dem Gipfel in der Frage τις δύναται άφιέναι αμαρτίας εί μή εις ó θεός (Mk. 2,7; vgl. BILL. z.St. u n d siehe unten K a p . 3) m u ß m a n annehmen, daß die Wendung βάπτισμα μετανοίας εις όίφεσιν αμαρτιών eine so feste Bezeichnung der Johannestaufe war, daß sie sich k a u m unterdrücken ließ. D a f ü r spricht indirekt auch die Erklärung des Josephus (Ant. X V I I I / 5 , 2), daß die Johannestaufe keine Sündenvergebung gewirkt habe (siehe u n t e n Anm. 3); vgl. auch SCHLATTER, Täufer 56ff. 2 Vgl. dazu L. KÖHLER, Kleine Lichter, 1945, 84f. 3 D a f ü r spricht vor allem der apokalyptische K o n t e x t der Johannestaufe und ihre typologische Korrespondenz mit der kommenden Feuertaufe, die Mk. (1,8) zwar weggebrochen, Q ( = Mt. 3,11 f. u. Lk. 3,16f.) aber noch erhalten h a t . Wie jene einmalig u n d endgültig wirksam ist, so ist es diese ; wie jene vernichtet, so rettet diese. I m Anschluß an C. M. E D S M A N (Le baptême de feu, A S N U 9, 1940) h a t d a r u m K R A E L I N G vermutet, daß der J o r d a n f ü r Johannes den Feuerfluß der Apokalyptik repräsentiert, und daß das freiwillige Eintauchen in diesen vor dem gewaltsamen in jenen rettet. „ J o h n ' s baptism would, therefore, be a rite symbolic of t h e acceptance of t h e judgement which he proclaimed" (117f.). — Zu dem iranischen Gedanken des Feuerflusses vgl. 1 Q H 3,14ff. 28ff.; 6,16ff.; 8,17ff.; Hen. 10,3f.; 3Sib. 72f. (mit dem Sintflutgedanken kombiniert) u n d PsClem., Horn. 11,16: προσφεύγετε τω ΰδατι. τοϋτο γάρ μόνον την τοϋ πυρός όμήν σβέναι δύναται; vgl. dazu Η . SCHLIER, Religionsgeschichtliche Untersuchungen zu den Ignatiusbriefen (BZNW 8, 1929), 146f.; K. G. KUHN, Sektenschrift (ZThK 49, 1952), 307ff.; E . PETERSON, Die 'Taufe' im Acherusischen See (in: Frühkirche, J u d e n t u m , Gnosis, 1959, 310-332), 323f. — F . LANG, Art. πϋρ κτλ. (ThW VI/943), übersieht die Bedeutung der Feuertaufe u n d läßt den Täufer d a r u m den Messias ankündigen, der mit Geist ( ! ) und Feuer taufen wird. — Richtig ist von K R A E L I N G beobachtet, daß die Johannestaufe keinen Initiationsritus darstellt, denn das setzte die Idee der Sammlung einer exklusiven Gemeinde voraus. •— Den eschatologischen Heilssinn zu beschreiben, dient auch die mit dem Täufer verbundene Wüstentypologie, die aber alsbald
Die Taufe Johannes des Täufers
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gebung" ist dabei nichts Geringeres als das endzeitliche Heil beschrieben 1 . Die viel diskutierte Frage nach der immer noch ungeklärten religionsgeschichtlichen Einordnung und Ableitung der Johannestaufe und des Täufers mag hier auf sich beruhen. Zur Klärung dieses Problems wird jedoch folgendes zu bedenken sein: 1. Die alte, in dem Artikel βάπτω κτλ. von O E P K E im Theologischen Wörterbuch 2 und sonst oft noch vertretene Alternative Judentum zur Wüstenpredijer-Vorstellung christianisiert u n d von Mt. u. Lk. als geographische Angabe mißverstanden wird; vgl. MARXSEN, Markus 26f. ; siehe im übrigen auch P. VIELHAUER, Tracht und Speise Johannes des Täufers (Aufs, zum NT. ThBü. 31, 1965, 47-54). E s ist zutreffend, wenn K R A E L I N G die S. 132 Anm. 1 erwähnte Josephusnotiz so interpretiert : Josephus will als J u d e seinen heidnischen Lesern klarmachen, daß es Sakramente nach Analogie heidnischer Mysterien auf jüdischem Boden nicht gibt (120ff.). Fragwürdig dagegen scheint uns zu sein, daß sich K R A E L I N G diese Meinung des Josephus zu eigen macht u n d gegen ein — z.B. von R . OTTO (Reich Gottes u n d Menschensohn, 4. Aufl. 1954, 73ff.) stark vertretenes — sakramentales Verständnis der Johannestaufe polemisiert. Dabei h a t t e schon H. W I N D I S C H (Taufe u. Sünde 75) darauf aufmerksam gemacht, daß auch der apokalyptische Aspekt des Täufers — und nicht nur des Täufers! — in dem tendenziösen Josephusbericht völlig unterschlagen ist. K R A E L I N G h a t sich zu seinem Urteil durch die Bußpredigt des Täufers verleiten lassen, ohne die christliche Tendenz, den J o r d a n t ä u f e r in den Wüstenprediger zu verwandeln, genügend zu beachten. — Zum sakramentalen Charakt e r d e r J o h a n n e s t a u f e v g l . R . BULTMANN, J e s u s 25 ; W . MICHAELIS, J u d a i c a
81 ff.; A. SCHLATTER, Täufer 145f.; J . DELORME, La pratique du baptême dans le Judaïsme contemporain des origines chrétiennes (Lumière et vie 26, 1956, 21-54); J.THOMAS, Le mouvement baptiste en Palestine et Syrie. 1935, 73; A . S C H W E I T Z E R , Die Mystik des Apostels Paulus 1930. 228; G. BORNKAMM, Die neutestamentliche Lehre von der Taufe (ThBl. 1938, 42ff.); E. H A E N C H E N , Der Weg Jesu, 1966, 42ff.; E.SCHWEIZER, Die 'Mystik' des Sterbens und Auferstehens mit Christus bei Paulus (EvTh. 26, 1966, 239-257), 242ff. — Wenn wir in der Johannestaufe die wirksame und rettende Vorwegnahme der vernichtenden Feuertaufe sehen dürften, dann wäre hier bereits ein wesentlicher Zug des Taufverständnisses von Rom. 6 angelegt, u n d Worte wie Mk. 10,38 f. u. Lk. 12,50 wären in diesem Licht zu beurteilen; vgl. M. DIBELIUS, Art. Johannes (d. Täufer). R G G (2. Aufl.) ΙΠ/315-319, bes. 318; P. L U N D B E R G , La typologie baptismale dans l'ancienne église (Act SemNeotUps. 10, 1942, 221-227); G.DELLING, Βάπτισμα βαπτισθήναι (NovTest. 2, 1957, 92-115). — Anders SCHLATTER, Täufer 143. 1 Das hier vorausgesetzte μετάνοια-Verständnis u n d seine feste Verbindung mit άφεσις ist so nicht alttestamentlich und natürlich erst recht nicht „helleni-
s t i s c h " (vgl. z u m L X X - S p r a c h g e b r a u c h E . WÜRTHWEIN/J. BEHM, T h W
IV/
972ff.); sachlich h a t es nahe Analogien im rabbinischen wie im philonischen Umkehrgedanken (siehe oben §§2 u. 4). Die sprachliche Verbindung von μετάνοια und άφεσις mit ausgesprochenem Bezug auf die σωτηρία begegnet OrMan. 7; vgl. die Bußengelvorstellung ä t h H e n . 40,9 und die eschatologische dies paenitentiae von AssMos. 1,18; ferner : TestGad. 5,7ff. (die moralische Übermalung scheint sekundär zu sein); Philo: somn. I/105ff.; Abr. 17; QG 1/82; fuga 157; CorpHerm. 1/28; ä t h H e n . 12,5 (ειρήνη und όίφεσις in synonymem Parallelismus); Lk. 1,71 (σωτηρία wird durch άφεσις interpretiert; = Täufertradition, siehe unten) u.ö. 2 T h W I/534ff. ; OEPKE will die Johannestaufe allein aus jüdischen Baptismen ableiten; er übersieht vor allem die christlichen Tendenzen im synoptischen Täuferbild.
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Johannestaufe u n d christliche Taufe
oder Hellenismus muß endlich als eine längst unfruchtbar gewordene polemische Kategorie zu den Akten gelegt werden. Wie wir im ersten Kapitel gesehen haben, ist das nachbiblische Judentum keine vom hellenistisch-orientalischen Synkretismus der Spätantike unberührte Oase. Es hat vielmehr vielerlei Vorstellungen, die ihm zur Explikation seines Glaubens angemessen erschienen, ebenso bereitwillig aufgenommen, wie das schon die Väter im Alten Testament selbst getan hatten 1 . 2. Die Ableitung der Johannestaufe aus der jüdischen Proselytentaufe ist aus vielerlei Gründen unmöglich. Die Proselytentaufe ist wohl erst in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts in Übung gekommen 2 . Im Gegensatz zur Johannestaufe ist sie Selbsttaufe des Täuflings unter bloßer Zeugenschaft 3 . Sie ist ein ausschließlich Heiden vorbehaltener Initiationsritus 4 . Der Gedanke sakramentaler und eschatologischer Sündenvergebung ist ihr fremd; ihr Zweck ist ausschließlich die Erlangung levitischer Reinheit 5 . Es wird also, wie REITZENSTEIN schon vermutet hat, genau umgekehrt sein: Wo die Proselytentaufe „eine tiefere Bedeutung annimmt, werden vermutlich Einflüsse judaisierter Täufersekten mitgewirkt haben 6 ". 3. Es besteht kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Johannestaufe und den qumranischen Waschungen und Bädern. Die Parallelen zwischen dieser und jenen lassen sich durch das gemeinsame Milieu hinreichend erklären7; eine unmittelbare Genealogie aufzu1
Siehe oben im I. Kap., pass. Vgl. den gründlichen Nachweis von W . M I C H A E L I S , Die jüdische Proselytentaufe u n d die Tauflehre des N T (Kirchenblatt f ü r die reformierte Schweiz 105, 1949, 17-20 und 34-38); sowie DERS., Hintergrund 81 ff., wo zugleich eine begründete Abweisung der Argumente von J . J E R E M I A S vorgelegt wird, der f ü r die Herleitung aus der Proselytentaufe eintritt (J. J E R E M I A S , Der Ursprung der Johannestaufe, Z N W 28, 1929, 312-320; DERS., Proselytentaufe und NT, ThZ 5, 1949, 418-428; vgl. dazu auch W . G. K Ü M M E L bei L I E T Z M A N N / K Ü M M E L , Kor. I I I , H N T 9, 181). — Schon R E I T Z E N S T E I N (Vorgeschichte 234) h a t t e auf das Schweigen Philos, Epiktets u n d des Josephus über die Proselytentaufe hingewiesen; vgl. überhaupt ebd. 223ff. Auch JosAs. (vorphilonisch) kennt die Proselytentaufe n i c h t ; vgl. B U R C H A R D , Untersuchungen 146f. — Zur Datierungsfrage der Proselytentaufe vgl. noch H . H . ROWLEY, Jewish Proselyte Baptism and the Baptism of J o h n (HUCA 15, 1940, 313-324). 3 Vgl. besonders Κ . G. K U H N , Art. „Proselyten" (PW) u n d K . R U D O L P H , Mandäer 1/230. 4 Keiner derer, die die Ableitung aus der Proselytentaufe vertreten, h a t d a f ü r eine akzeptable Lösung vorgeschlagen. Zudem gilt doch mindestens noch f ü r die Zeit des Verfassers des J o h E v . , daß das Taufen des Johannes etwas Außerordentliches darstellt: J o h . 1 , 2 5 ! Vgl. dazu R E I T Z E N S T E I N , Vorgeschichte 225. 5 Vgl. M I C H A E L I S , Hintergrund 112FF. β Vorgeschichte 239. 7 Vgl. THYEN, Βάπτισμα 112 (Lit.), besonders ebd. Anm. 83f. Den qumranischen Waschungen fehlt der apokalyptische Kontext der Johannestaufe; sie haben ihren unleugbaren Ursprung in den levitischen Waschungen der Tempelpriester vor dem Opferdienst. Der sündenvergebende Charakter wird ausdrück2
Die Taufe Johannes des Täufers
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stellen, verbieten der levitische Charakter der qumranischen Waschungen und ihre Wiederholbarkeit1. Zudem fehlt in Qumran das eigentliche Charakteristikum der Johannestaufe, nämlich der „Täufer". 4. Ebenso müssen auch die Versuche, die Johannestaufe direkt aus der mandäischen Taufe abzuleiten, aufgegeben werden 2 . Keinesfalls darf aber dagegen die Erkenntnis preisgegeben werden, daß die Johannestaufe und die mandäische Taufe dem gemeinsamen Mutterboden eines heterodoxen Judentums entstammen 3 . Da die synoptischen Evangelien — aus Gründen, die unten zu erörtern sein werden —, das Täuferbild und die Taufe des Johannes sehr stark nivelliert und möglicherweise mancher Spezifika beraubt haben, bleiben die mandäischen Tauftexte ein wichtiges Instrument zur Rekonstruktion vor allem des religiösen Hintergrundes der Johannestaufe 4 . In dieses Milieu weist auch das sibyllinische Zeugnis: Έ ν ποταμοΐς λούσασθε ολον δέμας άενάοισιν, Χείρας τ' έκτανύσαντες ές αιθέρα, των πάρος έργων Συγγνώμην αίτεισθ-ε, και εύλογίαις (εύσεβίαις?) άσέβειαν Πικράν ίλάσκεσθε (ίάσασ-9-ε?)' Θεός (δέ) δώσει μετάνοιαν, Ούδ' αλέσει' παύσει δέ χόλον πάλιν, εΐπερ άπαντες Εύσεβίην περίτιμον ένί φρεσίν άσκήσητε 6 . lieh bestritten: ÎQS 3,4ff. Sühne schafft allein der „Geist Gottes", der mit dem „Geist der Demut und Aufrichtigkeit" und mit der rechten Toraerfüllung identisch ist. Vgl. M A I E B II/18f. und J . G N I L K A , Die essenischen Tauchbäder und die Johannestaufe ( R Q 3, 1961/62, 185-207). 1 Die hier und da in der Lit. aus Lk. 1 , 8 0 ( ! ) herausgesponnene frühere Qumranzugehörigkeit des Täufers gehört in das Reich der Phantasie. — Phantastisch ist auch der Versuch von O . B E T Z (Die Proselytentaufe der Qumransekte und die Taufe im NT, R Q 1 , 1 9 5 8 / 5 9 , 2 1 3 - 2 3 4 ) , eine aus der Proselytentaufe entwickelte einmalige — von allen übrigen Waschungen völlig verschiedene — Initiationstaufe in Qumran zu konstruieren, die der qumranische Dissident Johannes, um die „von der Sekte aufgegebene Welt" zu retten, nun allen gespendet habe. Vgl. dagegen die besonnene Untersuchung G N I L K A S und siehe J . A . S I N T 8 8 f f . ; G . R I C H T E R , „Bist du Elias" (Joh. 1 , 2 1 ) , BZ 6 , 1 9 6 2 , 7 9 - 9 2 und 2 3 8 - 2 5 6 ; besonders 8 8 F F . 2 Vgl. dazu K. R U D O L P H , Mandäer I, pass., besonders 66ff. und 230ff., was allerdings K B A B L I N G S Urteil „and in the very late Mandaic texts there is preserved a tradition about John's baptism which in large part is indépendant of Christian sources" (183) nicht aufhebt. Auch in den PsClem. ist alte täuferische Tradition bewahrt. Vgl. noch R . S C H N A C K E N B U R G , Das vierte Evangelium und die Johannesjünger (HistJb 77, 1958, 21-38), 24f. 3 Siehe dazu schon R E I T Z E N S T E I N , Vorgeschichte 2 6 7 f . ; ferner: V I E L H A U E R , Art. „Joh. d. Täufer" R G G ; J . T H O M A S , pass. ; richtig urteilt R U D O L P H (Mandäer 1 / 7 6 ) , daß man „die Meinung Lohmeyers umdrehen und die Taufsekten an den Anfang setzen" muß, „die Johannes überwand, und die neben ihm weiterblühten". (Vgl. E . L O H M E Y E R , Das Urchristentum I , Joh. d. Täufer, 1 9 3 2 . ) 4 Soviel scheint uns jedenfalls auch heute noch von R E I T Z E N S T E I N S Ergebnissen unaufgebbar. 5 OrSib. IV/164—169 (Text: J . G E F F C K E N , Oracula Sibyllina in GCS 8, 1902). Der Abschnitt ist auch bei R E I T Z E N S T E I N (Vorgeschichte 2 3 5 F F . ) abgedruckt und kommentiert.
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Johannestaufe und christliche Taufe
Diese vom drohenden apokalyptischen Weltenbrand umrahmten Rufe der Sibylle können keinesfalls das hohe Alter der Proselytentaufe belegen, denn der apokalyptische Kontext ist ihr ebenso fremd wie das fließende Flußwasser und der Gedanke der Versöhnung Gottes für die begangenen bösen Werke 1 . So bleibt die Stelle das „kostbare Dokument" einer jüdischen Taufsekte 2 . 5. Obwohl die Johannestaufe fraglos auf die prophetischen Verheißungen der endzeitlichen Reinigung Israels von aller Sünde durch Wasser zurückweist 3 , ist ihr religionsgeschichtlicher Hintergrund und sakramentaler Sinn damit noch in keiner Weise geklärt 4 . — Völlig abwegig erscheint uns schließlich H. S A H L I N S Verständnis der Johannestaufe, das er in verschiedenen Publikationen vorgetragen hat 6 . Danach wäre die Johannestaufe die typologische Wiederholung des Tauchbades der Wüstengeneration im Schilfmeer6, aus dem „das messianische Volk geboren wird"7. Die Johannestaufe habe nicht Buße und Vergebung gespendet, sondern Johannes habe bei seinem einmaligen ( ! ) kollektiven Taufakt das Volk aufgefordert, umzukehren und seine Sünden „abzulegen" (! ) 8 . Es muß deshalb dabei bleiben, daß die Johannestaufe — solange nicht neues und eindeutiges religionsgeschichtliches Material zu einer Revision dieses Urteils zwingt — mit V I E L H Ä U E R und R U D O L P H 9 als eine „originale Schöpfung" des Täufers auf dem Boden der hetero1 Für die Proselytentaufe hat z.B. H . W I N D I S C H (Taufe u. Sünde 4 8 ) die Stelle in Anspruch genommen ; dagegen mit Recht R E I T Z E N S T E I N (siehe vorige Anm.). Eine „christliche Bearbeitung", die E . D I N K L E B (Art. „Taufe", RGG) nicht ausschließen möchte, erscheint uns unwahrscheinlich wegen der fehlenden Erwähnung eines Messias und seiner soteriologischen Rolle. Andererseits ist hier der dem Täufer wohl fremde, aber den Rabbinen wie den Mandäern geläufige Gedanke, daß die Umkehr bzw. die Existenz von „Gerechten" das Gericht verhindert, angelegt; vgl. R E I T Z E N S T E I N ebd. 2 R E I T Z E N S T E I N , Vorgeschichte 2 3 5 . 3 Vgl. Ez. 36,25f.; 47, Iff.; Jes. 4,4 und siehe J . A. S I N T 69. 4 S I N T (ebd.) macht sich die Auseinandersetzung mit E D S M A N (siehe oben S. 132 Anm. 3), den er nur „curiositatis causa" erwähnt, allzu leicht. 5 H . S A H L I N , Studien zum dritten Kapitel des LkEv. (UpsUniÂrskr. 2 , 1 9 4 9 ) ; D E B S . , Der Messias und das Gottesvolk. Studien zur protolukanischen Theologie (ASU X I I , 1 9 4 5 ) ; siehe dazu W . G. K Ü M M E L , Das Urchristentum (ThR N F 1 8 , 1 9 5 0 , 17 ff. ) ; W . M I C H A E L I S , Hintergrund; D E B S . , Der Messias und das Gottesvolk, SymbBiblUps. 11, 1948, 5ff. 8 Siehe dazu noch H. S A H L I N , Der neue Heilsexodus bei Paulus (Judaica 7, 1951, 121-136), wo l . K o r . 10 zur Rekonstruktion der Johannestaufe herangezogen wird. Ähnlich schon J . J E B E M I A S (siehe oben S. 134 Anm. 2). Alle derartigen Versuche sind durch die stringenten Einwände von M I C H A E L I S als erledigt anzusehen. ' S A H L I N , Studien 114. 8 Dieser Sinn läßt sich f ü r ϋφεσις nicht belegen ; vgl. S I N T 1 1 1 ff. ; M I C H A E L I S , Hintergrund 83. » P . V I E L H A U E B , Art. „Joh. d. Täufer" R G G ; K . R U D O L P H , Mandäer 1 / 7 6 , Anm. 5; vgl. ferner K B A E L I N G 109ff.
Die T a u f e J o h a n n e s des Täufers
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doxen jüdischen Taufbewegungen im Jordantal zu gelten hat 1 . Unbeschadet also der Frage nach der genauen religionsgeschichtlichen Zuordnung stehen wir in Johannes dem Täufer einem Manne gegenüber, der sich bewußt ist, die endzeitliche, allein Gott zukommende Sündenvergebung sakramental zu bewirken2. Er baut damit „in der Wüste" die Heilsstraße für die Ankunft Gottes, zu welchem Werk sich die Engelmächte in der Berufungsaudition Deuterojesajas gegenseitig aufriefen3. Hier ist kein Platz mehr für irgendeine noch auf Johannes folgende messianische Figur, weder für einen politischen Messias, noch für den apokalyptischen Menschensohn4. Der Weltenrichter selber wird jetzt in der Feuertaufe ratifizieren, was die Johannestaufe schon entschied 5 . Die Taufvergebung ist von Gott gewährte letzte Umkehr 6 . Nach ihr gibt es keine Bußmöglichkeit mehr, sondern nur noch das Gericht. Es ist also für die Johannestaufe die Naherwartung ebenso konstitutiv, wie die in ihr gespendete Vergebung als Tilgung der bis zum Datum der Taufe kontrahierten Sündenschuld verstanden werden muß. Schon von hier aus kann man fragen, ob nicht die Polemik des Hebräerbriefes gegen die Möglichkeit einer zweiten Buße hier ihre Wurzel hat 7 , und ob nicht die „potestas clavium" und das Zeugnis des ersten Johannesbriefes8 solchem Sünden Verständnis gegenüber als Triumph der 1 I n der B e h a u p t u n g religionsgeschichtlicher Abhängigkeiten ist ü b e r h a u p t größte Vorsicht geboten. Einzelmotive oder Begriffe reichen dazu niemals aus, wie ein Blick in die Phänomenologie von V A N D E R L E B Ü W lehrt. E s bedarf dazu schon einer fest verbundenen Motivreihe oder eines geprägten Formschemas (vgl. dazu E . N O R D E N , Agnostos Theos, besonders 2 7 7 f f . ; E . K A M L A H , Paränese (siehe oben S. 68 Anm. 7). 2 Z u m sakramentalen Charakter der T a u f e siehe oben S. 132 Anm. 3. — Zum Privileg Gottes, Sünde zu vergeben, vgl. Mk. 2,7 u n d siehe die K o m m . z.St, besonders B I L L . 3 K . L . S C H M I D T S Beobachtung ( R a h m e n der Geschichte J e s u , 1919, 2Iff.) der widersprüchlichen V e r k n ü p f u n g zweier ursprünglich getrennter Motive, Wüstenprediger — u n d J o r d a n t ä u f e r , schießt insofern über das Ziel hinaus, als in der T a t zwar die 'Wixetenprediger-Vorstellung ein sekundäres u n d christliches Motiv ist. Dagegen gehört aber die Wüstentypologie primär zur Täufertradition ; vgl. M A R X S E N , Markus 20ff. ; G. B O R N K A M M , Jesus von Nazareth, 6. Aufl. 1963, 40ff. — Zum W ü s t e n m o t i v vgl. n o c h : M . H E N G E L , Die Zeloten, 1956, 255ff. — Das Schriftzitat in Mk. l , 2 f . (Jes. 40,3 + Mal. 3,1) ist wohl eine schon in der Täufergruppe erfolgte Komposition; vgl. 1QS 8,12-16 u n d siehe T H Y E N , Βάπτισμα 100, A n m . 14. Anders R I C H T E R , Elia 244f. 4 ó ισχυρότερος (Mk. 1,7) ist jüdische Umschreibung des Gottesnamens. N a c h Mal. 3,25 ist Elia der Vorbote J a h w e s selbst. Eine Messiasankündigung des Täufers h ä t t e gewiß auch einen deutlicheren, bis ins Titulare reichenden Niederschlag in den Synoptikern u n d bei J o h a n n e s ( ! ) finden müssen. E i n Hinweis auf den Messias fehlt auch OrSib. IV/165 (siehe oben S. 135f.). 5 Die a k u t e N a h e r w a r t u n g l ä ß t Apostasiegedanken nicht a u f k o m m e n . 6 Zur U m k e h r als Gabe siehe oben §§ 2 u n d 4, sowie S. 133 A n m . 1; vgl. auch die Belege bei B E H M , T h W I V / 9 8 8 . — Siehe auch Apg. 5 , 3 1 und vgl. MICHAELIS, Hintergrund 85. 7 8 Vgl. T H Y E N , Βάπτισμα 1 0 1 . Vgl. d a z u das folgende Kapitel.
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Johannestaufe und christliche Taufe
Gnade, und das heißt — freilich in einem ganz anderen Sinn, als es der Täufer meinte —, des „Stärkeren" zu beurteilen sind 1 . Die Standespredigt des Täufers (Lk. 3,10-14) gibt für die Rekonstruktion seines Porträts nichts her, denn sie ist eine späte Paränese des hellenistischen Christentums, wahrscheinlich von Lukas selbst geformt und dem Täufer in den Mund gelegt 2 . Für Stände und ihre Erhaltung ist angesichts des historischen Täufers kein Platz und keine Zeit 3 . Sollte nicht von hier aus, und nicht wegen der gnostisierenden Einstellung des Evangelisten 4 , die kritische Eliminierung der als täuferisch suspekten Apokalyptik im vierten Evangelium zu verstehen sein? 6 Das jedenfalls scheint uns bei der auch sonst im Johannesevangelium zu beobachtenden und oft beobachteten antitäuferischen Haltung nicht abwegig und gäbe der Rede von einem „geläuterten Offenbarungsbegriff' 1 des Evangelisten ein neues Recht 6 . Selbst bei Matthäus, der sich ängstlich hütet, die Johannestaufe als wirksames Sakrament zur Sündenvergebung erscheinen zu lassen, wird die alte Charakteristik der Taufe als eines βάπτισμα μετανοίας noch sichtbar in dem von Markus (und Q) übernommenen Täuferwort : εγώ μέν ύμας βαπτίζω έν δδατι 7 εις μετάνοιαν, wobei allerdings das εις μετάνοιαν im Unterschied zu dem epexegetischen Genitiv μετανοίας stärker finalen Sinn hat. Weil aber die Wassertaufe (im Sinne des Matthäus die Umkehr?) vor der kommenden Feuertaufe rettet, hat sie sakramental-definitive Bedeutung 8 . Oder sollte hier und Apg. 19,4, wo die Johannestaufe auch als βάπτισμα μετανοίας ohne das εις άφεσιν αμαρτιών beschrieben wird, der ursprüngliche, mehr „gesetzliche" Sinn dieser Taufe als eines Siegels 1 Wohl kaum zufällig fehlt der Terminus μετάνοια im JohEv. ; vgl. B U L T MANN, JohEv. 95. Weiteres siehe unten. 2 Vgl. R. BULTMANN, Die Geschichte der synoptischen Tradition, 3. Aufl. 1957, 155. 158 f. 3 Begründung im Folgenden. 4 So E. K Ä S E M A N N (Rez. von B U L T M A N N , JohEv.), VF 1942/46, 200. 5 Vgl. E. FUCHS, Das Zeitverständnis Jesu (Ges. Aufs. II, 1960, 304-376). 6 Vgl. BUITMANN, JohEv., Register s.v. „Offenbarung". 7 Das έν ΰδατι (3,11) ist wohl nicht erst christliches Interpretament, um die Johannestaufe als bloße Wassertaufe der christlichen Geisttaufe gegenüberzustellen, sondern korrespondiert ursprünglich mit der kommenden Feuertaufe, wodurch die Eliminierung der Feuertaufe und ihre Ersetzung durch die Geisttaufe sich ohne Schwierigkeiten erklärt. Natürlich gehört die Geisttaufe nicht zur Täuferverheißung; vgl. H. BRAUN, Qumran und das NT, 106f. 8 Natürlich soll dem Täufer dadurch die Umkehrforderung nicht abgesprochen werden; aber sie ist für sein Auftreten nicht konstitutiv, und wir kennen nicht ihren Charakter, denn die uns erhaltene Bußpredigt des Täufers (Mt. 3,7-10 = Lk. 3,7-9) ist zumindest sehr stark christlich retouchiert, wenn sie — von dem Feuertäuferwort abgesehen — nicht gar ganz christliche Bildung ist.
Die Taufe Johannes des Täufers
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der Bußpredigt des Täufers 1 und bloße Vorstufe des Heils erhalten sein, so daß wir in dem είς άφεσιν αμαρτιών bei Markus (und Lukas) eine schon festgeprägte „interpretatio Christiana" der Johannestaufe vor uns hätten? 2 Das ist jedoch bei der überall im Neuen Testament zu beobachtenden Tendenz, den Täufer zum bloßen Bußprediger und Vorläufer Jesu zu degradieren, überaus unwahrscheinlich3. Zudem hat die Auslassung von είς άφεσιν αμαρτιών durch Matthäus ausgesprochen dogmatische Gründe. War ihm schon der Gedanke, daß Jesus sich überhaupt durch Johannes, den Vorläufer (είς μετάνοιαν!), taufen läßt, so anstößig, daß er diese Taufe durch ein nach Analogie von Gal. 4,4 gebildetes Gespräch zwischen Jesus und dem Täufer erst legitimieren muß 4 , so ist ihm erst recht die Vorstellung unerträglich, die allein im Opferblut des Christus begründete Heilsgabe der Sündenvergebung sei schon in der Taufe des Vorläufers zu haben 5 . Deswegen 1 D I B E L I U S (Täufer 58f.) geht u . E . zu stark von der Bußpredigt des Täufers s t a t t von seiner Taufe aus. E r rechnet mit einer Messiaserwartung des Johannes, so daß er sogar die Täuferanfrage (Mt. 11, Iff. par.) f ü r authentisch hält (33ff.) und die Johannestaufe entsprechend als bloß interimistisch beurteilt. Deshalb eliminiert er auch das είς άφεσιν αμαρτιών als christliches Interpretament. Siehe dagegen F . HAHN, Christologische Hoheitstitel ( F R L A N T 83, 1963), 371; H . B R A U N , Die Täufertaufe u n d die qumranischen Waschungen (ThViat. I X , 1963/64, Iff.) 3. 2 So viele Exegeten : ζ. B . L O H M E Y E R , Mk. z. St. ; D I B B L I U S (siehe vorige Anm. u n d R G G , 2 . Aufl. I I I / 3 1 5 ) ; W I N D I S C H , Taufe u n d Sünde 7 7 (unentschieden). — Vgl. ferner: J . S C H N I E W I N D , Mk. ( N T D 1 , 9 . Aufl. 1 9 6 0 ) , 1 0 ; K L O S T E R M A N N , Mk. ( H N T 3 , 4 . Aufl. 1 9 5 0 ) , 1 0 u . a . 3 Dagegen spricht das Josephuszeugnis (siehe oben S. 132 Anm. 3) u n d die Bestimmung des Täufers, er werde dem Volk die Erkenntnis des Heils durch Sündenvergebung geben (δούναι γνώσιν σωτηρίας τω λαω αύτοϋ έν άφέσει άμαρτιών), in einem sehr alten Stück täuferischer Provenienz (Lk. 1,77; weiteres dazu siehe unten). Auch das Schweigen des J o h E v . über die Taufvergebung u n d die Bindung der Vollmacht zur Sündenvergebung an die Gabe des Geistes durch den Erhöhten (Joh. 20,19-23; siehe dazu unten §11), sowie die Zuweisung der βαπτισμοί(!) zu den Anfangsgründen der Lehre (Hebr. 6,1 f.) und des offenbar polemischen Satzes, daß ohne Blutvergießen keine Vergebung sei (Hebr. 9,22), zum λόγος τέλειος im Hebräerbrief scheinen das zu bestätigen. — Völlig richtig urteilt S C H L A T T E R (Täufer 145 f.) — unter Berücksichtigung der späteren christlichen Tendenzen —, daß unmöglich die Sündenvergebung ihren Ursprung in einer „Assimilation der Taufbewegung a n die christliche T a u f e " haben könne; denn „in dieser F o r m vernichtet der Gedanke die ganze Taufbewegung" (146); vgl. auch S INT 7 6 ff. 4 Natürlich hat B O R N K A M M (Jesus 4 3 f . ) ganz recht, wenn er betont, d a ß der Anstoß des Matthäus nicht durch das spätere Dogma der Sündlosigkeit Jesu motiviert ist, sondern durch die Tatsache, daß die Johannestaufe beim Auftreten des Verheißenen keinen Sinn mehr h a t . — G. R I C H T E R (Elia 2 4 7 f . ) v e r m u t e t dagegen, Mt. wolle aufgrund der Gültigkeit des Gesetzes (Gespräch Jesu mit dem Täufer) die „befremdliche Tatsache, daß der sündenlose Jesus zum Täufer k a m " , motivieren. Dieser Gedanke liegt aber erst im H e b r E v . vor (Hieronymus, Contra Pelag. I I I , 2). 5 G. S T R E C K E R (Der Weg der Gerechtigkeit, F R L A N T 82, 1962, 148) sieht richtig, daß für Matthäus die Sündenvergebung „jedenfalls nicht die Grundlage des Auftretens des J o h a n n e s " ist. Aber S T R E C K E R S Schlußfolgerung: „Mt. übernimmt άφεσις u n d Derivate aus der Tradition, h a t aber diese Begriffe
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Johannestaufe und christliche Taufe
läßt Matthäus bei der Schilderung der Johannestaufe das εις αφεσιν άμαρτιών seiner Markusvorlage bewußt aus und fügt es dafür betont seinem Abendmahlsbericht ein : Erst das vergossene Blut Jesu schenkt seiner Gemeinde die Gabe der Sündenvergebung, und — so kann man mit Luthers Worten die Intention des Matthäus interpretieren — „wo aber Vergebung der Sünden ist, da ist Leben und Seligkeit" 1 . I n dieser Unterschlagung des sakramentalen, Sündenvergebung wirkenden Sinnes der Johannestaufe durch Matthäus hätten wir dann also ebenfalls einen unbewußten (oder bewußten?) antitäuferischen Akzent zu erblicken 2 . Sehen wir von hier aus auf das Johannesevangelium, so bestätigt sich unsere Vermutung. Hier ist die Zurückhaltung noch viel größer, und zwar — wie BULTMANN gezeigt hat — offenbar nicht wegen der größeren historischen und geographischen Ferne, sondern gerade wegen der größeren Nähe des Evangelisten zum Täufer und seiner Anhängerschaft 3 . Hier hat die Johannestaufe überhaupt nur noch die Funktion, Jesus als das „Lamm Gottes, welches der Welt Sünde t r ä g t " (1,29), erkennbar zu machen, damit Johannes seine heilsgeschichtliche Rolle, der μαρτύς Jesu zu sein, antreten kann 4 . R. GYLLENBEKGS, in der Festschrift zu Rudolf Bultmanns siebzigstem Geburtstag ausgesprochener Gedanke, daß wir von Anfang an, also unmittelbar nach dem Tode Jesu, mit dem Auseinanderbrechen seiner disparaten, nur durch Jesus selber zusammengehaltenen Anhängerschaft und mit der gleichzeitigen Ausprägung verschiedener Gestalten des Christentums zu rechnen und im Johannesevangelium eine dieser anfänglichen Formen zu erblicken haben, verdiente eine sehr viel ernsthaftere Erwägung in der Forschung 5 . gegenüber Mk. offenbar nicht hervorgehoben . . ." (ebd.), ist falsch. Das hat Mt. gerade getan! Vgl. G. B O R N K A M M , Enderwartung und Kirche im MatthäusEvangelium (WMANT 1, 2. Aufl. 1961) 13; weiteres siehe unten. 1 Gegen T A Y L O R (Forgiveness) besteht in der Sündenvergebung jedenfalls für Matthäus das Heil; vgl. Mt. 1,21 und siehe Ν . A . D A H L , Die Passionsgeschichte bei Matthäus, NTS 2, 1955/56, 17ff.; S I N T 112f.; W. T R I L L I N G , Die Täufertradition bei Mt. (BZ N F 3, 1959, 271-289), 286. 2 Mt. hat der Johannestaufe „diese Heilswirkung genommen und sie dem Abendmahl zugeeignet in Übereinstimmung mit seinem Mt. 1,21 vorgetragenen Gedanken" (H. S C H Ü R M A N N , Der Einsetzungsbericht Lk. 2 2 , 1 9 - 2 0 ; N T A 2 0 , 4 , 1 9 5 5 ) , 6 ; vgl. E. L O H M E Y E B , Vom urchristlichen Abendmahl (ThR 9 , 1 9 3 7 , 1 6 8 F F . , 1 9 5 F F . , 2 7 3 F F . ) 1 7 7 . Zur Rolle des Täufers im MtEv. siehe im übrigen T R I L L I N G , Täufertradition; R I C H T E R , Elia 2 4 7 f . 3 Vgl. besonders R . B U L T M A N N , JohEv. 5 . 7 6 und siehe R E I T Z E N S T E I N , Vorgeschichte 5 7 ff. 4 Vgl. B U L T M A N N , JohEv. 3 1 . 5 R. G Y L L E N B E R G , Die Anfänge der johanneischen Tradition (BZNW 21, 1954, 144-Í47), der u.E. mit Recht dem hinter dem JohEv. sichtbar werdenden Täuferbild (Gnosisnähe !) gegenüber der sekundären synoptischen, mit alttestamentlichen Farben gemalten Bußpredigervorstellung das historische Prae zu-
Dio Taufe Johannes des Täufers
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Jedenfalls geht das vierte Evangelium in der Abwertung des Täufers und seiner Taufe weit über Matthäus hinaus. Ja, man kann sagen, daß hier tatsächlich „das K i n d mit dem B a d e ausgeschüttet i s t " . Denn weil die T a u f e eben täuferisches W e r k und Geschäft ist, ist sie im Johannesevangelium in ein eigentümliches Zwielicht geraten 1 . Es fehlen hier nicht nur der v o n den Synoptikern als Einsetzung der christlichen T a u f e verstandene und darum zur „ K u l t l e g e n d e " gestaltete Bericht über Jesu eigene Taufe und der T a u f b e f e h l des E r höhten 2 , sondern es erklingen sogar gegen die T a u f e und ihre Praxis gerichtete polemische T ö n e 3 . Gab es für den Täufer nur eine Vergebung als sakramentale und danach das Weltgericht, so ist die diese W e l t richtende und rettende Gabe des Erhöhten an seine Gemeinde die Vollmacht zur verbalen Sündenvergebung als W e r k des Geistes 4 . So gewiß das Dahingegebenwerden des Täufers (παραδοθ-ήναι.) im Sinne des Markus theologisches M o t i v und nicht biographische N o t i z ist 5 , welches Jesu Predigt v o n der N ä h e des Reiches und sein A u f treten als das des „Menschensohnes" erst ermöglicht, so sicher darf man gleichwohl annehmen, daß Jesus auch im chronologischen Sinn erst nach dem Täufer aufgetreten ist 6 . D a f ü r spricht einmal der Stürmerspruch, der auf die Wirksamkeit des Johannes als abgeschlossene zurückblickt 7 . D a f ü r spricht aber vor allem das Fehlen einer erkennen möchte. — Ähnlich urteilt schon REITZENSTEIN, Vorgeschichte pass. Vgl. auch J. Α. T. ROBINSON, Elijah, John and Jesus: An Essay in Detection (NTS 4, 1958/59, 263-281), besonders 264. 1 Gegen D I B E L I U S (Täufer 109FF.) eben nicht nur die Johaimestaufe, sondern die Taufe überhaupt; vgl. THYEN, Βάπτισμα 104; REITZENSTEIN, Vorgeschichte 57 ff. 2 An die Stelle des Sakraments ist pointiert und programmatisch das Wort getreten (siehe unten zu Joh. 20,19-23 in § 11). Das ist freilich nicht im Sinne einer ausschließlichen Alternative zu verstehen, denn der Evangelist kennt und toleriert die Taufpraxis, sie ist ihm aber nur Zeichen für die Worte Jesu, die Geist und Leben sind. 3
V g l . THYEN, Βάπτισμα 104f. ; REITZENSTEIN, Vorgeschichte 226.
Vgl. T H Y E N ebd. und R E I T Z E N S T E I N , Vorgeschichte 57ff. — Das Weltgericht vollzieht sich in der „Vergebung" spendenden Predigt der Gemeinde; siehe unten § 11. 5 Vgl. W. MABXSEN, Markus 22ff., der von hier aus die historische Alternativfrage Markus ( = zeitliches Nacheinander von Täufer und Jesus) — Johannes ( = gleichzeitiges Auftreten beider) abweist und im Anschluß an K . L. S C H M I D T (Rahmen 24) von einem „heilsgeschichtlichen Schematismus" spricht. 6 Ein Urteil darüber, ob der Täufer nur erst gefangengesetzt oder bereits hingerichtet war, erlaubt die Quellenlage nicht; jedoch ist das letztere wahrscheinlicher. Weiteres siehe unten. ' Mt. 11,12 = Lk. 16,16. Die Literatur dazu ist unübersehbar; vgl. D I B E L I U S , Täufer 30, und siehe die Komm. z.St. sowie TRILLING, Täufertradition 275ff. — Die Frage nach der Authentie des Wortes ist nicht eindeutig zu beantworten. Gewiß mag sich der historische Jesus auf die Seite Johannes des Täufers als des „Größten unter den Weibgeborenen" gestellt haben (Mt. 11,11; vgl. E. KÄSEMANN, Das Problem des historischen Jesus, ZThK 51, 1954, 125ff., 149; M. DIBELIUS, Täufer 9ff. ; BULTMANN, SynTr. 177f.). Es ist aber methodisch 4
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J o h a n n e s t a u f e u n d christliche T a u f e
jeglichen Distanzierung Jesu vom Täufer, die in den Quellen stark sichtbar werden müßte, wenn Jesus mit Johannes gleichzeitig die nahe βασιλεία verkündigt hätte, zumal das lebhafte Interesse seiner Zeugen an solcher kritischen Distanz oben schon sichtbar geworden ist 1 . Darum spiegelt sich in der Anfrage des gefangenen Johannes, ob Jesus der Verheißene sei (Mt. 11,2-6 = Lk. 7,18-23), nicht die historische Situation des Täufers und Jesu, sondern die ihrer miteinander konkurrierenden Jünger2. Auch Mk. 2,18ff. 3 ; 6,29; Lk. 11,1; Joh. l,19ff.; l,35ff.; 3,22ff. 4 ; 4,lf., in dem Bericht über die Johanneswichtig, m i t B U L T M A N N (ebd.) zu beachten, d a ß die christliche Täuferüberliefer u n g gespalten ist: gegen die J u d e n wird J o h a n n e s als der Zeuge u n d Täufer J e s u in Anspruch genommen ; gegen die Täufersekte aber wird er kritisiert u n d degradiert. D a r u m k a n n m a n nicht ohne weiteres jedes positive Täuferzeugnis auf J e s u s selbst zurückführen. — Mk. 9,11-13 bildet möglicherweise die alte F o r t s e t z u n g des Stürmerspruchs (vgl. D I B E L I U S , Täufer 30). — A u c h der U m s t a n d , daß Jesus f ü r den Täufer redivivus gehalten werden k o n n t e (Mk. 6,14 ; 8,28 par.), legt den Schluß nahe, d a ß J o h a n n e s schon vor J e s u öffentlichem A u f t r e t e n hingerichtet worden w a r ; vgl. B U L T M A N N , SynTr. 329. 1 Z u m Charakter der βασιλεία-Verkündigung J e s u u n d ihrer antiapokalyptischen Tendenz vgl. E . J Ü N G E L , Paulus u n d Jesus, besonders 87ff. Außer der bei T H Y E N , Βάπτισμα g e n a n n t e n L i t e r a t u r siehe z u m Verhältnis der Christen zu den T ä u f e r j ü n g e r n n o c h : R I C H T E B , E l i a s ; S I N T , Eschatologie; T R I L L I N G , T ä u f e r t r a d i t i o n ; R . S C H N A C K E N B U R G , Das vierte E v a n g e l i u m u n d die Johannesj ü n g e r ; DEES., Logos- H y m n u s u n d johanneischer Prolog (BZ N F 1,1957, 69-109) 2 Gegen D I B E L I U S (Täufer 37ff.), der nicht n u r die Historizität der Anfrage, sondern sogar die F o r m der Szene f ü r authentisch hält (siehe oben S. 139 A n m . 1) Aber d a ß Jesus nicht der ισχυρότερος, der F e u e r t ä u f e r ist, ist doch ganz offensichtlich! Wie D I B E L I U S urteilen auch S I N T u n d viele andere. Vgl. dazu aber R E I T Z E N S T E I N , Vorgeschichte 6 0 ; u n d K R A E L I N G 1 2 8 F F . , der die ganze Szene richtig auf eine „ a n t i B a p t i s t polemic" z u r ü c k f ü h r t ( 1 7 9 ) ; siehe ferner B U L T M A N N , SynTr. 2 2 u n d E r g ä n z u n g s h e f t dazu 7 , gegen W . G. K Ü M M E L , Verheißung u n d Erfüllung, Untersuchungen zur Eschatologie u n d Verkündigung J e s u , A T h A N T 6 , 3 . Aufl. 1 9 5 6 , 1 0 2 F F . E . S T A T J F F E R (Antike Jesustradition u n d Jesuspolemik im mittelalterlichen Orient, Z N W 46, 1955, 1-30) h ä l t das Quellenstück f ü r „besonders zuverlässig" (18) u n d datiert es (in seinem W o r t laut!) auf den Winter 3 0 / 3 1 . E r sieht in diesem von den T ä u f e r a n h ä n g e r n tradierten W o r t ( ! ) die Quelle f ü r das Orakel in RGinza 1/201 f. Freilich m u ß er schließlich seine I n t e r p r e t a t i o n als „ k ü h n " bezeichnen (19). — Man vgl. n u r , was R U D O L P H (Mandäer I/pass.) begründet zu den späten Einflüssen der Tradition von J o h a n n e s d e m Täufer ausgeführt h a t . — Treffend urteilt jetzt E . H A E N C H E N , Der Weg J e s u 4 2 F F . ; vgl. noch C . K . B A R R E T T , The L a m b of God (NTS 3
1,
1954/55,
210-218),
212FF.
Zur Analyse u n d I n t e r p r e t a t i o n von Mk. 2,18-20 vgl. T H Y E N , Βάπτισμα 113, A n m . 93. 4 Zu J o h . l , 1 9 f f . vgl. besonders G. R I C H T E R , der auch fast alle bisher vorgetragenen Lösungsversuche kritisch beleuchtet. Das ganze Stück — unmittelb a r n a c h d e m Prolog m i t seiner polemischen Aussage ü b e r den T ä u f e r : ούκ ήν εκείνος το φως, άλλ' 'ινα μαρτυρήσγ) περί τοϋ φωτός (1,8) — setzt sich m i t k o n k r e t e n messianischen Ansprüchen der Täufergemeinde auseinander. Die Verse 2 2 - 2 4 darin sind sekundär, und zwar entweder „ein von den Herausgebern des E v a n geliums eingefügtes F r a g m e n t einer parallelen Darstellung" (so R I C H T E R 6 5 ; vgl. D I B E L I U S , Täufer 1 0 2 ; A. W I K E N H A U S E R , Das E v a n g e l i u m n a c h J o h . 6 1 ) oder aber eine bewußte Angleichung a n die Tradition d u r c h den kirchlichen
Die Taufe Johannes des Täufers
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jünger in Ephesus (Apg. 19,1-6) 1 und PsClem. Ree. 1/54. 60a finden sich deutliche Reflexe dieser Auseinandersetzung. Die Johannes]ünger haben ihren Meister bald nach dessen Tod messianisiert und seine Taufe institutionalisiert 3 . Wir haben an anderer Stelle zu zeigen versucht, mit welchen Kategorien diese Messianisierung des Täufers erfolgte 4 , und daß das Benedictus des Zacharias5 sowie Redaktor (so BTXLTMANN z.St.). — Was übrig bleibt, ist gar nicht anders deutbar als so, daß hier eine massive Messianologie der Täufersekte dadurch zurückgewiesen wird, daß der also Verehrte, „Johannes der Täufer . . . persönlich u n d feierlich, wie bei einem Prozeß (bekennt), daß er nicht der Messias i s t " ( R I C H T E R 66). Ist dieser Charakter des Abschnittes erkannt, so haben wir hier nochmals ein Zeugnis dafür, daß die Johannestaufe das messianische, sündenvergebende Werk ist. Denn wie der als endzeitlicher Priestermessias verehrte Täufer selbst alle Messianität weit von sich weisen muß, so wird in 1,29 u n d 36 die Gabe der αφεσις άμαρτιών durch den Mund dessen, der sie historisch gespendet h a t , ausschließlich an das „ L a m m " gebunden, „das der Welt Sünde t r ä g t " ; vgl. R I C H T E R 67. — D I B E L I U S h a t weiter die Verwandlung des Wassers (κατά τον κα-9-αρισμόν) in Wein (Joh. 2, Iff.) als bewußten Affront gegen die Täufersekte gedeutet (Täufer 112). Uns scheint auch das Nikodemusgespräch die Auseinandersetzung mit der Johannestaufe zu spiegeln (vgl. T H Y E N , Βάπτισμα 104). — I n 3,22 ff. wird dieser kritische Dialog unverhüllt fortgesetzt. 3,20 ist Spiegel des Triumphes des „Stärkeren" über den Vorläufer, d . h . Ausdruck des christlichen Missionserfolges über die Täufersekte. —• Wie immer m a n zu den schwierigen literarkritischen Problemen von J o h . 3 stehen mag (vgl. besonders BTXLTM A N N u n d W I K E N H A U S E R z.St., sowie R. S C H N A C K E N B U R G , Die „situationsgelösten" Redestücke in J o h . 3, Z N W 49, 1958, 88-99), im heutigen „ T e x t " des Evangeliums k a n n 3,31-36 (beachte die Folge von 4, Iff. !) nur als Teil der Täufermartyria interpretiert werden, in der Johannes sich als bloß Irdischen bezeichnet, der Himmlisches, d . h . „Leben" (V. 36), nicht zu geben vermag; vgl.1 zur Interpretation R E I T Z E N S T E I N , Vorgeschichte 58 f. Gegen K Ä S E M A N N (Die Johannesjünger in Ephesus, ZThK 49, 1952, 144ff. = Exeget. Vers. u. Bes. I, 4. Aufl. 1965, 158-168) wird m a n mit H A E N C H E N (Apg., Meyerk. 6. Aufl. 1968 z. St.) hier die Auseinandersetzung mit wirklichen Täuferjüngern sehen müssen; vgl. S C H N A C K E N B U R G , Hist J b . 24 Denn daß und wie sich Lukas auch in seinem Evangelium mit konkreten u n d massiven messianischen Ansprüchen der Täufergemeinden auseinandersetzt, h a t R I C H T E R , besonders 248ff., gezeigt. — Auch Apg. 13,25 ist in diesem Licht nicht als bloßer Reflex der synoptischen Tradition zu beurteilen, sondern h a t f ü r den Verfasser existentielles Gewicht; vgl. R I C H T E R 253 u. H A E N C H E N z.St. So ist es auch wohl kein Zufall, daß Lk. den Bericht über Jesu Taufe meidet und erst nach der Gefangensetzung des Täufers (3,20 !) andeutend von ihr spricht (vgl. R I C H T E R ebd. u. H . B R A U N , Entscheidende Motive in den Berichten über die Taufe Jesu von Markus bis Justin, ZThK 50, 1953, 39-43). 2 Vgl. R E I T Z E N S T E I N , Vorgeschichte 6 0 ; S C H N A C K E N B U R G , Hist J b . 24ff. 3 Vgl. T H Y E N , Βάπτισμα 144ff. — E r s t durch diese Institutionalisierung wird die Johannestaufe, was die christliche Taufe beinahe von Anfang an war, nämlich Initiationsritus. Damit sinken die Johannesjünger in das Sektenmilieu zurück, das der Täufer überwunden h a t t e (siehe oben S. 135 Anm. 3). Unseres Erachtens unscharf nennt H . B R A U N die Täufertaufe einen „Initiationsritus" (Täufertaufe 1). 4 Βάπτισμα 114ff. 5 Lk. 1,67-79; vgl. dazu sowie zur gesamten lukanischen Vorgeschichte T H Y E N , Βάπτισμα 114ff. — Nach der Publikation dieses Aufsatzes erreichten uns freundliche Hinweise von Professor P A U L W I N T E R , London, u n d Professor
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Johannestaufe und christliche Taufe
der Johannesprolog als frühe Zeugnisse dieses Prozesses angesehen werden müssen 1 . Manches davon lebt in der mandäischen ÜberMünster, zu den Fragen der lukanischen Vorgeschichte. Dazu sei in Kürze folgendes bemerkt: P. W I N T E R hat in zahlreichen Publikationen die lukanische Vorgeschichte zum Gegenstand eingehender Untersuchungen gemacht (vgl. die Bibliographie dazu bei: P. W I N T E R , The History of the Synoptic Tradition, NTS 10, 1963/64, 523-525; = Rez. der englischen Übersetzung von BULTMANNS SynTr.). Wir bedauern, diese wichtigen Abhandlungen übersehen zu haben. Zu W I N T E R S Sicht der lukanischen Vorgeschichte (hebräisches Original) vgl. BULTMANN, SynTr. ErgHeft 49. — Was nun speziell das Benedictas betrifft, so besteht darin in vielen Punkten eine erfreuliche Übereinstimmung mit unseren Resultaten. Einleuchtend scheint uns W I N T E R S Zweifel an dem messianischen Charakter des Psalms Lk. 1,68-75 in seiner ursprünglichen, vortäuferischen Gestalt (vgl. besonders P. W I N T E R , ThLZ 1956, 625ff. und ZNW 49, 1958, 66). W I N T E R charakterisiert das Stück als einen „martial hymn invoking God's assistance before the battle" (NTS 525). Dieses Gebet sei dann aber ,,by a member of John the Baptizer's community" (ebd.) mit Lk. 1,76-79 zu einem messianischen Hymnus auf den Täufer komponiert worden. J . GNILKA (Der Hymnus des Zacharias, BZ NF 6, 1962, 215-238) setzt sich mit V I E L H A U E R und W I N T E R auseinander. Er hält im Gegensatz zu jenen das Benedictus für eine genuin judenchristliche Bildung, dessen Verfasser dem Milieu der Test. XII nahestehe; vgl. auch SCHNACKENBURG, HistJb. 3 Iff. GNILKAS Aufsatz enthält wertvolle religionsgeschichtliche und linguistische Beobachtungen (vgl. besonders 223ff.), die sich mit unserer Analyse in vielem treffen, bzw. sie ergänzen. Vom christlichen Ursprung des Liedes jedoch vermochte uns GNILKA nicht zu überzeugen. Selbst wenn in Vers 78 statt des von der Koine, C, D pl. und der gesamten lateinischen Überlieferung bezeugten έπεσκέψατο mit den Zeugen Βχ*Θ syr. έπισκέψεται zu lesen wäre, was uns sehr unwahrscheinlich ist, weil die aoristische Lesart deutlich lectio difficilior ist, würde das ja nur für das gar nicht zweifelhafte lukanische Verständnis der Stelle etwas hergeben (vgl. GNILKA, ebd. 219). 1 Zu den Fragen des Johannesprologs vgl. THYEN, Βάπτισμα 117ff- ; ferner S . SCHULZ, Komposition und Herkunft der johanneischen Reden (BWANT V/1, 1960), 7ff. — Weil KÄSEMANNS Argumente, vor allem zu Vers 14, sehr schwer wiegen, sind wir gegenüber der Βάπτισμα 117 ff. vorgetragenen Abgrenzung und Interpretation unsicher geworden. Auch SCHULZ resigniert: „Eine genaue Herausschälung der Vorlage wird wohl kaum jemals möglich sein" (Komposition 69). Dennoch lassen die prosaischen und polemischen Verse gegen den Täufer u.E. keinen anderen Schluß zu als den, daß wir hier ein — wie auch immer — überarbeitetes Lied der Täufersekte vor uns haben; so auch SCHULZ ebd. Dagegen kommt SCHNACKENBURGS Argument, der Evangelist bekämpfe nicht die Meinung, „daß Johannes der Logos war, sondern nur, daß er das 'Licht' war, und zwar das 'Licht' während seiner irdischen Wirksamkeit" nicht auf (R. SCHNACKENBURG, Logos — Hymnus, besonders 92). Denn damit ist die zwingende Gewalt der Kettenreihe des Prologs übersehen und der fast titulare Sinn von τό φως nicht beachtet. Mit der Bestreitung: οΰκ ή Μ εκείνος το φως ist notwendig auch die Logosrolle des Täufers bestritten, wie es ja etwa bei Philo der Logos ist, der die erlösende Erleuchtung bringt; vgl. conf. 60ff.: τοΰτον γάρ μέν πρεσβύτατον υΐόν ό των όλων ανέτειλε πατήρ, δν έτέρωθι πρωτόγονον ώνόμασε (ebd. 63; vgl. die Aussage über Johannes als die ανατολή έξΰψους im Benedictus und siehe unten S. 145 Anm. 2). Zudem stimmen dazu unsere Beobachtungen zu Lk. 1,68-79 und zur Täuferpolemik im 4. Ev. vorzüglich. Jesus als dem φως το άληθινόν gegenüber ist der Täufer bloß λύχνος ό καιόμενος και φαίνων (5,35; vgl. REITZENSTEIN, Vorgeschichte 61). — Joh. 1,15 muß nach Analogie von l,19ff. verstanden werden (siehe oben S. 142 Anm. 4), was der Täufer hier in feierlicher Beschwörung über die Präexistenz Jesu sagt, werden seine Anhänger
JOACHIM GNILKA,
Die Übernahme der Taufe durch die Christen
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lieferung fort und wird hinter den Pseudoclementinen sichtbar. Johannes der Täufer wurde danach von seinen Anhängern als endzeitlich priesterliche Gestalt 1 , als die vom Himmel gekommene άνατολή έξ ύψους, als το φως τό άληίΗνόν, δ φωτίζει πάντα άνθ-ρωπον2 beschrieben, der aller Sünde ein Ende bereitet 3 .
§ 6. Die Übernahme der Taufe durch die Christen Die vorliegende Literatur über die christliche Taufe ist fast unübersehbar 4 . Wir wollen diese umfangreiche Bibliographie nicht noch mehr ausweiten. Im folgenden soll darum weder eine Geschichte der christlichen Taufe gegeben® noch der Versuch unternommen werden, das Taufverständnis der einzelnen neutestamentlichen Traditionsschichten und Autoren zu erheben® oder gar eine Tauflehre des Neuen Testaments zu zeichnen'. von ihm behauptet haben (Ιωάννης μαρτυρεί περί αύτοϋ καΐ κέκραγεν . . .). Inwiefern dieses Argument „wirkungslos und hinfällig (wäre), wenn die Johannesjünger auch von ihrem Meister Präexistenz behauptet h ä t t e n " (SCHNACKENBURG, Logos-Hymnus 93), leuchtet uns nicht ein. — Neuerdings will W . E L T E S T E R (Der Logos und sein Prophet, in: Apophoreta, Haenchen-Festschrift, B Z N W 30, 1964, 109-134) den Prolog als sorgfältig komponierte u n d theologisch klar disponierte eigens f ü r das Evangelium geschaffene Einleitung begreifen, in dem der Täufer nur auftaucht, weil er „fest zum Personal der evangelischen Geschichte rechnet" (128). Wenig einleuchtend! 1 Vgl. zur Ideologie vom Priestermessias THYEN, Βάπτισμα Í21ff., wo wir versucht haben, das Milieu dieser Vorstellung zu skizzieren. Die Anschauung geht offenbar schon auf Priesterkreise der Gola zurück u n d wird zuerst in der Priesterschrift greifbar; vgl. K . KOCH, ZThK 55, 1958, 40. — Zum Hintergrund siehe ferner noch : J . GNILKA, H y m n u s des Zacharias (siehe oben S. 143 Anm. 5) ; G. RICHTER, Elias ; K . BALTZER, Das E n d e des Staates J u d a und die Messiasfrage (Stud. z. Theol. d. atl. Überlieferungen, Von Rad-Festschrift 1961, 33-43). 2 Vgl. noch A. WLOSOK, Laktanz 86ff. 3 Vgl. TestLev. 18,8f. u n d siehe den Abschnitt „Die messianische E n t sündigung in der jüdischen Eschatologie" bei H . WINDISCH, Taufe und Sünde 34ff. (Belege!). 4 Vgl. die umfangreiche Bibliographie und den in die Problematik einführenden Artikel „Taufe I I " von E . D I N K L E R , R G G V I / 6 2 7 - 6 3 7 ( 1 9 6 2 ) . Neuere Untersuchungen mit Bibliographien: G. DELLING, Die Zueignung des Heils in der Taufe, o. J . ( 1 9 6 1 ) ; G . B R A U M A N N , Vorpaulinische christliche Taufverkündigung bei Paulus (BWANT 8 2 , 1 9 6 2 ) ; G . W A G N E R , Das religionsgeschichtliche Problem von Rom. 6 , 1 - 1 1 (AThANT 3 9 , 1 9 6 2 ) ; G. R. B E A S L E Y - M U R R A Y , Baptism in the New Testament, London 1963. N. GÄUMANN, Taufe und E t h i k . Studien zu Rom. 6 . (BEvTh. 4 7 , 1 9 6 7 ) . 5 Vgl. dazu etwa H . WINDISCH, Taufe u n d Sünde. β So z.B. O. K u s s , Zur vorpaulinischen Tauflehre im N T (Theologie u n d Glaube 1951, 289ff.); G. B R A U M A N N (siehe Anm. 4); R. S C H N A C K E N B U R G , Das Heilsgeschehen bei der Taufe nach dem Apostel Paulus (Münchener Theol. Stud. 1950) u . a . 7 Zur Problematik eines derartigen Versuches vgl. W . MABXSEN, Erwägungen zur neutestamentlichen Begründung der Taufe (in: Apophoreta, HaenchenFestschrift B Z N W 30, 1964, 169-177). 10 Thyen, Studien
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J o h a n n e s t a u f e u n d christliche T a u f e
Die Johannestaufe ist — wie wir gesehen haben — eschatologischmessianisches Bußsakrament εις αφεσιν αμαρτιών, das die mit ihr Versiegelten 1 im kommenden Feuergericht bewahrt. Dieses vom Täufer ausgebildete Instrument haben die Christen sehr bald nach Ostern2 ohne einen ausdrücklichen Taufbefehl ihres Herrn 3 und auch nicht legitimiert durch die bloße Fortsetzung einer etwa vom irdischen Jesus geübten oder ausdrücklich sanktionierten Praxis 4 übernommen und in der Auseinandersetzung mit der Täufersekte — sowie möglicherweise anderen Taufgruppen — in Anknüpfung und Widerspruch neu interpretiert. Die Gründe zur Übernahme der Taufe mögen darin liegen, daß ja Jesus selber getauft war 6 und daß zahlreiche Christen — ehemalige Johannestäuflinge — aus der Täufersekte zur christlichen Gemeinde fanden 6 . Jedoch reichen diese mehr äußerlich biographischen Motive kaum hin, den von früh an so allgemein und selbstverständlich geübten christlichen Taufbrauch zu erklären, zumal das Interesse am historischen Jesus kaum so rasch und schwerlich in dieser Tiefe der Reflexion eingesetzt haben dürfte 7 . Es muß also ein zwingenderes 1
Zur Versiegelungsvorstellung siehe u n t e n S. 148 A n m . 7. Man m u ß zwar u . U . d a m i t rechnen, d a ß einige der Apostel ·— soweit sie n i c h t a u s d e m Kreis des T ä u f e r s k a m e n — nicht g e t a u f t waren. Aber schon P a u l u s w u r d e ganz selbstverständlich g e t a u f t (Apg. 9 , 1 9 ; zu historischer Skepsis dieser N a c h r i c h t gegenüber besteht kein Grund) ; vgl. E . LOHSE, T a u f e u n d 2
R e c h t f e r t i g u n g b e i P a u l u s . K u D 11, 1 9 6 5 , 3 0 8 - 3 2 4 , e b d . 3 1 0 ; H . SCHLIER, Z u r
kirchlichen Lehre von der T a u f e (in: Zeit der Kirche, Ges. Aufs. 1956, 4. Aufl. 1966, 107-129), 115. I m übrigen zeigt gerade das Fehlen „ p r o g r a m m a t i s c h e r " T a u f a u s s a g e n im N T (vgl. dazu MABXSEN, Erwägungen), d a ß wir es m i t einem g a n z f r ü h a u f g e k o m m e n e n u n d selbstverständlichen B r a u c h zu t u n h a b e n , der als solcher nie strittig war. Schon P a u l u s setzt voraus, d a ß jeder Christ g e t a u f t ist (vgl. l . K o r . 1,13ff. ; 6,11; R o m . 6 u.ö.). E i n e tauflose Anfangszeit der Kirche (so BARNIKOL) h a t es also nie gegeben. 3 Mk. 16,16 gehört z u m s e k u n d ä r e n Mk.-Schluß u n d ist kein „ T a u f b e f e h l " . Der Glaube ist hier die Voraussetzung der T a u f e . Mt. 28,19 ist eine s p ä t e I n t e r polation, w o f ü r schon die trinitarische F o r m spricht (vgl. BULTMANN, T h e o l N T 136). Dieser „ T a u f b e f e h l " fehlt in allen vornizänischen Mt.-Zitaten Eusebs, der s t a t t dessen las : μα-8-ητεύσατε πάντα τά έθνη έν τω όνόματι μου διδάσκοντες αύτους κτλ. Dagegen bietet E u s e b n a c h d e m N i z ä n u m dreimal den s o g e n a n n t e n „ T a u f b e f e h l " . A u c h sprachlich u n d sachlich d ü r f t e der T e x t m i t „ i n m e i n e m N a m e n " s t a t t der zweiten Partizipialkonstruktion m i t βαπτίζοντες κτλ. ursprünglich sein. Vgl. besonders LOHME YEII, Mt. (MeyerK 1958) z . S t . — Siehe a u c h W . HEITMÜLLER, I m N a m e n J e s u , F R L A N T 1/2, 1903, 129. Ohne auf diese F r a g e einzugehen, b e s t ä t i g t der schöne Aufsatz v o n G. BORNKAMM (Der Auferstandene) implizit diesen B e f u n d . Mt. b r a u c h t e z u d e m a u c h d a r u m keinen T a u f b e f e h l , weil er mit der E r z ä h l u n g v o n der T a u f e J e s u die E i n s e t z u n g der christlichen T a u f e berichten wollte (dazu siehe u n t e n S. 214 A n m . 2). 4 J e s u s selbst h a t nicht g e t a u f t ; vgl. J o h . 4 , 1 f. u n d siehe die K o m m . z . S t . sowie THYEN, Βάπτισμα 107. 5
S o z . B . REITZENSTSEIN, V o r g e s c h i c h t e
153.
« Vgl. J o h . 1 , 3 5 f . ; 3 , 2 7 f f . ; Apg. 19, I f f . u . ö . 7 Keine der alten kerygmatischen F o r m e l n läßt einen derartigen Bezug erkennen.
Die Übernahme der Taufe durch die Christen
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und stärkeres Motiv zur christlichen Wiederaufnahme der Johannestaufe geben. Am wahrscheinlichsten dünkt uns, daß es die durch die Osterereignisse ausgelöste, der täuferischen Enderwartung fast analoge, apokalyptische Bewegung war, die nach der neuen Institution des Taufbrauches rief. Denn es ist wenig zweifelhaft und noch bei Paulus deutlich greifbar, daß die Jünger die Ostererscheinungen ihres auferstandenen Herrn als den Anbruch der apokalyptischen Endereignisse verstanden haben 1 . Jetzt, da man den Richter unmittelbar vor der Tür wußte, galt allen die Forderung: „Kehrt um und lasse sich ein jeder taufen auf den Namen des Herrn Jesu Christi zur Vergebung der Sünden!" 2 Allein da — wie wir gesehen haben — neben dieser neuen Taufpraxis der Christen auch die Täuferanhänger die Johannestaufe weiterübten, war es notwendig, sich von solchem Tun deutlich zu distanzieren3. Das geschah zuerst offenbar dadurch, daß die christliche Taufe eine Taufe εις το δνομα Ιησοΰ (Χρίστου) wurde. Durch sie war der Täufling unverlierbares Eigentum des kommenden Weltenrichters Christus geworden 4 ; die Taufe war das Siegel solcher Zugehörigkeit. B U L T M A N N hält die Entscheidung der Frage, wann sich das Motiv der Nennung des Namens Jesu mit dem der Taufvergebung verbunden 1 Vgl. etwa l . K o r . 15 und siehe E . HAENCHEN, Weg Jesu 45f., sowie W . BIEDER, U m den Ursprung der christlichen Taufe im N T (ThZ 9, 1953, 161 ff.), 172. 2 Apg. 2,38. —· Das Zitat eines so späten literarischen Zeugnisses a n dieser Stelle bedarf der Rechtfertigung. Natürlich sind hier Umkehr u n d Vergebung in ihrem lukanischen Sinn als Heilsbedingungen zu verstehen (siehe oben S. 131 Anm. 3). Zudem gliedern sie nach Lk. in die Kirche mit ihrer eigenen „Zeit des Geistes" jenseits der „Mitte der Zeit" ein und sind für ihn also keineswegs durch akute Naherwartung motiviert (vgl. H . CONZELMANN, Mitte der Zeit, u n d beachte die unmittelbare Fortsetzung: Apg. 2,38bff.). — W e n n H. KJRAFT (Die Anfänge der christlichen Taufe, ThZ 17, 1961, 399ff.) in der „Erfüllung der Joel-Weissagungen im Pfingstereignis" den konkreten historischen Anlaß f ü r die christliche Taufpraxis erweisen will, so geht das über historisch Verifizierbares hinaus. Die Reflexion auf die Erfüllung der Schrift (Apg. 2,16ff.) gehört selbst nicht mehr dem ersten Stadium enthusiastischer Enderwartung, sondern dem der literarischen Bewältigung an. Dennoch läßt aber dieses späte Zeugnis die durch die Osterereignisse ausgelöste apokalyptische Stimmung noch zutreffend erkennen; in ihr h a t das christliche Taufen wohl in der T a t seine Ursprünge. — D a ß die urchristliche Taufe zunächst genau wie ihr unmittelbares Vorbild, die Johannestaufe, in der Sündenvergebung ihren Sinn h a t , zeigen Stellen wie: Apg. 22,16. 38; l . K o r . 6,11; E p h . 5,26; l . P e t r . 3,21 u . a . ; vgl.
R . BULTMANN, T h e o l N T 5. Aufl. 1965, 40, u n d A . STROBEL, B a p t i s m a
und
Basileia (in: O. PERELS, Hrsg., Begründung u n d Gebrauch der heiligen Taufe, 1963) 103. 3 Siehe dazu oben § 5. 4 Vgl. f ü r die Wendung εις το δνομα: Apg. 8,16; 19,5; l . K o r . 1,13. 15; Did. 9,5; Herrn, sim. I I I / 7 , 3. Siehe ferner Apg. 19,3 u n d dazu HAENCHEN, Apg. z.St. — έν τ φ όνόματι: Apg. 2,38 (? v.l.); 10,48. — επί: Apg. 2,38; Lk. 24,47. — βαπτισθήναι εις Χριστόν: R o m . 6,3; Gal. 3,27; vgl. l . K o r . 10,2 (Analogiebildung!). — Später trinitarische Formeln: Mt. 28,19; vgl. Did. 7,1.3; Justin, Apol. 61,3. 11. 13. 10*
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Johannestaufe land christliche Taufe
habe, für schwierig, weil die Namensanrufung zunächst noch nicht als Epiklese verstanden worden sei, die die Kraft des Kyrios in das Taufwasser ruft, sondern vielmehr dem Täufling selber die Kraft des Erhöhten zuwenden wolle und deshalb „im Grunde ein mit dem Taufbad konkurrierendes selbständiges Sakrament" sei1. Uns dagegen scheint die Sache gerade umgekehrt zu liegen: Um die Taufe der Christen von der Johannestaufe klar zu unterscheiden, wurde von Anfang an der Name Jesu über dem Täufling genannt. Weil aber der Name der Gottheit als ihre machtvolle Hypostase, die den bösen Jezer vernichtet 2 und die Dämonen vertreibt 3 , in jener Welt eine ungeheuere Rolle spielt 4 , ist es begreiflich, daß vor allem mit dem Zurücktreten der akuten Naherwartung und der Institutionalisierung der Taufe zum geordneten Aufnahmeritus sich all diese Assoziationen mehr und mehr in den Vordergrund drängen. Jetzt erhält die Namensnennung exorzistisch-apotropäischen Sinn : Der Name des Kyrios vertreibt die bösen Geister aus dem Herzen (Barn. 16,7f.). Jetzt erst verselbständigt sich die Namensnennung und wird in der Tat eine Art „selbständiges Sakrament". Daß der Name Jesu, der über den Christen genannt ist 6 , in der Auseinandersetzung mit der Täufersekte verankert ist, wird auch durch Apg. 19, Iff. bestätigt. Daß es der ursprüngliche Sinn der „Taufe auf den Namen Jesu" gewesen sei, den Täufling dem Heilsgeschehen von Tod und Auferstehung Christi „einzufügen", ihm also das auf Golgatha erwirkte Heil „zuzueignen" 6 , scheint uns unmöglich. Die Taufe ist zunächst nicht am schon geschehenen Heil orientierter Initiationsritus, sondern sakramentale Versiegelung im Blick auf das kommende Weltgericht 7 . 1
2
R . BULTMANN, T h e o l N T 140; v g l . ebd. 1 3 9 f .
Belegt bei A. F. GFÖRER, Geschichte des Urchristentums, 1. Teil: Das Jahrhundert des Heils, 1838, 399. 3 Vgl. die Komm, zu Mk. 1,21 ff. 4 Vgl. W. H E I T M Ü L L E R , Im Namen Jesu 1 9 0 3 , besonders 1 3 2 Í F . , und H . B I E T E N H A R D , Art. ονομα κτλ. ThW V / 2 4 2 - 2 8 3 . 5 Vgl. Jak. 2 , 7 ; Herrn, sim. V I I I / 6 , 4 ; Justin, Apol. 6 1 , 1 1 und siehe B U L T MANN, TheolNT 135ff. β So DELLING, Zueignung pass. 7 Zu σφραγίς und σφραγίζειν als Tauftermini vgl. 2.Kor. 1,22f.; Eph. 1,13; 4,30; 2.Clem. 7,6; 8,6; Herrn, vis. VII/6,3; IX/16,3ff.; 17,4; 31,1 u.ö. Vgl. dazu besonders E. D I N K L E R , Art. „Versiegelung" (RGG VI/1366f.) und D E R S . , Die Taufterminologie in 2.Kor. 2,21f. (Cullmann-Festschrift 1962, 173-191); sowie R. B U L T M A N N , TheolNT 140. — W A G N E R (Problem 284) bestreitet den Zusammenhang von Taufe und Versiegelung. Er verweist auf die „rein jüdischen Voraussetzungen" des Versiegelungsgedankens und versucht, jeden inhaltlichen und terminologischen Zusammenhang mit Mysterienvorstellungen auszuschließen. Wie wir oben an Philos Beispiel gesehen haben, ist diese Alternative jedoch unfruchtbar. Sie ist aus der von W A G N E R zwar ausdrücklich abgelehnten (9), wie das Buch zeigt, aber dennoch vorhandenen ängstlich-apologetischen Tendenz geboren, nur das alttestamentlich-jüdische Erbe als heilsgeschichtlich qualifizierten und damit von Gott sanktionierten Offenbarungsträger gelten zu lassen ;
Die Übernahme der Taufe durch die Christen
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Soviel scheint uns an „historischem Kern" hinter der Pfingstlegende der Apostelgeschichte immerhin erkennbar. Deshalb wird auch das Urteil, die Taufe besiegele „die Annahme des Kerygmas", den enthusiastischen Anfängen der christlichen Taufpraxis kaum gerecht1. War so die christliche Taufe durch das Namensmotiv deutlich von der Praxis der Täuferanhänger geschieden2, so hat sich mit ihr offenbar schon unter dem Eindruck der ersten österlichen Erfahrungen alsbald der Gedanke der Geistverleihung verbunden3. B T T L T M A N N S Skepsis hinsichtlich der Entstehung dieses Gedankens „schon in der Urgemeinde"4 scheint uns unnötig, denn das Pneuma als Gabe des Erhöhten und άρραβών künftiger himmlischer Herrlichkeit5 paßt auseine Tendenz, die die fruchtbare phänomenologische Interpretation verdirbt (vgl. die treffenden Bemerkungen von H. CONZELMANN ZU Wagners Buch in EvTh. 24, 1964, 171f.). — Umstritten ist die Deutung von Rom. 4,11, wo es von Abraham heißt: και σημεΐον ϊλαβεν περιτομής σφραγίδα της δικαιοσύνης της πίστεως (vgl. die Komm. ζ. St.). Es ist nämlich die Frage, ob die Beschneidung im vorchristlichen Judentum schon als σφραγίς της δικαιοσύνης in Anspruch genommen werden darf (so A. W L O S O K , Laktanz 250ff.), oder ob Paulus hier die Beschneidung Abrahams ad hoc als Typos der Taufe bezeichnet, die damit für ihn als eine σφραγίς της δικαιοσύνης ausgewiesen wäre (so G. K L E I N , Rom. 4 und die Idee der Heilsgeschichte, EvTh. 23, 1963, 424r-447; ebd. 433). Die analoge Behandlung der Exodustradition in 1. Kor. 10 (siehe oben S. 136 Anm. 6) zeigt, daß ein solches Verfahren dem Paulus nicht fremd ist. — Zwar sind die bei D Ö L G E R (Sphragis 51ff.) und B I L L E R B E C K (IV/32f.) gegebenen Belege für die jüdische Beschneidung als „Siegel" alle recht spät, dennoch wird aber die Parallelisierung von Taufe und Beschneidung in Kol. 2,11 f. kein bloßer Reflex von Rom. 4,11 sein. Die Beschneidung hat vielmehr schon im Judentum auf dem Wege der Spiritualisierung einen der Taufe sehr ähnlichen Sinngehalt gewonnen (siehe oben S. 111, Anm. 6 und vgl. Jub. 1,16ff. ; spec. leg. I/2ff.). Deshalb ist es in der Tat überaus wahrscheinlich, daß solche „mit Mysterienvorstellungen durchtränkten" spiritualistischen Aussagen über die Initiation ins Judentum die christliche Taufauslegung beeinflußt haben (A. W L O S O K , Laktanz 251). Vgl. noch Barn. 4,8; 9,6; Herrn, sim. IX/16,2.4 und siehe E. P E T E R S O N , 1 WAGNER Frühkirche 311, , Problem sowie J . 13. M A I— E R , WDas AGNE Gefährdungsmotiv R bestreitet auch bei jeglichen der Himmelsreise magischen Sinn Taufe (pass.); vgl. dazu l.Kor.(Kairos 15,29! 5, 1963, 18-40), 30f. in derder jüdischen Apokalyptik undnur 'Gnosis' 2 G. B R A U M A N N (Taufverkündigung 30f.) will die Taufe εις το όνομα linguistisch aus der Formel βάπτισμα εις αφεσιν herleiten; nach analogem Rezept bringt er die Aufforderung, „Christus anzuziehen" (Gal. 3,27), mit dem die Tracht Johannes des Täufers beschreibenden ένδύσασθαι von Mk. 1,6 in Zusammenhang ! 3 Vgl. l.Kor. 12,13; 2.Kor. 1,22 (dazu: E. D I N K L E R , Taufterminologie); Eph. 1,13f,; 4,30; Tit. 3,5; Apg. 2,38; 9,17ff. u.ö. 4 TheolNT 1 4 2 . — Entgegen B U L T M A N N S (ebd.) Vermutung ist die Handauflegung als Medium der Geistmitteilung u.E. nicht ursprünglich, sondern gehört in die Zeit der liturgischen Stilisierung des Taufritus. Daß Apg. 8,17 u. 10,44 Taufe und Geistverleihung nicht koinzidieren, ist in der schriftstellerischen Absicht des Lukas begründet; vgl. die Komm, von H A E N C H E N und CONZELMANN ( A p g . H N T 7 , 1 9 6 3 )
z.St.
Gerade der apokalyptische Kontext der Geistaussagen bekundet ihren frühen Ursprung. Die „bedeutsame Wirkung" dieses Verständnisses der Taufe als Geistbegabung (vgl. B U L T M A N N , TheolNT 155ff.) entfaltet sich erst, als die in der jüdisch-hellenistischen Welt ausgebildeten Geistspekulationen für die 5
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Johannestaufe und christliche Taufe
gezeichnet in das apokalyptische Milieu der Anfänge christlicher Taufpraxis 1 : Es ist Gottes endzeitlicher Geist, der die Reinigung von den Sünden bewirkt, was die bloße Wassertaufe des Johannes nicht zu leisten vermag. So wird — wie D I B E L I U S treffend gesagt hat — die Frage der Geistbegabung zum Schibbolet in der Auseinandersetzung mit der Täufersekte 2 . Mit alledem ist aber die christliche Taufe zunächst geblieben, was die Johannestaufe von Anfang an war, nämlich eschatologisches Bußsakrament zur Sündenvergebung 3 . Wie bereits mehrfach angedeutet, wird aber aus der durch die apokalyptischen Osterereignisse wieder aufgelebten eschatologischen Bußtaufe als Siegel der Rettung im künftigen Gericht bald der zunehmend immer stärker rituell geordnete Initiationsakt, der die Annahme des Kerygmas besiegelt und die Aufnahme in die Kirche rechtskräftig verbürgt. Zwar versteht sich auch diese Kirche noch weiterhin als die Schar derer, die — der Welt entronnen — dem nahen Richter als ihrem Retter entgegenwarten. Jedoch ist mit diesem „der Welt entronnen" eine neue Größe sui generis entstanden, die n u n nach theologischer Durchdringung und Ausarbeitung ruft. Es kommt hinzu, daß die Geschichte der ältesten Christenheit keineswegs einlinig verlaufen ist. Das romantische Klischee von der einmütig und in einem Geiste versammelten Urgemeinde, die alsbald durch Schismata bedroht und zersprengt wird, gehört der Vergangenheit an. Das einheitliche Credo der Kirche entsteht nicht in der planmäßigen Entfaltung des einen Ursprungs, sondern in der kritischen und dabei freilich auch tendenziösen Reduktion der ursprünglichen Mannigfaltigkeit 4 . Die vom irdischen Jesus zu seinen Lebzeiten berufenen Auslegung der inzwischen zum kirchlichen Aufnahmeritus gewordenen Taufe fruchtbar gemacht werden. 1 Vgl. Jes. 44,3; Joel 3, i f f . ; Ez. 36,25ff.; 39,29; Ps. 51, U f f . ; 1QS 3,6f.; 4,20f. ; 1QH 7,6f. ; 17,26; C D 2 , 1 2 f . u.ö. 2 D I B E L I U S , Täufer 43. — Vgl. Mk. 1,8; Mt. 3 , l l ; L k . 3,16; Apg. 2,38, 8,15ff. 18,24; 19, Iff.; dazu: H A E N C H E N , Apg. z.St.; E. K Ä S E M A N N , Die Joh.-Jünger in Ephesus (Exeget. Vers. u. Bes. I, 1960, 158-168); E. S T A U F F E B , Probleme der Priestertradition (ThLZ 81, 1956, 135-150), 145. Auch das Eindringen der Bitte um den Heiligen Geist in einige Hss. des Vaterunser (vgl. den textkritischen Apparat zu Lk. 11,2 und siehe D I B E L I U S , Täufer 43ff.) hat in antitäuferischen Kreisen seinen Ursprung. — Im Gegensatz zu dieser christlichen Konstruktion ist aber die historische Johannestaufe möglicherweise ebenfalls ein pneumatisches Phänomen gewesen, wie denn hinter Mk. 6,14 und Joh. 10,41 eine Kenntnis von Täuferwundern zu stecken scheint; vgl. B U L T M A N N , SynTr. 22. 329; DERS., JohEv. 300. — Siehe auch Lk. 3,15. 3 Vgl. Apg. 2,38; 22,16; l.Kor. 6,11; Eph. 5,26; l.Petr. 3,21; 2.Petr. 1,9; Herrn, mand. IV/3,1 ; Justin, Apol. 61,10; Hebr. 10,22; Barn. 11,11 ; 16,8f.u.ö. Vgl. H A E N C H E N , Der Weg Jesu 45. 4 Siehe oben S. 1 4 0 und ebd. Anm. 5 . Vgl. im übrigen W . B A U E R , Rechtgläubigkeit und Ketzerei im ältesten Christentum, 1 9 3 4 ; H. K Ö S T E B , Art. „Häretiker im Urchristentum" (RGG III/17—21 ) ; DEBS., Häretiker im Urchristentum als theologisches Problem (Zeit u. Geschichte, Bultmann-Festschrift
Die Übernahme der Taufe durch die Christen
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„Jünger" haben sich nicht unmittelbar nach Ostern aufgrund des Befehlswortes des Auferstandenen daran gemacht, planmäßig und systematisch die Weltmission in Angriff zu nehmen 1 . Es hat vielmehr im Gegenteil zunächst erhebliche Widerstände gegen diesen Gedanken gegeben 2 . Allem Anschein nach sind es die „Hellenisten" gewesen, die in kritischer Distanz zu „Gesetz" und „Tempel" und wohl auch ohne sonderliches existentielles Interesse an den Ideen der Apokalyptik programmatisch die Weltmission aufnahmen und sich zur έκκλησία formierten 3 . Denn hinter den Kapiteln sechs bis acht der Apostelgeschichte steckt mehr als ihr Verfasser erkennen lassen möchte, und die Bezeichnung „Hellenisten" (Apg. 6,3) ist — auch wenn Lukas sie als solche verstanden haben sollte — keine bloß „harmlos gemeinte Herkunftsbezeichnung" 4 . Das von ihnen repräsentierte Christentum, das seinerseits aber auch nicht als eine homogene Größe verstanden werden darf 5 , zog Paulus zunächst als Verfolger und sodann als Nachfolger in seinen Bann und vermittelte ihm mit dem hier schon als Heilsweg problematisch gewordenen Gesetz das zentrale Thema seiner Theologie. Wir müssen uns hier mit diesen Andeutungen begnügen und verweisen im übrigen auf die neuere Diskussion dieser Problematik®. Wir haben oben bei der Untersuchung der Johannestaufe bereits darauf hingewiesen, daß Matthäus bewußt und programmatisch die Gabe der Sündenvergebung dieser Taufe abspricht, um sie als die im Tode des Christus für die Sünder begründete Gabe des Herrenmahls herauszustellen 7 . Zwar ist für Matthäus die Sündenvergebung zugleich auch das Vermächtnis der εξουσία des irdischen Jesus an seine Kirche 8 , aber ihren eigentlichen Grund hat sie gleichwohl in der Präsenz des 1964, 61-76); DEBS., One Jesus and four primitive Gospels. H T h R 61, 1968, 203-247; E. K Ä S E M A N N , Die Anfänge der christlichen Theologie. ZThK 57, 1960, 162ff. (jetzt auch in: Exeget. Vers. u. Bes. II, 2. Aufl. 1965, 82-104). 1 Vgl. dazu F. H A H N , Das Verständnis der Mission im N T (WMANT 1 3 , 1 9 6 3 ) , der freilich aufgrund der Nachrichten von Apg. 2 - 5 zu unkritisch mit einer sofortigen Missionsarbeit der Urgemeinde „als Weiterverkündigung der Botschaft Jesu" rechnet (vgl. besonders 37ff.); dagegen hat D. GEORGI, Die Geschichte der Kollekte des Paulus für Jerusalem (ThF 38, 1965, 24f. u. pass.) gewichtige Einwände erhoben. 2 Vgl. Mt. 10,5f.; 1 0 , 2 3 ; 15,24; Apg. 10f.; siehe dazu F . H A H N , Mission 4 3 f f . 3 Vgl. GEORGI, Kollekte 2 4 , Anm. 6 2 ; T H Y E N , Βάπτισμα 1 1 2 ; Anm. 8 3 . Weiteres siehe unten in § 9. 4 So H . J. SOHOEPS, Urgemeinde, Judentum, Gnosis, 1956, 6ff. Vgl. dazu T H Y E N , ebd. 112; GEORGI, Kollekte 24f.; D E R S . , Phil. 2,6-11 (Zeit und Geschichte 263-293). 5 Vgl. dazu GEORGI, Die Gegner des Paulus im 2. Kor. (WMANT 11, 1964) und DERS., Kollekte pass. 6 Die Literatur ist weitgehend in den genannten Arbeiten von GEORGI kritisch gesichtet. 7 Siehe oben S. 139f. 8 Vgl. Mt. 9,8; 16,16ff. ; 18,18 und siehe unten Kapitel III.
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Johannestaufe und christliche Taufe
zur Vergebung der Sünden in den Tod dahingegebenen und von Gott erhöhten Herrn bei seiner Gemeinde1. Deshalb ist es an dieser Stelle notwendig, zunächst an einigen exemplarischen Texten des Neuen Testaments darzustellen, wie nun der Tod Jesu als das sündentilgende Heilsereignis beschrieben wird. Wir unterbrechen also unsere Darstellung der Taufe durch einen Exkurs in die neutestamentliche Soteriologie, um dann im folgenden Paragraphen zu sehen, wie diese Gedanken jetzt für die christliche Taufinterpretation fruchtbar gemacht werden.
§ 7. Die neue Begründung der Sündenvergebung im Tode Jesu a) l.Kor. 15,3-5 Der Satz, daß „Christus für unsere Sünden gestorben" ist, gehört zu den Urdaten christlicher Theologie. Έ ν πρώτοις, also als ein „Hauptstück" des christlichen Glaubens, hat Paulus den Korinthern tradiert: δτι Χριστός άπέθανεν υπέρ των άμαρτιών ημών κατά τάς γραφάς και δτι έτάφη, και 8τι έγήγερται τη ήμερα τη τρίτη κατά τάς γραφάς και δτι ώφ-9-η Κηφα είτα τοις δώδεκα2 Die feste und technische Traditionsterminologie (παρελάβετε —• παρέδωκα — παρέλαβον V. If.), das Gewicht, das Paulus auf den überlieferten Wortlaut der Formel legt (τίνι λόγω V. 2), sowie die Betonung des verbindlichen und gemeinchristlichen Charakters dieses Credo (εΐτε ουν έγώ είτε έκεΐνοι, ούτως κηρύσσομεν και οΰτως έπιστεύσατε V. II) 3 zeigen, daß wir es hier mit sehr altem Gut zu tun haben 4 . 1 Siehe G. BORNKAMM, Der Auferstandene und der Irdische (Zeit und Geschichte, Bultmann-Festschrift 1964, 171-191). Weiteres im Kapitel III. 2 Vgl. dazu außer den Komm, besonders H. CONZELMANN, Zur Analyse der Bekenntnisformel l.Kor. 15,3-5 (EvTh. 2 5 , 1965, 1-11); E. GÜTTGEMANNS, Der leidende Apostel und sein Herr. F R L A N T 90, 1966; J. BLANK, Paulus und Jesus (Stud. ζ. AT u. NT 18), 1968. 3 Das „Faktum" der Auferstehung Jesu ist gar nicht strittig, strittig ist vielmehr ihre Modalität. Nicht das „Faktum", sondern das zitierte „Credo" will Paulus als die Grundlage seiner Argumentation im 15. Kap. durch die Aufzählung der Zeugen sicherstellen. Dem dient auch die Notiz έξ ών oí πλείονες μένουσιν εως άρτι (15,6). Insofern besteht Κ . B A R T H S Interpretation völlig zu Recht (Die Auferstehung der Toten 1924, 70ff.). R. B U L T M A N N (Glauben und Verstehen I, 54f.) hat freilich gegen B A R T H darin recht, daß für Paulus Auferstehung und Parusie „auch zwei zeitliche Ereignisse, objektive 'historische' Vorgänge sind". Das ist jedoch nicht thematisch. Vgl. dazu jetzt GÜTTÖEMANNS 53ff. (bes. 92f.). Zudem muß man sich klarmachen, daß man mit der Kategorie „objektiver historischer Vorgang" dem NT eine ihm fremde Ontologie unterschiebt. 4 Vgl. dazu CONZELMANN, Analyse.
Die neue Begründung der Sündenvergebung im Tode Jesu
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Das muß freilich nicht bedeuten, daß die Formel von den Uraposteln in aramäischer Sprache konzipiert und hernach für den Zweck der Mission ins Griechische übersetzt worden ist. Entgegen dieser immer wieder vertretenen These 1 fordert das die linguistische Struktur der Formel keineswegs 2 . Vor allem aber macht die von W . KEAMER vorgelegte sorgfältige Analyse der Traditionsgeschichte dieses Bekenntnissatzes deutlich, daß wir hier das Endprodukt eines komplizierten überlieferungsgeschichtlichen Prozesses vor uns haben 3 . Der ursprüngliche Glaubenssatz der aramäisch sprechenden Urgemeinde lautete nur: „Gott hat Jesus von den Toten auferweckt" 4 . Über den Tod Jesu war nichts ausdrücklich gesagt und brauchte nichts gesagt zu werden, denn er stand vor aller Augen 5 . Erst recht fehlte noch die soteriologische Deutung dieses Todes, denn die heilbringende Äonenwende stand mit der Parusie des Menschensohnes ja noch bevor. Dem entspricht der Befund in den ältesten, auf die aramäisch sprechende Urgemeinde zurückgehenden Schichten der synoptischen Tradition vollkommen: Auch hier fehlt die Vorstellung vom Sühnetod Jesu®. Erst als die „Hellenisten" in griechischer Sprache die Heidenmission aufnehmen, ist der Tod Jesu keine selbstverständliche Voraussetzung mehr, sondern bedarf nun ausdrücklicher Formulierung. Zugleich wird hier nun unter Einwirkung jüdischer Tradition dieser Tod als das äonenwendende Heilsereignis soteriologisch interpretiert. Diese Interpretation erfolgte zunächst wohl ohne einen konkreten Schriftbezug einfach durch die Aufnahme des jüdischen Theologumenons vom stellvertretenden Sühnetod des Gerechten 7 . Das Resultat dieser „hellenistischen" Formulierung der „Pistisformel" 8 — und damit die Vorstufe der schriftgelehrsam aufgebauten und liturgisch stilisierten Formel von l . K o r . 15,3-5 — kann man mit KEAMER in 1 Vgl. A. SEEBERG, Der Katechismus der Urchristenheit, 1903 (Neudruck: ThBü. 26, 1966), 45ff. ; J. JEREMIAS, Die Abendmahlsworte Jesu, 3. Aufl. 1960, 95ff.; F.HAHN, Hoheitstitel 197ff.; u.a. 2
V g l . CONZELMANN, A n a l y s e ; E . GÜTTGEMANNS, Χριστός in 1. K o r . 15,3b —
Titel oder Eigenname? EvTh. 28, 1968, 533-554. — HAHNS ZU stark an der Titulatur orientierte Untersuchung (Hoheitstitel 197FF.) vernachlässigt die Traditionsgeschichte der alten — oft titellosen — kerygmatischen Formeln (vgl. P. VIELHAUER, Ein Weg zur neutestamentlichen Christologie ? EvTh. 25, 1965, 24-72 = A u f s . z. N T . T h B ü . 31, 1965, 141-198) und stellt das palästinen-
sisch-hellenistische Judenchristentum nicht in Rechnung. 3 W. KRAMER, Christos, Kyrios, Gottessohn (AThANT 44, 1963), 15 ff. 4 Vgl. Rom. 10,9; l.Thess. 1,10; Gal. 1,1; l.Kor. 6,14; 2.Kor. 4,14; Rom. 4,24 und siehe dazu KRAMER 29ff. 5 8
V g l . KRAMER 30. V g l . BULTMANN, S y n T r . 154. 166ff., und KRAMER 31 f. — Z u m theologi-
schen Charakter von Q vgl. Η. E. TÖDT, Der Menschensohn in der synoptischen Überlieferung, 1959, 212FF. 7 8
Siehe oben S. 72 f. Zum Terminus „Pistisformel" vgl. H. CONZELMANN, Was glaubte die frühe
Christenheit? (Schweiz. T h e o l . U m s c h . 25, 1955, 61-74) und KRAMER 15FF.
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Johannestaufe u n d christliche Taufe
einem Satz wie: Χριστός ύπερ ημών άπέ&ανεν και έγέρθη έκ νεκρών (vgl. 2. Kor. 5,15) erblicken1. Auf die Formulierung unserer Bekenntnisformel (l.Kor. 15,3-5) dürfte demgegenüber schon der Septuagintatext von Jes. 53 — sowie wohl auch der von Hos. 6,2 für die Erweckungsaussage — eingewirkt haben 2 . Dieser Ursprung des Credo von l.Kor. 15 in der griechisch sprechenden Urgemeinde schließt seinen von allen anerkannten gemeinchristlichen Charakter nicht aus, sondern — wie Paulus mit Emphase betont — durchaus ein. b) Mk. 10,45-, ML· 14,24 und l.Kor. 11,25 Wir müssen hier auf Mk. 10,45 par. und 14,24 par. eingehen, weil beide Worte immer wieder, wenn nicht gar auf den historischen Jesus 3 , so doch zumindest auf die älteste aramäisch sprechende Urgemeinde zurückgeführt werden4. και γάρ ó υιός του άν&ρώπου ούκ ήλθ-εν διακονηθήναι άλλά διακονήσαι και δούναι την ψυχήν αύτοϋ λύτρον άντί πολλών (Mk. 10,45). Die Literatur allein über diesen Spruch ist uferlos; wir verzichten daher auf eine umfassende Auseinandersetzung6. Mit den zitierten Worten beschließt Markus den geschickt mit der dritten Leidensweissagung (10,32-34) verbundenen Abschnitt (10,35-45), der aber auch seinerseits eine Komposition aus mehreren ursprünglich selbständigen Stücken ist. Die Spannungen innerhalb der Zebedaidenperikope (10,35-40) können hier auf sich beruhen6, weil unabhängig davon deutlich ist, 1
2
V g l . K R A M E R 25FF.
Nachweis bei C O N Z E L M A N N , Analyse 4ff. u n d K R A M E R 31 f. C H R . B A R T H (Theophanie) h a t hinter E x . 19; Am. 4,4-13 u. Hos. 6 , 1 - 3 den festen Zusammenhang einer Bundeserneuerungsliturgie erkannt, f ü r die die Wendung von der Aufrichtung der Toten „ a m dritten Tage" ebenso konstitutiv ist wie die aktive Teilnahme der Gemeinde a m Bundesmahl nach der Restitution des gebrochenen Bundes (vgl. l . K o r . 11). Die Frage, ob diese Liturgie im J u d e n t u m der neutestamentlichen Zeit noch lebendig war u n d wo ihre Tradenten zu suchen sind, m ü ß t e untersucht werden. D a n n wiese die Erweckungsaussage nicht allein auf die isolierte Stelle Hos. 6,2, sondern auf diesen Traditionszusammenhang, in dem d a n n auch dae Herrenmahl zu untersuchen wäre. 3 So vor allem J . J E R E M I A S , Das Lösegeld f ü r Viele (Mk. 10,45), J u d a i c a 3, 1947/48, 249-264 (jetzt auch in: J . J E R E M I A S , Abba. GesStud. 1964, 216-229); DERS., Art. παις (θεοϋ), T h W V/698-713 ( = Abba 191-216; Neubearbeitung!); H . W . W O L F F , Jes. 53 im Urchristentum, 1942, 52ff. ; O . C U L L M A N N , Die Christologie im NT, 2. Aufl. 1958, 64; C. C O L P E , Art. υιός κτλ. T h W VIII/403-481 ; 451 u. 458. 4 So E . L O H S E , Märtyrer 116ff. und F . H A H N , Hoheitstitel 57ff. 5 Vgl. außer den Anm. 3 u. 4 angegebenen Untersuchungen u n d den K o m m . z.St. noch besonders: R . B T J L T M A N N , SynTr. 154. 166f. und E r g H e f t 24f.; Η . E . T Ö D T , Menschensohn 126ff. u. 187ff. ; Κ . H . S C H E L K L E , Die Passion Jesu, 1949, 135ff.; C . K . B A R R E T T , The Background of Mark 10:45 (in: NT-Essays, Stud, in Memory of Th. W . Manson. Manchester 1959, 1-18). β Vgl. dazu besonders E . H A E N C H E N , Der Weg Jesu, 362ff. ; V. 4 0 bringt unvermittelt ein neues und überraschendes Motiv (vgl. ebd. 366).
Die neue Begründung der Sündenvergebung im Tode Jesu
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daß das Stück einst isoliert überliefert wurde. Ebenso stellt Mk. 10,43f. eine ursprünglich selbständige Tradition dar 1 . I n den Versen (40?) 41-42 zeigt sich die redigierende Hand des Evangelisten (oder eines Vorgängers?). Der ungeschickt und hart durch και γάρ an diese „Jüngerbelehrung" angeschlossene Satz über Dienst und Lebenshingabe des Menschensohns ist wohl erst sekundär (von Markus?) mit dem vorigen verbunden worden und weist auf Jesu Ankündigung seines Leidens, dessen soteriologischen Sinn sie expliziert, zurück. Schon um des spürbar harten Anschlusses willen 2 halten wir die oft vorgeschlagene Lösung, daß Vers 45 b mit seiner streng soterologischen Aussage ein sekundäres Augment von dem fest mit dem Kontext verbundenen Vers 45a sei, für verfehlt 3 . Denn auch Vers 45a steht ja in einer deutlich spürbaren Spannung zu 43f., indem hier der Anweisung zum rechten Verhalten in der Gemeinde plötzlich das Vorbild des „Menschensohns" hinzugefügt wird. Wir haben es also in Mk. 10,45 mit einem ursprünglich isolierten Logion zu tun, das durch Stichwortanschluß (διάκονος V. 43 — διακονηθηνοα bzw. διακονησαι V. 45) mit der „Jüngerbelehrung" verbunden wurde. Abgesehen von dem sich dadurch äußerst und unnötig komplizierenden Quellenproblem 4 halten wir alle für die Priorität von Lk. 22,27 gegenüber Mk. 10,45 vorgebrachten Argumente nicht für stichhaltig®. Lukas ist in Kapitel 22 deutlich von Mk. 10 abhängig; daß Mk. 10,45 in seiner Vorlage gefehlt haben sollte, ist eine kaum zu begründende Hypothese 6 . Zudem scheint uns traditionsgeschichtlich genau umgekehrt geschlossen werden zu müssen: Am Anfang steht das Kerygma mit seiner Aussage „Christus ist für uns gestorben" 1
Vgl. BULTMANN, SynTr. 154 u. ErgHeft 24 f. Matthäus hat das empfunden und mit ώσπερ (20, 28) einen glatteren Übergang geschaffen. 3 So spricht unter vielen anderen z.B. KLOSTERMANN, Mk. (HNT z. St.), von 45b als einem „sekundären Anhängsel" (109); ähnlich F.HAHN, Hoheitstitel 57ff. und T Ö D T 187ff.; vgl. auch COLPE, ThW ¥ 1 1 1 / 4 5 8 : „Die Substanz von Mk. 10,45 b . . . gehört zur ältesten palästinensischen Überlieferung der Herrenworte und muß(!) auf ein echtes Jesuswort zurückgehen". 4 Vgl. das abgewogene Urteil zum lukanischen Quellenproblem bei W. G. K Ü M M E L ( P . F E I N E / J . B E H M , Einleitung in das N T , völlig neu bearbeitet von W . G. K Ü M M E L , 1 4 . Aufl. 1 9 6 5 , 78FF.). 2
5
8
So z . B . BULTMANN, S y n T r . 154.
Daß Lk. die Geschichte vom Rangstreit der Jünger ausläßt, entspricht völlig seiner Tendenz; was Mk. 10,45 gesagt war, ist für Lk. in 22,20 enthalten. Er empfindet deutlich die Sprengung des paränetischen Zusammenhangs durch Mk. 10,45 und läßt den Satz daher aus. Vgl. CONZELMANN, Mitte 187f. u. F. BÜCHSEL, Art. λύω κτλ. ThW IV/343, Anm. 17. — „Überhaupt wird der λύτρονBegriff (sc. von Lukas) nur auf die fromme Erlösererwartung der Juden angewandt (Lc. 1,68; 2,38; 24,21 mit Jes. 41,14; 43,14; 44,22f.; 62,12 u.ö.; das selbstprädikative Herrenlogion Mk. 10,45 par. bringt Lc. nicht)." C. A N D B E S E N , Art. „Erlösung" (RAC VI/54-219), 108.
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und am Ende die Illustration eines derartigen Satzes mit dem βίος des irdischen Jesus. Dennoch haben natürlich ursprünglich Verkündigung und Verhalten des irdischen Jesus zu der soteriologischen Interpretation seines Todes genötigt. Um diesen Zusammenhang zu bewahren, ist der Prozeß der Evangelienbildung notwendig gewesen. Ist so das Recht erwiesen, den Spruch Mk. 10,45 als isolierte Überlieferungseinheit zu befragen, so ist damit zugleich allen Versuchen gewehrt, ihn „literarkritisch" in seine „Bestandteile" zu zerlegen1. Die eigenartige Sonderrolle dieses Logions unter allen übrigen synoptischen Menschensohnworten hat besonders T Ö D T herausgestellt2, der freilich im übrigen die Isolierung des Wortes vom Kontext nicht konsequent genug vollzieht und dadurch eine Spannung zwischen Vers 45 a und 45 b konstituiert, die er nur durch die Konstruktion einer komplizierten Traditionsgeschichte aufzulösen vermag 3 . Mit V I E L H A U E R sind wir der Meinung, daß alle synoptischen Menschensohnworte nachösterliche Gemeindebildung sind 4 ; unter ihnen bilden die Worte von dem in naher Zukunft zum Gericht erscheinenden Menschensohn deutlich die älteste Traditionsschicht6. Hat man Mk. 10,45 vom Kontext isoliert, so ist der polemische Ton der Aussage ού διακονηθ-ηναι . . . άλλά διακονησαι unüberhörbar®. Hier wird eine Anschaung kritisiert, die das Heil jenseits der Geschichte 1 „Mk. 10,45 ist . . . aus einem älteren Spruch über das Dienen V. 45 a, womit der Menschensohntitel verbunden wurde, und der Sühneaussage V. 45b zusammengesetzt" (F. HAHN, Hoheitstitel 57). Die Formulierung zeigt, daß HAHN das literarkritisch, nicht traditionsgeschichtlich meint. Aber wer sollte denn solche Partikel tradiert haben? — Auch TÖDT (Menschensohn 187ff.) hält Mk. 10,45b für ein „offenbar auf palästinensischem Sprachboden" angefügtes „Interpretament" (194). Aber ist denn eine Sonderexistenz von Mk. 10,45a überhaupt denkbar ? Daß Mk. 10,45 eine überlieferte Einheit ist, wird auch durch l.Tim. 2,6 bestätigt; siehe dazu unten. 2
TÖDT i 9 0 f f .
Vgl. ebd. ; siehe aber A. SUHL, Die Funktion der alttestamentlichen Zitate und Anspielungen im Markusevangelium, 1964, 116f. — U.E. liegt in dem διακονέω nicht schon von Haus aus eine Beziehung zum „Aufwarten bei Tisch", die dann dazu geführt hätte, die aus dem Abendmahl vertraute Sühneaussage hier anzufügen (vgl. LIDDELL-SCOTT S . V . ) . Erst Lk. hat das „Dienen" offensichtlich in diesem Sinn verstanden, und deshalb die Perikopenumstellung vorgenommen. 4 Vgl. P . VIELHAUER, Gottesreich und Menschensohn (Dehn-Festschrift 1957, 51-79 = Aufs. z. NT. ThBü. 31, 1965, 55-91); D E R S . , Jesus und der Menschensohn (ZThK. 60, 1963, 133-177 = Aufs. z. NT 92-140); ebenso urteilt H. CONZELMANN, Art. „Jesus Christus" (RGG III/630). H . K Ö S T E R (One Jesus 215ff.) schließt aus dem Fehlen des Menschensohntitels im Thomasevangelium, daß der Titel erst einer nachösterlichen Apokalyptisierung der eschatologischen Botschaft Jesu entsprungen ist. Er hält demgegenüber ihre „Gnostisierung" im Thomasevangelium für sachgemäß und bestätigt so VIELHAUERS Analyse. Weiteres siehe unten § 12, S. 255 Anm. 5ff. 5 Zur traditionsgeschichtlichen Analyse vgl. BULTMANN, SynTr. pass, (siehe Register s.v. „Menschensohn"); D E R S . , TheolNT. 29ff., und TÖDT pass. 6 Vgl. C. K . BARRETT, Background 8 ff. 3
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von dem alsbald zu Gericht und Herrschaftsantritt erscheinenden Menschensohn apokalyptischer Prägung erwartet. Ihr gegenüber wird nachdrücklich auf die abgeschlossene Sendung des „Menschensohns" und sein äonenwendendes Heilswerk verwiesen, das in seinem geschichtlichen Liebesdienst der Lebenshingabe besteht 1 . Sollte also in Mk. 10,45 eine Kritik „hellenistischer" Kreise an der urgemeindlichen Messianologie vorliegen? Solche polemische Absicht erklärt jedenfalls am besten und einleuchtendsten den exzeptionellen Gebrauch des Menschensohntitels in unserem Logion. Dieser Hypothese steht jedoch die verbreitete Meinung entgegen, daß Mk. 10,45 ein ursprünglich aramäisch konzipiertes Wort sei, das deutliche Anklänge an Jes. 53 aufweise und mithin ältestes vorsynoptisches Gut der Jerusalemer Urgemeinde, ja wohl sogar Bestandteil der „ipsissima vox" Jesu sei 2 . Die dafür vor allem von J . JEREMIAS, auf dessen Resultaten zahlreiche andere Forscher fußen, vorgebrachten Argumente gilt es deshalb nun zu prüfen: J E R E M I A S beginnt seine Untersuchung — nach einem religionsgeschichtlichen Überblick über Lösegeldvorstellungen — mit einer zweifachen petitio principii. Nämlich einmal dadurch, daß er die Erörterung der Frage nach der Authentie an den Anfang statt an den Schluß seiner Erwägungen stellt ; also zunächst nicht einen überlieferten „Text" nach seiner Aussage und Traditionsgeschichte, sondern einen „Sprecher" nach seinem Selbstbewußtsein befragt 3 . Durch solches Verfahren muß der „Text" natürlich sofort als eine „Übersetzung" aus dem Aramäischen erscheinen und sich das methodische Mittel der „Rückübersetzung" zur Erhellung seines Sinnes anbieten 4 . Und zum anderen dadurch, daß J E R E M I A S von Jes. 53 als der „Quelle" solchen Selbstbewußtseins Jesu ausgeht, statt dazu als zu einem möglichen Resultat erst zu gelangen 6 . Aus dem ού διακονηθήναι . . . άλλά διακονησαι neben dem Menschensohntitel eine Kombination des danielischen Menschensohnes mit dem 1 Insofern besteht gegen J E R E M I A S , H A H N und L O H S E das Urteil von W . BOUSSET, Kyrios Christos. Geschichte des Christusglaubens von den Anfängen des Christentums bis Irenäus. F R L A N T 21, 1913/5. Aufl. 1965 (7f.) und Bui/rMANN (SynTr. 154) zu Recht, daß Mk. 10,45 „nach der hellenistisch-christlichen Erlösungslehre geformt" ist. — H A H N bezieht dieses Urteil fälschlich auf die (jüdische) Sühneaussage (Hoheitstitel 57f.), statt Mk. 10,45 als Ganzes zu sehen (ήλθεν !), und wirft B U I / Γ Μ Α Ν Ν darum völlig grundlos vor, daß er „eine alttestamentlich-jüdische Grundlage überhaupt" bestreite (58). Ebenso geht LOHSES Polemik ins Leere, weil auch er V. 45b isoliert (Märtyrer 118). 2 So besonders J E R E M I A S und W O L F F , Jes. 5 3 . 3 Vgl. J. JEREMIAS, Abba 224f. 4 So kann J E R E M I A S (ebd.) der Schwierigkeit des ήλθεν entgehen, indem er konstatiert: „aramäisch 'atet heißt sowohl 'ich bin gekommen' wie 'ich bin da'". 5 Vgl. die stringenten Einwände von S U H L 114£f.
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Gottesknecht von Jes. 53 zu erschließen, ist reine Willkür 1 . Ist der nachösterliche Ursprung des Menschensohntitels in seiner Anwendung auf Jesus — zumindest jedenfalls auf seine irdische Wirksamkeit — erkannt, so ist das ού διακονηθήναι . . . άλλά διακονησαι durch den Blick auf das irdische Geschick Jesu hinreichend motiviert und als Antithese gegen die supranaturale und herrscherliche Figur des apokalyptischen Menschensohnes voll verständlich, zumal die Beziehung des „Dienens" Jesu zum alttestamentlichen Gottesknecht sich nicht durch die Formulierung, sondern allein durch die christliche Tradition nahelegt2. Es bleibt also nur noch die zweite Hälfte des Satzes auf ihre möglichen Beziehungen zu Deuterojesaja zu befragen: και δούναι τήν ψυχήν αύτοϋ λύτρον άντι πολλών. Das semitisierende Kolorit dieses Satzes ist unbestreitbar. JEREMIAS hat das sehr schön an der Gegenüberstellung mit seiner gräzisierten Variante in l.Tim. 2,6 gezeigt3, wo es heißt: εις γάρ ó θεός, εις και μεσίτης θεοϋ και άνθρώπων, άνθρωπος Χριστός Ίησοϋς, ó δούς έαυτον άντίλυτρον ύπέρ πάντων. Freilich kann dieser Satz nicht einfach als eine Übersetzungsvariante, die zusammen mit Mk. 10,45 auf einen gemeinsamen aramäischen „Urtext" zurückwiese, verstanden werden. Unhaltbar scheint uns ferner die Behauptung: „Für die Exegese von Mk. 10,45 ist grundlegend die Tatsache, daß der Wortlaut sich an Jes. 53,10-12 (und zwar an den hebräischen Text 1 So JEREMIAS, Abba 227. — „Die Gegenüberstellung διακονηθήναι/διακονήσαι läßt vielleicht noch etwas spüren von dem inneren Kampf Jesu, der vor zwei Wegen stand — Mk. 10,45 ist ein Wort aus der überwundenen Versuchung" (ebd.). Für derartige Einblicke in Jesu Seelenleben gibt aber Mk. 10,45 wirklich keine Handhabe ! — Man muß natürlich berücksichtigen, daß die von JEREMIAS vertretene These, Jesus habe in seinem Selbstbewußtsein die apokalyptische Menschensohnvorstellung mit Jes. 53 kombiniert (ähnlich CTJLLMANN, Christologie), nicht allein aus Mk. 10,45 gewonnen ist, sondern aus Textkombinationen, und daß sie auf teilweise sehr wankenden religionsgeschichtlichen Voraussetzungen beruht; vgl. dazu M. RESE, Überprüfung einiger Thesen von J . Jeremias zum Thema des Gottesknechtes im Judentum (ZThK 60, 1963, 21-41) ; H. H. ROWLEY, The Suffering Servant and the Davidic Messiah (in: The Servant 63-93). 2 Vgl. BARRETT 8ff. „The ού — άλλά is intended to bring out a contrast" (8); und zwar nicht im Blick auf Jes. 53, sondern im Blick auf die traditionellen Menschensohnaussagen; vgl. Dan. 7,14.27; äthHen. 46,3ff. ; 48,5; 62,8 u.ö. — Wo man das Heil nicht mehr ausschließlich von dem kommenden Menschensohn erwartet, sondern auf Jesu abgeschlossene Sendung zurückblickt (vgl. Joh. 3,16 usw.), und in ihr die eschatologische Wende sieht, muß das zu einer Kritik an der apokalyptischen Menschensohnvorstellung führen. Vgl. S. SCHUXZ, Untersuchungen zur Menschensohnchristologie im Johannesevangelium, 1957 ; G. IBER Überlieferungsgeschichtliche Untersuchungen zum Begriff des Menschensohns im NT (Diss. Heidelberg 1953, Masch.). 3 Abba 226. Vgl. zu l.Tim. 2,6 H. CONZELMANN (Neubearbeitung von: M. DIBELIUS, Die Pastoralbriefe, HNT 13, 3. Aufl. 1955, 34f.). Der „hellenistische Charakter" von l.Tim. 2,6 beweist nichts für die Priorität von Mk. 10,45; wegen der sekundären Verwendung des Menschensohntitels und dem ήλθεν, das die hellenistische μεσίτης- Vorstellung schon voraussetzt, dürfte Mk. 10,45 traditions- geschichtlich eher jünger sein.
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gegen die Septuaginta) anschließt: zu δούναι τήν ψυχήν vgl. im tasim . . . nafscho (53,10) ; zu πολλοί vgl. rabbim (53,11.12) ; διακονήσαι weist auf den Gottesknecht. I n dieser Umgebung dürfte λύτρον freie Wiedergabe von ascham (53,10 übertragen als Ersatzleistung gebraucht) sein" 1 . Beginnen wir mit dem letzteren: Niemals hat die Septuaginta das häufige hebräische ascham mit λύτρον wiedergegeben; es findet sich 46 mal im Alten Testament und wird durch sehr verschiedene griechische Wörter wiedergegeben, z.B. άδικία, άμαρτία, άγνοια, βάσανος, καθαρισμός κτλ. 2 . Weil λύτρον von Haus aus ein Wertbegriff ist, ist es von der griechischen Sprache her zwingend, ascham nie durch λύτρον oder seine Äquivalente wiederzugeben. Um den Tempelplünderer Crassus von seinem schändlichen Vorhaben abzubringen, gibt ihm der Hohepriester Eleazar als „Lösegeld" die goldene Stange des Tempelvorhangs (τήν δοκόν αύτω τήν χρυσήν λύτρον άντί πάντων έ'δωκεν. Josephus, Ant. XIV/107). λύτρον bezeichnet stets eine gleichwertige Ersatzgabe 3 und hat streng juridischen Sinn. Darum weist BABRETT ganz zu Recht auf alttestamentliche Texte hin, die den Hintergrund von Mk. 10,45 treffend erhellen: δώσει λύτρα της ψυχής αύτου (Ex. 21,30); δώσουσιν έκαστος λύτρα της ψυχής αύτοΰ (Ex. 30,12) und im gleichen Zusammenhang der Ersatzleistungen: δώσει ψυχήν άντί ψυχής (Ex. 21,23); ή ψυχή αύτου άντί τής ψυχής αύτοϋ (2.Kön. 10,24) 4 . Diese Belege, die sich leicht vermehren ließen, zeigen auch, daß die Präposition άντί durch den Wortsinn von λύτρον (vgl. das άντίλυτρον von l.Tim. 2,6) geradezu gefordert ist. HAHNS Einwand gegen BABRETT, daß in keinem der Belege das Leben als Ersatzleistung für die Sünde gegeben werde, trifft völlig ins Leere, denn offenbar gibt nach Mk. 10,45 (l.Tim. 2,6) der Menschensohn doch nach dem ius talionis sein Leben für das verwirkte Leben der Vielen 6 . Von der Sünde, die zwar die Ursache dafür sein mag, daß die Vielen ihr Leben verwirkt haben, steht gar nichts da. Daß das διακονήσαι auf den Gottesknecht weise®, ist reine Spekulation. Alle Semitismen des Spruches Mk. 10,45 sind nichts als vielfach zu belegende Septuagintismen. Das bestrickende Argument, daß der Wortlaut von Mk. 10,45 sich gegen die Septuaginta an den hebräischen Text anschließe 7 , fällt dahin, wenn die Voraussetzung, daß nämlich überhaupt Jes. 53 zugrunde liegt, aufgegeben werden muß. 2 J E R E M I A S , Abba 227. Vgl. B A R R E T T 5. Vgl. L I D D E L L - S C O T T S . V . und B A R R E T T 5 f. Sieher ferner O. PROCKSCH - F. BÜCHSEL, ThW IV/329-359, besonders 330 ff. (zum LXX-Sprachgebrauch) und 343 ff. zu Mk. 10,45 und die bei W. BAUER, Griech.-dtsch. Wörterbuch zu den Schriften des N T und die übrige urchristl. Literatur, 5. Aufl. Í958 s . v . gegebenen Belege. 4 6 Vgl. B A R R E T T 5ff. Hoheitstitel 58. 7 • JEREMIAS, Abba 227 Ebd. 1
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Johannestaufe und christliche Taufe
Behauptung, „daß άντί (υπέρ) πολλών nicht nur als Ausdruck der allgemein spätjüdischen und urchristlichen Sühnevorstellung angesehen werden kann, sondern gerade wegen seines inklusiven, universalen Sinnes in Verbindung mit Jes. 53 stehen muß" 1 , ist völlig unbegründet. Auf die Beziehung von λύτρον und άντί haben wir oben hingewiesen 2 . begegnet zwar in der Tat in Jes. 53, aber doch auch sonst oft genug 3 . Zudem ist sein universaler Sinn gar nicht ausgemacht; es könnte sich — wie die Qumrananalogien zeigen — auch um die exklusive Bezeichnung der Gemeinde handeln, so daß „für uns" eine völlig korrekte Wiedergabe dieses Sinnes wäre 4 ; ferner fehlt Jes. 53 gegenüber der Artikel. Da aber der inkludierende Sinn von πολλοί in von Jes. 53 unabhängigen jüdischen Texten und sogar im Griechischen belegt ist 5 , besteht kein Anlaß, Jes. 53 als die Grundlage von Mk. 10,45 anzusehen. Zwar läßt sich durch all dies eine Beziehung zu Jes. 53 nicht mit Sicherheit ausschließen, sie dünkt uns jedoch äußerst unwahrscheinlich und darf deshalb keinesfalls die Auslegung leiten 6 . Doch wenden wir uns nun zunächst noch Mk. 14,24 und l . K o r . 11,25 zu, ehe wir dann noch einmal nach dem gemeinsamen Vorstellungshintergrund fragen. Es handelt sich um das Deutewort beim Abendmahlskelch. Wir müssen hier auf die eingehenden neueren Erörterungen der Traditionsgeschichte des Herrenmahls verweisen und beschränken uns auf ein knappes Referat des für unseren Zusammenhang Wesentlichen 7 . HAHNS
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Hoheitstitel 58; vgl. L O H S E 119f. „άντί πολλών ist zu λύτρον, nicht zu δοϋναι zu ziehen" ( L O H S E 1 2 0 ) . Ist das eine Alternative? Das für die Vielen gegebene Leben wird als Ersatzleistung angerechnet. 3 In Rom. 5 erklärt sich „die gehäufte Verwendung des universalen oí πολλοί . . . nicht, wie Jeremias annimmt, aus der Bezugnahme auf Jes. 53, sondern aus der Schematik der Anthropos-Kategorie, die einem ganz anderen Hintergrund entstammt" ( E . B R A N D E N B U R G E R , Adam 235). Das gleiche gilt für Hebr. 2,10; Hebr. 9,28 dagegen ist diese Vorstellung durch den Sühnegedanken und den Bezug auf Jes. 53,12 (LXX!) interpretiert. 4 Vgl. etwa 1 Q S 6 , 1 . 7 . 8 und viel öfter (siehe K U H N , Konkordanz s.v.). Vgl. ferner H . W . H U F P E N B A U E R , A N , A N , D M in 1 Q S (ThZ 1 3 , 1 9 5 7 , 136f.) — Jedoch scheint uns — da die Vorstellungen des „Gekommenseins" und des „Lösegeldes" in das Milieu der griechisch sprechenden Urgemeinde weisen — der universale Sinn von πολλοί hier doch wahrscheinlicher (vgl. dazu J . J E R E MIAS, Art. πολλοί ThW VI/536-545 und B R A N D E N B U R G E R , Adam 2 2 1 ) . Auch JosAs. 15,6 liegt dieser Gebrauch von πολλοί unabhängig von Jes. 53 vor. 2
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V g l . LIDDELL-SCOTT S.V.
" So mit Recht schon B Ü C H S E L , ThW IV/344, Anm. 22; vgl. S U H L 118. — Behutsam auch E. L O H M E Y E R , Gottesknecht und Davidssohn (FRLANT 43, 2. Aufl. 1953), 132: „vielleicht". 7 Vgl. W . M A R X S E N , Das Abendmahl als christologisches Problem, 1 9 6 3 (darin vorausgesetzt: DERS., Die Einsetzungsberichte zum Abendmahl, Diss. Kiel 1 9 4 9 ; D E R S . , Der Ursprung des Abendmahls, EvTh. 1 9 5 3 / 5 4 , 2 9 3 - 3 0 3 ) ; G. B O R N K A M M , Herrenmahl und Kirche bei Paulus ( = Stud, zu Antike und Urchristentum, Ges. Aufs. II, 1 9 5 9 , 2 . Aufl. 1 9 6 3 , 1 3 8 - 1 7 6 ) ; A. S U H L , Funktion
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B Ü L T M A N N S Vermutung, die von Justin (Apol. 6 6 , 3 ) überlieferte Abendmahlsformel: τοϋτό έστιν το σώμά μου / τουτό εστίν το αϊμά μου sei die Urform der anderen und komplizierteren Deuteworte, muß genau auf den Kopf gestellt werden 1 . Wie die archaische Notiz μετά το δειπνησαι (l.Kor. 11,25) bei Paulus noch erkennen läßt 2 , fand ursprünglich zwischen Brot und Kelchwort eine ganze Mahlzeit statt. Deshalb ist die parallele Formulierung der Deuteworte nicht der Anfang, sondern das Endergebnis des Prozesses, worin aus einer gemeinsamen Mahlzeit ein symbolisch stilisiertes Kultmahl wird. Innerhalb dieses Verwandlungsvorganges lassen sich die verschiedenen Varianten der Deuteworte leicht als traditionsgeschichtliche Stufen voneinander abheben. Trotz der semitisierenden Archaismen der Markusformel stellt der glattere und „griechischere" Paulustext ein fraglos ursprünglicheres Stadium der Traditionsgeschichte dar, deren Tendenz so verläuft, daß aus der Deutung gemeinsamen Essens und Trinkens eine Deutung der genossenen Elemente wird, die schließlich als φάρμακον άθανασίας gelten können 3 . Diesem sekundären Blick auf die Elemente und ihre Deutung entspricht es, daß in der ins vierte Evangelium interpolierten „Abendmahlsrede" 4 durch die Wahl von σάρξ statt σώμα eine bessere Korrespondenz zu αίμα hergestellt worden ist 5 .
H 0 ff. ; E . KÄSEMANN, Anliegen u n d Eigenart der paulinischen Abendmahlslehre (in: Exegetische Versuche und Besinnungen I, 4. Aufl. 1965, 11-34); E . SCHWEIZER, Das Herrenmahl im N T (in: Neotestamentica, Ges. Aufs. 1963, 344-370); DERS., Art. „Abendmahl" (RGG 1/10-21); J . JEREMIAS, Die Abendmahlsworte J e s u ; H . LESSIG, Die Abendmahlsprobleme im Lichte der neutestamentlichen Forschung seit 1900 (Diss. Bonn 1953). 1 R. BUXTMANN, TheolNT 148; siehe aber E . SCHWEIZER, Neotestamentica 348 f. 2 Vgl. G. B O R N K A M M , Herrenmahl 154; W . M A R X S E N , E v T h . 297; A. S U H L 110.
3 Ignatius, E p h . 20,2: φάρμακον άθανασίας, άντίδοτος του μή άποθανεΐν. — Vgl. BULTMANN, TheolNT 149 und siehe zum Kultmahl in JosAs. oben S. 127f. 4 J o h . 6 , 4 8 - 5 8 entspricht völlig dem ignatianischen T y p des Abendmahlsverständnisses. Der Passus ist sekundär im J o h E v . ; vgl. BUMMANN, J o h E v . z.St. und Ergänzungsheft; DERS., TheolNT 149; E . LOHSE, Wort und Sakram e n t im J o h E v . N T S 7 , 1 9 6 0 / 6 1 , 1 1 0 - 1 2 5 . — Zu E . S C H W E I Z E R S Versuch, J o h . 6 , 5 1 - 5 8 von Vers 6 3 her gerade als antiignatianisch u n d im Zusammenhang des ganzen Evangeliums als antidoketisch zu interpretieren ( = Das johanneische Zeugnis vom Herrenmahl, in: Neotestamentica, Ges. Aufs. 1 9 6 3 , 3 7 1 - 3 9 6 ) vgl. G. BORNKAMM, Die eucharistische Rede im Johannesevangelium (ZNW 47, 1956, 161-169 und H . KÖSTER, Geschichte u n d K u l t u s im J o h E v . (ZThK 54, 1957, 56-69, 62). Traditionsgeschichtlich h a t sich hier der aus JosAs. (s.o. § 4, S. 127 Anm. 3) geläufige Mysterienmahltyp, der mit den Elementen unsterbliches himmlisches Wesen verleiht, mit dem markinischen Abendmahls Verständnis verbunden. — F ü r die Ursprünglichkeit von J o h . 6,51-58 noch: H . S C H Ü R MANN, J o h . 6,51c — ein Schlüssel zur johanneischen Brotrede (BZ 2, 1958, 244^-262); P. BORGEN, Bread f r o m Heaven (siehe oben S. 103 Anm. 5). 6 Das gilt trotz der jetzt von J E R E M I A S (Abendmahlsworte 213, Anm. 8) beigebrachten Belege f ü r σώμα u n d αίμα als Bezeichnung der Bestandteile des Opfertiers: spec. leg. 1/62. 231f.; IV/122; Hebr. 13,11.
11 Tbyen, Studien
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Johannestaufe u n d christliche Taufe
l.Kor. 11,25 heißt es vom Kelch: τοϋτο το ποτήριον ή καινή διαθήκη έστιν έν τω έμω αϊματι 1 . Gedeutet wird hier nicht das Element „Wein" ( = Blut), sondern der Kelch, der die Mahlgenossen in der durch den Tod ihres Herrn (έν τω έμω αϊματι) gestifteten καινή διαθήκη verbindet. Der Anklang an Jer. 31,31 ff. wird kaum zufällig sein 2 . Mk. 14,24 dagegen heißt es: τοϋτό έστιν το αϊμά μου της διαθήκης το έκχυννόμενον ύπέρ πολλών3. Wie schon die betonte „Essensterminologie" bei Markus zeigt, liegt der Akzent jetzt deutlich auf dem Kelch Inhalt (αίμα), der dem „Brot" von Vers 22 korrespondiert 4 . Die hier zu Wort kommende Gemeinde weiß nichts mehr von dem ursprünglichen gemeinsamen Mahl und seinem den Neuen Bund repräsentierenden Sinn. Hier steht die Sühne Vorstellung deutlich im Vordergrund; das vergossene Blut des für die Vielen geopferten Christus 6 restituiert das zerbrochene Bundesverhältnis. Eine Abhängigkeit von Jes. 53 besteht nicht, denn für das Gottesknechtslied sind weder der Opfer- noch der Bundesgedanke konstitutiv. Die apodiktische Behauptung: ,,Έκχύνειν ist Wiedergabe von Jes. 53,12 ΓΠΐΐΠ. Der hebräische Urtext ist benutzt, nicht L X X (παρεδόθη)"6, ist nicht gedeckt, denn vom Blutvergießen ist Jes. 53,12 nicht die Rede, dagegen steht έκχεΐν αίμα in der Septuaginta ständig für die Opferdarbringung. Zu einer Rückübersetzung dieses traditionsgeschichtlich die paulinische Formel voraussetzenden 1 Die Teilhabe a m gemeinsamen Kelch verleiht Anteil a m Neuen Bund, der wie der Sinaibund durch das „Bundesblut" (Ex. 24,8) besiegelt ist. Das Kultmahl entspricht dem des Mose u n d der Ältesten nach der Bundesschlußepiphanie (Ex. 24,11). Der Gedanke der Sühne durch das Blut ist E x . 24 nicht angedeutet u n d braucht d a r u m auch hier nicht vorzuliegen; vgl. E . SCHWEIZER, Neotestamentica 372 f. 2 Vgl. G . B O E N K A M M , Herrenmahl 157f. und S U H L 112. 3 J e t z t liegt der Ton nicht mehr auf dem „ B u n d " , sondern auf dem „ E l e m e n t " (Bundesblut), das durch die Wendung „ f ü r die Vielen vergossen" (in Anlehnung an Mk. 10,45 formuliert?) als Sühnemittel interpretiert wird; vgl. S U H L 114ff. 4 Zur Traditionsgeschichte vgl. die oben S. 160 Anm. 7 genannte Lit. 5 Gegen J E R E M I A S ist die komplizierte markinische Formel von einer der paulmischen Version verwandten Formulierung in griechischer Sprache abhängig. Der Ausfall des ποτήριον ist dadurch bedingt, d a ß der Akzent jetzt auf seinem Inhalt liegt; neu ist Paulus gegenüber ferner die Betonung des Sühnegedankens. Vgl. E . S C H W E I Z E R (Neotestamentica 371 f.), der freilich den ausdrücklichen Widerruf von J E R E M I A S (Abendmahlsworte 3. Aufl. 1960, 186f.) übersehen h a t , wonach auch die Formulierung τό αϊμά μου της διαθήκης (dam berithi) im Semitischen möglich ist. Siehe auch S U H L 117ff. ·— Die Beachtung der Traditionsgeschichte läßt das Verständnis von J E R E M I A S (160f.) nicht zu: „Diese rätselhafte 'Leere' (sc. bei Mk. 14,22) rief nach einer Auffüllung" (160). Deshalb sei die ύπέρ-Formel aus dem Weinwort in das Brotwort gewandert. Vgl. dazu S U H L 117f. u n d F . H A H N , Hoheitstitel 61. 6 J E R E M I A S , Abendmahlsworte 1 7 0 ; so auch L O H S E , Märtyrer 1 2 4 u n d T Ö D T 1 8 7 ff.
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Satzes ins Hebräische oder Aramäische sehen wir keinen Anlaß, da hier ohnehin nicht die ipsissima vox Jesu zu vernehmen ist 1 . In Mk. 10,45 und 14,24 par. hat vielmehr die christliche Gemeinde Jesu Tod als das an Gott gezahlte „Lösegeld" bzw. als das die „Gerechtigkeit" oder, wie wir auch sagen können, das rechte Bundesverhältnis restituierende Opfer interpretiert. Wenn Matthäus der markinischen Vorlage noch die Worte εις αφεσιν αμαρτιών anfügt, so hat er damit den Sinn dieses Opfers ganz zutreffend beschrieben2. Auch die zuerst bei Paulus begegnende Deutung Jesu als des Passalammes, die dann dazu geführt hat, sein letztes Mahl mit den Jüngern als Passamahl darzustellen, hat ebenso wie Joh. 1,29 den Gedanken des Sühnetodes Jesu zum Hintergrund 3 . c) Rom. 3,24-26 Da wir in unserem Zusammenhang der Traditionsgeschichte der Sühnevorstellung nicht in allen Details nachzugehen vermögen, weil es uns allein darauf ankommt zu zeigen, daß die dem Christen zuteil werdende Sündenvergebung im Tode Jesu begründet wird, blicken 1
Zur möglichen Gestalt des letzten Mahles Jesu mit seinen J ü n g e r n vgl. G. K U H N , The Lord's Supper (siehe oben S. 127) (vgl. auch D E R S . , Über den ursprünglichen Sinn des Abendmahls, E v T h . 10, 1950/51, 508-527); E . S C H W E I Z E R , Neotest. 352 ff. 3 Mt. 26,28; siehe oben S. 138 f. 3 Zum Sühnecharakter des Passalammes vgl. 2.Chr. 30,17f. und siehe dazu K . KOCH, Sühneanschauung 97. — Bei Paulus: 1. Kor. 5,7; vgl. die K o m m . z.St. — Formgeschichtliche Beobachtungen zeigen, daß die Schilderung von Jesu letztem Mahl erst sekundär mit dem „Einsetzungsbericht" verbunden wurde. I m Mahlbericht selbst spricht nichts f ü r die Passasituation ; vgl. K. G. K U H N , The Lord's Supper und E . S C H W E I Z E R , Neotestamentica 352ff. (Lit.). E s handelt sich also wie l . K o r . 5,7 u m eine Deutung der Person Jesu im „Evangeliencharakter". — Zu J o h . 1,29. 36: Gegen C. H . DODD, The Interpretation of t h e F o u r t h Gospel, Cambridge 1953, 230ff., ist άμνος hier aber nicht der Titel des kriegerischen Messias der Apokalyptik (vgl. die Rolle des gehörnten Lammes in Apk.), sondern Bezeichnung des Opfertieres, zumal αϊρειν ganz eindeutig „vergeben" ( l . S a m . 15,25; 25,28), „wegtragen" heißt (vgl. L I D D E L L S C O T T s.v.) u n d nicht „ t o make an end of sin" als ,,a function of the Jewish Messiah, quite a p a r t from a n y thought of a redemptive d e a t h " ( D O D D 237). Vgl. dazu C . Κ . B A R R E T T , The L a m b of God; E . S C H W E I Z E R , Neotestamentica 354; DERS., Erniedrigung 57f. I m Sinne des Evangelisten ist allerdings wohl k a u m an die Sühnetheorie zu denken (vgl. M. G O G X J E L , La foi à la résurrection de Jésus dans le Christianisme primitif. Paris 1933, 95f.). — Einerlei ob die johanneische Passionschronologie historisch korrekt ist oder nicht (vgl. J E R E M I A S , Abendmahlsworte 73ff.; E . S C H W E I Z E R , Neotestamentica 353f.); unabhängig von dieser Frage wird jedenfalls in J o h . 19,36 wohl eine bewußte Passaanspielung (als „ E r f ü l l u n g " des Täuferwortes von 1,29?) zu erblicken sein (vgl. B A R R E T T , L a m b . 211; anders D O D D ebd. u n d S C H W E I Z E R , Neotestamentica 354, Anm. 46). — Völlig verfehlt ist B A B R E T T S Vermittlungsversuch, wonach das Wort im Munde des historischen Täufers ( ! ) auf den kriegerischen Messias der Apokalyptik weisen soll (so DODD), im Sinne des Evangelisten aber von Jes. 53,7 her verstanden werden müsse (ebd. 212ff.). K.
11*
164
J o h a n n e s t a u f e u n d christliche T a u f e
wir jetzt auf die von Paulus in Rom. 3,24-26 benutzte Überlieferung 1. Mit BULTMANN 2 und KÄSEMANN 3 wird man δωρεάν τη αύτοϋ χάριτι (V. 24) und διά πίστεως (Υ. 25) als paulinische Interpretamente einer zitierten Überlieferung ansehen müssen. Von diesen kommentierenden Glossen befreit, könnte das Traditionsstück etwa folgendermaßen gelautet haben : δικαιούμενοι διά της άπολυτρώσεως της έν Χριστώ Ίησοΰ δν προέθ-ετο ó ·9·εός ίλαστήριον έν τω αύτοϋ αίματι, εις ένδειξιν της δικαιοσύνης αύτοϋ διά την πάρεσιν των προγεγονότων άμαρτημάτων έν τη άνοχη τοΰ θεοΰ. Das δικαιούμενοι am Anfang wird paulinische Redaktionsarbeit sein, die das Stück mit dem Kontext verknüpft. Dann müßte man den zitierten Satz folgendermaßen paraphrasieren : Unser Loskauf ist durch Christus Jesus geschehen 4 , den Gott öffentlich als blutiges Sündopfer dargebracht hat 6 , um so seine Gerechtigkeit zu erweisen dadurch, daß er in seiner Langmut 6 die zuvor begangenen Sünden vergab 7 . Der Vorstellungshintergrund ist der gleiche wie im Lösegeld-Wort von Mk. 10,45: Wegen der Sünde ist das menschliche Leben dem Zorn Gottes verfallen 8 , aber Gott gewährt Sühne und vergibt die 1 Vorausgesetzt ist d a z u : R . BULTMANN, T h e o l N T 49; E . KÄSEMANN, Z u m Verständnis v o n R o m . 3,24-26 ( Z N W 43, 1950/51, 150-154; = E x e g e t . Vers, u. Bes. I , 4. Aufl. 1965, 96-100); E . L O H S E , Märtyrer 149ff.; P . S T U H L M A C H E R 86ff. ; W . G. K Ü M M E L , Πάρεσις u n d ϊνδειξις (ZThK 49, 1952, 159ff.); E . S C H W E I ZER, Die 'Mystik' des Sterbens u n d Auferstehens m i t Christus bei P a u l u s (EvTh. 26, 1966, 239-257). 2 3 4 TheolNT 49. Siehe A N M . 1. Vgl. L I D D E L L - S C O T T S . V . 5 D a s „ B l u t " h a t dabei wohl k a u m eigenen lustrativen Sinn, sondern ist Ausdruck der L e b e n s k r a f t ; siehe oben § 1 u n d vgl. LOHSE, Märtyrer 149ff. 8 Die vielfach in den K o m m , u n d jetzt wieder von S C H W E I Z E R (siehe oben A n m . 1) vertretene Übersetzung „Zeit der G e d u l d " f ü r άνοχή ist sprachlich recht unwahrscheinlich. Das W o r t begegnet im N T n u r hier u n d R o m . 2,4, wo es m i t πλούτος της χρηστότητας u n d μακραθυμία zusammen die überschwengliche G ü t e Gottes beschreibt. Zwar k a n n άνοχή auch den temporalen Sinn „ P a u s e " h a b e n , jedoch s t e h t d a n n fast stets der Plural ; vgl. die Belege bei S T E P H A N U S , Thesaurus, ed. C . B . H A S E u . a . Paris 1831ff. P O x . V I I / 1 0 6 8 : άλλά ήμέρων άνοχήν ϊχω (belegt bei PREISIGKE, W ö r t e r b u c h der griech. P a p y r u s - U r k u n d e n . Vollendet v. E . K I E S S L I N G , 3 Bde. 1925-1931 s . v . ) ; hier ist der zeitliche Sinn d u r c h das ήμέρων gegeben, άνοχή wird m a n also a m besten m i t „gütige Nachsicht' wiedergeben (vgl. 6πως άνοχήν λάβω Soc. 632,3; belegt bei P R E I S I G K E S.V.). Die Übersetzung „Zeit der G e d u l d " b e r u h t auf zwei u n h a l t b a r e n P r ä m i s s e n : nämlich einmal auf der vermeintlichen Antithese zu έν τ φ νϋν καιρώ (V. 26) u n d z u m anderen auf der unzulässigen Unterscheidung von άφεσις u n d πάρεσις, wie sie z . B . R . C H . T R E N C H , S y n o n y m a des N T ed. H . W E R N E R 1907 (s.v.) v o r n i m m t ; siehe dazu die folgende A n m . 7 N a c h K Ü M M E L S gründlichem Nachweis (siehe oben A n m . 1) m u ß πάρεσις im Vollsinne von „Vergebung" v e r s t a n d e n u n d darf nicht zu „Hingehenlassen" abgeschwächt werden. Wie E . S C H W E I Z E R (Die 'Mystik' 2 5 5 ) das vert r e t e n u n d sich dazu ausgerechnet auf K Ü M M E L berufen k a n n ( ! ), ist uns rätselhaft. 8 Das h a t P a u l u s von R o m . 1,18 a n aufgewiesen u n d k a n n es n u n zusammenfassend m i t d e m liturgischen Z i t a t a u f n e h m e n .
Die neue Begründung der Sündenvergebung im Tode Jesu
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Schuld. Die Terminologie weist wiederum auf die hellenistisch-jüdische Christenheit als Urheberin dieser Formulierung, die zweifellos in griechischer Sprache konzipiert ist. Ein konkreter Bezug auf eine alttestamentliche Schriftstelle liegt nicht vor. Die sich in der Sündenvergebung manifestierende göttliche „Gerechtigkeit" ist hier die Eigenschaft Gottes als des δίκαιος, die er erweist, weil ihm durch den stellvertretenden Sühnetod Jesu zuvor Genugtuung geleistet ist 1 . So gewiß sie Gottes „heilschaffende Bundestreue" ist 2 , so gewiß ist sie zugleich die unbestechliche Rechtlichkeit des Richters, der dadurch zu seinem Recht kommt, daß er selbst die Sühne gewährt, die die seinem Zorn verfallenen Menschen nicht „leisten" können 3 . Die δικαιοσύνη αύτοϋ entspricht hier der θ-εοϋ δικαιοσύνη von Rom. 4 3 , 4 f. . Freilich scheint uns STUHLMACHERS Interpretation von Rom. 3,4f. verfehlt 5 , denn daß diese δικαιοσύνη Gottes „verläßliches Festhalten an seinem Recht" und „fortan Israels Hoffnung begründende Treue des von ihm einmal verkündeten (und in Christus verifizierten) Bundesrecht und Bund" bezeichne6, sagt doch der Text nicht. STUHLMACHER kommt zu diesem Resultat auf Grund seiner Prämisse vom terminus technicus „Gottesgerechtigkeit" 7 , die er durch das Zitat von Ps. 51,6 als „Ausschnitt aus einer Exhomologese" 8 bestätigt findet. Wir stellen dem eine knappe Interpretation des Abschnittes gegenüber : Paulus bietet in Rom. 3,1-8 einen fragmentarischen Exkurs über die Frage nach dem heilsgeschichtlichen Vorzug der Juden, den er aber alsbald abbricht (das πρώτον μέν von Vers 2 findet keine Fortsetzung), um die Frage von 3,1 erst in Kapitel 9 wiederaufzunehmen, τά λόγια του θ-εοΰ sind im Kontext des Römerbriefes natürlich die Verheißungen Gottes und nicht die Gebote der Tora®. Vers 4 darf man nicht mit LUTHER, MICHEL und STUHLMACHER im Sinn der „Gerichtsdoxologie" verstehen, in der der Glaubende Gott durch sein Sündenbekenntnis „rechtfertigt", auch wenn das Psalmwort ursprüng1
Natürlich liegt die A N S E L M s c h e Versöhnungslehre noch fern; vgl. S T U H L 88 f. Der Zusammenhang mit den unerfüllten Rechtsforderungen der Tora darf nicht übersehen werden. 2 Siehe dazu oben S. 23 ff. und 56 ff. 3 Zwar ist darüber hier nicht ausdrücklich reflektiert, doch muß sich dieser Gedanke den griechischen Lesern dadurch unmittelbar aufdrängen, daß hier im Gefolge der alttestamentlich-jüdischen Tradition Gott das alleinige Subjekt der Sühnehandlung ist. 4 Vgl. LIETZMANN, R Ö M . z.St. u. B U L T M A N N , TheolNT 4 9 . 2 8 8 .
MACHER
5
STUHLMACHER 84FF.
« Ebd.
86.
8 ' Siehe oben S. 56 ff. STUHLMACHER 85. 9 So mit LIETZMANÏJ z.St. gegen STUHLMACHEB 8 5 und C H B . Gerechtigkeit und Gottes Volk ( F R L A N T 8 6 , 1 9 6 4 ) , 4 9 .
MÜLLER,
Gottes
166
Johannestaufe und christliche Taufe
lieh in diesen Zusammenhang gehört 1 . Das Zitat von Ps. 51,6 dient Paulus im Zusammenhang von Rom. 3 einzig als Schriftbeweis für das πας δέ άνθρωπος ψευστής (V. 4). Vom glaubenden Menschen, der Gott in der Exhomologese sein Recht gibt, ist überhaupt nicht die Rede, sondern — wie das Folgende zeigt — von dem, der hybride mit Gott rechtet. Es geht also nicht um das Bekenntnis des Unrechts als Erweis von Gottes Recht, sondern um das Tun des Unrechts, das Gott veranlaßt, nach dem Maßstab seiner Gerechtigkeit sein Zornesgericht zu verhängen2. Gott erweist sich also dadurch als „gerecht", daß er die άδικία durch seinen Zorn ahndet. Nicht die „Bundestreue" Gottes, sondern der Aufweis, daß sein Zornesgericht verdientermaßen und das heißt eben „gerecht" ergeht, ist das Thema. Wir können also ρaraphrasieren : Wenn du aus der Tatsache, daß dein Unrechtiim Gottes Gerechtigkeit gerade ins rechte Licht rückt (συνιστάνειν), schließt, dann habe Gott doch allen Anlaß, dir dankbar zu sein und könne dich billigerweise nicht mehr verurteilen, dann hast du ja die Voraussetzung, unter der das allein gilt, aufgehoben: die nämlich, daß du Sünder bist und Gottes Gericht darum gerechterweise ergeht (V. 6). Paulus empfindet das als einen lästerlichen Greuel3. •— Vers 7 wiederholt den Gedanken noch einmal mit dem generellen „ I c h " 4 : Wenn also die Wahrheit Gottes durch meine Lügenhaftigkeit groß gemacht worden ist zu seiner Verherrlichung, wie kann ich dann noch wie ein Sünder verurteilt werden? Muß ich nicht vielmehr sagen —• was mir lästerlicherweise tatsächlich einige Leute unterstellen — : Laßt uns Böses ausführen, damit Gutes dabei herauskommt ! ? Über Leute, die solch eine Konsequenz ziehen, ergeht das Urteil verdientermaßen®! Der ganze Abschnitt macht also deutlich, daß Paulus von seinem existentiellen Verstehen her gegen das spekulative Denken der Gegner polemisiert6. 1 O.MICHEL, R o m . ( M e y e r K ) z.St.; STUHLMACHER 85. Zur Sache der Gerichtsdoxologie siehe oben S. 45. 2 Vgl. die Kommentare von LIETZMANN und O. K u s s z.St. — Gegen STUHLMACHER (86) sieht CHR. MÜLLER (112) diese nahe Affinität von δικαιοσύνη und όργή ganz richtig. STUHLMACHERS Behauptung ,,όργή θεοΰ ist die strafende Macht im Gericht" ist falsch; der „ Z o r n " ist der faktische Gerichts Vollzug. 3 Das κατά ίίνθρωπον λέγω (V. 5) entspricht sachlich genau der rabbinischer Sitte entsprechenden Doxologie in R o m . 1,25. 4 Vgl. THYEN, Stil 104 f. 5 Die zuletzt gegebene Textparaphrase setzt folgendes voraus: Das Fragezeichen hinter κρίνομαι ist mit HORT zu streichen. Der καθώς-Satz bis λέγειν ist Parenthese. Das nicht eindeutig bezeugte δτι vor ποιήσωμεν ist zu streichen (vgl. K . TISCHENDORF, ed. V I I I z.St.); der Schreiber, der es einfügte, verstand den καθώς-Satz nicht mehr in seinem parenthetischen Sinn. Sachlich ist statt des δτι ein λεγώμεν zu ergänzen. 6 Vgl. R . BULTMANN, Welchen Sinn hat es, von Gott zu reden? (in: Gl. u. Verst. I , 5. Aufl. 1964, 26-37) ; weiteres sie^n "nten.
Die neue Begründung der Sündenvergebung im Tode Jesu
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Wie λύτρον in Mk. 10,45 als „Lösegeld" verstanden werden muß, so ist άπολύτρωσις als das Resultat der Lösegeldzahlung der erfolgte „Loskauf" 1 , ίλαστήριον darf keinesfalls mit der ΓΠΒ3 (Ex. 25,17if. u.ö.) in Verbindung gebracht werden. Das Wort bedeutet, wie seine breite inschriftliche Bezeugung erweist 2 , je nach dem Kontext das Sühneoder das Versöhnungsmittel. Nur weil der m S 3 solche Funktion eignet, hat die Septuaginta den Ausdruck mit ίλαστήριον wiedergegeben. KÜMMELS Bemerkung, „daß die heidenchristlichen Leser des Briefes auch bei guter Kenntnis des Alten Testamentes schwerlich bemerken konnten, daß sie dem ihnen aus der Kultsprache geläufigen Wort ίλαστήριον einen technischen Sprachgebrauch der Septuaginta beilegen sollten" 3 , trifft vollauf zu. Auch für das in dieser Umgebung stehende δικαιοσύνη αύτοΰ gilt, daß es kein griechischer Leser anders als im Sinn der göttlichen iustitia verstehen kann. Das unbestreitbare alttestamentliche Erbe des Satzes besteht in der für den griechischen Leser zwar überaus befremdlichen, aber nichts desto weniger deutlich verständlichen Aussage, daß Gott das Subjekt solcher heilschaffenden Sühne ist. Allein durch diese grammatische Konstruktion des Satzes bekommt auch das Wort δικαιοσύνη nun einen an die alttestamentliche np"7S Gottes gemahnenden Sinn 4 . Die nächste Sachparallele bietet das (hellenistische!) vierte Makkabäerbuch, wo es von den makkabäischen Märtyrern heißt, daß das Vaterland durch ihren Tod gereinigt wurde, ώσπερ άντίψυχον γεγονότας της τοϋ έθνους αμαρτίας και διά τοϋ α'ίματος των εύσεβών έκείνων και τοϋ ίλαστηρίου θανάτου αύτών, ή θεία πρόνοια τον 'Ισραήλ προκακωθέντα διέσωσεν5. 1
Vgl. L I D D E L L - S C O T T
S. V.
; anders B Ü C H S E L , ThW IV/354ff. ; L O H S E , Märtyrer
149. 2
Vgl. A. D E I S S M A N N , ΙΛΑΣΤΗΡΙΟΣ und ΙΛΑΣΤΗΡΙΟΝ (ZNW 4, 1903, 193ff.) ; E . L O H S E , Märtyrer 150ff. 3 W. G. K Ü M M E L , ZThK49, 160; L. M O R R I S , The Meaning of ΙΛΑΣΤΗΡΙΟΝ in Romans III/25 (NTS 2, 1955/56, 33-43). 4 Gegen S T U H L M A C H E B (86ff.), der das schon mit dem Gebrauch des vermeintlichen term, techn. δικαιοσύνη ί>εοϋ gegeben sieht (vgl. oben S. 56FF.). Siehe auch C. H. D O D D , The Bible and the Greeks 82ff. ; M. D I B E L I U S , Glaube und Mystik bei Paulus (in: Botschaft und Geschichte, Ges. Aufs. II, hrsg. von G. B O R N X A M M , 1 9 5 6 , 9 4 - 1 1 6 ) , llOf.; H . L I E T Z M A N N , Rom. z.St. — Vgl. noch Rom. 5 , 9 . 5 4.Makk. 17,22; vgl. ebd. 6,29. — In 2.Makk. ist der Gedanke des stellvertretenden Sühnetodes noch nicht voll entwickelt; vgl. L O H S E , Märtyrer 66ff. Alle bei L O H S E (72ff.) gegebenen rabbinischen Zeugnisse entstammen erst amoräischer Zeit. Neben i.Makk. ist noch die vorchristliche armenische Version von TestBenj. 3,8 zu beachten: „In dir (sc. Joseph) wird sich die Himmelsweissagung erfüllen, daß der Unschuldige für Gottlose befleckt und der Sündlose für Sünder sterben soll." (Die griechische Version enthält christliche Interpretamente ; Text bei R . H. C H A R L E S , The Greek Versions of the Testaments of the Twelve Patriarchs. Neudruck: Darmstadt, 3. Aufl. 1966, 218f. Vgl. z.St. L O H S E , ebd. 85ff.; M. R E S E , ZThK 24-28; J . J E B E M I A S , ThW V/685.) Die „Himmelsweissagung" wird Jes. 53,5 sein (so J E B E M I A S , vgl. R E S E 28). Gegen
168
Johannestaufe und christliche Taufe
Wir müssen hier nun aber noch auf die paulinische Aufnahme und Kommentierung der übernommenen „Formel" im Kontext des Römerbriefes kurz eingehen. Paulus „zitiert" hier, wie sonst in seinen Briefen, weil für ihn Theologie im wesentlichen in der Auslegung des vorgegebenen „Credo" besteht 1 . „Nicht weniger als neunmal" begegnet in dem Abschnitt 3,21-31 πίστις bzw. πιστεύειν2. J a selbst in die zitierte Überlieferung hat Paulus — unbekümmert um die Struktur der ohnehin schon komplizierten Formel — ein δωρεάν τη αύτοΰ χάριτι und ihm korrespondierend δια πίστεως hineingepreßt. Denn obwohl schon in dem Zitat Gott sehr eindeutig das die Sühne gewährende Subjekt war, mußte dem Apostel der Gedanke an eine durch ein „Sühnewerk" objektiv beschaffte Sündenvergebung zumindest mißverständlich erscheinen, wie auch seinem Verständnis von δικαιοΰσθ-αι δωρεάν τη αύτοΰ χάριτι διά πίστεως eine Genugtuung heischende göttliche Gerechtigkeit wenigstens verdächtig war. Darum fügt er ohne Rücksicht auf die so fast unübersehbar werdende Satzkonstruktion dem Zitat eine weitere parallel gebaute Bestimmung hinzu: προς την ενδειξιν της δικαιοσύνης αύτοϋ έν τω νυν καιρώ, εις τό είναι αύτόν δίκαιον και δικαιοΰντα τον έκ πίστεως Ίησοΰ3. So nämlich erweist Gott jetzt seine rechtfertigende Gerechtigkeit, daß er den Glaubenden gerecht macht. Mit dem είς το είναι αύτόν δίκαιον nimmt Paulus den gen. subj. δικαιοσύνη αύτοϋ des Zitates auf, während das και δικαιοΰντα κτλ. den genuin paulinischen genetivus auctoris δικαιοσύνης αύτοΰ von Vers 26 a interpretiert. Daß in dem Zitat eine der Bundeserneuerungsidee verwandte Vorstellung vorliegt, ist richtig beobachtet 4 . Eine partikularistische Beschränkung auf Israel, die Paulus nun universalistisch uminterpretierte, ist jedoch nicht erkennbar. Sie entspräche auch kaum dem jüdischhellenistischen Vorstellungshorizont der Formel. Das Resümee: „Gottes Werk betrifft also die Welt, und dies zum Ausdruck zu bringen, ist der Sinn der paulinischen Interpretamente", ist darum falsch 5 . Jedenfalls ist mit solcher Feststellung der Akzent der paulinischen Argumentation völlig verschoben. Ihr Sinn besteht vielmehr eindeutig JEREMIAS liegt B E S E 2 4 . f f und 7 3 . Anm. 2 f .
aber eine messianische Deutung von Jes. 5 3 nicht vor; vgl. siehe LOHSE 8 6 . Siehe im übrigen noch oben S. 72f., besonders
1 Vgl. dazu CONZELMANN, Analyse Iff; DEBS., Paulus und die Weisheit (NTS 12, 1966, 231-244, 232). 2
3
D . LÜHBMANN, O f f e n b a r u n g s v e r s t ä n d n i s 148 f.
Weil das έν τφ νϋν καιροί (vgl. dazu L Ü H B M A N N 151 ff.) paulinischer Kommentar ist, verbietet sich ein nach dieser Analogie gedachtes Verständnis von έν τη άνοχη (siehe oben S. 164 Anm. 6); vgl. dazu KÄSEMANN, Verständnis, gegen STUHLMACHER 89. Eine analoge Korrespondenz von Vergangenheit ( = tradierte Formel?) und dem paulinischen „Jetzt" findet sich Rom. 5,8f. 4 6 Vgl. STÜHLMACHER 86ff. Ebd. 90.
Die neue Begründung der Sündenvergebung im Tode Jesu
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in der „existentialen" Interpretation der Formel. Das wird dadurch bestätigt, daß für Paulus die Offenbarung der δικαιοσύνη θεοϋ eben kein in der Vergangenheit vorliegendes „objektives" Heilsfaktum ist, das nun nur noch paränetisch dem einzelnen zu applizieren wäre, sondern „im Evangelium" als der Auslegung dieses Heilsgeschehens ergeht an τον έκ πίστεως Ίησοϋ1. Paulus hat also in der Tat seine Theologie als „Anthropologie" entfaltet. Nur darf man dabei „Anthropologie" natürlich nicht individualistisch mißverstehen; das sollte schon durch Rom. 5ff. ausgeschlossen sein. Und man muß sehen, daß die paulinische Anthropologie „vom Blickpunkt des Gerechtfertigten aus gezeichnet" ist, daß sie „also selbst als Aussage ein Akt des neuen Lebens und nicht eine Anthropologie in einem allgemein einleuchtenden Sinne" ist 2 . Es versteht sich von daher also von selbst, daß der Gedanke der leiblichen Verantwortung des einzelnen vom Leib Christi als dem von Christus eröffneten „Verantwortungsbereich" her sein Gepräge erhält und nicht umgekehrt3. 1 Vgl. dazu besonders LÜHBMANN, pass. ; H . CONZELMANN, Die Rechtfertigungslehre des Paulus: Theologie oder Anthropologie? E v T h . 28, Í968, 389-404. •— W e n n E . SCHWEIZEB, Die 'Mystik' 255, dazu bemerkt: „ E r k e n n t m a n von Gal. 3,23 her, daß 'der' Glaube nicht einfach ein individuelles Verhalten darstellt, sondern eine über die Welt kommende Macht, d a n n wird deutlich, d a ß Paulus das Geschehen der Gerechtigkeit Gottes als Herrschaftswechsel versteht", so ist damit ebenfalls der Akzent der paulinischen Aussagen verschoben. Zudem ist die Alternative „individuelles Verhalten" u n d „über die Welt kommende Macht" deshalb verfehlt, weil der Glaube j a selber eschatologisches Geschehen ist (vgl. BULTMANN, TheoINT 330f.); es ist also eine Korrumpierung des Glaubens, wenn m a n ihn nur als „individuelles Verhalten" zu begreifen sucht. Vgl. auch K . W E N N E M E B (SJ), Άπολύτρωσις, Rom. 3,24-25a (in: Analecta Biblica 17/18; Studiorum Paulinorum Congressus Internationalis Catholicus 1961. R o m 1963, 283ff.), der zwar die literarkritischen Probleme ( B U L T M A N N , K Ä S E MANN) ignoriert, aber zu unserer Frage ganz zutreffend urteilt, daß es Paulus hier nicht u m das „objektive Kreuzesopfer", sondern u m die „subjektive Erlösung der Glaubenden" gehe (287). — Auch in Gal. 3,22f. bezeichnet der Glaube nicht eine „Macht", sondern die durch die Evangeliumsverkündigung eröffnete Möglichkeit zum Glaubensvollzug; vgl. L Ü H R M A N N 79f. u n d H . SCHLIER, Gal. (MeyerK) 124ff. 2 R . BULTMANIÏ, ThLZ 1927, 35 ( = Rezension: W . SCHAUT, Der Begriff 'Fleisch' beim Apostel Paulus, 1924. — ThLZ 1927, 35-37). 3 D. G E O B G I , Kollekte 39 (vgl. besonders Anm. 132 ebd.) mißversteht B U L T MANNS Interpretation, wenn er ihm vorwirft, er kehre „das Verhältnis zu Unrecht u m " (TheoINT 193ff.). Denn f ü r B U L T M A N N ist die Kirche als der Leib Christi nicht „ein Haufe von Pneumatikern, die je ihr individuelles Christusverhältnis haben und genießen" ; „der Leib wird nicht durch die Glieder, sondern durch Christus konstituiert" (TheoINT 311). Auch E . SCHWEIZEB, Die 'Mystik' 257, verkennt — wenn B U L T M A N N der ungenannte Adressat seiner Vorwürfe sein sollte — völlig den Sinn von B U L T M A N N S theologischem ( ! ) Verständnis der paulinischen Anthropologie: „Sichert der Rekurs auf den Sühnetod Christi vor einer anthropologischen Auflösung, die den Grund des Heils in der Bekehrung und Bußleistung des sündigen Menschen fände, so sichert die unzweideutige Sprache vom Wirken und der Macht des Geistes Gottes vor
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Was für Paulus die „Rechtfertigung" dessen, der an Christus glaubt, bedeutet, wird besonders aus der negativen Aussage von Vers 23 deutlich: πάντες γαρ ήμαρτον και ύπστεροϋνται της δόξης του θεου. Rom. 5,12ÍF. wird dann näher ausführen, was das heißt, und deutlicher den Hintergrund dieser Vorstellung markieren 1 . Es ist die von Adam — und weil in der adamitischen Menschheit alle sündigten (εφ' S> πάντες ήμαρτον Rom. 5,12) — und von allen Menschen verwirkte göttliche δόξα, die das selbstverschuldete Elend menschlicher Existenz ausmacht. Evas Klage der Schlange gegenüber erhellt die paulinische Aussage treffend: και έν ταύτη τη ώρα ήνεώχθησαν οί οφθαλμοί μου, και εγνων ότι γυμνή ήμεν της δικαιοσύνης, ή ς ήμεν ένδεδυμένη. καί έκλαυσα λέγουσα" τί τοϋτο εποίησας μοι βτι άπηλλοτριώθην έκ της δόξης μου, ή ς ήμεν ένδεδυμένη2. Wie hier sind auch in Rom. 3,2 Iff. δόξα und δικαιοσύνη nahezu synonym 3 . Das ένδύσασθαι, das uns unten noch beschäftigen muß, zeigt, daß δόξα und δικαιοσύνη in der hier verarbeiteten Tradition als himmlisches Gewand, als das verlorene ursprüngliche Selbst vorgestellt sind, δικαιούμενοι δωρεάν τή αύτοϋ χάριτι heißt dann, mit diesem verwirkten „Gewand" aufs neue bekleidet und dadurch verwandelt zu werden 4 . Auf diesen engen Zusammenhang von δόξα und δικαιοσύνη einer anthropologischen Auflösung, die die Wirklichkeit des Heils in einem neuen Verhalten des bekehrten Menschen fände". Die pointierte und doppelte Formulierung „anthropologische Auflösung" beweist, daß hier Anthropologie als ein autonomes Geschäft der subjektiven Individualität (miß-)verstanden ist. — In gleichem Sinne scheint K Ä S E M A N N „Möglichkeit" statt als transsubjektive Ermöglichung von anderswoher als dem Menschen eigene Mächtigkeit mißzuverstehen, wenn er von „anthropologischer Vorgegebenheit" redet (Gottesgerechtigkeit bei Paulus, in: Exeget. Vers. u. Bes. II, 185, Anm. 4; vgl. auch DERS., Zum Thema der urchristlichen Apokalyptik, ebd. 105-131, besonders 126ff.). Bei BULTMANN dagegen heißt es: „. . . dies ist der schwerste Fehler der Untersuchung, neben dem aber der andere steht, daß der Verfasser die Frage ganz vom Standpunkt des individuellen Heils aus behandelt, während Paulus die 'Heilsgeschichte' schlechterdings nicht vom Standpunkt des Individuums aus versteht (charakteristisch ist, daß der Verfasser das έν Χριστώ ohne Rücksicht auf den Begriff des σώμα Χρίστου behandelt)" R. BULTMANN, ThLZ 1932, 159 ( = Rezension: K . MITTRING, Heilswirklichkeit bei Paulus). 1 Vgl. dazu E . BRANDENBURGER, Adam pass. 2 ApokMos. 20 (Text: C. TISCHENDORF, Apocalypses apocryphae 1 8 6 6 ) ; vgl. auch L O H S E , Märtyrer 1 4 9 ; STUHLMACHER 8 7 und BRANDENBURGER, Adam 113ff. 8 Vgl. Rom. 1,23; 2,7 (zum Hintergrund in der hellenistisch-jüdischen Weisheit siehe CONZELMANN, Paulus und die Weisheit 2 4 3 f . ) ; 2 . K o r . 3,7ff. (siehe dazu GEORGI, Gegner pass., Register z.St.). Zum Zusammenhang von δόξα und δικαιοσύνη vgl. noch: H. K I T T E L , Die Herrlichkeit Gottes (BZNW 1 6 , 1 9 3 4 , 1 9 1 ff. 2 2 4 ) ; J . J E R V E L L , Imago Dei (FRLANT 7 6 , 1 9 6 0 , 181ff.). 4 Zum religionsgeschichtlichen Hintergrund der Gewandvorstellung vgl. E . KÄSEMANN, Leib und Leib Christi (BHTh. 9 , 1 9 3 3 , 87ff. u.ö.) ; P . V I E L H A U E R , Oikodome. Das Bild vom Bau in der christlichen Literatur vom NT bis Clemens Alexandrinus. Diss. Heidelberg 1 9 3 9 / 4 0 , 37ff.; E . B R A N D E N B U R G E R , Adam 1 4 3 ff. ; J . M A I E R , Gefährdungsmotiv 3 3 ; K . R U D O L P H , Mandäer I I / 1 8 1 F F . — Die Betonung des sola fide und sola gratia durch Paulus verwehrt es freilich,
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weist auch die Klimax von Rom. 8,29f. : δτι οδς προέγνω, καί προώρισεν συμμόρφους της εικόνος του υίοΰ αύτοΰ, εις το είναι αύτον πρωτότοκον έν πολλοίς άδελφοΐς" οδς δε προώρισεν, τούτους καί έκάλεσεν καί ους έκάλεσεν, τούτους καί έδικαίωσεν ους δέ έδικαίωσεν, τούτους καί έδόξασεν. Auf das hellenistische Kolorit dieser Sätze hat REITZENSTEIN aufmerksam gemacht 1 . I n der hermetischen Wiedergeburtsspekulation, der offenbar ein spiritualisierter Mysterienritus zugrunde liegt, heißt es über die δικαιοσύνη: ó βάθμος ούτος, ώ τέκνον, δικαιοσύνης εστίν εδρασμα. χωρίς γάρ κρίσεως ιδέ πώς τήν άδικίαν έξήλασεν. έδικαιώθημεν, ώ τέκνον, άδικίας άπούσης2. Auch STUHLMACHER sieht diesen hellenistischen Hintergrund des δικαιοϋν in Rom. 8,29f. 3 . Wenn er darüber hinaus im Blick auf Rom. 3,24 von dem zur Einung der traditionellen Sühnevorstellung mit dem eigentlich paulinischen Anliegen „hervorragend geeigneten" Charisbegriff „hellenistischer Provenienz" (! ) spricht und auf die in der Tat „schlagenden Parallelen" für diesen χάρις-Gebrauch im Corpus Hermeticum hinweist, „der dem Judentum einschließlich der L X X so gut wie unbekannt war", so wundert es um so mehr, daß er daraus keine Konsequenzen für das im gleichen Milieu verankerte δικαιοϋσθ-αι zieht 4 . Nach alle dem scheint uns deutlich, daß Paulus in Rom. 3,24f. die auf das hellenistische Judenchristentum zurückweisende liturgische Überlieferung, die die dem Christen zuteil gewordene Sündenvergebung im stellvertretenden Sühnetod Jesu begründet, als einen ihm wesentlichen Gedanken aufnimmt 5 , zugleich aber in der Erkenntnis seines Ungenügens mit neuen Kategorien weiterführt. Denn der Erlaß der kontrahierten Sündenschuld bedeutet dem Apostel noch keine die δικαιοσύνη als metaphysische Qualität wie in den hellenistischen Analogien zu verstehen und sichert ihren forensisch-eschatologischen Sinn. 1 Die hellenistischen Mysterienreligionen, 3 1927 (Nachdruck 1956), 257ff. 2 CH X I I I / 8 ; vgl. dazu: R E I T Z E N S T E I N , ebd. 252ff.; E. K A M I A H , Paränese 122fif. — Siehe auch PsClemHom. 9,19 und vgl. 2. Kor. 5,17; weiteres siehe unten. 3
S T U H L M A C H E R 1 8 6 f . u n d 2 2 1 , A n m . 1. Ebd. 9 0 , Anm. 1 ; vgl. besonders C H 1 / 3 2 Charis ( U N T 5, 1 9 1 3 ) , 1 2 6 ; W. B A I T E R , W B S . V . 4
und siehe dazu G . P . W E T T E R , — U . E . bedarf dieses Problem — namentlich im Blick auf die verwandten philonischen Vorstellungen — noch gründlicher Untersuchung. 5 Vgl. Rom. 4,25; 5,1. 9ff. 18f.; 2.Kor. 5,14 u.ö. — Siehe auch E. P E R C Y , Zu den Problemen des Kol. u. Eph. (ZNW 43, 1950/51, 178-194), der die zugrunde liegende Tradition ganz richtig versteht. Natürlich kann man nicht bestreiten, daß die Aufnahme dieser Gedanken an „so gewichtiger Stelle wie Rom. 3,25" dem Apostel wesentlich und ihr Inhalt ihm vertraut war. Aber die Behauptung, Paulus könne deshalb diese Gedanken nicht in seinem Sinne weitergeführt und neu ausgelegt haben, ist doch unsinnig (ebd. 180f., Anm. 15).
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grundsätzliche Befreiung aus der Knechtschaft der Sünde und des Todes, aus dem σώμα του θανάτου τούτου1. Nicht die Sünden sind sein eigentliches Problem, sondern das Sündigen. d) 2. Kor. 5 Die Auslegung dieses Kapitels, in dem der Gedanke der durch den Sühnetod Christi gewirkten Sündenvergebung eine zentrale Rolle spielt (vgl. Vers 14. 19. 21), ist äußerst umstritten2. Wir müssen darum zunächst mit einigen Sätzen auf seine Verankerung und seinen Sinn im Kontext des Briefes eingehen3. Thema von 2,14^-7,44 ist das die ζωή verbreitende apostolische Amt, wobei allerdings das apostolische „Wir" häufig mit dem gemeinchristlichen wechselt5. Daraus wird deutlich, daß die Existenz des Apostels nichts anderes als exemplarisches Christenleben ist. Der Gedankengang wird aber erst voll verständlich, wenn man beachtet, daß Paulus seine Auffassung des apostolischen Amtes in der Antithese zu einem in Korinth vertretenen „Amtsbewußtsein" entfaltet. Für seine korinthischen Gegner manifestiert sich das Apostelsein in pneumatischen Demonstrationen himmlischer δύναμις, so daß im Leben des Apostels die göttliche δόξα sichtbar vor aller Augen ist®. Demgegenüber liegt Paulus alles daran zu betonen, daß es sich in Wahrheit genau umgekehrt verhält: Das wirkliche Leben kann hier 1
R o m . 7,24. Vgl. a u s der Fülle der L i t e r a t u r n u r R . BULTMANN, Exegetische P r o b l e m e des 2 . K o r . (SymbBiblUps. 9 , 1 9 4 7 = E x e g e t i c a 2 9 8 - 3 2 2 ) u n d D . G E O R G I , Rezension: S C H M I T H A L S , Die Gnosis in K o r i n t h (VF 1 9 5 8 / 5 9 , 9 0 - 9 6 ) . 3 Zu den literarkritischen P r o b l e m e n des 2. K o r . vgl. E . DINKLER, A r t . „ K o r i n t h e r b r i e f e " ( R G G IV/17ff.) ; G. BORNKAMM, Die Vorgeschichte des sog e n a n n t e n 2 . K o r . (SAH 1961); D . GEORGI, Gegner 22ff.; W . MARXSEN, Einleitung in das N T , 3. Aufl. 1965, 7 5 f . ; W . SCHMITHALS, Die Gnosis in K o r i n t h ( F R L A N T 66, 2. Aufl. 1965). 4 D a r i n sind 6 , 1 4 - 7 , 1 eine s e k u n d ä r e unpaulinische Glosse, d e r e n G e d a n k e n große N ä h e zu Q u m r a n erkennen lassen; vgl. D . GEORGI, Gegner 21 f. — E . KAMLAH, P a r ä n e s e 28ff., e r k e n n t den unpaulinischen C h a r a k t e r ebenfalls; er r e c h n e t aber m i t einem v o n P a u l u s selbst a u f g e n o m m e n e n Z i t a t . W e n i g wahrscheinlich ! 5 Vgl. 3 , 1 8 ; 4 , 1 7 f . ; 5, I f f . ; siehe B U L T M A N N , Probleme 3ff. (298ff.) ; G. K L E I N , 2 . K o r . 4 , 7 - 1 8 (GPM 20, 1966, 234-241). • Vgl. d a z u vor allem GEORGI, Gegner pass., u n d G. KLEIN, G P M 237. — Die wohl einem anderen u n d s p ä t e r e n Brief des P a u l u s n a c h K o r i n t h e n t s t a m m e n d e n K a p i t e l 10-13 setzen sich, wenn a u c h ungleich schärfer, m i t den gleichen Gregnern auseinander. D a r u m ist dieser A b s c h n i t t ebenfalls ä u ß e r s t lehrreich f ü r ihr Selbstbewußtsein; vgl. E . KÄSEMANN, Die L e g i t i m i t ä t des Apostels ( Z N W 41, 1942, 33-71); GEORGI, Gegner pass. P a u l u s k a n n die gegnerische H a l t u n g d a r i n zusammenfassen, d a ß sie sich έν προσώπω r ü h m e n (5,12), was sachlich ein καυχδσθαι κατά σάρκα ist. — Aus 5,14ff. (vgl. besonders 16) wird e r k e n n b a r , d a ß sich die Gegner als -θείοι άνδρες auf J e s u s als ihren T y p o s b e r u f e n . P a u l u s k ä m p f t also gegen eine jüd.-hell. θεΐος-άνήρ-Christologie; vgl. G E O R G I , Gegner 288f.; G. KLEIN, G P M 237. 2
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stets nur sub contrario, nämlich in der Maske des Todes, „sichtbar" werden1; die apostolische δόξα ist notwendig in irdenen Gefäßen verborgen2. Die von den Gegnern demonstrierte δόξα hat mit Gottes Gabe gar nichts zu tun; als sichtbare und damit vergängliche ist sie der falschen Apostel eigenes menschliches und nicht göttliches Werk3. Es geht Paulus mit anderen Worten darum, daß die dem Christen geschenkte göttliche Herrlichkeit im konkreten geschichtlichen Leben bewährt werden muß, während der gegnerische Enthusiasmus meint, die Geschichte überspringen zu können. Christliches Leben ist Leben im Glauben und nicht in ekstatischer Schau4. Das gilt prinzipiell, denn auch im Eschaton „bleibt" der Glaube (l.Kor. 1 3 , 1 3 ) ; d.h. christliches Leben ist immer Leben coram deo, also Leben in Relation. Die Distanz zwischen Gott und Welt wird niemals in vergottendem είδος aufgehoben, denn hier wie im Eschaton ist die Doxologie des Vaters Sinn und Ziel der Weltgeschichte (Phil. 2,11). Wohl wird die durch die Sünde des Menschen bewirkte Entfremdung von Gott und damit zugleich von sich selbst durch die Rechtfertigungverkündigung und ihre glaubende Aneignung aufgehoben. Aber gerade dadurch wird 1 Vgl. 2 . K o r . 4 , 8 f f . ; 4,12; l l , 2 3 f f . ; 12,9. 15; 13,4; siehe auch l . K o r . 15,31; Gal. 6,17; R o m . 8,36; ferner Kol. 1,24. 2 2 . K o r . 4 , 7 . — Ganz zutreffend m a c h t G. K L E I N (GPM 2 3 5 ) gegen S C H M I T HAXS geltend, d a ß die Aussage nicht noetisch, sondern ontologisch gemeint ist ; „die Zerbrechlichkeit des Predigers ist nicht n u r der E r k e n n t n i s g r u n d , sondern sogar der R e a l g r u n d f ü r die Mächtigkeit der P r e d i g t " . 3 2 . K o r . 4,17f. 1 2 . K o r . 5 , 7 ; vgl. dazu GEORGI, Gegner 255f. Der Akzent liegt nicht d a r a u f : jetzt wandeln wir (bloß) im Glauben, dann a b e r im Schauen (vgl. l . K o r . 13,12); b e t o n t ist vielmehr allein: Christliches Leben ist prinzipiell Leben im Glauben u n d nicht in ekstatischem είδος. N u r dazu dient hier der „eschatologische Vorb e h a l t " ; a n den „letzten D i n g e n " besteht n a c h d e m Z u s a m m e n h a n g gar kein Interesse. Die Apokalyptik erweist sich hier als die ancilla der Anthropologie. Freilich einer „Anthropologie", die nicht „ a n sich vorhandene Existenzstrukt u r e n " aufweist, also einfach die christologischen E n t w ü r f e des K e r y g m a als die Variable, das glaubende Selbstverständnis aber als die K o n s t a n t e versteht (H. BBAUN), sondern einer Anthropologie, die gerade die christologischen, kosmologischen u n d eschatologischen Aussagen des N T zugleich als Rede von der eigenen glaubenden Existenz begreift (vgl. z u m Problem E . G Ü T T G E M A N N S 386ff.). — D a r u m ist das v o n S T U H L M A C H E R angezeigte Desiderat n u r eine Scheinalternative: „ D e n n wenn P a u l u s die Relation Gottes zur Welt a m Herzen lag u n d n u r in diesem R a h m e n d a s Verhältnis von W o r t u n d Glaube, u n s h e u t e dagegen das Verhältnis von W o r t u n d Glaube a m Herzen liegt, u n d n u r in diesem R a h m e n die Relation Gottes zur Welt, d a n n müssen wir methodisch u n d theologisch begründen, was u n s d a z u d r ä n g t u n d ermächtigt, die P r ä p o n d e r a n z unserer theologischen Interessen gegenüber P a u l u s chiastisch zu v e r t a u s c h e n " (Erwägungen z u m ontologischen Charakter der καινή κτίσις bei Paulus, E v T h . 27, 1967, 1 - 3 5 ; ebd. 35). D e n n es handelt sich gar nicht u m „chiastische Vertauschung", sondern u m die bei der Paulusexegese gewonnene Einsicht, d a ß die „ R e l a t i o n Gottes zur W e l t " allein im Glauben erschlossen ist, d a ß sie also allein in der theologischen E x p l i k a t i o n des glaubenden Selbstverständnisses, d . h . in der Darstellung der Theologie als Anthropologie zur Sprache k o m m e n k a n n , wenn sie nicht ihren Gegenstand, Gott, verlieren will.
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der Mensch als mündiger Sohn in rechter Weise der Partner Gottes nnd Gott der Partner des Menschen 1 . So ist die in der „Rechtfertigung" geschenkte Vergebung ein Akt der Selbstentäußerung Gottes : Er begibt sich seiner Gottheit und liefert sich dem Menschen als Partner aus. Das ist doch der unaufgebbare Sinn der altkirchlichen Christologie und Trinitätslehre. Auch da, wo Paulus selbst unter dem Einfluß dualistischer Mystik und Apokalyptik nahe daran ist, die Welt als Schöpfung Gottes preiszugeben und das Heilsziel in der Aufhebung der Distanz und in der Verwandlung in himmlisches Pneumawesen zu sehen 2 , muß man gegen Paulus mit seiner eigentlichen Intention an der bleibenden Distanz festhalten und die Einheit der beiden Testamente darin bewahren, daß es diese Welt als Schöpfung ist, von der Gott sagt „und siehe, alles war sehr gut", und für die und deren Erhaltung er den Menschen als seinen Partner schuf, und nicht eine postmortale, übernatürliche andere Welt. Hier ist von der Kreuzestheologie des Apostels her die Apokalyptik ebenso kritisch zu reduzieren wie die dualistische Mystik. Solcher von allem vergottenden und damit die Distanz aufhebenden είδος prinzipiell geschiedener Glaube ist und wird nie Habitus des Menschen. Als Relation des mündigen Sohnes zum Vater (Gal. 3) hat er seinen Grund in der vergebenden Selbstentäußerung Gottes in Golgatha und sein Ziel in der Bewahrung, Bewährung und universalen Ausweitung der darin restituierten Partnerschaft Gottes mit seinem Geschöpf. I n solchem Glauben sieht Paulus die apokalyptische Sehnsucht nach „dem neuen Himmel und der neuen Erde, in welchen Gerechtigkeit wohnt" (2.Pt. 3,13) erfüllt (2. Kor. 5,17). Der predigende Apostel selbst verbreitet das Licht dieser neuen Schöpfung, was Paulus durch die beabsichtigte Anspielung an das erste Schöpfungswerk zum Ausdruck bringt: ó θ-εος ó ειπών έκ σκότους φως λάμψει (2. Kor. 4,6; vgl. Gen. 1,3). Und zwar verbreitet er dieses Licht nicht trotz seiner Leiden, sondern gerade durch seine Leiden und wegen seiner Verfolgungen (2.Kor. 4,6ÍF.; 6,Iff.). Nur so ist sichergestellt, daß er „nicht sich selbst predigt" (2. Kor. 4,5), daß die von ihm ausgehende „überschwengliche K r a f t " von Gott und nicht vom Apostel stammt (4,7; vgl. l,8ff.). Nur so kommt in ihm Gottes δύναμις zur Vollendung (2. Kor. 12,8ff.). So wird seine leibliche Existenz zum Ort 1 Siehe oben §2, S . 61 Anm. 2 und vgl. D. S O L L E , Stellvertretung 3 1966 sowie den von H . J O N A S entworfenen kühnen Mythos (Unsterblichkeit und heutige Existenz, in: Zwischen Nichts und Ewigkeit. Kl. Vandenhoeck-Reihe 165, 1963, 44-62). 2 So z . B . L.Kor. 15,42ff.; vgl. dazu E . B R A N D E N B U R G E R , Auferstehung 3 0 F F . ; D E E S . , Fleisch 173ff. Ferner etwa Phil. 3,20f.; vgl. dazu G Ü T T G E M A N N S 240ff.
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und Geschehen der Epiphanie des Gekreuzigten1. Gerade indem so der Tod in ihm mächtig ist, ergreift das Leben seine Gemeinden (2. Kor. 4,12). Das alles ist aber kein exzeptionelles apostolisches Privileg, sondern, wie der Wechsel von gemeinchristlichem und apostolischem „Wir" in unserem Abschnitt zeigt 2 , exemplarisch für alle Christen (vgl. Phil. l,27ff.; l.Thess. l,6f.). So und nicht in besonderen „Liebeswerken" ist der Glaube in der Liebe wirklich und wirksam3. G Ü T T G E M A N N S (pass.; zusammenfassend 323ff.) bestreitet, daß „ m a n die apostolische Existenz einfach zum ' T y p ' der christlichen Existenz ü b e r h a u p t machen d a r f " und besteht auf dem „konstitutiven Unterschied zwischen Apostel und Gemeinde" (323). E r verwirft S C H M I T H A L S ' Folgerung aus der paulinischen Charismenlehre, „daß das A m t des Apostels seinem Träger keinerlei Qualität verleiht, die ihn über die Gemeinde e m p o r h e b t " 4 . D a r u m will er auch die apostolischen Leiden, die im Dienst der Verkündigung „christologische Epiphanief u n k t i o n " haben, grundsätzlich von den Leiden der Gemeinden scheiden (325ff.). Ihre Gemeinsamkeit bestehe lediglich darin, daß sie beide êv Χριστώ, d . h . in der „eschatologischen Zeitenwende" begründet seien; ihre Relation beruhe darauf, „daß die Leiden des Apostels mittels ihrer Verkündigungsfunktion auch zu den Leiden der Gemeinde werden (Gal. 4,12ff.)" (327). Diese Feststellungen sind aber nicht ausreichend. Systematisch m u ß m a n folgende Distinktionen machen: 1. Der Apostolat ist in der T a t ein einmaliges u n d unwiederholbares Konstitutivum der Kirche. — 2. Weder der Apostel noch irgendein anderer Charismatiker in der Gemeinde ist deren Funktionär. Die Missionspredigt des Apostels ist so wenig wie das W o r t der Gemeindepropheten eine „ F u n k t i o n der Gemeinde" 6 . — 3. Historisch deutet Paulus seine eigene apostolische Existenz in polemischer Antithese zu enthusiastischen Pneumatikern, die sich auf ihren είδος berufen, vom Kreuz Christi her. Paulus begreift Christus als den alle Menschen inkludierenden Anthropos u n d versteht von daher seine Leiden als Epiphaniegeschehen. — 4. Trotz des unbestrittenen Rechtes der ersten These darf m a n doch nicht einfach den Apostel als Verkündiger der Gemeinde als einer Schar passiver Hörer gegenüberstellen. Das hieße die reformatorische Wiederentdeckung des gerade in der Konsequenz des paulinischen Charismaverständnisses liegenden „Priestertums aller Gläubigen" leugnen. — 5. Man m u ß außerdem die historisch bedingte zeitliche N a h e r w a r t u n g bei Paulus in Rechnung stellen (das Problem der Parusieverzögerung spielt bei ihm keine Rolle; der 2.Thess. ist nachpaulinisch!). Die Parusie f a n d aber gegen
1 Siehe oben S. 173 Anm. 2. Verfehlt ist d a r u m S T U H X M A C H E R S Interpretation des Peristasenkatalogs von 2.Kor. 6,3ff. (Erwägungen 34): „trotz der Leiden". Mit der religionsgeschichtlichen Zuordnung zum Gedanken des leidenden Gerechten (Sap. 10,13f.; TestJos. l , 3 f f . ; 2,4) bleibt S T U H L M A C H E R bei einer rein geistesgeschichtlichen Betrachtung. Paulus durchdenkt diesen Gedanken aber theologisch von seinem a m Kreuz Jesu gewonnenen Selbstverständnis her (vgl. Gal. 2,19f. usw.). Zum Gedanken der Epiphanie des Gekreuzigten im leidenden Apostel siehe besonders G Ü T T G E M A N N S pass. 2 Siehe oben S. 172 Anm. 5. 3 Gal. 5,6 und vgl. dazu H . S C H L I E R , Gal. ζ.St. ; siehe auch Rom. 12ff. nach 1-11 usw. 4 W. S C H M I T H A I S , Das kirchliche Apostelamt. F R L A N T 81, 1961, 14. 5
SCHMITHALS
ebd.
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J o h a n n e s t a u f e u n d christliche T a u f e
die E r w a r t u n g des Apostels n i c h t zu Lebzeiten seiner Generation s t a t t . W e d e r er selbst noch seine Mitapostel h a b e n „allen Menschen d a s E v a n g e l i u m g e b r a c h t " ( l . K o r . 9,16). — 6. Die V e r k ü n d i g u n g ging u n d geht vielmehr weiter; — n u n freilich a n die „apostolische T r a d i t i o n " gewiesen. D e r leidende Apostel wird dabei z u m T y p o s aller nachfolgenden Verkündiger. A u c h ihr Leiden wird ihren Gemeinden z u m O r t der E p i p h a n i e des Gekreuzigten. J a sogar i m Verhältnis des einzelnen Christen zu seinem eigenen Leiden gilt es, dieses als Teilhabe a m Sterben Christi zu d e u t e n (vgl. l . T h e s s . l , 6 f . ) .
Wie die Liebe so ist aber auch die Hoffnung ein unabdingbares und konstitutives Moment des Glaubens1. So wie Abraham παρ' ελπίδα έπ' έλπίδι glaubte (Rom. 4,18), so sind auch die Christen „Gerettete" allein in der Hoffnung (τη γάρ έλπίδι έσώ&ημεν)2. Sie „haben" das ihnen zuteil gewordene Heil nur als άρραβών, den es zu bewahren und zu bewähren gilt3. Diesem Gedankengang ordnet sich nun das fünfte Kapitel des 2. Kor. klar ein. Vor allem sind die Verse 1-10 darin so fest miteinander verklammert, daß uns BULTMANNS Auskunft, 5 , 1 - 5 stelle eine „polemische Abschweifung" des Paulus dar, der nach diesem „Exkurs" erst mit 5,6 den 4,14f. begonnenen Gedankengang fortsetze, nicht einleuchten will4. Der Zusammenhang erfordert doch, daß Paulus jetzt der Doxa seiner Gegner, die er eben als Scheindoxa entlarvt hat, die wirkliche und unvergängliche himmlische Herrlichkeit gegenüberstellt. Er muß jetzt also vom Inhalt der christlichen Hoffnung, von den αιώνια μή βλεπόμενα (4,18), sprechen. Das οίδαμεν (V. 1) läßt darauf schließen, daß Paulus sich mit den Korinthern darin einig weiß, daß im Gegensatz zu dem „irdenen Gefäß" (4,7), zu dem „sterblichenFleisch", das dem Tode preisgegeben ist (4,11), für den Christen im Himmel eine dem ihm verliehenen Schatz adäquate, „ewige Behausung", ein unvergängliches himm1 Vgl. B U I T M A N N , T h e o l N T 320ff. Siehe besonders R o m . 5 u n d d a z u B U L T MANN, A d a m u n d Christus n a c h R o m . 5 ( Z N W 50, 1959, 145-165 = E x e g e t i c a 424-444), 434. 2 R o m . 8,24. Der G r u n d der christlichen H o f f n u n g (έσώθημεν!) liegt in der Vergangenheit, bzw. in der jeweils ergehenden auf d a s vergangene Heilsgeschehen bezogenen Verkündigung, nicht in apokalyptischen U t o p i e n . R o m . 5 - 8 beginnen p r o g r a m m a t i s c h m i t der Feststellung : „weil wir also gerechtfertigt sind, . . . " ( 5 , 1 ) . D a r u m k ö n n e n die Heiden, t r o t z ihrer vielleicht viel intensiveren Jenseitssehnsucht, als μή έχοντες έλπίδα ( l . T h e s s . 4,13) bezeichnet
w e r d e n ; vgl. G. KLEIN, G P M 327. 3 2. K o r . 5 , 5 ; entsprechend h e i ß t es R o m . 5,5 : ή άγάπη τοϋ θεού έκκέχυται έν ταϊς καρδίαις ήμών διά πνεύματος άγιου τοϋ δοθέντος ήμΐν. Vgl. R o m . 8 , 2 3 ; 2 . K o r . 1,22. Sachlich b e d e u t e t der Geistbesitz: ή ζωή ήμών κέκρυπται σύν τω Χριστώ έν τω θεω (Kol. 3 , 3 ) ; siehe dazu d e n folgenden P a r a g r a p h e n . D e m paulinischen Anliegen kongenial ist L u t h e r s Satz : „quia qui h a b e t fidem, o m n i a Illa quidem h a b e t , sed abscondite. per t r i b u l a t i o n e m a u t e m exercentur a d e m i n e n t i a m " (Röm.-Vorlesung v o n 1516/17; ed. FICKER, gloss a 46, 17f.). 1 Probleme 4 ( = Exegetica 299).
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lisches σ ώ μ α „bereitliegt" 1 . Diese Erwartung jedenfalls scheint uns kein strittiger P u n k t zu sein. Der Abschnitt sagt nicht, daß das endgültige έκδύσασθοα (5,4) und das schließliche γυμνός εΰρεθήναι das — von Paulus bekämpfte — Ziel der (gnostischen) Sehnsucht der Korinther sei 2 . Beide, Absender wie Adressaten, wollen vielmehr keinesfalls „nackt" erfunden werden, sondern „bekleidet". Strittig zwischen Paulus und den Korinthern ist nur, wie es zu diesem postmortalen Bekleidetwerden kommt. Die religionsgeschichtlichen Analogien, insbesondere die unübersehbar analogen Motivzusammenhänge bei Philo 3 und die ausdrückliche Polemik des Paulus gegen die Vorstellung von Christus als dem praeexistenten Ich der Glaubenden in l.Kor. 15,46 legen es nahe 4 , die Bekleidung mit der himmlischen οικοδομή und die Verwandlung in das himmlische Doxawesen des Erlöserleibes (Phil. 3,19ff.) im Sinne der Korinther als die automatische Folge des Ablegens des Fleischesleibes als einer fremden und feindseligen Behausung, des σώμα als des σήμα der Seele zu verstehen. Für Paulus aber steht nicht die Fleischessubstanz als solche der Himmelsreise hindernd im Wege, sondern der ganze Mensch, weil und sofern er Sünder ist, wenngleich auch der Apostel selbst mühsam mit diesem ihn verhängnishaft gefangenhaltenden Hintergrund ringt und nicht überall seine Intention dagegen durchzusetzen vermag 6 . Für die Korinther ist also die Nacktheit der Seele oder des Selbst die conditio ihrer himmlischen Bekleidung, d.h. ihrer Verwandlung in Pneumawesen, während für Paulus die Beseitigung der Sünde einzige Bedingung der freilich weithin in gleichem Vorstellungszusammenhang gedachten und daher kritisch zu interpretierenden Erlösung ist. Da Paulus für „anziehen" sonst durchaus korrekt ένδύειν sagt 6 , darf man das έπενδύσασθ-αι (5,2.4) nicht wie das Simplex ένδύσασθαι verstehen im Blick auf die Vorliebe der Koine für Komposita, sondern muß präzise „darüber anziehen" übersetzen 7 . Denn es ist gerade die 1
V g l . GEORGI, V F
9 2 ff. ( i n r i c h t i g e r A b g r e n z u n g v o n SCHMITHAXS,
Gnosis
223ff. und B U L T M A N N , Probleme 4FF. = Exegetica 299ff.). Vgl. auch E. KAMLAH, Paränese 131, Anm. 2 und 206f. 2 So B U I T M A N N und SCHMITHALS (siehe vorige Anm.). GEORGI weist demgegenüber auf das himmlische Gewand im Perlenlied der Thomasakten als „einen der literarisch ältesten gnostischen Texte" hin (VF 92f.). — Vgl. auch JosAs. 14,12. 3 Vgl. gig. 31. 52; immut. 83; ebr. 23; opif. 146; QG 1/92 und siehe dazu B R A N D E N B U R G E R , F l e i s c h 1 7 5 ff. 1 V g l . BRANDENBURGER, A d a m 7 4 f f . ; DERS., F l e i s c h 103. 1 7 6 . 5 Siehe oben § 4 , S. 1 1 6 Anm. 5 ; vgl. GUTTGEMANNS zu Phil. 3,20f.,
Apostel 240ff. ; BRANDENBURGER, Auferstehung 28ff. • Vgl. Gal. 3,27; Rom. 13,14; l.Kor. 15,53f.; siehe auch Eph. 4,24; 6,10ff.; Kol. 3,9ff. 7 B U I T M A N N (Probleme 11 = Exegetica 305) begründet sein Verständnis von έπενδύσασθαι. im Sinne des Simplex „anziehen" aus dem Gegensatz zu έκδύσασθαι (V. 4). 12 Thyen, Studien
178
Johannestaufe u n d christliehe Taufe
paulinische Pointe, daß das himmlische Gewand über das irdische angezogen wird und dieses in der Tat wie ein „Nessushemd" verzehrt 1 . Außerdem muß man als lectio difficilior in Vers 3 ένδυσάμενοι lesen (gegen έκδυσάμενοι D* (G) it Marc. Chr.)2. Vor dem aufgezeigten Hintergrund ergibt dann der Satz ζΐ γε και ένδυσάμενοι ού γυμνοί εύρεθησόμεθα keinen „trivialen Sinn", sondern steht im Dienste der paulinischen Korrektur des vorgegebenen Motivzusammenhangs 3 . Paulus argumentiert also folgendermaßen: Wir sind uns einig, daß unsere irdische Behausung einst abgebrochen wird 4 und getrösten uns gemeinsam der Hoffnung auf die himmlische Wohnung. Aber unser Sehnen ist umsonst, und wir werden in der Tat nackt erfunden werden, wenn wir das uns gegebene Unterpfand der himmlischen Bekleidung, den Geist, nicht schon jetzt so an uns wirksam werden lassen, daß das Sterbliche vom Leben verschlungen wird in geschichtlicher oder, wie Paulus dafür sagen würde, in somatischer Bewährung B . Was es heißt, „nackt erfunden zu werden", sagt deutlich Vers 10: vor Christi Richtstuhl erscheinen müssen als einer, der „durch seinen Leib" 6 Böses getan hat. 1
So B O U S S E T (zitiert u n d abgewiesen von B U L T M A N N , ebd. 1 1 ) ; vgl. Vers 4 b ! Daß der Satz mit ε'ίγε και (bzw. είπερ και v. 1. : ρ 46 , Β, D eto.) einen „trivialen Sinn" ergäbe (BÜXTMANN, Probleme 11 = Bxegetica 305) leuchtet uns nicht ein. Man m u ß paraphrasieren : Wir sehnen uns danach, schon zu Lebzeiten ( ! ) •ü&erkleidet zu werden. D a n n allein haben wir nämlich im Augenblick des καταλυθηναι etwas angezogen u n d stehen nicht nackt da. 3 Siehe oben S. 177 Anm. 3 ff. 4 Dieses „ E i n s t " ist nicht der Gegenstand der Belehrung, sondern die captatio der Leser. Ob das καταλυθή auf den individuellen Tod zielt (was uns wahrscheinlicher d ü n k t ; vgl. Phil. 1,23) oder auf die Parusie, ist f ü r die Argumentation im ganzen bedeutungslos. Zur Diskussion der Frage vgl. B U I T M A N N , Probleme 6ff. (300ff.). 5 Nicht erst bei der Himmelsreise oder im sakramentalen A k t einer Mysterienweihe wird das Sterbliche verschlungen, sondern im Leben des Christen mit seinen alltäglichen Höhen u n d Tiefen; vgl. εν παντί καί έν πασιν μεμύμημαι κτλ. (Phil. 4,12 u n d siehe dazu G. B O R N K A M M , Art. μυστήριον T h W IV/809-834; besonders 834). B O R N K A M M S Erwägung, das μυέω (Phil. 4,12) technisch im Sinne von „einweihen" zu verstehen, ist ganz richtig. Zwar läßt sich die Frage von dem singulären Terminus her nicht entscheiden, sachlich jedoch erfolgt das Bekleidetwerden (vgl. die Isisweihe bei Apuleius) des Christen in der alltäglichen Bewährung. β Vgl. besonders E . KAMLAH, Paränese 206f. — S t a t t der Aussage, „daß das Sterbliche vom Leben verschlungen werde", k a n n Paulus auch urteilen: Das Leben im Fleisch dient mir dazu, mehr F r u c h t zu schaffen (Phil. 1,22; vgl. Philo, praem. 120ff.; QG IV/77ff.; u n d siehe oben S. 124ff.). — Interessant ist der ganze K o n t e x t bei Philo, her. 267 ff. : Der Mensch ist im Körper nicht in der Heimat, sondern in der Fremde. Die Sprößlinge des Fleisches erniedrigen die Seele u n d drohen, sie zu t ö t e n : „Bis Gott der entscheidende u n d strafende Richter das unterdrückte Geschlecht von dem unterdrückenden scheidet u n d jenes zu vollständiger Freiheit hinausführt, diesem aber die Strafe f ü r seine Sünden heimzahlt" (271). Die in die Freiheit Geführten „werden ausziehen mit viel Gepäck" (Gen. 15,14); d . h . sie sind bei ihrem Aufstieg mit „starken Tugenden" bekleidet (274). — Paulus h a t den Gedanken des präexistenten 2
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Es geht Paulus in dem Abschnitt also gar nicht zuerst um die Belehrung der Korinther über die „letzten Dinge" und um die Korrektur ihrer falschen Vorstellungen davon, sondern der Akzent liegt eindeutig darauf, daß christliches Leben nicht in ekstatisch-magischer Schau, sondern im täglichen und somatischen In-Anspruch-Genommensein und Bedingtsein „durch die souveräne Macht des Erhofften, d.h. aber genauer: des κύριος" sich vollzieht 1 . Daß diese Interpretation richtig ist, bestätigen die unmittelbar anschließenden Verse 11-13. Hier wie anderwärts auch muß man zur Interpretation der paulinischen Aussagen sehr genau auf die Situation des Apostels und auf die Frontstellung achten, in die er jeweils gedrängt ist 2 . Dem geschichtslosen Enthusiasmus seiner Gegner gegenüber macht er unüberhörbar den „eschatologischen Vorbehalt" geltend. Er interpretiert die gnostisierende Eschatologie der Verse 1-4 durch die jüdische Vorstellung vom Gericht nach den Werken (5-10) 3 . Die Gegenwart ist die Zeit der Bewährung (2.Kor. 4,8f.). Der Tod ist in uns mächtig, und unsere Auferstehung steht noch aus (4,14) 4 . Noch sind wir „in re" Sünder und warten auf die himmlische Gerechtigkeit 4a . Selbst (her. 274) durch die Vorstellung des „neuen" Selbst (2. Kor. 5,17) korrigiert, wie er dem „inneren Menschen" seiner hellenistischen Tradition den „neuen Menschen" gegenüberstellt; vgl. zum Problem E . B R A N D E N B U R G E R , Fleisch pass. 1
2
GEORGI, V F
95.
E s ist der Fehler von S T U H L M A C H E R , daß er das unterlassen h a t ; ebenso jetzt wieder in: Erwägungen zum Problem von Gegenwart u n d Zukunft in der paulinischen Eschatologie (ZThK 64, 1967, 423-450). 3 Die Betonung des Gerichts nach den Werken, die in der Verkündigung Jesu ihre Entsprechung h a t (vgl. R. B U L T M A N N , TheolNT 24f.), steht im Kontrast zum Erwählungsbewußtsein apokalyptischer Konventikel; vgl. R o m . 14, lOff. ; Kol. 3,25. — Auch den enthusiastischen τέλειοι des Phil, gegenüber macht Paulus in ähnlicher Weise den „eschatologischen Vorbehalt" geltend: ει πως καταντήσω είς τήν έξανάστασιν τήν εκ νεκρών. Der Gabe des Geistes als Angeld entspricht hier das έφ' ώ καί κατελήμφθην ύπό Χρίστου Ίησοϋ (Phil. 3,11 f.) ; vgl. zu den Problemen von Phil. 3 vor allem H . K O E S T E R , The Purpose of t h e Polemic of a Pauline Fragment (NTS 8, 1961/62, 317-332). 4 Vgl. L U T H E R S Formulierung „aegrotus in re — sanus in spe" (Rom.-Vorl., ed. F I C K E R 11/108) u n d siehe dazu J . K Ö R N E R , Eschatologie u n d Geschichte (TheolForsch. 13, 1957), 1 3 1 ff. ; positiv aufgenommen von G. BORISTKAMM, Die Theologie Rudolf Bultmanns in der neueren Diskussion (ThR 29, 1963, 33-141), 132ff. Trotz der betonten F u t u r a in R o m . 5 (vgl. dazu B R A N D E N B U R G E R , A d a m 152ff.) u n d Rom. 6 (siehe dazu § 8), j a trotz l . K o r . 15 h a t Paulus kein selbständiges Interesse an der Zeitfrage, sondern er stellt die Eschatologie in den Dienst seiner theologischen Anthropologie (vgl. die D e b a t t e : C O N Z E L M A N N , Analyse, u n d E . K Ä S E M A N N , Konsequente Traditionsgeschichte ? Z T h K 62, 1965, 137-152). — Zu 2.Kor. 4,14: είδότες δτι ό έγείρας τόν Ίησοϋν καί ήμάς σύν Ίησοϋ έγερεϊ καί παραστήσει σύν ύμΐν merkt G. K L E I N zu Recht a n : „ J a , der zeitliche Ausstand der Z u k u n f t wird relativiert: obgleich die Zeitdifferenz zwischen der Auferweckung Jesu und derjenigen der Seinen ernstgenommen bleibt (vgl. die Differenz zwischen Aorist u n d Futur), t r i t t sie doch hinter dem sachlichen Zusammenhang zurück, der beide synchronisiert (vgl. das σύν)" (GPM 237). Die paulinische Eschatologie „löst" in der Tat „den Zeitbegriff a u f " 12·
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Johannestaufe und christliche Taufe
Das Verhältnis von gegenwärtigem und zukünftigem Heil bei Paulus k a n n man trotz seiner ungebrochenen zeitlichen Naherwartimg weder durch die Teleologie einer „Heilsgeschichte" mit Christus als der „Mitte der Zeit" zwischen Schöpfung und Parusie noch durch das Stichwort einer „sich realisierenden Eschatologie" zureichend beschreiben. 1 Ebenso vergewaltigt freilich auch die einseitige Beschreibimg der paulinischen Eschatologie als einer „proleptischen und darin christologiaehen" die Texte 2 und dient keineswegs der Befreiung der Exegese von einer „starken systematischen Überfremdung" 3 . S T U H L M A C H E R sieht ganz richtig, daß der „eschatologische Vorbehalt" des Paulus dem „allein" des „sola gratia" entspricht 4 . Da aber gerade diese allein wirkende Gnade ihr notwendiges Komplement in dem paulinischen „sola fide" hat, sollte S T U H L M A C H E R seinen Entwurf des „Bildes der paulinischen Eschatologie" als einer „proleptischen" nicht als den bloßen „ R a h m e n " verstehen, „in welchen das Verständnis der christlichen Existenz nach Phil. 2,12f. nahtlos eingefügt werden k a n n " 5 . Vielmehr ist doch beides untrennbar verschränkt: „Wenn es schon keinen Sinn hat, von Atomen zu reden, abgesehen von ihrer Wechselwirkung mit dem wiederholend handelnden Menschen, dann h a t es vollends keinen Sinn, von Gott zu reden, abgesehen davon, daß seine Wirklichkeit an mir wirksam wird, freilich als seine von Luther erfahrene und bekundete Alleinwirksamkeit, der ein wiederholendes Handeln nicht entsprechen kann, sondern allein ein wiederholtes Lassen" 6 . Darum ist auch die Frage, ob die paulinische Theologie am Leitfaden der Existenz oder an der Idee „des endzeitlich Zu-seinem-Recht-Kommens G o t t e s " ' interpretiert werden muß, eine bloße Scheinalternative, die in der „cartesianischen Entzweiung" von Mensch und Welt, Geist und Natur ihren Ursprung h a t 8 . Ich kann doch keinen Hörer zunächst vom „Vorhandensein" des einen Gottes und seinem endzeitlichen Sieg über Sünde, Tod und Teufel überzeugen, d.h. ihn heimholen in das Gehäuse der apokalyptischen Weltanschauung, um dann erst von der gegenwärtigen Rechtfertigung als der „Prolepse" jenes endzeitlichen Geschehens reden zu können. Vielmehr wird Gott in der glaubend vernommenen „Gerechterklärimg" als mein Herr und Herr der Welt und ihrer Geschichte erfahren, als derjenige, der mir und aller Welt das auf gar keine Weise zu bewerkstelligende Heil schafft und schaffen wird. ( L I E T Z M A N N z.St.), Darum ist K Ü M M E L S
freilich jedoch in anderem Sinn als L I E T Z M A N N meint. Einwand unscharf ( L I E T Z M A N N - K Ü M M E L , Kor. 202). Denn daß „er wird uns mit Jesus erwecken" nur heißen kann, daß Gott uns auferwecken wird, „damit wir dann mit Jesus Zusammensein können", steht nicht im Text. Paulus will doch sagen, daß wir u m der Auferweckung Jesu willen an seinem Leben schon jetzt Anteil haben (vgl. KLEIN, GPM 237). 4a Gal. 5,5. Freilich dient diese Aussage nicht der Einschränkung der gegenwärtigen Realität der Gerechtigkeit, sondern allein ihrer Qualifikation: Sie ist und bleibt Gottes Gabe und als solche stets zukünftig; vgl. H . SCHLIER, Der Brief an die Epheser. 5. Aufl. 1965, 83f. und P . S T U H L M A C H E R 228ff. 1 Die heilsgeschichtliche Deutung wird besonders pointiert von O. C U L L M A N N vertreten (Christus und die Zeit, 3. Aufl. 1962, u n d : Heil als Geschichte, 1965). Als „sich realisierende Eschatologie" interpretieren mit Modifikationen im einzelnen die paulinische Eschatologie W. G. K Ü M M E L , E . H A E N C H E N und J . JEREMIAS; vgl. d a z u Ρ . STUHLMACHER, G e g e n w a r t 4 2 4 f f . 2 3
STUHLMACHER, ebd. 449; zur Kritik siehe unten. So formuliert S T U H L M A C H E R sein exegetisches Programm (Theologische Probleme des Römerbriefpraescripts, EvTh. 27, 1967, 374-389; ebd. 374). 4 5 Gegenwart 443. E b d . 445. 8 W. KAMLAH, Der Mensch in der Profanität, 1949, 116. 7
STUHLMACHER, G e g e n w a r t 449.
8
Vgl. KAMT.AH, P r o f a n i t ä t 5 9 f f .
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D a r u m k a n n m a n auch nicht mit K Ä S E M A N N dem von Paulus ausdrücklich ausgesprochenen Satz, d a ß Christus das E n d e des Gesetzes sei (Rom. 10,4), zustimmen, dem nicht ausgesprochenen anderen, in jenem Satz aber selbstverständlich enthaltenen Gedanken, daß Christus das E n d e der Geschichte sei, widersprechen 1 . W e n n Geschichte h e i ß t : „So wie es ist, k a n n es nicht bleiben, und es ist doch immer wieder so, wie es nicht bleiben k a n n " 2 , d a n n ist Christus in der T a t das „ E n d e der Geschichte", sofern „in i h m " jene von K A M L A H beschriebene Geschichte (τά άρχαΐα 2. Kor. 5,17) zu E n d e ist. Freilich ist sie „zu E n d e " nur unter der Bedingung des εϊ τις έν Χριστώ. Das aber ist kein sakramental oder sonstwie zu erlangender Status, sondern es ist realisiert allein im Glauben als dem Ergriffensein von Christus (Phil. 3,12), als dem Gerettetsein in der Hoffnung (Rom. 8,24). Das „Sein im Christus" u n d damit der Ort jenseits der Geschichte als die „facultas standi extra se coram deo" ist ein opus passivum, ebenso wie die mir geschenkte Gerechtigkeit iustitia aliena ist 3 . U n d wie die von Paulus in Rom. 7 als vergangene geschilderte Situation des Menschen unter dem Gesetz vom Standort der erlösenden Gnade her in Luthers existentieller Paulusauslegung als bleibende beschrieben wird, im Sinne seines simul iustus et peccator u n d der Dialektik von Gesetz und Evangelium, so m u ß auch das von Paulus als zukünftig erwartete E n d e der Geschichte existentiell als die bleibende Situation des Glaubenden verstanden u n d damit der gleichen vernünftigen Kritik unterworfen werden 4 . Dem dialektischen Verhältnis von Gesetz u n d Evangelium m u ß also eine Dialektik von Geschichte u n d Ewigkeit korrespondieren. M O L T M A N N S puristische Unterscheidung des alttestamentlich1 K Ä S E M A N N S (pass. z.B. Exeget. Vers. u. Bes. 11/127) vorgetragener Einwand e n t s t a m m t der berechtigten Sorge, „Weltgeschichte" könne auf die „Geschichte der Existenz" reduziert werden u n d in der „Geschichtlichkeit" des Menschen aufgehen. E r wehrt sich gegen ein „idealistischem B ü r g e r t u m " entstammendes Verständnis des Menschen als „geistiger Persönlichkeit", die „Träger u n d Subjekt der Geschichte" ist. Solcher Reduktion gegenüber will er das Wissen des Mythos darum, d a ß „ W e l t " mehr ist als „das Geflecht personaler Relationen", nicht preisgeben u n d die „weltweiten Horizonte von Heil u n d Unheil" bewahren. (Vgl. E . KÄSEMANN, Der Ruf der Freiheit, 1968, 135ff.) All das ist richtig, aber u . E . kein Einwand gegen die existentiale Interpretation, ja nicht einmal ein Grund zu ihrer Limitierung. Die Frage ist nur, ob die von ihr verwendeten Kategorien (Heideggers Existentiale) zureichend sind. — Auch S T U H L M A C H E R (Gerechtigkeit 206) meint, daß das Verständnis Christi als „ E n d e der Geschichte" ein „ f ü r Paulus gerade u m der Treue des Schöpfergottes willen unvollziehbarer Gedanke" sei. Paulus wird also durch seine religiösen Prämissen gehindert. Aber ist denn von diesen Prämissen her die Aussage, daß Christus des Gesetzes E n d e sei, „vollziehbarer"? Wie das als Heilsweg durch das Evangelium überholte Gesetz im Gehorsam der Christen zu seinem Recht k o m m t , so wird die als Ort der Selbstverwirklichung des Menschen erledigte Geschichte zur gottgegebenen Zeit f ü r Glaube, Liebe und Hoffnung. 2 W . KAMLAH, Christentum u n d Geschichtlichkeit, 2. Aufl. 1951, 20. 3 Vgl. R . BULTMANN, Geschichte u n d Eschatologie 178ff. 1 Vgl. W . KAMLAH, ebd. 345f. Gegen die Deutung Christi als „ E n d e der Geschichte" wendet S T U H L M A C H E R ein: „einen existentialen Geschichtsbegriff . . . kennt Paulus n i c h t " (206). Gewiß nicht! E r kennt auch keinen existentialen Gesetzesbegriff. Dae schließt aber doch nicht aus, daß der I n t e r p r e t versuchen m u ß zu verstehen, welches Verständnis von Gesetz u n d Geschichte den Apostel leiten, u n d daß er von hier aus Paulus selbst kritisch interpretieren muß. I n der apostolischen Paränese erscheint natürlich auch aufs neue das Gesetz (vgl. E . F U C H S , ZThK 58, 245-267; 258), was von K Ä S E M A N N (Apokalyptik 130) zu Unrecht bestritten wird. Insofern ist auch das Gesetz mit Christus nicht einfach erledigt.
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christlichen Exodusgottes von der Gottheit der angeblich „griechischen" Epiphanienreligion wird weder dem Alten noch erst recht dem Neuen Testament gerecht. E s handelt sich nicht u m einen verhängnisvollen Einfluß „griechischen Denkens", sondern u m Sprachzusammenhänge, deren der Glaube zu seiner Explikation bedarf 1 . Das Recht zu solcher kritischen Reduktion der mythischen Eschatologie ist aber nicht erst in der E h e der apokalyptischen Botschaft des Urchristentums mit der Vernunft der Griechen in der Gestalt der Apologeten des zweiten J a h r hunderts begründet, in der das „Christentum" als geschichtlich dauernde Religion seinen Ursprung h ä t t e 2 . Vielmehr h a t diese „ E h e " eine Vorgeschichte unter den Weisen Israels u n d in der Einwirkung weisheitlicher Theologie auf die Synagoge u n d das Neue Testament, die ihrerseits wiederum die spätere Rezeption griechischer Metaphysik ermöglichte. Die „Weisheit" h a t d a r u m gewußt, daß Gott nicht allein in „geschichtlichen Heilstaten" sein unbekanntes Wesen „offenbart", sondern daß er als der bekannte ebenso durch die schöne u n d verläßliche Ordnung des Wiederkehrenden, durch Schicksal u n d Schöpfung h a n d e l t ; auch seine kultische Präsenz läßt sich ja nicht unter die Kategorie der Geschichte verrechnen. Seine einseitige Fixierung auf „Offenbarung" u n d „Geschichte" ist schon f ü r die Interpretation des Alten Testaments eine Zwangsjacke, die m a n endlich ablegen u n d damit auch den Geschichiew ihr R e c h t zuteil werden lassen u n d die stiefmütterliche Behandlung der biblischen Weisheit beenden sollte 3 . Gewiß mag m a n theologische Bedenken gegen die präsentische Eschatologie des Johannesevangeliums geltend machen 4 . Aber k a n n m a n d a r u m sagen, erst von der endzeitlichen Parusie als dem „ E n d e aller Geschichte" her, „erst von dieser letzten Befreiung her erhält es seinen Sinn, daß Christus mich schon heute freimacht, erst von der Erlösung des Leibes u n d der Gabe des pneumatischen Leibes in der Totenauferstehung her versteht es sich, daß Christus mich schon heute leiblich in seinen Dienst stellt, erst von der allgemeinen Proskynese des Kosmos her gewinnt es seine Bedeutung, daß der Glaube schon heute dem Kyrios huldigt. Das E n d e der Geschichte ist eben nicht bloß ihr Abschluß, sondern ihr Schlüssel, ja die Basis für ihr Verständnis" 5 ? Von Paulus her k a n n m a n das doch wohl schwerlich behaupten, abgesehen natürlich davon, daß der Apostel weder als J u d e noch hernach als Christ je a m endzeitlichen Triumph Gottes gezweifelt haben wird. Sein Argumentationsgefälle verläuft aber genau umgekehrt : Von der gegenwärtigen Rechtfertigung des Sünders als Beendigung der Feindschaft mit Gott her versteht sich die letzte Befreiung von selbst 1 J . M O L T M A N N , Theologie der Hoffnung, 6. Aufl. 1964, besonders 85 ff. ; vgl. zum Problem J . BABE, Alt u n d Neu, pass. 2 So behauptet von W . K A M L A H , ebd. 3 4 5 f. 3 Siehe oben §2, S. 63 Anm. 5; vgl. auch G. B O R N K A M M , Glaube u n d Vernunft bei Paulus (GesAufs. I I , 119-137), 122S. — Damit stellt sich die Aufgabe, über Notwendigkeit u n d Grenzen einer „natürlichen Theologie" erneut nachzudenken. Die Welt ist weder das finstere Gemachte eines boshaften Demiurgen, noch der schon im Vergehen begriffene gegenwärtige böse Aon, noch auch ein im Grunde bloß neutraler Stoff, der erst durch die „Entscheidung" des einzelnen als gut oder böse qualifiziert wird, sondern — trotz ihrer ständigen Korrumpierung durch die Sünde des Menschen — Gottes gute und bergende Schöpfung. Vgl. K . E . L O G S T R U P , Systematische Theologie I ( = Rez. von B U L T M A N N , GlVerst. I I ; T h R 23, 1955, 259-293). 4 Vgl. E . B R A N D E N B U R G E R , Auferstehung 28. 5 E . K Ä S E M A N N in der Rezension von B U L T M A N N S J o h K o m m . (VF 1942/46, 197 f.)·
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(Rom. 5, Iff. u n d die Schlüsse a maiore ad minus in Rom. 5,8ff. u.ö.). Wo der Geist als άρραβών oder άπαρχή verliehen ist, folgt das ganze Heil „automatisch" 1 . Yon meinem jetzigen Sein „im Christus" her versteht sich mein einstiges Sein „mit Christus" von selbst. Aus der heute zur Proskynese zwingenden Begegnung mit Gott als dem gnädigen Richter ergibt sich notwendig der nicht endende Lobpreis des Vaters durch alle seine Geschöpfe als Ziel der Weltgeschichte. Die Verpflichtung zum leiblichen Dienst der Gemeinde ist keineswegs die Konsequenz der einstigen eschatologischen Totenauferstehung, sondern umgekehrt: Weil Gott seinen Sohn f ü r uns alle dahingegeben h a t , wird er uns mit ihm alles schenken. Die erfahrene Liebe des Vaters stellt in den leiblichen Dienst, entmächtigt den Tod u n d alle Gewalten und ermöglicht die Rezeption der apokalyptischen Idee der allgemeinen Totenauferstehung 2 . Bedarf es zu dem revolutionären P a t h o s einer „Theologie der H o f f n u n g " im Sinne M O L T M A N N S , der die gesamte Hamartiologie und Soteriologie praktisch eliminiert, überhaupt noch der „Sendung" u n d des „Heilstodes" Jesu? Genügt dazu nicht Elias Erweckungswunder a m Sohn der Witwe im Verein mit der apokalyptischen Idee der allgemeinen Totenauferstehung ? Wo christliche Hoffnung unter dem Gericht des Kreuzes u n d das heißt in der Anfechtung u n d wider alle Möglichkeiten 3 ihren Grund u n d ihr Movens nicht mehr in der Gewißheit h a t : „Wo aber Vergebung der Sünden ist, da ist auch Leben u n d Seligkeit" (Luther), da m u ß d a n n Ostern als historisches Ereignis sichergestellt werden, das die Auferstehung aller verbürgt ; nicht als da« eine große u n d exklusive Wunder contra n a t u r a m , sondern so, daß Ostern zum methodischen Prinzip historischer Arbeit erhoben wird, dergestalt, daß es „ein neues Verständnis von Geschichte in ihren letzten Möglichkeiten" eröffnen soll 1 . R . W I T T B A M h a t dagegen völlig zu Recht eingewandt, daß sich Theologie u n d Christenheit so endgültig ins Ghetto begeben u n d mit der allgemeinen Vernehmbarkeit — u n d das heißt zugleich Verbindlichkeit — ihrer Botschaft nicht mehr rechnen können 5 . Ostern ist d a n n nicht mehr die Siegeskunde davon, daß der Tod (mein u m der Sünde willen verdienter Tod, der mich inkludierende adamitische „Leib des Todes" Rom. 7,24) in den Sieg verschlungen ist ( l . K o r . 15,55ff.), 1
Vgl. S T U H L M A C H E B , Gegenwart 445. Siehe oben § 1, S. 48 f Anm. 5 ff. Auch historisch ist es in Israel j a so zur Rezeption des Gedankens der Totenauferstehung gekommen. 3 Siehe oben S. 176 Anm. 2 u n d vgl. Luthers Auslegung von Rom. 4,18ff. WA LVI, 295ff. 4 M O L T M A N N 163 ; vgl. ebd. 156 ff. — Ostern sei freilich kein „plattes F a k t u m , sondern ein prozeßeröffnendes und hoffnungsbegründendes Ereignis, das auf die Z u k u n f t der Welt und des Menschen in der Z u k u n f t Christi weist" (332). Das ist doch keine Alternative! Alle historischen Ereignisse weisen auf die Z u k u n f t der Welt u n d des Menschen und werden zu „platten F a k t e n " allein in der objektivierenden Abbiendung des unmittelbar Wirklichen durch die Methode der historischen Wissenschaft. So sind z.B. Caesars Tod oder die Französische Revolution auch nicht allein „platte F a k t e n " , sondern ebenfalls „prozeßeröffnende u n d hoffnungsbegründende Ereignisse". 5 R . W I T T B A M , Zukunft in der Geschichte (Kleine Vandenhoeck-Reihe 235/6, 1966) 54. ·— Vgl. die der Sache n a c h analogen Einwände gegen W. P A N N E N B E B G bei F. M I L D E N B E B B E B , „Auferstanden a m dritten Tage nach den Schriften" (EvTh. 23, 1963, 265-280), 271ff.; siehe dazu M O L T M A N N 164f. — Der Satz: „Die Wiederkunft Christi kommt nicht 'von selbst', wie das J a h r 1965, sondern k o m m t von ihm selbst, wann Gott u n d wie er gemäß seiner Verheißung will" (ebd. 177) ist bedenklich. Entweder betrachtet m a n Geschichte „etsi deus non d a r e t u r " , dann kommen alle Ereignisse „von selbst"; oder m a n versteht sie glaubend, d a n n k o m m t auch das J a h r 1965 „von ihm selbst". 2
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sondern nur noch der totale Widerspruch gegen den „Tod Gottes" vom Karfreitag und Aufruf in den Exodus, dessen Ziel jede Gegenwart, aber auch jede irdische Utopie transzendiert und so das Ungenügen jedes Heute erweist. Nun, solche Aufbruchstheologie aus der „gottverlassenen Welt des Todes" (75 u.ö.) ist im Grunde nicht allzuweit von gnostischer Weltverneinung entfernt. Denn das Heute im Sinne des Neuen Testaments ist ja nicht „ungenügend" im Lichte des vollkommenen Morgen, sondern das Ungenügen des Heute beruht auf der Korrumpierung der Welt durch die Sünde, d.h. durch ihr Determiniertsein durch die Vergangenheit. U n d zwar gilt das nicht nur f ü r das Individuimi, sondern ebenso f ü r die Gesellschaft, für den gestörten Naturhaushalt, die verwüstete Landschaft usw. Das alles wartet auf die „Offenbarung der Söhne Gottes" (Rom. 8,19). I n vernünftiger Auslegung — und orientiert a m Alten Testament — kann das nur heißen : Die Welt wartet darauf, durch versöhnte Menschen wieder als Gottes gute und bergende Schöpfung restituiert, bewahrt und verantwortet zu werden. S T U H L M A C H E E S Versuch, die dem M o L T M A N N s c h e n Gebäude fehlende exegetische Legitimation durch eine recht gewaltsame Paulusinterpretation nachzuliefern 1 , leidet unter den gleichen Mängeln. Wie in seiner Untersuchimg von Gottes Gerechtigkeit bei Paulus die präsentische Rechtfertigung als Einlösung der dem Abraham gegebenen Verheißung zu kurz kommt, so wird nun von einer durch die Texte nicht gedeckten Pauluspsychologie her alles gegenwärtige Heil als bloße Prolepse des zukünftigen verstanden, obgleich S T U H L M A C H E B in seiner religionsgeschichtlichen Ableitung dieses Phänomens schon wesentlich behutsamer geworden ist 2 . Dennoch bleibt der gesamte Komplex des „Mit-Sterbens und Mit-Auferstehens mit Christus", der seine Voraussetzungen in der Idee des In-Seins im Christus als kosmischem Anthropos h a t und sich dem apokalyptischen Horizont nicht einfach eingliedern läßt, unerörtert 3 . Erst wenn neben den apokalyptischen auch diese Voraussetzungen des paulinischen Denkens geklärt sind, kann man in eine sachkritische Interpretation der wirklichen Intentionen des Apostels eintreten. S T U H L M A C H E R stellt zunächst die paulinischen Aussagen über gegenwärtiges und zukünftiges Heil einander gegenüber und konstatiert sodann zu Recht, daß die präsentischen Heilsaussagen deutlich den Akzent tragen. E r will die futurischen Aussagen weder einfach als jüdische Relikte eliminieren, noch sich dabei beruhigen, beide Reihen in der Manier CUXLMAÏTNS auf einer Zeitlinie zu fixieren. Völlig legitim fragt er dagegen nach der inneren Einheit dieser spannungsvollen Polarität. Freilich dürfte er diese Einheit nicht in der „theologischen Absicht" des Paulus suchen (427), es sei denn, er merkte an, daß er hier uneigentlich von „Absicht" redet, denn die Sprachzusammenhänge, in denen Paulus redet, sind kein bloßes Instrument der Weltbemächtigung, sondern ebenso zugleich Ausdruck der Weltbefangenheit. Jede Interpretation muß darum versuchen, diese Weltbefangenheit zu durchbrechen und in diesem Sinne den Autor besser verstehen, als er sich selbst verstand. Woher weiß STUHLMACHBB, daß sich Gott dem Apostel Paulus „vor Damaskus als der Kommende versprochen h a t " , daß ihm dort eine „vorzeitige Selbstoffenbarung Gottes in Christus" (432) zuteil wurde? Inwiefern beschreibt 1 2
Gegenwart; vgl. ebd. 428, Anm. 9. Weiteres siehe unten. Vgl. besonders ebd. 440ff. 3 Vgl. dazu jetzt die sorgfältige exegetische Untersuchung von R . C. TANNEHILL, Dying and Rising with Christ, B Z N W 32, 1966. Zu den religionsgeschichtlichen Voraussetzungen siehe die Arbeiten von E . B B A N D E N B U B G E B , Adam u. DERS., Fleisch pass.
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Paulus in l . K o r . 9,16f. seinen „Berufungsvorgang" (429)? Daß Gott der Kommende ist, h a t Paulus auch schon als Jude gewußt. Dazu bedurfte es keines „Damaskus", keiner „seinsstürzenden Begegnung mit G o t t " (430). Daß erst mit dem Endgericht „das Ende der Geschichte der Offenbarimg" komme (432), sagt Paulus trotz der sechs dafür angeführten Belege nirgends. J a er kennt die Vorstellung einer derartigen „Offenbarungsgeschichte" überhaupt nicht. Daß für die Aussage, des Menschen Werke werden beim Gericht „offenbar", die Vokabel φανερός gebraucht wird, h a t doch nichts mit „Offenbarungsgeschichte" zu tun. I n Damaskus „eilt" Gott nicht „aus der seine Gottheit ausmachenden Zukünftigkeit heraus vorzeitig auf den Apostel zu und erklärt ihm seinen Heilswillen, und zwar an und in der Gestalt des gekreuzigten Auferstandenen" (430). E r „belehrt Paulus" dort auch nicht „eines Besseren", indem er ihm „den verfluchten Gekreuzigten als Auferstandenen, also Gesegneten, erscheinen" läßt (429), was S T U H L M A C H E R (wie M O L T M A N N ) sofort und gegen die leiseste Andeutung im Text und im Widerspruch zu l.Thess. 4 1 in den Vorstellungshorizont der allgemeinen Totenauferstehung einordnet (z.B. 445; ebenso durchgängig MOLTMANN). I n Damaskus „offenbart sich" dem Apostel überhaupt nicht ein bis dato unbekannter Gott, sondern der bekannte „Gott der Väter", dem Paulus sein Leben lang gedient hat, — freilich in verblendeter Weise als einer, der gegen Gott auf seinen eigenen R u h m und seine eigene Gerechtigkeit aus war, wie er jetzt erfahren muß —• „offenbart ihm seinen Sohn" (Gal. 1,16). Gott sagt ihm also, daß Christus des Gesetzes Ende ist; daß um seines stellvertretenden Todes willen alle, J u d e n wie Heiden, allein aus Gnade gerechtfertigt sind ; daß die Schuld vergeben und damit die f ü r eine andere Welt erstrebte Gerechtigkeit hier Gegenwart geworden ist; und daß er, Paulus, dies (nämlich den Gekreuzigten und sonst gar nichts! l . K o r . 2,2) „durch das Evangelium den Heiden verkünden soll" (Gal. 1,16) 2 . Gewiß h a t Paulus all dies im Horizont der Naherwartung ausgesagt, wie ein Blick auf sein besonders hinter dem ersten Thessalonicherbrief sichtbar werdendes Missionskerygma beweist. Aber was bedeutet das, nachdem die Naherwartung durch das einfache Ausbleiben der Parusie erledigt und der einstige Ausnahmefall des vorzeitigen Todes einiger Christen in Thessalonich inzwischen zum Normalfall für alle geworden ist? Muß m a n sich deswegen zu dem M O L T MANNschen Satz versteigen: „Ohne eine kosmologische Eschatologie ist eschatologische Existenz des Menschen nicht aussagbar" (MOLTMANN 60)? Von Epiktet bis zu Hermann Hesse ist „eschatologische Existenz" ohne kosmologische Eschatologie ausgesagt worden 3 . Nein, in der Rezeption der kosmologischen 1 Davon, „daß Paulus den urchristlichen Glauben teilt, Christus habe als Vorläufer die allgemeine Totenauferstehung eröffnet" (STUHLMACHER 444), kann angesichts dieses Textes gar keine Rede sein. Einmal muß man sorgfältig zwischen der Vorstellung von der „Auferstehung der Glaubenden" u n d der apokalyptischen Idee einer allgemeinen Totenauferstehung differenzieren, und sodann beachten, daß f ü r Paulus zunächst weder diese noch jene im Mittelp u n k t des Interesses steht, sondern die unmittelbar bevorstehende Parusie Christi. „Die Aussagen über den Zusammenhang von Auferstehung Christi und zukünftiger Auferstehung der Glaubenden" sind „als eine relativ späte Bildung zu betrachten" (BRANDENBURGER, Auferstehung 20). Paulus gewinnt diesen Gedanken, als er durch die Situation in Thessalonich notwendig wurde, durch theologische Schlußfolgerung aus dem Credo und der im Horizont der Anthroposschematik gedachten Teilhabe der Glaubenden a m Todes- und Auferstehungsgeschick ihres Herrn. 2 Vgl. dazu vor allem die Untersuchung von D . L U H R M A N N . 3 Vgl. zu Epiktets Steuermannsgleichnis W. KAMLAH, Der Ruf des Steuermanns. 1 9 5 4 , und siehe H E R M A N N H E S S E S Gedicht „Stufen" aus dem „Glas-
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Johannestaufe u n d christliche Taufe
Naheschatologie wird von Paulus festgehalten, daß der Glaube eine Relation ist, in der allein der Mensch vor Gott leben kann. So gelingt es ihm, jedes Vergottungsmysterium auszuschließen, worin der Mensch die geschaffene Welt übersteigt u n d damit seine Angewiesenheit auf sie u n d seine Verantwortung f ü r sie vor Gott preisgibt. Gott ist vor wie nach „ D a m a s k u s " der Kommende. Aber der Mensch ist aus dem Unmündigen zum Sohn u n d E r b e n geworden. Der Kosmos ist als der „Alte" vergangen u n d zur „neuen Schöpfung" geworden. KÄ SEM ANNS Satz, daß der Christ allein als Wartender bereits ein Habender ist, darf allerdings nicht aufgegeben werden. Ohne die Zuversicht, daß Gott sein Recht an der ganzen Schöpfung durchsetzen wird u n d daß derjenige, der hier nur „in der H o f f n u n g " ein Gerechter, „in Wirklichkeit" aber ein Sünder ist, dereinst aus diesem „simul" u n d der Anfechtung befreit sein wird u n d erst darin — nicht schon im Glauben — zu seiner „Eigentlichkeit" im Lob des Vaters finden wird, verliert der Glaube seinen Gegenstand u n d wird zur heroischen Lebensanschauung, zur bloßen fiducia als einer fides qua creditur ohne ein quae. Ganz gewiß ist „das E n d e der Geschichte . . . nicht bloß ihr Abschluß, sondern ihr Schlüssel, ja die Basis f ü r ihr Verständnis" (KÄSEMANN). Niemand h a t das so deutlich gesehen wie gerade BULTMANN1. Aber haben die Apokalyptiker d a r u m den Schlüssel zur Geschichte in H ä n d e n ? Versperren sie sich nicht durch ihr naives Zuvielwissen von jenem E n d e den Zugang, so daß gerade bei ihnen „das schweigende Rätsel der Vergangenheit mit trügerischen Lichtsignalen" überglänzt und das Auge so untauglich gemacht wird „ f ü r den Blick auf das Nächste, das sich morgen zu unserer Schuld auswächst, wenn wir es heute versäumen"? 2 Steht dann nicht eher der Glaubende als einer, der sagen k a n n : „Ich lebe, aber gar nicht mehr ich, es lebt vielmehr Christus in m i r " (Gal. 2,20), a m „ E n d e der Geschichte" in dem Sinn, d a ß ihn die Liebe als die Wirklichkeit dieses Glaubens instand setzt, das heute notwendige Nächste nicht mehr zu übersehen, weil er das Übernächste getrost Gott überlassen kann, von dessen erfahrener Liebe ihn keine Macht der Welt mehr zu scheiden vermag? Auf diesem Grunde der geschehenen iustificatio impii, auf ihrer Wanderschaft gehalten und bewahrt durch das rechtfertigende Wort der Verkündigimg sollte die Christenheit M O L T M A N N S notwendigen Ruf in den Exodus aufnehmen. Aber bei diesem Auszug steht nicht einfach das „offene Grab J e s u " als Verheißimg u n d Widerspruch gegen die „Welt des Todes" vor ihr, sondern das Kreuz. Denn Ostern ist nicht das den Karfreitag aufhebende Mirakel 3 . Der Exodus geschieht also „auf Hoffnung gegen H o f f n u n g " u n d gleicht darin dem Weg Abrahams (Rom. 4,18). Aber die Christen stehen nicht einfach mit dem glaubenden A b r a h a m in einer Reihe, wie M O L T M A N N meint (129ff.), denn das dem A b r a h a m nur verheißene E r b e haben sie bereits angetreten (Gal. 3f.). I h r Weg ist ein Weg in „Widerstand u n d Ergebung", welch letztere M O L T M A N N S Revoluperlenspiel". Das Angewiesensein des Menschen auf die Welt u n d seine Verantwortung f ü r sie folgen aus dem Schöpfungsgedanken. Dazu bedarf es nicht kosmologischer Eschatologie. 1 Vgl. z.B. Gl. u. Vst. I I I , 149 u . ö . 2 R . WITTRAM, Zukunft 58; vgl. DEKS., Möglichkeit u n d Grenzen der Geschichtswissenschaft. Z T h K 6 2 , 1 9 6 5 , 4 3 0 - 4 5 7 . 3 Kreuzigung u n d Auferstehung sind nur zwei einander komplementär ergänzende u n d bedingende Aspekte der einen T a t Gottes (vgl. die Vorstellung der Erhöhung vom Kreuz aus: z . B . Phil. 2,6ff., u n d das johanneische Verständnis der Kreuzigung als Erhöhung). Selbst wenn der „dritte T a g " nicht nur ein theologisches, sondern ein historisches D a t u m sein sollte, ist er nicht das D a t u m der Aufersteh\mg, sondern dasjenige der visionären Erlebnisse der Jünger.
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tionspathos übersieht. Sie nehmen nicht „in der K r a f t der Auferstehung" das „Kreuz der Wirklichkeit" a n (333). Sondern indem sie Gott selbstlos — nämlich als solche, die mit Christus gekreuzigt sind u n d darin ihr Selbst los wurden — ihre Glieder als Waffen im Kampf f ü r seine Gerechtigkeit zur Verfügung stellen (Rom. 6,13), haben sie teil am Kreuzesgeschick ihres Herrn und gerade u n d nur darin wächst in ihnen die K r a f t seiner Auferstehung. So ist das Kreuz selbst das Movens ihrer Hoffnung und nicht die apokalyptische Ideologie, denn die könnte j a nur d a r u m alle irdischen Träume vom Morgen transzendieren, weil sie selber ihre sublimste Gestalt ist. K ö n n t e nicht die geforderte Übernahme des Kreuzes gerade im Verzicht u n d getrosten Loslassen des „Zuvielwissens von einer anderen W e l t " und im steten Bemühen u m die „wiederholbaren Möglichkeiten vernünftigen Verstehens dieser W e l t " bestehen? 1 D o c h k e h r e n wir n a c h d i e s e n Ü b e r l e g u n g e n über G e g e n w a r t u n d Z u k u n f t d e s H e i l s i n der p a u l i n i s c h e n E s c h a t o l o g i e z u 2. Kor. 5 , 1 - 1 0 zurück. D e r Schlüssel z u u n s e r e m A b s c h n i t t ist die A u s s a g e : ó δε κατεργασάμενος ημάς εις αυτό τούτο θεός, ó δούς ή μ tv τον αρραβώνα του πνεύματος (V. 5). D a s κατεργασάμενος erinnert a n die T a u f e als d e n e n t s c h l o s s e n e n A n f a n g dieses W e g e s (vgl. 2 . K o r . 1 , 2 1 f.). D e r Geist als „ A n g e l d " i s t d a s h i m m l i s c h e G e w a n d . Mit seiner V e r l e i h u n g ist d a s „ Ü b e r k l e i d e t w e r d e n " s c h o n e r f o l g t : δ σο ι γάρ εις Χριστόν έβαπτίσθ-ητε, Χριστόν ένεδύσασθ-ε 2 . D a s h i m m l i s c h e G e w a n d ist n i c h t s a n d e r e s als der Christus selber, sein k o s m i s c h e r R i e s e n l e i b 3 . D a s Ü b e r k l e i d e t 1
Vgl. W . K A M L A H , Profanität 1 6 8 . Gal. 3,27. Unmittelbar neben solchem Indikativ k a n n — sachlich den temporalen eschatologischen Heilsfutura bei Paulus entsprechend — der Imperativ stehen: „Wenn wir im Geist leben, d a n n laßt uns auch dem Geist gemäß unseren Wandel ausrichten!" (Gal. 5,25; vgl. Kol. 2,6; 3, Iff.). Wie der Getaufte Christus schon angezogen h a t , so wird er gleichwohl g e m a h n t : „Zieht den Herrn Jesus Christus a n ! " (Rom. 13,14; vgl. E p h . 4,24; l . K o r . 15,53f. u n d siehe B R A N D E N B U R G E R , Adam 68ff.). 3 Vgl. K Ä S E M A N N , Leib u n d Leib Christi; B R A N D E N B U R G E R , Adam 68ff., 139ff. ; F . W . E L T E S T E R , Eikon im N T ( B Z N W 23, 1958), pass. Das gilt auch dann, wenn m a n den „gnostischen Erlösermythos" f ü r ein spätes K u n s t p r o d u k t hält u n d beachtet, daß der Gedanke des „Leibes Christi" rein vom Vokabelgebrauch her bei Paulus eine sehr viel geringere Rolle spielt als z . B . noch E . K Ä S E M A N N (Leib) annahm. Aber B R A N D E N B U R G E R S religionsgeschichtliche Analysen u n d T A N N E H I L L S exegetische Aufarbeitung des Motivs vom Mitsterben u n d Mitauferstehen mit Christus, sowie die έν-Χρι,στφ-Formel zeigen zwingend, daß Paulus Christus als den neuen, alle Menschen inkludierenden A d a m versteht. Von daher konnte der Apostel dann sekundär leicht den stoischen, aus der berühmten Fabel des Menenius Agrippa geläufigen Gedanken vom Leib und den Gliedern a u f n e h m e n ; vgl. dazu B R A N D E N B U R G E R , Fleisch 49. — Das Anziehen des himmlischen Gewandes bewirkt die Verwandlung in sein Wesen u n d bedeutet ein lokales „In-Sein" im himmlischen Anthropos; vgl. OdSal. 17,4 u n d siehe B R A N D E N B U R G E R , Adam 147ff. ; D E R S . , Fleisch pass. — Dieser Sachverhalt wird ohne zureichende Gründe bestritten von F. N E U G E B A U E R , I n Christus, 1961 u n d G. D E L L I N G , Zueignung 75ff. Die religionsgeschichtliche Fragestellung wird nicht nur nicht fruchtbar gemacht, sondern ausdrücklich verworfen. So meint G. D E L L I N G mit einem Verweis auf die alttestamentliche Verwendung des Bildes vom Anziehen (der Zucht, der Gerechtigkeit etc.) das Problem lösen zu können. Auch S T U H L M A C H E R wird dem Phänomen nicht gerecht; vgl. dazu E . K A M L A H , Paränese pass, (siehe Register s.v. „anziehen"). 2
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werden mit ihm, dem „neuen Menschen", bewirkt die ständige Schwächung und den Tod des „alten". Sachlich findet das καταλυθη (2. Kor. 5,1) also in der Tat „permanent" statt, auch wenn der Vers konkret auf den biologischen Tod des Menschen blickt 1 . Die Verse 12-21 unseres Kapitels machen deutlich, daß und warum das ersehnte Heil schon Gegenwart ist: Wir sind „im Christus" und damit καινή κτίσις· τά άρχαΐα παρήλ&εν, ιδού γέγονεν καινά (17) ; und zwar deswegen, weil Gott τον μή γνόντα άμαρτίαν ύπερ ήμών άμαρτίαν έποίησεν, ίνα ήμεϊς γενώμεθα δικαιοσύνη θεοΰ έν αύτω (5,21). Daß in diesem letzten Satz „augenscheinlich" das Schema der Erniedrigung des Präexistenten (vgl. Phil. 2,5ff. ; 2. Kor. 8,9) „zur Beschreibung der καταλλαγή" angewandt werde 2 , vermögen wir nicht zu sehen; im Gegenteil fehlt doch gerade jenem Schema von Haus aus der Sühnegedanke 3 . Daß hier im Singular von der Sünde gesprochen wird, ist keineswegs „betont paulinisch" und will nicht „den Machtcharakter der Sünde zum Ausdruck bringen" 4 , sondern hängt ganz offensichtlich mit der alttestamentlichen Sühnevorstellung zusammen. Der sündlose Jesus 5 wird wie der Asasel-Bock und wie das DXön-Tier zum Träger der Sünde. Statt in die unreine Wüste Asaseis und seiner Gesellen trägt er die 1
V g l . BUXTMANNS A u s e i n a n d e r s e t z u n g
(Probleme
7 ff.) m i t L . B R U N
(Zur
Auslegung von 2.Kor. 5,1-10. Z N W 28, 1929, 217ff.), der das καταλυθη auf den 4,10 ff. geschilderten Prozeß der Vernichtung des Sterblichen beziehen will ( s i e h e a u c h KÜMMEL b e i LIETZMANN/KÜMMEL, K o r . 2 0 2 ) . B R U N h a t
insofern
recht, als f ü r Paulus der physische Tod nur das Definitivum ist, in dem das tägliche Sterben kulminiert; vgl. l . K o r . 15,31; 2.Kor. 6,2-10; Phil. 3,10. — Der in 2.Kor. 4,8ff. enthaltene und in Vers 10 gipfelnde Peristasenkatalog muß ganz ernst genommen werden. Die durch άλλ' ούκ angeschlossenen Bestimmungen wollen keinesfalls ausdrücken, daß Gott es in allem Leid schließlich doch noch erträglich zugehen läßt, denn es geht hier ja u m die νέκρωσις Ίησοϋ. „Wer den leidenden Prediger im letzten Moment entschlüpfen läßt, erniedrigt daher Jesu Passion zur F a r c e " (KLEIN, GPM 236). Die άλλ' ούκ-Bestimmungen enthalten darum die gegenwärtige Offenbarung des Lebens Jesu in unserem sterblichen Fleisch. Man darf diese Paradoxic nicht wie LIETZMANN (z.St.) zeitlich auseinanderlegen. Vgl. Philo, mut. 34. 2
3
S o STUHLMACHER, G e r e c h t i g k e i t
74.
Und das trotz des deuterojesajanischen Hintergrundes von Phil. 2,6ff. ; vgl. D. GEORGI, Phil. 2,6-11, 271. 1
5
STUHLMACHER, G e r e c h t i g k e i t
75.
Die Aussage der Sündlosigkeit Jesu setzt hier ursprünglich wohl weder Reflexionen über Jesu metaphysische Qualität noch den Präexistenzgedanken voraus, sondern sagt einfach, daß der an meiner Sünde Unschuldige statt meiner in den Tod gegeben wird wie das Sühnetier. Denn mit KÄSEMANN (Erwägungen zum Stichwort „Versöhnungslehre im N T " , in: Zeit und Geschichte, BultmannFestschrift 1964, 47-59; 49f.) liegt in 2.Kor. 5,19-21 „ein vorpaulinisches Hymnenstück" vor; gegen STUHLMACHER, Gerechtigkeit 77. Paulus selbst mag freilich diese traditionelle Sühneaussage nach Analogie von Rom. 8,3 verstanden haben. Zur Sündlosigkeit Jesu im N T vgl. noch: l . P e t r . 1,19; 2,22 ( = Jes. 53,9); 3,18; Hebr. 4,15; 5,7ff. (dazu: LOHSE, Märtyrer 170ff.; H . WINDISCH, Hebr. H N T 39f.). Siehe ferner: Philo, fuga 108; spec. leg. 1/230. PsSal. 17,41.
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Sünde „auf das Holz" (l.Petr. 2,24) und beseitigt sie durch seinen Tod. Wie das Tier nach den Handaufstemmen „Sünde" (ΠΧΒΠ) heißt, so ist er als Träger der kontrahierten Sündenschuld der Welt jetzt αμαρτία (vgl. Gal. 3,13: κατάρα). Wie in Rom. 3,24 ist wiederum Gott das betonte Subjekt dieser Sühneaktion. So wenig hier also αμαρτία die die Welt beherrschende Sündenmacht ist, so wenig ist hier δικαιοσύνη θεού der „Name der Macht", die das neue Sein bestimmt1. Es ist vielmehr die von Gott anstelle der weggetragenen Sündenschuld gewährte Gabe der Gerechtigkeit, die das neue Leben ermöglicht2. Daß man die Gabe nicht vom Geber trennen darf, versteht sich ganz von selbst; wie wir an zahlreichen Beispielen gesehen haben, weiß auch Philo, daß durch solche Trennung jede Gabe pervertiert wird3. Es handelt sich in 2.Kor. 5,21 in der Tat um eine Art „Qualitätentausch" : „Er wird ein Knecht und ich ein Herr, das mag ein Wechsel sein . . ."4 Sachlich entspricht der Gabe der Gerechtigkeit genau das 1
2
STUHLMACHBB, G e r e c h t i g k e i t 75.
Phil. 3,9 ist die genuin paulinische Interpretation dieser überkommenen Vorstellung. „Die Deutung des Genitive θεοΰ als gen. subj. verwechselt den vorpaulinischen mit dem paulinischen Sinn" (CONZELMANN, Weisheit 244; siehe jetzt dazu auch den E x k u r s über δίκαιος u n d verwandte Vokabeln bei Paulus, bei N. G Ä U M A N N 138 ff. und H . C O N Z E L M A N N , Grundriß der Theologie des NT, 1967, 236ff.). — Vgl. auch PsClemHom. 9,19: ώστε εϊ τις έν Χριστώ καινή κτίσις, ούκέτι άμαρτική. τά άρχαϊα παρήλ&εν άπελουσάμεθα τόν βιόν τόν παλαιή ν, ιδού γέγονε καινά, άγνεία έκ πορνείας, έγκράτεια έκ άδικίας. 3 Gegenüber L U T H E B S Worttheologie, in der Geber u n d Gabe beim Glaubenden beisammen sind, b a h n t sich in S T U H L M A C H E R S Paulusexegese eine dem W o r t vorgeordnete neue Heilsontologie a n (vgl. CONZELMANNS „Randbemerkungen zur Lage im N T " ; E v T h . 22, 233). — Zu Phil. 3,9 erklärt S T U H L M A C H E R (100): „Die Kehre liegt gar nicht in der Selbstbeurteilung des Paulus, sondern in der klareren Erkenntnis des göttlichen Schöpfertums . . . " (vgl. auch ebd. Anm. 2 mit Verweis auf E. SCHWEIZER, Art. „Gerechtigkeit Gottes", R G G I I / 1407: „Die neue selbstkritische Betrachtungsweise ist also erst ein Resultat der neuen Gotteserkenntnis"). Diese Alternative ist uns unverständlich. Natürlich behauptet kein Mensch, daß die neue Gotteserkenntnis des Paulus ein Ausfluß seiner neuen Selbsterkenntnis sei. Der Fehler liegt darin, beides überh a u p t zu trennen („Die Erscheinung ist vom Betrachter nicht losgelöst, vielmehr in die Individualität desselben verschlungen u n d verwickelt" G O E T H E , Max. u. Reflex. Nr. 1257; Dietrich, Bd. 149, 1953). I n der Begegnung mit dem Kreuz Christi in einer ganz bestimmten theologischen Ausgelegtheit (Wort vom Kreuz) gewinnt Paulus „in, mit u n d u n t e r " einem neuen Verständnis seiner selbst die neue Gotteserkenntnis (vgl. Phil. 3,2ff.), die sich im Zerbrechen seiner πεποίθησις u n d dessen, was ihm einst „Gewinn" war, äußert. — Ganz richtig will sich STUHLMACHEB. jetzt „ K ü m m e l s W a r n u n g einprägen", daß m a n Paulus als „Denker des Glaubens" (sie!) begreifen müsse, „der in immer neuen Anläufen versuche, 'den im Glauben erfaßten Tatbestand des Erlöstseins durch Christus denkend zu begreifen'" (Gegenwart 439; Zitat darin: W . G . KÜMMEL, H e i l s g e s c h e h e n 39). 4 Vgl. H . W I N D I S C H , 2 . Kor. (MeyerK) z.St., der freilich die eigentlich paulinische Neuinterpretation der überkommenen Vorstellungen nicht scharf genug herausstellt.
190
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μή λογιζόμενος αύτοις τά παραπτώματα (V. 19), durch welches die Feindschaft zwischen Gott und Welt beendet wurde 1 . Die „Gerechtigkeit Gottes" ist also nichts anderes als das himmlische Gewand, nach dem wir uns sehnen, womit wir aber dennoch schon überkleidet sind, so daß das Sterbliche vom Leben verschlungen wird (vgl. Rom. 8, lOff.). Auch die „Gerechtigkeit" haben wir also gleichsam „nur" als άρραβών. Wie vom Pneuma gesagt werden kann: εί ζώμεν πνεύματι, πνεύματι κ at στοιχώμεν (Gal. 5,25), so kann es darum auch von dem Gewand, womit wir schon bekleidet sind (Gal. 3,27), nach welchem wir uns aber dennoch sehnen (2.Kor. 5,2), heißen: άπο&ώμεθα ούν τά έργα του σκότους, ένδυσώμεθα δέ τά δπλα του φωτός . . . ένδύσασθε τον κύριον Ίησοϋν Χριστό ν (Rom. 13,12ff.) 2 . Es ist im ganzen Kontext von 2. Kor. 4ff. zu beachten, wie Paulus durch die Aufnahme gegnerischer Theologumena und des überlieferten Credo (Sühneanschauung) den durch das Kreuz Christi überholten Selbstruhm der Gegner ad absurdum führen will. Die alte Sühneformel Χριστός ύπέρ ήμών άπέ&ανεν wird in die Schematik der Anthroposkategorie überführt: εΐς ύπερ πάντων άπέ&ανεν (5,14). Diese Aussage wird nun aber nicht im Sinne der durch die Sündenvergebung erfolgten Bundesrestitution (vgl. Rom. 3,24f.) interpretiert, sondern Paulus folgert: αρα oí πάντες άπέθ-ανον. Was das heißt, zeigt Gal. 6,14f., wo ebenfalls das Stichwort καινή κτίσις erscheint: I m Kreuz Jesu ist das Gericht über die Welt ergangen, so daß jetzt allem έν προσώπω καυχασθαι der Boden entzogen ist. Dem έν καρδία καυχασθαι (2. Kor. 5,12) entspricht das καυχασθ-αι έν τω σταυρω του κυρίου (Gal. 6,14), wodurch „mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt". Damit ist anstelle des entmächtigten Gesetzes eine neuer κανών des Wandels aufgerichtet (Gal. 6,16) 3 : ίνα oí ζώντες μηκέτι έαυτοΐς ζώσιν άλλά τω 1 Vgl. zur Versöhnungsvorstellung vor allem DOM J. DUPONT, La Réconciliation dans la Théologie de Saint Paul (Analecta Lovaniensa Biblica et Orientalia, Ser. II, Fase. 32, 1953). Versöhnung ist stets Beendigimg von Feindschaft und hat mit Sühne nur insofern zu tun, als durch die Sühne die Sünde getilgt wird, worin die Feindschaft ihre Ursache hat. 2 Siehe oben S. 187 Anm. 3; vgl. Eph. 4,22ff.; 5,11 ff. Zu Gal. 5,25 siehe noch Kol. 2,6. 3 Der neue Kanon christlichen Wandels — man mag ihn mit STUHLMACHER (Erwägungen 7) „das Grundgesetz der neuen Welt" nennen —· ist natürlich das Kreuz (V. 14). STUHLMACHERS Erwägungen (ebd. 6f.) zur hebräischen Vorgeschichte der Vokabel Jj? (κανών) sind angesichts der griechischen Leser des Briefes und der klaren Antithese zum Nomos und der Gesetzespredigt der Gegner völlig abwegig. Verfehlt ist auch die Auskunft, die Aussage von Gal. 6,15 werde in Vers 16 als κανών bezeichnet (ebd. 6). Vers 15 ist vielmehr eine Parenthese, die die allgemeine Maxime von Vers 14 erläutert. Das „Ich" in Vers 14 ist generell wie Gal. 2,20 (vgl. l . K o r . 13 u. Rom. 7 und siehe dazu THYEN, Stil 104f.) und hat seine Voraussetzung in dem Gedanken von Christus als dem alle einschließenden Adam und nicht in der Bekehrungserfahrung des in seinem Sein völlig veränderten Paulus (gegen STUHLMACHER, ebd. 27). Nicht
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υπέρ αύτών άποθανόντι και έγερ&έντι (2. Kor. 5,15). Indikativisch ausgedrückt heißt das: ζώ δε ούκέτι εγώ, ζη δέ έν έμοί Χριστός κτλ. (Gal. 2,20). Demgegenüber erweisen sich die Gegner mit ihrer θ-εΐος-άνήρChristologie, ihrer πεποί-9-ησις in ihr ekstatisches είδος und ihrem έν προσώπω καυχασθ-αι als Leute, die durchaus noch „sich selbst leben" (12f.); als solche, die die Menschen noch hinsichtlich ihrer sichtbar vorfindlichen Vorzüge und Mängel beurteilen. Dazu berufen sie sich auf den mit Wundermacht ausgestatteten historischen Jesus (V. 16). Damit aber ignorieren sie das Kreuz als den Kanon der neuen Welt als das „das Alte" verschlingende Gottesgericht 1 und erweisen so, daß sie noch dem alten Äon, der παλαιά κτίσις, zugehören2. Wie „Sünde" für Paulus nicht die Anhäufung gelegentlicher — auch vermeidbarer — Übertretungen ist, sondern eine den Menschen in der Todesgefangenschaft festhaltende Macht, so ist ihm „Vergebung" καινή κτίσις ist also das „Grundgesetz der neuen Welt", sondern der σταυρός ist das Grundgesetz der καινή κτίσις. Paulus steht tinter diesem Kanon, denn er t r ä g t die Stigmata Jesu an seinem Leibe (6,17; vgl. 2.Kor. 4,9ff.), d . h . die Spuren u n d Narben der erlittenen Verfolgungen. — Was hier K a n o n heißt, k a n n Paulus Gal. 6,2 in polemischer Aufnahme eines gegnerischen Schlagwortes auch νόμος Χρίστου nennen (vgl. L Ü H R M A N N 68; völlig verfehlt S T U H L M A C H E R Gerechtigkeit 96). Vers 2 ist also zu paraphrasieren : wenn schon von dieser contradictio in adiecto „Gesetz Christi" die Rede sein soll, d a n n „erfüllt es", indem ihr einander die Lasten t r a g t ! 1 2. Kor. 5,16 darf keinesfalls als „gnostische Glosse" eliminiert werden (gegen SCHMITHALS, Zwei gnostische Glossen im 2. Kor. ; E v T h . 18, 1958, 552-573 u n d G Ü T T G E M A N N S 282ff.). Ebensowenig allerdings k a n n die Aussage auf die „paulinische Bekehrung" bezogen werden (so STUHLMACHER, Erwägungen 5), denn 16f. ist die sachliche Konsequenz aus V. 14. N a c h dem ganzen K o n t e x t heißt άπό τοϋ νϋν „seit der Kreuzigung"; das „ W i r " von Vers 16 ist das gemeinchristliche. άπό τοϋ νϋν ist keine „kosmologisch-eschatologische" Wendung (so STUHLMACHER, ebd. mit Berufung auf Jes. 48,6 u. JosAs. 61,9f.), sondern eine geläufige griechische Wortverbindung mit dem Sinn „von jetzt a n " . — Zuzustimmen ist dagegen G Ü T T G E M A N N S gegen G E O R G I (Gregner 282ff.) darin, daß Paulus auf gar keinen Fall bereit ist, den irdischen Jesus vom erhöhten Christus zu trennen (286ff.). I m Gegenteil, Paulus streitet gerade mit den Gegnern u m den irdischen Jesus ! E r ist f ü r ihn kein beliebiger Thaumaturg, sondern der Gekreuzigte. Das ist Gottes gültige „ I n t e r p r e t a t i o n " des Irdischen; jede andere erfolgt κατά σάρκα. 2 καινή κτίσις darf nicht sogleich individualisiert werden, denn καινή κτίσις ist ja der Christus selber, der „neue Mensch" (Kol. 3,10; E p h . 4,24; vgl. Rom. 6,6!) „ i n " dem alle, J u d e n wie Heiden, Freie wie Sklaven, Männer wie F r a u e n „einer" sind (Gal. 3,28; vgl. 6,15), sofern sie nämlich alle gestorben sind u n d nicht mehr „sich selbst leben" (2. Kor. 5,15; Gal. 6,14). Paulus k a n n diese neue Menschheit (um die außermenschliche K r e a t u r geht es hier nicht !) — wiederum wohl in A u f n a h m e eines gegnerischen Schlagwortes — auch das „Israel Gottes" nennen. — Das dreifache πάντες in 2. Kor. 5,14f. sagt aus, d a ß durch den Tod Christi gleichsam „objektiv" f ü r alle die Möglichkeit des neuen Lebens beschafft ist (vgl. Rom. 5,18!). Aktualisiert freilich wird das neue Leben allein im Glauben (vgl. Gal. 2,20; das λαμβάνοντες in R o m . 5,17 usw.). εί τις έν Χριστώ m u ß also im Sinne des Paulus paraphrasiert werden: „glaubt jemand a n Christus". Von der Taufe ist in 2. Kor. 5 sowenig die Rede wie von der Bekehrung (vgl. den folgenden Paragraphen).
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Johannestaufe u n d christliche Taufe
nicht bloßer Erlaß των προγεγονότων άμαρτημάτων (Rom. 3,25), sondern der durch das jetzt lautwerdende Wort der Verkündigung als der διακονία της καταλλαγής (2.Kor. 5,19; vgl. 6,Iff. u. Rom. l,16f.) ergehende Ruf in die Freiheit des neuen Lebens (Gal. 5,13). So wie der fromme Jude unter dem als Gottes heilige und gerechte Forderung innerlich bejahten Gesetz (κατά τον εσω ανθρωπον Rom. 7,22) nicht zufällig und gelegentlich und auch nicht wegen des zeitbedingten spätjüdisch-rabbinischen Mißverständnisses des Gesetzes im Sinne der Gesetzlichkeit 1 , sondern notwendig und total in die ausweglose Gefangenschaft der Sünde gerät, wobei er mit einer unausweichlichen inneren Logik das „heilige Gesetz" zum Instrument, die eigene καύχησις aufzurichten, verkehrt 2 , so verstrickt sich zwangsläufig auch 1 E r s t in der glaubenden Aneignung des Kreuzes ist die lebensvernichtende Macht der Sünde durchschaubar. Von hier aus wird aber auch sichtbar, daß es nicht ein durch den „Sündenfall" in die rabbinische Kasuistik aus der festen Heilsordnung des Bundes heraus — worin das Gesetz „als Gottes Hilfe zum Leben" gegeben war (H. W. WOLFF, Zur Hermeneutik des AT, E v T h . 16, 1956, 337-370; 346) — vermitteltes u n d durch die paulinische Gesetzesdialektik begünstigtes Zerrbild der Neutestamentier ist, das AT als „Gesetz" zu verstehen, sondern sein, von Gott in Christus enthülltes, adäquates Verständnis. Paulus trifft also nicht bloß die „Gesetzlichkeit" (so unter vielen anderen besonders pointiert M. NOTH, „Die mit des Gesetzes Werken umgehen, die sind unter dem F l u c h " ; GesStud. 19S7, 155-171), sondern das heilige Gesetz Gottes selber, eben jene von ihm gegebene „Hilfe zum Leben" (Rom. 7,10). D a ß n u n aber dieses Gesetz den Tod wirkt, beruht nicht auf seinem zufälligen historischen Mißverständnis in bestimmten Kreisen des J u d e n t u m s oder durch Paulus selber (so S C H O E P S pass.), sondern liegt in seinem durch die Sünde verkehrten Wesen, oder — wie Paulus auch sagen k a n n und womit er die Einheit der Schrift festhält ·— in Gottes Heilsplan (vgl. Gal. 3,24). Yon hier aus erweisen sich rabbinische Kasuistik wie qumranischer u n d apokalyptischer Torarigorismus als notwendige Konsequenz und nicht als ein vermeidbarer zeitgeschichtlicher Irrweg. Nicht eine K a r i k a t u r der jüdischen Religion, sondern der Glaube Israels in seiner höchsten F o r m war dem Apostel einst Gewinn u n d ist ihm n u n aber u m Christi willen ζημία, j a σκύβαλα (Phil. 3,7ff.). Dieses Prinzipielle der paulinischen Sicht wird heute vielfach übersehen. Dadurch erscheint d a n n das Neue Testam e n t als bloße Restitution des (richtig verstandenen!) Alten u n d Jesu Tod wird zum C h a t t a t - R i t u s der Bundeserneuerung; vgl. H . J . KRAUS, Freude an Gottes Gesetz (EvTh. 10, 1951/52, 337-351); H . WILDBERGER, Auf dem Wege zu einer biblischen Theologie (EvTh. 19, 1959, 70-90); sowie vor allem K . B A R T H pass. (vgl. besonders D E R S . , Christus u n d A d a m nach Rom. 5. TheolStud. 35, 1952 und siehe dazu BRANDENBURGER, A d a m 267ff. u n d BULTMANN, Adam). Wesentlich differenzierter urteilt W . ZIMMERLI, Das Alte Testament u n d die Verkündigung der Kirche (in: Das AT als Anrede; B E v T h . 24, 1956) u n d DERS., Gesetz 68ff. 2 Vgl. dazu vor allem R o m . 7 (Lit.: W . G. KÜMMEL, R o m . 7 u n d die Bekehr u n g des Paulus, 1929; R . B U L T M A N N , R o m . 7; H . B R A U N , R o m . 7; H . J O N A S , Philosophische Meditation über Paulus, R o m . K a p . 7; i n : Zeit u n d Geschichte 557-570). — „ D e r a r t läßt sich des Paulus Charakteristik des Zustandes 'unter dem Gesetz', die alle K a r i k a t u r u n d bloß empirische Typologie hinter sich läßt, als Grundriß eines existenzialen Begriffs des 'Pharisäismus' — im genügend weit formalisierten u n d nicht historisch gebundenen Sinn des Wortes — verstehen. Dan a c h wäre der Mensch als solcher gegenüber dem Gesetz, dessen gerechtem Anspruch er genügen will, wie er soll, 'Pharisäer', und zwar günstigsten u n d ernstesten
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der Christ, der dem Kreuz entgehen will — mag er sich auch der Vergebung rühmen —, in die gleiche ausweglose Situation1. Weil dies die permanente Versuchung nicht nur des Enthusiasten ist, der das Pneuma zu besitzen wähnt und mit seiner Hilfe Gott schauen will, statt dankbar auf das zu blicken, was ihm geschenkt wurde2, und des Nomisten, der den freimachenden Ruf des Evangeliums zur nova lex verkehrt, sondern die eines jeden Christen, sofern er ja noch „im Fleisch" lebt, ist der existentielle Zwiespalt von Rom. 7, solange bis Gott „alles in allem sein wird" (l.Kor. 1 5 , 2 8 ) , ständig präsent: Im Blick auf Gott und seine Heilstat als überwundener (sanus in spe), im Blick auf den Menschen und sein wirkliches Leben aber als gegenwärtiger (aegrotus in re)3. Die Äonenwende ist für Paulus nicht „vergangenes Ereignis", das in der Verkündigung bloß aktualisiert würde, sondern eschatologisches Falles, sofern eben die Ü b e r n a h m e des „heiligen Gesetzes Gottes' als persönliche Verbindlichkeit die d e m Menschen von sich her höchst erreichbare Möglichkeit darstellt, u n d er n u r mit ihr in die Dimension des gültigen Scheiterns seiner bloßen Menschlichkeit k o m m t " (JONAS, ebd. 668). — Der prinzipielle Sinn ist völlig v e r k a n n t und es bedeutet einen Rückschritt hinter die genannten Untersuchungen, wenn E . K A M L A H (Wie beurteilt Paulus sein Leiden? Z N W 54, 1963, 217-232) s a g t : „Persönlich schließlich leidet er unter der Gespaltenheit der S ü n d e " (220; K . meint natürlich, Paulus leide a n der Gespalteriheit seiner Existenz durch die Macht der Sünde!). Aber davon redet Paulus hier gerade n i c h t ! D e n n was er hier sagt, ist erst offenbar geworden durch das „ D a n k aber sei Gott durch Jesus Christus!" (Rom. 7,25), d . h . von der erfolgten Heilung dieses Risses her. — K A M L A H h a t offenbar R o m . 7,25b zum Auslegungskanon des ganzen Abschnittes gemacht. Aber 7,25b ist entweder eine durch Marginal überlieferung a n die falsche Stelle geratene Folgerimg aus Vers 23 (so F . M Ü L L E R , Zwei Marginalien im Brief des Paulus a n die Römer, Z N W 40, 1941, 249-254, dem O . M I C H E L Z. St. folgt) oder — u n d das d ü n k t uns wahrscheinlicher — eine exegetische Glosse eines f r ü h e n Lesers, der den geschilderten existentialen Zwiespalt als psychische Gespaltenheit mißverstand (so R . BULTMANN, Glossen im Römerbrief. ThLZ 72, 1947, 197-202 = Exegetica 278-284). Dieses historische Mißverständnis h a t sich bei K A M L A H wiederholt. 1 W e n n J O N A S (siehe vorige A n m . ) diesem Pharisäerbegriff des Paulus J e s u Verkündigung als den R u f aus dem Pharisäersein im Sinn des naiven, populären, „typenmäßig-anschaulichen Begriffs des P h a r i s ä e r t u m s " („Der Pharisäer ist im groben Sinne Heuchler und äußerlicher F r ö m m l e r " ebd. 569) in das wahre „ P h a r i s ä e r t u m " im Sinne des Paulus gegenüberstellt und abschließend resümiert: „Diese Feststellung wiederholt nur den alten, wenn auch vielbestrittenen Satz, daß die paulinische Verkündigung von Jesus als d e m gekreuzigten Christus gegenüber der Verkündigung Jesu selbst einen entscheidenden Wandel bedeutet, a n dem die Wege zwischen dem alten und dem neuen Glauben sich wirklich scheiden" (ebd. 570), so scheint uns das allerdings ein Fehlurteil zu sein. E s b e r u h t auf der Identifizierung des Pharisäerbildes der synoptischen Tradition, insbesondere desjenigen der von Mt. aufgenommenen Uberlieferungen (Mt. 23!), mit der Verkündigung J e s u (vgl. dazu besonders E . HAENCHEN, Mt. 23; Z T h K 48, 1951, 38-63; 60; jetzt gekürzt i n : Gott u n d Mensch, GesAufs. 29-54). — Lk. 18,10-14 darf aber gegen J O N A S keinesfalls in diesem inferioren Sinn von „Pharisäismus" verstanden werden. — Zum Sinn der Sündenvergebung in der Verkündigung Jesu vgl. R . BULTMANN, Jesus 179£f. 2 Vgl. l . K o r . 2,12 und siehe dazu L Ü H B M A N N 1 3 4 . 3 Siehe oben S. 179 A n m . 4. 13
Tbyen, Studien
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Johaimestaufe und christliche Taufe
Ereignis in dem Sinne, daß ihre Schwelle jeweils im konkreten Akt des Glaubensgehorsams als Antwort auf das erklingende Wort überschritten wird 1 . Die Aufnahme und die Art der paulinischen Interpretation der überkommenen Sühneaussagen zeigen, daß das „vergangene Alte" nicht die „aufgehobene Geschichte" der diesseitigirdischen und als solcher sündigen Welt ist 2 , sondern der durch sein Trachten nach eigenem „Ruhm" vor Gott qualifizierte sündige Mensch, dem das „äonenwendende" Vergebungswort als Kunde von Gottes freimachender Tat „in Christus" Zukunft, und das heißt Leben, erschließt. Hiermit brechen wir unseren Exkurs ab, dessen Sinn im Zusammenhang darin bestand zu zeigen, wie bald nach Ostern das dem Christen gewährte Heil der Sündenvergebung oder „Rechtfertigung" im Todesgeschick Jesu als der Heilstat Gottes begründet wird 3 . Die hierfür entwickelten Vorstellungen werden nun auch dazu fruchtbar gemacht, den überkommenen und inzwischen zum Initiationsritus gewordenen Brauch der Taufe neu zu interpretieren.
§ 8. Glaube und Taufe nach Rom. 6 In dem oben genannten Aufsatz hat W . M A R X S E N zutreffend bemerkt, daß das Neue Testament keine einheitliche — ja im Grunde gar keine — „Tauflehre" enthalte 4 . Es wird in ihm vielmehr nur 1 Siehe oben S. 168 Anm. 3 und vgl. LÜHKMANN pass. — Das δικαιωθέντες in Rom. 5,9 beschreibt die Möglichkeit der „Gerechtigkeit" für alle (vgl. 5,1). „Denn die Auskunft, daß es (sc. das νυν έν τω αίματι von Rom. 5,9) die mit dem Tode Christi begonnene eschatologische Heilszeit im allgemeinen anzeige, wirkt nicht überzeugend. In seinem Gegensatz zu dem έτι von Vers 8 bezieht es sich nicht auf die Heilsgeschichte der Menschheit als ganze, sondern auf das Heilsgeschehen am einzelnen Christen" (W. THÜSING, Per Christum in Deum; NtlAbh. NF 1, 1965, 192; vgl. ebd. 190ff). 2 So besonders E. LOHMEYEB, Grundlagen paulinischer Theologie (BHTh. 1, 1929) pass.; z.B. 50, 168. — Auch E. KAMLAH (ZNW 54, 131) hebt die paulinischen Aussagen nicht scharf und sachkritisch genug von ihrem durch den jüdisch-hellenistischen Fleisch-Geist-Dualismus bestimmten Hintergrund ab. 3 Natürlich wäre eine Analyse und Interpretation des an zentralen Stellen im Hebräerbrief aufgenommenen Sühne-Vergebungszusammenhangs äußerst lehrreich und interessant, weil durch dieses dem Verfasser wesentliche Theologumenon die überkommenen mystisch-spekulativen Himmelsreise-Vorstellungen entscheidend gebrochen und korrigiert werden (vgl. etwa 9,12; 10,19 u.ö.). Doch müssen wir uns eine detaillierte Untersuchung der soteriologischen Vorstellungen des Hebr. versagen. Vgl. im übrigen dazu : E. LOHSE, Märtyrer 162 ff. ; E. KASEMANN, Das wandernde Gottesvolk (FRLANT 55, 1939, 2. Aufl. = Nachdruck 1957), besonders 18ff. u. 140ff. ; E. GRASSES,, Der Glaube im Hebr. (Marburger TheolStud. 2, 1965); DERS., Der Hebr. (ThR 30, 1964, 138-236), besonders 214ff.; G. BORNKAMM, Das Bekenntnis im Hebr. (ThBl. 21, 1942, 56ff. ; jetzt in: Studien zu Antike und Urchristentum, GesAufs. II, 2. Aufl. 1963, 188-203). 4 Siehe oben S. 145 Anm. 7.
Glaube und Taufe nach Rom. 6
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jeweils „ein überkommener Brauch mit Hilfe des Kerygmas ausgelegt' ' 1 . Vor allem die Einmaligkeit der Taufe als unwiederholbarer Akt am Anfang eines jeden Christenlebens hat zur Folge, daß das Neue Testament — anders als in der Frage des auf Wiederholung angelegten Herrenmahles, dessen korinthische Entartung und dessen magisches Mißverständnis Paulus zu ganz programmatischen Aussagen über die rechte Gestalt und den Sinn der Feier zwingen (l.Kor. 10 u. 11) — kein normatives liturgisches Taufformular enthält und nicht einmal eine zureichende Antwort auf die Frage nach der etwaigen Heilsnotwendigkeit der Taufe hergibt 2 . Weil es sich bei der Taufe einfach um einen überkommenen Ritus handelt, der als solcher nie umstritten war, hat die Taufe die verschiedensten theologischen Motive zu ihrer Deutung angezogen. Wir orientieren unsere Untersuchung der neuen Taufinterpretation an Rom. 6,1-14, weil dieser Text dafür fast überall als repräsentativ angesehen wird. I n seinem Licht sollen die Analogien und die Unterschiede der übrigen neutestamentlichen Taufaussagen Profil gewinnen und uns zeigen, wie das in der Taufe „gespendete" Heil — bei Johannes dem Täufer durch das Stichwort „Vergebung der Sünden" charakterisiert — jetzt jeweils neu zur Sprache gebracht wird. Die Literatur zu Rom. 6 ist nahezu uferlos 3 . Wir verzichten deshalb auf eine detaillierte Auseinandersetzung und auf eine umfangreiche eigene Interpretation; es genügt, das in unserem Zusammenhang Wesentliche hervorzuheben. Zwei grundsätzliche Bemerkungen müssen wir noch vorausschicken: 1. Dem Duktus des Römerbriefes folgend liegt an unserer Stelle keinerlei selbständiges Interesse des Paulus an der Taufe. I m Zusammenhang des Briefes, worin 5,1-8,39 die gegenwärtige Wirklichkeit der Glaubensgerechtigkeit als Freiheit von Sünde, Tod und Gesetz beschreiben, dient das sechste Kapitel vor allem dazu, den in der Aussage δικαιωθέντες oùv έκ πίστεως (Rom. 5,1) implizierten Imperativ zu begründen 4 . Paulus will also nicht — auch nicht exkursweise! — eine „Tauflehre" mitteilen, sondern er benutzt die Tatsache des Getauftseins seiner Leser als Anknüpfungspunkt. So behaftet er sie als durch den Glauben Gerechtfertigte. Unbeschadet der Frage danach, ob Sinn und Wirkung der Taufe selber kausativ oder nur kognitiv sind, ist die Intention, in deren Zusammenhang Paulus die 1
2 Ebd. 174. Vgl. ebd. 173. Vgl. dazu besonders G Ä U M A N N , W A G N E B und S C H N A C K E N B U R G , Heilsgeschehen (siehe oben S. 145 Anm. 4 u. 6); siehe die umfangreichen Literaturangaben ebd. und vgl. noch E. G Ü T T G E M A N N S 210ff. 4 Vgl. die Komm. z.St. und siehe besonders R . B U I / Γ Μ Α Ν Ν , Das Problem der Ethik bei Paulus (ZNW 23, 1924, 123-140; jetzt in: Exegetica 36-54) und K. B A B T H , K D IV/4, 128ff. 3
13*
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Johannestaufe u n d christliche Taufe
römischen Adressaten an ihr eigenes Getauftsein erinnert, fraglos kognitiv1. Dem ή αγνοείτε von 6,3 entspricht das ουκ ο'ίδατε von 6,16 2 . Diesen parallelen Anfängen entsprechen die sie jeweils einleitenden rhetorischen Fragen. Darum darf man aus solcher captatio nicht herauslesen, daß Paulus jetzt eine den Römern in allen Details bekannte „Tauflehre" vorträgt. Mehr als das Wissen darum, daß die Getauften an dem durch Jesu Geschick gewirkten Heil teilhaben, braucht bei den Lesern nicht vorausgesetzt zu werden, denn das korrespondierende „wißt ihr nicht?" (6,16) erfordert ja auch nicht die Kenntnis einer detaillierten „Lehre" von der versklavenden Macht der Sünde, sondern appelliert an den „gesunden Menschenverstand" der Leser, will überführen und nicht belehren3. 2. Die bis in die Wortfolge hinein deutlich an die „Pistisformel" von l.Kor. 15,3-5 anknüpfende Taufauslegung in Rom. 6 (gestorben — begraben — auferweckt) zeigt, daß hier das formulierte Credo zur Interpretation herangezogen wird4. Daher verbietet es sich, die Einzelzüge allzusehr zu pressen. Sieht man den Zusammenhang mit dem Credo, so braucht man zur Erklärung der Aussagen nicht nach einem konkreten Mysterium zu suchen, worin der Initiationsritus als „Ertränktwerden" und als „Begräbnis" mit der Gottheit verstanden 1
V g l . W . MABXSEN, E r w ä g u n g e n .
2
V g l . GÄTTMANN 30FF.
3
Bei der Paulusexegese ist diese Tendenz stets zu beachten : U m die Heiden als unentschuldbare Sünder zu überführen, greift Paulus die ihm aus der hellenistischen Synagoge geläufige stoische „theologia naturalis" auf (vgl .Rom. l , 1 9 f . ; 2,14f.). Man darf das weder als eine „theologische Lehre" des Paulus interpretieren und d a n n als dictum probans f ü r die Dogmatik ausschlachten (vgl. dazu G. BOBTSTKAMM, Die Offenbarung des Zornes Gottes. Ges. Aufs. I , 9 - 3 3 ; R . BULTMANN, Die Unsichtbarkeit Gottes. Z N W 29, 1930, 169-192; jetzt in: Exegetica 174-197; ebd. 193), noch darf m a n es als dogmatisch imbequem wegzudisputieren versuchen (so K . B A R T H pass., z . B . K D 1/2, 332; IV/1, 33f. ; siehe dazu F . KUHB, R o m . 2,14f. Z N W 55, 1964, 243-261). — Analoges gilt f ü r die E r w ä h n u n g der Vikariatstaufe in l . K o r . 15,29. Dieser in Korinth geübte Brauch ist Paulus ein willkommenes Argument, die korinthischen Auferstehungsleugner mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. F ü r die eigene Taufanschauung des Apostels gibt dieses Argument aber nicht viel her. Immerhin zeigt es, zumal Paulus sich von solchem Brauch nicht distanziert, wie s t a r k magisch-dynamistisch das Sakramentsverständnis des Paulus u n d seiner Welt gewesen ist. Denn d a ß die korinthische Vikariatstaufe nur ein „ A k t der Proklamation und des Bekenntnisses, mit dem die Auferstehungshoffnung f ü r bestimmte verstorbene Menschen bezeugt wurde", war u n d keinerlei magischen Sinn h a t t e (M. RISSI, Die Taufe f ü r die Toten. A T h A N T 42, 1962, 89), scheint uns das apologetische Resultat einer in den Text hineingelesenen konfessionellen Tauflehre. Auch l . K o r . 11,27ff. läßt sich das magische Sakramentsverständnis nicht übersehen (vgl. H . BRAUN, Exegetische Randglossen, in: Theol. Viat. 1948/49, 42—45). wenngleich daran — wie besonders l . K o r . 10 zeigt — keinerlei selbständiges Interesse des Paulus hängt. 4
V g l . K B A M E B 2 4 u n d GÄUMANN 6 1 ff.
Glaube und Taufe nach Rom. 6
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wäre 1 . Da Paulus, wie wir oben schon wiederholt gesehen haben, alles daran liegt, zum Ausdruck zu bringen, daß das im Credo Bekannte nicht „an sich" als „objektive Heilstatsache" die Äonenwende bewirkt, sondern mit den Bekennenden zusammengehört, redet er jetzt die Leser als Glaubende oder — und das ist für ihn identisch — als Getaufte an. Nach diesen einschränkenden Vorbemerkungen mag nun der Text für sich selber sprechen. Eingeleitet durch die rhetorische Frage „Was sollen wir nun sagen?" zieht Paulus zunächst aus der Aussage ού δέ έπλεόνασεν ή αμαρτία, ύπερεπερίσσευσεν ή χάρις (Rom. 5,20) die — freilich absurde — Konsequenz : Sollen wir also in der Sünde verharren, damit die Gnade sich mehre? — Ein scharfes μή γένοιτο weist diesen lästerlichen Gedanken sofort ab, dem ohnehin die Logik mangelt, denn wie soll einer, der der Sünde gestorben ist, noch in ihr leben können (V. 2)? Die Konsequenz ist also ein absurder Anachronismus und nicht darum verfehlt, weil sie Gott und Mensch als „gleichberechtigte Partner" auf eine Ebene stellte, wie N . GÄTTMANN im Anschluß an 2 K . B A B T H meint . Paulus spricht nicht über das zeitlose Verhältnis von Mensch und Gott sowie Sünde und Gnade, sondern, wie die Aoriste hier und schon in 5,20 zeigen, von der erfolgten Äonenwende. Darum hat E. F U C H S ganz recht, wenn er feststellt : „aus Rom. 5 , 1 2 - 2 1 folgt dieser Einwand keineswegs!" 3 Aber inwiefern sind wir „der Sünde gestorben"? Aufgrund welcher Logik kann Paulus das sagen? Nun, logisch und eine wirkliche Kon1
So fälschlich M . B A B T H , Die Taufe — ein Sakrament? 1 9 5 1 , 186FF. und — Statt apologetisch Mysterienabhängigkeiten zu bestreiten, das von ihm selbst ausgebreitete reichhaltige religionsgeschichtliche Material zu einer phänomenologischen Interpretation von Rom. 6 heranziehen sollen. Denn wenn sich auch kein bestimmter Mysterienritus nachweisen läßt, so hat doch ohne Zweifel das Mystierendenfcew als solches über den Weg der hellenistischen Synagoge, wo wir seinen Spuren begegnet sind, die Auslegung der christlichen Sakramente nachhaltig beeinflußt; vgl. die treffenden W A G N E R pass. hätte W A G N E R
B e m e r k u n g e n v o n H . CONZELMANN, E v T h . 24, 1964, 171 f. ( R e z . WAGNER) u n d
siehe nun G Ä U M A N N 37FF. — E. SCHWEIZER (Die 'Mystik' 2 4 9 ) übersieht den Zusammenhang mit dem Credo und ordnet Rom. 6 recht gewaltsam seiner ebd. vertretenen Neuauflage der LOHMEYERschen These von der Herkunft des „MitC h r i s t u s " aus der Apokalyptik unter, wenn er vermutet: „Die Wahl von 'Mit-begraben' statt 'Mit-gestorben' zeigt vielleicht noch den ursprünglichen eschatologischen Haftpunkt der Formel bei dem Gedanken der Auferstehung aus dem Grabe." — Weiteres zur Auseinandersetzimg mit ( L O H M E Y E R ) S C H W E I ZER siehe unten. 2 2 G Ä U M A N N 7 1 zitiert zustimmend K . B A R T H , Der Römerbrief 1922 z.St. — Siehe aber jetzt die völlig richtige Beurteilung durch BARTH, K D IV/4, 87 ! 3 E . F U C H S , Freiheit 27. — Demgegenüber verfehlt auch G. B O R N K A M M , Taufe und neues Leben bei Paulus (Ges. Aufs. I, 6 1966, 34-50) 36, den anachronistischen Charakter des Einwands, wenn er ihm „das Recht einer formalen Logik" zugesteht.
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sequenz aus dem Vorangegangenen ist das nur, wenn wir uns die Vorstellung von Rom. 5,12ff. von Christus als dem inkludierenden άνθρωπος vergegenwärtigen. Allein wenn die Glaubenden alle im Christus enthalten sind — und eben das setzt Paulus ja voraus —, tritt die Gnade mittels der Gerechtigkeit ihre durch keinen Tod mehr limitierte ins ewige Leben reichende Herrschaft διά Ίησοΰ Χρίστου του κυρίου ήμών (5,21) darum an, weil die Glaubenden durch seinen Tod alle der Sünde gestorben sind. Nur kraft dieser Logik sind die Glaubenden als solche, die mit ihm in Golgatha starben, jetzt „Tote für die Sünde", d.h. allein die Anthropos-Schematik erlaubt die Konsequenz : Ist Jesus gestorben, so sind alle gestorben (vgl. 2. Kor. 5,14). Sie zwingt weiter zu dem Schluß : Ist er auferstanden, so sind alle auferstanden. Nur weil Jesus als der inkludierende έσχατος 'Αδάμ durch das Gesetz gestorben ist, kann Paulus in der gänzlich unmystischen Stilform des generellen Ich sagen: „Ich bin durch das Gesetz dem Gesetz gestorben, damit ich für Gott lebe: ich bin mit Christus gekreuzigt" (Gal. 2,19). Fast alle Exegeten beziehen das „Mitgestorbensein mit Christus" sogleich auf die Taufe als den Ort, wo dieses Sterben geschah. Dazu verführt in der Tat der Anschluß von Rom. 6,3 an Vers 2. So kommt es zu der landläufigen Meinung, in Rom. 6 werde die Taufe behandelt 1 . Demgegenüber muß aber mit Nachdruck betont werden, daß im Anschluß an Kapitel 5 schon 6,2 in sich schlüssig ist, daß also mit anderen Worten die Erinnerung der Leser an ihr Getauftsein für den Gedankengang des Römerbriefes überflüssig ist. Nicht erst in der Taufe hat sich das Sterben (und Auferstehen) der Christen ereignet, sondern als Mitsterben (und Mitauferstehen) mit Christus fand es in Golgatha statt. Vers 2 sagt also: Wir sind — weil wir ja (lokal!) έν Χριστώ sind — mit Christus der Sünde gestorben, wie können wir da noch in ihr leben ? Als das adamitische σώμα ist die Sünde eine räumliche Sphäre, die alle ihr Hörigen einschließt und damit zugleich ihre κυριότης ist. Ebenso ist der Christus als das alle einschließende σωμα des neuen Menschen zugleich der κύριος. Diese beiden Reiche, das der Sünde und das Christi, heißen bei Paulus auch σάρξ und πνεύμα. Auch sie sind zugleich Sphäre und Machthaber 2 . 1 Noch N. G Ä U M A N N stellt seine Untersuchung von Rom. 6 unter das Thema „Taufe und Ethik" ! 2 Siehe |oben S. 115ff. ; 187 Anm. 3. Vgl. zu diesen Zusammenhängen außer B R A N D E N B U R G E R , Adam, jetzt dessen vorzügliche Monographie: Fleisch und Geist pass. Erst vor dem Hintergrund der von B R A N D E N B U R G E R sorgfältig analysierten jüdischen Traditionsgeschichte dieser Motivzusammenhänge wird das paulinische Proprium, nämlich ihre Brechung durch den Gekreuzigten, deutlich. Von hier aus ist auch da, wo Paulus noch im Bann der überkommenen
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Die schon in sich schlüssige Folgerung von Vers 2 wendet Paulus jetzt ad hominem und macht sie für seine Leser dadurch vollends evident, daß er sie an ihr eigenes Getauftsein erinnert: „Oder wißt ihr nicht, daß alle, die wir in Christus Jesus getauft sind, in seinen Tod getauft wurden?" Der Sinn dieser Frage kann im Zusammenhang nur der sein darzutun, daß sich das „der Sünde Gestorbensein" für den einzelnen in seinem Bekenntnis zum κύριος Ίησοϋς (Rom. 10,9; Taufbekenntnis!) in Gestalt seiner Taufe εις Χριστόν und das heißt εις τον θάνατον αύτοϋ realisiert hat. Freilich nicht so, daß sich dies als notwendiges medium salutis, das instrumental und ex opere operato objektiv das Heil als Sterben und Auferstehen mit Christus bewirkte, von dem έφάπαξ in Golgatha geschehenen Sterben Jesu abtrennen ließe. Denn, wie wir schon in unserer Vorbemerkung gesagt haben, man darf nicht wie SCHLIER in der Auseinandersetzung mit K . B A R T H 1 von Rom. 6 als einem für das Neue Testament repräsentativen „Tauft e x t " ausgehen und ihm die übrigen Taufaussagen zu- bzw. unterordnen, sondern muß die hier von Paulus aufgegriffene Taufanschauung sachkritisch von der Mitte seines theologischen Denkens her interpretieren 2 . Es ist unerlaubt, etwa die Taufe als causa der Aussagen von 2. Kor. 5 anzusehen und so einfach in diesen Zusammenhang einzutragen. Gerade umgekehrt will beachtet sein, daß Paulus hier und sonst öfter völlig unabhängig von der Taufe ganz analoge Aussagen wie in Rom. 6 machen kann. Nicht die Taufe an ihrem jeweiligen Ort, sondern das einmalige Sterben Jesu in Golgatha ist der Ort, wo sich das Sterben aller ereignet h a t : óípoc ot πάντες άπέθανον (2.Kor. 5,15: vgl. Rom. 5; Gal. 2,19 u.ö.). Von einem „heilsnotwendigen Sakrament" würde der Apostel auch schwerlich gesagt haben: „Nicht zu taufen, sondern zu predigen hat Christus mich gesandt!" (1. Kor. 1,17)®. Von dieser Predigt des Paulus her läßt sich formulieren: „Der Tod Christi ist das Sakrament, die Taufe das sakramentale Bekenntnis zu ihm, in dem die Teilhabe an ihm gewonnen wird: die Einverleibung in den Leib Christi. Die Entwicklung von nicht spezifisch christologischen Sakramenten — Sprachzusammenhänge redet, Sachkritik geboten. — Außerdem ist hier auf die freilich durch das religionsgeschichtliche Material bei B R A N D E N B U R G E R zu ergänzende scharfsinnige exegetische Untersuchung von R. C. T A N N E Η ILL ZU verweisen. 1 H. S C H L I E R , Zur kirchlichen Lehre von der Taufe (ThLZ 1947; jetzt in: Zeit der Kirche 107-129). — K. B A R T H , Die kirchliche Lehre von der Taufe (ThSt [B] 14, H943). Vgl. auch H. S C H L I E R , Die Taufe nach dem 6. Kap. des Rom. (Zeit der Kirche 47-56) und jetzt vor allem K. B A B T H , K D IV/4 pass. 2 S C H L I E R wie B A R T H unterlassen jedoch solche hermeneutisch notwendige Sachkritik von dem auch Rom. 5-8 seit 1,17 regierenden δικοαωθέντες οδν έκ πίστεως her (Rom. 5,1). 3
V g l . MARXSEN, E r w ä g u n g e n 173.
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Johannestaufe und christliche Taufe
nicht von Christus gestiftet, sofern nicht in ihm gestiftet —, wie sie der Katholizismus brachte, ist auf der paulinischen Basis ebenso illegitim wie die Umprägung der christologischen Sakramente selbst in physisch-hyperphysische Gnadenmittel" 1 . Vom Herzen des paulinischen Denkens her, für das B A R T H stets ein ausgezeichnetes Gespür erwiesen hat — nicht dagegen von den isolierten Aussagen in Rom. 6 her —, muß man in der Tat sagen, daß ein kausatives Verständnis der Wirksamkeit der Taufe „einer Verwechslung der Subjekte, nämlich Jesu Christi auf der einen und der in seinem Namen von der Kirche zu vollziehenden Taufe auf der anderen Seite, mindestens bedenklichen Vorschub" leistet 2 und kann nicht mit S C H L I E R einfach konstatieren, daß solche Verwechslung dann aber „die Apostel zu verantworten" haben, „die die Taufe oder das Wasser so einfach und verständlich wie möglich im instrumentalen Kasus nennen und mit instrumentalen Präpositionen verbunden haben" 3 . Was immer das είς το ονομα Χρίστου βαπτισθ-ηναι in der vorpaulinischen Tradition bedeutet haben mag, für Paulus jedenfalls ist es — wie ein Blick auf l.Kor. 1,13ff. lehrt — mit dem είς Χριστον βαπτισθήναι identisch 4 , und sein primärer Sinn ist es, daß das in der Kreuzigung Jesu erwirkte Heil beim Täufling zum Ziel kommt. Denn die absurde Voraussetzung des είς το δνομα Παύλου βαπτισθ-ήναι wäre Παύλος έσταυρώθη υπέρ υμών (l.Kor. 1,13)6. Das zwingt freilich keineswegs dazu, den lokalen Sinn der Wendung είς Χριστόν auszuschließen, und es ist durchaus nicht „kurzschlüssig", Rom. 6,3 als Eingefügtsein des Getauften in den Christusleib zu interpretieren 6 , sondern das ist durch den Gesamtzusammenhang der paulinischen Theologie sogar geboten. „Kurzschlüssig" ist vielmehr D E L L I N G S eigene Interpretation, der unter Berufung auf F . NETJGEBAUER 7 jeglichen lokalen Sinn, sogar des paulinischen έν Χριστώ, bestreitet 8 . Daran läßt aber vor allem das dritte Kapitel des Gal. gar keinen Zweifel : Die dem glauben1 Η. v. SODEN, Sakrament und Ethik bei Paulus (in : Urchristentum und Geschichte 239-275; Neudruck in: Κ. H. RENGSTORF (Hrsg.), Das Paulusbild in der neueren deutschen Forschung, 1964, 338-379); vgl. E. JÜNGEL, Das Sakrament — was ist das? (EvTh. 26, 1966, 320-336). 2 K. BARTH, Kirchliche Lehre 17; vgl. jetzt DERS., K D IV/4, 128f. 3 SCHLIER, Zeit der Kirche 112. 4 Vgl. G. DELLING, Zueignung 68ff. 5 Vgl. ebd. 70f. — So wie D E L L I N G (ebd. 71) unterscheiden will, daß nämlich in der Taufe nicht der Täufling Christus zugeeignet werde, sondern vielmehr das Kreuzesgeschehen dem Täufling, hat Paulus gerade nicht unterschieden. e Siehe ebd. 7 3 und vgl. DELLINGS gekünstelte Interpretation von Gal. 3 , 2 7 (75ff.) mit ihrer unbefriedigenden Erklärung der Aussage vom „Anziehen Christi" (siehe oben S. 187 Anm. 3). ' Siehe oben S. 187 Anm. 3; vgl. auch F. NEUGEBAUER, Das paulinische „In Christo" (NTS 4, 1957/58, 124-138). Berechtigte Kritik bei W. T H Ü S I N G , Per Christum 64 ff. 8
V g l . DELLING, Z u e i g n u n g 73.
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den Abraham gegebene Verheißung „In dir sollen alle Heiden gesegnet werden!" (V. 8) gilt allein dem einen Nachkommen Abrahams, nämlich Christus (V. 16). Den Glaubenden gilt sie nur, weil sie lokal im Christus enthalten sind: „Denn ihr seid alle Gottes Kinder durch den Glauben im Christus Jesus" (V. 26). Hier ist weder vom Glauben an Christus die Rede, Paulus hätte dann εις Χριστόν gesagt, noch darf man das έν instrumental verstehen, wie die Fortsetzung eindeutig zeigt: „Denn alle, die ihr in den Christus hineingetauft wurdet, die habt ihr Christus angezogen" (V. 27). Christus als der kosmische Himmelsmensch ist also das die Glaubenden einschließende und bekleidende Gewand. Das In-Sein im Christus hebt alle geschichtlichen und irdischen Besonderungen auf: „Da ist nicht Jude oder Grieche, Sklave oder Freier, männlich oder weiblich, denn ihr seid alle einer im Christus Jesus (V. 28). Allein insofern sind die Christen „Same Abrahams" und Erben der Verheißung (V. 29). Ebenso wie in Rom. 6,3 erinnert Paulus in dem eben behandelten Abschnitt auch seine galatischen Leser an die Tatsache ihres Getauftseins (V. 27), ohne daß das für den Gedankengang zwingend wäre. Diese Erinnerung hat im Kontext sehr eindeutig den Sinn, die Galater als Glaubende in Anspruch zu nehmen (vgl. 3,2 u. l.Kor. 15,2!). Daß die „Bekleidung mit dem Christus" instrumental durch die Taufe geschehe, darf man der beiläufigen Bemerkung nicht entnehmen. Richtig ist, daß Paulus hier eine Taufanschauung aufgreift, die die Taufe als sakramentales Eingefügtwerden in den Christusleib verstand. Aber die das ganze dritte Kapitel des Galaterbriefs regierende Vokabel ist der „Glaube". E r allein gibt Anteil am Christus und das heißt am Heil. Auch der Geistempfang ist nach Gal. 3,2.14 an Verkündigung und Glaube, nicht aber an die Taufe gebunden. Die Taufe kommt darum dem Zusammenhang des Galaterbriefes nach nur als der Ort in Frage, wo die Galater diesen Glauben bezeugt und angenommen haben. Sachlich muß die Taufe also verstanden werden wie das „Beschneidungszeichen", das der glaubende Abraham nachträglich als Siegel der Glaubensgerechtigkeit empfing (Rom. 4,11). Man darf Paulus nicht von der übernommenen sakramentalen Taufanschauung und dem ihr innewohnenden Sachzwang her interpretieren, sondern muß umgekehrt diese wie auch den vorgegeben Motivzusammenhang von Christus als dem kosmischen Riesenmenschen vom gekreuzigten Jesus und vom Glaubensmotiv her kritisch beurteilen, wie Paulus selbst das ansatzweise etwa in 1. Kor. 10 tut. Dabei bestätigt der Paulus leitende Motivkomplex VON S O D E N S Urteil, daß allein Christus „Sakrament" ist, Taufe, Herrenmahl und Verkündigung aber signa sacramentalia. Ähnlich wie in Rom. 6,3 und Gal. 3,27 argumentiert Paulus in 1. Kor. 12,12 ff. Dem vereinzelnden korinthischen Pneumatikertum gegenüber
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Johannestaufe u n d christliche Taufe
geht es hier um die in dem einen Kyrios begründete Einheit der Gemeinde. Hier ist der stoische Gedanke vom Leib als Organismus sekundär mit der Vorstellung vom In-Sein der Christen im Christus verbunden 1 . Für die Einheit der Gemeinde gibt Paulus folgende Begründung: „Denn durch den einen Geist sind wir alle in den einen Leib hineingetauft, wir seien Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, und alle sind wir mit einem Geist getränkt worden." 2 An all diesen Stellen ist — auch ganz unabhängig von der Taufe — die Vorstellung vom lokalen In-Sein im Christus bei Paulus nicht zu bestreiten. Sie ist auch das leitende Motiv in Kol. und Eph. Sie allein ermöglicht den Gedanken von der Teilhabe der Glaubenden an Tod und Auferstehung Jesu in Golgatha 3 . Damit kehren wir zu unserer Interpretation von Rom. 6 zurück. Nachdem Paulus die Leser in Vers 3 an ihr Getauftsein εις Χριστό ν Ίησοϋν erinnert hat, interpretiert er dieses traditionelle εις Χριστόν sogleich als ein Getauftsein εις τον θάνατον αύτοϋ (vgl. die paulinische Hinzufügung von θανάτου δε σταυροϋ in Phil. 2,9) und folgert nun im Anschluß an das ετάφη des Credo daraus: συνετάφημεν ούν αύτω δια του βαπτίσματος εις τον θάνατον. Die Taufe wird hier also als der abschließende Akt des Begräbnisses des längst in Golgatha mit Christus gestorbenen Leichnams beschrieben4. Sie hat das dort erfolgte Sterben 1
2
V g l . BRANDENBURGER, F l e i s c h 49.
Die Parallelität von Getauftsein und Getränktsein (Taufe und Herrenmahl) weist auf den Zusammenhang von l . K o r . 10 zurück (zum jüd.-hell. H i n t e i g r u n d vgl. BRANDENBURGER, Fleisch 138. 188). Der schon Gal. 3,28 beobachtete u n d auch Kol. 3,9ff. vorliegende Zusammenhang vom In-Sein im Christus u n d der Aufhebung aller geschichtlichen Besonderungen u n d Individualisierungen zeigt, daß der „eine Leib" der Christus selber ist. Der Satz entspringt nicht pneumatisch übersteigerter Missionserfahrung, sondern ist ein mit dem Gedanken des Himmelsmenschen vorgegebener Motivzusammenhang (vgl. Philo, opif. 134; Bereschit R . 8: der erste Mensch ist ΠΙΠΤΠΙΝ „ a n d r o g y n " ; siehe noch leg. alleg. I I / 1 3 ; T h o m E v . Log. 22. Yon Aseneth heißt es nach ihrer Bekehrung: εΐ παρθένος άγνή σήμερον καΐ ή κεφαλή σού εστίν ώς άνδρός νεανίσκου JosAs. 15,1. I n diesen Zusammenhang gehört wohl auch das Syneisaktentum von 1. K o r . 7,36-38; Herrn, sim. IX/11,1 ff.; vis. 1/1. Vgl. noch Mk. 12,25 parr.). Gerade daß Paulus hier wegen der besonderen Situation in Korinth (vgl. 1. Kor. 14,34ff. !) das „Mann oder Weib" ausläßt, bestätigt indirekt den ursprünglichen Motivzusammenhang . 3 Vgl. dazu T A N N E H I L L pass. 4 So ganz richtig K . BARTH, K D IV/4, 128f. ! Der zugrunde liegende Motivkomplex, den B A R T H wohl nicht kennt (?), bestätigt seine Exegese nachdrücklich. B A R T H sieht den völlig „subsidiär u n d beiläufigen" Charakter der Tauferinnerung klar: „So gewiß das Vers 3 - 4 doch nur gestreifte Begräbnis der Christen mit Christus Eines, ihr geschehenes Sterben u n d ihr künftiges Auferstehen mit ihm ein Anderes ist, so gewiß k a n n es sich in ihrer Taufe nicht (als ob es dessen bedürfte !) um eine Wiederholung, Verlängerung, Vergegenwärtigung u n d Aktualisierung jenes Heilsereignisses handeln, das das eigentliche Thema des ganzen Nachweises Vers 2-10 bildet — u n d also wohl u m ein grundlegendes menschliches J a zu Gottes Gnade u n d Offenbarung, aber nicht u m ein .Sakrament', nicht u m ein Gnaden- oder Offenbarungsmittel" (ebd. 129).
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definitiv besiegelt, wie die Aussage έτάφη im Credo von 1. Kor. 15,4 das Sterben Jesu als endgültig deklariert. Davon, daß das Sterben mit Christus oder gar noch die Auferstehung instrumentaliter durch die Taufe erfolgt sei (SCHLIER), kann überhaupt keine Rede sein, διά του βαπτίσματος ist allein das längst Tote beseitigt worden. Gewiß geschah das instrumental durch die Taufe, aber freilich nicht ohne den aus dem geistgewirkten Credo des Täuflings (vgl. Rom. 10,9f.) entsprungenen Entschluß zu solchem Begräbnis. Paulus will sagen: Auf das „der Sünde-Gestorbensein" (V. 2) habt ihr euch durch eure Taufe ja ausdrücklich festgelegt. Er führt also nicht ein „Sakrament" ein, das mit seinem Leitgedanken des In-Seins im himmlischen Christus konkurrierte, indem es nun die in den Christus Eingeschlossenen noch einmal seinerseits in ihn einfügte, sondern damit bricht Paulus im Gegenteil den metaphysischen Gedanken der Anthropos-Vorstellung vom Glauben her auf. Die Teilhabe am Christus geschieht allein έκ πίστεως, nicht διά του βαπτίσματος (Rom. 5,1). Man darf die Taufe nicht aus dem Sachzwang des zeitgenössischen Mysteriendenkens sakramental aufladen, sondern muß sie umgekehrt vom Glaubensdenken des Paulus her kritisch interpretieren 1 . Nicht allein die Last der kontrahierten Sündenschuld, sondern zugleich ihre Ursache, nämlich jene Macht der Sünde, die alle in ihrem Dienst Stehenden unerbittlich zum Sündigen zwingt (Rom. 7) und die ihnen hernach als verdienten „Sold" den Tod „auszahlt" (Rom. 6,23), ist es, die der Kreuzestod Jesu dadurch überwunden hat, daß die Glaubenden ihn (nicht ihre Taufe !) als ihr συσταυρωθηναι begreifen 2 , denn das συνεσταυρώθη weist eindeutig auf den σταυρός als den Ort, da es geschah. So ist zugleich mit der Sünde auch ihr Subjekt, der „alte Mensch", der „Leib der Sünde" oder „des Todes" 3 vernichtet worden und neues Leben im Leibe Christi ermöglicht. Waren in Rom. 5,12 ff. Christus und Adam mit jeweils ihren „Vielen" einander nur gegenübergestellt, so geht Rom. 6 insofern darüber hinaus, als jetzt deutlich wird, daß der Christus die übergreifende Realität ist. Er, der in der „Gestalt des Sündenfleisches" kam (Rom. 8,3), ist zugleich Träger des Adamsoma. Darum sind die Glaubenden „durch seinen Leib" (Rom. 7,4) dem Gesetz, mittels dessen die Sünde sich am Leben erhält, gestorben. Man muß also sehen, daß der „alte 1 Das erfordert freilich gelegentlich auch Sachkritik gegen den Paulus selbst noch hier und da gefangenhaltenden Sprachzwang des Mysteriendenkens seiner Zeit. Das nicht zu sehen und diese Kritik nicht zu explizieren, ist der Hauptfehler des sonst genialen Bandes von K. B A R T H . Vgl. zu diesem Desiderat auch E. J Ü N G E L , Karl Barths Lehre von der Taufe. ThSt. (B), 98, 1968, 50f. 2 Rom. 6,6; vgl. Gal. 2,19f. und siehe dazu H . B R A U N , Das 'Stirb und Werde' in der Antike und im NT (Delekat-Festschrift 1957, 9-29), 27f. 3 R O M . 6 , 6 ; vgl. dazu 7 , 2 4 und siehe S C H L I E R , Zeit der Kirche 4 9 .
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Mensch" zunächst die kollektive, besser inkludierende Größe des in Golgatha vernichteten Adamsoma ist und nicht das subjektive alter ego. Die individuelle Konkretion dieses am Kreuz getöteten „alten Menschen", der auch der „äußere Mensch" heißen kann 1 , haben die Glaubenden in der Taufe endgültig abgelegt, ausgezogen und beerdigt. Sie haben sich davon getrennt. Nicht mehr sie selbst leben, sondern Christus lebt in ihnen, sofern sie glauben (Gal. 2,19f.). Die „Glieder" des „alten Menschen", die die Glaubenden abgelegt haben, sind die in den Lasterkatalogen der Taufparänese aufgezählten Laster (vgl. Kol. 3,5ff.). Sie sind seine „Praxis" (ebd. V. 9). Dagegen sind die Tugenden das Gewand, die Waffen, die Glieder oder die Früchte des „neuen Menschen", mit dem die Glaubenden bekleidet sind, d.h. des Christus. Im Gegensatz zum erdgestalteten Adam ist er der nach der Eikon seines Schöpfers erneuerte „neue Mensch" 2 . Die gehäuften Komposita mit σύν in Rom. 6,1 ff. stellen noch einmal sicher, daß das Sterben Jesu in der Taufe „nicht etwa wiederholt" wird 3 . „Der Tod, den der Täufling und Christus sterben, ist nur einer, d.h. der Tod Christi selbst." 4 Darum ist es auch unmöglich, das ò γάρ άποθ-ανών δεδικαίωται άπό της αμαρτίας (Rom. 6,7) im Sinne von Rom. 7,1 zu verstehen, d.h. „Sünde" hier als die Toraverpflichtung zu interpretieren, die natürlicherweise mit dem Sterben erlischt 6 . Ebenso unmöglich scheint uns die von zahlreichen Exegeten vorgeschlagene Deutung des Verses im Sinn einer generellen Maxime, eines allgemeinen rabbinischen Rechtssatzes : Wer stirbt, der ist (wegen der sühnenden Wirkung des Todes!) von der Sünde freigesprochen®. 1
2. Kor. 4,16; vgl. Eph. 3,16. Siehe dazu Philo, her. 267 ff. und omn. prob. und vgl. B R A N D E N B U R G E R , Fleisch 154FF. Kol. 2,10 mit deutlichem Anklang an Gen. 1,26 und die von dieser Stelle ausgehenden Anthroposspekulationen (dazu B R A N D E N B U R G E R , Adam pass.). Der angelegte „neue Mensch" ist wiederum Christus als der Himmelsmensch, in dem alle irdischen Besonderungen aufgehoben sind: Kol. 2,11. Vgl. CH 13, 7 - 9 und siehe T A N N E H I L L 50ff. — Die Partizipien in Kol. 2,9f. sind kausal, nicht Imperativisch (vgl. J E R V E L L , Imago 235f.); von der Taufe ist nicht die Rede. 3 E . F U C H S , Freiheit 2 8 . 4 G. B O R N K A M M , Taufe und neues Leben bei Paulus (Ges. Aufs. I, 34-50), 41. D E L L I N G (73f.) mißversteht den eschatologischen Sinn des Kreuzesgeschehens und die Bedeutung der paulinischen Anthropologie. Darum wird bei ihm die Taufe zu einer bloßen applicatio des „heilsgeschichtlich einmaligen" Ereignisses von Kreuz und Auferstehung. 8 So z.B. P . A L T H A U S , Rom. (9. Aufl. 1959) 54f.; M I C H E L , Rom. (19. Aufl. 1963) 155; S C H L I E R , Zeit der Kirche 50, der übersetzt: „Wer gestorben ist, der ist rechtmäßig los von der Sünde". — Siehe aber die Einwände von R. S C R O G G S , Romans 6, 7 (NTS 10, 1963/64, 104-108) und C. K E A R N S , The Interpretation of Romans 6, 7 (in: Analecta Biblica 17/18 = StudiorumPaulinorum Congressus Catholicus 1961, Rom 1963, 301-307). β ΠΉΕΟηα nrraa ΟΤΙΏΠ V D Sifre Num. 112 zu Num. 15,31. Vgl. zu dieser Interpretation vor allem Κ. G. K U H N , Rom. 6,7 (ZNW 30, 1931, 305-310) und 111
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Abgesehen davon, daß der Autor von Rom. 3,2 Iff. (28!) schwerlich einen solchen für ihn durch die alles überragende Erkenntnis Christi als „Dreck" erwiesenen Satz an so gewichtiger Stelle aufnehmen wird 1 , und weiter abgesehen von der Frage, ob er die Bekanntnschaft eines derartigen (späten!) rabbinischen Theologumenons in der heidenchristlichen und hellenistisch-judenchristlichen Gemeinde Roms überhaupt voraussetzen kann, was uns unmöglich scheint 2 , läßt sich auch ein rabbinischer Satz, der generell die sühnende Wirkung des Todes behauptet, gar nicht nachweisen. Sühnende Wirkung hat der Tod des Gerechten, der Tod in der Verbindung mit der Umkehr, aber doch niemals der Tod als solcher, denn damit wäre ja der Gerichtsgedanke außer Kurs gesetzt 3 . Der von der Sünde freigesprochene Gestorbene kann also nur der „alte Mensch", d.h. der Christus als Träger des Adamsoma selber, sein. Der Glaubende aber hat an diesem Freispruch teil, und insofern bezieht sich der Satz auch auf ihn, weil er „mit Christus" gekreuzigt wurde, weil das sich auch in ihm konkretisierende Adamsoma vernichtet ist (V. 6) und er nach dessen Begräbnis in der Taufe jetzt im Christusleib ein neues Leben hat (Y. II) 4 . Dieser in Vers 11 behaupteten Gegenwart des Christuslebens (ζώντες δέ τω θεω έν Χριστώ Ίησοϋ) steht jedoch die eigentümliche und von Paulus bewußt gebrochene Analogie zwischen dem Christusgeschick und der Situation der Glaubenden entgegen : Als mit Christus Gekreuzigte, die diesen Tod durch ihre Taufe besiegelt haben, sind die Glaubenden mit der „Art seines Todes" verwachsen. Aber — und hier erfolgt nun der Bruch — Paulus fährt nicht fort: και σύμφυτοι τω όμοιώματι της άναστάσεως αύτοΰ γεγόναμεν, sondern er sagt: Wir werden (έσόμε&α) mit der „Art seiner Auferstehung" verwachsen sein6. Entsiehe das Material bei L O H S E , Märtyrer 38 ff. Müßte δικαιόω nach MICHELS Erklärung (siehe vorige Anm.) den Sinn von „frei sein" haben, was zwar eine mögliche aber unpaulinische Bedeutung wäre (vgl. Rom. 7,3), so m ü ß t e es nach dieser Deutung den Sinn von „ s ü h n e n " (kpr) haben, wofür die Belege fehlen. Vgl. dazu SCROGGS u n d K E A R N S . — Siehe ferner: K u s s , Rom. 304f.; G . D E L LING, Der Tod Jesu in der Verkündigung des Paulus (Haenchen-Festschrift 1 85-96), unklar 212. — Zu sind vgl. insofern ist fernerkeine CH Gegeninstanz, XIII/8f. und Die91; oben S. 196GÜTTGEMANNS Anm. 3 genannten Fälle dazuPaulus REITZENSTEIN, Mysterienreligionen oben S. 170f.). als sich hier demgegenüber nahezu257ff. in s t a(siehe t u confessionis befindet. 2 Einige Rückschlüsse auf die Struktur der vorchristlichen jüdischen Diasporagemeinde Roms erlaubt der l.Clem. ; vgl. dazu THYEN, Stil 11 f. 3 Siehe oben 7 2 f . MICHELS Hinweis: „Nachklang dieser Rechtsanschauung ist auch l . P e t r . 4 , 1 " ist verfehlt (z.St.); vgl. dagegen H . W I N D I S C H , H N T z.St. 4 Vgl. H . SCHLIER, Zeit der Kirche 48f. ; „durch den Leib Christi" (Rom. 7,4) sind die Christen der Sünde gestorben. Vers 11 bestätigt diese Interpretation. Jetzt erst ist von den Lesern die R e d e : „Ebenso auch ihr . . .". 5 Mit SCHLIER (ebd.), BORNKAMM (Taufe 41 f.) und G Ä U M A N N (79) ist τω όμοιώματι kein instrumentaler, sondern soziativer D a t i v ; d . h . er bezeichnet „die Eigenart des Todes Christi" (SCHLIER, ebd. 111) u n d kennzeichnet nicht die Taufe als „Abbild" im modernen Sinn, wie B A R T H (Kirchl. Lehre) inter-
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sprechend heißt es in Yers 8: εί δέ άπεθάνομεν σύν Χριστώ, πιστεύομεν οτι και συζήσομεν άυτω. W i r haben uns jetzt der Frage nach dem Sinn dieser Futura zu stellen 1 . Die Logik des Duktus im Römerbrief erfordert es, die Futura nicht als bloß temporale im Sinne der mathematischen meßbaren Zeit zu verstehen. Paulus will nicht sagen: Einstweilen sind wir bloß mit Christus gestorben, bei seiner Parusie aber werden wir dafür mit ihm leben 2 . Denn dann wäre die Aufforderung von Vers 11 völlig sinnlos. Nicht allein im Blick auf die apokalyptischen Ereignisse ist Christus k r a f t seiner Auferstehung die απαρχή κεκοιμημένων ( l . K o r . 15,20), sondern sachlich durchaus schon im Rückblick auf die Taufe, in der die Seinen mit ihm begraben sind 3 . Ausgesprochen findet sich dieser Zusammenhang im Kolosserbrief, wenn hier Christus in dem verarbeiteten Taufhymnus als der „Erstgeborene aus den Toten" (1,18) gepriesen wird 4 . Daß Paulus im Gegensatz zu Kol. 3 , 1 futurisch von der Auferstehung der Christen redet, hat seinen Grund allein in den falschen Konsequenzen, die seine Gegner aus der Gegenwart des Auferstehungslebens immer wieder gezogen haben 6 ; d.h. sein „eschatopretiert. Auch die Auslegung von O. Kuss (Rom. z.St.), der sich MICHEL (154) anschließt, ist verfehlt: „Im Taufgeschehen ist der Tod Jesu Christi gegenwärtig da, wenn auch in einer von Golgatha verschiedenen Gestalt"; vgl. dazu BORNKAMM 43 und SCHNACKENBURG, Heilsgeschehen 36ff. — Vers 5 spricht überhaupt nicht von der Taufe, sondern von der Teilhabe der Glaubenden am Tod Christi. Das Perfekt γεγόναμεν zeigt, daß das in der Kreuzigung Jesu erfolgte Zusammenwachsen mit der Gestalt seines Todes als ein die Gegenwart bestimmendes Geschehen andauert. Das ist paulinische theologia crucis; anders formuliert heißt das: ,,Wir tragen die νέκρωσις Jesu an unserem Leibe, damit auch sein Leben an unserem Leibe offenbar werde" (2.Kor. 4,10). Paulus will also sagen, daß das neue Leben der Christen im neuen Herrschaftsbereich des Christus allein in der Teilhabe an seinem Todesgeschick besteht. 1 Mit den meisten neueren Auslegern wird der primäre Sinn dieser Futura ein temporaler sein. Aber man muß beachten, daß die Zeitvorstellung selber bei Paulus gebrochen ist; vgl. THÜSING, Per Christum 70. — SCHLIER, Zeit der Kirche 48ff., meint wohl Richtiges, aber seine Interpretation der Futura als logischer wirkt gekünstelt. 2 Siehe oben zu 2.Kor. 5, S. 172ff. 3 Trotz l.Kor. 15,26 kann der Glaubende sagen: „Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt!" (l.Kor. 15,27; vgl. Rom. 7,25; l . J o h . 5,4). Dieser Dank formuliert nicht allein die verbürgte Gewißheit zukünftigen Sieges, sondern freut sich seiner Gegenwart und zerbricht damit das starre Zeitschema der Apokalyptik. 4 Siehe zu Kol. 1 vor allem E. KÄSEMANN, Eine urchristliche Taufliturgie (Exeget. Vers. u. Bes. 1/34-51); J . ROBINSON, A Formal Analysis of Col 1,15-20 ( J B L 76, 1957, 270-287) sowie W . SCHMAUCH, Beiheft z u : E . LOHMEYER, Phil.,
Kol., Phlm. (MeyerK 1964) 47FF. — Die Verse 12-14 reden nicht von der Wirkung der Taufe, sie preisen vielmehr bei der Feier der Taufe den rettenden Gott. Deutlich sind hier Sprachzusammenhänge der Johannestaufe (βασιλεία, άφεσις αμαρτιών) nicht auf die christliche Taufe, sondern auf Christus selber übertragen (εν φ ίχομεν την άπολύτρωσιν). 5 Vgl. besonders die Diskussion um l.Kor. 15; l.Kor. 10 sowie Phil. 3,2ff. und siehe dazu KÖSTER, Purpose.
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logischer Vorbehalt" steht im Dienst seiner Anthropologie. Er stellt sieher, daß das neue Leben nicht als unverlierbarer metaphysischer status, sondern als Gabe, die in eine neue Relation zu dem stets zukünftigen Gott stellt, begriffen werden muß. Daß das Interesse des Paulus nicht an einer zeitlichen Trennung von Tod und Auferstehung haftet, sondern allein an der sachlich richtigen Bestimmung des Auferstehungslebens, demonstriert Vers 4. Wollte Paulus Tod und Auferstehung zeitlich trennen, so hätte er sagen müssen: ,,. . . so werden auch wir dereinst durch die Doxa des Vaters auferweckt werden." Statt dessen aber heißt es: ούτως και ήμεΐς έν καινότητι ζωής περιπατήσωμεν. Diese καινότης ζωής ist das gegenwärtige Auferstehungsleben der mit Christus erweckten Christen. Nicht auf die Zukunft des Lebens, sondern auf den Wandel legt Paulus den Akzent, damit keiner mehr die absurde Konsequenz von Vers 1 ziehen kann : Gnade und Gerechtigkeit gehören untrennbar zusammen 1 . J a schärfer noch, es geht nicht um den Wandel allein, sondern genauer um die Art dieses Wandels. Denn selbst die oft als das paulinische Proprium betonte Herausstellung des neuen Gehorsams, d.h. die Begründung des Imperativs im Indikativ der neuen Heilswirklichkeit, hat in der philonischen Theologie und im Isismysterium des Apuleius ihre unmittelbare Analogie: „Nam cum coeperis deae servire, tunc magis senties fructum tuae libertatis." 2 Die δόξα des Auferstehungslebens der Glaubenden zeigt sich direkt weder in pneumatischen Krafttaten noch in den anstelle der abgelegten Laster angezogenen Tugenden, sondern sie ist sub contrario verborgen 3 . Es ist dem -9-νητόν σώμα 4 , dem σώμα της ταπεινώσεως 5 nicht anzusehen, daß es der Wohnort des lebendigmachenden πνεύμα, ja Christi selbst geworden ist 6 , wodurch das Sterbliche permanent vom Leben verschlungen wird 7 . Daher ist uns zweifelhaft, ob man mit KÄSEMANN formulieren darf: „Paulus hat gar in Rom. 6 die gegenwärtige Teilhabe am Kreuz von der zukünftigen an der Auferstehung getrennt und die Realität des neuen Lebens allein in der nova oboedientia erblickt. 8 " Denn so wenig Kreuz und Auferstehung 1
Vgl. SCHLIER, Zeit der Kirche 47f. 52f. Met. X I / 1 5 ; vgl. D I B E L I U S , Botschaft und Geschichte 3 0 - 7 9 u. 147f., und siehe oben 116ff. 3 Siehe oben S. 205 Anm. 5 und zu 2.Kor. 5 S. 172ff. 4 Rom. 6,12; 8,11. Der „sterbliche Leib" ist freilich nicht mehr der „Leib des Todes" (Rom. 7,24). Er ist nicht mehr in der Gewalt des Todes und seiner Macht. Für die Getauften, d.h. Glaubenden hat der Tod aufgehört der letzte Feind zu sein. Dem „sterblichen Leib" entspricht das alttestamentliche „Fleisch', im Sinn des kreatürlich hinfälligen Menschen. Vgl. SCHLIER, Zeit der Kirche 49. 6 Phil. 3,21. « 1.Kor. 6,19; 3,16f.; Rom. 8,9ff.; Gal.2,19f. u.ö. 7 Siehe oben S. 187 f. 8 K Ä S E M A N N , Apokalyptik 120; vgl. ebd. 126f. K Ä S E M A N N S Alternative: „In der Auferweckung handelt es sich gar nicht primär um einen anthropologi2
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Christi voneinander getrennt werden können, so wenig lassen sich Sterben und neues Leben der Seinen zeitlich auseinanderreißen. Man darf nicht sagen : Wir sind mit ihm gestorben, aber wir werden mit ihm leben. Denn wie das durch die Taufe besiegelte Sterben sich im Leben des Christen fortsetzt und einst in dem καταλυθη von 2. Kor. 5,1 kulminiert, also durchaus zukünftig ist, so setzt sich die Teilhabe an der Auferweckung Jesu im Christenleben als einem Dasein für Gott und für die anderen fort (vgl. 2. Kor. 5,15; 13,4 u.ö.) und gipfelt im unverstellten Sein mit Christus jenseits des Todes. Die Erlösung vom Todesleib ist Vergangenheit: τά άρχαΐα παρήλθ-εν, ιδού γέγονεν καινά (2. Kor. 5,17). Die Futura haben also primär den Sinn, das in den Fragen von Rom. 6,1 und 15 angelegte Gnadenverständnis zu korrigieren. Ihre Funktion ist die gleiche wie die des κυριεύσει (αμαρτία γάρ υμών ού κυριεύσει 6,14), das ja auch nicht davon sprechen will, daß die Sünde im Eschaton die Christen nicht mehr beherrschen wird, sondern die eschatologisch qualifizierte Gegenwart bezeichnet 1 . KÄSEMANNS Reduktion des neuen Lebens allein auf die nova oboedientia ist also zumindest mißverständlich und bedarf der Interpretation: Allein in der nova oboedientia ist das neue Leben Wirklichkeit in dem Sinn, daß es sich in ihr auswirkt. In ihr wird es gegen den Versuch der Sünde, sich mittels der έπι&υμίαι den sterblichen und anfälligen „Leib" erneut zu unterwerfen, festgehalten und bewahrt 2 . Es ist aber gleichwohl das neue Leben selbst, das den neuen Gehorsam ermöglicht sehen, sondern u m einen christologischen Sachverhalt" (127) ist verfehlt. Paulus k a n n Anthropologie u n d Christologie gerade nicht als zwei „Sachverh a l t e " trennen. Vgl. auch C O N Z E L M A N N (Weisheit 244): „ E s gibt f ü r ihn (sc. Paulus) keine Alternative zwischen Christologie u n d Anthropologie. Denn die Christologie ist anthropologisch bezogen, weil die Offenbarung nicht neutral zu beurteilende Wahrheit mitteilt, sondern auf den Menschen gerichtet ist, ihn enthüllt und dadurch r e t t e t " . Vgl. dazu jetzt DEBS., Rechtfertigungslehre sowie GÜTTGEMANNS, Apostel pass. 1 Vgl. Rom. 8,13! 2 Siehe oben 172ff. u n d vgl. Gal. 4,19 (dazu: DIBELIUS, Glaube u n d Mystik 96). Siehe auch Phil. 3,10. — D I B E L I U S (ebd. 112) kehrt den Sachverhalt zu Unrecht um, wenn er die „Mystik" in Phil. 3 als im Dienst der Eschatologie stehend beschreibt. „ D a s eschatologische Ziel liegt weiter als das mystische; m a n wird an den R a h m e n erinnert, in dem diese Mystik steht, in dem sie auch hier s t e h t ; denn die mystische Gemeinschaft wird ja in Phil. 3 nur beschrieben, u m die Aufgabe des Anspruchs (auf R u h m u n d eigene Gerechtigkeit) zu begründen." — Nein! Genau umgekehrt: I n der „Mystik" ist sich Paulus mit den Gegnern einig. Weil aber gerade sie sich als untauglich erweist, den R u h m verzicht zu begründen, macht Paulus jetzt den „eschatologischen Vorbehalt", der hier bezeichnenderweise (generelles Ich!) a m Individuum orientiert ist. — S T U H L M A C H E B erhebt im Grunde den gleichen Einwand wie wir gegen K Ä S E MANNS einseitige Betonung der nova oboedientia, wenn er christliches Leben nicht als „Sein in der Bewährung" verstehen will, sondern sagt, es gelte „ d e n Taufstand kämpfend zu bewahren" (Gerechtigkeit 234).
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und sich in ihm durchsetzt, so daß wir dereinst nicht „nackt erfunden werden", weil Christus in uns Gestalt gewonnen hat 1 . Wenn man die zeitliche Auseinanderlegung von Tod und Leben in Rom. 6 ihrer Gleichzeitigkeit in den Deuteropaulinen gegenüberstellt2, darf man dabei die paulinische Intention zu dieser Diastase nicht aus dem Auge verlieren. In ihrem Licht zeigt sich die sachliche Nähe beider Aussagegruppen. Es handelt sich also beinahe nur um Stilunterschiede, ob man auf dem Hintergrund des zeitlichen Schemas der Apokalyptik sagt: „Darum glauben wir, daß wir auch mit Christus leben werden", oder ob man im Horizont des räumlichen Äonenschemas sagt: „Euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott" (Kol. 3,3) 3 . Die Frage ist allein die, ob der Verfasser des Kolosserbriefes die paulinische Kreuzestheologie noch bewahrt hat 4 . Die Herkunft des Gedankens des „Mit-Christus-Seins" aus der Welt der Apokalyptik dürfte bereits L O H M E Y E R zutreffend erwiesen haben 5 . Eine offene Frage ist dabei freilich die, wie stark diese apokalyptische Idee der endzeitlichen Gottesgemeinschaft durch den — von L O H M E Y E R U . E . überbewerteten — „iranischen Mythos" beeinflußt ist, bzw. wie weit hier einfach Projektionen der im K u l t vermittelten und kultisch erfahrenen Lebensgemeinschaft des Frommen mit Gott aus einer heillos gewordenen Gegenwart in eine heilvolle Zukunft vorliegen'. Die Hodayot aus Qumran lassen ebenso wie die Fragmente der „Engelliturgien" aus Höhle vier erkennen 7 , daß hier noch eine ganz unapokalyptische irdische Partizipation an der himmlischen Welt lebendig ist, die sich als bloße Vorwegnähme des Eschaton k a u m adäquat begreifen läßt. Darum ist mit L O H M E Y E R S Nachweis noch nichts über den Sinn des Mit-Christus an konkreten Einzelstellen gesagt, zumal von einem „formelhaften" Gebrauch der Wendung σύν Χριστώ und einem klaren Bedeutungsunterschied zu έν Χριστώ bei Paulus keine Rede sein kann 8 . Darum verzichten D U P O N T " und S C H N A C K E N B U R G 1 0 1 2
Vgl. SCHLIER, Zeit der Kirche 51. Vgl. z.B. CONZELMANN, Weisheit 232. — Auch Kol. 2,5-15 liegt eine Paränese an Getaufte vor. Hinsichtlich der Frage nach der Wirkung der Taufe geht diese von Rom. 6 abhängige Aussage in keiner Weise über das dort Gesagte hinaus. Das Heil ist allein in Christus begründet. Daran gewinnt der Glaube als „Annahme des Herrn Christus" (V. 6) Anteil und bestätigt das in der Taufe als Begräbnis des toten und unbeschnittenen Fleisches (vgl. oben S. 148 Anm. 7). — Trotz der Abhängigkeit von Rom. 6 ist in Kol. 2 der ursprüngliche Motivzusammenhang reiner erhalten. 3 Vgl. SCHLIER, Zeit der Kirche 47 ff. 4 Angesichts von 1,24 und 3,5ff. ist das jedoch problematisch. 6 Σύν Χριστώ (Deißmann-Festschrift 1927, 218-258), vgl. D O M J . D U P O N T , Σύν Χριστφ. L'union avec le Christ suivant St. Paul, 1952; R. S C H N A C K E N B U R G , Heilsgeschehen 132ff. und bes. 167ff.; E.SCHWEIZER, 'Mystik'. • Vgl. zum Problem J . MAIER, Kultus pass. 7 E d . : J . STRUGNELL, The Angelic Liturgy a t Qumran (VT, Suppl. VII, 1959, 318-345; mit Kommentar). 8 L O H M E Y E R stellt seine besonders aus Phil. 1,23 und l.Thess. 4,17 gewonnene Anschauung, der er allzu gewaltsam alle anderen Belege unterordnet, dem „In-Christus" in D E I S S M A N N S — ebenfalls auf einer unerlaubten Nivellierung beruhender — Sicht gegenüber und verzeichnet so das Bild. 10 » Vgl. besonders ebd. 181ff. Heilsgeschehen 167ff. 14 Thyen, Studien
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ganz zu R e c h t auf eine einheitliche Interpretation des σύν-Komplexes, u n d es ist zu fragen, ob E . S C H W E I Z E R S neuer Versuch, die „Mystik" des Sterbens u n d Auferstehens mit Christus bei Paulus zu begreifen, nicht zu stark an der vermeintlichen „Wurzel dieser Vorstellung" in der jüdischen Apokalyptik orientiert ist. Gewiß ist die Affinität der Aussage von 2.Kor. 13,4 zu apokalyptischen Gedanken schwerlich zu verleugnen. Aber Paulus stellt hier doch nicht bloß das „künftige Leben mit i h m " dem jetzigen „Schwachsein in i h m " gegenüber, wie S C H W E I Z E R b e h a u p t e t 1 , sondern er spricht — u n d das ist der Sinn des von S C H W E I Z E R unbeachteten „ f ü r euch" — zugleich von der verborgenen, aber nichtsdestoweniger wirksamen Gegenwart des „Lebens mit i h m " . Ebenso ist in 2. Kor. 4,14 die „apokalyptische Vorstellung" eigentümlich gebrochen, worauf wir oben schon hingewiesen h a b e n 2 . E r s t recht lassen sich die Aussagen von R o m . 6 u n d Kol. 2 nicht mit der apokalytischen Idee der endzeitlichen Gottesgemeinschaft verbinden 3 . S C H W E I Z E R S Versuch, die Taufe „als Vorweggabe eschatologischen Heils" als die Brücke zu dieser Idee zu bestimmen ('Mystik' 242ff.), enthält gute Beobachtungen. E r f ü h r t aber nicht zur Lösung des Problems von R o m . 6. Daß schon die freiwillige Taufe durch Johannes im irdischen Wasser des J o r d a n vor der gewaltsamen und tödlichen im himmlischen Feuerfluß rettet, also eine Art freiwilliger Vorwegnahme des Todes gewesen sein könnte, haben wir bereits angedeutet. Möglicherweise ist schon die Johannestaufe als eine neue Geburt aus dem Wasser verstanden worden 4 . Zweifellos jedoch gehören seit den Tagen des Täufers die Taufe u n d die Gewißheit des Eingangs in die βασιλεία untrennbar zusammen u n d die Nachwirkungen dieses Zusammenhangs sind noch in neutestamentlichen Taufparänesen mit H ä n d e n zu greifen 5 . Aber diese Zusammenhänge dürfen jetzt nicht mehr dazu dienen, die Wirkungen der christlichen Taufe zu explizieren. Vielmehr bringen sie bei der Feier der Taufe das in Jesus selbst erschienene rettende Eschaton zur Sprache. Nicht allein der Täufer m u ß schwinden, damit er wachsen k a n n (Joh. 3,30), sondern auch das sakramentale Verständnis von Taufe und Herrenmahl, wie der vierte Evangelist ganz richtig gesehen h a t . Jesus ist nicht nur das E n d e von allem Opferkult, sondern ebenso das E n d e von allem Sakramentalismus. W a r die Johannestaufe a n die Stelle der Opfer getreten, so ist n u n Jesus selbst a n die Stelle der Johannestaufe getreten. E s ist nicht erst Paulus gewesen, der den Schritt gewagt h ä t t e , das endzeitliche „Mit-Gott-Sein", dessen Siegel die Johannestaufe war, schon auf das zeitliche Leben der Christen zu beziehen®. Vielmehr h a t t e sich die ferne Herr1
2 'Mystik' 240. Siehe oben S. 179 Arun. 4. Vgl. SCHNACKENBURG, ebd. 174, der zutreffend urteilt, daß umgekehrt die apokalyptische σύν-Vorstellung bei Paulus durch die „mystische" beeinflußt ist. 4 Vgl. J o h . 3,3ff.; Kol. 1,13; l . K o r . 6,9f. u n d siehe H . WINDISCH, Die Sprüche vom Eingehen in das Reich Gottes (ZNW 27, 1928, 164-192). 6 Siehe oben S. 132f. mit Anm. 3 und vgl. THYEN, Βάπτισμα 104. — Sollte Tit. 3,5 (zum Hintergrund vgl. den E x k u r s von H . C O N Z E L M A N N in: M. D I B E LIUS, Past. H N T 13, 1955, l l l f f . ) die Taufe als sakramentales medium salutis verstanden sein, so ist Sachkritik geboten, wie sie etwa l . P e t r . 3,18ff. expliziert. — Hebr. 10,22 darf keinesfalls f ü r eine instrumentale TaufWirkung in Anspruch genommen werden. Hier dient überkommene Kultsprache zur Beschreibung des durch „Jesu B l u t " eröffneten „Eingangs ins Heiligtum". Auch E p h . 5,26 gibt dafür nichts her. 3
• Vgl. KÄSEMANN, A p o k a l y p t i k 125 u n d SCHWEIZER, ' M y s t i k ' 249. I m G e g e n -
satz dazu steht
SCHWEIZERS
Bemerkung zu l.Thess. 5,10: „Wenn das s t i m m t ,
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schaft Gottes schon in der Verkündigung und im Verhalten des irdischen Jesus selbst als die freimachende Macht der Liebe an denen erwiesen, mit denen er ihre Nähe feierte 1 . Diese im Da-Sein Jesu leibhaftig verbürgte Nähe aber konnte nach seinem Tod erneut apokalyptisch in eine zeitliche (nahe oder ferne) Zukunft verlagert werden und damit die Gegenwart heilsleer machen. Sie konnte auf dem Weg der Gnostisierung in eine weltgeschiedene Innerlichkeit verschwinden, die sich in Askese selbst behauptet. Sie konnte enthusiastisch in Krafttaten von Pneumatikern zur Schau gestellt werden, die ihrer durch sakramental vermittelte Kräfte habhaft zu sein wähnten. Oder es konnte der Versuch unternommen werden, sie auf dem Wege einer neuen christlichen Gesetzlichkeit zu gewinnen. All diesen sich auch gegenseitig durchdringenden Versuchen und Versuchungen gegenüber hat Paulus von Anfang an die Christen an den irdischen Jesus als den Gekreuzigten gebunden und betont, daß es das „Mit-Christus-Sein" nur im ,,Für-Christus-Sein" und also auf dem vom Glauben eröffneten Weg der Liebe gibt. Es ist darum „falsch zu meinen, das Apokalyptische sei dem Zentrum der paulinischen Theologie näher als das Denken der hellenistisch-jüdischen spekulativen Mystik. Beide stehen bei Paulus vielmehr in einem dialektischen Verhältnis zueinander" 2 . Beide stehen im Dienst seiner christologischen Anthropologie (siehe oben 172ff. u. 173. Anm. 4). Mit ihr hat Paulus das Zeitschema der Apokalyptik zerbrochen und von hier aus zeigt sich, daß „die mathematische Zeit überhaupt ungeeignet (ist), um den Zeitcharakter des Eschatologischen auszudrücken; und sofern man sie terminologisch nicht entbehren kann, wird sie losgelöst von ihrem starren linearen Sinn" 3 . Rom. 5 - 8 zeigen, daß Paulus diese seine Anthropologie von dem in Christus erfolgten, im Glauben beim einzelnen zum Ziel gekommenen und sodann durch die Taufe als im widerruflieh besiegelten „Herrschaftswechsel" her entworfen hat. Das „Dank aber sei Gott" von Rom. 7,25 ist der christologische und eschatologische Ursprung der paulinischen Anthropologie. Das heißt, die erfahrene und als eschatologische Gabe ergriffene „Vergebung der Sünden", nun aber als Befreiung von der Macht der Sünde und des Todes, ist das eigentliche Movens der paulinischen Theologie. Von dieser Grunderfahrung her werden „Mystik" wie „Apokalyptik" in Dienst genommen und kritisch reduziert. Aber gegen Schweizer muß der dualistische Hintergrund dieses Herrschaftswechsels gesehen und ernstgenommen werden. Denn daß die σάρξ bei Paulus stets „nur die Macht von des Menschen Gnaden" sei, ist mit Sicherheit falsch. Darum kann man dem „Vertrauen auf das Fleisch, also einem menschlichen Sichverhalten" (Phil. 3,3) nicht das „Dienen durch den Geist Gottes" als ein „Wirken des Geistes" gegenüberstellen. Das Vertrauen auf das Fleisch ist genauso transsubjektiv wie das neue Dienen im Geist. Die Alternative „menschliches Sichverhalten" —• „Wirken des Geistes" ist völlig unzureichend. Mit ihr wäre ja auch kein wirklicher „Herrschaftswechsel" ausgesagt. Beim Fleisch wie beim Geist handelt es sich vielmehr um transsubjektive Mächte, die sich beide aber gerade im „menschlichen Sichverhalten" auswirken 4 . dann hat Paulus selbst schon in einem hochapokalyptischen Kontext den Schritt von der eschatologischen Zukunft in die Gegenwart getan" (ebd. 247). 1 Vgl. dazu J í t n g e l , Paulus pass. 2
Georgi, Kollekte 66; vgl. Ders., Gegner pass, und B u l t m a n n , Ist die
Apokalyptik die Mutter der christlichen Theologie? (Exegetica 476-482). 3 J . Körner, Eschatologie 42; vgl. ebd. pass, und siehe Lührmann 162. 4
Schweizer, 'Mystik' 253. Das von B r a n d e n b u r g e r , Fleisch, vorgelegte,
die Motivzusammenhänge berücksichtigende Material ist erdrückend. Demgegenüber sind die allein am Vokabular orientierten Art. πνεύμα und σάρξ (ThW VT/330—453; VII/98-151) von Schweizer unzureichend. 14*
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Mit dem Herrschaftsantritt der δικαιοσύνη (Rom. 6,18Í.) 1 , des Pneuma (8,23ff.), des Christus (Gal. 2,20) bzw. Gottes selbst (Rom. 6,10.13) ist die Macht der σάρξ, der Sünde, des Gesetzes und des Todes über die Glaubenden gebrochen, sofern sie als solche, die mit Christus gekreuzigt wurden, für diese Mächte jetzt Tote sind und das durch ihre Taufe als „Begräbnis mit Christus" unwiderruflich besiegelt haben. Für sie, die aus Glauben Gerechtfertigten, ist jetzt das „ewige Leben" (6,23) als Leben „mit Christus", „in Christus" bzw. des Christus oder des Pneuma „in ihnen" ihre gegenwärtige facultas standi coram deo extra se geworden 2 . Aber während sie, die Glaubenden, so für die Mächte Tote sind, sind diese Mächte ihrerseits in der Welt durchaus noch lebendig und mächtig. Ihre endgültige Unterwerfung und Entmachtung steht noch aus (1. Kor. 15,23ff.). Noch seufzt die Schöpfung unter ihrer Bedrückung (Rom. 8,19fF.). J a selbst über die Glaubenden kann die Sünde wieder mächtig werden (l.Kor. 10), wenn sie ihr ihre Glieder als Werkzeuge leihen (Rom. 6,13). Sie versucht diese Rückkehr an die Macht auf dem Wege über die empfänglichen έπιθ-υμίαι des hinfälligen σώμα (6,12). Die Lust und die Begierden sind also nicht als solche sündig. Sie gehören zur normalen Ausstattung der Kreatur. Aber sie sind der Ort der größten Anfälligkeit, den die Sünde zum erneuten Machtantritt sucht. Darum gilt es, sich von dem einwohnenden Gottesgeist treiben zu lassen (Gal. 5,25), damit so das sterbliche Fleisch verzehrt werde 3 . Der Kanon dieses geistgewirkten Wandels als Hilfe gegen die Sünde ist das Kreuz Jesu (Gal. 6, llff.). Es ist allein die Teilhabe an der νέκρωσις bzw. den στίγματα Jesu, die das Sterbliche verschlingt und dem Geist als dem Leben Jesu Raum schafft 4 . Und das geschieht nicht nur individuell am einzelnen, sondern als Heil für die Welt (2. Kor. 1
Solche bei Philo vielfach zu belegenden rhetorischen Personifikationen (vgl. Rom. 1 0 , 6 F F . und siehe CONZELMANN, Weisheit 242f.) dürfen aber keinesfalls zum Auslegungskanon für das genuin paulinische Verständnis des δικαιωθήναι έκ πίστεως gemacht werden. 2 Das ewige Leben „in Christus" (Rom. 6,23) entspricht dem „mit ihm" Leben (6,8) ; dem δικαιωθέντες von Rom. 5,1 korrespondiert das εί τις έν Χριστώ (2.Kor. 5,17); vgl. l.Thess. 5,10 u.ö. 3 Siehe oben S. 172ff. — Vgl. auch Rom. 8,23ff. und siehe dazu G Ü T T G E M A N N S 73 u. SCHWEIZER, 'Mystik' 247. 4 Siehe oben S. 190ff. und ebd. Anm. 3. — Der Hinweis auf die „Wundmale Jesu", mit dem Paulus die sinnlose Diskussion mit den galatischen Häretikern abbricht (Gal. 6,17), erinnert natürlich nicht an eine bei der Taufe erfolgte sakramentale Signierung (so D I N K X E R in der Rezension von SCHLIEBS Gal.Kommentar jetzt in: Signum Crucis, Ges. Aufs. 1967, 270-282, 276), sondern weist gänzlich unsakramental auf die leiblichen Spuren der Verfolgungen, die er als Bote Jesu erlitten hat (vgl. dazu jetzt SCHLIEB in der 13. Auflage seines Kommentars gegen D I N K X E R ) .
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4,6.12!). So geschieht auf dem irdischen Weg des Glaubensgehorsams bereits das „Offenbar-Werden der Söhne Gottes", auf das die Schöpfung seufzend wartet (Rom. 8,19ff.). Indem die Glaubenden so mit Furcht und Zittern schaffen, daß sie selig werden (Phil. 2,12 f. nach 5-11!), wirkt Gott selbst durch die mit Christus von den Toten erweckten Glaubenden das Heil der Welt. Nicht wie in der qumranischen Kriegsrolle in einem eschatologischen Rachekrieg im Bunde mit den himmlischen Heerscharen, sondern so, daß er selbst durch die Taten der Glaubenden die Gerechtigkeit als den Heilsstand der Welt erstreiten will (Rom. 6,13) 1 . Das ist eine dezidiert unapokalyptische Vorstellung. Gottes Vergebung gleicht darin genau dem Verhalten Jesu: Er läßt die Menschen nicht als unbrauchbare Sünder links liegen, sondern verwandelt sie durch seinen Ruf in Heilige und stellt sie für die Welt in den Dienst der Sache seiner Gerechtigkeit 2 . Aber Paulus weiß um die Anfechtungen des „sterblichen Leibes". Er weiß darum, daß das „neue Leben" nur gegen den Augenschein geglaubt werden kann. So bleibt auch das in Golgatha erfolgte συσταυρω&ήναι ebenso wie das in der Taufe vollzogene Ablegen des „alten Menschen" zugleich unaufhörliche Aufgabe, bis sich die Paradoxie des simul iustus et peccator, wonach der Glaubende iustus stets nur in spe, in re aber peccator ist, in der „somatischen Auferstehung" auflöst 3 . Dann wird aus dem hier „nur" geglaubten, aber darum nicht weniger realen „Mit-Christus-Sein" als der Teilhabe an seinem Sterben eine von allen Anfechtungen unverstellte Gemeinschaft mit ihm in seinem Leben werden 4 . Überblicken wir von hier aus die neutestamentlichen Taufaussagen, so zeigt sich, daß die Taufe dem Glaubenden nichts zu geben vermag, was er nicht „in Christus" schon längst hat 6 . Sie ist aber der Ort, wo der Glaubende wie sein Herr entschlossen den „Weg der Gerechtigkeit" betreten und das Alte als endgültig vergangen abgelegt hat. Zu diesem entschlossenen Anfang wird in den neutestamentlichen Taufparänesen immer wieder zurückgerufen®. — Wir hatten oben schon beobachtet, 1
Vgl. SCHLIER, Zeit der Kirche 51. In diesem Sinn muß Kol. 1,24 (u.U. sachkritisch!) verstanden werden. Von hier aus gewinnen Stellen wie Joh. 13,14 ihr Gewicht und ihre Berechtigung. Vgl. im übrigen oben 174f. 3 Vgl. dazu die kritischen Einwendungen gegen B U L T M A N N bei J . K Ö R N E B 1 3 1 ff. 4 Mit D U P O N T 1 7 1 ff. gegen SCHWEIZER, 'Mystik' 2 3 9 f., spricht Paulus hier (Phil. l,22f.) von seinem möglichen Martyrium, das ihm das „Mit-ChristusSein" ermöglicht; der Textzusammenhang schließt den Gedanken an die Parusie aus. 5 Vgl. dazu E . F U C H S , Das urchristliche Sakramentsverständnis, 1 9 5 8 , 27FF. • Vgl. den letzten Absatz bei G . BORNKAMM, Taufe 5 0 . — SCHLIERS Verhältnisbestimmung von „Wort" und „Taufe", wonach das Wort nur „vorläufige 2
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daß Matthäus der Taufe die sündenvergebende Wirkung genommen hat, um sie allein dem sühnenden Opfertod Jesu zuzuschreiben1. Er tut das aber nicht nur aus christologischen oder gar chronologischen Rücksichten, denn er erzählt von Jesu Taufe nicht aus biographischem Interesse. Vielmehr will er hier seinen Lesern die Einsetzung der christlichen Taufe vor Augen führen 2 . Darum klärt das von Matthäus gebildete Gespräch zwischen Jesus und dem Täufer zugleich die Frage, wozu denn nach dem Erscheinen des Verheißenen die Taufe überhaupt noch vonnöten ist: „Laß es jetzt geschehen! Denn so müssen wir alle Gerechtigkeit erfüllen" (Mt. 3,15). Weil der christliche „Weg der Gerechtigkeit" mit der Taufe seinen Anfang nimmt und dieser Weg am Urbild Jesu dargestellt werden soll, beginnt schon das Markusevangelium mit der Taufe Jesu im Jordan. Es braucht nach allem, was wir gesehen haben, nun nicht mehr eigens expliziert zu werden, daß der Glaube und sein Bekenntnis die selbstverständliche Voraussetzung der Taufe sind 3 . Darum ist in den sogenannten οΤκος-Formeln mit größter Wahrscheinlichkeit die „Säuglingstaufe" ausgeschlossen4. Im übrigen ist die bloß historische Nachfrage, ob die Urchristenheit die Kindertaufe geübt hat oder nicht, und vorbereitende" oder „nachträglich" eine „immer wieder erweckende" Funktion hat, die Taufe aber die neue Geburt allein „'eigentlich' vollzieht" (Zeit der Kirche 119ff), ist völlig verfehlt. Hier wird Christus nicht als Ende des Gesetzes (auch des „Gesetzes" der sakramentalen Erlösung durch Mysterien !) begriffen, sondern in dies Gesetz eingeordnet und von ihm verschlungen. Das Notwendige dazu h a t Paulus Gal. 2,15ff. gesagt. 1 Siehe oben S. 138ff. und S. 139 Anm. 4 2 Vgl. zu Mk. 1,9-11 parr. BTILTMANN, SynTr. 263ff.; DIBELIUS, Formgeschichte 270ff. ; H A H N , Hoheitstitel 340ff. H A H N S von der Frage nach dem „Sitz im Leben" völlig absehender Versuch, hinter der vorliegenden „hellenistischen" Gestalt der Erzählung eine ursprünglich „palästinensische" zu rekonstruieren, die Jesu Amtseinsetzung als Ebed Jahwe erzählt haben soll, überzeugt nicht. Die Erzählung ist vielmehr von Anfang an als ätiologische Kultlegende von der liturgischen Taufpraxis der Gemeinde her gestaltet. Die christliche Auffassung der Taufe als Geistverleihung (siehe unten) bildet den Ausgangspunkt, nicht Jesu Adoption oder Messiasweihe. Nicht „weil die alte Überlieferung eine noch frühere Etappe des Lebens Jesu überhaupt nicht k a n n t e " ( D I B E L I U S ebd. 274), beginnt hier das Evangelium, sondern weil das christliche Leben mit der Taufe beginnt. Die Sohnesprädikation der Himmelsstimme h a t ihren Ursprung im Taufcredo als dem Bekenntnis zum „Sohn Gottes" (vgl. G. BOEKKAMM, Bekenntnis 188ff.). — Bei Mt. ist eine weitere Einwirkung der Tauf liturgie auf die Gestaltung der Szene in dem διεκώλυεν (3,14) sehr wahrscheinlich; vgl. das τί κωλύει; Apg. 8,37 und siehe Apg. 10,47; 11,17; PsClem Horn. X I I I / 5 , 1 ; 11,2 und dazu O. CULLMANN, Die Tauf lehre des N T 1948, 65 ff. Damit ist auch das Verständnis der christlichen Taufe als des Anfangs auf dem „Weg der Gerechtigkeit" (vgl. Mt. 21,32; 22,16) bestätigt und der Verdacht, daß der Taufbefehl bei Mt. sekundär ist, erhärtet. 3 Vgl. Rom. 10,9f.; Apg. 8,35ff.; Eph. l , 1 3 f . u.ö. 4 Vgl. DINKXER, Art. „Taufe" 636 (Lit.). I n 1.Kor. 1,16 ist nach dem paulinischen Taufverständnis und nach L.Kor. 7,14 die Kindertaufe ausgeschlossen.
Glaube und Taufe nach Rom. 6
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verfehlt, denn auch eine geübte Säuglingstaufe wäre ja noch keine Gewähr für einen rechten Brauch der Taufe. In der von Mysterienvorstellungen gesättigten Umwelt der alten Christenheit ist die Taufe freilich alsbald (wieder) sakramental aufgeladen worden. Das Namensmotiv gewinnt exorzistische Kraft 1 . Die schon in der hellenistischen Synagoge erfolgte Deutung der Beschneidung als Mysterienritus gewinnt Einfluß 2 . Das sakramentale Verständnis der Johannestaufe wirkt nach. Vor allem wird die Taufe zum Instrument der Geistverleihung. Besonders Rom. 6 hat früh dazu verführt, die Taufe nach Analogie der Mysterien als Teilgabe am Schicksal der Kultgottheit zu verstehen, zumal der leitende Sprachzusammenhang von Christus als dem inkludierenden Himmelsmenschen alsbald nicht mehr verstanden wurde. So sind Taufe und Herrenmahl im Horizont des Mysteriendenkens, wonach irdische Elemente himmlische Substanz vermitteln und jenseitige Kräfte verleihen, gedeutet worden. Selbst Paulus ist vor derartiger Sakramentsmagie keineswegs gefeit, wie seine Ausführungen in l.Kor. 11,27ff. beweisen3. Eine so verstandene Taufe konnte dann natürlich auch an Kindern vollzogen werden. Aber hier ist Sachkritik geboten 4 . Es erübrigt sich wohl, Belege für den eben genannten bekannten Sachverhalt aufzuzählen, daß die Taufe im Neuen Testament als Instrument der Geistbegabung verstanden worden ist. In der polemischen Auseinandersetzung mit der „bloßen" Wassertaufe der Täufersekte wird die christliche Taufe zur „Geisttaufe" (vgl. dazu besonders Apg. 19, Iff.). Namentlich die in den synoptischen Evangelien als „Einsetzung" der christlichen Taufe geschilderte Taufe Jesu zeigt 1
Vgl. dazu W. H E I T M Ü L L E B , I m Namen Jesu, pass. 3 Siehe oben S. 148 Anm. 7. Siehe oben S. 196 Anm. 3. Leitfaden solcher Kritik ist die Bindung des Glaubenden an den gänzlich unsakramentalen Weg des irdischen Jesus als des Gekreuzigten, seine Teilhabe an Jesu Todesgeschick, in der allein Jesu Geist und Leben wirksam werden. — Dennoch wäre es ein biblizistisches Mißverständnis, die Kindertaufe nun durch eine Kindersegnung ersetzen zu wollen. Man sollte den alten Brauch der Taufe vielmehr Paulus gegenüber entschlossen neu interpretieren, so wie er selbst die Taufe „auf den Namen Jesu" als Taufe „auf den Tod Jesu" interpretiert hat. Die Taufe wäre dann die sichtbare Gestalt der „in Christus" ergangenen Zusage Gottes an dieses Kind, Symbol der in Golgatha erfolgten Abwaschung, Reinigung und Neuschöpfung und Aufnahme in die irdische Konkretion seines „Leibes", nämlich die verfaßte Ortsgemeinde. In deren Mitte hat diese Taufe zu geschehen und sie so zugleich zu verpflichten, diesem Kind als ihrem jüngsten „Glied" bei seinen ersten Schritten auf dem „Weg der Gerechtigkeit" zu helfen. Die Frage nach der Kindertaufe ist in Wahrheit die Frage danach, ob die Gemeinden dazu willens und in der Lage sind. Freilich darf solche Taufe nicht die „öffentlich-rechtliche" Folge der Veranlagung zur Kirchensteuer haben, der man nur durch den Kirchenaustritt vor dem Amtsgericht ( ! ) entgehen kann. Das spätere Credo des Täuflings muß auch ein entschlossenes Ja dazu enthalten, die gemeinsamen Lasten der Gemeinde mitzutragen. 2 4
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Johannestaufe und christliche Taufe
diesen Zug. Dennoch darf man nicht übersehen, daß genaugenommen die Gabe des Geistes der Taufe mit dem Credo vorangeht, denn „niemand kann Jesus den Kyrios heißen außer durch den Heiligen Geist" ( l . K o r . 12,3). Dieser Sachverhalt muß das Kriterium sein und nicht die psychischen Phänomene einer durch das Tauferlebnis bewirkten Ekstase. Darum hat BARTH im Grunde ganz recht, wenn er auch die christliche Taufe als „Wassertaufe" von der ihr vorangehenden „Geisttaufe" unterscheidet. Die „Geisttaufe" wirkt den Glauben, der seinerseits nun mit der „Wassertaufe" sein neues Leben beginnt. Freilich darf man nicht, ohne diese gebotene Sachkritik nun auch zu explizieren, schlankweg wie BABTH behaupten, das Neue Testament habe zwischen „Geist-" und „Wassertaufe" unterschieden. Hermeneutik ist eben doch mehr als die Frage „ W i e sage ich's meinem Kinde?". Allein im Glauben, den die Taufe besiegelt, ist die tiefe Sehnsucht der antiken Welt nach dem eigentlichen Leben in einer durch das „Fleisch" und die „Sünde" unbehinderten Freiheit jenseits des Todes erfüllt. Denn nicht nur der Apokalyptiker, sondern auch der Fromme der hellenistischen Welt weiß, daß der Tag der Auflösung des Irdischen der „Geburtstag des Ewigen" ist 1 . Sie unterscheiden sich nur darin, daß des einen Hoffnung an der von Gott heraufgeführten apokalyptischen Schlußgeschichte des Kosmos, die des anderen aber an dem unausweichlichen individuellen Tod orientiert ist. Beide wissen sie, daß solches Ende des Menschlichen und Irdischen die Bedingung des Lebens ist. Für Philo war — wie wir gesehen haben — diese Vorstellung derart zwingend, daß er gegen den Textsinn von L e v . 10,Iff. das Sterben der Priester Nadab und Abihu als den Eintausch ihres sterblichen Lebendigseins gegen das unvergängliche Leben und als ihren Exodus aus der gewordenen in die ungewordene Welt interpretiert (fuga 59ff.). Bei Paulus aber ist diese Vorstellung, daß nur der T o d wirkliches Leben eröffnen kann, aus dem Zusammenhang ihrer „heimischen Frömmigkeit, der zufolge das Göttliche im Menschen sich kultisch oder mystisch mit der Gottheit eint, herausgelöst und verbunden mit dem in Jesus geschehenden Ja Gottes zum Sünder sowie mit der Verpflichtung zu einem Wandel, welcher konkret den Nächsten im Blick hat, ja welcher in seinem Bedrängtsein das Sterben und Leben Jesu vollzieht" 2 . Man mißversteht Paulus, wenn man meint, „der T o d sei der Sünde Sold" auch noch für die Glaubenden. Sie preisen vielmehr, sei es durch Leben oder durch Tod, mit ihrer leiblichen Existenz Seneca, Ep. 102, 22ff. H. BBAOTT. Das 'Stirb und Werde' 28 ; vgl. die ganze Untersuchung und das_darin analysierte antike Material. 1 2
Glaube und Taufe nach Rom. 6
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Christus (Phil. 2,20ff.). Die ihnen schon unwiderruflich zuteil gewordene Gabe ist vielmehr „das ewige Leben in Christus Jesus, unserem Herrn" (Rom. 6,23). Das biologische Sterben der Christen hat nichts mehr mit der Macht jenes „letzten Feindes" zu tun, der noch unterworfen werden muß. Darum vermag auch das „Jüngste Gericht" das Leben derer, die in Christus sind, nicht mehr in Frage zu stellen. Es ergeht nicht mehr über ihr Sein, sondern allein über ihre Werke. Darum fürchten sie nicht das Gericht, sondern rufen den gnädigen Richter herbei1. 1
Vgl. l.Kor.3;bes. l l - 1 5 ; l . K o r . 5, 1-5 und siehe dazu JÜNGEL, Paulus 66 ff.
III. K A P I T E L : D I E „SCHLÜSSELGEWALT" ALS ESCHATOLOGISCHE D I M E N S I O N D E S KERYGMAS
§ 9. Das Petrusbekenntnis von Caesarea-Philippi (Mk. 8,27-9,1 parr.) Da wir es bei dem Mt. 16,19; 18,18 und Joh. 20,23 überlieferten Wort fraglos mit Varianten zu tun haben und da Joh. 20,23 ausdrücklich vom „Vergeben" und „Behalten" der Sünde die Rede ist, während in Mt. 18,15-35 wenigstens der Kontext diese Beziehung herstellt, wenden wir uns dem Überlieferungsproblem dieses Logions zu. Zunächst muß die Frage geklärt werden, ob uns in Mt. 16,17-19 der ursprüngliche Schluß der Perikope vom Petrusbekenntnis (Mk. 8,27-30) erhalten ist, den Markus oder ein anderer vor ihm aufgrund „antipetrinischer Polemik" weggebrochen hätte 1 , oder ob hier Matthäus ad vocem σύ εΐ ó Χριστός seiner Markusvorlage mit den Worten σύ εΐ Πέτρος κτλ. ein isoliertes Logion (Mt. 16,17-19) angefügt hat, das seine Entstehung einer „Petruspartei" verdankt, welche „die in Mt. 18,18 noch der ganzen Gemeinde zugesprochene Vollmacht auf ihr Parteihaupt als den ersten Auferstehungszeugen beschränkte und sich damit selbst zur Sekte erklärte"2. Die Bekenntnisszene von Caesarea-Philippi3 hat eine ungeheuer bewegte Auslegungsgeschichte33. In der älteren Leben-Jesu-Forschung 1 So z . B . R . B U L T M A N N , SynTr. 277f. und H . T H Y E N , Art. „Schlüsselgewalt" (RGG V/1449-1451); durch diese erneute Beschäftigung mit dem Problem m u ß t e n wir jedoch die ebd. vertretene Sicht modifizieren. Siehe dazu das Folgende. — Von seiner Prämisse der Matthäuspriorität her ist auch A. S C H L A T T E R S (Der Evangelist Matthäus. 3. Aufl. 1944, 502ff.) Interpretation zu vergleichen. 2 E . K Ä S E M A N N , Die Anfänge der christlichen Theologie 1 8 4 . 3 Schwerlich k a n n m a n die Ortsangabe als Ausleitung zum vorigen Stück ziehen (so B U L T M A N N , SynTr. 276; vgl. dazu K . L . S C H M I D T , R a h m e n 216; H . J . E B E L I N G , Das Messiasgeheimnis u n d die Botschaft des Marcus-Evangelisten, BZ N W 19, 1939, 212ff.; E . H A E N C H E N , Die Komposition von Mk. 8,27-9,1, NovTest. VI. 1963, 81-109, besonders 82; E . D I N X L E R , Petrusbekenntnis u n d Satanswort, Zeit u n d Geschichte 127-153, besonders 133f. ; F . H A H N , Hoheitstitel 226ff.). — Dagegen scheint uns Jesu „Nordreise" mit B U L T M A N N (SynTr. 68) in der T a t „reine P h a n t a s i e " zu sein (anders H A E N C H E N , Komposition 82, Anm. 1), u n d zwar nicht einmal des redigierenden Markus (so H . J . E B E L I N G 213f. u.a.), sondern erst der historisch fragenden modernen Ausleger. Vgl. W . M A R X S E N , Markus 41 ff., dessen Beobachtung der „geographischen Angaben der 'Reise ins Heidenland'" gerade zeigt, d a ß die Ortsangabe nicht redaktionell ist, sondern zur Tradition gehört. E s handelt sich bei dem
Das Petrusbekenntnis von Caesarea-Philippi (Mk. 8,27—9,1 parr.)
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ist sie als der dramatische Wendepunkt im historischen Ablauf des Lebens Jesu angesehen worden: Unter der heidnischen Grenzbevölkerung Caesarea-Philippis wird sich Jesus selbst über seine eigentliche innere Berufung und geschichtliche Rolle klar; von jetzt an und von hier aus führt sein Weg nach Jerusalem, um die Hauptstadt zur Entscheidung zu zwingen 1 . — Andere Forscher rechnen zwar nicht mit einer derart dramatischen Selbsterkenntnis Jesu, welche die Wendung seines Geschicks bewußt einleitet, aber immerhin mit der bei Caesarea erfolgten ersten wirklichen Einsicht der Jünger in Wesen und Auftrag ihres Meisters2. Petrusbekenntnis also offenbar u m eine Lokaltradition der Gemeinden u m Caesarea-Philippi. — Die Analyse von F . HAHN (Hoheitstitel 227), der wegen der offenbar redaktionellen Notiz έν τη ¿δω von einer „doppelten Einleitung" spricht, und darum Vers 27 literarkritisch teilen und zwei verschiedenen Traditionen zuweisen will, ist überscharfsinning. Man müßte sich danach den Evangelisten Markus mit verschiedenen schriftlichen Quellen am Schreibtisch vorstellen, die er nun recht und schlecht kombiniert. 3a Außer den zahlreichen hier besonders ausführlich werdenden Kommentaren ist die Spezialliteratur unübersehbar. Das gilt natürlich besonders f ü r die Matthäusversion mit ihren kontroverstheologisch strittigen „Primatworten". Dabei ist es interessant und für die Situation des interkonfessionellen exegetischen Gesprächs aufschlußreich, daß die skeptische Beurteilung der möglichen Authentie der Petrusverheißung quer über alle Konfessionsgrenzen hinweggeht. Vgl. hierzu besonders die fundierte Untersuchung des katholischen Forschers A . VÖGTLE, M e s s i a s b e k e n n t n i s u n d P e t r u s v e r h e i ß u n g (BZ, N F 1, 1957, 2 5 2 - 2 7 2
und ebd. N F 2, 1958, 85-103; Lit.). — Wir geben aus der Fülle der Literatur hier nur eine knappe Auswahl und verweisen zu Einzelheiten auf die folgenden A n m e r k u n g e n : A . DELL, M t . 1 6 , 1 7 - 1 9 ( Z N W
15, 1 9 1 4 , 1 - 4 9 ) ; R . BULTMANN,
Die Frage nach dem messianischen Bewußtsein Jesu und das Petrusbekenntnis (ZNW
19, 1 9 1 9 / 2 0 , 1 6 5 - 1 7 4
=
Exegetica
1 - 9 ) ; O . LINTON, D a s P r o b l e m
der
Urkirche in der neueren Forschung, Uppsala 1932, besonders 157ff. — I n seinem kritischen Literaturbericht h a t H . WINDISCH die ältere Diskussion knapp zusammengefaßt (Das Urchristentum, ThR, N F 5, 1933, besonders 248ff.). Danach erschienen: R . BULTMANN, SynTr. 275FF. und Ergänzungsheft 2. Aufl. 1962, 38f. ; DERS., Die Frage nach der Echtheit von Mt. 16, 17-19 ( T h e o l B l . 20, 1941, 2 6 5 - 2 7 9 = E x e g e t i c a 2 5 5 - 2 7 7 ) ; E . STAUFFER, Z u r V o r u n d F r ü h g e s c h i c h t e d e s P r i m a t u s P e t r i ( Z K G 6 2 , 1 9 4 3 / 4 4 , 3 - 3 4 ) ; O . CULLMANN,
Petrus. Jünger, Apostel, Märtyrer. 2. Aufl. 1960; DEES., Art. πέτρα κτλ. T h W VT/94-112. •— Neuere kritische Zusammenfassungen: E . DINKLER, Die PetrusR o m - F r a g e ( T h R , N F 25, 1959, 1 8 9 - 2 3 0 u n d 2 8 9 - 3 3 5 ; u n d T h R , N F 27, 1961,
33-64. Speziell zu unserem Problem ThR 25,192ff. und T h R 27,33ff.) ; F . OBRIST, Echtheitsfragen und Deutung der Primatsstelle Mt. 16, 18 f. in der deutschen protestantischen Theologie der letzten dreißig J a h r e (NTA 21, 3/4, 1961; als Kompendium der Literatur sehr geeignet, sonst jedoch wenig förderlich); E . HAENCHEN, K o m p o s i t i o n . 1 Vgl. dazu HAENCHEN, Komposition 81 ff. (Lit.); H . J . EBELING 214ff.; Α. SCHWEITZER, Geschichte der Leben Jesu Forschung. 6. Aufl. 1951, 426ff. — Als Leser dieses großartigen Werkes ist man immer wieder von SCHWEITZERS eigener „Betriebsblindheit" verblüfft, worin er es, trotz der von ihm selber Seite f ü r Seite aufgewiesenen Unmöglichkeit, nun dennoch selber unternimmt, einen recht phantastischen Bios Jesu zu rekonstruieren. 2 Vgl. z.B. die bei HAENCHEN ebd. genannten Autoren. •— Die entscheidende Wende in der Beurteilung wurde von W. WREDE eingeleitet (Das Messiasgeheimnis in den Evangelien. 1901). „Es ist also eine Epoche eigentlich nur
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Die „Schlüsselgewalt" als eschatologische Dimension des Kerygmas
Daß im Markustext auf das Messiasbekenntnis des Petrus hin keine bestätigende Antwort Jesu erfolgt 1 , hat man oft psychologisch als Ausdruck der Mißbilligung des mit dem Christus- ( = Messias)titel herangetragenen politischen Messiasideals gedeutet 2 . Diese Interpretation beruft sich gern darauf, daß schon Matthäus Jesu Schweigen auf das Petrusbekenntnis hin im Markusbericht als Ablehnung solcher Messianität verstanden und deshalb den Titel „Menschensohn" in die Anfrage und das ó υιός του θεού του ζώντος in das Bekenntnis eingefügt habe, um es Jesus nunmehr als wahrhaft „christliches" Credo mit dem Makarismus Simons und dem Felsenwort quittieren zu lassen 3 . Jüngst hat E. DINKLER im Anschluß an F . H A H N diese Deutung aufgenommen und versucht, sie durch form- und literarkritische Beobachtungen dem Bereich bloß psychologischer Spekulation zu entreißen 4 . DINKLER meint, das merkwürdige „Satanswort" (Mk. 8 , 3 3 ) — ohnehin nur schwer als nachösterliche Polemik gegen den ersten Osterzeugen Petrus erklärbar — stelle die ursprüngliche Absage des historischen Jesus an den durch Petrus an ihn herangetragenen politischen Messianismus dar 5 . Es müsse in der freilich nur noch fragmentarischen und daher nicht mehr ganz rekonstruierbaren Vorlage des Markus unmittelbar auf das Bekenntnis gefolgt sein®. In der Tat wird diese enge Verbindung von Petrusbekenntnis und Satanswort in gewisser Weise durch die johanneische Version der Bekenntnisszene (Joh. 6 , 6 6 - 7 1 ) bestätigt, wo freilich der ursprüngliche Sinn dieser Invektive nicht mehr verstanden und sie deshalb gegen den Verräter Judas gewandt ist 7 . — Wäre diese Lösung richtig, so könnte also auch von daher Jesu Antwort an Petrus mit dem uns hier beschäftigenden Wort vom „Binden" und „Lösen" nicht ursprünglich zur CaesareaPerikope gehört haben. BULTMANNS These, daß das Bekenntnis aus für den Leser; nicht für das Leben Jesu" (BULTMANN, SynTr. 375); siehe ferner H. J. E BELINO 2 0 5 f. 1 Vgl. B U L T M A N N , SynTr. 2 7 6 , und siehe schon W R E D E 1 1 7 . 2 Vgl. z . B . J. W E I S S , Die Schriften des N T . 2. Aufl. 1907, 148; G. FRIEDRICH, Messianische Hohepriestererwartung in den Synoptikern (ZThK 53, 1956, 265-311), 292; und siehe dazu HAENCHEN, Komposition 82 f. 3 Vgl. etwa CULLMANN, Petrus 176FF. Siehe aber H . J. E B E L I N G 204FF. und HAENCHEN, K o m p o s i t i o n 82 ff. 4 E . D I N K L E R , Petrusbekenntnis (siehe oben S . 2 1 8 Anm. 3 ) ; F . H A H N , Hoheitstitel 226ff. 5 Vgl. E. DINKLER, Petrusbekenntnis 141 ff., sowie den Überblick über die Vorgeschichte dieser These ebd. Anm. 52. Siehe aber den methodischen Einwand v o n H. CONZELMANN, Analyse 3, Anm. 15. • Vgl. D I N K L E R , Petrusbekenntnis 142; H A H N (Hoheitstitel 228f.) spricht von einem „biographischen Apophthegma" ,das er aus Mk. 8 , 2 7 a ; 29b und 33 rekonstruiert. Zur Methodenkritik siehe oben S. 218 Anm. 3 und vgl. H A E N C H E N , Komposition.
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Vgl. HAHN, H o h e i t s t i t e l 228, A n m . 4 u n d DINKLER, P e t r u s b e k e n n t n i s 146.
Das Petrusbekenntnis von Caesarea-Philippi (Mk. 8,27—9,1 parr.)
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Formgründen eine Antwort Jesu erfordere, wäre damit bestätigt1; diese Antwort jedoch läge nicht im Makarismus Simons, sondern im Satanswort2. Gegenüber älteren Interpretationen, welche die ganze Szene Mk. 8,27 ff. einschließlich des Schweigegebots Jesu (V. 30) und der Ankündigung seines Leidens, Sterbens und Auferstehens als historisch ansehen, Jesus also in Caesarea-Philippi dem politischen Messiasbild des Petrus seine eigene „Gottesknecht-Menschensohn-Christologie" entgegensetzen lassen3, hat D I N K L E B S Erklärung den großen Vorzug, mit der Erkenntnis des nachösterlichen Charakters von Schweigegebot und Leidensankündigung ernst zu machen und Jesus nicht ein historisch doch überaus fragwürdiges „messianisches Bewußtsein" zu unterstellen4. Dennoch können wir unsere Bedenken gegen die kühne Interpretation nicht unterdrücken. Zu dem Bekenntnis „Du bist der Christus" bemerkt D E N K L E R : „Eine vorösterliche Tradition würde als allein mögliche Lesart fordern: 'Du bist der Messias' — wobei der Messiastitel im Sinne der Zeit als jüdisch-herrscherliche Qualifikation zu fassen wäre."5 Zwar ist Jesus wohl aufgrund eines derartigen Mißverständnisses seiner Rolle durch die Römer hingerichtet worden6, 1
Siehe oben S. 220 ANM. 1.
2
S o DINKLER u n d F . H A H N . — W e n n m a n a l l e r d i n g s — m i t HAKNOHEN ! —
weniger mit der literarischen Kompilation schriftlicher Quellen rechnet als vielmehr mit der eigenen u n d schöpferischen Kompositionsarbeit des Evangelisten aufgrund mündlicher Überlieferung, d a n n fehlt ü b e r h a u p t keine Antwort J e s u ! Sie ist mit dem Schweigegebot von Vers 30 eindeutig gegeben: Dieses enthüllt dem Hörer (bzw. Leser) des Evangeliums, daß das, was Petrus soeben gesprochen h a t , das göttliche Heilsmysterium ist (vgl. zu den Schweigegeboten H . J . EBELING 114ff.). Auch durch die Verklärungsperikope bestätigt Markus (9,2ff.) noch einmal eindrücklich das Petrusbekenntnis. 3 So z.B. CULLMANN, Petrus 206. 293; vgl. aber HAENCHEN, Kompos. 87. Auch E . SCHWEIZER (Erniedrigung und E r h ö h u n g bei Jesus u n d seinen Nachfolgern. 1955 16f.) hält die Caesarea-Philippi-Perikope, jedenfalls in ihrem Kern, f ü r authentisch. „ I s t das scharfe Wort gegen Petrus in der frühen Gemeinde unerfindbar, dann m u ß Petrus Jesus in irgendeiner Weise von seinem Weg nach Jerusalem abgehalten haben. D a n n m u ß Jesus aber daraufhingewiesen haben, d a ß er ins Leiden gehen wolle. Das ist nirgends wahrscheinlicher als in der Gegend von Caesarea, wo die Entscheidung fallen muß, ob er dem Lande Israels treu bleiben oder ins Ausland ziehen soll" (ebd. 17, Anm. 61). Das ist eine phantasievolle Spekulation mit vielen Prämissen u n d wenig Wahrscheinlichkeit. 4 Auf die Frage nach dem messianischen Bewußtsein Jesu u n d dessen möglicher Struktur k a n n hier nicht eingegangen werden. Dazu sei auf den Abschnitt 9 bei H . CONZELMANN, Art. „Jesus Christus" (RGG III/629ff.) verwiesen. — Ob freilich die historische und formgeschichtliche Erkenntnis, daß die Schweigegebote der markinischen Redaktion angehören u n d die Leidensankündigungen aus der Passionsgeschichte aufgefüllte frühe kerygmatische Formeln sind, zu literarkritischen Operationen berechtigt, scheint uns m i t HAENCHEN sehr fraglich. 5 Petrusbekenntnis 135. • Vgl. R. BUXTMANN, Das Verhältnis der urchristlichen Christusbotschaft zum historischen Jesus (SAH 1960, 3 = Exegetica 445-469), 12 (452f.).
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Die „Schlüsselgewalt" als eschatologische Dimension des Kerygmas
aber zeigt denn unsere Tradition irgendwelche Züge, welche solches Mißverständnis auch durch die Jünger Jesu zu erklären vermöchten 1 ? Freilich meint D I N K L E R , Petrus habe sich mit seinem Bekenntnis zu Jesus als dem künftigen Messias bekannt, dessen Inthronisation in Jerusalem also gleichsam noch bevorsteht 2 . Daß dieser von Jesus zu seinen Lebzeiten so scharf abgewiesene Titel χριστός — trotz der Überlieferung dieser Tradition bis auf Markus — nach seinem Tode zum fast beherrschenden Prädikat wurde, erklären D I N K L E R wie H A H N durch die Bezeichnung Jesu als βασιλεύς im Kreuzes-Titulus, den sie für historisch halten 3 . Wie aber könnte die „ursprüngliche" Caesarea-Szene ausgesehen haben 4 ? Wer sollte sie überliefert haben und mit welchem Interesse? 1 Ganz richtig P . G A E C H T E R (Das Matthäusevangelium. 1964 z.St.): Bei Jesus fehlen alle „Elemente, welche einen irdischen Messias ausgemacht h ä t t e n " . — I m übrigen urteilt G A E C H T E R immer noch zu historisch, wenn er feststellt, Petri Messiasvorstellung sei in Caesarea-Philippi noch „ein widerspruchsvolles, hybrides Gebilde" gewesen; vgl. auch F . H A H N , Hoheitstitel 159ff. 2 Petrusbekenntnis 136. — Ging das aus dem „ T e x t " der Vorlage hervor u n d wurde es von Mk. getilgt, weil es seine Komposition störte? Außerdem p a ß t dieses Urteil des Petrus über die zukünftige Rolle Jesu schlecht zu dem Urteil der Leute über sein gegenwärtiges Wesen. Denn diese falsche Meinung der Leute soll doch den Hintergrund abgeben, worauf die Jünger durch Petri Mund sein wahres Bild zeichnen. Man m ü ß t e also auch noch Vers 28 aus der angenommenen „Vorlage" streichen, wie das H A H N denn auch konsequent t u t (227f.). D I N K I E R urteilt zurückhaltender (142). Als mutmaßliche „Quelle" bleibt also nur übrig: Jesus fragt in Caesarea-Philippi seine Jünger, wer er sei (V. 27a). Petrus a n t w o r t e t : Du bist der Christus (V. 29), u n d wird d a f ü r als Satan gescholten (V. 33). Mehr historische Wahrscheinlichkeit h ä t t e d a n n schon E . M E Y E R S These, wonach Markus vor dem authentischen Satanswort ein Stück unterdrückt hätte, in welchem Petrus Jesus gedrängt haben müsse, n u n doch endlich seine Messiasrolle anzutreten (E. M E Y E R , Ursprung und Anfänge des Christentums I, 144). U . E . richtig urteilt jetzt H . C O N Z E L M A N N , Historie u n d Theologie in den synoptischen Passionsberichten, 42 (in: F . V I E R I N G , Zur Bedeutung des Todes Jesu. 1967). 3 D I N K L E R , Petrusbekenntnis 147f.; H A H N , Hoheitstitel 176ff. — Aus dem von ihm rekonstruierten „biographischen Apophthegma" folgert H A H N : „ . . . ein derartiges Überlieferungsstück könnte ausgezeichnet erklären, wieso in der ältesten Zeit der Christostitel überraschenderweise gar keine Rolle gespielt h a t " (229). Indes ist uns trotz H A H N S emphatischer Versicherung: „ E s besteht nicht der geringste Anlaß, die Historizität der Kreuzesinschrift zu bezweifeln" (178) die Authentie des titulus dennoch unwahrscheinlich; vgl. dazu R . B T J X T M A N N , SynTr. 293. 307; C. P E D D I N G H A U S , Genesis 160ff. (Positiv urteilen : P . W I N T E R , On t h e Trial of Jesus 1961, 107ff.; D E R S . , Z N W 50, 1959, 250f.; N . A. D A H L , Der gekreuzigte Messias; in: Η . R I S T O W U . K . M A T T H I A E (Hrsg.), Der historische Jesus u n d der kerygmatische Christus 1960, 149-169; u.a.) — Zudem scheint uns die Brücke von der abgewiesenen Messianität (Mk. 8,27ff.) über den titulus zu dem verbreiteten — in der paulinischen Theologie schon weitgehend zum Eigennamen erstarrten — Gebrauch des Christustitels zu schmal u n d nicht tragfähig, auch wenn ihr nach H A H N noch die Besinnung auf das AT zur Seite t r i t t . Ob der Christustitel wirklich in der „allerältesten Schicht" fehlt ( H A H N 179), bedarf zudem erneuter Ü b e r p r ü f u n g ; vgl. P. V I E L H A U E R , E i n Weg zur neutestamentlichen Christologie ? 4 Siehe oben Anm. 2.
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Wo hat sie ihren „Sitz im Leben"? Ist überhaupt irgendein Interesse für die Überlieferung denkbar, dann doch höchstens dieses: Die Erzählung müßte katechetischen Zwecken gedient haben, um zu lehren, daß Jesu Reich „nicht von dieser Welt ist" 1 . Wenn aber gerade dies ihre Pointe gewesen sein sollte, kann dann in der sie überliefernden Christenheit der kommentarlose Christustitel diesen Zweck erfüllt haben? Und wird eigentlich in der Markusperikope Petrus durch das Satanswort wirklich diskriminiert? Hören wir das nicht nur heraus, weil wir ständig ihre zur Petruslegende umgestaltete Matthäusversion im Ohr haben? Für Markus ist Petrus sowohl beim Bekenntnis 2 als auch beim Satanswort lediglich der Repräsentant der Jüngerschaft 3 . Das ganze Stück Mk. 8 , 2 7 - 9 , 1 ist — und das scheint uns H A E N CHENS sorgfältige Analyse einleuchtend zu erweisen 4 — viel stärker als bisher angenommen theologische Kompositionsarbeit des zweiten Evangelisten. Auch ist der Abschnitt weder in seinem vermeintlich vormarkinischen Grundbestand 5 noch in seiner heutigen Gestalt ein rein christologisches Lehrstück 8 , sondern hat zugleich einen deutlich paränetischen Charakter. Der Gemeinde, die wie einst Petrus das Christusbekenntnis (als Taufbekenntnis ? ) abgelegt hat, wird angesichts bedrän1 „In nächste Nähe zu der ursprünglichen Fassung des Petrusbekenntnisses ist die dritte Versuchung Jesu durch den Satan Mt. 4,8-10/Lk. 4,5-8 zu stellen" ( H A H N , Hoheitstitel 175). — Zwar begegnet auch hier das ΰπαγε, σατανά (Mt. 4,10), es fehlt aber gerade der Christustitel! Zudem scheint uns gegen H A H N mit D I B E L I U S (Formgeschichte 274) und B U L T M A N N (SynTr. 270ff.) weder die Versuchungsgeschichte als ganze, noch speziell die dritte Versuchung ein „messianisches Lehrstück" zu sein, sondern Paränese, die Dreizahl der Versuchungen (volkstümliches Motiv!) spricht gegen H A H N S Versuch, die dritte Versuchung literarkritisch von den beiden anderen zu trennen und ihr eine eigene Vorgeschichte zu geben. 2 HAENCHEN macht zu Recht darauf aufmerksam, daß sich Jesu Frage an alle Jünger richtet. Mit der Wendung oí δέ είπαν αύτω hat der Evangelist die Wiedergabe der Volksmeinung auch sinngemäß auf die Jünger verteilt. Dagegen kann das „Du bist der Christus" schlecht von allen unisono gesprochen werden. So gibt nun Petrus als Repräsentant die Jüngermeinung im Gegensatz zur Volksmeinung wieder. Auch das καΐ έπετίμησεν αύτοΐς macht deutlich, daß alle Jünger schon zu Lebzeiten Jesu erkannt haben, was Petrus hier ausspricht; vgl. HAENCHEN, Komposition 8 6 . 3 „Daß Petrus auch hier für die Jünger sprach, beweist das Sätzchen καΐ ίδών τούς μαθητάς αύτοϋ in 8,33. Denn wenn man jemanden heftig anfährt, dann sieht man dabei nicht einen anderen an" (HAENCHEN, ebd. 9 1 ) . 4 Vgl. HAENCHENS Resümee: „Damit ist deutlich geworden: Mk. 8 , 2 7 - 9 , 1 sind eine Komposition des Evangelisten, der keineswegs nur 'Sammler und Tradent' war" (ebd. 9 6 — gegen D I B E L I U S , Formgeschichte 2 ) . s Siehe oben S. 222 Anm. 2 ff. • Die Meinung, daß hier ein falscher oder zumindest vorläufiger Messiasbegriff des Petrus korrigiert werden soll, hat sich als schier unausrottbares Relikt aus der alten Leben-Jesu-Forschung in die meisten neueren Kommentare hinübergerettet. Sie verstellt hartnäckig die konsequent formgeschichtliche Frage nach „Sitz im Leben" und Absicht des Textes.
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gender Leiden gesagt, daß es gilt, nicht müde zu werden und auch in der Verfolgung am Bekenntnis zu Jesus als dem Christus festzuhalten. Stilgemäß, nämlich der Gattung „Evangelium" entsprechend, wird ihr das am Weg Jesu mit seinen Jüngern in die Passion hinein verdeutlicht1. Mit dem Schweigegebot Jesu ist das von Petrus ausgesprochene μυστήριον zugleich bestätigt und verhüllt2. Einer anderen Antwort bedarf das Bekenntnis nicht3. Wer aber im Leiden vom Bekenntnis abfällt, den trifft das Verdikt υπάγε οπίσω μου, σατανά, denn er trachtet nach Menschlichem und nicht nach Göttlichem4. Auch VÖGTLE verfehlt darum in seiner an trefflichen Einzelbeobachtungen reichen Analyse die Pointe der Markusperikope, weil er sie zu sehr von ihrem Gegensatz zur Matthäusversion her zu verstehen „sucht"6. Es geht Markus nicht um die Korrektur des petrinischen Messiasbegriffs und des inadäquaten Petrusbekenntnisses6. So geht schon aus der Interpretation der Markusperikope hervor, was ein Blick auf Mt. 16,13-23 erst recht bestätigt, daß nämlich Jesu Worte von Kirchengründung und Schlüsselgewalt einer anderen Überlieferung entstammen und erst von Matthäus mit der Bekenntnisszene verbunden wurden7. Wenden wir deshalb unser Interesse nunmehr der matthäischen Bearbeitung der Markusvorlage zu. Die sekundär auch in einige Handschriften unseres Markustextes eingedrungene Erweiterung des Petrus1 Dabei d ü r f t e Mk. — im Gegensatz e t w a zu Mt. (siehe unten) — weniger d a r a n gelegen sein, die J ü n g e r in rabbinischem Sinn als legitime T r a d e n t e n u n d G a r a n t e n einer historischen Überlieferung aus J e s u E r d e n t a g e n auszuweisen, als vielmehr d a r a n , die gegenwärtige Gemeinde u n t e r das göttliche δει der Passion zu r u f e n . — I n den markinischen Leidensankündigungen fehlt jeder Zug der „ S c h r i f t g e m ä ß h e i t " der Passion; zudem t r i t t — abgesehen von der oben u n t e r s u c h t e n Überlieferung in 10,45 u n d der Abendmahlsparadosis •—- der Gedanke des Sühnetodes J e s u völlig zurück. I m vollen Wissen u m sein Schicksal schreitet Jesus als ein ausgewiesener θείος άνήρ in die Passion u n d wie ein solcher s t i r b t er u n t e r kosmischen Zeichen (15,33FF.); vgl. C. PEDDINGHAUS 141FF.; Ρ . VIELHAUER, E r w ä g u n g e n zur Christologie des Markusevangeliums (Zeit u n d Geschichte 155-169; ebd. 156; jetzt a u c h in Aufs. z. N T 199-214). 2 „Maar als d a t eenmal erkend is, d a n lat h e t sich ook zeer goed begrijpen, d a t overal, waar Mk h e t verbod vermeldt, hij daardoor eigentlijk veeds eene openbaring v a n s Heeren m a j e s t e i t p r o c l a m e e r t " (VAN EYSINGA, T h T 1902, 474; zitiert bei H . J . EBBLINO 123) ; vgl. auch H . CONZELMANN, A r t . „ J e s u s Christus"
R G G III/632F. 3
Siehe oben S. 221 A n m . 2. Das υπάγε κτλ. ist schwerlich der R u f in die Nachfolge (so O. CTJLLMANN, P e t r u s 194, A n m . 4), sondern, wie das „ S a t a n " zeigt (vgl. Mt. 4,10), die endgültige Abweisung dessen, der in der Verfolgung v o m Bekenntnis abfällt. I n der Sprache des H e b r . heißt das, d a ß es hier keine Heilung d u r c h eine zweite B u ß e m e h r gibt. 6 „ S u c h t " bezeichnet hier natürlich nicht VÖGTLES subjektive Absicht, sondern ein „ o b j e k t i v e s " Befangensein. • Vgl. VÖGTLE 254f.; ebenso CULLMANN, T h W VI/104f. u . a . 7 Vgl. dazu F. OBBIST als L i t e r a t u r k o m p e n d i u m . 4
Das Petrusbekenntnis von Caesarea-Philippi (Mk. 8,27—9,1 parr.)
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bekenntnisses kann in unserem Zusammenhang auf sich beruhen 1 . Dagegen müssen wir zunächst die Frage stellen, ob Mt. 16,17-19 eine Überlieferungseinheit darstellt 2 . Das ist jedoch schon deshalb unwahrscheinlich, weil die ganze Szene so gestaltet ist, daß zahlreiche Forscher vermuten konnten, Markus habe die Verse 17-19 — aus was für Gründen auch immer — weggebrochen3. Auch in seinen Einzelheiten macht der Vers 17 den Eindruck, von Matthäus aus redaktionellen Gründen ad hoc komponiert zu sein: άποκριθεις δέ ó 'Ιησούς είπεν αύτω" μακάριος εΐ, Σίμων Βαριωνά, δτι σάρξ και αίμα ούκ άπεκάλυψέν σοι άλλ' ó πατήρ μου ó έν τοις ούρανοΐς. Die Wendung άποκριθείς δε ó Ίησοϋς εΐπεν αύτω ist typisch matthäisch 4 . Die Vorliebe unseres Evangelisten für die Form des Makarismus kennen wir aus 5,2 ff. Der Satz vom άποκαλύπτειν des Vaters ó έν τοις ούρανοΐς scheint in Kapitel 11, (25) 27 geradezu vorgebildet zu sein 5 . So ist durch die Arbeit des Matthäus aus dem Jüngersprecher Petrus der wegen seiner göttlichen Begnadigung herausgehobene Apostel geworden®. Damit ist das folgende Traditionsstück vorbereitet (18f.), mit dessen Analyse wir uns nunmehr zu beschäftigen haben. Zunächst muß man fragen, warum Matthäus den Vers 17 mit dem Makarismus überhaupt gebildet hat, denn ohne dieses redaktionelle Stück wäre der Zusammenhang pointierter und geschlossener: Das 1 Schwerlich ist dieser auch a n anderen Stellen ja nicht seltene innersynoptische Harmonisierungsversuch (in Mk. 8,29 ergänzt u . a . Hss. der Sinaiticus das Christusbekenntnis durch ó υιός τοϋ θεοϋ, dem W und φ sogar noch ein τοϋ ζώντος hinzufügen) ein Zeichen d a f ü r , daß der Christustitel in der „Frühkirche" noch im jüdischen Sinne mißverständlich war (so E . DINKLER, Petrusbekenntnis 135). 2 Vgl. dazu besonders A. VÖGTLE, BZ 2, 89ff. (ebd. ausführliches Literaturreferat). 3 Siehe oben S. 218 Anm. 1. — A. OEPKE, Der Herrenspruch über die Kirche Mt. 16,17-19 in der neuesten Forschung (StTh. 2, 1950, 110-165) vertritt — in einem völligen Mißverständnis der markinischen „Geheimnistheorie" — die These, Markus habe das Stück, obwohl es in seiner „Quelle" stand, wegen seines Messiasgeheimnismotivs ausgelassen (! ) (153). Als ob das Messiasgeheimnis f ü r andere als die (christlichen!) Leser des Evangeliums berechnet wäre! — O E P K E sieht in der folgenden (authentischen!) Leidensweissagung ebenfalls eine „Korr e k t u r " des Messiasbekenntnisses und folgert aus der Ankündigung, wonach Jesus von dem alten Gottesvolk verworfen werden wird, die mögliche Historizität des Kirchenspruches als der Verheißung der Gründung des netten Gottesvolkes. 4 Z.B. 3,15 (in dem von Mt. gebildeten Gespräch in der Taufszene; siehe oben S. 139); 4,4; 14,28 (siehe dazu unten Anm. 6); 15,15; 19,27 u.ö. 8 Vgl. VÖGTLE, BZ 2, 97. Eine nahe Analogie zu Vers 17 stellt JosAs. 16,7 d a r : μακάρια εΐ σύ, Άσενέθ, δτι απεκαλύφθη σοι τά άπόρ^ητα τοϋ θεοϋ μυστήρια κτλ. * I n welchem Sinne Petrus f ü r Matthäus eine Sonderrolle spielt, wird noch zu klären sein. — I m Sinne des Evangelisten — anders die Vorlage ! — wird Petrus jedenfalls nicht ausgezeichnet, weil aus seinem Munde (vgl. V. 17!) zum ersten Mal das Bekenntnis laut wird. Mt. h a t das dadurch sichergestellt, d a ß er in 14,22ff. in seine Markusvorlage die Akklamation αληθώς θεοϋ υιός (14,33) als das Bekenntnis aller Jünger eingefügt h a t . Vgl. auch HAENCHEN, Komposition 98.
16 Thyen, Studien
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„ich aber sage dir" Jesu müßte unmittelbar an des Petrus Bekenntnis anschließen. Nach dem Makarismus wirkt es deplaziert. Zudem fällt in Vers 17 das semitisch altertümliche Σίμων Βαριωνά auf; es dürfte schwerlich aus der Feder des Evangelisten stammen, sondern wird zu der von ihm vorgefundenen Tradition gehört haben 1 . Für diese vermuten wir — im Blick auf die offenbare Überlieferungsvariante in Joh. 1,42 — etwa folgenden Wortlaut: ó δέ Ίησοΰς είπεν· κάγώ δέ σοι λέγω σύ εΐ Σίμων Βαριωνά, συ κλη&ήση Κηφας κτλ. Es war also in unserem hier von Matthäus verarbeiteten Traditionsstück mit anderen Worten von der Verleihung des Petrusnamens an Simon berichtet 2 . Wenn das richtig ist, wird die redaktionelle Bildung von Vers 17 durch den Evangelisten, der schon 4,18 berichtet hatte, daß Jesus vom Fischfang weg einen „Simon, mit dem Beinamen Petrus" zu seinem Jünger berief, verständlich: Er will jetzt nicht von der Namensverleihung, sondern bloß von der Deutung von Simons Kognomen berichten 3 . Den redaktionellen Charakter von Vers 17 hat am deutlichsten A. VÖGTLE erkannt 4 ; unbefriedigend an seiner Interpretation bleibt freilich einmal, daß er keinen Grund für die Komposition dieses eigentlich doch nur störenden Stückes anzugeben weiß, und zum anderen, daß er meint, Vers 18f. sei rahmenlos als ein „an Simon gerichtetes 1 Vorwiegend wegen dieser archaischen Namensform haben zahlreiche Ausleger die Einheit von 17-19 behauptet. — C U L L M A N N S Erwägung, wonach Simon durch das βαριωνα (Terrorist) als Angehöriger der Zelotenpartei gekennzeichnet sei, von wo aus sich die Deutung des Messiasbekenntnisses als eines politischen natürlich nahelegt, erscheint uns allzu unwahrscheinlich (vgl. Petrus 17; Der S t a a t im NT, 1956, 8ff.; Christologie 124f.). Siehe dazu D I N K I E R , Petrusbekenntnis 144. 2 D. G E W A L T , Petrus. Studien zur Geschichte u n d Tradition des frühen Christentums (Diss. Heidelberg 1966. Masch.) sieht in J o h . 1,42 und Mt. 16,17ff. „zwei unabhängige Ausgestaltungen einer Tradition" (58). Mit Berufung auf Gen. 17,5 (15) und 32,29 (35,10) L X X zeigt er, daß das F u t u r κληθήση einen Namenswechsel nicht f ü r die Z u k u n f t verheißt, sondern einen gegenwärtigen Vollzug ausdrückt ; (ob auch der vierte Evangelist diese Tradition so verstanden wissen will, ist eine andere F r a g e ; vgl. B U L T M A N N , J o h E v . z.St.). — Die auffälligste Parallele zu Mt. 16,17 ff. ist die Verleihung des Namens „Zufluchtss t a d t " an Aseneth (JosAs). E s ist die Umkehr der J u n g f r a u , die bewirkt, daß ihr N a m e unauslöschlich ins Lebensbuch eingeschrieben wird, die ihr άνακαινισθηναι, άναπλασθήναι und άναζωοποιηθήναι bewirkt, die ihre Teilhabe a m „Lebensb r o t " u n d dem „mit Unsterblichkeit gefüllten Kelch" ermöglicht u n d sie zum sicheren Zufluchtsort f ü r „viele" (semitisch f ü r „alle") Völker m a c h t ( B A T I F F O L 61) ; siehe oben S. 126f. u n d S. 225 Anm. 5. Vgl. auch JosAs ( B A T I F F O L 69, 16ff.) : ευλογημένη σύ, γύναι, τω θεφ τω ύψίστφ, και εύλογημένον τό δνομά σου εις τούς αιώνας, διότι κύριος ó θεός έθεμελιώσε τά τείχη σου, καΐ οί υιοί του ζώντος θεοϋ ένοικήσουσιν έν τη πόλει της καταφυγής σου, καΐ κύριος ό θεός βασιλεύσει αύτών εις τούς αιώνας. Dabei ist zu bedenken, daß „Zufluchtsstadt" Eigenname ist. — Auch bei Plutarch (de sera num. vind. 22 ff.) folgt auf die Vision der Namenswechsel als Ausdruck der Gabe neuen Lebens ; vgl. A. D. N O C K , Conversion a n d Adolescence 173 (in: Pisciculi. Dölger-Festschrift 1939, 165-177). 3 Vgl. aber schon H . W I N D I S C H , TKR 5, 255 f. 4 Vgl. H A E N C H E N , Komposition 9 9 .
Das Petrusbekenntnis von Caesarea-Philippi (Mk. 8,27—9,1 parr.)
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Jesuswort"1 tradiert worden. Dagegen scheint uns vielmehr, daß man B T T L T M A N N S Vermutung, das Petrusbekenntnis in der Markusperikope erfordere eine Antwort Jesu, von der Beobachtung des von Matthäus aufgenommenen Überlieferungsstückes her umkehren muß: Jesu mit dem auffällig betonten κάγώ δέ σοι λέγω eingeleitetes Wort an Petrus kann seinerseits nur als Antwort auf ein vorangegangenes Wort des Petrus an Jesus verstanden werden. Seine Überlieferung ist schwerlich anders als in solcher Gestalt vorstellbar. Sollte dieses Wort Simons an Jesus in dem über den Markustext hinausgehenden (συ ε!) ò υιός του θεοϋ του ζώντος (V. 16) des Petrusbekenntnisses enthalten sein? Das erscheint uns tatsächlich recht wahrscheinlich. Dann hätte Matthäus also nicht zunächst ein markinisches Messiasbild durch die liturgische Erweiterung des in Mk. 8,29 vorgefundenen Christusbekenntnisses korrigiert, sondern eine verwandte Bekenntnisszene, worin ebenfalls Petrus der Sprecher war, mit der Caesarea-PhilippiPerikope kombiniert. Zweifellos ist diese von Matthäus aufgenommene Tradition sehr alt. Das Bild vom Bau der έκκλησία und den gegen sie andringenden πύλαι αδου weist, wie oft — und besonders nachdrücklich mit überzeugendem Vergleichsmaterial von P . V I E L H A U E R 2 — gezeigt worden ist, in alttestamentlich-jüdisches Milieu3. Auch die „Binde"- und „Löse"-Terminologie muß aus rabbinisch-synagogalem Brauch und darf schwerlich aus der Zauberpraxis erklärt werden4. Schließlich legt auch das durch seinen möglicherweise übersetzungsbedingten Genuswechsel nicht ganz glückliche Wortspiel Πέτρος — πέτρα die Annahme einer semitischen Sprachgrundlage nahe5. 1
V Ö G T L E , B Z 2, 95. Oikodome 9FF. und 70FF.
— Zur Personifizierung der Tore vgl. A. S. K A PELRUD, The Gates of Hell and Guardian Angels of Paradise (Journal of the American Oriental Society 70, 1950, 1 5 1 - 1 5 6 ) ; J. M A I E R , Gefährdungsmotiv 30. 3 Vgl. besonders O . C U L L M A N N , ThW V I / 9 4 F F . ; D E B S . , Petrus 183FF. — Zum Schlüsselbild siehe J . J E R E M I A S , Art. κλεΐς ThW I I I / 7 4 3 ff. 4 Vgl. besonders B I L L I . zu Mt. 16,19 und 18,18; ferner F . B Ü C H S E L , Art. δέω (λύω) ThW 11/59-60; J. WELLHAUSEN, Das Ev. Matthäi. 2. Aufl. 1914, 81; R. BULTMANN, SynTr. 147f. u.a. — Damit erledigen sich die Versuche, das „Binden" und „Lösen" aus der Zauberpraxis zu erklären; vgl. als den dafür repräsentativsten Versuch A. D E L L 38ff. 5 So die meisten Kommentatoren. — Angesichts der gehäuften Semitismen in unseren Versen kann man die „schwerwiegenden Bedenken" D E L L S gegen eine semitische Sprachgrundlage kaum teilen. Das Stück sieht — trotz der von D E L L (22ff.) gegebenen Analogien — nicht nach einer griechisch konzipierten Volksetymologie aus. — Freilich ist eine ursprünglich syrische Fassung gut möglich (siehe unten). D E L L begründet seine Bedenken mit W E L L H A U S E N S Beobachtung, daß das von B L A S S im Anschluß an Euseb gestrichene ταύτη vor πέτρα „formell allerdings störend (sei), weil es, da das Appellativ Kepha weiblich ist, dazu zwingt, im Aramäischen einen Genuswechsel hervortreten zu lassen" ( W E L L H A U S E N , Mt. 8 0 ) . — In anderem Zusammenhang macht E . B U R R O W S , Some Cosmological Pattems in Babylonian Religion (in: S. H. HOOKE (Ed.), 2
15·
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Dennoch aber scheint es uns unmöglich, die Szene als eine wirkliche Begebenheit im Leben Jesu anzusehen — etwa in der Situation der „Abschiedsreden" des irdischen Jesus von seinen Jüngern, wie C U L L 1 2 MASTN vermutet . Gegen alle neueren „Rettungsversuche" ist „die 3 Kirchengründung auf Petrus im Munde Jesu undenkbar" . Jesu völlig unesoterische eschatologische Verkündigung angesichts der nahen βασιλεία schließt die Gründung einer Sondersynagoge durch den Irdischen aus4. „Die Stiftung der Kirche erfolgte durch die Erscheinungen des Auferstandenen; sie setzt Jesu Tod voraus. Das Urteil über ihre Legitimität ist kein anderes als das Urteil über die Wahrheit des Osterglaubens selbst."6 Hinzu kommt eine Beobachtung D I N K L E R S , der gezeigt hat 6 , daß trotz der Mk. 3,16 berichteten Verleihung des Petrusnamens an Simon die Petrus-Anrede aus dem Munde Jesu in unserer Tradition auffällig fehlt7. Das zwingt zu dem Schluß, daß Simon den Beinamen „Petrus" erst in der Urgemeinde aufgrund seines Protophanieerlebnisses und seiner faktischen Führerrolle erhalten hat. Diese einleuchtende These sieht D I N K L E R durch das sehr alter Tradition entstammende ώφθ-η Σίμωνι (Lk. 24,34) 8 anstelle des jüngeren, diese The Labyrinth 1935, 45-70), 55ff., auf die Targumtradition aufmerksam, wonach der Tempelfelsen den Rachen der Tehom verschließt; vgl. Jes. 28,12; OdSal. 22, 12 (syr.). 1 Vgl. C U L L M A N N , Petrus 183ff.; D E E S . , T h W VI/104ff. C U L L M A N N sieht in Lk. 22,31 f. „eine genaue Parallele zu Mt. 16,17-19", er hält von J o h . 21,15ff. her, „das als direkte par. zu Mt. 16,17-19 in Betracht k o m m t " und eine entsprechende Szene im Leben Jesu voraussetze, die Petrusverleugnung samt ihrer Ankündigung f ü r historisch (vgl. dagegen aber die Ausführungen von G . K L E I N , Die Verleugnung des Petrus, Z T h K 58, 1961, 285-328; siehe dazu aber auch unten S. 230 Anm. 7. Vgl. ferner BULTMANN, SynTr. 290 u n d Ergänzungsheft 43). C U L L M A N N datiert die Petrusverheißung deshalb als Parallelüberlieferung zu Lk. 22,31—34 ( ! ) in die Leidensgeschichte (ThW VI/105). Siehe schon WINDISCH, T h R 5, 2 5 4 . 2
Vgl. O B R I S T 22ff. H . VON CAMPENHAUSEN, Kirchliches A m t u n d geistliche Vollmacht in den ersten drei J a h r h u n d e r t e n , 1953, 140f. ; vgl. auch Η . THYEN, Art. „Schlüsselgewalt" 4 Vgl. dazu W . SCHRÄGE, 'Ekklesia' u n d 'Synagoge' (ZThK 60, 1963, 178202), 201. 5 H . CONZELMANN, Art. „Jesus Christus" R G G III/646. • E s handelt sich u m D I N K L E R S f ü r Neutestamentier leider nahezu „apok r y p h e " Studie: Die ersten Petrusdarstellungen. E i n archäologischer Beitrag zur Geschichte des Petrusprimates. (Marburger J a h r b u c h f ü r Kunstwissenschaft X I . Separat: Marburg 1 9 3 9 ) ; vgl. jetzt auch E . D I N K L E R , Art. „ P e t r u s " R G G V/247-249; sowie DERS., T h R 25 u n d 27 (siehe oben S. 219 Anm. 3 a). 3
7
8
E . DINKLER, P e t r u s d a r s t e l l u n g e n
2ff.; vgl. DERS., T h R
25,
196f.
Zu dem konservativen Versuch von H . R H E I N F E L D E R (Philologische Erwägungen zu Mt. 16,18, BZ 24, 1938, 139-163) dies P h ä n o m e n dadurch zu erklären, daß Jesus dem Simon den neuen N a m e n nicht verliehen, sondern n u r verheißen habe (151), u n d daß er erst in der aramäischen nachösterlichen Gemeinde zum Eigennamen geworden sei, h a t D I N K L E R (ThR 25, 197) bereits das Notwendige gesagt.
Das Petrusbekenntiiis von Caesarea-Philippi (Mk. 8,27—9,1 parr.)
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Osterrolle Simons schon spiegelnden ώφθ-η Κηφα von l.Kor. 15,5 bestätigt 1 . Als vorläufiges Resultat können wir festhalten: Matthäus hat die Caesarea-Szene des Markus mit einem alten Protophaniebericht kombiniert. In dieser Erzählung hat Simon als erster Zeuge des Auferstandenen das Bekenntnis gesprochen: „Du bist der Sohn des lebendigen Gottes" und ist dafür vom erhöhten Herrn mit dem Petrusnamen belehnt und zum Fundament und Leiter der Kirche bestellt worden. Diese Hypothese kann durch weitere Beobachtungen erhärtet werden: Da nach der alten, noch ein frühes, nämlich adoptianisches und damit vorpaulinisches Stadium der Christologie verratenden, von Paulus Rom. l,3f. zitierten Bekenntnisformel 2 Jesus „seit der" oder „durch die" Auferstehung von den Toten (έξ άναστάσεως νεκρών) als Gottessohn eingesetzt ist (ορισθέντος υίοϋ tì-εοΰ έν δυνάμει κτλ.), weist auch das Bekenntnis Simons zum υιός τοϋ ·9-εοϋ του ζώντος möglicherweise in die Ostertradition3. 1 Vgl. bereits K. G . G O E T Z , Petrus als Gründer u n d Oberhaupt der Kirche 1927, 67f.; ferner: H . C O N Z E L M A N N , Analyse 8f. — Schon W E L L H A U S E N h a t zu Mt. 16 geäußert: „Die Gemeinde ist nicht von Jesus, sondern erst durch die Auferstehung gegründet, u n d Petrus h a t daran das Verdienst, weil ihm der Auferstandene zuerst erschien — das liegt zugrunde" (EvMt. 80); vgl. auch D. W . R I D D L E , The Cephas-Peter Problem a n d a Possible Solution (JBL 59, 1940, 169-180), 178. — I m übrigen scheint uns aber R I D D L E S Versuch, einen Kephas als den ersten Osterzeugen von dem historischen Jünger Simon zu unterscheiden und ihre (fälschliche!) sekundäre Identifikation zu behaupten, eher eine „impossible solution" des Problems zu sein. — Vgl. noch H . VON C A M P E N H A T J S E N , Der Ablauf der Osterereignisse u n d das leere Grab (SAH 2. Aufl. 1958; = Tradition und Leben, Aufsätze u n d Vorträge 1960, 48-113), 59ff. ; H . G R A S S , Ostergeschehen u n d Osterberichte. 2. Aufl. 1962, 35ff. 2 Vgl. die K o m m . z.St. ; ferner: E . S C H W E I Z E R , R o m . l , 3 f . u n d der Gegensatz von Fleisch und Geist vor und bei Paulus (EvTh. 15, 1955, 563-571); F . H A H N , Hoheitstitel 251 ff. (ebd. 251, Anm. 3 eine Übersicht über die neuere Literatur); P. V I E L H A U E R , Erwägungen 162; W. K R A M E R 105ff. 3 Zum formelhaft gebrauchten δρίζειν als Einsetzung oder Inthronisation des Auferstandenen in die Mossiaswürde vgl. Apg. 10,42; 14,42; 17,31. Zur Sache sind die Tauf- u n d Verklärungsperikopen (Mk. l , 9 f f . par. und 9,2ff par.) zu vergleichen; siehe dazu V I E L H A U E R , Erwägungen. I n Apg. 13,33 wird die Sohneswürde des Auferstandenen mit dem Zitat von Ps. 2,7 begründet; vgl. Apg. 2,36; Hebr. 1,5. — D a ß diese Verwendung des Sohnestitels im Zusammenhang der Erhöhungsvorstellung erst unter dem Eindruck der Parusieverzögerung ausgebildet worden sei u n d somit ein sekundäres Traditionsstadium darstelle (so H A H N , Hoheitstitel 290ff.), ist eine haltlose Konstruktion (vgl. V I E L H A U E R , E v T h . 25, 63ff.) u n d beruht auf H A H N S falscher Einschätzung der Bedeutung der Praesenz des E r h ö h t e n in der ältesten Christenheit; vgl. D. G E O R G I , Phil. 2 (Zeit und Geschichte), 292; sowie D E R S . , Kollekte 25. — Darf m a n in d e m von uns vermuteten Petrasbekenntnis das θεός ζών im Sinne von Rom. 4,17 verstehen und auch darin einen Hinweis auf die Auferstehung erblicken? (vgl. dazu W . W. G R A T B A U D I S S I N , Adonis und E s m u n 1911, 450if.).
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Die „Schlüsselgewalt" als eschatologische Dimension des Kerygmas
Es kommt hinzu, daß in dem Nachtragskapitel zum Johannesevangelium (Joh. 21,15-23) 1 gleichfalls die Beauftragung Petri mit der Gemeindeleitung durch den Auferstandenen berichtet wird 2 . Dabei kann es in unserem Zusammenhang auf sich beruhen, ob der Verfasser von Joh. 21 „den verlorenen Markusschluß gekannt und verarbeitet" hat 3 . Vieles spricht jedoch dafür, daß diese Protophanieberichte vor Petrus, wie Mk. 16,7 f. erwarten läßt, ursprünglich am See in Galiläa lokalisiert waren 4 . Man muß dann auch Joh. 21,1-14 und Lk. 5, Iff. in den Kreis der Betrachtung miteinbeziehen 5 . S T A U F F E K S Vermutung, daß Lukas mit der knappen Notiz λέγοντας ότι όντως ήγέρθη ó κύριος και ώφθη Σίμωνι (24,34) einen „ihm vorliegenden Protophaniebericht" verkürzt habe, „weil eine galiläische Erscheinung nicht in sein Konzept paßt" 6 , verdient ernsthafte Erwägung. Schließlich scheint auch das archaische Logion Lk. 22,31 f. eine österliche Beauftragung Simons mit der Gemeindeleitung durch den Auferstandenen zu spiegeln 7 . 1 Vgl. die K o m m . — Dieser Nachtrag m u ß sehr f r ü h erfolgt sein, denn K a p . 21 fehlt in keiner unserer Handschriften. Sprache u n d Stil weisen in die Schule des 4. E v . Vermutlich ist der Verfasser von J o h . 21 mit dem „kirchlichen R e d a k t o r " des Evangeliums (BUITMANN) identisch und zugleich der erste Editor des Johannesevangeliums. Da der P a p y r u s 52 die Verbreitung des Evangeliums f ü r die Zeit u m 100 in Mittelägypten beweist (vgl. dazu J . J E R E MIAS, Das neugefundene Fragment des Johannesevangeliums, ThBl. 15, 1936, 97-99), das Evangelium aber in Syrien oder gar Kleinasien entstanden ist, haben wir in J o h . 21,18f. das früheste Zeugnis f ü r das Martyrium des P e t r u s vor uns. 2 Vgl. die K o m m , u n d G. K L E I N , Verleugnung 287ff. (Lit.). Vgl. die Anrede Σίμων Βαριωνά von Mt. 16,17 mit dem dreimaligen Σίμων 'Ιωάννου (Joh. 21, 1 5 . 1 6 und 1 7 ) ; siehe auch O B R I S T 1 3 6 . 3 So S T A U F F E R , ZKG 6 2 , 1 8 . S T A T J F F E R S Aufsatz enthält zahlreiche f ü r unsere Frage fruchtbare Anregungen; nur fehlt ihm leider die methodische Kontrolle seiner emphatischen Urteile. Zum Problem des Markusschlusses vgl. die Einleitungen und Kommentare. 4 Vgl. S T A U F F E R , ZKG 62, 14; H . V O N C A M P E N H A U S E N , Osterereignisse 59ff. ;
H . GRASS 7 4 ff.
5 Vgl. die K o m m . ; S T A U F F E R , ZKG 62, 19f.; V O N C A M P E N H A U S E N , ebd. 57; G. K L E I N , Die Berufung des Petrus, Z N W 58, 1967, 1-44. — Proskynese u n d Bekenntnis des Petrus (Lk. 5,8f.) sind typische Epiphaniereaktionen (vgl. Jes. 6 u n d siehe R . B U L T M A N N , Untersuchungen zum J o h E v . , Z N W 29,1930, 169-192 ; 182 ff. = Exegetica 124-197; 186ff.). 8
7
STAUFFER,
ZKG
62,
19.
Vgl. dazu B U L T M A N N , SynTr. 287 u n d Ergänzungsheft, sowie K L E I N , Verleugnung 298ff. (Lit.). Die doppelte Simon-Anrede weist in ein traditionsgeschichtlich frühes Stadium; die Verbindung mit der Verleugnungsweissagung ist deutlich sekundär (anders C U L L M A N N , siehe oben S . 228 Anm. 1 ) , sie s t a m m t erst von Lukas. Ob er den Ausgleich so hergestellt hat, daß er das έπιστρέψας in seine Vorlage einfügte (so B U L T M A N N u n d K L E I N ) , oder ob das έπιστρέψας eine nachträgliche Korrektur der Lesart σύ δέ έπίστρεψον καί στήρισον D it v a r sa u . a . ist (so mit ausführlicher Begründung S T A U F F E R , Z K G 62, 20, Anm. 58; die Lesart ist auch in der neuesten Nestleauflage noch nicht verzeichnet!), brauchen wir nicht zu erörtern. Die Beauftragung des Petrus mit der Gemeindeleitung ist jedenfalls deutlich. ·— Freilich ist die Rede von der Unbeirrbarkeit des Petrusglaubens in Lk. 22,31 f. nicht als entscheidendes Indiz gegen die Historizität der Petrusverleugnung zu gebrauchen, denn so einlinig ist die
Das Petrusbekenntnis von Caesarea-Philippi (Mk. 8,27—9,1 parr.)
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Über die Entstehungszeit der Mt. 16 zugrunde liegenden petrinischen „Primatbeauftragung" scheint uns immer noch WELLHAUSENS Vermutung ganz zu Recht zu bestehen: „Aber man kann nicht annehmen, daß diese Zeilen noch bei Lebzeiten des Petrus geschrieben seien, so daß er sie selbst noch hätte lesen können." 1 Das ganze Stück erweckt den Eindruck, als werde hier ein Märtyrer gepriesen und seinen Nachfolgern Trost in den Verfolgungen zugesprochen2. Jerusalem ist schwerlich der Ursprungsort der Szene, denn hier hatte schon früh, zunächst ein στύλο t-Kollegium und danach alsbald der Herrenbruder Jakobus den Apostel Petrus aus seiner Führerrolle verdrängt 3 . Auch eine petrinische Restaurationsbewegung in Jerusalem nach dem Märtyrertod des Herrenbruders, für die unsere Quellen keinerlei Anhalt geben, will uns als Ursprungsort des Petruslogions nicht recht einleuchten 4 . Vieles spricht für eine antiochenische Entstehung in der Zeit nach der Überlieferung wohl k a u m verlaufen (vgl. D I N K X E B S Einwand gegen K L E I N ; Petrusbekenntnis 132). K L E I N S Versuch, hinter den drei Verleugnungen des Petrus seinen dreimaligen „Frontwechsel" in der Urgemeinde nachzuweisen (Verleugnung 312ff.), ist überscharfsinnig, verkennt den ausgesprochen novellistischen Charakter der Erzählung (vgl. D I B E L I U S , Formgeschichte 215ff.), läßt das volkstümliche Motiv des Dreimaligen unberücksichtigt u n d bricht zu f r ü h aus der formgeschichtlichen Fragestellung in die Historie aus. Daß diese Geschichte den ersten Osterzeugen u n d Apostel belasten und diffamieren könne, ist erst neuzeitlichem Persönlichkeitsdenken und pietistischem Glaubensverständnis eingefallen. U m sie zu verstehen, braucht m a n nicht innergemeindlichen Führungskämpfen u n d Frontwechseln nachzuspüren. Hier soll Petrus so wenig „eins ausgewischt werden", wie die Notiz „Als er n u n seine Apostel . . . auswählte, Leute, die in ihrer Gottlosigkeit über jedes Maß von Sünde hinausgegangen waren, u m zu zeigen, daß er nicht gekommen war, Gerechte zu rufen, sondern Sünder, da machte er offenbar, daß er Gottes Sohn sei" (Barn 5,9) die Jünger diffamieren will. Man braucht nicht einzuwenden, gerade dieser R u f an den Sünder fehle ja in der Petrusgeschichte, denn eine Petrus als ihren Gründer u n d Apostel verehrende Gemeinde bedurfte solcher Ergänzung nicht. — Es sei in diesem Zusammenhang noch einmal an die Bekehrung der Aseneth erinnert (siehe oben S. 226 Anm. 2). 1 J . W E L L H A U S E N , EvMt. 80. 2 Die Rede von den Hadespforten als den eschatologischen Drangsalen weist auf die gegenwärtige Bedrängnis, die die Gemeinde aber im treuen Festhalten an der petrinischen Tradition (siehe unten) meistern wird; vgl. auch D I N K X E B , T h R 27, 37. 3 Vgl. dazu G. K L E I N , Verleugnung 312ff. ; E. D I N K I E R , Art. „ P e t r u s " RGG V/248 f. ; DEES., ThR 25, 195ff. ; 27, 34ff. — Das Logion 12 des T h o m E v . („Es sprachen aber die Jünger zu Jesus: Wir wissen, daß du von uns gehen wirst. Wer ist's, der groß sein wird über uns ? — Jesus sprach zu ihnen : Am Ort, wohin ihr gekommen seid, werdet ihr zu J a k o b u s gehen, dem Gerechten, dessentwegen der Himmel und die Erde geworden s i n d " ; Übersetzung von E. H A E N C H E N in: K . A L A N D , Synopsis Quattuor Evangeliorum, 2. Aufl. 1964, 519) ist ein deutlicher Reflex dieser Auseinandersetzungen, vgl. dazu D I N K L E B , T h R 27, 36f. Auch die anschließenden Logien des T h o m E v . sind zu beachten! 4 Freilich nur als „eine von verschiedenen Möglichkeiten" vermutet das D I N K L E R , T h R 2 7 , 3 7 . — Gegen einen Jerusalemer Ursprung auch H . V O N C A M P E N H A U S E N , Kirchl. A m t 142 f.
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Die „Schlüsselgewalt" als eschatologische Dimension des K e r y g m a s
dortigen Auseinandersetzung zwischen Petrus und Paulus1, die zwar mit einer öffentlichen (εμπροσ-9-εν πάντων Gal. 2,14), den Urapostel der Heuchelei bezichtigenden Zurechtweisung des Petrus durch Paulus begann, aber wie H A E N C H E N richtig beobachtet hat, mit dem Sieg des Petrus und dem Abzug des Paulus endete2. Bei der durch die Intervention von Jerusalemer Abgesandten des Jakobus (τίνας άπό Ιακώβου Gal. 2,12) ausgelösten Auseinandersetzung ging es um die Frage danach, was nach dem Gesetz „erlaubt" und was „verboten" ist. Man darf also annehmen, daß das Auftreten des Petrus in Antiochia dem gesetzesfreien Evangelium des Paulus gegenüber eine spürbare nomistische Reaktion im Gefolge gehabt hat 3 . In solcher Situation scheint uns mit G. BORNKAMM 4 der Ursprungsort des Petruslogions zu liegen. Yon dieser Problematik her haben seine Urheber das „Binden" und 1 Vgl. Gal. 2, l l f f . Die Szene spielt eindeutig n a c h d e m Apostelkonvent. N a c h Gal. 2,3 f. k a n n es ü b e r h a u p t keine Frage sein, d a ß auf d e m K o n v e n t v o n einer durch die intrigierenden „eingeschlichenen F a l s c h b r ü d e r " vertretenen radikalen nomistisch-judenchristlichen Minderheit die F o r d e r u n g nach der Beschneid u n g des Titus erhoben worden ist. Schon seine M i t n a h m e z u m K o n v e n t ist von P a u l u s als Demonstration gemeint. D a r u m besteht H A E N C H E N S V e r m u t u n g : „Tatsächlich sind j a jene Verhandlungen in J e r u s a l e m n u r nötig geworden, weil m a n von den Heidenchristen Antiochias die A n n a h m e der Beschneidung verlangt h a t t e " (Apg. 12. Aufl. 409) völlig zu R e c h t . Der E i n w a n d von W . SCHMITHALS (Paulus u n d J a k o b u s . F R L A N T 8 5 , 1963, 30), d a ß d a n n Gal. 2 , 2 a „ganz unverständlich w ä r e " , ist uns seinerseits ganz unverständlich. P a u l u s will doch sagen, d a ß er nicht vor die Jerusalemer „ K i r c h e n b e h ö r d e " zitiert wurde, weil er den Heidenchristen gegenüber auf die Beschneidungsforderung verzichtet h a t t e , sondern d a ß er s a m t B a r n a b a s a u f g r u n d einer von Charismatikern in der antiochenischen Gemeindeversammlung erteilten „ k o n k r e t e n Anweisung" als offizieller Abgesandter der Gemeinde nach Jerusalem geschickt wurde (vgl. zu diesem Sprachgebrauch von „ O f f e n b a r u n g " L Ü H R M A N N 39ff.). Die Jerusalemer Verhandlungen, deren Anlaß „eine weitgespannte kirchliche I n t r i g e war, die schon vorher in den heidenchristlichen Gemeinden Antiochiens u n d der U m g e b u n g gespielt h a t t e " (GEORGI, Kollekte 15), endeten m i t einer Abweisung der radikalen nomistischen Forderungen u n d der vertraglichen Anerkennung der gesetzesfreien Heidenmission des P a u l u s . — Das sogenannte „Aposteldekret" (Apg. 15,24ff.) k ö n n t e aber sehr wohl ein nachträglicher Erfolg der I n t r i g a n t e n bei J a k o b u s sein (vgl. Gal. 2,6 u n d siehe GEORGI, Kollekte 19f.). D a ß es Lk. lediglich „aus Kreisen des D i a s p o r a j u d e n t u m s " zugeflossen sei (SCHMITHALS, P a u l u s u n d J a k o b u s 84), ist höchst unwahrscheinlich.Die „beschränkte Adresse" (Apg. 15,23) zeigt, d a ß Lk. hier ein Quellenstück verarbeitet (vgl. gegen H A E N C H E N schon M. D I B E L I U S , Aufsätze zur Apg. 3. Aufl. 1957, 8 9 ; R . BULTMANN, Zur Frage nach den Quellen der Apg, in: NT-Essays. Studies in Memory of T H . W . M A N S O N 1959, 6 8 - 8 0 = Exegetica 412-423). 2 E . H A E N C H E N , Apg. 4 1 6 F F . ; vgl. aber schon B . W . B A C O N , P e t e r ' s T r i u m p h a t Antioch ( J R 9, 1929, 204-233), der das R e s u l t a t des Konflikts als „ a n a p p a r e n t l y disastrous d e f e a t " (206) f ü r P a u l u s bezeichnet. Siehe a u c h G. B O R N KAMM, Der Auferstandene u n d der Irdische (Zeit u n d Geschichte 171-191), 184f. 3 Siehe oben A n m . 1. — Die „ L e u t e aus der Beschneidung" (οί έκ περιτομής) von Gal. 2,12 sind keinesfalls J u d e n (so SCHMITHALS, P a u l u s u n d J a k o b u s 54ff.), sondern eine radikale judenchristliche P a r t e i ; vgl. D . G E O R G I , Kollekte 15f. 4 Der Auferstandene u n d der Irdische 183 ff.
Das Petrusbekeimtnis von Caesarea-Philippi (Mk. 8,27—9,1 parr.)
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„Lösen" offenbar verstanden1. Allein Petrus — und die in seiner Nachfolge stehende Gemeinde — vermag mit himmlischer Kompetenz zu entscheiden, was „verboten" und was „erlaubt" ist. So kommt es erst in der theologischen Auseinandersetzung um die Gesetzesfrage zur Bildung einer petrinischen „Primatsidee"2, die freilich allein eine auf die Sache der „rechten Lehre" bezogene und nicht eine durch institutionelle Sukzession geregelte „amtliche" ist3. Auch die Verwendung des Begriffs der έκκλησία (Mt. 16,18), dem, wie SCHRÄGE gezeigt hat 4 , von Anfang an ein dem hellenistischen Christentum entstammender Protest dagegen innewohnt, „das Gesetz als nota ecclesiae zu betrachten"5, weist auf den Einbruch einer spezifisch judenchristlichen Gesetzestradition in den Raum hellenistischer Theologie hin·. 1 Siehe oben S. 227 Anm. 4 u n d vgl. besonders BILL. I/738ff. — D a ß hier nicht die Exkommunikations-, sondern die Lehrgewalt im Vordergrund steht, h a t B I L L E R B E C K richtig beobachtet; vgl. R . B U L T M A N N , SynTr. 147f. Auch das Bild der Schlüsselgewalt, das im R a b b i n a t die Lehrautorität bezeichnet (BILL. 1/737. 741; J . JEREMIAS, T h W III/748ff.), legt dieses Verständnis nahe. J a , mehr noch, m a n wird mit J E R E M I A S (ebd.) die Verleihung der Schlüssel auf der Folie von Mt. 23,13 sehen müssen: Wie die Rabbinen durch ihre falsche Toraauslegung den Himmel verschließen, so wird Petrus durch seine von Jesus selber überkommene richtige Gesetzesauslegung den Himmel aufschließen; vgl. A. VÖGTLE, Art. „Binden und Lösen" (LThK 11/480-482). — Sehr deutlich sieht K . L. CABOLL, Thou art Peter (NovTest. VI, 1963, 268-276), den Hintergrund von Mt. 16,17ff. in dem Streit u m das Gesetz. Unter Verweis auf das Logion 12 des T h o m E v . (siehe oben S . 2 3 1 Anm. 3) formuliert er: „Peter, according to this group, should determine how much (or how little) of t h e Jewish Law would be binding on t h e Gentile converts" (275) u n d weiter: „Matthew XVI/17-19 is, in a sense, a 'Declaration of Indépendance' produced b y the church in Antioch" (276). — Zur Bedeutung der petrinischen Lehrautorität vgl. auch R . HUMMEL, Die Auseinandersetzung zwischen Kirche und J u d e n t u m im Matthäusevangelium (BEvTh. 33, 2. Aufl. 1966), 59ff.; ferner:
H . VON C A M P E N H A U S E N , A m t 1 4 1 ; G . B O R N K A M M , D e r A u f e r s t a n d e n e u n d
der
Irdische 184 f.; E.SCHWEIZER, Gemeinde und Gemeindeordnung im N T (AThANT 35, 1959), 52. 2 Hier h a t also in der Tat eine „ P e t r u s p a r t e i " die der ganzen Gemeinde zugesprochene Vollmacht f ü r sich allein reklamiert (siehe oben S. 218 Anm. 2). — Der Versuch von D. G E W A L T (56f.), das „Binde- u n d Löse-Wort" in Kapitel 16 als eine selbständige Bildung des Matthäus aufgrund seiner in 18,18 benutzten Vorlage zu erweisen, ist mißlungen. G E W A L T übersieht den fundamentalen Bedeutungsunterschied (siehe unten §10 zu Mt. 18,18) und beurteilt die Petrusrolle in der vormatthäischen Tradition falsch. Ebenso schon A. D E L L , Ζ N W 15, 49. 3 Siehe unten S. 234. 4 W . S C H R Ä G E , 'Ekklesia' u n d 'Synagoge' ; vgl. aber schon G O O D E N O U G H , Light 205, 309. 5
SCHRÄGE, e b d . 2 0 1 .
• Vgl. G. BORNKAMM, Der Auferstandene u n d der Irdische 183ff. „Die endzeitliche Bedrohung der Kirche besteht vor allem im innerkirchlichen 'Überhandnehmen der Gesetzlosigkeit' (24,12). Sie zu überwinden, ist die Lehrgewalt des P e t r u s bestimmt. Wenn m a n mit G. B O R N K A M M (in: Überlieferung und Auslegung im MtEv., WMA N T 1, 4. Aufl. 1965, 42, Anm. 2) die πύλαι αδου auf die der Parusie vorangehenden Drangsale deutet, wird dieser Sachverhalt
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Die „Schlüsselgewalt" als esohatologische Dimension des Kerygmas
Sollte die Petrusgeschichte (Mt. 16) dem ersten Evangelisten noch erkennbar als österliche Beauftragung Petri durch den Auferstandenen vorgelegen haben — und wir halten das für nicht unwahrscheinlich 1 —, so macht doch die gesamte theologische Tendenz seines Evangeliums verständlich, warum er sie einerseits wohl aufnehmen, sie aber andererseits als Ostergeschichte nicht gebrauchen konnte, und sie deshalb ad vocem des Christusbekenntnisses von Caesarea-Philippi seiner Markusvorlage ins Leben Jesu retrojizieren mußte. Er konnte sie aufnehmen, weil sie Elemente enthielt, die seine eigene antienthusiastische Tendenz zum Bleiben in der rechten Lehre des Herrn 2 und zum Festhalten an jedem J o t a und Häkchen des Gesetzes 3 , um so die „bessere Gerechtigkeit" zu verwirklichen 4 , unterstützten, und weil er in ihr sein eigenes Kirchenverständnis in gewisser Weise vorgebildet fand 5 . Freilich hat Matthäus dabei — wie schon seine Markusvorlage — in Petrus nur den Sprecher und Repräsensanten der Kirche, nicht ihren Primas gesehen, der aber für ihn — im Unterschied zu Markus — zugleich der legitimierte Garant der rechten Toralehre ist, die die Kirche von ihrem irdischen Herrn als bleibendes und verpflichtendes Vermächtnis übernommen hat. Obwohl es in der Konsequenz eines derartigen nomistischen Kirchenverständnisses läge, diese Lehrautorität nach dem Vorbild der Synagoge durch „Ordination" sukzessiv weiterzuvermitteln®, läßt nichts darauf schließen, daß der erste Evangelist diese Konsequenz gezogen hätte. Im Gegenteil: Nicht nur die Wiederholung des „Binde"- und „Lösewortes" im Zusammenhang der sogenannten Gemeinderegel (18,18) macht deutlich 7 , daß Matthäus nicht willens ist, an eine vollends deutlieh. Die Lehrgewalt des Petrus macht die Kirche gegenüber der apokalyptischen Gefährdung durch die άνομία unüberwindlich" ( R . H U M M E L 6 5 , ANM. 44). 1
Vgl. schon H . WINDISCH, T h R 5, 253f. Vgl. dazu die Untersuchung von R . H U M M E L ; sieher ferner: W . T R I L L I N G , Das wahre Israel (Stud. ζ. A u. N T X, 1964), der die Intention des Evangelisten treffend charakterisiert: „Formal gesehen ist der Inhalt der Lehrverkündigung nicht die Predigt von Kreuz und Auferstehung, nicht das εΰαγγέλιον des Markus oder die μετάνοια είς όίφεσιν αμαρτιών des Lukas (Lk. 24,27), sondern das Gebot Jesu Christi" (38). Vgl. aber von allem noch G. BORNKAMM, Der Auferstandene und der Irdische. 3 Mt. 5 , 1 8 und siehe dazu H U M M E L 66FF. 4 Mt. 5,20; vgl. 6,33 und siehe K. STENDAHL, The School of Matthew and its Use of the Old Testament. Uppsala 1954, pass., besonders 28. 5 R . H U M M E L h a t in seiner Darstellung die — von G. S T R E C K E R , Der Weg der Gerechtigkeit ( F R L A N T 82, 1962) freilich allzu einseitig herausgestellte — jüdisch-hellenistische Komponente der matthäischen Theologie übersehen; vgl. dazu die Anm. 64 bei G. BORNKAMM, Der Auferstandene und der Irdische. β Vgl. E . L O H S E , Die Ordination im Spätjudentum und im N T , 1951 ; D E R S . , Art. „Ordination" RGG IV/1671f. — Jedenfalls wird von hier aus die Entwicklung der römischen Primatsidee begreiflich. 7 Siehe dazu unten § 10. 2
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„Petruspartei" abzutreten, was der Herr allen Christen vermacht hat 1 , sondern unmißverständlich wird ausgesprochen: ύμεΐς δέ μή κληθήτε ραββί, εις γάρ εστίν υμών διδάσκαλος, πάντες δέ ύμεΐς άδελφοί έστε. και πατέρα μή καλέσητε . . . μηδέ κληθήτε καθηγηταί . . . ó δέ μείζων ύμών έ'σται ύμών διάκονος2. Die Vollmacht des Erhöhten ist nicht einzelnen isolierten „Amtsträgern", sondern der Kirche gegeben. Matthäus formuliert bewußt pointiert und eindrucksvoll, daß die έξουσία des υιός του άνθρωπου jetzt τοις άνθρώποις gegeben ist 3 . Der den μα&ηταί vom Erhöhten gegebene Auftrag gilt, wie das Verbum μαθητεύειν prägnant ausdrückt, allen Christen4. Die letzte Entscheidung über Ausschluß oder Vergebung und damit die Wiederaufnahme eines sündigen Bruders fällt die versammelte εκκλησία6. In der Kirche des Matthäus ist kein Raum für einen beamteten Primas. Wie das gegenüber der Markusvorlage nicht etwa ausgelassene, sondern sogar noch verschärfte Satanswort zeigt (δπαγε οπίσω μου, σατανά" σκάνδαλον εϊ έμοϋ — 16,23), hat Matthäus die Geschichte nicht ad maiorem gloriam Petri aufgenommen, sondern um Begnadigung und Anfechtung der Christen exemplarisch darzutun 6 . 1
Siehe oben S. 218 Anm. 2. Mt. 23,8-11; vgl. die K o m m . z.St. sowie B U L T M A N N , S Y N T R . 154f. u n d Ergänzungsheft 24f. — Zwar bemerkt R . H U M M E L ganz richtig: „ D a s Verbot, sich mit den Ehrentiteln der jüdischen Schriftgelehrten anreden zu lassen, setzt die Existenz christlicher Schriftgelehrter voraus" (27); aber wird sie denn kritiklos vorausgesetzt und als Autorität anerkannt? Doch wohl schwerlich! Vgl. E . K Ä S E M A N N , Anfänge 164f.; E . H A E N C H E N , Mt. 23 (ZThK 48, 1951, 38-63), 42ff. — Auch umgekehrt vermeidet Matthäus die Anrede Jesu durch die Jünger als „ R a b b i " oder „Lehrer" und ersetzt sie, wo er sie in seinen Vorlagen findet, konsequent durch „ H e r r " . Das zeigt, wie wenig er — im Unterschied zu seinem judenchristlichen Hintergrund — vom rabbinischen Ordinationsinstitut her denkt (vgl. 8,25; 17,4; 20,33). S C H L A T T E R empfindet ganz richtig: „ D e n διδάσκαλος, der mit seelsorgerlicher Vollmacht gebietet und verbietet, h a t Matthäus in der Kirche nicht zugelassen" (Mt. 511). 3 Mt. 9,8; weiteres dazu siehe im folgenden Paragraphen. 4 Mt. 28,19; vgl. 13,52 und 27,57. Siehe dazu G. B O R N K A M M , in: Überlieferung 37ff. ; DERS., Der Auferstandene und der Irdische 182f. Damit ist die falsche Interpretation von G. S T R E C K E R (Weg 191 ff.) abgewiesen, wonach bei Matthäus eine ausgesprochene Historisierungstendenz vorliege, z.B. sei μαθηταί stets nur als Bezeichnung der Zwölf zu verstehen. Ebenso verfehlt ist die Feststellung, Matthäus habe die Jünger idealisiert (siehe dazu unten Anm. 6); die Idealisierungstendenz h a f t e t schon der gesamten vormatthäischen Tradition an. Nicht Idealisierung oder Historisierung, sondern im Gegenteil gerade die u m die Historie oft unbekümmerte Aktualisierung f ü r die Situation seiner Kirche ist das Kennzeichen der eigenen Handschrift des ersten Evangelisten; vgl. dazu nur die in dem Band „Überlieferung und Auslegung im M t E v . " gesammelten Untersuchungen von G. B O R N K A M M und seinen Schülern 2
BARTH u n d 5
HELD.
Vgl. den folgenden Paragraphen. e Vgl. G. B O R N K A M M , in: Überlieferung 44f.; ähnliche Korrekturen a m Petrusbild seines judenchristlichen Hintergrundes n i m m t Matthäus auch sonst vor: Gegen Jesu unzweideutiges Eidesverbot (5,33f.) f ü g t Matthäus in die Verleugnungsszene einen feierlichen Schwur Petri ein (26,72); gegen 5,39 zieht
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Die „Schlüsselgewalt" als eschatologische Dimension des Kerygmas
Sind damit schon implizit die Gründe angegeben, aus denen die Petrusgeschichte für Matthäus nicht als Ostergeschichte, und das heißt als Vermächtnis des scheidenden Herrn an seine irdische Gemeinde, in Frage kam, so kommt als wesentlicher Gesichtspunkt hinzu, daß ihr der den ersten Evangelisten bestimmende und ihm unentbehrliche Gedanke der Sendung der Jünger zu den Völkern der Welt als zu dem einem λαός του κυρίου (1,21) zur Rettung άπο των άμαρτιών αύτών fehlt 1 . Damit wird aber auch zweifelhaft, ob Matthäus das „Binden" und „Lösen" noch völlig im Sinn seiner Vorlage als die rechte Gesetzesauslegung verstanden hat. Doch darüber kann uns erst die Untersuchung der sogenannten „Gemeindeordnung" in Kapitel 18 Aufschluß geben, der wir uns nunmehr zuzuwenden haben.
§ 10. Matthäus 18,18 Da es uns hier vor allem auf die Bedeutung des Mt. 16,19 parallelen Verses 18 und seinen Sinn im Kontext des achtzehnten Kapitels sowie im Zusammenhang der Theologie des Matthäus ankommt, können wir die zahlreichen übrigen Probleme des Kapitels übergehen 2 . Ein Blick in die Synopse zeigt, daß Matthäus die bei Markus durch einfachen Stichwortanschluß verbundenen Logien (Mk. 9,33ff.) kunstvoll zu dem ersten Gang einer Jesusrede komponiert und durch das Gleichnis vom verlorenen Schaf abgeschlossen h a t 3 . Dabei muß man beachten, daß — anders als im 15. Kapitel des Lukasevangeliums, wo die Gleichnisse vom Verlorenen durch ihre Rahmung zur Rechtfertigung des „Verhaltens" Jesu dienen 4 und ihre Pointe in der Freude im gerade Petrus das Schwert ( 2 6 , 5 2 ) ; vgl. G. B A B T H , Das Gesetzesverständnis des Evangelisten Matthäus (in: Überlieferung 5 4 - 1 5 4 ) 1 3 6 . 1 Siehe oben S. 140 und vgl. G. BOENKAMM, Der Auferstandene und der Irdische 183ff. ; besonders 189f., der hier gegen die zu enge Interpretation von R. H U M M E L (136ff.) völlig im Recht ist. H U M M E L unterschätzt wiederum die Bedeutung der hellenistisch-universalistischen Komponente bei Mt. (siehe oben S. 234 Anm. 5). 2 Vgl. dazu außer den Komm. z.St.: R. BULTMANN, SynTr. 160f. und ebd. zu den betreffenden Einzelstücken; C. H. DODD, Matthew and Paul (ET 58, 1946/47, 293-298); H. VON CAMPENHAUSEN, Kirchl. Amt 135ff.; R . B O H R E N , Das Problem der Kirchenzucht im NT. 1952, 50ff. und 102ff.; A. VÖGTLE, Art. 'Binden' und 'Lösen' ; DEES., Ekklesiologische Auftragsworte des Auferstandenen (Sacra Pagina II, 1959, 280-294); E. KOHLMEYEB, Charisma oder Recht (Ztschr. d. Savigny-Stiftung für Rechtsgesch. 69, Kanonische Abt. 38, 1952, 2ff.) ; R. SCHNACKENBUEG, Gottes Herrschaft und Reich. 2. Aufl. 1961, 202ff.; R. H U M M E L 56ff.; G. STBECKEB, Weg der Gerechtigkeit pass., besonders 222ff.; G. BABTH, in: Überlieferung 113 ff. ; W.PESCH, Die sogenannte Gemeindeordnung Mt. 18 (BZ N F 7, 1963, 220-235); W. TBILLING, Das wahre Israel 112ff. 3 Vgl. dazu vor allem W . P E S C H . 4 Vgl. E. FUCHS, Zur Frage nach dem historischen Jesus (Ges. Aufs. II, 1960, 143-167 und pass.)· Siehe dazu auch THYEN, Βάπτισμα 107.
Mt. 18,18
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Himmel über die Heimkehr bzw. das Wiedergefundensein des Verlorenen haben — bei Matthäus allein die Pflicht eingeschärft wird, „daß keines von diesen Kleinen umkomme" 1 . Es ist sicher nicht ohne Absicht geschehen, daß der erste Evangelist dabei aus den δώδεκα seiner Vorlage (Mk. 9,35) οί μα&ηταί, d.h. „die Christen" gemacht hat 2 . Auch der zweite Teil der Rede Jesu ist eine — wenn auch durch das verarbeitete Material äußerst spannungsreiche — in sich geschlossene, wiederum mit einem Gleichnis, diesmal dem vom Schalksknecht, ausklingende Komposition ( 1 8 , 1 5 - 3 5 ) . Treffend resümiert W . P E S C H in seiner Analyse unseres Kapitels: „Mt. 18 ist eine Kombination zweier von Matthäus geschaffener Lehrstücke über die Kleinen und über die wahre Brüderlichkeit in den Ortsgemeinden. Mt. 18 ist im Sinn des Matthäus die autoritative Antwort Jesu auf zwei drängende Probleme in den Gemeindeverbänden zur Zeit des ersten Evangelisten." 3 Zum besseren Verständnis des folgenden zitieren wir zunächst die in den Versen 15-18 enthaltene Gemeindedisziplinarordnung im Wortlaut: εάν δέ άμαρτήση ó άδελφός σου, υπάγε ελεγξον αύτον μεταξύ σοϋ και αύτοϋ μόνου, έάν σου άκούση, έκερδήσας τον άδελφόν σου. έάν δέ μή άκούση, παράλαβε μετά σου ετι ένα ή δύο, ίνα επί στόματος δύο μαρτύρων ή τριών στα&η παν ρήμα. έάν δέ παρακούση αυτών, εϊπον τη εκκλησία, έάν δέ καί της εκκλησίας παρακούση, εστω σοι ώσπερ ó έθ-νικός καί ó τελώνης, άμήν λέγω ΰμΐν, δσα έάν δήσητε έπί της γης ε στα ι δεδεμένα έν ούρανώ, καί δσα έάν λύσητε έπί της γης εσται λελυμένα έν ούρανώ. Am auffälligsten ist der Numeruswechsel zwischen Vers 17 und 18; er erweist die Zusammenfügung der Disziplinordnung mit dem Bindeund Lösewort als sekundär. Es ist hier also angefügt, um die halachisch ausgeführte Regel zu legitimieren und ihr himmlische Geltung zu sichern 4 . Das Binde- und Lösewort ist von diesem Zusammenhang her anders als in 1 6 , 1 9 , wo es die Lehrautorität Petri bezeichnete6, Mt. 18,14; zu dieser Akzentverschiebung im Gleichnis vgl. auch R. B U L T SynTr. 184f. ; J . J E R E M I A S , Die Gleichnisse Jesu. 4. Aufl. 1 9 5 6 ( 6 . Aufl. 28ff. ; W . TRILLING, Israel 112FF. 2 Siehe oben S. 235 Anm. 4. —· Gegen J . J E R E M I A S (ebd. 29) ist Mt. 18 gerade nicht „die große Anweisung für die Führer der Gemeinden", sondern alle Christen angehende Lehre Jesu; vgl. 18,1 und siehe dazu TRILLING, Israel 122f.; PESCH 234; E . S C H W E I Z E R , Gemeinde und Gemeindeordnung 50f. — Auch J . GNTLKA (Die Kirche des Matthäus) urteilt falsch, wenn er Mt. 18 an die Amtsträger gerichtet sein läßt; ebenso J . J E R E M I A S , ThW ΠΙ/751. — Siehe dazu noch HUMMEL 6 3 und VON CAMPENHAUSEN, Amt 1 3 9 . 1
MANN, 1962),
3
PESCH 2 3 5 .
Im Sinne der Vorlage, die ja durch das Handeln der Gemeinde Gottes Gerichtshandeln vorwegnimmt wie der Jachad von Qumran (siehe oben S. 86 Anm. 3), ist der eschatologische Aspekt zurückgedrängt und das „Lösen" im Grunde gegenstandslos geworden. Vgl. H . VON CAMPENHAUSEN, Amt 137f. •—• Zum Verhältnis von Mt. 18,15FF. zu Lk. 1 7 , 3 f . siehe BULTMANN, SynTr. 1 5 1 und W . TRILLING, Israel 113 f. 6 Siehe oben S. 232f. 4
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Die „Schlüsselgewalt" als eschatologische Dimension des Kerygmas
nämlich als die Exkommunikations- und Vergebungsgewalt zu interpretieren 1 . Matthäus selber hat das Wort keinesfalls der schon in Kapitel 16 benutzten Quelle entnommen und hier eingefügt; er muß es vielmehr bereits in diesem Zusammenhang vorgefunden haben. Das beweist der gerade für Matthäus auffällige Singular έν ούρανω statt des έν τοις ούρανοΐς von 16,19, die pluralische Formulierung der zu bindenden bzw. zu lösenden Angelegenheiten 2 und vor allem der durch nichts zu begründende Wechsel der Anrede in die zweite Person Plural, zumal sich der Singular δήσης von 16,19 nahtlos in den Kontext gefügt hätte 3 . Diese Beobachtungen und die unten noch näher zu untersuchende Variante im Johannesevangelium (20,23) zeigen, daß es sich bei dem „Binde"- und „Lösewort" um ein ursprünglich isoliertes Logion handelt, das sekundär in verschiedene Kontexte eingegangen ist. So stellt es neben dem vermuteten Osterbekenntnis 4 eines der Kompositionselemente der Petrusgeschichte von Kapitel 16 dar. Sein ursprünglicher Sinn ist deshalb weder aus 16,17 ff. noch aus 18,18 eindeutig zu ermitteln, und wir müssen die Frage danach zurückstellen, bis wir die Johannesvariante analysiert haben 6 . 1
Ygl. B I L L . I z.St. und siehe V O N C A M P E N H A U S E N , 3 0 F F . ; W . D O S K O C I L , Der B a n n in der Urkirche, 1 9 5 8 ,
A m t 138ff. ; R . 30FF.
BOHREN
2 Auch die neutrische Fassung des Objektes des Bindens u n d Lösens erweist Vers 18 als sekundär im Zusammenhang, denn sie weist wie 16,19 auf die Lehrgewalt, während 18,15 ff. den Akzent auf der Disziplinargewalt erfordert. — Daß aber auch umgekehrt Mt. das Wort nicht in 16,19 eingefügt h a t , ist oben S. 233 begründet worden. — Unabhängig von der Frage nach der matthäischen Redaktion bleibt aber das Problem bestehen, ob 18,18 der Petrusverheißung von 16,19 gegenüber sekundär ist und aus der „Zeit der Urgemeinde" s t a m m t , „in der an die Stelle der persönlichen Autorität des P e t r u s eine institutionelle Autorität von Gemeindevorstehern getreten w a r " (so B U L T M A N N , SynTr. 150f.) oder ob dagegen in 16,19 eine sekundäre Beschränkung auf Petrus vorliegt; ersteres haben neben B U L T M A N N u . a . neuerdings H . B R A U N (Radikalismus I I / 82, Anm. 4) u n d K L E I N (Verleugnung 226ff. ; besonders 226, Anm. 6) vertreten, während letzteres von K Ä S E M A N N (Anfänge 184) u n d D I N K L E R (ThR 27, 36) f ü r wahrscheinlich gehalten wird. Siehe zur Diskussion auch O B R I S T 150ff. — Abgesehen davon, daß wir schon die E n t s t e h u n g des Petruswortes (16,18f.) f ü r ein spätes P r o d u k t innerkirchlicher Auseinandersetzungen halten (siehe § 9) u n d Jerusalem als seinen Entstehungsort ausgeschlossen haben, womit die spätere E n t s t e h u n g von 18,18 sehr unwahrscheinlich wird, läßt sich die E n t scheidung der Frage nicht von der Untersuchung von J o h . 20,23 isolieren. Wir müssen d a r u m abermals auf § 11 vorausweisen. 3 Der Plural rückt das Wort traditionsgeschichtlich in die Nähe von J o h . 20,23 u n d w a r n t davor, es isoliert zu behandeln oder den K o n t e x t von 18,15 ff. zur E r m i t t l u n g seines ursprünglichen Sinnes heranzuziehen; vgl. H . VON CAMP E N H A U S E N , A m t 135ff. Gegen B U L T M A N N (SynTr. 150f.) betont DINKLER (ThR 27, 36), daß „die keimende Vikariatsidee" später ist. 4 Siehe oben S. 229 f. 5 Siehe oben Anm. 2. — Auch T R I L L I N G (Israel 157F.) isoliert Mt. 16,19 u n d 18,18 zur Entscheidung der Prioritätsfrage und vermutet die selbständigmatthäische Formulierung von 18,18, zu welcher die „formale Parallelität", nämlich das Stichwort εκκλησία in beiden Texten, den Evangelisten veranlaßt
Mt. 18,18
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Wenden wir uns darum zunächst noch einmal dem oben zitierten Stück zu. Der judenchristliche Hintergrund ist leicht zu erkennen. Formal trägt der Abschnitt alle Züge rabbinischer Halacha 1 . Das alle Heiden und Zöllner pauschal diskriminierende Urteil εστω σοι ώσπερ ό εθνικός και ó τελώνης (V. 17) zeigt, daß keinesfalls Jesus und kaum die Jerusalemer Urgemeinde Autor dieses Wortes ist 2 . Hier spricht eine eng am Gesetz orientierte judenchristliche Gemeinde, die noch fest zum Synagogenverband gehört 3 . Nicht die Pflicht zum grenzenlosen Vergeben und der Auftrag, das Verlorene zu suchen 4 , ist hier die erste Sorge, sondern die Reinheit einer esoterischen Gemeinde. Tatsächlich braucht man auch in der weltabgeschlossenen Qumrangemeinde nicht lange nach Analogien zu suchen. So heißt es 1QS 5,256,1: „Keiner soll zum andern sprechen in Zorn oder Murren oder Halstarrig[keit oder im Eifer] gottlosen Geistes. Und er soll ihn nicht hassen in seinem [unbeschnittenen] Herzen; sondern am selben Tage soll er ihn zurechtweisen (υΠΌν), aber nicht soll er seinetwegen Schuld auf sich laden. Ferner soll niemand gegen seinen Nächsten eine Sache vor die Vielen bringen, wenn es nicht vorher zur Zurechtweisung vor Zeugen gekommen ist" 5 . Der Ton ist hier sogar merklich seelsorgerlicher und auf die Sache des anderen bedacht als in dem viel stärker juridischen, allein auf die Heiligkeit der Kirche bedachten Stück aus Mt. 18®. Auch CD 7,2f:. „Jeder soll seinen Bruder entsprechend dem Gebot zurechtweisen und ihm nicht zürnen von einem Tag auf den anderen" 7 , hat seinen Akzent nicht auf der Reinheit der Gemeinde, sondern auf der Integrität des brüderlichen Verhältnisses ; ebenso steht es CD 9,2 ff. Trotz dieser charakteristischen Unterschiede bleibt jedoch die Parallelität auffällig, und „die enge Verwandtschaft zwischen habe. Sollte diese Vermutung gegen die auch von T R I L L I N G anerkannten berechtigten Einwände S T R E C K E R S (Weg 2 2 3 ) richtig sein (siehe aber S. 2 3 8 Anm. 2 f.), so wäre diese Anfügung des Binde- und Lösewortes eine deutliche Kritik an der Gemeinderegel : Das letzte Wort der Gemeinde ist nicht der Ausschluß des sündigen Bruders, sondern seine Wiederaufnahme im Falle der Buße (vgl. L. B R U N , Segen und Fluch im Urchristentum, 1 9 3 2 , 9 3 F F . ) . Unabhängig von dieser Frage wird Matthäus das Stück in der Tat so verstanden haben; vgl. P E S C H 2 2 8 ; E . S C H W E I Z E R , Gemeinde und Gemeindeordnung 5 0 . 1 Vgl. W . P E S C H 227 und T R I L L I N G , Israel 113FF. 2 Vgl. P E S C H 2 2 7 und T R I L L I N G , Israel 9 4 ; allein Mt. 5 , 4 7 muß „in dieser Form wohl der gleichen Traditionsschicht zugewiesen werden" (ebd.). Zur Endgültigkeit des dadurch ausgesprochenen Urteils vgl. H . B R A U N , ThR 2 8 , 134ff. 3 Vgl. B U L T M A N N , SynTr. 1 5 1 . 1 5 6 ; Ν . A . D A H L , Das Volk Gottes, 1 9 4 1 , 1 6 6 ; T R I L L I N G , Israel 1 1 6 . « Siehe oben S. 237 Anm. 1. 5 Übersetzung von E . L O H S E , Texte 2 1 . — Zur Beurteilung der Analogien und Diskussion der diesbezüglichen Literatur vgl. H . B R A U N , ThR 2 8 , 1 2 6 ff. und 1 3 4 ff. 6 Vgl. T R I L L I N G , Israel 1 2 0 und siehe H . B R A U N , ebd. 1 3 5 . 7 Übersetzung von L O H S E , Texte 79; vgl. Jak. 5,19f.
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der qumranischen und der bei Matthäus bezeugten Disziplinregel wird um so deutlicher, als man erkennt: es fehlen rabbinische Parallelen" 1 . Matthäus, der kurz darauf die Pflicht zum grenzenlosen Vergeben (7 mal 70 mal ! ) einschärft 2 und der als einziger Evangelist die Gleichnisse „Vom Unkraut unter dem Weizen" mit seiner breiten Deutung (13,24-30 und 36-43) 3 und „Vom Fischnetz" (13,47-50) bietet 4 , hat ein anderes Bild von der Kirche als dieses Traditionsstück. Er hat es aber aufnehmen können, weil er mit dieser Disziplinarordnung den darin deutlich werdenden letzten Ernst teilt, vor den die „Lehre" Jesu stellt. Er weiß darum, daß die Verkündigung Scheidung bewirkt und daß es beim Gericht heißen kann: άμήν λέγω ύμΐν, ούκ οίδα ύμας8. Aber eben erst beim Gericht! Bis dahin ist die Kirche ein „corpus permixtum", bis dahin wird nicht sichtbar, wer von den „Berufenen" auch ein „Auserwählter" ist 8 ; bis dahin gehören auch die falschen Propheten als „Wölfe in Schafskleidern" zur Kirche, die eben nicht mit der kommenden βασιλεία identisch ist 7 . Der erste Evangelist konnte das Traditionsstück aber auch deshalb aufnehmen, weil das bruderschaftliche Bild der Kirche, das darin sichtbar wird, seinen eigenen Vorstellungen entgegenkam. Aber indem er es aufnahm und in den jetzigen Kontext stellte, hat er es auf seine Weise zugleich korrigiert. Matthäus bringt das vor allem durch seine Rahmung der Disziplinarordnung zum Ausdruck. Er hat ihr das Gleichnis vorangestellt, das dazu aufruft, Gottes endzeitlichen Liebeswillen zu erfüllen und das 1 H . BRATXN, T H R 28, 135; vgl. TBILLING, Israel 120, A N M . 83. — Zum Versuch von O. B E T Z (Felsenmann und Felsengemeinde, Ζ N W 48, 1957, 49-77), mit Hilfe allzu kühn ausgebeuteter Qumrananalogien 16,17 ff. und 18,15 ff. zu nivellieren, vgl. BBAUN, ebd. 126ff. 2 Mt. 18,22. 3 Vgl. die Komm, und BTXLTMANN, SynTr. 191. 202f. und Ergänzungsheft 30. — Die Gleichnisdeutung ist redaktionelles Werk des Matthäus ( J . JEREMIAS, Gleichnisse 70). Das zeigt, wie wesentlich dem ersten Evangelisten der Gedanke der Kirche als eines corpus permixtum ist; vgl. dazu G. BORNXAMM, in: Überlieferung 17. 40f.
4
V g l . BULTMANN, S y n T r . 187 u n d W . G. KÜMMEL, V e r h e i ß u n g
129f.
—
Möglicherweise hat das Stück ursprünglich zusammen mit der Unkrautparabel ein Doppelgleichnis gebildet (so J. JEBEMIAS, Gleichnisse 189ff.). — Zur Sache dieses matthäischen Kirchenverständnisses siehe ferner: G. BABTH, in: Überlieferung 55 und pass.; G. STBECKEB, Weg 214ff. 5 Mt. 25,12; vgl. 25,31ff. und siehe dazu H U M M E L 156f.; G. BORNKAMM, in: Überlieferung 13 ff. « Mt. 22,14 (20,16?); vgl. 7,21ff. (3,7ff.) und siehe dazu G. BABTH, in: Überlieferung 55. 7 Mt. 7,15ff. — Gegen STBECKEB (Weg 137, Anm. 4) werden hier deutlich antinomistische Enthusiasten bekämpft, die sich ihrer exorzistischen Krafttaten rühmen (7,22). Aber auch sie sind für Matthäus bis zu dem endgültigen richterlichen Spruch des Herrn: ουδέποτε ϊγνων ύμας· άποχωρεΐτε άπ' έμου οί έργαζόμενοι τήν άνομίαν (7,23) Glieder der Kirche; vgl. G. BABTH, in: Überlieferung 60ff. und 149ff.
Mt. 18,18
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Verlorene zu suchen. Unmittelbar auf das Binde- und Lösewort folgt das Logion von der grenzenlosen Macht des Gebetes und die Verheißung der machtvollen Präsenz des Erhöhten bei den Seinen (18,19-20). Die auffällige Parallelität zu 1. Kor. 5,4 läßt vermuten, daß die Verse 19 und 20 schon in der von Matthäus verarbeiteten Tradition mit der Disziplinarordnung verbunden waren1. Denn wie nach l.Kor. 5,4 die gegenwärtige δύναμις des himmlischen Herrn die Exkommunikation des Sünders vollzieht2, so soll offenbar auch hier ausgedrückt werden, daß kein anderer als der Erhöhte selber das handelnde Subjekt des Bindens und Lösens der Gemeinde ist 3 . Matthäus aber läßt diesem Wort die Petrusfrage folgen: „Herr, wie oft muß ich dem Bruder, der an mir schuldig wird, vergeben?", der die Antwort Jesu zuteil wird: Nicht sieben, sondern siebzig mal siebenmal! Es ist offenbar Matthäus selbst, der hier Petrus als Bürgen für die jetzt mitgeteilte Lehre des Herrn vom unbegrenzten Vergeben zum Sprecher macht4. Und wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir darin des ersten Evangelisten eigenes Verständnis und seine Interpretation sowohl von 16,19 als auch von 18,18 erkennen: Die Kirche in jedem beliebigen ihrer Glieder — nicht der besondere „Amtsträger" — ist bevollmächtigt, „auf Erden Sünden zu vergeben"6 und — das ist die den Ernst dieser 1 Vgl. C. H . DODD, New Testament Studies. Manchester, 2. Aufl. 1954; d a r i n : Matthew and Paul (1947), 53-66; 58ff. 2 Vgl. K. STENDAHL, Prayer and Forgiveness (Svensk exegetisk Arsbok X X I I / X X I I I , 1958, 75-86), 78f. — Die gleiche Vorstellung (Übergabe a n den Satan) steckt hinter der novellistischen Schilderung des Geschicks von Ananias u n d Saphira in Apg. 5, I f f . ; vgl. auch l . K o r . 3,15. Zu der eigentümlich paulmischen Vorstellung, daß durch die vom Satan bewirkte Vernichtung des Fleisches der Geist des Sünders gerettet werden soll (1. Kor. 5,5), siehe oben S. 116 Anm. 5. Von diesem bei Paulus auch sonst stets spürbaren Hintergrund des jüdisch-hellenistischen Fleisch-Geist-Dualismus her (vgl. dazu B R A N D E N B U R G E R , Fleisch 83) scheint uns die von H . VON C A M P E N H A U S E N (Amt 147, Anm. 1) im Anschluß an eine mündliche Äußerung G. B O B N K A M M S vorgetragene Lösimg unwahrscheinlich. Danach soll „ P n e u m a " hier nicht das Selbst des Sünders (vgl. BULTMANN, TheolNT 205), sondern „die der Gemeinde und dem Apostel zuteil gewordene Gotteskraft" bezeichnen, welche „ f ü r die a m Jüngsten Tage offenbar werdende Vollständigkeit des Leibes Christi" gerettet werden m u ß . Die Parallelität u n d Individualität von „Fleisch" und „Geist" im K o n t e x t verbietet dieses Verständnis. Man darf das individuelle Selbst nicht von der „zuteil gewordenen Gotteskraft" trennen. Das P n e u m a als erneuerte Schöpfungsgabe ist das Selbst des Menschen, das mit dem Fleisch im Streit liegt. 3 Vgl. K . STENDAHL, Prayer 78f. — Zum Problem der praktischen Handhabung der „Schlüsselgewalt" in der Urchristenheit siehe H . VON C A M P E N -
HAUSEN, A m t 1
133ff.
Siehe oben S. 233 Anm. 1 und S. 235 Anm. 6. Siehe oben S. 235. — Diese Funktion des Christen entspricht im Sinne des Matthäus dem A m t des Aufsehers in der Damskusschrift : „ U n d er soll E r b a r m e n mit ihnen haben wie ein Vater mit seinen Söhnen und alle ihre Verstreuten zurückbringen wie ein Hirte seine Herde. U n d er soll alle ihre fesselnden Bande lösen, damit kein Bedrückter und Zerschlagener in der Gemeinde sei." (CD 13,9f. Übersetzung : E . LOHSE, Texte 93f.); vgl. K . BALTZER, Bundesformular 126. 5
16 Thyen, Studien
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göttlichen Beauftragung dokumentierende Kehrseite — zu behalten 1 . Die matthäische Bearbeitung (Mt. 9,1-8) der Markus-Perikope von der Heilung des Paralytischen (Mk. 2,1-12) läßt erkennen, wie Matthäus verstanden sein will. Während in der Markusvorlage das Wort von der Vollmacht des Menschensohnes zur Sündenvergebung deutlich sichtbar sekundär mit einer stilgemäßen Wundergeschichte verknüpft wurde2, um die Vollmacht der in der Gemeinde wirksamen Sündenvergebung durch die eigene εξουσία ihres Herrn, des „Menschensohnes", zu legitimieren3, ist der Wunderbericht bei Matthäus stark reduziert und in den Hintergrund gedrängt, und die Vollmacht der 1 Auch im Sinne des Matthäus steht d a r u m — trotz der überkommenen anderen Formulierung — sachlich das Vergeben dem Behalten voran wie J o h . 20,23; siehe dazu unten § 11. — Treffend ist das Urteil von A. S C H L A T T E R (Mt. 555f.). 2 Vgl. zu Mk. 2,1 ff. die knappe Bibliographie des Wichtigsten bei F . H A H N , Hoheitstitel 43, Anm. 1. — H A H N S ebd. gegebene eigene Analyse scheint uns ein wenig begründeter Kompromiß zwischen der kritischen (vgl. B U L T M A N N , SynTr. 12f.) u n d der konservativen Sicht (vgl. etwa V. T A Y L O H , Mk. z.St.) zu sein. H A H N meint, die Zusage der Sündenvergebung durch Jesus in Vers 5 b sei ursprünglicher Bestandteil der Wundergeschichte, a n die so u m so leichter die Frage nach der Vollmacht des Menschensohnes zur Sündenvergebung angeschlossen werden konnte; ebenso jetzt C O L P E , T h W VIII/433. Dagegen spricht das wiederholte — u n d deshalb als Interpolationsschematismus verdächtige — λέγει τω παραλυτικοί in Vers 5 u n d Vers 11, sowie die merkwürdige Konstruktion von Vers 10 (zu dem Schematismus vgl. Lk. 1,26f. und Apg. 7,58f.). Der gemeinantike enge Zusammenhang von Krankheit und Sünde genügte dazu, die Frage nach der Vollmacht zur Sündenvergebung mit der Heilungsgeschichte zu verbinden; der äußeren Assoziation durch Vers 5 b bedurfte es dazu nicht (gegen HAHN). Das Stück Mk. 2 , 5 b - 1 0 dürfte nie f ü r sich existiert h a b e n ; es ist eigens hierfür geschaffen. C O L P E (ebd.) hält Mk. 2,10 f ü r ein authentisches Logion, worin „Menschensohn" freilich nicht titularen Sinn habe, sondern nur Jesus als den bevollmächtigten „Menschen", der die „messianische Aktualisierung der Sündenvergebung" vollziehe, von Gott unterscheiden soll, der allein vergeben k a n n (V. 7!). Das bedeutet aber, daß nicht nur das Logion, sondern die ganze Szene historisch sein m ü ß t e ! — Weder Mk. 2 , 5 b noch Lk. 7,48 sind Worte des historischen Jesus („Jesus vergab nicht Sünden, sondern berief Sünder, mit welchen er deshalb frei heraus fröhlich aß u n d t r a n k " . E . F U C H S , Ges. Aufs. I I , 353f. ; vgl. T H Y E N , Βάπτισμα 108f.). Wenn m a n nach dem Anhalt dieser Worte a m historischen Jesus fragt, so darf m a n sie als theologische Verdichtung der in Jesu Gegenwart erfahrenen Nähe u n d Zuwendung Gottes, die in seiner Gemeinde fortwirkt, begreifen. Zugleich sind diese Worte aber kritisch zu beurteilen, weil ihnen die Tendenz zur Ausbildung des sakramentalen kirchlichen Bußinstitutes innewohnt. Zu Jesu Stellung zu Sünde u n d Vergebung vgl. R . B U L T M A N N , Jesus 179ff. ; zu den Problemen von Lk. 7,36-50 siehe G. B R A U MANN, Die Schuldner u n d die Sünderin (NTS 10, 1963/64, 487-493), dessen Analyse uns gegen die von B U L T M A N N (SynTr. 19f.) zwingend scheint. 3 Abwegig ist W E L L H A U S E N S Vermutung (Mk. z.St.), „Menschensohn" sei sklavische Übersetzung der aramäischen Vorlage, die Mt. richtiger verstehe; siehe auch D E R S . , Mt. 3 9 . Irreführend ist C O L P E S Referat über W E L L H A U S E N und seine Kritik a n B U L T M A N N (ebd. Anm. 2 3 6 ; vgl. W E L L H A U S E N , Mk. 17f.).
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Gemeinde zur Sündenvergebung 1 ist zum Gegenstand des Erstaunens der Welt geworden2. So wird in Mt. 18,18 im Sinne des Evangelisten die im Kreuzesopfer Jesu begründete 3 Bevollmächtigung der Gemeinde επί της γης άφιέναι αμαρτίας (9,6) ausgesprochen. Daß aber solche Vergebung nicht Privileg, sondern Pflicht der Gemeinde ist, schärft das die Komposition beschließende Schalksknechtsgleichnis ein 4 .
§ 11. Johannes 20,19-23 Wir haben es in dieser Perikope mit einer geschlossenen, ursprünglich selbständigen Ostererzählung zu tun 6 . Sie weist aber deutliche Züge der Bearbeitung durch den vierten Evangelisten auf®. Daß hier die Erscheinung des Auferstandenen vor allen Aposteln berichtet 1 Vgl. H . GREEVEN, Die Heilung des Gelähmten nach Matthäus (in: Wort und Dienst. J b . d. theol. Schule Bethel, N F 4 , 1 9 5 5 , 6 5 - 7 8 ) und H . J . H E L D , Matthäus als Interpret der Wundergeschichten. (In: Überlieferung 1 5 5 - 2 8 7 ) ,
165FF.; f e r n e r : TRILLING, I s r a e l 116.
2 W. SCHENK, 'Den Menschen' Mt. 9,8 (ZNW 54, 1963, 272-275) will das τοις άνθρώποις von Mt. 9,8 als dativus commodi verstehen : Gott hat Jesus die Vollmacht zur Sündenvergebung zugunsten der Menschen gegeben. Höchst unwahrscheinlich ! 3 Siehe oben S. 140. 4 Vgl. die K o m m . ; BULTMANN, SynTr. 191; J . JEREMIAS, Gleichnisse 176ff. — Es darf natürlich nicht übersehen werden, daß das Gleichnis von Haus aus nur zur zwischenmenschlichen Vergebungsbereitschaft aufruft, die in der Barmherzigkeit des Weltenrichters begründet wird. (Zum Verhältnis von zwischenmenschlicher und göttlicher Vergebving vgl. K . STENDAHL, Prayer and Forgiveness.) Der Gedanke ist Mt. wichtig: vgl. 6,14f. im Anschluß an das Vaterunser ! (siehe auch J a k . 5,15ff.). — Dieses menschliche Einander-Verzeihen hat zunächst nichts mit „Sündenvergebung" im spezifischen Sinn zu tun. Dennoch wird hier der „Sünder" eben nicht ausgeschlossen und wie „ein Heide und Zöllner" betrachtet. Indem er in der Bruderschaft bleibt, erfährt er darin zugleich die göttliche Vergebung. Zudem legt die ganze Komposition von Mt. 18 dieses „doppelte" Verständnis des Gleichnisses nahe. 6 Vgl. die Komm. z.St.; besonders BULTMANN, J o h . ; sowie H . GRASS, Ostergeschehen 64ff. (aber auch 294!). — Neuerdings h a t G . H A R T M A N N (Die Osterberichte in Joh. 20 im Zusammenhang der Theologie des Johannes. Diss. Kiel 1963, Masch. — Daraus: Die Vorlage der Osterberichte in Joh. 20, ZNW 55, 1964, 197-220) versucht, ein durchgehendes schriftliches Quellenstück als Grundlage von Joh. 20 zu rekonstruieren. Weiteres dazu siehe unten. — Auch wenn danach die Osterberichte in Joh. 20 dem Evangelisten schon als geschlossene Komposition vorgelegen haben sollten, gilt die ursprüngliche Selbständigkeit und das traditionsgeschichtliche prae der Erscheinungsgeschichten gegenüber den Grabeserzählungen für die entsprechenden Stücke der Vorlage. — Zur Auseinandersetzung mit der These von H . VON C A M P E N H A U S E N (Beginn der Osterereignisse mit der Entdeckung des leeren Grabes durch die Frauen in Jerusalem; Ostereignisse etc.) vgl. H . G R A S S pass., besonders 115ff. β Einzelheiten dazu siehe unten.
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wird1, erweist die Erzählung als verhältnismäßig späte Bildung2. Das Zurücktreten des Beweises der Realität der Auferstehung durch die den anfänglichen Unglauben der Jünger überwindende Demonstration der Leibhaftigkeit des Auferstandenen — „und er zeigte ihnen seine Hände und seine Seite" (V. 20)3 — und das Dominieren des universalen Sendungsauftrages in der jetzigen Gestalt der Geschichte lassen ein hellenistisches Judenchristentum als ihren Entstehungsboden vermuten4. Jedoch könnten beide Züge auch ebensogut auf das Konto des redigierenden Evangelisten gehen, wie G. HARTMANN mit beachtlichen Argumenten vermutet hat 6 . Die auffälligste synoptische Parallele zu unserer Erzählung bietet Lk. 24,36-49, weshalb A L A N D die beiden Stücke in seiner Synopse auch parallel gedruckt hat 6 . Aber trotz des breit angelegten und eine Fülle von Literatur diskutierenden neuen Versuchs von J. A. B A I L E Y , die literarische Abhängigkeit des Johannesevangeliums vom Werk des dritten Evangelisten zu erweisen7, muß man bei dem besonnenen und abgewogenen Urteil J. SCHNIEWINDS 8 und R. B U L T M A N N S 9 bleiben: Es bestehen zwischen Lukas und Johannes — und speziell 1 E s wird durch nichts nahegelegt u n d verdirbt die Pointe, d a ß alle J ü n g e r m i t d e m Geist begabt werden, wenn T h o m a s bei dieser Begegnung gefehlt h a b e n sollte. Der Evangelist m u ß es in dem offenbar redaktionellen Vers 24 zur Vorbereitung des folgenden Stückes erst n a c h t r a g e n ; vgl. B U L T M A N N z . S t . u n d siehe unten S. 245 Anm. 2. 2 Vgl. B U L T M A N N , SynTr. 308ff. ; G R A S S pass., besonders 85ff. 3 Vermutlich h a t dabei der Evangelist n a c h 19,32ff. ein ursprüngliches „ u n d seine F ü ß e " d u r c h die E r w ä h n u n g der Seitenwunde ersetzt; vgl. B U L T M A N N
z . S t . u n d s i e h e G . HARTMANN, Z N W 55, 2 1 2 f . 4
Vgl. dazu G. BORNKAMM, Der Auferstandene u n d der Irdische. Vgl. G R A S S 64FF. u n d siehe u n t e n S . 2 4 5 A n m . 2 . • K . A L A N D , Synopsis 5 0 2 f . Unverständlich ist freilich, weshalb A L A N D aus d e m L u k a s t e x t n u r die Verse 3 6 - 4 3 wiedergibt, d e n n höchst interessant ist doch gerade die Parallelität der Bezeugung der Jüngervollmacht zur Sündenvergebung (Joh. 2 0 , 2 3 / L k . 2 4 , 4 7 ) als Bestandteil des Osterkerygmas. 7 The Traditions common t o t h e Gospels of L u k e a n d J o h n (Suppl. t o N o v Test. V I I , 1963); speziell zu J o h . 20 ebd. 85ff.: „ L u k e is, in fact, J o h n ' s source h e r e " (92), wofür aber keine präzisen A r g u m e n t e eingegeben werden können. 8 Die Parallelperikopen bei L u k a s u n d J o h a n n e s . 2. Aufl. 1958. „ E s ist unmöglich, eine literarische Abhängigkeit des joh. Berichts v o m luk. anzunehmen, dazu sind der Differenzen zu viel. Andererseits ist die Gemeinsamkeit der Tradition u n v e r k e n n b a r . " (92). 8 Vgl. J o h . - K o m m . pass.; besonders 85ff.; 157ff.; sowie speziell 528ff. — Z u m Problem des Verhältnisses des Johannesevangeliums zu den Synoptikern vgl. auch B. NOACK, Zur johanneischen Tradition. 1954, 89-109. Ü b e r den Nachweis der Unabhängigkeit des Johannesevangeliums von den Synoptikern hinaus ist allerdings N O A C K S R e s u l t a t , d a ß das 4. E v . „ohne B e n u t z u n g irgendeiner schriftlichen Quelle" a b g e f a ß t sei (157), nicht gedeckt. Die Nahtstellen zwischen unausgeglichenen Vorstellungen im E v a n g e l i u m sind zu deutlich. Man k a n n d a f ü r nicht m i t N O A C K durchgehend die Ungeschicklichkeit eines R e d a k tors verantwortlich machen. Siehe auch u n t e n S. 245 A n m . 2. 5
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zwischen diesen beiden Osterperikopen1 — keine literarischen Beziehungen. Vielmehr gehen beide Berichte — und wohl auch Mt. 28, 16ÍF. — auf eine ähnliche, wohl mündliche Quelle zurück. Sollte HARTMANN mit seiner Rekonstruktion eines durchgehenden, schriftlichen Quellenstücks als Vorlage für Joh. 20 im Recht sein, so ginge die Analogie zu dem lukanischen Parallelstück noch erheblich weiter, als es der jetzige Text erkennen läßt. HABTMANN vermutet, daß auf den Bericht der Maria Magdalena hin alle Jünger ihr zweifelnd entgegnet hätten: „Wenn wir nicht die Nägelmale in seinen Händen sehen und unsere Finger hineinlegen, werden wir nicht glauben!" (V. 25). Dann sei am Abend dieses Tages der Herr selbst den Jüngern erschienen (V. 19) und habe ihnen dieses begehrte Zeichen gewährt (V. 27), worauf sie mit der Akklamation „Unser Herr und unser Gott!" geantwortet hätten (V. 28). Erst auf dies Jüngerbekenntnis hin sei nun den Jüngern mit der Gabe des Geistes die Vollmacht, Sünden zu vergeben beziehungsweise zu behalten, verliehen worden (V. 22f.) 2 . Wir müssen es uns versagen und können auch für unseren speziellen Zusammenhang darauf verzichten, das Recht und die Grenzen dieses interessanten und teilweise wohlfundierten Rekonstruktionsversuchs in allen Einzelheiten zu diskutieren3. Immerhin wäre die Folge von „Jüngerbekenntnis" und Verleihung der Vergebungsvollmacht eine beachtliche Analogie zu Mt. 164. Abgesehen von der redaktionellen Verknüpfung des Stückes mit dem vorigen durch die Einführung des „Abends" des schon 20,1 archaisch 1 Vgl. auch E . C. HOSKYNS, The Fourth Gospel. 2. Aufl. 1947, ζ. St. — Schwerlieh kann der johanneische Bericht als ausdrücklicher Protest gegen die Historisierung von Himmelfahrt und Pfingsten im lukanischen Werk verstanden werden (so: L. KÖHLER, Eine Handvoll Neues Testament; in: Ehrfurcht vor dem Leben, Schweitzer-Festschrift 1955, 71-82, 75f.), dazu ist er zu archaisch und geschlossen. Es fehlt ihm jeder polemische Zug und gerade die Geistbegabung und Bevollmächtigung zur Vergebung der Sünden ist spezifisch unjohanneisch; dazu siehe unten. Das Umgekehrte dürfte richtig sein : Die Historisierung und damit die epochale Gliederung der Heilsgeschichte ist lukanische Arbeit an einer Joh. 20,19ff. verwandten Quelle (anders BUI/TMANN, Joh. 537, Anm. 2 ) . — Siehe ferner L. BRUN, Die Auferstehung Christi in der urchristlichen Überlieferung, 1925, 57; H . GBASS 65ff. 2 Besondere dieser zweite Teil der HABTMANNschen Rekonstruktion ist recht einleuchtend (vgl. Z N W 55, 210ff.). Dadurch rückte diese Joh. 20 zugrunde liegende Erscheinungsgeschichte in eine noch engere Parallelität zu Mt. 16 als sie durch das verwandte Binde- bzw. Vergebungswort ohnehin schon gegeben ist. I n beiden Fällen erfolgt auf die Jüngerakklamation (Mt. 16: Petrus — Joh. 20: eile Jünger) die Übergabe der Schlüsselgewalt. ·— Weniger überzeugend ist dagegen HABTMANNS Rekonstruktion der Quelle von Joh. 20,1-18. 3 Das soll in der von uns vorbereiteten Neuauflage des Ergänzungshefts zu BULTMANNS Johanneskommentar erfolgen. 4 Siehe oben Anm. 2. — Die Parallelität besteht natürlich nur, wenn unser oben S. 224ff. unternommener Versuch, aus Mt. 16,17-19 eine petrinische Protophaniegeschichte zu rekonstruieren, zu Recht besteht.
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als ή δέ μιά των σαββάτων genannten Tages, die aber dem Evangelisten auch schon vorgelegen haben könnte 1 , stammt sicher Vers 21 aus seiner Feder: είπεν οδν αύτοΐς (ό 'Ιησούς)2 πάλιν ειρήνη ύμιν· καθώς άπέσταλκέν με ó πατήρ, κάγώ πέμπω 3 υμάς. Die Wiederholung des Friedensgrußes ειρήνη ύμΐν (vgl. V. 19) will sicherstellen, daß dieser hier nicht als eine konventionelle Floskel verstanden werden darf. E r bezeichnet im Sinne des Evangelisten vielmehr mitten in φόβος, λυπή und θλϊψις des Kosmos 4 die Gabe jener spezifischen ειρήνη, „die die Welt nicht geben kann" 5 , die aber der verleiht, der die Welt besiegt hat. So wird durch die Wiederholung des Friedensgrußes die Angabe der Quelle, wonach sich die Jünger aus Furcht vor den Juden hinter geschlossenen Türen verbergen (V. 19), im Sinne des Evangelisten interpretiert: Die Juden repräsentieren für ihn den Kosmos 6 , der nur Angst und Trauer, nicht aber Friede und Freude geben kann. Man wird darum auch das „da freuten sich die Jünger" der Quelle (V. 20) 7 im Sinne des Johannes als die verheißene Verkehrung der Traurigkeit der Jünger in jene Freude, die niemand mehr von ihnen nehmen kann, verstehen müssen 8 . Jetzt ist die Stunde des πάλιν δέ δψομαι ύμας (16,22) gekommen, in welcher die Freude alles Fragen der Jünger verstummen läßt 9 . Die Wendung „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch" weist deutlich auf 17,18 zurück 1 0 ; dabei ist der Gebrauch des Perfekts im Gegensatz zu 17,18 sicher nicht zufällig: Die Sendung des Sohnes ist nunmehr vollendet (τετέλεσται 19,30!) und hat darin erst ihre Dauer. Auch der Kontrast zwischen dem ängstlichen Sichverschließen der Jünger (V. 19) und ihrer nun erfolgenden Sendung in die Welt dürfte beabsichtigt sein 11 . 1
Vgl. die K o m m . z.St. und siehe H A R T M A N N , Z N W 55, 210ff. Vgl. den Apparat bei N E S T L E z.St. Das Präsens ist sicher beabsichtigt ; der Wechsel von άποστέλλω und πέμπω (vgl. 17,18) könnte darauf beruhen, daß jetzt an die Stelle der Sendung des Sohnes die der Gemeinde tritt (vgl. das ständige, nahezu als Gottesprädikation gebrauchte ό πέμψας με im Ε ν . ; z . B . 4,34; 5,30; 6,38 u.ö. 4 Vgl. 7,13 und 19,38. Von daher ist es möglich, daß das „aus Furcht vor den Juden" Zusatz des Evangelisten zu seiner Quelle ist. Die Welt, deren Repräsentanten die Juden sind, flößt Furcht ein. — Die Notiz der geschlossenen Türen diente ursprünglich stilgemäß der Steigerung des Wunders; sie bedurfte also keiner Begründung. 6 Vgl. Joh. 1 4 , 2 7 ; 1 6 , 3 3 und siehe B U L T M A N N z.St. e Vgl. B U L T M A N N , Joh. pass., besonders 59f. ' Vgl. Lk. 24,41; 24,52; Mt. 28,8. 8 Vgl. Joh. 16,22. 8 Vgl. Joh. 1 6 , 2 3 F F . und siehe B U L T M A N N S Interpretation der Stelle. 2 3
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Vgl. BULTMANN z . S t . Vgl. H A R T M A N N , Z N W
5 5 , 2 1 5 . — Die Frage, ob 1 7 , 1 8 nur die Verheißung, 20,21 dagegen die Erfüllung darstelle, ist inadäquat. So historisierend hat der Evangelist das „Leben Jesu" gerade nicht verstanden. Die Auferstehung leitet nicht ein neues heilsgeschichtliches Stadium ein (so W . T H Ü S I N G , Die Erhöhung
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Schwieriger zu entscheiden ist die Frage, ob auch Vers 22 Bildung des Evangelisten ist oder zur Quelle gehört. Jedenfalls ist das an Gen. 2,7 anklingende έμφυσαν hapax legomenon im Johannesevangelium (Gen. 2,7, L X X : καί ένεφύσησεν εις το πρόσωπον αύτοϋ πνοήν ζωής), Avas eher für seine Zugehörigkeit zur Quelle spricht. Auf die Entnahme dieses Verses aus der Vorlage deutet ferner das im übrigen Evangelium fehlende artikellose πνεύμα άγιον hin 1 . Auch die animistische A r t und Vorstellung der Geistverleihung sowie der Kontrast zur Verheißung, die in den Parakletensprüchen gegeben war, machen es überaus wahrscheinlich, daß Vers 22 zu der dem Evangelisten überkommenen Tradition gehört 2 . Unzweifelhaft gehört auch der seiner ganzen Terminologie nach unjohanneische Vers 23 zur Quelle 3 . Daß das Wort eine Variante von Mt. 16,19 und 18,18 ist, wurde oft gezeigt, und von dieser Beobachtung her waren wir oben an die Untersuchung von Mt. 16,17 ff. und 18,18 herangegangen. Daß der Evangelist es nicht selbst der mündlichen Tradition oder gar Mt. 1 8 , 1 8 entnommen und den dort gefundenen Text dann für seine heidnischen Leser, „to whom the expressions 'binding' and 'loosing' would be obscure" 4 , in die — ihm allerdings ebenso ungeläufige — Terminologie άφιέναι und κρατείν umgeformt hat, darf durch die Untersuchung von C. H . D O D D als gesichert gelten 5 . Das zwingt zu dem Schluß, daß das Wort vom Vergeben und Behalten der Sünde der aufgenommenen Ostertradition zugehört, der noch durch und Verherrlichung Jesu im Johannesevangelium, NtlAbhdlg. 21, 1/2, 1960). Die δόξα des Präexistenten (1,1ff.) ist schon am Fleischgewordenen sichtbar (1,14); sie wird nicht etwa durch die Auferstehung noch überboten. Allein, das Bekenntnis von 1,14 läßt sich erst von dem „es ist vollendet" (19,30) her sprechen, weil erst jetzt „im Zeitalter des Parakleten" das Gottesverhältnis — allein auf das Wort und den Glauben gewiesen — nicht mehr von dem „ungläubigen" Mißverständnis bedroht ist, sich an das Sichtbare klammern zu wollen (vgl. 20,29), persönliches Liebesverhältnis zu Jesus sein zu wollen. Insofern muß man in der Tat sagen, daß jedenfalls im 4. Ev. nicht der historische Jesus, sondern das Kerygma Grund des Glaubens ist (vgl. R. B U X T M A N N , Zur Interpretation des Johannesevangeliums, ThLZ 87, 1962, 1-8.) 1 Bloßes πνεύματι (3,6. 8. 34); το πνεύμα (7,39; vgl. 6,33); το πνεϋμα της άληθείας (14,17; vgl. 15,26; 16,13); το πνεύμα τό άγιον (14,26). 2 Vgl. H A R T M A N N , Z N W 55, 215, der damit gegen B U X T M A N N (JohEv. 534f.) im Recht sein wird. — Siehe aber auch C. H. D O D D (Historical Tradition in the Fourth Gospel, Cambridge 1963, 144), der zwar die bemerkenswerte Differenz dieser Geistvorstellung zu dem „highly personal concept of the Paraclete" sieht, aber imter Berufung auf 3,8 und 7,38 f. dennoch am johanneischen Ursprung von Vers 22 festhalten möchte (vgl. auch D O D D S Kommentar, Interpretation 213ff.). Freilich spricht aber die Argumentation mehr gegen als für D O D D S Auffassung, denn die beiden Belege, typische Metaphern für das johanneische Gespräch, vermögen die ihnen aufgebürdete Beweislast nicht zu tragen. 3 Vgl. die Komm. z.St. und siehe besonders D O D D , Interpretation 347ff.; sowie D E E S . , Some Johannine 'Herrenworte' (NTS 2, 1955/56, 75-86), 84ff. 4 C. H . D O D D , 'Herrenworte' 8 5 . 5 Vgl. ebd. und Historical Tradition 347ff. sowie O. M I C H E L , Der Abschluß des Matthäusevangeliums (EvTh. 1950/51, 16ff.), 24f.
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die feste Verbindung der αφεσις αμαρτιών mit dem Osterkerygma in Lk. 24,47 bestätigt wird 1 . Deshalb darfauch die durch das „Anblasen" ausgedrückte Geistverleihung im Sinne der Quelle nicht einfach als Schöpfungstypologie interpretiert werden 2 ; es ist vielmehr eine A r t „Ordinationsritus" 3 als Ausdruck der Verleihung der spezifischen Amtsgnade, Sünden zu vergeben und Sünden zu behalten 4 . Neben der neuen und singulären Terminologie 6 ist in Joh. 20,23 die Umstellung der Reihenfolge auffällig, worauf H. VON C A M P E N H A U S E N aufmerksam gemacht hat®: Hier steht an erster Stelle die Vergebung, und erst als die ultima ratio folgt ihr das Versagen des Vergebungswortes. Allein diese Umstellung könnte allenfalls auf das Konto des Evangelisten gehen, da sie durch eine breite theologische Tendenz seines Werkes gedeckt ist: Zwar richtet der Vater niemanden, alles Gericht hat er vielmehr dem Sohn übergeben (5,22), doch auch der Sohn, der von sich sagen kann: „Ich richte niemanden!" (8,15), ist nicht zum Gericht, sondern zur Rettung der Welt gekommen (12,47) 7 . Allein gegen solche, die sich seinem rettenden Wort verschließen, wendet sich das nun von 1 Siehe oben S. 244 Anm. 6 und vgl. Mt. 16,19 sowie unsere Erwägungen dazu. 2 So L. GOPPELT, Typos (BFCTh. 11/43, 1939), 221 f.; vgl. dazu R. B U L T -
MANN, J o h . 5 3 6 .
3 Vgl. schon W E L L H A U S E N z.St. und siehe vor allem das religionsgeschichtliche Material bei W . STAEBK, Die Erlösererwartung in den östlichen Religionen, 1938, 312ff.; sowie die Anm. 7 bei BULTMANN, Joh. 536. Ferner: HABTMANN, ZNW 55, 215; H. VON CAMPENHAUSEN, Amt 135. -— Zum Motiv des Anhauchens vgl. H. LEISEGANG, Der Heilige Geist I, 1919, 215ff.; bei Philo (somn. 1/129) ist es mit der Namensänderung (Jakob - Israel) verbunden (siehe dazu A. W L O S O K , Laktanz 102). — Für den erbaulichen Zweck des Liebensromans abgewandelt, begegnet das Motiv JosAs. (ed. BATIFFOL 69f.): καί έσπάσαντο άλλήλους έπιπολύ, καί άνέζησαν άμφοτέροι τω πνεύματι αύτών. καί άσπασάμενος ó 'Ιωσήφ τήν 1 Ασενέί) δέδωκεν αύτη πνεύμα ζωής, είτα τό δεύτερον δέδωκεν αύτή πνεϋμα σοφίας, τό δε τρίτον κατεφίλησας αύτήν δέδωκεν αύτή πνεύμα άλη-9-είας. 4 Vgl. L . B B U N , Auferstehung Christi 8 2 ; C. H . DODD, Historical Tradition
348.
5 Das Wortpaar άφιέναι und κρατεΐν ist sonst nicht belegt; vgl. BULTMANN, Joh. 537, Anm. 4. β Amt 152f. — Die Lesart άφέωνται (vgl. Lk. 7,48; von da aus in einige Hss. von Mk. 2,5. 9 par. eingedrungen. Der Sinn dieses dorischen Perfekts ist aber der gleiche wie der des hier aoristisch gebrauchten Präsens) A D L λ al wird gegen άφίονται Β, άφίενται Koine und Θ sowie άφε&ήσεται S* ursprünglich sein. J . J E R E M I A S (ThW III/753, Anm. 88) und von CAMPENHAUSEN (Amt 153, Anm. 1) vermuten in άφέωνται eine sekundäre Angleichung an κεκράτηνται. -— An die Stelle der zukünftigen Ratifizierung der Jüngerentscheidung im Gericht (Futur und „in den Himmeln") ist — der Eschatologie des JohEv. entsprechend — die mit Glauben oder Unglauben eben jetzt fallende definitive Entscheidung (Perfekt!) getreten. 7 Die Frage der Eschatologie des Johannesevangeliums kann hier nicht erörtert werden. Trotz der neueren kritischen Angriffe (vgl. z . B . J . B L A N K , Krisis. 1964) halten wir BULTMANNS Interpretation für zutreffend; 5,27-29; 6,39. 40.44 u. 48-58 sind redaktionell.
J o h . 20,19—23
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ihnen selbst verursachte und zu verantwortende Gericht (12,48 u.ö.). Von diesen Beobachtungen her, die sich unschwer vermehren ließen, muß man es für durchaus möglich halten, daß der Evangelist mit dieser Vertauschung der Glieder seine Vorlage bewußt korrigiert hat. Ihm sind die μαθ-ηταί keinesfalls mit einem besonderen Amtscharisma beliehene Amtsträger, sondern wie für Matthäus alle Glieder der Gemeinde1. Ihm ist auch die Binde- und Lösegewalt nicht ein spezielles „Amt der Schlüssel". Vielmehr ist ihm das Freiwerden aus der δουλεία der Sünde (8,34ff.) die selbstverständliche Funktion und Folge der Predigt derer, die vom Sohn in die Welt gesandt sind, für alle die glauben 2 ; wie umgekehrt alle, die sich dem Anspruch der Verkündigung verschließen, die bis dahin gleichsam von ihrer Macht suspendierte Sünde nun erst zur Herrin erheben, in deren Dienst sie sterben werden3. In der Predigt der durch den Hauch des Erhöhten mit dem Geist begabten Jünger 4 tritt der verheißene Paraklet auf den Plan 5 : και έλθών εκείνος έλέγξαι τον κόσμον περί άμαρτίας καί περί δικαιοσύνης και περί κρίσεως®. Von dem unserem Evangelisten im Zusammenhang der Täufermartyria überkommenen Wort: „Siehe das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt trägt" (1,29.36), über das wir in anderem Zusammenhang schon gesprochen haben 7 , und unserer Passage (20,19-23) abgesehen, spielt der Gedanke der Sündenvergebung im Johannesevan1 Das zeigen vor allem die K a p . 1 - 1 3 ; vgl. BULTMANNS Interpretation u n d siehe auch E . SCHWEIZER, T h W VI/440. 2 H . G R A S S (Ostergeschehen 68) unterscheidet nicht den ursprünglichen Sinn des Quellenstücks von der Bedeutung, die es durch die Aufnahme ins Johannesevangelium nun f ü r den 4. Evangelisten gewinnt. Deshalb t r ä g t er den unjohanneischen Gedanken der Buße u n d die Beschränkung auf bestimmte „ A m t s t r ä g e r " ein. Schon das Voranstehen der Vergebung h ä t t e ihm zeigen müssen, daß hier von einer innergemeindlichen Bußdisziplin nach Analogie der Synagoge gar keine Rede sein kann. Diese wirkt durch die den Sünder zur Buße führende zeitweilige Exkommunikation und die anschließende Wiederaufnahme des reuigen Sünders; sie entspricht also der Reihenfolge von Mt. 18,18. — H ä t t e G R A S S die Eigenart der Quellen präziser zu erfassen versucht, so wäre sein Urteil über den „symbolischen" Charakter der Ostergeschichten f ü r den Evangelisten (BULTMANN) anders ausgefallen; siehe aber den „ N a c h t r a g " in der 2. Aufl. bei G R A S S 294. 3 Vgl. J o h . 8,21. 34. 41 ff.; 9,41. 4 Von dieser Predigt spricht deutlich 5,25 mit seinem έρχεται ώρα καί νυν έστιν. 5 I n d e m der Evangelist das Quellenstück umgestaltend u n d interpretierend a u f n i m m t , stellt er hier in der T a t die Erfüllung der Paraklet-Verheißung d a r ; von einer „Verlegenheitslösung" (W. BAUER, J o h . H N T z.St.) k a n n also keine Rede sein.
• 1 6 , 8 ; v g l . BULTMANN, J o h . z u 1 6 , ö f f .
7
Siehe oben S. 163. Auch die johanneische Passionschronologie und die Notiz von 19,38 will j a wohl Jesu Tod als den des Passalammes darstellen u n d weist insofern auf das Täuferzeugnis zurück.
250
Sünde, Gnade u n d Vergebung im hellenistischen J u d e n t u m
gelium keine Rolle 1 . Und zwar spielt er deswegen keine Rolle, weil „Sünde" für den vierten Evangelisten nicht die kontrahierte Sündenschuld als Folge konkreter Übertretungen der Tora ist, wie er ja auch das Gericht nach den Werken nicht kennt und den Gedanken der „Buße" vermeidet 2 . Dem entspricht es, daß die Idee des Sühnetodes Jesu für die sündige Welt im Johannesevangelium nicht betont wird 3 . Das alles hat darin seinen Grund, daß trotz der Herübernahme des apokalyptischen Menschensohntitels nicht mehr die alttestamentlichjüdische Frage nach Gottes und der Menschen „Gerechtigkeit", sondern die hellenistisch-gnostische Frage nach der Erlösung des Menschen aus der gottfeindlichen, fremden Welt, der er mit Leib und Seele verfallen ist, die beherrschende Rolle spielt 4 . Freilich ist durch das jüdischurchristliche Erbe des Evangelisten der kosmisch-metaphysische Dualismus dabei insofern durchbrochen, als die Knechtschaft unter der Sünde und in der Finsternis ihm nicht schicksalhaftes Verhängnis unter der drückenden Übermacht der Heimarmene, sondern Schuld der Menschen ist, die die Finsternis mehr liebten als das Licht®, wie 1 Das deutlich sekundäre Stück 7,53-8,11 „Jesus und die Sünderin" k a n n in diesem Zusammenhang unerörtert bleiben; vgl. dazu jetzt U. B E C K E R , Jesus u n d die Ehebrecherin, B Z N W 28, 1963 (in den historischen Resultaten — „ein Stück echter Jesusüberlieferung" 174 — allzu optimistisch!). — Ebenso können die aus der „Zeichenquelle" überkommenen unbetonten Wendungen 5,14 u n d 9,2f. außer Betracht bleiben. •— Vgl. auch M. G O G U E L , La foi 95f.; E . S C H W E I ZER, Erniedrigung 57 f. 2 Das gilt unabhängig von der Entscheidung darüber, ob m a n 5,28 f. mit B U L T M A N N der kirchlichen Redaktion zuweist, die dann diesen Gedanken nachträglich ins Evangelium eingetragen hätte, oder ob m a n 5 , 2 8 mit S. S C H U L Z (Untersuchungen u n d DERS., Komposition) f ü r ursprünglich hält. Denn auf jeden Fall ist κρίσις in V. 29 nicht als das Gericht im traditionellen Sinn, sondern als κατάκρισις zu verstehen u n d das T u n „des G u t e n " wie „des Bösen" ist nicht auf „ W e r k e " im herkömmlichen Verständnis zu beziehen, sondern ist — wie 3,19f. zeigt — Ausdruck der Stellung des Hörers zum Wort der Verkündigung. — μετάνοια fehlt sogar in der Täufermartyria; vgl. T H Y E N , Βάπτισμα 102ff. 3 Siehe aber S . 249 Anm. 7 ; vgl. auch E . S C H W E I Z E R , T h W VI/438, Anm. 734; B U L T M A N N , TheolNT 406ff.; W . B O U S S E T , Kyrios Christos 183.295. 4 Vgl. E. HAENCHEN, Das Johannesevangelium und sein K o m m e n t a r (ThLZ 89, 1964, 881-889). 5 Natürlich ist f ü r die Beurteilung des johanneischen Dualismus der in vieler Hinsicht analoge Dualismus von Qumran hoch interessant, sofern er den Einfluß des antiken Synkretismus auf das J u d e n t u m auch des Mutterlandes zeigt. B U L T M A N N h a t t e schon 1929(!) geschrieben: „Die Essener, deren synkretistischer Charakter sich ja nicht leugnen läßt . . ., sind doch — als extremer Fall — nur ein Symptom dafür, daß auch das palästinensische J u d e n t u m in den Synkretismus hineingezogen w a r " (ThLZ 54, 1929, 205: Rez. von W . Büchsei, Johannes u n d der hellenistische Synkretismus, ebd. 203-205). — Wenig förderlich dagegen ist die Behauptung von J . B E C K E R (Heil Gottes 217ff.), Johannes deute „nicht gnostisches Substanzdenken um, sondern übernimmt f ü r sein Weltbild (sie!) den essenischen Dualismus, den er vor allem durch die neuen ehristologischen Aussagen u m p r ä g t " . B E C K E R h a t sich durch seine einseitige Orientierung am „Begriff" der „ W a h r h e i t " das Blickfeld verstellt, so daß ihm sogar der Unterschied des Sündenverständnisses im 4. E v . u n d in Qumran entgeht (vgl. 236f.).
Der Ursprung des Wortes vom „Binden" und „Lösen"
251
ihre Teufelskindschaft darauf beruht, daß sie selber den Teufel, der sie nun beherrscht, zu ihrem Vater erhoben haben 1 . So hat der Evangelist durch die Aufnahme und Bearbeitung einer ihm von der Tradition vorgegebenen Ostergeschichte, die einst von der Verleihung der Jurisdiktionsgewalt an die „Jünger" als einen hervorgehobenen Kreis von Amtsträgern erzählte 2 und deshalb möglicherweise eine auf jüdischem Boden entstandene ätiologische Kultlegende zur Begründung eines kirchlichen Ordinationsritus darstellt, die Erfüllung der Verheißungen des scheidenden Jesus abgebildet 3 : Jetzt ist das Liebeswerk des Vaters vollendet 4 dadurch, daß der Sohn sein Leben für seine Freunde hingegeben hat 5 . Nun erst kann sich in der Verkündigung der Jünger die „Parusie" des Erhöhten ereignen und ihnen wie der Welt geben, was der Irdische nicht zu geben vermochte 6 , nämlich vollkommenen „Frieden" (14,27ff.), in welchem das „Gesetz des Mose" als das Gesetz des auf seine eigene Selbstbehauptung bedachten Kosmos erledigt ist 7 . An seine Stelle sind Gabe und Forderung der Liebe getreten 8 .
§ 12. Der Ursprung des Wortes vom „Binden" und „Lösen" Jetzt ist es an der Zeit, und wir sind nun einigermaßen in der Lage erneut nach dem anfänglichen Sinn des „Binde-" und „Lösewortes" zu fragen. Aus dem Vorhergehenden dürfen wir folgern, daß es sich um ein ursprünglich selbständiges Logion handelt, welches die Lehrbzw. Disziplinargewalt der „Jünger" als von Gott selbst legitimiert und mit himmlischen Sanktionen verbunden proklamiert. 1
Joh. 8,37 ff. Vgl. L. B R U N , Auferstehung Christi 82, der freilich den Unterschied zwischen der Quelle und dem Sinn des Stückes im Kontext des Evangeliums übersieht. 3 G . G L O E G E (Joh. 20,19-31, GPM 9, 1954/55, 114-122) bestreitet in seiner sehr lesenswerten Auslegung den „symbolischen" Sinn der Szene ( B U L T M A N N 536): „Unsere Geschichte 'symbolisiert' (B) nicht, sondern vollzieht die Erfüllung seiner Verheißung 14,8" (ebd. 116; vgl. 117, Anm. 11). Unseres Erachtens liegt darin das gleiche Mißverständnis vor wie bei T H Ü S I N G (siehe oben S. 246 Anm. 11). Sollte H A B T M A N N (siehe oben) mit seiner Analyse im Recht sein, so würde die Absicht des Evangelisten zu symbolischer Darstellung erst recht greifbar. 4 Joh. 3,16f. ; vgl. E. HAENCHEN, ThLZ 89, 881 ff. 5 Joh. 15,13; der Sühnopfergedanke darf hier nicht eingetragen werden (vgl. B U L T M A N N , Joh. z.St.). β Siehe oben S. 246 Anm. 11. 7 Joh. 1,17; daß das Gesetz als Instrument der Selbstbehauptung gemeint ist, womit sich der Kosmos vor der Offenbarung verschließt, zeigt der Gegensatz von 19,7 einerseits und 1,45 andererseits. 8 Vgl. H . J O N A S , Gnosis I I / 3 3 . 2
252
Die „Schlüsselgewalt" als eschatologische Dimension des K e r y g m a s
Schon früh ist dieses Wort Bestandteil österlicher Epiphanieberichte geworden1: Die neue Vollmacht der Gemeinde hat ihren Ursprung im ausdrücklichen Vermächtnis ihres erhöhten Herrn. Aber entsprechend der in der Christologie oft beobachteten Tendenz, die durch die Erhöhung als himmlische Inthronisation erlangte Würde und Vollmacht des Kyrios möglichst weit ins Leben des irdischen Jesus, etwa in seine Taufe2, seine Geburt3 oder seine Menschwerdung als den gehorsamen Verzicht des Präexistenten auf seine göttlichen Ehren4 zurückzuprojizieren, wird aus der österlichen Bevollmächtigung der Gemeinde alsbald die Beauftragung der Jünger durch den Irdischen. Wie aus Mt. 16,18 f. sichtbar wird, mag dabei das zur Sicherung rechter und verbindlicher Toratradition im nachbiblischen Judentum ausgebildete Ordinationsinstitut eingewirkt haben6. Das Wort dürfte kaum ursprünglich an Petrus gerichtet gewesen und dann auf alle Jünger übertragen worden sein6, sondern es galt anfänglich der Kirche und wurde dann — dem formgeschichtlichen Gesetz der Individualisierung zufolge — wohl in der Tat von einer „Petruspartei" auf ihr „Parteihaupt" als den Garanten der allein legitimen christlichen Tradition beschränkt7. Denn es weist formal alle Merkmale der von E. K Ä S E M A N N nachgewiesenen „Sätze heiligen Rechts" als eines prophetisch proklamierten, eschatologischen ius talionis auf8. Das Wort wird darum im Munde apokalyptischer Pro1 Siehe oben §§ 9 u. I i ; möglicherweise ist L k . 24,47 noch der G r u n d f ü r die A u f n a h m e dieses Wortes ins Osterkerygma erkennbar. 2 Vgl. die K o m m , zu Mk. 1,9—11 par. Auch hier m u ß sorgfältig zwischen d e m Sinn der E r z ä h l u n g im heutigen Evangelienkontext u n d ihrer ursprünglichen B e d e u t u n g als Einzelüberlieferung unterschieden werden (vgl. oben S. 229 A n m . 3). Die E r z ä h l u n g ist hellenistisch-jüdischen U r s p r u n g s ; das ist aber kein geographisches Urteil ! Gegen HAHNS R e k o n s t r u k t i o n einer älteren palästinensis c h e n ^ ) Vorlage (Hoheitstitel 334ff.) vgl. VIELHATJER, E r w ä g u n g e n 161 (in: Zeit u n d Geschichte). 3 Vgl. die „Vorgeschichten" bei Mt. u n d Lk. u n d siehe dazu M. DIBELIUS, J u n g f r a u e n s o h n u n d K r i p p e n k i n d (SAH 1932; = Ges. Aufs. I , 1953, Iff.). 4 Phil. 2,5ff. ; Gal. 4,4 usw. — Natürlich ist diese „ E n t w i c k l u n g " der Christologie keine chronologische u n d systematische. Gegen Traditionen verschiedenen Ursprungs, die miteinander konkurrieren, setzt sich schließlich der Präexistenzgedanke allgemein durch. 5 Siehe oben S. 232ff. β Das wäre n u r d a n n wahrscheinlich, wenn der Z u s a m m e n h a n g m i t der OsterÜberlieferung, der sich aber im L a u f e unserer U n t e r s u c h u n g als sekundär erwies, ursprünglich wäre, denn allein in dieser l ä ß t sich in der T a t die Tendenz v o n der individuellen Erscheinung des Auferstandenen zu derjenigen vor allen J ü n g e r n nicht übersehen; vgl. n u r L.Kor. 15,3ff. D a r u m sind die von KLEIN (Petrusverleugnung 226ff.) u n d BTJLTMANN (SynTr. 150f.) f ü r die P r i o r i t ä t von Mt. 16,19 gegenüber 18,18 vorgebrachten Argumente nicht stichhaltig. 7 Siehe oben S. 218. 8
E . KÄSEMANN, S ä t z e h e i l i g e n R e c h t s i m N T
(NTS
1, 1 9 5 4 / 5 5 ,
248-260;
jetzt i n : Exeget. Vers. u. Bes. I I . 2. Aufl. 1965, 69-81). Vgl. a u c h DEBS., An-
Der Ursprung des Wortes vom „Binden" und „Lösen"
253
pheten der Urgemeinde seinen Ursprung haben. Da diese „im Namen" oder „als Mund" des Erhöhten sprechenden Propheten 1 allem Anschein nach gemeindeleitende Funktion hatten, ist die Gemeinde als Ganze der ursprüngliche Adressat ihrer Worte. Von hier aus verbietet sich die Annahme einer anfänglichen Beschränkung auf einen ausgesonderten Kreis von „Amtsträgern" oder gar einen Primas. Von diesen Beobachtungen her wird weiterhin wahrscheinlich, daß die Joh. 20,23 vorliegende Formulierung dem ursprünglichen Sinn dieses Logions am nächsten kommt. Wir hätten dann in einem Wort wie: „Wer euch hört, der hört mich, und wer euch verachtet, der verachtet mich" (Lk. 10,16) eine nahe formale und sachliche Parallele 2 . I n der in der Logienquelle ursprünglicher und vollständiger als bei Markus erhaltenen „Missionsinstruktion" (Mk. 6,8-11 par.) 3 entsprechen Zuwendung und Entzug der ειρήνη (Mt. 10,13) der „Binde"- und „Lösegewalt" der Jünger 4 , und die Fluchgeste des den „Staub von den Füßen Schütteins" (Mk. 6,11 par.) hat über den, „der die Jünger nicht aufnimmt und ihre Worte nicht hört" (Mt. 10,14) 5 prägnant „bindende" Gewalt. Weil die Gesandten des Erhöhten ώς έκ θεοϋ κατέναντι θεοϋ έν Χριστώ reden 6 , hat ihr Wort definitiv bindende und lösende Macht, ist es οσμή έκ θανάτου εις θάνατον für die, die sich ihm verschließen, und οσμή έκ ζωής εις ζωήν für alle, die es annehmen 7 . I n diesem Zusammenhang ist schließlich noch auf das rätselhafte Wort von der unvergebbaren Sünde wider den Heiligen Geist (Mk. 3,28f. par. u. Q) einzugehen. I m Kontext des Markusevangeliums dient das Wort dazu, die Schriftgelehrten aus Jerusalem (Mk. 3,22) ewiger und unvergebbarer Sünde zu überführen, weil sie Jesu Macht über die bösen Geister auf Beelzebub, den Dämonenfürsten, statt auf den in Jesus mächtigen heiligen Geist Gottes zurückführen. Zu behaupten: πνεύμα άκάθαρτον έχει, statt sich dem in Jesus als ausgefänge 104: ,,. . . Mt. 16,19, das noch einmal alle Merkmale des prophetisch proklamierten eschatologischen ius talionis enthält". Positiv aufgenommen von P . VIELHAUER, in: HENNECKE
11/425f.
1
Vgl. OdSal. 42,6 „Und ich stand auf, und ich bin bei ihnen, und ich werde reden durch ihren Mund" (Übers, von W. B A U E R bei Hennecke 11/624. B A U E R verweist ebd. auf Mt. 18,20; 28,20; Apk. 18,9f. Vgl. auch Apk. 2f. und siehe VIELHAUER, ebd.
426.
2
Vgl. Joh. 13,20 und siehe BULTMANN, SynTr. 153. — Auch Mt. 10,40 ist in diesem Zusammenhang zu bedenken. 3
4
Vgl. BULTMANN, S y n T r . 1 5 5 f .
Mt. 10,13: καί έάν μέν ή ή οικία αξία, έλθάτω ή εΙρήνη ύμών έπ' αυτήν" έάν δέ μή ή άξια, ή ειρήνη ύμών προς υμάς έπισρταφήτω. 5 έκτινάξατε τόν κονιορτον των ποδών ύμών. — Vgl. Mt. 10,15. « 2-Kor. 2,17. 7 2. Kor. 2,16; vgl. die Komm.
254
Die „Schlüsselgewalt" als eschatologische Dimension des Kerygmas
wiesenem θείος άνήρ wirkenden πνεΰμα άγιον bedingungslos zu unterwerfen, bedeutet: ούκ έχειν αφεσιν εις τον αιώνα (3,29) 1 . Diese markinische Komposition läßt sich kaum anders denn als ein deutliches Spiegelbild einer konkreten, für den Evangelisten existentiellen Situation begreifen: Sie hat ihren „Sitz im Leben" in einer Missionspraxis, in der Missionare als θείοι άνδρες ihre Macht in Krafttaten demonstrieren und unter solche δυνάμεις Unterwerfung fordern. Was diese Missionare auszeichnet, ist weniger der Bußruf angesichts der nahen βασιλεία2 als vielmehr ihre überführenden „Zeichen": δαιμόνια έκβαλοΰσιν, γλώσσαις λαλήσουσιν καιναΐς, οφεις άροΰσιν καν -8-ανάσιμόν τι πίωσιν ού μή αύτούς βλάψη, επί άρρωστους χείρας έπιθ-ήσουσιν και καλώς έ'ξουσιν3, angesichts derer der Menge nichts als der akklamierende Ruf bleibt: ούτως ούδέποτε εΐδαμεν4. Sich derartigem Niegesehenen zu widersetzen, ist unverzeihliche Blasphemie des Geistes. Zweifellos — das läßt der die ausgesandten Apostel derart charakterisierende unechte Markusschluß deutlich erkennen — haben sich gerade dieses Evangeliums alsbald enthusiastische Pneumatiker angenommen. Sie konnten das wegen ihrer großen Affinität zu der im Markusevanglium angelegten Θ-εΐος-άνήρ-Christologie. GEORGI hat mit Recht auf die Eigenart der markinischen Darstellung der Aussendung der Zwölf (Mk. 6,7ff.) verwiesen, in der an die Stelle der Nähe des Gottesreiches als Motiv für die Bußpredigt exorzistische Krafttaten getreten sind 6 . Auch die archaische und schwer deutbare Perikope vom „fremden Exorzisten" (Mk. 9,38ff.) spricht eine in dieser Hinsicht vernehmbare Sprache 6 . Daß Markus das Wort von der unvergebbaren Sünde wider den Heiligen Geist selbständig redigiert hat, zeigt seine merkwürdige Gestalt: άμήν λέγω ύμΐν δτι πάντα άφεθήσεται τοις υίοίς τών άν&ρώπων τά αμαρτήματα και αϊ βλασφημίαι, οσα έάν βλασφημήσωσιν δς δ' αν βλασφημήσγ] εις το πνεΰμα το άγιον, ούκ εχει αφεσιν εις τον αιώνα, άλλά ένοχος έστιν αιωνίου αμαρτήματος (3,28f.). 1 Vgl. die Komm.; BULTMANN, SynTr. 138f. und Ergänzungsheft 21 (Lit.); Η. E. TÖDT, Menschensohn 109ff. 282£F.; F.HAHN, Hoheitstitel 107. 299f.; Ο. E. EVANS, The Unforgivable Sin (ET 68, 1956/57, 240-244); J . G . W I L L I A M S , A Note on the 'Unforgivable Sin' Logion (NTS 12, 1965, 75-77) und jetzt vor allem die materialreiche und sorgfältige Untersuchung von E. LÖVESTAM, Spiritus Blasphemia. Scripta minora regiae societatis humaniorum litterarum Lundensis. Lund 1968; weiteres siehe unten. 2 In der markinischen Aussendungsrede (Mk. 6,7ff.) fehlt das Motiv der nahen βασιλεία zur Begründung des Bußrufs; vgl. D. GEORGI, Gegner 210. 3 Mk. 16,17f. ; zu diesem sekundären Mk.-Schluß und seinen Problemen vgl. die Komm, und Einleitungen ins NT. 1 Mk. 2,12 (siehe oben S. 242f.). s Siehe oben Anm. 2 und vgl. besonders GEORGI, Gegner 157ff. 210ff. — Zum ά-εϊος-άνήρ-Μοίίν siehe auch F. HAHN, Hoheitstitel 295ff. • Siehe die Komm. z. St. ; R . BULTMANN, SynTr. 23f. ; D. GEOBGI, Gegner 213.
Der U r s p r u n g des W o r t e s v o m „ B i n d e n " u n d „ L ö s e n "
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B U L T M A N N hält diese Gestalt für „die relativ ursprünglichste Form" des Logions 1 . Er kann das aber nur, weil er vermutet, das auffällige τοις υίοΐς των άνθρώπων habe ursprünglich gelautet : τω υίω τοΰ άνθρωπου im Sinne von „dem Menschen". Markus — oder die Tradition vor ihm — müßte dann diesen Singular, um der Verwechslung mit dem inzwischen zum festen Hoheitstitel Jesu gewordenen „Menschensohn" zu entgehen, in den Plural verwandelt haben. Von dieser Prämisse aus kann B U L T M A N N nun die in der Tat schwierige Q-Form des Wortes — die Lästerung des Menschensohnes ist vergebbar, nicht aber die des Heiligen Geistes2 — im Anschluß an W E L L H A U S E N einleuchtend erklären: „Sie ist aus einem Mißverständnis entstanden", das harmlos gemeinte υιός του άνθρωπου wurde titular gedeutet 3 . Indes, so einleuchtend die Schlußfolgerung ist, so wenig überzeugt die WELLHAUSENSche Prämisse, daß das υιός του άνθρωπου in der nach B U L T M A N N S Analyse „dritten Gruppe" von Menschensohnworten, die vom gegenwärtig handelnden „Menschensohn" reden 4 , lediglich das falsche Resultat einer „sklavischen Übersetzung" aus dem Aramäischen sei 5 . Auch in all diesen Worten ist „Menschensohn" von Anfang an titular gebraucht 6 ; sie sind deshalb — jedenfalls in ihrer heute vorliegenden Gestalt — wie im übrigen alle anderen Menschensohnworte der synoptischen Tradition auch 7 , nicht authentische Jesusworte, sondern Gemeindebildungen.
1
SynTr. 138 ebenso h e u t e die meisten F o r s c h e r ; vgl. L Ö V E S T A M 71. Mt. 12,32/Lk. 12,10. S y n T r . 138. 4 Siehe oben S. 156 u n d vgl. J . W E L L H A U S E N , Einleitung in die drei ersten Evangelien. 2. Aufl. 1911, 66f.; 128ff. u . ö . — E s h a n d e l t sieh bei der „ d r i t t e n G r u p p e " u m folgende Stellen: Mk. 2,10 p a r . (siehe dazu oben S. 242f.); Mk. 2,28 p a r . ; Mt. 8,20; 11,19 p a r . ; 12,32 p a r . ; siehe d a z u W E L L H A U S E N S K o m m . — Zu B U L T M A N N S Analyse vgl. SynTr. pass. (Register: s . v . „Menschensohn"); sowie D E B S . , T h e o l N T 29ff. — Zur Auseinandersetzung m i t W E L L H A U S E N siehe schon W . B O U S S E T , Kyrios 6ff. ; ferner Η . E . T Ö D T 282ff. ; H A H N , Hoheitstitel 13ff. ; E . S J Ö B E R G , D e r verborgene Menschensohn in den Evangelien, 1955, 234ff. Neuerdings h ä l t C O L P E ( T h W VIII/433ff.) Mk. 2 , 1 0 ; Mt. l l , 1 8 f . u. Mt. 8,20 p a r . f ü r „wahrscheinlich" authentische Jesusworte, freilich ohne t i t u l a r e n Sinn. E r variiert d a m i t n u r die W E L L H A U S E N s c h e These. 5 T r o t z unseres negativen Urteils über diese linguistische F r a g e b e h ä l t B U L T M A N N S Analyse ihr R e c h t ; es h a n d e l t sich bei den drei G r u p p e n der Menschensohnworte in der T a t u m drei Traditionsschichten. Vgl. T Ö D T pass.; F . H A H N , Hoheitstitel 13FF. ; P . V I E L H A U E B , Gottesreich 5 3 ; H . C O N Z E L M A N N , 2 3
RGG 8
I I I / 6 3 0 F . ; COLPE, T h W
VIII/431FF.
Siehe u n t e n u n d vgl. die Einzelnachweise bei H . E . T Ö D T pass. 7 Siehe oben S. 156 Ajim. 4 u n d vgl. M A B X S E N , Anfangsprobleme der Christologie, 1960, 20ff. Anders einerseits T Ö D T (bes. 298ff.), der m i t B U L T M A N N einen G r u n d b e s t a n d der W o r t e v o m k o m m e n d e n Menschensohn f ü r echt hält, so auch C O L P E ( T h W VIII/435ff.) u n d andererseits E . S C H W E I Z E B , Der Menschensohn ( Z N W 50, 1959, 185-209), der die d r i t t e G r u p p e f ü r authentisch, „Menschens o h n " d a m i t also f ü r eine Selbstbezeichnung J e s u h ä l t . Vgl. d a z u V I E L H A U E B , J e s u s u n d der Menschensohn. Siehe a u c h E . H A E N C H E N , K o m p o s i t i o n .
256
Die „Schlüsselgewalt" als eschatologische Dimension des Kerygmas
Von Mk. 2,10 par. abgesehen1 ist Mk. 2,27f. die einzige Stelle, die der These WELLHAUSENS eine handgreifliche Stütze zu verleihen scheint. Hier ist gesagt, daß der Mensch nicht um des Sabbats willen, sondern der Sabbat um des Menschen willen geschaffen sei ; und gleich darauf folgt nicht, wie zu erwarten: „Also ist der Mensch Herr auch über den Sabbat", sondern vielmehr: „So ist des Menschen Sohn ein Herr auch des Sabbats". Aber auch hier ist die Ursache solcher Inkonsequenz nicht das durch eine geistlose Übersetzung entstandene Mißverständnis. Das hier vorliegende „Mißverständnis" ist ganz anderer Art: Die Gemeinde „will" wieder „im Fleisch vollenden", was sie „im Geist begonnen hatte" 2 . Sie versteht die königliche Freiheit nicht mehr, in die Jesus sie berufen hatte; sie wagt es nicht mehr, die „Herrschaft über den Sabbat" für sich in Anspruch zu nehmen und räumt sie deshalb exzeptionell dem „Menschensohn" ein3. Vers 28 ist also kein linguistisches Mißverständnis, sondern sekundäre Bildung einer in den Nomismus zurückgesunkenen Gemeinde. Ein Blick in die Synopse zeigt, daß diese Tendenz das befreiende Herrenwort alsbald verdrängt hat. Fällt somit die Prämisse, von der aus BULTMANN Mk. 3 , 2 8 f . für primär hielt, so ist nun die Frage nach dem Verhältnis zur Überlieferung des Wortes in der Logienquelle erneut zu stellen. Zwar ist das einleitende άμήν λέγω ύμΐν gewiß altertümlich, aber weder Beweis für die Ursprünglichkeit der Markusüberlieferung noch erst rechtKennzeichen der Authentizität4. U.E. muß man mit A. FRIDRICHSEN 6 und Η . E. Siehe oben S. 242 f. Gal. 3,3. — Natürlich soll mit diesem Zitat die galatische Häresie nicht einfach mit diesem frühen Rückfall in den Nomismus identifiziert werden. Aber gegen W . SCHMITHALS (Die Häretiker in Galatien, Z N W 47, 1956, 25-67) besteht diese Parallelisierung allerdings insofern zu Recht, als die galatischen Gegner Nomisten und nicht etwa libertinistische Gnostiker sind. Analoges gilt gegen W . SCHMITHALS (Die Irrlehrer des Philipperbriefs, Z T h K 54, 1957, 297341) auch für die Gegner hinter Phil. 3. Das hätte nicht bestritten werden dürfen. Freilich sind — und darin liegt das relative Recht von SCHMITHALS — diese nomistischen Gegner zugleich pneumatische Schwärmer mit stark synkretistischen Einflüssen. Vgl. dazu GEORGI, Gegner pass.; DEBS., V P 1958/59, 90ff.; Η . KÖSTER, The Purpose. 3 Vgl. das zweifellos alte — möglicherweise authentische — von D in L k . 6,5 bezeugte, aber schon früh verdrängte Logion: τη αύτη ή μέρα θεασάμενός τίνα έργαζόμενον τ ω σαββάτω, είπεν αύτω' άνθρωπε, εΐ μέν οίδας τι ποιείς, μακάριος ti" εΐ δέ μή οϊδας έπικατάρατος καΐ παραβάτης εΐ τοϋ νόμου. Vgl. auch Ε . KÄSEMANN, Das Problem des historischen Jesus 207; DERS., Begründet der neutestamentliche Kanon die Einheit der Kirche? (Exeget. Vers. u. Bes. 1/219). — Anders E. LOHSE, Worte Jesu über den Sabbat (Jeremias-Festschrift 1960), 82f.; DERS., Art. σάββατον T h W VII/22f. Nicht überzeugend! 4 So J. JEREMIAS, Kennzeichen der ipsissima vox Jesu (Wikenhauser-Festschrift 1953, 86-93); vgl. dazu F.HAHN, Hoheitstitel 299f. 5 L e péché contre le Saint-Esprit ( R H P h R 3, 1923, 367-372); vgl. dazu aber BÜLTMANN, SynTr. 138, Anm. 1. 1
2
Der Ursprung des Wortes vom „Binden" und „Lösen"
257
TÖDT1 aus sachlichen wie aus formalen Gründen der Q-Form des Logions den Vorrang geben. Es handelt sich deutlich um ein ursprünglich isoliertes Wort. Der Zusammenhang mit dem Beelzebub-Vorwurf ist ganz offenkundig sekundär 2 . Was sollen also — nach Markus — die „vergebbaren Sünden und Lästerungen" sein? Gegen wen richten sie sich, denn das erwartet man doch zu erfahren, wenn gesagt wird, jedenfalls sei die gegen den Heiligen Geist gerichtete Lästerung unvergebbar? Daß βλασφημία im Vordersatz (Mk. 3,28) einfach Gegensatz zu εύφημία, im Nachsatz aber religiöse Lästerung sein sollte, ist undenkbar 3 . H A H N S Einwand gegen TÖDT, es könne „nicht aus einem άφεθήσεται τοις άνθρώποις (Mt. 12,31) nachträglich ein άφεθ-ήσετοα τοις υίοΐς των άνθρώπων (Mk. 3,28) werden" 4 , ist unbegründet, denn Markus übernimmt den Spruch ja nicht aus der Logienquelle, sondern aus einer anderen Überlieferung. Dagegen läßt sich für die Q-Form ein klarer Sinn erkennen : Hier wird in der T a t so etwas wie eine „Periodisierung der Geschichte" vorgenommen 6 . Waren die Lästerungen der J u d e n gegen den „Menschensohn", das heißt gegen den irdischen Jesus, vergebbar 6 , so ist es n u n die Abweisung der geisterfüllten Jüngerpredigt nicht mehr. Sachlich entspricht das Wort also genau dem Gestus des „den Staub von den Füßen Schütteins", dem έλέγχειν des Parakleten im Johannesevangelium und der Anschauung vom Todesduft in der paulinischen Theologie. Der klare antithetische A u f b a u des Doppelspruchs in seiner Q-Form mit der kasuistischen Einleitung (δς εάν) und dem nachfolgenden apodiktischen Urteil im eschatologischen F u t u r zeigt, daß wir es hier 1
Siehe oben S. 254 Anm. 1 ; so auch K. STENDAHL, Art. „Sündenvergebung"
RGG VI/512. 2
Η. E. TÖDT (109ff.) argumentiert u . E . zu Unrecht vom Kontext her. Vgl. BULTMANN, SynTr. lOff.; F. HAHN, Hoheitstitel 298, Anm. 1. 8 4
Vgl.
LÖVESTAM
44ff.
Hoheitstitel 300. — Es ist aber ja gar nicht der in der Tat unmögliche traditionsgeschichtliche Vorgang zu deuten, daß aus τοις άνθρώποις ein τοις υίοΐς των άνθρώπων wird. Vielmehr sind aus dem „Menschensohn" die „Menschen" geworden; so auch Η. E. TÖDT 111. Siehe auch unten S. 259 Anm. 2. 6
Vgl. Η . E . TÖDT e b d . u n d siehe s c h o n PROCKSCH, T h W 1/105, der v o n d e m
„pfingstlichen Inhalt" des Spruches spricht und richtig sieht, daß „die markomatthäische Fassung des Spruches (Mk. 3,28 f. : Mt. 12,31) . . . den Gegensatz zwischen ό υιός τοϋ άνθρωπου und τό πνεύμα τό άγιον" unterdrückt. Wenn auch unter Festhalten der uns zweifelhaften Markuspriorität, interpretiert G. BORNKAMM (Jesus 194; D E R S . , in: Überlieferung 31 f.) das Logion völlig sachgemäß. Zur Lukasversion vgl. H. CONZELMANN, Mitte der Zeit 167. « Vgl. vor allem Η. E. TÖDT 109ff. — Für Lk. ist auf 23,24 zu verweisen. Daß aber solches in der „Zeit des Geistes" nicht mehr möglich ist, zeigt Apg. 5, Iff. Vgl. auch E. LOHMEYER, Gottesknecht 132£f. 17 Thyen, Studien
258
Die „Schlüsselgewalt" als eschatologische Dimension des Kerygmas
wiederum mit einem jener „Sätze heiligen Rechts" zu t u n haben 1 . Wir halten eine sekundäre Angleichung des bei Markus vorliegenden sprachlichen und sachlichen Torsos an diese von K Ä S E M A N N mit ihrem „Sitz im Leben" nachgewiesene Stilform für undenkbar. Das „Zitat" unseres Satzes in der Didache läßt noch sehr klar diesen ursprünglichen Zusammenhang erkennen: καΐ πάντα προφήτην λαλοϋντα έν πνεύματι ού πειράσετε ούδε διακρινεΐτε" πασα γάρ αμαρτία άφε&ήσεται, αίίτη δέ αμαρτία ούκ άφεθήσεται (Did. 11,7). Hier spricht das klare Bewußtsein der Urgemeinde, daß es endgültiges Heil wie Unheil erst seit Ostern gibt. Nicht schon der „historische Jesus", sondern erst seine österliche Pneumapräsenz im Worte der christlichen Propheten überführt den Ungläubigen, „macht das Verborgene seines Herzens offenbar", so daß er „auf sein Angesicht fällt, Gott anbetet und bekennt, daß Gott wahrhaftig in den Propheten präsent ist" 2 . Die Sünde gegen den Geist ist das tödliche Nein zum Heilsangebot des Kerygmas 3 . Formal steckt hinter der Formulierung natürlich die bekannte jüdische Unterscheidung zwischen sühnbaren und unsühnbaren Sünden. Aber in der hochgespannten apokalyptischen Stimmung dieser Prophetie ist nicht mehr an irdische Sühnemöglichkeiten, sondern nur noch an himmlische Sanktionen zu denken. Das kirchliche Bußinstitut mit seiner Unterscheidung von „läßlichen" und „Todsünden" ist noch weit 4 . Läßt sich die Aufnahme des in der Logienquelle überlieferten Spruches durch Matthäus 5 und Lukas 6 gut begreifen, so ist ebenso deutlich, daß Markus die ihm unerträgliche Aussage seiner Quelle zerbrechen 1
Siehe oben S. 252 Anm. 8. l.Kor. 14,24f. Zu der These von F. H A H N (Hoheitstitel pass., besonders 126ff.), daß sieh die Erhöhungsvorstellung und mit ihr die Anschauung der Präsenz der έξουσία des Erhöhten erst allmählich unter dem Druck der Parusieverzögerung und mit Hilfe von Ps. 110,1 herausgebildet habe, haben P. V I E L H A U E R (EvTh. 25, 42fT.) und D. G E O R G I (Phil. 2,6-11, 292; sowie Kollekte pass. z.B. 25, Anm. 68) das Notwendige gesagt. Die Vorstellung von der rettenden und vernichtenden Pneumapräsenz des Erhöhten mit seiner έξουσία ist uralt. Ohne sie sind die Anfänge des Christentums fast unverständlich. Hier rächt sich H A H N S ZU einseitig an der Hoheitstitulatur orientierte Darstellung. — Die Unterscheidung von „Menschensohn" und „Pneuma" in dem Wort von der unvergebbaren Sünde ist in gewisser Hinsicht eine nahe Parallele zu 2. Kor. 5,16ff. ; vgl. dazu J. G. W I L L I A M S , A Note 77. Zu verweisen ist auch auf das Logion 44 des Thomasevangeliums; vgl. dazu F. H A H N , Hoheitstitel 300. Galt zunächst die machvolle Gegenwart des erhöhten Herrn im Wort der urchristlichen Propheten als selbstverständlich, so meldet sich jedoch schon bald das Problem der „falschen Propheten"; vgl. Mk. 13,22 par.; siehe besonders Herrn, mand. X I und dazu: M. D I B E L I U S , Hermas (HNT, ErgBd.), 536ff. 3 Vgl. E . S C H W E I Z E R , ThW VI/395. 405. 4 Vgl. dazu H . V O N C A M P E N H A U S E N , Amt 2 3 4 F F . 5 Vgl. G. B O R N K A M M , in: Überlieferung 3 1 f. « Vgl. H . C O N Z E L M A N N , Mitte der Zeit 1 6 7 ; E . S C H W E I Z E R , ThW V I / 4 0 5 . 2
Der Ursprung des Wortes vom „Binden" u n d „Lösen"
259
mußte1. Ihm ist Jesus seit seiner Taufe der pneumaerfüllte Gottessohn. Darum ist Markus die Behauptung, die Lästerung des göttlichen Menschensohns sei vergebbar, eine blasphemische Absurdität. Mehr schlecht als recht hat er deshalb aus dem „Sohn des Menschen" seiner Vorlage „die Menschen" gemacht2. 1
So ganz richtig H . E . T Ö D T 111. D a m i t ist der HAHNsehe Einwand erledigt (siehe oben S. 257 Anm. 4). Der traditionsgeschichtliche Vorgang ist also dieser : Mk. h a t den ihm unerträglichen Spruch in einer Q-ähnlichen Gestalt vorgefunden (vgl. Mt. 12,32) u n d daraus 3,28f. „gestaltet", wenn m a n das noch so nennen kann. Dieses P r o d u k t wiederum h a t d a n n Mt. mit der Q-Form kombiniert. 2
17·
Register a) A U T O R E N ADLER, M . 123 ALAND, Κ . 231, 2 4 4 AIT, Α. 44 ALTHAUS, P . 2 0 4 ANDRESEN, C. 155
— Praeparatio 100, 109 — Qohelet 110 — Septuagintafrömmigkeit 100 B E T Z , O . , Felsenmann 2 4 0 — Offenbarung 79 — Proselytentaufe 90, 135
BACH, R . 29 BACON, B . W . 2 3 2 BAILEY, J . A . 244 BAILLET, M . 9 1 BALLA, Β . 64 BALTZER, K . , Ende 1 4 5
BEYERLIN, W . 31 BIEDER, W . 147
BIETENHARD, H., Himml. Welt 56, 89, 125 f. — δνομα 148 BILLEBBECK, P . 50ff., 233, 238 u. pass.
— Bundesformular 31ff., 43, 87ff.,241
BLANK, J . , K r i s i s 2 4 8
BARDTKE, H . 90 Β ABB, J . , Alt u n d
— Paulus u n d Jesus 152
Neu 62, 26, 182 — Biblical words 58 — Semantics 24, 58ff., 69, 100 BARBETT, C. Κ . , L a m b 142, 163
— Mark 10: 45: 154ff. B A R T H , C H B . , E r r e t t u n g 32f., 36, 48 — Theophanie 31, 34, 154 BARTH, G. 236, 240
BABTH, Κ., Auferstehung 152 — Christus u n d A d a m 192 — K D I V / 4 : 195, 197, 199f., 202 — Kirchl. Lehre 199f., 205 BARTH, M . 197 B A T I F F O L , P . 8 9 , 126FF. BAUDISSIN, W . W . GRAF,
Adonis — Der gerechte Gott 24 BAUER, W . , JohKomm. 2 4 9 — OdSal 253 — Rechtgläubigkeit 150 BAUERNFEIND, O. 110 BAUMBACH, G . 1 3 1 BEASLEY-MURRAY, G . R . 145 B E C K E R , J . 18, 22, 58, 77ff., 94f., BECKER, U . 250 B E G R I C H , J . , Berit 31
229
BOECKES, H . J . 45, 47 BOHREN, R . 236, 238 BOMANN, T H . 2 4 BONHÖFFEB, A . 102 BORGEN, P . 103, 161
BORNKAMM, G . , A u f e r s t a n d e n e
— — — — — — — — — — — — — —
BOUGHTON, J . S.
250
— Heilsorakel 33 f., 47 — Tora 39 B E H M , J . (siehe auch W Ü B T H W E I N ) 1 1 8 B E B T B A M , G . αμαρτία in L X X 109 f. — Fremdlingstypologie 109 f. — Griech. A T 100
152,
146, 232ff., 244. Bekenntnis 194, 214 Enderwartving 140 Eucharistische Rede 161 Glaube u n d Vernunft 182 Herrenmahl 160, 162 Jesus 137, 139, 257 Lehre von der Taufe 133 Lobpreis 47 f. μυστήριον 178 Offenbarung des Zornes 196 Taufe 197, 204, 205f„ 213 Theologie Bultmanns 179 Überlieferung 233, 235, 240, 257 f. Vorgeschichte 172 130
BOUSSET, W . 157, 2 5 0 , 2 5 5 —
u . GRESSMANN, H . 5 0 , 6 9 , 7 3 , 7 5
BRANDENBURGER, E . , A d a m 1 6 f . , 35,
55f., 59, 62f., 67ff., 70f., 192, 198, 204 — Auferstehung 89, 127, 174, 177,182, 185 — Fleisch 86, 90, 103, 106, 110, 116, 174, 179, 184, 187, 202f., 211, 241
261
Register B R A U M A N N , G . , Sünderin 2 4 2 — Taufverkündigung 145, 149 BBAUN, H . , E r b a r m e n Gottes 76, 65 — Exegetische Randglossen 196 — πλανάω 92 — Qumran u. d. N T 77, 84, 89, 95, 138, 239f. — Radikalismus 77, 79f., 85f., 89,91f. 238 — R o m . 7,7—25: 77, 92, 94ff., 192 — Stirb u n d Werde 203, 216 — Taufe Jesu 143 — Täufertaufe 139, 143
— Unsichtbarkeit Gottes 87, 196, 230 — Urchristentum 111 — Urchristentum im R a h m e n 17, 29, 64 — Verhältnis 221 — Welchen Sinn h a t es . . . ? 166 — ζάω 72 B U R C H A B D , C H R . , Bibliographie 77 — JosAs 126, 127, 134 BURROWS, M., More Light 77f. — Scrolls 77
BRÉHIER, E . 108, 115 BROOKS, E . W . 126 B R U N , L . , Auferstehung 2 4 5 , 2 4 8 , 2 5 1
BURROWS, E .
— 2Kor. 5,1-10: 188 — Segen u n d Fluch 239 BUBER, M . 53 BÜCHLER, A . 75 B Ü C H S E L , F . 155,
159f., 167, 227 BULTMANN, R . , A d a m u n d Christus 176, 192 — άγνοέω 102 — άφεσις 9, 24, 32 — γινώσκω 79 — E p i k t e t 102 — δικαιοσύνη β-εοΰ 26, 51 — E t h i k bei Paulus 195 — Geschichte u n d Eschatologie 53, 32, 181 — Glossen im R o m . 193 — Interpretation 247 — Jesus 72, 76, 133, 193, 242 — J o h K o m m . 36, 138, 140, 143, 150, 161, 226, 243ff. — Mt. 16,17-19: 219 — Messian. Bewußtsein 219 — Nächstenliebe 61 — N T u n d Mythologie 36 — πιστεύω 64 — Probleme des 2Kor. 172, 176ff.,188 — Quellen der Apg. 232 — Rez. B a r t h 152 — Rez. Büchsel 250 — Rez. Mittring 170 — Rez. Schauf 169 — Apokalyptik 211 — R o m . 7: 97, 192 — SynTr 138, 141 f., 144, 150, 153 ff., 214, 218ff„ 227f., 230, 233, 235ff. — TheolNT 146ff., 156, 161, 164f., 169, 176, 179, 241, 250, 255
—,
DE VAUX, MEYER, R . , K U H N , Κ . G .
77 227
CAMPENHAUSEN,
H.
FRH.
VON,
Amt
228, 231, 233, 236ff., 248, 258 — Osterereignisse 229 f, 243 CAROLL, P . 2 3 3 CAZELLES, H . 2 6 CHARLES, R . H . 5 8 , 167 COHN, L . 1 0 4 C O L P E , C . , Philo 111 — ύιός 154f., 242, 255 COLSON, F . H .
129
CONZELMANN, H., Analyse 152ff., 168, 179, 220, 229 — ApgKomm. 149 — Jesus Christus 156, 221, 224, 228, 255 — Mitte der Zeit 131, 147, 155, 257f. — Mutter der Weisheit 100 — Paulus u n d die Weisheit 168, 170, 189, 208ff. — Pastoralbriefe 158, 210 — Randbemerkungen 189 — Rechtfertigungslehre 169, 208 — Rez. Wagner 149, 197 — σκότος 90, 93 — TheolNT 189 — W a s glaubte . . .? 153 CREMER, H . 18, 2 4
CULLMANN, O . , C h r i s t o l o g i e 154, 158,
— — — — — — —
226 Christus u n d die Zeit 180 Heil als Geschichte 180 πέτρα 219, 224, 227f. Petrus 219f, 227f. Qumrantexte 79, 85, 90 Staat im N T 226 Tauflehre 214
CUMONT, F .
123
262
Register
Gekreuzigter Messias — Passionsgeschichte 140 — Volk Gottes 239
222
DAHL, Ν . Α.,
DAIÍIÉLOU, J . DELCOB, M . DELL, A.
EBMANN, A .
106
DEISSMANN, A .
Eikon
ELTESTEE, F . W . ,
187
— Der Logos 145 112
EVANS, Ο. E .
254
167, 209
80
FAHLGBEN, K . H .
219, 229, 233
FEINE,
P . u.
18
BEHM,
J . (siehe
KÜMMEL)
G., βάπτισμα 1 3 3 — Tod J e s u 205 — Zueignung 145, 148, 187, 200, 204
F O H B E B , G. Glaube u n d Welt 2 9 — Literatur zur atl. Prophetie 29
DELOBME, J .
133
FBIEDBICH, G.
DESCAMP, A .
99
FBIDBICHSEN, A .
DELLING,
Aufsätze zur Apg. 2 3 2 — Hermashirte 258 — Paulus u n d die Mystik 207 f. — Formgeschichte 214, 223, 231 — Glaube u n d Mystik 167 — Isisweihe 113, 126, 207 — J o h a n n e s der Täufer 133, 139 — J u n g f r a u e n s o h n 252 — Täufer 131, 139, 141, 142ff„ 150 D I E T E I C H , E . K . 50, 73ff., 107, 118 D I N K L E B , E., Korintherbriefe 172 — Petrus 228, 231 — Petrus-Rom-Frage 219, 228, 231, 238 — Petrusbekenntnis 218, 220ff., 231 — Petrusdarstellungen 228 — Taufe 132, 136, 145, 214 •— Taufterminologie 148 f. — Versiegelung 148 — Rez. Schlier 212 D O D D , C . H . , Bible 9 9 , 1 6 7 — J o h . „ H e r r e n w o r t e " 247 — Historical Tradition 247 f. — I n t e r p r e t a t i o n 163, 247 — Matthew a n d P a u l 236, 241 DIBELIUS, M.,
DÖLGEB, F .
DÜNNEB, A.
108
18F., 22, 24F.
Livre des H y m -
DUPONT-SOMMES, A,
nes 85 — Manuscrits 79 D O M J . , Réconciliation — σύν Χριστώ 209, 213
EBELING,
12
H. J., 218FF.
EDSMAN, C. M . EICHBODT, W .
GAECHTEB, P . GÄETNEB, B .
132,
136
19, 31, 4 2
ELBOGEN, J.
112,
ELLIGEE, K .
91
222 84
GALLING, K . 4 0 f. GÄUMANN, N .
1 4 5 , 1 8 9 , 195FF.,
205
GESE, H . , Leben u n d Wirklichkeit 23, 28, 99
— Rechtssätze 44 GEFFCKEN, J . GEMSEE, B .
135
99
D., Gegner 151, 170, 172f., 191, 211, 254 ff. — Kollekte 151, 169, 211, 229, 232, 258 — Phil. 2 , 6 - 1 1 : 1 0 1 , 1 5 1 , 1 8 8 , 2 2 9 , 2 5 8 — Rez. Schmithals 68, 172, 177, 179, 256 GEOBGI,
GEBLEMAN, E . 18, 2 0 f . , 62 GEBSTENBEBGEB, E .
44
G E S E N I U S - B U H L 19, 39 GEWALT, D .
226, 233
GFÖBEB, A . F .
148
251
GOETZ, K . G .
229
GOGABTEN, F .
12
GOGUEL, M . 163, 2 5 0
DUPONT,
EBELING, G.
256
E . , Freiheit 197, 204 — Historischer Jesus 12, 236, 242 — Sakramentsverständnis 213 — Zeitverständnis 138
G N I L K A , J . , H y m n u s 144f. — Kirche des Mt. 86, 237 -— Essenische Tauchbäder 135
238
DBUMMOND, J .
220
FUCHS,
GLOEGE, G.
149
DOSCOCIL, W .
155
122
190
G O O D E N O U G H , E . R . , Mystery 112 — Light 107, 120, 125, 128, 233 — Introduction 103ff., 112, 118, 125, 128 — Problems 104 f. GOPPELT, L .
248
GBASS, H . 2 2 9 f., 2 4 3 ff. G B Ä S S E K , E., Glaube 74, 85, 194 — H e b r . 194
Register — sdq im AT 25
— Parusie Verzögerung 132
JEREMIAS, G. 78, 80ff. JEREMIAS, J . , Abendmahlsworte 153,
GREEVEN, H . 243
GRUNDMANN, W., Lehrer 96
•— άμαρτάνω 111
GUNKEL, H . -BEGBIOH, J . 30, 32, 4 8
GÜTTGEMANNS, E., Apostel 152, 173ff., 191, 195, 205, 208, 212 — Χριστός 153 GILLENBERG, Κ . 140
HAENCHEN, E. Apg. 143, 147, 149f.,
— — — —
232 JohEv 250f. Mk 8,27ff., 154, 218ff., 225f., 255 Mt. 23: 193, 235 Weg Jesu 133, 142, 147, 150
HAHN, F . ,
Hoheitstitel
139,
218ff., 229, 242, 252, 254ff. — Mission 151
153FF.,
HARRIS, J . R . , 112, 128 HARTMANN, G. 2 4 3 ff. HEIDEGGER, M . 14 HEITMÜLLER, W . 146, 148, 2 1 5 HELD, H . J . 243
HEMPEL, J . , Arzt 119
— — — — — —
Asylrecht 21 Bund 31 Ethos 16 Heilung 16 Theophanie 34 Universalismus 98
HERMISSON, H . J . 2 9 f . , 3 9 f . , 43, 45, 4 7 ff., 112 HERNER, S . 30 HENGEL, M . 137 HERRMANN, S . 17
HESSE, F., Haggai 23
— Fürbitte 34
HERTZBERG, H . W . 34 HOFMANN, K . F . 127 HOLL, K . 111 HOLM-NIELSEN, S . 77, 81, 82, 89 HOLTZ, T . 126
HORST, F., Doxologien 45
— Naturrecht 21, 45 — Recht u. Religion 22ff., 28, 44 HOSKYNS, E . C. 2 4 5
HUMMEL, R . 233ff., 240 HUPPENBAIJER, H. W . , Fleisch 86, 90 — 3 1 160 IBER, G. 158
JEPSEN, Α., Berith 31
263
— — — — — — — — —
161ff.
Fragment 230 Gleichnisse 237, 240, 243 Ipsissima vox 256 Johannestaufe 134, 136 κλεΐς 227, 233, 237, 248 Lösegeld 154, 157ff. παις θεοϋ 154, 167 πολλοί 160 Proselytentaufe 134
JERVELL, J . 170, 2 0 4
JONAS, H., Gnosis 79, 68, 103, 105, 108, 129, 2 5 1
— Rom. 7: 97, 192f. — Unsterblichkeit 174
JÜNGEL, E., R e z . B a r t h 203
— Paulus 12, 51, 64, 142, 211, 217 — Sakrament 200 KÄSEMANN, E., Anfänge 151, 218, 235,
— — — — — — — — — —
238, 252F.
Apokalyptik 170, 181, 207f., 210 Abendmahlslehre 161 Gottesgerechtigkeit 26, 43, 51, 170 Gottesvolk 125, 194 Hist. Jesus 141, 256 Johannesjünger 143, 150 Kanon 256 Legitimität 172 Leib Christi 170, 187 Rez. Bultmann 138, 182
— R o m . 3 , 2 4 - 2 6 : 164, 168
— — — — — —
Ruf der Freiheit 181 Sätze Hl. Rechts 252, 258 Taufliturgie 206 Sackgassen 12 Traditionsgeschichte 179 Versöhnungslehre 188
KAISER, O. 29, 36, 46, 6 6
KAMLAH, E., Paränese 58, 68ff., 90, 93,
116, 120, 126, 137, 171f„ 177f„ 187 — Leiden 193 f. KAMLAH, W . , Christentum 181 f.
— Profanität 180, 187 — Steuermann 185 KAPELRUD, A . S . 227 KAYATZ, CHR. 99
KEARNS, C. 204f. KEES, H . 47 KITTEL, G. 111
Register
264 KITTEL, H .
170
KLEIN, G., B e r u f u n g 230
— — — —
2Kor. 4,7-18: 172f„ 176, 179f.,188 R o m . 4: 149 Rechtfertigung 95 Verleugnung 228ff., 238, 252
KLOSTERMANN, E . 139, 155
— Sektenschrift 79, 93, 132 — Texte 93 — Ursprünglicher Sinn 163 KÜHR, F.
196
K u s s , O., R o m . 166, 205f. — Tauflehre 145 KUTSCH, E .
31
KNIERIM, R . 16ff., 33ff., 44ff. KNUTH, W . 108 K O C H , K . , Blut
— — — — — — — — —
22 Gemeinschaftstreue 18, 34 Sdq 18, 34, 99 Sinaigesetzgebung 27, 145 Sühne 16, 28 f., 35 f. Sühneanschauung 21f., 27ff., 32ff. 41, 46 f., 52, 67, 163 Sünde 16 Tempeleinlaßliturgien 29, 38ff. Vergeltungsdogma 18, 22ff., 99 Versöhnung 32
LAJTCZKOWSKI, G . 2 1 LANG, F . 132 LARSON, C . W . 121 L A T T E , Κ . , H L . Recht
44
— Schuld u. Sühne 21, 45, 47, 102,111 LEBRAM, J . C. H . 99ff., 119, 123ff. L E E U W , G . VAN D E R 1 3 f f . , 2 1 , 3 3 , 4 1 f . ,
137 LEIPOLDT, J . , D i o n y s o s 111, 1 1 3 f .
— Sieg des Christentums 114
K Ö B E R L E , J . 16, 2 1 , 29, 50, 66, 73, 119 K Ö H L E R , L . - BAUMGARTNER, W . 4 8
LEISEGANG, H . 2 4 8 LESSIG, H . 161 LEWY, H . 102, 107, 120 LIEBERMANN, S. 9 8
KÖHLER, L . , H a n d v o l l N T 2 4 5
LIETZMANN, H . , W e l t h e i l a n d 111
— Hebräischer Mensch 44 — Kleine Lichter 132 — TheolAT 21, 29
— R o m . 106, 165, 167
KÖRNER, J . 179, 211, 213
LINTON, O . 219
KÖSTER, H., Geschichte u. K u l t u s 161 —· Häretiker 150 — Häretiker als theol. Problem 150 — One Jesus 151, 156 — Purpose 179, 206, 256
LOGSTRUP, Κ . E . , E t h . F o r d e r u n g 12,
KOHLMEYER, E .
236
KRAELING, C. H . 132f., 135f., 142 KRAFT, H .
147
KRAMER, W . 153f., 196, 229
Freude 192 — Psalmen 34, 48 f. — Gottesdienst 27, 31, 34, 38, 48f. K Ü M M E L , W . G., Einleitung 1 5 5 — Jesus u. Paulus 54 f. — πάρεσις 164, 167 — R o m . 7: 192 — Verheißung 142, 240 — Urchristentum 136 KRAUS, H . J . ,
K U H N , H . W . 45, 77 ff. K U H N , K . G., Qumran
— — — — — —
77f., 89 Konkordanz 77, 160 Lord's Supper 78, 90, 127, 163 Nachträge 91 πειρασμός 77, 86, 92 Proselyten 134 Rom. 6,7: 204
—
u.
W . G. KÜMMEL,
Kor.
38,
134,
180, 188
61, 76 •—· Kontroverse 12 — Syst. Theologie 182 LOHMEYER, E . , A b e n d m a h l 140
— — — — — —
Gottesknecht 160, 257 Grundlagen 194 Mk. 131, 139 Mt. 146 σύν Χριστώ 209 Urchristentum 135
LOHSE, E . , M ä r t y r e r 4 9 f . , 6 5 f . , 7 2 f . ,
— — — — — —
109, 154, 157, 160, 162, 164ff., 188, 194, 205 Ordination 234 σάββατον 256 Taufe 146 Texte 77, 239, 241 Worte Jesu 256 Wort u n d Sakrament 161
LÖVESTAM, E . 2 5 4 f f . LÜHRMANN, D . , 71, 7 9 f . , 96, 1 6 8 f . , 185,
191, 193f., 211, 232 LUEKEN, W . 126 LUNDBERG, P . 133 LUTHER, M . 176, 179, 183
265
Register MACDONALD, J . 9 9 , 1 0 1 , 5 7 MACHOLZ, G . C H R . 2 0 , 4 5 M A I E R , J . , Gefährdungsmotiv 4 8 , 1 4 9 , 170, 227
— — — —
Gottesvolk 53 K u l t u s 17f., 30, 49, 52£f., 209 Begriff des y h d 78f., 85 Texte 77f., 84, 86ff., 97, 135
NOCK, A . D . 226
NOBDEN, E., Agnostos Theos 103,111, 137 — Aeneis 114 NOTH, Μ., Gesetze 44 — „Die mit des Gesetzes W e r k e n . . . " 192 — J o s u a 20
MAND, F . 4 8 MARCUS, R . 1 2 5 MABMORSTEIN, A . 6 0 MARTIN, H . V . 131 M A B X S E N , W . , Anfangsprobleme 2 5 5
NÖTSCHER, F .
— — — — — —
OTTO, R .
Abendmahl 160 Ursprung des Abendmahls 160 f. Einsetzungsberichte 160 Einleitung 172 Erwägungen 145f., 194ff. Mk. 131, 133, 137, 141, 218
MATT, A .
113
MENSCHING, G., Aktuelle Sünde 13F., 28 — Idee der Sünde 13 f. MEYEB, E . , U r s p r ü n g e 2 2 2 MEYER, R . , F l e i s c h 86
— Gebet des Nabonid 98, 124 — Hellenistisches 98 — Qumran 77 M I C H A E L I S , W . , Johannestaufe 132ff. — Proselytentaufe 134 — Messias u. Gottesvolk 136 MICHEL, D . 2 5
18
OBRIST, F . 219, 224, 228, 2 3 0 , O E F K E , Α . , βάπτω 132f.
238
— Herrenspruch 225 133
PASCHER, J . 120, 111, 126 PEDDINGHAUS, C. 82f., 222, PERCY, E . 171
224
PESCH, W . 2 3 6 f . , 239 PETERSON, E . , T a u f e 132, 149
— Ε Ι Σ ΘΕΟΣ 48, 123 PETTAZZONT, R . , Confession 111, 113f. — Confessione 13, 16, 21, 41, 47, 50, lllf. — Akitu 32, 41 P L Ö G E B , O . 52FF., 5 6 , 5 9
PHILONENKO, M . , I n i t i a t i o n 112, 1 2 6 f .
— JosAs 89, 123, 126f. PORTEOUS, N . W . 18 PORTER, F . CH. 6 9 PREISER, W . 20f., 44 PREISIGKE, F . 164
MICHEL, O., Abschluß des M t E v 51, 247
PROCKSCH, Ο . άγιος 257
— R O M . 1 6 6 , 1 9 3 , 204FF. MILDENBERGER, F . 183 M O L T M A N N , J . 182FF. MOOBE, G . F . 50, 63, 65, 69 f., 75, 125,
PROCKSCH, T h e o l A T 5 4
—
u . BÜCHSEL, F . λύω
159
QUELL, G . , άμαρτάνω 16
— δίκη 18
132 MORAWE, G . 81 M O B E N Z , S . , Ägypt.
Religion 1 1 2 — Gott u n d Mensch 101 f., 112f. — Zauberflöte 41, 113 MOBBIS, L . 167 MOWINCKEL, S., 34, 48
Psalmenstudien
30,
— Religion u. Kultus 16f., 30 MÜLLEB, CHB. 165 f. MÜLLEB, F . 193
NEUGEBAUEB, F . , „ I n C h r i s t o " 200
— I n Christus 187 NOACK, B . 2 4 4
VON RAD, G., Anrechnung 30, 43 — Falsche Propheten 34 — Gerechtigkeit u. Leben 29, 40, 42, 44, 49 — Leben u. Tod 49, 76 — I K o r . 13: 41 — TheolAT 13, 16ff., 28, 34, 36, 38, 40, 51 ff., 56, 99f., 117 — Weisheit 23 REITZENSTEIN, R . , M y s t R e l 171, 114,
126, 205 — Poimandres 111 — Vorgeschichte 113, 126, 134ff., 140ff.
266
Register
RENDTOBFF, R . , G e s e t z e 30, 39
— Opfer 35, 47 R E N G S T O R F , Κ . Η . , άμαρτολός — Paulusbild 200 RESE, M.
66
158, 167 f.
EEVENTLOW, H .
GRAF, A m t
34
— B l u t 22 — K u l t . R e c h t 20, 22f., 31, 44ff. RHEINFELDER, H .
228
— H ä r e t i k e r in Gal. 256 — Irrlehrer des Phil. 256 — P a u l u s u. J a k o b u s 232 S C H N A C K E N B U R G , R . , Gottes H e r r schaft 236 — Heilsgeschehen 145, 195, 206, 209f. — L o g o s - H y m n u s 142, 144f. — J o h a n n e sjünger 135, 142ff. — R e d e s t ü c k e 143
RICHTER, G . 135, 137 ff.
SCHNIEWIND, J . , M k .
RIDDLE, D . W .
— Parallelperikopen 244 S C H O E P S , H . J . , Theologie 79 — Urgemeinde 50, 151
RISSI, M.
229
196
ROBINSON, J .
206
ROBINSON, J . A . T .
141
SCHOTTROFF, W .
18
RÖSSLER, D . 51, 53, 55
SCHRÄGE, W . 2 2 8 , 2 3 3
ROST, L., J u b
SCHRENK, G.
88
•— Qumranprobleme 97 — Vorstufen 52 R O W L E Y , H . H . , Proselyte
Baptism
— — — •—
S e r v a n t 37 K n e c h t J a h w e s 37 Relevance 53 Suffering S e r v a n t 158 R U D O L P H , Κ . 83, 114, 124, 131, 134ff., 142, 170 R U D O L P H , W . , Chron 52 — J e r 87 S A H L I N , H . , Messias u. Gottesvolk 136 — L k . 3: 136 — Neuer Heilsexodus 136 SANDMEL, S.
69
103
SCHARBERT, J .
45
SCHELKLE, Κ . H . SCHENK, W .
154
243
S C H L A T T E R , Α . , Glaube 7 6 — J o h . der T ä u f e r 131ff., 139 — Mt. 2 1 8 , 2 3 5 , 2 4 2 SCHLIER, H . ,
— — — —
Eph.
180
Gal. 73, 96, 169, 175, 212 Ignatiusbriefe 132 Lehre von der T a u f e 145, 199f., 214 T a u f e n a c h R o m . 6: 199, 204ff.
SCHMAUCH, W .
206
SCHMID, Η . H .
18, 22ff.,
SCHMIDT, K . L . —
u.
43
137, 141, 2 1 8
SCHMIDT, M .
109
S C H M I D T , C . U. T I L L , W .
129
W . , Apostelamt 175 — Gnosis 172 — Gnost. Glossen 191 SCHMITHALS,
64
K . 50ff. ScHintMANN, H . , L k . 2 2 , 1 9 - 2 0 : 140 — J o h . 6 , 5 1 c : 161 S C H U L Z , S . , K o m p o s i t i o n 144, 250 — Menschensohnchristologie 158,250 — R e c h t f e r t i g u n g 77, 83, 87, 90ff., 95 ff. S C H W E I T Z E R , Α., L e b e n - J e s u 219 — Mystik 133 S C H W E I Z E R , E . , A b e n d m a h l 161 — Erniedrigung 72, 163, 221, 250 — Gemeinde 233, 237, 239 — H e r r e n m a h l 161, 163 — I n t e r p r e t a t i o n 91 — J o h . Zeugnis 161 f. — Gerechtigkeit 189 — Menschensohn 255 — „ M y s t i k " 133, 164, 169, 197, 209ff. — πνεύμα 211, 249f., 258 — R o m . l , 3 f . : 229 — σάρξ 211 S C R O G G S , R . 72, 204f. SCHUBERT,
134
SANDERS, J . A .
139
SBEBERG, A . 70,
153
SINT, J . A. 131, 135f., 139f., 142 S J Ö B E R G , E . , Menschensohn 63, 70,255 — G o t t u. d. Sünder 50f., 54, 59ff. S M E N D , R . , D a s Nein 29 — J a h w e k r i e g 17 — Bundesformel 31 S O D E N , H A N S V O N 200f. SOLLE, D .
174
G. ξένος 1 0 9 — u. βΗυΝΏΜΑΝΝ,'\ν.,άμαρτάνω69,75 STÄHLIN,
STAERK, W .
248
J . J . , Leiden 24, 28, 32, 36, 41 — Erlösen 16, 19, 28, 30, 33 ff., 47 — P s a l m e n f o r s c h u n g 30, 33 f. STAMM,
267
Register S T A U F F E R , E., Evangelium 8 5 — Jesustradition 142 — Priestertradition 150 — P r i m a t 219, 230 S T E C K , O . H . 37f„ 4 1 F F . , 53, 80f. STEIN, E .
— Messiasbekenntnis 219, 224ff. W . 103, 105ff., 119
VÖLKER,
VRIES, S. J . DE 84f., 88 V R I E Z E N , TH. C., Sünde 16f. — Sündenvergebung 16
105
STEPHANTJS
(Thesaurus)
STEINLEITNER, F .
164
28, 47,
111,
WAGNER, 123
Prayer 2 4 1 , 2 4 3 — School of Matthew 234 —• Sündenvergebung 257 S T R E C K E R , G . 139, 234f., 239f. STENDAHL, K . ,
STROBEL, A .
STUHLMACHER,
P.,
J . , Mt. 227ff., 231, 242, 255 — Einleitung 255
Erwägungen
173,
191
TANNEHILL, R . C. 184, 187, 199,
169
C., Arten Heilswort 42 Gebet 34 Loben 32, 34, 48 Segen 11, 44
WESTERMANN,
— Gegenwart u. Z u k u n f t 179f., 183ff. 189 f. — Gerechtigkeit 18f., 22ff., 41, 44, 51, 56ff., 81, 91, 95, 99, 164ff., 180f., 188ff., 208 S U H L , A . 156f., 160ff. 202,
204
—• — — —•
WETTER, G. P.
171
WICHMANN, W .
65
140
THOMAS, J . 133,
135
Erhöhung 2 4 6 , 2 5 1 — Per Christum 194, 200, 206 T H Y E N , Η . , Βάπτισμα 1 2 , 7 8 , 1 3 1 , 1 3 4 , 137, 141ff., 151, 210, 236, 242, 250 — Nazaräer 84 — Philoforschung 103ff., 108, 111 — Philon v. A. 103 — Schlüsselgewalt 218, 228 — Stil 101, 30, 104f., 166, 190, 205 T Ö D T , Η . E . 153ff., 162, 254f., 257ff. THÜSING, W . ,
TRENCH, R . CH.
164
Israel 2 3 4 , — Täufertradition 140ff. TRILLING, W . ,
236FF.,
243
18, 2 5
VIELHAUER,
P H . , Apokalyptik
51
ff.,
253
Ein Weg? 153, 222, 229, 258 Erwägungen 224, 229, 252 Gottesreich 156, 255 Jesus u. d. Menschensohn 156,255 J o h . d. Täufer 131 f., 135f. Oikodome 170, 227 Tracht 133 V Ö G T L E , Α . , Auftragsworte 2 3 6 — Binden und Lösen 233, 236
17
WIKENHAUSER, A . 142 f. W I D E N G R E N , G., Stand u. Aufgaben 52 — Kulturbegegnung 93 WILCKENS, U .
51
WILDBERGER, H . ,
TAYLOR, V . 131,
— — — — — — —
220
WENNEMER, K .
209
VELLA, J .
89
WEISS, J .
WELLHAUSEN,
147
STBUGNELL, J . 175,
G. 145, 148, 149, 195ff.
WEISE, M.
Auf dem Wege
192
— Glauben 43 — J e s a j a 26 WILLIAMS,
J . G. 254, 258
Eingehen 2 1 0 Frömmigkeit 108 Hebr. 188 2 Kor. 189 Taufe u n d Sünde 108, 133, 136, 139, 145 — Urchristentum 219, 226, 228, 234 W I N T E R , P., Trial 222 — Luk. Miszellen 144 — Rez. Bultmann 144 — Stand der Erforschung 144 W I T T R A M , R., Möglichkeit 186 — Z u k u n f t 183, 186 W L O S O K , A . 101 ff., 107, l l l f . , 145, 149, 248 W O L F F , Η . W . , Amos' geistige Heimat 29 — Hermeneutik 192 — Jes. 53: 154, 157 — Umkehr 33 WINDISCH, H . ,
— — — —
WOLFSON, H . A .
104
W O U D E , A . S . VAN D E R 1 2 5 f. WREDE, W . WÜRTHWEIN,
219f.
E., Amosstudien
34
268
Register
— Kultpolemik 29, 33f., 36, 42 — u . BEHM, J . , μετάνοια 133, 137 ZIMMERLI, W . , A T u . V e r k ü n d i g u n g
192 — Eigenart 46
— — — —
Ezechiel 46 Frage 40 Gesetz 18, 20, 31, 62f., 192 Leben und Tod 46
ZOBEL, H . J . 5 7
b) S T E L L E N 1. Altes Gen. 1,1 ff. 1,3 1,26 2 f. 2,7 2,17 3 3-11 3,4 5,24 6,1-4 6,5 9,4 15,6 15,14 17,5 17, lOff. 18,17ff. 18,23 ff. 20,7 32,29 35,22 50,17
52 174 204 71 247 46 94 17 46 54 67, 94 16 52 43 178 226 52 45 34 46 226 57 47
Ex. 9,27 10,16f. 14,14 19 21,23. 30 24,3 ff. 24,8 ff. 25 25,17 ff. 29,14 30,12 32,2 f. 32,30ff.
47 47 109 154 159 34, 38 162 27 167 35 159 116 34, 36
33 33,20 34 34,5 ff. 34,7 34,9 34,35 Lev. 4,12 4,20 ff. 5, lOff. 5,18 5,26 7,11 ff. 8,17 9,11 10, Iff.
Testament 87 38 34 34 17 34 80
16 16,21 16,27 18,5 22,29 23,19 23,27 25,23
35 35 35 35, 102 35 47 35 35 27, 117, 216 22, 35, 37 17 35 48 47 35 121 106
Num. 14,13ff. 14,18 14,21 14,24 15,22 ff. 16,22 18,20
34 17 54 119 35 45 49
Deut. 8,3 21, Iff.
49 34 f.
24,16 25,1 26,13 ff. 27,14 ff. 30,3 30,11-14 30,15.19 32,47 33,21
45 45 39 f. 40, 45 110 122 48 49 25f., 57
Jos. 7 7,7-9 7,19ff. 8 10, Iff. 24,19
20,36 34 20,47 f. 20 18 38
Ri. 5,11 18,6 19f. 20
25 f. 47 20 35
l.Sam. 6,5 12,7 14 14,44 15,24ff. 15,25 22,16 25,28
48 25 36 46 36, 38, 47 163 46 47, 163
2. Sam. 12, Iff. 12,13 24,10. 17
47 36 47
l.Kön. 2,37 2,42
46 46
269
Register 2.Kön. 1,4ίΤ. 1,16 5,1 5,17 10,24 17 22 f. 2.Chron. 15, I f f . 28.13 29.5 ff. 29.21 ff. 29,31 30.6 ff. 30,17f. 33,16 Esra 4,3 6,17 8,72 9, f. 10,11 Neh. 9 f. Hi. 1,5 5,1 7,20f. 10.14 14,4 15.7 16,18f. 28.22 31 33,23f. 33,26ff. 38 ff. 42,7 ff. Ps. 1 4,2 6,9 f. 9, lOff. 14,2f. 15 16,5ff. 16,9ff. 17, I f f . 17,3
34 47 49 38, 40 47 42 49 34 28.6 17, 47 32,1. 5 49 36.8 ff. 37 34 37.6 102 38,13 ( L X X ) 110 34, 37 47 40.7 ff. 35 47 41.5 47 32 44.18 f. 37 46 49 163 49 46,5 47 48 49 52 48,3 52 48 f. 49.15 f. 52 34 50.5 102 50,14f. 48 34 42 50.16 f. 48 50,23 48 51 48 35, 47 51.3 34 47, 165 f. 51.6 51,11 35, 47 32 öl,18f. 48 126 55 32 47 f. 32 59.4 47 34 64, I f f . 16, 115, 65,3 ff. 48 119 65,10 49 101 69,30ff. 48 23 73,23ff. 48 f. 117 74 33 39f. 33 83 126 49 83.19 34, 47, 89 84.5 48 100 48 85,3 110 36 88.6 33 89,39 ff. 34, 49 97.9 19, 42 42 101 42 48 103,3. 10 34 48 107,22 32 258 110,1 16 18 110,4 38ff. 115 33 49 116,11 16 48 116,14ff. 47 f. 42 118,17ff. 38, 48 32 46 46 36 47 159 37 34
17,20 22,26 23.5 24 25,7. 18 26, Iff. 27.4
118,19 ( L X X ) 119,5f. ( L X X ) 119,14. 20. 56. 72. 97.112. 143 142,6 143
110 110
42 49 41
Spr. (Prov.) 2, I f f . 2,10 2,20ff. 3,8 3,11 f. 4,7 4,22 9 lOff. 10,25 15,4 15,11 16,2 16,24 17,3 21,2 24,9 24,12 24,24 26,11
101 127 101 119 121 101 119 116 100 122 119 101 101 127 101 101 102 101 45 102
P r e d . (Qoh). 1,14. 17 2,U 4,16 5,5 6,9
110 110 110 102 110
Jes. 2,2 2,2 ff. 4,4 5,16 5,18 6,2 ff. 6,5 6,7 7,9 10,22 11,1 26,2 28,12 33,14ff. 38,17 40
52 49 136 26 68 34, 230 38 48 43 26 84 38 228 39 f. 48 65
270 40,3 41,14 41.19 43,3 f. 43,14 43,22 ff. 43,25 44.3 44.22 f. 49.4 52 f. 53 53,4.5 53.7 53.9 53, lOff. 58.8 61, Iff. 61.10 62, I f . 62,12 66, I f . 66,22f. Jer. 2,35 3,21 ff. 7, Iff. 13.23 14,12 17.9 26,8 31,31ff. 33,11 34,8 ff. 50.20 51.10
Register 78, 137 155 84 72 155 61
48 150 48, 155 34 72 36, 154 32, 167 163 66, 188 157 ff. 34 125 48 34 155 53 87
Klgl. 1,18 2,15 Ez. 1,26
3,18ff. 17.22 18,4ff. 18,20 18,22 18,24 28,11 ff. 33, lOff. 36,25ff. 37.23 39,29 40-48 43,19 44,15 45,18 ff. 47, Iff. Dan. 7,9ff. 7,14 7,27 9,4ff. 9,18 9,24 11,32
47 34 46 16 34 16 46 34,43,49, 87,162 Hos. 2,18ff. 47 f. 6, Iff. 34 49 11,8f. 34 14,3
2. Neues Mt. 1,21 3,6 3,7 ff. 3,9 3,11 f. 3,14f. 4,4 4,8 ff.
140, 132 138, 66 132, 150 214, 225 223
236 240 138, 225
47 49
4,10 4,18 5,13ff. 5,18 5,20 5,23 f. 5,29 5,33f. 5,39 5,47
Joel 3, Iff.
150
Am. 3,1 f. 4,4 ff. 4,5 5,4ff. 7,2 8, U f f . 9,7 9,11
64 47, 154 47 46 34, 36 49 64 89
54 48 52 39, 48 48 45 48 49 Jona 17, 48 2,10 34f., 136, Mi. 150 49 4,1 150 6,5 52 6,6 ff. 35 7,9 52 7,18f. 35 Hab. 49, 136 2,1-4
48 52 25 38 34, 47 17, 49 43
54 158 158 34 74 17 53 f.
Sach. l 5 2ff. 3, Iff. 3,4 7,4ff. 8, Iff. 13,1 14,8 14,10
37 48, 126 48 37 37 49 49 52
61 154 61 47
Mal. 3,1 3,20 3,25
137 34 137
Testament 224 226 72 234 97, 234 38 120 235 235 239
6,14f. 6,33 7,15ff. 7,21 ff. 8,20 8,25 9,1-8 9,8 10,5f.
47, 243 234 240 240 255 235 242 f. 151, 235, 243 151
271
Register 10,13ff. 10,23 10,40 11, iff. 11,12 11,18f. 12,25 ff. 12,31f. 13,24ff. 13,36ff. 13,47ff. 13,52 14,22 ff. 14,28 15,15 15,24 16,13ff. 16,16ff. 16,17 16,17-19
16,18 16,19 17,4 18,1 18,14 18,15ff. 18,18
18,19f. 18,20 18,22 19,27 20,28 20,33 21,32 22,14 22,16 23 23,8ff. 23,13 25,12 25,21ff. 26,28 26,52
253 151 253 139, 142 141 255 225 255, 257, 259 240 240 240 235 225 225 225 151 224ff. 88, 151 128, 2 2 5 218, 2 2 5 ff., 245 89, 2 5 2 218, 237, 247 f.,252 235 237, 24 Iff. 238 56,218, 237 f. 39, 151, 218, 227, 236ff., 241 ff., 247 240 253 240 225 154 235 214 240 214 193 235 233 241 240 163 235
26,72 27,57 28,8 28,16ff. 28,19f. 28,20
235 235 246 245 146f.,23¡ 253
Mk. 1,2ff. 1,4 1,6 1,7 1,8 l,9ff. 1,21 ff. 2, Iff. 2,5 2,5-10 2,7 2,9 2,10 2,12 2,18ff. 2,27f. 3,16 3,22 3,28f. 6,7ff. 6,8ff. 6,12 6,14 6,24 6,29 8,27ff. 8,28 8,33 9,2ff. 9, U f f . 9,33 ff. 9,38 ff. 10,17ff. 10,32ff. 10,38f. 10,45 ll,25f. 13,22 14,24
15,33 ff. 16,7f.
137 131 49 137 132, 150 214, 229, 252 148 242 248 256 131, 137 248 242, 2 5 5 254 142 2 5 5 f. 228 253 253 ff. 254 253 131 142, 150 131 142 218ff. 142 220 221, 2 2 9 142 236 254 40 154 133 154 ff., 167, 224 47, 202 258 154, 160ff., 224 224 230
16,16 16,17 Lk. l,26f. 1,67-79 1,68 1,68-75 1,71 1,77 1,80 2,38 3,3 3,7 3,7ff. 3,15 3,16f. 3,20 4,5-8 4,18ff. 5, Iff. 5,8f. 6,5 7,18ff. 7,48 7,36-50 7,50 8,48 10,16 11, If. 12,10 12,50 13, Iff. 13,1-5 16,16 17,3f. 18,10-14 18,18 22,19f. 22,27 22,31 22,3 Iff. 23,24 24,21 24,34 24,36ff. 24,41 24,47 24,52
146 254 242 143 f. 155 144 133 139 135 155 131 131 138 150 132, 150 143 223 125 230 230 256 142 35, 248 242 47 47 253 142, 150 255 133 121 65 141 237 193 73 155 155 228 228, 2 3 0 257 155 228, 2 3 0 244 246 147, 248, 252 246
Joh. l,lff. 1,8
247 142
272 1,14 1,15 1,17 f. 1,19ff. 1,25 1,29
l,35ff. 1,36 1,42 1,45 2, Iff. 3,3 ff. 3,6 3,8 3,16f. 3,19f. 3,20 ff. 3,22ff. 3,27 ff. 3,30 3,31 ff. 4 4, Iff. 4,22 4,34 5,14 5,22 5,25 5,27-29 5,30 5,35 6,27 ff. 6,33 6,38 6,39f. 6,44 6,48 ff. 6,51bff. 6,63 6,66ff. 7,13 7,38f. 7,53-8,11 8,15 8,21 8,34 ff. 8,37 ff. 8,41ff. 9,2 f. 9,41 10,40 f.
Register 247 144 125, 251 142, 144 134 36,140, 143, 163, 249 142, 146 143, 163 226 251 143 210 247 247 158, 251 250 143 142 f. 146 210 143 27 142 f., 146 9, 62 246 250 248 249 248, 250 246 144 125 247 246 248 248 161, 248 127 161 220 246 247 250 248 249 68, 249 251 249 250 249 27
10,41 12,47 f. 13,14 13,20 14,13 14,17 14,26ff. 15,13 15,22 15,26 16,8ff. 16,13 16,22 ff. 16,33 17,18 19,7 19,30 19,32ff. 19,36 19,38 20,19-23 20,23 20,24 20,29 21 21,15ff. Apg. 2,16ff. 2,36 2,38 2-5 5, Iff. 5,31 6,3 7,55 7,58 8,15ff. 8,16 8,17 8,35ff. 9,17ff. 9,19 lOf. 10,42 10,44 10,48 11,17 13,25 13,33
150 14,42 248 f. 15,23 213 15,24 ff. 253 17,31 11 18,24 247 19, Iff. 246f.,251 251 120 19,4 247 19,5 120, 249 22,16 247 22,38 246 Rom. 246 l,3f. 246 1,16f. 251 1,18 246f. 1,19f. 244 1,23 163 1,25 246, 249 2,4 139, 2,7 243 ff. 2,14f. 218, 238, 3, Iff. 242 3,21 ff. 244 3,21-31 247 3,24ff. 230 228, 230 4,11 4,17 4,18 147 4,24 229 147,149f. 4,25 5 151 20, 79, 5,1 241, 257 137 151 5, Iff. 124 242 5,5 150 5,8 5,8ff. 147 149 5,9 214 5,9 ff. 5,12ff. 149 146 151 5,17 229 149 5,18f. 5,20f. 147 214 6 143 6,1-14 229
229 232 232 229 150 143, 146ff„ 215 132, 138 147 147, 150 147
229 192,199 26, 164 196 170 166 164 170 196 165 f. 170, 205 168 95, 163 ff. 189 ff. 149, 201 229 176, 186 153 95, 171 160 60, 171, 194f., 203, 212 176, 183, 195 176 168 183 194 167, 171 170, 197 f., 203 191 171, 191 62, 197f. 131, 194 ff. 12, 195
273
Register 6,2 6,3 6.6 6,7 6,10 6,11 f. 6,13 6,14 6,16 6,18f. 6,23 7 7, Iff. 7,10 7,22 7,24 f. 7,25 8,3 8,9 ff. 8, lOff. 8,11 8,13 8,19ff. 8,24 8,29f. 8,36 9-11 10,3 10,4 10,6ff. 10,9f. 11,16ff. 12ff. 13,12ff. 13,14 14,10 l.Kor. 1,13ff. 1,16 1,17 2,2 2,12 3,11 ff. 3,15 18
197 f. 3,16f. 147, 4,7 196ff. 5, Iff. 5,4 191,203 204 5,5 212 5,7 205 ff. 6,9 f. 187,212f. 6,11 208 6,14 196 6,19 212 7,14 203, 212, 7,36ff. 217 9,16f. 181, 190, 10 192 203 ff. 192 10, Iff. 192 10,2 97, 121, 11 172, 183, 11,25 203, 207 193, 206, l l , 2 7 f f . 211 ll,29f. 188, 203 12,3 207 12,12ff. 190 12,13 207 13 208 13,13 176, 184, 14,3 212 14,24 f. 176, 181 14,34ff. 171 15 173 15, l f . 54 15,3-5 102 96, 181 15,4 212 15,5 153, 199, 15,6. 11 203, 214 15,20 129 15,23ff. 175 15,26f. 190 15,28 177, 187 15,29 179 15,31 15,42 15,46 146f.,200 15,53f. 214 15,55 199 2. Kor. 185 193 1,8ff. 217 1,21 f. 241 l,22f.
Thyen, Studien
207 106 217 241 116, 241 163 210 146f.,150 153 207 214 202 176, 185 127, 136, 149, 195, 212 128 147 154, 195 154, 160ff. 196,215 38, 128 216 201 149, 173 190 173 33 258 202 147 152, 201 152ff., 196, 252 203 229 152 206 212 206 193 149, 196 173, 188 174 177 177, 187 183 174 187 148f.,176
2,14-7,4 2,16f. 3,7 ff. 3,18 4,5 ff. 4,6. 12 4,8ff. 4, lOff. 4,12 4,14 4,16 4,17f. 5 5, Iff. 5,2 5,5 5,7 5,14f. 5,15 5,16ff. 5,17
5,19ff. 6, Iff. 6,2 6,2-10 6,14-7,1 8,9 10-13 ll,23ff. 12,8ff. 12,9. 15 13,4
172 253 80, 170 172 173 ff. 213 188, 191 188, 206 173, 175 153, 176, 179, 190, 210 203 172 f. 172 ff. 188, 208 190 176 173 171f., 191, 198 154, 191, 199, 208 192, 258 171, 174, 179, 181, 188, 208, 212 188 ff. 174, 192 91 175, 188 98, 172 188 172 173 174 173 173, 208, 210
Gal. 1,1 1,14 1,16 2,2 2,3ff. 2,15ff. 2,19f.
153 98 185 232 232 214 175, 186, 190 f., 198f., 203 f., 207,212
274
Register
3 f. 3,3 3,13 3,17ff. 3,22f. 3,24 3,27
201 f. 256 189 62
2,12f. 2,20ff. 3 3,2ff.
169 192 3,7ff. 147, 149, 3,9 177, 187, 3,10 190,200f. 3, l l f . 191,200ff. 3,12 139, 252 3,19ff. 175 3,20f. 208 127 4,12 94, 180 Kol. 175 1,12ff. 192 1,13 187, 190, 1,18 212 1,24 191 115 2,5ff. 212 2,6 190f. 2,9ff. 2, l l f . 148f.,214 3, Iff. 118 3,3 190 3,5ff. 177, 187, 3,9ff. 191 148 f. 3,25 190 147, 150, l.Thess. 1,6f. 210 1,10 177 4 4,13 177,213 4,17 178, 209 5,10 175 l.Tim. 186, 188, 2,6 211,252 202 Tit. 3,5 173
3,28 f. 4.4 4,12ff. 4,19 4,26 5.5 5.6 5,13 5.25 6,2 6,8 6, l l f f . 6,14ff. Eph. 1,13f. 2,19 4,22ff. 4,24 4,30 5, l l f f . 5.26 6, lOff. Phil. l,22f. 1,23 l,27ff. 2,5ff. 2,9 2,11
180,213 Hebr. 217 1,5 96 2,10 189, 206, 4,15 211 5,7ff. 192 6, Iff. 189 6,6 188, 208 9,12 179 9,22 181 9,28 177 10,19 118, 174, 10,22 207 177 11,14 13,11 13,14 206 Jak. 210 2,7 206 2,23 173, 209, 3, Iff. 213 5,15ff. 209 5,19f. 187, 190 204 l.Petr. 149 1,19 187, 206 2,22 176, 209 2,24 204, 209 3,18ff. 177, 191, 3,21 202 f. 4,1 179
229 160 188 188 139 100 194 139 160 194 36, 150, 210 118 161 118 148 101 117 243 239 188 188 189 188, 210 147, 150 205
2.Petr. 1,9 3,13
150 174
l.Joh. AJ, Λ. 2,1 5,4
125 206
156,158f. Apk. 2 f. 149, 210 18,9f.
253 253
176 153 185 176 209 212
3. Qumran 1,10 1,14 1,16f. 2, l l f f . 2,19f. 3
92 78 41 79 92 83
3f. s,] pi 3,4ff. 3,6ff. 3,13f.
69, 90ff., 116 78,'90,"134 86, i ;89;94, 150 93
Register 3,15
3,20 ff.
3,24 f. 4,6 ff. 4,16ff. 4,20f. 4,23 ff. 5,2 5,6 5,8 5,13 5,15f. 5,21 5,25ff. 6, Iff. 6,6 6,22 8,5 ff. 8,12 ff. 8,22 9,6 9,16f. 9,22 10, Iff. 10,10 10,17ff. 10,21 10,24f. 10,25 ll,2ff. ll,5ff. 11,9f. 11,12 11,13ff. 17,15 l,7ff. 1,19ff. 1,25 1,27 1,35 2,8f. 2,13 2,16 2,18 2,20 ff. 3,6ff. 3,14ff. 3,19ff. 3,28 ff. 4,5 f. 4, lOff.
87 91 ff. 92 79, 94 92 150 93 f. 77 78 90 90 79 92 239 160 78 90 78 78, 137 79 78 79 79 78 78 41 92 79 57 78, 89, 92 79, 86 90 57 91 94 92 86, 87, 90, 92 87 83 90 83 83 92 84, 97 81 81 88, 132 88, 91 92, 132 80 78
4,11 4,27 5,11 f. 5,23 5,26 6, Iff. 6,7 ff. 6,13ff. 6,16ff. 6,26f. 7,6 f. 7,9 7,12 7,19ff. 7,24 7,30 7,32 7,34 f. 8,4ff. 8,11 ff. 8,17ff. 8,21ff. 9,9ff. 9,34 f. 10,9ff. 11,10 11,12 ll,27f. 11,34 12,25 ff. 12,30ff. 14,15ff. 15,14ff. 15,15£f. 16,10 17,15 17,20 17,26 18 18,11 ff. 18,20 lQHFr l,4f. IQ 27 IQ Ps» 1QM 3,6 4,6 4,12 13,9f. 14,14f. 16,11 lQGenAp lQMelch
275 84 84 83 87 84 82 82 ff. 84 132 84, 89 150 87 83, 85 83 f. 84 88 83 88 84 84 131 78, 83f. 91 88 94 91, 94 88 91 92 87, 92 91 89, 91 f. 91 86, 92 92 89 91 150 81 87 97 92 92 69 58 57 f. 58 125 94 92 94 125
276
Register
1 QpPs 37 4Q OrNab 4Q DibHam lQpHab 2,2f. 2,3 5,11 f. 7,3 if. 7,5 8, Iff. 8,2f. 11,12 CD l,4ff. 1,3ff. 2,7ff. 2,12f. 2,14ff. 2,18 3,4ff. 3,14f. 3,17ff. 3,18ff. 4,3ff. 4,12£f.
78 98, 124 91 78, 85 87 78 80 90 80 85 83 80 92 92 150 80 94 67 78 89 94 92 92
4,19f. 5,18 6,7 6,11 6,19ff. 7,2f. 7,5 7,15ff. 8,2 8,21 9,2ff. 10, lOff. 10,15f. 13,7f. 13,9f. 14,8 16,4f. 20,10 20,12 20,20 20,24 20,25f. 20,32
78 92 80 80 87 239 87 89 92 87 239 78 78 89 241 90 90 77 87 92 92 79 80
4. Philon opif.
134 146 148 149 if. 152 leg. alleg. I 61 105ff. 107 leg. alleg. I I 13 17 29 32 57 60 68 72 77 f. 78 102 213 leg. alleg. I l l 11
29 ff. 32 f. 41
202 177 107 115 115 109 109, 116 115 202 119 106 119f. 117 120 106 116 109 122f. 116 119 119 108 106 106
cher.
sacrif.
79ff. 106 136 162ff. 172 180 198f. 211ff. 246 2 42 ff. 83 96 108ff. 114 117 119ff. 2f. 14f. 20ff. 54 70 97
122ff.
det. pot. 30 48 114ff.
106 119 108 127 116 108 106 119 109 119, 123 108, 126 106 109 106 101 106 118 106 115 116 106 108 106 122, 129 107 115 127
Register 121ff. 122 144 174ff. post. C. 41 f. 48 85 101 f. 132ff. 179 gig. 14f. 24 ff. 29ff. 31 43 47 f. 51 52 54 f. 60 ff. 65 f. imxnut. Iff. 4 45 ff. 58ff. 83 116 138 142ff. 146 160 agr. 78ff. 89 ebr. 23 111
sobr. conf.
migr.
154ff. 160 223 f. 2 Iff. 56 63 f. 36 60 ff. 70ff. 77 ff. 104 123ff. 129f. 161 176 2 92
117 109 121 120 106 121 122 118 117 123 115f. 115f. 109, 116f. 177 128 116 116 177 101, 125 101, 118 118 117 107 109 109 177 119 120 118 110 118 116 120 177 109, 116 101 102 124 116 101 119 116 144 116, 118 118 108 106, 108f. 122 109 101 117 112
her.
congr.
fuga
mut.
277 120 ff. 124 146 173 26 ff. 45 60 93 103 ff. 186 191 206 265 267 ff. 272ff. 273 274 307 ff. 36f. 48 f. 57 84 89 97 99 107 ff. 109 130 160 161ff. 170ff. 177 50 ff. 58 59ff. 78 79 f. 82 89 97 ff. 99 105 108 117f. 138 157 ff. 166ff. 194 34 47 ff. 48
122,124, 129 129 118 125 108, 118 115 121 108 106 108, 117 127 122, 124f. 109, 117 118, 128, 178f., 204 118 122, 130 178f. 117 116 120 115 115 122 106 107 108, 122 122 115 115 112 127 121 117 101 117, 216 115, 120 109 107 120 108, 115, 120 122 115 188 120 127 118f., 133 107 124 122, 188 119 115
278
somn. I
somn. I I
Abr.
vit. Mos. vit. Mos.
Register 53 59 123f. 156 174 201 228 237 253 ff. 259f. 60 90 f. 105 ff. 119 129 151 164 f. 173f. 25 105 ff. 180 229 258 265ff. 270f. 292 299 7 ff. 17 26 27 98 270ff. I 184 II 24 147 166 210 246 ff.
254 spec. leg. I 2 ff. 51 62 187f. 190 215 229 230 231 f.
108 106 119 115 117 108 122 122 103 127 108 123 133 117 100, 248 115 125 130 119 119 122 119 101 108f., 117 128 119, 122 f. 123 122 119f., 133 119 117 129 125 122 122 115, 122 122 101 128 129 112, 149 119 161 119, 122 122 122 125 188 161
237 239 242 252 253 345 spec. leg. I I 17 24 56ff. 145ff. 163 ff. 193ff. 196 spec. leg. I V 122 virt. 73ff. 175 ff. 177f. 181 f. 183 14 praem. 16ff. 28 56 62 ff. 70ff. 72 77 104 f. 115 117 120ff. 124 f. 152 163 ff. omn. prob. 111 vit. cont. 13 leg. Gai. 69 QGI 65 82 QG I I QG I I I QG I V
92 13 42 10 44 62 20 53 f.
122 122 f. 122 115 122 115 122 f. 122 112
112 129 112 122 161
125
118, 120
115, 118 119 118, 122 122 119f. 115 122 116
129 122 122 101 122 119 178 128 f. 129 121 ff., 125, 129 204 101 102 123 120, 122f., 133 177 119 120, 122 124 125 125 125 125
279
Register
QE I
77ff. 88 ff. 152 23 39 ff.
127, 178 117 124 116 101
QE Π QE Π Ι
5. Sonstige Quellen (alphabetische Aelian, De nat. anim. 11,17 113 Amenemope 4,1 f. 101 Apk. Mos. 6ff. 71 15ff. 70 20 170 24 f. 71 Apk. Sedr. 5 70 Apuleius, Met. VII/28 113 Met. X I / 1 5 207 Met. X I / 2 3 f . 126 Met. X Í / 2 4 113 Ass. Mos. 1,18 133 Barn. 4,8 149 5,9 231 6,11 88,100 6,14 100 9,6 149 11,11 150 16,7f. 148 16,8f. 150 Baruchapokalypse syrBar. 1,4 f. 65 15,4ff. 63 17,3 71 19,1 68 19,3 63 24.1 56 48,40 63 48,45 ff. 68 51,3 58 54,14 f. 68,71 55.2 f. 63 56,6 71 57,6 58 59.2 63 78.3 ff. 65 Cicero, De deorum nat. 2/153 103 lClem. 10,1 101 17,2 101 2 Clem. 7,6 148 8,6 148
108, 117 106, 125 120
15 46 68 2
112
Reihenfolge)
PsClemHom.
9,19 11,16 13,5
Ree. 1/54. 60 Corp. Herrn. : CH 1/28 CH 1/32 CH X / 9 CH X I I I / 7 f f . Did. 7, Iff. 9,5 11,7 Epiktet, Diss. 1/26,6f. III/22f. 4Esra 4,28ff. 7, Iff. 7,126 8,20 ff. 8,36 8,47ff. 9,31 f. 13,39 ff. 6Esra 16,41ff. Henochapokalypsen äthHen. 1,9 5,7 ff. 6 ff. 7, Iff. 10,3ff. 10,7f. 10,16 10,22 12.5 14 15.8 16,1 19,1 37 ff. 39,4f. 40.6 40.9 46,3 ff. 48.5 54.6
171,189 132 214 143 133 171 102 171, 204f. 147 147 258 102 102 67 71 71 59 57,59 75 67 54, 139 110 56 64 67 67 131 67 53 49 133 54 67 67 67 54 125 126 126,133 158 158 67
Register 60 62,8 63,3 65 69.3 69,6 69,27 71 71,14 81.4 84.6 89,62 f. 91,12ff. 91 ff. 92,4 93, Iff. 94,10 98,4 98.7 f. 99,10 101,3 104,7 108,7 slavHen. 7,18 50,1 52,15 53,2f. HermMand. IV/3,1 XI Sim. I I I / 7 , 3 VIII/6,4 IX/11, Iff. IX/16,2ff. Vis. 1/1 VII/6,3 IX Ignatius, E p h . 20,2 Josephus Ant. XIV/107 XVIII/5,2f. Bell. I/129f. Π/8,2 Joseph und Aseneth (ed, J o sAs. 12 12ff. 14,12ff. 15 15,1 15,3ff. 15.6 16.7 16,16
54 158 56 67 67 68, 70 67 54 57 56 53 56 37 37 64 37 64 68 56 57, 59 57, 59 56 56 67 56 56 56 150 258 147 148 202 149 202 148 148 127, 161 159 131 f. 78 90 Philonenko) 123 126 126, 177 89 202 100, 126 160 225 84
(ed. B a t i f f o l , siehe oben S. 127) JosAs. 49,3 ff. 127 49,2 Iff. 127 55,11 102 57,20,25 f. 102 61,4ff. 127, 226 61,9f. 191 64,3 ff. 127 64,14 f. 127 68,20 127 69,4ff. 127, 248 69,16ff. 226 J u b . 1,16ff. 53, 149 4 ff. 67 4,26 49 5, Iff. 67 5,12 88 10, Iff. 67 10,3ff. 68 12,20 68 16,26 53 30,17 f. 56 30,23 56 31,23 56 39,6 56 50,5 49 J u d i t h 5,20 102 J u s t i n , Apol. 61,3ff. 147 f. 61,10 150 66,3 161 Juvenal, S a t . V I / 5 3 2 f f . 113 Lukian, Demonax 34 114 I M a k k . 1,15 54 13,39 102 2Makk. 4,40 102 4Makk. 1,5 102 2,24 102 5,37 125 6,29 73, 167 13,17 125 17,4 101 17,22 73, 167 MandLit. 66 89 Memar Marqah MM 1/7 119 II 125 II/8f. 101 III/l 101 IV/6 57 IV/9 101 V/2 f. 124 f.
281
Register V/3 101 VI/2. 7 101 84 OdSal. 4,10 84 6,8 ff. 8,16 83 11,1 83 ll,5ff. 84 11,14 84 84 11,18 11,22 83 12, Iff. 81 187 17,4 22,12 228 28,6f. 127 84 30,2 42,6 253 OrMan. 7 133 Ovid, E x ponto I / l , 5 1 f f . 113 Met. X I / 1 4 1 113 Pistis Sophia 131 129 Plutarch, De superstit. 114, 123 De sera n u m . v i n d . 22 f. 114, 226 PsPlutarch Apophthegm. Lak. 114 PsSal. 9,2ff. 59 13,10 65 17,22f. 49 17,36 50 17,41 50, 188 18,4 65 SapSal. (Weish.) 3, Iff. 71, 101, 115 7,14 101 8,2ff. 116 9,10 54 10, Iff. 101 10,13f. 179 11,16 65 12,20 119 13,1 102 14,22 102 16,12 119 Seneca, E p . 95,47 103 102,22 ff. 216 3Sib. 72 f. 132 548 101 4Sib. 164 ff. 135 165 137 Sir. 1,9 117 1,18 119 1,25 101 3,28 119
4,26 5,4ff. 15, 14 21, 2 23, 2 24 24, Iff. 24,3 ff. 24, 14 24,32 ff. 25,24 27,10 42,18 49, 16 Sueton, Nero 34 Test. X I I : 5,6 f. Rub. 2 ff. Lev. 3,5 5,6 18,8f. 18,9 19,1 J u d . 19,3 20,1 f. 4, Iff. Iss. 7 7, Iff. Seb. 1,5 9,7 Dan 4,7 5,1 6,2 6,10 N a p h t . 3,1 Gad 5,7 ff. Ass. 1,8 3 Jos. 1,3ff. 2,4 Benj. 3,6 3,8 11,4 T h o m E v . Lg. 12 22 44 Tob. 3,2 ff. 4,8 ff. V i t a A d a e Iff. llff. 10 47
110 119 69 109 102 111 117 100 100 68, 110 70 109 101 101 114 67 54 102, 126 145 49 67 102 67 67 41 67 102 56 68 67 126 57 f. 67 102, 68 70 175 175 56 167 56 231, 202 258 102, 101 71 70 71 71
126
133
233
124
Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments Verzeichnis alter Titel auf Anfrage Herausgegeben von H . G U N K E L (Heft 1 — Neue Folge, H e f t 2 9 ) u n d W . B O U S S E T (Heft 1 — Neue Folge, H e f t 1 1 ) , a b H e f t 1 4 bis Neue Folge, H e f t 2 1 hrsg. in Verbindung mit H . R A N K E u n d A . U N G N A D . „ N e u e Folge" (Heft 19—79 der Gesamtreihe) herausgegeben von
RUDOLF BULTMANN:
4. (21.) H e f t . W . BOUSSET: Kyrios Christos. Geschichte d. Christusglaubens von den Anfängen bis Irenaus. 6. A. 1967. Neudruck der 2., umgearb. A. 1921. Mit einem Geleitwort von Rudolf Bultmann. 418 S. Ln. 28,— DM. — 9. (26.) H e f t . G. P . WETTEB: „Der Sohn Gottes". Untersuchung über den Charakter u n d die Tendenz des Joh.-Evangeliums. 1916. 206 S., brosch. 12,— DM. — 10. (27.) H e f t . H.KOCH: Die altchristliche Bilderfrage n a c h den literarischen Quellen. 1917. 112 S., brosch. 9,— DM. — 12. (29.) H e f t . R . B U L T M A N N : Geschichte der synoptischen Tradition. 7. A. 1967. 416 S., Leinen 25,— DM, E r g ä n z u n g s h e f t einzeln : kart. 4,80 DM.—21.(38.) Heft. H . WILLEICH : Urkundenfälschung in der hellenistisch-jüdischen Literatur. 1924. 106 S., brosch. 8,— DM. — 22. (39.) H e f t . K . KUNDSIN: Topologische Überlieferungsstoffe im J o h . Evangelium. 1925. 84 S., brosch. 7,20 DM. — 23. (40.) H e f t . E . W I S S M A N N : D a s Verhältnis von Pistis u n d Christusfrömmigkeit bei Paulus. 1926. 128 S., brosch. 11,90 DM. — 25. (42.) H e f t . J . BEGRICH: Der P s a l m des Hiskia. 1926. 72 S., brosch. 9,—DM. — 29. (46.)Heft. R . ASTINO: Die Heiligkeit im Urchristent u m . 1930. 346 S., brosch. 35 — DM Ln. 40,— DM — 33. (51.) H e f t . H . J O N A S : Gnosis u n d spätantiker Geist. Teil 1 : Die mythologische Gnosis. 3., verb. Α. 1964. 472 S., brosch. 28,—DM, Ln. 32,—DM. — 38. (45.) H e f t . E . SCHWEIZER: Ego eimi. Die religionsgeschichtliche H e r k u n f t u n d theologische B e d e u t u n g der johanneischen Bildreden. Zugleich ein Beitrag zur Quellenfrage des vierten Evangeliums. 2. A. 1965, mit einem Anhang. 188 S., brosch. 14,80 DM. — 42. (60.) H e f t . M. DiBELrus : Aufsätze zur Apostelgeschichte. 5., durchges. A. 1968. 193 S., brosch. 12,80 DM. — 43. (61.) H e f t . E . LOHMEYER: Gottesknecht u n d Davidssohn. 2. A. 1953.159 S., brosch. 15,60 DM. — 44. (62.) H e f t . R . R E N D T O R F F : Die Gesetze in der Priesterschrift. 2.A. 1963. 80 S., brosch. 8,—DM. — 45. (63.)Heft. H . JONAS : Gnosis u n d spätantiker Geist. Teil 2,1. H ä l f t e : Von der Mythologie zur mystischen Philosophie. 2.,durchges. Aufl. 1966. 239S., brosch. 18,—DM. Teil 2,2. H ä l f t e : Plotin. In Vorbereitg. — 46. (64.) H e f t . E . LOHSE: Märtyrer u n d Gottesknecht. 2. A. 1964. 230S., brosch. 16,50DM. — 49. (67.) H e f t . W . MARXSEN: Der Evangelist Markus. 2., durchges. A. 1959. 151 S„ brosch. 10,80 DM. — 51. (69.) H e f t . E . JANSSEN: J u d a i n der Exilszeit. 1956.124S.,brosch.l2,40DM. — 52. (70.) H e f t . O. K A I S E R : Der königliche K n e c h t . Eine traditionsgeschichtlich-exegetische Studie über die Ebed-Jahwe-Lieder bei Deuterojesaja. 2. A. 1962. 148 S., br. 12,80 DM. — 53. (71.)Heft. K.KOCH: Die Priesterschrift von E x o d u s 25 bis Leviticus 16. Eine überlieferungsgeschichtl. u n d literarkritische Untersuchung. 1959. 108 S., brosch. 10,80 DM. — 54. (72.) H e f t . W . BEYERLIN: Die K u l t t r a d i t i o n e n Israels in der Verkündigung des P r o p h e t e n Micha. 1959. 128 S., brosch. 10,80 DM. — 55. (73.) H e f t . A. GUNNEWEG: Mündliche u n d schriftliche Tradition der vorexilischen Prophetenbücher als Problem der neueren Prophetenforschung. 1959. 128 8., brosch. 11,80 DM. — 56. (74.) H e f t . K.RUDOLPH: Die Mandäer. Teil I : Prolegomena: D a s Mandäerproblem. 1960. 307 S., brosch. 29,50 DM. Fort$etzune umieitíe
Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen und Zürich
Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments — 57. (75.) Heft. Ders.: DieMandäer. Teil I I : Der Kult. 1961. 498 S., brosch. 53,— DM. Heft 56 und 57 (Teil I und I I ) zus. 74,20 DM. — 61. (79.) Heft. W. S C H M I T H A L S : Das kirchliche Apostelamt. Eine historische Untersuchung. 1961. 273 S., broach. 26,— DM. Ab Heft 80 der Gesamtreihe herausgegeben von E R N S T K Ä S E M A N N und E R N S T
WÜRTHWEIN :
8 0 . Heft. H. G R A F R E V E N T L O W : Das Amt des Propheten bei Amos. 1962.120 S. brosch. 12,80 DM. — 8 1 . Heft. A. W E I S E R : Samuel. Seine geschichtliche Aufgabe und religiöse Bedeutung. Traditionsgeschichtliche Untersuchungen zu 1. Samuel 7 — 1 2 . 1962. 94 S., brosch. 9,80 DM. — 8 2 . Heft. G. S T R E C K E R : Der Weg der Gerechtigkeit. Untersuchung zur Theologie des Matthäus. 2., durchgea., um einen Nachtrag erweit. A. 1966. 238 S., broach. 26,50 DM, Ln. 30,— DM — 83. Heft. F . H A H N : Christologische Hoheitstitel. Ihre Geschichte im frühen Christentum. 3. Aufl. 1966. 442 8., kart. 28,—DM, Ln.32,— DM. — 8 4 . Heft. R . S M E N D : Jahwekrieg und Stämmebund. Erwägungen zur ältesten Geschichte Israels. 2., durchges. und ergänzte Aufl. 1966.101 S., hart. 9,80 DM. — 8 5 . Heft. W. S C H M I T HALS : Paulus und Jakobus. 1963.103 S., kart. 12,80 DM. — 86. Heft. C. M Ü L L E R : Gottes Gerechtigkeit und Gottes Volk. Eine Untersuchung zu Römer 9—11. 1964.116 S., kart. 11,80 DM. — 8 7 . Heft. P. S T U H L M A C H E R : Gerechtigkeit Gottes bei Paulus. 2. Aufl. 1966. 276 S., Icart. 19,80 DM, Leinen 24,— DM — 88. Heft. K. R U D O L P H : Theogonie, Kosmogonie und Anthropogonie in den mandäischen Schriften. Eine literarkritische und traditionsgeschichtliche Untersuchung. 1965. 393 S., kart. 48,— DM. — 89. Heft. A. H. J . G Ü N N E W E α: Leviten und Priester. Hauptlinien der Traditionsbildung und Geschichte des israelitischjüdischen Kultpersonals. 1965. 225 S., kart. 24,— DM. — 90. Heft. E. G Ü T T G E MAHNS : Der leidende Apostel und sein Herr. Studien zur paulinischen Christologie 1966. 419 S., brosch. 46,— DM, Ln. 48,— DM. — 9 1 . Heft. R . W A L K E R : Die Heilsgeschichte im ersten Evangelium. 1967.161S. kart. 13,80 DM, Ln. 17,80 DM. — 9 2 . Heft. M . W E I P P E R T : Die Landnahme der israelitischen Stämme in der neueren wissenschaftlichen Diskussion. 1967. 164 S., mit 2 Karten, kart. 16,80 DM, Ln. 19,80 DM.— 9 3 . Heft. J . D E B U S : Die Sünde Jerobeams. Studien zur Darstellung Jerobeams und der Geschichte des Nordreichs in der deuteronomistischen Geschichtsschreibung. 1967.130 S., hart. 15,80 DM, Ln. 19,80DM. — 94. Heft. H. W E I D M A N N : Die Patriarchen und ihre Religion im Lichte der Forschung seit Julius Wellhausen. 1968. 186 S., kart. 24,— DM, Ln. 28,—DM. — 95. Heft. P. S T U H L M A C H E R : Das paulinische Evangelium. I. Vorgeschichte. 1968. 313 S., kart. 28,— DM, Ln. 32,— DM — 96. Heft. W . T H Y E N : Studien zur Sündenvergebung im Neuen Testament und seinen alttestamentlichen und jüdischen Voraussetzungen. Vorliegende Veröffentlichung. — 97. Heft. W. H A R N I S C H : Verhängnis und Verheißung der Geschichte. 1969. 362 S., kart. 44,— DM, Ln. 48,— DM. — 98. Heft. C H . B U R G E R : Jesus als Davidssohn. Eine traditionsgeschichtliche Untersuchung. 1970. 185 S., kart, etwa 28,— DM, Im,, etwa 32,— DM. — 99. Heft. W . B E Y E R L I N : Die Rettung der Bedrängten in den Feindpsalmen der Einzelnen auf institutionelle Zusammenhänge untersucht. 1970. 174 S., kart, etwa 26,— DM, Ln.etwa 33,—DM. — 100. Heft. W . K L A T T : Hermann Gunkel. Zu seiner Theologie der Religionsgeschichte und zur Entstehimg der formgeschichtlichen Methode. 1969. 280 S., kart. 34,— DM, Ln. 38,— DM. — 101. W . R I C H T E R : Die sogenannten vorprophetischen Berufungsberichte. Eine literaturwissenschaftliche Studie zu 1. Sam. 9,1—10, 16; Ex. 3f. und Ri. 6, lib—17. In Vorbereitung.
Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen und Zürich