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German Pages [408] Year 1994
V&R
Studien zum Althochdeutschen Herausgegeben von der Kommission für das Althochdeutsche Wörterbuch der Akademie der Wissenschaften in Göttingen Band 26
Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen
Dorothee Ertmer
Studien zur althochdeutschen und altsächsischen Juvencusglossierung
Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen
Gefördert mit Mitteln der Bund-Länder-Finanzierung Akademienprogramm
Die Deutsche Bibliothek -
CIP-Einheilsaufnahme
Ertmer, Dorothee: Studien zur althochdeutschen und altsächsischen Juvencusglossierung / Dorothee Ertmer. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1994 (Studien zum Althochdeutschen; Bd. 26) ISBN 3-525-20341-1 NE: G T
D6 © Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1994 Printed in Germany. - Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Druck: Hubert & Co., Göttingen
Meinen Eltern
Vorwort Die vorliegenden Studien sind im Rahmen des von Professor Dr. Dr. h.c. Rudolf Schützeichel geleiteten Forschungsunternehmens 'Althochdeutsches Wörterbuch' der Akademie der Wissenschaften in Göttingen entstanden und von der Philosophischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster als Dissertation angenommen worden. Professor Dr. Dr. h.c. Rudolf Schützeichel hat die Arbeit mit großem Engagement betreut und die Beschaffung und Einsichtnahme der für die Untersuchung maßgeblichen Mikrofilme ermöglicht. Dank gebührt der Kommission für das Althochdeutsche Wörterbuch der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, die die Arbeit in die Reihe 'Studien zum Althochdeutschen' aufgenommen hat. Ihre endgültige Fassung profitierte von den gutachterlichen Stellungnahmen der Professoren Dr. Dr. h.c. Rudolf Schützeichel, Dr. Fidel Rädle (Göttingen) und Dr. Eckhard Meineke (Jena). Rat und Hilfe gewährten Dr. Klaus Siewert (Münster) und Werner Dresken (Paderborn). Dank für die Autopsie handschriftlicher Originale gilt der Hessischen Landesbibliothek in Karlsruhe, dem Britischen Museum in London, der Bayerischen Staatsbibliothek in München und der Stadtbibliothek in Trier.
Bonn im Frühjahr 1994
DOROTHEE ERTMER
Inhalt Abkürzungen Literatur I. Einleitung II. Die Handschriften 1. London, BMMss. Add. 19723 (I). BV. Nr. 393 A. Beschreibung der Handschrift B. Geschichte der Handschrift C. Editionslage D. Glossen E. Glossierungsverfahren und Übersetzungstechnik F. Sprachliche Analyse
12 14 55 62 62 62 65 68 76 196 205
2. A. B. C. D. E. F.
Oxford, BL. Jun. 25 (II). BV. Nr. 725 Beschreibung der Handschrift Geschichte der Handschrift Editionslage Glossen Glossierungsverfahren und Übersetzungstechnik Sprachliche Analyse
214 214 216 219 225 250 253
3. A. B. C. D. E. F.
Karlsruhe, BLB. Aug. CCXVII (III). BV. Nr. 312 Beschreibung der Handschrift Geschichte der Handschrift Editionslage Glossen Glossierungsverfahren und Übersetzungstechnik Sprachliche Analyse
258 258 260 267 268 285 287
4. A. B. C. D. E. F.
München, BSB. Clm 6402 (IV). BV. Nr. 536 Beschreibung der Handschrift Geschichte der Handschrift Editionslage Glossen Glossierungsverfahren und Übersetzungstechnik Sprachliche Analyse
290 290 292 293 294 307 309
5. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 553 Helmstadiensis (V). BV. Nr. 966 A. Beschreibung der Handschrift
312 312
10
Inhalt
Β. Geschichte der Handschrift
313
C. D. E. F.
315 317 330 332
Editionslage Glossen Glossierungsverfahren und Übersetzungstechnik Sprachliche Analyse
6. A. B. C.
Karlsruhe, BLB. Aug. CCXVII (VI). BV. Nr. 312 Beschreibung der Handschrift Editionslage Glossen a. Exkurs D. Glossierungsverfahren und Übersetzungstechnik E. Sprachliche Analyse
336 336 337 337 344 345 346
7. München, BSB. Clin 19454 (VII). BV. Nr. 669 A. Beschreibung der Handschrift
348 348
B. C. D. E. F.
Geschichte der Handschrift Editionslage Glossen Glossierungsverfahren und Übersetzungstechnik Sprachliche Analyse
349 350 350 353 354
8. Venedig, Biblioteca Nazionale Marciana Marc. Lat. XII, 138 (=4390) (VIII). BV. Nr. 885 A. Beschreibung der Handschrift B. Geschichte der Handschrift
356 356 356
C. D. E. F.
Editionslage Glossen Glossierungsverfahren und Übersetzungstechnik Sprachliche Analyse
358 358 362 363
9. A. B. C. D. E. F.
Trier, StadtB. 169/25 (IX). BV. Nr. 880 Beschreibung der Handschrift Geschichte der Handschrift Editionslage Glossen Glossierungsverfahren und Übersetzungstechnik Sprachliche Analyse
364 364 365 366 367 369 369
10. Zürich, ZB. Ms. C 68 (X). BV. Nr. 1003 A. Beschreibung der Handschrift
371 371
Inhalt
Β. C. D. E. F.
11
Geschichte der Handschrift Editionslage Glossen Glossierungsverfahren und Übersetzungstechnik Sprachliche Analyse
372 373 374 376 376
III. Zusammenfassung 1. Die volkssprachige Juvencusglossierung in ihren zeitlichen und räumlichen Bezügen 2. Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der volkssprachigen Juvencusglossierung 3. Textgrundlage 4. Erscheinungsweisen 5. Glossierungsverfahren und Übersetzungstechnik
377
380 382 385 386
IV. Register 1. Volkssprachige Interpretamente 2. Lateinische Lemmata 3. Personen und Sachen
390 390 394 400
377
Abkürzungen Α. ADA. ADB. AJPh. ANRW. BChD. BEG. BMZ. BNF. BV. CLA. CSEL. DGLG. DNGLG. DSA. DWB. FMSt. FSchG. GH. GSp. HRG. JAC. KFW. KS EW. KVNSpF. LH. LThK. MGH. SS. MIÖG. MPL.
Anmerkung Auflage Anzeiger für deutsches Altertum und deutsche Literatur Allgemeine Deutsche Biographie The American Journal of Philology Aufstieg und Niedergang der römischen Welt. Geschichte und Kultur Roms im Spiegel der neueren Forschung s. A. Blaise - Η. Chirat, Dictionnaire Latin-Frangais des auteurs chretiens s. W. Braune - H. Eggers, Althochdeutsche Grammatik s. G. Benecke - W. Müller - F. Zamcke, Mittelhochdeutsches Wörterbuch Beiträge zur Namenforschung s. R. Bergmann, Verzeichnis der althochdeutschen und altsächsischen Glossenhandschriften Codices Latini Antiquiores Corpus scriptorum ecclesiasticorum Latinorum s. L. Diefenbach, Glossarium latino-germanicum mediae et infimae aetatis s. L. Diefenbach, Novum glossarium latino-germanicum mediae et infimae aetatis s. Deutscher Srachatlas J. Grimm - W. Grimm, Deutsches Wörterbuch Frühmittelalterliche Studien s. J. Franck - R. Schützeichel, Altfränkische Grammatik Κ. E. Georges, Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch E. G. Graff, Althochdeutscher Sprachschatz Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte Jahrbuch für Antike und Christentum E. Karg-Gasterstädt - Th. Frings, Althochdeutsches Wörterbuch s. F. Kluge - E. Seebold, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache Korrespondenzblatt des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung M. Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch Lexikon für Theologie und Kirche Monumenta Germaniae historica. Scriptores Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung J.-P. Migne, Patrologiae cursus completus. Series latina
Abkürzungen
MW. NDJB. NDW. NF. PBB. RGA. RL. RSV. SchBW. SchW. StMGBO StSG. StWG. SVEW. ThLL. VL. ZBW. ZDA. ZDA. ZDPh. ZDSp.
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s. Mittellateinisches Wörterbuch Niederdeutsches Jahrbuch. Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung Niederdeutsches Wort Neue Folge (H. Paul - W. Braune) Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Litertur Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte s. F. Raven, Die schwachen Verben des Althochdeutschen J. A. Schmeller, Bayerisches Wörterbuch R. Schützeichel, Althochdeutsches Wörterbuch Studien und Mitteilungen zur Geschichte des BenediktinerOrdens und seiner Zweige E. Steinmeyer - E. Sievers, Die althochdeutschen Glossen T. Starck - J. C. Wells, Althochdeutsches Glossenwörterbuch s. E. Seebold, Vergleichendes und etymologisches Wörterbuch der germanischen starken Verben Thesavrvs Lingvae Latinae Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon Zentralblatt für Bibliothekswesen Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur Zeitschrift für deutsche Philologie Zeitschrift für deutsche Sprache
Literatur Der deutsche Abrogans. Text * a b r Herausgegeben von Georg Baesecke, Altdeutsche Textbibliothek 30, Halle (Saale) 1931 Die Abtei St. Gallen, I. Beiträge zur Erforschung ihrer Manuskripte. Ausgewählte Aufsätze in überarbeiteter Fassung von Johannes Duft. Herausgegeben zum 75. Geburtstag des Verfassers von P. Ochsenbein und E. Ziegler, Sigmaringen 1990 W. van Ackeren, Die althochdeutschen Bezeichnungen der septem peccata criminalia und ihrer filiae, Dissertation Greifswald 1904 E. Alanne, Die deutsche Weinbauterminologie in althochdeutscher und mittelhochdeutscher Zeit, Annales Academiae Scientiarum Fennicae Β 65, 1, Helsinki 1950 H. Alker, Die Universitätsbibliothek Wien. Geschichte. Organisation. Benützung, 2. A. Wien 1953 B. Altaner - A. Stuiber, Patrologie. Leben, Schriften und Lehre der Kirchenväter, 9. A. Freiburg i. Br. 1980 Althochdeutsch. In Verbindung mit Herbert Kolb, Klaus Matzel, Karl Stackmann herausgegeben von Rolf Bergmann, Heinrich Tiefenbach, Lothar Voetz, Band I. Grammatik. Glossen und Texte. Band II. Wörter und Namen. Forschungsgeschichte, Heidelberg 1987 Althochdeutsches aus wolfenbüttler Handschriften, herausgegeben von Α. H. Hoffmann, Breslau 1827 Annalium de Gestis Caroli Magni imp. libri V. Opus auctoris quidem incerti sed Saxonis & Historici & Poetae antiquissimi, id est, Arnolfo Imp. aequalis: nunc primum euulgatum. Ex illustr. Wolfebuttel. bibliotheca. Studio & opera Reineri Reineccii Steinhemii, Helmaestadii 1594 P. Anreiter, Rückläufiges Wörterbuch des Altsächsischen, Veröffentlichungen der Kommission zur Computergestützten Erstellung linguistischer Hilfsmittel 1, Innsbruck 1989 Armaria Trevirensia. Beiträge zur Trierer Bibliotheksgeschichte, 2. Α., zum 75. Deutschen Bibliothekartag in Trier herausgegeben von G. Franz, Bibliotheca Trevirensis 1, Wiesbaden 1985 J. Autenrieth, Ältere und neuere Handschriftenkataloge aus dem Umkreis der Stuttgarter Handschriftensammlung, In libro humanitas, S. 165-188 A. Bach, Deutsche Namenkunde, II. 2. Die deutschen Ortsnamen in geschichtlicher, geographischer, soziologischer und psychologischer Betrachtung. Ortsnamenforschung im Dienste anderer Wissenschaften, Heidelberg 1954 G. Baesecke, Einführung in das Althochdeutsche. Laut- und Flexionslehre, Handbuch des deutschen Unterrichts an Höheren Schulen 2, 1, 2, München 1918
Literatur
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Das lateinisch-althochdeutsche Reimgebet (Carmen ad Deum) und das Rätsel vom Vogel federlos, Probleme der Wissenschaft in Vergangenheit und Gegenwart 1, Berlin 1948 -, Kleinere Schriften zur althochdeutschen Sprache und Literatur, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von W. Schröder, Bern - München 1966 -, Das althochdeutsche Schrifttum von Reichenau, in: G. Baesecke, Kleinere Schriften zur althochdeutschen Sprache und Literatur, S. 126-137 K. von Bahder, Die verbalabstracta in den germanischen Sprachen ihrer Bildung nach dargestellt, Halle 1880 Ν. V. Baran, Les caracteristiques essentielles du vocabulaire chromatique latin (Aspect general, etapes de developpement, sens figures, valeur stylistique, circulation), ANRW. II, 29, 1. Herausgegeben von W. Haase, Berlin - New York 1983, S. 321-411 K. Bartsch, Althochdeutsche Glossen, Germania 7 (1862) S. 239-241 E. Bauer, Anthroponyme im Althochdeutschen Wörterbuch, Althochdeutsch, II, S. 972-984 F. H. Baumann, Die Adjektivabstrakta im älteren Westgermanischen, Dissertation Freiburg i. Br. 1914 F. L. Baumann, Geschichte das Allgäus, I, Kempten 1883 G. Baur, Der Wortschatz der Landwirtschaft im Bereich der ahd. Glossen, Dissertation (Maschinenschrift) München 1960 H. Beck, Blei, RGA. III, S. 72f. -, Seelenwörter des Germanischen, Althochdeutsch, II, S. 985-999 G. Becker, Geist und Seele im Altsächsischen und im Althochdeutschen. Der Sinnbereich des Seelischen und die Wörter gest - geist und seola - sela in den Denkmälern bis zum 11. Jahrhundert, Germanische Bibliothek. Dritte Reihe. Untersuchungen und Einzeldarstellungen, Heidelberg 1964 G. Becker, Catalogi bibliothecarum antiqui. I. Catalogi saeculo XIII vetustiores. II. Catalogus catalogorum posterioris aetatis, Bonn 1885; im Anhang Rezension von Max Perlbach und Nachträge von Gabriel Meier, Nachdruck Hildesheim - New York 1973 H.-J. Becker, Ring, HRG. IV, Sp. 1069f. P. Becker, Notizen zur Bibliotheksgeschichte der Abtei St. Eucharius-St. Matthias, Armaria Trevirensia, S. 44-63 Ch. H. Beeson, Isidor-Studien, Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters 4, 2, München 1913 Beiträge zur germanischen Sprachwissenschaft. Festschrift für Otto Behaghel. Herausgegeben von W. Horn, Germanische Bibliothek. II. Abteilung: Untersuchungen und Texte. Fünfzehnter Band, Heidelberg 1924 R. Bergmann s. Althochdeutsch
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Literatur
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Literatur
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Elementarunterricht und Probationes Pennae in der ersten Hälfte des Mittelalters, Mittelalterliche Studien, I, S. 74-87 -, Paläographische Fragen deutscher Denkmäler der Karolingerzeit, Mittelalterliche Studien, III, S. 73-111 -, Paläographie des römischen Altertums und des abendländischen Mittelalters, Grundlagen der Germanistik 24, 2. A. Berlin 1986 -, Die südostdeutschen Schreibschulen und Bibliotheken in der Karolingerzeit, I. Die bayrischen Diözesen, mit 32 Schriftproben, 3. A. Wiesbaden 1974; II, Die vorwiegend österreichischen Diözesen. Mit 25 Schriftproben, Wiesbaden 1980 -, Mittelalterliche Studien. Ausgewählte Aufsätze zur Schriftkunde und Literaturgeschichte, I-III, Stuttgart 1966-1981 -, Übersicht über die nichtdiplomatischen Geheimschriften des Mittelalters. Mit zwei Alphabettafeln (Tafel III und IV), in: B. Bischoff, Mittelalterliche Studien, III, S. 120-148 -, Übersicht über die nichtdiplomatischen Geheimschriften des Mittelalters, MIÖG. 62 (1954) S. 1-27 K. Bischoff, Besprechung von: E. Rooth, Saxonica, NDJB. 74 (1951) S. 145-151 -, Elbostfälische Studien, Mitteldeutsche Studien 14, Halle 1954 A. Blaise - Η. Chirat, Dictionnaire Latin-Fran$ais des auteurs chretiens, Turnhout (Belgique) 1954 U. Bliesener, Die hochdeutschen Wörter in altsächsischen Glossaren, Dissertation Frankfurt am Main [1955] (Maschinenschrift) H. Bloch, Ein karolingischer Bibliotheks-Katalog aus Kloster Murbach, Strassburger Festschrift zur XL VI. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner. Mit acht Abbildungen im Text und einer Tafel. Herausgegeben von der Philosophischen Fakultät der Kaiser-Wilhelms-Universität, Strassburg 1901, S. 257-285 F. F. Blok, Contributions to the History of Isaac Vossius's Library, Verhandelingen der Koninklijke Nederlandse Akademie van Wetenschappen, AFD. Letterkunde 83, Amsterdam, London 1974 S. Blum s. R. Große - S. Blum - H. Götz, Beiträge zur Bedeutungserschließung S. Blum, Wörter des Zornes im Althochdeutschen, Dissertation [Leipzig] 1958 (Maschinenschrift) F. Blume, Iter Italicum, I. Archive, Bibliotheken und Inschriften in den sardinischen und österreichischen Provinzen, Berlin und Stettin 1824 G. Boesch, Verbrüderungsbuch und Nekrologium der Reichenau. Zur Überlieferungsgeschichte zweier Handschriften, Festschrift Oskar Vasella zum 60. Geburtstag am 15. Mai 1964, S. 56-66 A. Bogner, Die Verbalvorsilbe bi- im Althochdeutschen, Dissertation Hamburg 1933
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Literatur
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Literatur
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Literatur
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Literatur
21
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637
SchW. S. 215; GSp. II, Sp. 519f.; StWG. S. 497.
638
SchW. S. 215; GSp. II, Sp. 520; StWG. S. 497.
639
Sieh E. Steinmeyer, [Handschriftlicher lateinisch-althochdeutscher Index], S. 29.
640
GH. I, Sp. 385.
641
GH. II, Sp 98-100.
642
StSG. I, S. 375, 23; S. 575,14; S. 604, 21; S. 649, 30; II, S. 250, 13; S. 252, 61; S. 423, 67; S. 430,
55; S. 440, 49; S. 441, If.; S. 445, 69; S. 539, 54; S. 627, 70; III, S. 114, 22, 24; S. 206, 5; S. 405, 39. R. Hildebrandt, Summarium Heinrici, I, S. 218, 2. 643
Juvenc. Εν. I, 689; CSEL. 24, S. 36.
644
GH. II, Sp. 3408.
MS
StSG. IV, S. 337,17.
646
GSp. V, Sp. 431; StWG. S. 642; SchW. S. 260 (dunstig); LH. I, Sp. 477 (dunstec).
647
DWBN. VI, Sp. 1527. Sieh KSEW. S. 160f. (Dunst).
648
Juvenc. Εν. I, 693; CSEL. 24, S. 36.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
119
'"Diese kleiden sich außen wie Schafe, aber sie verbergen ihre grimmigen Wolfsherzen mit Tücke und zerfleischen die sorglosen Scharen der Schafe, die sie reißen ,.."'649 dansonte650 traentes - dansonte dansonte: Part. Präs. Nom. PI. M., st. flekt.; sw. V. dansön651 'reißen' 652 58. fol. 15r, Z. 12-13 Tunc iurabo illis quod talis cognita nüquam / Vita m-hi est hominum gestis qu£ sord& iniquis653 '"Dann werde ich jenen gegenüber schwören, daß ein solches Leben von Menschen, das von ungerechten Taten beschmutzt ist, mir nie bekannt gewesen ist"'654 //«S655 cognita (vita) - liub liub: Nom. Sg. (M./N.?), st. flekt. Adj. liub656 'wohlgefällig'657 Die Glosse liub erscheint interlinear über dem Textwort cognita. Das in liub durchstrichene b zeigt wohl die Abkürzung einer Flexionsendung an, deren Auflösung nicht eindeutig gesichert werden kann. Durch den Bezug zum lateinischen Lemma cognita kann für liut lediglich die Bestimmung als Nominativ Singular658 angenommen werden. Es ist mit E. Steinmeyer und E. Sievers659 zwar nicht auszuschließen, daß das im Kontext gegebene attributive Verhältnis zwischen cognita und vita in formaler Hinsicht bei der Übersetzung ins Althochdeutsche eine Rolle gespielt haben mag. Sichere Anhaltspunkte, die zur Klärung der abgekürzten Flexionsendung beitragen könnten, lassen sich aus
649
GH. II, Sp. 3172-3174; BChD. S. 823.
650
StSG. IV, S. 337,19.
651
KFW. II, Sp. 163; SchW. S. 85; StWG. S. 90; RSV. II, S. 25; W. Wissmann, Nomina postverbalia, S. 22. 652 Man vergleiche DWB. XI, 1,1, Sp. 117-120 (Tanz)·, SchBW. I, Sp. 526f. (densen, dinsen). 653 Juvenc. Εν. I, 713; CSEL. 24, S. 37. 654
ThLL. III, Sp. 1516-1518; MW. II, Sp. 805. StSG. IV, S. 337, 20. 656 GSp. II, Sp. 51-55; SchW. S. 174. MW. II, Sp. 805. 657 DWB. VI, Sp. 896-913; KSEW. S. 442. 655
658 659
BEG. § 248, S. 217-219; § 255, S. 222f. StSG. IV, S. 337, 20.
120
Die Handschriften
den volkssprachigen Glossierungen von vita beispielsweise mit Hb 'Leben, Lebenswandel'660 beziehungsweise leben 'Leben' 661 allerdings nicht gewinnen. Die Glossierung des Adjektivs cognitus mit Hub steht in der bisher bekannten althochdeutschen Überlieferung allein662. Das in der Edition von E. Steinmeyer und E. Sievers663 zum Lemma gezogene "[w'fa]" hat vermutlich zu der Fehleinordnung des Belegs im Althochdeutschen Glossenwörterbuch 664 unter "lib (?)" verleitet. Sie ist entsprechend zu korrigieren. 59. fol. 15r, Z. 19 marg. 1. Hunc pquabo viro solidis fundamina saxis / Ponenti librata super cui menia surgunr '"... diesen will ich mit einem Mann vergleichen, der auf festen Felsen die Fundamente (seines Hauses) legt, darauf Mauern sich emporschwingen"'666 obena667 super - obena obena: Adv. obena668 'oben darauf 669 60. fol. 15r, Z. 19 marg. 1. Illa domus pluuiis uentisqi inl^sa manebit / Torrentumq> minas firmato robore uincet670 '"Jenes Haus wird bei Regen und Sturm unversehrt erhalten bleiben und mit gefestigter Kraft die Bedrohungen der Sturzbäche überstehen"' 671 dratino672 torrentum - dratino dratino: Gen. PI. st. F. drätf73 'Sturzbach'674 660
SchW. S. 171; GSp. II, Sp. 43^15; StWG. S. 372.
661
SchW. S. 168; StWG. S. 364.
662
Sieh auch DGLG. S. 130.
663
StSG. IV, S. 337, 20.
664
StWG. S. 372.
665
Juvenc. Εν. I, 717; CSEL. 24, S. 38.
666
BChD. S. 793f.
667
StSG. IV, S. 337, 21.
668
SchW. S. 202; GSp. I, Sp. 79f.; StWG. S. 448.
669
DWB. VII, Sp. 1065-1069.
670
Juvenc. Εν. I, 719; CSEL. 24, S. 38.
671
GH. II, Sp. 3155. Sieh BChD. S. 820.
672
H. Thoma, PBB. 73 (1951) S. 229. Sieh StSG. IV, S. 337, 22 und A. 3.
673
SchW. S. 92; GSp. V, Sp. 259; StWG. S. 106; E. Oksaar, Semantische Studien, S. 289.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
121
61. fol. 15r, Z. 26-27 Omnis subuerso ^pcumbet pondere molis / Insequiturqj graui tectorum strage ruina675 "'... wird jedes Gebäude, wenn das Fundament zerstört ist, zusammenstürzen, und gleich darauf folgen mit gewaltigem Einsturz die Trümmer der Dächer"'676 plaste677 strage - plaste plaste: Dat. Sg. st. M. plast61g 'Einsturz' Das Interpretament blast ist als Simplex ansonsten nicht belegt und von daher als Hapaxlegomenon zu klassifizieren. Es tritt dagegen als zweiter Bestandteil in den althochdeutschen Bildungen anablast 'Ansturm, Ungestüm' 679 und ebanblast 'steiler Abhang'680 mehrfach auf. Morphologisch repräsentiert ahd. blast ein von dem schwachen y'a/i-Verb plesten 'fallen"681 abgeleitetes fi-Abstraktum 682 . 62. fol. 15v, Z. 7-8 Ut careat tandem languoris pondere tanti / Sufficiet uoluisse tuum685 " Dein Wille wird genügen, daß er endlich von der Last so großer Krankheit befreit ist"'6*4 eddeuuenne685 tandem - eddeuuenne eddeuuenne: Adv. eddeuuenne686 'endlich'687
674
Man vergleiche DWB. II, Sp. 1340 (drat)\ LH. I, Sp. 460.
675
Juvenc. Εν. I, 727; CSEL. 24, S. 38.
676
GH. II, Sp. 2814f.
677
StSG. IV, S. 337, 23.
678
KFW. I, Sp. 1182; StWG. S. 64. Man vergleiche SchW. S. 78 {plesten).
679
SchW. S. 66; KFW. I, Sp. 41 lf. Sieh R. Bergmann, Rückläufiges morphologisches Wörter-
buch, S. 671. 680
KFW. III, Sp. 5.
681
SchW. 78; KFW. I, Sp. 1200f.; RSV. I, S. 9.
682
J. Gerckens, Zur Entstehungsgeschichte der ti-Abstrakta, S. 40. 683
Juvenc. Εν. I, 736; CSEL. 24, S. 38.
684
GH. II, Sp. 3018.
685
StSG. IV, S. 337, 24.
686
KFW. III, Sp. 49f.; SchW. S. 97; StWG. S. 135. LH. I, Sp. 714; W. Wilmanns, Deutsche
Grammatik, II, § 430, S. 585; M. Luukkainen, Untersuchungen zur morphematischen Transferenz, S. 687 303. Man vergleiche F. Simmler, Graphematisch-phonematische Studien. S. 287-289; W. Betz, Deutsch und Lateinisch, S. 147; H.-O. Schwarz, Die Lehnbildungen, S. 98.
122
Die Handschriften
63. fol. 15", 9-10 ... tum dextera xpi / Attactu solo purgauit lurida membra 688 'Daraufhin hat die rechte Hand Christi die fahlen Glieder durch bloßes Berühren gereinigt'689 riuba690 lurida - riuba riuba: Akk. PI. M., st. flekt. Adj. riubm 'aussätzig'692 Mit dem als graphisches Lemma ausgewiesenen Textwort lurida werden im vorliegenden Kontext die Glieder eines Kranken farblich beschrieben. Im klassischen693 und im mittelalterlichen®4 Latein dient das Adjektiv luridus häufig zur Bezeichnung der menschlichen Hautfarbe, insbesondere der eines von Krankheit, Alter oder Tod gezeichneten Menschen. Es steht daher in der Regel für ein Farbspektrum, das mit blaßgelb, fahl, bleich, leichenblaß, aber auch mit grünlich, gelb umrissen werden kann. In der althochdeutschen Glossenüberlieferung hat luridus neben riob 'aussätzig'®5 die Entsprechungen 696 fit™, weitmaskal (T)699. Offenkundig machen die Farbadjektive innerhalb der volkssprachigen Interpretamente nur einen Teil aus. Darüber hinaus ist die je nach Kontext mit der Farbbezeichnung luridus verbundene Assoziation (Fäulnis, Verwesung, Krankheit) für die Übersetzungen mit fil™ und unsübarm ausschlaggebend gewesen. Im vorliegenden Fall erklärt sich die Übertragung von luridus mit riub aus dem erweiterten Kontext. Dort ist von einem Kranken die Rede, der Jesus um die Heilung seines ganz von Aussatz befallenen Körpers (toto obsessum ... corpore lepra, Ju-
688
Juvenc. Εν. I, 738; CSEL. 24, S. 39.
689
ThLL. VII, 2, Sp. 1861-1863; BChD. S. 505.
690
StSG. IV, S. 337, 25.
691
SchW. S. 213; GSp. IV, Sp. 1155; StWG. S. 487. Man vergleiche M. Höfler, Deutsches Krank-
heitsnamen-Buch, S. 528f. 692
K. Toth, Der Lehnwortschatz der althochdeutschen Tatian-Übersetzung, S. 119-121. Sieh
DWB. VIII, Sp. 1396f. (Rufe); K. Schier, RGA. I, S. 505-508; J. Trier, Holz, S. 78. 693
GH. II, Sp. 730; Oxford Latin Dictionary, S. 1051.
694
Novum Glossarium mediae latinitatis, L, Sp. 222f.; BChD. S. 505.
695
M. Höfler, Deutsches Krankheitsnamen-Buch, S. 528f. 696
Sieh E. Steinmeyer, [Handschriftlicher lateinisch-althochdeutscher Index], S. 302.
697
SchW. S. 120; KFW. III, Sp. 1316Γ; StWG. S. 182.
698
SchW. S. 285; GSp. I, Sp. 773f.; StWG. S. 707.
699
KFW. I, Sp. 674; StWG. S. 35.
700
KFW. III, Sp. 1316f.
701
StSG. II, S. 600, 6.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
123
venc. I, 736) bittet. In dem sich anschließenden Text werden die kranken Gliedmaßen als lurida 'fahl, leichenblaß' beschrieben. Die Wiedergabe von luridus mit riub 'aussätzig' geht über die eigentliche Kontextbedeutung des Lemmas hinaus, indem sie das mit der Farbbezeichnung symptomhaft angedeutete Krankheitsbild des Aussatzes interpretierend umsetzt. Daß riob nicht nur in der althochdeutschen Tatian-Übersetzung die Bedeutung 'aussätzig' trägt702, belegt neben der Prudentiusglosse703 auch das vorliegende Interpretament. 64. fol. 16r, Z. 16-17 marg. r. Iamq> dies prono rocedens lumine pontum / Inciderat furuamqi sup nox cerula pallam / Sidereis pictam flammis j> inane trahebat704 'Und schon hatte der scheidende Tag sich mit neigendem Licht ins Meer gesenkt, und darüber zog die schwarzblaue Nacht den schwarzen, mit strahlenden Sternen bemalten Mantel durch den weiten Luftraum' 705 a. vnt keong706 Das Interpretament vntkeong steht so weit im Blattinnenrand, daß sein erster Buchstabe nicht eindeutig zu erkennen ist. Der waagerechte Strich über dem 7 ist wohl als Abbreviatur für er zu werten. inciderat - vnTkeong vrit keong: 3. Pers. Sg. Ind. Perf. red. V. vnt[er]kän, vnt[er]kanganim 708 'untergehen' b. ebina™ ebina ist wohl aus obina verschrieben. super - ebina ebina: Adv. [ojbina710 'darüber' Vor der marginal links neben Juvencus II, 2 notierten Glosse keong liest C. Marold711 ninT. In Anlehnung an die Lesung C. Marolds vermutet E. Steinmeyer712, daß es sich bei dem Eintrag um das lateinische Wort uenit handeln 702
Gegen K. Toth, Der Lehnwortschatz der althochdeutschen Tatian-Übersetzung, S. 120f.
703
Dazu B. Rolling, Kiel UB. Cod. Ms. K B. 145, S. 108.
704
Juvenc. Εν. II, 2; CSEL. 24, S. 41.
705
ThLL. VII, 1, Sp. 898-906 (incidere). BChD. S. 422 (super).
706
H. Thoma, PBB. 73 (1951) S. 229,22. Sieh StSG. IV, S. 337, 26 und A. 4.
707
GSp. IV, Sp. 86; StWG. S. 191; KFW. IV, Sp. 84f.
708
DWB. XI, 3, Sp. 1570-1576.
709
StSG. IV, S. 337,27.
710
SchW. S. 202; GSp. I, Sp. 79f.; StWG. S. 448.
711
Germania (1887) S. 354.
712
StSG. IV, S. 337, A. 4.
124
Die Handschriften
könnte. Bei einer erneuten Durchsicht der Handschrift konnte H. Thoma 713 die Marginalglosse als vtitkeong identifizieren. Das Interpretament vtitkeong steht, wie sich bei der Autopsie des Codex gezeigt hat, so weit im Blattinnenrand, daß der erste Buchstabe ν kaum erkennbar ist. Nach Auflösung des Abbreviaturstrichs über dem t in ter ergibt sich für den Beleg vnterkeong ein problemloser Anschluß an die Verben untergän714 oder untergangen15. Im Hinblick auf die lemmatische Zuordnung des Interpretaments vtitkeong kommt am ehesten das im Werktext vertretene Verb Inciderat in Frage. Dafür spricht zunächst die Eintragsweise der volkssprachigen Glosse, die marginal links vor Inciderat steht, das die Verszeile zu Juvencus II, 2 einleitet. Es ist darüber hinaus offenkundig, daß die als dritte Person Singular Indikativ Perfekt zu bestimmende althochdeutsche Form vtitkeong grammatisch-morphologisch durch Inciderat beeinflußt worden ist. Das Verb incidere, das in den Bezeichnungen 'fallen, stürzen, treffen' 716 belegt ist, wird traditionell mit fallan, anafallan, anagifallan, firfallan, infallan, gangan, anaqueman717 übersetzt. Weder untergangan noch untergän, die im Althochdeutschen in den Bedeutungen 'dazwischen kommen, unterbrechen, wegnehmen' und 'untergehen' bezeugt sind718, treten sonst als Interpretamente zu incidere auf, so daß zunächst an eine Verwechslung von incidere mit intercidere719 gedacht werden könnte. Die Berücksichtigung des Kontextes führt jedoch zu folgender Auslegung der Glossierung. Durch dies prono decedens lumine pontum inciderat wird das Ende des Tages beziehungsweise der Anbruch der Nacht sprachlich in ein Bild gefaßt, innerhalb dessen inciderat wörtlich das 'Fallen' des Tages in das Meer bezeichnet. Die Wahl des volkssprachigen Interpretaments ist in diesem Fall nicht allein durch inciderat, sondern durch den im Text implizierten Sonnenuntergang semantisch motiviert720. Die in Anbetracht des lateinischen Kontextes für die Marginalglosse vtitkeong am ehesten als 'untergehen' anzusetzende Bedeutung, läßt sich im Althochdeutschen ein weiteres Mal, und zwar im Zusammenhang der volkssprachigen Kommentierung der Bibelhandschriften München, BSB. Clm 13002721 und
713
PBB. 73 (1951) S. 229.
714
KFW. III, Sp. 84f.; StWG. S. 191, 814,848.
715
KFW. III, Sp. 84f.; SchW. S. 125; StWG. S. 191,814,848.
716
GH. II, Sp. 147f.
717
E. Steinmeyer, [Handschriftlicher lateinisch-althochdeutscher Index], S. 254; D G L G . S. 291.
718
KFW. III, Sp. 85; SchW. S. 125.
719
GH. II, Sp. 360 (intercidere).
720
Dazu der Kommentar in KFW. III, Sp. 85.
721
BV. Nr. 558, S. 66f.; StSG. I, S. 674, 2.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
125
München, BSB. Clm 17403722 nachweisen. Das Verb untergän erscheint dort als Interpretament zu dem im Buch Arnos 8, 9723 tradierten occidet, das mit Bezug auf sol in meridie eindeutig den Untergang der Sonne bezeichnet. Die vorliegende Glossierung kann als zusätzlicher Beleg dafür angesehen werden, daß bereits im Althochdeutschen 724 die Verben untergän, untergangan zur Bezeichnung des Untergehens von Gestirnen herangezogen worden sind. 65. fol. 16r, Z. 19 marg. r. Tum multos homines mentis languore ruentes /...Certatim populi caeca iam nocte ferebant 725 'Da brachten in bereits finsterer Nacht die Leute wetteifernd viele an Schwäche des Geistes zugrundegehende Menschen ...'726 zuohilinta727 ruentes - zuohilinta zuohilinta: Part. Präs. Nom./Akk. PI. M., st. flekt.; sw. V. zuohilen728 'herbeieilen' 729 Die Übersetzung von ruere mit zuoKilen 'hinstreben' deutet darauf hin, daß der Glossator ruentes auf populi bezogen und den Kontext in folgender Weise verstanden hat: 'Da brachten bereits in finsterer Nacht die Leute im Wetteifer herbeieilend viele geistesschwache Menschen'. 66. fol. 16r, Z. 26 marg. 1. ... angsius ille / In mare ueliuolum celsam deducere iussit / Discipulis puppim 730 '... besorgt befahl jener seinen Jüngern, das hochragende Schiff auf das segelbeflügelte Meer zu ziehen'731 segilfluzzigen732
722
BV. Nr. 632, S. 74; StSG. I, S. 674, 3.
723
Biblia Sacra, II, S. 1395.
724
Zum Mittelhochdeutschen sieh LH. II, Sp. 1784f.
725
Juvenc. Εν. II, 4; CSEL. 24, S. 41.
726
GH. II, Sp. 2428f. Sieh BChD. S. 727.
727
StSG. IV, S. 337, 28.
728
SchW. S. 149; GSp. I, Sp. 231; StWG. S. 299; RSV. I, S. 80; H. Garke, Prothese und
Aphaerese des H, S. 55, S. 102. 729 730
Man vergleiche DWB. III, Sp. 106-108 (eilen). Juvenc. Εν. II, 11; CSEL. 24, S. 41.
731
GH. II, Sp. 3388f. Sieh J. de Wit, Ad Iuvenci cvangeliorum librum secundum, S. 14.
732
StSG. IV, S. 337, 29.
126
Die Handschriften
Der stark verblaßte Eintrag segilfluzzigen ragt so weit in den Blattinnenrand hinein, daß nur noch -fluzzigen eindeutig lesbar ist. ueliuolus - segilfluzzigen segilfluzzigen: Akk. Sg. M., st. flekt. Adj. segilfluzzig733 'von Segeln belebt' 734 Der marginale Eintrag segilfluzzigen glossiert das bei Juvencus II, 11 überlieferte Textwort ueliuolum. Als Lemma ist velivolus innerhalb der althochdeutschen Glossierung lediglich an einer anderen Stelle berücksichtigt worden. Es handelt sich um die in der Handschrift Melk, StiftsB. 1545735 zu Vergil, Aen. I, 224 tradierte Übersetzung von ueliuolum mit uuintflougez136. In den lateinischvolkssprachigen Glossaren des späteren Mittelalters wird velivolus durch 'mit dem Segel (seyl) fliegende'737 übertragen. Die in der Forschung 738 mehrfach und erst kürzlich739 wieder besprochene Vergilglossierung verdient in diesem Zusammenhang insofern weitere Beachtung, als Juvencus, dessen Orientierung an Vergil hinlänglich bekannt ist740, das Syntagma mare ueliuolum aus der Aeneis (I, 224) übernommen hat. Dort lautet der Kontext zu ueliuolus: et iam finis erat, cum Juppiter aethere summo dispiciens mare velivolum terrasque iacentis ...741 'und es ging bereits zu Ende, als Jupiter, der vom Himmel oben auf das segelbeflügelte Meer und die daliegenden Länder niederblickte, ...'742. Welche Bezeichnungsfunktionen velivolus im Mittelalter gehabt hat, das geht, wie E. Meineke743 gezeigt hat, aus dem Vergilkommentar des Grammatikers Servius744 zu dieser Textstelle eindeutig hervor. Nach dem Vergilkommentar des Grammatikers Servius wird mit velivolus zweierlei bezeichnet: das, was durch Segel beflügelt werde, also die Schiffe, und das sei bei dieser Stelle der Fall, zum anderen
733
StWG. S. 511; E. Steinmeyer [Handschriftlicher lateinisch-althochdeutscher Index], S. 521; O.
Gröger, Die althochdeutsche und altsächsische Kompositionsfuge, S. 429. Sieh E. Meineke, in: R. Schützeichel, Addenda und Corrigenda zu Steinmeyers Glossensammlung, S. 265f. 734
Man vergleiche DWB. III, Sp. 1853 (flüssig), X/I, Sp. 82-89 (Segel).
735
BV. Nr. 434, S. 54; StSG. IV, Nr. 292, S. 503.
736
StSG. II, S. 690, 60.
737
DGLG. S. 609.
738
E. Petri Bean, Die Lehnbildungen, S. 80; E. Meineke, in: R. Schützeichel, Addenda und Cor-
rigenda zu Steinmeyers Glossensammlung, S. 260-268. 739 740
R. Schützeichel, Kontinuität und Transformation der Antike, S. 275f. R. Düchting, Lateinische Kultur im VIII. Jahrhundert, S. 54. P. Vergili Maronis opera, S. 230.
742
E. Meineke, in: R Schützeichel, Addenda und Corrigenda zu Steinmeyers Glossensammlung,
S. 260. 743
In: R. Schützeichel, Addenda und Corrigenda zu Steinmeyers Glossensammlung, S. 261f.
744
Servii grammatici qvi fervntur in Vergilii carmina commentarii, I, S. 85, Z. 26-29.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
127
das, was mit Flügeln fliege, also die Vögel745. Für die Vergilstelle bedeutet das, daß velivolus sich inhaltlich nicht auf mare bezieht, sondern mit E. Meineke746 als elliptischer Ausdruck aufzufassen ist. mare velivolus wäre demnach als 'Meer, auf dem segelbeflügelte Schiffe fahren* zu paraphrasieren. Die im Rahmen der volkssprachigen Vergilkommentierung durch E. Meineke klargelegten mittelalterlichen Bezeichnungsmöglichkeiten von velivolus sind für die semantische Analyse der in Rede stehenden Juvencusglossierung wichtig747. Dort werden mit ueliuolus ebensowenig wie bei Vergil das Meer, sondern die mit dem lateinischen Wort assoziierten Schiffe bezeichnet. Als Vorlage für die bei Juvencus beschriebene Szene, in der Jesus, um sich den andrängenden Volksscharen zu entziehen, mit einem Schiff auf den See Genezareth hinausfahren will, kommt neben Matthäus 8, 18 auch Markus 4, 36 in Frage: et dimittens turbam adsumunt eum ita ut erat in navi et aliae naves erant cum illo748 'sie entließen also das Volk und nahmen ihn mit sich, so wie er im Schiffe war; es waren auch noch andere Schiffe mit ihm'749. Vor dem Hintergrund dieser Textstelle wird deutlich, daß mit mare ueliuolus bei Juvencus nur der Umstand gemeint ist, daß abgesehen von dem 'Schiff Jesu' sich noch andere Schiffe auf dem Meer befunden haben750. Das zu ueliuolum eingetragene Interpretament segilfluzzigen ist ein Hapaxlegomenon. Das Grundwort des Kompositums, - fluzzig, ist als Simplex im althochdeutschen Glossenwortschatz mehrfach bezeugt751. Das zu den Ableitungen auf -Tg zählende Adjektiv fluzzTg läßt sich sowohl auf das maskuline Substantiv fluz 'Fluß, Lauf, Strom, Strömung, das Fließen, Strömen, Flüssigkeit, Schwanken, Unbeständigkeit'752 als auch auf das starke Verb fliozan 'fließen, strömen, rinnen, entspringen, überfließen'753 beziehen754. Auf die erweiterte
745
Übersetzung nach E. Meineke, in: R. Schützeichel, Addenda und Corrigenda zu Steinmeyers
Glossensammlung, S. 261 f. 746
In: R. Schützeichel, Addenda und Corrigenda zu Steinmeyers Glossensammlung, S. 262; R. Schützeichel, Kontinuität und Transformation der Antike, S. 27S. 747 Sieh J. de Wit, Ad Juvenci evangeliorum librum secundum, S. 14. Von E. Petri Bean, Die Lehnbildungen, S. 80 nicht berücksichtigt. 748
Biblia Sacra, II, S. 1581.
749
Sieh Die Heilige Schrift, III, S. 145.
750
E. Meineke, in: R. Schützeichel, Addenda und Corrigenda zu Steinmeyers Glossensammlung, S. 265. 751
KFW. III, Sp. 1011; StWG. S. 167.
752
SchW. S. 114; KFW. III, Sp. 1009f.; StWG. S. 167, XL.
753
SchW. S. 114; KFW. III, Sp. 978-981. w . Wilmanns, Deutsche Grammatik, II, § 346, 2, S. 460.
128
Die Handschriften
indogermanische Wurzel *pleu-d-15S zurückgehend, gehört es zur Wortfamilie von germ. *fleut-a 'fließen'756, die neben fluz und fliozan die verwandten Bildungen fluzzida 'Fließen, Strömen'757, fluzzisal 'Flut'758, flöz 'das Fließen, Fluß'759, flözen 'fließen machen, waschen'760 aufweist. Das althochdeutsche Wort fluzzTg, das beinahe ausschließlich innerhalb der Prudentiusglossierung erscheint, bezieht sich auf die Lemmata confluusm, refluus762, vagus763 und conflatilis764. Es steht in den einzelnen Textzusammenhängen für 'zusammenfließend, zurückfließend, bewegt, schmelzbar'765. Bedeutungsbreite und etymologische Herkunft lassen als Kern der Bedeutung von fluzzTg 'das Fließen' erkennen. Zu den wesentlichen Merkmalen des Fließens gehören die Bewegung und die Menge. Beide Komponenten finden sich auch in der bei Juvencus mit mare ueliuolum vermittelten Vorstellung eines von Segelschiffen belebten Meeres wieder. Mit fluzzTg wird im Althochdeutschen stets das Meer766, ein Fluß767 oder etwas Schmelzbares beziehungsweise sich potentiell Verflüssigendes 768 bezeichnet. Das in diesem Fall zu fluzzTg hinzutretende Bestimmungswort segil 'Segel'769 stellt jedoch einen festen Körper dar. Die zwischen der eigentlichen Verwendung von fluzzTg und segil feststellbare semantische Inkongruenz zeigt für fluzzTg übertragenen Gebrauch an. Nach alledem kann segilfluzzTg im Neuhochdeutschen mit 'von Segeln belebt' wiedergegeben werden. Im Verhältnis zur lateinischen Vorlage ueliuolus ist das Hapaxlegomenon segilfluzzTg als Lehnübertragung 770 einzustufen. Hinsichtlich des Bestimmungswortes segil- läßt sich zwar eine direkte Entsprechung zu dem
755
J. Pokorny, Indogermanisches etymologisches Wörterbuch, I, S. 837; KSEW. S. 221 (fließen).
756
SVEW. S. 202-204.
757
KFW. III, Sp. 1010; StWG. S. 167.
758
KFW. III, Sp. 1011; StWG. S. 167.
759
KFW. III, Sp. 995. Man vergleiche J. Splett, Abrogans-Studien, S. 232f.
760
KFW. III, Sp. 996 (flozen '); StWG. S. 166, 810.
761
GH. I, Sp. 1458.
762
GH. II, Sp. 2270.
763
GH. II, Sp. 3352.
764
GH. I, Sp. 1454.
765
Sieh KFW. III, Sp. 1011.
766
StSG. II, S. 417,48. Prudentius, Cathemerinon V, Hymnus ad incensum lucernae 86.
767
StSG. II, S. 446, A. 2.
768
StSG. IV, S. 47,47.
769
SchW. S. 219; GSp. VI, Sp. 144; StWG. S. SlOf.
770
Man vergleiche E. S. Coleman, ZDSp. 21 (1966) S. 75-83; K. Toth, Der Lehnwortschatz der
althochdeutschen Tatian-Übersetzung, S. 10-16.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
129
von velum 'Segel'771 gebildeten veli- feststellen. Von einer gedankenlosen mechanischen Glossierungstätigkeit kann mit Blick auf -volus, das bei dieser Übersetzung nicht als 'fliegend' aufgefaßt worden ist, nicht die Rede sein772. Andernfalls hätte angesichts der Vergilglosse vuintflougez die Wiedergabe von velivolus mit *segilflougi eher nahegelegen 773 . Die Übersetzung von ueliuolum mit segilfluzzigen deutet auf ein genaues Verständnis des Juvencustextes hin. Das Schiff, mit dem Jesus dem herbeiströmenden Volk entfliehen möchte, befindet sich nicht als einziges auf dem Meer, das vielmehr von einer Reihe von Segelschiffen befahren und daher dem Betrachter als 'segelbeflügelt' erscheint. Die Vorstellung eines von dahingleitenden Segelschiffen belebten Meeres, die der Glossator vermutlich vor Augen gehabt hat, mag für die Wahl des Grundwortes -fluzzTg ausschlaggebend gewesen sein. Der Glossator hat die Juvencusstelle wohl in erster Linie auf die Anschaulichkeit einer Menge von segelgeschwellten Schiffen hin interpretiert. 67. fol. 16", Z. 14 marg. r. Postquam altum tenuit puppis consurgere In iras / Pontus 774 'Nachdem das Schiff die hohe See erreicht hatte, erhob sich das Meer in Wut'775 vuotiinga776 iras - vuotunga vuotunga: Akk. PI. st. F. vuotunga777 'Wut' 778 68. fol. IT, Z. 9 marg. r. ... Aut rursus senicR matris corrept& In aluum / Vt nouus In lucem veniat... 779 771
GH. II, Sp. 3391f.
772
Dazu R. Schützeichel, Kontinuität und Transformation der Antike, S. 275f.; E. Meineke, in:
R. Schützeichel, Addenda und Corrigenda zu Steinmeyers Glossensammlung, S. 266-268. 773
E. Meineke, in: R. Schützeichel, Addenda und Corrigenda zu Steinmeyers Glossensammlung,
S. 266. 774
Juvenc. Εν. II, 27; CSEL. 24, S. 42.
775
ThLL. VII, 2, Sp. 361-367.
776
StSG. IV, S. 337, 30.
777
GSp. I, Sp. 768; StWG. S. 750; SchW. S. 302
(wuoten)·, S. Blum, Wörter des Zornes im
Althochdeutschen, S. 148, 176; F. Warfelmann, Die althochdeutschen Bezeichnungen für die Gefühle der Lust und der Unlust, S. 28, 66; W. van Ackeren, Die althochdeutschen Bezeichnungen der septem peccata criminalia und ihrer filiae, S. 43; E. Urmoneit, Der Wortschatz des Ludwigsliedes, S. 271. Man vergleiche E. Dittmer, Althochdeutsch, I, S. 300. 778
DWB. XIV, 2, Sp. 2553f. (Wiitung). Man vergleiche M. Luukkainen, Untersuchungen zur morphematischen Transferenz, S. 420. 779
Juvenc. Εν. II, 191; CSEL. 24, S. 50.
130
Die Handschriften
"'... oder kann ein Greis wieder in den Schoß der Mutter kriechen, um neu ans Licht zu kommen..."'780 781
crese correptet - crese crese: 3. Pers. Sg. Opt. Präs. st. V. cresen782 'kriechen'783 69. fol. 19Γ, Ζ. 1 ... sed nostri dona liquoris / Ardorem excludunt aetena In sgcla bibendi784 "'... aber die Gaben unseres Getränkes werden die brennende Gier zu trinken für ewige Zeiten löschen"'785 durst786 Ardorem - durst durst: Akk. Sg. st. M. durst™ 'Durst'788 70. fol. 19r, Z. 10 marg. r. Femina ueridicis loqueris de coniuge uerbis / Nam tu conubiis nexa es Iam quinq' uirorum / Nunc aliena sup talamorum uincula tollisim '"Frau, du sprichst in wahren Worten bezüglich des Gatten, denn du bist bereits fünf Männern in Ehen verbunden gewesen, nun nimmst du obendrein noch der Ehe fernstehende Bande auf" 790 vflx euist191 tollis - vfheuist vflieuist: 2. Pers. Sg. Ind. Präs. st. V. vfheuen192 'aufnehmen'793
780
ThLL. IV, Sp. 1032; BChD. S. 226.
781
SlSG. IV, S. 337, 31.
782
SchW. S. 160; GSp. IV, Sp. 615; StWG. S. 346. Sieh SVEW. S. 309.
783
DWB. V, Sp. 2170f. Man vergleiche KSEW. S. 404
(Kresse 2 ); Schweizerisches Idiotikon, III,
Sp. 85 If.; SchBW. I, Sp. 1381. 784
Juvenc. Εν. II, 268; CSEL. 24, S. 53.
785
ThLL. II, Sp. 489-492; MW. I, Sp. 914f.
786
StSG. IV, S. 337, 33.
787
SchW. S. 95; GSp. V, Sp. 202; StWG. S. 112; LH. I, Sp. 497.
788
DWBN. VI, Sp. 1813.; KSEW. S. 162.
789
Juvenc. Εν. II, 277; CSEL. 24, S. 54.
790
BChD. S. 819.
791
StSG. IV, S. 337, 34.
792
SchW. S. 137f.; GSp. IV, Sp. 817f.; StWG. S. 273.
793
DWB. IV, 2, Sp. 721-731
S. 293-300.
(heben)·, I, Sp. 663-667 (aufheben). Sieh W. Mitzka, ZDA. 93 (1964)
London, BMMss. Add. 19723 (I)
131
Die marginal rechts neben Juvencus, II, 277 eingetragene volkssprachige Glosse vfheuist bezieht sich auf das lateinische Textlemma tollis, dem es formalgrammatisch genau entspricht. Auf den ersten Blick erscheint die Wiedergabe von tollere mit vjfheven™ nicht weiter auffällig, da die Bedeutungen des lateinischen Verbs 'aufheben, errichten, erheben, aufrichten, emporheben, sich erheben, auf sich nehmen, zurückbehalten, entfernen' 795 teilweise mit denen des althochdeutschen vfheven796 übereinstimmen. Im vorliegenden Kontext bezeichnet das lateinische Lemma tollis, das zu dem bildhaften Ausdruck aliena thalamorum uincula gehört, das Tragen ehefremder Bande'. Gemeint ist hiermit das unerlaubte eheähnliche Verhältnis einer bereits fünffach verheirateten Samariterin. Der größere Sinnzusammenhang, in dem die Glossierung steht, ist das dem Johannesevangelium 4, 18 nachempfundene Gespräch Jesu mit der Samariterin am Jakobsbrunnen797. Die aufgrund des Kontextes sich für tollere ergebende spezielle Bedeutung 'tragen'798 ist für vfheven sonst nicht belegt. Es liegt daher nahe, vflieven als Übertragung nach der für tollere sonst vertretenen Bedeutungen 'aufheben, erheben, errichten' und damit als Vokabelübersetzung aufzufassen. Denkbar ist allerdings noch eine andere Erklärung der Glossierung, die von folgendem Textverständnis ausgeht: Jesus stellt gegenüber der samaritanischen Frau fest, daß sie nach mehrfach geschiedenen Ehen nun sogar mit einem Mann zusammenlebt, mit dem sie nicht verheiratet ist. Der Charakter dieser Feststellung kommt einer leichten Rüge gleich, die die außereheliche Beziehung als Steigerung des unmoralischen Verhaltens der Frau ansieht. Anhaltspunkte für eine solche Interpretation des Satzes Nunc aliena sup thalamorum uincula tollis bieten die Wörter Nunc 'jetzt' (ehemals Ehegemeinschaften, jetzt eine Art Konkubinatsverhältnis) und sup (=super), das mit 'obendrein' wiedergegeben werden kann. Für den Juvencusvers II, 277 ergibt sich demnach die Übersetzung: 'jetzt nimmst Du obendrein noch der Ehe fremde Bande auf. Es ist möglich, daß der Glossator auf der Grundlage einer solchen Kontextauslegung das lateinische Verb tollere als das Aufnehmen eheferner Bande gedeutet und von daher im Althochdeutschen mit vfheven glossiert hat, für das dann die Bedeutung 'aufnehmen' anzusetzen ist.
794
Man vergleiche DGLG. S. 586.
795
GH. II, Sp. 3142-3144.
796
SchW. S. 137f.; GSp. IV, Sp. 817f.; StWG. S. 273.
797
Sieh Biblia Sacra, II, S. 1663.
798
Sieh auch J. de Wit, Ad Iuvenci evangeliorum libnim secundum, S. 74.
132
Die Handschriften
71. fol. 19v, Ζ. 19 marg. r. Erigite ergo oculos albentes cernite cäpos / Cunctaq> maturam iam rura exposcere messem799 (Die Handschrift hat Elite statt Erigite). "'Erhebt daher die Augen, seht, daß die weißen Felder und alles reife Land bereits nach Ernte verlangt"'800 •·
RQ1
citigen maturam (messem) - citigen citigen: Akk. Sg. M., st. flekt. Adj. cTrig802 'reif 803 72. fol. 19v, Z. 23 marg. r. Vos ego nunc misi grauidä succidere messem...804 '"Euch habe ich nun geschickt, die üppige Ernte zu schneiden ,.."'805 klatenen806 grauidam - klatenen klatenen: Part. Perf. Akk. Sg. M., st. flekt.; st. V. laden, kladenm sein'808
'beladen
Das von dem starken Verb laden 'laden, beladen (mit)'809, geladen 'beladen (mit)810 gebildete Partizip Perfekt klatenen ist Interpretament zu dem Adjektiv grauidam. Als Attribut zu messem 'Ernte' 811 bezeichnet grauidam im Kontext den Tatbestand, daß die zur Reife gelangte Ernte überreich ist. Eine auffällige Parallele hat die Übersetzung von gravidus mit giladenen in den Vergilglossen der Tegernseer Handschrift Clm 18059812. Dort glossiert giladenenm das im
799
Juvenc. Εν. II, 314; CSEL. 24, S. 55.
^ T h L L . VIII, Sp. 497-502; J. de Wit, Ad Iuvenci evangeliorum librum secundum, S. 81; BChD. S. 519. 801 StSG. IV, S. 337, 35. 802 SchW. S. 306; GSp. V, Sp. 638; StWG. S. 767. Sieh LH. III, Sp. 1137f. 803 DWB. XV, Sp. 584-586. Man vergleiche H. Burger, Zeit und Ewigkeit, S. 86f.; M. Luukkainen, Untersuchungen zur morphematischen Transferenz, S. 163, 433-437; W. Betz, Deutsch und Lateinisch, S. 149. 804 805 806 807 808 809 810 811 812
Juvenc. Εν. II, 318; CSEL. 24, S. 55. ThLL. VI, 2, Sp. 2269-2272. StSG. IV, S. 337, 37. SchW. S. 165; GSp. IV, Sp. 1113f.; StWG. S. 357; SVEW. S. 258f.; BEG. § 71, Α. 4, S. 74. DWB. VI, Sp. 41-45, besonders Sp. 43f.; KSEW. S. 424 (laden '). SchW. S. 165. SchW. S. 165. GH. II, Sp. 900. BV. Nr. 634, S. 74.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
133
Text zu Vergil, Georgica I, 319 ... quae gravidam late segetem ab radicibus imis sublimen expulsam eruerent ...814 überlieferte, auf segetem 'Saat' bezogene gravidam. Auch hier greift der Glossator zu dem Partizip giladen, um den Sachverhalt der zur Üppigkeit herangereiften Saat ins Althochdeutsche zu übertragen. Innerhalb der althochdeutschen Glossen wird giladenen nur noch einmal im Sinnzusammenhang ertragreicher Ernte verwendet. Es handelt sich um das ebenfalls in der Londoner Handschrift Add. 19723 belegte Interpretament klatenesils, das sich auf das bei Juvencus II, 561 tradierte lateinische Wort grauatus 'schwer von etwas, voll von etwas, trunken 816 bezieht. Auch der Wortschatz Notkers des Deutschen kennt Beispiele für einen vergleichbaren Gebrauch des Partizips giladen. In seiner Übersetzung des Boethius De consolatione Philosophiae heißt es zu Quis dedit ut fertilis autumnus grauidis ... daz ter herbest chome geladener, mit rifen beren817 und an anderer Stelle zu Remeat pomis grauis autumnus ... Chümet herbest keladener mit obazem. Das Verb laden scheint im Zusammenhang der Getreideernte vereinzelt auch in neuhochdeutscher Zeit noch vorgekommen zu sein819. Ein Beleg dafür findet sich in dem von J. Kehrein820 verfaßten Wörterbuch von Nassau, das zu laden vermerkt: "der Weizen, das Korn χ hat gut, schlecht geladen d.i. die Ähren haben viele, wenige Körner." 73. fol. 19v, Z. 28 marg. r. ...Ecce Samaritum populi uenere rogantes / Exorantqi illic geminos expendere soles821 '... sieh, da kommt bittend das samaritsche Volk und drängt [ihn], dort zwei Tage zu verbringen'*22 erleiten823 Das Interpretament ist stark verblaßt. expendere - erleiten 813
StSG. II, S. 629, 22.
814
Vergil, Landleben, S. 102. Zur Vergilimitation bei Juvencus sieh J. T. Hatfield, Α Study of
Juvencus, S. 41. 815 816
817
StSG. IV, S. 337,50. GH. I, Sp. 2975f. Notker, De consolatione, S. 12, Z. 17f.
818
Notker, De consolatione, S. 224. Z. 6. 819
DWB. VI, Sp. 43f.
820
Volkssprache und Wörterbuch von Nassau, S. 253.
821
Juvenc. Εν. II, 323; CSEL. 24, S. 56.
" ^ T h L L . V, 2, Sp. 1638-1643; BChD. S. 332. 823
StSG. IV, S. 337, 38.
134
Die Handschriften
erteilen: Infinitiv sw. V. erteilen*24 'verbringen'825 Der lemmatische Bezug von erleiten 'verbringen, wegführen, wegziehen'826 auf expendere 'gegeneinander aufwägen, abwägen, erwägen, auszahlen, ausgeben, bezahlen'827 ist im Bereich der althochdeutschen Glossenüberlieferung singulär. Auch spätmittelalterliche lateinisch-volkssprachige Glossare bieten hier keine Parallele828. Als gängigste Glossen begegnen zu expendere829 (ir, -gi-) spendön, ziteilan. Die nicht selbstverständliche Übersetzung von expendere mit erleiten legt sich vom unmittelbaren Kontext her nahe, in dem von der Bitte der Samariter, Jesus möge zwei Tage bei ihnen verweilen, die Rede ist. Mit dem Lemma expendere, das im vorliegenden Text Teil der bildhaften Umschreibung geminos expendere soles ist, wird das 'Aufwenden' von Zeit bezeichnet. Die Wahl des volkssprachigen Interpretaments erleiten 'verbringen' geht somit auf eine genaue Kenntnis des Kontextes zurück. Sie repräsentiert unter Verzicht des bei Juvencus mit geminos soles gestalteten Bildes eine kontextgemäße Wiedergabe des Gemeinten, nämlich das Verbringen von Zeit. 74. fol. 20Γ, Z. 10 marg. r. Aduolat & precibus sobolis^p io/tejDfusis / Orabat celeris deposcens dona salutis830 (Das u in salutis ist undeutlich.) 'Und er eilte herbei und indem er für das Geschick des Sohnes Gebete sprach, bat er inständig um die Gabe rascher Heilung ,..'831 missiburi832 sorte - missiburi missiburi: Dat. Sg. st. F. missiburi*33 'Geschick'834
824
SchW. S. 169; GSp. II, Sp. 184; StWG. S. 368; RSV. I, S. 104.
825
DWB. VI, Sp. 728-733 (leiten)·, KSEW. S. 438 (leiten).
826
SchW. S. 169.
827
GH. I, Sp. 2577f. DGLG. S. 218. E. Steinmeyer, [Handschriftlicher lateinisch-althochdeutscher Index], S. 188.
828 829 830
Juvenc. Εν. II, 333; CSEL. 24, S. 56. BChD. S. 767. 832 StSG. IV, S. 337, 39. 833 SchW. S. 189; GSp. III, Sp. 168; StWG. S. 417; O. Gröger, Die althochdeutsche und altsächsische Kompositionsfuge, S. 398. 834 Man vergleiche DWB. IV, 1,1, Sp. 1882-1887 (Gebühr); DWB. VI, Sp. 2274f. (misz-). 831
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Die Glossierung von sors mit missiburi findet sich in dieser Kombination nur in der Londoner Juvencushandschrift835. sors 'Los, Schicksal, Geschick836 kann sowohl das günstige Geschick, Glück als auch das Unglück eines Menschen bezeichnen. Im gegebenen Kontext, der in Anlehnung an Johannes 4, 46 berichtet, wie ein königlicher Beamter Jesus um die Heilung seines Sohnes bittet, wird mit pro sorte der Gegenstand der Bitte, das Gesundwerden des Jungen, angesprochen. Vor dem Hintergrund dieses Textverständnisses, nach dem sorte etwa mit 'Heil' gleichgesetzt werden könnte, verwundert die Wahl des Interpretaments missibun 'Unglück, Mißgeschick', da dieses im Althochdeutschen stets zur Bezeichnung negativer Tatbestände herangezogen worden ist837. Die hier offenbar vorliegende semantische Diskrepanz weist auf eine kontextunabhängige Übersetzung hin. Denkbar wäre, daß der Glossator die ihm geläufige negative Bedeutung des Lemmas bei der Ubersetzung assoziiert hat. Da sors als Bezeichnung für etwas Negatives nur noch ein weiteres Mal allein in dem vorliegenden Überlieferungsträger zu Juvencus I, 461 mit missebun wiedergegeben worden ist, ist diese Möglichkeit nicht ganz auszuschließen. Eine wahrscheinlichere Erklärung der Glossierung ergibt sich aus einer anderen, den Kontext berücksichtigenden Auffassung des Lemmas. Das in die Bitten des Vaters eingeschlossene pro sorte kann vom Glossator auch in der Weise verstanden worden sein: Der Vater bittet Jesus, er möge seinen Sohn von dem unglücklichen Los der Krankheit befreien. Bei dieser Lesart hätte der Glossator mit dem Interpretament missibun eine dem Kontext entsprechende Erklärung des Wortes sors gegeben. 75. fol. 20r, Z. 21 marg. r. Ille ubi cognouit certum concurrere tempus / Sanantis xpi uerbis838 'Als jener erkannte, daß die genaue Zeit mit den Worten des heilenden Christus zusammentraf ,..'839 840
trgan
concurrere - irgan irgan: Infinitiv an. V. irgänm 'eintreffen'842 835
' Man vergleiche den Kommentar zu Glosse 1,48.
836
GH. II, Sp. 2736f.
ÄT7
Sieh SchW. S. 189. Man vergleiche die Belegstellen bei StWG. S. 417. 838
Juvenc. Εν. II, 344; CSEL. 24, S. 57.
839
MW. II, Sp. 1226-1229; ThLL. IV, Sp. 106-113; BChD. S. 191.
840
StSG. IV, S. 337, 40.
W1
KFW. IV, Sp. 77-79; SchW. S. 124; StWG. S. 190. Man vergleiche SVEW. S. 213-216.
842
DWB. III, Sp. 817-819 (ergehen).
136
Die Handschriften
concurrere, das nach dem Kontextzusammenhang (Juvencus II, 344) das zeitliche Zusammentreffen zwischen der Genesung eines Kranken und den heilenden Worten Christi bezeichnet und das sonst mit zisamanefarattM3, gehellen**4, hellenMS übertragen worden ist846, scheint mit Blick auf die im Althochdeutschen für irgän usuellen Bedeutungen 'geschehen, ergehen, gereichen, dazukommen, sich entfernen, vergehen'*47 fehlübersetzt zu sein. In diese Richtung deutet auch die formgetreue Wiedergabe des innerhalb des a.c.i. stehenden Verbs concurrere mit dem Infinitiv irgän. Bei einer kontextgemäßen Übertragung der lateinischen a.c.i.-Konstruktion ins Deutsche ist wohl eher eine finite Verbform zu &48
erwarten . Die schon im Althochdeutschen Wörterbuch von E. Karg-Gasterstädt und Th. Frings849 angemerkte semantische Unstimmigkeit in der Ubersetzung von concurrere mit irgän könnte sich möglicherweise auch aus einer kommentierenden Funktion der Glosse erklären. Hierbei hätte der Glossator, durch den Kontext insgesamt motiviert, das allein durch die Worte Jesu tatsächliche Eintreten der Heilung hervorheben wollen. 76. fol. 20v, Z. 19 marg. 1. ...tristib) illi / Spondebunt animos lacrimis horrore ciborum850 '"Sie werden aus Widerwillen gegen Speisen sich in ihrem Sinn für Trauer und Tränen entscheiden"'851 zurluste852 horrore - zurluste zurluste: Dat. Sg. st. F. zurlust853 'Widerwillen'854
843
KFW. III, Sp. 616f.; StWG. S. 141, 807.
844
SchW. S. 140; GSp. IV, Sp. 855f.; StWG. S. 267, 822.
845
SchW. S. 140; GSp. IV, Sp. 855f.; StWG. S. 267, 822.
846
E. Steinmeyer, [Handschriftlicher lateinisch-althochdeutscher Index], S. 116.
847
SchW. S. 124; KFW. IV, Sp. 77-79; StWG. S. 190, 847.
848
Man vergleiche zur Übersetzung des a.c.i. ins Althochdeutsche A. Denecke, D e r Gebrauch
des Infinitivs, S. 45-47, 53. 849
KFW. IV, Sp. 78.
850
Juvenc. Εν. II, 370; CSEL. 24, S. 58; J. de Wit, Ad Iuvenci evangeliorum librum secundum, S.
90. 851
GH. I, Sp. 3081f.; ThLL. VI, 3, Sp. 2997-3001.
852
StSG. IV, S. 337,41.
853
SchW. S. 308; GSp. II, Sp. 290; StWG. S. 773; R. Bergmann, Rückläufiges morphologisches
Wörterbuch, S. 740; F. Warfelmann, Die althochdeutschen Bezeichnungen für die Gefühle der Lust und der Unlust, S. 24, 55; W. van Ackeren, Die althochdeutschen Bezeichnungen der Septem
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137
Die lemmatische Verbindung von zurlust, das traditionell zu accedia und fastidium erscheint855, mit horror ist singulär856. Im Latein der Spätantike und des Mittelalters 857 begegnet horror nicht nur in den Bedeutungen 'das Starren, Aufstarren, Rauheit, Schrecken, Schauer, Entsetzen' 858 . Vielmehr bezeichnet es darüber hinaus, wie auch im vorliegenden Kontext, die Abneigung oder den Widerwillen gegenüber einer Sache859. Die Glossierung von horror mit zurlust zeigt, daß der Glossator die hier aktualisierte Kontextbedeutung des Lemmas bei der Übersetzung berücksichtigt hat. 77. fol. 20v, Ζ. 21 marg. 1. Quam stultum est rudibus ueteres subtexere panrtos Vestib)...860 '"Wie dumm ist es, auf neue Kleider alte Lappen zu nähen ,.."'861 tuocha862 pannos - tuocha tuocha: Akk. PI. st. M. tuochm 'Stück Stoff 864 Als Vorlage für das bei Juvencus II, 371f. wiedergegebene Gleichnis zur Fastenfrage kommen Matthäus 9, 16865 und Markus 2, 21866 in Betracht. Allerdings erfährt das Gleichnis bei Juvencus eine Umkehrung: Hier ist nicht wie in den Evangelien von dem Aufnähen neuer Flicken auf alte Kleider die Rede, sondern von dem Aufnähen alter Flicken auf neue Kleider. Die Evangelienharmonie des althochdeutschen Tatian867, die sich in demselben Sinnzusammenhang an die Version der Evangelien hält, führt für pannis ebenfalls die Übersetzung mit dem Interpretament duoches auf.
peccata criminalia und ihrer filiae, S. 48. Sieh BEG. § 72, Α. 2, S. 74 (zur-)\ J. Gerckens, Zur Entstehungsgeschichte der ti-Abstrakta, S. 47; W. Wilmanns, Deutsche Grammatik, II, § 421, 1, S. 573. 854
Man vergleiche DWB. VI, Sp. 1314-1327; KSEW. S. 4SI (Lust).
855
StSG. II, S. 53, 35; S. 300, 23; S. 365, 19; S. 747, 24; IV, S. 142, 28.
856
E. Steinmeyer, [Handschriftlicher lateinisch-althochdeutscher Index], S. 238; DGLG. S. 280.
857
J. F. Niermeyer, Mediae Latinitatis lexicon minus, S. 499; ThLL. VI, 3, Sp. 2997-3001.
858
GH. I, Sp. 3081f.
OCQ
J. F. Niermeyer, Mediae Latinitatis lexicon minus, S. 499; ThLL. VI, 3, Sp. 2997-3001. 860
Juvenc. Εν. II, 371; CSEL. 24, S. 58.
861
ThLL. X, 1, Sp. 232-236; BChD. S. 591.
862
StSG. IV, S. 337,42.
863
SchW. S. 261; GSp. V, Sp. 365; StWG. S. 642.
RAJ
DWB. XI, 1, 2, Sp. 1448-1472; Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, S. 1856. 865
Biblia Sacra, II, S. 1538; Itala, I, S. 51.
866
Biblia Sacra, II, S. 1577; Itala, II, S. 16.
867
Tatian, S. 79, Kapitel 56, 7.
138
Die Handschriften
78. fol. 21r, Ζ. 17-18 Et mox restricto uiguerunt sanguine uenae 868 'Und bald, nachdem das Blut gestillt worden war, wurden die Adern kräftig' 869 firstreditemo870 restricto - firstreditemo firstreditemo: Part. Perf. Dat. Sg. M./N., st. flekt.; sw. V. firstredenm '(Blut) stillen' 79. fol. 21r, Z. 19-20 Postquam ρ uentum est ubi funera uirginis Inge//"/ Plangentis popuii fremitus clangorqi tubarum / Vltima supremf celebrabant funera pompp / ... Inquit...872 'Nachdem man zu dem Begräbnis des Mädchens angekommen war, wo das große Geschrei des klagenden Volkes und der Klang der Trompeten die letzten Ehren für den letzten Zug feierlich begingen, sagte er...'873 cradä874 fremitus - cradä cradä: Nom. Sg. st. M. cradam875 'Klagegeschrei' 876 Als Bezeichnung für das Klagegeschrei einer trauernden Menschenmenge kommt fremitus, wie J. De Wit877 bemerkt, nur bei Juvencus vor. Es steht in anderen Textzusammenhängen vielfach für tierische Laute wie 'Summen, Brummen, Knurren, Bellen', für Naturgeräusche wie 'Brausen, Dröhnen, Rauschen' sowie für das 'Germurmel, dumpfe Gerede, Murren' einer kleineren oder größeren Personengruppe 878 . Mit Ausnahme einer Parallelglossierung zu Prudentius (Peristephanon XI, Passio Hippolyt! 205)879, die in der Handschrift Einsie868
Juvenc. Εν. II, 396; CSEL. 24, S. 59.
869
GH. II, Sp. 2358f.; BChD. S. 719. StSG. IV, S. 337,43. GSp. VI, Sp. 745; StWG. S. 599; RSV. I, S. 324. Man vergleiche SVEW. S. 477; BMZ. II, 2,
870 871
Sp. 676 (verstraete). 872
Juvenc. Εν. II, 398; CSEL. 24, S. 59.
873
ThLL. VI, 1, Sp. 1278-1281. 874 StSG. IV, S. 337,44. 875
GSp. IV, Sp. 596; StWG. S. 343. Man vergleiche SchW. S. 160 (chrademen); R. Bergmann, Rückläufiges morphologisches Wörterbuch, S. 514; K. von Bahder, Die verbalabstracta, S. 137; I. Kelling, Die althochdeutschen Aratorglossen, S. 106. 876 DWB. V, Sp. 1931 (Kradem)\ A. Lötscher, Semantische Strukturen, S. 95,173. 877
Ad Iuvenci evangeliorum librum secundum, S. 96. GH. I, Sp. 2839. 879 StSG. II, S. 507, 27. 878
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dein, StiftsB. cod 316 (606)880 tradiert wird, übersetzen die Glossatoren das Lemma fremitus im Althochdeutschen danach mit braht, gremizi, gremizzöd, feimenm. Das von der Beleglage her im Althochdeutschen auf den Glossenwortschatz beschränkte Interpretament kradem bezeichnet abgesehen von der verhandelten Juvencusglossierung das 'Getöse, das Geschrei einer aufgebrachten Menge, das Kampfgeschrei'. 80. fol. 21v, Z. 17 marg. r. ...cernel^Tsed milia tanta uirorum / Ingemit ut ruris dns cui pascua l* ta / Innumer£ tondent pecudes rectoris egentes882 '... aber da er so viele tausend Männer erblickte, seufzte er wie der Herr eines Landgutes, dem unzählige Schafe, die keinen Hirten haben, die fetten Weiden abgrasen' 883 skono884 htta - skono skono: Akk. PI. F., st. flekt. Adj. skonim 'herrlich' 886 81. fol. 21v, Z. 20 marg. r. Tunc ad discipulos depromit talia uerba / Quam latae [sie!] segetes ruris per 887
terga patescunt 'Da richtet er solche Worte an seine Jünger: "Wie sich die üppigen Saaten über die Flächen des Feldes ausdehnen!"'888 ebinotinm ruris per terga - ebinotin ebinotin: Dat. PI. st. N./F. ebinött*90 'Ebene' 8 " 880
BV. Nr. 129, S. 17.
881
Sieh E. Steinmeyer, [Handschriftlicher lateinisch-althochdeutscher Index], S. 212. 882
Juvenc. Εν. II, 423; CSEL. 24, S. 60.
883
ThLL. VII, 2, Sp. 883-889. Zu
884
StSG. IV, S. 337, 45.
885
SchW. S. 231; GSp. VI, Sp. 512-515; StWG. S. 545.
laetus sieh
H. Osthoff, PBB. 13 (1888) S. 407^09.
886
DWB. IX, Sp. 1464-1486; KSEW. S. 651. Sieh A. Kress, Wortgeschichtliches, S. 16-18.
887
Juvenc. Εν. II, 426; CSEL. 24, S. 60.
888
BChD. S. 813. Die Übersetzung folgt der Lesart laetae.
889
StSG. IV, S. 337,46.
890
KFW. III, Sp. 24; SchW. S. 97; StWG. S. 115; H. Götz, in: R. Große - S. Blum - H. Götz, Bei-
trage zur Bedeutungserschließung, S. 66, 77, 191; M. Luukkainen, Untersuchungen zur morphematischen Transferenz, S. 407. Sieh W. Wilmanns, Deutsche Grammatik, II, § 262, S. 347. 891
DWB. III, Sp. 19 (ebnette). Sieh KSEW. S. 164
(eben);
Schweizerisches Idiotikon, I, Sp. 46.
140
Die Handschriften
Als Musterbeispiel für die nach semantischen wie nach syntaktischen Kriterien als Kontextübersetzung klassifizierbaren Glossierungen führt H. Götz892 die hier überlieferte Juvencusglosse ebinotin an. Das marginal verzeichnete althochdeutsche Interpretament ebinotin glossiert im vorliegenden Kontext das lateinische Textwort terga. tergum kann 'Rücken, Leib, Körper, Fell, Leder, Haut' und im übertragenen Sinn auch 'Fläche, Oberfläche'893 bedeuten. Entsprechend dieses Bedeutungsspektrums wird es im Althochdeutschen894 häufiger mit ruggi 'Rücken'895, hüt 'Haut, Fell, Riemenpeitsche, Schale'896 sowie vereinzelt mit Ith 'Fleisch, Leib, Körper, Leichnam, Gestalt'897, bah (?) 'Rücken'898 wiedergegeben. Das lateinische Bezugswort terga ist bei Juvencus Teil der poesievollen Wendung ruris per terga, mit der speziell flaches, sich weit erstreckendes Land bezeichnet wird. Die Wahl des volkssprachigen Interpretaments ebinött 'Ebene'899 für die Übersetzung von terga setzt die genaue Kenntnis des Kontextes voraus. Sie ist semantisch zusätzlich durch das terga näher bestimmende runs motiviert, das wie auch H. Götz900 fordert, insofern zum semantischen Lemma zählt. Für den poetischen Ausdruck runs per terga hat der Glossator das "sachlichere" ebinöttgewählt901. Für die Einschätzung der Glossierung als Kontextübersetzung sieht H. Götz902 die von terga (Akkusativ Plural) abweichende grammatische Form der althochdeutschen Glosse ebinotin (Dativ Plural) als entscheidend an. Die angesichts des Lemmas nicht zu erwartende Dativ-Plural-Form deute darauf hin, daß der Glossator eine Übersetzung konstruiert habe, die eine Präposition mit Dativ beinhaltet. H. Götz denkt hier, wohl mit Bezug auf das in ruris per terga bezeugte per, an oba 'über'903. Dazu ist allerdings anzumerken, daß die Flexionsendung -in für sich genommen mehrdeutig ist. Da die Abstrakta auf -Tn auch im Akkusativ, wenn auch 892 893
In: R. Große - S. Blum - H. Götz, Beiträge zur Bedeutungserschließung, S. 66, 77. GH. II, S. 3072f.
894
E. Steinmeyer, [Handschriftlicher lateinisch-althochdeutscher Index], S. 500. 895
SchW. S. 215; StWG. S. 495; GSp. IV, Sp. 1148t
895
SchW. S. 149; StWG. S. 296, 822; GSp. IV, Sp. 806f.
897
SchW. S. 172; StWG. S. 374; GSp. II, Sp. 103f.
898
KFW. I, Sp. 779; StWG. S. 40.
899
SchW. S. 97; KFW. III, Sp. 24; StWG. S. 115.
900
In: R. Große - S. Blum - H. Götz, Beiträge zur Bedeutungserschließung, S. 66.
901
H. Götz, in: R. Große - S. Blum - H. Götz, Beiträge zur Bedeutungserschließung, S. 66.
902
In: R. Große - S. Blum - H. Götz, Beiträge zur Bedeutungserschließung, S. 66.
903
SchW. S. 202. H. Götz, in: R. Große - S. Blum - H. Götz, Beiträge zur Bedeutungserschlie-
ßung, S. 66.
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141
nicht so häufig, die Endung -In zeigen904, könnte im vorliegenden Fall für ebinotin durchaus Formenkongruenz angenommen werden. Nicht ganz von der Hand zu weisen ist darüber hinaus die Auffassung von ebinotin als Akkusativ Singular905. Hier hätte der Glossator im Sinne einer sachlich erklärenden Kommentierung für die im Plural gehaltene poetische Wendung ruris per terga den Singular vorgezogen. 82. fol. 22r, Z. 12 marg. r. Ingressiq) muros urbis pquirite semp / Hospitio quorü par sit succedere iustis906 '"Und wenn ihr die Mauern der Stadt betreten habt, erkundet immer, wo es Gerechten angemessen ist, Gastfreundschaft anzunehmen"'907 kmach908 par - kmach kmach: Nom. Sg. N., st. flekt. Adj. kmach909 'angemessen'910 83. fol. 22r, Z. 13 marg. r. Ingressiq) muros urbispquirite semp / Hospitio quorü par sit succedere iustis911 '"Und wenn ihr die Mauern der Stadt betreten habt, erkundet immer, wo es Gerechten angemessen ist, Gastfreundschaft anzunehmen"'912 forskont913 perquirite - forskont forskont: Imperativ 2. Pers. PI. sw. V.forskön914 'erkunden' 915 84. fol. 22v, Z. 17 marg. r. Pectoris ürs semp timor omnis aberr&...916
904
BEG. § 228, Α. 1, S. 209.
905
Sieh BEG. § 228, Α. 1, S. 209.
906
Juvenc. Εν. II, 446; CSEL. 24, S. 61.
907
ThLL. X, 1, Sp. 260-270; BChD. S. 592.
908
StSG. IV, S. 337,48.
909
SchW. S. 180; GSp. II, Sp. 632-634; StWG. S. 212.
910
DWB. IV, 1, 2, Sp. 3122-3139; KSEW. S. 255.
911
Juvenc. Εν. II, 445; CSEL. 24, S. 61.
912
BChD. S. 616.
913
StSG. IV, S. 337,47.
914
KFW. III, Sp. 1195f.; SchW. S. 117; StWG. S. 174; RSV. II, S. 48; W. Wilmanns, Deutsche
Grammatik, II, § 87, 2, S. 113. Sieh T.-M. Nischik, Konzeption und Begriff der Forschung. S. 2. 915
DWB. IV, 1, 1, Sp. lf.; KSEW. S. 227.
916
Juvenc. Εν. II, 479; CSEL. 24, S. 63.
142
Die Handschriften
'"Jegliche Furcht soll immer von euren Herzen fem sein..."'917 fem™ aberret - fersi a. fer: Adv.fer 919 'fern'920 b. si: 3. Pers. Sg. Opt. Präs. an. V. sm921 'sein* W. Betz922, der statt fer sm grundsätzlich fer wesan ansetzt, betrachtet fer si als "Lehnbildung nach abesse". Dagegen ist bei der Übertragung von aberrare in diesem Fall der Ansatz fer sin geboten923. 85. fol. 24r, Z. 13 marg. r. Haec ubi dicta dedit messis pculta grauatf: Prpterit.. 924 'Sobald er diese Worte gesprochen hat, geht er an Feldern von ertragreicher Ernte vorüber ,..'925 klatenes926 grauatae - klatenes klatenes: Part. Perf. Gen. Sg. M./N., st. flekt.; V. laden, kladen927 'beladen • ,928 sein 86. fol. 24v, Z. 7 marg. r. [T]um conuenticula ipsoru post talia dicta / Ingreditur mox hic iuuenem jp Ii.
. Q29
mine cernit 'Nach solchen Worten begibt er sich alsdann in ihre Synagoge. Vor der Schwelle sieht er hierauf einen jungen Mann'930
917
ThLL. I, Sp. 72-74; MW. I, Sp. 20f.
918
StSG. IV, S. 337,49.
919
KFW. III, Sp. 738; SchW. S. 110; StWG. S. 147.
920
DWB. III, Sp. 1532-1535; KSEW. S. 210.
921
SchW. S. 225; GSp. I, Sp. 48M83; StWG. S. 524f.
922
Deutsch und Lateinisch, S. 150.
923
Sieh E. Urmoneit, Der Wortschatz des Ludwigsliedes, S. 305, insbesondere A. 237. 924
Juvenc. Εν. II, 561; CSEL. 24, S. 67.
925
ThLL. VI, 2, Sp. 2310-2315.
926
StSG. IV, S. 337,50.
927
GSp. IV, Sp. 1113f. (HLADAN, GEHLADAN);
StWG. S. 357 (unter ladan aufgeführt);
SchW. S. 165 (ladan, geladan); SVEW. S. 258f. 928
DWB. VI, Sp. 41-45, besonders Sp. 43f.; KSEW, S. 424.
929
Juvenc. Εν. II, 583; CSEL. 24, S. 68.
930
ThLL. IV, Sp. 844f.; BChD. S. 219.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
143
samanunga931 Da die Glosse nahe am Innenrand steht, ist das auslautende -a nicht mehr erkennbar. conuenticula - samanunga samanunga: Akk. PI. st. F. samanunga932 'Synagoge'933 87. fol. 25', Z. 7 marg. r. Si gemina rgnum distractum parte dehiscat..934 "'Wenn ein in zwei Teile gespaltenes Reich auseinanderbricht...'"935 936
zirzoginaz distractum - zirzoginaz zirzoginaz: Part. Perf. Nom. Sg. N., st. flekt.; st. V. zirziohan937 'zerteilen'938 Für die Übersetzung des Textlemmas distractum hat der Glossator das analog gebildete volkssprachige Verb zirziohan939 gewählt, das angesichts seiner genauen Entsprechungen gegenüber der lateinischen Vorlage wohl zu den Lehnübersetzungen940 zu stellen ist. Mit dem Präfix zir- läßt sich ziohan, abgesehen von dem hier angetroffenen Interpretament zirzoginaz, erst wieder im Mittelhochdeutschen nachweisen941. Ansonsten erscheint das im Althochdeutschen nur in den Glossen tradierte Wort stets mit der Vorsilbe za-, zi-942. 88. fol. 28', Z. 2-3 marg. r. Accipite ergo animis qui sit de semine sensus943
931
StSG. IV, S. 337, 52.
932
SchW. S. 218; GSp. VI, Sp. 40f.; StWG. S. 507; E. Dittmer, Althochdeutsch, I, S. 298; W.
Betz, Deutsch und Lateinisch, S. 40f.; H.-O. Schwarz, Die Lehnbildungen, S. 145. 933
DWB. VIII, Sp. 1744
934
Juvenc. Εν. II, 611; CSEL. 24, S. 69.
93S
(Sammenung).
ThLL. V, 1, Sp. 1540-1543; BChD. S. 285.
936
Qt7
StSG. IV, S. 337, 54. StWG. S. 765. Sieh GSp. V, Sp. 610f.; SchW. S. 306 (ziohan); SVEW. S. 504; LH. III, Sp.
1096. 938
QV)Man vergleiche
DWB. XV, Sp. 806f.
(zerziehen).
Zur lemmatischen Anbindung sieh auch StSG. I, S. 100, 4; S. 101, 4; H. Thoma, PBB. 73 (1951) Q4Q S. 198. Man vergleiche H. Lauffer, Der Lehnwortschatz, S. 37, 258,541. 941
LH. III, Sp. 1096.
942
StWG. S. 765; StSG. I, S. 106, 30; S. 107, 30; S. 108, 16; S. 109, 16; S. 186, 25; S. 187, 25; S.
333, 28; H. Thoma, PBB. 73 (1951) S. 198. 943
Juvenc. Εν. II, 775; CSEL. 24, S. 76.
144
Die Handschriften
'"Nehmt also in euren Herzen an, welcher der Sinn des Gleichnisses vom Samen sei ,.."'944 femüpft9*5 Das Interpretament steht rechts von sensus nach oben versetzt. Bezüglich des von E. Steinmeyer946 angegebenen Lemmas liegt eine falsche Kontextzuweisung vor. Das Interpretament bezieht sich nicht auf das bei Juvenc. II, 777 belegte sensus. sensus -femüpft fernüpft: Nom. Sg. st. F.femumpst* 1 'Sinn'948 89. fol. 28Γ, Z. 12 marg. r. Nam si dura premat mentem strictura cohercens / Continuo trepidiprodunt sibi credita loeto949 '"Denn, wenn harte Bedrängnis die Seele züchtigend bedrückt, geben die Ängstlichen sofort das ihnen Anvertraute dem Todpreis"'9S0 951 iruuortint produnt loeto - iruuortint iruuortint: 3. Pers. PI. Ind. Präs. sw. V. iruuerten952 'preisgeben (dem Tod)' 953 Der Anschluß des mit H. Thoma954 als iruuortint zu lesenden Marginaleintrags ist problematisch. F. Raven955, der die mehrdeutige Graphie
als ///, / « /
auffaßt, stellt den Beleg iruuortint zu dem schwachen Verb irfuoren. Dieser Auslegung schließt sich auch das Glossenwörterbuch von T . Starck und J. C.
944
G H . II, Sp. 2602f.; BChD. S. 752.
945
StSG. IV, S. 337, 55; H. Thoma, PBB. 73 (1951) S. 229.
946
StSG. IV, S. 337,55.
947
SchW. S. 201; GSp. II, Sp. 1075f.; StWG. S. 158. Sieh J. Gerckens, Zur Entstehungsgeschichte
der ti-Abstrakta, S. 30f.; W. L. van Helten, PBB. 35 (1908) S. 302-305; H. Penzl, Z M F . 31 (1964) S. 297; W . Pijnenburg, N D W . 18 (1978) S. 64-69. Sieh M. Leopold, Die Vorsilbe V E R - , S. 189; J. Trier, Der deutsche Wortschatz im Sinnbezirk des Verstandes, S. 50f. 948
D W B . XII, 1, Sp. 927-935; KSEW. S. 761.
949
Juvenc. Εν. II, 784; CSEL. 24, S. 76.
950
G H . II, Sp. 1954-1956.
951
H. Thoma, PBB. 73 (1951) S. 229. Sieh StSG. IV, S. 337,56 und A . 7.
952
SchW. S. 291; GSp. I, Sp. 957f.; StWG. S. 718.
953
Man vergleiche D W B . XIV, 1, 2, Sp. 475-477.
954
PBB. 73 (1951) S. 229.
955
RSV. I, S. 49.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
145
Wells956 an. Mit Blick auf die lemmatische Zuordnung zu produnt läßt sich der Anschluß des Interpretaments an irfuoren formal gesehen mühelos vertreten. Schwieriger ist es jedoch, ihn in semantischer Hinsicht zu rechtfertigen. Der vorliegende Kontext hat die Erklärung des Gleichnisses vom Sämann zum Inhalt (Matth. 18, 20f.; Lk. 8, 13). Dort werden die Samenkörner, die auf felsigen Grund gefallen sind, mit den Menschen verglichen, die bei Bedrängnis und Trübsal das ihnen Anvertraute aufgeben. Vor dem Hintergrund dieses Sinnzusammenhangs bezeichnet prodere957 hier in Verbindung mit letum 'Tod, Vernichtung'958, das Nichtfesthalten am Wort Gottes beziehungsweise das 'DemTod-preisgeben' der Lehre Christi. Bei der Übersetzung des Lemmas produnt (leto) mit irfuoren 'wegnehmen, fortschaffen, wegbringen, wegführen, vorüberführen, vorbeiführen, vorüberführen lassen'959 wäre für das Interpretament übertragener Gebrauch angezeigt. Eine demnach erschlossene Bedeutungsangabe 'ausliefern' fände hier eine einmalige Bezeugung. Einen anderen Anschluß der volkssprachigen Marginalglosse iruuortint vertritt das Althochdeutsche Wörterbuch von Th. Frings und E. Karg-Gasterstädt 960 . Den Vorschlag E. Steinmeyers961 aufgreifend, weist das Leipziger Althochdeutsche Wörterbuch den Eintrag dem schwachen Verb inverten zu und legt damit die Schreibung , die mit H. Thoma in zu korrigieren ist, als Vertretung von / w / aus. Der Anschluß des Interpretaments an inverten, das in den Glossen wie in den literarischen Denkmälern des Althochdeutschen des öfteren bezeugt ist962, setzt allerdings die Annahme einer Verschreibung ο aus e voraus. Angesichts der Ähnlichkeit der Buchstaben - eines nicht geschlossenen ο mit einem flüchtig ausgeführten e - erscheint eine solche Möglichkeit nicht abwegig. Hinzu kommt, daß abgesehen von vereinzelt auftretenden Unsicherheiten in der e- und o-Schreibung volkssprachiger Glossen sich in der Handschrift darüber hinaus noch andere Fälle von Verschreibung963 zeigen. Die Auffassung des Belegs als iruuertint ergibt eine zum Lemma produnt leto formal stimmige und semantisch als kontextgerecht zu beurteilende Übersetzung. Auf die Einstufung des als iruuertint aufgefaßten Interpretaments als
956
StWG. S. 184.
957
GH. II, Sp. 1954-1956.
958
GH. II, Sp. 621f.
959
SchW. S. 121; KFW. III, Sp. 1352f.
960
KFW. III, Sp. 1352.
961
StSG. IV, S. 337, A. 7.
962
SchW. S. 291; StWG. S. 718; GSp. I, Sp. 957f.
963
StSG. IV, S. 337, A. 5; S. 338, 24 und A. 5.
146
Die Handschriften
Kontextübersetzung deuten die sonst für ahd. irwerten tradierten Bedeutungen wie 'zerstören, verletzen, verwunden, verderben' 964 . Der in produnt leto bezeichnete Tatbestand, etwas der Vernichtung überlassen, wäre durch irwerten genau getroffen. Gegenüber der zuerst referierten Anschlußmöglichkeit von iruuortint an irfuoren ist die Anbindung an irwerten nicht an die Bedingung übertragenen Gebrauchs geknüpft. Eine weiterhin denkbare Anbindung von iruuortint an ein von wurt 'Geschick, Zufall, Glück'965 abgeleitetes Verb *irwurten müßte ebenfalls mit Verschreibung operieren und ließe sich zudem durch keinerlei Parallelbeleg stützen. 90. fol. 28r, Z. 14-15 At spinosus ager curarum mole grauatis/ Respond& pressant quos pondera diuiciarum 966 ( Das c von curarum ist aus r korrigiert.) '"Doch der dornige Acker entspricht den von der Last der Sorgen Beschwerten, die das Gewicht des Reichtums herunterdrückt"' 967 samihafti968 In samihafti ist ft zu t ligiert. Die Reihenfolge der Textzeilen von Juvenc. II, 786 und 787 ist vertauscht und in der Handschrift durch Kreuze am linken Rand korrigiert. Das Interpretament steht interlinear über mole und dem Anfang von grauatis. mole - samihafti samihafti: Dat. Sg. st. F. samihafti
969
'Gesamtheit' 970
Die Interlinearglosse samihafti ist mit Blick auf das substantivische Lemma mole am ehesten als ein von dem Adjektivkompositum samihaft oder samihafti abgeleitetes feminines Abstraktum 971 aufzufassen. In den literarischen Denkmälern des Althochdeutschen begegnet samihafti ausschließlich bei Notker, wo es die Bedeutungen 'Vereinigung, Ganzheit, Universum' 972 trägt. Innerhalb des Glossenwortschatzes, der samihafti in der Mehrzahl der Fälle als Interpreta964
SchW. S. 291.
965
StSG. I, S. 71,10; S. 135, 40; S. 153, 6; II, S. 16, 56; S. 20, 39, 53; S. 71, 67. Sieh dazu J. Splett,
Samanunga-Studien, S. 255. 966 967
Juvenc. Εν. II, 786; CSEL. 24, S. 76. ThLL. VIII, Sp. 1338-1346; BChD. S. 537.
968
StSG. IV, S. 337,57.
9m
SchW. S. 217; GSp. VI, Sp. 34; StWG. S. 506; O. Gröger, Die althochdeutsche und aitsäch-
sische Kompositionsfuge, S. 426. 970
Man vergleiche DWB. VIII, Sp. 1751f. ( s a m m h a f t ) .
971
BEG. § 229, S. 209f.
972
SchW. S. 217.
147
London, BMMss. Add. 19723 ( I )
ment zu co/pi«973, vereinzelt zu conpago"*,
continuatio975
in his est (?) 976 tradiert, wird mit samihaftt
das 'Gefüge, der Komplex, die Ge-
und zu dem Syntagma
samtheit einer Sache' bezeichnet. Die hier angetroffene lemmatische Bindung von samihafti
an moles ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Erstens hat
sie innerhalb der althochdeutschen Glossenüberlieferung nur eine Parallele, und zwar im vorliegenden Londoner Textzeugen zu Juvencus II, 821 977 . Für die Wiedergabe von moles finden sich im Althochdeutschen sonst häufiger die In-
terpruamente swärida, swärt, mihhili, tapfari978. Zweitens hat es den Anschein, als sei das Lemma angesichts der im Kontext aktualisierten Bedeutung 'Last' und seines sonst üblichen Gebrauchs als 'Masse, Schwere, das Gewichtige, Wucht, Größe, Kraft, Stärke, Schwierigkeit, Not, Mühe' 979 mit samihafti
fehl-
übersetzt. Eine Erklärung der Glossierung könnte allerdings über folgende Auslegung des Kontextes gelingen. In dem Syntagma curarum
mole
grauatis
'den von der Last der Sorgen Beschwerten' wird der Zustand des Belastetseins bildlich zum Ausdruck gebracht, und das zweifach (durch mole und grauatis). Die Übersetzung von mole mit samihafti
weist darauf hin, das der Glossator
unter Auflösung des Bildes das Syntagma curarum mole grauatis im Sinne von 'den durch die Gesamtheit der Sorgen Beschwerten' interpretiert hat. Für das Interpretament samihafti
ergibt sich daher die Bedeutung 'Gesamtheit'. Nach
dieser Auffassung ist samihafti
als semantisch stimmige, das lateinische Text-
wort mole über die Kontextbedeutung hinaus abstrahierend umsetzende Interpretationsübersetzung zu klassifizieren. 91. fol. 28 r , Z. 13-14 At spinosus ager curarum mole grauatis / Respond& pressant quos pondera • •
di-
980
uiciarum '"Doch der dornige Acker entspricht den von der Last der Sorgen Beschwerten, die das Gewicht des Reichtums herunterdrückt"'981
stiur,i982 pondera - stiuri 973
StSG. I, S. 513, 43; S. 803, 3; II, S. 265, 31; S. 604,12; IV, S. 337, 66, 68; S. 338, 58.
974
StSG. I, S. 275, 12.
975
StSG. II, S. 758, 6 (?).
976
StSG. II, S. 468,44.
977
Sieh Glosse 98.
978
E. Steinmeyer, [Handschriftlicher lateinisch-althochdeutscher Index], S. 323. 979
GH. II, Sp. 975f.
980
Juvenc. Εν. II, 787; CSEL. 24, S. 76.
981
GH. II, Sp. 1769f.; BChD. S. 633.
982
StSG. IV, S. 337,58.
148
Die Handschriften
stiuri: Nom. Sg. (PI.) st. F. stiun983 'Macht'984 Das graphisch als Lemma ausgewiesene lateinische Textwortpondera steht im. weiteren Zusammenhang der Erläuterung des Gleichnisses vom Sämann, das in den Evangelien bei Matthäus 13, 22 und Markus 4, 18f. wiedergegeben wird. Dort versinnbildlichen die Samenkörner, die unter die Dornen gefallen sind, Menschen, bei denen das Wort Gottes in ihrem Streben nach Reichtum erstickt. Während in den Evangelien von der deceptio divitiarum (Mk. 4, 18f.)985 und den fallacia divitiarum (Mtth. 13, 22)986 die Rede ist, gebraucht Juvencus hier das Bild pressant quos pondera diuiciarum. Zur Übersetzung des bildhaft verwendeten Textlemmas pondera hat der Glossator das althochdeutsche Abstraktum stiun 987 gewählt und damit eine vom Kontext ausgehende Deutung des Lemmas im übertragenen Sinne vorgenommen, stiun ist, vom Wortschatz Notkers988 abgesehen, im Althochdeutschen allein in den Glossen bezeugt, wo es in erster Linie als Interpretament zu magnitudo989, magnificentiacelsitudoW1 und apex*1 erscheint und zur Bezeichnung von 'Macht, Herrlichkeit, Größe, Ansehen, Würde, Stand' dient. Für die Form des Interpretaments stiuri läßt sich nach dieser Auffassung auch eine vom lateinischen Lemma abweichende grammatische Bestimmung als Nominativ Singular rechtfertigen. 92. fol. 28Γ, Z. 16-17 Semina sie nri sermonis prpssa grauantur / Nec fruetus sequitur spinarum horrore necatus993 '"So werden die Samen unseres Wortes bedrängt, und es folgt keine Frucht, weil sie durch das Emporstarren der Dornen vernichtet wurde"'994 vuassi995 983
SchW. S. 244; GSp. VI, Sp. 703f.; StWG. S. 595.
984
Man vergleiche DWB. X, 2, 2, Sp. 2585-2603 (Steuer 2).
985
Biblia Sacra, II, S. 1580.
986
Biblia Sacra, II, S. 1545.
986
SchW. S. 244; StWG. S. 595.
988
Notker-Wortschatz, S. 487; SchW. S. 244.
989
GH. II, Sp. 767f.; StSG. I, S. 792, 4f.; II, S. 278, 55; S. 288, 60; S. 297,12.
990
GH. II, Sp. 765f.; StSG. 1,490,46-49; S. 661,43.
991
GH. I, Sp. 1066; StSG. II, S. 277,47f.; S. 282, 3f.
992
GH. I, Sp. 491; StSG. II, S. 131, 39f.; S. 601, 38; S. 758, 3.
993
Juvenc. Εν. II, 789; CSEL. 24, S. 76.
994
ThLL. VI, 3, Sp. 2997-3001; BChD. S. 394.
995
StSG. IV, S. 337, 9.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
149
horrore (spinarum) - vuassi vuassi: Dat. Sg. st. F. vuassJ996 'das Stechen'997 Die hier angetroffene althochdeutsche Entsprechung von lat. horror ist singular. Das für sich gesehen polyseme lateinische Lemma horror 'das Starren, Aufstarren, Rauhheit, Sich-Aufsträuben, Schauer, Schauder, Grausen, Entsetzen, Schrecken, ehrfurchtsvolle Scheu'998 erhält im vorliegenden Kontext eine spezielle Bezeichnungsfunktion. Mit Bezug auf spinarum bezeichnet horrore das Stechen von Dornen, durch welche die Früchte (der Worte Gottes) getötet werden. Das althochdeutsche Interpretament vuassi, das sich etymologisch zu germ. *hwata 'scharf 999 stellt, gehört zu den femininen Adjektivabstrakta. Das in den literarischen Denkmälern mit den Bedeutungen 'Schärfe, Scharfsinn' bezeugte wassi1000 findet sich überwiegend in den Glossen1001, wo es in der Mehrzahl der Fälle die Lemmata acies 'Spitze, Schärfe, Schneide'1002, acumen 'Spitze, Stachel'1003, mucro 'Schärfe, Spitze des Schwertes, Schneide'1004, spiculum 'Stachel, Spitze, Wurfspieß, Pfeil'1005 glossiert. Die Wahl des volkssprachigen Interpretaments vuassi läßt erkennen, daß der Glossator bei der Übersetzung den Kontext des Lemmas horrore genau beachtet hat. horrore wird in seinem Kontextwert vor allem durch spinarum näher festgelegt. Innerhalb der Parallelglossen überliefert die Handschrift München, BSB. Clm 62771006 zu Gregors des Großen Cura pastoralis 3, 34 spina als alleiniges Lemma zu ahd. ννα^ίΓ. 93. fol. 28', Z. 17-18 Pinguida sic itidem paribus slant viribus arua / Illis ...1007 '"Fett und mit ebenso gleichen Kräften stehen die Saatfelder für jene ,.."'1008
996
SchW. S. 283; GSp. IV, Sp. 1242; StWG. S. 700; Sieh E. Glaser, Althochdeutsch, I, S. 57; F.
Simmler, Graphematisch-phonematische Studien, S. 584. 997
Man vergleiche DWB. XIV, 1, 2, Sp. 793-800 ; KSEW. S. 856 (wetzen); R. Kögel, PBB. 7
(1880) S. 175. 998
GH. I, Sp. 3081f.
999
Sieh KSEW. S. 789; J. Pokorny, Indogermanisches etymologisches Wörterbuch, I, S. 636.
1000
SchW. S. 283.
1001
StWG. S. 700; GSp. IV, Sp. 1242.
1002
GH. I, Sp. 82-84.
1003
GH. I, Sp. 96.
1004
GH. II, Sp. 1031.
1005
GH. II, Sp. 2761.
1006
BV. Nr. 518, S. 63; StSG. II, S. 176, 17.
1007
Juvenc. Εν. II, 790; CSEL. 24, S. 76.
1008
BChD. S. 776f.
150
Die Handschriften
vuesint1009 stant - vuesint vuesint: 3. Pers. PL Ind. Präs. st. V. vuesenim 'sein'1011 94. fol. 28r, Z. 26-27 Ecce sed ad fructum culmis cum spiceus horror / Processit ...1012 "'Sieh aber, die rauhe Ähre hat sich zusammen mit den Halmen zur Frucht entwickelt..."'1013 ruhimi In ruhi ist das i stark verblaßt. horror (spiceus) - ruhi ruhi: Nom. Sg. st. F. rühims 'Rauheit'1016 oder rühi 'rauh' Die Marginalglosse ruhi, die sonst als Interpretament zu scaber 'rauh, schäbig, räudig'1017, caracallami und focalia 'Pelz'1019 vorkommt1020, ist in ihrem angetroffenen lemmatischen Bezug auf horror singulär. Sie ist nur in den Glossen belegt, wohingegen die verwandte Bildung rüh 'stachelig, uneben, grob, dick'1021 auch im literarischen Wortschatz des Althochdeutschen zahlreich vertreten ist. Im vorliegenden Kontext, in dem das Heranreifen des Getreides beschrieben wird, tritt zu dem Lemma horror spezifizierend spiceus 'aus Ähren bestehend'1022 hinzu. Mit dem ungewöhnlichen, poetischen Ausdruck spiceus honor, in welchem dem Adjektiv spiceus eigentlich die Funktion eines Substantivs zukäme und der dementsprechend in horrida spica umzustellen wäre1023, wird mit
1009
StSG. IV, S. 337, 60.
1010
SchW. S. 291; GSp. I, Sp. 1053-1058; StWG. S. 718. Sieh SVEW. S. 561f.
1011
DWB. XIV, 1, 2, Sp. 507-510; KSEW. S. 788.
1012
Juvenc. Εν. II, 799; CSEL. 24, S. 77.
1013
ThLL. VI, 3, Sp. 2997-3001; BChD. S. 394.
1014
StSG. IV, S. 337,61.
1015
StWG. S. 496. Man vergleiche GSp. II, Sp. 438f. (RUH)\ SchW. S. 215 (ruh, ruo(h))\ M.
Höfler, Deutsches Krankheitsnamen-Buch, S. 495. 1016
Man vergleiche DWB. VIII, Sp. 272f. (Raue).
1017
GH. II, Sp. 2510.
1018
ThLL. III, Sp. 427f.; MW. II, Sp. 266.
1019
K. Siewert, Die althochdeutsche Horazglossierung, S. 198.
1020
StWG. S. 496, 829. StSG. II, S. 322,12 (?); S. 324, 35 (?); II, S. 576, 26; III, S. 221, 29; IV, S.
245, 37f.; S. 594, 23 (?); R. Hildebrandt, Summarium Heinrici, II, S. 139, 2; K. Siewert, Die althochdeutsche Horazglossierung, S. 197f. 1021
SchW. S. 215; GSp. II, Sp. 438f.; StWG. S. 496.
1022
GH. II, Sp. 2760f.
1023
Dazu J. de Wit, Ad Iuvenci evangeliorum librum secundum, S. 158.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
151
horror die Borstigkeit oder Rauhheit granniger Ähren bezeichnet. Die Wahl des volkssprachigen Interpretaments ruhi zeigt, daß der Glossator die im Kontext aktualisierte spezielle Bedeutung des Lemmas horror bei der Übersetzung vor Augen gehabt hat. In den Mundarten1024 ist die Bezeichnung bestimmter Getreidearten wie Gerste und Hafer wegen ihrer Stacheln als 'rauh' bis heute lebendig. Angesichts des substantivischen lateinischen Bezugswortes horror ist es am naheliegendsten, ruhi formal als Nominativ Singular des starken Femininums ruht075 zu bestimmen. Dieser Auslegung folgend hat das Althochdeutsche Glossenwörterbuch von T. Starck und J. C. Wells1026 die in Rede stehende Glosse zu dem Ansatz rühT st. F. gestellt. Als Adjektiv scheint *rühi im Althochdeutschen nicht bezeugt zu sein. Unter den Belegen, die T. Starck und J. C. Wells in dem Wortartikel rühi nennen, sind einige jedoch am ehesten als Adjektive aufzufassen. Das trifft vor allem für die mehrmals im Summarium Heinrici1027 zu dem lateinischen Lemma scaber überlieferten ruhi-Belege zu. Da im gegebenen Kontext (Juvencus, II, 799) der dichterische Ausdruck spiceus horror mit J. de Wit1028 als asperae oder horridae spicae aufzufassen ist, läßt sich nicht ausschließen, daß der Glossator das Lemma horror bei der Übersetzung ins Althochdeutsche entsprechend adjektivisch umgesetzt hat. 95. fol. 28v, Z. 9 marg. r. ... pleno nam tempore messis / Secr&um lolium conexo fasce iubebebo / Ignib> exuri... 1029 '"Denn zur vollen Erntezeit werde ich befehlen, den ausgesonderten Lolch in einem zusammengebundenen Bündel im Feuer zu verbrennen"'1030 fazzo1031 fasce - fazzo fazzo: Dat. Sg. st. F , f a z z a m i 'Bündel'1033 1024
SchBW. II, Sp. 82f.; Schweizerisches Idiotikon, VI, Sp. 175; Schwäbisches Wörterbuch, V,
Sp. 182; Rheinisches Wörterbuch, VII, Sp. 166. 1025
StWG. S. 496. Man vergleiche LH. II, Sp. 469 (riuhe, ruhe).
1026
StWG. S. 496.
1027
StSG. III, S. 221, 29; R. Hildebrandt, Summarium Heinrici, II, S. 139, 2 (scabra); 480, 19
(Scabra, aspera)\ U. Thies, Graphematisch-phonematische Untersuchungen, S. 93, 137,184. Ad luvenci evangeliorum librum secundum, S. 158. 1029
Juvenc. Εν. II, 809; CSEL. 24, S. 77.
1030
ThLL. VI, 1, Sp. 302-308; BChD. S. 346.
1031
StSG. IV, S. 337, 62.
1032
KFW. III, Sp. 669f.; SchW. S. 109; StWG. S. 143; W. Wissmann, Nomina postverbalia, S. 12.
152
Die Handschriften
96. fol. 28v, Ζ. 13-14 Haud aliter simile est .../ Praeparui grano regnum cpleste sinapis / Quod proprio insinuans disponit cultor agello1034 (Über insinuans steht seminans.) "'Ebenso gleicht das himmlische Reich einem winzigen Senfkorn, ... das der Landmann auf dem eigenen kleinen Stück Land einpflanzend verteilt"'11335 vuiriphit1036 disponit (insinuans, cultor agello) - vuiriphit vuiriphit: 3. Pers. Sg. Ind. Präs. st. V. vuerphenimi 'werfen' 1038 Die mit disponere 'aufstellen, anbringen, verteilen, in Ordnung stellen, einteilen, einrichten, ordnen'1039 allgemein bezeichnete Handlung wird im Kontext durch insinuans cultor agello näher als Säen gekennzeichnet. Die Wahl des Interpretaments vuerphen 'werfen, hinwerfen, (zer)streuen' 1040 , das sonst als Übersetzungswort zu disponere im Althochdeutschen nicht erscheint, deutet darauf hin, daß der Glossator vor dem Hintergrund von insinuans cultor agello die für das Säen typische Handlung des Werfens mit disponit in Verbindung gebracht hat. 97. fol. 28v, Z. 16 marg. r. ...at mox iusti Incrementa uiroris / Sumpserit erecto transcendit vertice cunctas / Agrorum fruges1041 "'... wird es aber bald das Wachstum vollen Grüns angenommen haben, überragt es mit der aufgerichteten Krone sämtliche Feldfrüchte ,.."'1042 gruoti1043 uiroris - gruoti ffuotv. Gen. Sg. st. F. graott1044 'das Grün' (Pflanzenwuchs) 1045 1033
Man vergleiche KSEW. S. 207 (fassen).
1034
Juvenc. Εν. II, 814; CSEL. 24, S. 77.
1035
ThLL. V, 1, Sp. 1420-1429; BChD. S. 282.
1036
StSG. IV, S. 337, 63.
1037
SchW. S. 290; GSp. I, Sp. 1026-1028; StWG. S. 715; SVEW. S. 557-559; H. Reutercrona, Sva-
rabhakti und Erleichterungsvokal, S. 118. 1038 D W ß χ ι ν ^ 2 S p 276-303; KSEW. S. 787. 1039
GH. I, Sp. 2217.
1040
SchW. S. 290.
1041
Juvenc. Εν. II, 816; CSEL. 24, S. 77.
1042
GH. II, Sp. 3513f.; BChD. S. 851.
1043
StSG. IV, S. 337, 64.
1044
KFW. IV, Sp. 462; StWG. S. 243. Man vergleiche LH. I, Sp. 1105 (gruot,grüete); K. von Bah-
der, Die verbalabstracta, S. 92; Μ. P. Steiner, Gleichheiten und Abweichungen, S. 137.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
153
Mit dem Interpretament gruoti tradiert der vorliegende Additional ein im Althochdeutschen sehr seltenes Wort. Es findet sich sonst lediglich noch in vier Handschriften der Bibelglossen der Familie M1046. Dort glossiert gruott das bei Isaias 15, 6 ebenfalls bezeugte viror 'das Grün, die grüne Farbe' 1047 . In dem umfangreichen Glossar des Codex Clm 181401048 ist zu Isaias 15, 6 viror mit gruorii 'das Grün'1049 übersetzt. Die im Althochdeutschen weit verbreitete, mit gmotf konkurrierende Bildung gruorii1050 taucht unter anderem auch innerhalb der Juvencusglossen auf, und zwar im Glossar Ja der Handschrift Oxford, BL. Jun. 251051. Das dort in der unflektierten Form virorl0S2 erscheinende Lemma ist ursprünglich wohl dem Kontext von Juvenc. II, 816 entnommen worden. 98. fol. 28v, Z. 20-21 Fermento par est munus cfleste salubri / Quod magna condit mulier sub mole faring105'1 "'Das Himmelreich gleicht einem gesunden Sauerteig, den eine Frau unter einer großen Menge Mehl birgt"'1054 samahafti™* mole - samahafti samahafti: Dat. Sg. st. F. samahafti 1056 'Menge' 99. fol. 28v, Z. 22-23 Ilia dehinc modico fermenti mixta calore / Conducto unius coalescit co/pore 1057 massf
ι Man vergleiche DWB. IV, 1, 6, Sp. 933-938 (Grüne)·, E. Schwentner, Eine sprachgeschichtliche Untersuchung, S. 62f. 1046
StSO. I, S. 603, 5.
lw?
GH. II, Sp. 3513.
1048
BV. Nr. 637, S. 75; StSG. I, S. 603, 6.
1049
SchW. S. 132.
1050
SchW. S. 132; KFW. IV, Sp. 459f.; StWG. S. 242.
1051
BV. Nr. 725, S. 84.
1052
StSG. II, S. 350,45. Sieh weiter unten in Kapitel II. 2. D. Glosse 36.
1053
Juvenc. Εν. II, 821; CSEL. 24, S. 78.
1054
ThLL. VIII, Sp. 1338-1346; BChD. S. 537.
1055
StSG. IV, S. 337, 65.
1056
SchW. S. 217; GSp. VI, Sp. 34; StWG. S. 506; O. Gröger. Die althochdeutsche und altsach-
sische Kompositionsfuge, S. 426. 1057
Juvenc. Εν. II, 823; CSEL. 24, S. 78.
154
Die Handschriften
'"Jene alsdann vermischt mit des Sauerteigs zugeführter mäßiger Wärme verschmilzt zu einem Ganzen von einer einzigen Masse"' 1058 samahafti1059 corpore - samahafti samahafti: Dat. Sg. st. F. samahafti1060 'das Ganze' 1061 100. fol. 29Γ, Z. 4-5 Discipuli rogitant lolii quid questio vell& / Et segetis1062 'Die Jünger fragen, was die Frage des Lolches und der Saat bedeute ...'1063 [Das Wort questio greift zurück auf Juvenc. II, 795-805. In diesen Versen gibt Juvencus Jesu Gleichnis vom Unkraut (Matth. 13, 24-30; Mk. 4, 26-29) wieder.] fäga™ questio - faga faga: Nom. Sg. st./sw. F . f r ä g a x m 'Frage (Lehre ?)' 10i6 101. fol. 29r, Z. 13-14 Messores patrii uenient ρ rura ministri / Quos homines natus proprii de corpore regni / Colligere erroris laqueos labemq> iubebit ,..1067 '"Die Schnitter des Vaters werden als Diener über das Land kommen, denen wird der Menschensohn befehlen, von der Gesamtheit des eigenen Reiches die Schlingen des Irrtums und das Verderben einzusammeln ,.."'1068 sarnehaftilom corpore - samehafti samehafti: Dat. Sg. st. F. samehaftf1010
'Gesamtheit'
1058
ThLL. IV, Sp. 999-1025; BChD. S. 225.
1059
StSG. IV, S. 337,66.
1060
SchW. S. 217; GSp. VI, Sp. 34; StWG. S. 506; O. Gröger, Die althochdeutsche und altsäch-
sische Kompositionsfuge, S. 426. 1061
Man vergleiche DWB. VIII, Sp. 1751f. (sammhaft); Etymologisches Wörterbuch der Deut-
schen, S. 6211. (-hafl). 1062
Juvenc. Ev. III, 2; CSEL. 24, S. 79.
1063
GH. II, Sp. 2124f.; BChD. S. 688.
1064
StSG. IV, S. 337,67.
1065
KFW. III, Sp. 1204f.; SchW. S. 117; StWG. S. 174f.
1066
DWB. IV, 1,1, Sp. 47-49; KSEW. S. 229.
1067
Juvenc. Ev. III, 11; CSEL. 24, S. 79.
1068
ThLL. IV, Sp. 999-1025; BChD. S. 225.
10 Das α in bisuoraner ist undeutlich. iuratus (spondet) - bisuoraner bisuoraner: Part. Perf. Nom. Sg. M., st. flekt.; st. V. bisueren1084 'schwören' 1085 105. fol. 30r, Z. 10-11 lila sed horrende seruans scelera impia matris / Urgu& iohannis caput a ceruice reuelli / Et lance inferri presentia munera poscit1086 (ceruice steht interlinear. Das Wort, das statt ceruice ursprünglich in der Zeile gestanden hat, ist radiert worden, caput ist auf dem Rand nachgetragen und seine Einordnung in den Text durch Verweiszeichen markiert worden.) 'Jene aber, die gewissenlosen Verbrechen der schrecklichen Mutter bewahrend, drängt, daß das Haupt des Johannes vom Hals getrennt werde und fordert, daß die Gabe auf einer Schüssel sofort hereingebracht werde'1087 bacuueigoim Das Interpretament steht über lance und den ersten drei Buchstaben von inferri. lance - bacuueigo bacuueigo: Dat. Sg. st. F. bacuueigaim 'Schüssel'1090 106. fol. 30r, Z. 11-12 Pr^sentum herodes procerum sub pondere tristis / Iurandiq? memor iuris tarnen imperat egre / Insontis caput inferri tradiqj puellg1091
1082
ThLL. VII, 2, Sp. 677f. [iuratus); BChD. S. 480.
1083
StSG. IV, S. 338, 3.
1084
SchW. S. 250; GSp. VI, Sp. 894f.; StWG. S. 617; SVEW. S. 480-482; A. Bogner, Die Verbal-
vorsilbe bi- im Althochdeutschen, S. 39; 57. Man vergleiche J. Splett, Sprache und Recht, S. 930943; H. Osthoff, Beiträge zur künde der indogermanischen sprachen 24 (1899) S. 181f. 1085
DWB. I, Sp. 1607f.; KSEW. S. 662 (schwören).
1086
Juvenc. Ev. III, 63; CSEL. 24, S. 81.
1087
ThLL. VII, 2, Sp. 938-940; BChD. S. 486.
1088
StSG. IV, S. 338,4.
1089
KFW. I, Sp. 781f.; StWG. S. 40; O. Gröger, Die althochdeutsche und altsächsische Komposi-
tionsfuge, S. 288; M. Luukkainen, Untersuchungen zur morphematischen Transferenz, S. 231-233. 1090
A. L. Lloyd - O. Springer, Etymologisches Wörterbuch des Althochdeutschen, I, Sp. 430.
Man vergleiche J. Rohr, Die Gefässe in den althochdeutschen Glossen, S. 65f. 1091
Juvenc. Ev. III, 64; CSEL. 24, S. 81.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
157
'Herodes, bedrückt ob des Ansehens der gegenwärtigen Vornehmsten und eingedenk des Eids, befiehlt dennoch [, wenn auch] widerwillig, daß das Haupt des Unschuldigen herbeigebracht und dem Mädchen übergeben werde'1092 heri™ pondere - heri hen\ Dat. Sg. st. F. heri1094 'Ansehen' oder Dat. Sg. st. N. herims 'Menge'1096 Für c^n Beleg heri bieten sich grundsätzlich zwei Anschlußmöglichkeiten an, die von der Form her sowie semantisch vertretbar sind. Mit Blick auf das graphisch ausgewiesene Textlemma pondere kann das Interpretament an das starke Neutrum heri 'Menge, Schar, Heerschar, Heer, Heerfahrt' 1097 angeschlossen werden. Angesichts des im Ablativ Singular stehenden Lemmas ergibt sich für heri am ehesten die Bestimmung als Dativ Singular, der allerdings bei den Neutra auf -ja eine Seltenheit1098 darstellt. Semantisch gesehen ist bei der Auffassung des Interpretaments als heri das lateinische Bezugswort pondus in seiner übertragenen Bedeutung 'Menge'1099 verstanden und übersetzt worden und läßt demnach auf folgendes Textverständnis von Juvencus III, 64f. schließen: Herodes, den die Forderung nach der Enthauptung Johannes des Täufers bedrückt, gibt ihr dennoch nach, weil er vor der Menge der anwesenden Großen nicht als eidbrüchig erscheinen möchte. Als ein von der Interpretation des Kontextes her ebenso überzeugender, von der grammatischen Form her jedoch näher liegender Anschluß kann die Anbindung des Belegs als Dativ Singular1100 an das starke Femininum hen 'Verherrlichung, Verehrung, Herrlichkeit, Würde, Rang'1101 betrachtet werden. Der lemmatische Bezug auf pondus, das im Althochdeutschen sonst mit wäga, swän, pfunt, frambari, swarida, burdin, stiuri, widerwagi, phantinc glossiert wird1102, ist hier wie bei der erstgenannten Anschlußmöglichkeit singulär. Der Auffassung des volkssprachigen Belegs als hen könnte folgende Auslegung des Kontextes und des Lemmas zugrundegelegen haben: Da Herodes sich vor den 1092
GH. II, Sp. 1769f. BChD. S. 633.
1093
StSG. IV, S. 338, 5.
1094
SchW. S. 142; GSp. IV, Sp. 993f.; StWG. S. 269.
1095
SchW. S. 141; GSp. IV, Sp. 983f.; StWG. S. 269.
1096
DWB. IV, 2, Sp. 751-754; KSEW. S. 299.
1097
SchW. S. 141; GSp. IV, Sp. 983f.
1098
BEG. § 198, Α. 3, S. 187; J. Schatz, Althochdeutsche Grammatik, § 313, S. 207.
1099
GH. II, Sp. 1769f.
1100
BEG. § 228, S. 209.
1101
SchW. S. 142; GSp. IV, Sp. 993.
1102
E. Steinmeyer, [Handschriftlicher lateinisch-althochdeutscher Index], S. 388.
158
Die Handschriften
gesellschaftlich hochrangigen Personen das eigene Ansehen nicht verscherzen will, hält er an der Erfüllung des Versprechens fest, obwohl er sich damit an dem Mord an Johannes dem Täufer schuldig macht, pondus wird in diesem Zusammenhang als bildlicher Ausdruck für das Ansehen1103 der bei Herodes versammelten Vornehmen interpretiert und semantisch stimmig mit dem Abstraktum hen 'Ansehen' wiedergegeben. In dem Althochdeutschen Glossenwörterbuch von T. Starck und J. C. Wells1104 ist der Beleg heri zu dem Ansatz hevT1105 gestellt worden. Abgesehen von der Tatsache, daß ein solcher Anschluß sich von der Überlieferung her nicht rechtfertigen läßt, besteht auch semantisch-morphologisch keinerlei Notwendigkeit, den Verschreibung voraussetzenden Ansatz hevT zu bilden. 107. fol. 30r, Z. 13 marg. r. Prpsentum herodes procerum sub pondere tristis / Iurandiq; memor iuris tarnen imperat egre / Insontis caput inferri tradiq? puellf 1106 'Herodes, bedrückt ob des Ansehens der gegenwärtigen Vornehmsten und eingedenk des Eids, befiehlt dennoch [, wenn auch] widerwillig, daß das Haupt des Unschuldigen hereingebracht und dem Mädchen übergeben werde' 1107 chumoim egjre - chumo chumo: Adv. chümo1109 'widerwillig'1110 108. fol. 30r, Z. 15-16 Corporis at lacerum flentes sine nomine truncum / Discipuli condunt terrf xpmque sequuntur1111 'Die Jünger aber bestatten weinend den verstümmelten namenlosen Rumpf des Leibes in der Erde und folgen Christus'1112 bistumbelonim
1103
Sieh GH. II, Sp. 1769f.
1104
StWG. S. 273.
1105
StWG. S. 273; GSp. IV, Sp. 824.
1106
Juvenc. Ev. III, 65; CSEL. 24, S. 81.
1107
ThLL. I, Sp. 942-944; BChD. S. 64.
1108
StSG. IV, S. 338, 6.
1109
SchW. S. 161; GSp. IV, Sp. 397; StWG. S. 351.
1110
DWB. V, Sp. 352-359; KSEW. S. 363.
1111
Juvenc. Ev. III, 68; CSEL. 24, S. 81.
1112
ThLL. VII, 2, Sp. 820f.
1113
StSG. IV, S. 338, 7.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
159
Das Interpretament bistumbelon setzt über dem Textwort at ein. Auf bistumbelon folgt ein hochgestellter Punkt. lacerum - bistumbelon bistumbelon: Akk. Sg. M., sw. flekt. Adj. bistumbelm4 'verstümmelt' 1115 Isoliert betrachtet läßt sich das Interpretament bistumbelon formal problemlos als Infinitiv des althochdeutschen schwachen Öh-Verbs bestimmen 1116 . Bei dieser Auffassung der althochdeutschen Glosse ergibt sich allerdings im Hinblick auf das adjektivische Lemma lacer eine Diskrepanz in der Wortart, die nicht interlingual bedingt ist. Hier wäre analog am ehesten ein Adjektiv beziehungsweise die Partizip-Perfekt-Form des Verbs bistumbelon zu erwarten gewesen. In dem von E. Steinmeyer1117 zusammengestellten lateinisch-volkssprachigen Wörterverzeichnis erscheint zu dem Lemma lacer, das abgesehen von dem vorliegenden Beleg sonst nicht mit Angehörigen der Wortfamilie bistumbelön glossiert wird, der Ansatz bistumbal. Mit E. Steinmeyers nominaler Auslegung von bistumbelon wäre eine formale Entsprechung des Lemmas gegeben. Andererseits könnte bei der bedeutungsmäßigen Erfassung des Lemmas lacer eine Übersetzung im Sinne des Lexikons im Vordergrund gestanden haben, die von der genauen formalen Entsprechung absieht. Das Althochdeutsche Wörterbuch von Th. Frings und E. Karg-Gasterstädt 1118 verweist innerhalb der Wortartikel mit der Vorsilbe bi- auf ein starkes Maskulinum bistumbal. Der Ansatz einer solchen Bildung1119, die, soweit erkennbar, sich auf keinen weiteren Beleg berufen kann und in den späteren Sprachstufen des Deutschen keine Fortsetzung findet, hätte neben der Inkongruenz zwischen adjektivischem Lemma und substantivischem Interpretament die Flexionsendung -on1120 zu erklären. Daher ist es naheliegender, den althochdeutschen Beleg als ein von dem schwachen Verb bistumbelön abgeleitetes Adjektiv *bistumbelnn aufzufassen, dessen Flexionsendung (Akkusativ Singular Maskulinum, schwach flektiert) zu der des Lemmas lacerum stimmt. Zwar ist die Bildung *bistumbel auch als Adjektiv sonst nicht
1114
GSp. VI, Sp. 685f.; StWG. S. 602; RSV. II, S. 150. Man vergleiche A. Bogner, Die Verbal-
vorsilbe bi- im Althochdeutschen, S. 49; R. Liehl, Mittelvokale und Mittelvokallosigkeit, S. 27. 1115
DWB. I, Sp. 1686f. (bestümmeln).
1116
StWG. S. 602; RSV. II, S. 150.
1117
[Handschriftlicher lateinisch-althochdeutscher Index], S. 282.
1118
KFW. I, Sp. 1128. Man vergleiche RSV. II, S. 150.
1119
Sieh BEG. § 194, S. 184; W. Wilmanns, Deutsche Grammatik, II, §§ 206f„ S. 262-265.
1120
BEG. § 193, S. 183f.; J. Schatz, Althochdeutsche Grammatik, § 302, S. 202.
1121
W. Wilmanns, Deutsche Grammatik, II, § 321, S. 428^30; BEG. § 249, Α. 1, S. 220.
160
Die Handschriften
mehr bezeugt, allerdings sei hier auf ein im Althochdeutschen, wenn auch nur vereinzelt vorkommendes Adjektiv stumbal1122 verwiesen. Mit diesem Ansatz ist eine formgerechte Umsetzung des Lemmas gegeben. Dennoch fehlen ebenso hier stützende Parallelbelege oder Anschlußmöglichkeiten an jüngere Bildungen. 109. fol. 30r, Z. 20 marg. r. Ille ubi cognouit iusti miserabile lf tum / Deserit insonti pollutam sanguine terrain / Frondosaq) latet secretξ uallis in umbra1123 'Sobald jener von dem beklagenswerten Tod des Gerechten erfahren hat, verläßt er das von unschuldigem Blut besudelte Gebiet und verbirgt sich im reich belaubten Schatten eines abgeschiedenen Tales'1124 kjsuasis1125 Das erste i der Glosse ist nach unten versetzt1126. secretae (uallis) - k-suasis k-suasis: Gen. Sg. M./N., st. flekt. Adj. kisüäsnzi 'abgeschieden' 110. fol. 30r, Z. 22 marg. r. Ille ubi credentum turbas In ualle remota / Conuenisse vid&...112i 'Als jener sieht, daß im entlegenen Tal Scharen von Gläubigen zusammengekommen sind ..,'1129 kisuasemo1130 remota - kisuasemo kisuasemo: Dat. Sg. M./N., st. flekt. Adj. kisuäsim 'entlegen' 111. fol. 30v, Z. 4 marg. r. tum mox discumbe re plebem / Gramineis thoris iussit componere
membra1132
1122
GSp. VI, Sp. 685; StWG. S. 602; J. Splett, Abrogans-Studien, S. 513; DWB. X, 4, Sp. 398.
1123
Juvenc. Ev. III, 72; CSEL. 24, S. 82.
1124
GH. II, Sp. 2558f.
1125
H. Thoma, PBB. 73 (1951) S. 230.
1126
H. Thoma, PBB. 73 (1951) S. 230, Α. 1.
1127
SchW. S. 249; GSp. VI, Sp. 903f.; StWG. S. 223.
112S
Juvenc. Ev. III, 74; CSEL. 24, S. 82.
1129
GH. II, Sp. 2310.
1130
StSG. IV, S. 338, 8.
1131
SchW. S. 249; GSp. VI, Sp. 903f.; StWG. S. 223.
1132
Juvenc. Ev. III, 84; CSEL. 24, S. 82.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
161
'..-Alsdann befahl er, daß das Volk sich auf den grasbewachsenen Lagerstätten niederlasse und die Glieder ausstrecke'1133 kirikilon1114 Unmittelbar rechts neben kirikilon befindet sich ein hochgestellter Punkt. componere (membra) - kirikilon kirikilon: Infinitiv sw. V. kirikilönm5 'strecken' 1136 Die Übertragung von componere mit kirikilon hat in dem aus dem zwölften Jahrhundert stammenden Schlettstädter Vergilcodex Ms 7 (früher Ms. 100)1137 eine exklusive Entsprechung. Bemerkenswert ist diese Übereinstimmung nicht zuletzt auch deshalb, weil die bei Juvencus auftretende Wendung componere membra wohl aus Vergil (Georgica IV, 438) entlehnt worden ist1138. Auch hier wird mit componere membra das Strecken müder Glieder bezeichnet, so daß die Vergilglossierung für die Londoner Juvencusglosse auch eine semantische Parallele darstellt. 112. fol. 30v, Z. 9-10 ... Reliquiasq> dehinc mensis legere ministri / Bissenosq> sinus cofinorum framinis implent1139 '... und die Diener sammeln sodann von den Speisen die Reste und füllen zwölf bauchige Rundungen von Körben voll mit Stücken'1140 VH.W141 sinus - vuitin vuitin: Akk. PI. st. F. vuf/Γ1142 'Weite'1143 113. fol. 30v, Z. 16 marg. 1. ... tum montis celsa petiuit / Secretusqi dehinc genitoris numen adorat 1144 1133
MW. II, Sp. 1087-1094; BChD. S. 184.
1134
StSG. IV, S. 338, 9.
1135
GSp. II, Sp. 440; RSV. II, S. 121; StWG. S. 483. Man vergleiche SchW. S. 212 (rigilön).
1136
Man vergleiche KSEW. S. 600 (Riegel).
1137
BV. Nr. 849, S. 99f. Sieh J. Fasbender, Die Schlettstädter Vergilglossen und ihre Verwand-
ten, S. 10; StSG. II, S. 677, 29. 113S
A. Knappitsch, Jahresbericht... am Schlüsse des Schuljahres 1911/12, S. 13. 1139
Juvenc. Ev. III, 90; CSEL. 24, S. 82.
1140
BChD. S. 762.
1141
StSG. IV, S. 338, 10.
1142
SchW. S. 298; GSp. I, Sp. 772; StWG. S. 740.
1143
DWB. XIV, 1,1, Sp. 1271-1277. Sieh KSEW. S. 786
1144
Juvenc. Ev. III, 96; CSEL. 24, S. 83.
(weit).
162
Die Handschriften
'Alsdann sucht er die Höhen des Berges auf, und allein betet er von hier aus die Gottheit des Vaters an'1145 kisuaser1146 Auf kisuaser folgt ein kleiner Strich, der nach E. Steinmeyer und E. Sievers1147 auch die Lesung kisuaseri ermöglicht. secretus - kisuaser kisuaser. Nom. Sg. M., st. flekt. Adj. kisuäsMi '(mit sich) allein' 114. fol. 30v, Z. 20 marg. r. Ast ubi uigilium quarta statione premebat / Noctis iter rapidos attollens lucifer ortus ,..1149 'Als aber in der vierten Wache der Nachtwachen der Morgenstern, den schnellen Aufgang anhebend, die Bahn der Nacht bedrängte ...' u50 vuathonSi Das t in vuatho ist undeutlich. statione - vuatho vuatho: Dat. Sg. st. F. vuatho1152 'Wache'1153 115. fol. 31r, Z. 6-7 ... nau[e]m mox linquere petrus / Audet & innixus figit uestigia ponto1154 '... alsbald wagt Petrus, das Schiff zu verlassen und auf das Meer gestützt, heftet er [darauf] seine Schritte'1155 anaspirdirent1156 innixus - anaspirdirent
1145 1146 1147 1148 1149 1150
GH. II, Sp. 2558f. StSG. IV, S. 338,11. StSG. IV, S. 338, Α. 1. SchW. S. 249; GSp. VI, Sp. 903f.; StWG. S. 223. Juvenc. Ev. III, 100; CSEL. 24, S. 83. GH. II, Sp. 2787f.; BChD. S. 774.
1151
StSG. IV, S. 338, 12. SchW. S. 279; GSp. I, Sp. 677; StWG. S. 691. Sieh BEG. § 154, Α. 6, S. 148f. 1153 DWB. XIII, Sp. 159-172 (Wacht); Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, S. 1926. 1154 Juvenc. Ev. III, 115; CSEL. 24, S. 83. 1152
1155 1156
ThLL. VII, 1, Sp. 1698-1700; BChD. S. 449. StSG. IV, S. 338,13.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
163
anaspirdirent: Part. Präs. Nom. Sg. M., st. flekt.; sw. V. anaspirdiren1157 'sich auf etwas stützen' subst. anaspirdirent [er], anaspirdirent[o] 'jemand, der sich auf etwas aufstützt' Das Hapaxlegomenon anaspirdirent ist zu einem ausschließlich im Glossenwortschatz des Althochdeutschen anzutreffenden Simplex spirdiren 'stemmen, stützen'1158 zu stellen. Vergleichbare Präfixbildungen zu dem schwachen Verb spirdiren sind darüber hinaus ingaganspirdaren1159, widarspirdiren1160 und zuospirdiren1161. Im Verhältnis zum lateinischen Lemma innixus läßt sich das vorliegende Interpretament anaspirdirent seiner morphologischen Struktur und lexikalischen Bedeutung nach am ehesten den Lehnbildungen zuordnen. Nach H. Lauffer1162 kann es mit großer Wahrscheinlichkeit sogar als Lehnübersetzung klassifiziert werden. Da für die Übertragung des Lemmas innixus ins Althochdeutsche statt des Partizip Perfekts die Partizip-Präsens-Form gewählt worden ist, ist damit zu rechnen, daß anaspirdirent substantivisch verwendet worden ist. 116. fol. 31r, Z. 26 marg. r. Ecce pharisfi scribeq? hinc inde dolosi / captantes xp~m promunt fallacia dicta 110 'Sieh, die hinterlistigen Pharisäer und Schriftgelehrten, die Christus von hier und da auf [listige Weise] zu fangen suchen, bringen trügerische Worte hervor'1164 vuarante1165 captantes - vuarante vuarante: Part. Präs. Nom. PI. M., st. flekt.; sw. V. väran1166 'nachstellen' 1167 1157
RSV. I, S. 196; StWG. S. 576; M. Luukkainen, Untersuchungen zur morphematischen Trans-
ferenz, S. 328. Man vergleiche GSp. VI, Sp. 363 (spirdran). 1158
StWG. S. 576; H. Lauffer, Der Lehnwortschatz, S. 254.
1159
StWG. S. 576; StSG. II, S. 642, 63; S. 715, 38.
1160
StWG. S. 576.
1161
StWG. S. 576; GSp. VI, Sp. 363.
1162
Der Lehnwortschatz, S. 254.
110
Juvenc. Ev. III, 134; CSEL. 24, S. 84.
1164
ThLL. III, Sp. 376-380; MW. II, Sp. 253f.; BChD. S. 132.
1165
StSG. IV, S. 338,14 und A. 2.
1166
KFW. III, Sp. 623f.; SchW. S. 108; StWG. S. 141; BEG. § 368, A. la, S. 297f., § 63, Α. 1, S. 65.
Man vergleiche LH. III, Sp. 21f.; BMZ. III, S. 269-271 (yaren). Bei RSV. II, S. 212 nicht aufgenommen. 1167
DWB. III, Sp. 1256-1258 (fahren). Man vergleiche A. Rittershaus, Die Ausdrücke für Ge-
sichtsempflndungen, S. 52f.
164
Die Handschriften
Die marginal neben Juvencus III, 134 eingetragene althochdeutsche Glosse vuarante bezieht sich auf das lateinische Textlemma captantes, mit dem im vorliegenden Kontext das Streben der Pharisäer und Schriftgelehrten, Jesus nachzustellen, bezeichnet wird. Mit Blick auf das Lemma ergibt sich für das Interpretament vuarante grammatisch-morphologisch wie semantisch ein eindeutiger Anschluß an das schwache Verb fären, fären '(jemandem) auflauern, nachstellen, lauern, warten (auf), trachten, streben (nach), auf Böses sinnen (gegen)'1168. Die Graphie vu- des danach als [fjarante zu lesenden volkssprachigen Eintrags ist vermutlich über eine für [ f ] gesetzte Schreibung entstellt worden. Der in -ante belegte Mittelsilbenvokal -a- sowie das bei dem schwachen Verb sonst zu beobachtende Schwanken innerhalb der ersten und dritten Flexionsklasse1169 führt mit E. Steinmeyer1170 auf den Ansatz des Interpretaments als ;'a«-Verb. 117. fol. 31v, Z. 5 marg. r. Namq; ds mortem defixa lege minatur / Si genitor cuiquam uerbo lfdatur amaro1111 '"Denn Gott droht, wie im Gesetz festgelegt, den Tod an, wenn der Vater von einem bitteren Wort verletzt wird"'1172 biscoltin uirdirdtim Das Syntagma biscoltin uirdirdt ist aus Platzmangel zusammengeschrieben worden. Die beiden letzten Buchstaben von uirdirdt stehen so weit am rechten Innenrand des Pergamentblattes, daß sie nicht mehr entziffert werden können. laedatur, uerbo amaro - biscoltin uirdirdt a. biscoltin: Part. Perf. unflekt.; st. V. bisceltenm 'beleidigen'1175 b. uirdirdt: 3. Pers. Sg. Ind. Präs. st. V. [u]uerdenim 'werden'
1168
SchW. S. 108.
1169
J. Schatz, Germanica, S. 363.
1170
[Handschriftlicher lateinisch-althochdeutscher Index], S. 81 (faran).
1171
Juvenc. Ev. III, 141; CSEL. 24, S. 85.
1172
GH. II, Sp. 637f.
1173
StSG. IV, S. 338,15.
1174
SchW. S. 229; GSp. VI, Sp. 487; StWG. S. 537. Sieh dazu A. Bogner, Die Verbalvorsilbe bi-
im Althochdeutschen, S. 51, 55,63. 1175
DWB. I, Sp. 1562; KSEW. S. 629 {schelten).
1176
SchW. S. 288f.; GSp. I, Sp. 982-992; StWG. S. 714.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
165
Der Beleg uirdirdt ist aus uirdit1177 verschrieben, wobei die zum zweiten Male auftretende Lautfolge -rd- auf dem Wege schreibmechanischen Wiederholens entstanden sein könnte. Das anlautende u- steht für /w/" 7 8 . Die Glossierung von Igdatur mit biscoltin uirdit ist mit Blick auf die sonst zu dem lateinischen Lemma überlieferten althochdeutschen Entsprechungen singular. Bei der Wahl des Interpretaments bisceltan ist semantisch wohl zusätzlich mit einer Beeinflussung durch das laedere 'verletzen, beschädigen, beleidigen, kränken, beeinträchtigen'1179 im Kontext konkretisierende uerbo amaro 'von einem bitteren Wort' zu rechnen. 118. fol. 31v, Z. 12 marg. r. Non inlata homini fuerint quecumq; pudendis Sordibus aspergent...1180 '"Was auch immer dem Menschen zugeführt wird, es wird [ihn] nicht mit schändlichem Schmutz beflecken..."'1181 vnreinin1182 vnreinin steht im Marginalraum rechts neben dem Textwort pudendis. Sordibus - vnreinin vnreinin: Dat. PI. st. F. vnreinT11*3 'Unreinheit'1184 119. fol. 31v, Z. 13 marg. r. Non inlata homini fuerint quecumq> pudendis / Sordibus aspergent...1185 '"Was auch immer dem Menschen zugeführt wird, es wird [ihn] nicht mit schändlichem Schmutz beflecken...'"11*6 kiflecchont1187 Die drei letzten Buchstaben sind nicht mehr erkennbar, da die Glosse weit am Innenrand des Pergamentblattes steht. aspergent - kiflecchont
1177
StSG. IV, S. 338, A. 3.
1178
BEG. § 105, Α. 2, S. 102; J. Schatz, Althochdeutsche Grammatik, § 282, S. 184-186.
1179
GH. II, Sp. 537.
1180
Juvenc. Ev. III, 149; CSEL. 24, S. 85.
1181
BChD. S. 766.
1182
H. Thoma, PBB. 73 (1951) S. 230. Sieh StSG. IV, S. 338,17.
1183
SchW. S. 272; GSp. IV, Sp. 1161f.; StWG. S. 670.
1184
DWB. XI, 3, Sp. 1269 (unreine).
1185
Juvenc. Ev. III, 149; CSEL. 24, S. 85.
1186
MW. I, Sp. 1037-1039; ThLL. II, Sp. 818-821.
1187
StSG. IV, S. 338,18.
166
Die Handschriften
kiflecchont: 3. Pers. PI. Ind. Präs. sw. V. kiflecchön1188 'beflecken' 1189 Das Interpretament kiflecchont repräsentiert ein Hapaxlegomenon, das als ein mit dem Präfix gi- 1190 gebildetes, im Infinitiv sonst nicht bezeugtes schwaches ö/i-Verb ( * f l e c h ö n ) i m aufzufassen ist. Als solches stellt es sich zu den derselben Wortfamilie angehörenden Bildungen flec 'Mal, Makel, (Leder-, Leinen-)flecken'1192, flecko 'Flecken, Makel'1193, fleckohti 'fleckig, gesprenkelt' 1194 und ungefle(c)chöt 'unbefleckt, makellos, rein'1195. Das Hapaxlegomenon stellt insofern eine Besonderheit dar, als es im Vergleich zu den im Althochdeutschen stets adjektiviert im Partizip Perfekt erscheinenden verwandten Lexemen flechöt1196 und ungefle(c)chötml als einziges eindeutig eine verbale Form belegt. 120. fol. 31v, Z. 23 marg. r. Tum p&it absolui petrus quid questio uell&1198 'Dann bittet Petrus, daß erklärt werde, was die Rede bedeute' 1199 reda1200 questio - reda reda: Nom. Sg. st./sw. F. redaxm 'Rede' 1202 121. fol. 32r, Z. 4 marg. r. Quae uero interno concepta e pectore promunt / Ora hominum mentem possunt aspergine labis / Polluere inmundoq; hominem maculare piaclo1203
1188
KFW. III, Sp. 964; RSV. II, S. 45; StWG. 164. Man vergleiche SchW. S. 113 (fleccho);
GSp.
III, Sp. 757 (flecchot); R. Lühr, Expressivität und Lautgesetz, S. 216-218. 1189
Man vergleiche DWB. III, Sp. 1743 (flecke)·, KSEW. S. 219 (Fleck,
1190
W. Wilmanns, Deutsche Grammatik, II, § 130, S. 167f.
1191
E. Meineke, Saint-Mihiel Bibliotheque Municipale Ms. 25, S. 119; H. Thoma, Althochdeut-
Flecken).
sche Glossen zum Alten Testament, S. 9, Z. 19-20. 1192
StWG. S. 164, 810; KFW. III, Sp. 962f.
1193
SchW. S. 113. Sieh auch KFW. III, Sp. 963f.; StWG. S. 164.
1194
KFW. III, Sp. 964; StWG. S. 164,845.
1195
SchW. S. 268; RSV. II, S. 163; StWG. S. 660; GSp. III, Sp. 758.
1196
E. Meineke, Saint-Mihiel Bibliotheque Municipale Ms. 25, S. 119, 312.
1197
RSV. II, S. 163; StWG. S. 660; GSp. III, Sp. 758.
1198
Juvenc. Ev. III, 159; CSEL. 24, S. 85.
1199
BChD. S. 688.
1200
StSG. IV, S. 338,19.
1201
SchW. S. 208; GSp. II, Sp. 444-446; StWG. S. 475.
1202
DWB. VIII, Sp. 450-460; KSEW. S. 587.
1203
Juvenc. Ev. III, 168; CSEL. 24, S. 86.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
167
'"Was aber, aus dem Herzensinnern empfangen, der Menschen Mund mitteilt, das kann den Geist mit dem Tropfen des Makels beflecken und den Menschen mit unreiner Sünde besudeln"'1204 vnreinido1205 inmundo- piaclo - vnreinido vnreinido: Dat. Sg. st. F. vnreinida1206 'Unreinheit' 122. fol. 32v, Z. 6 marg. r. Haud mora conueniunt populi secumq; trahebant / Pars captos oculis & crurum debile vulgus ...1207 O h n e Verzögerung ström[t]en die Volksscharen zusammen und schleppten zum Teil Erblindete mit sich und eine Menge Gelähmter ,..'1208 bisuichiniu1209 E. Steinmeyer und E. Sievers1210 bieten die Lesung bisuichinun. Bei dem rechts neben bisuichiniu gesetzten hochgestellten Punkt könnte es sich möglicherweise um ein Verweiszeichen handeln, denn im Werktext taucht ebenfalls ein Punkt hinter oculis auf. captos (oculis) - bisuichiniu bisuichiniu: Part. Perf. Akk. PI. N., st. flekt.; st. V. bisutchen1211 'getäuscht sein' oder metonymisch 'erblinden' Das im Althochdeutschen reich bezeugte starke Verb biswichan ist in den literarischen Denkmälern in den Bedeutungen 'betrügen, täuschen, ärgern, Ärgernis geben, verführen'1212 belegt. Innerhalb des Glossenwortschatzes bezieht es sich auf die Lemmata capere1213, circumvenire1214, clarescere(?)ms, decipere1216,
1204 1205
GH. II, Sp. 1699f.; BChD. S. 624. StSG. IV, S. 338, 20.
1206
SchW. S. 272; GSp. IV, Sp. 1162; StWG. S. 670; M. Luukkainen, Untersuchungen zur morphematischen Transferenz, S. 398f. 1297 Juvenc. Ev. III, 198; CSEL. 24, S. 87. 1208 ThLL. III, Sp. 318-342; MW. II, Sp. 218 (captus). 1209
Man vergleiche StSG. IV, S. 388, 21. StSG. IV, S. 338, 21. 1211 SchW. S. 250; GSp. VI, Sp. 866-868; StWG. S. 618. Sieh A. Bogner, Die Verbalvorsilbe biim Althochdeutschen, S. 40, 57; SVEW. S. 486f.; LH. I, Sp. 233. 1212 SchW. S. 250. 1210
1213 1214 1215
GH. I, Sp. 974-978. StSG. II, S. 219, 34; S. 627,51; S. 653, 66; S. 667, 69; S. 677, 20. GH. I, Sp. 1174. StSG. I, S. 109, 29; S. 667,56; S. 744, 6; S. 764, 47; S. 812, 22; S. 815, 46. GH. I, Sp. 1192. StSG. I, S. 116, 32; S. 117, 32.
168
Die Handschriften
illaqueare1217, illicere1218, intercipere1219, obripere1220, resolvere1221, scandalizare1222, seducere1223, captivusu2A und steht, soweit anhand der lateinisch-althochdeutschen Entsprechungen und der im einzelnen hinzugezogenen Kontexte auf den ersten Blick ersichtlich, für 'betrügen, täuschen, verführen, hintergehen, übervorteilen, in eine Falle locken, Ärgernis geben, betören, nachstellen'. In der vorliegenden Glossierung ist das Interpretament dem lateinischen Textwort captos zuzuordnen, dem es grammatisch-morphologisch entspricht. Angesichts des Bezugs auf oculis ergibt sich für das Lemma captos im Kontext allerdings eine Bedeutung, die mit dem althochdeutschen Interpretament semantisch nicht vereinbar erscheint. Mit captos oculis werden bei Juvencus Blinde bezeichnet, die zur Heilung zusammen mit anderen Kranken zu Jesus gebracht werden. Da die lemmatische Bindung von biswTchan an capere in der Bedeutung 'betrügen, überlisten, für sich einnehmen, für sich gewinnen, verlocken, betören' 1225 im Althochdeutschen keine Ausnahme darstellt, andererseits aber bei dem hier angetroffenen Gebrauch von capere die Übertragung mit biswTchan kontextwidrig zu sein scheint, könnte der Schluß gezogen werden, daß es sich bei der in Rede stehenden Glossierung um eine Vokabelübersetzung handelt. Denkbar wäre weiterhin eine metonymische Verwendung des Interpretaments, die captos zusammen mit oculis als auf die Augen bezogenes Getäuschtsein im Sinne von nicht sehend aufgefaßt hätte. Einen, wenn auch für sich allein betrachtet noch nicht als aussagekräftig zu beurteilenden Hinweis auf eine semantisch vielleicht überzeugendere Erklärung, bietet eine im Monacensis 180591226 überlieferte Parallelglossierung. Dort wird das im Kontext zu Vergils Georgica I, 183 ... oculis capti fodere cubitalia talpae '... es gruben die Maulwürfe sich, die blinden, ihr Lager'1227 ebenfalls im Verband mit oculis den Zustand des Blindseins bezeichnende Lemma capere 1216
GH. I, Sp. 1918f. StSG. I, S. 112, 35; S. 113, 35; S. 144, 38; S. 145, 38; S. 146, 6; S. 622, 6; II, S.
236, 7; III, S. 7,12; IV, S. 325, 33; S. 604,17. 1217
GH. II, Sp. 44. StSG. II, S. 414, 51.
1218
GH. II, Sp. 48. StSG. I, S. 176, 25; II, S. 558,13; S. 742,47.
1219
GH. II, Sp. 361. StSG. II, S. 232, 30.
1220
GH. II, Sp. 1257f. StSG. IV, S. 10,1.
1221
GH. II, Sp. 2347f. StSG. II, S. 522,53.
1222
GH. II, Sp. 2516. StSG. I, S. 712, 38; V, S. 13,47; H. Thoma, PBB. 73 (Halle 1951) S. 227.
1223
GH. II, Sp. 2573. StSG. I, S. 177, 26.
1224
GH. I, Sp. 987. StSG. I, S. 485,45.
1225
GH. I, Sp. 974-978.
1226
BV. Nr. 634, S. 74.
1227
Vergil. Landleben, S. 94f.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
169
mit biswTchan übersetzt. Die hier feststellbare semantische Parallele läßt vermuten, daß die Bedeutungsbreite des althochdeutschen Verbs über 'betrügen, täuschen' und 'verführen' hinausging. Einen weiteren Beleg für diese Annahme liefert die in der Handschrift Einsiedeln StiftsB. cod. 312 (541)1228 auf p. 135 tradierte Glosse beswfchit1279. Sie bezieht sich auf das in Prudentius Psychomachia 237 bezeugt Textlemma resoluit. Der lateinische Kontext lautet: ... inbellesque animos uirtus tepefacta resoluit1230 '... und die bloß laue Tapferkeit schwächt die unkriegerischen Gemüter'. Bei der Übersetzung von resoluit, das hier für 'schwächen' steht, mit beswTchen ist weder eine Einschätzung als Fehlglossierung noch als Vokabelübersetzung wahrscheinlich. Ein Blick auf die Etymologie des volkssprachigen Interpretaments und auf seine Bezeugung im Mittelhochdeutschen bestätigt die Annahme, daß mit biswichan auch das Nachlassen, das Ermatten von Kräften bezeichnet werden konnte. biswTchan ist zu idg. syeig-1231 mit dem Bedeutungskern '(listig) etwas drehen, ausweichen, Trug', im Germanischen darüber hinaus 'nachgeben, nachlassen', zu stellen. Dem Interpretament vergleichen sich swlhhan 'abfallen, weichen (von), (jemanden) verlassen, im Stich lassen'1232 und giswThhan 'abfallen (von), (jemandem) abtrünnig werden, (jemanden) im Stich lassen, verlassen, ablassen, aufhören (mit)'1233. Im Mittelhochdeutschen wird beswTchen1234 für 'hintergehen, betrügen' sowie für 'nachlassen, ermatten' gebraucht. Zusammengenommen ergibt sich aus diesen Beobachtungen für die vorliegende Glossierung folgende Erklärungsmöglichkeit. Eine wörtliche Übersetzung der für 'blind' gängigen Wendung oculis captus ins Deutsche ist bezüglich captus schwierig. Die Wahl des Interpretaments biswTchan, das wohl auch für 'ermatten, nachlassen' verwendet werden konnte, läßt sich wahrscheinlich so verstehen: In einer analytisch vorgehenden Übersetzung des Topos oculis captos - auf eine solche Art der Übertragung deutet auch die interlingual nicht erforderliche, vom Lemma abweichende Form des Interpretaments als Akkusativ Plural Neutrum - ist die mit captos angesprochene Behinderung durch bisuichiniu als völliges Erlahmen der Sehkraft umgesetzt worden. Danach ist die Glosse bisuichiniu als eine den Kontextwert des Lemmas captos beachtende Übersetzung zu beurteilen.
1228
BV. Nr. 128, S. 17.
1229
StSG. II, S. 522, 53.
1230
Corpus Christianorum. Series Latina 126, S. 159.
1231
J. Pokorny, Indogermanisches etymologisches Wörterbuch, I, S. 1042. 1232
SchW. S. 250.
1233
SchW. S. 250.
1234
LH. I, Sp. 233.
170
Die Handschriften
123. fol. 33r, Ζ. 4. marg. r. Conuexum quotiens claud& nox humida cf lum...1235 "'So oft die tauige Nacht den gewölbten Himmel verschließt..."'1236 Halden1231 Rechts neben Haiden befindet sich ein hochgestellter Punkt. Conuexum - Halden holden: Akk. Sg. M., st. flekt. Adj. hald123* 'gewölbt (nach unten)'1239 124. fol. 33r, Z. 7 marg. r. Iamq; sub exortu solis si tristia rubro / Nubila miscentur confusa luce colori...1240 '"Wenn schon bei Aufgang der Sonne düstere Wolken bei kärglichem Licht sich zu der rötlichen Farbe mischen .,."'1241 vunuuatbichiu1242 Der auf die Glosse folgende hochgestellte Punkt hat nach H. Thoma1243 wohl E. Steinmeyers und E. Sievers Verlesung zu vunuuatbichur veranlaßt. tristia - vunuuatbichiu vunuuatbichiu: Nom. PI. N., st. flekt. Adj. unuuät[l]ichi2M 'düster'1245 vunuuatbichiu ist offensichtlich aus unuuat[l]ichiu entstellt1246, wobei das b aus einem leicht nach oben geschwungenen Bogen des / / / verschrieben sein könnte. Das Interpretament unuuat[l]ichiu führt auf ein im Althochdeutschen nur in den Glossen bezeugtes Adjektiv unwätlih1247. Für die hier angetroffene lemmatische Bindung an das Textwort tristia findet sich keine Parallele. Im Kontext ist tristia auf nubila 'Wolken' bezogen. Gemeint sind düstere, den Morgenhimmel trübende Wolken1248. Auch bei Vergil (Georgica, I, 53) wird im 1235
Juvenc. Ev. III, 224; CSEL. 24, S. 88.
1236
ThLL. IV, Sp. 870-872. 1237 StSG. IV, S. 338, 22. 1234 KFW. IV, Sp. 623f.; SchW. S. 135; GSp. IV, Sp. 892; StWG. S. 249. Sieh LH. I, Sp. 1159. 1239 Man vergleiche DWB. IV, 2, Sp. 221f.; KSEW. S. 288 (Halde). 1240 Juvenc. Ev. III, 227; CSEL. 24, S. 88. 1241 GH. II, Sp. 3228f. 1242
H. Thoma, PBB. 73 (1951) S. 230, 2. Man vergleiche StSG. IV, S. 338, 23 und A. 4.
1243
PBB. 73 (1951) S. 230, A. 2. GSp. I, Sp. 743 (unwätlih)·, StWG. S. 677; E. Steinmeyer, [Handschriftlicher lateinisch-althochdeutscher Index], S. 513; O. Gröger, Die althochdeutsche und altsächsische Kompositionsfuge, S. 467. 1245 DWB. XIII, Sp. 2584; DWB. XI, 3, Sp. 2171. 1244
1246
Sieh StSG. IV, S. 338, A. 4.
1247
GSp. I, Sp. 743; StWG. S. 677. Sieh H. Lauffer, Der Lehnwortschatz, S. 390, A. 451. Sieh dazu als Vorlage Matth. 16,1.
1248
London, BMMss. Add. 19723 (I)
171
Zusammenhang garstigen Wetters feda tempestas mit unwatlich1249 wiedergegeben. Da die Glossierung tristis - unuuät[l]Tch keine Vokabelübersetzung darstellt, ist der von W. v. Ackeren1250 zu den Hauptsünden unter tristitia aufgeführte Beleg unuuät[l]Fchiu angesichts seines hier nachweislich moralisch wertneutralen Gebrauchs zu streichen. 125. fol. 33r, Z. 9 marg. r. Dicitis agricolis nautisq; venire fragosam / Uentorum rabiem tempestatumq; furores1251 '"...sagt ihr, den Bauern und Seeleuten naht der Winde tosende Wut und der Stürme wütendes Toben"'1252 desenta1253 Das zweite e in desenta ist undeutlich. Es könnte sich auch um ein ο handeln. fragosam - desenta desenta: Part. Präs. Akk. Sg. F., st. flekt.; sw. V. d[ö]s[ö]n1254 'tosen' 1255 Für die marginal rechts neben Juvencus III, 229 vermerkte Glosse desenta ergibt sich weder im Althochdeutschen noch im Mittelhochdeutschen ein ausdrucksseitig klarer Anschluß. Ausgehend von der Beobachtung, daß es sich bei der Lautverbindung -nt- um das Formationsmorphem des Partizip Präsens1256 eines starken oder schwachen Verbs handelt, bieten E. Steinmeyer und E. Sievers1257 zwei Lesarten an. Sie schlagen vor, den Beleg desenta entweder als dosenta oder als diesenta aufzufassen. In beiden Fällen kommt das im Werktext überlieferte Adjektiv fragosam, mit dem im Kontext das Tosen des Windes bezeichnet wird, als Lemma in Betracht. Bei diesenta denkt E. Steinmeyer1258 offensichtlich an das starke Verb diez(z)en 'tosen, brausen, säuseln, fließen, hervorgehen'1259, das semantisch gesehen durchaus zu fragosus 'voller Getöse, krachend, rauschend'1260 stimmt. Der Anschluß des Interpretaments desenta an die1249
StSG. II, S. 678, 69 und A. 11.
1250
Die althochdeutschen Bezeichnungen der Septem peccata criminalia und ihrer filiae, S. 30. 1251
Juvenc. Ev. III, 229; CSEL. 24, S. 88.
1252
ThLL. VI, 1, Sp. 1236f.
1253
StSG. IV, S. 338, 24.
1254
SchW. S. 92; GSp. V, Sp. 229; StWG. S. 105, 800, 841. Man vergleiche RSV. II, S. 28.
1255
DWB. XI, 1,1, Sp. 901-904; KSEW. S. 733f.
1256
Sieh W. Wilmanns, Deutsche Grammatik, III, § 57, S. 102-104.
1257
StSG. IV, S. 338, A. 5.
125S
[Handschriftlicher lateinisch-althochdeutscher Index], S. 211. 1259
SchW. S. 91; GSp. V, Sp. 235f. Sieh StWG. S. 102f.
1260
GH. I, Sp. 2833.
172
Die Handschriften
zeit ist jedoch vom graphematisch-phonematischen Befund her kaum vertretbar. diez(z)en geht etymologisch auf germ. f> eut-a- 'schallen'1261 zurück. Der aus germ, feu/ bei α, e, ο in der Folgesilbe im Althochdeutschen entstandene Diphthong eo, io ist ab dem Ende des 10. Jahrhunderts überwiegend in der Graphie belegt1262. Das in der Wurzelsilbe von desenta auftretende , das als e für iena oder als unvollständige Schreibung interpretiert werden müßte, kommt als Graphie für den Diphthong im Althochdeutschen allerdings sehr selten vor. Darüber hinaus ist für germ, /t/ ungewöhnlich1264. Wahrscheinlicher ist, wenngleich auch die Annahme der Verschreibung von ο zu e in Kauf genommen werden muß, der Anschluß von desenta an das schwache Verb dösön 'tosen'1265. In der lemmatischen Bindung an fragosus begegnet dösön ein weiteres Mal in der Handschrift Rom, BV. Vat. lat. 38601266. Im Hinblick auf den Lemmabezug liefert die dort anzutreffende Glossierung zu Prudentius, Peristephanon X, Passio Romani 994, fragosa - dosontiu (fol. 54")1267, eine Stütze für den Ansatz der in Rede stehenden Glosse als dösön. Derselbe Vaticanus latinus 3860 enthält auf fol. 54v zu Prudentius, Peristephanon X, Passio Romani 966, bezogen auf das Werktextlemma mentes effrenae, den volkssprachigen Beleg desunga126*, der keinem der im Althochdeutschen bekannten Nomina auf -ung ohne weiteres zugewiesen werden kann. Eine in diesem Zusammenhang von H. Thoma1269 als Möglichkeit in Erwägung gezogene 'Anknüpfung' von desunga an desenta liegt zwar ausdrucksseitig nahe, ist jedoch aufgrund der mit desenta verbundenen Unsicherheiten problematisch. Sie wäre mit dem Althochdeutschen Glossenwörterbuch von T. Starck und J. C. Wells1270, das desunga als Hapaxlegomenon unter dem Ansatz dösunga verzeichnet, vielleicht über den Weg einer in desunga ebenfalls vorausgesetzten Verschreibung von ο zu e denkbar. Schließlich erinnert die Glosse desenta an das sonst allein bei Notker tradierte jan-Verb dösen 'zugrunde richten, vernichten'1271, wobei nur das erste e als Entstellung aus ο erklärt werden müßte. Der Anschluß von desenta an dösen er1261
SVEW. S. 516.
1262
BEG. § 47, S. 48-51.
1263
BEG. § 48, Α. 3, S. 50f.
1264
BEG. § 160, Α. 2, S. 154f.; J. Schatz, Althochdeutsche Grammatik, § 177, S. 118f.
1265
SchW. S. 92; RSV. II, S. 28; GSp. V, Sp. 229.
1266
BV. Nr. 834, S. 98.
1267
H. Thoma, PBB. 85 (Halle 1963) S. 231.
1268
H. Thoma, PBB. 85 (Halle 1963) S. 231.
1269
PBB. 85 (Halle 1963) S. 231, A. 4.
1270
StWG. S. 105.
1271
SchW. S. 92; RSV. I, S. 30; GSp. V, Sp. 229.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
173
scheint mit Blick auf die Kontextbedeutung des Lemmas fragosus jedoch zweifelhaft. Er ließe sich wohl lediglich unter der Voraussetzung einer Interpretationsübersetzung rechtfertigen. 126. fol. 33r, Z. 11 marg. r. Fallaces nostisfadem discernere cf//...1272 '"Betrüger, ihr wißt das Aussehen des Himmels zu erklären..."'1273 heitiri121* Auf heitiri folgt ein hochgestellter Punkt. faciem caeli - heitiri heitiri: Akk. Sg. st. F. heitiri1775 'Helle'1276 Eine lemmatische Bindung des Interpretaments heitiri, das marginal rechts zu Juvencus III, 231 eingetragen worden ist, ist im Kontext nicht erkennbar. Mit faciem celi, das sich noch am ehesten mit heitiri in Beziehung setzen läßt, wird das Aussehen des Himmels lediglich allgemein angesprochen, ob es sich dabei um einen heiteren wolkenlosen oder um einen trüben Himmel handelt, geht aus der Textstelle (Juvencus III, 231) nicht hervor, heitin hingegen, das in den literarischen Denkmälern des Althochdeutschen im Wortschatz Notkers1277 auftaucht, trägt die Bedeutungen 'Helle, Klarheit'1278. In der althochdeutschen Glossenüberlieferung zeigt sich heitin darüber hinaus als Bezeichnung für das freundliche heitere Wetter. Einen Beleg dafür bietet das in der Handschrift London, BMMss. Add. 342481279 tradierte Interpretament heitiri1280, das das bei Prudentius, Contra Symachus II, 1013 überlieferte Textlemma (tempestatis) dementia1281 glossiert, welches nach Ausweis des Kontextes für die Milde des Wetters steht. In der Bedeutung von serenitas 'die Heiterkeit, das heitere Wetter'1282 ist es im systematischen Zusammenhang des Summarium Heinrici in 1272
Juvenc. Ev. III, 231; CSEL. 24, S. 88. MW. II, Sp. 33-36; ThLL. III, Sp. 78-95 {caelum). BChD. S. 122; ThLL. VI, 1, Sp. 44-55 (faciei). 1273
1274
StSG. IV, S. 338, 25.
1275
SchW. S. 139; GSp. IV, Sp. 814 (haitan); StWG. S. 265; I.-M. Reps, Die althochdeutschen Bezeichnungen für Lichtvorstellungen, S. 71. 1276 Sieh DWB. IV, 2, Sp. 926f. (Heitere, Heitre)·, KSEW. S. 303 (heiter). 1277 SchW. S. 139; Notker-Wortschatz, S. 254. 1278 1279 1280
SchW. S. 128. BV. Nr. 402, S. 51. StSG. II, S. 551, 13.
1281 1282
Corpus Christianorum, Series Latina 126, S. 246. GH. II, Sp. 2621.
174
Die Handschriften
dem Kapitel 'De coelo et eius partibus'12® verzeichnet. Weder zu fades 'die äußere Beschaffenheit, das Äußere, das Aussehen, äußere Erscheinung, Art, Beschaffenheit, Antlitz'1284 noch zu caelum 'Himmelswölbung, Himmel, Witterung, Wetter, Klima, Horizont'1285 kommt heitin in anderen Glossierungen1286 als Interpretament vor. Aufschlüsse für das Verständnis der verhandelten Juvencusglosse lassen sich auch aus der volkssprachigen Kommentierung des entsprechenden Textauszugs bei Matth. 16, 4 faciem ergo caeli diiudicare nostis1287, die Juvencus als Vorlage gedient haben dürfte1288, nicht gewinnen, denn hier wird faciem mit /αηνα1289 übersetzt. Eine Erklärung der Glossierung ergibt sich möglicherweise aus der Berücksichtigung des erweiterten Kontextes. Dieser stellt das Ende einer Rede dar, in welcher Jesus den Pharisäern vorhält, daß sie zwar anhand der jeweiligen Färbung des Himmels das Wetter vorauszusagen vermögen, jedoch die Zeichen der Zeit nicht zu deuten imstande seien. Es ist denkbar, daß die dort vorgenommene detaillierte farbliche Beschreibung des Himmels und die damit konnotativ verbundenen Helligkeitsabstufungen für die Wahl des Interpretaments bestimmend gewesen sein könnten, heitin wäre demnach mit der Bedeutung 'Helle' anzusetzen und semantisch als assoziativ kommentierende Interpretationsübersetzung klassifizierbar. 127. fol. 33r, Z. 13 marg. r. ... Saeclorum uero nescitis tempora signis / Explorare suis1290 "'... aber die Verhältnisse der Zeitalter versteht ihr nicht an ihren Zeichen zu erkunden'"1291 iruaren1192 Rechts neben iruaren befindet sich ein hochgestellter Punkt. explorare - iruaren iruaren: Infinitiv st. V. iruaren™1'erkunden'1294 12&3
Sieh R. Hildebrandt, Summarium Heinrici, II, S. 68. 1284
GH. I, Sp. 2656f.
1285
GH. I, Sp. 903-905.
1286
Sieh Stellenangaben in StWG. S. 265.
12X7
Biblia Sacra, II, S. 1550.
1288
H. Widmann, De Gaio Vettio Aquilino Iuvenco carminis evangelici poeta, S. 29.
1289
StSG. I, S. 714, 8.
1290
Juvenc. Ev. III, 233; CSEL. 24, S. 88.
1291
ThLL. V, 2, Sp. 1744-1750.
1292
StSG. IV, S. 338, 26.
1293
KFW. III, Sp. 603-608; SchW. S. 107; StWG. S. 140.
1294
DWB. III, 788-791; KSEW. S. 185.
175
London, BMMss. Add. 19723 (I)
128. fol. 33Γ, Z. 17 marg. r. Haec ait & propere puppis retinacula soluens / Trans freta contendit rapido comprendere cursu / Arua philipporum...1295 'Er sagt dieses und schleunigst die Taue des Schiffes lösend, suchte er in schneller Fahrt über die Fluten, die Ufer von Philippi zu erreichen...'1296 Uta1»1 contendit - illa ilta: 3. Pers. Sg. Ind. Perf. sw. V. f/en1298 'eilen'1799 129. fol. 33r, Z. 26 marg. r. Dicitis auersi naui quod tollore [sic!] panes / Non fuerit uobis uaeuum..}** '"Befremdet aber sagt ihr, daß ihr keine Zeit gehabt hättet, Brote auf das Schiff zu laden ,.."'1301 mozza1302 uaeuum - mozza mozza: Nom. Sg. st. F. mözzalMi 'das Erlaubtsein' mozza [sm] 'erlaubt sein'1304 Für den volkssprachigen Marginaleintrag mozza ergibt sich von der Form sowie semantisch ein eindeutiger Anschluß an ahd. muoza 'Gelegenheit, Möglichkeit, das Erlaubtsein, Willkür'1305. Die angesichts der zeitlichen Einschätzung der Glossierung des Additional 19723 unübliche Graphie für den aus germ, / ö / entstandenen Diphthong könnte, sofern sie nicht von einer früheren Überlieferungsstufe herrührt1306, eine unvollständige Schreibung darstellen. Das mit mozza glossierte Textlemma uaeuum ist Bestandteil des im Lateinischen mit non fuerit uaeuum konstruierten Prädikats. Ob der Glossator mit Blick auf fuerit uaeuum die im Althochdeutschen gängige Wendung muoza sTn
1295
Juvenc. Ev. III, 237; CSEL. 24, S. 89.
1296
ThLL. IV, Sp. 662-670; BChD. S. 213.
1297
StSG. IV, S. 338, 27.
1298
SchW. S. 149; GSp. I, Sp. 226-230; RSV. I, S. 78f.; StWG. S. 298.
1299
DWB. III, Sp. 106-108; KSEW. S. 169.
1300
Juvenc. Ev. III, 246; CSEL. 24, S. 89.
1301
GH. II, Sp. 3346f.; BChD. S. 834f.
1302
StSG. IV, S. 338, 28.
1303
SchW. S. 192
1304
DWB. VI, Sp. 2771-2773
1305
SchW. S. 192.
1306
BEG. § 39. S. 38-40.
(muoza, muozze)·, GSp. II, Sp. 907 (moza)\ StWG. (musze); KSEW. S. 494.
S. 426.
176
Die Handschriften
'erlaubt, möglich sein'1307 bei der Übersetzung vor Augen gehabt hat, läßt sich anhand der Glossierung nicht erkennen. 130. fol. 34v, Z. 22 marg. r. Respice num potius nobis discedere longe / An istic tantae spectacula cernere molis / conueniat1308 '"Überlege nun, ob es sich für uns eher geziemt, weit fortzugehen oder hier den Anblick solcher Größe zu schauen"'1309 sdtri1310 molis - stiiri siiri: Gen. Sg. st. F. stiun1311 'Herrlichkeit' 131. fol. 35r, Z. 18 marg. r. Sed si quis credit iam uenerat ante renascens...1312 '"Wenn aber jemand glaubt, war bereits der zuvor Wiedergeborene [Elias] gekommen..."'1313 kibente1314 renascens - kibente kibente: Part. Präs. Nom. Sg. M., sw. flekt.; st. V. kiberenms 'wiedergeboren werden (?), gebären (?)'1316 Da lateinische Deponentien im Deutschen normalerweise durch Formen des Aktivs wiedergegeben werden, erscheint die in der vorliegenden Glossierung erfolgte Umsetzung des Lemmas renascens mit der Partizip-Präsens-Form kibente zunächst nicht weiter auffällig. Bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch, daß renasci im Kontext mit Bezug auf die Wiederkunft des Propheten Elias eindeutig die passivische Bedeutung 'wiedergeboren werden' trägt. Das Interpretament giberan ist im Althochdeutschen dagegen in der Regel in aktivischem
1307
SchW. S. 192. Sieh dazu StSG. II, S. 447, 3; S. 548,53; S. 628,10; S. 642,51.
1308
Juvenc. Ev. III, 326; CSEL. 24, S. 92.
1309
ThLL. VIII, Sp. 1338-1346.
1310
StSG. IV, S. 338, 32.
1311
SchW. S. 244; GSp. VI, Sp. 703f.; StWG. S. 595.
1312
Juvenc. Ev. III, 349; CSEL. 24, S. 93.
1313
GH. II, Sp. 2312; BChD. S. 711.
1314
H. Thoma, PBB. 73 (1951) S. 230. Sieh StSG. IV, S. 338,33.
1315 K 1316
p w
j
Sp
887_894. S c h W
s
73; S t W G
s
46
Man
vergleiche SVEW. S. 104-106.
DWB. IV, 1, 1, Sp. 1639-1649; KSEW. S. 248; A. L. Lloyd - O. Springer, Etymologisches
Wörterbuch des Althochdeutschen, I, Sp. 546-548.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
177
Gebrauch als 'gebären, zeugen, hervorbringen'1317 bezeugt, so daß bei kontextgerechter Übersetzung des Lemmas renascens am ehesten die PartizipPerfekt-Form zu erwarten wäre. Ob kiberen zuweilen auch die passivische Bedeutung 'geboren werden, wiedergeboren werden' annehmen konnte, ist mit dem Althochdeutschen Wörterbuch von E. Karg-Gasterstädt und Th. Frings1318 nicht eindeutig feststellbar. Problematisch ist die Glossierung renascens - kibente auch insofern, als mit giberan gewöhnlicherweise das 'Gebären' und nicht das 'Wiedergeboren werden' bezeichnet wird. Im Althochdeutschen treten für 'Wiedergeburt' und 'wiedergeboren' vielmehr die Bildungen aberbornm9, aburborani1320, aberburt1321 ein. Angesichts der semantischen wie grammatisch-morphologischen Unstimmigkeiten liegt es nahe, die Glossierung als Fehlübersetzung einzustufen. Möglicherweise handelt es sich bei der korrigierten Marginalglosse kibente um eine auf dem Wege der Abschrift entstandene verderbte Form. Daß sie von derselben Hand stammt, die den nebenstehenden Werktext eingetragen hat, ist aufgrund der Ähnlichkeiten in der Schrift wie der Tinte wahrscheinlich. 132. fol. 35\ Z. 2 marg. r. Nam cursus lung natum mihi dgmonis arte / / Torquet & in liquidas deiectum proicit undas / Aut miserum medio proiectum uoluit in igne1322 '"Denn der Lauf des Mondes quält mir den Sohn mit der Tücke des Teufels und wirft den zu Boden gestürzten in klares Wasser oder wälzt den armen niedergeworfenen mitten im Feuer"'1323 vualgot1324 uoluit - vualgot vualgot: 3. Pers. Sg. Ind. Präs. sw. V. vualgön1325 'wälzen'1326 133. fol. 44r, Z. 8 marg. r.
1317
KFW. I, Sp. 887-894; SchW. S. 73.
1318
KFW. I, Sp. 890.
1319
KFW. I, Sp. 749; SchW. S. 62.
1320
KFW. I, Sp. 750.
1321
KFW. I, Sp. 750; SchW. S. 62.
1322
Juvenc. Ev. III, 361; CSEL. 24, S. 94.
1323
GH. II, Sp. 3550-3552.
1324
StSG. IV, S. 338, 34.
1325
GSp. I, Sp. 800f.; RSV. II, S. 170; StWG. S. 692.
1326
DWB. XIII, Sp. 1227-1233
(tvalgen); SchBW.
II, Sp. 903f.
178
Die Handschriften
Sed uobis semper eglestia munera sordentnzi '"Doch die himmlischen Gaben sind euch immer verächtlich"'1328 bismahanti3x sordent - bismahant bismahant: 3. Pers. PI. Ind. Präs. sw. V. bismähen1330 'verschmähen'1331 Die schwachen eh-Verben zeigen in der dritten Person Plural Indikativ Präsens statt -ent gelegentlich die Flexionsendung -ant1332. Ein grundsätzliches Schwanken innerhalb der Flexionsklassen der schwachen Verben ist für bismähen zwar nicht bezeugt1333, doch treten Formen, die eher typisch für jan-Ve.rben sind, noch in zwei weiteren Parallelglossen1334 zu vorliegendem bismahant auf. Darüber hinaus ist festzuhalten, daß die verwandten Bildungen fersmähenms und gismähen1336 zu den schwachen Verben der ersten Klasse zählen. Unter Berücksichtigung der sonstigen zeitlichen Verhältnisse der Glossierung des Additional 19723 steht demnach zusammengenommen einem Ansatz von bismahant als jan-Verb nichts entgegen. 134. fol. 44r, Z. 14-15 ... ueris sed discite uerbis / Quox mox cuncta solo passim deiecta iicebunt1337 "'... doch lernt von den wahren Worten, daß bald alles ringsum verstreut zerstört am Boden liegen wird"'1338 ski'ro1339
1327
Juvenc. Εν. IV, 83; CSEL. 24, S. 115.
1328
GH. II, Sp. 2733; BChD. S. 766.
1329
StSG. IV, S. 338, 35.
1330
SchW. S. 235; StWG. S. 561; RSV. II, S. 255; GSp. VI, Sp. 822 (bismahjan). Sieh A. Bogner,
Die Verbalvorsilbe bi- im Althochdeutschen, S. 33,45,55. 1331
Man vergleiche DWB. I, Sp. 1581 (beschmähen); KSEW. S. 641 (Schmach); J. Pokorny,
Indogermanisches etymologisches Wörterbuch, I, S. 966. 1332
BEG. § 309, Α. 1, S. 261; U. Förster, Der Verfallsprozess der althochdeutschen
Verbalendungen, S. 113. 1333 Man vergleiche J. Schatz, Germanica, S. 363-365. 1334
StSG. II, S. 448, 30; H. Thoma, PBB. 73 (1951) S. 203.
1335
SchW. S. 235; R. Bergmann, Rückläufiges morphologisches Wörterbuch, S. 71; GSp. VI, Sp.
822f.; StWG. S. 561; RSV. I, S. 192. 1336
GSp. VI, Sp. 822; RSV. I, S. 192; StWG. S. 561.
1337
Juvenc. Εν. IV, 90; CSEL. 24, S. 115.
1338
BChD. S. 542.
1339
StSG. IV, S. 338, 36.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
179
Quox ist wohl aus Quod und iacebunt wohl aus iicebunt verschrieben. Das Interpretament skiro steht über mox. Es ist mit dem über dem r eingetragenen e in skiero korrigiert worden. mox - skiro skiro: Adv. skiero13*0 'bald'1341 135. fol. 44v, Z. 18-19 Iud^i lonpe fugiant montesq; capessant / Nec quisquam domibus repetat sustollere secum / Quem fuga consoci& uestemue aut mobile quicquam ...1342 '"Die Juden mögen weit fliehen und die Berge zu erreichen suchen, und niemand soll nach Hause zurückkehren, um mit sich zu nehmen, was sich mit der Flucht verbinden lasse, Kleidung oder irgendeine bewegliche Habe ,.."'1343 Die Edition hat zu Beginn von Juvenc. IV, 126 Quae statt Quem1344. niescot1345 nemin™6 Über repetat steht niescot. Aufgrund des durch Oberlängen und Unterlängen im Interlinearraum entstandenen Platzmangels beginnt der Eintrag von nemin erst über dem ersten e von sustollere. Rechts neben nemin befindet sich ein hochgestellter Punkt. (Nec) repetat - niescot sustollere - nemin a. ni: Negationspartikel /u1347 'nicht' b. escof. 3. Pers. Sg. Ind. Präs. sw. V. escön1MS 'zurückverlangen'1349 c. nemin·. Infinitiv st. V. nemin1350 'nehmen'1351 Der Kontext (Juvencus IV, 125) läßt in der Auffassung des Lemmas repetat, dem der volkssprachige Interlineareintrag niescot zugeordnet ist, grundsätzlich zwei Deutungsmöglichkeiten zu: Erstens kann Nec quisquam domibus repetat 1340
SchW. S. 230; GSp. VI, Sp. 536f.; StWG. S. 541.
1341
Man vergleiche E. Oksaar, Semantische Studien, S. 314. Juvenc. Εν. IV, 125; CSEL. 24, S. 117. 1343 BChD. S. 551 (nec). GH. II, Sp. 2322-2324 (repetere). BChD. S. 804 (sustollere). 1344 CSEL. 24, S. 117. 1345 StSG. IV, S. 338, 37. 1346 StSG. IV, S. 338, 38. 1347 SchW. S. 196; GSp. II, Sp. 969-972; StWG. S. 437f. 1348 KFW. III, Sp. 226-231; SchW. S. 100 (eiscön); RSV. II, S. 33f.; StWG. S. 123. 1349 ι -i«n DWB. III, Sp. 363 (eischen). Sieh DWB. IV, 2, Sp. 897-900; KSEW. S. 302 (heischen). 1342
SchW. S. 195; GSp. II, Sp. 1054-1060; StWG. S. 434. Zur Flexionsendung vergleiche man U. Förster, Der Verfallsprozess der althochdeutschen Verbalendungen, S. 60-63. 1351 DWB. VII, Sp. 521-549; KSEW. S. 501.
180
Die Handschriften
mit 'und niemand möge nach Hause zurückkehren' übersetzt werden. Im klassischen wie im mittelalterlichen Latein ist repetere*352 nicht nur in den Bedeutungen 'zurückgehen, zurückkehren', sondern auch als 'zurückverlangen, verlangen, fordern' bezeugt. Von daher könnte die Textstelle zweitens als 'und niemand möge nach Hause zurückverlangen' verstanden werden. Juvencus' Darstellung orientiert sich hier vor allem an Markus 13, 16 qui in agro erit non revertatur retro tollere vestimentum suum ,..1353 und Matthäus 24, 18 qui in agro non revertatur tollere tunicam suam135\ Der in den Evangelien dargebotenen Version zufolge sowie aus inhaltlichen Gründen, ist die erste Lesart, nach der repetere als 'zurückkehren' aufgefaßt wird, vorzuziehen. Im Hinblick auf die Glossierung fällt zunächst auf, daß der dem Interpretament escot vorangestellte Negationspartikel ni im graphischen Lemma repetat keine Entsprechung findet. Er scheint sich vielmehr auf das die Textzeile einleitende Nec zu beziehen, das im Kontext zu quisquam gehört. Das Syntagma Nec quisquam 'und niemand'1355 läßt sich wörtlich mit 'und nicht jemand' paraphrasieren. Bei dem angenommenen Bezug von ni auf Nec ist es fraglich, ob der Glossator bei der Übersetzung die Wendung Nec quisquam insgesamt beachtet hat. Die Annahme einer Wort für Wort nachvollziehenden kontextgemäßen Übertragung von Nec quisquam, bei welcher die Kommentierung von quisquam nicht vermerkt oder auf abschriftlichem Wege verloren gegangen wäre, ist wohl kaum in Betracht zu ziehen. Das Interpretament escot ist an das öh-Verb eiskön1356 anzuschließen, das im Althochdeutschen häufig und in den Bedeutungen 'verlangen, (zurück)fordern, erfordern, Verlangen tragen (nach), erfragen, sich erkundigen (nach), erforschen, (er)bitten, einladen, anrufen (als), für jem. etw. fordern' 1357 überliefert ist. Die Graphie in escot geht auf germ, /ai/ zurück, das im Althochdeutschen Sprachraum in der Regel durch die Schreibung < ei >1358, seltener durch
vertreten ist. Die in der vorliegenden Glossierung graphisch ausgewiesene lemmatische Bindung von escön an repetere stellt innerhalb der volkssprachigen Glossen 1352
GH. II, Sp. 2322-2324; BChD. S. 713; J. F. Niermeyer, Mediae Latinitatis lexicon minus, S.
909. 1353
Biblia Sacra, II, S. 1598.
1354
Biblia Sacra, II, S. 1564.
1355
GH. II, Sp. 2175.
1356
i n
Sp
226-231; SchW. S. 100; RSV. II, S. 33f.; StWG. S. 123.
1357
SchW. S. 100; KFW. III, Sp. 226-231.
1358
BEG. § 44, S. 44f.; J. Schatz, Althochdeutsche Grammatik, § 27, S. 28f.
1359
BEG. § 44, Α. 4, S. 45; J. Schatz, Altbairische Grammatik, § 13, S. 23-25; FSchG. § 31, 2, S.
40f.
181
London, BMMss. Add. 19723 (I)
keine Ausnahme dar1360. Die im Kontext spezifizierte Bedeutung des Lemmas stimmt jedoch nicht zu den bezeugten Bezeichnungsmöglichkeiten des Interpretaments escot, so daß repetat nach der für das Wort sonst gewöhnlichen Bedeutung 'zurückverlangen, fordern' mit escot vokabelübersetzt zu sein scheint. Gegen die Klassifizierung der Glossierung als Vokabelübersetzung könnte möglicherweise geltend gemacht werden, daß der Glossator den Juvencustext Nec quisquam domibus repetat in der oben angesprochenen Version 'und niemand möge nach Hause zurückverlangen' interpretiert hat. Für das Interpretament kann demnach, ähnlich wie in dem Althochdeutschen Wörterbuch von E. Karg-Gasterstädt und Th. Frings1361 vorgeschlagen, die Bedeutung 'zurückverlangen (nach)' angesetzt werden. 136. fol. 44v, Z. 22 marg. r. Deflendfj iam sunt uteri cum pondere matres / Et miseros fetus dulci ςιις lacte rigabunt136* "'Zu bedauern sind die schwangeren Mütter und die, welche die armen Sprößlinge mit der süßen Milch säugen'"1363 tagint™ lacte rigabunt - tagint tagint: 3. Pers. PI. Ind. Präs. sw. V. tagen1365 'säugen' Über den Anschluß des Belegs tagint ist sich die Forschung uneins. Dieser Tatbestand spiegelt sich in dem Glossenwörterbuch von T. Starck und J. C. Wells wider, das die Glosse tagint unter zwei verschiedenen Ansätzen, einmal unter dewen, douwen1366 und des weiteren unter täen1367 aufführt. In beiden Fällen ist ein Verweis auf den jeweils alternativen Ansatz oder eine zumindest zu erwartende Kennzeichnung der Zuordnung als unsicher unterblieben. F. Raven1368 stellt das Interpretament tagint zu dem schwachen Verb douwen, dewen, für das er neben 'verdauen' auch die Bedeutungen 'auftauen, schmelzen, verdauen, erweichen' angibt. Mit Blick auf das Lemma (lacte) rigabunt be-
1360
StSG. I, S. 369,4; S. 614,60; S. 810,50; S. 818,43; II, S. 76,49; S. 121, 68.
1361
KFW. III, Sp. 229.
1362
Juvenc. Εν. IV, 128; CSEL. 24, S. 117.
1363
GH. II, Sp. 2394; BChD. S. 724 (rigare). ThLL. VII, 2, Sp. 814-819
1364
StSG. IV, S. 338, 39.
1365
StWG. S. 620
1366
StWG. S. 98.
1367
StWG. S. 620.
1368
RSV. I, S. 290f.
(lac).
(täen)·, GSp. V. Sp. 284 (taan); H. Wagner, Zur Herkunft der e-Verba, S. 54.
182
Die Handschriften
stimmt er es als dritte Person Plural Indikativ Präsens mit der Bedeutung 'benetzen' 1369 . Ausgehend von einem Verfahren, das die Bedeutungsermittlung eines Interpretaments in erster Linie von dem lateinischen Bezugswort abhängig machte, ließe sich F. Ravens Angabe 'benetzen' möglicherweise rechtfertigen, denn rigare steht für 'eine Flüssigkeit wohin leiten, führen, bewässern, benetzen, tränken, säugen'1370. Vor dem Hintergrund des Kontextes, in welchem mit lacte rigabunt poetisch das Stillen von Säuglingen bezeichnet wird1371 und angesichts der für douwen, dewen sonst üblichen Bedeutungen ist ein solcher Ansatz fraglich. Vor allem erscheint ein Anschluß von tagint an dewen beziehungsweise hier eher douwen auch unter graphematisch-phonematischem Gesichtspunkt zweifelhaft. Erstens müßte bei dem anlautenden t- in tagint, wenn es sich nicht um eine fehlerhafte Schreibung handelt1372, eine Weiterverschiebung des d- angenommen werden1373, die bei dem Verb dewen, douwen eine Ausnahme darstellte. Zweitens ist unklar, wie die Entstehung der Differenzen im Wurzelsilbenvokalismus gedacht werden soll, die selbst unter der Voraussetzung mehrerer lautlicher Zwischenstufen1374 nicht ohne die Annahme eines aufgrund fehlerhafter Überlieferung entstellten Belegs auskäme. E. Steinmeyer1375 hat die Glosse tagint in seinem handschriftlichen Verzeichnis lateinisch-althochdeutscher Entsprechungen als taan aufgenommen. Er denkt hierbei wohl an das zu den Verba pura zählende schwache Verb täen 'säugen'1376. Semantisch wie ausdrucksseitig ist ein Anschluß des Interpretaments tagint an täen überzeugender. Das -g- in tagint ist problemlos als hiatustilgender Übergangslaut aufzufassen, der gerade bei den Verba pura des öfteren eingeschoben wird1377. Ahd. täen, das auf die indogermanische Wurzel dhe(i)-, dh-ei-? 'saugen, säugen'1378 zurückgeht, vergleicht sich im Germanischen
13W
RSV. I, S. 291.
1370
GH. II, Sp. 2394.
1371
Man vergleiche dazu F. Quadlbauer, Grazer Beiträge 2 (1974) S. 199.
1372
BEG. § 167, Α. 9, S. 166f.
1373
BEG. § 167, Α. 8, S. 166. Zur Etymologie sieh KSEW. S. 723 (Tau
J. Pokorny, Indoger-
manisches etymologisches Wörterbuch, I, S. 1054. 1374
Man vergleiche zu den lautlichen Entwicklungen von dewen, douwen BEG. § 358, Α. 3, S.
291; DWBN. VI, Sp. 388f.; BEG. § 114, S. 107f. Zum hiatustilgenden sieh BEG. § 117, S. 110. 1375
[Handschriftlicher lateinisch-althochdeutscher Index], S. 436. 1376
GSp. V, Sp. 284; StWG. S. 620; RSV. I, S. 221. Zu den Verba pura sieh K. Matzel, Ge-
sammelte Schriften, S. 68-88, insbesondere S. 80, 83. 1377 1378
BEG. § 117, S. 110; § 152 b, S. 144f. J. Pokorny, Indogermanisches etymologisches Wörterbuch, I, S. 241f.; K. Matzel, Ge-
sammelte Schriften, S. 20.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
183
mit den Bildungen got. daddjan1379, aschwed. ggia 'säugen'1380. Im Althochdeutschen ist, soweit erkennbar, das Verb täen nur noch ein weiteres Mal und zwar im Bibelglossar Rb der Handschrift Karlsruhe, BLB. Aug. IC1381 bezeugt. Der im Glossar auf fol. 86r auszugsweise wiedergegebene Kontext, auf den die volkssprachige Kommentierung denne dhih taant bezogen wird, ist nach E. Steinmeyer und E. Sievers1382 Proverb. 1,10 entnommen. Dort steht nach der Version der Vulgata: ... si te lactaverint peccatores... 1383 '... wenn dich die Sünder locken, ... '. Das für taant in Frage kommende Lemma lactaverint gehört zu lactare 'einen an sich locken, ködern, aufziehen'1384, das leicht mit dem Homonym lactare 'Milch geben, säugen, saugen'1385 verwechselt werden kann. Ist das Interpretament taant, wie von der Lexikographie einheitlich vertreten, an täen 'säugen' anzuschließen1386, so deutet die Übersetzung von lactaverint mit taant auf eine Fehlglossierung hin. Angesichts der verwickelten Uberlieferungsverhältnisse im Glossar Rb1387 bedarf eine solche als vorläufig zu betrachtende Einstufung der Glossierung eingehenderer Analysen, als in diesem Rahmen möglich sind. Auch wenn der Anschluß des Interpretaments tagint an täen daher in dem zusätzlich herangezogenen Beleg taant nur bedingt eine Stütze findet, so ist er ausdrucksseitig, etymologisch wie semantisch dem zuerst vorgestellten an dewen, douwen vorzuziehen. 137. fol. 45r, Z. 3-4 Nomine fallentes xpi falsiquf prophetg / Exsurgent terris & monstra potentia fingent1388 '"Die, die mit dem Namen Christi [Menschen] täuschen und falsche Propheten werden sich auf der Erde erheben und gewaltige Wunder schaffen"'1389 1390 egison 1373 W. P. Lehmann, Α Gothic Etymological Dictionary, S. 86; Η. Wagner, Zur Herkunft der eVerba, 1380 S. 54. J. Pokorny, Indogermanisches etymologisches Wörterbuch, I, S. 242. 1381
BV. Nr. 296, S. 38; StSG. IV, Nr. 54, S. 399^»01.
1382
StSG. I, S. 541, 2f. und Α. 1.
1383
Biblia Sacra, II, S. 958.
1384
GH. II, Sp. 534f.
1385
GH. II, Sp. 534.
1386
1387 GSp.
V, Sp. 284; RSV. I, S. 221; StWG. S. 620.
Zum Glossar Rb sieh die neuere Studie von E. Meineke, Bernstein im Althochdeutschen, S. 75-210. 1388
Juvenc. Εν. IV, 139; CSEL. 24, S. 117.
1389
ThLL. VIII, Sp. 1446-1454; BChD. S. 539.
1390
StSG. IV, S. 338,40.
184
Die Handschriften
monstra - egison egison: Akk. PI. sw. M. egisoim 'das Ungeheuerliche' 138. fol. 45r, Z. 25-26 Haec tellus celumq5 super soluentur in ignes1392 '"Diese Erde und überdies der Himmel werden in Feuersbrünsten aufgelöst werden'"1393 darazua1394 super - darazua darazua: Adv. darazua"95 'überdies'1396 139. fol. 46', Z. 5-6 Conferri possunt caelestia regna puellis / Bis quinis pars est quarum sapientior una / Altera perstupido uecors stolidissima corde1397 '"Das Himmelreich kann zehn Jungfrauen verglichen werden, von denen der eine Teil der klügere, der andere, höchst törichte, von äußerst unverständigem Herzen ist"'1398 aherceziw perstupido ist wohl als praestupido aufzufassen1400. uecors - ahercez ahercez: Nom. Sg. N., st. flekt. Adj. äherzim 'töricht' Das Interpretament äherz, das im Althochdeutschen nur vereinzelt in den Glossen vorkommt1402, ist in der vorliegenden Glossierung als eine Lehnbildung zu lateinisch vecors1403 aufzufassen.
1391
KFW. III, Sp. 85-87; SchW. S. 98; StWG. S. 118; D. Ruprecht, Tristitia, S. 57, 59.
1392
Juvenc. Εν. IV, 161; CSEL. 24, S. 118.
1393
GH. II, Sp. 2928f.
1394
StSG. IV, S. 338,41.
1395
KFW. II, Sp. 263-305; SchW. S. 86; StWG. S. 91.
1396
Man vergleiche DWBN. VI, Sp. 443-448.
1397
Juvenc. Εν. IV, 199; CSEL. 24, S. 120.
1398
GH. II, Sp. 3378.
1399
StSG. IV, S. 338, 42 u. A. 6.
1400
N. Hansson, Textkritisches zu Juvencus, S. 144; GH. II, Sp. 1887
1401
KFW. I, Sp. 68; GSp. IV, Sp. 1045
(aherzer);
(praestupidus).
StWG. S. 17; A. L. Lloyd - O. Springer, Ety-
mologisches Wörterbuch des Althochdeutschen, I, Sp. 2,104. 1402
A. L. Lloyd - O. Springer, Etymologisches Wörterbuch des Althochdeutschen, I, Sp. 104.
1403
A. Walde - J. B. Hofmann, Lateinisches etymologisches Wörterbuch, II, S. 740.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
185
140. fol. 46v, Ζ. 6 marg. r. Sicut enim longas cui contigit ire ,pfecto / In terras credens seruis tractanda talenta / . . . dedit1404 '"So wie nämlich einer, für den es sich ergab, daß er in ferne Länder reiste, den Knechten vertrauend Talente als zu verwaltende aushändigte ..."'140S zuuntuente1406 tractanda - zuuntuente a. zi: Präp. mit Dat. zi1407 'zu' (?) b. uiruuente[nneJ: [Infinitiv Dat. ] sw. V. uiruuente[n]140S 'nutzen' (?) Das nach handschriftlichem Befund in der Schreibung zuuntuente bezeugte Interpretament ist mit E. Steinmeyer1409 und F. Raven1410 als verderbt anzusehen. Innerhalb der sonstigen volkssprachigen Glossierungen des als Lemma in Frage kommenden lateinischen Textwortes tractanda tritt keine ausdrucksseitig vergleichbare und damit anschließbare Bildung auf1411, so daß unter diesen Umständen ein eindeutiger Anschluß des zweifellos althochdeutschen Belegs problematisch ist. Jeder der bisher in der Forschung erwogenen Ansätze zu zuuruuente muß mit Verschreibung beziehungsweise Konjektur operieren. In der Ausgabe C. Marolds1412 sowie E. Steinmeyers und E. Sievers1413 wird die Marginalglosse übereinstimmend zuuruuente gelesen und lemmatisch dem im Werktext überlieferten Gerundivum tractanda zugewiesen. In seinem lateinisch-volkssprachigen Index hat E. Steinmeyer1414 das vorliegende Interpretament gesondert und zwar als "tractanda zuruuente 4, 338, 43" vermerkt. An welchen Anschluß E. Steinmeyer im einzelnen gedacht hat, ist nicht klar. Die nach seiner Lesart auf das z- in zuuruuente folgenden -uu- faßt er als Verschreibung aus einfachem -«- auf. Die korrigierte Form zuruuente führt auf ein von dem starken Neutrum wenti 'Wende'1415, dem starken Femininum wendi
14M
Juvcnc. Εν. IV, 228; CSEL. 24, S. 121.
1405
G H . II, Sp. 3164f.; BChD. S. 822.
1406
StSG. IV, S. 338, 43.
1407
SchW. S. 305; GSp. V, Sp. 572-576; S t W G . S. 759f.
1408
SchW. S. 286; GSp. I, Sp. 757f.: S t W G . S. 710. Man vergleiche RSV. I, S. 257.
1409
[Handschriftlicher lateinisch-althochdeutscher Index], S. 509.
1410
RSV. I, S. 282.
1411
Sieh E. Steinmeyer, [Handschriftlicher lateinisch-althochdeutscher Index], S. 509. 1412
G e r m a n i a 32 (1887) S. 355.
1413
StSG. IV, S. 338, 43. [Handschriftlicher lateinisch-althochdeutscher Index], S. 509.
1414 1415
SchW. S. 287.
186
Die Handschriften
'Wechsel'1416 oder möglicherweise auch von dem jan-Verb wenten 'wenden, beugen, führen, abwenden, zum Abfall bringen, verwandeln, zur Umkehr bringen, umstimmen, bestimmen, beziehen (auf), gereichen lassen, abhalten (von)'1417 mit Hilfe der Partikel zur-1418 abgeleitetes Substantiv, das sich zu Bildungen wie zurganch1419, zurgift1420, zurlust1421, zurtriuwe1422, zu/wärt1423 stellt. Ein solcher Anschluß kann sich nicht auf Parallelbelege stützen. Er erweist sich darüber hinaus in semantischer Hinsicht als schwierig. Die Nomina wie ganc1424, giftl42S und triuwa1426, die etwas Positives oder Wertneutrales bezeichnen, erfahren durch die Ausstattung mit der Vorsilbe zur- stets einen Bedeutungswandel ins Pejorative. Das für sich genommen polyseme Lemma tractare 'schleppen, zerren, ziehen, sich mit etwas beschäftigen, handhaben, leiten, führen, verhandeln, sich gegen jemanden betragen, überdenken' 1427 trägt im Kontext die Bedeutung 'verwenden (investieren)'. Mit Blick auf die negativen Bezeichnungsmöglichkeiten von tractare, in etwa 'mißbrauchen, mißhandeln'1428, ließe sich zwar ein Ansatz des Interpretaments als *zurwente vorstellen, das setzte allerdings Vokabelübersetzung voraus. Zusammengenommen ist vor diesem Hintergrund ein Anschluß des Interpretaments an *zurwente mehr als zweifelhaft. Eine weitere Anschlußmöglichkeit des schwierigen Belegs wird von F. Raven1429 vorgeschlagen, der daneben die Lösung E. Steinmeyers nicht für ausgeschlossen hält. Auch er sieht ebenso wie E. Steinmeyer in zuur- eine Verschreibung für zur-, denkt jedoch an den Ansatz eines sonst nicht belegten schwachen Verbs *zuruuenten. Angesichts des lemmatischen Bezugs auf tractanda erwägt F. Raven, die Flexionsendung des Belegs in Form eines Infinitiv Dativs zu zuuruuentefnne] zu konjizieren. Die verschiedenen Bedeutungsanga1416
SchW. S. 287.
1417
SchW. S. 286; GSp. I. Sp. 754-756; StWG. S. 710.
1418
Sieh W. Wilmanns, Deutsche Grammatik, II, § 421, 1, S. 573; W. Henzen, Deutsche Wortbil-
dung, § 58, Α. 1, S. 101. 1419
SchW. S. 308; GSp. IV, Sp. 102f.; StWG. S. 772.
1420
GSp. IV, Sp. 126; StWG. S. 772.
1421
SchW. S. 308; GSp. II, Sp. 290; StWG. S. 773.
1422
SchW. S. 308; GSp. V, Sp. 466; StWG. S. 773.
1423
GSp. I, Sp. 860; StWG. S. 773.
1424
SchW. S. 124; GSp. IV, Sp. 98-100; StWG. S. 190.
1425
SchW. S. 128; GSp. IV, Sp. 124f.; StWG. S. 206.
1426
SchW. S. 258; GSp. V, Sp. 466f.; StWG. S. 636.
1427
GH. II, Sp. 3164f.
1428
GH. II, Sp. 3164f. Man vergleiche DGLG. S. 591.
1429
RSV. I, S. 282.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
187
ben, die F. Raven bietet, ("schleppen, berühren, verwalten"1430) werden nicht näher begründet. Sie orientieren sich vermutlich in erster Linie an den Bezeichnungsmöglichkeiten des Lemmas. Gegen den Ansatz zuruuenten sprechen sowohl die Beleglage als auch die unklaren semantischen Verhältnisse. Das Althochdeutsche Glossenwörterbuch von T. Starck und J. C. Wells1431 hat die in Rede stehende Glosse dem schwachen Verb irwenten zugeordnet und die Anfangsbuchstaben des Belegs der Präposition zi zugeschrieben. Von der Graphie des volkssprachigen Eintrags her gesehen, ist eine solche Auffassung des Interpretaments durchaus möglich. Es ist anzunehmen, daß T. Starck und J. C. Wells bei zi an die dem Infinitiv Dativ vorangehende Partikel gedacht haben. Die Glosse wäre demnach als zi uruuente[nne] zu lesen. Das jan-Verb irwenten 'abwenden, vereiteln, zurückführen, zum Weichen bringen, wegziehen, entwinden, abbringen, abhalten (von), bewahren (vor)'1432 ist in den althochdeutschen Sprachdenkmälern und Glossen gut bezeugt. Der Auslegung des Interpretaments zuuniuente als zi irwenten kommt, was die Beleglage angeht, bislang noch am ehesten Wahrscheinlichkeit zu. Problematisch bleibt der Ansatz im Hinblick auf den semantischen Bezug zu lat. tractare. Eine weitere, soweit zu sehen, noch nicht zur Diskussion gestellte Auffassung beruht auf der Lesung der Marginalglosse als ziuiruuente, wobei das erste -uals Graphie für / 4 3 3 zu beurteilen wäre. Die beiden ersten Buchstaben zi- gehörten mit dem Althochdeutschen Glossenwörterbuch zu der Präposition z/1434, während uiruuente an das im Althochdeutschen nur einmal in den Bibelglossen der Handschrift Göttweig, StiftsB. 46/103 (früher Ε 5)1435 tradierte schwache Verb firwentenUib angeschlossen werden könnte. Denkbar wäre hier angesichts des Lemmas tractanda etwa die Bedeutung 'verwenden' oder 'nutzen'. Die zuvor erwähnte Bibelglosse übersetzt das im ersten Buch der Makkabäer 9, 9 verzeichnete Lemma auerterem7, das im Kontext im Sinne von 'jem. zurückhalten, jem. widerraten' gebraucht worden ist. Als Bezeichnung für 'verwenden, nutzen' kommt das Verb, soweit sich anhand des einen Belegs feststellen läßt, im Althochdeutschen nicht vor. Auch das Mittelhochdeutsche143® läßt in diesem Fall
1430
RSV. I, S. 282.
1431
StWG. S. 710, 759f.
1432
SchW. S. 286; GSp. I, Sp. 757f.; RSV. I, S. 257; StWG. S. 710.
1433
Sieh BEG. § 137, S. 127f.
1434
SchW. S. 305; GSp. V, Sp. 572-576; StWG. S. 759f.
1435
BV. Nr. 264, S. 35.
1436
StWG. S. 710.
1437
StSG. I, S. 693, 39.
143S
LH. III, Sp. 301; BMZ. III, S. 694.
188
Die Handschriften
keine eindeutigen Rückschlüsse zu. Insofern erscheint der Anschluß des als Infinitiv Dativ auffaßbaren Belegs zi uiruuente[nne] an firwenten unbefriedigend. 141. fol. 46v, Z. 25-26 Hoc igitur gnarum potius prestare decebat / Ut fructum nobis tractata peccvnia ferret1439 '"Da [dir] diese bekannt ist, geziemte es sich eher, zu gewährleisten, daß das anvertraute Vermögen uns Gewinn erbringt"'1440 dis1441 Hoc - dis dis: Dem.-Pron. Norn. Sg. N. dis1442 'dieses'1443 Die Volkssprachigkeit der Glosse dis ist angesichts des graphisch ausgewiesenen Bezugs auf hoc und nach der sonstigen lateinischen1444 wie auch althochdeutschen Glossierung1445 des Lemmas wohl hinreichend gesichert. Die lemmatische Bindung an hoc führt zu der Bestimmung des Interpretaments als Nominativ Singular Neutrum des zusammengesetzten Demonstrativpronomens diz,44b. Im Althochdeutschen gehen der Nominativ wie Akkusativ Singular Neutrum des Demonstrativpronomens stets auf die Affrikata ζ aus1447, unverschobenes thit oder dit finden sich im Mitteldeutschen1448. Die von daher ungewöhnliche in dis angetroffene Graphie ist erst in mittelhochdeutscher Zeit1449 häufiger und zwar verstärkt im Alemannischen1450 belegt. Aufgrund dieses Befundes ist zu vermuten, daß der Eintrag dis einer jüngeren Glossierungsschicht angehört.
1439
Juvenc. Εν. IV, 248; CSEL. 24, S. 122.
1440
ThLL. VI, 3, Sp. 2691-2771.
1441
StSG. IV, S. 338,44.
1442
StWG. S. 98; GSp. V, Sp. 72-78. Sieh BMZ. I, S. 367; K. Weinhold, Mittelhochdeutsche
Grammatik, § 485, S. 535. 1443
DWB. II, Sp. 1134-1141. Sieh dazu H. Sparmann, PBB. 83 (Halle 1961) S. 64f.
1444
Man vergleiche Corpvs glossariorvm latinorvm, VI, S. 520.
1445
Sieh E. Steinmeyer, [Handschriftlicher lateinisch-althochdeutscher Index], S. 234 (A/c).
1446
SchW. S. 89; GSp. V, Sp. 72-78; StWG. S. 98.
1447
BEG. § 288, 246f.; J. Schatz, Althochdeutsche Grammatik, § 422, S. 275. Man vergleiche G.
Klingenschmitt, Althochdeutsch, I, S. 187. 1448
BEG. § 288, S. 246f.; FSchG. § 177, S. 225f.
1449
LH. I, Sp. 440; BMZ. I, S. 367; K. Weinhold, Mittelhochdeutsche Grammatik, § 485, S. 533-
536; Grammatik des Frühneuhochdeutschen, VII, § 29, S. 308-318. 1450
K. Weinhold, Mittelhochdeutsche Grammatik, § 485, S. 533-536. Man vergleiche K. Wein-
hold, Alemannische Grammatik, S. 467f.; H. de Boor, PBB. 98 (Tübingen 1976) S. 19f.
London, BMMss. Add. 19723 (I)
189
142. fol. 49v, Z. 8 marg. r. Ille Symonis erat tectis quem lurida lepra / Uirtute ipsius diffugeratiA5i 'Er befand sich im Hause des Simon, den der fahle Aussatz durch ein Wunder desselben [Christus] geflohen hatte'1*52 bimeid1453 Rechts neben bimeid befindet sich ein hochgestellter Punkt. diffugerat - bimeid bimeiu: 3. Pers. Sg. Ind. Perf. st. V. bimldan1454 'fliehen'1455 143. fol. 50Γ, Z. 13 marg. r. Et iudas grauiter tum conscia pectora pressus / Numquid ait iudam talis suspicio tangit1456 'Und Judas daraufhin schwer bedrückt, in der Seele sich des Unrechts bewußt, spricht: "Trifft ein solcher Verdacht etwa Judas?"'1457 zuruuan145e Die Lesung H. Thomas1459, der abweichend von E. Steinmeyer und E. Sievers1460 keinen Akzent über dem α von zuruuan feststellen kann, ist zu bestätigen. In der Untersuchung von P. Sievers1461 ist der Beleg daher zu tilgen. suspicio - zuruuan zuruuan: Nom. Sg. st. M. zuruuan1462 'Verdacht'1463 144. fol. 51r, Z. 16 marg. r. Rursus discipulos somni sub pondere pressos / Inuenit & rursus idem genitore precato / Alloquitur fesso nexos languore quietis1464 1451
Juvenc. Εν. IV, 410; CSEL. 24, S. 129.
1452
ThLL. V, 1, Sp. 1106; BChD. S. 271.
1453
SlSG. IV, S. 338, 45 und A. 7.
1454
SchW. S. 187; GSp. II, Sp. 675-677; StWG. S. 412, 826; A. Bogner, Die Verbalvorsilbe bi- im
Althochdeutschen, S. 50,55. SVEW. S. 348-350. 1455
Man vergleiche DWB. VI, Sp. 1899-1901; KSEW. S. 471 (meiden).
1456
Juvenc. Εν. IV, 444; CSEL. 24, S. 130.
1457
GH. II, Sp. 2979f.; BChD. S. 803.
1458
H. Thoma, PBB. 73 (1951) S. 230. Sieh StSG. IV, S. 338, 46.
1459
PBB. 73 (1951) S. 230.
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