Studien zur Wortstellung - Satzgliedstellung in der althochdeutschen Tatianübersetzung
 9783666203497, 3525203497, 9783525203491

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V&R

Studien zum Althochdeutschen Herausgegeben von der Kommission für das Althochdeutsche Wörterbuch der Akademie der Wissenschaften in Göttingen Band 34

Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen

Arne Dittmer und Ernst Dittmer

Studien zur Wortstellung Satzgliedstellung in der althochdeutschen Tatianübersetzung Für den Druck bearbeitet von Michael Flöer und Juliane Klempt

Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen

D i e s e r Band wurde durch die Bund-Länder-Kommission für Forschungsförderung im A k a d e m i e n p r o g r a m m mit Mitteln des B M B F (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie) und des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.

Die Deutsche Bibliothek-

CIP-Einheitsaufnahme

Dillmer, Arne: Studien zur Wortstellung, Satzgliedstellung in der althochdeutschen Tatianübersetzung / Arne Dittmer und Emst Dittmer. Für den Dr. bearb. von Michael Flöer und Juliane Klempt. Göttingen : Vandenhoeck und Ruprecht, 1998 (Studien zum Althochdeutschen ; Bd. 34) ISBN 3-525-20349-7

© 1998 Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen. Printed in Germany. - Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Druck: Hubert & Co., Göttingen

Unserer engen Verwandtschaft

Vorwort Die vorliegende Arbeit hat sich aus langer Beschäftigung mit dem Althochdeutschen und besonders mit der Tatianübersetzung ergeben. Die Arbeit hat Verzögerungen erlebt. Nach dem Tod von Ernst Dittmer stockte die Arbeit eine Zeitlang. Zwar lag der größte Teil fertig, aber nur in unredigierter Form, manche Teile mit der Hand geschrieben, keine Teile auf Diskette. Die Arbeit habe ich zu Ende führen müssen. Für technische Computerleistungen habe ich Poul Holm Jensen und besonders Annelise Dittmer zu danken. Dank gebührt den germanistischen Instituten der Universitäten in Ärhus und Kopenhagen, auch dem Verlag und besonders Rudolf Schützeichel, der eine Prüfung durchgeführt und in Münster die endgültige Druckvorlage durch Michael Flöer und Juliane Klempt unter Mitwirkung von Anke Jarling und Birgit Meineke hat erstellen lassen. Die Kommission für das Althochdeutsche Wörterbuch der Akademie der Wissenschaften in Göttingen hat die Arbeit in die Reihe der Studien zum Althochdeutschen aufgenommen. Besonderer Dank gebührt der engen Verwandtschaft für ihre Geduld. Kopenhagen im Sommer 1997

Arne Dittmer

Inhalt Bibliographie

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I.

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Einleitung

II. Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung 1. Die topologischen Felder 2. Wert der Belege 3. Übersicht 4. Der 2. Klammerteil 5. Mittelfeld und Nachfeld A. Anzahl der Glieder im Mittelfeld und im Nachfeld B. Besetzung/Nicht-Besetzung des Mittelfeldes und des Nachfeldes C. Gegenseitige Berührung von Mittelfeld und Nachfeld . . . a. Terminologisches und Übersicht b. Umstellung aus dem Nachfeld ins Mittelfeld c. Umstellung aus dem Vorfeld ins Mittelfeld d. Bewahrung e. Einsetzung f. Zusammenfassung D. Art der umgestellten, bewahrten und eingesetzten Glieder a. Allgemeines b. Umstellung aus dem Nachfeld c. Bewahrung im Nachfeld d. Anhang: Umstellung/Bewahrung des schweren Subjekts e. Umstellung aus dem Vorfeld f. Bewahrung im Mittelfeld g. Einsetzung ins Mittelfeld h. Zusammenfassung 6. Das Jokerfeld A. Terminologisches: Satztypen im althochdeutschen Tatian B. Gruppe I a. Tabellarische Darstellung

34 34 36 37 37 48 48 48 50 50 52 55 58 61 66 67 67 68 71 76 78 82 85 88 89 89 91 91

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Inhalt

b. Bewahrung leerer präfiniter Bereiche 93 c. Bewahrung besetzter präfiniter Bereiche 93 d. Ahd. Umstellung (partielle Reduktion) 94 e. Ahd. Einsetzung 95 C. Gruppe II 95 a. Überblick 95 b. Bewahrung: ein Glied 96 c. Bewahrung: mehrere Glieder 97 d. Änderung der Vorlage 98 e. Verwertung der Gruppe II 99 D. Ergänzende Untersuchung der Kapitel 140- 150 99 E. Abweichende Besetzung des Jokerfeldes 100 a. Totale Reduktion und Einfluß von inti, tho und ni.. . 100 b. Überfullter präfiniter Bereich 102 F. Anhang über Fragesätze 105 a. Ergänzungsfragen 105 b. Entscheidungsfragen 106 c. eno-Sätze 106 7. Spezialprobleme {tho, inti, wanta) 109 A. Das tho im althochdeutschen Tatian 109 a. tho als Subjunktion 109 b. tho als Konjunktion oder Adverb 111 c. Konklusion 114 d. Schema 115 B. Inti-Sätze 115 a. Einleitung 115 b. /«//-Nebensatz als Spannsatz 116 c. /«//-Nebensatz als Kernsatz/Stirnsatz 118 d. Die kaum geänderten /«//-Nebensätze 118 e. Relevanz der ungeänderten/«//-Nebensätze 120 f. Eingesetzte leichte Objekte im Nebensatz 121 C. Wanta-Sätze 122 a. Einleitung 122 b. Sätze mit wanta 122 c. Sätze mit bithiu wanta 123 d. Sätze mit bithiu 124

Inhalt

e. Nicht-beweiskräftige Belege f. Fünf nicht-topologische Kriterien g. Zusammenfassung III. Nebensatz (Spannsatz, Gliedsatz) 1. Lateinischer Nebensatz 2. Der Nebensatz im althochdeutschen Tatian 3. Links Herausgestelltes 4. 1. Klammerteil 5. Mittelfeld und Nachfeld A. Prinzipielles B. Mittelfeld und Nachfeld: Umstellung, Einsetzung, Bewahrung a. Umstellung b. Einsetzung ins Mittelfeld c. Einsetzung ins Nachfeld d. Bewahrung e. Gesamtübersicht und Verwertung C. Art der eingesetzten/umgestellten/bewahrten Glieder . . . a. Prinzipielles b. Das Subjekt D. Reihenfolge der Glieder a. Regularitäten b. Übersicht c. Belege 6. Der mehrgliedrige 2. Klammerteil der althochdeutschen Spannsätze A. Prinzipielles und Übersicht B. Zweigliedrige Verbindungen von F + I in Kontaktstellung a. F in der Vorlage: Die Übersetzung hat FI b. F in der Vorlage: Die Übersetzung hat IF c. Zusammenfassung d. IF in der Vorlage: Die Übersetzung hat FI e. FI in der Vorlage: Die Übersetzung hat IF f. Zusammenfassung

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125 126 130 131 131 132 133 135 136 136 138 138 151 161 163 169 172 172 173 181 181 181 182 187 187 188 189 190 192 193 193 194

12

Inhalt

C.

D.

E.

F.

g. FI in der Vorlage: Die Übersetzung bewahrt FI h. IF in der Vorlage: Die Übersetzung bewahrt IF i. Zusammenfassung j. Tabellarische Übersicht Zweigliedrige Verbindungen von F + I in Kontaktstellung a. IF in der Vorlage: Die Übersetzung hat FI b. FI, F ... I, I in der Vorlage: Die Übersetzung hat IF . . c. FI, F ... I in der Vorlage: Die Übersetzung hat F I . . . . d. IF in der Vorlage: Die Übersetzung hat IF e. Zusammenfassung Zweigliedrige Verbindungen von F + Pr in Kontaktstellung a. Konstruktion mit oder ohne F in der Vorlage: Die Übersetzung hat Fpr b. Konstruktion mit oder ohne F in der Vorlage: Die Übersetzung hat PrF c. Zusammenfassung d. PrF in der Vorlage: Die Übersetzung hat FPr e. FPr in der Vorlage: Die Übersetzung hat PrF f. Zusammenfassung g. Bewahrung von FPr h. Bewahrung von PrF i. Zusammenfassung von g. und h j. Zusammenfassung von Tabelle 7 und 8 Zweigliedrige Verbindungen von F + Pr in Kontaktstellung a. FPr in Vorlage und Übersetzung b. PrF im Hauptsatz der Vorlage: PrF im Nebensatz der Übersetzung c. FPr in Vorlage und Übersetzung d. PrF in Vorlage und Übersetzung e. Zusammenfassung Zweigliedrige Verbindungen von Vollverben mit Infinitum +/- zi in Kontaktstellung

194 195 196 197 198 198 198 199 199 199 200 201 201 202 202 203 204 205 205 207 207 209 209 210 210 211 212 212

Inhalt

a. FI / F ... I in der Vorlage: Die Übersetzung bewahrt FI b. Bewahrung von IF G. Dreigliedrige Verbindungen von F + 1 + Pr/I/Vz in Kontaktstellung a. Nachstellung von Pr b. Voranstellung von Pr c. Mittelstellung von Pr d. Andere dreigliedrige Gruppen e. Übernahme der dreigliedrigen Gruppe aus der Vorlage H. Zweigliedrige Verbindungen von Finitum mit Infinitum oder Prädikativum in Distanzstellung (F ... I/Pr) a. Prinzipielles b. F ist wesan oder werdan c. F ist ein Modalverb d. F ist ein Prädikativverb e. F ist ein Vollverb f. Zusammenfassung I. Zusammenfassung von III.6. (2. Klammerteil) a. wesan und werdan als Hilfsverben b. Modalverben c. Prädikativverben d. Vollverben IV. Topologie der nicht als Teil des Prädikats auftretenden Infinitkonstruktion 1. Einleitung 2. Die Topologie des Infinitums Α. Der Infinitiv a. Der Infinitiv ist Subjekt b. Der Infinitiv ist freies Adverbialglied c. Der Infinitiv ist einem Substantiv untergeordnet . . . . d. Der Infinitiv ist einem Adjektiv untergeordnet B. Partizipium Präsens a. Das Partizipium Präsens als freies Prädikativum . . . .

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212 213 214 214 216 217 218 219 220 220 221 221 223 227 230 233 233 233 233 234 235 235 235 235 235 235 236 236 236 236

Inhalt

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b. Das Partizipium Präsens als Attribut 236 c. Das Partizipium Präsens als Prädikat eines absoluten Dativs 237 C. Partizipium Präteritum 237 a. Das Partizipium Präteritum als freies Prädikativum . . 237 b. Das Partizipium Präteritum als Attribut 237 c. Das Partizipium Präteritum als Prädikat eines absoluten Dativs 238 3. Topologische Gliederung der Infinitkonstruktion 238 A. Generelles 238 B. Merfeld 238 C. Interaktion zwischen Mittelfeld und Nachfeld 239 a. Umstellung aus dem Nachfeld ins Mittelfeld 239 b. Bewahrung im Nachfeld 241 c. Zusammenfassung 244 d. Umstellung aus dem Mittelfeld ins Nachfeld 244 e. Bewahrung im Mittelfeld 244 f. Zusammenfassung 246 g. Einsetzung ins Mittelfeld 246 h. Einsetzung ins Nachfeld 248 D. Umstellung/Bewahrung in Infinitkonstruktionen im Vergleich mit Hauptsätzen und Nebensätzen 249 a. Tabelle 249 b. Bewahrung des leichten Objekts im Nachfeld 250 c. Anhang: Rückung des leichten Objekts ins Mittelfeld oder Einsetzung ins Nachfeld oder Mittelfeld 251 E. Partizip im Dativ + Substantiv/Pronomen im Dativ . . . . 252 a. Generelles 252 b. Übersicht und Kommentar 252 c. Material 255 d. Partizip - Artikel/Numerale/Pronomen - Substantiv . 257 e. Reihenfolge der Glieder im Mittelfeld der infiniten absoluten Konstruktion 259 V. Zusammenfassung

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Bibliographie Ausführliche Bibliographie in der Ausgabe von Achim Masser. Die folgenden Literaturangaben beziehen sich in der Hauptsache auf in diesem Band verwendete Literatur. Anton Baumstark, Die Vorlage des althochdeutschen Tatian. Herausgegeben von Johannes Rathofer. Niederdeutsche Studien 12. Köln - Graz 1964 Otto Behaghel, Die Herstellung der syntaktischen Ruhelage im Deutschen. Indogermanische Forschungen 14 (1903) S. 438-459 -, Deutsche Syntax. Eine geschichtliche Darstellung. I. Die Wortklassen und Wortformen. A. Nomen. Pronomen, II. Die Wortklassen und Wortformen. B. Adverbium. C. Verbum, III. Die Satzgebilde, IV. Wortstellung. Periodenbau. Germanistische Bibliothek. I. Sammlung germanischer Elementar- und Handbücher. I. Reihe: Grammatiken. Zehnter Band. Heidelberg 1923-1932 Franz Blatt, Fra Cicero til Copernicus. K.0benhavn 1940 Deutsche Literaturgeschichte in Grundzügen. Herausgegeben von Bruno Boesch. Bern 1946 Helmut de Boor - Richard Newald, Geschichte der deutschen Literatur von den Anfangen bis zur Gegenwart. I. Siebente Auflage. München 1966 Hadumod Bußmann, Lexikon der Sprachwissenschaft. Unter Mithilfe und mit Beiträgen von Fachkolleginnen und -kollegen. Kröners Taschenausgabe 452. Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage. Stuttgart 1990 Paul Diels, Die Stellung des Verbums in der älteren althochdeutschen Prosa. Palaestra 59. Berlin 1906 Ernst Dittmer, Die Wortstellung im AHD Tatian. Althochdeutsch. Syntax und Semantik. Akten des Lyoner Kolloquiums zur Syntax und Semantik des Althochdeutschen (1.-3. März 1990). Herausgegeben von Yvon Desportes. Centre d'Etudes Linguistiques Jacques Goudet. Serie germanique ancien I. Lyon 1992, S. 245-258 Gustav Ehrismann, Geschichte der deutschen Literatur bis zum Ausgang des Mittelalters. 1. Teil. Die althochdeutsche Literatur. Zweite durchgearbeitete Auflage. München 1932 Peter Ganz, Ms. Junius 13 und die althochdeutsche Tatianübersetzung. (Hermann Paul - Wilhelm Braune) Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 91 (Tübingen 1969) S. 28-76 Uta Gosewitz, Wort- und Satzgliedstellung. Eine Bibliographie (in Auswahl). Germanistische Linguistik 4 (1973), Heft 3, S. 1-142 Jürgen Lenerz, Syntaktischer Wandel und Grammatiktheorie. Linguistische Arbeiten 141. Tübingen 1984 Jörg Lippert, Beiträge zur Technik und Syntax althochdeutscher Übersetzungen. Medium Aevum - Philologische Studien 25. München 1974

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Bibliographie

Achim Masser, Syntaxprobleme im althochdeutschen Tatian. Semantik der syntaktischen Beziehungen. Akten des Pariser Kolloquiums zur Erforschung des Althochdeutschen 1994. Herausgegeben von Yvon Desportes. Germanische Bibliothek. Neue Folge. 3. Reihe. Band 27. Heidelberg 1997, S. 123-140 -, Die lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue des Cod. Sang. 56. Mit 12 Abbildungen. Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. I. PhilologischHistorische Klasse. Jahrgang 1991. Nr. 3. Göttingen 1991 [Achim Masser} Die lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue Stiftsbibliothek St. Gallen Cod. 56. Unter Mitarbeit von Elisabeth De Felip-Jaud herausgegeben von Achim Masser. Studien zum Althochdeutschen. Herausgegeben von der Kommission fur das Althochdeutsche Wörterbuch der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. Band 25. Göttingen 1994 Hermann Paul, Deutsche Grammatik. I-IV. Halle a. S. 1916 - 1920 G. Quispel, Tatian and the Gospel of Thomas. Leiden 1975 Johannes Rathofer, Die Einwirkung des Fuldischen Evangelientextes auf den althochdeutschen 'Tatian'. Abkehr von der Methode der Diatessaronforschung. Literatur und Sprache im europäischen Mittelalter. Festschrift für Karl Langosch zum 70. Geburtstag. Herausgegeben von Alf Önnerfors, Johannes Rathofer und Fritz Wagner. Darmstadt 1973, S. 256-308 Wilhelm Ruhfus, Die Stellung des Verbums im althochdeutschen Tatian. Phil. Diss. Heidelberg 1897 [Eduard Sievers] Tatian. Lateinisch und altdeutsch mit ausführlichem Glossar herausgegeben von Eduard Sievers. Bibliothek der ältesten deutschen Literatur-Denkmäler V. Paderborn 1872. Zweite neubearbeitete Ausgabe 1892. Unveränderter Nachdruck 1966 Rudolf Schützeichel, Althochdeutsches Wörterbuch. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage. Tübingen 1995 Stefan Sonderegger, Frühe Übersetzungsschichten im Althochdeutschen. Philologia Deutsch. Festschrift zum 70. Geburtstag von Walter Henzen. Herausgegeben von Werner Kohlschmidt und Paul Zinsli. Bern 1965, S. 101-114 Th. C. van Stockum - J. van Dam, Geschichte der deutschen Literatur. Groningen Haag - Batavia 1934 Vibeke Winge, Die Wortstellung in der althochdeutschen Tatianübersetzung. Unveröffentlichte Magisterarbeit. Universität Kopenhagen 1964 Wilhelm Wissmann, Zum althochdeutschen Tatian. Indogermanica. Festschrift fiir Wolfgang Krause. Heidelberg 1960, S. 249-267 Ludwig Wolff, Das deutsche Schrifttum bis zum Ausgang des Mittelalters I. Göttingen 1951

I. Einleitung Die althochdeutsche Tatianübersetzung1 (fortan auch als der althochdeutsche Tatian oder einfach als der Tatian bezeichnet) ist aus mehreren Gründen wohlgeeignet für eine topologische Untersuchung2: Der Tatian ist ein umfangreiches Werk, außerdem ein Prosawerk, das in bezug auf die Topologie jedenfalls nicht in dem Grad rhythmisch bestimmt ist wie zum Beispiel ein Versepos mit festem Versmaß. Es liegt ein lateinischer Paralleltext vor, der mit dem althochdeutschen Text als unmittelbar vergleichbar betrachtet werden kann. Dabei ist aber der Tatian keine unproblematische Textwahl. A. Baumstark3 und W. Wissmann4 haben die Ansicht vertreten, daß der althochdeutsche Tatian nicht auf die in der Handschrift G nebenstehende lateinische Version (fortan als G bezeichnet) und auch nicht auf den Codex Fuldensis zurückgehe. Er beruhe auf einer unbekannten Handschrift, die dem althochdeutschen Tatian näher stehe. Damit schien der syntaktischen Forschung über den Tatian eigentlich der Boden entrissen zu sein, da es ja denkbar ist, daß in jedem einzelnen Fall die unbekannte Vorlage sklavisch wiedergegeben ist und dem althochdeutschen Text also jede Selbständigkeit abgeht. A. Baumstark und W. Wissmann geben jedoch zu, daß das eigene Sprachgefühl des Übersetzers zu Abweichungen von der Vorlage fuhren kann, so daß man nicht einfach den althochdeutschen Text rückübersetzen kann, wenn man die verlorene Vorlage rekonstruieren will. Aber wie stellt der Forscher Abweichungen fest, wenn er die Vorlage nicht kennt? Es fragt sich nun, was die These von A. Baumstark und W. Wissmann für eine Untersuchung der Wortstellung im Tatian bedeutet. J. Lippert5 meint, daß man die lateinische Version G durchaus als Vergleichsgrundlage verwenden kann, da das von A. Baumstark und W. Wissmann und später auch von P. Ganz6 zusammengetragene Material 'R. Schützeichel, Althochdeutsches Wörterbuch, S. 37f. 2

Man vergleiche E. Dittmer, Althochdeutsch. Syntax und Semantik. Herausgegeben von Y. Desportes, S. 245-258. 3 Die Vorlage des althochdeutschen Tatian. "Festschrift für Wolfgang Krause, S. 249-267. 'Beiträge zur Technik und Syntax, S. 49f. 6

PBB. (= [H. Paul - W. Braune] Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur) 91 (1969) S. 28-76.

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Einleitung

wie nicht berührt, es sei denn in der Folge von Hinzufügungen und Auslassungen von Wörtern und von Konstruktionsänderungen übergreifender Art." Nach seiner Ansicht können wir "also da, wo die ahd. Übersetzung in der Verbposition gegenüber dem Latein von den Hss. G und F abweicht, mit einiger Sicherheit eine Selbständigkeit der Übersetzerseite konstatieren, gerade auch dann, wenn solche Verschiebungen in für die Zielsprache typischer Manier und in einer Fülle der Belege auftreten". Wir sind mit J. Lippert einig und versuchen seine Begründung weiter auszuführen. Wenn wir von unserer allgemeinen Kenntnis der älteren deutschen Wortstellung aus eine Hypothese über die genuine althochdeutsche Wortstellung in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts aufstellen und auf dieser Grundlage die Wortstellung im Tatian als genuin/deutsch bzw. nicht genuin/nichtdeutsch bezeichnen, können wir - ohne auf die Frage der Vorlage einzugehen - das Verhältnis des Tatian zur lateinischen Version G folgendermaßen beschreiben: 1. Jede topologische Abweichung des Tatian von G erreicht eine genuine deutsche Wortstellung oder nähert sich einer solchen. Der Tatian weicht nie in nichtdeutscher Richtung von G ab. Die Abweichungen in der Verbstellung bestehen darin, daß im Hauptsatz das finite Verb nach links, an die zweite Stelle, und im Nebensatz nach rechts, hinter die zweite Stelle rückt. 2. Einer nichtdeutschen Wortstellung im Tatian entspricht immer eine nichtdeutsche Wortstellung in G. Das heißt: Jedesmal, wenn der Tatian eine nichtdeutsche Wortstellung hat, steht in G die gleiche Wortstellung. 3. In den meisten Fällen stimmt die Satzgliedstellung des Tatian mit der Satzgliedstellung von G überein und ist entweder genuin oder nicht genuin althochdeutsch. An einem Punkt ist die Übereinstimmung zwischen dem Tatian und G fast hundertprozentig: in der Position der Präpositionalgefüge, die im Tatian im Nebensatz präfinit oder postfmit an genau den gleichen Stellen wie in G stehen. G wäre also in topologischer Hinsicht die ideale Vorlage für den althochdeutschen Tatian: Die Übersetzung zeigt weitgehende Übereinstimmung mit G, und die Abweichungen sind wohlbegründet, da sie in deutsche Richtung gehen, nie in nichtdeutsche. Eine unbekannte Vorlage kann sich kaum weit von G entfernen, kann

Einleitung

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Eine unbekannte Vorlage kann sich kaum weit von G entfernen, kann dem althochdeutschen Tatian kaum näher stehen als G: Eine von G verschiedene Vorlage X kann, wenn sie in topologischer Hinsicht dem Tatian näher stehen soll, nur dort von G abweichen, wo der Tatian eine deutsche und G eine nichtdeutsche Wortstellung hat. X würde also nur in deutscher Richtung von G abweichen. Eine solche lateinische Version ist unwahrscheinlich. Da die lateinische Wortstellung relativ frei ist, hätte man in einer von G verschiedenen Version auch Abweichungen in nichtdeutscher Richtung erwartet, und sie kommen nach Ausweis vom althochdeutschen Tatian nicht vor: Nichtdeutsche Wortstellung im Tatian kommt nur vor, wenn auch G eine nichtdeutsche Wortstellung hat. Man kann das gleiche Räsonnement durchführen, ohne anzugeben, ob eine Wortstellung deutsch oder nichtdeutsch ist. Es ist unwahrscheinlich, daß die Vorlage X nur in einer Richtung von G abweichen würde: durch die Stellung des Finitums weiter nach links in Hauptsätzen und durch die Stellung des Finitums weiter nach rechts in Nebensätzen. Die lateinische Wortstellung ist ja relativ frei, und die umgekehrten Abweichungen sollten auch vorhanden sein. Das Resultat dieser Überlegungen ist, daß die Vorlage X in topologischer Hinsicht wohl mit G identisch sein muß. Die Frage ist demnach, ob es überhaupt eine unbekannte Vorlage X für den althochdeutschen Tatian gibt. Heute steht die Auffassung von A. Baumstark und W. Wissmann nicht allein. J. Rathofer7 und G. Quispel8 meinen, daß der althochdeutsche Tatian primär eine Übersetzung von G ist, jedoch andere lateinische Quellen hinzugezogen wurden. Die große Nähe des Tatian zu G in topologischer Hinsicht verträgt sich gut mit dieser Annahme, ja unterstützt sie sogar. Wenn man allein auf Grund der Wortstellung zwischen den beiden Möglichkeiten Übersetzung aus G oder Übersetzung aus einer unbekannten Vorlage wählen sollte, würde man sich für die Übersetzung aus G entscheiden, da es wahrscheinlicher ist, daß die vielen Abweichungen des althochdeutschen

7

Festschrifl für Karl Langosch, passim.

"Tatian and the Gospel of Thomas, S. 22-25; S. 69-77, passim.

20

Einleitung

Tatian von G, die alle in deutsche Richtung gehen, von einem deutschen Übersetzer von G stammen, als daß sie schon in einer lateinischen Vorlage standen. Für unsere Untersuchung können wir somit die lateinische Version G als Vergleichsgrundlage für die Wortstellung des Tatian benutzen. Unterstützt wird diese Auffassung durch die nicht seltenen Fälle, in denen der Übersetzer mit Sicherheit selbst die Wortstellung gestaltet hat, zum Beispiel dort, wo die Vorlage wegen der Andersartigkeit des lateinischen Sprachsystems weniger Wörter im Satz aufweist als der althochdeutsche Tatian. In solchen Fällen, die später zur Sprache kommen, zeichnen sich die gleichen Tendenzen ab, wie in den übrigen Abweichungen des Tatian von G. Der Tatian ist keine Interlinearversion. Er ist eine wortgetreue Übersetzung, die die lateinische Vorlage teils genau, teils freier wiedergibt. Nachgebildet sind in der Syntax die vielen Partizipialkonstruktionen. Dagegen ist zum Beispiel die häufige Einsetzung des bestimmten Artikels und der Subjektpronomina selbständig. In ähnlicher Weise doppelgesichtig ist die Wortstellung des Tatian. Abhängigkeit und Freiheit wechseln ab. Bald wird von der Wortstellung der Vorlage abgewichen: 573,7' pacem relinquo uobis ih forlazzu iu sibba (165,5)

Bald wird wörtlich wiedergegeben, was deutsche Verbstellung ergeben kann: 553,2 Vos uocatis me magistrum ir heizzet mih meistar (156,2)

Oder die wörtliche Übersetzung ergibt eine nichtdeutsche Verbstellung: 245,14f. Jpse autem transiens.' thanan her farenti (78,9) per m e dium eorum ibat. thuruh mittilodi iro fuor., Wörtliche, nichtdeutsche Wiedergabe kann mehrere Gründe haben. Am wichtigsten sind wohl zwei: Unvermögen des Übersetzers, sich von der Vorlage freizumachen, oder Ehrfurcht des Übersetzers vor der sprachlichen Form der heiligen Vorlage. 9

Die Nachweise der zitierten Textstellen erfolgen durch die Angabe der Seiten und Zeilen bei A. Masser, Die lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue Stiftsbibliothek St. Gallen Cod. 56. In Klammern stehen die Kapitelangaben nach E. Sievers, Tatian.

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Einleitung

Unserer Meinung nach ist die letztgenannte Erklärung zutreffender. Schon der große Übersetzer, der Kirchenvater Hieronymus sagt: "In den heiligen Texten ist selbst die Wortstellung ein Mysterium'" 0 . Wahrscheinlich ist es also beabsichtigt, wenn der Tatianübersetzer die Wortstellung der Vorlage beibehält. Gegen Unfähigkeit des Übersetzers spricht weiter, daß seine Wahl zwischen freier und wörtlicher Wiedergabe einer nichtdeutschen Wortstellung der Vorlage bestimmten Prinzipien folgt. Der Übersetzer ändert lieber die Stellung der Satzgliedteile innerhalb des Satzgliedes als die Stellung der Satzglieder innerhalb des Satzes: So werden die Teile der Nominalphrase immer nach deutscher Weise arrangiert. Sie stehen in Kontaktstellung und in der Reihenfolge Pronomen/Adjektiv vor Substantiv. Der Beleg 553,8 alterius lauare pedes. anderes fuozzi uuasgan. (156,2)

zeigt althochdeutsche Kontaktstellung gegenüber der Vorlage. Die Belege 415,2

vidua autem quaedam

sum uuitua

turba multa

mihil menigi

(122,2)

und

395,6 (116,5)

zeigen die Reihenfolge Pronomen/Adjektiv vor Substantiv. Die nichtdeutsche Stellung der Satzglieder wird dagegen oft beibehalten: 611,15 ego palam locutus sum mundo ih offano sprah thesemo mit2) I carcerem Iohannes | gisentit in carcari; Im althochdeutschen Kernsatz steht das Finitum im Prinzip an der zweiten Stelle, ni ist ein Proklitikon des Finitums und wird nicht mitgezählt. Das Subjekt iohannes steht hier postfinit, und zwar im Mittelfeld des Kernsatzes. Der Hauptgrund zur mehrwortigen Wiedergabe der lateinischen Vorlage liegt in der Tatsache, daß Althochdeutsch analytischer ist als Latein und deshalb öfter Hilfsverben und Subjektpronomina verwendet. Die Übersetzer stehen auch vor einem Problem nichtsprachlicher Art: Die Handschrift G besteht aus einer linken lateinischen und einer rechten althochdeutschen Spalte. Die beiden Texte müssen sich zeilenweise entsprechen, die lateinische Zeilenbrechung muß von dem Übersetzer respektiert werden, das heißt, innerhalb der Zeilengrenze darf der Übersetzer Wörter umstellen oder einsetzen oder eine andere Konstruktion wählen - er darf aber keine althochdeutschen Wörter in eine folgende Zeile rücken oder aus einer folgenden Zeile umstellen. Dieser Zwang kann eine nichtdeutsche Wortstellung mit sich fuhren, wie ein paar Belege zeigen werden: 393,18f. & cum adpropinquar& Inti mittiu her tho nahita (116,4) j a m a ( j descensum ... iu zi thera nidarstigu ... Das leichte Adverb iu sollte im Mittelfeld (= präfinit) stehen, die Umstellung ist aber wegen der Zeilenbrechung blockiert. Oder: 391,14 Euntes autem discipuli gangente thie iungoron ~16 fecerunt sicut praecepit tatun so gibot (116,2) iiii s ihesus. in ther heilant. wo die Umstellung des leichten Objekts in blockiert ist.

24

Einleitung

Die Zeilenbrechung läßt sich in der Ausgabe von E. Sievers11 nicht erkennen. Wir wollen die Zeilenbrechung durch die zeilenweise Aufstellung - wie in der Ausgabe von A. Masser12 - oder einfach durch einen Schrägstrich angeben, so zum Beispiel 391,14-16 gangente thie iungoron / tatun so gibot / in ther heilant. In allen hier ausgeschriebenen Belegen wird somit die Zeilenbrechung angegeben. Es versteht sich, daß Zeilenbrechung mit der nun zu besprechenden Feldeinteilung nichts zu tun hat. Sie gibt nur Anfang und Ende der Zeile an. An einem Beispiel nur soll verdeutlicht werden, wie ein Glied nach links rückt, in derselben Zeile bleibt, sich aber aus dem postfiniten Feld des Spannsatzes = dem Nachfeld ins präfmite Feld des Spannsatzes = das Mittelfeld bewegt: 467,23 omnia autem quaecumque alliu so uuelihiu 25 ~ dixit iohannes de hoc iohanis quad fon desemo (134,11) uera erant. uuanu uuarun. In dem gesamten Belegmaterial der vorliegenden Abhandlung finden sich nur sieben Belege, bei denen trotz der blockierenden Zeilenbrechung eine aufgestellte Regel befolgt wird. Diese sieben werden hier notiert: 107,13f. iam enim securis giu ist accus (13,15) a c j radicem arborum posita gisezzit zi uuvrzulun thero I est, I boumo, 473,29f. In illo loco ubi occurrerat In theru st&i thär Ingegin (135,18) e j m a r tha. Imo quam martha. 489,13f. cui autem minus themomin uuird.it (138,13) dimittitur. minus diligit forlazan. min minnot. 523,19f. orantes ut digni betonti thazir sit uuirdige (146,5) habeamini fugere gihabete zifliohanne 6l9,9f. ut non thaz sie niuuarin (192,3) contaminarentur bisunsubrite 623,1 f. significans qua ess& morte gizeihanonti uuelihhemo tode (194,3) moriturus uuas sterbenti

"Tatian. 12

Die lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue Stiftsbibliothek St. Gallen Cod. 56.

25

Einleitung

63l,28f. (199,3)

utunum dimittam uobis In pascha

thaz ih iu einan forlazze in ostron

Obwohl die Zeilenbrechung bindend ist, können grammatische Funktionswörter wie Hilfsverben wesan und werdan, ein leichtes Glied wie iu und das semantisch schwache quam in Ingegin / Imo quam das Gesetz geringschätzen, sieh weiter vorne, wo es hieß: "Ein zweites Prinzip ist, daß der Übersetzer lieber die nichtdeutsche Stellung der grammatischen Funktionswörter ... ändert als die nichtdeutsche Stellung der inhaltsschweren Wörter." Satzschema und Felder In dieser Arbeit wird folgendes Satzschema zugrundegelegt: Vorfeld ( 1. Klammerteil)

Mittelfeld

Schlußfeld Nachfeld (2. Klammerteil)

Subjunkt.

Joker

Finitum

*

du

hast

dir ein Bild

gemacht

von der Liebe

*

*

hast

du dir ein Bild

gemacht

von der Liebe?

wenn

*

*

du dir ein Bild

gemacht hast

von der Liebe

Vorfeld und Schlußfeld bilden den Satzrahmen. Typisch für die deutsche Wortstellung ist ein Mittelfeld zwischen zwei markierten Feldern, die den ersten bzw. den 2. Klammerteil enthalten. Wenn der Satz mit dem subjunktiven Element anfängt, das den ersten Klammerteil bildet, steht der gesamte Verbkomplex nach dem Mittelfeld, im Schlußfeld/2. Klammerteil. Wenn das subjunktive Element fehlt, steht der finite Teil des Verbkomplexes im Vorfeld, an der Finitstelle, und bildet den ersten Klammerteil. Der nichtfinite Teil des Verbkomplexes steht nach dem Mittelfeld, im Schlußfeld, und bildet den 2. Klammerteil. Wenn das Vorfeld nur das Subjunktional enthält, liegt ein Spannsatz vor. Wenn das Vorfeld nur mit dem Finitum besetzt ist, haben wir einen Stirnsatz. Wenn das Vorfeld das Finitum enthält, kann die Stelle vor dem Finitum auch besetzt werden. Dann liegt ein Kernsatz vor. Wir nennen diese Stelle die Jokerstelle. Prinzipiell kann jedes Glied dort stehen. Auf das Schlußfeld folgt noch das Nachfeld.

26

Einleitung

Im althochdeutschen Tatian finden sich dieselben vier Felder wie im Neuhochdeutschen. Im Beleg 127,27 sind alle vier Felder ausgefüllt: 127,27 noh thanne niuuas (Vorfeld) (21,2) iohannes (Mittelfeld) gisentit (Schlußfeld) in carcari (Nachfeld) Drei Felder sind ausgefüllt in folgendem Beleg: 605,20 legitum (Vorfeld) (184,6) i r o h a n t I n t h e n heilant (Mittelfeld) anan (Schlußfeld) Die althochdeutsche Feldeinteilung ist nicht einfach aus der lateinischen Vorlage übernommen, wie im folgenden gezeigt werden soll: Die Stellung des Verbs ist im lateinischen Hauptsatz und Nebensatz frei. Es steht initial, final oder im Satzinneren. Der lateinische Verbkomplex, zum Beispiel Perfekt Passiv, hat Hilfsverb und Hauptverb in Kontaktstellung, auch im Hauptsatz: 245,7 & repl&i sunt omnes (78,9)

Der Verbkomplex umrahmt also kein Mittelfeld, im Gegensatz zum entsprechenden althochdeutschen Satz: 245,7 (78,9)

tho uuvrdun sie gifulte alle

Außerdem steht wie in dem lateinischen Beispiel das lateinische Finitum meist nach dem Infinitum, wiederum anders als im deutschen Satz. In solchen Hauptsätzen hat Latein also kein Mittelfeld, wohl aber in Sätzen mit Modalverben: 247,24 & simul recumbentes. Inti thiethar saman sazun (79,8) noluit eam contristare. niuuolta sia gitruoben Im lateinischen Nebensatz steht das subjunktive Element vorne. Das Verb steht im Satzinneren: 553, 5 Si ergo ego laui pedes uestros (156,2)

Oder es steht final: 629,1 quia filium dei se fecit. (197,6)

Oder es steht initial unmittelbar nach dem subjunktiven Element: 641, l (204,2)

ubi crucifixus est ihesus

Einleitung

27

In den entsprechenden althochdeutschen Nebensätzen wird entweder das Nachfeld bewahrt: 553,5 ob ih uuvosc iuuuere fuozzi (156,2) oder es wird ein Mittelfeld gebildet: 629,1 uuanta her sih gotes sun teta. (197,6) 641,1 thar der heilant erhangan uuas (204,2) Auch in den althochdeutschen Hauptsätzen wird das Mittelfeld durch Einsetzung und/oder durch Umstellung gebildet/vergrößert: 127,27 nondum enim missus fuerat in noh thanne niuuas iohannes 21 2 ( >) I carcerem Iohannes | gisentit in carcari; 575,4 numquid aliquid defuit uobis eno uuas iu iouuiht thes uuan (166,1)

605,20 (184'6)

& manus iniecerunt In ihesum Inti legitum iro hant In then I heilant anan

In der Vorlage stehen in diesen Beispielen die Satzglieder vor und nach dem Verb/V erbkomplex. In der Übersetzung ist der Verbkomplex durch das Mittelfeld getrennt. Schon für den althochdeutschen Tatian scheint also das neuhochdeutsche Satzschema zu gelten. Diese und weitere Thesen, die die Originalität des Tatian gegenüber der Vorlage in bezug auf Abweichungen (Umstellungen und Einsetzungen) behaupten, sollen in dieser Arbeit untermauert werden, ohne daß die Abhängigkeit der Übersetzer von der Vorlage verschwiegen wird. Unsere Arbeit umfaßt Kapitel über die Hauptsätze mit Schlußfeld / 2. Klammerteil / Finalfeld, die Nebensätze, die Infinitkonstruktionen und die Stellung der Satzglieder untereinander - und weitere damit verbundene Probleme. Um das umfassende Material zu erfassen, haben wir folgende Schemata entwickelt:

28

Einleitung

1. Kernsätze/Stirnsätze mit 2. Klammerteil aus Platzgründen in drei geteilt:

Das Schema wird hier

Teilschema 1: ahd. Finitum

ahd.: Präfinitfeld lat.: 0

Prä.

Mittel.

Post.

Beleg

lat. Finitum +

471,6(135,6)

A

+

507,8f. (142,1)

s

+

579,14(168,2)

A

+

545,4f. (152,4)

A

Teilschema 2: ahd.: Mittelfeld lat.: 0

Prä.

ahd. 2. Klammerteil (Schlußfeld) Mittel.

Post.

lat.: 0

s

Prä.

Mittel.

Pr. 0

471,6

P.II

507,8f. Pr.

s

0

Beleg

Post.

579,14 Pr.

545,4f.

Teilschema 3: ahd.: Nachfeld lat.: 0

Prä.

Beleg Mittel.

Bemerkungen

Post. 471,6 S

507,8f.

Zb. vor S; lat. Vb. syn.

579,14 545,4f.

In das Gesamtschema werden althochdeutsche Sätze mit Symbolen eingetragen. Das Schema ist wie folgt zu lesen: Das althochdeutsche Präfinitfeld enthält, wenn es besetzt ist, gewöhnlich nur έΐη Glied, das entweder keine lateinische Entsprechung hat (= 0 ) oder einem Glied im lateinischen Präfinitbereich (= Prä.), Mittelbereich oder Postfinitbereich (= Post.) entspricht.

Einleitung

29

Auf entsprechende Weise ist das Schema in bezug auf das althochdeutsche Mittelfeld, Schlußfeld und Nachfeld zu lesen. In der letzten Kolonne, "Bemerkungen", werden eventuelle, von dem Schema nicht erfaßte Probleme notiert. Kommentar zu den oben ins Schema eingetragenen Belegen: 471,6 saluus erit thanne ister heil (135,6) thanne (A = Adverb) im Präfinitfeld hat keine lateinische Entsprechung (0).

er (s = leichtes Subjekt) im Mittelfeld hat keine lateinische Entsprechung (0).

heil (Pr. = Prädikativum) im 2. Klammerteil (Schlußfeld) hat eine lateinische Entsprechung saluus, die aus dem lateinischen Präfinitbereich (Prä.) stammt. 507,8f. ecce relinquitur uobis senu nu uuirdit iu forlazan (142, l) domus uestra deserta. iuuuer hüs uuvosti. senu пи (A) im Präfinitfeld entspricht einem lateinischen ecce im Prä. iu (o = leichtes Objekt) im Mittelfeld entspricht dem postfiniten (Post.) uobis. Das analytische Präsens Passiv des Althochdeutschen, bei dem das Partizip Perfekt ( = P. II) seinen Platz im 2. Klammerteil findet, entspricht einer synthetischen Verbalform im Lateinischen, in den Bemerkungen mit "syn" angeführt. Das althochdeutsche Subjekt (S = schweres Subjekt) steht somit im Nachfeld. Es darf wegen der Zeilenbrechung ( = Zb.), die in den Bemerkungen notiert wird, nicht umgestellt werden. 579,14 Uos amici mei estis ir birut mine friunta (168,2)

ir (s) im Präfinitfeld entspricht dem präfiniten Uos. Im 2. Klammerteil entspricht mine friunta (Pr.) einem lateinischen präfiniten Prädikativum amici mei. 545,4f. quando te uidimus uuanne gisahun uuir thih (152,4) esurientem hungrentan uuir (s) im Mittelfeld hat keine Entsprechung (= 0); thih (o) im Mittelfeld hat eine lateinische präfinite Entsprechung te; hungrentan (Pr.) im 2. Klammerteil entspricht einem postfiniten lateinischen Prädikativum esurientem.

30

Einleitung

2. Spannsätze geteilt.

Wiederum wird das Schema aus Platzgründen in drei

Teilschema 1: ahd. Konjunktional

ahd. Subjunktional ( = 1. Klammerteil)

ahd. Mittelfeld

lat.: Konjunktional

lat.: Subjunktional

lat.: 0

Prä.

Post.

Beleg

+

s

0

419,4(123,7)

+

s

0

427,2f. (126,1)

+

429,18f.(127,3)

+

453,9f.(l 32,6)

Teilschema 2: ahd. 2. Klammerteil mit Finitum lat.: 0

P. II

Prä.

Post.

Beleg

Pr. Pr.

P. II

+

419,4

+

427,2f.

+

419,18f.

+

453,9f.

Teilschema 3: ahd. Nachfeld lat.: 0

Prä.

Beleg

Bemerkungen

Post 419,4 PP

427,2f.

0

419,18f.

Zb. vor 0 ; lat. Vb. syn; ahd. Pr. P. II F.

453,9f.

Zb. vor Pr.; lat. Vb. syn.; ahd. Reihenfolge: F P. II Pr.

Im Spannsatzschema muß auch die Konjunktionalstelle berücksichtigt werden: /«//-Nebensätze sind nämlich bemerkenswert, weil in ihnen zur Hauptsatzwortstellung = Kernsatzstellung des Finitums gewechselt werden kann. Kommentar zu den eingetragenen Belegen: 419,4 ut creder&is ei, thaz ir Imo giloubtit. (123,7)

Einleitung

31

Das leichte Subjekt ir ist ins althochdeutsche Mittelfeld eingesetzt und hat keine lateinische Entsprechung. Das leichte Objekt Imo entspricht dem lateinischen postfiniten ei. 427,2f. ut caperent eum thaz sie In bifiengin (126,1) In sermone. In uuorte. Die leichten Glieder sie und In sind wie oben in 419,4 eingesetzt bzw. umgestellt. Die schwere Präpositionalphrase ( = PP) In uuorte bleibt im Nachfeld bewahrt. Die Zeilenbrechung verhindert eine Umstellung. 429,18f. qui digni habebuntur thie thar uuirdige gihabente (127,3) saeculo illo | sint therro uuerolti Das Prädikativum uuirdige im althochdeutschen 2. Klammerteil entspricht dem lateinischen präfiniten Prädikativum digni. Die synthetische lateinische Verbalform habebuntur wird durch eine analytische althochdeutsche Verbalform wiedergegeben. Die althochdeutsche Reihenfolge wird: Prädikativum Partizip II Finitum. - Wegen der Zeilenbrechung muß das schwere Objekt therro uuerolti im Nachfeld bleiben. 453,9f. qui dicitur thiedar ist giquetan (132,6) ihesus. heilant. In den Bemerkungen wird angegeben, daß die analytische althochdeutsche Verbform einer synthetischen in der Vorlage entspricht, daß vor dem Prädikativum Zeilenbrechung vorliegt, so daß es nicht umgestellt werden darf, und daß die althochdeutsche Reihenfolge Finitum Partizip II Prädikativum ist. Wenn mehrere Schemaseiten mit auf diese Weise eingetragenen Sätzen vorliegen, läßt sich übersichtlich erkennen und leicht zählen, welche Umstellungen / Einsetzungen / Bewahrungen oft / manchmal / selten / nie vorkommen. Aufgrund dieser Schemata kann auch ein Positionsschema für Kernsätze, Stirnsätze und Spannsätze aufgestellt werden (* = blockiert):

Einleitung

32 1)

Konjunktionalfeld

2)

Vorfeld Joker

Finitum

*

(+)

+

+

*

*

Subjunktional

(wenn besetzt = 1. Klammerteil)

3)

Mittelfeld s/S

4)

5)

(wenn besetzt = 1. Klammerteil, mit/ohne Joker)

о im Akk

о im Dativ

A

S

0

A

Schlußfeld = 2. Klammerteil Finitum

Interfeld

Infinitum

Finitum

Interfeld

Prädikativum

*

*

Infinitum

Finitum

*

*

Prädikativum

Finitum

Nachfeld Schwere NP, PP und Adverbien

6)

Extrapositionsfeld

Das entsprechende Schema fiir Infinitkonstruktionen, sieh Kapitel IV, unterscheidet sich in folgenden Punkten von dem Schema für Finitsyntagmen: Es gibt kein Vorfeld, also keine Subjunktion, keinen Joker, kein Finitum oder mit anderen Worten: keinen 1. Klammerteil. Dennoch sprechen wir vom 2. Klammerteil/Schlußfeld, in dem das Infinitum - wie auch sonst - seine Stelle findet, und vom Mittelfeld, obwohl es kein Vorfeld gibt. Die Bezeichnungen sind aber dennoch sinnvoll, wenn mit den Finitsyntagmen verglichen wird. Sonst müßten andere Bezeichnungen vorgeschlagen werden, zum Beispiel Infinitfeld, Präinfinitfeld und Postinfmitfeld.

33

Einleitung

Schema für Infinitkonstruktionen: Mittelfeld

Schlußfeld

Nachfeld

Extrapositionsfeld

An dieser Stelle seien nur ein paar Belege vermerkt, die Umstellung und Bewahrung zeigen: 77,23 daturum se nobis, sih uns zigebanne, (4Д5) 153,6 (35,3)

dare uobis regnum.

iu zigebanne rihhi

411,3 ihesus autem Inclinans se ther heilant tho sih nidar (120'4) \deorsum I neigenti Die leichten Glieder rücken ins Mittelfeld (präinfinit). Das schwere Glied rihhi bleibt im Nachfeld. Der Verbzusatz rückt vor das Infinitum. Wir stellen ihn aber, wie andere Verbzusätze, ins Schlußfeld/2. Klammerteil.

II. Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung 1. Die topologischen Felder In dieser Arbeit wird mit folgenden topologischen Feldern gearbeitet: 1. Konjunktionalfeld 2. Vorfeld (Erster Klammerteil) 3. Mittelfeld 4. 2. Klammerteil (Schlußfeld) 5. Nachfeld 6. Extrapositionsfeld Ad 1. Die Konjunktion, zum Beispiel inti, steht an der vorderen/linken Grenze. Nach der Konjunktion folgt im Kernsatz der Joker: 401,25f. unus phariseus ein uuas fariseus (118.2) £ alter publicanus. Inti ander uuas firntatig Ad 2. Das Vorfeld der Stirnsätze enthält nur das Finitum: 605,14 sinite hos abire läzzet these hina gangan (184,5) Das Vorfeld der Kernsätze enthält den Joker und das Finitum: 463,31 respondit eis ihesus tho antlingita in ther heilant. (134.3) Diese eingliedrige Besetzung der präfiniten Stelle ist eine wichtige Abweichung von der Vorlage. Mehr als ein präfinites Glied gibt es im Vorfeld, wenn in direkter Nachbildung der Vorlage übersetzt wird oder, wie im folgenden Beleg, wegen der Zeilenbrechung nicht geändert werden darf: 185,17f. Ipse infirmitates nostras her unsara ummaht (50,2) accepit. inphieng Aber auch ohne Vorlage findet sich ein mehrgliedriges präfinites Feld, vermutlich eine nichtdeutsche Änderung: 153,30 aut enim unum odio habebit odo her einan hazzot (37,1) Das Finitum bildet den 1. Klammerteil. Ad 3. Was im Mittelfeld und Nachfeld steht, läßt sich nur mit Sicherheit feststellen, wenn der 2. Klammerteil besetzt ist. Wenn das nicht der Fall ist, ist keine Grenze zwischen Mittelfeld und Nachfeld sichtbar, und wir können nur die Reihenfolge der Glieder im postfiniten Feld erkennen, so zum Beispiel in:

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

35

295,22f. Sc dicunt ei tho quadun imo (89,1) discipuli. thie iungoron. Doch können wir die bei der Analyse von Fällen mit besetztem 2. Klammerteil gewonnenen Erfahrungen auf Fälle ohne 2. Klammerteil übertragen. Wir können zum Beispiel mit großer Sicherheit behaupten, daß die leichten Glieder im Mittelfeld stehen, auch wenn der 2. Klammerteil leer ist, so zum Beispiel in: 457,23 & tu doces nos. Inti thu leris unsih. (132,20)

Ad 4. Im 2. Klammerteil stehen folgende Größen: Infinita, die von Hilfsverben, Modalverben und Verben wie biginnan regiert werden: 181,12 & male torquetur. inti ist ubilo giuüizinot (47,2) 153,29 (37,1) 383,22

Nemo potest duobus dominis Nioman nimag zuuein herron 1 seruire 1 thionon & Incipi&is foras stare thanne biginnet ir uze stän.

(113,1)

Auch die Verbzusätze stehen im 2. Klammerteil: 131,23 lux orta est eis. lioht gieng in uf. (21,12) 605,14 (184,5)

sinite hos abire

Ferner auch das Prädikativum: & erit tibi gaudium & exul|tatio. 183,1 lf. ... uidit socrum eius (48,1) iacentem & febricitantem 413,5f. uiderunt ficum aridam factam 67,28 (2,6)

läzzet these hina gangan

Inti her ist thir gifeho Inti bli1 dida gisah sina suigar ligenta inti fiebar habenta gisahun then figboum thurran (121,2) \uuesan a radicibus, fon then uuvrzolun, Ad 5. Ein sicheres Nachfeld zeigen nur Beispiele mit gefülltem 2. Klammerteil. Im ersten Klammerteil steht das Finitum. Zwischen den Klammerteilen haben wir das Mittelfeld. Im Nachfeld können die schweren Nominalsyntagmen und die Präpositionalsyntagmen stehen bleiben: 397,11 commota est uniuersa cuitas uuard giruort al thiu bürg (117,1)

36

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

379,20f.

(112,1) 405,21

(Π9.3)

consummabuntur Inti uuerdent gientot omnia quae sc[r]ipta sunt alliu thiudar giscriban sint non potest Introire In regnum nimag her gän In gotes rihhi I dei &

In den lateinischen Sätzen findet sich nur ein Mittelfeld/ein Interbereich, wenn wir die Abfolge Finitum (finites Modalverb) - Infinitum/Prädikativum haben: 463,21 f. Numquid demonium (133,16) p 0 t e s t coecorum oculos aperire Sonst ist es nur sinnvoll, von einem präverbalen und einem postverbalen/postprädikativen Bereich zu sprechen: 463,15f. Dissensio Iterum facta est (133,15) j n t e r iudaeos propter sermones hos. Ad 6. Die lateinischen postverbalen/postprädikativen Nebensätze und Infinitivkonstruktionen werden im althochdeutschen Tatian im Prinzip nicht umgestellt. Sie spielen keine Rolle für unsere topologischen Untersuchungen des althochdeutschen Hauptsatzes. Sie stehen im Extrapositionsfeld und bilden ein neues - und deshalb getrennt zu untersuchendes - Verbalfeld: ein Finitsyntagma oder ein Infinitsyntagma, sieh die Kapitel über die Spannsätze und über die Infinitkonstruktionen. 2. Wert der Belege Die Frage, inwieweit der althochdeutsche Tatian ein genuines Deutsch bietet, läßt sich wie folgt beantworten: Beweiskräftig für genuin althochdeutsche Wortstellung sind in erster Linie nur die von der Vorlage abweichenden Belege. In vielen Fällen ist eine Änderung der lateinischen Wortfolge nicht notwendig, weil eine direkte Übersetzung mit der erkannten genuin althochdeutschen Topologie übereinstimmt. Konsequente Nicht-Änderungen der Vorlage können aber auch beweiskräftig sein, besonders wenn vorgenommene Änderungen damit übereinstimmen. Dabei ist Vorsicht geboten: Konsequente Wiedergabe der lateinischen absoluten Ablative durch althochdeutsche absolute Dative ist wegen der fehlenden neuhochdeutschen Konstruktion vermutlich kein sicherer Beweis - auch weil im althochdeutschen Tatian keine originalen absoluten Dative vorkommen.

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

37

Wenn wir von der Konjunktionalstelle absehen, sieht der zu behandelnde Aufbau des Hauptsatzes mit besetztem 2. Klammerteil wie folgt aus: Joker

1. Klammerteil

Mittelfeld

2. Klammerteil

Nachfeld

wobei zu beachten ist, daß Joker, Mittelfeld, Nachfeld und 2. Klammerteil nicht immer alle besetzt sind. 3. Übersicht Im folgenden wird erst der 2. Klammerteil, darauf werden Mittelfeld und Nachfeld und schließlich die Jokerstelle behandelt. 4. Der 2. Klammerteil Der 2. Klammerteil umfaßt nichtfinite Prädikatsteile, das heißt Infinita, Prädikative und Verbzusätze: 107,19 quid ergo faciemus. uuaz sculun uuir tuon (13,16) 373,12f. (109,3) 315,22 (93,3) 141,15 (27,3)

aut non lic& mihi quod uolo facere ergo liberi sunt filij;

odo nist mir arloubit thaz ih uuilla tuon thanne sint thiu kind friiu.

non exies inde

niges thii thanan ύζ

Ein Beleg wie der folgende gehört nicht hierher: nunc princeps huius mundi nu ther herosto thesses mittil< 139 ' 8 ) |gartes eici&ur foras. uuirdit eruuorpfan uz. uz = foras ist kein Verbzusatz in diesem Falle, uz ist eine Adverbialbestimmung und hat dieselbe Position wie foras. Es handelt sich um eine sklavisch übernommene Folge. Im althochdeutschen Tatian ist es nicht üblich, eine leichte Adverbialbestimmung wie uz im Nachfeld, hier nach dem Infinitum im Hauptsatz, stehenbleiben zu lassen. Deutlich lassen sich hier Unterschiede zwischen dem Althochdeutschen und dem Latein erkennen: 493,9f.

38

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

Das Deutsche hat zwei Klammerteile mit potentieller Distanzstellung. Der 1. Klammerteil enthält ein Hilfsverb, ein Modalverb, ein Prädikativverb oder den finiten Teil eines unfest zusammengesetzten Verbs. Der 2. Klammerteil enthält die oben angeführten nichtfiniten Prädikatsteile. Durch die Distanzstellung entsteht im Althochdeutschen ein Mittelfeld. Das Latein hat in diesen Fällen entweder eine synthetische Verbform faciemus, die im Althochdeutschen durch zwei Formen wiedergegeben wird, so auch licet in 373,12, oder das Latein hat ein Kompositum wie exies, das durch zwei deutsche Elemente in Distanzstellung vertreten wird: ges ... uz, oder eine im Lateinischen nicht zu trennende Abfolge Prädikativ + Kopula: liberi sint, der die althochdeutsche Folge Prädikativverb ... Prädikativ entspricht. Die Kontaktstellung dieser deutschen vorangestellten nichtfiniten Prädikatsteile mit dem Finitum im Spannsatz macht es deutlich, daß sie im 2. Klammerteil stehen: 589,18 quia ego a deo exiui. thaz ih fon gote uzgieng. (175,5) 405,22f. quod natum est ex carne thaz giboran ist fon fleiske. (119,3) caro est. thaz ist fleisc. Bei anderen Verben als Hilfsverb, Modalverb, Prädikativverb und Finitum eines unfest zusammengesetzten Verbs läßt sich weder in Hauptsätzen (Kernsätzen/Stirnsätzen) noch in Nebensätzen (Spannsätzen) mit der Abfolge Finitum ... Infinitum mit Sicherheit entscheiden, ob Infinitum zum 2. Klammerteil oder zum Extrapositionsfeld gehört. Zur Lösung dieses Problems werden unten sowohl Kernsätze, Stirnsätze als auch Spannsätze gewählt. Es werden zwei Punkte herausgestellt: Punkt eins: Infinita als Objekt nach Verben wie biginnan oder suohhen, als festes Adverbialglied nach zum Beispiel gangan, also nach hilfsverbähnlichen/modalverbähnlichen Verben, ferner Infinita als Prädikativum zum Objekt werden als enge Prädikatsteile in den 2. Klammerteil gestellt. Punkt zwei: Infinita in anderen Fällen als den unter Punkt eins genannten, also als Subjekt oder freies Adverbialglied oder endgestelltes Attribut werden in Extraposition gestellt. Diese beiden Punkte werden unten ausführlicher behandelt.

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

39

Punkt eins: Infinita nach zum Beispiel biginnan, suohhen, gangan stellen wir in den 2. Klammerteil: 375,20f. & tunc Incipias cum rubore Inti thanne biginnistu mit scamu (110.3) nouissimum locum tenere thia iungistun stat bihaben. 349,24f. quis te qufrit uuer suohit thih (104,5) interficere zi arslahanne 423,1 Of. & eo Inti ih gangu (125.4) p r obare illa. gicoron Iro. Es findet sich im althochdeutschen Tatian nur ein Beleg mit biginnan ... Infinitiv im Nebensatz (Spannsatz): 331,21 f. et cum coepiss& rationem inti mittiu her bigonda reda (99,1) ponere. sezzan. Das Beispiel ist aber - abgesehen von der präfiniten Einsetzung des leichten Subjekts her, was für Spannsatz spricht - topologisch ganz wie die Vorlage. Ein - auch solitärer - Beleg mit suochen ... Infinitiv ohne Kontaktstellung ist: 95,29f. ... ut herodes ... thaz herodis (9'2) quaerat puerum ad perdendum suochit then kneht ziforliosenne |eum, Dieses Beispiel unterscheidet sich nur insoweit von der Vorlage, als das lateinische eum nicht wiedergegeben wird. Wenn then kneht das Objekt von suochit ist, wie puerum von qucerat, ist ziforliosenne ein freies Adverbiale. Es läßt sich hier nicht entscheiden, ob ziforliosenne dann im Nachfeld steht - wie then kneht - oder in Extraposition. Wenn then kneht das Objekt von ziforliosenne ist, analysieren wir suochit... ziforliosenne als den gesamten Verbkomplex, der seinen Platz im 2. Klammerteil findet, then kneht steht somit im Interfeld zwischen Finitum und Infinitum. Mit gangan gibt es im althochdeutschen Tatian keine Spannsatzbelege, in denen gangan ... Infinitum vorkommt. Im folgenden Beispiel ist der Infinitiv vermutlich ein freies Adverbiale in Extraposition:

40

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

369,28f. (109.1)

qui exiit primo mane

therdar uz gieng fruoh In mor(gan

conducere operarios In uine- gileitan uurhton In sinan I am suaxn | uuingart Die Übersetzung folgt genau der Vorlage. Trotz fehlender Belege mit Kontaktstellung zwischen Finitum und Infinitum im Spannsatz wählen wir wie gesagt im Hauptsatz die Lösung, das Infinitum als Objekt in den 2. Klammerteil zu stellen. Auch die Infinita als Prädikativa zum Objekt stellen wir - wie die anderen Prädikativa - in den 2. Klammerteil, so nach Verben wie gisehan: 659,2-5 Et respicientes uident Inti scouuuonto gisahun (217.2) reuolutum lapidem aruualztan then stein a monumento fon themo grabe & angelum sedentem super Inti engil sizzantan ubar inan |eum 413,5f. uiderunt ficum aridam factam gisahun then figboum thurran (l21>2) I uuesan a radicibus, fon then uuvrzolun, 385,6-9 Cum uideritis abraham mittiu ir gisehet abraham (113,2) £ j s a a c £ j a c o b i n ti j s a a c i n ti iacob & omnes proph&as Inti alle uuizogon Intrare In regnum dei Ingangan In gotes richi In 385,6-9 analysieren wir also wie folgt: In diesem Spannsatz gibt es keine Kontaktstellung zwischen dem wie immer vorangestellten gisehan und dem Infinitiv. Das präfinit eingefügte leichte Subjekt ir steht im Mittelfeld, gisehet als Finitum im 2. Klammerteil, Ingangan als Objektsprädikativum unserer Meinung nach auch im 2. Klammerteil, das schwere Objektsparatagma abraham Inti isaac (und so weiter) im Interfeld des 2. Klammerteils zwischen Finitum und Objektsprädikativum. In gotes richi steht demnach im Nachfeld. Punkt zwei: Infinita in anderen Fällen stellen wir in Extraposition: Die Infinitivkonstruktion ist das Subjekt: 335,15 Si lic& homini ist arloubit manne 17 ~ dimittere uxorem suam zi uorlazzanna sina quenun (100,2) q u a c u m q u e ex causa; fon sih uuelicheru sachu

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

41

Hier steht manne im Nachfeld des Hauptsatzes, zi uorlazzanna steht in Extraposition, der Rest im Nachfeld der Infinitivkonstruktion. Es finden sich einige Belege mit dem Korrelat iz im übergeordneten Satz und folglich mit einem Beweis für Extraposition der Infinitivkonstruktion: 513,5 oport& enim haec fieri iz gilimpfit sus zi uuesanne (145.4) Ähnlich in folgenden zwei Belegen, bei denen der übergeordnete Satz ein Spannsatz ist: 227,19f. ... si lic& sabbato ... oba iz arloubit si in sambaztag (69,4) bene facere an male. uuola tuon oda ubilo 607,13 quia sic oport& fieri uuant/z so gilimpfit ziuuesanne (185.5) Zu vergleichen wären hier Belege mit Korrelat iz und somit extraponierten Spannsätzen: 583.30 expedit uobis ut ego uadam. iz bitherbisot iu thaz ih fare (172,3) 609,9f. quia expedit unum hominem uuantaz bitherbi ist thaz ein (185,11) ,man mori pro populo. sterbe fori thaz folc. Die Infinitivkonstruktion ist ein freies Adverbialglied, zum Beispiel nach Verben mit Verbzusatz, die ja kaum hilfsverbähnlich sind. Der Verbzusatz füllt den 2. Klammerteil: 215.31 quid existis uidere zihiu giengut ir uz gisehan (64,6) Im Beleg 215,31, in dem der nicht erweiterte Infinitiv als freies Adverbial erscheint, läßt sich nicht unmittelbar entscheiden, ob der Infinitiv im Nachfeld oder Extrapositionsfeld seinen Platz findet. Es leuchtet jedoch ein, daß der Infinitiv auch ohne subordinierte Glieder doch als Kern der Infinitivkonstruktion potentielle Felder vor und nach sich öffnet. Die endgestellte Infinitivkonstruktion ist einem Substantiv oder Adjektiv subordiniert: 423,6f. necesse Inti notthurft (125,3) habeo exire & uidere illam. haben ih uz ziganganne Inti I gisehen Iz.

42

Hauptsatz (Kemsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

325,31-

iamnonsum

iu nibin 327,1 dignus uocari filius tuus; uuirdig ginemnit uuesan thin Isun Zusammenfassung: Bei der Verbindung Finitum - Element 1, also bei Hilfsverben, Modalverben, hilfsverbähnlichen/modalverbähnlichen Verben plus Infinitum, bei Prädikativverben plus Prädikativum, beim Finitum der unfest zusammengesetzten Verben plus Verbzusatz, können wir von einem engen Anschluß sprechen. In den anderen Fällen, in denen das Infinitum das Subjekt, ein freies Adverbialglied oder ein einem Substantiv/Adjektiv subordiniertes Glied ist, können wir von einem lockeren Anschluß sprechen. In den 2. Klammerteil gehören Gefüge von zwei, seltener drei nichtfiniten Elementen. Zuerst behandeln wir die Fälle mit zwei Elementen. Um die beiden Elemente trennen zu können, unterscheiden wir zwischen Element 1 und Element 2. Die Bezeichnungen Element 1 und Element 2 beruhen auf der Analyse einer hypotaktischen Kette, in der das Finitum als syntaktisch dominierendes Element den Index 0 bekommt. Das vom Finitum direkt abhängige Element wird mit dem Index 1 versehen. Ein weiteres vom Element 1 abhängiges Element bekommt den Index 2. Beispiele: 405.13 uuvo mag0 ther man giboran2 uuerdan1 (119,2)

149,27

nicur&° uuarlihho in gilih2 uuesan1

(34,4) 339,1 f.

inti nicuret 0 sie uueren 1

(101,1) 605.14 (184,5)

625,18f. (196,4)

zj mjr coman 0

2

läzzet these hina2 gangan1

her uuas0 iu geronti1 j n a n gi s e han 2

Zur Reihenfolge der Elemente im 2. Klammerteil des Hauptsatzes: Element 1 - Element 2 oder Element 2 - Element 1, wenn Element 1 ein infinites Hilfsverb ist und Element 2 ein infinites Vollverb oder ein Prädikativum ist. Element 2 - Element 1, wenn Element 2 ein Verbzusatz ist und Element 1 der infinite Teil eines unfest zusammengesetzten Verbs ist.

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

43

Element 1 - Element 2, wenn Element 1 ein hilfsverbähnliches/modalverbähnliches Infinitum ist und Element 2 ein infinites Vollverb ist. Schematische Darstellung: 1

2

1

Hilfsverb

Vollverb Vollverb

Hilfsverb

Prädikativ Prädikativ

Prädikativverb

Verbzusatz

Verb

Prädikativverb

Hilfs-/modalverbähnliches Verb

Vollverb

Im Spannsatz erweitert sich diese Zweiermenge durch das Finitum, das Index 0 bekommt, zu einer Dreiermenge, die sich durch die Indizes leicht beschreiben läßt, zum Beispiel 012, 210 ... Im folgenden werden einige Belege der verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten verzeichnet: Infinitum 1 (Hilfsverb) + Infinitum 2 (Vollverb): 137,19f. non potest ciuitas abscondi nimag bürg uuerdan giborgan (25,1) supra montem posita. ubar berg gisezzitu 513.4 nolite terreri. nicurit uuesan gibruogite (145,4) Infinitum 2 (Vollverb) + Infinitum 1 (Hilfsverb): 405,13 quomodo potest homo nasci uuvo mag ther man giborart 119 2 ( ') \uuerdan 497,12 Uos autem nolite uocari rabbi ir nicurit giheizan uuesan (141 6) ' |meistar Infinitum 1 (Prädikativverb) + Prädikativum 2: 75,25 sed uocabitur iohannes, uzar sin namo seal sin iohan4 n (>> \nes. 117,27 tu uocaris cephas thu bist giheizzan cephas (16,4) Prädikativum 2 + Infinitum 1 (Prädikativverb): 149,27 Nolite ergo adsimilari eis. nicur& uuarlihho in gilih uue105.5 (13,7)

Et uerbum caro factum est.'

Inti uuort uuardfleisc gitan

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Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

Verbzusatz 2 (= Element 2) + Infinitum 1: 193,5 ... quaerebant eum inferre suohtun inan in zitraganne (54,2) 605,14 sinite hos abire läzzet these hina gangan (184,5) Infinitum 1 (hilfsverbähnliche/modalverbähnliche Verben) + Infinitum 2: 1) als Objekt 339,1 f. & nolite eos prohibere inti nicuret sie uueren (101.1) admeuenire; zi mir coman. 621,19 hunc inuenimus ... thesan fundumes ... 21 " ... prohibentem ... uuerentan (194.2) tributa dari cesari then tribuz geban themo I keisure uueren = nicht lassen oder nicht wollen kann als hilfsverbähnliches/modalverbähnliches Verb verstanden werden. In 339,1 f. steht zi mir zwischen den beiden Infinita im 2. Klammerteil, also in einem Merfeld. In 621,19-21 steht then tribuz im Interfeld, themo keisure im Nachfeld. 2) Gisehan mit Objekt und infinitem Prädikativum erscheint im Passiv (= scheinen, videri) mit Subjekt und infinitem Prädikativum: Die Reihenfolge im 2. Klammerteil ist Element 1 (gisehan) und Element 2 (infinites Prädikativum): 151,31 f. ne uidearis hominibus zithiu thaz thu mannon nisis 35 2 ( ' ) j gisehan ieiunans. fastenti. 435,5-7 quis horum trium uid&ur tibi uuelih thero thriio ist thir (128'1Q) I gisehan proximus fuisse illi qui Incidit nahisto uuesan themo thie |thar gifiel In latrones. In thie thioba. In 151,31 f., einem Spannsatz, haben wir im 2. Klammerteil die Folge О = sis, 1 = gisehän, 2 = fastenti. In 435,5-7, einem Kernsatz, finden wir dieselbe Folge 1 vor 2. Hinzu kommt nur vor 2 das Prädikativum von uuesan: nahisto mit dem Index 3.

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

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Ein Beispiel wie 65,9-11 visum est & mihi... uuas mir gesehan ... (Prol. 3) tibi scribere ... thir scriben gehört nicht hierher, denn scriben ist das Subjekt von uuas gesehan und steht demnach in Extraposition. Im folgenden sollen Unterschiede formaler Art zwischen den beiden Sprachen, so wie sie hier vorliegen, zusammengefaßt werden. Dem althochdeutschen abtrennbaren Verbzusatz kann im Lateinischen die erste Komponente eines Kompositums entsprechen: 141,15 non exies inde niges thü thanan uz (27.3)

Einer analytischen althochdeutschen Verbindung von Kopula und prädikativem Adjektiv kann ein lateinisches Kompositum entsprechen: 265,6 caro nonprodest quicquam. fleisg n/5/ biderbi iouuiht (82,11a)

Einer analytischen althochdeutschen Verbindung von Partizip II und uuesan/uuerdan können die lateinischen synthetischen Verbalformen Präsens und Imperfektum Passiv entsprechen: 439,22 quid uobis uid&ur de christo. uuaz ist iu gisehan fon christe. (130,1)

So auch im Infinitiv Passiv: sine prius er quad tho laz eer (85.4) saturari filios. thiu kind gisatotiu uuerdan Einer analytischen althochdeutschen Verbindung können lateinische synthetische Formen des Futurums oder Perfekts entsprechen: 107,19 quid ergo faciemus. uuaz sculun uuir tuon 273,21 f.

(13,16)

69,11 (2,8)

uxormea processit In diebus suis,

min quena fram ist gigangan In ira tagun.

Der Fall, daß eine lateinische analytische Verbalform, zum Beispiel das Perfekt eines deponenten Verbs, durch eine synthetische althochdeutsche Verbalform wiedergegeben wird, ist selbstredend ohne Relevanz in diesem Zusammenhang, da hier kein althochdeutscher 2. Klammerteil vorkommt: 44l,7f. Iterum locutus est eis ihesus Abur sprah In ther heilant (131,1) dicens. susquedanti.

46

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

Wenn wir von dem letztgenannten Unterschied absehen, bildet das Althochdeutsche eine Klammer, die aus dem 1. Prädikatsteil = dem Finitum und dem oben definierten 2. Klammerteil besteht. Zwischen den beiden Klammerteilen befindet sich/entsteht das potentiell zu besetzende Mittelfeld. Nach dem 2. Klammerteil befindet sich das potentiell zu besetzende Nachfeld: Wenn wir in der Vorlage ein eingliedriges Prädikat haben: Finitum ..., hat in diesen Fällen die Übersetzung die Entsprechung: Finitum ... Infinitum/Prädikativum/Verbzusatz...: 141,15 non exies inde niges thü thanan ύζ (27,3) Hier besetzt das Althochdeutsche das Mittelfeld. Das Nachfeld ist nicht besetzt. Im Lateinischen können wir hier nur von einem postverbalen Feld sprechen. Ein Mittelfeld kann bei einem eingliedrigen Prädikat nicht in Frage kommen. Wenn wir in der Vorlage ein zweigliedriges Prädikat haben, und zwar in der Abfolge Finitum ... Infinitum/Prädikativum ..., läßt sich diese Folge ohne Umformung wiedergeben: 129,6 Non potest homo quicquam nimäg ther man Iouuiht int(21>5) |accipere.' | phahen 159,8 Nolite dare sanctum canibus. Nicwrc& heilagaz geban hun(39,7) |ton In 129,6 haben beide Sprachen ein besetztes Mittelfeld und ein leeres Nachfeld. In 159,8 hat die Vorlage ein unbesetztes Mittelfeld zwischen nolite und dare und ein besetztes Nachfeld. Die Übersetzung hat das Mittelfeld mit dem einen Glied des lateinischen Nachfeldes heilagaz = sanctum besetzt. Das Glied hunton = canibus bleibt im Nachfeld bewahrt. Wenn wir in der Vorlage ein zweigliedriges Prädikat haben, aber nun in der Abfolge: Infinitum/Prädikativum Finitum ..., darf im Latein der Vorlage diese Kontaktstellung nicht gebrochen werden, das heißt, hier liegt kein potentielles lateinisches Mittelfeld vor. In der Übersetzung wird - wenn von der interlinearen Wiedergabe abgesehen wird, sieh unten - die lateinische Folge in eine deutsche: Finitum ... Infinitum/Prädikativum ... umgewandelt: 65,24 In ipso uita erat, thaz uuas In imo Hb; (1,3) In 65,24 entspricht uita dem althochdeutschen Prädikativum lib.

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianllbersetzung

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& Zacharias pater eius Inti Zacharias sin fater Impl&us est spiritu sancto uuard gifullit heilages geistes In der Übersetzung liegt ein nicht besetztes Mittelfeld vor. In der Vorlage gibt es nur ein präverbales und ein postverbales Feld. 179,27f. &confestim Inti sliumo (46,3) mundata est lepra eius., uuard tho giheilit sin mf Hier wird das neugebildete Mittelfeld durch tho besetzt, Es kann aber auch - wie vorhin bemerkt - die lateinische Folge ... Infinitum/Prädikativum Finitum ... übernommen werden. Dann ist die Bildung eines Mittelfeldes blockiert: 83,26 hoc autem totum factum est thaz algaro gitan ist (5,9) 97,16f. uox In rama audita est.' stemma In hohi gihorit uuard' (10,3) ploratus & ululatus multus mihiles uuvoftes Inti uueinon|nes 219,26 Verumtamen dico uobis., thoh uuar sagen ih iu ~28 quia terr§ sodomorum remis- thero erdu sodomorum furla(65,5) I ius I zanor erit in die iudicii quam tibi., uuirdit in tuomes tage thanne I thir 13 Weitere Belege dieser gar nicht sporadischen Interlinearität sind: Infinitum Finitum: 365,1 gesfestinot ist; 399,31 gizimbrot uiias; 411,30 arboran uuerde; 415,24 gitän uuard; 429,22 arsterban mugun; 491,23 gitruobit ist; 577,25 giberehtot ist; 647,3 gientot ist; 647,17 zislizzan uuas; 647,21 giruorit uuas; 647,22 gislizane uuarun; 659,10 erbruogite uuarun; 669,21 arougit uuas; 687,18 giouzorhtot uuas. Prädikativum Finitum: 373,14 abuh ist; 449,27 niouuiht ist; 461,7 thioba sint; 465,16 ein birumes; 535,16 gistriunenti bin; 593,16 thinu sint; 593,17 minu sint; 601,4 funs ist.

77,9f.

(4,14)

l3

In Belegstellenreihungen wie der folgenden werden Seiten und Zeilen der Edition von A. Masser angegeben und nicht Kapitel nach E. Sievers.

48

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianiibersetzung

5. Mittelfeld und Nachfeld Mittelfeld und Nachfeld im Hauptsatz (Kern-/Stirnsatz) mit 2. Klammerteil. A. Anzahl der Glieder im Mittelfeld und im Nachfeld Die besetzten Felder enthalten nur ein Glied: 65,24 in ipso uita erat; thaz uuas In imo lib; (1,3) 69,24 egressus autem non poterat heruzgangenti nimohta spreh2 10 (> ) I loqui ad illos I han zi in Seltener treten zwei Glieder auf: 67,27 & uocabis nomen eius Iohan- Inti nemnis thü sinan namon (2>5) |nem I Iohannem. 67,3 erant autem iusti ambo ante siu uuarun rehtiu beidu fora 2 ( '2) I deum I gote Noch seltener treten drei oder vier Glieder auf: 289,31 sie dedit & filio uitam so gab her themo sune lib (88,8) habere in sem&ipso. haben in imo selbomo Dieser Umfang der Felder ist aber nicht so sehr ein topologisches Problem des Althochdeutschen. Vielmehr hängt es mit der - hier nicht zu besprechenden - Textsorte zusammen. Wo der Umfang des althochdeutschen Nachfeldes sich von dem des lateinischen Nachfeldes (Postfeldes) unterscheidet, handelt es sich demnach meist nur um Umstellung eines einzigen Gliedes. Auch wo die Vorlage im Nachfeld mehr als ein Glied enthält, wird das Nachfeld meist nur verkleinert: Manchmal verhindert Zeilenbrechung weitere Umstellung, manchmal könnten aber mehr Glieder umgestellt werden. Einzelheiten folgen weiter unten. B. Besetzung/Nicht-Besetzung des Mittelfeldes und des Nachfeldes Wenn Vorlage und Übersetzung beide sowohl ein Mittelfeld als auch ein Nachfeld aufweisen, können sie bei Besetzung der Felder übereinstimmen oder, da bei der Übersetzung Glieder umgestellt oder eingesetzt werden können, voneinander abweichen.

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

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Wenn Vorlage und Übersetzung ungleiche Zahl der Felder aufweisen, ist die Selbständigkeit der Übersetzung einleuchtend. Der folgende Beleg zeigt ein althochdeutsch entstandenes, potentiell zu besetzendes Mittelfeld: 215,27f. sed quid existis zihiu giengut ύζ (64.5) uidere sehan Unten werden die vier Kombinationsmöglichkeiten der Besetzung der beiden althochdeutschen Felder exemplarisch vorgeführt. Die vier Möglichkeiten sind: besetzt besetzt leer leer besetzt leer leer besetzt Die Belege sind unter den von der Vorlage abweichenden gewählt. Mittelfeld und Nachfeld sind im Althochdeutschen beide besetzt: 107,13f. iam enim securis giu ist accus (13.15) a c j radicem arborum posita gisezzit zi uuvrzulun thero |est, I boumo, 115,30 Et ecce angeli accesserunt giengun thö zuo gotes engila (15.6) Mittelfeld und Nachfeld sind beide leer: 103,8 omnis uallis implebitur Iogiuuelih tal uuerde gifullit (13,3) 125,6 piscatores autem descendethie fiscara stigun nidar 4) |rant. Mittelfeld ist besetzt, Nachfeld aber leer: 107,19 quid ergo faciemus. uuaz sculun uuir tuon (13.16) 141,15 non exies inde niges thü thanan ύζ (27,3) Mittelfeld ist leer, Nachfeld aber besetzt: 281,27 Leuate oculos uestros. heuet üf iuuariu ougun (87,8) 425,10 Exi In uias gang üz In uuega (125,11) Der Typus, bei dem beide Felder leer sind, gibt keine Probleme und scheidet im folgenden aus.

50

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

C. Gegenseitige Berührung von Mittelfeld und Nachfeld Thema der folgenden Untersuchung ist die gegenseitige Berührung der beiden Felder in der althochdeutschen Satzstruktur:... F ... I/Pr/Vz .... Die drei Punkte geben potentielle Felder an. Die althochdeutsche Struktur wird zu drei lateinischen Strukturen in Beziehung gesetzt: 1. ... F... 2. ... F ... I/Pr... 3. ...I/PrF ... Der Einfachheit halber sprechen wir im folgenden oft von einem lateinischen Vorfeld, das heißt einem präfiniten Bereich. So auch vor der untrennbaren Verbalgruppe der Struktur 3. In den Strukturen 1. bis 3. sprechen wir von einem Nachfeld, das heißt einem postfiniten (1. und 3.) Bereich oder einem postinfiniten/postprädikativen Bereich (2.). In der Struktur 2. sprechen wir von einem Mittelfeld zwischen F und I/Pr. a. Terminologisches und Übersicht Zur Terminologie: Wenn nun von Umstellung gesprochen wird, handelt es sich zum Beispiel um Glieder, die bei der Übersetzung ins althochdeutsche Mittelfeld gestellt werden und entweder aus dem lateinischen Vorfeld oder Nachfeld stammen. In der Vorlage kann es ein Mittelfeld geben. Wenn von Bewahrung gesprochen wird, handelt es sich um Glieder, die aus dem lateinischen Vorfeld oder Mittelfeld oder Nachfeld stammen und bei der Übersetzung in den entsprechenden althochdeutschen Feldern ihren Platz finden. Wenn beim althochdeutschen Tatian von einem besetzten Mittelfeld gesprochen wird, kann es sich folglich um ein lateinisches besetztes Mittelfeld (= Bewahrung), um ein leeres Mittelfeld der Vorlage (= Umstellung oder Einsetzung) oder um Nichtexistenz eines lateinischen Mittelfeldes (also althochdeutsche Umstrukturierung und Einsetzung eines Gliedes oder Umstellung eines Gliedes aus dem lateinischen Vorfeld oder Nachfeld) handeln.

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

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Die oben angeführte 3. Möglichkeit: ... I/Pr F ... gibt es im althochdeutschen Tatian nur als Nachahmung der Vorlage. Sie wird hier nicht weiter behandelt. Beispiele: 1. lat.... F... : ahd. ... F ... I/Pr/Vz ... 141,15 nonexiesinde niges thu thanan ύζ (27,3) Das althochdeutsch entstandene Mittelfeld wird besetzt mit dem eingesetzten Glied thu und einem umgestellten Glied thanan aus dem Nachfeld, wo es auch hätte bleiben können. 2. lat. ... F ... I/Pr ... : ahd. ... F ... I/Pr ... 69,17 Et ecce eris tacens Inti nu uuirdist thü suigenti (2,9) Das althochdeutsche Mittelfeld wird durch ein eingesetztes Glied thu besetzt. In der Vorlage war das Mittelfeld leer. 3. lat.... I/Pr F . . . : ahd. ... F ... I/Pr ... 93,25 sie enim scriptum est per so ist giscriban thuruh then (8'3) I proph&am, ] uuizzagon, Das althochdeutsch entstandene Mittelfeld ist leer, das heißt, es hätte besetzt werden können. In diesen Fällen gibt es im althochdeutschen Tatian ein neu entstandenes oder ein wie in der Vorlage bestehendes Mittelfeld, das nach weiter unten angegebenen Regularitäten gefüllt wird/werden kann. Wenn es heißt, daß das Mittelfeld besetzt bleibt oder geleert wird, muß es also in der Vorlage vorhanden sein. Wenn es heißt, daß das althochdeutsche Mittelfeld besetzt wird, kann es folglich im lateinischen Text vorhanden, aber leer gewesen sein, oder aber es hat in der Vorlage überhaupt kein Mittelfeld, also auch kein potentielles, gegeben. Übersicht: Thema ist Vorfeld, Mittelfeld und Nachfeld in ihrer gegenseitigen Berührung. Zuerst werden die Beziehungen (Umstellung, Bewahrung und Einsetzung) zu der Vorlage behandelt, Punkt b. - е.; Zusammenfassung, Punkt f. Dann wird die Art der umgestellten, bewahrten und eingesetzten Glieder dargestellt, Punkt D., a. - g.; Zusammenfassung, Punkt h.

52

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianiibersetzung

b. Umstellung aus dem Nachfeld ins Mittelfeld Oft stammt ein Glied im althochdeutschen Mittelfeld aus dem lateinischen Nachfeld. Die Vorlage hat entweder kein Mittelfeld oder ein potentielles oder schon besetztes Mittelfeld. Das Nachfeld wird somit verkleinert oder gänzlich geleert. In einem Fall wird das Mittelfeld verkleinert. Das Mittelfeld wird besetzt, das Nachfeld wird geleert: 53 Belege. Von diesen haben 15 ein lateinisches leeres Mittelfeld: 245,23f. herodes autem ... herodias ... uolebat occidere eum uuolta inan arslähan 659.14 nolite timere uos. nicuret oiu forohtan. (217,5) Weitere Belege: 93,8-16; 101,7-10; 149,27-30; 173,3-8; 203,9-12; 291,412; 301, 27-303,12; 313,20-315,3; 321,9-24; 465,29-467,7; 467,8-14; 551,17-20; 657,23-27. In 37 Belegen ist aber das Mittelfeld im Althochdeutschen neugebildet: 71,25 quomodo fi& istud uuvo mag thaz sin (3,6) 421,9 a domino factum est istud fon truhtine ist thaz gitän (124.5) Weitere Belege: 85,1-6; 85,22-28; 89,2-5; 109,11-14 (zwei Belege); 131,15-23; 141,31-143,5; 157,27f.; 181,15-19; 199,25-29; 211,23-32 (zwei Belege); 245,16-22; 259,11-32; 313,15-19; 315,21-29; 341,9-28 (zwei Belege); 363,7-23; 369,9-19; 373,5-19; 411,5-8; 435,5-10; 453,713; 457,22-24; 459,14-23; 513,29-515,7; 561,2-5; 597,19-24; 605,27-31; 623,21-24; 625,16-22; 627,3-5; 627,17-22; 693,1-3. Einmal wird extra ein Glied ins Mittelfeld eingesetzt: 141.15 non exies inde niges thü thanan ύζ (27,3) Wo das Postfeld der Vorlage geleert wird, enthält es nur ein Glied, ausgenommen in 453,8 wo es zwei Glieder enthält, die beide umgestellt werden: 453,8 quomodo aperti sunt oculi tibi, uuvo sint thir thiu ougun Intanu (132.6) In 627, 5 schafft die Übersetzung ein Mittelfeld, das mit dem einzigen Glied im Postfeld der Vorlage und einem Glied aus dem Präfeld der Vorlage besetzt wird:

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianiibersetzung

627,5 (196>8)

53

nam antea inimici erant ad sie uuarun er unter zuuisgen I inuicem |fiianta

Das Mittelfeld wird besetzt, das Nachfeld wird verkleinert. Sieben Belege. Wenn das mehrgliedrige Postfeld der Vorlage verkleinert wird, rückt ein Glied ins althochdeutsche Mittelfeld. Es werden nur die Belege gezählt, bei denen das Postfeld noch um mehr Glieder hätte verkleinert werden können. Die Belege, in denen wegen der Zeilenbrechung nur ein Glied des Postfeldes umstellbar ist, können hier nicht als Beweis dienen. Diese Belege werden unten in Klammern verzeichnet, aber nicht mitgezählt: 159,8 Nolite dare sanctum canibus. Nicur& heilagaz geban hunton (39,7) (In den Belegen 153,12f.; 165,24-26; 173,31-175,10 wird das Mittelfeld auch mit einem Glied aus dem Nachfeld besetzt. Das Nachfeld kann aber wegen der Zeilenbrechung nicht noch kleiner werden. Diese drei Belege werden hier nicht mitgezählt: 153,12f. Nolite thesaurizare uobis Nicur& ш trisiuuen (36,1) thesauros in terra. tresoinerdu Auch der folgende Beleg 497,15f. & patrem nolite uocare uobis Inti nicuret iu gikeuuen fater (141,7) SUper terram. oba erdu. wird hier nicht mitgezählt. Zwar wird das Mittelfeld mit iu besetzt, dafür besetzt aber fater das Nachfeld, das somit nicht reduziert wird. Mehr als ein Glied des Nachfeldes kann nicht umgestellt werden.) Mehrmals ist das Mittelfeld erst im Althochdeutschen gebildet: 127,27 nondum enim missus fuerat in noh thanne niuuas iohannes 1 I carcerem Iohannes | gisentit in carcari; Weitere Belege: 117,20-28; 193,19-25; 221,13-17; 375,3-8; 621,13-15. Im letztgenannten Beleg 621,13 Exiuit ergo pilatus ad eos foras gieng tho pilatus uz zi in (194,1) werden zwei Glieder umgestellt. Ein Glied zi in bleibt stehen, vorausgesetzt, daß wz als Verbzusatz = ex- in exivit und nicht als Adverbiale = foras aufgefaßt wird, foras ist demnach nicht übersetzt.

54

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

(In einem Beleg wie 489,11 f. remittentur ei sint Iru forlazano (138,13) peccatamulta manago sunta. wird zwar ein Mittelfeld neu gebildet und durch Umstellung von Iru/ei besetzt, die Zeilenbrechung verhindert aber totale Leerung des Nachfeldes. Weitere Belege dieser Art, die hier nicht mitgezählt werden: 127,28-30; 193,12-14; 231,28-233,1; 339,17-341,8; 505,31-507,14.) Das Mittelfeld wird vergrößert, das Nachfeld wird geleert: Sieben Belege. 273,21 f. sine prius laz eer (85,4) saturari filios. thiu kind gisatotiu uuerdan 553,8f. uos debetis alter Inti ir sulut ander (156,2) alterius lauare pedes. anderes fuozzi uuasgan. Weitere Belege: 83,7-14; 117,5-15; 189,21-26; 207,6-13; 409,6-17. In dem Beleg 409,10 erant enim eorum mala opera, uuärum Iro uuerc ubilu (119,12)

wird das Mittelfeld durch die Umstellung von uuerc, dem Kern des Subjekts, vergrößert. Das Mittelfeld wird vergrößert, das Nachfeld wird verkleinert: Keine Belege. Das Mittelfeld wird verkleinert, das Nachfeld wird besetzt: Ein Beleg. I75,2f. Erunt enim ex hoc Jon hinana sint (44,22) quinque in domo una diuisi fimui ziteilte in einemo hüse Gleichzeitig wird in diesem Beleg das Vorfeld besetzt. Zusammenfassung: Es findet 68mal Umstellung eines Gliedes zwischen Mittelfeld und Nachfeld statt: 67mal rückt ein Glied aus dem Nachfeld ins Mittelfeld, nur einmal aus dem Mittelfeld ins Nachfeld. Dadurch ändern sich die Felder in folgender Weise: Mittelfeld

Nachfeld

60

1

wird vergrößert

7

0

wird verkleinert

1

7

wird geleert

0

60

wird besetzt

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

55

c. Umstellung aus dem Vorfeld ins Mittelfeld Oft rückt ein Glied aus dem Vorfeld in das Mittelfeld, das dadurch besetzt oder vergrößert wird. Das Nachfeld bleibt unverändert besetzt oder leer. Prinzipielles: Das Vorfeld unterscheidet sich auf folgende Weise vom Mittelfeld/Nachfeld: Wenn es im Kernsatz/Stirnsatz keinen besetzten zweiten Klammerteil gibt, fallen Mittelfeld und Nachfeld zusammen. Es ist nicht sinnvoll, in einem Satz wie 679,25f. giuahun uuarlicho thie iungoron (232,4) gisehenemo trohtine zwischen Mittelfeld und Nachfeld zu unterscheiden. Dagegen läßt sich deutlich eine Grenze ziehen zwischen dem präfiniten Bereich und dem postfiniten Bereich. Die Grenze bildet das Finitum. Präfinit können im Prinzip alle Glieder stehen, die sonst im Mittelfeld, zweiten Klammerteil oder Nachfeld ihre Stelle finden. Wenn präfinite Glieder ins Mittelfeld rücken, ist der Hauptgrund, daß das Vorfeld entlastet werden soll, so daß das Finitum an die ihm gehörige erste/zweite Stelle kommt, beziehungsweise dieser Stelle näherrückt. Aber gewiß gewinnt das Mittelfeld dadurch an Fülle, weswegen diese Fälle in dem Abschnitt über das Mittelfeld berücksichtigt werden müssen. Die Umstellungen: Das Mittelfeld wird besetzt, das Nachfeld bleibt unverändert besetzt. Neun Belege: 433,8f. nie autem uolens iustificare her uuolta thö rehtfestigon (128,6) se Ipsum ... sih selbon In den restlichen acht Belegen ist das Mittelfeld neugebildet: 347,12f. tunc & ipse ascendit tho ersteig her üf. (104,3) a c j d i e m festum zi themo itmalen dage Weitere Belege (in Klammern wird das umgestellte Glied angegeben): 409,27-29 (A); 463,15-16 (S); 485,5-10 (S); 577,1-4 (A); 601,6-9 (A = tho)·, 645,23-24 (A); 671,13-19 (S). In 433,8-10; 347,9-26; 463,15f.; 485,5-10; 577,1-4; 645,23f. und 671,13-19 kann das Nachfeld wegen der Zeilenbrechung nicht geleert werden.

56

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

Das Mittelfeld wird besetzt, das Nachfeld bleibt unverändert leer. 64 Belege: 111,23 f. e g 0 a t g debeo ih seal fori thir (14,2) baptizari. gitoufit uuerdan Ebenso: (in Klammern wird das umgestellte Glied angegeben): 189,1218 (S,o); 209,25-28 (thiz); 243,5-12 (these); 261,1-7 (these); 265,14-32 (s); 275,22-30 (S); 279,32-281,12 (s); 325,12-22 (A); 349,4-25 (o); 435,24-29 (s); 435,29-437,5 (s); 441,31-443,7 (s); 447,7-10 (PP); 453,17 (S); 455,2-8 (S); 457,3-6 (s); 457,3-6 (s); 527,24-31 (s); 547,1-7 (o); 563.10-14 (s); 613,24-30 (tho). 22 Belege. In vielen Fällen, 42 von den 64 Belegen, ist das Mittelfeld erst neugebildet: 65,24 In ipso uita erat; thaz uuas In imo lib; (1,3) Ebenso: 103,24-28 (pp); 153,21-25 (S); 153,21-25 (S); 155,4-10 (S); 155.11-17 (s); 159,19-24 (S); 181,10-12 (A); 199,16-17 (S); 205,31207,1 (o); 211,10-12 (s); 243,5-12 (S); 263,25-265,13 (o); 315,10-20 (o); 321,9-24 (o); 357,9-24 (о A); 357,9-24 (o); 363,24-365,9 (S); 367,30369,8 (PP); 367,30-369,8 (PP); 369,20-25 (0); 379,9-17 (S); 409,1-5 (A); 411,5-8 (о O); 417,14-21 (o); 425,9-32 (A); 433,23-435,4 (A); 439,3-9 (s); 439,16-19 (s); 445,21-28 (A); 459,7-9 (s); 485,17-21 (S); 489,17-22 (o); 497,12-14 (s); 557,13-15 (s); 559,29-561,1 (s); 587,15-20 (A); 599,19-25 (o); 601,4-5 (S); 623,9-13 (s); 623,25-27 (PP); 663,4-6 (A): 601,5 caro autem infirma thaz fleisc ist abur ummahtic (181,6)

Dieser Beleg gehört hierher, wenn nach dem lateinischen infirma das Finitum est zu ergänzen ist, wie der Anfang des Ganzsatzes nahelegt: 601,4 Spiritus quidem prumptus est (181,6)

(Der Anfang wird sklavisch wiedergegeben: ther geist giuuesso funs ist.) Das Mittelfeld wird besetzt, das Nachfeld wird besetzt, das Mittelfeld ist neugebildet. Ein Beleg: 107,13f. iam enim securis giu ist accus (13,15) a ( j radicem arborum posita gisezzit zi uuvrzulun ther о I est, I boumo, In 107,13f. hat die Zeilenbrechung Umstellung des Hilfsverbs nicht verhindert.

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

57

Das Mittelfeld bleibt leer, das Nachfeld wird mit einem Glied aus dem Vorfeld besetzt. Ein Beleg: 199,11 & maior scissura fit., Inti ist mera gisliz. (56,7) Dieser Beleg steht allein da. Vielleicht ist mera/maior nicht prädikativ. Wenn es attributiv ist, gehört der Beleg gar nicht hierher. Das Mittelfeld wird mit einem Glied aus dem Nachfeld der Vorlage besetzt, das Nachfeld wird mit einem Glied aus dem Vorfeld der Vorlage besetzt. Der Umfang des Nachfeldes bleibt unverändert: Ein Beleg. 497,15f. & patrem nolite uocare uobis Inti nicuret iu gikeuuen fater (141,7) super terram. obaerdu. Das Mittelfeld wird verkleinert, bleibt aber besetzt, das Nachfeld bleibt unverändert besetzt. Ein Beleg: 177,26 erant autem ibi lapideg hydri10) I riam \ chariam Ebenso: 73,1 (theru); 75,21-28; 85,29-87,2; 103,2-14; 107,29-109,1; 139,21-24; 139,25-27; 139,28f.; 139,30f.; 151,22-27; 181,2-7; 185,29187,4; 187,4-10 (zwei Belege); 193,14-18; 211,23-32; 219,7-10; 233,17-

Hauptsatz (Kernsatz/Stimsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

73

187,4; 187,4-10 (zwei Belege); 193,14-18; 211,23-32; 219,7-10; 233,1722; 247,25-29; 275,30-277,9; 281,13-283,6; 287,25-289,16; 291,12-22; 311,29-313,2; 325,2-11; 335,13-17; 341,9-28; 379,29-381,22; 393,12395,4; 405,8-16; 433,23-435,4; 485,5-10; 489,5-10; 503,15-18; 609,2126; 615,20-26; 629,26-30; 637,20-22. Bewahrung von o: о bleibt als erstes umstellbares Glied von mindestens zwei im Nachfeld stehen. Drei Belege: 251,31Inti sär gibot her thie iungiron e t statim iussit discipulos ascendere In nauicula.' stigan in skef & precedere eum trans Inti furifaran inan ubar then I fr&urn I seo ad b&hsaidam zi b&hsaidu 209,4 & iussit dari tili manducare. gibot her tho zigebanne iru (60,18) |ezan 44l,2f. (130,3)

& nemo poterat respondere ei uerbum.

Inti nioman mohta antlingen Imo uuort.

о bleibt als einziges - einzig umstellbares - Glied im Nachfeld. 14 Belege: 159,23 non possum surgere nimäg arstanten (40,2) £ dare tibi·, Inti geban thir. Ebenso: 249,10-14; 253,17-27; 265,14-32; 309,28-311,13; 319,3-9; 327,12-24; 339,5-16 (s.u.); 345,23-347,8; 375,3-8; 423,9-12; 435,11-18; 479,22f.; 687,9-13. Im Beleg 339,5-7 erant autem uuarun tho (101,2) appropinquantes ei nahenti sih imo publicani firnfolle man ist ei = imo das einzig umstellbare Glied im Nachfeld, sih ist erst althochdeutsch eingefugt - noch dazu ins Nachfeld, obwohl leichte Glieder gewöhnlich ins Mittelfeld eingesetzt werden. Bewahrung von PP: PP als erstes Glied von mindestens zwei umstellbaren Gliedern des Nachfeldes bleibt im Nachfeld stehen. Drei Belege:

74

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianiibersetzung

191,1 Of. (53,10)

& magno imp&u grex

Inti mit mihhilu ungirehhu |thaz cutti uuas biskrenkit in then seo precipitatus est In таге, ad Izua thusunta I duo milia Ebenso: 167,25-32; 291,23-31. In einem Beispiel wie 375,5f. & non continuo Inti thanne ni sliumo (110,2) extrah& illum die sabbati ziuhit inan uz In sambaztag. ist das leichte Objekt inan aus dem lateinischen Nachfeld ins Mittelfeld gerückt, der adverbiale Ablativ die sabbati (zweites Glied im Nachfeld der Vorlage) bleibt als PP im althochdeutschen Nachfeld stehen. PP als einziges - und umstellbares - Glied und als einzig umstellbares Glied von mindestens zwei Gliedern des Nachfelds bleibt im Nachfeld stehen. 55 Belege: 93,25 sie enim scriptum est per so ist giscriban thuruh then (8,3) I proph&am, uuizzagon, 105,32 & baptizabantur In iordane Inti uuvrdun gitoufte In iordane fon Imo Ebenso: 67,28-69,3 (zwei Belege); 69,13-21; 85,7-13; 87,17-25; 91,2231; 99,20-24; 107,2-6; 117,29-119,1; 121,8-13; 123,32-125,7 (näh themo uuage wird als PP betrachtet); 127,13-16; 155,18-24; 157,13-16; 169,29171,5; 191,8-12; 193,3-6; 211,15-20; 215,23-27; 229,20-22 (zwei Belege); 233,6-12; 251,31-253,3; 261,8-19; 289,17-291,3 (in imo selbomo wird als schwere Präpositionalphrase betrachtet); 301,10-26 (zwei Belege); 317,15-19; 329,30 (uuerdent arlostu in himile)\ 341,29-343,4; 363,7-23; 405,17-24; 407,12-18; 409,27-29; 421,5-18 (zwei Belege); 429,13-25 (zwei Belege); 439,20-24; 447,19-26; 465,29-467,7; 495,31497,4; 527,2 (s. u.); 557,8-12; 571,6-12; 587,15-20; 601,6-9; 609,11-15; 623,31-625,4; 641,12-20; 641,21-31; 673,22f.; 695,1-12. Der Beleg 527,2 due molentes In unum zua sint malenti In ein (147,4)

ist in der Übersetzung ein Kernsatz mit potentiellem Mittelfeld und einem mit einer PP besetzten Nachfeld. Die Vorlage hat ein präinfinites und ein postinfinites Feld.

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

75

Bewahrung von pp: pp als erstes Glied von mindestens zwei umstellbaren Gliedern im Nachfeld (der Vorlage) kommt anscheinend nicht vor. pp als zweites umstellbares Glied kommt einmal vor. Das erste Glied wird umgestellt: 621,13 Exiuit ergo pilatus ad eos foras gieng tho pilatus ύζ zi in (194,1) Dieser Beleg wird nicht mitgezählt. pp als einziges - und umstellbares - Glied und als einzig umstellbares Glied von mindestens zwei Gliedern des Nachfelds bleibt im Nachfeld stehen. 19 Belege: 69,24 egressus autem non poterat heruzgangenti nimohta spreh(2,10) I loqui ad illos | han zi in 169,26 & ad presides & ad reges Inti zi grauon inti zi cuningon "28 ducimini propter тё uuerd& ir gileitte thuruh mih (44,12) in testimonium illis & genti- in zi giuuiznesse inti thioton., |bus; Ebenso: 69,13-21; 119,14-18; 121,32-123,3; 123,4-6; 129,5-10; 147,29149,2; 261,8-19; 293,15-295,12; 309,3-11; 475,25-28; 489,17-22; 537,11-18; 561,6-10; 593,18-21; 599,30-601,1; 641,9-11; 675,15-19. Bewahrung von A (= Adverb) Vier Belege: 435,11 f. Et erat docens co/z'die Inti her uuas lerenti gitago (129,1) j n templo. In themo tempale. Ebenso: 265,6 iouuiht (adverbialer Akkusativ); 633,7 hiutu; 661,15 sliumo. Sonstiges: Bewahrung von Appositionen im Nachfeld. Drei Belege: 67,3 erant autem iusti ambo ante siu uuarun rehtiu beidu fora I deum | gote Ebenso: 245,7 alle; 639,2 mit gallun gimisgitan. Bewahrung von Instrumentalis (althochdeutscher Genitiv/Dativ) im Nachfeld. Drei oder vier Belege: 73,15 & repl&a est spiritu sancto uuard tho gifullit heilages gei4 3 ( ' ) |elisab&h. | stes helisab&h. 195,4 & repl&i sunt timore Inti uuvrdun gifulte forhtu (54,9)

76

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianlibersetzung

Ebenso: 77,9-15; 369,9-19. Im letztgenannten Beleg 369,14f. ... uapulauit. ... uuirdit bifillit (108,6) plagispaucis ... luzilenfillungon ... sind die beiden Teile des Instrumentalis im Nachfeld gesammelt, wenn wir der Lesart plagis vapulavit paucis bei E. Sievers folgen. Bei A. Masser lesen wir jedoch uapulauit /plagis paucis: Somit ist eine Umstellung des Instrumentalis blockiert, und der Beleg wird nicht gezählt. Im Nachfeld: Sechs Belege. Bewahrung von Vergleichen: 201,28 & fiunt inti sint thanne 30 " nouissima hominis illius thie iungistun thes mannes (57,8) peiora prioribus., uuirsirun then eriron Ebenso: 373,5-19; 553,17 (themo); 581,9-11; 655,30-657,6; 659,9-11. Bewahrung eines verkürzten Satzes. Ein Beleg: 355,30 nemo bonus nisi unus deus neoman nist guot nibi ein got. (106,1)

Bewahrung von tho. Ein Beleg: 463,23f. Facta sunt autem encenia uuarun gitan tho encenia (134,1) In hierosolomis. Inhierusalem (Belege mit tho werden in einem speziellen Abschnitt behandelt: II.7.A.) d. Anhang: Umstellung/Bewahrung des schweren Subjekts s

rückt ins Mittelfeld

Personenbezeichnung

89,2

thie hirta

bleibt im Nachfeld 183,7 ther kneht

127,27 Iohannes 181,19 min kneht 231,28 scalca 315,22 thiu kind 339,17 sume 411,15 ther heilant 513,29 manage 621,13 pilatus

247,21 ther cuninc 425,16 sine scalca 425,20 ther cuning 475,11 min bruoder 537,26 thie scalca 555,6 thie iungiron 631,20 ther grauo

9 Belege, davon

8 Belege, alle 8 sind

5 Einwortsyntagmen und

Mehrwortsyntagmen

4 Mehrwortsyntagmen

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

s

rückt ins Mittelfeld

bleibt im Nachfeld

Nicht-Personenbezeichnung

71,25 85,23 127,28 409,10 421,9 453,8 467,3

77,4 allu thisu uuort 89,8 namo 101,27 gotes uuort 151,5 thin namo 179,28 sin ruf 209,5 thiuliumunt 233,14 gotes rihhi 247.27 sin houbit 397,11 al thiu bürg 421.28 himilo rihhi 463,23 encenia 517,30 al fleisc 517.29 thie taga 565,25 iuuuer herza 573.11 iuuuer herzza 607.12 thiu giscrip 687,8 thaz nezzi

thaz taga reda Irouuerc thaz thiu ougun daz giscrip

7 Belege, davon

17 Belege, davon

4 Einwortsyntagmen und

2 Einwortsyntagmen und

3 Mehrwortsyntagmen

15 Mehrwortsyntagmen

77

Werden die Subjekte auf die Frage hin untersucht, welche ins Mittelfeld rücken und welche im Nachfeld bleiben, tritt ein Unterschied zwischen +HUM- und -HUM-Subjekten zutage. Ferner kann zwischen Einwortsyntagmen und Mehrwortsyntagmen getrennt werden. Von Bedeutung ist also beides: Inhalt und Umfang. Die Personenbezeichnungen können ins Mittelfeld rücken oder im Nachfeld bleiben: 9 : 8 . Die Einwortsyntagmen rücken alle. Sie ähneln, in bezug auf die Kürze, den leichten Subjekten, die vor allem ins Mittelfeld gehören. Die Nicht-Personenbezeichnungen können auch rücken, bleiben aber überwiegend im Nachfeld: 7 rücken, 17 bleiben. Die umgestellten S dieser Gruppe sind vorzüglich Einwortsyntagmen: 4 von 7. Von den 17 im Nachfeld bleibenden Subjekten sind nur 2 Einwortsyntagmen.

78

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

e. Umstellung aus dem Vorfeld (man vergleiche C.c.) Art der aus dem Vorfeld 14 ins Mittelfeld gerückten Glieder. S wird in folgenden Fällen umgestellt. 20 Belege: I53,22f. si fuerit oculus tuus simplex, oba thin ouga uuirdit luttar (36,3) totum corpus tuum lucidum thanne ist al thin lihhamo I erit. I liohter Das Vorfeld bleibt besetzt durch die Einsetzung von thanne. Oder anders gesagt: Der vorangestellte Gliedsatz besetzt mit dem Korrelat thanne zusammen das Vorfeld = die Jokerstelle. Durch die Umstellung von S wird demnach die Jokerstelle erleichtert und wie im Neuhochdeutschen besetzt. Weitere Belege: 1 5 5 , 9 thaz ferah\ 1 5 9 , 2 1 mino turi; 2 4 3 , 5 theser, 2 4 3 , 6 sin muoter, 2 6 1 , 4 theser, 3 6 3 , 2 8 theser, 3 7 9 , 1 0 zehenv, 4 5 3 , 3 thiz\ 4 8 5 , 8 thiu salba\ 4 8 5 , 2 0 forlust therra salbun. In folgendem Beleg 463,15 Dissensio Iterum facta est abur uüas thär ungizunft gitan (133,15) ist das schwere Subjekt als erstes von zwei Gliedern des Vorfeldes umgestellt worden. In den folgenden Belegen wird das Vorfeld geleert: 275,29f. hora erat uuas tho zit (87,1) quasi sexta; nah sehsta. 199,17 & utraque conseruantur; inti uuerdent beidu gihaltan (56,9) Ebenso: 2 0 9 , 2 8 thiz; 4 5 5 , 6 theser, 5 7 5 , 4 iouuiht; 6 7 1 , 1 5 tu eino. 1 9 9 , 1 7 ist ein inti-Satz, in dem unmittelbarer Anschluß des Finitums (oft Inversion genannt) möglich ist. 2 0 9 , 2 8 und 4 5 5 , 6 sind in der Übersetzung Stirnsätze (Satzfragen) geworden. 209,28 numquid iste est filius dauid; ist thiz ηύ ther dauides sün (61,6)

455,6 hic est filius uester ist theser liier sun (132,11) 5 7 5 , 4 ist ein eno-Satz mit unmittelbarem Anschluß des Finitums, sieh dazu Kapitel II.6.F.C.

l4

Wenn vom Vorfeld gesprochen wird, ist der präfinite Teil gemeint. Das Finitum steht hier nicht zur Debatte.

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

79

Einmal besteht das lateinische Vorfeld aus drei Gliedern: Das erste bleibt im Vorfeld, das zweite = das Subjekt kommt ins althochdeutsch entstandene Mittelfeld, und das dritte kommt ins Nachfeld: 107,13f. iam enim securis giu ist accus (13,15) ad radicem arborum posita gisezzit zi uuvrzulun thero I est, I boumo, Hier ist einer der seltenen Fälle, in dem die Zeilenbrechung eine Umstellung (hier von ist) nicht verhindert. Einmal besteht das lateinische Vorfeld aus vier Gliedern. Die zwei ersten bleiben im Vorfeld, die zwei letzten kommen ins Mittelfeld: 189,12f. & neque catenis noh mit k&inon (53,4) iam quisquam eum poterat giu mohta in einig män gibinI ligare | tan Das Subjekt als vorletztes präfinites Glied rückt mit dem о ins Mittelfeld. Die Folge S о wird in die auch althochdeutsche Reihenfolge о S geändert. Das Vorfeld ist erleichtert, aber noch überfüllt: Das Finitum hat nur die dritte Stelle erreicht. Das Vorfeld hat ein Glied vor und eins nach der Zeilenbrechung. s rückt als letztes/einziges Glied im lateinischen Vorfeld in folgenden Fällen ins althochdeutsche Mittelfeld. 21 Belege: 347,12f. tunc & ipse ascendit tho ersteig her üf. (104,3) addiemfestum zi themo itmalen dage 215,9 tu es qui uenturus es bistü ther zuouuert ist odo t64'1) I anderes Weitere Belege: 155,11-17; 169,29-171,5; 211,10-12; 265,14-32; 279,32-281,12; 435,24-29; 435,29-437,5; 439,3-9; 439,16-19; 441,31443,7; 457,3-6; 459,7-9; 497,12-14; 527,24-31; 557,13-15; 559,29-561, 1; 563,10-14 (zwei Belege); 623,9-13. (In neun von den obigen Belegen ist das Vorfeld eingliedrig geworden, zum Beispiel 211,10-12; 347,9-26; 435,24-29; 435,29-437,5; 441,31-443,7; 497,12-14; 527,24-31; 563,10-14 (zwei Belege) - In zwei Belegen liegen Satzfragen (ohne Fragewort) vor, 215,5-10 und 457,3-6. Im Beleg 169,29-171,5 haben wir ein leeres Vorfeld - in einem Deklarativsatz. In neun Belegen handelt es sich um eno-Sätze mit Kontaktstellung zwischen eno in Anfangsstellung und dem Finitum, zum Beispiel:

80

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

155,17 Nonne uos magis plures estis eno nibirut ir furiron thanne 38 2 ( ' ) |illis. I sie sin Ebenso: 291,32-293,14; 279,32-281,12; 439,3-9; 439,16-19; 459,7-9; 557,13-15; 559,29-561,1; 623,9-13, s. eno-Sätze II.6.F.C.) О rückt aus dem Vorfeld ins Mittelfeld. Zwei Belege: 411,8 ... primus In illam lapidem ... zi eristen sente sia stein ana (120,5) I mittat. Das Objekt lapidem/stein wird als letztes präfinites Glied umgestellt, in illam wird als о = sia wiedergegeben, anasenten hat demnach zwei Akkusative. Auch sia rückt ins Mittelfeld. Im folgenden Beleg 369,23 baptismum habeo baptizari ih haben toufi gitoufit uuerdan (108,7) ist baptismum/toufi umgestellt. о rückt in den folgenden Belegen als letztes, einmal, 411,8, als vorletztes Glied ins Mittelfeld: 15 Belege. 205,32 fides tua te saluam fecit. thin giloubo t&a thih heila (60,9) Ebenso: 265,2 hiu\ 299,25 mik, 315,17 dir, 321,11 ш; 349,24 thik, 357, 15 ein ist thir uuan; 417,14 ш; 439,22 ш; 489,21 thik, 547,3 thih; 599,20 thir. In den folgenden drei Belegen werden zwei Glieder umgestellt: (1) 189,12f. & neque catenis noh mit k&inon (53>4) iam quisquam eum poterat giu mohta in einig man gibinI ligare |tan Außerdem haben wir die deutsche Gliedfolge: leichtes Glied in - schweres Glied einig män bekommen. (2) 357,12 quid adhuc mihi deest. uuaz ist mir nohnu uuan. (106,3) Auch hier haben wir die deutsche Gliedfolge leichtes Objekt mir - Adverbial nohnu bekommen.

(3) 411,8 (120'5>

... primus In illam lapidem zi eristen sente sia stein ana Imittat.

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

81

Die Übersetzung hat zwei Objekte ins Mittelfeld gestellt, in der Reihenfolge leichtes Glied - schweres Glied. PP wird zweimal als letztes, zweimal als einziges Glied ins Mittelfeld gerückt. Vier Belege: 447,9 nos ex fornicatione non sumus uuir nibirumes fon huore gi(131,17) |natj. |borane. Ebenso: 623,25 in thiu. 367,31 & In maiori fidelis est.

ther ist In themo meren gi-

(108,5)

|triuuui

Das Vorfeld wird mit dem Demonstrativum ther als Korrelat besetzt. Ebenso: 369,2 ther ist In themo meren unreht. pp als einziges Glied oder letztes von zwei Gliedern des Vorfeldes rückt ins Mittelfeld. Drei Belege: 65,24 In ipso uita erat; thaz uuas In imo lib; (1,3) 103,25 & mundus per Ipsum factum Inti uueralt uuard thuruh Inan (13,5)

|est

Igitan'

111,23 f. e g o a d e beo ih seal fon thir (14 2) ' baptizari. gitoufit uuerdan Adverbien rücken in folgenden Belegen aus dem lateinischen Vorfeld ins althochdeutsche Mittelfeld. 18 Belege: (1) als einziges Glied im lateinischen Vorfeld: 409,3 lam iudicatus est ther ist giu furtuomit. (119,11)

Weitere Belege mit Angabe des althochdeutschen Wortes und der lateinischen Entsprechung: 181,10-12; 325,19 iu/iam\ 385,15 thanne/ecce; 445,22 uuarlihho/uere; 601,9 tho/ef, 613,25 tho/tunc; 627,5 er/antea\ 663,6 thoh uuidoro/tamen. Im Beleg 181,11 f. puer meus iac& in domo min kneht ligit in hüse (47,2) paralyticus, & male torquetur. lamer inti ist ubilo giuuizinot rückt das lateinische präfinite male als ubilo in das neugebildete althochdeutsche Mittelfeld. Es kann gewiß diskutiert werden, ob male als einziges Glied im lateinischen Vorfeld steht oder ob eine Stelle auch für das eingesparte Subjekt puer meus vorgesehen ist. Im althochdeutschen Text würden wir im Falle inti ist ubilo giuuizinot nicht von einem Stirnsatz sprechen. Er wäre als Kernsatz mit unbesetzter, nicht aber blockierter präfiniter Stelle = Jokerstelle zu bezeichnen.

82

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

(2) als letztes Glied von mehr als einem im lateinischen Vorfeld: 409,28f. haec mulier thiz uuib (120.2) modo deprehensa est In adul- uuard nu bifangan In ubarI terio |hiuui 425,24f. amice quomodo friunt uuvo (125,11) /jWC intrasti... giengi thü hera In ... Ebenso: 433,8 thö/autem\ 457,4 abur/iterum; 587,18 abur/autem; 601,5 abur/autem; 645,23 thar/ergo. (3) als zweitletztes Glied im lateinischen Vorfeld: 357.12 quid adhuc mihi deest. uuaz ist mir nohnu uuan. (106.3) 577,1 f. iam uos mundi estis ir birut iu reine (167,2) propter sermonem thurah thaz uuort In 357,12 ist auch о = mir gerückt. Die Änderung ο - Α entspricht der deutschen Gliedfolge. f. Bewahrung im Mittelfeld (man vergleiche C.d.) Art der im Mittelfeld bewahrten Glieder. Von den schweren Gliedern, die in der Vorlage im Mittelfeld standen und in der Übersetzung im Mittelfeld stehen bleiben, hätten nicht-personenbezeichnendes S und außerdem О, PP und pp ins Nachfeld rücken können, falls sie als letztes oder einziges Glied im Mittelfeld stehen und falls keine Zeilenbrechung vorliegt. Man vergleiche: 387,25f. Venit enim filius hominis quam ther mannes sun (114,2) quaerere & saluum facere suochan Inti heil tuon 657,5f. & erit nouissimus error Inti thanne ist ther iungisto 215 3 < ') I irrido peior priori., uuirsero themo eriren. 405.13 quomodo potest homo nasci uuvo mag ther man giboran (119>2) |uuerdan In 387,25f. kann das Subjekt aus zwei Gründen nicht nach rechts rücken: Erstens rückt ein personenbezeichnendes Subjekt nicht nach rechts, sieh 405,13. Zweitens verhindert die Zeilenbrechung eine Rechtsrückung, sieh 657,5f. S

119,1 Of. a nazar&h potest 07>3) aliquid boni esse

fon nazar&h mag sih uuaz guotes uuesan

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

83

Weitere Belege: 143,26 iuuar uuort; 147,16 iuuar mi&a\ 165,20 sin fal; 407,2 thisu; 537,19 iuuuero lent in-, 601,22 iro ougun; 639,13 thiu tuniha. Acht Belege. О 129,6 Non potest homo quicquam nimäg ther man Iouuiht (2l>5) |accipere.' |intphahen Weitere Belege: 149,23-26; 153,29-155,1; 155,2f.; 163,5-8; 199,21-24; 205,18-23; 211,15-20; 213,6-9; 263,25-265,13 (thaz); 297,11-26; 375,931; 405,1-7; 413,2-9; 453,23-28; 463,17-22; 465,24-28; 539,12-17; 539,24-29; 553,1-8; 567,8-10; 605,14 (these); 677,13f. Der Beleg 539,16f. niuuollemes thesan rihhison (151,3) obarunsih. unterscheidet sich von anderen Belegen, zum Beispiel 463,21 f. enonu diuual (133,16) m a c blintero ougun Intuon. dadurch, daß der Akkusativ nicht Objekt vom Infinitiv ist. Dennoch haben wir den Beleg hierhergestellt. Ebenso 205,23 megin. Der Beleg 553,7f. & uos debetis alter Inti ir sulut ander (156,2) alterius lauare pedes. anderes fuozzi uuasgan. ist wegen der Art interessant, wie das schwere Objekt pedes nach links gerückt wird und das Attribut alterius also nicht nach rechts gerückt wird. - Insgesamt 23 Belege. pp 317,30 uidimus quendam gisahvnmes sihuuenan -319,1 in nomine tuoeicientem in thinemo namen uzuuer(95Л) Ifenten demonia. diuuala. Ebenso: 99,25-28; 187,16f.; 189,21-26; 229,20-22; 287,28 (uon imo selbomo); 291,12-22; 339,5-16; 403,6-20; 495,9-15; 633,13-16. Elf Belege. pp 205,23 & ego noui uirtutem de me ih uueiz megin fon mir ύζ( 60 ' 6 ) I exisse. | gangen Ebenso: 253,17-27; 291,32-293,14; 627,10. Vier Belege. Der letzte Beleg 627,10 exiuit ad eos foras gieng zim uz (197,1)

84

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

gehört hierher, wenn exiuit gieng ... uz entspricht, for as ist demnach nicht übersetzt. Vollständigkeitshalber seien auch die Belege für Bewahrung von S (+HUM), s, о, A/a angeführt: S 405,13 quomodo potest homo nasci uuvo mag ther man giboran O 19 ' 2 ) |uuerdan Weitere Belege: 69,22-26; 91,12-15; 117,5-15; 127,23-27; 129,5-10 173,31-175,10; 201,25-32; 211,15-20; 275,30-277,9; 287,25-289,16 299,26 (jman); 301,27-303,12; 321,1-8; 331,25-333,5; 359,27-361,14 373,5-19; 385,4-18 (zwei Belege); 393,12-395,4; 423,4-8; 437,12-17 453,23-28; 467,27-469,3; 475,19-24; 489,17-22; 553,13-20; 581,9-11 633,17-21. - Insgesamt 29 Belege. s 103,18 non erat ille lux.' ni uuas her thaz lioht (13,4) 147.22 gstote ergo üos perfecti. uues& ir thuruhthigane (32,10) Zwei Belege. о 543,28 & dedistis mihi bibere. (152,3) 665.23 noli me tangere

Inti ir gabut mir trincan. nicuri mih ruoran

(221,6)

Ebenso: 67,28-69,3; 117,5-15 (zwei Belege); 123,19-23; 143,8-12; 149,31-151,1; 159,19-24; 167,5-12; 175,10-14 (zwei Belege); 179,21-24; 187,4-10; 189,12-18; 193,3-6; 213,25-31; 247,21-24; 253,17-27; 253,28255,3; 275,30-277,9; 277,9-21; 281,13-283,6; 329,17-24; 337,27-339,5; 449,26-451,5; 485,21-28; 545,19-31 (zwei Belege); 549,2-8; 615,20-26; 627,13-16; 695,1-12. (Ein Beleg wie 275,22f. gilamf inan uaran (87,1) thuruh samariam. gehört nicht hierher. Wir stellen Infinitivkonstruktionen als Subjekt in Extraposition, sieh Kapitel Π.4., Punkt 2.) Der Beleg 627,13 Ecce adduco uobis eum foras ih leitu inan iu uz (197,2) gehört - wie schon behandelt - nur bedingt hierher. - So auch 695,1-12. Insgesamt 33 Belege.

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

85

A/a

83,13f. uoluit uuolta occulte dimittere eam, tougolo sia forlazzan, occulte/tougolo ist in der Vorlage einziges Glied im Mittelfeld. Es ist im Mittelfeld stehengeblieben, und eam/sia ist gleichzeitig ins Mittelfeld gerückt, sie hätte als leichtes Glied eigentlich vor das schwere Adverb gestellt werden sollen. Weitere Belege: 87,23 thö/tuncXb; 97,32 tharalülo\ 141,5 ёг/prius; 305, 29 hir/hic, 383,22 uzelforas·, 405,16 abur/Iterato; 437,19 ziuuäre/uere; 559,1 tho/ergo; 563,27 nu/modo; 649,9 uuarliho/uere\ 651,5 giuuesso/ enim; 675,1 rumor/longius. Zu den //го-Beispielen sieh den tho-Abschnitt (И.7.А.). Im Beleg 651,5 sind giuuesso und enim wahrscheinlich nicht unmittelbar vergleichbar: enim ist an die im Latein druckschwache 2. Stelle gebunden, also ein Enklitikon, giuuesso ist (auch) ein frei bewegliches Adverb. Diese Bemerkung gilt auch für andere Wörter wie tho, uuarliho, nu und andere. - Insgesamt 13 Belege. g. Einsetzung ins Mittelfeld (man vergleiche C.e.) Art der ins Mittelfeld eingesetzten Glieder. Eingesetzt werden das leichte Subjekt (s), tho, das leichte Objekt (o), thanne, thar; thaz = O: s 107,19 quid ergo faciemus. uuaz sculun uuir tuon (13,16)

Ebenso: 69,13-21; 77,28-32; 83,7-14; 83,15-25; 93,23-30; 117,29-119,1; 123,4-6; 137,32-139,2; 153,4-6; 155,18-24 (zwei Belege); 157,3-9; 157,17-19; 159,4-7; 161,27-29; 169,23-28; 183,13-15; 187,20f.; 205,815; 207,6-13; 209,4-6; 213,13-17 (zwei Belege); 215,23-27 (zwei Belege); 215,31-217,4; 217,25-31; 235,6-11; 243,12-17; 245,7-15; 259,1132; 261,8-19; 267,1-7; 277,9-21; 285,6-18; 351,25-353,6; 365,20-29; 375,9-31; 379,29-381,22; 383,11-385,3 (zwei Belege); 395,24-397,9; 405,8-16 (zwei Belege); 405,17-24; 423,12-14; 425,9-32; 439,24-441,2; 445,3-10; 445,21-28; 447,19-26; 451,21-25; 457,3-6; 465,28 (duost); 471,2-6; 485,21-28; 489,5-10; 495,9-15; 495,16-25; 503,15-18; 547,1-7; 549,2-8; 553,13-20; 567,8-10; 599,30-601,1; 617,13-17; 627,29-629,1; "Nach dem Apparat der Edition von A. Masser zu 87,23 steht tunc nur in der Edition von E. Sievers, aber nicht in der Handschrift.

86

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

629,19-25; 633,3-8; 633,13-16; 637,20-22; 641,21-31; 677,15-18; 679, 30-681,5; 695,1-12. 76 Belege. tho (sieh II.7.A.) = Adverb. Wo sich behaupten läßt, das inhaltsarme tho entspreche einem lateinischen inhaltsarmen autem, et, vero oder ähnlichem, oder wo ein inhaltsreiches tho einem lateinischen inhaltsreichen tunc oder ähnlichem entspricht, liegt in der Übersetzung Bewahrung/Umstellung vor. Wo tho ohne jede mögliche lateinische Entsprechung vorkommt, liegt somit Einsetzung vor. Diese letztgenannten Fälle werden hier notiert: 179,27f. & confestim Inti sliumo (46,3) mundata est lepra eius., uuard tho giheilit sin ruf Weitere Belege: 205,24f.; 209,5 (Inti argieng tho uz); 229,31; 247,25-29; 273,31 (inti uuas tho giheilit)·, 275,22-30; 327,12-24; 335,6-13; 627,3-5; 667,16-20; 695,1-12. Zwölf Belege. Leichtes Objekt. Es handelt sich vor allem um Einsetzung des Reflexivpronomens/des Personalpronomens im reflexiven Gebrauch, besonders in der formelhaften Wendung ni curi/curet thir/iu forhten = noli(te) timere, sieh 87,3-10; 127,7-12; 173,8-15; 207,6-13; 253,17-27; 305,32-307,13; 667,31-669,4; 677,8-12. Andere Belege: 97,19 sih fluobiren; 97,32 forhta imo thara faren\ 423,5 sih sihhoron\ 465,14 iz\ 477,23 erloset Inan Inti laz& Inan gangan = soluite eum & sinite abire; 549,10 uuarun es gefehenti; 585,14 iz; 599,8 bigonda sih truoben = coepit contristari. Das Verb uuänen hat zweimal ein leichtes Akkusativobjekt (plus Infinitiv) ohne lateinische Vorlage: 18 Belege. thanne kann als Korrelat eines Nebensatzes auftreten: 149 9 ' et cum oratis non eritis thanne ir b&ot nisit thanne sicut hypochritae soso thie lihhizara Ebenso: 159,24-29; 441,20-24; 445,3-10; 471,30-473,3. Oder thanne verweist allgemein auf das Vorhergehende: 171,2f. Dabitur enim uobis in illa iu ist thanne gigeban in thero 44 13 < ' ) |hora.' |ziti quid loquamini. uuaz ir sprehh&

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

87

In den folgenden zwei Belegen findet sich keine lateinische Entsprechung: 201,28 ... inti sint thanne ... & fiunt -30 thie iungistun thes mannes nouissima hominis illius (57,8) uuirsirun then eriron peiora prioribus., 385,17f. & sunt primi Inti sint thanne eriston (113,2) thiedar er uuarun iungiston; qui erunt nouissimi. Insgesamt acht Belege. Einzelfalle: thar. 463,15 Dissensio Iterum facta est abur uuas thär ungizunft gitan (133,15)

thara als Korrelat eines Nebensatzes: 443,1 Of. quo ego uado uos non potestis thara ih faru Ir nimugut (131,7) uenire; thara quemen. thaz (als schweres Objekt): 87,28f. omnes qui alle thi thaz (6,5) audierunt mirati sunt.' gihortun uuarun thaz uuvontoronte.' ouh 449,23f. & pro Intj (131,23) ph&as mortui sunt. uüizagon sint ouh tote. In dem letzten Beleg könnte ouh Wiedergabe des lateinischen et sein, wenn dieses et gleich etiam ist.

88

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

h. Zusammenfassung Gesamtübersicht über die Art der Glieder, die ins Mittelfeld gerückt oder eingesetzt werden oder im Mittelfeld und Nachfeld stehen bleiben. Es läßt sich folgendes Schema aufstellen: lat. Vorfeld

lat. Mittelfeld

lat. Nachfeld

ahd.

S

20

37

16

Mittelfeld

s

21

2

4

0

2

23

8

0

15

33

45

PP

4

11

1

PP

3

4

0

A/a

18

13

3

Sonstiges

76 1 (thaz) 18

23

5

ahd.

S

25

Nachfeld

s

0

0

41

0

17

PP

58

PP

19

A/a

4

Sonstiges

ahd. Original

15

Wie oben, II.5.C.f., dargelegt wurde, kommen die Änderungen gegenüber der Vorlage dem Mittelfeld zugute, das stark aufgewertet wird. Das althochdeutsche Mittelfeld wird das Feld der personenbezeichnenden schweren Subjekte und der leichten Glieder: S rückt 36mal aus dem Nachfeld oder Vorfeld ins Mittelfeld. Es wird nie neu eingesetzt. Für die leichten Glieder gilt folgendes: s wird 76mal ins Mittelfeld neu eingesetzt und 24mal aus dem Vorfeld oder Nachfeld ins Mittelfeld gerückt. о wird 60mal aus dem Nachfeld oder Vorfeld ins Mittelfeld gerückt und 18mal neu ins Mittelfeld eingesetzt.

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

89

Adverbien werden 21 mal ins Mittelfeld gerückt und 23 mal ins Mittelfeld neu eingesetzt. Die Zahl für pp ist zu klein, um sich ein Urteil über pp zu bilden. Über die schweren Glieder außer S läßt sich folgendes feststellen: PP bleibt, wo es in der Vorlage steht, also vor allem im Nachfeld. О kann ins Mittelfeld rücken, bleibt aber meist, wo es in der Vorlage steht. Infinitiv und Gerundium im Schlußfeld oder in Extraposition rücken nie ins Mittelfeld. Es sei daran erinnert, daß Bewahrung einer Wortstellung nur beweiskräftig ist - in unserem Fall für althochdeutsche Wortstellung - wenn im Prinzip diese Wortstellung nie geändert wird und wenn oft Änderungen zu dieser Wortstellung vorgenommen werden. (Über die Reihenfolge der Glieder im Mittelfeld: III.5.D.) 6. Das Jokerfeld A. Terminologisches: Satztypen im althochdeutschen Tatian Kernsätze, Verb-Zweit-Sätze, verfügen über einen präfiniten Bereich, hier Jokerfeld genannt, und einen potentiell zu besetzenden postfiniten Bereich, Mittelfeld genannt, einen ebenfalls potentiellen 2. Klammerteil und ein potentielles Nachfeld. Mittelfeld und Nachfeld lassen sich nur trennen, wenn der 2. Klammerteil besetzt ist. Stirnsätze, Verb-Erst-Sätze, unterscheiden sich topologisch von den Kernsätzen nur durch die Abwesenheit eines präfiniten Bereiches. Spannsätze, Verb-Letzt-Sätze, sind durch ein satzeinleitendes Subjunktionalfeld gekennzeichnet. Darauf folgen ein potentiell zu besetzendes Mittelfeld, ein 2. Klammerteil mit obligatorisch zu besetzender Finitstelle und ein potentielles Nachfeld. Darüber hinaus läßt sich von links herausgestellten (links extraponierten) und rechts herausgestellten (rechts extraponierten) Satzteilen reden. Einzelheiten problematischer Art werden, wenn sie auftauchen, eingehender besprochen. Bei der Behandlung des Jokerfeldes entfallen die Spannsätze. Es werden neben den Kernsätzen auch diejenigen Stirnsätze zusammengestellt, die althochdeutschen Kernsätzen entsprechen, also Sätze folgender Art:

90

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatiantibersetzung

375,9 (110.3)

neben 377,1

Dicebat autem ...

quad her tho ...

Dicebat autem ...

tho quadher...

(110.4)

Vorschau: Es werden im folgenden zwei Gruppen behandelt. Gruppe I: Der präfinite Bereich besteht aus "einfacheren" Nominalsyntagmen, Präpositionalsyntagmen, Adverbialsyntagmen allein oder in diversen Kombinationen. Gruppe II: Der präfinite Bereich besteht aus "komplizierteren" Syntagmen (Finitsyntagmen, Infmitsyntagmen, umfangreichen Syntagmen der unter Gruppe I genannten Art) oder Kombinationen von solchen oder Kombinationen von einfacheren und komplizierteren Syntagmen. Dabei muß ständig mit der lateinischen Vorlage verglichen werden in bezug auf Umstellung, Einsetzung und Bewahrung. Auch muß in bezug auf Blockierung jeglicher Umstellung durch die Zeilenbrechung die Handschrift berücksichtigt werden. Schema:

Präfmiter Bereich (= Jokerfeld)

Gruppe I

"einfachere" Nominalsyntagmen "einfachere" Präpositionalsyntagmen "einfachere" Adverbialsyntagmen

Gruppe II

Nebensatz +/- Korrelat Nebensatz Infinitivkonstruktion Absoluter Dativ "kompliziertere" Nominalsyntagmen "kompliziertere" Präpositionalsyntagmen "kompliziertere" Adverbialsyntagmen

Finitum ...

(alle Elemente allein oder in diversen Kombinationen oder mit Gruppe-I-Elementen kombiniert).

Es soll nicht verschwiegen werden, daß die Unterscheidung Glied komplexes Glied - Glieder nicht unproblematisch ist.

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

91

B. Gruppe I Eine eingehende Betrachtung der Kapitel 106-109 (bei A. Masser: S. 355,22-373,19) zeigt schon die Präferenzen. Wenn die präfiniten Bereiche des althochdeutschen Tatian mit denen der lateinischen Vorlage verglichen werden, lohnt es sich wieder, Bewahrung, Umstellung und Einsetzung zu trennen: Der präfinite Bereich kann somit bewahrt, besetzt, vergrößert, mehr oder weniger reduziert, ja sogar geleert werden. a. Tabellarische Darstellung ahd. Präbereich

lat. Präbereich

ahd. Bewahrung

leer besetzt (ein Glied) besetzt (mehr Glieder)

leer besetzt (ein Glied) besetzt (mehr Glieder)

14 33 2

ahd. Umstellung (partielle Reduktion)

weniger Glieder ein Glied

mehr Glieder mehr Glieder

2 5

ahd. Umstellung (totale Reduktion)

leer

besetzt (ein Glied)

3

ahd. Umstellung (Vergrößerung)

mehr Glieder

weniger Glieder

ahd. Einsetzung

έϊη Glied ein Glied mehr

leer besetzt

Hinzu kommen noch zwei Belege, bei denen die Vorlage ohne Finitum erscheint, aber die Übersetzung durch Einsetzung des Finitums an die zweite Stelle einen mit einem Glied besetzten präfiniten Bereich entstehen läßt.

Beispiele zur Illustration: Bewahrung: ahd. leer/lat. leer: 375.9 Dicebat autem... (110,3)

ahd. besetzt/lat. ebenso: 357.10 omnia hcec custodiui

Anzahl

12

2

quad her tho ... alliu thisu gihielt ih

(106,3)

373,1 (109,2)

hii nouissimi una höra

these iungiston eina zit tatun

92

Hauptsatz (Kernsatz/Stimsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

Umstellung: ahd. weniger/lat. mehr: 359,lOf. apud homines (106,5) ftoc inpossibile est. ahd. ein Glied/lat. mehr: 357,15 unum tibi deest.

mit mannon thiz ist unodi. ein ist thir uuan.

(106,3)

ahd. leer/lat. besetzt: 371,4 uns dixit

Inti quad in.

(109.1)

ahd. mehr/lat. weniger: [417,12f. n e c ego

dico uobis Einsetzung: ahd. ein Glied/lat. leer: 357,1 dixit Uli. (123,3)

noh ih selbo iu quidu]

tho quad her imo.

(106.2)

ahd. mehr/lat. weniger: Inti her offano [351,l5f. & ecce palam sprihhit] (104,7) loquitur Die beiden eckig eingeklammerten Belege finden sich nicht in den Kapiteln 106-109 (bei A. Masser: S. 355,22-373,19), sind aber der Vollständigkeit halber hier mit angeführt. Verwertung der Tabelle: Bewahrung überwiegt (in 49 von 73 Belegen). Dabei herrscht eingliedrige Besetzung des Jokerfeldes vor (33 Belege von 49). Durch Einsetzung wird in zwölf Fällen, durch Reduktion in fünf Fällen eine eingliedrige Jokerstelle gebildet. In zwei Belegen, bei denen die Vorlage kein Finitum aufweist, entsteht durch Einsetzung des Finitums an 2. Stelle eine eingliedrige Jokerstelle: In 52 von den 73 Belegen liegt also im Tatian eine eingliedrige Jokerstelle vor. In einigen wenigen Fällen wird der präfinite Bereich reduziert, so daß das Finitum zwar nicht die 2. Stelle erreicht, wohl aber sich der 2. Stelle nähert. Stirnsatz als Äquivalent des deklarativen Kernsatzes kommt 17mal vor. Davon sind drei Belege original, 14 stimmen mit der Vorlage überein. Selten wird der eingliedrige präfinite Bereich der Vorlage durch die Übersetzung geleert oder vergrößert.

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

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Konklusion: Genuines Deutsch scheint in Deklarativsätzen Besetzung des präfiniten Bereichs durch ein Glied zu sein. Leerer präfiniter Bereich ist nicht selten und kann ohne Entsprechung der Vorlage gebildet werden, das heißt Stirnsatz hat auch die Funktion Deklarativsatz. Hier könnte auch genuines Deutsch vorliegen. b. Bewahrung leerer präfiniter Bereiche Das Material: Mindestens das Finitum wird angegeben. 14 Belege: 357,23 uuäs ehtig; 361,15 gihortun; 361,17 scinfitun; 361,25 uuas; 365,7 haben; 365,11 habent; 365,25 Inti gihalota; 367,20 Inti lobota; 371,14 quadun imo; 371,28 Intfiengun sie; 373,6 nituon ih. Nur bedingt gehören hierher: 363,2 cupiens saturari gerota sih zigisatonne (107.1)

Das Finitum gerota entspricht einem Infinitum cupiens. 363,7 factum est autem uuärd tho gitan. (107.2)

factum est weist mit obligatorischer Kontaktstellung einen leeren Präbereich auf. 363,11 f. mortuus est autem & diues arstarp ouh ther otago (107,2) & sepultus est In Inferno Inti uuard bigraban In helliu Die lateinischen Perfekta weisen, wie der soeben besprochene Belegyäo tum est, einen leeren Präbereich auf. Die deutschen Präterita haben einen leeren Präfinitbereich. c. Bewahrung besetzter präfiniter Bereiche 1. Nur ein Glied: 357,10 gihielf, 357,29 uuar quidu ...; 359,1 Inti abur quidu...; 359,2 odira ist; 359,19 uuar quidu; 359,27 uuar quidu; 361,12 uuerdent; 361,18 birut; 361,21 uueiz; 361,25 sum män uuas; 363,5 quamun; 363,29 thu bist; 365,21 sum man uuas; 365,29 mahtü; 367,11 her quad tho; 367,16 ther quad tho; 369,26 gilih ist; 371,8 abur (= Herum) gieng; 371,11 umbi thia einliftun zit üzgieng; 373,16 sint; 373,18 sint. In einigen Fällen, die aber auch hierher gehören, ist die Jokerstelle anders besetzt als in der Vorlage: 355,28 qui dixit ei. tho quuat her imo (106,1)

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Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

Ähnlich: 357,2 tho quad thdr heilant; 359,18 tho quad In ther heilant; 361,24 tho quad her In abur; 365,12 tho quad hir, 367,2 ih ni .mag graban\ 369,23 ih haben. Auch hier gibt es Spezialfälle wie 359,13f. tunc respondens p&rus tho antalengita p&rus (106,5)

di x it ei.

Inti quad imo.

in denen die besetzte Präfinitstelle im Althochdeutschen {tho) einer präinfiniten Stelle in der Vorlage entspricht. Ähnlich: 373,5 her antuurtita: at ille respondens. Ein Dilemma liegt bei der Deutung von tho; so zum Beispiel in: 361,18 (106,7)

& ait illis.

tho quad her In.

Wenn et = etiam ist, kann tho als Satzglied aufgefaßt werden, und der Beleg gehört hierher. Ähnlich 365,10: tho quad imo abraham: &ait illi abraham. Im Beleg 371,7 (109,1)

illi autem abierunt.

sie tho giengun.

ist tho - als Entsprechung von autem - als Enklitikon aufzufassen: sie tho wird also als ein Glied verstanden. Insgesamt 33 Belege (zu tho: Π.7.Α.). 2. Mehr Glieder. Zwei Belege: 363,30 & In his omnibus Inti In thesen allen 1 Inter uos & nos untar ίύ Inti untar uns chaos magnum firmatum est michil untarmerchi gesfestinot I ist 373,1 hii nouissimi una hora fuerunt these iungiston eina zit tatun (109,2)

d. Ahd. Umstellung (partielle Reduktion) Althochdeutsch hat zwar nicht ein präfinites Glied, wohl aber weniger als die Vorlage. Zwei Belege: 359,10 apud homines mitmannon ~12 hoc Inpossibile est. thiz ist unodi. (106,5) a p UC j deum autem omnia pos- mit gote alliu sint odi. I sibilia sunt. Althochdeutsch hat ein Glied. Die Vorlage hat mehr Glieder. Fünf Belege: 357,15 unum tibi deest. ein ist thir uuan. (106,3)

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

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Weitere Belege: 363,28 nu ist...; 365,23 ther uuas; 367,15 tho quadher andremo; 373,2 Inti ebangiliche tati... e. Ahd. Einsetzung Althochdeutsch hat eingliedriges präfinites Feld. Die Vorlage hat ein leeres Feld. Zwölf Belege: 365,5 rogo ergo te pater ih bitiu thih fater (107,3) Weitere Belege: 357,9 tho quad; 357,19 Inti thannce habes; 365,16 tho quad her imo; 365,20 tho quad her; 365,30 tho quad; 367,4 ih uueiz; 367,12 tho quadher imo; 371,16 tho quadher in; 371,26 tho quamun (= uenientes); 373,10 ih uuilla. Es handelt sich hier um leichte Glieder wie ih, tho und thanne. Althochdeutsch hat das Finitum an zweiter Stelle. Die Vorlage hat kein Finitum. Zwei Belege: 373,19 pauci autem electi., fohe sint gicorane., (109,3) Ähnlich: 355,20-357,1. C. Gruppe II Hier besteht der präfinite Bereich aus den unter Α aufgestellten, komplizierteren Syntagmen. Je komplizierter dieser Bereich ist, je größer ist die Möglichkeit, daß Zeilenbrechungen auftreten, so daß ein totaler Umbruch des Gefüges, wodurch erst genuines Deutsch ermöglicht würde, blockiert ist, so zum Beispiel: 355,22 Et cum egressus ess& mittiu her uzgangenti uuäs 25 ~ In uiam procurrens quidam In uuek. furiloufanti sum (106,1) genu flexu ante eum giboganemo kneuue fori inan rogabat eum dicens. bat Inan sus qu?denti Der Aufbau stimmt genau mit der Vorlage überein. a. Überblick In den Kapiteln 106-109 (bei A. Masser: S. 355,22-373, 19) gibt es 24 Belege. 14 Belege bewahren ein präfinites Glied, sieben Belege bewahren mehr präfinite Glieder, drei Belege ändern das mehrgliedrige präfinite Feld der Vorlage zu einem eingliedrigen Feld. 21 Belege bewahren also den Aufbau der Vorlage: etwa 88 Prozent. Drei Belege ändern die Vorlage: etwa zwölf Prozent.

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Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianiibersetzung

Das heißt aber auch: 17 Belege haben ein eingliedriges Feld: etwa 70 Prozent. Im folgenden wird das Material eingehender behandelt. b. Bewahrung: ein Glied Althochdeutsch hat wie die Vorlage ein Glied. Kern + Partizip I. Vier Belege: 357,13f. ihesus autem Intuitus eum tho ther heilant Inan scouuuonti (106,3) dilexiteum minnotainan Der Beleg gehört hierher, wenn tho wie autem als Gliedteil und nicht als Glied betrachtet wird. Weitere Belege: 357,25-359,8; 359,9-26; 363,17 her ruofenti. Partizip I ohne expliziten Kern. Zwei Belege: 371,30 & accipientes. murmurabant Inti tho Intfahenti . murmulo(109,2)

tun

Ähnlich: 371,2 uz gangenti. Kern + Relativsatz. Zwei Belege: 369,9-15 JHe autem seruus qui cognouit ther scalc therdar forstuont. (108,6)

uapulauit multas qui autem non cognouit & fecit digna. uapulauit.

uuirdit manegen bifillit., therdar niforstuont Inti teta uuirdigiu. uuirdit biI fillit plagis paucis. luzilen fillungon. Die bei E. Sievers abweichende Lesart16 plagis vapulavitpaucis - uuirdit bifillit luzilen fillungon könnte den Eindruck erwecken, der Beleg enthalte einen Verstoß gegen das Gesetz der Uniiberschreitbarkeit der Zeilengrenze. Wenn wir aber der Ausgabe von A. Masser folgen, liegt einfach Bewahrung der Vorlage vor. Relativsatz allein. Ein Beleg: 371,6 & quod iustum fuerit dabo Inti thaz zirehte uuirdit gibu ίύ 109 ( 'D |uobis. Andere Nebensätze. Drei Belege: 357,21 f. Cum audiss& adulescens mittiu gihorta ther iungo (106,3) thaz uuort. gieng gitruobit. U erbum. abiit tristis. Ähnlich: 371,17 tho iz aband uuard und 371,23 tho thie quamun. l6

Man vergleiche oben, S. 76.

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

Absoluter Dativ. Zwei Belege: conuocatis itaque (108,3) singulis debitoribus. domini sui dicebat primo Ähnlich: 369,30 gizunfti gitanera. 367,7

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gihaloten tho suntar giuuelihen sculdigon. sines herren. quad th0mo eristen.

c. Bewahrung: mehrere Glieder Althochdeutsch hat wie die Vorlage mehrere Glieder vor dem Finitum. Nebensatz, ein Partizip I, ein explizites Subjekt, ein absoluter Dativ. Ein Beleg: Der auch oben angeführte Satz soll hier - ohne die Vorlage - wiederholt werden: mittiu her uzgangenü uuäs / In uuek. furiloufanti sum / giboganemo kneuue furi inan / bat lnan sus quqdenti (355,22-25). Das Finitum des Nachsatzes bat darf nicht umgestellt werden. Ein totaler Umbruch dieses umfangreichen Gefuges ist nicht gestattet. Partizip + Nebensatz. Ein Beleg: 363,13 eleuans autem oculos suos ü f heuenti siniu ougun " 15 cum ess& In tormentis mit thiu her uuas In uuizin. (107,2) uidebat abraham a longe gisah abrahaman rumana Kern, Relativsatz + Adverbial (= Adverb). Drei Belege: 359,28 omnis qui relinquit giuuelih therdar forlazit -361,5 domum... hus... (106,6)

centuplum accipi&., zehenzucfalt Intfahit Der Übersetzer hat an dem Aufbau der Vorlage nichts geändert. Nach dem sehr langen Subjekt (hier gekürzt) folgt ein Adverbial vor dem Finitum des Nachsatzes. Man könnte hier von einem "neuen Anfang" nach der Zeilenbrechung sprechen. Der Satz könnte einem neuhochdeutschen entsprechen: Wer Haus und Hof verläßt, hundertfach wird er belohnt. Im folgenden, der Vorlage genau nachgebildeten Satz könnte auch von einem "neuen Anfang" nach der Zeilenbrechung gesprochen werden, so daß filo und mer die Jokerstelle im Satz besetzen. Obwohl es sich eigentlich um eine anakoluthe Konstruktion handelt, haben wir uns entschieden, auch hier von einem mehrgliedrigen präfiniten Bereich zu sprechen:

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Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatiantibersetzung

369,16 " 19 (108,6)

omni autem cui multum daiogilichemo themo dar filo I tum est. I gigeban ist. quaer&ur ab eo. filo suochit man fon imo. mui(um & cui commendauerunt Inti themo filu bifuluhun. multum plus p&unt ab eo. mer uergont fon imo. Nebensatz (Adverbial) + Objekt. Ein Beleg: 365,14 sed si quis ex mortuis ierit ad oh oba uuer fon toten gengit zi (107,4)

|eos

|In.

penitentiam agent. riuua tuont Es ist aber in Fällen, in denen der präfinite Bereich aus einem Nebensatz vor der Zeilenbrechung und aus einem Glied nach der Zeilenbrechung besteht, möglich, von einem "neuen Anfang" zu sprechen, bei dem dann die Jokerstelle nur durch ein Glied - wie im Neuhochdeutschen - besetzt ist. Dann würde der Beleg 365,14 nicht hierher gehören. Absoluter Dativ + Subjekt. Ein Beleg: 359,6 Auditis autem his discipuli then gihorten thie iungoron (106.4) mirabantur ualde dicentes uuntrotun thrato sus quedenti. Die Wortstellung entspricht der Vorlage, widerspricht aber den neuhochdeutschen Regeln. Der Umfang des Präfinitbereiches darf aber wegen der Zeilenbrechung nicht geändert werden. Deshalb kann der Beleg nicht als Beweis für ein genuines Althochdeutsch dienen. d. Änderung der Vorlage Althochdeutsche Reduktion des präfiniten Bereichs. Relativsatz, Korrelat vor dem Finitum. Drei Belege: 367,30f. qui fidelis est In minimo therdar gitriuuui ist In minnisten (108.5) £ j n m a j o r i fidelis est. ther ist In themo meren gitriuuui Unmittelbar danach in 369,lf. ein Beleg derselben Art. Hierher gehört auch der folgende Beleg 361,21 deus autem nouit corda uestra got uueiz muuariu herzun ~23 quia quod hominibus altum bidiu thaz mit mannon hohist (106 7) ' |est abhominatio est ante deum thaz ist leidlih fora gote. wenn thaz ist leidlih fora gote ein Hauptsatz ist.

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

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e. Verwertung der Gruppe II In den meisten Fällen liegt Bewahrung vor, sowohl wo nur ein Glied vorkommt, zum Beispiel ein Nebensatz als Adverbial, ein Kern + Relativsatz als Subjekt, ein Absoluter Dativ, als auch wo mehr Glieder vorkommen, zum Beispiel Relativsatz und Adverbial, Absoluter Dativ und Subjekt (und anderes mehr). Dabei bleibt es gewiß manchmal problematisch, ob ein Partizip I als Attribut oder als selbständiges Glied zu werten ist. Wo nur ein - linksgestelltes - Glied vorhanden ist, füllt es die Jokerstelle, und das Finitum des Kernsatzes besetzt die zweite Stelle. Wo mehr - linksgestellte - Glieder vorkommen, kann von sklavischer Nachahmung der Vorlage, von Anakoluthie, vom "neuen Anfang", vom Zwang der Zeilengrenze gesprochen werden. Seltener liegt Änderung vor und dann so, daß Annäherung an das Neuhochdeutsche erzielt wird. D. Ergänzende Untersuchung der Kapitel 140- 150 Eine Untersuchung des ganzen Textes auf das Jokerproblem hin wird hier nicht angestellt, da sich immense Zahlen ergeben würden und an dem obigen Resultat im Prinzip nichts geändert würde. Unten sei aber als Kontrolle das Resultat einer ergänzenden Untersuchung der Kapitel 140 -150 (bei A. Masser: S. 493,31-539,4) angeführt: Bewahrung: leer - leer: 26 Belege, ein Glied - έϊη Glied: 109 Belege, mehr Glieder - mehr Glieder: 27 Belege. Umstellung: Ahd. Finitum besetzt 2. Stelle: 11 Belege. Einsetzung: Ahd. Finitum an 2. Stelle: 34 Belege. Produktiv scheint nur die eingliedrige Jokerstelle zu sein. Bewahrung eines eingliedrigen präfiniten Bereichs kann demnach als Bewahrung einer genuinen althochdeutschen Stellung betrachtet werden. Bewahrung überwiegt: 162 von 207 Belege. Eingliedrige Jokerstelle überwiegt: 154 von 207 Belege, davon 109 Belege wie die Vorlage, 45 gegen die Vorlage.

1 0 0 Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

E. Abweichende Besetzung des Jokerfeldes Spezielles Interesse verdienen die folgenden von der lateinischen Vorlage und gleichzeitig von neuhochdeutscher Wortstellung abweichenden Fälle: Leeres ahd. präfinites Feld : besetzter lat. präfmiter Bereich. Mehrgliedriges ahd. präfinites Feld : eingliedriger lat. präfmiter Bereich. a. Totale Reduktion und Einfluß von inti, tho und ni Zuerst soll der gegen die Vorlage leere präfinite Bereich untersucht werden. Prinzipielles: Es finden sich im ganzen althochdeutschen Tatian nur sehr wenige Belege, bei denen ohne Einfluß bestimmter Elemente wie tho oder inti oder ni der präfinite Bereich im Gegensatz zu der Vorlage total geleert wird: 85,29 Et pastores erant In regione uuarun tho hirta In thero lant|eadem.' |skeffi.' Die weiteren Belege: 85,32 quam; 89,28 Inphieng; 115,30 giengun; 267,·4 bigonda\ 275,29f. uuas tho zit / nah sehsta. Insgesamt sechs Belege. Nicht mitgerechnet werden Beispiele wie 111,29 (14,3)

Factum est autem

uuard thö

weil hier die Initialstellung des Finitums der Initialstellung des lateinischen Verbkomplexes entspricht. Es handelt sich demnach nicht um Umstellung. Es liegt Bewahrung vor. Ähnlich: 227,6 Factum est autem uuas tho giuuortan (69,1)

Der initiale lateinische Verbkomplex mit dem enklitischen autem entspricht einem althochdeutschen initialen Verbkomplex mit enklitischem tho. Möglich wäre auch hier eine genauere Entsprechung: 203,1 Factum est autem gitän uuard tho (58,1)

Als Bewahrung werden auch Belege betrachtet, bei denen ein initiales lateinisches Partizip I durch ein initiales althochdeutsches Finitum wiedergegeben wird: 99,20 existimantes autem esse In uuäntun In uuesan In thero (12>3) |comitatu. | samantferti.

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatiantibersetzung

101

Belege mit inti sind unsicher, weil inti entweder als Konjunktion oder als Adverbial, also Satzglied, einem lateinischen et = etiam entsprechend, erscheint. In einem Beleg wie 171,lOf. & eritis odio omnibus.' Inti birut ir thanne in hazze allen (44,14) propter nomen meum., thuruh minan namon entspricht die Stellung des althochdeutschen Finitums der Vorlage, aber die postfinite Einsetzung des Subjektpronomens ir zeugt von einer genuinen althochdeutschen Wortstellung. Der folgende Beleg 371,4 & Ulis dixit Inti quad in. (109,1)

zeigt eine von der Vorlage abweichende Stellung des Finitums. Das kann aber mit dem Vorhandensein von inti als möglichem Adverbial zusammenhängen und ist kein sicherer Beweis für einen leeren präfiniten Bereich gegen die Vorlage. Die Belege mit inti verdienen eine gesonderte Behandlung und werden hier nicht mitgezählt. Sieh Kapitel II.7.B.17 Belege mit enklitischem tho, das initiales lateinisches konjunktionales oder adverbiales et beziehungsweise adverbiales tunc durch althochdeutsches enklitisches tho wiedergibt, können nur als Beispiele für Änderungen unter Einfluß anderer Elemente bestimmt werden: 191,30 & abiit praedicans gieng her tho predigonti (53,14) 205,14 & sensit... furstuont siu tho ... (60,4) 613,25 tunc coepit d&estari... bigonda tho leidezen ... (188,5) Solche Beispiele werden hier nicht mitgezählt. Man vergleiche II.7.A. Nach Negation mit ni gibt es nach O. Behaghel 18 drei Möglichkeiten: 1. Negation + Verbum am Eingang des Satzes: 509,4f. non enim ueni ut iudicem niquam ih zi thiu thaz ih 143 ( I mundum | duomti mittilgart. 2. Nach inti ist die Folge Subjekt, Negation, Verbum: 217,30 & non saltastis. inti ir nisalzotut (64,12) ,7

Sieh auch O. Behaghel, Deutsche Syntax IV, §1447-1452, S. 30-39. "Deutsche Syntax IV, §1428, S. 12.

1 0 2 Hauptsatz (Kernsatz/Stimsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

3. "Davon abgesehen, begegnen aber schon früh Beispiele der gewöhnlichen Hauptsatzstellung": 129,9 non sum christus. ih nibin crist (21,5)

Trotz O. Behaghel19 gibt es auch eine vierte Möglichkeit: inti, Negation, Finitum: 411,25 & nihil Inuenit... Inti nifand niouuiht... (121,1)

Alle vier Beispiele weichen von der Vorlage ab. Die Einfügung des Subjektspronomens präfinit oder postfinit zeugt von genuinem Althochdeutsch. Die Kombination ni + Finitum gegen die Vorlage wird eine genuin althochdeutsche Konstruktion sein: 171,3f. non enim uos estis nibirut ir (44,13) q U j loquimini.' thiethär sprehhent. Weitere Belege: 197,20 nihabent notthurftv, 357,4 nitues thiuba; 357,5 niquqdes luggi giuuiznessi; 381,31 nisi iz so untar iu\ 553,21 ni quad ih fon iu allen; 663,6 nigieng thoh uuidoro in·, 685,26 niuuarun sie ferro fon irdu. Acht Belege. ni kann als Satzglied betrachtet werden, so daß Kernsatz vorliegt, oder es kann als proklitisches Element bestimmt werden, so daß Stirnsatz vorliegt. b. Überfüllter präfiniter Bereich Nach den Ausführungen über den leeren althochdeutschen präfiniten Bereich im Gegensatz zu der Vorlage soll der überfüllte althochdeutsche präfinite Bereich gegen die Vorlage untersucht werden. Im ganzen Text finden sich nur vereinzelte und deshalb nicht sehr schwerwiegende Belege: 153,29 Nemo potest duobus dominis Nioman nimag zuuein herron -155,1 seruire thionon (37,1) aute enim unum odio habebit odo her einan hazzot Inti anderan minnot. & alterum diligit. odo einan gitregit aut unum sustinebit. Inti anderan ubarhugit & alterum contemn&. ''Deutsche Syntax IV, §1428, S. 12.

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

103

Zu beachten ist hier, daß durch die Wiedergabe von zwei Gliedern, odio und habebit, durch ein Glied, hazzot, der präfinite Bereich zwar reduziert wird, aber gleichzeitig durch die Einsetzung des leichten Subjekts her überfüllt wird. 231.30 nonne bonum semen semitruhtin ia thü guotan samon 72 4 С -) I nasti I satos 315.31 ... quid in uia ... uuaz ir in uuege -317,1 tractabatis. trahtotut. (94,1) Im letztgenannten Beleg kann die Zeilenbrechung mitgewirkt haben: Die sehr übliche Einfügung des leichten Subjekts ist hier nur vor der schweren Präpositionalphrase möglich. Die Umformung: uuaz trahtotut ir in uuege ist wegen der Zeilenbrechung unmöglich. 443,lf. Respondit ihesus. thö antlingita ther heilant. (131,6) n e q U e me scitis neque patrem noh Ir mih niuuizut noh minan I meum. | fater. 643,7f. nam digna uuir uuirdigen (205,5) f a c tis recepimus. tatin intfahemes. Bemerkenswert ist, daß in diesen - sehr wenigen - Belegen immer nur leichte Glieder eingefügt werden. Es läßt sich demzufolge nicht von einer genuinen Tendenz zu einer Überfüllung der Jokerstelle gegen die Vorlage sprechen. In anderen Fällen liegt nur scheinbar überfüllte Jokerstelle gegen die Vorlage vor. In einem Beleg wie 253,31 at ipse ait. thara uuidar her tho quad (81,3) darf von Bewahrung gesprochen werden: thara uuidar gibt at wieder, entweder als Adverbial = dagegen oder als Konjunktional = aber, her tho zählt nur als ein Glied, das aus dem leichten Pronomen und dem Enklitikon thö besteht. Der präfinite Bereich wird demnach, was Glieder betrifft, durch die Übersetzung nicht größer. Auch nu in 277,15 thu nu ni habes mit hiu scefes (87,3) wird als nicht mitzuzählende Partikel betrachtet.

1 0 4 Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

Auch ein Beleg wie 143,8 Ego autem dico uobis.,

thanne ih quidu iu

(29,2)

zeigt keine überfüllte Jokerstelle, wenn thanne als Konjunktion = denn und demnach nicht als Satzglied betrachtet wird. Es ist auch möglich, thanne als Partikel, dem lateinischen autem entsprechend, das als Enklitikon betrachtet wird, aufzufassen. Fraglich ist der Beleg: 67,20

& Zacharias turbatus est

thanan tho Zacharias uuard gitruobit

(2,4)

thanan tho ist eine Einheit und gibt das lateinische et wieder, et wird syntaktisch entweder als Konjunktional oder als Adverbial gewertet, et als Adverbial aufzufassen entspricht zwei weiteren Belegen, bei denen statt et deinde auftritt. In beiden Fällen steht in der Übersetzung thanan (tho)\ 549,27 deinde mittit aquam in peluem thanan tho santa uuazzar in (155>2) |labal 681,27 deinde dicit thomae thanan quad tho thomae (233,6)

Eine einfache Lösung wäre, auch hier von Bewahrung zu sprechen. In anderen Fällen kann O. Behaghels Regel über die konjunktionale Weiterfuhrung20 in Anwendung gebracht werden: "Die Fortsetzung eines Hauptsatzes, der Mittelstellung aufweist, kann zur Nichtzweitstellung übergehen", so zum Beispiel: 351,29 & a me ipso non ueni Inti fon mir selbomo niquam (104,8) qUj misit m e öh her uuar ist ther mih santa secj est uerus Weitere Belege: 291,24f. inti her giuuizscaf sagata / uuare\ 351,15f. Inti her offano / sprihhit] 447,15 noh ih fon mir selbemo niquam. Nach vorangestelltem Nebensatz folgt entweder das Finitum oder ein Korrelat oder ein mit dem Gliedsatz nicht übereinstimmendes Glied. Wenn das Finitum unmittelbar auf den Nebensatz folgt, besetzt der Nebensatz die Jokerstelle. Wenn ein Korrelat vorhanden ist, läßt sich behaupten, daß Nebensatz und Korrelat die Jokerstelle teilen. Wenn zum Beispiel auf einen Adverbialsatz ein Subjekt folgt, kann von einem neuen Anfang oder von einem herausgestellten Nebensatz gesprochen werden, kaum aber von einer überfüllten Jokerstelle, so zum Beispiel: 20

O. Behaghel, Deutsche Syntax IV, §1442, S. 25.

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

179,23f. (46,2)

105

sims potes me mundare.,

oba thu uuili. thü maht mih gisubiren Diese Wortstellung ist auch genuines Neuhochdeutsch: Wie weit die Schnecke auch wandert, ihr Häuschen hat sie immer dabei. F. Anhang über Fragesätze a. Ergänzungsfragen (W-Fragen) sind mit einem Frage-Element eingeleitete Kernsätze. In den Kapiteln 106-109 (bei A. Masser: S. 355,22-373,19) finden sich elf Belege, von denen zehn einen eingliedrigen präfiniten Bereich aufweisen. Von diesen zehn stimmen sechs mit der Vorlage überein, vier sind althochdeutsche Änderungen. In einem Beleg hat die Übersetzung zwei Glieder vor dem Finitum - wie die Vorlage. Althochdeutsch hat wie die Vorlage έίη präfinites Glied. Sechs Belege: 355,26f. quid boni faciam uiiaz guotes tuon (106,1) ut habeam uitam a&ernam thaz ih habe euuin lib. Ähnlich: 357,25-359,8; 359,9-26; 367,7-19; 367,30-369,8 (zwei Belege). In den beiden Belegen 369,5.8 zeigt sich, daß ein linksgestellter Nebensatz an der Initialstellung des W-Wortes nichts ändert: 369,5 (Nebensatz) uuer bifilihit iz ίύ (108,5)

369,8

(Nebensatz)

uuer gibit iz ίύ.

(108,5)

Althochdeutsch hat ein präfinites Glied. Die Vorlage hat mehr präfinite Glieder. Vier Belege: 357,12 quid adhuc mihi deest. uuaz ist mir nohnu uuan.

(106,3)

Ähnlich: 365,20-25; 367,7-19; 369,26-371,16. Der Beleg 367,16 tu uero quantum debes. uuio filu scalttu. (108,3)

kann auch anders analysiert werden: tu uero ist links herausgestellt, mit quantum fängt der Satz an: Das Subjektpronomen für debes ist nicht explizit. Im althochdeutschen Tatian haben wir statt der linken Herausstellung ein postfinites Subjekt tu.

1 0 6 Hauptsatz (Kemsatz/Stimsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

Althochdeutsch hat wie die Vorlage mehr präfinite Glieder. Ein Beleg: 355,29 quid me Interrogas de bono uuaz mih frages fon guote (106,1)

b. Entscheidungsfragen (Ja/Nein-Fragen) finden sich nur zweimal in den Kapiteln 106-109 (bei A. Masser: S. 355,22-373,19): Einmal als Stirnsatz 369,20 Nescitis quia ... niuuizzut ir thaz ... (108,7) ohne präfiniten Bereich wie in der Vorlage. Einmal 373,7 norme conuenisti eno nigizunftigotastu thih (109,3) mit initialem eno und postfinit eingefügtem Subjektpronomen tu. (Der folgende Ausruf ist eigentlich eine Frage, die aber keine Antwort verlangt. Der Beleg wird hier nicht mitgezählt: 357,27f. quam difficile qui peccunias uuio unodo thiedar scäz 106 4 ( ' > I habent |habent In regnum dei Introibunt In gotes richi Ingangent Den präfiniten Bereich hätte der Übersetzer durch Umstellung des Finitums reduzieren können.) c. eno-Sätze Aufschlußreich ist die Topologie der eoo-Sätze. Hier werden sämtliche Belege des Tatian herangezogen. Es gibt Belege, die der Vorlage sklavisch nachgebildet sind und entweder als genuin deutsch oder als nichtdeutsch betrachtet werden können. Beweiskräftig sind sie an sich nicht, so zum Beispiel: 349,18 Nonne moyses dedit uobis eno moyses gab hiu euua (104,5) J legem Oder mit blockierender Zeilenbrechung: 265,26f. norme ego uos duodecim enonu ih ivuuih zuueliuj (82,12) eiegj, gicoos 439,6f. numquid aliquis ex principibus enoni ening fon then heriston (129,9) credidit in eum giloubta In Inan Ähnlich: 163,25-30; 243,9 (eno alio...); 267,7-18; 415,13-22; 463,17-22. Der Beleg 415,15 unterscheidet sich von den anderen durch die Abwesenheit einer Entsprechung von eno in der Vorlage:

Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung

107

415,15 deus autem faci& uindictam eno got nituot giriht (122,3) Acht Belege. Anders sind die folgenden drei Belege, die zwar sklavisch der Vorlage folgen, aber das Finitum initial bewahren: 197,32 Numquid possunt filii eno mugun thiu kind "199'2 ... ieiunare ... fasten. (56,6) So auch 321,9-24; 323,3-12 (beide mit enklitischem ia). Beweiskräftig sind die Belege, die relevante Änderungen aufweisen: eno/eno nu/eno ia/eno nu ia plus Finitum plus weitere Glieder: 147,1 Nonne & publicani hoc faci- eno nituont thaz thie firnfol(32>4) I unt? I lun man 439,5 numquid & uos seducti estis. enoni birut Ir furleitte. (129.9) Ebenso: 147,1 lf.; 155,11-17; 173,8-15; 243,5-12; 261,1-7; 265,14-32; 279,32-281,12; 281,13-283,6 (zwei Belege); 351,12-24 (zwei Belege); 353,7-16; 379,9-17; 439,16-19; 449,4-7; 453,1-7; 459,7-9; 469,26-471,1; 557,13-15; 559,29-561,1; 573,31-575,5; 609,31-611,5; 613,24-30; 623,9-13; 673,22-23. 27 Belege. In weiteren Belegen wird ein leichtes Subjekt postfinit eingesetzt. Diese Änderung spricht für genuines Deutsch. 2l9,20f. numquid eno ηύ (65,4) usque in caelum exaltaberis. niarheuistu thih unzan himil Änhlich: 225,31-227,2; 373,5-19; 421,5-18; 443,8-11.Der Beleg 685,9 numquid pulmentarium hab&is eno habet ir uuaz muoses. (236,2) ist besonders instruktiv: Teils wird das schwere Objekt umgestellt, teils wird ein leichtes Subjekt postfinit eingesetzt. Insgesamt sechs Belege. Beweiskräftig sind auch die Belege, bei denen zwar nach eno das Subjekt folgt, aber nach dem Finitum ein leichtes Subjekt eingesetzt wird. Drei Belege: 277,18f. numquid tu maior es eno thu bistu mera (87,3) p a t r e n o s t r o ... unsaremo fater... 439,l2f. numquid eno (129.10) lex nostra iudicat hominem unsar euua tuomit siu man

1 0 8 Hauptsatz (Kernsatz/Stirnsatz) in der althochdeutschen Tatianübersetzung 675,16f. (229,1)

norme cor nostrum ardens erat In nobis

eno unser herza niuuasiz brinnenti In uns

Wir neigen dazu, das präfmite Subjekt zwar in erster Linie als Einfluß der Vorlage zu betrachten, in zweiter Linie aber als hervorhebende linke Herausstellung des Subjekts zu werten, das aus topologischen Gründen durch ein leichtes Subjekt wiederaufgenommen werden muß: Postfinite Stellung des Subjekts ist die übliche Stellung in eno-Sätzen. Über die еио-Frage-Hauptsätze schreibt O. Behaghel21, der Fragesatz könne "durch eine Fragekonjunktion, die mit dem Satz weiter nicht verknüpft" sei, eingeleitet werden. O. Behaghel hat drei Tatian-Belege: 277,18f. eno thu bistu mera (87,3) unsaremo fater iacobe 265,26f. enonu ih ivuuih zuueliuj (82,12) gjcoos 575,4 (166,1)

eno uuas iu iouuiht thes uuan

Bei O. Behaghel22 heißt es in der Anmerkung: "Die ahd. Fragepartikel inu (vgl. 3,431) hat keinen Einfluß auf die Stellung im anschließenden Fragesatz." Zu den drei Belegen bei O. Behaghel wäre folgendes zu bemerken: Im Beleg 277,18f. hat O. Behaghel das postfinit hinzugefugte leichte Subjekt außer acht gelassen. Richtig ist"eno thu bistu ...". Der Satz 265,26f. stimmt mit der Vorlage überein. Der Beleg 575,4 weicht durch die Linksrückung des Finitums von der Vorlage ab: 575,4 numquid aliquid defuit uobis (166,1)

Es dürfte also nicht haltbar sein, daß eno "keinen Einfluß auf die Stellung (des Finitums)" hat. Wo die Vorlage nicht sklavisch wiedergegeben wird, bewirkt eno Linksrückung des Finitums bis Kontaktstellung mit eno. Ob eno an der Jokerstelle steht und