Studien zum Adjektiv im Gotischen [Reprint 2012 ed.] 9783110818376, 9783110018882


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German Pages 204 [208] Year 1972

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Table of contents :
Vorwort
Abkürzungen
Editionen
Literatur
Zitierte Aufsätze
Erster Teil: ZUR ENTSTEHUNG DES GERMANISCHEN SCHWACHEN ADJEKTIVS
1.1. Die Ausgangslage
1.2. Die Entstehung des germanischen schwachen Adjektivs nach Osthoff
1.3. Zum Verständnis der schwachen Adjektivflexion vom Adjektivsystem her
1.4. Die Herausbildung der schwachen Adjektivflexion
Zweiter Teil: DIE ADJEKTIVE IM GOTISCHEN
2.1. Die Adjektive in prädikativer Stellung
2.2. Die Adjektive in substantivischer Funktion
2.3. Die Adjektive in attributiver Stellung
2.4. sa qimanda – sa qimands
2.5. Rückblick
TABELLEN
I: Starke Adjektive
II: Prädikative Adjektive
III: Adjektive in substantivischer Funktion
IV: Adjektive in attributiver Stellung
Anhang: VERZEICHNIS ALLER ADJEKTIVE NACH FUNKTIONEN
Prädikative starke Adjektive
Prädikative schwache Adjektive
Starke Adjektive in substantivischer Funktion
Attributive starke Adjektive
Attributive schwache Adjektive mit sa, so, Þata
Attributive schwache Adjektive ohne sa, so, Þata
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Studien zum Adjektiv im Gotischen [Reprint 2012 ed.]
 9783110818376, 9783110018882

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Albertine Trutmann Studien zum Adjektiv im Gotisdien

Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der germanischen Völker Begründet von

Bernhard Ten Brink und Wilhelm Scherer

Neue Folge Herausgegeben von

Stefan Sonderegger und Thomas Finkenstaedt 47 (171)

W DE G Walter de Gruyter · Berlin · New York 1972

Studien zum Adjektiv im Gotischen

von

Albertine Trutmann

W DE G Walter de Gruyter · Berlin · New York 1972

ISBN 3 11 001888 8

© Copyright 1972 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung — J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J . Trübner — Veit Ii Comp. — Printed in Germany. Alle Rechte des Nadidrudts, der photomedianischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen, audi auszugsweise, vorbehalten. Satz und Drude: Walter Pieper, 87 Würzburg.

Meinen lieben Eltern gewidmet

Vorwort Die folgende Arbeit gliedert sich in zwei Teile, die voneinander wesentlich verschieden sind. Dies liegt in der Materie begründet. Bei der Beurteilung des germanischen schwachen Adjektivs haben sich von Anfang an zwei Richtungen ergeben: Die indogermanische Sprachwissenschaft sah darin, bei Vergleich mit verwandten griechischen und lateinischen Erscheinungen, eine ursprünglich substantivische Form, die germanische dagegen betonte, gestützt auf das vorhandene Sprachmaterial und die spätere Entwicklung, den Bestimmtheitscharakter der schwachen Adjektive. Es unterliegt keinem Zweifel, daß schon das Gotische ein voll ausgebildetes System schwacher Adjektive neben den starken aufweist, dessen Bestimmtheitsgeltung durch die Tatsache, daß die übliche Stellung der schwachen Adjektive diejenige nadi dem Demonstrativpronomen sa, so, f>ata ist, hinreichend deutlich gemacht wird. Man darf sich also bei der Untersuchung der gotischen Sprachverhältnisse nicht von einer bestimmten Ansicht über die Entstehung der schwachen Adjektive leiten lassen und zum Beispiel substantivische Natur bei ihnen nachweisen wollen. Das Vorgehen im zweiten Teil dieser Arbeit mußte daher ein anderes sein als dasjenige im ersten Teil. Dieser nämlich beschäftigt sich mit der Frage der Entstehung des germanischen schwachen Adjektivs, und ich hoffe, dabei zu einem Ergebnis gelangt zu sein, bei welchem die Kluft zwischen historischer Erklärung und tatsächlichen Sprachverhältnissen weniger groß ist. Die vorliegende Untersuchung entstand als Dissertation an der Philosophischen Fakultät I der Universität Zürich. Die Anregung zur Bearbeitung dieses Themas gab mir Herr Professor Emile Benveniste in Paris. Für seinen gütigen Rat sei ihm hier mein tiefer Dank ausgesprochen. Herzlich danken möchte ich auch Herrn Professor Ernst Risch, der mir während meines sprachwissenschaftlichen Studiums und für meine Dissertation wertvolle Anregungen vermittelte, und Herrn Pro-

VIII

Vorwort

fessor Stefan Sonderegger für die tatkräftige Anerkennung, die er meiner Arbeit entgegenbrachte, und für die von ihm befürwortete Aufnahme in diese Reihe.

Inhaltsverzeichnis Vorwort Abkürzungen Editionen Literatur Zitierte Aufsätze

VII XI XIII XIV XVI Erster Teil:

ZUR ENTSTEHUNG DES GERMANISCHEN SCHWACHEN ADJEKTIVS 1.1. Die Ausgangslage 1.2. Die Entstehung des germanischen schwachen Adjektivs nach Osthoff . 1.3. Zum Verständnis der schwachen Adjektivflexion vom Adjektivsystem her

3 6 12

1.3.1. Die Frage des Komparativs 1.3.2. Die Frage der germanischen In-Stämme 1.3.3. η-Suffix oder n-Formans 1.3.4. Zum Wesen des n-Formans 1.4. Die Herausbildung der schwachen Adjektivflexion

13 15 18 25 33

1.4.1. 1.4.2. 1.4.3. 1.4.3.1. 1.4.3.2. 1.4.3.3.

Zu den maskulinen n-Substantiven im Germanischen Zur Frage der femininen δη-Stämme Die Entstehung der schwachen Adjektive Das Neutrum des Komparativs und der schwachen Adjektive . Zu den femininen n-Substantiven des Germanischen . . Der Komparativ als Ausgangspunkt

33 35 36 37 38 39

1.4.4. 1.4.5. 1.4.6.

Weitere Fälle von η als Formans im Germanischen . . . η als Formans im Indo-Iranischen Zu den Steigerungsformen auf -uma

41 43 44

Zweiter Teil: DIE ADJEKTIVE IM GOTISCHEN 2.1. Die Adjektive in prädikativer Stellung 2.1.1. 2.1.2.

Die starken Formen Die schwachen Formen

2.2. Die Adjektive in substantivischer Funktion

49 49 50 81

X

Inhaltsverzeichnis 2.2.1. 2.2.2. 2.2.3.

2.3.

Die starken Formen Die schwachen Formen ohne sa, so, pata Die schwachen Formen mit sa, so, f>ata

83 88 104

Die Adjektive in attributiver Stellung

119

2.3.1. 2.3.2. 2.3.3.

120 134 155

Die starken Formen Die schwachen Formen mit sa, so, {»ata Die schwachen Formen ohne sa, so, pata

.

.

.

2.4. sa qimanda — sa qimands 2.5. Rückblick

161 .164

TABELLEN I: II: III: IV:

Starke Adjektive Prädikative Adjektive Adjektive in substantivischer Funktion Adjektive in attributiver Stellung

50 50 82 120

Anhang: VERZEICHNIS ALLER ADJEKTIVE NACH FUNKTIONEN Prädikative starke Adjektive Prädikative schwache Adjektive Starke Adjektive in substantivischer Funktion Attributive starke Adjektive Attributive schwache Adjektive mit sa, so, f>ata Attributive schwache Adjektive ohne sa, so, ftata

165 167 167 172 174 176

Abkürzungen Anzeiger für deutsches Altertum und deutsche Literatur, Berlin, 1876 ff. Bulletin de la Societe de Linguistique de Paris, Paris,

1868 ff.

Indogermanische Forschungen, Straßburg, später Berlin, 1892 ff. The Journal of English and Germanic Philology, Urbana, 1897 ff. (Adalbert Kuhns) Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen, Berlin, 1852—1908; Göttingen, 1909 ff. Language, Journal of the Linguistic Society of America, Baltimore, 1925 ff. Münchener Studien zur Sprachwissenschaft, München, 1952 ff. (Hermann Paul und Wilhelm Braunes) Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur, Halle, 1874 ff. (Hermann Paul und Wilhelm Braunes) Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur, Tübingen, 1955 ff. Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur, Berlin, 1841 ff. Zeitschrift für deutsche Philologie, Halle, später Berlin, 1869 ff. Jacob Wackernagel und Albert Debrunner, Altindische Grammatik. Introduction generale, nouvelle edition du texte paru en 1896, au tome I , par Louis Renou, Göttingen 1957. Band I : Lautlehre, von J . Wackernagel, Göttingen 1896. 2. unveränderte Aufl. (ohne die Einleitung) mit Nachträgen von A. Debrunner, Göttingen 1957. B a n d 11,1: Einleitung zur Wortlehre. Nominalkomposition, von J . Wackernagel, Göttingen 1905. 2. unveränderte Aufl. mit Nachträgen von A. Debrunner, Göttingen 1957. B a n d I I , 2: Die Nominalsuffixe, von A. Debrunner, Göttingen 1954. B a n d I I I : Nominalflexion — Zahlwort — Pronomen, von J . Wackernagel, mit A. Debrunner, Göttingen 1930. (Band I V : Verbum und Adverbium, von J . Wackernagel, bearbeitet von A. Debrunner, in Vorbereitung.) Register zu Band I — I I I von Richard Hauschild, Göttingen 1964.

XII

Abkürzungen

Bennett

Blass-DebrunnerFunfc

Braune-Ebbinghaus

=

Brugmann, Grundriß Delbrück, Grundriß

Feist Kieckers

=

Kluge, = Stammbildungslehre Meillet, Introduction = Osthoff

Schmidt, Pluralbildungen Streitberg, Elementarbudi Streitberg, Bibel

Streitberg, Glossar

=

William Holmes Bennett, The Gothic Commentary on the Gospel of John: skeireins aiwaggeljons fjairh iohannen. A Decipherment, Edition, and Translation (The Modern Language Association of America, Monograph Series XXI), New York 1960. Friedrich Blass and Albert Debrunner, A Greek Grammar of the New Testament and Other Early Christian Literature. A Translation and Revision of the 9th— 10th German edition, incorporating supplementary notes of A. Debrunner, by Robert W. Funk, Chicago 1961. Wilhelm Braune, Gotische Grammatik mit Lesestücken und Wörterverzeichnis. Fortgeführt von Karl Helm. 17. Aufl. neu bearbeitet von Ernst A. Ebbinghaus, Tübingen 1966. Karl Brugmann und Berthold Delbrück, Grundriß der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Band I (Lautlehre) und II, 1—3 (Wortformen) in 2. Aufl. von K. Brugmann, Straßburg, 1897—1916. Band III—V ( (Syntax) in 1. Aufl. von B. Delbrück, Straßburg 1893—1900. Sigmund Feist, Vergleichendes Wörterbuch der gotischen Sprache, 3. neubearbeitete und vermehrte Aufl., Leiden 1939. Ernst Kieckers, Handbuch der vergleichenden gotischen Grammatik, München 1928 (Neudruck München 1960). Friedrich Kluge, Nominale Stammbildungslehre der altgermanischen Dialekte, 3. Aufl. bearbeitet von Ludwig Sütterlin und Ernst Ochs, Halle 1926. Antoine Meillet, Introduction ä l'itude comparative des langues indo-europiennes, 8e id., Paris 1937 (R£ impression Paris 1965). Hermann Osthoff, Forschungen im Gebiete der indogermanischen nominalen Stammbildung. Zweiter Teil: Zur Geschichte des schwachen deutschen Adjektivums, Jena 1876. Johannes Schmidt, Die Pluralbildungen der indogermanischen Neutra, Weimar 1889. Wilhelm Streitberg, Gotisches E'ementarbuch, 5./6. neubearbeitete Aufl., Heidelberg 1920. Wilhelm Streitberg, Die gotische Bibel. I.Teil: Der gotische Text und seine griechische Vorlage. Mit Einleitung, Lesarten und Quellennachweisen sowie den kleineren Denkmälern als Anhang, 2. Aufl., Heidelberg 1919 (5. durchgesehene Aufl., Heidelberg 1965). Wilhelm Streitberg, Die gotische Bibel. II. Teil: Gotisch-griechisch-deutsches Wörterbuch, 2. Aufl., Heidelberg 1928 (4. unveränderte Aufl., Heidelberg 1965).

XIII abulg. ae. ahd. ai. aisl. an. as. aw. germ. got. gridg. lat. lit. mhd. nhd. RV skr. urgerm. urn. ved. vorgerm.

Abkürzungen altbulgarisch altenglisch althochdeutsch = altindisch = altisländisch = altnordisch = altsächsisch = awestisch = germanisch = 1= gotisch griechisch = indogermanisch = — lateinisch litauisch = mittelhochdeutsch = neuhochdeutsch Rigveda — Sanskrit urgermanisch = urnordisch = vedisch = —: vorgermanisch =

Adj. st. sw. m. f. n. Sg. PI. N. A. I. D. Abi. G. L. V. Part. Präs. Prät.

Adjektiv stark schwach = maskulinum = femininum = neutrum = s= Singular Plural = — Nominativ Akkusativ = Instrumental = Dativ = Ablativ = Genitiv Lokativ = ss= Vokativ Partizip = Präsens = Präteritutn = = =

Die Bibelpartien werden in der Reihenfolge und mit den Abkürzungen voa Streitbergs Gotischer Bibel zitiert (außer daß für Markus Mk. geschrieben wird, nicht Mc wie bei Streitberg): M. J. L. Mk. R. K. k. E. G. Ph.

_

Matthäus Johannes = Lukas = Markus = SS3 Römer 1. Korinther = 2. Korinther = Epheser Galater = Philipper =

C. Th. = th. = 1= T. t. = Tit. = Phil. = Neh. = — Sk. V. 1 (2 etc.) =

Kolosser 1. Thessalonicher 2. Thessalonicher 1. Timotheus 2. Timotheus Titus Philemon Nehemias Skeireins Vers 1 (2 etc.)

Editionen Gabelentz, H. C. von der und Loebe, J.: Ulfilas. Veteris et novi testamenti versionis gothicae fragmenta quae supersunt ad fidem codd. castigata, latinitate donata, adnotatione critica instructa, cum glossario et grammatica linguae gothicae coniunctis curis ediderunt H. C. de G. et J. L. Vol. I: Prolegomena und Text, Leipzig 1843; Vol. II, l.Teil: Glossar, Leipzig 1843, 2. Teil: Grammatik, Leipzig 1846.

XIV

Editionen

Streitberg, Wilhelm: Die gotische Bibel. I. Teil: Der gotische Text und seine griechische Vorlage. Mit Einleitung, Lesarten und Quellennachweisen sowie den kleineren Denkmälern als Anhang, 2. Aufl., Heideiberg 1919 (5. durchgesehene Aufl., Heidelberg 1965). I I . Teil: Gotisdi-griechisch-deutsches Wörterbuch, 2. Aufl., Heidelberg 1928 (4. unveränderte Aufl., Heidelberg 1965). Dietrich, Ernst: Die Bruchstücke der Skeireins, herausgegeben und erklärt von Dr. Ernst Dietrich (Texte und Untersuchungen zur altgermanischen Religionsgeschichte, herausgegeben von Friedrich Kauffmann,II), Straßburg 1903. Bennett, William Holmes: The Gothic Commentary on the Gospel of John: skeireins aiwaggeljons pairh iohannen. A Decipherment, Edition, and Translation (The Modern Language Association of America, Monograph Series X X I ) , New York 1960.

Literatur Bibliographia Gotica. A Bibliography of Writings on the Gothic Language to the End of 1949. Ed. by Fernand Mosse. Mediaeval Studies (Toronto) 12 (1950) 273—324. — First Supplement: Corrections and Additions to the Middle of 1953. Ed. by Fernand Mosse. Mediaeval Studies 15 (1953) 169—183. — Second Supplement: Corrections and Additions to the Middle of 1957. Ed. •by Fernand Mosse and James W. Marchand. Mediaeval Studies 19 (1957) 174—196. — Third Supplement: Additions to the End of 1965. Ed. by Ernst A. Ebbinghaus. Mediaeval Studies 29 (1967) 328—343. Bauer, Walter: Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der übrigen urchristlichen Literatur, 5. verbesserte und stark vermehrte Aufl., Berlin 1958 (durchgesehener Nachdruck Berlin 1963). Behaghel, Otto: Deutsche Syntax. Eine geschichtliche Darstellung. 4 Bände, Heidelberg 1923—1932. Benveniste, Emile: Noms d'agent et noms d'action en indo-europeen, Paris 1948. Bernhardt, Ernst: Der Artikel im Gotischen, Erfurt 1874. Blass, Friedrich and Debrunner, Albert: A Greek Grammar of the New Testament and Other Early Christian Literature. A Translation and Revision of the 9th—10th German edition, incorporating supplementary notes of A. Debrunner, by Robert W. Funk, Chicago 1961. Braune, Wilhelm: Gotische Grammatik mit Lesestücken und Wörterverzeichnis. Fortgeführt von Karl Helm. 17. Aufl. neu bearbeitet von Ernst A. Ebbinghaus, Tübingen 1966. — Althochdeutsche Grammatik. Fortgeführt von Karl Helm. 11. Aufl. bearbeitet von Walther Mitzka, Tübingen 1963. Brondum-Nielsen, Johannes: Gammeldansk Grammatik i sproghistorisk fremstilling (bis jetzt 5 Bände), Kobenhavn 1928—1965. Brugmann, Karl und Delbrück, Berthold: Grundriß der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Band I (Lautlehre) und I I , 1—3 (Wortformen) in 2. Aufl. von K. Brugmann, Straßburg 1897—1916. Band I I I — V (Syntax) in l.Aufl. von B.Delbrück, Straßburg 1893—1900. Brugmann, Karl: Die Demonstrativpronomina der indogermanischen Sprachen. Eine bedeutungsgeschichtliche Untersuchung, Leipzig 1904.

Literatur

XV

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XVI

Literatur

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Zitierte Aufsätze Banta, Frank G.: Rezension der 16. Auflage, neu bearbeitet von Ernst A. Ebbinghaus, von Wilhelm Braunes Gotischer Grammatik, ZDPh 81 (1962) 349 bis 350.

Zitierte Aufsätze

XVII

Behaghel, Otto: sa qimands — sa qimanda, PBB 40 (1915) 522—524. — Zum Genetiv bei Adjektiven, PBB 43 (1918) 153—155. — Die Stellung des attributiven Adjektivs im Deutschen, KZ 57 (1930) 161 bis 173. Benveniste, Emile: Les noms abstraits en — t i — du gotique, Die Spradie 6 (I960) 166—171. — Fonctions suffixales en gotique, BSL 56 (1961) 21—45. Brugmann, Karl: Alte Wortdeutungen in neuer Beleuditung, I F 18 (1905/06) 423-439. Curme, George O.: Origin and Growth of the weak adjective declension, JEGPh 9 (1910) 439—482. — Is the Gothic Bible Gothic? JEGPh 10 (1911) 151—190; 355—377. Delbrück, Berthold: Das schwache Adjektivum und der Artikel im Germanischen, IF 26 (1909) (Festschrift für Karl Brugmann) 187—199. Ebbinghaus, Ernst Α.: Gotisch g{) und das Prinzip der gotischen Kontraktionen, JEGPh 60 (1961) 477—490. Gering, Hugo: Über den syntaktischen Gebrauch der Participia im Gotischen, ZDPh 5 (1874) 294—324; 393—433. Grewolds, Heinrich: Die gotischen Komposita in ihrem Verhältnis zu denen der griechischen Vorlage, KZ 60 (1933) 1—53; 61 (1934) 145—179. Helm, Karl: Einiges über die Skeireins, PBB (T) 80 (1958) 201—207. Helten, Willem van: Zur gotischen Grammatik, I F 14 (1903) 60—89. Hoffmann, Karl: Ein grundsprachliches Possessivsuffix, MSS 6 (1955) 35—40. Jellinek, Max Hermann: Rezension der Ausgabe der Skeireins von H. G. van der Waals, Leiden 1892, im ADA 20 (1894) 148—162. — Rezension von Dietrichs Ausgabe der Skeireins, ADA 29 (1904) 281—292. — Rezension der 11. Auflage von Stamm-Heynes „Ulfilas, oder die uns erhaltenen Denkmäler der gotischen Sprache", neu herausgegeben von Ferdinand Wrede, Paderborn 1908, im ADA 32 (1908) 6—8. — Zum schwachen Adjektiv, PBB 34 (1909) 581—584. Jones, Oscar F.: „Art Thou He Who is to Come . . . ? " John G. Kunstmann-Festschrift, Chapel Hill 1959, S. 208—214. Kapteijn, J . Μ. N.: Die Übersetzungstechnik der gotischen Bibel in den paulinischen Briefen, I F 29 (1911/12) 260—367. Kauffmann, Friedrich: Mythologische Zeugnisse aus römischen Inschriften. 4. Dea Hludana, PBB 18 (1894) 134—157. Koppitz, Alfred: Gotische Wortstellung, ZDPh 32 (1900) 433—463; 33 (1901) 7—45. Kurylowicz, Jerzy: L'independance historique des intonations baltiques et grecques, BSL 35 (1934) 24—34. Lehmann, Winfred P.: A definition of Proto-Germanic, Lg. 37 (1961) 67—74. Lenk, Rudolf: Die Syntax der Skeireins, PBB 36 (1910) 237—306. Lichtenheld, Adolf: Das schwache Adjektiv im Gotischen, ZDA 18 (1875) 17—44. Meillet, Antoine: Quelques faits de morphologie (IV. Les accusatifs skr. aimänam, svasäram etc.), Memoires de la Soci&£ de Linguistique de Paris, 11 (1900) 6—21 (11—14). Mezger, Fritz: Gothic managei, Lg. 22 (1946) 348—353. Morgenroth, Wolfgang: Der Genitiv pluralis im Gotischen, PBB 87 (1965) 328 bis 336. Noreen, Adolf: Etymologisches, I F 4 (1894) 320—326.

XVIII

Zitierte Aufsätze

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Erster Teil

Zur Entstehung des germanischen schwachen Adjektivs

1.1. Die Ausgangslage Das Gotische verfügt, wie alle germanischen Sprachen, über zwei Adjektivflexionen, die starke und die schwache (nach der Terminologie von Jacob Grimm: starke = vokalische Flexion, schwache = Flexion der η-Stämme)l. Dies ist eine der morphologischen Eigenschaften, die das Germanische vom Indogermanischen scheiden2. Die starke Flexion, die im Prinzip die vokalische Adjektivflexion (Nominalflexion überhaupt) des Indogermanischen fortsetzt, schließt sich im Gotischen wie in allen germanischen Sprachen zum Teil an die vokalische Deklination der Substantive an, zum Teil zeigt sie pronominale Formen. PRONOMINALE FORMEN

NOMINALE FORMEN Mask. Sg. Ν. blinds G. blindis

PI.

Fem.

Neutr.

N. blinda

N. blind G. blindis

D. blindai A. blinda

A. blind

N. blindos N. blinda A. blindans A. blindos A. blinda

Mask.

D. blindamma A. blindana N. blindai G. blindaize D. blindaim

Fem. G. blindaizos

Neutr. N. blindata D. blindamma A. blindata

G. blindaizo G. blindaize D. blindaim D. blindaim

Nur im N.A.Sg.n. bestehen beide Möglichkeiten nebeneinander. Doch sind die pronominalen Formen viel seltener und, mit drei Ausnahmen, auf attributiven Gebrauch beschränkt3. Siehe ζ. B. Deutsche Grammatik, Erster Teil, Berlin 1870, S. 509 (in der Ausgabe Göttingen 1822, S. 597); ferner im Vierten Teil, Gütersloh 1898, S. 601, Fußnote * (Göttingen 1837, S. 509, Fußnote *): „angefochtene Benennungen; aber mit besseren nicht leicht zu vertauschen". 2 W. P. Lehmann, Lg. 37 (1961) 69. 3 Μ. H. Jellinek, Gesdiichte der gotischen Sprache, Berlin und Leipzig 1926, § 161, Anm. 1; W. Krause, Handbuch des Gotischen3, München 1968, § 155,4. Die Pronominaladjektive unsar, izwar, toajjar, an]?ar, zeigen nie die -ata-Form (Krause loc. cit.). 1

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Ausgangslage

Durch diese besondere Flexion wird das starke Adjektiv deutlich vom Substantiv unterschieden — im Gegensatz zu den übrigen indogermanischen Sprachen außer dem Litauischen, welches in seinem dem germanischen starken entsprechenden unbestimmten Adjektiv pronominale Kasusformen aufweist 4 . Eindringen der pronominalen Flexion in die nominale findet sich zwar in allen indogermanischen Sprachen5, doch wurde dies nur im Germanischen und Litauischen zur Kennzeichnung der Adjektive systematisiert. Die schwache Adjektivflexion stimmt im Gotischen ganz mit der schwachen Deklination der Substantive überein (an-Stämme im Maskulinum und Neutrum, δη- und ein-Stämme im Femininum)6. Die nFlexion ist indogermanisch ererbt. Neu im Germanischen ist die Movierung der n-Feminina7 und die Tatsache, daß theoretisch zu jedem starken Adjektiv ein schwaches gebildet werden kann. Durch diese Doppelheit der Adjektivflexion kann das Gotische syntaktische und semantische Unterschiede ausdrücken. Welches jedoch diese Unterschiede sind, darüber herrscht in den Handbüchern nur in einem Punkte Übereinstimmung: Das starke Adjektiv wird bei unbestimmter Geltung angewendet, sowohl in attributiver wie in prädikativer Stellung, das schwache bei Bestimmtheitsgeltung, die meist durch das hinweisende Pronom sa, so, f>ata gekennzeichnet wird 8 . Doch schon darüber, ob das schwache Adjektiv auch prädikativ erscheine, herrscht Uneinigkeit: Krause, Handbuch des Gotischen3, 4

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Delbrück, Grundriß III, S. 410. Audi das Lettische zeigt pronominale Formen beim unbestimmten Adjektiv, dodi haben diese auch auf das Substantiv übergegriffen (I. Endzelin, Lettische Grammatik, Heidelberg 1923, S. 292, S. 343), so daß nicht in dem Sinne von einer Differenzierung zwischen Substantiv und Adjektiv gesprochen werden kann wie im Litauischen und Germanischen. Auch die germanische Nominalflexion weist Formen auf, die ihrem Ursprung nach pronominal sind. Eine Tabelle des gotischen starken Adjektivs, wo die drei Schichten des Formenbestandes — Formen, die nur der Substantivflexion angehören, Formen, die der Substantiv- und der Pronominalflexion gemeinsam sind und Formen, die sich ausschließlich beim Pronomen finden — dargestellt werden, findet sich in Streitbergs Gotischem Elementarbuch, 5,/6. Aufl., Heidelberg 1920, § 181. Kieckers, § 125; zu den kleinen Abweichungen in einigen der andern germanischen Sprachen siehe E. Prokosch, A Comparative Germanic Grammar, Philadelphia 1939, § 90 b. Kiedcers, § 102. Einigkeit herrscht auch darüber, daß im Gebrauch des schwachen Adjektivs ohne sa, so, pata „etwas Altes" vorliege (Delbrück, IF 26 (1909) 196—199; W. Wilmanns, Deutsche Grammatik, III, 2, Straßburg 1909, § 347,2; H. Hirt, Handbuch des Urgermanischen, Teil III, Heidelberg 1934, S. 79; W. Krause, Handbuch des Gotischen3, § 151,2.

Ausgangslage

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§ 151,2: „sowohl in prädikativer wie besonders in attributiver Stellung"; Lichtenheld 9 : die prädikativen Adjektive flektieren mit „wenigen bedeutungslosen Ausnahmen" immer stark; Streitberg, Elementarbuch §273: beim prädikativen Adjektiv steht die starke Form „fast ausnahmslos"; Delbrück, Grundriß III, S. 428: das Adjektiv ist häufig schwach als Prädikat. Gewisse Kategorien von Adjektiven im Gotischen flektieren nur stark, andere nur schwach. Nut Die Pronominaladj. hjaJjar, hiarjis, anfiar, aljis, bileiks, swaleiks, belauds, swalaups, sums.

stark

Die Possessivadj. meins, peins, seins, *ugkar, igqar, unsar, izwar.

Nur Die Die Pronominaladj. Ordnungssama „der selbe" zahlen 10 und silba „selbst".

ains „ein" und „allein" alls „all"

fulls „voll" halbs „halb" midjis „mittler" ganohs „genug"

schwach

Die Die Komparative Part.Präs. (Femininum (Femininum auf -ein-) 11 auf -ein-)

Die Steigerungsbildungen auf -uma (Femininum auf -ein-)

Die in den Tabellen stehenden Adjektivtypen fallen nur am Rande in unser Thema. Die vorliegende Arbeit will untersuchen, wie das Gotische beim Besteben beider Möglichkeiten starke und schwache Form verwendet hat. In den Handbüchern 12 werden ferner als nur schwach flektierend gewisse Adjektive aufgezählt wie ibna „gleich" (in starker Form bedeutet es „eben" πεδινός), taihswa „rechts", ainaha „einzig", unheila „unablässig" und eine Reihe meist Personen bezeichnender Bildungen wie allawaurstwa „vollkommen", uswena „hoffnungslos". Diese Fälle werden aber zu besprechen sein. Bei ihnen stellt sich nämlich einerseits die Frage, ob es nicht der begrenzten Überlieferung und dem je9

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A. Lichtenheld, Das schwache Adjektiv im Gotischen, ZDA 18 (1875) 17 bis 44; S. 17. Eine Ausnahme machen anfiar „der zweite" (siehe obere Tabelle) und frumists „der erste", welches wie alle Superlative stark und schwach flektiert. Außer im N.Sg.m., wo die starke Form audi nach dem Pronomen sa häufiger ist. Ζ. B. Jellinek, Geschichte der gotischen Sprache, § 159; Streitberg, Elementarbuch, § 187,1 und 6; Krause, Handbuch des Gotisdien 3 , ξ 152,3b und 4b.

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Ausgangslage

weiligen Textzusammenhang zuzuschreiben sei, daß sie nur in der schwachen Form erscheinen, andrerseits das Problem der Abgrenzung gegen die n-stämmigen Substantive Es gibt audi viele Adjektive, die nur in der starken Form belegt sind, die man aber trotzdem nicht einer Sondergruppe zuteilt. Die Berechtigung, die obigen Gruppen prinzipiell auszuscheiden, liegt darin, daß sie bei sehr häufigem Vorkommen immer die starke oder die schwache Form zeigen (ains, alls, sama, silba) oder daß sie den Pronomina nahestehen und es daher einleuchtend ist, daß sie nur die starke, nämlich pronominale Form zeigen (hiarjis etc., meins etc.) !4 , ferner, daß sie klar umschriebenen Gruppen angehören, wie die Participia Praesentis, die Komparative, die Steigerungsbildungen auf -uma und die Ordinalia. Unsere Aufgabe ist es, am erhaltenen literarischen Material des Gotischen, dies sind im wesentlichen die Bibelübersetzung und der Kommentar zum Johannesevangelium (Skeireins aiwaggeljons |>airh Iohannen), beim Gebrauch der reinen Adjektive zu untersuchen, in welchen syntaktischen Verhältnissen und mit welchen semantischen und stilistischen Unterschieden die starke und die schwache Form verwendet wurden.

1.2. Die Entstehung des germanischen schwachen Adjektivs nach Osthofi Dennoch ist als erstes die Frage zu stellen, welche Grundbedeutung vom Indogermanischen her dem η-Stamm, der neben einem vokalischen Stamm steht, zuzuschreiben ist1S. 13 14

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Siehe ζ. B. Jellinek, loc. cit. »Einige können als Substantive gefaßt werden." Nur kurz kann hier erwähnt werden, daß Adjektive dieses Typus auch in andern idg. Spradien, vor allem im Altindischen und Lateinischen teilweise pronominale Flexion zeigen; z.B. ai. ekasmin L.Sg.m.n. von eka- „ein" wie tasmin vom Demonstrativpronomen sa, tad „dieser, er; dieses, es"; ai. viSve, sarve „alle" N.Pl.m. wie te „diese, sie" (Ai.Grammatik III, S. 579 ff.); lat. Gnlus, alius G.Sg.m.f.n. von ünus „ein", alius „ander" wie eius von is, ea, id „er, sie, es" (M. Leumann und J. B. Hofmann, Lateinische Laut- und Formenlehre, München 1963 (unveränderter Abdruck der Auflage München 1926 bis 1928), S. 287, S. 289 f.). Die Urverwandtschaft von lat. alius und got. aljis (Feist, S. 39) hat midi übrigens bewogen, aljis (belegt nur starke Formen, D.Sg.f. aljai Sk. VII b 14—15, G.Sg.n. aljis G. 5,10; Τ. 1,10; A.Pl.n. alja k. 1,13) der Gruppe der Pronominaladjektive zuzuteilen, obwohl dies in keinem Handbuch getan wird. Ich werde der Einfachheit halber „n-Stamm", „η-Suffix" schreiben. Vom Indogermanischen her ist ablautend -en-/-on- anzusetzen (siehe Meillet, Introduction, S. 301 f.). Im Germanisdien sagt man „an-Stämme", da idg. ο als germ.

Die Entstehung des germanischen schwachen Adjektivs nach Osthoff

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Diese Frage ist besonders eingehend von Hermann Osthoff untersucht worden 16 . Bildungen, die man mit dem germanischen schwachen Adjektiv vergleichen kann, lassen sich nach Osthoff in größerem Maße nur im Griechischen und Lateinischen nachweisen. Dort erhielt der η-Stamm neben einem vokalischen die Funktion, „das zum Substantivum erhobene Adjektivum auszudrücken", er wurde „Zeichen der Bestimmtheit, Zeichen des mit dem Charakter der Sübstantialität bekleideten Merkmalsbegriffes" (S. 45), er stellte „die in dem Adjektivbegriffe ausgedrückte Eigenschaft als an einer bestimmten einzelnen Person zur individuellen Erscheinung kommend" dar (S. 71). Es ist noch zu ergänzen, daß nur mehr das Griechische und die indoiranischen Sprachen η-stämmige Adjektive hatten, daß die übrigen indogermanischen Sprachen die Möglichkeiten der Stammbildung bei den Adjektiven stark eingeschränkt hatten (Osthoff S. 38 ff.). Solche Substantive sind im Griechischen: στραβών- „der Schieler" zu στραβό„schielend", dorisch κνακων- „der Fahle, der Bock" zu κνηκό-, dorisch κνακό- "gelblich, fahl", κύφων- eigentlich „das Gekrümmte", daher „Krummholz, Nackenholz" zu κυφό- „gekrümmt" u. a. m. (S. 46 f.). Zwei Bildungen sind besonders aufschlußreich: Κρονίων und ουρανίων-, κρόνιος, mit dem Zugehörigkeitssuffix -ιο- gebildet, bezeichnet allgemein, was zu Kronos gehört, seien es Menschen oder Dinge, Κρονίων dagegen meint nur einen bestimmten zu Kronos gehörigen Menschen, nämlich Ζευς Κρονίων, den Kronossohn. ουράνιος kann mit άστήρ, νεφέλαι, πόλος verbunden werden, οΰρανίωνες nur mit θεοί, in appositionellem Verhältnis, denn es bezeichnet ganz bestimmte, persönlich gedachte Wesen, die göttlichen Himmelsbewohner. Nur einmal, Uias Ε 598 sind mit οΰρανίωνες die von Uranos abstammenden Titanen gemeint (Osthoff S. 47). In diesem Falle hat also der n-Stamm dieselbe Bedeutung wie im Falle von Κρονίων. Es handelt sich dann eigentlich um einen Namen. Und hier liegt im Griechischen das reichste Material an n-Stämmen zu Adjektiven, die ausgesprochene Bestimmtheitsgeltung haben. Άγάθων zu αγαθός, 'Αρίστων zu άριστος, Λεύκων zu λευκός. Doch kann man diese Formen nicht unmittelbar für die Untersuchung verwenden, da sie ja nach Fick17 Kosenamen oder Kurznamen aus ursprünglich zusammen-

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a erscheint. Osthoff schreibt „an-Suffix", weil er nach dem damaligen Stand der Forschung diese Form als die Grundform des Suffixes annahm. Forschungen im Gebiete der indogermanischen nominalen Stammbildung. Zweiter Teil: Zur Geschichte des schwachen deutschen Adjektivums, Jena 1876. August Fick, Die griechischen Personennamen, Göttingen 1874; siehe besonders S. XXIII ff.

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Die Entstehung des germanischen schwachen Adjektivs nach Osthoff

gesetzten Namenformen sind. Mittelbar aber haben sie dennoch Geltung (Osthoff S. 51 f.). Denn daß zu einem Namen wie Άγαθο-κλής als Kurzname Άγάθων gebildet wurde, läßt darauf schließen, daß das Paar άγα-θός: Bezeichnung der Eigenschaft ·— Άγάθων: Bezeichnung der Person, für welche diese Eigenschaft als charakteristisch angesehen wurde, sehr fest war. Diese n-stämmigen Namen finden ihre genaue Entsprechung im Germanischen: ahd. Kuono zu kuoni „kühn", Harto zu hart „hart", Baldo zu bald „mutig". Und sie entsprechen den griechischen Beispielen auch darin, daß auch das germanische Namensystem ursprünglich aus zusammengesetzten Bildungen bestand. So findet sich ζ. B. der Adjektivstamm bald- in den Namen Bald-ulf, Baldhard, Hugi-bald, Willi-bald (siehe Osthoff S. 69 Anm.). Harto, Baldo waren zuerst Kurzformen zu ursprünglichen Vollnamen mit hart-, bald-. Daß aber das Griechische und das Germanische in diesem Falle den gleichen Weg gingen, ist auffallend und erlaubt uns, vorläufig den Charakter der n-Bildungen neben Adjektiven so zu umschreiben: Es ist eine stets auf ein Individuum bezogene Form, welche eine Eigenschaft nicht allgemein aussagt, sondern zur Kennzeichnung einer Person verwendet, wobei oft eine Nuance von Lob oder Abschätzung mitspielt. Dies ist nicht nur bei den Namen der Fall, sondern auch bei den Appellativen, man sehe nur die Listen bei Osthoff, S. 46 f., S. 58 ff. Beispiele aus dem Lateinischen: lucriön- „der Gewinnsüchtige" zu lucrius „den Gewinn betreffend", susurrön- „der Flüsterer, Ohrenbläser" zu susurrus „flüsternd, zischend", värön- (varrön-) „Querkopf, einfältiger Mensch, Einfaltspinsel" zu värus „auseinandergebogen, auswärtsgehend, krummbeinig" u. a. m. (S. 59). Die lateinischen Namen können hier ohne Bedenken angeführt werden, denn da das Italische das alte indogermanische Namensystem aufgegeben hat (Osthoff S. 65, Fick op. cit. S. LXV f.) darf man Namen wie Rüfön- zu rüfus „rot", Macrön- zu macer „mager", Catön- zu catus „scharfsinnig, klug" wohl als vollwertige Beispiele von n-Bildungen zu Adjektiven ansehen (Osthoff S. 67) 18 . Sehr häufig hat das Lateinische das n-Suffix auch an Substantive antreten lassen, wobei vor allem seine individualisierende Funktion hervortrat und durch den n-Stamm eine Person bezeichnet wurde, „welche . . . mit dem durch das Stammwort ausgedrückten Begriffe in irgend einer für sie charakteristischen Beziehung steht" (S. 77). Die 18

Es ist hier nicht notwendig, in jedem Falle zu unterscheiden, ob das n-Suffix primär oder ob es sekundär ist. Die Grenze ist manchmal schwer zu ziehen (Osthofl: S. 56). Bei Catön- ist es sicher sekundär, denn ca-tus ist ursprünglich ein to-Partizip und bedeutet „geschärft". Sekundär ist das n-Suffix auch bei Κρονίων und ουρανίων-, die ja schon durch -ιο- suffigiert sind.

Die Entstehung des germanischen schwachen Adjektivs nadi Osthoff

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Beziehung zum Grundwort kann mannigfaltig sein, das Gemeinsame dieser n-Ableitungen ist „das individuelle Gepräge, der zur lautlichen Darstellung gekommene Ausdruck, daß ein sachlicher Begriff, der des Stammwortes, als für ein Individuum, eine Person in irgendeiner Weise charakteristisch gedacht werde." (S. 78). Die Beispiele sind Legion, es seien nur einige genannt, so aleön- „der Spielsüchtige, Spieler" von alea „Würfel", sücön- „Saftsauger, Wucherer" von süco„Saft" (S. 78 f.), viele Cognomina wie Dorsön- zu dorso- „Rücken", Pedön- zu ped- „Fuß" (S. 71). Dieser Typus findet sich, was von Osthoff nicht eigens erwähnt wird, audi im Griechischen, ζ. Β. Γνάθων „Pausbade" (Name eines Parasiten) zu ή γνάθος „Kinnbacke", γάστρων „Dickbauch" zu ή γαστήρ „Bauch", und im Awestischen, so m ^ r ä n - „Spruchkenner" zu τ α φ ή - m- „Spruch". Nach Karl Hoffmann, MSS 6 (1955) 35—40 ist hier ein possessives Suffix idg. -gen-/-aon- anzunehmen. Wenn es an o-Stämme antrat, ergab sich in allen Kasus langer Vokal vor dem n: N. Sg. mit Dehnstufe des Suffixes -o-ae/ö wurde zu arisch *mantra(g)ä, weshalb aw. manörä dreisilbig gemessen wird in den Οδθαβ (Hoffmann op. cit. S. 35 f.), A. Sg. mit Vollstufe des Suffixes -o-aon-m > aw.-änam, G. Sg mit Schwundstufe des Suffixes -o-an-os > aw. -änö. Durch Analogie wurde jedoch der lange Vokal einerseits auf Possessivbildungen zu Konsonantstämmen übertragen, wo er außer im N. Sg. keinen Platz hatte, so aw. απαξ λεγόμενον visäne D. Sg. „der ein Haus, Hauswesen hat", gr. γάστρων, andrerseits auf die ursprünglich andersartigen, individualisierenden n-Bildungen zu Adjektiven im Griechischen und Lateinischen, so στράβων, στράβωνος, Cato, Catönis. Das Awestische dagegen zeigt in diesem Falle noch den alten Ablaut: maratan- „Sterblicher" zu marata-, ved. marta- „sterblich": N. Sg. marsta, G. Sg. mawdnö, N. PI. maratänö (Hoffmann op. cit. S. 36). Gerade wegen dieser zahlreichen Analogiewirkungen kann jedoch diese von Hoffmann angenommene Differenzierung der n-Stämme, was immer ihre Richtigkeit sei, kaum für unser Thema nutzbar gemach* werden. Für das Germanische geht Osthoff nicht von den n-Stämmen zu Adjektiven aus, sondern behandelt vorerst die mit dem n-Suffix gebildeten Nomina agentis zu Wurzeln. Auch hier sind die Beispiele überaus zahlreich; got. skula, ahd. scolo, as. skolo „Schuldner" zu got. skulan etc. „schulden, sollen", ahd. boto, poto, as. bodo, ae. boda, an. bo«?i, mhd. nhd. bote „Verkündiger, Botschafter" zu urgerm. *£euata steht, sollten also, da sie den älteren Stand zeigen, am ehesten noch etwas von der Substantivnatur der schwachen Form spüren lassen. Dies ist jedoch ζ. B. bei der sehr häufigen Wendung libains aiweino ζωή αιώνιος „ewiges Leben" (oder „das ewige Leben") keineswegs der Fall. Eine Interpretation von aiweino als substantivische Apposition „das Leben, das Ewige", d. h. „das Leben, nämlich das, was ewig ist" verbietet sich hier geradezu; denn das Leben ist ja nicht an sich ewig, sondern nur in der Verheißimg der Bibel wird ihm das Attribut der Ewigkeit zugesprochen. Und die Beispiele lassen sich vermehren, wir werden sie später im Einzelnen besprechen. Den eigentlichen Übergang der n-Bildung in den adjektivischen Gebrauch sieht Osthoff durch das Demonstrativpronomen sa, so, {>ata, den späteren Artikel veranlaßt (S. 132 f. und S. 175). Naturgemäß Schloß sich dieser leicht an die aus Adjektiven gebildeten n-Substantive, die stets Bestimmtheitscharakter hatten, an, und zwar 19

Bezeugt in as. wlh m. (a-Stamm) und in an. νέ n. (a-Stamm) »Heiligtum, Tempel". Dies ist auch die Auffassung von Wilhelm Schulze, KZ 52 (1924) 193 = Kleine Schriften, Göttingen 1933, S. 573 f.

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Die Entstehung des germanischen schwachen Adjektivs nadh Osthoff

so fest, daß nach dem Artikel die η-stämmige, schwache Form obligatorisch wurde. „Trat zu dem Substantivum mit beigefügtem bestimmten Artikel noch ein Adjektivum attributivisch hinzu, so bedingte es die Wahlverwandtschaft zwischen dem Artikel und der schwachen Form, daß das Adjektivum die letztere annahm." (S. 132). Die Argumentation scheint mir eher unbefriedigend. Wenn die schwachen Adjektive ihrem Ursprung nach Substantivierungen der starken sind, dann hatten sie sich dadurch so weit von diesen entfernt, daß sie nicht bei Bedarf für sie einspringen konnten. Osthoff macht seine Theorie selbst hinfällig, wenn er sagt, daß auch mit dem Artikel das Verhältnis anfänglich ein appositionelles war (S. 133). Dann sind wir aber der Beantwortung der Frage, wie aus einem als Apposition gesetzten substantivierten Adjektiv wieder ein reines Adjektiv wurde, nicht näher gekommen. Dazu gesellt sich der Einwand, daß bei dieser Herleitung die schwachen Adjektive ursprünglich auf Personen beschränkt waren, und daß zwischen diesem Zustand und demjenigen, daß zu jedem Adjektiv die schwache Form in allen drei Genera gebildet werden kann, und daß sie Attribut zu jeder Art von Substantiv sein kann, ein prinzipieller Unterschied besteht. Diese Osthofische Herleitung des germanischen schwachen Adjektivs, der auch Johannes Schmidt20 und Berthold Delbrück21 folgen, ist die allgemein anerkannte. Sie wird noch in einem so neuen Werke vertreten wie Elias Wessen, Die nordischen Sprachen, Berlin 1968, S. 13. Doch läßt Wessen die ursprünglich substantivischen schwachen Formen nicht auf dem Umweg über den Artikel adjektivisch werden, sondern dadurch, daß solche n-stämmigen Appositionen sehr häufig waren: „Diese Ausdrucksweise wurde, so darf man voraussetzen, so produktiv, daß sie zu einem regelmäßigen Flexionselement wurde,"

1.3. Zum Verständnis der schwachen Adjektivflexion vom Adjektivsystem her Wir wollen dagegen vorderhand annehmen, daß die germanischen schwachen Adjektive von Anfang an eine besondere Erscheinung der Adjektivflexion waren. Denn da diese Erscheinung auf das Germanische beschränkt ist, fällt sie in eine Zeit der indogermanischen Sprachentwicklung, wo die Sprachen diese beiden Kategorien des Nomens, 20 21

Die Pluralbildungen der indogermanischen Neutra, Weimar 1889, S. 112. IF 26 (1909) 196 ff.

Die Frage des Komparativs

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das Substantiv und das Adjektiv, deutlich voneinander unterscheiden (siehe Osthofi passim). 1.3.1.

Die Frage des Komparativs

Man hat bis vor kurzem angenommen, daß die schwache Form des germanischen Komparativs ihren Ursprung im Indogermanischen habe 22 , indem die Bildungen auf -iza (diejenigen auf -oza sind eine germanische Neuschöpfung, siehe Kieckers § 132, 1) den griechischen Komparativen Typus ήδίων, καλλίων genau entsprächen: diese seien aus -isön entstanden; und germ. -iza/-izin- muß ebenfalls auf früheres -isön/-isen- zurückgeführt werden (z im Germanischen durch Verners Gesetz), -is- ist dabei die Schwundstufe des idg. Komparativsuffixes -yös/-yos-. Gegen diese Auffassung hat Oswald Szemerenyi überzeugende Argumente vorgebracht Neben den Formen auf -ίων/-ιον-, die als n-Stämme flektieren, hat das Griechische defektive Formen: A.Sg.m.f. und N.A.Pl.n. auf -ω, ζ. Β. μείζω, und N.A.Pl.m.f. auf -ους, z. Β. μείζσυς. -ω ist aus -ο(σ)-α, -ους aus -ο(σ)-ες entstanden. Es sind also s-Stämme, wie dies nach dem Altindischen und Lateinischen zu erwarten ist. Das Suffix ist yös/-yos-, sein Anlaut ist verantwortlich für die Veränderung des wurzelschließenden Konsonanten, z. Β. μέζων, attisch μείζων aus *meg-yo- zu μέγας „groß", θασσον aus *thakhyo- zu ταχύς; „schnell" (Szemerenyi S. 25). Diese defektiven Formen hielten sich jedoch so hartnäckig, daß Zweifel wach werden, ob wirklich ursprünglich das ganze lebendige Paradigma auf den -ison-Typus zurückzuführen und den -yos-Formen nur eine defektive Existenz zuzuerkennen sei (S. 27). Diese Zweifel werden nach Szemerenyi durch das My kenische bestärkt: Das Paradigma des mykenischen Kompaiativs enthält nur -yos-Formen. Zwar sind nur diejenigen Kasus überliefert, die auch im späteren Griechisch neben den n-stämmigen noch die „defektiven" Formen zeigen — es sei denn, ein von Szemerenyi zweifelnd aufgeführter G.Sg. άρίοος (a-ro2-jo) „besser" werde durch die weitere Erforschung des Mvkenischen als solcher bestätigt (S. 26 f.) 24 . 22

23

24

Otto Behaghel, Deutsche Syntax, Band I, Heidelberg 1923, S. 171 mit Literatur; Werner Hodler, Grundzüge einer germanischen Artikellehre, Heidelberg 1954, S. 77. The Mycenaean and the Historical Greek Comparative and their Indo-European Background. Studia Mycenaea (Proceedings of the Mycenaean Symposium Brno April 1966), Brno 1968, S. 25—36. Wie mir Prof. Ernst Risch mitgeteilt hat, ist diese Form allerdings kaum G.Sg. eines s-Stammes. Das Mykenische zeigt jedoch auch s-stämmige Nominative

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Zum Verständnis der schwachen Adjektivflexion vom Adjektivsystem her

Doch audi ohne dieses Zeugnis muß Folgendes festgehalten werden: Das Griechische erbte das Komparativsuffix -yös/-yos-. Durch spezielle Lautentwicklungen (Konsonant + y, Schwund von intervokalischem s) wurde dieses Bildungsmittel jedoch verdunkelt, und das daraus resultierende Paradigma war dem Adjektivsystem fremd (Szemer&iyi S. 28 f.). Aus der durch diese Disharmonie entstandenen Unsicherheit heraus schlossen sich die Komparative an die n-Flexion an (Genaueres über die Übergangsstelle siehe Szemerenyi S. 30), ein Vorgang, der im Griechischen keineswegs allein dasteht. Es sei nur an das Partizip Perfekt Aktiv erinnert, ebenfalls ein s-Stamm, welches sich der t-Flexion anschloß („because the present participle exercised a certain pull in that direction", S. 29) und an die enge Verbindung, die zwischen nominalen s- und n-Stämmen bestand (S. 29). Wir haben also keinerlei Anlaß, vom Griechischen aus auf einen Komparativtypus -ison- zurückzugehen. Wie steht es nun aber mit dem Germanischen? Der ursprüngliche Komparativ auf -yös zeigte natürlich Ablaut innerhalb der Flexion. Dies ergab jedoch für das Germanische ein seltsames, nicht tragbares Paradigma (S. 27): Idg. m. Sg. N. -yös, Got. -jös,

A.-yos-rp, -jas,

G. -yes-os,25 -jis(s)

D. (L.) -yes-i -jis

„Even levelling of the suffix to -yös- would not remedy this difficult situation." (S. 27). Das Germanische half sich, indem es im ganzen Paradigma die Schwundstufe des Suffixes durchführte und den Komparativ stets die schwachen Endungen zeigen ließ·, „the Germanic adjective generally developed a system of ,weak', that is -η-stem, inflection which is used, according to certain syntactic rules, side by side with the ,strong' forms." Dies war beim Positiv wie beim Superlativ der Fall; beim Komparativ aber bildeten sich wegen der morphologischen Schwierigkeiten die schwachen Formen als einzige Möglichkeit heraus (S. 27). Soweit Szemerenyis Darlegungen. Der griechische und der germanische Komparativ gehen also nicht auf dieselbe Grundform zurück. Damit fallen auch verlockende Folgerungen semantischer Natur dahin: Denn bei der alten Auffassung hätte es eine ex definitione adjektivi-

25

Dual m.f.n. auf -oe (siehe Szemerenyi S. 26). Schon dies berechtigt wohl, von einer stärkeren Vertretung der s-stämmigen Flexion des Komparativs im Mykenischen zu sprechen. Denn im späteren Griediisch lassen sich defektive Formen im Dual nicht nachweisen, siehe E. Schwyzer, Griechische Grammatik, I. Band, München 1939 (Neudruck München 1959), S. 536. Diese Form sollte wohl eher als -is-e/os angesetzt werden.

Die Frage der germanischen ϊη-Stämme

15

sehe Form gegeben, die schon in sehr alter Zeit in zwei indogermanischen Sprachen durch dasselbe η-Suffix erweitert worden wäre. Dies hätte ein entscheidendes Argument gegen Osthofis Herleitung des germanischen schwachen Adjektivs aus dem substantivierten Adjektiv dargestellt.

Aber wird Osthofs Annahme nicht dennoch durch die Tatsache, daß der Komparativ in allen germanischen Sprachen schwach flektiert, in Frage gestellt? 1.3.2.

Die Frage der germanischen In-Stämme

Es kann bei der Untersuchung dieses Problems nicht ohne Bedeutung sein, daß das Femininum des Komparativs im Germanischen ein ϊη-Stamm ist, nicht ein ön-Stamm wie dasjenige der schwachen Adjektive 26. Für die In-Flexion der Komparative (und Participia Praesentis) im Femininum ist offenbar der alte N.Sg.f. auf -I verantwortlich, der sich bei diesen Kategorien auch im Altindischen findet, ζ. B. Part. Präs. bharant-ϊ „tragende", Komparativ preyas-ϊ „liebere"27. Und zwarwaren es ablautende -l/-yä-Stämme (-iH2/-yeH2-), also ai. bhäranti, G. Sg. bharantyäh, D. Sg. bharantyai usw. Wie es aber von dieser Flexion zur In-Flexion kam, das bedarf genauerer Erklärung und hat verschiedene Theorien ins Leben gerufen. Das den ai. Formen lautgesetzlich Entsprechende zeigt das Gotische nämlich in den germ, jö-stämmigen, aus Partizipien entstandenen Substantiven wie frijondi, G.Sg. frijondjos, D.Sg. frijondjai „Freundin", eig. „Liebende" 2 8 - 3 0 , oder hulundi „Höhle", eig. „Bergende", welches, wie dies bei nicht mehr partizipial empfundenen Nomina auf -ant- die Regel ist, auf schwundstufiges *-ijtI zurückgeht31. Nach Kieckers (§ 104) haben die Tn-Stämme zwei Quellen: die -1/-yä-Stämme und die -yen-/-yon-Stämme. Im Gotischen folgen nämlich auch Adjektivabstrakta wie managei „Größe" zu manags „groß" 26

27 28 29 30 31

Dies ist im Gotischen und im Altnordischen der Fall, nicht im Südgermanischen (nach der alten Terminologie »Westgermanischen"), wo die Komparative ganz wie die sw. Adjektive flektieren. Die In-Flexion ist jedoch der ältere Zustand, im Südgermanischen haben sich die Komparativformen analogisdi nach den sw. Adjektiven gerichtet (Kieckers, § 132,1 Ende). Ai.Grammatik II, 2, S. 387. Idg. I wurde im absoluten Auslaut im Gotischen zu i (Kieckers, § 8 1 , 3 b). Idg. ä erscheint got. als ö (op. cit. § 17). Idg. äi erscheint got. als ai (op. cit. § 8 1 , 6 b). Ai.Grammatik II, 2, S. 417.

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Zum Verständnis der schwachen Adjektivflexion vom Adjektivsystem her

und Verbalabstrakta wie baurfjei „Bürde", J>aurstei „Durst", eig. „Trockenheit" der In-Deklination. Letztere können mit lateinischen Bildungen wie natio, -latio in Verbindung gebracht werden; denn baur|>ei wie Jjaurstei gehen auf -to-Partizipien zurück: Jjaurstei auf *J>aursts, vgl. lat. tostus < *torstos, idg. *tfsto-, ai. trsta- 32 , für baurjjei vgl. ai. bhjrta-33; sie passen also sehr gut zu den lat. -tio-Abstrakta, welche zwar eigentlich Kreuzungen von -ti- und -io-Abstrakta sind, jedoch formal an die Partizipia Perfekt Passiv angeschlossen wurden Das Germanische nun führte die Schwundstufe des -yen-/-yonSuffixes, -In-, durch, wofür sich Parallelen im Oskisch-Umbrischen finden (ζ. B. umbr. Abl.Sg. natine). Der D.P1. gab den Anstoß zum Zusammenfall der -1/-yä- und der -ϊη-Stämme. Bei den ersteren lautete er *-I-mis, urgerm. *-ümiz, bei den letzteren *-in-mis, urgerm. *-Tmmiz. Im Gotischen ergaben beide Ausgänge -Im, was zur Vermischung der beiden Stämme zu einem Flexionstypus führte. Nach Kieckers' Auffassung beruht also die ϊη-stämmige Flexion von Komparativ und Partizip Präsens auf einer rein lautlichen Entwicklung. Da diese ja nur das Femininum betrifft, stellt sich aber die Frage, warum Komparativ und Partizip Präsens auch im Maskulinum und Neutrum schwache Flexion zeigen. Vermischung der -l/-yä- und der -yen-Typen nahm schon Streitberg an 3 S , doch begründete er sie auch semantisch, indem nämlich Adjektivabstrakta, welche das Indogermanische mittels des Femininsuffixes -I bildete, verbale Bedeutung erhalten konnten (ζ. B. ai. sacl „Hilfeleistung" zu Superlativ sacistha, samx „Bemühung" zu Superlativ samistha) und damit die Möglichkeit von Doppelbildungen nach der -Ι- und der -yen-Klasse gegeben war. Soweit Streitberg 16 . Diese Argumentation betrifft jedoch nicht die In-Flexion von Komparativ und Partizip Präsens. Außerdem weist sie eine weitere Schwäche auf: ϊηstämmige Verbalabstrakta sind im Germanischen schwach vertreten. Aus dem Gotischen lassen sich nur baurfjei und f>aurstei anführen. Daneben gibt es aber Bildungen wie sakjo „Streit" zu sakan „streiten", 32 33

34 35 36

M. Leumann und J. B. Hofmann, Lateinische Laut- und Formenlehre, S. 163. Kluge, Stammbildungslehre, § 116, Anm. 2. Doch ist ai. bhrta-, aw. hyr^takeineswegs alt und kommt im Rigveda und im Awestischen nur in Komposita vor; denn die idg. Wurzel bher- ist durativ, und bei durativen Wurzeln wurde das -to-Partizip ursprünglich nicht gebildet (Ai.Grammatik II, 2, S. 551 f.). Siehe auch M. Leumann und J. B. Hofmann, op. dt. S. 240. PBB 14 (1889) 165—231. Nach der Ai.Grammatik II, 2, S. 405 f. sind diese Abstrakta auf -I aus Wurzeln und Nomina gebildet, nicht aus Adjektiven, so iacä „Kraft": ved. iak- vermögen", saml „Werk": ved. Sam- „sich anstrengen", vepi „Dichtung": ved. vip- „erregt sein".

Die Frage der germ anisdien In-Stämme

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waihjo „Kampf" zu weihan „kämpfen", die wie lat. legio, legiönis durch alle Kasus -iön- durchführen 37 . Verbalabstrakta auf urgerm. *-ϊη *-Iniz, *-Ini etc., neben welchen noch solche auf *-jön 38 , *-jöniz, *-jöni etc. bestanden, konnten kaum einen so durchgreifenden Einfluß auf Adjektivabstrakta auf urgerm. *-I, *-jöz, *jai etc. ausüben. Zum Zeitpunkt, wo -n im Auslaut geschwunden war, nämlich erst einzelspradhlich39, war auch -I zu -ϊ gekürzt 40 , so daß gar nicht viel Berührung zwischen den beiden Typen bestand — es sei denn, man lasse wie Kieckers den Zusammenfall vom D.P1. ausgehen, welches bei Verbal· und Adjektivabstrakta gerade ein seltener Kasus gewesen sein dürfte. Von Beeinflussung kann nur gesprochen werden, wenn die Adjektivabstrakta schon urgermanisch durch -n- erweitert wurden, also im N.Sg. auf -In endigten. Gerade in dieser „Erweiterung durch -n-" liegt aber für die oben gestellte Frage ein entscheidendes Problem. Für Scheidung der Adjektivabstrakta von den Verbalabstrakta, welche also die Vergleichung des got. managei-Typus mit den Typen osk. leginei (D.Sg.), umbr. natine (Abl.Sg.) verbietet, ist Fritz Mezger eingetreten 41 . Seiner Meinung nach ist daran anzuknüpfen, daß im Altindischen das Femininum auf -ϊ oder 4s eines Adjektivs als konkretes oder abstraktes Nomen verwendet wurde. So krsna- „schwarz". ved. kj-snzh „Nacht" RV 7 , 7 1 , 1 (nach der Ai. Grammatik 11,2, S. 374 allerdings persönlich gefaßt als Schwester der Usas, „die Schwarze", wofür ved. auch kj-snä), tapana- „quälend": ved. *tapanf „Hitze" (belegt nur I. Sg. tapani RV 2, 23,14), apara- „später, künftig": ved. *apari- „Zukunft" (belegt nur D.Abl.Pl. aparfbhyah, L.P1. aparisu). Auf den Unterschied zwischen den -ϊ/-yä-Stämmen und den reinen ϊ-Stämmen (N.Sg. -7s), ved. devi „Göttin und vfklh „Wölfin" (Ai. Grammatik II, 2, §§ 243—258) kann hier nicht eingegangen werden. Schon im klassischen Sanskrit waren die beiden Typen zusammengefallen (Ai. Grammatik II, 2, S. 368), in den andern indogermanischen Sprachen lebt der vjk/h-Typus nur noch in Spuren weiter oder ist ganz verschwunden (op. cit. S. 425), zur Bildung von Abstrakta wurde überhaupt nur der -l/-yä-Typus verwendet (op. cit. S. 407). Aber auch aus semantischen Gründen kommt fürs Germanische nur die -l/-yä-Klasse in Betracht. Denn die -fs-Feminina zu Adjektiven bezeichnen meistens eine bestimmte Vorstellung oder einen bestimmten Gegenstand: kfsnih heißt „Nacht", nicht „Schwär37

Kieckers, § 103; Kluge, Stammbildungslehre, § 114. Vielleicht bloß nasalierter Vokal, siehe Kieckers, § 80,1. 39 Kieckers, loc. cit. « Kiedcers, § 81,3 b. « Lg. 22 (1946) 348—353. 38

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Zum Verständnis der schwachen Adjektivflexion vom Adjektivsystem her

ze", arunih (RV) zu aruijä- „rot" heißt „rote Kuh" oder „Morgenröte", nicht „Röte" allgemein. Die -1/-yä-Feminina dagegen zeigen häufig keinen Bedeutungsuntersdiied gegenüber den Adjektiven, zu welchen sie gehören: päpi heißt „schlecht" wie päpä-42. Dieser Typus ist daher passender für die Bildung von Adjektivabstrakta wie hauhei „Höhe" zu hauhs „hoch", siukei „Krankheit" zu siuks „krank" (Mezger, S. 351). 1.3.3. η-Suffix oder n-Formans Die großen Gruppen von ein-Stämmen im Gotischen, nämlich die Participia Praesentis, die Komparative und die Adjektivabstrakta43 haben somit eine gemeinsame Quelle, sie sind alte -i/-yä-Stämme. Zur Erklärung der ln-Flexion kommen wir aber nur, wenn wir annehmen, daß diese -i/-yä-stämmigen Adjektivabstrakta, und desgleichen auch das Femininum der Participia Praesentis und der Komparative, durch -n- erweitert wurden, „managei, like bairandei, may be explained as an -1/-yä-stem expanded by an element -n-." (Mezger, S. 350). Hier liegt aber gerade das entscheidende Problem: Was heißt das: „an element -η-"? Osthoff nahm bei seiner Besprechung des schwachen Adjektivs ein selbständiges feminines Suffix -δη- an, die Dehnstufe des maskulinen -an- (S. 151 ff.), dessen substantivierende Kraft durchaus empfunden wurde. Doch auch Osthoff greift bei der Untersuchung der In-Stämme zu der sehr vagen Formulierung (S. 160) „nachdem es sich mit dem längst als Symbol gefühlten und darum gar nicht mehr als Suffix -an- zu erwartenden Nasal bekleidet hatte"44. Was bedeutet dies aber: Symbol, nicht mehr Suffix? Für „Symbol" kann man auch, wie Mezger in dem oben erwähnten Aufsatz dies tut, „Element" oder „Formans" sagen. Wir können von einem Suffix sprechen, wenn eine Lautgruppe als Einheit zu einem Grundwort tritt — sei dieses eine Wurzel, so daß primäre Suffixation stattfindet, oder sei es ein schon durch Suffix gebildetes Wort, also sekundäre Suffixation — und auch als solche mit einer bestimmten Funktion bei der Wortbildung empfunden wurde45. 42 43

44

45

Ausnahmen siehe Ai.Grammatik 11,2, S. 391. Zur Erklärung einzelner ein-Bildungen, die nicht zu diesen Gruppen gehören, siehe Mezger, S. 351 und die dort angegebene Literatur. Zu got. marei »Meer" ferner P. Thieme, KZ 78 (1963) 240 f. So steht audi in der Ai.Grammatik II, 2, S. 425, die -l/-yä-stämmigen Feminine von Partizip Präsens und Komparativ seien im Germanischen „mit η zu -Inerweitert bei adj. Gebrauch". Siehe ζ. B. Meillet, Introduction, S. 147: „la racine indique le sens g£n£ral du mot, le suffixe en precise la valeur".

η-Suffix oder α-Formans

19

Und zwar ist das Suffix eine abtrennbare Einheit sowohl dem Grundwort wie der Endung gegenüber. Dies bedeutet nicht, daß es stets die gleiche Form aufweist, die Suffixe unterlagen ja im Indogermanischen dem Ablaut46. Doch stellt sich ζ. B. das Suffix -ter-/-tor- der Nomina agentis im Altindischen durchaus als Einheit dar, so A.Sg. jani-t^r-am, L.Sg. jani-tar-i, D.Sg. jani-tr-έ „Erzeuger" gegenüber jdni-man- n. „Geburt, Entstehen" mit Suffix -men-, welches Nomina actionis bildet 47 , desgleichen im Griechischen N.Sg. ρή-τωρ, G.Sg. ρή-τορ-ος „Redner" gegenüber ρή-μα „Rede"; im Gotischen das Suffix -tu- von Nomina actionis wie kus-tu-s δοκιμή, G.Sg. *kus-tau-s, A.Sg. kus-tu zu kiusan, Part. Prät. kusans „prüfen, erproben", oder wahs-tu-s αυξησις, ηλικία zu wahs-j-an (j nur im Präsens, Part. Prät. wahsans48) „wachsen" im Gegensatz zu den mit -ti-Suffix gebildeten Nomina actionis ga-kust-s δοκιμή, G.Sg. *ga-kus-tai-s, A.Sg. ga-kus-t und us-wahs-t-s αΰξησις. Wie Emile Benveniste aufgezeigt hat 49 , ist der aus dem Indogermanischen stammende Unterschied der Funktion des -ti- und des -tu-Suffixes („celle de la notion actualisee et objective pour -ti-; Eventuelle et subjective pour -tu-"50) auch im Sprachgebrauch der gotischen Bibel lebendig. Die beiden Suffixe wurden also noch als verschiedene Elemente der Wortbildung empfunden. Kann man dies aber vom n-Suffix der gotischen n-Stämme (wobei wir uns zuerst nur dem Maskulinum zuwenden wollen) audi sagen? Die n-Stämme des Germanischen haben gewisse Umformungen erfahren, die sie mit den übrigen Konsonantstämmen teilen. Während diese jedoch eine absterbende Gruppe darstellen, wurden die nStämme ausgesprochen produktiv. Im Folgenden sollen die Kasusendungen der Konsonantstämme und ihre Umformungen besprochen werden, soweit sie für die Frage, ob -an- im Germanischen seinen Suffixcharakter bewahrte, relevant sind. Als Paradigma der n-Stämme soll nuta m. „Fischer" dienen. Ferner A. Martinet, Elements de linguistique generale2, Paris 1961, S. 20: (die Moneme, zu welchen audi die Suffixe gehören) „sont des signes, et des signes minima puisque diacun d'entre eux ne saurait etre analyst en une succession de signes". Und loc. cit. „Ie moneme est une unit£ ä deux faces, une face signif y , son sens ou sa valeur, et une face signifiante qui la manifeste sous forme phonique". * Meillet, Introduction, S. 183. 47 Meillet, op. cit. S. 274. 48 Streitberg, Elementarbuch, § 209. 49 Noms d'agent et noms d'action en indo-europ&n, Paris 1948, S. 105—108. 50

op. cit. S. 107.

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Zum Verständnis der schwachen Adjektivflexion vom Adjektivsystem her

n-Stämme Sg.N. G. D. A. Pl.N. G. D. A.

nuta nutins nutin nutan nutans nutane nutam nutans

r-Stämme bro|>ar brof>rs brofjr bro{)ar brofjrjus brof>re bro|>rum brof>runs

nt-Stämme nasjands nasjandis nasjand nasjand nasjands nasjande nasjandam nasjands

Wurzelnomina baurgs baurgs baurg baurg baurgs baurge baurgim baurgs

Bei den r-Stämmen sind D. und A.P1. lautgesetzlidi: brojjruns < idg. *bhrätr-ns, broprum aru lautet, da sich dodi auch im Plural Formen finden, die mit solchen der u-Stämme übereinstimmen (Dativ und Akkusativ) und der N. PI. überhaupt von den u-Stämmen übernommen wurde. Ferner weisen die altnordischen Formen durch Umlaut in den Stammsilben auf die Endung -u im A. Sg.69. Hier sdieint mir ein Prinzip gewaltet zu haben, welches auf den ersten Blick zwar willkürlich erscheint, aber doch mehrfache und deutliche Spuren hinterlassen hat: Das Nomen sollte im Akkusativ (Sg. wie PI.) nicht mehr Silben aufweisen als im Nominativ. Dies war bei den vokalischen Stämmen lautgesetzlich der Fall. Die Tendenz zu diesem Zustand erklärt den abweichenden A. PI. der maskulinen n-Stämme, und wir können sie audi für den A. Sg. der maskulinen und femininen η-Stämme verantwortlich machen. Auch die Umformungen von fotus und tunjjus und des Plurals der r-Stämme scheinen mir dadurch verursacht zu sein. So schreibt auch Jellinek (Geschidite der gotischen Sprache, § 125): „Der A. Sing, endigte nach herrschender Ansicht im Idg. auf silbisches -m, was germ. -u(n) ergeben sollte. Daher hatte der A. eine Silbe mehr als der N., vgl. τέκτονα : τέκτων, πατέρα : πατήρ, φέροντα : φέρων. Im Germ, ist dies nicht der Fall. In den außergot. Sprachen würde sich das begreifen als Folge des u-Schwundes nach langer Silbe 67

68

49

menojjs „Monat" ist ein Sonderfall, siehe Schmidt, Pluralbildungen, S. 116, ferner Feist S. 354 mit reicher Literatur. Desgleichen bajof>s „beide" (Feist S. 77). Theoretisch kommen auch die maskulinen i-Stämme in Frage, doch da sie G. und D.Sg. nach den a-Stämmen bilden, unterscheiden sie sich überhaupt nur im Plural von diesen (Kieckers § 96). A. Heusler, Altisländisches Elementarbuch«, §§ 113; 114, 3; 237.

Zum Wesen des n-Formans

25

und in dritter vom Hauptton geredinet oder als Analogiebildung (ags. studu N. nach studu Α.). Aber auch im Got. besteht Silbengleichheit. Wo im A. -u steht, ist das Wort in die u-Klasse übergegangen: nach fotu, tunfm sind Formen wie fotus, tun])iwe umgebildet." Der gotische D a t i v Singular -in geht auf den idg. Lokativ -en-i zurück (Kieckers § 99). Sowohl die Vollstufe wie die Vokalqualität e stellen in diesem Kasus etwas Altes dar; siehe Meillet, Introduction, S. 283 f.: Sg. ai. dsm-an-i amma spedistan daga J. 11,24 CA. Ob jedoch diese Fälle, wie auch N. Sg. wiljan J. 6,40 CA » Kieckers § 81, 3 h. 71 Heusler, Altisländisches Elementarbuch6, § 102,5. 72 Krause, Handbuch des Gotischen3, § 141. 73 Denn daß das Fehlen von -n im N.Sg. a l l e i n keineswegs genügte, die nStämme als Typus unklar zu machen, dafür sind Latein (und Sanskrit, dodi siehe weiter unten) Beweis genug.

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Zum Verständnis der schwachen Adjektivflexion vom Adjektivsystem her

und V. Sg. qinon K. 7,16 Α als für die Entwicklung typische, jüngere Sprachformen anzusehen sind oder als vereinzelte Fehler, ist schwierig zu entscheiden. Im Altisländischen ist der Ablaut im Singular beseitigt (Heusler, Ausländisches Elementarbuch6, § 229,1). Schon urnordisch hat eine Inschrift den D. Sg. wita(n)dahalaiban „dem auf das Brot Achtgebenden" zu *witandahlaiba, einem maskulinen η-Stamm wie aisl. slongvand-baugi „Ringverschleuderer" und andere Komposita der gleichen Art 74 . Im Althochdeutschen ist der Ablaut noch lebendig; es fanden zwar auch Übergriffe statt, doch sind sie wohl sekundär". Schwundstufige Formen wurden im Paradigma der gotischen maskulinen η-Stämme als Anomalien empfunden (Jellinek, Geschichte der gotischen Sprache, § 127). So bildete man zum lautgesetzlichen G. PI. abne zu aba „Ehemann" den D. PI. abnam nach dem Muster der aStämme, dage: dagam. Vergleiche ferner das S. 22 f. zum D. PI. auhsum Gesagte. Auch bei der Umgestaltung des Paradigmas von „Mensch, Mann" waren die im Vorhergehenden beschriebenen Tendenzen wirksam. Als ursprünglicher Stamm ist *manan- anzusetzen. Wie dies altererbt ist76, erscheint er als Vorderglied von Komposita mit bloßem -a- in der Fuge, so in got. mana-sef)s f. κόσμος „Menschheit", eig. „Menschensaat", mana-maur|)rja m. άνθρωποκτόνος „Menschenmörder" und in den althochdeutschen und altsächsischen Beispielen (Verzeichnis bei Otto Gröger, op. cit. S. 388ff.)77. Nach dem alten indogermanischen Ablaut würde sich im Gotischen folgendes Paradigma ergeben: 74

75 78

77

Wolfgang Krause, Die Runeninschriften im älteren Fupark, I, Göttingen 1966, S. 164 f. Braune-Mitzka, Althochdeutsdie Grammatik, § 221 Anm. 3. Otto Gröger, Die althochdeutsdie und altsächsische Kompositionsfuge, Züridi 1911, S. 54; etwas zweifelnd Brugmann, Grundriß II, 1, S. 84 f. Diese Tatsache widerlegt die Annahme, die germ. Stammform mann- gehe über *manw- auf urgerm. *manuz, entsprechend ai. manu- „Mensch, Mann, Stammvater der Menschheit" zurück (vertreten ζ. B. durdi Holger Pedersen, KZ 32 (1893) 253). Selbst wenn wir annehmen, daß audi in den Komposita nur mehr die umgestaltete Stammform erscheint, müßte sie auf jeden Fall manna- lauten, nicht mana-. Darauf hat sdion Johannes Schmidt in einer Fußnote zu Pedersens Aufsatz (loc. cit.) hingewiesen. Daß neben *mananauch im Germanischen einst der Stamm *manu- bestand, soll nicht bestritten werden. Er ist belegt durch Mannus, Name des mythischen Urvaters der Germanen bei Tacitus (Germania, Kap. 2, 3 ei filium Mannum originem gentis . . . ) , allerdings ebenfalls in einer umgestalteten Form, wie got. kinnus (-nn- aus den Kasus mit -nw-) zu idg. * g'enu-, ai. hdnu-, Weitere Argumente gegen die *manuz-Theorie bei Oskar Wiedemann, KZ 32 (1893) 149. Auch Brugmann scheint sie aufgegeben zu haben, siehe IF 18 (1905/06) 423.

Zum Wesen des n-Formans

27

Sg. N. *mana PI. N. *manans G. mans < *manns < *man-n-iz G. manne D. mann < *man-n-i78 D. *manum < *manunmizs A. *manan79 A. *manuns *mannuns mans < *manns Das überlieferte gotische Paradigma dagegen lautet: Sg. N. manna PI. N. mans und mannans G. mans G. manne D. mann D. mannam A. mannan A. mans und mannans In den schwundstufigen Kasus ergab sich -nn- durch Zusammenstoß des suffixalen mit dem wurzelhaften n. Dieses -nn- drang in die starken Kasus N. Sg. und A. Sg. (got. manna und mannan), vielleicht auch N. PI. (welchem sich der A. PI. anglich), wenn got. mannans den älteren Stand darstellt als got. mans82. Die andern germanischen Sprachen, ζ. B. aisl. menn a als mutiertes Kompositum zu lijms. Ernst Risch, Wortbildung der homerisdien Sprache, Berlin und Leipzig 1937, S. 171. Streitberg, Elementarbuch, §§ 184 und 186, 1 c. M. 6,19.20 CA. Nach Streitbergs Glossar Neutrum. Es könnte jedoch auch Femininum sein, da das Wort nur im N.Sg. und ohne weitere Bestimmung belegt ist. So auch W. Krause, Handbuch des Gotischen3, § 139 Anm. 1: „malo flotte' ist eher f. als n".

Zur Frage der femininen δη-Stämme

35

während bei den Adjektiven deutlich ausgeprägt ist, daß prädikative Stellung die starke Form verlangt. Solche n-Substantive zu Adjektiven sind z.B. blinda „Blinder, blinder Bettler", f>arba „Armer", kunfja „Bekannter" (zum Part. Prät. kunj>s von kunnan „kennen, wissen"). Die hier gegebene Auffassung dieser Formen hat audi Delbrück vertreten, indem er nämlich schreibt, blinda sei nicht ein substantiviertes Adjektiv, „sondern ein echtes, neben dem gleichförmigen Adjektivum bestehendes Substantivum." (IF 26(1909)195).

1.4.2.

Zur Frage der femininen ön-Stämme

Für die weitere Entwicklung sind verschiedene Wege möglich. Man kann annehmen, daß zu solchen Maskulina mit der Zeit n-stämmige feminine Personenbezeichnungen traten; so arbja „Erbe" —arbjo „Erbin", garazna „Nachbar" — garazno „Nachbarin", daß ferner nur feminine Bildungen erfolgten wie qiJ)uhafto „Schwangere". Indem nun auch solche feminine Personenbezeichnungen appositionell zu Nomina traten, war ein weiterer Schritt dazu getan, daß diese n-Stämme Adjektive wurden. Dabei wird aber das Suffix -δη- als direkte feminine Entsprechung des maskulinen -an- betrachtet, es wird nicht der Weg über die ö-Stämme eingeschlagen. Dieser ist meines Erachtens jedoch notwendig, weil sonst die Spezialisierung von -δη- auf das Femininum im Germanischen ohne Erklärung bleibt. So führt denn auch Kluge (Stammbildungslehre §§ 34,35), obwohl er ein feminines Suffix -δηansetzt, in erster Linie ön-Stämme auf, die auf ursprünglich vokalischen Stämmen beruhen oder starken Maskulina gegenüberstehen, erst in zweiter Linie erwähnt er -δη- als übliches Mittel, zu n-stämmigen Maskulina Feminina zu schaffen (op. cit. § 36). Nach Johannes Schmidt jedoch ist diese letztere Tatsache als Konsequenz der schwachen Adjektivflexion zu betrachten (Pluralbildungen, S. 111). Dies eröffnet einen neuen Aspekt. Schmidt, der sich bei der Erklärung der schwachen Adjektive im Prinzip ganz an Osthoffs Theorie hält, sieht die Entwicklung folgendermaßen (S. 111—113): Als die ursprünglich appositiven maskulinen n-Substantive, Typus blinda „Blinder", adjektivisch geworden waren, erforderte dies die Bildung entsprechender Feminina. Und zwar mußte zu dem schon bestehenden unbestimmten goda άγαθή eine Form geschaffen werden, „welche sich zu ihm verhielt wie sa goda zu gods. . . . Also wurde nach dem Verhältnisse von mask, goda-: godan- zu dem Fem. godo- ein godon-, zu *bairandei (vgl. frijondi) ein bairandein- gebildet. Dies Verhältnis übertrug sich dann auf Substan-

36

Die Herausbildung der schwachen Adjektivflexion

tiva (arbjan-, fem. arbjon-), endlidi folgten auch eine Menge alter femininer ä-Stämme, denen keine Maskulina zur Seite stehen, in die n-Deklination" (S. 113). Auch Osthoff (S. 151 ff.) betrachtet die Ausbildung der femininen ön-Stämme als eine Folge davon, daß bei den Adjektiven die an-Stämme eine feste Kategorie geworden waren, was die Bildung entsprechender Formen in den beiden andern Genera, vor allem zuerst im Femininum (siehe Osthof S. 138, S. 143) notwendig machte. Doch ist er im Gegensatz zu Schmidt der Ansicht, das Germanische sei zur femininen schwachen Deklination durch funktionelle Differenzierung der alten indogermanischen Doppelheit der Suffixformen -on- und -ön- gelangt. Unbefriedigend bei Osthoffs wie Schmidts Auffassung ist dies: Bei der Bildung der maskulinen schwachen Adjektive wirken semantische und syntaktische Faktoren, bei der Bildung der femininen schwachen Adjektive jedoch nur morphologische. Der Übergang von der einen Bildung zur andern ist recht sprunghaft. Es ist seltsam, daß ζ. B. von Osthoff, der in den schwachen Feminina ja das indogermanische η-Suffix weiterleben sieht, die Stufe der femininen n-stämmigen Personenbezeichnungen nicht in Betracht gezogen worden ist. 1.4.3.

Die Entstehung der schwachen Adjektive

Wäre es nicht möglich, den morphologischen Vorgang der Erweiterung des Stammes durch η (denn von solcher „Erweiterung durch η", nicht mehr von substantivierendem η-Suffix, dürfen wir nach den vorhergegangenen Erörterungen sprechen) schon beim maskulinen schwachen Adjektiv anzusetzen? Und zwar könnte die ganze Entwicklung der schwachen Adjektivflexion ihren Ausgang beim Komparativ genommen haben. Hier ist an die oben (S. 13 f.) wiedergegebenen Ausführungen Szemerenyis anzuknüpfen. Der Komparativ, mit dem Suffix -yös/-yosgebildet und ursprünglich ein s-Stamm, war infolge der germanischen Lautgesetze im Maskulinum und Neutrum morphologisch unklar geworden. Wie Osthoff beschrieben hat und wie der Wortschatz der germanischen Sprachen bezeugt, war das an-Suffix sehr produktiv bei der Bildung maskuliner Nomina, verlor aber sehr früh, schon in gemeingermanischer Zeit seinen Suffixcharakter und die damit verbundene substantivierende Bedeutung. Man könnte nun annehmen, daß man den Komparativ im Maskulinum, um ihm eine klare Form zu geben, in die Flexion dieser Klasse überführte, und daß man dann auch das Femininum η-stämmig flektieren ließ. Letzteres war eben nur mög-

Das Neutrum des Komparativs und der schwachen Adjektive

37

lieh, weil sich eine durch -n- charakterisierte Flexionsklasse herausgebildet hatte. Bei den Feminina war die Form des N. Sg. auf -ϊ bei der Erweiterung maßgebend. Auch hier ergab sich auf diese Weise ein viel regelmäßigeres Paradigma (Sg. Ν. -I ,G. -Ins, D. A. -In, PI. Ν. A. -Ins, G. -Ino, D. -Im) als dasjenige der ablautenden -l/-yä-Stämme, welches sich nur in Einzelwörtern hielt und nicht mehr zur Femininbildung produktiv war 10°. Das Komparativsuffix wurde bei diesem Vorgang in der Schwundstufe -is- verallgemeinert im Maskulinum und Neutrum; im Femininum kann die Schwundstufe alt sein101.

1.4.3.1. Das Neutrum des Komparativs und der schwachen Adjektive Die neutralen schwachen Adjektivformen entwickelten sich nach Schmidt als letzte von den germanischen n-Stämmen. Denn nach seiner These ist als Reihenfolge der Entwicklung nur möglidi: 1. maskulines Adjektiv göda-n, 2. feminines Adjektiv gödö-n, 3. feminines Substantiv widuwö-n, 4. neutrales Substantiv augö-n, 5. neutrales Adjektiv gödö-n (Pluralbildungen, S. 119). Diese Feststellung gilt jedoch nur für den Ν. A. Sg. (und Plural, siehe weiter unten) des Neutrums. In den obliquen Kasus des Singulars flektierten gewisse Neutra ja schon indogermanisch n-stämmig (Schmidt, Pluralbildungen, S. 109; siehe oben S. 29). Daher kann in diesen Kasus die Umwandlung des Komparativs zu einem η-Stamm im Neutrum durchaus gleichzeitig erfolgt sein wie im Maskulinum, besonders da die Formen ja die gleichen sind. Es braucht hier also nidit die n-Erweiterung der δ-Stämme, zuerst der adjektivischen, dann der substantivischen, vorausgegangen zu sein. Vielleicht ist aber überhaupt eine andere Chronologie möglich. Die Erweiterung von einsilbigen Neutra durch -ä darf man, wenn sie audi nicht indogermanisch zu nennen ist, dodi wohl einer frühen Epoche zuschreiben, da sie zur großen und alten Tendenz der mannigfaltigen Erweiterung von einsilbigen und von Körperteile bezeichnenden Neutra gehört. Zu der Zeit, als der Komparativ zum n-Stamm umgestaltet wurde, hat es im Germanischen mit großer Wahrscheinlichkeit schon *augö, *auzö, *-/ertö geheißen. In Anbetracht der Tatsache, daß eines dieser Wörter, nämlich *auzö „Ohr" ursprünglich ein sStamm war und in den obliquen Kasus als η-Stamm flektierte, lag es sehr nahe, daß der ebenfalls ursprünglich s-stämmige Komparativ bei 100 101

Kluge, Stammbildungslehre, § 37. Meillet, Introduction, S. 276 und S. 283.

38

Die Herausbildung der schwachen Adjektivflexion

der Umgestaltung zum η-Stamm im N. Sg. des Neutrums diese Erweiterung durch -5 übernahm. Weil sich aber hier die neutralen Formen in einem Paradigma mit n-stämmigen Maskulina und Feminina befanden, erweiterten sie den N. Sg. auf *-ö zusätzlich noch durch -n. Dabei gab wohl der N. Sg. f. auf -ϊη das Muster ab. Durch diesen Vorgang beim Komparativ war die schwache Neutrumform für alle Adjektive gegeben. Schmidts Annahme gerade entgegengesetzt waren es dann, nadi unserer These, die adjektivischen neutralen η-Stämme, die durdi ihr Vorbild bei den alten neutralen Substantiven auf urgerm. *-ö, *-iniz etc. die Erweiterung durch -n auch im Ν. A. Sg. bewirkten. Es muß noch erwähnt werden, daß nach der hier vertretenen Auffassung audi der Ν. A. PI. der neutralen η-Stämme nicht mit einer alten Endung, nämlich ai. -äni in Verbindung gebracht werden darf (siehe oben S. 28 mit Anm. 86). Sondern er ist wohl eine Bildung aus urgerm. *-ön, Endung des Ν. A. Sg. n. der η-Stämme, + *-ö, Endung des Ν. A. PI. der neutralen a-Stämme.

1.4.3.2.

Zu den femininen

n-Substantiven

des

Germanischen

Nach unserer Theorie gaben also im Neutrum wie im Femininum die Adjektive das Vorbild zur Erweiterung von Substantiven durch n. Diese Auffassung hat den Vorteil der Parallelität in der Entwicklung von Femininum und Neutrum, die wir schon früher festgestellt haben (siehe oben S. 29-32), ferner ist es einleuchtend, daß sich der morphologische Vorgang der Erweiterung durch η zuerst innerhalb eines festen Systems, wie es das Adjektivsystem darstellt, abspielte, nicht an einzelnen Substantiven. Als sich aber bei den femininen Adjektiven nach dem Vorbild der Erweiterung des I-stämmigen Komparativs durch η zu -In- neben den δ-stämmigen Formen solche auf -ön- bildeten, wurden davon audi viele alte ö-stämmige Substantive betroffen und in die ön-Flexion übergeführt wie widuwo „Witwe" und qino „Frau". Den Weg dazu mögen Fälle bereitet haben, wo die feminine schwadie Form eines Adjektivs substantivisch verwendet wurde, in formaler, aber ursprünglich nicht funktioneller Parallelität mit einem maskulinen η-Stamm wie blinda, garazna. Denn während bei diesem die substantivische Funktion indogermanisch ererbt war, gehörte die feminine Bildung blindo, garazno unseres Erachtens ursprünglich nur ins Adjektivsystem. Doch aus dem Paar garazna : garazno bildete sich, gerade bei dem althergebracht sub-

Der Komparativ als Ausgangspunkt

39

stantivischen Charakter eines maskulinen η-Stammes wie garazna, substantivische Geltung von garazno und andern femininen schwachen Adjektiven, wenn sie persönlich verwendet wurden, heraus. Dies zog die ön-stämmige Flexion bei ebenfalls Personen bezeichnenden Wörtern wie widuwo und qino nach sich und hatte auch zur Folge, daß die Feminina zu denominativen n-stämmigen Maskulina wie arbja als δηStämme gebildet wurden, obwohl in diesen Fällen kein ö-Stamm zugrunde lag102.

1.4.3.3.

Der Komparativ als Ausgangspunkt

Unsere Auffassung weicht ganz entscheidend von derjenigen Szemerenyis ab. Für ihn sind die beiden Adjektivflexionen des Germanischen einfach gegeben. Wie alle Adjektive, flektierte auch der Komparativ stark und schwach — wobei allerdings hervorgehoben werden muß, daß der Komparativ offenbar nie pronominale Endungen aufwies. Dieser Ansicht ist auch Szemerenyi, das geht aus den Formen, die er rekonstruiert, hervor (siehe oben S. 14). Bei Annahme pronominaler Formen durch den Komparativ wäre es auch nicht zu dessen morphologischer Unklarheit gekommen. Nach Szemerenyi nun blieben, als die „starken" Formen undurchsichtig wurden, nur die schwachen in Gebrauch. („In these circumstances it is understandable that the speakers should have opted for the exclusive use of the weak and clear type in the comparative." Studia Mycenaea, S. 27.) Wir aber lassen die schwache Adjektivflexion an den n-stämmigen Formen des Komparativs ihr Vorbild, nehmen. Die Umwandlung des Komparativs vom s-Stamm zum n-Stamm ist meines Erachtens der erste von den Vorgängen, durch die das germanische Adjektiv seine besondere Form erhalten hat. Als nächsten Schritt möchte ich die Differenzierung des Adjektivs vom Substantiv durch teilweise pronominale Formen ansetzen. Wenn nun das Adjektiv mit dem deiktischen Pronomen sa, so, f>ata verbunden wurde, ergaben sich in den Kasus, wo das Adjektiv pronominal flektierte, Ausdrücke, die dem Sprachgefühl zuwider laufen mußten. So ζ. B. {)amma unseljamma „diesem Bösen", |>ana niujana skalk „diesen neuen Knecht", J)izo godaizo maujo „dieser guten Mädchen". Sehr treffend hat Meillet bemerkt: „un groupe tel que got. {jamma blindamma cet aveugle' 102 Daß zu den ön-Substantiven schon im Gotisdien auch andere Kategorien als feminine Personenbezeichnungen gehören, können wir hier nicht mehr besprechen. Dasselbe gilt ja für die maskulinen n-Stämme.

40

Die Herausbildung der schwachen Adjektivflexion

aurait quelque chose de choquant1M." Hier nun holte sich das Germanische Hilfe beim Komparativ. Und diese Hilfe war zwiefach. 1. Der Komparativ war eine adjektivische Bildung von einer Form, die nicht in unliebsame Konkurrenz mit dem deiktischen Pronomen trat104. 2. Der Komparativ enthielt in sich die Bedeutung der 'Bestimmtheit, die durch die Verwendung des deiktischen Pronomens für das Adjektiv gegeben war. Diese Bestimmtheit beruht nicht darauf, daß der Komparativ aus der Zweizahl einen Träger der Eigenschaft hervorhebt105. Hervorhebung des Trägers der Eigenschaft ist ja auch beim Superlativ der Fall; und dennoch läßt sich bei diesem keine Beschränkung auf die schwache Form feststellen, wenn auch die Tendenz dazu vorhanden ist106. Der besondere Bestimmtheitscharakter des Komparativs liegt meines Erachtens darin begründet, daß im Komparativ die Eigenschaft als solche eine genaue Einschränkung und Bestimmung erfährt, indem der höhere Grad in Form eines direkten Vergleichs seinem Positiv gegenübergestellt wird. Beim Superlativ dagegen wird die Eigenschaft in ihrem höchsten Grade ausgesagt, dadurch findet Gegenüberstellung zu einer Mehrheit möglicher Positive statt; die Bestimmung der Eigenschaft wird also weniger genau. Die Beziehung auf die Mehrzahl gehört nämlich zum Wesen des Superlativs, wie die Beschränkung auf die Zweizahl zum Wesen des Komparativs gehört. „Der Größere von mehreren" ist eben „der Größte von mehreren". Diese strenge Scheidung kennen das Griechische des Neuen Testaments und das spätere Latein nicht mehr, das Gotische jedoch führt sie getreu 103 104

105

106

Caracteres gen&aux des langues germaniques4, S. 183. Vom sprachgeschichtlichen Standpunkt aus kann man die Auffassung vertreten, der mit -yos- gebildete Komparativ sei ursprünglich ein deverbatives Substantiv gewesen (Jerzy Kurylowicz, The Inflectional Categories of IndoEuropean, Heidelberg 1964, S. 227 ff.). Doch in den bezeugten Sprachen hatte er durch seine Assoziierung mit Adjektiven die Stellung eines Adjektivs. (So auch Kurylowicz, op. cit. S. 230.) Im Germanischen ist ja auch der alte Zustand, daß die -yos-Bildungen primär waren, bis auf wenige Reste aufgegeben (z.B. got. sinista „Ältester" gegen sin-eigs „alt", sonst aber managiza mit Suffix -ag-, fjaurftiza zum urspr. to-Partizip paurfts „nötig"). Auch die komparativische Bedeutung der -yos-Bildung stellt das Ergebnis einer Entwicklung dar, deren frühere Stufen sich noch aufzeigen lassen (Emile Benveniste, Noms d'agent et noms d'action en indo-europ&n, S. 121 ff.). Doch dürfen wir uns bei der Betrachtung des gotischen Komparativs nicht von diesem Gesichtspunkt leiten lassen. Dies ist ζ. B. die Auffassung von Reinhard Wagner, Die Syntax des Superlativs im Gotischen, Altniederdeutschen, Althochdeutschen, Friihmittelhodi· deutschen, im Beowulf und in der älteren Edda, Berlin 1910. Otto Behaghel, Deutsche Syntax, Band I, S. 173 ff.

Weitere Fälle von η als Formans im Germanischen

41

durch, auch wenn dies eine Abweichung von der Form der Vorlage mit sich bringt107. Beim Superlativ betrifft die Bestimmtheit den Träger der Eigenschaft, beim Komparativ dagegen die Aussage der Eigenschaft selbst. Bei der hier vertretenen Auffassung der schwachen Adjektivflexion findet die Erscheinung ihre Erklärung innerhalb des Adjektivsystemi. Es braucht nidit ein Umweg über Substantive in appositionellem Verhältnis gemacht zu werden. Die Möglichkeit, daß audi neutrale schwache Adjektive gebildet wurden, daß schwache Adjektive als Attribute auch zu Sachen oder Abstrakta traten, ist von allem Anfang an gegeben. Die verbreitete Auffassung, in der Verwendung des schwachen Adjektivs ohne deiktisches Pronomen liege etwas Altes, ist nun allerdings abzulehnen, desgleichen Osthoffs Annahme, das Pronomen (später der Artikel) beim schwachen Adjektiv sei nicht Faktor der Bestimmtheit, sondern nur ihr Zeichen (S. 131 f.). Dies ist ja auch folgerichtig, da sich die hier vertretene Herleitung des germanischen schwachen Adjektivs in wichtigen Punkten von derjenigen Osthoffs unterscheidet. 1.4.4. Weitere Fälle von η als Formans im Germanischen Für die Annahme, daß im Germanischen die Erweiterung durch η benutzt wurde, um klare Paradigmen zu schaffen, lassen sich noch zwei weitere Fälle anführen: die Participia Praesentis108 und die Adjektivabstrakta auf -I, got. -ei. In der ererbten konsonantischen Flexion als nt-Stämme (siehe oben S. 20 ff.) kommen die Participia Praesentis im Gotischen109 nur noch als isolierte Nomina in kleiner Zahl vor. In entscheidenden Kasus sind belegt die Maskulina nasjands „Retter", frijonds „Freund", fijands „Feind", bi-sitands „Nachbar", gebands „Geber", daupjands „Täufer", garda-waldands „Hausherr" (letztere drei nur im A. Sg.), all-waldands „Allmächtiger" (nur im N. Sg. belegt, welcher ja nicht eindeutig ist, jedoch wegen garda-waldands sicher zu dieser Gruppe zu zählen), talzjands „Lehrer", fraujinonds „Herrscher" (diese beiden nur im V. Sg.). Drei Beispiele, die nur im N. Sg. belegt sind, dürfen auch noch zu dieser Gruppe gerechnet werden, sei es aus syntaktischen Gründen: bei fraweitands „Rächer" Th. 4,6 und midumonds „Mittler" T. 2,5 i«7 R. Wagner, op. cit. S. 72 ff. Allerdings nur im Altnordischen und Gotischen (Prokosdi, A Comparative Germanic Grammar, § 90, b 3). 109 Und im Germanischen allgemein, siehe Prokosdi, op. cit. § 88.

108

42

Die Herausbildung der schwachen Adjektivflexion

weist der abhängige Genitiv auf substantivischen Charakter; sei es aus stilistischen: bei merjands jah apaustaulus κήρυξ και απόστολος Τ. 2,7, 1.1,11 entspricht merjands einem griechischen Substantiv und ist audi im Gotischen einem Substantiv parallel110. Neutra sind nicht belegt. Die Feminina in der ererbten -ϊ/-yä-stämmigen Flexion sind noch seltener als als die Maskulina: hulundi „Höhle", frijondi „Freundin" (siehe oben S. 15), ailoatundi „Dornstrauch" ή (ό) βάτος 1Π. Das Hinterglied von aitoatundi ist erstarrtes Part. Präs. f. zur Wurzel ed- (Feist S. 21), im Gegensatz zu tunjpus in der nach Verners Gesetz zu erwartenden lautlichen Gestalt. Es herrscht genaue morphologische Übereinstimmung mit dem ai. Kompositum phäla-datl, Name einer Unholdin, aus phala m. n. „Pflugschar" und -datl, also eigentlich „pflugzähnig" (Ai. Grammatik II, 1, S. 91). Doch ist -datl wie -tundi nicht direkt als feminines Partizip Präsens zur Wurzel ed- aufzufassen, sondern ist die im Bahuvrlhi movierte Form des Maskulinums ai. dant- bzw. germ. *tanj>-, welche dabei erwartungsgemäß schwundstufige Form zeigt. Diese Übereinstimmung weist das im Gotischen ganz isolierte Wort aitoatundi als ein versprengtes Residuum als ältester Zeit aus12. Die lebendigen Partizipien jedoch flektieren als n-Stämme, mit dem Femininum als ein-Stamm. Auch die oben aufgeführten Maskulina zeigen schwache Flexion, wenn sie partizipial gebraucht werden. So ζ. Β. M. 5,46 Jians frijondans izwis gegen V. 47 {)ans frijonds izwarans τους αγαπώντας ΰμας bzw. τους φίλους υμών; R. ΐ2, 9 fiandans u(b)i(l)a113, haftjandans godamma άποστυγοϋντες τό πονηρόν, κολλώμενοι τφ άγα-θφ gegen R. 8, 7 unte fraj>i leikis fijands du guda διότι τό φρόνημα της σαρκός έχθρα είς ·θεόν. Von daupjands lautet der G. und D. Sg. überhaupt stets daupjandins, daupjandin, diese Kasus sind nur von nasjands in der Flexion der Konsonantstämme belegt; dazu gegesellt sich noch der G. Sg. von fijands L. 10,19 ana allai mahtai fijandis έπί πασαν την δύναμιν τοϋ έχθρου. Umgekehrt hat sich die alte Form im N. Sg. m. auch bei partizipialem Gebrauch gehalten, sie ist sogar viel häufiger als die n-stämmige Form und steht auch nach sa. Dies paßt jedoch ganz in die oben angenommene Tendenz: Der N. Sg. m. ist beim Partizip Präsens sicher die üblichste Form. In der gotischen Bibel und in der Skeireins jedenfalls überwiegt sie bei weitem, und sie war wohl dem Sprachgefühl so vertraut, daß nicht das Bedürfnis bestand, sie in ein klares Schema überzuführen. 110

Streitberg, Elementarbuch, 5 159 Anm. 1. Letztere beide nicht im N.Sg. belegt. » 2 H. Grewolds, KZ 61 (1934) 175 Anm. 4. 113 Die eingeklammerten Buchstaben sind undeutlich überliefert. 111

η als Formans im Indo-Iranischen

43

Für die Adjektivabstrakta verweise ich auf die oben (S. 17 f.) wiedergegebenen Ausführungen Mezgers. Man darf wohl annehmen, daß das Germanische Adjektivabstrakta auf -l/-yä- besaß, daß es sie aber, um die Kategorie produktiv zu erhalten, den gleichen Weg gehen ließ wie die ursprünglich -l/-yä-stämmigen Feminina der Komparative und Participia Praesentis. Denn wie diese mußten die Adjektivabstrakta in einem klaren Paradigma prinzipiell immer wieder neu bildbar sein.

1.4.5.

η als Formans im Indo-Iranischen

Umbildung des η-Suffixes zu einem bloß formalen Element findet sich auch im Altindischen und Altiranischen. Dieses vielschichtige Problem genauer zu beschrechen, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Es sei nur an den G. PI. aller vokalischen Stämme erinnert (indoiranisch, siehe Ai. Grammatik III, S. 67—72; die folgenden Erscheinungen nur indisch); Ν. Α. V. PI. n. der a-Stämme auf -äni (die ältere Sprache zeigt noch -ä, op. cit. S. 105); die Charakterisierung des Neutrums durch -n- bei den i- und u-Stämmen (im RV fast nur bei den uStämmen, neben n-losen Formen, in der klassischen Sprache jedoch -in- und -un-Formen bei den Singular- und Dualkasus mit vokalisch anlautenden Endungen allein herrschend, op. cit. S. 132); Ν. Α. V. PI. n. der i- und u-Stämme wurden unter dem Einfluß der a-Stämme zu -Ini und -üni umgeformt (op. cit. S. 160 f.); in der Folge dieselbe Entwicklung bei den neutralen {--Stämmen (erst in klassischer Sprache, op. cit. S. 202). Meistens diente η der Schaffung durchsichtiger Formen, so ζ. B. beim Ν. Α. V. Dual n., wo die Endung -I vom Stammausgang i, u, f in klassischer Sprache (und in vorklassischer nach dem RV) durch η getrennt wurde (op. cit. S. 51). Und auch hier wurde diese Ausbreitung von η durch eine besondere, von der germanischen allerdings verschiedene, Entwicklung der η-Stämme begründet. Wie Meillet festgestellt hat114, war audi im Indo-Iranischen das η-Suffix als Bestandteil des Stammes nicht mehr klar zu erkennen; „il importe de noter que, au point de vue indo-iranien, l'n ne fait pas partie integrante de la forme du theme parce que η est representee par a et que, par suite, η appartient plutöt ä certains cas qu'ä l'ensemble de la flexion."

114

Mimoires de la Soci&e de Linguistique de Paris, 11 (1900) 13 f.

44

Die Herausbildung der schwachen Adjektivflexion

1.4.6.

Zu den Steigerungsformen auf -uma

Die Steigerungsformen auf -uma, der Bildung nach Superlative ( < idg. -inmo, skr. adhama-, lat. infimus „unterster") haben im Gotischen komparativische Bedeutung (Streitberg, Elementarbuch, § 190, 2). So ζ. B. J. 15,18 fruman izwis, welches sich trotz gr. πρώτον υμών durch die Rektion als Komparativ ausweist115. Ferner Ph. 2,3 anf>ar an^arana munands sis auhuman αλλήλους ηγούμενοι υπερέχοντας εαυτών, ein eindeutiges Beispiel, da der Vergleich sich im Gotischen in der Zweizahl abspielt. Dies gilt auch für hleiduma „link" und hleidumei „Linke" (sc. handusf. „Hand" oderferaf. „Seite"). Trotz Szemerenyis Auffassung116, die -uma-Bildungen seien Elative oder Intensive, durch häufigen Gebrauch zu Positiven abgeschwächt (op. cit. S. 15), ist an komparativischer Bedeutung festzuhalten. Sie allein erklärt nämlidi die ausschließlich schwache Flexion mit dem Femininum auf -ei dieser Bildungen. Szemerenyis Behauptung, das Vorkommen von nur schwachen Formen beruhe darauf, daß Adjektive auf -uma spärlich belegt seien und daß sie eine spezielle Bedeutung hätten „implying a degree of definiteness that is absent from most of the other adjectives" (op. cit. S. 18) kann nicht überzeugen. Daß es sich aber bei dieser Erscheinung des Gotischen nicht um inhaltlichen Wandel des Superlativs zum Komparativ handelt, sondern um einen morphologischen Vorgang, die Ersetzung des Komparativsuffixes (jedoch nicht der Komparativendung) durch das Superlativsuffix, hat Ferdinand de Saussure überzeugend nachgewiesen117. „Iftuma, hleiduma ne sont pas des superlatifs detournes de leur sens, mais des comparatifs travestis. II faut que, par un phenomene morphologique plus encore que syntactique, -uma ait ete substitue regulierement ä un suffixe proscrit, affecte au comparatif. Quel etait ce suffixe? — car personne ne lui supposera la forme ordinaire -iza, -oza, qui tend bien moins ä perdre du terrain qu'ä en gagner sans cesse." (S. 481). Den gotischen Formen innuma „der innere", aftuma „der spätere", *hinduma118 „der hintere", auhuma „der höhere" , fruma „der vordere" entsprechen in der Bedeutung ahd. innero, aftero, hintero, obero, fordero, welche ebenfalls nur schwach flektieren (S. 482). Dies führt zurück auf ein altes System: Komparativ auf -ero-, 115

116 117

118

Der Komparativ regiert im Gotischen den Dativ, der Superlativ dagegen den Genitiv (Streitberg, Elementarbuch, §§ 258 bzw. 262, 2). PBB (T) 82 (1960) 1—30. Comparatifs et superlatifs germaniques de la forme inferus, infimus. Recueil des publications scientifiques, Geneve 1922, S. 481—489. Vgl. hindumists „hinterster".

Zu den Steigerungsformen auf -uma

45

Superlativ auf -mmo-, wie es in skr. adharah — adhamah, avarah — avamah, lat. inferus — infimus, posterus — postumus vorliegt. Das Althochdeutsche hat den verlorenen Superlativ durch Bildungen aus dem Komparativ und dem Superlativsuffix -ista-, -östa- ersetzt (hinterösto etc.). Reste des alten Superlativs zeigt es in hitamum „demum" und metamo „mediocris" (S. 483). Umgekehrt hat das Gotische viel· leicht einen Rest des alten Komparativs bewahrt in undaristo (n.) E. 4,9 A119 τά κατώτερα μέρη, ebenfalls mit -ista- zum Superlativ erweitert (dies könnte man als einen weiteren Beweis dafür ansehen, daß die entsprechende -uma-Bildung *unduma im Gotischen eben nicht mehr Superlativbedeutung hatte), ferner in den Adverbien undaro, aftaro, ufaro und in dem für us afar Abijins έξ εφημερίας Άβιά L. 1,5 CA konjizierten us afaram Abijins, welches auf ein Maskulinum afara „Nachkomme" führt, vgl. as. abaro „Sohn, Nachkomme", ebenfalls ein alter Komparativ (S. 484). Ein Rest des alten Superlativs in superlativischer Bedeutung liegt vor in miduma f. (τό) μέσον „Mitte" (S. 483 Anm. 3), welches im Gegensatz zu den komparativischen -umaBildungen die nicht durch n erweiterte Form zeigt. Dieses alte System von Komparativ und Superlativ, von welchem das Gotische nur die Superlativ-, das Althochdeutsche nur die Komparativformen bewahrt hat, ist als ganzes erhalten im Altenglischen, nur daß beiden Bildungen symmetrisdi -izan- bzw. -ista- angefügt ist (S. 485 f.). So inner-ra, innem-est, cefter-ra, ceftem-est. Auch im Althochdeutschen wurde übrigens der alte Komparativ durch -izan- verstärkt, z.B. hinteröro, afteröro (S. 483). Diese Tatsachen zeigen, daß das System -ero-/-mmo- im Germanischen noch vorhanden, aber in seiner Funktion nicht mehr lebendig war. Es war deshalb möglich, daß im Gotischen die auf -mmo- zurückgehenden Formen zu Komparativen wurden, was in ihren Flexionsverhältnissen eindeutigen Ausdruck gefunden hat.

119

Nadi Brauns Lesung sicher undaraisto (Streitberg, Bibel, S. 341).

Zweiter Teil

Die Adjektive im Gotischen

Die starken Formen

2.1.

49

Die Adjektive in prädikativer Stellung 2.1.1.

Die starken Formen

Die prädikative Stellung ist die häufigste Funktion des starken Adjektivs. Es finden sich 615 Beispiele + 3 Glossen: 275 in den Evangelien (+ 1 Glosse), 319 in den Briefen ( + 2 Glossen), 15 im Skeireinstext, 5 in den Bibelzitaten der Skeireins, 1 im Nehemiasfragment. Bei der Skeireins ist zu bedenken, daß ihr Verhältnis zur Bibel dem Umfang nach 16 : 225 beträgt120. Doch auch wenn man dies in Rechnung stellt, weist die Skeireins viel weniger prädikative Adjektive auf als die Bibel. Dem Verhältnis entsprechend müßte sie etwa 42 Beispiele enthalten. Diese Tatsache dürfte für die Beurteilung des Charakters der Skeireins nicht ohne Bedeutung sein. An attributiven starken Adjektiven dagegen finden sich 455 Beispiele + 2 Glossen + 3 ergänzte Stellen: 224 in den Evangelien ( + 1 Glosse + 1 ergänztes Beispiel + 1 Beispiel im Gießener Bruckstüdc, ebenfalls ergänzt121), 203 in den Briefen ( + 1 Glosse), 25 im Skeireinstext, 2 Beispiele + 1 ergänztes in den Zitaten, 1 im Nehemias. Hier stimmt das Verhältnis der Skeireinstellen zu den Bibelstellen recht genau. Beim substantivisch verwendeten starken Adjektiv sind die Zahlen folgende: Im ganzen 329 Beispiele + 2 Glossen; 194 Beispiele in den Evangelien, 128 in den Briefen ( + 2 Glossen), 2 im Skeireinstext, 2 in den Zitaten, 3 im Nehemias. Hier ist das Verhältnis von Skeireinszu Bibelstellen wieder erheblich gestört, es wären etwa 23 Stellen in der Skeireins zu erwarten m . Es scheint mir sinnlos, aus dieser Menge von starken prädikativen Adjektiven einige als Beispiele vorzuführen. Es sei hier auf das vollständige Verzeichnis im Anhang verwiesen. Von den folgenden Tabellen enthält die erste die Vertretung der starken Adjektive in ihren verschiedenen syntaktischen Funktionen, die zweite stellt die prädikativen starken den prädikativen schwachen Adjektiven gegenüber. 120 121 122

Karl Helm, PBB (T) 80 (1958) 204 Anm. 1. Streitberg, Bibel, S. 493 ff. Alle diese Zahlen wollen nicht etwas beweisen, sondern nur einen Überblick verschaffen.

50

Die Adjektive in prädikativer Stellung

TABELLE I: STARKE ADJEKTIVE Prädikativ

Attributiv

Substantivisch

Evangelien

275 + 1 Glosse

224 + 1 Glosse + 1 erg. Beispiel + 1 Beispiel im Giessener Bruchstück

194

Briefe

319 + 2 Glossen

203 + 1 Glosse

128 + 2 Glossen

Skeireins: Text Skeireins: Bibelzitate

15

Nehemias

1

2

25 2 + 1 erg. Beispiel

5

2

1

3

TABELLE II: PRÄDIKATIVE ADJEKTIVE Stark

Schwach

Evangelien

275 + 1 Glosse

3

Briefe

319 + 2 Glossen

4

Skeireins: Text Skeireins: Bibelzitate

15

Nehemias

1

1

5

2.1.2.



Die schwachen Formen

Die schwachen Adjektive in prädikativer Stellung sind dagegen ausgesprochen selten. Ich zählte 8 Beispiele, 3 in den Evangelien, 4 in den Briefen und 1 im Skeireinstext (siehe Tabelle II). Mit diesen Zahlen wird jedoch das Resultat der folgenden Untersuchung vorausgenommen. Es ist hier nämlich entscheidend, bei den prädikativen schwachen Formen die Grenze zu ziehen zwischen sdiwa-

Die schwachen Formen

51

dien Adjektiven und n-stämmigen Substantiven. Als Ausgangspunkt sollen daher alle Formen, die den Verdacht erregen, schwache Adjektive in prädikativer Stellung zu sein, und in manchen Handbüchern als solche bezeichnet werden, provisorisch in eine Liste aufgenommen werden. Neben die Formen ist die Klassifikation gesetzt, die sie im Streitbergs Glossar tragen. L. 9,38 L. 15,14 L. 19,29 C. 4,12 C. 2,14 Th. 2,15 Ph. 3,15 C. 1,28 C. 4,12 L. 5,10 K. 9,23 K. 10,20 k. 1,7 E. 3,6 E. 5,7 T. 6,2 k. 6,14 Mk. 1,36 G. 6,16 t. 3,10 E. 3,6 T. 5,22 K. 7,13 Mk. 12,4 L. 20,36 Sk. la 12-16 L. 1,24 L. 1,36 L.2,5 Mk. 12,3 R. 9,25

(sw. Adj.) ainaha alajjarba (sw. Adj.) alewjo (sw.Adj.) allawaurstwans (Mn) andanei^o andaneifcans (Mn) fullawitans (Mn) fullawitan (Mn) fullawitans (Mn) gadailans (Mn) gadaila (Mn) gadailans (Mn) gadailans (Mn) gadailans (Mn) gadailans (Mn) gadailans (Mn) gajukans (Mn) galaistans (Mn) galaistans (Mn) galaista (Mn) galeikans (Mn) gamainja (Mn) gawilja haubif)wundan ibnans (sw.Adj.) ibna (sw.Adj.) inkiljjo (Fn) inkil£>o (Fn) inkil£>on (Fn) (D. Sa.) laushandjan (sw.Adj.) liubon (A.Sg.)

M. 5,19 L. 9,48 K. 15,9 L. 1,7 L. 1,36 L. 7,2 t. 3,2 A G. 3,3 Mk. 4,15 T. 4,14 T. 5,13 Mk. 7,18 K. 10,1 k. 12,6 k. 12,11 Ph. 3,6 C. 1,22 Th. 3,13 Β Th. 5,23 A Β L. 9,43 Mk. 1,22 L. 18,1 k. 4,1 k. 4,16 E. 3,13 G. 6,9 th. 3,13 k. 11,8 L. 5,18 L. 6,35 E. 4,19

minnista minnista sa smalista stairo stairo swultawairjjja unairknans unfrowans unkarjans unkarja unwaurstwons unwitans unwitans unwita unwita usfairina usfairinans u(n)fairinona untairinona usfairinona usfümans usfilmans usgrudjans usgrudjans usgrudjans usgrudjans usgrudjans usgrudjans ushaista uslijia uswenans uswenans

(Fn) (Fn) (Mn) (sw.Adj.) (sw. Adj.) (Fn) (Mn) (Mn) (Mn) (Mn) (sw.Adj.) (sw.Adj.) (sw. Adj.) (sw. Adj.) (sw.Adj.) (sw.Adj.) (sw.Adj.) (sw.Adj.) (sw.Adj.) (sw. Adj.) (sw.Adj.) (sw.Adj.) (sw.Adj.) (sw.Adj.) (sw.Adj.) (sw.Adj.) (sw.Adj.)

Die Partizipien sind zwar in unserer Arbeit nicht einbesdilossen, doch wollen wir den besonderen Fall, daß das Participium Praeteriti in prädikativer Stellung schwache Form zeigt, hier auch besprechen. Es sind folgende Stellen: K. 7,18 gala{)oda L. 19,38 |)iu|>ida J. 12,13 f>iu]>ida Mk. 11,9 {)iu{)ida L. 1,28 J>iuJ>ido f. Mk. 11,10 jjiufudof. L. 1,42 |>iu|)ido f. L. 1,42 £>iuf>ido n. Sk. Vic 23-VId 1 waurfianam

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Die Adjektive in prädikativer Stellung

Auffallend ist bei diesen Beispielen von schwacher Form in prädikativer Stellung das Überwiegen der zusammengesetzten Adjektive. Unkomponiert sind nur alewjo, ibna, liuba, ainaha und stairo123. Letzteres wird von Streitberg im Glossar als Substantiv aufgeführt, ebenso von Feist (S. 448). Krause dagegen betrachtet es als Adjektiv124. Ich möchte midi Feists und Streitbergs Ansidit anschließen. Außer den zwei prädikativen Stellen erscheint das Wort einmal in substantivischer Verwendung (G. 4,27 sifai stairo so unbairandei εύφράνθητι στείρα ή ού τίκτουσα), eine starke Form ist nicht belegt. Man hat also vom Gotischen aus keine Veranlassung, ein Adjektiv darin zu sehen. Es ist die n-Erweiterung eines ursprünglich vokalischen Stammes, dem jedoch Substantivnatur zukam125, und gehört zu der großen Gruppe der Bezeichnung femininer Lebewesen, wo ein önStamm im Germanischen einem vokalischen Stamm der andern Sprachen gegenübersteht (Kluge, Stammbildungslehre, § 34). Für die verschiedenen etymologischen Anknüpfungen siehe Feist S. 448. ibna und liuba sind echte Adjektive. i b n a prädikativ: L. 20,36 nih allis gaswiltan {>anaseif)s magun, ibnansaggilumauksindjah sunjus sind gudisI26, usstassais sunjuswisandans. οΰτε γαρ άποθανεΐν ετι δύνανται, 'ισάγγελοι γάρ είσιν και υίοί είσιν τοϋ ·θεοΰ, της αναστάσεως υίοί δντες. Sk. Ia 8—16 inuh J>is qam gamains allaize nasjands : allaize frawaurhtins afhrainjan : ni ibna nih galeiks unsarai garaithtein : ak silba garaihtei wisands : Attributiv kommt dieses Adjektiv einmal in der starken Form vor: L. 6,17 gastof» ana Stada ibnamma εστη επί τόπου πεδινού, einmal in der schwachen: Sk. Vd 8—14 unte f)ata qijjano (es folgt Zitat J. 5,23 ei allai sweraina sunu swaswe swerand attan ίνα πάντες τιμωσι τον υίόν καθώς τιμώσι τον πατέρα) ni ibnon ak galeika swerij)a usgiban uns laiseij). Auch Sk. Ia 8—16 könnte man ibna attributiv auffassen, als nachträgliche Apposition zu gamains allaize nasjands. Osthoff faßt es 123 124 125

126

Die Superlative und Part. Praet. bilden eine besondere Gruppe. Handbuch des Gotischen3, München 1968, § 152, 4 b. Vgl. ai. starlh, gr. στείρα „unfruchtbare Kuh" < idg. *sterl(s), Wilhelm Schulze, KZ 40 (1907) 401 Anm. 1 = Kleine Schriften, Göttingen 1933, S. 60 Anm. 6. Allerdings läßt sich stairo nicht direkt mit diesen Bildungen in Verbindung bringen, da dann got. *stairei zu erwarten wäre. Idi gebe den stets kontrahiert erscheinenden Singular von „Gott" gp, gjps, gfia in der Schreibung von Streitbergs Bibel wieder, obwohl, um nur neuere Literatur zu diesem Problem zu zitieren, nach Ε. A. Ebbinghaus, JEGPh 60 (1961) 477 fi. der G.Sg. als gups aufzulösen ist. Nach F. G. Banta dagegen, ZDPh 81 (1962) 350 ist dies nidit ganz zwingend.

Die schwachen Formen

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prädikativ auf (S. 128 Anm.). Ich schließe midi seiner Ansicht ganz an. ni ibna nih galeiks unsarai garaihtein: ak silba garaihtei wisands gehören bestimmt eng zusammen, wobei wisands audi für ni ibna nih galeiks gilt. Von gamains allaize nasjands ist ni ibna nih galeiks dagegen durch zwei Interpunktionen, welche die Satzerweiterung: allaize frawaurhtins afhrainjan : einschließen, getrennt. Es ist trotz der wenigen Stellen klar, daß zwischen der starken und der schwachen Form ein semantischer Unterschied besteht: ibns bedeutet „eben"- als äußerliche Eigenschaft, während ibna geistige Gleichheit, und zwar restlose, meint. Dafür ist das Skeireinsbeispiel Vd 8—14 aufschlußreich: Es handelt sich hier um die arianisdie Lehre, daß Gott-Vater und Gott-Sohn nicht wesensgleich seien: ibna übersetzt ομοούσιος und ίσος, galeiks ομοιος. Etwas später wird ibna durch ibnaleiks vertreten: Vd 21—24 ni ibnaleika frijaf)wa ak galeika f>airh |>ata ustaikneij). ibnaleiks ist ein Possessivkompositum aus ibn- + leik n. „Körper" (Kluge, Stammbildungslehre, § 237) und bedeutet „gleichen (nämlich körperlich eben-gleichen) Körper habend". Bei der Analyse von galeiks dürfen wir ga- nicht in streng kollektivem Sinn auffassen und „gemeinsamen Körper habend" übersetzen (dies ist die Bedeutung von samaleiks, welches als Adjektiv gr. Ισος übersetzt), sondern ga- drückt Gemeinsamkeit in übertragenem Sinne aus, ga-leiks heißt also „was an Körper mit einem andern eine gewisse Gemeinsamkeit aufweist". Nach Emile Benveniste, Fonctions suffixales en gotique, BSL 56 (1961) 28 ff. wurde ibna-leiks sekundär nach dem Modell von ga-leiks gebildet, denn ursprünglich verband sich -leiks mit Pronominal- und Adverbialstämmen: hn-leiks „wie beschaffen", swa-leiks „so beschaffen", Adv. alja-leiko und anf>ar-Ieiko „anders", ana-leiko „auf gleiche Weise", ga-leiks, sama-leiks, missa-leiks „verschieden", silda-leiks (silda wahrscheinlich Adverb) „erstaunlich, wunderbar", Adv. Iapa-leiko (erster Bestandteil unsicher) „gern" zu einer Klasse von Adjektiven, die das Wesen eines Objekts in Bezug auf Gleichheit oder Ungleichheit hervorheben. „La locution ni ibna nih galeiks ,ni egal ni semblable' (Sk. Ia 12—13), ni ibnon ak galeika ,ηοη £gal, mais semblable' (Sk. Vd 11—12) conduit ä un compost ibna-leiks (Sk. Vd 21), sur le modele de ga-leiks." (op. cit. S. 29). Dietrich127 schreibt: „In der theologischen Literatur haben ebenso wie im Griechischen die Worte ibna, galeiks, ibnaleiks = ίσος, δμοιος, δμοούσιος erst ihr Gepräge erhalten128." Aus der Bedeutung von ibna als „wesensgleich" geht die 127

128

Ernst Dietrich, Die Bruchstücke der Skeireins, herausgegeben und erklärt von Dr. Ernst Dietrich, Straßburg 1903, S. LXIX. Dadurch hat ibnaleiks eine andere Entwicklung genommen als aisl. jafnlfkr, welches kein theologisches Wort ist, sondern ein Sagawort, und »von ebener,

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Die Adjektive in prädikativer Stellung

Notwendigkeit der schwachen Form hinlänglidh hervor. Was absolut gleich ist, ist dadurch bestimmt, bekannt, spezifisch. (So auch Osthoff S. 128 Anm.) Dies ist auch der Grund für die schwache Form von sama „derselbe", Übersetzung von gr. ό αυτός oder είς. Die beiden Bildungen treffen sich auch darin, daß beide mit -leiks verbunden absolute Gleichheit ausdrücken. Daß aber ibnaleiks und samaleiks trotz ihrer Bedeutung die starke Flexion bewahrt haben, verdanken sie ihrer formalen Ähnlichkeit mit eindeutigen Pronomina wie hnleiks und swaleiks. l i u b a kommt häufig attributiv vor in schwacher Form, llmal mit dem Pronomen sa (im Griechischen Artikel: L. 3,22; 9,35; 20,13; Mk. 1,11; 9,7; E. 1,6; 6,21; C. 1,7; 4,7.9.14), 3mal ohne sa, wovon 2mal im Vokativ (ebenso im Griechischen: K. 15,58; Ph. 4,1; 1.1,2). In dem einen prädikativen Beispiel sehe ich ein substantiviertes Adjektiv, wie es audi im Vokativ liubans αγαπητοί R. 12,19; k. 7,1; 12,19 erscheint. Daß allerdings substantivische Funktion nicht schwache Form garantiert, wird im nächsten Kapitel zu besprechen sein. Hier aber haben wir die n-stämmige Form in ihrer indogermanischen Funktion vor uns: aus dem Adjektiv wird durch sie eine Personenbezeichnung gewonnen: „die Geliebte", „die Lieben, Heben Brüder", welche noch mehr in sich begreift, als in der Bedeutung des Adjektivs liegt. Daß sich liubon nicht auf ein Substantiv bezieht, macht der griechische Text klar: haita £>o ni managein meina managein meina jah {>o unliubon liubon. καλέσω τόν ού λαόν μου λαόν μου καΐ την ουκ ήγαπημένην ήγαπημένην. Es wird in diesem Beispiel nicht die Ungeliebte als lieb (oder geliebt) prädiziert, sondern es werden substantivische Ausdrücke einander gegenübergestellt: „Das .nicht mein Volk' werde ich ,mein Volk' nennen und die Ungeliebte Geliebte." a 1 e w j ο : L. 19,29 at fairgunja |>atei haitada alewjo προς τό δρος τό καλούμενον έλαιών. Dieses Wort kommt nur noch an der Parallelstelle Mk. 11,1 in attributiver Stellung vor: at fairgunja alewijn προς τό ορος των έλαιών. Da es sich um einen Fachausdruck handelt, um eine topographische Bestimmung mit namenhafter Bezeichnungsfunktion, könnte man ans Litauische erinnert werden, wo die Bestimmtheitsform des Adjektivs sehr gern „als der bestimmende Teil in beschreibenden Fachausdrükken"· verwendet wird129. Dies läßt sich im Gotischen jedoch nicht nach129

glatter Gestalt" bedeutet, z.B. jafnlikr sem hornsponar efni „glatt wie das Material eines Hornlöffels" (Biskupa Spgur). Alfred Senn, Handbuch der litauischen Sprache. Band I: Grammatik, Heidelberg 1966, S. 360.

Die schwachen Formen

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weisen. R. 11,17.24 ζ. B. steht für άγριέλαιος die starke Form wiljjeis alewabagms, für ε'ις καλλιέλαιον V. 24 in godana alewabagm 13°. Der Vergleich mit dem Litauischen läßt sich auch deshalb nicht ziehen, weil im Litauischen die Bestimmtheitsform gewöhnlich nicht prädikativ verwendet wird131. Nach Kluge, Stammbildungslehre, § 183 Anm. ist alewjo mit dem idg. -yo-Suffix der denominativen Adjektive gebildet, welches bei Adjektiven im Germanischen fast ausgestorben ist, außer bei Substantivierungen von Adjektiven. Dies bringt jedoch keine Erklärung für die schwache Form hier, denn dieses Suffix zeigt n-Erweiterung nur bei Feminina (Kluge, Stammbildungslehre, §§ 81,82). Szemerenyi, PBB (T) 82(1960)17 f. schreibt zu diesem Beispiel: „The weak form appears for no visible reason". ainaha L. 9,38 laisari, bidja J>uk insaih>an du sunu meinamma, unte ainaha mis ist. διδάσκαλε, δέομαι σου έπιβλέφαι έπί τον υίόν μου, οτι μονογενής μοί έστιν. Dieses Wort kommt noch zweimal attributiv vor, dem Substantiv nachgestellt: L. 7,12 utbaurans was naus, sunus ainaha aif>ein seinai έξεκομιζετο τεθνηκώς υιός μονογενής τη μητρί αύτοΰ und L. 8,42 unte dauhtar ainoho was imma swe wintriwe twalibe, jah so swalt. οτι ·θυγάτηρ μονογενής ήν αύτφ ώς ετών δώδεκα, και αυτη άπέθνησκεν. Nach Feist (S. 22) ist dieses Wort vom Stamm aina- mittels des Suffixes idg. -ko- abgeleitet, wie lat. ünicus „einzig", abulg. inokü „Mönch; wilder Eber". Aisl. einga, ae. änga, as. enag, ahd. einag neben got. ainaha zeigen, daß das Suffix betont und unbetont auftrat. Falls das Femininum ainoho nicht für ainaho verschrieben ist (Streitberg, Bibel, S. 125), ist darin nach Kluge (Stammbildungslehre, § 204) das im Keltischen häufige Suffix -äko- zu erblicken, mit dem sich vielleicht skr. -äka- vergleichen läßt in asmäka- „unser", yusmäka- „euer". Der Akzent des Sanskrit würde hier sehr schön zum Gotischen passen. Dieses Suffix, das im Gotischen (nur stark) noch in unbarnahs 130

131

R. 11, 24 bietet dabei ein besonderes Problem, da pis wilpeis alewabagmis steht (A), wo doch schwache Form zu erwarten ist. Streitberg ändert in wilpeins, die nach E. 6, 16 Β f»is unseleins τοϋ πονηροϋ (A pis unseljins) mögliche schwache Form; regulär wäre allerdings wilpjins (Braune-Ebbinghaus 5 132 Anm. 1). Wenn man kein Schreiberversehen annimmt, liegt die Erklärung wohl darin, daß wilpeis alewabagms für άγριέλαιος als Einheit empfunden wurde und das Adjektiv nach dem wiederaufnehmenden Demonstrativpronomen pis nicht wie sonst üblich in die schwache Form gesetzt wurde, vor allem da im gleichen Satz είς καλλιέλαιον in godana alewabagm folgte.

Senn loc. cit.

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Die Adjektive in prädikativer Stellung

„kinderlos", stainahs „steinig" und waurdahs „wörtlich"132 bezeugt ist, gehört in schwacher Form eindeutig einem Substantiv an in brof)raha, Synonym zu bro|>ar. Beide sind gleichwertig verwendet in den Parallelstellen L. 20,29 und Mk. 12,20: sibun nu brofjrjus wesun, jah sa frumista nimands q e n . . . bzw. sibun brofjrahans wesun; jah sa frumista nam q e n . . . (im Griechischen an beiden Stellen άδελφοί). Nach Schmidt, Pluralbildungen, S. 16 ist brof>rahans mit einem Kollektivsuffix gebildet, welches hier pluralische Flexion in pluralischer Funktion zeigt, ursprünglich aber singularisch flektierte. Dazu paßt, daß ahd. einag keine Pluralformen aufweist133. Neben starken Formen war, nach got. ainaha, aisl. einga, ae. änga zu schließen, die schwache Form schon früh verbreitet. Sie ist aber nicht als schwache Form des Adjektivs anzusehen, sondern nach Delbrück als „alter substantivischer Typus" (IF 26(1909)195), als Bezeichnung einer Person nach dem Merkmal des Einzig- oder Alleinseins. Siehe dazu auch ahd. einogo „monachus"134. ainaha ist daher in den attributiven Beispielen als substantivische Apposition hinter sunus bzw. dauhtar gestellt. Die Stellung nach dem Grundwort ist ja für die Apposition die ursprüngliche (Delbrück, op. cit. S. 197). Doch dies ist im Gotischen kein festes Prinzip; denn Sk. Vd 1—2 steht die eindeutig als Substantiv gekennzeichnete Form (D. Sg.) ainabaura attributiv vor sunau gf)s. Allerdings kann man zwischen den beiden Fällen auch einfach eine inhaltliche Nuance des Ausdrucks sehen und in der Skeireins übersetzen „dem Einziggeborenen, dem Sohne Gottes", in den Bibelbeispielen dagegen „ein Sohn, ein Einzelkind seiner Mutter" bzw. „denn eine Tochter, ein Einzelkind hatte sie". Superlative M. 5,19 if> saei nu gatairij) aina anabusne f>izo minnistono jah laisjai swa mans, minnista haitada in f>iudangardjai himine; if> saei tauji|> jah laisjai swa, sah mikils haitada in {nudangardjai himine. δς έάν ουν λύση μίαν των έντολών τούτων των έλαχίστων και διδάξη οΰτος τούς άνθρώπ°υς, ελάχιστος κληθήσεται έν τη βασιλείς των ουρανών δς δ'αν ποίηση και διδάξη, ούτος μέγας κληθήσεται έν τη βασιλεία των ουρανών. 132

133

134

Ubersetzung nach Kluge, Stammbildungslehre, ξ 207. Die Bedeutung dieses Wortes, welches nur Sk. IVc 14—15 bezeugt ist, ist sehr problematisch und wird später (S. 124 ff.) erläutert werden. E.G.Graff, Althochdeutscher Sprachschatz, Teil I—VI, Berlin 1834—1842 (Neudruck Hildesheim 1963), Teil VII: Index von H. F. Massmann, Berlin 1846 (Hildesheim 1963); I, S. 327. Graff, op. cit. I, S. 329.

Die schwachen Formen

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L.9,48 jah qaf» du im; sabazuh saei andnimifj f>ata barn ana namin meinamma, mlk andnimif); jah sah>azuh saei mik andnimij), andnimij) J>ana sandjandan mik; unte sa minnista wisands in allaim izwis, sa wairf>ij) mikils. καί είπεν αύτοΐς· ος έάν δέξηται τοϋτο τό παιδίον έπί τφ ονόματι μου, έμέ δέχεται- καί δς έάν έμέ δέξηται, δέχεται τον άποστείλαντά με· ό γαρ μικρότερος έν πδσιν ύμϊν υπάρχων, ούτος εσται μέγας. Κ. 15,9 ik auk im sa smalista apaustaule, ikei ni im wairfis ei haitaidau apaustaulus, du|)e ei wrak aikklesjon gudis. εγώ γάρ είμι ό έλάχιστος των άποστόλων, δς ουκ ε'ιμί ικανός καλεϊσ-θαι απόστολος, διότι έδιωξα την έκκλησίαν τοϋ ·θεοϋ. Diese Gruppe ist sehr klein, 3 Beispiele gegen 18 starke prädikative Superlative (L. 2,2; 9,42; 20,32; Mk. 4,31.32; 9,34.35 (2mal); 10,44; 12,6.22.28; K. 4,9; 12,22; 15,8.19; T. 1,15.16; im Griechischen nie Artikel)135. Bei smalista wird die schwache Form durch das Demonstrativpronomen hervorgerufen. Prädikat ist sa smalista; die Setzung von sa ist dadurch bedingt, daß scharfe Determination des Prädikativs erwünscht war. In diesen Fällen, gerade beim Superlativ wurde auch in der homerischen Sprache die Artikellosigkeit des Prädikativs durchbrochen (Eduard Schwyzer, Griechische Grammatik, II. Band, S. 24). Dieser Hinweis ist gar nicht so unpassend, wenn man sich vor Augen hält, daß im homerischen Griechisch ό, ή, τό im Gebrauch mit dem gotischen sa, so, J>ata vergleichbar ist (Schwyzer, op. cit. S.20; siehe auch Karl Brugmann, Die Demonstrativpronomina der indogermanischen Sprachen, S. 21 Fußnote). L. 9,48 steht im Griechischen ebenfalls Artikel. Das Verhältnis ist aber insofern anders, als ό γάρ Subjekt, μικρότερος υπάρχων Prädikat der Partizipialkonstruktion ist. Im Gotischen wurde meines Erachtens die schwache Form nicht durch sa veranlaßt, da dieses allein Subjekt ist, wie δ γάρ im Griechischen. Durch die Veränderung der Wortstellung gegenüber dem Griechischen ist minnista deutlich als Prädikat gekennzeichnet. Die schwache Form muß auf andere Weise erklärt werden: In Vers 46 steht die zu erwartende starke Form des prädikativen Superlativs: galaif) J>an mitons in ins, {»ata foarjis J>au ize maists wesi. είσήλθεν δέ διαλογισμός έν αύτοΐς, τό τίς αν εΐη μείζων αύτών. Dieser Superlativ bezieht sich auf die Rangfolge, auf die Relation der Jünger zueinander. In den beiden folgenden Versen wird das Wesen, die Beschaffenheit dieses Erwählten ausgeführt, daß er nämlich Gott 135

Osthoffs Behauptung (S. 124), alle Superlative erschienen im Gotisdien «regelmäßig nur in der schwachen Adjektivform" trifft nämlich keineswegs zu.

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Die Adjektive in prädikativer Stellung

in jedem Kinde annehme, und diese Beschreibung wird zusammengefaßt durch minnista, welches also neben dem Begriff der Kleinheit an Rang den der Demut und Gottergebenheit enthält. Vgl. die Parallelstelle Mk. 9,35 jabai lvas will frumists wisan, sijai allaize aftumists jah allaim andbahts. εΐ τις θέλει πρώτος είναι, εσται πάντων έσχατος και πάντων διάκονος. Diese aus dem Text gewonnene Bedeutung der schwachen Form paßt zu dem, was von Osthoff über die n-Substantive zu Adjektiven festgestellt worden ist, daß sie nämlich Personen durch hervorstechende Merkmale bezeichnen, oder wie Jellinek es ausdrückt, ADA 32 (1908) 7, daß „die vom Adj. hervorgehobene Eigenschaft... in dem abgeleiteten Wort zur Andeutung eines Komplexes von Eigenschaften" dient. Die gleiche Erklärung gilt auch für M. 5,19, nur daß hier die Nuance des Kleinsten als Geringen, Wertlosen, ja Schlechten vorliegt. Daß im selben Satz die starke Form mikils vorkommt, kompliziert das Problem, trägt aber doch auch zu seiner Klärung bei: mikils ist eben ein Adjektiv mit fester Bedeutung, durch welches man eine Person ausreichend beschreiben kann, während ein Superlativ wie minnists der Ergänzung bedarf, „Kleinster in Bezug worauf", und bei Verwendung ohne Ergänzung die oben beschriebene semantische Erweiterung notwendig ist. Wirft man dagegen einen Blick auf die schwachen Formen von mikils, so findet man nur Beispiele mit den Pronomina sa und so (im Griechischen Artikel): M. 5,35; J. 7,37; Mk. 10,42; E. 3,19. Participia Praeteriti K. 7,18 bimaitans gala|>oda war|> toas, ni ufrakjai; mif) faurafillja galaf)o|)s warj) foas, ni bimaitai. περιτετμημένος τις εκλήθη, μή έπισπάσθω· έν άκροβυστίςι κέκληταί τις, μή περιτεμνέσθω. Im gleichen Satz findet sich also die zu erwartende starke Form galaf>oJ)s warf». Starkes Partizip Präteritum + Präteritum von wairJ)an oder wisan ist nämlich überaus häufig, da das passive Präteritum im Gotischen nur durch diese Umschreibung ausgedrückt werden kann ,3i . Es könnte sein, daß der Übersetzer hier, wo im selben Satz εκλήθη und κέκληται nebeneinander stehen, im Gotischen ebenfalls variieren wollte. Gegen diese Erklärung spricht, daß dann die Variation zwischen galaJ)o|)s warf) und galaf)o|)s was oder hier vielmehr galapops ist viel naheliegender war137. Eher könnte man umgekehrt aus der Tatsache, daß der gotische Übersetzer beide Male warf) verwendet, darauf schließen, daß in seiner Vorlage in beiden Fällen 136 137

Braune-Ebbinghaus § 167 mit Anm. 2. Nach H. Gering, ZDPh 5 (1874) 432 bezeichnet die Umschreibung mit wisan einen Zustand, die mit wairpan eine Handlung.

Die schwachen Formen

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εκλήθη stand. Friedrichsen138 äußert sich nicht zu dieser Stelle, doch siehe den kritischen Apparat in Streitbergs Bibel, S. 256. Streitberg, Bibel, S. 257 stellt einfach fest, es sei hier die schwache Form neben der starken verwendet wie im selben Kapitel V. 13 sa gawilja neben so gawilja V. 12 (siehe weiter unten), also ohne ersichtlichen Grund. Jellinek (Geschichte der gotischen Sprache, Berlin und Leipzig 1926, § 157 Anm. 2.) betrachtet dies audi als einen der Fälle von Übergreifen der schwachen Flexion, wo die Erklärungen versagen. Er macht darauf aufmerksam, daß V. 17 die 3. Sg. Prät. Aktiv galafjoda κέκληκεν vorausgeht, daß es sich bei galaf)oda warf) V. 18 um ein Schreiberversehen handeln könnte. Dies scheint mir eine gute Erklärung zu sein. J. 12,13 osanna, J)iuf)ida sa qimanda in namin fraujins, f>iudans Israelis, ωσαννά, ευλογημένος ό έρχόμενς έν ονόματι κυρίου, βασιλεύς τοϋ 'Ισραήλ. L. 1,28 fagino, anstai audahafta, frauja mi£> {jus; f)iu|>ido ]au in qinom. χαίρε, κεχαριτωμένη, ό κύριος μετά σοΰ, ευλογημένη σύ έν γυναιξίν. L. 1,42 J>iuJ>ido £>u in qinom, jah |)iuJ)ido akran qifjaus fjeinis. ευλογημένη σύ έν γυναιξίν, και ευλογημένος ό καρπός της κοιλίας σου. L. 19,38 f>iuj>ida sa qimanda |)iudans in namin fraujins; gawairfri in himina jah wulfjus in hauhistjam. ευλογημένος ό ερχόμενος βασιλεύς έν ονόματι κυρίου, ειρήνη έν ούρανφ και δόξα έν ύψίστοις. Mk. 11,9.10 osanna, Jjiu J)ida sa qimanda in namin fraujins! 10 J>iufjido so qimandei J)iudangardi in namin (fraujins) attins unsaris Daweidis, osanna in hauhistjam! ωσαννά, ευλογημένος ό έρχόμενος έν ονόματι κυρίου· 10 ευλογημένη ή έρχομένη βασιλεία έν ονόματι κυρίου τοΰ πατρός ημών Δαυείδ, ωσαννά έν τοις ύψίστοις. In allen Beispielen übersetzt J)iuJ)ida ευλογημένος, und es handelt sich überall um feierliche Begrüßungen (Begrüßung Jesu durch das Volk in Jerusalem J. 12,13; Mk. 11,9.10; durch die Jünger bei derselben Gelegenheit L. 19,38; Begrüßung Marias durch den Engel L. 1,28; durch Elisabeth L. 1,42). Deshalb wohnt diesen Ausdrücken auch etwas vom Charakter des Vokativs inne. Der Vokativ des Adjektivs zeigt aber überwiegend die schwache Form, und zwar ohne Pronomen sa, so, |>ata. Dieses geht nämlich, wie der spätere Artikel, die dritte Person an, der Vokativ aber die zweite139. Die schwache Form des Vo138

139

The Gothic Version of the Gospels, London 1926; The Gothic Version of die Epistles, London 1939; Gothic Studies (Medium Aevum Monographs VI), Oxford 1961. Jacob Grimm, Deutsche Grammatik, Vierter Teil, Gütersloh 1898, S. 650 (in der Ausgabe Göttingen 1837 S. 559).

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Die Adjektive in prädikativer Stellung

kativs mit Behaghel, P B B 4 3 ( 1 9 1 8 ) 1 5 5 damit in Zusammenhang zu bringen, daß die n-Bildungen zu Adjektiven im Griechischen und Lateinischen vorwiegend Namen und Koseformen sind (αγαθός: Ά γ ά θ ω ν , macer : Macro), eine Erscheinung, die sich auch im Germanischen findet (bald : Baldo, h a r t : Harto), und daß diese vornehmlich im Vokativ vorkommen, scheint mir etwas zu theoretisch. Da beim Vokativ des attributiven Adjektivs die Verhältnisse ganz gleich sind wie beim alleinstehenden (siehe die Aufzählung S. 160 bzw. S. 88 f.), glaube ich nicht, daß die Erklärung für seine schwache Form in der alten substantivischen Natur des η-Stammes zu suchen ist, sondern in der für das Germanische charakteristischen bestimmten Bedeutung des schwachen Adjektivs. Vielleicht war für die Wahl dieser Form im Vokativ auch die besondere stilistische Prägung mitbestimmend, die den schwachen Adjektiven ohne deiktisches Pronomen innewohnt (siehe unten S. 155 if.). Die vokativische Interpretation von ευλογημένος durch den gotischen Übersetzer mag dadurch veranlaßt worden sein, daß es sich in diesen Beispielen stets auf Anwesende bezieht 140 . Dies ist nämlich der Unterschied zu drei Stellen, die inhaltlich und formal gleich sind wie die obigen, außer daß das Partizip und Adjektiv stark erscheint und nicht auf einen Anwesenden, sondern auf Gott bezogen ist: L. 1,68 J)iuJ)eigs frauja guj) Israelis εύλογητός κύριος ό θεός τοϋ Ι σ ρ α ή λ ; k. 1,3 und Ε . 1,3 J)iu|jiJ)s guf> jah atta fraujins unsaris Iesuis Xristaus εύλογητός ό θεός και πατήρ τοΰ κυρίου ήμών Ίησοΰ Χρίστου. Der Vokativ, um das gleich hier anzuschließen, da es zum Teil ins Thema des prädikativen Adjektivs gehört, stellt einige Probleme, da er auch starke Form zeigt. Dafür oben ein Beispiel: L . 1,28 fagino, anstai audahafta χαίρε κεχαριτωμένη. Ferner Mk. 9 , 2 5 J)u ahma f)u unrodjands jah bau|>s τό πνεΰμα τό αλαλον καί κωφόν; Μ. 11,23 jah J)u Kafarnaaim wäre die schwache Form von waurjjanam befremdlich. Umgekehrt könnte man eher vermuten, daß der Schreiber, weil er Jjaim hineinfügte, automatisch für das Partizip die schwache Form setzte144 und sich nicht Rechenschaft gab, daß J>aim nicht eine nähere Bestimmung zu waurjjanam ist, 142

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Der Bildung nach sind audahafta wie *qi£>uhafta eindeutig Adjektive (Kluge, Stammbildungslehre, § 240). Benveniste, BSL 56 (1961) 31 nennt qipuhafto „un feminin de nature", anstai audahafta „un feminin de rencontre". Zum Charakter von anstai audahafta als Wiedergabe von κεχαριτωμένη siehe G. W. S. Friedrichsen, The Gothic Version of the Gospels, S. 130. Seine Auffassung, es handle sich um eine Kombination verschiedener Lesarten, bringt jedodi keine Entscheidung bei der Beurteilung der starken Form. Eher könnte man umgekehrt sagen, daß einer seiner Vorschläge, ursprüngliches *gaanstida für κεχαριτωμένη kaum in Betracht kommt, da dann der Gegensatz zu J)iuf>ido zu hart gewesen wäre. Er hätte dann also fiaim hineingefügt, nachdem er swa, jedoch bevor er waurpanam geschrieben hätte! Doch lassen wir diese Spekulationen.

Die schwachen Formen

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sondern gewissermaßen selbständig als Subjekt einer nebensatzvertretenden Konstruktion fungiert. Bennett übersetzt audi sehr verwirrend (S. 73 f.): »· · · through signs, when these things had thus come to pass, because the heart of those unbelieving men had nevertheless become harder, He therefore properly added the words: . . . " . Diese Übersetzung macht nicht deutlich, daß Jjaim swa waurj>anam eingebettet ist in den Relativsatz, der durch φ in J>izei eingeleitet wird, daß der dativus absolutus nur diesem untergeordnet ist. Daß der Relativsatz : ij> in f)izei... hardizo |>izei ungalaubjandane warj) hairto : anakoluthisch ist, indem der folgende Hauptsatz garaihtaba anaaiauk qi|>ands durch inuh f)is eingeleitet wird, ist ein anderes Problem, ein Charakteristikum des Skeireinsstils, durch das Bedürfnis nach wiederholter rhetorischer Betonung zu begründen, welches hier nicht weiter ausgeführt werden kann. Dietrichs Übersetzung (op. cit. S. 13) wird dem Satzbau gerecht: „ . . . durch Wunder. Aber weil, trotzdem das so geschehen war, der Ungläubigen Herz härter wurde, deswegen fügte er beredhtigterweise die Worte hinzu: . . . " . Da aber dabei die schwache Form höchst irregulär bleibt, müssen wir noch andere Möglichkeiten der Übersetzung in Betracht ziehen. Ein ähnlicher Fall ist IVa 5—10 eijjan nu siponjam seinaim £>aim bi swiknein du judaium sokjandam jah qifjandam sis: es folgt Zitat J. 3,26; 17—21 nauh unkunnandans J>o bi nasjand : inuh jjis laiseif» ins qifjands : Zitat J. 3,30. Bennett übersetzt (S. 63): „since now his disciples had reasoned with the Jews about purification and had said to him, (Zitat). They being still unaware of these things concerning the Saviour, he therefore teaches them with the words (Zitat)". Er faßt also siponjam seinaim fiaim... sokjandam jah qipandam sis als dativus absolutus auf. Die Setzung von {»aim vor sokjandam jah qif>andam sis kennzeichnet jedoch diese Partizipien als attributiv, nicht prädikativ. Demgemäß übersetzt Dietrich (op. cit. S. 9): „Daher (sagte er) also seinen Jüngern, die über die Reinigung bei den Juden nachforschten und zu ihm sprachen: Zitat. — da sie noch in Unkenntnis waren in bezug auf den Heiland, deswegen belehrte er sie mit den Worten: Z i t a t . . . Und er bemerkt dazu (S. 22), daß die mit eif>an beginnende Periode ein Anakoluth sei, welches mit nauh unkunnandans einsetzt. „Der Autor hatte zu den Dativen [siponjam seinaim mit Attribut £>aim... sis] jedenfalls ein qaj) im Sinne; infolge des langen Zitates sah er sich veranlaßt, den Vordersatz zu rekapitulieren; da sich ihm aber inzwischen in Gedanken laiseij) für qaf> untergeschoben hatte, so setzte er anakoluthisch mit dem Akkusativ ein."

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Die Adjektive in prädikativer Stellung

Die Wendung Jjaim swa waur£>anam können wir nicht durch ein Anakoluth erklären, doch ist es erwägenswert, ob sie nicht als einfacher Dativ aufzufassen ist. Und zwar als Dativ der Beteiligung, der nach Streitberg (Elementarbuch S. 171) auch bei Verben des Zürnens und Widerstehens sich findet. Dann wäre zu übersetzen: „Aber weil das Herz der Ungläubigen diesen so geschehenen Dingen gegenüber härter wurde, deshalb fügte er zu Recht die Worte hinzu: . . D i e Interpunktion145 nach waurjjanam spricht keineswegs gegen diese Übersetzung. Die Interpunktion der Skeireins ist nach rhetorischen Gesichtspunkten gesetzt (Bennett S. 29 „Its notation indicates not only cadence but emphasis as well.") Es wurden · und : verwendet. Letzteres ist häufiger. „Its function ranges between that of a pause and that of a full stop." (S. 29 f.) Durch die Pause vor hardizo erhält dieses Wort besonderes Gewicht, was ja der Aussage des Satzes durchaus entspricht144. Wenn man diese Auffassung nicht akzeptiert, muß man die besprochene Stelle als einen der Fälle des Vormarsches der schwachen Adjektivform ansehen147, wie die D. PI. f. ohne deiktisches Pronomen auf -om, nämlich us missaleikom wistim Sk. Ild 3—4, judaiwiskom : ufarranneinim jah sinteinom daupeinim I l l b 9—12. Denn daß in diesen Formen Angleidiung an die substantivischen δ-Stämme vorliege (Jellinek, Geschichte der gotischen Sprache, § 161 Anm. 2), ist keineswegs einleuchtend. Gerade im D. PI. stimmen ja die substantivischen δ- und ön-Stämme in der Form überein, letztere aber wiederum mit der schwachen Adjektivflexion. Da das Germanische zwischen Substantiv und Adjektiv deutlich unterschied, ist es naheliegender, in jenen Formen schwache Adjektive zu sehen als Angleidiung an eine Substantivflexion, von welcher nicht einmal die Klasse feststeht. Weiteres über diese Formen siehe im Kapitel 2.3.3. »Attributive schwache Adjektive ohne sa, so, Jjata'. Einen weiteren Fall von eigentlich unbegründeter schwacher Adjektivform sieht Bennett (S. 132) Sk. VId 13—15 unte at f)aim gatuairbam frakunnan ni skuld ist, eine Stelle die zu mannigfachen Interpretationen Anlaß gegeben hat (siehe Bennett S. 131). 145

Bennetts Ausgabe gibt die ursprüngliche Interpunktion der Handschrift wieder (siehe seine Bemerkung S. 3). 146 Bennett führt S. 30 Fälle auf, wo die Emphase dem Wort vor : gilt. Doch sind sie anders geartet als der oben besprochene, es werden dabei eng zusammengehörende Wörter wie Adjektiv — Substantiv, Genitiv — Substantiv (oder Substantiv — Genitiv) durch die Interpunktion getrennt. i« Vgl. O. Szemerinyi, PBB (T) 82 (1960) 18: „The sphere of the weak adjectives is palpably expanding".

Die schwachen Formen

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Bennett betrachtet |>aim als abhängig von at, galvairbam dagegen als Objekt von frakunnan (welches stets den Dativ regiert, siehe Streitberg, Glossar, S. 76). I>aim weise auf die oben (VId 4-12) getadelten ungläubigen Pharisäer; at stehe in eigentlichem Sinne als „bei, mit". Bennett übersetzt (S. 132) „Because amenable men must not be scorned along with them". Diese Auffassung wird meines Erachtens durch folgendes Argument widerlegt: Wenn der Skeireinist die übliche Verbindung Demonstrativum + Adjektiv (bzw. substantiviertes Adjektiv) nicht als Verbindung gebrauchte, sondern in der obigen Art verstanden haben wollte, so hätte er dies durch eine Interpunktion zwischen Jjaim und gabairbam angedeutet. Die Skeireins war nämlich auch eine Lesepredigt148, die Interpunktionen wurden deshalb zur klaren Zuund Unterordnung der Gedanken verwendet. Dietrichs Übersetzung (S. 13) „Weil bei den Freunden Mißachtung nicht eintreten wird" ist auch nicht befriedigend, denn ni skuld ist heißt nicht „wird nicht", sondern übersetzt gr. ουκ εξεστιν (ζ. Β. Μ.2,7; J. 18,31) und heißt „soll nicht". at für gr. παρά in übertragenem Sinne, „was — anbetrifft" steht L. 18,27 fjata unmahteigo at mannam mahteig ist at guda. τά αδύνατα παρά άνθρώποις δυνατά έστιν παρά τφ θεφ. Man könnte also übersetzen: „Denn man soll, was die Willigen anbetrifft, nicht verkennen, haben doch einige auch seine Stimme gehört . . . " (16—18 φ sumai jah stibna ist gahausidedun). Dann bleibt zwar frakunnan ohne Objekt, doch dies ist gar nicht so „very awkward" wie Bennett meint (S. 131). Die z u s a m m e n g e s e t z t e n

Adjektive

g a w i l j a : Κ. 7,13 jah qens soei aigi aban ungalaubjandan, jah sa gawilja ist bauan mif> izai, ni afletai Jjana aban. και γυνή ήτις Ιχει ανδρα απιστον και αύτός συνευδοκεϊ οίκεΐν μετ' αύτής, μή άφιέτω αυτόν. Im vorhergehenden Vers erscheint dieses Adjektiv in der starken Form: jabai h a s brof>ar qen aigi ungalaubjandein, jah so gawilja ist bauan mij> imma, ni afletai f>o qen; εΐ τις άδελφός γυναίκα εχει απιστον και αΰτη συνευδοκεϊ οίκείν μετ' αΰτοϋ, μή άφιέτω αυτήν. R. 15,6 erscheint gawiljis ebenfalls prädikativ im starken N. PI. m. Es spricht viel dafür, daß die schwache Form des Maskulinums in K. 7,13 ihren Grund in einer Schreibernachlässigkeit hat, in der automatischen Wiederholung derselben Adjektivform, gawiljis kommt außer K. 7,13 nie in der schwachen Form vor. t« Rudolf Lenk, PBB 36 (1910) 242.

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Die Adjektive in prädikativer Stellung

u n a i r k n a n s : t. 3,2 A jah wairfiand mannans sik frijondans, faihugairnai, bihaitjans, hauhhairtai, wajamerjandans, fadreinam ungafoairbai, launawargos, unairknans, 3 . . . 2 έσονται γαρ οί άνθρωποι φίλαυτοι, φιλάργυροι, αλαζόνες, υπερήφανοι, βλάσφημοι, γονεΰσιν άπειθεϊς, αχάριστοι, άνόσιοι 3 . . . Der Paralleltext Β zeigt die starke Form unairknai, wie audi alle übrigen Adjektive der Aufzählung; außer den schon erwähnten folgen V. 3 unhunslagai, unmildjai,...,..., unmanarigwai (A, unmanariggwai B), unseljai, 4 . . . , untilamalskai, Part. Prät. ufbaulidai. Man wird wohl kaum einen Grund für diese schwache Form ausfindig machen können (siehe auch Jellinek, Geschichte der gotischen Sprache, § 157 Anm. 2). Gänzlich vereinsamt ist die schwache Endung allerdings nicht in dieser Aufzählung, da acht Participia Praesentis vorkommen, ferner der maskuline n-Stamm bihaitjans. Die Form unairknans mag in Α aus dem Bedürfnis nach Variation gesetzt worden sein: es wechselt ja im Vorhergehenden stets schwache Endung mit starker ab, und da auf unairknans starkes unhunslagai in V. 3 folgt, ist an der Stelle von unairknans eine schwache Endung ganz passend. Allerdings wird die Reihe von -ans und -ai ja durch launawargos149 unterbrochen, und in V. 3 und V. 4 folgen mehrmals starke Endungen direkt aufeinander. Klarer ist u n f r o f j a n s : G. 3,3 swa unfrofians siju|>? οΰτως ανόητοι έστε; In Vers 1 steht nämlich der Vokativ Ο unfrodans Galateis! Τ Ω ανόητοι Γαλάται. Daß dessen schwache Form auf den folgenden prädikativen Ausdruck ausgestrahlt hat, daß der Übersetzer das Adjektiv in unveränderter Form wieder aufnehmen wollte, besonders da der Zwischentext recht lang ist (3 Hauptsätze), scheint mir einleuchtend zu sein. Alle Adjektive, die in unserer Liste S. 51 in Klammern als nStämme gekennzeichnet sind, werden von Streitberg im Glossar mit einem Verweis auf § 187,6 seines Gotischen Elementarbuches versehen, wo er ausführt, daß diese Adjektive immer schwache Form zeigen, weil es sich um semantische Substantivierungen handelt, und auf die Aufsätze von Jellinek, ADA 32(1908)7 f. und PBB 34(1909)581 bis 584, und Behaghel, PBB 43(1918)153—155, verweist. Es werden mit diesen Adjektiven Personenbezeichnungen gebildet, und es ist ja auffallend, daß alle uns verbliebenen Beispiele sich auf Personen bezie149

Von Streitberg im Glossar irrtümlich als Adjektiv N.P1. (offenbar f. ?) aufgeführt. Es ist aber ein Substantiv, einer der wenigen Reste von Nomina agentis mit Suffix -a-, eigentlich „Würger des Lohns", d.h. „Undankbarer". Siehe Osthoff S. 103.

Die schwachen Formen

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hen (außer C. 2,14, Th. 3,13 und 5,23). Doch führt Streitberg loc. cit. audi Bildungen auf, die er im Glossar als schwache Adjektive bezeichnet, nämlich laushandja, unkarja, usfairina/unfairina, usfilma, usgrudja, ushaista. Dazu kommen noch ala{>arba,uslif)a und uswena,die im Glossar als schwache Adjektive, doch mit Verweis auf § 187,6 aufgeführt werden. Ferner unwita, welches im Glossar als reines n-Substantiv bezeichnet wird. Krauses Liste150 umfaßt alajiarba, allawaurstwa, gadaila, inkil{>o, laushandja, unfairina, unkarja, unwita, usfilma, usgrudja, ushaista, uswena; als einfache Bildungen stairo (siehe dazu oben S. 52) und unverständlicherweise skula. skula übersetzt an einigen Stellen gr. ένοχος (Μ. 5,21.22 (3mal); 26,66; Mk.3,29; 14,64; K. 11,27), an manchen ein gr. Substantiv (M. 6,12; L. 7,41; G. 5,3; frei im Gotischen M. 6,12 Jjatei skulans sijaima τά όφειλήματα ήμών) oderVerbum (R. 13,8; Phil. 18 όφείλειν; Phil. 19 προσοφείλειν). Seiner Bildung nach ist es eindeutig ein Substantiv, nämlich ein n-stämmiges Nomen agentis zum Verbum skulan „schulden, sollen" (siehe Kapitel 1.2., S. 9 und Kluge, Stammbildungslehre, § 15). Damit sind auch u n w i t a und f u l l a w i t a aus der Liste der nur schwache Form zeigenden Adjektive zu streichen: Beides sind verbale Rektionskomposita, oder, nach Wackernagel151 Determinativkomposita mit einem Nomen verbale als Hinterglied, unwita heißt also genau „Unwissender", fullawita „Vollwissender" (so auch bei Osthoff S. 102). Anschließend sollen die übrigen D e t e r m i n a t i v k o m p o s i t a unserer Liste besprochen werden. alaf)arba L. 15,14 bifje |>an frawas allamma, war|) huhrus abrs and gawi jainata, jah is dugann alajjarba wairf>an. δαπανήσαντος δέ αύτοϋ πάντα έγένετο λιμός Ισχυρός κατά την χώραν έκείνην, καΐ αυτός ήρξατο ύστερεισθαι. Nach Jellinek, ADA 32(1908)7 f. ist parba (belegt ferner J. 12,5.6 duhj J)ata balsan ni frabauht was in -t- skatte jah fradailif» wesi £>arbam? 6 J)atu|)-|>an qaj), ni {)eei ina f>ize ^arbane kara wesi, . . . διατί τοΰτο τό μύρον ουκ έπράθη τριακοσίων δηναρίων και έδόθη πτωχοΐς; 6 εϊπεν δέ τοϋτο, οΰχ δτι περι των πτωχών εμελεν αύτφ, und Mk. 10,21 gagg, swa filu swe habais frabugei jah gif fjarbam ΰπαγε, δσα Ιχεις πώλησον και δός πτωχοΐς) ein typisches Beispiel einer semantii» Handbuch des Gotischen3, § 152, 4 b. is» Ai. Grammatik II, 1, S. 174.

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Die Adjektive in prädikativer Stellung

sehen Substantivierung, mit welcher eine Modifizierung der Bedeutung des Adjektivs einhergeht. „(>arba ist nidit jemand, der etwas braucht, sondern der ständig in Not ist". ala|>arba ist ein Determinativkompositum zu f>arba und bedeutet „Allbedürftiger". Denn da im Gotischen al(l)a- nur mit Substantiven komponiert erscheint (siehe unten), scheint mir diese Analyse von alaparba besser als die Auffassung, es sei die Substantivierung eines Adjektivs *alaf>arfs. a l l a w a u r s t w a C.4,12 ei standai{) allawaurstwans jah fullawitans in allamma wiljin gudis. ίνα στήτε τέλειοι και πεπληρωμένοι έν παντί θελήματι του θεοΰ. Nadi Feist (S. 39) ist dieses Wort zusammengesetzt aus alia- „all, jeder, ganz" und waurstw n. „Werk, Tat; Wirksamkeit", also als Possessivkompositum aufzufassen152 „dessen Werk (oder Wirksamkeit) ganz ist" (denn wenn wir alia- mit „alles" übersetzen, erhalten wir überhaupt keinen Sinn), alia- als „ganz" muß dabei die Bedeutung von „vollkommen, vollendet" haben — eine Bedeutung, die das ganze Wort als Übersetzung von τέλειοι ausdrücken soll15ϊ. Dies ist alles nicht sehr befriedigend. Die andern Zusammensetzungen mit al(l)a- sind deutliche Determinativkomposita, für das Vorderglied ist in allen Fällen die Übersetzung „all-" durchaus passend: ala-brunsts, Fi ολοκαύτωμα „Brandopfer", eig. „Allbrand"; ala-mans oder ala-mannans, PI. m. „Gesamtheit der Menschen", eig. „Allmenschen", nur Sk. VHIb 16—17 in allaim alamannam; alla-werei, Fn άπλότης „Redlichkeit", eig. „Allwahrhaftigkeit" und all-waldands, Mnd παντοκράτωρ „Allmächtiger", eig. „Allwaltender". Man hat daher guten Grund, auch bei alla-waurstwa dem Vorderglied die Bedeutung „all-" zu geben und das Wort als Determinativkompositum aufzufassen. Das Hinterglied ist waurstwa, maskuliner n-Stamm, „Arbeiter" εργάτης, alla-waurstwa heißt „Allarbeiter"154. 152

So audi Η. Grewolds, Die gotischen Komposita in ihrem Verhältnis zu denen der griediisdien Vorlage, KZ 61 (1934) 173 f. 153 Vielleicht übersetzt es vielmehr πεπληρωμένοι, denn da fullawita C. 1,28 und Ph. 3,15 τέλειος wiedergibt, ist es möglich, daß der gotische Text ursprünglich fullawitans jah allawaurstwans gelautet hat (G. W. S. Friedrichsen, The Gothic Version of the Epistles, S. 162). Doch ändert dies nichts an unserem Problem. Zur Frage, ob alls im Gotischen die Totalität oder die Vollkommenheit bezeichne, siehe J. M. N. Kapteijn, IF 29 (1911/12) 272 Anm. 1. Er glaubt eher ersteres. 154 Dazu paßt auch Friedrichsens Übersetzung, sei es „all worker" = .labouring with all your might in all the will of God", sei es „all-working" = .working all things, fulfilling completely" (loc. cit.).

Die sdiwachen Formen

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Ob audi ga-waurstwa συνεργός, συνεργών auf diese Weise zu analysieren ist (wie z.B. ga-baurgja συμ-πολίτης zu baurgja πολίτης, siehe unten S. 72), oder als Possessivkompositum aus waurstw und gander das Werk (mit jem.) gemeinsam hat", wie die später zu besprechenden gadaila, gahlaiba etc. (S. 73—76), ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Unklar ist audi der Kompositionstyp von u n w a u r s t w o : T. 5,13 a]bf)an samana jahunwaurstwons laisjand sik f>airhgaggan gardins, af)J>an ni ]>atain unwaurstwons, ak jah unfaurjos . . . δμα δέ και άργαί μανθάνουσιν περιερχόμεναι τάς οΙκίας, οΰ μόνον δέ άργαι άλλα και φλύαροι . . . Man kann es der Bildung unfairina (n-Stamm) αμεμπτος „keine Sdiuld, keinen Fehler habend" zu fairina f. (siehe unten S. 76 f.) gleichsetzen. *unwaurstwa (starkes fem. Adjektiv) hätte die Bedeutung „keine Arbeit habend". Die schwache Form in dem vorliegenden Beispiel dient der femininen Personenbezeichnung. Wenn wir dagegen ein Substantiv *waurstwo f. „Arbeiterin" ansetzen, parallel dem maskusinen waurstwa „Arbeiter", dann entspricht unwaurstwo in der Bildung dem oben (S. 67) besprochenen Determinativkompositum unwita „Unwissender"155. haubif) wundan Mk. 12,4 CA jah aftra insandida du im anf>arana skalk; jah J>ana stainam wairpandans [gaaiwiskodedun jah] haubif>wundan brahtedun jah insandidedun ganaitidana. [ ] in den Text gedrungene Glosse και πάλιν άπέστειλεν προς αυτούς άλλον δοϋλον. κάκεΐνον λιθοβολήσαντες έκεφαλαίωσαν και άπέστειλαν ήτιμωμένον. Die schwache Form ist hier sehr schwierig zu erklären. Man darf nämlich keineswegs in der Tatsache, daß es sich um ein Determinativkompositum handelt (vom Typus mit Adjektiv als Hinterglied, siehe Al. Grammatik 11,1, S. 232), einen Grund dafür sehen. Diese Bildungen erscheinen im Gotischen prädikativ regelmäßig in der starken Form, nicht nur die sehr zahlreichen mit un-, sondern auch solche, die haubif)-wundan genau entsprechen, indem auch bei ihnen das Vorderglied einen Kasus vertritt, wie akrana-laus (Mk. 4,19), faihu-friks (L. 16,14; K. 5,11; T. 3,3.8), fria|>wa-milds (R. 12,10), gasti-gods (T. 3,2; Tit. 1,8). Es ist überhaupt unsicher, ob die Form als Kompositum zu betrachten ist. Curme, JEGPh 10(1911)372 fast sie getrennt auf, haubif> wundan, wobei haubif) Akkusativ der Beziehung ist, wie er auch 155

Feist stellt gawaurstwa zu waurstw (S. 210), unwaurstwo dagegen zu waurstwa (S. 525). Uhlenbedc setzt unwaurstwo wie gawaurstwa in direkte Beziehung zu waurstw (Kurzgefaßtes etymologisches Wörterbuch der gotischen Sprache2, Amsterdam 1900, S. 159 bzw. S. 63).

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Die Adjektive in prädikativer Stellung

Ph. 3,5 bimait ahtaudogs περιτομής οκταήμερος vorkommt. Nach Curme (loc. cit.) ist dieser Akkusativ der Beziehung echt gotisch, da er an beiden Stellen im Griechischen nicht steht156. gamainj a Trotz der Urverwandtschaft mit lat. commünis scheint mir die Bildungsweise, und damit auch der Kompositionstyp, des germanischen i-Stammes gamaini- nicht eindeutig geklärt zu sein. Siehe Feist S. 190 f. Die Besprechung von gamainja soll deshalb hier eingefügt werden, ohne das Wort einer bestimmten Kompositionsklasse zuzuordnen. T. 5,22 ni gamainja siais (A, sijais B) frawaurhtim framafjjaim; μηδέ κοινώνει άμαρτίαις άλλοτρίαις. Obwohl gamainja äußerlich die schwache Form des Adjektivs gamains sein könnte, wird es übereinstimmend entweder als semantische Substantivierung (Streitberg, Glossar, S. 45) oder als Substantiv überhaupt bezeichnet (Lichtenheld, ZDA 18(1875)41 Anm.; nach Kluge, Stammbildungslehre, § 16 Anm. ist es eine denominative Bildung durch das an-Suffix zum i-Stamm gamaini- wie arbja zum ja-Stamm arbi-). Nach den Beispielen von starkem prädikativem gamains ist es deutlich, daß ein wesentlicher semantischer Unterschied zwischen der starken und der schwachen Form besteht. Außer R. 14,14 Car, wo gamain „unrein" bedeutet (von Sachen, im selben Satz stehen gawamm und, in Spuren, unhrain, alle für gr. κοινόν; vgl. auch Mk. 7,2 gamainjaim handum, pat-ist unj>wahanaim), steht R. 11,17 gamains . . . warst + Dativ συγκοινωνός . . . . εγένου ( + Genitiv) für ein einmaliges „gemein" werden im Sinne von „teilhaftig werden"; im Griechischen steht Aorist. Aoriste im Griechischen finden wir auch Ph. 4,14, wo ebenfalls in einem bestimmten Fall etwas gemeinsam geworden ist: af)f)an sweJjauh waila gatawideduf) gamainja briggandans meina aglon. πλήν καλώς έποιήσατε συγκοινωνήσαντές μου τη -θλίψει. Luther übersetzt 156

Ein weiteres Beispiel dieses Akkusativs der Beziehung sehe idi C. 3,12 Β gahamof) izwis nu...brusts bleif>ein, [armahairtein], seiein, haunein ahins, qairrein, usbeisnein. ένδύσασΦε οίν . . . σπλάγχνα οίκτιρμοΰ, χρηστότητα, ταπεινοφροσύνην, πραότητα, μακροθυμίαν. Daß der Ausdruck σπλάγχνα οίκτιρμοΰ den Goten Schwierigkeiten bereitete und kaum in seiner Bildung genau verstanden wurde, darauf läßt die in den Text gedrungene Glosse armahairtein schließen, ga-hamon wird immer mit dem Dativ verbunden, desgleichen and-hamon sik. Dieselbe Rektion darf wohl auch für ga-hamon sik angenommen werden. Nur durch die Emendation des Textes ergeben sich Akkusative. Ich würde den Text unverändert lassen, bleißein, [armahairtein], seiein, haunein, qairrein, usbeisnein als Dative ansehen, brusts (f. PI.) als Akkusativ der Beziehung und den gotischen Ausdruck so übersetzen: „Bekleidet euch nun . . . mit Milde in Bezug auf euer inneres Empfinden, (mit Barmherzigkeit), mit Güte, mit Demut des Sinnes, mit Sanftmut, mit Geduld."

Die schwachen Formen

71

„daß ihr euch meiner Trübsal angenommen habt". Anders T. 5,22, wo von einem gewohnheitsmäßigen Treiben die Rede ist. Ganz überzeugend läßt sich die Stelle allerdings nicht erklären. Vielleicht muß man euphonische Überlegungen ins Feld führen; das Zusammenstoßen von zwei s bei ni gamains sijais hätte vielleicht an dieser emphatischen Stelle störend gewirkt. Doch findet sich ja am Anfang von V. 22 ein solches Zusammenstoßen: handuns sprauto ni mannhun lagjais. Die präpositionalen die P o s s e s s i v k o m p o s i t a

Rektionskomposita

und

Gemeinsam ist diesen beiden Kompositionstypen, daß ihr Hinterglied ein Nomen ist157, daß aber damit Adjektive gebildet werden, indem die Possessivkomposita oder Bahuvrihi „denjenigen Substantivbegriif näher bestimmen, oder, wenn substantiviert, selbst bezeichnen, dem der Begriff der Kompositionsglieder als charakteristisches Merkmal zukommt" (Ai. Grammatik II, 1, S. 273), die präpositionalen Rektionskomposita158 „etwas in dem Verhältnis befindlich bezeichne(n), das durch die Präposition oder das Adverb in Verbindung mit dem Kasus ausgedrückt wird." (Ai. Grammatik II, 1, S. 308). Die beiden Typen kommen sich manchmal sehr nahe (Risch, op. cit. S. 171). In den hier zu besprechenden gotischen Beispielen ist das Vorderglied immer ein Indeklinabile, nämlich ein Präverb oder eine Präposition, außer in laus-handja, wo es ein Adjektiv ist. Ursprünglich blieb das Substantiv als Hinterglied im Stamm unverändert (Kluge, Stammbildungslehre, § 176), so got. ga-skohs „beschuht" (N. PI. m. gaskohai Mk. 6,9 und E. 6,15) zum mask. a-Stamm skohs „Schuh", twalib-wintrus „zwölfjährig" (N. Sg. m. L. 2,42) zum mask. u-Stamm wintrus „Winter". Eine jüngere Schicht von Bahuvrlhibildungen dagegen wird im Südgermanischen und Altnordischen als ja-Stämme gebildet, wofür sich auch in den andern indogermanischen Sprachen Beispiele finden (Kluge, Stammbildungslehre, § 177 mit Anm.). Mit einer anderen Erscheinung aber haben wir es in den folgenden Beispielen zu tun, nämlich mit der Bildung von an-Stämmen aus solchen Adjektiven zur Bezeichnung von Personen. Auch Osthoff (S. 111 ff.) führt die uns vorliegenden Komposita als Beispiel dafür an, daß mit dem an-Stamm ein Individuum bezeichnet wurde, das mit dem Begriffe des Grundwortes in einer diarakte157

158

Ernst Risdi, Wortbildung der homerischen Sprache, Berlin und Leipzig 1937, S. 171. Bei Wackernagel in der Altindischen Grammatik, loc. dt. „Komposita mit regierendem Vorderglied".

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Die Adjektive in prädikativer Stellung

ristischen Beziehung stand. Etwas verwirrend bei Osthoff ist aber die Tatsache, daß er diese Bildungen (er spricht speziell von den Komposita mit kopulativem ga-, z.B. ga-daila „Teilnehmer", ga-laista „Nadhfolger, Begleiter", ga-juka „Genösse", eig. „Jochgefährte", gahlaiba „Brotgenosse, Genösse" S. 112), obwohl er sie audi als Bahuvrxhis auffaßt (siehe S. 120), an einer Stelle seiner Ausführungen behandelt, wo erst von an-Bildungen zu Substantiven, nicht zu Adjektiven die Rede ist. Er setzt ζ. B. ga-hlaiba in direkte Beziehung zum a-Stamm hlaifs m. „Brot", wo es doch, seiner Bildung und Bedeutung nach, den Weg über das Adjektiv genommen haben muß (siehe oben S. 71) und daher das an-Substantiv zum starken Adjektiv ga-hlaifs ist — einer Bildung, die im Gotischen auch tatsächlich vorkommt (siehe unten S. 75) ,59 . Dieser Einwand ändert jedoch nichts daran, daß wir in diesen Fällen von prädikativen schwachen Formen das an-Suffix in seiner alten, von Osthoff auch im Griechischen und Lateinischen nachgewiesenen Funktion der individualisierenden Personenbezeichnung vor uns haben. Etwas störend ist ferner bei Osthoffs Aufzählung, daß er die Possessivkomposita ga-hlaiba, ga-daila usw. in einer Reihe nennt mit ga-arbja „Miterbe" und ga-baurgja „Mitbürger", welche jedoch mit großer Sicherheit als Determinativkomposita zu betrachten sind. Denn neben ihnen sind arbja „Erbe" und baurgja „Bürger" überliefert. Der Vergleich mit dem Griechischen bestätigt diese Auffassung: Wenn arbja κληρονόμος wiedergibt und baurgja πολίτης, so sind für die gotische Übersetzung von συγκληρονόμος (nur E. 3,6) und συμπολίτης (nur E. 2,19) Bildungen naheliegend, die ihrerseits arbja und baurgja als Grundwort haben. andaneif>a Th. 2,15 fjaiei . . . allaim mannam andanei£>ans sind των . . . πασιν άνθρωπο ις εναντίων. C. 2,14 f>atei was andaneif>o uns 8 ήν ύπεναντίον ήμΐν. Nach Feist (S. 47) und Wessen (op. cit. S. 3) Kompositum aus neif> „Neid" und anda „entgegen"160. Es ist zu analysieren „dessen feindliches Streben entgegen ist" oder „der Neid entgegen hat". 159 160

Audi Elias Wessen, Zur Geschichte der germanischen n-Deklination, Uppsala 1914, S. 3 bezeichnet ga-hlaiba als mutierte Zusammensetzung. anda (bzw. and in verbalen Zusammensetzungen, siehe Streitberg, Elementarbuch, § 231) hat in Komposita stets die Bedeutung „entgegen"; als Präposition mit Akkusativ heißt es „entlang, über... hin, auf... hin".

Die schwachen Formen

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Der η-Stamm dient Th. 2,15 der Personenbezeidmung. Zu andaneif>o C. 2,14 läßt sich Folgendes bemerken: Nodi an einer weiteren Stelle kommt dieses Wort in unpersönlicher Verwendung vor: k. 2,7 swaei Jjata andaneijio izwis mais fragiban jag-ga|)laihan (A, jah ga|)laihan Β) ώστε τουναντίον μάλλον ύμδς χαρίσασθαι και παρακαλέσαι. f>ata andaneijjo ist wahrscheinlich Lehnübersetzung von gr. τουναντίον (siehe unten S. 112 f.)· Doch könnte diese Wendung die Wiedergabe von gr. ΰπεναντίον C. 2,14 beeinflußt und auch dort die schwache Form hervorgerufen haben. Es ist aber auch möglich, daß andanei|>o eine Substantivierung ist, „Entgegengesetztes, Feindliches", im Osthoffschen Sinne. Diese Funktion des η-Suffixes ist bei Neutra unursprünglich, doch finden sich einige Beispiele davon im Gotischen (siehe unten S. 102 ff.). Ich möchte mich für diese Auffassung entscheiden. gadaila, gajuka, galaista k. 6,14 ni wairf)ai|) gajukans ungalaubjandam; μή γίνεσθε έτερυζυγοϋντες άπίστοις. Mk. 1,36 jah galaistans waurf>un imma Seimon jah f>ai mif> imma. και κατεδίωξαν αυτόν ό Σίμων και οί μετ' αΰτοϋ. G. 6,16 jah swa managai swe pizai garaideinai galaistans sind και οσοι τφ κανόνι τούτα) στοιχοϋσιν. t. 3,10 ij> f)u galaista is laiseinai meinai σύ δέ παρηκολούθηκάς μου τη διδασκαλίςι. gadaila übersetzt συμμέτοχος Ε. 3,6; 5,7; συγκοινωνός Κ. 9,23; κοινωνός L. 5,10; Κ. 10,20; k. 1,7; οί αντιλαμβανόμενοι J>aiei gadailans sind Τ. 6,2. Genau übersetzt bedeuten diese drei Komposita „der den Teil (oder die Teilnahme, dann zum ö-Stamm daila μετοχή) gemeinsam hat", „der das Joch gemeinsam hat", „der die Spur gemeinsam hat". Ohne Problem ist gajuka zum neutralen a-Stamm juk und gadaila, wenn wir als Gundwort daila annehmen, galaista jedoch ist zu einem (mask.) i-Stamm laists ίχνος „Spur" gebildet, und dails μέρος, μερίς ist ebenfalls ein i-Stamm (fem.). Dann würde das {Compositum aber auf -ja enden, wie z.B. wai-dedja ληστής „Übeltäter, Räuber" zum fem. iStamm deds „Tat", im Gotischen bezeugt in ga-deds, missa-deds, wailadeds. Die an-Bildungen zu ja- und i-Stämmen sind ja überhaupt der Ursprung des jan-Suffixes. Es ist sehr fraglich, ob man, wie Osthoff dies annimmt (S. 112), auf ein *daila- m. „Teil", *laista- m. „Spur" neben got. daili-, laisti- zurückgehen darf. Denn entgegen der

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Die Adjektive in prädikativer Stellung

Angabe in Ficks Wörterbuch161, auf die sich Osthofi stützt, flektieren ae. diel und as. del als i-Stämme162. laists ist nach Feist (S. 174) -tiAbstraktum zur Wurzel *Ieis „nachspüren", von der got. lais „ich weiß" οιδα (nur Ph. 4,12) Präterito-Präsens ist, laisjan „lehren" Kausativum. Dann verwundert jedoch das maskuline Genus; denn die -tiVerbalabstrakta sind Feminina. Das -ti-Abstraktum zu lais ist aber gar nicht laists, sondern lists (nur E. 6,11 wifira listins πρός τάς μεθοδείας Α. PI., so daß sich das Genus nicht bestimmen läßt; doch ist das Wort im Altisländischen Femininum). Die Abstrakta zu Präterito-Präsentien werden nämlich im Gotischen in der Regel zur Tiefstufe der Wurzel gebildet, so J>aurfts zu J>arf (siehe Emile Benveniste, Les noms abstraits en -ti- du gotique. Die Sprache 6(1960) 166—171; S. 169). laists ist daher eher mit den Verbalabstrakta auf -i- in Verbindung zu bringen, die im Germanischen vorherrschend Maskulina sind. Doch auch dies paßt nicht gut, da sich fast nur schwundstufige Bildungen zu starken Verben finden, so qums „Ankunft", drus „Fall" (Kluge, Stammbildungslehre, §115). Auffallend parallel ist das Verhältnis wens : wenjan, wrohs : wrohjan zu laists : laistjan, doch sind wens und wrohs zwei der seltenen femininen -i-Verbalabstrakta (ahd. wän allerdings ist Maskulinum). Ein deutlicher Beweis dafür, daß einer Bildung wie gadaila Substantivnatur zukommt, ist E. 3,6 wisan piudos (f.!) gaarbjans jah galeikans jah gadailans (m.!) gahaitis is είναι τά εθνη συγκληρονόμο και σύσσωμα και συμμέτοχα της επαγγελίας αύτοϋ . Schon Grimm hat dies festgestellt: „das Prädikat ist substantivisch ausgedrückt", Deutsche Grammatik, Vierter Teil, S. 680 (S. 586). Zwar kommt auch J. 12,20 ein Übergang von f)iuda ins Maskulinum vor: sumai Jüudo f)ize urrinnandane, doch finden sich viele unbedenkliche Feminina, ζ. B. ebenfalls im Epheserbrief, 4,17 swaswe jah an[>aros f)iudos gaggand... galeika Nur E. 3,6 siehe oben. Hier haben wir einen Fall, wo sich neben einem Bahuvrlhi mit erhaltenem a-Stamm des Hintergliedes, nämlich galeiks δμοιος (nur Mk. 7,8 παρόμοιος, schwach nur im Neutrum nach i« August Fick, Vergleichendes Wörterbuch der indogermanischen Sprachen, Dritter Band enthaltend den Wortschatz der germanischen Spradieinheit, 3. Aufl. Göttingen 1874. 162 Alan Campbell, Old English Grammar, Oxford 1959 (reprinted 1962), $ 602 bzw. W. Schlüter, Altsächsische Deklination, in: Laut- und Formenlehre der altgermanischen Dialekte, hg. von F. Dieter, Leipzig 1900, S. 703. Daß ζ. B. ae. last als a-Stamm flektiert, ist wohl eine sekundäre Erscheinung, siehe Streitberg, Elementarbuch, ξ 152 Anm. 3 a.

Die schwachen Formen

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{lata G. 5,21 gabauros jah f)ata galeiko f>aim κώμοι καΐ τά ομοια τούτοις) die Form mit an-Suffix findet. Ob auch hier eine Personenbezeichnung zugrunde liegt, oder ob es sich um eine Lehnübersetzung von gr. σύσσωμος handelt und die substantivische Form als willkommene Differenzierung gegenüber galeiks δμοιος verwendet wurde, nidit zuletzt in Anklang an die benachbarten gaarbjans und gadailans, läßt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Idi möchte mich jedoch für die zweite Annahme entscheiden. Anschließend möchte ich noch die übrigen Possessivkomposita mit ga-163, auch die nicht prädikativ verwendeten, besprechen. gahlaiba Nur substantivisch verwendet. J. 11,16 συμμαθητής; Ph. 2,25 συστρατιώτης. Sicher aufzufassen „der das Brot (mit jem.) gemeinsam hat". Die Form bietet keine Schwierigkeiten, da hlaifs ein maskuliner a-Stamm ist. In den gotisdien Unterschriften der Urkunden von Neapel (Streitberg, Bibel, S. 479 f.) findet sich die starke Form: Nr. 2 und 4 mif) gahlaibaim unsaraim (Nr. 3 mif) gahlaibim unsaraim wahrscheinlich Schreibfehler, Nr. 1 nur noch mif) gahlaiba... unsaraim zu erkennen). Bei diesem Wort kommen also die starke und die schwache Form ohne erkennbaren Bedeutungsunterschied vor. Es handelt sich in der Urkunde darum, daß der gesamte Klerus einer Kirche zur Tilgung einer Schuld Marschland verkauft, und der in allen vier Unterschriften gleiche Ausdruck mif) diakona (diakuna) Alamoda unsaramma jah mif) gahlaibaim unsaraim bedeutet sicher „mit unserem Diakon Alamod und mit unseren (Kloster-)genossen". garazna γείτων J. 9,8; L. 14,12; 15,6. Dieses Wort wird von Kluge (Stammbildungslehre § 16) als Bahuvrlhi bezeichnet, ebenso von Osthoff (S. 112) und Wessen (op. cit. S. 3) und ist zu razn n. „Haus" οίκος, ο'ικία zu stellen. Von Streitberg im Glossar wird es als reines Substantiv aufgeführt. Die gleiche Analyse erfährt g a d a u k a (nur K. 1,16 f)ans Staifanaus gadaukans τόν Στέφανα οίκον): bei Streitberg reines Substantiv, nach Osthoff (loc. cit.) Bahuvrlhi zu einem mutmaßlichen *dauka„Haus". Für dieses Wort beruft sich Osthoff auf Johannes Schmidt164. 163

164

Die Bildungen mit ga- können nicht präpositionale Rektionskomposita sein, denn ga- erscheint nur als Präfix, nicht als Präposition oder Adverb (BrauneEbbinghaus §§ 217 und 217 a). Zur Geschichte des indogermanischen Vokalismus, I.Band, Weimar 1871, S. 173.

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Die Adjektive in prädikativer Stellung

Spätere etymologische Deutungen von gadauka lassen jedoch den Bahuvrihicharakter weniger sicher erscheinen, siehe die Angaben bei Feist, S. 177. g a s i n J>a Nur k. 8,19 gatewij>s fram aikklesjom mif> gasinf)am uns χειροτονηθείς υπό των εκκλησιών συνέκδημος ημών. Sicher als Bahuvrlhi aufzufassen, „der den Weg gemeinsam hat". Formal ist es klar, da sinj>s (ursprünglich „Gang", doch nur noch zur Bildung der iterativen Zahlwörter gebraucht, ζ. B. twain sinj)am δίς usw.) mask. a-Stamm ist. Im Glossar wiederum als reines Substantiv bezeichnet. inkilf>o, usfairina/unfairina, sta, u s l i j ) a , uswena.

usfilma,

ushai-

inkil{>o L. 1,24 inkilf>o war|) Aileisabaif) qens is συνέλαβεν Ελισάβετ ή γυνή αΰτοΰ. L. 1,36 jah so inkiljjo sunau . . . καΐ αύτη συνειληφυΐα υίόν . . . L. 2,5 mij) Mariin . . . wisandein inkiljjon. συν Μαρία . . . οΰση έγκΰφ. Dieses Wort ist sicher als alte Substantivierung zu betrachten, wie qijjuhafto ist es ein „feminin de nature". Ob es als mutiertes Kompositum aus in und kiljjei γαστήρ „Mutterleib" zu analysieren ist, oder ob es auf ein Adjektiv *kilf>-, wovon kiljjei das Abstraktum ist, zurückgeht und also ein Determinativkompositum mit in- vorliegt, ist schwierig zu entscheiden. Bei der ersten Annahme muß jedenfalls betont werden, daß die schwache Form nicht darauf zurückzuführen ist, daß kiljjei ein ein-Stamm ist. Denn die n-Stämme wurden als Hinterglieder von Komposita wie a-Stämme behandelt, ζ. B. armahairts (N. PI. m. armahairtai E. 4,32), hauhhairts (N. Sg. m. Tit. 1,7, N. PI. m. hauhhairtai t. 3,2) Bahuvrxhis zu hairto n. „Herz", inahs (N. PI. m. inahai R. 12,16) präpositionales Rektionskompositum oder Bahuvrlhi zu aha m. νους „Sinn, Verstand". usfairina/unfairina Ph. 3,6 bi garaihtein . . . wisands usfairina. κατά δικαιοσύνην . . . γενόμενος αμεμπτος. C. 1,22 du atsatjan izwis weihans jah unwammans jah usfairinans faura imma παραστήσαι ύμας αγίους και άμώμους και άνεγκλήτους κατενώπιον αύτοϋ.

Die schwachen Formen

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Th. 3,13 Β du tulgjan hairtona izwara u(n)fairinona ε'ις τό στηρίξαι υμών τάς καρδίας άμέμπτους. Th. 5,23 saiwala jah leik unfairinona (A, usfairinona Β ) . . . gafastaindau. ή ψυχή και τό σώμα άμέμπτως τηρηθείη. Das Hinterglied dieser Bildungen ist der fem. ö-Stamm fairina „Schuld". us-fairina ist ein präpositionales Rektionskompositum „aus der Schuld heraus", un-fairina ein Possessivkompositum „keine Schuld habend". Klar nachweisen läßt sich Ph. 3,6 und C. 1,22 allerdings nicht, daß eine Personenbezeichnung mit einem substantivierenden Suffix hier passend ist. Ja, man kann sagen, daß es doch wichtiger ist, die Eigenschaft der Tadellosigkeit hier auszusagen, als von tadellosen Persönlichkeiten zu sprechen. Aber wir müssen wohl annehmen, daß sidh im Gotischen manche dieser substantivierten Adjektive so stark als solche im Gebrauch festsetzen, daß daneben die starke Form verlorenging. Deshalb mußte der Bibelübersetzer, als er den Begriff der Tadellosigkeit hier durch die Bildung mit fairina ausdrücken wollte, die n-stämmige Form verwenden. Und deshalb war es audi möglich, daß er sie nicht auf Personen bezogen, im Neutrum anwandte (Th. 3,13 und 5,23165). Um die Flexionsform war er dabei nicht verlegen; denn die schwache Adjektivflexion mit ihren drei Genera war ja in seiner Sprache voll ausgebildet. usf i l m a L. 9,43 und Mk. 1,22 usfilmans waurjmn έξεπλήσσοντο. Für das dieser Bildung zugrunde liegende Adjektiv *us-films haben wir einen indirekten Beweis in Gestalt des Wortes us-filmei εκστασις „Entsetzen", Abstraktum zu diesem ursprünglichen Adjektiv. Für die etymologische Anknüpfung und die Weise, wie das Kompositum zu analysieren ist, zeigen sich zwei Wege. Nach Solmsen, PBB 27 (1902) 364 könnte -m- ein Suffix sein; dies erlaube, us-filma an die slawische Gruppe *polchü „Schrecken, Verwirrung" heranzurücken. Allgemein werden usfilma und aisl. felmtr m. „Schrecken", felms-fullr „erschrocken", falma „sich schwankend bewegen, tappen, tasten" mit gr. πελεμίζω „in heftige Bewegung versetzen, erschüttern, erbeben machen" und πόλεμος „Krieg" verbunden166. Bei dieser Etymologie, wo die Bedeutung „Schrecken" in *fel (m)- enthalten ist, ist us- als Ver145

166

Th. 5,23 steht das Adjektiv im Neutrum Plural, weil die Beziehungswörter verschiedenes Geschlecht zeigen. (Wolfgang Krause, Handbuch des Gotischen*, § 111,1.) C. C. Uhlenbeck, Kurzgefaßtes etymologisches Wörterbuch der gotischen Sprache2, S. 160; Feist S. 530; Hjalmar Frisk, Griechisches etymologisches Wörterbuch, Heidelberg 1960 ff., S.497, S.575.

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Die Adjektive in prädikativer Stellung

Stärkung aufzufassen, das Kompositum als determinativ. Dies paßt jedoch sehr schlecht zur Bedeutung von us-, welche allgemein privativ ist167. Mir scheint daher das Hinterglied eher zur Familie von ae. film, es m. „film, skin, husk"168 zu gehören. *us-films ist dann ein präpositionales Rektionkompositum, „aus der Haut (gefahren)" — was zu usfilmei = ε κ -στασις sehr gut paßt. ushaista k. 11,8 jah wisands at izwis jah ushaista ni ainnohun kaurida; καί παρών προς ύμΰς και ύστερηθείς ού κατενάρκησα ούδενός. Das Grundwort des Hintergliedes ist im Gotischen nicht überliefert. Nach Uhlenbeck, PBB 30(1905)320 ist es urverwandt mit ai. cestati „regt sich", nis-cesta- „regungslos, kraftlos". Gegen diese Etymologie scheint nichts zu sprechen169, und die beiden Komposita sind geradezu verführerisch parallel, denn auch nis- heißt „aus, heraus", ushaista, wenn man es als „kraftlos, energielos" auffaßt, übersetzt ύστερηθείς nicht ganz genau, d.h. es übersetzt nur den Effekt des ύστερηθηναι. Doch spricht dies nicht entscheidend gegen diese Auffassung, denn auch in ύστερηθείς ist der resultierende Zustand mitbezeichnet. Formale Probleme stellen u s 1 i J) a und u s w e n a. L. 5, 8 . . mans bairandans ana ligra mannan saei was uslij>a . . . άνδρες φέροντες επί κλίνης ανθρωπον δς ην παραλελυμένος. L. 6,35 leihjaid ni waihtais uswenans δανείζετε μηδέν άπελπίζοντες. Ε. 4,19 {jaiei uswenans waurfjanai... οϊτινες άπηλγηκότεβ us-wena ist sicher ein präpositionales Rektionskompositum zu wens f. „Hoffnung" έλπίς, wie us-fairina zu fairina, und bedeutet „wer außerhalb, d. h. bar der Hoffnung ist", wie us-fairina „wer bar der Schuld ist", wens ist aber ein i-Stamm, man erwartet also die Form *uswenja (siehe oben S. 73 zu galaista und gadaila). us-lijja wurde sdion im ersten Teile unserer Untersuchung besprochen (S. 33 f.). Neben der dort erwähnten läßt sich noch eine andere Erklärung dieser Form denken, daß nämlich bei den ausgesprochenen Versonenbezeich» Siehe dazu auch H. Grewolds, KZ 61 (1934) 168 Anm. 1. 168 Siehe J. Bosworth, An Anglo-Saxon Dictionary, edited and enlarged by Τ. N. Toller, Oxford 1898 (reprinted 1929, 1954). (Supplement by T.N.Toller, Oxford 1921, reprinted 1955). 169 Auch bei Manfred Mayrhofer, Kurzgefaßtes etymologisches Wörterbuch des Altindischen, Heidelberg 1956 ff., S. 399, ist nichts aufgeführt, was die Verbindung von (us-)haista mit cestati unmöglich machen würde; allerdings bezeichnet Mayrhofer die etymologische Anknüpfung von cestati als unsicher.

Die schwachen Formen

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nungen beim Antritt des an-Suffixes der Stammauslaut wegfallen konnte. Das gleiche Verhältnis wie zwischen *uslij>us : uslif>a besteht im Griechischen zwischen γλυκύς : γλυκών (Γλυκών), πλατύς : Πλάτων (Osthoff S. 58; Eduard Schwyzer, Griechische Grammatik, I. Band, S. 487; Frisk, op.cit. S. 314). Für uswena, galaista, gadaila läßt sich eine solche Annahme kaum vertreten. Gegenbeispiele sind u. a. waidedja und gamainja. Und das Suffix -jan- hatte sich ja eben von den Fällen her verselbständigt, wo -an- an i- oder ja-Stämme antrat. Doch konnte es umgekehrt in Anbetracht der Tatsache, daß in vielen Fällen -jan- zu a-Stämmen trat, so fiskja „Fischer" zu fisks m. „Fisch", kasja „Töpfer" zu kas n. „Gefäß", zu Unsicherheit darüber kommen, ob die η-stämmige Personenbezeichnung nun auf -a oder -ja ausgehen mußte. Ich möchte jedoch für uswena, galaista und gadaila eine andere Erklärung vorschlagen. Obwohl die Auffassung der Hinterglieder als Nomina agentis theoretisch nicht möglich ist, da ihnen die schwachen jan-Verben wenjan, laistjan, dailjan entsprechen, Nomina agentis mit an-Suffix aber nur von starken Verben gebildet wurden (Osthoff S. 101), konnte doch das Sprachgefühl hier bei der Bildung von Personenbezeichnungen das Hinterglied nach der Art eines Nomen agentis zu einem starken Verbum bilden. Ob dann allerdings der Umweg über ein ursprüngliches präpositionales Rektionskompositum *us-wens (iStamm) bzw. die Bahuvrihis *galaists (i-Stamm), *gadails (i-Stamm) anzunehmen ist, ist fraglich. Dafür spricht die Parallelität zu den andern Komposita mit us- und ga- und die Tatsache, daß ein Verb uswenjan „aushoffen" = „zu Ende gehofft haben" nicht überliefert ist und daß ga-dailjan „zuteilen, zerteilen", also „teilnehmen lassen", nicht „teilnehmen" bedeutet. Meines Erachtens hat bei der Bildung von an-Stämmen zu den oben rekonstruierten Adjektiven der Einfiuß der Nomina agentis gewirkt. l a u s h a n d j an Mk. 12,3 CA φ eis nimandans ina usbluggwun jah insandidedun laushandjan. οί δέ λαβόντες αυτόν εδειραν και άπέστειλαν κενόν. Diese Form ist also nach dem oben Gesagten (S. 34 mit Anm. 98) als reines Adjektiv zu betrachten. Ihre Bildung steht auf einer andern Stufe als die von uslijja, uswena und der andern Komposita. Die schwache Form ist an unserer Stelle sehr befremdlich. In der Parallelstelle L. 20,10 steht die starke Form lausana. Tit. 1,10 hat ein Bahuvrihi mit laus- als Vorderglied in prädikativer Stellung wie zu erwarten die starke Form. Dies ist noch bei vielen andern Bahuvrihis der Fall, ζ. B. bei denen auf -dogs (J. 11,39; Ph. 3,5), -haims (k. 5,6.8.9), bei ga-

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Die Adjektive in prädikativer Stellung

skohs (Mk. 6,9; E. 6,15), ubil-waurds (K. 5,11). Man könnte sich daher veranlaßt sehen, mit Lichtenheld, ZDA 18 (1875) 41 Anm. einen Schreibfehler, laushandjan für laushandjana anzunehmen — wenn nicht im nächsten Vers wieder ein prädikatives schwaches Adjektiv stünde, nämlich haubi{>wundan (oder haubi|) wundan; siehe oben S. 69 f.). Ich glaube, man muß hier auf eine Erklärung verzichten. s w u l t a w a i r { > j a, u n k a r j a , u s g r u d j a swultawair|) ja L. 7,2 hundafade J>an sumis skalks siukands swultawair|)ja (was), saei was imma swers. έκατοντάρχου δέ τίνος δούλος κακώς εχων ήμελλεν τελευτδν, 8ς ήν αύτφ έντιμος. Nach Feist (S. 469) ist swultawairj>ja ein Substantiv, zusammengesetzt aus swulta- „Tod" zu swiltan „sterben" und -wairj)ja zu wairf>an „werden" wie and-wairfjs „gegenwärtig" und ana-wair|)s „zukünftig" . Weshalb dann aber jan-Suffix, wo dodi and-wairf>s und anawairfjs, wie auch jaind-wairj)s „dorthin gewandt" und wif>ra-wair|)s „gegenüberliegend, entgegengesetzt", eindeutige a-Stämme sind? Das jan-Suffix würde sich erklären, wenn swulta-wairf)ja die an-Bildung wäre zu einem hypothetischen ja-Neutrum *swulta-wairf)i „Zeit des Sterbens, Todesnähe" (wie and-wairpi n. „Gegenwart"). In diesem Falle sdieint mir jedoch eine andere Interpretation von swultawairf)ja viel einleuchtender: Es könnte Dativ Singular von *swul(atvairpi n. sein, und zwar ein modaler Dativ (Streitberg, Elementarbuch, § 256 Anm. 2). Der Satz hundafade f>an sumis skalks siukands swultawairf)ja170 ist dann zu übersetzen: „Der Knecht aber von einem der Hauptleute war krank in Todesnähe". unkarja Mk. 4,15 jah J>an gahausjand unkarjans,... και δταν άκούσωσιν, .. . unkarjans ist Zusatz im Gotischen; siehe Streitberg, Bibel, S. 177. T. 4,14 ni sijais unkarja J)izos in J>us anstais μή άμέλει τοϋ έν σοι χαρίσματος. Hier ist die Analyse als Substantiv die naheliegendste, es ist eine jan-Ableitung von kara f. „Sorge", vielleicht über ein nicht erhaltenes 170

Streitbergs Emendation von was ist nämlich nadi Bennett, S. 35 Anm. 13 nidit begründet. Die finite Form von wisan ist hier wie an andern Stellen in der Bibel und mehrmals in der Skeireins (siehe die Angaben bei Bennett loc. cit.) weggelassen und dem Partizipium kommt die Funktion eines Verbum finitum zu.

Die schwachen Formen

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*karja m. „Sorgender". unkarja bedeutet also „Nicht-Sorgender, einer, der sich nicht kümmert". usgrudja wairf>an usgrudja übersetzt an allen Stellen έκκακεΐν. Feist (S. 532) bezeichnet es als „dunkles Wort". Deshalb ist es auch unmöglich zu entscheiden, ob es sich um ein Determinativ- oder um ein präpositionales Rektionskompositum handelt, und ob es ursprünglich ein Substantiv oder ein Adjektiv war. Letzteres könnte man annehmen, wenn man mit Th. von Grienberger171 ae. greada m. „Schoß", dann „Herz, Mut" heranzieht. Die Bildung ließe sich dann mit ushaista vergleichen. Ein Determinativkompositum ist usgrudja, wenn es eigentlich „zermalmt" bedeutet und zur idg. Wurzel ghreu- gehört, mit einer -dh-Erweiterung, wozu allerdings die Formen der andern germanischen Sprachen, die auf eine -d-Erweiterung schließen lassen, schlecht passen (aisl. grjot, ae. greot, as. griot n., ahd. grio3 n. m. „Grieß"; Feist loc. cit.). Aus den Darlegungen dieses Kapitels 2.1.2. ergibt sich, daß schwache Adjektive in prädikativer Stellung nur an folgenden Stellen vorliegen: Sk. Ia 13 ibna; L. 20,36 ibnans; Mk. 12,3 laushandjan, 4 haubij» wundan; K. 7,13 gawilja; K. 15,9 sa smalista; G. 3,3 unfroJjans; t. 3,2 A unairknans. Die andern prädikativen schwachen Formen sind η-stämmige Substantive oder Substantivierungen.

2.2.

Die Adjektive in substantivischer Funktion

Nach Osthoff ist die schwache Adjektivform ursprünglich die Substantivierung des Adjektivs (siehe Einleitung S. 7 ff.). Es wäre demnach bei den substantivisch gebrauchten Adjektiven die schwache Form zu erwarten. Dies ist jedoch keineswegs der Fall. Adjektive in substantivischer Funktion flektieren in überwiegender Zahl stark, und zwar bei Unbestimmtheit wie auch in Fällen, wo ein bestimmter Ausdruck durchaus möglich wäre, ζ. Β. M. 10,36 jah fijands mans innakundai is. και έχθροί τοΰ άνθρωπου οί οικιακοί αύτοΰ. Mk. 4,5 anj>aru{>f»an gadraus ana stainahamma αλλο δέ επεσεν έπί τό πετρώδες 16 jah (|)ai> sind samaleiko J>ai ana stainahamma saianans και οΰτοί είσιν δμοίως ot έπί τά πετρώδη σπειρόμενοι. Die genauen Zahlen sind fol>71 Untersuchungen zur gotischen Wortkunde, Wien 1900, S. 232.

82

Die Adjektive in substantivischer Funktion

gende: Im ganzen 278 Beispiele + 51 A. PI. m. (die ja doppeldeutig sind, aber aus dem Zusammenhang heraus mit großer Wahrscheinlichkeit als stark angesehen werden dürfen) + 2 Glossen ( + 5 Beispiele, die vielleicht als reine Substantive zu betrachten sind). Davon entfallen 159 Beispiele + 35 A. PI. m. ( + die 5 vermutlichen Substantive) auf die Evangelien, 115 + 13 A. PI. m. auf die Briefe ( + die 2 Glossen, zu T. 1,9 und t. 3,13), 1 + 1 A. PI. m. auf den Skeireinstext, 1 + 1 A. PI.m. auf die Bibelzitate (J. 6,9 und A. Pl.m. J.5,21), 2 + 1 A. PI. m. auf das Nehemiasfragment. Die Zahl der schwachen Adjektive mit sa, so, |>ata in substantivischer Funktion dagegen beträgt 179 + 1 Konjektur172: 107 Beispiele ( + 1 Konjektur) in den Evangelien, 67 in den Briefen, 3 im Skeireinstext, 1 in den Zitaten, 1 im Nehemias. Die Zahl der schwachen Adjektive ohne sa, so, {»ata, des nach Osthoff ursprünglichen Falles der Substantivierung, ist noch kleiner: 92 Beispiele + 1 Konjektur173 + 1 Glosse, nämlich 64 Beispiele in den Evangelien ( + 1 Konjektur), 28 in den Briefen ( + 1 Glosse im Epheserbrief, 6,11). TABELLE III: ADJEKTIVE IN SUBSTANTIVISCHER FUNKTION

Stark

Schwach mit Pron.sa, so, p>ata

Schwach ohne Pron.sa, so, pata

107 + 1 Konjektur

64 + 1 Konjektur

Evangelien

159 + 3 5 A.Pl.m. + 5 vermutlidie Substantive

Briefe

115 + 1 3 A.Pl.m. + 2 Glossen

67

Skeireins: Text

1 + 1 A.Pl.m.

3



Skeireins: Bibelzitate

1 + 1 A.Pl.m.

1



Nehemias

2 + 1 A.Pl.m.

1



172

173

28 + 1 Glosse

Das überlieferte f>aim silubram CA τά αργύρια Μ. 27,5 ist wohl in silubram zu ändern, da pluralische Verwendung des Stofiwortes silubr n. sehr unwahrscheinlich ist, siehe E. Schröder, ZDA 48 (1906) 162. Allerdings sehr einleuchtend: M. 7,23 unsibjona την άνομίαν für unsibjana CA, siehe F. Wrede, ADA 29 (1904) 333 f.

Die starken Formen

83

Auf diese Tatsache, daß Adjektive in substantivischer Funktion häufiger in der starken als in der schwachen Form erscheinen, hat vor allem Lichtenheld hingewiesen (ZDA 18(1875)17—44). Auch Osthoff ist sie nicht entgangen (S. 134)174. Sein Gegenargument (S. 135 f.), durch ihre enge Verbindung mit dem Artikel habe die schwache Form die Fähigkeit verloren, ein artikelloses Adjektiv in substantivischer Funktion wiederzugeben, überzeugt nicht; denn auch griechische substantivierte Adjektive mit Artikel werden sehr oft durch gotische starke Adjektive wiedergegeben, die schwache Form mit sa,so,f)ata hat sich auch hier nicht eingestellt17S. In dieser Verwirrung hat Μ. H. Jellinek Klarheit geschaffen, indem er darlegte176, daß hier zwei Arten von Substantivierung zu unterscheiden sind: Wenn man sagt, ein Adjektiv sei substantivisch verwendet, weil es alleinsteht, so meint man syntaktische Substantivierung. Diese ist von der Wortbildung unabhängig. Ein Wort, das formal Adjektiv ist, erscheint in syntaktischen Verbindungen, die dem Substantiv zukommen. Wenn man jedoch der schwachen Form des Adjektivs substantivische Bedeutung zuschreibt, so gehört dieser Begriff von Substantivierung in die Wortbildungslehre. Osthoff meint ausschließlich diese Art von Substantivierung. Dazu gehört die Bildung von Personenbezeichnungen zu Substantiven und Adjektiven, wie sie im ersten Teile unserer Untersuchung, im Kapitel 1.2. beschrieben wurde. Im vorhergehenden Kapitel sind wir solchen Fällen im Gotischen begegnet, sie zeigen auch in prädikativer Stellung die schwache Form, und es hat sich dabei stets (mit imbedeutenden Ausnahmen) um ausgesprochene Personenbezeichnungen gehandelt. 2.2.1.

Die starken Formen

Beispiele : Mk. 15,28 jah mif> unsibjaim rahnif>s was. και μετά άνόμων έλογίάθη. J. 6,2 jah laistida ina manageins filu, unte gasehmn taiknins J>ozei gatawida bi siukaim. και ήκολούθει αύτφ δχλος πολύς, δτι έώρων τά σημεία α έποίει έπ! των άσθενοΰντων. 174

175 176

Es ist übrigens auffallend, daß in seiner Liste (S. 130) von sw. Adj. ohne sa, so, {lata in substantivischer Funktion eine unverhältnismäßig große Zahl von Beispielen, nämlidi 9 von 13, einem und demselben Kapitel des 1. Korintherbriefes (dem 15.) entnommen sind. Aus dem Grunde nämlidi, weil der gotische „Artikel" von ganz anderer Natur ist als der griechische. Doch dies wird später zu besprechen sein. In den schon erwähnten Aufsätzen ADA 32 (1908) 7 f. und PBB 34 (1909) 581—584.

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Die Adjektive in substantivischer Funktion

Κ. 1,20 h>ar handugs? h)ar bokareis? b a r sokareis Jdxs aiwis? ποϋ σοφός; ποϋ γραμματεύς; που συζητητής τοϋ αιώνος τούτου; R. 13,4 unte gudis andbahts ist pus in godamma. θεοϋ γαρ διάκονος εστίν σοι εις τό αγαθόν. G. 4,22 us Jjiujai . . . us frijai έκ της παιδίσκης . . . Ικ της έλευθέρας 30 sunus J)iujos mi{) sunau frijaizos δ υιός της παιδίσκης μετά τοϋ υίοϋ της έλευθέρας. Auffallend ist V. 31 ni sijum Jriujos barna, ak frijaizos. ουκ έσμέν παιδίσκης τέκνα, άλλά της έλευθέρας. Man könnte denken, daß der Artikel vor έλευθέρας mehr Gewicht erhält, da vor παιδίσκης kein Artikel steht. Aber trotzdem im Gotischen kein f)izos und starke Form. Viele aufschlußreiche Beispiele bietet frawaurhts αμαρτωλός: L. 18,13 guf>, huIJjs sijais mis frawaurhtamma δ θεός, ίλάσθητί μοι τφ άμαρτωλφ. L. 15,7 in ainis frawaurhtis idreigondins; 10 in ainis idreigondins frawaurhtis, griechisch beide Male έπί ένί άμαρτωλφ μετανοοΰντι. Das Zahlwort macht den Ausdruck bestimmt und individualisiert, was doch die schwache Form erwarten läßt. Es steht aber die starke, weil der Satz nicht die Person des Sündigen zum Gegenstand hat, sondern allgemein von einem spricht, der zwar sündig ist, jedoch bereut. Desgleichen im oberen Beispiel: »Gott, sei mir gnädig, der ich ein Sündiger bin." In allen bisher aufgezählten Beispielen steht die Eigenschaft, als allgemein ausgesagte, im Vordergrund, nicht der Träger der Eigenschaft. Die Unabhängigkeit vom griechischen Artikel illustrieren ferner folgende Beispiele: M. 11,19 und L. 7,34 frawaurhtaize αμαρτωλών. Dagegen Mk. 14,41 frawaurhtaize των άμαρτωλών. Μ. 9,11 und Mk. 2,16 mif) motarjam jah frawaurhtaim; L. 5,30 und Mk. 2,16 mij) {»aim motarjam jah frawaurhtaim. Griechisch immer μετά τών τελωνών και άμαρτωλών. Mk. 2,16 steht die Wendung ohne {>aim im Gotischen nach derjenigen mit J>aim. Es scheint, daß der Übersetzer hier eine inhaltliche Nuance machen wollte: Im ersten Fall ist davon die Rede, daß Jesus mit den schon einmal genannten Zöllnern und Sündern zu Tische sitzt (aber trotzdem starke Form von frawaurhtai!), im zweiten jedoch machen die Schriftgelehrten und Pharisäer den Jüngern den Vorwurf, daß Jesus mit Zöllnern und Sündern (allgemein) zusammen ißt und trinkt. Nur unmittelbar vor dem Adjektiv hat das Pronomen die sdiwadie Form verursacht: L. 6,32.33 f>ai frawaurhtans oi αμαρτωλοί gegen frawaurhtai frawaurhtaim άμαρτωλοί άμαρτωλοΐς V. 34. Ich glaube, man darf hier annehmen, daß mit der Verwendung der schwa-

Die starken Formen

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dien Form mit J>ai der Übersetzer auf die sündigen Menschen, wie man sie täglich vor Augen hat, zielte (dies ist hier ja audi die Funktion des deiktischen Pronomens £>ai), während bei frawaurhtai frawaurhtaim leitaanfl allgemein ausgesagt wird „Wer sündig ist, leiht dem, der selbst auch sündig ist". Es findet sich nur nodi ein Fall von substantivisch gebrauchtem frawaurhts mit deiktischem Pronomen: T. 5,20 if) {»ans frawaurhtans . . . gasak τους άμαρτάνοντας... ελεγχε. Hier sind ganz deutlich konkrete Einzelpersonen gemeint, denn das ganze Kapitel besteht aus Vorschriften des Apostels an die Gemeinde, ζ. B. die Behandlung der Witwen (V. 3 ff.), der Ältesten (bi praizbwtairein V. 19), der Sünder V. 20 Man kann wohl sagen, daß der gotische Übersetzer, so oft er konnte, αμαρτωλός in substantivischer Funktion durch die starke Form wiedergab, damit nicht den Sünder als ganze Person mit noch andern Eigenschaften bezeichnend, sondern einen Menschen, insofern er sündig ist. In zwei Fällen hat er deshalb den griediischen Artikel unübersetzt gelassen (L. 18,13 und Mk. 14,41)177. Deshalb darf man wohl die an sich doppeldeutigen A. PL m. frawaurhtans M.9,13; L.5,32; 15,2; Mk.2,17; T. 1,15 als starke Formen zählen. Dieselben Beobachtungen lassen sich bei garaihts anstellen, ζ. B. M. 10,41; 5,45; L. 15,7. In diesen Fällen, wo das substantivierte Adjektiv im Griediisdien mit dem Artikel versehen ist, ist dies der generische Artikel (BlassDebrunner-Funk § 263), der auch beim Substantiv steht (op. dt. § 252). Gotisdi sa, so, Jjata, welchem „ausgesprochen deiktische Bedeutung" innewohnt (Streitberg, Elementarbuch, § 281 Anm.), läßt sich damit nicht vergleichen. Der Artikel war ja im Griediischen sogar zu einem Mittel der Substantivierung, zur nota substantivi geworden178. Etwas anders äußert sich allerdings Wackernagel179: „der Artikel erleichtert die Substantivierung und macht sie dadurdi häufig, aber an und für sich bewirkt er sie nicht, zumal nicht die adjektivischer Ausdrücke." Entscheidend für uns ist die Tatsadie, daß der griechische 177

178 179

Absichtlich habe idi die Beispiele mit manags (M. 9,10 und Mk. 2,15) und alls (L. 15,1) nicht aufgezählt. Denn es scheint die Regel gewesen zu sein, daß nach diesen Adjektiven immer starke Form, nie Pronomen erscheint, wahrend umgekehrt im Griechischen generischer Artikel nach πάντες „alle" im allgc· meinen üblich geworden ist (Blass-Debrunner-Funk § 275). E. Schwyzer, Griechische Grammatik, II. Band, München 1950 (Neudruck München 1959), S. 25; siehe auch Osthoff S. 76. Vorlesungen über Syntax II, Basel 1924, S. 140.

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Die Adjektive in substantivischer Funktion

Artikel generische Bedeutung haben kann, der gotische jedoch nidit. Denn sa, so, {»ata ist Demonstrativpronomen. Es ist im Gotischen noch nicht zum Artikel geworden, indem seine Hinzufügung, wenn ein Gegenstand als bekannt vorgestellt wird, nicht gewohnheitsmäßig und obligatorisch geworden ist (Karl Brugmann, Die Demonstrativpronomina der indogermanischen Sprachen, Leipzig 1904, S. 13 und S. 21 mit Fußnote). Es ist deshalb verständlich, daß der griechische generische Artikel im Gotischen in der Regel unübersetzt bleibtl8>. Etwas anders liegt der Fall bei den Stellen von frija aus dem Galaterbrief. Hier hat der griechische Artikel die Funktion, den folgenden Begriff als bekannt hinzustellen; ή παιδίσκη ist Hagar (1. Mose 16,15), ή έλευθέρα Sara (1. Mose 21,2). Doch audi dies ruft im Gotischen nicht notwendig den Artikel hervor, denn der gotische „Artikel" ist kein allgemein verweisendes, sondern ein konkret hinweisendes Pronomen. Sehr aufschlußreich ist die Stelle K. 9,21.22 A, weil wir hier schwache Adjektive mit sa und starke Adjektive, beide in substantivischer Funktion vor uns haben: (20 jah war])...) 21 ]>aim witodalausam swe witodalaus ei gageig[g] (aidedj) au witodalausans. 22 was f)aim unmahteigam swe unmahteigs, ei unmahteigans gageig[g]aidedjau; (20 και έγενόμην ...) 21 τοις άνόμοις ώς άνομος, . . . ίνα κερδήσω ανόμους. 22 έγενόμην τοις άσθενέσιν ώς άσθενής, 'ίνα τούς ασθενείς κερδήσω. Jjaim witodalausam und J)aim unmahteigam weist auf die als konkrete Einzelwesen dem Apostel begegnenden Gesetzlosen und Machtlosen hin; ihnen gegenüber bezeichnet er sich als einer, der ebenfalls gesetzlos bzw. machtlos ist (swe witodalaus und swe unmahteigs), in diesen Ausdrücken ist aber nurmehr die Eigenschaft entscheidend, nicht die Person des Apostels, ja der ganze Abschnitt handelt ja davon, daß Paulus verschiedenen Menschengruppen gegenüber verschiedene Eigenschaften seiner selbst hervortreten ließ, um sie für das Evangelium zu gewinnen: V. 22 Ende τοις πδσιν γέγονα τά πάντα, ίνα πάντως τινάς σώσω. allaim was all, ei baiwa sumans ganasjau. Die Wendungen ei gageigaidedjau witodalausans und ei unmahteigans gageigaidedjau sind doppeldeutig, doch ich wage es, sie wegen der Abwesenheit des Demonstrativums als s t a r k aufzufassen, wobei dann den Dativen gegenüber eine inhaltliche Schattierung durchgeführt ist, indem nicht speziell gesetzlose bzw. machtlose Personen bezeichnet werden, sondern d i e M a s s e a l l derer, auf welche die E i g e n s c h a f t der Gesetzlosigkeit und Machtlosigkeit zutrifft. 180

Alle Fälle dieser Art sind im Verzeichnis S. 167 ff. mit * gekennzeichnet.

Die starken Formen

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Es läßt sich gegen unsere Auffassung dieser Stelle einwenden, swe witodalaus und swe unmahteigs seien rein adjektivisch, in prädikativer Stellung verwendet. Ein Vergleich mit anderen Stellen, wo swe + starkes Adjektiv steht, ergib Folgendes: Mk. 9,26 jah warj) swe daufjs και έγένετο ώσεί νεκρός ist daujjs sicher reines prädikatives Adjektiv181. Wohl substantivisch aufzufassen ist dagegen t. 2,9 in füzaiei arbaidja und bandjos swe ubiltojis έν ω κακοπαθώ μέχρι δεσμών ώς κακούργος. Eine weitere Stelle ist Κ. 13,11 ij> pan was niuklahs, swe niuklahs rodida, swe niuklahs frojj, swe niuklahs mitoda; bif>e warf) wair, barniskeins aflagida. δτε ήμην νήπιος, ώς νήπιος έλάλουν, ώς νήπιος έφρόνουν, ώς νήπιος έλογιζόμην δτε δέ γέγονα άνήρ, κατήργηκα τά χον νηπίου. Bennett behauptet (S. 39), gotische Adjektive aus -ahs würden wiederholt an Stelle von Nomina gebraucht, so niuklahs für „child" (gr. νήπιος), stainahs für „ stony ground" Mk. 4,5.16 (gr. τό πετρώδες bzw. τά πετρώδη). Er hat sich offenbar durch die Bibelübersetzungen zu dieser Annahme verführen lassen. Der griechische Text gibt uns nur folgende Anhaltspunkte: Bei stainahs ist auch im Griechischen das Adjektiv substantivisch verwendet, es hat kein Beziehungswort, auch kein entferntes, niuklahs steht L. 10,21 sicher substantivisch: andhaita J>us, atta, . . . unte affalht J>o faura snutraim jah frodaim jah andhulides J>o niuklahaim. εξομολογούμαι σοι, πάτερ, . . . δτι άπέκρυψας ταΰτα and σοφών καΐ συνετών, και άπεκάλυψας αυτά νηπίοις. Ich glaube, substantivische Auffassung von niuklahs K. 13,11 und der Adjektive nach swe K. 9,21.22 läßt sich wohl vertreten, weil an beiden Stellen182 parallel Fügungen mit echten Substantiven vorliegen183. Und wir haben ja oben gesehen, daß auch im Singular starke Adjektive in substantivischer Stellung vorkommen. So auch unmahteigs: R. 14,1 I|> unmahteigana galaubeinai andnimaij) Τον δέ άσθενοΰντα τη πίστει προσλαμβάνεστε (Artikel im Griechischen generisch) — eine Stelle, die auch Licht wirft auf das problematische anstai audahafta L. 1,28 (siehe oben S. 60, S. 62), obwohl R. 14.1 der Dativ nicht die Funktion eines Instrumentals hat: Wenn eine Eigenschaft näher bestimmt ist, so wird eben die starke Form, welche die Eigenschaft als solche bezeichnet, gesetzt, nicht die schwache, welche den Träger mit einbezieht.

181 10 183

daußs für νεκρός in prädikativer Stellung findet sich audi L. 15,24.32. K. 13,11 bif>e warfj wair; K. 9,20 jah warf» Iudaium swe Judaius. Idi habe diese Formen in Hämmern im Verzeichnis der st. Adj. in substantivischer Funktion aufgeführt, jedoch nicht mitgezählt.

88

Die Adjektive in substantivischer Funktion

2.2.2.

Die schwachen Formen ohne sa, so, ]E>ata

Hier begegnen uns manche Beispiele aus dem Kapitel der prädikativen Adjektive wieder, die Personenbezeichnungen oder nach Jellinek „semantischen Substantivierungen" wie gadaila, gajuka, ushaista, qifjuhafto, f>arba (diese beiden nicht prädikativ verwendet, doch dort im Zusammenhang erwähnt). Ein typischer Fall soldier Personenbezeichnung ist auch sinista „Ältester" πρεσβύτερος: Μ. 27,3 gudjam jah sinistam τοις άρχιερεΰσι και τοις πρεσβυτέροις, L. 7,3 sinistans Iudaie πρεσβυτέρους των 'Ιουδαίων, L. 9,22 fram sinistam άπό των πρεσβυτέρων. *sinists ist Superativ zu sineigs „alt" πρεσβύτης, πρεσβύτερος, ohne das im Positiv vorliegende Suffix -eig-. Bei diesem Wort finden sich also ursprüngliche Art der Superlativbildung (siehe oben S. 40 Anm. 104) und alte personenbezeidinende Funktion des n-Suffixes vereinigt. Eine besondere Gruppe bilden die V o k a t i v e . Ich verweise dazu auf das im Kapitel 2.1.2., S. 59 f. Gesagte. Es sind folgende Fälle: M. 5,22 dwala μωρέ; L. 6,20 jus unledans ahmin οί πτωχοί (ahmin Zusatz im Gotischen nach M. 5,3 οί πτωχοί τψ πνεύματι); L. 6,12 jus gredagans nu οί πεινώντες νΰν; 25 jus sadans nu ot έμπεπλησμένοι νΰν; 42 liuta ύποκριτά; R. 12,19; k. 7,1; 12,19 liubans αγαπητοί. Als Vokativ auffassen könnte man auch weihans jah walisans C. 3,12 B: gahamoj) izwis nu swe gawali(d)ai gudis, weihans jah walisans, brusts bleipein etc.184. ένδύσασθε οΰν ώς έκλεκτοί τοϋ θεοΰ, άγιοι και ήγαπημένοι, σπλάγχνα οίκτιγμοΰ. Der griechische Text erlaubt dies jedoch kaum, und es ist auch nicht die Auffassung der Bibelübersetzungen; bei Luther ζ. B. steht „So ziehet nun an, als die Auserwählten Gottes, Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, etc.". weihans und walisans müssen aber schwache Formen sein, da sie sich, nach dem Griechischen zu schließen, nicht als A. PI. m. auf izwis beziehen können. walisa kommt auch sonst nur schwach flektiert vor: viermal attributiv (Ph. 4,3; T. 1,2; t. 2,1; Tit. 1,4), wovon zweimal im Vokativ (Ph. 4,3 und t. 2,1). Nach Kluge (Stammbildungslehre § 215) ist es ein Adjektiv mit dem Suffix -sa- (er setzt st.* walis an) und Mittelvokal zur Wurzel wal-. Nur schwach flektierende -san-Adjektive sind im Altnordischen lebendig, mit der Bedeutung eines Part. Präs., ζ. B. heitse „versprechend", dheyrse „hörend". Nach Noreen, IF 4(1894)324 liegen diesen Bildungen alte Part. Perf. Akt. zugrunde wie got. berusjos 184

Emendation von bleipein zu bleipein ist meines Eraditens nicht notwendig, siehe dazu die Begründung S. 70 Anm. 156.

Die schwachen Formen ohne sa, so, {»ata

89

„Eltern"185. Es ist verlockend, walisa hier anzuschließen als „gewählt habend", vor allem da im selben Satz gawalidai gudis186 Ικλεκτοί τοϋ ·&εοϋ erscheint. Doch da diese Bedeutung derjenigen der griechischen Wörter, welche walisa übersetzt, nicht entspricht (C. 3,12 ήγαπημένοι, sonst γνήσιος „echt"), möchte ich diese Hypothese verwerfen. Feist (S. 548) bringt walisa audi mit waljan in Verbindung; er glaubt, daß es die an-Erweiterung eines s-Stammes germ. *waliz „Wahl" sei. Dies würde die schwache Form erklären, doch wäre walisa dann als Substantiv anzusehen, und die Bedeutung paßt wiederum nicht sehr gut zum Griechischen. Man könnte, was immer die Etymologie dieses Wortes sein mag, folgende Erklärung für die sdiwadie Form geben: Auch die drei nicht vokativischen Beispiele stehen dem Vokativ sehr nahe. T. 1,2 und Tit. 1,4 steht walisin barna in galaubenai γνησίφ τέκνφ έν πίστει. bzw. walisin barna bi gamainjai galaubeinai γνησίω τέκνφ κατά κοινήν πίστι,ν in der Eröffnungs- und Grußformel des Briefes, als Bezeichnung dessen, an den der Brief gerichtet ist. C. 3,12 steht weihans jah walisans in einem Imperativischen Satz, und obwohl das Griechische dazu keinen direkten Anlaß gibt, konnte der Übersetzer in άγιοι και ήγαπημένοι die Anrede derer sehen, an die der Befehl gerichtet ist, nicht als zu ώς gehörig. weiha Im Zusammenhang will ich gleidi auch die andern Fälle von substantivisch verwendetem weihs behandeln. I n s c h w a c h e r F o r m o h n e sa C. 3,12 (siehe oben); J. 18,13 (Kajafin) saei was auhumists weiha J)is atajjnjis. τοϋ Καϊάφα, δς ήν άρχιερεύς τοϋ ένιαυτοΰ έκείνου. Was dieses Beispiel betrifft, verweise ich auf das im ersten Teile unserer Untersuchung (S. 10 f.) Gesagte. Es ist übrigens der einzige Fall im Gotischen, wo die Form weiha eindeutig im Sinne von „Priester" vorkommt. Eine einzige weitere Stelle, die aber nicht ganz sicher ist, ist Sk. IVd 25 ij> anj>ar s weiha. Im Vorhergehenden war von der Lehre, nach der Ansicht der gotischen Theologen der Irrlehre, der Kirchenlehrer Sabellius (um 220 n. Chr.) und Marcellus 373 n. Chr.) die Rede, welche Wesenseinheit von Gott-Vater und Gott-Sohn behaupteten (IVd 17—24 ak du gatarhjan jah gasakan Jjo afgudon haifst. sabailliaus jah markelliaus: Jjaiei ainana ananan{)idedun qif>an attan jah sunu). Die Herausgeber vor Bennett nahmen im allgemeinen an, der »« Siehe zu diesem Wort F. Kluge, PBB 36 (1910) 224—227; Feist S. 87 f. 184 Der drittletzte Buchstabe ist allerdings zerstört.

90

Die Adjektive in substantivischer Funktion

Sdireiber habe a nach s vergessen, es sei zu lesen if> an£>ar sa weiha und ahma zu ergänzen. Bennetts Untersuchung des Codex hat jedoch klar gezeigt, daß s getilgt ist. Überdies macht die Interpunktion . nach weiha die Auffassung sa weiha ahma unmöglich (Bennett S. 92 f.). Die weiteren drei Möglichkeiten der Bedeutung von weiha: 1. „ich kämpfe", 2. „ich heilige", 3. Ν. A. Sg. f. st., Ν. A. PI. n. st. oder N. Sg. m. sw von weihs „heilig", sind an dieser Stelle nicht möglich oder weniger möglich als weiha „Priester, Kirchenmann" (Bennett S. 126 f.) ,87 . Sehr häufig ist die s c h w a c h e F o r m m i t s a , doch nur in den Briefen und stets im Plural. Im Griechischen steht ausnahmslos άγιοι mit Artikel: K. 16,15; k. 1,1; 8,4; 9,12; E. 1,1.15; 2,19; 3,8.18; 6,18; C. 1,26; Th.3,13; th. 1,10. Diese Heiligen werden immer im Zusammenhang mit der christlichen Gemeinde und ihren Gliedern erwähnt, es ist von einer „Steuer, die den Heiligen geschieht" die Rede (K. 16,1), vom „Mangel der Heiligen", der durch diese Steuer erfüllt wird (k. 9,12), es handelt sich offensichtlich um lebende Personen. Aufschluß über diese Heiligen geben zwei in der gotischen Bibel nicht überlieferte Stellen: R. 1,7 „den Liebsten Gottes und berufenen Heiligen" άγαπητοΐς θεοΰ, κ λ η τ ο ΐ ς ά γ ί ο ι ς und Κ. 1,2 „der Gemeinde Gottes zu Korinth, den Geheiligten in Christo Jesu, den berufenen Heiligen samt allen denen, die anrufen den Namen unsers Herrn Jesu Christi an allen ihren und unseren Orten" τη έκκλησίςι τοΰ •θεού τη οΰση έν Χριστφ Ίησοΰ, κ λ η τ ο ϊ ς ά γ ί ο ι ς , συν πδσιν τοις έπικαλουμένοις τό δνομα τοΰ κυρίου ημών Ίησοΰ Χρίστου έν παντί τόπφ αυτών και ημών. Es sind also besonders erwähnte Glieder der diristlichen Gemeinden oder die Gemeinden überhaupt18i, jedoch nicht „Priester" im Sinne des weiha J. 18,13. Die schwache Form dient also auch hier der Personenbezeichnung, und zwar ist es meines Erachtens sicher, daß diese Personenbezeichnung zum Adjektiv weihs gebildet wurde, im Gegensatz zu weiha J. 18,13. Im Griechischen liegen ja zwei ganz verschiedene Ausdrücke vor. Dies mußte der Übersetzer sehen, und deshalb war der Ausgangspunkt seines weiha in den beiden Fällen verschieden. Die „semantische Substantivierung" des Adjektivs weihs diente ihm zur Benennung von Personen, die zwar durch diese Eigenschaft charakterisiert wurden, aber nicht eigentlich „heilig" waren. 187

1M

Bennett spricht von vier Möglichkeiten, indem er das Nomen „Dorf" noch aufzählt. Dieses erscheint jedoch im Gotischen in der Form weihs n. mit G. Sg. weihsis (Mk. 8,23), D. Sg. weihsa usw. Nach Blass-Debrunner-Funk § 263 sind ot &γιοι „the holy ones = Christians".

Die schwachen Formen ohne sa, so, J>ata

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Wir könnten die Wendung {>ai weihans aber auch anders auffassen: Der gotische Übersetzer sah sich an diesen Stellen, wo konkrete, dem Apostel bekannte und, so darf man wohl sagen, am Herzen liegende Menschengruppen genannt werden, zur Verwendung des deiktischen Pronomens sa vor dem (syntaktisch) substantivierten Adjektiv weihs veranlaßt. Dann ergab sich aber zur Verwendung die schwache Form, wie im ersten Teile unserer Untersuchung dargestellt wurde (S. 39 f.). Ich möchte diese Auffassung vorziehen, und es gibt eine Stelle, die sie mir zu beweisen scheint. (Siehe unten S. 113 f.) Einen Fall von wirklichen Heiligen, die auch in einem den menschlichen Rahmen durchaus sprengenden Zusammenhang erwähnt werden, haben wir M. 27,52, wo beschrieben ist, wie sich nach dem Tode Christi die Gräber auftun und „viele Leiber der Heiligen, die da schliefen", aufstehen: jah managa leika f)ize ligandane weihaize urrisun, και πολλά σώματα των κεκοιμημένων άγιων ήγέρθη. Und hier steht die starke Form, obwohl, zwar nicht unmittelbar, das hinweisende Pronomen |)ize davorsteht. Die starke Form kommt zwar auch für die „Heiligen" der Briefe vor: R. 12,13; E. 1,18; 4,12; 5,3; C. 1,12; T. 5,10. An allen Stellen außer E. 5,3 und T. 5,10 hat das Griechische den Artikel. In zwei Fällen kann er als generisch angesehen werden (E. 1,18 und C. 1,12). An diesen Stellen und an einer der artikellosen, nämlich E. 5,3 kann auch den „Heiligen" eine allgemeine Bedeutung zugeschrieben werden. Es ist nicht die Rede von bestimmten Gliedern der Gemeinde und ihren Bedürfnissen und Rechten, sondern von der geistlichen Herrlichkeit, welche alle Auserwählten, Berufenen Gottes erwartet: E. 1,18 AB ei witeij) jus loa ist wens la|>onais is, h)ileiku(h) gabei wulfjaus arbjis is in weihaim είς τό είδέναι υμάς τις έστιν ή έλπίς της κλήσεως αύτοϋ και τίς δ πλούτος της δόξης της κληρονομιάς αύτοϋ έν τοις άγίοις. C. 1,12 awiliudondans attin saei laJ>oda izwis du dailai hlautis weihaize in liuhada[i] (Α, Β liuhada) εύχαριστοΰντες τφ πατρί τω ίκανώ σαντι υμάς ε'ις την μερίδα τοΰ κλήρου των άγιων έν τφ φωτί, oder vom Lebenswandel, der den Berufenen zukommt: E. 5,3.4 Β afjJjan horinassus jah alios unhrainijjos aif>f>au faihufrikei nih namnjaidau in izwis, swaswe gadob ist weihaim, 4 aifjjpau dwalawaurdei aij>|>au saldra, J)oei du paurftai ni fairrinnand, ak mais awiliuda. πορνεία δέ και πάσα άκαθαρσία ή πλεονεξία μηδέ όνομαζέσθω έν ύμϊν, καθώς πρέπει άγίοις, 4 και αισχρότης ή μωρολογία η ευτραπελία, τά ουκ άνήκοντα, άλλα μάλλον ευχαριστία. Für die anderen Stellen läßt sich jedoch ein solcher Bedeutungsunterschied nicht nachweisen. R. 12,13 ist von der „Notdurft der Hei-

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ligen" die Rede, k. 9,1 „von soldier Steuer, die den Heiligen geschieht", E. 4,12 „daß die Heiligen zugerichtet werden zum Werk des Dienstes, dadurch der Leib Christi erbaut werde", T. 5,10 von einer Witwe, die ein Zeugnis guter Werke hat, „so sie der Heiligen Füße gewaschen hat". Dies sind jedoch 4 Stellen gegen 14 mit schwacher Form, und ich glaube nicht, daß sie die oben dargelegte Aufassung erschüttern, sondern sie sind eher eine Bestätigung für die Ableitung der Form weiha der Briefe vom Adjektiv weihs im Gegensatz zu auhumists weiha J. 18,13. Weshalb aber der gotische Übersetzer in diesen Fällen starke Form gebrauchte, während er es in parallel gebauten Beispielen sogar angebracht fand, das deiktische f>aim, J>ans usw. zu setzen, weshalb auch im Griechischen T. 5,10 kein Artikel steht — dies sind Freiheiten und Beweglichkeiten der Sprache, die sich der Argumentation entziehen. An der Stelle, von der wir ausgegangen sind, C. 3,12, ist weihans άγιοι wohl in dem allgemeinen Sinne (wie E. 1,18; 5,3; C. 1,12) aufzufassen, als die von Gott berufenen Heiligen, die Stelle paßt zu E. 5,3, indem auch C. 3,12 von der Gesinnung und vom Lebenswandel, der den von Gott Berufenen zukommt, die Rede ist. Die schwache Form möchte ich daher wie die von walisans darauf zurückführen, daß der Übersetzer άγιοι και ήγαπημένοι als Anrede faßte. Es bleiben noch zwei Fälle von schwachem weiha zu besprechen: L. 4,34 kann |)uk, tuas is, sa weiha gudis. Mk. 1,24 kann J>uk, Puas JJU is, sa weiha gudis. (Parallelstelle). Gr. beide Male οίδά σε τις εΐ, δ άγιος τοϋ θεοϋ, womit der von einem unsauberen Geist Bessesene Jesus anredet. Doch ist δ δγιος τοϋ θεοΰ nicht als Vokativ aufzufassen (siehe ζ. B. Luthers Übersetzung „Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes."). Sicher ist, daß weiha zum Adjektiv weihs gebildet ist, der von Gott gesandte Heilige, durch das deiktische sa deutlich auf eine bestimmte, körperlich anwesende Person bezogen. Deudich erkennen läßt sich der Bedeutungsunterschied, der zwischen den substativisch verwendeten starken Formen und substantivischen schwachen besteht, bei zwei Adjektiven, die beide Fälle in einer ausreichenden Zahl von Beispielen zeigen, nämlich b l i n d s „blind" und d a u | > s „tot". Nur einmal erscheint sw. b 1 i n d a ohne weitere Bestimmung: Mk. 8,22 berun du imma blindan φέρουσιν αύτω τυφλό ν, sonst heißt es twai blindans δύο τυφλοί (Μ. 9,27), blinda sums τυφλός τις 189

CA für Barteimaius. Vgl. Streitberg, Elementarbudi, § 24 Α.

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(L. 18,35), Barteimaiaus189 blinda Βαρτιμαϊος ό τυφλός (Mk. 10,46). In diesen drei Fällen sind deutlich bestimmte, einzelne Personen gemeint, durch ihre Haupteigenschaft, die Blindheit, bezeichnet, wobei jedoch andere charakteristische Züge, wie Arm-Sein, Betteln miteinbeschlossen sind. Siehe L. 18,35 blinda sums sat faur wig du aihtron. τυφλός τις έκάθητο παρά τήν όδόν προσαιτών. Dieselbe Vorstellung eines konkreten Menschen, den man durch die Eigenschaft „blind" bezeichnet, hatte der gotische Übersetzer auch Mk. 8,22 — obwohl im Griechischen kein Artikel steht. Er sah in τυφλόν die Bezeichnung einer Person, nicht einer „bestimmten" oder „schon erwähnten", doch eines konkreten Individuums, blinda heißt eben nicht nur „der Blinde", sondern auch „ein Blinder". Die Fälle von s t a r k e m substantiviertem b l i n d s sind folgende: M. 11,5 blindai ussailvand τυφλοί άναβλέπουσι und L. 7,22 (Parallelstelle) Jjatei blindai ussaihjand δτι τυφλοί άναβλέπουσιν, beide Male am Anfang einer Reihe von andern Wundern, die Jesus wirkte: M. 5,11 jah haltai gaggand, Jjrutsfillai hrainjai wairfiand, jah baudai gahausjand, jah daufjai urreisand, jah unledai wailamerjanda και χωλοί περιπατοΰσι, λεπροί καθαρίζονται και κωφοί άκούουσι, και νεκροί έγείρονται και πτωχοί ευαγγελίζονται. L. 7,22 haltai gaggand, J)rutsfillai gahrainjanda, baudai gahausjand, naweis urreisand, unledai wailamerjanda; χωλοί περιπατοϋσιν, λεπροί καθαρίζονται, κωφοί άκοΰουσιν, νεκροί έγείρονται, πτωχοί ευαγγελίζονται. Hier ist nicht wichtig, daß blinde Individuen, Personen geheilt wurden, sondern die reine Eigenschaft als solche·, „sie waren blind" (und Jesus gab ihnen die Sehkraft) soll ausgedrückt werden, die Macht Christi nicht über blinde Menschen, sondern über die Blindheit als solche ist das göttliche Wunder. Denselben Sinn haben die Beispiele J. 10,21 ibai mag unhulf>o blindaim augona uslukan? μή δαιμόνιον δύναται τυφλών όφθαλμούς άνοίγειν; L. 4,19 merjan . . . blindaim siun κηρϋξαι . . . τυφλοϊς άνάβλεψιν und L. 7,21 bindaim managaim fragaf siun190 τυφλοΐς πολλοίς έχαρίσατο βλέπειν. Ein Beispiel im Singular findet sich L. 6,39: ibai mag blinds blindana tiuhan? niu bai in dal gadriusand? μήτι δύναται τυφλός τυφλόν δδηγεΐν; ουχί αμφότεροι είς βόθυνον πεσοΰνται; Nicht von konkreten Einzelwesen ist hier die Rede, es soll gerade nicht eine ganze Person bezeichnet werden. Es ist ja nicht undenkbar, daß ein blinder Mensch im gegebenen Falle imstande ist, einen andern Blinden ΙΌ Man kann in dem Sinne von indefiniter Bedeutung sprechen, als nicht bestimmte Einzelne oder Gruppen bezeichnet werden. Aber sidier nicht im Sinne von G. O. Curme, JEGPh 9 (1910) 443, welcher glaubt, daß blindai ussaifoand M. 11,5 und die andern Ausdrücke dieses Typus bedeuten „a number who were blind now see" etc.

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Die Adjektive in substantivischer Funktion

zu führen. Doch diese Aussage ist ganz abstrakt, wichtig daran ist, daß an sich die Eigenschaft der Blindheit unfähig macht, einen zu führen, der diese Eigenschaft auch hat. blinds könnte durch ein anderes Adjektiv, das derselben Bedeutungsphäre angehört, ersetzt werden (ζ. B. baups, stamms), denn es ist ja ein Gleichnis (V. 39 qapuh pan gajukon im: ibai mag etc. είπεν δέ παραβολήν αύτοϊς· μήτι δύναται κτλ.). Auch die beiden Α. PI. m. L. 14,13 und 21 möchte ich als starke Formen auffassen. Beide Male steht das Adjektiv in einer Aufzählung: L. 14,13 hait unledans, gamaidans, haltans, blindans κάλει πτωχούς, αναπήρους, χωλούς, τυφλούς, und V. 21 unledans jah gamaidans jah blindans jah haltans attiuh hidre. τους πτωχούς και αναπήρους και τυφλούς και χωλούς είσάγαγε ώδε. Es soll ausgesagt werden, daß der Fromme diejenigen, die schwach und benachteiligt sind, zu Tische laden solle. Nicht einzelne Personen mit ihren Gebredhen werden genannt, sondern virtuell alle, die arm, verkrüppelt, lahm und blind sind. (Der griechische Artikel V. 21 ist generisch, er nimmt nicht Bezug auf V. 13.) Wie grenzen sich aber die Fälle von blinda ohne sa gegen diejenigen von b l i n d a m i t s a ab? In dem Beispiel M. 9,28 qimandin pan in garda duatiddjedun imma pai blindans jah qap im Iesus έλθόντι δέ ε'ις την οικίαν προσήλ·θον αύτφ οι τυφλοί, και λέγει αύτοΐς δ 'Ιησούς ist J>ai anaphorisch: Im vorhergehenden Vers heißt es jah luarbondin Iesua jainf>ro, laistidedun afar imma twai blindans και. παράγοντι έκεϊθεν τψ Ιησού, ήκολούθησαν αύτφ δύο τυφλοί, und auf diese zwei Blinden weist J>ai in V. 28 hin. Bei Wiederaufnahme von schon Erwähntem wird im Gotischen regelmäßig sa, so, J>ata verwendet. (Siehe Kapitel 2.2.3, S. 104—107). Ganz gleich ist das Verhältnis Mk. 8,23 fairgreipands handu Jjis blindins: V. 22 steht berun du imma blindan. έπιλαβόμενος της χειρός τοΰ τυφλού bzw. φέρουσιν αύτω τυφλόν. Ebenso Mk. 10,49 wopidedun Jjana blindan φωνούσιν τον τυφλόν und 51 φ sa blinda qap du imma ό δέ τυφλός είπεν αύτφ: pana und sa beziehen sich auf den V. 46 genannten sunus Teimaiaus Barteimaiaus blinda. J. 9,6 gasmait imma ana augona j>ata fani pamma blindin έπέχρισεν αύτοϋ τον πηλόν έπί τούς οφθαλμούς τοΰ τυφλού ist pamma notwendig, weil der Blinde V. 1 genannt wurde: Jah pairhgaggands gaumida mann blindamma us gabaurpai. Και παράγων είδεν ανθρωπον τυφλόν έκ γενετής, (imma bezieht sich ebenfalls auf den Binden, wie im Griechischen αύτοϋ. Das Gotische übersetzt nämlich eine griechische

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Fassung, in der zwei Lesarten verschmolzen sind: τον πηλόν έπί τους οφθαλμούς τοϋ τυφλού und αύτοϋ τον πηλόν επί τους όφθαλμούς (siehe Streitberg, Bibel, S. 46). J. 9,17 qejjunuh du J>amma faurf>is blindin aftra λέγουσιν τω τυφλώ πάλιν. £>amma bezieht sich auf J)ana saei was blinds τόν ποτε τυφλόν V. 13. Daß der Übersetzer den Anschluß deutlich machen wollte, geht auch daraus hervor, daß er ποτέ aus V. 13 bezog und im Gotischen als faurfns in V. 17 zufügte (siehe Streitbergs Anmerkung zur Stelle, Bibel, S. 49). Weniger klar ist J. 11,37 niu mahta sa izei uslauk augona fjamma blindin gataujan ei jah sa ni dadaufmodedi? ουκ ήδύνατο ούτος ό άνοίξας τους όφθαλμούς τοϋ τυφλοϋ ποιήσαι ίνα και ούτος μή άποθάνχμ Denn es wird im Vorhergehenden nicht von einem Blinden gesprochen. Der gotische Übersetzer hatte wohl die Auffassung, daß der im 9. Kapitel vorkommende Blinde gemeint sei, und dies erklärt den Gebrauch des Pronomens. d a u J) s Die Illustration des Unterschiedes zwischen der starken und der schwachen Form von daups in substantivischer Funktion müssen wir zwar mit einem Beispiel beginnen, wo die sdiwache Form mit sa versehen ist und attributiv aufgefaßt werden kann; doch ist es ebenso einleuchtend, sie substantivisch und als Apposition zu betrachten. J. 12,1 steht: fjarei was Lazarus sa daupa, Jjanei urraisida us daupaim Iesus δπου ήν Λάζαρος ό τεθνηκώς δν ήγειρεν έκ νεκρών ό 'Ιησούς. Wir dürfen uns hier nicht vom Unterschied zwischen ό τεθνηκώς und νεκρός leiten lassen, der gotische Übersetzer gab mit den Mitteln seiner Sprache einer anderen Bedeutungsnuance Ausdrude: dauf)a ist der individuelle Tote als lebloser Körper, als Leichnam, die starke Form daujis dagegen drückt die Eigenschaft „tot" abstrakt, losgelöst vom einzelnen Körper aus. Die Wendung urraisida us dauJJaim könnte daher geradezu mit „er erweckte vom Tode" übersetzt werden191, us daufyaim kommt überaus häufig vor: llmal in den Evangelien, 12mal in den Briefen, stets mit der selben Bedeutungsschattierung und im selben Zusammenhang: us daupaim urreisan, urraisjan, usstandan, usstass us dau]baim, einmal (R. 11,15) libains us dauj)aim, einmal (R. 10,7) us daujiaim iup ustiuhan. Im Griechischen steht immer έκ 151

Siehe z. Β. K. 15,21 unte auk f>airh mannan daupus, jah ßairh mannan usstass daupaize; έπειδή γαρ δι' άνθρωπου ό θάνατος, χαΐ δι' άνθρώπου άνάστασις νεκρών.

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Die Adjektive in substantivischer Funktion

νεκρών (έγείρειν, έγείρεσθαι, άναστήναι, ή (έξ)ανάστασις ή έκ νεκρών, ζωή έκ νεκρών R. 11,15, έκ νεκρών άναγαγεΐν R. 10,7), außer Μ. 27, 64 urrais us daujjaim ήγέρθη άπό τών νεκρών und C. 1,18 frumabaur us daupaim πρωτότοκος έκ τών νεκρών. usstass wird auch mit dem bloßen D. PI. (K. 15,12.13) oder G.Pl. verbunden (K. 15,21; im Griechischen immer G. PL), das Adjektiv hat dabei stets die starke Form. Diese erscheint auch regelmäßig bei der Gegenüberstellung von Lebendigen und Toten: L. 20,38 a£>J)an guj) nist dau])aize, ak qiwaize; θεός δέ ούκ εστίν νεκρών άλλα ζώντων, und in der Parallelstelle Mk. 12,27 nist guj> dau|>aize, ak qiwaize. ούκ εστίν ό θεός νεκρών άλλα θεός ζώντων. R. 14,9 jah qiwaim jah daufjaim fraujinof). και νεκρών και ζώντων κυριεύσει. Daher ist wohl audi der Α. PI. m. t. 4,1 als stark anzusehen: saei skal stojan qiwans jah daufjans τοΰ μέλλοντος κρίνειν ζώντας και νεκρούς. Auch als Objekt von qiujan ist das substantivierte Adjektiv meines Erachtens als stark aufzufassen. Denn wieder ist nicht das Wirken Jesu (oder Gottes) an einzelnen toten Menschen das Entscheidende, sondern sein Sieg über den Tod als solchen. Es sind folgende Stellen: Sk. Vb 9—12 (Jesus) galeikonds Jjamma faur|)is gaquiujandin dauf>ans (Gott); E. 2,5 jah wisandans uns daujians frawaurhtim mijigaqiwida uns Xristau και δντας ήμδς νεκρούς τοις παραπτώμασιν συνεζωοποιησεν τφ Χριστφ. Wahrscheinlich ist audi Jah izwis wisandans dau|>ans missadedim jah frawaurhtim izwaraim Και ύμδς δντας νεκρούς τοις παραπτώμασιν και ταΐς άμαρτίαις υμών V. 1 Objekt von mijjgaqiwida, doch ist der Zusammenhang stark durchbrochen, indem sich zwei Relativsätze an missadedim jah frawaurhtim izwaraim anschließen (V. 2 und V. 3), worauf das Subjekt des Satzes in V. 4 genannt wird: φ guf>, gabigs wisands in armahairtein . . . . δ δέ θεός πλούσιος ών έν έλέει . . . . C. 2,13 jah izwis daufjans wisandans missadedim jah unbimaita leikis izwaris mifjgaqiwida mi{> imma και ύμδς νεκρούς δντας τοις παραπτώμασιν καΐ τη άκροβυστίςι της σαρκός ύμών συνεζωοποίησεν συν αύτφ. Die Bestimmungen „tot durch Missetaten, Sünden, Nidhtbesdmeidung des Körpers" bestätigen unsere Auffassung, denn sie lassen nur eine übertragene Bedeutung von dauj)s zu, und diese hat die schwache Form nie, da sie stets ein konkretes Individuum meint.

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Schwaches d a u ]D a o h n e sa kommt nur im 15. Kapitel des 1. Korintherbriefes vor1®2, jedoch mehrmals und in sehr typischem Zusammenhang. V. 16 jah jabai auk dauj>ans ni urreisand, nih Xristus urrais. εί γαρ νεκροί ουκ εγείρονται, ουδέ Χριστός έγήγερται. V. 12 und V. 13 finden sich die Wendungen Jjatei urrais us dauf>aim, usstass dauj)aim, mit der oben besprochenen Bedeutung. Im Gegensatz zu dieser jedoch ist V. 16 von den einzelnen Toten die Rede, sie werden als körperliche Wesen evoziert. So auch V. 29: aif)])au h)a waurkjand f>ai daupjandans faur daujjans, jabai allis dauJjans ni urreisand? dulue daupjand faur ins? έπεί τί ποιήσουσιν ol βαπτιζόμενοι υπέρ των νεκρών; εί ολως νεκροί ούκ εγείρονται, τί και βαπτίζονται υπέρ αυτών; (das Gotische weicht hier vom griechischen Text in der Interpunktion ab, was jedoch keine Veränderung des Sinnes herbeiführt). Auch A. PI. m. faur dau|>ans ist als schwach anzusehen, in beiden Fällen sind die Toten persönlich gefaßt. Und daß die ganze Partie persönlich und menschlich konkret gefärbt ist, zeigt sich auch V. 32: qabai bi manna(m) du diuzam waih in Aifaison, Ιυο mis boto jabai daufians ni urreisand? matjam jah drigkam, unte du maurgina gaswiltam. εί κατά ανθρωπον έθηριομάχησα εν Έφέσφ, τί μοι τό δφελος, εί νεκροί ούκ έγείρονται; φάγωμεν και πίωμεν, αΰριον γαρ άποθνήσκομεν. Dieses Kapitel legt weiter dar, daß der natürliche Leib stirbt, daß er sich aber in einen geistlichen verwandelt, welcher des ewigen Lebens teilhaftig wird (von V. 35 an). Deshalb ist das Substantiv dauj>a, welches den körperlich einzelnen Toten bezeichnet, ganz adäquat V. 35: akei qij>if>s sums: luaiwa urraisand daufjans? άλλ' έρεΐ τις· πώς έγείρονται οί νεκροί; Der Fragende ist eben ganz in den Vorstellungen des körperlichen Todes befangen. Klar und deutlich bietet sich der Gegensatz dar V. 52: jah daujians urreisand unriurjai, jah weis immaidjanda. και οί νεκροί άναστήσονται άφθαρτοι, και ημείς άλλαγήσομεθα. Es braucht wohl kaum wiederholt zu werden, daß die schwachen Formen nicht durch den griechischen Artikel verursacht sind. Die Fälle mit und die ohne Artikel halten sich im Griechischen genau die Waage, und es ist stets der generische Artikel. Gleich geartet, auch inhaltlich, wie die zuletzt erwähnte Stelle, ist Th. 4,16 dau{>ans J>ai in Xristau usstandand faur{)is. οί νεκροί έν 192

Keineswegs wie Jellinek schreibt (Geschichte der gotischen Sprache, $157 Anm. 2) „Neben daufiai urreisand M. 11,5 steht häufiger dauf>ans u., usstandand'.

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Die Adjektive in substantivischer Funktion

Χριστώ άναστήσονται πρώτον. Die Stellung des Pronomens ist auffallend, besonders da das Griechische hier den Artikel vor έν Χριστφ nicht wiederholt193. Ich sehe die Erklärung darin, daß im Gotischen ein Artikel vor daujjans ganz unnötig war, wie in den Fällen aus K. 15, daß aber das Demonstrativum nach daufjans darauf hinweist, daß in Xristau zu dau£>ans gehört. Denn ein Substantiv von der Art wie dauj)a weist in keiner Beziehung über sich hinaus, so daß dieser Hinweis notwendig ist. Wenn daujja sich auf einen vorhergenannten Menschen bezieht, muß es mit sa versehen werden. Dies ist in dem oben (S. 95) besprochenen Beispiel J. 12,1 der Fall, ebenso J. 11,39 qaf> du imma swistar J)is daupins MarJ>a λέγει αύτω ή άδελφή τοΰ τεθνηκότος Μάρθα und 44 jah urrann sa daufta και έξήλθεν δ τεθνηκώς. Stets ist mit sa dau|)a Lazarus gemeint, von welchem von V. 11 an die Rede ist. Weniger klar einzusehen ist die Setzimg von sa in den Parallelstellen M. 8,22 und L. 9,60: φ Iesus qaj) du imma: laistei afar mis jah let pans dau|>ans (ga)filhan seinans daufjans. δ δέ Ίησοΰς εϊπεν αύτω· ακολουθεί μοι, και αφες τούς νεκρούς θάψαι τούς εαυτών νεκρούς. bzw. qaf) |>an du imma Iesus: let jjans daufjans usfilhan seinans nawins: φ J>u gagg jah gaspillo füudangardja gudis. εϊπεν δέ αύτφ δ Ίησοϋς - αφες τούς νεκρούς θάψαι τούς εαυτών νεκρούς, σύ δέ άπελθών διάγγελλε την βασιλείαν τοΰ θεοΰ. Zwar ist an beiden Orten im vorhergehenden Vers von einem bestimmten Toten die Rede, welcher beerdigt werden soll: M. 8,21 anfjaruh f>an siponje is qaj> du imma: frauja, uslaubei mis frumist galeifjan jah gafilhan attan meinana. ετερος δέ των μαθητών αύτοϋ εϊπεν αύτω· κύριε, έπίτρεψόν μοι πρώτον άπελθεϊν καΐ θάψαι τόν πατέρα μου. L. 9,59 qa|) {»an du anjjaramma: laistei mik; if) is qa]b: frauja, uslaubei mis galeif>an faurjjis jah usfilhan attan meinana. ειπεν δέ προς ετερον· άκολούθει μοι. δ δέ είπεν· κύριε, έπίτρεψόν μοι άπελθόντι πρώτον θάψαι τόν πατέρα μου. Doch nimmt der griechische Artikel nicht auf diesen Bezug, sondern meint allgemein „die Toten" — ein Fall, wo doch das Gotische kein Pronomen setzt. Den Akkusativ seinans dauftans M. 8,22 könnte man als zu dauf>a gehörend auffassen, denn es handelt sich doch ausgesprochen um die einzelnen toten Körper. Aus diesem Grunde aber paßt dauf>a schlecht für das Subjekt von gafilhan bzw. usfilhan. Man muß sich natürlich klar sein, daß es sich um eine bildliche Redeweise handelt, doch dann würden wir eher starke Formen und kein Pronomen erwarten. 193

Siehe dazu Blass-Debrunner-Funk § 272. Einige Handsdiriften haben ot νεκροί ot έν Χριστφ, siehe Streitberg, Bibel, S. 400.

Die schwachen Formen ohne sa, so, f>ata

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Auf diese Stellen kommen wir bei der Besprechung der mit sa, so, {jata versehenen Adjektive in substantivischer Funktion (S. 113 f.) zurück. unhul|>o, unhulfja Dies ist nach Delbrück, IF 26 (1909) 195 audi ein alter substantivischer Typus, nicht ein substantiviertes Adjektiv. Bei diesem Wort ist seine Auffassung meines Erachtens besonders berechtigt. Denn weshalb hätte der gotische Übersetzer das Adjektiv gerade in der femininen Form substantiviert, wo es dodh stets für das Neutrum δαιμόνων gebraucht wird194. Die Auffassung des δαιμόνιον als einer unhuljjo, einer Unholdin, führt auf eine sehr alte Schicht des gotischen Sprachlebens zurück. Dieser Ansidit ist auch F. Kaufmann, PBB 18 (1894) 151: ursprünglich sei ein substantivisches Femininum got. unhuljio, ahd. unholda, mhd. unholde, welches durch die gotische und die deutsche Form für das heidnische Altertum bezeugt sei. unhulJ>o ist eine Bildung von derselben Art wie qijjuhafto, inkiljjo, ainoho (ainaho). Ein Adjektiv *unhulps ist im Gotischen nicht bezeugt, nur einmal findet sich hulj)s in prädikativer Stellung: L. 18,13 guj>, hul|>s sijais mis frawaurhtamma. δ θεός, ίλάσθητί μοι τφ άμαρτωλφ. Schwach *hulj>a ist ebenfalls nicht bezeugt. unhulfio kommt 32mal ohne deiktisches Pronomen vor: M. 7,22; 9,33.34 (zwei Mal); J.7,20; 8,48.49.52; 10,20.21 (zwei Mal); L. 4,33.41; 7,33; 8,2.27.30.35; 9,1.49; 10,17; Mk. 1,32.34.39; 3,15. 22; 6,13; 7,29.30; 9,38; 16,9; T.4,1 5mal mit Pronomen: L.8,38; Mk. 1,34; 3,22; 5,12; 7,26. In letzteren Fällen zeigt das Griechische stets den Artikel, in ersteren kommen beide Möglichkeiten vor. An den 5 Stellen läßt sich die Setzung des Pronomens gut erklären: L. 8,35 fxana mannan af |>ammei unhulpons usiddjedun 38 sa wair af |>ammei pos unhulpons usiddjedun 35 τον ανθρωπον, άφ' οΰ τά δαιμόνια Ιξεληλΰθει 38 ό άνήρ άφ 'ου τά δαιμόνια έξεληλύθει. Mk. 1,34 unhulpons managos uswarp jah ni fralailot rodjan pos unhulpons unte kunpedun ina. δαιμόνια πολλά έξέβαλεν και ουκ ηφιεν λαλεΐν τά δαιμόνια, οτι ηδεισαν αυτόν. Mk. 3,22 Jjatei Baiailzaibul habaij), jah fiatei in f>amma reikistin unhulpono uswairpij) pairn unhulpom. δτι Βεελζεβούλ εχει, και οτι έν τφ αρχοντι των δαιμονίων έκβάλλει τά δαιμόνια. 1,4

Die einzige Ausnahme ist Mk. 5,12 alios f>os unhulpons πάντες ol δαίμονες gegen 34 Stellen, wo unhulpo (mit und ohne Pronomen so) δαιμόνιον übersetzt. J. 10,21 entspricht unhulpon habandins gr. δαιμονιξομένου, Mk. 1,32 (allans pans...) unhulpons habandans gr. (πάντας) . . . τούς δαιμονιζομένους.

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Zur maskulinen Form reikistin siehe unten über sa unhulj>a. Ich glaube jedoch, daß sich reikistin auf Baiailzaibul bezieht, daß aber Beelzebub sehr wohl der oberste der feminin aufgefaßten Teufel sein kann. Mk. 5,12 alios |)Os unhulJ>ons (Subjekt) πάντες ol δαίμονες. Von V. 2 an ist von einem Mann die Rede, der von einem unreinen Geist besessen ist: manna . . . in ahmin unhrainjamma άνθρωπος έν πνεύματι άκαθάρτψ. V. 9: jah qaj) du imma (dieser Mann): namo mein Laigaion, imte managai sijum. και λέγει αύτω· λεγεών δνομά μου, δτι πολλοί έσμεν. (Vgl. L. 8,30 f>aruh qaj>: harjis; unte unhulpons managos galifjun in ina. δ δε είπεν -λεγεών, οτι δαιμόνια πολλά εϊσήλθεν εις αυτόν.) Auf diesen unreinen Geist bzw. diese vielen unreinen Geister bezieht sich |)os V. 12. Mk. 7,26 ei |)o unhulfjon uswaurpi ίνα τό δαιμόνιον έκβάλη. f>o unhulpo ist der in V. 25 stehende ahma unhrains: qino . . . Jjizozei habaida dauhtar ahman unhrainjana. γυνή . . . ής ειχεν τό θυγάτριον αυτής πνεϋμα άκάθαρτον. Maskulines unhulf)a dagegen ist nach Kauffmann loc. cit. eine christliche Neuerung. Als Übergang dürfen Konstruktionen προς τό σημαινόμενον angesehen werden wie M. 9,33 jah bif)e usdribans warj) unhulpo και έκβληθέντος τοΰ δαιμονίου, Μ. 9,34 in faurama|>lja unhulf)ono (D. Sg. von fauramaj)leis, mask. ja-Stamm „Vorsteher, Gebieter") έν τφ δρχοντι των δαιμονίων und Mk. 3,22 in f)amma reikistin unhuljjono έν τψ αρχοντι των δαιμονίων. Es ist gut einzusehen, daß der gotische Übersetzer zur Wiedergabe von δ διάβολος und δ σατανας eine maskuline Form setzen wollte. In den Briefen steht unhulfja stets für δ διάβολος : Ε. 4,27; Τ. 3,6.7; 6,9 (Zusatz im Gotischen nach T. 3,7); t. 2,26 und als Glosse zu diabulaus τοΰ διαβόλου Ε. 6,11, einmal für δ σατανάς Κ. 5,5. Für δαιμόνια dagegen steht wie zu erwarten unhuljions T. 4,1. In den Evangelien kommt unhulf>a nur M. 25,41 für δ διάβολος vor. sa unhul{>a kommt 4mal im Lukasevangelium vor (das Demonstrativpronomen ist in allen Fällen durch die enge Beziehung auf den vorher genannten ahma unhrains zu erklären), doch steht es für τό δαιμόνιον (4,35; 8,33 und 9,42), einmal für δ δαίμων (8,29). Dies muß als Unregelmäßigkeit, als Anzeichen des neuen Sprachgebrauches betrachtet werden. Wie sehr beide Formen hier durcheinandergehen, sieht man daran, daß 8,29 und 33 sa unhulf>a verwendet ist, 8,35 dagegen unhuljjons, 8,38 }>os unhul|>ons.

Die schwachen Formen ohne sa, so, J)ata

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taihswa Die etymologische Parallelität mit entsprechenden Bildungen in den verwandten Sprachen weist darauf hin, daß taihswa- primär ein Adjektiv ist, mit dem Suffix -wo- gebildet195. Es ist kaum möglich zu entscheiden, ob stark taihswa f. (nur Mk. 16,5 in taihswai έν τοις δεξιοΐς, C. 3,1 intahswai έν δεξιφ) und schwach taihswo f. als syntaktische oder semantische Substantivierungen zu betrachten sind. In beiden Fällen liegt Beziehung auf die Substantive handus f. „Hand" oder fern f. „Seite" zugrunde, daher das feminine Genus. taihswo erscheint substantivisch nur ohne Pronomen so, und zwar M. 6,3; L. 1,11; 20,42; Mk. 10,37.40; 12,36; 14,62; 15,27; R. 8,34: E. 1,20. Das Überwiegen der schwachen Form erklärt sich durch die absolute Bestimmtheit des Adjektivs, die durch sein Zweierverhältnis zu hleiduma „link", hleidumei „Linke" gegeben ist. hauhista L. 1,32 sah wairf)if) mikils jah sunus hauhistins haitada ούτος εσται μέγας και υίός υψίστου κληθήσεται. 35 ahma weihs atgaggijj ana J)uk, jah mahts hauhistins ufarskadweid J)us πνεϋμα αγιον έπελεύσεται έπί σε, και δύναμις ύψιστου επισκιάσει σοι. 76 jah J)u, barnilo, praufetus hauhistins haitaza; και σύ, παιδίον, προφήτης υψίστου κληθήσβ. L. 6,35 wairjji|) sunjus hauhistins, unte is gods ist J>aim unfagram jah unseljam. εσεσθε υίοί υψίστου, δτι αυτός χρηστός έστιν έπί τούς άχαρίστους και πονηρούς. Dies ist kaum eine so alte Substantivierung wie blinda, dauf>a etc. Anderer Ansicht ist R. Wagner196, welcher hauhista als echtes Superlativsubstantiv betrachtet wie ζ. B. sinista. hauhista als „der Höchste", nämlich Gott-Vater, hat die n-stämmige, substantivische Form, weil die Eigenschaft auf einen Träger als ihm konstant zugehörig fest bezogen ist. Es ist in diesen Anwendungen von hauhista ebenso wichtig, den Träger zu nennen, wie die Eigenschaft auszusagen. Auch L. 8,28 sunau (Vokativ) gudis hauhistins und an der Parallelstelle Mk. 5,7 sunau gudis f)is hauhistins, griechisch beide Male \>1έ 195

196

Feist S. 471; H. Frisk, Griechisches etymologisches Wörterbuch, S. 366 f.; ferner M. Mayrhofer, Kurzgefaßtes etymologisches Wörterbuch des Altindischen, S. 10 f. Die Syntax des Superlativs im Gotischen, Altniederdeutschen, Althochdeutschen, Frühmittelhodideutsdien, im Beowulf und in der älteren Edda, Berlin 1910, S. 7.

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Die Adjektive in substantivischer Funktion

τοΰ Φεοΰ τοΰ υψίστου, ist hauhista meines Erachtens substantivisdi und als Apposition aufzufassen, nicht als adjektivisches Attribut. Letzteres wäre sogar widersinnig. Denn es wird ja eben nicht ausgedrückt „der höchste Gott", welches äquivalent ist dem Ausdrude „der Höchste der Götter", sondern „der Höchste, nämlich Gott". (Luther übersetzt denn auch „du Sohn Gottes, des Allerhöchsten"). Von den schwachen Adjejktiven ohne sa, so, |>ata in substantivischer Verwendung bleiben uns noch die N e u t r a zu besprechen. Es sind folgende Stellen: R. 8,38 L. 4,29 L. 1,2 Κ. 4,3 Ε. 4,9

nih andwairfjo nih anawair|>o (Subjekt) οΰτε ένεστώτα ουτε μέλλοντα und auhmisto f)is fairgunjis εως όφρύος τοΰ ορούς fram frumistin απ' άρχής in minnistin είς έλάχιστον in undaraisto airpos ε'ις τά κατώτερα μέρη της γης (vgl. oben S. 45 mit Anm. 119).

a) D i e S u p e r l a t i v e Es gibt im Gotischen nur einen (unsicheren) Fall eines starken neutralen Superlativs in substantivischer Stellung (Mk. 5,23, Näheres siehe unten S. 103). Sonst wird diese Form als Adverb gebraucht197, also in einer im Vergleich zur adjektivischen und substantivischen abstrakten Verwendung. Bei dem Beispiel, welches Wagner als starken neutralen Superlativ in substantivischer Stellung anführt (op. cit. S. 38, S. 47), hat er dem Text offenbar nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt: t. 2,6 arbaidjands air|>os waurstwja skal frumist akrane andniman. τόν κοπιώντα γεωργόν δει πρώτον των καρπών μεταλαμβάνειν. Der Zusammenhang macht deutlich, daß sich „zuerst" auf den Ackermann bezieht; vgl. ζ. Β. V 5 έάν δό και άθλη τις, ού στεφανοϋται, έάν μη νομίμως άθλήση. Luther übersetzt „Und so jemand auch kämpft, wird er doch nicht gekrönt, er kämpfe denn recht. Es soll aber der Ackermann, der den Acker baut, die Frucht am ersten genießen." frumist muß Adverb sein, weil es waurstwja zugeordnet ist. Wagner ließ sich wohl dadurch irreführen, daß bei der Übersetzung von frumist als Adverb andniman kein Akkusativobjekt hat. In der Tat wird andniman in der überwiegenden Zahl der Fälle mit dem Akkusativ verbunden, dies zeigt sich, wenn man die in Streitbergs 197

Wagner op. cit. S. 75; Braune-Ebbinghaus % 212 Anm. 4; W. Krause, Handbuch des Gotischen3, § 194 Anm.

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Glossar aufgeführten Stellen nachschlägt. Doch einmal, als Übersetzung von gr. μετέχειν (in unserem Falle steht im Griechischen μεταλαμβάνειν, sonst übersetzt andniman nie ein griechisches Verb mit μετα-!) hat andniman kein Objekt, in Übereinstimmung mit dem Griechischen: K. 10,30 jabai ik anstai andnima ει έγώ χάριτι μετέχω „So ich's mit Danksagung genieße". Es scheint mir besser anzunehmen, daß t. 2,6 der gotische Übersetzer andniman denselben Kasus regieren ließ wie μεταλαμβάνειν, vor allem, da in den Fällen von andniman mit Akkusativ das Griechische auch stets den Akkusativ zeigt, als ihm soviel theologischen Unverstand zuzuschreiben, daß er die Aussage: Der Ackermann soll als erster die Früchte genießen, wegen grammatischer Doppeldeutigkeit von πρώτον auffaßte als: Der Adeermann soll die erste der Früchte genießen. Der unsichere Fall eines starken neutralen Superlativs in substantivischer Funktion ist Mk. 5,23 dauhtar meina aftumist habaij) τό •θυγάτριόν μου έσχάτως εχει. Nach den Stellen von ubil habandans für κακώς έχοντας (Μ. 8,16; Mk. 1,32.34; 6,55; 7,10), wo das Gotische ein substantiviertes Adjektiv verwendet gegenüber dem griechischen Adverb, möchte ich das obige Beispiel eigentlich für sicher ansehen. Dabei wird aber auch sogleich der semantische Unterschied zwischen der starken und der schwachen Form klar: und auhmisto und in undaraisto sind konkrete örtlichkeiten, „der höchste Punkt und was dazu gehört", „die tiefste Stelle"; bezeichnenderweise übersetzen sie griechische Substantive, aftumist dagegen läßt sich nicht konkret festlegen, es ist von einem Träger unabhängig, „sie hat das Letzte" bedeutet „das Letzte der Lebenskraft, ihres Lebens überhaupt, das Letzte ihrer Zeit". Es läßt sich hier also dieselbe Bedeutungsnuance feststellen wie zwischen blinds und blinda, dauj>s und dauf»a. Eine semantische Substantivierung der oben beschriebenen Art ist wohl auch fram frumistin άπ' άρχής L. 1,2, doch ist sie weniger einleuchtend, und gar nicht gut unterzubringen ist in minnistin εις έλάχιστον Κ. 4,3, da hier doch ein eher abstrakter Ausdruck vorliegt. Es ist möglich, daß das Gotische eine Substantivierung *minnisto „Kleinigkeit" besaß und daß der Übersetzer zur Wiedergabe von εις έλάχιστον diese anwendete. Wagners Bemerkung zu diesen beiden Stellen „die Substantivierung ist hier sehr stark" (op. cit. S. 40) trägt eigentlich nichts zur Erklärung bei. b) Der einzige ganz sichere Fall von substantivischem neutralem P o s i t i v i n schwacher Form, R. 8,38 A nih andwairJ>o nih anawairjjo οΰτε ενεστώτα ουτε μέλλοντα, wird von Wagner als Ausnahme gewer-

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Die Adjektive in substantivischer Funktion

tet (op. cit. S. 31). Es läßt sich zu dieser Stelle Folgendes feststellen: Die Bedeutung der beiden Adjektive andwairfjs und anawairjjs ist eine rein abstrakte, „gegenwärtig" ένεστώς, παρών und „zukünftig" έρχόμενος, μέλλων. Obwohl in der Reihe der Substantive, in der andwair{>o und anawairfjo stehen, nämlich: gatraua auk Jiatei ni daupus nih aggeljus ni (reikja) ni mahteis nih andwairjio nih anawairpo, 39 nih hauhi|>a nih diupijja nih gaskafts (an|>ara) magi uns afskaidan af friapwai gudis J)izai in Xristau Iesu, fraujin unsaramma. πέπεισμαι γάρ δτι οΰτε θάνατος οΰτε ζωή οΰτε άγγελοι οΰτε άρχαι οΰτε δυνάμεις οΰτε ένεστώτα οΰτε μέλλοντα 39 οΰτε ύψωμα οΰτε βάθος οΰτε τις κτίσις έτέρα δυνήσεται ήμας χωρίσαι άπό της αγάπης τοϋ θεοϋ της έν Χριστφ Ίησοϋ τφ κυρίω ημών 19ί , auch Abstrakta .vorkommen (nih hauhij)a nih diupi£>a199), so sind doch mit ένεστώτα und μέλλοντα sicher konkrete Begriffe wie „gegenwärtige bzw. zukünftige Zustände, Verfolgungen etc." gemeint. Es ist bezeichnend, daß das Griechische den Plural verwendet. Das Gotische kommt der geforderten Bedeutung durch die Verwendung der schwachen Form nach, welche hier wieder eine semantische Substantivierung ist und eine Erweiterung des Bedeutungsinhaltes des Adjektivs darstellt. Dazu gesellt sich die Konjektur 200 M. 7,23 afleij>ij> fairra mis, jus waurkjandans unsibjona (für unsibjana CA) αποχωρείτε άπ' έμοΰ οί έργαζόμενοι τήν άνομίαν. Hier ist der Singular im Griechischen durch einen Plural im Gotischen wiedergegeben. Es liegt eine andere Vorstellung zugrunde im Gotischen: nicht abstraktes „Unrecht", sondern einzelne „Unrechte Taten", genau „ungesetzliche, gottlose Taten" ; mij) unsibjaim übersetzt Mk. 15,28 μετά ανόμων, unsibjaim Τ. 1,9 AB άσεβέσι (Randglosse in A afgudaim). 2.2.3.

Die schwachen Formen mit sa, so, |>ata

Das gotische Pronomen sa, so, f>ata hat ausgesprochen deiktisdhe Bedeutung. Es entspricht keineswegs dem griechischen Artikel, welcher obligatorisch gesetzt wird, wenn ein Gegenstand als bekannt gedacht wird, und welcher durch die Abschwächung der deiktischen Bedeutung zum Teil zu einem äußeren Zeichen substantivischer Geltung eines Wortes oder einer Wortgruppe geworden ist. (Siehe oben 1,8

Eine Übersetzung von οΰτε ζωή ist in Α nidit zu entdecken, reikja und anf>ara sind kaum zu erkennen. 199 -φδ- (-idö-) ist ein häufiges Suffix zur Bildung von Abstrakta, im Gotischen besonders von Adjektivabstrakta (Kluge, Stammbildungslehre, § 121). *» Siehe oben S. 82 Anm. 173.

Die schwachen Formen mit sa, so, f>ata

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S. 85 f.) Der griechische Artikel bleibt ja auch in der Mehrzahl der Fälle im Gotischen unübersetzt 201 . Jedoch steht das gotische Pronomen nur dort, wo das Griechische den Artikel zeigt; „Ausnahmefälle . . . sind kaum mit Sicherheit nachzuweisen." (Streitberg, Elementarbudi, § 281,2). sa, so, {jata weist auf B e k a n n t e s hin: diese Funktion äußert sich in zwei Hauptgruppen: 1. Das, worauf hingewiesen wird, ist bekannt, weil es im näheren Zusammenhang schon einmal erwähnt wurde. (Wackernagel, Vorlesungen über Syntax II, S. 133 „Anaphora im engen Sinne".) Solchen Fällen sind wir im Kapitel der substantivischen schwachen Adjektive ohne sa, so, f>ata begegnet. Sie sind im Verzeichnis, S. 171 f. mit * gekennzeichnet und braudien hier nicht mehr einzeln besprochen zu werden. 2. Es wird nicht auf etwas schon Erwähntes hingewiesen, sondern auf etwas allgemein Bekanntes, sei es innerhalb des biblischen Zusammenhanges, sei es, in den Briefen, auf etwas, was dem Apostel und den Lesern seiner Briefe vertraut ist. Zu dieser Gruppe gehört auch das Pronomen sa bei Gott und Christus. (Wackernagel, op. cit. S. 134 „Anaphora im weiten Sinne . . . Es braucht nicht ausgeführt zu werden, wie leicht sich dieser zweite Gebrauch aus dem anaphorischen herausbilden konnte".) Weitere Fälle der Anwendung von sa, so, f>ata sind folgende: 3. Durch das Pronomen soll, wiederum ohne daß auf etwas schon Erwähntes Bezug genommen wird, eine genau begrenzte Gruppe von Menschen oder Dingen oder ein näher bestimmtes Einzelwesen oder -ding bezeichnet werden, sehr oft bei Betonung von G e g e n sätzen. Diese Gruppe ist syntaktisch gekennzeichnet durch die Häufigkeit von Genitiven und Relativsätzen, welche vom Adjektiv abhängig sind. 4. In wenigen Fällen ist dem gotischen Pronomen eine substantivierende Funktion zuzuweisen. 5. In einigen Fällen übersetzt sa ein griechisches Demonstrativpronomen. Zur 1. G r u p p e seien nur zwei Parallelstellen erwähnt, L. 5, 36—39 und Mk. 2,21—22, weil hier typische Fälle von Behaghels Substantivierung „durch Ersparung des Substantivs in der Gruppe Substantiv + Adjektiv" 202 vorliegen, was in den bisher erwähnten 201 202

Jacob Wackernagel, Vorlesungen über Syntax II, S. 130. Deutsche Syntax, Band I, Heidelberg 1923, S. 7.

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Die Adjektive in substantivischer Funktion

Beispielen von substantivischen schwachen Formen mit sa, so, |>ata in anaphorischem Gebrauch nicht der Fall war. L. 5,36 qafjuh f)an jah gajukon du im, f)atei ainshun plat snagins niujis ni lagjid ana snagan fairnjana, ai|>f>au jah sa niuja aftaurnid, jah patnma fairnjin ni gatimid Jjata af pamma niujin. 37 jah ainshun ni giutid wein niujata in balgins fairnjans, aijjf>au distairid J>ata niujo wein J>ans balgins jah silbo usgutnif), jah Jjai balgeis fraqistnand; 38 ak wein juggata in balgins niujans giutand, jah bajof>s gafastanda. 39 jah ainshun drigkandane fairni, ni suns wili jugg; qij)ij) auk: pata fairnjo batizo ist. ϋλεγεν δέ και παραβολήν προς αυτούς δτι ουδείς έπίβλημα Ιματίου καινού επιβάλλει έπί ίμάτιον παλαιόν ε'ι δέ μήγε, και τό καινόν σχίζει, και τφ παλαίω ου συμφωνεί τό άπό τοϋ καινοΰ. 37 και ούδείς βάλλει οίνον νέον είς άσκούς παλαιούς- εί δέ μήγε, ρήξει ό νέος οίνος τους άσκούς, καΐ αύτός έκχυθήσεται και οί ασκοί άπολοϋνται: 38 άλλα οίνον νέον είς άσκούς καινούς βλητέον, και άμφότεροι συντηρούνται. 39 καΐ ουδείς πιών παλαιόν ευθέως θέλει νέον· λέγει γάρ· ό παλαιός χρηστότερός εστίν. Man sieht hier, wie jedesmal, wenn der Gedanke neu einsetzt (38 gegen 37, 39 gegen 38) wieder die starke Form gebraucht wird, obwohl in allen drei Sätzen von Wein die Rede ist, in 38 und 39 beide Male von „jungem Wein". Mk. 2,21 ni manna plat fanins niujis siujij) ana snagan fairnjana; ibai afnimai fullon af pamma sa niuja pamma fairnjin, jah wairsiza gataura wair|)i|). 22 ni manna giutij) wein juggata in balgins fairnjans; ibai aufto distairai wein J>ata niujo J)ans balgins, jah wein usgutnif), jah {>ai balgeis fraqistnand; ak wein juggata in balgins niujans giutand. ούδείς έπίβλημα φάκκους άγνάφου έπιράπτει έπί ίματίφ παλαίω· εί δέ μή, αίρει τό πλήρωμα άπ' αύτοΰ τό καινόν τοΰ παλαιού, και χείρον σχίσμα γίνεται. 22 και ούδείς βάλλει οίνον νέον είς άσκούς παλαιούς* εί δέ μή, φήσβει δ οίνος δ νέος τούς άσκούς, και ό οίνος έκχεΐται, και οί άσκοί άπολοϋνται, άλλα οίνον νέον είς άσκούς καινούς βλητέον. V. 22 enthält zwar keine Substantivierung, doch ist er für den Gebrauch des anaphorischen Pronomens sehr aufschlußreich: Dieses wird bei einem andern Adjektiv als dem schon erwähnten gesetzt (im Griechischen stets νέος), weil eben auf den schon vorgestellten „jungen Wein" Bezug genommen wird, während der Satz: ak wein juggata . . o b w o h l juggata verwendet wird wie am Anfang von V. 22, wieder allgemein gefaßt ist 203 . 203

V. 21 hat der Übersetzer das Griechische offenbar falsch verstanden: er faßte τό πλήρωμα als Akkusativ auf, wo es doch Nominativ ist (Luther z. B. übersetzt „denn der neue Lappen reißt dodi vom alten").

Die schwachen Formen mit sa, so, f>ata

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Ein weiterer Fall von Substantivierung durch Ersparung ist Mk. 1,27 too so laiseino so niujo τις ή διδαχή ή καινή αυτή, doch gehört er, was die Bedeutung des Pronomens betrifft, zur 5. Gruppe. Man könnte übrigens mit einigem Recht diese Beispiele unter den attributiven Adjektiven aufführen. Dies tut z.B. W. Hodler2"4. Da aber die Entscheidung, wo in Gedanken ein Substantiv neben dem Adjektiv zu setzen ist und wo wirklich substantivischer Gebrauch vorliegt, sehr oft willkürlich ist, habe ich es vorgezogen, Adjektive, die alleinstehend und in einem anderen Kasus als ihr mögliches Bezugswort erscheinen, unter die substantivischen Fälle einzureihen, nicht aber einen Fall wie R. 9,21 A £>au niu habaif) kasja waldufni Jjahons us pamma samin daiga tau(jan) sum du gakubamma kasa, sumuf>-|>an du ungalai muldeinans; AB tuileiks sa ufarhiminakunda, swaleikai jah J>ai ufarhiminakundans. 49 jah swaswe berum mannleikan J>is air|>einins, bairaima jah frisaht J>is himinakundins. (B (m)anleikan) ό πρώτος άνθρωπος έκ γης χοΐκός, δ δεύτερος δνθρωπος, δ κύριος, έξ ούρανοϋ. οίος δ χοϊκός, τοιούτοι και ol χοϊκοί, οιος δ έπουράνιος, τοιούτοι και οί έπουράνιοι* και καθώς έφορέσαμεν τήν εικόνα τοΰ χοϊκοϋ, φορέσωμεν και τήν εικόνα τοΰ επουρανίου. Da im Gotischen gerade V. 45, wo der erste Mensch, Adam, und der letzte Adam, Christus, zuerst genannt werden, nicht erhalten ist, kann man behaupten, daß dort kein sa stand und daß sa und pis in 47.48.49 sich auf diese schon Genannten beziehen. Ich glaube dies jedoch keineswegs, sa fruma manna = Adam, sa anpar manna = δ κύ204

Grundzüge einer germanischen Artikellehre, Heidelberg 1954, S. 79.

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ριος, Jesus, sind absolut bestimmte und bekannte Begriffe, die nicht nur bei Wiederaufnahme mit dem Demonstrativum versehen werden. Und gleicherweise sa muldeina, J)is airfieinins: stets Adam gemeint, sa ufarhiminakunda, J>is himinakundins: Jesus, Jjai muldeinans: das Menschengeschlecht, J>ai ufarhiminakundans: die himmlischen Scharen. Die Beispiele für sa bei Gott und Jesus sind: L. 1,49; Mk. 14,61; E. 3,20; T. 6,15. Ein Beispiel für die Setzung des Demonstrativpronomens bei einer innerhalb des biblischen Zusammenhanges bekannten Person ist auch die im vorhergehenden Kapitel besprochene Stelle J. 11,37 sumai f>an ize qej>un: niu mahta sa izei uslauk augona J>amma blindin gataujan ei jah sa ni gadau{>nodedi? (siehe oben S. 95). Auch die Setzung des Pronomens bei den Schriftgelehrten, Hohenpriestern und Ältesten geschieht, ohne daß Bezug auf kurz vorher Genanntes vorliegt: M. 27,1.12; L. 20,1; Mk. 7,3.5; 11,18.27; 14, 43.53; 15,1. Desgleichen bei £>ai frumistans manageins οί πρώτοι τοΰ λαοΰ L. 19,47 (Parallelstelle zu Mk. 11,18). Ähnlich ist ferner Neh. 6,17 Jjize reikjane Iudaie των εντίμων των 'Ιουδαίων. Allerdings ist bei diesen beiden letzteren Stellen der Übergang zur 3. Gruppe fließend. Die Stelle Mk. 6,21 fiaim maistam seinaize jah Jausundifadim jah |>aim frumistam Galeilaias τοις μεγιστδσιν αύτοΰ και τοις χιλιάρχοις και τοις πρώτοις της Γαλιλαίος möchte ich ganz zur 3. Gruppe stellen. Anläßlich dieser Stelle sei noch bemerkt, daß abhängiger Genitiv die Setzung des Pronomens begünstigt hat; jedoch keinesfalls als Regel, wie sich nodi zeigen wird; und zweitens kann ihm hier eine substantivierende Funktion nicht abgesprochen werden: daß es gerade vor f)usundi£adim nicht steht, während der Artikel im Griechischen alle drei Male sich findet, ist auffallend. Man beachte auch, daß es nicht heißt: |)aim maistam is. Um gr. μεγιστάνες wiederzugeben, mußte der gotische Übersetzer etwas umformen und sagen „den Größten von seinen Leuten". E. 6,16 ufar all andnimandans skildu galaubeinais, Jjammei magu|) alios arhjaznos £>is unseljins (A, unseleins B) funiskos afluapjan; έπί πασιν άναλαβόντες τόν θυρεόν της πίστεως, έν ψ δυνήσεσθε πάντα ta βέλη τοΰ πονηροΰ τά πεπυρωμένα σβέσαι. Mit sa unselja ist hier „der Böse" = „der Teufel" gemeint. (Luther übersetzt „alle feurigen Pfeile des Bösewichtes".) Die gleiche Art der Bekanntheit scheint mir an den andern Stellen von sw. unsel- im Singular vorzuliegen: M. 5,39 Jjamma unseljin τφ πονηρφ und J. 17,15 faura |)amma unseljin έκ τοΰ πονηροΰ, doch

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handelt es sich um D. Sg. Neutrum (bei Luther „dem Übel" bzw. „vor dem Übel"). Dasselbe gilt für die Beispiele mit ubil-: M. 5,37 us £>amma ubilin έκ τοΰ πονηρού („vom Übel"), Μ. 6,13 (Unservater) af fjamma ubilin από τοΰ πονηρού („von dem Übel") und th. 3,3 af f)amma ubilin από τοΰ πονηροί („vor dem Argen"). Sk. Va 15—17 kunnands ]>ize anawairfjane airzein: Der Verfasser der Skeireins meint mit J>ize anawairfjane damals bekannte Theologen, die eine seiner, der arianischen Auffassung entgegengesetzte Interpretation des Wesens von Gott-Vater und Christus vertraten, und mit welchen er sich auch an andern Stellen auseinandersetzt (Vb 20—24 if) nu ains jah sa sama wesi bi sabailliaus insahtai: missaleikaim bandwif>s namnam: IV d 17—24 ak du gatarhjan jah gasakan J)0 afgudon haifst: sabailliaus jah markailliaus: Jjaiei ainana ananan{jidedun qi|jan attan jah sunu. Siehe oben S. 89). L. 14,14 usgildada auk {jus in ustassai (CA für usstassai) J>ize uswaurhtane. άνταποδοθήσεται γάρ σοι έν τη άναστάσει των δικαίων. Die „Auferstehung der Gerechten" gehört ebenfalls zu den innerhalb der Bibel bekannten und bestimmten Begriffen. Hierzu gesellt sich die Stelle M. 25,46 jah galeijjand Jjai in baiwein aiweinon, φ f»ai garaihtans in libain aiweinon. και άπελεύσονται ούτοι εις κόλασιν α'ιώνιον, οί δέ δίκαιοι εις ζωήν αΐώνιον. Doch trifft für letztere audi zu, daß ein Gegensatz vorliegt und daß der Begriff schon einmal genannt wurde (V. 37, in der gotischen Bibel nicht enthalten; im übrigen handelt das ganze Kapitel ab V. 31 vom Jüngsten Gericht, von der Scheidung der Gerechten von den Ungerechten). K. 1,19 gamelif) ist auk: fraqistja snutrein J>ize snutrane jah frodein f)ize frodane uskiusa. γέγραπται γάρ· άπολώ την σοφίαν των σοφών και τήν σύνεσιν των συνετών άθετήσω. Diese Stelle nimmt Bezug auf Jesaja 29,14. Sk. I l l b 23 — IIIc 1 unte witoj) f>ize unfaurweisane missadede ainaizos witöf) raidida: (zweites witof> vom Schreiber getilgt). Bennett übersetzt (S. 60) „For the Hebrew Law prescribed for a certain unpremeditated misdeed". Dies ist jedoch eine freie Übersetzung, unfaurweis hat wie unweis „unwissend" aktive Bedeutung. Bennett schreibt denn auch in seinem Index B, S. 141 „unpremeditating". Die seltsame Wendimg wurde darauf zurückgeführt, daß der gotische Theologe bei τών άκουσίων 205 αμαρτημάτων (so z. Β. bei Ammonius 205

'ακούσιος, ov, im Attischen kontrahiert aus άεκούσιος, wird nach LiddellScott im Attischen für „involuntary (offences etc.)" gebraucht. Im neutestamentlichen Griechisch ist dieses Wort, soviel Bauer (Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments5, Berlin 1963) zu entnehmen ist, nicht bezeugt.

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Die Adjektive in substantivischer Funktion

1413 τΛ ΰδωρ τοϋ ραντισμοϋ τό εχον σποδόν δαμάλεως καθαρισμών έποίει άκουσίων αμαρτημάτων) ακουσίων irrig als von αμαρτημάτων abhängenden Genitiv auffaßte (Μ. Η. Jellinek, ADA 20 (1894) 153). Bennett dagegen (S. 121 f.) sieht hier eine status-constructus-Wendung206: „,a certain misdeed of the unpremeditating' is standard Semitic New Testament Greek for ,a certain unpremeditated misdeed'". Dies ist soweit einleuchtend. Über die Setzung von £>ize haben wir damit aber nodi nichts gesagt. Sie ist meines Erachtens dadurch bedingt, daß auf etwas aus der Bibel, aus dem Alten Testament hingewiesen wird. Ob aber die Auffassung mit derjenigen des ganzen Ausdrucks als status-constructus-Wendung zu verbinden ist, scheint mir sehr fraglich. Es ist auffallend, das an allen sicheren status-constructusStellen der Genitiv ohne Pronomen folgt (L. 16,8.9; 18,6; k. 4,2; E.4,13; Sk. IIIc 11—12; VIb 16—18). Ich möchte die Stelle daher wörtlich übersetzen: „Denn das Gesetz für eine der Missetaten derer, die nidhit mit Vorbedacht handeln, bestimmte . . . u 3 a i . J. 10,5 φ framajjjana ni laistjand [J>o lamba von V. 3 und 4], ak filiuhand faura imma, unte ni kunnun J)ize framafjjane stibna. άλλοτρίω δέ ού μή ακολουθήσουσιν, άλλά φεύξονται άπ' αύτοϋ, δτι ουκ οΐδασιν των αλλότριων την φωνήν. Diese Stelle ist recht problematisch. Der Artikel im Griechischen ist sicher generisch. Keinesfalls kann man sagen, daß Jjize wegen des vorhergehenden framafjjana gesetzt ist; der Wechsel des Numerus macht dies unmöglich. Mir scheint, daß hier „die Fremden" als etwas allgemein Bekanntes, sozusagen Symbolisches aufgefaßt sind. Zwar ist die ganze Partie auf einem Gegensatz aufgebaut: V. 1 sah hliftus ist jah waidedja εκείνος κλέπτης εστίν και ληστής. — V. 2 hairdeis ist lambe ποιμήν έστιν των προβάτων; V. 4 jah |)θ lamba ina laistjand, unte kunnun stibna is. τά πρόβατα αύτψ ακολουθεί, δτι οΐδασιν την φωνήν αύτοϋ. — V. 5 ij) frama{)jana ni laistjand άλλοτρίφ δέ ού μή άκολουθήσουσιν, doch gerade zu J)ize framaf)jane wird kein Gegensatz aufgestellt, „die Fremden" scheinen auch nicht als konkrete, begrenzte Gruppe ins Auge gefaßt zu werden. Deshalb möchte ich das Beispiel eher hier einordnen als in 3. Doch sind die Grenzen fließend, und wir wollen uns daher jetzt der 3. Gruppe, der größten, zuwenden. 206 207

Zu den status-constructus-Wendungen siehe S. 111. Bennet faßt ains hier als „ein gewisser" auf. In dieser Bedeutung kommt es durchaus vor (siehe Streitberg, Glossar). Dodi ist gerade bei abhängigem Genitiv die Übersetzung durch „ein" ebensogut möglich.

Die schwachen Formen mit sa, so, |>ata

111

3. G r u p p e a) M i t a b h ä n g i g e m

Genitiv

K. 14,25 {)0 analaugnjona hairtins is swikunj>a wair|)and τά κρυπτά της καρδίας αύτοϋ φανερά γίνεται. Dieses Beispiel wird erst klar, wenn man K. 4,5 frauja, saei jah galiuhteij) analaugn riqizis ό κύριος, δς και φωτίσει τά κρυπτά τοϋ σκότους gegenüberstellt, wo trotz abhängigem Genitiv die starke Form erscheint. Der syntaktische Gesichtspunkt „abhängiger Genitiv vorhanden oder nicht" ist eben ein untaugliches Mittel zur Klärung des Verhältnisses zwischen starken Formen und schwachen Formen mit sa, so, f>ata. Es ist von großer Bedeutving, welcher Art der abhängige Genitiv ist. τά κρυπτά του σκότους ist ein übertragener Ausdruck, τό σκότος erweckt keine begrenzte Vorstellung, ja im Gegenteil, es soll gerade das Dunkel κατ* έξοχήν, welches überall lauert, bezeidinet werden, der Artikel dient hier im Griechischen diesem Zweck: Blass-DebrunnerFunk § 252 ή άγάπη „Christian Love", so τό σκότος „das teuflische Dunkel". Das Gleiche gilt für τά κρυπτά. Dieser Bildlichkeit wird im Gotischen aber eben die starke Form gerecht, welche nicht vereinzelt. Ganz anders jedoch steht es, wenn der abhängige Genitiv heißt της καρδίας αυτοί). Dann ist τά κρυπτά begrenzt, es meint die verborgenen Gedanken, Absichten jenes bestimmten Menschen. Dies erfordert im Gotischen Setzung von sa und folglich der schwachen Form. Ein anderer Fall ist k. 4,2 ak afstojjum J>aim analaugn jam aiwiskjis άλλ* άπειπάμεθα τά κρυπτά της αισχύνης. Luther übersetzt „sondern meiden audi heimliche Schande". Es ist offenbar ein den semitischen status-constructus-Wendungen nachgebildeter Ausdruck, wie er sich in der Sprache des Neuen Testaments recht häufig findet (Blass-Debrunner-Funk § 259), z. B. L. 16,8 Jjana fauragaggjan inwindij)Os τον οικονόμον της αδικίας „den ungerechten Haushalter", 9 us faihuj)raihna inwindijjos έκ τοϋ μαμωνα της άδικίας „mit dem ungerechten Mammon", L. 18,6 staua inwindifjos ό κριτής της άδικίας „der ungerechte Richter", Ε. 4,13 in mitaj) wahstaus fullons Xristaus εις μέτρον ήλικίας τοϋ πληρώματος τοϋ Χριστού „im Maße des vollkommenen Alters Christi", Sk. VIb 16—18 insaht manniskodaus Iohannes „John's human argument" (Bennett S. 39). Das Griechische hat zum Teil beim Substantiv wie beim abhängigen Genitiv den Artikel, was allerdings nicht zum Semitischen stimmt, oder er fehlt an beiden Orten (Blass-Debrunner-Funk loc. cit.). Zur Erklärung des Pronomens im Gotischen in dem vorliegenden Beispiel k. 4,2 läßt sich

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Die Adjektive in substantivischer Funktion

doch soviel feststellen, daß in allen diesen Wendungen das erste Glied ausgesprochen bestimmt ist, sowohl syntaktisch (dies ist ja von größter Bedeutung in der semitischen Grammatik) wie auch inhaltlich. Mk. 10,42 wituj) f>atei < J>aiei > Jjuggkjand reikinon Jxiudom, gafraujinond im, φ Jjai mikilans ize gawaldand im. οΐδατε cm οί δοκοΰντες αρχειν των έθνών κατακυριεύουσιν αύτών και οί μεγάλοι αυτών κατεξουσιάζουσιν αυτών. Hier ist das Pronomen zur Aussonderung und Hervorhebung unbedingt notwendig. Man kann es als emphatisch bezeichnen: J>ai mikilans ist eine Steigerung gegenüber fiaiei {luggkjand reikinon, wie auch im Griechisdien οί μεγάλοι gegen οί δοκοΰντες αρχειν. Man könnte übersetzen: „und was erst die Großen unter ihnen betrifft". Luther übersetzt zwar nicht in diesem Sinne, doch gibt er οί μεγάλοι durch „die Mächtigen" wieder, was bezeichnend ist. Auffallend ist auch, daß im Gotischen für και hier φ steht, welches sonst stets einen Gegensatz ausdrückt (siehe Streitberg, Glossar, S. 69 f). b) Ü b r i g e F ä l l e C. 2,17 Jiatei ist skadus f>ize anawairfjane, φ leik Xristaus. Ii έστιν σκιά των μελλόντων, τό δέ σώμα Χριστοΰ. Die inhaltlich nicht einfache Stelle ist, gestützt auf Hebr. 8,5; 10,1, so aufzufassen: Das Gesetz, insbesondere die Vorschriften in Bezug auf Essen, Feiertage usw., denen die Juden unterworfen waren (C. 2,16), ist nur der Schatten des Himmlischen, des Reiches Gottes, welches eben das Zukünftige ist. Nach Bauer, Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments, heißt σκιά hier „Schattenbild", σώμα dagegen „die Sache selbst". J>ize ist also durch den starken Gegensatz bedingt, man darf es wohl als emphatisch bezeichnen. J. 16,13 nih f>an rodeij) af sis silbin ak swa filu swe hausei£> rodeif), jah Jjata anawairpogateihif» izwis. ού γαρ λαλήσει άφ'έαυτοϋ, άλλ'οσα δν άκούσει λαλήσει, και τά έρχόμενα άναγγελεΐ ύμΐν. Hier liegt, im Gegensatz zu R. 8,38 (siehe oben S. 103 f.), ein bestimmter Ausdruck vor. R. 8,38 dient die schwache Form ohne fjata dazu, die Zukunft, zwar konkret gefaßt, jedoch mit all ihren Aspekten und Möglichkeiten zu bezeichnen, J. 16,13 dagegen wird ausgesagt, daß der Geist der Wahrheit die Macht hat, das Zukünftige als das, was sich wirklich ereignen wird, zu verkünden. Ein anderer Fall ist k. 2,7 swaei |>ata andaneifjo izwis mais fragiban . . . ώστε τουναντίον μάλλον υμάς χαρίσασθαι . . . (siehe oben S. 72 f.). Die Wendung hat die Funktion eines Adverbs, und man darf

Die schwachen Formen mit sa, so, pata

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wohl annehmen, daß es eine Nachbildung des griechischen Ausdrucks τουναντίον < τό έναντίον ist. Desgleichen G. 2,7 ak J>ata wif>rawairjjo, gasailuandans f>atei . . . άλλα τουναντίον Ιδόντες δτι . . . Daß der gotische Übersetzer schwankte, welches Adjektiv er zu Wiedergabe von gr. έναντίον verwenden sollte, scheint mir gerade für die Annahme einer Lehnübersetzung zu sprechen. k. 5,17 swaei jabai h)o in Xristau niuja gaskafts, |>o alpjona usΙφιιη; sai, waurjmn niuja alla. ωστε εΐ τις έν Χριστψ καινή κτίσις, τά άρχαΐα παρήλθεν, Ιδού γέγονεν καινά τά πάντα. Hier ist J>o wohl durch den Gegensatz bedingt. Das Alte soll in seiner Gesamtheit gegen das durch Christus geschaffene Neue abgehoben werden. M. 8,22 let pans daufxms J)an J>ata godo taujandans ni wair|)aima usgrudjans; τό δέ καλόν ποιοΰντες μή έκκακώμεν. Es wird ausgedrückt „das Gute, nichts anderes als das Gute". k. 5,10 unte allai weis ataugjan skuldai sijum faura stauastola Xristaus, ei ganimai luarjizuh jjo swesona leikis, afar J>aimei gatawida, japjje f)iuf> jaf)f>e unf>m|). τούς γάρ πάντας ήμας φανερωθηναι δει εμπροσθεν τοϋ βήματος τοϋ Χριστοί, "ίνα κομίσηται έκαστος τά διά του σώματος πρός α επραξεν, είτε αγαθόν είτε κακόν. (Einige Fassungen τά Ιδια τοϋ σώματος, siehe Streitberg, Bibel, S. 296). Auch hier scheint Emphase die Setzung von J)o bedingt zu haben, nicht der folgende Relativsatz, denn es ist nicht sicher, ob er sich auf 209

210

Zum Artikel bei okkasionell substantivierten Adjektiven siehe W. Hodler, op. cit. S. 74, S. 106. Hodlers Interpretation von pans Μ. 8,22 und L. 9,60 als eines „uneigentlidien Artikels" (op. cit. S. 94), „die sozusagen Toten" ist meines Erachtens überaus willkürlich. An anderer Stelle weist er dagegen pans daußans L. 9,60 generellen Sinn zu (op. cit. S. 74).

Die schwachen Formen mit sa, so, f>ata

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|>o swesona leikis τά δια του σώματος bzw. τά ϊδια τοϋ σώματος bezieht. Κ. 10,17 dagegen ist das Demonstrativpronomen wohl durch den Relativsatz verursacht: unte ains hlaifs, ain leik f»ai managans sium, J>aiei auk allai ainis hlaibis jah ainis stiklis brukjam. δτι εϊς άρτος, εν σώμα oi πολλοί έσμεν οί γαρ πάντες εκ τοΰ ένός άρτου μετέχομεν, bei Vergleich mit R. 12,5 swa managai ain leik sijum in Xristau οΰτως οί πολλοί Sv σώμά έσμεν έν Χριστφ211. frumista im Singular mit sa kommt stets bei Aufzählungen vor: L. 14,18 (19.20); 19,16 (18.20) sa frumista . . . an{>ar . . . sums δ πρώτος . . . ετερος . . . ετερος bzw. δ πρώτος . . . δ δεύτερος . . . ετερος L. 16,5 (7) pamma frumistin . . . du anf>aramma τψ πρώτψ . . . έτέρφ L. 20,29 (30.31) und Mk. 12,20 (21) sa frumista . . . anpar . . . J>ridja δ πρώτος . . . δ δεύτερος . . . δ τρίτος. Daß der Ausdruck bestimmt ist, daß ein Gegensatz im Sinne einer Abhebung verschiedener Personen gegeneinander vorliegt, steht außer Zweifel. Es bleibt aber doch die Frage bestehen, warum vor frumista sa steht, vor an|>ar und Jmdja dagegen nicht. Der Grund ist meines Erachtens dieser: frumista konnte ein Superlativsubstantiv sein, es bedeutete dann „Vorderster" im Sinne von „Anführer". L. 19,47 f>ai frumistans manageins und Mk. 6,21 f>aim frumistam Galeilaias sind zwar nicht ganz schlüssig, da sie mit dem Pronomen versehen sind. Man vergleiche jedoch die Fälle von minnista M. 5,19 und L. 9,48 (oben S. 56 ff.). Wenn daher frumista als Ordnungszahl verwendet wurde, war die Setzung von sa notwendig212. L. 6,24 wai izwis f>aim gabeigam. Dagegen V. 25 wai izwis, jus sadans nu. Das Gotische drückt hier den im Griechischen bestehenden Unterschied des Ausdrucks genau aus: ούαί ύμΐν τοις πλούσιοις gegen ούαί νμΐν οί έμπεπλησμένοι νυν. Letzteres ist ein regulärer Vokativ. In der Sprache des Neuen Testaments tritt nämlich gerne der Nominativ (mit Artikel) an die Stelle des Vokativs, bei Partizipien fast immer (Blass-Debrunner-Funk § 147). V. 24 dagegen ist πλουσίοις Apposition zu ύμΐν. Dasselbe Verhältnis findet sich im Gotischen, welches V. 25 einen echten Vokativ zeigt, Personalpronomen + 211 2,2

Zu K. 10,17 vgl. jedoch Streitbergs Anmerkung (Bibel S. 263). Ähnlich scheint mir der Fall zu liegen bei J)ai managistans K. 15,6 und k. 9,2: K. 15,6 ßizeei f>ai managistans sind und hita, sumaij)-£>an gasaizlepun. έξ ών ol «λείους μένουσιν Ιως δρτι, τινές δέ κοί έκοιμήθησαν. k. 9,2 |>ata us izwis aljan uswagida pans managistans. δ έξ ύμών ζήλος ήρέθισεν τούς πλείονας.

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Die Adjektive in substantivischer Funktion

schwaches Adjektiv ohne sa, V. 24 dagegen das Adjektiv mit sa, wie dies bei Appositionen nach Personalpronomia üblich ist; vgl. Mk. 7,6 bi izwis J>ans liutans περί υμών των υποκριτών; Ε. 3,8 mis, {jamma undarleijin allaize J)ize weihane έμοί τω έλαχιστοτέρω πάντων των άγιων; G. 6,1 jus |>ai ahmeinans ύμεΐς οί πνευματικοί. Im Folgenden sollen (in alphabetischer Reihenfolge) die übrigen Stellen aufgeführt werden, wo sa, so, J>ata 1. durch Antithese, 2. dadurch bedingt sind, daß das substantivierte Adjektiv etwas ausgesprochen Bestimmtes und Begrenztes bezeichnet. Es handelt sich natürlich nur um eine versuchsweise Einteilung. 1. Sk VId 13-14 L. 16,12 R. 12,16 Μ. 6,2.5.16 Κ. 10,33 C. 3,25 L. 16,11 L. 5,31 R. 8,3 L. 16,10 L. 3,5

at f>aim gafoairbam (siehe oben S. 64 f.) in {lamma framafjjin έν τώ άλλοτρίφ J)aim hnaiwam τοις ταπεινοϊς |>ai liutans οί ύποκριταί f>aim managam των πολλών sa auk skaf)aila δ δέ άδικων |)ata sunjeino τό άληθινόν |>ai unhailans οί κακώς εχοντες J>ata unmahteigo witodis τό . . . άδύνατον τοϋ νόμου sa . . . untriggwa δ . . . δδικος {>ata wraiqo τά σκολιά

2. Κ. 5,10 L. 6,32.33 Τ. 5,20

f>aim faihufrikam τοις πλεονέκταις {>ai frawaurhtans οί άμαρτωλοί (vgl. oben S. 84 f.) J>ans frawaurhtans τους άμαρτάνοντας (vgl. oben S. 85) J>aim gahlaibam seinaim τοις συμμαθηταϊς αύτοϋ ]>ata galeiko paim τά δμοια τούτοις (vgl. oben S. 74 f.) {»ans grindafrajjjans τους δλιγοψύχους {»aim liugom haftam τοις . . . γεγαμηκόσιν wai £>aim qifmhaftom ούαί . . . ταΐς έν γαστρϊ έχοΰσαις (vgl. oben S. 62) pans in izai (baurgs, siehe V. 8) siukans τους έν αύτη (πόλις) άσθενεΐς J>ans siukans των άσθενών fjaim unfagram jah unseljam έπι τους άχαρίστους και πονηρούς ]>ans ungatassans τους άτάκτους allans {)ans unhailans τους άσθενοϋντας (allans Zusatz im Gotischen, siehe Streitberg, Bibel, S. 126)

J. 11,16 G. 5,21 Th. 5,14 Κ. 7,10 Mk. 13,17 L. 10,9 Th. 5,14 L. 6,35 Th. 5,14 L. 9,2

Die schwachen Formen mit sa, so, pata

J. 12,8 J. 13,29 Mk. 14,7 G. 2,10 Κ. 8,9 Κ. 9,22 Κ. 9,21

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|>ans unledans τούς πτωχούς i>aim unledam τοις πτωχοΐς J>ans unledans τους πτωχούς Jiizei unledane των πτωχών f>aim unmahteigam τοις άσθενοΰσιν {»aim unmahteigam τοις άσθενέσιν (vgl. oben S. 86) fjaim witodalausam τοις άνόμοις (vgl. oben S. 86) und alle Fälle von f>ai weihans (siehe oben S. 90 ff.).

4. G r u p p e E. 6,12 unte nist izwis brakja wi]bra leik jah blof>, ak wi{>ra reikja jah waldufnja, wif>ra Jjans fairfou habandans riqizis f)is, wif>ra |)θ ahmeinona unseleins in £>aim himinakundam. οτι ουκ εστίν ήμϊν ή πάλη πρός αίμα και σάρκα, άλλά πρός τάς άρχάς, πρός τάς έξουσίας, προς τούς κοσμοκράτορας τοϋ σκότους τοϋ αΙώνος τούτου, πρός τά πνευματικά της πονηρίας έν τοις έπουρανίοις. Hier dient f>o vor ahmeinona und {)aim vor himinakundam in gewissem Sinne der Substantivierung. Sicher ist nicht durdi den Genitiv unseleins bedingt; denn dies ist ein Ausdruck so allgemeiner Natur wie der bei einem starken Adjektiv stehende Genitiv riqizis K.4,5 (siehe oben S. 111). Der griechische Artikel vor Substantiven wird nicht übersetzt (πρός τάς άρχάς, πρός τάς έξουσίας wif>ra reikja jah waldufnja; της πονηρίας unseleins). Wo im Gotischen das Pronomen vor einem Substantiv steht, entspricht ihm im Griechischen ein Demonstrativum (τοϋ σκότους τούτου (τοϋ αιώνος fehlt in einigen Rezensionen, siehe Streitberg, Bibel, S. 348) riqizis f>is). Das gotische Pronomen entspricht dagegen dem griechischen Artikel, wenn es vor einem Partizip oder Adjektiv steht: wi£>ra pans fair u habandans riqizis J>is, wif>ra po ahmeinona unseleins in paim himinakundam. πρός τούς κοσμοκράτορας του σκότους (τοϋ αιώνος) τούτου, πρός τά πνευματικά έν τοις έπουρανίοις. Der griechische Artikel ist überall generisch, außer τοϋ σκότους τούτου bzw. τοϋ αΙώνος τούτου. Audi Ε. 3,10 ei kannif) wesi nu reikjam jah waldufnjam in Jjaim himinakundam f)airh aikklesjon so filufaiho (Α, Β managfalfjo) handugei gudis ίνα γνωρισθη νϋν ταΐς άρχαϊς και ταΐς έξουσίαις έν τοις έπουρανίοις διά της έκκλησίας ή πολυποίκιλος σοφία τοϋ ·θεοΰ dient {>aim der Substantivierung. Es mag dabei eine Rolle gespielt haben, daß zwei D. PI. auf -am vorangehen, und daß der Übersetzer deshalb nicht die übliche starke Substantivierung wählte, wie sie E. 1,3 und 2,6 vorliegt: E. 1,3 {»iufiijjs guf» jah atta fraujins unsaris Iesuis

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Die Adjektive in substantivischer Funktion

Xristaus, izei gaf)iu{)ida uns in allai {aiujjeinai ahmeinai in hirninakundaim in Xristau. εύλογητός ό θεός και πατήρ τοϋ κυρίου ημών Ίησοΰ Χριστοί) ό εύλογη σας ήμας έν πάση εύλογίςι πνευματική έν τοις έπουρανίοις έν Χριστφ, Ε. 2,6 (4 gup) jah mipurraisida jah mi|jgasatida in himinakundaim in Xristau Iesu και συνήγειρεν και συνεκάθισεν έν τοις έπουρανίοις έν Χριστφ Ίησοΰ. Hodler (op. cit. S. 110 f.) ist der Ansicht, daß in den beiden Beispielen von in f)aim himinakundam der Gegensatz von Himmlischen und Irdischen betont werde, während bei starkem in himinakundaim der Gegensatz zurücktrete. Ich kann dieser Ansicht nicht beipflichten. E. 3,10 besteht keine Antithese, die reikja und waldufnja sind ja im Himmel, es sind nicht die weltlichen Gewalten gemeint. E. 6,12 ist wohl antithetisch, doch schon von ak wif>ra reikja jah waldufnja an, und da ist kein Pronomen gesetzt. Sk. VId 20—24 = Zitat M. 5,8 audagai auk f>an qaj). J>ai hrainjahairtans. unte |>ai .gj). gasailuand: μακάριοι οί καθαροί τη καρδίςι, 8τι αυτοί τον θεόν οψονται. Hier dient Jjai sowohl der Substantivierung als auch dazu, Klarheit zu schaffen, was im Satz Subjekt und was Prädikativ ist. Bei starker Form des Subjekts ergäbe sich Verwirrung. Diese Funktion hat das Pronomen sa auch L. 16,15 unte Jjata hauho in mannam andaset in andwairjjja gudis. οτι τό έν άνθρώποις ύψηλόν βδέλυγμα ένώπιον του θεοϋ, und L. 18,27 |>ata unmahteigo at mannam mahteig ist at guda. τά αδύνατα παρά άνθρο'»ποις δυνατά έστιν παρά τφ θεφ. Schwache Form ohne sa ist jedoch im Zitat M. 5,8 ebenfalls nicht möglich; denn hrainja-hairtans erweist sich durch seinen regelwidrigen Kompositionsvokal (hrains ist ja ein i-Stamm) als Neubildung (Streitberg, Elementarbuch, § 233 Fußnote 3). Es ist wohl ad hoc gebildet und keine feste Personenbezeichnung. Ebenfalls eine in dieser inhaltlichen Verwendung einmalige Substantivierung, die der Stütze des Pronomens bedurfte, liegt K. 5,13 vor: usnimif) J>ana ubilan us izwis silbam. έξάρατε τον πονηρόν έξ υμών αυτών. Vielleicht gehört auch Jjata mahteigo R. 9,22 in diese Gruppe: if) jabai wiljands guf) ustaiknjan f)wairhein jah uskannjan Jjata mahteigo usbeidands (was) in managai laggamodein bi kasam pwairheins gamanwidaim du fralustai εί δέ θέλων δ θεός ένδείξασθαι τήν δργήν και γνωρίσαι τό δυνατόν αΰτοϋ ήνεγκεν έν πολλή μακραθυμίςι σκεύη δργής κατηρτισμένα είς άπώλειαν. Vielleicht hat aber auch die Bestimmtheit des Ausdrucks die Setzung von f>ata veranlaßt, obwohl αΰτοϋ im Gotischen seltsamerweise unübersetzt geblieben ist.

Die sdiwachen Formen mit sa, so, J>ata

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5. G r u p p e Dies sind folgende Stellen: L. 17,18 sa aljakunja 6 άλλογενής ούτος Μ. 27,19 f>amma garaihtin τφ δικαίφ έκεί,νω Μ. 25,45 f)ize leitilane τούτων των έλαχίστων Μ. 10,42 f>ize minnistane των μικρών τούτων Mk. 1,27 h)o so laiseino so niujo τίς ή διδαχή ή καινή αΰτη Κ. 15,53 j>ata riurjo τό φΌαρτόν τοϋτο Mk. 7,23 f>o alia ubilona ταϋτα πάντα τά πονηρά sa ist „von Haus aus . . . ein Pronomen der ,der-Deixis', d. h. der Unterschied von Nähe und Ferne, von Du und Er hat bei ihm keine Rolle gespielt, nur die ,ich-Deixis' hat einen Gegensatz gebildet." (Streitberg, Elementarbuch, §281,1 Anm.). Doch hat sa im Gotischen audi „ich-" und „dieser-deiktische" Funktion erhalten (Streitberg loc. cit.). An allen obigen Stellen außer einer übersetzt sa gr. ούτος, welches hauptsächlich auf Gegenwärtiges hinweist (Blass-Debrunner-Funk § 290). Die Ausnahme M. 27,19 ist wegen der Weite der Bedeutung von sa nicht problematisch. Gerade an dieser Stelle gibt übrigens Luther εκείνος durch „dieser" wieder: „Habe du nichts zu schaffen mit diesem Gerechten". Aus der Tatsache, daß das Pronomen sa, so, |)ata in weit mehr Fällen einen griechischen Artikel übersetzt als ein griechisdies Demonstrativpronomen, kann man auf eine gewisse Abschwächung seiner demonstrativen Funktion schließen. Dennoch ist es keineswegs als Artikel zu betrachten; denn noch zahlreicher sind ja die Fälle, wo der griechische Artikel im Gotischen unübersetzt bleibt. (Siehe oben S. 85 f. und S. 104 f. mit Anm. 201.)

2.3. Die Adjektive in attributiver Stellung Die starken Formen bilden die weitaus größte Gruppe von attributiven Adjektiven, nämlich 455 Beispiele 4- 2 Glossen (Stellen, wo zu ergänzen ist, wenn auch mit großer Wahrscheinlichkeit, nicht mitgezählt), wovon an 51 Stellen das Griechische den Artikel zeigt. Auf die Evangelien entfallen 224 Beispiele + 1 Glosse + 1 ergänztes Beispiel + 1 Beispiel im Giessener Bruchstück (ergänzt); das Griechische hat 23 mal den Artikel; auf die Briefe entfallen 203 Beispiele + 1 Glosse (28 mal im Griechischen Artikel), auf den Skeireinstext 25

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Die Adjektive in attributiver Stellung

Beispiele, auf die Bibelzitate der Skeireins 2 Beispiele + 1 ergänztes, auf das Nehemiasfragment 1 Beispiel. (Vgl. oben S. 49 mit Anm. 121.) Schwache Adjektive mit sa, so, J)ata sind attributiv an 157 Stellen, 88 in den Evangelien, 58 in den Briefen, 9 im Skeireinstext und 2 in den Bibelzitaten. (Im Griechischen natürlich stets Artikel.) Schwache Adjektive ohne sa, so, |>ata finden sich an 73 Stellen, 43 in den Evangelien, 26 in den Briefen und 4 im Skeireinstext. (Im Griechischen teils Artikel, teils nicht.) TABELLE IV: ADJEKTIVE IN ATTRIBUTIVER STELLUNG

Stark

Schwach mit Pron. sa, so, f>ata

Schwach ohne Pron. sa, so, ßata

Evangelien

224 + 1 Glosse + 1 erg. Beispiel + 1 Beispiel im Giessener Bruchstück

88

43

Briefe

203 + 1 Glosse

58

26

9

4

Skeireins: Text Skeireins: Bibelzitate Nehemias

25 2 + 1 erg. Beispiel

2

1

2.3.1. Die starken Formen Die Stellung des gotischen Adjektivs stimmt völlig mit der des griechischen überein. Es gibt nur 4 Ausnahmen (siehe weiter unten, S. 129 f.). Als Beispiele gebe ich einige besonders auffallende Stellen, wo bei gleichlautenden oder dicht aufeinanderfolgenden Wendungen im Gotischen wie im Griechischen das Adjektiv einmal vor, einmal nach dem Substantiv steht. L. 4,42 9,10 Mk. 12,5 15,41

ana au|)jana stad είς ερημον τόπον gegen ana sta|) auf)jana ε'ις τόπον ερημον. managans anfjarans πολλούς άλλους gegen an£>aros managos αλλαι πολλαί.

Die starken Formen

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Τ. 3,1 godis waurstwis καλοϋ έργου gegen 7 weitwodi|>a goda μαρτυρίαν καλήν. L. 4,40 sauhtim missaleikaim νόσοις ποικίλαις gegen Mk. 1,34 (Parallelstelle) missaleikaim sauhtim ποικίλαις νόσοις. Auffallend ist, daß audh bei der Übersetzung von πας „jeder", wofür das Gotische eine spezifische Wendung hat, nämlich substantivisches Neutrum Singular von all- + G.Pl. 213 die Stellung des Adjektivs im G.Pl. stets dem Griechischen entspricht. So ζ. Β. M. 7,17 all bagme godaize παν δένδρον άγαθόν; k. 9,8 in allamma waurstwe godaize είς παν έργον άγαθόν; Th. 5,22 af allamma waihte ubilaizo από παντός είδους πονηρού. Wir müssen daraus, daß das Gotische die Wortstellung des Griechischen in diesem Punkte so treu wiedergab, schließen, daß das Gotische noch frei war in der Stellung des Adjektivs vor oder nach dem Substantiv, daß also von der Sprache her kein Widerstreben bestand, sich dem Original genau anzuschließen214. Wie steht es nun aber, wenn im Gotischen ein Adjektiv unabhängig vom Griechischen steht, ζ. B. bei der Übersetzung von griechischen Komposita durch gotisches Adjektiv + Substantiv und in der Skeireins 215 ? Es sind folgende Stellen: J. 18,13 Sk. Vc 2 1 - 2 3 Mk. 4,5 Mk. 5,3.4 Mk. 7,26 R. 9,21 Κ. 7,23 Sk. Vd 11-13 Sk. Vd 21—22 213 214

215

auhumists weiha άρχιερεύς at swaleikai jah swa bairhtai insahtai diupaizos airjjos βάθος γης naudibandjom eisarneinaim άλύσεσιν Saurini fwnikiska gabaur|)ai Σύρα Φοινίκίσσα τ φ γένει du galaubamma kasa . . . είς τιμήν σκεύος... du ungal(a)ubamma ε'ις άτιμίαν wairjja galaubamma τιμής ni ibnon ak galeika swerij>a ni ibnaleika swerifia ak galeika

Neben der Wiedergabe durch den adjektivischen Plural von all-, siehe Streitberg, Elementarbudi, § 283 Anm. A. Koppitz, ZDPh 32 (1900) 434. Doch scheint eine Tendenz zur Stellung des Attributs vor dem Beziehungswort bestanden zu haben (Koppitz, op. dt. S. 439 f.; O. Behaghel, Deutsche Syntax, Band IV, Heidelberg 1932, S. 198). Bei welcher wir allerdings mindestens indirekten Einfluß durch griechische und lateinische theologische Schriften annehmen müssen. Siehe dazu Bennett S. 41 f.

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Sk. I a 8 — 1 0 R. 11,22 Α

Die Adjektive in attributiver Stellung

gamains allaize nasjands seiein jah 1υ assein [garaihta] gudis χρηστότητα και άποτομίαν θεοΰ J. 15,2 akran goJ> καρπόν L. 2,14 godis wiljins ευδοκίας Ph. 1,15 in godis wiljins δι'εΰδοκίας R. 11,24 A in g(o)dana alewabagm ε'ις καλλιέλαιον R. 11,17 A wilf>eis alewabagms άγριέλαιος t. 3,16 A all[l]boko gudiskaizos ahmateinais πασα γραφή θεόπνευστος (Β all boko gudiskaizo ahmateinais) Sk. Ib 8—10 waldufnja fjataine gudiskamma [έξουσίςι θεϊκή] Sk. Ic 6 - 7 mahtai gudiskai [έξουσίςι θεϊκή] Sk. I I I c 5 - 7 in wato . . . hrain L. 20,46 in hieitaim (Text bricht ab, wohl wastjom zu ergänzen) έν στολαϊς Μ. 10,42 stikla kaldis watins ποτήριον ψυχροΰ L. 18,4 laggai foeilai έπι χρόνον Ph. 2,3 bi . . . lausai hauheinai κατά . . . κενοδοξίαν k. 7,8 du leitilai hjeilai πρός ωραν Sk. Via 8 - 9 du leitilai toeilai Sk. IVa 25—IVb 1 du leitilamma mela Sk. V l l b 21—23 swa managai . . . wailawiznai Sk. VIb 8—9 manniskaim waurdam [άνθρωπίναις . . . λέξεσιν] Sk. V l l b 12-13 swe at mikilamma nahtamata Sk. Vb 22-24 missaleikaim . . . namnam Sk. Vic 13-14 in missaleikaim melam Sk. IIIc 8—9 wullai raudai Sk. Va 25—Vb 1 skeiris brukjands waurdis t. 2,20 du sweraim (sc. kasam) . . . du unsweraim είς τιμήν . . . εις άτιμίαν Sk. Ic 18 swesamma wiljin Sk. Ic 23—24 swesamma wiljin Sk. Vb 7 - 8 swesamma wiljin Sk. Vb 8 - 9 Swesai mahtai Sk. VIb 19-20 unandsok . . . kun{)i L. 9,39 ahma .. . unhrains πνεϋμα k. 11,24 fidwor tiguns ainamma wanans τεσσαράκοντα παρά μίαν Sk. IVc 14—15 us waurdahai wistai Sk. I I I c 21—22 fragift weihis ahmins Sk. H i d 23—24 in ahmin weihamma [έν πνεύματι άγίω]

Die starken Formen

Sk. V i l l a 3-7 k. 2,15 E. 5,2

at weihai auk is mahtai . . . nauh disskaidandein dauns . . . woJ)i εύωδία du daunai wojjjai είς όσμήν εΰωδίας

Im G r i e c h i s c h e n mit J. 12,43 k. 11,28 L. 1,3

R. 11,24

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Artikel:

hauhein manniska την δόξαν τ ών ανθρώπων arbaijjs mein« seiteina ή έπισύστασίς μου ή καθ'ήμέραν jah mis jah ahmin weihamma ~ κάμοί; vgl. Apostelgeschichte 15,28 τφ πνεύματι άγίω και ήμΐν und siehe unten. Jris wilpeis alewabagmis έκ της . . . άγριελαίου

Einige Beispiele sind auszuschalten, da sie sich an in der Bibel schon vorkommende Wendungen anschließen: akran gof> J. 15,2 nach akran god Μ. 7,19; L. 3,3; 6,43. du leitilai toeilai Sk. Via 8—9, du leitilamma mela Sk. IVa 25— IVb 1 nach J. 7,35 nauh leitila foeila, 12,35 und 13,33 nauh leitil mel für gr. ετι μικρόν χρόνον. ahma unhrains L. 9,39: unhrains ist wohl Zusatz nach V. 42, wo steht ahmin f)amma unhrainjin τφ πνεύματι τφ άν.αθάρτω. unhrains ist stets nachgestellt (L.4,33; 6,18; Mk.3,10; 5,2; 6,7; 7,25), außer Mk. 1,23 in unhrainjamma ahmin, welches eines der vier Beispiele ist, wo die gotische und die griechische Wortstellung nicht übereinstimmen; das Griechische hat έν πνεύματι άκαθάρτω. Eine Erklärung für diese Abweichung scheint sidi jedoch nicht zu bieten. Die auch inhaltlich parallele Stelle Mk. 5,2 zeigt die erwartete Wortstellung in ahmin unhrainjamma έν πνεύματι άκαθάρτφ. Sk. H i d 23-24 in ahmin weihamma. Die ganze Stelle von 13-24 ist ein freies Zitat der Bibelstellen M. 3,11; J. 1,26.27; L. 3,16; Mk. 1,7.8 (nur letztere beide auch in der gotischen Bibel überliefert), welche alle den Ausdruck έν πνεύματι άγίψ verwenden (im Johannesevangelium erst V. 33). Einfluß einer Bibelstelle liegt auch L. 1,3 vor: galeikaida jah mis jah ahmin weihamma. Im Griechischen steht nur εδοξεν κάμοί. ahmin weihamma ist Zusatz nach Apostelgeschichte 15,28, wo steht εδοξεν γαρ τφ πνεύματι άγίω και ήμΐν (Streitberg, Bibel, S. 85). In folgenden Skeireinsbeispielen ist die Stellung des Adjektivs vielleicht durch Wendungen aus theologischen Schriften bedingt: Ib 8-10 waldufnja f>ataine gudiskamma und Ic 6-7 mahtai gudiskai έξοικτία θεϊκή Theodor 245 (siehe Dietrich, Die Bruchstücke der

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Die Adjektive in attributiver Stellung

Skeireins, S. LIII); VIb8-10 manniskaim waurdam weitwodjands άνθρωπίναις . . . έχρήσατο λέξεσιν Theodor 313 (Dietrich, op. cit. S. LVII). Problematisch ist IVc 14—15 us waurdahai wistai. Diese Wendung ist mit λογική φύσις bei Ammonius (1413) in Verbindung gebracht worden (siehe bei Dietrich, op. cit. S. 24), Streitberg (Bibel S. 463) erwähnt ή λογική ουσία bei Origenes. Dietrich übersetzt „aus seinem Vernunftwesen" (op. cit. S. 9). Bennett (S.39f.) hat sehr richtig aus inhaltlichen Gründen an diesen Interpretationen Anstoß genommen. Das ganze Blatt IV behandelt den Unterschied zwischen Johannes dem Täufer und Christus, daß nämlich Johannes, obwohl heilig und ein Prophet, doch nur menschlich war: IVc 5—15 φ sik airjjakundana: jah us airfiai rodjandan (qif»ands 4): in f)izei wistai manna was: jaj)f>e weihs jaJjfje praufetus wisands: jag garaihtein weitwodjands: akei us airfjai was jah us waurdahai wistai rodjands, Christus aber, auch wenn er in Menschengestalt auf Erden wandelte, göttlich ist: IVc 16—IVd 6 if> sa us himina qumana: jabai in leika wisan f)uhta: akei ufaro allaim ist. (Es folgt Zitat J. 3,32): jah £>auhjabai us himina ana airjjai in manne garehsnais qam: akei ni J)e haldis air£>eins was nih us airfjai rodjands. Es ist also nicht von der „vernünftigen Natur" des Johannes (oder wie immer man waurdahs bzw. λογικός übersetzen mag) die Rede, sondern von seiner nur natürlichen, nicht göttlichen, Vernunft. Bennett ist der Ansicht, es sei hier das Substantiv an Stelle des Adjektivs, das Adjektiv an Stelle des Substantivs verwendet: die Adjektive auf -ahs seien oft substantivisch gebraucht, niuklahs νήπιος „child" Κ. 13,11; G.4,1; Ε. 4,14; L. 10,21, stainahs πετρώδης „stony ground" Mk. 4,5.16 (siehe dazu oben S. 87); us wistai R. 11,24 dagegen als Übersetzung von κατά φύσιν bedeute „natürlich". us waurdahai wistai heiße folglich „with a natural logic" (S. 40). Dieser Argumentation kann ich allerdings nicht beipflichten. Erstens ist in diesem Falle nicht einzusehen, warum waurdah- mit wistai kongruiert. Es müßte heißen us waurdahamma (vgl. Mk. 4,5.16 ana stainahamma). Zweitens fehlt strenggenommen ein us - es sei denn, man lasse hier den blossen Dativ wistai für die Bedeutung „der Natur nach, natürlich" eintreten. Man darf aber dem Skeireinisten zutrauen, daß er eine andere, deutliche Wortstellung gewählt hätte, wenn er ausdrücken wollte, „(er sprach) aus dem von Natur aus Wortreichen (=der Vernunft)". Dies ist eine ganz wörtliche Wiedergabe des Ausdrucks, den Bennett annimmt. Sie ergibt aber wenig Sinn und zeigt, wie weit audi dieser Ausdruck noch von „aus natür-

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licher Vernunft" entfernt ist. Aber das Hauptargument gegen Bennetts Ansicht ist das feminine Geschlecht von waurdah-. Hier muß noch festgehalten werden, daß niuklahs nicht mit stainahs, waurdahs und unbarnahs auf eine Stufe gestellt werden darf. Diese sind mit dem Kollektivsuffix -ah- gebildet216, niuklahs dagegen ist in seiner Struktur ungeklärt. Feists Auffassung (S. 378) als *new(o)gl-okos, abgeleitet von der idg. Wurzel gel-, welche auch in kiljjei „Mutterleib" angenommen wird, + Suffix -oko-, got. -ah-, ist sehr unbefriedigend von der Bedeutung her: niuklahs übersetzt immer gr. νήπιος und bedeutet an keiner der Stellen „neugeboren", sondern „kindisch, unverständig". Deshalb fallen meines Erachtens auch die Verbindungen zur Wurzel für „Milch" dahin (siehe die Literaturangaben bei Feist loc. cit.). Sehr erwägenswert scheint mir Th. v. Grienbergers217 Herleitung zu sein: niukl- + ah-: Hinterglied ist aha m. νοϋς „Sinn, Verstand" wie in inahai φρόνιμοι R. 12,16, Vorderglied niu- und ein allerdings nicht geklärtes germanisches Suffix -kla-, welches sich auch in ainakls „allein, einsam" findet (nur T. 5,5 ainakla N.Sg.f. μεμονωμένη); siehe dazu Feist S. 22 mit reicher Literatur. *niukls hätte die Bedeutung „neu, jung" mit zärtlichem bis verächtlichem Unterton. niuklahs, ein Possessivkompositum, würde heißen „dessen Verstand noch jung (oder ,grün') ist". In der Bildung stimmt es überein mit gr. νηπιό-φρων „of childish mind, silly" (Strabo 1.2.8). Man muß waurdahs als Adjektiv „reich an Worten" und wists als Substantiv „Natur" beibehalten. Dann bleiben noch zwei Möglichkeiten der Erklärung. 1. Der Skeireinsverfasser, dem man eine gewisse Kompliziertheit des Stils nicht absprechen kann, schrieb „aus vernünftiger Natur", meinte aber „aus menschlich-natürlicher Vernunft". Die Wendung ist ähnlich, aber keineswegs gleich, wie fauragaggja inwindifjos in der Bibel, insaht manniskodaus iohannes Sk. VIb 17-18 (siehe oben S. 111). Gemeinsam ist die etwas umständliche, indirekte Ausdrucksweise. Doch heißt eben waurdahs gar nicht „vernünftig". 2. Ich möchte mich für folgende Erklärung entscheiden: us waurdahai wistai ist ganz wörtlich aufzufassen: „aus wortbegabter Natur". Es wird damit gesagt, daß es wohl in der Natur des Täufers lag, mit Worten Zeugnis abzulegen für Gott - aber eben nur mit Worten, während der Heiland durch seine wunderbaren Werke sich als den 216

217

Siehe oben S. 55 f. zu broprahans, ferner bairgahei f. όρεινή sc. χώρα „Gebirgsgegend" L. 1,39.65, und zu den -ah-Bildungen und dem Unterschied zu den -ag-, -eig-Bildungen Edward Schröder, ZDA 35 (1891) 377. Untersuchungen zur gotischen Wortkunde, S. 167.

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von Gott Gesandten erwies. Der Gegensatz zwischen den Worten des Johannes und den Werken Jesu wird auch an anderen Stellen betont, in der Bibel wie im Kommentar: J. 5,36 = Sk. Via 23—VIb 8 a|)f)an ik haba weitwodif)a maizein {jamma iohanne f>o auk waurstwa f>oei atgaf mis atta ei ik taujau £>o: J>o waurstwa f»oei ik tauja weitwodjand bi mik: J>atei atta mik insandida: εγώ δέ εχω την μαρτυρία ν μείζω τοϋ 'Ιωάννου· τά γάρ εργα α δέδωκέν μοι ό πατήρ ίνα τελειώσω αυτά, αΰτά τά εργα δ ποιώ, μαρτυρεί περί έμοϋ δτι ό πατήρ με άπέσταλκεν. Sk. VIb 8—20 jains auk manniskaim waurdam weitwodjands: tweifljan {juhta: sunjeins wisands Jjaim unkunnandam mahta: if) attins |>airh meina waurstwa weitwodei: alia ufar insaht manniskodaus iohannes: unandsok izwis undredan mag kunf>i: „Jener aber, mit menschlichen Worten Zeugnis ablegend, schien Zweifel zu erregen; da er wahrhaftig war ihnen gegenüber, die in Unkenntnis waren, vermochte er dies. Doch das Zeugnis des Vaters durch meine Werke vermag euch, über alle menschliche Einsicht des Johannes hinaus, unbestreitbare Erkenntnis zu gewähren." Wie ist nun aber die Wortstellung in den Beispielen, die vom Griechischen einigermaßen unabhängig sind? Das Adjektiv steht sowohl vor wie nach dem Substantiv. Dies bestätigt die Annahme, daß das gotische Adjektiv noch recht frei war in der Stellung. In einigen Fällen kann man sagen, daß das Adjektiv nachgesetzt wird, wenn eine Eigenschaft neutral festgestellt wird und wenn das Adjektiv in seiner eigentlichen Bedeutung mit voller Geltung steht, daß es dagegen vorangesetzt wird, wenn ihm besonderer Akzent verliehen wird, wenn es in erhöhter oder auch in übertragener Bedeutung verwendet wird218. Beispiele von N a c h s t e l l u n g sind Sk. I I I c 5 - 7 in wato . . hrain, 8-9 wullai raudai, vielleicht Ic 6-7 mahtai gudiskai und Ib 8-10 waldufnja Jjataine gudiskamma, obwohl hier J>ataine „nur" etwas gegen die neutrale Feststellung der Eigenschaft spricht und die Stellung in den beiden Beispielen auch ausschließlich durch das Vorbild έξουσίςι θεϊκή veranlaßt sein kann. Sichere Fälle aus der Bibel sind Mk. 5,3.4 naudibandjom eisarneinaim άλύσεσιν219; Mk. 7,26 Saurini fwnikiska gabaurjjai Σύρα Φοινίκισσα τψ γένει; k. 2,15 dauns . . . wof>i εύωδία; Ε. 5,2 du daunai wo{>jai εις όσμήν εύωδίας; k. 11,24 218

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So auch Behaghel, KZ 57 (1930) 166 zum Indogermanischen und allgemein zum Germanischen. Siehe zu dieser Stelle G. W. S. Friedrichsen, The Gothic Version of the Gospels, S. 152 ff. Seine Annahme, eisarneinaim sei „a later precisioning addition" (S. 153) paßt sehr gut zu dem von uns angenommenen Verhältnis.

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fimf sinf)am fidwor tiguns ainamma wanans πεντάκις τεσσαράκοντα παρά μίαν. Und mit Artikel im Griechischen: J. 12,43 hauhein manniska την δόξαν των ανθρώπων; k. 11,28 arbaijjs meina seiteina ή έπισύστασίς μου ή καθ'ήμέραν. V o r a n g e s t e l l t e A d j e k t i v e Sk. Vc 21—23 at swaleikai jah swa bairhtai insahtai; R. 9,21 A sum du galaubamma kasa, sumuf>{)an du ungal(a)ubamma δ μεν εις τιμήν σκεΰος, δ δέ ε'ις άτιμίαν und t. 2,20 suma du sweraim, sumuf)-J>an du unsweraim α μέν είς τιμήν, α δέ εϊς άτιμίαν (kasa bzw. σκεύη stehen im ersten Teil des Satzes; vgl. R.9,21); Sk.Vd 11-13 ni ibnon ak galeika swerif>a, Vd21-22 ni ibnaleika swerif>a ak galeika, Ia 8-10 gamains allaize nasjands, V l l b 21-23 swa managai ganohjands ins wailawiznai, V a 2 5 - V b l skeiris brukjands waurdis qaj), Ic 18; 23—24; Vb 7—8 swesamma wiljin, Vb 8—9swesai mahtai,VIb 19—20unandsok izwis undredan mag kun|)i, IVc 14-15 us waurdahai wistai, IIIc 21-22 fragift weihis ahmins (hier ist die subjektive, okkasionelle Betonung des Adjektivs durch den Schreibenden besonders deutlich, in der Bibel steht immer ahma weihs und auch in der Skeireins, wo sie sich eng an den Bibeltext anlehnt, siehe oben S. 123), V i l l a 3—7 at weihai auk is mahtai: unanasiuniba unselein ize nauh disskaidandein „da seine heilige Macht unsichtbar ihre Schlechtigkeit noch zerteilte". Ferner L. 20,46 atsaihnj) faura bokarjam jjaim wiljandam gaggan in lveitaim . . Hier bricht der Text ab. Es ist sicher wastjom zu ergänzen; das Griechische hat προσέχετε άπό των γραμματέων των θελόντων περιπατειν έν στολαϊς κτλ. Im Gegensatz zu Mk. 5,3.4 ist lueitaim kein präzisierender Zusatz, sondern ein steigernder - ein Bedürfnis, dem Luther durch die Wendung „in langen Kleidern" nachkam. Manche Stellen widersprechen jedoch der oben geäußerten Ansicht ganz entschieden. So ζ. B. Mk. 4,5 diupaizos airf>os βάθος γης, Μ. 10,42 stikla kaldis watins ποτήριον ψυχροϋ (nach Streitberg, Bibel, S. 21 ist watins Zusatz nach der Parallelstelle Mk. 9,41 stikla watins ποτήριον ύδατος), Sk. Vb 22-24 missaleikaim bandwij)s namnam, VIc 13-14 in missaleikaim melam. R. 11,22 sai nu seiein jah kassein garaihta gudis; ΐδε οΰν χρηστότητα καί άποτομίαν -θεοί ist das Adjektiv eine in den Text gedrungene Glosse, aus dem Kontext oder aus th. 1,5 taikn garaihtaizos stauos gudis ενδειγμα της δικαίας κρίσεως τοϋ ·θεοϋ (G. W. S. Friedrichsen, The Gothic Version of the Epistles, S. 234). 2» Nach Behaghel, KZ 57 (1930) 162 sind R. 11,22 und Κ. 7,23 Beispiele seines „Gesetzes der wachsenden Glieder".

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Desgleichen Κ. 7,23 wairf>a galaubamma usbauhtai sijuf); τιμής ήγοράσθητε. „The interpolated galaubamma is from the latinized, but not extant, parallel I Cor. vi. 20 ήγοράσθητε γαρ τιμής, for which the Latin version has vg. Ambrst. empti enim estis pretio magno (om. magno d e f g m Tert. Lucif. Hier. Aug.)." (G. W . S. Friedrichsen, The Gothic Version of the Epistles, S. 251 f.) 220. Bei der Übersetzung griechischer Komposita, die im Vorderglied ein Adjektiv oder Adverb oder eine nähere Bestimmung anderer Art haben, ist das gotische Adjektiv stets vorangestellt: J. 18,13 auhumists weiha άρχιερεύς, L. 2,14 godis wiljins ευδοκίας, Ph. 1,15 in godis wiljins δι* εΰδοκίαν, Ph. 2,3 bi haifstai aiJ>|jau lausai hauheinai κατά έριθείαν ή κενοδοξίαν, R. 11,17 A wilj>eis alewabagms άγριέλαιος, 2 4 in g(o)dana alewabagm εις καλλιέλαιον, t. 3,16 A all[l] boko gudiskaizos ahmateinais πάσα γραφή θεόπνευοτος (die Version von Β all boko gudiskaizo ahmateinais scheint ein Schreibfehler zu sein, denn sie läßt ahmateinais ohne sinnvollen Anschluß). Eine Ausnahme macht nur k. 2,15 unte Xristaus dauns sijum wojji guda δτι Χρίστου ευωδιά έσμέν τψ ·θεφ. Man kann wohl sagen, daß das Gotische die adjektivische Bestimmung des Substantivs an dieselbe Stelle setzte wie das Griechische, sei sie im Griechischen nun durch ein Adjektiv oder durch Komposition ausgedrückt. Und dasselbe gilt, wenn die nähere Bestimmung im Griechischen folgt, als abhängiger Genitiv oder als präpositionaler Ausdrude wie J. 12,43 hauhein manniska τήν δόξαν των ανθρώπων, k. 11,28 arbaips meina seiteina ή έπισύστασίς μου ή καθ'ήμέραν, Ε . 5,2 du daunai woJ>jai εις όσμήν εύωδίας. Diese letztere Stelle hat vielleicht bewirkt, daß woJ>i auch nachgesetzt wurde, wo ευωδιά allein steht k. 2,15. Oder dann gehört wo^eis mir raujjs, eisarneins zu einer Gruppe von stets nachgestellten Adjektiven, welche körperliche Beschaffenheit bezeichnen. Aus der Bibel lassen sich dazu anführen (allerdings stimmt hier eben die Stellung einfach zum Griechischen) : M. 9,16 ana sangan fairnjana 17 wein niujata . . . in balgins faimjans . . . wein juggata in balgins niujans επί ίματίφ παλαιφ . . . olvov νέον εις άσκούς παλαιούς . . . οίνον νέον ε'ις ασκούς καινούς und die Parallelstellen L. 5,36.37.38 und Mk. 2,21.22; J. 6,9 = Sk. V i l a 8—12 -e- hlaibans barizeinans πέντε άρτους κρίθινους; J. 19,2 wastjai paurpurodai ίμάτιον πορφυροΰν; L. 4,5 ana fairguni hauhata εις ορος ύψηλόν; L. 6,17 ana Stada ibnamma επί τόπου πεδινού; Mk. 1,6 gairda filleina . . milij) hai|)iwisk ζώνην δερματίνην . . . μέλι αγριον; Mk. 9,2 ana fairguni hauh εις δρος ύψηλόν; Mk. 16,5 wastjai hjeitai στολήν λευκήν; t. 2,20 a|>£>an in mikilamma garda ni sind Jjatainei kasa gulj»eina

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jah silubreina, ak jah triweina jah digana έν μεγάλη δέ οίκίςι ουκ εστίν μόνον σκεύη χρυσά και αργυρά, άλλά και ξύλινα και όστράκινα. Eine Ausnahme dazu ist Mk. 15,17 (Parallelstelle zu J. 19,2) Jjaurneina wipja άκάνθινον στέφανον. hrains ist stets nadbgestellt, wenn es „sauber" bedeutet: M. 27,29 jah nimands f)ata leik Iosef biwand ita sabana hrainjamma. και λαβών το σώμα ό 'Ιωσήφ ένετύλιξεν αύτό σινδόνι καθαρή, Τ. 2,9 qinons in gafeteinai hrainjai τάς γυναίκας έν καταστολή κοσμίφ und Sk. IIIc 5 - 7 in w a t o . . . hrain, vorangestellt, wenn es „rein" bedeutet: T. 1,5 us hrainjamma hairtin έκ καθαρας καρδίας; Τ. 3,9 in hrainjai gahugdai έν καθαρά συνειδήσει; t. 2,22 us hrainjamma hairtin έκ καθαρδς καρδίας. Ohne Zweifel ist aber die vorherrschende Tendenz in der Stellung des gotischen Adjektivs die Übereinstimmung mit der Stellung des Attributs im Griechischen. Von den A u s n a h m e n ist Mk. 1,23 schon besprochen worden (oben S. 123). C. 4,13 weitwodja auk imma {>atei habaif) manag aljan bi izwis . . μαρτυρώ γαρ αύτώ οτι εχει ζήλον πολύν υπέρ υμών . . . Einige Codices zeigen πολύν ζήλον, πολύν πόνον, lateinische Texte multum laborem (siehe Streitberg, Bibel, S. 392 und Friedridisen, The Gothic Version of the Epistles, S. 35). Tit. 1,9 Β (7 skaluf>-J>an aipiskaupus . . . wisan) andanemeigs bi laiseinai waurdis triggwis (δει γαρ τον έπίσκοπον . . . είναι) άντεχόμενον τοϋ κατά τήν διδαχήν πιστού λόγου (in Α steht triggws, das Adjektiv ist, abweichend vom griechischen Text, auf aipiskaupus bezogen, oder es liegt ein Fehler vor, so nach Friedridisen, The Gothic Version of the Epistles, S. 171). Streitberg schreibt zu waurdis triggwis (Bibel S. 444): „Umstellung ohne äußern Anlaß". Man könnte sogar sagen: gegen äußern Anlaß, denn durch die veränderte Stellung wird triggwis vom Ausdruck bi laiseinai getrennt, welcher doch, wie das Griechische zeigt, nähere Bestimmung des Adjektivs ist. So schreibt auch Friedrichsen loc. cit. „The order is unexplained." k. 13,13 gaman ahmins weihis ή κοινωνία τοϋ άγιου πνεύματος (in der Schlußformel). Es heißt im Gotischen immer ahma weihs (außer an der oben S. 127 besprochenen Skeireinsstelle). Im Griechischen steht meistens πνεύμα αγιον: L. 1,15.35.40.67; 2,25; 3.16; 4,1; Mk. 1,8; 12,36; R. 9,1; 14,17; k. 6,6; t. 1,14; Sk. I l l d 23-24 « M. 3,11; J. 1,33; L. 3,16; Mk. 1,8, doch audi τό πνεύμα τό αγιον (Mk. 3,29 und Th. 4,8) und τό αγιον πνεύμα im obigen Beispiel,

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Die Adjektive in attributiver Stellung

was den Möglichkeiten der Stellung, die das Attribut im Griechischen bei einem Ausdruck mit Artikel hat, durchaus entspricht. Der griechische Artikel ist anaphorisdi im weiten Sinne, er weist auf etwas im biblischen Zusammenhang Bekanntes hin. Deshalb steht im Gotischen audi häufig das schwache Adjektiv mit sa221: J. 7,39; 14,26; L. 2,26; 3,22; E. 1,13; 4,30. Das Adjektiv ist dann mit Ausnahme von E. 4,30 immer nachgestellt. Im Griechischen steht τό πνεΰμα τό αγιον, J. 7,39 πνεΰμα αγιον. Bei dieser Wendung konnten also griechisches artikelloses oder artikuliertes Substantiv + Adjektiv und gotisches Substantiv und starkes Adjektiv oder Substantiv und schwaches Adjektiv mit sa promiscue gebraucht werden. Das germanische starke Adjektiv neben Substantiv, die „unveränderte syntaktische Fortsetzung des alten indogermanischen Adjektivs" (Delbrück IF 26(1909)198) konnte ursprünglich bestimmte und unbestimmte Geltung haben. Erst mit der Zeit schränkte die neue schwache Adjektivbildung das Gebiet des starken Adjektivs auf die unbestimmte Bedeutung ein (Delbrück op. cit. S. 199). Bei einem Ausdruck aber wie „der heilige Geist", bei welchem unbestimmte Geltung gar nicht in Frage kam, blieb die alte Möglichkeit des starken Adjektivs zum bestimmten Ausdruck bestehen. Die starken attributiven Adjektive, denen i m G r i e c h i s c h e n ein Ausdruck m i t A r t i k e l entspricht, habe ich im Vorhergehenden mitbehandelt. In manchen Fällen ist der Artikel generisch. Es ist deshalb nicht erstaunlich, daß das Gotische die starke Form verwendet. So M. 11,8 sai, fjaiei hnasqaim (wastjom, früher im selben Vers) wasidai sind, in gardim |)iudane sind. ίδοΰ ot τά μαλακά (Ιμάτια) φοροΰντες έν τοις οΐκοις των βασιλέων ε'ισίν. R. 13,3 Jbai auk reiks ni sind agis godamma waurstwa, ak ubilamma oi γάρ δρχοντες ουκ ε'ισίν φόβος τφ άγαθψ εργφ άλλα τφ κακω. th. 3,2 ei uslausjaindau af gastojanaim jah ubilaim mannam; ίνα φυσθώμεν άπό των άτοπων και πονηρών ανθρώπων. Τ. 4,8 aJ)J>an leikeina usJ>rof)eins du fawamma ist bruks ή γάρ σωματική γυμνασία προς ολίγον έοτίν ώφέλιμος. t. 2,22 af){)an juggans lustuns Jjliuh τάς δε νεωτερικάς επιθυμίας φεΰγε. L. 6,45 J)iuJ>eigs manna us JnuJaeigamma huzda hairtins seinis usbairid f)iuf>, jah ubils manna us ubilamma hairtins seinis usbairid ubil δ αγαθός άνθρωπος έκ τοΰ άγαθοϋ θησαυροΰ της καρδίας αύτοΰ προφέρει τό άγαθόν, και ό πονηρός άνθρωπος έκ τοΰ πονηρού θησαυροΰ της καρδίας αύτοΰ προφέρει τό πονηρόν. m

Schwaches Adjektiv ohne sa dagegen kommt bei diesem Ausdrude nie vor.

Die starken Formen

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Mk. 7,21 innajiro auk us hairtin manne mitoneis ubilos gaggand εσωθεν γαρ έκ της καρδίας των άνθρώπων οί διαλογισμοί οί κακοί εκπορεύονται. C. 1,21 fijands gahugdai in waurstwam ubilaim εχθρούς τη διάνο ig έν τοις εργοις τοις πονηροΐς. Manchmal ist der griechische Artikel auch allgemein anaphorisch. So M. 7,13 inngaggaif) fjairh aggwu daur εισέλθετε διά της στενής πύλης. L. 16,9 jah ik izwis qijia: taujaij) izwis frijonds us faihuj>raihna inwindifjos, ei f>an ufligaif), andnimaina izwis in aiweinos hleijjros. κάγώ ύμϊν λέγω, ποιήσατε έαυτοΐς φίλους έκ τοϋ μαμωνδ της άδικίας, ίνα οταν έκλείπητε, δέξωνται ύμας είς τάς αιωνίους σκηνάς. 11 jabai nu in inwindamma faihuj>raihna triggwai ni waurfmf) ε'ι ουν έν τφ άδίκφ μαμωνφ πιστοί ούκ έγένεσθε. Τ. 4,6 alands waurdam galaubeinais jah godaizos laiseinais Jjoei galaistides, έντρεφόμενος τοις λόγοις της πίστεως και της καλής διδασκαλίας η παρηκολούθηκας. t. 3,15 jah f>atei us barniskja weihos bokos kunjjes και οτι από βρέφους τά Ιερά γράμματα οΐδας. t. 4,3 wair|)ij) mel J>an haila laisein ni usf)uland εσται γαρ καιρός οτε τής ύγιαινούσης διδασκαλίας ούκ άνέξονται. Tit. 1,9 Β bi laiseinai waurdis triggwis τοΰ κατά την διδαχήν πιστού λόγου und alle Fälle von τό πνεΰμα τό αγιον, τό αγιον πνεύμα. In einem weiteren Fall, wo der griechische Artikel allgemein anaphorisch ist, zeigt das Gotische starkes Adjektiv, jedoch gefolgt vom hinweisenden Pronomen: L. 1,70 swaswe rodida f>airh munf) weihaize f)ize fram anastodeinai aiwis praufete seinaize. καθώς έλάλησεν διά στόματος των άγιων των άπ'αΐώνος προφητών αύτοΰ. Man könnte in diesem Beispiele, zu welchem sich noch M. 27,52 f)ize lingandane weihaize των κεκοιμημένων άγιων (siehe oben S. 91) gesellt, eine Spur der Entwicklung sehen wollen, die wir im ersten Teile unserer Untersuchung angenommen haben (S. 39 ff.), daß nämlich ursprünglich auch mit dem deiktischen Pronomen sa, so, J»ata die starke Form verwendet wurde, daß diese nur wenn sie unmittelbar hinter dem Pronomen stand, aus Gründen des Wohlklanges durch die unseres Erachtens nach dem Vorbild des Komparativs gebildete schwache ersetzt wurde. Ich will dies jedoch nicht tun. Die zwei Betspiele sind zu ähnlich, und daß es sich in beiden um das Adjektiv weihs handelt, ist verdächtig: Meines Erachtens wurde an diesen Stellen trotz f>ize die starke Form gesetzt, weil bei der

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Die Adjektive in attributiver Stellung

schwachen wegen des inhaltlichen Zusammenhanges Verwechslung mit dem Substantiv weiha „Priester" möglich gewesen wäre. Es sei hier nur noch erwähnt, daß sich auch bei frawaurhts in substantivischem Gebrauch zwei Stellen finden, wo nach fjaim die starke Form steht, weil sie nicht unmittelbar auf das Pronomen folgt: L. 5,30 und Mk. 2,16 mif) J)aim motarjam jah frawaurhtaim μετά των τελωνών και άμαρτιολών. Beispiele, wo das Griechische den Artikel bei einem Ausdruck κατ' εξοχήν setzt, sind wohl J. 10,11 hairdeis gods 6 ποιμήν ό καλός; L. 8,8 ana airjjai godai ε'ις την γήν την άγαθήν; Mk. 4,8 in airpa goda εις την γήν την καλή ν. Doch auch in diesen beiden letzteren Fällen ist die Setzung des deiktischen Pronomens im Gotischen eben durchaus nicht die Regel. Oft haben im Griechischen auch besondere syntaktische Verhältnisse die Setzung des Artikels bedingt. 1. V o k a t i v : Mk.9,25 τό πνεϋμα τό αλαλον και κωφόν J)ü ahma, f)u unrodjands jah baujDs. Der Nominativ mit Artikel anstelle des Vokativs ist im neutestamentlichen Griechisch sehr häufig bei Adjektiven neben einem Substantiv, welches keinen erkennbaren Vokativ hat, dringt aber auch bei blossem Substantiv vor, ohne daß der Ausdruck, wie im Attischen, verächtlich sei (Blass-Debrunner-Funk § 147; siehe oben S. 115). Zur problematischen starken Form von bauj)s siehe oben S. 61 f. 2. P o s s e s s i v p r o n o m e n : Bei Substantiven, die mit den possessiven Genitiven μου, σου, ημών, υμών, αύτοϋ, αυτής, αυτών versehen sind, steht der Artikel (vgl. Blass-Debrunner-Funk § 284). Dies ist der Fall M. 5,16 υμών τά καλά εργα izwara goda waurstwa; 27,60 έν τφ καινφ αύτοϋ μνημείω in niujamma seinamma hlaiwa; R. 12,1 την λογικήν λατρείαν υμών andajbahtana blotinassu izwarana; Κ. 8,12 αυτών την συνείδησιν ασθενούσαν ize gahugd siuka; k. 4,11 έν τή θνητή σαρκί ημών in riurjamma leika unsaramma; 11,28 ή έπισύστασίς μου ή καθ'ήμέραν arbaifjs meina seiteina. Im Gotischen dagegen steht sa auch vor Substantiven, denen ein Possessivpronomen folgt, nur bei ausgeprägter Hinweisung. 3. ΐ δ ι ο ς : ίδιος heißt im neutestamentlichen Griechisch „eigen" ( = έαυτοΰ etc.) und nähert sich in der Bedeutung den Possessiva. Es wird gerne mit dem Genitiv αύτοΰ etc. verbunden (Blass-DebrunnerFunk § 286). Wie bei den Possessivpronomina bewirkte die Bestimmtheit des Ausdrucks die Setzung des Artikels, allerdings nicht ausnahmslos (siehe Blass-Debrunner-Funk loc. cit. und S 285,2). Da es sich aber in den uns vorliegenden Fällen nicht um Deixis handelt, ver-

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wendet das Gotische das starke Adjektiv: J . 10,12 φ asneis jah saei nist hairdeis, Jjizei ni sind Iamba swesa ό μισθωτός δέ και ούκ ών ποιμήν, ου ούκ ε'ισιν τά πρόβατα ίδια; L. 6,44 karjizuh raihtis bagme us swesamma akrana uskunjjs ist; εκαστον γαρ δένδρον έκ τοΰ Ιδίου κάρπου γινώσκεται. Mk. 15,20 gawasidedun ina wastjom swesaim. ένέδυσαν αυτόν τά Ιμάτια τά ίδια. R. 11,24 b a n filu mais f)ai bi wistai intrusgjanda in swesaria alewabagm? πόσα) μάλλον οί κατά φΰσιν έγκεντρισθήσονται τη ίδί