Strafgesetzbuch: Mit Erläuterungen und Beispielen sowie den wichtigsten Nebengesetzen und je einem Anhang über Jugendstrafrecht, Jugendschutz und Strafprozeßrecht. Nachtrag zur 25. Auflage [Reprint 2020 ed.] 9783112312315, 9783112301043


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German Pages 15 [20] Year 1966

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Table of contents :
Vorwort
Das Strafprozeßänderungsgesetz
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Strafgesetzbuch: Mit Erläuterungen und Beispielen sowie den wichtigsten Nebengesetzen und je einem Anhang über Jugendstrafrecht, Jugendschutz und Strafprozeßrecht. Nachtrag zur 25. Auflage [Reprint 2020 ed.]
 9783112312315, 9783112301043

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PETTERS-PREISENDANZ

Strafgesetzbuch mit Erläuterungen und Beispielen sowie den wichtigsten Nebengesetzen und je einem Anhang über Jugendstrafrecht, Jugendschutz und Strafprozeßrecht von Dr. Walter Petters f , Landgerichtsrat a. D.

Nachtrag zur 25. Auflage bearbeitet von

Holger Preisendanz Erster Staatsanwalt in Pforzheim

1966 J.SCHWEITZER

VERLAG.

B E R L I N

Satz, Druck und Bindearbeiten: Graphische Betriebe Dr. F. P. Datterer & Cie. Nachfolger Sellier OHG, Freising Alle Rechte, einschließlich des Rechts der Herstellung von Fotokopien und Mikrofilmen, vorbehalten

Vorwort Bei Drucklegung der 25. Auflage war es leider noch nicht möglich gewesen, das vom Bundestag a,m 19. 12. 1964 beschlossene, am 1. 4. 1965 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes (StPÄG) in Text und Kommentierung zu berücksichtigen. Mit Rücksicht darauf, daß zum damaligen Zeitpunkt noch nicht feststand, wann und in welcher Form die geplanten Änderungen beschlossen würden, ließ es sich auch nicht verantworten, die Neuauflage, die bereits durch die Berücksichtigung des 2. VerkSichG eine gewisse Verzögerung hinnehmen mußte, weiter zurückzustellen. Für diese Entscheidung war nicht zuletzt auch die Überlegung maßgebend, daß die eigentliche Bedeutung des Werks in der Darstellung des materiellen Strafrechts, d. h. in der Wiedergabe und Kommentierung der Bestimmungen des Strafgesetzbuchs liegt, während die im Anhang behandelte Strafprozeßordnung das Gesamtbild nur abrunden soll. Gleichwohl wird auch seitens des Herausgebers und des Verlags nicht verkannt, daß gerade der Anhang 4 vielen Lesern, vor allem den Polizeibeamten, zu einem unentbehrlichen Helfer in Studium und Praxis geworden ist. Herausgeber und Verlag haben sich daher entschlossen, die durch das StPÄG bedingten Änderungen des Strafprozeßrechts in der Form dieses Nachtrags allen Beziehern der 25. Auflage zugänglich zu machen. Der Nachtrag ist durch die Hinweise auf die jeweils betroffene Seite der 25. Auflage so gestaltet worden, daß der Leser sein Exemplar ohne Schwierigkeit auf den neuesten Stand bringen kann, indem er den durch die Änderung betroffenen Text durch Vornahme einer Streichung kennzeichnet und handschriftlich auf den vorliegenden Nachtrag verweist. Abschließend sei zur Klarstellung darauf hingewiesen, daß der vorliegende Nachtrag nicht alle Änderungen des StPÄG erfaßt. Berücksichtigt wurden nur die Bestimmungen, mit denen sich auch die 25. Auflage befaßt und die vor allem für den P o l i z e i d i e n s t von Bedeutung sind, insbesondere die neuen V e r n e h m u n g s g r u n d s ä t z e und die Bestimmungen über die U n t e r s u c h u n g s h a f t . Die Bestimmungen über das Schlußgehör der Staatsanwaltschaft und die das gerichtliche Verfahren betreffenden Änderungen wurden dagegen — soweit überhaupt erforderlich — nur am Rande erwähnt. Pforzheim, im Februar 1966

Holger

Preisendanz

III

Das Strafprozeßänderungsgesetz v o m 19. 12. 1964 (BGBl. I 1067)

Die Änderungen Zu Seite 491: In Abschnitt c) 66), der sich mit der Zeugenvernehmung befaßt, ist der letzte Satz wie folgt zu ersetzen: I s t der Zeuge ein n a h e r A n g e h ö r i g e r d e s B e s c h u l d i g t e n , so ist er gemäß § 52 Abs. 1 S t P O (s. Abschn. L, S. 509) berechtigt, das Zeugnis zu verweigern. H i e r ü b e r ist er seit I n k r a f t t r e t e n der Strafprozeßnovelle v o m 19. 12. 1964 nicht erst vor Gericht, sondern bereits bei der V e r n e h m u n g d u r c h Polizei oder StA ausdrücklich zu belehren (vgl. § 163a Abs. 5 i.V. m i t § 52 Abs. 2 StPO). Ebenso ist der Zeuge bei jeder V e r n e h m u n g d a r ü b e r zu belehren, d a ß er auf F r a g e n , deren B e a n t w o r t u n g ihm oder einem der in § 52 Abs. 1 S t P O bezeichneten Angehörigen die G e f a h r s t r a f g e r i c h t l i c h e r V e r f o l g u n g zuziehen würde, die A u s k u n f t verweigern k a n n (vgl § 163a Abs. 5 i.V. m i t § 55 S t P O ) . In Abschnitt c) cc), der sich mit der Beschuldigtenvernehmung befaßt, ist der erste Satz wie folgt zu ersetzen: Die V e r n e h m u n g d e s B e s c h u l d i g t e n ist in der Weise einzuleiten, d a ß der V e r n e h m u n g s b e a m t e d e m Beschuldigten eröffnet, welche s t r a f b a r e H a n d l u n g ihm zur L a s t gelegt wird (§ 136 Abs. 1 Satz 1 StPO). Alsdann ist der Beschuldigte auf G r u n d der Strafprozeßnovelle v o m 19. 12. 1964 ausdrücklich d a r ü b e r zu belehren, d a ß er nichtr verpflichtet ist, sich zu den gegen ihn erhobenen Beschuldigungen zu ä u ß e r n , u n d d a ß er jederzeit, schon vor seiner ersten Vernehmung, berechtigt ist, einen Verteidiger zu b e f r a g e n (vgl. § 163a Abs. 4 i.V. m i t § 136 Abs. 1 S t P O ) . I n geeigneten F ä l l e n ist er außerd e m d a r a u f hinzuweisen, d a ß es i h m freisteht, sich a u e h schriftlich zu ä u ß e r n (vgl. § 163a Abs. 4 i.V. m i t § 136 Abs. 1 S t P O ) . Diese Belehrungen sind allerdings erst d a n n erforderlich, w e n n ein Beschuldigter im engeren Sinn v o r h a n d e n ist, d . h . w e n n sich ein gewisser T a t v e r d a c h t gegen eine b e s t i m m t e Person konkretisiert h a t (vgl. K o h l h a a s N J W 65, 1254). H i e r a n fehlt es, w e n n im ersten S t a d i u m des Verfahrens ü b e r h a u p t noch kein V e r d a c h t gegen eine b e s t i m m t e P e r s o n vorliegt, z . B . w e n n die Polizei n a c h einem B r a n d zunächst einmal den Geschädigten, seine Angehörigen, sein Personal u n d die N a c h b a r n rein informatorisch v e r n i m m t (vgl. K o h l h a a s a . a . O . ) . Aus d e m R e c h t des Beschuldigten, die Aussage zu verweigern, folgt: Z u r H e r b e i f ü h r u n g einer Aussage, insbesondere eines Geständnisses, dürfen . . .

1

Zu Seite 493: Abschnitt 2, der sich mit der notwendigen Verteidigung befaßt, ist wie folgt neu zu fassen: b).... aa) in der H V vor dem B u n d e s g e r i c h t s h o f , dem O b e r l a n d e s g e r i c h t oder dem L a n d g e r i c h t im ersten Rechtszug; b b ) wenn eine T a t in F r a g e k o m m t , die nicht nur wegen Rückfalls ein V e r b r e c h e n ist; cc) wenn das Verfahren zur Unterbringung in einer H e i l - oder P f l e g e a n s t a l t oder zur U n t e r s a g u n g d e r B e r u f s a u s ü b u n g führen k a n n ; dd) . . . . (unverändert) ee) wenn sich der Beschuldigte mindestens drei Monate in der gleichen oder in einer anderen Sache in U n t e r s u c h u n g s h a f t oder a u f Grund behördlicher Anordnung in einer H e i l - oder P f l e g e a n s t a l t befunden h a t und nicht mindestens zwei Wochen vor der H V aus der H a f t bzw. aus der Heil- oder Pflegeanstalt entlassen wird; ff) . . . . (unverändert) gg) . . . . (unverändert) Zu Seite 494: In Abschnitt 2 b) aa) ist der zweite Satz wie folgt zu ändern: Diese Personen müssen über ihr Z e u g n i s v e r w e i g e r u n g s r e c h t jeder Vernehmung belehrt werden (s. o. Abschn. I I 2 c ) bb).

vor

Zu Seite 498: Abschnitt I, der sich mit der Untersuchungshaft befaßt, hat sich wie folgt geändert: 1. Die Vorschriften über die U - H a f t (§§ 112—125 S t P O ) wurden durch die a m 1. 4. 1965 in K r a f t getretene Strafprozeßnovelle vom 19. 12. 1964 neu gefaßt. Die neuen Bestimmungen stellen noch mehr als bisher klar, daß die U - H a f t nur dann angeordnet werden darf, wenn die o r d n u n g s g e m ä ß e D u r c h f ü h r u n g des V e r f a h r e n s a u f a n d e r e W e i s e n i c h t g e w ä h r l e i s t e t erscheint und die m i t der U - H a f t verbundene F r e i h e i t s b e s c h r ä n k u n g zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Sicherung und Besserung n i c h t a u ß e r V e r h ä l t n i s steht (§ 112 Abs. 1 S t P O ) . Dies hindert jedoch nicht, einen wohnsitzlosen Zechpreller, auch bei geringer Schadenshöhe, entsprechend der bisherigen Polizeipraxis vorläufig festzunehmen und dem nächsten Amtsrichter vorzuführen. (Nach § 113 S t P O kann ein Wohnsitzloser selbst bei Übertretungen in H a f t genommen werden.) E r g i b t sich dann, daß der Beschudigte nicht einschlägig vorbestraft ist und daher n u r eine geringe Strafe zu erwarten h a t , so h a t der R i c h t e r gemäß § 120 S t P O den Haftbefehl wieder aufzuheben. 2. W i e bisher setzt die U - H a f t einen d r i n g e n d e n T a t v e r d a c h t sowie einen bestimmten H a f t g r u n d voraus. a) E i n dringender Tatverdacht besteht, wenn nach dem Stand der E r m i t t lungen der Beschuldigte die ihm zur L a s t gelegte T a t mit großer Wahrscheinlichkeit begangen hat. b) D e r Haftgrund ergibt sich aus der Z i e l r i c h t u n g , die m i t der Verhaftung in gesetzlich zulässiger Weise erreicht werden soll. W i e bereits eingangs erwähnt, dient die U - H a f t der ordnungsgemäßen Durchführung des Verfahrens. Sie soll zunächst verhindern, daß der Beschuldigte sich durch die F l u c h t seiner Verantwortung entzieht (Haftgrund der F l u c h t oder F l u c h t g e f a h r , vgl. § 112 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ; Einzelheiten s. u. Abschn. 3 und 4).

2

Sie soll weiter verhindern, daß der Beschuldigte Beweismittel beiseiteschafft oder auf andere Weise die Aufklärung des Sachverhalts in unlauterer Weise vereitelt (Haftgrund der V e r d u n k e l u n g s g e f a h r , vgl. § 112 Abs. 2 Nr. 3 S t P O ; Einzelheiten s. u. Abschn. 5). Eine erst jetzt gesetzlich anerkannte, weitere Zielrichtung der U - H a f t ist die V e r h i n d e r u n g d e r W i e d e r h o l u n g b e s t i m m t e r S i t t l i c h k e i t s v e r b r e c h e n (vgl. § 112 Abs. 3 S t P O ; Einzelheiten s. u. Abschn. 6). Schließlich ist die U - H a f t schlechthin zulässig bei M o r d , T o t s c h l a g u n d sogenanntem V ö l k e r m o r d (vgl. § 112 Abs. 4 S t P O ; Einzelheiten s. u. Abschn. 7). 3. Der H a f t g r u n d der Flucht liegt vor, wenn der Beschuldigte bereits f l ü c h t i g ist oder sich v e r b o r g e n hält, u m sich der Strafverfolgung zu entziehen (§ 112 Abs. 2 Nr. 1 StPO). Dieser H a f t g r u n d k o m m t nicht n u r dann in Betracht, wenn es dem Beschuldigten d a r u m geht, sich einer drohenden Strafe zu entziehen, sondern auch dann, wenn er eine ihm drohende, mit Freiheitsentzug verbundene M a ß r e g e l d e r S i c h e r u n g u n d B e s s e r u n g vermeiden will, z.B. die Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt. 4. Die Fluchtgefahr des § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO m u ß im Haftbefehl d u r c h T a t s a c h e n k o n k r e t b e l e g t werden (vgl. § 114 Abs. 2 Nr. 4 StPO). Alle Umstände des Einzelfalls sind eingehend zu prüfen. Ein schablonenhafter Hinweis, daß ein Verbrechen den Gegenstand der Untersuchung bildet und der Beschuldigte eine hohe Strafe zu erwarten h a t , reicht f ü r sich allein nicht aus. Anders jedoch, wenn der Beschuldigte k e i n e n f e s t e n W o h n s i t z nachweisen kann, wenn er o h n e f a m i l i ä r e B i n d u n g e n lebt u n d häufig Wohnsitz u n d Arbeitsplatz wechselt oder wenn er bereits einen F l u c h t v e r s u c h unternommen h a t . Allerdings ist auch in diesen Fällen immer auf den G r u n d s a t z d e r V e r h ä l t n i s m ä ß i g k e i t zu achten (s.o. 1). 6. Auch die Verdunkelungsgefahr des § 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO m u ß gemäß § 114 Abs. 2 Nr. 4 StPO d u r c h T a t s a c h e n k o n k r e t b e l e g t werden. Eine schablonenhafte Begründung, der Beschuldigte bestreite die T a t u n d es sei zu befürchten, er werde etwaige Mitbeschuldigte oder Zeugen beeinflussen, reicht nicht aus. E s gibt auch keine Verbrechen, die schlechthin unter dem Gesichtspunkt der Verdunkelungsgefahr als „ H a f t d e l i k t e " behandelt werden dürfen oder gar müssen. Die rein gedankliche Möglichkeit, daß der Beschuldigte etwas zur Verdunkelung des Sachverhalts unternehmen wird, reicht zur Annahme von Verdunkelungsgefahr selbst dann nicht aus, wenn sie der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen mag (vgl. Dahs N J W 65, 889). So kann z.B. ein Lehrer, dem Unzucht mit einer Schülerin zur Last gelegt wird u n d der die T a t bestreitet, nicht einfach mit der Begründung in H a f t genommen werden, es sei zu erwarten, daß er, auf freiem F u ß belassen, die Schülerin in unlauterer Weise beeinflussen werde. Es müssen vielmehr Tatsachen vorliegen, die diese Gefahr konkret begründen, z.B. der Umstand, daß der Lehrer bereits den Versuch unternommen h a t , die Schülerin zum Widerruf ihrer Angaben zu veranlassen, oder daß er in anderer Weise auf sie oder ihre Eltern einzuwirken versucht h a t . K e i n e u n l a u t e r e E i n w i r k u n g i.S. von § 112 Abs. 2 Nr. 3 b oder 3c StPO wäre z.B. der Versuch, bei Antragsdelikten den Antragsberechtigten zur Zurücknahme des Strafantrags zu veranlassen, desgleichen der Versuch, einen Angehörigen dazu zu überreden, von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. 6. Der neu geschaffene H a f t g r u n d der Wiederholungsgefahr k a n n nur bei den im Gesetz ausdrücklich aufgeführten S i t t l i c h k e i t s d e l i k t e n (§§ 173 Abs. 1, 174, 175a, 176, 177 StGB) herangezogen werden. Auch er m u ß gemäß § 114 Abs. 2 Nr. 4 StPO durch konkrete Tatsachen belegt werden. 3

B e i s p i e l : Bei Aufklärung eines Notzuchtverbreehens ergibt sich, daß der Beschuldigte schon früher an einem ähnlich gelagerten Verbrechen beteiligt war und einer Bande von Halbstarken angehört, die es darauf angelegt haben, sich in ländlichen Gasthäusern an junge Mädchen heranzumachen u n d diese dann auf dem Heimweg — notfalls mit Gewalt — sexuell zu mißbrauchen. 7. Bei Mord, Totschlag u n d sog. Völkermord (§ 220a StBG) darf die U - H a f t gemäß § 112 Abs. 4 auch d a n n verhängt werden, wenn weder Fluchtgefahr noch Verdunkelungsgefahr besteht. Die letztgenannten H a f t g r ü n d e können jedoch selbständig neben den des § 112 Abs. 4 StPO treten. Dieser kommt übrigens auch dann in Betracht, wenn die T a t n u r in das V e r s u c h s S t a d i u m getreten ist oder wenn dem Beschuldigten als Teilnahmeform nur A n s t i f t u n g , B e i h i l f e oder v e r s u c h t e A n s t i f t u n g zur Last gelegt wird. Aus der Formulierung „ d a r f " ist jedoch zu entnehmen, d a ß die V e r h a f t u n g n i c h t z w i n g e n d vorgeschrieben ist, sondern — wie auch sonst (vgl. Schwarz-Kleinknecht § 112 Anm. 1) — im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts steht. Zur Frage der Außervollzugsetzung s. u. 9. 8. Wie bereits oben in Abschn. 1 angedeutet, ist bei jeder Haftentscheidung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (vgl. § 112 Abs. 1 Satz 2 StPO). Dies gilt nach § 113 StPO insbesondere dort, wo die T a t nur mit Gefängnis bis zu 6 Monaten, mit H a f t oder mit Geldstrafe bedroht ist. Hierher gehören z.B. Abschieben von Falschgeld (§ 148 StGB), Notdiebstahl (§ 248a StGB) und Notbetrug (§ 264a StGB) sowie alle Übertretungen. I n diesen Fällen darf w e g e n V e r d u n k e l u n g s g e f a h r n i e m a l s , w e g e n F l u c h t g e f a h r n u r a u s n a h m s w e i s e eine Verhaftung ausgesprochen werden, nämlich dann, wenn der Beschuldigte entweder a) sich dem Verfahren schon einmal entzogen h a t t e oder Anstalten zur Flucht getroffen h a t (Abs. 2 Nr. 1) oder b) keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt h a t (Abs. 2 Nr. 2) oder c) sich nicht ausweisen kann (Abs. 2 Nr. 3) oder d) einer Tat verdächtig ist, die mit Arbeitshaus bedroht ist (Abs. 3; wegen Arbeitshaus siehe §§ 42d, 361 StGB). Ist der Beschuldigte bereits f l ü c h t i g oder hält er sich v e r b o r g e n , so gelten die Beschränkungen des § 113 S t P O nicht. Dies ergibt sich aus der Erwägung, daß das Gesetz jetzt zwischen den Begriffen „ F l u c h t " u n d „Fluchtgefahr" streng unterscheidet, § 113 StPO sich aber n u r mit der Verdunkelungsgefahr u n d der Fluchtgefahr, nicht aber mit dem H a f t g r u n d der Flucht befaßt. 9. Eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls ist gemäß § 116 S t P O entgegen der früheren Regelung nicht nur bei einem wegen F l u c h t g e f a h r erlassenen Haftbefehl, sondern auch bei V e r d u n k e l u n g s g e f a h r u n d dem neu geschaffenen H a f t g r u n d der W i e d e r h o l u n g s g e f a h r möglich. Die bestrittene Frage, ob entgegegen dem W o r t l a u t des § 116 StPO auch ein gem ä ß § 112 Abs. 4 StPO wegen Mordes, Todschlags oder Völkermords erlassener H a f t b e f e h l außer Vollzug gesetzt werden kann, wurde vom BVerfGer. durch Beschl. v. 15. 12. 65 (1 B v R 513/65) dahin entschieden, daß § 116 S t P O in diesem Fall analog auzuwenden sei. Eine Außervollzugsetzung ist nur dann angebracht, wenn zu erwarten ist, daß auch w e n i g e r e i n s c h n e i d e n d e M a ß n a h m e n den Zweck der U - H a f t erreichen. Als solche kommen u. a. in Betracht: a) bei F l u c h t g e f a h r : Meldepflicht, Aufenthaltsbeschränkungen, Hausarrest u n d Sicherheitsleistung (§ 116 Abs. 1 Nr. 1—4 StPO); b) bei V e r d u n k e l u n g s g e f a h r : die Weisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen (Abs. 2); 4

c) bei W i e d e r h o l u n g s g e f a h r : die Weisung, mit bestimmten Personen die Beziehungen abzubrechen oder bestimmte Lokale zu meiden (im Gesetz sind hier keine Beispiele genannt; zulässig sind jedoch alle Maßnahmen, die darauf abzielen, die Wiederholungsgefahr erheblich zu mindern). D e r V o l l z u g d e r U - H a f t i s t w i e d e r a n z u o r d n e n , wenn der Beschuldigte gröblich gegen die ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen verstößt (§ 116 Abs. 4 Nr. 1 S t P O ) oder wenn er zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war (Abs. 4 Nr. 2) oder wenn neu aufgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen (Abs. 4 Nr. 3). § 1 1 6 a S t P O befaßt sich m i t den Einzelheiten der Außervollzugsetzung gegen S i c h e r h e i t s l e i s t u n g . 10. Aus dem formellen Haftrecht sind folgende Bestimmungen hervorzuheben : a) Gemäß § 1 1 4 A b s . 1 S t P O wird die U - H a f t durch s c h r i f t l i c h e n H a f t b e f e h l des R i c h t e r s angeordnet. (Auch die S t A kann ausnahmsweise einen Haftbefehl erlassen, aber nur zwecks Vollstreckung einer Freiheitsstrafe, vgl. § 457 S t P O . ) b) Der I n h a l t d e s H a f t b e f e h l s ergibt sich aus § 114 Abs. 2 S t P O . Dieser Bestimmung zufolge sind aufzuführen: der Beschuldigte, die ihm zur L a s t gelegte T a t nebst Tatzeit und T a t o r t , die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale, unter welche die T a t fällt, und die anzuwendenden Straftatbestände. Außerdem sind der Haftgrund sowie die Tatsachen anzugeben, aus denen sich der dringende Tatverdacht und der Haftgrund ergeben. Dieser letzte Teil des Haftbefehls enthält eine Art vorläufiges Ermittlungsergebnis, a u f das nur verzichtet werden kann, wenn hierdurch die Staatssicherheit gefährdet würde. c) Z u s t ä n d i g für den E r l a ß des Haftbefehls ist gemäß § 125 S t P O aa) v o r E r h e b u n g d e r ö f f e n t l i c h e n K l a g e (Normalfall) jeder Amtsrichter, in dessen Bezirk ein Gerichtsstand begründet ist oder in dem der Beschuldigte sich aufhält (Abs. 1); b b ) n a c h E r h e b u n g d e r ö f f e n t l i c h e n K l a g e das Gericht, das mit der Sache befaßt ist, im Revisionsverfahren das Gericht, dessen Entscheidung angefochten ist (Abs. 2 ) ; cc) in der g e r i c h t l i c h e n V o r u n t e r s u c h u n g der Untersuchungsrichter. d) Nach der Verhaftung sind unverzüglich folgende S o f o r t m a ß n a h m e n einzuleiten: aa) B e k a n n t g a b e des Haftbefehls (§ 1 1 4 a Abs. 1 S t P O ) ; b b ) Mitteilung einer Abschrift des Haftbefehls (§ 1 1 4 a Abs. 2 S t P O ) ; cc) Benachrichtigung der Angehörigen (§ 1 1 4 b S t P O ) ; dd) Vorführung vor den zuständigen R i c h t e r ( § 1 1 5 S t P O ) bzw. den nächsten Amtsrichter (§ 1 1 5 a S t P O ) , der den Beschuldigten spätestens am Tage nach der Vorführung zu vernehmen h a t . e) Das H a f t p r ü f u n g s v e r f a h r e n ist gegenüber der früheren Rechtslage wesentlich vereinfacht worden, ohne daß jedoch die Interessen des Beschuldigten hierdurch beeinträchtigt worden sind. Wegen der Einzelheiten wird a u f die unten abgedruckten neuen Bestimmungen (§§ 117—122 S t P O ) Bezug genommen. Zu Seite 501: Nach Abschnitt G 11b)

ist als Abschnitt c) folgender Text

einzufügen:

c) Beabsichtigt die S t A die Erhebung der Anklage vor dem S c h ö f f e n g e r i c h t oder einem G e r i c h t h ö h e r e r O r d n u n g , so h a t sie gemäß 5

§ 169 a Abs. 2 dem Beschuldigten, u n d — sofern bereits bestellt — seinem Verteidiger den A b s c h l u ß d e r E r m i t t l u n g e n , der sonst (d.h. bei Anklagen zum Einzelrichter) nur aktenkundig zumachen ist, offiziell mitzuteilen. Hierbei ist dem Beschuldigten die Möglichkeit einzuräumen, innerhalb einer von der StA zu bestimmenden Frist zu erklären, ob noch Beweiserhebungen beantragt oder Einwendungen gegen die Anklageerhebimg vorgebracht werden. Außerdem k a n n der Beschuldigte beantragen, daß er durch den StA zu dem Ergebnis der Ermittlungen gehört wird (sog. S c h l u ß g e h ö r , vgl. § 169b Abs. 1 StPO). Über dieses durch das StPÄG 1964 neu geschaffene Recht ist er bei der Mitteilung über den Abschluß der Ermittlungen ausdrücklich zu belehren (§ 169b Abs. 3 StPO). Die StA ist allerdings nur d a n n gehalten, das Schlußgehör zu gewähren, wenn sie beim Landgericht oder bei einem Gericht höherer Ordnung Anklage erheben will. E r w ä g t sie die Anklage vor dem S c h ö f f e n g e r i c h t , so ist sie zur Gewährving des Schlußgehörs nur verpflichtet, wenn sie es mit Rücksicht auf Art u n d U m f a n g der Sache oder aus anderen Gründen f ü r z w e c k m ä ß i g hält (§ 169b Abs. 1 S. 2 StPO). Umgekehrt wird ein gut beratener Beschuldigter nicht in jedem Fall Antrag auf Schlußgehör stellen. E r wird diesen Antrag vielmehr nur d a n n stellen, wenn er die aus seiner Sicht nicht unbegründete Hoffnung hat, den StA von seinem bisherigen S t a n d p u n k t abzubringen, d. h. entweder die Anklage überh a u p t zu vermeiden oder die Anklageerhebung unter einem milderen rechtlichen Gesichtspunkt zu erreichen. Die D u r c h f ü h r u n g des Schlußgehörs erfolgt in nichtöffentlicher Sitzimg durch den Staatsanwalt. T e i l n a h m e b e r e c h t i g t sind der Beschuldigte, sein Verteidiger, sein gesetzlicher Vertreter, in Verfahren gegen Jugendliche u n d Heranwachsende auch die Erziehungsberechtigten (vgl. §§ 67 Abs. 1, 109 Abs. 1 JGG). Das wesentliche Ergebnis des Schlußgehörs ist aktenkundig zu machen. Ein förmliches Protokoll ist zwar nicht erforderlich, aber ratsam. I n einfach gelagerten Fällen dürfte allerdings auch ein kurzer Aktenvermerk des StA genügen. Werden auf Grund des Schlußgehörs n e u e E r m i t t l u n g e n durchgeführt, so ist der Abschluß der weiteren Ermittlungen wiederum gemäß § 169 a Abs. 1 S t P O aktenkundig festzuhalten. Die nochmalige Gewährung eines Schlußgehörs ist jedoch nur noch fakultativ (§ 169b Abs. 4 StPO). Zu Seite

502:

In Abschn. II 3b ist die Formulierung „Verlesung des schlusses" durch „Verlesung des Anklagesatzes" zu ersetzen.

Eröffnungsbe-

Der neue Gesetzestext Zu Seite 509: In § 53 Abs. 1 [Zeugnisverweigerungsrecht wurde Nr. 3 durch das StPÄG

aus beruflichen

Gründen]

wie folgt neu gefaßt:

Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer (vereidigte Bücherrevisoren), Steuerberater u n d Steuerbevollmächtigte ; Ärzte, Zahnärzte, Apotheker u n d H e b a m m e n über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekannt geworden ist; 6

Zu Seite 515: § lila [vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis] wurde bereits durch das 2. VerkSichO wie folgt neu gefaßt: (1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß die F a h r erlaubnis entzogen werden wird (§ 4 2 m des Strafgesetzbuches), so kann der Richter dem Beschuldigten durch Beschluß die Fahrerlaubnis vorläufig entziehen. (2) Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist aufzuheben, wenn ihr Grund weggefallen ist oder wenn das Gericht im Urteil die Fahrerlaubnis nicht entzieht. (3) Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wirkt zugleich als Anordnung oder Bestätigung der Beschlagnahme des von einer deutschen Behörde erteilten Führerscheins. (4) I s t ein Führerschein beschlagnahmt, weil er nach § 4 2 m Abs. 3 Satz 2 des Strafgesetzbuches eingezogen werden kann, und bedarf es einer richterlichen Entscheidung über die Beschlagnahme, so tritt an deren Stelle die Entscheidung über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis. (5) Ein Führerschein, der in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist, weil er nach § 4 2 m Abs. 3 Satz 2 des Strafgesetzbuches eingezogen werden kann, ist dem Beschuldigten zurückzugeben, wenn der Richter die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Fehlens der in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen ablehnt, wenn er sie aufhebt oder wenn das Gericht im Urteil die Fahrerlaubnis nicht entzieht. Wird jedoch im Urteil ein Fahrverbot nach § 37 des Strafgesetzbuches verhängt, so kann die Rückgabe des Führerscheins aufgeschoben werden, wenn der Beschuldigte nicht widerspricht. (6) I n ausländischen Fahrausweisen ist die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis zu vermerken. Zu diesem Zweck kann der Fahrausweis beschlagnahmt werden. Zu Seiten 516—519: Die Vorschriften über die Verhaftung und die einstweilige (§§ —126a) wurden durch das StPÄQ wie folgt neu gefaßt:

Unterbringung

§ 112 [Zulässigkeit der Untersuchungshaft, Haftgründe] (1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der T a t dringend verdächtig ist und ein Haftgrund (Absätze 2 und 3) besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Sicherung und Besserung außer Verhältnis steht. (2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen 1. festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält, 2. bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles, namentlich der Verhältnisse des Beschuldigten und der Umstände, die einer Flucht entgegenstehen, die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder 3. die Absicht des Beschuldigten erkennbar ist, a) Beweismittel zu vernichten, zu verändern, beiseitezuschaffen, zu unterdrücken oder zu fälschen, b) auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einzuwirken oder 7

c) andere zu solchem Verhalten zu veranlassen, und wenn deshalb die Gefahr droht, daß er die Ermittlung der Wahrheit erschweren werde (Verdunkelungsgefahr). (3) Gegen den Beschuldigten, der eines Verbrechens wider die Sittlichkeit nach § 173 Abs. 1 oder §§ 174, 175a, 176 oder 177 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, besteht ein Haftgrund auch dann, wenn bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen, daß der Beschuldigte vor rechtskräftiger Aburteilung ein weiteres Verbrechen der bezeichneten Art begehen werde, und die Haft zur Abwendung der drohenden Gefahr erforderlich ist. (4) Gegen den Beschuldigten, der eines Verbrechens wider das Leben nach den §§ 211, 212 oder § 2 2 0 a Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 und 3 nicht besteht. § 1 1 3 [Bagatellvergehen, Übertretungen] (1) Ist die T a t nur mit Gefängnis bis zu sechs Monaten, mit Haft oder mit Geldstrafe, allein oder nebeneinander, bedroht, so darf die Untersuchungshaft wegen Verdunkelungsgefahr nicht angeordnet werden. (2) I n diesen Fällen darf die Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr nur angeordnet werden, wenn der Beschuldigte 1. sich dem Verfahren bereits einmal entzogen hatte oder Anstalten zur Flucht getroffen hat, 2. im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt hat oder 3. sich über seine Person nicht ausweisen kann. (3) Die Beschränkungen des Absatzes 2 entfallen, wenn der Beschuldigte einer T a t verdächtig ist, wegen deren die Unterbringung in einem Arbeitshaus angeordnet werden kann. § 1 1 4 [Haftbefehl] (1) Die Untersuchungshaft wird durch schriftlichen Haftbefehl des Richters angeordnet. (2) I n dem Haftbefehl sind anzuführen 1. der Beschuldigte, 2. die T a t , deren er dringend verdächtig ist, Zeit und Ort ihrer Begehimg, die gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung und die anzuwendenden Strafvorschriften, 3. der Haftgrund sowie 4. die Tatsachen, aus denen sich der dringende Tatverdacht und der Haftgrund ergibt, soweit nicht dadurch die Staatssicherheit gefährdet wird. (3) Wenn die Anwendung des § 112 Abs. 1 Satz 2 naheliegt oder der Beschuldigte sich auf diese Vorschrift beruft, sind die Gründe dafür anzugeben, daß sie nicht angewandt wurde. § 114 a [Bekanntgabe des Haftbefehls] (1) Der Haftbefehl ist dem Beschuldigten bei der Verhaftung bekanntzugeben. Ist dies nicht möglich, so ist ihm vorläufig mitzuteilen, welcher T a t er verdächtig ist. Die Bekanntgabe des Haftbefehls ist in diesem Fall unverzüglich nachzuholen. (2) Der Beschuldigte erhält eine Abschrift des Haftbefehls. 8

§ 114 b [Benachrichtigung von Angehörigen] (1) Von der Verhaftung und jeder weiteren Entscheidung über die Fortdauer der H a f t wird ein Angehöriger des Verhafteten oder eine Person seines Vertrauens unverzüglich benachrichtigt. F ü r die Anordnung ist der Richter zuständig. (2) Außerdem ist dem Verhafteten selbst Gelegenheit zu geben, einen Angehörigen oder eine Person seines Vertrauens von der Verhaftung zu benachrichtigen, sofern der Zweck der Untersuchung dadurch nicht gefährdet wird. § 115 [Vorführung vor den Richter] (1) Wird der Beschuldigte auf Grund des Haftbefehls ergriffen, so ist er unverzüglich dem zuständigen Richter vorzuführen. (2) Der Richter h a t den Beschuldigten unverzüglich nach der Vorführung, spätestens a m nächsten Tage, über den Gegenstand der Beschuldigung zu vernehmen. (3) Bei der Vernehmung ist der Beschuldigte auf die ihn belastenden Umstände und sein Recht hinzuweisen, sich zur Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. I h m ist Gelegenheit zu geben, die Verdachtsu n d H a f t g r ü n d e zu entkräften u n d die Tatsachen geltend zu machen, die zu seinen Gunsten sprechen. (4) Wird die H a f t aufrechterhalten, so ist der Beschuldigte über das R e c h t der Beschwerde u n d die anderen Rechtsbehelfe (§ 117 Abs. 1, 2, § 118 Abs. 1, 2) zu belehren. § 115a (1) K a n n der Beschuldigte nicht spätestens am Tage nach der Ergreifung vor den zuständigen Richter gestellt werden, so ist er unverzüglich, spätestens a m Tage nach der Ergreifung, dem nächsten Amtsrichter vorzuführen. (2) Der Amtsrichter hat den Beschuldigten unverzüglich nach der Vorführung, spätestens a m nächsten Tage, zu vernehmen. Bei der Vernehmung wird, soweit möglich, § 115 Abs. 3 angewandt. Ergibt sich bei der Vernehmung, daß der Haftbefehl aufgehoben oder der Ergriffene nicht die in dem Haftbefehl bezeichnete Person ist, so ist der Ergriffene freizulassen. E r h e b t dieser sonst gegen den Haftbefehl oder dessen Vollzug Einwendungen, die nicht offensichtlich unbegründet sind, oder h a t der Amtsrichter Bedenken gegen die Aufrechterhaltung der H a f t , so teilt er sie dem zuständigen Richter unverzüglich u n d auf dem nach den Umständen angezeigten schnellsten Wege mit. (3) Wird der Beschuldigte nicht freigelassen, so ist er auf sein Verlangen dem zuständigen Richter zur Vernehmung nach § 115 vorzuführen. Der Beschuldigte ist auf dieses Recht hinzuweisen u n d gemäß § 115 Abs. 4 zu belehren. § 1 1 6 [Außervollzugsetzung des Haftbefehls] (1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die E r w a r t u n g hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. I n Betracht kommen namentlich 1. die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden, 9

2. die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen, 3. die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen, 4. die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen. (2) Der Richter k a n n auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die E r w a r t u n g hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. I n Betracht k o m m t namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen. (3) Der Richter k a n n auch den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 1 1 2 Abs. 3 erlassen worden ist, unter der Bedingung aussetzen, daß der Beschuldigte bestimmte Weisungen befolgt. (4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn 1. der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt, 2. der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsmäßige Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder 3. neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen. § 116 a [Sicherheitsleistung] (1) Die Sicherheit ist durch Hinterlegung in barem Geld, in Wertpapieren, durch Pfandbestellung oder durch Bürgschaft geeigneter Personen zu leisten. (2) Der Richter setzt Höhe u n d Art der Sicherheit nach freiem Ermessen fest. (3) Der Beschuldigte, der die Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls gegen Sicherheitsleistung beantragt u n d nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes wohnt, ist verpflichtet, eine im Bezirk des zuständigen Gerichts wohnende Person zum E m p f a n g von Zustellungen zu bevollmächtigen. § 117 [Haftprüfungsverfahren] (1) Solange der Beschuldigte in Untersuchungshaft ist, kann er jederzeit die gerichtliche P r ü f u n g beantragen, ob der Haftbefehl aufzuheben oder dessen Vollzug nach § 116 auszusetzen ist (Haftprüfung). (2) Neben dem Antrag auf H a f t p r ü f u n g ist die Beschwerde unzulässig. Das Recht der Beschwerde gegen die Entscheidung, die auf den Antrag ergeht, wird dadurch nicht berührt. (3) Der Richter k a n n einzelne Ermittlungen anordnen, die f ü r die künftige Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft von Bedeutung sind, u n d nach Durchführung dieser Ermittlungen eine neue Prüf u n g vornehmen. (4) H a t der Beschuldigte noch keinen Verteidiger, so wird ihm ein Verteidiger f ü r die Dauer der Untersuchungshaft bestellt, wenn deren Vollzug mindestens drei Monate gedauert h a t u n d die Staatsanwaltschaft oder der Beschuldigte oder sein gesetzlicher Vertreter es beantragt. Über das Antragsrecht ist der Beschuldigte zu belehren. Die §§ 142, 143 u n d 145 gelten entsprechend. 10

(5) H a t die Untersuchungshaft drei Monate gedauert, ohne daß der Beschuldigte die H a f t p r ü f u n g beantragt oder Haftbeschwerde eingelegt h a t , so findet die H a f t p r ü f u n g von Amts wegen s t a t t , es sei denn, daß der Beschuldigte einen Verteidiger h a t . § 118 [Mündliche Verhandlung] (1) Bei der H a f t p r ü f u n g wird auf Antrag des Beschuldigten oder nach dem Ermessen des Gerichts von A m t s wegen nach mündlicher Verhandlung entschieden. (2) Ist gegen den H a f t b e f e h l Beschwerde eingelegt, so k a n n auch im Beschwerdeverfahren auf Antrag des Beschuldigten oder von A m t s wegen nach mündlicher Verhandlung entschieden werden. (3) Ist die Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung aufrechterhalten worden, so h a t der Beschuldigte einen Anspruch auf eine weitere mündliche Verhandlung nur, wenn die Untersuchungshaft mindestens drei Monate u n d seit der letzten mündlichen Verhandlung mindestens zwei Mon a t e gedauert h a t . (4) E i n Anspruch auf mündliche Verhandlung besteht nicht, solange die Hauptverhandlung andauert oder wenn ein Urteil ergangen ist, das auf eine Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Sicherung u n d Besserung erkennt. (5) Die mündliche Verhandlung ist unverzüglich durchzuführen; sie darf ohne Zustimmung des Beschuldigten nicht über zwei Wochen nach dem Eingang des Antrags anberaumt werden. § 118a (1) Von Ort u n d Zeit der mündlichen Verhandlung sind die Staatsanwaltschaft sowie derBeschuldigte u n d der Verteidiger zu benachrichtigen. (2) Der Beschuldigte ist zu der Verhandlung vorzuführen, es sei denn, daß er auf die Anwesenheit in der Verhandlung verzichtet h a t , oder daß der Vorführung weite Entfernung oder Krankheit des Beschuldigten oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen. Wird der Beschuldigte zur mündlichen Verhandlung nicht vorgeführt, so m u ß ein Verteidiger seine Rechte in der Verhandlung wahrnehmen. I n diesem Fall ist ihm für die mündliche Verhandlung ein Verteidiger zu bestellen, wenn er noch keinen Verteidiger h a t . Die §§ 142, 143 und 145 gelten entsprechend. (3) I n der mündlichen Verhandlung sind die anwesenden Beteiligten zu hören. Art und U m f a n g der Beweisaufnahme bestimmt das Gericht. Über die Verhandlung ist eine Niederschrift aufzunehmen; die §§ 271 bis 273 gelten entsprechend. (4) Die Entscheidung ist am Schluß der mündlichen Verhandlung zu verkünden. Ist dies nicht möglich, so ist die Entscheidung spätestens binnen einer Woche zu erlassen. § 118b F ü r den Antrag auf H a f t p r ü f u n g (§ 117 Abs. 1) u n d den Antrag auf mündliche Verhandlung gelten die §§ 297 bis 300 u n d 302 Abs. 2 entsprechend. § 119 [Vollzug der Untersuchungshaft] (1) Der Verhaftete darf nicht mit anderen Gefangenen in demselben Baum untergebracht werden. E r ist auch sonst von Strafgefangenen, soweit möglieh, getrennt zu halten.

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(2) Mit anderen Untersuchungsgefangenen darf er in demselben R a u m u n t e r g e b r a c h t werden, w e n n er es ausdrücklich schriftlich b e a n t r a g t . Der A n t r a g k a n n jederzeit in gleicher Weise zurückgenommen werden. Der Verh a f t e t e darf a u c h d a n n m i t anderen Gefangenen in demselben R a u m untergeb r a c h t werden, wenn sein körperlicher oder geistiger Z u s t a n d es erfordert. (3) D e m V e r h a f t e t e n d ü r f e n n u r solche Beschränkungen auferlegt werden, die der Zweck der U n t e r s u c h u n g s h a f t oder die O r d n u n g in der Vollzugsa n s t a l t erfordert. (4) Bequemlichkeiten u n d Beschäftigungen darf er sich auf seine K o s t e n verschaffen, soweit sie m i t d e m Zweck der H a f t vereinbar sind u n d nicht die O r d n u n g in der Vollzugsanstalt stören. (5) Der V e r h a f t e t e darf gefesselt werden, wenn 1. die Gefahr besteht, d a ß er Gewalt gegen Personen oder Sachen anw e n d e t , oder wenn er W i d e r s t a n d leistet, 2. er zu fliehen versucht oder w e n n bei W ü r d i g u n g der U m s t ä n d e des Einzelfalles, namentlich der Verhältnisse des Beschuldigten u n d der U m s t ä n d e , die einer F l u c h t entgegenstehen, die Gefahr besteht, d a ß er sich a u s d e m Gewahrsam befreien wird, 3. die Gefahr des Selbstmordes oder der Selbstbeschädigung besteht u n d wenn die Gefahr d u r c h keine andere, weniger einschneidende M a ß n a h m e abgewendet werden k a n n . Bei der H a u p t v e r h a n d l u n g soll er ungefesselt sein. (6) Die n a c h diesen Vorschriften erforderlichen M a ß n a h m e n ordnet der R i c h t e r an. I n dringenden Fällen k a n n der S t a a t s a n w a l t , der Anstaltsleiter oder ein anderer B e a m t e r , u n t e r dessen Aufsicht der V e r h a f t e t e steht, vorläufige M a ß n a h m e n treffen. Sie bedürfen der Genehmigung des Richters. § 120 [Aufhebung des Haftbefehls] (1) D e r H a f t b e f e h l ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen d e r U n t e r s u c h u n g s h a f t nicht m e h r vorliegen oder sich ergibt, d a ß die weitere U n t e r s u c h u n g s h a f t zu der B e d e u t u n g der Sache u n d der zu e r w a r t e n d e n Strafe oder Maßregel der Sicherung u n d Besserung außer Verhältnis s t e h e n würde. E r ist namentlich aufzuheben, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder außer Verfolgung gesetzt wird oder w e n n das Verfahren nicht bloß vorläufig eingestellt wird. (2) D u r c h die Einlegung eines R e c h t s m i t t e l s darf die Freilassung des Beschuldigten nicht aufgehalten werden. (3) Der H a f t b e f e h l ist auch aufzuheben, wenn die S t a a t s a n w a l t s c h a f t es vor E r h e b u n g der öffentlichen Klage b e a n t r a g t . Gleichzeitig m i t d e m A n t r a g k a n n die S t a a t s a n w a l t s c h a f t die Freilassung des Beschuldigten a n o r d n e n . § 121 [Untersuchungshaft über 6 Monate] (1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Sicherung u n d Besserung e r k e n n t , darf der Vollzug der U n t e r s u c h u n g s h a f t wegen derselben T a t ü b e r sechs Monate hinaus n u r a u f r e c h t e r h a l t e n werden, w e n n die besondere Schwierigkeit oder der besondere U m f a n g der E r m i t t l u n g e n oder ein anderer wichtiger G r u n d das Urteil noch nicht zulassen u n d die F o r t d a u e r der H a f t rechtfertigen. (2) I n den Fällen des Absatzes 1 ist der H a f t b e f e h l n a c h Ablauf der sechs Monate aufzuheben, w e n n nicht der Vollzug des H a f t b e f e h l s n a c h § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die F o r t d a u e r der Untersuchungshaft anordnet.

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(3) W e r d e n die A k t e n d e m Oberlandesgericht vor Ablauf der im Absatz 2 bezeichneten F r i s t vorgelegt, so r u h t der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. H a t die H a u p t v e r h a n d l u n g begonnen, bevor die F r i s t abgelaufen ist, so r u h t der Fristenlauf auch bis zur V e r k ü n d u n g des Urteils. W i r d die H a u p t v e r h a n d l u n g ausgesetzt u n d werden die A k t e n unverzüglich n a c h der Aussetzung d e m Oberlandesgericht vorgelegt, so r u h t der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen E n t s c h e i d u n g . (4) A n die Stelle des Oberlandesgerichts t r i t t der Bundesgerichtshof in d e n Sachen, die zu seiner Zuständigkeit gehören. § 122 [Zuständigkeit des Oberlandesgerichts] (1) I n den Fällen des § 121 legt der zuständige R i c h t e r des Amtsgerichts oder des Landgerichts die A k t e n d u r c h V e r m i t t l u n g der S t a a t s a n w a l t s c h a f t d e m Oberlandesgericht zur E n t s c h e i d u n g vor, w e n n er die F o r t d a u e r der U n t e r s u c h u n g s h a f t f ü r erforderlich hält oder die S t a a t s a n w a l t s c h a f t es beantragt. (2) Vor der E n t s c h e i d u n g sind der Beschuldigte u n d der Verteidiger zu hören. D a s Oberlandesgericht k a n n ü b e r die F o r t d a u e r der Untersuchungsh a f t n a c h mündlicher V e r h a n d l u n g entscheiden; geschieht dies, so gilt § 118a entsprechend. (3) O r d n e t das Oberlandesgericht die F o r t d a u e r der U n t e r s u c h u n g s h a f t a n , so gilt § 114 Abs. 2 N r . 4 entsprechend. F ü r die weitere H a f t p r ü f u n g (§ 117 Abs. 1) ist d a s Oberlandesgericht zuständig, bis ein Urteil ergeht, d a s auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Sicherung u n d Besserung e r k e n n t . E s k a n n die H a f t p r ü f u n g d e m Gericht, das n a c h den allgemeinen Vorschriften d a f ü r zuständig ist, f ü r die Zeit von jeweils höchstens drei Monaten ü b e r t r a g e n . I n den Fällen des § 118 Abs. 1 entscheidet das Oberlandesgericht ü b e r einen A n t r a g auf mündliche V e r h a n d l u n g n a c h seinem Ermessen. (4) Die P r ü f u n g der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 1 ist a u c h im weiteren Verfahren d e m Oberlandesgericht vorbehalten. Die P r ü f u n g m u ß jeweils spätestens n a c h drei Monaten wiederholt werden. (5) D a s Oberlandesgericht k a n n den Vollzug des H a f t b e f e h l s n a c h § 116 aussetzen. (6) Sind in derselben Sache mehrere Beschuldigte in U n t e r s u c h u n g s h a f t , so k a n n d a s Oberlandesgericht ü b e r die F o r t d a u e r der U n t e r s u c h u n g s h a f t a u c h solcher Beschuldigter entscheiden, f ü r die es n a c h § 121 u n d d e n vorstehenden Vorschriften noch nicht zuständig wäre. § 123 [Aufhebung der Außervollzugsetzung] (1) E i n e M a ß n a h m e , die der Aussetzung des Haftvollzugs dient (§ 116), ist a u f z u h e b e n , w e n n 1. der H a f t b e f e h l aufgehoben wird oder 2. die U n t e r s u c h u n g s h a f t oder die e r k a n n t e Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel der Sicherung u n d Besserung vollzogen wird. (2) U n t e r denselben Voraussetzungen wird eine noch nicht verfallene Sicherheit frei. (3) W e r f ü r den Beschuldigten Sicherheit geleistet h a t , k a n n deren Freigabe d a d u r c h erlangen, d a ß er entweder binnen einer v o m Gericht zu bestimm e n d e n F r i s t die Gestellung des Beschuldigten bewirkt oder die T a t s a c h e n , die den V e r d a c h t einer v o m Beschuldigten beabsichtigten F l u c h t begründen, so rechtzeitig mitteilt, d a ß der Beschuldigte v e r h a f t e t werden k a n n . 18

§ 124 [Verfall der Sicherheit] (1) Eine noch nicht frei gewordene Sicherheit verfällt der Staatskasse, wenn der Beschuldigte sich der Untersuchung oder dem Antritt der erkannten Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung und Besserung entzieht. (2) Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte sowie derjenige, welcher für den Beschuldigten Sicherheit geleistet hat, zu einer Erklärung aufzufordern. Gegen die Entscheidung steht ihnen nur die sofortige Beschwerde zu. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist ihnen und der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur mündlichen Begründung ihrer Anträge sowie zur Erörterung über durchgeführte Ermittlungen zu geben. (3) Die den Verfall aussprechende Entscheidung hat gegen denjenigen, welcher für den Beschuldigten Sicherheit geleistet hat, die Wirkung eines von dem Zivilrichter erlassenen, für vorläufig vollstreckbar erklärten Endurteils und nach Ablauf der Beschwerdefrist die Wirkungen eines rechtskräftigen Zivilendurteils. § 126 a [Einstweilige Unterbringung] (1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß jemand eine mit Strafe bedrohte Handlung im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit oder der verminderten Zurechnungsfähigkeit begangen hat und daß seine Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt angeordnet werden wird, so kann das Gericht durch Unterbringungsbefehl seine einstweilige Unterbringung anordnen, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert. (2) F ü r die einstweilige Unterbringung gelten die §§ 114 bis 115a, 117 bis 119, 125 und 126 entsprechend. Hat der Unterzubringende einen gesetzlichen Vertreter, so ist der Beschluß auch diesem bekanntzugeben. (3) Der Unterbringungsbefehl ist aufzuheben, wenn die Voraussetzungen der einstweiligen Unterbringung nicht mehr vorliegen oder wenn das Gericht im Urteil die Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt nicht anordnet. Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung nicht aufgehalten werden. § 120 Abs. 3 gilt entsprechend. Zu Seite 520: § 128 [Vorführung vor den Richter] wurde wie folgt neu gefaßt: (1) Der Festgenommene ist, sofern er nicht wieder in Freiheit gesetzt wird, unverzüglich, spätestens am Tage nach der Festnahme, dem Amtsrichter des Bezirks, in dem er festgenommen worden ist, vorzuführen. Der Amtsrichter vernimmt den Vorgeführten gemäß § 115 Abs. 3. (2) Hält der Amtsrichter die Festnahme nicht für gerechtfertigt oder ihre Gründe für beseitigt, so ordnet er die Freilassung an. Andernfalls erläßt er einen Haftbefehl oder einen Unterbringungsbefehl. § 115 Abs. 4 gilt entsprechend. In § 131 [Steckbrief] wurde Abs. 4 wie folgt geändert: (4) Die §§ 115 und 115a gelten entsprechend. Bei den Vorschriften über die erste Vernehmung des Beschuldigten wurde § 136 Abs. 1 wie folgt neu gefaßt: (1) Bei Beginn der ersten Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche T a t ihm zur Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. E r ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz

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freistehe, sich zu der Beschuldigung zu ä u ß e r n oder nicht zur Sache auszusagen u n d jederzeit, a u c h schon vor seiner Vernehmung, einen von i h m zu wählenden Verteidiger zu befragen. I n geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch d a r a u f hingewiesen werden, d a ß er sich schriftlich ä u ß e r n k a n n . Die Absätze 2 und 3 blieben unverändert. Zu Seite 522: § 163 [Aufgaben der Polizei] wurde insoweit geändert, als der bisherige Abs. 3 zu Abs. 2 wurde, während der bisherige Abs. 2, der auf die Vernehtnungsgrundsätze der §§ 136a, 69 Abs. 3 verwies, durch § 163a ersetzt wurde. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut: § 163 a [Vernehmung des Beschuldigten] (1) D e r Beschuldigte ist spätestens vor d e m Abschluß der E r m i t t l u n g e n zu v e r n e h m e n , es sei denn, d a ß das Verfahren zur Einstellung f ü h r t . I n einfachen Sachen genügt es, d a ß i h m Gelegenheit gegeben wird, sich schriftlich zu ä u ß e r n . (2) B e a n t r a g t der Beschuldigte zu seiner E n t l a s t u n g die A u f n a h m e v o n Beweisen, so sind sie zu erheben, wenn sie v o n B e d e u t u n g sind. (3) Bei der V e r n e h m u n g des Beschuldigten d u r c h die S t a a t s a n w a l t s c h a f t sind die §§ 136 u n d 136a anzuwenden. (4) Bei der ersten V e r n e h m u n g des Beschuldigten d u r c h B e a m t e des Polizeidienstes ist d e m Beschuldigten zu eröffnen, welche T a t i h m zur L a s t gelegt wird. I m übrigen sind bei der V e r n e h m u n g des Beschuldigten d u r c h B e a m t e des Polizeidienstes § 136 Abs. 1 Satz 2 u n d 3, Abs. 2, 3 u n d § 136a anzuwenden. (5) Bei der Vernehmimg eines Zeugen oder Sachverständigen d u r c h die S t a a t s a n w a l t s c h a f t oder d u r c h B e a m t e des Polizeidienstes sind § 52 Abs. 2, § 55 Abs. 2 u n d § 136a entsprechend anzuwenden.

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Praktische Strafprozeßfälle mit Lösungen Ein induktives Lehrbuch des Strafprozeßrechts v o n Dr. WALTER PETTERS f, Landgerichtsrat a. D.

8., vollkommen umgearbeitete u n d v e r m e h r t e Auflage v o n HOLGER PREISENDANZ, 1. S t a a t s a n w a l t i n P f o r z h e i m

O k t a v . IV, 21*, 226 Seiten. 1966. I m D r u c k . PETTERS „ P r a k t i s c h e Strafrechtsfälle", die bereits in zwölf Auflagen erschienen sind, sind weit verbreitet u n d erfreuen sich allgemeiner W e r t s c h ä t z u n g . Weniger b e k a n n t , aber nicht minder wertvoll sind seine „Strafprozeßfälle", die n u n m e h r in der siebten Auflage vorliegen. Sie sind gleich wie die Strafrechtsfälle angelegt. Zwar k a n n der ungeheure R e i c h t u m von F r a g e n auf dem Gebiet des Strafprozeßrechtes, d e m S t i e f k i n d beim S t u d i u m u n d o f t auch in P r ü f u n g e n , k a u m in Fälle eingefangen werden. D e m Verfasser u n d seinem Mitarbeiter m u ß aber bescheinigt werden, d a ß sie alle b e d e u t s a m e n Probleme nicht n u r b e r ü h r t , sondern m i t lehrbuchmäßiger Gründlichkeit e r ö r t e r t haben. Die erarbeiteten Lösungen sind sorgfältig begründet u n d k a u m a n g r e i f b a r , zumal sie sich auf die eingehend verwertete R e c h t s p r e c h u n g des B G H (bis einschließlich B a n d 14) stützen. D e m Lehrer, der seine H ö r e r m i t den F r a g e n des Strafprozeßrechts v e r t r a u t m a c h e n will, ist m i t PETTERS Strafprozeßfällen ein wertvolles Hilfsmittel a n die H a n d gegeben. F ü r den L e r n e n d e n verliert das o f t als trocken u n d langweilig angesehene Strafprozeßrecht seine Schrecken, wenn er sich d a m i t a n h a n d der vorliegenden aus der P r a x i s zusammengetragenen Fälle b e f a ß t . Der Deutsche Rechtspfleger (zur 7. Auflage)

J. SCHWEITZER VERLAG • BERLIN