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German Pages 613 Year 1975
STAATSRÄSON
STAATSRÄSON Studien zur Geschichte eines politischen Begriffs
Herausgegeben von
Roman Schnur
DUN C K E R & H U M B LOT I B ER LI N
Alle Rechte vorbehalten & Humblot, Berlln 41 Gedruckt 1975 bei Berllner Buchdruckerei Union GmbH., Berlln 61 Printed in Germany
© 1975 Duncker
ISBN 3 428 03480 5
Vorwort Vom 2. bis 5. April 1974 fand in Tübingen ein internationales Kolloquium über die geschichtliche Rolle des Begriffs der Staatsräson statt. Das Kolloquium sollte die Bemühungen fortführen, die in Deutschland mit dem Bochumer Hobbes-Kolloquium 1967 (Hobbes-Forschungen, hrsg. v. R. Koselleck und R. Schnur, Berlin 1969, Duncker & Humblot) und der Münchener Bodin-Tagung 1970 (Jean Bodin - Verhandlungen der internationalen Bodin-Tagung in München, hrsg. v. H. Denzer, München 1973, Beck) in Gang gebracht worden waren. Es ging auch dieses Mal darum, im kleinen Kreis von ausgewiesenen Sachkennern ein belangvolles Thema der Ideengeschichte intensiv zu erörtern: Es sollten, übrigens erstmals gemeinsam mit einem Kollegen aus dem östlichen Teil Europas, sowohl der Stand der internationalen Forschung diskutiert als auch eben durch diese Diskussion die Forschung weiter vorangebracht werden. Die Ergebnisse der Kolloquien über Hobbes und über Bodin schienen ein weiteres Vorhaben dieser Art· zu rechtfertigen. Allerdings wurde jetzt, einer Anregung der Münchener Tagung über Bodin folgend, ein Sachthema gewählt, also nicht das politische Denken eines bestimmten Autors, der, wie Hobbes oder wie Bodin, die Thematik modernen politischen Denkens besonders nachhaltig beeinflußt hatte. über die Gründe für die Wahl, nunmehr das Thema der "Staatsräson" zu erörtern, soll in der nachfolgenden Einleitung eingehender berichtet werden. Die Tatsache, daß vor nunmehr fünfzig Jahren Friedrich Meineckes berühmtes Buch erschienen ist, war ein willkommener Zufall. Auch für das Tübinger Treffen wurden alle Eingeladenen gebeten, schriftliche Referate einzureichen, damit die Tagung ausschließlich der Diskussion der Referate - in loser thematischer Gruppierung - gewidmet werden konnte. Fast alle Teilnehmer konnten dieser Bitte entsprechen. Die Diskussion wurde ohne Dolmetscher geführt, und zwar in den drei Tagungssprachen Deutsch, Englisch und Französisch. Auch in Tübingen gehörten dem Kreis der Teilnehmer Wissenschaftler verschiedener Disziplinen an: Philosophen, Juristen, Historiker, Politologen, Literaturhistoriker. (Die Teilnehmer kamen aus acht Staaten;) Eine Reihe der dadurch entstandenen Probleme werden im "interdisziplinären" Nachwort von David S. Berkowitz und Louis Roux viel interessanter erörtert, als es dem Herausgeber hier möglich wäre. Bei der Vorbereitung des Tübinger Kolloquiums zeigte sich, wie sehr die Entwicklung vor allem in den deutschen Universitäten anspruchs-
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Vorwort
volle Forschung bereits stark beeinträchtigt: Politische Streitereien, gruppenegoistische Quisquilien und bürokratischer Kleinkram beanspruchen den Vorrang. Mehrere Gelehrte mußten deshalb die beabsichtigte Teilnahme absagen; andere konnten zwar das schriftliche Referat verfassen, aber nicht nach Tübingen kommen, um an der Diskussion teilzunehmen. Leider konnten die thematisch wichtigen Referate über Morus (R. J. Schoeck) und Descartes (Mme Chanteur) nicht mehr rechtzeitig abgeschlossen werden. Es sollte nunmehr doch mitgeteilt werden, daß auch hinter diesem internationalen Kolloquium keine "Organisation" stand. Das Ganze beruhte, wie schon früher, auf spontanem wissenschaftlichen Interesse an der Erörterung belangvoller Themen. So fanden sich Sachkenner zusammen zum Hobbes-Kolloquium; etliche von dessen Teilnehmern nahmen gemeinsam mit "Neuen" an der Münchener Bodin-Tagung teil, und um diesen gewissermaßen wandernden Kern versammelten sich in Tübingen wiederum "Neue". Irgendjemand erklärte sich bereit, die Aufgabe des Organisierens zu übernehmen - nichts anderes also als die individuelle Spontaneität war es, was diese Kolloquien zuwege brachte. Vielleicht ist es gerade diese Freiheit von jedweder Organisation, welche die Voraussetzung für den wissenschaftlichen Ertrag solcher Veranstaltungen ist. Aber es ist nicht auszuschließen, daß das Unorganisierte immer ungünstigere Bedingungen für wissenschaftliche Arbeit vorfindet. Möglicherweise brechen nun doch bald die Zeiten an, in denen nicht mehr die wissenschaftliche Neugierde, sondern das "politisch-gesellschaftliche Interesse", sei es "revolutionär", sei es "technokratisch" definiert, den Ausschlag für die Wissenschaft gibt - oder düsterer ausgedrückt: ihr endlich den tödlichen Schlag versetzt. Vielleicht lag es auch an dem Ort des Kolloquiums, daß die Diskussionen auch dieses Mal alles andere als spannungslos waren: Das Kolloquium fand in der vortrefflich renovierten Alten Bursa statt, einem fast 500 Jahre alten Gebäude, in unmittelbarer Nachbarschaft des Tübinger Stifts und des "Hölderlin-Hauses". Daß die Tübinger Universitätsbibliothek unter der Leitung von Herrn Dr. Landwehrmeyer (mit Assistenz von Herrn Dr. Brinkhus) eine Ausstellung ihrer großen Schätze an einschlägigen Büchern veranstaltete, wurde ebenso dankbar begrüßt wie eine Besichtigung des für das Thema unmittelbar belangvollen Ludwigsburger Schlosses und ein Empfang durch das Präsidium des Landtages von Baden-Württemberg in Stuttgart auf Einladung des Landtagspräsidenten Dr. Wurz. Wie bisher gab es auch dieses Mal viele hilfreiche Hände: Die Teilnahme der ausländischen Gelehrten wäre ohne die Hilfe des Stifterverbandes der Deutschen Wissenschaft (vor allem von Herrn General-
Vorwort
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direktor Prof. Dr. h. c. Merkle} einerseits und des Kultusministeriums des Landes Baden-Württemberg (vor allem von Herrn Staatssekretär Dr. Weng) andererseits nicht möglich gewesen. Dafür danken die Teilnehmer des Kolloquiums vielmals, ebenso für die Gastfreundschaft des Präsidenten der Universität Tübingen, Herrn Ministerialrat a. D. Adolf Theis. Unentbehrlich war die Mitarbeit vor allem der Sekretärin des Lehrstuhls für Öffentliches Recht V, Frau Cremer, aber auch der Assistenten. Tübingen, Herbst 1974
Roman Schnur
Inhalt Roman Schnur:
Einleitung .........................................................
11
I. Die Anfänge (vor allem Machiavelli und Bodin)
27
Raymond Polin:
Le concept de Raison d'Etat avant la lettre d'apres Machiavel .......
Helmut Quaritsch:
Staatsraison in Bodins "Republique" ......... ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27 43
Paul-L. Weinacht:
Fünf Thesen zum Begriff der Staatsräson. Die Entdeckung der Staatsräson für die deutsche politische Theorie (1604) ...................... 65
Diskussion ....................................."...................
11. Höhepunke (vor allem in Frankreich und in England) Anna-MaTia Battista:
Morale "privee" et utilitarisme politique en France au XVIIe siecle
73
87 87
J. H. M. Salmon:
Rohan and Interest of State ..... '" ............................ , ... 121
Julien Freund: La situation exceptionnelle comme justification de la raison d'Etat
chez Gabriel Naude . '.' . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 141
David S. Berkowitz:
Reason of State in England and the Petition of Right ................ 165
F. E. Sutcliffe:
La Notion de Raison d:Etat dans la pensee franc;aise et espagnole au XVlle siecle .................... ',' . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 213 225
Diskussion
111. Hobbes
241
Louis Roux:
Etat et Raison chez Hobbes .. , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 241
K. R. Minogue: Remarks on the Relation between Social Contract and Reason of State in Machiavelli and Hobbes ................................... ',' . . . .. 267 Bernard Willms:
Staatsräson und das Problem der politischen Definition. Bemerkungen zum Nominalismus in Hobbes' "Behemoth" .......................... ·275
Inhalt
10 Klaus-M. KodaUe:
Subjektivität und Staatskonstitution. Freiheit, "absolute" Wahrheit und das System more geometrico ................................... 301 325
Diskussion
IV. Staatsraison im deutschen Denken
339
Georg-Christoph v. Unruh:
Obrigkeit und Amt bei Luther und das von ihm beeinflußte Staatsverständnis ..................................... ',' ................. 339
Ulrich Scheuner:
Staatsräson und religiöse Einheit des Staates. Zur Religionspolitik :in Deutschland im Zeitalter der Glaubensspaltung ................. ", ... 363
Rudolf Hoke:
Staatsräson und Reichsverfassung bei Hippolithus a Lapide . . . . . . . . .. 407
Mario A. Cattaneo:
Staatsräsonlehre und Naturrecht im strafrechtlichen Denken des Samuel Pufendorf und des Christian Thomasius .................... 427
Michael Stolleis:
Textor und Pufendorf über die Ratio Status Imperii im Jahre 1667 ... 441 465
Diskussion
V. Niederlande und Beginn der Aufklärung J. C. Boogman: Johan de Witt -
481
Staatsräson als Praxis ............................ 481
E. H. Kossmann: Some late 17th-centUI'Y Dutch writings on Raison d'Etat
497
Hans-Peter Schneider
"Staatsraison" bei Leibniz .......................................... 505
Grzegorz L. Seidler:
Die Idee der Staatsräson und die polnische Aufklärung ....... ',' ..... 521 537
Diskussion
VI. Das Ende einer Epoche
549
W. H. Greenleaf: Burke and State necessity: The Case of Warren Hastings ............ 549 Günther Maluschke:
Hegel und das Problem der Staatsräson .' . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 569 591 Diskussion Nachwort
David Berkowitz und Louis Roux:
A Note on Some Methodological Issues and Problems
601 601
Verzeichnis der Referenten und Diskussionsteilllehmer .............. 611
Einleitung Von Roman Schnur I.
Man kann sich mit dem Begriff der Staatsräson hauptsächlich in zwei Weisen befassen: Entweder verwendet man "Staatsräson" als einen Begriff, der Allgemeingültigkeit anstrebt, oder aber man versucht, ihn in einem bestimmten geschichtlichen Zusammenhang zu verstehen. Im ersten Falle müßte man annehmen, daß die Sache, die mit dem Begriff der Staatsräson erfaßt werden soll, gewissermaßen ständiger und wesentlicher Bestandteil des politischen Lebens ist, wenn auch in vielfältiger Ausgestaltung; wohingegen die konkrete Betrachtung des Begriffs der Staatsräson sich darum bemüht, nicht die Erkenntnis einer abstrakten Allgemeinheit, sondern einer konkreten Allgemeinheit zu erreichen. Es käme nicht entscheidend darauf an, ob die Einsicht in die konkrete Allgemeinheit, also der " Staatsräson", direkte, d. h. unvermittelt übertragbare Erkenntnisse vermittelt bezüglich der abstrakten Allgemeinheit der Sache (oder des politischen Problems), um die es hier geht. Ein ähnliches Problem beschäftigt bekanntlich seit geraumer ZeW die Erörterungen über den Begriff des "Staates". Das bisherige Ergebnis dieser Diskussion könnte Anlaß sein, auch hier einen Ausweg aus dem zu suchen, was man eine methodologische Sackgasse nennen mag: Jeder der beiden vorhin erwähnten Standpunkte ist nämlich in sich richtig. Es wäre daher vorzuschlagen, sich im gegebenen Zusammenhang darüber zu verständigen, was mit dem Begriff der Staatsräson jeweils gemeint ist. Das könnte dazu beitragen, die Diskussion über dieses Thema auf der richtigen Ebene zu führen oder eine falsch geführte Diskussion rechtzeitig zu beenden. Nun gehört der Begriff der Staatsräson zu jenen tragenden politischen Begriffen der Neuzeit, die ihre konkrete Bedeutung infolge der weiteren geschichtlichen Entwicklung verloren und anderen tragenden Begriffen Platz gemacht haben. Jedoch gerät die Betrachtung eines historischen Phänomens von einem Standpunkt des "im Nachhinein" 1 Siehe dazu nur Helmut Quaritsch, Staat und Souveränität, Bd.1: Die Grundlagen, Frankfurt 1970, S. 20 ff.
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Roman Schnur
unvermeidbar in die Versuchung, den eigenen geschichtlichen Sieg über die konkrete politische Bedeutung von "Staatsräson" als eine allgemein gültige wissenschaftliche Einsicht auszugeben, d. h. die eigene Position politisch zu rechtfertigen, nicht aber sie zum Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung zu machen. Dieser Versuchung ist auch Friedrich Meinecke in seinem berühmten Buch über die Idee der Staatsräson nicht entgangen!. Inzwischen ist auch die erwähnte Position des "im Nachhinein", die vor allem diejenige des "Verfassungsstaates" oder des "Rechtsstaates" war, ihrerseits historisch so hinreichend abgeklärt, daß eine objektivere Erörterung der geschichtlichen Rolle des Begriffs der Staatsräson möglich geworden ist. Verschiedene neuere Arbeiten, die sich eingehend mit dem Begriff der Staatsräson in seiner historischen Konkretheit befassen, machten bereits deutlich, wieviel Erkenntnis hinzugewonnen werden kann, wenn "Staatsräson" nicht mehr als ein Begriff aufgefaßt wird, von dem sich der spätere Betrachter in seiner subjektiven Position tunlichst rasch und überzeugungsstark distanzieren solP. Die überwindung einer historisch dermaßen befangenen Betrachtung des Begriffs der Staatsräson kann aber andererseits nicht darin bestehen, dem "Rechtsstaat" vorzuhalten, daß auch er, entgegen seinen eigenen Beteuerungen, eine "Staatsräson" anerkennen müsse. Damit würde man nämlich nicht die Diskussion auf die hier maßgebliche historische Ebene leiten, sondern ein primär aktuelles politisches Problem diskutieren. Die überwindung des genuin politischen Streites über "Staatsräson" ist aber unabdingbare Voraussetzung für den Fortschritt der geschichtlichen Erkenntnis. Wer sich in wissenschaftlicher Weise mit der historischen Rolle des Begriffs der Staatsräson befaßt, ist dazu berechtigt, die Antwort auf die gewiß inquisitorisch gemeinte Frage, wie er es hier und heute (oder dort und morgen) mit dem politischen Problem der "Staatsräson" halte, als hier nicht zur Sache gehörend abzulehnen. Es ist in gewisser Hinsicht verständlich, daß man sich auch in neuerer Zeit überwiegend moralisierend mit dem Begriff der Staatsräson auseinandergesetzthat, indem man das altbekannte Thema "Politik und Moral" fortführte. Eine solche Betrachtung ist, wie schon earl Schmitt gegen Meineck.e vorgebracht hat, unhistorisch4 • Sie übersieht, daß ein ! F. Meinecke, Die Idee der Staatsräson in der neueren Geschichte, erstmals München 1924. 3 Vor allem Etienne Thuau, Raisond'Etat et Pensee politique a l'epoque de Richelieu, Paris 1966, und William F. Church, Richelieu and Reason of State, Princeton 1972. 4 Carl Schmitt, Zu Friedrich Meineckes "Idee der Staatsräson", Archiv f. Sozialwiss. u. Sozialpolitik 56 (1926), S. 226 ff. (wieder abgedruckt in C. Schmitt,
Einleitung
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neues politisches Denken sich gegen ein Denken durchzusetzen hatte, welches für sich das Monopol auf politische Moral reklamierte, dazu noch in enger "systematischer" Verbindung von Politik und Moral. Schon deshalb kann man verstehen, daß sich sämtliche Gegner des neuen politischen Denkens auf seine angebliche Zerreißung von Politik und Moral beriefen. Ebenso verständlich aber sollte es sein, daß das neue politische Denken den Gegensatz zum alten Denken in dieser unvermeidlich polemischen Situation argumentativ schärfer hervorheben mußte, als es durchweg den eigenen Absichten entsprach. Von der "alten" Position aus war es eben leicht, dem "neuen" Denken den Anspruch zu bestreiten, ebenfalls an politischer Moral festhalten zu wollen. Das neue Denken mußte sich von dem überkommenen Denksystem lösen, um eine eigene Moral des autonomer werdenden Politischen entwickeln zu können. Ob einige neue Denker es überhaupt nicht wollten oder ob es allen neuen Denkern überzeugend gelang darzutun, daß die Unterscheidung von Moral und Politik nicht Trennung bedeutete, ist nicht die entscheidende Frage; sie kann hier auf sich beruhen. Die Forschung hat inzwischen eindeutig ergeben, daß die weit überwiegende Mehrheit der "neuen" Denker keineswegs einem politischen Amoralismus das Wort redete. Wer heute diesen Denkern vorhalten will, daß sie einige wichtige Probleme nicht befriedigend gelöst hätten, muß mit der Gegenfrage rechnen, ob er denn für alle wichtigen Probleme hinreichende Lösungen bereit habe - bloße Behauptungen, auch wenn sie noch so gut gemeint sind, freilich enthalten noch keine Lösungen. Nur wenn man diese geschichtliche Situation vor Augen hat, kann man die historische Rolle des Begriffs der Staatsräson verstehen. Allerdings ist sogleich zu bemerken, daß es hier nicht darauf ankommen kann, sich nur mit jenen Autoren zu befassen, die den Ausdruck "Staatsräson" verbaliter gebrauchten. In diesem Zusammenhang geht es nicht nur um die formale Geschichte eines Begriffs. Vielmehr müssen unter dem konkreten geschichtlichen Aspekt auch solche Autoren in die Betrachtung einbezogen werden, die, aus welchen Gründen auch immer, den Ausdruck "Staatsräson" zwar nicht verwendet haben, in der Sache selbst aber darauf abzielten. Das wären jene Autoren, die, juristisch gesprochen, den Begriff der Staatsräson im materiellen Sinne verwenden. Freilich stellen sich somit alle Nachteile ein, die ein "inhaltlicher" Ansatz der Forschung mit sich bringt: Unschärfen sind hier kaum Positionen und Begriffe im Kampf mit Weimar - Genf - Versailles 1923 - 1939, Hamburg 1940, S. 45 ff.). Diese Auseinandersetzung stellt ein gutes Beispiel dafür dar, daß begriffliche Schärfe, wenn sie auf Geschichte eingestellt wird, der historischen Wahrheit näher kommt als "historische Methode" ohne begriffliche Sorgfalt.
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Roman Schnur
vermeidbar, und man muß wenigstens einigermaßen genau wissen, um welche Sache es sich handelt, die mit dem Ausdruck "Staatsräson" erfaßt werden soll. Dieses Vorgehen wiederum wird in dem Maße schwieriger, als der Begriff der Staatsräson selbst seine ursprünglichen Konturen immer mehr verliert. Aber wenn man weiß, daß "Staatsräson" bisweilen geradezu diskriminiert war und daß gerade deshalb manche Autoren ihn aus Vorsicht mieden, so kann man sich schwerlich der Schwierigkeit entziehen, auch auf jene Autoren einzugehen, die den Begriff der Staatsräson nicht ausdrücklich verwendet haben. Unter diesem Aspekt fand 1974 das Tübinger Kolloquium statt, über dessen Absichten dieses Nachwort in Gestalt einer Einleitung berichten will. Dieses Kolloquium sollte durch zeitlich und thematisch unterschiedlich ansetzende Referate weiteres Material über "Staatsräson" ausbreiten und zugleich versuchen, die wissenschaftliche Diskussion weiterzubringen. Es verstand sich von selbst, daß der Kreis der Teilnehmer des Kolloquiums international zusammengesetzt sein mußte. Es erschien ferner selbstverständlich, Vertreter verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen zu Wort kommen zu lassen. 11.
Wenn es demnach nicht um eine abstrakte theoretische Erörterung des Begriffs der Staatsräson gehen sollte, so war zunächst folgendes zu erwarten: Der Begriff der Staatsräson in seiner konkreten geschichtlichen Bedeutung konnte nicht bloß eine andere Bezeichnung für ein politisches Phänomen sein, das es bereits vor dem Beginn des modernen Staates (im spezifischen Sinne) gegeben hattes. Dann mußte aber auch angenommen werden, daß "Staatsräson" damals etwas meinte, was einem geschichtlich Vorangehenden entgegengesetzt wurde. In diesem Sinne konnte "Staatsräson" nicht als ein abstrakt-theoretischer, sondern nur als ein in der damaligen geschichtlichen Lage eminent politischer Begriff verstanden werden6 • Auch deshalb - und nicht nur wegen der Verwendung des Wortes "Staat" im zusammengesetzten Begriff "Staatsräson" - mußte "Staatsräson" wichtiger Teil jener Entwicklung sein, die gemeinhin als Entstehung des modernen Staates (oder gar noch summarischer: als Neuzeit) gekennzeichnet wird. Das mußte weiter zu der Annahme führen, 5 Zur "Vorgeschichte" siehe z. B. Gaines Post, Studies in Medieval Legal Thought - PubIic Law and the State, 1100 - 1322, Princeton 1964, S. 241 ff. (Kapitel Ratio PubIicae Utilitatis, Ratio Status and "Reason of State", 1100 - 1300). 8 Gute Ausführungen bei Joseph Anthony Mazzeo, Renaissance and Revolution - Background to Seventeenth-Century EngIish Literature, New York 1967, S. 69 ff. (Machiavelli: The New Ethics and PoIitics).
Einleitung
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daß in diesem geschichtlichen Zusammenhang ein neues politisches System an die Stelle des überkommenen politischen Systems gesetzt werden sollte, also der moderne Staat an die Stelle des politischen Systems des Mittelalters7 • Dies würde es auch vollends erklären, weshalb man damals in "Staatsräson" etwas unerhört Neues, also nicht Akzeptiertes, kurzum etwas Revolutionäres sehen wollte. Selbst bei Verwendung des Ausdrucks "raison" schwingt das radikal Neue mit, weil "Vernunft" hier einen Gegensatz zum unreflektiert übernommenen (der bloßen Tradition) darstellt8 • Dabei kann in diesem Zusammenhang die Frage offen bleiben, ob es sich dabei um eine "Revolution" oder um eine "Systemveränderung" gehandelt hat, weil es hier nicht darauf ankommt, diese schwierige Unterscheidung, welche auch heutzutage mancherorts die Geister teils beschäftigt, teils nicht beschäftigen soll, am Beispiel der Entstehung des modernen Staates mit größtmöglicher Genauigkeit vorzunehmen. Für unsere Zwecke mag die summarische Feststellung genügen, daß "Staatsräson" zu Beginn der Neuzeit als ein weithin Neues empfunden und auch dementsprechend heftig bekämpft wurde. Wenn man nämlich annehmen darf, daß der Ausdruck "bonum commune" (oder ähnliches) eine Abbreviatur für die Grundsätze des mittelalterlichen politischen Systems war, so mußte "Staatsräson" eben diese Rol1p. fiir das Neue spielen9 • Zwar konnte man von dessen Standpunkt aus versuchen, den Begriff des "bonum commune" gewissermaßen umzufunktionieren, wie ein heute gängiger Ausdruck für den Kampf um die Herrschaft über die maßgebliche Definition lautet. Aber diesem Vorhaben waren offensichtlich recht enge Grenzen gesetzt, weil die bisherigen Inhaber der Herrschaft über die Definition nicht kampflos kapitulierten. So mußte man letztlich doch das Neue als "Staatsräson" ausgeben, wie unterschiedlich auch immer die übergänge vom Alten zum Neuen in den einzelnen "Staaten" gewesen sein mochten, unterschiedlich in der Form, im Inhalt und im zeitlichen Eintritt des Neuen. Nun hängt es von der jeweiligen Konzeption des Neuen (mit anderen Worten: des modernen Staates) ab, welche Wirkung der Begriff der Staatsräson im jeweiligen geschichtlichen Zusammenhang entfaltete. Diese leider noch oft übersehene Tatsache erklärt es, weshalb man bereits in den ersten Jahrzehnten der Verwendung des Begriffs der Zu den übergängen neben Quaritsch, a. a. 0., vor allem Georges de LaReflexions sur la cristallisation de la notion d'Etat au XVIe siecle, in: E. Castelli, ed., Umanesimo e Machiavellismo, Mailand 1951, S. 247 fI. 8 Zu diesem weiten Thema statt vieler jetzt Isaiah Berlin, The Originality of Machiavelli, in: Myron S. Gilmore, ed., Studies on Machiavelli, Florenz 1972, S. 147 fI. 9 Klassisch: John Neville Figgis, Studies of Political Thought from Gerson to Grotius 1414 - 1625, repr. Cambridge 1956, S. 1 fI. 7
garde,
Roman Schnur
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Staatsräson (oder der gleichlautenden Umschreibung der gemeinten Sache) sehr unterschiedliche Vorstellungen davon gebrauchte. Wo beispielsweise der Verfall der mittelalterlichen Ordnung besonders weit gediehen war und wo ein neues politisches System von Dauer (im Sinne von Institutionalisierung) sich noch kaum abzeichnete, dort mußte der Begriff der Staatsräson einen stark dezisionistischen (genauer: occasionalistischen) Charakter erhalten. Hier kam es in großem Maße auf die Persönlichkeit des neuen Machthabers an, weniger hingegen auf das Ideelle des propagierten neuen Systems; Hier mußte man auch annehmen, daß die Chance des Neuen, auf Zustimmung zu stoßen und somit allmählich die Eigenschaft von Objektivem zu bekommen, noch sehr gering war. Hier war an eine Entlastung von der immer schärfer werdenden politischen Problemlage durch neue Institutionen kaum zu denken 'o . So mußte die permanente politische Selbstbehauptung des Neuen im Vordergrund des politischen Denkens stehen, wobei sich die Bezeichnung "neu" eher auf Personen ("neue Machthaber") als auf Ideen oder Institutionen bezieht. Damit könnte zugleich die Hypothese plausibel werden, daß eine solche Vorstellung von "Staatsräson" bei Juristen nicht viel Beifall gefunden habe, vor allem dort nicht, wo sie, wie die "Legisten" in Frankreich, zu den Schrittmachern des modernen Staates gehörten. Wenn es richtig ist, daß Juristen eher institutionell denken, dann mußten sie damals bemüht sein, dem Neuen, also auch der "Staatsräson", eine Wendung ins Objektivierbare zu geben, mithin im Konflikt zwischen dem Alten und dem Neuen zu vermitteZnll • Ein solches Vorgehen bot immerhin den Vorteil, daß das Alte nicht auf der gleichen Ebene bloßer Selbstbehauptung mit dem Neuen erscheinen mußte, sondern als Verfall von Institutionen ausgegeben werden konnte. Dieses verfallende Alte mußte nunmehr durch eine neue Ordnung, eben den modernen Staat, abgelöst werden '2• Man wird sogleich erkannt haben, daß diese Hypothese dazu dienen soll, zumindest zwei frühe Spielarten von "Staatsräson" zu beschreiben, nämlich diejenige, wie man sagen könnte, MachiaveZZis und diejenige Bodins l3 • Das wäre auch auf die sehr vereinfachende Gleichung 10
Zum
Staatsbegriff
Machiavellis
interessante
Bemerkungen
bei
J. H. HexteT, The Vision of Politics on the Eve of the Reformation: More, Machiavelli, and Seyssel, London 1973, S. 150 ff.
11 Das gilt bekanntlich vor allem für Jean Bodin; siehe das oft vernachlässigte Kapitel "Que les changements des Republiques et des loix ne se doyvent faire tout a coup", Chap. !II, L. IV, Les six Livres de la Republique (zit. nach dem Faksimiledruck der Ausgabe Paris 1583, Aalen 1961). 1! Wichtige Ausführungen über einen französischen Denker des übergangs, Seyssel, im Vergleich mit Machiavelli und Moros bei Hexter, a. a. 0., S. 204 ff. 13 Vgl. Ernst Hinrichs, Das Fürstenbild Bodins und die Krise der französischen Renaissancemonarchie, in: Jean Bodin - Verhandlungen der inter-
Einleitung
17
zu bringen: Politik gegen Jurisprudenz, Revolution gegen Reform, Subjektives gegen Objektives, wobei man sich natürlich der großen Relativität solcher Kennzeichnungen bewußt sein muß. Vielleicht könnte man auch sagen, daß in dem einen Falle (Machiavelli) kein Glaube an die Objektivierbarkeit von Ideen mehr vorhanden war, während in dem anderen Falle (Bodin) dieser Glaube mehr oder weniger unerschüttert blieb14 • Allerdings würden die Kennzeichnungen "Zynismus" und "Optimismus" den Unterschied der beiden eher idealtypisch bezeichneten Positionen doch wohl allzu arg überzeichnen, zumal sie abstrakt wären, d. h. den konkreten Unterschied der damaligen politischen Verhältnisse in Italien einerseits und in Frankreich andererseits leugnen würden. Die Benützung dieser Perspektive würde es jedoch vollends verständlich machen, weshalb die Bodinsche Auffassung von "Staatsräson" sich unter bestimmten Bedingungen sehr scharf von derjenigen Machiavellis distanzieren mußte. Genau dies war die Lage, ganz allgemein gesehen, in welcher sich die "Legisten" befanden: Sie mußten das Alte zugunsten des Neuen, also des modernen Staates, überwinden. Aber sie durften dabei ihre Position nicht dadurch schwächen, daß sie sich mit Machiavelli, der ebenfalls das Neue wollte, identifizierten15 • Sie mußten für "Reform" plädieren, um sich in jedweder Richtung von "Revolution" absetzen zu können. Eben dies ist auch wohl der bedeutendste Grund dafür, daß der Ausdruck "Staatsräson" bei jenen Autoren kaum vorkommt, welche die subjektivere Spielart ablehnten. Gleichwohl kann das nicht Anlaß sein, diese Autoren außerhalb der Betrachtung zu lassen. Entscheidend ist vielmehr, daß es sich dabei um Autoren handelt, die für das Neue eintraten, ob sie nun den Ausdruck "Staatsräson" stricto sensu gebrauchen oder nicht. Die Einbeziehung solcher Autoren in unsere Erörterungen bedeutet aber nicht, nunmehr doch auf die abstrakt-theoretische Ebene zu gehen; denn es geht hier um jene konkrete Denkweise, die von anderen Autoren expressis verbis "Staatsräson" genannt wurde18 • nationalen Bodin Tagung in München, hrsg. v. H. Denzer, München 1973,
S. 281 ff.
U Vgl. auch die interessanten Ausführungen von Andre Stegmann, Le Tacitisme: Programme pour un nouvel essai de definition, in: Machiavellismo e Antimachiavellici nel Cinquecento, Atti deI Convegno di Perugia 30. IX.1. X. 1969, Florenz 1970, S. 117 ff. Hier ist aber auch nachdrücklich zu erwähnen: Jürgen von Stackelberg, Tacitus in der Romania - Studien zur literarischen Rezeption des Tacitus in Italien und Frankreich, Tübingen 1960, vor allem S. 63 ff. und S. 159 ff., sowie Else-Lilly Etter, Tacitus in der Geistesgeschichte des 16. und 17. Jahrhunderts, Basel 1966. 15 Siehe dazu vor allem Church, a. a. 0., S. 50 ff. 18 Hier sei auch auf einen oft übersehenen, aber interessanten Aufsatz hingewiesen: Roland Maspetiol, Les deux aspects de la "raison d'Etat" et son apologie au debut du XVIIe siecle, Archives de Philosophie du Droit X (1965),
S. 209 ff.
2 Staatsräson
18
Roman Schnur III.
Aus diesen überlegungen kann man folgern, daß "Staatsräson" zunächst ein innenpolitisch wichtiger Begriff war. Wenn nämlich der hier gewählte Ansatz für die Erklärung der geschichtlichen Rolle des Begriffs der Staatsräson richtig ist, dann mußte, nicht zuletzt mit Hilfe des Begriffs der Staatsräson, der moderne Staat sich zunächst genügend nach innen konsolidiert haben, bevor die "Staatsräson" zum wichtigen Instrument außenpolitischer Auseinandersetzung zwischen souveränen Territorialstaaten werden konnte 17• Zugleich bedeutete dies in nahezu allen sich herausbildenden modernen Staaten, daß Staatsgewalt Fürstengewalt war, daß mithin der Inhalt von "Staatsräson" vom Fürsten verbindlich definiert werden sollte, und zwar sehr oft in Konflikten mit den Ständen. Das alles ist zur Genüge bekannt, als daß es hier erläutert werden müßte18 • Nur eines sei auch hier gesagt: Der Begriff der Staatsräson mußte in dem Augenblick beginnen, seine innenpolitische Wirksamkeit zu verlieren, als sich ("echt") absolutistische Tendenzen innerhalb des innenpolitisch bereits mehr oder weniger konsolidierten Staates bemerkbar machten. Darauf ist zurückzukommen. Eher angebracht erscheint ein erneuter Hinweis darauf, daß der Begriff der Staatsräson auch an etablierten Denkpositionen der Kirche anstoßen mußte. Das gilt einerseits für Hegemonialansprüche des Papsttums, andererseits für die Kirche bei sich verschärfenden innenpoliti::-chen Konflikten im Zuge der Glaubensspaltung innerhalb der "Staaten". Die Auswirkung dieses Zusammenstoßes von "Staatsräson" mit kirchlichen bzw. theologischen Positionen und Begriffen hing im konkreten Fall von der jeweiligen Konstellation Staat - Religion ab le • Die Identifizierung des Fürsten mit einem einzigen Glauben konnte beispielsweise dazu führen, daß es dann im Interesse der "Staatsräson" lag, die Häretiker gewaltsam zu unterdrücken, seien es die "Katholischen", seien es die "Protestantischen". Wo sich hingegen infolge der konfessionellen Bürgerkriege der Staat allmählich eine gänzlich eigene Legitimität schuf (also der Inhaber der Staatsgewalt eher materiell als formell, d. h. über die Kirche, Gott ver17 Einen wichtigen Aspekt des international werdenden konfessionellen Bürgerkrieges ("Politiques, Raison d'Etat et Patriotisme") behandelt Myriam Vardeni, La Conscience nationale en France pendant les Guerres deReligion (1559 - 1598), Löwen/Paris 1971, S. 163 ff. 18 Statt vieler Quaritsch, a. a. O. 18 In den Studien von Gaines Post, a. a. 0., wird vielleicht nicht klar genug gesagt, daß ratio status im Mittelalter zwar zum politischen Kampfbegriff, aber noch nicht zum siegreichen politischen Begriff der Monarchie geworden war. Hier schlägt, wie bei Meinecke, die "historische Methode" ins Unhistorische um.
Einleitung
19
antwortlich war) und somit den Bereich der Politik weitgehend säkularisierte, dort mußte der Begriff der Staatsräson bei den Parteien des Bürgerkrieges auf schärfste Ablehnung stoßen20 . Hier mußte dann eben ein Jurist wie Bodin als Machiavellist angegriffen werden - "Politiques" war lange Zeit ein arges Schimpfwort -, was ihn und seinesgleichen zwang, sich deutlich von Machiavelli zu distanzieren2!. Jetzt mußte die Position der "Legisten" und "Politiques" prekär werden: Einerseits vertraten sie weithin die Ansprüche des modernen Staates, also des Fürsten, zum anderen mußten sie "Staatsräson" als geistige Waffe zur gewaltsamen Unterdrückung von Andersdenkenden ablehnen. Aber daß spanische Autoren ebenfalls Machiavelli bekämpften, gleichwohl aber in der Sache "Staatsräson" zur Unterdrückung von Ketzern forderten, machte diese Situation nur noch komplizierter!2. Allerdings war die Position italienischer Autoren gegen Ende des 16. und zu Anfang des 17. Jahrhunderts nicht weniger prekär, weil sie angesichts der Gegenreformation danach trachten mußten, der von ihnen vertretenen "Staatsräson" einen christlichen, d. h. katholischen Inhalt zu geben. Das gilt vornehmlich für Botero, Frachetta und Ammirato23 • Wiederum anders war die Lage für jene französische Autoren wie
Montaigne und Charron, die, unter dem Einfluß des maßgeblich von
Lipsius geförderten Neustoizismus, als Denker einer "Übergangszeit" gelten können, also jener Zeit zwischen dem größten Einfluß der Politiques und demjenigen der "libertinage erudit". Sie vertraten zwar grundsätzlich die von den Politiques vorgezeichnete Linie, mußten aber infolge des eigenen, subjektivistischeren Ansatzes die Trennungslinie zwischen Politik und Moral (als eigenständigen Bereichen) deutlicher ausziehen, als das die Juristen getan hattenu. Von hier führte ein un20 Dazu sehr klar Church, a. a. 0., S. 48 ff. Wenn Church, a. a. 0., S.53 sagt, in gewisser Hinsicht "the politiques prepared the way for reason of state", so könnte man auch sagen, dies habe der konfessionelle Bürgerkrieg besorgt. Zum Ganzen jetzt auch Salvo MasteHone, Venalita e Machiavellismo in Francia (1572 - 1610), Florenz 1972. 21 Statt vieler Donald R. KeHey, Murd'rous Machiavelli in France: A Post Mortem, Pol. Sc. Quart. 85 (1970), S. 545 ff., und Marguerite Soulie, La SaintBarthelemy et la reflexion sur le pouvoir, in: Franco Simone, ed., Culture et Politique en France a l'epoque de I'Humanisme et de la Renaissance, Turin 1974, S. 413 ff. 22 Neben Church, a. a. 0., S. 68 ff. (mit weiteren Hinweisen), jetzt auch Jose Antonio Maravall, Maquiavelo y maquiavel1smo en Espafia, in: Istituto Nazionale di Studi sul Rinascimento, 11 pensiero politico di Machiavelli e la sua fortuna nel mondo, Florenz 1972, S. 67 ff., sowie Karl-Heinz Mulagk, Phänomene des politischen Menschen. Propädeutische Studien zum Werk Lohensteins unter besonderer Berücksichtigung Diego Saavedra Fajardos und Balthasar Gracians, Berlin 1973. 23 Vgl. etwa Church, a. a. 0., S. 62 ff., mit weiteren Hinweisen sowie von Stackelberg, a. a. 0., S. 120 ff. U Siehe neuestens Maryanne Cline Horowitz, Natural Law as the Foundation for an Autonomous Ethic: Pierre Charron's De la Sagesse, Studies in
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mittelbarer Weg zu Denkern des "eigentlichen" Absolutismus, zu Autoren nämlich wie La Mothe le Vayer, die jenes seltsame Verhältnis von Individualismus und Absolutismus hervorbrachten, welches als meist unterirdische Strömung dann das moderne politische Denken begleitet25 • IV. Spätestens seit dem Beginn von Richelieus Außenpolitik verlagert sich der Schwerpunkt der Bedeutung von "Staatsräson" von der Innenpolitik auf die Außenpolitik. In dem Maße, in welchem die einzelnen Staaten sich im Innern konsolidiert hatten, verlor der Begriff der Staatsräson seine Bedeutung als Mittel der Innenpolitik. Deshalb wurde er weitgehend unabhängig von der Frage nach der jeweiligen Verfassung und der jeweiligen Lösung der konfessionellen Frage2s • Nur im Reich, das seine Verfassung nicht zu konsolidieren vermochte und wo auch deshalb der Dreißigjährige Krieg nicht als überwiegend außenpolitische Sache verstanden werden konnte, behält der Begriff der Staatsräson auch weiterhin große innenpolitische Bedeutung, sei es in den Territorien des Reiches, sei es, wie vor allem im Falle Wallensteins 27 , innerhalb des Reiches selbst, wo es um die Verfassungsposition des Kaisers und der Reichsstände ging. Das alles läßt sich deutlich am politisch sehr einflußreichen Werk des Hippolithus a Lapide ablesen. Da aber ansonsten der Begriff der Staatsräson seine innenpolitische Wirksamkeit inzwischen weithin verloren hatte, und zwar nicht zuletzt mit Hilfe der mit der "Staatsräson" errungenen Erfolge, konnte er ohne große Mühe zu einer allseits verwendeten außenpolitischen Waffe werden. Man genierte sich jetzt nicht mehr, bei der Begründung der eigenen außenpolitischen Interessen von "Staatsräson" zu reden. In der Außenpolitik bedienten sich ihrer auch solche Staaten, für welche "Staatsräson" unter innenpolitischen (d. h. verfassungspolitischen) Aspekten the Renaissance XXI (1974), S. 204 ff.; Gerhard Schneider, Der Libertin. Zur Geistes- und Sozialgeschichte des Bürgertums im 16. und 17. Jahrhundert, Stuttgart 1970, S. 154 ff. 25 Vgl. R. Schnur, Individualismus und Absolutismus Zur politischen Theorie vor Thomas Hobbes (1600 - 1640), Berlin 1963. 21 Treffend Rudolt 'Von Albertini, Das politische Denken in Frankreich zur Zeit Richelieus, Marburg 1951, S.178: "Gerade weil Frankreich sich dem katholischen Spanien gegenübergestellt sieht und dazu der Hilfe auch protestantischer Mächte bedarf, ist von ihm diese Lehre vom Staatsinteresse als ausschließliches Beurteilungsprinzip des politischen HandeIns entscheidend gefördert und ausgebaut worden. 27 Die Universitätsbibliothek Tübingen stellte anläßlich des Kolloquiums zahlreiche zeitgenössische Schriften aus. In diesem Zusammenhang sei nachdrücklich auf das hervorragende Buch von Mario d' Addio, Il pensiero politico di Gaspare Scioppio e 11 Machiavellismo deI Seicento, Mailand 1962, hingewiesen. U
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bislang Ausdruck schlimmster politischer Unmoral war, wie z. B. für die Niederlande. Prinzipiell konnten jetzt eben alle außenpolitischen Interessen (dynastische Interessen, Handelsinteressen usw.) als "Staatsräson" aufgefaßt werden. Innenpolitik und Außenpolitik werden nunmehr schärfer voneinander getrennt. Freilich verlor der Begriff der Staatsräson mit dieser Wendung vom Innenpolitischen ins Außenpolitische noch nicht sämtliche Konturen seines konkreten geschichtlichen Sinns. Man wird nämlich beachten müssen, daß diese Konturen nunmehr überwiegend außenpolitisch bestimmt, also durch außenpolitische Argumente beschrieben waren. Gleichwohl ist nicht zu verkennen, daß "Staatsräson" mit der Zeit zu einem "Allerweltswort" wurde, zur kleinen Münze der politischen Rhetorik28 • Allerdings wird man auch sagen dürfen, daß "Staatsräson" auf dem außenpolitischen Gebiet ähnlich revolutionäre Wirkung gehabt hat wie ehedem in der Innenpolitik: An die Stelle des sich seit geraumer Zeit in Auflösung befindlichen "internationalen Systems" des Mittelalters tritt allmählich das Jus Publicum Europaeum der souveränen Staaten!'. Doch wird man nicht behaupten können, daß "Staatsräson" ein tragender Begriff des vollends ausgeprägten Jus Publicum Europaeum gegewesen sei. Vielmehr stellt dieser Begriff ein wichtiges Mittel in der sehr kriegerischen Phase des Übergangs zum neuen "außenpolitischen System" dar, wofür Rohans "Interest" ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist. Auch in außenpolitischer Hinsicht konnte es nicht ausbleiben, daß eine Institutionalisierung (oder "Organisation") des neuen internationalen Systems danach trachten mußte, den Begriff der Staatsräson durch Vorstellungen abzulösen, die auf eine Stabilisierung des durch viele Kriege herbeigeführten Zustandes abzielten. Trotz aller Vorsicht, die man bei Übertragung innenpolitischer Begriffe auf außenpolitische Konstellationen walten lassen muß, könnte man vielleicht doch sagen, daß sich als Grundmuster der Anwendung von "Staatsräson" in der Außenpolitik ein "machiavellistischer Zweig" einerseits und eine eher "legistisch-juristische Richtung" andererseits beobachten lassen. Das 28 Damit ist natürlich nicht die Verwendung von "Staatsräson" im deutschen Barock:drama gemeint. Als Beispiele für dieses noch wenig diskutierte Thema der Forschung seien erwähnt: Johann Rist läßt in "Das Friede wünschende Teutschland", o. O. 1647, S.152 ff., auftreten den "Meister RATIO STATUS der Feldscherer" und Johann Christian Hallmann in "Die Göttliche Rache/Oder der verführte Theodoricus Veronensis", Breslau o. J. (1684), S. 39 ff., die "Ratio Status" als Figur. Rists Schauspiel bezieht sich auf den 30jährigen Krieg; es ist 1915 erneut herausgegeben worden. 28 Dazu vor allem Carl Schmitt, Der Nomos der Erde im Völkerrecht des Jus Publicum Europaeum, 2. Aufl. Berlin 1974.
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hing im konkreten Fall maßgeblich davon ab, wer mit dem jeweiligen außenpolitischen Zustand einverstanden und wer damit nicht zufrieden war, d. h. auf weitere Kriege sann. In jedem Falle konnte nur die "legistisch-juristische" Richtung zur Ausbildung des Jus Publicum Europaeum beitragen, für welche Bemühungen in unserem Zusammenhang der Name Pufendorfs stehen mag.
V. Nun gab es während des Tübinger Kolloquiums, wie die abgedruckte Diskussion zeigt30, bisweilen recht heftige Debatten über "methodologische" Probleme, beispielsweise anläßlich der Erörterung der Frage, ob man in diesem Zusammenhang Thomas Hobbes als Denker der "Staatsräson" ansehen dürfe. Anlaß dieser Frage war allerdings nicht die Meinung, daß Thomas Hobbes zu jenen Denkern der "Staatsräson" gehöre, die den Ausdruck expressis verbis vermeiden, sondern daß er sich nicht oder kaum auf die hier belangvolle Sache einlasse. Hier stieß man an einem wichtigen Fall auf das eingangs erwähnte Problem. Aber es ist hier anders gelagert als in unseren Tagen, wo "Staatsräson" nur noch als abstraktes Problem erörtert wird, etwa gemäß der Frage, ob es im Rechtsstaat überhaupt noch "Staatsräson" geben dürfe. Das läßt sich aber nicht vom politischen Denken des Hobbes sagen. Es mußte in Tübingen also die These erörtert werden, daß Hobbes ein politischer Denker in einer Zeit gewesen sei, zu welcher dem Begriff der Staatsräson noch seine historische Rolle zukam, und daß Hobbes kein Denker gewesen sei, der dies alles nicht zur Kenntnis genommen hätte. Hobbes gehört eben deshalb in unseren thematischen Zusammenhang, weil er für die Neuzeit der erste große Theoretiker von Recht und Staat ist. Er setzt sein Denken radikal neu an, und er bringt ein Gedankengebäude hervor, das nicht mehr auf jenem für ihn unsicheren Boden stehen soll, auf dem die politische Welt der "Staatsräson" gediehen ist. Hobbes will nicht, wie Bodin, im Rahmen der bestehenden Verhältnisse weiterdenken im Hinblick auf eine bessere politische Zukunft, sondern er will einen neuen Standort beziehen31 • Von diesem Ansatz aus konnte Hobbes sich nicht auf die zeitgenössische Begrifflichkeit der politischen Theorie einlassen32 • Er mußte für 30 Siehe unten S. 329 fI. 31 Gänzlich unzulänglich ist für die Erörterung dieses wichtigen Problems das kürzlich erschienene Buch von Preston King, The Ideology of Order A Comparative Analysis of Jean Bodin and Thomas Hobbes, London 1974. 32 Aufschlußreich ist die sich an Machiavelli orientierende Auseinandersetzung von HarTington mit Hobbes, vgl. Felix Raab, The English Face of Machiavelli. AChanging Interpretation 1500 - 1700, London 1964, S. 192 fI.
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die Kennzeichnung der politischen Phänomene (die natürlich auch ihm geläufig waren) die herkömmlichen Begriffe vermeiden. So wenig es überzeugt, wenn behauptet wird, Hobbes sei kein Denker der "Staatsräson", weil dies für ihn kein Schlüsselbegriff sei, so wenig erscheint es angebracht, ihn doch als Denker der "Staatsräson" auszugeben, indem man dasjenige erörtern will, was die Sache der "Staatsräson" (d. h. bestimmte politische Grundprobleme) im Werk des Hobbes ausmacht. Beide Ansätze vermögen den geschichtlichen Ort nicht zu erreichen, an dem Hobbes' politisches Denken sich im Rahmen der historischen Entwicklung des Begriffs der Staatsräson befindet. Es kommt dabei jeweils ein "Methodenpurismus" ins Spiel, der den historischen Platz von Hobbes' Gedankengebäude verfehlen muß. Deshalb dürfte es angemessener sein, Hobbes als den ersten systematischen Theoretiker der Neuzeit zu verstehen, der die politische Welt der "Staatsräson" in ihrer geschichtlichen Ausprägung verlassen wollte. Dabei mußte er sich darüber im klaren gewesen sein, daß er dieses Vorhaben nur aufgrund des durch die "Staatsräson" Erreichten bewerkstelligen konnte. Ein solcher Versuch darf wahrlich als Beitrag zur Diskussion über den Begriff der Staatsräson angesehen und gewürdigt werden. Hobbes' Denken ist also auch eine Antwort auf die geschichtliche Herausforderung der "Staatsräson". Aber es ist eine verneinende Antwort, indem aus der raison d'etat die Vernünftigkeit des Leviathan wird. VI. Nicht nur beim außenpolitischen Gebrauch des Begriffs der Staatsräson, sondern auch in innenpolitischer Hinsicht gewann dieser Ausdruck immer mehr vom "Geheimnisvollen". Querverbindungen zu gängigen Ausdrücken wie "Staatsgeheimnis" oder "arcana imperii" sind nicht zu übersehen, ebenso nicht die Fortwirkungen des "machiavellistischen" Zweigs der Sinngebung33• Innenpolitisch sind diese "geheimen" Aspekte der "Staatsräson" vor allem im Frankreich des 17. Jahrhunderts deutlich geworden, auch in gewisser Weiterführung des "libertinistischen" Ansatzes von Montaigne, Charron und anderen. Naude war hier maßgeblicher Wortführer, zeitweise gehörte auch Guez de Balzac dazu. Man wird die realen Gründe vornehmlich in den innenpolitischen Wirren zu Beginn von Richelieus politischer Karriere zu suchen haben, aber wohl auch später in der "Fronde". sa Wichtig in diesem Zusammenhang immer noch Jose-Antonio Maravall, La Philosophie Politique Espagnole au XVIIe Siec1e dans ses rapports avec l'esprit de la Contre-Reforme, Paris 1955, S. 287 ff. (Kapitel "La destruction du pouvoir: Machiavelisme et tyrannie U ).
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"Staatsräson" nahm auch insoweit am weiteren Geschick der absoluten Monarchie teil. Die Monopolisierung der Definition von "Staatsräson" beim Monarchen nahm einem Begriff, der u. a. das mittelalterliche "bonum commune" ablösen sollte, allmählich alles Öffentliche und somit auch öffentlich Akzeptierbare. Hier mußte dann der Vorwurf der Willkür bei der Ausübung der staatlichen Macht aufkommen. Diese gegenüber dem Begriff der Staatsräson kritische Entwicklung wurde in dem Maße beschleunigt, als beispielsweise in Frankreich die innenpolitischen Gründe für eine Monopolisierung der Macht beim Monarchen schwanden. "Staatsräson" konnte hier nämlich leicht als Vorwand verstanden werden, im "Ausnahmezustand" des konfessionellen Bürgerkriegs angebrachte Mittel der Macht im "Normalzustand" der Monarchie nach 1598 zu perpetuieren. Selbst die begrenzte Öffentlichkeit (wie man heute sagen würde), die bei der Diskussion über "Staatsräson" jedenfalls unter Juristen (genauer: dem Juristenstand) vorhanden war, schwand mit dem Rückgang des politischen Einflusses der Juristen, der sich nach 1600 in auffallender Parallele zur Ausprägung der vollends absoluten Monarchie in Frankreich beobachten läßt34 • Ein Ausdruck wie "common sense" mußte in dieser Lage geradezu aufrührerisch wirken. Die Monarchie zieht sich auf den Monarchen, auf den Hof zurück. Die Kritik hatte deshalb verhältnismäßig leichtes Spiel, als sie behauptete, hier werde die öffentliche Sache zum Privaten gemacht und das Private als Staatsräson ausgegeben3s • Wenn in diesem Sinne "Staatsräson" zum "Staatsgeheimnis " wird, kann es kaum ausbleiben, daß geistige Strömungen aufkommen, die dieser Art von geheimer Vernunft die Basis zerstören wollen. Jetzt soll, vornehmlich in Kontinentaleuropa, "aufgeklärt" werden. Deshalb entfaltet sich Vernunftrecht nicht nur als zeitgemäße Ergänzung der "Staatsräson" des aufgeklärten Absolutismus, sondern oft genug auch als ihr direkter oder indirekter Gegensatz. Der aufgeklärte Absolutismus konnte diesen Gegensatz nur vermeiden, indem er ein ihm angemessenes Vernunftrecht entwickelte oder sich entwickeln ließ. Dabei zeigen sich allerdings im politisch abstrakter werdenden Denken von Leibniz bereits deutliche Spuren "technokratischer" Denkweise. Im konkreten Fall von Leibniz zeigte sie aber auch ein Ausweichen vor den deutschen politischen Realitäten an. Wo dies ohne politischen Erfolg geschah, d. h. wo die bürgerliche Revolution nicht zu vermeiden war, setzte sich die bisher private VerVgI. Schnur, Individualismus und Absolutismus, a. a. 0., S. 25 ff. Interessante Ausführungen darüber jetzt bei Gotthardt FTÜhsorge, Der politische Körper: Zum Begriff des Politischen im 17. Jahrhundert und in den Romanen Christian Weises, Stuttgart 1974. U
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nunft an die Stelle der "Staatsräson", ohne aber, so in Frankreich, ein neues politisches Gleichgewicht stabilisieren zu können. Mit dem Aufkommen des "Verfassungsstaates" aber fand die historische Rolle des Begriffs der Staatsräson ihr Ende. Sie konnte allenfalls noch in Kolonien, wie der Fall von Warren Hastings zeigt, von Belang sein. Doch war damit noch keine neue theoretische Grundlage für die Erörterung des andauernden politischen Problems der "Staatsräson" gewonnen. So wie Hobbes versucht hatte, zu seiner Zeit die Theorie einer "neuen" Politik zu entwerfen, so machte sich nunmehr Hegel daran, die Theorie der "Staatsräson" endgültig zu überwinden, indem er seine Theorie von Staat und Recht entwickelte. Dies war der Grund dafür, das Tübinger Kolloquium mit der Erörterung der politischen Theorie Hegels enden zu lassen.
I. Die Anfänge (vor allem Machiavelli und Bodin) Le concept de Raison d'Etat avant la lettre d'apres Machiavel Par Raymond Polin Le eoneept Raison d'Etat est ne, dit-on, en 1589, annee en laquelle Giovanni Botero dressa son acte de bapteme en publiant DeHa Ragione di Stato. n la definissait deja eomme la eonnaissanee des moyens propres a la fondation, a la eonservation et a la puissanee d'un Etat. Ce beau nom meritait de faire fortune, puisque, pour !'italien, la ragione designe la raison, mais aussi la ratio, la proportion et meme la justice: l'Etat dans sa raison s'identifie a l'Etat dans son ordre et dans sa justiee. Mais, s'il lui donne un nom, Botero ne distingue guere en fait, quant a lui, la Raison d'Etat de l'interet de l'Etat et de eelui de ses gouvernants, tout en mettant eeux-ci en garde sur les eonflits possibles de eette sorte d'interet avee la loi divine: «en derniere analyse, la ragione di Stato n'est guere autre ehose que la ragione d'interesse.»l 1.
Ce eoneept etait-il done si neuf qu'il lui fallut un nom nouveau? n est clair que la notion de bien eommun, ou eelle de salut publie, ou eelle d'interet eommun etait bien eonnue des Anciens et se trouvait au eentre de leurs raisonnements politiques. On eite parfois Sophocle, Thucydide ou Ciceron chez lesquels on pretend mettre en evidenee une argumentation typique de la Raison d'Etat. On a bien tort eependant s'assimiler le theme d'Antigone avee le eonflit qui s'eleve entre la Raison d'Etat et les lois non eerites de la religion et de la morale. Ce n'est pas la Raison d'Etat qui est en question dans la deeision de Creon ordonnant de laisser Polynice sans sepulture!. n n'a pas ete eommande a Antigone d'aller eontre ses sentiments fraternels et de prendre part a une lutte a mort eontre son frere traitre a la Patrie. On ne lui demande pas, au nom du salut eommun, de faire taire ses sentiments familiaux ou ses sentiments religieux pour sauver la eite. 1 Giovanni Botero, Della Ragione dello stato. Cite par Friedrich Meinecke, Die Idee der Staatsräson, chap. IH. 2 Sophocle, Antigone.
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Il s'agit seulement pour Creon de preserver son autorite personnelle en faisant respecter une sanction politique prise par lui en depit de la loi divine et de fagon peut-etre arbitraire. Il s'obstine ä. imposer cette decision, non pour sauver l'Etat, mais pour sauvegarder son autorite qu'il considere tout naturellement comme necessaire ä. la bonne marche de la cite. L'affaire ne concerne pas ce que l'on appellera plus tard Raison d'Etat, pas meme le salut de l'Etat, mais seulement le bien-fonde d'une decision du Prince et la sauvegarde de son autorite. De meme, dans le dialogue attribue par Thucydide aux Atheniens et aux Meliens, ce qui manque, pour que l'on puisse parler de Raison d'Etat, c'est le conflit entre la politique et la morale, puisque ce dialogue est precisement celebre pour la rigueur avec laquelle la situation est discutee en termes de force et d'interet de part et d'autre. La seule regle qui, dans une situation politique, determine l'action des plus forts et la soumission des plus faibles, lorsque ceux-ci se trouvent en presence, c'est qu'il n'y arien d'autre ä. faire que ce qui est possible3• D'ailleurs, en matiere de relations internationales, faute d'une autre loi que celle de l'interet superieur des Etats, n'en est-il pas toujours ainsi, sans qu'il soit necessaire d'introduire l'idee d'une Raison d'Etat? La nature, comme le Dieu, veut, dans ce cas, que ce soit toujours le plus fort, qui, en dernier ressort, commande et qu'il le fasse en vue de son seul interet. C'est la regle de la guerre et de la paix, jusqu'ä. nos jours, Oll l'idee d'une morale internationale demeure problematique et les regles d'un droit international sans consistance decisive. Arretons-nous enfin ä. cette formule de Ciceron, que cite Meinecke, et dont le faux-semblant est particulierement instructif. Dans le De Officiis', Ciceron declare que utilitatis specie in Tepublica saepissime peccatUT. Ce n'est pourtant pas la raison d'Etat qui s'exprime dans cette phrase. Car si «l'on peche bien souvent dans l'Etat sous pretexte d'apparente utilite », il est clair que c'est au nom d'un utile simplement apparent et non d'un utile reel, donc au nom d'une pseudo-utilite, d'une fausse utilite. Les exemples offerts par Ciceron le montrent d'ailleurs. Celä. implique que, pour lui, la veritable utilite de l'Etat, son interet reel, n'est pas, lui, en contradiction avec les lois de l'honnetete et de l'humanite. C'est que Ciceron demeure fidele ä. la tradition antique affirmant l'unite du moral et du politique au sein de la cite, la coherence du juste et de l'injuste moraux et politiques, qui fait de la cite un tout Oll le bien de chaque citoyen fait partie integrante du bien commun, sans conflit ressenti comme un conflit moral, comme un probleme de conscience. 3 Thucydide, Guerre du Pe!oponnese, v, 89. , Ciceron, De Officiis, HI, 11.
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Les particuliers n'existent qu'a titre de membres de la cite et, si elle n'existe qu'en eux, ils n'existent, dans une finalite reciproque, qui les depasse toujours, que par elle et pour elle. L'interet d'un particulier ne peut s'opposer sans desordre au bien de la cite et il est, alors, reprouve et reprime comme tel. C'est d'ailleurs la raison principale pour laquelle, dans cette tradition, l'idee d'une Raison d'Etat ne peut apparaitre. On constate ainsi que le concept de Raison d'Etat implique plusieurs conditions d'existence qui sont apparues, par defaut, dans la discussion des exemples precedents, exemples classiques que l'on se plait arelever dans la tradition antique. Si ces conditions ne sont pas realisees il n'y a pas lieu de mettre en reuvre l'argumentation propre a la Raison d'Etat. Il faut d'abord que la specificite de la realite politique, d'un ordre propre des choses politiques, soit reconnue; c'est l'ordre de la construction et de l'exercise effectif de la puissance publique, le domaine Oll s'exerce l'autorite publique. L'ordre du politique doit etre ressenti comme bien distinct et bien separe, en particulier, de l'ordre des choses morales et de l'ordre des choses religieuses : alors, le domaine du politique et du public est nettement oppose au domaine du particulier et du prive. Il faut, en second lieu, que la notion d'Etat soit etablie, de l'Etat concu comme organisation politique, comme institution politique d'un peuple, sous l'autorite d'un certain gouvernement formellement defini comme un certain regime et comme une certaine maniere politique de vivre, comme une certaine maniere de commander et d'obeir. L'Etat ainsi con~u se trouve distingue de la personne de ses chefs, de son Prince. Il constitue un centre autonome de reflexion et d'action, tel que l'action politique puisse etre conduite, autant que faire se peut, avec une rationalite teleologiquement calculee . Pour que ce calcul teleologique puisse prendre un sens et pour qu'il soit efficace, il faut, de toute evidence, qu'il existe un ordre des choses humaines tel que l'on puisse en reconnaitre les enchainements necessaires, en prevoir et en produire l'evenement. La Raison d'Etat implique l'existence d'un ordre des raisons et la necessite de leurs enchainements. Cet ordre necessaire des raisons, principe d'existence aussi bien que principe d'intelligibilite, constitute le cadre du calcul politique suppose par l'appel a la Raison d'Etat. Enfin, pour que l'argument de la Raison d'Etat puisse logiquement jouer, il faut encore que cet ensemble de necessites bien enchainees qui lui sert de cadre soit compose, au regard des intentions humaines, d'une pluralite d'ordres de raisons qui soient incompatibles. En particulier, l'ordre des raisons politiques entre ou risque d'entrer en contradiction, dans la mesure Oll il est l'ordre des raisons publiques, avec l'ordre des
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raisons privees et particulieres et, dans la mesure Oll il constitue l'ordre de la puissance et de l'efficacite, avec l'ordre de la morale, avec l'ordre de la religion, avec l'ordre de la metaphysique. Dans la mesure Oll la Raison d'Etat se calcule dans le present et pour l'avenir dans une situation particuliere et pratiquement unique, elle a toute chance de se heurter a la Raison des lois, qui traite de l'abstrait et du general, et qui nait l'experience d'un passe par definition revolu. On voit donc que la Raison d'Etat qui est essentiellement la Raison des affaires interieures de l'Etat, des rapports des gouvernants et des gouvernes, des decisions des premiers et des reactions des seconds, en fonction de l'ordre du juste et de l'injuste qui les rassemble sous des lois communes et selon les mreurs dont ils vivent les traditions et les transformations. La Raison d'Etat ne concerne pas de prime abord les relations internationales Oll l'interet superieur de chaque Etat, de chaque Puissance en cause, n'a cesse de commander la politique, sans qu'intervienne 'en dernier ressort aucune consideration d'aucune autre sorte: la situation de guerre, latente ou ouverte, a quoi se ramiment, en fin de compte, les relations internationales, ne suppose entre les nations l'existence d'aucun ordre juste capable de les englober et de les regir sans conditions. L'appel a une hypothetique conscience universelle demeure toujours pratiquement vain. La paix, meme si on l'envisage sous l'angle positif de la concorde, n'est jamais que la conservation d'une situation de forces internationales, un systeme de rapports de puissance, remarquable par la stabilite et l'etat de securite que cette conservation engendre. Avant d'en venir a Machiavellui-meme, il me parait enfin necessaire d'etablir une tripie distinction qui achevera, je le souhaite, de donner de la Raison d'Etat une definition sans ambiguite.
Il ne me parait pas convenable d'user de l'expression Raison d'Etat en un sens large, designant le calcul et l'organisation rationnels de la politique de l'Etat, la mise en place rationnelle de ses institutions et de son administration: ce serait designer l'activite politique de l'homme d'Etat, au sens le plus general. La tradition a impose l'usage de l'expression Raison d'Etat en un sens strict, qui est un sens etroit: l'ensemble des methodes, des moyens et des dicisions qui ont a etre mis en reuvre fUt-ce en depit de toute autre consideration relevant des valeurs et des mreurs re!;ues ou des lois en vigueur, lorsque le salut de l'Etat l'exige et que le calcul rationnel des moyens d'assurer le bien commun l'impose. Pour discuter utilement du probleme de la Raison d'Etat, il faut donc la considerer comme une raison legitime, inherente au caractere sacre de la communaute politique, essentielle a l'existence de ses membres,
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et mettre apart, et meme de cöte, l'idee de la mauvaise Raison d'Etat, qui designe l'abus irrationnel des moyens du pouvoir, les exces de pouvoirs au service d'ambitions et de vanites privees, quand ce n'est pas les delices de la Schadenfreude. Cette mauvaise Raison d'Etat, qui designe d'ailleurs des politiques cruellement reelles, n'est qu'une caricature de la veritable Raison d'Etat et ne peut etre ici prise en consideration sans en fausser deliberemment l'image.
11. Nous voudrions montrer que ces differents themes - specificite du politique, conception de l'Etat, ordre necessaire des affaires humaines, conflit entre l'ordre du politique et l'ordre de la morale et de la religion - dont l'association constitue l'argumentation propre de la Raison d'Etat, sont reunis, avant la lettre, dans la pensee de Machiavel, et qu'ils forment pratiquement les themes essentiels de sa doctrine politique. Le realisme machiavelien pourrait etre, tout aussi bien, dans ce cas, l'autre nom de la Raison d'Etat. Avec rigueur, avec obstination, Machiavel decrit les liens necessaires qui enchainent les affaires humaines entre elles. Non qu'il fasse la theorie d'une sorte de determinisme, mais il revient sans cesse a cette necessite de «l'ordre des affaires humaines »5. En quelques lignes d'un court chapitre, voici Machiavel qui note, revenant sans cesse sur le meme theme: «la necessite dirige », «la necessite force », «il est necessaire », « etre dans la necessite »; puis voici qu'il parle d'une « garde necessaire », d'un «inconvenient necessaire »8. Meme jeu au chapitre XII du livre UI des Discours ou il evoque successivement «les avantages de lanecessite », «l'aiguillon de la necessite », «l'emprise de la necessite », «le sentiment de la necessite », «cette necessite qui force », cette «necessite qui reduit », cette « extreme necessite », cette «situation de necessite qui rend superieurs ceux qui seraient, d'autre part, egaux aux autres en vertu »7. Ces formules repetees montrent bien l'importance que Machiavel attache a ce concept, mais elles montrent aussi que, sous le nom de necessite, Machiavel entend, et non sans quelque confusion, la necessite des consecutions logiques, la necessite qui tient a l'enchainement des causes, les contraintes irresistibles a quoi les hommes sont soumis, le jeu necessaire des desirset des passions, les situations de penurie, de misere, de «necessite », les situations ou l'on se trouve accule, le dos au 5 Machiavel, Le Prince. chap. XXI, p.73, edition Flora e Cordie, tome I. Edition fran!;aise, Plei'ade, p. 359. 8 Machiavel, Discours sur la Premiere Decade de Tite-Live, livre, I, chap. VI. 7 Discours, III, XII.
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mur. Lien logique, lien causal, contrainte, implication psychologique, extreme besoin, la necessite est tout cela sans que Machiavel se preoccupe de retablir l'unite et l'homogeneite du necessaire. Tournure d'esprit, dira-t-on peut-etre, mais plus encore conviction que cet ordre necessaire est compose de series effectivement heterogenes et irreductibles. Bien plus, leurs rencontres, leurs interferences forment l'occasion et le domaine du hasard, cette fortune qui, a son dire, joue pour une bonne moitie dans les affaires humaines 8 • Reste a l'homme d'Etat, usant apropos de ce don de libre arbitre (il nostro libero arbitrio) que Machiavel a reconnu a l'homme9 , a tirer parti, a la fois, de ces situations necessaires ou il se trouve place par la fortune et de ces intervalles irreductibles entre les series necessaires, pour y inserer son action bien calculee et en assurer le succes. Les voies et moyens sur lesquelles peuvent porter les calculs de l'homme d'Etat sont ainsi mis en place. Les reseaux de relations necessaires constituent des reseaux d'intelligibilite que 1'on peut decouvrir par l'experience, puis calculer, et dont on peut provoquer, sous certaines conditions, le deroulement. Dans la politique de Machiavel, c'est 1'Etat lui-meme qui constitue le centre de ces calculs et de ces interventions. Or, sans en avoir jamais construit une theorie systematique, Machiavel s'est fait de 1'Etat comme tel, du premier type d'Etat moderne, une idee tres nette. Ol'l sait que, pour lui, les choses de la terre sont dans un mouvement perpetuel : elles ne cessent de monter et de descendre lO • On sait que les hommes sont mauvais et mechants, avides de richesses, de jouissances et de pouvoir. Eh bien, 1'Etat est 1'institution politique - et voici ce qu'il y a de propre et de specifique dans la politique par la-meme clairement exprime - dont la puissance, mise au service de la Justice par les lois, est capable de maintenir un ordre et un equilibre entre les forces et les groupes qui le composent afin d'assurer la tranquillite interieure, la securite, la prosperite et la liberte de 1'ensemble ainsi que celles de chacun de ses membres11 • L'Etat lui-meme est un ordre politique, et 1'institution d'un ordre politique qui a pour fin specifique la puissance, la securite, la tranquillite, la libertel!. Les mots ordine, ordinare, ordinatore, sont, pour Machiavel, des mots d'election. Le mal politique consiste dans le desordre. On pourrait deja dire que la raison d'Etat est la 8 9 10
Le Prince, XXV, p. 78 - 79. Pleiade, p. 365. Le Prince, XXV, p.78, PI. p. 365. Discours, edition Flora e Cordie, I, VI, p. 112. PI., p. 398 et XXVI, p. 82.
PI., p. 369. 11 Discours, I, H, p. 98. PI. p. 384 - 385 et I, VI, p. 112. PI. p. 398. 12 Discours, I, XVI, p. 139 - 140. PI. p. 425.
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ratio politique, il ragione governo, la logique politique de cet ordre, de cette necessite .et de cet art politique qui consistent a ordinare. Elle justifie et manifeste le primat de cet ordine sur les diverses parties plus ou moins incompatibles qui le composent. On peut dire, en fait, que I'reuvre toute entü~re de Machiavel traite delle cose di stato, qu'elle forme une vraie theorie de I'Etatet le mot stato s'y rencontre a chaque instant. Non pas simplement une theorie des regimes et des relations institutionnelles des differentes forces politiques et des groupes qui entrent dans leur composition, mais aussi une theorie des mreurs, des manieres de vivre et de gouverner. Nous venons d'en definir la specificite, les principes et les fins. Les deux grandes reuvres politiques de Machiavel s'occupent d'en definir les deux formes, a ses yeux, principales. Le Prince est d'abord une theorie des principautes, nous dirions dans le vocabulaire classique, une theorie des monarchies. Les Discours sont d'abord une theorie des Republiques et ensuite une apologie, reprise de l' Antique, des regimes mixtes. Le portrait qu'il trace deZ ordine deZ governo 0 vero dello stato, de l'ordre du gouvernement, ou plutöt de I'Etat romain, rassemble bien les elements qu'il considere comme constitutifs de I'Etat: detenteurs de l'autorite (peuple, senat, consuls, tribuns), modes de leur election, creation des lois, nature des mreurs qui s'ensuivent, vertus et vices des citoyens, buts de I'Etat (puissance et liberte), corruption mena!;antes, reformes possiblesl3• Et, s'll donne une belle image de la France, c'est que la France represente pour lui I'Etat moderne le plus completement constitue et unifie, «l'un des bien gouvernes et ordonnes que l'on sache de notre temps »!C. On y trouve infinies bonnes institutions dont dependent la liberte et surete du Roi et du Royaume, la soumission des grands, la securite du peuple. Illoue ceux qui ont «ordonne» cet Etat, d'avoir etabli des lois qui concilient la puissance du Prince et la tranquillite du peuple, d'avoir lie les Rois par une infinite de lois, tout en leur laissant la libre disposition des finances et de l'armeels • On peut meme ajouter que l'art de gouverner dont Machiavel fait pour la premiere fois une veritable science, pour les Principautes comme pour les Republiques, s'applique proprement a des ensembles politiques complexes cohstitues en «Etats ». C'est le gouvernement des «Etats» qu'il enseigne: il s'agit d'ordinare, de mettre en ordre et d'unifier, de soumettre a un ordre commun, ades decisions uniques, des groupes, des interets, des valeurs, dont l'union n'exclut pas les divergences, les tensions intestines et les conflits. 13 14 15
Discours, I, XVIII, p. 143 - 144. PI. p. 429 - '30. Le Prince, chap. XIX, p. 60. PI. p. 346. Discours, I, XVI,p. 140. PI. p. 425 - 426.
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C'est le terrain sur lequel, encore innommee entre en jeu, de fait, la Raison d'Etat. Son principe logique pourrait etre trouve dans le proverbe: qui veut la fin, veut les rnoyens. Et, Machiavel en donne justernent une formule de sa fa~on : neUe attioni di tutti uomini e massime de principi, si guarda al fine 1G • Dans les actions de tous les hommes, surtout dans celles des Princes, il faut considerer la fin. Plus brutalement encore, dans une lettre a l'ex-gonfalonnier Pier Soderini, son ancien maitre, en exil a Raguse, il ecrivait au meme moment: «en toutes choses, il faut considerer la fin et non les moyens.»17 Encore faut-il que l'on evite a ce propos deux contre-sens classiques. On evitera le premier en donnant au mot «fin» les deux sens qu'il comporte. Machiavel designe certes par Ia d'abord la prise en consideration primordiale des fins sur celle des moyens. Cependant, dans la fin, il voit, non seulement le but propose, mais le resultat effectivement atteint, l'reuvre effectivement accomplie. n joint donc au primat de la fin sur les moyens, la necessite de l'efficacite. C'est le propre de l'action du Prince, c'est-a-dire de l'action du politique, de n'avoir de valeur que si elle est efficace. Peu importe, en politique, la qualite de l'intention, si elle n'est pas suivie d'effet. On y juge que sur les reuvres, sur le succes. Le second contre-sens consisterait a penser que l'on peut apprecier la valeur des fins independamment de la valeur des moyens et reciproquement. Ce serait encore faire la part trop belle a un intentionnalisme abstrait vide et vain. Pour Machiavel, c'est l'action politique prise dans son ensemble qui compte, ensemble qui comprend indissolublement des fins recherchees, les moyensemployes et les resultat obtenus. On aper~oit ici, d'ailleurs, sous ses deux perspectives, l'argumention propre de la Raison d'Etat et la justification, la raison qu'elle apporte, dans la mesure OU se trouve reconnu, avec le primat du politique, le primat de la finalite specifique de I'Etat : la recherche d'un bien commun. Le souci du bien commun, du salut public, avait suscite, en fait, de longue date, des conflits avec le principe du gouvernement par les lois, avec l'ordre general et permanent des lois, partout OU celui etait reconnu et respecte, chaque fois qu'une situation extraordinaire et imprevue mettait en perill'Etat : il fallait alors choisir entre le respect de l'ordre et du processus des lois, mal adaptes aux cas particuliers et a l'urgence, mettant I'Etat en danger par leur usage meme, et le recours a une procedure d'urgence exceptionnelle, adaptee a une situation unique, adaptee a l'urgence, mais extra-legale, exorbitante par rapport aux lois. 16 17
Le Prince, chap. XVIII, p.57. PI. p.343.
Machiavel, Lettres. Edition Barincou, torne Ir, p. 326.
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Platon lui-meme, qui du Criton aux Lois requiert le respect sans conditions des lois, et qui veut qeu les gouvernants soient en toutes circonstanees les esclaves des lois, liQXOVTE;' ÖOUÄOL 'tOU VO!-lOU1B , reconnait que la loi, dans sa generalite et son abstraction, est toujours imparfaite, qu'elle ne s'adapte pas sans diffieultes aux cas partieuliers, qu'elle ne reussit pas a exprimer le meilleur et le plus juste et qu'elle ne les realise pas en tous lieux et en tous temps avee efficaeitel9 • L'homme d'Etat qui serait pleinement savant et sage, qui serait capable d'assurer en chaque eas une justiee parfaite, se tiendrait au dessus des lois et pourrait gouverner sans lois, de fa!;on parfaitement justifiee. C'est le paradoxe du sage-roi, que le sage peut gouverner sans lois de fa »70. Apres les Reports, les Institutes dont le titre est emprunte a Justinien, sont une encyc10pedie juridique sans plan, simplement calquee sur les phrases de Littleton. Il n'etait guere possible qu'un homme comme Coke, si nourri de droit medieval, acceptät spontanement que le droit des contrats et le droit de propriete individuelle devinssent des branches separees du droit. Coke etait un homme du passe, et il n'est pas etonnant qu'il se soit oppose a Bacon, precurseur de Hobbes. Et il Hait naturel que Hobbes «should select Coke's books as the type and model of that obsolete mediaevalism in law and politics which he was making his chief endeavour to combat »71. La raison, on le voit est double; mais dans cette dualite, il y a un element commun, qui est le facteur de representation. Dans l'epistemologie individuelle, la raison se nourrit des signes qu'elle constitue, du langage qu'elle elabore et qui lui permet de se developper. La representation, sur le plan individuel, est !'image mentale que l'on se fait des choses: sentir, c'est enregistrer et former des images, et si le monde devait s'abolir, ces images du monde resteraient. L'imagi68 Nous resumons en citant A Dialogue between a Philosopher and a student of the Common Laws of England, EW, Mol., VI. 69 Ibid., p. 152. 70 W. S. Holdsworth, A History of English Law, vol. 5, Methuen, London
1924, p. 465.
71 Id., Ibid., p. 480.
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nation et la memoire se dialectisent. Et ma representation, qui est (a ?) l'image du monde, sert de point de depart a ma creation (a mon image?). Le langage, nous l'avons dit, a un role cardinal chez Hobbes72 , et plusieurs fois, dans ce texte-meme, nous avons marque les relations entre le desir et la representation: celui-la comprenant l'orgueil et la peur de la mort, nous absout de toute collusion schopenhauerienne. Nous avons deja parle de metamorphose. Si la sensation devient conception, si le multiple devient un, si les etres designent un souverain, si les signes subjectifs deviennent des signifiants pour une communaute, c'est que la genese du concept, celle de l'image, celle du langage et celle du souverain sont une seule et meme chose, c'est-adire que connaissance, langage, politique ont une seule et meme origine, font l'objet d'une seule et meme demarche. C'est le meme calcul, et le meme processus qui rendent compte de la meme representation. 11 n'en reste pas moins qu'il est utile de souligner le paradoxe de la mediation, et l'ambiguite de la representation, ambiguite ou il convient peut-etre de chercher la raison d'etre de l'Etat artifice qui, parce qu'humain, est de l'ordre de la mimesis. Lemot de « person» designe le representant; la personne est acteur, et il importe de souligner le primat de l'origine theätrale de ce sens; au sens plus general, cet acteur est tout executant mandate. D'autre part, le terme « persona» (c'est une constante de Hobbes d'employer un vocabulaire latin et un vocabulaire anglais) designe le role, au sens dramatique, et par suite la fonction d'un individu en tant qu'elle est deleguee a quelqu'un; comme il s'agit de quelque chose qui passe d'une personne a une autre, c'est quelque chose de mouvant. Enfin, avoir un representant, c'est avoir une personnalite. « C'est en effet un point essentiel de la pensee de Hobbes, que cette apparition de la personnalite (une) du groupe ne se produit qu'autant que la delegation de droits est consentie par chaque individu distinct en faveur d'un seul et meme representant: (it is the Unity of the Representer, not the Unity, of the Represented, that maketh the Person one) ... 11 n'est pas impossible que ce passage difficile, ou Hobbes lui-meme pourrait avoir du mal a dominer pleinement sa pensee, contienne la· clef de sa theorie du pacte sociaF3. » Essayons de developper ce propes si precis de Fran