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German Pages 669 [676] Year 1991
WEISE, S Ä M T L I C H E W E R K E II
w DE
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AUSGABEN DEUTSCHER LITERATUR D E S XV. BIS XVIII. J A H R H U N D E R T S
herausgegeben von Hans-Gert Roloff
C H R I S T I A N WEISE SÄMTLICHE WERKE
WALTER D E GRUYTER · B E R L I N · N E W YORK 1991
CHRISTIAN WEISE SÄMTLICHE W E R K E aufgrund der Vorarbeiten von
JOHN D. L I N D B E R G t herausgegeben von
HANS-GERT ROLOFF
ZWEITER BAND H I S T O R I S C H E D R A M E N II
WALTER DE GRUYTER · BERLIN · NEW YORK 1991
Die Deutsche Bibliothek
—
CIP-Einheitsaufnahme
Weise, Christian: Sämtliche Werke / Christian Weise. Aufgrund der Vorarbeiten von John D. Lindberg hrsg. von Hans-Gert Roloff. — Berlin ; New York : de Gruyter. NE: Weise, Christian: [Sammlung] Bd. 2. Historische Dramen. - 2. - 1991 (Ausgaben deutscher Literatur des XV. bis XVIII. Jahrhunderts ; 140) ISBN 3-11-011158-6 NE: GT
© Copyright 1991 by Walter de Gruyter & Co., D-1000 Berlin 30. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz und Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin 30 Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer, Berlin 61
D E R GEPLAGTE UND WIEDERUM ERLÖSTE R E G N E R U S IN
SCHWEDEN
(INHALT DES SPIELES T O R I L D A König H U N D I N G S in Schweden nachgelaßene Wittwe / war übel zufrieden / daß sie den Thron mit der Zeit ihren Stieff-Kindern überlassen solte; und dachte dannenhero auf eine List / dadurch ihre immerwährende Vormundschafft möchte bestätiget werden. Denn sie schickte die Printzen / unter dem Vorwand beßerer Sicherheit / in Helsingien / da sie unter den Vieh-Hirten / als die geringsten Leute von der Welt / aller Noth und Verachtung gewohnen / und die Königlichen Gedancken verliehren Sölten. Dieses erfuhr die Dânnemarckische Princeßin S V A N H V I T A , und weil sie theils mit der Unschuld ein hohes Mitleiden trug / theils auch die Ehre zu haben wünschte mit einer solchen Person vermählet zu werden; So begab sie sich nebenst ihren Schwestern und andern Geferten in die unglückselige Wildnis / ruhete auch nicht eher / als biß der älteste Printz REGNERUS seine Freyheit mit ehlicher Liebe belohnete. Hiemit ward der ungerechten Stieff-Mutter nebenst ihren untreuen Rathgebern / an statt des Thrones / Gefângnûs / Flucht und andere Straffe zuerkennet.)
(PERSONEN 1.
Verwittibte Königin in Schweden.
ToRiLDA,
2 . REGNERUS, 1 ..
- „
C
. ,F
> ihre zwey Stieff-Söhne.
3 . TORALDUS, J
4. 5. 6.
ihr kleiner Stieff-Sohn. Königliche Printzeßin aus Dennemarck. U L V I L D A , ihre Schwester. 7 . SIGNE, ihre kleine Schwester. 8. FENGO, d e r T o R i L d e n vertrautester M I N I S T E R . 9. FROTHO, der Printzen Hof-Meister. 1 0 . G Y L F O , der Ober Hof-Priester. 11. S I G A R , der Schwedische Cantzler. HUNDINGUS, SVANHVITA,
12. OMUND, ]
„
1 3 . GORMO,
14.
_
. .
.
> Reichs-Räthe.
J
1 zwey junge von Adel am Schwedischen Hofe. 16. UBBO, der U L V I L D E N Liebhaber. 17. ROGER, ein Schottlândischer von Adel / sein NebenBuhler. 18. BIORNO, ein Dánnemarckischer von Adel. 1 9 . FOLCO, der Printzeßin Reise Marschalck. 2 0 . G I M R O , Printz REGNERS vertrauter Diener. 2 | G E R U T H E ' I Dennemárckische Staats Jungfern. 2 2 . SIGRIS, ERICH,
1 5 . FRIDLEV, J
eine kleine Staats-Jungfer / der SIGNE Bediente. ein junger von Adel / ihr Begleiter. W I D U L F , CAPITAIN von der Leibwache. FEGGO, einer von der Leibwache / hernach bey SMEKS Hochzeit TROMBONISTE. W I G G O , ein ander von der Leibwache.
2 3 . HELGA,
2 4 . RANNO, 25. 26. 27.
Regnerus
5
28. SiBALD, ™
HARALD, I 5 c j i w e c j j s c j i e Burger.
30.
BRODER,
31.
HEMMING,
&
(
32. SMEK, der Schwedischen Printzen lustiger Diener. 33. GENOFEVA, der SvANHViTen Lustiges Cammermádgen. 3 4 . W E N D E L K R Ó K A , ein COMMENDANT über die Hirten. 35. MÄRTA, deßen Frau. 36. 37
BRUNCO, WADSTEN
Ì J
ZWE
. , Y E i n w o h n e r aus d e m
„ . . Gebirge.
38. GAMMEL, ein alter Hirt. 39.
HEIKO,
40.
SLEMMA, J
41.
NILS,
„
1
TT.
„
,
r· zwev1 Hirten-Knechte.
42. MIEKO,
I
43.
HARTBEN,
(
44.
LARS,
45.
EINE GANTZE COMPAGNIE VON SOLCHEN KNABEN.
46.
T
47.
P. E E R , KNUT
P 0 ß J E R | J C ^ E HIRTEN TUNGEN. J
6
Ι DÄNISCHE SOLDATEN.
48. HOSA, ein Hochzeit-Bitter. 4 9 . CREPITO, bey SMEKS Hochzeit F A G O T T I S T E mit seiner SUITE.
50. Die SUITE der Hochzeit Gäste.)
{Blatt A fehlt in der
Was man mir ansieht, darum darf ich nicht befraget werden. Ich bin einer von Adel aus Dennemarck.
BIORNO.
Ich habe die Leute aus diesem Königreiche von Hertzen lieb. Doch wie können wir uns der Ehre so eines werthen Gastes rühmen?
GIMRO.
Ich mus bekennen, daß mich die CURIOSITÄT oft angereitzet hat, diese Nachbarschaft zu besuchen. Doch meine itzige Reise ist durch einen CONTRAR Wind, oder wo ich so sprechen darf, durch einen halben Schiffbruch SECUNDIRET worden.
BIORNO.
bestehet die gantze Verrichtung in dem, daß er einen Schiffer ausforschet, der in Dennemarck abfahren wil?
G I M R O . SO
Wie mein Herr sagt. Und eben diese Verrichtung befiehlt mir deßen angenehme Gesellschafft zu verlassen. Doch behalt ich mir vor, nochmals Abschied zu nehmen.
BIORNO.
{Gehet ah.)
Regnerus
I, 2
1
sol mir allzeit gelegen seyn (Gehet in gedancken.) Doch was halt ich von dieser Person? Mich diinckt meine getreue Einfalt wird mir höhnisch genung belohnt. Denn er mag mir vom Schiffbruche vorschwatzen was er wil, so werde ich doch in meinen Gedancken verstärcket, daß er uns zu Schaden oder zu tröste als ein ehrlicher SPION in dieses Königreich ankommen ist. Seine Sorgfalt war zu groß, und nach erhaltener Nachricht war seine Eilfertigkeit zu ungeduldig. Altershalben kan ich es noch erleben, wo alle Dinge hinauswollen.
GIMRO. ES
ERSTER HANDLUNG ANDRER AUFFZUG.
AUF
T O R I L D A , FROTHO.
Wir laßen uns euren Vorschlag gefallen, sehet nur, daß an schleuniger EXECUTION kein Mangel erscheinet.
TORILDA.
Ihr Majestät Haben sich bey dero Diener aller getreuen Sorgfalt zu versichern.
FROTHO.
Die Städte an der Ost-See wollen zu muttig werden. Und in wehrender Vormundschafft würde dergleichen Werck große Verantwortung nach sich ziehen, wenn man die gehörige Anstalt hätte versäumen wollen.
TORILDA.
Eben diese Ursache wird mich zu einem gedoppelten Fleiße antreiben, damit Eure Majestät anitzo und die geliebtesten Printzen künfftiger Zeit die Wirckung des gegenwärtigen Anschlags rühmen können.
FROTHO.
8
Christian
Weise
ToRiLDA. Ihr habt recht. Erhaltet uns nur bey dem guten Vertrauen, daß wir auch das geheimste Anliegen aller rühmlichen DEXTERITÄT gleichsam zur Verwahrung übergeben mögen. Doch wie geht es den liebsten Printzen? sind sie noch wol auf? nehmen sie in allen fürstlichen Tugenden wol zu? und werden wir unsre Mütterliche Liebe wol angewendet haben? Ihr Majestät überhäuffen dero Diener mit so vieler Genade, daß ich fast nicht weis, in welchem Stücke die erste Antwort geschehen soll? Doch was meine Wenigkeit betrifft, so werde ich bis in den Tod keiner Untreu können beschuldiget werden. Was aber die Königliche Jugend belanget, so mus in dero nahmen ich unterthänigsten Danck sagen, daß Ihr Majestät geruhen dero Mütterliche Vorsorge noch weiter zu coNTiNuiRen. Dem Himmel sey Lob und Preiß gesagt, daß man sich über nichts sonderliches beklagen darf, ζ A J r }
FROTHO.
TORILDA.
Die wahre Liebe ist sorgfältig, ach sind sie wohl
auff? FROTHO. Wo junge Personen zum Tantzen, zum Reiten, z u m Fechten, z u m J a g e n auch w o l g a r z u MiLiTÄRischen
ExERCiTien geschickt sind, da versichert man sich einer angenehmen Gesundheit. Der Himmel laße dieses Glücke beständig seyn. Immittels wie pflegen sie den Schatz ihrer Gesundheit anzulegen?
TORILDA.
allen Umständen erkennet man, daß ein verborgener Trieb in Königlichem Geblüte wohnet, aldieweil die Lehrmeister selbst über den guten SUCCESS in Verwunderung gerathen.
FROTHO. AUS
Regnerus 1, 2
9
ToRiLDA. Wir mercken, daß unser Gebet nicht vergebens ausgeschüttet wird. Ach mein liebster FROTHO, wir wollen euch die liebsten Kinder noch einmahl auf euere Seele gebunden haben, und wenn die Belohnung nicht so hoch erfolgen solte, als vielleicht die große Mühe vor der Welt möchte geschätzet werden, so gedencket, daß ihr das gantze Königreich zum Schuldner habt. Ein gehorsames Hertze pflegt sich selbst zu erinnern. Doch bekenne ich, daß ich nach diesem genädigsten Befehle doppelt werde mühsam seyn.
FROTHO.
{weint.) Ach wie könte unserm Höchst Seligen Gemahle etwas angenehmers geleistet werden, als wenn das Ebenbild der väterlichen Tugenden in gutem Glantze erhalten wird. Wir bitten noch einmahl, schaffet daß unsre Liebe nichts beweinen dürffen.
TORILDA.
Ihr Majestät setzen mich in eine Furcht, weil ( A 3"y ich besorge, es möchte etwas vorhanden seyn, daher man sich von Thränen etwas müste träumen laßen.
FROTHO.
Ach nein, mein Liebster Herr HofMeister, es ist eine Wirckung unserer Liebe, welche sich in der blöden Sorge meistentheils zu einem EXCESS verleiten lasset. Indeßen gedencket die Königin von Schweden wird sich unter eure Schuldleute rechnen.
TORILDA.
Auch aus diesen Worten erkenn ich eine Wirckung von Dero unverdienten Königlichen Genade. Doch wofern die EXPEDITION nicht soll versäumet werden, werde ich unterthänigst um DIMISSION bitten.
FROTHO.
Verdienet den Ruhm, daß ihr die Oberstelle unter unsren getreuen habt.
TORILDA.
10
Christian
FROTHO.
Ich
Weise
b i n d e r l e t z t e i n MERiTen, d e r e r s t e i n
Gehor-
sam.
(Gehet ab.) Gehe nur hin du falsche Krötte, und zeuch die Schlangen gleichsam in unserm Busen auf, die hernachmals den Purpur ihres Königlichen Mantels in unserm Blute färben werden. Es ist noch nicht Zeit, daß wir dich zum höchsten Ungelück verdammen. Allein unsre Crone soll Zeuge seyn, daß wir mit Willen nichts versäumen wollen.
TORILDA.
ERSTER HANDLUNG DRITTER AUFFZUG. T O R I L D A , FENGO. FENGO.
Ihr Majestät, wie so in betrübten Gedancken?
TORILDA. TION. FENGO.
Die Gedancken richten sich nach der
mag er vor sein T R A C T A M E N T sorgen. Indeßen kommt herein, und helfft mir die Königlichen Kinder lustig machen.
T O R I L D A . SO
FENGO. Ja, ja, sie haben der Lust von nöthen, ehe der Anschlag vollzogen wird. Doch wo die vornehmsten des Reichs deßentwegen zusammen gefedert sind, so werde ich eine Parthey in diesem Spiele mitmachen müssen. TORILDA. Es mag seyn, nur daß wir von der Verrichtung bald gewiße Kundschafft erlangen.
28
Christian
Weise
Mein Mund schweigt, doch kan er nicht schweigen, wenn er hieher geleget wird.
FENGO.
(Küßet sie, Sie gehen an unterschiedenen Orten ab.) ZU ERSTER HANDLUNG ZEHNDER AUFFZUG. W I D U L F , FEGGO, W I G G O ,
hernach
BIORNO.
Ihr wißet, was der Königliche Befehl in sich hielt. Er soll entweder lebendig oder tod geliefert werden.
WIDULF.
Solch Wildpret ist allzeit beßer lebendig als tod.
FEGGO.
Aber ein todter kan uns nicht verklagen, wo wir im Arest E x c E D i R e t haben.
WIGGO.
Die Befehle klingen scharf; doch die genädige mus allezeit in unsern Ohren erschallen: Man übereile die Personen nicht, welche sich beßern können.
WIDULF.
CLAUSUL
(A 12ry
FEGGO.
Indeßen wißen wir von der
CLAUSUL
nichts.
Und wer etwas zur gütte handeln wil, der wird die Sache an unser Gerichte schwerlich kommen laßen.
WIGGO.
Die Regel ist klar. Mit höflichen Leuten geht man höflich um: wer die unhöfliche Seite heraus kehret, der mag den Nachbar entschuldigen, wo gleiches mit Gleichem vergolten wird.
WIDULF.
Regner us I, 10 FEGGO.
29
Hui, daß der Rechtsschuldige schon da ist.
An den Kleidern trifft er ein: die Nase kan ich so wol nicht erkennen.
WIGGO.
{Körnt.) Ach was vor Liebe Prinzen werden in diesem Königreiche aufgezogen, und was vor hohe Vergnügung wird die Prinzeßin aus Dennemarck empfinden (wenn) ausführliche Nachricht aus meinem Munde erfolgen wird. O ihr Götter, warum habt ihr die Länder mit so grausamen Waßer abgesondert, daß ein getreuer Diener bey seiner besten EXPEDITION auf Wind und Wetter warten mus?
BIORNO.
Glück zu, mein Herr, es scheinet, als solt ich denselben kennen.
WIDULF.
Ich habe niemals in der Höhle gewohnt. Wer unter Leuten wohnt, der kan auch bey vielen bekand werden.
BIORNO.
WIDULF.
die
Man hörts wol, daß der Herr kein Schwede ist, sind über dem Meere jung worden.
COMPLIMENTE
Alle Weitläufftigkeit zu vermeiden
WENDILKRÖKA.
GYLFO.
Was ist deine Verrichtung?
Butter und Käse bring ich nicht zu Markte, aber ich soll so ein Ding von einem Bauer Abgesandten bedeuten, und deswegen verdreust michs auf den Kerlen, daß er mich um meine AmtsMütze bringen wil.
WENDILKRÖKA.
GYLFO.
Was ist die AmtsMütze vor ein Ding?
Versteht ihr das nicht? Die Gemeine mus sie auf ihre Unkosten machen laßen, und in Gerichten wird sie verwahret, daß sie niemand brauchen kan, als wer im Namen des gantzen Volckes was zu verrichten hat. Drum bitte ich euch, wo der Herr befehlen oder prügeln darf, er laße mich die Mütze nehmen.
WENDILKRÖKA.
{Ad spectatores.) Das ist mir ein lieber Gast. {Ad Wendilkröka.) nehmt die Mütze, es steht euch frey.
GYLFO.
Ich bin aber gar eines andern Glaubens, ich bilde mir ein, die Mütze steht auf meinem Kopffe am besten.
SMEK.
Ich rathe dir gutes, weiche mir aus den Augen, oder du solst zu Hofe schlechte Kirms erwarten.
GYLFO.
SMEK. GYLFO.
So gebe mir doch der Schelm eine Der gute Mensch hat keine
WENDILKRÖKA.
nicht bekand.
DISCRETION.
DISCRETION.
Ja Herr, das Ding ist in unserm Lande
Regnerus
I, 15
45
Ich wil mir die Mühe bezahlen laßen, daß ich die Mütze gefunden habe.
SMEK.
WENDILKRÖKA.
Heutiges Tages kriegen die Diebe kein
TrinckGeld. Ich sage noch einmahl mache dich weg, sonst kommen die Soldaten.
FENGO.
Das ist der Anfang von dem guten Rathe: aber was sollen wir weiter thun?
SIGAR.
Ich ALTERIRC mich von Hertzen, daß die getreuesten Diener dergestalt sollen angesehen werden. Doch es ist eine Königin, welche sich die zarte Liebe hat übereilen laßen.
FENGO.
Wer wil aber die Probe noch einmahl wagen, ob die Liebe nun zu beßern Kräfften gediehen ist?
SIGAR.
Die Herren sehen auf mich. Entweder ich habe das Königliche Gemüthe noch nicht erforschet, oder ich wil in einer Viertel Stunde RESOLUTION wißen laßen, wie sie mit Ehren aus dem gantzen Handel scheiden können.
FENGO.
(Geht ab.) SIGAR.
Wir werden die Wohlthat zu rühmen haben.
54
Christian
Weise
Wäre der ehrliche C A V A L L I E R dabey gewesen, wir wären vielleicht mit den Worten verschonet blieben.
OMUND.
GORMO. Das Versprechen setzet mich wieder in gute Hofnung.
ANDRER HANDLUNG VIERDTER AUFFZUG. GYLFO, TORALDUS,
hernach
REGNERUS.
GYLFO. Ich habe noch das wenigste gesagt. Es ist zu bejammern, daß Königliche Personen die beste Wollust ihres Königreiches entrathen müßen. TORALDUS. Es ist alles gut. Ich möchte auch selbst wünschen, daß ich auf eine Zeit des verdrislichen Hof-Lebens dürffte müßig gehn. GYLFO. Was ein Königlicher Printz wünscht, das mus in der That erfolgen. < 5 //r> TORALDUS. Ein Printz, der sich selbst befehlen kan. GYLFO. Wer hat zu befehlen als eine Mutter, die sich durch Bitte überwinden last. TORALDUS. Ach eine Mutter, derer Liebe in meinen Gedancken unüberwindlich ist. GYLFO. Hierdurch wird die Liebe keinen Schaden erfahren. TORALDUS. Es stehet darauf, was mein Herr Bruder RESOLVIRt.
Régneras II, 4
55
GYLFO. Weil er eben daher kömmt, so bitt ich gar unterthänig meine CONSILIA mit ihm zu cOMMUNiciRen. Ich werde durch heilige Geschaffte anders wohin geruffen.
{Geht ab.) {Kömmt.) Mein Herr Bruder, wie so vertreulich mit der geistlichen Person, ich wil nicht hoffen, daß ihm heunte so viel andächtig Fleisch wird gewachsen seyn.
REGNERUS.
O es hat die Gefahr nicht. Man möchte dem lieben Manne etliche Pfund politisch Fleisch von den Rippen wegschneiden.
TORALDUS.
REGNERUS.
Aber es geschach alles in höchstem vertrauen.
Die gantze Stadt wil von einer Verrätherey wissen die uns angehen soll, also gab er den Rath, ob wir nicht die lustigen Gebürge dieses Königreiches einmahl besehen, und damit unserm Verderben entgehen wolten.
TORALDUS.
Der Man hat wol gerathen, denn wir sind KönigsKinder, und sollen das jenige in viel Jahren nicht einmahl sehen, was die geringsten Bauer allzeit vor Augen haben.
REGNERUS.
Er wüste die Ergetzligkeit sehr niedlich abzumahlen; ja es schien, als wolte er uns das Geleite geben, damit wir des lustigsten Weges nicht verfehlen solten.
TORALDUS.
Ich sage noch einmahl, es ist nichts, wenn man im Schloße gleichsam vermodern soll. Frische lufft macht frisch Geblüte und ein frisches Hertze. Aber aber
REGNERUS.
56
Christian
Weise
ToRALDus. Ich verstehe die Sprache. Aber, aber — die Frau Mutter liebet uns zu hefftig. ( B 11"} werden wir von einem Glücke verhindert, daß wir des andern nicht genißen können.
REGNERUS. SO
TORALDUS.
Es mus jemand kühne seyn und den Vortrag
thun. Wenn sie keine StiffMutter heißen soll, dürfften wir nicht als StiffKinder leben.
REGNERUS.
Eine geringe Bitte wird uns nicht zu StiffKindern machen.
TORALDUS.
REGNERUS.
Doch wollen wir von ihr entfernet seyn.
Was ist gemeiner, als daß auch geringe Kinder bey ihren Eltern um einen SpatzierGang anhalten.
TORALDUS.
Gemeine Kinder empfinden gemeine Liebe. Aber unsere Frau Mutter scheinet des Todes zu seyn, wenn sie uns nicht alle Stunden im Gesichte hat.
REGNERUS.
TORALDUS.
Die Wiederkunfft wird desto annehmlicher fal-
len. REGNERUS.
Oder die Abwesenheit wird die Liebe vermin-
dern. steht zu versuchen. Werden wir mit einer abschläglichen Antwort beleidiget, so mus uns der Schimpff mit einer andern Genade ersetzet werden.
TORALDUS. E S
Wer den Vorschlag thut, der mag auch den Vortrag und die nechste Gefahr auf sich nehmen.
REGNERUS.
Regnerus II, 5
57
ToRALDus. Wie? W e n n unser Kleiner HUNDING seine kindische Sprache darzu verleihen wolte?
Ich bin auch zufrieden. Geht es nicht von statten, so machen wir einen Poßen daraus.
REGNERUS.
Wo unsre Sicherheit befördert wird, da wird die Langsamkeit zum höchsten Laster. ( Β 12r)>
TORALDUS.
ANDRER HANDLUNG FÜNFFTER AUFFZUG. SMEK, W E N D I L K R Ö K A .
Lieber Freund, verzeiht mir doch meine gestrige Unhöfligkeit, ich habe nicht gewust, daß ihr einmahl noch mein Wohlthäter werden könnet.
SMEK.
Kan ich davor, daß ihr ein solcher Narr seid; wenn sonst in der Welt ein Poßen geschehen sol, so mus ein Bauer wol gar euerem Fürsten was zu gute thun.
WENDILKRÖKA.
Ich höre immer von einer Reise, die ich mit den Prinzen in euer Vaterland antreten soll.
SMEK.
WENDILKRÖKA.
O es mögen noch ungeschehene Sachen
seyn. Wenn es auch geschehen wäre, so säßen wir in eurem Hause und söffen einen zimlichen Rausch mit einander.
SMEK.
58
Christian
Weise
( A d spectatores.) Komm nur zu mir, ich wil dir meine Mütze gesegnen. Ich halte dir und deinen Herren würden die Räusche gar übel bekommen.
WENDILKRÖKA.
Nun wie wils? Bedanckt ihr euch nicht vor die Ehre, daß ich gedencke euer Gast zu seyn?
SMEK.
Bedanckt euch wenns geschehen ist. Wir Bauern in Heisingen arbeiten nicht gerne vergebens: wenn der Rantzen vol ist, so wißen wir wofür wir uns bedancken sollen.
WENDILKRÖKA.
Aber ist es denn so eine edele Sache um euer Landleben?
SMEK.
Edel genug, wenn wir gleich Bauern seyn, doch ich wolte dem was anders auf den Kopff wünschen der uns mit der Lust so schöne verrathen hat. (D 12'!)
WENDILKRÖKA.
Die Lust bleibt gleichwol euer, wenn ihr gleich etliche Cameraden zu dem MilchTopffe kriegt.
SMEK.
Wo der junge König mit kömmt, so müsten wir dencken, es ist unsere Ehre.
WENDILKRÖKA.
Von meiner Ankunfft werdet ihr auch keinen Schimpff haben, Sagt mir nur wie sieht es aus, daß ich mich im Vorrath drauf lustig machen kan?
SMEK.
WENDILKRÖKA.
Der Busch ist unser, da haben wir Holtz.
{Allheit ad spectatores.) Und auch ein holtzern Gebratnis, wie unser TrenchierMeister zu Hofe.
SMEK.
Das Wildpret ist unser, da haben wir was beym Holtze zu kochen.
WENDILKRÖKA.
Regnerus
II, 5
59
SMEK. Die groben Schelmen kochen das Wildpret. Hei daß er spricht, das SauerKraut ist unser, darin kochen wir das wilde Saufleisch. Das Vieh ist unser, da haben wir eine MilchTuncke zum gekochten.
WENDILKRÖKA.
Ich mercke es schon, MilchTuncke an statt der SAUCE von Malvasier.
SMEK.
WENDILKRÖKA.
Das Korn ist unser, da haben wir Brod zu
tuncken. SMEK. Ich halte der Weitze ist gestorben, nun geht das Brod im schwartzen Kleide und trauret. WENDILKRÖKA.
Das Honig ist unser, da machen wir statt-
lichen Mett. SMEK. Ich dachte der Haber ist unser, davon machen wir gute Karschulcke. Die Kinder seyn unser, da haben wir Auffwärter und Einschencker. < ( C )
WENDILKRÖKA.
SMEK. Aber weßen werden die Weiber seyn, wo wir im lande sollen Quartier machen? Nun da habt ihr alle unsere Herrligkeit. Wollt ihr mit grünen Graße und hübschen Bäumen weiter vor Lieb nehmen, so wird es an unser milden Hand nicht fehlen.
WENDILKRÖKA.
SMEK. Mit Graß und Bäumen werden wir auch vorlieb nehmen, w o das eine Sommer Speise ist, so giebt uns der Schelme im Winter das Heu mit den Heuleitern zu freßen.
60
Christian
Weise
Eins hätte ich bald vergeßen, das Bergwasser ist so gesund, es treibt den Stein und den Wurm.
WENDILKRÖKA.
E S hat gewis eine Forelle nein gesch sonst möchte ich wißen, wie die Gesundheit ins Waßer käme.
SMEK.
Nun ich habe noch was zu bestellen, wir kommen weiter zusammen.
WENDILKRÖKA.
Der Schelm kan sein T R A C T A M E N T gar barmhertzig machen. Doch laß uns nur hinkommen, der Küchen Zettel sol gar aus einem andern Kopffe gemacht werden. Da wird es heißen: hast du Wildpret, schaffe Gebratnis. Hastu Vieh, so schaffe braune Butter. Hastu Honig und Milch, so schaffe uns Fladen. Hastu Waßer, so schaffe uns Fische. Hastu Korn, so schaffe uns Gebacknis. Mit einem Worte: gieb her, was du hast. Heu und SägeSpäne behalte vor dich. Doch sieh da, wo hab ich meinen Rantzen und meinen Reisezeug, wenn etwan der Abzug gar zu geschwinde über den Hals käme. Da sind 2. alte Hembde ohne (C'1'} Ermel, 3. Schnuptücher mit 6. Zippeln. Ein Paar Schue mit anderthalb Absetzen. Eine BadeSchürtze mit der LochNad. Eine SchlaffMütze ohne Feder und Uberzug. Ein Gebetbuch, da nur das Blat mit dem grünen Ober und der Eckersieben ausgerissen ist. Eine Flotte ohne Kern von 2. Stücken.
SMEK.
(Er weiset noch andre Sachen und agirei
poßirlich.)
ANDRER HANDLUNG SECHSTER AUFFZUG. SMEK, G I M R O .
Was macht unser SMEK, daß er so geschäfftig ist, es scheinet als hätte er den Lauffzettel kriegt, daß er wandern solte. Wie steht es um ein gut Leben Camerade?
GIMRO.
Regnerus SMEK.
II, 6
61
Ihr kommt zu rechte, wie jener zum Staubbesen.
GIMRO.
Auf die maße, wil ich zu langsam kommen.
Gleichwol wäre es um einen halben tag zu thun gewest, so wäret ihr zu eurem Glücke abscheulich langsam kommen.
SMEK.
Was geht den vor, daß ich so ein gros Gelücke hätte versäumen können. Als ich gestern auf unsre Gutter reitten muste, da war alles Glücke meines Wißens gar in weitem Felde.
GIMRO.
Unser Glücke ist wie die Biltze, es wird in einer Nacht jung.
SMEK.
GIMRO.
Wie ich mercken kan.
Ja, ja mercke es wol. Die Printzen sollen in das schöne gelobte Land reisen, da Ochsen, Kälber, Wildpret und allerhand Federvieh gebraten herum lauffen. (C2T~y
SMEK.
GIMRO.
Wer hat denn die Reise angegeben?
Ich weis nicht, ob der Prister einmahl was zum Opffer einkäuffen wil, daß ihm die jungen Herren die Reise bezahlen sollen.
SMEK.
weh wir sind verlohren, wo ich die Warheit aus dieses Narren Munde höre! Betriegt mich nicht ihr loser SMEK, ihr wist wol, worin ich mich REVANGiRen kan.
GIMRO. O
Mein Rantzen wird nicht lügen, der sol Zeuge seyn, daß wir noch heute 3. Meilen hinter das Paradies reisen werden.
SMEK.
5
W e i s e II
62
Christian
GIMRO.
Weise
Wie sind denn alle gestorben?
wollen vornehme Herren mit. Aber der Pfaffe wird schon den FuRiRZettel haben. Laufft hin und seht, ob ihr auch mit einem halben Pferdefuße eingeschrieben seid. Ich mus mir nur noch eine HalsKrause waschen laßen, daß ich im Einzüge meinen EhrenStand nicht beschimpffen darf.
SMEK. E S
{Läujft davon.) du hast gewonnen. Wo die Prinzen einmahl zu E x u L A N T e n werden, so bleibt die Königin auf dem Schloße. Ach sind alle Freunde bezaubert, daß sie das heimliche Gifft nicht erkennen.
G I M R O . FENGO
ANDRER HANDLUNG SIEBENDER AUFFZUG. G I M R O , FROTHO. FROTHO. GIMRO.
Wie so langsam mein Liebster
GIMRO?
Wie der Weg ist so sind auch die PostReuter.
Was hilffts, wer alle Berge erniedrigen und alle Thäler erhöhen könte, der würde sich um Reisende Personen sonderlich verdienen.
FROTHO.
GIMRO. Was man Hochwerthen PATRONen zu dinste verrichten mus, darbey kan man die Beschwerligkeit leicht verachten.
Regnerus
63
II, 7
Wer nicht zu reisen hat, findet Berg und Thal zu
FROTHO.
Hause. Ich wil nicht hoffen, daß in dieser wenigen Zeit was Beschwerliches vorgefallen ist.
GIMRO.
Mehr als zu viel, mein Liebster lichen Prinzen sollen verreisen.
FROTHO.
Eine geschwinde
GIMRO.
GIMRO.
Die König-
RESOLUTION.
Ich weis nicht, wer das Werck so gemeistert hat, die Königin ist deswegen höchst DISGUSTIRT, und gleichwol gehn die Anschläge dermaßen schnelle fort, daß wir noch heute auf den Abzug dencken sollen.
FROTHO.
GIMRO.
das
Es wird aber ohne Zweifel dem Herrn HofeMeister bey der Reise gelaßen werden.
DIRECTORIUM
FROTHO.
meine
Ich werde freylich das meiste darbey thun, und zu Hofe darüber versäumen müßen.
FORTUN
Wer dem zukünftigen Könige nahe bleibet, der kan sein Glücke nicht versäumen.
GIMRO.
Doch ich reise nicht mit, sondern in wenig Monaten sol ich folgen; denn das Werck mit den Wandalischen Städten sol durch meine Vermittelung erst gehoben werden.
FROTHO.
Mein PATRON darf ich so kühne seyn, und meine Gedancken eröfnen?
GIMRO.
FROTHO.
Bey guten Freunden begeht man keine Kühnheit.
64
Christian
Weise
GIMRO. Wir sind verlohren. FROTHO. Wir sind glückselig, weil alles in so gewünschter Einigkeit verknüpffet ist. GIMRO. Wenn das Gelücke gar zu gros ist, so fürcht ich mich vor einem Betrüge. Ach die Liebste Königin ist viel zu GENEREIS als daß sie durch einen Betrug den bisherigen Ruhm verliehren solte.
FROTHO.
GIMRO. Werden die Printzen nicht in das Elend verjagt? FROTHO. Es geschieht fast wieder der Frau Mutter willen. GIMRO. Die Brille solte mich nicht betrügen. Die Königin kan ihre AUTORITÄT beßer gebrauchen, wenn sie einem Anschlage zu wieder ist. FROTHO. Die Printzen haben selbst gebeten. GIMRO. Es ist nicht das erste mahl, daß einfältige Leute sich selber betrügen. FROTHO. Mein, was hätte die Königin vor ein Vortheil davon? GIMRO. Gar zu viel. Der Titel einer immerwehrenden Königin klinge beßer, als wenn man sich nur als eine Königliche Vormündin sol RESPECTiRen laßen. FROTHO. Was können die Prinzen an dieser Reise verliehren? GIMRO. Das werden wir mit Schmertzen erfahren, wenn sich die Feinde ihres Betruges werden rühmen dürffen.
Regnerus II, 8 FROTHO.
65
Ihr seid ein ehrlicher Mann; aber etwas zu argwöh-
nisch. ist die rechte Höhe, wenn ein Prinz aus dem Gesichte seines Volckes gerücket wird, und wenn auch die treuesten Leute alle Aufsicht so schleunig verleugnen müßen.
GIMRO. ES
Nicht zu laut. Die Worte können unser Glucke
FROTHO.
kosten. Unser Glücke wird in diesem Königreich ohne dem auf die Neige kommen seyn. (C3"~}
GIMRO.
Eine Sache, die von dem gantzen Hofe gebilliget wird, darf von einer Person nicht wiederleget werden.
FROTHO.
Man hat Exempel, daß sich ein gantzer Hof verblenden läst.
GIMRO.
FROTHO.
dieser
Wer mein Freund heißen wil, der schweige von MATERIE.
Ich kan schweigen und wol gar davon gehen. Doch soll mir niemand die Freyheit nehmen zu dencken was ich wil.
GIMRO.
{Geht ab.) ANDRER ACHTER
HANDLUNG AUFFZUG.
FROTHO, FENGO, S I G A R .
Ach wie kan sich ein Mensch verstellen, wenn er in allen Dingen seine betrügliche DIFFIDENZ wil zur Klugheit machen.
FROTHO.
66
Christian
Weise
Gute Zeitung, mein Herr HofMeister. Die Königin hat sich genädigst RESOLVI Ret, die Prinzen sollen diesen Sommer oder auch wol länger ( i n ) Helsingien wohnen. Herr G Y L F O soll ihnen das Geleite geben, ich werde sie nur bis an den halben Weg führen. Ihr aber, wenn die Sache in Deutschland wird abgethan seyn, sollet ab und zu reisen, und also zu reden der Mittler zwischen der Mütterlichen und Kindlichen Liebe verbleiben.
FENGO.
Was die Königin ordnet, das läßt sich ein Diener gefallen.
FROTHO.
Absonderlich sind wir in dem Rathe sehr vergnügt, daß wir mit keiner Ungenade abziehen durffen.
SIGAR.
Wir wollen hoffen, der Printzen Wohlsein wird darunter beobachtet werden. C4r~)
FROTHO.
SIGAR.
Eben dieses war der Grund unser Unterthänigsten
Bitte. Wenn die Lieben Herren etwas unglückliches zu erwarten hätten, so würden wir vor der gantzen Welt zu spotte.
FROTHO.
Und wir hätten die Schande, als wäre unser Vorschlag so gefährlich gewesen.
SIGAR.
Man wird freilich der Aufsicht halben gutte Vorsorge treffen müßen.
FROTHO.
Auf Kosten der gesamten Stände wird eine Post anzulegen seyn, da wir alle Tage den Zustand so theurer Häubter wißen mögen.
SIGAR.
Regnerus
II, 8
67
Warum sollen nicht gewiße DEPUTiRTen von den Ständen zur Auffwartung mitgehen?
FROTHO.
Es mag zum Staat oder zur Versicherung dienen, so ist es auf beiden Theilen rathsam.
SIGAR.
Ihr lieben Herren, wohin treibet euch die einfältige Sorge? ich bin versichert, daß die Königin alle Geheimniße mit mir zu theilen pfleget. Nun kan ich bey allen Göttern schweren, die Herr G Y L F O sein Lebtag mit Opffern geehret hat, daß sie nichts anders sucht, als der Liebsten Kinder Auffnehmen. Solte nun wegen einer so unnöthigen Vorsorge viel gedacht werden, so ist kein Zweifel, sie würde des heimlichen Argwohns halben viel unruhige Gedancken faßen.
FENGO.
Der Himmel behütte uns vor einem verdamlichen Argwohn.
FROTHO.
Wir dachten überflüßige Dinge würden wenig Schaden thun.
SIGAR.
Ich habe die Ursache angeführt, die Königin führt ein löblich Regiment, sie gedenckt auch den theuren Kindern einen blühenden Staat zu überliefern; also wird man auch so danckbar seyn, und ihren wil
WENDILKRÖKA.
GYLFO.
Aber in ihren Kleidern?
96
Christian
Weise
Ja! Die ZippelPeltze liegen ihnen schon am leibe an, als wenn sie angegoßen wären.
WENDILKRÖKA.
GYLFO.
Die Kleinen und die Grosen?
Sie machen sich eine heßliche Freude drüber, und sprechen (es) ginge so zu wie zu Hofe im KönigsSpiele: wüst ihr was darvon, so könt ihr leicht verstehn, obs wahr ist.
WENDILKRÖKA.
Das KönigsSpiel währet einen Tag: Aber hier wird ein Jahr vergehen, und niemand wird von einem Ende schwatzen wollen.
GYLFO.
WENDILKRÖKA.
Königliche Kinder müßen ein Lang Königs
Spiel haben. Doch wo ist ihnen die Hüttung vor das Vieh angewiesen worden?
GYLFO.
E S ist ein Winckel, ich suchte meinen Knecht nicht da, wenn er mir mit einem Mühlstein entlauffen wäre.
WENDILKRÖKA.
Wol! schaffet sie bey Zeiten fort. Ich wil um diese Gegend achtung haben, daß keine Verrätherey d a z w i schen kömmt.
GYLFO.
WENDILKRÖKA.
Tribulirt ihr die Verräther, ich wil die Gäste
putzen. GYLFO.
Doch wo ist
SMEK?
Der sol vor meine Mütze noch Leiden, ich wil ihm den Peltz schon gerecht machen.
WENDILKRÖKA.
Regnerus
III, 2
97
Spart ihm nichts, aus seinem Exempel mögen andere lernen, was sie leiden können.
GYLFO.
{Gehet ab)
φ4°}
DRITTER HANDLUNG ANDRER AUFFZUG. WENDILKRÖKA SMEK. Z U
SMEK, M A R T A .
wem sol ich kommen?
MARTA. ZU SMEK.
auf der Seite.
meinem Herren.
Wer ist mein Herr? Ich sage mein Herr, mein Mann, mein Ehe-
MARTA.
Schatz. das nicht ein vornehmer Herr seyn, der so einen EheSchatz gefunden hat?
SMEK. M U S
Nu wie wirds, geht doch fort, ein Beamter kan nicht so lange warten, als ein ander Müßigganger.
MARTA.
Sprecht er sol auch müßig gehn, so kömmt ihn das Warten nicht sauer an.
SMEK.
MARTA. SMEK.
Sein vornehmer Stand wil es nicht leiden.
Was sol denn ich so nothwendig bey ihm?
{Trit hervor.) Meine Frau ist das Gehorsam, wenn mein Befehl nicht geschwinde gethan wird?
WENDILKRÖKA.
98
Christian
Weise
Der höltzerne Guggug macht so kleine Schritte, ich kan ihn nicht fort bringen.
MARTA.
Je Herr, treffen wir einander hier an, viel Glücks zum Rausche, den ich trincken werde.
SMEK.
Ich dachte, viel Glücks zur Mütze, die ich heute bezahlen werde.
WENDILKRÖKA.
Oder zur Brüderschafft, die wir heute bestätigen werden.
SMEK.
Was du StänckerBock, sol ein Beamter mit dir Brüderschafft sauffen?
WENDILKRÖKA.
SMEK. N U ,
nu versteht einander ihr Leute.
{D
5rS)
solst wißen, daß ich nichts versteh, und weil du eben in unser Gehege kömmst, so magstu dich nach unsern Gesetzen halten, das heist, du magst dich zum ZippelPeltze bequemen.
WENDILKRÖKA. D U
SMEK.
Ey das Kleid haben mir die Printzen machen laßen.
Ich weis von keinen Printzen, die mir zu befehlen haben. Herunter mit dem NarrenKleide, oder ich schneide dir mit dem BrodMeßer ab, was ich erreichen kan.
WENDILKRÖKA.
D U Schelm, das ist das erstemahl, das meines Herren Befehl veracht wird, was er heist, das mus man hier zu lande thun.
MARTA.
Es ist auch das erstemahl, daß ich hieher komme, wo wolt ich bleiben, wenn ich alles thäte, was andere Narren haben wollen.
SMEK.
Regner us III,
i
99
Mein Herr, greifft ihn nicht selber an, last ein Paar Ochsentreiber kommen, die mögen ihm das Kleid zurechte rücken.
MARTA.
DRITTER HANDLUNG DRITTER AUFFZUG. W E N D I L K R Ö K A , M A R T A , SMEK, G A M M E L , SLEMMA. WENDILKRÖKA.
Heraus ihr Putsche helfft euer lieben Obrig-
keit. GAMMEL. SLEMMA.
Wer wil unsern PuschFrieden brechen? Wir wollen ihn drücken, er sols nicht mehr thun.
WENDILKRÖKA.
Seht ihr nicht den ungehorsamen Vogel da
stehn? Die ungehorsamen Vogel seyn glückselig, die können davon fliegen, aber wo kan ich hin?
SMEK.
GAMMEL.
Was hat er gethan?
Oder sollen wir immer zuschmeißen, wenn wir gleich keine Ursache wißen?
SLEMMA.
Ihr seht wol daß uns sein Kleid nicht anstehet, herunter mit der SchelmsDecke.
WENDILKRÖKA.
Wo ich das Kleid wegthun sol, so mus ich meinen vornehmen Stand verleugnen.
SMEK.
100
Christian
Weise
Da fragen wir viel nach deinem Stande, einen solchen Schelmen sol man in eine OchsenHaut nehen und an den höchsten Baum hencken, bis er gehorsam wird.
GAMMEL.
Fort mit der Jacke, ich wil sie leichter herunter kriegen als ein OchsenFell von seinem Vaterlande.
SLEMMA.
Wo mich jemand nackend siehet, so wieder meine Schamhafftigkeit.
SMEK.
PROTESTire
ich
(Sie Riehen ihn aus.) GAMMEL.
Nun sollen wir ihm das Leder auch abziehen?
SLEMMA. E S
paßierte noch vor ein zimlich Kalbfell.
Ihr thummen Flegel seht ihr nicht den Zippelpeitz daliegen; da steckt ihn nur mit Haut und Haar mit Leib und Seele nein.
WENDILKRÖKA.
SMEK.
Ach der Peltz möchte mir nicht gesund seyn.
So magstu drinne kranck werden, Kanstu es leiden, so seyn wir zufrieden.
GAMMEL.
Schade um den schönen Peltz, daß er zu einer Esels Wurst werden soll.
SLEMMA.
(Sie %iehen ihn an, er stellt sich
ungeberdig.)
Nun führt ihn in den Stall; und weiset ihm wie er den Mist nach der Kunst heraus schleppen soll.
WENDILKRÖKA.
101
Regnerm III, 3
Ey, ey, soll ich auch gar ein Mismacher Geselle werden, daß wird meiner dünnen Nase schlecht anstehn.
SMEK.
Gehstu fort, du wilst gewis mit meinem Brügel bekand werden?
WENDILKRÖKA.
SMEK.
Ich dachte mit euer jungen Frauen.
Je du Dieb, soll ich mit einem solchem Fladen Manscher bekand werden? Hertzer Herr, last ihn fort prügeln, sonst macht er sich mit mir bekand.
MARTA.
Die Frau traut sich selber nicht. Ich mus gewis schöner seyn als die hesliche W E N D I L K R Ö K A .
SMEK.
Schelm, du giebst mir gewis einen Namen, schmeis zu, die Mütze sol ihm noch belohnet werden.
MARTA. DU
GAMMEL.
Fort Gespan, der Stall mus rein seyn.
In zwey Stunden sagt mir wieder, ob der Mist bey den Bauern beßer reucht als der Dinger zu Hofe.
SLEMMA.
(Sie wollen ihn hinein
schleppen.)
Nun nu, gebt mir eine MistGabel in die Hand, der ist ein Schelm, der nicht über alle Berge damit wegspringt und davon läufft.
SMEK.
(Sie Riehen ihn hinein.) MARTA.
Hertzer Herr, das war ein fein
SPECTACUL.
102
Christian
WENDILKRÖKA.
Weise
Sie müßen noch beßer kommen.
darauf schmeckt eine MilchSuppe, kommt her ehe sie kalt wird.
MARTA. NU
DRITTER HANDLUNG VIERDTER AUFFZUG. REGNERUS, TORALDUS
in
BauerKleidern.
REGNERUS.
Ach Herr Bruder, wir sind verrathen.
TORALDUS.
Wir sollen Bauren seyn.
REGNERUS.
Wir sollen arbeiten.
Und wenn wir dieses nicht thun, sollen wir Schläge erdulden.
TORALDUS.
REGNERUS.
Wer hat uns in diese Barbarey geführet?
Oder wer hat diese Barbarn über unsern Hals geschickt?
TORALDUS.
REGNERUS.
Her
TORALDUS.
Also macht er sich
GYLFO
macht sich unsichtbar. SUSPECT.
REGNERUS. Er hat uns die Reise RECOMMENDiret, da er nun seine RECOMMENDATION erfüllen solte, läßet er uns in dem Schimpffe stecken.
Regnerus III, 4
103
Der Himmel verzeihe mirs, wo ich unrecht thue! Soll es möglich seyn, daß wir eine falsch StiffMutter hätten?
ToRALDUs.
Weil sich alles umkehret, mus ich mir auch eine umgekehrte Liebe einbilden.
REGNERUS.
So werden dieses wohl müßen unsre SterbeKleider seyn.
TORALDUS.
REGNERUS
Ihr Götter seht ihr dis, hier steht ein KönigsSohn. TORALDUS
Sein Purpur ist der Peltz der Stall sein Königs Thron. REGNERUS
Ach soll die Tapfferkeit im Kothe so vermodern? TORALDUS
Soll unser Tugend Glut in Dinstbarkeit verlodern? REGNERUS
Weswegen sterb ich nicht, eh mich ein Bauer schlegt? ORALDUS Kan dis ein Leben seyn, Tdas solchen Schimpff ertregt? REGNERUS
O schroffe Grausamkeit. TORALDUS REGNERUS O unerhörte
Thut dies ein rauher Beer
Rache.
104
Christian Weise TORALDUS
Thut dis ein wilder Drache? REGNERUS
Ich schäme mich vor mir TORALDUS
Ich bin mir selber feind. REGNERUS
Es wird umsonst geflucht TORALDUS
und auch umsonst geweint. ( D 7 r ) DRITTER HANDLUNG FÜNFFTER AUFFZUG. REGNERUS, T O R A L D U S , G A M M E L , SLEMMA.
Nein seht doch die Junckern an, ich halte sie lesen einander den Planeten.
GAMMEL.
Sie nehmen sich fein derweil, wie es die Stadtleute machen.
SLEMMA.
Ihr jungen Kerlen wist ihr nicht was in unsern Püschen Manier ist?
GAMMEL.
Und habt ihr schon vergeßen, daß ihr arbeitens wegen herkommen seyd?
SLEMMA.
Du GellSchnabel, hastu den Riegel vor die StallThiire gesteckt?
GAMMEL.
Regnerus REGNERUS.
111,5
105
Geht doch etwas glimpflicher mit uns um.
Ey sollen wir irgend GRAMONZen machen, es verlohnte sich der Mühe, sage nur hastu die Stallthür zugemacht?
GAMMEL.
REGNERUS.
Ey es kan noch geschehen.
Es solte aber vor geschehen, zu nach geschehenen Dingen geheret eine gute Prügel Suppe.
GAMMEL.
(Schlägt ihn.) REGNERUS. O GAMMEL.
weh, ihr schlagt einen König.
Desto größer ist die Ehre.
Aber du, warum liegt der große KuhFladen vor der Thür? Sagt ich nicht, du solst ihn wegschaffen?
SLEMMA.
sind ja Leute genug da, welche sich beßer darzu schicken!
TORALDUS. E S
Meinstu gleichwol, das Leute genug daseyn, las doch sehen, wo sitzt dir die hochgebohrne Ader.
SLEMMA.
(Er feucht ihn bej den Ohren.) (D 7") TORALDUS.
Ach Himmel erbarme dich über meine Unschuld.
SLEMMA.
Und du Kerl erbarme dich über unsern Mist
Hauffen. Schlagt uns nur tod wenn wir der gantzen Welt Haß verdienet haben.
REGNERUS.
106
Christian
Weise
ist kein RathKauff, wenn man sein Vieh und sein Gesinde Tod schlägt.
GAMMEL. ES
So nehmet doch eine gute Bezahlung von uns, und TRACTiret üns etwas gelinder.
TORALDUS.
Ihr armen Lauser, wo soll die Bezahlung herkommen? In unserm Lande haben wir zweyerley Münze, erstlich Küpfferne: MaulSchellen, Ohrfeigen, Kopffstöße, HaarHuschen. Darnach silberne: Karbatschen Pfennige, Prügel Groschen, und Thaler mit der FuhrmannsPeitsche. Mit welcher wolt ihr bezahlet seyn?
SLEMMA.
REGNERUS.
Ach dieser Spott macht unsern Schmertz gedop-
pelt. TORALDUS.
Und unsre Feinde machen ihre Freude zehnfach.
Einmahl gearbeitet ist beßer als zehnfach geredt. Fort, fort, wer bey uns müßig geht, den heißen wir einen Haderlumpen.
GAMMEL.
REGNERUS.
So mus ich verschmachten. (Sie werden
hineingetrieben.)
DRITTER HANDLUNG SECHSTER AUFFZUG. E R I C H , HUNDINGUS
in BauerKleidern,
hernach
HEIKO.
Ach wo ist mein Lämgen hingelauffen, ach wo es weg ist, so werd ich noch einmahl Schläge kriegen.
HUNDINGUS.
(D8ry
Regnerus
III, 6
107
Mein Printz, wo laufft ihr hin? im Busche sind die Wege gar gefahrlich.
ERICH.
HUNDINGUS.
Ich habe mein Lämbgen verlohren.
ist schon da. Ach hätten wir nicht unsre Kleider verlohren, das Lämgen wolten wir gerne vergeßen, und was ist der Peltz anders, als ein Fell von einem unschuldigen Lämgen.
ERICH. ES
( D a s Lämgen kommt!) Du armes Thier kom, kom, und lauff nicht zu weit, sonst mus ich nach lauffen, ach ihr Leute das ist mein Ebenbild.
HUNDINGUS.
Ach liebster Prinz, das Lämgen hat besre Tage als wir: denn es hat seine ordentliche Speise, sein gewöhnliches Lager und wenn es noch so sehr im Felde herum springt, so ist niemand, der ihm einen Schlag giebet. Aber uns geht es bitter ein, auff dem harten Stroh schlaffen wir, das elendeste Quarck-Molcken ist unser Labsal, und wo uns ein grober Flegel ansieht, da haben wir den Schlag auf dem Halse.
ERICH.
haben sich unsre Kinder verlauffen? Wolt ich doch lieber einen Baum vol MayKäfer hütten als solche muthwillige RabenÄser. Mann sieht doch flugs, was zur BauerArbeit nicht gemacht ist, das schickt sich zum Mistladen und zum KühHirten als wie zum FeuerFressen. Holla ho ihr Schelmen, was wolt ihr da machen?
HEIKO. W O
ERICH.
Wir suchen ein Lämgen.
Und ich suche ein Paar Müßiggänger. Hastu mir nicht sollen StrohSeile machen? He? Was haben ungehorsame Buben verdienet?
HEIKO.
108
Christian
Weise
ERICH. Ich bin noch zu schwach darzu. HEIKO. Ey du schwaches Hertzgen, las dir doch die Glie( D ^ ) d e r ausklopffen daß du stärcker wirst. Komm nur komm, ich wil dir weisen, was ein solch J u n g e vor Kräffte hat. ERICH. Habt doch mit meiner Jugend ein Mitleiden. HEIKO. Käm ich nur nach Hofe, die Junckern würden trefflich Mitleiden mit mir haben. So sieh immer, wie du mit der Arbeit richtig wirst, daß wir keines Mitleidens bedürffen. Und du kleiner RotzLöffel kanstu nicht Bast schelen, wenn du gleich die Lämmer hiitten solst? HUNDINGUS. Meine Hände thun mir weh, und ich weis auch nicht, wie ichs machen soll. HEIKO. Hastu gleichwol große Marter in Händen, wie wirds werden, wenn ich eine Ruthe nehme, daß dir der Rücken und was daran hengt, darvon wehe thät. HUNDINGUS. O
ich wil from seyn, peitschet mich nur nicht.
HEIKO. Ich werde dir was neues machen. Wer als ein Kind der Schläge gewohnt, der krigt darnach im Alter nicht flugs die schwere Noth, wenn er in der Schencke ein Bisgen ausgedroschen wird. HUNDINGUS. O wie thut mir mein Kopf weh! o wie fürcht ich mich, au, au, der böse Mann schlägt mich gar tod. HEIKO. Komm nur mit, ich wil dir eine Kunst weisen, wie man solche Buben schmeist, daß sie nicht sterben. (Schlägt ihn hinein, er schreit:
O ich armes Kind.)
Regnerus III, 7 DRITTER
109
HANDLUNG
S I E B E N D E R A U F F Z U G . 5>R> GENOFEVA. Hernach
SMEK mit der
Mistgabel.
GENOFEVA. Das ist ein edel Kleinod, wer allzeit einen freyen Muth haben kan, wenn was gleich alle mahl nicht so gut her geht als man wünschen möchte. Da hab ich eine Reise in das Land gethan, und weis nicht, ob unsre Müh recht wird belohnet werden, und gleichwol bin ich lustig, Meine Printzeßin SVANHVITA hat sich in den Printz aus Schweden verschamerirt, und da sie vermeint, als solte er in diesem Busche verborgen seyn, so last sie sich weder Berg noch Thal aufhalten, bis sie den Trost ihres Lebens und das Honigsüpgen ihres Hertzens gefunden hat. Aber wo bin ich? wo sind meine Gefertin blieben? Hui, daß sie mich allein laßen? ich sehe keinen rechten Weg vor mir, und den Weg hinter mir mag ich nicht wieder gehn. Je bin ich nicht eine thumme Hure, daß ich mich verführen laße. Wer kömmt nun, der mich zurechte weiset? SMEK. Item es ging an. Ich bin mit diesem Springstock über 26. Berge weg vOLTESiret, daß mir die Absätze immer an den höchsten Fichten ankleben wolten. Die Schelmen, die Betrüger müßen lange Hände haben w o sie mich ertappen werden; und gewis, ich hätte nimmermehr gedacht, daß so viel K u n s t in der Misgabel steckte, ich werde sie die Zeit meines Lebens nicht v o n mir laßen, kan ich sie doch an statt eines MoNSiEimStäbgens tragen.
GENOFEVA. Glückseligen
(D9*y
8
W e i s e II
schönen Tag
mein
Freund.
110
Christian
Weise
[Neiget sich. Ad spectatores.) Das ist gewis die WaßerNixe in dem Pusche, sie thut sehr freundlich.
SMEK.
Hört ihr nicht mein Freund, ich wolte gerne wißen w o der Weg hingeht.
GENOFEVA.
(Ad spectatores.) Ich bin den Weg gesprungen, aber wo er gegangen wird, das weis ich nicht.
SMEK.
Ich unglückselige Staatsjungfer in diesem Lande wollen die Leute meine Sprache nicht verstehen.
GENOFEVA.
(Ad spectatores.) Ist das eine Staats Jungfer, sie bey einem armen Bauer wollen! Hui daß Sprung glücklicher gerathen ist als ich dencke, sie unter meinem Zippelpeltze eine Q U A L I T Ä T die nach einem StaatsManne reucht.
SMEK.
GENOFEVA.
was mus mir der und daß mercket,
Ach versteht ihr nicht eine elende verlaßene
Jungfer? Sie vergebe mir holdselige schöne Jungfer, daß ich in diesem AlletagsKleide vor ihren Augen erscheinen soll. Wenn ich mich einer solchen Person versehen hätte, ich wolte meinen coRDUANischen Mantel mit gebracht haben.
SMEK.
Ich bin eine reisende Jungfer, und da ich so viel Berg und Thal durchwandert habe, so verliehr ich in diesem Walde den Weg, daß ich einen guten Freund bedürffte, der mich wieder zurechte weisen könte.
GENOFEVA.
Wunderschöne Göttin, sie findet keinen Freund, sondern einen unterthänigen Diener.
SMEK.
guten
Regmrus ΠΙ, 7
111
(Ad spectatores.) Wie geht das zu? Dem Kleide nach ist der Mensch ein Bauer, doch die höfliche Sprache ( D W ) weiset auf einen Menschen, der unter den Bauern schwerlich erzogen ist. Solte wol dieses der Prinz aus Schweden seyn, weil wir die Zeitung haben, als wäre ihm ein schlechtes Kleid zur Strafe angeleget worden. O ich mus mich zu erkennen geben, sonst möchte ich bey meiner Prinzeßin was verdienen, daß mir nicht lieb wäre.
GENOFEVA.
SMEK.
Also befehle sie nur, was ich verrichten soll.
Ach darf ich meine Knie vor der unbekandten Person beugen.
GENOFEVA.
(Sie
Kniet.)
Ist das Mode bey unbekandten Personen, so thue ich auch.
SMEK.
(Er GENOFEVA.
Kniet!)
Darf ich sprechen. Ihr Majestät!
So wil ich sprechen Ihre Durchlauchtigkeit oder gar ihre verliebte Hoheit.
SMEK.
Sie schertzen nicht mit einer Dienerin welche deswegen herkömmt, daß sie alles kniende verrichten wil.
GENOFEVA.
SMEK.
Ich verbleibe auch ihr Kniender Diener.
Die Künheit ist gros; allein es ist noch eine verborgene Tugend welche dieses Laster entschuldigen kan. Ich sehe zwar das schlechte Kleid an; doch es blitzt
GENOFEVA.
112
Christian
Weise
eine Majestät aus den Augen heraus, daß ich mich erfreue in dieser geringen Gestalt den großen König der Schweden anzubethen. {Steht auf. Ad spectatores.) Mein sagt mir in welchem Auge sitzt mir die Majestät, daß ( D 10v") ich weis auf welche Seite ich mir am meisten einbilden sol. {Kniet.) Schönste Dame, sie findet hier keinen König, die Mißgabel ist kein Scepter und das Kleid ist von keinem Hof Schneider gemacht.
SMEK.
Die Prinzeßin ist nicht weit, Ihr Majestät verbergen sich nicht.
GENOFEVA.
SMEK.
Aber ist sie auch eine Prinzeßin?
Nein, ich bin ein Frantzoisches StaatsMägdgen und heiße GENOFEVA.
GENOFEVA.
Heist sie Schöne Wefa, je daß ich nicht gerne spinnen soll, daß ich auf die schöne Wefe winden könte.
SMEK.
GENOFEVA.
Gnädigster Herr, was hab ich vor
RESOLUTION?
Liebste Jungfer, wir knien da gar ungelegen, wir wollen uns dort unter den grünen Strauch setzen, da wollen wir unsre Geburthsbriefe etwas weitläufftiger mit einander durchgehen.
SMEK.
GENOFEVA.
{Sie stehen a u f f . ) Nach dem sie schaffen. (Gehen ab.)
Regnertts
III, 8
113
DRITTER HANDLUNG ACHTER AUFFZUG. G I M R O , BIORNO. BIORNO.
Was haben wir vor Nachricht?
Der Bothe hat sein Trinckgeld wol verdient. Es ist an dem, daß die Königlichen Prinzen als die elendesten Bauern gehalten werden. ( D 11r)>
GIMRO.
BIORNO. SO
ist unsere Königliche Prinzeßin nicht betrogen
worden. Und damit das verfluchte Vorhaben nicht allzu leicht ausbrechen soll, so hat kein fremder ja auch kein bekandter BauersMan den Zutrit ohne Vorbewust etlicher Buben, die von dem Hofe mit Geschencken bestochen sind.
GIMRO.
BIORNO.
Damit wird die Reise vergebens seyn.
Einen guten Vorschlag hab ich zwar gehöret, wenn man gute Handlanger hätte, die uns beystünden.
GIMRO.
Vieleicht legen wir selbst so viel Hand an, daß wir der fremden Handlanger wenig bedürffen.
BIORNO.
Gegen dem Gebierge ist keine Aufsicht. Wer die Wege darüber finden könte, der solte sich um den Vorbewust der üblen Auffseher nicht viel bekümmern.
GIMRO.
BIORNO.
Es ist gefährlich und ungewis.
114
Christian
Weise
Treue Diener werden viel versuchen müßen, ehe sie unverrichteter Sache davon gehen. Vielleicht ist jemand in dieser Gegend, der sich das Dänische Geld gewinnen last.
GIMRO.
(Gehen ab.)
DRITTER HANDLUNG NEUNDTER AUFFZUG. BRUNCO, W A D S T E N ,
hernach
G I M R O , BIORNO.
Es sind garstige Sachen ich rede nicht gerne
BRUNCO.
davon. Ein gemeiner Man dürffte solch Ding nicht versuchen, er würde gleich auf Leib und Leben angeklagt.
WADSTEN.
Ja sollen die armen Kinder wie Bauren leben und hättens doch zu bezahlen, daß sie in großen Schlößern wohneten.
BRUNCO.
Wer darf viel sagen, die Königin ist ein böser Hund, wenn sie der eigenen Kinder nicht schont, so würde sie mit einem armen Sünder meines gleichen gar kurtze Arbeit machen.
WADSTEN.
BRUNCO.
Wenn es wol ablieffe, so verdienten wir etliche damit.
PRIVILEGIA WADSTEN.
Ihr meint, daß wir ihn sollen los machen?
Régneras III, 9
115
Nicht eben losmachen, nur so etwas an die Hand gegangen, daß er sich selber losmachen könte.
BRUNCO.
Die Sache ist gefahrlich, und solche Herren haben gar viel zu gedencken, sie vergeßen der Wohlthaten gar bald. Und die Vergeßligkeit macht ihnen alle Jahr mehr als Tausend Thaler, die sie sonsten unter die armen Wohlthäter austheilen müsten.
WADSTEN.
BRUNCO.
Wir hätten doch Ehre davon.
Was anders auf die Ehre, darüber man an den Galgen kömmt.
WADSTEN.
BRUNCO.
Das Gewißen treibt uns fast darzu.
Mein Gewißen kriegt auch einen großen Stoß, wenn ich mein Leben verkürtzen sol.
WADSTEN.
(BIORNO
und
GIMRO
Körnt.)
Glück zu ihr Freunde, geht hier die Straße zu der Königlichen Viehzucht?
BIORNO.
Sie ist nicht weit von hier. Aber wer sie den Weg gewiesen hat, der hat es entweder nicht beßer gewust, oder er hat sie betriegen wollen.
BRUNCO.
BIORNO.
Wir wollen es nicht hoffen. ( D 12 r )
Die Berge müßen zuvor überstiegen seyn, und wer die grüne Straße nicht weis, wer auch zuweilen das Klettern nicht gelernet hat, der mag im Anfange zurücke bleiben.
BRUNCO.
116
Christian
Weise
Wir fragen nicht, ob der Weg beschwerlich ist, sondern wo er zu finden ist. Wil jemand so günstig seyn, und uns Nachricht geben, der sol vor gute Bezahlung keine Sorge tragen.
GIMRO.
Aber was ist ihre Verrichtung? Wer sonst was vor hat, deßen er sich nicht schämen darf, der gehet gern den gebührenden Weg.
WADSTEN.
Wir sind Bediente von dem Königlichen Hofe, und wollen gerne die Aufseher einmahl überfallen, ehe sie von unser Ankunfft Nachricht hätten.
GIMRO.
Auf die maße nehm ich ein weniges und laße mich zum WegWeiser gebrauchen.
WADSTEN.
GIMRO.
Die Bezahlung soll gleich diesen Augenblick erfol-
gen. DRITTER HANDLUNG AUF Die mittelste
ZEHNDER AUFFZUG. Scene öfnet sich, da sit^t
SIGNE, G E R U T H E , SIGRIS, H E L G A
SVANHVITA, U L V I L D A ,
und singen. (D 12
DISCANTISTEN
I. Die Hofnung zeiget sich in diesem Lustgefilde Und nehrt die liebe noch im grünen Ebenbilde. 1. Wo bistu schöner Held
Regmrus
III,
10
117
2.
Wo bistu Trost der Welt 3. Ach nimstu noch die Flucht Zusammen Du wirst von uns gesucht II. Sieh doch die Blumen an, so frölich wird man lachen Nur laß den Anfang nicht so las und langsam machen. 1. Du schönster KönigsSohn 2.
Du trägst den Preis davon 3. Eröfne deinen Wald Zusammen Als unsern Aufenthalt. Unangenehme M U S I C K , unangenehmer Wald, unangenehme COMPAGNIE. Wofern diese Reise nicht mit einem gesegneten Ausgange bezeichnet wird.
SVANHVITA.
die Liebe so weit gesuchet wird, da wird man in der Hofnung gemeinlich betrogen.
ULVILDA. W O
Liebste Schwester, sagt mir nichts von betriegen, der Himmel hat mich hieher begleitet, daß ich aus der glückseligen Reise, was glückseliges zu meinem Wunsche vorher muthmaßen soll. ( E r y
SVANHVITA.
Ich bin zur Gesellschafft mitgereiset. Aber wenn ich meinen Liebsten so weit suchen solte, so verginge mir die Hitze, ehe ich über die Gräntze ginge.
ULVILDA.
118
Christian
Weise
Ihr habt zwey Auffwärter in unsrer Gesellschafft: also wißet ihr nicht, wie einer Person zu muthe ist, die sich noch mit einer zukünfftigen hofnung unterhalten mus.
SvANHviTA.
ULVILDA. Habe ich zwey Liebhaber? warum spielen wir nicht mit einander: So hat ein jedweder was eigenes. SVANHVITA. Meine Liebe läst sich durch kein Spiel regieren. Ein unglückseliger Prinz soll mich zu einer glückseligen Königin machen. Wir stehen anitzo beiderseits die standhafftigen Proben aus, damit unsre Süßigkeit dermaleins in gleicher Standhafftigkeit möge erhalten werden. ULVILDA. Ich halte nicht viel von der Standhafftigkeit: und wäre es in der Welt nicht mode, daß ein FrauenZimmer Schande halben sich an einen Liebsten ergeben müste, so wolt ich den Ersten heute tod schmeißen und den andern noch vor Abends zu Bette führen. Eine Prinzeßin ist wol närrisch, wenn sie wegen solcher thummen Einbildung so gar umsonst so viel betrübte Gedancken zu schöpffen anfangt. SVANHVITA. Wie können doch zwey Schwestern so gar ungleich gesinnet seyn?
DRITTER EILFFTER
Die vorigen,
HANDLUNG AUFFZUG.
FOLCO, UBBO
und
ROGER.
GERUTHE.
(Singet.) Die Sehnsucht ist verschwiegen Weil niemand helffen kan So schreibt man sein Vergnügen Der stillen Hofnung an Die löst sich mit der Zeit In ofner Froligkeit Was darf der andre wißen Worauf die Seele zielt Er sol auch nicht genießen Was man vor Segen fühlt Wenn sich die schöne That Zur Frucht geneiget hat.
Nun meine S I G R I S , du must auch dran, doch komme mir mit keinem verliebten Poßen aufgezogen. Worinnen keine C o u R A G e steckt, der verdient bey mir schlechten Ruhm.
ULVILDA.
UBBO. E S
ist eine Anzeigung eines Königlichen Gemüths.
Mich dünckt eines solchen Gemüths, das über ein ScLAvisch Gemüthe gebieten wird.
ROGER.
Regnerus III, 11
123
SiGRis. Ja wol, wem mit CouRAGe gedienet ist, dem kan ich aushelffen, und ich wolte 3. Tage von lauter CouRAGe singen, und wolte gleichwol ein solch Stücke übrig behalten, damit ich 10. barmhertzigen Liebhabern aushelffen könne. UBBO. O
artige Dienerin v o r eine unvergleichliche Prin-
zeßin. ROGER. Alle Welt soll mir Zeugnis geben, daß der Kerl sein Maul nicht halten kan. SIGRIS. W e r mich loben wil, der lobe mich nach dem Gesänge.
{Singet.) Ich wil die Welt verachten Ein ander thu mirs nach Sol ich vor A n g s t verschmachten So sterb ich Tausendfach Doch ein couRAGer Sinn Lebt ohne Furcht dahin W a s kan ich denn verliehren Ein bisgen Eitelkeit Das mus doch fort spatzieren Und stirbet mit der Zeit Sa! lustig in das Feld So trotzet man die Welt.