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German Pages 900 Year 2011
PHI L I PP VO N ZES EN SÄ MT L I C HE WER KE XV I I I / 1
AU SGA B E N DE U T SC H ER LITER ATUR DES XV. B I S XV I I I . JAH R H UN D ERTS
herausgegeben von Hans-Gert Roloff
PHI L I PP VO N ZES EN SÄ MT L I C HE WER KE
DE GRU YTER
PH I L I PP VON ZESEN SÄM T L I CH E WERK E unter Mitwirkung von U L RI C H M AC HÉ U ND VOLKER M EID herausgegeben von FERDI NA ND VA N IN G EN
AC H T Z E HNT E R BA ND, ER S TER TEIL C OE LU M A ST RO NO MI C O-P OETICUM sive MYT H O L O GI C U M ST EL LARUM F IX ARUM A S T RO N O MI SC H-DI C HT ERI SC H E R ode r M YTH OLOG IS CH ER FI XST E RNHI MM EL Lateinischer Text und Übersetzung
Herausgegeben und übersetzt von RE I NHA RD KL OCKOW
DE GRU YTER
ISSN 0179-0900 ISBN 978-3-11-015019-3 e-ISBN 978-3-11-021749-0 Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de> abrufbar.
© Copyright 2011 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/Boston Satz: Dörlemann Satz GmbH & Co. KG, Lemförde Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ÜGedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Vorwort
V
Vorwort Philipp von Zesens Coelum astronomico-poeticum sive mythologicum stellarum fixarum erschien 1662 in Amsterdam bei Johan Blaeu, der sich ebenso wie sein Autor Zesen in latinisierter Form Caesius nannte. Das Buch war geplant als der erste Teil eines zweibändigen Werkes, dessen zweiter Teil von den Planeten handeln sollte.1 Zu dieser Fortsetzung ist es anscheinend nicht gekommen; auch in den Verzeichnissen der unveröffentlichten Werke Zesens taucht sie nicht auf.2 Andererseits ist das Coelum nicht das erste Werk, das Zesens intensive Beschäftigung mit der Astronomie bezeugt. Im ersten Abschnitt verweist er auf seine Ancilla astronomiae3, ein ebenfalls nicht überliefertes, aber offenbar vollendetes Werk, das sich mit Aufbau und Handhabung eines von Willem Blaeu, dem Vater von Johan, konstruierten Sphärenmodells befasste4 – ein von Willem Blaeu gefertigter Himmelsglobus liefert auch den Ausgangspunkt für die Betrachtungen im Coelum. Ja, das Interesse für Astronomie ist gewissermaßen durch die Familiengeschichte vorgeprägt, denn schon der Großvater Abraham Zesen veröffentlichte Disquisitiones oder Propositiones de Sole, wie der Enkel mit spürbarem Stolz mehrfach vermerkt.5 Die Ausgabe von 1662 ist der einzige greifbare Textzeuge des Coelum. Eine in älteren Werkverzeichnissen gelegentlich erwähnte Ausgabe von 1663 (anders als die von 1662 im Duodezformat) ließ sich bisher nicht nachweisen.6 Falls es sie tatsächlich gegeben hat, scheint sich kein Exemplar erhalten zu haben.7 Das Coelum zählt nicht zu den prominenten Werken Zesens. In dem zehnseitigen Artikel von Karl Dissel in der Allgemeinen Deutschen Biographie8 wird das Werk nicht einmal erwähnt. Auch die Spuren der Benutzung sind eher spärlich – ihnen wird im geplanten Kommentarband näher nachzugehen sein – und die Beurteilungen nicht immer freundlich.9 Zesen hat einen Teil des hier gesammelten Materials später in den Heidnischen Gottheiten (1688)10 gewissermaßen ‘recycelt’ – ganze Passagen darin sind mehr oder weniger wörtliche Übersetzungen aus dem Coelum. Die Neuausgabe des Coelum gibt den Interessierten Gelegenheit, sich ein eigenes Bild von den Qualitäten und Eigenarten des Werks zu machen. 1 Vgl. das Widmungsschreiben von Johannes Crusius (*8v) und S. 2 des Coelum („De Erraticis … in peculiari Tractatu acturi …“). 2 Vgl. Karl F. Otto: Philipp von Zesen. A Bibliographical Catalogue. Bern und München 1970, S. 246–253. 3 Coelum, S. 2. 4 Vgl. Otto, S. 246, Nr. 4 mit dem vollständigen Titel und den Nachweisen. 5 Coelum, S. 1, S. 138, S. 202. Der genaue Titel lautet: Capita PROPOSITA ad Disputandum publicè in Schola Philosophica, continentia quaedam scitu necessaria de SOLE, quem Manilius ducem chori celestis appellat. Es handelt sich um ein zwölfseitiges, noch ganz dem ptolemäischen Weltbild verpflichtetes Thesenpapier für eine akademische Disputation am 7. April 1565 in Leipzig. 6 Otto, S. 107 (Nr. 97) mit den Nachweisen. Auch eigene Recherchen blieben erfolglos. 7 Bei der im Katalog der Universitätsbibliothek Mannheim verzeichneten angeblichen Ausgabe von 1672 (Signatur: Sch 072/148 an 1) handelt es sich um die von 1662. 8 Karl Dissel: Philipp von Zesen. In: ADB Bd. 45, 1900, S. 108–118. 9 Boll zählt das Werk zu den „kritiklosen Kompilationen“ (Franz Boll: Sphaera. Leipzig 1903, S. 456). 10 Neudruck in: Sämtliche Werke, Band XVII/1. Berlin und New York 1998.
VI
Vorwort
1. Exemplarbeschreibung Das Titelblatt hat folgenden Wortlaut: PHILIPPI CÆSII | à ZESEN | COELVM | ASTRONOMICO- | POETICVM | sive | MYTHOLOGICUM | STELLARVM FIXARVM, | hoc est, | Signorum cœlestium, sive Constellationum omnium | ad certas imagines redactarum, inque Cœlo fictitio | sive Organo Globi Astronomici continui, mytholo- | gico nomine & picturâ, ab Antiquis repræsenta- | tarum | SVCCINCTA DESCRIPTIO. | [Verlagsemblem mit Inschrift:] INDEFESSVS AGENDO | AMSTELÆDAMI, | Apud IOANNEM BLAEU. | cIO IOc LXII. Format: Oktav. Bogen- und Seitenzählung. Bogenzählung: *, ** (2 Blätter), A-Z, Aa-Cc, Dd (4 Blätter). Blattzählung jeweils 2 bis 5. Seitenzählung 1–379 (von A bis Aa 6). Kustoden finden sich regelmäßig auf allen Seiten. Gliederung: Titelblatt. leer. *2 Widmung: INCLYTÆ | AMSTELÆDAMENSIS | REIPVBLICÆ | CONCORDI | CAPITVM | QVADRIGÆ | […] PHILIPPVS CÆSIVS à ZESEN. *2v Widmungsgedicht: CÆSIA quæ PALLAS […] ipse DEVS. Unterz. P. C. à C. *3 – PRÆFAMEN. Widmungsschreiben von Johannes Crusius: EPISTOLA | CLARISSIMI VIRI | IOANNIS CRVSII I.Cti. ** – Autorenregister (dreispaltig gedruckt): NOMENCLATOR | AVCTORVM | & Artificum, quorum auctoritate in hoc | Opusculo usi sumus. Seite 1: COELI | ASTRONOMICO- | POETICI, | seu | MYTHOLOGICI | stellarum fixarum | MEMBRVM I. | De stellis circa Globum artificiosè pictis, earumque | discrimine, appellatione, ac distributione: | item de via lactea, seu Galaxia. Seite 18: MEMBRVM II. | De Signis, seu Asterismis in globo considerandis | in genere; & in specie de Signis Zodiaci, | eorumque pictura, & appellatione. Seite 21: I. ARIES; der Widder / das Lentzen- | gestirn: (usw. – es folgen 12 Kapitel über die 12 Zeichen des Tierkreises). Seite 104: MEMBRUM III, | de Signis extrazodiacalibus septentrionalibus. […] I. URSA MINOR; der kleine Beer (usw. – es folgen 23 Kapitel über die 23 nördlichen extrazodiakalen Sternbilder). Seite 225: MEMBRUM IV, | de Signis extrazodiacalibus Meridionalibus. […] I. CETUS; der Walfisch; (usw. – es folgen 29 Kapitel über die 29 südlichen extrazodiakalen Sternbilder). Seite 379 am Textende: FINIS. Seite : INDEX | Rerum, & verborum memorabilium, quæ in | hoc opere continentur. (39 ungezählte Seiten, jeweils zweispaltig gedruckt, bis Seite Dd v) Seite : EMENDANDA | AC | INSERENDA. Die Seiten bis sind leer.
Vorwort
VII
2. Die Neuedition: Der lateinische Text Der lateinische Text wird in dieser Edition als photomechanischer Nachdruck der Ausgabe von 1662 dargeboten (reproduziertes Exemplar: Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Signatur 8 Astr. II, 603), ergänzt durch Zeilenzählung am Rand und durch gelegentliche textkritische Anmerkungen am Fuß der betreffenden Seite. Die Entscheidung für die Reproduktion des Originals anstatt eines Neusatzes hat folgende Gründe: Die Ausgabe von 1662 ist sorgfältig gedruckt, enthält nur wenige Druckfehler und ist auch für Nicht-Spezialisten gut lesbar, so dass schwierige Lesbarkeit als Grund für einen Neusatz entfällt. Das historische Druckbild hat zudem den Reiz der Authentizität. Ein Neusatz zöge auch eigene Probleme nach sich: So müssten Druckfehler korrigiert und Zesens Korrekturliste auf der letzten Seite (Emendanda ac Inserenda) in den Text eingearbeitet werden, und es würde sich die Frage nach weiteren Korrekturen stellen, etwa der von falschen Namensformen, von Griechischfehlern, von fehlerhaften Zitaten, Stellenangaben usw. Bei einem reprographischen Nachdruck entfallen solche Überlegungen; die notwendigen Anmerkungen und Korrekturen erscheinen als Fußnoten zum lateinischen Text oder zur Übersetzung bzw. im Kommentar. Das erscheint mir – eine geeignete Vorlage vorausgesetzt – als eine den digitalen Reproduktionstechniken gemäße Form der Edition, die einerseits darauf verzichtet, einen historisch nicht bezeugten „kritischen“ Text herzustellen, andererseits aber den Leser nicht mit einer bloßen Abbildung des Originals allein lässt. Allerdings hat diese Lösung beim Coelum auch einen Nachteil: Das Format der übrigen Bände der Zesen-Gesamtausgabe kann wegen des erforderlichen größeren Satzspiegels bei diesem Band nicht eingehalten werden. Das ist bedauerlich, aber nicht zu vermeiden. Ein textkritischer Apparat im eigentlichen Sinn erübrigt sich schon deswegen, weil die hier reproduzierte Ausgabe von 1662 der einzige erhaltene Textzeuge ist. Die Anmerkungen zum lateinischen Text können sich auf die Einarbeitung von Zesens Liste der Emendanda ac Inserenda am Schluss des Buches sowie auf die Korrektur von Druckfehlern und Versehen beschränken, also von Fehlern des Druckes, nicht des Textes selbst. Die Auseinandersetzung mit den von Zesen zu verantwortenden Textfehlern findet im Wesentlichen im Kommentar statt; im Vorgriff darauf enthalten schon die Anmerkungen zur Übersetzung einige Korrekturen (dazu unten mehr). Im Unterschied zum üblichen textkritischen Apparat steht in den Anmerkungen zum lateinischen Text links von der eckigen Klammer die fehlerhafte oder problematische Lesart des Textes und rechts von der Klammer die Eigenkorrektur Zesens oder die Korrektur bzw. die Bemerkungen des Herausgebers. Textkorrekturen nach expliziter Anweisung der Emendanda ac Inserenda erhalten die Sigle EI. Wo sich Korrekturen aus Zesens Aufforderung an den Leser ergeben, selbst die entsprechenden Änderungen vorzunehmen11, wird die Sigle EI in Klammern gesetzt: (EI) Außerdem werden in den Anmerkungen offensichtliche Druckfehler oder Versehen (z.B. 332,1 Sulis statt Solis) korrigiert. Vermerkt werden auch falsche Schrifttypen (kursiv statt recte und umgekehrt), fehlender Absatz-Einzug sowie Grammatikfehler, sofern sie die Beziehungen im Satz entstellen (z.B. 7,16 11 „Cetera corrigenda relinquimus ipsis Lectoribus …“ Es handelt sich dabei um falsche Tempusformen bei Querverweisen. Zesen hat die einzelnen Kapitel offenbar nicht in der im Druck dargebotenen Reihenfolge verfasst und bei der Herstellung der endgültigen Ordnung übersehen, dass sich in einigen Tempusformen bei Querverweisen noch die Reihenfolge der Entstehung widerspiegelt. So verweist er etwa mit der Perfektform diximus (39,34) im Kapitel Gemini auf das Kapitel über das Sternbild Herkules, das erst auf S. 154 beginnt.
VIII
Vorwort
impugnantium statt korrektem impugnantia, bezogen auf nomina; auch auf einen fehlenden Subjektsakkusativ im AcI wird gelegentlich hingewiesen). Andere Abweichungen von der klassischen Syntax (z.B. 326,22 postquam dixisset) sind Eigenheiten von Zesens lateinischem Idiom und bleiben in den Anmerkungen zum Text unkommentiert. Bei Zitaten werden fehlerhafte, problematische oder von modernen Ausgaben abweichende Lesarten nur dann in den Anmerkungen vermerkt und ggf. korrigiert, wenn sie eklatant grammatisch falsch sind (z.B. bello statt bella im Horaz-Zitat 58,38) oder das Verständnis der betr. Stelle beeinträchtigen (z.B. fehlendes generis im Arnobius-Zitat 78,38); im Übrigen ist der Nachweis wie die Korrektur von Zitaten Sache des Kommentars. Griechische und hebräische Wörter und Zitate bleiben in den Anmerkungen zum lateinischen Text unkommentiert, auch wenn sie Fehler enthalten. Diese werden nicht als Satz- oder Druckfehler, sondern als Textfehler bewertet, die auf Zesens Konto gehen und im Kommentar oder auch schon in den Anmerkungen zur Übersetzung zu korrigieren sind. Das gilt auch für falsche Übersetzungen griechischer und hebräischer Wörter.
3. Die Übersetzung Die Übersetzung wird als Paralleldruck mit derselben Seitenzählung wie das lateinische Original geboten. Lediglich beim Index, dem ausführlichen Sach- und Personenregister am Schluss des Werks, wird die deutsche Fassung nach der lateinischen abgedruckt, da mit der auch in der deutschen Version durchgeführten alphabetischen Anordnung die Parallelität der Textteile aufgehoben ist. Das Autorenregister (Nomenclator Auctorum & Artificum) zu Anfang wird nicht übersetzt. Der Text wird in der durch die Emendanda ac Inserenda korrigierten Fassung übersetzt; d.h. bei der Überprüfung der Übersetzung sind auch die Anmerkungen zum lateinischen Text heranzuziehen, die die von Zesen durchgeführten Korrekturen verzeichnen. Auf größere Ergänzungen Zesens wird zudem in den Fußnoten zur Übersetzung aufmerksam gemacht. Verse werden als Verse wiedergegeben. Dabei greife ich nach Möglichkeit auf vorhandene und bewährte Übersetzungen zurück; sie werden im Kommentar zur Stelle vermerkt. Wo sie fehlen, musste ich mich selbst als Verseschmied betätigen. Zitate werden grundsätzlich in der Zesen gebotenen Form übersetzt, auch wenn diese vom originalen oder korrekten Wortlaut abweicht. Nur bei den in den Anmerkungen zum lateinischen Text angezeigten problematischen Zitatstellen wird auch die Übersetzung angepasst, wobei eine Fußnote auf den Eingriff hinweist. Bei lateinischen Wörtern im Übersetzungstext werden die Ligaturen œ und æ zu oe und ae aufgelöst. Die Verwendung der Majuskeln U und V am Wortanfang wird heutigen Gepflogenheiten angepasst (Ursa und nicht Vrsa); hingegen wird in Majuskelpassagen (Überschriften, Inschriften-Zitate) das oft willkürliche Schwanken des Originals zwischen U und V beibehalten. Lateinische Werktitel werden in der bei Zesen vorgefundenen Form zitiert, die nicht immer mit dem originalen oder üblichen Titel übereinstimmt, wie sich schon an dem oben erwähnten Werk seines Großvaters Abraham Zesen zeigt.12 Dabei werden die zahlreichen Abkürzungen aufgelöst. Mit der Verifikation der
12 S.o. Anm. 5. Zesen zitiert das Werk als Propositiones Astronomico-Physicae de Sole oder als Disquisitiones.
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IX
Werktitel und Autorennamen ist schon eine beträchtliche Vorarbeit für den Kommentar geleistet, der die Titel in der originalen Form mit den erforderlichen Angaben anführen wird. Die Übersetzung folgt dem lateinischen Text auch dort, wo er inhaltlich fehlerhaft ist; d.h. falsche Stellenoder Autorenangaben, falsche Namensformen oder Zahlen und andere sachliche Irrtümer des lateinischen Originals werden in der deutschen Fassung beibehalten. Korrekturen sind Sache des Kommentars sowie – in geringem Umfang – der Anmerkungen zur Übersetzung. Falsche oder ungewöhnliche Namensformen des lateinischen Textes werden in der Übersetzung (ggf. mit bestimmten Anpassungen, s.u.) u.a. deshalb beibehalten, weil sie oft in einer bestimmten Tradition stehen und damit Auskunft über die Quellen und Traditionslinien geben, denen Zesen folgt. Zwei Beispiele: In Bezug auf den Fluss bei Sparta verwendet Zesen einmal den Ablativ Euroteo (121,16), der auf einen Nominativ Euroteus statt des üblichen Eurotas zurückgeht. Dieselbe Form taucht im selben Zusammenhang auch im Schilder-Boeck (1604) des Karel van Mander13 auf, das Zesen vielleicht als Quelle gedient hat, sofern nicht beide eine gemeinsame Quelle benutzen. Oder: Wenn Zesen 201,32 den Schwan fehlerhaft als Ales Laystrius (statt Caystrius,‘vom Fluss Kaystros’) bezeichnet, so ist seine – wie fast immer nicht genannte – Quelle Julius Schillers Coelum stellatum Christianum, wo sich derselbe Fehler findet.14 Solche Besonderheiten sollen auch für Leser, die hauptsächlich die deutsche Fassung benutzen, kenntlich bleiben. Zur Erleichterung der Lektüre erfolgen einige Korrekturen – hauptsächlich bei Namensformen und griechischen Zitaten, nicht aber z.B. bei falschen Stellenangaben und Verweisen – schon in den Fußnoten zur Übersetzung. Diese Anmerkungen geben auch Hinweise auf Schwierigkeiten der Übersetzung, auf Unstimmigkeiten des lat. Textes u.ä., aber ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Zur Wiedergabe ursprünglich griechischer Namensformen Keine befriedigende Lösung gibt es bei der Wiedergabe ursprünglich griechischer Namen, die bei Zesen in lateinischem Gewand auftreten. Zwei Forderungen werden in diesem Zusammenhang gewöhnlich erhoben: Die Übersetzung solle dem Sprachgebrauch folgen, und sie solle konsequent sein. Leider sind diese beiden Forderungen nicht miteinander vereinbar, jedenfalls solange man unter ‘Konsequenz’ die strikte Orientierung entweder an den griechischen oder an den lateinischen Namensformen versteht. Der Sprachgebrauch, sofern auf dem sehr speziellen Gebiet antiker griechischer Namen davon überhaupt die Rede sein kann, bevorzugt manchmal die griechische, manchmal die lateinische Form, wobei noch orthographische und manchmal auch morphologische Anpassungen an deutsche Gewohnheiten zu berücksichtigen sind. So spricht man latinisierend von Tantalus-Qualen, von einer Sisyphus-Aufgabe, einer HerkulesArbeit, einer Achillessehne, einem Pyrrhus-Sieg, von Dädalus und Ikarus, von Ödipus und Ägisth; jemand ist ein Krösus und beobachtet einen anderen mit Argusaugen, besichtigt Delphi usw. Umgekehrt redet man mit griechischer Namensform von Odysseus und nicht von Ulixes, fährt nach Rhodos und Knossos und nicht nach Rhodus und Cnossus oder Gnosus usw. Allerdings scheinen sich bei Namen von historischen Persönlichkeiten, von Dichtern, Politikern, Wissenschaftlern usw. die griechischen 13 Dort S. 37v. Zitiert nach der digitalisierten Form in der DBNL (Digitale bibliotheek voor de Nederlandse letteren, http://www.dbnl.org/tekst/mand001schi01_01/). 14 Julius Schiller: Coelum stellatum Christianum. Augsburg 1627, Constellatio IX, S. 46.
X
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Namensformen weitgehend durchgesetzt zu haben, und zwar nicht nur in der wissenschaftlichen Fachliteratur; man liest, anders als im angelsächsischen Bereich, von Kallimachos, Hekataios, Poseidonios und nicht von Callimachus, Hecataeus und Posidonius. Dasselbe gilt für Ortsnamen. Hier gibt der Sprachgebrauch eine klare Richtung vor. Daneben besteht besonders bei den Namen von Göttern und Heroen eine Koexistenz lateinischer und griechischer Formen, also von Zeus und Jupiter, von Venus und Aphrodite, Amor und Eros, Herkules und Herakles usw. Hier handelt es sich um echte Dubletten, nicht um bloße Formvarianten, und es scheint ein Gebot der stilistischen Konsistenz zu sein, nicht Zeus mit Juno oder Mars mit Aphrodite zu verbinden. Nicht anstößig hingegen scheint eine Kombination z.B. von lateinischen Götternamen mit griechischen Autoren- oder Ortsnamen. Bei der Übersetzung von Texten wie Zesens Coelum liegt es nahe, die lateinische Nomenklatur für die Götterwelt zu übernehmen und Mars, Jupiter, Venus usw. zu schreiben, nicht Ares, Zeus und Aphrodite. Die Forderung nach strikter Konsequenz würde dann dazu führen, dass generell die lateinischen Formen zu wählen wären, also auch Callimachus, Hecataeus, Posidonius usw., was aber dem Sprachgebrauch widerspricht.15 Die umgekehrte Konsequenz, nämlich im Gefolge der griechischen Autorennamen auch alle mythologischen Gestalten in griechischer Weise zu bezeichnen, selbst dort, wo es lateinische Dubletten gibt, würde tief in den Text eingreifen und ihm ein falsches Gepräge geben. Jede in diesem Sinne ‘konsequente’ Lösung hätte also unerwünschte Nebeneffekte. Es bleibt nur eine Mischform, bei der aber die beiden Anteile genau festgelegt sein müssen, damit keine Beliebigkeit entsteht. Für die hier vorgelegte Übersetzung gilt folgender Grundsatz: In der Regel wird die griechische Namensform gewählt, es sei denn, das Lateinische hat eine unabhängige, d.h. nicht aus dem Griechischen abgeleitete Namensform aufzuweisen. Dieses Verfahren, das zu einer deutlichen Dominanz der griechischen Formen führt, scheint, auch ohne explizite Begründung, in der Praxis weithin üblich zu sein.16 Im Einzelnen gelten für die Übersetzung des Coelum die folgenden Festlegungen (auch die Namensformen in übernommenen metrischen Übersetzungen werden entsprechend angepasst): 1. Wo das Lateinische eigene Namen für mythologische Gestalten besitzt, werden diese in der Übersetzung beibehalten, und zwar in der im Deutschen üblichen Form und Orthographie; also Jupiter und nicht Iupiter, Herkules und nicht Hercules, Aeskulap und nicht Aesculapius, Merkur und nicht Mercurius usw. Dabei ziehe ich die Schreibung mit ae bzw. oe der mit Umlaut vor. 2. Wenn ein lateinischer Name lediglich die Latinisierung eines griechischen Namens ist, wird im Übersetzungstext in der Regel die griechische oder eine der griechischen nahekommende Form gewählt. Das gilt durchgängig für Namen von Schriftstellern, Wissenschaftlern und anderen historischen Persönlichkeiten sowie für Ortsnamen. Es heißt also Eudoxos von Knidos und nicht Eudoxus von Cnidus, 15 So verfährt beispielsweise Erich Rösch in seiner Übersetzung von Ovids Metamorphosen in der Sammlung Tusculum (mit Namensformen wie Hercules, Ulixes usw.). Eine solche Radikalität ist aber wohl eine Ausnahme, bei einer Dichtung eher möglich als bei einem Prosatext. 16 Die folgende Auflistung mag manchem pedantisch und überflüssig erscheinen, verzeichnet sie doch zu großen Teilen nur die Regeln, nach denen man ohnehin meist intuitiv verfährt. Doch die Überführung des Intuitiven oder scheinbar Selbstverständlichen ins Explizite ist nun einmal ein Kennzeichen von Wissenschaftlichkeit; sie ermöglicht in Zweifelsfällen eine rationale Entscheidung und verhindert Inkonsistenzen und Schwankungen, wie sie in der Praxis immer wieder zu beobachten sind, etwa wenn – ein beliebiges von zahllosen Beispielen – in einer Übersetzung von De ira dei derselbe Ort mal als Erythrai, mal als Erythrae und dann wieder als Erythrä bezeichnet wird (Laktanz: Vom Zorne Gottes. Eingeleitet, herausgegeben, übertragen und erläutert von H. Kraft und A. Wlosok. Darmstadt 1974, S. 73 und S. 90).
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Apollonios von Rhodos und nicht Apollonius von Rhodus, Hekataios und nicht Hecataeus, Kallimachos und nicht Callimachus usw. Ausnahmen gibt es nur dort, wo sich die lateinische Version eines griechischen Namens durchgesetzt hat. So folge ich beispielsweise dem Brockhaus, der den Astronomen Ptolemäus oder Ptolemaeus von den Herrschern namens Ptolemaios unterscheidet oder den Kirchenvater Basilius und nicht Basileios nennt. In der Regel wird die griechische Form auch bei mythologischen Namen verwendet, sofern das Lateinische keine eigene Form aufweist. Es heißt also Aiakos und nicht Aeacus, Aeakus oder Äakus, Kadmos und nicht Cadmus, Glauke und nicht Glauca, Oinomaos und nicht Oenomaus oder Önomaus usw. 3. Abweichend von der Grundregel wird die latinisierte Form dann benutzt, wenn sie als etablierter Bestandteil des Sprachgebrauchs gelten kann. Es heißt also Aeneas und nicht Aineias, Oedipus und nicht Oidipous, Phoebus und nicht Phoibos; ebenso bleiben Sternbildnamen wie Pegasus und Eridanus oder Sternnamen wie Canopus und Procyon im Einklang mit der astronomischen Literatur unverändert. Wie weit diese Zone reicht, ist unklar; man kommt schnell auf das unsichere Gelände der mehr oder weniger willkürlichen Einzelfallentscheidungen, die eigentlich vermieden werden sollten. Deshalb wird dieser Bereich sehr restriktiv behandelt und im Zweifelsfall die griechische Form vorgezogen. 4. Die griechischen Namen werden in einer im Deutschen üblichen Form verwendet, wozu auch Kurzformen wie Plutarch, Lukian, Herodot, Homer usw. gehören (ebenso wie im lateinischen Bereich Kurzformen wie Ovid, Lukrez, Catull usw.). Die Anpassung an den Sprachgebrauch betrifft besonders die Wiedergabe des griechischen ei als i oder e (im Deutschen wie im Lateinischen). Es heißt also Medea und nicht Medeia, Klio und nicht Kleio, Thalia und nicht Thaleia, Aristides und nicht Aristeides, Heraklit und nicht Herakleitos, Chiron und nicht Cheiron usw. Andererseits schreibt man üblicherweise Poseidonios und nicht Posidonios, wohl auch eher Herakleides als Heraklides17 u.ä. Hier sind die Verhältnisse nicht klar, und manche Entscheidung mag willkürlich erscheinen. In der Regel werden in der Übersetzung die Formen mit -ei- vorgezogen, sofern sie nicht allzu befremdlich wirken. Weiterhin wird griech. ou im Deutschen mit u wiedergegeben: Uranos, Butes usw. 5. Soweit sich diese Rückführungen in die griechische Form gemäß den üblichen Transpositionsregeln vollziehen, werden sie im Übersetzungstext nicht gekennzeichnet.18 6. Nicht gekennzeichnet wird auch der Ausgleich von orthographischen Varianten der lateinischen Namensformen, wobei der Ausgleich in Richtung der heute üblichen Form vollzogen wird. Als bloß orthographisch werte ich folgende in neulateinischen Texten häufig anzutreffende Varianten, die hier an Beispielen aus dem Coelum – möglichst Dubletten – illustriert werden. Auch wenn darunter nur wenige Namensdubletten sind, so ist doch klar, dass diese Variabilität auch für Namen gilt, die also in analoger Weise zu behandeln sind. 17 Bei Google 21500 Treffer vs. 5490 Treffer. 18 Die wichtigsten solcher Entsprechungen sind: griech. Endung -os > lat. -us: Eudoxos > Eudoxus; griech. Endung -on > lat. -o: Platon > Plato; griech. Endung -e > lat. -a: Alkmene > Alcmena (nicht immer); griech. k > lat. c: Sokrates > Socrates; griech. ai > lat. ae: Aigeus > Aegeus; griech. oi > lat. oe: Phoibe > Phoebe; griech. ei > lat. i oder e: Dareios > Darius; griech. ei > lat. i oder e: Amaltheia > Amalthea.
XII
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– æ und œ, z.B. 143,22 Phædra – 144,18 Phœdram; 3r,15 cœlestium – 96,17 cælestis; 127,2 hœdi – 125,27 hædos, usw. – æ und e, z.B. 336,12 cæpisse – 7,20 accepisse, usw. – Damit auch œ und e, z.B. 361,32 fœminarum – 365,17 feminarum; *7v,3 cæterum – 192,35 cœterorum – 306,27 ceteræ, usw. – i und y: 328,31 Mynia – ebd. Minyis, 41,9 Mytilenæus – 332,23 Mitylenæus; 180,34 hyemem – 187,35 hiemi; 193,32 lachrimas – 234,2 lachrymas, usw. – Vereinzelt auch y und u, z.B. 132,8 Sylla (= Sulla). – Doppel- und Einfachkonsonanz, z.B. 204,29 Iuppiter – 204,35 Iupiter; 322,33 litteras – 323,11 literas; 346,5 annulis (= anulis); 302,9 vitâ (= vittâ), usw. – c und ch, z.B. 337,37 Iolco – 341,1 Iolcho; 343,35 Colchidis – 343,10 Cholchidis; 170,2 Chrysaoris – 222,13 Crysaor; 326,2 charus (= carus); 193,32 lachrimas (= lacrimas), usw. – c und t, z.B. 36,2 spatium – 4*r,15 spacium, usw. – t und th, z.B. 191,13 Methymnæi, – 209,11 Metymnæum; 332,5 Zethes – 332,20 Zetes; 242,33 baltheo (= balteo), usw. – r und rh, z.B. 210,10 Thyrrenis – 213,1 Tyrrhenis, usw. – mpt und mt u.ä., z.B. 19,29 desumptæ – 1,14 desumtam; 350,13 in promptu – 129,14 in promtu; 71,28 sumsisse (= sumpsisse), usw. – f und ph, z.B. 194,18 prophanis – 194,30 profanis, usw. – i und j, z.B. 151,6 Apuleius – 234,36 Appulejum. – Anlautendes h, z.B. 179,16 Adriani – 298,4 Hadriani; 13,3 Hebr. – 181,21 Ebraicæ; 294,8 Æmon (= Hæmon); umgekehrt 132,4 Hetruscorum (= Etruscorum), usw. Entsprechend werden ohne Kennzeichnung Mæro (174,31) und Mœro (323,26) in der Übersetzung zu Moiro, Andrætas (32,24) zu Androitas, Mænetius (333,17) zu Menoitios, Pherecides (36,21) zu Pherekydes, Electrio (163,21) zu Elektryon, Dercylus (330,31) zu Derkyllos, Thyrro (329,17) zu Tyro, Cares (217,31) zu Chares, Methon (22,30) zu Meton, Attis (43,8) zu Atthis, Apæsamptus (73,14) zu Apesantos, Egesias (328,33) zu Hegesias, Æmon (294,8) zu Haimon, usw. Dass es oft einiger Recherchen bedurfte, um aus den bei Zesen vorgefundenen Formen die gemeinten Namen zu ermitteln, sei nur am Rande vermerkt. 7. Durch Kursivdruck (bzw. in kursivem Umfeld durch recte) gekennzeichnet werden hingegen Korrekturen von abweichenden Namensformen, die nicht in der beschriebenen Weise als orthographische Varianten gedeutet werden können, die keinen oder einen falschen Sinn ergeben, die in keiner Tradition stehen und sich leicht als Druck- oder auch Schreibfehler erklären lassen. Sie sind auch in den Anmerkungen zum lateinischen Text als Fehler vermerkt, auf die mit der Kursivierung in der Übersetzung verwiesen wird. So wird z.B. Trajanorum (227,13) als Trojanorum verstanden und übersetzt (der Trojaner). Arsyrtum (237,2) wird in der Übersetzung zu Absyrtos, Æschyles (123,27) zu Aischylos und Proserpine (236,7) zu Proserpina. 8. Wenn die lateinische Namensform sich über die genannten Parameter hinaus von der griechischen unterscheidet, ohne dass es sich um einen eindeutigen Druckfehler handelt, wird sie, wie schon oben dargelegt und begründet, in den Übersetzungstext übernommen (ggf. mit den üblichen Anpassungen an die griechische Lautung), wobei in einer Fußnote die korrekte oder häufigere Form angeführt wird. So erscheint die lateinische Namensform Bolemo (123,27) in der Übersetzung mit griechischer Endung als Bolemon, und erst die
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XIII
Fußnote bringt mit Polemon die korrekte Namensform dieses Autors. Dieses Verfahren gilt für irrtümliche oder problematische Namensformen generell, unabhängig von ihrer Herkunft, z.B. auch bei Aeta Laurentia (291,17; Fußnote: Acca Larentia), Lucanus (100,29; Fußnote: Lukian), M. Antonio Imperatore (*3v,16; Fußnote: Antoninus) usw. 9. In den eher seltenen Fällen, in denen die Entstellung größer ist oder der gemeinte Name sich nicht identifizieren lässt, wird die im lateinischen Text gebotene Namensform in der Übersetzung unverändert beibehalten, und eine Fußnote formuliert eine Vermutung oder verweist auf den Kommentar. So wird z.B. die Autorenangabe Æneïus Euxitheus (68,2) in der Übersetzung belassen und nicht in die Phantomform Aineios Euxitheos transformiert (der Kommentar wird erläutern, dass hier Aineias/Aeneas von Gaza und seine Dialogfigur Euxitheos eine merkwürdige Einheit eingegangen sind). Ähnlich wird der sonst unbekannte Argonautenname Tenaræus (332,19) in die Übersetzung übernommen, und erst der Kommentar wird zeigen, dass damit vielleicht Euphemos von Tainaron gemeint sein könnte, so dass eine Form wie Tainarieus richtiger wäre. Doch das sind Einzelfälle, die das gewählte Verfahren nicht in Zweifel ziehen können. 10. Von griechischen Namen abgeleitete deutsche Wörter, kenntlich an der deutschen Morphologie, werden auf deutsche Weise, also z.B. mit Umlauten geschrieben: lakedämonisch, ptolemäisch, Böotien, die Öbaliden, Öbalien (im Unterschied zum Namen Oibalos, 46,17) usw. 11. In den Namenslisten zu Beginn jedes Kapitels werden die Angaben in der Originalversion angeführt; Übersetzungen werden nur den periphrastischen Bezeichnungen und Attributen beigegeben, also z.B. 92,15 Fusor aquæ (‘Wassergießer’), nicht aber bei den Eigennamen. Es heißt also nicht Cecrops (‘Kekrops’) oder Hercules (‘Herkules’); dem Leser wird zugetraut, dass er diese Lücke selbst schließen kann. 12. Wenn Titel griechischer Literaturwerke im lateinischen Text auf Griechisch erscheinen, wird diese Form im deutschen Text (mit Übersetzung in Klammern) beibehalten. Sind griechische Titel lediglich latinisiert (z.B. Argonautica, Theriaca), werden sie wie die griechischen Namen rücktransponiert (Argonautika, Theriaka). Sind sie ins Lateinische übersetzt, so wird je nach den Gegebenheiten manchmal der lateinische Titel beibehalten (Aristoteles, De mundo), oder er wird übersetzt oder paraphrasiert (Platon im Staat; Plutarch in seinem Werk über das Verhalten der Tiere).
Sonstige Namen Bei antiken Orts- und Völkernamen werden anachronistische Aktualisierungen vermieden, traditionelle Bezeichnungen wie Kolchis, Phasis, Mäotischer See usw. werden beibehalten. Ein Name wie Mauretania (2,13) wird als ‘Mauretanien’ übersetzt, auch wenn die heutige Bedeutung von der antiken abweicht. Bei Bedarf wird der Kommentar Erläuterungen zur jeweiligen Bedeutung geben. Wo Zesens deutsche Übersetzung der lateinischen Sternbildnamen in den Kapitelüberschriften von der heutigen Benennung abweicht, wird diese in einer Fußnote beigegeben. Außerdem wird Zesens eigene Übersetzung bei Bedarf durch eine wörtlichere ergänzt (in Klammern angefügt). Bei neulateinischen Namen wird die volkssprachliche Form bevorzugt, sofern nicht die lateinische allgemein üblich ist (z.B. Grotius, Regiomontanus, auch Vossius). Bei meiner Entscheidung für die eine oder die andere Form orientiere ich mich am „Handbuch Gelehrtenkultur der Frühen Neuzeit“ von Herbert Jaumann,19 an Verzeichnissen wie dem VD 16 und 17 sowie am Katalog der Berliner Staatsbiblio19 Herbert Jaumann: Handbuch Gelehrtenkultur der Frühen Neuzeit, Bd. 1. Berlin und New York 2004
XIV
Vorwort
thek. Auch die jeweilige Zahl der ‘Treffer’ bei Google liefert ein wichtiges Indiz für Frequenz einer Namensform. Bei arabischen und hebräischen Namen orientiere ich mich an der im Brockhaus gebotenen Schreibweise.
Griechische, hebräische und arabische Wörter und Zitate Bei griechischen Wörtern und Zitaten werden Abbreviaturen und Ligaturen aufgelöst; Akzente, Spiritus und iota subscriptum werden stillschweigend korrigiert bzw. heutigen Gepflogenheiten angepasst, ebenso kleinere Abweichungen bei der Worteinteilung. In obliquem Kasus zitierte Nomina werden gemäß heutigem Sprachgebrauch in den Nominativ versetzt. Im Übrigen werden die bei Zesen vorgefundenen Formen als Teil seines Textes in der Übersetzung beibehalten, auch wenn sie fehlerhaft sind. Eine Korrektur erfolgt in den Anmerkungen zur Übersetzung bzw. im Kommentar. Das gilt auch für falsche Übersetzungen griechischer Wörter. Beibehalten wird auch die Interpunktion, so sinnwidrig und unhistorisch (Semikolon) sie gelegentlich auch erscheinen mag; ebenso die inkonsequente Verwendung von Majuskeln am Wortanfang, etwa bei Namen. Lediglich bei Werktiteln wird entsprechend der bei lateinischen Titeln durchgeführten Regelung der Anfang durch eine Majuskel markiert. Übersetzungen griechischer und anderer Wörter werden durch einfache Anführungszeichen gekennzeichnet. Wenn es sich dabei um die Verdeutschung einer von Zesen vorgenommenen lateinischen Übersetzung handelt, steht sie ohne Klammern. Runde Klammern markieren eine von mir beigegebene zusätzliche Übersetzung, die keine Entsprechung im lateinischen Text hat. Da Zesen selbst so gut wie nie Klammern verwendet und auch die Übersetzung sonst eher sparsam damit umgeht, scheint diese Lösung, die ohne sperrige Mittel wie eckige oder spitze Klammern auskommt, die einfachste, um die Anteile voneinander zu unterscheiden. Ein Beispiel: Bei der Aufzählung der Bezeichnungen für das Sternbild der Jungfrau heißt es 74,3ff: „Græcè Arato π : item π P «, vel P « μ«, hoc est Dea Virgo.“ Daraus wird im Deutschen: „Griechisch bei Arat π (‘die Gerechtigkeit’); ebenso π P « (‘die Jungfrau’) oder P « «, ‘die jungfräuliche Göttin’“, also mit Klammern bei den ersten beiden Verdeutschungen, aber ohne Klammer bei der dritten, weil es dort ein Pendant im lateinischen Text gibt. Wenn Zesen ein griechisches Wort als Fremdwort in den lateinischen Text einstreut (z.B. 130,31: „Mosi « Cecrops“), so wird es in der Regel übersetzt und die Originalform in Klammern beigeben: „Kekrops, der Zeitgenosse ( «) des Mose.“ Die Bearbeitung der nicht immer einfach zu entziffernden hebräischen Wörter und Zitate hat Daniel Benz übernommen. Hier wird zusätzlich zur Bedeutungsangabe noch eine Transkription20, beides in Klammern, beigeben; Transkriptionen und Übersetzungen ohne Klammern stammen von Zesen selbst. Ein Beispiel (S. 140,11f.): „Hebräisch trE u 9 i _ (ateret, ‘Krone’) von ru+ i a (atar), ‘krönen’, hra u a i _ , Atarah (‘Krone’)“; hier gehen die Bedeutungsangabe ‘krönen’ (aus lat. coronare) und die Transkription Atarah auf Zesen zurück, während alle in Klammern stehenden Angaben Zutaten des Bearbeiters sind. Für die deutsche Version von Namen aus dem Alten Testament orientiere ich mich an der Lutherschen Übersetzung. Arabische Wörter werden in der vorgefundenen Form belassen und nicht korrigiert und kommentiert. 20 Die um Leserfreundlichkeit und Einfachheit bemühten Transkriptionen orientieren sich am „Praktischen Taschenwörterbuch Deutsch-Hebräisch, Hebräisch-Deutsch“. Rosh Ha’ayin 2002. Gelegentlich auftretende Probleme der Vokalisierung werden im Kommentar zu erörtern sein.
Vorwort
XV
Der Index Bei der Übersetzung des Index rerum et verborum memorabilium wird, wie schon erwähnt, auch im Deutschen die alphabetische Reihenfolge durchgeführt, wodurch die Parallelität von lateinischem und deutschem Text aufgehoben ist. Die deutsche Übersetzung wird hier nach dem lateinischen Text abgedruckt. Der lateinische Text trägt die Seitenzahlen – , der anschließende deutsche die Seitenzahlen – . Zur leichteren Orientierung wird nach dem deutschen Stichwort in Klammern das entsprechende lateinische eingefügt, sofern es nicht mit dem deutschen identisch ist. Der Index wurde anscheinend nicht von Zesen, sondern von einer Hilfskraft angefertigt, denn er übernimmt auch offenkundige Fehler des Textes, die Zesen, hätte er diese Arbeit selbst ausgeführt, sicher bemerkt und beseitigt hätte (Proserpine statt Proserpina, 236,7 und Index s.v. Luna; verem statt ver, 306,18 und Index s.v. Grus). Korrigiert werden lediglich offenkundige Druckfehler und Versehen, darunter auch falsche Seitenangaben (durch Anmerkungen zum lateinischen Text bzw. durch Kursivierung in der Übersetzung). Da das Signal des Kursivdrucks hier nicht durch einen einfachen Blick nach links, auf den lateinischen Text und die Anmerkungen dazu, gedeutet werden kann, wird die ursprüngliche Textform im Index jeweils als Fußnote zur Übersetzung beigegeben. Anders als im Haupttext unterbleiben Richtigstellungen von Textfehlern, etwa von falschen Namensformen, in Gestalt von Fußnoten – sie finden sich ja an der Stelle, auf die im Index verwiesen wird.
4. Der Kommentar Der in Vorbereitung befindliche Kommentar hat drei Aufgabenfelder: a) Erläuterungen, Korrekturen, Ergänzungen usw. zum Inhalt des Textes; b) Nachweis der Zitate und Verifikation der Verweise sowie Identifikation der tatsächlichen Quellen Zesens (die zahllosen Zitate und Literaturverweise gehen ja nicht auf Zesens eigene Forschungen zurück, sondern sind – wie viele andere Textbausteine – großenteils aus Vorlagen übernommen); c) Register der zitierten Autoren und Werke. Angesichts der Fülle der Aufgaben wird die Fertigstellung noch einige Zeit in Anspruch nehmen.21 * * *
21 Eine erste Kostprobe findet sich am Ende meines Aufsatzes: Philipp von Zesens Coelum astronomico-poeticum. Eine Vorschau auf die geplante Neuedition. In: Maximilian Bergengruen und Dieter Martin (Hgg.): Philipp von Zesen. Wissen – Sprache – Literatur. Tübingen 2008 (= Frühe Neuzeit, Band 130), S. 161–180.
XVI
Vorwort
Während der langen Arbeit an diesem Buch habe ich von vielen Seiten Anregung und Unterstützung erfahren (ich erlaube mir, im Folgenden die akademischen Titel fortzulassen). Hans-Gert Roloff (Berlin), der Herausgeber der Reihe „Ausgaben Deutscher Literatur“, und Ferdinand van Ingen (Amsterdam), der Herausgeber der Zesen-Gesamtausgabe, standen mir immer für Auskünfte zur Verfügung und sahen meine Texte kritisch durch; Ferdinand van Ingen steuerte sogar die Vorlage für die Übersetzung eines niederländischen Gedichts (S. 240f.) bei. Mit Widu-Wolfgang Ehlers (Berlin) konnte ich neben Einzelfragen des Textes das schwierige Problem der Wiedergabe griechischer Namen besprechen, zu dem mir auch Walther Ludwig (Hamburg) und Elisabeth Link (Institut für deutsche Sprache, Mannheim) in ausführlichen Schreiben ihre Erfahrungen und ihr Urteil mitteilten. Auch wenn ich dann schließlich meinen eigenen Weg gegangen bin, waren das wichtige Anregungen im Reflexionsprozess, für die ich dankbar bin. Fragen zur musikwissenschaftlichen Terminologie im Kapitel Lyra beantwortete mir Andreas Riethmüller (Freie Universität Berlin), Bernhard Weisser (Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin) gab Auskünfte zu einigen der von Zesen zitierten Münzinschriften (S. 364f.). Tanja Holzey (Freie Universität Berlin) half mir, die beiden niederländischen Gedichte (S. 240f. und S. 372) richtig zu verstehen und sah meine Übersetzung durch. Großen Dank schulde ich Christina Prapa (Aristoteles-Archiv an der Freien Universität Berlin), die meine Fassung der griechischen Wörter und Zitate im Übersetzungstext überprüfte und korrigierte. Daniel Benz (Humboldt-Universität Berlin) kümmerte sich um die Wörter in der mir unbekannten hebräischen Sprache und fügte sie mit Transkription und Übersetzung in den Text ein. Robert Seidel (Johann Wolfgang GoetheUniversität, Frankfurt am Main) machte hilfreiche Anmerkungen zu einer ersten Version dieses Vorworts. Ganz ungewöhnlich war die Hilfsbereitschaft von Jürgen Hamel (Archenhold-Sternwarte Berlin), der mir, dem ihm völlig Unbekannten, mit großer Geduld lange Listen von Fragen zur Astronomie beantwortete. Ihm gilt mein ganz besonderer Dank. Dank gebührt auch der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, die ihr Exemplar des Coelum für die Reproduktion zur Verfügung stellte, sowie dem dortigen Digitalisierungszentrum unter Leitung von Martin Liebetruth, das die Reproduktionsvorlage anfertigte. Damit fand die unerwartet schwierige Suche nach einer geeigneten Druckvorlage, die das Erscheinen dieses Bandes immer wieder verzögerte, ihr glückliches Ende. Abschließend sei noch ein Hilfsmittel rühmend erwähnt, ohne das die Arbeit an diesem Buch unendlich viel mühseliger gewesen wäre: das Internet. Es erlaubte mir, vom häuslichen Schreibtisch aus Bibliothekskataloge in aller Welt zu benutzen, Bücher online zu konsultieren, die sonst nur im Rara-Lesesaal einzusehen sind (auch das Coelum gehört inzwischen dazu), in Sekundenschnelle Zitate zu verifizieren, entlegene Quellen zu mythologischen Gestalten aufzuspüren und vieles mehr, von dem Philologen früherer Generationen, die dafür mit einer festplattenartigen Gedächtniskapazität gesegnet waren, nicht einmal zu träumen gewagt hätten. Berlin, im März 2011
Reinhard Klockow
XVII
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis (Seitenangaben nach dem lateinischen Original)
Praefamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
*3r >
Epistola … Ioannis Crusii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nomenclator auctorum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Membrum I: De stellis … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1v>
Membrum II: Signa Zodiaci . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18v>
1. Aries . . . 2. Taurus . . . 3. Gemini . . 4. Cancer . . . 5. Leo . . . . 6. Virgo . . . 7. Libra . . . 8. Scorpio . . . 9. Sagittarius . 10. Capricornus 11. Aquarius . 12. Pisces . . .
21v> 29v> 38v> 59v> 64v> 73v> 80v> 82v> 84v> 89v> 92v> 96v>
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Membrum III: Signa extrazodiacalia septentrionalia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104v> 1. Ursa minor . . . . 2. Ursa maior . . . . 3. Draco . . . . . . 4. Cepheus . . . . . 5. Cassiopeia . . . . 6. Andromeda . . . 7. Perseus . . . . . . 8. Triangulum boreale
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104v> 107v> 111v> 114v> 116v> 118v> 120v> 124v>
XVIII
Inhaltsverzeichnis
9. Auriga . . . . . . . . . . 10. Coma Beronices . . . . . . 11. Bootes . . . . . . . . . . . 12. Corona septentrionalis . . . 13. Serpentarius . . . . . . . . 14. Serpens Serpentarii . . . . . 15. Hercules . . . . . . . . . 16. Aquila . . . . . . . . . . 17. Antinous . . . . . . . . . 18. Sagitta . . . . . . . . . . 19. Lyra Arionis/Vultur cadens 20. Cygnus . . . . . . . . . . 21. Delphinus . . . . . . . . . 22. Equuleus . . . . . . . . . 23. Pegasus . . . . . . . . . .
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125 134 136 140 146 153 154 174 179 181 185 201 208 214 218
Membrum IV: Signa extrazodiacalia meridionalia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
225
1. Cetus . . . . . . . . 2. Eridanus . . . . . . 3. Orion . . . . . . . . 4. Lepus . . . . . . . . 5. Canis minor . . . . . 6. Canis maior . . . . . 7. Hydra . . . . . . . 8. Crater . . . . . . . 9. Corvus . . . . . . . 10. Centaurus . . . . . . 11. Lupus . . . . . . . 12. Ara . . . . . . . . 13. Corona austrina . . . 14. Indus . . . . . . . . 15. Grus . . . . . . . . 16. Piscis austrinus . . . 17. Phoenix . . . . . . . 18. Columba . . . . . . 19. Argo navis . . . . . 20. Crux . . . . . . . . 21. Musca/Apis . . . . 22. Triangulum austrinum 23. Apous . . . . . . . 24. Pavo . . . . . . . .
225 228 241 247 250 258 272 274 277 283 286 296 299 304 305 308 311 313 324 344 349 353 354 356
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XIX
Inhaltsverzeichnis
25. Pica indica . 26. Hydrus . . 27. Dorado . . 28. Piscis volans 29. Chamaeleon
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366> D 373> D 376> D 377> D 378> D
Index rerum & verborum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D Emendanda ac inserenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D Index etc. deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang: Handschriftliches Widmungsgedicht Zesens an Cornelis Witsen
XX
Inhaltsverzeichnis
Coelum
Texte und Übersetzungen
1
2
5
10
15
Philipp von Zesen
Coelum
3
Philipp Caesius von Zesen
Astronomisch-dichterischer oder
mythologischer Fixsternhimmel, das ist
die kurzgefasste Beschreibung aller Sternbilder oder aller Konstellationen, die zu bestimmten Figuren zusammengefasst und von den Alten auf einem Himmelsmodell oder einem lückenlosen astronomischen Globus mit Namen und Bildern aus der Mythologie dargestellt wurden.
Amsterdam bei Johan Blaeu 1662
4
5
10
15
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25
Philipp von Zesen
Coelum
Dem einträchtigen Viergespann der Oberhäupter der berühmten Republik von Amsterdam, den erlauchten und höchst bedeutenden Herren Bürgermeistern, dem Herrn CORNELIS DE GRAEF, Freiherrn in Zuid-Polsbroek, dem Herrn CORNELIS WITSEN, dem Herrn CORNELIS DE VLAMING, Ritter und Amtsherr in Oudshoorn und Gnephoek, dem Herrn HENDRIK HOOFT, meinen großen Gönnern, schenkt, widmet und weiht diesen Astronomisch-dichterischen Sternenhimmel allerdemütigst und zutiefst verpflichtet Philipp Caesius von Zesen
5
6
5
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15
20
Philipp von Zesen
Coelum
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Was die CAESISCHE PALLAS1 uns auf dem kunstvollen Globus aus Uranias Reich anschaulich nahegebracht, das beschrieb hier und widmete Dir, DU EDLE QUADRIGA, CAESISCHES BLUT und erzählt Rätsel der Mythologie. Welche Gesellschaft mit ihren Symbolen den Tempel des Himmels schmückt und leuchten ihn lässt, strahlend in mondloser Nacht, welchem Ursprung die Bilder und Namen sich jeweils verdanken, wird hier gezeigt und anhand klassischer Dichter erklärt. Dumm und tölpelhaft ist, wem die üppige Fülle der Sterne himmelweit gleichgültig ist. Denn dort leuchtet uns GOTT. P. C. v. Z.
1 Gemeint ist die Kunstfertigkeit von Willem Blaeu (Caesius), an dessen Himmelsglobus Zesen sich im Coelum orientiert, s. S. *7v.
8
Philipp von Zesen
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10
15
20
25
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14 diuturniori] Zesen verwendet beim Abl. Sg. des Komparativs oft die Endung –i. 28 testatur] testantur
Coelum
9
Vorrede Wohlmeinender Leser, fast jedem Menschen ist von der Natur der Drang eingegeben, den Himmel, diesen von Gold und Edelsteinen glänzenden königlichen Palast, mit aufmerksamen Augen zu betrachten; gab doch Gott selbst, nach dem Zeugnis des Ovid, dem Menschen ein aufrecht Gesicht und hieß ihn den Himmel schauen, aufwärts den Blick empor zu den Sternen erheben. Ja, der Himmel selbst und seine so edlen Gestirne laden mit lauter Stimme, lauter als Posaunenklang, alle Menschen zu ihrer Betrachtung ein. Deshalb besteht auch keinerlei Zweifel, dass unsere Urväter vor der Sintflut, unter einem glücklicheren Himmel, mit glücklicheren Geistesgaben und im Genuss eines längeren Lebens, zu einer tieferen Erkenntnis der Dinge am Himmel und damit zu einer viel umfassenderen Wissenschaft von den Sternen vordrangen, zumal diese Wissenschaft, mag sie auch grob und unvollkommen sein, laut Zabarella für jedermann viel erstrebenswerter ist als die noch so vortreffliche und vollkommene Kenntnis der irdischen Dinge. Von Adam berichtet Josephus, er habe seinen Söhnen aus den Sternen geweissagt, die Welt werde durch Feuer und Wasser untergehen. Auch Seth und seine Söhne hätten sich der Wissenschaft von den Sternen gewidmet, und damit ihre Entdeckungen nicht verloren gingen, hätten sie zwei Säulen errichtet, um sie darauf aufzuschreiben und sie so der Nachwelt zu überliefern. Dass Henoch, der Urgroßvater Noahs, diese Wissenschaft in Schriftwerken verbreitet hat, bezeugen Origenes, Sixtus von Siena und Tertullian; letzterer hat diese Texte noch gelesen und versucht in seinem Buch über den Putz der Frauen ihre
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Philipp von Zesen
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Echtheit zu beweisen. Auch Abraham aus dem Volk der Chaldäer, ja schon sein Vater Tharah sollen sternkundig gewesen sein. Das bezeugt für den einen ebenfalls Josephus unter Berufung auf Berossos, für den anderen der Jude Philon in seinem Buch über den Adel. Denn es gibt keine edlere, keine angenehmere Wissenschaft, mit der sich jene edlen Geister hätten beschäftigen können. Ja, selbst diejenigen, die von der wahren Gottheit abgefallen waren, ließen sich lange nach der Sintflut vom Adel dieser Wissenschaft anlocken und bemühten sich mit Feuereifer um ihre Weiterentwicklung. Als Anaxagoras, der sich laut Laertios weder um seine privaten noch um öffentliche Angelegenheiten kümmerte, gefragt wurde, ob ihm denn gar nichts an seinem Vaterland gelegen sei, wies er mit dem Finger zum Himmel und antwortete, dass ihm an jenem Vaterland sehr wohl gelegen sei; ja, er sei nur dazu geboren, die Sonne, den Mond und die Himmelssphären zu beobachten. Pythagoras schärfte, wie der Kaiser M. Antonius1 in seiner Lebensbeschreibung berichtet, seinen Schülern ein, morgens zum Himmel aufzusehen, um sich so an die Wesen zu erinnern, die immer ihre Pflicht tun und niemals von ihrer Ordnung und Stellung abweichen. Und so kam es, dass seine Schüler ebenso wie der Meister selbst in der Astronomie so viel geleistet haben. Ja, auch Seneca sagt im 65. Brief: „Du verbietest mir, mich für den Himmel zu interessieren? Du befiehlst mir also, mit gesenktem Kopf zu leben? Ich bin Größeres und zu Größerem geboren, als ein Sklave meines Körpers zu sein, den ich jedenfalls für nichts anderes halte als für eine Fessel, die meiner Freiheit angelegt ist.“ Aus demselben Grund nannte sich der Perserkönig Schapur in einem Brief an einen anderen König einen Sohn der Sonne und einen Bruder des Mondes,
1 Gemeint: Antoninus, also Mark Aurel.
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als er im Mittelpunkt eines von einem Araber kunstvoll gefertigten und ihm überlassenen Sphärenmodells saß und die Bewegung des Himmels, der Sterne, der Sonne, des Mondes und der anderen Planeten genau beobachtete. Und wenn es von Endymion, dem Sohn des Aethlios und der Kalyke, heißt, er sei gleichermaßen Liebhaber wie Geliebter der Mondgöttin Luna gewesen, und von Phaëthon, dem Sohn des Sonnengottes, er habe sein Leben verloren, indem er die Pferde des Sol lenkte, so scheint das nur daher zu rühren, dass dieser mit nicht nachlassendem Eifer den Lauf der Sonne beobachtete ebenso wie jener den Lauf des Mondes; aber bevor sie ihre Beobachtungen zu Ende führen konnten, schieden sie aus dem Leben. Denn zur Wiederherstellung dieser schon verloren gegangenen Wissenschaft, die so überaus kompliziert ist, dass zu ihrer Vervollkommnung der Zeitraum einiger Jahrhunderte erforderlich ist, schien das doch ziemlich hinfällige Leben jener Menschen nicht im Mindesten auszureichen – durften sie sich doch nur einer viel kürzeren Lebenszeit als die Erzväter erfreuen. Was also zuvor Adam ganz allein in seinem so langen Leben entdeckt hatte und was dann wieder verloren gegangen war, das konnten viele, um nicht zu sagen: alle seiner Nachkommen, so viele ihrer auch nach der Sintflut oder nach der Zerstreuung der Völker lebten, nur mühsam wieder auffinden oder wiederherstellen, und nicht einmal das. So lesen wir über Thales von Milet, um bei einer nicht ganz so mythischen («) oder sagenhaften Epoche der Griechen zu beginnen, er habe nicht mehr als drei oder vier nennenswerte Entdeckungen gemacht, obwohl er doch diese Studien mit Feuereifer betrieb. Die erste ist, dass er nach dem Zeugnis von Hyginus und von Laertios, der aus Kallimachos schöpft, seinen Lands-
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leuten die Cynosura gezeigt haben soll, die er auch Ν « (‘die Bärin’) nannte. Zweitens habe er als Erster die Verfinsterung der Sonne und ihren Lauf von einem Wendepunkt zum anderen beobachtet. Drittens habe er als Erster gesagt, dass die Mondbahn den siebenhundertzwanzigsten Teil der Sonnenbahn betrage, und als Erster habe er auch den letzten Tag des Monats «, d.h. den dreißigsten genannt. Viertens schließlich habe er als Erster Wesen und Ursache der Verfinsterungen von Sonne und Mond erschlossen und die Menschen von gewaltiger Unruhe erlöst. Der Schüler des Thales, Anaximander von Milet, bestimmte ebenfalls die Sonnenwenden und die Äquinoktien. Laut Plinius konstruierte er einen Himmelsglobus. Er entdeckte laut Theon und Laertios die Rundung1 der Erde und ihre Bewegung um die Mitte der Welt. Als Erster teilte er anhand des Schattens eines Gnomons die Stunden ein und mahnte die Lakedämonier, die Stadt wegen eines bevorstehenden Erdbebens zu schützen, wie Plinius berichtet, der hinzufügt, dass die Stadt später in sich zusammengestürzt und ein großer Teil des Taygetos-Gebirges abgerutscht sei. Er behauptete sogar, dass die Sonne so groß wie Erde sei. Sein Schüler Anaximenes aus Milet erkannte laut Theon, der aus der Astronomiegeschichte des Eudemos schöpfte, als Erster, dass der Mond kein eigenes Licht hat und dass es daher zu einer Mondfinsternis kommt, wenn die Erde zwischen Sonne und Mond tritt; er zeigte auch als Erster, dass sich die Sterne um die Erde herum bewegen. Anaxagoras aus Klazomenai behauptete viel Abwegiges, unter anderem
1 Zur Übersetzung: rotunditas wird hier mit ‘Rundung’ anstatt mit ‘Kugelgestalt’ wiedergegeben, um die dem Anaximander sonst zugeschriebene Theorie der zylindrischen Gestalt der Erde mit einzubeziehen, selbst wenn Zesen wohl nicht daran gedacht hat.
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aber auch, dass es auf dem Mond Hügel und Täler sowie unterschiedliche Behausungen gebe und dass die Kometen aus Funken, die beim Zusammenstoß von Planeten aufträten, in der Luft entstünden, wie Laertios berichtet; er machte auch eine Vorhersage bezüglich eines Steines, der vom Himmel fallen werde, was nach dem Zeugnis des Eusebios im Jahr 1552 nach Abraham tatsächlich geschah. Aiolos, ein Inselkönig, der als Sohn Jupiters und der Hippote gilt, weshalb er bei Ovid auch Hippotades1 heißt, beobachtete als Erster die Vorzeichen von Stürmen und Winden aus den Sternen, und als Erster erschloss er aus diesen das Wesen und die Unterschiedlichkeit der Winde. Diese Kenntnis und Wissenschaft verbreitete er unter dem Volk, damit sie den Seefahrern nützte, und daher macht man ihn zum Herrn, Herrscher und Lenker der Winde, die er nach Belieben in einen Schlauch aus Delphinhaut einschließt und wieder loslässt. Pythagoras, das Haupt der italischen und pythagoreischen Schule, soll laut Plutarch als Erster die Schiefe der Ekliptik entdeckt haben, wenngleich man auch – nach Plinius – dem eben erwähnten Anaximander oder auch – laut Diodor, Censorinus und Theon von Smyrna, letzterer nach Eudoxos – dem Oinopides von Chios diese Endeckung zuschreibt; wobei laut Plinius und Hyginus Kleostratos von Tenedos später als Erster beobachtete, dass die Sternbilder und die Anfangsmarken des Widders und des Schützen, ja sogar Sonne und Mond nicht zum selben Punkt zurückkehren. Ja, Pythagoras stellte laut Geminos auch als Erster fest, dass die Bewegungen der Sonne, des Mondes und der anderen Planeten kreisförmig und gleichmäßig sind und der täglichen Umdrehung der Welt entgegengesetzt.
1 Der Beiname wird sonst auf einen Vater oder Großvater Hippotas (oder Hippotes) zurückgeführt.
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23 terræ dimetiendi] terræ dimentiendæ (so auch Zesens Vorlage Vossius, s. Komm.)
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Und er erkannte sogar als Erster, dass sich die Erde bewegt, während die Sonne unbeweglich ist, ebenso wie der Himmel. Er sagte auch, die Erde sei ein Planet und drehe sich in der Mitte der Welt, zwischen Mars und Venus, um die Sonne. Und in dieser Lehre folgten dem Pythagoras Philolaos von Kroton, Hiketas, Timaios von Lokri, Aristarchos von Samos, Seleukos, Kleanthes von Samos, Leukippos, Ekphantos und Herakleides von Pontos, ja sogar der alte Platon, wie Theophrast bezeugt. Nach Pythagoras beobachteten Euktemon und Meton, der Sohn des Pausanias, als Erste in Athen die Sonnenwende. Als Erster stellte dann Eudoxos von Knidos, kein Astronom ’ H1 (‘vom Schlage Hesiods’), wie Platon die Vulgärastronomen zu nennen pflegt, Hypothesen über die Umläufe der Himmelskreise auf. In seiner Nachfolge veröffentlichte Autolykos die Lehre vom Auf- und Untergang der Sterne. Timochares2 und Aristyllos bestimmten die Deklinationen der Fixsterne. Konon sammelte Beobachtungen über Sonnen- und Mondfinsternisse. Archimedes vervollkommnete die Lehre von den Sonnenwenden. Eratosthenes von Kyrene bestimmte den Abstand der Wendekreise und die Bewegungen der Himmelssphären; ja, er überlieferte sogar eine Methode, den Erdumfang auszumessen. In seiner Nachfolge hinterließ der laut Plinius niemals genug gepriesene Hipparch ein Werk über die Anordnung der Fixsterne und ihre unbewegliche Stellung, über den monatlichen Lauf des Mondes entsprechend dem Breitengrad usw. Er ist es auch, der es als Erster wagte, die Fixsterne zu zählen und sie zu Gruppen und bestimmten Sternbildern zu ordnen, wobei er einen Katalog von ihnen zusammenstellte. Aus diesen Beobachtungen, die durch so viele Jahrhunderte hindurch von so vielen Vorgängern angestellt
1 Richtig: ’ H. 2 Übliche Namensform: Timocharis.
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worden waren, entwickelte schließlich Claudius Ptolemaeus aus Pelusion, von dem viele, die sich durch Abu Maschar täuschen ließen, fälschlich behaupten, er sei König von Ägypten gewesen, so klare Berechnungen der Sterne, dass sie für alle Ewigkeit hinreichen, wie Cardano meinte. Er allein, so kann man sagen, hat die Beschaffenheit und alle Feinheiten der Himmelsmaschine wenn nicht entdeckt, so doch zu formulieren gewagt. Seine « Mathematica ließ Mamun, der König der Sarazenen, im Jahre 827 nach Chr. ins Arabische übersetzen und nannte sie Almagest. Der römische Kaiser Friedrich II. ließ das Werk um das Jahr 1230 aus dem Arabischen ins Lateinische übertragen, da das Griechische zu jener Zeit fast unbekannt war. Und so kam es, dass alle Jüngeren dem Ptolemaeus folgten, bis hin zu Kopernikus – mit Ausnahme der alfonsinischen Astronomie, die Alfons, König von Kastilien und Leon, der dafür 40000 Dukaten aufwendete, durch Rabbi Isaak Hazan und andere Juden um das Jahr 1270 begründete, wie Agostino Ricci bezeugt. Ausgenommen ist auch die thabitianische Astronomie, durch die der Jude Thabit Ibn Kurra um das Jahr 1300 in die ptolemäische Theorie unter anderem die Bewegung der Trepidation, das Vor- und Zurückschwingen des Sternenhimmels, einführte und damit das ptolemäische Weltsystem beträchtlich veränderte und erweiterte. Aber der Preuße Nikolaus Kopernikus verwarf sowohl die alfonsinische als auch die ptolemäische, die aristotelische und die thabitianische Weltsicht, weil sie den mathematischen Axiomen widersprach und den Himmelsbewegungen nicht
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entsprach, und stellte neue und völlig andere Hypothesen auf; und zwar zog er um das Jahr 1540 die uralte Hypothese des Pythagoras, die so lange begraben gewesen war, wieder ans Licht, oder besser: er verknüpfte die Ansicht des Philolaos mit der des Herakleides von Pontos und des Ekphantos und bildete aus diesen beiden seine eigene. Er setzte nämlich mit Herakleides voraus, dass sich die Erde wie ein Rad von Westen nach Osten um ihre Achse dreht und dass diese Bewegung einen Tag dauert; zugleich behauptete er mit Philolaos, dass sie sich auch um die unbewegliche Sonne dreht und dass diese Bewegung ein Jahr dauert. Dem Kopernikus folgten Federico Cesi (Caesius) von der Accademia dei Lincei und Fürst von St. Angelo, weiterhin Mästlin, Galileo Galilei und eine Reihe anderer, besonders heutzutage. Unter diesen bietet sich auch René Descartes dar, der Vater der wiedergeborenen1 Philosophie, auch wenn er ein klein wenig von Kopernikus abweicht. Und obgleich Tycho Brahe, der dänische Edelmann, dem Kopernikus nicht in allem beipflichtete und vieles bei ihm korrigierte, so bewunderte er ihn doch sehr. Dieser Tycho errichtete auf der dänischen Insel Ven das Schloss Uranienborg, um dort Sternkunde2 zu betreiben; er erfand viele astronomische3 Instrumente, die in diesem Schloss aufbewahrt werden, er beförderte viele Arbeiten und steckte so in die Entwicklung der Sternkunde zweihunderttausend Gulden. Daher überflügelte er in der Beobachtung der Sterne alle seine Vorgänger; denn er ging über die Bemühun-
1 Im Deutschen nicht wiederzugebendes Wortspiel mit Renatus (‘der Wiedergeborene’), der lateinischen Form des Namens René. 2 Zur Übersetzung: Zesen verwendet, abweichend vom modernen Sprachgebrauch, Astronomia und Astrologia als Synonyme. Die Übersetzung behilft sich im Zweifelsfall mit dem neutralen Ausdruck ‘Sternkunde’. 3 Zur Übersetzung: Lat. (ars) mathematica umfasst mehr und anderes als die heutige Mathematik, nämlich die Fächer des mittelalterlichen Quadriviums (Arithmetik, Geometrie, Astronomie, Musik); oft ist auch nur die Astronomie bzw. Astrologie gemeint. Das ist zu bedenken, wenn im Folgenden mangels einer besseren Bezeichnung von den ‘Mathematikern’ Konon, Archimedes u.a. die Rede ist.
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gen des Hipparch, des Ptolemaeus und der Alfonsiner weit hinaus, indem er all ihre Lehrsätze erneut auf ihre Wahrheit hin überprüfte. Ja, er setzte sich sogar über Kopernikus hinweg, gleich als ob dieser die Autorität der Heiligen Schrift angegriffen hätte, und entwickelte durch Umgestaltung der kopernikanischen wie der ptolemäischen Theorie eine neue Hypothese: Er ließ nämlich die Sphären der Sonne und des Mondes mit der äußeren des Sternenhimmels homozentrisch in Bezug auf die Erde sein, welch letztere in der Mitte des Universums, als dessen Zentrum, ruht; die Kreise der übrigen fünf Planeten, also von Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn, machte er homozentrisch in Bezug auf die bewegliche Sonne, als einen Mittelpunkt eigenen Rechts. So gab es seither drei hauptsächliche Schulen von Astronomen: die aristotelische oder ptolemäische, die pythagoreische oder kopernikanische und die tychonische oder brahesche; diesen fügte neuerdings der Italiener Andrea Argoli eine weitere hinzu, indem er einige Änderungen an der tychonischen Hypothese vornahm, wie man aus dem Vorwort zu seinen Ephemeriden ersehen kann. Von den ganz andersartigen und nie zuvor vernommenen Hypothesen des Giordano Bruno will ich hier nichts sagen, sondern empfehle dem wissbegierigen Leser ihn selbst sowie den Oculus Sidereus des Abraham von Franckenberg zur Lektüre. Zu den drei anderen Schulen ziehe man den Copernicus Redivivus des erlauchten Herrn Lipstorp, Kap. 7 und 8 zu Rate. Aus all dem geht hervor, wie schwer die Vollendung dieser vortrefflichen Wissenschaft zu erreichen ist; haben doch so viele große Männer so viele Jahrhunderte hindurch in ihre Er-
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forschung so viel Geld und Mühe gesteckt, und dabei hat zwar jeder einzelne, so weit sein bisschen Geschick es erlaubte, einiges beigetragen, aber insgesamt sind sie noch zu keinem Abschluss gelangt. Doch da ist die unermüdliche Tätigkeit und nächtliche Forschungsarbeit des geradezu einzigartigen Tycho Brahe, der mit einer Vielzahl neuer, zu diesem Zweck erfundener Instrumente die Zahl, die Größe und die Position der Sterne mit weitaus größerer Präzision als irgendeiner seiner Vorgänger beobachtet hatte. Ihm verdankte Willem Caesius oder Blaeu nach eigenem Bekenntnis, dass er seine astronomischen Globen, was die korrekte Stellung der Sterne und Sternbilder angeht, weit genauer und vollkommener machen konnte als je ein alter oder moderner Handwerker. An der vorzüglichen Anlage oder besser: an den Bildern seines Himmelsglobus orientieren wir uns in dieser kleinen Abhandlung in erster Linie. Dieser Caesius behielt die von den Heiden mit den Sternen verbundenen Bilder von Fabelwesen und ihre Namen bei, weil sie ja nun einmal bis heute in den Astronomenschulen üblich sind; und daher schien es uns lohnend, jene Sagen, die nach unserer Kenntnis hinter diesen von den Alten mit den Sterngruppen verknüpften mythologischen Bildern und ihren Namen stecken, durch unsere Bemühung aus den Schriften der antiken Dichter und anderer herauszuziehen und sie den Liebhabern der Astronomie ebenso wie denen der Dichtkunst vor Augen zu stellen. So kann dann jedermann wissen, was denn die so vielfältigen Gestalten so vielfältiger Lebewesen und anderer Dinge bedeuten sollen, die man in den Sternenhim-
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mel wie in ein Tiergehege oder Vivarium aufgenommen hat; und so kann man sich die Sterne selbst wie auch die Sternbilder leichter merken. Aber damit wir nicht den geneigten Leser schon im Vorfeld durch diese allzu lange Vorrede abschrecken, wollen wir den Faden hier abreißen, uns und unsere Arbeit seinem Wohlwollen anempfehlen und ihm alles Gute wünschen. Amsterdam, im Jahre 1662 dionysianischer Zeitrechnung.
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Ein Brief des erlauchten Rechtsgelehrten Johannes Crusius an den Verfasser des Astronomisch-dichterischen Sternenhimmels, hier eingefügt, um das leere Blatt zu füllen. Ich habe eine Zeitlang geschwiegen, hochherziger und edler Caesius, und gleichsam geschlafen. Aber der Fanfarenstoß des Gerüchts, das mir ankündigte, dass dein Astronomisch-dichterischer Sternenhimmel im Druck sei, hat mich wieder aufgeweckt. Du fragst, warum ich das Erscheinen dieses Werkes so sehnsüchtig erwarte? Das öffentliche Wohl wird für mich antworten: denn dem haben sich, wie wir sahen, deine unermüdlichen Bemühungen durch ganz Deutschland, ja, fast möchte ich sagen, durch ganz Europa hindurch seit deinen frühesten Tagen so sehr verschrieben, dass du wohl in ganz besonderem Maße würdig scheinst, mit dem Titel eines Lehrers des gesamten Europa ausgezeichnet zu werden. Hast du doch den Königsweg zur Unsterblichkeit des Namens und des Ruhms immer mit solchem Eifer beschritten, dass du dir einen Platz unter den Sternen gesichert hast, zumal mit dem Werk, das eben jetzt erscheint. Du bewegst dich unter den Sternen, und mit diesen nächtlichen Studien bist du in den Himmel selbst vorgedrungen. Der Himmel hat dir seine goldenen Pforten geöffnet, oder vielmehr, um die Dinge beim rechten Namen zu nennen, du selbst hast sie dir geöffnet; und nicht nur dir selbst, sondern im gleichen Zuge auch anderen, indem du der Himmelskunde den aus bloßen Fabeln gewobenen Schleier wegziehst und mit dem Geschick deines Genies die nackte Wahrheit zeigst. Ich habe ja vor zwei oder mehr Jahren deinen Astronomisch-dichterischen Fixsternhimmel in einem ersten Entwurf mit großer Bewunderung gelesen, welche das nun erschienene Werk zweifellos noch weit vergrößern wird, dem, wie ich zu meiner Freude höre, von letzter Hand noch so viele Reichtümer zugeflossen sind. Mach so weiter, mein bester Freund, und beglücke uns auch mit dem zweiten Band, den du uns versprichst, mit dem Himmel der Wandelsterne oder Planeten. So werden dann alle Geheimnisse der Sagendichter aufgedeckt sein. Lebe wohl, du neue und höchste Zierde des altehrwürdigen Geschlechts der Caesier, und sei gegrüßt von mir, der ich auf ewig dein bin. Breda, am 1. Mai 1662.
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Übersetzung der Überschrift: „Register der Autoren und Konstrukteure, auf die wir uns in diesem Werklein stützen.“
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Astronomisch-dichterischer oder mythologischer Fixsternhimmel Abschnitt I Die kunstvoll rings um den Globus aufgemalten Sterne, ihre Unterscheidung, Benennung und Anordnung; außerdem: die Milchstraße oder Galaxie. Unser Vorhaben ist es, die Sternbilder und den Ursprung der ihnen auf unserem Globusmodell zugeordneten Figuren und Namen zu erklären – einen Ursprung, der auf die uralten Mythenerzählungen der Dichter zurückgeht. Bevor wir uns aber den durch die Gruppierung von Sternen gebildeten Konstellationen und Bildern selbst zuwenden, schien es uns angebracht, etwas über ihre Bestandteile, d.h. die Sterne, vorauszuschicken und voranzustellen. Von den Sternen sind die einen Fixsterne, die anderen Wandelsterne oder Planeten. Fixsterne werden sie genannt, weil sie an ihre Sphäre gleichsam angeheftet und ‘fixiert’ sind und „mit gleichbleibenden Abständen“, wie Cicero in De natura deorum, Buch 1 sagt, „von Osten nach Westen ihren Lauf nehmen und dabei niemals von ihrer festgelegten Bahn abweichen.“ Man lese dazu die Propositiones Astronomico-Physicae de Sole meines Großvaters Abraham Zesen, der wegen seiner unermüdlichen Bemühungen um Wissenschaft und Dichtkunst von Joachim Camerarius, jenem höchst bedeutenden Mann, sehr geschätzt wurde.
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item Musæus; & Laërtio teste, Anaximander Milesius] sinnvollere Lesart (der Übersetzung zugrunde gelegt): item Musæus, Laërtio teste, & Anaximander Milesius
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Die Planeten haben ihre eigenen Sphären, die von der achten, der hier in unserem Modell dargestellten Fixsternsphäre, völlig verschieden sind. Sie bewegen sich auf so unterschiedlichen Bahnen, dass sie mit einem einzigen Gerät kaum wiederzugeben sind und deswegen auf unserem astronomischen Globus nicht erscheinen. Wir wollen sie daher in einem eigenen Buch behandeln. Hier werden wir nur die Fixsterne, also die unbeweglichen Sterne, soweit sie auf der Oberfläche des Globus abgebildet sind, betrachten. Die Nachbildung der Himmelskugel wurde von sehr vielen Menschen schon vor sehr vielen Jahrhunderten versucht und soll einigen auch gelungen sein. Der Erste von ihnen war laut Diodor, Buch 5 Atlas, ein Ägypter oder, nach anderen, ein Phönizier, mag er nun der König von Mauretanien und Bruder des Prometheus gewesen sein, jenes Teilfürsten von Ägypten, den Eupolemos und der Polyhistor Alexander Cornelius fälschlich mit Henoch gleichsetzten, oder ein anderer Atlas, der ‘Sternkundige’ genannt, der bei den Griechen hochberühmte Sohn des Prometheus, nach der Aufstellung des Eusebios um das Jahr 431 nach Abraham. Dem Beispiel des Atlas soll sein Schüler Herkules gefolgt sein, ebenso Musaios, laut Laertios, und Anaximander aus Milet, der Schüler des Thales, wie Plinius in Buch 7, Kap. 56 überliefert.1 Dasselbe sollen auch Poseidonios und Archimedes, der ‘Hunderthändige’, versucht haben, wie bei Cicero in Buch 1 der Tusculanen zu lesen ist. Ja, auch Kleomedes und andere, mal dieser, mal jener, werden dafür lobend erwähnt, wie wir in unserer Ancilla Astronomiae, Teil 2, Abschnitt 1 ausführlich genug gezeigt haben. Das war allerdings auch nicht besonders schwer, da man Wesen und Eigenschaften der Himmelskreise ja schon der bloßen Geometrie entnehmen konnte. Ob jedoch einer der ganz alten Konstrukteure schon vor Hipparch den Versuch unternommen hat, wirklichkeitsgetreue Himmelsgloben mit Sternen und Sternbildern in der korrekten Anordnung und Stellung zu versehen, daran hege ich so meine Zweifel; dass dies aber vor Hipparch tatsächlich schon jemandem gelungen sein soll, das kann ich nicht glauben. Denn nach dem Zeugnis vieler Autoren, besonders aber des Ptolemaeus und des Plinius erforschte Hipparch als Erster die Sterne mit eigens dazu konstruierten Instrumenten, und so beobachtete er einen neuen Stern, der zu seiner Zeit auftauchte.
1 Zur Übersetzung vgl. die Anmerkung zum lateinischen Text und den Kommentar.
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Er wagte sich auch als Erster daran, die Sterne zu zählen und die Gestirne nach dem Winkelmaß zu bestimmen. Und noch heute findet sich in den Büchern der M «, d.h. der ‘Großen Zusammenstellung’ des Ptolemaeus, von den Arabern gewöhnlich Almagest genannt, ein Fixsternkatalog, den ebenfalls Hipparch zu dem Zweck zusammenstellte, dass daraus für beliebige Anlässe den Gestirnen am Himmel entsprechende Abbildungen angefertigt und auf massiven Globen angebracht werden könnten. Das haben später anhand dieses Katalogs Bathecombe, Ziegler, Regiomontanus, Schöner, Gemma Frisius und andere versucht. Der Letztgenannte machte sich daran, aufgrund seiner eigenen Beobachtungen mit Hilfe des Jakobsstabes einen neuen Globus zu gestalten, wurde aber durch den Tod an seiner Fertigstellung gehindert. Doch verfertigte nach ihm um 1548 der Niederländer Gerhard Mercator einige auf der Basis des alten Kataloges. Doch weit vollkommenere und genauere Globen verschiedener Größe, deren Durchmesser bei den größten zweieinhalb geometrische Fuß erreichte, stellte in unserem Jahrhundert mit unübertrefflicher Beharrlichkeit Willem Caesius oder Blaeu aus Amsterdam her, wobei er sich besonders auf den Fixsternkatalog von Hipparch, Ptolemaeus, Alfons und Kopernikus stützte, der durch Tycho Brahe, den dänischen Ritter, aufs neue auf seine Richtigkeit hin überprüft und ergänzt worden war. Deren Bilder wollen wir in diesem Werklein vor allem erläutern. Ja, was die größten Mathematiker mit größter Bewunderung erfüllte: Dieser nie genug gepriesene Caesius konstruierte als Erster und, soviel ich weiß, bisher als Einziger mit gleicher Geschicklichkeit ein doppeltes kopernikanisches Himmelsmodell. Einerseits ist es ein Teilmodell, in dem er anschaulich und gleichsam mit den Händen zu greifen die doppelte Bewegung der Erde darbietet: die tägliche um ihre eigene Achse und die jährliche entlang der Ekliptik, und dabei ist sogar die Neigung der Erdachse in immer dieselbe Himmelsgegend zu sehen. Auch die Verschiebung der Achse und die daraus folgende Präzession der Tag- und Nachtgleiche sowie den Wechsel der Jahreszeiten, den Aufgang und Untergang der Gestirne und anderes dieser Art kann man daran mit Leichtigkeit zeigen und beobachten. Andererseits ist es ein Universalmodell, mit dem Blaeu den Aufbau der Welt insgesamt darstellte. Da sieht man die Sonne im Zentrum ruhen, darum bewegt sich die
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Sphäre des Merkur, um diese die Sphäre der Venus; Erde und Mond hingegen durchlaufen zwischen den Bahnen von Venus und Mars im Zeitraum eines Jahres die Ekliptik. Über der Sphäre des Mars liegt die des Jupiter und über dieser die des Saturn. Als äußerste endlich schließt die Fixsternsphäre, auch sie unbeweglich, die Welt ab. Und daran kann man die Lage der Himmelskreise, die Stillstände, Rückwärtsbewegungen und Bewegungsrichtungen der Planeten und andere aus der Bewegung der Erde entlang der Ekliptik resultierende Phänomene ablesen. Dies doppelte Sphärenmodell empfiehlt Caspar van Baerle in folgenden Versen: Sieh die gestürzte Feste der Götter, die Mauern des Weltbaus fallen, der du der Welt Zepter, o Mensch, nun ergreifst. Sieh auf die Erde, die dort um drei Gestirne herumläuft, und dann auf Venus und Mars, jeweils an anderem Ort. Sieh auf den Äther, sich dehnend in unermessliche Räume, und auf der Sternfackeln Licht, weit von der Sonne entfernt. Phaëthon steht, ganz unbeweglich, er hält keine Zügel. Nichtige Fabel war er so vieler Dichter doch nur. Vorwärts bewegt sich die Erde, wir mit ihr auf sicheren Bahnen: Unsere Augen umfängt täuschender Irrtum allhier. Kluger Perser, das wusstest du nicht, und Athen, das auch du nicht, nichts, Ptolemaeus, davon wird deinen Tafeln verdankt. Ach, zu spät sind wir klug. Schon altern Erde und Äther, und noch kennen wir kaum dieses vortreffliche Werk. Lebe, Kopernikus, strahle als treuer Begleiter der Sonne. Dunkler Schatten der Erd’ falle nie auf deinen Ruhm. Glänz mit der Sonne im Zentrum, die ganze Welt wird dich sehen, und sie wird aufsehn zu dir, der du sie selbst hast endeckt. Der du der Sonne den Platz inmitten des Weltalls gewiesen, dir gebührt auch der Platz mitten im Zentrum des Lichts. Wer mehr über dies kopernikanische Weltsystem wissen möchte, greife zum Copernicus Redivivus des hochgelehrten Daniel Lipstorp. Dort wird zugleich auch die brahesche oder tychonische Hypothese einer Prüfung unterzogen.
Die Fixsterne ihrerseits sind entweder Einzelsterne oder Teile eines Sternbilds. Soweit die Einzelsterne keinen eigenen Namen hatten, nannte man sie auf Griechisch «, d.h. verstreute, versprengte, vereinzelte oder nicht formierte Sterne, weil sie nämlich außerhalb
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der abgegrenzten Bilder lagen und keiner bestimmten Figur ohne weiteres zugeordnet werden konnten. Die ‘konstellierten’ oder ‘formierten’ Sterne sind bezogen auf Form oder Bildinhalt einer bestimmten Konstellation und werden teils durch einen eigenen Namen, teils durch Namen, die von dem ihrer Konstellation abgeleitet sind, voneinander unterschieden. Die noch ungeordneten Haufen der ‘konstellierten’ Sterne wurden von Eudoxos, Hipparch und anderen zu diesen ‘Bildern’ zusammengefasst, welche Hipparch $ , Plinius sidera und , d.h. signa, Valla und andere astra, Hyginus und Aristoteles , d.h. ‘Körper’, Proklos ) ‘Tiere’, Ptolemaeus , d.h. ‘Gestalten’, und die übrigen Astronomen constellationes, φ« oder configurationes oder auch !" zu nennen pflegen. Dies geschah hauptsächlich aus vier Gründen. Der erste und wichtigste war ein methodischer, nämlich die Leichtigkeit, die Sterne zu erkennen und zu unterscheiden. Es wäre nämlich schwierig, ja schier unmöglich gewesen, diese so große Menge von Sternen zu erkennen und zu unterscheiden, wenn nicht die Alten den Reigen der Sterne durch so etwas wie bestimmte Bilder oder Zeichen für das Lehren und Lernen gegliedert hätten. Den zweiten, den historischen Grund, nämlich die Schmeichelei, nennt uns Cicero gleich zu Beginn von Buch 5 der Tusculanen: „Es würde auch nicht überliefert, dass Atlas den Himmel trägt, dass Prometheus (sc. sein Bruder) an den Kaukasus gefesselt und Kepheus samt Gattin (sc. Kassiopeia), Schwiegersohn (sc. Perseus) und Tochter (sc. Andromeda) in Sterne verwandelt wurde, wenn nicht ihre gottgleiche Kenntnis der Himmelsdinge ihre Namen in den Irrgarten der Fabelwelt hineingezogen hätte.“ Den ersten Anhängern der Astronomie unter den Heiden suchte man nämlich auf diese Weise Ruhm und Unsterblichkeit des Namens zu sichern. Der dritte, der naturkundliche Grund war die Wirkung der Sterne bzw. das Bemühen, diese Wirkung zu benennen und zu kennzeichnen. Ihre Natur sollte durch solche den Sternengruppen zugeordneten Abbildungen von Tieren und anderen Dingen, die die gleiche Natur und Wirkkraft wie diese Sterne aufweisen, leichter kenntlich sein, wie aus der Sphaera barbarica des Manilius zu ersehen ist. Der
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vierte Grund schließlich, der mathematische, war die Ähnlichkeit: Die ähnliche Anordnung der Sterne bot von selbst den Anlass zur Schaffung einiger Bilder und Figuren. Deswegen nämlich heißt ein Sternbild ‘Dreieck’, andere heißen ‘Krone’, ‘Kreuz’, ‘Wagen’, ‘Eridanus’1, ‘Drache’ usw. Wer dem genauer nachgehen will, wird den wahren Anlass für Bild und Namen leicht von dem fabulösen unterscheiden. Man lese dazu Plinius, Buch 2, Kap. 3 und Vossius, De quatuor artibus popularibus, S. 156; wobei allerdings wohl niemand leugnen kann, dass sehr oft die unpassendsten, ja unflätigsten Gestalten, die der Anordnung der Sterne völlig wesensfremd sind, jenen so edlen Himmelskörpern untergeschoben wurden. Diese erste Zuweisung oder Verteilung der Sterne in bestimmte Gruppen oder Konfigurationen wird hauptsächlich den Phöniziern zugeschrieben. Von denen kam sie später zu den Griechen, von diesen zu den Arabern, die das meiste durch barbarische Erfindungen entstellten und, da ihnen die Abbildung von Menschen als Sünde galt, lächerliche Ungeheuer einschleusten. Von den Arabern aber und zugleich von den Griechen gelangte sie zu den Römern und schließlich zu uns. Denn es ist wahrscheinlich, dass jene Bilder und Namen schimpflicher Götzen und anderer abscheulicher Dinge auf den astronomischen Globen, an denen auch unsere Astronomen bis heute festhalten, weder von den Hebräern und den Erzvätern stammen, über die wir lesen, dass sie ihre Globen mit hebräischen Buchstaben beschriftet haben, und auch nicht von den Christen, sondern dass sie dem Hirn von Götzenanbetern entsprungen sind. Das empfand in neuester Zeit auch der Rechtsgelehrte Julius Schiller aus Augsburg so; er ersetzte diese nichtswürdigen Gestalten durch Bilder von Heiligen und dergleichen, entsprechend der von seinem Freund Bayer unvollendet hinterlassenen Anordnung und Zuweisung zu christlichen Sinnbildern, und veröffentlichte den Coelum stellatum Christianum. Darin stattete er als Erstes den Tierkreis, den er den ‘Kranz’ oder ‘Kreis der heiligen Apostel’ nannte, mit anderen Bildern aus als Drexel, nämlich mit denen der zwölf Apostel. So wies er den Platz des Widders dem Petrus zu, den des Stieres dem Andreas, den der Zwillinge Jakobus dem Älteren, den des Krebses dem Johannes, den des Löwen dem Thomas, den der Jungfrau Jakobus dem Jüngeren, den der Waage dem Philippus, den des Skorpions dem Bartholomäus, den des Schützen dem Matthäus, den des Steinbocks dem Simon, den des Wassermanns dem Judas Thaddäus und den der Fische dem Matthias. Dies sind seine Tier-
1 Bezeichnung für verschiedene Flüsse, s.u. 228ff.
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6–10 Gegenüber der sonstigen Praxis bei Verszitaten ist die Verteilung von kursiv (Normaltext) und recte (Hervorhebung) hier vertauscht (so auch 12,5–10, 19,1–3,5,9, 20,31–36 und 21,11–17). 16 impugnantium] impugnantia (sc. nomina)
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kreiszeichen. In gleicher Weise nahm er für die extrazodiakalen Sternbilder in der nördlichen Hemisphäre Gestalten aus den Geschichten des Neuen Testaments, in der südlichen Hemisphäre des Alten Testaments. Was die Planeten betrifft, so bezeichnete er sie nach beiden Testamenten: Adam ersetzt den Saturn, der erste Vater auf Erden, Jupiter wird zu Mose, und Josua drängt den Mars fort. Hoch überm Äther schwebt der Gerechtigkeit Sonne, schwebt Christus. Lucifer1 wird zum Verkünder Johannes, Merkur zu Elias, und der Mond ist die Mutter Gottes, die Jungfrau Maria. Wir hingegen behalten zwar, wie im Folgenden deutlich wird, die alte Verteilung der Sterne in bestimmte Bilder bei, ändern jedoch alle ihre Bezeichnungen, die zumeist den Fabeleien und Erfindungen der Dichter entnommen sind, und setzen, soweit wie möglich, wahre Namen aus den wahren Geschichten der Heiligen Schrift ein, Namen, die dem Wesen dieser Sterne nicht widersprechen2. Das hat bekanntlich auch Wilhelm Schickard in seinem Astroscopium getan. Im Übrigen ist nicht zu bezweifeln, dass die Phönizier eine solche Verteilung der Sterne nach der Sintflut von den Erzvätern übernommen haben. Laut Flavius Josephus in den Antiquitates Iudaicae, Buch 1, Kap. 3 steht fest, dass diese sich vorzüglich in der Astronomie auskannten und dass dieses Wissen ihnen als der größte Schatz der Natur vom Urvater Adam übermittelt wurde, dem es von Gott selbst vom Himmel herab gleichsam eingeflößt worden war; aber, wie ich glaube, mit anderen Bildern, gänzlich verschieden von denjenigen, mit denen die Phönizier die Anordnung der Sterne darstellten. Und es ist durch Zeugnisse überliefert, dass die Erben Adams nach seinem Tode die künftige zweifache Vernichtung des Menschengeschlechts, eine durch Wasser, die andere durch Feuer, von Adam selbst geweissagt bekamen; sie seien zu der Ansicht gekommen, dass alle Wissenschaften, auch wenn sie verloren gingen, mit Hilfe des menschlichen Verstandes in ihrem früheren Umfang wiederhergestellt werden könnten, nur die Astronomie nicht; denn die kann nur über einen langen Zeitraum, in ausgedehnten Nachtwachen und durch unablässige Beobachtung erarbeitet werden. Deswegen hätten sie zwei Säulen errichtet, auf denen sie mit Zeichen, Buchstaben und Hieroglyphen die gesamte Astronomie auf wunderbare Weise dargestellt hätten: eine aus Ziegeln, welche bei Ausbruch des Brandes gehärtet würde und so dem Feuer
1 Lucifer: der Morgenstern, die Venus. 2 Im lat. Text irrtümlich impugnantium, bezogen auf stellarum statt auf nomina.
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widerstünde und nicht verzehrt würde; die andere aus Stein, damit, falls etwa die Ziegelsäule durch die Sintflut zerstört würde, die steinerne übrig wäre. Und diese soll, so berichtet ebenfalls Josephus unter Berufung auf Berossos, nach der Sintflut von Noah in Syrien aufgefunden worden und noch zur Zeit der Caesaren wohl erhalten gewesen sein. Noah, dessen Vorvater Henoch Bücher über die Sternenwissenschaft schrieb, die noch Tertullian las und die noch heute im Reich der Königin von Saba existieren sollen, dieser Noah weihte die Armenier und Skythen darin ein. Abraham aus dem Volk der Chaldäer, der nach Noah der Kundigste in der Astronomie war, sowie der Erzvater Joseph taten dasselbe bei den Ägyptern, und von diesen übernahmen die Griechen sie und von denen dann später die Römer, vgl. Eusebios, Praeparatio evangelica, Buch 9, Kap. 18f. und Philon, De nobilitate. Die Schüler des Mose teilten, wie die Autoren bezeugen, die ganze Oberfläche der Himmelskugel in 72 Dreiecke auf, nämlich dreimal zwölf nach Norden und ebenso viele nach Süden, wobei jedes Dreieck an der Basis zehn Grad misst; so blieb kein einziger Stern außerhalb dieser Anordnung. Nach deren Vorbild entfernte Postel in seinem Büchlein über die wahre Anordnung der Himmelszeichen die aus Sagenerzählungen stammenden Bilder unserer Astronomen und teilte die Mittelzone des Globus, die die zwölf Tierkreiszeichen enthält, in zwölf Quadrate, den Rest bis zu beiden Polen in 24 Dreiecke, zwölf nach Norden und ebenso viele nach Süden, wobei die einzelnen Quadrate jeweils 30 Grad in der Länge und ebenso viel in der Breite messen, d.h. 15 oberhalb und 15 unterhalb der Ekliptik. Die einzelnen Dreiecke aber messen 30 Grad an der Basis und 60 an den Seiten.1 Und so konstruierte er insgesamt 36 Figuren auf dem Globus, von denen je drei, nämlich das obere und untere Dreieck zusammen mit dem dazwischen liegenden Quadrat, für uns ein Zweieck ergeben, eine zweieckige Gestalt, die aus der Zusammenführung zweier von Pol zu Pol verlaufender Halbkreise gebildet ist. Wenn man das bei allen so macht, ergeben sich zwölf Zweiecke. Und es stimmt ja auch, dass in der ganzen Vermessungskunst nichts bekannter oder häufiger ist als das Zweieck, das Dreieck und das Viereck. Ja, alles,
1 Bei der hier vorgeführten, aus Postel übernommenen Rechnung fehlen jeweils 15 Grad in beiden Hemisphären – man kommt nur auf 75 Grad.
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was wir in der ganzen Gegenstandswelt messen, muss sich notwendig in diese Figuren auflösen lassen. Allerdings scheint der Astronom mit einer derartigen mathematischen Anordnung der Sternbilder nicht besonders zufrieden zu sein; kann er doch auf einem leichteren und zugleich angenehmeren Weg aus den aufgemalten Bildern von Tieren und anderen derartigen Dingen die einzelnen Sterne von anderen unterscheiden und trennen und dabei ihre unterschiedliche Natur und Wirkung, ob gut oder böse, aus der gleichartigen Natur des Tieres, dessen Abbild ihnen zugeordnet ist, genau erkennen. Eben dies vermisst man auch in dem zuvor erwähnten Coelum stellatum Christianum. Denn die lüsterne, zugleich schamlose und unbeständige Natur der Sterne des Widders, der genau dieselbe Natur aufweist (von anderem ganz zu schweigen), ist keineswegs zu erkennen, wenn man ihnen das Bild des heiligen Petrus zuordnet, dessen Heiligkeit und untadelige Lebensführung uns etwas gänzlich anderes verheißen. Es war schon ganz richtig, solchen zu Unflätigkeit, Geilheit oder gar Gottlosigkeit aufreizenden Sternen auch Bilder unflätiger Dinge von ebenso unsauberem und gottlosem Charakter zuzuordnen.
Die ‘konstellierten’ Sterne ihrerseits werden, wenn man sie unabhängig von ihrem Sternbild betrachtet, entweder einzeln oder als Gruppe benannt. Einzeln benannte Sterne sind: Sirius oder canicula, der Hunde-stern, arabisch Aschere; Procyon, der kleine Hundestern; Stella polaris, der Nord- oder angel-stern; Canopus, der Schifstern; Cor Leonis, das Leuen-hertz, arabisch laut Schickard Kalbol-asadi; Cauda Leonis, der Leuen-schwantz, arabisch laut Schickard Dhanbol-asadi; Cor Hydrae, das Schlangen-hertz, der schlangen hertz-stern, arabisch Alpharad; Cor Scorpii, das Skorpions-hertz, arabisch laut Schickard Calbolacrabi; Caput Draconis, der Drachen-kopf, arabisch laut Schickard Raso tabbani; Caput Herculis, des Drachen-streiters haupt-stern, arab. Ras algeti; Humerus Orionis,
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des Riesen schulter oder der schulter-stern, arabisch Algauza; Spica Virginis, der ährenstern oder die Jungfer-ähre, arab. Azimech, laut Schickard Huzimethon; Hircus oder Capra, der Ziegen-stern, arab. Alatudo, etc. Hier ist anzumerken, dass die Peruaner, laut José Acosta in Buch 5, Kap. 2 seines Werkes über Westindien, außer dem Schöpfergott, den sie in ihrer Sprache Viracocha nennen, auch die Sterne verehren, sowohl die Fixsterne als auch die Planeten; sie dichten ihnen die Namen und Gestalten von Tieren an, jedem Stern jeweils die eines anderen Tiers, wobei sie jedem eine besondere Aufgabe zuweisen, und so betet jeder zu seinem ihm eigenen Stern. Sie glauben nämlich, dass es nirgendwo auf der Erde ein Tier gibt, ob vierfüßig oder geflügelt, dessen Ebenbild nicht am Himmel leuchte; von dort her werde Ähnliches auf der Erde hervorgebracht, von dort beziehe es sein Wachstum. So scheinen sie mit Platon, was die Ideenlehre betrifft, durchaus übereinzustimmen. Die Hirten beten besonders zum Stern Vrcuchillay, den sie als bunten Widder darstellen; seine einzige Aufgabe sei es, das Vieh zu beschützen. Dies Gestirn soll dasselbe sein wie die Leier. Andere rufen einen Stern namens Chuquichinchai, d.h. ‘Tiger’, an, von dem es heißt, er herrsche über Tiger, Bären und Löwen; ebenso einen anderen Stern mit Namen Machuacuai, der den Kriechtieren und Schlangen gebietet, vor denen sie auf diese Weise sicher zu sein glauben. Außer diesen verehren sie auch Chacana, Catuchillay, Vrcuchillay1, Mequiquiray, Mirco, Topatatca, Mamana, Colca, der unserer Capella entspricht, und andere mit anderen Namen.
Die als Gruppe benannten Sterne sind die Plejaden, das Sieben-gestirn, und die Hyaden, die Glukke oder Gluk-henne oder die Küchlein, welche sich alle im Stier befinden; ebenso die Tres Reges (‘Drei Könige’), mit anderem Namen Cingulum Orionis (‘der Gürtel des Orion’) oder Baculus Iacobi, der Jakobs-stab oder die drei Könige; und Plaustrum, der Wagen oder Heer-wagen etc.
1 Schon in Z. 19 erwähnt.
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Ferner werden alle Fixsterne, die am Himmel wie auch auf dem Globus zu sehen sind und besonders leuchten, nach ihrer Größe oder unterschiedlichen Leuchtkraft eingeteilt, derart, dass es Sterne erster Größe gibt mit einem scheinbaren Durchmesser von 8 Minuten, die durch ihre Leuchtkraft alle anderen mit Ausnahme von Sonne und Mond übertreffen; andere sind zweiter Größe, deren scheinbarer Durchmesser 6 Minuten ist; andere dritter Größe mit 4 Minuten, andere vierter Größe mit 3, andere fünfter Größe mit 2 und andere sechster Größe mit einer Minute Durchmesser. Nach dieser Methode setzten die Meister die Zahl der Fixsterne an: nämlich insgesamt etwa 15 erster Größe, die 107 mal so groß wie die Erdkugel sind, nach Bayer nur 68 mal, nach anderen 105 mal; 45 Sterne zweiter Größe, die 87 mal so groß sind wie die Erde, nach anderen 90 mal, nach wieder andern 28½ mal; 208 Sterne dritter Größe – nach anderen 205 –, die 72 mal so groß wie die Erde sind, nach anderen etwa 11 mal; 474 Sterne vierter Größe – nach Bayer 475, nach anderen 477 –, welche 54 mal so groß sind wie die Erde, nach anderen 3½ mal; 217 Sterne fünfter Größe – nach Bayer 216 –, die 31 mal so groß sind wie die Erde, laut Bayer 111⁄8 mal, nach anderen nur etwas mehr als doppelt so groß; 53 Sterne sechster Größe – nach anderen 49, nach Bayer 94 –, die die Erdmasse nach Ansicht der Alten um das 18-fache übertreffen, nach Meinung der Neueren aber mit ihrer Masse nur ein Drittel der Erdkugel ausmachen. Und so nannte Bayer für die Fixsterne, die man mit den Augen genau erkennen kann, die Gesamtzahl 1725, Plinius (Naturalis historia, Buch 2, Kap. 42) zur Zeit der flavischen Kaiser die Zahl 10601, al-Battani, al-Farghani und Ptolemaeus 1022; Rabbi Kimchi 1089.
1 Richtig: 1600. Auch die Bayer zugeschriebenen Zahlen sind z.T. falsch und in sich inkonsistent.
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Die Sterne erster Größe sind in den folgenden Versen festgehalten: Erster Größe erglänzt im Süden der Hundsstern, der große; Dann die rechte Schulter, der linke Fuß des Orion, Drauf das Auge des Stiers und funkelnd darüber Capella; Dann die Leier, Arcturus, des Skorpions Herz und die Ähre, Vorne das Herz der Schlange, des Löwen Herz und sein Schwanz auch. Unter dem Fohamand1 glänzt Canopus sowie der Acarnar2. Außerdem kommen noch die Nebelsterne hinzu sowie die dunklen oder traurigen Sterne, die deshalb so genannt werden, weil sie sich unserem Anblick zumeist entziehen. Die Kabbalisten rechnen solche Sterne mit den sichtbaren zusammen und kommen so auf 290 Millionen. All diese Nebelsterne, ja sogar noch viel mehr kann man mit einem Fernrohr genau erkennen. Das Fernrohr wurde, laut Sirtori in seinem Telescopium, Kap. 25, S. 24 von Jacob Metius und Hans Lipperhey in Middelburg in Seeland im Jahre 1609 erfunden, später aber in Italien von Galilei verbessert, in England durch Drebbel, laut Gassendi in seiner Biographie des N. de Peiresc, S. 303, vergrößert und in Frankreich durch T. Campanella und Thomas3 Gascoigne sowie durch einen neapolitanischen Ritter bedeutend verbessert. Denn Ant. Rheita schreibt auf S. 69 über ein von ihm selbst entwickeltes Fernrohr Folgendes: „Mit Hilfe dieses Fernrohrs sehe ich mit einem Blick die ganze Heerschar und das ganze Gefolge, das den Jupiter und den Saturn umgibt, während das von Galilei kaum den hundertsten Teil davon erschließt. Ja, noch gestern betrachtete ich voll Staunen und höchster Bewunderung in größter Klarheit das Schweißtuch der Veronica4, das sich aus 140 Sternen zusammensetzt, die Adlerleier mit 150 Sternen, den Stier mit 200 Sternen, die Plejaden mit mehr als 100 und den Orion mit über 100 Sternen“ usw. Vgl. ebd. S. 70, 98 und 103 über das von Johannes Carmuel5 angefertigte, acht Fuß lange Fernrohr. Giordano Bruno schreibt in De universo et mundis, seu infinito et innumerabilibus (Kap. 9, S. 233 und Buch 4, Kap. 13, S. 408), es gebe im unendlichen Raum des Universums unzählige Sonnen oder Fixsterne und unzählige Erden oder Planeten. Und auch wenn die Astronomen 1726, die Talmudisten 12000, die Mystiker 144000 und die Kabbalisten 290 Millionen Sterne zählen, ja, auch wenn Gott selbst sie alle gezählt und benannt hat (Esra 16,57; Jes. 40,26; Ps. 147,4), so ist uns doch bisher noch keine gesicherte Zahl für die
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Heutige Schreibweise: Fomalhaut (vgl. auch u. 92,27f.). Heutige Schreibweise: Achernar. Gemeint: William (Hinweis durch Jürgen Hamel). Das Haar der Beronike, s.u. 134,20. Übliche Namensform: Caramuel.
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Sterne bekannt geworden. Vgl. dazu auch Galilei im dritten Dialog über die Weltsysteme, S. 245, P. Gassendi, Exercitatio Epistolica, S. 49, Joh. Bureus, Tabellae Philosophiae Hebraeorum.
Auf unserem Globus ist in der Gegend des Südpols, unter dem Eridanus, eine Tabelle zu sehen, auf der die unterschiedlichen Zeichen für die nach ihrer sichtbaren Größe unterschiedenen Sterne dargestellt sind. Darin wird ein Stern erster Größe oder ersten Ranges durch acht größere Zacken mit Strahlen dazwischen gekennzeichnet; ein Stern zweiter Größe ebenso mit sechs größeren Zacken; dritter Größe: fünf größere Zacken; vierter Größe: acht kleine Zacken ohne Strahlen dazwischen; fünfter Größe: sechs kleine Zacken; sechster Größe: fünf kleine Zacken; ein Nebelstern schließlich hat einen ganz kleinen Ring ohne Zacken. Obwohl alle Sterne an sich als rund anzusehen sind, so scheinen doch die Fixsterne durch ihr Funkeln, durch das sie sich von den Planeten unterscheiden, so etwas wie Zacken zu haben, und so werden sie auch auf unserem Globus eingezeichnet, wenn auch in unterschiedlicher Weise, wie eben gesagt. Denn sonst, außer auf dem Globus, werden alle Sterne meist mit sieben Zacken oder Strahlen dargestellt, und durchaus zu Recht. Denn jeder Stern verschießt und versendet am Himmel sieben Strahlen, drei nach rechts, d.h. in die Richtung, aus der er kommt, und ebenso viele nach links, d.h. in die Richtung, in die er sich auf gerader Bahn bewegt, und schließlich einen, den siebten, in die genau entgegengesetzte Richtung. Nehmen wir als Beispiel die Sonne: Beim Aufgang ganz vorn am Widderpunkt schickt sie ihre rechten Strahlen zurück zu den vorangegangenen Zeichen, d.h. in die südliche Hälfte des Tierkreises, die zu diesem Zeitpunkt die obere Halbkugel einnimmt; und zwar sechseckige, viereckige und dreieckige Strahlen; und ebenso viele sendet sie nach links zu den nachfolgenden Zeichen oder in die nördliche Hälfte des Tierkreises, die zu diesem Zeitpunkt für die Antipoden sichtbar ist und zu der wir die Sonne hinstreben sehen. Den siebten, entgegengesetzten Strahl sendet sie in Richtung auf ihren eigenen Untergang, wie bei Firmicus, Pontano und anderen Astronomen nachzulesen ist.
Schließlich werden alle Sterne auf dem Globus wie auch am Himmel selbst in drei Hauptre-
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gionen oder -zonen des Globus bzw. des Himmels aufgeteilt oder zugeordnet, nämlich in die mittlere Zone, d.h. den Tierkreis, die nördliche Zone vom Tierkreis bis zum Nordpol und schließlich die südliche Zone vom Tierkreis bis zum Südpol. Daher kommt es auch, dass wir die Sterne einesteils die zodiakalen oder mittleren, andernteils die extrazodiakalen nennen, und diese wiederum entweder die nördlichen oder die südlichen. Durch diese drei Zonen aber zieht sich jene gewundene Bahn oder Spirale, bleich oder weißlich, ziemlich breit und glänzend, die von manchen die ‘junonische’ oder ‘milchige’ genannt wird, von Ptolemaeus ‘das Band’, von anderen ‘Spur der Sonne’ und ‘verbrannter Streifen bzw. Straße’, gewöhnlich Via Divi Iacobi, auf Deutsch die Milch-straße oder Jakobs-straße, bei den Arabern ‘Milchstraße’ und bei den Griechen ² « oder «. Abgesehen von den zu Sternbildern zusammengefassten Sternen scheint sie fast keine anderen zu enthalten als jene kleinen, die wir Nebelsterne oder dunkle Sterne genannt haben und die man ohne Perspektiv oder künstliches Fernrohr zumeist nicht sehen kann, und von diesen enthält sie anscheinend den allergrößten Teil. Deswegen sind auch auf unserem Globus nur ganz wenige und nur die auffälligeren in diesem Streifen aufgemalt zu sehen. Denn dieser milchige Glanz und Schimmer der Milchstraße, welche Hesychios als in Milch gekochten Weizenbrei deutet, rührt, wie Demokrit richtig erkannte, von nichts anderem her als von der ungeheuren Menge der Sterne, die auf diesem Himmelsstreifen zusammengeballt sind und sich der Sehkraft unserer Augen so sehr entziehen, dass wir sie ohne dioptrisches Fernrohr nur als verschwommenen Schimmer wahrnehmen können. Und deshalb fragt Manilius in Buch 1 der Astronomica:
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Oder windet ein größerer Kranz von Sternen zu dichtem Kranz seine Flammen, erglänzt durch die Dichte des Lichtes, und leuchtet dieser Kreis durch die Ballung der schimmernden Lichter so deutlich? Und das kommt nicht von der Reflexion des Sonnenlichts ohne eigenes Leuchten der Sterne, wie Anaxagoras laut Laertios, Buch 2 und ihm folgend Hippokrates behaupteten; auch nicht von einer feinen, nebelhaften Substanz, wie Bayer meint; und auch nicht vom Licht, das die Sonne dort hinterließ, als sie einst auf dieser Bahn lief, wie vor Zeiten die Pythagoreer fabelten, wieder nach dem Zeugnis des Manilius, wenn er schreibt, es seien die Rosse der Sonne dort andere Bahnen gelaufen, hätten ein anderes Wegband zerstampft und in langen Äonen sei die Heimstatt verbrannt und die Sterne, verdampft durch die Flammen, hätten den blauschwarzen Schimmer durch Wechsel der Farbe verändert und am Ort sei Asche verstreut und der Kosmos bestattet … usw. Es kommt auch nicht von dem durch Phaëthon verursachten Brand und nicht von der Milch der Juno, welche Herkules, als er auf Anstiften der Pallas an Junos Brüsten sog, ausspuckte und damit den Himmel weiß färbte, wie bei Philoponos in seinem Kommentar zum ersten Buch der Meteorologie1 zu lesen ist und dort unter Bezug auf die Reflexion des Sonnenlichts gedeutet wird; und auch nicht von den Seelen toter Helden, die sich diese Himmelsgegend als ihren Wohnsitz erwählt haben sollen, weshalb sie auch ‘Sitz der Heroen’ und ‘Königsweg des Himmels’ genannt wird, wie Manilius an der genannten Stelle ausführlicher darstellt. Daher rührt es, dass die exakteren Naturforscher die Ansicht des Aristoteles ablehnen, die er in Buch 1, Kap. 8 der Meteorologie darlegt, dass nämlich die Milchstraße sich nicht am Himmel befinde, sondern eine Ansammlung von Ausdünstungen in der Luft sei, weswegen er sie zu den atmosphärischen Phänomenen rechnete. Sie sagen nämlich, die Milchstraße sei ein sehr breiter Streifen von milchiger Farbe am Himmel, der fast den ganzen Himmel durchgängig umgürtet und ihn gleichsam in zwei Teile zerschneidet, wobei er immer ein und dieselbe Entfernung zur Erde wahrt, was die atmosphärischen Phänomene nicht tun. Man vgl. dazu Aristoteles, Metaphysik, Buch 1, Kap. 8, Plutarch, De philosophorum decretis, Magyrus, Physica, S. 309, Macrobius, Somnium Scipionis, Buch 1, Kap. 15, Velcurio, Kommentar zur Physik des Aristoteles, S. 151; Averroes, Philoponos, Cardano; Meurer, Meteorologia, S. 58f. etc., ebenso Sperling in seinen Physica und Benedetto Mazzotta, De triplici philosophia, S. 7, Kap. 1.
1 Sc. des Aristoteles.
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Die Galaxie oder Milchstraße, gewöhnlich der ‘Weg des heiligen Jakob in Galizien’ genannt, ist auf der einen Seite weißer, heller und breiter als auf der anderen, an manchen Stellen einfach, an anderen doppelt. Von jenem wunderbaren Stern nahe dem Nordpol, der auf unserem Globus abgebildet ist und der im Jahre 1572 mit ungewöhnlicher, die anderen Sterne überstrahlender Helligkeit für eineindrittel Jahr im hinteren Teil des Thrones der Kassiopeia zu sehen war, verläuft sie nach Süden durch die Kassiopeia selbst, den Perseus, den Fuhrmann und die Keule sowie den Arm des Orion, wo sie die Füße der Zwillinge streift; von dort durch den Äquator, den Großen Hund, die Argo – da ist sie am breitesten –, die Füße des Kentauren, das Kreuz und das Südliche Dreieck. Von dort wendet sie sich zurück nach Norden durch den Altar, den Schwanz des Skorpions und den Bogen des Schützen; dort sehen wir zwischen dem Äquator und dem Tierkreis, die sie beide kreuzt, den Namen Via lactea (‘Milchstraße’) angebracht. Von dort zieht sie sich weiter durch den Adler, den Pfeil, den Schwan und den Kopf des Kepheus, bis sie zurückkehrt zu jenem wunderbaren Stern in der Kassiopeia. Aber zu bemerken ist auch, dass ein Arm dieser Milchstraße sich vom Schwan zurück nach Süden wendet bis zum Schlangenträger, wo sie am Äquator in vier auf ihn aufgemalten Sternen ausläuft, so dass sie um den Adler und den Schwan herum doppelt zu sehen ist. Doch hier möchte ich gern die Verse des schon zitierten Manilius anführen, die ebenfalls jene Bahn beschreiben: Rechtwinklig folgt ihm der andre, zum Bären gerichtete Bogen, zieht seinen Umriss ein wenig zurück vom Kreise des Nordens, geht durch das Sternbild der umgekehrt sitzenden Kassiopeia; hierauf senkt er sich schräg herab und erreicht dann den Cygnus, schneidet die Grenzen des Sommers, den rücklings fliegenden Adler
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und den die Zeiten ausgleichenden Kreis, den die Rosse der Sonne tragenden Gürtel, zwischen Skorpions glühendem Schwanze und der äußersten Linken des Schützen sowie seinem Pfeile; hierauf durchwindet er Schenkel und Füße des zweiten Kentauren und beginnt erneut in den Himmel aufwärts zu steigen, schneidet das Schiff der Argiver am obersten Teile des Heckschmucks, dann den Äquator des Kosmos, der Zwillinge unterste Sterne, naht von unten dem Fuhrmann und dich, seine Ausgangsstelle, Kassiopeia, erstrebend, durchquert er ganz oben den Perseus und beschließt genau da den Kreis, wo er diesen begonnen. ' Die Milchstraße definiert Achilleus so: ² « # λ ² # 9& φ ) !« ) ) ' (‘Die Milchstraße ist der über die Himmelkugel hingestrichene Streifen von weißem Wachs’). Und Ovid: Milchstraße heißt eine Bahn, in der Höhe des heiteren Himmels deutlich zu sehn und schon am Schimmer leicht zu erkennen. Dass aber in diesem Himmelsgürtel oder ‘Milchkreis’, wie Cicero ihn nennt, eine so große Masse ganz kleiner Sterne steckt, das entdeckten die Astronomen mit dem dioptrischen Fernrohr, das vor noch gar nicht so langer Zeit erfunden wurde; mit dessen Hilfe sind darin nämlich auch winzige Sternchen, die für das Auge sonst unsichtbar sind, eindeutig zu erkennen. Und wenn auch dieser Streifen auf dem Himmelsglobus von keinerlei Nutzen ist, so musste er doch unbedingt dort hingesetzt werden, weil es, wie Scaliger sagt, ganz allgemein um π λ * + * (‘die Beschäftigung mit dem Himmel’) geht. Das gilt auch für jene beiden weißen Flecken, die sich in ihrer Farbe der Milchstraße annähern und die wie kleine Wölkchen, von den Seeleuten ‘Magellan-Wölkchen’ genannt, in der Gegend des Südpols auf unserem Globus zu sehen sind: die eine Wolke, winzig klein, zwischen der Kleinen Wasserschlange und dem Pol des Tierkreises1, die andere, dreimal so breit, genau auf dem Pol des Tierkreises oder des Schwertfischs, nahe beim Kopf des Schwertfischs. Eine solche Wolke, aber schwarz und höchst merkwürdig, von der Form einer ägyptischen Pyramide, ist in Arabien zu sehen, wie Belon als Augenzeuge bekundet.
1 Gemeint ist der Südpol der Ekliptik, der in der folgenden Zeile nach seiner Lage im Sternbild Schwertfisch auch als polaris Doradinalis bezeichnet wird.
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Abschnitt II Die auf dem Globus zu sehenden Sternbilder oder Konstellationen im Allgemeinen und insbesondere die Tierkreiszeichen, ihre bildliche Darstellung und ihre Benennung. Wir haben bisher die Fixsterne auf unserem Globus als Einzelsterne, unabhängig von ihren Konfigurationen behandelt. Im Folgenden wollen wir sie auch als Gruppen und in Zusammenhang mit ihren Konfigurationen betrachten, d.h. wie sie zu bestimmten Bildern und Gestalten, die wir Sternbilder und Konstellationen nennen, zusammengefasst sind. Von solchen Sternbildern oder Himmelszeichen sind auf unserem Globus 64 an der Zahl zu sehen. Davon sind die einen ‘zodiakal’, die anderen ‘extrazodiakal’. Die zodiakalen Sternbilder nennt man auch die ‘mittleren’, weil sie die mittlere Zone des Globus, d.h. den Tierkreis einnehmen. Es sind zwölf, entsprechend dem zwölfmaligen Zusammentreffen der Sonne mit dem Mond beim Durchlaufen ihrer Bahn: Widder, Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe, Jungfrau, Waage, Skorpion, Schütze, Steinbock, Wassermann und Fische. Jedem von diesem wird von Ampelius jeweils einer der zwölf Winde des Himmels zugeordnet: Dem Widder der Africus, dem Stier der Circius, den Zwillingen der Aquilo, dem Krebs der Septentrio, dem Löwen der Thrascias, der Jungfrau der Argestes, der Waage der Zephyrus, dem Skorpion der Africus, dem Schützen der Auster und der Africus, dem Steinbock der Auster, dem Wassermann der Eurus und der Notus, den Fischen der Eurus. Die Tierkreisbilder fasst Marcello Palingenio in folgenden Versen zusammen:
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Widder und Stier, die Zwillinge, Krebs, der Löwe, die Jungfrau, Waage, Skorpion und Schütze, der Steinbock, der Wassermann sind da, auch mit himmlischem Licht erstrahlend die Fische, die beiden. Von diesen werden sechs die nördlichen genannt, und zwar1 Widder, Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe, Jungfrau 1. E 2. R 3. T 4. Y 5. U 6. I Die übrigen sechs, die südlichen, bilden die zweite Hälfte des Tierkreises, und zwar Waage, Skorpion, Schütze, Steinbock, Wassermann, Fische. 7. O 8. P 9. { 10. } 11. Q 12. W Übrigens regieren diese Zeichen, die von den alten Ägypten nach einer Notiz des Scholiasten zu Buch 4 der Argonautika des Apollonios als λ , ., als ‘Ratgeber-Gottheiten’ angesehen wurden, jeweils einen Teil des menschlichen Körpers gleichsam als ihren Bereich, wie man aus den Beobachtungen der Ärzte weiß, und entsprechend können sie nach dieser Leitungsfunktion bezeichnet werden. So kann man das erste Zeichen, den Widder, mit einem anderen, erfundenen Namen als Kopf oder Kopfzeichen bezeichnen, den Stier als Nacken- oder Halszeichen, die Zwillinge als Schulter- oder Armzeichen, den Krebs als Brustzeichen, den Löwen als Herz-, Schulterblatt- oder Königszeichen2, die Jungfrau als Magen- oder Rippenzeichen, die Waage als Nabeloder Gebärmutterzeichen3, ebenso auch als Gesäßzeichen, den Skorpion als Weichteil-, Samengefäß-, Schamteil- oder Geschlechtsteilzeichen, den Schützen als Oberschenkel-, Hüft- oder Gesäßzeichen, den Steinbock als Kniezeichen, den Wassermann als Schienbein- oder Wadenzeichen, die Fische als Fußzeichen. Vgl. dazu Vossius, De idololatria, Buch 2, S. 568 und Campanella, Libri astrologici. Denn all die Körperteile, von denen diese Bezeichnungen abgenommen sind und die von den jeweiligen Sternzeichen regiert werden, dürfen niemals mit Medikamenten behandelt werden, wenn die Sonne in ihrem Zeichen steht, weil sie sich dann schwerlich heilen lassen. Darüber haben wir einst die folgenden Verslein gedichtet: Der Wider hält das haupt; der Stier das hals-genükke; Der Zwilling arm und hand; der Krebs der brüste trohn; Der Leu das hertze selbst; die Magd das Magen-stükke; Die Waag des Nabels schnur; die Schaam der Schorpiohn; Der Schütz das hinterteil; das Knie der Bok ingleichen; Der Wasserman das bein; den Fuß der Fische zeichen.
1 Im Interesse der klaren Zuordnung von Namen und Symbolen wird darauf verzichtet, die lateinischen Hexameter der Zeilen 5 und 9 im Deutschen nachzubilden. 2 Missverständnis einer Maniliusstelle (2,460 laterum regnum scapulaeque Leonis), s. Komm. 3 Übersetzung unsicher, s. Komm.
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Den Z) " « nennen die Araber Almantica oder Nitac, was beides ‘Gürtel’, " , bedeutet. Die Hebräer hingegen nennen ihn lglgh tdvpX b>x (cheschew afudat ha-galgal), ‘phrygische Arbeit’, d.h. Gewebestreifen oder Band, die Deutschen den Tier-Kreis; bei Lukan ist er der Kreis, der den Wechsel der Jahreszeiten hervorruft, bei Proklos μ« « (‘schiefer Kreis’), bei Arat . (‘Teil, Abschnitt’) und π !« (‘Pfad der Sonne’), bei anderen Signifer (‘Zeichenträger’), $ « (‘Bildhauer’), " φ« (‘Figurenma" «2 (‘Umlauf des Tierkreiszeichens’) ler’), Sigillarius (‘Bildhauer, -schnitzer’)1, ebenso ) und μ " (‘das Zwölftel’), bei Germanicus Media solis via (‘die mittlere Bahn der Sonne’), worunter er jedoch eher die Ekliptik versteht, die den mittleren Bereich des Tierkreises einnimmt und π μ« « (‘Sonnenkreis’) oder # μ« « (‘ekliptischer Kreis’) genannt wird. Denn der Tierkreis wird der Breite nach in drei Teile oder (‘Bänder’) untergliedert, deren mittlerer der Kreis der Ekliptik ist, im Verhältnis zu den äußeren sehr schmal und zierlich. Achilleus Tatios: / ξ & φ ) ) ' λ # «3 .«, ψ« ¹ λ « *, / ’ ² !«4 # 9 "!) ". (‘Er hat drei Vertiefungen, die die Wissenschaftler ‘Bänder’ nennen. Er ist mit rotem Wachs auf die Kugel aufgetragen.’)
Die extrazodiakalen Sternbilder sind entweder nördlich oder südlich. Ptolemaeus und vor ihm Hipparch gliederten die Himmelskugel in drei Teile: den Tierkreis, die Nordhälfte und die Südhälfte.
Die nördlichen extrazodiakalen Sternbilder, auch die ‘borealen’ genannt, sind 23 an der Zahl: der Kleine Bär, der Große Bär, der Drache, Kepheus, Kassiopeia, Andromeda, Perseus mit dem Haupt der Medusa, das Nördliche Dreieck, der Fuhrmann, das Haar der Beronike, der Rinderhirte Bootes, die Nördliche Krone, der Schlangenträger, die Schlange des Ophiuchus, Herkules, der Adler, Antinous, der Pfeil, der fallende Geier mit der Leier des Arion, der Schwan, der Delphin, das Füllen, Pegasus. Zur Gedächtnisstütze sind sie in folgendem Merkverslein versammelt: Nordwärts gewandt kannst du dreiundzwanzig der Sternbilder sehen: Den Kleinen Bären, den Drachen, den Kepheus, dazu Kassiopeia, Perseus, Andromeda auch, den Fuhrmann, das Dreieck, den Großen Bären, den Pegasus dann und das Füllen sowie den Delphin, den Adler, Antinous, Geier und Pfeil, das Haar und den Schwan, dann Herkules, Träger der Schlange, die Schlange, die Krone, Bootes.
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Sigillarius kann auch als Übersetzung der beiden vorangehenden griechischen Wörter gemeint sein. Richtig: ) " «. Richtig: # «. Richtig: !«.
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Die südlichen extrazodiakalen Sternbilder, im Lateinischen gewöhnlich notia genannt, sind 29 an der Zahl: Der Walfisch, Eridanus, Orion, der Hase, der Kleine Hund, der Große Hund, die Wasserschlange, der Becher, der Rabe, der Kentaur, der Wolf, der Altar, die Südliche Krone, der Indianer, der Kranich, der Südliche Fisch, der Phönix, die Taube des Noah, das Schiff Argo, das Kreuz, die Fliege, das Südliche Dreieck, der Paradiesvogel, der Pfau, die Indische Elster, die Kleine Wasserschlange, der Schwertfisch, der Fliegende Fisch und das Chamäleon. Auch diese sind in Merkverslein zusammengefasst, und zwar folgendermaßen: Südwärts gewandt kannst du neunundzwanzig Sternbilder sehen. Das sind der Hase, der Wal, der Nil und der wilde Orion, Sirius und Procyon, die Argo, die Hydra, der Becher, Rabe, Kentaur und Wolf, Altar und Krone, der Fische südlicher, auch der Fliegende Fisch, der Schwertfisch, die Taube, Dreieck und Pfau und Kreuz, dann Fliege, Chamäleon, Hydrus, Elster, Indianer, auch Kranich und Phönix, der Vogel aus Eden. Theon meint, dass alle Bilder am Himmel uns den Rücken zuwenden; auf den Globen aber müsse man sie mit dem Gesicht zu uns malen. Denn was auf der konkaven Oberfläche des Himmels der Rücken ist, muss auf der konvexen Oberfläche des Globus, die die konkave des Himmels wiedergibt, genau umgekehrt sein.
Was die Tierkreiszeichen betrifft, die wir in diesem Absatz betrachten wollen, so sind sie auf unserem Globus alle der Reihe nach auf der Ekliptik angebracht zu sehen. Das erste ist
I. ARIES; der Widder, das Lentzen-gestirn Princeps Zodiaci (‘der Fürst des Tierkreises’), Ductor exercitus Zodiaci (‘der Anführer der Heerschar des Tierkreises’), bei Nigidius Dux gregis (‘der Führer der Herde’), Ductor opulenti gregis (‘der Anführer der üppigen Herde’), Princeps signorum coelestium (‘der Fürst der Sternbilder’), bei Manilius Laniger (‘Wolltier’), Phrixeum pecus (‘das Tier des Phrixos’), Phrixi vector (‘das Reittier des Phrixos’), bei Ovid Ovis aurea (‘das goldene Schaf ’), Vervex (‘Hammel’), Aequinoctialis (‘das Zeichen der Tagundnachtgleiche’), Vernus Portitor (‘der frühlingbringende Träger’),
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9 Schickardo] Recte!
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Arcanus (‘der Geheimnisvolle’), Auratus (‘der Vergoldete’), Chrysomallus (‘der mit dem goldenen Vlies’), bei anderen, aber mit einem Barbarismus, Chrysovellus; bei einigen Arietinum Caput (‘Widderhaupt’); weiterhin Jupiter Ammon, bei Properz Jupiter Libycus (‘der libysche Jupiter’), bei Dionysios Deus Libycus (‘der libysche Gott’), bei Nonnos Ammon Libycus (‘der libysche Ammon’), Iovis sidus (‘das Gestirn des Jupiter’), bei Manilius und Vergil Minervae sidus (‘das Gestirn der Minerva’); bei den Griechen K « (‘Widder’), bei manchen A2 «1 (‘ziegenhornig; Steinbock’), (lat.) Aegocerus, was aber eher zum Steinbock passt. Bei den Hebräern hle u : (tle), bei den Arabern Elhemal oder Elhamel, laut Schickard Achamalo, ‘Widder’, auf Deutsch der Hammel. Der Widder, welcher, nach hinten gewandt, seinen Rücken mit Goldvlies bedeckt sieht, steht zwischen Ende Oktober und Anfang November um Mitternacht an seinem höchsten Punkt im Himmel. Auf den Globen rückt er auf den Platz des Stieres auf und wird mit dem Kopf direkt unter dem Zeichen R dargestellt. Auf unserem Globus ist er mit 17 Sternen zu sehen und bedeutet Zeugungskraft und Wärme. Piccolomini weist dem Widder in seiner auf Italienisch veröffentlichten Sfera nur 13 Sterne zu, ebenso Postel, der jedoch außerhalb des eigentlichen Sternbildes noch fünf externe hinzufügt. Bayer hingegen zählt 19, darunter drei dritter Größe. Der Erste davon, der als der erste aller Sterne des Firmaments gilt, befindet sich am linken Ohr, der zweite am linken Horn, beide dem Mars und dem Saturn wesensverwandt, weil sie glänzender sind; auf Arabisch werden sie Scartai oder Sartai, d.h ‘die begleitenden Dienerinnen des Widders’, sowie Mesartim genannt. Der dritte befindet sich am rechten Horn oder auf dem Scheitel, weiter nördlich und leuchtend, dem Mars wesensverwandt, laut Clavius über dem Kopf und nicht zum Sternbild gehörend, laut Abrachis2 hingegen über dem Maul; für manche ist er der Hauptstern. Ferner nennt Bayer einen Stern vierter Größe im Schwanz, der Venus wesensverwandt, zwei fünfter Größe, ebenfalls im Schwanz und der Venus wesensverwandt, und 13 sechster Größe, hier und dort verstreut, die teils am Charakter von Venus und Merkur, teils von Saturn und Mars teilhaben.
Den ersten Stern des Widders soll Meton aus Attika, der Entdecker des neunzehnjährigen Zyklus, der 108 Jahre vor dem Tod Alexanders des Großen, also um einiges früher als 400 v. Chr. lebte, genau am Punkt der Frühlings-Tagundnachtgleiche beobachtet haben, d.h. im ersten Grad des Tierkreises, wo sich Tierkreis und Äquator schneiden und wo auf den Globen das Widder-
1 Richtig: A2 "«. 2 Aus dem Arabischen entlehnte mittellateinische Form des Namens Hipparchos.
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zeichen E zu sehen ist. In unserem Jahrhundert erscheint er durch die vermutete Bewegung der Sterne von West nach Ost, welche die Astronomen ‘Länge’ nennen, auf den 28. Grad desselben Sternzeichens zurückgewichen, während seine Breite in dieser Zeit etwa dieselbe blieb. Denn durch diese Bewegung – also ausgerichtet nach der Abfolge der Tierkreiszeichen, wie man gewöhnlich sagt – rücken alle Sterne jährlich um 51 Sekunden und in jeweils 70 Jahren und sieben Monaten um einen Grad vor, in hundert Jahren um einen Grad und 25 Minuten, wie Tycho Brahe beobachtete. Und so kommt es, dass auf den Globen das Bild des Widders beim Zeichen R und das Bild des Stieres beim Zeichen T angebracht ist, und entsprechend wird jedes weitere Bild beim Zeichen des ihm folgenden Sternbildes angebracht. Vorerst aber lassen wir trotzdem das Sternbild des Widders beim Punkt der Frühlings-Tagundnachtgleiche beginnen und führen es bis zum 30. Grad.1 Darauf folgen die übrigen elf, die jeweils genau so viele Grade aufweisen. Die Frühlings-Tagundnachtgleiche aber, die zur Zeit Christi in einem Schaltjahr auf den 24. März, in einem normalen Jahr hingegen auf den 25. gefallen sein soll, fällt in unseren Zeiten, wenn wir den Berechnungen der Tabellen glauben wollen, in normalen Jahren auf den 11. März und in Schaltjahren auf den 10. Nun aber wollen wir sehen, warum und aus welchem Anlass der Widder unter die Sternbilder aufgenommen wurde. Über die Aufnahme des Widders unter die Sternbilder ( !«) und seine Apotheose ($!"«) gibt es im Wesentlichen zwei Ansichten. Die erste und am weitesten verbreitete bietet uns jene Sage von Phrixos und Helle, den Kindern des Königs Athamas von Theben und der später verstoßenen Nephele. Diese Kinder verfolgte Ino, die zweite Frau des Athamas, Tochter des Phöniziers Kadmos und der Harmonia, mit wahrhaft stiefmütterlichen Gefühlen. Denn all die Liebe, mit der sie gegen ihren Stiefsohn entbrannt war, verkehrte sie in den bittersten Hass, als der sich ihr verweigerte. Sie ließ alles Saatgut versengen und rastete nicht eher, als bis von den delphischen Priestern, die sie bestochen hatte, folgendes Orakel übermittelt wurde: Wenn die Thebaner wollten, dass wieder Feldfrüchte wüchsen, müsse Phrixos dem Jupiter geopfert werden. Daher kommt es, dass dem aufgehenden Widder nachgesagt wird, er erzeuge unersättliche und unerfüllbare Begierden, ja, freche, schamlose und unbeständige Charaktere. Als aber Phrixos schon auf
1 Zur Terminologie: Zesen macht keine systematische Unterscheidung zwischen ‘Sternbild’ und ‘Sternzeichen’. Entsprechend wird hier signum (coeleste) in der Regel mit ‘Sternbild’ übersetzt und nur dort, wo der astrologische Aspekt betont wird, mit ‘(Stern-)Zeichen’.
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Befehl des Athamas auf dem Altar geopfert werden sollte, da soll er laut Apollodor, Buch 1 zusammen mit seiner Schwester Helle einen Widder mit goldwolligem Fell, den Spross des Neptun und der Theophane, bestiegen haben, oder vielmehr ein Schiff, dessen Abzeichen ein goldener Widder war, und so soll er entflohen sein. Darauf beziehen sich vermutlich die Astrologen, die den Kindern, die im Zeichen des aufgehenden Widders geboren werden, einen Hang zur Wanderschaft zuschreiben. Andere jedoch sagen, dass Phrixos nicht zum Altar geführt wurde, um geopfert zu werden, sondern dass er losgeschickt wurde, um das allerschönste Opfertier auszusuchen, und dabei soll ihm ein Widder auf Geheiß Jupiters alle Intrigen seiner Stiefmutter eröffnet haben, wie Didymos berichtet. Daraufhin soll er sich mit seiner Schwester auf den Rücken des Widders gesetzt haben, wie dieser selbst ihm geraten hatte, und entflohen sein. Aber ‘Widder’ bezieht sich hier lediglich in Form einer dichterischen Figur auf ein Tier; in Wirklichkeit war er der Pflegesohn des Phrixos, wie einige schreiben, oder vielmehr sein Aufseher oder Lehrer namens Krios, d.h. ‘Widder’. Auf dessen Rat und Anstoß, ja unter seiner Anleitung und Führung ergriff Phrixos die Flucht, wie von Dionysios in den Argonautika überliefert. Andere wiederum berichten, dass Nephele, was ‘Wolke’ oder ‘Nebel’ bedeutet, den Phrixos entführt und ihm ein goldenes Schaf, das von Merkur gefangen worden war, gegeben habe, auf dem er dann durch die Lüfte geritten sei. Darunter verstehe ich wiederum den Lehrer Krios oder ‘Widder’ mit seiner Goldmacherkunst oder mit seinen goldenen Ratschlägen und Ermahnungen. Deswegen soll Phrixos auch Freude an der Wissenschaft der Astronomie gehabt haben und von ‘Widder’ in den Himmel gehoben worden sein, wie Lukian in seinem Dialog über die Sternkunde berichtet. Was Helle angeht, so lief sie, als man zur Meerenge zwischen dem Chersonesos und der Troas kam, nach draußen, weil ihr schlecht geworden war, und dabei stürzte sie ins Wasser und ging unter. Oder wie andere, unter ihnen Hellanikos, wollen, starb sie unterwegs an einer Krankheit und wurde nach Art der Seeleute ins Meer geworfen. Daher bekam das Meer den Namen ‘Hellespont’ und fretum Athamantidis (‘Meer der Athamastochter’), wie Aischylos in den Persern und Ovid im Brief des Leander bezeugen, wo es heißt: Weiß von entfesselter Flut schäumt das Meer von Athamas’ Tochter, kaum bleibt des Schiffes Kiel sicher im eigenen Port. So war das Meer, als jenes Mädchen ertrank, wohl gewesen, das den Namen ihm gab, den es auch jetzt noch bewahrt.
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Ziemlich verrufen ist dieser Ort, seit Helle verschollen, wenn er mich auch verschont, anrüchig bleibt er ja doch. Phrixos beneide ich, den über die grimmigen Wogen sicher das goldene Lamm brachte mit wollenem Vlies. Hier nun endlich soll, wie einige sagen, der Widder gesprochen und Phrixos ermahnt haben, er möge unverzagten Mutes sein: er werde ihn unversehrt nach Kolchis bringen. Dort kam er denn auch wohlbehalten zum König Aietes, dessen Tochter Chalkiope er später heiratete. Diese hieß eigentlich Euenia, mit Beinamen aber Chalkiope und Ophiusa, wie Pherekydes in Buch 6 berichtet. Den Widder aber opferte er dem Jupiter Phrixius, d.h. dem Begünstiger der Flucht, oder, wie andere schreiben, dem Jupiter Laphystius oder laut einigen anderen dem Merkur oder dem Mars. Manche sind der Ansicht, dass Phrixos oder auch Aietes selbst den Widder den Göttern geopfert hat; das goldene Fell, das nach Simonides purpurn, nach anderen weiß gewesen, aber später von Merkur vergoldet worden sein soll, habe er in einem Tempel oder in einem Hain, der dem Mars oder, anderen zufolge, dem Jupiter geweiht war, an den Zweigen einer Eiche befestigt. Daher schreibt Apollonios in Buch 2 der Argonautika: Phrixos kam in das Reich und zu der Stadt des Aietes. Ihn trug der Widder dorthin, den Merkur bald dann vergoldet. Jetzt noch ist sein goldenes Fell dort an einer Eiche aufgehängt, die bisweilen ganz sanft aufrauschet im Windhauch. Jupiter selbst war hold der Flucht, als Phrixius nahm er ihn fast geschlachtet vom aufgeschichteten, rauchenden Altar. Manilius hingegen scheint zu glauben, dass das Fell des Widders schon damals golden war, als sie über das Meer fuhren. Denn in Buch 4 der Astronomica schreibt er: Dafür besitzt du den Widder persönlich zum Zeugen, als er das gläserne Meer mit dem goldenen Vliese zerschnitten hat und Phrixos, der Schwester durchs Schicksal beraubt, an des Phasis Ufer auf seinem Rücken getragen hat und nach Kolchis. Angesichts so vieler Meinungen vermute ich, dass ‘Widder’, der Erzieher des Phrixos, wegen seiner unübertroffenen Weisheit und auch Treue als Aufseher oder Oberpriester eines Tempels eingesetzt wurde, der dem Phrixos oder einem anderen zu Ehren von Phrixos selbst in Kolchis gestiftet worden war. Deswegen heißt es auch in dichterischer Redeweise, der Widder sei den Göttern geopfert worden. Jenen Tempel aber erwähnt Mela, Buch 1, Kap. 21 mit folgenden Worten: „Hier wohnen die Kolcher, hier mündet der Phasis. Hier liegt auch eine Stadt mit demselben
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Namen wie der Strom, von Themistagoras aus Milet gegründet. Hier ist der Tempel des Phrixos und der Hain, berühmt durch die alte Sage vom Goldenen Vlies.“ So war auch das Goldene Vlies des Widders, das im Hain oder Heiligtum des Mars aufgehängt war, vielleicht nichts anderes als das Schiff, mit dem ‘Widder’ und Phrixos gefahren waren und das zugleich durch eine Widderfigur gekennzeichnet war; später wurde es zur ewigen Erinnerung an diese Ereignisse zusammen mit einer Menge Gold, das Phrixos mitgebracht hatte, oder aber zu guter Letzt von Merkur oder Aietes vergoldet in den Tempel des Mars gebracht. Aus demselben Grund soll auch der Widder auf Bitten der Nephele, seines goldenen Felles beraubt oder auch mit seinem goldenen Fell, wie Manilius meinte, von den Göttern unter die Sterne versetzt worden sein, wie Ovid und andere bezeugen, in deren Liedern der ganze Himmel ja nur eine Mär ist. Wir wollen nun die andere Ansicht über die Verwandlung des Widders in ein Sternbild betrachten. Diese erklärt uns Ampelius im Liber memorialis: „Der Widder verdankt das dem Liber. Als dieser auf seinem Feldzug nach Indien durch Libyen zog, durch trockene Sandwüsten, und als dort Wassermangel herrschte und sein Heer Durst litt, da zeigte ein Widder ihnen Wasser. Und deshalb wurde er von Liber ‘Iovis Ammon’ genannt, und er stiftete ihm ein Heiligtum an der Stelle, wo er das Wasser gefunden hatte. Es ist von Ägypten und Alexandria neun Meilen entfernt. Deshalb bat er Jupiter, den Widder unter die Sterne zu versetzen.“ Aber der Kommentator des Germanicus erzählt diese Sage ein wenig anders: „Nigidius nennt diesen Widder den Führer und Fürsten der Zeichen des Tierkreises. Unsterbliche Ehre aber erwarb er aus folgendem Grund: Als Liber“ (so nannten die Sagenerfinder Noah und Mizraim, den Sohn des Ham, und auch den Mose) „sein Heer nach Afrika führte und es unter Wassermangel litt, da erschien plötzlich aus dem Wüstensand“ (der bei den Griechen Ν« heißt) „ein Widder“ (vielleicht Ham oder ein mit Widderhörnern gestalteter Ammon, dessen Heiligtum in den Wüsten Ammoniens oder Libyens von seinem Sohn Osiris gestiftet worden war) „und führte Liber mit seinem Heer durch göttliche Fügung zum Wasser. Daraufhin nannte Liber diesen Widder ‘Iovis Ammon’“ (den Hammeloder Sand-gott; denn er glaubte vermutlich, dass Iovis Ammon ihm in Gestalt des Widders erschienen sei und ihm bei dieser Gelegenheit das Wasser gezeigt habe, indem er selbst aus der
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14 Mytelenæo] Mytilenæo
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Quelle trank), „und er erbaute ihm ein prächtiges Heiligtum an der Stelle, an der das Wasser gefunden wurde; es ist von Alexandria neun Tagereisen entfernt. Außerdem wurde der Widder, der Führer zum Wasser, unsterblich gemacht und unter die Sterne des Himmels versetzt.“ Vgl. dazu Hyginus, Fab. 133 und Isidor, Origines, Buch 3, letztes Kapitel. Über die Herkunft dieses Widders enthält die Edition von Morel Folgendes: „Man sagt aber, dieser Widder sei von Neptun mit Theophane, der Tochter des Altes“ (laut Vossius ‘des Attis’) „gezeugt worden; als er sich in sie verliebt hatte, brachte er sie auf die Insel Crinnissa“ (Vossius liest ‘Crionesin’1, K * &, d.h. ‘Insel des Widders’) „und verwandelte sie in ein Schaf, mit dem er dann schlief, nachdem er sich selbst in einen Widder verwandelt hatte. Daraus entstand dann der Widder mit dem goldenen Fell (Aries Chrysovellus).“ Doch statt Chrysovellus ist hier Chrysomallus, «, ‘mit dem goldenen Fell’, zu lesen. Otto van Heurne jedoch war unter Berufung auf Dionysios von Mytilene ganz anderer Ansicht über diesen Widder: „In den Teilen Asiens, die noch ganz barbarisch waren, stand die Philosophie in so hohem Ansehen, dass die Leute dort ‘Widder’, den Lehrer des Phrixos, des Sohns des Königs Athamas von Theben, aus einem tiefen Bedürfnis heraus in Kolchis gefangen hielten und sogar lieber sterben wollten als solch einen Mann freigeben. Denn er war durch seine Beschäftigung mit der Weisheit so berühmt, dass man ihn gewöhnlich wegen seiner hervorragenden Gelehrsamkeit ‘den Goldenen’ nannte. Dennoch wurde er schließlich von Jason und den übrigen Argonauten von dort befreit. Daraus entstand dann die Sage von den Argonauten auf der Suche nach dem Goldenen Vlies.“ Andere aber, darunter die Suda, schreiben, das Goldene Vlies sei nichts anderes gewesen als ein auf Pergament (aus Widderhaut, wie ich glaube) geschriebenes Buch über die Goldmacherkunst, vielleicht von dem erwähnten Krios verfasst oder, was aufs selbe hinausläuft, von ‘Widder’, dem Aufseher des Phrixos. Und ein Beweis dafür soll sein, dass alle, die am Argonautenzug teilnahmen, sich ausnahmslos auf die Medizin verstanden und sich deshalb vermutlich auch der Chemie widmeten, wie Clemens von Alexandria in Buch 1 der Stromateis nach Apollonios von Rhodos berichtet. Ja, Aeskulap selbst bot sich als Mitfahrer an. Vgl. dazu den größten aller Ärzte, Sennert, in seinem Liber de consensu et dissensu chymicorum cum Aristotelicis et Galenicis, ebenso Plutarch sowie Iustinus, Buch 29 und Xenophon, Buch 6. Noch eine andere Herkunft erzählt uns Varro in De re rustica, Buch 2, Kap. 1: „Bei den Alten waren die berühmtesten Leute Hirten, wie die griechische und die lateinische Sprache beweisen und auch die alten Dichter; diese nennen die einen “, d.h. ‘Herren über viele Lämmer’, „die anderen
1 Vossius: Crioneson.
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“, d.h. ‘Besitzer vieler Schafe’, „und wieder andere ,* “, d.h. ‘viele Rinder besitzend’. „Und sie berichten, diese Tiere hätten wegen der ihnen entgegengebrachten Liebe ein goldenes Fell gehabt. So in Argos das Tier, das Thyest dem Atreus entwendet haben soll, wie dieser klagt; so in Kolchis Aietes, zu dessen Widderfell die aus königlichem Geschlecht stammenden Argonauten sich aufgemacht haben sollen; so in Libyen bei den Hesperiden, woher die goldenen Äpfel (mala) stammten, d.h. nach altem Sprachgebrauch die Ziegen und Schafe, die Herkules aus Afrika nach Griechenland brachte. Denn die nennen die Griechen in ihrer Sprache & .“ Aber dennoch, glaubt der berühmte Vossius, seien die Argonauten nicht bloß wegen irgendwelchen Weideviehs aufgebrochen; sondern darunter müsse man in Form einer Synekdoche ('«) die gesamten Reichtümer des Königs verstehen, insbesondere aber jenes goldene Fell, mit dem der Widder des Phrixos beladen war, oder vielmehr den Schatz, welchen Phrixos auf der Flucht vor Athamas und seiner Stiefmutter in seinem Schiff mitgenommen und nach Kolchis gebracht hatte. „Diesen nämlich“, sagt er in De origine et progressu idololatriae, Buch 1, S. 178, „forderten die Verwandten des Phrixos, in erster Linie aber Jason, der Sohn des Aison, eines Vetters dieses Phrixos, nicht zu Unrecht zurück. Denn es ist wahrscheinlich, dass er teilweise aus dem Vermögen seiner Mutter Nephele stammte und teilweise aus dem Geldschatz seiner Vaters Athamas, dessen Häuser und Felder er ja nicht mitnehmen konnte, sowie auch aus dem seiner Stiefmutter Ino.“ (Das ist die Ino, die sich mit ihrem Sohn Melikertes ins Meer stürzte und dann, als sie unter die Götter aufgenommen worden war, Leukothea genannt wurde. Deswegen heißt es bei Properz, Buch 2, Elegie 28: Ino auch musste die Erde in jungen Jahren durchirren, jetzt flehn Schiffer in Not als Leukothea sie an.) „Sie gaben diesem Schatz auch den Namen ‘Goldenes Vlies’, weil man mit Vieh (pecus) Geld verdient; deshalb heißt auch das Geldvermögen lateinisch pecuniae, denn es ist gewissermaßen ein Vieh-Produkt (res pecuinae). Ja, auch als man begonnen hatte, Münzen zu prägen, prägte man ihnen oft das Bild eines Kleinviehs oder eines Rindes auf. Daher kommt das Sprichwort: Ne bos in lingua – nur kein Rind auf der Zunge!“1 Überhaupt scheint das Wort & für ‘Vieh’ bei den Alten von !" (‘Sorge tragen’) zu kommen, weil das Vieh ihnen besonders am Herzen lag, genauso wie unseren Kaufleuten das Geld. Im Übrigen ist es kein Wunder, wenn Phrixos seinem Retter und so treuem Ratgeber, ja geradezu seinem Gott auch den Namen Jupiter Ammon gab, wie wir vermuten, und dass er gar wollte, dass ihm dieselbe göttliche Ehre erwiesen würde wie jenem uralten Ammon oder Hammon, dem
1 Dies Sprichwort zielt auf Menschen, die sich durch Bestechung dazu bewegen ließen, die Wahrheit zu verschweigen.
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Sohn des Noah. Dieser hieß bei den Ägyptern nach dem Zeugnis Herodots #A* und hatte in Ammonien oder dem westlichen Teil Libyens sein Heiligtum. Deshalb vielleicht hielten ihn die Libyer für die untergehende Sonne, gleich wie sie Bel und Moloch, die im Osten verehrt werden, für die aufgehende Sonne hielten, wie man aus Buch 1, Kap. 21 der Saturnalia des Macrobius weiß. Und so erstrahlte der Name dieses Widders im Laufe der Zeit in solcher Ehre, dass auch noch später bei den Römern der Widder das Symbol der Führerschaft war, wie Varro berichtet (De lingua Latina, Buch 5). Aber der Widder ist nicht nur das Gestirn des Jupiter, sondern auch das seiner Tochter Minerva, wie aus Buch 11 der Aeneis von Vergil zu ersehen ist. Denn so wie jene die Hüterin des Rates ist, so gilt nach dem Spruch des Manilius in Buch 2 der Astronomica: Nur dem eigenen Rat folgt der Widder, so ziemt es dem Führer, hört nur auf sich und schaut auf die Waage. Das heißt, wie Vossius erläutert, dass er selbst aus eigenem Ratschluss vorangeht und die übrigen1 ihm aufgrund seines Ratschlusses folgen. Darüber sagt Servius zu der eben angeführten Vergilstelle sehr klug: „Diejenigen Gottheiten, die wir nicht unter den Gestirnen sehen, haben zwar keine eigenen Sternbilder, sind aber mit ihrer Macht an anderen beteiligt. Wie man also den Ophiuchus dem Aeskulap und die Zwillinge dem Apollo und dem Herkules zuspricht, so wird der Widder der Minerva zugewiesen.“ Aber nun wollen wir sowohl diese fabulöse wie auch die poetische Erklärung für die Versetzung des Widders an den Himmel durch einen anderen und wahrhaftigen, der Heiligen Schrift entnommenen Grund ersetzen. Danach verweist dieser Widder vielmehr auf jenen vom Himmel gesandten Widder, den Abraham anstelle seines Sohnes Isaak opferte, wie das Geschichtsbuch des Mose (1. Mose 22,13) bezeugt; oder, wenn man das vorzieht, auf jenen anderen, der unter dem Namen des Lammes der Führer und das Opfer des gesamten menschlichen Schafstalls ist und dessen heilsgeschichtliches Vorbild derjenige war, den Abraham opferte.
II. TAVRVS; der Stier, oder der Farre Bos (‘Rind’), Portitor Europae (‘der Träger der Europa’), Proditor Europes (‘der Verräter der Europa’); bei Ovid Taurus Candidus (‘der weiße Stier’); bei Manilius Princeps armenti (‘der Führer der Herde’); Bubulum Caput (‘das Haupt der Rinder’); Io; bei Ovid Inachis (‘die Inachos-
1 Cetera bezieht sich bei Vossius auf signa; gemeint sind also die übrigen Tierkreiszeichen.
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tochter’), bei Vergil, Georgica, Buch 3 Inachia Iuvenca (‘das inachische Rind’); Isis; Chironis filia (‘die Tochter des Chiron’); Osiris; Veneris sidus (‘das Gestirn der Venus’). Bei den Griechen T * « (‘Stier’), beim Kommentator des Ptolemaeus K « (‘der Krumme’), bei Arat P « (‘der Gebeugte’) wegen der gebeugten Knie, genauso bei Manilius Flexus (‘der Gebeugte’), Nixus (‘der Kniende’) und bei Lukan curvatus (‘der Gekrümmte’); bei den Hebräern ry% w 1, bei den Arabern Ataur, Altaur, Altor, laut Schickard Attauoro, ‘Stier’. Er wird, den Zwillingen zugewandt und vom Widder abgewandt, unter dem Zeichen der Zwillinge (T) abgebildet, deren früheren Platz er mit Kopf und Hals einnimmt; dabei kniet er nieder und verlangt gleichsam wie ein sich zum Boden beugendes Rind vom Fuhrmann das Joch. Auf unserem Globus besteht er aus 44 Sternen, unter denen wir die Gestirne der Plejaden und Hyaden erkennen, und bezeichnet den Ackerbau. Im Übrigen ist er zwischen Mitte November und Anfang Dezember um Mitternacht im Meridian zu sehen. Piccolomini schreibt ihm nur 33 Sterne zu, welchen Postel elf weitere Sterne außerhalb des Sternbildes hinzufügt; Bayer hingegen nennt 48, darunter bildet ein Stern erster Größe, Lampadias genannt, das südliche Auge. Fünf Sterne dritter Größe bilden den Kopf, acht vierter Größe, 20 fünfter Größe und 13 sechster Größe die übrige Hälfte des Körpers.
Der Stier, der von den Neueren nur halb gemalt wird, war bei Plinius und Vitruv noch ganz; und in seinem Schwanz wurden die Plejaden angesiedelt, die sich nun an seiner Stirn befinden, obwohl sie von anderen auch getrennt vom Stier dargestellt wurden. Übrigens ist selbst unter den antiken Sagendichtern umstritten, ob diese Sternengruppe als Kuh oder als Stier anzusehen und ob sie auf Jupiter oder auf seine Hure zu beziehen ist. Daher schreibt Ovid: Ob’s eine Kuh, ob’s ein Stier ist, vermag man nicht leicht zu erkennen, denn nur den vorderen Teil sieht man, den hinteren nicht. Ist nun das Sternbild ein Stier, oder ist es weiblich? Trotz Junos Abwehr hat es den Lohn, hat es doch Liebe geweckt! Denn die Gestalt eines solchen Tieres nahm der jüngere kretische Jupiter an, als er sich unter die Jungstiere mischte und sich an Europa heranmachte, die Tochter des Agenor, des Königs von Kanaan oder, wie man später sagte, von Phönizien, und der Nymphe Melia – die Schwester von Kadmos und Phoenix. Diese tanzte wie gewöhnlich mit jungen Mädchen aus Tyros am Strand
1 Richtig: rOw (schor, ‘Ochse’)
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von Serapia den Reigen; und als sie es wagte, sich auf den Rücken des Stiers zu setzen, raubte er sie und entführte sie über das Meer zur Insel Kreta. Dort legte er die Stiergestalt wieder ab, und als er das Ziel seiner Liebe erreicht hatte, gab er zur ewigen Erinnerung an dieses Ereignis einem der vier Weltteile den Namen des königlichen Mädchens und nannte ihn Europa, wie ausführlicher bei Ovid im Buch 3 der Metamorphosen nachzulesen ist. Ja, er soll sogar, laut Hyginus, bei dieser Gelegenheit das Bild des Stiers an den Himmel versetzt und mit 44 Sternen geschmückt haben. Daher prägten die Bürger von Sidon der Europa zu Ehren Münzen mit einer Frau, die auf dem Rücken eines Stieres sitzt und das Meer überquert. Aber auch diese Sage ist wie alle übrigen von den Phöniziern und anderen aus einer wahren Begebenheit herausgesponnen worden. Diese erzählt Echemenes in seinem Buch über Kreta mit folgenden Worten: „Als eines guten Tages die Schwester des Kadmos, Europa, am Strand der Stadt Serapia, die zwischen Tyros und Sidon liegt, spazieren ging, wurde sie von Kretern, die als Händler dorthin gekommen und von ihrer auffallend schönen Gestalt hingerissen waren, im 2517. Jahre der Welt entführt und mit einem Schiff nach Kreta gebracht, dessen Bug mit einem weißen Stier verziert war.“ Ungefähr dasselbe berichten Herodot in Buch 1 und Agatharchides in seinem Buch über Europa. Und so wurde Europa auf einem Schiff entführt, dessen Abzeichen (#) ein Stier war. Es sei denn, man zieht es mit Palaiphatos vor, dass sie von Tauros, einem Mann aus Knossos oder Kreta, geraubt und dem Jupiter oder dem König von Kreta dargebracht wurde. Als seinen wahren Namen geben Laktanz (De falsa religione, Buch 1, Kap. 11, nach Eusebios) und Diodor in Buch 5 #A ! «, Asterius, an, andere, wie Lykophron, 5A « (deswegen wurde auch die schon unter die Götter aufgenommene Europa ‘Astarte’ – das ist die Mutter der Atergatis – genannt, wie Lukian in seinem Buch über die Syrische Göttin bezeugt); Augustinus hingegen nennt ihn Xanthos (De civitate Dei, Buch 18, Kap. 12). Andere hingegen wollen, dass mit diesem Sternbild die ältere Io gemeint ist, auch Kallithoë genannt, die Tochter des Flusses Inachos – oder vielmehr des Gründers des argivischen Königreichs – und der Okeanide Melissa. Das überliefert neben anderen Kastor, der Enkel des Königs Deiotaros, in seinem Werk über die Irrtümer, die aus der Unkenntnis der Zeitabläufe entstanden sind. Daher schreibt Ovid in Buch 1 der Metamorphosen: Inachos einzig nur fehlt; im untersten Grund seiner Grotte mehrt er mit Tränen die Flut und beklagt voll Schmerz als verloren Io, die Tochter.
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Kekrops1 hingegen sagte, sie sei ein Spross des Argos und der Ismene, der Tochter des thebanischen Flusses Asopos; nach Akusilaos stammt sie von Pyrene2 und nach Akesodotos3 von Neptun und Hallirrhoë, vielleicht auch Kalirrhoë, wie Io bei Eusebios – fälschlich! – statt Kallithoë genannt wird. ‘Die ältere’ aber nennen wir sie zur Unterscheidung von der anderen Io, der Tochter des Iasos, den der andere Argos zeugte, der Sohn des Agenor; zwischen den beiden liegt ein Zeitraum von ungefähr zweihundert Jahren. Diese Io nun war die erste Priesterin der argivischen Juno, wie Theon in seinem Arat-Kommentar angibt; ebenfalls als Erster soll ihr Phoroneus, der Bruder der Io, Opfer dargebracht haben, wie aus Hyginus, Fab. 143 hervorgeht. Der wahre Name dieser Juno ist von Stillschweigen umhüllt. Daher vermute ich, dass es Niobe war, nicht die Tochter des Tantalos, die eine Phrygierin war und den Amphion heiratete, sondern die Tochter des Phoroneus, die Enkelin des Inachos. Diese wurde nach dem Zeugnis des Apollodor als Erste von dem uralten argivischen Jupiter verführt oder, vornehmer gesagt, geehelicht, der niemand anderes ist als Apis von Sikyon, der Enkel des Inachos und somit der eigene Bruder der Niobe; dieser Verbindung entsprang Argos, nach welchem das peloponnesische Argos benannt ist. Und daher soll Juno, also die Königin, ganz außerordentlich eifersüchtig gewesen sein auf das Verhältnis zwischen Jupiter und Io, ihrer Tante. So wurde Io auf ihre Forderung hin in eine weiße Kuh verwandelt und der Aufsicht des Argos übergeben, den Asklepiades von Myrlea als Sohn des Arestor, Akesilaos4 jedoch als Sohn der Erde bezeichnet, während er doch Niobes eigener Sohn war. Androitas berichtet in der Navigatio Propontidis, dass Io mit Hilfe von Iynx, der Tochter der Echo oder der Suadela und des Pan, den Jupiter mit Liebestränken und Zaubersprüchen dazu verführt habe, sie zu lieben. Deswegen sei Iynx von Juno in den aschgrauen Vogel dieses Namens (‘Wendehals’), verwandelt worden, der bei Gaza auf Lateinisch torquilla, bei Ermolao turbo und bei anderen verticilla und motacilla heißt, weil er beständig Schwanz und Hals bewegt. Wie er weiter schreibt, ist dieser Vogel nützlich bei Hexenkünsten: er wird von zauberkundigen Weibern auf ein Rad aus Wachs gebunden, unter das man glühende Kohlen legt, und dann unter Rezitation gewisser Zaubersprüche geröstet und verbrannt. Dieser immer wachsame Argos – deshalb schreibt man ihm auch hundert Augen zu – hatte die seiner Obhut anvertraute Kuh auf dem Berg von Mykene an einen Olivenbaum gebunden. Später aber wurde er auf Geheiß Jupiters durch Merkur, d.h. durch einen Gesandten oder Botschafter oder einen anderen königlichen Diener getötet, und Io floh
1 Richtig: Kerkops (lat. Cercops), ein orphischer Dichter. 2 Sonst: Peiren (lat. Piren) als Vater der Io. Zesen setzt hier, wie auch in den Heidnischen Gottheiten, eine Pyrene als Mutter der Io an. 3 Richtig: Akesodoros (lat. Acesodorus – so auch im Autorenregister) oder besser Akestodoros (lat. Acestodorus). 4 Übliche Form: Akusilaos (lat. Acusilaus); Zesen verwendet die Formen Acusilaus und Acesilaus nebeneinander.
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über das Meer durch die verschiedensten Länder. Zunächst soll sie jenes Meer durchschwommen haben, das nach ihr den Namen Ionisches Meer bekam; sodann den Thrakischen Meerbusen, der Bosporus genannt wurde, weil ihn die in ein Rind (bos) verwandelte Io durchquert hatte, wie der Prometheus des Aischylos andeutet. Aber man sagt natürlich nur im poetischen Sinn, sie sei hindurchgeschwommen, wie auch, dass sie in eine Kuh verwandelt worden sei; denn das Schiff, auf dem Io fuhr, hatte als Abzeichen ( ) ein weißes Rind, wie bei Lutatius, dem Kommentator des Statius, und vielen anderen zu lesen ist; historisch betrachtet aber ist sie gesegelt – eine Unterscheidung, die Laktanz in De falsa religione, Buch 1, Kap. 11 vornimmt. Und im Festkalender gibt es einen bestimmten Tag, an dem die Seefahrt der Isis, d.h. der Io, begangen wird. Schließlich landete sie in Ägypten. Dort legte sie nach dem Zeugnis von Moschos in seiner Europa die Kuhoder Rindsgestalt wieder ab, d.h. sie stieg aus dem Schiff, dessen Abzeichen ein Rind war, und gebar an den Fluten des Nils den Epaphos, wie Apollodor berichtet. Dieser erwähnt allerdings zugleich, dass Io bei der Stadt Ioppe in Judäa ihre ursprüngliche Gestalt zurückerhalten habe, als Jupiter das Rückenfell des jungen Rindes kraulte; das ist auch bei Aischylos zu lesen; daher habe die Stadt den Namen Ioppe bekommen. Ja, Strabon überliefert in Buch 10, sie habe den Epaphos in einer Grotte am Meer auf Euböa zur Welt gebracht, die danach ‘Halle des Rindes’ genannt worden sei. Dass sie aber nach der Geburt zur Göttin erhoben und von den Ägyptern unter dem Namen Isis als Patronin der Seeleute und der Stürme verehrt wurde, bezeugt Lukian im Dialog zwischen Zephyros und Notos. Andere schreiben, das sei erst nach dem Tod der Io auf Geheiß ihres Sohnes Epaphos geschehen; dieser übernahm nach seiner Heirat mit Memphis, der Tochter des Königs von Ägypten, die Herrschaft über Ägypten und gründete eine Stadt, der er den Namen seiner Frau gab. Und so soll Io, die später Isis genannt wurde, nicht nur unter die Götter aufgenommen worden sein, weil sie den Ägyptern den Ackerbau und andere höchst lebensnotwendige Dinge gezeigt hatte, sondern auch unter die Sternbilder als Symbol des Ackerbaus. Man vgl. dazu auch die Ausführungen über die Sternbilder der Jungfrau und des Pfaus. Wenn aber das erste Zeichen des Tierkreises, um mit dem großen Vossius zu reden, die Gestalt des Widders zu Ehren des Ham oder des Jupiter Ammon bekam, der zur Kennzeichnung seiner Wirkungskraft mit Widderhörnern dargestellt wurde: was hindert uns zu glauben, dass das zweite Zeichen des Tierkreises die Gestalt des Stieres bekam und dass damit Hams Sohn Osiris oder Me-
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3 bos : )] bos):
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sorim oder Mizraim gemeint war, von dem Ägypten den Ackerbau lernte (denn das Rind war auch das Symbol des Ackerbaus). Daher erklärt auch Tibull den Osiris, dessen Haupt man auch mit Stierhörnern darstellte, zum ersten Bauern (Buch 1, Elegie 7): Schuf Osiris zuerst mit kundiger Hand doch die Pflüge, wühlte das zarte Gefild auf mit der eisernen Schar; er vertraute zuerst jungfräulicher Erde den Samen, las von Bäumen die Frucht, die man bisher nicht gekannt. Er wies auch, wie am Pfahl man die zarten Reben befestigt und das grünende Laub hart mit der Sichel verkürzt. Oder es könnte auch der Erzvater Joseph damit gemeint sein, der Ägypten aus ungeheurer Hungersnot errettete und deshalb nicht nur erreichte, dass er von seinem König Saphenath Paneah genannt wurde, was auf ägyptisch ‘Heiland der Welt’ bedeutet, wie Hieronymus in den Quaestiones Hebraicae vermerkt, sondern auch das Recht erwarb, durch das Zeichen des Stieres mitgeehrt zu werden, und damit schließlich zu göttlichen Ehren kam. Diese Vermutung äußerte als Erster der berühmte Grotius in seiner Tragödie Somphomphania1. Unter den Sternen, die den Stier kennzeichnen, befinden sich übrigens auch jene sieben dem Mond und dem Mars oder dem Mond und dem Jupiter wesensverwandten, die an seinem Hals zu sehen sind und Pleiades (‘Plejaden’), von den Alten Tauri Cauda (‘der Schwanz des Stiers’), von anderen Massa gallinae (‘Hühnerhaufen’) genannt werden, auch Vergiliae (‘Vergilien’) oder Vergiliarum sidus (‘das Gestirn der Vergilien’), so benannt nach ihrem kosmischen Aufgang um die FrühlingsTagundnachtgleiche, wie Servius zu Buch 1 der Georgica bezeugt; oder auch Steropis sidus (‘das Gestirn der Sterope’), Signatricia lumina (‘die zeichengebenden Lichter’) oder Atlantiades (‘Atlantiaden’); bei Isidor Brutum2, bei anderen Septistellium (‘Siebengestirn’), auf Deutsch das Sieben-gestirn (Hiob 38,31), auf Arabisch Athoraie oder richtiger Atauria, laut Schickard Attoraia. Die ' ) ", ‘an seiner Stirn’, befinden, heianderen fünf, dem Mars wesensverwandt, die sich # ) ßen Hyades (‘Hyaden’, Hiob 9,9), lateinisch Suculae, deutsch Verkel (das griechische 4« bedeutet nämlich ‘Schweine’ und 6 « ‘Ferkel’3) oder vielmehr Succulae oder Succidae (‘Regensterne’), von den Niederschlägen (succi4) und Regenfällen, die sie bei ihrem kosmischen Auf- und Untergang hervorrufen; von manchen werden sie auch Pulli gallinacei, auf Deutsch die Küchlein oder die Glukke, Gluk-henne genannt, was jedoch passender und häufiger auf die Gruppe der Plejaden bezogen wird. Man vgl. dazu Plinius, Buch 18, Kap. 26 und Agellius5, Buch 13, Kap. 9.
Richtig: Sophomphania. Richtig: Butrus oder botrus (‘Traubengestirn’), nach griech. , «, ‘Traube’. Als Nominativ Sg. mit dieser Bedeutung nicht belegt, s. Komm. Lat. succus oder sucus ist der ‘Saft’, nicht der ‘Regen’, wie im Text vorausgesetzt. Zur Etymologie vgl. Georges s.v. sucula und hyades. 5 Gemeint: Gellius; Zesen verwendet die Formen Gellius und Agellius (= A. Gellius, für Aulus Gellius) nebeneinander. Im Autorenregister erscheint nur Agellius. 1 2 3 4
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Die Plejaden heißen auf Griechisch «, von ., ‘zur See fahren’, weil mit ihrem Aufgang im Frühling zumeist die Periode der Seefahrt beginnt. Die Sage macht sie zu Töchtern des Atlas und der Pleione, einer Nymphe oder, anderen zufolge, einer Hesperide, von Hesperos, einem Bruder des Atlas, gezeugt. Deswegen werden sie von einigen nach ihrer Mutter ‘Hesperiden’, nach ihrem Vater jedoch ‘Atlantiaden’ genannt. Mit ihnen soll Jupiter geschlafen und sie später unter die Sterne versetzt haben, damit ihnen Orion keine Gewalt antun konnte, der ihnen fünf Jahre lang nachgestellt hatte. Ihre Namen im einzelnen sind Asterope, Elektra, Alkyone, Kelaino, Taygete, Maia und Merope. Die siebente kann man allerdings kaum sehen. Deshalb schreibt Arat, der die Plejaden E (‘Sechsgestirn’) nennt: Sieben sollen es sein, doch sind für das menschliche Auge nur sechs dieser Sterne zu sehen. Und Ovid schreibt in seiner Übersetzung des Arat: Vor seinem1 Knie, so heißt es, leuchten die sieben Plejaden, doch es erscheinen nur sechs, die siebte ist dunkel von Wolken. Die Neueren versetzen sie nämlich von der Stelle, wo der Stier abgeschnitten ist, zum Ansatz des Nackens. Noch einmal Ovid (Fasti, Buch 4, Vers 167ff.): Da nehmen dem Vater grad die Plejaden die Last von den Schultern. Sieben sind es – so heißt’s –, meist aber sind es nur sechs: Sei’s, weil nur sechs von ihnen von Göttern umarmt wurden – denn mit Asterope schlief Mars, doch mit Alkyone, mit dir, Kelaino, du Schöne, Neptun, während Jupiter einst mit Maia, Elektra sowie mit der Taygete schlief; dir, einem Sterblichen, Sisyphos, hat sich die siebte verbunden, Merope, die sich allein schamhaft den Blicken entzieht – oder sei’s, weil Elektra auf Trojas Ruinen zu blicken nicht mehr ertrug und die Hand vor ihre Augen nun hält. Der Sage nach steht nämlich der Stern der Elektra eigentlich genau auf dem sommerlichen Wendekreis, nahe bei Troja, aber seit dem Fall Trojas verbirgt er sich unter dem Wendekreis des Krebses; denn Dardanos, der Begründer des Geschlechts der Trojaner, sei der Sohn der Elektra gewesen. Und daher wird der siebte Stern der Plejaden von den meisten nicht mitgemalt. Wenn diese Sage wahr ist, was Wunder, dass die Stoiker den Sternen Leben und vernünftige Seelen zuerkennen, Avicenna sogar Einbildungskraft und innere Wahrnehmung und Simplikios auch drei äußere Sinne, nämlich Tastsinn, Gesichtssinn und Gehör!
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Das Gestirn der Plejaden ist aber in sich zusammengeballt und zusammengedrängt, so dass es nur einen ziemlich kleinen Raum einnimmt, wobei der helle Stern dritter Größe sich etwa in der Mitte befindet. Deshalb schreibt Manilius in Buch 3 der Astronomica: Abgewandt kommt er1 zum Himmel und reich an lieblichen Mädchen, da er in winzigem Haufen das Bild der Plejaden heraufbringt. Und so spricht auch Valerius Flaccus in Buch 5 mit fast der gleichen Formulierung von den ‘Haufen der Plejaden’. Nikander nannte sie 7"«, ‘die Winzigen’. Übrigens bezeichnet Plinius in Buch 18, Kap. 15 das Siebengestirn als einen ‘Kleiderhändler’, denn schon im November kann die Kälte am Morgen dem Unvorsichtigen weh tun. Die Hyaden nun, griechisch 6 «, sind laut Tullius Tiro, dem Schüler und Freigelassenen Ciceros, + $μ ' 6' (‘nicht nach den Schweinen’), sondern 8 μ 4, nach ‘regnen’ benannt, weil sie bei ihrem Aufgang oder in Verbindung mit Sonne oder Mond Regen bringen. Mit Hesiod und den meisten modernen Astronomen sagen wir, dass sie aus fünf Sternen bestehen. Aber Thales von Milet setzte nur zwei an, einen nördlichen und einen südlichen, Euripides im Phaëthon drei, Achaios vier, Pherekydes und Proklos sechs. Hyginus hingegen fügt den Stern an der Spitze des nördlichen Hornes hinzu, dem Mars und dem Merkur wesensverwandt, und noch einen anderen, den letzten der drei im südlichen Horn, von gleicher Natur, und kommt auf sieben; mit den meisten anderen sagt er, dass sie den Kopf des Stiers bilden. Daher schreibt Ovid in Buch 5 der Fasti: Sieben Sterne – Hyaden hat sie der griechische Seemann wegen des Regens genannt – funkeln im Haupte des Stiers. Enkelinnen des greisen Okeanos – heißt’s – und der Tethys seien sie, hätten – auch dies hört man – den Bacchus genährt. Der größte von ihnen im südlichen Auge des Stiers aber heißt «, Lampadias, ‘Leuchte’ oder ‘Fackel’. Bei den Römern heißt er Palilicium oder Parilicium, weil sein Aufgang zusammenfiel mit den Palilien, d.h. dem Fest der Hirten zu Ehren der Göttin Pales, das man für die Fruchtbarkeit des Viehs feierte, wie Varro in Buch 5 und Ovid in Buch 4 Fasti bezeugen. Er wird auch Subruffa (‘der Rötliche’) genannt, auf Arabisch Aldebaran, was genau dasselbe bedeutet wie «, nämlich ‘der helle Stern der Hyaden’; nach Schickard Debiron oder, mit Artikel, Addebiris, was ‘Führer’ heißt. Ibn Esra sagt im Kommentar zu Amos 5,8, dass er auf Hebräisch wegen seiner
1 Gemeint: der Stier.
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Helligkeit ,OdXE (edom, ‘Edom’) genannt wird, d.h. auf Griechisch 6 « (‘gelblich’), wie ihn auch Ptolemaeus bezeichnet. Rabbi Jonas aber schreibt, laut Zitat bei Kimchi zu Jes. 13,10, er sei derjenige, der in der Bibel lycI K : (kszil, ‘großes Sternbild’) genannt wird. Die Hyaden aber gelten ebenso wie die Plejaden als Töchter des Atlas, weil dieser als Erster sowohl diese Sterne selbst als auch den Einfluss beobachtet haben soll, welchen sie auf die menschlichen Angelegenheiten ausüben. In Sterne verwandelt haben soll sie Vater Liber, als Dank dafür, dass sie ihn großgezogen hatten, wie Apollodor in Buch 3 und Ovid an der zitierten Stelle bezeugen. Deswegen scheinen sie auch 6 « genannt worden zu sein; denn auch Bacchus wird laut der Suda, die den Kleidemos zitiert, 6Y« genannt, weil seine Riten bei Regen begangen wurden. Und 6Y heißt auch Semele, die Mutter des Bacchus, wie bei Pherekydes und Hesychios zu lesen ist. Übrigens werden beim Aufgang dieses Gestirns die Hirten unreiner Tiere geboren, nämlich die Schweinehirten, weswegen man es auch Ferkelgestirn nannte, wie eben erwähnt. Daher schreibt Manilius: Und ihren Hirten erzeugen sie. Beim Aufgang dieser Sterne wurde Eumaios geboren, der Schweinehirt des Odysseus. Während aber der Stier insgesamt aufgeht, werden, so sagt man, die Kinäden oder Tänzer geboren. Das geschieht meiner Meinung nach deswegen, weil er jene Tänzerinnen, nämlich die Atlantiaden, in sich einschließt, und so würde ich eher dazu neigen, dass die Tänzer und die Zappligen dann geboren werden, wenn die Atlantiaden aufgehen und nicht irgendein anderer Teil des Stiers. Was nun, um zum Ende zu kommen, seine Schutzfunktion betrifft, so wird dem Stier von den Alten Skythien, Asien und Arabien zugesprochen. Die Neueren, darunter Argoli auf S. 34 seiner Ephemeriden und Mazzotta, zählen viel mehr Gegenden auf. Um aber auch diesem Sternbild eine wahre, den heiligen Geschichtsbüchern entnommene Deutung ohne alle willkürliche Erfindung zuteil werden zu lassen, so ist unserer Meinung nach jener Stier oder jenes Rind heranzuziehen, das nach dem Zeugnis der Hebräer Adam, unser aller Stammvater, als Erster geopfert haben soll; oder dasjenige, welches nach dem Gebot des Alten Bundes die Israeliten Gott darbrachten, wie Mose im 3. Buch, Kap. 1,3 seiner Geschichte bezeugt und überliefert.
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III. GEMINI; die Zwillinge, oder Zwelinge, das Zwillings-gestirn, oder das Zwillings-zeichen Bei Manilius Phoebi sidus (‘das Gestirn des Phoebus’); Apollo & Hercules; Triptolemus & Iasion; Amphion & Zethus; Pollux & Castor, Ledaei Iuvenes und fratres (‘die Leda-Jünglinge’ bzw. ‘-Brüder’), bei Horaz Helenae fratres (‘die Brüder der Helena’), Tyndarides, Tyndaridae (‘die Tyndariden’), Pueri Tyndarei (‘die Knaben des Tyndareos’), Oebalii, Oebalidae (‘die Öbaliden’), Gemini Lacones (‘die lakedämonischen Zwillinge’), Cygno generati (‘die vom Schwan Gezeugten’), Dioscuri (‘die Dioskuren’), d.h. ‘die Söhne Jupiters’; Dii Samothraces (‘die samothrakischen Götter’), Dii Germani (‘die Brudergötter’). Auf Griechisch ;, ‘Zwillinge’; bei Plutarch 5A «, ‘Schirmherren’; bei Theodoretos #Eφ! , ‘Hausgötter’; bei den Lakedämoniern laut Plutarch, Apophthegmata Laconica , im Dual, vom dorischen oder äolischen «, ‘Gott’. Auf Arabisch nach einigen Autoren Elgeuze oder Algeuze; daher nennen sie den Stern auf dem Kopf des vorderen Zwillings Ras algeuze, ‘Kopf des Zwillings’; aber dieser Name bezieht sich eher auf den Orion, den ‘Riesen’; passender also ist Abrachaleus oder Abracaleus und Afelar, bei Apian Anelar, bei anderen, aber weniger korrekt, Anhelar, korrekter Aphellan. Der erste dieser Namen scheint aus dem arabischen Ab, ‘Vater’, und dem griechischen π &«, ‘Herkules’, entstanden zu sein; es ist der Name des hinteren Zwillings, des Pollux. Der zweite Name hingegen leitet sich ab vom griechischen #A" oder vom deutschen Abbolle, d.h. der Sonne, die morgens aus dem Wasser (aqua) zu steigen und abends wieder ins Wasser zu sinken scheint, wie wir in unserem Rosenmahnd oder ‘Monat Mai’ auf S. 131 gezeigt haben; und das ist der Name des vorderen Zwillings, welchen Manilius, Varro und Ptolemaeus Phoebus oder Apollo nennen, wir hingegen mit den meisten Römern Ka-
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stor oder auch Theseus. Auf unserm Globus sind sie zwei kleine Körper, aus 25 Sternen gebildet, mit ineinander verschlungenen Ärmchen und Beinchen. Sie nehmen den ehemaligen Platz des Krebses ein und bezeichnen enge Freundschaft, Bruderschaft, Ehe, Bundesgenossenschaften und anderes dergleichen. Dies Sternbild ist Ende Dezember, Anfang Januar um Mitternacht im Meridian zu sehen. Postel weist diesem Zeichen neun innere und sieben äußere Sterne zu; Bayer hingegen 32: zwei Sterne zweiter Größe am Kopf und einen am linken Fuß des Pollux; weiterhin vier dritter Größe, sieben vierter Größe, neun fünfter Größe und acht sechster Größe, die über das ganze Sternbild verstreut sind. Jener ‘nicht-formierte’, d.h. außerhalb des Sternbildes befindliche Stern dritter Größe übrigens, der die Ekliptik vor dem Fuß des Kastor berührt, wird von Proklos Propus oder Praepes (‘vor dem Fuß’) genannt, von Caesius Bassus Tropus, weil er dem Wendekreis (tropicus) nahe steht und gleichsam mit dem Fuß auf den Wendepunkt der Sonne deutet. Aber beide Namen scheinen auf diesen Stern nicht immer zu passen, aus Gründen, die Bayer in der Uranometria angeführt hat, wo man sie nachlesen kann.
Die Zwillinge umschlingen einander und bleiben in fester Umarmung; während der eine beim Aufgang die blühenden Zeiten des Frühlings herführt, bringt der andre den dürstenden Sommer nach oben; dennoch sind beide nackt, weil jeder Wärme empfindet, um mit Marcus Manilius zu reden. Sie bezeichnen eine einzige Seele in zwei Körpern, d.h. unauflösliche Bruderschaft und Freundschaft, und deshalb haben sich ganz unterschiedliche Meinungen über dieses Sternzeichen gebildet. Manche nämlich nennen sie Apollo und Herkules und meinen damit meiner Vermutung nach jene beiden Ägypter, die wenn schon keine Brüder, so doch durch Blutsverwandtschaft wie auch durch Freundschaft miteinander verbunden waren: Der Erste der beiden war der Bruder des Osiris bzw. des Königs Mizraim; von ihm wurde der Lorbeer entdeckt, so wie von Osiris seinerseits der Efeu. Der andere war ihm nahe verwandt und der Befehlshaber seines Heeres, wie aus Diodor, Buch 1 hervorgeht. Man vergleiche dazu, was wir bei den Sternbildern Leier und Herkules über sie zu sagen haben. Andere Namengeber sprechen sich für Triptolemos und Iasion aus. Letzterer war der Sohn von Jupiter und Elektra, d.h. des Minos und der Phronia, wie sie Isaak1 bei ihrem wahren Namen
1 Gemeint: Isaak Tzetzes (gest. 1138).
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nennt. Als dieser auf einem Brachfeld schlief, soll Ceres ihm der Sage nach beigewohnt haben, wie bei Homer in Buch 5 der Odyssee zu lesen ist; daraus sei Plutos, der Gott des Reichtums, hervorgegangen, wie der Scholiast des Theokrit bezeugt. Der andere hingegen, Triptolemos, war der Enkel des Athenerkönigs Kranaos, gezeugt von seinem Sohn Rharos mit seiner Schwiegertochter Hyona, wie Pausanias, gestützt auf Choirilos, im Buch über Attika meint. Oder auch sein Urenkel, gezeugt von seinem Enkel Keleos, wie die Suda will. Dieser ist anscheinend jener Knabe bei Vergil in Buch 1 der Georgica, des hakigen Pfluges Erfinder. Denn von den Griechen wird er überall als der Erfinder des Ackerbaus gefeiert und gepriesen. Ja, Hyginus schreibt, sie seien beide Geliebte der Ceres gewesen und an den Sternenhimmel versetzt worden; vielleicht, weil sie der Ceres als Erste den Raub ihrer Tochter Proserpina anzeigten, wie man gewöhnlich glaubt. Andere wiederum, wie Caesius Bassus im Kommentar zu den Aratea des Caesar Germanicus schreibt, nennen sie Amphion und Zethos, „weshalb der eine eine Leier, der andere einen Gürtel hat“; auf diese beiden werden wir beim Sternbild der Leier eingehen; oder sie reden nur von Theseus, ohne ihm einen Gefährten beizugeben, was mich wundert. Ich vermute jedoch, dass sie dabei den thebanischen Herkules mitmeinen, da Theseus durch dessen Beistand und Tapferkeit, der er ja auch selbst nacheiferte, aus dem Orkus befreit wurde, wie sich beim Sternbild des Herkules zeigen wird. Oder eher noch den Peirithoos, der von irgendeinem Pseudo-Jupiter mit der Frau des Königs Ixion von Larissa in Thessalien gezeugt wurde; dieser soll, so liest man, mit Theseus eine ganz innige Freundschaft geschlossen haben, und zwar irgendwo in Attika unweit von einem Serapistempel, wie Pausanias im Buch über Attika angibt. Theseus aber war, wie Plutarch in dessen Lebensbeschreibung bezeugt, der Sohn jenes Aigeus, Königs von Athen, der dem Ägäischen Meer seinen Namen gab, und der Aithra, der Tochter des Königs Pittheus von Troizen, und er war auch sein Nachfolger. Somit war er der Enkel von Pandion II. und der Urenkel von Kekrops II. Es hat sich nämlich ein Fehler – vermutlich nicht durch die Unwissenheit des hochgelehrten Autors, sondern durch die Unachtsamkeit des Setzers – beim großen Vossius (De idololatria, Buch 1, S. 116) eingeschlichen, wo jener Pandion der Urgroßvater des Theseus genannt wird, während er doch sein Großvater war. Denn dem Erichthonios, dem vierten oder, anderen zufolge, dem fünften König von Athen, von dem wir beim Sternbild des Fuhrmanns beweisen, dass er der Sohn des Vulkan und der Athena bzw. der griechischen Minerva, der Tochter des Kranaos,
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23 Nieth] Neith
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war, wurde Pandion I. geboren, diesem dann Erechtheus, dem wiederum Kekrops II., diesem dann Pandion II. und dem schließlich Aigeus, der Vater des Theseus: all diese folgten in der Königsherrschaft über Attika aufeinander. Aber in wunderlicher Weise verwechseln die meisten, die die Zeiten nicht auseinanderhalten können, diesen Kekrops II., den erwähnten Sohn des Erechtheus, andauernd mit Kekrops I., dem Zeitgenossen des Mose. Dieser wanderte aus Ägypten aus und gründete als Erster das Königreich und die Stadt der Athener. Und er gab ihnen, wie Chares von Mytilene überliefert, ihren Namen nach dem der saitischen Pallas, die bei den Ägyptern N ) mentlich in Nowaja Semlja, wo die schrecklichste Kälte hereinbricht, den Hunger dadurch gleichsam vertreibt und in die Flucht zwingt (urget), dass sie einfach an ihren Tatzen leckt; daher kommt auch das lateinische Wort Ursus (‘Bär’). Aber dieser Bär oder diese Bärin kann auch einen der beiden Bären bezeichnen, die jene 42 Knaben zerfleischten, die den Propheten Elisa auf seinem Weg hinauf nach Bethel mit Grimassen und frechen Worten verspotteten (2. Kön. 2,24); was vielleicht, wie man vermuten könnte, auf jene beiden römischen Kaiser Vespasian und Titus vorausdeutete, die ja 42 Jahre nach der Himmelfahrt unseres Erlösers durch die Eroberung Jerusalems ein so weitreichendes Verderben über die Juden brachten, dass ihr Reich völlig zugrunde ging. Oder wenn einem die Bezeichnung ‘Wagen’ mehr zusagt, kann man darunter jenen Wagen verstehen, den zweiten nach dem des Königs, in dem auf Befehl des Pharao, des Königs von Ägypten, der Erzvater Joseph fuhr (1. Mose 41,43).
III. DRACO; der Drache1, das Drachen-gestirn Draco magnus (‘der große Drache’), Draco tortus (‘der gewundene Drache’), Serpens (‘Reptil’), Anguis (‘Schlange’), Hesperidum custos (‘der Wächter der Hesperiden’), Palmes emeritus (‘der
1 Das deutsche Äquivalent für die lat. Sternbildbezeichnung Draco ist ‘Drache’. Lat. draco kann jedoch nicht nur den ‘Drachen’ als Fabelwesen bezeichnen, sondern auch „jede größere Art unschädlicher Schlangen“ (Georges). Die Übersetzung versucht, soweit möglich, den jeweils gemeinten Sinn wiederzugeben.
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1 Sidus] Kursiv! 9 Atanin] Kursiv!
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abgestorbene Rebschoss’), Coluber arborem conscendens (‘die am Baum hochkriechende Natter’), Sidus Minervae (‘das Gestirn der Minerva’), auch Bacchi (‘des Bacchus’); Aesculapius (‘die Aeskulap-Schlange’); Python; Ladon; Audax (‘der Wagemutige, Freche’); bei Germanicus Monstrum (‘Ungeheuer’), bei Cicero Monstrum mirabile (‘das erstaunliche Ungeheuer’). Griechisch bei Arat ! * (‘großes Wundertier’), üblicherweise ; " (‘Drache’); bei den Arabern quinque Dromedarii, duoque Lupi (‘die fünf Dromedare und die zwei Wölfe’), gewöhnlich Aben, laut Scaliger Taben (daher kommt Ras Taben oder richtiger: Raso Tabbani, ‘Kopf des Drachen’, der durch das Zeichen dargestellt zu werden pflegt), nach anderen Etabin, bei Postel Daban, gewöhnlich Tanin oder Atanin, auf der türkischen Karte Etanin, laut Schickard Attanino, was mit dem Hebräischen übereinstimmt und einigen zufolge ‘Drache’ bedeutet. Er durchstreift den Meridian gegen Ende Juni um Mitternacht und umfasst nach Ansicht der meisten 32 Sterne. Postel zählt 29 Sterne, Bayer dagegen 33: einen zweiter Größe am Schwanz, den wir mit dem Zeichen kennzeichnen, zehn dritter Größe und 14 vierter Größe, darunter der von den Barbaren so genannte Grumium an der Wange, sowie acht fünfter Größe; alle unterstehen teils dem Jupiter, teils dem Saturn.
Der Drache scheint mit seinen verschlungenen Windungen fast den ganzen Kleinen Bären zu umschließen, so dass an seiner Brust der Nordpol des Tierkreises zu sehen ist, der bei den skythischen Hamaxobioten1 ‘der eiserne Nagel’ heißt. Daher schreibt Manilius: Zwischen diese (sc. Bären) lang hingestreckt und diese umringelnd teilt und umwindet beide der Drache mit glühenden Sternen, dass sie einander nicht treffen noch jemals weichen vom Standort. Über die Aufnahme des Drachen an den Himmel aber werden vor allem zwei Ansichten überliefert. Die erste ist, dass Juno im äußersten Hesperien oder Westen, also in Spanien, einen wunderschönen Garten hatte, der von einem goldtragenden Hain gelblich schimmerte, und dass sie diesen Garten einem Drachen zur Aufsicht unterstellte, der laut Pherekydes, Buch 10 dem Schlaf gänzlich abgeneigt war und ununterbrochen mit offenen Augen wachte. Denn die Töchter des Hesperos, des Bruders von Atlas, sollten nicht jene so herrlichen goldenen Äpfel – oder vielmehr Schafe, wie Argaetas2 in seinem Buch über Libyen meinte – rauben, die es darin gab. Vgl. dazu die
1 ‘Wagenbewohner’, weil sie Wagen als Wohnsitze haben. 2 Richtig: Agroitas (lat. Agroetas oder auch Agraetas).
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Hesperides des Giovanni Battista Ferrari. Die Töchter des Hesperos, die nach ihrem Vater Hesperiden genannt wurden, aber nach Meinung des Eubulos von Atlas, nach Meinung des Chairekrates von Phorkos1 und Keto abstammen, waren Aigle, Arethusa und Hesperithusa2; oder, wie manche wollen, Aigle, Arethusa, Vesta und Erytheia. Bei anderen werden sie als die ‘Wächterinnen der goldenen Äpfel’ oder vielmehr der Schafe mit der purpurnen oder hellroten Wolle bezeichnet; denn & bedeutet sowohl ‘Apfel’ als auch ‘Schaf ’, wie wir beim Sternbild des Widders gesehen haben. Ich vermute jedoch, dass man unter diesen Nymphen die Insel Gades oder Erythia und andere spanische Inseln in der Nachbarschaft zu verstehen hat; von dort soll Herkules die Rinder oder Schafe des Geryon fortgetrieben haben, wie wir beim Sternbild des Herkules ausführen werden. Ferner fabuliert man, Herkules sei in diese Gegend gekommen und habe die goldenen Äpfel gepflückt, nachdem er jenen immer wachen Drachen getötet hatte. Den habe Juno, die seine überaus gewissenhaften Wächterdienste nicht vergaß, später an den Himmel versetzt, wo er sich noch immer mit seinem gewundenen Körper gleichsam gegen Herkules zu wehren scheint. Man sagt aber, dieser Drache, ein Spross von Typhon und Echidna, habe sieben, nach anderen gar hundert Köpfe gehabt und mit verschiedenartigen Stimmen gesprochen. Man lese dazu Cicero, De divinatione und Apollonios, Buch 4, wo der Drache den Eigennamen Q ", Ladon, trägt. Um ihn kümmerten sich die Hesperiden oder ein Priester der Hesperiden, wie Vergil in Buch 4 der Aeneis sagt. Ladon aber war ein Fluss, vielleicht nach ", ‘sehen’, so benannt. Die andere Ansicht ist die folgende: Als Minerva, die Tochter des athenischen Jupiter, gegen die Giganten kämpfte, habe sich ihr ein Drache von gewaltiger und ungeheurer Größe entgegengestellt. Sie aber habe ihn gepackt und mit mächtigem Schwung bis an den Himmel geschleudert, wo er zur ewigen Erinnerung an dieses Ereignis noch immer hängt, wie im Widerstand sich windend. Da aber die Drachen höchst elastische Tiere sind, die beim Kriechen die hin und her wogenden, elastischen Strömungen der Wasserfluten nachbilden, vermute ich, dass die Alten unter diesem Drachen, dessen Bild angeblich an den Himmel versetzt wurde, gewisse Flüsse oder vielmehr
1 Meist: Phorkys 2 Übliche Namensform: Hesperethusa.
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Meeresarme verstanden haben, in die wie in Drachenwindungen das Meer um jene Inseln oder Gärten Hesperiens, wie wir sagten, auslief und die von Herkules oder vielmehr von Minerva, d.h. der Klugheit, auf Schiffen überwunden wurden. Und Typhon ist nichts anderes als das Meer, genau wie Echidna, die man sich halb als Nymphe, halb als Schlange vorstellte, nichts anderes ist als der Genius loci; und die beiden brachten der Überlieferung zufolge den Drachen, also den Wächter hervor. Man vergleiche dazu Hesiod sowie Platon im Phaidon. Ohnehin war der Drache ein Symbol der Aufsicht und der Wachsamkeit, scheint er doch seinen Namen $μ * ! , ‘weil er scharf sieht’, bekommen zu haben. Daher ist er auch allen Heroen und der '«1, der ‘caesischen’ (‘blauäugigen’) Pallas ganz besonders heilig, weil diese als die Göttin der Klugheit und der Weisheit alles durchschaut und immer umsichtig handelt. Ja, aus demselben Grund wohl ist er auch der Götterkönigin Juno selbst heilig; auf einer Münze der Julia Mamaea Augusta hielt sie in der rechten Hand eine sich windende Schlange, während sie die linke auf eine Lanze stützte, mit der Inschrift IVNO CONSERVATRIX (‘Juno, die Bewahrerin’). Aber lasst uns diese fabulösen Drachen durch jenen ungeheuren Drachen ersetzen, den die Bewohner von Babylon anbeteten und den Daniel mit Erlaubnis des Königs tötete, wie er selbst in Kapitel 14,26 seiner Prophezeiung bezeugt.
IV. CEPHEUS; der Mohren-König Regulus (‘der kleine König’); Dominus Solis (‘der Herr der Sonne’), Flammiger (‘Flammenträger’), Incensus Sonans (‘der entflammte Tönende’2); Iasides (‘der Spross des Iasios’); Nereus, Senex Aequoreus (‘Meergreis’), bei Manilius Iuvenis aequoreus (‘Meeresjüngling’). Bei den Griechen Kφ«, B « und B μ« $ , ‘der königliche Mann’; 4μ« ! " (‘Meergreis’). Bei den Babyloniern und Arabern Phicares, was so viel ist wie P «, ‘entflammt, flammend’3; weiterhin, anscheinend entstellt aus dem Lateinischen und Griechischen, Cheichius, Cheicus, Cleichius, Cancaus, Cheguius, Ceginus, richtiger Chichus, oder, wie Schickard liest, Chiphus; sowie auch, wie die Fragmente des As-Sufi zeigen, Pastor cum ovibus, et cane (‘der Hirt mit
1 Richtig: '«. 2 Oder: ‘der tönende Entflammte’. Sinn und Herkunft dieser Bezeichnung sind ungewiss, vgl. Komm. 3 Laut Pape ‘der Feuer Anzündende’.
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Schafen und Hund’) und alarum, sive pennarum hemicyclus (‘der Halbkreis aus Flügeln oder Federn’). Er steht um Mitternacht gegen Ende August, Anfang September im Meridian und umfasst auf unserem Globus elf Sterne. Postel zählt gleichfalls elf Sterne, fügt aber zwei weitere außerhalb des Sternbilds hinzu. Bayer hingegen zählt 17: drei dritter Größe, die er über der linken Schulter (Alredat, gewöhnlich Aderaimin, Alderamin, Alderaimin oder Alderajemin, laut Schickard Addheraoiaminon, was rechter Arm bedeutet), unter dem Gürtel und am rechten Oberschenkel lokalisiert; ferner sieben vierter und noch sieben fünfter Größe am übrigen Körper; alle halten sich in ihrer Farbe teils an Jupiter, teils an Saturn.
Die Araber malen hier an die Stelle des Kepheus, dessen Namen selbst ja schon von ihnen merkwürdig verstümmelt wurde, einen Hirten mit Hund und Schafen, ebenso Flügel, aber getrennt davon. Kepheus aber, dem Abu Maschar in seinen Sternbildern einen Thron zuweist, war König von Äthiopien – so Plinius, Naturalis historia, Buch 5, Kap. 13 und 31 – oder von Indien, wie die ältesten Griechen alle Länder jenseits des Mittelmeeres nannten. Dessen einzige Tochter Andromeda, ein ganz außergewöhnliches, mit allen geistigen und körperlichen Gaben reichlich versehenes Mädchen, wurde der Sage zufolge auf Befehl des Ammon wegen der Überheblichkeit ihrer Mutter Kassiope, wie wir beim nächsten Sternbild sehen werden, an eine Klippe gekettet und einem Meeresungeheuer oder Walfisch von gewaltiger Größe zum Fraß dargeboten. Das interpretiere ich so: Sie war von ihrem Vater, der damit seinen Bürgern die Freiheit der Meere gewährleisten wollte, mit einem Inselfürsten verlobt worden, der Piraterie betrieb, und solche Leute kann man zusammen mit ihren Schiffen zu Recht mit Meeresungeheuern vergleichen. Als aber das Schiff, das nach seiner Gallionsfigur oder nach seiner Räuberei den Namen Walfisch trug, schon von dort abgesegelt war, wurde Andromeda von Perseus befreit, dem Sohn des argolischen Jupiter oder des Proitos, wie ihn Chares in Buch 2 seines Geschichtswerks mit wahrem Namen nennt, und der Danaë. Später heiratete er sie und brachte sie her von den dunkelhäutigen Indern, wie Ovid in Buch 1 seiner Ars amandi sagt, der dem Zeugnis des Herodot im Buch Polyhymnia folgt. Und wegen dieser Wohltat, die er Andromeda erwies, wurde er an den Himmel versetzt, wie Hyginus in Fabel 224 mitteilt. Dass dieses sich in der Stadt Ioppe in Phönizien oder Judäa
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ereignet hat, berichten Strabon in den Büchern 1 und 16 und Plinius an der angegebenen Stelle; bei ihm ist in Buch 9, Kap. 5 zu lesen: „Die Knochen des Untiers, dem Andromeda dargeboten worden sein soll, brachte M. Scaurus während seines Ädilats aus der jüdischen Stadt Ioppe nach Rom und zeigte sie dort neben anderen Merkwürdigkeiten.“ Man lese dazu Vossius, Idololatria, Buch 1, Kap. 30, S. 225. Aber Perseus erbat von Jupiter, dass er zugleich auch den Kepheus, den Vater der Andromeda, und ihre Mutter Kassiopeia unter die Sternbilder aufnahm. Man vergleiche dazu die vollständige Geschichte bei Ovid in Buch 4 der Metamorphosen. Kepheus aber wird ‘der Herr der Sonne’ genannt wegen des Tisches des Sonnengottes (²1 * π ), der der Überlieferung nach in seinem Königreich Äthiopien stand. Darüber schreibt Mela in Buch 3: „In Äthiopien gibt es einen Ort, der immer voll von zubereiteten Speisen ist, und jeder darf nach Belieben davon essen. Den Ort nennen sie π (‘Tisch des Sonnengottes’). Aber lasst uns an die Stelle des Kepheus, des Königs von Äthiopien, den König Salomon setzen, den die äthiopische Königin besuchte (1. Kön. 10,1); oder auch den Mohren Serah, den Assa in die Flucht schlug und vernichtete (2. Chron. 14,9 und 14).
V. CASSIOPEIA; Die Königin, oder Mohren-Königin Cassiepeia, Cassiepia, Cassiepea, Cassiope, gewöhnlich Cassiopea; bei Juvenal Cathedra mollis (‘der weiche Lehnstuhl’), bei anderen Siliquastrum, Seliquastrum (‘Thronsessel’); Sella (‘Sessel’), Solium (‘Thron’), Sedes regalis (‘Königssitz’); bei den Griechen B « (‘Thronsessel’) oder ! (‘Stuhl’), bei Synesios #Aφ!φ « ! , ‘der doppellehnige Thron’ oder ‘der auf beiden Seiten ein Polster oder eine Lehne hat’; gewöhnlich K , π * , ‘die Frau auf dem Sessel, dem Thron’; bei den arabischen Übersetzern Mulier habens palmam delibutam (‘die Frau mit dem gesalbten Palmzweig’); sonst auch Canis (‘Hund’) oder Cerva (‘Hirschkuh’); neuerdings auch Dhat Alchursi. Sie ist teils in den letzten Tagen des März und Anfang April, teils gegen Ende September, Anfang Oktober um Mitternacht im Meridian
1 Richtig: π (im lat. Text steht die Abbreviatur für den mask. Akk. μ).
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zu sehen und besteht auf unserem Globus aus 27 Sternen; der Stern auf der Brust heißt bei den Arabern Seder, &« (‘Brust’), fälschlich Scheder oder Schedar, gewöhnlich Schedir. Das ist entstellt aus Zedaron, ‘Brust, Brustkasten’ oder ‘Knorpel’ und bezeichnet den hellen Stern zwischen den Brüsten der Kassiopeia. Laut Postel zählt sie nur 13 Sterne, laut Bayer hingegen 25: fünf dritter Größe, ebenfalls fünf vierter Größe, zwei fünfter sowie 13 sechster Größe, die auf dem Kopf, dem Palmzweig und dem übrigen Körper verstreut zu sehen sind, alle dem Saturn und der Venus wesensverwandt. Dabei ist anzumerken, dass jener helle Stern, der im Jahre 1572 erstmals in der Kassiopeia erschien, keine Nova war und auch kein Komet, der den sublunaren Bereich überstieg und am Himmel stehen blieb, wie Tycho Brahe, der größte aller Astronomen, Cornelius Gemma, der Engländer Digges, der Spanier Muñoz, vor allem aber der Deutsche Hajek aus Hajk in seiner Dialexis zeigten; dagegen wendete sich zwar der Veroneser Raimondo, aber dieser Versuch war vergeblich.
Bei den Arabern heißt sie ‘die Frau auf dem Thron’, d.h. ‘die mit einem gesalbten Palmzweig auf dem Thron sitzt’. Dennoch bilden sie auf dem Sitz keine Frau ab, sondern einen vornüber stürzenden Hund, worüber ich mich wundere. Die Palme aber, die laut Plutarch den Menschen 360 nützliche Dinge spendet, bezeichnet das Jahr, da sie als einzige unter allen Bäumen bei jedem Zusammentreffen von Mond und Sonne ein Zweiglein hervorbringt, wie Horapollo berichtet, so dass im Verlauf eines Jahres zwölf solcher Zweiglein erscheinen. Manilius nennt die Kassiopeia ‘umgedreht’, weil sie kopfüber herabstürzt. Daher schreibt Marcus Tullius in seiner Übersetzung des Arat: Dort auch zieht weinend dahin und sucht unter Tränen die Tochter Kassiopeia, die dank ihrer Schönheit man nicht aus dem Himmel trieb; als ihr Thron nämlich stürzte, berührte sie, heißt es, die Erde kopfüber mit ihrem Scheitel zuerst und dann mit den Schultern. Diese Strafe bestimmten die holden Töchter des Nereus, mit deren Schönheit zu wetteifern sie, so heißt’s, sich erdreistet. Ebenso Hyginus: „Diese sieht man beim Aufgang des Skorpions kopfüber hinabstürzend mit ihrem Sessel dahinziehen.“ Dass dieses, wie eben schon Arat andeutete, der Kassiopeia als Strafe
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18 v. 19.] v. 19, aut Mosis uxorem Æthiopissam, qua adumbrata videtur Ecclesia ex gentibus congregata, Num. c. 12, v. 1. EI
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auferlegt wurde, schreiben Sophokles und Silenos: sie habe sich gerühmt, die schönste aller Meeresnymphen zu sein, oder sie habe, wie andere berichten, Juno selbst zu einem Schönheitswettstreit herausgefordert. Daher habe Juno, über die Frechheit dieser Frau erbost, Neptun gebeten, ihrer beispiellosen Frechheit ein Ende zu setzen. Und so habe Neptun in das Land des Kepheus einen schrecklichen Walfisch gesandt, der die Häuser bis auf die Grundmauern zerstören sollte. Kepheus aber habe dem Befehl des Orakels gehorcht und seine Tochter Andromeda, mit eisernen Ketten gefesselt, jenem Meeresungeheuer dargeboten. Als sie nun dort so stand, habe Perseus mit dem Medusenhaupt gewartet, bis der Wal kam, und ihn zu Stein verwandelt, indem er ihm das Haupt hinhielt, und so habe er schließlich Andromeda befreit, wie bei Aristides, Dionysiokles, Libanios und anderen zu lesen ist. Man mag auch nachlesen, was wir darüber beim vorangehenden Sternbild gesagt haben. Wir aber wollen an ihre Stelle Deborah setzen, wie sie unter einem Palmbaum Gericht hält; oder, wenn man das vorzieht, Bathseba, die Mutter des Königs Salomon, die für würdig befunden wurde, auf einem Thron zu sitzen (1. Kön. 2,19); oder die äthiopische Ehefrau des Mose, die auf die Kirche vorauszudeuten scheint, die sich aus Heidenvölkern gebildet hat (4. Mose 12,1)1.
VI. ANDROMEDA; #A !; Die angefesselte Mohren-Fürstin In den Sternbildlisten Mulier catenata (‘die angekettete Frau’), bei Germanicus Virgo devota (‘die zum Opfer geweihte Jungfrau’), bei Vergil pesti Devota futurae (‘die dem bevorstehenden Untergang Geweihte’), Persea (‘die Frau des Perseus’), beim Juden Abraham Carens omnino viro (‘die ohne jeden Mann’) oder quae non vidit virum oder maritum (‘die keinen Mann oder Gatten gesehen hat’); bei manchen Arabern Vitulus marinus catenatus (‘das angekettete Meerkalb’), Almara almesalsela. Im Meridian steht sie um Mitternacht im Oktober. Sie besteht auf unserem Globus aus 27 Sternen. Von diesen wird derjenige am Kopf, der mit drei anderen hellen Sternen im Pegasus ein gewaltiges Rechteck bildet, Caput Andromedae (‘das Haupt der Andromeda’), von andern auch Umbilicus Pegasi (‘der Nabel des Pegasus’) genannt. Denn diesen Stern haben Pegasus und Andromeda gemeinsam, wie Hyginus bezeugt; und deshalb ließ Ptolemaeus diesen Stern am Hinterkopf der Andromeda fort und ersetzte ihn durch jenen,
1 Der letzte Teilsatz ab ‘oder’ ist eine Ergänzung in EI.
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der für uns auf dem rechten Schulterblatt liegt, nämlich Pectus Andromedae (‘die Brust der Andromeda’), μ &«, ! (‘Brust’), Elecile tereballe, wie er bei Bayer heißt. Postel setzte 23 Sterne an, Bayer hingegen ebenso viele wie unser Globus, nämlich 27: drei Sterne zweiter Größe, einen dritter, elf vierter, acht fünfter und vier sechster Größe, alle der Venus wesensverwandt.
Auf der arabischen Karte ist sie, wie gesagt, als angekettete Robbe oder Meerkalb dargestellt. Und die Kette, die um den Hals der Robbe geschlungen ist, hält mit dem anderen Ende den nördlichen der beiden Fische des Tierkreises fest. Dass die Andromeda ansonsten von den Arabern nicht nackt, sondern von Kleidern verhüllt dargestellt wird, schließt Schickard daraus, dass das ' ) " (‘am unteren Saum Wörtchen Adhil, mit dem sie den Stern vierter Größe # ) des Gewandes’) bezeichnen, von Addilo abgeleitet sein soll, was ‘Franse’ bedeutet. Ihnen folgte Bayer in seiner Uranometria und stellte die Andromeda in Vordersicht da und nicht so, wie man sie – schändlich anzusehen! – gemeinhin malt, mit dem Gesicht auf den Globus stürzend. Weiter südlich auf dem Gürtel weist sie einen hellen Stern auf, der auf Arabisch Mirach, Mirath, Mirar oder Miraz heißt oder, wie Scaliger mit Schickard liest, Mizar oder mit der Nominativendung Mizaron, ‘Bauchbinde’, " , wie es bei Ptolemaeus heißt; bei den Hebräern ‘Schürze’. Weiterhin weist sie einen anderen Stern am linken, südlichen Fuß oder an der Schuhsohle auf, arabisch Alamak genannt, laut Schickard Elamak, was ‘tief ’ bedeutet. Die erstere Form ersetzte Scaliger, indem er eine Umstellung vornahm, durch Almaak, was ‘Schuh’ oder ‘Sandale’ bedeutet. Andere schreiben fälschlich Alhames. Im Übrigen schätzte, mochte, ja liebte Andromeda ihren Befreier Perseus so sehr und mit solcher Leidenschaft, dass sie ihre Eltern verließ und ihm nach dem Zeugnis des Ktesias in der Perseis überall hin folgte, und so stieg sie dank Minerva schließlich mit ihm sogar in den Himmel auf. Daher schreibt Manilius: Der Andromeda gab er (sc. Perseus) den Himmel und machte durch Sterne solchen Kampfes Belohnung unsterblich. Perseus bekam von ihr den Sohn Perses und, wie Herodot bezeugt, Alkaios, Elektryon,
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5 Erythæo] Erythræo (s. 120.7) 18 Deferens] Kursiv! 21 ob maciem] Recte!
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Sthenelos und Mestor. Diesen gibt Pausanias im Buch über Korinth noch eine Tochter Gorgophone bei, die als Allererste zum zweiten Mal geheiratet haben soll, und Arrian nennt in Buch 8 seiner Alexandergeschichte noch den Erythros, der über das Erythräische Meer herrschte und ihm den Namen gab; andere berichten allerdings, Perseus habe eine Tochter mit Namen Erythra gehabt, nach der das Erythräische Meer benannt sei. Ich vermute jedoch, dass das Esau war, der auch Edom hieß und von den Heiden Erythra genannt wurde, wie wir bei Sternbild des Herkules sehen werden. Aber anstelle der Andromeda sollte unserer Meinung nach Abigail eingesetzt werden, jene kluge Frau Nabals und später des Königs David, die von David aus der Gefangenschaft bei den Amalekitern befreit wurde (1. Sam. 30,5 und 18).
VII. PERSEVS; Der Siegs-held, oder der Kopf-träger Perses, bei Catull Pinnipes (‘der mit den geflügelten Füßen’), Inachides (‘der Nachkomme des Inachos’), bei Ovid Abantiades (‘der Nachkomme des Abas’) und Acrisionades (‘der Nachkomme des Akrisios’), Cyllenius (‘mit Merkur verbunden’); bei Manilius Victor Gorgonei monstri (‘der Sieger über das gorgonische Ungeheuer’), Deferens caput Medusae, Cacodaemonis, & Gorgonis (‘der das das Haupt der Medusa, des bösen Dämons und der Gorgo wegträgt’); arabisch Ras Algol, bei anderen Alove, laut Schickard Rasolguli, ‘Kopf der Kräftezehrenden’, wegen ihrer Magerkeit; bei den Juden Rosch Hallilith und in den Sternbildlisten e (‘Gorgonenhaupt’) genannt; oder, wie andere lesen, Deferens catenam (‘der die Kette wegträgt’). Bei den Griechen P «, I , ‘Flüchtling’1; in den alfonsinischen Tafeln auf Arabisch Cheleub oder Chelub, ‘Hund’, laut Schickard Chelbon oder Kelbon, neuerdings Chamil ras Algol. Im November ist dies Sternbild um Mitternacht in unseren Breiten mitten am Himmel zu sehen. Es umfasst auf unserem Globus 30 Sterne, und zwar das Ras Algol neun und Perseus selbst 21. Darunter ist jener helle Stern an seiner linken, nach anderen an seiner rechten Flanke, der auf Arabisch Cheleub, Chenib, Algenib oder Genib, nach Schickard richtiger Algoenbo heißt, was ‘Flanke des Perseus’ bedeutet.
1 Eigentlich ‘Reiter’, aber vgl. u. 223,9.
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Postel hat nur elf Sterne im Sternbild und drei externe, Bayer hingegen 38: zwei zweiter Größe an der Flanke des Perseus und am Haupt der Medusa, vier dritter Größe an der linken Schulter, am Knie und am Fuß; zwölf vierter Größe, ebenfalls zwölf fünfter und acht sechster Größe, über den ganzen restlichen Körper verstreut, alle der Venus und dem Saturn oder laut Ptolemaeus dem Mars und dem Merkur wesensverwandt, mit Ausnahme des hellen Sterns am Medusenhaupt, der sich einigen zufolge der Natur des Saturn und des Jupiter angleicht.
Die Hebräer übernahmen die Bezeichnungen für die Gestalten (M φ«) am Himmel aus dem Arabischen in ihre eigene Sprache und übersetzen nach dem Beispiel der Araber den Perseus als ‘den Mann, der das Haupt des Teufels oder des bösen Dämons trägt’, die Kassiopeia als ‘die Frau, die auf dem Thron sitzt’, die Andromeda als ‘die Frau, die keinen Mann hat’, den Orion als ‘den kriegerischen Riesen’. Dieser Perseus aber, der Sieger über Medusa, selbst dann besiegt von Andromeda, der das Medusenhaupt auf unserem Globus in seiner linken Hand hält, war der Sohn des Proitos bzw. des argivischen Jupiter und der Danaë, der Tochter des Argiverkönigs Akrisios und der Eurydike, Tochter des Euroteus1 oder, wie andere ihn nennen, des Lakedaimon. Diese Danaë hatte ihr Vater, damit sie keinen Sohn bekäme, in ein unterirdisches ehernes Verließ eingeschlossen und ihm viele Wächter beigegeben, wie Pherekydes in Buch 1 und 12 seines Geschichtswerks, Sophokles in der Antigone und Pausanias im Buch über Korinth überliefern. Und dennoch wurde sie dort von Proitos, dem Bruder des Akrisios und Herrn oder ‘Jupiter’ der Bucht von Argos, geschändet, der sich in einen goldenen Tropfen oder einen goldenen Regen verwandelt, d.h. die Wächter mit Gold bestochen hatte. Daher schreibt Horaz in der 16. Ode des dritten Buches: Wohl war Danaë dort hinter des ehernen Zwingturms starkem Verschluss unter der traurigen Hut der Meute, der stets wachen, vor nächtlicher Buhlschaft sicher genug verwahrt, Venus aber und Zeus lachten Akrisios’ sorgsam ängstlicher Wacht über die einsame Jungfrau. Sicher und leicht, wussten sie, wird die Bahn, naht in Goldesgestalt der Gott. Gold geht mitten hindurch durch der Trabanten Reihn, Felsenmauern durchbricht Gold noch gewaltiger als der flammende Blitz, usw. Und Paulus Silentarius: In unsichtbare Spalten drang schließlich, in Gold sich verwandelnd, Jupiter ein, hinein in der Danaë eherne Kammer, usw.
1 Übliche Namensform: Eurotas (s.u. 206,13).
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Und so entstand aus diesem Beischlaf Perseus. Der bekam von Merkur Flügelschuhe und eine Sichel oder ein sichelförmiges Schwert aus Stahl, das bei den Arabern Nembus heißt, weiterhin von Orcus oder, wie Hesiod im Schild des Herkules will, von Pluto einen Helm und von Pallas einen Schild, einen Spiegel und eine Zaubertasche, die manche auch einen Ranzen nennen, und derartig ausgerüstet schlug er der schlafenden Medusa mit einem einzigen Hieb den Kopf ab, den er abgewandt im Spiegel der Pallas betrachtete. Diese Tat war ihm nämlich von Polydektes, dem König von Seriphos, aufgetragen worden, der ihn, als er mit seiner Mutter in einen Kasten eingeschlossen auf dem Meer ausgesetzt worden war, aufgenommen und aufgezogen hatte, wie Apollonios in Buch 4 der Argonautika und Strabon in Buch 10 bezeugen. Oder wie andere wollen, hatte ihm Pallas selbst diesen Auftrag gegeben, weil sie Mitleid mit dem Unheil empfand, das den Menschen aus dem Anblick der Medusa erwuchs. So beseitigte Perseus dieses Ungeheuer, steckte das Haupt, das Pallas dann später, wie der Rhesos des Euripides bezeugt, an ihrem Schild anbrachte, in den Ranzen und flog von der spanischen Stadt Tartessos, wo er diese Tat vollbracht hatte, unverzüglich los, um zu Polydektes zurückzukehren. Unterwegs aber sah er Andromeda, welche die Schuld der schrecklichen Eltern einstmals der Strafe preisgab, wie Manilius in Buch 5 dichtet, und die als stellvertretendes Sühneopfer für die Torheit der Mutter, wie wir oben bei den Sternbildern Kepheus und Kassiope ausgeführt haben, dem Wal ausgeliefert worden war. Das unschuldige Mädchen tat ihm leid, er band es los und machte mit gezücktem Schwert und mit dem hingehaltenen Haupt der Medusa dem Ungeheuer den Garaus. So befreite er die Arme aus aller Gefahr und machte sie zu seiner Frau. Man lese dazu den eben erwähnten Manilius und Ovid in Buch 5 der Metamorphosen, weiterhin Bacon von Verulam, Pindar, Hesiod an der genannten Stelle und Simonides im Perseus. Medusa aber war nicht jene gleichnamige Tochter des Priamos und auch nicht die des Sthenelos und der Nikippe, sondern ein Ungeheuer, das nach dem Zeugnis des Pausanias im Buch über Korinth von Phorkos1 und Keto hervorgebracht wurde, mithin eine der Phorkiden oder Gorgonen, deren Namen Skylla, Medusa, Sthenio2 und Euryale sind. Diesen gibt man als Schwestern noch Pephredo3 und Enyo bei, weiterhin Iaeno4, die laut Melanthes5 in seinem Buch über die Mysterien im eigentlichen Sinn die Phorkiden und Graien genannt werden. Letztere waren Greisinnen von Geburt an und benutzten abwechselnd ein einziges Auge und einen einzigen Zahn.
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S.o. 113 D, Anm. 1. Meist: Stheno oder Sthenno; auch Stheino. Meist: Pemphredo. Wohl entstellt aus ‘Deino’. Häufiger: Melanthios (lat. Melanthius).
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Die Köpfe der Gorgonen waren bedeckt mit sich windenden, schuppigen Schlangen, und sie hatten Zähne so groß wie Schweinezähne; hinzu kamen Hände aus Erz, Flügel aus Gold, und auch sie hatten nur ein einziges Auge, das sie abwechselnd benutzten, wie Apollodor in Buch 2 überliefert. Aber auch Plinius berichtet in Buch 3, Skylla, die Tochter des Phorkos, sei in ein Ungeheuer mit dem Oberkörper eines Mädchens, dem Unterleib eines Fisches und sechs kläffenden Hundeköpfen verwandelt worden, als sie sich in einer Quelle wusch, die Kirke vergiftet hatte. Die Schwestern wohnten auf den Dorkadischen oder Gorgadischen Inseln im Äthiopischen Ozean, wie Nymphodoros in Buch 3 überliefert. Übrigens soll Pallas die fast schon goldfarbenen Haare der Medusa in Schlangen verwandelt haben, weil sie darüber empört war, dass Neptun in ihrem, der Pallas Tempel mit Medusa Unzucht getrieben hatte; oder wegen ihrer maßlosen Überheblichkeit und ihres dreisten Unterfangens, mit der Göttin um die Schönheit zu wetteifern, wie Isaak es will. Ja, sie soll ihnen auch die Kraft gegeben haben, jeden, der sie ansah, in Felsklippen und Steine zu verwandeln. Daher meint Lukan in Buch 6 der Pharsalia, niemand könne Medusa ungestraft direkt anblicken, ausgenommen Demogorgon, der Vater aller Götter, der im tiefsten Tartarus begraben ist. Darauf deutet auch Ovid in Buch 1 der Briefe aus Pontos hin: Käme Medusa auch selbst meinen Blicken entgegengegangen, würde sie doch ihre Kraft gleich auf der Stelle verlier’n. Die Gorgonen sind benannt 8 μ μ ' 7φ ', ‘nach dem schrecklichen Anblick ihrer Augen’. Man vergleiche dazu Menander in Buch 3 seines Werks über die Mysterien, Nymphodoros in Buch 3 seines Geschichtswerks, Theopompos in Buch 17, Bolemon1 gegen Adaios, Aischylos im Prometheus, Alexander von Myndos über die Zugtiere, Ovid in Buch 4 der Metamorphosen und Natale Conti, Buch 7, Kap. 11 und 12; weiterhin unten das Sternbild Pegasus, wo wir die Geburtsgeschichte der Medusa erzählen werden. Doch lasst uns diese Fabel beiseite schieben und an ihre Stelle eine wahre Geschichte aus der Heiligen Schrift setzen, nämlich die von David, dem Sohn des Isai aus Bethlehem, dem späteren König, der den Goliath, den Riesen der Philister, mit einem Steinwurf tötete und ihm den Kopf abschlug, wie 1. Sam. 12,23 sowie 49, 51 und 57 zu sehen ist. Denn nichts passt meiner Ansicht nach besser zu diesem himmlischen Bild als jener David, der das Haupt des Philisters wegträgt.
1 Richtig: Polemon (lat. Polemo; im Autorenregister erscheinen Bolemo und Polemo als unterschiedliche Autoren).
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VIII. TRIANGULUM BOREALE; das Norder-dreiek1 Triquetrum, Tricuspis oder Triangulus sowie Trigonus septentrionalis (‘das nördliche Dreieck’); bei Manilius Nili donum (‘das Geschenk des Nils’); Nilus (‘Nil’), Aegyptus (‘Ägypten’); Sicilia, Trinacria (‘Sizilien’); Orbis terrarum tripartitus (‘der dreigeteilte Erdkreis’). Griechisch ;! , ; " , T "«, T " (‘Delta’ bzw. ‘dreieckig, Dreieck’); bei Herodot P * ' , ‘das Geschenk des Nils’. Arabisch Mutlathum, Mutlatun, Almutaleth, laut Schickard Mutlaton oder mit Artikel Almutlato, was ‘etwas Dreifaches’ heißt. Sein Mitternachtspunkt ist Ende Oktober, und es umfasst auf unserem Globus vier Sterne. Postel zählt ebenfalls vier Sterne, Bayer hingegen fünf, davon drei vierter Größe, einen fünfter und noch einen sechster Größe, die sich alle den Eigenschaften des Merkur angleichen.
Deltoton wird es genannt, weil es dem dreieckigen griechischen Buchstaben ; ähnelt. Daher schreibt Cicero in seinem Arat: Unter Andromedas leuchtender Brust ganz dicht ist ein kleines Sternbild zu sehen; Deltoton pflegen’s die Griechen zu nennen, denn seine leuchtende Form ist ähnlich dem Buchstaben Delta. Ebenso Avienus: Und noch ein Sternbild ist da, das unsere Landsleute immer griechisch Deltoton benennen. Die beiden Schenkel sind ähnlich lang, der Winkel ganz oben im Sternbild fügt spitz sich zusammen, und an der Spitze verschränken sich beide Schenkel zur Einheit. Unten die Basis, welche die aufrechten Linien abstützt, dehnt über kürzeren Abstand sich aus, unähnlich den Schenkeln, doch, obwohl so verkürzt, übertrifft sie mit doppelter Fackel leuchtender Sterne der anderen Kraft. Wobei ‘aufrechte Linien’ (stantes ductus) eine falsche, ja geradezu lächerliche Formulierung ist, weil ja aufrecht stehende, parallele Linien keinesfalls einen Winkel bilden können. Eine höchst elegante Beschreibung dieses Sternbildes bietet uns hingegen Germanicus in seiner Arat-Übersetzung:
1 Moderne Bezeichnung: Dreieck (auch: Nördliches Dreieck).
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15 &] ut 20 diximus] dicemus (EI)
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Seine Seiten bilden drei Linien. Zwei davon gleichen sich in der Länge; die dritte ist kürzer, doch leuchtet sie stärker. Es handelt sich nämlich um ein gleichschenkliges Dreieck, bei dem eine Seite ungleich den beiden übrigen ist. Man vergleiche dazu Hyginus sowie Decimator, De stellis. Einige aber sagen, dies dreieckige Sternbild sei an den Himmel gesetzt worden, um auf das Sternbild des Widders hinzuweisen. Andere sagen, die sizilische Ceres habe Jupiter gebeten, am Himmel eine solche, der Insel Sizilien ähnliche Figur anzubringen – diese Insel, so heißt es, bildet geographisch genau ein Dreieck. Andere schließlich versichern, das sei geschehen, um die drei Erdteile zu bezeichnen. Uns aber scheint es viel eher den dreieinigen GOtt oder die allerheiligste Dreifaltigkeit des göttlichen Wesens zu bezeichnen, zumal ; der erste Buchstabe des Wortes DEVS wie auch von ;.«, ‘göttlich’, ist, vgl. Matth. 3,16f., auch 28,19; und im ersten Johannes' + ) ', ² P , ² «, λ μ brief 5,7 ist Folgendes zu lesen: T .« 2λ ¹ * « # ) Ϊ P* · λ ] ¹ .« i 2. ‘Denn drei sind, die da Zeugnis ablegen im Himmel: der Vater, das Wort und der Heilige Geist; und diese drei sind eins.’ Doch man lese nach, wenn man mag, was wir dazu beim Sternbild des Südlichen Dreiecks sagen.
IX. AURIGA; der Fuhrman, Wagenman, oder Ziegen-man Aurigator (‘Wagenkämpfer’), Agitator currus (‘Wagenlenker’), Arator (‘Pflüger’), Heniochus, Habenifer (‘Zügelhalter’); Erichthonius, bei Homer Erichtheus1; bei den Ägyptern Orus; bei anderen Phaëthon; ebenso Custos caprarum (‘der Hüter der Ziegen’), Habens hircum, capellas, haedos (‘der einen Bock, Ziegen, Böcklein hat’), bei Arat oleniam capram Iovis nutricem (‘der die olenische Ziege, die Amme Jupiters, hat’); Myrtillus; Pelethronius; Bellerophon; Trochilus; Oenomaus; bei Pausanias Hippolytus. Bei den Griechen H«, ‘der die Zügel hält’ oder ‘zieht’, I «, ‘Pferdelenker’, # «, ‘Pferdeantreiber’, A «2, ‘Wagenlenker’, ;φ «, ‘Wa-
1 S.o. 43 D, Anm. 2. 2 Richtig: A « oder A «.
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19 Oleniam Iovis altricem dixere capellam] Recte/kursiv umgekehrt!
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gentreiber’ (Isidor nannte ihn Mavors, richtiger ist – laut Schiller – Maforte). Bei den Mohammedanern Mulus Clitellatus (‘das Maultier mit dem Packsattel’); im Tetrabiblos Hora, anstelle von Roh oder Roha, ‘Wagenlenker’. Arabisch Alhajot oder Alhatod, ‘Ziegenbock’, neuerdings auch Memassich alharan. Bei Ibn Esra ]crh vdyb r>X hivrh (ha-ro’e ascher bejado ha-reszen), ² κ λ '1 π ', ‘der Hirte, der mit der Hand den Zügel führt’. Den Meridian durchwandert er gegen Mitte Dezember um Mitternacht; mit seiner oberen Hälfte ist er für uns immer sichtbar. Auf unserem Globus ist er durch 18 Sterne gekennzeichnet, von denen derjenige, der an der linken Schulter besonders hell leuchtet, Hircus (‘Ziegenbock’) oder Capra (‘Ziege’) genannt wird, bei den Alten Crepa (‘Ziege’), Capella (‘Zicklein’), im Volksmund Cabrilla, außerdem Amaltheia; bei den Arabern hingegen Alhajot, bei einigen Alatod, anstelle von Alhatod oder vielmehr Alatudo, dem Hebräischen mit der Bedeutung ‘Ziegenbock’ entnommen; bei den Peruanern Colca und bei den Griechen F S , ‘die olenische Ziege’. Daher schreibt Arat in den Phainomena: #G ! 2 ρ ;μ« !’ 6φ& . ‘Die olenische Ziege, die Amme des Jupiter, sagt man.’ Postel zählt 14 Sterne, Bayer hingegen 42: einen erster Größe auf dem Rücken und zwei zweiter Größe an der linken Schulter und dem linken Fuß; sieben vierter, drei fünfter und 19 sechster Größe, überall verstreut. Hinzu kommen noch die zehn Sternchen, die die Peitsche bilden, die Tibull den Stimulus (‘Stachel’) nennt. Alle gleichen sich dem Charakter des Mars und des Merkur an.
Die Araber oder Mohammedaner malen einen aufrecht stehenden Maulesel mit Packsattel, wobei sie den Zügel mit seinen Sternen daneben, außerhalb des Sternbildes, beifügen, die aber nicht auf dem Zügel des griechischen Fuhrmanns zu finden sind. Wir können auch weder bestätigen oder bestreiten, ob dieser Fuhrmann nackt ist. Immerhin wird ihm in den Sternbildlisten ein , ein Gewandstreifen beigegeben. Auf der linken Schulter oder auf dem Rücken befindet sich, wie erwähnt, die Ziege der Amaltheia oder die Ziege Amaltheia, welche allerdings von manchen auf die rechte Schulter gesetzt wird. Darunter sind auf der linken geöffneten Hand zwei
1 Richtig: κ. 2 Richtig: .
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Böcklein oder Zicklein zu sehen, die bei den Arabern Saclateni, bei Abu Maschar ‘Lämmer’, bei den Griechen / φ, ‘Böcklein’ oder ‘Lämmer’, heißen. Laut Bayer sind sie in der rechten Hand, ' (‘am Handgelenk’), bei Proklos # Ν ) , ‘an der äußersten Spitze der bei Arat # ) Hand’, bei Avienus am Ende der Hand. Die Ziege soll die ‘olenische’ heißen, weil sie bei der böotischen Stadt Olenos aufgezogen wurde, wie bei Strabon in Buch 8 zu lesen ist; oder weil die Tochter des von Vulkan gezeugten Wagenlenkers, des Olenos, sie in die Arme geschlossen haben soll. Warum sie aber an den Himmel versetzt wurde, erklärt Caesar Germanicus in seiner Übersetzung des Arat: Denn jene gilt als Jupiters Amme, wenn Jupiter wirklich als Säugling an den treulichen Zitzen der kretischen Ziege gesogen. Nun als helles Gestirn bezeugt sie den Dank ihres Zöglings. Und Ovid schreibt in Buch 5 der Fasti: In der ersten der Nächte sieht man den Stern, der einst Jupiters Wiege betreut. Aufgeht heute das Regengestirn der olenischen Ziege; weil sie die Milch ihm gereicht, ward ihr der Himmel zum Lohn. Amaltheia die Nymphe, bekannt auf dem kretischen Ida, hat den Jupiter einst – sagt man – im Walde versteckt. Sie besaß eine Ziege, die Zwillingsböckchen geboren, schön, wie auf Kretas Gebirg nirgends man schönere sah. Weit nach dem Nacken zurück die ragenden Hörner gebogen, Jupiters Amme zu sein, machte das Euter sie wert, sie gab Jupiter Milch, doch brach sie ein Horn sich am Baume, dass um die Hälfte des Schmucks nun ihr verstümmelt die Stirn. Aufhebt dieses die Nymphe, umkränzt es mit duftenden Kräutern, füllt es zum Rande mit Obst, bringt es dem Jupiter dann. Als auf dem Throne des Vaters er saß als der Herrscher des Himmels unbesiegt, als es nichts Größres als Jupiter gab, da zu den Sternen erhob er die Amme, daneben ihr Füllhorn, das den Namen noch jetzt seiner Besitzerin trägt. Horaz nennt das Sternbild ‘die tollwütigen Sterne der Ziege’, weil es kalte Nächte zu bringen pflegt; dass sein Aufgang daher den Reben Schaden zufügt, ist bei Pausanias im Buch über Korinth zu lesen. Aus diesem Grund stand auch bei den Phliasiern auf dem Forum eine Ziege aus vergoldeter Bronze, die diesem Gestirn geweiht war, damit die Reben beim Aufgang der Ziege keinen Schaden nähmen, wie Pausanias an derselben Stelle berichtet. So nennt auch Ovid die Böcklein die ‘regenbringenden’. Denn
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wenn aufgehen die Böcklein, ist das Meer für niemanden sicher. Im Übrigen ist umstritten, ob es wirklich eine Ziege war, die Jupiter mit ihrer Milch ernährte. Manche sagen ‘Amaltheia’, manche ‘die Ziege der Amaltheia’. Amaltheia aber hält man für die Tochter des Königs Hermonios1 und die Frau des Königs Nykteus, dem sie Nyktemene2 gebar, wie Apollodor von Kyzikos überliefert. Einige glaubten, sie sei eine arkadische Frau mit dem Namen ‘Ziege’ gewesen; als sie Zwillinge geboren habe, habe sie diese anderen Frauen zum Stillen gegeben, um selbst Jupiter zu nähren. Daher seien ihre Söhne, da sie ja von der ‘Ziege’ geboren wurden, ‘Böcklein’ oder ‘Lämmer’ genannt worden; ja, weil sie dem Jupiter die Muttermilch überlassen hätten, seien sie zusammen mit ihrer Mutter in den Himmel aufgenommen und dem Erichthonios in die Hände gelegt worden. Man vergleiche dazu auch das Sternbild des Steinbocks. Dieser Erichthonios aber, der in den himmlischen Fuhrmann verwandelt worden sein soll, ist nicht jener Trojanerkönig, der Sohn des Dardanos, sondern Apollo bzw. der in der Abfolge vierte König Athens nach der Vertreibung des dritten, des Amphiktyon. Er ist ein Kind des Vulkan, des Sohnes des Himmels, und der Athena oder Atthis, wie sie Strabon in Buch 9 nennt, der Tochter von Athens zweitem König Kranaos bzw. Jupiter; andere berichten, er sei ein Kind des Vulkan und der Erde. Durch die Wassernymphe Pasithea war er, wie Apollodor in Buch 3 seiner Bibliothek bezeugt, der Vater von Pandion I. sowie von Oreithyia und Prokris, und er war der Erfinder der Kunst des Wagenlenkens. Daher schreibt Vergil in Buch 3 der Georgica: Erichthonios fügte zuerst Rennwagen und Vierspann kühneren Muts und betrat siegreich die eilenden Räder. Den Namen des Erichthonios will man auf / «, ‘Streit, Wettkampf ’, und , ‘Erde’, zurückführen, weil dieser gewissermaßen während eines Kampfes oder Streits zwischen Minerva und Vulkan aus der Erde hervorgegangen sei. Aber ich vermute, dass ihm dieser Name gegeben wurde, weil er mit Amphiktyon, der auf Kranaos gefolgt war, um den Besitz der ‘Erde’, d.h. seines Königreiches, ‘gestritten’ hatte, während die andere Erklärung doch wohl von den Griechen zugunsten ihrer Minerva erfunden wurde, damit sie den Anschein ewiger, unverletzter Jungfräulichkeit, die sie sich auferlegt und die ihr Vater versprochen hatte, aufrecht erhalten konnte. Indessen, so wie sie keinen anderen Vater hatte als den Kranaos, so hatte auch Erichthonios keine andere Mutter als eben diese Minerva. Sie hieß bei den Griechen zuerst #A, Athena, später aber, als
1 Sonst: Haimonios (lat. Haemonius). 2 Übliche Namensform: Nyktimene oder Nykteis (lat. Nyctimene oder Nycteis).
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Pallas, die Tochter des Pallas oder, wie andere vorgeben, des Triton oder des Neptun, durch Minervas Hand umgekommen war, habe sie wohl den Beinamen Pallas erhalten und sei mit dieser gemeinsam verehrt worden. Und diese – meiner Meinung nach nur erfundene – Verschiedenheit beider Göttinnen zeigt Apollodor in Buch 3 an, wenn er sagt: „Sie sagen, dass die neugeborene #A»“ (d.h. Minerva, wie die Römer den Namen Athena zutreffend übersetzen) „bei Triton aufgezogen wurde, der eine Tochter namens Pallas hatte, und dass beide, als sie sich in Kriegskünsten übten, in einen Wettstreit geraten seien“, usw. Dass aber Kranaos der Vater dieser Minerva war, das gibt Tzetzes zu erkennen. Wenn dieser auch unter so vielen gegenteiligen Zeugnissen mein einziger Zeuge ist und daher nicht hinreichend zu sein scheint, so habe ich doch Argumente zur Hand, durch die ich sein Zeugnis bald bekräftigen werde. K » bedeutet in der griechischen Sprache ‘Kopf ’; daher kommt Kranaos, ‘mit einem Kopf versehen’, und laut Celsus das lateinische Cranium, was so viel ist wie calvaria, der Sitz des Gehirns. Ja, Triton, T sagt man bei den Äolern, Kretern und Pontern auch zum Kopf oder Schädel, weil der Schädel sich in drei Teile aufspaltet, wie der Scholiast des Aristophanes bezeugt. Daher vermute ich, dass Kranaos im äolischen oder pontischen Dialekt Triton genannt wurde, so dass Triton mit Kranaos identisch war. Ähnliches gilt für Koryphe: so bezeichnet Cicero in De natura deorum, Buch 3, wo er fünf Minerven bespricht, die Mutter jener Minerva, welche die Arkadier K (lat. Coria), d.h. die Jungfräulichkeit oder Jungfrau schlechthin, und die Messenier Koryphasia nannten. Koryphe bedeutet ‘Scheitel des Kopfes’; daher kommt die Bezeichnung φ .« Z«, ‘der kapitolinische Jupiter’. Aus all dem darf man mithin schließen, dass Koryphe die Frau des Kranaos war, gewissermaßen die ‘Kranae’, und Koryphasia oder Coryfasia ihre Tochter, die mit anderem Namen ‘die Athenerin’ genannt wird. Wer sieht denn nun noch nicht, dass Kranaos jener athenische Jupiter oder Neptun ist, aus dessen Kopf oder Gehirn Minerva geboren wurde, wie als Erster von allen Stesichoros in dichterischer Umschreibung sagte? Ihm folgten Apollodor, Lukian in den Göttergesprächen und Strabon, der in Buch 14 sagt, es habe auf Rhodos Gold geregnet, als Minerva aus dem Kopf des Jupiter geboren wurde; ebenso Apollonios in Buch 4 der Argonautika, wo er so dichtet:
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H ' Q,« 1, V ’ #A, 7H« Ρ ’ # μ« φ &« φ , $ T "« # ’2 4 .
(‘Halbgöttinnen, Beschützer von Libyen, die der Athena, als sie leuchtend dem Haupte des himmlischen Vaters entsprungen, an dem Tritonischen See erschienen, die Göttin zu baden.’) Daher überboten später andere diese absurde Erfindung durch eine noch absurdere und behaupteten, sie sei ohne Mutter geboren. Ja, weil Kranaos zu jener Zeit Krieg mit den Giganten führte, gab das Anlass zu der Fabel, Minerva sei bewaffnet dem Haupt des Jupiter entsprungen und habe sich gar sogleich Waffen und Wagen beschafft, wie Horaz in Buch 1 der Oden schreibt: Schon nimmt Pallas den Helm, greift nach dem Ägisschild, steigt zu Wagen von Zorn entflammt. Aus all dem geht eindeutig hervor, dass Minerva die Tochter des Kranaos ist, die von den Griechen Athena genannt wurde; weiterhin, dass Vulkan mit dieser Athena, der Tochter des Kranaos, den Erichthonios gezeugt haben soll und dass Erichthonios von Minerva in ihrem Tempel aufgezogen worden sein soll, wie Apollodor in Buch 3 berichtet. Dann aber wird doch wohl Minerva die Mutter des Erichthonios und die heimliche Gattin Vulkans gewesen sein, der mit seiner übermächtigen Axt dem Jupiter das Haupt spaltete, wie auch Lukian sagt, damit die Jungfrau, seine zukünftige Gattin, herausspringen konnte. Das geht auch daraus hervor, dass Erichthonios dem Vater der Athena nach der Vertreibung des Amphiktyon in der Herrschaft folgte, ja, dass Athena ebenso wie Erichthonios den vierspännigen Wagen erfunden haben soll, wie aus Cicero an der erwähnten Stelle zu ersehen ist. Ohnehin wundere ich mich, dass der scharfäugige Vossius, dieser Mann, in dem sich göttliche Fähigkeiten verkörperten und den ich als meinen Lehrer zu Recht vor allen anderen verehre, auf diese Sache nicht mit einem Wörtchen eingegangen ist, wo er doch (De idololatria, Buch 1, S. 101f.) die athenischen Könige alle der Reihe nach aufzählt, ja sogar deren Kinder, mit Ausnahme von Athena oder Minerva, d.h. Meminerva, wie sie die Römer in Ableitung von memoria (‘Erinnerung’) oder dem alten memino oder memini (‘sich erinnern’) nannten. Und unter diesen Königen ist der erste für ihn Kekrops, der Zeitgenosse ( «) des Mose, für andere hingegen Aktaios, dessen Tochter jener heiratete. Auf Kekrops aber lässt er den Kranaos folgen (andere die Ceres, und auf diese den Kranaos), auf Kranaos den Amphiktyon und auf diesen den Erichthonios. Außerdem ist bei Vossius im selben Buch auf S. 130 zu lesen, die griechische Minerva sei während der Herrschaft des Ogyges, des Königs von Böotien und Gründers von Eleusis in Attika, geboren und beim böotischen Fluss Triton von Alalkomeneia, der Tochter des
1 Richtig: . 2 Richtig: #φ’.
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Ogyges, aufgezogen worden, weswegen sie #A μ« '« σ (‘einen Winter alt’). Und mit dieser Bedeutung wird auch bei Theokrit, bei Plutarch über Lykien und bei Xenophon, Hellenika, Buch 4 gebraucht. Man vergleiche dazu Eustathios. Dass der Berg Chimaira unter schrecklichem Krachen Feuer spie und die angrenzenden Gebiete so sehr verwüstete, dass darauf weder Bäume noch Feldfrüchte wuchsen, bezeugt ebenfalls Plutarch in seinem Buch über berühmte Frauen. Aber, so fügt er hinzu, nachdem die Seite des Berges, die ganz eben war, auf Befehl des Bellerophon abgeschlagen worden sei, habe sich der Lärm wie auch die Feuersbrunst gelegt, und damit sei dem Lande sehr geholfen worden. Daraus entstand dann die Sage bei Theopompos in Buch 7 seiner Philippika, die vorgibt, Bellerophon habe der Chimaira eine Lanze, deren Spitze mit Blei bestückt war, ins Maul gestoßen, und durch das Feuer sei das Blei geschmolzen, sei
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Kopfzeile ATSRONOMICO] ASTRONOMICO
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bis tief in den Bauch der Chimaira geflossen und habe ihre Eingeweide verbrannt; so habe Bellerophon das Ungeheuer vernichtet. Tzetzes (Chiliades 7, Gesch. 149) hingegen versteht unter der Dreigestaltigkeit der Chimaira jene drei Völker, die Bellerophon nach Angabe des Antigonos von Karystos besiegt hat. Denn Bellerophon war wegen des erwähnten Mordes heimatlos geworden und hatte sich zu Proitos, dem König von Argos, geflüchtet; aus dessen Verbindung mit Danaë, der Tochter seines Bruders Akrisios, ging Perseus hervor, wie wir bei dessen Sternbild ausgeführt haben. Proitos nahm Bellerophon zwar sehr freundlich auf, aber seine Frau Sthenoboia, die bei anderen auch Anteia heißt, verliebte sich aufs heftigste in den Gast; als der sie jedoch abwies, klagte sie ihn später aus Schmerz und Empörung bei Proitos an, er habe einen Anschlag auf ihre Keuschheit verübt, wie Homer in Buch 6 der Ilias bezeugt. Da dieser nun den Bellerophon nicht selbst töten wollte, schickte er ihn mit einem Brief zu seinem Schwiegervater Iobates, dem König von Lykien. Dieser öffnete den Brief, in dem der Auftrag, Bellerophon zu töten, an ihn weitergegeben wurde; doch wie sein Schwiegersohn wollte er selbst nicht Hand an den Gast legen, und darum entsandte er ihn, seine drei grimmigsten Feinde zu besiegen, nämlich die Chimaira, die Solymer und die Amazonen; so sollte er unter dem Vorwand einer denkwürdigen Schlacht umkommen. Daher schreibt Ovid in Buch 2 der Tristia: Denn was soll ich vom finstren Bezwinger Chimairas berichten, welchen mit tückischer Straf ’ weihte dem Tode der Wirt. Und das sind in der Tat jene drei Völker, die, wie gesagt, von Tzetzes und Antigonos genannt werden. Unter der Chimaira aber verstehe ich jenen Piraten, der die Lykier und andere Völker durch seine ungeheure Grausamkeit in Unruhe versetzte. Dessen Schiff führte, so heißt es, am Bug das Bild eines Löwen, am Heck das einer Schlange und im Mittelteil das einer Ziege. Diesen soll Bellerophon erst angegriffen und dann mit einem pfeilschnellen Schiff namens Pegasus verfolgt und geschlagen haben. Nachdem er dies vollbracht hatte, griff er auch die sehr kriegerischen Völkerschaften der Solymer an, welche die Dichter als löwenähnlich schildern; und als er auch diese in einer Seeschlacht besiegt hatte, unternahm er schließlich einen Kriegszug gegen die Amazonen, die man ‘Ziegen’ nannte, weil sie zumeist in gebirgigen und schwer zugänglichen Gegenden umherschweiften. Und so hatte er diese drei grausamen Feinde besiegt und niedergestreckt und kehrte im Triumph zu Iobates zurück. Dieser bewunderte die Tapferkeit des Bellerophon und
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gab ihm nicht nur seine Tochter Philonoë zur Frau, sondern gewährte ihm den Vorrang bei der Thronfolge. Aber noch eine andere Chimaira liefert uns Agatharchides in Buch 3 seiner Asiatika. Dort sagt er, die Frau des Amisadoros1, des Herrschers über Lykien, Chimaira mit Namen, habe zwei Brüder gehabt, von denen der eine ‘Löwe’, der andere ‘Schlange’ hieß. Und als diese drei, die man wegen des guten Einvernehmens mit ihrer Schwester ‘das dreiköpfige Ungeheuer’ nannte, das lykische Land mit einer großen Menge junger Leute besetzten und alle Ankömmlinge niedermetzelten, da habe Bellerophon sie besiegt und zu Sklaven gemacht. Aber wir müssen auch noch etwas über Pegasus sagen. Dieser soll wie Chrysaor ein Spross des Neptun und der Medusa sein, die wir beim Sternbild des Perseus erwähnt haben; oder er entsprang, wie andere wollen, plötzlich aus dem Blut, das dem Hals der Medusa entströmte, als Perseus ihr das Haupt abgeschlagen hatte. Daher schreibt Ovid in Buch 3 der Fasti: Schau: Des gorgonischen Pferds Nacken erblickst du jetzt dort! Dieses entsprang, wie man glaubt, dem Hals der schwangren Medusa, als sie geköpft war; vom Blut war seine Mähne bespritzt. Unter den Sternen glitt es dahin, hoch über den Wolken, hatte als Boden die Luft, nahm seinen Flügel als Fuß, hatte schon zähneknirschend den neuen Zaum angenommen, als den aonischen Quell aufschloss sein hurtiger Huf. Und so wird der Pegasus vielleicht nichts anderes bezeichnen als die Fama: diese ist gleichsam ein Kind des Neptun oder irgendeines Meeres- oder Inselkönigs – so deuten wir den Walfisch –, der von Perseus getötet wurde, und der Medusa, die ebenfalls durch die Tapferkeit des Perseus vernichtet wurde; und diese Fama flog dann mit ihren Flügeln immer weiter von Mund zu Mund bei den Menschen und pries die Tapferkeit des Perseus. Ja, vielleicht kommt daher auch die Vorstellung, Pegasus habe mit seinen Hufen die Musenquelle auf dem Parnass in Phokis entspringen lassen – oder auch die Pferde- oder Bellerophonquelle auf dem Helikon in Böotien, die von anderen auch der ‘libethrische’, der ‘pimpleische’ oder der ‘kastalische’ Quell genannt wird, obwohl diese drei nicht mit ihr identisch sind; denn die leuchtenden Taten berühmter Männer und der daraus entsprungene Ruhm eröffnen den Dichtern gleichsam die Quelle, aus der sie den Stoff für ihre Schriften schöpfen können. Und von dieser Quelle, $μ &« &«, oder von ",
1 Richtig: Amisodaros (lat. Amisodarus), wie oben 219,36. Im Index der Genitiv Amisadoris (uxor), der zu einem Nominativ Amisador führt.
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‘hervorquellen’, kommt auch der Name P «, ebenso wie der Name der Quelle selbst, Hippokrene oder auch ‘Pferdequell’, von diesem geflügelten Pferd. Deshalb braucht man sich auch nicht zu wundern, dass einige sagten, Perseus sei selbst auf dem Pegasus geritten, als er den Walfisch angriff, dem Andromeda dargebracht worden war, wie bei Textor im Theatrum und bei Pierio in den Hieroglyphica zu sehen ist; dennoch bestreitet dieser, dass man den Pegasus mit Perseus in Verbindung bringen könne, und sagt, ¹ P « im Schild des Herkules von Hesiod bedeute nicht ‘Reiter’, sondern ‘Flüchtling’. Doch hier phantasiert Pierio, wie aus dem Vorigen ersichtlich ist. Was nun die Medusa betrifft, die dem Neptun verbunden war und nun für ihren Überwinder Perseus den geflügelten Pegasus, d.h. den weithin fliegenden Ruhm hervorgebracht haben soll, so vermute ich, dass das eine kleine Hure von weitberühmter Schönheit war, kraft derer sie alle gleichsam wie vom Donner gerührt erstarren ließ, in sich verliebt machte und in abscheuliche Lüste verstrickte. Daraus machte man dann ein Ungeheuer, dessen erster Anblick schon die Menschen zu Stein werden ließ. Pausanias berichtet ja im Buch über Korinth, dass Medusa nach dem Tod ihres Vaters Phorkos über die Völker geherrscht habe, die am Tritonischen Sumpf wohnen, und sie sei regelmäßig mit ihren Untertanen zur Jagd und zum Kampf ausgezogen. Aber als sie eines Nachts mit ihren Truppen auf das Heer des Perseus stieß, welches dieser aus dem Peloponnes führte, und es zu einer Schlacht kam, sei sie niedergemetzelt worden. Da habe Perseus nach geschlagener Schlacht die außerordentliche Schönheit der Medusa, obgleich sie doch tot war, so sehr bewundert, dass er ihr das Haupt abschnitt und es mit nach Griechenland nahm. Ja, man könnte auch vermuten, dass Medusa deswegen zu solch einem Ungeheuer gemacht wurde, weil sie ihren Körper mit Schlangenleder schützte, wie es besonders die Amazonen in Libyen als eine Art Kriegsrüstung verwendeten. Und aus all dem erdichteten die Griechen die Sage, nach der Bellerophon jenes Flügelpferd bestieg und es als Erster mit dem goldenen Zaum bändigte, den er von Pallas selbst, wie Pindar erwähnt, durch einen Traum erhalten hatte; von da aus habe sich die Sitte, die Pferde aufzuzäumen, auf die Nachwelt fortgepflanzt. Ja, Plinius berichtet in Buch 7, Kap. 56, er habe als Erster gelehrt, wie man reitet; obwohl doch Vergil in Buch 3 der Georgica die Erfindung des Zaumzeugs den Lapithen zuschreibt, wenn er sagt:
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Zügel erfand der Lapithen Geschlecht und Volten zu schlagen fest im Sitz auf dem Ross. Sie lehrten gewappnete Reiter tänzelnd einherzusprengen und stolzen Schrittes zu traben. Andere leiten das Wort « von «, ‘gut zusammengefügt’, ab und behaupten, Pegasus sei nichts anderes als ein „gut gebautes, mit Segeln und Rudern wie mit Flügeln versehenes Kriegsschiff“; und sie sind dieser Meinung, weil Bellerophon als Erster Kriegsschiffe erfunden und als Erster gelehrt habe, Kriegsflotten aufzubauen und Seeschlachten zu führen. Schließlich gibt man vor, Bellerophon habe, von so vielen Siegen übermütig geworden, auch versucht, auf dem Pegasus in den Himmel hinaufzufliegen; Jupiter aber habe eine Stechmücke auf das Pferd losgelassen, so dass es den Bellerophon kopfüber auf die Aleische Ebene in Kilikien abgeworfen habe, wo er, von Hunger verzehrt, ans Ende seiner Tage kam; Lukian deutet das in seiner Astrologie als Bellerophons hoch hinaus wollende Spekulation über das Wesen der Dinge. Pegasus aber, der bald weit oben, bald tief unten durch die Lüfte flog, sei schließlich an Jupiters Krippe zurückgekehrt; oder Jupiter habe ihn, wie andere meinen, gepackt, als er sich auf seinem Flug dem Himmel näherte, und ihn unter die Sterne versetzt. Daher schreibt Ovid in Buch 3 der Fasti: Wohnt jetzt am Himmel, zu dem mit Flügeln er vorher gestrebt hat, hell leuchtend: Fünf plus zehn Sterne sind’s, die man erblickt. Ja, andere fügen hinzu: Als Aurora, laut Hesiod die Tochter von Hyperion und Theia und damit die Schwester von Sol und Luna (andere machten sie hingegen zur Tochter von Titan und Mutter Erde), dieses Pferd am Himmel erblickt habe, habe sie Jupiter angefleht, auf diesem Pferd ihre tägliche Reise vollführen zu dürfen. Daher schreibt Lykophron in der Alexandra: #HΩ« ξ 2C Ν _ .« 6 » P .«. T"μ # 9 &« K! « ! «·
‘Aurora war unlängst zum hohen Phagios mit Flügelkraft des schnellen Pegasus gereist und ließ im Bett bei Kerne Tithonos zurück.’ Anderswo lässt man sie in einem Viergespann fahren, so Vergil in Buch 6 der Aeneis: Bei dem Wechselgespräch hatt’ Aurora mit rosigem Vierspann schon die Mitte des Pols im ätherischen Laufe durchwandert.
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Oder in einem Zweispänner bei demselben: Leuchtete gelb Aurora vom safranfarbenen Zweispann. Und Homer nennt diese Pferde Lampos und Phaëthon; andere fügen ihnen noch Erythraios und Aktaion hinzu. Aber auch dem Sonnengott wird Pegasus zugeschrieben. Das geht aus Münzen des Gallienus hervor, auf denen ein geflügeltes Pferd mit der Inschrift SOLI CONS. AVG. (‘dem Sonnengott der Erhalter Augustus’) zu sehen ist. Und damit scheint Pegasus mit Bellerophon zusammenzufallen und bezieht sich mehr auf Naturgegebenheiten als auf Historisches – genau wie die Chimaira, wenn wir mit Nikander von Kolophon unter ihrem Löwenhaupt die Wildheit der winterlichen Flüsse, , ‘Sturzbäche’, genannt, verstehen, die alles, was ihnen im Wege steht, mit sich reißen; unter dem Ziegenhaupt ihre Gefräßigkeit, mit der sie alles in ihrem Umfeld abfressen; unter dem Schlangenhaupt aber den krummen und gewundenen Lauf dieser Flüsse. Und dieses Ungeheuer soll Bellerophon auf dem Pegasus reitend getötet haben, weil durch die Hitze der Sonne, wenn im Sommer der Regen ausbleibt, die Sturzbäche austrocknen. Aber um zu schließen, wollen wir an die Stelle dieses fabulösen Pegasus eines jener geflügelten Pferde setzen, welche nach der Weissagung des Propheten Jeremia (4,13) schneller als Adler über das Volk Israel kommen sollen.
Abschnitt IV Die südlichen extrazodiakalen Sternbilder Das waren nun die nördlichen extrazodiakalen Sternbilder. Jetzt folgen die südlichen. Das erste von ihnen ist
CETUS; der Walfisch Cete (‘Seeungeheuer, Walfisch’1), Balaena (‘Walfisch’); Draco, Leo oder Ursus marinus (‘Seeschlange, Seelöwe, Seebär’); bei Lykophron Canis Tritonis (‘der Hund des Triton’); Bellua oder monstrum marinum (‘Seeungeheuer’); Pistris, bei Cicero Pristis, bei anderen Pistrix (‘Meeresungetüm, Sägerochen’). Griechisch «, & «, «, (‘Meeresungetüm, Säge-
1 Die Form Cete ist eigentlich Plural neutr. (griech. ). Zesen fasst sie offenbar als Singular auf, vgl. u. 227,16.
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rochen‘); laut Firmicus 7 φ«, attisch 7 φ«, (lat.) Orphus oder Orphas (‘der Orf ’1); gemeinhin K& « (‘Seeungeheuer, Walfisch’); arabisch Kaitos, Alkaitos, Elkaitos, laut Schickard Elketos. Er ist fast von Anfang Oktober bis Anfang Dezember um Mitternacht ganz hoch am Himmel zu sehen und umfasst auf unserem Globus 20 Sterne; von diesen heißt der am Maul oder an der Nase auf Arabisch Mencar, bei einigen Moncar-elkaitos, ‘Maul des Walfischs’, laut Schickard Minkaron, ‘Kinnlade’; ein anderer am Bauch heißt Bata kaitos oder Batan-elkaitos, auch Beten Ketos, laut Schickard Batnolkitosi, ‘Bauch des Walfischs’; und ein weiterer hinten am Schwanz heißt Deneb Kaitos oder Ketos, laut Schickard Dhanbol kitosi, ‘Schwanz des Walfischs’. Postel zählt hier 22 Sterne; Bayer hingegen 232: zwei zweiter Größe am Kopf und am Schwanzende, sieben dritter, zwölf vierter, zwei fünfter und einen sechster Größe, die sich alle dem Charakter des Saturn, zuweilen auch dem der Venus anschließen.
Bayer stellt in seiner Uranometria statt eines Walfischs eine Seeschlange dar und begründet das folgendermaßen: „Die Lage der Sterne in diesem Sternbild scheint zu erfordern, eher eine Seeschlange als einen atlantischen Walfisch darzustellen. Das wird auch von Hyginus und einem Anonymus nahegelegt, die den Buckel bzw. die Windung des Wals beschreiben. Ähnlich stellen ihn einige ältere Himmelsgloben und sehr viele Kannen, , der Heiden dar, die man in Rom überall ausgegraben hat, sowie auch eine Münze des Octavius Augustus aus dreißiger Bronze, vgl. Enea Vico, Numismata imperatorum, Buch 1. Für einige ist dies Sternbild ein Sägerochen, Pristis, wie sie statt pristes sagten. Denn die richtige Schreibung ist «, an die sich jedoch Festus Avienus nicht hält, indem er in Bezug auf dasselbe Sternbild sowohl Pistrix als auch Pistris sagt. Bei Firmicus und Grotius ist zu lesen, dass es auch 7 φ« (‘Orf ’) genannt wird. Aber ein #O φ« und ein K& « unterscheiden sich sehr in Größe und Gestalt. Denn die Wale, die man zusammen mit den Meerkälbern3 den Wagen des
1 Eine Fischart. 2 Richtig: 24, wie auch die Addition der folgenden Zahlen ergibt. 3 Mit vitulus marinus (‘Meerkalb’) scheint eine Art Robbe (s.o. 119,7 Phoca sive vitulus marinus) gemeint zu sein.
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Neptun ziehen lässt, sind von solcher Größe, dass sie wie Inseln aussehen, wenn sie über die Wasseroberfläche herausragen. Und Plinius schreibt in Buch 32, Wale von sechshundert Fuß Länge und dreihundert Fuß Breite seien in einen Fluss Arabiens vorgedrungen. Man lese dazu die Auslegung des Basilius zu Kap. 1 der Genesis. Im Übrigen gibt es über diesen himmlischen Walfisch die unterschiedlichsten Ansichten. Einige sagen, er sei wegen der Geschichte an den Himmel versetzt worden, die man von Hesione erzählt. Andere wollen darunter lieber jenen beim Sternbild Andromeda erwähnten Walfisch verstehen, den Perseus tötete, nachdem dieser Wal von Neptun ausgesandt worden war, um jenen wunderschönen Mädchenleib zu verschlingen; denn Neptun hatte sich in Andromeda verliebt, war aber von ihr abgewiesen worden. Später habe Neptun dann den Walfisch an den Himmel versetzt. Hesione aber war die Tochter des Laomedon, des Königs der Trojaner; ihm hatte Neptun lange genug beim Bau der Stadtmauern gedient, und als er dafür keinerlei Lohn bekam, schickte er schließlich voller Empörung einen schrecklichen, bösartigen Walfisch zu ihm, der Meerwasser ausspie und damit das ganze Land überflutete. Denn Laomedon hatte, so die tatsächliche Geschichte bei Herodot, das Geld, das dem Neptun und dem Apoll geweiht war, für den Bau der Stadtmauern verwendet. Daher wurde er nach meiner Vermutung gezwungen, seine heißgeliebte Tochter Hesione mit einem Inselfürsten zu verloben oder, wie es die Sage will, auf Befehl des Orakels einem Walfisch darzubringen. Aber Herkules ließ sich durch die großzügigen Geschenke des Laomedon verlocken und unternahm es, die königlich geschmückte königliche Jungfrau, die schon dem Wal dargeboten wurde, zu befreien. Er warf rasch einen Damm auf und stellte sich bewaffnet auf dessen Scheitel, und als nun der ungeheuer große Wal kam, stürzte er sich in dessen aufgerissenes Maul. Dort verbrachte er drei Tage, dann platzte der Wal und Herkules kam heraus, allerdings ohne ein einziges Haar, wie Androitas in seiner Navigatio Propontidis berichtet. Und aus diesem Anlass, so sagt man, wurden die aus der Gewalt des Wals befreite Hesione und das Bild des Walfischs unter die Sterne versetzt. Deren Sage erwähnt auch Lykophron zu Beginn seiner Kassandra: T ! ! «, Ρ « T "« c « "· 5E« ξ μ« π ", φ«
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‘Des dreiabendlichen Löwen, welchen einst in seinem Rachen Tritons Hund mit den fürchterlichen Zähnen verschlang. Dort zerstückelte er die Eingeweide und entkam lebend, versengt in der Höhlung des Bauches auf einem Herd ohne Feuer und ließ nur seine Kopfhaare zu Boden fallen.’1 Hier nennt der Dichter Herkules einen ‘dreinächtigen’ oder ‘dreiabendlichen Löwen’, weil der Bauch des Wals, in dem er drei Tage und drei Nächte verweilte, lichtlos und voll Finsternis war, wie Tzetzes zu dieser Stelle anmerkte. Ja, auf diesen selben Gedanken geht auch Kyrill in seinem Kommentar zu Jona, Kap. 2 ein, ebenso Theophylaktos, der anlässlich derselben Stelle über die Griechen spricht, die die Geschichte des Jona nicht begreifen, und dabei unter anderem Folgendes schreibt: „Denn bei ihnen erzählen einige so etwas von Herkules: auch er soll von einem Wal verschlungen und unversehrt geblieben sein, außer dass er ohne jedes Haar wieder herauskam; und das soll durch die angeborene innere Hitze des Untiers verursacht worden sein. Sie sollten entweder unsere Geschichten übernehmen oder die ihrigen verwerfen.“ Aber um das Kind beim Namen zu nennen: die Griechen haben dies Märchen aus dem prophetischen Bericht des Jona herausgesponnen und nach der bei ihnen beliebten Manier ihrem Herkules zugeschrieben. Und daher wird es dienlicher sein, an die Stelle ihres fabulösen Walfischs jenen zu setzen, der unseren Jona verschlang, als man ihn ins Meer geworfen hatte, der ihn in seinem Magen drei volle Tage beherbergte und ihn lebend und unversehrt erhielt, wie aus der Geschichte des Jona zu Beginn von Kap. 2 zu ersehen ist.
II. ERIDANUS; der Stern-flus, auch das Flus-gestirn Padus, italienisch Po, bei Prudentius fluviorum Pater (‘der Vater der Flüsse’), bei Vergil Amnis Eridani (‘der Eridanus-Strom’), bei Silius Italicus Amnis Phaëthontius (‘der Strom des Phaëthon’), bei Martial Vadum Phaëthontaeum (‘die Furt, das Gewässer des Phaëthon’), bei anderen Fluvius coelestis (‘Himmelsfluss’), auch ohne Attribut einfach Flumen, Fluentum (‘Fluss’). Bei den Ägyptern Nilus, der in der Heiligen Schrift ,y6 r 2 j : m I lx+ n 2 , nachal Mizraim, ‘der Fluss Ägyptens’, genannt wird, auch rOxwI , Schichor, ‘der Schwarze’; bei den Äthiopiern Nuchul, bei den Griechen M! «, bei den alten Lateinern nach dem Zeugnis des Sextus Pompeius Festus
1 Die deutsche Übersetzung ist wie die lateinische nicht metrisch.
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Melo, alle mit der Bedeutung ‘schwarz’; bei anderen Gyon, auch Mulda (‘Mulde’); bei Proklos und Lykophron Aetus (griech. ‘Adler’), bei manchen Oceanus; bei den Etruskern Botignon, bei den Ligurern Botigum oder Bodintum. Griechisch #H «, N.« oder einfach nur P « (‘Fluss’), bei Arat « «, ‘der vielbeweinte Fluss’, bei Proklos P μ« * #G "« (‘der Fluss des Orion’). Arabisch Aar, Nahar, Nar, Enar, Alnahar, laut Schickard Nahron, ‘Fluss’; bei den Mauretaniern Guad. Die Meridianlinie überquert er im November um Mitternacht, und er umfasst auf unserem Globus 34 Sterne; der äußerste von ihnen am Ende des Flusses, dem Jupiter und der Venus wesensverwandt und für uns unsichtbar, heißt auf Arabisch Enar, Acarnar oder Acharnarin, laut Postel Acharannehar, laut Schickard Achironnahri, ‘der letzte des Flusses’, / « * *; neben ihn zeichnen einige eine liegende Frau, andere einen sitzenden Mann, die Personifikation des Nils oder Eridanus; ein anderer Stern # 9& # φ9& * *, ‘an der Biegung des Flusses’, heißt Angetenar, Anchenetenar. Postel zählt in diesem Sternbild genau wie unser Globus 34 Sterne, Bayer hingegen 43: einen erster Größe am äußersten Ende des Flusses, neun dritter, 27 vierter, drei fünfter und drei sechster Größe, die sich alle dem Charakter des Saturn angleichen, ausgenommen der am äußersten Ende des Flusses.
Der Eridanus, auch der Po genannt, ist der bekannteste Fluss Italiens; er ergießt sich ins Adriatische Meer und soll diesen Namen bekommen haben, weil Phaëthon, der ursprünglich Eridanus hieß und den Namen Phaëthon erst durch den Feuersbrand erhielt, den Berichten nach darin unterging. Das scheint auch Vergil in Buch 6 der Aeneis anzudeuten, wo er den Fluss Eridanus in den Elysischen Gefilden fließen lässt und dichtet: wo von der Höhe vollgedrängt durch den Wald des Eridanus Strom sich herabwälzt.
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Phaëthon gilt nach Pausanias in den Büchern über Lakonien und Attika und nach Hesiod in der Theogonie als Sohn des wunderschönen Jünglings Kephalos und der Aurora, nach anderen – wie etwa Lukrez, Buch 5, Tzetzes, Chiliades 4, Gesch. 137 und Ovid, Metamorphosen, Buch 1 – als Sohn des Sonnengottes und der Klymene. Er war aufgebracht über die Schmähungen des Epaphos, der zugleich Enkel und Urenkel des Inachos war, des ersten Begründers des Königreichs von Argos, wie wir beim Sternbild des Stiers sagten – Enkel durch Io, die Tochter des Inachos, und Urenkel durch dessen Enkel Apis, der die Keuschheit der Io verletzt hatte. Phaëthon also beklagte sich bei seiner Mutter Klymene und bat sie, ihm doch ein sicheres Zeugnis des wahren Erzeugers zu geben. Denn Epaphos, der als Sohn Jupiters galt, hatte bestritten, dass Phaëthon ein Sohn des Sonnengottes sei, und hatte gesagt (um mit den Worten Ovids zu reden): Du Narr, du glaubst deiner Mutter alles und schwillst in der Einbildung nur, dass dein Vater ein Gott sei. Aber seine Mutter schickte ihn direkt zum Sonnengott, und als Phaëthon zu ihm kam, redete er ihn so an: Phoebus, Vater, vergönnst du mir dieses Namens Gebrauch und hehlt unter trügendem Blick nicht Klymene heimliche Schuld, dann gib, mein Erzeuger, ein Pfand, das beglaubigt, dass ich dein echter Nachkomme bin, und nimm aus diesem Herzen den Zweifel. Worauf dann, wie Cicero in De officiis sagt, „der Vater seinem Sohn Phaëthon antwortete“ (laut Ovid, der in Buch 2 der Metamorphosen diese Sage in aller Ausführlichkeit und Breite darstellt, schwor er sogar), „er werde tun, was immer der Sohn sich auch wünsche. Der wünschte sich aber, in den Wagen seines Vaters gehoben zu werden. Er wurde hineingehoben, und bevor er wieder zum Stillstand kam, verbrannte er, vom Blitz getroffen.“ Und Cicero fügt hinzu: „Wieviel besser wäre es für ihn gewesen, wenn der Vater sein Versprechen nicht gehalten hätte.“ Denn als Phaëthon, ohne den Weg der Sonne zu kennen und ohne zu wissen, wie man die Pferde führt, sich leichtsinnig daran machte, den Sonnenwagen zu lenken, da erschrak er vor dem ungeheuer großen Skorpion, der ihm auf seiner Fahrt entgegentrat und ihn mit seinem Stachel bedrohte, und vor Schreck ließ er die Zügel los. Da stürzten die Pferde, die den ungewohnten Wagenlenker nicht kannten und nicht auf ihn hörten, in Richtung Erde, und das führte angeblich dazu, dass die Länder in den kälteren Breiten eine ungewöhnliche Hitze verspürten, in Flammen aufgingen und fast gänzlich verbrannten, wohingegen die Dürrezonen plötzlich unter ungewohnter, bitterster Kälte litten und fast zugrunde gingen. Da fürchtete Jupiter, dass die ganze Welt unterginge,
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und er donnert und wirft mit Wucht aus der Rechten des Blitzes Strahl vom Ohr auf den Lenker, er stößt aus Wagen zugleich und Leben ihn aus und dämpft mit wütender Flamme die Flammen. Und so ließ, heißt es, Phaëthon den väterlichen Wagen in der Luft los und stürzte halb verbrannt in jene keltischen Quellen, die unweit der Pyrenäen liegen, wie Dionysios in seiner Erdbeschreibung bezeugt. Sie wurden später die Quellen des Eridanus genannt und stoßen noch immer Dampf aus, der verbrannt riecht; das bezeugt Apollonios in Buch 4 der Argonautika. Hier sollen ihren gefallenen Bruder die Phaëthon-Nymphen oder Heliaden Phaethusa, Lampetie und Pasiphaë beweint haben, die Töchter des Sonnengottes und der Neaira. Sie taten das zusammen mit den Horen, den Töchtern von Jupiter und Themis, also mit Eunomia, Dike und Eirene oder mit Karpo und Thallo, wie Pausanias sie im Buch über Böotien nennt, den Türhüterinnen und Helferinnen des Himmels, die die Pferde des Sonnenwagens anzuschirren hatten. Über die Heliaden schreibt Homer in Buch 12 der Odyssee, sie hätten zuvor die Schafe des Sonnengottes auf der Insel Trinakria gehütet. Als sie sich nun vor Trauer und beständigen Klagen fast verzehrten, da erbarmten sich ihrer die Götter und verwandelten sie in Schwarzpappeln, wie Ovid in Buch 1 der Briefe aus Pontos meldet: Glücklich auch ihr, bei denen mit saftiger Rinde die Pappel den um des Bruders Tod klagenden Mund überzog. Vergil hingegen lässt sie in den Bucolica in Erlen verwandelt werden: Kleidet um Phaëthons Schwestern Moos und bittere Rinde, lässt sie als schlank aufsteigende Erlen entwachsen dem Boden. Und man bildete sich auch ein, dass aus den Tränen dieser in Bäume verwandelten Schwestern der Bernstein entstanden sei, wie ebenfalls Ovid in Buch 2 der Metamorphosen vermeldet: Tränen rinnen aus ihr. Erstarrt in der Sonne, als Bernstein tropfen sie ab vom frischen Gezweig, es empfängt sie der klare Strom und sendet sie hin, dass Latiums Töchter sie tragen. Sofern man nicht lieber dem Artemidor glaubt und sagt, der Bernstein sei bei den Kelten aus den Tränen des Apoll entstanden, als dieser traurig und empört über seinen Vater zu den Hyperboreern zog, weil der seinen Sohn Aeskulap, über den wir beim Sternbild des Schlangenträgers berichteten, mit dem Blitz erschlagen hatte. Ja, auch die Najaden, die Flussnymphen, Töchter des Okeanos und der Tethys und Ammen des Adonis, welche Vergil in Buch 8 der Aeneis die Mütter und Beschützerinnen aller Flüsse nennt,
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und die Ephydriaden, die Schutzherrinnen der Quellen, wie Hermokreon bezeugt, errichteten dort dem noch von den Flammen rauchenden Phaëthon einen Grabhügel mit folgender Inschrift: Phaëthon liegt hier, der des Vaters Wagen bestiegen; hielt ihn zwar nicht, doch ist er bei großem Wagnis gefallen. Den Sturz des Phaëthon erwähnen außer Ovid am Ende von Buch 1 und am Anfang von Buch 2 der Metamorphosen und den anderen eben zitierten Autoren auch Claudian, De quarto consulatu Honorii und Plinius in Buch 7 und 37. Diese Sage aber interpretieren einige historisch, andere naturgeschichtlich und wieder andere moralisch. Historisch interpretiert sie Lukian im Dialog über die Astrologie, wo er sagt, Phaëthon habe als Erster den Lauf der Sonne beobachtet, sei aber gestorben, bevor er das begonnene Unternehmen abgeschlossen hatte; daraus sei die Sage entstanden, er habe den Sonnenwagen gelenkt und sei durch einen Blitz hinabgeschleudert worden und zugrunde gegangen, bevor er seine Reise beendet hatte. Eine ähnliche Erfindung haben wir bei Endymion, dem König von Elis, dem Sohn des Aethlios und der Kalyke (Aethlios war der Sohn von Jupiter und Protegenia1). Da dieser ein hervorragender Astronom war und den Menschen, wie Lukian an der zitierten Stelle und Plinius in Buch 2, Kap. 9 bezeugen, als Erster den Lauf des Mondes aufzeigte, machte man ihn zum Geliebten der Luna, die immer wieder in seine Höhle am Latmosgebirge in Karien gekommen sei und von der er fünfzig Töchter bekommen haben soll, wie Pausanias im Buch über Elis berichtet. Daher schreibt Ovid im Brief des Leander: Grausamen Herzens zu sein, wird Endymion dir nicht gestatten. Denk, was im Latmosgebirg dort in der Grotte geschah. Rhianos bezeugt in Buch 13 der Herakleia, das sei in den Bergen bei Tarchis2 geschehen, von denen Nikander in den Aitolika und in Buch 2 des Werks über Europa sagt, sie würden die ‘Aselinen’3 genannt, weil sie für die Zeit, in der Luna mit Endymion schlief, ohne Mondlicht auskommen mussten. Den Endymion erwähnen auch Hesiod, Akesilaos4, Pisander, Pherekydes, Demaratos in Buch 1 über die Veränderung von Ortsnamen und Theopomp im Werk über Europa, ebenso Cicero in Buch 1 der Tusculanen, wo er schreibt: „Endymion aber, wenn wir auf die Sagen hören wollen, schlief irgendwann am Latmos ein, einem Gebirge in Karien, und ist, soviel ich weiß, immer noch nicht wieder aufgewacht. Glaubst du nun etwa, er mache sich etwas daraus, wenn Luna, von der er in Schlaf versetzt worden sein soll, sich abmüht, ihn im Schlaf zu küssen?“
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Übliche Namensform: Protogenia. Richtig: Trachis. Richtig: Aselenen (lat. montes Aseleni, nach der Mondgöttin Selene). S.o. 32 D, Anm. 4.
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Etwa dasselbe steht bei Lukian im Dialog zwischen Venus und Luna, und Theokrit scheint in Ekloge 3 den Endymion für glücklich zu halten, weil er immer schlief und keinerlei Beschwernis verspürte. Seinen ewigen Schlaf aber erfand man deswegen, weil er tagsüber schlief und deshalb von niemandem gesehen wurde, nachts aber den Mond beobachtete. Und weil er zugleich auch König war, der seine Untertanen wie ein Hirte seine Schafe zu weiden pflegt, so machte man aus ihm einen Hirten, der Freude daran hatte, seine Herde nachts zu weiden, weil Luna sie dann fett machte. Dass man aber vorgab, Jupiter habe Endymion schließlich in den Himmel aufgenommen, dann jedoch in die Unterwelt verstoßen, als er Juno zu vergewaltigen versucht hatte, wobei er sich aber von einem Trugbild täuschen ließ, das verweist auf nichts anderes als auf seine hochfliegenden Spekulationen, durch die er gleichsam ganz in den Himmel hinaufgezogen wurde; als er jedoch versuchte, das wahre Wesen der Himmelserscheinungen zu ergründen und ihre Geheimnisse zu erschließen, da starb er, bevor er alles entwirren konnte, und so hatte sich ihm nur ein unvollkommenes und insofern falsches Bild ergeben. Um nun aber unsere Pferde, die ebenfalls ein wenig aus der Bahn gelaufen sind, wieder zur Ordnung zu rufen: Den Phaëthon ließ man vor allem in jenem Teil des Himmel oder der Sonnenbahn von seinem Weg abkommen, der das letzte Stück der Waage in Richtung auf den Skorpion ist und den man ‘die verbrannte Straße’ nennt. Das führt mich zu der Vermutung, dass seinerzeit wegen einer bestimmten Planetenkonjunktion eine außerordentliche und ungewöhnliche Hitze und Trockenheit auftrat, während die Sonne gegen Ende September im letzten Teil der Waage stand; und dies Ereignis erschien den Menschen umso ungewöhnlicher, als die Tage um diese Jahreszeit ja offensichtlich kürzer werden und die Kraft der Sonne abnimmt. Und da auf solch ungewohnte Hitze, wie man aus den Geschichtsbüchern weiß, sehr oft Überschwemmungen, heftig wütende Krankheiten, Erdbeben, ja, schreckliche Donnerschläge zu folgen pflegen, so malte man sich aus, Phaëthon sei vom Blitz getroffen worden, halb verbrannt in den Fluss Eridanus gestürzt und darin versunken; und zwar deshalb in den Eridanus, weil der Aufgang der Sterne des Eridanus wie auch des Orion sehr häufig gewaltige Regengüsse auslöst. Daher schreibt Tullius in seiner Arat-Übersetzung über den Eridanus: In diesem Himmelsbezirk kannst du auch Eridanus sehen,
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den Verderben bringenden Strom mit gewaltigen Kräften. Ja, aus demselben Grunde kam man auf den Gedanken, die Tränen der Schwestern – d.h. der Saft der damals gerade frisch aufwachsenden und Harz absondernden Bäume, der sich durch die übergroße Sonnenhitze verdickte und verdichtete – seien in Bernstein verwandelt worden. Aber das gehört eher zur Naturwissenschaft als zur Geschichte. Außerdem erfahren wie aus Tztetzes, Geschichte 117, Phaëthon, ein Königssohn – Plutarch sagt im Pyrrhos, er sei auch der erste König der Thesperoter1 und der Molosser gewesen, sofern dies nicht ein anderer war; andere nennen ihn den ältesten König der Ligurer – dieser Phaëthon sei, als er mit seinem Wagen am Ufer des Po, des Stromes der Kelten, entlangfuhr, in den Fluss gestürzt und umgekommen; darauf hätten seine Schwestern ihren Bruder unablässig beklagt und vor übergroßer Trauer den Verstand verloren. Die alten Dichter versuchten das, was sich im Leben der Menschen und in den Naturerscheinungen zuträgt, oft in einem einzigen Bild, eingehüllt in märchenhafte Erzählungen, zum Ausdruck zu bringen, und tilgten dabei zumeist die wahren Namen zugunsten von erfundenen anderen, die das Wesen der Vorgänge ausdrückten; und selbst die Historiker behielten diese erfundenen Namen häufig bei. Daher ist es sehr mühselig, daraus die ursprünglichen und tatsächlichen historischen Ereignisse zu erschließen. Und so sehen wir in dieser Sage wie in allen anderen zumeist erfundene Namen, und zwar in diesem Fall von einem naturgeschichtlichen Ausgangspunkt her erfunden. Denn der Name Phaëthon kommt von φ !", ‘blitzen’ oder ‘Flammen und Glut verstreuen’, und man macht ihn zum Sohn des Sonnengottes und der Klymene, deren Name von "2, ‘unter Getöse überschwemmen’ oder ‘wegspülen’, kommen soll; denn der Wasserdampf, gleichsam die Mutter des Phaëthon bzw. der Glut, wird durch die Strahlen der Sonne, d.h. des Vaters, aus der Erde herausgezogen und dann erhitzt und erzeugt so die Hitze oder Glut, wie wir sie im Sommer, besonders bei drohenden Wolkenbrüchen, entstehen sehen. Deshalb glaubten Anaxagoras und Heraklit, die Sterne bestünden aus Feuer und nährten sich von den Dämpfen, die durch die Kraft der Sonne aus der Erde herausgezogen und entflammt würden. Aber dieser Meinung scheint die Tatsache zu widersprechen, dass der Stern des Jupiter, welcher ein angenehmes Licht ausstrahlt, bei den Griechen Phaëthon heißt, wie bei Achilleus Tatios in seiner Einführung, bei Aristoteles, bei Apuleius, De mundo sowie im Chronicum Alexandrinum zu lesen ist. Ja, auch Kephalos, den man, wie erwähnt, gleichfalls zum Vater des Phaëthon – mit Aurora als
1 Übliche Namensform: Thesproter oder Thesprotier (lat. Thesprotii). 2 Richtig: ".
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Mutter – machte, ist derselbe wie der Sonnengott, der aller Sterne φ , ihr Haupt und Führer ist, und wenn der mit der taufeuchten Aurora zusammentrifft, erzeugt er die flammende Hitze des Lichtes, d.h. den Phaëthon. Doch lasst uns dieser Sache tiefer nachspüren und prüfen, ob wir außer Eridanus noch einen anderen wahren Namen des Phaëthon ermitteln können. Dionysios von Milet schreibt in Buch 1 seiner Argonautika, Aietes und Perseus1, die Söhne des Sonnengottes, der in Wirklichkeit Koios hieß, und der Antiope oder der Okeanostochter Perseis (so Hesiod) oder Perse (so Homer, Odyssee, Buch 10), seien Herrscher gewesen, der eine über Kolchis und das Land am Mäotischen See, der andere über Tauris. Andere nennen auch den Aloeus, dem sein Vater ein Gebiet in Arkadien überlassen habe. Denn Aietes – nach dem Zeugnis von Cicero, De natura deorum, Buch 3 der Bruder der älteren Kirke wie auch der Kalypso sowie der Pasiphaë, wie manche überliefern, alle von denselben Eltern – überließ das väterliche Königreich in Korinth dem Bunos, einem Sohn Merkurs, zog nach Kolchis, heiratete die Okeanostochter Eidyia und herrschte dort nach dem Zeugnis des Eumelios2 in der kolchischen Stadt Kyraia3. Perseus hingegen, wie besagter Dionysios hinzufügt, heiratete Hekate, eine Einheimische, meiner Vermutung nach die Tochter des Paion-Sohnes Aristaios und der Asteria. Dieser Verbindung entstammte nach dem Zeugnis von Hesiod, Apollodor und Diodor die andere Hekate, eine Jungfrau von durchaus männlichem Charakter, die sich ganz der Jagd, der Medizin und der Giftmischerei verschrieb, wie ein alter Scholiast des Apollonios zu Buch 3 der Argonautika, wiederum aus Dionysios, überliefert; dort wird sie in Vers 200 – wie auch von Ovid in Buch 7 der Metamorphosen und von Seneca in der Medea, Vers 814 – Perseis genannt, nach ihrem Vater Perseus. Und das ist die jüngere Hekate, die man – ähnlich wie die beiden Kirke, die wir unterschieden haben – mit der älteren Hekate, ihrer Mutter, in ganz erstaunlicher Weise durcheinander wirft. Nach der Ermordung ihres Vaters zog sie nach Kolchis, heiratete dort ihren Onkel Aietes und gebar ihm Medea, aus deren Haupt Orpheus in den Argonautika wegen ihrer wunderbaren Schönheit glänzende Strahlen hervorblitzen lässt. Außerdem gebar sie ihm die jüngere Kirke, die später den König von Sarmatien heiratete, wie bei Dionysiodoros zu lesen ist. Ihnen gibt man noch einen Bruder Absyrtos bei, der bei Pacuvius (laut Cicero, De natura deorum, Buch 3) Segialeus4 heißt. Er war älter als Medea, und Aietes bekam
1 Persea ist hier Akkusativ von Perseus (s.u. Z. 20), nicht von Perses, wie der Bruder des Aietes üblicherweise heißt. Zesen nennt ihn auch in den Heidnischen Gottheiten Perseus, s. Komm. 2 Übliche Namensform: Eumelos (lat. Eumelus). 3 Richtig: Kytaia (lat. Cytaea). 4 Namensform bei Cicero in heutigen Ausgaben: Aegialeus.
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diesen Sohn, wie Epimenides berichtet, von der Kaukasierin Asterodeia, der Tochter von Okeanos und Tethys, vielleicht identisch mit Eidyia. Denn auch der Mutter der Medea, die selbst mit anderem Namen auch Angicia oder Anguicia (‘Schlangenfrau’) genannt wird, weil sie Heilmittel gegen Schlangen gelehrt habe, gibt man die unterschiedlichsten Namen. Andron in seinem Seefahrtsbericht und Euphorion nennen sie Hekate, die unter naturgeschichtlichem Aspekt identisch ist mit Proserpina und Luna; deshalb wird sie von Vergil auch ‘die Dreifache’ genannt. Ja, weil Luna das Nachtgestirn ist, macht Bakchylides (beim Scholiasten des Apollonios zu Buch 3) sie zur Tochter der Nacht und Orpheus in den Argonautika zur Tochter des Tartaros, weil sie in der Finsternis leuchtet. Ovid hingegen nennt sie im Brief der Helena Ipsea, der eben erwähnte Dionysios Eurylyte und Herakleides von Pontos Neaira, die Tochter einer Nereide. Diesen Namen schreibt man auch der Mutter oder vielmehr Stiefmutter des Aietes zu. Absyrtos aber bekam bei den Kolchern wegen seiner besonderen Schönheit den Beinamen Phaëthon, wie man aus Sosibios in dessen Werk über die Skythen weiß. Und daher vermute ich, dass diese Sagen von Phaëthon und Endymion, die wir oben erzählt haben, größtenteils aus den geschichtlichen Ereignissen um Absyrtos und Medea, die wir auch beim Sternbild der Argo betrachten werden, kompiliert und herausgesponnen wurden, und zwar derart, dass man aus Aietes, dem Sohn des Sonnengottes, den Sonnengott machte, aus Absyrtos den Phaëthon oder den Sohn des Sonnengottes, aus Medea, der Tochter der Hekate oder Luna, die Luna selbst und aus Jason den Endymion. Denn Medea hegte eine solche Liebe zu Jason, dass sie ihrem Vater unter dem Schutz der Nacht das Goldene Vlies raubte, ihre Heimat im Stich ließ und mit Jason floh; ja, die Argonauten oder Medea selbst fingen den Absyrtos, als er die Fliehende verfolgte, in der Nähe der Absyrtiden-Inseln – so Strabon, Buch 7 – und zerstückelten ihn, wobei man seinen Kopf auf einer Klippe im Meer zur Schau stellte und die übrigen Glieder überall verstreute, um den Vater bei der Verfolgungsjagd aufzuhalten. Und entsprechend gibt man vor, Luna habe sich so sehnsüchtig in Endymion verliebt, dass sie ihre himmlische Heimat verließ, zu nächtlicher Stunde das goldene Licht der Sonne raubte und in die Höhle des Endymion floh; ja, Phaëthon habe sie im Sonnenwagen verfolgt, sei dann, vom Blitz getroffen, in den Eridanus gestürzt und habe aufs allerschwerste gebüßt. Den von Medea zerstückelten Absyrtos erwähnt auch Akusilaos, ebenso
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Pherekydes in Buch 7; wobei Ersterer allerdings schreibt, Medea habe den Absyrtos mit sich entführt; das behauptet auch der zweite, aber nach ihm wurde Absyrtos in jener Schlacht an der Küste gefangen, und Medea habe ihn später, als der Vater nicht aufhörte sie zu verfolgen, an der Stelle zerstückelt, wo die Stadt Tomos1 gegründet wurde, die von dieser Zerstückelung ihren Namen bekam. Andere berichten, das sei im Palast des Aietes selbst geschehen: dort sei er auf Befehl der Medea erwürgt worden, damit er sie nicht verfolgen konnte. Darauf geht auch Cicero in Pro lege Manilia ein, ebenso Ovid in der neunten Elegie von Buch 3 der Tristia, wo Folgendes zu lesen ist: Doch steht fest, dass der Ort vor der Gründung der Stadt schon den alten Namen gehabt von dem Mord, der an Absyrtos geschah. Denn auf dem Schiff, das mit Hilfe der streitbarn Minerva gebaut war und das als erstes durchquert niemals befahrene Flut, hat Medea, die treulos floh den verlassenen Vater, einst, wie man sagt, zu dem Strand hier ihre Ruder gewandt. Als von der Höhe des Hügels herab ihn ein Späher erblickte, rief er: „Aus Kolchis Besuch! Kenn ich die Segel doch gut!“ Während die Minyer eilen, das Tau vom Damme gelöst wird, während, der hurtigen Hand folgend, der Anker sich hebt, schlug, ihrer Schuld bewusst, mit der Hand, die so vieles Verruchte trieb, die Kolcherin sich hart an die eigene Brust, und, wiewohl noch ihr Sinn von gewaltiger Kühnheit erfüllt war, wurde der Jungfrau Gesicht bleich wie vom Donner gerührt. Darum, sobald sie die Segel erblickte, die nahenden, sprach sie: „Wir sind ertappt: eine List halt’ uns den Vater vom Leib!“ Während sie forscht, was sie tun soll, und suchend sieht in die Runde, hat sie durch Zufall den Blick auch auf den Bruder gewandt. Als sie bemerkt, dass er da ist, da sagt sie: „Wir sind die Sieger: dieser muss sterben; sein Tod wird mir zur Rettung gedeihn.“ Ihm, dem Ahnungslosen, der nichts dergleichen befürchtet, stößt sie ihr kaltes Schwert rasch in die schuldlose Brust. Drauf zerschneidet sie ihn und streut die zerschnittenen Glieder, dass man sie suchen muss, rings auf den Feldern umher; dass ihn der Vater erkenne, verbringt sie die blassenden Hände, bringt sie das blutige Haupt hoch auf die Klippe empor, dass der Erzeuger, gehemmt von unsäglicher Trauer, den Leichnam sammeln müsse und sich traurig verzögre die Fahrt.
1 Übliche Namensform: Tomis oder Tomoi (lat. Tomis oder Tomi).
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17 Bel] Kursiv!
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Drum heißt Tomos, ‘Zerstücklung’, der Ort, von welchem erzählt wird, dass ihres Bruders Leib hier eine Schwester zerschnitt. Und damit genug vom Eridanus als dem italienischen Phaëthon-Strom. Nun lasst uns auch den Nil betrachten, den Fluss Ägyptens. Dieser wird in der Heiligen Schrift üblicherweise (z.B. 1. Mose 15,18, Jes. 27,12) als nachal Mitzraim, ‘der Fluss Ägyptens’ schlechthin, bezeichnet; denn Mitzraim oder vielmehr terra Mitzraim (‘das Land Mizraim’), woraus dann bei Eusebios in der Chronik M wurde, bedeutet ‘Ägypten’. Aber bei Jes. 23,3 und Jer. 2,18 heißt er passender Schichor, was ‘schwarz’ bedeutet, wie wir oben sagten. Aus nachal oder naal, das die Übersetzer der Septuaginta mit «, ‘Fluss’, und «, ‘Wildbach, vom Winterregen angeschwollener Fluss’, wiedergaben, machten die Ägypter und Syrer Neel, woher das griechische N.« und das lateinische Nilus kommt, in der gleichen Weise wie bei den Phöniziern und anderen aus Bahal oder Baal Beel wurde und später Bel, woher Belos kommt. Und so kommt Nilus nicht von 2«, ‘Schlamm’, wie Christian Beckmann, den Griechen folgend, schreibt, sondern von lx+ n 2 (nachal), ‘Fluss’, woher auch Nuchul abgeleitet ist, wie die Äthiopier nach dem Zeugnis von Mela, Buch 3, Kap. 10 die Quelle des Nils nennen, der bei ihnen entspringt, im Mondgebirge, wie Philostrat in Buch 1 der Eikones mitteilt. Schichor aber, was ‘schwarz’ bedeutet, woher das veraltete lateinische Wort scurus und das noch gebräuchliche obscurus (‘dunkel’) kommen, scheint man ihn wegen seines schwärzlichen, trüben Wassers genannt zu haben; deswegen wird er auch von manchen wegen der Ähnlichkeit der Farbe ‘Adler’ genannt, wie wir beim Sternbild des Adlers in Erinnerung brachten, und von den alten Lateinern Melo, wegen der schwarzen Farbe ( 8 μ ! «). Oder weil er
mit schwarzem Sande Ägypten befruchtet, wie Vergil in Buch 4 der Georgica sagt, d.h. weil er mit dem Schlamm, den er aus den südlichen Gefilden in seinen reißenden Fluten mitführt, den salzigen, von fast ununterbrochener Sonnenglut verbrannten und verhärteten Boden überzieht, düngt und zugleich durchfeuchtet, was durch Regen, den Ägypten ja nicht kennt, überhaupt nicht geschieht; und so macht er ihn schwarz und fruchtbar, wie wir auch beim Sternbild des Kleinen Hundes sehen werden. Daher rührt es auch, dass der Nil von Parmenon von Byzanz bei Athenaios A2 « Z«, ‘der ägyptische Jupiter’, genannt wird, weil er für den Boden Ägyptens so viel ist wie der Regen Jupiters; und von Philon
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im Buch über die Flüchtlinge, ja von den Ägyptern selbst bei Heliodor in Buch 9 wird er deshalb als $ « * + *, als ‘Nachahmer und Rivale des Himmels’, bezeichnet, weil er, ohne dass vom Himmel Regen fällt, die verhärteten und meist aufgesprungenen Äcker überschwemmt und wie mit Regenfluten durchfeuchet. Denn dir verdankt es dein Land, dass es keinen Regen mehr fordert, dass nicht verdorrtes Gras fleht um das himmlische Nass, wie Tibull in der 7. Elegie von Buch 1 den Nil anredet. Man braucht sich also nicht zu wundern, dass die Ägypter dem Nil göttliche Ehren erwiesen, ja, dass sie sein Bild sogar an den Himmel versetzten. Denn was wäre ganz Ägypten ohne den Nil? War es doch einst, wie man aus Plutarch weiß, großenteils von den Wogen des Meeres bedeckt, und dem Nil ist es auch zu verdanken, dass es überhaupt zu Land geworden ist; denn der brachte alljährlich den Schlamm aus den südlichen Gegenden, häufte ihn auf und ließ dadurch das ägyptische Land allmählich immer höher werden, so dass es sich im Laufe der Zeit über das Wasser erhob und das Meer sich immer weiter von seinem Boden zurückzog; ja, als das Land schon aus dem Meer herausragte, aber unter der übergroßen Sonnenglut dürstete und unfruchtbar war, weil kein Regen diesem Übel abhalf, da brachte der Nil Wasser und Düngung und befeuchtete und befruchtete das Land. Aber darüber werden wir mehr beim Sternbild des Großen Hundes sagen, ebenso in unserem Buch Aegyptus. Übrigens geben andere, besonders aber die Dichter, diesem Himmelsfluss noch viel mehr Namen bei, und zwar meist zum Spaß und zum Spiel. So haben auch wir einst spielerisch an die Adriatische Rosemund gedichtet: Nim an /mein Lieb / die liebes-zeichen / die Dir mein währtes Vaterland / zusamt dem Himmel / itzt wil reichen / mit treu-geneugter liebes-hand. Brich auf; und wähle deinen sitz / wo Dir aufgeht so heller blitz. Der tag wird licht / die wolken brechen; sein glantz vertreibt den bangen graus. Mein Meissen bildt sein lieblichs sprechen noch tausendmahl so lieblich aus.
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Das Böhmer-kind /die Mulde / steht; weil ihr ein neues Licht aufgeht. Auch sternt / dünkt mich / ihr bild am himmel / mit gold / und rosen ausgeziert: da winkt ihr lieblichs stern-gewimmel dem Schwane / der dein stern-bild führt. Des Riesen fuß streicht ihren mund; der Fönix ihren ersten grund. So leucht sie Dir zu deiner reise / mit vierzig lampen durch die nacht. Die rosen blühen hauffen-weise / es regnet gold / die Sonne lacht; gleich da das Licht die Lieb’ ümfing / und dich / mein Lieb / zu bilden ging. etc. Denn, so fabelte man, es regnete auch Gold, und Rosen und Lilien erblühten, als der Sonnengott sich auf der Insel Rhodos mit Venus verband; daraus entstand dann Rhodos, was ‘Rose’ bedeutet. In ähnlicher Weise haben wir auf Niederländisch über den Kanal des Corbulo, gemeinhin Lek genannt, einen Arm des Rheins, gedichtet: Süßer Rhein, mit Saft von Trauben ganz durchzuckert, der umleckt Batos Eiland und will schnauben längs der Wiesen, den erweckt zu Gehorsam und zur Pflicht Breeros fahles Morgenlicht: warum fließt dein Strom viel schlechter, wenn er kommt zu Batos Wächter? Welch Magnetkraft hat Viane, dass du matt wirst, so verliebt? Ist es Breeros Wappenfahne, von den Siegen so geliebt? Oder Adel und die Schönheit, ihrer Töchter Lieblichkeit? Ja, die ist’s: ihr süßes Locken lässt dich und dein Fließen stocken.
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Brederodes, voller Ehren aus uraltem Fürstenstamm, sieht man solche Sprosse nähren, die durch eine süße Flamm’ mit der Augen Liebesseil wie der schnelle Liebespfeil Welttyrannen selbst bezwingen und die Siegesfahne schwingen. Usw. Diese, dünkt mich, sind von ferne, schöner Rhein, in dich versetzt, an den Himmel wie die Sterne untergeben dem Gesetz, wo im Fluss sie blinken so: Das bist du, und nicht der Po! So nun blinket dein Gefunkel mehr als bisher durch das Dunkel. Schließlich bringen einige anstelle des Nils den Main, einen deutschen Fluss, am Himmel an; vielleicht deswegen, weil das Wort M!«, genau wie N.«, die vollständige Zahl des Jahres enthält, nämlich 365, die Anzahl der Tage im Jahr. Deswegen wurde auch der Nil von den Ägyptern zusammen mit Osiris oder dem Sonnengott, der in seinem jährlichen Lauf ebenso viele Tage braucht, mit einem gemeinsamen Kult geehrt, ja sogar selbst Osiris oder Siris genannt, wie wir beim Sternbild des Großen Hundes sehen werden. Jene Zahl aber kann man aus N.« folgendermaßen ermitteln: = 50, = 5, = 10, = 201, = 70, = 200; und aus M!«: = 40, = 5, = 50, = 70, = 200. Aber lasst uns an die Stelle dieser größtenteils fabulösen Flüsse lieber den Jordan setzen, der durch viele Wunder hochberühmt ist, vgl. Jos. 3,15f.; oder, wenn einem das lieber ist, den Durchzug der Israeliten durch das Rote Meer, 2. Mose 14,16, 21f. und 29.
III. ORION; der Riese, der Heun, das Riesen- oder Reussen-gestirn Bei Catull Oarion, bei einigen Urion, ebenso Arion; Hyriades, Hyeriades (‘der Sohn des Hyrieus’); bei Lykophron Tripater (‘mit drei Vätern’), bei anderen Candaon; den Arabern zufolge
1 Richtig: 30.
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der Held, der Wagemutige, der Rasende, der Erhöhte, der Starke oder der stärkste Krieger. Bei den holländischen Seefahrern Gigas, de Reuse (‘Riese’); bei anderen Venator (‘Jäger’), Dianae comes, & amasius (‘der Begleiter und Geliebte der Diana’); bei Varro Iugula (‘die nebeneinander stehenden Sterne’); griechisch #G ", #G ", O+ "; arabisch Elgebar, Algebar, Algebra, laut Schickard Algebaro, ‘der Held, der Stärkste’; ebenso Sugia, Asugia, laut Schickard Asschagio, ‘wagemutig, rasend’1, und Geuse, Algeuse, sonst auch als Eigenname für den dreifachen, einem Nebel nicht unähnlichen Stern am Kopf, laut Schickard Algausa, ‘Nuss’; bei einigen Ragulon, ‘Mann’, bei anderen kesil, hebräisch lycI K : , chesil. Er trifft im Dezember um Mitternacht auf den Meridian und umfasst auf unserem Globus 53 Sterne. Postel zählt nur 38 Sterne, Bayer hingegen 442: einen erster Größe an der Schulter und ebenso am rechten Fuß, vier zweiter, ebenfalls vier dritter Größe, wovon die drei am Gürtel aufsteigenden Baculus Iacobi (‘Jakobsstab’) genannt werden; 16 Sterne vierter, elf fünfter und zwölf sechster Größe. Lediglich drei Sterne, nämlich der obere und der mittlere oder südlichere der drei miteinander verbundenen Sterne am Kopf sowie der helle, rötliche Stern an der linken Schulter, folgen dem Charakter des Mars und des Merkur, alle anderen dem Jupiter und Saturn.
Der himmlische Orion, den Hiob 9,9, Jesaja 13,10 und Amos 5,8 erwähnen, befindet sich nach dem Zeugnis Homers gegenüber vom Bären und hält in der linken Hand anstelle des Schildes eine &, das Fell eines Löwen (laut anderen das eines Rindes), und von den Dichtern wird er als Schwert- oder Keulenträger dargestellt, dabei schrecklich anzusehen, weil er den Seeleuten Schrecken einjagt, indem er das Meer durch Stürme aufwühlt. An seinem Kopf, wo Ptolemaeus in deutlichem Unterschied zu älteren Sternbildlisten nur φ& (‘Nebelsterne’) ansetzt, sind drei zwar kleine, aber doch helle Sterne zu sehen, die wie drei Nüsse im Kinderspiel angeordnet sind; deshalb heißen sie auch Nux (‘Nuss’) oder Iuglans (‘Walnuss’), bei andern Stella jugula (‘Sternenreihe’). Und ebenso viele Sterne befinden sich in der Mitte des Körpers, auf dem Gurt oder Gürtel; daher heißen sie ‘der Gürtel des Orion’, bei anderen Baculus Iacobi, der Jacobs-stab, weiterhin Tres Reges, die drei Könige, nämlich zur Erinnerung an die Könige der Sabäer. An der
1 Vgl. u. 272,10. 2 Die Addition der Zahlen bei Bayer ergibt 49.
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linken Schulter aber (oder – nach Clavius – an der rechten) ist der helle, rötliche Stern, der auf Arabisch Bet-Elgeuze oder Bed-elgeuse, ‘Schulter des Orion’, heißt; Arat nennt ihn 8 , ‘Püppchen’ oder ‘Bildchen’1, andere Bellator (‘Krieger’); schließlich ist da am rechten Fuß (nach Clavius und Tycho am linken) ganz außen der dem Jupiter wesensverwandte Stern, der bei den Arabern Kesil, anderslautend Rigel oder Regel, laut Schickard Riglon heißt, was ‘Fuß’ bedeutet; auch wird er Elgebar schlechthin genannt. Diesen Stern hat der Orion laut Clavius und anderen mit dem Eridanus gemeinsam, μ« * S "«, λ * * $ . Über die Entstehung und die Eltern dieses Orion scheinen die Meinungen der Schriftsteller ganz erstaunlich auseinanderzugehen. Dorion in seinem Buch über die Fische und Hesiod in der Theogonie nannten ihn den Sohn des Neptun und der Brylle, der Tochter des Minos; Pherekydes und Apollodor in Buch 1 der Bibliothek den Sohn des Neptun und der Euryale, Tzetzes im Kommentar zu Hesiod den Sohn des Hyrieus und besagter Brylle, andere der Kolonië2, der Scholiast des Nikander hingegen einen Sohn des Orteus3. Ich vermute aber, dass Orions Vater, der nach dem Zeugnis des Euphorion von Neptun und Alkyone, der Tochter des Atlas, abstammte, mit wahrem Namen Hyrieus oder Orteus hieß; später, als er unter die Götter aufgenommen war, nannte man ihn ebenfalls Neptun – so wie auch Orion selbst, dem man auch eine Schwester Kandiope beigab, bei den Böotiern nach dem Zeugnis des Lykophron zunächst Kandaon hieß und erst später den Namen Orion bekam. Der Name Orion soll aber so viel bedeuten wie Urion, weil er nämlich sozusagen aus dem Urin dreier Götter, des Jupiter, des Merkur (oder des Apoll, wie Isaak will) und des Neptun geboren wurde; daher heißt er auch bei Lykophron Tripater (‘mit drei Vätern’). Andere leiten ihn von — ab, was die unterschiedlichen Jahreszeiten, Frühling, Sommer usw., bezeichnet. Denn er war Schüler jenes Atlas, der die Lehre von den Himmelsbewegungen und den Sternen von Libyen nach Griechenland brachte, und er versuchte in der Astronomie vielleicht dasselbe wie Endymion, von dem beim vorigen Sternbild die Rede war. Deshalb ließen ihn auch die Dichter in derselben Weise von Diana oder Luna oder, wie Homer in Buch 5 der Odyssee sagt, von Aurora entführt werden, damit er mit ihnen schliefe. Und aus keinem anderen Grund lässt man ihn auch die Plejaden, die Töchter des Atlas und der Okeanide Pleione, zusammen mit ihrer Mutter fünf Jahre lang in Böotien verfolgen, wie wir beim Sternbild des Stiers andeuteten.
1 Richtig: ‘Juwelen’, s. Komm. 2 Übliche Namensform: Klonië (lat. Clonia); vgl. o. 83,32. 3 Richtig: Orieus (als Variante zu Hyrieus).
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Die Sage von seiner Geburt aber erzählt Euphorion so: „Hyrieus, der Sohn des Neptun und der Alkyone, welche eine der Töchter des Atlas war, wohnte einst in Tanagra, einer Stadt in Böotien. Da er aber freundlich zu seinen Gästen war, kamen, so sagt man, auch Götter bei ihm zu Besuch. Unter diesen waren auch Jupiter, Neptun und Merkur; sie wurden großzügig von ihm bewirtet, und weil ihnen seine Freundlichkeit gefiel, schlugen sie vor, er solle sich wünschen, was immer er wolle. Weil er nun keine Kinder hatte, erbat er einen Sohn. Darauf nahmen die Götter eine Rinderhaut, ergossen darüber ihren Samen und befahlen ihm, sie unter der Erde zu verbergen und nicht vor dem zehnten Monat wieder herauszuholen. Das tat er, und so wurde Urion geboren, den man so nannte, weil die Götter ihn sozusagen ausgepinkelt hatten. Aber um das unanständige Wort zu vermeiden, wurde er später Orion genannt.“ So weit Euphorion. Und wie andere berichten, nannte der Vater selbst seinen Sohn, der auf diese Weise ohne Mutter geboren worden war, Urion, woraus dann später durch Veränderung des ersten Buchstabens Orion wurde. Daher ist bei Ovid in Buch 5 der Fasti, wo er die gesamte Sage in aller Ausführlichkeit dargestellt hat, u.a. Folgendes zu lesen: Hyreus1 gibt ihm, weil so er gezeugt ist, den Namen Urion, doch es verlor seinen Klang später der Anfang des Worts. Und Nikander nennt ihn gar #G , ebenso Catull im folgenden Vers: Mag beim Wassermann dann glänzen Oarions Stern. Dabei ist anzumerken, dass diese griechischen Bezeichnungen der Sternbilder sehr alt sind, weil sie nicht nur bei Sophokles und Euripides, sondern auch schon bei Hesiod und Homer, den ältesten Schriftstellern Griechenlands, in Gebrauch sind. Und als eingeführte Bezeichnungen behielten sie auch die siebzig Bibelübersetzer bei, ebenso der Übersetzer ins Lateinische, weil keine anderen Wörter zur Verfügung standen. Ja, wie wir sehen, verwendete selbst Luther das Wort Orion bei seiner Übersetzung ins Deutsche. Übrigens dichtete man dem Orion aus naturgeschichtlichen Gründen eine solche Körpergröße an, dass er mit trockenen Schultern durch das tiefste Meer waten konnte. Daher schreibt Vergil in Buch 10 der Aeneis: Wie die Riesengestalt des Orion, wenn er zu Fuß sich einher durch des weit umwallenden Nereus Abgrund bahnet den Weg, mit der Schulter entragt den Gewässern, wie er, wenn hoch vom Gebirg’ er der Vorzeit Esche zurückträgt, unten den Boden betritt und das Haupt in den Wolken verschleiert.
1 Gelegentliche Namensvariante zu Hyrieus.
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Außerdem war er, historisch betrachtet, nach dem Zeugnis Homers der größte und längste Mensch seiner Zeit. Somit besetzt er beide Hemisphären und erstreckt sich, wie es heißt, über 17 Längen- und 30 Breitengrade. Daher schreibt Manilius in der Sphaera barbarica: … des großen Himmels größtes Gestirn, der Orion. Und Pindar bezeichnet in den Isthmischen Oden die ungeheure Körpergröße als φ« #G " (‘orionhafte Gestalt’), vgl. dazu Turnèbe, Buch 27, Kap. 28. Andere hingegen sagen, er habe von seinem Vater Neptun als Geschenk die Fähigkeit erwirkt, gleichermaßen über die Wogen wie über die Erde gehen zu können, was sich ebenfalls auf die Naturgeschichte bezieht. Ferner wird überliefert, er habe sich auf der Insel Kreta der Jagd gewidmet, d.h. der Beobachtung des Mondes und der Sterne, wie ich das unter historischem Blickwinkel deute. Daher schreibt Ovid in Buch 5 der Fasti: Als Begleiter nahm ihn Diana; Wächter der Göttin war er, war ihr Gefolgsmann zugleich. Aber weil er sich allzu viel auf seine Kräfte einbildete und sich bei der Jagd mit Diana und Latona brüstete, die Erde könne kein Tier hervorbringen, das er nicht erlegen würde, soll die Erde auf Befehl Dianas einen Skorpion geboren haben, von dem er so schwer verwundet wurde, dass er starb, wie bei Ovid in Buch 9 der Metamorphosen und an der zitierten Stelle zu lesen ist, ebenso bei Korinnos1, der schreibt, Orion stamme aus Tanagra. Und Pausanias berichtet im Buch über Böotien, er sei auch in Tanagra begraben. Andere jedoch behaupten, Diana habe den Skorpion aus der Erde gegen Orion heraufbeschworen, weil er versucht habe, sich an ihrer Keuschheit zu vergreifen, wie wir, gestützt auf Ampelius und Euphorion, beim Sternbild des Skorpions vermerkt haben. Und Nikander sagt in den Theriaka, dies sei geschehen, weil er mit unreinen Händen das Gewand der Diana ergriffen habe, d.h. weil er versuchte, den Lauf und das Wirken des Mondes zu erforschen und den Menschen zu enthüllen – so deute ich die Geschichte unter historischem Blickwinkel; ja, ich vermute zugleich, dass er, erschöpft von der Beobachtung des Mondes und der Sterne, starb, als die Sonne im Zeichen des Skorpions stand, ebenso wie Phaëthon, von dem wir beim vorangehenden Sternbild gehört haben. Als nun derjenige, der einst ihr liebster Gefährte gewesen war, tot war, da tat er Diana schließlich leid, und sie soll Jupiter gebeten haben, ihn zusammen mit dem Skorpion an den Himmel zu versetzen. Dort wendet er sich gleichsam mit gezücktem Schwert gegen den Stier
1 Richtig: „bei (der Dichterin) Korinna, die schreibt …“ (s.u. 302,26).
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und verfolgt noch immer die nahen Plejaden darin; und als Gegenüber hat er den Skorpion und scheint immer noch vor ihm auf der Flucht aus derselben Hemisphäre zu sein. Allerdings erzählt Diokles in seinem Buch über tödliche Drogen diese Sage ein wenig anders. Er sagt nämlich, Diana, d.h. Luna, habe sich in Orion, einen Knaben von besonderer Schönheit, verliebt und sogar beschlossen, ihn zu heiraten. Ihr Bruder Apollo oder der Sonnengott sei aber darüber verärgert gewesen, und als er den Kopf des näher kommenden Orion aus dem Wasser ragen sah, habe er schlau zu Diana gesagt, sie sei in der Kunst des Speerwurfs oder Bogenschießens nicht vollkommen genug, um geradewegs ein bestimmtes Ziel zu treffen; und dabei habe er ihr den Kopf des Orion gezeigt. Und da sie ihn nicht erkannte und unbedingt ihre Kunst unter Beweis stellen wollte, habe sie ihn sogleich mit einem Pfeilschuss (d.h. mit giftigen Dämpfen und einem Bündel tödlicher Strahlen) getroffen und so, ohne es zu ahnen, ihren Geliebten getötet. Horaz jedoch schreibt, sie habe das mit voller Absicht getan, wegen des Angriffs auf ihre Keuschheit; oder vielmehr, wie Apollodor in Buch 1 schreibt, aus Eifersucht, weil er sich in Opis, eine der jungfräulichen Begleiterinnen der Göttin, verliebt und sie zu vergewaltigen gewagt habe. Und so sehen wir, dass diese Sage aus den unterschiedlichsten Bestandteilen zusammengeflickt und zusammengerafft ist, ein Machwerk aus wahrer Geschichte, untermischt mit naturgeschichtlichen Motiven. Um noch einen solchen naturgeschichtlichen Gedanken hinzuzufügen: Mit Orion selbst, der aus dem in einer Rinderhaut verschlossenen Samen Jupiters, Apollos und Neptuns geboren wurde, scheint nichts anderes gemeint zu sein als die dampfartige Substanz aus Winden, Regen und Donner, die durch die Vermischung der Energien von Luft, Sonne und Meer erzeugt wird und die der Mond mit seiner Energie dann sammelt und durch seine Strahlen in Regengüsse und Winde verwandelt. Denn um den Aufgang des himmlischen Orion herum treten ja häufig Regenfälle, Stürme und Gewitter auf, wie die Erfahrung bezeugt. Und jene dampfartigen Ausdünstungen hatte vielleicht auch Nikander im Auge, als er dem Orion schmutzige Hände zuschrieb, mit denen er das Gewand der Diana anfasste, wie wir eben sahen; ebenso diejenigen, die ihn über das Wasser wie über die Erde einhergehen, ja sein Haupt bis in die Wolken ragen lassen. Wir aber wollen, wenn das auf Zustimmung trifft, unter dem Riesen Orion lieber den Erzvater Jakob verstehen, der mit dem Sohne GOttes kämpfte und den Sieg errang, vgl. 1. Mose 32,24 und
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28; oder den Josua, den Helfer und Nachfolger des Mose, den überaus machtvollen Führer des Volkes Israel, vgl. 5. Mose 34,9 und Jos. 1,5ff.
IV. LEPUS; der Hase, das Hasen-gestirn Levipes (‘Leichtfuß’), bei Plinius Dasypus (‘mit struppigem Fuß’), bei Vergil, Georgica, Buch 1 auritus (‘langohrig’); griechisch Q "« oder Q « (‘Hase’); in der Suda ; «, ‘mit struppigem Fuß’; ; «1, ‘schnellfüßig’; bei Pollux P , ‘ängstlich’, bei den Siziliern Q! «, was sie, entgegen der Ansicht des Quintilian, von den Römern entlehnt haben, von denen die sizilische Bevölkerung ebenso wie ihre Sprache der Überlieferung nach teilweise abstammt; bei Nikander ; «, ‘mit offenen Augen schlafend’; bei den Lakedämoniern T «2, oder, laut Hesychios, T «3. Hebräisch tbe n 9 r 0 X + h a (ha-arnewet). Arabisch Harneb, Elarneb, bei einigen Alarnebet, laut Schickard Alarnebo, ‘Hase’. Unter dem Meridian versteckt er sich um Mitternacht im Dezember, und auf unserem Globus umfasst er 13 Sterne. Bei Postel sind es zwölf, bei Bayer hingegen ebenfalls 13, davon vier dritter Größe, vier vierter, vier fünfter und einer sechster Größe, die sich alle teils dem Charakter des Saturn, teils dem des Merkur angleichen.
Der Hase ist bei den ägyptischen Priestern das Hieroglyphenzeichen für einen sehr scharfen Gesichts- und Gehörsinn und somit für Wachsamkeit; bei anderen auch für Klugheit, Fruchtbarkeit, Liebreiz, Verweichlichung, Schnelligkeit, Schreckhaftigkeit und Einsamkeit. Dass er bei den Ägyptern als Symbol der Wachsamkeit abgebildet wurde, berichtet Kallistratos bei Platon in Buch 4, Kap. 8 des Symposions, ebenso Plinius in Buch 11, Kap. 37; und den Grund dafür fügt Horus hinzu: er schläft nämlich mit offenen Augen oder, wie Xenophon sagt, er wacht mit geschlossenen Augenlidern und schläft mit offenen. Daher kommt das Sprichwort vom ‘Hasenschlaf ’. Und Plutarch teilt mit, unter dem Abbild des Hasen werde bei den Ägyptern im hieroglyphischen Sinn auch das Gehör verstanden. Denn von allen Tieren hat er im Verhältnis
1 Richtig: T «. 2 Richtig: T «. 3 Richtig: T «.
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zum übrigen Körper die größten Ohren, die er dazu auch noch aufrichten kann. Daher wird er von den Dichtern auritus (‘Langohr’) und perauritus (‘mit ganz langen Ohren’) genannt; ja, auch das griechische Wort « wird von manchen so gedeutet; danach wäre « im dorischen Dialekt dasselbe wie das deutsche Lang-ohr. Dass er aber ein Symbol der Klugheit ebenso wie der Ängstlichkeit und damit auch der Verweichlichung ist, zeigt Salomon in den Sprüchen (30,24 und 26), wo er von vier Tieren spricht, die klüger als die Weisen sind, und dabei in die Worte ausbricht: „Das Häschen, ein schwaches Volk; es verlegt seinen Schlafplatz in die Felsen.“ Und ein weiterer Beweis dafür ist Folgendes: Wenn der Hase sich zum Schlafen zurückzieht – und zwar allein, weshalb er auch ein Symbol für den Einsiedler ist –, dann läuft er zuvor hin und her und verwirrt seine Spuren durch die verschiedensten Umwege, damit er nicht aufgespürt werden kann; ja, zum Schluss springt er mit einem großen Satz an seinen Schlafplatz, wie man aus Plutarch weiß. Schließlich sagten wir, das Bild des Hasen bezeichne die Fruchtbarkeit; denn er ist das fruchtbarste Tier und wirft nach dem Zeugnis von Plinius, Buch 8, Kap. 55 jeden Monat und kann sogar während der Tragezeit befruchtet werden. Ebenso bezeichnet es die Schnelligkeit, weil er so schnell laufen kann. Daher schreibt Homer in den Hymnen, Pan, der Gott der Natur, sei von seinem Vater Merkur gleich nach seiner Geburt in ein Hasenfell gewickelt und in den Himmel gebracht worden, weil die gesamte Natur unmittelbar nach der Geburt in ganz rasche Bewegung geriet. Ja, der Hase bezeichnet auch den Liebreiz, weil das Hasenfleisch, wie wiederum Plinius bezeugt, die Menschen schön macht und ihrem Körper Anmut verleiht. Alexander Severus soll ja dadurch, dass er andauernd junge Häschen verzehrte, ebenso schön wie umgänglich, gesprächig und gefällig geworden sein. Daher kommt auch der Scherz, den Martial in Buch 5 der Epigramme an die hässliche Gellia richtet und den der große Opitz, die Leuchte unter unseren deutschen Dichtern, so in die Volkssprache übersetzte: Du sprichst / so oft du mir schikst einen Hasen ein; ich werde schöhn darvon die gantze woche sein. Ists ausser schertz / mein Licht / ist glauben bei zu messen / so hastu / Gellia / von keinem hasen gessen.
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Und daher ist der Hase, weil er den Liebesdingen so sehr gewogen ist, der Venus heilig und wird zu ihren Lieblingen gerechnet. Das macht auch Philostrat in seinen Bildbeschreibungen durch den sehr ausschweifenden Charakter seiner Erzählung deutlich, in der er einen Hasen unter einem Apfelbaum in Liebesspielen tändeln und dabei an den herabfallenden Früchten knabbern lässt. Übrigens sagen einige, der Hase sei aus keinem anderen Grund neben Orion an den Himmel versetzt worden, als um an die Jagd zu erinnern, der Orion mit höchstem Eifer frönte. Aber diese Jagd hier scheint denn doch reichlich verkehrt: hier verfolgt ein Hase die Hunde und diese wiederum den Jäger, und sein großer Hund liegt da und ruht sich aus; ja, ein Hase, ein so scheues Tier, passt überhaupt nicht zu einem so großen Jäger, und durch ein so wenig Achtung gebietendes Erinnerungszeichen wird der Ruhm des Orion am Himmel eher geschmälert. Daher bringen andere einen anderen Grund für die Aufnahme des Hasen an den Himmel vor. Sie sagen nämlich, es habe einstmals in Sizilien keine Hasen gegeben; nachdem sie aber durch Anaxilas von Rhegium eingeschleppt wurden, sei ihre Zahl im Laufe der Zeit derart angewachsen, dass sie die Ernten vernichteten und die ganze Gegend verwüsteten, bis die Bewohner schließlich gezwungen waren, sie im Meer zu ersäufen. Und daher habe Jupiter gewollt, dass das Bild des Hasen zur ewigen Erinnerung an dieses Ereignis unter den Sternen zu sehen wäre. Und bei Pollux ist zu lesen, ein Hase mit einem Wagen sei auf einer Münze von Rhegium geprägt; man vgl. dazu Aristoteles in Buch 3 der Rhetorik und Plinius an der zitierten Stelle. Etwas Ähnliches erzählt Ravisius Textor von den Balearischen Inseln: „Auf den Balearischen Inseln wimmelte es dereinst so sehr von Hasen, dass die Einwohner gegen ihre Vermehrung militärische Hilfe von Augustus anforderten. Denn durch die Vernichtung der Ernten hatten sie eine Hungersnot ausgelöst.“ Wir aber wollen unter diesem Hasen lieber denjenigen verstehen, dessen Verzehr den Israeliten untersagt war und von dem Mose redet (3. Mose 11,16).
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V. CANIS MINOR; der kleine Hund, Vorleuffer, Vor-hund, Spühr-hund, Stöber Canis parvus (‘der kleine Hund’), bei Vitruv minusculus (‘der winzige Hund’), Catellus (‘Hündchen’), bei Plinius Canicula (‘die kleine Hündin, Hundsstern’)1, Canis primus, Antecursor, Praecedens, Septentrionalis, Sinister (‘der erste, vorauslaufende, vorangehende, nördliche, linke Hund’); Canis Orionis (‘der Hund des Orion’); bei Ovid Canis Icarius oder Erigonius (‘der Hund des Ikarios’ oder ‘der Erigone’), dessen eigener Name Maera lautet. Griechisch K und K, ‘Hündchen’, ² λ π (‘der kleine Hund’ bzw. ‘die kleine Hündin’), bei Homer catulus canis (‘der Welpe des Hundes’), bei Plutarch venaticus (‘Jagdhund’), , ‘das kleine Hündchen’, bei Xenophon und Aristoteles, im Etymologikon « (‘Hund’), mit seinem eigentlichen Namen ² P ", ‘der Vorhund’, in den Tafeln Procanis, laut M. T. Cicero altertümlich ($ ='«) Antecanes, bei Plinius Antecanis (alle ‘Vorhund’), weil er gleichsam näher bei uns neben der Milchstraße steht und ein klein wenig früher aufgeht als der Sirius. Laut einigen, die den Arabern folgen, π «, ‘der Maulbeerbaum’; Schiller fügt in seinem Coelum stellatum Christianum in der Nachfolge Bayers an dieser Stelle noch hinzu: „bei anderen Fovea“ (‘Grube’); dazu unten mehr. Hebräisch ble K e , Keleb, ‘Hund’. Arabisch Algomeysa, laut Schickard Algomyso, ‘Maulbeerfeigenbaum’ oder ‘Waldfeigenbaum’, wie er vielleicht an dieser Himmelsstelle dargestellt wurde; bei anderen Alchamyzo, ‘geröstet’ oder ‘gebraten’; ebenso Alcheleb alasgar, Kelbelazguar, ‘der kleine Hund’; bei einigen Aschere und Aschemie, was aber entstellt ist und sich eigentlich auf den Großen Hund bezieht. Er bietet sich um Mitternacht zu Neujahr oder im Januar im Meridian den Blicken dar und ist auf unserem Globus durch drei Sterne gekennzeichnet. Postel zählt mit den antiken Autoren zwei Sterne, wie auch Brahe; Bayer hingegen sieben; davon leuchtet ein Stern
1 Mit Canicula kann sowohl das Sternbild des Kleinen Hundes als auch der Hauptstern des Großen Hundes, der ‘Hundsstern’ Sirius, gemeint sein, was für einige Verwirrung – auch in den folgenden beiden Kapiteln – sorgt. Die Verwirrung wird dadurch vergrößert, dass Zesen nicht nur den Sirius als Hunde-stern bezeichnet (9,23), sondern auch den Procyon, den Hauptstern des Kleinen Hundes (251,3; vgl. auch 9,23: der kleine Hundestern); ‘Procyon’ wiederum ist zugleich auch der Name des ganzen Sternbildes des Kleinen Hundes.
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erster Größe am Bauch oder, laut anderen, am Schenkel und erhält für sich allein all die Namen, die dem ganzen Sternbild zugeschrieben werden; auf Deutsch wird er der Hundestern genannt; ein Stern dritter Größe befindet sich am Halsband, weiterhin zwei fünfter Größe ebenfalls am Halsband und am linken Fuß und schließlich drei sechster Größe an Kopf, Brust und Hinterfuß, alle dem Mars und dem Merkur zugeeignet.
Der Procyon oder Kleine Hund wird zur Unterscheidung ( '«) auch als der ‘linke’ Hund bezeichnet, im Unterschied nämlich zu Astrocyon, dem größeren oder Großen Hund, der der ‘rechte’ genannt wird, und zwar nach der Sitte der Bewohner des Orients. Für die Araber wie für die Hebräer nämlich, die mit nach Osten gewandtem Gesicht beten, liegt der Sirius – so nennen sie sowohl den Großen Hund als auch seinen Hauptstern – in Bezug auf den Procyon oder Kleinen Hund im Süden, also rechts, so wie der Procyon im Norden, also links davon; dieser wird im Tetrabiblos aus demselben Grund Primus Canis (‘der erste Hund’) oder besser Anticipans Canis, der Vorleuffer des großen Hundes genannt. Aber Plinius (Naturalis historia, Buch 18, Kap. 28) zweifelt, ob Procyon und Canicula identisch sind, und Columella unterscheidet den " von der Canicula. Man vergleiche dazu Joseph Scaliger zu Manilius, Buch 5, S. 405, wo manche – fälschlich! – die Unterscheidung zwischen den beiden Hunden in den folgenden Versen festgehalten sehen wollen: aufgeht der Hund und bellt Canicula sengende Flammen, wütet mit feuriger Glut und verdoppelt die Brände der Sonne. Dass aber dieser Procyon von manchen Fovea (‘Grube’) genannt wird, wie Bayer in der Uranometria und der ihn ausschreibende Schiller nach der Bezeichnung « anführen, das scheint auf den ersten Blick höchst verwunderlich, ja geradezu lächerlich. Denn was diese Grube soll, das wird weder Ödipus höchstselbst erraten noch der Pisser aus Delos1 herauskriegen können – sofern er nicht zufällig in ein Loch oder eine Grube fällt, in der man das eingebrachte Getreide zu schützen und aufzubewahren pflegt. Eine solche Grube heißt im Phrixos des Euripides «, in der Suda hingegen « und bei Simplex2 in seinem Kommentar zu Buch 2 der _κ $ « (‘Physik’, sc. des Aristoteles) «; vielleicht abgeleitet aus Osiris oder Siris, dem aus dem Hebräischen stammenden Namen eines Königs oder gar einer Gottheit, des Erfinders des Landbaus bei den Ägyptern, wie wir beim Sternbild des Stiers vermerkt haben. Daher kommt auch Sirius, wie man den Hauptstern der Großen Hundes und sogar den Großen Hund selbst nennt, wie wir
1 Urinator ist sonst der ‘Taucher’. Hier aber wohl als Anspielung auf die Sage von der Zeugung des Orion zu verstehen, s.o. 244,1–13. Gemeint ist Apoll als Gott der Weissagung. 2 Richtig: Simplikios (lat. Simplicius).
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beim folgenden Sternbild sehen werden. Denn ich kann es mir nicht anders vorstellen, als dass Bayer irgendwo gelesen hat, « – woher meiner Vermutung nach das deutsche Wort scheur (lat. horreum oder granarium) kommt – bezeichne sowohl solch eine Grube (fovea), wie wir sagten, als auch den Sirius und sogar die Sonne, wie in der Suda steht; und deshalb hat er wohl geglaubt, das lateinische Wort Fovea bezeichne dasselbe wie das ägyptisch-griechische oder vielmehr hebräisch-griechische Sirius, nämlich die Canicula. Aber weil das ja nicht der Fall ist, sehe ich nicht, wie sonst Fovea oder auch «, das doch eine Getreidegrube bezeichnet, hierher passen könnte. Es sei denn, auch die Ägypter hätten aufgrund dieser Übereinstimmung anstelle des Sternbildes, das wir den Großen Hund nennen, eine solche Grube dargestellt, weil nämlich eine solche Grube (fovea) das dort gelagerte Getreide gleichsam hegt (fovet), d.h. aufbewahrt und schützt, damit es nicht vom Wetter oder von wilden Tieren Schaden nimmt – ebenso wie das Getreide und überhaupt alles, was dem Boden entwächst, gehegt wird, wenn der Sirius bei ihnen aufgegangen ist; das heißt, es erfährt Hege und Pflege nicht nur durch die richtige Wärme, sondern auch durch passende Feuchtigkeit und Nahrung, ja, es wird vor allen Unbilden bewahrt, damit es ungehindert wachsen und reifen kann. Denn wie man gemeinhin annimmt, wärmt und hegt der Sirius bei seinem Aufgang durch seine Hitze den Boden Ägyptens nicht nur, sondern er kühlt ihn auch ab, damit er nicht weiter austrocknet; von sich aus ist dieser Boden ja trocken und dürr, weil überhaupt kein Regen auf ihn fällt. Am Äquinoktialkreis nämlich, wo Winter ist, während die Ägypter unter dem Wendekreis des Krebses und diesseits davon sich am Sommer erfreuen, löst der Sirius unaufhörliche Regenfälle aus und lässt den Nil, wenn er vom Mondgebirge aus die ganze Masse dieser Regenfluten aufnimmt und durch Äthiopien herabströmt, derart anschwellen, dass er ganz Ägypten überschwemmt, seinen sandigen und dürstenden Boden mit Wasser wie auch mit Schlamm überdeckt und so die Felder fruchtbar macht, wie wir beim Sternbild des Eridanus ausführlicher dargestellt haben. Und mit dem Namen Sirius scheint man, wie wir bei den Schriftstellern beobachtet haben, ursprünglich vor allem die wohltätige Natur des Hundes bezeichnet zu haben, ebenso wie seine bösartige mit dem Wort , Seth. Denn der Hund heißt Sirius, insofern er auf die beschriebene Weise das Wachstum befördert, wie man sagt; Seth hingegen, insofern er es durch übergroße Hitze beeinträchtigt. So nannte man ihn auch Osiris, ebenso Liber und Sol, insofern die Sonne
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den Mond beleuchtet und den Lebewesen die belebende Wärme einflößt; und man bezeichnete damit auch den Nil, ja alle Arten von Feuchtigkeit, wozu auch die Gattung des Weins gehört, also der Wein, insofern er und sie alle1 zum Wachstum beitragen – kurz: ihren wohltätigen Einfluss, der zu Fruchtbarkeit führt. Ja, auch den Mond nannten sie so, weil er, von der Sonne befruchtet2, auf die sublunaren Verhältnisse einwirkt, dadurch die männliche Rolle ausübt und mit gemäßigter Wärme und Feuchtigkeit die Erde trächtig werden lässt. Hingegen bezeichnete man dieselbe Sonne als Typhon, insofern sie ausdörrt und sengt und so Unfruchtbarkeit herbeiführt – genau wie den Wein und derartige Feuchtigkeit, insofern sie neben der Förderung der Fruchtbarkeit auch die Fähigkeit zum Ausdörren hat; nicht aber das Wasser als solches, sondern nur das Meer, dieses aber ausnahmslos (4'«), weil das Meerwasser den Osiris bzw. den Nil, der sich mit Isis, also mit der Erde verbindet, verschlingt, wenn er sich in das Mittelmeer stürzt, und durch seinen Salzgehalt die Erde austrocknet und sie weniger geeignet und unfähig zur Hervorbringung macht. Und so verstand man unter dem Namen Typhon die Bosheit oder die feuerartige Natur sowohl der Sonne als auch des Meeres, ja auch des Weines und dergleichen, die feuerartige Natur, welche die Feuchtigkeit und die natürliche Zeugungsenergie der Dinge, um mit Plinius zu sprechen, durch ihre ungeheure Hitze verzehrt und damit den Pflanzen feindlich gegenübersteht – genauso, wie man unter dem Namen Osiris alles Freundliche, dem Wachstum Förderliche verstand. Ja, alle Wörter, die aus dem Namen Osiris abgeleitet sind, scheinen bei den Ägyptern in den ältesten Zeiten in der Regel den Dingen zugesprochen worden zu sein, die Nutzen brachten. Die Ursache dafür können wir darin erkennen, dass Osiris ein gerechter König war, so wie Typhon ein jähzorniger, zügelloser und hochmütiger, wie Iulius Firmicus in De errore profanarum religionum bezeugt. Man lese dazu auch Vossius, De idololatria, Buch 1, Kap. 27 sowie den großen Athanasius Kircher, De lingua Copta sive Aegyptiaca. Als aber die Griechen später diese Wörter in ihre Sprache übernahmen, verwendeten sie diese oft mit der entgegengesetzten Bedeutung, weil sie die alte Kultur der Ägypter wohl nicht kannten; genau wie die neueren Ägypter selbst, die ihrem Beispiel folgten. In den Himmel aufgenommen wurde dieser Hund, bei dessen Aufgang P. Vergilius Maro ge-
1 „Er und sie alle“: Verdeutlichende Übersetzung von illi. 2 Eigentlich ‘geschwängert’. Im Gegensatz zum Deutschen wird Sol als männliches und Luna als weibliches Wesen vorgestellt.
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boren sein soll, vor allem wegen seiner Treue, die all diesen Tieren gewissermaßen angeboren ist und als deren Symbol er auch steht, ebenso wie er ein Symbol ist für Gehorsam, Wachsamkeit, Aufsicht, Freundschaft, schmeichlerisches Wesen, Großzügigkeit, Gedächtnis, Dankbarkeit, Scharfsinn, Gelehrigkeit und andere solche Charakter- und Körpereigenschaften. Daher schreibt Micyllus in seinem Elfsilber: Bei den Vierbeinern ist der Hund der Treue, bei den Vierbeinern macht der Hund Vergnügen, bei den Vierbeinern kennt der Hund den Herren, ihn verehrt er und schützt ihn allenthalben. Sehr viele Beispiele für die außerordentliche Treue der Hunde erzählt uns Plutarch in seinem Buch über das Verhalten der Tiere, ebenso Plinius in Buch 8, Kap. 40. Darunter ist dasjenige besonders bemerkenswert, das Plutarch in seinem Pyrrhos erwähnt. Er sagt, Pyrrhos, der König von Epiros, sei auf einen Hund gestoßen, der den Leichnam seines Herrn drei Tage lang bewacht hatte, ohne irgendwelche Nahrung zu sich zu nehmen; nachdem die Leiche begraben war, habe er befohlen, sich gewissenhaft um diesen Hund zu kümmern. Kurz danach aber sei Folgendes geschehen: Als der König sein Heer inspizierte, habe der Hund neben ihm gesessen; da habe er die Mörder seines Herrn erblickt, die herantraten, um ihren Namen zu melden, und sei sofort unter großem Gebell auf sie losgegangen, wobei er immer wieder zu Pyrrhos zurückschaute. Der König, sehr betroffen darüber, habe sie sofort festnehmen lassen, und als sie das Verbrechen gestanden, habe er sie hinrichten lassen. Etwas recht Ähnliches lesen wir bei Ambrosius, der erzählt, ein Hund habe neben dem Leichnam eines in Antiochia ermordeten Soldaten gestanden; nachdem er ziemlich lange mit traurigem Geheul seine Sehnsucht nach seinem getöteten Herrn kundgetan hatte, habe er plötzlich unter den Leuten, die sich wegen dieser spektakulären Treuebekundung versammelt hatten, den Mörder entdeckt, habe ihn angesprungen, gepackt und so lange festgehalten, bis die Sache aufgeklärt war und er zur Hinrichtung abgeführt wurde. Und nicht weniger Bewunderung verdient folgendes Beispiel bei Aelian, der berichtet, ein Mann aus Kolophon sei mit seinem Sklaven und seinem Hund nach Ionien in die Stadt Teos gezogen, um dort Geschäfte zu tätigen; der Sklave, der das Geld bei sich trug, habe sich ein wenig vom Weg entfernt, um ein natürliches Bedürfnis zu verrichten, habe dabei das Geld auf den Boden gelegt und sei dann weggegangen, ohne daran zu denken. Der Hund aber habe so lange bei der vergessenen Geldbörse Wache gehalten, bis die beiden unverrichteter Dinge zurückkehrten, weil sie ja kein Geld hatten, und da habe der Hund, der die ganze Zeit ohne Speise und Trank bei dem Geldbeutel ausgehalten hatte, kaum dass er das Pfand zurückgegeben hatte, sein Leben ausgehaucht.
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Ja, man hat auch ganz oft Hunde gefunden, die so treu waren, dass sie nach Tod und Begräbnis ihres Herrn dahinsiechten und schließlich auch selbst starben. Solcher Art war neben anderen der Hund des Komödiendichters Eupolis mit Namen Augeas sowie der des Tänzers Theodoros, der mit seinem Herrn im selben Grab eingeschlossen werden wollte. Durides, der Hund des Lysimachos, stürzte sich nach dem Tod seines Herrn, als dieser schon auf dem Scheiterhaufen lag, nach dem Zeugnis des Plinius von sich aus in die Flammen, um mit ihm verbrannt zu werden. Dasselbe wird auch vom Hund des Pyrrhos erzählt, nicht jenes Pyrrhos, den wir eben erwähnten, sondern eines anderen, und ebenso von dem Hund des Polos, eines bei den Griechen sehr berühmten Schauspielers. Die Willfährigkeit und leicht abzurichtende Gelehrigkeit des Hundes zeigt uns Plutarch besonders an jenem Beispielfall, der sich einst im Marcellus-Theater in Anwesenheit des Vespasian zutrug. Ein Clown hatte einen Hund auf die Bühne gebracht, der auf fast alle Arten von Sprüngen dressiert war. Diesem gab der Clown scheinbar eine Medizin zu trinken, und daraufhin war schon bald zu sehen, wie der Hund so etwas wie einen epileptischen Anfall erlitt, sich wand, mit benommenem Kopf taumelte und schließlich wie tot zusammenbrach, alle Viere von sich streckte und sich hin und her ziehen, hierhin und dorthin werfen ließ, wie es der Inhalt des Stückes verlangte. Ja, als es die Handlung so wollte, fing er allmählich an sich wieder zu bewegen, als ob er aus tiefstem Schlaf erwacht wäre, und zum Schluss sprang er unvermittelt auf, zeigte Zeichen von Heiterkeit und Freude und führte zur allgemeinen Bewunderung noch mehr dieser Art vor. Überdies ist es ein Zeichen für sein ausgezeichnetes Gedächtnis wie für seinen Scharfsinn, dass er seinen Herrn, mag der auch ganz lange fort gewesen sein, bei seiner Rückkehr augenblicklich wiedererkennt, und zwar nicht so sehr durch den Gesichtssinn als durch den Geruchssinn. Ein Beispiel dafür liefert uns der Hund des Odysseus, Argos, der seinen Herrn angeblich nach zwanzig Jahren wiedererkannte, als dieser vom Zug gegen Troja zurückkehrte. Ein weiteres Zeichen dafür ist dies: Wenn man ihn darauf abgerichtet hat, kann man ihm befehlen, die Stelle ausfindig zu machen, wo man eine Münze, die man ihm zuvor gezeigt hat, anschließend in seiner Abwesenheit unter einem Kissen versteckt hat; und bloß von seinem Geruchssinn geleitet, zeigt er den Ort durch Bellen und Herumspringen an. Ja, er spürt bei der Jagd die Spuren des Wildes auf und
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erschnüffelt sie mit scharfem Sinn, zieht den Jäger mit der Leine hin zum Wild und weist auf sein Versteck, selbst wenn das Tier durchs Wasser geschwommen ist oder sich im tiefsten Dickicht verborgen hat. Aber dabei fällt mir der Traum der Mutter des heiligen Bernhard ein. Während ihrer Schwangerschaft träumte sie, sie trüge ein weißes, bellendes Hündchen mit rötlichem Rücken in ihrem Leib. Das deutete ein Weiser so: Das Kind, das sie gebären werde, werde sich zu einem vorzüglichen Hund entwickeln, d.h. zu einem vorzüglichen Wächter oder Vorsteher der heiligen Gebäude und der Herde Christi, zu einem, der weiß ist, d.h. ganz sanftmütig gegen die Frommen und die ihm aus seiner Herde bekannt sind, rötlich aber, d.h. grimmig entschlossen, gegen die Gottlosen, die Unbekannten und Fremden, die er als Diebe und Feinde der Kirche durch pausenloses Bellen verstört, was bedeutet, dass er niemals aufhört, gegen ihre ruchlosen Laster und Verbrechen anzugehen, und zu keinem Gottlosen freundschaftliche Beziehungen aufnimmt. Denn dies ist die Natur eines edlen Hundes: Gegen die, die er als Mitglieder der Familie seines Herrn durch Anblick oder Geruch erkennt, ist er sanftmütig und zahm, sie umschmeichelt er, mit ihnen will er spielen; auf Fremde hingegen geht er wild und grimmig mit hoch aufgerichtetem Schwanz, ununterbrochenem Bellen, ja bisweilen auch mit Bissen los. Und daher ist der Hund auch das Sinnbild für einen vortrefflichen Priester und Propheten; wenn diese ihr Amt nachlässig und furchtsam ausüben, nennt Jesaja 56,10 sie ‘stumme Hunde’, die den Schwanz zwischen die Beine stecken, was ein Zeichen von Furcht ist. Ebenso ist der Hund das Symbol für einen vortrefflichen Soldaten, wie ihn Platon ihn Buch 11 seines Staates beschreibt. Ja, daher wurde Diogenes als ‘Kyniker’ bezeichnet und seine Schule ebenso wie die des Antisthenes, der durch die finstere Strenge seines Lebenswandels berühmt war, nach dem Zeugnis des Laertios als die ‘kynische’. Dazu bekannte sich Diogenes selbst, als er auf Alexanders des Großen Frage, warum er sich die Bezeichnung ‘Hund’ ausgesucht habe, antwortete: „Weil ich denen, die mir etwas geben, schmeichle, diejenigen, die mir nichts geben, ankläffe und die Bösen sogar beiße.“ Allerdings meinen andere, unter ihnen Adamantios, das gehe auf die Hundefliege oder die Schamlosigkeit zurück, weil Diogenes gesagt habe, er würde auf offenem Markt vor aller Augen einen Menschen zeugen, ohne dabei rot zu werden. Ja, aus demselben Grund pflegte man den Göttern, besonders aber den Zwillings-Laren, den
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Kindern von Merkur und Lara oder Mania, der Tochter des Almo, auf den Bildern einen zu ihnen aufblickenden Hund beizugeben, oder man bekleidete bei den Römern gar die Götterbilder selbst mit Hundefellen. Auch den Laren war der Hund heilig, ebenso wie dem Mars, der Proserpina und der Diana, die daher Cyonia hieß wie auch Lycea nach den Wölfen. Wozu noch viele Worte? Die Hunde wurden wegen ihrer außerordentlichen Qualitäten, besonders aber wegen ihres liebenswürdigen, freundlichen und umgänglichen Wesens (das Wort " scheint denn auch von ", ‘ganz sanft und ehrerbietig küssen’, zu kommen) von den Alten immer so hoch geschätzt, dass sie ihnen zum Gedächtnis Städte gründeten, was Theopompos von Alexander dem Großen berichtet, nachdem dieser seine Hündin Perthas1 verloren hatte. Auch wurden Münzen geprägt, man führte das Bild eines Hundes auf dem Schild, man errichtete Hunden eigene ‘Kynotaphe’, wie Plutarch von Xanthippos, dem Führer der Lakedämonier, bezeugt; und man wollte mit seinen Hunden im selben Grab bestattet werden, wie Hippammones2 mit seinem Hund namens Lethargos, wie Arsuitus3, der Sohn des Biorn, zusammen mit Hund und Pferd, wie Saxo in Buch 5 seiner Dänengeschichte mitteilt, und wie der Dichter Codrus4 mit seinem Hund namens Chiron, weshalb Juvenal schreibt: Und der unter demselben Marmor ruhende Chiron. Ja, sie verdienten sich auch Lobeshymnen und Nachrufe überall bei den Dichtern, wie Issa, das Hündchen des Publius, bei Martial: Issa, schlimmer noch als Catullus’ Sperling, Issa, reiner noch als der Kuss der Taube, Issa, schmeichelnder als die Mädchen alle, Issa, teurer sogar als Indiens Perlen, Issa, Publius’ Lieblingshündchen ist sie. Ebenso Graucis5, das Hündchen der Arethusa, das ihre Sehnsucht nach dem abwesenden Gatten linderte, bei Properz, Buch 4: Lieb ist allein mir die Stimme des winselnden Hündchens, der Graucis. Die Völker der Proëmphaner6 in einer Gegend Afrikas wählten sich gar einen Hund zum König, und aus dessen Bewegungen erschlossen sie in ehrfüchtigster Auslegung, was man zu tun, wo man zu stehen und wohin man zu gehen hatte. Und wenn die Ägypter einst einen Führer und Gesetzgeber versinnbildlichen wollten, stellten sie einen Hund mit einem Diadem oder einem Prachtumhang dar oder einen Hund, der mit einer Kopfbinde umwunden war. Übrigens sagt man, der Hund, den wir hier betrachten, also der Hund oder das Hündchen,
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Übliche Namensform: Peritas. Sonst: Hippamon. Richtig: Asuithus (Aswid). Übliche Lesart heute: Cordus. Übliche Lesart heute: Glaucis. Richtig: Ptoëmphaner (lat. Ptoëmphanes).
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das sich nunmehr am Himmel befindet, sei dem Orion so lieb gewesen, dass er es, als er an den Himmel versetzt wurde, mitnahm, um immer seine Gesellschaft genießen zu können. Ampelius schreibt jedoch im Liber memorialis, es sei der Hund des Ikarios – einige nennen ihn Maira –, den wir beim Sternbild der Jungfrau erwähnten: Nachdem sein Herr ermordet wurde und dessen Tochter Erigone sich erhängt hatte, habe er sich zu ihren Füßen niedergelassen und sich später, nach Wasser lechzend, in einen Brunnen gestürzt; schließlich sei er durch den Beistand des Liber in den Himmel aufgenommen worden. Darauf nimmt Lukian im Dialog über das Göttergastmahl folgendermaßen Bezug: „Bacchus, o ihr Götter, hat auch den Hund der Erigone hergeholt, damit das Mädchen nicht traurig wäre, wenn es im Himmel ohne ihr Hündchen wäre.“ Von diesem Hund gezogen fand nämlich Erigone, die, wie oben erwähnt, das Sternbild der Jungfrau darstellt, den Leichnam ihres Vaters, der von weintrunkenen Bauern umgebracht worden war. Deshalb befindet er sich auch unweit vom Gestirn der Jungfrau und wird der Hund der Jungfrau oder der Erigone genannt; Ovid kommt in Buch 4 der Fasti folgendermaßen auf ihn sprechen: Einen Stern gibt’s, er heißt ‘des Ikarios Hund’. Wenn er aufgeht, dürstet vor Hitze das Land; allzu früh reift dann die Saat. Etwas Ähnliches erzählt man vom Hund des Skedasos. Dessen drei Töchter, drei Mädchen aus Leuktra, waren von den Spartanern geschändet und anschließend ermordet und in einen Brunnen geworfen worden. Als der Vater aus der Fremde zurückkam, machte ihn der Hund darauf aufmerksam, indem er bellend immer wieder zum Brunnen lief. Für andere ist er der Schoßhund, den Helena in ihr Herz geschlossen hatte; als Alexander oder Paris, der Sohn des Trojanerkönigs Priamos, sie geraubt hatte und sie auf die Insel Euböa zufuhren, da kam er ihr in der Meerenge des Euripos abhanden, und darüber war sie so traurig, dass sie Jupiter bat, ihm am Himmel einen Platz zuzuweisen. Wir aber wollen darunter lieber jenen Hund verstehen, der dem Tobias, als dieser mit seiner Neuvermählten zurückkehrte, vorauslief, dabei mit dem Schwanz wedelte und sich fröhlich zeigte (Tob. 11,9).
VI. CANIS MAJOR; der Hund, oder Große Hund, der Wind, oder das Windspiel, der Jagt-hund, das Hunde-gestirn Canis (‘Hund’), ohne Attribut; Canis Magnus, Alter, Secundus, Sequens, Australior, Dexter (‘der
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große, andere, zweite, folgende, südliche, rechte Hund’), bei Vergil aestifer (‘der hitzebringende’), bei Tibull aestivus (‘der sommerliche’), bei Valerius Flaccus Acer autumni Canis (‘der bissige Hund des Herbstes’); bei einigen Canicula (‘Hündchen, Hundsstern’); bei Horaz Sidus fervidum, invidum agricolis (‘das glühende Gestirn, missgünstig den Bauern’); Caleb; bei Joh. Bapt. Mantuanus Harpalagus, ‘Hasenräuber’; Laelaps; bei den Ägyptern Isis oder Isidis sidus (‘das Gestirn der Isis’), Sothis, Sothonis, Seth; bei einigen Sirius, Osiridis sidus (‘das Gestirn '« ", ‘Himmelsdes Osiris’), auch Anubis; griechisch «, #A " oder #A ) 1 hund’, auch #A « , ‘Sternenhund’, den die Ägypter Solechis nennen, wie Scapula unter Berufung auf Coelius Rhodiginus anmerkt; bei Aristoteles und anderen ohne Zusatz K", ‘Hund’; bei Nonnos #A κ M «, ‘das Gestirn der Maira’, und ohne Zusatz einfach M . , Maera; bei Homer #A κ 7" «, ‘das Herbstgestirn’; bei den Medern , das ist die Amme des Kyros, der auf Befehl seines Großvaters Astyages ausgesetzt wurde, wie bei Herodot und bei Iustinus im ersten Buch steht. Arabisch Elchabar, Alchabor, Elhabor, laut Schickard Alachbaro, d.h. ‘der größere’ oder ‘der große’, nämlich Cheleub, Chelbon oder Kelbon und Keleph, ‘Hund’ – ein Wort hebräischen Ursprungs; bei anderen Alcheleb alcabir; ebenso Aliemenia, in den alfonsinischen Tafeln Aliemini, laut Schickard Aliaminio, ‘der rechte’, wobei wiederum ‘Hund’ mitzuverstehen ist. Im Tetrabiblos Elscheere; 6 φ, , ‘Wasserscheu’, unter der laut Dioskurides, Buch 7, Kap. 2 die tollwütigen Hunde leiden; bei anderen Scheereeliemini, Elsere, Elseiri, Aschere, Sceara, was einigen zufolge ‘Großer Hund’ heißt, so wie Scera ‘großer Stern’. Aber die meisten sind entstellt und werden auch auf den Kleinen Hund bezogen. Er leuchtet im Meridian um Mitternacht gegen Ende Dezember und umfasst auf unserem
1 Kein Nominativ, sondern Genitiv zu #A ".
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Globus 17 Sterne. Von denen wird der eine, der sich am Kiefer oder der Schnauze des Hundes, laut Arat unter dem Kinn befindet, der in hellstem Glanz erstrahlt und wohl der größte von allen Sternen am Himmel ist, Sirius genannt, auch Canicula (‘Hundsstern’) und Canis candens (‘der weiß glänzende Hund’); arabisch Ascheere, bei Avicenna Elscheere, bei anderen El" ) ' ) ") ", seere, Scera, auch Aliemini, Elhabor. Bei den Griechen $ ", ²""« Ρ) ‘Astrokyon, gleichen Namens wie das ganze Sternbild.’ Postel schreibt diesem Sternbild 18 interne und elf externe Sterne zu; Bayer hingegen 19: einen erster Größe an der Schnauze, dazu einen zweiter Größe neben dem Hals; weiterhin fünf dritter Größe an Rücken, Stirn und Fuß, vier vierter Größe an Rücken, Auge und Ohr und acht fünfter Größe, hier und dort verstreut. Sie alle sind der Venus wesensverwandt, mit Ausnahme des ersten, des Sirius, der sich dem Charakter von Mars und Jupiter angleicht. Diesen fügen andere noch einige kleinere Nachbarsterne hinzu, die im Norden zu sehen sind; andere rechnen sie zu einem neuen Sternbild, das sie Einhorn oder Monoceros nennen.
Dieser Hund wurde, wie oben erwähnt, bei den Ägyptern durch König Petosiris, zitiert bei Vettius Valens, π '«, Sothis, oder «1, Sothes, und ² , Seth, benannt. Er ist vor allem durch zwei Sterne ausgezeichnet und bekannt: Der eine, dritter Größe, befindet sich an der Stirn in Richtung des rechten Ohrs. Sein eigener Name ist Isis; daher sagt Isis von sich selbst in einer Marmorinschrift bei Diodor, Buch 1: #E 2 # ) ' Ν ) " ) ' Kλ # ! · ‘Ich bin die, die im Gestirn des Hundes aufgeht.’ Ebenso nennt man ihn Maira, lat. Maera – nicht Neaera, wie Hadrianus Iunius, der sich durch die frühere Germanicus-Ausgabe täuschen ließ, bei Hyginus schreiben zu müssen glaubt (Miscellanea, Buch 1, Kap. 5); dort stand ebenso wie bei Hesychios und bei Nonnos (Dionysiaka, Buch 14) M . . Nonnos schreibt ja auch in Buch 5: P «2 $ ! M «· ‘Das Gestirn der feurigen Maira.’ Und so steht jetzt auch bei Germanicus in der Ausgabe von Morel in gebesserter Lesart Maera. Der Name kommt nämlich von , was ‘leuchten’ bedeutet, sofern nicht doch von
1 Richtig: «. Zesen verwendet die Formen Sothis und Sothes nebeneinander. Die übliche Form ist Sothis. 2 Richtig: P «.
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M 1 kommt – wenn man nämlich mit dem Engländer Sanford unter Maera oder Maira Maria2,
die Schwester des Mose verstehen will, der bei den Ägyptern der dritte Osiris oder Liber war. Denn aus M machte man durch die bloße Umstellung des einen Buchstabens oder M . Aber auch das ganze Sternbild der Sothis oder des Hundes scheint von einigen ‘Maira’ oder auch ‘Isis’ genannt zu werden, sofern sie nicht mit dem Namen ‘Sothis’ oder ‘Hund’ einfach nur den Hauptstern der Sothis oder des Hundes meinen. Das ist der Fall bei Hesychios, wenn er von Maira spricht: M . , " μ Ν , ν $ * · ¹ ξ κ . ‘Maira, der Hundsstern oder die stärkste Hitze; nach einigen der Mond.’ Ebenso bei Horapollo bzw. seinem Übersetzer Philippos in den Hieroglyphika, Kap. 3 über Isis: 7I« ξ ’ + .« # $ , A2 λ « «. E λ ξ $ ", χ« λ . , ' ' $ ! ". ‘Es ist aber Isis bei ihnen ein Stern, auf Ägyptisch Sothis genannt, auf Griechisch hingegen Astrokyon; und er scheint unter den übrigen Sternen die erste Stelle einzunehmen.’ Und die Priester bei Plutarch im Buch Über Isis und Osiris sagen, er werde von den Griechen K" π 5I«, ‘die Hündin der Isis’, von den Ägyptern hingegen Sothes genannt. Der andere Stern, der Hauptstern der Sothis oder des Großen Hundes, da er erster Größe ist, ist am Kiefer oder, wie Porphyrios will, an der Zunge zu sehen und wird im eigentlichen Sinn Sirius oder Canicula, bei den Griechen K (‘Hundsstern’) genannt. Auch diesen nennen einige Maira, wie aus den zitierten Stellen von Nonnos und aus dem Poeticon astronomicon des Hyginus bei der Darstellung des Sternbilds Bootes zu ersehen ist; ja, auch Isis nennt man ihn, wie aus der zitierten Stelle des Horapollo hervorgeht. Aber so wie Isis oder Maira von Osiris unterschiedene Gottheiten waren, so sollten sie auch zu Recht einen Stern im Großen Hund haben, der verschieden ist von dem, der ganz dem Osiris zugeeignet ist und offenbar deshalb Sirius heißt: den Stern nämlich, der sich an der Stirn befindet, wie wir eben sagten. Und der Sirius, der Stern des Osiris, wurde als Erster unter den Fixsternen mit göttlichen Ehren bedacht, ebenso wie unter den Planeten die Venus, die wir den Morgen- und den Abendstern nennen. Auch ihr wurde von den Ägyptern der Sirius übergeordnet – warum, werden wir gleich sehen. Indessen täuschen sich aber diejenigen, die behaupten, Sirius sei der erste Himmelskörper gewesen, dem man den Titel « (‘Gott’) zugesprochen habe. Denn da ihre Bewegung den Gestirnen den Glauben an ihre
1 Zesen schreibt M (statt M . ), wodurch die folgende Etymologie erleichtert wird. 2 In der Lutherbibel Mirjam.
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Göttlichkeit einbrachte und da das Wort « sich $μ * !, d.h. von ‘laufen’ ableitet, so dass B« so etwas wäre, ‘das immer am Laufen ist’, wie Macrobius in Buch 1, Kap. 23 der Saturnalia erklärt, möchte ich lieber behaupten, dass dieser Titel zuerst der Sonne verliehen wurde und danach dem Mond, da ja deren Lauf zu allererst beobachtet wurde. Dass aber bei den ältesten Griechen wegen ihres bewundernswerten Laufs oder ihrer Bewegung nur die Gestirne für Götter gehalten und von daher diesen Titel bekamen, zeigt Platon im Kratylos: _ ¹ ' ' $ " λ κ E « « C« π. , 4 * λ ' , , ", 6H, λ , λ e&, λ 5A , λ O+ . ‘Es scheint mir, dass die ältesten Bewohner von Hellas allein die für Götter hielten, welche auch jetzt noch vielen Barbaren dafür gelten, nämlich Sonne, Mond und Erde, die Gestirne und der Himmel.’ Und kurz danach ergänzt er: „Wie sie nun diese alle beständig ihre Bahn laufen sahen, so nannten sie sie nach dieser Eigenschaft * . – sc. ‘des Laufens’ – , ‘Götter’.“ Aber man lese dazu Louis Carrion, Emendationes, Buch 2 und Laktanz, Buch 2, Kap. 5, der darüber ausführlich genug diskutiert; ebenso Prudentius, Adversus Symmachum, Buch 2. Wir haben eben gesagt, dass der Sirius seinen Namen von Osiris bekommen hat, der zusammen mit Isis, seiner Schwester und zugleich seiner Gemahlin, bei den Ägyptern die höchste Gottheit war. Denn er wurde von ihnen gemeinsam mit der Sonne verehrt, wie Selden gezeigt hat, ebenso wie Isis zusammen mit dem Mond – mit den beiden Leuchten also, die selber unter den Gestirnen die höchste Stellung einnehmen; ja, er wurde sogar gemeinsam mit dem Nil selbst bzw. dem Nilwasser oder der Feuchtigkeit überhaupt verehrt, insofern sie zur Fruchtbarkeit beiträgt, ebenso wie Isis mit der Erde, insofern sie Früchte trägt. Der Nil aber wurde von den Hebräern, wie wir beim Sternbild Eridanus sahen, wegen seines schwärzlichen Wassers Schichor genannt oder, wie manche es aussprechen, Sior. Durch Umstellung der ersten drei Buchstaben dieses Namens hieß er später auch bei den Ägyptern Osir sowie durch Ergänzung der griechischen und lateinischen Endung Osiris, woraus dann schließlich durch Wegfall des ersten Buchstabens Siris wurde. So scheint denn der Name Osiris weniger aus Mizraim oder Misorim entstanden zu sein, wie wir an anderer Stelle lehrten, als aus Sichor, oder, mit weicherer Aussprache, Sior; deswegen stellten die Ägypter den Osiris auch, nach dem Zeugnis des Plutarch, als Schwarzen dar. Und so hieß bei
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den Äthiopiern und Ägyptern der Nil . «. Das bezeugt Dionysios Afer: . « 6’ A2" 1. ¹ ξ «2 # ! φ! 3 ’ Κ N. / . ‘Von den Äthiopiern wird er Siris genannt.’ usw. (doch die Leute von Syene gaben ihm, wo er den Lauf wendet, den Namen Nil.4) Und Plinius schreibt in Buch 5, Kap. 9: „Und er heißt erst Nil, wenn er sich wieder mit vereinten Wassern zu einem Ganzen verbindet; und so heißt er auch jetzt noch Siris5, wie er zuvor über eine Reihe von Meilen genannt wurde.“ Nach diesem Namen des Nils aber wurde anscheinend der Stern, um den es jetzt geht, Sirius oder « genannt, was so viel bedeutet wie N .« $ , ‘der Stern des Nils’ oder ‘des Siris’. Und das geschah aufgrund des innigen Einvernehmens zwischen dem himmlischen Hund und dem Nil: Gleichwie der Hund am Himmel erglüht, so wallt der Nil auf Erden an den heißesten Hundstagen auf, und wenn der Aufgang des Sirius den Regen bringt, überflutet der Nil die Erde, welche Typhon – die böse Seite der Sonne und des Meeres, wie wir beim vorangehenden Sternbild sagten – des Nilwassers beraubt und somit ausgetrocknet, ja geradezu ausgedörrt und verbrannt hatte. Und wenn der Nil sich zurückzieht, lässt er die Erde mit einer Schlammschicht bedeckt zurück, wie bei Cicero (De natura deorum, Buch 2) und Seneca (Quaestiones naturales, Buch 4, Kap. 2) zu lesen ist. Und von « ist » oder » abgeleitet, das man als ‘glänzen, funkeln’ übersetzt, ebenso ", ‘austrocknen’, das nach Auskunft des Etymologikon Oros von Milet verwendet; in gleicher Weise leitet sich , ‘glänzen’, von M . her. Und von AF « – so nannte man nach dem Zeugnis von Diodor (Bibliothek, Buch 1) und Plinius (Naturalis historia, Buch 5, Kap. 19) den Nil ebenfalls – kommt 2 , was man mit ‘anbrennen’6 übersetzt, außerdem 2 ' , was so viel ist wie . 7, ‘schwärzen, ganz schwarz machen’. Denn der Sirius übertrifft mit seinem Glanz die übrigen Sterne, und zwar so sehr, dass Leute mit besonders scharfen Augen ihn am hellen Mittag sehen können, und auch wenn man einen Spiegel in eine Schüssel voll Wasser legt, wie man zu tun pflegt, ist er darin zu sehen. Daher meinen einige, Sirius sei der gemeinsame Name des Hundes und der Sonne, wie aus Hesychios hervorgeht, der sagt: « ² 6H«, λ ² * μ« $ . ‘Sirius, das ist die Sonne und der Hundsstern.’ Und die Suda sagt im Artikel «: , μ« ² 6H«, λ «. ‘Seir, Seiros, das ist die Sonne und der Sirius.’ Ibykos hingegen nannte, wie dieselben Autoren bezeugen, alle Sterne , ebenso wie andere sie als &«, ‘Sirenen’, bezeichneten, wie Eustathios aus dem Rhetorenlexikon mitteilt; das kommt vielleicht von », weil die Sterne ‘glänzen’. Einige deuten ja auch den
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Richtig. . Richtig: «. Richtig: φ! . Deutsche Übersetzung wie die lateinische Teilübersetzung nicht metrisch. Übliche Lesart heute: Giris. Eigentlich: ‘den Ägyptern ähnlich (d.h. schwarz) sein’. Richtig: » .
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Sirius im folgenden Vers aus Buch 4 von Vergils Georgica als die Sonne, allerdings im Widerspruch zu Servius: Heftig bereits am Himmel, die durstigen Indier sengend, brannte des Sirius Wut. Ja, die meisten verstehen so auch einige Stellen über den Sirius in Hesiods Werken; das hat Hadrianus Iunius ausführlicher an der oben zitierten Stelle behandelt. Im Übrigen wirkt kein Stern heftiger und bedrückender, ob beim Aufgang oder beim Untergang. Und seine Wirkung auf die Welt ist ganz unterschiedlich: Beim Untergang bewirkt er Kälte, beim Aufgang Hitze: Es bellt der flammende Hundsstern, wütet mit seiner Glut und verdoppelt die Brände der Sonne, wie Scaligers vorzügliche Lesart bei Manilius lautet. Und daher kommt es, dass so viele Völker diesen Stern mit frömmster Verehrung zu besänftigen suchten. So opferte auf der Insel Keos Aristaios, der Sohn des Apollo und der Kyrene, dem Sirius Tiere, wie Apollonios in Buch 2 berichtet, und nach seinem Zeugnis sowie dem von Nonnos, Dionysiaka, Buch 5 und von Apollinaris1, Buch 2 erließ er ein Gesetz, nach dem die Bewohner von Keos alljährlich den Sirius durch Opfer besänftigen und ihn aufmerksam beobachten sollten. Daher schreibt Cicero in De divinatione, Buch 1: „Wie wir denn gehört haben, dass die Bewohner von Keos jedes Jahr den Aufgang des Hundssterns sorgfältig beobachten und daraus Rückschlüsse ziehen, wie Herakleides von Pontos schreibt, ob ein unheilvolles Jahr bevorsteht“ usw. Aber Manilius berichtet das, wie Scaliger in seinen Anmerkungen bemerkt, von den Kilikiern, aus Dankbarkeit für Arat, der ein Kilikier war: Die ihn hochkommen sehen, sobald er im Frühaufgang wieder sichtbar wird, vom erhabenen Gipfel des Taurusgebirges, sagen die einzelnen Ernteerträge voraus und die Zeiten, welche Gesundheit sich einstellt und welche Stärke der Eintracht. Ja, fast dasselbe erzählt Pierio, Hieroglyphica, Buch 44 von den Anwohnern des Öta-Gebirges: „Es heißt, die Leute vom Öta pflegten alljährlich den Aufgang des Hundssterns aufmerksam zu beobachten und daraus Rückschlüsse zu ziehen, ob ein günstiges oder ein unheilvolles Jahr bevorstünde. Wenn nämlich dieser Stern etwas dunkler und fast schon verfinstert aufgegangen war, schloss man daraus, dass der Himmel dick und verklebt sei und dass infolgedessen sein Hauch drückend und unheilvoll sein werde. Wenn er aber leuchtend und strahlend hell erschienen war, nahm man an, der Himmel werde immer fein und rein sein, und man sagte voraus, dass gesunde Verhältnisse herrschen würden.“
1 Gemeint: Apollonios (Argonautika 2,526f.).
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Ja, Valerius Flaccus sagt in Buch 1, dass er in diesem Sinne auch von den Kalabriern um Versöhnung gebeten wurde: So trifft sich, wenn Ställen und Ernten gewaltig Götterzorn zusetzt und der Verwüster kalabrischer Fluren, Sirius, ängstlich die Schar der Bauern in uraltem Walde, und ein Priester spricht vor den Armen ein frommes Gelübde. Dort versteht er unter dem ‘Götterzorn’, den Manilius als ‘das äußerste Schicksal’ bezeichnet und andere als , als ‘eine Art höherer Gewalt’, die Gluthitze der Hundstage. Denn wenn der Hundsstern aufgegangen ist, entzünden sich die Ausdünstungen der Sonne, und weit und breit sind auf der Erde seine Wirkungen zu spüren. Denn die Meere sieden, der Wein in den Kellern gärt, die stehenden Gewässer geraten in Bewegung, und die Hunde werden während dieser ganzen Zeit völlig toll, wie Plinius (Naturalis historia, Buch 2, Kap. 40) bezeugt. Ja, zu dieser Zeit leiden auch die Kinder ganz besonders unter der Siriasis, einer Entzündung des Kopfes. Deshalb sprach Horaz von den „Zeiten des tollwütigen Sternbilds“. Über diese Verstärkung der Hitzewellen, als deren Ursache gewöhnlich der Sirius gilt, vgl. die Diskussion bei Geminos, wo diese These mit anderen Argumenten gestützt wird. Auch in Rom, an der Porta Catularia zwischen der Porta Quirinalis und der Porta Collina, wurden am 25. April zur Besänftigung dieses Sterns anstelle von Früchten die Eingeweide eines rothaarigen Hundes gegen den Getreidebrand und gegen das Wüten des Hundssterns geopfert. Daher schreibt Ovid in Buch 5 der Fasti: Für den Sternenhund nun wird dieser Hund heut geopfert; Nur weil den Namen er trägt, findet der Hund hier den Tod. Doch deutlicher ist Festus bzw. Paullus: „Die Porta Catularia in Rom heißt so, weil nicht weit davon entfernt zur Besänftigung des Hundssterns, der den Feldfrüchten feindlich gesinnt ist, rothaarige Hündinnen geopfert wurden, damit das sich gelb färbende Getreide auch zur Reife kommt.“ Und an anderer Stelle schreibt er: „Rötliche, d.h. nicht ganz rote Hündinnen werden, wie Atteius Capito sagt, beim Hundeopfer zugunsten der Feldfrüchte geopfert, um die Wut des Hundssterns abzuwenden.“ Und daraus lässt sich auch ersehen, warum man dem Gott Robigus oder Rubigo, der die Saaten vor dem Getreidebrand schützt und dessen Fest mit dem Namen Robigalia nach dem Zeugnis von Varro (De lingua Latina, Buch 5), Verrius bzw. Festus (zu Robigalia) und Plinius (Buch 18, Kap. 19) durch Numa eingesetzt wurde, im April außer einem Schaf auch einen Hund opferte, wie man aus Ovid weiß, der an der zitierten Stelle schreibt:
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33 Tauri quartam decimam obtinenente] Tauri partem quartam decimam obtinenente (Zitat Plinius 18,286)
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Denn es begab sich zum Hain des alten Rubigo ein Priester, um das Gedärm eines Hunds und eines Schafs dort zu weihn. Vor allem aber bei den Ägyptern scheint dieser Stern den ersten Rang unter den übrigen Sternen eingenommen zu haben; denn bei seinem Aufgang pflegten sie aus gewissen Anzeichen das herauszulesen, was im ganzen folgenden Jahr, das sie deshalb sowohl Sirius als auch Isis nannten, zu tun wäre, wie Horapollo bzw. sein Übersetzer an der oben zitierten Stelle hinzufügt. Ja, die Ägypter ließen nicht nur das ‘Große Jahr’, das nach dem Zeugnis des Censorinus in De die natali vier Jahre ‘des Gottes’, d.h. ‘der Sonne’ umfasst, also gewöhnliche Sonnenjahre, bei uns ‘julianische Jahre’ genannt, mit dem Aufgang der Sothis oder des Hundssterns beginnen, sondern sie nannten es danach auch das Hundsstern-Jahr oder «. Mit den Worten von Bayer: „Wie sie es von den Chaldäern gelernt hatten, definierten sie anhand dieses Sterns das tropische Jahr mit 365¼ Tagen. Denn da sie bemerkten, dass der Hundsstern im ersten Jahr zu Beginn der Nacht aufgeht, im zweiten um Mitternacht, im dritten sechs Stunden später und im fünften wieder am Anfang der Nacht, stellten sie fest, dass ein ganzer Tag zu viel da war. Ihnen folgte Caesar in seinem vierten Konsulat, nach seinem Sieg über Pompeius, und führte die Maßeinheit des Hundsstern-Jahres ein, wie wir sie noch heute verwenden.“ Aber man lese dazu den großen Vossius (De idololatria, Buch 1, Kap. 28), wo er ausführlich genug die vielfältigen Jahresberechnungen bei den Ägyptern behandelt. Und das hatte auch Porphyrios im Sinn, wenn er in seiner Schrift über die Nymphengrotte Folgendes einfügt: „Bei den Ägyptern ist der Jahresbeginn nicht der Wassermann, wie bei den Römern, sondern der Krebs. Im Krebs befindet sich nämlich Sothis, von den Griechen der ‘Hundsstern’ genannt. Den neuen Monat aber markiert bei ihnen der Aufgang der Sothis, welche den Beginn des Wachstums in der Welt herbeiführt.“ Der Aufgang des Sirius war in Ägypten um den 21. Juli herum, und „nach den Beobachtungen der verschiedensten Völker geht er am 28. April unter; ein von Natur heftiges Gestirn; ihm muss die Canicula1 vorangehen“ (oder mit Bayers Lesart: „die Canicula muss vor ihm untergehen“), wie Plinius, Buch 18, Kap. 19 sagt. Wenig später ergänzt er: „Diesen Tag bestimmt Varro als den, an dem die Sonne im vierzehnten Grad des Stieres steht. Wenn also in diesen Viertageszeitraum der Vollmond fällt, werden die Früchte und alles, was blühte, notwendigerweise geschädigt.“ Und daher scheint auch Polybios in Buch 1 über die Seefahrt der Römer zusammen mit Hesiod die Seefahrt im Frühjahr verbieten zu wollen. Es heißt, dass die Oryxantilope den Aufgang des Sirius spürt und ihn den Ägyptern anzeigt, in-
1 Mit Canicula ist an dieser Stelle der Kleine Hund (Procyon) gemeint (s.o. 251,1), nicht der Sirius, was offensichtlich unsinnig wäre.
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dem sie den Stern betrachtet und dabei niest; dies Tier hat ein gesträubtes Fell und wird von manchen zu den Ziegen gerechnet. Ja, man sagt, dass alle Ziegen, so viele ihrer Ägypten ernährt, am Tage, an dem der Sirius aufgeht, in die Richtung seines Aufgangs schauen und anbetend niederstürzen, als ob sie die Gegenwart der Gottheit spürten. Daher, wegen dieser auffälligen Wesensverwandtschaft mit dem Sirius, war die Oryxantilope bei den Ägyptern auch das Hieroglyphenzeichen für einen Sternkundigen oder Mathematiker. Dieser Hundsstern erstrahlt nach der Sommersonnenwende, wenn die Sonne in das Zeichen des Löwen eingetreten ist, dreißig Tage lang am Himmel – dreißig Tage, die nach ihm Caniculares, bei den Griechen $,λ1 μ π! (‘Siriustage’) und bei den Deutschen die Hundes-tage heißen. Mehr über ihn kann man bei Del Rio in seinem Kommentar zum ersten Akt des Oedipus von Seneca finden sowie im Kommentar von Lambin zum folgenden Vers des Horaz (Buch 3, Ode 13): Machtlos bricht sich an dir sengenden Hundssterns Glut. Was nun den Großen Hund selbst angeht, in dem der Sirius leuchtet, so sagt man, er sei das Abbild jenes Hundes, den der wunderschöne Jüngling Kephalos, den wir auch beim Sternbild Eridanus erwähnten, von Aurora geschenkt bekam, der Tochter von Titan und der Erde oder, wie Hesiod es will, von Hyperion und Theia. Aurora sei nämlich in Liebe zu Kephalos entbrannt gewesen und habe ihm den allerschnellsten Hund, Lailaps mit Namen, versprochen, wenn er einmal mit ihr schliefe. Kephalos habe das jedoch zunächst abgelehnt und geantwortet, er habe gemeinsam mit seiner Geliebten oder, wie andere meinen, seiner Frau geschworen, dass sie sich gegenseitig ewige Treue halten würden. Trotzdem sei er von Aurora verleitet worden, die Treue seiner Frau auf die Probe zu stellen: er sei als Kaufmann verkleidet zu ihr gegangen, habe ihr eine große Menge Gold und kostbarste Edelsteine vorgelegt und ihr ein hübsches Geschenk angeboten, wenn er etwas mit ihr anfangen dürfe. Und als die Frau da einverstanden war und die versprochene Treue brach, habe Kephalos die Schwäche und Unbeständigkeit des weiblichen Geschlechts erkannt, sei zu Aurora zurückgekehrt und ihr zu Willen gewesen; und so habe er den versprochenen Hund bekommen. Und man fügt hinzu, Kephalos habe diesen Hund später auf einen Fuchs gehetzt, der, wie man sagte, schneller laufen konnte als alle anderen Tiere; und als nun beide so liefen, ohne je müde zu werden, da habe selbst Jupiter über sie gestaunt, und zur
1 Richtig: $φλ.
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ewigen Erinnerung an dieses Ereignis habe er den Hund an den Himmel versetzt und ihm einen Platz neben dem Hasen zugewiesen. Andere hingegen berichten, dieser Hund sei unter die Sterne versetzt worden zur Erinnerung an und zu Ehren von Anubis, dem Sohn des Typhon mit Nephtha1, laut Plutarch der Schwester von Isis und Osiris; oder vielmehr zur Erinnerung an Kaleb, den Sohn Jephunnes vom Stamm Juda, den treue Gefährten von Mose, der wohl dadurch besonders bekannt ist, dass er als einer der zwölf Kundschafter im Lande Kanaan das Land wie ein Spürhund auskundschaftete und dann bei der Rückkehr als einziger zusammen mit Josua (der, wie wir bei Sternbild des Herkules bewiesen haben, der kanaanitische oder ägyptisch-kanaanitsche Herkules war) sich seinen übrigen Gefährten entgegenstellte, als diese das Volk aufwiegelten; damit verdiente er sich das Vorrecht, zusammen mit Josua als Einziger von denen, die zur Erkundung ausgesandt worden waren, in das Gelobte Land, das sie gesehen hatten, einziehen zu dürfen, wie man in 4. Mose 13 und 14 nachlesen kann. Kaleb aber kommt vom hebräischen ble K e (kelew), was ‘Hund’ bedeutet. Daher rührt die Doppeldeutigkeit in 1. Samuel 25,3, wo Nabal ybI l : K + , Calbi, genannt wird, was die Übersetzer der Septuaginta mit Blick auf den Geiz des Mannes mit Ν "« «, ‘ein hündischer’ – d.h. geiziger – ‘Mensch’ wiedergaben, so wie wir im Deutschen sagen ein hündischer, karger hund, hündischer mensch. Brylinger schrieb, weniger korrekt, in der Baseler Ausgabe «, ‘Jäger’, wie Vossius monierte; Luther hingegen schrieb zutreffender Einer von Kaleb (lat. Calebita). So schreibt auch das Targum bl+ K + tyb" D 0 m I (midbejt kalaw), ‘aus der Familie Kaleb’, und der heilige Hieronymus ‘aus dem Geschlecht Kaleb’. Und darum ist es auch kein Rätsel, warum die Heiden ihrem Liber bzw. dem arabischen Dionysos, also dem dritten Osiris, hinter dem der göttliche Mose steckt, auf seinem Zug nach Indien oder vielmehr nach Arabien, wie man später präziser sagte, einen Hund als Gefährten beigaben, und zwar einen vernunftbegabten, wie Nonnos (Dionysiaka, Buch 16) ihn beschreibt; denn Kaleb bedeutet ja ‘Hund’. Dass man aber den Mose in Arabien, wo er den größten Teil seines Lebens verbrachte, wegen der von ihm vollbrachten Wunder wie einen Gott verehrte und sein Abbild anbetete, das bezeugt Epiphanios, Melchisedecianorum haeresis, 55. Deshalb wird es auch nicht allzu schwer zu erraten sein, warum man sagt, dieser Hund sei von Liber an den Himmel und unter die Gestirne versetzt worden und habe, um
1 Übliche Namensform: Nephthys.
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die Trauben reifen zu lassen, Sterne geschenkt bekommen, die im allerhellsten Glanz erstrahlen. Darüber lässt Nonnos den Liber an der zitierten Stelle so zum Hund sprechen: X ! , V ", " $, · 8 , $ ! M «, A2! « Ν # , λ $ !" Ν μ« φκ V λ C 9 « , « #« $ " ! F.
‘Ich erwidre dir wegen deiner Mühen meinen Dank. Nach dem Sirius, dem Stern der Maira, mache ich dich zum Bürger des Aethers und lasse dich mit vielen Sternen leuchten nahe dem vorderen Hund, damit du die Traube reifen lässt, indem du dein strahlendes Licht über die üppigen Reben ergießt.’1 Denn Kaleb war nicht nur unter den zwölf Auserwählten aus den zwölf Stämmen Israels, die nach dem Zeugnis von Mose (4. Mose 13,24) jenen berühmten Weinstock oder Rebzweig zu den Kindern Israel gebracht hatten, den man mit seiner übergroßen Traube abgeschnitten hatte und der von zwei Männern an einer Stange, einer hinter dem anderen, getragen wurde – wegen des großen Gewichts, wie Philo (Leben des Mose, Buch 1) vermutet; sondern er betrat auch nach Gottes Willen als einziger mit Josua, wie schon gesagt, das Gelobte Land, welches die heidnischen Dichter nicht ohne Grund den Himmel nannten, war es doch ein Land, in dem Milch und Honig fließen und selbst Wein im Überfluss strömt. Ja, daselbst bekam er, wie Mose, jener arabische Liber, nach dem Zeugnis von Josua 14,9 mit seinem Eid versprochen hatte, jenes Gebiet, das durch seine Reben von staunenswerter Größe berühmt war und das er als Kundschafter mit seinen Füßen betreten hatte, nämlich Kirjath-Arba oder Hebron, mit seinen Nachkommen zum ewigen Besitz. Es hat zudem auch den Anschein, dass den Fabeln, die die Heiden von Anubis und Hermanubis erzählen, vieles aus dem geschichtlichen Bericht über Kaleb beigemischt ist. Denn Kaleb, um nur das zu erwähnen, vertrieb aus den Gebieten, die ihm zugesprochen waren, die Enakim oder Enakskinder, Menschen von riesigen Wuchs. Daraus entstand die Sage, dass Anubis gemeinsam mit Osiris die Giganten aus Italien vertrieben habe, wo sie in der Nähe des Vesuvs gehaust haben sollen, wie Diodor in Buch 4 berichtet. Und noch etwas: Manche hielten den Merkur, welcher
1 Die deutsche Übersetzung ist wie die lateinische nicht metrisch.
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dem ersten Osiris – mag dieser nun Misorim oder Mizraim oder derselbe wie Menis1 von Thinis gewesen sein – als Ratgeber und Redner zu den Soldaten in dessen Heer diente, für identisch mit 5A,« oder besser E ,«, wie sie Plutarch in Über Isis und Osiris unterscheidet; und das kommt meiner Vermutung nach wohl daher, dass sie gehört hatten, dass Kaleb nicht nur der Gefährte und gleichsam der Spürhund, wie eben gesagt, des dritten Osiris, d.h. des Mose, war, sondern auch sein Redner zum aufsässigen Volk. Den verwechseln sie gewöhnlich mit dem ersten Osiris, nämlich Mizraim, und mit dem zweiten Osiris, dem Erzvater Joseph, dessen Symbol nach dem Zeugnis von Iulius Maternus in De errore profanarum religionum der Stier von Memphis oder der ägyptische Apis war, so wie der von Heliopolis, der eigentlich M*«, hieß, das Symbol des Menis oder Mena war, und zwar nicht des von Theben, sondern des von Thinis. Anubis aber, der auch ein Jäger gewesen sein soll, kämpfte gemeinsam mit Merkur, Herkules, Pan, Apollo und anderen unter der Führung seines Onkels, des ältesten Osiris; und er wurde als !φ «, als hundeköpfig dargestellt, wie Servius zum folgenden Vers Vergils aus der Aeneis, Buch 8 mitteilt: Allerlei Göttergeschlechts Scheusal’ und der Kläffer Anubis. Ja, Sedulius nannte ihn im Opus Paschale den „halb menschlichen Hund“ und Lukan (Buch 8, v. 832) den „Gott, der halb Hund ist“; und zwar deshalb, weil er der Leibwächter von Osiris und Isis war, wie man ja überhaupt laut Vossius (Institutiones oratoriae, Buch 4, Kap. 6, Abschnitt 8) wegen der Gemeinsamkeit des Wächteramtes ‘Hund’ statt ‘Wächter’ und ‘Wächter’ statt ‘Hund’ zu sagen pflegte; oder weil Isis mit seiner Hilfe wie mit der eines Spürhundes die Glieder des Osiris, der von ihrem Bruder Typhon grausam zerstückelt worden war, wieder auffand, wie Iulius Firmicus in De errore profanarum religionum meint; oder auch deshalb, weil er ein ! «, ein Jäger war; oder weil er, mit einem Hundefell bedeckt, den Osiris auf seinen Kriegszügen begleitete, wie Diodor meldet. Denn er scheint einen Helm aus Hundefell getragen zu haben, den die Griechen & oder besser ! zu nennen pflegen, so sie wie einen aus Wolfsfell ! und einen aus dem Fell eines Waldwiesels 2 ! nennen, wobei immer , ‘Fell’, mitzuverstehen ist. Ja, bei Homer in Buch 10 der Ilias ist die Verbindung 2 ! ! zu lesen, für einen Helm aus dem Fell des F «, des Wiesels. Denn K! wird der Helm genannt, und zwar nicht nur der, der in alter Zeit
1 Übliche Namensform: Menes (so auch im Index).
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tatsächlich aus dem Fell eines Wasserhundes als Kopfbedeckung gemacht wurde, wie Eustathios bezeugt, sondern auch der, der später aus einem beliebigen anderen Material gefertigt wurde. Daher nannten die Griechen auch einen Hut ! oder &. Und die lateinische galea (‘Lederhelm’) wie auch der galerus (‘Pelzkappe’) heißen meiner Vermutung nach nur deshalb so, weil sie aus dem Fell der & bestanden, eines Tiers, das entweder dasselbe ist wie eine Katze oder ein Wiesel oder doch etwas Ähnliches. Aus dem Fell solcher kämpferischer Tiere wurden ja in alten Zeiten die Helme gemacht. Und einen Helm oder eine Kopfbedeckung aus dem hornbewehrten Fell eines Stierkopfes scheint Ammon im Kriege getragen zu haben, zusammen mit seinem Sohn Osiris, der der älteste ägyptische Liber oder Bacchus ist. Daher stellte man sie auch mit Hörnern dar, wie Diodor berichtet. Ja, auch wenn solche Lederhelme später außer Gebrauch kamen und eiserne und bronzene an ihre Stelle traten, so trug man doch das Abbild eines kämpferischen Tieres – wenn nicht ganz, so doch wenigstens seines Kopfes – darauf eingeprägt, etwa eines Löwen oder eines Raben oder sonst eines Tieres dieser Art. Deshalb vermutet unser Vossius, dass jener Rabe, durch dessen Hilfe nach Livius, Buch 7, Kap. 26 der später mit dem Beinamen Corvus (‘Rabe’) versehene römische Militärtribun M. Valerius einen Gallier, der sich durch Wuchs und Waffen auszeichnete, vor den Augen hier des römischen, dort des gallisches Heeres im Einzelkampf niedergestreckt haben soll – dass dieser Rabe nicht ein wirklicher Vogel war, sondern nur das Abzeichen, das oben auf dem Helm des Valerius angebracht war, wie wir auch beim Sternbild des Raben darzulegen haben. Aber Plutarch nennt uns noch einen anderen Grund, warum Anubis in der Gestalt eines Hundes dargestellt wurde: Er bezeichne nämlich bei den Ägyptern den Horizont, den das Gesichtsfeld abgrenzenden Kreis auf der Himmelskugel; und so bewache er wie ein Wachhund die obere, helle Hemisphäre, die des Tages, die laut Plutarch die Isis ist, und zugleich auch die untere, die dunkle und nächtliche, die Plutarch Nephtha oder Nephthe1 nennt, habe an beiden teil und könne nachts genauso gut wie am Tage sehen. Aber wir wollen diese Erfindungen und Hirngespinste beiseite schieben und an ihre Stelle lieber das Bild und das Denkmal jener Hunde setzen, die die gottlose Isebel verschlangen, wie in 1. Kön. 9,10 und 35f. zu lesen ist; oder, wenn man das vorzieht, das Bild eines jener Hunde, die
1 S.o. 268 D, Anm. 1.
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die Schwären des Lazarus auf der Schwelle des Reichen leckten, wie im Bericht des Lukas (16,20f.) zu lesen ist.
VII. HYDRA; die große Mittags- oder Wasser-schlange Hydrus oder Serpens aquaticus (‘Wasserschlange’); Asina (‘Eselin’); Coluber (‘Natter’), Anguis (‘Schlange’), Sublimatus, Magnanimus, Furiosus, Fortis (‘die erhöhte, großherzige, rasende, starke’, sc. Schlange); bei einigen Echidna; griechisch 4 «, 4 , bei Arat 4 ; arabisch in den Sternbildlisten des Almagest oder besser der « Asuia, was so viel ist wie $ 1, laut Schickard Asschagio, ‘wagemutig, rasend’, was jedoch das Attribut des Orion2 ist. Den Meridian besetzt sie mit ihrem Kopf zu Beginn des Februars, mit dem Schwanz hingegen zu Beginn des Aprils und mit dem Mittelteil um Mitte März oder zur Frühlings-Tagundnachtgleiche. Auf unserem Globus schmücken sie 28 Sterne, deren hellster auf der Brust oder an der dritten Windung auf Arabisch Alphrad heißt, (lat.) Cor Hydrae, auf Deutsch das Schlangen-hertz. Postel zählt hier 27 Sterne, wobei er noch zwei außerhalb des Sternbildes hinzuzählt; Bayer hingegen 29: einen zweiter Größe unter dem Bauch oder der Brust, zwei dritter, 13 vierter, neun fünfter und vier sechster Größe, alle am Charakter des Saturn und der Venus teilhabend.
Die himmlische Wasserschlange erstreckt sich über drei Tierkreiszeichen, den Löwen, die Jungfrau und die Waage, und erhebt ihr Haupt über den Äquator bis zum Krebs. Über ihrem Schwanz sitzt der Rabe, dessen Sternbild wir demnächst betrachten werden, und auf ihrer Mitte befindet sich ein Becher voll Wasser, und zwar deshalb, weil die Wasserschlange den Raben, der großen Durst hat und unbedingt etwas trinken möchte, selbst noch am Himmel daran zu hindern scheint, aus dem Becher zu trinken. Die Sage, warum diese drei Sternbilder so angeordnet sind, lautet folgendermaßen: Als Apollo einst dem Jupiter ein Opfer darbringen wollte, schickte er einen Raben, mit dem er auf sehr ver-
1 Kein griechisches Wort, vgl. Komm. 2 S.o. 242,8.
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trautem Fuße stand, mit einem vergoldeten Becher zu einer Quelle, um Wasser zu holen. Der Rabe aber erblickte einen Feigenbaum, dessen Früchte noch nicht reif waren; da vergaß er seinen Auftrag, setzte sich auf seine Zweige und wartete so lange, bis die Feigen reif waren. Und als er sich dann an ihnen gesättigt hatte, packte er eine Schlange oder Hydra, um sie als seinen Widerpart anzuklagen, sie hätte ihn beim Wasserholen aufgehalten, und ihr mit dieser Ausrede die Schuld zuzuschieben. So kam er schließlich zu Apoll zurück. Der hatte sich inzwischen, weil der Rabe so lange ausgeblieben war, anderswoher Wasser besorgt. Und als er dem Raben, der damals noch ein blütenweißes Federkleid trug, die Maske seiner Verleumdung heruntergerissen und ihn der Lüge überführt hatte, bestrafte er ihn damit, dass er die Farbe von Feigen bekam und ganz schwarz wurde; oder vielmehr damit, dass er zur Reifezeit der Feigen kein Wasser trinken konnte, da die Schlange darüber zu wachen hatte. Denn andere sagen, der Rabe habe seine weißen Federn wegen seiner Geschwätzigkeit verloren, und das nicht weil er eine Lüge, sondern weil er die Wahrheit sagte, als er nämlich seinem Herrn Apollo oder Phoebus erzählte, er habe Koronis mit einem thessalischen Jüngling liegen gesehen, wie Ovid in den Metamorphosen, Buch 2 sagt und wie wir beim folgenden Sternbild bald ausführlicher sehen werden. Und so gibt man vor, die Wasserschlange sei aus diesem Anlass zusammen mit dem Raben und dem Becher zur ewigen Erinnerung an diesen Vorfall an den Himmel versetzt worden. Daher schreibt Ovid in Buch 2 der Fasti, wo er diese Fabel erzählt: Sprach’s, und als bleibendes Zeugnis für längst vergangnes Geschehen strahlen vereint als Gestirn Schlange und Vogel und Krug. Manche sagen jedoch, diese Hydra sei die Lernäische Schlange, die von Herkules getötet wurde, wie wir bei dessen Sternbild sagten. Deshalb wurde sie auch einst mit vielen Köpfen dargestellt. Sie war aber vor allem das Sinnbild des Neides, den zu zügeln Herkules mehr Mühe kostete als der Sieg über irgendein anderes Ungeheuer. Denn den Neid findet man nur in einer verkommenen und gemeinen Seele, ebenso wie die Hydra, die aus schmutzigem Schlamm hervorgeht, weshalb man sie sich auch nur als Sumpfschlange vorstellt. Aber wir wollen unter dem Bild dieser himmlischen Schlange lieber diejenige verstehen, deren Klugheit wir nach Matth. 10,15 ebenso lernen sollen wie die Einfalt der Tauben.
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VIII. CRATER; der Wasser-krug, das Trink-geschir, der Trink-becher, die Trink-schale1 Bei Cicero und Horaz Cratera (‘Mischkrug’), bei Curtius Scyphus (‘Becher’), bei anderen Urna (‘Krug’), Patera (‘Trinkschale’), Calix (‘Kelch’), Poculum (‘Becher’); Poculum Apollinis, Bacchi, Herculis, Demophoontis (‘der Becher von Apollo, Bacchus, Herkules, Demophoon’). Griechisch K oder ionisch ; bei einigen φ«, der Becher, der dem Herkules ganz persönlich heilig war, bei Hesiod φ«2, bei anderen K , ‘Krug’, auch 6 , ‘Wassergefäß’; in den alfonsinischen Tafeln Vas (‘Gefäß’), $., ‘Gefäß’; neuerdings Albatina. Arabisch Elkis, bei anderen Alches oder Alkes, ebenso Alhas oder Alhes, richtiger aber laut Schickard Alkaso, ‘Becher, Mischkrug’. Hebräisch cOk (kos), woher das niederländische kom, eine ‘tiefere Schüssel’, stammt. Den Meridian besetzt er gegen Mitte März um Mitternacht, und auf unserem Globus umfasst er acht Sterne; davon hat er den nördlichen am Becherboden, genannt Fundus vasis (‘Boden des Gefäßes’), mit der Wasserschlange gemeinsam; auf Arabisch heißt er Alhes, Alkes oder Alches schlechthin, laut Schickard Alkaso. Postel bezieht sieben Sterne ein, Bayer hingegen elf, nämlich acht vierter Größe, einen fünfter und zwei sechster Größe, alle teils dem Merkur, teils der Venus zugesprochen. K leiten einige von !", ‘halten, ergreifen’, auch ‘beherrschen’, ab, weil es sich dabei um ein Behältnis für Wasser oder Wein handelt; besser leitet man das Wort meiner Meinung über eine Form wie von ! « ab, was ‘Horn’ bedeutet und ebenso einen aus Horn gefertigten oder wie ein Horn geformten Becher bezeichnet. Daher kommen auch " oder, mit Synkope, " und oder ", ‘mischen, vermischen’ oder im engen Sinn ‘Wein mit Wasser
1 Heutige Bezeichnung: Becher. Um ‘Becher’ geht es zumeist auch in den Geschichten dieses Abschnitts, obwohl crater eigentlich der ‘Mischkrug’ ist. 2 Richtig: φ«.
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in einem Horn oder in einem hornförmigen Becher mischen’ sowie ihn ‘in einem solchen Gefäß zum Trinken anbieten’, wie es der Brauch bei den Alten war, die aus Hörnern zu trinken pflegten. Ja, sogar !" sowie «, ‘Stärke, Kraft, Macht, Herrschaft’, scheinen aus !" und ! «, beide von ! « stammend, zusammengezogen zu sein, weil bei hornbewehrten Tieren alle Kraft, Macht und Herrschaft in ihren Hörnern steckt, weshalb auch das Horn das Symbol der königlichen Macht und Herrschaft ist. Es irren also nach meiner Meinung diejenigen, die behaupten, komme von !" oder auch von ". Doch man kann dazu, wenn man die Muße hat, auch bei Turnèbe in Buch 12, Kap. 13 nachlesen. Aus welchem Anlass dieser himmlische Becher unter die Sterne versetzt wurde, haben wir schon beim vorigen Sternbild betrachtet. Über diesen Becher schreibt Celio Agostino Curione (Hieroglyphica, Buch 2, Kap. 8): „Jener Sternenbecher, der von den Astronomen zwischen Löwe und Krebs angesetzt wird, bedeutet das Vergessen. Denn nach Meinung der Platoniker steigen ja die Seelen, wenn sie sich vom Himmel hinunter in menschliche Körper begeben, durch das Tor des Krebses hinab und dann, wenn sie sich wieder vom Körper gelöst haben, durch das Tor des Steinbocks hinauf in den Himmel. Und man gibt vor, dass sie beim Abstieg aus jenem Becher, den man den Becher des Bacchus nennt, Vergessen trinken und dadurch das Himmlische vergessen, die einen mehr, die anderen weniger, je nachdem, wie viel oder wenig sie aus jenem Becher getrunken haben.“ Hier setzt er also an die Stelle des Bechers des Apoll, wie Ovid dies Sternbild zu nennen scheint, den Becher des Bacchus oder das , , Bacchalium, wie Homer ihn nennt, auf Deutsch ein bächer, Bokahl, niederländisch een Bak, beker, italienisch Boccalia; oder, wie andere sagen, das ,1, von «, ‘Efeu’, der dem Osiris oder Liber heilig ist; deshalb heißt er auch in der ägyptischen Sprache Chenosiris, ‘Pflanze des Osiris’, wie wir beim Sternbild der Nördlichen Krone sahen. Denn beim Griff eines solchen Weingefäßes war einstmals ein Efeublatt dargestellt. Darauf bezieht sich vielleicht Vergil in der dritten Ekloge: Rankendes Weinlaub deckt (sc. an den Bechern) des blühenden Efeus überquellende Dolden. Ja, bei Serenus Sammonicus kann man lesen, dass diese Weinbecher selbst aus Efeuholz gemacht wurden: Becher werden aus weichem Holze des Efeus gedrechselt. Andere wollen ihn lieber den Becher des Laomedon nennen, wieder andere den des Nestor
1 Richtig: ,.
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oder des Achill oder der Dido, viele den des Herkules, den Macrobius, Saturnalia, Buch 5, Kap. 21 und Curtius, Buch 10 erwähnen; wieder andere den des Demophoon. Über des Herkules Becher oder scyphus – das ist sein eigentlicher Name – kann man bei Servius Folgendes lesen: „Einen gewaltigen hölzernen Becher nahm Herkules selbst nach Italien mit, den er mit Pech überzogen hatte, um ihn vor Fäulnis zu schützen.“ Über den Becher des Demophoon aber erzählt man folgende Sage oder vielmehr die folgende sagenartige Historie: Als Demophoon auf der thrakischen Halbinsel herrschte, wütete in seinem ganzen Reich eine so heftige Pest, dass man deswegen das Orakel des Apoll befragte. Das gab zur Antwort, das Reich werde erst dann von der Pest befreit, wenn man jedes Jahr eine edle Jungfrau opfere. Daraufhin befahl der König unverzüglich, dass die Namen aller edlen Jungfrauen seines Staates in einem Krug hinterlegt würden, aus dem dann aufs Geratewohl der Name derjenigen herausgezogen würde, die das Opfer für alle sein sollte. Da aber Demophoon seine eigenen Töchter aus diesem Losverfahren ausnahm, entstand unter den Adligen großer Unmut; ja, ein gewisser Matusios sagte ganz offen, er werde in Zukunft nicht mehr darin einwilligen, seine Tochter dem Los zu unterwerfen. Über diese Worte war der König so wütend, dass er sofort befahl, die Tochter des Matusios – Los hin oder her – opfern zu lassen. Dieser unterdrückte seinen Zorn und tat so, als ob ihn das alles nicht besonders kränke, und nach einiger Zeit lud er den König mit seinen beiden Töchtern zu einem Gastmahl ein. Da ließ er dann die Königstöchter in eine Kammer einsperren und schlachten, und einen Teil des Blutes ließ er, mit Wein vermischt, in einem Becher dem König vorsetzen. Und man sagt, dies sei der Becher, dessen Abbild Jupiter später an den Himmel versetzt habe, um damit zu bezeugen, dass Matusios nicht zu Unrecht so gehandelt hatte. Wir aber wollen an die Stelle solch fabulöser und nichtiger Becher lieber wahrhaftige setzen, und zwar einen von den sechs Wasserkrügen, die bei der Hochzeit zu Kana in Galiläa zur Reinigung der Juden aufgestellt waren und die es zu höchster Berühmtheit durch das Wunder gebracht haben, bei dem nach dem Zeugnis des Evangelisten Johannes (2,6) das Wasser, das man in sie goss, in Wein verwandelt wurde; oder jenen prophetischen Becher, mit dessen Beistand der Erzvater Joseph, jener zweite ägyptische Osiris, laut 1. Mose 44,5 geweissagt haben soll; oder besser noch den „Kelch der Passion und des Todes unseres Herrn Jesu Christi“, den Matthäus, Kap. 26,
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Markus, Kap. 14, Lukas, Kap. 22 und Paulus, 1. Kor. 10 und 11 erwähnen.
IX. CORVUS; der Rabe, das Raben-gestirn Corax (‘Rabe’), bei L. Florus Avis Satyra (‘der Satyr-Vogel’), ebenso Pomptina (‘der pontinische Vogel’), bei Ovid Phoebeïus ales (‘der Phoebus-Vogel’), in den Tafeln Ales Phoebi (‘der Vogel des Phoebus’); Emansor (‘der Unpünktliche’), Ficarius (‘der mit den Feigen’); Garrulus (‘der Geschwätzige’), Proditor (‘der Verräter’). Griechisch K (‘Rabe’); K #«, ‘der Rabe, der ausieht wie einer, der irgendwo seinen Schnabel hineinschlägt’ oder, wie Plinius sagt, ‘wie einer, der pickt’, so als ob er noch immer die Feige, die in der Suda heißt, mit dem Schnabel prüft, wie es Ovid beschreibt. Arabisch Gorab, Algorab, laut Schickard Algorabo, ‘Rabe’, wegen seiner dunklen oder schwarzen Farbe. Hebräisch bre i ( (orew), daher kommt das arabische Gorab, aus dem dann lateinisch Corvus wurde, indem sich G in das verwandte C sowie B in V verwandelte und dann noch die lateinische Endung hinzukam; ebenso auch das deutsche Wort Rabe, bei dem die erste Silbe Go wegfiel, und das griechische K , bei dem lediglich G und B zu K und 1 wurden. Den Meridian überfliegt er gegen Mitte März um Mitternacht in Richtung Süden, und auf unserem Globus enthält er sieben Sterne; davon wird der untere der beiden Sterne am hinteren oder zweiten, also am linken Flügel (bei Bayer der vordere oder rechte) Gorab schlechthin genannt, oder mit dem arabischen Artikel Algorab. Postel zählt genauso viele Sterne; ebenso auch Bayer: vier Sterne dritter Größe, einen vierter und zwei fünfter Größe, die sich alle dem Charakter des Saturn und der Venus angleichen.
Nach dem Becher wollen wir nun auch den Raben sehen oder hören, der, wie wir oben beim Sternbild der Wasserschlange sagten, von Apollo dazu verurteilt wurde, Durst zu leiden, und der
1 Im lat. Text: Z.
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krächzt, weil seine Kehle dadurch ganz heiser wurde. Er ist das Sinnbild für einen dummes Zeug redenden, schwatzhaften, verräterischen, wollüstigen, störrischen, unpünktlichen, betrügerischen und intriganten Menschen, ja auch für den Mathematiker. Denn, so fabelt man, der Rabe verhielt sich schwatzhaft und zugleich wie ein Verräter, als er Phoebus das Liebesverhältnis zwischen Skinos, dem Sohn des Kalkos1, und der Nymphe Koronis enthüllte, in welche Phoebus, so sagt man, heillos verliebt war und von der er den Aeskulap, den besten aller Ärzte, wie wir beim Sternbild des Schlangenträgers andeuteten, bekommen hatte. Diese Geschwätzigkeit aber, durch die er Phoebus dazu brachte, in einer plötzlichen Zornesanwandlung seine Geliebte wie seinen Nebenbuhler mit seinem Pfeil zu durchbohren, wurde ihm selbst zum schlimmsten Verhängnis. Denn es reute Phoebus, dass er durch die Nachricht vom Vergehen seiner geliebten Koronis so außer sich geraten war, und er hasste den Vogel, der sich Belohnung erhoffte, da falsch seine Zunge nicht zeugte, und er verbot ihm, hinfort zu den weißen Vögeln zu zählen. So schließt Ovid in Buch 5 der Metamorphosen diese Sage. Denn, um mit seinen Worten zu reden, schädlich die Zunge ihm ward; ob der schwatzhaften Zunge ist heute Weißem entgegengesetzt seine Farbe, die ehemals weiß war. Glänzte doch dieser Vogel wie Silber mit schneeigen Federn einst, dass Tauben, die frei von jedem Makel, er gleichkam, dass er den Gänsen nicht wich, die bestimmt, zu retten die Feste Roms mit wachsamem Schrei, nicht dem Schwan, dem Freunde der Flüsse. Er ahmt ja auch die menschliche Stimme nach und lernt es, recht deutlich zu sprechen. Ein vorzügliches Beispiel dafür bringt uns Plinius (Naturalis historia, Buch 4, Kap. 10) mit dem römischen Raben, der jeden Morgen aufs Forum und zur Rednertribüne flog und den Kaiser Tiberius, dann den Germanicus und den Drusus, bevor sie durch die Menge schritten, mit ihrem Namen begrüßte. Ein anderer Rabe begrüßte den Augustus bei der Rückkehr vom Sieg bei Aktium mit den Worten „Sei gegrüßt, Caesar, Sieger und Feldherr“, wie bei Macrobius (Saturnalia, Buch 2, Kap. 4) steht. Wieder ein anderer, eines Flickschusters Rabe, der gelernt hatte, den Kaiser zu grüßen, hätte all seine Mühe vertan, wenn er nicht hätte sagen können, dass alle Mühe vertan war.2 Daher nannte Martial einen Raben auch den ‘Begrüßer’. Ja, als Einziger von allen Vögeln, so sagt man, bringt er auch die Bedeutungen der Laute zum Ausdruck, welche die Auguren mit ziemlicher Genauigkeit zu beobachten pflegten. Seine Stimme aber verändert er auf unterschiedliche Weise, sei es aufgrund seiner unterschiedlichen Gemütsverfassung oder wegen aufkommender Witterungs-
1 Die beiden Namen (lat. Scinus und Calcus) sind wohl Entstellungen von ‘Ischys’ (so auch im Lat.) und ‘Elatos’ (lat. Elatus), s.o. 147,37. 2 Zu dieser Anekdote, die sich nicht in einem Satz zusammenfassen lässt, vgl. den Kommentar.
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umschläge, so dass Fulgentius dabei 64 Varianten zählt. Daher sagt Anaximander in seinen Büchern über die Sterndeutung, dass der Rabe dem Apoll als dem Schutzherrn der Wahrsagekunst heilig sei. Andere meinen allerdings, das komme daher, dass er der schwärzeste unter allen Vögeln sei. Denn diese Farbe ist laut Porphyrios dem Apoll bzw. dem Sonnengott geweiht: dessen Hitze gibt nämlich dem Körper der Lebewesen und anderer Dinge, deren Saft gegen Schwarz oder Rot tendiert, als da sind Pflaume, Feige und purpurrote oder dunkelblaue Trauben, welche einen schwärzlichen oder rötlichen Wein liefern, die entsprechende Farbe. Deshalb verehrten auch die Ägypter und die Brahmanen die schwarze Farbe ganz besonders. Ja, diese Farbe scheint so tief im Wesen der Raben verwurzelt zu sein, dass angeblich sogar ihre Eier verwendet werden, um die Haare schwarz zu färben. Und deshalb, glaube ich, versteckte sich bei Ovid, Metamorphosen, Buch 2 Phoebus angeblich in einem Raben: „Jupiter ward“, so sang sie, „ein Führer der Herde, und deshalb bildet im Widdergehörn man jetzt noch den libyschen Ammon. Da ward zum Raben der Delier, Semeles Sohn zum Bock, zur Katze die Schwester Apolls, zur schneeigen Kuh die Juno, Venus nahm Fisches Gestalt, Merkur das Gefieder des Ibis.“ Weiterhin verhielt sich der Rabe offenbar ebenso wollüstig wie störrisch und unpünktlich, ja auch betrügerisch und zugleich intrigant, als er seinen Lüsten frönte, den seinem Herrn geschuldeten Gehorsam missachtete und so lange wartete, bis die Feigen reif waren; und als er dann zu Apoll zurückkam, verlegte er sich gar nach Art der Betrüger und Intriganten aufs Lügen und erfand ‘Sykophantereien’, um mit Plautus zu reden, gegen die Schlange, d.h. er machte sie durch eine falsche Anklage verantwortlich für die Verzögerung, wie wir aus der beim Sternbild der Wasserschlange erwähnten Fabel ersahen. Und daraus, so vermuten einige, entstand ursprünglich das Wort sycophanta, oder, was der Wahrheit näher zu kommen scheint, daher kam es zu der Bedeutung ‘falscher Ankläger’, wie dieser auch bei den Italienern mangiator de fichi und bei den Franzosen emputeur et mangeur de figues genannt wird, also, wie die Deutschen sagen, ein feigen-fresser oder feigen-dieb. Andere hingegen, für die das Wort von * φ abgeleitet ist (‘denjenigen anzeigen, der die Feigen gegessen oder ausgeführt hat’, so ihre Erläuterung), führen eine andere Erklärung an, woher diese Bedeutung sowie auch das Wort selbst stammen: Von zwei Sklaven, die
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ein griechischer Familienvater unterhielt, habe der eine einst seinem Herrn Feigen gestohlen, und zwar hinter dem Rücken seines Genossen. Als aber der Herr sie später befragte, habe der Schuldige den Unschuldigen beschuldigt. Daraufhin habe der Herr, um die Wahrheit herauszufinden, beiden befohlen, lauwarmes Wasser zu trinken und es anschließend wieder zu erbrechen. Und bei dieser Gelegenheit sei, so sagen sie, das Wort sycophanta entstanden, weil der so genannt wurde, der die Feigen gegessen hatte und dann die Schuld ohne Grund auf seinen Mitsklaven schob und ihn fälschlich anklagte. Aber ich glaube eher, dass dieses Wort seine Entstehung ursprünglich den Athenern verdankt, denn bei ihnen wurde jemand, der diejenigen anzeigte, die er bei der Ausfuhr von Feigen aus Attika ertappt hatte, sycophanta, φ «, genannt, d.h. ‘der Anzeiger von exportierten Feigen’ in der eigentlichen Bedeutung des Wortes, genauso wie « und « in ihrer zweiten Bedeutung. Denn bei den Athenern war es verboten, Feigen auszuführen, da ja Feigenbäume bei ihnen von größtem Wert waren. Und bei ihnen wurde dann später jemand, der nach Art ' φ ' (‘der Feigenanzeiger’), die sich auf diese Weise ihren Lebensunterhalt verdienten, auch Unschuldige mit erfundenen Beschuldigungen vor Gericht zerrte, um ein wenig Geld zusammenzukratzen, φ « sowie « und « genannt, wie Plutarch in P λ « (‘Über die Neugier’) und der Scholiast des Aristophanes berichten. Aber auch die, die auf einen ‘Hereinleger’ verweisen wollen, pflegten einen Raben darzustellen, und zwar einen, der einen Stein im Schnabel hält, mit einem Krug daneben. Denn in den trockensten Gegenden von Libyen, wo es sonst kein bisschen Wasser gibt, stecken die Raben den Kopf in die Krüge, in denen man das von weit entfernten Quellen herangeholte Wasser zu speichern pflegt, und saugen daraus die Flüssigkeit auf. Und wenn dann so viel weg ist, dass sie den Rest nicht mehr erreichen können, sammeln sie Steinchen und werfen sie durch den ziemlich engen Hals des Kruges ins Wasser, und indem sie so von Tag zu Tag den Wasserspiegel ansteigen lassen, löschen sie ihren Durst, wie Plinius in Buch 10, Kap. 43 berichtet und Plutarch gar als Augenzeuge beobachtet hat. Andere hingegen sind der Meinung, dass damit eher auf den Mathematiker verwiesen werde und ganz besonders auf Archimedes: der ließ zwei Becken mit Wasser füllen, das eine für eine silberne Krone, das andere für eine goldene, die Hieron, der König von Syrakus, in Auftrag gegeben hatte und die genauso groß sein sollte wie die silberne. Und indem er die beiden Kronen jeweils in eins der Becken tauchte und dann das Wasser maß, das aus den jeweiligen
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Becken floss, fand er eine Methode, um die Unterschlagung durch den Goldschmied nachzuweisen, wie Barth. Keckermann im Vorwort zu seinem Systema Mathematices, S. 36 im Anschluss an Vitruv, Buch 10 ausführlicher darstellt, ebenso Gemma Frisius in seiner Arithmetica, wo er zugleich das Mengenverhältnis des abgeflossenen Wassers aufzeigt. Darüber hinaus kann der Rabe auch das Symbol für Enthaltsamkeit oder Nüchternheit, für kriegerisches Wesen, für eheliche Treue und für Enterbung der Kinder sein. Ein Symbol für Enthaltsamkeit, weil er jeweils an sechzig Tagen im Sommer, an denen er, wie Aelian in Buch 1 über die Natur der Tiere bezeugt, an Durchfall leidet, von sich aus keine Flüssigkeit zu sich nimmt, um seiner Unpässlichkeit zu begegnen und seinen Bauch zu beruhigen; und nicht so sehr, weil er von Apoll um die Jahreszeit, zu der milchfließend die Feige am Baum hängt, zu Durst verdammt wurde, wie wir anhand der daraus zusammengedichteten Fabel beim Sternbild der Wasserschlange gezeigt haben. Als Sinnbild für kriegerisches Wesen aber kann er gelten, weil er der kampflustigste aller Vögel ist. Daher ist er auch dem Herkules heilig, und mit seinem Bild waren einst die Helme geschmückt – so neben anderen der des Marcus Valerius mit dem Beinamen Corvus, der auf dem Pontinischen Feld, nach dem der Rabe auch der ‘pontinische Vogel’ genannt wird, mit einem Gallier kämpfte und durch seinen mit dem Emblem eines Raben geschmückten Helm den Anlass bot zu einem vortrefflichen Phantasieprodukt in der Geschichtsschreibung, das wir jedoch beim Sternbild des Großen Hundes genugsam entlarvt haben. Aber gönnen wir uns das Vergnügen und hören den Livius, der sich zu meiner Verwunderung durch den Irrtum der Menge täuschen ließ und in Buch 7, Kap. 26 folgendermaßen schreibt: „Ein Gallier, der sich durch Wuchs und Waffen hervortat, trat vor; er trommelte mit seiner Lanze gegen den Schild, und als Stille eingetreten war, forderte er durch einen Dolmetscher einen der Römer heraus, der mit ihm durch einen bewaffneten Kampf die Entscheidung herbeiführen sollte. Es war da Marcus Valerius, ein junger Militärtribun, der meinte, er sei dieser Auszeichnung nicht weniger würdig als Titus Manlius; er holte die Meinung des Konsuls ein und trat dann bewaffnet in die Mitte. Dieser Zweikampf unter Menschen verlor aber an Bedeutung durch das Eingreifen göttlicher Mächte. Denn als der Römer eben mit dem Kampf begann, setzte sich plötzlich ein Rabe auf seinen Helm mit Richtung gegen den Feind. Das nahm der Tribun freudig als ein vom Himmel geschicktes Vorzeichen auf; dann betete er, der Gott oder die Göttin, wenn es denn ein solcher war, der ihm den glückverheißenden Vogel gesandt hatte, möge ihm gnädig beistehen. Und o Wunder: der Vogel behielt nicht nur seinen einmal eingenommenen Platz bei, sondern jedes Mal, wenn der Zweikampf wieder begann, flog er auf und griff mit Schnabel und Krallen das Gesicht und die Augen des Feindes an, bis Valerius seinen Gegner, den der Anblick eines solchen
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Vorzeichens erschreckt hatte und dessen Auge und Geist sich verwirrten, niederstreckte. Der Rabe erhob sich gen Osten und entschwand den Blicken. Der Konsul lobte den Tribun vor versammelter Mannschaft und beschenkte ihn mit zehn Rindern und einem goldenen Kranz.“ Diese Geschichte erwähnen u.a. Valerius Maximus (Buch 3, Kap. 2), Agellius (Buch 9, Kap. 11), Sextus Aurelius (De viris illustribus, Kap. 29) und Jonston in seiner Historia animalium, wo er in Abschnitt 6, Kap. 1 schreibt, dass die Raben bis zu dreißig oder vierzig Jahre zusammenlebten und einander ehelich verbunden seien, und wenn der eine Teil sterbe, bleibe der andere den Rest seines Lebens Witwe oder Witwer. Also ist der Rabe auch ein ausgezeichnetes Symbol für die eheliche Treue. Wenn wir schließlich sagten, der Rabe sei das Sinnbild für die Enterbung und Verstoßung von Kindern, so beweisen wir das anhand seiner Natur, die seinen Jungen gegenüber abweisend ist. Denn wenn sie geschlüpft sind, kümmert er sich überhaupt nicht um sie, als ob sie untergeschoben wären, vielleicht weil ihre Farbe weißlich ist; und so verhält er sich bis zum siebten Tag, bis sie endlich schwarz werden. In dieser Zeit nähren sie sich entweder vom Tau, der vom Himmel fällt, wie Cassiodor glaubt, oder von Mücken, die nach Gottes Vorsehung vorbeifliegen, wie aus Psalm 147 hervorgeht. Und wenn sie dann endlich angenommen sind, werden sie zwar versorgt; aber sobald sie kräftiger geworden sind, werden sie aus dem Nest geworfen und bald darauf gar aus der ganzen Gegend verbannt und damit gewissermaßen enterbt, wie bei Gregor dem Großen (Moralia, Buch 30, Kap. 8) und Plinius (Naturalis historia, Buch 10, Kap. 13) zu lesen ist. Letzter berichtet aber auch, dass in der Gegend von Krannon immer nur einzelne Paare leben und dass die Eltern dem Nachwuchs Platz machen (Buch 7, Kap. 48 und Buch 8, Kap. 48). Übrigens geben einige vor, das Bild des Raben sei von Jupiter selbst an den Himmel versetzt worden, weil ein solcher Vogel den Ehebruch der Koronis verriet, welche dem Jupiter als Mutter des Aeskulap verhasst war, und weil er damit bewirkte, dass Phoebus sie aus Eifersucht tötete. Wir aber sagen lieber, dass dies Bild auf den Raben von Noah verweist, dem vor vielen Jahrhunderten in den Heiligen Schriften, ähnlich wie dem anderen in den weltlichen, der Makel der Unpünktlichkeit und des Eigensinns eingebrannt wurde; denn als er zur Zeit der Sintflut von der Arche ausgesandt wurde, um zu erkunden, ob das Wasser zurückgegangen war, da kehrte er nicht zurück, weil ihn das viele Aas anlockte, wie in 1. Mose 8,7 zu lesen ist. Oder es verweist, wenn man das vorzieht, auf einen der Raben, die von Gott gesandt wurden, um dem Propheten Elias in
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der Wüste Brot und Fleisch zu bringen, wie ebenfalls die Heilige Schrift in 2. Kön. 17,4 und 6 bezeugt.
X. CENTAURUS; der Pferdeman, der Stachel- oder spohren-Reiter Bei Ovid Semivir (‘Halbmensch’); bei Pindar acris Venator (‘der wilde Jäger’); Pelenor; nach einigen Chiron, Phillyrides oder Philyrides (‘der Sohn der Phillyra oder Philyra’), Pelethronius (‘Pelethronier, der von Pelethronion’), Pholos; Monstrum ex homine, et equo compositum (‘das aus Mensch und Pferd zusammengesetzte Ungeheuer’), dessen menschliche Hälfte Arat 8 $ λ # , ‘die menschenähnliche’, nannte und die Pferdehälfte 8 ¹ , ‘die mit dem Pferdeschwanz’; bei anderen Minotaurus. Griechisch bei Proklos K! «, bei Sophokles in den Trachinierinnen B , ‘wildes Tier, Raubtier’, äolisch bei Homer, Ilias, Buch 1 _ , was dasselbe bedeutet. Arabisch Albeze, Asmeat; dort wird er als Mischung von Bär und Pferd dargestellt. Im Meridian ist er um Mitternacht gegen Ende April zu sehen, und auf unserem Globus umfasst er 37 Sterne. Ebenso viele hat auch Postel; Bayer hingegen 40: einen an der Spitze des linken Vorderfußes und einen am linken Hinterbein, beide erster Größe; fünf zweiter Größe, sieben dritter, 16 vierter und einen sechster Größe.1 Von diesen folgen diejenigen, die sich auf der menschlichen Hälfte des Kentauren befinden, dem Charakter des Merkur und der Venus, laut anderen der Venus und des Mars, die übrigen auf dem tierischen Teil dem Charakter des Jupiter und der Venus. K!
oder ‘Kentauren’ wurden zu allererst die Begleiter des thessalischen Saturn oder Neptun genannt, d.h., um seinen wahren Namen zu nennen, des Ixion, des Königs von Larissa in Thessalien, und zwar nach dem ‘Anstacheln’ der Stiere ( 8 μ . C« «), weil sie, auf ihren schnellen Pferden reitend, die von einer Stechfliege gejagten Rinder verfolgten und sie durch Stöße und Stiche mit dem Stachelstab zurück in den Stall trieben, wie Servius zu den folgenden Versen aus Buch 3 der Georgica von Vergil anmerkte: Zäume erfand der Lapith Pelethronions, und auch die Kreisung, fest auf den Rücken geschmiegt, dass wohl der gewappnete Reiter durch das Gefild hintrabt und in stolzerem Schritte sich tummelt.
1 Die Rechnung ergibt nur 31 Sterne. Zesen hat die neun Sterne fünfter Größe ausgelassen.
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K! ist nämlich bei den Griechen der ‘Stachel’ oder ‘Sporn, mit dem wir die Rinder antreiben’. Daher sagten Pindar und Euripides ! 1 (lat. adversus stimulum, sive calcar calcitrare, calces jactare), was der selige Luther in der Bibel mit wider den stachel lekken verdeutschte, d.h. dem stachel mit hinter sich lekken, oder springen, oder hinten aus-schlagende, widerstreben wollen. Später aber wurden auch die Thessalier, die am Berg Pelion wohnten, und andere, die dort vom Pferd aus kämpften, Kentauren genannt, wie Plinius in Buch 7, Kap. 56 bezeugt. Dort sagt er auch, Pelethronios habe Reitdecken und Zügel erfunden – d.h. nach meiner Interpretation jemand aus dem Geschlecht der Lapithen, der am oder in Pelethronion lebte, einem Berg oder einer Stadt in Thessalien, wo man erstmals darauf kam, sich gezähmter Pferde zu bedienen, wie Servius an der zitierten Stelle bezeugt. Daher wurde auch Chiron, der nach Aussage der Suda zusammen mit den übrigen Kentauren ein Sohn des eben erwähnten Ixion war, der ‘Pelethronier’ genannt. Und dass der Krieg zwischen Kentauren und Lapithen zu der Zeit geführt wurde, als Ixion in Larissa herrschte – ein Zeitgenosse ( «) des Atheners Aigeus, wie aus Eusebios hervorgeht –, meldet Palaiphatos. In diesem Krieg aber, als die Pferde beim Übergang über den Peneios mit gesenkten Köpfen tranken und es so aussah, als ob Reiter und Pferd ein einziges Wesen wären, entstand die Fabel, die den Kentauren eine so ungeheuerliche Gestalt zuschrieb, wie wiederum Palaiphatos und in seiner Nachfolge Isaak Tzetzes (Chiliades 7, Gesch. 99) sowie Servius an der genannten Stelle berichten. Unter dieser Doppelgestalt, die man den Kentauren andichtet, versteht Maximus von Tyros jedoch die Fessel der Sinneslust: Denn immer wenn die tierischen Anteile im Menschen die Alleinherrschaft erringen und die Glut der Begierde den Adel der Seele verzehrt, ihn unterdrückt und zu ihrem Sklaven macht, werde der Mensch wegen seines schändlichen Verhaltens zum Untier. Manche schreiben dieses Sternbild, das mir als das gemeinsame Symbol für alle Kentauren erscheint, allein demjenigen Kentauren zu, der der Erfinder der Medizin und der Chirurgenkunst war, nämlich dem Chiron, der, wie einige meinen, wegen der Geschicklichkeit seiner Hände bei der Behandlung und Heilung von Wunden so hieß. Die Sage verleiht ihm deshalb den Ober-
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körper eines Menschen und den Hinterleib eines Pferdes, weil er mit seiner Heilkunst und besonders mit der von ihm erfundenen Chirurgie nicht nur den Menschen, wie einige meinen, zu Hilfe kam, sondern ihre Wohltaten auch auf andere Lebewesen und ganz besonders auf die Pferde ausdehnte. Und so wird er auch auf den Globen dargestellt: mit seinem vorderen, aufrechten Teil bis zum Nabel ist er ein Mensch, der auf einen Tierkörper aufgesetzt ist. Aber der Pfeil, den ihm die meisten in die Hand geben, beweist, dass er nicht nur Chirurg, sondern auch Schütze ist. Daher schreibt Natale Conti in Buch 4, Kap. 12 seiner Mythologia: „Chiron wurde in jenes Sternbild verwandelt, das noch jetzt von diesem Pfeil seinen Namen hat“ (nämlich das des Schützen, über den wir weiter oben sprachen); „und er wird so dargestellt, als zeige er einen Pfeil, den er aus einer Wunde gezogen hat.“ Übrigens war dieser Chiron, der Sohn des Ixion oder des thessalischen Saturn bzw. Neptun, der Lehrmeister der größten Helden Griechenlands. Denen brachte er neben der Kunst des Speerwurfs, des Jagens und des Reitens auch bei, die Kithara zu schlagen, und er vermittelte ihnen auch die Heilkunde und die Gesetze rechten Verhaltens. Und wegen seiner Gerechtigkeit und Klugheit, durch die er, wie es heißt, alle Menschen seiner Zeit und auch die übrigen Kentauren weit übertraf, wurde er an den Himmel versetzt. Denn da er ja von einem unsterblichen Vater gezeugt war und deshalb ein sehr hohes, kraftloses Alter erreichte, welches Bias nach dem Zeugnis des Laertios den Hafen aller Übel nannte, soll er die Götter gebeten haben, man möge ihm gestatten, sterblich zu sein, da er eines noch längeren Lebens längst überdrüssig sei; das bezeugt Mnesagoras. Und als er das durch Jupiters Erbarmen erlangt hatte, wurde er nach seinem Tod unter die Sterne versetzt, wie Hyginus berichtet. Andere hingegen stellen das gänzlich anders dar, wie wir auch beim Sternbild des Schützen sahen, wo man nachlesen mag: Herkules habe dem Chiron einst seinen mit dem lernäischen Gift vergifteten Pfeil gezeigt, mit dem er die verschiedensten Ungeheuer besiegt hatte; und als Chiron ihn genauer betrachtete, sei er ihm aus Versehen auf den Fuß gefallen und habe ihn schwer verletzt. Von den Schmerzen der Wunde gemartert, habe Chiron den Tod herbeigesehnt und die Götter gebeten, ihm, dem sie ein so langes Alter gewährt hatten, nun auch den Tod zu gewähren. Und dass es so kommen werde, habe dem Chiron seine
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Tochter geweissagt, welche die Nymphe Chariklo, die Tochter des Apoll oder, wie andere wollen, des Okeanos, Okyrhoë genannt hat, als sie sie dort an dem Ufer des reißenden Flusses geboren, wie Ovid in Buch 2 der Metamorphosen bezeugt. Es gibt aber auch Leute, die behaupten, das sei dem Kentauren Pelenor zugestoßen, weshalb er auch unter die Sterne versetzt und zum Sternbild des Kentauren geworden sei. Aber an die Stelle dieser monströsen erdichteten Kentauren wollen wir lieber den Nebukadnezar setzen, jenen allmächtigen König von Babylon, der wegen seines unerhörten Hochmuts gleichsam in ein Tier verwandelt wurde, wie bei Daniel 4, 26–28 und 30 zu lesen ist.
XI. LUPUS; der Wolf, das Wolfsgestirn Bei Vergil Martius (‘das Tier des Mars’); bei anderen Fera (‘das wilde Tier’), Bestia (‘Raubtier’), Bestia Centauri oder quam tenet Centaurus (‘das Raubtier des Kentauren’ oder ‘das der Kentaur festhält’), Bestiola (‘das kleine Raubtier’), Lycisca (‘Wolfshündin’); bei Cicero Quadrupes (‘Vierbeiner’) und Lupa (‘Wölfin’); bei Hyginus Hostiola (‘das kleine Opfertier’); bei einigen Victima Centauri (‘das Opfertier des Kentauren’), ebenso Canis ululans (‘der heulende Hund’), Deferens Leonem (‘der den Löwen herabträgt’); Leo marinus (‘Seelöwe’); Leopardus (‘Leopard’); bei Capella Panthera (‘Panther’); Equus masculus (‘Hengst’). Bei den Griechen Q«, ‘Wolf ’; in der Suda ² K « (‘der Gelbliche, der Wolf ’), vielleicht wegen seines räuberischen Wesens, weil er raubt und zerreißt; bei Proklos und Arat B , Therion, ‘kleines Raubtier’. Arabisch Asida, ‘Löwin’, von Alesid, was ‘Löwe’ bedeutet; richtiger laut Schickard Asedaton. Auf den Globen mit einem neuen Wort Alsubahh. Hebräisch cOqylI (likoss), woher vielleicht « kommt; ebenso bX" z 0 (se’ew, ‘Wolf ’). Bei den Persern Bredemif. Um Mitternacht ist er Anfang Mai im Meridian zu sehen, und er ist auf unserem Globus durch 31 Sterne gekennzeichnet. Postel zählt 19 Sterne, Bayer hingegen 20: zwei dritter Größe, acht vierter, zehn fünfter, die über den ganzen Körper verstreut sind und sich alle dem Charakter des Saturn und des Mars angleichen.
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Der Wolf wurde bei den Ägyptern und bei den Griechen, die ihnen darin folgten, dem Sonnengott oder Apoll zu Ehren verehrt, ja, bei den Griechen auch zu Ehren seiner Schwester Diana und ihrer beider Mutter Latona, die beide für den Mond stehen; bei den Römern dagegen aus Verehrung für Mars und damit auch für die Zwillinge Romulus und Remus, die Söhne des Mars und Gründer der Stadt und des römischen Volkes zu der Zeit, als Königs Ahas in Judäa herrschte. Als dem Apoll heilig gilt er deswegen, weil er, obwohl ein eingefleischter Feind der Groß- und Kleinviehherden, dennoch die Schafe des Apoll verschonte; oder weil er wie die Sonne, die alles durchschaut, 7 « ist, d.h. so scharfe Augen hat, dass er auch noch in tiefster, mondloser Nacht sehen kann, wie beim Kommentator des Arat steht; oder weil er nach durchhungerter Nacht besonders in der Morgendämmerung auf Beutezug ausgeht, wie Macrobius in Buch 1, Kap. 17 der Saturnalia meint. Und daher scheint er bei den Griechen « zu heißen, woher das lateinische lupus kommt; denn « ξ ² *« # , λ 8 (‘« ist lupus, und die sind die Lupercalia’), sagt Plutarch in den Quaestiones Romanae. bedeutete nämlich bei den alten Griechen das erste Licht, das dem Sonnenaufgang vorangeht und später φ"« genannt wurde. Daher kommt auch das lateinische Wort lux und das griechische $φ, das ‘Zwielicht’ oder die ‘Morgendämmerung’, bei Oppian, Über die Jagd, Buch 3; und $φ , die ‘verdämmernde Nacht’, der letzte Teil der Nacht um den Beginn der Morgenröte, kurz vor der Morgendämmerung, welche hinsichtlich der Farbe einer !, einem Wolfsfell ähnelt. Ja, von nichts anderem leitet sich auch «, ‘weiß’, ab, weshalb Aurora Q! , Leukothea, ‘die weiße Göttin’, genannt wird. Ohnehin war die Gestalt des Wolfs nicht nur vielerorts an den Abbildern des Apoll gleichsam als sein Sinnbild angebracht, sondern bei den Athenern wurde auch der Wolf selbst dem Apoll zuliebe verehrt, und wenn jemand etwa einen Wolf getötet hatte, war er gehalten, alles bereitzustellen, was zu dessen Bestattung nötig war. Ja, auch die Stadt Lykopolis im Gebiet von Theben in Ägypten, welche diesen Namen nach den Wölfen bzw. dem Sonnengott bekommen hatte, brachte dem Apoll in Gestalt eines Wolfs Opfer dar; deswegen sollen die Bewohner als die einzigen Ägypter Schaffleisch gegessen haben, und sie nannten sogar den Apoll bzw. den Sonnengott selbst «. Übrigens war der wahrscheinlichste Grund, warum Apoll Q« oder Q« sowie bei Homer, Ilias, Buch 4 ! « und « genannt wurde, nicht der, dass er in
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Lykien verehrt wurde oder dort geboren sein soll; denn diese Sage ist ziemlich jung und war zur Zeit Homers nach dem Zeugnis des Herakleides von Pontos niemandem bekannt. Der Grund war vielmehr, dass er selbst der Urheber und Schöpfer des Morgenlichts gewesen sein soll oder, was anderen mehr zusagt, dass er den , «, d.h. das Jahr, geschaffen haben soll; so wurde das Jahr nach dem Zeugnis des Macrobius an der angeführten Stelle bei den ältesten Griechen genannt, $μ * , d.h. nach der Sonne, wie sie bei den Leuten von Lykopolis hieß. Andere hingegen wollen das Wort 8 μ " , (‘von der Gangart der Wölfe’) ableiten. Wie nämlich die Wölfe in langer Reihe einer nach dem anderen ins Wasser gehen und durch die Flüsse schwimmen, indem jeder immer den Schwanz seines Vordermanns mit den Zähnen festhält, so scheinen auch die Tiere des Tierkreises, aus deren Durchlauf die Sonne das Jahr bildet, gleichsam durch den Himmel zu schwimmen, indem sie in einer ununterbrochenen Reihe miteinander zusammenhängen und so den Jahreskreis bilden. Und die Sikyonier hatten dem lykischen Apoll einen Tempel geweiht, weil er gegen die Wölfe, die in ihren Herden mächtig wüteten, ein Mittel gefunden und sie vernichtet haben soll. Der Mondgöttin aber oder, was dasselbe ist, der Latona und der Diana gilt der Wolf als heilig, weil er der Latona, der Tochter des Koios, den Homer im Apollo-Hymnus Saturn nennt, und der Phoebe, beistand, als sie gebären sollte; oder weil sie, von Jupiter bezwungen und schon schwanger, von Juno zwölf Tage lang in einen Wolf oder besser eine Wölfin verwandelt und als die Hure ihres Gemahls verjagt worden war. Da soll sie sich von den Hyperboreern nach Delos, einer Insel im Ägäischen Meer oder, wie es bei Plutarch in der Pelopidas-Biographie heißt, einem Gebirge bei Tegyra, begeben haben. Dort durfte sie gebären und gebar nach dem Zeugnis von Hesiod, Orpheus und Alpheios von Mytilene zugleich Diana und Apollo, wobei sie sich weder an einer Palme noch an einem Olivenbaum festhielt, um die Schmerzen zu lindern, wie man fabelt, sondern das geschah zwischen zwei Quellen, die ‘Palme’ und ‘Olive’ hießen, wie die wahre Geschichte bei Plutarch an der angegebenen Stelle lautet. Herodot allerdings sagt im Buch Euterpe, dies seien die Kinder des Dionysos bzw. Osiris und der Isis, und Latona sei nur ihre Amme gewesen, als sie sie vor den Nachstellungen des Typhon oder, wie die Griechen unter Vertauschung der Buchstaben T und P sagen, des Python auf der Insel Plote, der ‘schwimmenden’ Insel,
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beschützte. Denn da es nach dem Zeugnis von Cicero (De natura deorum, Buch 1) sehr viele Apollo gab, die Griechen aber die anderen verschwiegen und all ihre Taten auf den einen übertrugen, den Sohn der Latona, welchen Cicero den dritten Apoll nennt, vermischten sie wie üblich diese Geschichten auf wunderliche Art und formten sie gleichsam um. Und daher werfen laut Philostephanos in seinen Commentarii alle Wölfinnen innerhalb von zwölf Tagen zu einer bestimmten Zeit des Jahres. Einige schreiben auch, Latona sei um die Zeit der Niederkunft in eine Wachtel verwandelt worden, um dem Zorn der Juno zu entkommen, und auf jene Insel geflogen, welche sie später zur ewigen Erinnerung an dieses Ereignis Ortygia, die ‘Wachtelinsel’, genannt habe. Andere aber, darunter Kallisthenes in seiner Navigatio, fabeln, Asteria, die Schwester der Latona, habe sich in solch einen Vogel verwandelt, als Jupiter sie zum Beischlaf verlocken und entführen wollte, und sei zum Ägäischen Meer entflogen; dort sei sie zu einer Insel geworden und habe so ihrer Schwester einen Platz für die Niederkunft geboten. Der Name Latona kommt von latitare (‘sich versteckt halten’), weil sie sich auf dieser Insel versteckt haben und so dem Zorn der Juno entkommen sein soll; ebenso wie der Name Latium, wo sich Saturn in Italien beim König Janus versteckte, um den Angriff seines Sohnes Jupiter ins Leere laufen zu lassen, der ihn mit bewaffneter Hand verfolgte. Das gibt Vergil in Buch 8 der Aeneis zu verstehen: Erst nun kam Saturnus herab vom ätherischen Himmel, fliehend die Waffen des Zeus und verbannt aus genommener Herrschaft, welcher die ungeschlachten, durch Berghöh’n streifenden Horden bildete, Sitt’ und Gesetze verlieh, und Latium lieber nannte das bergende Land, das ihn im Schoße gesichert. Ebenso Ovid, Fasti, Buch 1: Lang hieß deshalb saturnisch der hiesige Volksstamm, die Landschaft nannte man Latium auch, weil sich der Gott dort verbarg. Übrigens hatte bei den Troizeniern Hippolytos einen Tempel der Diana Lycea geweiht, wegen der Wölfe, die sie von dort vertrieben hatte, wie Pausanias meint. Schließlich war der Wolf auch dem Mars heilig, weil er ihm gleich war an Wildheit und räuberischem Wesen. Daher nennt ihn auch Horaz Martialis und Vergil Martius (Aeneis, Buch 9); dort sagt er:
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Wie wenn ein Lamm, dem die Mutter mit sehnlichem Blöken gefolget, raubt der martische Wolf von den Stallungen. Und die griechischen Dichter nennen die tüchtigen Krieger, für die ebenso wie für die Räuber der Wolf als Sinnbild steht, φ ", d.h. ‘von wölfischer Wildheit und Schlauheit’. Ja, aus demselben Grund war er auch den Zwillingen Romulus und Remus geweiht, die dem heimlichen Beischlaf des Mars und der Rhea entsprungen sein sollen, der Tochter des Königs Numitor von Alba, einer vestalischen Jungfrau mit dem Beinamen Silvia, vielleicht nach Silvius so genannt, dem nachgeborenen Sohn des Aeneas mit Lavinia, der Tochter des Königs Latinus; anderen zufolge war ihr Beiname Ilia oder Iulia, vielleicht nach Ascanius Iulus, dem Sohn des Aeneas mit Kreusa und Stiefsohn der Lavinia. Und daher rührt es, dass Plutarch in der Theseus-Biographie Romulus und Remus Bastardkinder nannte, weil sie nämlich von einem unbekannten Vater gezeugt worden waren, von dem sie jedoch behaupteten, er sei Mars gewesen, um den Ursprung eines so großen Volkes auf die Götter zurückzuführen. Amulius nämlich, der Sohn des Procas, der vierzehnte König von Alba nach Aeneas und Ascanius, den ersten Königen der Latiner, hatte seinen Bruder Numitor vertrieben, der älter und daher nach dem Tode des Vaters der rechtmäßige Thronfolger war, und hatte der Rhea das Amt einer Vestapriesterin zugewiesen. Als sie nun durch einen heimlichen Beischlaf schwanger geworden war und deshalb unter Bewachung gehalten wurde, um ihre Leibesfrucht umbringen zu können, gebar sie diese Zwillinge. Diese wurden auf Befehl des Amulius in einen breiten Fluss in der Einöde geworfen, und als der Gott Tiberinus den Strom sinken ließ und die Kinder am Strand aussetzte, da soll eine Wölfin dem Wimmern nachgelaufen sein, ihre eigenen Jungen im Stich gelassen und die beiden an ihren Zitzen oder Saugwarzen gesäugt haben. Darauf weist Mantuanus in Buch 1 seiner Silvae hin, wo er sagt: Mars ist der Vater der Römer, die Wölfin des Mars ihre Amme. Daraus ersiehst du den Sinn und den Charakter des Volks. Die ihr untadelig leben wollt, zieht aus der Stadt. Denn in Rom ist alles erlaubt, und deshalb anständig sein nicht erlaubt. Und in Rom gibt es noch heute sehr viele Denkmäler, auf denen die Kinder Romulus und Remus nach den Zitzen der Wölfin schnappen. Wegen dieser Sage wollen ja einige, dass der Wolf dem Romulus, dem Gründer und ersten König der Stadt Rom, wie auch seinem Bruder Remus heilig sei. Aber sie sind völlig im Irrtum; denn Romulus saugte keine wirkliche Wolfsmilch, sondern die
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Milch einer Frau, die vielleicht eine Dirne war, welche bei den Lateinern ja ebenfalls Lupa heißt – daher kommt das Wort lupanaria, ‘Kneipe, Bordell’ – oder irgendeine andere Frau, die zufällig Lupa hieß; und sein Name leitet sich auch nicht von ruma, ‘Zitze’ oder ‘Milch’, ab, welche auch die Deutschen rohm, d.h. geronnene milch nennen; sondern er kommt vielmehr von der Stärke oder Kraft des Körpers und der Seele, die bei den Griechen a heißt, oder auch von a! oder a", ‘schützen, loskaufen, fließen’, woher auch a* , ‘das Fließen’ oder ‘der Schutz’, kommt sowie a, ‘der Angriff ’, das rummeln oder rommeln1. Er war ja in einen Fluss geworfen worden, hatte später, nach seiner Rettung und Erziehung durch Faustulus, den Amulius mutig angegriffen und getötet und seinen Großvater Numitor und seine Mutter aus dem Kerker befreit. Denn der königliche Hirt Faustulus hatte Romulus und Remus zufällig unter dem ‘romulischen’ Feigenbaum gefunden, der nach Romulus so genannt wurde, oder unter dem ‘ruminalischen’, wie er früher nach dem Vieh hieß, das in seinem Schatten wiederkäute (ruminari); er brachte sie in seine Hütte und gab sie, um sie aufzuziehen, seiner Frau Aeta Laurentia2, deren Beiname vielleicht Lupa war. Daher schreibt Ovid in Buch 1 der Fasti: Als Mars’ Sohn, den Quirinus, die kleine Hütte noch aufnahm, klein das Lager war, das Schilfrohr vom Flusse ihm bot. Und in Buch 2: Dort stand ein Baum, die Reste sind noch vorhanden; sein Name: Romulus’ Feigenbaum jetzt, Ruminas Feigenbaum einst. Den ‘ruminischen’ oder ‘ruminalischen’ Feigenbaum erwähnt auch Plinius in Buch 15, Kap. 19, ebenso Tacitus in Buch 13 der Annalen, wo er berichtet, dass er unter Nero, also 840 Jahre, nachdem er die Kindheit des Romulus beschützt hatte, verdorrt sei, was durchaus ein Vorzeichen dafür war, dass es mit dem römischen Reich bergab gehen würde. Indessen wird Rhea, weil sie der Unzucht schuldig und dabei doch eine Vestalin war, auf Befehl ihres Onkels lebendig begraben, wie bei Eusebios steht; denn den Vestalinnen wurde nach dem Zeugnis Plutarchs in seiner Biographie des Numa Pompilius eine solche Strafe zuerkannt, wenn sie ihre Keuschheit durch Unzucht besudelt hatten; obwohl andere berichten, sie sei auf Bitten von Antho, der Tochter des Amulius, in den Kerker geworfen worden, aus dem sie später dank ihres Sohnes Romulus befreit wurde. Man lese dazu Livius ganz am Anfang, Quintilian in Buch 3, Ovid, Fasti, Buch 2 und Servius zur folgenden Stelle aus Vergils Aeneis, Buch 1:
1 Laut Grimms Wörterbuch bedeutet rummeln ebenso wie niederl. rommelen ‘lärmen, Getöse machen’. 2 Sonst: Acca Larentia (oder Laurentia).
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bis die fürstliche Priesterin endlich, Ilia, schwanger vom Mars, ein Zwillingspaar auf die Welt bringt; weiterhin Florus, Res Romanae, Buch 1, Kap. 1, Tortelli, Münster, die Roma des unvergleichlichen Georg Fabricius und den Romulus des Marchese Virgilio Malvezzi aus Bologna, den Ludwig, Fürst von Anhalt, der niemals genug gerühmte Gründer der Fruchtbringenden Gesellschaft, aus dem Italienischen ins Deutsche übertragen hat. Aber es darf auch nicht übergangen werden, dass der Wolf wegen der unterschiedlichen Wirkungen seines Charakters Anlass gab zu den unterschiedlichsten Sinnbildern. In erster Linie ist er das Zeichen für Erschrecken und Entsetzen, weil er nämlich, wenn er den Lärm von einer Trommel oder von Steinen hört, immer so sehr erschrickt, dass er prompt die Flucht ergreift; ja, wenn ein Mensch ihn zuerst erblickt, erstarrt er vor Schreck und es verschlägt ihm die Stimme – was umgekehrt auch dem Menschen, wenn der Wolf ihn zuerst erblickt, zuzustoßen pflegt, wie Platon in Buch 1 des Staates und Theokrit in Idyll 14 bezeugen, ebenso Vergil, der in Buch 12 der Aeneis durchblicken lässt, dass er zugleich auch ein Symbol für Klugheit und sicheren Rückzug ist: Und so wie jener, bevor ihn feindliche Speere verfolgen, ohne Verzug abwegs in die Höh’n der Gebirge sich rettet, gleich nach des Hirten Ermordung, der Wolf, und des stattlichen Stieres, seiner verwegenen Tat sich bewusst, und unter dem Bauch hin schmieget vor Angst den Schweif und bergende Waldungen aufsucht. Weiterhin ist er ein Symbol für Fleiß und List; denn er verändert nicht nur auf verschlungenen Umwegen seine Laufrichtung bald hierhin, bald dorthin, so dass schwer zu erkennen ist, von welcher Seite er einen angreifen will, sondern auch wenn er eine Beute erlegt hat, bedient er sich einer erstaunlichen Taktik, um einen Verfolger irrezuführen. Ein außergewöhnliches Beispiel dafür erzählt uns Albertus: Ein Wolf habe entdeckt, dass eine Wildsau jeden Abend mit ihren Frischlingen in ein Haferfeld zum Fressen ging. Deshalb habe er mit seinem Maul ein Stück Holz von ungefähr 400 Pfund Gewicht gepackt und habe trainiert, damit auf einen ins Feld hineinragenden Baumstamm zu springen, dessen Zweige noch herausstanden, und in die Zweige zu klettern. Als dann die Sau mit ihren Frischlingen kam, habe er alsbald einen davon in schnellem Lauf gepackt und sei rasch in den Baum geklettert. Dort habe er vor den Augen der Mutter, die vergeblich
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grunzte und tobte, das Junge in aller Ruhe verzehrt. Außerdem kann der Wolf auch das Symbol für das Entkommen aus drohender Gefahr sein, und zwar wegen einer Geschichte, die man über Gelon von Syrakus erzählt. Gelon saß einst als Knabe in der Schreibschule, als sich ein Wolf von erstaunlicher Größe auf ihn stürzte, ihm mit den Zähnen seine Schreibtafel wegreißen und mit dieser wieder nach draußen rennen wollte. Der Junge war aber kein bisschen erschrocken, sondern hielt die Schreibtafel wacker fest und folgte dem Wolf. Und als er mit dem Wolf nach draußen gekommen war, stürzte plötzlich das Schulgebäude ein und begrub den Lehrer und alle Mitschüler unter sich; Gelon allein überlebte. Im Übrigen heißt es, das Bild des Wolfs sei zur ewigen Erinnerung an Lykaon, den König von Arkadien, der wegen seiner beispiellosen Grausamkeit in einen Wolf verwandelt wurde, an den Himmel versetzt worden, damit sich die Menschen bei seinem Anblick immer daran erinnerten, wie sehr Gott die Grausamkeit missfällt. Lykaon, ein Zeitgenosse ( «1) des athenischen Königs Kekrops, war der Sohn des Pelasgos, der von Jupiter und Niobe abstammte, und der Okeanide Meliboia – so Hesiod – oder der Nymphe Kyllene, wie Apollodor in Buch 3 sie nennt; und er war der Vater der Kallisto, die wir beim Sternbild des Großen und des Kleinen Bären erwähnten; außerdem war er der Vater der Dia, welche nach dem Zeugnis von Hekataios dem Apoll den Dryops gebar. Dieser Lykaon soll von Jupiter in einen Wolf verwandelt worden sein, weil er auf dem Altar des lykäischen Jupiter oder Apollo auf dem Berg Lykaion ein Kind geschlachtet haben soll, nämlich den Arkas, seinen Enkel von seiner Tochter Kallisto, welche jener Jupiter geschwängert hatte. Und so hatte er den Altar mit Menschenblut benetzt. Man lese dazu Pausanias im Buch über Arkadien. Manche sagen, seine Söhne, von denen Apollodor fünfzig, andere noch mehr aufzählen, hätten Jupiter zum Mahle eingeladen und ihm das gesottene Fleisch des geschlachteten Knaben aufgetischt. Aus Empörung darüber habe Jupiter sie zum einen Teil mit seinem Blitz zerschmettert, zum anderen mit Lykaon in Wölfe verwandelt. Aber dazu hören wir gern Hekataios in Buch 2 seiner Genealogien: „Pelasgos war der Sohn Jupiters und der Niobe; dieser bekam von Meliboia oder, wie andere wollen, von Kyllene den Sohn Lykaon. Durch einen Orakelspruch kam er an die Macht und bekam aus den verschiedensten Ehen viele Kinder, die ge-
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1ff. Mænalus… alii] Zu problematischen Namensformen der folgenden Liste vgl. den Kommentar. 17 inhospitem] in hospitem EI
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nauso gottlos waren wie der Vater selbst. Darunter war1 Mainalos, der seinen Namen einer Stadt in Arkadien gab; Thesprotos, Nyktimos und Kaukon; Lykos, Menios; Makareus, der die Stadt Makareai in Arkadien gründete; Melaineus, der bei anderen Mainalaios heißt, der die Stadt Mainalai nicht weit von Megalopolis erbaute; Akontios, der die arkadische Stadt Akontion nach sich benannte; Charisios, der Charisiai, und Kynaithos, der Kynaitha den Namen gab. Weiterhin Psophis, Phthinos, Teleboas, Haimon, Mantinos, Stymphalos, Kleitor, Orchomenos und andere. All diesen war eine erstaunliche Ruchlosigkeit und Verwegenheit eigen. So sollen sie gar dem Jupiter, der sich in einen armen Tagelöhner verwandelt hatte und den sie als Gast zu sich eingeladen hatten, die Eingeweide eines Landeskindes, vermischt mit anderen Speisen, aufgetischt haben. Jupiter verfluchte diesen Frevel und warf den Tisch um. Daher wurde jener Ort in Arkadien der ‘Tisch-Ort’ (Mensarius) genannt und später dort die ‘Tisch-Stadt’ (Mensaria) gebaut. Ja, von den Söhnen verwandelte er die einen in Wölfe wie auch den Lykaon selbst, der sich ebenfalls gegen seinen Gast gewendet hatte, die anderen zerschmetterte er mit seinem Blitz.“ Von dieser Version weicht allerdings Ovid ein klein wenig ab, bei welchem Jupiter selbst folgendermaßen spricht (Metamorphosen, Buch 1): In den Hof von Arkadiens Herrn und unter des Hauses ungastlich Dach trat ich, als die Dämmerung nach sich die Nacht zog. Zeichen gab ich, genaht sei ein Gott, und zu beten begonnen hatte die Menge. Er lacht zunächst ihrer frommen Gelübde, spricht dann: „Ob dieser ein Gott, ob ein Sterblicher, werd’ ich mit klarer Scheidung erproben; es wird nicht im Zweifel bleiben das Wahre.“ Unvermutet mich nachts, wenn Schlaf mich befangen, zu morden, dies war sein Plan, eine solche Erprobung der Wahrheit gefiel ihm! Nicht zufrieden damit, durchschnitt mit dem Dolch er die Kehle eines, den ihm der Stamm der Molosser als Geisel gesendet, ließ die zuckenden Glieder zum Teil in siedendem Wasser kochen sodann und zum Teil sie braten über dem Feuer. Als auf den Tisch er sie setzt, lass ich die rächende Flamme stürzen das Dach auf den Herrn und auf seine werten Penaten. Da entflieht er erschreckt. Als er Feldes Stille erreicht hat, heult er hinaus; zu reden versucht er umsonst. Das Gesicht zieht Wut aus des Mannes Natur. In gewohnter Begierde zu morden stürzt er sich unter das Vieh und schwelgt auch jetzt noch im Blute.
1 Auf Korrekturen, die über die üblichen Transpositionen und Orthographica hinausgehen, sowie auf Anmerkungen wird bei der folgenden Namenliste verzichtet. Vgl. dazu den Kommentar.
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Borsten ergibt das Gewand, zu Schenkeln werden die Arme. Wolf wird er so und bewahrt die Spur seiner alten Erscheinung. Aber nicht nur Lykaon mit seinen Söhnen soll damals in einen Wolf verwandelt worden sein, sondern auch eine Reihe anderer in den folgenden Zeiten; allerdings sollen diese, wenn sie neun Jahre lang kein Menschenfleisch gegessen hatten, dann im zehnten Jahre die menschliche Gestalt zurückbekommen haben, wie bei Pausanias und bei Plinius (Naturalis historia, Buch 8, Kap. 22) zu lesen ist, ebenso beim heiligen Augustinus in De civitate Dei; dort sagt er, Varro habe dasselbe von Arkadiern berichtet, die auf die andere Seite eines Sumpfes gezogen und im zehnten Jahr danach zurückgekehrt seien. Solche nennen die Deutschen wer-wölfe oder im niederländischen Dialekt Waar-wolven, ‘umherschweifende Wölfe’, und Weder-wolven, was so viel ist wie Wiederwölfe1, ‘die in Abständen wieder zu Wölfen werden’, im Unterschied zum einfachen Wolf, der immer Wolf ist, wie es Abr. Ortelius in seinem Thesaurus geographicus deutet. Die Franzosen sagen loups garous und im pikardischen Dialekt warous, was soviel bedeutet wie ‘Wechselwölfe’ oder ‘schweifende Wölfe’. François2 Fébus, Graf von Foix, deutet das allerdings in seinem Buch über die Jagd als gardezvous, ‘hütet euch’, jedoch zu Unrecht. Bei den Griechen heißt solch einer "«, ein Wolfsmensch3. Daher kommt das Wort " , eine melancholische Stimmung; die darunter leiden, gehen nach Art der Wölfe nachts ins Freie und treiben sich bis zum Morgengrauen zwischen den Gräbern herum. Dazu lese man, wenn man mag, Agellius, Buch 14, Kap. 15. Dass solche grausamen Menschen in Wölfe verwandelt wurden, haben sich die Alten anscheinend deshalb ausgedacht, um die anderen von der Grausamkeit abzuschrecken und zur Menschlichkeit zurückzuführen. Denn nie und nimmer mag ich glauben, dass Lykaon und andere wirklich in Wölfe verwandelt wurden, obwohl sehr viele das zu behaupten wagen. Und die Sage von Lykaon scheint daraus entsprungen zu sein, dass er den Knaben Arkas, der der Verbindung seiner Tochter mit einem mächtigeren König oder mit irgendeinem anderen entsprossen war, schlachtete und dadurch jenen König so sehr beleidigte, dass der ihn vielleicht aus seinem Reich vertrieb oder in anderer Weise entehrte; und daraufhin verfiel er der ‘Lykanthropie’, die in ihm Hirnge-
1 Lesart aus EI. 2 Richtig: Gaston. 3 Lesart aus EI.
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spinste der Art auslöste, dass er sich einbildete, er sei wegen seiner wölfischen Grausamkeit in einen Wolf verwandelt worden; so etwas kommt, wie Camden schreibt, bei denen vor, die an einer solchen Krankheit leiden. Und als er dann irgendwie wieder an die Macht kam und aus dem Wahnsinn zu einem einigermaßen vernünftigen Geisteszustand zurückfand, gründete er deshalb auf dem Berg Lykaion die Stadt Lykosura und in ihr den Tempel des lykäischen Jupiter. Ja, er setzte dort ihm zu Ehren Spiele ein, die er nannte, d.h. die Lupercalia, wie die Römer sie bezeichnen. Das Lupercal aber war ein Ort in Rom, der dem arkadischen Gott Pan geweiht war, damit durch ihn als den Schutzpatron der Hirten die Herden des Klein- und Großviehs vor den Wölfen sicher wären; und dort wurden im Monat Februar diesem Gott zu Ehren die Lupercalia gefeiert; ja, die Luperci, d.h. die Priester des Pan, brachten ihm Opfer dar; als solcher zeigte sich auch M. Antonius, wie wir bei Cicero in der 2. Philippica lesen. Man vergleiche dazu auch Servius zu Buch 8 von Vergils Aeneis und Ovids Fasti, Buch 2, wo er den Ursprung dieser Zeremonien in aller Ausführlichkeit beschreibt. Wir aber wollen unter diesem Bild des himmlischen Wolfs lieber die Erinnerung an den Wolf aus den letzten Worten des Erzvaters Jakob (1. Mose 49,27) pflegen, der den Benjamin segnete als einen „reißenden Wolf, der des Morgens die Beute schlagen, sie des Abends aber austeilen wird.“ Das beziehen Eucherius und andere auf die Bekehrung des Apostels Paulus.
XII. ARA; der Weih- oder reucher-tisch, die Feuer-Höhe, das Weirauch-fas1 Bei Cicero, Hyginus und Avienus Altare, was soviel ist wie alta Ara (‘hoher Altar’), Altarium; bei Martial Thymele (‘Bühnenaltar’); bei Pollux und Xenophon Vesta, > ; bei Capella Pharus (‘Leuchtfeuer’), bei anderen Sacrarium (‘Heiligtum’); Templum (‘Tempel’); Puteus (‘Brunnen’); Focus (‘Herd’); Lar (‘Hausgott, Herd’); Thuribulum (‘Weihrauchpfanne’), Acerra (‘Weihrauchkästchen’), Prunarum conceptabulum (‘Kohlenbehälter’), Ignitabulum (‘Feuerzeug’); Batillus (‘Kohlebecken’), Ara Thymiamatis (‘Räucheraltar’); Ara Centauri, Chironis (‘der Altar des Kentauren, des Chiron’). Griechisch bei Philon B und , ‘Altar, Weih-
1 Heutige Bezeichnung: Altar.
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rauchkästchen, Weihrauchpfanne’, bei Proklos und Arat , ‘Altar’; , B