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German Pages 244 [252] Year 1998
Hamburger Klopstock-Ausgabe
FRIEDRICH GOTTLIEB W E R K E UND
KLOPSTOCK
BRIEFE
HISTORISCH-KRITISCHE
AUSGABE
Begründet von Adolf Beck, Karl Ludwig Schneider und Hermann Tiemann Herausgegeben von Horst Gronemeyer, Elisabeth Höpker-Herberg, Klaus Hurlebusch und Rose-Maria Hurlebusch t Verlag Walter de Gruyter in Berlin und New York
Abteilung Briefe: VI ι
Friedrich Gottlieb Klopstock Briefe 1773 - 1775 Herausgegeben von Annette Lüchow
Band 1 : Text Walter de Gruyter Berlin, New York 1998
W DE G
Nr ι I. AN H E M M E R D E ,
HAMBURG,
I I . JANUAR
τ ι . Januar 1 7 7 3
I
I773
Hamb, den u t e n Jan. 1 7 7 3 . Hochedelgebohrner, Hochgeehrter Herr, Sie haben mir noch keine gedrukte Bogen geschikt, den Empfang des XVII Gesangs nicht gemeldet, noch mir sonst geantwortet. Ich will doch hoffen, daß Sie den Anfang mit dem Drucke gemacht haben. Das kann keine Entschuldigung seyn, daß Sie das ganze M.S. noch nicht haben. Wie müsten Sie es denn machen, wenn das M.S. nicht grösser wäre, als das ist, was Sie haben, u es gedrukt werden sollte? Ich schicke künftigen Sonnabend den XVIII Gesang ab. Klopstock
Z. V O N L I P P E - W E I S S E N F E L D ,
WIEN,
1 3 . JANUAR
1773
Hochedelgebohrner, Hochgelahrter Insonders Hochgeehrter Herr! Ich habe dero Zuschrift vom 29. Dcbr: v. J. gestern wohl zu erhalten die Ehre gehabt, und nehme mir das Vergnügen, Denenselben als einem Gelehrten, deßen Ruhm Teutschland selbst um seines Nahmens und um seiner Ehre willen so sehr werth hält, Rechenschaft wegen der Ihnen in meinem Character des Kaisers bedencklichen Stelle zu geben; nie aber würde ich außer dero Person jemandes Erkundigung in diesem Stück beachten, theils, weil ich davor halte, man dürfe in rebus facti die Feder eines ehrlichen Mannes nicht bezweiflen, theils auch, weil ich eigentlich nicht Notitz davon nehmen kann, daß ein mir Unbekannter diese Schilderung, die ihm vielleicht von guter Hand anvertrauet war, in die öffentlichen Hamburgischen Zeitungen mit Beifügung meines Nahmens ohne meinem Vorwißen, und ohne mich, wie es sich geziemt hätte, erst deshalb zu befragen, hat laßen eindrucken; Ewr HochEdlGbn werden zugeben, daß etwas besonders und öffentlich kann gedruckt seyn, daß aber dem ohngeachtet, öffentlichen Zeitungsblättern dergleichen einzuverleiben, nicht allemahl anständig. Ich wäre in der Ordnung, berechtiget, dißfalls an dem Herausgeber der neuen Hamburger Zeitung, dem alle andere Zeitungsschreiber im Reich nachgeschrieben haben, mir Genugthuung zu suchen; doch ich mag
lieber dergleichen Fehler übersehen. Finden indeß Ewr HochEdlGbn es sich nicht lästig, so wird mir es lieb seyn, wenn Sie belieben wollten, ein ernstliches Monere in meinem Nahmen dißfalls freundschaftlich zu besorgen, denn, da Ihnen gütigst gefallen hat, mir als einem Unbekannten ein Schreiben Dero Hand zuzusenden, so finde ich eine Zufriedenheit darinn, mit Ihnen auf gut ehrlich teutsch, bekannt, zuversichtlich mit Ihnen umzugehen. Die Ihnen bedenckliche Stelle wird Sie nicht weiter in Verwunderung setzen, wenn ich Ihnen sage, daß jedes Wort derselben mit vorsichtiger Ueberlegung geschrieben ist. Ich werde die Stelle analysiren: R i c h t i g im B e u r t h e i l e n , dis werden Dieselben unserem Kaiser nicht wollen absprechen: a potiori fit denominatio, und dann habe ich sicher Recht. Die Urtheile fallen bei ihm nicht in das Matte, und hinckend sind sie nie. In einem Gemähide, worinn man auf das Persönliche gehet, kann man nur auf die Praedicata der Geburt sehen; so dachte ich, als ich Joseph den Zweiten schrieb. Ich sähe ihn in dem Zirckel derjenigen Nation, in welcher er geboren, und in deren Mitte ihn die höhere Bestimmung als LandesVater gesetzet hatte; ich sähe ihn nicht an als Oberhaupt eines teutschen Corporis confoederati, (daß ich so rede). Nur diejenige konnte ich seine Nation nennen, der er fürgesetzet war durch die Geburt. Jetzt nahm ich den Ausdruck: s e i n e N a t i o n , nicht vor die weiten Provintzen Germaniens; kein so freier Teutscher, als ich zu seyn das Glück genieße, konnte dencken, daß die t e u t s c h e Nation die Nation des Kaisers sey. Ich nahm das Wort in einem engeren Begrif, in dem Begrif, in welchem Joseph, als er meine itzt erklären Worte sprach, solches geredet hatte. Eine sehr zuverläßige Person war es, der er gesagt hat: Er wiße wohl, daß s e i n e N a t i o n (die O e s t e r r e i c h i s c h e ) , die, in der er geboren war, die ihm mit Recht angeerbte, seine Nation, (und dis waren seine eignen Worte), daß diese Nation 20 Jahre gegen andere zurück sey, indeß freue es ihn, daß bei vielen Urtheilen und Handlungen, und in Umständen des Mitleidens er immer Züge eines guten Hertzens, und, daß man dieses schätze, gewahr werde. Aber ich bitte ausdrücklich, mich mit dieser Stelle nicht bekannt zu machen.
Sehen Sie, dis ist meine Apologie. That
ich nicht Recht, daß ich die eignen Worte des Herrn beibehielt? Er sagte: m e i n e Nation, und dann meinte er die Oesterreichische. Aber öffentlich eine arme Nation blos hinn zu stellen, und in dem Character Josephs des Zweiten deßen Vaterländisches Volck mit Nahmen zu nennen, dieses fand ich unhöflich, und nicht politisch genung gedacht.
Nun, hoffe ich,
verdiene ich nicht mehr Ihren Tadel. Und das fühlen Sie gewiß mit mir, daß das Urtheil unseres Kaisers richtig ist. Wenn sie den Character dieses Volcks an diesem Strand der Donau kennen, so bejahen Sie gewiß, daß es demselben nicht am guten Hertzen fehle, und noch mehr werden Sie überzeugt seyn, daß in dem Feld der Erkäntniß in gantz Teutschland nirgends mehr zu bauen ist als eben hier in diesem Lande. Ich habe meinen Beweis zwar nicht logisch gestellet, aber doch ist er deutlich.
Ich er-
kenne in der Piece: Joseph der Zweite, keine verdruckte Stelle, und hoffe nicht, falsche Urtheile gesagt zu haben. Niemand, lieber Herr Legationsrath kann mehr teutsch dencken als eben ich; eine ungemeine Ehre setze ich darinn, ein TeutschGebohrner zu seyn, noch nie habe ich auch nur den Gedancken faßen können, etwas Erniedrigendes von meinem Vaterland zu sagen; und wüste ich, daß ein Kaiser der Teutschen Germanien in dem Feld der Erkäntniß nicht seinen Werth laßen wollte, wahrlich! ich würde sein Urtheil überhören, wäre es möglich, ich würde es ersticken, denn ich dencke frei. Nein! Kaiser Joseph tadelte nie uns vor allen Nationen mit hervorstechenden Kentnißen begabten Teutschen; er tadelte nur sein Volck, nur seine Nation in dem Feld der Erkäntniß, einen gantz kleinen Theil Germaniens. Ich errathe es, wie es gekommen, daß Dieselben die Worte: s e i n e N a t i o n , mir nicht, wie ich gewollt, erkläret haben; Sie nahmen sie auf in der figürlichen Sprache des Dichters. Ohnehinn muß es die Verbindung zeigen, daß ich nicht ohne Grund meinen Satz vertheidige: Kurtz vorher redete ich von dem Hof, von dem Land des Kaisers, von seinem Staat, und in ein und eben der Verbindung redete ich fort von seiner Nation, in der er lebte. Das wird übrigens meine Schilderung gewiß deutlich gezeiget haben, daß ich kein Afterteutscher binn, denn, war Joseph der Zweite (wie ich sagte) würdig, den Zepter über ein teutsches Volck zu führen, dann lobte ich Germanien schon eben dadurch. Beiläufig muß auch noch eines Fehlers im Abdruck, den die Hamburger Zeitungsexpedition nicht geachtet hat, gedencken, da man nemlich im Anfang des lezten Absatzes, an statt, wie es im Original heißt: Gesetz, (im singulari), zu zweien mahlen im plurali: Gesetze, geschrieben, welches dem Gedancken einigen Schaden thut. Auf diese Art habe ich nun Ewr HochEdlGbn einer ferneren Appellation a Caesare male informato ad melius informandum überhoben. Wenn ein Teutscher nicht Leibnitzens Asche und eines Hollmanns Geist nicht verehren wollte, denn sollte man ihn zu seiner Beschimpfung unter die Ausländer verkaufen; aus Bescheidenheit nenne ich bei teutschen Gelehr-
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I5-Januari773
ten hier nicht den erhabenen Meßiadendichter, deßen Nahmen uns mehr ein Lobspruch seyn soll, als es immer nur ein Verfaßer des Verdiensts seyn kann. Verzeihen Sie mir gütigst diesen Ausdruck: er entfloh' meiner Feder ioo
aus einem kleinen Enthusiasmus. Sollten Sie jedennoch mit sicherem Grund und mit Anderen in der nun entwickelten Stelle Undeutlichkeit finden, so überlaße ich es Ihnen mit dem Zutrauen, welches ein Teutscher zu dem Anderen faßen darf, ob Sie, jedoch m i t d e r v o r s i c h t i g s t e n S c h o n u n g M e i n e r , durch öffentliche
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Nachrichten, und, als d u r c h m i c h
ausdrücklich
dazu
bevoll-
m ä c h t i g e t , oder etwa in der Zuschrift zu einer neuen Ausgabe von Hermanns Schlacht, so viel es unumgänglich Ihnen nöthig schien, von der Erklärung, die ich Ihnen heute umständlich gegeben, e t w a s allgemein bekannt zu machen, für gut finden. Wenn die Erklärung, falls sie nöthig no
wäre, unter dem augurio Dero Nahmens und mit Anführung meiner Vollmacht geschiehet, so wird das Publicum mehr erhalten, als es vielleicht erwartet. Ich erbitte mir inzwischen h i e r ü b e r z u v o r Dero Entscheidung; und wollen Sie mich Ihnen verbinden, so vergönnen Sie mir die Gerechtigkeit zu glauben, daß ein unterweilig schriftlicher Umgang mit
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einem so Wahrheitsliebenden Patrioten, den ich in Dero Zuschrift auf jeder Zeile lese, ein starcker Wunsch meines Hertzens und ein gegenseitiges Geschenck Ihrer Freundschaft sey. Ich binn mit ungemeiner Hochschätzung Ewr HochEdlGbn
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Gantz ergebenster Diener K. C. EHuGzLippe. Wien, d: 1 3 . Jenner. 1 7 7 3 .
3. AN H E M M E R D E , H A M B U R G , 1 5 . J A N U A R
1773
Hamburg den i5ten Jan. 1 7 7 3 . Hochedelgebohrner, Hochgeehrter Herr, Sie empfangen hierbey etwas über die erste Hälfte des XVIIIten Gesangs. Das übrige folgt nächstens. Ich weis nicht, was ich daraus machen soll, daß ich noch keine gedrukte Bogen habe. Ihr Einwurf, den Sie machen können, daß Sie nicht Μ S. genug haben, hab ich in meinem lezten Briefe gehoben. Ich muß Ihnen sagen, daß es mich sehr verdrießlich machen
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1 6 . Januar 1 7 7 3
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wird, wenn Sie mich nicht bald überzeugen, daß Sie den Druk beschleunigen wollen.
Ich verharre übrigens Ew. Hochedelgeb. ergebenster Diener Klopstock
4. AN H E M M E R D E ,
HAMBURG,
I 6. JANUAR
I773
Hamb, den i6ten Jan 1 7 7 3 . Hochedelgebohrner, Hochgeehrter Herr, Ich erhalte eben einen Brief von Ihnen. Sie sagen mir kein Wort darinn, ob Sie den X V I I Ges. erhalten haben. Gestern hab ich über die Hälfte des XVIII Ges. fortgeschikt. Es ist gar nicht gut von Ihnen gemacht, daß ich n u n e r s t u nichts mehr, als den e r s t e n Bogen gedrukt bekomme. Ich kann es auf keine Weise gelten lassen, daß Sie deßwegen nicht schneller druken, weil Sie nicht mehr M.S. haben. Wie müsten Sie es denn machen, wenn Sie überhaupt nicht mehr zu drucken hätten, als das ist, was Sie nun schon lange genug, um damit fertig zu seyn, besizen? Aber ich sehe es wohl, Sie wollen bis zur Ostermesse hinzögern. Wenn die Lettern zu dem überschikten ersten Bogen nicht mehr stehn; so müsten Sie Ein Blatt notwendig umdruken, weil die Drukfehler auf demselben gar zu arg sind. Dieß ist pag. 1 3 . Die lezte Abtheilung der 2ten Zeile von oben ist so: ^ — ^ u soll so seyn: Und denn steht in der mittelsten Strophe: N a c h w o l k e , soll heissen: Nachtwolke und: G e s e z r o c k s soll heissen: Gesezvolks Sonst ist noch zu bemerken: pag. 1 0 Strophe 3. fängt die Zeile an: — —, u soll anfangen: —ο ^ pag. 1 1 Strophe 4 fängt die zweyte Zeile an: ^ ^ - , u soll anfangen: Wie können Sie sich mit solcher Weitläuftigkeit bey Ihrem Privilegio aufhalten? Dieß, und unser Contrakt haben gar nichts mit einander zu thun. Ich bitte Sie, mir über folgende Punkte, ohne alle Nebensachen u Weitläuftigkeit, zu antworten:
ι ) In unsern Contrakt ist die Z e i t n i c h t f e s t g e s e z t , wie lange mein Gedicht Ihnen zugehören soll. a) daraus folgt nicht, daß Sie es a u f i m m e r b e s i z e n sollen. b) es folgt aber auch nicht daraus, daß Sie mir's, z w e y
Jahre
n a c h H e r a u s g a b e des 4 t e n B a n d e s , (wie ich Ihnen hiermit vorschlage) wieder zurük geben sollen. c) Die Gewohnheit anderer Gelehrten, wie die es gehalten, u nicht gehalten haben, entscheidet bey der Sache nichts. Sie muß entweder nach dem R e c h t oder nach der B i l l i g k e i t
ausgemacht
werden. Mein Vorschlag, »von dem ferneren Besize auf z w e y J a h r e « scheint mir d e r B i l l i g k e i t gemäß zu seyn, u das unter anderen auch deßwegen, weil Sie mein Gedicht n u n s c h o n so l a n g e besessen, u mir nichts für die n e u e n A u f l a g e n gegeben haben. 2) Sie können nun unter folgenden wählen: a) Sie nehmen entweder meinen Vorschlag an (ich würde ihn allenfalls auf d r e y J a h r e ausdehnen, u für dieß dritte Jahr etwas bezahlen) b) oder Sie erwarten, daß ich den Weg Rechtens gehe, c) oder auch, (wenn mir dieß zu weitläuftig, oder sonst unangenehm seyn sollte) daß ich mein Gedicht, wie ich es herausgeben will, mit Veränderungen u Anmerkungen näml., herausgebe u Sie Ihre Ausgabe, so wie sie j e z t i s t , u wie ich Sie Ihnen a l l e i n ü b e r l a s s e n h a b e , so lange fortsezen lasse, als Sie wollen.* Ich bitte mir hierüber eine baldige Antwort, u, (wie ich schon gesagt habe, u mit Fleiß wiederhole, eine Antwort ohne alle Weitläuftigkeit u Umschweife aus. Denn ich habe Ursache, es nicht länger aufzuschieben, meine lezte Entschliessung zu fassen. Ich verharre übrigens E w Hochedelgeb. ergebenster Diener Klopstock * Sollten Sie so gar in diesen Punkt nicht einwilligen wollen; so würde ich mich bemühen müssen, es dahin zu bringen, daß sich Ihr Privilegium nicht weiter als auf die überlaßne Ausgabe erstrecke. Es würde, aus vielen Ursachen, gut seyn, wenn Sie den Contrakt bald schikten
5· V O N C H R I S T I A N S T O L B E R G U N D F R I E D R I C H STOLBERG, GÖTTINGEN, 2 7 . JANUAR
LEOPOLD
1773
Göttingen d: 27 Jan: 1 7 7 3 . Tausend mal umarme ich Sie für Ihren Brief mein Liebster Klopstok, für Ihren gütigen, freundschaftlichen, zärtlichen Brief. Ο einen Brief von Klopstok zu haben, welche wonne - was wäre mir Varus goldener Schild dagegen, wir haben ja den Brief! Die Hofnung nun bald den Meßias Gesangweiß von Halle zu bekommen, entzückt mich; wie viel Dankbarkeit sind wir Ihnen auch dafür schuldig! Sie sind doch immer ganz Klopstok. Die Schaam hatte mich abgehalten Ihnen jemals zu sagen, daß ich mich zuweilen erkühnt hätte, Verse zu machen. Ich glaube daß ich Unrecht gehabt habe, nicht genug, den sich herablaßenden, zärtlichen Klopstok, der der liebreichste Freund ist, von dem Klopstok zu unterscheiden, der der Gegenstand der Verehrung der Welt, und der After Welt ist. Durch Ihre Aufforderung, ermuntert, schicke ich Ihnen 2 oden; nicht ohne Zittern. Bürgers Nähme, der in der einen vorkomt, wird ihnen wol bekant seyn. Es ist ein Amtmann 2 meilen von hier, den wir schon besucht haben, ein vortreflicher Mann, ich habe göttliche Verse von ihm im Manuscript gelesen. Er ist der intime Freund des jungen Cramers; der unser täglicher Umgang, und sehr lieber Freund ist. Von den übrigen jungen Dichtern wird Ihnen mein Bruder ein Wort sagen - Aber ich bin davon abgekommen, mein Liebster, mein bester Freund, Sie inständigst zu bitten, mir Ihr Urtheil über meine Oden zu sagen. Sie wißen daß mir an Ihrem Urtheil mehr als an dem Urtheil der ganzen Welt gelegen ist, sagen Sie mir ja meine Fehler, und wenn sie finden, daß ich sehr Unrecht habe je wieder Verse zu machen, so sagen Sie mir auch das mit der Aufrichtigkeit, die ich so sehr an Ihnen bewundere. Es wäre impertinent, mein Liebster Klopstok, zu verlangen, daß Sie uns Ihr Urtheil darüber selbst schreiben solten, da Sie uns erst seit so kurzer Zeit, mit einem Brief beglükt haben. Sie haben ja viele Freunde, geben sie einem von diesen die Comission, Schönborn, Hensler etc. Freuen Sie sich mit mir, mein Liebster Klopstok, heute habe ich den Entschluß gefaßt griechisch zu lernen. Gleich kaufte ich mir einen Homer, und habe mir vorgenommen, auf lange Zeit, meinen andern Büchern den Abschied zu geben. Was sagen Sie dazu? Ob ich mich gleich bey verschiedenen erkundiget habe, so hab' ich nichts davon gehört daß die Mad: Heine zornig auf Sie seyn solte. Wie
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27. Januar
1773
könte man das seyn? Clauswiz und Ihre andern hiesigen Freunde empfehlen sich Ihnen alle. Ich umarme Sie mein Liebster, mit der grösten Zärtlichkeit, und mit der grösten Verehrung. So sehr man es seyn kann der Ihrige C. Stolberg. Göttingen d: 2,7 Jan: 1 7 7 3 . Seitdem wir Ihren lieben unschäzbaren Brief erhalten haben, hat Ihnen mein theurester Klopstock! mein ganzes Herz sehr oft und sehr warm dafür gedanckt, und diesen Augenblick umarme ich Sie dafür mit der zärtlichsten Danckbarkeit. Ein Brief von Klopstock! und so ein freundschaftlicher Brief! ο wie viel empfinde ich nicht dabey! Sie wollen wissen mit wem wir hier umgehen, Sie wollen auch mehr von denen jungen Dichtern hören. Cramer ist unser fast täglicher Umgang, nach ihm Boje, beyde liebe ich sehr. Die jungen Dichter heissen: Voß, Hölty, Hahn, Miller. Die Stücke welche im MusenAlmanache mit Vß bezeichnet sind, sind von Voß, das Klagelied eines Bauren von Miller, die Sehnsucht von Hahn, Hölty hat sich genannt. Diese u: Boje hatten schon seit einiger Zeit eine Sonnabends-Zusammenkunft, nun da wir mit ihnen bekant wurden nahmen sie uns in diese Gesellschaft auf. Die Idee dieser Gesellschaft ist folgende: Wer etwas gemacht hat, liest es vor, man kritisirt frey u: kann sich frey vertheidigen. Ich glaube daß Bojes Kritick ausserordentlich fein u: richtig ist. Ausser diesen, Feder u: einigen Engländern welche täglich mit uns essen, haben wir keine Bekantschaften, doch ja die Grafen Reventlov, welche ich achte, die ganze übrige Göttingische Welt ist für uns todt. Auch Heine hätte ich bald vergessen, Cramer welcher ihn genau kennt liebt ihn sehr, wir werden suchen näher mit ihm bekant zu werden. Ο könte ich Sie doch umarmen für Ihre Freundschaft, daß Sie bey Hemmerde besteh haben er soll uns die neuen Gesänge schicken. Meine Seele dürstet darnach. Auch sehne ich mich nach denen Gesetzen der gelehrten Republick. Durch das neue was Sie versprechen erregen Sie meine ganze Neubegierde. Doch glaube ich die Hauptidee zu wissen, Sie haben uns schon etwas davon gesagt. Cramer u: Boje dürsten darnach wie wir. Was sagen Sie dazu mein Liebst.! daß wir uns heut entschlossen griechisch zu lernen u: heute schon anfangen, u: zwar im Homer. Mein Bruder sizt schon beym Homer, mit Grammatick u: Lexicon umgeben, u: ist schon in der 8ten Zeile der Ilias. B e y l ä u f f i g lernt er auch das Alphabet. Ich will bey der Odissee anfangen.
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Sie haben also gehört daß wir Verse gemacht haben? Sie wollen sie sehen? Ο mein liebster! wie könte ich so verwegen sein Klopstock Verse zu zeigen, wenn ich nicht für Klopstock eben so viel Liebe als Ehrfurcht hätte, wenn nicht der Gedancke daß Klopstock mein Freund ist, mich stolz u: kühn machte? Hier schicke ich Ihnen 2 Oden, eine auf die Ruhe, die andre auf unsern Harz. Die lezte habe ich im Harz gemacht, auf der hinreise nach Stolberg, wo wir diese lezten Weyhnachten gewesen sind. Mit Furcht u: Zittern schicke ich sie. Ich umarme Sie tausend mal in Gedancken. F. L. G. z. Stolberg.
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HAMBURG,
29. JANUAR
1 7 7 3
Hochedler, Hochgeehrter Herr Ich sehe, daß es ziemlich überfliessig ist, daß ich das M.S. das ich Ihnen schicke, so genau durchsehe. Denn es sind nicht wenig Druckfehler in den erhaltenen Bogen (ich habe bisher nicht mehr als 3 bekommen) Sagen Sie doch dem Correktor, daß er genau nach dem sehe, was vor ihm ist, u sich auf keine Weise erlaube seine Einsicht, die er etwa zu haben glaubt, anzubringen. Z.E. ich habe p. 28 Zeil. 7 v. oben gewiß gesezt: h e h r e n , u er macht: h ö h r e n daraus. Sonst hab ich Ihnen noch folgendes zu sagen: Sie bekommen nicht eher M.S. wieder, als bis Sie mir geschikt haben 1) So viele Bogen, als aus dem schon überschikten M.S. heraus kommen 2) das umgedrukte Blatt des ersten Bogens, wovon ich neulich erwähnt habe 3) die Abschrift des Contrakts von einem Notario unterschrieben Wenn Sie dieses nicht bald thun; so sehe ich offenbar, daß Sie die Herausgabe bis Ostern verzögern wollen Sonst schicken Sie noch, gleich nach Empfang dieses, an den Hr. Professor Bodmer nach Zürch so viel Sie von diesem lezten Bande fertig haben. Franquiren Sie dieses so weit als es angeht, u bringen mir das Franco in Rechnung. Schreiben Sie ein Paar Worte dabey, daß es in meinem Namen überschikt werde. Klopstock Hamburg den 29ten Jan. 1 7 7 3 .
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I.Februar
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7. AN H E M M E R D E , H A M B U R G , I . FEBRUAR
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Hamburg den iten Feb 1 7 7 3 . Hochedler, hochverehrter Herr, Ich bekomme eben einen Brief von Ihnen, u ζ neue gedrukte Bogen. Sagen Sie doch Ihrem Correktor, daß er keine Häkchen machen soll, w o ich keine gemacht habe; u daß er auch keine: e, weglassen soll, w o ich welche gesezt habe. Er hat durch ein weggelaßnes: e, p. 49 den Vers kürzer gemacht, als er seyn soll; u nun muß auch dieses Blatt umgedrukt werden Machen Sie mir doch begreifl. warum Sie sich, ohne mich darum zu fragen, u ohne meine Erlaubniß dazu zu haben, an das Universitäts Concilium gewandt haben; da es offenbar ist, daß wir diese Sache unter uns selbst ausmachen müssen, u daß, wenn es darauf ankomt, Schiedsrichter zu wählen, wir b e y d e r s e i t s in die b e i d e r s e i t i g e W a h l einwilligen müssen.
Wie können Sie sich denn einbilden, daß ich, ausser dem pro
labore, von I h n e n noch irgend etwas annehmen werde? Denken Sie einmal ein wenig darüber nach: Ich soll ein Präsent von einen Manne annehmen, der so niedrig gegen mich handelt, ich der überhaupt niemals Präsente animmt. Kein Wort mehr davon. Denn es verlohnt sich nicht der Mühe, nur einigermassen umständl. hierüber gegen Sie zu seyn. Ich wiederhole Ihnen hiermit, daß Sie keine Zeile M.S. eher wieder bekommen, als bis ich die von einem Notarius unterzeichnete Abschrift des Contrakts bekomme. Es würde mir zwar höchstverdrießl. seyn, wenn die Fortsezung des Druks dadurch lange aufgehalten würde; aber ich kann gegen einen Mann, der sich gegen mich beträgt, wie Sie thun, nicht anders verfahren Klopstok
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WohlEdelgebohrner Herr Ihr Zutrauen ist mir ein schmeichelhaffter Beweis der gegen mich ungeänderten Gesinnung, die meinige - Sie kennen mich, ich heüchle nicht, gegen eines der s c h ö n s t e n Genien unsers allgemeinen Vatterlandes ist immer dieselbe. Ich wünsche diesem Vatterlande und Ihnen Glück zur Vollendung des Messias, dessen baldiger Herausgaabe Jedermann, dem die
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5. Februar 1 7 7 3
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Ehre Deutschlands nicht gleichgültig ist, mit Ungeduld entgegen sieht, und so viel ich die Denckungs Art unsers Monarchen kenne, schlüßt auch E r sich von dieser gemeinschafftlichen theilnehmung nicht aus, dieses aber ins besondere erkennen zu geben, scheinet zwar nicht unter seiner Würde, jedoch vielleicht wider seinen vorgesezten Plan zu seyn, der (mich deücht es wenigstens) nicht das e i n z e l n e sondern das allgemeine umfast. Obgleich gegenwärtig die Drangsaale der Zeiten, und - mich so auszudrucken, höhere Sorgfalten seinen Blick auf dringendere Gegenstände gezogen, und die ausführung dessen, was auf die allgemeine Literatur Einflus haben könnte, auf ferner hinaus verlegt haben; Kurz Liebster Klopstock! Sie sind einsehend — sie verstehen mich, die Grundveste des Gebaüdes gehet immer v o r seiner Verziehrung, und es hat (wir haben es alle empfunden, und empfinden es noch) es hat der Vorsicht gefallen, die Grundveste der meisten Völcker Europens zu erschüttern. Überhaupt so gros auch meine Bereitwilligkeit, Ihnen Dienste zu erweisen seyn mag (Sie lassen mir Gerechtigkeit widerfahren nicht daran zu zweifeln) So würden wir ihres und meines Wunsches verfehlen, wenn diese Angelegenheit, und die andere derer Sie in dem zweyten theil ihres Schreibens erwähnen, durch andere Weege, als durch den Staats Canzler Fürsten von Kauniz eingeleitet würden. Die schöneren Wissenschafften sind die ältere Geschwistricht der schönen Künste, davon i h m das P r o t e k t o r a t
von
Amtswegen aufgetragen worden. Der Name K l o p s t o c k aber ist bey jederman die vollgültigste Empfehlung. Bin ich im Stande auf diesem Weege etwas zur beförderung ihrer Zufriedenheit mitzuwürcken: Sie kennen meine Dienstbegierde, und wissen wie sehr ich mit deütscher Offenherzigkeit sey Eüer WohlEdelGebohrn Ergebenster Diener Graf Dietrichstein Proskau Wienn den 3 Feb 7 7 3
9. VON H E M M E R D E , H A L L E ,
5. FEBRUAR
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DHerr Legations Rath Klopstock, HochEdelgebohrnen, Muß zur nachricht melden, daß auf deroselben ordre, wegen der Revidirung des iten Bandes an die Madame Rüdingern in Leipzig am Marckte 30 Rthlr.- be-
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Nr ίο
9. Februar 1 7 7 3
zahlen laßen durch meinen Marckthelfer 1 7 6 1 Oster Meße. Und dieselben habe vor die Vermehrung der heilige Poesie nach Quedlinburg gesandt 2.V2. Luisdor. Wegen den 2ten Band zu Revidiren, hatte dieselben ich gehorsamst gebethen, durch Herrn Rothe er hatte aber keine Antwordt erhalten können. Da ich solchen Bandt nicht fehlen laßen möchte, so ließ ich ihn drucken. Solte mein Marckt-Helffer mir Betrügereyen gemacht haben, und daß Geld von 30 Rthlr.- nicht besteh haben, so muß ich es leiden. Deshalb habe mich entschloßen, vor die beyden bände die zwar sind a bgen V2. Luisdor accordiret worden und der iste band 1 2 bogen, und der 2te band 1 1 bogen stark seyn, so beträge es nur Rthlr. 57,, 1 2 Gr.- Derowegen will Ew. Hochedelgebohrnen, nach Versprechung in mein brief, ich, dieselben ein present von hundert Thalern bezahlen, in der Ostermeße 1 7 7 3 . Durch Herrn Bohn, oder Herrn Timm; und hoffe gewis damit zu frieden zu seyn. Carl Hermann Hemmerde Halle den 5t Februar 1 7 7 3
IO. A N H E M M E R D E , H A M B U R G , 9 . F E B R U A R
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Hochedler, Hochgeehrtester Herr In der Erwartung, daß Sie mir gleichwohl die Abschrift des Contrakts endl. schicken werden, schicke ich Ihnen hierbey Μ S., damit der Druck nicht aufgehalten werde — Sie sind doch ein recht seltsamer Mann. Anstatt, wie Sie a l l e i n thun s o l l t e n , mit mir darüber zu correspondiren, wie die in dem Contrakte unbestimmte Zeit an billigsten festzusezen sey, so wenden Sie sich an die Universität, u über das auch an Hrn Herold, u Hrn Bohn. Ihre Sache muß Ihnen doch selbst sehr mislich vorkommen, weil Sie, anstatt mir mit Gründen zu antworten, überall um Hülfe schreyen. Ich lerne nun den Mann immer näher kennen, vor dem ich ehmals gewarnt wurde. Aber ich verließ mich so sehr auf die Empfehlung des Hrn Prof. Meiers, daß ich die Warnung nicht achtete. Sie gehen, durch Ihr Verfahren gegen mich, auch sehr schlimm mit dem Hr. Prof. Meier um Warum lassen Sie es denn in Ihrem Klagebriefe aus, daß ich Ihnen
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ί ο . Februar 1 7 7 3
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drey Jahre angeboten habe. Und damals, als ich dieß that, wüste ich nicht, daß auch in der Schweiz nachgedrukt würde. Wenn dieß wahr ist; so gebe ich Ihnen v i e r Jahre. So sehr bin ich abgeneigt in geringsten unbillig mit Ihnen zu verfahren. Aber zwey Jahre möchte ich Ihnen gern abkaufen, wenn Sie auf eine billige Art fodern. Ich bitte Sie, machen Sie sich mir nicht ferner dadurch verdächtig, daß Sie mir die Abschrift des Contraktes vorenthalten. Auch vor den Richtern (denn dahin muß ich Sie, so ungern ich auch so was thue, endl. bringen, wenn Sie sich auf meine billigen Vorschläge zum Vergleich nicht einlassen wollen) wird Ihnen diese Vorenthaltung künftig zum Nachtheile gereichen. Sie bedenken, bey Ihren Verfahren, unter andern auch nicht, daß Sie dadurch, daß Sie mir für die neuen Auflagen das stipulirte pro labore nicht entrichtet haben, den Contrakt g e b r o c h e n haben. Dieses führe ich Ihnen nur an, weil Sie sich so unbillig gegen mich aufführen. Sonst bleibe ich noch immer bey meinem Vorsaze »uns über die Bestimmung der in dem Contrakte unbestimmten Zeit gütl. mit einander zu vergleichen.« Fahren Sie aber fort, i ) sich auf keinen Vergleich einlassen zu wollen 2.) mir den Contrakt vorzuenthalten, u 3) u überall auf diese lächerliche Art um Hülfe zu schreyen; so ist mein Entschluß gefaßt. Ich verharre übrigens Ew Hochedelgebohren ergebenster Diener Klopstock Hamburg den