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German Pages 273 [280] Year 1982
Hamburger Klopstock-Ausgabe
FRIEDRICH
GOTTLIEB
WERKE
UND
KLOPSTOCK
BRIEFE
HISTORISCH - KRITISCHE
AUSGABE
Begründet von Adolf Beck, Karl Ludwig Schneider und Hermann Tiemann Herausgegeben von Horst Gronemeyer, Elisabeth Höpker-Herberg, Klaus Hurlebusch und Rose-Maria Hurlebusch
Verlag Walter de Gruyter in Berlin und N e w York
Abteilung Briefe: VII ι
Friedrich Gottlieb Klopstock Briefe 1776—1782 Herausgegeben von Helmut Riege Band 1 : Text Walter de Gruyter Berlin, New York 1982
W G DE
Nri I. AN G O E C K I N G K , H A M B U R G , 3. J A N U A R
3. J a n u a r 1 7 7 6
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Vervielfältigter Text mit eigenhändigen Einträgen und Zusätzen Hamburg den 3 Jan 1776. Ich habe auf meiner Reise nach Carlsruhe gesehn, daß meine Oden nirgends zu bekommen waren. Die Ursach ist, daß mein Verleger kein Buchhändler ist. Ich habe daher, um denen eine Gefälligkeit erweisen zu können, welche die Oden etwan haben wollen, meinen Antheil daran in Exemplaren angenommen. Ich mache Ihnen dieses hierdurch bekant, mit der Bitte, den Liebhabern davon zu sagen; aber das Buch janicht mit Anpreisungen feil zubieten. Der Titel ist: Oden H a m b u r g 1 7 7 1 . bey Joh : Joachim Christof Bode. Sie sind in klein 4to auf schön italienisches Papier gedruckt, und machen 290 Seiten aus. Der Preis ist 1 Rthlr. Hamb. Cnt oder ι Rthlr. 3 Gr. nach alten Ldor. Ich überschicke sie postfrey und erhalte die Bezahlung bey der Bestellung.* Klopstock P.S. Ich werde Ihnen ehestens ein Avertissement den 2,ten Theil der Gelehrtenrepublick betreffend zuschicken. * oder auch einige Wochen hernach. Voß hat auf meine Bitte mein Stillschweigen bey Ihnen gut gemacht, wenigstens gut machen sollen. Ihr Brief war mir sehr angenehm. Ich wolte eben, da ich ihn bekam, nach Carlsruh reisen. Ich horchte unterwegs umher, ob ich in der Sache etwas für Sie thun könte ; aber es wolte nicht gehen.
2. AN W I L L , H A M B U R G , 3. J A N U A R
I776
Vervielfältigter Text mit eigenhändigen Einträgen Hamburg den 3 Jan : 1776. Folgt: Text wie in Nr 1, 2 — 12 fleh bis Ldor.J. Ich überschicke sie postfrey und erhalte die Bezahlung bey der Bestellung, nach Abzüge von 15 pCt, denn soviel beträgts nach dem der Gelehrten-
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republick vorgedrucktem Subscriptionsplane an pCt, wenn der Herrausgeber den Transport bezahlt. Klopstock P.S. Ich werde Ihnen ehestens ein Avertissement den 2.ten Theil der Gelehrtenrepublick betreffend zuschicken.
3 . A N S C H A C H T , H A M B U R G , 6. J A N U A R
Vervielfältigter Text mit eigenhändigen
1776
Einträgen Hamburg den 6ten Jan: 1776.
Folgt: Text wie in Nr 1, 2 — 12 fleh bis Ldor.,); Nr 2, 2 — 8.
4. V O N B Ö C K M A N N , K A R L S R U H E , IO. J A N U A R
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Carlsruhe den 10 Jenner 76. Mein werthester Herr Hof Rath ! Schon vor 8 — 10 Tagen habe ich, Ihrem Wunsche gemäß, durch die Landschreiberey die Übersendung von 60 Ducaten an Sie besorgen lassen, welche izt in Ihren Händen seyn werden. In natura war hier kein Gold zu haben. Folglich mußte der Auftrag einem Banquier in Franckfurt gegeben werden. Wein kann ich Ihnen zu Wasser izt nicht senden, weil kein Schiff zu dieser Zeit nach Holland abgeht. Auf der Axe mag ich es nicht ohne Ihre Ordre. Und dennoch rieth ich Ihnen dazu, weil die Kosten nicht so gar viel größer sind und weil nach der Versicherung des Küfers das Auffüllen beträchtliche Ausgaben macht. Der ganze Hof befindet sich wohl, und man schmeichelt sich mit der Schwangerschaft der Durchl. Frau ErbPrincess. die viele Freude verursachen würde. H. GehR. v. Edelsheim und verschiedene andere Freunde empfehlen sich Ihnen aufs beste. Ich wünsche, daß Ihre Münsterische Sache sich bald näher aufklären möge
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StaatsVeränderungen von einiger Erheblichkeit sind hier nicht vorgegangen. Ich lebe nebst meinem ganzen Hause gesund und vergnügt und einige Kleinigkeiten, die seitdem von mir im Druck erschienen, werd' ich Ihnen bei Gelegenheit übersenden. Ihr bildniß vor der Blumenlese ist nicht getroffen. Niemand würd' es erkannt haben, wenn nicht Ihr Name drunter gestanden wäre. Sie sind
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ja auch in Gipß abgegossen. Vermuthl. wird dieser Abguß ähnlicher seyn. Sie haben schon 2. mal meine Frage unbeantwortet gelassen, ob wir Sie hier bald wieder sehen werden ? Von Ulm aus wird mir geschrieben daß Sie mit den Grafen Stollberg nach Coppenhagen reisen werden, Ist es wahr, und wie lange wird Ihr
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Auffenthalt dauren ? Göthe ist in Weimar und man spricht davon, als wenn er daselbst bleiben werde. In der allgemeinen teutschen Bibliotheck und in der Lemgoer Bibliotheck hat man ihm ziemlich und wie ich glaube, mit Grunde die Wahrheit gesagt. Seine Feder war zu ausgelassen und sein
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Witz zu pöbelhaft und sein Genie überhaubt zu unbändig. M a n siehet durchaus das junge feurige Roß, das noch an keine Schrancken gewöhnt ist. Wohl Teutschland, wenn der schlechte T o n , den man eine Zeither angestimt hat, sich wieder verliehrt! Unsere Nachbarn, die uns anfingen zu ehren, werden über uns lachen müssen.
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Glück zu zu Ihren Arbeiten, wovon Sie mir schreiben! Mit den vollkommsten Gesinnungen der Freundschaft hab' ich die Ehre zu seyn der Ihrige. Böckmann
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5. VON H E I N R I C H C H R I S T I A N ΒΟΙΕ, G Ö T T I N G E N , 18. JANUAR
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Göttingen, den i8.ten Jan. 1 7 7 6 . Nicht weil auch die Zeilen Klopstocks eine Antwort verdienen, sondern weil ich Ihnen längstens einmal habe schreiben wollen, seze ich mich heute dazu hin, aber unter solchen Zerstreuungen, daß ich gewiß nicht schriebe, wenn ich nicht wüste, daß Sie mein Freund sind. Ihre paar Zeilen in dem vermischten Briefe haben mir große Freude gemacht, und
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ich dank Ihnen für den Glückwunsch über meine Beförderung. Dem Anschein nach hab ich die größeste Ursache mit der Lage zufrieden zu seyn, worin ich komme. Sie kennen Hannover nun, und wißen, daß es auch da gute Leute giebt. Viele dieser Guten scheinen an meinem Glücke Theil zu nehmen. Auch Mad. Alberti kenn' ich nun. Einen herrlichen Tag hab' ich bey ihr zugebracht. Es war ihr Hochzeitstag, und der i2te December, wo ich vor zwey Jahren Sie zum erstenmal sah ! Ich hoffe in ihrem Hause, und in dem Rehbergischen und Schlegelschen und einigen andern viele angenehme Tage zu leben. An ein eigen Haus kann ich noch nicht denken. Die Hoffnung darf ich doch unterhalten, Sie einmal in Hannover zu umarmen ? Diesen Sommer ? Oder bleiben Sie noch in Hamburg? Ich will Ihnen zwar keine Krankheit wünschen, aber es könnte doch kommen, daß Sie das Waßer zu Pyrmont brauchten, Pyrmont ist von Han. nicht weit. Wann ich hingehe, ist noch nicht entschieden. Es war wegen der Besoldung und allerley andrer Dinge noch vorher was auszumachen; doch weiß ich vorläufig von London, daß der König meine Ernennung genehmigt. . . . Ich schick Ihnen das erste Stück des deutschen Museums. Einiges hoff' ich soll selbst Ihnen nicht mißfallen. Wegen der Fortsezung hab ich recht gute Aussichten, und ich denke, die Schrift soll immer deutscher werden. Ich werde sie auch in Hannover fortsezen können. Ueber deutsche Sitten und Geschichte sind mir von sehr guter Hand Aufsäze versprochen worden. Vors erste, weiß ich, haben Sie nichts. Aber sollten Sie künftig auch sich nicht bewegen laßen, etwas hineinzuschieben? Die Nachricht, daß wir eine deutsche Grammatik von Ihnen zu erwarten haben, freut mich sehr. Es ist Zeit, daß Sie durch Ihr Ansehn einmal der Sprache wieder Festigkeit geben. Sie ist in Gefahr durch unsre sogenannten Genies viel zu verlieren.. . . Göthe ist noch in Weymar. Klinger, den Sie auch kennen werden, hat mir aus einem Schauspiel Pyrrhus Scenen geschickt, die ich von ihm so gut nicht erwartete.. . . Claudius Glück hat mir eine große Freude gemacht. Was macht Frau von Winthem? Bin ich ihr Antwort schuldig ? Oder hat sie mich schon vergeßen ? Emphelen Sie mich ihr. Leben Sie wohl. Ich bin, und es braucht keiner Versicherung wie sehr, der Ihrige Boie. Die beyden Packete werden Sie zu besorgen, die Güte haben. Voß wird wohl in Flensburg mit den Stolbergs seyn.
6. V O N F R I E D R I C H L E O P O L D S T O L B E R G , 3. FEBRUAR
KOPENHAGEN,
1776
Kopenhagen d : 3 ten Febr. 1776. Wie voll ist mir doch immer das Herz, mein allerliebster! wenn ich an Sie schreibe. Und wie voll war mirs jeden Augenblik dAenA ich Sie sah! Gottlob daß ich wieder seelige Tage mit Ihnen zugebracht habe, gottlob daß Sie mein Herzensfreund sind! Bester diesen Gedanken trag ich nun schon als ein LieblingsKind so viele Jahre in meinem Busen, heg u : pfleg ihn u : freue mich sein. Ich habe beym Prinzen Ihre Commission angebracht. Er sagte mir aber diese Papiere lägen samt seiner eignen Correspondenz mit seiner Mutter in Hanau. Es wäre ihm unmöglich sie kommen zu lassen, weil er sie selbst aussuchen müste, u: zu sehr würde afficirt werden. Er wüste aber alles interessante was in Bernstorfs Briefen enthalten wäre, u: würde sich eine Freude draus machen Ihnen alle Fragen welche Sie ihm thun würden zu beantworten. Ich weiß aber wohl daß Sie dadurch viel verlieren, denn erstlich ist's schwer jedesmal nach einem Umstand zu fragen so oft einer Ihnen einfält, u: dann fällt so gar der Anlaß mancher Frage ganz weg ohne die Briefe. Daß Cramer nicht mehr dran denkt Bernstorfs Leben zu schreiben glaub ich gewiß, ich sagte ihm mit Fleiß Sie dächten nun von neuem sehr ernsthaft dran, u : das schien ihm Freude zu machen. Was sagen Sie zum Naturalisations Gesez? O der unendlichen Eseley ! ! ! Ich lasse mich nun nichts anfechten, u: geniesse jedes Augenbliks welchen ich nun mit meinen Geschwistern lebe. Meine Schwestern u: Schwager sind sehr mit der Weimarschen Sach zufrieden, hier muß es noch ein Geheimniß sein, bitten Sie die Freunde verschwiegen zu sein. Ich schicke Ihnen eine Ode. So sehr auch Wieland, Jacobi, u : s . w . die luftigen Geburten welche das i8te Jahrhundert Grazien nennt genothzüchtigt haben u : noch nothzüchtigen, so rein ist doch noch der unentweihte Altar der wahren Göttinnen. Sagen Sie mir ja Ihre Meinung über mein Stück. Umarmen Sie Ihre Niece welche mir bey jedem Auffenthalte in Hamburg noch theurer wird. Ich habe nicht nöthig Ihr sagen zu lassen wie werth mir ihre Freundschaft ist, wie — o das ist all verteufelt kalt Gewäsch u: Windemens nicht werth.
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ι 6. F e b r u a r
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Sie haben an den Grafen Cobenzel einen Freund welcher mir scheint es zu verdienen Ihr Freund zu sein. Ich drücke Sie fest an mein Herz. Meine Schwestern u: Schwager grüssen herzlich F. L. Stolberg Grüssen Sie ja oft u: herzlich die liebe Büschen, wie verlangt mich nach
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bessern Nachrichten von ihr!
7. VON C A R L F R I E D R I C H C R A M E R , KIEL, l 6 . FEBRUAR
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Kiel, den 16. Febr. 1776 Von Eckhof komm ich diesen Augenblick und nach Eckhof will ich und habe nur eine Minute Zeit Sie zu begrüßen. O Klopstock! ein Winter wie dieser eine Eisbahn wie diese hat seit Menschengedenkzeit 5
nicht existirt — warum soll man das alles ohne Sie genießen ? Der ganze Hafen bis eine Meile von Kiel ist zu — klar wie ein Spiegel, glatt wie Marmor. Vorgestern lief ich heraus nach der Vestung in 3/4 Stunden; gestern lief Holk mit mir herein; izt bin ich herein gefahren und gleich wieder hinaus. Levezow wird Ihnen von unserer Reise erzählen; er ist
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mit gewesen — von Holks würdigem Eiseifer; anderthalb Meilen mit seinem zerschlagenen Knie zu laufen — ferner wie wir gestern unter der Scholle gelegen und gebadet worden sind. Die Gräfin träumt von nichts als ertrunknen Menschen, zerquetschten Armen, zerbrochnen Beinen. Für ihre Zunge ist sie aber gerecht gestraft worden. Sie hat
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neulich gelernt daß man ganz anders auf dem Lande fällt als aufm Eise. — J a , es läßt sich wohl scherzen jezt da es vorbey ist, allein es war sehr ernsthaft damit.
Leben Sie wohl! Das Eis ruft! CFCramer
8. V O N F Ü R S T E N B E R G , M Ü N S T E R , Z. M Ä R Z
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Münster d. z. März 1776. Ich habe die Ehre Ew. Wohlgebohr. in der Anlage ein Exemplar von der nunmehro zum Druck beförderten Schulordnung für das hiesige Hochstift zuzuschicken. E w . Wohlgebohr. interessiren Sich für alles, 5
was die Verbreitung der Erkänntniße und die Aufklärung zum Gegen-
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stände hat, und deswegen habe ich geglaubet, daß es Ihnen nicht unangenehm seyn würde, unsere erste Bestrebungen zu erfahrenem E w . Wohlgebohr. werden mich sehr verbinden, wenn Sie mir die Gedanken, welche Ihnen beym Durchlesen dieser Verordnung noch beyfallen, mitzutheilen belieben wollen. Ich bedaure sehr, daß ich das Vergnügen nicht gehabt habe Ihre persönliche Bekanntschaft zu machen, und bitte Sie von der vollkommenen Hochachtung versichert zu seyn mit welcher ich die Ehre habe zu beharren Ew. Wohlgeb. Gehorßamer Dr FFFurstenberg
9. AN A S S E B U R G ,
H A M B U R G , 6. M Ä R Z
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Hamburg den 6t März 1776. Ich hörte vor einiger Zeit von dem Herrn von Bieler, daß Ew. Excellenz nicht recht wohl wären. Ich mag nicht fürchten, daß Sie jetzt noch nicht besser sind; sonst würde ich diesen Brief, den ich schon seit der Zeit aufgeschoben habe, noch aufschieben. Denn ich möchte Ihnen nicht gern zu einer Zeit, da Sie sich nicht wol genug befinden, auch nur die allergeringste Mühe verursachen. Meine Sache ist diese: Ich kenne, schätze, und liebe schon seit ziemlicher Zeit einen Engländer Namens E a t o n . Er ist jetzt nach Petersburg gereist, in der Absicht, dort eine Tobaksfabrik anzulegen; Er besitzt nämlich das Geheimmittel, schlichten Tobak, u. das ist der russische, in guten zu verwandeln. Er verlangt keinen Vorschuß. Er wünscht nur, daß er seine Sache schnell betreiben könne. Und dazu würde unter anderm gehören, daß er bey dem Collegio, bey welchem er ein Privilegium Exclusivum suchen wird, ein Gesuch, das so natürlich u. in der Sache selbst gegründet ist, bald expedirt würde. Z u r Erreichung dieser Absicht, u. damit er überhaupt bey etwa vorfallenden Chicanen eine sichere Zuflucht habe, ersuche ich E w . Excellenz um ein Paar Zeilen, die er dem Minister Panin präsentieren könne. Es würde ihm ferner auch zu desto schnellerer Betreibung seiner Sache beförderlich seyn, wenn man ihm auf einige Zeit ein Haus einräumte; u. man hat mir gesagt, daß der Hof wol mehr, als Ein Haus, das zu
solchen Absichten brauchbar wäre, leer stehen habe: wofern aber Ew. Excellenz Schwierigkeiten hierbey voraussehen sollten, u. also lieber nicht davon erwähnen möchten, so bitte ich Sie den Punkt unberührt zu lassen. Ich weis nicht, ob Ew. Excellenz die hiesige neue Zeitung halten. Es ist Eaton, der den in den letzten Blättern dieser Zeitung angezeigten médaillon auf mich in London verfertigen läßt. Ich wünsche bald gute Nachricht von Ihrem Befinden zu hören. Sollten Sie mir den Brief für meinen Freund bald schicken können, so würde ich Ihnen deswegen besonders dankbar dafür seyn, weil ihn Eaton, der nun schon in P. seyn wird, dort zu finden hoffte. Sie wissen, mit welcher aufrichtigen Verehrung ich bin Ew. Excellenz gehorsamster Diener Klopstock.
I O . V O N H A H N , G Ö T T I N G E N , 8. M Ä R Z
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Nach meiner Zurückkunft hatte ich an Viele zu schreiben, ich wollte an alle, und an alle auf einmal schreiben, und schrieb an keinen. Daß unmöglich Kaltsinn an diesem Aufschub Theil haben konnte, wußte ich den Uebrigen nicht unwidersprechlicher zu beweisen, als wenn ich auch an Sie nicht schrieb. Verdacht von Ihnen konnte ich nicht fürchten, Sie haben mich ia von Ihnen Abschied nehmen gesehn, mein Vater Klopstock ! Sprickmanns Abreise ist so schleunig, daß ich Ihnen nur dieses sagen kann. Hahn. Göttingen d. 8ten Merz 1776 Sprickmann ist mir sehr lieb. Er kennt meine Umstände nicht, und ich möchte nicht gern, daß mehrere sie kennten, als sie schon kennen. Wollen Sie dieses Vossen sagen ?
Nrii I I . VON STURZ, OLDENBURG, 1 2 . M Ä R Z
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Oldenburg den 12t. Merz 1776. Nehmen Sie sich Mein liebster Klopstock des kleinen Virtuosen der sich Cramer nennt, und Ihnen diesen Brief überreichen wird, kunstfreundlich und gütig an, empfelen Sie Ihn H : Bachen und andern Freunden der Musik, und des Genies, denn Melpomene hat ihn bey der Geburth lächlend angeblikt, lassen Sie ihn spielen und sagen Sie mir alsdenn, ob er nicht fern von allem Beyspiel und ohne sonderbahre Anweisung, für sein Alter sehr viel leistet ? Sein Vater der nicht reich ist bringt Ihn bloß H : Bachs wegen nach Hamburg man wird Ihn zwar von hiraus auch unterstiizen, aber ich rechne zugleich auf Freunde in Hamburg und besonders auf ihr Vorwort, auf Ihre Bereitwilligkeit junge Genies zu ermuntern, so ein Knabe braucht nicht viel, er mus irgendwo in die Kost verdungen werden, wo er zugleich auch in anderen Kenntnissen nicht verwildet, und offt recht offt Herrn Bach hören, denn er ist das Ideal wornach er strebt, wenn er zuweilen ein Concert gäbe, und sonst kleine Wohlthaten genösse, so wäre sein Glück gemacht. Sein Vater ist ein Kauffmann in Elsfleth, der ihn selbst begleitet. Ich habe auch seinetwegen an Magister Ebeling geschrieben. Grüssen Sie in ihrem Hauße auch von meiner Frau, Ich bin ganz der Ihrige
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HPSturz
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1 2 . VON LAVATER, Z Ü R I C H , 1 3 . MÄRZ
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Liebster Klopstock, Zwey Worte aus heißem Drange. Ich bin in einer Verlegenheit, die sehr groß ist. Ich hoffe, Sie können mir draus helfen? — Ich fürchte, Pf: A p p e l l a t i o n werde gedruckt. Ihm und mir muß das großen Verdruß zuziehen. Ich wünsche Frieden und Stillschweigen. Sie kennen unsere hitzige Köpfe — Breitinger u : Comp. Es ist nichts mit ihnen anzufangen, als schlechterdings abzubrechen. In dieser Absicht laß ich, wenn die dießmal harte Censur will, einen Brief an meine Freünde drucken — der F r i e d e bringen sollte. Würde nun die Appellation gedruckt, so würd' es mir zugeschrieben, so unschuldig ich bin; Es würd' als ein Friedensbruch, eine Falschheit angesehen. Aller Lärm, deßen ich herzlich müde bin, würde mit neüer Wut anfangen. Alles entweder auf Pf. oder mich
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Nr 1 3
Nach dem ι 6. März
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oder beyde zurückfallen. In der Appellation sind viele, obgleich wahre, dennoch beleidigende Stellen. Nun — bitt' ich Sie um nichts, als daß Sie sich in meine Lage versetzen . . . Gewiß werden Sie dann alles thun, das unmöglichscheinende möglichzumachen. Was Sie thun können, werden Sie thun — Ich verspreche dem Verleger gratis so viele Bogen Manuskript von mir, als die Appellation enthält. Soll's noch mehr seyn, — kurz, Sie haben Vollmacht. Aber dann muß ich sicher seyn. Was gedruckt ist — muß — sicherlich vernichtet seyn, etwa 1 0 Exemplare für mich ausgenommen. Wärs aber schlechterdings nicht mehr möglich, so erflehe ich Sie um die allerwichtigste Gefälligkeit — wenigstens die Bogen, oder Bläter auszuschneiden, umzugießen, zu sänftigen, zu retouchiren, umdrucken zu laßen, die zu sehr beleidigen könnten Ich werd' es dann tragen müßen, daß alle Welt glauben wird, ich habe diese Appellation diktirt u : zum Drucke befördert. Kurz — ich weiß, Sie fühlen meine Situation, helfen mir, wenn Sie können, u : so gut Sie können. Ich bitte nicht um Vergebung, denn Sie sind Klopstock u : ich bin Sie wißen, wie ? Ihr Lavater. den 1 3 . März 1776.
1 3 . VON JOHANN N A C H D E M 16.
ADOLF
MÄRZ
SCHLEGEL,
HANNOVER,
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Mein liebster Klopstock, Ich weiß, Sie lieben Ihren alten Freund zu sehr, als daß Sie nicht über die Nachricht, die ich Ihnen zu geben habe, mich bedauern sollten. Ich habe am verwichnen Dienstage meinen geliebten Bruder, den Pastor in Rehburg, durch einen unvermutheten T o d verloren ; nach einer achttägigen Krankheit, die anfangs von keiner Bedeutung zu seyn geschienen. Fleißige Patientenbesuche in einem Hause, w o sieben Kranke, der Vater mit seinen Kindern, zusammen in einer engen Stube bey starker Einheizung gelegen, ohne daß sie sich durch meinen sei. Bruder bereden lassen, frische Luft hineinkommen zu lassen, haben ihm ein Gallenfieber gebracht, das mit einem Friesel zusammengestoßen, und mit Flecken sich geendigt. Von den besuchten Patienten ist nicht einer gestorben; aber alle, die in dieß Krankenhaus gekommen, sind krank geworden,
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und nebst meinem Bruder noch eine Person gestorben. Sie, mein liebster Klopstock, werden um so viel mehr Theil daran nehmen, da Sie ihn selber i5 Ihrer Freundschaft, wenigstens gewiß Ihrer Hochachtung gewürdigt haben. Und ich ? — O wie betrübt werde ich, wenn ich meine jüngsten Kinder ansehe, die ich nicht selbst erziehen zu können hoffen darf, und im Sterben einst seinen Händen mit Beruhigung anvertrauen zu können versichert war. Auch betrachtete ich ihn für eine künftige Stütze meiner 20 Frau und meiner ganzen Familie, und bey ihm fand ich immer die Erhohlung von den lastenden Bürden meines Amtes, die ich bey ihm, so oft sichs thun ließ. Doch — dieser für mich so harte Fall muß doch gut seyn, denn die Vorsehung hat es also gewollt. Und Er war ein ungeheuchelter Christ; er ist zum Himmel vollendet. Selbst der Anblick seiner Leiche 25 hat mich getröstet; denn welche Ruhe und Heiterkeit war noch in den Gesichtszügen derselben sichtbar! Die arme über ihren Verlust vom Schmerz betäubte Wittwe, eine Schwester der verwittweten Bülauen in Zerbst, meine bekümmerte Frau, und meine Schwester, die es nicht weniger ist, empfehlen sich mit 3° allen meinen Kindern Ihrer Liebe. Ich bin mit herzlichster Freundschaft der Ihrige Johann Adolf Schlegel
1 4 . AN ELISABETH VON LENTHE, H A M B U R G , l 8 . M Ä R Z
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Hamburg den i8ten März — 76 Ich beziehe mich auf einen Brief, welchen der Commissarius Wolprecht aus Lüneburg an Ew. Gnaden in meinem Namen geschrieben hat. Ich will Ihnen meinen Freund Topp nicht von neuem empfehlen. Sie würden Ihn, wenn Sie Ihm den Dienst verschaften, dadurch vornäml. auch aus einer Situation herausreissen, die unvermeidliche schlimme Einflüsse auf seine Gesundheit hat, welche, leider, schon so weit herunter ist, daß Er gewiß drauf gehet, wenn Er nicht bald befreyet wird. Vielleicht ist es Ew. Gnaden einerley, ob Sie Toppen die Hamburger oder die Lüneburger Stelle verschaffen. In diesem Falle würd ich die erste aus vielen Ursachen vorziehen. Auch folgenden traurigen Grund können Ew. Gnaden bey Ihrer Bemühung für meinen Freund anführen: Er wird näml. die Stelle, die man Ihm giebt, seiner geschwächten Gesundheit wegen, vermutlich
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23. M ä r z
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nicht lange behalten, daß also, wer sonst etwan Anwartschaft hätte, vielleicht nicht lange warten dürfte. Haben Sie die Güte, mich dem Hr. Geh.R. v. Bremer, den ich die Ehre habe zu kennen, u wenn Sie es für gut finden, auch dem Hr. Cammerpräsidenten v. Lenthe zu empfehlen. Sie sind, wie man mir gesagt hat, vor kurzem in einem Lande gewesen, dessen Andenken mir die Grafen Stolberg, die auch dort gewesen sind, sehr lebhaft erneuert haben. Ich nehme keinen kleinen Antheil an dem Vergnügen, das Sie dort werden genossen haben. Gleich den ersten Morgen, da ich die Ehre hatte Ew. Gnaden kennenzulernen, entstand dieser Hang zur Theilnehmung an allem dem, was Ihnen nicht gleichgültig ist; u er wird, nach der Kentnis, die ich von mir selbst habe, niemals aufhören Klopstock
1 5 . AN B A S E D O W , H A M B U R G , 2.3. M Ä R Z
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Hamburg den 23ten März —76 Woher haben Sie geglaubt, daß ich nach Petersburg reiste ? Das ist nicht. Ich schreibe Ihnen jezt erst, mein Liebster, weil ich mich nicht entschliessen konte, was ich Ihnen schreiben solte. Ich würde schon vor ziemlich langer Zeit gehandelt haben; wenn ich diese Zweifel nicht gehabt hätte. Die Ursache meiner Ungewißheit ist, daß ich nicht durchgehende mit Ihrem philanthropinischen Plane zufrieden bin. Das darf ich aber doch nicht sagen, wenn ich ihn Petersburg, mit der Hofnung eines guten Erfolgs, empfehlen will. Ich bin auf einen Ausweg gefallen, den ich Ihrer Beurtheilung hiermit vorlege : Schreiben Sie einen vorzeigbaren Brief an mich, u erzälen Sie mir darinn die Wirkungen, welche die Befolgung Ihres Plans bisher schon gehabt hat. Und solten unter diesen Wirkungen solche seyn, die Sie selbst wegwünschen; so zeigen Sie entweder, daß Ihr Plan unschuldig daran sey, oder sagen Sie auch, daß Sie ihn, u wie fern Sie ihn verändern wollen. Von diesem Briefe will ich dann schon Gebrauch machen ; u ich hoffe Ihnen alsdann, wiewol ich nichts verspreche, nüzl. zu seyn. Aber nennen Sie mir von ungefähr auch die Summe, die Sie wünschen. Ich
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31. März 1 7 7 6
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will mich denn schon erkundigen, ob ich Sie hoffen darf. Und wenn ich sie dann nicht hoffen dürfte; so würde ich Sie bitten, mir eine andre zu n e n n e n o Ich umarme Sie von ganzem Herzen Der Ihrige Klopstock
16. VON EBERT, B R A U N S C H W E I G , 3 1 . M Ä R Z
An Klopstock
und Johanna Elisabeth von
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Winthem
Liebster Klopstock, Wenn ich nur an Sie denke, (und wie oft geschieht das nicht ?) so möchte ich auch gleich an Sie schreiben, da ich leider nicht mit Ihnen schwatzen kann ; so ungern ich auch an andre schreibe, — und so ungern Sie auch antworten. Aber mein Studiren, welches mir immer mehr von meiner Zeit zu fordern scheint, je weniger ich noch übrig habe, und je mehr ich noch täglich für mich zu wissen nöthig finde, meine Berufsarbeit, mein Umgang, und andre Zerstreuungen lassen mich sehr selten dazu kommen. Diese Gelegenheit kann ich aber doch nicht vorbeygehen lassen, da Hr. Eschenburg mich ersucht hat, ihm einen Brief an Sie mitzugeben; ob er gleich meiner Empfehlung bey Ihnen eben so wenig bedarf, als ich nöthig zu haben glaube, Sie meiner unveränderlichen Ehrerbietung und Liebe zu versichern. In Absicht auf jenen erlauben Sie mir, daß ich aus Freundschaft gegen ihn nur noch dieses hinzusetze. Ich wünsche, daß er bey seinem diesmaligen Aufenthalte in Hamburg öfter das Vergnügen haben möge, Sie zu sehen, als das vorige mal, da er Sie wegen einer Unpäßlichkeit, die ihm zugestossen, nur Einmal hat sprechen können. — Auf Ihrer Reise nach Carlsruhe und von dort zurück, ist es Ihnen ohne Zweifel unmöglich gewesen, Braunschweig zu berühren; sonst, hoffe ich, würden Sie den Freunden, die Sie hier haben, und, — vergeben Sie mir diese Absonderung, die leicht zu unbescheiden und eigennützig scheinen könnte, — mir und meiner guten Louise die unbeschreibliche Freude gemacht haben, Sie zu sehen. Werden Sie denn dies Frühjahr wieder hinreisen, und dann bey uns vorsprechen? — Doch wegen dieser und einiger andern Fragen, die ich noch an Sie zu thun habe, darf ich wohl schwerlich von Ihnen eine Antwort erwarten. Ich wende mich also gleich an Ihren liebenswürdigen und gefälligen Secretär.
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Liebste Freundinn, Zuvorderst statte ich Ihnen meinen aufrichtigen Dank ab, den ich Ihnen bisher noch schuldig geblieben bin, daß Sie im vorigen Jahre einmal unserm lieben Klopstock in einem Briefe an mich Ihre Hand geliehen haben. Wenn ich auch sagte, daß Sie ihm ihren Kopf und Ihr Herz geliehen hätten, so würde ich damit wohl nichts Unrechtes sagen. Denn Sie haben beides so sehr nach seinem Kopfe und Herzen zu bilden gesucht, daß weder er noch ich bey einem solchen Liebesdienste von Ihnen hätten verlieren können. Noch Einmal, ich, und auch meine Louise, danken Ihnen herzlich für Ihren angenehmen Brief, und für die uns sehr interessanten Nachrichten, die Sie uns darinn gaben. Eine davon war, daß Kl. Ihnen zuweilen Stücke aus seiner Grammatik, und, wie mich dünkt, auch aus seinem II. Th. der Gel. Rep. vorläse. Dieses kann für manche künftige Leser und Leserinnen dieser Werke sehr vortheilhaft seyn. Denn, Ihnen zu gefallen, wird er sich mehr zu jenen herablassen, und seine laconische, oder, wenn ers lieber so nennen will, deutsche Kürze, die nur für wenige Leser ist, (unter welchen ich auch zu seyn die Ehre habe,) um des grössern Haufens willen, (und dem wünsche ich doch, und er wünscht es gewiß selbst, daß er auch nützlich seyn möge,) ein wenig ausdehnen, ohne befürchten zu dürfen, daß er dadurch weitschweifig und schlaff werden möchte. Er wird also dem Leser, welchem die abgehandelte Materie selten so bekannt ist, wie dem Verfasser, manchmal in dem ersten Werke mit ein Paar Beyspielen, und in dem andern mit einer Anmerkung liebreich zu Hülfe kommen, und ihm dadurch entweder ein vergebliches Kopfbrechen, oder die Gefahr, sich durch eine unvernünftige Auslegung, oder gar eine noch unvernünftigere Verachtung lächerlich zu machen, ersparen. Von beiden habe ich nur zu viele Exempel gesehen. Seine vortrefflichen Oden würden manchen, die sie zu verstehen wünschen und zu verstehen verdienen, verständlicher seyn, wenn er eine und die andre Stelle mit wenigen Worten erläutert hätte. Es ist hier seit ungefähr drey Viertheijahren ein Hr. v. Einsiedel, Lieutnant in holländischen Diensten, der unser Collegium besucht, und vornehmlich Mathematik treibt, worinn er schon vorher weit gekommen ist. Dieser ist auch ein grosser Bewunderer unsers Kl. und weiß seine Oden grossentheils auswendig, ob er gleich fast keine Zeile gehörig lesen kann, nicht anders, als wenn er keine verstünde, und ob er gleich vor unserer Bekanntschaft auch wirklich manche nicht verstand. Um sie aber sowohl besser verstehen, als auch
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besser lesen zu lernen, fieng er von freyen Stücken unter dem Vorwande, das Englische zu lernen, bey mir ein öffentliches Collegium an, worinn er mich bat, ihm die schweren Stellen in den Oden zu erklären, und sie ihn recht declamiren zu lehren. Das letzte wird er nun wohl niemals recht lernen, weil es ihm, wo nicht an einem feinen und richtigen Gefühle, doch an einem feinen Ohre und an einer biegsamen Stimme zu fehlen scheint. Unterdessen giebt es doch auch hin und wieder eine Stelle, wovon ich, der Commentator selbst, nicht ganz gewiß bin, ob ich sie verstehe. Z.E. in der Ode, K. Heinrich, S. 180. u. f. worinn ich auch Lessingen einmal verschiednes erklären mußte, ist mir noch immer S. 1 8 1 . der vom K. v. Pr. gebrauchte Ausdruck, d u r c h d r a n g er etc. etwas dunkel. Soll es heissen: Er kannte die gallischen Dichter selbst nicht recht ? — In der folgenden Str. sind doch wohl in den beiden ersten Zeilen die geistliche und die weltliche Poesie der Deutschen, und ihr schnelles Wachsthum gemeint ? Was aber das Bild in den beiden andern Zeilen da eigentlich sagen wolle, weiß ich nicht. Manche Druckfehler, die n i c h t angegeben sind, verderben auch theils den Verstand, theils das Sylbenmaaß. Ist nicht bald eine bessere Ausgabe zu erwarten? — Wie stehts mit der neuen vom M e s s i a s ? — Herzlich wünschte ich einmal eine herzerschütternde, herzrührende Tragödie von unserm Kl. die aus der alten oder neuen Geschichte genommen wäre, und öffentlich aufgeführt werden könnte, zu s e h e n ; in solchen Versen, als worinn sein S a l o m o n und D a v i d geschrieben sind, oder auch in solcher Prosa, wie die in seinem T o d A d a m s oder in seiner H e r m a n n s S c h l a c h t ist. Bereden Sie ihn doch dazu. — Wird denn aber sein H e r m a n n u n d die F ü r s t e n nicht endlich einmal, nicht z e r s t ü c k t , sondern g a n z erscheinen, wie er gleich hätte erscheinen sollen? — Wer mag denn der Uebersetzer von R o t h e n s Buche vom Einflüsse der Religion etc. seyn ? Vielleicht der Hofpred. Schönheiter ? Gewiß, ein gebohrner Däne; denn seine Uebersetzung ist sehr undeutsch. Dies vergebe ich ihm nur wegen seiner Hochachtung gegen unsern Kl. die er ihm in seiner Dedication bezeugt; und um eben dieser Dedication willen möchte ich einen Mann, mit dem ich eine meiner herrschenden, liebsten, und besten Gesinnungen gemein habe, gern näher kennen, und, seiner undeutschen Schreibart ungeachtet, zu meinem Landsmanne annehmen. Ich wollte Sie schon in meinem letzten Briefe darum fragen, und vergaß es. — Daß die theuren Grafen v. Stollberg auf ihrem Hinund Herreisen mich nicht besucht haben, thut mir sehr wehe; das bitte
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März/April
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ich Kl. inständig ihnen bey der ersten Gelegenheit zu sagen oder zu 105
schreiben. Gott weiß, ob ich sie nun in meinem Leben jemals wieder sehe. W o sind sie denn itzt? — Grüssen Sie von mir recht herzlich die beiden jungen Adler, V o ß und H o l t y , die sich itzt in dem Neste des alten ohne Zweifel überaus wohl befinden. Nur wollte ich, daß sie einmal mit ihm ausflögen, und ihn bis zu uns her begleiteten. — Noch
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um Eine Gefälligkeit habe ich Sie zu bitten. Empfehlen Sie mich doch, sobald Sie können, der Fr. L. R . Zinken, und entschuldigen mich bey ihr, daß ich ihren sehr schönen und sehr freundschaftlichen Brief, den sie mir im vorigen Jahre geschrieben, noch nicht beantwortet habe. Sie soll das ja keinem Mangel an Hochachtung und Dankbarkeit gegen
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sie, sondern bloß meinen vielen Unpäßlichkeiten, theils auch meinen Geschäfften und Zerstreuungen, zuschreiben. Es wird aber nun nächstens geschehen. — Meine gute Louise und ich küssen Sie und unsern Kl. in Gedanken, und empfehlen uns Ihrer Gewogenheit und Freundschaft JAEbert.
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Braunschweig, d. 3 1 . März, 1776.
1 7 . V O N A U G U S T E L U I S E STO LB E R G , U ETE RS E N , Ζ W I S C H E N M I T T E M Ä R Z UND MITTE APRIL
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Eben schreibt mir Ehlers etwaß daß mich auf die angenehmste Art rührt aber so sehr daß ich nicht viel sagen kan. Ihr, »Ja Leider«, als man Sie fragte ob Sie wohl wären, rührt mich bis zu Thränen, ich mußte es Ihnen sagen — Bester Liebster Klopstok! Ihr Antheil, der Antheil so s
vieler Lieben wie rührt mich daß! — ich bin seit heute morgen ohne Schmerzen aber todten matt — Gott hat viel an mir gethan, u nächst Gott unser Hensler — danken Sie Gott mit mir für die Geduld die nur Er geben konte. umarmen Sie Ihre Niece, grüßen Sie aufs freundschaftl : T o b y , u alle
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andern Freunde ich kan nichts mehr als Sie mit Thränen der Rührung umarmen.
l 8 . VON F R I E D R I C H 9 · , 12,. A P R I L
LEOPOLD
STOLBERG,
KOPENHAGEN,
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Kopenhagen d : 9ten April 1776. O daß ich statt des Briefes auf einige Stunden zu meinem Klopstock fliegen u : ihn an mein liebendes Herz drücken könnte! Ich habe seit einiger Zeit vorzüglich viel an Sie gedacht, habe dann u: wann eine Ihrer Oden gelesen, auf Ihren Flügeln mich gen Himmel gehoben, u : bin froh wieder auf die Erde zurückgekommen, w o meiner Lieben so viel sind, w o Klopstock mein Freund ist! Bester ich weiß Sie haben herzlich mit uns gelitten über Gustchens Kranckheit, wie hat die uns geschreckt, betrübt, mit der ersten Nachricht zu Boden geschlagen. Gottlob daß sie geneset, aber wie langsam! Die lezten Nachrichten waren gar nicht gut, aber Berger u: Hensler hoffen alles gute u : sprechen uns Muth ein. Und doch können wir nicht völlig ruhig sein. Das liebe Mädchen ist schwach u: hat so viel gelitten! d : i2,ten. So weit kam ich u: ward gestört. Ich habe über die Hälfte des zosten Gesangs der Iliade übersezt. Hier schick ich einige Proben, urtheilen Sie. Der Schwürigkeiten sind zum anfeuern gnug, zum abschrecken nicht. Das magnis tarnen excidit ausis genüget mir nicht. So bald der Gesang fertig ist laß ich ihn ins Museum setzen. Hier schick ich Ihnen auch eine Dithyrambe. Über beides mein Bester sagen Sie mir Ihre Meinung. Diesen Sommer erwart ich Sie gewiß. Nicht wahr ? Sie wissen bester wie wir Ihnen mit heissef mA Verlangen die Arme entgegenstrecken. Von Weimar hab ich noch kein Wort gehört, ich begreife das nicht. Wenn man mir nur erlaubt den Sommer noch hier zu sein, erlaubt man mirs nicht so erlaube ich mirs doch. Gottlob die eben gekommenen Briefe aus Uetersen sind sehr gut ! Die lezten hatten uns wieder geschreckt. Umarmen Sie Ihre liebe theure Niece, grüssen Sie herzlich unsre gute Büsch, Lassen Sie Voß die Verse lesen. Mein Bruder küst Sie in Gedanken, ich drücke Sie an mein Herz. Meine Schwester u : Schwager u : die liebe Gram grüssen Sie herzlich. F. L. Stolberg.
Folgt: Zwei Auszüge aus Stolbergs Übersetzung des 20. Gesangs von Homers »Ilias«.
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Vor dem 25. A p r i l
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1 9 . AN A U G U S T E L U I S E S T O L B E R G , H A M B U R G , VOR DEM 25. APRIL
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Einen so langen Brief, meine liebste Gräfin, als Sie der v. Winthem geschrieben haben, sollen Sie nie wieder, weder ihr noch sonst Jemanden eher schreiben, als bis Sie es, in Einem fort, wie Sie sonst gewohnt waren, thun können. Übrigens können Sie Sich leicht vorstellen, wie sehr wir die Freundschaft eines so mühsam geschriebenen Briefes erkennen, u wie wir Ihnen dafür danken. — Wenigstens müssen Sie erst ungeführt gehen können, eh wir zu Ihnen kommen d ü r f e n . Denn, nach Ihrer Lebhaftigkeit, u Ihrer Freundschaft gegen uns, würde Sie ein früherer Besuch nur wieder zurüksezen. Geben Sie uns bald wieder Nachricht von Ihrem Befinden ; aber in noch kürzeren Briefen, als selbst meine zu seyn pflegen. Was es doch um kurze Briefe für eine herliche Sache ist. So gar der Gesundheit sind sie zuträgl. ! Ich kenne nichts köstlicheres, süsseres, reizenderes, als einen kurzen Brief! Nur Schade, daß mir dieß nicht so sehr einleuchtet, wenn ich Briefe empfange, als wenn ich welche schreibe. Aber das gehört ja leider! mit zu den Unvollkommenheiten des Menschen, daß einem die Wahrheit nicht immer mit gleichem Lichte strahlt. Wie herzl. wünsch ich Ihnen viel, viel Gesundheit, meine Liebste Gräfin, u so lange mein Wunsch noch nicht erfült ist, viel Fürsorge für das bischen Gesundheit, das Sie jezt haben. Empfehlen Sie mich Ihrer Freundin, u sagen Ihr, daß ich nicht wenig Antheil an Ihrem Befinden nehme. Der Ihrige Klopstock
20. VON AUGUSTE LUISE S T O L B E R G , UETERSEN, 25. APRIL
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An Klopstock und Johanna Elisabeth von Winthem Otersen d: 25st: April 1776. Im G a r t e n J a im Garten Liebster Klopstock ! ich gieng eben herum, es war so schön, die Vögelchen sangen, die Veilchen u Blumen dufteten mir entgegen, 5
u da dachte ich denn mit Rührung an alles waß ich liebe, sehr liebe, u da kam ich denn sehr bald zu meinem guten lieben Klopst : der gewiß keine Freundinn hat, die es mehr ist als ich es bin, ob gleich es Ihnen
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15. April
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vieleicht viele mehr sagen. Sie haben meiner Walloeer Schwester Brief gelesen — an nichts hat er mich errinnert waß ich mir nicht alles wie gestern geschehen errinnerte — u ich weiß es noch gar zu gut wie wir uns alle freuten wenn es hieß Klop: komt! wir steckten gleich die Köpfe zusammen, u sagten es uns recht oft, aber wir Mädchens ärgerten uns, daß wir Sie immer so wenig sahen — Dank Dank für Ihren lieben allerliebsten kleinen Brief, wie er mir lieb war sag ich Ihnen nicht — kan's nicht — hören Sie wir wollen einen accord zusammen machen, Sie sollen mir erlauben daß ich von Zeit zu Zeit an Sie schreibe, u ich verspreche Ihnen daß ich discret seyn will, u keine Antwort erwarten will — der accord ist nicht zu eigennüzig, nicht wahr? aber dafür ist es auch ein so sehr großes Vergnügen für mich, an Sie zu schreiben : eben Klopst : ward es mir so ums Herz daß ich schreiben mußte, so ganz auf einmal — o Klopst: wie mögte ich den schönen Tag mit Ihnen genießen ! wenn sehe ich Sie nun wohl ? bald — nun bin ich bald ganz gut Lieber Klopst: heute kan ich schon die Luft recht gut vertragen, u ζ mahl bin ich schon spatzieren gefahren, u das lezte mahl ohne Schmerzen — nun habe ich nur eine Furcht, ich habe zwey mahl einen kl: Anstoß von Fieber gehabt, ich trinke aber seit gestern so viel China daß es weichen soll u muß — Du Liebes bestes Hanchen hast ja doch wohl meinen Brief gekriegt? wie geht es dir denkst du noch an mich ? freust du dich nicht ein wenig daß ich nun so wohl bin? Ja gewiß. u unsre Liebe Büschen ist nun so gut ! o Gottlob — sage ihr daß ich mich recht von ganzem Herzen dazu freute, wir wollten uns noch einmal recht zusammen über unsre beßerung freuen — wir habens doch einen Arzt zu dancken — o Hanneken waß ist es schön heute! — unsre Ob: grüßt euch beyde so recht herzlich — grüßt von mir, die grosse u die kl : Meta, die Schmidten, die Seumemann, die kl : Rüdinger, Passavant, — alle unsre Freunde und Freundinnen mit einem Worte. > hör Hanchen, vergeß mir das gelbe Zeug nicht, kan ich es aber nicht bald kriegen, u du hast es nicht a part für mich bestellt, so will ich lieber etwaß anders nehmen, aber ich hätte dies am liebsten — wenn ich dich u Kl: nun sehe denn hoffe ich daß ich ganz wohl bin, und ohne den alten fatalen Schmerz den ich noch nicht los werden kan, der mich doch aber nur auf einige Minuten mehr heimsucht — adieu ihr guten lieben ich umarme euch beyde mit meiner ganzen Freundschaft — GustchenSt:
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LEOPOLD STOLBERG,
HAMBURG,
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Hamburg den z6ten April —76 Nicht meinen Gruß zuvor, sondern meine bittere Klage, daß Sie mir den Gestaderschütterer,
Poseidaonen
u s.w.
genommen
haben.
Doch hiervon u von Ihren Gedichten in einem Briefe mehr, den ich 5
Ihnen bald schreiben werde. Diesen überbringen Ihnen Mylord Friz-William u der Abbé Roman, der Übersezer des T o d Adams u der Verfasser eines Lehrgedichts l'Inoculation Sie sind etliche Tage hier gewesen, u haben ausser mir beynah Niemanden gesehen. Ihre Gegenwart hat mir viel Vergnügen
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gemacht. Sie kennen Sie, meine liebsten, durch mich. Ich habe sie nicht an Ihren Schwager empfehlen wollen, weil ich weis, daß jezt die Engländer nicht sonderlich angenehm sind. Vielleicht hätte also Ihr Schwager die Empfehlung nicht gern gesehen. Jezt kann Er thun, was Er für gut findet. Ich bitte Sie den Abbé mit dem Conferenzrath Karstens bekant
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zu machen, u jenem zu sagen, daß Karstens derjenige wäre, der ihm von den traurigen Begebenheiten die beste Nachricht geben könte. Beyde machen Sie mit dem Cammerhern Schimmelmann, dem Grafen Kobenzl, u dem Grafen Reventlou bekant. Es hängt von der Fr. von Gramm ab, ob Sie die Bekantschaft auch machen will. Wenn Sie sie auf Charlotten-
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bürg begleiten ; so führen Sie sie zu Preislern. Meine besten Grüsse an Alle die Sie lieben Ihr Klopstock
ZZ. AN V I K T O R
LUDWIG
UM D E N 2 8 . A P R I L
KLOPSTOCK,
HAMBURG,
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Mein Rheumatismus erlaubt mir heute nicht auszugehn. Schreib mir hierunter Eatons adresse Kl.
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2 3 . VON
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VIKTOR LUDWIG KLOPSTOCK,
UM D E N 2.8. A P R I L
den
2.8. A p r i l
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HAMBURG,
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William Eton Esqr. to the Care of Sr: Swallow Esqr. His Brit: Majs. Consul at St. P e t e r s b u r g
2 4 . AN E T O N , H A M B U R G , 2 8 . A P R I L
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Hamburg den 28ten April —76. Der Überbringer dieses heist Lorenzo, u ist ein Sänger aus der Kapelle des Markgrafen von Baden, ein guter Mensch, der mit Empfindung u Geschmak singt. Ich hab es ihm angeboten, ihn an Sie zu empfehlen. Denn er hat eben keine Empfehlung nötig, weil er sehr gute an die
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Großfürstin, von ihren Schwestern näml. hat. Wenn Sie für gut finden solten, die Großfürstin zu sehen, so wird es, hoff ich, durch ihn recht gut veranlast werden können Der Ihrige Klopstock
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Eben bringt mir Viktor einen Brief von Ihnen, der den verdrießlichen Inhalt hat, daß es in Petersburg nicht gehen will. Vielleicht kann Ihnen die Großfürstin nüzlich seyn.
2 5 . V O N F Ü R S T E N B E R G , M Ü N S T E R , 5 . MAI
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Münster d. 5η M a y 1776. Der hiesige DomCapitular Frh. von Galen und der Kurfürstliche Kämmerer Herr von Bönen sind gesinnet eine Reise nach Hamburg zu thuen, und haben mir den Ehrgeiz zu erkennen gegeben, den sie hätten, Ew. Wohlgebohr. persönliche Bekanntschaft zu machen. Sie meinen, daß ein Schreiben von mir ihnen bey E w . Wohlgebohr. zur Empfehlung dienen könne, und ich habe solches ihrem Verlangen nicht abschlagen können; Ich ersuche Sie deswegen gehorsamst diese beide Herren als
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ein Paar Freunde von mir aufzunehmen, und werde Ihnen für die Gefälligkeit die Sie mir und ihnen damit bezeigen werden sehr verbunden seyn. Der Herr von Boenen ist mit an der Direction des hiesigen Theaters: Sollten E w . Wohlgebohr. ihm über Gegenstände, die die Beförderung desselben betreffen mit Ihrem freundschaftlichen Rath an Hand gehen können, so würden Sie meine Verbindlichkeit dadurch vermehren. Ich habe die Ehre mit vollkommenster Hochschätzung zu seyn E w . Wohlgebohr. Gehorßamster Dr FFFurstenberg 2.6. A N G O E T H E , H A M B U R G , 8. M A I
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Hamburg, den 8. May 1 7 7 6 . Hier einen Beweis meiner Freundschaft, liebster Göthe. Er wird mir zwar ein wenig schwer, aber er muß gegeben werden. Lassen Sie mich nicht damit anfangen, daß ich es glaubwürdig weiß, denn ohne Glaubwürdigkeit würd' ich schweigen. Denken Sie auch nicht, daß ich Ihnen, wenn es auf Ihr Thun und Lassen ankommt, drein reden wolle; auch das denken Sie nicht, daß ich Sie deswegen, weil Sie vielleicht in diesem oder jenem andre Grundsätze haben, als ich, streng verurtheile. Aber Grundsätze — Ihre und meine bey Seite, was wird denn der unfehlbare Erfolg seyn, wenn er fortfährt? Der Herzog wird, wenn er sich ferner bis zum Krankwerden betrinkt, anstatt, wie er sagt, seinen Körper dadurch zu stärken, erliegen und nicht lange leben. Es haben sich wohl starkgeborne Jünglinge, und das ist denn doch der Herzog gewiß nicht, auf diese Art früh hingeopfert Die Teutschen haben sich bisher mit Recht über ihre Fürsten beschweret, daß diese mit ihren Gelehrten Nichts zu schaffen haben wollen. Sie nehmen itzund den Herzog von Weimar mit Vergnügen aus. Aber was werden andre Fürsten, wenn sie in dem alten Tone fortfahren, nicht zu ihrer Rechtfertigung anzuführen haben, wenn es nun wird geschehen seyn, was ich fürchte, daß geschehen werde? — Die Herzogin wird vielleicht itzt ihren Schmerz noch niederhalten können, denn sie denkt sehr männlich. Aber dieser Schmerz wird Gram werden. Und läßt sich der etwa auch niederhalten? Louisens Gram! Göthe! — Nein, rühmen Sie sich nur nicht, daß Sie sie lieben, wie ich
Ich muß noch ein Wort von meinem Stollberg
sagen. Er kommt aus Freundschaft zum Herzoge. Er soll doch also mit ihm
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leben? Wie aber das? Auf seine Weise? Nein! Er geht, wenn es sich nicht ändert, wieder weg. Und was ist denn sein Schicksal? Nicht in Coppenhagen, nicht in Weimar. Ich muß Stollbergen schreiben. Was soll ich ihm schreiben? Es kommt auf Sie an, ob Sie dem Herzoge diesen Brief zeigen wollen oder nicht. Ich für mich habe Nichts darwider. Im Gegentheil. Denn da ist er gewiß noch nicht, wo man die Wahrheit, die ein treuer Freund sagt, nicht mehr hören mag. Ihr Klopstock.
2,7. V O N G L U C K , P A R I S , IO. M A I
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Hochgeehrtester Herr, Werthester Freund ! Die mitweinende Freundschaft gewährt dem Unglücklichen den kräftigsten Trost; diesen Trost verspreche ich mir von Ihnen, werthester Freund! Ich habe meine Nanette verloren. Ihr deutsches Mädchen, mit dem edeln und guten Herzen, das auf Ihren Beifall, auf Ihre Freundschaft so stolz war, ist nicht mehr — im Frühling ihres Lebens ist sie wie eine Rose verblüht, und ich verliere in ihr die Freude meines Alters. — O! wie empfindlich ist mir dieser Verlust! eben in der Zeit, da ich die Früchte einer glücklichen Erziehung einerndten sollte, ward sie mir entrissen, während meiner Abwesenheit entrissen, ohne die letzten Empfindungen ihrer unschuldigen Seele vor ihrer Auflösung genossen zu haben. Wie öde, wie einsam wird es künftig um mich seyn ! Sie war meine einzige Hoffnung, mein Trost, und die Seele meiner Arbeiten. Die Musik, sonst meine liebste Beschäftigung, hat nun allen Reiz für mich verloren; oder sollte sie jemals meine Betrübniß lindern können, so müßte sie dem Andenken dieses geliebten Gegenstandes geheiligt seyn. Ist es zu viel von Ihrer Freundschaft gefordert, wenn ich wünsche, Ihre empfindsame Seele durch meinen Verlust zu rühren, wenn ich hoffe, daß Ihre erhabene Muse sich erniedrigen werde, um einige Blumen auf die Asche meiner geliebten Nichte zu streuen? Mit welcher Entzückung würde ich diesen kräftigen Trost benutzen! Von Ihrem Genie angefeuert, würde ich dann in den rührendsten Tönen meine Klagen auszudrücken suchen. Natur, Freundschaft, und mehr, als Vaterliebe würden die Quellen meiner Empfindungen seyn.
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Lassen Sie mich, edler Freund! nach diesem Ihrer schönen Seele würdigen Geschenke nicht vergebens seufzen. In Wien, wohin ich zurückzureisen im Begriffe bin, werde ich Ihrer Antwort mit Sehnsucht entgegensehen. Bey jedem Gedanken an Sie, werden sich dann in meinem Herzen neben den Regungen der aufrichtigsten Freundschaft, noch jene der dankbarsten Erkenntlichkeit erheben, und beyde die vollkommenste Verehrung verewigen, mit der ich die Ehre habe zu seyn Hochgeehrtester Herr und Freund Ihr ganz ergebenster Diener Ritter Gluck. Paris, io. M a y 1776.
28. V O N G E R S T E N B E R G , L Ü B E C K , 8., 1 2 . , I 3 . MAI 1 7 7 6
An Klopstock und Johanna Elisabeth von Winthem Lübek 8. M a y 1776. Was mir Staak da für eine unsägliche Freude machte! Es war ganz gewiß: Victor Klopstock hatte ihm ausdrücklich geschrieben, daß er einen Wagen für drey Personen, für Sie, mein Klopstock, und für einen Freund, vielleicht gar eine Freundinn, hinbringen sollte: am Donnerstage würden Sie hier seyn, bey mir abtreten, viele Tage bey mir bleiben! Wie mein Herz dem Donnerstage entgegenschlug! Wie meine liebe Sophia nach Ihnen und nach der herrlichen Windeme aussah! Sie kömmt zuverläßig mit; es kann nicht fehlen, der Freund ist sie; sie hats ja gesagt, daß sie uns, uns, besuchen will, dich liebt, meine Sophia, viel Gutes von dir gehört hat, ganz deine Freundinn ist. Ach Klopstock! Donnerstag kam, Freytag, Sonnabend; endlich Staak: aber kein Klopstock! keine Winthem! nichts von allem! Nie will ich dem Sagen und Versichern mehr trauen : T a u b bin ich, spricht man mir von Thaten, die man thun will, vor. Es sey denn, daß Sie mirs selbst schreiben, wie ich Sie nun herzlich darum bitte. O über eine fehlgeschlagne freudige Erwartung geht kein Misvergnügen ! Daß ich weder Ihnen, noch Ihrer lieben Freundinn, für Ihre so sehr freundschaftliche Aufnahme gedankt habe, kann wohl nicht Gleich-
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giiltigkeit für Ihre Güte seyn, Sie Werdens mir glauben. Ich ward krank, mein Bester, bins noch ein wenig. Gestern vor acht Tagen wollt ich Ihnen schreiben: da kam Lorenzo, da mußte gesungen, gefragt und wieder gefragt werden. Er war mit Hammond schlecht zufrieden, hatte
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in Hamburg nichts gefunden, als das Winthemsche Haus und Bachen. Von Bach war seine ganze Seele voll. So was Mannichf altiges ! so was Neues und Reifes und Vollendetes hatte er nie gehört. Den Abend sang er: wir hatten in aller Eile Violinen, Flöten, Oboen, Hörner, Bässe zusammengebracht, machten da in der Geschwindigkeit ein kleines
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Concert, das sich hören ließ. Was sagen Sie nun von uns Lübekern, meine stolze Frau von Winthem? die Sie außer Hamburg die Welt mit Brettern vernagelt finden! Wagen Sies sicher darauf: nehmen Sie Ihre besten Noten mit, Gluck, Salieri, Händel, was sie wollen: singen Sie, ich stehe Ihnen davor, es soll schon gegeigt werden — oder Lorenzo
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müßte uns denn gewaltig geheuchelt haben. Von Cramern habe ich Briefe voll trauriger Ahndungen. Es scheint, daß Alvensleben itzt, da ihm die 1500 Thaler gebothen sind, Ausflüchte sucht, sich auf seine Verwandten in Berlin verläßt, und das Recht zu verdrehen sucht. Buchholz meynt, man müsse ihn, als einen bösen
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Verlasser seiner Frau, vors sächsische Gericht heischen; das versteht keinen Scherz, und er wird dann schon beßre Worte geben. Vielleicht bringts Karl dahin, daß der Proceß diese Wendung nimt. Der arme Karl! was muß er aber unterdessen nicht leiden! Ich schreibe Ihnen hier, mein gütiger Klopstock, weil Sie doch etwas
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von meinen Sachen sehen wollen, den Anfang meiner Oper ab. Daß es meine Absicht sey, Gesang und Instrumente zu motiviren, werden Sie daraus bemerken: ob ich meiner Absicht genugthue, werden Sie mir sagen; oder vielmehr, ob ich auf dem rechten Wege bin. Peleus
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(Währender Ouvertüre drückt Peleus die Empfindungen seiner Verwunderung und seines Vergnügens durch stummes Spiel aus. Er sucht die Töne auf, die nah um ihn her entstehen. Er horcht an den Felsen, hascht nach den Wellen, betastet Stauden, Bäume, alles; bricht dann in Ausruf des Erstaunens aus:) Bey allen Wundern dieses Meeres ! war es das ? Diese süßen Töne, die mich rings umwallen, Sind ein Spiel erzitternder Korallen ? Ein Spiel der Lüfte, die, aus düstern Hallen
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Der Felsenwände, Schall der Cymbel schallen ? Die, wie durch Kehlen sanfter Nachtigallen Durchschlüpfen durch die hohlen schwebenden Kristallen A m Hange dieser Grotten ? W i e ? dieß Silbergras, Dieß Schilfrohr ists, gekränzt mit Perlen, was Diesen Laut der W o n n e flistert? W i e ? es jagen Auf Wellen, die im T a n z e das Gestade schlagen, Diese hohen Harmonieen sich? H a ! stürzen, da ich staune, sich ganz in mich! Und meine Stimm ist W o h l l a u t ! bin ein G o t t Apollon ich! W o aber, Geniushauch ! w o ach verbirgst du dich, Der dieser Welt des losgerißnen Schalles Seelen Einathmet, die mit meiner Seele sich vermählen ? Die zu ihr reden ? Fremdling, sagen, ich liebe dich ! M i t zauberischen Schmeicheleyen sich Hin über jede Nerve meines Herzens wälzen ? W u n d von der mächtigen Entzückung mich Bis tief durch M a r k und Blut zu Thränen schmelzen ? O wenn du, unsichtbarer Geist im Winde, Ein H a u c h der schönen Nereide bist, Die zwischen diese Klippen mir entronnen ist : O lehre mich, w o ich die Göttinn wiederfinde u. s. w . Ich umarme Sie, Freund meiner Seele, und bin ewig mit der wärmsten Bewunderung, Ehrerbiethung, Liebe Ihr getreuer ganz eigner Gerstenberg Empfehlen Sie mich den beiden Mumsen, Ebelingen, Passavant, Büschen, Leistern, den trefflichen guten Männern, die mir so viele Freundschaft bewiesen haben : insbesondere dem liebenswürdigen deutschen M ä d c h e n ! Wegen des Bandes und der Seide habe ich der Frau von Winthem noch von meiner Frau einen schönen großen D a n k zu sagen: sie wünscht jenes als ein Angebinde ansehen zu dürfen, w o m i t sie sich durch dieses an die Frau von Winthem annäht ; ist das schön und groß genug gesagt, meine liebe Freundinn ? N o c h soll ich Ihnen sagen, daß sich diese Nacht (den 12.. M a y ) ihre ersten Wehen eingefunden haben.
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Die jüngste Haken prangt alle Sonntage in Ihrem Bande: es sind ihr aber schon verschiedene Endchen davon abgeschnitten worden: eins hat eine junge Frau von Wickede in ihrem Nehbeutel, sogar Stein trägt ein Endchen in der Tasche. Kurz, man trägt sich damit wie mit einem Amulet. Wollten Sie wohl die Güte haben, liebster Klopstock, mir zwey Abdrucke von Ihrem GipsPorträt zu verschaffen? Vermuthlich wird Herr Leister wohl die M ü h e übernehmen, Sie mir mit der Abschrift von Salieris Armide herüberzuschicken. Den 1 3 . M a y . Glücklich überstanden! Von einem Mädel entbunden, das sich gewaschen hat!
29. VON HEINRICH CHRISTIAN ΒΟΙΕ, H A N N O V E R ,
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Hannover, den i3ten M a y . 1 7 7 6 . Es ist als wenn ich bestimmt wäre, Ihnen nichts als Emphelungen zu schreiben, mein theuerster Herr Klopstock, aber ich wollte, daß ich sie immer mit so gutem Gewißen geben könnte, als das lezte und dießmal. Sie werden sich nicht ungern mit Herrn Theodor Gütcher, einem Kaufmann aus Amsterdam und warmen Freund unsrer
Litteratur,
unterhalten, der nach Hamburg geht, und durchaus von mir bey Ihnen eingeführt seyn will. Viel hätt ich Ihnen noch sonst zu schreiben; aber Herr G . hat heute Recht auf jede Minute, die ich entbehren kann, und viel hab ich nicht. Sie haben gewiß meinen Schmerz über den Verlust eines Vaters mit gefühlt, wie ihn wenige Kinder verlieren können. . . . Meine Emphelung an Frau von Winthem. Der Ihrige Boie
30. VON GOETHE, WEIMAR, 2 1 . MAI
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Weimar, den 2 1 . M a y 76. Verschonen Sie uns künftig mit solchen Briefen, liebster Klopstock. Sie helfen Nichts und machen uns immer ein Paar böse Stunden. Sie fühlen selbst, daß ich darauf Nichts zu antworten habe. Entweder ich muß als Schulknabe ein Pater peccavi anstimmen, oder sophistisch entschuldigen, oder als ein ehrlicher Kerl vertheidigen und käme vielleicht in der Wahrheit
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ein Gemisch von allen Dreien heraus und wozu? Also kein Wort mehr zwischen uns über diese Sache. Glauben Sie mir, daß mir kein Augenblick meiner Existenz über bliebe, wenn ich auf alle solche Briefe, auf all solche Anmahnungen antworten sollte. Dem Herzog that es einen Augenblick weh, daß es von Klopstock wäre. Er liebt und ehrt Sie, von mir wissen und fühlen Sie eben das. Leben Sie wohl. Stollberg soll immer kommen. Wir sind nicht schlimmer und will es Gott besser, als er uns selbst gesehen hat. G.
31. VON F R I E D R I C H LEOPOLD S T O L B E R G , ZI. MAI
BERNSTORFF,
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Bernstorff d : zi M a y 1 7 7 6 . Seit vorgestern, mein allerliebster, sind wir hier, wie freu ich mich auf dem Lande wieder zu sein, das Wetter ist schön, u : wir sind schon viel spatziren gegangen. O mein Liebster wenn Sie doch auch diesen Sommer k ä m e n ! Den lezten Sommer vielleicht welchen ich ganz in D ä n n e m a r k zubringe! Wenn nicht die Münstersche Sache es Ihnen ganz unmöglich macht, so müssen Sie k o m m e n , bitte! bitte! Ich danke Ihnen herzlich f ü r den Brief welchen Sie mir durch Fiz Williams u : den A b b é R o m a n geschikt haben. Wir haben beide lange verfehlt, u : sie uns, indem sie f a s t nie zu Hause waren u : w i r die lezte Z e i t in der Stadt in einem gewaltigen T a u m e l lebten. Der Irländer gefält mir vorzüglich, der abbé ist ein Franzose dans la force du ternie, nicht w a h r ? sonst gut u : gescheid. Heut sind sie noch hier gewesen. Es freut mich mein allerliebster daß Sie mit meinem Homerischen Gesang zufrieden sind, u : zum voraus dank ich Ihnen herzlich f ü r Ihre Anmerkungen. M u m m s e n
mèint in der N o t e müste die Stelle von
Bürger wegbleiben, da aber Bürger mein Freund ist, u : just auch nun H o m e r übersezt, so muß ich doch sein erwehnen. Ich hoffe z w a r in der Uebersetzung ihn zu übertreffen, aber die seinige scheint mir doch Verdienst zu haben. K a n n ich nicht s a g e η daß ich gern mit ihm wetteif re, u : v e r s c h w e i g e n daß ich wegen der Palme nicht ängstlich bin? Ich arbeite nun stark am isten G e s a n g , er ist schwerer weil er weniger poetisch ist. Der Uebersetzer möchte sich dem T e u f e l ergeben bey denen Stellen w o H o m e r sich ohne Flügelschlag blos durch seine Göttersprache über den Boden hebt.
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Multa levât aura Cygnum w o der Uebersetzer die Erde berührt. Schreiben Sie mir bald, bester! etwas umständlich über meine Arbeit, auch über meine lezte Ode. In diesen Tagen reise ich nach Loitmark, erst heut ists so beschlossen worden, mein Bruder hatte reisen wollen, kann aber nun (wegen Ursachen die sie durch Gustchen kennen) sich nicht entschliessen Bernstorff zu verlassen. In etwa 1 0 Tagen komt die Gram. Es ist ein liebes Weib! Meine Geschwister grüssen Sie herzlich. Leben Sie wohl bester, ich freue mich auf Ihre Anmerkungen, bin ich nicht kühn Homer übersetzen zu wollen, u : so Gott will soll es nicht heissen magnis tarnen excidit ausis. Ich umarme Ihre liebe theure Niece, grüssen Sie herzlich die Büsch, wie freut mich Ihre Genesung! Ich küsse Sie iooomal. F. L. Stolberg.
3 2 . AN M I L L E R , H A M B U R G , 2 2 . MAI
1776
Hamburg den 22ten M a y Wie leben Sie, mein liebster Müllern ? Ich habe allerley gutes von Ihnen gehört. Z . E. daß Sie lieben, — daß Sie eine literarische Geselschaft gestiftet haben; u daß Sie's Ihren Patriciern dort ein wenig erschweren, darinn aufgenommen zu werden. Von allem diesen möchte ich wol ein wenig umständlichere Nachricht haben. Schubart ist jezt bey Ihnen. Grüssen Sie ihn von mir, u entschuldigen Sie mich bey ihm, daß ich ihm noch nicht geschrieben habe. Ich bin zwar leider! ein sehr unfleissiger Correspondent; aber zulezt schreib ich denn doch, z. E. diesen Brief. Lange schon hab ich Ihnen schreiben wollen. J a , wenn alle Briefe, die ich in Gedanken schreibe, so gleich auch auf dem Papiere stünden; so wärs herlich, so wär ich der erste Correspondent in ganz Deutschland.
Gräfin Gustchen Stolberg ist recht gefährl. krank gewesen;
aber wir haben Sie, Gott seys gedankt, behalten. Sie wird künftigen Sonnabend nach Kopenhagen reisen. Christian komt ihr bis Schleßwig entgegen — Christian liebt auch; aber die Sache ist noch nicht entschieden. — Voß (dieß muß noch völlig unter uns bleiben; Voß selbst muß nichts davon wissen) kömt v i e l l e i c h t in Ihre Nachbarschaft — Wir haben diesen Winter in unseren Concerte recht köstl. gesungen z. E. Händeis Messias, dazu Ebeling u ich einen deutschen Text gemacht haben. — Die Stolberge erzählten mir, Schubart hätte den Mess, in
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Nr 33
Nach dem ζ 2. Mai
1776
Augspurg declamirt u viele Zuhörer gehabt. Umständl. konten Sie mirs nicht erzählen. Getrauen Sie sich wol Schubarten um eine umständliche Nachricht davon zu bitten ? Ich fürchte deßwegen, der Bitte wegen, weil ich ihm auf einen so herzlichen Brief nicht geantwortet habe. Die v. Winthem u die Kinder samt u sonders grüssen Sie Sagen Sie mir: Gehört Bürger so recht zu uns? Ich umarme Sie von ganzem Herzen Der Ihrige Klopstock
3 3 . VON CHRISTIAN FRIEDRICH D A N I E L N A C H D E M 2.2. MAI
Als Bruchstück
SCHUBART,
ULM,
1776
überliefert
Ja, ich habe den M e s s i a s zu A u g s b u r g öffentlich auf dem dasigen Konzertsaale deklamirt. Erst fing ich mit einigen Auserwählten an, denen gefiel's. Die Gesellschaft wurde für mein Stübchen bald viel zu groß, und nun räumte mir der Magistrat einen öffentlichen Plaz ein, und die Anzahl meiner Zuhörer stieg bald auf einige Hunderte. Alle Exemplare der Messiade, ächter Druck und Nachdruck, wurden bald aufgekauft. H u r t e r in S c h a f h a u s e n machte grossen Profit, indem von seiner fehlerhaften Ausgabe just die meisten vorhanden waren. Hohe und Niedre, Geistliche und Weltliche, Katholische und Lutherische kamen mit Messiaden unterm Arm in die Vorlesung. O das war ein festlicher Anblick, wie alles so in feyerlicher Stille da saß, wie die Empfindung auffuhr, und in Verwunderung und Thränen ausbrach. K l o p s t o c k ! K l o p s t o c k ! scholl's von allen Lippen, wenn eine Vorlesung geendigt war. Ich machte meine Sachen, wie ich glaube, ziemlich gut; denn von Jugend auf lernt' ich Deklamation aus dem Messias und habe sie schon in A a l e n , N ö r d l i n g e n , N ü r n b e r g , E r l a n g , E ß l i n g e n , G e i ß l i n g e n , M a n n h e i m , M ü n c h e n , sonderlich Ludw i g s b u r g beynah unzähligemal vorgelesen. In L u d w i g s b u r g sind Handwerksleute, die den Messias statt eines Erbauungsbuches brauchen, und nach der Bibel (wie's denn auch wahr ist) kein göttlicheres Buch kennen, als dieß. Was ich oft den Leuten für Freude machte, wie ich mich mit freute, und wie mich die Leute dafür belohnten, ist kaum auszusprechen. In A u g s b u r g trug mir oft Eine Vorlesung 50 bis 60 fl.
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19. Mai 1 7 7 Í
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ein. Der Eintritt war gewöhnlich 24 Kr. Da könnt' ich meinen Kindern manche Wohlthat erweisen, und manch gutes Glas Wein auf Ihre Gesundheit trinken. Sehen Sie, welchen Dank ich Ihnen schuldig bin, vortreflicher Mann! Dafür will ich Sie auch ewig lieben und hochschäzen, und einmal, wenn ich sterbe, soll man mir eine Messiade auf's Herz legen und mich damit begraben. Die erstgedachte grosse und weite Erfahrung in Absicht auf Ihre Messiade hat mich gelehrt, daß je frömmer, je unverdorbener, je einfältiger das Herz des Menschen ist, desto mehr wirkte meine Deklamation auf ihn. Ich habe Fürsten, Ministern, Kriegsleuten, Hofdamen, Priestern, Rechstgelehrten, Aerzten, Virtuosen, Handwerkern, Bauern, Weibern, Mädchen an der Kunkel und am Nähpulte Ihre Messiade ganz oder stellenweise vorgelesen, und allemal fand ich, daß der der beste Mensch war, auf den sie den tiefsten Eindruck machte. Und das wird immer so seyn, und sollte allen Kunstrichtern dieser und der spätem Zeit auf ewig Zunge und Hand lähmen. — So lang Ihre Messiade unter uns an Beyfall zunimmt, so lang glaube ich auch, daß unsre Nation vorwärts geht — und sie nimmt zu. F. in R . druckt jezt den Messias und die geistlichen Lieder, und weg gehen sie, zwar nicht, wie Brod zur Zeit der Hungersnoth, reissend und stürmend, aber doch wie tägliches Brod. —
34. AN G O E T H E , H A M B U R G ,
MAI
1776
Hamburg, 29. M a y 76. Sie haben den Beweis meiner Freundschaft so sehr verkannt, als er groß w a r ; groß besonders deswegen, weil ich unaufgefordert mich höchst ungern in das mische, was Andre thun. Und da Sie sogar u n t e r a l l s o l c h e B r i e f e u n d a l l s o l c h e A n mahnungen
(denn so stark drücken Sie sich aus) den Brief werfen,
welcher diesen Beweis enthielt, so erklär' ich Ihnen hierdurch, daß Sie nicht werth sind, daß ich ihn gegeben habe. Stollberg soll nicht kommen, wenn er mich hört, oder vielmehr, wenn er sich selbst hört. Klopstock.
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Nr
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ι . , 2. J u n i
35. VON AUGUSTE STOLBERG,
LUISE
1776
STOLBERG
LOITMARK, APENRADE,
UND
FRIEDRICH
I., 2. JUNI
LEOPOLD
1776
An Klopstock und Johanna Elisabeth von Winthem Auguste Luise Stolberg (Zeile 1 — 39): Loitm: d: iten Juni 1776. Abends halb 12 Ob ich gleich nicht weiß wenn u wo dieser Brief abgeht mein bestes Hanchen, u Sie mein bester Klopst: so muß ich doch heute noch ein 5
wenig mit Ihnen schwatzen Henslern habe ich gebeten Ihnen Nachricht von mir zu geben, lassen Sie sich von Ihm, meine Freude sagen meinen bruder zu sehen, den Schmerz der darauf folgte, u wie bis hier meine Reise gegangen ist — ich fahre fort mich ziemlich wohl zu befinden, u habe seit kurzen an Kräften u auch an abnahme der Schmerzen
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gewonnen — o Ihr Lieben Freunde wäret Ihr doch auch hier, hier ist ein wahres Paradieß, u die 2 Leute eben so gut, als der Ort schön ist — o Lieber Klopstok wie würden Sie den Mann ehren u lieben u die sanfteste bescheidenste liebenste Frau auch — morgen früh um 7 fahren wir von hier, obgleich zu so innig Geliebten doch mit unendlichen
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regrets — ohne die kan ich nie von Loitmark gehen — rathen Sie Klopst: waß ich heute gethan habe ? zum ersten mahl in meinem Leben nach der Scheibe geschoßen u zwar 3 mahl mit allen möglichen Muth — Liebsten Freunde waß sagt ihr zu unser aller Schmerz? o meine arme Schwester! mit welchem verlangen hatte Sie sich eine Tochter gewünscht,
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und nun muß sie sie, nachdem sie charmant geworden war, verlieren! es war ein allerliebstes Kind, so gut, so sanft, so stillefroh, und so freundlich! meine Schwester ist sehr traurig, aber sie versichert selbst sie denke mehr am Glük des Kindes als an ihren eignen Verlust, o das liebe liebe Weib! mein Herz weint blut für sie — Gott wie wird daß
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unser aller Freude trüben ! daß ist abscheulich — und iezt muß ich den Augenblik fürchten, meine Schwester zu sehen, auf den sich meine ganze Seele freute — genug davon — nun noch eins waß mir am Herzen liegt, u waß ich euch ihr lieben klagen muß — der kleine Friz ist seit vorgestern gar nicht wohl u hat mir tausend Sorgen gemacht,
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er ist fieberhaft, hat einen fatalen Husten, u ist so matt daß er immer liegt, u fast immer schläft — seit heute Nachmittag ist er aber merklich beßer, hat mit appétit ein wenig gegeßen u war recht munter wieder — wir wollen ihm ein Lager in der Chaise machen, daß er da wie im Bett
Nr 36
8. Juni 1 7 7 6
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liegt — adieu Liebes bestes Hanchen, ich umarme dich aufs freundschaftlichste, grüße u küße unsre liebe Büschen von mir, u grüße alle Freunde u Freundinnen adieu mein bester Klopst: — denkt an mich ihr lieben, u seyd meiner ganzen zärtlichen freundschaft gewiß — der Brief ist dumm aber ich schlafe halb — vergeßt mich nicht, u behaltet mich ein wenig lieb — Ehlers grüßt. Apenrade d : 2ten Juny Abends 10 Uhr. Hier sind wir nun angekommen, Gustchen befindet sich recht wohl. Gottlob der uns das süsse Kind erhalten hat u: immer mehr stärket! Bester ich weiß Sie theilen meine Freude sie wieder zu sehen. Ich habe die ersten Tage des Wiedersehns mit ihr im edenischen Loitmarck bey den besten Menschen zugebracht — Der T o d meiner kleinen nièce betrübt mich sehr, das Kind war erst anderthalb Jahr alt, aber so gut! so interessant! Indessen wohl ihr! Wolte Gott wir wären gut genug um ganz zu empfinden was Sie beym Tode Nephthoa sagen : Es flöß aus deren Auge nicht Wehmuth Denen Sterben Gewinn u: Leben war der Erstandene! Ich hab Ihren Brief an Göthe gelesen, dank Bester!! Umarmen Sie Ihre liebe theure Nièce. Ich drücke Sie fest an mein Herz. F. L. Stolberg.
36. VON FRIEDRICH LEOPOLD STOLBERG, 8. J U N I
BERNSTORFF,
1776
Bernstorff d : 8ten Jun : 1776. Seit vorgestern bin ich wieder hier, mein allerliebster! Gottlob daß die Reise Gustchen nicht geschadet hat. Sie befand sich so wohl, u: ist auch nun so wohl wie wir nur nach einer solchen Krankheit mehr wünschen als hoffen konnten. Ich hoffe die Freude hier zu sein, die Landluft u : die Jahreszeit werden noch viel zu ihrer völligen Genesung thun. Ganz frey von Schmerzen ist sie noch keinen T a g , aber wie könnten die auf einmal alle verschwinden ! Ich habe mit Verwundrung u : Aerger Ihre Correspondenz mit Göthe gelesen. Bester Klopstock ich kenne zwar ganz Göthens unbiegsames
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Nr
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8. J u n i
1776
Wesen, aber daß er einen solchen Brief, von Ihnen, so beantworten könnte, davon hatt ich keine Idee. Es thut mir in der Seele weh f ü r ihn, er verdiente Ihre Freundschaft zu verlieren, u: doch weiß ich wie er im Herzen Sie ehrt u : liebt ; das sag ich nicht ihn zu entschuldigen, ich kann u : mag hierin ihn nicht entschuldigen, u: bin indignirt über seinen Brief. Starrkopf ist er im allerhöchsten Grade, u: seine Unbiegsamkeit welche er wenn es möglich wäre gern gegen Gott behauptete machte mich schon oft für ihn zittern. Gott welch ein Gemisch, ein TitanenKopf
gegen seinen Gott, u :
nun schwindelnd von der Gunst eines Herzogs! Sagen Sie mein liebster, denn Sie erkannten früh seinen eisernen Nacken, dachten Sie nicht an ihn wie Sie die Warnung machten? Und doch kann er so weich sein, ist so liebend, läst sich in guten Stunden leiten am seidnen Faden, ist seinen Freunden so herzlich zugethan — Gott erbarme sich über ihn u : mach ihn gut damit er treflich werde, aber wenn Gott nicht Wunder an ihm thut so wird er der Unseeligsten einer. Wie oft sah ich ihn schmelzend u : wütend in einer Viertelstunde. Die Sach über welche Sie ihm schrieben geht mir denn auch sehr nahe. Der junge Herzog hat viel Anlagen zum Guten u bösen. Sein gutes kennen Sie, aber er hat natürliche Wildheit, u: was unendlich schlimmer ist, Härte. Sich durch Brantwein abzuhärten wäre f ü r ihn überflüssig, u: ist äusserst lächerlich. Die andern Geschichten welche mir
Gustchen
erzählt hat, sind lächerlich, u: schlecht. Und doch mein Allerliebster kann ich mich nicht entschliessen mein engagement mit dem Herzoge grade zu zu rompiren, ich werde hin müssen so bald er mich haben will, das hab ich versprochen. Ich hoffe mich früh so zu zeigen daß er mich genug kennen lernt um mir nichts anzumuthen daß meiner, daß Ihres Freundes mein Allerliebster, unwürdig wäre, thut ers so verlaß ich ihn gleich. Ich lebe hier in einem Familien Cirkel welcher mir ein Himmel ist, aber das kann nicht währen, u: in Dienste kann ich hier durchaus nicht gehen. Wenn Sie wüsten wie man bey Hofe über mich denkt wie die über mich denken mit denen ich müste zu thun haben wenn ich ein Amt kriegte, so wüsten Sie mehr als ein Brief Ihnen sagen kann. Mit Thränen werd ich ein Land verlassen w o ich von so geliebten Personen mich trenne, aber von den Füssen schütteln den Staub dieses Landes welches allen die das Haupt aufwärts tragen Gruben gräbt. Es ist der heisseste Wunsch unser aller dieses Land zu verlassen w o wir so verkannt
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Vor
dem
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werden, so lang eins von meinen Geschwistern drinnen ist, hab ich keine völlige Ruhe. Man samlet hier der Galle zu viel, man bleibt nicht so gut wie man herkomt. Sie mein Bester, mein Allerliebster rühren mich durch Ihren heissen Antheil an mich. Ewig wird Ihre Liebe mich beglücken, liebster, theurester! Ich leide wie Sie über Luise. Möcht ich doch etwas dazu beytragen können daß sie u: die HerzoginMutter welche ich auch sehr liebe weniger Kummer hätten! Ich umarme Ihre liebe Niece, Grüssen Sie alle Freunde u : Freundinnen. Sie drück ich vest an mein Herz. F. L. Stolberg. Bester schreiben Sie mir bald, bitte! bitte! Ist's wahr das Herder u: Lenz in Weimar sind? Lenz lieb ich sehr, Sein Herz ist so gut, u: er liebt mit inniger Wärme die Religion u. die Tugend. Sagen Sie an Toby ich hätte ihm schreiben wollen u: könnte nicht, zeigen Sie ihm meinen Brief. Mein Bruder umarmt Sie, Sie wissen wie zärtlich, er glaubt Sie hätten vielleicht neulich an ihn geschrieben u : aus distraction nur die Einlagen geschikt.
3 7 . AN G E R S T E N B E R G , H A M B U R G , VOR D E M 1 4 . JUNI
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Hamburg den (Leerraum) Jun —76 Schon lange hätt ich Ihnen schreiben sollen, mein bester. Vor allen Dingen u gleich bitte ich Sie: Mehr, mehr von Ihrer Oper — An der falschen Freude, die Ihnen so unangenehm gewesen ist, als sie mir, ich kenne das, würde gewesen seyn, sind wir rein unschuldig. Ich weis weiter nichts, als daß mein Bruder uns einen Wagen, der nach Lübek zurük ginge, hatte anbieten lassen. Wir können noch nicht; aber wir kommen, so bald wir können. Der gute Biester, sein Schiksal geht mir von ganzem Herzen nah. Ich zweifle, daß man Protestanten in Münster zu Lehrern nehmen wird. Aber ich will mich sonst umsehn, u umhören so weit ich nur kann. Wenns nur nicht so schwer wäre, so was auszuführen. Man trift da auf seinem Wege immer schon Leute an, die Anwartschaft haben.
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14. Juni
1776
Diesen Brief bringt Ihnen Hr. Niemeyer, der aus Halle gekommen 15
ist, mich zu besuchen, ein junger Theologe u Dichter, der Ihnen gefallen wird. Er ist der Verfasser der C h a r a k t e r i s t i k d e r B i b e l ; lassen Sie sich seine Ode an die v. Winthem zeigen. Die besten Grüsse von meiner Niece an Sie u Ihre Frau. Es geht Ihr doch gut auch im Wochenbette? Ihr
io
Klopstock
3 8 . AN F R I E D R I C H 14. JUNI
LEOPOLD
STOLBERG,
HAMBURG,
1776
Hamb, den i4ten Jun. 76 Ich freue mich von Herzen über Ihrer Schwester glükliche Reise. Ich hoffe, daß auch Berger mit ihrem Befinden zufrieden gewesen ist. Ich wünsche bald wieder gutes davon zu hören. s
Göthe solte mich lieben ?
Es giebt so gewisse Situationen im Leben, w o man das zeigt, oder nicht zeigt; u eine solche Situation ist für G . dagewesen. Ich kenne ihn nun durch Sie noch etwas näher. Ich sähe wol etwas davon ; aber ich mochte es doch nicht so ganz glauben. Daß er von des Herzogs Gunst schwindle, glaub ich eben nicht; aber davon schwindelt er, daß er thun kann, was
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er will. — Und der Herzog hätte a u c h H ä r t e ? Das wust ich nicht; aber dieß ist eine Ursache mehr, warum Sie nicht hingehn müssen. Ich weis wol, daß Sie in Dännemark keine Bedienung suchen können; allein folgt denn daraus, daß Sie zum Herzoge v. W. gehen müssen. Sie können ja noch bey Ihrem Schwager bleiben; u indeß kann man sich ja
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bemühen, ich z. E. beym Markgrafen. Es versteht sich von selbst, daß ich es thue ohne Ihnen im geringsten etwas zu vergeben. Aber wollen Sies ? Dieß muß ich vor allen Dingen wissen. Überdieß seh ich die ganze Sache schon ihren Weg nehmen. M a n wird sich schon hüten, (man hat ja dieß bisher schon gethan) Ihnen zu schreiben, daß Sie kommen
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sollen. Sie passen dahin nicht. Aber gesezt man schreibt Ihnen ; u Sie gehen. Was wollen Sie denn dort machen ? G . u den H. (sie sollen jezt eine Maitresse gemeinschaftl. haben) wieder herumbringen? Das kömt mir fast so vor, wie die Bekehrung, die Clarissa mit Lovelacen vorhatte. Es ist wahr, Sie können dann Luisen Ihre Freundschaft zeigen; aber
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weiter auch nichts. Denn wenn Sie den H. nicht ändern, so wird ja Luisens Zustand nicht gebessert. Sagen Sie mir, ist es nicht besser gar
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nicht hin, als bald wieder wegzugehn? Unterdeß gehn Sie hin, wenn Sie wollen. Denn ein solcher auch verfehlter Z w e k macht Ihnen Ehre; u ich will mit dafür sorgen, daß Ihr Z w e k bekant werde. — Lenz ist in W. u Herder wird auch wol schon da seyn
Es ist mir innig nah gegan-
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gen, daß es wieder der Kinderhusten war. Ich erinnere mich jenes ersten Kinderhustens sehr lebhaft. Empfehlen Sie mich Ihrer Schwester Bernstorff aufs freundschaftlichste. Ich griisse alle, die Sie lieben von ganzem Herzen Ihre Übersezung aus Homeren schik ich Ihnen bald mit einigen kleinen Anmerkungen zuriik (ich erwarte meinen ersten Brief
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an G. auch wieder zurük; ich hab ihn nicht mehr) Was halten Sie von Bürgers Aufsaze über die Balladen im Museum? — Wenn ich jezt aufgelegt dazu wäre ; so schrieb ich Ihnen ein Paar Worte darüber, daß Sie nach Lavatern ein Elephant sind — Es giebt eine doppelte Kälte, die, daß man nicht warm seyn kann, u die, daß man da, w o es nicht hinge-
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hört, es nicht seyn will. Doch davon einmal mündl. mehr — Ich legte Ihrem Bruder keinen Brief bey, weil ich der überschikten wegen, keine Lust mehr zu schreiben hatte Ihr Klopstock
39. VON
FRIEDRICH LEOPOLD STOLBERG,
1 5 . JUNI
1776
BERNSTORFF,
Bernstorff d : 1 5 ten Jun. 76. Als ich neulich an Sie schrieb, mein Allerliebster vergaß ich Ihnen die Beylage zurückzusenden. Hier ist sie. Sie hat mich in mehr als einer Absicht betrübt u: geärgert.
Indessen denck ich
Prudens futuri temporis exitum
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Caliginosa nocte premit Deus, hülle mich in den Mantel der Ungewisheit u: bin meinetwegen ruhig. Aber das Göthe sich so schlecht u : gegen Sie aufführt, das kränkt mich. Bester ich schrieb Ihnen gern heut einen langen Brief, aber ich muß mit meinen Schwestern nun ausfahren, schon warten sie. Tausend zärtliche Grüsse an die liebe Niece welche ich umarme. Sie drück ich an mein Herz. F. L. Stolberg
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Νγ4°
i 8. Juni 1776
40. VON C H R I S T I A N S T O L B E R G , B E R N S T O R F F , l 8 . JUNI
I776
Bernstorff den 18 Juni 1776. Sie wißen es durch Gustchen, liebster Klopstok, Sie haben jede Hofnung und jede Furcht mit mir getheilt; theilen Sie nun auch meinen Schmerz mit mir. Es war ein schöner T r a u m ! Nun ist meine Hofnung dahin. 5
Sie hats mir selbst gesagt daß sie dahin seyn miiste. Lieber ein solches Erwachen ist schrecklich, ist fürchterlich schrecklich. Ich hatte die Hofnung genährt, sie war immer fester, immer fester eingewurzelt, und ihr nun mit einmal zu entsagen! Sie ist fest entschloßen so zu bleiben wie sie ist. ihr liebster Bruder, ihr bester Freund soll ich seyn, aber was ist
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das ? Stellen Sie sich in meine Stelle, mein Liebster Klopstok und empfinden mir jeden Schmerz nach der mich foltert. Ich kann Ihnen die Unruhe und die Verwirrung nicht beschreiben in der ich jezt bin, aber ich hoffe ein Mann seyn zu können. Oft und laut ruf ich mir's zu: Sie ist noch hier und bleibt noch 1 4 Tage hier. Da wirds mir freilich sehr
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weh zu Muthe seyn, aber ich wills doch lieber als schleunige Trennung. Bester Klopstock ich kann nicht mehr davon schreiben, aber ich bitte Sie inständigst mit niemand von dieser Sache zu reden, ich wünschte daß sie ganz verschwiegen bleiben könte. Die Nachrichten von Weimar gehen mir sehr durch den Kopf, ich
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wünschte so sehr daß mein Bruder nicht dahin käme, und daß er sich auf eine gute Weise von seiner Verbindung los machen könte. Goethens Betragen gegen sie, mein Liebster schmerzt mich sehr, ich möchte ihn gerne entschuldigen, aber ich finde nichts. Es wird ihn gewis einst gereuen so gehandelt zu haben ; das ist alles was ich für ihn sagen kann.
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Der Herzog und er eine gemeinschaftliche Maitresse das wäre abominable, das habe ich Mühe zu glauben, aber beide sind unbändig, und beiden ist der Umgang mit einander höchst gefährlich. Goethe weiß es sehr wohl daß er den Umgang mit sanften weiblichen Seelen bedarf, wie hat er sich mit dem Herzog dem wilden rohen Jungen, so verbinden können ?
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Das wird beiden sehr schädlich seyn; und ich fürchte sehr daß es noch immer schlimmer gehen werde. Lowisgens Zustand rührt mich unbeschreiblich, Sie sind freilich gar nicht f ü r einander gemacht, und haben sich nie geliebt — doch wenn lieben sich Fürsten ? Leben Sie wohl mein bester Klopstok
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ich umarme Sie herzlich.
umarmen Sie ihre Geliebte Niece von mir. CStolberg.
Nr 41 4 1 . VON BÖCKMANN, KARLSRUHE, Ζ J U N I
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Mein werthester H. Hof Rath ! Seit länger, als einem halben Jahre hab' ich nicht das geringste von Ihnen gehört; Unsern Wünschen nach waren Sie indessen immer wohl. Und wir haben durch den H. Bode, den ich hier einige Tage zu besitzen das Vergnügen hatte, die Gewißheit unserer Hofnung erhalten. Dieser wackere Mann, den ich unserm guten Fürsten vorzustellen die Ehre hatte, wird izt schon meine freundschaftl. Grüße Ihnen überbracht haben. Durch H. HofR. Leichsenring erfuhr ich, daß Sie Geld verlangten. Ohne Ordre von Ihnen wäre es voreilig gewesen wenn ich Ihnen etwas geschickt hätte, da Sie sonst allemal es besonders begehrt haben, da Sie nie Sich geäussert haben, daß ich quartaliter Ihnen Ihre Pension übermachen sollte, da selbst in der teutschen Chronick gedruckt stand, daß Sie auf einer Reise in die Schweiz uns besuchen wollten. Sie werden izt nach meiner Veranstaltung schon 60 Ducaten ausgezahlt bekommen haben, die damals freilich noch nicht vorräthig waren, wie H. Leichsenring den brief von Ihnen bekam, wozu ich aber indessen durch Verkaufung Ihrer Früchte mitbeigetragen habe. Zwey Fuder Wein sind noch unverkauft und bis dato ist noch keine Aussicht dazu da, ihn nur auf eine erträgl. Weise weggeben zu können. Ob ich auch ohne Ihre besondere Erinnerung auf mehr als eine Art für Sie thätig gewesen bin, davon wird vielleicht H. Leichsenring Ihnen Beweisgründe anführen. Sie werden ausser den 60 Ducaten noch 3 Ducaten empfangen haben. Diese sind für H. Voß bestirnt und ich ersuche Sie gehorsamst dieselben an H. Voß oder Dr. Mumsen abzugeben. Seit beinahe einem Vierteljahr hab' ich die Ehre gehabt von meinem Durchlauchtigsten Fürsten zum HofRath ernannt zu werden, welche Ehre mir vorzügl. der Art wegen, womit sie mir ertheilet wurde, unschäzbar ist. H. Bar. v. Edelsheim ist schon seit einigen Monaten abwesend. Er war zieml. nahe bei Ihnen, in Braunschweig. Izt ist er auf dem Hundsrücken und wir erwarten ihn erst in einigen Monaten zurück. Schon seit 8 Tagen hoffen wir jede Stunde die glückl. Entbindung unsrer Durchl. Fr. ErbPrincessinn. Vorige Woche hab' ich eine Carrosse von 5 Personen nach Dessau und von 5 Personen nach Marschlins im Namen meines gnädigsten Herrn abgeschickt. Die Besorgung dieser ganzen Einrichtung die dH.
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Nr 42
Markgraf
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mir gnädigst aufgetragen hatte, hat mir seit einiger Zeit
viele Tage und Wochen geraubt. H. Leichsenring sein ältester Sohn ist auch mit nach Dessau vom H. ErbPrinzen geschickt. Wir schmeicheln uns hier, viel Gutes von diesen vortrefl. Anstalten zu erhalten. Ich empfehle mich Ihrer Freundschaft und habe die Ehre, mich zu nennen den Ihrigen Böckmann Carlsr den 2.9 Jun. 76.
42. VON CHRISTIAN STOLBERG, FRIEDRICH LEOPOLD
STOLBERG,
HENRIETTE KATHARINA S T O L B E R G , H E N R I E T T E F R I E D E R I K E
BERN-
STORFF UND A U G U S T E LUISE S T O L B E R G , B E R N S T O R F F , 2. JULI 1 7 7 6
Bernstorff d : 2ten Jul : 1776. Liebster Klopstok gleich beym Erwachen freute ich mich des heutigen Tages, der mir meinen besten Freund, und der der Welt Klopstock gegeben hat. Sie, mein Liebster, sind den ganzen T a g unter uns gewesen, und mit mehrerer Wärme als wir es immer wünschen, sehnten wir uns nach der glücklichen Zeit wenn Sie ihr altes Versprechen e r f ü l l e n , und wir alle bey sammen seyn werden. Leben Sie so glüklich wie es Ihnen mein ganzes Herz wünscht. Umarmen Sie ihre liebenswürdige Niece von mir die jede Freude des heutigen Tages so lebhaft empfindet Sie mein Liebster, drük ich an mein Herz. Christian Stolberg den 2 t e n J u l y . Den ganzen heutigen T a g möcht ich unter Gottes freyem Himmel feyern, mit Klang u: Gesang u: vollen Bechern in Gesellschaft aller unsrer Freunde, in des Vaterlandes Schooß. O lieber es würde uns so wohl werden daß die laute Freude sich in stille Wonne ändern u: die helle Thräne unterm Kranz in den Becher stürzen würde! Umarmen Sie Ihre liebe Niece, u: Meta u: Wilhelm u: Hannchen. Umarmen Sie Freunde u: Freundinnen. Ich drücke meinen Klopstock an mein Herz. F. L. Stolberg.
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d. 2 t e n J u l y Wie glückl. fühle ich mich, es Ihnen mein liebster Klopstok, sagen zu können, wie froh mich der heutige T a g macht; wie stolz ich auf Klopstok bin, der uns Deutschen allein, u uns Cheruskern noch mehr als andern Deutschen gehört! Wärs nicht Undanckbarkeit, sich heute nur Eine Klage zu erlauben, so würde ich klagen, daß ich noch nie so glücklich gewesen, diesen T a g bey Ihnen zu feyern; aber künftigen Sommer vielleicht, sind wir so glücklich. Ich sehe nie eine MooßRose, oder ein StiefMütterchen, daß ich nicht heimlich wünsche, ach daß ich sie Klopstocken geben könte! Künftigen Sommer vielleicht. Wir haben vor kurzen wieder den Meßias, mit der Gram gelesen; u h e u t e lesen wir einige von Ihren Oden. Leben Sie wohl liebster Klopstock. Umarmen Sie Ihre liebe Niece in meinem Nahmen, u grüßen Sie unsre Freunde von mir. Ganz die Ihrige H. Katharina Stolberg.
Mit vollem Hertzen feyre ich den heutigen T a g , und sage es Ihnen so gerne daß er mir so lieb. Konten wir ihn doch mit Ihnen zubringen! Ich dencke mit Freude an die Zeiten zurück da ich ihn mit Ihnen zubrachte. Dencken Sie auch noch dran? Leben Sie recht wohl, niemand kan es lebhafter wünschen wie ich. Ich muß schliessen um Gustgen platz zu lassen. Mein Mann umarmt sie sehr zärtlich seyn Sie unsrer gantzen Freundschaft versichert u umarmen Sie die von Winthem u. Meta von mir. HBernstorff.
d : 2t: July. Z w a r bin ich die lezte mein bester Klopstok aber nicht die lezte (da komt die rothe Dinte) in meiner Freundschaft für Sie — auch ich dachte heute im bett schon daran daß heute der 2 July wäre der T a g da Klop : gebohren ward — der ganzen Welt so viel — seinen Freunden so viel — und auch mir ein Freund! bey der Idee hebt sich mein Herz, denn ich habe Sie so lieb — ach warum sind Sie heute nicht unter uns ! Wassersleben grüßt Sie nicht, weil Sie ein Betrieger sind, und immer sagen Sie wollen komen u komen doch nicht — Lieber Klop : denken Sie noch an mich ? ich kan heute von nichts als vom heutigen T a g schreiben —
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2 i . Juli
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umarmen Sie Hanchen von mir, die große u : die kleine Meta — u grüßen Sie alle Freunde u Freundinnen Leben Sie wohl ! Gustchen.
4 3 . AN G E R S T E N B E R G , H A M B U R G , 2 1 . J U L I
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Hamburg den 2iten Jul. —76 Endl. liebster G. kommen wir zu Ihnen. Wir werden künftigen Mittewochen den 24ten Abends bey Ihnen seyn. Ich wolte den Dienstag reisen; allein eine Prinzessin von Glüksburg, jezige Gräfin Bentheim, meine sehr gute Freundin, wird den Dienstag kommen; u wir wollen einander gern sprechen. Die v. Winthem bittet sich aus, bey Ihnen zu logiren ; Büsch u ich werden im Könige ν E. logiren. Ich freue mich sehr darauf Ihre Frau einmal wieder zu sehen. Das Ciavier müssen wir gestirnt antreffen, u die Fortsezung Ihrer Oper muß zum Vorlesen bereit liegen Ich umarme Sie mit meiner ganzen Freundschaft Der Ihrige Klopstock
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Mein liebster Klopstock, Dieses winzige Briefchen soll sich nur erkundigen, wo sein viel grösserer Vorgänger und älterer Bruder, der schon vor vier Monathen von hier abgegangen, geblieben, oder was aus ihm geworden sey. Da es scheint, daß man ihn gar nicht geachtet, vielleicht nicht einmal eines flüchtigen Blicks gewürdigt habe, so würde sein Herr, wenn er auch selbst käme, sich wohl keine bessere Begegnung versprechen dürfen. Und doch dünkt ihn, daß jener Bote von ihm in seinem Namen einige nicht ganz unwichtige Fragen zu überbringen gehabt habe. — Denn die Beantwortung einiger von denselben, die ich dem liebenswürdigen Niemeyer zu danken habe, kann ich weder Ihnen, noch Ihrem lieben Secretär, anrechnen. — Haben Sie Sich nun von den Banden des hällischen, oder besser, h ö l l i s c h e n Hemmerde losgemacht? Doch darum will ich
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io. August 1 7 7 6
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lieber Niemeyern fragen. Ich wundre mich, daß er mir in dem Briefe, den er mir kürzlich geschrieben, nichts davon gemeldet hat. — Aber darnach kann ich nicht leicht einen andern, als Sie, fragen, w o unsre vortrefflichen Stollberge anzutreffen sind. Diese und manche andre Fragen wären schon einer Reise nach Hamburg werth, da ich doch nicht hoffen kann, daß ich jemals durch einen kürzern Weg eine Antwort darauf erhalten werde. Und wenn ich auch sonst keine Seele in H. hätte sprechen sollen, als Sie, mein liebster K. so würde ich unter dieser Bedingung diese Reise mit den Herren Lessing und Eschenburg — O fortunatos nimium, sua si bona norint! — und mit meiner Luise, das versteht sich, denn die wüßte dies Glück ganz gewiß zu schätzen, — so würde ich, sage ich, diese Reise unter einer solchen Bedingung itzo gern gethan haben.
Werden Sie in diesem Jahre wieder nach Carlsruhe gehen.
Der Hr. v. Edelsheim, den ich hier kennen gelernt habe, meinte es. — Wieder eine Frage. Aber nun auch keine mehr! Denn ich werde doch nicht d u r c h F r a g e n k l u g . Demungeachtet bin ich und werd' ich ewig seyn der Ihrige, JAEbert. Braunschweig, d. 3. Aug 1776.
45.
VON CHRISTIAN
STOLBERG
B E R N S T O R F F , IO. A U G U S T
UND
AUGUSTE
LUISE
STOLBERG,
I776
An Klopstock und Jacob Mumssen Bernstorff den 1 0 Aug 1776. An K l o p s t o k und T o b y
Mumßen.
An Euch beide schreib ich heute zugleich; Ihr solt Euch mit mir freuen Ihr Lieben. Meines Bruders Sache ist entschieden, der Hof hat darein gewilliget, und es sogar mit bonne grace gethan. Nun ist keine Schwürigkeit mehr. Dankt Gott mit mir Ihr Theuern Männer, der es so wohl gemacht hat! Und zu einer Zeit da es trübe aussahe, da uns Weimar viele Sorgen machte. Wie viel beßer ist dieses in aller Absicht! — Nun ists mir leicht auf dem Herzen da ichs Euch gesagt habe Ihr guten, wenn doch keine Meere und Länder zwischen uns wären, so wär ich geeilt hin zu Euch, und wir hätten uns mit einander gefreut.
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Nr 4 6
Ν., 1 °·> 1 7· August 1776
Hier ist Freude die Fülle, die Schwestern grüßen Euch herzlich. Gustchen ist wieder viel beßer. Breitet die Freude nun auch aus unter den Freunden. Wie werden sie sich alle mit uns freuen. 15
Ihr Lieben heut mag ich Euch nichts von mir sagen. Seitdem ich mit niedergeschlagenem
Mut
an
meinen
theuersten
Klopstok
schrieb,
ist die Hofnung wieder aufgeblüht. Noch ist nichts entschieden. Wenn Ihr durchschautet, so wie ich, das reine lautere fromme Herz meiner Geliebten, und sähet mit welcher unverfälschten Treue, und nakten 10
Wahrheit Sie sich in einer Lage zeigt, wo es den besten weiblichen Seelen schwer wird untadelhaft zu bleiben: Wie würdet Ihr Sie lieben, und wie würde sich euer Wunsch für mich verdoppeln! Meines Bruders Gute Sache giebt mir Hofnung, ich traue auf Gott der auch meine nach seinem Willen leiten wird. Ihr Lieben, laßt meine
m
Sache ja recht verschwiegen bleiben! Lebt wohl, Ihr Theuern Freunde! Es hat mir innig wohl gethan Euch eine Freude zu machen. Laßt euch umarmen Ihr Geliebten ! CStolberg. Auguste Luise
Stolberg:
auch ich ein paar Zeilen an euch beyde Ihr Lieben! Gottlob daß die io
Sache gewiß ist! Sie giebt mir neuen Muth zur andern Sache die mein Herz unaufhörlich beschäftigt — von Hensler könt Ihr erfahren waß mich krank gemacht hatte u wie ich's war, nun trage ich mein Haupt wieder hoch u freue mich daß ich wieder wohl bin. Dank lieber bester Klopst: für den Auftrag an Meta, mir zu schreiben, Dank bester Toby
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für den herrlichen brief — Meta hat mir einen 1. brief geschrieben, ich antworte bald — küße die beyden Schwestern in Gedanken — adieu ihr guten !
4 6 . AN S C H Ö N B O R N ,
Gemeinschaftsbrief Friedrich Cramer, Johanna
Leopold Helena
K I E L , H A M B U R G , I . , 8 . , IO., 1J.
von Klopstock, Stolberg, Margaretha
Elisabeth
von
sabeth Schmidt und Voß
Gerstenberg,
Carl Friedrich Ehlers,
Winthem,
Cramer,
Noodt, Margareta
AUGUST
Martin Ehlers, Anna
Johann Cäcilie
Cäcilia
I776
Büsch, Andreas
Fabricius,
Dimpfel,
Eli-
Nr 46
ι., 8., 10., ι 7. August 1776
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Klop stock: Kiel den iten Aug. 1776. Ich bin heute, liebster Schönborn, der Urheber einer recht guten Sache. Wir sind hier eine nicht kleine Anzahl bey einander, u ich glaube, die meisten von uns, vielleicht alle, werden auf meine Bitte heute an Sie schreiben —
Ich habe in Carlsruh nur den kleineren Brief von
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Ihnen bekommen. Wo der grössere in der Welt herumtreiben mag, weis ich nicht — So oft ich gekont habe, hab ich davon gesprochen, daß man Sie armen Verwiesenen aus dem afrikanischen Sande wieder in die schwarze vaterländische Erde versezen möchte. Vor einem Paar Monathen war auch die Hofnung dazu sehr nahe. Denn es war schon
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Jemand an Ihre Stelle bestirnt, der es aber nicht angenommen hat. Dieß war das notwendigste. Ich komme noch einmal wieder. Ihr Klopstock Gerstenberg: Wer schreiben will, sagte Klopstock mit dem Blatte in der Hand zu der nicht kleinen Anzahl: — — ich, rief Gerstenberg aus, ich meinem Schönborn, meinem Vielgeliebten, den ich mit Seufzen in Afrika denke, da ich Glücklicher nun in Deutschland bin. Ich Glücklicher unter den Menschen in diesem Zirkel! O Schönborn, Schönborn, wo sind deine weiten Schwingen umher, daß der Ocean dich begränzt, und du in den engen Gäßchen der Mohren wie ein weißes Gespenst umherspukst? wo ist die gewaltige Kraft deines hohen Geistes, daß du die dritte Weltwurzel nicht wie eine Pflanze ausreutest, und da stehst in diesem Zirkel, der eine Welt ist. Komm, komm, mein Schönborn, den ich liebe, wie ich wenige liebte, und sieh deinen Gerstenberg noch einmal glücklich.
Martin
is
¿o
15
Ehlers:
Da komme nun auch ich, Liebster Schönborn. Denn ich denke, es könne Sie Niemand mit mehrer Wärme lieben, als ich, wenn ich Ihnen dieß gleich noch nicht schriftlich gesagt habe, seitdem Sie in Africa sind. Oft, sehr oft habe ich an Sie gedacht, erst Sie mit heißen Wünschen nach Africa hinbegleitet und immer dann gewünscht, daß Geist und Körper in der heißen Gegend, wo Sie unter Sclaven und sklavischen
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Nr
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ι . , 8., 1 0 . ,
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Seelen leben, glücklich ausharren und sich erhalten möchten und endlich izo Sie sehr bald wieder zu uns kämen. Nun sollte das geschehen; aber Hegewisch wollte nicht wieder dorthin gehen. Wie aber haben Sie es unterlassen können mir einmal einige Zeilen zu schreiben; allein Sie dachten, was Sie an Mumsen schrieben, das wäre an alle Ihre Freunde geschrieben. Und doch hat man selbst gerne auch einen Brief, wenn das gleich so ist. Vielleicht wissen Sie es noch nicht, daß ich nun Professor in Kiel bin, daß hier nun an zoo studiren und daß es ganz artig anläßt mit der Universität. Nun, dächte ich, kämen Sie her und würden Professor mit. Sie fänden hier was Sie gerne haben, einige recht freundschaftliche Häuser. Ich bin hier nicht unzufrieden, wenn ich gleich noch Wünsche habe, die unerfüllt sind. Nun leben wir seit einigen Tagen, wie im Himmel. Auf einmal bekamen wir Klopstock, Gerstenberg, Stolbergen, Oeder, Noodt, Greilich, Borstel ma. v. Winthem, auch den geliebten Büsch, der itzt sich an meine Stelle setzt um Ihnen auch etwas zu sagen. Ich umarme Sie mit inniger Liebe und Freundschaft. Ehlers Büsch : Zwar hätte ich Ihnen wol vorlängst schon einmal schreiben können. Aber dafür bin ich nun auch nach Kiel gereiset, um es hier unter so guter Gesellschaft zu tuhn. Ich glaube, daß Sie so ungefähr wissen, wie es uns seit drey Jahren gegangen ist. Das neueste in unsrer Verfassung ist, daß ich hinter meinem Garten ein grosses Haus mit 36 Zimmern gebauet habe, um mein ganzes Institut dahinein zu logiren. Alsdann wird alles erst recht werden, wie es soll. Ob ich es nun auf einen recht militärischen Fuß setze, werde ich sehen. In diesem Fall mögte ich ihnen vielleicht auftragen, einen derben Albaneser mir zum Hofmeister, und einen zweyten zum Thürhüter zu schicken. Wenn sie beyde Attestate aufweisen können, daß sie von denen sind, welche die Russen aus Morea wegschlugen, so wird dieß meine Meinung von ihnen sehr erhöhen. Ich bin seit einem Jahre g e s u n d e r , als ich seit ffuAnfzehn Jahren gewesen bin. Es wird also hoffentlich nicht an mir liegen, Sie wieder zu sehen. Und das hoffe ich, bald; weil man doch in Copenhagen wenigstens schon einmal die Billigkeit erkannt hat, sie abzulösen. Ich freue mich indessen aus Mumssens Briefen zu sehen, daß Ihre Gedult Ihnen weniger
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Mühe als im Anfang zu kosten scheint. Nie hat wol ein Mensch mehr Gelegenheit gehabt, als Sie, die güldne Regel practisch
auszu-
üben: die Menschen zu nehmen, wie sie sind. Büsch.
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Friedrich Leopold Stolberg: Da sitzen unten die Kinder Gottes im Schatten eines herrlichen Nußbaums, Cramer liest laut in Luthers Briefen. Es drängt sich viel Empfindung in meine Brust wenn ich an Sie denke, dazu hat mich nun Luther zu stärkerm Gefühl geschwängert. Schönborn mir ist unendlich wohl heute, gern tauchte ich einen Finger in meine Freude u : labte ihre
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dürre afrikanische Zunge, aber Gott helf uns, eine weite Kluft ist zwischen uns. Und doch sind wir uns nah, u: doch schlägt mein Schönborn
die Fittige
seines gewaltigen Geistes, freut sich
seiner
Freunde u: badet im herrlichen Selbstgefühl! — Ich hoffe gewiß daß Sie nicht lange mehr dort sein werden, ich weiß daß Bernstorf ernsthaft
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an Ihre Befreiung denkt. Ich werde vielleicht Eutinscher Gesandter in Kopenhagen, in Eutin ist alles schon richtig, es komt nur drauf an daß der dänische Hof nicht gegen mich protestirt. Ich übersetze die Ilias in Hexameter, u : habe schon 3 Gesänge vollendet. Schönborn laß schlagen die gewaltigen Fittige Deines Genies, daß
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auffahren die es hören von Deiner Sandwüste bis zu denen die sich nun gleich mit Klopstok, Carl Cramer u: mir im Meere baden werden. Gott befohlen. Χαιρειν. Ich umarme Sie iooomal. F. L. Stolberg.
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Carl Friedrich Cramer: Schreib sag ich dir ! — ruft Stollberg — Haben Sie noch nicht geschrieben? ruft die Fabritiussen — da stehn sie alle um einen wie die Husaren und da soll man schreiben — und was denn lieben Leute? was denn? wie denn? in diesem Rausch! diesem Taumel! diesem Geschwirr! — O Schönborn, Schönborn auch mein Geist Da soll ich fort zum Baden in der Ostsee mit Klopstocken . . . wir sprechen uns weiter.
Cr.
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Johann Andreas Cramer: Da sitzen nun alle die Jünglinge, Klopstock in seiner olympischen unsterblichen Jugend oben an, und sagen Ihnen alle, daß die jugendlichste 100
Freundschaft u Liebe in Ihrem Busen gegen Sie schlage, mein geliebter Schönborn. Sollte ich das nicht eben so wohl sagen, als Sie, da ich in diesen Empfindungen immer ein Jüngling gewesen bin, und immer seyn werde ? Ehlers will, daß Sie Professor bey uns werden sollen ; wahrhaftig das ist ein Eingriff in meine Rechte; freylich sollen Sie es werden; aber
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für uns, oder vielmehr für mich; denn Sie wissen, daß ich immer gern habe ein Collegium bey Ihnen hören wollen, wie es Funk privatissime bey Ihnen gehört hat. Im Ernst wäre Kiel recht für Sie gemacht, weil ich Sie doch nirgends so genießen könnte als hier in Kiel, und die Ostsee, wenn Sie in Kopenhagen wären, fast eben so unschiffbar für mich zu
no
Ihnen seyn würde, als das mare mediterraneum, wie wir Gelehrten zu reden pflegen. Dann will ich Ihnen auch Luthers Brief an Hansichen Luther lesen, worinnen er es zum Beten und Studiren locket, u ihm verspricht, daß wenn es fein beten und lernen will, es auch in einen schönen Garten voll Aepfel u Birnlein, die Sie doch in Ihrem Sande
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nicht haben, kommen sollte, w o die frommen fleißigen Kinder schöne Armbrüstlein haben, womit sie schießen, u auf einer schönen grünen Wiese, die sie auch wohl nicht mehr kennen mögen, tanzen sollen. Was wird das für Freude für uns seyn, wenn sie auf einmal, wie sie einmal im Januar den 2.9. denke ich, weiß nicht mehr in welchem J a h r e ;
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denn wer kann so weit zurückdenken? unter uns erschienen, als wir meinten, die Wellen hätten sie verschlungen, oder sie wären auf einer Eisscholle nach Grönland verschlagen worden, in einer africanischen Loewenhaut unter uns aufträten mit einem mohrischen Köcher auf der Schulter, weil Sie doch leider! Ihren Brennusstab verloren
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haben!
Der Glückliche Zeitpunkt müsse bald bald erscheinen, daß meine Frau sie wieder in einer Ecke, halb gegen sie, u halb gegen mich gekehrt anschaue, und dann heimlich zu mir sage: Schönborn ist doch ein eigner guter M a n n ! Cramer.
Helena Margaretha Ehlers: 30
Nun ist ja wohl bald Hoffnung daß Sie einmal wieder unter uns kommen, mein lieber S c h ö n b o r n . Ich glaube A l i t s c h , hat Ihnen diese Ihre
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Prübungs Zeit erbeten, schlegt Ihnen Ihr Herz, nicht u bereuen müssen Sie alles aufrichtig, besonders daß Stückschen mit der Mütze, den A l i t s c h ist den lieben Gott viel näher als wir. Mein ganzer Wunsch geht dahin Sie wieder unter uns zu sehn, mitten unter den Zirckel von denen die uns so theuer in dieser Welt sind die mir so theuer sind, Ihre Freundin HMEhlers Noodt: Schon wieder ein neuer. Da bin ich und schreibe Ihnen mit kaum halb offenen Augen noch aufm Bette, nach der strengen Ordre die mir eben ist ertheilet worden. Sie können leicht denken, daß wir hier in Kiel in dieser herrlichen Geselschaft alle Tage herrlich und in Freuden leben. O warum können Sie nicht mit uns leben! — Komen Sie komen Sie doch bald wieder in die Arme Ihrer Freunde zurüke. Denn sollen Sie auch nach Wesenberg komen in die einsame Hütte Ihres alten wahren Freundes Noodt Anna Cäcilie Fabricius: Ich mus mich wohl meinem lieben Schönborn einwenig bekandmachen. Ich bin die wunderliche Frau, die sich mit ihrem Bruder in Hamburg Ihnen ein wenig aufdrang, Sie den Abend durchaus behalten wolte und nicht imahl daran dachte ob es Ihnen auch mit wäre. Und was noch das beste bei der Geschichte war, die Ihnen, aus guter ehrlicher Haussorge eine Wachskappe mitgab. Das Weib ' bin ich und weil Sie ein grundguter Mann sein ; so will ich Sie recht dazu aus ersehen Ihnen alle meine Freuden zu sagen. Die Hohen dieser Erde, Klopstock mit dem Himmel im Auge, Stolberg mit dem Adlerblick, die von Winthem mit der Erzengel Stimme — die uns einst zum Himmel rufft, Gerstenberg, der Sie zum Atlas macht alle sind hier, und schaffen unsre Hütte zu Eden. Mein armer Kopff mag vieleicht so viele Freude nicht ertragen können. Aber habe ich denn zu viel aus dem Freuden Kelche getrunken; so war es doch so wahr Gott lebt, der beste Wein, ich bin diese Nacht und diesen Morgen nicht wohl gewesen aber itzt habe ich alles abgeschüttelt, was nicht das empfinden meiner Freude ist. Ihre, und meine Freundin Andersen ist wohl und Zoëga ist so glüklich dieser seltnen Frau Ruhe und Bequemlichkeit zu verschaffen. Fabricius.
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Johanna Elisabeth von Winthem: Das dachten Sie wol nicht mein lieber Schönborn daß die faule v : W : endlich von Kiel aus an Sie schreiben würde. In Gedanken habe ich viele Briefe an Sie geschrieben, ich woltedaß ein freundschaftlicher Wind sie Ihnen hingeweht hätte, so würden Sie mich nicht faul nennen können. 170
Wie viel könte ich Ihnen nicht von den Freuden erzählen die ich hier u in Lübeck genossen habe.
Klop stock: H a m b u r g den 8ten Aug. Hier bin ich wieder, 1. Sch. Ich kam gestern Abend zurük, u traf zu meiner nicht kleinen Freude Lessingen an. — Nun auch ein Paar Worte 175
von unsrer Reise. Sie hat 14 Tage gedauret. Zuerst nach Lübek, w o ich denn nach so langer Zeit die Gerstenbergen wiedersah. Ihren vier frischen, u guten Jungen hab ich die Anfangsgründe des Tauchens u Schwimmens in der Wagniz beygebracht. Den ersten Schultag saß die Henne, (Gerstenberg näml. nicht Sie,) im Bote u sah den Enten zu, doch ohne Geschrey,
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sie müste denn etwa heimlich bey sich gewimmert, gejammert, u gewehklagt haben. Den Tag vor unsrer Abreise nach Kiel kam Carl Cramer zu uns. Er, Gerstenberg, u Nodt reisten mit uns nach Eutin zu Friz Stolbergen. Denken Sie einmal, mein liebster, der Idiot Friz war schon über 8 Tage in Eutin, u hatte in dem dortigen schönen See noch
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nicht einmal eine Stelle entdekt, w o man ungesehn von Hofdamen u ihren Käzchen baden könte. Die grosse Entdeckung war also mir vorbehalten. Wir gingen, von Vermutungen einer nahen unsichtbar machenden Bucht angeflamt, aus dem Schloßgarten mit den Schuhen in der Hand durch Wasser u über gesunkene Einhegungen, u schrieen, wie
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Xenophons Griechen bey Erblickung des Meers, da wir die Bucht fanden. Ohne Ruhm zu melden: Ich wars, der noch immer vermutete, da Karl u Friz schon verzweifelten. So gar Blut wurde bey der Expedition vergossen. Als ich aus dem Wasser aufstand, rief Friz: Sie bluten in der Seite ! Und so wars auch ; u ich hatte doch weder einen Stein noch einen
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Blutigel in der Seite gefühlt, so daß wir uns vergebens die Köpfe zerbrachen, wie das Ding zugegangen seyn könte. — Die erste Meile von Eutin nach Kiel geht durch eine vorzügl. herliche Gegend. Sie kennen sie gewiß. wenn man zur Mühle hinunter kömt, so sieht man einen nicht kleinen Theil des Plöner Sees. Ich sah ihn aufs Baden an; aber daran
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war leider! jezt nicht zu denken. In Kiel trafen wir auch Bergern u seine
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Tochter, Ödem, Bosteln u Greilichen an. Wir sind 8 Tage dort gewesen. Manchen T a g haben wir uns zweymal dem Kieler Jungfernstiege gegen über an einer Stelle, w o sich die Küste erhebt, gebadet. Einmal sind wir von braven Leuten mit einem Teleskope bekukt, u ein ander mal von Professoren bemäkelt worden, u zwar folgender maassen: Da sind
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denn nun diese Herren hergekommen, um ihre geistigen Aufwallungen in der Ostsee abzukühlen. Z u r Ehre der Henne Gerstenbergs sey es gesagt, daß sie die Bemäkelung mit verdient hat. Stolberg declamirte einmal Verse aus Homeren; (bald aus dem Originale, bald aus seiner Übersezung) u ich machte die Gestus dazu, auf der Fläche des Wassers
no
näml. u ihm oft ins Gesicht. Wenn er es mit Poseidaonen zu laut machte, u es gar selbst seyn wolte; so bekam er solche Wellen ins Gesicht, daß er fliehen muste. Warum ich Ihnen von nichts als von Baden erzähle ? Dazu hab ich, wie der Haushofmeister im Gespenste mit der Trommel, 3 Ursachen. 1) Weil mirs Vergnügen macht z) weil ich in der grossen
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Hize, die wir hatten, ohne Baden die Freuden des Wiedersehens nur halb würde haben geniessen können
3) u weil ich Ihnen kein Buch
schreiben mag. P . S . Leider! kont ich mich bey Asperg im Plöner See, des Schilfes wegen, nicht baden, u in der Alster beym Heidkruge auch nicht, weil Regenwetter eingefallen war. Margareta Cäcilia Dimpfel: Ich bin leider nicht mit in dem Himmel in Kiel gewesen, aber darum komme ich doch nun auch und behaupte daß ich mit an diesem Briefe schreiben muß, weil auch ich Ihnen gut bin, und recht eifrig wünsche, daß Sie bald aus der africanischen Wüste erlöset werden, und zu Ihren
nS
Freunden zurük kommen. Marg. Cäcilia Dimpfel Elisabeth Schmidt: Bey Ihrer Abreiße nante ich sie: Barbarsche Majestät, kommen Sie bald mit wieder, so gebe ich Ihnen einen bessern Titel, kommen Sie noch d i e s e n Winter, u werden wieder Vorleser! Ach! meiner Seele tönt noch so oft Ihre Stimme, u mein Herz fühlt noch Ihr Lesen, möchte
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doch mein Ohr sie noch hören u mein A u g Sie noch sehen. N u n , — ists nicht untern M o n d so ists drüber. E : Schmidt g : Moller Voß: us
Den 1 0 A u g . Mein lieber Schönborn, Klopstock erlaubt mir, auch an dem großen Briefe noch etwas hinzuzuschreiben. Daß wir Sie alle zurückwünschen, zurücksehnen, davon haben meine Vorgänger schon geredet. Mein Gott, ist denn das gar nicht möglich zu machen, da Ihnen so viele Leute so gut sind, und da Sies so sehr verdienen? Ich bin jezt allein in Wandsbeck, und hüte mich vor dem Hause, w o sonst Claudius wohnte. Den Frühling hab ich in Flensburg (Boiens Geburtsort) zugebracht. Wenns nicht in so großer Gesellschaft wäre, so sagte ich Ihnen auch, wie angenehm; und wie sauer mirs jezo wird, ohne Claudius wieder in Wandsbeck zu seyn. Schreiben Sie mir doch einmal, nur ein
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klein Zettelchen, daß Sie mich lieb haben. Meinen Musenalm. hat dieß J a h r Bohn in Verlag genommen, u giebt mir 400 Rthlr. Ld. Soll ich in der Subscribentenliste wieder Algier sezen? Beßer wärs, wenn ich im Register den N a m e n meines lieben Schönborns, als Verfaßers einer Tyrannenode, anführen könnte. Heut Mittag eß ich bey Dick, und
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trinke Ihre Gesundheit in Kirschwein. Meine Brust scheint sich zu beßern, nur die Hize quält mich sehr. Wie können Sies in A f r i k a aushalten! Ich umarme Sie herzlich, Ihr Bruder
Voß.
Klopstock : den i 7 t e n
Aug
Ich komme noch einmal wieder, 1. Sch. Der Brief hat so lange gelegen, 255
(Morgen soll er endl. seine Reise antreten) weil er mir immer noch nicht dik genug war.
Für Vossen denk ich etwas beym M a r k g r a f e n thun
zu können. Die Veranlassung dazu, u wie es damit geht, wäre zu weitl ä u f i g zu erzälen. — Ich habe nun schon viele Fragmente meiner G r a m mattik fertig, u manchmal die Freude, daß ich sie noch mehr verkürzen 2.60
kan. Ihnen brauch ich nicht zu sagen, daß diese Arbeit gar nicht so trocken ist, als sie so vielen vorkommen wird. N u r Ein Wort daraus: Wir haben 3 Arten die Wirkungswörter umzubilden:
1) M i t
dem
U m l a u t e singen s a n g ; 2) mit dem te ehren e h r t e 3) mit b e y d e n müssen m u s t e .
Wie oft wünschen wir Sie bey uns, 1. Sch. z . E .
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gestern, da wir 4 neue Simphonien von Bachen mit 40 Instrumenten
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aufführen hörten, u denn den Abend bey Büschens mit Lessingen waren.
Der Churfürst von der Pfalz hat jezt so einen gescheiten
Minister, daß er ein Nationaltheater haben will. Man hat auch mich darüber befragt. Ich habe den Churfürsten auf meiner Reise kennen lernen, u ihm, ohne ihn auszunehmen, eine ganze Stunde lang in seinem Kabinette gesagt; daß unsre Fürsten nichts für die Wissenschaften thäten. Meine Unterhaltung, die sehr lebhaft war, schien ihm zu gefallen; u doch wolte er mir immer entschlüpfen: allein fest, fest hielt ich den Aal. Einmal hatt ich es schon auf der Zunge, ihm zu sagen, daß er, als Reichsrichter, sein goldnes Beil am Kaiser versuchen solte, weil dieser
27s
sein Wort, das er durch mich hätte geben lassen, nicht gehalten hätte; aber ich lies es doch, weil ich befürchtete, er würde den Scherz nicht recht verstehn
Ich lasse hier noch ein wenig Raum für die v.
Winthem.
Johanna Elisabeth von Winthem: In Kiel fielen mir andere Leute ins Wort
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Darum seze ich in Hamburg erst meine Rede fort. Ich muß Ihnen noch ein Wort von unsere Reise sagen, sie hat mir gar zu viel Freude gemacht. Ganz vortrefliche Gegenden habe ich gesehen, u vortrefliche Leute kennengelernt. Gerstenbergs sind so gute Leute, sie haben mich so freundschaftlich aufgenommen, viel freundschaftlicher
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als ich es erwarten konte. Über die Bekantschaft mit den Cramerschen Hause, habe ich mich auch nicht wenig gefreut. Es ist einen doch so wohl wen man viele Freunde hat, u den Himmel sey Dank ich habe sie, u bin gewis auch erkentlich dafür. Es war mir unangenehm, alle diese lieben Leute zu verlassen, aber in Hamburg ist es auch nicht dum. Wir führen ein recht angenehmes Leben sind immer unter Freunde, bey der Büschen sind wir am öftersten, da singen u trallallen wir, u trinken oft unser guten Schönb: seine Gesundheit u wünschen ihm bey uns
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4 7 . AN B Ö C K M A N N , H A M B U R G , 2 . 1 . A U G U S T
Ïjj6
Hamburg den 2iten Aug —76 Beygelegte Briefe bitte ich dem Hr. Markgrafen in meinem Namen zu übergeben. Ich glaube dem Herzoge die Schonung schuldig zu seyn, daß sie geheim gehalten werden.
Ich muste allerdings fürchten,
daß Ihnen meine Aufträge, meine Pension zu heben, u sie mir zu überschicken, beschwerlich würden. Denn Sie schrieben mir einmal, daß Geld für mich bereit läge, das ich s o g l e i c h heben lassen könte; ich bat mirs aber erst e t l i c h e W o c h e n h e r n a c h aus; u Sie schikten mir es gleichwol erst z i e m l . l a n g e Z e i t n a c h meiner Bitte. Hatte ich also in meiner Besorgung wol Unrecht? Ob sie völlig ungegründet sey, können Sie mir jezo zeigen. Ich ersuche Sie näml. meine Naturalien, so gleich nach Empfang dieses, zu Gelde zu machen, u dabey gar nicht auf einen mir vortheilhaften Preis zu sehn, sondern sie für den zu verkaufen, den sie jezt haben. Ich habe Sie mich deucht schon einmal gebeten, beym Verkaufe nicht auf den Preis zu sehen. Fahren Sie also nicht fort, wider meine ausdrükliche
Erklärung
über
die Sache,
zu meinem
Vortheile zu handeln. Wenn Sie einmal bey Laune wären, mir etwas umständlicher über die Schweizer Reise, die Sie mit dem Markgrafen gethan haben, zu schreiben; so würd ichs mit Vergnügen lesen.
Der Geh. R . E d e s -
heim ist wol noch nicht wieder zurükgekommen ; sonst empfehlen Sie mich Ihm auf das freundschaftlichste. Was macht unser lieber Molter?
Könte ich nur so viel Briefe schreiben, als ich schreiben
möchte. Bringen Sie den faulen Mann doch dahin, daß er mir seine Fragmente der ital. Übers, des Mess, schicke. Ich bekomme nun bald eine von den ersten 4 Gesängen, auch in Versen. Ich möchte sie gern mit Molters seiner vergleichen — — Durch Edelsheim weis ich, daß die Erbprinzessin wol ist. Und das freut mich von Herzen. Schreiben Sie mir doch von der Fortdauer des Wolseyns
Schreiben die Hof-
damen in Ihrem physischen Collegio auch hübsch nach ? Meinen besten Gruß an Ihre Frau, u die gute Kleine. Klopstock
Nr
4 8 . AN E B E R T , G Ä R T N E R , Z A C H A R I Ä S C H M I D , H A M B U R G , 3. S E P T E M B E R
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3. S e p t e m b e r
UND K O N R A D
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ARNOLD
1776
Hamburg den 3ten Sept. 76 An Eberten, Gärtnern, Zachariän, u Schmidten. Ich kenne wenig Sachen, die so schwer sind, als sein eignes Leben zu schreiben. M a n soll umständlich seyn; (denn ein kurz hingeworfnes Leben ist keins) u zugleich selbst den Schein der Eitelkeit vermeiden. Gleichwol muß ich mich aus verschiednen guten Ursachen dazu entschliessen. Eine derselben ist diese: M a n hat mir nicht selten dieses u jenes von mir erzählt, das zwar wol recht schmeichelhaft für mich, aber auch wenigstens zur Hälfte, oder gar völlig falsch war. Solcher Erzählungen können mehr von mir herumgehen, als mir bekant geworden sind. Eine gute Lebensbeschreibung, das heißt eine, die in Hauptsachen umständl., u durchgehends genau wahr ist, trift diese Erzählungen auf ihrem Wege an, u macht, daß sie nicht weiter in Betrachtung kommen.
Ich wünsche, daß mir meine Freunde bey der meini-
gen helfen. Ich bedarf dieser Hülfe. Denn manches von dem, was mich betrift, hab ich so rein vergessen, daß ich wol eher, wenn mir Augenzeugen davon erzählten, ziemliche Zeit mit der Unwissenheit eines Fremden zuhörte, bis mir es endl. gewönlich kleine Umstände, u die dann sehr lebhaft, zurükbrachten. So gar Briefe, u nicht etwa gleichgültige sondern Briefe an Freunde hab ich beym ersten Durchlesen blos an meiner Hand gekant.
Wenn mir meine Freunde von
dem, was sie von mir wissen, dasjenige anzeigen wollen, was ihnen in die Lebensbeschreibung zu gehören scheint; so werd ich doppelten Nuzen davon haben: Sie werden mich an manches, das ich nicht mehr wüste, erinnern; u ich werde von ihnen unter dem, was mir bekanter als ihnen ist, wählen lernen.
Es ist ihnen unverwehrt, mich
auch zur Aufzeichnung dieses u jenes, das sie wissen möchten, u das ich sonst vielleicht übergehen würde, durch Fragen zu veranlassen.
Vorzügl. angenehm werden mir auch Nachrichten von
Eindrücken, die meine Arbeiten auf Ungelehrte gemacht haben, u Erinnerungen an Zeiten seyn, da wir so recht von Grunde des Herzens mit einander glükselig gewesen sind. Ich erkenne es mit inniger Dankbarkeit, daß ich es so oft in meinem Leben, u in so hohem Grade gewesen bin. Auch hab ich mirs manchmal zum eigentlichen Geschäfte gemacht, tief u anwendbar darüber nachzudenken, was Glükseligkeit sey. Denn es hat
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4. , 8 . Oktober
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mir immer sehr nah am Herzen gelegen, herauszubringen, worauf es dabey so recht wesentl. ankomme. Ich verlange u erwarte von meinen Freunden nicht, daß sie mir in dem gütigen u partheyischen Tone der Freundschaft über die Sache schreiben. Der Ton eines richtig u kalt urtheilenden Nachkommen ist wol derjenige, der, in Absicht auf sie u mich, den Vorzug verdient. Für dießmal nur von dieser Sache. Meine lieben alten Freunde, der Ihrige Klopstock P. S. Ich bitte, die Antwort nicht lange auszusezen.
Schicken Sie,
1. E. eine Abschrift dieses Briefes an Gleimen.
4 9 . V O N R E S E W I T Z , K L O S T E R B E R G E , 4 . , 8. O K T O B E R
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Kl. Berge d. 4-Oct. 76. Mein liebster Klopstock, Endlich schreiben wir uns einmal nach anderthalb Jahr Verlauf, und doch, wenn ich dem Gerüchte trauen soll, so gehört es unter die Merkwürdigkeiten dieser Zeit, einen Brief von Ihnen zu haben. So schwach ich auch noch von einem überstandenen Fieber bin, so liegt es mir doch am Herzen darauf zu antworten. Sie empfinden es mit Recht, wie schwer es sey, sein eignes Leben zu schreiben. M a n darf viele Dinge nicht sagen, oder nur obenhin sagen, die dem philosophischen Leser grade die intereßantesten sind. Denn das würde ich z.B. am liebsten lesen, wie sich Ihr Geist entwickelt hat, durch welche Veranlaßungen Sie auf die große Unternehmung Ihres Gedichts gekommen sind, in welchen Beobachtungen, anschauenden Blicken oder Oefnungen des Genies Sie die großen oder feinen Gleichniße, die so feinen, der Seele nur sichtbaren, und doch so richtig gezeichneten Gemähide aufgegriffen haben, und welcher innere Seelenzustand am meisten und häufigsten große und anhaltende Begeisterungen hervorgebracht hat. Ich würde die Gelegenheiten wißen wollen, welche auf Ihre Seele den meisten Eindruck gemacht, und gleichsam die Gährung
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4., 8. O k t o b e r
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in ihr erregt haben, in welcher die Schöpfung ihrer poetischen Welt erfolgt ist. Ich fahre fort den 8.t. Von Wirkungen ihres Gedichts schwebt mir zwar noch manches dunkel vor, aber ich kann die Data nicht zusammen finden. Wollen Sie das mitrechnen, daß ich nebst einem Freunde Ihre ersten drey Gesänge, so wie sie Meyer nachdrucken ließ, ohne weiter was vom Inhalt vorherzuwißen, gleichsam verzehrt habe. Die neue Versart, der T o n , die Materie war uns schwer und fremd, wir konnten nur langsam und oft wiederholend lesen, aber wir lasen vom Abend bis zum Morgen unermüdet fort, und legten sie nicht eher aus der Hand, bis wir sie geendiget hatten. An den N o a h gingen wir mit gleichen Erwartungen, lasen ihn auch eine Nacht hindurch, aber durch einen seltsamen Contrast, weil wir gleich Anfangs in unsren Erwartungen betrogen wurden, unter beständigem Lachen. Mit der Glückseligkeit, mein liebster Klopstock, und deren Beschreibung ist es eine eigene Sache. Ich habe viel glückliche Stunden mit Ihnen zugebracht, aber ich wüßte sie nicht zu beschreiben. Die völlige Oefnung der Seele unter Freunden, das unverhohlne und unbedenkliche Ergießen des Witzes, der Kenntniße und der gegenseitigen Empfindungen geben auch dem scheinbaren Nichts einen Werth und eine Wirksamkeit, die sich in langen Reihen und Strömen von Ideen und süßen Regungen vervielfältiget und auflöset. Geschichtschreiber solcher Scenen möchte ich nicht seyn, aber ein heißer Leser solcher Geschichtschreiber würde ich seyn. Sie, mein Klopst. sind glücklicher als tausend andere, und Sie sind es dadurch, daß ihre Seele durch keine unfreundliche Geschäfte aus der Faßung gebracht, durch keine Last und Feßeln der politischen Welt niedergedruckt, durch keine boshafte oder dumme Hinderniße in ihrem Spiel gehemmet, noch so oft, als unser einer und meines Gleichen, um ihre Munterkeit bestohlen wird. Wenn mir was beßers einfällt, das Sie brauchen können, will ich es für Sie anzeichnen. Seit etwa 4 Wochen befindet sich meine Frau hier beßer, als sie hier noch gewesen ist. Ich arbeite nach meiner Gewohnheit; habe einige Kämpfe ausgehalten, auch nach meiner Gewohnheit; bin jezt leidlich zufrieden; kann noch keine schmackbare Gesellschaft finden; habe Köpken ein paar mal, Funken nur eben so oft gesehen ; sehe aber manche Züge des alle Stände
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Nr 50
10. Oktober
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u. Menschen ansteckenden Despotismus, welche denn etwas eckelhaftes an sich haben. 60
FGResewitz. Grüße an die mit Ihnen umziehende Sängerin 50. VON L E S S I N G , W O L F E N B Ü T T E L , 20. OKTOBER
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Wolfenbüttel den 20 Octob. 76. Verzeihen Sie, mein lieber Klopstock, daß Sie die italienische Übersetzung Ihres Messias so spät erhalten. Es sind auch nur die ersten drey Gesänge, die ich noch davon besitze. Die übrigen, bis auf den zehnten, erwarte 5
ich nächstens. Denn bis dahin hat sich der Übersetzer vors erste nur sein Ziel stecken wollen, nach einer Idee, die ich eben nicht zu der meinigen machen möchte. Zugleich lege ich das Fragment aus dem Renner bey, von welchem wir in Kaden sprachen. Das deutsch Geschriebne ist der Text des
o
Gedruckten; das mit lateinischen Buchstaben ist aus unserm ältesten u. besten Mspte genommen; und die Lesarten aus einem zweyten, nicht ganz so guten. Die Stellen, Wer teutsch wil eben tihten Der mus sein herz rihten
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Uf mangerley spraoch — Und ferner, Die landsprachen davor genannt, In teutschen landen sein bekannt Wer aus den iht gutes nimt
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Das wol in seinem getiht zimt Mich dunket der hab nit missetan Tut ers mit kunst und nit nach wan — die sind es, worauf ich mich als Beweis bezog, daß man die deutsche Büchersprache, oder das sogenannte Hochdeutsche, für nichts als eine Auswahl aus allen Mundarten Deutschlands zu halten; wenigstens, daß unsere ältern Schriftsteller sie in diesem Lichte betrachtet u. bearbeitet haben. Ihr ganz ergebenster
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Lessing.
Nr 51 5 1 . VON FRIEDRICH LEOPOLD STOLBERG, IO. D E Z E M B E R
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KOPENHAGEN,
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Kopenh. d: 1 0 Dec. 1776. Z u f r e u n d s c h a f t l i c h konnte ich von Ihnen nichts sagen, weder in der Vorrede zum Z w a n z i g s t e n noch irgendwo sonst. Aber das wissen Sie auch so mein Liebster ! Bernstorff sagt sie könnten vielleicht das Indigenat erhalten wenn sie Ihr Gehalt als gage oder Wartgelder bekämen, aber nicht wenn es eine pension wäre. Wasserschieben, welcher eine Pension hat, hielt drum an um dem Hof ein Kompliment zu machen, u: es ward ihm versagt. Vielleicht ist's gut daß Sie doch ansuchen, ich wills mit unsern Freunden überlegen u: im Fall wir es für gut halten das Memorial schreiben u: unterzeichnen. Z u lezterem wird niemand so geschickt sein als ich. Christian schrieb Ihnen so gern, darf aber an niemand d a v o n schreiben wovon ich auch eigentlich nicht dürfte, u: doch mit seinem Wissen dürfen will. Und doch weiter nichts sagen als: sapienti sat. Unsre liebe Grammen muß aber nicht wissen daß ich so viel sage, schreiben Sie ihr noch nicht; an keinen Menschen als Sie u: T o b y schreib ich dieses. Sie lieben bey de so recht aus der Tiefe des Herzens, u: werden ein Wonneleben leben. Sie werden Luise wenn sie sie ganz kennen noch lieber kriegen als Sie sie schon haben. — O daß ich die Erscheinung hörte ! o daß ich den Text hätte ! Gustchen soll ihn mir schicken. Ich möchte Blut, ja ich möchte Wein weinen daß ich nicht überzeugt werden kann daß auch der rothe cap Wein Deutsches Saftes sey. So bald Sie mir Beweiß davon schaffen können, so geben Sie ihn mir. Ich habe dem edlen KapWein zwar mein erstes, aber wie ich hoffe nicht mein leztes Lied gesungen, er soll vielleicht noch eben so oft mein Gegenstand als meine Muse sein. Ich höre Bürger soll schnauben wie Saulus ; Aus Freundschaft schonte ich sein in meiner Vorrede zum 20Sten, wenn er es so haben will geh ich ihm gern zu Leibe, τρεϊν μ'ουκ eçc Παλλας Αθηνη. Ich bin nun im 5ten Gesänge bey den Thaten Diomädäs. Mein gipserner HalbGott ist unterwegens, eine Libation Kap-Wein harret sein. Aber auch du HalbGott, mein Klopstock!
Go
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¿3. D e z e m b e r
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Neulich laß ich den i6ten Gesang denen beyden Liebenden vor, ich finde im Messias immer neue Sterne je öfter ich in seine GlanzNacht hineinschaue. M a n sage was man will die Iliade, Odüssee u : Messiade, u: noch einige kleinere GeniusKinder gehn gewiß mit hinüber in die andre Welt. Wie das möglich ist laß ich meinen geringsten Kummer sein, genug es ist. Ich weiß es nicht, aber ich ahnde es, u: bey mir (in meiner Art bin ich so seltsam wie Eulenspiegel) bey mir ist ahnden mehr als wissen. Friz Eulenspiegel umarmet Johanna Elisabeth Winthem, u: die lieben Kinder, u : die liebe Büschen u: alle Freunde u: Freundinnen. Vater Klopstock möcht ich gern küssen, ich thue es im Geiste, u: will Ihnen bald einmal auch eine KapWeinlibation thun. F. L. Stolberg Vergessen Sie nicht mich wissen zu lassen ob Sie das Gehalt unter dem Namen pension haben ?
5 2 . VON CHRISTIAN S T O L B E R G , K O P E N H A G E N , 2 3 . D E Z E M B E R
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Kopenhagen d: 23 Dec 1776 Freue dich, und abermal sag ich dir freue dich! — J a freuen sie sich, mein Liebster Klopstok, meine Wünsche sind erfüllt, ganz erfüllt. Das liebe Weib, Sie die ich so lange und so innig liebe, die mich eben so innig liebt, die hat sich mir gegeben, und mit sich die Wonne des Himmels.
Danken Sie Gott mit mir mein Liebster, und erbitten Sie mir
daß ich diese Große Wohlthat immer mit Dankbarkeit erkenne. Welchen Weg leitet mich Gott? schon in diesem Leben, welche Seeligkeit? die mir Bürge ist, des Heils das einst dort auf mich wartet. Lauter Scenen der Wonne schweben mir vor Augen, wie Stephanus sehe ich den Himmel offen, deßen Vorschmack, von dem Augenblike anfing, da Sie mir ihre Liebe gestand. Da begann mein Glük, aber jezt da Sie ganz mein ist, kann ich nur das f ü r Glük gelten laßen. Mein Herz schlägt mir hoch empor, jezt da ich Ihnen diese Botschaft kund thue; o wären Sie hier so wolt' ich mich in Ihre Arme werfen, und
meine Freude solte die Ihrige seyn.
Sie, mein Bester,
können sich in meine Stelle setzen, rufen Sie ohne traurige Wehmuth,
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3. J a n u a r
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alle Freuden Ihrer Liebe zuriik, und sagen Sie sich daß ihr glüklicher Freund sie alle genießt oder genießen wird. — Ach aber, Liebster Klopstok, flehen Sie Gott mit mir, daß er mir gebe, waß seine Weisheit für Sie nicht außersehen hatte — daß er mir erhalte mein Glük! Sie kennen zwar meine Lowise, aber Sie kennen Sie nicht, nur ich kenne sie ganz. Z w a r nicht so wie ich, aber doch viel beßer sollen Sie sie noch kennen lernen, und dann werden Sie sich erst recht meines Glüks freuen können. Ich bitte Sie inständigst, mein Bester, laßen Sie dieses Geheimniß in Ihrem Herzen verborgen bleiben. Viele ihrer nahen Anverwandten wißen es noch nicht, die es doch zuerst von ihr erfahren müßen. Nur Ihnen muste ich's gleich sagen. Ich umarme Sie, mein Liebster Klopstok, in der Freude
meines
Herzens ; Sie wißen wie ich Sie liebe C. Stolberg.
5 3 . V O N U R S I N U S , B E R L I N , 3. J A N U A R
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Berlin, den 3ten Jenner. 1777. Lange mein theurer — mit keinem Titel, mit dem Nahmen allein gnug zu ehrender Mann! — lange schon, mein theurer Klopstock, hab ich Ihr edles deutschwarmes Herz geliebt, Ihren himlischen Geist und seinen hohen Flug bewundert, und immer hab' ich, bald nach Hamburg, bald nach Karlsruh mich gesehnt, Ihnen das, beym redlichsten Herzensschlag, mit dem biedersten Handschlag selbst zu sagen ; ich sehnte mich, und — konnte nicht hin. Z w a r hat Vater Gleim mir dann, wenn ich mich sonst so von der Dohmschule weg, und nach ihn hinstahl, wohl oft Ihr Bild, wie's in seinem Musentempel hängt, und wie's in seinem Herzen ist, gezeigt; Miller, der gute junge Mann, hat mir, da er vor zwey Jahren, im Merz, nach Halle herüber, und auf mein Stübchen kam, drey liebe Abende lang, Manches von Ihnen erzählt, daß ich gleich hätt' auffahren, und Sie um den Hals fallen mögen; und Freund Niemeyer hat mir nach seiner Heimkunft wohl zwey Bogen von Ihnen voll geschrieben, und hat mir auch Ihren Schatten-Riß mitgeschickt — aber das gnügt mir nicht, ich muß, wenn ich Sie gleich nicht würklich von Angesicht zu Angesicht schauen kann, wie ich wünschte, wenigstens einige Beruhigung haben, und muß mir ein sinnliches Bild von Sie machen können.
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Nr
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Bause, mit dem ich oft in Leipzig darüber gesprochen, wäre mir längst dazu behiilflich gewesen, hätt' er nicht gewußt daß Sie ihm, von Hamburg aus, kein gutes Gemälde, welches er doch durchaus braucht, schicken konnten; izt will sich der hiesige berühmte Medailleur, der junge Abrahamson nicht nur um mich, sondern um das ganze Publikum so verdient machen Ihren Kopf zu bearbeiten. Sie werden bereits die silberne Medaillen, worauf er Mendelsohn, Rammler, Sulzer, Spalding u. a. mehr, geliefert, und deren der hiesige Buchhändler Vever einge nach Hamburg geschickt, gesehn, und Ihres Beyfalls nicht unwerth gefunden haben; Ihren Kopf will er — das hat er mir aus freyen Stücken versprochen! — mit noch mehrerer Sorgfalt ausarbeiten, als er die übrigen ausgearbeitet hat ; er wolt' Ihnen das auch selbst schreiben, und zugleich um Ihre Erlaubniß
und Unterstüzung in seinem Vorhaben
bitten,
welches ich ihm aber, als eine Last, abgenommen, und mir, als ein süßes Geschäft selbst vorbehalten. Schicken Sie mir doch also — ich bitte Sie aufs angelegentlichste! — so bald als möglich eine recht gutausgezeichnete
und
ähnliche Profil-Zeichnung
Ihres
Kopfes,
nach
Antiken-Art, und zu gleicher Zeit einen Entwurf zu der Gegenseite. Z u einem Kopfe, als der Ihrige, muß auch ein Kopf als der Ihrige den Revers erfinden — ich fühle mich nicht stark genug, und denen andern Herren Rammler oder Sulzer, die's wären, traue ich nicht genug Partheylichkeitshaß zu, sonderl. dem ersten. Geben Sie mir also gütigst Selbst aus der Fülle Ihrer Neuheit und Erfindungskraft den Gedancken dazu, und vergeßen Sie — wenn Sie anstehen einen etwas schmeichelhaften Gedancken für Sich Selbst zu schreiben — vergeßen Sie nicht daß Sie Sich schon in jeder Strophe Ihrer Meßiade, und Ihrer Oden, öffentlich und genug Selbst gelobt haben, bey einem so geringen Selbstlobe also nicht mehr erröthen dürfen ; daß Sie aber überdies den Gedancken einem Freunde schreiben, der ihn — wenn Sie's verlangen — keinem Menschen, Selbst dem Künstler nicht, als den I h r i g e n bekannt macht, und leicht einen Dritten den Sie bestimmen können, oder — und mit nicht falschem Stolze ! — sich selbst nennen wird. Der Künstler will — da er Marggraf den Chymisten, Formay den Secretär, und Wieland, der sich gern in einer Abbé-Perüque verewigt sehen wolte, der eingeführten Antiken-Art wegen aber nicht so sehen konnte, biß auf die Gegenseiten fertig hat — gern bald etwas Gewißes wißen; haben Sie also die Gewogenheit und schreiben Sie mir bald, aber ja »daß Sie meine Bitten nicht abschlagen wollen!« und stellen Sie mir dann gütigst die Zeichnung, und zwar —
Nr 54
7. J a n u a r 1 7 7 7
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daß Sie gewißer ankommt! — unfrankirt zu; ich werde Sie — wenn Sie der Künstler auch noch so sehr abnuzt nachher an mich behalten, und werde mich so bezahlt genug machen. — Was Sie wegen der lezten Recension der Meßiade in der hiesigen Biblioth. zu wißen verlangt, hab' ich bereits an Niemeyer geschrieben, und Sie werden's nun wißen. — Auf Michaelis, w o ich Ihnen die Geschwister meines Todtengräbers i. vorjähr. Lauenb. und des Horsts i. Gött. Almanach alle bekannt zu machen hoffe werd' ich Ihnen vielleicht mündl. sagen können daß ich Sie unendlich schäze und liebe, u daß ich immer der Ihre bin ganz der Ihre A. F. Ursinus, Geh. Sekretär d. Churmärksch. Cammer. Empfehlen Sie mich doch Ihrer würdigen Freundinn, Frau von Windthem, mit dem blauen Auge, dem sanften Blick, und dem Herzen, das edel ist, und stolz, und — guth! —
54. VON H E N R I E T T E K A T H A R I N A S T O L B E R G , WAL LÖ, 7. J A N U A R
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Walloe d. 7ten Jan : 1777. An Gustgens Hohen GeburtsFeste. Wie wohl thuts mir, mein bester Klopstok daß ich an Sie schreiben kan. Wie wohl thuts mir nicht, einen Brief von Ihnen zu erhalten. Tausend u aber tausend mahl, hab ich Sie, in meinem Herzen dafür gedanckt, aber erst hier in meiner geliebten Einsiederley, bin ich recht, zum Schreiben an Sie disponiert; u ehe ich mich dazu aufgelegt fühlte, hätte ichs für Entweyhung gehalten, zu schreiben. Sie haben gewiß niemals durch einen Brief, mehr Freude gemacht, als Sie mir durch den Ihrigen machten. Nehmen Sie meinen lebhaftesten Dank dafür an. Daß ich das Glück habe, Klopstoks Zeitgenoßinn
zu seyn, daß Er mich Seine
Freundinn nennt, o dieß Glück fühle ich wie ich soll. Propheten u Könige werden einst wünschen etc. Aber wenn werde ich Sie wieder einmal sehen ? Izt sinds 3 1 / 2 Jahr her, seitdem ich so glückl. gewesen, u überhaupt habe ich Sie immer so wenig gesehn. Mögte ich doch in diesem Jahre so glükl. seyn. Nun bin ich hier eigentlich ganz allein, unter guten Leuten zwar, bey denen sich viel Bonhommie findet, aber mehr
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Zwischen
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und F e b r u a r
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ists auch nicht. Eine gewiß Art von Umgang, den wahren interressanten, herzvertraul. Umgang muß ich ganz entbehren; als ich erst her kam, sprach ich oft, ohne verstanden zu werden, izt bin ich klüger worden, u schweige; gehe doch mit ihnen um, lache u schwatze, u das bißweilen recht von Herzen, aber oft wird mir aus großen Löffeln, Langeweile vorgetischt, ich verschlucke sie, u habe doch selten eine indigestion davon, denn kaum bin ich allein so mach ichs, wie der Kayser Vitellejus obgleich nicht aus demselben Grunde, u wenn ich mich so ausgelehrt habe fühle ich mich ganz leicht. So oft es das Wetter zuläßt gehe ich aus ; fahre auch im Schlitten, genieße der freyen Landlufft u aller Freuden, die Mutter Natur, die Bäche die sie für ihre Kinder erkennt, die Ruhe der Einsamkeit, u meine fantasie, mir geben wollen. Versetze mich oft in die Cirkel meiner Geschw. u Freunde, beckannte u unbeckannte, ergötze mich an die Briefe, die ich beckomme, u schreibe oft an meine Lieben. Dieß ist eine sehr ordenti. Erzählung meines Lebenslaufs vergeßen habe ich aber doch, daß ich alle 4 oder 5 tage, bey der Aebtißin, die eine hochfürstl. Prinzeßin ist, u die mit allen Grazien ihres erhabnen Standes, u ihres hohen Alters ausgeschmückt ist, speise; u von 1 biß 7 Uhr, einen stundenl. Abstecher, abgerechnet bey ihr bin. Das ist abscheulich, u heute bin ich bey ihr. Ich hab izt ein edles project. Bald kömt hier jemand aus Cop. der vortrefl. Silhouetten macht. Da will ich mir meines Oberhaupts u aller meiner gel. Mitschwestern Silh. ausbitten. Sie werden mich dafür seegnen, wenn ich Ihnen einmal die liebenswürdige collection zeigen werde. Nachdem ich das Wort liebenswürdige so entweiht habe, darf ich wol kaum ihrer Niece, der dieser Titel so sehr gebührt, daß sie mir gleich darüber nistet, einen herzl. Gruß schicken. Doch es sey, sie wirds mir verzeihen. Leben Sie wohl theurer bester Klopstok, daß Ihnen niemand ergebner seyn kan, als ich es bin, das müßen Sie wißen H K . Stolberg.
55. VON
ETON, PETERSBURG
ZWISCHEN SEPTEMBER
ODER
K O N S T A N T I Ν Ο Ρ E L,
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Dear M r . Klopstock Y o u have given me many proofs of your friendship, if Y o u will pardon my long silence, Y o u will give me a greater than any.
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What Y o u mention about M r . V. Wintern came at a very unseasonable time, your brother Victor can tell Y o u how my finances stand at present; I think Y o u let the goodness of your heart carry Y o u to too great lengths for M r . v. W. since it is really of no service to him. I pity from the bottom of my heart the amicable and accomplished Mrs. v. W. — As for Y o u , yourself, half my coat is yours as long as I live, I should think myself decorated more with the other half than with a blue ribon. If I could ever mistrust your friendship it would be because Y o u have too much goodness for me; have pity on your friend, don't make him too vain. I believe I am secure on that score from the favours of Princes, but not from y o u r s . Y o u should think: it is Klopstock who writes me, as well as Eaton's friend — I William Eaton shall write K l o p s t o c k what I know about him! — That I will, as f a r as m y writing can convey it. I believe I can recollect every word Y o u ever said in my hearing. »When I consider thy Heavens«, and thy Hell, thy Angels and thy men, »the work of thy S p i r i t , the moon and the stars, which thou has ordained«; »what is E a t o n that thou art mindful of him?« So far I wrote a good while ago, and the c o n s i d e r a t i o n stopt me. I now take up my pen again just as I come from the Exchange, and being full of Per-Cent Ideas am able to get on a little better. In regard to the Empress of Russia — I would have Y o u compose an Ode on the occasion of the arrival of her fleet round Europe into the Black sea, and opening that commerce. She is certainly a great woman, a very great woman, and were she not surrounded by such a set of corrupt people, would do a great deel more for Russia. She is on many accounts obliged to temporise, and wink at abuses. When she seized the sceptre, she knew she could not wield it with honor and advantage to the nation, while two growing evils remaind: the heavy charge of the army, and the monasteries convents etc. A little mind would at such a time only have thought of its own safety — she took advantage of the fears, distrust and unsettld state of the nation, and resolved either to reign and make her people happy or not to reign at all, and the instant she mounted the Throne abolished all Convents and Monasteries, and reduced the pay of the soldiery to one half. Think what two dangerous bodies : the Soldiery, the Eclesiastics — ! H o w impossible at any other time. — Do Y o u know anything greater in History ?
There are
several other circumstances which would make a figure in an Ode — if Y o u think about it write me, pray — She is n o t a v e r s e to having her
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virtues recorded. She is remarkably temperate and keeps all her passions in decent bounds this Y o u may be assured o f ; notwithstanding reports to the contrary. — I do advise Y o u most seriously to set about such an 45
Ode. I intend beginning my travels with an account of the literature of Germany, the language, etc. when I shall give a criticism of the Messiah, odes, etc. and what I know of You. Ten thousand times I salute Mrs. von Winten, pity her, thank her for her friendship and politeness to me,
so
feel ten thousand things which I cannot express — which is always too my situation when I would tell Y o u how entirely I am Yours Eton More from me soon.
5 6 . V O N N I E M E Y E R , H A L L E , 6.
FEBRUAR
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Halle d. 6t Febr. 77 Wenn Sie es so wüsten, Edler, wie meine Seele beym Gedanken an S i e , glüht, wie ich nicht einen halben Bogen für meine Freunde oder fürs Publikum schreiben kan, ohne dreymal Sie darauf nennen zu mögen, 5
wie sauer mir's wird, wenn ichs, damit man's nicht für Affectation halte, zehnmal unterdrücke — ach wenn Sie es wüsten — nun Sie freuten sich doch ein wenig, daß Gott durch Sie s o v i e l that, s o v i e l Freuden schaffte. Ach daß die Sprache nicht Worte hat — daß ich so wenig Freunde habe, die mich ganz faßen, wenn ich von I h n e n rede,
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daß ich so oft stumm seyn muß, wenn man von Ihnen spricht; — stumm von halben kaltem Lobe beleidigt. Vorgenommen hat' ich mirs, wenn ich wieder an Sie schriebe, diese Wärme zu unterdrücken, damit a u c h S i e nicht glaubten, ich heuchelte Empfindung. Aber wie könnt ichs? Und Gott! du weißt daß ich nicht
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heuchle, siehst ia die Thräne hörst das Flehn, daß so oft vor dir um unaussprechlichen Segen für K l o p s t o c k bittet. — Empfindung — nein ich kan, ich will sie nicht unterdrücken. Ich schicke einen neuen etwas veränderten u. vermehrten Abdruck des Abraham. Auch die Abhandlung ist neu. Was gäb ich um eine
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Viertelstunde bey Ihnen, aus Ihrem Auge Billigung oder Tadel zu lesen ! Wer wird mir sagen, ob ich nicht allzuweit von Ihrem Wunsch blieb.
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Vielleicht doch Paßavant, der mich vergeßen oder ζ meiner Briefe nicht empfangen zu haben scheint. Darf ich auch ein Wort von meiner Lage schreiben. Sie nahmen ia Theil daran, als ich — die seligen Tage! — bey Ihnen war. Ich werde
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auf Ostern anfangen zu lesen, und deshalb bald eine Inauguraldisput. von den Homerischen Gleichnißen u. Bildern, halten. Ich lese über den Homer, und über die Rhetorick. Auch einige Stunden, über d e u t s c h e L i t t e r a t u r , P o e t i c k u.s.w. nur daß ich da noch keinen festen Plan finden kan. O was könnte mir da e i n e Stunde bey Ihnen helffen; denn
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hier hab' ich keinen, der mir rathen, mich verstehen könnte. — Ich habe ietzt die 2t. Aufl. der Charakter, besorgt, und nach I h r e m Wunsch, Luthers Uebersetzung soviel möglich, behalten. Wie freu ich mich daß Stollberg den Homer übersetzt — und unter Klopstocks Augen. So hoff' ich! Noch ist das Ideal zwar nicht erreicht,
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das ich mir gemacht hatte. Bürgers Apologie für seine lamben, schien mir mehr subtil als wahr. Ich denke wir müßen bey der Abwechslung und Bewegung der Verse n i c h t auf den inneren Gehalt der Tonlängen u. Tonkürzen einzelner Worte, sondern auf den E i n d r u c k auf uns u. ie nachdem sie dem Ohr e m p f i n d b a r sind, zumal in der Zusammen-
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setzung empfindbar sind, sehen. Und da ists doch wohl sehr entschieden, daß der Hexameter unendl. mehr Bewegung hat, als der Iambos. — Ach hätten wir erst Ihre Gedanken über die B e w e g u n g im zw. Th. der Republ. Ie mehr ich ihnen nachdenke, desto wahrer und anwendbarer find ich sie.
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Auch dürst' ich nach der neuen Ausg. des M e ß i a s . Wie gern endete ich die Sache mit Hemmerde wenn ich Instruction hätte. Im Sommer hoff ich an die Schrift über den Meßias zu gehen, und bitte mir die Erlaubniß aus, erst Ihnen den Plan vorlegen zu dürffen. Alle meine hiesigen Freunde segnen Sie. Der gute O Bern liegt noch
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immer und hofft auf den T o d wie auf den Morgen der Wächter. Er trägt mir auf Ihnen zu schreiben, daß er täglich a u s d r ü c k 1. für Sie bete. — Darf ich Sie noch zum Schluß bitten, mir das Andenken der Fr. v. Winthem, und der würdigen Schmidt und all Ihrer Freunde zu erhalten! Gern möcht ich auch, daß die Stollbergs wüsten, wie sehr ich sie achtete. Ich unterschreibe mich mit tieffem Herzensgefühl Ihren Niemeyer
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5 7 . AN E R N E S T I N E ΒΟΙΕ, H A M B U R G , 2 7 . F E B R U A R
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Hamb, den 27ten Febr. 1 7 7 7 Ihr Brief hat mich sehr gerührt, meine Wertheste Freundin. Ich wolte, daß ich mit Ihnen sprechen könte, so würd ich umständl. über das seyn, wovon ich jezo nur wenig schreiben kan. s
Beruhigen Sie Ihre Frau Mutter vor allen dadurch, daß Sie Ihr sagen, daß schlechterdings nichts ohne Ihren Willen geschehn soll. Ich wiederhole dieß nur. Denn Sie weis es schon durch Vossen. Was die Sache selbst betrift; so wissen Sie, daß Voß ein guter Haushälter ist, daß sein Wirth sich auf keine Weise eigennüzig gegen ihn
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betragen hat, u gewiß nie betragen wird; u daß er sehr wahrscheinl. nicht lange ohne Amt bleiben wird So lange er übrigens vom Musenalmanache u einigen kleinen Nebenverdiensten lebt, ist sein Zustand s i c h e r e r , als gewönl. der Zustand der Kaufleute ist.
•s
Beruhigen Sie sich selbst, u seyn Sie so glükl. als ich Ihnen von ganzer Seele wünsche Der Ihrige Klopstock
5 8 . AN H E I N R I C H C H R I S T I A N Β Ο Ι Ε , H A M B U R G , E N D E F E B R U A R UND M I T T E M Ä R Z
ZWISCHEN
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Hier schick ich Ihnen 1. Β etwas fürs Mus. Ich bitte es bald einrücken zu lassen. Wer besorgt die Correctur ? Ich möcht es gern so correkt als nur immer mögl. haben. Hinten ist d e u t s c h e L. g r i e c h i s c h e L. mit grösseren Buchstaben 5
geschrieben, als die anderen
unterstrichenen
Worte. Sie müssen nicht grösser gedrukt werden.
Umarmen Sie
Brokmann von mir, u bitten Sie ihn um Verzeihung, daß ich ihm nicht geschrieben habe. Ich wüste wol, daß er ohne einen Brief von mir mit der Alberti würde bekant werden, u ich erfuhr es auch, daß ers geworden wäre — Mich verlangt recht sehr, Sie einmal wieder zu sehen, mein •o
Liebster. Was hindert Sie denn mit Brokman auf ein Paar Tage, denn lange werden Sie freyl. nicht können, zu uns zu kommen ? Ihr Kl.
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Hamb, den 26ten M ä r z —77 — Ausmachen soll ich Sie doch wol ein wenig, daß Sie mir auf meinen lezten Brief nicht unwichtiges Inhalts nicht geantwortet haben. Ich bat Sie zugleich eine Kopie davon an Gleimen zu schicken. Wenn Sie das nun vollends auch nicht gethan haben. Denn auch er hat mir nicht geantwortet. Hr. Biel bringt Ihnen diesen Brief. Er hat nichts geringers vor, als durch Deutschland zu reisen, u den Mess, vorzulesen. Ich denke, es soll ihm gelingen, wenn er fortfährt, sich aus der Sache ein solches Studium zu machen, als er bisher gethan hat. Als einen solchen schik ich ihn an Ihre Schule. Er wird Ihnen seine Geschichte erzählen. Sie müssen dafür sorgen, daß er wenigstens eine kleine Geselschaft, der er vorliest, zusammenbekömt, u so viel verdient, daß er nach Frankfurth reisen kan. Denn aus vielen Ursachen halt ich es für gut, daß er sich so fort von Ihren Füssen weg (die, hoff ich, das Podagra nicht mehr haben,) nach Frankfurth begebe. Sie urtheilen ohne mein Erinnern, daß Sie Niemanden sagen müssen, daß ich Ihnen Bielen schicke. Denn sonst könte man glauben, ich schikte einen Vorleser in Deutschland herum, welches denn doch nicht ist. Biel hat den Einfall selbst gehabt, u zwar ohne etwas von Schubarten gehört zu haben. Den guten Mann haben jezo Seine Liebden von Wirtenberg in dero Meerkazenklauen. Was in meinen Kräften steht, werd ich für ihn thun. Ich habe mir auch schon etwas ausgedacht, wie ich das anfangen will. — Was meinen Sie, wenn Biel einmal dem Erbprinzen vorläse, u der ihm dann ein klein Present machte ? — — Wenn ich gewiß wüste, ob ich diesen Sommer hier wäre, so würd ich Sie bitten zu uns zu kommen. Ich umarme Sie mit meiner ganzen Freundschaft. Ihr Klopstock P.S. Schreiben Sie mir bald, Sie Ungeheuer an Nicht-schreiben.
JO
Nr 6o
1 7 . März
1777
6 0 . V O N A U G U S T E L U I S E S T O L B E R G , U E T E R S E N , 2,7. M Ä R Z
1777
An Klopstock! d: 27t: März 1777.
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Eben lege ich den Meßias aus der Hand, u habe die lezte Hälfte des 5t: Gesanges gelesen, u fühle mich gedrungen Ihnen ein paar Worte zu sagen — aber bester Mann! waß kan man Ihnen sagen wenn man Sie eben gelesen hat, u da wo Sie sich selbst übertreffen! Gott wie Sie einem das Herz in der Hand nehmen und zu sich, zu Ihren Empfindungen hinauf heben! Kan man wohl diesen Tag beßer feyern als den Gesang zu lesen! so wie den morgenden wenn man den 10t: ließt — daß will ich thun u Ihnen so folgen — o ich kan mir nichts denken waß mich mehr rührte als heute daß waß ich nun eben las, von Klopstok lesen zu hören — ich lese ihn nun ganz meiner Oberg vor — Gottlob es ist mir nichts unbekanntes darin, aber alles ist doch jedesmal so neu, so als noch nie empfundenes wenn man's wieder ließt, immer denke ich, daß ich ihn ganz fühle, u jedesmal ist's doch als endekte ich neue Schönheiten darin — man hat jedesmahl die Freude des ersten mahles zu lesen, ohne den Chagrin ihn noch nicht vorher gelesen zu haben. So oft mögte ich Ihnen danken können, für das Glük daß Ihr Meßias mir macht, aber wie kan man's Ihnen verdanken ! ich kan Ihnen heute nichts mehr sagen kaum von meiner Freude Sie u Hanchen bald zu sehen! Ich liebe Sie beyde mit herzlicher inniger Freundschaft — Meine Oberg grüßt Sie u Hanchen herzlich.
6 1 . VON G L E I M , H A L B E R S T A D T , 1 3 . A P R I L
I777
Konzept
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Halb, den 13ten April 1 7 7 7 Bey den Freuden unsrer Jugend, mein bester, theurer, lieber Freund und Gönner, bey jenen unschuldigen Freuden, die Ursach des Aufschub meiner Beantwortung ihres ersten Schreibens war der äuserste Mangel an Zeit — Ich wolte das liebe Schreiben, das, ich habe Zeugen, meinem Herzen so große Freude machte, nicht in einer dieser elenden kalten Stunden beantworten, in welchen aller Geist und alles Leben, von dem in Urtheil und Rügen begrabnen geschäftigen Mann gewichen ist, in diesen elenden Stun-
Nr
6z
Aprii/Mai
1 7 7 7
J l
den der Lohnarbeit, wolt ich so ein Schreiben, mitten aus dem Herzen herausgeschrieben, nicht beantworten, ich wollte Muße haben, zu Geistes u Herzenskraft mich erst erholen — aber das zweyte Schreiben mein theurer lieber, riß mich weg, von Urtheil und Rügen — da bin ich, schlag' in ihre Freundeshand, und sage daß ich, von Jahr zu Jahr den Vorsatz hatte, die Freundschaft unsrer Jugend zu erneuren — sage, daß ich den deutschen Mann den ich als Jüngling liebte von Angesicht zu Angesicht betrachten, zu dem Ende nach Hamburg hinüber fliegen und bey seinen Musen ihn überfallen wollte — der Himmel ist zuwieder gewesen — Aber sie, mir immer liebgebliebner, sie, mein theurer, der in diesen etlichen dreyßig Jahren, in welchen wir einander durch Briefwechsel u persönlich nicht lebten, in seinen Schriften zum Lobe der Deutschen oft lebendig mir vor Augen stand, wie denn kam's, daß sie das Vaterland Hermanns u. ihres nicht einmahl wieder besuchten? - Denn Hermann, Klopstock sagts, war ein Harzer! Zum Zeugen nehm' ich unsern alten Lehrer ihren Oheim zu Wernigerode, daß ich zum öftern wünschte, sie möchten doch einmahl in unsre Gegend wieder kommen — Dieses Jahr ists wieder nicht möglich meinen Flug nach Hamburg vorzunehmen — über's Jahr aber, wenn Gott noch Leben giebt, umarm ich meinen alten lieben Freund mit diesem warmen Herzen, mit welchem ich immer geblieben bin sein treuer Gleim.
6z.
VON A U G U S T E L U I S E S T O L B E R G , U E T E R S E N ,
A N F A N G A P R I L UND M I T T E MAI
An Klopstock
und Jobanna
ZWISCHEN
I777
Elisabeth von
Winthem
O mein bester Klopst: wie kan ich Ihnen meine ganze Freude, über eine Nachricht die Hensler mir gegeben hat, ausdruken.
Sie sind
halb
entschloßen mit mir nach Loitm: zu gehn! o entschließen Sie sich ganz! bester Klopst: g a n z , ich bitte Sie. Gott wie schön wärs wenn Sie mit nach K o p : giengen, aber davon wollen wir nun nicht reden, kommen Sie nur nach Loitm : ich hätte große Lust daß wir nichts davon schrieben, welche allgemeine Freude würde es seyn, welche Überraschung! — wie werden Friz u C a t h : sich freun! u wie lieb wirds Dev: u seiner Frau
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Nr
62
April/Mai
1777
seyn, wie lieb dem guten Ehlers ! — ich sage nichts von mir, u ich gewinne doch am meisten dabey, denn ich mache ja die Reise mit Ihnen! Klopst: daß fehlte nur noch, daß Sie mit uns im himlischen Loitm: wären! o bleiben Sie bey dem herrlichen projeckt u sagen Sie mir es bald daß der Entschluß gefaßt ist, damit ich mich mit Ruhe Freuen kan — über eins ärgere ich mich ganz enzezlich gestern fiels mir ein, es Ihnen zu proponiren, da war aber meine Ob: nicht wohl, u ich unterließ es — es wäre doch schön gewesen, wenn wir uns so rencontrirt hätten — Meine Ob: hats Scharlachfieber, bis her ist alles sehr glüklich gegangen, seit gestern ist sie aber, nachdem der Ausschlag zurükgetreten ist weniger wohl — Sie kennen meine Z i p p e l z a p p e l H e r z i g k e i t . Liebes bestes Hanchen wenn ich mich meiner Freude ganz freue, so glaube nicht daß ich dich vergeße. du gutes Hanchen verlierst K l : wohl sehr ungerne — wenn ich nicht gewiß hofte Kl: noch auf ein paar wochen, durch bitten von allen Seiten nach Bernstorff zu kriegen, so quälte ich dich so lange daß du mit nach Loitm : müßtest — Liebes Hanchen darf ich dir nun mein Kleid zum waschen schicken? hör du sprachst mir einmal von einer art Corset daß wie mich dünkt gehackt od : geknöpft wurde — köntest du mir nicht noch so eins nehen laßen? aber ja sehr wenig steif, daß waß ich trage ist eins von Leinen, mit ein paar Fischbein, aber muß geschnürt werden, antworte mir bald darauf, u ob ich dir mèins zum Maas schicken soll. Lieber Klop: es würde Ihnen doch passen, daß w i r (Sie mit mir) in den lezten Tagen des M a y s reißten, und waß traurig ist, wir müßen 2 Tage auf Breitenbg: seyn — daß muß Sie aber um Gottes willen nicht abhalten — sonst fahr ich vorbey, welches ich doch eigentlich nicht kan — O Kl: Sie sind der beste Mann wen Sie mir bald sagen daß Sie g e w i ß mit mir reisen. Leben Sie wohl ich umarme Sie u Hanchen mit meiner Ganzen Freundschaft — Liebes Hanchen krieg ich nicht bald proben zur Sommer veste ? u bald ein paar Zeilen von dir u ob du mich liebst —
Nr 63 6 3 . VON MARTIN E H L E R S ,
MAGNUS STOLBERG
LEOPOLD S T O L B E R G , L O I T M A R K , 2 5 . MAI
15. Mai 1 7 7 7 UND
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FRIEDRICH
1777
Ehlers: Loitmark den 25 May 1777. Die Gräfinn Gustchen schreibt, Theurster Klopstock, heute, Sie würden gewiß mit selbiger hieher kommen Dem H. v. Dewitz hat das viele Freude gemacht. Als er's hörte, »Klopstock ist entschlossen, eben bekomme ich die Nachricht« sagte er: Nun so werden 2 Wünsche
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meines Lebens erfüllt, einer in meiner Jugend und ein andrer in meinem Alter. Den Prinz Eugen sah ich als Jüngling und Klopstock werde ich endlich nun sehen.
Magnus
Stolberg:
Bon et eher mag sich zufrieden geben, daß ich ihm die Feder aus der Hand reiße Klopstok Klopstok Sie kommen her! Unaussprechlich u mehr als ichs sagen kan freue ich mich. Seit ewiger Zeit hab ich Sie nicht gesehn, u nie so recht. Devitz freut sich unbeschreiblich, davon mag Ihnen Bon et eher sagen. Bon et eher lacht mich aus, weil ich treuherzig sage: Ich kan nicht schreiben ich bin zu voll. Nun so lachen Sie mich aus, aber komen Sie nur, um des Himmels Willen komen Sie. Auf mein Gewißen betheuer ichs Ihnen, bester Klopstok daß ich eher den Himmel, anflehen würde, auf mein Haupt zu stürzen, als Sie mit uns nach Dännemark zu gehn. Nein gewiß nicht. Aber komen Sie ja — o komen Sie. Die liebenswürdige von Windten umarme ich. Leben Sie wohl. O Klopstok Klopstok Klopstok Klopstok — — — — — — — — ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! kömt her. Z u uns! ! ! Nach Loitmark! Z u dem herlichen Devitz! ! ! Die erste entrevue muß ich mit ansehn. So was hab ich lange gewünscht — Devitz u seine Frau sind so gut so interressant, daß Bon et eher eben sagte, wenn Lavater von ihnen wüste, er wältzte sich in Purzelbäumen, von Zürich nach Loitmark. Nun HErre schreib Er nu was Er will.
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Nr
64
17. Juni
1777
Ehlers: Ja und da wollt ich noch vom Dewitz sagen, daß, als unsre Gräfinn darauf sagte : Schreiben Sie auch etwas an ihn umb der Sache noch mehr Nachdruk zu geben, er sagte : An so einen Mann kann man nicht so schreiben, wenn man ihn noch nicht gesehen hat. Aber da kommt Graf Friedrich u will auch noch etwas hinzuschreiben. Ich umarme Sie mit dem Gefühl der zärtlichsten Liebe MEhlers Friedrich Leopold
Stolberg:
Kommen Sie ja u: bald, entreissen Sie sich u: Gustchen dem HochzeitGelage! Kommen Sie! Kommen Sie ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! Wir wollen Sie nicht plagen nach Dännemarck mit uns zu reisen, wollen saugen am gegenwärtigen Genuß. Kommen Sie! Ich küsse Sie mit der innigsten Zärtlichkeit. Umarmen Sie Ihre liebe Niece. F. L. St. Ehlers: Ganz betrübt bin ich, daß Sie mit Augusta so spät kommen. Ich muß schon den 1 junitag wieder mit Graf Magnus von hier gehen. Das ist eine recht böse Hochzeitsgeschichte. Aber reißen Sie Sich u unsre Gräfinn los, wie Gr. Friedrich sagt.
Einfügung von Ehlers: Wer sagte das? Bon et eher oder ich?
6 4 . V O N A F S P R U N G , L E I P Z I G , 1 7 . JUNI
1777
Leipzig den 17. Juny 1777. VerEhrungswürdigster, liebster Mann ! Weder auf der Universitäts- noch RathsBibliothek ist das Journal etranger, ich fragte Reichen, ob er keinen Mann kenne, der es besitze? Er kennt keinen. Ich muß Sie also um Geduld bitten, bis ich nach Dresden oder nach Wien komme, an einem dieser Orte muß es ohne Zweiffei seyn —
Nr
64
17. J u n i
1777
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Die Frau von Alvensleben fand ich in der That sehr krank; sie ist allem was irrdisch ist abgestorben, also auch der Liebe, denn deren sind nur wenige, bei denen die Liebe ein Bund auch für ein anderes Leben ist. Sie scheint gegen alles gleichgültig zu seyn, wird durch nichts mehr gerührt, als durch den Schmerz — die Ärzte benehmen ihr zwar die Hoffnung, wieder aufzuleben, besuchen sie aber sehr offt, vermuthlich um ihre Prophezeihung zu erfüllen — Ihr Zustand ist also wirklich sehr traurig und sie würde schon öffters höchst ungeduldig geworden seyn, und gemurrt haben, wenn sie, wie sie sagt, nicht s o v i e l
Religion
h ä t t e ! Unser guter Carl müßte also, wenn er nicht allen Anspruch auf gesunde Vernunft will fahren lassen, mit Gedanken der Trennung sich familiarisiren, welche ja hundertmal die zärtlichsten Gatten ertragen müssen, und sie auch zwar nicht ohne Herzzerreissenden Schmerz aber doch ohne sich zu gauchen ertragen.
Ich will ihm schon eine
rechte Predigt schreiben. Mit Gleimen bracht ich fast einen ganz T a g zu — Er ist gegenwärtig recht munter und gesund — Er wolte mir beweisen die Preuß. Soldaten seyen sehr glükliche Leute; was man einem nicht zulezt
beweisen
wolte ? Herr Consistorialrath Gillet sagte ihm, daß ich sonst ein erstaunl. Verfechter der Freiheit gewesen sey u ein Königshasser; darüber fieng Gleim weidlich zu predigen an ; Ereifern Sie sich nicht, sagt ich so gelassen als ein Holländer zu ihm, ich hasse jezt keinen König mehr, selbst den Ihrigen nicht! Dies fiel wie ein Donner auf ihn und hielt ihm seine Vernunft und fünf Sinne gefangen — Wir haben uns aber doch wieder ausgesönt — Haben Sie nicht gelesen wie der Geist auf Lavatern gekommen ist, da er im III. B. der Physiogn. vom Könige der Preussen spricht ? Unbegreiflich ist mirs wie man bei Lavaters Glauben noch die geringste Hochachtung für den König der Preussen haben kann? Wie man sagen kann — Er füle sich so groß, daß er die Menschen verachten müße — Lavater glaubt, Gott sey vom Himmel gestiegen, und habe für die Menschen geblutet, und so ein . . . . wie Friederich der dürfte, ja der müßte sie nun verachten? Gott verzeih' ihms! Wie sehr sich Menschen doch erniedrigen können ! Hierbei send ich Ihnen mein Patriotisches Schreiben an meine liebe Obrigkeit — es ist ein Memorial, welches ich blos druken lies, weil ich glaubte meine liebe Obrigkeit sey ein Sünder, dem mans in der Gemeinde sagen muß, auf daß er sich schäme, und aus Scham sich bessere — u die zwei Stüke von Bolla . . .
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Nr
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17. Juni
1777
Griissen Sie die vortreffl. Frau von Winthem (sie hat mich mit der Erscheinung recht beseeliget) recht herzlich von mir, und ihre lieben Kinder, vorzüglich Hanchen, die ich doch noch eben so liebe als vorher, wenn sie schon eifersüchtig ist — Auch dem H. v. Winth. mein ergebenstes Kompl. Grüßen Sie doch alle die mich kennen — diejenige die so gütig waren, mich einiges Wolwollens zu würdigen, recht herzlich, und die andern nach Standesgebühr. In Halle u hier bin ich recht viel in Kollegia gegangen, und kann mich nicht genug verwundern, wie auch berühmte Professoren so alltägl. fade Sachen sagen dürfen, und nicht genug betrüben, daß Erwachsene Leute dum genug sind, es nachzuschreiben: gestern noch hört ich den alten Ernesti sagen: vita basis est felicitatis, nam qui non vivunt, non possunt esse felices., u die Studenten schriebens nach, ich konnte mich nicht enthalten den neben mir sitzenden zu fragen, wissen denn dies die Leute nicht selbst ? Auf die Art können die freimütige Briefe, die ich schreiben half, auf Leipzig, Halle etc. etc. so gut angewandt werden als auf Wien — ich hätt' es nie gedacht. Gott seegne Sie nun, lieber, theurer Mann, und geb' Ihnen viele Freuden — und vergelt Ihnen die reichlich, die ich in Ihrem liebevollen lehrreichen, herzerhebendem Umgange genoß. Ich bin mit ganzem Herzen der Ihrigsten Einer Afsprung Lassen Sie beiliegenden Brief doch an Frau Reinke bestellen, sie wohnt, w o sonst Bode gewohnt hat. N B . N B . Können Sie Ihres Gewissenshalber mich irgendwo (ists in Ihrer Nachbarschafft, desto mehr Glük f ü r mich) durch Ihr vielvermögendes Wort zum Schulmeister oder Professor machen, so thun sie es doch — Weder in Halle noch Leipzig hab ich ein Kollegium gehört, welches ich nicht wenigstens eben so gut lesen wolte, dies kann ich ohne Pralerei sagen — Auch ausserdem, daß mir die Rükkehr in mein Vaterland so gut als versagt ist, wissen Sie, wieviel ein ordentliches beständiges Amt zu meinem Glüke beitragen würde. Fleißig würd ich gewis seyn . . .
Nr 6 5 65. VON
FRIEDRICH
7 . , 8. J U L I
HEINRICH
JACOBI,
7·, 8. J u l i
ι 777
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DÜSSELDORF,
1777
Düßeldorff den jten Juli 1 7 7 7 So schweigt der Jüngling lange, Dem wenige Lenze verwelkten, Und dem silberhaarigen thatenumgebenen Greise, Wie sehr er ihn liebe! das Flammenwort hinströmen will. Ungestüm fährt er auf um Mitternacht, Glühend ist seine Seele! Die Flügel der Morgenröthe wehen, er eilt Z u dem Greis', und saget es nicht. So schwieg auch ich. Silberhaarig sind Sie nun wohl nicht, lieber Klopstock; so wie ich kein Jüngling mehr bin: aber das Übrige paßt, als ob i c h s gemacht hätte auf uns. W i e ich Sie liebe; die Liebe die Klopstock einflößt dem der ihn zu lieben vermag — müßt ich aussprechen können . . . Über und über schlägt mir das Herz — ich ersticke für Athem — O s c h o n e m e i n ! Schone, schone! Wie weht dein heiliger Kranz, Wie gehst du den Gang der Unsterblichen daher. . . . Daß ich Sie sah, Klopstock, Sie hörte, in meinen Armen Sie hielt, diese Lippen auf Ihre Hand, ihre Wangen, Ihren Mund drückte, — daß Sie mich liebten, lieben, und nun gewiß immer — e w i g lieben werden . . . Muß ich nicht verstummen, so ich alles des nicht unwerth bin ? . . . Wonne der Demuth — l a u t e r s t e L i e b e — wie süß! S i e haben's vor Gott empfunden, sonst wüßten Sie's nicht. Aber es ist doch auch etwas von einem der keiner der Geringsten ist, sie zu nehmen von einem Sterblichen; so w a h r , so innig zu fühlen diese Demuth; ihre Wonne so herzlich zu genießen. Und damit — offen die Arme, und Ihr Herz an das meinige. Ihr Schreiben durch Wray hat mir große Freude gemacht, und nicht am wenigsten das Siegel u die Nachschrift. Sie hätten meine Bestürzung Lieber Klopstock, ich hatte gestern Abend nach Tische diesen Brief angefangen, während meine Freundin Fahimer sang u auf der Harfe spielte — d i e f r ü h e n G r ä b e r , die S o m m e r n a c h t , i m F r ü h l i n g s S c h a t t e n f a n d i c h sie. Heute früh um 7 fieng ich den Absatz von Wray an, u ward an einem f o r t gestört bis itzt da die Post abgehen will.
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Nr 66
N a c h dem 8. J u l i
1777
Indeßen muß dies Blatt einmal f o r t . Nächsten Posttag fahre ich f o r t , denn ich hab Ihnen allerhand zu sage Leben Sie wohl, lieber vortrefflich Am Freytag ganz gewiß die Fortsetzung.
66.
VON F R I E D R I C H
NACH DEM 8. JULI
Als Bruchstück
HEINRICH
JACOBI,
—
—
DÜSSELDORF,
1777
überliefert
Vieleicht kennen Sie jemand der sich diese Ideen zu nutze machen kann. Eine Art von Plutarchischer Vergleichung müßt' es geben. Über vieles noch möcht' ich Ihnen schreiben. Über Herders Urkunde, die ich nun recht studiert habe; über Lavaters Physiognomik; über — nein, über B ü r g e r u S t o l l b e r g schrieb ich Ihnen nicht, wenn ich auch Muße hätte. Die Stollbergische Übersetzung ist mir erst vor 14 Tagen in die Hände gekommen. Ich habe lange keine solche Freude gehabt. Es wäre mir aber leid wenn Bürger zurückträte. Er w i l l , hör' ich, weil es scheine es sey den Deutschen um seine Übersetzung nicht zu thun. Der wunderliche Mensch sollte sich deutlicher erklärt haben. Ich schreibe itzt einen Roman, wovon ich, zu meinem großem Herzeleid einen Theil in den Merkur habe zerstückeln müßen. In der dritten Fortsetzung werden sie ein paar Briefe finden, die ich vorzüglich lieb habe, weil mir deucht, es ist etwas Klopstockischer Geist darin. — Ich hatte mein Recht an den deutschen Merkur meinem Bruder geschenkt, u dieser sollte nun mit Anfang des Jahrs statt meiner die Beyträge liefern. Nun ergab es sich, daß Haude u Spener, die ihm wegen Iris allerhand Chicanen gemacht hatten, auf einmal sich in alle Bedingungen ergaben, u für die 3 fehlenden Theile das Manuscript verlangten. Mein Bruder war in großer Noth, u ich mußte, ganz gegen meine Erwartung noch ein Jahr fortfahren den Merkur zu unterhalten; so gieng mein armer Woldemar in die Brüche. Aber die zweite Hälfte der Geschichte werde ich zurückbehalten u dann alles zusammen besonders drucken. Ich schmeichle mir das G a n z e wird Ihren beyfall erhalten. — Leben Sie wohl, mein bester; ich will in Zukunft fleißiger schreiben wenn Sie wollen u mit dazu thun. Soll ich Ihnen meinen Schattenriß schicken ? Der in Lavaters Phys. ist abscheulich. — Um alles in der Welt u mehr, liebster Klopstock, wenn Sie einen guten Mahler antreffen, Ihr Bildniß ! !
Nr 67
5. August 1 7 7 7
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Noch einmahl, leben Sie wohl, mein Bester, ich umarme Sie mit grenzenloser Liebe Ihr Fritz Jacobi
67. VON H E I N R I C H C H R I S T I A N ΒΟΙΕ, H A N N O V E R , 5. A U G U S T
1777
Hannover, den 5.ten Aug. 77. Ich komme eben vom Lande zurück, w o ich eine Woche und drüber gewesen bin, und finde Ihren Brief. H. Geh. R. v. Bremer ist jezt nicht hier, und dürfte es noch wohl 14 Tage dauern, eh er wieder da ist und ich mit ihm über H. W. Sache reden kan. Das will ich Ihnen nur gegeschwind schreiben, damit Sie wißen, daß ich Ihren Brief habe und das meinige thun will. Aber, unter uns, ich verspreche mir nicht viel von der ganzen Verwendung, so lang H. W. nicht um etwas bestirntes anhalten kan. Jezt wird der Minister immer seiner eingedenk zu seyn versprechen, und am Ende nicht viel herauskommen. Auch
dünkt
mich hab ich H. Ws hier irgendwo nicht zum Besten gedenken hören. Aber wir wollen den Versuch machen; und meiner ganzen Thätigkeit können Sie gewiß seyn. Die Druckfehler in Ihrem Aufsaz im Museum sind mir äußerst unangenehm. Ich hab alles mögliche gethan sie zu verhindern, zu dem Ende Ihr Mspt selbst abgeschrieben und das Original dabey gelegt. Ob ich pater mit lateinischen Buchstaben geschrieben, weiß ich nicht; doch ist der Drucker gar nicht zu entschuldigen, weil ich ausdrücklich angemerkt hatte, das Griechische solle mit deutschen Lettern gedruckt werden. Beym Sept. sollen die Druckfehler angezeigt werden. Reichards Aufsaz ist mir wilkommen. Mehr als einen Louisd. kan ich nicht wohl für den Bogen geben, weil ich nicht mehr bekomme, und aus meiner Tasche zulegen müste. Meine Verbindung mit H. Dohm hat auch das unangenehme, daß ich nun nicht im Stande bin die Beyträge verhältnißmäßig zu bezahlen. Und sie zu trennen — bis jezt bin ich immer noch nicht so weit, obgleich es seyn muß, wenn aus dem M . was herauskommen soll. Ich wolte, ich hätte den Aufsaz schon. Montag schick ich das Mspt für den September ab. Schicken Sie mir ihn nur mit der reitenden Post. Es kostet mit der fahrenden nicht weniger, oder wol mehr.
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Nr
68
12. August
1777
Wie sehr, liebster Klopstock, wünsche ich Sie zu sprechen, und ich fürchte, es wird diesen Sommer nichts daraus. Sagen Sie noch Voßen und meiner Schwester nichts davon, weil es nicht ganz unmöglich ist. Ich wolte, wie Sie billigen müßen, nicht reisen, bis sie da wären, und dachte höchstens in 14 Tagen, wo ich mit einigen Arbeiten fertig bin, reisen zu können, Aber — ich hab Ihnen vielleicht geschrieben, oder sie haben gehört, daß ein Engländer von Stande hieher und zu mir ins Haus kömt. Er ist mir von dem Minister v. Alvensleben und dem General v. Hardenberg, der seiner Familie Verbindlichkeiten hat, so empholen worden, daß ich nicht umhin konte ihn zu mir zu nehmen, welches ich sonst, so vortheilhaft auch die Bedingungen sind, vielleicht nicht gethan hätte. Dazu kömt, daß der König es weiß und billigt, daß er zu mir kömt. Dieser solte im Frühling kommen, ward aber krank, und jezt, da ich ihn höchstens gegen Winter erst erwartete, erhalte ich Briefe, daß er in wenigen Tagen hier seyn wird. — Sie fühlen, daß ich jezt wenige Wahrscheinlichkeit zu einer Reise habe, die ich ohne ihn nicht thun kan, und von der er keinen Nuzen hat, weil er noch kein Deutsch versteht. Glauben Sie, daß mir die Aufopferung was kostet. Viel, viel hätt ich mit Ihnen zu reden, und Ein Tag ist mehr als zwanzig Briefe. Sie werden den Tod unsers würdigen Strubens bereits wißen. Der Verlust scheint fürs Land noch unersezlich. Auch ich verliere viel in ihm. Grüßen Sie alles, was noch an mich denkt, und besonders Ihre Nichte. Der Ihrigste HCBoie. Den Verf. des Französischen Aufsazes sol ich nicht nennen, Ihnen aber kan ich nicht verschweigen, daß es Sturz ist. Grüßen Sie die Fabrizius.
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VON F R I E D R I C H
KATHARINA
LEOPOLD
STOLBERG,
STOLBERG
BERNSTORFF,
UND
HENRIETTE
1 2 . AUGUST
I777
Friedrich Leopold Stolberg (Zeile ι — 24) : Bernstorff d : i2ten Aug : 1777 Meine Freude wäre vollkommen gewesen wenn Sie mit mir im unendlichen Nordmeer welches still u: weiß vor mir lag, dennoch die Felsen Ufer hinan tobte, sich durch Felsen Klüfte drängte, rauschte, strudelte, mit mir gebadet hätten. In Hellebeck u: dem Schwedischen Gebürge
Nr
6 8
ι ι. A u g u s t
1777
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welches man von der nördlichen Küste Seelands sieht, bin ich mit meinem Bruder, seiner Frau, Katrinchen, Gustchen, den Schimmelmanns
u:
den Baudissins gewesen, ich bin noch truncken von Genuß, u: erzähle in trunckner Unordnung. Die Kullen sind hohe runde FelsenGebiirge, 4 Meilen weit nordwärts von Hellebeck, In den Thälern reift's u: schattet's wie hier in Seeland. Die Mädgen sind sehr schön, bis zu den Hüften oft im Hemde, mit weissen Tüchern um den Kopf gewunden. Das ganze Ufer zackigt u : felsigt, viele Felsenhallen am Meer. In Seeland haben wir einen herrlichen Hügel gesehen w o Waldemar 2, sein Hauß hatte, noch liegt Kalck u: rother Ziegelschut unter der Erde. Alternde Eschen umschatten den Ort. Esrums weiland Mönchs Kloster liegt paradiesisch, an einem schönen Erlenumdufteten Bach weideten alle Stuten des königl: Gestütes mit ihren Füllen. Heut kamen wir zurück, u: fanden hier die Bernstorffe aus Gartau — Ich küsse Sie millionen mal. Alle meine Geschwister lassen Sie herzlich grüssen. F. L. Stolberg. So schön hab ich kein Bad gefunden, selbst nicht die Wiege des Rheins. Umarmen Sie Windeme, lassen Sie T o b y diesen Brief lesen. Wenn Sie, nicht den Ausspruch gethan hätten, daß eine Stolberg eine Gegend beschreiben könte, so mögte ichs wol versuchen, Ihnen, einige zu beschreiben oder vorzuzeichnen. Wie mich der Anblick der hohen Berge, der schroffen Felsen u der grünen Thäler entzückt haben wie sie mich würden entzückt haben, wenn auch die Neuheit, nicht noch alles interressanter gemacht hätte, o liebster Klopstok daß glauben Sie viel beßer, als ichs sagen könte. Als ich mich zu erquicken ein Tröpflein süßes Weines die Zunge herunter gleiten ließ, der ob er gleich mit Waßer vermischt war, mir einen kleinen Rausch gab, so verschlief ich ihn, aber der Seelen Rausch, wird so bald nicht verschlafen seyn. Heilig u hehr war mir diese Große Gegend, u erfreulich für mein Herz, daß ich sie mit meinen Geschwistern u Freunden genoß. O was haben Sie uns versprochen bester Klopstok, nach Loitmark wollen Sie kommen! Sie! u mit Ihrer Niece. Liebster Klopstok
daß
ist charmant.
Leben Sie wohl. Meine
Geschwister
grüßen Sie, u ich die v. Windten u Toby. HKGzStolberg
8z 69.
Nr 69
29. A u g u s t
1777
AN H E I N R I C H C H R I S T I A N Β Ο Ι Ε , H A M B U R G , 2.9. A U G U S T
I777
Hamb, den 29ten Aug. Reichardt, mein 1. Β hätte dieß gern bald gedrukt. Es hätte wol schon eher gedrukt werden können, wenn ich nicht erst bey Ihnen hätte anfragen müssen, ob ich es auch mit der reitenden Post schicken dürfte, s
Dieß bitte ich Sie, Reichardten zu sagen, wenn er sich etwa bey Ihnen des späteren Druks halben beklagen solte. — Die Sache wegen Wolprecht liegt mir sehr am Herzen. Gut! W. soll dem Minister denn anzeigen, welches Amt er wünscht. Aber vorher muß er von Ihm die Erlaubnis erhalten, dieses anzeigen zu dürfen. Also dahin müssen wir fürs erste
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streben — Ich habe bemerkt, daß, wenn man Jemanden in Hannover kein Amt geben will, man etwas gegen ihn zu erinnern hat. Das brauchen wir bey W. nicht zu leiden. Lassen Sie die Leute, wenn Sie etwas wider W. vorzubringen haben, n u r b e s t i r n t s a g e n , w a s es i s t , so wollen wir ihnen schon unseren Mann stehn. Nehmen Sie doch Zimmermann
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zu Hülfe Ihr Klopstock
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Gemeinschaftsbrief von Klopstock und Johanna Elisabeth von Winthem Klopstock : Kiel den 5 Sept. 77 Also den 20ten e r s t wollen Sie, u Ihre Schwester, die Walliserin (ich denke, Sie soll nichts wider diesen s c h w e i z e r i s c h e n Namen haben; wenigstens klingt mir Wallöerin nicht recht, u K a t e r beleidigt vollends s
mein Ohr bis in seine innerste Seele) den 20ten erst nach Loitmark kommen ? u das zwar, nachdem es Christian schon so grausam mit mir gemacht, u mich immer in Ungewißheit gelassen hat, ob, u wenn er nach Hamburg kommen würde; fernerhin mich nicht hat nach Arensburg einladen
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lassen
(denn eingeladen muste werden, da der Papa da
war) Wär ich nur nicht beständig ungewiß gewesen, ob ich ihn in Tremsbüttel träfe, so hätte ich mich wol gehütet auf Einladungen nach Ahrensb. zu warten; ich wäre dann gerade zu nach T . gekommen. Und zu diesem fügt er denn nun noch hinzu, daß er sich in Seeland u
Nr
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5. S e p t e m b e r
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Fühnen häuslich niederläst, eh er mit seiner schneckenkriechartigen Ankunft in Loitmark ankommet, wolausgerechnet dann ankommet,
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wenn Sie, ich, u die v. W. schon wieder weg sind. Denn Sie müssen ja einmal vor Michael in Otersen seyn ; die v. W. muß, ob gleich nicht so notwendig, auch fort; u wenn sie bleiben könte, sollen wir Sie denn etwan allein reisen lassen? u weßwegen denn, damit dieser Christian etwan auch den October über irgendwo in Jütland einwurzle? Und
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wittert er denn nichts davon, daß ich, u Hanchen vor Begierde brennen, seine an allen diesen unfreundschaftlichen Gottlosigkeiten rein unschuldige Frau zu sehn, u wiederzusehn ? Diese liebe Unschuld bitte ich auf das freundschaftlichste von mir zu grüssen; aber ihren hartherzigen Eheherrn zwar zu grüssen, doch ohne Einmischung irgendeines
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freundschaftlichen Tons. Ich habe bey der Sache nur Einen Trost, u der ist, daß das Haus in Tremsb. einfallen soll; u er also diesen Winter wird in Hamb, seyn müssen.
Arbeiten Sie (Ihr Schwager, Friz, Ihre
Schwestern ; Christian nicht) denn auch fein mit Leib u Seele für Traugott, damit ihm sein herrschsüchtiger Vater nicht bis in sein innerstes
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Mark herrsche? — Frizen dank ich f ü r seinen Brief von der köstlichen Badegegend. Sein Brief hat mich besonders deßwegen gefreut, weil er so ganz von dieser Gegend voll war, daß er nur von ihr, u von sonst nichts schrieb. Deßwegen müssen Sie aber nicht glauben, daß ich diese Gegend für wirkl. existirend halte. Schön ist sie, sehr schön, u vermutl. auch
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irgendwo auf dem Erdboden vorhanden; aber nur da nicht, w o er sich gebadet hat. Ich werde Traugotten darüber verhören, damit Einmal für allemal u auf immer festgesezt werde, daß kein Stolberg eine wirkl. vorhandne Gegend beschreiben könne. — Von Karlsruh (sagen Sie ihm) erwartete ich nächstens Antwort. Wenn die nicht nach meinem Wunsche
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ausfiele; so hätte die Büschin für ihn ein schlankes Reh auf dem Korne, das sich an Leib u Seele gewaschen haben solte. Johanna Elisabeth von Winthem : J a liebes bestes Gustgen das ist grausam, daß wir Dich erst den 20t sehen sollen, ich möchte meine bitterlichen Tränen weinen die Nachrich noch darzu daß wir Deinen Bruder garnicht sehen würden machte daß ich mich bedachte ob ich die Reise unternehmen wolte oder nicht, den siehst Du Liebe meine Kinde wolte ich auch so ungerne verlassen, u nun ist meine Freude in Loitmark doch sehr geschwächt. Aber höhr Beste
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9. S e p t e m b e r
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wenn Du Hanchen nur noch eben so lieb hast so will ich mich zufrieden geben, u Dich ruhig erwarten, ich habe Dir entsezlich viel zu sagen. Der ausgelassne Klop. bittet die Antwort nach Loitmark zu schicken. Viele Grüße an alle die ich kenne, auch an Traugott.
7 1 . VON A U G U S T E LUISE S T O L B E R G UND H E N R I E T T E S T O L B E R G , B E R N S T O R F F , 9. S E P T E M B E R
KATHARINA
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Art Klopstock und Johanna Elisabeth von Winthem Auguste Luise Stolberg : Berns: d: 9t: Sept. 1777. Lieber bester Klopstok wie enzezlich ich mich freute als ich Ihre Hand sah, u einen so langen brief von I h n e n , daß kan ich Ihnen gar nicht sagen — bald bald umarme ich Sie dafür — ich kan heute leider nicht wie ich mögte antworten denn wir sind eben in begriff nach Rondstedt zu fahren — Lieber wir könen nicht vor den 20st: auf Loitm: seyn — bis den 27st: dépendire ich von Ihnen, denn den 2.8 Mittags muß ich — ich glaube auf Halseisen oder Pranger Straffe — in Otersen seyn — laßen Sie uns zusammen reisen — die Walliserin bleibt bey den Dewitze. Friz bleibt hier, u Christian komt mit seiner theuren Hälfte u Ribbe erst mitte Novembre nach Holstein — von allen soll ich Sie enzezlich grüßen — auch von Traugott dem ich noch gestern Ihren Gruß gab — Friz freut sich zum schlanken Reh — nun ist er recht wie der Esel zwischen 2 bündel Heu, aber ich denke my brother is a noble animal he wo'd not starve — Empfehlen Sie mich aufs beste dem würdigsten Paar Philemon u Baucis, u grüßen Sie aufs herzlichste den guten Warnstedt — Leben Sie wohl bester Klopstok. Dank bestes bestes Hanchen!, daß ich dich bald sehe deß freut sich meine ganze Seele — weniger lieben ich dich ! o Liebe nie nie, wenn du auch thust als vergäßest du mich ganz —
Henriette Katharina Stolberg: Die Waliserinn kan dieß nicht weggehn laßen ohne ihren Senf mit hinein zu rühren, es wird nicht ganz seyn moutarde après diner hoffe ich. Ich höre schon das stampfen und Wiehren der Roße, höre schon
das raßeln des Wagens, das rollen der Räder, sehe mich schon sizend am schönen Deyligheder See, also nicht mehr adieu Klopstock. Bald bald sehe ich Sie, brächt ich nur Friz mit, wäre ich ganz guter Dinge. Umarmen Sie Ihre liebenswürdige niece. Glücklicher Mann, der Sie izt im schönen Loitmark, bey dem edlen redi. Philemon u seiner Baucis sind. Glückliches Loitmarck — daß izt Klopstock besizt — Glücklich leztlich Ihre ganz ergebene Waliserinn Grüßen Sie Warnstedt.
7 z . V O N E B E R T , B R A U N S C H W E I G , 2.8. O K T O B E R
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Liebster Klopstock, Ich will mich itzt nicht wegen meines langen Stillschweigens entschuldigen oder vertheidigen ; nicht darum, weil ichs nicht könnte, sondern weil dabey eine oder die andre Anklage mit unterlaufen möchte, womit ich Sie gern verschonen wollte; z.E. (denn ganz ungestraft müssen Sie doch nicht wegkommen;) daß Sie mehr als Einen langen Brief von mir entweder nur sehr kurz abgefertigt, und manche, wenigstens
mir
wichtige Fragen ganz übersehen, oder mir gar nicht geantwortet haben. — Dafür will ich Ihnen lieber sagen, was Sie gar nicht zu beantworten brauchen, — was ich Ihnen auch vielleicht nicht einmal zu sagen nöthig hätte, weil Sie es als gewiß und ausgemacht voraussetzen können, — nämlich, daß ich Sie noch eben so, wie sonst, verehre und liebe, und bis ans Ende meines Lebens lieben und verehren werde, daß ich aber auch dieses noch v o r demselben nicht nur Ihnen, sondern auch der Welt, (so weit nämlich meine schwache Stimme von ihr zu hören ist,) noch deutlicher und lauter, als bisher, zu sagen wünsche. Weil ich doch von Ihnen selbst nicht erfahren konnte, wie es mit der von mir so sehnlich gewünschten und von Ihnen so lange versprochenen Ausgabe des M e s s i a s stünde, so fragte ich bey meinem Aufenthalte in Berlin den Minister Bar. v. Zedlitz, den ich noch mehr zu seinem als meinem Ruhme meinen Freund nennen darf; ja, mich dünkt, daß er sogar meiner Frage zuvorkam. Genug, er sagte mir, er hätte, um sie nach seinem Vermögen zu befördern, sowohl Dr. Semlern, als auch einen
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angesehenen Juristen, dessen Namen ich vergessen habe, über Hemmerden geschickt, um ihn zur Vernunft zu bringen, oder zu schrecken ; aber er wäre nicht von der Stelle zu bringen. Ihre Vorschläge wären sehr billig und großmüthig, und er sey beynahe versichert, daß Sie Ihre Sache gewinnen würden, wenn Sie sie gerichtlich durchsetzen wollten. — Aber warum treiben Sie sie denn nicht? Hr. Niemeyer meinte einmal, daß Sie zu ruhig dabey wären. Oder haben Sie Hoffnung, daß Sie noch durch Güte etwas ausrichten werden? Aber ich kann nicht wohl, ohne unverschämt zu seyn, hoffen oder verlangen, noch viele Jahre zu leben. Und ich möchte doch auch gar zu gern den M e s s i a s so lesen, wie ich wünsche, daß ihn die Nachwelt lesen möge. Es ist mir manchmal eingefallen, so etwas über den M . zu schreiben, wie W i e l a n d über den N o a h , oder A d d i s o n und andre über Miltons V e r l . P a r . geschrieben haben. Aber dazu müßte ich erst die völlig verbesserte Ausgabe lesen können.
Warum haben wir denn nach so langer Zeit noch nichts,
ausser einigen zerstreuten Fragmenten, von H e r m a n n u. d. F ü r s t e n gesehen, woran vor einigen Jahren nur noch ein Paar Scenen fehlten? Denn auf H e r m a n n s T o d warte ich so wenig mehr, daß ich nicht einmal mehr recht gewiß weiß, ob Sie ein solches Stück haben machen wollen. — Des jungen C r a m e r s K l o p s t o c k wünsche ich sehr zu sehen, aber nur mit der Bedingung, daß er seines Subjects würdig sey. Sonst hätte ich freyiich weit lieber eine von Ihnen selbst verfertigte Lebensbeschreibung, ob ich gleich auch verschiedene nicht unbeträchtliche Bedenklichkeiten dawider habe.
— Fahren denn Ihre beiden
grossen Schüler, Gr. S t o l i b e r g und V o ß noch in ihren Uebersetzungen Homers fort? Wenn Sie selbst diese Frage nicht beantworten können, oder wollen, so bitten Sie doch einen von diesen beiden oder beide, es zu thun; denn ich bin sehr ungeduldig es zu wissen. Beide haben ihren Homer, aber auch gewiß ihren Klopstock wohl studiert; vornehmlich V o ß . Ich hoffe, Sie werden fein dafür sorgen, daß S t o l l b e r g nicht, wie er bisher manchmal gethan, das m e i n , s e i n , etc. kurz brauche, welches sich V o ß wohl niemals, so wenig als sein grosser Lehrmeister, erlauben würde. — Vielleicht bin ich so glücklich, wenn mich Gott noch so lange erhält, Sie im künftigen Jahre noch Einmal in Hamburg zu sehen. Freylich aber ist es noch sehr ungewiß, ob wir diese Reise werden thun können. Wenn es aber möglich wäre, so müßte d a s gewiß seyn, daß ich Sie fände. Denn aller Wahrscheinlichkeit nach würde es wohl das letzte Mahl seyn. — Meine Luise versichert Sie und Ihre
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18. O k t o b e r
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werthe Niece, Fr. v. Winthem ihrer beständigen Hochachtung und Liebe; und ich bitte Sie, mich auch der letztern bestens zu empfehlen. Der Ihrige, JAEbert. Braunschweig, d. 28. Octob. 1777.
7 3 . VON A N G E L I C A K A U F F M A N N , LONDON, 2 8 . OKTOBER
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London den 28 oct: 1 7 7 7 Vor zwei tagen überbringte mir Herr Meyer Ihren brief, mit dem si mir eine unbeschreibliche freüde gemacht haben, es ist wahr mein Werthester Freünd ich habe gar zu lang nicht an si geschriben doch stäts an si gedacht, si geleßen, und bey allen gelegenheiten mit vergnügen von Ihnen gesprochen, Madam Lindegreen habe ich noch nicht die Ehre gehabt zu sehen
Herr Meyer hat mir versprochen eine gleichnuß
von Ihnen zu weißen die nach dem schatten ist gezeichnet worden, Ich hoffe er wirdt sein wort halten, aber er stehet in der grösten gefahr dessen von mir beraubt zu werden. Ich bin Ihnen schon lang mein danckh schuldig for dero gütiges andenckhen, und den mir überschickten schönen gesängen, Ich behalte selbe bey Ihren andren Werckhen die mir jederzeit lib, und schätzbahr sein werden
Erhalten sie mir doch
Ihre Freündschafft, und zweiflen si ja niemahl an der meinigen, indem ich bis an mein Ende mit wahrer Hochachtung — unveränderlich sein werde Ihre freündin Angelica Κ. Darff ich hoffen die Ehre, und das vergnügen zu haben, bald einige zeillen von Ihnen zu Empfangen? auf diese frage solt ich denckhen gehört ein antwort, und ich will hoffen sie von Ihnen zu erhalten.
7 4 . AN R A M L E R , H A M B U R G , VOR DEM 1 2 . D E Z E M B E R
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Als Bruchstück überliefert Wie lange ists wol her, mein liebster Ramler, daß wir einander nicht geschrieben haben? Ich hoffe immer das Beste von meinem Nächsten, also auch besonders von Ihnen; u aus dieser Ursache glaub ich von
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Ihnen, daß Sie ein eben so verhärteter Nicht-schreiber sind, als ich selbst, 5
u kaum werd ichs Ihnen verzeihen, wenn Sie mir ein Paar Zeilen antworten. Brokman bringt Ihnen diesen Brief. M a n muß Niemanden voraus loben. Denn das schadet.
7 5 . V O N T Y G E R O T H E , K O P E N H A G E N , 2.O. D E Z E M B E R
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Ich habe die Fragmente gelesen, eben lege ich sie hin. — Dank sey dem Manne, der mir die süße Freude verschafte — J a Klop : mein Klopst — Sie haben mich geliebt, und Sie, der immer eine, sie lieben mich noch — das ist so, und wenns nicht wäre, ich nente sie doch M e i n . Denn ich 5
liebe sie so — so wie ich es, und auch in Meiner Muttersprache nicht sagen kan. — Da hatte ich denn die Fragmente — und wie erkante ich sie — ich hatte Sie, wie vormahls in Lyngbye. O die Tage, und solche habe ich zeitdem nicht genossen. — Liebster Kl — immer ist das mir ein Bild der himlischen Freude gewesen wenn ich an die Stunden
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dachte, in Lyngbye. in Bernstorf, in Coppenhagen — Wie ich das alles lebhaft erinnre. Bis auf
den kleinsten Umstand — Ihren Stuhl —
Tisch — das starke Bier — die Tobaks Schachtel mit dem angeklebten Zettel — Unaussprechlig würde es mich betrüben, wenn ich glaubte, daß sie mich jemahls seitdem verkant haben — lieber Kl — als vor unserm is
Gott sey es hier gesagt, ich war immer derselbe — Sie wissen nicht, wie ich gerufen wurde, da ich in den Zeiten Struensees diente — ja, es war mir ein Ruf von Gott — und so gerufen, g i e n g ich, wohin es seyn solte — ich sehe mit Zufriedenheit zurück auf die Tage. — Nichts verlangt — nichts gesagt — nichts von mich sagen lassen — keinen
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betrübet — vielen aber genützet — Klopst — dies sage ich ihnen — und so mus es wahr seyn — ja wahr —
Wollen Sie mehr davon wissen, so
müssen Sie mir es sagen — ich rede aber nicht gerne davon — O du guter — du mir lieber Mann — Nein, keinen unter den Männern habe ich so geliebt wie Sie und Bernstorfen — und ich kan sehr lieben — 2
s
Aber warum schreibe ich Ihnen diesen Brief — ich muste es — denn die Fragmente — ich muste mit Ihnen reden — Sie lesen doch gerne Briefe. — ja das sagst du mir, guter Tellow — und da nim meinen warmen Dank — denn so habe ich die Freude an den Mann zu schreiben —
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io. Dezember
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Tellow! unser Gott segne dich. — du glückliger, der dort mit dem Mann leben kanst —. Das ist mir nicht gegönt — aber ich habe sonst Freuden — 6 Kinder gab mir unser Vater — N u r ich lebt einmahl mit Kl Meine Frau — die kennen Sie. Mehr als vormahls würden Sie sie lieben — kalt schien sie damahls — Klo — sie ist empfindend, mehr als ich es wolte — mehr als es mit der Ruhe ihres lebens zuträglich ist — Wie hat sie sich verändert — Nur Freundschaft ist ihre lust — alles andere Pflicht — und die erfiilt sie —
Sechs Kinder, mein
liebster — gute Kinder — einen 1 6 Jährgen Knaben — den werden sie einmahl sehen — Sie sind doch der Freiind der meinigen — Wenig Gesundheit habe ich — gräntze an den Greise — J a mein liebster, seit einigen Jahren, kein T a g ohne schmertzlige Empfindungen — Es sind 3 Jahre, da hatte ich die Gicht im Kopfe — ich war damahl, und auch ein ander mahl seitdem bin ich nach anschein dem Grabe nahe gewesen —
Ich habe kein Amt — daher mich gäntzlig
den Wissenschaften ergeben — Sie kennen doch mein Buch von den Wirkungen des Xstenthums —
hier mein liebster, fühle ich, was
es mir seyn würde, wenn ich es von ihnen hörte, daß meine Arbeit ihnen gefält —
doch ja, sie mus ihnen gefallen — ich schreibe
nicht aus nach andern — und für die Wahrheit streite ich — ben Sie mich ein wenig gelesen — ?
ha-
W o nicht, so müssen sie es —
Mit mehrerer Redligkeit, mit mehr anstrengung hat keiner für das Christenthum geschrieben — Wie viel wehrt mein Fleiß hatt, das ist was anders — Ich will keinen Brief von Sie verlangen — Doch mein Kl — wenn Sie nun finden, daß ich ein gutes Buch geschrieben hatte — wenn das Buch zu vertheidigung unsrer Religion bestirnt ist — wenn sie dachten Rothe mus noch vielleicht i o Jahre leben um seinen Plan auszuführen — denn er wil die gantze Geschichte übersehen — er will wieder einmahl auf die alten Zeiten zurückkommen — Rothe würde stolts auf meinen Beyfal werden — G u t : so will ich meinen R o . ermuntern — mit einige Zeilen will ich ihn freuen — und er liebt mich doch so hertzlig —
Guter Kl — wenn sie so einmahl dachten — was
würde dan geschehn — aber nein, ich will ihnen für mich keinen Brief abfordern —
Nein, nicht für mich — wohl aber für einen an-
dern — J a da fordere ich — . D a s ist für Abrahamson — den Lieutenant ; der mein Buch übersetz hatt — der es ihnen zugeeignet — der es so hertzlig meint wie er es Ihnen gesagt hatt, daß sie f ü r ihn der erste der
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20. D e z e m b e r
Sterbligen sind —
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Er ist ein herliger Mann — — —
M i t ihm
las ich die Fragmente — da w o von Kl — Briefschreiben die Rede ist —. Nun abrahamson. kommen sie. sehen Sie, warum Kl
nicht schreibt—
ja das ist so recht gut, wie er es macht, aber — Was wollen Sie — ein Seuftzen — Nun was meinen Sie? — Oh lassen sie mich — es ist nur Demüthigung, daß ich kein Wort gehört habe — — Nun so sey es auch Demüthigung für mich — Gut — alles gut — Gott segne den Mann — es ist Klop — er der eine — reden —
—
sehen sie wie wir von Ihnen
Und denn, mus Abrahamson, wärs auch nur eine
Zeile haben — ja, und so groß sie mir sind — so lieb sie mir sind, daß ich ehe die Gicht ein T a g über haben wolte, als Ihnen einen unangenehmen Augenblick zu veruhrsachen, so können Sie doch Unrecht haben — Der M a n verehrt sie — liebt Sie — hatt ihnen so was gesagt — das ihrer wehrt ist — leidet, weil Sie ihm kein Wort zugeredt haben — ja leidet — nur dieß letztre Wort ist genug. — und ich sage nichts mehr — Glücklig machen zu können — durch einige Zeilen — ja so ist abrahamson — Da leben Sie denn, guter M a n n : und unser Gott giebt ihnen Frohe Tage — — Dank und Ehre sey unsren Gott, daß sie so leben — ich denke an die Stunden, die wenigen Stunden, die ich mit ihnen in Hamburg zubrachte — oft habe ich daran gedacht — immer mit traurigkeit — ich war bekümmert, niedergeschlagen —
Mein aufenthalt in Bramsted
war mir unangenehm — ich war gantz ein anderer die Zeit über — liebster Kl — ich genoß ihrer nicht — viel, viel — hatte ich gelitten — viel seitdem — und damahls war ich als betäubt — ich konte wenig empfinden — O wenn ich nur bey ihnen wäre — ! Oder wenn sie hier wären — daß glauben Sie, daß ich auch nicht dahin sehen mag, w o ihre Fenstern waren — Mein liebst — es ist für mich so gants und gantz nichts was den Umgang ähnlig ist — — und im Bernstorfschen Hause ist auch nichts für mich — der Mann hatt sich unaussprechlig kalt gegen mich gezeigt — ich sehe ihn auch nun nicht — keinen großen — ich will nichts von Ihnen haben — und meine Kinder, die werden an Gott einen Vater finden — Ich will ihnen nichts mehr schreiben — ich weis ja nicht einmahl ob sie mich gerne hören — Wenn das wäre, so könte ich ihnen öfters schreiben —
Stolberg hatt mir gesagt, daß er durch einen
andern von ihnen Nachrichten hatt — ich habe vergessen ihn zu fragen, wer der ist — Sie werden es wissen — durch den könten Sie an Stolbergen sagen Lassen, ob Sie
wollen, daß ich an ihnen schreiben
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soll —
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io. J a n u a r 1 7 7 8
Da das thuen Sie! und wen Sie keine Briefe haben wollen,
io5
so Lassen Sie nichts sagen, dann werde ich das auch verstehen. Aber Sie lieben — o das Lasse ich nicht — so, ja völlig so, mit der Wärme, wie jetz für 20 Jahren — so warm, so jugendlig — lieber Klop — wie wirds einmahl seyn — O du große Hofnung! Rothe Koppenhagen den zoten December 1 7 7 7
76.
VON
FRIEDRICH
2.O. J A N U A R
LEOPOLD
no
—
STOLBERG,
KOPENHAGEN,
1778
Kopenh: d: 2osten Jan. 1778 Halb todt von einem langweiligen Schmause kommend fall ich Ihnen um den Hals, bester Klopstock, um Ruhe u: neues Leben zu athmen. O daß ich es bey Ihnen thun könnte, mich dürstet wieder so herzlich nach Ihnen, es ist mir als hätte ich in vielen Jahren Sie nicht gesehen, u :
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doch ist mir jede Erinnerung der Augenblike die ich mit Ihnen zugebracht habe so lebendig vor Augen, so tief u: warm im Herzen ! Die Post ist nicht gekommen, u: ich weiß nicht ob meine Schwestern noch bey Ihnen oder schon in Uetersen sind. Die Mädchens hab ich um manchen Augenblik bey Ihnen herzlich beneidet, nicht um alle, denn
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ich gönne beyden viel Gutes. Ich zeige mich, meinen Sie, dem Publiko im Hemde ? Das ist Klopstocks Text, nun komt mein Commentar: »Stolbergs Homer ist nicht der griechische Homer, wie könnte er das sein? Aber er ist eine leichte anschliessende Hülle, ein Hemd von
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Nesselthuch, ein Koisches Gewand, durch welches man die ganze Bildung des blinden HalbGottes leibhaftig sehen kann« Das ist, wie Sie sehen, etwas mit lachendem Munde gepralt; Im Ernste fühl ich daß viele Nachlässigkeiten in meiner Uebersetzung sind, aber ich hab warlich nicht die Gabe zu feilen, Foibos Apollon gab mir keine Feile, das ist warlich mein Fall. Meine Muse ist noch jung, u: kriegt dann u: wann recht schöne H. ChristGeschenke von Foibos Apollon, ich will ihn bitten daß er ihr endlich auch eine Feile geben soll — Noch ein Wort, ich lese wieder den Mess : mit Emilia Schimmelmann. O Himmel Gottes w o je länger u: öfter man ihn ansieht immer
m
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Nr 7 7
ζ 6. F e b r u a r
1778
neue Sterne mit neuer Klarheit aufgehen. Ich will so lang ich lebe den Mess: lesen, u: Sie ewig lieben wie mich selbst. Umarmen Sie Windeme. F. L. St.
77.
VON
HENRIETTE
2.6.
FEBRUAR
KATHARINA
STOLBERG,
TREMSBÜTTEL,
I778 Tremsbüttel d. z6sten Febr. 1778.
Liebster Klopstok! Hier kömt die Stelle aus dem Meßias, davon Ihnen meine Schwiegerinn gesagt hat. Sie werden sehr gebeten, auf die Frage die unten steht zu 5
antworten. Ich bin von meiner Meinung so gewiß oder glaube es zu seyn, daß ich nur Ihrer Entscheidung weichen würde. O ich bitte Sie liebster Klopstock entscheiden Sie bald die Sache, es könte sonst ein Bürgerlicher Krieg darüber entstehn; u da sonst alles friedlich u gut unter uns ist, so würde es mir würkl. leid seyn, wenn ein Fehd entstünde.
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Der HErr Amtmann, sizt in Acten, u protocollen, u u — u — u — und wie all das auch heißen mag, biß über die Ohren. Er ist würkl. sehr beschäftigt u ich muß selbst sagen, daß er sich dabey mit sehr großer Geduld verhält. Des Morgens u Vormittags hat er große war, u da entsteht oft ein gewaltiger Lerm,. die HErren Bauern kriegen sich bey den Ohren,
iS
u des gestrengen HErrn Amtmans Stimme, donnert sie wieder zum Frieden zusammen. Wir drey Weibleins, schwatzen unterdeß ganz leise u fein miteinander, und arbeiten, u dencken beym Spiele der Nadel, u lesen, u raisonnieren darüber, u aprobieren u desaprobieren, wies kömt. Das Schreiben wird auch nicht vergeßen, noch das Gemurre, wenn die
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Post, oder gehofte Briefe ausbleiben, noch das Gejauchze wenn die Briefe da sind. Meine Schwester hat mir Ihre Ermahnung u Ihre Strafpredigt, über mein armes, verschrieenes, verworfnes, u doch so nüzliches mir so treues, so liebes, so wehrtes grünes Flor mitgetheilt. Sie haben Recht, wenn Sie
m
glauben daß Diogenes seine Tonne, nicht mehr lieben konte, als ich diesen schönen, seltsamen Schleyer; durch den, die ganze Natur, selbst in ihrem braun Kleide, mit grünen Farben prangt, u mir einen ewigen Frühling sehen läßt. O welche Grausamkeit, mich dieses süßen Schleyers berauben zu wollen. Sie haben aber einen so harten Trumpf darauf
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gelegt, — Sie wollen nie mit mir gehen, wenn ich das grüne flor habe
N r 78
ι. M ä r z 1 7 7 8
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o so soils im Offen, eben so geschwind, als die BildsäulefnA des seel. Herrn Steffens, aus seiner Wittwe Fenster herunter purzelteAnA. Sind Sie mit diesem Beweise meines Gehorsams zufrieden ? Es hats noch niemand so weit bringen können, aber es hat mir auch noch niemand eine maschiene die ich nicht sah, begreifl. machen können. Das kont nur Klopstock mit seiner Deutlichkeit. Hier ist sie, hier die Lippe des Schmauchers.
dieß der Rauch canal. + +
oben der geist des Rauchs unten der Körper. Aber nun liebster Klopstock hab ich auch eine große Bitte an Sie, u
Sie sind der Holdseeligste Mann, wenn Sie sie mir gewähren. Mein Bruder hat mir erzählt, von einer Ode, über den T o d , u die Trennung von Freunden, die Sie ihm vorgelesen ; o ich bitte Sie schicken Sie sie mir. Es ist grausam, sehr grausam, mir etwas von Ihnen vorzuenthalten; u noch dazu über so ein Sujet. Sie werden vielleicht sagen, ich könne mich gedulden biß ich zu Ihnen komme, ganz gut — aber wenn ich nun unterdeßen stürbe, so hätt ich sie doch nicht gekriegt ; aber wenn ich auch nicht stürbe, so wärs doch schön, wenn ich sie kriegte. Adieu liebster bester Klopstock. Leben Sie recht wohl. Mein Bruder umarmt Sie zärtlich. Die Weibleins grüßen Sie, u wir alle Ihre liebenswürdige niece tausendmal,
u ich bin Ihnen
unendlich
attachiert. o Klopstok es ist doch herlich daß Sie leben! u daß wir Sie kennen ! Haben Sie noch gar nichts von Schönborn gehört ?
7 8 . VON HENRIETTE KATHARINA 2. MÄRZ
S T O L B E R G , Τ R E M S B Ü T T E L,
1778
Tremsbüttel d. 2ten M ä r z 78. Hier bin ich wieder liebster Klopstok aber erscheine vor Ihnen nicht mit leeren Händen, wie das lezte mahl, sondern mit einer Uebersetzung des schönsten Stücks aus den Virgil wenigstens müßen wir Weiber es dafür halten, u denn, so solten wirs wieder f ü r ein abscheuliges Stück halten, für eine alte Lüge, denn wie hats so grausame Weiber geben
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Nr 79
5. M ä r z
1778
können ? D o c h ich will lieber glauben, daß in einen rauhen, u entfernten Lande,
die
Natur
gegen
das weichherzige
Geschlecht
stiefmütterl.
gewesen wäre, als d a ß eine schöne Euridike nicht existiert hätte, die aus dem Reiche der T o d t e n wäre herausgespielt worden. Friz .schickt sie mir, er ist recht artig gewesen, ich muß ihn darum loben, erst macht er mir die Freude, sie zu lesen, u dann sie Ihnen, aber in seinen N a h m e n zu schicken. Schon gestern hätte ichs gethan, wenn ich sie mir nicht erst hätte wollen abschreiben laßen, denn er sagt mir ausdrücklich Ihnen das original zu senden. Meine Geschwister hier an der Z a h l drey tragen mir sehr sehr viel an Sie áuf. Mein Bruder trageselt den ganzen T a g , ich fürchte daß die vielen Geschäfte, seinen Verstand noch zulezt ganz stumpf machen werden, doch ich muß dabey sagen, d a ß ich doch würkl. biß izt noch nichts davon vernommen habe. Gustgen hat Schnupfen u A u g e n Schmerzen; ist auch einige tage nicht ganz w o h l gewesen, aber nun ganz keck. Meine Schwiegerinn s c h r e i b t heute. Z w e y Nachrichten aber dafür müßen Sie mir auch Ihre ode schicken. O allerl. Klopstock, es ist wahrl. keine Perle vor die Sau geworfen. No ι.
N o 2.
Clausvitz
Fritz
der so lange
der H. Oberschenk
Hagelstolz gewesen
ist mit der
heyrathet izt, ein
Uebersetzung des
M ä d g e n d a ß er liebt
Homers nun ganz fertig.
Ihre liebe Niece umarme ich, u einem jeden der Kindergen einen K u ß .
79. VON HENRIETTE KATHARINA STOLBERG, 5. M Ä R Z
TREMSBÜTTEL,
1778
Trbüttel d. j t e n M ä r z 1778. Aller guten Dinge sind drey. Und ich erinnere mich, d a ß Klopstock einmal in Loitmark gefragt ward, ob Er schreiben würde, wenn Er sieben Briefe nacheinander kriegte. Das versteht sich, w a r die A n t w o r t , wer könte auf 7 Briefe nicht antworten ? Soll ichs versuchen ?
N r 79
5. M ä r z 1 7 7 8
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Mir fällt dabey ein, die Geschichte aus dem Evangelio des Mannes der um Mitternacht kam, zu seinem Freund, u ihn um Brodt bat ich sage Euch, giebt er ihm nicht, weil er sein Freund ist, so giebt er ihm doch, seines unverschämten Herzens wegen. Fiat applicatio. An pretexte soll mirs nicht fehlen, das heutige ist, ein Brief von meiner Schwiegerinn an Gerstenberg, in ein Gespräch zwischen ihr u Gustg eingekleidet. Der Anlaß zu diesem Briefe, war Gustgens Unzufriedenheit, die neulich einen Brief an ihm geschrieben, darauf sie keine Antwort bekommen hatte Der brief war voll Nonsens, Sie wißen, oder Sie wißen nicht, daß ihr der immer sehr natürlich aus der Feder fließt. Die Hebammen dieses Briefes waren les précieuses ridicules et les femmes savantes, die wir in diesen Tagen gelesen. Unser familières Gespräch ist nun immer in diesem Tone gestimmt. Gustg bittet Sie den brief Henslern sehen zu laßen, u ich bitte Sie, Ahlemänchens Seele, mit ihm zu ergötzen. Bald wird ein unsterbl. Werck, aus unsrer Feder fließen. Hier ein Gespräch zwischen mir u Gustg daß zwar nur ganz platt ist, wie man im gemeinen leben spricht, doch auch sein Verdienst hat, u daß ich bitte der v. Windten zu gehör kommen zu laßen. Gustgen. Schreibst du heute an Klopstock ? ich. ja. Gustg. So laß die v. Windten bitten Käse zu schicken. I. Und das soll ich an Klopstock schreiben?
G . warum nicht?
Käse commission geben.
I. Nun ja so will ich an Klopstok eine
G. o ja, an Klopstock, es ist doch gar zu
hübsch, bey dem Verfaßer des Meßias Käse zu bestellen. Also wird Klopstock gebeten, die von Windten zu bitten, daß dieselbe von der Güte seyn wolle, ihre holdseeligen Lippen zu wäßern, u die süßen Worte ertönen zu laßen, daß von den geronnen der Sauren Milch 4 M. von der lezten Art nach Tremsbüttel gesandt werde ; welches denn auf Ihre, u Ihrer Gesundheit, in allem Frieden soll verzehrt werden. Mein Bruder umarmt Sie zärtl. Sie glauben kaum wie fleißig er ist. Gustgen hat heute der v. W. schreiben wollen, aber sie ist wieder nicht recht wohl. Das arme Kind, sie bittet ihr 1. Hanchen, ihr ein flornes tuch zu kauffen. Meine Schwiegerinn u Gustg grüßen Sie beyden aufs freundschaftl. u ich bin Ihnen so sehr man es nur seyn kan, u ich es nur seyn kan attachiert.
T. r H . K. St.
TT
meine Schwieger. bittet die v. W. den Käse mit den Postboten, den sie ihr senden wird zu schicken
weißen Schweizer Käse
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Nr 80
16. März
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liebes Hanchen ich hab einen krancken Finger, bitte bitte schicken Sie mir WundWaßer.
80. AN GLUCK, HAMBURG, 1 6 . M Ä R Z
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Hamb, den löten M ä r z 1778 Brokman bringt Ihnen diesen Brief. Es ist ein Mann der es verstehen, u fühlen kan, was Sie ihm vorsingen. Sie haben Ihre Liebe Kleine gewiß noch nicht vergessen, u werden's nie, ich auch nicht. Wie wärs, wenn Sie auf Ihren fernem Reisen einmal über Hamburg nach Paris gingen? Wir wolten Sie was rechts pflegen, mit junger unverdorbner Aufmerksamkeit, wenn Sie uns sängen, u nebenzu auch mit altem Weine.
— Ich höre man will Hermanns Schlacht
bey Ihnen aufführen. Sind Sie schon so weit mit der Komposizion? Ein Paar Worte davon. Aber wird denn der schöne, herliche, köstliche beglückende Krieg nicht machen, daß unter vielen anderen auch dieß liegen bleibt? Der Kaiser gewint mein Herz immer mehr. Er irrt sich gewaltig, wenn er glaubt, daß der Alte in Potsdam schon zu a l t ist. — Wenn im Kriege nicht Alles danieder läge, was besser als Krieg ist; so würde ich Ihnen meine Bitte wiederholen, den Kaiser darauf aufmerksam zu machen, daß Er sein Wort, welches Er durch mich den Gelehrten geben ließ, nicht gehalten hat. Aber nun Der Ihrige Klopstock
8 1 . VON S C H Ö N B O R N , L O N D O N , 2 4 . M Ä R Z
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Ich sehe aus Mumsens Brieffe, welchen ich eben ietzo erhalte, daß meine beyden Brieffe welche ich von Helwotschleuß Abends vor meiner Einschiffung an Sie sowohl als an ihn schrieb nicht angekommen. Daran ist ohnstreitig mein Schurke von Wirth an gedachtem Orte schuld. Er erboht sich selbige des andern Tages um Mittage auf die Post zu geben, welche als dann abging; u ich des Morgens selbigen Tages gantz früh an Bord gehn mußte. Die Canaille wird, ums Postgeld, welches ich ihm gab unterschlagen zu können, die Brieffe zurükbehalten haben. Hund könnt ich dir übers Fell kommen ! — — Aber auch Ihren großen
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Brieff, mein liebster, bester, von dem mir Mumsen spricht u der schon einen Posttag vor dem Seinigen abgegangen ist, hab ich nicht erhalten ! ! ! Worann liegt das ? — — Es sollen eine Menge Freunde dran geschrieben haben u ich soll drin abscheul: entsetzlich, erschreklich, ausgemacht, ausgehunzt, ausgewaschen, ausgerieben, ausgelaugt und eingeseyfft seyn, wegen meiner Briefffaulheit. Ich bin unschuldig, mein liebster. Ich versprach Ihnen in Hamburg von Helwotschleuß zu schreiben. Das hab ich gethan. Ich schrieb Ihnen da etwas von meiner Reise sonderl: wie mir Holland gefallen: Hier steh ich nun, deucht mir fing sich mein Brieff an, am Rande des vesten Landes. Morgen gantz früh geh ich zu Schiffe etc. — da Sie also nichts von meiner Reise nach Amsterdam u bis Helwot wißen So muß ich das ungefähr wiederholen was ich Ihnen damahls schrieb. Ich bin fast 9 Tage von Hamburg bis Amsterdam unterwegens gewesen; u dazu hab ich noch 3 gantze Nächte hinter ein ander mit zu Hülffe genommen. In dem Westphalen kommt man nicht aus der Stelle. Die Tage waren — so traff sichs just — so nebeldunkel, die Nächte so pechfinster, die Wege so holprich, nicht gestochen u nicht aufgedaut, die Meilen so lang, die Bedienung auf den Stationen so zaudernd, Pferde u Fuhrmann so mittelmäßig daß ich offt kaum 4 bis 5 Meilen Tages von 6 uhr bis wieder zu 6 Uhr abends machte. In Lingen hat ich zuerste Mondnacht. Von da bin ich auch bis Amsterdam nicht ins Bette gekommen. Sonst ist meine Reise gantz glüklich gewesen. In Amsterdam hab ich mich einige Tage aufgehalten. Das Waßerland u seine Canalstädte haben mir sehr wohl gefallen doch mehr der Kunst als der Nathur wegen. Ich bin gezwungen das nachzusprechen was andere so offt vor mir gesagt haben: Holland ist ein Beyspiel was Menschenfleiß thun kann. Die immer rege, arbeitsame Schnekkenwürksamkeit der Einwohner hat die Elemente bezwungen. Einige Fuß tieffer als das umfließende Waßer liegt in seinen Dämmen das volkreiche Land. Mit Städten u Dörffern, die den niedlichsten Städten änlich sind ist es übersät. Amsterdam hat mir sonderlich sehr behagt — nicht um da zu wohnen — sondern um es zu besehn. Das heiß ich eine Handelstadt! Merkuriusleben durch u durch! reich und blühend überall. Die Börse ist über dreymahl so menschenvoll als die Hamburger. Die Meerseite ist ein dichter Schiffwald. Die Stadt ist rein gepuzt. Die Weiber, bespühlen, bewischen u bescheuern sie täglich. Die Menge Kanäle mit der noch größern Menge länger steinernen Brükken mit eisernen Geländern machen einen schönen Anblik. Die Häuser sind
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14.
März
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wie in allen Niederländischen Städten hohe Giebelgebäude, gotisch, doch modernisiert gotisch. Es gibt freylich einige im andern Geschmakke. Z u diesen gehört vorzüglich das Rathhauß. Das ist eine große schön zusammengeordnete Felsenmaße, das vorzüglichste Gebäude in Amsterdam u vieleicht unter allen Rathhäusern. Es ist eine gewaltige Tempelhalle drin in der Mitte die den meisten Theil des Gebäudes einnimt. Hochgewölbt u mit einer Menge Bildhauerarbeit ausgeziert. Alles Felsen u Marmor. Rings um diese Halle oben u unten sind eine Menge großer VersammlungsZimmer, von denen jedes mit vielen Gemälden von niederländischen Meistern behangen ist. Es sind meist lauter große mit Figuren vollgepfropfte Stükke aus der niederländischen Geschichte auch einige aus der römischen. Es ist auch eins von van Dyk da auf welchem d e r Spanische
Gesante
Rathsversammlung
vor von
dem
Burgemeister
Amsterdam
u der
Holland
als
gantzen einen
f r e y e n u n a b h ä n g i g e n S t a a t e r k l ä r t ! Von Rembrand ist gleichfals eins da, von Van der Werff verschiedene u so weiter! Aber o das vorige freye Holland ist es nun nicht mehr! aus der vorigen Volksregierung ist nun eine Herrnregierung geworden. Die Städte welche ehedem lauter kleine Demokratien waren sind nun kleine Aristokratien. Burgemeister u Rath sind Souveraine HErrn! Der Bürger der gehorchende u unterthänige Theil. Das ist so nach u nach gekommen, so unvermerkt saß das Joch dem unachtsamen Einwohner am Halse u da könnt ers nicht wieder herab ziehn! — Im Haag, hab ich Ihren Bruder gesprochen. Er ist wohl. Hag ist zwar nett, aber doch ein unselig Mittelding zwischen Holländer u Franzosen. HErr Münch grüßt Sie hertzlich u iäßt Ihnen sagen Ihr Versprechen wahr zu machen. Sie wolten ein mahl, sagt er mir, mit Jacobi nach Holland kommen. Im Sommer auf den Canälen kostet es nicht viel Geld;
aber Postpferde sind schreklich theuer,
ich nehme die ordinaire Post aus. Nun solt ich Ihnen auch Etwas von Albions Insel sagen, mein liebster. Hier bin ich nun u sehe Sie öffter, Sie hertzlicher mir immer innignaher Mann ! Wenn Sie mir doch auch ein mahl in Fleisch erschienen! Das ist hier ein Getümmel! London ist ein Monstrum horrendum ingens cui lumen ademtum! Das ist von wort zu Wort wahr. Es ist ein Ungeheuer unter den Städten auf welchem beständige Wolken von Thier und Menschendunst und Steinkohlendampf liegen daß keine Sonnenstrahlen durch können! Ein Leviathan der noch immer wächst, doch wird ihm die hohe Weisheit des ietzigen Ministerii wohl etwas von seiner Wachsekrafft benommen haben. Von
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ι. April 1 7 7 8
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meinem Quartier bis in die City herunter hab ich meist anderthalb Stunde zu gehn. Das ist ein unaufhörliches Menschen u Kutschengewimmel unter ein ander! eine unabläßige Regsamkeit u unermeßlicher Reichthum in den Buden Ich kenne noch viel zu wenig von ihm. In London ist man einsam weil zu viel, wie man an andern Orten einsam ist weil zu wenig Menschen da sind. Kein Mensch bekümmert sich einer um den andern. Er lebe wie er wolle : Jeder für sich u Gott f ü r uns alle. Die Angelica hab ich nur 2 mahl u das nur halb gesehn, es traff sich just daß Sie Geschäffte hatte. Sie hat mir einen hertzlichen Gruß an Sie mitgegeben u versprochen ehestens zu schreiben. So viel für jetzo, mein liebster, andermahl ein mehres. Hertzliche Grüße an Windeme. Daß doch Ihr Brieff noch ankommen wollte! Sch den 24 Märtz 1778
8 2 . VON AUGUSTE LUISE STOLBERG, U E T E R S E N , I. A P R I L
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Otersen d: ist. April 1778. An Klopstock Ihnen bester Klopstock muß ichs sogleich sagen, daß ich vor einer Stunde die Nachricht kriegte, daß unsre lieben Reisenden, nach einer sehr guten Reise, glüklich angekommen sind, am Sontag Nachmittag seegelten sie von Travemünde ab, u am Dienstag N a c h m : kamen sie in Dragor ans Land, fanden da keinen Wagen, giengen nach Kastrup zu Fuß, fuhren nach Koppenhaben aber
daß Thor war schon zu.
war daß nicht abscheulich? ich gesteh's selbst, viel schlimmer als — — ein ausgebliebener Brief — Bester Liebster Klopstock wenn die Seele einen Körper hätte, so würde sie blush until his very ears indem ich vom ausgebliebenen Brief schreibe — meine wirklichen Ohren sinds schon oft geworden, u Werdens noch jedesmal wenn ich denke wie S i e mich neulich von meiner schwachen Seite gesehn haben — Bester Mann sehen Sie's als eine Seelen Krankheit, Aussaz, Gichtbrüchigkeit u wie Sie wollen, an, u beklagen Sie mich — aber immer bin ich doch so nicht, ich weiß selbst nicht wies kam, dazu kam aber auch eine durch nassen Füßen, recht starke Kolik die ich zu verbergen u zu verbeißen hatte, daß gieng denn wies leider oft geht au dépends
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14. April
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meiner armen Seele — Lieber Klopstock könten Sie mir doch ein SandKorn von Ihrer Ruhe u Gleichmiithigkeit geben, ich kenne die so an keinem Menschen mit so viel wärme!
o Klopstok! — nein selbst
Ihnen mag ich's nicht so im Gesichte sagen waß ich dachte — noch eins waß Sie interessiren wird — Wasserschieben thut auf einmal kund daß er eine Schwester, in Flensbourg, h a t u die er besuchen will — bestellt ein Schiff, u ist sogleich hingegangen um ein paar Tage nur dort zu seyn — daß ist eine Folge einer gewißen neuen Kur gegen das Podagra die ihn u den guten Calmette wie Adler verjüngt hat — ich denke er komt wieder, u bringt heim ein junges Weib — ich umarme das liebe Hanchen zärtlich, auch die große u. kl: Meta u die andern Kinder, viele grüße an unseren Freunden, bitte bitte bald das buch darin Sie schreiben wollen, aber bitte bitte nicht griechisch — ich umarme Sie mit einem Herzen daß Sie unendlich verehrt u liebt — Gustchen Stolberg.
8 3 . AN N I E M E Y E R , HAMBURG, 1 4 . APRIL
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Hamb, den i4ten Apr. 78 Der junge Hensler, mein liebster Niemeyer, unsers Freundes des Leibmedikus Sohn bringt Ihnen diesen Brief — Warum schicken Sie mir denn Ihren Homer nicht ? Wenn ich in Halle wäre ; so würde ich Colleg. bey Ihnen darüber hören. Also müssen Sie mir ihn schicken Klopstock
84. AN F R I E D R I C H II., KÖNIG V O N P R E U S S E N , I. MAI
HAMBURG,
1778
Allerdurchlauchtigster Großmächtigster König Allergnädigster König und Herr! Ich bin gesonnen, das von mir verfertigte Gedicht: d e r M e s s i a s , ganz wieder umzuarbeiten, und diese neue Auflage auf meine eigne Kosten drucken zu lassen. Die erste Ausgabe hatte ich dem
Buchhändler
Hemmerde in Halle überlassen, welcher sie auch bisher allein verkauft hat. Allein, da diese nach so vielen Jahren vorgenommene Umarbeitung
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N a c h dem I . J u n i
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gewissermassen ein ganz anderes Werk ist, so will ich auch damit eine ganz andere Einrichtung treffen. Um aber allem Nachdrucke vorzubauen, so geht meine allerunterthänigste Bitte an Ewer Königl. Majestät dahin: mir in Höchstdero Landen ein ausschliessendes Privilegium auf den Druck und Verlag des erwähnten Werkes: der Messias, allergnädigst zu bewilligen. Der ich in tiefster Verehrung ersterbe. Ewr Königl. Majestät allerunterthänigster der dänische Legationsrath Klopstock. Hamburg, den 1 M a y . 1778.
85. VON
FRIEDRICH
V., L A N D G R A F
V O N Η E S S EN - H O M Β U R G ,
H O M B U R G , N A C H D E M I . JUNI
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Konzept;
abgeschickt
möglicherweise
nicht
Werther H. Kl. Verzeihen Sie, daß ich Ihre Beschäftigungen stöhre; ich muß Ihnen, von einer Sache reden, die vielleicht Ihres Nachdenkens werth ist. Gereuen wird es Ihnen wenigstens nicht, fromme Wünsche angehört zu haben! Da ich Ihnen aber ganz unbekant bin, so erlauben Sie, damit Sie den ganzen Zusammenhang übersehn, daß ich erst aufrichtig von mir selbst spreche! Meine Jugend ist verraucht
V o m Schiksahl bestirnt, meine T a g e im
Stillen hinzubringen, habe ich lange schon, allen Wünschen nach Ruhm, allem Wahn
von schimerndem Glück, von vermeinten
Vergnügen,
entsagt! N u n sehne ich einem Gut, daß ich vor ächt halte, die innre Zufriedenheit des Gewissens. Ich mache mir nichts aus dem Lob und dem Tadel der Menschen, weil sie uns meistens falsch beurtheilen. Nur möchte ich; so wie es in meinem engen Kraise seyn kan, zum besten der Menschen beitragen. Kan ich den Beifall von Wenigen erlangen, so ist mirs lieb, und unter diesen, ist Klopstok ! Nun, zur Sache!
In dieser GemüthsLage, wurde mir, durch einen
gewissen Hn. Paradis, (welcher sagt, von dem Graf Bernstorf gekant und geschützt gewesen zu sein) ein Plan von einer Patriotischen Gesell-
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Nr
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Nach
dem
1. J u n i
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schaft vorgelegt, deren Gesetze ich beylege, und auf welche er mich versicherte, daß schon viele Mitglieder warteten. Ohne Gelehrsamkeit, nur Begierde zum Lesen besizend, zu schwach, um Politischen Einfluß zu haben, wollte ich mich anfangs nicht gern einlassen, da ich ohnehin den Urheber nicht kante, und die Sache als eine Chimäre ansah. Allein, hernach schien es mir, vielleicht doch gemeinniizig werden zu können, insbesondere vor meine Vaterstadt Homburg, ich machte mir also eine Art von Vorwurf es liegen zu lassen, und weil ich in diesem Fall Spott und Lachen nicht achte, so nahm ich es an, und gab meinen Nahmen her. In kurzer Zeit hat sich dieses Institut erstaunlich ausgebreitet. Die Gesellschaft der Sitten und Oeconomie von Bayern, die Patriotische Gesellschaft von Schweden, verknüpften sich mit der unsrigen. Aber in Deutschland da nur wenige Comités entstanden, wollte es nicht so sehr zunehmen, als besonders in Frankreich, wo sich sehr viele aufgeworfen haben, in Schweden Rußland, und iezt auch zu Rom. Bey allen diesen Comités komt aber eben noch nichts heraus! — Ich habe kürzlich, um der Anstalt aufzuhelfen, eine Drukerey hier angelegt, die eigentlich vor die Gesellschaft bestirnt, blos unter meiner Aufsicht, und auf meine Kosten ist, wo ich die Ehrlichkeit hauptsächlich vor Augen habe, und wo alle fremde Gelehrte, die ihre Manuscripte hin schiken wollen, sicher vor Betrug von Seiten "der Druker seyn können. Vorm schnellen Nachdruk fremder Druker haben sie auch grossen Vortheil, weil die neugedrukten Stücke sogleich an alle Comités geschickt werden, und also schon in den meisten Ländern ausgebreitet sind, ehe sie können nachgedrukt werden, vor kurzem wurden auch einige Départements Nationenweis abgetheilt, wovon das erste blos vor Deutschland ist. Allein, dieses alles behagt mich noch nicht. Von Jugend auf nährte ich eine ausnehmende Liebe zum VaterLand ! Diese ist bey mir, mit den Jahren, durch das Lesen der Helden Griechenlandes, Ihrer und anderer Vaterländischen Gedichte, bis zur Leidenschaft angewachsen! Nie gehe ich in einsamen Spaziergängen, alten Eichenstämmen ohne heiligen Schauer vorbey ! Fern von mir, sollen Lobsprüche, und Denkmähler, will ich bleiben, möchte nur einst mir mit Recht auf meinen schlechten Leichenstein stehen, — diesen Staub hat eine alt deutsche Seele bewohnt ! Könnte denn nicht vielleicht diese Anstalt etwas zur Ausführung Ihres großen Plans von welchem Sie in Ihren Schriften sprechen, oder zu einem
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5. J u n i 1 7 7 8
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ähnlichen* beitragen? Könte man nicht mehr Deutsche hineinbringen, und Nuzen vors VaterLand daraus ziehen? Könte nicht die Drukerey dazu dienen? GeldBelohnungen fielen wohl weg. Ich bin nicht reich. Aber würde nicht diese Drukerey nach und nach so viel abwerfen, daß man dazu etwas verwenden könte? Ich beschwöhre Sie, beym VaterLand, der Sache nachzudenken, und mir Ihre Meinung gerade zu sagen! Halten Sie es vor träumerisch, so sagen Sie mirs, Wahrheit beleidigt mich nicht! Finden Sie es möglich, so bitte ich Ihnen weiter nicht. Sie werden schon von selbst sich uns zugesellen, und noch mehrere Ihrer Freunde dazu bewegen. Alsdann führen Sie das Schif. Ich werde blos Ihrem Rath folgen und meine
schwache Kräfte aufopfern. Zählen
Sie auf
meine Treue!
Ich bleibe, es mag gehn oder nicht, mit ächter Hochachtung, Dero ergebenster Freund * besonders nach Absonderung des deutschen Departements ;
86.
VON F R I E D R I C H H E I N R I C H J A C O B I ,
5. JUNI
DÜSSELDORF,
1778
Düßeldorf den 5ten Juni 1778 Ich bitte, mein lieber Klopstock, Sie wollen die beykommende Anzeige Herrn Hegewitsch, zum Einrücken in die neue Hamburger Zeitung überantworten. Wenn Sie den 8ten Band der Iris schon gesehen haben, so werden Sie mit mir der Meinung seyn, daß sich Spener als der ärgste Schurke gezeigt hat. Was so ein Bursche sich unterstehen mag! — Gott gebe daß sie m i r einmahl so kommen! — Können Sie auf mehrere Weise meines Bruders Erwiedrung geschwind herum bringen; so thun Sie es, mir zu liebe. — An H. Hegewitsch meine Empfelung. Ich hätte gerade zu an ihn geschrieben, wenn mir das gerade zu schreiben zum ersten mahl, nicht so sauer würde. Was bezahlt werden muß, ersetz ich, so bald ich weiß, wie viel. Tausend Dank, mein Freund, für die gütige Aufnahme
welche
H . Schenk u meine Kinder bey Ihnen gefunden. Aber w o bleibt das versprochene Urtheil über Freundschaft u Liebe? Ein Wort ein Mann!
IC>4
Nr
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16. A u g u s t
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Haben Sie die Theorie des Paradoxen gelesen? — Und was sagen Sie zum ersten Gesänge des Roland von Heinse übersetzt ? Ist das nicht brav gethan ? Leben Sie wohl, lieber Vortrefflicher, u behalten Sie mich lieb Ihr Fritz Jacobi Zuverläßig komm ich binnen einem Jahr nach Hamburg; aber gleich diesen Sommer, dazu seh ich noch keine Möglichkeit.
8 7 . VON H E N R I E T T E KATHARINA S T O L B E R G , 16.
AUGUST
BERNSTORFF,
1778
Bernstorff den 16 Aug 78. Ich höre daß man mich bey Ihnen, des unglücklichen, grünen Schleyers wegen angeschwärzt hat, ich eile daher, liebster Klopstok mich zu vertheidigen, da ich höre, daß Sie die Entschuldigung, die ich Ihnen, durch die junge Schubarten habe machen laßen, nicht erfahren haben, weil Sie schon von Loitmark seyn musten, als der brief ankam. Darüber möchte ich nun wohl ein bisgen mit Ihnen zancken, daß Sie so kurz im lieben Loitmark geblieben sind, wenn ich nicht, viel stärcker, darüber mit Ihnen zancken möchte, daß Sie zu einer Zeit in Loitmark gewesen sind, da wir nicht da waren, daß ist würcklich sehr traurig für mich, ich habe so wenig, in meinen Leben, das Glück gehabt, mit Ihnen zu seyn, u möchte doch so gerne, dieses Glück immer genießen, daß ich mir kein Gewißen draus mache, es allen die es haben, von ganzen Herzen, u von ganzer Seele zu beneiden ohne es doch, jrgend einem den ich gut bin, zu misgönnen; doch das zancken bey Seite gesezt, es wäre ja auch nun zu spät, u ich muß mich ja nun vertheidigen, also sey zu meiner Rechtfertigung gesagt, daß ich nicht gelogen habe, als ich Ihnen sagte, daß ichs Ihnen aufopfern wolte, u daß Sie allein, mich von meinen treuen grünen Flor, abspenstig machen könten, ich trente mich würkl. von ihm, aber ich fand, daß meine Augen dabey litten, weil jedes andere sie blendet, ich begnügte mich also mit dem Vorsaz, es in Hamburg nie mehr zu tragen kein Scandal mehr zu geben, u daß blos, weil Sie es nicht haben wollen, u daß werde ich auch gewißl. nicht thun, aber hier w o die Sitten, freyer sind, erlaube ich mir, es zu tragen, ich muß mich aber doch über die Schubarten beschweren, daß sie so malicieus
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gewesen ist, Ihnen daß zu klätschen, ich werde ihr auch einen Text drüber lesen, lezt dürft ichs nicht thun, weil ich glaubte, daß der brief Sie noch in Loitmark antrefen würde, ich wolte Ihnen gleich in der Angst meines Herzens drüber schreiben, hatte schon dazu die Feder in der Hand, aber ich fürchtete mich vor Dewitz, der mir daß Selbstschreiben so ernstl. verboten hat, u der unter andern guten Eigenschafften auch die hat, daß er böse werden k a n ; ich fands inpartinent, à son nez einen eigenhändigen Brief zu schreiben, u an Sie zu dictiren — daß habe ich noch nie gethan, u würde es auch heute nicht thun, wenn nicht meine Augen so schwach wären, seit einigen tagen wieder mehr, u warten mag ich nicht, denn wenn die Schubarten nicht eben so gelogen, wie sie verläumdet hat, so haben Sie mir einen brief versprochen, wenn meine Vertheidigung so ausfiele, daß ich Ihre Verzeihung erhalten könte, diesen gütigen Ausspruch erwarte ich nun mit Ungedult, ich hoffe von Ihrer Grosmuth, daß Sie mich nicht lange in Ungewisheit laßen, u mich nicht, wie Dewitz sagt, in Furcht u Hoffnung wollen stecken laßen. Wenn dem also ist, u man mich nicht falsch berichtet hat, so kan ich hoffen, einen brief von Ihnen zu kriegen, wenn Sie daß thun, so sagen Sie mir doch auch im P.S. wie es Ihnen in Loitm. gefallen hat, ein Wörtlein von Dewitz u seiner Frau, u ob die junge Schubarten, ungeachtet des garstigen Streiches, den sie mir gespielt hat, nicht ein recht nüdliches Mädgen ist. Ich hätte sehr gewünscht, daß Sie auch ihre Schwester hätten kennen gelernt, sie würde Ihnen auch gewiß gefallen haben. Ich mögte auch daß Sie im zweiten P.S. (denn ich bin zu bescheiden, einen langen brief zu erwarten) mir sagten, ob Sie nicht anfangen, den alten Löwen, recht lieb zu kriegen, u von seiner bravoure eine beßere idée als sonst haben. Erinern Sie sich noch, der dispute, die Sie vorigen Winter, mit Ahlemann u Schönborn, bey Ahlmann, den 24 Jannu. hatten, da Sie noch den armen Ahlemann, abhielten, beichte zu halten, u drüber sein Gewißen heiß machten. — Ach Himmel schon so viel geschwazt, u nichts gesagt, aber so gehts einem immer, da w o man am meisten sagen mögte, da man hingegen, da, w o man nichts zu sagen hat, auch nicht schwazen kan. In 4 Wochen reise ich mit Gustgen nach Holstein, wir halten uns einige tage in Trolleburg auf, den bleibe ich e t w a ß in Loitmark dann gehe ich nach Uetersen, zu meinen bruder, nach Hamburg, nach Altona u so weiter. Daß habe ich alles schon ausgemacht, aber von Walloe habe ich noch keine Erlaubnis dazu erhalten, verdiente ich nicht, Siz u Stimme, im Congress ?
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Ihre liebenswürdige Niesse, umarme ich tausendmahl, u den lieben Kleinen gebe ich jeden einen Kuß.
8 8 . VON C A R L F R I E D R I C H C R A M E R , K I E L , S E P T E M B E R
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Kiel, den (Leerraum) Sept. 1778. Eben da ich in meines lezten Fragments Ausarbeitung bin, bester Klopstock, stoße ich auf die Ode an Cidli S. 154, wo einige Schwierigkeiten drinn vorkommen aus denen ich mich ohne Sie nicht zu retten weis. Es folgen zwey Quartblätter mit der Analyse der Ode, wo Sie sehen werden, was ich meine. Wollten Sie wohl so gütig seyn und mir das Nöthige darauf zurückschreiben ? Ich müßte mir aber diese Blätter und Ihre Antwort, ja n ä c h s t e n P o s t t a g wieder ausbitten, weil ich das Mascpt. nothwendig den folgenden drauf abschicken muß wenn ichs zur Messe fertig haben will. Die Unsrigen sind glücklich angekommen. In Eckhof bin ich nur einmal gewesen seit Sie weg sind — man wandelt da allenthalben in Ihren verlassenen Spuren. Die Gräfinn ist von Stein gemahlt; niedlich, mir aber nicht ähnlich genug; lange nicht so ähnlich als Sie. Bald hoffe ich Sie in Hamburg zu umarmen. Ihr Cr. 8 9 . VON A N G E L I C A K A U F F M A N N , LONDON, 2 2 . S E P T E M B E R
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Wehrtester Freund, vergebens habe ich das Vergnügen gehofft auf mein Letztes (vor einiger Zeit an Sie geschrieben) eine antwort zu erhalten; Sollten Sie etwan meiner vergessen haben, so wirt dießeß Sie erinnern daß ich unaufhörlich in der Zahl der jenigen bin, und sein werde so die größte Hochachtung gegen Sie haben, daß ich Ihre freundschafft mehr schätze alß ich beschreiben kann — und daß einige Zeillen vohn Ihnen, mir eine wahre Freude machen werden, mehr will ich dieß mahl nicht sagen, alß daß ich mit unveränderlicher Hochachtung verbleibe wie allezeit dero aufrichtige Freundin und Dienerin Angelica Κ. London d. 22. September. 1778
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B I E S T E R , B E R L I N , IO. OKTOBER
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Berlin, d. 1 0 Okt. 78. Verzeihen Sie, theurester Mann, daß ich Ihnen solange keine Nachrichten von Ihren Sachen gegeben habe. Freylich war die Ursache, daß ich Ihnen keine ganz angenehme befriedigende Nachrichten zu geben hatte; aber Sie haben doch in der That meinen Patriotismus zu sehr gekränkt, da Sie zu glauben scheinen, als wäre man hier gegen Ausländer ungerecht. M a n ist freylich nicht so betriebsam, als man solte, zumal gegen Sie. Wie ich zuerst bey dem Lehnsdepartement Ihrenthalben einkam, geschah es mit der Bitte: »Ihnen in den königl. preuss. Landen· ein ausschliessendes Privilegium auf den Druck u. Verlag der neuen Ausgabe des Messias zu bewilligen«. Ich erwähnte dabey ganz ehrlich, u. gewiß nicht gegen Ihre Absicht, daß Hemmerde den Verlag der ersten Auflage gehabt, daß aber diese neue Auflage gewissermassen ein neues Werk ausmachen würde, u.s.w. Darauf trug das Lehnsdepartement dem Stadtmagistrat in Halle auf, Ihre Bitte Hemmerden mitzutheilen, u. seine Erklärung darauf einzuberichten. Diese Erklärung, womit es lange zögerte, ist, wie Sie Sich von H. vorstellen können. Zugleich hieß es, er sey izt an Leib u. Seele so krank, daß nochweniger, als sonst, mit ihm anzufangen sey; auch habe er darum nicht einmal selbst vor Gericht erscheinen können. Er beruft sich auf seinen Kontrakt mit Ihnen, den er aber »Alters u. Gemüthsschwachheit halber« nicht auffinden könne u. von seinem Bedienten nicht suchen lasse, da er schlechterdings keinem Menschen erlaube sich seinen Papieren zu nahen. (Mir haben glaubwürdige Leute berichtet, er sey in der That so schwach, u. verderbe sich durch seine unvernünftige Lebensart täglich noch immer mehr sodaß er gewiß bald sterben würde ; in welchem Falle dann mit seinen Erben, die doch seine Tollheit nicht mit erben werden, besser zu handeln wäre.) — Das lezte Dekret des Lehndepartements
lautet nun so:
»daß ehe das Gesuch des Herrn etc. Klopstock Statt finden kann, er sich mit seinem ersten Verleger, dem Buchhändler H. in Halle, sezen muß. Denn ausserdem, daß es ein, in der Billigkeit gegründeter Gebrauch ist, daß ein Schriftsteller die zweyte Auflage seines Werks seinem ersten Verleger nicht enziehn kann, er habe sich dann vorhero wegen der noch unvergriffenen Exeniplarien der erstem mit ihm gesezt, oder ihm selbige abgenommen ; so behauptet auch der H. aus seinem mit ihm geschlossenen Kontrakt ein Recht zur zweyten Auflage zu haben«. — — Wenn
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Sie nun, wie Sie mir schreiben, gewilligt sind, H. die lezten Vorschläge zu thun, u. auf bündige Antwort von ihm durch einen Notarius zu dringen; so, denk ich, thäten Sie wol, mir alsdenn seine Antworten (in der Abschrift dieses Notars) zu überschicken, damit ich sie in Ihrem Namen dem Lehnsdepartement hier vorlegen könne, um zu zeigen, daß Sie von Ihrer Seite alles gethan um sich mit diesem Menschen zu s e ζ e η, u. um zu erwarten, ob das Lehnsdep. diese Schritte nicht für hinlänglich erklären, oder was es weiter darauf erkennen wird. Sulzer läßt Ihnen durch mich antworten: daß er nichts gegen die Bekantmachung seiner Einwürfe gegen Ihre Rechtschreibung hätte, u. daß ihm Ihre Antworten darauf sehr lieb seyn würden. — Sulzer ist doch noch ein ehrlicher biederer Mann. Wie verächtlich ist dagegen Ramler! Er, den Sie des Zutrauens gewürdigt haben ihm ein Exemplar zu schicken, den Sie durch das horazische Motto gleichsam auffoderten, hat nicht Muth genug, irgend etwas öffentlich dagegen zu sagen oder zu thun, aber allenthalben geht er izt zu Leuten die nichts davon wissen u. gar nicht darüber zu denken im Stande sind, sagt ein paar Stellen daraus, die er lächerlich vorbringt, u. freut sich wenn er so im Dunkeln morden kann. Er ist, von Seiten des Herzens u. der Denkungsart, ein sehr elender Mensch. Da ich keine Art von Kollision mit ihm habe, noch je haben kann, so ist mein Urtheil gewiß sehr unparteyisch, u. im Grunde bedaure ich ihn mehr. Unser Holländer Swildens ist schon wieder in sein Vaterland abgereist ; er hatte die lezte Zeit seines Hierseyns keine Zeit Ihnen zu schreiben, versprach es aber sobald er zu Hause käme. Auch konte er nicht über Hamburg reisen. Ich hätte sehr gewünscht, daß Sie ihn hätten kennen lernen. Er war ausserordentlich von Herzen, Empfindungsart, Denkart, u. Thätigkeit. Ich habe sehr lange keine Nachricht von ihm, u. weiß ihm nicht zu schreiben. Unterwegs (noch in Deutschland) hat er mir mal geschrieben, aber ohne Anzeige einer Adresse meiner Briefe nach Holland. — — Ich erquickte mich recht, wenn ich mit ihm von Ihnen reden konte. Ich kann dieß freylich nicht mit sehr vielen; aber glauben Sie doch sicherlich (warum solte ich schmeichelhaft gegen Berlin seyn ?) daß unter den Braven u. Verständigen dieser Stadt fast keiner ist, der nicht Ihren Namen mit wahrer Achtung nent. Vornemlich der vortrefliche Moses Mendelssohn.
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Ich danke Ihnen mit der Freude eines Sohnes, der die vorzügliche Liebe seines Vaters gegen ihn merkt, für Ihre mir gethane Aufträge, u. bin ewig ganz der Ihre Biester.
9 1 . VON B I E S T E R , B E R L I N , I 3 . OKTOBER
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Berlin, d. 13. Okt. 1778. Ueber Hemmerden hab' ich Ihnen, mein bester verehrungswürdigster Klopstock, lezt geschrieben. Vielleicht hilft der Vorschlag etwas den ich Ihnen gethan habe; doch wird der Mensch sich wol hinter Chikane u. strenges Recht verstecken ; u ihn da herauszutreiben, ist leider vielleicht schwerer, als wir glauben. Indess kann mans versuchen; der Schriftgiesser Franke sagt mir ohnedas, wenn er auch gleich anfinge, könte er alles doch nicht vor Ostern liefern. Also ist ja Zeit zum Versuche da. Wollen Sie mir alsdenn Hemmerdes endliche Erklärung (doch der elende Mensch wird wol in diesem Betracht unendlich seyn) schicken, so schreiben Sie mir mit einer Zeile, wann u. welche Anträge Sie ihm zuerst gemacht haben. Das werd ich dem hiesigen Lehnsdep. erzählen, damit man nicht glaube, Sie hätten nicht vorher alle Billigkeit u. mehr als Billigkeit, versucht. U. nun zum Schriftgiesser. Der Mann versichert zwar den dortigen Drucker Eckhardt für einen ehrlichen Mann zu halten; aber er rechnet mir soviel Fälle vor, wobey er Schaden gelitten, daß ich ihm seine nicht völlige Willfährigkeit kaum übel nehmen kann. Sein Vorschlag ist also, da die Sache keine Kleinigkeit sey (er schäzet es auf 300 Thaler), so möchten Sie, Herr Klopstock, ihm entweder 100 Thlr. Vorschuß gleich Anfangs thun ; oder, Sie mögten ihm wenigstens einen auf Ihren eigenen Namen ausgestellten gerichtlichen Wechsel zugleich auch schicken, wenn Eckhardt ihm den seinigen schickte. Ihnen traute er denn völlig. Ich gehe izt mehr, als sonst, mit Reichardt um. Sein ausserordentlicher Reichthum an Melodien u. sein sehr gefühlvoller Ausdruk in der Komposizion hat mich nie mehr enzückt, als neulich, wie er mir eine von ihm in Musik gesezte Stelle des Messias vorspielte. Nach meiner Empfindung ist ihm noch nichts so vorzüglich geglückt; u. er selbst ist stolz darauf. Er hat es nur mir u. Ursinus vorgespielt; u. hält es noch
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15. Oktober
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zu heilig u. zu lieb, um es zu divulgiren. Es ist die Stelle, wo Cidlis Gedanken lispeln : Edler Jüngling, u.s.w. Er will auch Semida's Selbstgespräch komponiren ; aber, die ihn dabey überströmenden Gefühle sind noch immer zu mächtig, um es zu können. Gott lohne es Reichardt, daß er mir die Seelenfreude gemacht hat, mir Cidli zu spielen; er spielt es mir immer so oft ich ihn sehe. Aber Gott lohn es Ihnen noch mehr, der Sie der erste Schöpfer dieser Freude für mich u. dieser Begeisterung für Reichardt gewesen sind. Sie können denken wie Urs. sich über Ihren Gruß freuet, u. wie herzlich er sich Ihnen empfiehlt. Biester. Franke antwortet Eckhardten nicht, weil er durch mich Ihren Entschluß zu erfahren hoft; er scheint sonst ein guter Mann.
9 2 . VON LUISE H E N R I E T T E VON S C H U C K M A N N , 1 5 . OKTOBER
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MÖLLN,
1778
Mölln den i5ten 8br 78. Nun sind Sie ganz gewis böse geworden, daß ich mir den Trieb zu Schreiben verstattet habe, aber daß verdient die Ungeheuchelte Verehrung, die ich, seit ich Ihren Namen kenne, für Ihnen hege, doch nicht. Verzeihen Sie mir, gütiger Mann, ich will auch nicht wieder schreiben. Nur reißen Sie mir aus der Unruhe. Sagen Sie's mir, daß Sie mich vergeben. Es würde mich in der Seele kränken, wenn ich mir Ihren Unwillen zugezogen hätte. Ihnen den ich so ausnehmend ehre ; aber ich will es in der Zukunft schweigend thun, nur sagen Sie mir daß Sie nicht böse sind, daß Sie mir vergeben. Henriette ν Schuckmann.
9 3 . AN H E M M E R D E , H A M B U R G , l 6 . OKTOBER
Ich Endes Unterschriebner erkläre hierdurch Hemmerden Buchhändler in Halle Folgendes :
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Hr. Carl Hermann
ι) Ich erbiete mich noch Einmal, Ihm das so genante pro labore, das Er mir für die Messiade bezahlt hat, nebst den beym Schlüsse des Werks noch hinzugefügten Hundert Thalern zurük zu geben; wofern Er seine Ansprüche aufgeben will, die Er auf den ferneren Besiz des genanten Buchs noch immer zu haben vermeint, ob Er es gleich schon so viele Jahre, seit 1750, besessen hat. Ich wiederhole Ihm hiermit, was ich Ihm schon so oft gesagt habe, u worauf Er mir nie anders, als durch Anführung seines Privilegiums, geantwortet hat, daß, da unser Contrakt n i c h t auf i m m e r lauten kann, (Er will den seinigen nicht suchen, u ich kan meinen nicht finden) es der Billigkeit gemäß sey, die bereits verfloßne Zeit, als l a n g g e n u g , zu rechnen. Mein Verfahren bey der Sache ist nicht etwa bloß billig, sondern es ist großmütig. Denn Hr. Hemmerde hat den Kontrakt dadurch gebrochen, daß Er mir die für jede neue Auflage stipuline Summe nur Einmal, u zwar nur für den ersten Theil der Messiade (vielleicht auch für den zweyten, aber für mehr gewiß nicht) bezahlt, u doch wenigstens mehr als Eine Auflage gemacht hat, welches ich, durch Vergleichung der Exemplare, u auch dadurch erweisen kann, daß Er nur noch neulich einem Buchhändler (der dieß bezeugen will) geschrieben, Er hätte nur noch wenig Exemplare, die Er selbst brauchte, u einige Zeit hernach so viele angeboten hat, als nur verlangt würden. 2) Wenn Er dieß mein Anerbieten von neuem ausschlägt; so nehme ich es hierdurch auf immer zurük, u sehe es als völlig ungethan an. 3) Wofern Er, den achten Tag nach Vorzeigung oder Vorlesung dieses, zu meinem No 1) wiederholten Anerbieten nicht Ja oder Nein sagt; (ich verlange nichts Schriftliches von Ihm, u es ist mir genug, daß der dieß übergebende Notarius die Antwort bezeuge) so sehe ich das an, als habe Er mein Anerbieten von neuem ausgeschlagen. 4) Wenn Er es ausschlägt; so verfahre ich nicht allein als einer, der mit Ihm in keinem Contrakte mehr steht : sondern ich verklage Ihn auch, wegen gebrochnes Contrakts, u fodere das mir zugehörige Rükständige für mehr Ausgaben meines Gedichts, als Er mir angezeigt hat, gerichtlich von Ihm. Hamburg den i6ten Oct. 1778 Friedrich Gottlieb Klopstock, Königl. dänischer Legationsrath.
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Nr 94
2. Dezember
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9 4 . VON N I E M E Y E R , H A L L E , 2 . D E Z E M B E R
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Ich kan H. Biel nicht reisen laßen, ohne meinem Klopstock eine Zeile zu senden. Ich fürchte mein Gruß wird sonst unter tausend Freundesgrüßen die er bey sich hat verlohren. Ich weiß durch die würdige Schmidt daß Sie, Würdigster der Würdigen, mein letztes Paquet bekommen haben, und durch Orell daß Sie es, wie ichs gehofft hatte, aufnahmen. Durch Biester hab ich Ihren Auftrag wegen Hemmerde, und, nachdem keiner der Notarien sich entschließen können zu einem Halbverrückten zu gehn, hab ichs dem Gericht der Universität übergeben, und in dieser Stunde wird Hemmerde abgehört. Also kan ich noch nichts Entscheidendes schreiben. Noch diese Woche werd ichs aber an Biester — freylich noch lieber an Sie! — aber Sie sandten mir den Auftrag durch ihn. Wenn werden Sie mir einen durch sich senden? Ich beschwere mich nicht, — aber klagen darf ich doch ? O Sie Einziger! Der beste Segen über Sie! Ihr Niemeyer. H. d. 2 t. Dec. 7 8
9 5 . AN C A R L , P R I N Z VON Η E S S EN - Κ A S S E L, H A M B U R G , I. JANUAR
1779
Hamb, den iten Jan. 79 Monseigneur, Ich habe gewiß nicht wenig dadurch verlohren, daß ich E w : Durchlaucht, da ich Ihnen das leztemahl aufwartete, nicht allein fand. Denn wir hatten den Morgen vorher, nur eben erst angefangen von dem Könige zu sprechen ; und nun war es nur ein Augenblick, daß wir von Ihm sprachen. Indeß kam mir das wenige, was Sie mir damals sagten, eben so unerwartet, als es mir wichtig war. Ich wiederhole Ihnen, daß ich äußerst begierig bin zu erfahren, was es ist, das der König an dem Plane meines Gedichts geändert hat. Ich weiß sehr wohl, daß bey einem so reichen und vielseitigen Inhalte als der ist, den mein Gedicht hat, mehr als
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Ein W e g der Ausführung möglich sey; und ich begreife eben so gut, daß ein Genie von derjenigen G r ö ß e , wie es der König hat, einen andern finden könne. M e i n Plan (ich will nur dies Eine darüber anmercken) ist tief in der
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Religion gegründet. W e r meinem Gedichte an den Plan rührt, der rührt ihm an sein Innerstes; und ich würde im Streite darüber eben so standhaft (es kömmt hier nur auf den Vergleichungspunckt an) als der König bey Zorndorf ausdauren. Wie viel oder wie wenig ich übrigens von den Änderungen des Königs erfahren w e r d e ; so wird mir es doch
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unvergeßlich bleiben, daß Er sich damit hat beschäftigen wollen. Ich habe mich lange dabey aufgehalten. Denn ich habe errathen wollen. Diese Vorstellungen rißen bey mir alte Wunden auf. Ich kann mich nicht enthalten, hierüber mein Herz gegen E w : Durchlaucht mit der Offenheit auszuschütten, die
Sie
an mir kennen.
V o n ungefehr zu
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eben der Zeit da der König zu regieren anfing, erwachte in Deutschland, unter denen, welche die schönen Wissenschaften liebten, ein gewißer ganz anderer Geist, als vorher da gewesen war. Es w a r nichts Ausnehmendes und Hervorragendes, das man nicht gleich Anfangs v o n dem Könige erwartete; und zu diesem gehörte, d a ß Er, der Würdigste
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dazu seit Jahrhunderten, die Wissenschaften unterstüzen würde. Ich rede nicht von der Erwartung derer, die etwa Seine Aufmercksamkeit verdient hätten, sondern von der Erwartung der N a t i o n . Ich kann Ihnen die Unruh und W ä r m e , mit der man es hofte, auch w o h l veranlaßen wolte, nicht stärcker beschreiben, als wenn ich sage, d a ß sie,
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dem Grade nach, der Kälte glich, in der der König bey allen dem blieb, was die Deutschen in den Wissenschaften unternahmen. Es ging dabey so weit, daß man es sich mit der erfindsamsten Sorgfalt zu verbergen suchte, d a ß diese H o f n u n g T ä u s c h u n g wäre. Ich weiß viele Geschichtchen dieser Zeit. Ich will Ew. Durchlaucht eins davon erzehlen, welches
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keinen andern Fehler als den hat, d a ß es mich selbst betrift. Ich hielt mich
damals
da ich aus der Schweiz nach Dännemarck ging, um
Friedrich dem Fünften für das mir gegebene Gehalt zu dancken, bey meiner Durchreise ein wenig in Halberstadt auf. W i r waren einen M i t t a g große Gesellschaft bey dem Generale Kanneberg. Alle wolten, ich solte und ich müßte nicht über die Belte, sondern in Deutschland bleiben. N a c h vielen immer wieder verworfenen Vorschlägen, ging endlich einer davon mit einer Lebhaftigkeit durch, welche beynah die Sonderbarkeit des Vorschlags übertraf. M e i n N ä h m e stand auf der
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Rolle des dortigen Regiments. Man wolte mich also anwerben, und dem Könige, meiner bittern Klagen wegen, sogleich Bericht erstatten. Die Sache war völliger Ernst; und es kam jezt nur auf meine Einwilligung an. Ich schwanckte wircklich. Ich fragte das feine Auge der Generalin; es antwortete nicht deutlich. Hierauf fragte ich sie mit Worten: Wollen Sie berichten? Ihr Schweigen, und ihr Lächeln kam mir deutlich vor. Hätte sie ja gesagt, so wäre ich noch den Nachmittag bey einem Spaziergange, denn es war alles schon fest gesezt, angeworben worden. Nur nach und nach, und sehr spät erst sähe man endlich in Deutschland als ausgemacht ein, daß es denen, die Wissenschaftliches Verdienst hätten, bey dem Könige nicht nur nicht niizte, sondern daß es ihnen sogar schadete, wenn sie Deutsche wären. Wir Deutschen allein sind, wie mir es vorkömmt, dazu fähig gegen die, welche uns herunter sezen, mit völliger Unpartheylichkeit gerecht zu seyn. So betrugen wir uns auch hier. Der König hörte uns nicht auf ein großer Mann zu seyn, weil Er etwas nicht that, das Ihn zu einem noch größern gemacht hätte. Ihm waren es nur die französischen Gelehrten, oder vielmehr nur Voltaire; und dann etwa von Zeit zu Zeit noch der oder jener Franzose neben zu. Und dieser Voltaire ist es denn nun auch, dem der König vor kurzem das merckwürdige Denckmal gesezt hat. Er hat ihn dadurch zu Sich erheben, Er hat ihn zum großen Manne machen wollen. Aber es giebt nun einmahl in der Welt gewiße Dinge, die nicht angehn. Kurz, diese Umschaffung ist dem Könige mislungen. Daß Voltaire das nicht ist, wozu ihn der König machen will, davon (ich weiß wie viel ich hier sage) getrau ich mir so gar Seinen Vergötterer selbst zu überzeugen. Denn Sein Blick ist zu scharf, als daß die ins völlige Licht gesezte Wahrheit ihren Eindruck bey Ihm verfehlen könnte. Ich muß wenigstens eines Zuges erwähnen der Voltairen, wegen vieler ähnlicher, sehr starck zeichnet. Ich kenne keinen deutschen Krieg, der so merckwürdig als der lezte wäre. Der König ist in dieser großen Tragödie in so hohem Grade Hauptperson, daß die Nebenpersonen diß beynah zu sehr sind. Gleichwohl kehrt Voltaire in seiner Erzählung von diesem Kriege die Dinge von Grunde aus um. Es fehlt nur, daß der König sich darinn nicht völlig aus den Augen verliert. So sehr bestrebt sich der Geschichtschreiber Franckreich die erste Rolle spielen zu laßen. Und das alles, weil Ludewig der X V auch ein Siecle haben solte, da doch Siecle de Louis X V und Augustulus der Große eben die Lächerlichkeit, nur auf verschiedene Art, sagt. Ich kenne nichts das sich lauter
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wiederspricht, als Verdienst haben wollen, und sich einbilden, man könne durch Verfälschungen dieser Art täuschen. Ich habe mich zu verschiedenen Zeiten, und jedes mahl mit dem entschloßensten Anhalten bemühet eine Unterstüzung der Wissenschaften zu veranlaßen. Ich durfte die Sache mit Lebhaftigkeit treiben, weil ich mich dabey des Vortheils nie begab, nichts für mich zu suchen, sondern allein für Andere zu arbeiten. Friederich dem Fünften gefiel einmahl mein Entwurf zu einer Königlichen Buchdruckerey zum Besten derer, die sich in den Wissenschaften hervor gethan hätten, so sehr, daß ich Ihn ganze zwey Stunden davon unterhalten durfte. Ich erinnere mich noch recht gut, daß der Oberkammerjuncker, deßen Vorstellungsstunden es waren, und der vergebens in dem Vorzimmer hatte warten müßen, mir bey dem Herausgehen vom Könige einen besonders tiefen Bückling machte. Denn ich war ihm nun auf einmahl ein Mann von Bedeutung geworden. Diese Sache kam, meines vielfachen Strebens ungeachtet, nicht zur Ausführung. Ich hatte von Leuten, auf deren richtiges Auge und Unpartheylichkeit ich mich verließ, so viel Gutes von dem Kaiser gehört, daß Er mir es zu seyn schien, an den ich mich wenden müste. Meine Bemühungen gelangen mir auch bey Seinem Gesandten in Coppenhagen so gut, daß dieser es mir vonselbst auftrug einen Entwurf zu Unterstüzung der Wissenschaften, den er dem Kaiser überbringen wolte, zu machen. Er verreiste, und ich war bald mitten in einer Art von Negotiation, worinn ich es zulezt dahin brachte, daß der Kaiser mir erlaubte in der Zuschrift vor Hermanns Schlacht (Er hat den Befehl zu ihrer Bekanntmachung auf Seiner Reise in Italien unterschrieben) eine Unterstüzung der Wissenschaften, und nicht nur sie überhaupt sondern selbst den Ton, den sie haben solte, anzukündigen. So weit hatte ich mir anfangs kaum zu kommen getraut; gleichwohl geschähe es, und ich glaubte nun über alle Berge zu seyn. Aber der Kaiser hat das Wort, welches Er durch mich gewiß nicht im Winckel hat geben laßen, nicht gehalten. Ich weiß nicht, ob Er das durch so große und mehrjährige Anstalten gegebene kriegerische Wort beßer halten wird. Ich habe den Muth gehabt den Fürsten Kaunitz öffentlich (Ew. Durchlaucht haben vielleicht die Beylage nicht gelesen) an die Sache zu erinnern. Aber auch dies ist ohne Erfolg geblieben. Überhaupt habe ich die Hofnung einer solchen Unterstüzung völlig aufgegeben. Ich dencke sie, die sonst einer meiner Lieblingsgedancken war, jezt mit Kälte. Selbst große Wahrscheinlichkeit
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würde mir, bey einem neuen Anlaße, als Unmöglichkeit vorkommen. Der Genius der deutschen Wissenschaft, der beschloßen zu haben scheint, daß ihre Vertrauten, ganz durch sich allein, und ohne alle Beyhülfe der Großen, unsterblich werden sollen, stellt sich mir überall 130
in den Weg; ich kann keinen Schritt vorwärts thun, weil ich keinen thun mag.
Wenn das nicht wäre, so würde ich den edeln
Prinzen von Hessen fragen : Ob Er nicht auch das Verdienst haben wolle, den König auf diese gewiß vaterländische Sache aufmercksam zu machen ? Was auch die Feinde des Königs für angenehme Hofnungen von Seinem 135
Alter haben mögen; so ist Er doch gewiß nicht zu alt dazu. Denn Er hat ja noch nicht einmahl die Jahre, in denen Fleury seine Regierung antrat. Auch könnte es kein Einwurf seyn, daß der König jezt im Felde ist. Denn das eben ist ja Seiner würdig so Etwas mitten im Kriege zu thun. So von ungefehr würde ich — — — Aber nein ! Ich stehe still ; der
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vaterländische Genius stellt sich mir unbeweglich entgegen, und h nichts gefragt.
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VON C A R L F R I E D R I C H C R A M E R UND H O L C K ,
24. JANUAR
ECKHOF,
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Eckhof, den 24 Jan 79. Das Gewissen dringt mich, Ihnen zu sagen, Bester, daß ich durch ein Versehen Ihren nordischen Aufseher u Mason mit nach Kiel bekommen habe, weil Sie lezteren vielleicht brauchen könnten. Ich schreibe es 5
Ihnen also, damit Sie wissen w o Ihre Schäflein sind. Ich nahm sie am Neujahrstage mit nach meinem Wirthshause, vergaß nachher daß ich sie hatte, Parsow pacte sie mit unter meinen Büchern ein, die ich erst vor ein paar Tagen, weil mein Zimmer hier so lange unarrangirt geblieben, ausgekramet habe. Es ist mir unterdessen lieb, mit dem Mason
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Bekanntschaft gemacht zu haben; es ist ein vernünftiger Mann, der von der Sache ein bisgen mehr versteht als unsre meisten Critiker. Mir ist halb und halb die Idee aufgestiegen sein Buch zugleich mit dem was Dionys und Demetrius Ph. über diese Materie geschrieben als einen Anhang zu irgend einem der Theile meiner Fragmente zu übersetzen
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u mit Anmerkungen zu versehen. Ich wünschte nur zu wissen ob Sie das billigen. Und zu dem Ende wünschte ich wohl daß Sie mir den M a s o n lassen könnten.
Gestern ist Fiimars mit seiner Frau von Coppenhagen angekommen, und hat mir Ihren lang gereisten Brief mit gebracht. Ich armer Zerstreuter, habe mich gefreut, daß er von Anno 87 datirt w a r ! beynah so sehr als über den Brief selbst ! — Es ist ein gescheuter u gesezter Mann, und zu seiner Empfehlung dients warlich nicht wenig daß er so klein von den Dichtern seiner Nation denkt. Aber haben Sie wohl gehört was er von Voltairens Tode erzählt? ich bin darüber erstaunt. Er sagt als völlig authentische Nachricht, daß er wirklich in sehr verzweifelnder Raserey verschieden, beständig mit den Worten Hölle, Teufel etc. im Munde, daß sogar die Anecdoten vom Essen der Excremente — ihre völlige Richtigkeit haben sollen. Die philosophische Clique hätte sich nur so viele Mühe gegeben das zu unterdrücken, sonst würde davon mehr ins Publicum transpirirt seyn. Nun muß ich Ihnen doch auch von der Inschrift auf die Medaille etwas schreiben, da die Sache wohl entschieden ist. Ich habe mit Gerstenberg darüber correspondirt. Er hatte die Inschrift gemacht: S i o n a d i r ! V a t e r l a n d d i r ! d e r E i n z i g e , und Sie können leicht denken, daß ich ihr meinen ganzen Beyfall gab. Abrahamson hat sie aber gewissen berlinischen Gelehrten gezeigt, u diese berühmten Männer haben es sehr anstößig gefunden, daß Sie der Einzige genannt würden, und daher die andre vorgeschlagen : I h m g r ü n e t P a l m e u E i c h e
Abraham-
son, dem doch aber Siona u Vaterland auch ihr Gutes zu haben schien, hat vorgeschlagen: S i o n a u n d V a t e r l a n d (das nun gar nichts heißt!) Drauf
hat Gerstenberg zurückgeschrieben: Er könne aus gewissen
Ursachen d e n E i n z i g e n nicht wohl aufopfern, er möchte also in Gottes Nahmen die berlinische Inschrift nehmen. Und so stehts jezt. Von unsern lieben Holks soll ich Ihnen so viel Gutes sagen. Und die Gräfin! w o anfangen w o enden? Ihre Beschreibung steht Sprichwörter im 30sten Capitel: Mulierem fortem quis inveniet? etc.
Wir kommen
eben aus den Milchkellern, Fleischkellern, Speisekammern herauf in die wir der starken salomonischen Frau verwundernd nachgefolgt sind. Der Duft ihrer Oekonomie erfüllt Berg und Thale. Nur einen Z u g : Sie wissen doch, daß sie den Freymäurern nicht viel gewogner ist als den Schrittschuhläufern. Neulich bekömt Holk mit einem Schiffe 1 / 2 Oxthoft Malaga der ausgelaufen ist. Auf demselben Schiffe aber sind Weine für Freymäurer gewesen, die alle vollgeblieben. Die Gräfin wünscht jezt, daß er Freymaurer seyn möchte. laufen ist diesjahr gar kein Seegen.
Übrigens beym Schrittschuh
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30. März
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Was sagen Sie zu der großen Nachricht von der zerstörten englischen Flotte ? Ficht doch der Himmel selbst u alle Elemente für die Americaner ! Sie werden sehen, was ich bald für ein öffentliches Glaubensbekenntniß in Absicht Ihrer Orthographie ablegen will. — Eins das mir diese Tage einfiel ist: Müßte man nicht in manchen Worten statt b, w schreiben? Niemand spricht Far-be, sondern Far-we aus. Tausend Empfehlungen an die vonWinthem; ich werde nächstens das Geld für die Natherinn schicken. Ihr eigenster CFCr. Holck: Der verlohrne Sohn ist endlich wieder gekommen Sie wissen Lieber Klopstok daß, aus gewissen Uhrsachen ich nur so H a l b böse bin, daß Er den i2.ten Jenner vergessen, und nicht auf Eckhoff feyerte. Izt ist er doch wieder hier, J ^ und leider es steht noch mit Ihm und Amor, für meine arme beym alten, waß sagen Sie von den verwirrten Vorschlag von F a r b e in Farwe verdanisirt. ich rahte Ihnen lieber Klopstok geben Sie eine aparte recht (darüber: dolljschreibung für Cramer aus, es mus aber wohl alle vier wochen aufs neu verlegt werden, wann er neue entdeckungen macht, bitte liebe Windeme mir mein papier von Unzer herzuschicken, heute hat der alte Cramer vieles von Zerstreuung gepredigt und diese predigt ist leider auf steinigten grund bey unsern Cramer gefallen, alles ist wohl hier und Julia gibt ihnen einen Kuß trozt den HöllenHund der hier lauret. Cramer: Wissen Sie wohl daß Lichtenberg in Göttingen höchstwahrscheinlich der Verfasser der physiognomischen Reisen ist? Moldenhauer hats mir gesagt.
9 7 . AN R E I C H A R D T , H A M B U R G , 3 0 . M Ä R Z
I779
Hamb, den 30ten März —79 Es hat π φ fjl Freüde gemacht, 1. R. was Si mjr fon dem Fürsten fon Dessau schreiben. Ich wärde ¡m selbst darüber schreiben. Ich fürchte nijr, daß ich mjr das Fergnügen den Fürsten zu sçn, wärde fersagen müssen.
N^ch Iren Komposizionen aus dem Mess, ferlangt mich ser. Freilich möcht ich si fon Inen zuçrst, u wider, u wider singen hören ; aber da dis nijn nicht angçt, so machen Si mjr di Freiide, si mjr zu schikken. — Sagen Si mir, mein L. warum Si di Lider, di Si komponjrt herausgäben wollen, scherzhafte nennen ? Umarmen Si Ire Frau auf das freiindschaftlichste fon mjr Der Irige Klopstock
9 8 . V O N F R I E D R I C H L E O P O L D S T O L B E R G , E U T I N , 8. A P R I L
I779
Eutin d: 8ten April 1779 Der Braunschweigische Hof hat gebeten daß die LehnsEmpfängniß möchte um ein weniges aufgeschoben werden. Ich weiß nicht warum. Vermuthlich um der Gesundheit des Herzogs willen. Ich hoffe daß dieser Aufschub nicht auf lange Zeit sein wird. Ich würde mich nicht trösten wenn das Sie hinderte mit mir zu reisen. Denn ich kann Sie nun, da ich einmal die Hofnung gehabt habe, nicht mehr entbehren. Montag um ι Uhr des Nachts, oder viel mehr Dienstag, sezte ich mich in Tremsb. mit meinem Bruder zu Pferde u: ritten nach Lübeck. Da hörten wir Gerst. sey in Wesenberg beym guten Noth u: ritten dorthin, wo wir einen vergnügten Tag hatten. Die Nacht fuhr ich hierher. Bester Kl. ich habe mich berauscht im Nektar Ihres Umgangs aber desto mehr dürste ich nach neuen gewaltigen Zügen. Liebster bester ich umarme Sie u : die liebe Siebenstimmentönende. F. L. Stolberg
9 9 . AN L E O P O L D F R I E D R I C H
F R A N Z , F Ü R S T VON
ANHALT-
DESSAU, HAMBURG, 27. APRI L 1779
Ew. Hochfürstliche Durchlaucht Wollen, daß ich zu Inen kommen sol. Dis hat mjr keine kleine Freüde gemacht. Ew. Durchlaucht wissen noch nicht, u können es auch noch nicht wissen, wi sçr ich Si ferere u libe. Ferschjdne, mjr wichtige IJrsachen, fon dänen ich files mit Inen zu reden habe, haben mich bishär aufgehalten; sonst würd' ich, gleich n^ch Reichardts Brife, zu Inen geflogen
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Nach
dem
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sein. Ich reise mit Friedrich Stollbergen n^ch Braunschweig. Diser hat dort im Namen seines Herren ein Lçn zu emfangen. Är erwartet jezt alle Tage, daß man Im fon Braunschweig aus, di Zeit seiner Abreise 10
bestimme. Ich schreibe E w . Durchlaucht, so bald ich dort wärde angekommen sein. Mit der Offenheit, di ich Inen schçn gezeigt habe, u alzeit zeigen wärde, sage ich Inen, daß meine Umstende mich zu dem Wunsche feranlassen, in Braunschweig etwas Reisegeld fçrzufinden. Si erlauben m^r, daß ich disen Brjf one Kanzleiformul^r lasse. Hamburg den 27ten
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Apr. - 7 9 . Klopstock
1 0 0 . V O N L E O P O L D F RI E D RI C H F R A N Z , F Ü R S T V O N A N H A L T D E S S A U , D E S S A U , NACH DEM 2 7 . A P R I L
1779
Konzept Wertester Klopstock. Mit Freuden habe ich aus Ihren Brief vom 27t April ersehen daß, Sie mir die Hofnung machen mich bald zu besuchen. Ihrem Verlangen nach schreibe ich Ihnen diesen, und darum so kurtz weil ich weis daß, s
Sie weder gerne lange Briefe schreiben noch lesen. Ich freue mich nochmahls der Stunde an welcher ich Sie von Angesicht sehen werde.
Ι Ο Ι . AN E B E R T , H A M B U R G , 2 8 . A P R I L
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Vervielfältigter Text mit eigenhändigen Einträgen und Zusätzen An meinen liben Ebert. Ich statte Inen hjrdurch noch Einmal meinen besten Dank f y r di Bemühung ab, di Si bei der Subskripziçn auf di Gelçrtenrepublik gehabt haben. Ich endre jezo, da ich Si di Subskripziçn auf den M e s s i a s zu iibernämen bitte, meinen Pl^n, in so fern är einen Kontrakt mit meinen Korrespondenten enthelt, um disen desto uneingeschrenkteres Fertraun zu zeigen, und di Sache auf alle Weise zu erleichtern. Der jezige Pl^n ist:
N r
ι ο ί
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I. Di Korrespondenten bekommen 1 5 p.C. und fijr jedes Exemplar,
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das über di Z 3 I 50 ist, 1 7 p.C. II. Si zihen bei der Bezalung zugleich mit den p.C. ab: 1) was si f y r Brjfporto, 2) fi¿r Einrükkung in di Zeitungen (doch wird nicht eingerükt, one daß der Herausgäber darum bitte) ausgelägt haben; 3) was si fermuten, daß si f y r Z o l und Fracht wärden ausgäben müssen.
iS
In Ansehung des lezten mus ich anmerken, daß, wär an Orten wçnt, w o keine Fijrleüte durchkommen, nijr bis zum nächsten Orte, w o welche durchkommen, zu rechnen habe. Denn är bez^lt nijr dise lezte Fracht. Bei w ä m Füren durchgehen, där rechnet fon Hamburg bis zu seinem Orte; doch nijr f y r seine Exemplare. Denn di übrigen dorthin kommen-
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den wärden nicht, wi sonst, durch jn ferschikt. III. Si bezalen den Herausgäber spätstens in firzän Tagen n^ch dem zur Herausgabe des Blochs angesezten Termine. Di Exemplare wärden f ç r der Bezalung nicht abgeschikt. I. Der Herausgäber trägt 1) di Kosten der Emballirung und Spediziçn,
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2) frankjrt di Brife, so weit är kan. II. Aer ersezt di ferloren gegangenen Pakkete. Junge, oder auch geringe Leüte, di den Messias gern hetten, und dänen der Preis zu hçch ist, bekommen das Exemplar um ein Drittel wolfeiler,
3°
unter der Bedingung, daß si es Inen zu ferdinen scheinen. Es ist mjr angenäm, dise W3I Irer Einsicht, und Irem Herzen zu überlassen. Haben Si di Güte, f y r jede Ausgabe
eine besondre
alfabetische
Subskribentenliste zu machen, so daß der Namen desjenigen, der etwan auf mçr als eine Ausgabe subskribjrt, widerhçlt wird. Hamburg
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den 28ten Apr. 1779. Stollberg ist in Eütin u komt immer noch nicht. Also bin ich unschuldig, daß ich noch nicht bei Inen bin. Meinen altfreündschaftlichen Grijs an Gleimen. Ich wünsche die jungen Spaldinge noch anzutreffen; aber, wen ich komme, sehen Si, kan ich nicht sagen
Ich bringe Inen mçr
Subsk. Bletter mit Ir Klopstock
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1 0 2 . AN M I L L E R , H A M B U R G , 4. MAI 1 7 7 9
A/s Auszug
überliefert
den lieben Miller Ulm
s
Meinen wärmsten besten Dank für Sie alle, für die Freundschaft, auch für die, welche Sie mir öffentl. gezeigt haben. Jetzt da ich Ihnen endl. einmal schreibe, kan ich Ihnen doch nicht mehr als dies schreiben — Sie lassen fom Postamte 60 Blätter . . . . 30 dafon schikken Sie an Professor Haug nach Stuttgart — abholen. Klopstock.
1 0 3 . AN S P R I C K M A N N , H A M B U R G , 4 . MAI I 7 7 9
Vervielfältigter
Text mit eigenhändigen Einträgen und Zusätzen
An seinen liben Sprickmann in Münster. Folgt: Text wie in Nr ιοί,
2 — 35 fleh bis wird.J.
Hamburg den 4ten Mei 1779.
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Si freüen Sich gewis mit mir, daß ich Inen endl. dise Subskripziçn auftragen kan. Si lassen fon dem Postamte noch 24 Bletter, wi di beigelägten, abholen Klopstock
1 0 4 . VON G E R S T E N B E R G , LÜBECK, 9. MAI 1 7 7 9
Lübek 9 Mei 1779 Ihch hahbe Ihren gedrukten Brihhf, mein bester Klopstok, und zwei fon den Prohbeblettern, dih Sih mihr zuhgesand hahben, Siedenburgen zuhgestelt : dih ühbrigen beiden Bletter hahbe ihch, um selbst Gebrauch 5 dafon zuh machen, führ miheh behalten. Fon meiner Freude ühber dihse Ausgahbe des Messias sahge ihch nichts; auch weis ihch mihr
Nr
104
9. M a i
1779
I 2 3
Ihre Freude, dah das Werk Ihres Läbens, izt am Zihhle, soh folendet aus Ihrer eignen Hand herfohrträten kan, sehr läbhaft zuh denken. Nuhr fon der Ausgahbe mit der neuen Rechtschreibung mus ihch doch sahgen, das Sih dih einzige Ahrt gefunden hahben, dihse wünschenswürdige Neuerung ohne Anstohs unter dih Leute zuh bringen. Ihre Ortografih ist soh durchaus richtig, so tihf, fon allen Seiten soh sorgfeltig durchgedacht, das ihchs führ Pflicht halte, Ihnen auch dahrin zuh folgen — wen man kan. Mit der Zeit gehts gewis durch, ahber langsam, und fihlleicht erläben Sih es nicht. Es ist schwär, sich im Schreiben des alten Buhchstabihrens zuh entwöhnen; nicht ein Jeder haht dih Geduld, dih Aufmerksamkeit, dih dahzuh nöhtig ist: ihch finde das bei dihsem ärsten Fersuhche sohgahr selbst; und den ists doch auch in solchen Fellen weit angenämer, der Erfinder, als der Nachahmer zuh sein. Der einzige Zweifel, dän ihch noch hahbe, trift Ihre Dänungszeichen : sih scheinen mihr zuh sehr ausser unsrer Sprahche zuh lihhgen. Das H ist in unsrer alten, fihlleicht ehesten, Schreiberei, deucht mihr, eine merkwürdige Erscheinung: ihch kan es wirklig an allen den Stellen, woh es kein Halblaut ist, führ gahr nichts anders, als führ eine Ahrt fon Akzent halten, und ihch glaube, wen man es in dihser Eigenschaft beibehihlte und, freilig mit gröhsserer Richtigkeit, anwendete, dih andern Zeichen lihssen sich entbären. Z u h der gröhsseren Richtigkeit rechne ihch insbesonder, das man dih gedänten Laute fon den hellen durch eine Ferdoppelung
dihses Akzents
auszeichnete:
Klopstok entscheide. Laben Sih wol, bester inniggelihbter Man. Wan wärde ihch Sih doch wihdersehhen ? Ihr getreuer alter Gerstenberg Ooder (den meine fiilen H fallen gaar zu wunderlich ins Auge) könte man nicht den Hellaut liiber durch eine Ferdoplung des Fokaals und dii Dänung durch ein zuu dem einzelnen Fokaal ooder Diftong hinzuugeseztes H andeuten? Auch das läge zum Teil schoon in der alten Schreibekunst, und gibt der Spraache ein fokaalreiches Ansehen. Z w a r stiisse man da wilder auf einige Wörter, fon dänen man nicht wissen würde, wii man sii läsen solte, z.E. beerbt, Beendigung: doch dären sind wol nuur weenige, und fon den weenigen ferdiinten fiilleicht noch weenigere beibehalten zu wärden. Überdem weis ich nicht, ob es nicht
124
Nr 1 0 5
10. Mai
1779
etwa gaar zuutrift, das in solchen Wörtern der Endungsfokaal allemaal hei und der darauf folgende Anfangsfokaal dunkel laute. Wen beerbt beeerbt
und Beendigung B e e e n d i g u n g
geschriiben wird, wii es
ohnehin müste: soo ists bestirnt genuug. Doch was mäkle ich Ihnen da Foorschläge zu, dii Sii fiilleicht lengst mit reifem Bedacht ferworfen haaben ? Weenigstens sehen Sii, das ich dii Sache mit Aufmerksamkeit überdacht haabe, wen auch nicht mit derjenigen Scherfe des Urteils, dii meinem Klopstok soo voorziiglig eigen ist.
1 0 5 . V O N F R I E D R I C H L E O P O L D S T O L B E R G , E U T I N , IO. MAI I 7 7 9
Eutin d: ioten M a y 79 Noch immer, mein liebster Klopstock, ist's unentschieden wenn ich reisen soll. Wir wissen nicht einmal ob man die Genesung des Hzgs von Bw. abwartet, oder die Rückkunft des ErbPrinzen. Diese Ungewisheit wäre mir immer unausstehlich, wirds aber dadurch daß ich mir vorstelle wie unangenehm Ihnen das seyn mag, noch mehr. Ich tröste mich doch dadurch, daß wenn nun die Zeit komt da ich Sie habe, ich mich freuen werde Sie zu haben, u: wie groß diese Freude mir sein wird, bester Klopstock, das wissen Sie! Ich habe Gleimen noch nicht geschrieben, weil ich ihm keine Zeit nennen kann. Gustchens schnelle Genesung nach einer solchen Gefahr, hat den Sonnenschein der Freude in meinem Herzen ausgebreitet. Bester Kl. Sie haben sich mit uns herzlich betrübt! Ihr Brief war der Genesenden ein stärkender LabeWein. Ich gehe hier täglich 3 bis 4 Stunden spatziren, u : mache Entdeckungen in diesen schönen Gegenden. Wenn ich einen neuen See finde, einen Bach oder dergl : so freue ich mich als fände ich neue Länder im Südmeer. Heut habe ich einen allerliebsten See gefunden mit waldigten u : hügligten Ufern. Unter andern eine Insel mit hohen Bäumen bewachsen, ich hielt sie vor eine Halbinsel u : wolte hin, aber sieh es war umsonst. Ich nannte sie Isola bella del Frustrazione. In meinem Leben habe ich nicht so viele Nachtigallen gesehen als hier sind, M a n hört immer welche, u: sieht sie sehr oft auf Bäumen u : Hecken w o sie ganz zahm bleiben u : singen wenn man dicht hinzu geht.
Nr ι o 6
l i . Mai 1 7 7 9
12.5
Bester leben Sie wohl; Ich umarme Sie u: die schöne liebe Siebenstimmentönende Windeme F. L. Stolberg
1 0 6 . A N U N B E K A N N T , H A M B U R G , I I . MAI
I779
Hamburg den u t e n Mei — 79 Si sind mit Irem gewis nicht kleinen, sondern Irem Freündschaftsdjnste bei mjr gerade an den rechten M a n gekommen. Nimand schezt so Etwas so sçr, als ich es scheze. Erwarten Si Gleiches fon mjr, wen, oder wi, oder w o es sein kan. Ich schreibe heüte auch n^ch Dresden. Hemmerde hat den Kontrakt gebrochen, indäm är wenigstens fom 3ten Teile des Mess, eine neüe Auflage gemacht hat, one rnjrs zu sagen, u das f y r jede neüe Aufl. Stipuljrte zu bezalen. (S. Beilage*) Ich kan mich also, selbst n^ch dem s t r e n g e n R e c h t e , fon im trennen. Ich habe dis auch schçn in meiner lezten Erklärung an H. gesagt. Si können si geläsen haben. Denn si ist durch Biesters Hende gegangen. Was halten Si fon der Wolfeilheit meiner Ausgaben? Das Papjr zu där in grçs 8 wird mjr f 10V2 kosten, wen mein Kommissionär nicht noch etwas abdingt. Doch ich kenne di Hollender; är wird nicht können. Klopstock
1 0 7 . AN L E O P O L D F R I E D R I C H F R A N Z , F Ü R S T V O N
ANHALT-
D E S S A U , H A M B U R G , I I . MAI I 7 7 9
Hamburg den u t e n Mei —79 Aben bekom ich Stollbergs beigelägten Brjf. Were Är selbst gekommen ; so könt ich in einem p^r Tagen mit im abreisen. Denn ich bin nijn mit den Subskripziçnsgescheften beina ganz fertig. Der Brjf muste mich, wi E w . Durchlaucht sehen, wägen der Zeit meiner Abreise noch ungewisser machen, als ich schçn w^r. Ich habe Stollbergen, seit seinem Aufenthalte in Deutschland, beina noch nicht recht gesehen; ich lib' in sçr, u ich möcht Jn gern auf der Reise n^ch Braunschweig recht genissen: aber ich wünsche äben so läbhaft, (dis ist nicht wenig gesagt) bald bei E w . Durchlaucht zu sein. Ich wil Ew. Durchlaucht Antwort
IZÓ
Nrio8
Nach dem i l . Mai
1779
auf disen Brjf hjr noch abwarten; u dan so gleich, wen es nicht anders sein kan, allein ferreisen. Ich schreibe dis Stollbergen heüt. Klopstock
1 0 8 . VON LEOPOLD FRIEDRICH F R A N Z , FÜRST VON ANHALTD E S S A U , D E S S A U , NACH DEM I I . MAI 1 7 7 9
Konzept So sehr ich mich gefreuet habe Sie hier zu sehen so lieb ist es mir der Lage meiner jetzigen Umstände nach, daß, Sie nicht gleich jetz kommen. Meine Gesundheit erfordert es daß, ich nach den Verlauf weniger T a g e eine Cur anfange die einige Zeit daueren mögte, ich darf sie nach dem 5
Rath der Aertzte nicht länger verschieben. Diese würde mich also gehindert haben den so lange gewünschten Genus Ihrer Geselschaft follig nach meinem Wunsch zu haben. Eilen Sie also nicht und gemessen Sie ja die Freude die Ihnen die Reise mit dem Grafen Stolberg geben wird, dem ich mich bestens empfehle. Meine Antwort auf Ihr voriges wird
10
zu Braunschweig liegen, wenn S i e Ihnen Ebert nicht zugeschickt hat. Sobald ich meine Cur geändigt habe werde ich wieder schreiben.
1 0 9 . AN E B E R T , H A M B U R G , MITTE MAI I 7 7 9
»Mein liber, bester, guter Ebert« W a r u m klagen Si, u brummen Si, u zanken Si doch immer in Iren Brifen an mich? Und ich mach es doch am Ende immer, wi Si es gern haben wollen; als da ist z.E. daß ich nijn b a l d zu Inen komme. Weil s
ich dis bald nicht auf e i n H $ r zu bestimmen w e i s ; so nenn ich auch den T a g nicht. Fileicht, aber sçr fileicht, kömt Stollberg noch mit. Ich schreibe Inen noch fç>r meiner Abreise. Sehen Si das tu ich; u habe gleichwol jezo 1 5 0
Korrespondenten, wi so file Mylsteine auf dem
H a l s e ; oder hatte si fjlmçr noch fç>r Kurzem d a ; denn abgewelzt sind 10
mir wenigstens 1 4 0 . Alles fr Gebrumme ist f o n ungefär äben so ein Gebrumme, als fr Gebrumme über Ire jezigen grçssen Schwechlichkeiten ist. Denn wen Si kein Mijlstein, z.E. Ire Korrespondenz mit mjr, erschlägt; so läben Si wenigstens noch 10 Jare.
Was können Stollberg u ich
Νγ ι ι o
19. Mai 1 7 7 9
I 27
d a f y r , daß Claudius, one uns ein Wort zu fragen, unserm liben Gleim den T a g benante, dän wjr selbst nicht wüsten. Das w^r nijn so auf seinem Miste gewaxen, in stercore
Ennium novaturientis. — Was
Ire Reise wägen Irer Gesundheit betrift ; so kan ich Si fileicht mitnämen : u wen nicht, doch bitten nachzukommen. — Ire liben Spaldinge grossen Si recht herzl. fon mjr. Es ist mjr eiiserst emfindl. daß wjr uns nicht haben sehen können. — Fyr Iren Leonidas mus ich Inen schçn izt danken; ich kan das nicht bis zum Mündlichen,das ich doch sonst so sçr libe, aufschiben. Was das eine Übersezung ist! Aber was unsre Sprache auch f y r eine Donna ist. Wen unsere Sçnlein, di Angelsaxen, Geschmak genung hetten zu wissen, was inen hjr fälte, wi würden si alle ire zän Finger n^ch der Sprache irer H e r r e n IJrelterfäter lekken ir Klopstock
H O . VON FRIEDRICH LEOPOLD STOLBERG UND CHRISTIAN S T O L B E R G , E U T I N , I 9 . MAI
1779
Eutin d: i^ten M a y 1779 Ihr Brief, mein bester, hat mich herzlich betrübt. Ich begreife daß Sie es vielleicht nicht ändern können, aber ist das Trost ? Ich weiß noch nichts von meiner Reise. Diese Ungewisheit war mir vorher schon unerträglich, aber ich verscheuchte jede anwandelnde Verdrießlichkeit mit der süssen Idee daß ich Sie sehen, u: auf lange Zeit sehen würde, Sie den ich so unendlich liebe u : so wenig sehe. Ich weiß mein bester, liebster Klopstock, daß Sie mir gern diese Freude machten, u: wenn Sie es nicht thun, so bin ich versichert daß Sie es nicht ändern können. Ich habe hier einen Correspondenten für Sie gefunden, den Candidaten Nasser. Der Mann ist mir sehr gelobt worden. Ihr Probeblatt hat mich durch die schönveränderte Stelle in dem: Heere schlugen etc. auf eine grosse Art u : mit Freude überrascht. Und nun ruft' es empor vom Abgrund schiksalverwünschend ! Schwirrt' es als Geißlung! Der eben erst gemordete KriegsKnecht Geisselte, schrie: Auch hier wird Schlacht geschlachtet! u : schwung dann Höher, ergrimmter den Arm. etc.
12.8
Nr
ι io
19. M a i
ι 77 9
Aber mein Liebster der Ausdruck G e i s s e l t e in dieser Bedeutung befremdete mich, ob ich ihn gleich den Augenblik ganz verstand. Und Sie wissen wie sehr das b e f r e m d e n die E m p f i n d u n g hemt. Meinem Bruder, der nun eben bey mir ist, gieng es eben so. Wenn es denen die den Ausdruck gleich ganz verstehen so geht, wie wird es den übrigen gehen die sich Legion nennen. Kl.:) Was kümmert mich die Legion? ich empfinde nun so, u: dichte für den der mich fassen kann! Ich:) Aber auch den befremdet diese Stelle. Kl. :) Das heist die Legion ist blind, die Stolberge blinzeln ! Ich:) Aber wir sehen ja immer der Sonne grade ins FlammenAuge, fühlen dich göttlicher ganz wie irgend jemand dich fühlt, sind mit deinem Geist u Herzen so ganz bekant, wenn also uns etwas befremdet? Mein Bruder sagt ein künftiger langnasiger Scholiast wird so erklären : G e i s s e l t e , schrie. Hier ist activum statt Passivum, Der KriegsKnecht ward gegeisselt vom Satanâ u: darum schriee er! So wird freilich nur ein Scholiast urtheilen, aber mancher Leser von Gefühl wird straucheln u: glauben der KriegsKnecht geisselt mit hocherhobnem ergrimten Arm. Adieu bester! Ich bitte Sie um ein Paar Worte Nachricht von Ihrer Reise. Mein Bruder geht morgen auf ζ Tage mit mir nach Knoop. Wie gern flog ich noch einmal nach Hamburg u: fiele Ihnen, bester, um den Hals, wenn ich könnte. Mein Bruder u: ich wir umarmen Sie u: die liebe Siebenstimmentönende. F. L. Stolberg Christian
Stolberg:
Liebster Klopstok ich leugne nicht daß ihr KriegsKnecht mich baß gegeißelt hat. Bitte bitte laßen Sie die von Winthem und Kathrinchen entscheiden. Wenn die es nicht gleich ganz verstehen wer soils denn verstehen ? Leben Sie wohl liebster bester.
Nr m III.
AN E N Z E N B E R G , H A M B U R G , 2 2 . M A I
21. Mai 1 7 7 9
I 2.9
1779
Hamb, den 22ten M a y —79 Ew. Excellenz überschicke ich hierbey Subscriptionsblätter zur neuen Ausgabe des Mess. Ich lege Ihnen zugleich ein unterschriebnes Blatt, das meine Bedingungen enthält, für denjenigen bey, den Sie mir zu meinem dortigen
5
Correspondenten bestimmen werden. Hr. Roschmann möcht ich nicht gern wieder damit bemühen, aus Ursachen, die Ihm vielleicht einfallen werden. Ich verharre mit aufrichtiger Verehrung E w . Excellenz
i0
gehorsamster Diener Klopstock
1 1 2 . VON A U G U S T E LUISE S T O L B E R G , U E T E R S E N , 2 3 . MAI I 7 7 9
Otersen d : 23st: M a y 1779. An
Klopstock
Der wärmste Danck Bester Klopstock für Ihren Brief! Gott wie hat er mich erfreut! Z u einer Zeit, da nur eine Thräne im Auge, meinen Danck ausdrucken konte.
5
Der erste M a y war mir immer ein lieber Tag. iezt wird ers durch d a s Andencken doppelt seyn. Danck für die schönen Blumen, sie leben noch, aber wie ich denn sie hängen den Kopf. adieu Bester Liebster Klopstock, meine innigste Verehrung, und meine zärtliche Freundschaft für Sie, ist wie meine Seele unsterblich — Gottlob es wartet mein eine Ewigkeit mit Ihnen. Gustchen Stolberg.
1 1 3 . VON F R I E D R I C H L E O P O L D S T O L B E R G , EUTIN, 2 7 . MAI I 7 7 9
Eutin d : 27sten M a y 1779 Aber Crillon hieng sich nicht u : ich will mich auch nicht hängen. Verstanden habe ich die Stelle gleich, mein Bruder auch, wir fanden nur daß
10
der Ausdruck befremdet, u : wie sehr die Würckung durch Befremdung gehemt wird, wer weiß das besser als Sie? Der Fürst von Dessau ist ein allerliebster Mann, aber was hilft mir armen sein Allerliebstsein wenn Sie doch reisen ? Ich bin noch in eben der verhasten Ungewisheit, Gott weiß wie lange das noch währen wird. Ich sage das ungern weil ich dadurch viñeta mea caedo, u: ich ungern wie ein Römer das SabinerMädchen die Hofnung fahren lasse mit Ihnen zu reisen. Ich hatte mich so herzlich darauf gefreut ! Sollte ich nun gar vielleicht Sie diesen Sommer nicht mehr sehen so tröste ich mich nicht. In Glasau bin ich nur eine Nacht, in Knoop einige Tage gewesen. Hätte ich nicht, als ich in Tremsbüttel einige Tage war gehofft sehr bald mit Ihnen zu reisen, so hätte ich Sie gewiß besucht, wärs auch nur auf einige Stunden gewesen. Ich weiß, bester, daß Ihre Vorwürfe nicht ernst sind, aber so groß ist meine Liebe, göttlicher Mann, für Sie, daß mich doch der Schatten von der Vorstellung sie möchten halb Ernst sein, beunruhigt. Beruhigen Sie mich, oder lassen Sie mich beruhigen — Es erwartet mich eine grosse Vogelschiessereybelustigung. Leben Sie wohl, ich drücke Sie an mein Herz. Umarmen Sie die liebe Siebenstimmentönende F L Stolberg
1 1 4 . AN E B E R T , H A M B U R G , Z9. MAI
1779
Hamburg den 29. Mai 79. Ich warte noch immer auf Stollberg, dän ich Inen so gern mitbringen möchte, und dän Si ja auch gern haben wollen. Der Fürst von Dessau, där ein fortreflicher M a n ist, und zu däm ich fon Β. reise, wil auch, daß ich noch auf Stollberg (Si kennen Sich) warte. Aber dis Warten hat auch nun sein Zil. In 3 Wochen spätstens hof ich bei meinem lieben Ebert zu sein. Aber mit Fersendung der Subskripzionsbletter hatte es nicht lenger Zeit. Ich schikke Inen 50. Machen Si nach Irem Gefallen die Eintheilung f ü r Braunschweig Halberstadt Quedlinburg (Pastor Göze)
Nr
i i j
2. J u n i
1 7 7 9
I 3
1
Wernigerode (Regier. Ad. Blum) Ellrich (Gökingk.) Ueberschikken Si mir mit nächster Post die emfangenen 100 Thaler. Klopstock.
115.VON
E B E R T ,
Β R A U N S C H W E I G ,
2.JUNI
I 7 7 9
Liebster Klopstock, Nächst der Freude, Sie nun bald hier zu sehen, könnte mir nichts erwünschter seyn, als Sie auch bey uns in unserer eignen Wohnung zu haben, — wenn wir itzt eine eigne Wohnung hätten. Allein wir wohnen itzt, wie Sie auch vielleicht schon wissen, bey meinen Schwiegerältern. Nun hat zwar mein Schwiegervater von freyen Stücken Ihnen ein Quartir bey sich anbieten lassen: da er aber deswegen eine Stube räumen müßte, die voller Acten ist, und die er vielleicht bis an den Tag Ihrer Ankunft nöthig hat, den Sie selbst aber noch nicht angeben können; so muß ich leider fast wünschen, daß Sie sein Anerbieten nicht annehmen mögen, so viel auch ich und meine liebe Louise, die sich Ihnen mit der herzlichsten Freundschaft empfiehlt, dabey verlieren würden. Hinzu kömmt noch, daß jener selbst bald, vielleicht zu eben der Zeit, eine Reise thun muß. Wie können Sie denn noch hoffen, mit Stollb. zu kommen, da dieser, wie er mir schreibt, auch nach Mainberg zu reisen gedenkt ? — Könnten Sie nicht zu der neuen Auflage stärkeres Papier nehmen, welches nicht durchschlüge ? Lessing wünscht, Sie möchten französisches dazu nehmen. — Mein strenger Pyrmonter erlaubt mir keine Sylbe mçr, wen si auch nach Irer neuen Ortografi noch so sçr verkürzet wäre. JAEbert. Br. d. 2. Jun. 1779.
1 1 6 .
A N
V A N
S A N T E N ,
H A M B U R G ,
I I .
A U G U S T
1 7 7 9
Hamburg den Ilten August —79 Ew. Wolgeb. emfangen hirmit: 1) 50 Probebletter
15
s
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i5
10
132. 5
Nr 117
i l . August 1779
2) Fragmente — Fortsezung 3) ein Blat fyr |r Stambuch Klopstock
117. AN VAN SANTEN, HAMBURG, 12.. AUGUST I 7 7 9 Vervielfältigter Text mit eigenhändigen Einträgen und Zusätzen An Hr. Laurent van Santen in Leyden. Folgt: Text wie in Nr ιοί, 5 — 35 fleh bis wird.,). Hamburg den izten August 1779. Ew. Wolgeb. bekommen fon mjr mit der farenden Post noch mçr 5 Probebletter, wi di beigelägten. Ich ferlengere Inen den Termin der Subskripziçn bis zum lezten September dises J^rs. Möchten Si wol dise Subskr. fyr Holland übernämen? Si sehen wol, daß ich wünsche, daß Si Sich auch ausser Leyden damit ausbreiten. — Ich überschikke Inen mit den Probeblettern auch noch sonst etwas ,o fon mir. Klopstock
118.VONMIEG, NEUN KIRCH EN (?), 8. SEPTEM BER I 7 7 9 Hochzuverehrender Herr Legations-rath ! ich errinnere mich öfters mit innigster freiide der seligen Stunden, welche ich auf meiner reise von Wien über Hamburg nach Holl- und Engelland in Ew: Wolgebohren umgang genossen; errinnere mich mit den danck5 barsten und ergebensten Empfindungen der güte, welche Sie einem fremdling erwiesen ; Erlauben Sie mir, durch dieses andenken von neuem belebt, einen jungen man bei Ew. Wolgeb. aufzuführen, der seine lebhafte Begierde nach persönlicher bekantschafft, und ungeheuchelten dankversicherung gegen Ew. Wohlgeb., mehr als einmal, nicht bergen 10 konte. Dieser junge mann ist Herman Dühn, ein Schreinergeselle, und bürgers-sohn aus Hamburg, durch sonderbare wege der gütigen Vorsehung mit den Musen bekant, mehr als einmal ganz religiös hingerissen
Nr 1 1 9
io. September 1 7 7 9
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von der lektüre des Messias, und auch im Stande seine empfindungen über das erhabene und schöne in Wörter aufzulösen ; Er ist von charakter stille, sanft, zu traurigen und schmelzenden empfindungen geneigt, ganz gefühl und einfach in seinem betragen, mehr blöde, zurük bebend, als muthig; nicht blos hierin vom Afsprung aus Ulm verschieden, sondern auch dadurch, daß Er bei aller enthusiastischen Verehrung des wahren und guten, seinem Schreinerberuf getreü bleibt, und immer treii zu bleiben gesonnen ist. Wie sonderbar Er zu Ewer Wohlgeb. Messias gelangt, habe ich in einer rede: über den einfluß des Sprachstudiums in die erweckung der Genien, und die beförderung der Vaterlandsliebe: dem publiko erzelt, und kan Er Selbsten Ew. Wohlgeb. mündlich erzehlen. Selbst diesen brief schreibe ich in dem edlen, würdigen, und geschmakvollen hauß der Ketnerischen Familie, welche diesem jüngling zur ausbildung und nahrung seines geists vielen Vorschub gethan; Gönnen Sie! Würdiger Vater der guten Musen-söhne! dem guten jüngling gütigst den zutritt, den sein schüchternes wesen ihm schwer macht, und erlauben Sie mir mit allem innigen gefühl der ergebenheit mich zu nennen Ewer Wolgeb ohren ganz ergebenster diener Jo. Fr. Mieg. D. Th. Kurpf. Kirchenrath, und prediger an der H. Geist Kirche in Heidelberg. neükirchen d. 8. Sept. 1779.
119.
AN LEOPOLD F R I E D R I C H F R A N Z , FÜRST VON
D E S S A U , H A M B U R G , IO. S E P T E M B E R
ANHALT-
1779
Z u den yrsachen, welche machen, daß ich meine Reise zu E w . Durchlaucht, wider meine Neigung, bis zu kümftigen Frülinge aussezen mus, gehört auch, daß ich seit Anfange des Julius dreimal ein reümatisches Fiber gehabt habe. Der Prinz von Hessen wolte einen zeigbaren Brif fon mjr haben. Ich schrjb Jm den beigelägten; (ich ersuche Ew. Durchlaucht, in mjr zurük zu schikken) är mus {m aber nicht zeigb^r fçrgekommen sein: denn der Prinz hat mjr bei Seiner Rükreise nichz zu sagen gehabt.
Di-
se Sache, di ich natürlicher Weise föllig aufgegäben habe, belustigt
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Nr ι ί ο
ι o. September
1779
mich jezt. Ein Mittel f y r Ew. Durchlaucht, Sich, wen Si das möchten, auch darüber zu belustigen, were fileicht, wen Si machten, daß der König eine Abschrift des Brjfs zu sehen bekeme. Aber wen nun der Prinz von Preussen; — würde das fileicht unsre Belustigung, wenigstens fyrs kümftige, in Freüde ferwandeln ? Es ist jezo Jemand fon Wien hir, dar etwas fom Ore des Kaisers zu haben scheint. Diser wil mich zum Kaiser bekeren. Morgen ist di Zusammenkumft. Ich bin recht neügirig darauf, wi das ablaufen wird. Denn ich wärde kein Blat fçr den Mund nämen. Maria Theresia hat auf den Mess, subskribjrt. Man wolte den Kaiser auch dazu feranlassen; aber Ar schlug es ab, u sagte: Ar wolte, n^ch der Herausgabe, sehen, ob das Bijch gijt were ; u wen es sich dan mit dem Bijche so f erhjlte, so wolt Ar gern Hundert Dukaten dafyr bezalen. Ich schreibe Ew. Durchlaucht nechstens, wi es mit meiner Bekerung gegangen ist. Ich fürchte halter ! daß ich ein wenig ferstokt sein wärde. Klopstock Hamburg den ioten Sept. 79
1 2 0 . A N K L A M E R S C H M I D T , H A M B U R G , 2.O. S E P T E M B E R
Vervielfältigter
1779
Text mit eigenhändigen Einträgen und Zusätzen
An Hr. Krigssekretär Schmit in Halberstadt Folgt: Text wie in Nr ιοί, 2 — 35 fleh bis wird.,). Hamburg den 20 Sept. 1779. Ich habe Eberten gebäten Inen Probebletter, wi di beigelägten, zu schikken. Si sehen aus dem Zeitungsblatte den ferlengerten Termin. Haben Si di Güte, mjr gegen dise Zeit zu antworten. — Sagen Si Gleimen, m. L. Hr. Sch. daß ich äben so unschuldig daran bin, nicht n^ch Br. gekommen zu sein, als mjr emfindl. ist, |n, meinen sçr geljbten alten Freünd dismal nicht gesçn zu haben. Götze in Quedl. hat auch Bletter durch Eberten bekommen. Ich mag aber jenem nicht weiter schreiben. Meine ljbwärten Quedlinburger scheint der Mess, nicht f y anzugçn — Klopstock
Nr 1 2 1
Anfang Oktober
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1 2 1 . VON L E O P O L D F R I E D R I C H F R A N Z , F Ü R S T VON A N H A L T DESSAU, DESSAU, ANFANG OKTOBER
1779
Konzept Werthester Herr Klopstock. Da ich schon seit einiger Zeit den Besuch des Hertzogs Ferdinand von Braunschweig erwartete, so schob ich die Beantwortung Ihres Briefes vom 10t Sept bis dahin auf. Ich sprach ihm über den Inhalt desselben nachdem ich ihm die Abschrifft des Briefes am Printzen von Hessen gezeigt hatte (die hierbey zurückfolgt) Da er den iot dieses Abents in Altona wo er sich den n t aufhalten wird einzutreffen gedenkt, hat er mir aufgetragen Sie hiervon zu benachrichtigen damit er mit Ihnen darüber sprechen könne. Ich wünsche sehr Ihre gute Absichten erfüllet zu sehen und mit beytragen zu können, daß, sie es würden. Gleich nachdem der Hertzog mich wieder verlassen schreibe ich diese Zeilen, damit sie wo möglich und die Post nicht schon abgegangen ist, noch Heute abgehen können. Hetten es meine Verhältnisse erlaubt wie gerne würde ich nicht dem Hertzog gefolgt seyn, denn der Tag andern ich Sie wiedersehe wird mir ein lieber Tag seyn.
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Wie ist, Halter! die neulich erwehnte Unterredung abgelaufen
1 2 2 . AN G E R S T E N B E R G , H A M B U R G , 9 . O K T O B E R
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H. den