Skandinavische Museen: Eine Reisestudie [Reprint 2019 ed.] 9783486732153, 9783486732146


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Skandinavische Museen
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Skandinavische Museen: Eine Reisestudie [Reprint 2019 ed.]
 9783486732153, 9783486732146

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Skandinavische Ulnkeen Eine Reiieitudie. Von

C. v. Berlepidi-Valendas.

Sonderdruck aus der

Zeitschrift des Bayerischen Kunftgewerbe-Vereins «Kunst und Handwerk* 55. Jahrgang 1-05. Heft 7 und 8.

Druck und Verlag von R. Oldenbourg in München und Berlin.

315. Stockholm; Nordisches Museum.

Stube aus Skäne; ursprüngliche Aufstellung im Museums)

Skandinavische (Museen. Sine Keisesiudie. ls J855 das Werk von Bisen­ lohr : „Holzbauten des Schwarz­ waldes", weiter (857 die „Holz­ bauten des Berner Oberlandes"'^), aufgenominen von Weinbrenner und I. Dünn, (86 ( das Buch von Darin über den gleichen Stoff erschien, Glad­ bach (863 mit seinen ersten Veröffentlichungen über „Schweizerische Holzbauten" herauskam, Eilert Sund mit dem grundlegenden kleinen Werke „Wohnungs­ gebräuche aus dem Lande in Norwegen" ((862) an die Öffentlichkeit trat, um das Interesse für hoch­

bedeutsame Leistungen einer im Verschwinden befind­ lichen Kultur in weiteren Kreisen zu erwecken, da fanden diese Vorboten einer im letzten Jahrzehnt erst zu richtiger Bedeutung gelangten Erforschung lange x) Die Druckstöcke zu den Abb. 3(5 — 325 und 335 ver­ danken wir dein Entgegenkommen des Herrn Direktor G r o s ch in Kristiania, dem wir an dieser Stelle unseren aufrichtigen Dank sagen. *) Schon (8HH hatten Graffenried und Stürler in Bern ein von außerordentlichem Verständnisse getragenes N)erk »Architecture Suisse ou choix de maisons rustiques des Alpes du Canton de Berne< veröffentlicht.

brach liegender Gebiete wenig Beachtung außerhalb eng begrenzter Fachkreise. Semper hat zwar wiederholt aus diese Zeugen handwerklicher Bauarbeit und das Verhältnis zur Landschaft, in der sie stehen oder standen, hingewiesen; eigentlich besaßt hat er sich mit diesen Dingen nicht. Die fragen der „hohen Kunst" überwogen allzusehr, als daß eine eingehende Würdigung dieser im besten Sinne „naturwüchsigen" Objekte hätte Platz greifen können. Um die kultur­ historische Seite der Sache aber kümmerte sich sozu­ sagen niemand. Die Zeitströmung hatte andere Ziele. Jene große Umwälzung war in vollem Gange, die, durch den Bau der ersten Eisenbahn bezeichnet, alle Bestrebungen der Arbeit im Ver­ lauf weniger Jahrzehnte in neue Wege leitete. Die Tätigkeit der Blaschine, der fabrikmäßige Betrieb der Herstellung von tausend und abertausend Dingen, die überall zugrunde gelegte, praktischer Nutzanwen­ dung dienstbar gemachte wissenschaftliche Erkenntnis, begann beiseite zu schieben, wozu es früher manu­ eller Kunstfertigkeit bedurfte. 211tt einer Schnellig­ keit ohnegleichen drang die Flut der neuen Ergeb­ nisse in die entlegensten Landstriche, verdrängte in kurzer Zeit während Hunderten von Jahren in stetigem Entwicklungsgänge gereifte Gewerbetätigkeit wie Hausindustrien, und setzte an Stelle der bisher hochgehaltenen Qualitätsarbeit das weit billigere

Skandinavische Museen.

3^6. Stockholm; Nordisches Museum.

Silberbesetzter Gürtel ans Telemarken.

Maschinenfabrikat. Absoluter Bruch mit der Ver­ rühmte Arbeiten aufbewahrt wurden. Man sam­ gangenheit, „Fortschritt" war die Losung. Dieser melte nach „Qualität". Der Untergrund aber, aus „Fortschritt" hatte den niemals ersetzbaren Verlust den: diese Spitzen künstlerischer Tätigkeit erwachsen einer großen Reihe von hochstehenden Kulturarbeiten waren, die Volkskunst, hatte geringe, vielfach keine Bewertung gefunden. Selbst die Gründung von An­ im Gefolge. Die Architektur verlor unter dem einseitig be­ stalten, wie des Germanischen Museums zu Nürnberg triebenen Studium klassischer Weife allmählich jed­ und des Nationalmuseums zu München, um zwei der wede Fühlung mit den lokalen Erfordernissen. Bei hervorragendsten Erscheinungen zu nennen, brachte großen Aufgaben war einzig und allein der akade­ keine weitestgehende Berücksichtigung des kultur­ mische Standpunkt maßgebend geworden; bei kleineren geschichtlichen Momentes mit sich. Es wurden zu­ traten die unglaublichsten Varianten der von den nächst Antiquitätensammlungen größten Stiles. In Bauenden schulmäßig erlernten Rezepte als wesent­ Zeughäusern und Rüstkammern fand sich, was vom lichstes Illomeiit auf. Die rasch ins Ungeheuerliche erfinderischen Sinne in Angriff und Abwehr, von wachsende Bevölkerungsziffer der Großstädte hatte hochstehender künstlerischer Art im Schmuck dieser einen neuen, bezüglich seines Kulturwertes meist recht Dinge erzählte, doch sind das nicht die sprechend­ sten Zeugen der großen Schaffenskraft des ringenden fraglichen T^pus des Wohnens, das Miethaus, zur Entwicklung gebracht, das nach außen unter dem Menschengeistes. Er spricht stärker, in tausendfältiger vollen Aufgebot des Formenschatzes dieser oder jener Art aus den Werken der friedlichen Entwicklung. Zeit erscheint, inwendig jedoch durchschnittlich jeder ; Die Altertumswissenschaft hatte Vorstellungen zu feineren Überlegung der Hauptsache: den Wert einer i schaffen begonnen von Kulturepochen, über deren gesunden und vernünftig angelegten Wohnstätte, ent- : Wesen nur die Art der stofflichen Bearbeitung, nicht behrt. Ganze lange Straßen werden aber irgend welche bestimmte Nach­ angelegt, deren Wohnquartiere nie richten Anhaltspunkte für die Be­ Don einem Sonnenstrahl gestreift urteilung des menschlichen Daseins werden, weil sie nach Norden liegen. und seiner Begleiterscheinungen Solche Kapitalfehler haben selbst geben. Aus dem schlammigen fortschrittsärmere Zeiten nie aufzu­ Grunde der Seen, aus Erdhügeln weisen gehabt. Gründliche Abkehr und Steinmalen kamen diese alten vom heimisch Bezeichnenden er­ Arbeitsprodukte wieder ans Tages­ schien „fortschrittlich"; die Erhaltung licht; daraus konnte sich eine lücken­ heimatlicher Kulturschätze scheiterte hafte Anschauung über die Entwick­ ani allgemeinen Unverständnisse. lungsgeschichte der ältesten Landes­ Sammlungen kulturhistorisch besiedelung bilden. Die sich meh­ weit umfassender Art gab es, oder rende Anschauung über die Un­ besser gesagt, gibt es noch heute so trennbarkeit der Glieder in der gut wie gar nicht. Man hatte langen Kette der kulturgeschichtlichen Bildergalerien, man hatte Samm­ Entwicklung hätte eigentlich dazu lungen glyptischer Werke, man hatte führen müssen, das noch im vollen 3J7. Stockholm; Nordisches Museum. Schatzkammern, in denen kostbare Zusammenhang Vorhandene gegen Schnalle aus dein Kirchspiel Iärfsö und durch ihre Verfertiger be­ Vernichtung so gut wie möglich in Helsiugland.

Skandinavische Museen.

ZU schützen.

Manche Überlieferungen, die sich bis

dahin gehalten halten, gehen in Zeiten zurück, deren genaue historische Bestimmung so gut wie unmög­ lich ist. Lin paar schlagende Beispiele: Im däni­ schen Volksmuseum zu Lyngby bei Kopenhagen liegen z. B. einige Baumsarg-Grabmäler, von denen eines die Jahreszahl ^858T) trägt. Die Be­ stattungsweise unter Anwendung des Baumsarges kommt schon bei prähistorischen Gräbern vor. — Der Einbaum, wohl so ziemlich der primitivste Schiffstyp, bildete noch vor wenigen Jahrzehnten auf verschie­ denen bayerischen Seen das Fahrzeug der Fischer. Wie viele Museen besitzen derlei Dinge? Nicht nur mit solch uralten Formen allein räumte die neue Zeit nun auf, sie tat es auch mit andern. Die Volkstrachten erloschen; gleichzeitig natürlich eine Unzahl von Spezialgewerben, die in Verbindung damit sich ent­ wickelt hatten. Die Landstraße verödete; mit ihr manches Gemeinwesen, das heute vom Schienenstrang wohl berührt wird, aber zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken ist, während es früher vielleicht eine berühmte Haltestation war. Textilien aller Art, früher aus den ländlichen Bezirken nach den Städten zum Verkaufe gebracht, machen jetzt den umgekehrten Weg. Das gesamte Arbeitsgerät erfährt gründliche Um­ wandlungen; die Landwirtschaft arbeitet nach viel­ fach neuen Prinzipien; die aus kleinen Anfängen sich entwickelnde Technik der graphischen Vervielfältigung *) Es sind drei Exemplare da, wovon das kleinste, für ein Kind berechnet, ohne Inschrift und Jahreszahl blieb, viel«

leicht also nicht benutzt worden ist.

„ksier ruhet usw. Christen Iörgensen,

Nr. 2 hat die Inschrift geboren (. V. (75^, ge­

storben .... (fehlt)"; Nr. 3: Lsier ruhet . . . Thomas Sörensen,

geb. (7 79, gestorben (858.

3(9 u. 320. Stockholm; Nordisches Museum.

Gestickte Pelz­

handschuhe aus Delsbo, Helsingland.

jeder Art wurde, in Tausenden von ver­ schiedenen Anwendungen einfach unent­ behrlich, ja zu einer Weltmacht. Kein Schaffender bekümmert sich mehr um Techniken, die vor wenigen Generationen noch in Blüte standen, da oder dort früher berühmte Spezialitäten hervor­ brachten. Solch unaufhaltsamem Wandel entgegenzuarbeiten, wird keinem vernünf­ tigen Menschen einfallen; anderseits braucht nicht alles, was vorher war, der Zerstörung anheimzufallen. Was man aus prähistorischer Zeit sorgsam auf­ bewahrt, ist wertvoll, gewiß, aber in demselben Maße auch, was die nächsten Vorfahren, Großvater, Urgroßvater zu ihrem Leben brauchten. In allen Dingen und Namen Bescheid zu wissen, die mit der römischen Kultur auf germanischem Boden verknüpft sind, verlangt man von jedem Gymnasiasten. Namen und Tätigkeit der eigenen Großeltern aber kennen die wenigsten. Auf diese Zustände braucht mau nicht gerade stolz zu sein. Noch wird der Wert gründlicher Kenntnisse über die zahllosen Denkmale der eigenen Volksvergangenheit nicht so hoch an­ geschlagen, als er es verdient. Was man Geschichts­ unterricht oder gar Heimatskunde nennt, ist manch­ mal eine mehr als zweifelhafte Sache. Die Zugrundelegung kulturgeschichtlicher Auf­ fassung mangelte in der Zeit der allgemeinen Mu­ seumsgründungen meist ganz und gar, bestand doch die wesentlichste Aufgabe in der Sichtung der Pro­ dukte nach stofflichen oder historischen Gesichtspunkten. Was an künstlerisch bildendem Einfluß davon erwartet wurde, blieb weit hinter den gehegten Erwartungen zurück. Die zahllos neu in Anwendung kommenden Arten der stofflichen Bearbeitung konnten unmöglich auf Arbeitsresultate zurückgreifen, die unter wesentlich anderen Verhältnissen und Anschauungen entstanden waren. Die Anregungen der Museen führten weit mehr auf wissenschaftliche als auf künstlerisch richtige Wege. Die moderne Produktion bewies in ihrer Massenarbeit meist ein absolut oberflächliches, oft gar kein Begreifen der unterscheidenden Faktoren. Das Nichtverstehen der Unterschiede zwischen ma­ nueller und maschineller Produktion wurde geradezu

Skandinavische Museen.

rriKiiEHENj;.

TVEITISUGl^OTOO

Mangelbrett aus Island.

(V4 der wirkl. Gr.)

Mangelbrett aus Dovre, Gudbrandstal.

(V4 der wirkl. Gr.)

32 t—323. Stockholm; Nordisches Museum.

Eigenheiten, nach geographischen Abteilungen ge­ verhängnisvoll, weil Nachahmungen schlechtester Art sondert, festgestellt wurden — freilich auch erst, nach­ dadurch förmlich gezüchtet wurden. — Bezeichnend dem bereits ungezähltes Illaterial vernichtet war, und für die Gründungsperiode der Gewerbemuseen ist weiter das Fehlen großer Gesichtspunkte für die Be­ zwar vielfach auf Betreiben derjenigen, die während ihrer beruflichen Erziehung den Reichtum heimat­ rechtigung der Arbeit aller Epochen, mußte man es licher Kulturerscheinungen hätten kennen lernen doch erleben, daß zur Zeit der Deutsch-Renaiffancemüssen. Noch sind die weitaus größeren Massen Schwärmerei die vortrefflichsten Möbelarbeiten des des Publikums, auch des gebildeten, kaum imstande, \8. Jahrhunderts waggonladungsweise ins Aus­ das Gute und Gesunde, was in den Leistungen der land, nach Frankreich, nach Rußland um Spottpreise Volkskunst liegt, zu erkennen, noch hat der Unter­ verfrachtet wurden. Die Folge ist, daß sehr viele richt, wie er es sollte, in diesen Dingen nicht ein­ deutsche Museen durchaus lückenhaft in ihren Be­ gesetzt, denn die Erlernung der eigenen Sprache spielt ständen sind. Das ist vor zwanzig, vor dreißig Zähren passiert. Wer aber für diese Dinge keine ja — das unterscheidet uns Deutsche wenig vorteil­ haft von anderen Nationen — noch immer eine Rolle Augen hatte, besaß sie in noch viel geringerem Maße zweiter oder dritter Güte. Daß es sich nicht darum für andere, die man noch niedriger einschätzte. Die handeln kann, rundweg alles zu konservieren, ist klar. unglückselige Fütterung der „gebildeten" Gesellschaft Ein törichtes Beginnen wär's zu nennen, sollte unseren mit doktrinären Fragen über Kunst ließ ja den Ge­ Tagen die Bewegungsmöglichkeit benommen sein, danken kaum aufkommen, daß im Bauernhaus und der Erhaltung älterer Dinge wegen. Zeit wäre es allem, was damit in Verbindung steht, ein unglaub­ licher Reichtum von eigenartigem Wesen stecke. Erst indessen, dem unsinnigen Aufräumen unter älteren die allerjüngste Zeit hat ein lebhaftes, freilich noch i Kulturarbeiten durch Unberufene Einhalt zu tun und sich darauf zu besinnen, daß „Fortschritt" etwas an­ vielfach platonisches Interesse für diese Dinge zu deres ist als lediglich Verwüstung des Vorhandenen. wecken vermocht, indem wenigstens die baulichen

32^. Stockholm; Nordisches Museum. X72

Kalenberftab aus Maluug, Dalekarlien.

Skandinavische'Museen.

325. Stockholm; Nordisches Museum. Kirchentür aus Moheda, Smäland. 0/11 der wirkl. Gr.)

Solange allerdings auf Gymnasium und Bauschule das Studium fremder formen den Vorzug hat gegen­ über dem Nächstliegenden, ist wohl kaum ein gründ­ licher Ansatz zum Bessern ermöglicht. Nit der großen Reihe der Publikationen über ländliche Bauweise, die in dem umfassenden Werke des deutschen und österreichischen Architektenvereins einen monumentalen Ausdruck gefunden haben, mit der Gründung von Vereinen zur Erhaltung der Heimatsschönheit, für Denkmalsschutz, für Volkskunst und Volkskunde ist gewiß manches Verdienstliche ge­ schehen, auch mit dem Einbauen einzelner Stuben aus Bauernhäusern in Museumsräume. freilich fehlt ein wesentliches Moment gerade bei diesen letzten Errungenschaften: der Zusammenhang der Stube

mit dem übrigen Bau. Entleert man in hundert, in tausend Mietskasernen ebenso viele „Wohnzimmer", „Speisezimmer" oder „Salons" ihres Inhaltes an Möbeln und anderen Zutaten, so lassen sich diese Dinge mit Leichtigkeit sonst irgendwo aufstellen, ohne daß die verschobene Gruppierung bemerkbar würde. Es sind ja lauter Heimatslose, die heute, in der alten Wohnung so, und morgen, nach erfolgtem Bezug einer neuen, ganz anders gestellt, immer den gleichen Dienst tun. Anders die Stube im Bauernhaus. Sie hat ihre nach lokalen Gebräuchen bestimmte Lage im Plan des Kaufes, die Möbel stehen nicht in beliebiger Reihenfolge oder kunterbunt durcheinander; jedes Stück hat seinen Platz im Verhältnis zur Türe, zum Fenster. Dieses Fenster nun, die Türe, lassen sie sich beim Museumseinbau immer so legen, daß das Original darunter nicht leidet? Selten. Die meisten in Museen eingebauten Bürger- und Bauernstuben haben falsches Licht und geben nur einen oberfläch­ lichen Begriff von ihrer Bedeutung im Original­ haushalte. Nicht überall ließ man jene Rücksicht walten, wie beim Nationalmuseum zu München, vor allem aber beim Schweizerischen Landesmuseum zu Zürich, wo die Architektur, das heißt das bauliche Gerippe des Gebäudes dem vorhandenen Material an Zimmereinrichtungen angepaßt, nicht aber dieses in schematisch angelegte Räume gepreßt wurde. Letzteres ist bei den weitaus meisten Museen der Fall. Türeingänge, Lichtöffnungen, Heizapparate usw. er­ fahren bei der Versetzung ganzer Zimmer in Museen oft eine Verschiebung, wodurch die ursprüngliche Lage der einzelnen in Betracht kommenden Faktoren eine durchaus veränderte wird, weil man sonst das Ensemble nicht „einpassen" kann. Damit ist die Sache unter Umständen völlig auf den Aopf gestellt, denn beliebige Aombinationen sind in solchem Fall unzulässig. Es ist Geschichtsfälschung. Wird aber, um ganze Räume in ihrem Arrangement zu zeigen, das Aojensystem angewendet, d. h. die vierte Zimmerseite ganz weggelassen, so ist die Aufstellung lücken­ haft, also nicht zweckdienlich. Solchen ganz be­ liebigen Umgestaltungen begegnet man nur allzu­ häufig. Wundern muß man sich nur darüber, daß die Exaktheit der gelehrten Forschung in diesen groben Unexaktheiten keinen Stein des Anstoßes er­ blickt, tatsächliche Entstellungen des wahren Sach­ verhaltes vielmehr billigt oder gar anordnet. Man hat gar oft die wissenschaftliche Behandlung des Musealstoffes im Gegensatz zu deren Bedeutung als dekoratives Material betont. Warum in diesem Falle nicht? Im Grunde genommen verfährt man ja viel unrichtiger als der Maler, der sich in seinem Atelier dergleichen Schmuckstücke eigener Behaglichkeit

Skandinavische Museen.

jener Welt, innerhalb deren jedes Stück seine ausdrückliche Bestimmung hatte. In dieser Hinsicht bietet aber das Haus des Landbewohners für jeden Entwick­ lungsgrad prägnante Erscheinungen. So­ lange man sich nicht entschließt, solche Anlagen im ganzen zu Museumsstücken zu machen samt ihrer Ausrüstung an Werkzeug, Stalleinrichtung, Möbeln, Kleiderkasten und Kommoden - Inhalt, ebensolange wird das Bild kein voll­ ständiges, kein den Umständen der Ent­ stehung entsprechendes sein. Freilich dürfte es in den meisten Teilen Deutsch­ lands und der Schweiz wie auch Öster­ 326. Stockholm; Skansen. Wohnhaus (Stäriset) im Fäbodvall; Gruppenreichs schwer halten, typische Total­ ansiedelung (s. Seite t?9). erscheinungen früherer Jahrhunderte wegen aufstellt und nach der historischen Seite der mitsamt allem Geräte heute noch zu finden. Der Altertumshändler hat, was ihm von Wert erschien, Sache nicht fragt; er gibt nicht wissentlich falsche Eindrücke, wohl aber kommt dies in Museen sehr längst fortgeschleppt und ohne Provenienzangabe häufig vor. an irgendwelche Museen verkauft, wo das Zeug nun, wie die aufgespießten Käfer einer Samm­ Wer einen „Pesel" (vornehmster Raum im niedersächsischen Hause) im Zusammenhang mit der lung als „Repräsentant" dieser oder jener „Reihe" riesigen vorgelagerten Diele, im Zusammenhang mit fungiert. Das aber, was vielleicht kulturhistorisch den „Siddels" (erkerartigen Ausbauten neben der wertvoller und deshalb dem Händler gleichgültig Diele) und der ganzen übrigen räumlichen Erschei­ war: den alten Pflug aus Großvaters Zeit, das nung des großen Gehöftes gesehen hat, versteht die alte Handwerkszeug, was noch vom Dorfschmied ge­ Bedeutung dieses oft mit geradezu verschwenderischer macht, nicht beim „Kramer" — der neben Gewürz, Pracht ausgestatteten Raumes. Wer ihn dagegen, Ellenwaren, Zigarren auch Schießpulver, Feuerwerks­ dem ursprünglichen Zusammenhang entfremdet, allein körper und Eisenarbeiten führt — gekauft war, den oder womöglich in Kompagnie mit einer ganzen Webstuhl, an dem die Urgroßmutter gesessen, das Reihe solcher Zimmer, in die abnormen Verhält­ Sattel- und Zaumzeug aus dem Stall und aller nisse von Museumsräumen so gut wie tunlich ein­ übrige Hausrat, das wird nur selten mehr auffind­ gepaßt, sieht, bekommt nur Eindrücke vom Detail, bar sein. Es ist längst zerhackt, verbrannt, die brauch­ nicht von der Bedeutung des Raumes im Hause. baren Teile anderen Zwecken zugeführt. Niemand Das Museum bekümmert sich in den weitaus meisten schenkte diesen Dingen irgendwelche Beachtung; waren Fällen allzusehr um die Qualität der Arbeit, nicht sie allenfalls auch diesem oder jenem Museum an­ aber um ihre Bedeutung im Zusammenhang mit geboten, so bestand die Antwort in dem bekannten „höflichsten Dank" und verächtlichem Nasenrümpfen. Wo ist das Museum, das nicht die seltsamsten Vor­ kommnisse dieser Art mit zu seiner Geschichte zählt! Es fehlt eben noch vielfach am richtigen Begriff über den Wert der zusammenhängenden Darstellung der menschlichen Arbeit. Bis er zur Geltung kommt, hat vielleicht der letzte „studierte" Baumeister das letzte charakteristische Bauernhaus abgebrochen. Aber — es wurde vorher noch photographiert und in allen Zeitungen veröffentlicht! In den drei skandinavischen Ländern hat man in dieser Richtung seit Jahren praktisch gearbeitet und Schöpfungen zuwege gebracht, die eine gesunde Gegnerschaft zu den Kunstkasernen, wie sie der „Fort­ schritt" schuf, bilden. 327. Stockholm; Skansen. Speicherbau (Fatbur) aus Björkvik.

Skandinavische Museen.

328. Stockholm; Skansen. Morastugan.

2Han Hal den IHufeen in Schweden, Norwegen

und

kunsthandwerkliche

Dänemark,

329.

welche

Einzelgegenstände

in

unabseh­

barer Menge enthalten, Bautenmuseen angegliedert. Die Idee zu solchen Anlagen mag verschiedenen­ orts gleichzeitig aufgetaucht sein. Ihre umfassende Ausführung hat jedoch Einer zuerst in die Hand

genomnien. ArturHazelius, ^833 in Stockholm geboren, daselbst gestorben, beschäftigte sich nach voll­ endetem Studium in Upsala hauptsächlich mit dem

wo ihm der

unerbittliche Gegensatz zwischen dem

Wesen der neu hereinbrechenden Zeit und den: einer­ vergehenden klar wurde.

schwinden

Gebiet,

Er sah das rasche Ver­

der heimatlichen

den

Gebräuche

auf jedem

überall vorwärts schreitenden Einzug

neuer Hilfsmittel der Technik und ihrer Produkte. Was

da

kommen

müsse,

war

ihm

sofort klar.

„Aulturhistorische Sammlungen", das war die Auf­ gabe, die er sich stellte. Er verstand es, die Aräfte,

ihn wohl in erster Linie zu den Schritten veranlaßt

die hier in Betracht zu ziehen waren, zu organi­ sieren, in gleichem Maße aber auch den Stoff, der

haben, die er in Angriff nahm mit dem Moment,

ihm zuströmte und den er anfangs unter Aufbietung

U)esen seiner Muttersprache.

Dieser Umstand mag

328—330. Stockholm; Skansen.

Morastugan aus Dalarne.

Skandinavische Museen.

331. Kristiania; Kunstindustriemuseum. Altnorwegischer Bild­ teppich, gesunden in der Kirche von Baldishot, Hedemarken.

[2. Jahrhundert.

aller ihm persönlich zu Gebote stehenden ZHitfel er­ warb, zu sichten. 5ehie Tätigkeit umfaßte alle Gebiete; Bauern, Bürger, sogar den Adel begeisterte er für die Idee, eine große Zentralstelle zu schaffen, wo alles, was auf die kulturelle Entwicklung Schwedens Bezug hatte, zusammengetragen sein müsse. Schon (872 eröffnete er in Stockholm das „Nordische ethnographische und kulturhistorische Museum"?) Die nächste Folge war die Ausdehnung der Grenzen seiner Arbeit auf die ganze skandinavische Welt. Finnland, Norwegen, Dänemark und Island wurden mitein­ bezogen. Was dieser einzelne Mann schuf, ist un­ glaublich. In der schwedischen Frauenwelt fand er eine wesentliche Stütze zur Ausführung seiner großen Entwürfe. Das vollzog sich nun freilich nicht auf dem Wege des anderwärts beliebten „patroueffentums", sondern auf demjenigen wirklicher Mitarbeit. Werktätiges Interesse für solche Dinge bildet über­ *) Zu dem Inhalt dieses Museums gehören u. a. die in den Abb. 3(5—325 dargestellten Stücke.

333. Kristiania; Kunstindustriemuseum. Altnorwegischer Bild« teppich (Bauernweberei) aus Saetersdalen.

Haupt einen Grundzug des nordischen Frauenlebens, ist doch z. B. das prächtige neue Kunstindustriemuseum zu Thristiania der Hauptsache nach durch weibliche Energie zustande gekommen. Die Erziehung ist eben entsprechend geartet. (880 wechselte Hazelius den Namen der Samm­ lung in „Nordisches Museum" und schenkte den ganzen großen Inhalt dieser Anlage den: schwedischen Volke. Nicht Staat, nicht Stadt ist Eigentümer'), sondern die Genleinschaft aller, die anl Zustandekomnlell mit­ gearbeitet hatten. Ursprünglich in einen: brause untergebracht, mußte das ständig wachsende Material bald an verschiedenen Stellen geborgen werden, bis die Möglichkeit sich bot, alles unter einem Dache zu vereinigen. Die volle Ausführung dieses umfang­ reichen Projektes hat Hazelius nicht erlebt. Zwar

352.

Lyngby. Doppelgehöft aus Näß.

Leineweberei (Behang).

fällt die Entscheidung eines Preisausschreibens für den Bau eines Nordischen Museunis in Stockholm noch in die vergangenen achtziger Jahre, indes er­ laubte der in Aussicht genommene Kostenaufwand von mindestens vier Millionen Kronen (( Krone — (,(3 M.) die sofortige Inangriffnahme des Baues nicht. In: Jahre (906 soll er nun durch eine skandina­ vische Ausstellung seine Einweihung finden. Um einen Begriff von den Dimensionen des Projektes zu geben, sei nur beiläufig erwähnt, daß außer den ganz großen x) Der Staat Schweden gibt diesem einen Museum jähr­ lich ein Subsidium von 50000 Kronen und ist im Museums­ vorstand durch zwei Mitglieder vertreten, die Stadt Stockholm (5 000 Kronen, Summen, die angesichts der Bevölkerungsziffer und des Umstandes, daß noch andere Museen der Beihilfe bedürfen, als sehr hoch bezeichnet werden müssen, zumal wenn man damit die staatliche Unterstützung großer öffentlicher Samm­ lungen in anderen germanischen Ländern vergleicht. Skansen bilanziert jährlich mit ca. vierthalb hunderttausend Kronen und erhält sich selbst. Dicht dabei liegt ein ganz vorzügliches bio­ logisches Museum.

Skandinavische Museen.

Z3H. Stockholm; Skansen. Bonad, gemalte Leinwand. Oktorxsgarden.

Sälen und den Galerien, woselbst nur Bauern­ utensilien zur Aufstellung kommen sollen, zirka fünfzig Räume (Mindestmaß 5,0 X 5,0 m) zur Aufnahme vor­ handener, in sich abgeschlossener Interieurs bestimmt sind, bei denen die Beleuchtungsfrage aufs ein­ gehendste berücksichtigt werden mußte, daß weiter siebzig bis achtzig Zimmer (im Durchschnitt 7,0 X 10 m) den einzelnen Gewerben sowie dem Leben des Bürger­ standes und des Adels zugedacht sind. Ausgiebige Bibliotheks- und Arbeitszimmer, Kupferstich- und

Lithographiesammlungsräume, zahlreiche, von der Bibliothek unabhängige Arbeitsräume und eine ganze Menge anderer Gelasse fanden alle ihre Berücksich­ tigung. Der Bau, die unglaublichen Mengen von Materialien, die da aufgestapelt ihrer Einordnung harren, all das ist der beste Kommentar zur Lebens­ arbeit des Begründers. Die erste Ausstellung des bis dahin gesammelten Materials fand im Jahre (872 statt; sie machte im Lande selbst ungeheures Aufsehen und erleichterte die Fortführung der begonnenen Arbeiten ganz wesent­ lich. Bor allem war man über die ländlichen Innenarchitekturen erstaunt, die hier, in lauter Originalen vorgeführt, durch vorzüglich nach dem Leben beobachtete, mit echten Kostümen versehene Figurengruppen belebt waren. (Abb. 5(5.) Gin Teil dieser Dinge figurierte (878 auf der Welt­ ausstellung in Paris und bildete einen Hauptanzie­ hungspunkt derselben. Alle französischen Zeitschriften besprachen die Sache und rieten zur Anlage ver­ wandter Schöpfungen, da diese für die Vorstellung über das Land, die kulturelle Entwicklung seiner Be­ wohner, seiner Architekturen weit wirksamer seien, als alle Schulvorträge miteinander. Es blieb bei diesen Aufforderungen. weder Frankreich, noch Deutschland, Österreich oder die Schweiz haben seit­ her eigentlich kulturhistorische und damit die einzig richtigen Museen so umfassender Art bekommen,

335. Moderner Wandteppich nach Zeichnung von Gerh. Munthe gewebt von Frau Christ. Iohannesen.

Skandinavische Museen.

wie der skandinavische Norden sie besitzt. lllit der Erkenntnis, daß die Aufstellung räumlich großer Dbjekte in musealer Einzwängung immer ein lückenhaftes Bild geben müsse, war für Hazelius auch schon des weiterentwickelten Pro­ blemes Lösung gegeben. ZTiit drei­ seitigen Interieurs, mit Erachten­ 356. Stockholm; figuren und Zllöbeln allein waren Skansen. Wand­ nur Resultate klargestellt, nicht kästchen aus den wermländischen aber ihr Entstehen begründet. H)ie Rauchstuben. sollte innerhalb eines eigentlichen ZUuseumsbaues die Entwicklung der Raumfrage in allen ihren Stadien, wie die Entwicklung der für die nordische Kultur so hoch­ wichtigen Frage der Feuerungsanlage tu ihrer schritt­ weisen Fortbildung, wie die Lösung des ebenfalls bedeutsamen Problems der Lichtzufuhr, der zu bunter neuen Kombinationen führenden Verwendung des Baumaterials und so vieler anderer Dinge klargestellt werden, die samt und sonders als Vorbedingungen für die Entwicklung des Raumschmuckes und aller damit in Zusammenhang stehenden Dinge betrachtet werden müssen! Es galt, von grundlegenden Gesichtspunkten auszugehen und int weiteren Verfolg erst die steigende Bedeutung der Begleiterscheinungen festzu­ legen. Beherrschte diese Tendenz auch nur einen kleinen Teil der Schulen mit künstlerischem Lehrprogramm, so wäre das Unlogische, was im unverstandenen Nachmachen des Alten liegt, bald ins richtige Licht gestellt. — Hier konnten also nur ntehr Dbtge in Frage kommen, die man nicht in ZNuseumssäle einpfercht: Häuser, mit alledem versehen, was der zu verschiedenen Zeiten sehr verschiedene Begriff über räumliche Entwicklung, der verschiedene Stand der Techttik, der verschiedene Begriff vont „wohnen" und damit die ebenfalls wandelbaren ästhetischen Begriffe mit sich brachten. — Auf der Weltausstellung (878 hatte ein Franzose koloniale Architekturen primitiver Art „zur Geschichte der Entwicklung des Wohnhauses" ausgestellt. Das wesentliche an ihnen war, daß sie den Driginalen entsprechend weder ein plus, noch ein ZNinus derAusstattung aufwiesen. So allein konnte ein wirk­ liches kulturhistorisches ZUufeum aussehen. — Hazelius kaufte (89( das 337. Hoftüre aus Lyngby bei Kopenhagen. dem Nordischen ZUufeunt

nahegelegene Felsplateau Skansen, an dessen Fuß sich eine weitläufige Niederlassung von Stockholmer Ver­ gnügungslokalen befindet. Das Terrain war größten­ teils unbebaut, felsig, zum Teil mit alten Bäumen bestanden, abwechslungsreich in der Formation der Bodenfläche. Es gab den Tharakter der schwedischen Landschaft vorzüglich wieder, eignete sich also ganz besonders zur Zlnterbringung von Bauten. Der Blick über die schöne nordische Stadt, über die zahlreichen, zwischen prächtigett Wäldern sich erstreckenden wasserarnte ist von dort oben bezaubernd, schön bei jeder Beleuchtung; auch in bezug daraus war die Wahl glücklich int höchsten Grade. Der Anfang war klein: Das zuerst erworbene Grundstück ntaß 29 ^95 qm. Heute beträgt der Flächeninhalt des gattzen Areals etwas ntehr als das Zehnfache: 296^35 qm. Von feiten der Krone Schweden sind freilich Zuwendungen wahrhaft königlicher Art erfolgt. Das Interesse an der Arbeit gab sich kund durch sprechende Tat­ sachen. Sollte nun das zu schaffende Bild ein lückenloses, die Vorführung verschiedener Ent­ wicklungsstadien eine vollständige sein, so konnten fernerhin weder künstlerische noch technische Detail­ fragen allein ausschlaggebend wirken. Damit fielen von vorn­ 338. Eimer aus IHoraftiigaii. herein so mattche Liebhabereien weg und es war möglich, die Entwicklung der Form als etwas aus Notwendigkeiten Entstandenes zu zeigen, die Entstehung des „Stils" aus der Übereinstimmung zwischen Zweck und ZNaterialverarbeitung zu erläutern.

*

*

*

Eine Anzahl konisch zeltartiger Hütten bezeichnet die Niederlassung heute ttoch z. T. nomadisierender Stäntnte Schwedens. Es ist das „Lappenlager". Um einen kreisrunden Platz von ca. H m Durch­ messer werden leichtere Baumstämme in konischer Lage angeordnet, wo ihre Enden oben zusammen­ laufen, ist die Rauchausgangsöffnung. Keinerlei innig konstruktive Verbindung der Holzstücke macht das Ganze zu einem unverrückbaren Gerüst. Die Er­ scheinung bezeichnet aber den ersten Schritt vom leicht beweglichen Zelt zu einem vor wind und Wetter sicher schützenden, die innere IDärnte einigermaßen konservierenden Unterschlupf, wesentlich weiter ent­ wickelt als Anlage ist das auf einem festgefügten Holzsockel in Form einer abgestumpften vierseitigen Pyramide in fester Balkenverbindung errichtete und außen gleichmäßig mit runden Stantmabschnitten

Skandinavische Museen.

verkleidete, in der Erscheinung noch an die Zeltforni anklingende primitive Bauwerk — ebenfalls zum Lappenlager zählend. Ein fester Rahmen oben und unten faßt die vier Wände zu einem in sich geschlossenes! konstruktiven Gefüge zusammen. Es ist die einfachste jorm des Ein-Raum-Hauses*) mit offener Feuerung und offenem Rauchabzug durch die Decke, primitive, inrmerhin aber überdachte Holzgerüste außerhalb des Baues dienen als Aufbewah­ rungsort für die kleinen Schlitten und anderes Gerät. Es sind die Anfänge des Speicherbaues. Unmittelbar daneben befindet sich das Gehege für die Renntiere, aus deren gellen sich die Lappen bekanntermaßen ihre Kleider fertigen, aus deren Därmen sie den Faden hierfür herstellen.

Eine zweite Gruppe passagerer Wohnstätten bilden die Kolarkoje, Köhlerhütten, von denen jene aus Smäland den kreisrunden, konischen Typus vertritt, während die andere aus Bergslage einen Giebelbau durch schräg gegeneinander gestellte Hölzer zeigt. Die dem kleinen, ganz mit Rasenstücken eingedeckten Hause angefügte Feuerstelle mit eigenem Rauchabzug ist natürlich neueren Datums. Ursprünglich fanden auch hier die Verbrennungsgase ihren U)eg durch eine (Öffnung im Dach. Eine weitere Art von zeitweise benutzten Unterkunftshütten sind die „Slogboden", Heuerhütten, aufgeschlagen in weit von den nächsten Gehöften liegenden Gegen­ den. Der Slogboden ist ein auf drei Seiten durch festverbundene Holzwände geschützter, mit einem ein­ seitig abfallenden Dach versehener, ca. 3 X m großer Raum, dessen Vorderseite am Boden durch einen kräftigen Baumstamm und darüber durch eine Reihe parallel dazu laufender Stangen abgeschlossen ist. Diesem während der Heuernte als Schlafraum, später als Heulager benutzten Raum ist eine gedeckte Halle in voller Breite, 2,5 m tief, vorgelagert, deren Abdeckung unter das größere Dach des Rückraumes hineinschießt und von zwei primitiven Ecksäulen ge­ tragen wird. Sie enthält die offene Feuerstelle. Der darüber hängende Kessel ist noch ohne Nlechanisx) Die Erscheinung des Lm-Raum-Hauses klingt noch nach im kleinbürgerlichen mittelalterlichen Stadlwohnhause, wo die „Diele", das „Fleetz" oft die ganze innere Haushöhe einnimmt und die dazugehörenden Wohnräume nur sehr knapp im Raume bemessen sind. Nirgends ist bisher der Versuch gemacht worden, ein­ zelne dieser äußerst bezeichnenden, überall dem Abbruch verfallenen Wohnstätten zu konservieren. Das verdienst, darauf mit allem Nachdrucke wenigstens hinge­ 3V- Hölzerner Handgriff wiesen zu haben, gebührt Herrn aus Morastugan. Stadtbauinspektor Stichl, Berlin.

339 u. 3^0. Stockholm; Skansen. Sitzmöbel. (340 „Rubbestol"; Stammholzabschnitt; vgl. 5.180.)

MUS zum Hin- und Herbewegen. An WohnungsAusrüstung weist der Liegeraum ein an der Wand hinlaufendes Gestell auf. N)eitergehenden Bedürfnissen genügt die Senn­ hütte, Stäriset, mit Annexbauten; das Ganze: Fäbodvall (Abb. 326). Der Ausdruck bedeutet eine aus mehreren Baulichkeiten bestehende, umfriedigte Ansiedelung. Vorübergehendem Gebrauche dient zwar auch sie, indes sind bereits alle Zeichen der bloß augenblicklichen Zwecken dienenden Anlage ver­ schwunden. Sie trägt den Stempel der festen Nieder­ lassung. Häufig sind denn auch wirklich, wie es an Hand der Mrtsbezeichnung nachgewiesen werden kann, aus solchen zeitweise benutzten Niederlassungen feste Gehöfte entstanden. Die Wohnstätte, Starris, ist von den übrigen Gelassen, Küche und Speicher, gesondert. Die Stallungen liegen außerhalb der Umzäunung. Die erste unterscheidet sich ganz wesent­ lich von den vorhergenannten Typen. Einräumig, ist der innen ca. X m messende, in der Giebel­ linie über 2 m hohe, in Blockverband hergestellte Bau, nach oben von einem solid konstruierten Dach geschlossen. Vor die Eingangstüre ist eine offene, seitlich und nach oben geschützte Vorhalle von |,20 m Tiefe gelegt. An der dem Eingänge gegenüber liegenden Seite befindet sich im Znnern ein bettartiges Gerüst, Tvärpal, zur Liegerstatt der weiblichen Hüttenbewohner bestimmt; an den Seiten­ wänden ziehen sich Bänke hin; die Ecke rechts vom Eingang wird durch einen primitiv konstruierten Tisch eingenommen; die kreisrunde, nur zur Er­ wärmung des Raumes dienende Feuerstelle befindet sich mitten im Raum, dessen felsiger Boden keinerlei Dielenwerk zeigt. Der Rauch zieht durch das Dach ab, doch ist die (Öffnung durch eine Über­ bauung geschützt, deren schräg stehende, regelmäßig angeordnete Holzbekleidung durch eine Art von um­ fassender Zange vor dem seitlichen Ausweichen be­ wahrt wird. Genau die gleiche Vorrichtung hält die giebelförmige Überbauung des Rauchloches auf

dem Hauptdache, dessen Wetterseite im Giebel über

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und auch als Schlafraunt, diente. die entgegengesetzte hinwegschießt, Der Speicherbau nimmt bei der fest. Die Anlage zeigt bereits den Entwicklungsgeschichte des nord. Rem der später folgenden WeiterWohnhauses eine ganz besondere entwickelung: In der offenen Vor­ Stelle ein. Tharakteristisch ist bei halle den Vorläufer des später allen drei Anlagen das völlige geschlossenen Vorraumes, in der Fehlen r>on Wetallteilen zur Be­ Anordnung der primitiven Aus­ festigung der einzelnen Ronstrukstattungsstücke die zur festen Norm werdende Stellung der Wobei in tionsstücke untereinander oder als Beschläge, eine Erscheinung, die späterer Zeit. Die paar beweg­ lichen, bankartigen Sitzgelegenheiten auch beim südeuropäischen Alplerkönnen in einem Pfahlbauernhaus haus älterer Art überall zu finden ist. auch nicht viel primitiver gewesen Wan war in erster Linie auf die sein: Es sind Stammabschnitte von Hilfe der Axt angewiesen, mit der Tannen, an denen die stehen ge­ sich alles aus Holz herstellen ließ, bliebenen Aststümpfe die Stelle der sind doch fast das ganze Wittelalter Beine versehen, eine Art von Wöbet, hindurch Bretter und Schiffsbohlen nicht mittels der Säge hergestellt, der man des öfteren begegnet, die sondern, unter kolossaler Waterialalso offenbar allgemein gebräuchlich 3^2. Eiserner Leuchter aus war. Einer späteren Zeit entstam­ verschwendung freilich, zugehauen Morastugan. men die äußerst origineller: Lehn­ worden. Noch heute entwickeln die stühle, Rubbe oder Rubb-stol (Abb. skandinavischen Holzarbeiter in der Handhabung darin eine unglaubliche Sicherheit und 34JO), die auch aus einem Stück hergestellt sind. An Geschicklichkeit. diesen Stühlen finden sich Schnitzereien, welche deut­ Eine weitere Gruppe von zusammengehörenden, lich den Tharakter von Posamentierarbeit wieder­ geben, Beispiele der Überführung eines durch den als Ansiedelung geschlossenen Baulichkeiten bilden die värmländska Rökstugar, die Rauchstuben aus Stoff gekennzeichneten Zierrates in eine völlig andere Wärmeland. Es sind fünf mit gemeinsamer Ein­ Dekorationsform, die sich dann im Laufe der Zeit friedigung versehene, jedes einem speziellett Zwecke und durch den Verlust der ursprünglichen Anschauung dienende, vereinzelte architektonische Individuen -,1) allmählich so sehr abschleift, daß der eigentliche Aus­ Das einräumige Wohnhaus, das Badehaus, weiters gangspunkt oft kaum mehr festzustellen ist. Das die Rüche, der Speicher und der Stall, sämtliche in Stein übergeführte Troddel- und Frangenwerk in Blockverband hergestellt, die beiden ersten auf assyrischer Reliefs bildet ein interessantes Analogon einen: lose gefügten Sockel aus un­ zu diesen Stühlen ohne konstruktives behauenen Steinen. War beim FäbodGestell. — Das Licht im Startset fällt vallhause die Feuerstelle noch offen, durch die Türe herein, sind doch die so daß Flammen und Rauch frei 20 cm im Quadrat haltenden Aus­ emporschlagen konnten, so tritt hier schnitte in den Blockwänden kaum als insofern eine wichtige Veränderung Fenster zu bezeichnen. In unmittel­ ein, als das Feuer in einem gemauerten barer Nähe befindet fich die wie ein Lappenzelt konstruierte, aus Stangen­ Gfen angemacht wird. Der aus Steinen bestehende Hohlkörper gibt, gründlich hölzern konisch erbaute, im inneren erhitzt, noch lange Zeit Wärme ab, auch Durchntesser 3 m haltende und 6 m wenn das Feuer erloschen ist. Für hohe Rüche, die, mit festem Türver­ schluß versehen, innen ein durch die T) Die Anlage solcher voneinander ge­ Wandungen laufendes Querholz zeigt, trennten, bestimmten Zwecken dienenden Einzel­ an dem an einer Zahnstange der Ressel bauten als Niederlassung erinnert unwill­ über dem Feuer hing. — Das dritte kürlich an den St Galler Klosterplan vom Jahre 820, der, freilich in regelmäßiger Gassen­ Gebäude der Ansiedelung ist der Spei­ anordnung, auch lauter Einzelbauten zeigt, cher, ein 2 m breiter, 3 m langer, die wohl manch Verwandtes mit diesen nor­ niedriger und mit Giebeldach versehener dischen Blockhausbauten gehabt haben dürften. Blockhausbau, der zur Aufbewahrung 3^3. Kopenhagen; Dänisches Sicherlich waren es größtenteils Holzhäuser. Volksmuseum. Holzleuchter. von Nahrungsmitteln und Geräten Der Palast Etzels war es auch.

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3^.

Kopenhagen; Dänisches Volksmuseum.

die Brandgase freilich ist noch kein vorgezeichneter Weg geschaffen. Sie treten durch eine an den höher gelegenen Partien des Ofens angebrachte Öffnung zutage, verbreiten sich im bewohnten Raume und ziehen nur allmählich empor. Eine eigentliche Vor­ richtung, um durch direkten Zug die Entfernung des Rauches zu bewerkstelligen, findet sich nicht vor. Die nur zeitweise benutzte Rüche hat eine an der Giebel­ wand plazierte Feuerstelle mit eigentlichem Rauch­ abzug ins Freie, ist als Raum mithin vor der Rauch­ entwicklung geschützt. Das als „Badehaus" bezeichnete Gebäude ist der ältere Typus des einräumigen Wohnhauses, wie es zur Zeit der finnischen Einwanderung in Wermeland ((5. Jahrhundert) entstand: Ein nahezu qua­ dratischer Raum von etwas über m Seitenlänge mit aus großen unbehauenen Steinen erbautem Ofen. Waren die Wandungen desselben durch anhaltendes Feuer genügend erhitzt, so wurde er reichlich mit Wasser besprengt, wodurch die im offenen Gebälk darüber Sitzen­ den ein eigentliches Dampf­ bad zu genießen bekamen. Mit der Errichtung etwas höher entwickelter Wohnstätten blieben diese Häuser, die als Fensterverschluß lediglich innen horizontal verschiebbare Holz­ laden, immerhin aber schon gedielten Fußboden hatten,

Holzgefäße.

einzig zum Zwecke des Getreidetrocknens und für die eben beschriebenen Bäder in Benutzung. Das Mobiliar ist äußerst primitiv: Tisch, Bank und Liegerstatt, die sich auf dem Boden befand. Das unter Abb. 336 abgebildete Wandschränkchen zeigt die einfachste Art dieses Ausstattungsstückes: Es ist ein ausgehöhltes, oben und unten durch Bretter­ einsatz verschlossenes Stück eines Baumstammes, dessen Oberfläche zwei runde Löcher hat, durch welche die aufzubewahrenden Gegenstände ins Innere be­ fördert wurden?) Nirgends zeigt sich das Bestreben, dem Raume durch irgendwelchen Schmuck ein wohn­ liches Ansehen zu geben. Das mag allenfalls durch geeignete Anbringung von Fellen geschehen sein. Auch das etwas höher entwickelte Wohnhaus, eben­ falls cd. X m im Lichtmaß bei ^,90 m Höhe bis Unterkant Gebälke, weist auf eine große Bedürfnis­ losigkeit hin, immerhin sind einzelne Geräte schon mit einem gewissen Gefühl für Er­ scheinung behandelt. Die Fenster sind hier verglast, aber wie an den übrigen, auch den höher ent­ wickelten Bauernhäusern, unbe­ weglich. So lange nicht alle zu einem Gehöfte zählenden Gelasse unter einem Dach vereinigt erscheinen,

3^5—3^7. Kopenhagen; Dänisches Volksmuseum,

9 Wie geschickt die Naturform u. a. benutzt wurde, zeigt Abb. 337: Ein Tor, dessen Diagonalversteifung durch einen Ast gebildet wird. (Lyngby.)

Holzgefäße.

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steinen, Erscheinungen, wie sie auch in römisch-germa­ nischen Fundstätten vorkommen seine davon datiert (765), weiter Ackergeräte, deren Formen wohl auf Hunderte von Jahren zu­ rückgehen, pflüge, Eggen, Lensen,Sicheln, Dreschflegel, alte Waße und Gewichte, Heuschlitten, ländliche Fuhr­ werke mit Vollrädern, ge­ flochtenes Geschirrzeug, Kummete und Sättel, kurz­ um all das, was im Leben gebraucht wurde und längst 3^8. neueren, praktischer gear­ gehört zum Wohnhause, der Stuga, das Vorratshaus, teten Objekten Platz gemacht hat. Die Konservie­ der Fatbur, norwegisch Lost. Lehr häufig dient der rung solcher Dinge ist selbstredend von höchster Wich­ Speicher auch als Schlafraum. Skansen enthält eine tigkeit. Noch ist ja die Geschichte des Pfluges nicht ganze Reihe solcher Bauten, unter denen der „Fatbur geschrieben, obschon er ein mindestens ebenso wich­ aus Bjorkvik" die bedeutsamste Erscheinung bildet. tiges Instrument war als das Schwert. — (Charak­ (Kbb. 527.) Über einem sorgfältig gefügten, 50 cm teristische norwegische Speichererscheinungen folgen in hohen Findling-Steinsockel mit bearbeiteten Eckstücken nächster Nummer.) liegt das in Blockoerband ausgeführte, wie bei allen Die erste Vergrößerung des einräumigen Hauses Speicherbaulen fensterlose, 9 m lange, 7,20 m breite, besteht in der Bildung eines unter dem gleichen First mit 2,80 m hohe Untergeschoß, darüber, durch eine innen dem Wohnraume liegenden geschlossenen Vorraumes. gelegene, (,55 m breite Treppe mit diesem verbunden, Im Stariset von Fäbodvall ist er durch die Verlängerung ein weiteres von den nämlichen Dimensionen, auf allen der Langwände und des Daches bereits angedeutet. vier Leiten von einer Galerie, (,30 m breit, umgeben, Seine Breite ergab sich aus der Stirnseitenbreite des welche dreiteilige große Lichtöffnungen zeigt. Die eigent­ Hauses, die Tiefe konnte beliebig ausgedehnt werden. liche Wand enthält zum Unterschied vom Wohnhause Die Verlegung des Eingangs von der Stirn- nach der bloß die Türöffnung. Das Dach ist vierseitig, die Er­ Langseite, die Teilung des Vorraumes in ein „Entree", scheinung des ganzen, sehr sorgsam gezimmerten Baues und die neben der großen Stube liegende Kammer, er­ überaus ernst, beinahe finster zu nennen. Er dient jetzt gab das dreiräumige Haus. Wurde über Vorraum und Kammer eine Decke eingezogen, so daß also als Aufbewahrungsort für Objekte, die, in den ersten Dezennien des ^.Jahrhunderts noch durchweg benutzt, nicht der Dachstuhl (der Sprachgebrauch nennt ihn heute alle außer Gebrauch geraten sind, z. B. Hand­ „das Gewölbe") den Abschluß nach oben bildete wie beim hauptraume, so entstand der vierte Raum, der mühlen mit zwei übereinander befindlichen Wahl­ Dachboden. Mit dieser schon in ein höheres Stadium der Raumkombi­ nation getretenen Erscheinung ist die Ausbildung des Kamins, des eigentlichen „Rauchfanges", Hand in Hand gegangen, der gleichzeitig, wie noch heut beim englischen Hause allgemein, die Rolle des Ventilators spielt. Daraus erklärt sich auch die Unbeweglichkeit der Fensterflügel bei den meisten dieser Bauernhäuser. 0 1 2 3 S 6 7 ß 9 10 MR. Wuj------ 1------ 1------- 1------ +--------+----- 1------ 1------- ?------ 1------ 1 Der eigentliche „Ofen", der übrigens 3^8 u. 3^9. Stockholm; SFanfen. Haus von Kyrkhult; Bleckinge. (Grundriß im im hohen Norden erst seit neuerer Maßstab \ : 200.) \ Bank, 2 Tisch, 3 Kami», 4 eiserner Ofen, 5 Schrank, 6 Bett, Zeit eingebürgert ist, stellte wesent7 Kronstang.

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550.

lich andere Forderungen in bezug auf Lüftungs­ möglichkeiten. — Die Rüche wurde als Einzelgebäude aufgegeben, in die Wohnung miteinbezogen. Eine Andeutung der Trennung beider Gelafie bleibt aller­ dings bestehen. (Rronstang.) Bezeichnend für dieses Stadium ist die wohl kaum vor das J8. Jahrhundert zurückdatierende, aber nach altern Vorbild entstandene Morastugan

zum Dachboden. Beim Eintritt in die Stube fällt zunächst die große, mit einem richtigen Ramin versehene Doppelfeuerungsanlage für Backofen und Herdfeuer auf. Sie ist oft von außen durch einen flachen, mit einer langen Stange (Spiällstängen) ver­ bundenen Stein verschließbar. (Juer durch den Raum laufend und am Dachstuhl aufgehängt, die Enden mit Tierfratzen geziert, befindet sich beim Herd

aus Dalarne. (Abb. 328 bis 330.) Sie bildete den ersten Bestandteil des heu­ tigen Skansen - Museums, wurde von Hazelius mit­ samt allenr Hausrat nach Stockholm überführt und wieder aufgestellt. Licht­ maße: Vorraum 2J6 X 2,3^ m, Kammer 2J6 X 3,50 m, große Stube 5,86 X 5,90 m. Höhe der letz­ teren bis Giebel 3,^0 m. 3m Vorraum befindet sich die aus einem Saunt* stamme geschnittene Treppe 9 Aus diesem Hause stam» men der (Eimer, der Türgriff

und der Leuchter, Abb. 338, 3-tt und 3^2.

350 u. 35t. Stockholm; Skansen.

Kyrkhult-Stuga aus Bleckinge.

skandinavische tllufech.

Zimmers ist, wie bei all diesen bäuerlichen Inte­ rieurs, frei. Dadurch wird die ganze Raumwirkung wesentlich erhöht, ein Umstand, den die „gebildeten" Städter meist nicht kennen. Der Bauer hatte darin ein durchaus richtiges künstle­ risches Taktgefühl. Das Sparrenwerk, über dem eine Verschalung liegt, ist, wie gesagt, sichtbar. Binder kommen in der Dachkon­ struktion nicht vor, viel­ mehr sind die Sparren mit 352.

die Aronstang, das sichtbar gebliebene Zeichen der Trennung zwischen Aoch- und Wohnraum. Ersterer hat öfters gestampften Lehmboden, der zweite ist gedielt. Bis zu dieser Aronstang durfte der eintretende Fremd­ ling, der Bettler, der Hausierer gehen, weiter nicht, wollte er sich nicht groben Verstoßes gegen den Haus­ frieden schuldig machen. Zwei dreiteilige Fenster von je \,20 m Länge auf ^8 cm höhe, von hübsch profiliertem Rahmenwerk eingefaßt und fest mit diesem verbunden, erhellen den Raum genügend. An der herdwaud befinden sich, fest eingebaut, die Nischenbetten (Sängloft), je zwei übereinander, das untere mit Antritt. Wo die Fußenden Zusammen­ stößen , ist die große Wauduhr oder ein Aasten eingebaut. Ein weiteres, einfaches Bett steht an der Giebelseite, zwischen diesem und den Wandbetten der Arbeitstisch, auf dem allerlei Mechanismen, durch ein Schwungrad in Bewegung gesetzt, der Arbeit des Bewohners — hier eines Uhrmachers — dienten. Links vom Eingang ein in seiner einfachen Behand­ 353. lung äußerst angenehm wirkender und sehr prak­ tisch eingeteilter Wandeckschrank zur Aufbewahrung aller möglichen Geschirre, daneben ein großer Tisch | der mächtigen runden Giebelpfette und zwei weiteren Pfetten sowie mit den ein unverrückbares Gefüge für die Hantierungen der Hausfrau. Die Witte des bildenden Blockwänden fest verbunden. Dadurch kommt die volle höhe des Raumes zur Wirkung. Das Balken­ werk der Wände ist geglättet und wie alles übrige Holzwerk von tief goldigem Ton, zu dem die farbigen Bettvorhänge sowie der mächtige Aamin, an dem eine drehbare Eisenstange mit Auf­ hängevorrichtung für das Aochgeschirr eingelassen ist, in vorzüglichem Aontraft stehen. Bei festlichen Gelegen­ 352—354. Stockholm; Skansen. Haus aus Bollnäß. (Grundriß, Maßstab \: 200). heiten wurden die Wände mit bemalten I Bank, 2 Tisch, 3 Kamin, 4 Bett, 5 Schrank, 6 Uhr, 7 webstuhl.

555 u. 356. Stockholm; Skansen.

Kunst und lidiibiverf.

55.

f?t'jt 7.

185

Ejaus aus Bollnäß.

26

Skandinavische Museen.

357.

Leinewanden, Bonader, behängt. (Abb. 53^, 350, 363 u. 36H.) Ursprünglich waren diese deko­ rativen Behänge jedenfalls Textilprodukte, wie sie in Norwegen (Abb. 331 u. 533) auch allgemein gebräuchlich waren. Die menschliche Figur ist bei letzteren vielfach wie ein geometrisches Muster­ behandelt. Dem Bedürfnis gegenüber, erzählende Bilder an den U)änden zu sehen, reichte die Kunstfertigkeit des bäuerlichen Webers nicht mehr aus. An Stelle des gewobenen Teppichs trat die bemalte Fläche. Die ohne jeden Versuch einer­ körperhaften Modellierung schattenlos gehaltenen, figürlichen Darstellungen, meist Szenen aus der biblischen Geschichte oder dem Neuen Testament, friesartig übereinander angeordnet, bedecken den Grund nicht vollständig. Um dies zu erreichen, werden zwischen den Figuren allerlei Füllornamente, Rosetten, Blumen, Sterne usw. eingesetzt und so eine

357 u. 358. Stockholm; Skcmsen.

gleichmäßige Wirkung der ganzen Fläche erzielt. Die Farbenskala —: rot, blau, grau, grün, gelb, schwarz — genügt zu diesem Zwecke vollständig. Mit außer­ ordentlichem Geschick sind die Farbflecken über die Fläche verteilt, so daß nirgends eine bestimmte Ton­ erscheinung allein zur Geltung kommt. Bei den älteren Arbeiten ist die Wirkung durchaus teppich­ artig und spricht durch die Sicherheit der Zeichnung von großer Festigkeit. Reizvoll ist die Naivität der Auffassung, verwandt der Unbefangenheit alter Meister, die skrupellos antike oder biblische Schlachten unter Mitwirkung von Artillerie darstellten. Kriege­ rische Szenen kommen nun freilich auf diesen Bonaders selten vor, überall dagegen die Geburt Christi, die Anbetung der drei Könige aus Morgenland. VaterJosef sitzt als ehrsamer Bürgersmann neben der Jungfrau, die in Reifrock und Mieder gekleidet, das Kind auf dem Schoße hält, während (in Mktorpsgarden z. B.) Kaspar, Melchior und Balthasar daher­ galoppieren, mächtige Federhüte auf dem Kopf, lange Schleppsäbel zur Seite, Kostüme, wie sie um die Wende des \8. zum Jahrhundert getragen wurden. Tin beliebtes Thema ist der verlorene Sohn, die klugen und törichten Jungfrauen, weiter die Geschichte der Esther; fast nirgends fehlt die Hochzeit zu Kanaan: Zu gewissen Zeiten waren lang ausgedehnte Gaste­ reien, bei denen es — darauf lassen die großen hölzernen, in Norwegen meist reich geschnitzten Ol(Bier)Kannen schließen (Abb. 3^) — nicht ohne ge­ hörigen Umtrunf abging, bei den Insassen äußerst beliebt. Das Bier braute man selbst in reichlicher Menge. So ist es denn erklärlich, daß die Darstellung von Festlichkeiten, wie der Hochzeit zu Kanaan, eben­ sosehr als vorbildlich aufgefaßt wurden, wie die­ jenigen besonders heiliger oder wenigstens tugend­ hafter Erscheinungen. Bei aller Derbheit und allem Humor der Darstellungen, die an alte Holzschnitt­ werke erinnern, ist nirgends ein banaler Zug in diesen Bildern zu bemerken. Zuweilen kommen auch Jagd­ szenen vor: Der Bär wird an­ gegriffen, der Wolf gejagt, der Fuchs und Hase geschossen, der Pirsch zur Strecke gebracht. Überall zeigt sich der Jäger als

Laxbrostugan (Grundriß; Maßstab \ : 200).

waidgerechter Geselle, nur vor dem Einhorn, das mit gesenktem Kopfe daherstürmt, nimmt alles Reißaus. Es wäre der Mühe wert, diese Darstellungen zusam­ mengefaßt zu sehen, gibt sich doch in ihnen deutlich das Wesen der Menschen, die damit ihre Räume festlich schmückten, zu

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359—36b Stockholm; Skansen. Gktorpsgarden. Mitte des t8. Jahrhunderts. Nach einer Ausnahme von I. Samzelius.

359. Grundrist (Maßstab 1 : 400). 360 u. 56b Zwei Längsschnitte durch das Wohnhaus (Maßstab \ : 200).

erkennen. 2Tftt bäuerlichen Arbeiten, die sich jeder selbst schuf, wie er in seinem Haus kunstvoll ge­ wobenes Leinenzeug, bunte Teppiche, geschnitzte Ge­ fäße und Möbel selbst herstellte, hat man es hier freilich nicht zu tun, vielmehr wurden diese Bonader durch von Hof zu Hof wandernde „Künstler" nach fester Überlieferung geschaffen. Die Ausdrucksweise ist dem bäuerlichen Sinn nahe gerückt; unter ihrer derben Hülle steckt eine echtere Sprache, als sie in manchen deko­ rativen Freskomalereien der Neuzeit liegt, die nichts vom Wesen der eigentlichen Wanddekora­ tion enthalten, sondern lediglich ins Große über­ setzte Staffeleibilder sind, ohne die geringste Rücksichtnahme für den Platz, den sie eigentlich schmücken sollten. Diese schlichten Proben volks­ tümlicher Kunst dagegen wuchsen aus dem Boden einer richtigen Tradition, unter voller Beobachtung der Erfordernisse, die sich durch Raum, Licht usw. von selbst ergaben. Oft ist es ja geradezu verblüffend, mit welch einfachen Hilfsmitteln diese ungenannten Künstler aus dem Volke, die alten Werkmeister, den Nagel auf den Kopf trafen, Brauchbares und künst­

lerisch gut Abgewogenes gleichzeitig schufen. Unsere „fortschrittliche" Zeit besteht den Vergleich auf diesem Gebiete meist nur recht kläglich. — Wo bei diesen bäuerlichen Malereien die figurale Komposition all­ mählich selbständig zu werden versucht, der Sinn für die flächige Behandlung der Sucht nach Bildwirkung weicht, tritt sichtlich der Verfall ein. Die handwerk­ lich gesunde Schulung des wandernden Künstlers ge­ nügte diesen höher geschraubten Anforderungen nicht mehr; es entstanden absolut geringwertige Dinge, deren völliges Eingehen nicht zu bedauern ist, ein ziemlich deutlicher Fingerzeig für all jene, die, statt das handwerkliche Können ins richtige Fahrwasser zu leiten, Elemente in die Volkskunst getragen haben, die ihr fremd, mit ihrem schlichten, materialechten Wesen unvereinbar sind. Diesem Umstande in erster Linie ist die eingerissene Verwüstung zu danken, die allmählig von den „emporblühenden" Städten ihren Weg auch aufs Land gefunden und den blödesten Ungeschmack an Stelle von tausend schönen Dingen, die sozusagen mit dem Boden verwachsen waren, ge­ setzt hat. Ein gut Teil der Schuld kann ohne weiteres der vielfach völlig verkehrten Art des Unterrichtes an „höheren" Anstalten beigemessen werden. Schweden ebenso wie Norwegen besaß keine namhafte keramische Industrie. Offenbar barg der Boden die nötigen Rohmaterialien nicht. So hat sich denn auch die Gefäßkunst meist mit anderen als jenen Stoffen beschäftigt, welche durch die Einwirkung des Feuers erst beständig werden. Das geschnitzte oder durch Holzreifen zusammengehaltene und mit ornamental behandelten Henkeln versehene Gefäß spielt daher eine Hauptrolle. (Abb. 538, 3^6—3^7.)

360 U. 36(.

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weiter im germanischen Süöeti selbst die einfachsten Gebäude mit Türklinke, mit Schloß und Türgriff versehen findet, trifft man bei diesen nordischen Bauern­ häusern oft weit primitivere Vorrich­ tungen. An der Haustüre zu Morastugan z. B. ist der Türgriff aus einem Wurzelstück hergestellt, das freilich in­ folge der eigenartigen Arümmung seine Bestimmung vortrefflich erfüllt. (Abb. 54H.) Im Museum zu Bygdo fiel mir die seltsame Art von Schlüsseln auf, die zürn Offnen der Haustüren benutzt werden: runde, dünne Tisenstäbe, im Viertelskreis gebogen, am einen Ende mit einer blattartigen Ver­ breiterung versehen. Dieses Instrument wird durch ein Loch in der Türe ge­ schoben und damit ein horizontal be­ weglicher, tief verzahnter Holzriegel hin 362. Stockholm; Skansen. Gktorpsgarden. und her bewegt. Das „Türschloß" war also völlig unbekannt. Tinen nicht Solche Dinge, sowie eine ganze Reihe anderer Re­ unwesentlichen Bestandteil der Hauseinrichtung, ein sultate des Hausfleißes stehen und hängen in wichtiges Glied in der Geschichte der Wohnungs„Morastugan" und den übrigen Häusern Skansens entwicklung bilden die Beleuchtungsapparate, vom an der Stelle, wo sie hingehören und wirken da einfachen Halter für den Aienspan bis zum voll ent­ ganz anders, als es in den Vitrinen einer Sammlung wickelten Lüster. Die Zahl der Objekte, welche diesen möglich ist. — Das Metall als Beschlägmaterial Gegenstand illustrieren, ist in all den Häusern der ist kein stark gebrauchtes Material. Mährend man nordischen Bautenmuseen groß. In Morastugan speziell fiel mir ein schmiedeeiserner Leuchter auf, dessen beide Arme in Form von Hufeisen gebogen sind und Alapperbleche als dekorative Beigabe enthalten. (Abb. 3^2; vgl. auch Abb. 3^3 u. 36^.) Tinen weiteren Schritt der Wohn­ hausentwicklung gibt die AyrkhultStuga aus Bleckinge. Sie ist für ganz Südschweden bezeichnend (Abb. 3^8—35t). Der Bau besteht aus drei Teilen, dem ursprünglich alleinstehen­ den, einräumigen, ebenerdigen Mittel­ haus und den beiden Flügelbauten. Trsteres wird als „Stuga", Stube, die andern als „herbergen" oder auch als „Nystuga" — „Neue Stube" — be­ zeichnet. heizbar ist nur der alte Bau, der, wie die Morastugan, eine Doppel­ feuerungsanlage für Roch- und Back­ zwecke enthält. Raumgröße ca. 7,5 X 7,5 m, innere Giebelhöhe 3,65 m, Fensterwandhöhe t,5 m. Auch hier 363. Bemalte Leinwänden im krause aus Gktorpsgarden. das sichtbare Dachgebälk ohne Binder,

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Z6H. Stockholin; Skansen.

mit Verschalung, innen die Balkenstruktur sichtbar, als Zeichen des Abschlusses zwischen Kochraum und Wohnung die Kronstange, die Behängung der Dach­ flächen und Wände mit Textilien (hängklädet — Hänge­ kleid), weiter aber die Anordnung der auf zwei Seiten herumgeführten Bank (högbänken) mit davorstehen­ dem Tisch (Störn bord), der zuweilen die respektable Länge von 3 m und mehr hat. Ejier war der Sitz des Hausvaters. Bei festlichen Gelegenheiten bedeckte man die Bänke mit farbigen Kiffen, bänka dyner oder hynen. Die in der Vorderlängswand an­ gebrachten doppelteiligen niedrigen Fenster würden den Raum nur mäßig erhellen, dagegen fällt reich­ liches Licht durch eine in das Dach eingeschnittene Gberlichtöffnung. Sie diente in Zeiten, als noch keine rauchabführende Kaminvorrichtung für den „Rauchofen" vorhanden war, zum Abzüge der Ver­ brennungsgase, blieb aber bestehen, auch als die Feuerungsanlage verbessert war und hat die Be­ zeichnung Ljöre, auch Vindöge, während die Wand­ fenster „Fönster" heißen. Vind bezeichnet den Raum unter dem Dache, öge — Auge, Vindöge somit — Dachauge; im Englischen bedeutet „window" Fenster überhaupt. Außer der gemauerten Feuerungsanlage steht hier ein Ofen, aus gußeisernen reliefierten Platten, süd­

Gktorps-Garden; Inneres.

deutsches Fabrikat, mit dem Kamin in Verbindung. Wangels einer eigentlichen Feuerungsvorrichtung — das Gfentürchen fehlt, ebenso das Rauchrohr im Anschluß an den Kamin — ist derselbe nicht mit flammendem Feuer erwärmbar, vielmehr konnten nur glühende Kohlen, glimmender Torf in den Hohlraum geschoben werden und selbst das nicht direkt, sondern vom offenen Herdfeuer aus. Die Erscheinung ist nicht vereinzelt, sie bildet die Regel bis hinunter an die Elbe, auch im luxuriös ein­ gerichteten Bauernhause. Der Kachelofen kommt zwar vor, aber erst spät und äußerst selten, der „Bilegger" dagegen fehlt in keinem Anwesen. Seine Platten sind zuweilen wahre Weisterwerke von Relief­ guß und zeigen, wie die gepreßten Tonkacheln süd­ deutscher Hafnerkunst, alle möglichen Darstellungen biblischen und mythologischen Inhaltes. Die Ofen­ konstruktion dagegen läßt viel zu wünschen übrig. Die Witte des Zimmers bleibt auch hier frei. Alles Holzwerk hat den Naturton behalten. — Wie in Worastugan liegt vor dem Hauptwohnraume der Vorraum mit Treppe zum Obergeschoß, daneben die Stube, deren eine Schmalseite durch Bettkasten mit dazwischengebautem Schrank eingenommen werden. Sie enthält die Truhen, in denen hauptsächlich Kleider aufbewahrt wurden. Entsprechend diesem Raume

skandinavische Museen.

365 ii. 366. Stockholm; Skansen.

Aus ^ällestad.

Glockentürme.

Aus ^asjö.

liegt auf der entgegengesetzten Hausseite, durch einen Gang Dom Hauptraume getrennt, eine weitere Schlaf­ stube mit Verbindungstreppe nach dem auskragenden Obergeschoß. Die äußere Dacheindeckung besteht in einer sehr dicht schließenden Birkenrindenlage, über der Humus angeschüttet und, wohl aus Gründen des festen Zusammenhaltens, mit Gras und Kräutern bepflanzt ist. Die Hauswurz gedeiht da in mächtigen Büscheln. Als weitere Beispiele von Blockhausbauten, die aber auch nur Wohnräume enthalten, sind noch zu nennen die Hornborga, Bolnäß (Abb. 352—356) und Laxbro-Stugan (Abb. 357 u. 358), deren Grund­ risse das Wesen des erweiterten Einraum-Hauses er­ läutern. Hand in Hand damit geht die Vermehrung und weitere Ausbildung der Heizanlagen sowie der Fenster. Abortanlagen sind selbst dem hochentwickelten Hause nicht beigegeben. — Die Schlafstellen werden auf verschiedene Räume verteilt, aus dem allgemeinen Wohnraum überhaupt verbannt, der Zimmerabschluß nach oben durch Einziehung einer „Decke", die Er- | scheinung des Holzwerkes durch teilweisen oder gänz­ lichen Anstrich wesentlich geändert. Bilder erscheinen | als feste Beigabe mit bemalter Umrahmung unter |

sichtlichen Zeichen des Verfalles. Zn Laxbrostuga ist die Küche ein vollständig für sich ausgebildeter Raum mit reichlicher Aus­ stattung. Die Fenster nehmen an Ausmaß zu, auf die dekorative Behandlung der Um­ rahmung, der Friesstücke bis zum Gebälk ist ein sichtlicher Nachdruck gelegt. Doch bieten selbst diese hochentwickelten Typen noch nicht das Bild der geschlossenen Hofanlagen. Als Beispiel für eine solche ist Oktorpsgarden (Holland) bezeichnend (Abb.359—36H). Das in Blockverband ausgeführte Wohnhaus hat die gleiche Anordnung wie Bleckingstuga: Niederer Wittelbau mit höheren Seitenbauten. Es ist offenbar älter als die im Viereck sich anschließenden, aber nicht direkt mit dem Wohnhaus verbundenen Okonomiegebäude. Letztere zeigen in der Wandausbildung ver­ strebte Ständer mit eingeschobenen, horizontal übereinander liegenden Bohlen (Skifteswerk). — Der schwedische Blockhausbau, auch der aus später Zeit, ist, abweichend von nor­ wegischer Gepflogenheit, äußerlich schmucklos. Er zeigt ausschließlich das konstruktive Ge­ füge, nirgends Bereicherung durch einge­ stochene Wüster, durch Auflegen von Leisten oder reliefierten Brettern. Der Umstand wirkt um so auffallender, als es an äußerst geschickten Zimmerleuten keineswegs fehlte. Das beweisen die „Klockstapel". 5o ist auch die sehr große Anlage von Vktorpsgarden äußerlich durchaus einfach. Das Innere der 6,5 X 6,5 m messenden Hauptstube dagegen verrät in jeder Hinsicht die Wohnung wohlhabender Bauern durch die reich­ liche Ausstattung mit Bonader, mit Schaugeschirr auf den „Bjälken" (Borten) usw. Die Wände der Neben­ gelasse sind vertäfelt, der Boden gut gedielt, die Fenster zierlich umrahmt, die Gläser in hübschen Bleimustern gefaßt. Das Ganze trägt den Stempel

Skandinavische Museen.

von Wohnlichkeit, Behaglichkeit in ausgesprochenster Weise. Es ist eine künstlerische Leistung. Aonstruktive Meisterstücke sind die auf einem System von Streben ruhenden „Alockstapel", Glockentüniie, bei denen der eigentliche Turmkörper erst in beträchtlicher Höhe über dem Boden beginnt. Skansen enthält deren zwei, den Hasjöstapel und Hällestadstapel (Abb. 565—567); die Zeichnung eines dritten aus Söderköping (Gstgotland), der in seiner Aonstruktion von den beiden anderen vollständig abweicht, in Abb. 568 u. 56Y. „Stapel" kommt von stapeln, aufstapeln und bezeichnet speziell nur diese Art von Glockentürmen; denn der gemauerte, mit der Airche verbundene Turm heißt Torn. Das Ganze ist charakteristisch für ein Land, in dem Holz während langer Zeiten sozusagen das einzige Bau­ material gewesen ist. Der überall zutage tretende Granit war zum Bearbeiten zu hart. — Umfang­ reiche, weithin hörbare Läutewerke, deren erhöhter Aufhängepunkt gleichzeitig der Ausguck eines 'Be­ obachtungspostens fein kann, lassen sich nicht in kleinen Türmchen unterbringen, mithin mußte man schon zu ansehnlichen Dimensionen des Gerüstes schreiten. Werkwürdig erscheint, daß dieses nicht wie bei der norwegischen Stabkirche ummantelt wurde, daß vielmehr bloß die äußeren Streben, die übrigens konstruktiv belangloser sind als die inneren, zum Teil kreuzweise übereinander laufenden, mit einem hölzernen Schuppenüberzug — man möchte an die Bildung der Tannennadel-Ansätze denken — versehen wurden. Auf einem Steinsockel, der nicht als kon­ struktives Glied, sondern lediglich als Unterlage dient (8,90 m Seitenlänge) liegt (beim Hällestadstapel) das mächtige, in sich fest verspannte Schwellen­ quadrat; auf diesem sitzen zu äußerst je vier runde

568.

Stapel

vom

R ■

1 ■

Stämme von HO cm Durchmesser (ohne Verschalung), und hinter diesen laufen die 50 cm starken Streben kreuzweise empor, die übrigens nicht in ein ganz regel­ mäßiges System gebracht werden konnten, da an den Areuzungsstellen keine gegenseitige Verbindung zur Anwendung kam. Nach außen sind diese Streben lediglich durch Bretter vor dem Wetterschlage geschützt. Ganz anders ist die durch eine Grundrißskizze erläuterte Anlagedes Turmes von Söderköping, wo ein Areuz mit drei Tuerarmen die Grundfigur bildet. „Hasjöstapel" ist eine genaue Aopie des noch am alten Standorte befindlichen farbig gehaltenen (Originals. Die Holz­ ziegel des Daches über dem Parterregeschoß blieben naturfarben, gelb, jene der oberen Turmteile bekamen einen rötlichen Ton. Das gedrechselte Gitterwerk zwischen den Schuppensäulen ist grün, die Horizontal­ verbindungsstücke rot mit weißer Ginfassung, das Achteck unter der Zwiebel gelb mit blauen Feldern, die Hohlkehle unter der Spitze rot. Das wirkt ab­ wechslungsreich, einheitlich, keineswegs bunt. Außer den hier aufgeführten typischen Erschei­ nungen der schwedischen Volksbaukunst wäre noch zu

1

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Stockholm;

Skansen.

Söderköping



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Skandinavische Museen.

nennen die Anlage einer großen Windmühle samt Figurengruppen, wie sie in den Räumen des alten Nor­ Nebenbauten. Auf einer ^elsfuppe sind weiter, zu dischen Museums gesehen wurden, treten in Skansen einem „Grafvardas" (Kirchhofe) vereinigt, auch die lebende Menschen, die gleichzeitig den Aufseherdienst bezeichnenden Erscheinungen des einfachen Grab­ verrichten, z. T. bildschöne, freundliche Dalekarliedenkmals vertreten, steinerne, eiserne, hölzerne, in rinnen, für manchen ebensosehr ein Grund zum Ver­ verschiedenster Gestalt und mit weilen in den eigenartigen manchem Anklang an religiöse Räumen als diese selbst. Zu­ Vorstellungen, die dem Volks­ zeiten finden auch größere bewußtsein längst entschwun­ Volksfeste mit Aufführungen den sind und nur durch die nationaler Spiele, Gesänge, stets wiederkehrende Verwen­ Tänze statt, an denen sich dung bestimmter figuraler Er­ ganz besonders das Landvolk scheinungen, z. B. des Kreises rührig beteiligt. — Bei solchen (Sonnenscheibe) daran erin­ Gelegenheiten findet man wohl nern, daß einst andere Zeichen auch, auf hohen Felsbrocken als das des Kreuzes im Volks­ sitzend und von zahlreicher glauben die führende Stellung Zuhörerschaft, Alten und innehatten. Eine Reihe von Jungen, umringt, einen Mär­ Runensteinen mit linear ge­ chenerzähler, der von Riesen haltener, durch rote jarbe ge­ und Zwergen und Recken der höhter Zeichnung, von denen Vorzeit berichtet. Hazelius er­ einer hierneben abgebildet ist, achtet diese, von wissenschaft­ sind über das ganze Terrain licher Seite oft angegriffene von Skansen verteilt?) Seite der Pflege und Landes­ Bei den Däusern finden sich kunde für ebenso wichtig als alle natürlich, wie das bei einer so übrigen, in Skansen getroffenen wohlorganisierten Schöpfung Einrichtungen, die den Forde­ nicht anders zu erwarten war, rungen eines Volksmuseums, auch Nebenanlagen, wie sie nicht denen gelehrter Anstalten z. B. für die Bienenzucht früher entsprechen sollten. Zweifels­ im Gebrauch waren; ebenso ohne liegt der Sache ein ge­ hat die bäuerliche Gartenflora sunder Kern zugrunde, solange ihre zweckentsprechende Be­ sie sich nicht zur maskierten rücksichtigung gefunden. An Schaustellung auswächst.2) Stelle der geschnitzten, in v. Berlepsch-Valendäs. 370. Skansen. Runenstein aus christl. Zeit von Griginalkostümen steckenden Linga in Södermanland. der wirkt. Gr.) (Schluß folgt.) J) In Skansen wie in Bygdo und Lyngby bei Kopen­ hagen finden Vorlesungen populärer und wissenschaftlicher Art statt. Außerdem werden diese Museen von den Schulen unter Leitung der Lehrer besucht. Skansen enthält neben seinen Bauten eine in großen Blöcken im Freien aufgestellte Samm­ lung aller in Schweden vorkommenden Gesteinsarten, die schwe­

dische Flora ist zum Studium angepstanzt; in einer großen Menge von geschickt im Terrain verteilten Zwingern und Käfigen ist endlich auch die ganze Fauna, vom Eisbären und Braunbären, Luchs, Wolf, Elch usw. bis hinab zu den kleinen Strandläufern untergebracht. Außerdem befindet sich unmittel­ bar bei Skansen ein vorzüglich arrangiertes biologisches Mu­ seum, so daß also auf einem relativ kleinen Terrain alles bei­ sammen ist, was zum Studium der Heimatkunde reforderlich

benen Direktor von Skansen, Herrn Dr. Gunnar Hazelius, einem Sohne des Begründers der Anlage, der nicht bloß alle Erleich­ terungen zwecks Vornahme der nötigen Arbeiten gewährte, son­ dern auch vorhandenes Abbildungsmaterial zur Verfügung stellte, weiter Herrn Amanueusis A. Nilson und Herrn Dr. Salin, dem Direktor des Nordischen Museums, Herrn Ingenieur Algol Friberg sei speziell für sein Entgegenkommen hinsichtlich mancher Fragen über das Museum in Iönköping gedankt. Gleiches gilt von Norwegen. Herr Amanueusis Fett in Kristiania unter­ stützte alle in Bygdo vorgenommenen Arbeiten in tatkräftigster Weise, während der hochverehrte Leiter des Kunstindustriemuseums von Kristiania, Herr Direktor Dr. Grosch, innerhalb seines Be­ zirkes alle Hilsmittel, darunter auch eine Anzahl von Abbil­ dungen aus der Zeitschrift: Norge i 19. Aarhundert (Verlag

erscheint. 0 Der Autor dieses Berichtes gedenkt mit Freuden an dieser Stelle der außerordentlichen Liebenswürdigkeit, mit der ihm seine Studien überall in Skandinavien erleichtert wurden. In Stockholm gilt dies speziell dem leider vor kurzem verstor­

von Kammermeier, Kristiania) zwecks Benutzung zur Verfügung stellte. In gleicher Weise habe ich auch Herrn Direktor Dr. Bern­ hard Ghlsen, dem Begründer des Dänischen Volksmuseums in Kopenhagen, und seinem Assistenten, ^errn cand. mag. Glrik Iörgensen für vieles herzlichst zu danken. Der verf.

37^. Bygdo; Bautenmuseum.

Vogelperspektive des Modells.

a Altes Stadttor aus Bergen, enthält Billettkassen, Bureaus rc. b Kirchliche Altertümer, c Möbelmuseum, d Museum für Fahrzeuge, wagen ic.

Aßandinavische Museen. 5tne (Reisestu-ie. (Schluß.)

inahe gleichzeitig mit Sfanfen ent­ stand eine ähnliche Anlage in der südschwedischen Universitätsstadt Lund. Verschiedene Typen des bäuerlichen Dauses, wie es dort sich findet, kehren auch hier wieder; weiter ist da ein allschwedisches Wirtshaus „Nils Dackes Stuga" aus Smäland, eine höchst originelle Blockhausanlage: unten Stallung und Vorratsräume/ oben, anschließend an eine offene Galerie, das Schank­ lokal (3,25 X ^,75 m) mit stark restauriertem einfachen, aber sehr hübschem, eingebautem und mit dem Ober­ teil in die (neue) Dachschrägung eingreifendem Buffett und Faßgestell, daneben Wohnraum von 5,25X4,73m, mit sesteingebautem Doppelbett, beide Zimmer mit Oberlicht. Die „Airche aus Bosebo" in Smäland, deren flach überwölbtes Schiff ohne Anbauten 9,^0 X 6,95 m mißt und den Typus einer hübsch ausgestatteten Landkirche aus dem Ende des 17. oder dem Beginne des 18. Jahrhunderts gibt, ist der ursprünglichen Anlage nach offenbar älter als ihre barocken Ausrüstungsgegenstände, hat aber im übrigen keine außerordentlich charakteristischen MerkAunst und Handwerk.

55. )ahrg.

heft 8.



201

male lokaler Art; das „Bondgard fran Bleckinge" gibt den Typus des südschwedischen Bauernhauses in größerem Umfang und weiterer Entwicklung als die Parallelerscheinung in Skansen. (Stuhl aus diesem Hause, datiert 18^5, Abb.57^. Einige Speicherbauten sind lediglich als Aonstruktionsbeispiele von Interesse. Das „Borgerhus fran Malmö" (Abb. 572 u. 573) ist dagegen eine stattliche Erscheinung der Frührenaissance mit äußerst feinen Details an den Riegeln ebenso wie im Mauerwerk. Die Hauptstube von 10,20 X 7,55 m könnte als ein vorzügliches Repräsentationsstück bürger­ licher Wohnweise gelten, wenn sie etwas einheitlicher in der Möbelausstattung gehalten wäre. Von ganz besonders feiner Wirkung sind die !,!§. m über dem Boden liegenden, 2,^0 m langen und |,H m hohen und beweglichen Fenster der Langseite des Gemaches. Das umfangreichste Gebäude dieses Bautenmuseums endlich, das „Herrehus fran Lund", ein stattliches Barockbauwerk des J8. Jahrhundert, blieb in seiner inneren Disposition völlig erhalten, ist aber zu Museumszwecken benützt und enthält wertvolle Ar­ beiten, welche für dieses während langer Zeit unter dänischer Herrschaft gestandene Stück von Schweden bezeichnend sind. Vor allem ist die häus­ liche Textilindustrie vorzüglich vertreten, besonders in mehrfarbigen Wollgeweben. Sie dienen einer hier angegliederten, stark beschäftigten und ausschließlich —

28

Skandinavische Museen.

372 u. 373. Lund; Museum.

Bürgerhaus

aus Malmö.

von Damen bedienten Anstalt für Weberei als Vor­ bilder. Der Absatz dieser volkstümlichen Produkte soll nichts zu wünschen übrig lassen. — Ein Alockstapel, sowie verschiedene ältere städtische Gebäude, welche laut Bauprogramm noch zur Aufstellung kommen sollen, werden das stattliche Bild dieses ohne staatliche Beihilfe gegründeten und erhaltenen Provinzialmuseums wesentlich bereichern, Lund hat ^6 000 Einwohner!! ! Ein weiteres, noch nicht sehr umfangreiches, aber von tatkräftigen Wännern geleitetes Bautenmufeum ist seit zwei Jahren nahe der Stabt Iönköping am Wet­ ternsee entstanden. Daß die hochgradige Ent­ wickelung moderner Industrie kein Hinder­ nis für Interessen an­ derer Art bildet, zeigt gerade dies Beispiel. Der auf hügeligen! Terrain sich ausdeh­ nende Ltadtpark wurde zur Schaffung der An­ lage benützt und ent­ hält eine Reihe von 37^. Lund; Stuhl aus dem krause von Iemshögs. Datiert J843. Bauten, die zum Teil

in parallelen auch Lkansen besitzt, weiter eine „Draht­ zieherei", wie sie einst in der Gegend häufig zu finden waren, eine Verkaufsbude (Warknadsbod) von Linneryd^), einen „Alockstapel" aus Holberga, im Prinzip verwandt mit den schon angeführten „Stapeln" und als umfangreichstes Objekt die „Bäckaby-Airka", einen räumlich außerordentlich umfangreichen Holz­ bau aus der Barockzeit mit Langhaus, Thor, Vor­ halle und dem gesamten Airchenmobiliar, das eine vorzügliche Vorstellung von einer behäbigen Land­ kirche gibt. Auch hier ist die Aufführung weiterer Bauten in Aussicht genommen. Norwegen besitzt eine Gruppe von Bauten­ museen, die um so wichtiger sind, als sich daselbst Beispiele von Hausanlagen ältester Bauweise vor0 Bezeichnend für das Verständnis, womit die ganze Anlage begründet wurde, ist gerade die Konservierung solch ganz einfacher baulicher Objekte, die für das Land, für die Stadt, für bestimmte Gelegenheiten charakteristisch sind. In Langenthal, Kanton Bern, Schweiz, wurde vor ganz kurzer Zeit eine äußerst originelle hölzerne gotische Verkaufshalle nieder­ gerissen------------ , das Holz als Brennholz verkauft!!! Beispiele solcher ohne triftigen Grund vollzogener Vernichtungsakte an den Zeugen alter Kultur liefert sozusagen jeder Tag unserer „fortschrittlichen" Zeit. Es wäre gerade in der Schweiz außer« ordentlich wünschenswert, daß der Volkskunst, die im Holzbau so prächtigen Ausdruck fand, etwas mehr Augenmerk zugewandt und die Gründung von Bautenmuseen angestrebt würde. Dinge, die einmal dahin sind, lassen sich später nicht mehr um alles Geld beschaffen.

Skandinavische Museen.

375. Stockholm; Bäuerlicher Webstuhl aus fyius, Norwegen.

finden, die um beinahe einIahrtausendzurückdatier-

(’/19 der wirkl. Gr.)

37 6 11. 377.

Bygdo ist eine landschaftlich wunderschön geartete, in den Aord von Kristiania hinaus sich erstreckende bar sind. Dieser Umstand gerade läßt die nordischen Volkskunstmuseen doppelt wichtig erscheinen, was im Halbinsel, auf deren bewegtem Terrain eine große deutschen Süden gleicher weise in Betracht zu ziehen Reihe von ländlichen Ansiedelungen der Großstädter wäre, ist durchweg wesentlich jünger, womit aber beileibe nicht gesagt sein soll, daß es nicht wirklich höchste Zeit wäre, diesen Dingen ein Interesse cntgegenzubringen, das sich nicht lediglich auf Publikationen beschränkt, sondern allen Ernstes mit eigentlicher Er­ haltung bezeichnender Bauten rech­ net. — von der Art, wie man sich das nordische Haus einer noch beinahe halb sagenhaften Zeit vorzustellen hat, sprechen nur mehr wenige, glücklicher­ weise gut erhaltenen Beispiele in dem Bautenmuseum von Bygdo bei Kri­ stiania, dem Gscarshall ganz nahe ist. Frognersäteren, ebenfalls in der Nähe von Kristiania, liegt auf einem Bergrücken, Lillehammer dagegen, dessen Klufeum ganz hervorragend ge­ nannt zu werden verdient, weiter im Norden. Man fährt von Kristiania mit dem Schnellzuge in sieben Stunden hin. 376—378. Kristiania; aus dem Kunstindustriemuseum. Textilien.

Skandinavische Museen.

379—382.

Kristiania; Kunstindustriemuseum. Norweg. Bauernarbeit aus Silber­ blech und -Filigran. (3/4 der wirkl. Gr.)

Volkssage, ein ^verstecktes Leben weiter. Die Ver­ wandtschaft zwischen den Renaissanceornamenten auf dem geschnitzten Gefäß (2Ibb. 592) mit den Ranken alter Airchenportalschnitzereien ist unverkennbar. Am wenigsten beein­ flußt von den Formen der Renaissance erscheint das Goldschmiedehandwerk, dessen Produkte nicht mit zu den Resultaten des„hausfleißes" zählen. Die außer­ ordentliche Sammlung des Aunstindustriemuseums zu Aristiania weist nicht ein einziges Edelmetallstück von jener Ausgesprochenheit der Stilform auf, wie sie unter den Schmuckstücken mittel- und süddeutschen Ursprungs im J6. und H?. Jahrhundert allgemein zu finden ist. Die Ab­ bildungen (379—386) geben charakteristische Beispiele von „Sölvspaender" und „Bulljöljer" (große, runde Schnallen), von Söljen (Broschen mit Schüsselchenbehang), von „Spanne" und „löv". Telemarken speziell war seiner Goldschmiedearbeiten wegen be­ kannt, Gudbrandsdal durch seine Wirkereien, Vos, hardanger und Surendal durch Leinenstickereien, an­ dere Talschaften durch andere Spezialitäten. Eine ganz eigenartige Entwicklung weist die Textilkunst auf. Auf dem primitiven Webstuhl (Abb. 375) des Bauernhauses betrieben, zeigt sie in ihren älteren Arbeiten (Abb. 376) figürliche Darstellungen in freier Anordnung, später die menschliche Figur in stilisti­ scher Behandlung (Abb. 377); in der Verfallszeit endigt fie mit dem geometrischen Muster. Die vor-

sich befindet. In einer reizenden, von Wald um­ schlossenen Mulde liegt das vom Altertumsverein Aristiania ins Leben gerufene Volksmuseum; dicht dabei, auf einem Hügelrücken das der Arone gehörende Os­ carshall. Die beiden Museen sind sachlich nicht trennbar. Ihre auch äußer­ liche Vereinigung dürfte wohl nur eine Frage der Zeit sein. Bautenmuseum und Einzelobjektsammlung ergänzen sich in Bygdo aufs beste. Die Art der Anlage geht hervor aus der beigegebenen Vogelperspektive, ^21bb. 37 j.) Durchgeht man in dem „Ride-Hus" (Museumsgebäude, ursprünglich ein „Reit-Haus", die zahl­ reichen Säle und Aabinette, in denen ein beinahe er­ drückender Reichtum bäuerlicher Aunstfertigkeit, nach Talschaften getrennt, aufgestapelt ist, so eröffnet sich ein äußerst interessantes Bild der Wirkung zwischen Fremdem und heimischem: der welterobernden Re­ naissance gegenüber der alten nordischen Aunstweise. Erstere hat ihre Wirkung bis hinauf in die stillen Hochtäler des Nordens zur Geltung gebracht. Viel­ leicht war die eigene künstlerische Tradition nicht weiter entwicklungsfähig. Mit der Annahme neuer Formen, die man zunächst nicht selbst erfand, sondern wie in Deutschland kopierte, war das alte Element jedoch keineswegs vollständig verschwunden. Es er­ hielt sich da und dort in seiner vollen Ursprünglich­ keit bis in unsere Zeit hinein, mancherorts aber lebte es, wie die einst anerkannten Götter in der 20t

Skandinavische Museen.

Kristiania; Kunstindustrie­

383 u. 38H.

Teile eines silberbeschlagenen Gürtels

museum. Norwegische Arbeit.

aus Telemarken.

zügliche Publikation von Dr. Grosch in

(s/4 d. w. G.)

Jahre 800) vorkommende

Typus

des

Kristiania

gibt hierüber weitgehenden

Wohnhauses wird nicht so sehr durch

Aufschluß.

Der Hausrat, das geht aus

den Wändegrundriß der einfachen An­

den noch vorhandenen Beispielen her­

lage gekennzeichnet, als durch die Art

vor,

war bis

einer

zur Entwicklung

der Feuerungsanlage und der damit in

eigentlichen Tischlerkunst äußerst einfach. Mit dem Überwiegen der Renaissance­

Verbindung stehenden Fragen.

einflüsse dringt die Kenntnis des Rah­

Namen erst bekam, als es auch „rauch­

menwerks ein,

hiemit auch eine ganz

veränderte Anschauung

teilung. wie

über Flächen­

Die „Truhe" bleibt zwar nach

vor

bevorzugte

das

Möbel

zur

Aufbewahrung von Hausrat und Klei­

bekommt sie

indes

dern,

reiches Be­

die

„Rauchstube",

die

Es ist

natürlich ihren

lose", d. h. mit Abzugsvorrichtung ver­

sehene Häuser gab. kaum

Lande

dem

17. Jahrhunderts

Letztere

vor

sind

auf

Beginn

des

Are

nachweisbar.

heißt die offene, nach keiner Seite ent­

Feuerstelle,

wickelte

also

Arestue

eine

schläge, dessen Formen nicht auf nor­

Wohnanlage, bei der, wie im Stariset

dischen Ursprung weisen. Vor allem ist bei vielen dieser Arbeiten — je nach

frei brennt. Indes unterscheidet sie sich

des Fäbodval in Skansen, das Feuer

Talschaften ist das Bild ein sehr ver­

dadurch,

schiedenes — eine Freude an der Farbe

dauernder Wohnraum

vorhanden,

wie

sie

zum

stärker

nicht

im

Silben

Ausdruck

auch

kommen

In manchen Gegenden bildeten

konnte.

sich förmliche Faßmalerschulen aus, deren

Mitglieder es

bis

zu

einer unglaub­

daß

das

nicht

Stariset

und

als

zur Zeit

seiner Besiedelung nicht als Kochraum dient.

Beides ist bei der Arestue der

Fall, deren älteste, jetzt noch erhaltene

bis ins

\2. Jahrhundert zurückreichen,

Dinge

während die letzten im 19» Jahrhundert entstanden. Die „Rauland-Stuen"

schufen, die durch das Routinierte in der

ist eines der bekanntesten Holzbauwerke

Behandlung geradezu verblüffend wirken.

Norwegens

Ganz besonders geschickt waren in dieser

15.

lichen

Fertigkeit

brachten

und

und

Jahrhundert

dürfte

das

in

noch

zurückreichen.

Einsicht die „Blom-

daran

stermesteren" von Ringebu. Zweifels­

säulen

ist

Alt

das mit

romanischen

Holz­

geschmückte,

ohne kam mit der Renaissance ein aus­

mit einer Runenin­

Hang

(Thorgaut Fifil hat

gesprochener

schrift des Erbauers

zur Prachtentfaltung

mich gemacht) ver­

in

sehene Tor und ein­ zelne Teile des Übri­

diese

vielfach

vom großen Verkehr sehr entfernten Land­

gen ; denn das Haus

striche.

hat verschiedene Än­

Der älteste in histo­

rischer weisbar

Zeit

seit

(nach­ dem

385 u. 386. Kristiania; Kunstindustriemuseum. Brustschmuck aus Silberfiligran: norwegische Bauernarbeit aus Telemarken. (Das Detail in wirklicher Größe.)

derungen ehe

es

erfahren,

endlich

an

gesicherte Stelle kam.

Skandinavische Museen.

Den vollen Eindruck einer solchen Anlage dagegen gibt, da hier auch die alten Ausrüstungsgegenstände zum Teil noch erhalten und richtig in Stellung gebracht sind, das Haus aus Säterdal (Abb. 595—597). Dein Bau ist in voller Länge eine „Svale", offene Borhalle, vorgelegt, die, bevor der gedeckte Borraum und die Kammer entstand, wohl auch auf der Stirnseite des Dauses herumlief. Durch den gedeckten Dormum, Aleve oder Kove (darüber eilte weitere Kammer), tritt man in den großen, beinahe quadratischen Raum (nahezu 6 m Seitenlänge), dessen Beleuchtung durch die „Ljore", das in den Giebel beid­ seitig eingeschnittene Oberlicht, einen ganz eigenartig mysteriösen Eindruck hervorbringt. Bon der Wand ragt der ungeheure, dreh­ bare Arm zum Aufhängen des Kessels über dem Feuer, die „Göjia" (Galgen), m weit in den Raum; die kolossalen Stammrun­ dungen der Wandkonstruktion sind äußerst genau zusammengepaßt, unten blank ge­ scheuert, während die oberen vom Rauch geschwärzt erscheinen. Die Fugen wurden mit farbigem, rotem oder blauem Tuch dicht gemacht; Bank und Tisch stehen am historisch richtigen Fleck — das alles macht einen heillos urwüchsigen, trotzigen Eindruck, dem eigenartige Schönheit nicht abzusprechen ist. Ähnlich, wenn auch größer und der Bedeutung des Besitzers entsprechend reicher ausgestattet werden wohl auch die Räume in König Harald haardraades Halle zu Nidaros ausgesehen haben. Illit der Ein­ bürgerung anglo-normannischer Sitte und Kleidung, wie sie unter König Olaf Kyrre — Mitte des \ V Jahr­ hunderts — eintrat, verschwand im Hause der Großen die „Are", an deren Stelle der „Rauchofen" trat, eine Borrichtung, welche die steinerne Ummantelung des Feuers, also eine bessere Ausnutzung der Flam-

388. Sammlung in Bygdo.

Kirchenbank.

387. Kristiania; Universitätssammlung.

Kirchenstuhl.

menwirkung mit sich brachte. Die „Rauchstube" war damit allerdings noch nicht verschwunden, aber den­ noch in eine ganz andere Berfassung gebracht, denn die Berbrennungsgase, die während des Dfenbrandes in breiten Schwaden sich in das Gelaß wälzen konnten, waren leicht zu vertreiben durch die gleichzeitige Öffnung der Ljore und der Haustür. Die stark erhitzten Steine hielten noch stundenlang die Wärme und ersetzten rasch, was durch die Luftströmung an höherer Temperatur verloren ging. Eine in der Nähe der Tür aufrechlstehende große Steinplatte 589. Bygdo; Bautenmuseum. schützte gegen die Bettstatt. Wirkung der Zug-

N

Skandinavische Museen.

390 u. 39 U

Kristiania;

Universitätssammlung.

Kirchenftuhle aus dein

Gudbrandsdal.

lüft. — Line weitere Periode, die als wesentliches Charakteristikum abermals eine Veränderung und Verbesserung der Feuerungsanlage, die Einführung des Schlotes mit sich bringt, geht vom Anfang des (7. bis gegen das Ende des J8. Jahr­ hunderts. Dietrichfon nennt sie die Periode der „peisstube", d. h. der Herd- und Feuerungsanlagen, die gleichzeitig zum Rochen und zur Erwärmung dienen. Der peis ist, wie aus Abb. 399 u. ^8 (Haus in Lillehammer und Hove-Stuen in Bygdo) ersichtlich, eine kaminartige Vorrichtung mit gemauertem Sockel, zwei darüber in einem stumpfen Mnkel gegeneinander anlaufenden und von der Zimmerwand 30 bis HO cm weit entfernten gemauerten Wänden oder Steinplatten, über die

,392. Kristiania; Kunstindustriemuseum. Butterbehälter in Holz geschnitzt; 18. Jahrhundert.

skandinavische Museen.

reichlich angewendete, über die Füllungen der Schränke usw. sich erstreckende, ornamentale Malerei. Die Ausstattung mit Möbeln gewinnt an Reichtum, doch ist auch in dieser Periode die Mitte des Wohnraumes immer frei, die Stellung der einzelnen Stücke nicht will­ kürlich, sondern durch die Regel bestimmt. Bygdo hat solcher peisstuen etliche aufzuweisen. Die reichste zweifelsohne ist jene aus Hove (Abb. 3H8). — Als besondere bauliche Er­ scheinung tritt in Norwegen neben dem Wohnhause der 395. Bygdo; Bautenmusenm. Inneres der Arestube aus Säterdal. Speicherbau „Loft" oder Bur", in den Vordergrund, öfter als paar, wie in Abb. „Rofshusloftene" aus Tele­ eine große Deckplatte, vorn zuweilen mit Eisenstütze versehen, gelegt ist. Darüber steigt der Rauchmantel marken). Der kleinere diente zur Aufbewahrung von empor. Die Flamme lodert in diesen noch heute Lebensrnitteln, der größere, auch zur Aufstellung von vielfach gebräuchlichen Heizapparaten (z. B. Restau­ Lagerstätten benutzt, enthielt Kleider und besseren rant auf Frognersätesen bei Kristiania mit vier Hausrat. Stets ist der Loft fensterlos, nicht heizbar, Feuerungen und einem Zentralschlot) hoch auf, wärmt dagegen weist die Galerie oft sehr hübsche Wand­ die Luft ringsum und die steinernen Wandungen vor­ durchbrechungen, auf Holzsäulchen ruhende Bogen­ trefflich, läßt keinen Rauch in das Zimmer gelangen stellungen beispielsweise auf. Eigentümlich ist die und ist durch Klappenverschluß gegen die Außen­ allgemeine Verwendung der runden, aus einem Stück temperatur leicht zu sichern. Mat der Einführung Holz gedrehten, massiven und zuweilen mit Schnitzerei des „peis" geht der Durchbruch der Renaissance­ verzierten Ecksäulen, deren ganzer Tharakter^an mehr formen in der dekorativen Kunst sozusagen Hand in als einem solchen „Bur" nicht immer im Einklang Hand. Zuvor traten als farbige Elemente gewirkte steht mit den nirgends fehlenden Einfassungsbrettern Stoffe auf, Wand und Möbel aber blieben frei von der Galerieöffnungen. Farbe. Mit den Renaissanceformen bürgert sich Neben dem großen Reichtum an architektonischen alsbald auch die farbige Behandlung des Holzwerks Einzelerscheinungen, den die beiden Museen auf ein, einfache Tönung von Flächen sowohl, als auch Bygdo geben, neben den sehr typischen Innen-

39t u. 395. Bygdo; Bauten« mufeum. Arestube aus Säter« dal. Grundriß (Maßstab \: 200): l Bank, 2 Tisch, 3 Schrank, 4 Bett, 5 Feuerstelle.

208

Skandinavische Museen.

räumen derselben ist doch eine Erscheinung als die eigent­ liche piece de resistance zu be­ zeichnen : die Stabkirche von Go l, welche schon im Jahre ^886, also bevor von Bauten­ museen überhaupt die Rede war, auf Veranlassung König (Oskars von ihrem ursprüng­ lichen Standorte hierher ver­ setzt und nach dem Muster der vorzüglich erhaltenen Kirche zu Borgund restauriert wurde (Abb. ^03—^07). Sic ist die bezeichnende Erscheinung des mittelalterlichen Kirchenbaues für Norwegen, das nicht weniger als 322 Bauten dieser Art besaß. Ein kleiner Teil nur ist heute noch erhalten. Es würde zu weit führen, 596. Bygds; Bautenmuseuin. L^aus aus Säterdal; Arestube (Rauchstube). sollte hier auch nur annähernd ein deutliches Bild von der Konstruktion solcher kirch­ Satteldach und bekrönendem Türmchen, setzt sich der lichen Anlagen gegeben werden, die, obschon nach innere Kern der Stabkirche, die über einem festen (Originalen in Mauerwerk und Stein gebildet, doch Horizoutalschwellenroste ohne Grundmauern sich er­ den Charakter des Holzbaues bis zur äußersten hebt, zusammen. Tragend wirken somit nur die Konsequenz tragen und, um den Vorbildern in bezug eigentlichen Stützglieder, nicht aber die Wände in auf räumliche Anordnungen nahezukommen, einer ihrer Gesamtheit, wie dies beim Gemäuer der Fall dem Material entsprechenden Umgestaltung der bau­ ist. Die Wand ist bloß Abschluß. Um das innere lichen Verbindung bedurften, wie sie gründlicher nicht Gehäuse legt sich ein Umgang, zwischen dessen vier denkbar ist. Sie sind ein sprechender Beweis für den in jeder Weife stilistisch hoch ausge­ bildeten Sinn ihrer Her­ steller. Stav heißt Stamm. Aus hoch­ ragenden Elementen in Verbindung mit Boh­ len (d. h. zugehauenen, nicht gesägten Brettern), aus einem in sich ver­ spannten Vertikalge­ rüst, dessen Zwischen­ räume durch unver­ rückbare Schichten vernuteter Bretter ausge­ füllt sind (als Gerüst des Hauptraumes) und einem daraufgesetzten steilen Satteldach, auf dem nochmals ein vier­ eckiger Aufsatz mit 597. Bygdo; Bailtenmnseum. Uingebante Arestnbe.

skandinavische Museen.

Grundriß (Maßstab \ : 2oo\ l Bank, 2 Tisch, 3 Schreins, 4 Büfett,

5 Mffener Aleiderstlinder, 6 Geschirrstlinder, 7 Bett, 8 Gestell, 9 An in in.

598 u. 399. Bygdo; Bauteilmuseuln.

Bauernhaus aus L^ove, Telemarken.

Ecksäulen die abschließende Wand sich einsetzt, nach

Aus dem beigegebenen Plan und den beiden

Osten durchbrochen vom Chor und daran anschlie­

Schnitten

ßender Abside, an der entgegengesetzten Wand durch den Hauptzugang, auf einer Langseite durch einen

großen Zügen erkennbar.

Seitenzugang.

Erdgeschoßig legt sich dann uni das

Ganze ein niedriger, gedeckter Gang, dessen oberer

Teil durch Bogenreihen durchbrochen ist,

der

untere

während

geschlossenes Bohlenwerk zeigt.

Dieser

Anbau diente den Airchenbesuchern nach Schluß des

Gottesdienstes als Zusammenkunftsstätte.

ist

die

Gesamtanordnung

wenigstens in

Die dekorative Behand­

lung der Einzelteile ist gerade bei dieser Airche be­ scheiden. Weder die Flächen der Füllungen, die bei verwandten Anlagen ein reiches Geschlinge phanta­ stisch ineinandergeschlnngener Tierkörper oder Band­

motive

aufwiesen,

das

besonders

beim Portalbau

eine hervorragende Rolle spielt, noch die einzelnen Glieder, die Säulen, haben, wie dies beispielsweise bei der Airche von Urnes der Fall ist, stark sprechen­ den

plastischen

Farbe

Schmuck

erhalten.

Auch

tritt

die

nicht als wesentliches Moment in Wirkung.

Dekorative Wandmalereien figuraler und ornamen­ taler Art, wie sie z. B. an der Apsis zu sehen sind,

gehören nicht der ursprünglichen Ausstattung der ^309

zum erstenmal erwähnten Airche an; sie datieren vielmehr aus dem |7. Jahrhundert. — Die ganze Erscheinung ist eines der glänzendsten Beispiele für die außerordentliche Befähigung, aus dem zu Gebote stehenden Materiale unter Benutzung des einfachsten Handwerkszeugs Dinge zu schaffen, bei denen die konstruktive Überlegung, wie sie aus dem Gerüstbau

spricht, einen ebenso hohen Entwicklungsgrad ein­

nimmt, als der Sinn für die dekorative Ausgestallung, der sich in der Einzelheit kundgibt.

Wo die geistige

Potenz mit einer solch unglaublichen Sicherheit in künstlerischen Handfertigkeiten sich paart, ist es kein

Wunder, wenn bei einer späteren Beeinflussung, wie sie die Renaissance brachte, sofort ausgezeichnete Ar­

beiten entstanden. 400. Bygdo; Baulenmuseum.

Speichert)««.

Man kennt die Erbauer dieser

Stabkirchen nur in ganz wenigen Fällen.

Es waren

Skandinavische Museen.

Künstler aus beut Volke, in ihrer Art ebenso hoch begabt wie bie Träger hochberühmt geworbener Hamen irgenbwelcher anbereu Kulturvölker. Die schwebischen „Stapel" mit ihrem kühnen Strebenbau, bie ausgegrabenen Wiking er schiffe in ihrer gerabezu Hinreißenb schönen Gesamtform, bie Stabkirchen: bas alles spricht von einer ivahrhaft imponierenben Entwick lung bei* ein ganzes Volk burchziehenben Befähigung. wo bas alles in einem Silbe mit ber ganzen Entwicklung ber Wohnungsfrage geboten wirb, ist es gewiß nicht nötig, über ben hohen Wert solcher­ maßen angelegter Zllufeen ein lobenbes Wort zu verlieren, höchstens kann bie Frage wieberholt werben: warum geschieht nicht Gleiches auch anberswo? Weniger Zeitschriften, weniger Kongresse mit unenblichen Debatten, mehr positive Arbeitsleistung! Kuweit bavon befinbet sich, um bas Bilb ber Volksarbeit vollkommen zu machen, bas £anbs = brugs - fLanbsbrauchs-) 211 u f e u m, in bem eine große Reihe alter laubwirtschaftlicher Geräte Auf­ stellung gefunben hat. Daß diese einen wesent­ lichen Beitrag zur Kulturgeschichte bilden, braucht nicht erörtert zu werben. was allenfalls bas Bilb noch nach einer anbern Seite vervollstänbigen, bie Geschichte ber technischen Künste wesentlich bereichern unb manchen Anhalts­ punkt speziell für bie Erklärung bes Holzbaues in Norwegen ergeben würbe, find bie ausgegrabenen Wikingerschiffe unb ihre Funbe, welch letztere allem Anschein nach in vielen Beziehungen Klärung über ben Zusammenhang ber norbischen Kultur mit ber Außenwelt bringen unb eine Reihe von bisher offenen Fragen beantworten werben.

W. Bygdo; Bautenmuseum.

Sxeicherbauten aus

, ,

i !

402. Rircheneingang tu Borgnnd.

Das aus einer kleineren Anzahl älterer, aber zum Teil mit nicht ganz einwanbfreien Deränberungen versehener Häuser bestehenbe Bautenmuseum von Frognersätesen, bem eine vorzügliche kleine Sammlung von Einzelobjekten ergänzenb zur Seite steht, kann hier füglich übergangen werben. Von hervorragenber Bebeutung bagegen ist eine erst seit Jahresfrist zugänglich ge­ machte Anlage dieser Art in Lilie­ tz a m m e r. Der Verlaß auf eigene Kraft hat auch hier Bebeutsames ins Leben ge­ rufen, alte Kulturmonumente gerettet, Dokumente einer Zeit vereinigt, bereu Spuren gerabe in biefem schönen Teil von Norwegen, im Gubbranbstale, vollstänbig ausgetilgt zu fein scheinen. Lillehammer selbst besitzt nicht ein ein­ ziges altes Gebäube. Die neuen weisen jene Trostlosigkeit ber bürgerlichen Ar­ chitektur auf, wie sie überall in ber „zivilisierten" Welt herrscht. Kein Fenster, keine Tür, kein Dach verrät auch nur ben leisesten Anlauf zu einer über bie gemeinste Alltäglichkeit emporTelemarken. steigenben Lösung, im kleinen genau

Skandinavische Museen.

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dings ist eine Bauernhofanlage aus 25 Einzel­ bauten bestehend gekauft worden, welche im kommenden Zahre zur Aufstellung gelangt. Daß solche Unternehmungen, abgesehen von ihrem Bildungseinfluß, auch einen Anziehungs­

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punkt für die reisende Welt ausmachen, ist klar, wurde doch das Lillehammer Museum in der kurzen Zeit seines Bestehens von etlichen

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das Bild, was volkreiche Städte in umfangreichem Blaße, die nordischen Städte nicht ausgenommen, geben. Und dieses nämliche Volk — seltsame Er­ scheinung — unterstützt mit großen Mitteln die Be­ strebungen, welche zur Erhaltung alter Kulturbilder gemacht werden! Das Freiluftmuseum in Lille­ hammer ist in der Hauptsache begründet und zu­ sammengebracht worden durch einen einzelnen Mann, den Zahnarzt Dr. Sandvigk. Die zum großen Teil der sozialistischen Partei angehörende Mitbürger­ schaft (5000 Seelen) gab zur Förderung des Pro­ jektes 70000 Kronen, pro Kopf also mehr denn 20 Kronen!!!! Die schon sehr stattliche Anlage ent­ hält eine Reihe völlig eingerichteter Wohnhäuser und Speicherbauten sowie eine Holzkirchs. Neuer-

tausend Personen besucht, die sonst in dem ganz neuen und jedes baulichere Reizes völlig baren Städtchen wohl kaum sich aufgehalten haben würden. Unter den Däusern des Lillehammer-Mu­ seums sind neben einem angeblich vom Jahre t500 herstammenden Pfarrhofe ausVaage in Gudbrandsdal (Abb. u. 4^5), der stattliche Räume enthält, einem in der Holzarchitektur überaus reizen­ den Wohngebäude aus Ringebu (Abb. 4^5), einer Rauch st ube aus Roms dal (Abb. und einer anderen Baage, sowie dem Hause des von Zbsen verewigten Peer Gynt vor allem zwei Anlagen hervorzuheben, ein Bauernhaus (Ramloftstuen) aus hjetter und ein anderes aus Lohre (Skiaker), beides Peis-Stuben, also nach J600 ent­ standen. Sie sind verwandt, nur in der Anordnung der Räume und im schmückenden Beiwerk verschieden. Das durch eine auf die Langseite des in Blockverband ausgeführten, auf solidem Steinsockel ruhenden Baues

skandinavische Museen. gelegte Vorhalle zugängliche Erdgeschoß enthält in

da aufgespeichert: Leibwäsche wie Bettzeug, Hauben,

beiden Däusern eine äußerst geräumige und gut er­

Schürzen, Mieder, Kopfbedeckungen, Schals, dann

hellte Hauptstube (nahezu 7 X 7 m), mit anstoßendem Schlafgemach. Über letzterem, durch eine außen ge­

stickerei und

legene, gedeckte Treppe zugänglich, befindet sich ein

zum Betriebe eines Hauswesens gehörte, weiter die

Obergeschoß mit gleichgroßem Raume und davor­

landesüblichen

gelegter, durch weite Lichtöffnungen erhellter Galerie.

für Trinkgelegenheiten,

allerlei

Handwerkszeug:

für

Perl­

was

sonst

Vorrichtungen

und

Bandwebeinstrumente Musikinstrumente,

die

Schöpfgefäße

ierst interessante Beleuch­

Die Däuser sind des Auf­

tungskörper usw. In der

baues wegen interessant,

großen Stube ist der rie­

weiter

sige Tisch ebenfalls

auch,

aber

weil

sie den Beginn der räum-

An geeigneter Stelle be­

lichen Vereinigung zwi­ schen

(vorge­

„Svale"

be­

setzt mit solchen Dingen.

stehende,

der

findet sich

und den Hausräumen zeigen. Beim

mit einem angefangenen

Pfarrhof von Vaage sind

Arbeitsstück,

Gang)

legtem

Endteile

die beiden

höchst primitive Webstuhl

der

wer würde

den in seiner ganzen rohen

offenen Vorhalle bereits

rekonstru­

Originalität

erkerartige

Innen­

die

dahinter

ieren, wenn kein wirk­ lich gebrauchtes Exemplar

liegenden Zimmer ange­

mehr vorhanden sein wird!

als

räume

an

schlossen und nur die IHitte

Es ist die nämliche Ein­

bleibt als Vorhalle offen.

richtung,

wird

Später

auch

diese

wie

ägyptischen

mit ins Haus einbezogen.

reien,

Es ist jener Raum,

Vasenbildern

der

auf

sie

auf

Wandmale­ griechischen vorkommt.

im englischen Haus ur­

wie

sprünglich den Namen „Halle" trug, das Mittel­

so finden sich in dem jungen Lillehammer Mu­

glied zwischen Straße und

seum verschiedene, jeder

wo

Wohnzimmer,

dieser eine Raum,

sich

in seiner Art vortrefflich,

hatten,

ein wohltuender Beweis

die man nicht in die Wohnung selbst eintreten

verkehrtes Prinzip ist, alle

lassen

sanlmlungswerten Dinge

jene aufzuhalten

wollte.

Mit

was

dafür,

der

es

für ein

Zeit gewann dieser Raum

bloß in großen Städten,

erst die Bedeutung,

wo

die

in

sie

einer

völlig

er im heutigen englischen Haus innehat. Er ist jetzt

fremdenUmgeb mg stehen, aufzuspeichern, hier­

vom Hauseingang weg­

schlagen die Tannzweige

allmählich

ans Fenster wie am Ort,

der

wo das Haus am Berg­

und

gerückt

Zentralpunkte

zum

stand, und wenn niederprasselt

ringsum gruppierten Zim­

hang

mer geworden. Im nor­ wegischen Haus freilich ging die Entwicklung nicht i aus dunkler Wolke,

der Regen

j leuchtet,

so weit. In den Räumen dieser „Ramloft-Stuen", die

gerade

für das Gudbrandstal bezeichnend sind,

ist

wenn der Blitz ins Gemach

der Donner zwischen

den

dunklen Berg­

rücken hin- und widerdröhnt, der Vollmond durch die Scheiben hereinleuchtet,

die ‘Knospen in lauer

eine Menge von kulturgeschichtlich wichtigen Dingen

Frühlingsnacht sich öffnen, dann webt um all das,

Die Kammer im ersten Stock des einen

was hier von alter Zeit erzählt, ein anderer Geist,

zu finden.

Hauses enthält z. B. den ganzen Hausrat, den ein

als

Mädchen mitbekam, trat es in die Ehe.

kasernen zu Hause zu

weiter ist

auch der gesamte Kleidervorrat einer Haushaltung

er

in

den

poesielosen

großstädtischen

sein pflegt,

Kunst­

hier ein Stück

erhaltener Lebenspoesie, dort Nummer an Nummer.

Skandinavische Museen.

Das Museum in Lillehammer ist eine geradezu vor­ bildliche Schöpfung für ähnliche Anlagen provinzialer Art. In Norwegen sollen, sicherem Vernehmen nach, in nächster Zeit weitere solche Museen ins Leben treten, wird doch das Land in dieser Einsicht von einem Interesse durchströmt, das gegebenen Falles keine Arbeit und keine Opfer scheut. Jedenfalls ist die Errichtung derartiger Denkmäler mindestens ebenso patriotisch als die Schaffung von Arieger­ monumenten und ähn­ lichen Dingen, in denen meist nicht das Können unserer Zeit, sondern deren Armseligkeit an wirklicher Kunst klarge­ stellt wird. Eine höchst bedeut­ same Schöpfung ver­ wandter Art hat der kleinste der skandinavischen Staaten, Dänemark, im dänischen Volksmuseum zu Kopenhagen und dem dazu gehörenden Bautenmuseum von Lyngby aufzuweisen. Beides sind Schöpfungen des hochverdienten Dr. Bernhard Ohlsen. Zu beklagen ist nur, daß der überreiche Inhalt der erstgenannten Sammlung, die eine ganze Reihe vor­ züglich erhaltener und gut aufgestellter Innenräume aus den verschiedensten Gegenden des Landes besitzt, heute dermaßen zu­ sammengedrängterscheint, daß mancherlei oft nicht zur gebührenden Gel­ tung zu kommen vermag (Abb. 425—435). hoffentlich werden diese Schätze in Bälde so untergebracht, wie sie es verdienen; gleichzeitig wäre hier Gelegenheit geboten, einen Museumsbau in neuzeitlichem Sinne, frei von den Monumentalfehlern bestehender Anlagen, zu schaffen. Ein Künstler wie Nyrop, der das herrliche Kopen­ hagener Rathaus ersann, würde sicherlich auch bei einer solchen Aufgabe den Nagel auf den Kopf zu treffen und eine Anlage herzustellen wissen, bei der

nicht so sehr der Vorrat an Zeichnungen und Photo­ graphien des Architekten ins Treffen käme als die sach­ liche Berücksichtigung des unterzubringenden Stoffes. Die Gründung des „Dansk Folkemuseum" fällt in das Ichr |8?9. Bald darauf entstand auch das Bautenmuseum zu Lyngby in dem leicht welligen, landschaftlich überaus reizvollen Terrain nahe dem Kgl. Landsitze „Sorgen Fry", deß unvergleichlich schöne Parkanlagen bis dicht an die ersten Ge­ bäude der Anlage heran­ reichen. Begonnen wurde mit der Aufstellung ganzer Häuser im Jahre ^89J. Die Zahl der Bauten ist nicht groß, dafür bietet sie in den Einzelerschei­ nungen ganz hervor­ ragendes bezüglich der wesentlichsten Entwick­ lungstypen. DerOstenfelderhof (Abb. 425—433) stammt aus den heute nicht mehr zu Dänemark gehörenden Landesteilen und bezeich­ net einen Haustypus, wie er noch vor wenigen De­ zennien in zahllosen wohl­ erhaltenen Exemplaren anzutreffen war. Nörd­ lich vom Danewerk ist er nicht mit Bestimmtheit nachweisbar, südlich da­ von, im deutschen Sprach­ gebiet, bezeichnete er die Regel. Es ist ein „Rauch­ haus", denn frei steigt von der offenen Heuer­ stelle im Hintergründe der riesigen Diele der Rauch in breiten Schwaden auf und hüllt den ganzen Raum in bläulichen Dunst. Ein eigentlicher Abzug existiert nicht. In seltsamem Kontraste dazu steht die Pracht­ entfaltung des Pesels und des zweiten, reich aus­ gestatteten Zimmers. Gehörten auch die Schmuck­ stücke dieser Annexbauten ursprünglich nicht zum „Ostenfelder Hof", so sind sie doch für die Haus­ anlage überhaupt charakteristisch. — Der älteste Typus dieses Hauses ist jedenfalls ohne Stallungen zu denken, wie sie hier seitwärts von

4io. Lillehammer; Blick vom Freilichtmuseum in das Gudbrandstal.

4U- Lillehammer; IHiifemn.

Rauchstube aus Romsdal.

Skandinavische Museen.

412 u. 413. Lillehammer; Museum. Pfarrhof aus vaage. Grundriß (Maßstab \ : 200): \ Bank, 2 Tisch, 3 Schrank, 4 Bett, 5 Uhr, 6 Ofen, 7 Humpenbrett, 8 Feuerstelle.

der riesigen Halle ((9J0 X 7,52 m) angeordnet sind. Sie waren ursprünglich in besonderen Gebäuden untergebracht. Die Einbeziehung der­ selben bezeichnet bereits eines der letzten Entwicklungsstadien. Ebenso fallen bei den älteren Anlagen auch die beiden ge­ räumigen Zimmer (Pesel und Schlaf­ stube) weg; es bleibt somit nur der von einem stehenden Dachstuhl bedeckte Raum mit der offenen Feuerstelle und den seit­ lich davon angeordneten „Siddelser" übrig. In dieser Halle stand das Fuhr­ werk, das Ackergerät, hier wurde das Korn eingefahren, um auf dem Dach­ boden zu trocknen, bis es gedroschen wurde. Die Außenwände, in leichtem Riegelwerk ausgeführt, sind nicht tragen­ des Element, sondern lediglich abschließen­

des ; die Last des Daches ruht einzig und allein auf den gewaltigen Eichen­ pfosten, analog den Stabkirchen. Daher datiert denn auch die Bezeichnung als „Sulehus" (Säulenhaus). Alles Balkenund Sparrenwerk ist rußgeschwärzt. Seit­ lich vom Herd steht eine Säule, an der ursprünglich der drehbare Arm zum Aufhängen des Kessels befestigt war. An seine Stelle trat später der Horizontal­ balken, wie er aus der Abbildung er­ sichtlich ist. Die Säule findet sich überall in verwandten Anlagen von Schleswig vor. Licht fiel ausschließlich durch die seitlich vom großen Haupttor ange­ brachten (Öffnungen und durch die Fenster der Siddelser ein. In letzteren sind die Kastenbetten untergebracht. An der N)and hinter dem Herde zieht sich eine gemauerte Bank hin, über der sich die Gestelle mit den Schaugeschirren befinden. Letztere dienten nur zum Schmuck, nicht zum Ge­ brauche. Die Einbeziehung der Stallungen unter ein Dach mit den N)ohnräumen brachte die seitliche Erweiterung der ganzen Anlage mit sich, so daß ein dreischiffiger Raum entstand. Die Biehstände sind so angeordnet, daß die Tiere mit dem Kopf nach der Diele schauten. In der Nähe der Siddelser standen die großen Truhen zur Aufbewahrung von Kleidern und anderen Dingen. Asthaken, im Gebälk eingelassen, dienten als Aufhänger für Handwerks­ zeug, Dreschflegel usw. Die Raumwirkung hat bei aller Einfachheit der architektonischen Gliederung etwas Großartiges, das wesentlich durch den seit­ lichen Lichteinfall der Nischen an eigenartiger Er­ scheinung gewinnt. Bedürfnis nach N)ohnungsvergrößerung ließ im Laufe der Zeit die beiden hinter der Herdwand liegenden niedrigeren Zimmer ent-

414. Lillehammer; Museum.

Dorfplatz.

Skandinavische Museen.

Das eine davon, deß Schnitzereien ausge­

stehen.

sprochene Spätbarockoformen zeigen (2Ibb. ^52) hat

drei ganz in Delfter Aacheln verkleidete Mände und

diente als Schlafzimmer.

Zwischen den Aastenbetten

befindet sich, wie das auch bei einzelnen Erscheinungen in Skansen der Fall ist, ein Schrank. Erwärmt wird

der Raum

durch

einen

rohrlosen Ofen (siehe das

analoge Beispiel in der Blecking-Stuga, Skansen), in den man von der Diele aus glühende Aohlen und

Torf schob.

Das andere Zimmer, der „Pesel", ge­

täfelt und mit reichgeschnitzten Schränken: ausgestattet,

I HAvS AVS Ri-.qteo

c

,

.


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nicht heizbar, wurde nur bei festlichen Gelegenheiten

benutzt.

Sitze

4(5. Lillehammer; Museum. £?aus aus Ringebu; sog. Reis­ werk. (Maßstab \ : iso.)

Die lange Tafel, an deren Mandseite die

erhöht

find,

sowie

alles

andere

Mobiliar,

Aus den meisten dieser Däuser sind nun freilich

die alten Prachträume verschwunden, um zerstückelt,

1 Bank,

beschnitten, selten nur im Originalzustand den Alter­

2 Tisch,

tumsmarkt zu passieren.

3 Stuhl,

Ein Glück ist es also zu

nennen, daß einsichtsvolle Museumsdirektoren jener

4 Bett,

Gegend rasch dem Export steuerten

5 Schrank,

warben, was sich bot.1)

6 Büfett,

und

alles er­

So wird, wenn auch unter

wesentlich anderen Verhältnissen, doch das eine oder

7 Hochsitz,

andere dieser Prachtgemächer in seiner Heimat ein

8 Mebstuhl,

sprechender Beweis bleiben für die Tatsache, daß die

9 Kamin.

dekorative Holzskulptur der Renaissance in Deutsch­ land wohl kaum irgendwo höhere Blüte zeigte als gerade in diesem Lande zwischen Nord- und Ostsee. Der Pesel des Ostenfelder Dauses in Lyngby ist kein

4(6. Lillehammer; Museum. Ramlosthaus von Lohre, Skiaker; Grundriß (Maßstab ( : 200).

Prachtgemach ersten Ranges, immerhin aber eine Luxusleistung zu nennen.

Truhen, weitere Sitzgelegenheiten und Tische, lassen die Mitte des Raumes frei, so daß die zum Mahle

Nicht so bekannt, als er

T) Besonders das Flensburger Museum ist reich an solchen Innenräumen. Es wird später auf diese Schöpfung des leider früh verstorbenen Direktors Sauermann zurückzukommen sein,

Versammelten immer den Blick durch die geöffnete Tür und das nirgends fehlende, seitlich davon be­

findliche Fenster nach der Diele hin hatten. Hier nun fand der Hang zu präch­

tiger

Ausstattung

vollen Ausdruck.

seinen Manche

dieser Pesel zeigen eine Ent­ faltung

der

Ausstattung,

wie sie luxuriöser nicht im

städtischen

Patrizierhaus,

kaum im Herrensitz gedacht

werden kann, ja mancher dieser Bauerngranden war

weit pompöser eingerichtet als

viele

adelige Schloß­

besitzer ihrer Zeit es waren, die übrigens auch in bezug

auf Bildung gar oft das Niveau des freien Bauern

nicht erreichten.

4(7. Lillehammer; 2\8

Museum.

Ramloftstue aus dem Gudbraudstal.

u. 419- Lillehammer; Museum.

peis«Shibe aus dem Ramlofthaus von Skiaker.

Skandinavische Museen.

es verdiente, ist der Pesel aus dein Hause des Markus Schwin aus Lunden, jetzt im IHufeum zu Meldorf, ent Raum von geradezu fürstlicher Pracht aus der Mitte des 1(6. Jahrhunderts. ^) Auch hier haben erst die Einflüsse der Renaissance zu der manchmal etwas hochgeschraubten Art der prachtentfaltung ge­ führt, der gegenüber die eigentliche Ausbildung der menschlichen Wohnstätte beinahe etwas stiefmütterlich behandelt erscheint, freilich darf dabei nicht ver­ gessen werden, daß vieles unter den prunkvollen Ausstattungsstücken, vor allent keramische Produkte, nicht int Lande selbst entstand, sondern als Handels­ artikel Hinkain. Man hat es also nicht durchweg mit einer bodenständigen Kunst zu tun, wie das in Schweden und Norwegen bei der Hauseinrichtung der Fall war. An der großen Tür des Gstenfelder Hofes nennt sich Hans Petersen als Erbauer. Daneben steht x) Line ausführliche Arbeit von Dr. Fr. Deneken, Mu­ seumsdirektor in Krefeld, über dies prachtgemach, dessen Meister bis zur Stunde unbekannt ist, enthält der „Lrste Bericht des Museums Ditmarsischer Altertümer in Meldorf" 1896. Der als weiteres Beispiel eines solchen Baumes auf S. 225 (Abb. ^34) wiedergegebene pefel befindet sich im Museum zu Altona.