Silbenschnitt in deutschen Dialekten 3484304251, 9783484304253

Over the past few decades, the book series Linguistische Arbeiten [Linguistic Studies], comprising over 500 volumes, has

213 12 23MB

German Pages 248 Year 2000

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Inhalt
Vorwort
Abkürzungsverzeichnis
1. Einführung in die Arbeit
2. Sprachwissenschaftliche Grundannahmen
3. Silbenschnitt in der sprachwissenschaftlichen Diskussion
4. Empirische Untersuchung zum Hochdeutschen
5. Empirische Untersuchung zu dialektalen Varianten des Deutschen
6. Zusammenfassung und Ausblick
Literatur
Recommend Papers

Silbenschnitt in deutschen Dialekten
 3484304251, 9783484304253

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Linguistische Arbeiten

425

Herausgegeben von Hans Altmann, Peter Blumenthal, Hans Jürgen Heringer, Ingo Plag, Heinz Vater und Richard Wiese

Helmut

Spiekermann

Silbenschnitt in deutschen Dialekten

Max Niemeyer Verlag Tübingen 2000

Meinen Eltern Franz und Erika

Spiekermann

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Spiekermann, Helmut: Silbenschnitt in deutschen Dialekten / Helmut Spiekermann. - Tübingen : Niemeyer, 2000 (Linguistische Arbeiten ; 425) Zugl.: Osnabrück, Univ., Diss., 1999 ISBN 3-484-30425-1

ISSN 0344-6727

© Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 2000 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt Einband: Industriebuchbinderei Nädele, Nehren

Inhalt

Vorwort Abkürzungsverzeichnis

VII VIII

1. Einführung in die Arbeit

1

2. Sprachwissenschaftliche Grundannahmen

4

2.1 Skizze einer Phonologie des Standarddeutschen 2.1.1 Die segmentale Ebene 2.1.2 Prosodische Einheiten 2.1.3 Die Silbe 2.2 Phonetisch-phonologische Forschungen in der Dialektologie 3. Silbenschnitt in der sprachwissenschaftlichen Diskussion

4 4 8 9 12 15

3.1 Herausbildung einer Silbenschnittopposition (chronologischer Abriß)

15

3.2 Beschreibung des Phänomens

20

3.3 Auf der Suche nach dem phonetischen Korrelat

24

3.4 Zur phonologischen Repräsentation des Silbenschnittes

28

4. Empirische Untersuchung zum Hochdeutschen

36

4.1 Meßmethoden 4.1.1 Untersuchte Korpora zur Standardsprache 4.1.2 Untersuchte akustische Parameter 4.1.3 Untersuchungsmittel (technisches Material) 4.1.4 Zum Problem der Repräsentativität der untersuchten Daten

36 36 39 44 44

4.2 Meßergebnisse 4.2.1 Energieverläufe 4.2.2 Formanten und Dauern 4.2.3 Grundfrequenz 4.2.4 Überprüfen des Silbenschnittkorrelates an Nicht-Silbenschnittsprachen 4.2.4.1 Finnisch 4.2.4.2 Tschechisch 4.2.4.3 Französisch

47 47 58 66 71 72 75 77

4.3 Exkurs: Perzeptionstest

81

5. Empirische Untersuchung zu dialektalen Varianten des Deutschen 5.1 Übersicht über untersuchte Dialekte 5.2 Meßmethoden

91 91 95

VI 5.3 Meßergebnisse für die einzelnen Dialekte 5.3.1 Wittdün (Amrum) - Kreis Südtodern 5.3.2 Siiderhackstedt - Kreis Flensburg 5.3.3 Ziethen - Kreis Herzogtum Lauenburg 5.3.4 Kirchwerder bei Hamburg 5.3.5 Heitel - Kreis Lingen 5.3.6 Menzelen - Kreis Moers 5.3.7 Voxtrup - Kreis Osnabrück 5.3.8 Riesenbeck - Kreis Tecklenburg 5.3.9 Mascherode bei Braunschweig 5.3.10 Pepelow - Kreis Bad Doberan 5.3.11 Parlin - Kreis Naugard 5.3.12 Frehne - Kreis Pritzwalk 5.3.13 Plausen - Kreis Rössel / Ostpreußen 5.3.14 Gleuel - Kreis Köln 5.3.15 Hemsbach in Baden 5.3.16 Hintersteinau - Kreis Schlüchtern 5.3.17 Kassel 5.3.18 Erfurt - Kreis Erfurt 5.3.19 Würzen - Kreis Grimma 5.3.20 Berlin 5.3.21 Bockwitz - Kreis Sprottau 5.3.22 Friesen - Landkreis Kronach / Oberfranken 5.3.23 Regelsbach bei Nürnberg - Landkreis Schwabach 5.3.24 Oschelbronn - Kreis Pforzheim 5.3.25 Neubulach - Kreis Calw 5.3.26 Beuren - Kreis Wangen im Allgäu 5.3.27 Burkheim - Kreis Breisach 5.3.28 Neuenburg - Kreis Müllheim 5.3.29 Asch - Westsudetenland 5.3.30 Lauterbach / Kaiserwald 5.3.31 München 5.3.32 Oberammergau - Kreis Garmisch-Partenkirchen

96 97 101 104 108 111 114 117 121 125 128 132 135 139 143 147 150 154 157 160 164 167 170 174 178 181 184 188 191 194 198 201 205

5.4 Meßergebnisse - Gesamtübersicht der untersuchten Dialekte 5.4.1 Energieverläufe 5.4.2 Formanten und Dauern 5.4.3 Zusammenfassung

209 209 217 222

6. Zusammenfassung und Ausblick

227

Literatur

229

Vorwort

Am Zustandekommen der vorliegenden Arbeit, die im Frühjahr 1999 als Dissertation am Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaft der Universität Osnabrück angenommen wurde, haben eine Reihe von Personen großen Anteil. In erster Linie sei an dieser Stelle meinem Doktorvater Utz Maas gedankt, der zum einen zahlreiche Anregungen bei der Entstehung der Arbeit zu geben wußte, und der zum anderen auch bei der Überarbeitung der Dissertation für die Veröffentlichung viele wichtige Hinweise lieferte. Für weitere Hinweise und Anregungen danke ich Peter Auer, Robert Bannert, Wolf Thümmel, Peter Gilles, Christina Noack, Stefan Tröster und Johannes Reese. Richard Wiese danke ich ebenso für viele wertvolle Kritik bei der Erstellung der Druckfassung meiner Dissertation, Gabi Möller für ihre geduldige Hilfe bei den statistischen Berechnungen. Zahlreiche Anregungen habe ich auch durch Diskussionen in Osnabrücker und Freiburger Kolloquien erhalten. Den Herausgebern danke ich herzlich für die Aufnahme meiner Arbeit in die Reihe „Linguistische Arbeiten" im Niemeyer Verlag.

Freiburg, im April 2000

Helmut Spiekermann

Abkürzungsverzeichnis

A ahd. as. bair. Bel. D Diff. E Ε-Halt E-Max E-Niv E-Pos Ε-Zahl fnhd. fränk. gesp. V. got. Hz IDS interv. Kand-sanft Kand-scharf Kons. / kons. LDM mD mhd. mnd. ms nhd. Nordniedersächs. phon. sA signif. spätgemgerm. sth. stl. ungesp. V. Vok. / vok.

Ausgangswort (Perzeptionstest) althochdeutsch altsächsisch bairisch Belege Manipulation der Dauer (Perzeptionstest) Differenz Manipulation des Energieverlaufes (Perzeptionstest) Energiekorrelat „Halten eine hohen E-Niv" Energiemaximum Energieniveau Energiekorrelat „Position eines einzelnen Ε-Max im Vokal" Energiekorrelat „Anzahl der Ε-Max im Vokal" frühneuhochdeutsch fränkisch gespannte Version (Perzeptionstest) gotisch Hertz Institut für Deutsche Sprache intervokalisch Kandidaten für sanften Silbenschnitt Kandidaten für scharfen Silbenschnitt konsonantisch Lautbibliothek der Deutschen Mundarten Manipulation der Dauer - gemittelte Dauer (Perzeptionstest) mittelhochdeutsch mittelniederdeutsch Millisekunden neuhochdeutsch Nordniedersächsisch phonologische synthetisierte Variante der Ausgangsform (Perzeptionstest) Angabe berechneter Signifikanzniveaus spätgemeingermanisch stimmhaft stimmlos ungespannte Version (Perzeptionstest) vokalisch

1. Einführung in die Arbeit

Im Standarddeutschen besteht im Nukleus betonter Silben eine Opposition zwischen 2 Gruppen von Monophthongen die traditionell als „Kurz-" und „Langvokale" bezeichnet werden. bieten - bitten Hüte - Hütte Beete - Bette Höhle - Hölle spuken - spucken Schoten •- Schotten rate - Ratte Als mögliche Unterscheidungsmerkmale dieser beiden Gruppen wurden in der sprachwissenschaftlichen Diskussion vor allem folgende phonologische Parameter insbesondere in Hinsicht auf ihre phonetische Fundierung diskutiert: •

Quantität

„Langvokale" haben durchschnittlich eine meßbar längere phonetische Dauer als „Kurzvokale" (im Standarddeutschen norddeutscher Prägung im Verhältnis von bis zu ca. 1:2). Es ergibt sich jedoch folgendes Problem: Vokaldauern sind von verschiedensten Umständen (Wortlänge, Satzlänge, Sprechtempo etc.) abhängig und nur schwer objektiv meßbar. Für die Annahme der Quantität als distinktives Merkmal spricht dagegen, daß (so Reis 1974: 182 f.) einige hochdeutsche Dialekte reine Quantitätenoppositionen zeigen. Andere Dialekte, die neben quantitativen auch qualitative Unterschiede aufweisen, haben diese nicht vollständig ausgebildet. Zudem läßt sich fur das Vorkommen von Langvokalen feststellen, daß sie abgesehen von wenigen Ausnahmen nur vor Einfachkonsonanz stehen, während Kurzvokale folgende Doppelkonsonanz zeigen. Phonotaktisch entspricht demnach ein Langvokal einer Sequenz [Kurzvokal+Konsonant]. •

Qualität

„Kurzvokale" sind ungespannt (oder „zentralisiert"), d.h. sie werden mit einer geringeren Muskelspannung als die gespannten „Langvokale" gebildet. Die Gespanntheitsopposition ist jedoch in Nebentonsilben grundsätzlich aufgehoben (Reis 1974 geht allerdings davon aus, daß auch in nebentonigen Silben die Qualitätsopposition aufrecht erhalten bleibt. Daraus folgert sie, daß die Quantität abhängig ist von der Qualität der Vokale, da diese, in akzentuierten Silben, nur dann lang sein können, wenn der Vokal gleichzeitig gespannt ist.). Zudem werden die Varianten des /a/ im Standarddeutschen qualitativ kaum differenziert. Das /ε/ existiert im Standarddeutschen in einer langen und kurzen Variante, d.h. auch hier ist keine qualitative Differenzierung anzunehmen. •

Silbenschnitt

„Langvokale" werden dann von einem folgenden Konsonanten „geschnitten", wenn das Energiemaximum der Silbe bereits überschritten ist, während „Kurzvokale" in dem

2 Moment von dem folgenden Konsonanten „geschnitten" werden, in dem sie ihr Energiemaximum erreichen. - „Kurzvokale" kommen nur in geschlossenen Silben vor, während „Langvokale" auch in offenen Silben stehen können. Bislang ist es noch nicht gelungen, ein phonetisches Korrelat des Silbeschnittes zu finden. Eine Kombination zweier oder aller Merkmale scheint einigen Autoren nicht unwahrscheinlich. Zuletzt ist jedoch die Silbenschnittopposition mehr und mehr als primäres Unterscheidungsmerkmal in den Vordergrund der Diskussion gerückt (vgl. Vennemann 1990 und später Becker 1998, Maas 1999), unter der Annahme, daß Quantität und Qualität direkt aus der Art des Silbenschnittes abzuleiten seien. Die Betrachtung des Silbenschnittkontrastes als phonologisch relevante Größe wird kontrovers diskutiert und von manchen Autoren (z.B. Reis 1974, Ramers 1988) auch strikt abgelehnt. Eines der Hauptargumente für die Zurückweisung des Silbenschnittes als distinktives Unterscheidungsmerkmal der Vokalopposition in betonten Silben ist die Tatsache, daß bislang kein phonetisches Korrelat für den Silbenschnitt gefunden werden konnte. Dem Silbenschnitt haftete aus diesem Grund immer ein Makel an, der ihn als ein rein theoretisches Konstrukt erscheinen und ihn in vielen phonetischen Darstellungen des Standarddeutschen zu einer sekundären Erscheinung werden ließ, die hinter Quantität und Qualität zurückstand. Die phonetische Fundierung des Silbenschnittkontrastes ist neben der Untersuchung dialektaler Varianen des Deutschen in Bezug auf deren Silbenschnittmerkmale das bestimmende Thema der hier vorliegenden Arbeit. Folgende Thesen werden überprüft: 1. Es gibt ein phonetisches Korrelat zum Silbenschnitt. Dieses ist experimentell nachweisbar. 2. Regionale Varianten des Deutschen zeigen in unterschiedlichem Maße Eigenschaften von Silbenschnittsprachen. Es gilt, daß der Norden des deutschsprachigen Raums Silbenschnittdialekte aufweist, während südliche Dialekte keine oder nur schwache Merkmale von Silbenschnittsprachen zeigen. In Kapitel 2 werden zunächst in der Arbeit zugrundegelegte sprachwissenschaftliche Grundannahmen vorgestellt. Kapitel 3 ist dem Silbenschnitt, dessen historischer Entwicklung, seiner Aufnahme in die phonologische Literatur und der Suche nach seinem phonetischen Korrelat gewidmet. In Kapitel 4 wird ein mögliches phonetisches Korrelat untersucht. Hierbei handelt es sich um den Verlauf der Energie1 auf dem betonten Vokal. Das Energiekorrelat ist aus dem Grunde besonders interessant, weil es am ehesten den gängigen Beschreibungen des Silbenschnittes entspricht, nach denen betonte Vokale nach dem Überschreiten (sanfter Schnitt) bzw. im Moment des Erreichens des Energiemaximums (scharfer Schnitt) von einem folgenden Konsonanten abgelöst werden. Untersuchungen an NichtSilbenschnittsprachen sollen die Gültigkeit des Korrelates verifizieren (vgl. These 1). In Kapitel 5 wird das fur das Standarddeutsche entwickelte Korrelat einer ersten Anwendung zugeführt: mit seiner Hilfe sollen dialektale Varianten des Deutschen in Bezug auf die Ausprägung von Silbenschnitt-Merkmalen untersucht werden (Überprüfung der These 2). Kapitel 6 faßt die Ergebnisse der Untersuchung zusammen.

1

Ich verwende die Begriffe „Energie" und „Intensität" synonym. Gemeint ist hier damit die akustisch meßbare Gesamtenergie des Sprachsignal.

3 Basis der Arbeit bilden umfangreiche sonagraphische Analysen an insgesamt rund 4.000 Datensätzen, davon ca. 400 zur deutschen Standardsprache und 3.300 zu insgesamt 32 untersuchten Dialektorten. Hinzu kommen weitere 200 Datensätze zu Sprachen außerhalb des deutschsprachigen Raumes. Die vorliegende Arbeit ist rein phonetisch konzipiert. Sie soll Ergebnisse liefern, die eine phonetische Fundierung des in der phonologischen Diskussion angesiedelten Silbenschnittbegriffes unbestreitbar macht. Der Untersuchungsgegenstand ist beschränkt auf betonte Vokale in trochäischen Formen, die genau einen intervokalischen Konsonanten aufweisen. Aus dieser Beschränkung wird bereits deutlich, daß das Ziel dieser Arbeit nicht ist, zu untersuchen, ob ein Kontrast (1) nur in betonten oder auch in unbetonten Silben, (2) in einsilbigen Formen oder (3) auch bei Mehrfachkonsonanz in Folge des betonten Vokals anzunehmen ist. Auf die Frage, ob der Silbenschnittkontrast oder Oppositionen in Quantität bzw. Qualität phonologisch distinktiv für die Unterscheidung von Varianten eines Vokales ist, wird insofern eingegangen, als das Vorhandensein des phonetischen Korrelates des Silbenschnittes fur die Wertung der betreffenden Sprache bzw. des betreffenden Dialektes als Silbenschnittsprache bzw. Silbenschnittdialekt auf phonologischer Seite spricht. Dies gilt sowohl fur die Standardsprache als auch fur die dialektalen Varianten, deren experimentelle Untersuchung in erster Linie den Sinn hat, auf phonetischer Basis Merkmale von Silbenschnittsprachen offen zu legen.

2. Sprachwissenschaftliche Grundannahmen

Die in der vorliegenden Arbeit aufgeworfenen Fragen werden auf der Basis bestimmter Grundannahmen diskutiert. Diese Grundannahmen werden im folgenden vorgestellt und mit konkurrierenden Vorstellungen verglichen. Neben einem kurzen Abriß des phonologischen Systems des Standarddeutschen wird ein kurzen Überblick über jüngste dialektologische Forschungen im Bereich der Phonetik/Phonologie gegeben.

2.1 Skizze einer Phonologie des Standarddeutschen 2.1.1 Die segmentale Ebene In der taxonomisch-strukturalistischen Theorie gelten für die Beschreibung sprachlicher Einheiten folgende Grundsätze: Zum einen bildet die Sprache ein System, das für die Beschreibung von Funktionen einzelner Phänomene als Bezugsbasis fungiert. Zum anderen lassen sich Beziehungen, die sprachliche Einheiten zu anderen unterhalten, als syntagmatische bzw. paradigmatische Beziehungen beschreiben. Syntagmatisch ist eine Beziehimg z.B. dann, wenn ein Laut einem anderen vorausgeht oder folgt. Die Laute [b], [u] und [s] bilden einen Kontrast, um sich in einer funktionierenden Kommunikation voneinander zu unterscheiden und zusammengesetzt als [bus], Bus wahrgenommen werden zu können. Paradigmatische Beziehungen treten z.B. auf, wenn Laute in der gleichen Umgebung ausgetauscht werden. Wenn der Austausch eines sprachlichen Elementes einen Einfluß auf die Kommunikation ausübt, d.h. wenn z.B. der Austausch eines Lautes die Bedeutung eine Lautkombination verändert wie [b] und [k] in [bus], Bus vs. [kus], Kus, spricht man im taxonomischen Strukturalismus davon, daß diese Laute in Opposition zueinander stehen. Die Oppositionbildung wird dazu genutzt, um Phoneme, d.h. kleinste bedeutungsunterscheidende Einheiten, einer Sprache zu bestimmen. Die Phoneme des Deutschen lassen sich als Vokal- und Konsonantenphoneme beschreiben. Die Trennung der Laute in Vokale und Konsonanten ist artikulatorisch begründbar: während bei der Produktion von Vokalen der subglottal gebildete Luftstrom nicht behindert wird, läßt sich bei der Produktion von Konsonanten eine Verengung bzw. ein Verschluß im Artikulationsraum beobachten. Vokale und Konsonanten unterscheiden sich außerdem in der Eigenschaft, daß Vokale alleinige Silbenträger und damit unverzichtbare Bestandteile der Silben sind, während Konsonanten nur in Ausnahmefällen den Kern einer Silbe bilden1. Fälle wie [pst], pst, in denen ein Konsonant „Silbekern" ist, sind bzgl. ihres Silbenstatus' umstritten.

1

Eine Ausnahme zu der o.a. Unterscheidungsregel bilden silbische Sonanten, die als Silbenkeme fungieren können, z.B [d'unkl], dunkel.

5 Über die Zahl der Vokalphoneme im Standarddeutschen herrscht Uneinigkeit. Insbesondere der phonemische Status von „kurzen" und „langen Varianten"2 eines Vokales ist nicht geklärt. Während in phonologischen Beschreibungen des Deutschen bis zu Beginn der 90er Jahre die Meinung vorzuherrschen scheint, daß das System der Monophthonge 14 bzw. 15 Vokale umfasse (Moulton 1962, Wurzel 1970, Werner 1972, Ternes 1987, Ramers/Vater 1991, Kohler 1995), nämlich die „Langvokale" [a: e: ε: i: o: u: 0: y:] und die „Kurzvokale" [a ε η u ce ν], wobei der Phonemstatus des [ε:] Anlaß heftiger Diskussionen lieferte, setzt sich seit Vennemann (1990) immer mehr die Ansicht durch, bei Oppositionen z.B. zwischen [i] und [1] in Wörtern wie und handele es sich um eine allophonische Variation, die von der prosodisch zu bestimmenden Silbenschnittart des Vokals gesteuert wird. Auftretende Differenzierungen in Quantität und in dem Gespanntheitsmerkmal lassen sich auf die unterschiedlichen Silbenschnittarten zurückfuhren, was dazu fuhrt, daß phonemisch nur ein Satz von Monophthongen angesetzt werden muß. Vennemann (1990: 399) geht so für das Standarddeutsche von einem Vokalsystem aus, das genau 8 Vokalphoneme (Monophthonge) enthält: /a e i o u ä ö ü/, die abhängig von der Silbenschnittart in langer (und gespannter - mit Ausnahme von /a/ und /ä/) bzw. kurzer (und ungespannter) Variante erscheinen können. Im Standarddeutschen werden von Becker (1998) ebenfalls 8 Vokalphoneme angenommen, deren phonetische Ausprägung durch silbenstrukturelle Bedingungen vorhersagbar ist. Folgende Abbildung zur „Färbung der deutschen Vokale" (Becker 1998: 163) gibt die Verteilung m.A.n. sehr anschaulich wieder. labial palatal geschlossen

i

y

u

mittel

e

0

0

offen

ä

chromatisch a

vorn

achromatisch

hinten

Abbildung 2.1.1-1: Vokalsystem nach Becker 1998 Die Phoneme können (allerdings nur in betonter Silbe) je nach Silbenstruktur als „Langvokale" (unter sanftem Schnitt) oder „Kurzvokale" (unter scharfem Schnitt) vorkommen. Geschlossene und mittlere Vokale sind chromatisch, d.h. als „Langvokale" sind sie gespannt, als „Kurzvokale" ungespannt. Offene Vokale unterscheiden sich in erster Linie 2

Ich verwende in der Diskussion um die distinktiven Unterscheidungsmerkmale der Vokale in Paaren des Musters [i]-[i], [ε]-[ε] usw. die weit verbreiteten Begriffe „Lang-" und „Kurzvokal", ohne damit eine Entscheidung für die Quantität als distinktives Merkmal implizieren zu wollen.

6 durch die Dauer. Kurze /e/ und /ä/ fallen durch Zentralisierung zusammen (siehe schon Wurzel 1970), so daß phonetisch auch Becker 15 Vollvokale annehmen kann. Ähnlich wie Vennemann und Becker argumentiert auch Maas mit silbenstrukturellen Bedingungen, mit dem Unterschied jedoch, daß sein Vokalsystem nur 7 Vokalphoneme umfaßt (Maas 1999: 168), da für ihn /e/ und /ä/ zu einem Phonem zusammenfallen. Phonetisches [ε:] sieht er als eine regional begrenzte Erscheinung, die nicht im Phoneminventar des Standarddeutschen Berücksichtigung finden muß. Die phonemische Wertung der Vokale im Deutschen scheint mir durch die Beschreibungen Beckers (s.o.) umfassend wiedergegeben zu sein. Demnach sind für das Standarddeutsche 8 Vokalphoneme anzusetzen, aus denen sich 8 Vokalvariantenpaare bzw. (aufgrund des Zusammenfalles vom /ä/ und /e/ unter scharfen Silbenschnitt, s.o.) 15 Vokalvarianten ergeben. Phonem

/a/

/e/

/i/

/o/

/u/

/ä/

/ö/

/ü/

Variante unter sanftem Schnitt

[α:]

[e:]

[i:]

[o:]

[u:]

[ε:]

[β:]

[y:]

Variante unter scharfem Schnitt

[a]

[ε]

[I]

M

M

[ε]

[ce]

[ν]

Tabelle 2.1.1-1: Zugrundegelegtes System der Monophthonge des Deutschen Ich gehe also in der vorliegenden Arbeit davon aus, daß das ungespannte /ä/ (phonetisch [ε]) in einer langen und einer kurzen Variante auch im Standarddeutschen anzusetzen ist. Die Ablehnung des [ε:] scheint mir in erster Linie darauf zu beruhen, daß es scheinbar nicht in ein phonologisches System des Deutschen eingebunden werden kann. Daß dem nicht so ist und auch das [ε:] phonologisch zu integrieren ist, hat Becker (1998) eindrucksvoll gezeigt. Das Schwa [θ] ist aufgrund seiner vorhersagbaren Distribution, d.h. aufgrund seines ausschließlich auf imbetonte Silben beschränkten Auftretens, nicht als Phonem des Deutschen anzusetzen. Eine Wertung als Phonem in unbetonter Silbe, wie sie bei Moulton (1962) zu finden ist, scheint mir nicht notwendig zu sein. Richard Wiese diskutiert den Phonemstatus des Schwa (1996: 16f.) und erklärt, daß gegen die allophonische Wertung des Schwa spricht, daß Minimalpaare existieren, in denen Schwa in Opposition zu einem Vollvokal steht. Als Beispiel gibt er das Minimalpaar - an. Wiese argumentiert weitert, daß das Schwa ein Allophon sein müsse, wenn es denn kein Phonem ist, und daß die Frage, zu welchem Vokalphonem es dann Allophon sei, ungeklärt ist. Daß das Schwa in manchen Darstellungen als Phonem in unbetonter Stellung (s. Moulton 1962) klassifiziert wird, hält Wiese für ungünstig, da es auf diese Weise von allen anderen Vokalen getrennt wird. Das Vokalsystem des Standarddeutschen enthält drei Diphthonge. Diese sind [ai - Di au]. Über deren Charakter scheint allgemein in der sprachwissenschaftlichen Diskussion abgesehen von ihrer Wertung als mono- oder biphonematisch (zur Diskussion s. Ramers & Vater 1991: 128f.) Einigkeit zu herrschen. Zudem sind phonetisch u.U. weitere Diphthonge anzunehmen, die Resultat von Vokalisierungen von /r/ sind, wie z.B. in [tya], Tür. Die Diphthonge werden in der vorliegenden Arbeit nicht näher betrachtet, da hier die Monophthonge im Mittelpunkt der Untersuchung stehen.

7

Das System der Konsonantenphoneme wird in der sprachwissenschaftlichen Literatur weniger kontrovers diskutiert worden als das System der Vokale. Allerdings ist die phonomatische Wertung z.B. der Laute [x]-[ç], der Varianten des Irl und vor allem der Affrikaten [pf] - [ts] und [tj] umstritten, um nur einige Beispiele zu nennen (zu einer ausführlichen Diskussion vgl. Ramers & Vater 1991 oder Kohler 1995). Folgende Abbildung gibt einen kurzen Überblick über das im weiteren in der Arbeit zugrundegeigte Konsonantensystem des Deutschen. In dieser Matrix sind auch Konsonanten berücksichtigt, die nicht im Standarddeutsch anzunehmen sind, wie der stimmhafte, velare Frikativ [γ], der in einigen regionalen Varianten des Deutschen zu finden ist (z.B. im Emsländischen / Nordniedersächsisch). Diese Laute sind eingeklammert. Zudem enthält es allophonische Varianten eines Phonems (Fälle [ç]-[x], [r]-[R]-[K] und [η]-[η]), sowie den glottalen Verschluß, der nicht als Konsonantenphonem sondern als Grenzsignal zu klassifizieren ist (s.u. in Kap. 2.1.2).

Ρ

b

t

m

Nasal Trill Frikativ Lateral

f

ν

postalveolar

palatal

d

velar

η

η

r

R

s

ζ

J

(3)

ς

φ

uvular

Χ (γ)

glottal ?

CD

Plosiv

alveolar

Τ"

labial

Η

h

1

Tabelle 2.1.1-2: Zugrundegelegtes System der Konsonanten Der postalveolare, stimmhafte Frikativ [3] kommt im Standarddeutschen grundsätzlich nur in Fremdwörtern3 (z.B. [ga'Ra^a], Garage) vor. Die konsonantischen Varianten des /r/ sind nicht eingeklammert, da alle Varianten umgangssprachlich vorkommen. Streng gesehen ist wohl [R] die standardsprachliche Variante (vgl. Aussprachewörterbücher, z.B. Duden 1990 oder Siebs - zitiert als de Boor et al. 1969). Es ist zudem möglich, daß durch Assimilierungs- oder Dissimilierungsprozesse Laute Veränderungen unterzogen werden, wie z.B. im Bairischen und Alemannischen Fortisierungen und Lenisierungen in bestimmten Umgebungen belegt sind (vgl. Bannert 1976, Willi 1996).

„Fremdwörter" sind aus einer fremden Sprache entlehnte sprachliche Ausdrücke, die ihre ursprünglichen Eigenschaften in Bezug auf Orthographie, Flexion und Aussprache im Gegensatz zu „Lehnwörtern" erhalten haben. Die genaue Bestimmung von Fremdwörtern ist z.T. schwierig, da Übergänge zwischen Lehnwörtern und Fremdwörtern auf der einen und nativen Wörtern auf der anderen Seite fließend sind.

8

2.1.2 Prosodische Einheiten Werner (1972: 59) beschreibt Grenzsignale (Junkturen), Akzentabstuftingen und unterschiedliche Intonationen als prosodische Einheiten, d.h. als Einheiten, die segmentale Grenzen überschreiten. Zu diesen sind auch Dauer (konsonantische wie vokalische) und Silbenschnitt zu zählen, auf die in Kap. 3 näher eingegangen wird. Das phonologische Grenzsignal Junktur kann phonetisch auf unterschiedliche Weise ausgedrückt werden, wie folgende Beispiele zeigen: 1. Kuhchen - Kuchen (Unterschied [ç]-[x]) 2. braucht, um - Brauchtum (starke Aspiration des [t] im 2. Fall) 3. den Bau erkennen - den Bauer kennen (Glottisverschluß vor erkennen) Wie die Beispiele bereits ausweisen, lassen sich Junkturen in engen Zusammenhang mit Morphemgrenzen, d.h. mit der Morphologie bringen. In Verbindimg mit Junkturen kommen auch phonologisch bedingte Sprechpausen vor. Moulton (1962: 139ff.) unterscheidet zwischen offener und geschlossener Junktur. Zwei Laute sind in geschlossener Junktur, wenn sie dierekt aufeinander folgen, d.h. wenn keine Pause oder andere Grenzsignale vorhanden sind, sie sind in offener Junktur, wenn Grenzsignale zu erkennen sind. Eine offene Junktur markiert, wie bereits angesprochen, häufig morphologische Grenzen zwischen Wörtern aber auch zwischen Teilen einer Zusammensetzung, sei es innerhalb von Komposita oder bei Affigierungen. Offene Junkturen sind zudem z.T. von Sprechstil oder von der Sprechsituation abhängig. In formalen Situationen wird auf eine „korrekte Aussprache" (Moulton bezieht sich in diesem Zusammenhang auf das Siebs'sche Aussprachewörterbuch - im Literaturverzeichnis als de Boor et al. 1969) geachtet. Zu dieser Aussprachevariante gehören in vielen Fällen auch offene Junkturen. Offene Junkturen treten nach Moulton am Ende von Betonimgsgruppen („stress groups" - zwischen Betonungsgruppen erscheint eine Pause, z.B. in dem Satz ,der 'alte ,Herr 'Kraus+ver'gaß ,seine 'Fahr,karte4), vor dem Anlaut einer starken Betonung (z.B. my+ 'sphere), bei bestimmten Konsonantenverbindung (z.B. wird in „korrekter Sprechweise" ein [n] nicht durch den folgenden Konsonanten in Fällen wie 'unbe, dacht oder 'ange,nehm zu [m] bzw. [η] assimiliert) und im Zusammenhang mit Aspiration und dem Glottisverschluß (s.o.) auf. Der Akzent (oder die „Intensität" z.B. bei Ternes 1987) spielt im Deutschen eine wichtige Rolle. Grundsätzlich gilt, daß in einem mehrsilbigen Wort im Standarddeutschen eine der letzten drei Silben betont wird. Pompino-Marschall (1995: 223) definiert Akzent als „Hevorhebung einer bestimmten Silbe gegenüber den anderen Silben eines Wortes - im Sinne von Wortakzent bzw. lexikalischem Akzent [...]". Akzent ist demnach in einer ersten Näherung eine Hervorhebung auf Wortebene. Moulton teilt die Wortbetonung („word stress") in 3 Intensitätsgrade, die Hauptbetonung („primary stress"), die Nebenbetonung („secondary stress") und die Schwachbetonung („weak stress"). Der Unterschied zwischen haupt- und nebenbetonten Silben und ihre distinktive Funktion wird durch folgende Beispiele deutlich: 1. der 'Bremer 'Hafen - die Silben -Bre- und -Ha- sind hauptbetont. 2. ,Bremer 'haven - nur die Silbe -ha- ist hauptbetont, -Bre- nebenbetont. 4

[+] symbolisiert Junktur, ['] starke und [,] schwache Betonung.

9 Vor allem in Komposita treten Nebenbetonungen auf. Eisenberg (1991) befaßt sich u.a. mit der Zuweisung des Akzentes auf Silben in morphologisch komplexen Wörtern. Für nichtderivierte (oder „nichtabgeleitete") Wörter ohne Nebenakzent stellt er die grundlegende Regel auf, daß die letzte betonbare (d.h. nicht reduzierte) Silbe den Akzent erhält, nicht jedoch die Ultima, d.h. die letzte Silbe des Wortes. Es überwiegen trochäische und daktylische Wortstrukturen. In Komposita gilt, daß in dem prominenten Bestandteil des Kompositums der Akzent an der Stelle zu finden ist, an der er auch in unzusammengesetztem Zustand stehen würde (vgl. zum Kompositionsakzent auch Giegerich 1983). Auch auf Satzebene sind Hervorhebungen einer bestimmten Silbe oder eines Wortes möglich. Moulton (1962: 113) spricht in diesem Zusammenhang von „syntactical stress" („Satzbetonung"). Sätze wie Hans wohnt hier sind als Antworten auf unterschiedliche Fragen durch wechselnde Hauptbetonung möglich (wer? -Hans betont; was? -wohnt betont; wo? -hier betont). Die Satzbetonung hat außerdem strukturierende Funktion: Sie faßt Wörter zu sog. Betonungsgruppen zusammen, die jeweils eigene Betonungskonturen aufweisen. Die Intonation schließlich wird phonetisch i.d.R. auf die Tonhöhe bezogen. Diese kann während einer Äußerung wechseln und eben durch diesen Wechseln spezifische Konturen ausbilden. Anders als in Sprachen Südostasiens oder Afrikas hat die Intonation im Deutschen jedoch keine bedeutungsunterscheidende Funktion. Im Standarddeutschen treten vor allem am Satzende durch steigende vs. fallende Intonation semantische Unterscheidungen hervor, wie z.B. in dem Satz Er kommt heute , der bei fallender Intonation i.d.R. als neutrale Aussage verstanden wird, während eine steigende Intonation den Satz als Frage kennzeichnet. Intonation ist in der Terminologie von Pompino-Marschall (1995: 234) der „Verlauf der Sprechmelodie über die Äußerung hinweg", d.h. auf einer Ebene, die über die Wortebene hinausgeht. Moulton (1962: 129ff.) beschreibt intonatorische Muster recht ausfuhrlich. Diese lassen sich grundsätzlich am Ende von Betonungsgruppen feststellen (Moulton bezeichnet die Intonationsmuster auch als „terminals"). Fallende Intonation („fade") wird verwendet, um soetwas wie „beendete Äußerung" auszudrücken (z.B. im zweiten Teil des kurzen Dialogs Wie ist das Wetter? - Es regnet.), steigende Intonation („rise") dient zum Ausdruck einer Frage (s.o.), gleichbleibende Intonation („sustain") zur Kennzeichnung einer „unvollständigen Äußerung".

2.1.3 Die Silbe Die Phoneme als Grundbausteine gesprochener Sprache lassen sich nach bestimmten phonotaktischen Regeln und unter Berücksichtigung von suprasegmentalen Eigenschaften wie Akzent oder Silbenschnitt zu Silben zusammensetzen. Die Struktur einer Silbe wird bestimmt durch die Sonorität seiner Segmente und zwar in der Weise, daß die am wenigsten sonoren Laute in den Randpositionen der Silbe zu finden sind 5 . Sonorität ist phonetisch wohl gleichbedeutend mit dem seit Sievers (1872) gebräuchlichen Begriff „Schallfulle" (Heike 1992: 5ff.). Zur Beschreibung der „verschiedene[n] Grade der Schallfulle" (Jesper5

Ausnahmen von dieser Regel sind [s] und [J] z.B. in Fällen wie [Jpi:l], Spiel bzw. [hecpst], Herbst, die in den Randpositionen wieder ansteigende Sonorität aufweisen. Hier wird von „Extrasyllabizität" (Wiese 1988) gesprochen, um die Laute aus der Sonoritätskontur der Silbe auszuschließen.

10 sen 1904: 191) der Laute haben sich 2 unterschiedliche Hierarchien in der wissenschaftlichen Diskussion etabliert, die im Grunde jedoch gleichbedeutend sind: Die sog. Sonoritätshierarchie weist Vokalen als den Lauten mit der größten Eigenenergie die höchstens Werte zu. Sonorität ist nicht direkt mit akustischer Intensität (Energie), sondern mit Klangintensität, die u.a. auch Faktoren wie Stimmhafitigkeit oder Lenisierung/Fortisierung beinhaltet, in Verbindung zu bringen. zunehmende Sonorität Plosive

Frikative

Nasale

IM kl

hohe Vokale

Vokale

Abbildung 2.1.3-1: Sonoritätshierarchie nach Wiese 1988: 91 Vennemann setzt dagegen die konsonantische Stärke in den Vordergrund seiner Überlegungen und erhält eine Hierarchisierung, die der nach der Sonorität der Laute genau entgegengesetzt ist. Zur Darstellung von Silben werden vor allem zwei Modelle herangezogen, wobei das erste eine hierarchische Struktur innerhalb der Silbe widerspiegelt (Konstituentenmodell) und das zweite eine flache, nicht-hierarchische Ordnung darstellt. Eine Silbe (symbolisiert durch σ) läßt sich im Konstituentenmodell auffassen als ein binär geordnetes Gebilde, das aus einem Anfangsrand (A) und einem Reim (R) besteht, wobei letzterer sich wieder in Nukleus (N - oft auch als „Kern" bezeichnet) und Endrand (E) teilt. σ

z

ì

σ

i

b

a

n

Abbildung 2.1.3-2: Konstituentenmodell - Beispielwort Silben Anfangsrand (oder „onset" in der anglophonen Literatur) und Endrand („coda") können komplex sein. Ob der Nukleus verzweigend sein kann, ist umstritten. Maas (1999) nimmt an , daß der Nukleus einstellig ist. Verzweigende Nuklei finden sich bei Wiese (1996) und Becker (1998). Für die Annahme eines einstelligen Nukleus sprechen u.a. silbenstrukturelle, phonotaktische Gründe: Nach Kurzvokalen kann im Endrand einer Silbe genau 1 Konsonant mehr stehen als nach Langvokalen oder Diphthongen. Nimmt man nun an, vokalische Länge und 2. Teile von Diphthongen, die mögliche Besetzungen eines verzweigenden Nukleus sind, seien im Endrand einer Silbe anzusiedeln, dann stimmen die Expansionen der Endränder bei Kurzvokal, Langvokal und Diphthong überein.

11 Ein flaches Modell der Silbe liefert die CV-Phonologie (Clements & Keyser und 1983). Hier werden keine Zwischenebenen innerhalb der Silbe angenommen. Alle Silbenbestandteile stehen hierarchisch auf einer Ebene. σ

C

C

V

C

C

k

1

a

ι

η

Abbildung 2.1.3-3: CV-Modell nach Wiese 1996 - Beispielwort klein In diesem Modell markiert ein [V] auf der CV-Ebene den Kern einer Silbe, während ein [C] Randpositionen repräsentiert 6 . Die Einteilung der Silben in unterschiedliche Typen geschieht i.d.R. primär in Bezug auf die Verbindung der Silben mit dem Akzent. Eine weit verbreitete Einteilung erfolgt in betonte und unbetonte Silben. Maas (1999) sieht 3 mögliche Silbentypen fur das Standarddeutsche: 1. 2. 3.

prominente Silbe, mit obligatorischem Anfangs- und Endrand. nicht-prominente, nicht-reduzierte Silbe, mit obligatorischem Anfangs- und fakultativem Endrand. Reduktionssilbe, mit fakultativen Anfangs- und Endrand, wobei leere Anfangsränder wie in [7e:.a], Ehe oder [?au.a], Aue sehr selten sind.

Die Abfolge von prominenter und reduzierter Silbe führt zur Bildung eines trochäischen Fußes, der im Deutschen den bevorzugten Rhythmus darstellt. Als Kern der Reduktionssilbe kommt das Schwa oder ein silbischer Sonant in Frage. Im Standarddeutschen wird in den beiden anderen Silbentypen der Kern durch einen der 15 Vollvokale oder durch Diphthong (bzw. durch dessen ersten Teil bei einstelliger Wertung des Kerns) gebildet. Vennemann (1990) nimmt hingegen die Unterscheidung in nur 2 Silbentypen vor, die sich durch die Belegung des Nukleus also nicht über den Akzent definieren: Ist der Nukleus durch Schwa [a] oder durch einen silbischen Sonanten belegt, spricht er, ähnlich wie Maas, von einer „reduzierten Silbe". In allen anderen Fällen (d.h. dann, wenn ein „Vollvokal" den Nukleus besetzt) haben wir es mit eine „Vollsilbe" zu tun. Für die vorliegende Untersuchung ist die Annahme von lediglich 2 Silbentypen, wie Vennemann sie vorschlägt, dann ausreichend, wenn man davon ausgeht, daß Silbenschnittkontraste nicht auf betonte Silben beschränkt, sondern auch in unakzentuierten Silben zu finden sind, wenn diese einen Vollvokal als Kern haben. Wie in der Einleitung bereits angesprochen ist es nicht Ziel der Arbeit, dieser umstrittenen These bzgl. des Vorkommens eines Silbenschnittkontrastes nachzugehen. Unumstritten ist, daß in akzentuierten Silben im Standarddeutschen ein Silbenschnittkontrast besteht, weshalb diese Silben auch 6

Auf Silbenmodelle wird im Zusammenhang mit der phonologischen Repräsentation des Silbenschnittes ( Kap. 3.4) genauer eingegangen.

12 im Zentrum der empirischen Untersuchungen der vorliegenden Arbeit stehen. Daraus folgt, daß eine Unterscheidung der Silbentypen nach ihrem Grad der Akzentuierung unumgänglich ist. Aus der zweiten in der Einleitung bereits formulierten Prämisse, daß das Datenkorpus aus trochäischen Strukturen besteht, wobei die zweite Silbe eine reduzierte Silbe ist, folgt, daß auch eine Unterteilung der nicht-akzentuierten Silben in Reduktionssilben (mit Schwa oder silbischem Sonanten als Kern) und nicht-betonte Silben mit einem Vollvokal als Kern notwendig ist. Aus diesem Grunde scheint mir für die vorliegende Untersuchung die Einteilung nach Maas (1999) die zweckmäßigste.

2.2 Phonetisch-phonologische Forschungen in der Dialektologie

Die deutsche Sprache ist nach allgemeiner Meinung (vgl. z.B. Ammon 1991, Dittmar 1997) keine einheitliche Sprachform, sondern die Summe der in ihr anzutreffenden Varietäten. Diese Varietäten lassen sich nach unterschiedlichen Ordnungsdimensionen klassifizieren, die z.B. unter den Etiketten diatop, diastratisch, diaphasich und diachron diskutiert werden. Diatopisch zu differenzierende Varietäten des Deutschen können z.B. abhängig von der kommunikativen Reichweite beschrieben werden. Eine einfache Unterteilung, die in den Veröffentlichung des Instituts für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim Anwendung findet, unterteilt regionale Sprachformen in vier „Kategorien der Sprachschicht" (vgl. Gesamtkatalog der Tonaufnahmen des Deutschen Spracharchivs I 1992: 4), in Schriftsprache/Hochdeutsch, Umgangssprache7, Mundart und Mischsprache. Abhängig von Bildungsstand und Alter der Sprecher sind Dialekt und Umgangssprache (in diesem Fall unter sozialen Aspekten) weiter differenziert. Die Unterscheidung zwischen Hochsprache und Dialekt scheint aufgrund der modernen gesellschaftlichen Verhältnisse, die durch Mobilität und geändertes Sprachverhalten der Mitglieder der Gruppe gekennzeichnet ist, immer mehr zu verschwimmen. Während man etwa noch zur Jahrhundertwende insbesondere in weiten Teilen Norddeutschlands eine deutliche sprachliche Zweiteilung in niederdeutschen Dialekt und hochdeutscher Standardsprache ausmachen konnte, ist inzwischen wohl von einem sprachlichen Kontinuum auszugehen, daß von einem reinen Dialekt, so noch existent, über mehr oder weniger dialektal bzw. regional gefärbte Zwischenstufen bis hin zum reinen Standard fuhrt. Bellmann (1983: 117) spricht in diesem Zusammenhang von einer „Entglossierung", die sich in der Annäherung von Dialekt und Standardsprache äußert. Diese Beobachtung läßt sich nicht nur in Nordeutschland machen. Vielmehr scheint dies eine allgemein feststellbare Entwicklung zu sein (vgl. Auer 1986 und zuletzt Dureil 1998). Diese Entwicklung zu stärkerer Ausdifferenzierung der Varietäten mit der Folge einer Abnahme von reiner dialektalsprachlicher Kompetenz ist eine der Ursachen für den insgesamt festzustellenden Rückgang der Zahl empirischer dialektologischer Arbeiten. Zwar kommt es, wie Wiesinger (1994) feststellt, in den den letzten 30 Jahren unter methodischen Ge-

7

Zur Problematik des „Umgangssprache"-Begriffes vgl. Bichel 1980, Jakob 1985.

13 sichtspunkten zu einer sehr großen Vielfalt an Arbeiten8, jedoch nimmt die Gesamtzahl der Untersuchungen verglichen mit dem Jahren vor 1970 ab. Die dialektologische Forschung von der Jahrhundertwende bis etwa in die 50-er Jahre war in erster Linie sprachhistorisch und nach junggrammatischem Vorbild lautgesetzlich orientiert (vgl. Reiffenstein 1982). Ortsgrammatiken (z.B. die „Emsländische Grammatik,, von Schönhoff aus dem Jahr 1908, die auf einer Beschreibung des Dialektes der Ortschaft Lathen/Ems basiert) oder großräumiger angelegte Untersuchungen waren in erster Linie Laut- und Formenlehren. Dialektologisch zu forschen meinte in erster Linie phonetischphonologisch zu forschen, mit dem Ziel, Grenzen zwischen Sprachräumen zu entdecken und eine Erklärung für die Bildung von Sprachräumen aus einer diachronen Perspektive zu ermöglichen. In den 50-er Jahren begannen systematische strukturalistische Arbeiten, die in erster Linie das synchrone Sprachsystem im Auge hatten. U.a. wurde angeregt an, eine Einteilung der Dialekte auf der Basis von strukturellen Eigenschaften derselben vorzunehmen (vgl. Peter Wiesinger 1983a). Das Sprachsystem rückte mehr und mehr in den Vordergrund, d.h. die Ermittlung von Phoneminventaren wurde zu einem Forschungsschwerpunkt. Die in den 70-er Jahren in der Dialektologie Fuß fassende generative Phonologie, und insbesondere die aus ihr hervorgegangene natürliche generative Phonologie hatte es sich zum Ziel gesetzt, Dialekte mit sehr einfachen Regelapparaten und unter Verwendung universeller, natürlicher phonetischer Prinzipien zu beschreiben. Die Wirkung des Generativismus auf die Dialektologie blieb jedoch sehr schwach, u.a. da die Darstellung von Phonemen als Merkmalsbündel sich fur die Dialektologie als ungeeignet erwies, wie Wiesinger feststellt (1994: 10). Werfen wir einen Blick auf Ergebnisse dialektologischer Forschung im Bereich der Phonetik/Phonologie : In Bezug auf Lautsysteme, d.h. auf segmentale Eigenschaften von regionalen Varietäten, sind die phonetisch-phonologischen Forschungen weit fortgeschritten. Die Lautinventare der Ortsdialekte sind umfassend erforscht und beschrieben. Großräumigere Untersuchungen z.B. zu regionalen Auffälligkeiten in der gesprochenen deutschen Standardsprache sind jedoch noch selten (z.B. König 1989, 1997; Merill 1975) oder berücksichtigen nur einzelne Aspekte des phonologischen Systems (z.B. Bonnin 1964, Stearns/Voge 1979). Die prosodischen Phänomene sind aufgrund der z.T. schwer zu operationalisierenden Meßmethoden nur sehr schlecht erforscht. Einige Suprasegmentalia sind phonetisch so komplex, daß in empirischen Untersuchungen oft eine Reihe von möglichen Einflußfaktoren kontrolliert werden muß. Die Dauer von Vokalen war Thema einiger Arbeiten: Zwirner (1959) stellte eine großräumig angelegte Untersuchung vor, in deren Verlauf in 34 Orten in ganz Deutschland (in den Grenzen von 1937) die mittlere Dauer von phonologischen Kürzen und phonologischen Längen ermittelt und aus beiden ein Quotient gebildet wurde. Es gelang Zwirner, eine Dialektkarte auf der Basis der von ihm errechneten Ergebnisse zu erstellen, in der homogen Isoglossen bzgl. der Quantitätenopposition eingetragen werden konnten: Während im Südosten des untersuchten Gebietes (d.h. in Bayern) geringste Quantitätenunterschiede ermit8

Wiesinger (1994) unterscheidet traditionelle, strukturalistische, generative, strukturgeographischstrukturhistorische und kommunikativ-dialektologische Untersuchungen, die eindimensional oder mehrdimensional in Bezug auf die Beschreibungsebene, synchron oder diachron, punktuell oder areal ausgerichtet sind.

14 telt wurden, ergaben sich für den Norden (Bremen) und Mittelwesten (Mannheim) sehr hohe Werte. Eine von Bethge (1963) durchgeführte Überprüfung der Ergebnisse zeigte, daß nicht allein regionale Faktoren die Differenzierung der Vokale in dem Faktor Quantität beeinflussen, sondern auch das Alter der Sprecher. Bethge stellte fest, daß ältere Personen (über 60-jährige) große Differenzierungen vornehmen als jüngere (unter 30-jährige). Auffälligkeiten in Bezug auf den Akzent wurden von Frings (1916) und Bach (1920) für moselfränkische/ripuarische Dialekte festgestellt. Die sog. „Schärfung" oder „rheinische Akzentuierung" wurde umfassend phonetisch von Schmidt (1986) untersucht. Unterschiede in Vokaldauer und Tonhöhenverlauf bei ein- oder zweisilbigen Wörtern, in denen Langvokal, Liquid oder Nasal anzutreffen sind, weisen in Dialekten des Ripuarischen und Moselfränkischen bedeutungsdifferenzierende oder grammatische Funktion auf. Die Satzintonation wurde bislang in unterschiedlichen Einzelmundarten untersucht, z.B. von Van de Kerckhove (1948) fur Rostock, Kufner (1961) für München oder Gericke (1963) für Leipzig. Vielfach konnten in den Untersuchungen funktionale Aspekte der Satzintonation unterschieden werden, so z.B. von Kufner die Verwendung von progredienten, terminalen oder interrogativen Mustern in der Stadtmundart von München. Heike (1969) versuchte mit einigem Erfolg, mittels Perzeptionstests expressive Kategorien in der Kölner Stadtmundart an Charakteristiken des Intonationsverlaufes festzumachen. In dem DFGProjekt „Untersuchungen zur Struktur und Funktion regionalspezifischer Intonationsverläufe im Deutschen" an den Universitäten Potsdam und Freiburg werden seit 1997 auffällige Intonationskonturen städtischer Varietäten untersucht. Sprachproben aus Hamburg und Berlin wurden phonetisch untersucht und ermittelte regionaltypische Intonationsverläufe wie der „Schleifton" in Hamburg (vgl. schon Köhler 1986) oder der „Springton" im Berlinischen (Selting 1999) durch einen Perzeptionstest überprüft. Erste Ergebnisse zeigen, daß sich typische Intonationsverläufe in unterschiedlichen Regionen Deutschlands entwickelt haben. Empirische phonetische Untersuchungen zur Silbenschnittopposition in deutschen Dialekten sind m W . bislang noch nicht durchgeführt worden. Die in der vorliegenden Arbeit vorgelegten Untersuchungen stellen unter diesem Blickwinkel eine Pionierarbeit dar.

3. Silbenschnitt in der sprachwissenschaftlichen Diskussion

Zu Beginn der 90-er Jahre rückte die bis dahin für einige Jahrzehnte vernachlässigte Kategorie Silbenschnitt insbesondere durch phonologische Arbeiten von Theo Vennemann wieder in den Mittelpunkt einer sprachwissenschaftlichen Diskussion. In den 40-er Jahren (bis etwa in die 70-er hinein) wurden mehrfach Versuche unternommen, eine phonetisches Korrelat des Silbenschnittes zu finden, d.h der Silbenschnitt war Gegenstand phonetischer Untersuchungen. Die Beschreibungen des Phänomens „Silbenschnitt" in Darstellungen zum Deutschen lassen sich auch in gewisser Weise als phonetisch bezeichnen, wie im folgenden noch näher gezeigt werden wird.

3.1 Herausbildung einer Silbenschnittopposition (chronologischer Abriß)

Die sprachhistorische Entwicklung der Silbenschnittopposition wird in der Literatur grundsätzlich im Zusammenhang mit Dehnungs- und Kürzungsvorgängen im Alt- und Mittelhochdeutschen diskutiert. Die wohl am weitesten verbreitete, an der Silbenstruktur orientierte Beschreibung des „Quantitätenausgleiches", die von Dehnung ursprünglicher Kurzvokale in offenen und Kürzung ursprünglicher Langvokale in geschlossenen Silben ausgeht, geht auf Hermann Paul zurück. In ursprünglich geschlossener silbe bleibt stets die kürze, abgesehen von bestimmten konsonantischen einwirkungen [gemeint ist r, rt]; in ursprünglich offener tritt stets dehnung ein, wenn nicht ein consonant + em, en, er, el diesem folgt; wo letzteres der fall ist, stellen sich dehnung und erhaltung der kürze nebeneinander. (Paul 1884: 119) Es lassen sich zwei divergierende Auffassungen bzgl. des Auftretens einer Silbenschnittopposition im Deutschen festmachen, wobei die eine (Reis 1974) davon ausgeht, daß im Althochdeutschen eine Opposition konstituiert ist, die dann zum Neuhochdeutschen hin verloren geht, während die andere (Becker 1998) erst im Neuhochdeutschen einen Silbenschnittkontrast annimmt. Beide Positionen sollen im folgenden kurz skizziert werden. In der ältesten belegten deutschen Sprachstufe, dem Althochdeutschen, lassen sich nach Marga Reis (1974) Merkmale einer Silbenschnittsprache erkennen. Vorläufer des Althochdeutschen zeigen eindeutig Merkmale von Quantitätensprachen bzw. bauen vorhandene Merkmale sogar noch aus. Im Übergang vom Indogermanischen zum Germanischen findet eine Veränderung im Wortakzent statt. Im Indogermanischen ist ein beweglicher Akzent anzunehmen, der bei der Flexion eines Wortes von einer Silbe zu einer nächsten wechseln konnte. Dieser wurde im Germanischen durch einen starken Druckakzent (auch als „dynamischer Akzent" bezeichnet) auf der ersten Silbe des Stammes ersetzt, was eine Schwächung unbetonter Silben zur Folge hatte. Im Deutschen ist diese Schwächung insbesondere noch im Übergang vom

16 Althochdeutschen zum Mittelhochdeutschen augenfällig. Vokale in unbetonten Nebensilben werden zu Schwa [a] abgeschwächt, z.B. ahd. gilaubiu - almahtigon - erda (nhd. Glaube - Allmächtiger - Erde) wird zu mhd. geloebe - almechtigen - erde. Das heutige Deutsch weist, mit Ausnahme von einigen Präfixen, die die Betonung an sich ziehen, manchen Fremdwörtern und wenigen dreisilbigen, nativen deutschen Wörtern wie z.B. Fo'relle, einen starken Anfangsakzent auf. Nach Reis (1974: 223ff.) lassen sich die Vokalsysteme (hier nur Monophthonge) des Spätgemeingermanischen und des darauf folgenden Westgermanischen in etwa wie folgt beschreiben: Im Spätgemeingermanischen existiert in Haupttonsilben (in der Terminologie von Reis) eine Opposition von Lang- und Kurzvokalen. Wissenschaftlich gesichert ist das Vorkommen von /a/, /i/, /u/, /e:2/, /o:/, /u:/ und /i:/. Des weiteren entscheidet sich Reis für die Annahme eines /e/ im Kontrast zu Iii. Die Rekonstruktion der Nebensilbenvokale im Spätgemeingermanischen fuhrt zu folgendem Inventar: Iii, Id, /a/, /u/, wobei starke allophonische Variation für alle 4 Vokale anzunehmen ist. Zu diesen kurzen Vokalen treten mindestens 6 Langvokale in Nebentonsilben hinzu, und zwar /i:/, /i:/, /e:/, /ε:/, /o:/ und h:l. Außerdem sind /u:/ und /u:/ nicht unwahrscheinlich. Damit ist das Vokalinventar in Nebensilben größer als in Haupttonsilben. Insbesondere bei Betrachtung der Langvokale in Nebensilben (diese treten paarig nur durch unterschiedliche Qualitäten getrennt auf) wird deutlich, daß im Spätgemeingermanischen die Qualität der Vokale distinktiv gewesen zu sein scheint. Der Akzent ist im Spätgemeingermanischen nicht-distinktiver, d.h. nicht-phonologischer Anfangsakzent. Im Westgermanischen erfolgt eine Dehnung von Kurzvokalen im betonten Auslaut bzw. Hiat, was dazu führt, daß nur noch lange Vokale im absoluten Auslaut erscheinen. Trubetzkoy (1939) nimmt hier die erste Existenz einer Silbenschnittopposition im Nordwestgermanischen an, die allerdings zu diesem Zeitpunkt noch allophonisch ist. Daraus ergibt sich folgendes Schema (Die Tilde [~] symbolisiert sanften, der Bindestrich [-] scharfen Schnitt): (3-1)

spätgemgerm. spätgemgerm.

VCV VCC(C) V

nordwestgerm. V~CV nordwestgerm. V-CC(C) V

Das Althochdeutsche (zugehörig zu den nordwestgermanischen Sprachen) ist auch für Marga Reis die Sprachstufe des Deutschen, in der sie aus einem distributionellen Sachverhalt auf die Existenz einer Silbenschnittopposition schließt, denn „nur vollablaufende Vokale kommen im ungedeckten Auslaut vor" (Reis 1974: 203), d.h. im Hiat und im absoluten Wortauslaut stehen im Althochdeutschen nur noch „Langvokale" (bzw. sanft geschnittene Vokale). Sie nimmt des weiteren an, daß sanfter Schnitt vor Einfachkonsonanz und scharfer Schnitt vor Mehrfachkonsonanz stehe. Im gesamten Westgermanischen findet in bestimmten Umgebungen eine Konsonantengemination (die sog. „Westgermanische Konsonantengemination") statt. Konsonanten erscheinen in der Schrift verdoppelt, in der gesprochenen Sprache gelängt, z.B. got. bidjan (nicht geminiert) - as. biddian - ahd. bitten. Zum Neuhochdeutschen hin wurde die geminatische Wertung der Konsonanten mit regionalen Ausnahmen wieder aufgegeben. Folgende Regelmäßigkeiten lassen sich festhalten (nach Frey 1994: 38): 1. 2.

vor j und w werden alle Konsonanten (außer r) geminiert vor /, r, η werden nur die stimmlosen Plosive ρ, t, k geminiert.

17

Frey erklärt die Herausbildung von Geminaten als Verbesserung einer ansonsten unpräferierten Silbenstruktur, die in obigem Beispiel im Gotischen noch vorhanden ist. Demnach ist der präferierte Typ einer Silbe der, in dem im Anfangsrand ein Konsonant mit möglichst geringer Sonorität (oder „hoher konsonantischer Stärke", wie Frey in Anlehnung an Vennemann und andere schreibt) steht und der Endrand leer ist. Im gotischen Beispiel bid.jan nun ist der Endrand der ersten Silbe mit einem relativ schwach sonoren Konsonanten belegt, während der Anfangsrand der 2. Silbe einen relativ stark sonoren Konsonanten aufweist. Durch Verdoppelung des schwach sonoren Konsonanten wandert dieser in den Anfangsrand der Folgesilbe und gleicht das Mißverhältnis im Silbenkontakt aus. Die Gemination fuhrt zu einer phonologisch relevanten Veteilung von sanft geschnittenen Vokalen mit folgender Einfachkonsonanz und scharf geschnittenen Vokalen mit folgender Geminate. Die zahlenmäßige Überlegenheit stimmloser Plosive (Tenues) in einer geminatischen Position gegenüber alten, vorgermanischen Geminaten (gebildet durch s, m, l, n, r) läßt zudem eine Korrelation zwischen geminatischen Auftreten und Stimmlosigkeit entstehen. Die Opposition stimmhaft-stimmlos löst schließlich mit dem Verlust der Geminaten zum Neuhochdeutschen hin die Opposition EinfachkonsonanzGeminate ab. Die Entwicklungsschritte lassen sich wie folgt zusammenfassen: • •





im frühen Althochdeutschen Dehnung von Langvokalen in offener Tonsilbe. Einfachkonsonanz korreliert mit sanftem, Mehrfachkonsonanz mit scharfem Schnitt. im gesamten Westgermanischen werden insbesondere einfache Tenues (stl. Plosive) geminiert. Der Gegensatz sanfter Schnitt + Einfachkonsonanz vs. scharfer Schnitt + Geminate wird etabliert. die zahlenmäßig überlegenen geminierten Tenues lassen den Kontrast Geminate + Stimmlosigkeit vs. Einfachkonsonant + Stimmhaftigkeit stark hervortreten. Die Stimmhaftigkeit tritt gegenüber dem Gegensatz Geminate vs. Einfachkonsonanz in den Vordergrund. im ausgehenden Althochdeutschen werden die Geminaten gekürzt. Die zuvor an das Paar Geminate vs. Einfachkonsonanz gebundene Silbenschnittopposition korreliert nun mit der Stimmhaftigkeitsopposition.

Es existieren im Westgermanischen noch zahlreiche Fälle, die mit dem dargestellten System unverträglich sind. Es kommt hier noch im Althochdeutschen zu einem Ausgleich, der insbesondere stimmhafte Geminaten (bb, dd, gg werden zu pp, tt, kk entstimmlicht) und stimmlose Einfachkonsonanten betrifft ( f , s, th, χ werden zu v, dh, z, R). Das Ergebnis dieser Entwicklung ist, daß ein Gleichgewicht zwischen Silbenschnittart des Vokals und Stimmhaftigkeit des Folgekonsonanten im Althochdeutschen erreicht ist. Über die Silbenschnittart werden dann die Dehnungs- und Kürzungsvorgänge in betonten Silben geregelt. Marga Reis gelingt also eine silbenunabhängige Beschreibung des Quantitätenausgleiches im Deutschen, indem sie diesen von der Silbenschnittart der betroffenen Vokale abhängig macht, die sie direkt aus der Folgekonsonanz ableiten kann. Jedoch lassen sich nicht alle Dehnungs- und Kürzungsvorgänge durch die Silbenschnittart erklären, wie die folgenden Fälle ursprünglicher, im Althochdeutschen fest angeschlossener Langvokale zeigen: scha. ch, slo.z, bo:t, sla.fen. Marga Reis argumentiert hier, daß die Qualität der Vokale die

18 entscheidende Einwirkung auf deren weitere Entwicklung bzgl. der Vokalquantität im Stamm genommen hat, in dem Sinne, daß ungespannte Vokale gekürzt wurden (im Falle von Schach und Schloß) und gespannte trotz festem Anschlusses und stimmloser Folgekonsonanz erhalten blieben (Boot und schlafen). Die distinktive Bedeutung der Qualität, die Reis für das Neuhochdeutsche annimmt, wird bereits im Althochdeutschen begründet und ist im Neuhochdeutschen duch die Korrelation zwischen Qualität und Quantität in akzentuierten Silben praktisch vollendet. Der Silbenschnitt korreliert zwar im heutigen Standarddeutschen, wie im übrigen auch zu großen Teilen die Unterscheidung der Folgekonsonanz in stimmlos vs. stimmhaft, mit der Qualität der Vokale, hat aber keinen distinktiven Charakter mehr, so Reis. Auch die Quantität (nur in betonten Silben, d.h. der Akzent interagiert mit der Vokalqualität als distinktives Merkmal) sei direkt aus der Qualität der Vokale ableitbar. Zu kritisieren ist hier, daß Reis davon ausgeht, daß qualitative Differenzierungen auch in unbetonten Silben anzutreffen sind, wobei aber Fälle wie Forelle oder lebendig mit gespannten Vokalen in unbetonten Silben wohl eher die Ausnahme sind. In der überwiegenden Zahl der Fälle sind Vokale in der genannten Position ungespannt. Zudem ist fraglich, ob die Quantität tatsächlich auch bei den Vokalen /a/ und /ε/, die keine bzw. geringe qualitative Differenzierungen in Minimalpaaren wie - bzw. - aufweisen, aus der Qualität ableitbar ist. Deswegen ist der distinktive Status der Qualität wie Reis ihn postuliert sicher nicht unumstritten. Becker geht in seiner Rekonstruktion der Entwicklung des Silbenschnittes im Deutschen vom Althochdeutschen aus. Demnach kann für das Althochdeutsche ein prosodisches System angenommen werden, das dem der nordischen Sprachen (Altnordisch) und dem des heutigen Finnisch entspricht. Es existierten vokalische und konsonantische Quantitäten, die unabhängig voneinander und unabhängig vom Akzent vorkommen. Die konsonantische Quantität ist zum Neuhochdeutschen hin verloren gegangen. Vokalische Quantität ist abhängig vom Akzent, d.h. nur in betonten Silben ist im Deutschen eine Quantitätenopposition festzustellen. Die Verhältnisse im frühen Althochdeutschen skizziert Becker in etwa wie folgt: •

• • •



in Tonsilben existieren Vokal- und Konsonantenlänge unabhängig voneinander (z.B. lahan, verbieten - li.han, leihen - lahhan, Tuch - li.hhan gefallen; Zeichensatz von mir geändert). Nach Langvokalen besteht die Tendenz zur Kürzung einer Geminate. auch in unbetonten Silben sind Langvokale vorhanden (z.B. ma:lo:n, anklagen). auch nach unbetonten Vokalen können lange Konsonanten auftreten (z.B: solihhe:r, solcher). Hier ist eine Tendenz zur Kürzung der Geminaten festzustellen. konsonantische Gemination kommt nur intervokalisch vor, d.h. auslautend bzw. vor Konsonant (z.B. in flektierten Formen) werden Geminaten zu einfachen Lauten (z.B: rinnan / ran, rinnen / rann). vor Vokal (d.i. im Hiat) kommt lediglich Langvokal, niemals aber Kurzvokal vor (z.B. fi.ant, Feind).

Im Spätalthochdeutschen sind Geminaten nach Langvokal nicht mehr vorhanden. Im Mittelhochdeutschen sind grundsätzlich jedoch Langvokale und auch Geminaten in unbetonten (i.d.R. nebentonigen) Silben noch zu verzeichnen. Die bereits angesprochene Reduktion der unbetonten Silben führt jedoch zum Verlust von konsonantischer und vokalischer Länge in Nebensilben. Dieser Prozess ist erst im Neuhochdeutschen

19 abgeschlossen, ebenso wie die durch den dynamischen Akzent bewirkte „ambisilbische Schließung oder Dehnung kurzer offener Tonsilben" (Becker 1998: 72), die zur Herausbildung einer Silbenschnittopposition führt. Im Übergang vom Mittelhochdeutschen zum Frühneuhochdeutschen treten einschneidende Veränderungen ein, die den Vokalismus betreffen. Neben der frühneuhochdeutschen Diphthongierung (i:, ü:, u: werden zu ei, eu, au) und Monophthongierung (ie, uo, üe werden zu /':, u:, ü:) ist dabei hier an erster Stelle die schon angesprochene Vokaldehnung, d.h. die Dehnung kurzer mhd. Vokale in offener Silbe zu nennen, z.B. von mhd. faren, vogel mit kurzem erstem Vokal zu fnhd. fahren - ['fo:.gal], Vogel. Mit diesem Prozeß sind die phonotaktischen Regularitäten für den Silbenschnitt vollständig, d.h. in offener Tonsilbe kommen lediglich gedehnte Vokale vor, kurze Vokale sind in einer Tonsilbe nur dann vorhanden, wenn diese geschlossen ist. In Fällen wie /bekan/, Becken wird die gedeckte Stellung dann durch einen ambisyllabischen (oder „ambisilbischen", in der Literatur gelegentlich auch als „Silbengelenk" bezeichneten) Konsonanten erreicht. Becker (1998: 72) betont, daß das Deutsche erst in dem Augenblick zur Silbenschnittsprache wurde, als die phonotaktischen Regeln die ambisyllabische Nutzung von Konsonanten nach Kurzvokal in offener Silbe gestattete, also in Neuhochdeutschen. Im heutigen Standarddeutschen ist die Silbenschnittopposition für Becker distinktiv und qualitative bzw. quantitative Ausprägungen der Vokale aus ihr ableitbar. Tatsächlich lassen sich nach dem System von Becker (vgl. auch Kap.2.2.1) qualitative und quantitative Ausprägungen der Vokale des Standarddeutschen sehr schön aus den unterschiedlichen Silbenschnittarten ableiten, so daß auch seine Darstellung der diachronen Entwicklung der Silbenschnittopposition, an deren Ende ihre Etablierung im Neuhochdeutschen steht, gegenüber derjenigen von Marga Reis, die den distinktiven Status des Silbenschnittes im heutigen Standarddeutsch bezweifelt, an Plausibilität gewinnt. Maas (1999), um einen weiteren Autor zu nennen, der sich mit der Herausbildung der Silbenschnittopposition befaßt hat, betrachtet die Entstehung der Silbenschnittopposition auch aus Sicht einer unterschiedlich starken Ausprägung des Kontrastes in dialektalen Varianten des Deutschen. Zunächst einmal geht er davon aus, daß die Quantität durch die Entstehung der Silbenschnittopposition ihren phonologischen Status eingebüst hat. Die artikulatorischen Unterschiede sind nunmehr stark an die konsonantische Umgebung (Kurzvokale stehen vor Fortis-, Langvokale vor Leniskonsonanten, im Auslaut und im Hiat vor anderen Vokalen) gebunden, der vokalische Dauerkontrast wurde minimiert. Maas spricht unter Bezug auf Messungen von Zwirner (1959) von einem „Quantitätengefälle" (ebd.: 213f.) im deutschen Sprachraum mit den Polen Wien (keinerlei Quantitätenkontrast mehr feststellbar) und Bremen (Quantitätenkontrast im Verhältnis von ca. 2:1 bei Lang- vs. Kurzvokalen). Wo Quantitätenkontrast noch vorhanden ist, dort hat er, so Maas, nur unterstützende, keine primäre, phonologische Funktion. Im Südwesten des deutschen Sprachgebietes jedoch scheint ein neu entstandener Quantitätenkontrast die Silbenschnittopposition als phonlogisch relevante Größe abgelöst zu haben.

20

3.2 Beschreibung des Phänomens

Seit d e m frühesten Auftreten des Silbenschnittes in wissenschaftlichen Arbeiten z u m Deutschen scheint sich bis heute an der Beschreibung des Phänomens grundsätzlich nichts geändert zu haben. Die Art des Überganges v o n d e m betrachteten V o k a l a u f einen folgenden Konsonanten steht i m Mittelpunkt aller einleitenden Erwähnungen des Silbenschnittes. N a c h B e c k e r ( 1 9 9 8 : 5 7 ) ' stammt die älteste Beschreibung, die mit d e m Silbenschnitt in Verbindung zu bringen ist, von Ickelsamer ( 1 5 3 4 ) : wo man den laut lang und wol dehnet / und nit bald dauon abschnapt / da verzeret sich unnd verschwindet durch solchen deutlichen laut / die scherpff des nachgeenden büchstabens, als Man / den / Wa man aber behend und gleich mit ainem gewalt und sturmm über den laut auff den mitstymmer springt / als im Mann / dann / da man den laut auß behender nennung kaum hört / gschicht ain solche scherpff oder sterck der zwaier zusamen geschlagner mitstymmer / dann die lautbüchstaben sein waich / und wa man sy lang zeühet / machen sy ain waiche stymm / Die mitstymmer aber sein scharpff / da rumb geben sy solche sterck / gleych wie man zway harte ding / stain / holtz / oder eysen auf einander stost (Ickelsamer 1534 - zitiert nach Becker 1998: 57) Ickelsamer bringt die Dauer („wo m a n den laut lang dehnet") mit der Art und W e i s e des „Sprunges" auf den folgenden Konsonanten in Verbindung. Adelung ( 1 7 9 0 ) beschreibt die Silbenschnittopposition unter starkem B e z u g a u f die Folgekonsonanz. E s sei zu beobachten, daß alle Silben mit einem ungefähr gleichen Zeitmaße ausgesprochen werden, daß aber in manchen die Stimme länger auf dem Vocale verweilet, und alsdann schnell über den folgenden Consonanten hinschlüpft, hingegen in andern schnell über den Vocal hineilet, sich aber dafür desto stärker bey den End-Consonanten aufhält, und wenn sie deren nur Einen findet, ihn mit doppelter Stärke und Verweilung ausspricht, das heißt, daß sie bey einem gedehnten Vocale die folgenden Consonanten kürzer und schwächer, bey einem geschärften aber länger und stärker ausspricht. (Adelung 1790: 216) Adelung sieht also nicht allein in der Dauer der Vokale sondern insbesondere in der Stärke und Dauer der Folgekonsonanz den Unterschied zwischen den beiden Silbenschnittarten. B e i Sievers findet sich die Definition der „geschnittenen A c c e n t e " . E r beschreibt die Übergangsphasen zwischen Vokal und Konsonant wie folgt: Die geschnittenen Accente zerfallen in 2 Unterabtheilungen: 1. Der energisch geschnittene Accent [...]. Hier wird der Vocal durch den folgenden Consonanten noch in dem Momente seiner größten Stärke geschnitten [...]. [Der energisch geschnittene Accent] steht vorzugsweise vor Fortes, und zwar wiederum besonders auf kurzen Vocalen. 2. Der schwach geschnittene Accent [...] ist den meisten unserer langen Vocale und Diphthonge [...] sowie den Vocalen unbetonter Silben eigen. Hier tritt die Abschneidung des Vocals erst in einem Momente ein, wo dessen Intensität sehr geschwächt ist. (Sievers 1872: 115f.)

1

Becker selbst zitiert Restle (1998: 12). Das Zitat von Ickelsamer wurde in Anlehnung an Müller (1882: 154f.) wiedergegeben.

21 Jespersen (1926) fuhrt die Begriffe „fester" und „loser Anschluß" fur Sievers' „energisch" und „schwach geschnittenen Accent" ein und beschreibt die Art, wie ein Konsonant mit einem vorangehenden Vokal verbunden wird, folgendermaßen: [...] [K]ommt er [der Konsonant, H.S.] schnell und bricht den Vokal in dem Augenblick ab, wo dieser am kräftigsten gesprochen wird, haben wir 'festen Anschluß' [...]; wenn er dagegen erst einige Zeit nach der kräftigen Aussprache des Vokals kommt, wenn der Vokalklang also schon vor Eintritt des Konsonanten etwas geschächt ist, so haben wir 'losen Anschluß' [...]. (Jespersen 1926: 202)

Im Norddeutschen setzt Jespersen eine Opposition von festem (nach Kurzvokal in betonter Silbe) und losem Anschluß (nach Langvokalen und Diphthongen) an. Das Süddeutsche hingegen zeigt nach Jespersen eine „starke Neigung zu losem Anschluß" (ebd.: 203) und ist mit dem Französischen in dieser Beziehung vergleichbar. Englisch hat ebenso wie das Deutsche eine Anschlußopposition, wohingegen Jespersen fur die romanischen und slawischen Sprachen annimmt, diese weisen nur losen Anschluß auf. Trubetzkoy bestimmt die Silbenschnittopposition als ,,prosodische[n] Anschlußgegensatz" (1939: 196) und die Vokaldauer als „phonetische Folgeerscheinung" (ebd.). Beim festen Anschluß setzt der Konsonant in einem solchen Augenblicke ein, wo der Vokal noch nicht den Höhepunkt seines normalerweise steigfallenden Ablaufes überschritten hat, während beim losen Anschluß der Vokal noch vor dem Einsatz des Konsonanten zur Gänze abläuft. [...] daher muß der sogenannte „geschnittene" Vokal kürzer als der normal ungeschnittene Vokal sein. (Trubetzkoy 1939: 196)

Trost (1970) stellt die Silbenstruktur in den Vordergrund seiner Thesen. Er hält die Silbenbildung fur verantwortlich für die Ausprägung der Art des Silbenschnittes, da in Wörtern wie fassen oder Kummer die Silbengrenze entweder im Konsonanten oder nach dem Konsonanten angenommen wird, der Kurzvokal also stets in geschlossener Silbe steht. Eine Rückführung eines auditiv wahrnehmbaren Ereignisses auf die Silbenstruktur wird von anderen Autoren (z.B. Reis 1974) aber abgelehnt. Marga Reis (1974) setzt sich in ihrer Betrachtung des Silbenschnittes mit den Thesen Trubetzkoys (s.o.) auseinander. Sie diskutiert Fälle, in denen Vokale vor Mehrfachkonsonanz zu finden sind, wie z.B. Mond oder Papst, und stellt fest, daß unklar sei, von welcher Silbenschnittart, bei eindeutig bestimmbarer Vokalquantität, in diesen Fällen auszugehen ist. Marga Reis geht dann auf Nebentonsilben ein und bemerkt, daß in diesen nur sanfter Schnitt anzunehmen ist, der demnach, anders als in Haupttonsilben, auch mit Kurzvokalen auftreten kann. Dies läßt sie schließen, daß Silbenschnitt nicht allein die Vokaldauer bestimmt. Im Gegenteil nennt sie als distinktive Merkmale, die allein die Quantitäten im Deutschen vorhersagen können, den Akzent und die Vokalqualität und bezeichnet „die Notwendigkeit, losen und festen Anschluß überhaupt distinktiv zu werten [als] durchaus fraglich" (ebd.: 186). Primäres Unterscheidungsmerkmal zwischen Kurz- und Langvokalen ist für Marga Reis die Qualität, die Silbenschnittopposition bezeichnet sie als „subphonematisch" (ebd.: 190). Theo Vennemann ist es zu verdanken, daß die in den Jahrzehnten zuvor praktisch abgelegte Kategorie wieder in den Blickpunkt des wissenschaftlichen Interesses gerückt ist. In ersten Artikeln (1990 sowie 1991a und b) bestimmt er eine Silbenschnittoppositon in Voll-

22 silben (Silben, die einen Vollvokal als Nukleus enthalten, also nicht Schwa [Θ] oder silbischen Sonanten - diese bezeichnet Vennemann als „reduzierte Silben") wie folgt: Full syllables appear with one of two cut prosodies, smooth cut and abrupt cut [...]. The intuitive phonetic correlate of these prosodies are the ways the end of the nucleus is reached: In abrupt syllables the nucleus ends on an intensity crescendo, the decrescendo, if there is one, occuring either in the coda or in the following syllable; by contrast, in smooth syllables the intensity decrescendo begins in the nucleus itself. (Vennemann 1990: 401)

Vennemann unterscheidet nicht zwischen betonten und unbetonten Silben, was bedeutet, das nach seiner Auffassung grundsätzlich in allen Silben außer den reduzierten Silbenschnittkontrast vorhanden ist, also z.B. auch in [hi] und [kus] in dem Wort [hi.'bis.kus], Hibiskus. Dies muß deshalb besonders betont werden, weil es der ansonsten in der sprachwissenschaftlichen Diskussion weit verbreiteten These widerspricht, nach der Silbenschnittkontrast lediglich in betonten Silben gegeben ist. Maas (1999) nimmt an, daß die Silbenschnittopposition auf die betonte Silbe (in seiner Terminologie „prominente Silbe", s.o. Kap. 2.1.3) beschränkt ist. Er beschreibt ähnlich wie Trost die Anschlußarten (in der Sprechweise von Maas, die an Jespersen angelehnt ist) zunächst aus silbenstruktureller Perspektive. Insbesondere in dem problematischen Fall des von ihm unter Zurückweisung der Annahme eines ambisyllabischen Konsonanten angenommenen leeren Endrandes in betonter (prominenter) Silbe (wie z.B. in /ra.ta/, Ratte im Gegensatz zu /ra:.ta/, (ich) rate oder /ran.ta/, (ich) rannte) manifestiert sich die Silbenschnittopposition, d.h der feste Anschluß als silbenstrukturelle Ausnahme. In offener (betonter) Silbe sind grundsätzlich nur Langvokale zugelassen. Maas beschreibt dann die „Extrempole" wie folgt (ebd.: 176f.). Bei einer offenen betonten Silbe „trudelt" der finale Vokal allmählich aus, das Oszillogramm der Lautstruktur ebbt ab. Beim isolierenden Abhören der entsprechenden Segmente verliert sich allmählich die distinktive Vokalqualität eines [a]-ähnlichcn Lautes, der dann selbst in ein mehr oder weniger sonores Geräusch übergeht bis auch dieses verstummt [...]. Hier läßt sich gewissermaßen anschaulich am Oszillogramm/Sonagramm ablesen, wie der Vokal vom Nukleus aus sich in den Endrand der Silbe „ausdehnt". Auf dem anderen Pol steht der Anschluß des Vokals bei einer „geschlossenen" Silbe [...]. Hier wird der betonte [...] Vokal vom folgenden Konsonanten gewissermaßen an einem Punkt seines Lautspektrums abgeschnitten, an dem er (noch) eindeutig sein qualitatives Spektrum [...] hat. In der Regel ist der so „abgeschnittene" Vokal auch kürzer als der „austrudelnde" [...]. (Maas 1999: 176f.)

Die akustischen Beschreibungen lassen sich nur schwer verifizieren. Dies gilt insbesondere für den vom Maas beschriebenen qualitativen Abbau der Vokale unter sanftem Schnitt. Der zu beobachtende Verlust im Sonagramm ist meiner Ansicht nach eher auf einen allmählichen Rückgang der Intensität zurückzuführen und nicht auf qualitative Differenzierungen. Becker (1998: 61ff.) liefert einen Vergleich von Silbenschnittsprachen mit Quantitätensprachen wie dem klassischen Latein oder dem Finnischen. Daraus ergeben sich bestimmte Merkmale von Silbenschnittsprachen (wobei zu bemerken ist, daß Becker Quantiät - neben Gespanntheit - als phonetisches Korrelat des Silbenschnittes betrachtet). U.a. nimmt Becker an, daß Silbenschnittkontrast akzentabhängig und lediglich in betonten Silben zu beobach-

23 ten ist. In diesem Punkt stimmt Becker mit Maas überein. Beide weisen gegenüber Vennemann eine Gegenposition auf. Eine Prämisse, die in den Arbeiten zum Silbenschnitt kaum direkt angesprochen wird, sollte meiner Ansicht nach deutlich gemacht werden. Der sanfte Schnitt kann als „Normalfall" in dem Sinne gelten, daß er nicht die Besonderheit des Silbenschnittkontrastes manifestiert und sich aus diesem Grunde auch in Sprachen ohne Silbenschnittopposition finden läßt, während der scharfe Schnitt als „Ausnahmefall" anzusehen ist und das Vorhandensein von scharfen Schnitt Indikator für die Existenz einer Silbenschnittopposition sein kann. Diese Feststellung ist insbesondere für der Suche nach einem phonetischen Korrelat von Bedeutung. Für die Annahme dieser Prämisse lassen sich folgende Gründe anführen: • •





Wie schon bei Maas (s.o.) ausführlich besprochen, stellt der scharfe Schnitt silbenstrukturell eine Ausnahme dar. Neben Monophthongen können im Deutschen auch Diphthonge (/ai/, /au/ und hif) den vokalischen Kern einer Silbe bilden. Die Diphthonge verhalten sich silbenstrukturell wie „Langvokale". Prosodisch liegt bei ihnen sanfter Schnitt vor (vgl. schon Sievers 1872 und Reis 1974). In Sprachen, die an den deutschen Sprachraum anschließen (z.B. Französisch, vgl. Martinet 1969), liegt häufig keine Silbenschnittopposition vor. Das gilt, wenn man der Forschungsliteratur glauben darf, die sich wohl in erster Linie auf auditiv wahrnehmbare Eindrücke stützt, auch für einige Dialekte in Deutschland, nament-lich im Südwesten des Landes, im Alemannischen. Hier wird in der Literatur i.d.R. von Quantitätenoppositionen ausgegangen. Wie in den benachbarten meist romanischen Sprachen, zeigt sich in alemannischen Dialekten sanfter Schnitt (vgl. Jespersen 1926). Nach Sie vers (1872) manifestiert sich die Silbenschnittopposition in einer unterschiedlichen Behandlung von Schall- und Drucksilbe. Schallsilbe korreliert dabei mit Schallfülle (Sonorität), während die Drucksilbe mit aufgewendeter Energie (Druck, der in der Glottis erzeugt bzw. modifiziert wird) in Bezug zu setzen ist2: >

sanfter Schnitt: Die Drucksilbe zeigt Crescendo und Decrescendo im haupttonigen Vokal. Die Folgesilbe erlebt ebenfalls Crescendo und Decrescendo (d.h. der Drucksilbenverlauf ist zweigipflig über 2 Silben verteilt). Schall Druck

Abbildung 3.2-1: Sievers' Schall- und Drucksilbe - sanfter Schnitt (Schema) - Beispielwort beten

2

Die „Drucksilbe" ist akustisch-phonetisch schwer zu definieren, korreliert artikulatorisch wohl vor allem mit der im glottalen und subglottalen Bereich aufgewendeten Energie. Nach Sievers basiert eine Silbe auf dem Wechsel des Atemdrucks und besteht grundsätzlich aus einem einzigen Druckstoß (Expirationsstoß).

24 scharfer Schnitt: Die Drucksilbe zeigt ein Crescendo im haupttonigen Vokal, das Maximum im Folgekonsonanten und ein Decrescendo im Verlauf der 2. Silbe (d.h. der Drucksilbenverlauf ist eingipflig über die Dauer von 2 Silben).

Schall Druck

Abbildung 3.2-2: Sievers' Schall- und Drucksilbe - scharfer Schnitt (Schema) - Beispielwort Becken Ähnliche Beschreibungen finden sich auch in der neueren Literatur zu diesem Thema, etwa bei Vennemann (1994). Die Übereinstimmung von Schall- und Drucksilbe bei sanftem Schnitt spricht dafür, diesen als den Normalfall zu betrachten, während die Annahme, daß die beiden von Sievers beschriebenen Silbenarten nicht deckungsgleich sind, den scharfen Schnitt als Abweichung charakterisiert. Erwartbares Ergebnis bei den Untersuchungen zum Standarddeutschen im Vergleich mit Sprachen, die keinen Silbenschnittkontrast aufweisen, wäre demnach also, daß Merkmale des sanften Schnittes im Standarddeutsch sich im Gegensatz zu Merkmalen des scharfen Schnittes auch in Nicht-Silbenschnittsprachen finden lassen. Die in diesem Kapitel angeführten Beschreibungen lassen vermuten, daß in erster Linie der Energie- oder Intensitätsverlauf als phonetisches Unterscheidungsmerkmal der Silbenschnittopposition in Frage kommt.

3.3 Auf der Suche nach dem phonetischen Korrelat

Während der Suche nach einem akustischen Korrelat des Silbenschnittes wurden folgende akustische Parameter in Betracht gezogen: •



Dauer. Sanfter Schnitt korreliert dabei mit vokalischer Länge, scharfer Schnitt mit Kürze. Im Hinblick auf die Unterscheidung von Fortis- und Leniskonsonanz und deren Auftreten in Folge von sanft und scharf geschnittenen Vokalen (vgl. Kap. 3.1) kommt auch der konsonantischen Dauer eine besondere Bedeutung bei der Unterscheidung der Silbenschnittarten zu. Fortiskonsonanten weisen eine größere Dauer auf als Leniskonsonanten. Gespanntheit. Unter sanftem Schnitt sind artikulatorisch gespannte (oder „perifere"), unter scharfem Schnitt ungespannte (oder „zentrale") Vokale erwartbar. Die Gespanntheitsopposition läßt sich akustisch-phonetisch auf Formantposition im Sonagramm beziehen.

25 •



Energieverläufe. Die Position eines Energiemaximums im Vokal sollte bei sanftem Schnitt im Vergleich zum scharfen Schnitt weiter vorne im Vokal zu finden sein, da der Vokal den gängigen Beschreibungen zufolge bei sanftem Schnitt sein Energiemaximum überschritten hat, wenn der Konsonant ihn schneidet, während bei scharfem Schnitt der Konsonant in dem Moment einsetzt, in dem der Vokal sein Maximum gerade erst erreicht. Dieses Merkmal ist bzgl. der Beschreibungen des Silbenschnittes als das ur- sprünglichste akustische Merkmal anzusehen. Grundfrequenz. Vokale unter scharfem Silbenschnitt weisen aufgrund von starker Koartikulation mit folgendem Konsonanten steigende, Vokale unter sanftem Silbenschnitt fallende Grundfrequenz auf.

Wie bereits angedeutet legen schon die frühesten Beschreibungen des Silbenschnittes nahe, den Energieverlauf (oder „Intensitätsverlauf') als akustisches Korrelat des Silbenschnittes anzunehmen. Fischer Jorgensen (1941) unternimmt Untersuchungen zum Intensitätsverlauf betonter Vokale im Deutschen. Als Ergebnis stellt sie jedoch keine signifikanten Unterschiede in der Lage der Intensitätsmaxima der „Kurz-" und „Langvokale" im Verhältnis zu deren Gesamtlänge fest (schlesischer Sprecher: „Kurzvokal" bei 51 %, „Langvokal" bei 57 % der gesamten Vokallänge; bayrischer Sprecher: „Kurzvokal" bei 58 %, „Langvokal" bei 53 %). Der Intensitätsverlauf wäre demnach nicht das akustische Korrelat des Silbenschnittes. Durand (1946) unterscheidet die Silbenschnittarten durch verschiedene Verläufe des Luftverbrauches. Für den scharfen Schnitt („coupe brusque") nimmt sie hier einen schwachen Unterschied zwischen Vokal und Folgesilbe an, während dieser bei sanftem Schnitt („coupé lente") größer wird. Fliflet (1962) hält die Vokaldauer fur das primär distinktive akustische Merkmal, das zwischen den Silbenschnittarten unterscheidet. Dies ist das Ergebnis eines Perzeptionstestes, in dessen Verlauf offene bzw. geschlossene Silben erkannt werden sollten. In Testwörtern wurden die Vokal- und Konsonantendauern künstlich verändert. Otto von Essen (1962) untersucht den Silbenschnitt signalphonetisch. Im Gegensatz zu den Beschreibungen von Sievers und Jespersen stellt er fest, daß auch bei scharfem Schnitt der Konsonant „in jedem Fall erst nach dem Überschreiten des Intensitätsmaximums" (ebd.: 592) des Vokals einsetzt. Von Essen glaubt in der Art und Weise des Abklingens der vokalischen Merkmale im Spektrum (d.h. wohl Veränderung der Formantintensität) den Unterschied zwischen Kurz- und Langvokalen manifestiert. Dieser These wird von verschiedenen Seiten widersprochen (u.a. von Fischer-Jorgensen 1969). Fischer-Jorgensen (1969) selbst stellt umfangreiche Untersuchungen zu Luftstrom, Luftdruck, Lippendruck und Dauer an. Als positives Ergebnis hält sie fest, daß die Dauer der Vokale entscheidend für die Perzeption der Silbenschnittart ist. Die Silbenschnittart wird auch experimentell durch die Dauer charakterisiert: Die Dauer der „Kurzvokale" beträgt ca. 46% - 62% der Dauer der „Langvokale". Fischer-Jorgensen führt Perzeptionstests durch, deren Ergebnisse sie zu dem Schluß kommen läßt, daß die Vokaldauer entscheidend ist für die Wahrnehmung der Silbenschnittarten. Heike (1969) bestätigt diese Ergebnisse. Von Fischer-Jorgensen festgestellte Unterschiede in der Dauer von Konsonanten, die auf betonte Vokale folgen, zeigen ein sehr heterogenes Bild. Zwar ist ein Konsonant in Folge eines

26 Kurzvokals länger als nach Langvokal, jedoch sind die Unterschiede weniger groß als zwischen kurzen und langen Vokalen. Im übrigen schwankt die Zunahme der Dauer eines Konsonanten nach Kurzvokal abhängig vom Sprecher erheblich, nämlich zwischen 6% und 74%. Jargensen (1969) untersucht am gleichen Material wie Fischer-Jergensen Intensitätskurven. Die Ergebnisse dieser Untersuchung bestätigen die Annahmen von Essens nicht, nach denen sich die Silbenschnittarten im Abklingen der vokalischen Merkmale im Spektrum unterscheiden. Die Lage des Intensitätsmaximums in Relation zur Gesamtdauer des Vokals scheint ebenfalls nicht entscheidend fur die Unterscheidung der Silbenschnittarten zu sein. J0rgensen widerspricht ebenso von Essens These, nach der der Vokal auch bei scharfem Schnitt erst nach dem Überschreiten seines Intensitätsmaximums von dem folgenden Konsonanten geschnitten wird. Mit diesen Ergebnissen wird Fischer-J0rgensen (1941) bestätigt. Martinet (1969) bringt den Tonhöhenverlauf mit der Art des Silbenschnittes in Verbindung. Aus seinen Ausfuhrungen läßt sich schließen, daß „Kurzvokale" im Übergang zum Folgekonsonanten steigenden Ton, „Langvokale" hingegen fallenden aufweisen. Kohler (1982) bringt in einer Untersuchung zu stimmhaften und stimmlosen Plosiven im Standarddeutschen die auch für die Silbenschnittopposition bedeutsame Unterscheidung fortis-lenis "mit dem Grundfrequenzverlauf in Verbindung. Demnach fällt vokalische Grundfrequenz vor Leniskonsonanz stärker als vor Fortiskonsonanz. Außerdem setzt das Absinken der Grundfrequenz vor Lenis früher ein. Korreliert man Fortiskonsonanz mit scharfem Schnitt und Lenis mit sanftem (vgl. u.a. auch die Sievers'sehe Beschreibung der Verhältnisse in Kap. 3.2), so scheinen die Ergebnisse von Kohler ein stärkeres und früheres Einsetzen eines Grundfrequenzabfalles sanft geschnittener Vokale zu zeigen. Dies steht im Widerspruch zu den Verhältnissen, die Martinet für das Französische nahelegte, jedoch zeigt sich in beiden Fällen ein (stärkerer) Abfall der vokalischen Grundfrequenz genau in dem Fall, wenn Leniskonsonanz folgt. Maas & Tophinke (1993) untersuchen die phonetische Fundierung der Silbenschnittarten, dabei insbesondere den Intensitätsabbau der Vokale (vgl. von Essen), den Verlauf der Grundfrequenz (nach der These von Martinet), die Koartikulation zwischen Vokalen und folgenden Konsonanten sowie qualitative Unterschiede, die sich in der Formantstruktur der Vokale zeigen sollen. Als Ergebnis der Untersuchung läßt sich festhalten: Von Essens Thesen bzgl. des Intensitätsabfalls lassen sich zum Teil, die These Martinets zur Grundfrequenz nur bedingt bestätigen. Die Dauer lehnt Maas (1999) als mögliches Korrelat ab, da diese vom Sprechtempo (und wohl auch von anderen Faktoren wie Wort- und Satzlänge, Position im Satz) abhängig ist und daher grundsätzlich keine objektiv meßbare Einheit darstellt. Willi (1996) wies in einer Untersuchung zu Lenis- und Fortis-Plosiven im Zürichdeutschen unterschiedliche konsonantische Dauern nach. „Fortis-Plosive [p t k] sind nach Sonorlaut im Mittel ca. 70% länger als ihre Lenis-Gegenstücke [b d g]" (ebd.: 195). Die Verhältnisse im Zürichdeutschen lassen sich sicherlich nicht kommentarlos auf das Standarddeutsche übertragen, jedoch scheint es mir wichtig zu sein, die Fortis-Lenis-Unterscheidung unter dem Aspekt einer phonetischen Markierung von Silbenschnitt durch konsonantische Dauerunterschiede nicht aus den Augen zu verlieren. In Untersuchungen zu artikulatorischen Bedingungen der gespannt-ungespanntOpposition deutscher Vokale am Institut für Phonetik und Sprachliche Kommunikation der Universität München (Kroos et al. 1997) konnte nachgewiesen werden, daß ein kinematischer Unterschied bei der Artikulation der beiden Vokalvarianten besteht. Gespannte Vo-

27 kale zeigen 2 Beschleunigungsmaxima, während ungespannte lediglich ein Maximum aufweisen. Kroos et al. bringen diese für das Qualitätsmerkmal [gespannt] erbrachten Ergebnisse direkt mit dem Silbenschnitt in Verbindimg. Mooshammer (1998) konnte in ihrer artikulatorisch-phonetischen Untersuchung mit dem Ziel einer Modellierung der Gespanntheitsopposition im Deutschen Zentralisierungen ungespannter Vokale nachweisen. Diese machen sich in ihrem artikulatorischen Modell wie folgt bemerkbar: „Bei ungespannten Vokalen wird das Gestenziel durch die folgende Vokalgeste abgeschnitten, so daß die Vokalartikulatoren nicht die extreme Position der gespannten Vokale erreichen und der Vokalzyklus zeitlich verkürzt wird" (ebd.: 181). Ihre auf empirischen Untersuchungen zum Deutschen basierende artikulatorische Erklärung des Silbenschnittes ist ohne weiteres auf verbreitete Beschreibungen des Phänomens abbildbar, die Dauer- und Gespanntheitsunterschiede zwischen Vokalvarianten von der Silbenschnittart abhängig machen wollen. Becker (1998) stellt fest, daß phonetische Korrelate des Silbenschnittes Vokaldauer und Zentralisierungsgrad der Vokale sind. Für ihn ist das Problem also nicht die Suche nach dem Korrelat des Silbenschnittes, sondern die nach dem akustischen Merkmal, das die Silbenschnittopposition von der Quantitätenopposition unterscheidet, denn auch für letztgenannte sind Vokaldauer und Zentralisierungsgrad der Vokale akustische Korrelate. In neuesten Untersuchungen tritt ein auf Energiewerte zurückführbares mögliches Korrelat auf: Claßen et al. (1998) untersuchen mögliche Korrelate für eine Wortbetonung im Deutschen, und erzielen erstaunlich klare Ergebnisse mit dem Merkmal Spectral Tilt, das auf die Art und Geschwindigkeit der Unterbrechung des Luftstromes im glottalen Bereich zu beziehen ist und sein phonetisches Korrelat in Differenzwerten von 1. Harmonischer und 2. Formantem bzw. 1. Harmonischer und 3. Formanten hat. Claßen et al. stellen nicht nur für betonte vs. unbetonte Silben unterschiedliche Differenzwerte fest, sondern auch für gespannte vs. ungespannte Vokale. Das Merkmal Gespanntheit weist Korrelationen mit den Silbenschnittarten auf (sanft geschnittene Vokale sind i.d.R. gespannt, scharf geschnittene ungespannt), so daß die Ergebnisse der Untersuchung auch auf diese übertragbar zu sein scheinen. Claßen et al. geben zu diesem Punkt jedoch keine direkten Aussagen ab. Die phonetische Fundierung des Silbenschnittes ist also, um die zitierten früheren Untersuchungen zusammenzufassen, sehr umstritten, und es steht bislang noch eine Untersuchung aus, die tatsächlich ein phonetisches Korrelat nachweist. So kommen auch Marga Reis (1974) und Karl Heinz Ramers (1988) zu dem Schluß, daß die Bedeutung des Silbenschnittes als distinktives Unterscheidungsmerkmal zwischen sog. „Lang-" und „Kurzvokalen" angezweifelt werden darf. Ramers erklärt, die hörbaren Unterschiede bei sanftem und scharfen Silbenschnitt seien auf Vokaldauer oder Gespanntheit rückfiihrbar und folgert daraus, daß der Silbenschnittkontrast als distinktives Unterscheidungsmerkmal der Vokalgruppen ausscheiden könne. Ziel der Untersuchung zum Hochdeutschen in Kap. 4 muß demnach die Suche nach einem akustischen Korrelat des Silbenschnittes sein. Zu Beginn dieses Kapitels wurden als mögliche phonologische Unterscheidungsmerkmale der sog. „Lang-" und „Kurzvokale" neben dem Silbenschnitt Quantität und Qualität angegeben. Die Quantität, die aus phonologischer Sicht auch als „Dehnbarkeit" auffaßbar ist, äußert sich auf phonetischer Seite als Dauer, die infolge von kontextuellen Beeinflussungen mehr oder weniger große Variation aufweisen kann. Die Qualität von Vokalen läßt sich phonetisch mit Hilfe von Formantmessungen angeben. Mit anderen Worten sind Dauer und Formantwerte wohl in erster Linie

28 akustische Korrelate von Quantität und Qualität. Die nun in der vorliegenden Arbeit angestrengten Messungen zu Vokaldauern und Formanten unter dem Gesichtspunkt der Suche nach einen akustischen Korrelat des Silbenschnittes sind dennoch nicht sinnlos, da eine Korrelation (d.h. also keine direkte Abhängigkeit) zwischen Dauer- und Formantwerten als phonetischer Ausprägung auf der einen und dem Silbenschnitt als phonologischer Eigenschaft auf der anderen Seite durchaus möglich ist und ja auch von einigen Autoren (zuletzt Becker 1998) angenommen wird. Als akustisches Korrelat kommem jedoch in erster Linie wohl die zu untersuchenden Merkmale der Energieverläufe in Frage, ganz im Sinne der in Kapitel 3.2 angeführten Beschreibungen des Phänomens.

3.4 Zur phonologischen Repräsentation des Silbenschnittes

Ein Problem bei der Darstellung von trochäischen Wörtern in Silbenmodellen ist die Bestimmung von Silbengrenzen bei scharfem Silbenschnitt und einfachem intervokalischem Konsonanten wie z.B. in ['bekan], Becken . Folgende Optionen sind grundsätzlich möglich (ein Punkt in der phonetischen Umschrift markiert die Silbengrenze): 1. 2. 3. 4.

['be.kan] ['bek.anj ['bek.kan] ['bekan]

Fall 3 ist phonetisch kaum haltbar. Es läßt sich feststellen, daß eine geminatische Wertung des intervokalischen Konsonanten im Standarddeutschen kaum durch eine phonetisch zu erwartende längere Dauer des Lautes zu bestätigen ist (anders verhält es sich in den südlichen alemannischen Dialekten, die z.T. noch heute Geminaten aufweisen). Aus diesem Grunde ist Fall 3 auszuschließen. Fall 2 widerspricht der Regel, nach der ein Anfangsrand einer betonten Silbe belegt sein muß. Diese Regel wird im Deutschen nur im Falle von direkt aufeinanderfolgenden Vokalen im Hiat durchbrochen, etwa in Fällen wie /'boa/, Boa oder auch /'ge:an/, gehen. In allen anderen Fällen wird die „präferierte Silbenstruktur" mit belegtem Anfangsrand erzeugt. In Wörtern wie /'betan/ mag man intuitiv die Frage der Zugehörigkeit des intervokalischen Konsonanten noch kontrovers diskutieren können, in /'be:tan/ wird jedoch jeder zustimmen, daß das Iii der 2. Silbe angehört. Rein phonetisch sollten jedoch zwischen den Sequenzen /tan/ in /'be:tan/ vs. /'betan/ keine Unterschiede vorliegen, so daß nicht zu begründen ist, den intervokalischen Konsonanten nicht der 2. Silbe zuzuschlagen. Fall 1 nun widerspricht der im Standarddeutschen geltenden Regel, nach der der Endrand einer betonten Silbe belegt sein muß. Man kann die unter 1 dargestellte Silbifizierung akzeptieren, wenn man gerade hier einen besonderen Fall annimmt, der geradezu prototypisch den scharfen Silbenschnitt darstellt (scharfer Schnitt ist auch in geschlossenen Silben möglich, z.B. in /bet/, Bett). In diesem Sinne argumentiert etwa Maas (1999, s.u.). Durchgesetzt zu haben scheint sich in weiten Teilen der sprachwissenschaftlichen Diskussion jedoch das Konzept der Ambisyllabizität. Danach ist es möglich, ein Segment als

29 Bestandteil zweier aufeinanderfolgender Silben anzusehen. Der 4. Fall beschreibt genau diese Betrachtungsweise, die sich etwa bei Vennemann (1982), Wiese (1988) oder Ramers (1992) findet. Die Silbengrenze verläuft genau im intervokalischen Konsonanten (gekennzeichnet durch den Punkt unterhalb des Lautes). Dies fuhrt dazu, daß sowohl der Endrand der betonten als auch der Anfangsrand der folgenden Silbe als belegt betrachtet werden kann. Vennemann (1982: 280f.) fuhrt ein einfaches Beispiel für die Annahme ambisyllabischer Konsonanten im Deutschen an: In /'Rogan/, Roggen muß die Silbengrenze genau in dem Konsonanten verlaufen, da erstens der Vollvokal hl ansonsten in offener Silbe stünde (da es sich um eine betonte Silbe handelt, muß diese jedoch geschlossen sein) und zweitens der Plosiv /g/ nicht Endrand der ersten Silbe sein kann, da dieser Laute in einem solchen Falle nach einer allgemein gültigen Regel des Standarddeutschen zu /k/ verhärtet werden müßte. Folgende Modelle sind für die Repräsentation des beschriebenen Problemfalles entwikkel worden. 1. Konstituentenmodell Im Konstituentenmodell wird die Silbe (σ) zunächst in Anfangsrand (A) und Reim (R), letzterer dann weiter in Nukleus (N) (Kern) und Endrand (E) geteilt. In diesem Modell ist der Endrand der betonten Silbe durch den ambisyllabischen Konsonanten belegt. Gleichzeitig fungiert der Konsonant als Anfangsrand der Folgesilbe.

Abbildung 3.4-1: Scharfer Silbenschnitt im Konstituentenmodell Das Konzept der Ambisyllabizität ist ursprünglich eng mit der CV-Phonologie und den dort verwendeten Modellen verbunden gewesen. Eine Übertragung auf ein Konstituentenmodell wie im obigen Fall ist jedoch sicherlich zulässig. 2. Utz Maas Utz Maas (1999) lehnt das Konzept der ambisyllabischen Wertung eines intervokalischen Konsonanten ab. Er führt für sanften und scharfen Silbenschnitt unterschiedliche Sonderzeichen ein, die in einer Darstellung in einem Konstituentenmodell die Kennzeichnung der Silbenschnittarten ermöglichen.

30 σ

A

N

σ

E ε

b

J

A

N

E

k

a

n

Abbildung 3.4-2: Scharfer Silbenschnitt nach Maas Das Sonderzeichen J repräsentiert einen leeren Endrand in einer betonten Silbe im Gegensatz zu möglichen und unproblematischen fehlenden Endrändern in nicht-betonten Silben. Das Problem eines leeren Endrandes in einer betonten Silbe konnte auf diese Weise gelöst bzw. als Sonderfall des scharfen Silbenschnittes markiert werden. Das Sonderzeichen ist nicht nur sinnvoll sondern wohl auch unvermeidlich, um den darzustellenden Fall eines scharfen Silbenschnittes in der Silbenschnittsprache Deutsch von Fällen mit Kurzvokal in offener Silbe in Sprachen ohne Silbenschnittkontrast wie etwa dem Finnischen zu unterscheiden. σ

A b

N

σ

E e

A ->

t

N Θ

E η

Abbildung 3.4-3: Sanfter Silbenschnitt nach Maas Das Sonderzeichen —> symbolisiert den losen Anschluß (in der Terminologie von Maas, die an Jespersen angelehnt ist) eines Vokals an einen folgenden Konsonanten. Die Markierung einer Länge, die anstelle des - » als [:] in Konstituentenmodellen anzusetzen wäre, ist nicht notwendig, da lose angeschlossene Vokale immer lang anzunehmen sind. Die Einführung dieses Sonderzeichens fugt sich in die auch von Maas vertretene Ansicht ein, das System der Monophthonge im Deutschen sei einfach, d.h. es besteht phonologisch keine Opposition zwischen sog. „Langvokalen" und „Kurzvokalen". Vielmehr werden phonetische Unterschiede (Dauer oder Gespanntheit) durch die Silbenschnittart bestimmt, etwa in dem oben bereits angesprochenen Sinne, daß sanft geschnittene Vokale immer phonetisch lang und gespannt anzunehmen sind. 3. CV-Struktur Die CV-Phonology arbeitet neben den Ebenen Silbe und Segment, wie sie in vielen phonolgischen Silbenmodellen zu finden sind, in ihrer ursprünglichen Form (Clements & Keyser 1983) mit einer dritten Ebene, der CV-Schicht, die zwischen den beiden anderen Ebenen angesiedelt ist. Die Einheiten der CV-Schicht unterscheiden zwischen Silbenkernen („syllable peaks" repräsentiert als V) und Silbenrändern („syllable non-peaks" oder „syllable margins" repräsentiert als C).

31 Bei der Analyse von einzelnen intervokalischen Konsonanten wurde eine ambisyllabische Wertung in den Vordergrund gerückt, die durch die CV-Struktur wie folgt dargestellt werden kann (z.B. Ramers 1992: 256). σ C b

σ

Y

C

C

e

Y

k

a

C n

Abbildung 3.4-4: Scharfer Silbenschnitt in CV-Struktur, nach Ramers Einem einzelnen Phonem werden auf der CV-Schicht 2 C-Positionen zugeordnet. Folgt man der ursprünglichen Zeichnung der CV-Struktur in Clements/Keyser (1983: 8), ist die von Ramers und anderen Autoren gewählte Darstellung nicht korrekt und leicht mißverständlich, da durch sie suggeriert werden könnte, es handele sich bei dem intervokalischen Konsonanten um eine Geminate oder um einen Langkonsonanten (tatsächlich werden Geminaten ja auch durch die Verbindung des konsonantischen Segmentes mit 2 C-Positionen dargestellt, vgl. etwa MacCarthy 1979). Statt dessen müßte der intervokalische Konsonant, d.h. der Laut auf der Segment-Ebene mit einem einzigen C auf der CV-Ebene und dieses C wiederum mit den Silbenknoten beider beteiligten Silben auf der Silben-Ebene verbunden sein, wie in folgender Abbildung (so auch bei Auer 1990: 39 und Wiese 1996: 36). Nachteil dieser Darstellung ist jedoch, daß die kanonische Silbenstruktur aufgegeben werden muß. σ

σ

C

V

C

V

C

b

ε

k

a

η

Abbildung 3.4-5: Scharfer Silbenschnitt in CV-Struktur, in Anlehnung an Clements/Keyser In den Modellen in Abb. 3.4-4 und Abb. 3.4.-5 erhält man fur die betonte 1. Silbe des Trochäus die angestrebte Struktur [C V C]. Andererseits wird diese Struktur bei sanftem Schnitt dadurch aufrechterhalten, daß hier der („lange") Vokal zwei Positionen auf der CVSchicht einnimmt:

Abbildung 3.4-6: Sanfter Silbenschnitt in CV-Struktur

32 Die Abbildungen 3.4-4 und 3.4-5 lösen das Problem eines leeren Endrandes in betonter Silbe, die Wertung eines einzelnen Phonems auf der CV-Schicht als zweistellig wird jedoch von manchen Autoren (z.B. Maas 1999) als problematisch angesehen, da der intervokalische Konsonant durch die Verbindung mit 2 C-Positionen ein besonderes Gewicht erhält. Im Prinzip lassen sich für die Darstellung des scharfen Schnittes das Maas'sehe Modell mit leerem Endrand in betonter Silbe und das Modell des ambisyllabischen Konsonanten, das sich besonders deutlich in den CV-Modellen darstellen läßt, direkt übertragen: in beiden Modellen wird silbenstrukturell genau der eine Sonderfall beschrieben, nämlich eben der scharfe Silbenschnitt. 4. Theo Vennemann Eine wohl an Sievers angelehnte Darstellungsweise findet sich bei Vennemann (1994). Auch er spricht wie Sievers von Crescendo und Decrescendo (in nachstehender Abbildung symbolisiert durch < und >). Sowohl bei sanftem als auch bei scharfem Schnitt ist die Anzahl der Anstiege und Abfälle gleich, sanfter und scharfer Silbenschnitt unterscheiden sich aber darin, daß das Decrescendo der betonten ersten Silbe in einem Trochäus bei scharfen Schnitt auf die folgende Silbe, genauer gesagt auf den Folgekonsonanten fallt, während es bei sanftem Schnitt noch auf dem Vokal liegt. Koma

Komma

0 < >

0 < >

Λ /Λ/ ι—ι—γ1k

1

o

1

m

< >

< >

ΛΝ/V I 11 1 1

1—I

1—

k

o

a

m

Abbildung 3.4-7: Silbenschnittmodell nach Vennemann 1994 Der Unterschied zum Modell nach Sievers liegt darin, daß Vennemann keine direkte Unterscheidung zwischen Schall- und Drucksilbe vornimmt. Von der Idee her, daß ein Decrescendo einer betonten Silbe im Trochäus auf eine folgende übergeht, erinnert die Darstellung Vennemanns jedoch sehr an das Modell Sievers'. 5. Thomas Becker Becker (1998) präsentiert ein recht komplexes Modell für die Silbenschnittopposition, das eine Verbindung von Elementen aus Konstituenten- und CV-Modell (bzw. ÄT-Modell bei Becker) ist. Becker baut in sein Silbenmodell zwischen Nukleus und Silbe eine Ebene ein, die er als „Kernsilbe" (KS) bezeichnet. In betonten Silben („Tonsilben" - TS) umfaßt diese neben dem Nukleus (N) die sog. „Implosion" (I). Die Kernsilbe bildet die minimale betonte Silbe im Standarddeutschen (wie in anderen germanischen Silbenschnittsprachen - Becker geht vor allen Dingen auf die Darstellungen von Vogt (1946) zum Norwegischen ein), d.h. sowohl Nukleus als auch Implosion sind obligatorisch. Der Nukleus wird in der betonten

33 Silbe immer durch den Silbengipfel, d.i. ein Vokal oder der erste Vokal eines Diphthonges, gebildet, während die Implosion vokalisch (durch vokalische Länge oder den 2. Teil eines Diphthonges) oder konsonantisch belegt sein kann. Der Kernsilbe voraus geht der Anfangsrand (AR) der Silbe. Auf die Kernsilbe folgt der Endrand (ER). Anfangsrand und Endrand sind immer (der Endrand fakultativ) konsonantisch belegt. In der unbetonten Silbe (S) besteht die Kernsilbe nur aus dem Nukleus. Die Unterscheidung von sanftem und scharfem Silbenschnitt erfolgt nun über die Belegung bzw. Zuordnung der Implosion. Grundsätzlich gilt, daß sanfter Schnitt durch vokalische Belegung und scharfer Schnitt durch konsonantische Belegung dargestellt ist. Komma

Koma

W

W

TS

TS

AR

KS

AR

Ν

AR

Ν

Ν 1

Κ I k

V I o

Κ m

V I a

AR

KS

Ν

I /

Κ

Κ m

Abbildung 3.4-8: Silbenschnittmodell nach Becker 1998 In obiger Abbildung ist der Fall eines einfachen intervokalischen Konsonanten dargestellt. Die Verbindung der Implosion mit der KV-Ebene fuhrt im Falle des scharfen Silbenschnittes zu der ambisyllabischen Markierung des Konsonanten. 6. Optimalitätstheorie Die Optimalitätstheorie (Prince & Smolensky 1993; McCarthy & Prince 1993) ermöglicht den Verzicht auf Regeln, wie sie in der generativen Grammatik in ihrer ursprünglichen Form (Chomsky 1965) Verwendung gefunden haben. Durch das Ranking von Bedingungen (Constraints), die grundsätzlich universalen Charakter haben und verletzbar sind, wird über die „Optimalität" von einer grundsätzlich beliebig großen Zahl von Kandidaten, die aus einer Ausgangsform generiert werden, entschieden. Im vorliegenden Fall können als Constraints z.B. gerankt werden: Fill-C (es soll kein Segment, in diesem Fall kein Konsonant, zu der Ausgangsform /'bekn/ 3 hinzugefügt werden), Fill-V(es soll kein Segment, in diesem Fall kein Vokal, eingefügt werden) Parse (alle zugrundeliegenden Segmente sollen erhalten bleiben), A-R (der Kontrast zwischen An3

Die phonologische Ausgangsform erscheint ohne Schwa-Laut, da dieser über lexikalische Regeln im Übergang zur phonetischen Form eingefugt wird, vgl. Wiese 1988. Wiese (1996: 243) erklärt, „[...] schwa in Modern Standard German should generally be treated as a vowel of epenthesis and not as an underlying vowel.".

34 fangsrand und Reim soll groß sein, was z.B. durch die Belegung des Nukleus mit einem hochsonoren Vokal erreicht werden kann, um eine möglichst optimale Silbenkontur zu erreichen) und Syll (in betonten Silben soll der Endrand belegt sein). Das Ranking soll für die zugrundeliegende Form /'bekn/ die optimale ermitteln, wobei ich hier in diesem Beispiel die Form mit ambisyllabischem Konsonanten als diejenige ansehen möchte, die im Standarddeutschen anzunehmen ist. Die Form mit offener betonter Silbe (also diejenige, die im Maas'sehen Modell angenommen wird) ist, wie ich oben bereits kurz ausgeführt habe, meiner Ansicht nach im Prinzip mit der hier gewählten in dem Sinne vergleichbar (und damit auch nicht als weniger „optimal" anzusehen), als in beiden der Sonderfall des scharfen Silbenschnittes und nur dieser markiert wird. /'bekn/

Parse

Fill-C

A-R

Syll

*

'bekan 'be.kan

*!

'bek.an

*!

'bek.kan maus 4

Fill-V

* *

*!

*

***

**

Abbildung 3.4-9: Scharfer Silbenschnitt in Optimality Theory Nach dem Ranking der Constraints ist die Form ['bekan] die optimale. Entsprechend ist im Fall eines sanften Schnittes bei einer zugrundeliegenden Form /'be :tn/ der Kandidat, bei dem die Silbengrenze direkt vor dem einfachen [t] steht, der optimale. Der Kandidat [maus] erweist sich bereits bei der am höchsten eingestuften Bedingung Parse, die mehrfach von ihm verletzt wird, als schlechter Kandidat, ['bek.kan] scheidet durch die Verletzung der Bedingung Fill-C aus, ['bek.an] durch die Verletzung von A-R und ['be.kan] schließlich durch die Verletzung von Syll. ['bekan ] verletzt zwar, wie alle anderen Kandidaten auch, die Bedingung Fill-V, da ein Schwa eingefügt wird, da diese Bedingung jedoch tief gerankt ist, fallt ihre Verletzung weniger stark ins Gewicht.

4

Der Kandidat [maus] soll andeuten, daß in der Optimalitätstheorie grundsätzlich beliebige Kandidaten getestet werden können, daß ein möglichst nahe an der phonologischen Ausgangsform liegender Kandidat jedoch i.d.R. wohl optimaler ist und sich die Auswahl der Kandidaten sinnvollerweise an der phonologischen Ausgangsform orrientiert.

35 /'be:tn/

Parse

Fill-C

A-R

Syll

'be:.tan

*

'be.: tan

*!

"be:t.an

*

*!

***t

***

* *

*!

'be:t.tan maus

Fill-V

*

**

Abbildung 3.4-10: Sanfter Silbenschnitt in Optimality Theory Mit Hilfe von OT-Tabellen und den in ihnen dargestellten Hierarchisierungen von Bedingungen lassen sich „Grammatiken" von Sprachen sehr anschaulich darstellen.

4. Empirische Untersuchung zum Hochdeutschen

Auf der Basis zum Teil selbsterhobener Daten wurden Untersuchungen zum akustischen Korrelat des Silbenschnittes durchgeführt. Die Ergebnisse der Untersuchung zum Standarddeutsch bilden den Ausgangspunkt für die weiterführenden Analysen zu dialektalen Varianten des Deutschen in späteren Kapiteln. In einem Exkurs soll ein Perzeptionstest Klarheit über primäre perzeptive Unterscheidungskriterien der Vokalopposition im Deutschen schaffen.

4.1

Meßmethoden

Datenbasis der Untersuchungen zum Standarddeutschen bilden 2 voneinander unabhängige und von ihrer Struktur her sehr verschiedene Korpora, das Nonsense- und das StandardKorpus. Diese werden bzgl. unterschiedlicher akustischer Parameter (Energie-1 und Formantverläufe, Dauer und Grundfrequenzverläufe) analysiert. Untersuchungsgegenstand ist dabei in allen Fällen der betonte Vokal in trochäischen Strukturen. Es werden nur die Belege ausgewertet, die genau einen einzelnen Konsonanten in unmittelbarer Folge des betonten Vokals aufweisen. In den folgenden Unterkapiteln werden zunächst die untersuchten Korpora, die relevanten akustischen Parameter sowie die meßtechnischen Apparaturen genauer beschrieben.

4.1.1 Untersuchte Korpora zur Standardsprache Es stehen für die Suche nach einem akustischen Korrelat des Silbenschnittes 2 unterschiedliche Korpora mit insgesamt rund 400 Datensätzen zur Verfügung. Auf der Basis eines TVowjeHse-Korpus wird zunächst für die Hochsprache festgestellt, welche akustischen Merkmale eine Silbenschnittopposition manifestieren könnten. Das Aowem-e-Korpus besteht aus 225 Sätzen der Form -ich habe geK¡ VK2e gesagt-, wobei V ein Vokal und Ki und K2 identische Konsonanten sind. Die 15 Vollvokale des Deutschen werden mit 15 Konsonanten unterschiedlicher Artikulationsart und unterschiedlichem Artikulationsort kombiniert und auf verschiedene akustische Parameter hin untersucht. Gesprochen wurden die Testsätze von einem 28-jährigen, männlichen Sprecher aus dem Nordwesten Deutschlands. Auf gleichbleibende Bedingungen während der Aufnahme der Daten wurde geachtet. Der Sinn des Nonsense-Korpus' liegt in erster Linie darin, in einer konstanten syntaktischen Umgebung bei gleichbleibenden Betonungsverhältnissen die Beein1

Mit „Energie" ist hier die Gesamtenergie des Sprachsignals gemeint. Messungen zur Spektralenergie, wie sie von Ciaaßen et al. (1998) erfolgreich zur Analyse von Stimmqualität und Wortakzent durchgeführt wurden, teilen die Gesamtenergie auf. Das ist bei den Analysen, die der vorliegenden Arbeit zugrunde liegen, nicht geschehen.

37 flussung der Meßergebnisse durch äußere Faktoren zu minimieren. Hypothesen bzgl. eines möglichen akustischen Korrelates des Silbenschnittes, die auf der Basis des NonsenseKorpus gebildet werden können, sollen anschließend mit Hilfe von Daten bestehend aus „natürlicher Sprache" (s.u. Standard-Korpus) verifiziert oder falsifiziert werden. Folgende Abbildung zeigt ein Beispiel für einen Ausgangsdatensatz des Mmserae-Korpus (Oszillogramm, hier mit Sonagramm). 0.1«. 6-

-0.1777· o ? i ç h a b a q a

t

h

rim g (s) a t ' a qa ζ

1 22.7

a

k

t

Til" «· (s)

1 sur

Abbildung 4.1.1-1: Sonagramm von ich habe [ga't h a:t h a] gesagt Für die Untersuchung ist nicht der vollständig aufgezeichnete Satz, sondern nur das Wort mit den alternierenden Konsonant-Vokal-Konsonant-Kombinationen von Bedeutung, so daß die syntaktischen Umgebungen entfernt werden können. Abbildung 4.1.1-2 zeigt das Sprachsignal (Oszillogramm, hier mit Sonagramm), das tatsächlich den Analysen zugeführt wird. Mit insgesamt 225 Datensätzen ist das Nonsense-Korpus recht umfangreich. Die Ergebnisse der Messungen zum Nonsense-Korpus können deshalb durchaus als repräsentativ betrachtet werden.

38 0 4805·

-Ο-ΛΟ-6 J 0

Tini «• (s)

Πρι «• Ci)

G·.S-4SI

Abbildung 4.1.1-2: Sonagramm von [ga't h a:t h a] Die Tondaten des Standard-Korpus entstammen dem Umfeld des AussprachewörterbuchProjektes Halle („Soziophonetische Grundlagen zur Neukodifizierimg des Aussprachewörterbuches"), das es sich zum Ziel gemacht hat, auf Basis von umfangreichen Korpora zum gesprochen Deutsch ein Wörterbuch in Form einer CD- Rom herauszubringen, das regionale Varianten berücksichtigt und zudem über mitgelieferte Tondaten den Zugriff auf tatsächlich gesprochene Varianten ermöglicht. Die in der vorliegenden Arbeit verwendeten Daten bestehen aus 8 ca. einminütigen Mitschnitten aus überregional ausgestrahlten Nachrichtensendungen, Talk-Shows und Reportagen (Fernsehen). Ursprünglich wurden diese Tondaten (mit weiteren 35 Tonbeispielen, die z.T. starke regionale Färbungen aufwiesen) im Rahmen von Hörtests dazu genutzt, den perzeptiv wahrnehmbaren Grad regionaler Markierung zu ermitteln. Bei den Sprechern der hier verwendeten Tondaten handelt es sich um 5 Männer und 3 Frauen, die allesamt (einen zum Teil leicht norddeutsch geprägten) Standard sprechen. Mit den Daten wird bzgl. der Isolierung von Sprachsignalen, die der sonagraphischen Analyse zugeführt werden sollen, prinzipiell gleich verfahren wie mit den Daten des Nowie/we-Korpus, d.h. trochäische Strukturen (mit einfachen intervokalischen Konsonanten) werden aus der gesamten Aufnahme herausgefiltert. Das Standard-Korpus hat in erster Linie den Zweck, auf der Basis des jVoraeme-Korpus entwickelte Hypothesen an einem Datenbestand zu überprüfen, der größere Ähnlichkeit in Bezug auf die Sprechsituation mit den noch zu untersuchenden Daten zu den Dialekten des Deutschen aufweist, als dies fur die doch etwas „sterilen" Daten des No/we/we-Korpus der Fall ist, bei dem es in erster Linie darauf ankam, gleichbleibende Bedingungen bei den insgesamt 225 Datensätzen zu garantieren, um eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten.

39 4.1.2 Untersuchte akustische Parameter Untersucht werden die in der Forschungsliteratur häufig als mögliche Korrelate des Silbenschnittes genannten akustischen Parameter Formantfrequenz, Vokaldauer, Grundfrequenz und Energieverlauf. Wie bereits erwähnt werden die Meßergebnisse nur für den betonten Vokal in trochäischen Strukturen erhoben. Zusätzlich werden für die standarddeutschen Korpora und für ausgewählte Korpora deutscher Dialekte die Dauern der auf den betonten Vokal folgenden Konsonanten ermittelt und dann zu den vokalischen Dauern in Beziehung gesetzt. Die Energieverläufe werden auf drei unterschiedliche Merkmale hin analysiert. Zunächst wird die Anzahl der Energiemaxima (kurz: Ε-Zahl) untersucht. Als Energiemaximum wird dabei jeder Punkt auf dem Energieverlauf des Vokals aufgefaßt, in dessen linker und rechter Umgebung ein niedrigerer Energiewert meßbar ist. In Abb. 4.1.2-1 wären demnach 3 Energiemaxima für den betrachteten Vokal [a:] zu notieren. Die Beschreibungen des Silbenschnittes von Sievers (1872) und Vennemann (1991b), die beide von einem Fehlen eines Energieabfalls auf den betonten Vokal im Falle eines scharfen Silbenschnittes ausgehen (vgl. Kapitel 3.2 und 3.4), lassen vermuten, daß unter scharfem Schnitt die Zahl der Energiemaxima 0 ist (bei einem einzelnem Energiemaximum bei sanftem Schnitt), bzw. daß sie bei scharfem Schnitt zumindest geringer ist als bei sanftem.

Πι* e (s)

Abb. 4.1.2-1: Energieverlauf / Intensitätsverlauf von [ga't h a:ta], incl. Segmentierungsgrenzen Es ist möglich, daß sichtbare Energiemaxima lediglich durch programminterne Berechnungsungenauigkeiten bedingt und nicht im akustischen Signal verankert sind. Durch die

40 relativ große Datenmenge und die konsequent für scharf wie für sanft geschnittene Vokale durchgeführte Meßmethode sollten derartige Meßartefakte jedoch im Zuge der Durchschnittswertberechnungen, die unten genauer erläutert werden, die Endergebnisse der Messungen nicht wesentlich beeinträchtigen. Als zweites Merkmal der Energieverläufe wird die Position eines Energiemaximums (kurze Bezeichnung für dieses Merkmal: Ε-Pos) im Vokal untersucht. Wieder können Beschreibungen des Phänomens als Ausgangspunkt für die Analysen angeführt werden: in allen gängigen Beschreibungen des Silbenschnittes wird gesagt, unter scharfem Schnitt werde der Vokal in dem Moment seiner größten Stärke von einem folgenden Konsonanten geschnitten, während dies unter sanftem Schnitt erst geschieht, wenn der Vokal sein Energiemaximum bereits überschritten hat. Trubetzkoy (1939) nimmt diesen Unterschied auch als Begründung dafür, daß Vokale unter scharfem Schnitt kürzer sind als unter sanftem. Aus den Beschreibungen geht also hervor, daß bei scharf geschnittenen Vokalen die Position eines Energiemaximums relativ weit hinten, bei sanft geschnittenen Vokalen jedoch in jedem Falle weiter vorne zu finden sein müßte. Um die relative Position der Energiemaxima im Vokal festzuhalten, wird ein untersuchter Vokal gleichmäßig in neun zeitlich gleiche Einheiten zerteilt. Diesen Einheiten werden Zahlen von 1 bis 9 zugeordnet, wobei die Zahl 1 ein Energiemaximum am Anfang und die Zahl 9 ein Energiemaximum am Ende eines Vokals beschreiben würde. Die Zahlen zwischen 1 und 9 decken die Zwischenpositionen ab, wie in folgender Abbildung:

Kons.

betonter Vokal

Kons.

[a]

Zeit 11 213 14 I5 1 ó | l \ 81 9

Abb. 4.1.2-2: Einteilung des Vokals in 9 Teilabschnitte für Ermittlung der Daten zum Merkmal E-Pos - Schema Die Positionen im Vokal werden aus dem Grunde mit Ziffern assoziiert, da sie ansonsten (z.B. bei Nutzung von Beschreibungen wie „vorne - mitte - hinten") nur schwer statistisch handhabbar sind und kaum die Berechnung von Durchschnittswerten zulassen. In die Auswertungen zum Merkmal Ε-Pos gehen nur die Belege ein, die über die gesamte Dauer des Vokals genau 1 Energiemaximum aufweisen. Es ist nicht sinnvoll, die Positionen der Energiemaxima zweier Belege zu vergleichen, wenn die Anzahl der Energiemaxima nicht übereinstimmt. Bei genau einem Energiemaximum sind die Aussagen bzgl. der Position der Maxima am eindeutigsten zu treffen. Das letzte Merkmal der Energieverläufe, das signalphonetisch analysiert wird, betrifft ihre Gesamtkontur. Das „Austrudeln" (Maas 1999: 176) der Vokale unter sanftem Schnitt im Gegensatz zum „Abschneiden" (ebd.: 177) der Vokale unter scharfem Schnitt legt die Vermutung nahe, daß bei Vokalen unter sanftem Schnitt ein starkes Halten eines hohen Energieniveaus (kurz: Ε-Halt) zu erwarten sein dürfte, während dieses bei Vokalen unter scharfem Schnitt eher schwach ausgeprägt sein sollte. Gemessen wird dieses Merkmal in

41 drei relativ zu definierenden Abstufungen. Der höchste auf dem Vokal zu messende Energiewert wird dabei als Referenzwert genommen. Sinkt die Energie während des gesamten Verlaufes des Vokals (äußerste Ränder, d.h. Übergangsräume zu umgebenden Lauten ausgenommen) weniger als 5% vom Referenzwert, so wird dem Vokal die Eigenschaft „Halten eines hohen Energieniveaus" zugesprochen. Ist ein Abfall zwischen 5% und 10% zu verzeichnen, so spreche ich von einem „leichten Halten". Ein Abfall von mehr als 10% wird mit der Eigenschaft „kein Halten" gleichgesetzt. Im obigen Beispiel (Abb. 4.1.2-1) ist deutlich eine Plateaubildung des Energieverlaufes auf dem Vokal erkennbar, die Hinweis auf ein „starkes Halten" eines hohen Energiewertes ist. Da die Energie zu Beginn des Vokal um ca. 3 dB geringer ist als der maximale Wert (ca. 80 Hz), was einem Abfall von rund 4 % entspricht, würde in diesem Fall tatsächlich „Halten" notiert werden. Um die Berechnung von Durchschnittswerten zu ermöglichen, werden die 3 Gradstufen mit den Ziffern 1 bis 3 assoziiert. Je höher der Wert, desto stärker ist das Halten eines hohen Energieniveaus. Formanten und Dauern werden in der vorliegenden Arbeit insbesondere in den graphischen Darstellungen der Kapitel 4.2 und 5 direkt zueinander in Beziehung gesetzt. Die Dauer der Vokale wird im Sonagramm nach einer Segmentierung der Laute des betrachteten Wortes ermittelt (absolute Werte in ms). Die Ermittlung der Werte für die ersten beiden Formanten (absolute Werte in Hz), die für eine Charakterisierung eines Vokales ausreichend sind, gestaltet sich ein wenig aufwendiger. Da Formanten häufig keine einfach waagerechte Linie im Sonagramm bilden, sondern insbesondere infolge von Koartikulationen mit umgebenden Lauten extreme Schwankungen in der Frequenzhöhe aufweisen, halte ich die weit verbreitete Methode, den Formantwert genau in der Mitte des Vokals zu messen, für zu ungenau. Statt dessen wird der Vokal in vier bis fünf gleiche zeitliche Einheiten geteilt (abhängig von der Stärke der Schwankungen - bei starken Unregelmäßigkeiten ist eine größere Zahl von Meßpunkten angebracht) und für jede Einheit ein Meßwert ermittelt. Aus diesen ergibt sich dann als Durchschnitt der Wert für den Formanten. In einem nächsten Schritt wird aus den Ergebnissen für den ersten und zweiten Formanten ein Differenzwert gebildet, um einen direkten Vergleich mit der Dauer in einem zweidimensionalen Diagramm zu ermöglichen. Da die Formanten mit der Qualität (ausgedrückt durch Gespanntheit oder Zentralisierungsgrad) der Vokale korrelieren, werden sich aus den Differenzwerten der ersten beiden Formanten charakteristische Ergebnisse für für die qualitative Ausdifferenzierung der Vokale ergeben. Es ist bei Durchsicht der Forschungsliteratur (zuletzt Becker 1998) zu erwarten, daß sich aus den Messungen ergibt, daß Dauer und Formanten zum Silbenschnitt in folgender Beziehung stehen: unter sanftem Schnitt sind Vokale lang und gespannt, unter scharfem Schnitt kurz und ungespannt. In den Messungen zur Grundfrequenz werden fur vier gleichmäßig auf dem Vokal verteilte Meßpunkte die absoluten Werte in Hz gemessen. Die Kontur der Grundfrequenz soll für die Silbenschnittarten charakteristisch sein. Maas & Tophinke (1993) gehen davon aus, daß unter scharfem Schnitt die Grundfrequenz am Ende des Vokals steigt (oder zumindest nicht fällt), während die Werte unter sanftem Schnitt zurückgehen. Eine zeitliche Entwicklung der Grundfrequenz soll durch die Annahme mehrerer Meßpunkte abgebildet werden.

42

rir» c· (s) Abb. 4.1.2-3: Grundfrequenzverlauf von [ga't h a:ta], incl. Segmentierungsgrenzen Innerhalb der Grenzen des Vokals (in obiger Abbildung durch die senkrechten Segmentierungsgrenzen angedeutet) werden 4 gleichmäßig verteilte Meßpunkte angesetzt. Durchschnittswerte aller Belege werden dann für jeden einzelnen Meßpunkt seperat ermittelt. Da für alle untersuchten akustischen Parameter Meßergebnisse in Form von numerischen Werten erhoben werden, ist es möglich, aus den Ergebnissen für Belege mit sanftem Schnitt und fur Belege mit scharfem Schnitt Differenzwerte zu bilden, die Aussagen über einen möglichen (Silbenschnitt-) Kontrast zulassen (die Ergebnisse für Belege mit scharfem Schnitt werden von denen mit sanftem Schnitt abgezogen). Ziel der Messungen muß es sein, möglichst hohe und stabile Differenzwerte zu ermitteln. Die Differenzwerte werden zunächst für jeden einzelnen Vokale seperat errechnet, da zu erwarten ist, daß sich diese aufgrund intrinsischer Eigenschaften nicht gleich verhalten. So wurde z.B. fur die Dauer der Vokale nachgewiesen, daß diese bei /a/ statistisch betrachtet größer ist als bei Iii oder lui (vgl. Neppert & Pétursson 1992: 159). Ahnliche vokalspezifische Eigenschaften anderer untersuchter Parameter sind nicht auszuschließen. Aus den Differenzwerten der Vokale wird anschließend ein Gesamtdurchschnittswert errechnet. Folgende Liste faßt die Schritte zur Ermittlung des Gesamtdurchschnittswertes noch einmal zusammen. 1. Berechnung von Durchschnittswerten zu untersuchten akustischen Parametern getrennt nach Vokal und Silbenschnittart. 2. Je Vokal (z.B. / i / ) wird aus den Ergebnissen der beiden Silbenschnittarten (z.B. für [i:] und [i]) ein Differenzwert ermittelt. Der Wert für scharfen Schnitt wird von dem für sanften Schnitt abgezogen.

43 3. Aus den Differenzwerten wird ein Gesamtdurchschnittwert gebildet (Ausnahme: Grundfrequenz: hier errechnet sich der Gesamtdurchschnitt direkt aus allen Werten für sanften vs. scharfen Schnitt, d.h. Punkt 2 entfällt hier). Diese Schritte werden für jedes untersuchte akustische Merkmal separat durchgeführt. Mögliche negative Vorzeichen in den Ergebnissen zu Formantdifferenzen werden vernachlässigt, da für die Formantdifferenzen nicht wichtig ist, ob in den Belegen für sanften oder für scharfen Schnitt ein höherer Durchschnittswert zu finden ist (denn genau das geben die Vorzeichen der Werte an), sondern vielmehr ob dieser Wert hoch oder niedrig ist (vgl. auch Kap. 5.4.2). Dies gilt jedoch nur für die Formantdifferenzen. Bei allen anderen untersuchten akustischen Parametern werden negative Vorzeichen bei den Differenzwerten bei die Ermittlung der Gesamtwerte berücksichtigt. Alle bislang vorgestellten Meßmethoden führen zu Ergebnissen, die absolute Werte abbilden. Meiner Ansicht nach ist die Analyse und Interpretation absoluter Werte auch sinnvoll, da es tatsächlich z.B. die Sequenzen in Sekunden sind, die „Kurzvokale" von „Langvokalen" unterscheiden und die auch wahrgenommen werden, nicht jedoch relative Beziehungen, die sich z.B. in prozentualen Angaben ausdrücken lassen. Es ist aber sicher dennoch sinnvoll, auch relative Werte zu berechnen, um z.B. die absolute Dauer von Vokalvarianten, die von Faktoren wie Sprechgeschwindigkeit, Wort- und Satzlänge usw. abhängen kann, objektiv zu beschreiben. Dies soll insbesondere im Zusammenhang mit den in Kap. 5 vorgestellten Korpora zu dialektalen Varianten des Deutschen geschehen, da diese Daten von 32 verschiedenen Sprechern enthalten und alleine aus diesem Grund schon sehr heterogen sind und errechnete relative Werte z.T. einen objektiveren Vergleich zwischen den Ergebnissen garantiert. Der relative Wert, auf den in erster Linie im Zusammenhang mit der Zusammenstellung der Meßergebnisse der unterschiedlichen untersuchen Dialekte in Kap. 5.4 einzugehen sein wird, errechnet sich nach der Formel [X = Ergebnis scharf geschnittener Vokal + Ergebnis sanft geschnittener Vokal], Der Quotient gibt einen prozenualen Anteil des Ergebnisses scharf geschnittener Vokale an denjenigen! sanft geschnittener wieder (ein relativer Wert von 0.01 entspricht 1%, ein Wert von 0.75 entsprechend 75%). Die Berechnung der relativen Werte erfolgt ausschließlich für die gesamt-Differenzwerte und nicht für die Differenzwerte der unterschiedlichen Vokale. Letztere lassen sich jedoch leicht aus den ausführlich dokumentierten Meßergebnissen nach obiger Formel errechnen. Die Berechnung der relativen Werte der Formantdifferenzen gestaltet sich etwas aufwendiger als für die anderen untersuchten Parameter, da nicht die Gesamtwerte für sanft bzw. scharf geschnittene Vokale in ein relationales Verhältnis gestellt werden können (vgl. Diskussion zur Formantdifferenzberechnung oben und zu Beginn von Kapitel 5.4.2), sondern je Vokal die jeweils höheren Werte aufaddiert und den jeweils niedrigeren Werten gegenübergestellt werden müssen. Nur so läßt sich der qualitative Kontrast zwischen sanft und scharf geschnittenen Vokalen anhand der Formantdifferenzen meiner Ansicht nach sinnvoll darstellen.

44 4.1.3 Untersuchungsmittel (technisches Material) Die signalphonetischen Analysen wurden mit dem Programm CSL („Computerized Speech Lab") durchgeführt 2 . Folgende Grundeinstellungen wurden während der Messungen im Spektrogramm (Punkte 1-7) bzw. zum Energieverlauf (Punkte 8-10) beibehalten: SPG Frame Length (bandwidth) Window Weighting Pre-Emphasis SPG Scaling Level Display Range Size of Cell Reduction Log or Linear Display Energy Frame Length Smoothing Level Display Range

100 (146 Hz) Hanning yes 0 Frequency χ grid: 8; y grid: 8 Linear 20 msec none Minimum 30 dB; Maximum 80 dB

Tabelle 4.1.3-1: Grundeinstellungen bei spektrographischen Messungen Geänderte Grundeinstellungen können zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, daher sind die ermittelten Meßergebnisse als relativ bzw. als von den Grundeinstellungen abhängig zu bezeichnen. Die Sprachsignale wurden über unterschiedliche Wege dem Programm zur Analyse zugeführt. Die Datensätze des jVoraeme-Korpus (Korpus 1 zur Standardsprache) wurden direkt über ein externes Mikrophon eingegeben. Die Daten des Standard-Korpus (Korpus 2 zur Standardsprache) waren als Wave-Soundfiles vorhanden und konnten von CSL als solche weiterverarbeitet werden. Alle Daten zu Dialekten des Deutschen mußten über ein Kassettendeck (der Marke AKAI) eingespielt werden, da die Sprachaufnahmen nur auf Tonbandkassetten vorhanden waren. Die Meßwerte wurden manuell, d.h. ohne Zuhilfenahme automatischer Meßverfahren erhoben und anschließend mit gängigen Datenverarbeitungsprogrammen (MS-ACCESS, Graphikprogramm Corel Draw) weiterverarbeitet.

4.1.4 Zum Problem der Repräsentativität der untersuchten Daten Ein bedeutendes Problem empirischer Sprachforschung besteht darin, daß i.d.R. nicht die Gesamtheit der vorkommenden sprachlichen Ausdrücke, sondern lediglich ein Ausschnitt daraus untersucht werden kann. Erkenntnisse, die aus Untersuchungen an einem Ausschnitt gewonnen werden, sollen eine Hochrechnung auf die Gesamtheit der sprachlichen Äußerungen ermöglichen. König (1982: 464) weist richtigerweise daraufhin, daß aufgrund der Annahme, Sprache bestehe aus einer endlichen Zahl von Elementen und Regeln, aus denen sich theoretisch unendlich viele sprachliche Ausdrücke reproduzieren lassen, die Beschrän2

„Computerized Speech Lab", Modell 4300 B; Kay Electronics Corp. 1984.

45 kung auf eine kleine Menge von Ausdrücken, die als Datenbasis in empirischen Untersuchungen fungieren, legitim sei. Ergebnisse aus Stichprobenuntersuchungen ermöglichen Rückschlüsse auf Merkmale der Gesamtheit der sprachlichen Ausdrücke. Voraussetzung ist jedoch, daß es sich bei der Stichprobe um eine repräsentative Auswahl handelt. Was bedeutet aber in dieser Zusammenhang „repräsentativ"? König (1982) unterscheidet in seiner Darstellung zwischen Untersuchungszielen, die auf die Vorkommenshäufigkeit von sprachlichen Elementen in bestimmten sprachlichen Gattungen abzielen (Aussagen bzgl. quantitativer Merkmale), und solchen, die den Sprachgebrauch in unterschiedlichen Kontexten thematisieren (qualitative Merkmale). Für letztere gilt, daß für die Argumentation nur ein Beleg notwendig ist, um für die Existenz eines Phänomens innerhalb eines Systems zu votieren. Die notwendige Datenbasis kann daher im Falle von Untersuchungen, die qualitative Aussagen über das Sprachsystem zum Ziel haben, relativ klein gewählt werden. Bei quantitativen Untersuchungen andererseits müssen sehr große Datenmengen verarbeitet werden, um Fehlerwahrscheinlichkeiten möglichst gering zu halten, d.h. um die Repräsentativität der Daten zu erhöhen. Abhängig von einem angestrebten Sicherheitsgrad3 der Ergebnisse kann die notwendige Datenmenge bestimmt werden, um mit einer bestimmten Sicherheit sagen zu können, daß die ermittelten Ergebnisse in Bezug auf den gewählten Ausschnitt aus der Gesamtheit aller sprachlichen Äußerungen Abbild dieser Gesamtheit sind. Der vorliegenden Untersuchung sind durch das Ziel, ein möglichst großes Areal der deutschen Dialekte abzubilden, methodisch Grenzen gesetzt. Es ist in der in Kapitel 5 genauer beschriebenen Untersuchung zu den deutschen Dialekten nicht möglich, für jeden der untersuchten 32 Dialektorte mehr als durchschnittlich 80-100 Belege zu untersuchen, da größere Datenmengen den Rahmen einer Dissertations sprengen würden. Über die Repräsentativität der Daten sollen hier und in den Untersuchungen zu den standarddeutschen Korpora sowie zu Nicht-Silbenschnittsprachen Signifikanzwerte und Standardabweichungen4 Auskunft geben. Die Standardabweichung ist ein Maß für die Streuung um einen Mittelwert. Bei einer Normalverteilung (oder: „Gauß'schen Verteilung", vgl. schon Zwirner/Zwirner 1936a) liegen rd. 68% der untersuchten Fälle innerhalb des durch eine Standardabweichung vom Mittelwert bestimmten Feldes. Sogar rd. 98% der Fälle befinden sich innerhalb eines durch die doppelte Standardabweichung markierten Bereiches (vgl. Abbildung 4.1.4-1). Je geringer die Standardabweichung ist, desto geringer ist also auch die Streuung der Meßergebnisse. Die in den Tabellen innerhalb der vorliegenden Arbeit angegebenen Standardweichungen dienen also als Maß für die Beschreibung von Varianz. Dieses Maß wird rein deskriptiv eingeführt, da die zu untersuchenden Merkmale von Vokalen große Variationen aufgrund von intrinsichen Eigenschaften und äußeren Faktoren wie Sprechtempo, Emphase etc. aufweisen. Eine normative Bewertung der Standardabweichungen mit der Konsequenz, Meßergebnisse bei zu hoher Varianz unberücksichtigt zu lassen, ist m.A.n. hier nicht angebracht.

3

4

In der Literatur ist i.d.R. statt vom „Sicherheitsgrad" vom „Unsicherheitsgrad" die Rede, der bei einer „Sicherheit des Ergebnisses" von z.B. 99% genau 1% beträgt. Zur Berechnung von Standardabweichungen und Signifikanzwerten vgl. Schlobinski (1996).

46

95,45 % m-2s

m-s

99,73% m m+s

m+2s

Abb 4.1.4-1: Modell der Gauß'schen Normalverteilung; m=Mittelwert, s=Standardabweichung Die Signifikanz der ermittelten Meßwerte wird mittels des Einstichproben t-Tests errechnet. Über den Vergleich zweier Mittelwerte von zwei unterschiedlichen Fallgruppen wird getestet, ob die Varianzen unabhängiger Stichproben aus Normalverteilungen identisch sind, d.h. ob zwei Stichproben einer Grundgesamtheit entstammen können. Unterschiedliche Signifikanzniveaus ergeben sich aus den durch den t-Test ermittelten Irrtumswahrscheinlichkeiten p: ρ ρ ρ ρ

> < <
i), eher in der Mitte des Vokals jedoch bei sth. Frikativen und Sonanten. Die Differenzwerte machen deutlich, daß insbesondere bei sth., dentalen oder alveolaren Konsonanten die Ergebnisse zum Halten eines hohen Energieniveaus eher dazu neigen, den oben gemachten Annahmen zu Silbenschnittkontrasten in den Verläufen der Energie auf betonten Vokalen zu widersprechen. Die übrigen Meßergebnisse bestätigen grosso modo, daß Energiecharakteristika einen meßbaren Unterschied bei scharfem und sanftem Schnitt ausmachen. Einige zeigen sogar eine deutlich größere Differenz zwischen scharfem und sanftem Silbenschnitt als bei den Durchschnittswerten in Tabelle 4.2.1-1 (s.o.) festzustellen war. Dies gilt für alle 3 betrachteten Eigenschaften der Energiekurven, wobei jedoch die Anzahl der Energiemaxima bzgl. der Differenz zwischen scharfem und sanftem Schnitt die geringste Variation aufweist. Relativ groß sind die Differenzwerte in Bezug auf das Halten eines hohen Energieniveaus bei stimmlosen Plosiven, geringer jedoch bei stimmhaften

55 Frikativen und Sonanten. Die Differenz werte zur Position eines einzelnen Energiemaximums im Vokal sind scheinbar beeinflußt von dem Artikulationsort der umgebenden Konsonanten: bei labial gebildeten Konsonanten sind die Unterschiede zwischen den Ergebnissen bei scharfem und sanftem Silbenschnitt gering, bei velar gebildeten hingegen relativ hoch. Die hier vorgestellten Ergebnisse auf der Basis des MmseHse-Korpus machen deutlich, daß bei der Auswertung der Meßdaten, die in dieser Untersuchung allein für die Vokale erhoben werden, die konsonantischen Umgebungen in jedem Fall Berücksichtigung finden müssen. Vergleichbare Daten zum Standard-Korpus bestätigen diese Einschätzung. Das Standard-Korpus ermöglicht im Gegensatz zum Nonsense-Korpus, in dem vorausgehende und nachfolgende Konsonanz identisch gehalten wurden, Aussagen über den Einfluß vorangehender vs. folgender Konsonaten. Folgende Tabellen geben die ermittelten Durchschnittswerte bei Konsonanten vor bzw. nach dem betonten Vokal im Trochäus an. Zu den Daten des Standard-Korpus (vgl. Tabellen 4.2.1-5 und 4.2.1-6) ist zunächst einmal zu sagen, daß die oben zu Beginn des Kapitels angeführten Annahmen bzgl. charakteristischer Energiekurven für scharfen vs. sanften Silbenschnitt bestätigt werden können: Es lassen sich charakteristische Merkmale der Energieverläufe für sanft vs. scharf geschnittene Vokale finden. Ein Einfluß der umgebenden Konsonanten auf die Energiewerte der betrachteten Vokale scheint auf Basis der Daten entsprechend der für das homogen aufgebaute Nonsense-Korpus gemachten Beobachtungen wahrscheinlich, ist jedoch aufgrund des heterogenen Charakters des Standard-Korpus in Bezug auf die Kombination von vorausgehenden und nachfolgenden Konsonanten sowie den Vokalen selbst abschließend nicht zweifelsfrei zu bestätigen. Aus diesem Grund wird in den folgenden Untersuchungen zu Dialekten des Deutschen auch lediglich die Folgekonsonanz kontrolliert, da deren Bedeutung für den Silbenschnitt herausragend zu sein scheint (vgl. schon Beschreibungen des Phänomens in Kap. 3.2). Die Analysen zum Standard-Korpus legen allerdings die Vermutung nahe, daß nicht allein der auf den betrachteten Vokal folgende Konsonant, also derjenige, der nach Sievers'scher Sichtweise den vorausgehenden Vokal schneidet und dem aus diesem Grunde ein großer Einfluß auf die akustischen Werte des Vokals selbst zugesprochen wird, sondern auch der vorausgehende die Energiewerte des Vokals verändert. Es lassen sich z.B. folgende Tendenzen feststellen: •

• •

Ein stimmloser Plosiv vor dem betrachteten Vokal führt dazu, daß ein einzelnes Energiemaximum sich stark dem Anfang des Vokals nähert. Das starke, plötzliche Energiemaximum der Verschlußöffnung „zieht" ein Energiemaximum des Vokals nach vorne. Nicht nur ein auf einen Vokal folgendes sondern auch ein vorangehendes /n/ führt dazu, daß die Zahl der Energiemaxima gegen 1 geht. Sowohl vorausgehende als auch nachfolgende stimmhafte Obstruenten weisen bzgl. der Zahl der Energiemaxima auf dem betrachteten Vokal sehr hohe Werte auf. Gleiches gilt für vorausgehendes aber auch für folgendes IM.

Es sind sicherlich noch sehr viel differenziertere Untersuchungen notwendig, um die komplexen Interdependenzen zwischen den Realisierungen umgebender Laute systematisch zu erfassen.

56 sanfter Schnitt

Kons. -

Bei.

E-Zahl

E-Halt

/p/

1

0 (-)

3 (-)

/t/

3

2.33 (0.58)

3 (0)

/k/

0

-

/?/

20

/b/

scharfer Schnitt E-Zahl 0.5 (0.71) -1 1.5 (0.76) 1.33 1.22 (0.44)

Durchschnitt Differenz E-Halt 2.5 (0.71) 1 2.25 (0.89) 1.2 2.22 (0.83)

3.14 (1.46)

2.03 (0.66) 0.4 2.33 (0.58) 0.5 2.44 (0.63) 0.95 2.75 (0.5)

4.93 (1.59) 0.01 2 (1) 1.5 4.42 (1.93) 1 3.75 (1-5)

E-Pos

Bei.

E-Zahl

E-Halt

E-Pos

-

1

1 (-)

2 (-)

1 (-)

-

5

1 (0)

1.8 (0.84)

3.2 (0.45)

-

-

9

1.22 (0.44)

2.22 (0.83)

3.14 (1.46)

1.25 (0.44)

2.2 (0.62)

4.93 (1.28)

15

0.8 (0.41)

1.8 (0.68)

4.92 (1.98)

2

1 (0)

2.5 (0.71)

2.5 (0.71)

1

1 (-)

2 (-)

1 (-)

/d/

13

1.38 (0.65)

2.62 (0.51)

4.67 (1.94)

3

1 (0)

1.67 (0.58)

3.67 (2.08)

/g/

4

1 (0)

2.75 (0.5)

3.75 (1.5)

0

-

-

-

1.06 (0.48) 0.45 1 (0) 0 1.31 (0.60) 0.38 1 (0)

/f/

3

1 (0)

2.67 (0.58)

4.67 (2.08)

0

-

-

-

1 (0)

2.67 (0.58)

4.67 (2.08)

///

1

1 (-)

3 (-)

2 (-)

3

1 (0)

1.33 (0.58)

2 (1)

/h/

18

1.88 (1.08)

2.67 (0.49)

5.13 (2.53)

4

1.25 (0.5)

2.5 (0.58)

4 (1)

/v/

5

1.2 (0.45)

2.6 (0.55)

1.75 (0.96)

4

1.25 (0.5)

2.75 (0.5)

5 (2)

/z/

3

2 (1)

3 (0)

3 (-)

4

1 (0)

2.5 (0.58)

3.5 (1.29)

/]/

5

1.4 (0.55)

2.8 (0.45)

3.33 (1.53)

2

0.5 (0.71)

1.5 (0.71)

1 (-)

/l/

8

1.5 (0.93)

2.75 (0.46)

5.67 (1.15)

6

1 (0.63)

2.5 (0.84)

3.25 (2.63)

/r/

15

1.13 (0.52)

2.6 (0.51)

5.36 (1.75)

6

1.17 (0.41)

1.83 (0.75)

3.8 (1.92)

/m/

2

3 (1.41)

3 (0)

4

0.5 (0.58)

1.75 (0.5)

3 (2.83)

7

1 (0.58)

2.71 (0.49)

1

1 (-)

2 (-)

5 (-)

1.75 (0.96) 1.67 2.64 (0.49) 0.17 2.67 (0.5) -0.15 2.71 (0.49) 0.5 2.43 (0.79) 0.3 2.64 (0.63) 0.25 2.38 (0.67) 0.77 2.17 (0.75) 1.25 2.63 (0.52) 0.71

2 (0.82) 0 4.82 (2.23) 1.13 3.14 (2.19) -3.25 3.4 (1.14) -0.5 2.75 (1.71) 2.33 4.29 (2.36) 2.42 4.88 (1.89) 1.56 3 (2.83)

/n/

1 (0) 0 1.77 (1.02) 0.63 1.22 (0.44) -0.05 1.43 (0.79) 1 1.14 (0.69) 0.9 1.29 (0.83) 0.5 1.14 (0.48) -0.03 1.33 (1.51) 2.5 1 (0.53) 0

-

5 (2.12)

E-Pos 1 (-) 3.2 (0.45)

5 (1.89) 0

Tabelle 4.2.1-5: Einfluß vorausgehender Konsonanten auf Ergebnisse zu Energieverläufen des Vokals - Standard-Korpus

57 scharfer Schnitt

sanfter Schnitt

Kons. -

Bei.

E-Zahl

E-Halt

E-Pos

Bei.

E-Zahl

E-Halt

E-Pos

/t/

9

1.22 (0.83)

2.78 (0.44)

4.83 (1.94)

5

0.8 (0.45)

2 (0)

4.25 (0.96)

/k/

0

-

-

-

1

1 (-)

1 (-)

5 (-)

/b/

38

1.58 (0.89)

2.53 (0.56)

4.87 (1.89)

1

1 (-)

2 (-)

3 (-)

/d/

10

1.3 (0.48)

2.6 (0.69)

4 (1.91)

0

-

-

-

11

1.36 (0.67)

2.64 (0.50)

2.88 (1.13)

0

-

-

-

/f /

0

-

-

-

4

1 (0)

1.5 (0.58)

2 (1.41)

/s/

4

1.75 (1.71)

2.5 (0.58)

8 (-)

12

0.83 (0.39)

1.92 (0.79)

4.3 (2.31)

///

0

-

-

-

1

1 (-)

2 (-)

3 (-)

/Ç/

0

-

-

-

4

1 (0)

1.75 (0.96)

4.25 (2.21)

/x/

0

-

-

-

1

1 (-)

3 O

2 (-)

/z/

12

1.42 (0.67)

2.83 (0.39)

5.13 (2.10)

1

1 (-)

2 (-)

1 (-)

/ts/

0

-

-

-

1

1 (-)

2 (-)

4 (-)

/l/

7

1.14 (0.69)

2.71 (0.49)

4.25 (1.89)

15

1 (0.53)

2.27 (0.70)

4.55 (1.69)

/r/

9

1.33 (0.71)

2.33 (0.5)

4.25 (2.06)

2

1 (0)

2 (0)

2.5 (2.12)

/m/

2

2 (0)

2.5 (0.71)

7

1.29 (0.49)

2.14 (0.89)

2.8 (0.45)

/n/

9

1.11 (0.33)

2.78 (0.44)

4.88 (1.64)

5

0.8 (0.44)

2 (1)

2.75 (1.71)

/η/

0

-

-

-

8

1.13 (0.64)

2.13 (0.83)

3.6 (2.41)

-

Durchschnitt Differenz E-Zahl E-Halt E-Pos 4.6 1.07 2.5 (0.73) (1.58) (0.52) 0.42 0.58 0.78 1 1 5 (-) (-) (-) 1.56 (0.88) 0.58 1.3 (0.48)

2.51 (0.56) 0.53 2.6 (0.69)

4.79 (1.89) 1.87 4(1.91)

1.36 (0.67)

2.64 (0.50)

2.88 (1.13)

1 (0)

1.5 (0.58)

2(1.41)

1.06 (0.93) 0.92 1 (-)

2.06 (0.77) 0.58 2 (-)

4.64 (2.46) 3.7 3 (-)

1 (0)

1.75 (0.96)

4.25 (2.21)

1 (-)

3 (-)

2 (-)

1.38 (0.65) 0.42 1 (-)

2.77 (0.44) 0.83 2 (-)

4.67 (2.39) 4.13 4 (-)

1.05 (0.58) 0.14 1.27 (0.65) 0.33 1.44 (0.53) 0.71 1 (0.39) 0.31 1.13 (0.64)

2.41 (0.67) 0.44 2.27 (0.47) 0.33 2.22 (0.83) 0.36 2.5 (0.76) 0.78 2.13 (0.83)

4.47 (1.68) -0.3 3.67 (2.07) 1.75 2.8 (0.45) 4.17 (1.89) 2.13 3.6 (2.41)

Tabelle 4.2.1-6: Einfluß nachfolgender Konsonanten auf Ergebnisse zu Energieverläufen des Vokals - Standard-Korpus

58 Neben umgebenden Konsonanten kommen, wie sich während der Auswertung des Standard-Korpus zeigte, weitere Faktoren als mögliche Quellen unerwünschter Beeinflussung der Meßergebnisse in Frage. Während beim homogen gehaltenen jVowserae-Korpus die betrachteten Vokale in eine konstante syntaktische Umgebung (bzgl. Satzlänge, Position des betrachteten Trochäus im Satz, Betonungsverläufe) eingebettet waren, variierte diese bei den Belegwörtern im Standard-Korpus stark. So lassen sich folgende Umgebungen und Bedingungen feststellen, in denen die Energiewerte sowohl bei sanftem als auch bei scharfem Silbenschnitt von den „normalen" Meßergebnissen abweichen: •





Bei emphatischer Sprechweise (überstarke Betonung) rückt ein einfaches Energiemaximum im Vokal sehr weit nach vorne. Ein Halten eines hohen Energieniveaus ist nur sehr schwach ausgeprägt, die Zahl der Energiemaxima geht gegen 1. Bei langsamem Sprechen werden die Vokale zusätzlich gedehnt, was eine Erhöhung der Zahl der Energiemaxima zur Folge hat. Die Zahl der Energiemaxima scheint grundsätzlich in großem Maße mit der absoluten Dauer der Vokale zu korrelieren (vgl. auch Untersuchungen zu den reinen Quantitätensprachen Finnisch und Tschechisch in den Kapiteln 4.2.4.1 und 4.2.4.2). Sind die Belegwörter am Satzende oder an einer anderen Position im Satz, wo die Energie aufgrund der Satzbetonung fallt, verringert sich die Anzahl der Energiemaxima. Ein mögliches Halten ist nur schwach ausgeprägt. Dies ist besonders bei Sätzen von großer (Wort-) Länge zu beobachten.

Diese Liste möglicher beeinflussender Faktoren ist wahrscheinlich noch unvollständig. Die aufgezählten Faktoren sollten aber unbedingt bei der Bewertung der in Kapitel 4 zu untersuchenden dialektalen Varianten des Deutschen Berücksichtigung finden. Die Beeinflussungen auf die Meßergebnisse zu den Vokalen durch äußere Faktoren wirken sich besonders stark auf die Merkmale Ε-Pos und Ε-Zahl aus. Die Ergebnisse dieser Merkmale müssen daher zwangsläufig weniger als diejenigen des Merkmals Ε-Halt gewichtet werden, das sich als stabiles Korrelat für den Silbenschnitt erwiesen hat. Aus diesem Grunde ist Ε-Halt als primäres Energiekorrelat anzusehen, während Ε-Zahl und E-Pos als sekundäre Energiekorrelate fungieren, die Aussagen, die auf Basis von Ergebnissen zu einem Halten eines hohen Energienieveaus gemacht werden, unterstützen oder abschwächen können. Zusammenfassend kann bzgl. der Messungen zu den Energiewerten gesagt werden, daß die 3 zu Beginn des Kapitels genannten Annahmen über Charakteristika der Energiekurven bei sanftem Silbenschnitt einerseits und scharfem Silbeschnitt andererseits bestätigt werden können. Insbesondere mit dem Merkmal Ε-Halt ist ein stabiles Korrelat für den Silbenschnitt gefunden, das zusätzlich durch weitere Merkmale der Energieverläufe (durch E-Zahl und Ε-Pos) unterstützt wird.

4.2.2 Formanten und Dauern Die Messungen zu Formanten und Dauern sollen der Untersuchung der Frage dienen, ob sich die Vokale eines Variantenpaares im Standarddeutschen in qualitativer und/oder quantitativer Hinsicht unterscheiden. Die phonetisch meßbare Dauer wird dabei als Indikator fur

59 eine quantitative Orientierung genommen, die Differenz der ersten beiden Formanten (Fl und F2) des Vokals als Meßwert für qualitative Unterscheidungen. Steriopolo (1994) weist allerdings darauf hin, daß Vokalrealisationen in starken Maße Modifikationen (z.B. durch Sprechtempo, lautliche und prosodische Bedingungen etc.) unterworfen sind, so daß die Meßergebnisse nicht ohne Berücksichtigung äußerer Faktoren in Bezug auf qualitative und quantitative Ausprägungen interpretiert werden können. Um die Beziehung zwischen Qualität und Quantität der Vokale in einem zweidimensionalen Diagramm graphisch darstellen zu können, wurde die Differenz von 1. und 2. Formanten gebildet und zur Dauer des Vokals in Verhältnis gesetzt. Zudem kann man sich von der Differenzbildung bei den ersten beiden Formanten eine bessere Vergleichbarkeit von weiblichen und männlichen Sprechern versprechen. Von Sprecherinnen artikulierte Vokale weisen grundsätzlich Formantwerte auf, die statistisch signifikant über denen von Männern liegen. Unter der Annahme, daß bei Frauen sowohl der 1. als auch der 2. Formant eines Vokals einen höheren Frequenzwert aufweist, als dies bei Männern der Fall ist, sollte die Differenzbildung der beiden ersten Formanten dazu führen, daß sich der Unterschied zwischen den Ergebnissen von Männern und Frauen zumindest teilweise ausgleicht und somit Meßergebnisse von männlichen und weiblichen Probanden besser miteinander vergleichbar sind. Da der Wert für den 1. Formanten bei Frauen jedoch nur in geringerem Maße über dem bei Männern liegt als dies für dem 2. Formanten der Fall ist, ist durch die Differenzbildung der beiden ersten Formanten kein vollständiger Ausgleich zu erreichen. Folgende Abbildung gibt einen Überblick über alle 225 errechneten Werte (auf der horizontalen Achse sind Dauernwerte in ms, auf der vertikalen Achse Formantdifferenzen in Hz abgetragen - [ε:] ist in der Legende als [ae] angegeben).

Foimantdifferenz-Dauern-Verhältnis Nonsense-Korpus

• [α] • [e] • [i] o [o]

2500 ^αΛ-Α-

2000 Ν

X

¿c

X[u] -[*]

1000

a[0] sa [y] • [a] • [ε]

500

•M

1500

A[i]

0

+[œ]

100

150

200

250

*M

Dauer in ms

Abbildung 4.2.2-1: Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis - Alle Werte TVomeme-Korpus

60 Es lassen sich Punktwolken für die 2 unterschiedlichen phonetischen Ausprägungen eines Vokales erkennen. Diese Wolken ziehen sich sowohl in vertikaler als auch in horizontaler Richtung, was für eine Sensitivität der Vokalvarianten sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Richtung spricht. Die Durchschnittswerte für die Vokale verdeutlichen dies. Vokal Bel.

-

lai

15

lei -1 [e:]-[ε] /e/-2 [ε:] - [ε]

15 15

/i/

15

loi

15

lui

15

lai

15

/y/

15

Mittel

-

sanfter Schnitt F-Diff 697.8 (141.12) 1896.73 (117.79)

Dauer 166 (27.64) 142.67 (24.86)

Bei. 15 15

1466.87 (92.23)

179.4 (32.91)

1993.73 (67.63) 444.2 (113.26) 481.2 (126.83) 1222.47 (148.90) 1520.47 (136.22)

132 (36.32) 157.13 (29.82) 135 (37.49) 152.67 (31.19) 135.73 (29.19)

15

-

-

-

scharfer Schnitt Dauer F-Diff 880.67 73.93 (184.45) (22.29) 77.2 1360.93 (16.05) (148.98)

-182.87

92.07

535.8

65.47

1360.93 (148.98)

77.2 (16.05)

105.93

102.2

1619.2 (163.78) 613.6 (167.20) 714.8 (240.48) 1066.07 (172.55) 1257.2 (215.57)

67.47 (24.17) 77.13 (21.03) 70.33 (19.59) 74.73 (20.82) 64.2 (25.04)

374.53

64.53

-169.4

80

-233.6

64.67

156.4

77.93

263.27

71.53

-

-

252.73

77.3

15 15 15

15 15

Tabelle 4.2.2-1: Formantdifferenz- und Dauernwerte -

Differenz Dauer F-Diff

Nonsense-Koipus

Aus den Durchschnittswerten ergibt sich folgende Abbildung:

Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis Nonsense-Korpus — / a / —•—/ e / -o— Iii -•—/o/ -O—lui —O—la/ -é^-lyl

Dauer in ms

Abbildung 4.2.2-2: Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis / Durchschnittswerte - jVomewe-Korpus

61 Es zeigt sich, daß die vorderen Vokale eine steigende Bewegung von links nach rechts zeigen, während sie bei den nicht-vorderen Vokalen fallend ist. Bei letzteren ist die Bewegimg stärker ausgeprägt als bei den zuerst genannten Vokalen. Mit den Begriffen „fallend,, und „steigend" wird der Umstand beschrieben, daß in einem Fall die Formantdifferenz der sanft geschnittenen Varianten einen höheren (= steigend), im anderen Fall einen niedrigeren Wert (=fallend) aufweist als die scharf geschnittene Variante. Eine steigende Bewegung ist grundsätzlich bei den vorderen Vokalen, die hohe F2-Werte aufweisen, festzustellen, eine fallende dagegen bei den nicht-vorderen Vokalen. Der durch die Ergebnisse des Mmse«se-Korpus hervorgerufene Eindruck einer deutlichen qualitativen und quantitativen Differenzierung der Vokalvarianten wird grundsätzlich durch die Meßergebnisse des Standard-Korpus bestätigt. Die Durchschnittswerte lassen jedoch erkennen, daß die Vokalpunkte im Vergleich zum Norcsewse-Korpus auf einem engeren Raum konzentriert sind, was für eine geringere Variation sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht spricht. Vokal -

Bel.

/a/

37

/e/-l [e:] - [ε] /e/-2 [ε:] - [ε]

28 2

/i/

23

/o/

10

/u/

/a/

2 1

sanfter Schnitt F-Diff Dauer 615.14 151.38 (124.58) (53.68) 1638.39 108.04 (166.99) (28.33)

Bei. 25 12

scharfer Schnitt F-Diff Dauer 687.04 80.28 (159.26) (23.76) 1264.83 76.83 (193.35) (16.63)

1210 (24.04)

121.5 (65.76)

12

1264.83 (193.35)

76.83 (16.63)

1727.13 (213.19) 466.67 (155.19) 570.5 (24.75) 1037

89.96 (30.57) 99.1 (30.29) 87 (21.21) 232

18

(-) 1359.63 (308.68)

(-) 87.88 (14.56)

2

1510.5 (185.27) 553 (140.20) 657 (121.62) 963.25 (92.08) 1106 (121.62)

65.94 (30.78) 97.4 (29.72) 55.5 (9.19) 71.75 (16.48) 63 (8.49)

5 2 4

/y/

8

Mittel signif.

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

Differenz F-Diff Dauer -71.90

71.09

373.56

31.20

-54.83

44.67

216.63

24.01

-86.33

1.7

-86.5

31.5

73.75

160.25

253.63

24.88

152.14 η

48.66 η

Tabelle 4.2.2-2: Formantdifferenz- und Dauernwerte - Standard-Korpus Die durchschnittlichen Dauern der Vokale unter sanftem Schnitt liegen im StandardKorpus um gut 30% unter denen des vVowse/Me-Korpus (die „Ausnahme" lai beiseite lassend, die nur einmal und damit nicht repräsentativ in der sanft geschnittenen Variante belegt ist). Bei den Vokalrealisationen unter scharfem Schnitt lassen sich in etwa die Dauernwerte wiederfinden, wie sie auch im Nonsense-Kovpas, anzutreffen sind. Der Quotient aus der Dauer von scharf und sanft geschnittenen Vokalen (vgl. Kap. 4.1.2) beträgt im Fall des iVoMsewse-Korpus 0,48, im Fall des Standard-Korpus 0,60. Dies bedeutet, das die relative Dauer der scharf geschnittenen Vokale im ersten Fall bei rd. 48% des sanft geschnittenen Vokals liegt, im 2. Fall jedoch bei 60%. Dieser Unterschied wird vor allen Dingen durch die meßbare deutlich geringere Dauer der sanft geschnittenen Vokale im Standard-Korpus hervorgerufen (zu relativen Werten der standarddeutschen Korpora vgl. Kap. 5.4).

62 Was die Formantdifferenzen angeht, so liegen die absoluten Werte im Nonsense-Korpus im Durchschnitt um rund 100 (scharfer Schnitt) bzw. 200 Hz (sanfter Schnitt) höher als im Standard-Y^ovpus. All dies spricht für eine weniger differenzierte Artikulation in der „natürlichen" Sprache, für die das Standard-Korpus steht, als diese fur das Nonsense-YLovpus, das aus Gründen der bessseren Vergleichbarkeit der Meßdaten aus satzphonetischer Sicht homogene Ausgangsdaten enthielt, nachzuweisen ist. Die Unterschiede zwischen Nonsense-Korpus und Standard-Korpus sind insgesamt statistisch jedoch nicht signifikant. Die relativen Werte für die Formantdifferenzen liegen im iVomewe-Korpus bei 0.80, im Standar d-Korpus, hingegen bei 0.86, was dafür spricht, fur das Standard-Korpus eine weniger starke qualitative Differenzierung der Vokalvarianten anzunehmen. Aus den Durchschnittswerten des Standard-Korpus

ergibt sich folgende Abbildung:

Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis Standard-Korpus 2000

-±-/a/

M

1500

Ν

X

ξ

—·—/(>/

1000

IL

— ' — •

·

-Ή ι



-0-/0/

L

500 0

0

50

100

150

Dauer in ms

200

250

Abbildung 4.2.2-3: Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis / Durchschnittswerte - Standard-Korpus Mit Ausnahme des bereits angesprochenen lai und dem kaum nach sanftem und scharfem Silbenschnitt zu unterscheidendem loi sind die erkennbaren Bewegungen der Vokale grundsätzlich mit denen des Mmsmse-Korpus vergleichbar, mit der Einschränkung, daß aufgrund der deutlich geringeren Dauern bei sanftem Schnitt die Bewegungen „gestaucht" sind. Es läßt sich feststellen, daß im Standarddeutschen sowohl eine qualitative als auch eine quantitative Unterscheidung der Varianten eines Vokales gegeben ist. Bzgl. der Dauer sind die Unterschiede zwischen den Varianten im jVome/we-Korpus grundsätzlich erheblich größer als im Standard-Korpus. Die qualitativen Unterschiede, errechnet als Differenz zwischen den beiden ersten Formanten eines Vokals, sind in beiden Korpora vergleichbar. Die Kontraste zwischen scharfem und sanftem Schnitt sind in etwa gleich. Allerdings liegen die Frequenzwerte im TVo/we/we-Korpus um durchschnittlich rd. 150 Hz höher.

63 Die Dauernwerte für die Vokale weisen Iii und /u/ als durchschnittlich kürzeste Vokale aus, während lai, lei und loi die größten (intrinsischen) Dauern aufweisen. Die Unterschiede zwischen den Varianten eines Vokales variieren im Nonsense-Korpus interessanterweise nur geringfügig, während sich beim Standard-Korpus zeigt, daß bei lai der bei weitem größte Abstand zwischen den Dauern der beiden lai-Varianten besteht. Dies mag seine Ursache in der geringen qualitativen Differenz zwischen den beiden lai-Varianten haben, die dazu fuhrt, daß die Dauerunterschiede betont werden. /W bildet eine Ausnahme. Grundsätzlich gilt für die qualitativen Unterschiede zwischen Varianten eines Vokales, daß diese, meßbar in der Formantdifferenz von Fl und F2, bei den vorderen Vokalen am größten ist, also bei den Vokalen, die einen hohen 2. Formanten aufweisen. Dieser variiert stärker als der 1. Formant. Ein Einfluß der umgebenden Konsonanten auf Formanten und Dauern der betrachteten Vokale ist durchaus festzustellen und in der in Kapitel 5.2 vorzunehmenden Beurteilung der Meßergebnisse zu den dialektalen Varianten des Deutschen zu berücksichtigen. Folgende Tabelle weist die durchschnittlichen Werte für die Vokale abhängig von den 15 konsonantischen Umgebungen des Norae/ise-Korpus (Formantdifferenzen und Dauern) auf: Konsonant lp] 1*1 lk] IbJ Id] lai If] IJJ IçJ [zj l3l [RJ [1] L»j

In]

Belege 15 15 15 15 15 15 15 15 15 15 15 15 15 15 15

F-Diff des Vokals 1024.07 (547.57) 1136.13 (517.43) 1123.4 (562.66) 1037.6 (555.44) 1217.47 (486.48) 1197.27 (592.88) 1030.2 (555.90) 1187.53 1376.67 1253.93 1243.87

(468.95) (446.48) (418.11) (430.05)

912.6 (463.74) 1187.07 (465.33) 1092.33 (563.76) 1215.8 (535.12)

Dauer des Vokals 70.53 (29.24) 88.93 (47.54) 84.07 (33.56) 112.53 (41.59) 140.07 (50.23) 130.73 (39.08) 92.53 (46.93) 103.27 (44.08) 111.2 (48.72) 134.33 137.53 145.87 126.4 101.93 125.67

(44.29) (52.41) (53.36) (49.65) (33.85) (45.82)

Tabelle 4.2.2-3: Formantdifferenz- und Dauernwerte der Vokale abhängig von umgebenden Konsonanten - jVo«.sewîe-Korpus Die geringsten Dauernwerte der Vokale finden sich in einer lautlichen Umgebung, die die geringste Sonorität aufweisen: bei den stimmlosen Plosiven. Hohe Dauernwerte sind dagegen bei Liquiden und stimmhaften Obstruenten zu finden. Die stark sonoren Nasale nehmen eine Mittelposition ein. Grundsätzlich gilt ebenfalls, daß Vokale in Nachbarschaft von stimmhaften Obstruenten eine größere Dauer aufweisen als in Nachbarschaft von stimmlosen Obstruenten. Die Unterschiede in den Formantdifferenzen sind abhängig vom Artikulationsort der Konsonanten. Periphere Artikulationsorte (labial, velar) zeigen den geringsten, palatal und dental/alveolar gebildete Konsonanten hingegen den größten Einfluß auf die Formantdifferenzen der Vokale (im Sinne eines stärkeren Kontrastes). Sowohl die oben für das Nonsense- und das Standard-Korpus angenommenen Charakteristika der betonten Vokale in den betrachteten trochäischen Strukturen als auch die mögli-

64 chen Beeinflussungen der Meßwerte zu Formantdifferenzen und Dauern durch umgebende Konsonanz werden in den Untersuchungen zu dialektalen Varianten des Deutschen in Kapitel 5 Beachtung finden. Einige Sätze abschließend zu den Dauern der intervokalischen Konsonanten im Standarddeutsch. Diese zeigen im Vergleich zwischen sanftem vs. scharfem Silbenschnitt nur geringe Variation. Im Nonsense-Korpus liegt die Dauer der Konsonanten bei scharfem Schnitt grundsätzlich unter der bei sanftem Schnitt. Im Standard-Korpus bleibt dieser Trend erkennbar, nur sind die Ergebnisse sehr viel heterogener, was sich durch die Heterogenität der Daten, die für dieses Korpus genutzt wurden, erklärt. Folgende Tabelle enthält die Meßergebnisse des Nonsense-Korpus. Alle intervokalischen Konsonanten treten in gleichen Umgebung mit jeweils 15 unterschiedlichen vorausgehenden Vokalen auf. Die Differenz in der konsonantischen Dauer errechnet sich aus dem Wert der Dauer eines intervok. Konsonanten nach scharf geschnittenem Vokal abgezogen von dem Wert der Dauer eines Konsonanten nach sanft geschnittenem Vokal. Kons. -

Bei.

/p/

8

/t/

8

/k/

8

/b/

8

/d/

8

V

8

/f/

8

///

8

/Ç/

8

/z /

8

W

8

/l/

8

/r/

8

/m/

8

/n/

8

Mittel

120

sanfter Schnitt Vok. Kons. Dauer Dauer 93.88 101.75 (12.66) (17.52) 128.63 108.5 (13.52) (23.90) 111.13 90.65 (20.36) (12.82) 73 145.63 (6.28) (23.93) 182.13 43.38 (12.02) (25.18) 163.75 73.83 (17.77) (14.19) 132.13 114.13 (7.83) (21.11) 135.38 140.88 (8.99) (18.31) 151.25 130.75 (25.67) (6.04) 170.75 84.5 (23.29) (14.65) 98.14 180.75 (8.07) (30.01) 50.57 167.75 (6.58) (25.17) 189.63 53.75 (25.28) (10.98) 68.25 128.5 (6.39) (21.69) 164.38 53 (5.24) (20.01) 150.08 85.31

Summe

Bei.

195.63

7

237.13

7

201.75

7

218.63

7

225.5

7

237.58

7

246.25

7

276.25

7

282

7

255.25

7

278.89

7

218.32

7

243.38

7

196.75

7

217.38

7

235.38

105

scharfer Schnitt Vok. Kons. Dauer Dauer 43.86 94 (9.31) (8.95) 43.57 97.57 (10.24) (8.89) 53.14 85.43 (7.24) (9.78) 74.71 63 (15.46) (8.37) 92 49.86 (9.71) (4.98) 61.17 93 (8.96) (10.76) 47.29 110.14 (11.86) (5.79) 60.29 121.29 (10.03) (9.16) 124 65.43 (11.27) (13.66) 92.71 75.4 (12.53) (13.37) 88.14 88 (4.71) (9.63) 79.14 49.86 (11.35) (6.18) 95.86 47.86 (20.66) (12.47) 71.57 61 (10.41) (14.69) 81.43 70.43 (12.23) (8.46) 72.14 79.93

Summe

Differenz Kons. Summe Dauer

137.86

7.75

57.77

141.14

10.93

95.99

138.57

5.19

63.18

137.71

10

80.92

141.86

-6.48

83.64

154.17

12.67

83.41

157.43

3.98

88.82

181.57

14.09

94.68

189.43

6.75

92.57

168.11

9.1

87.14

176.14

10.14

102.75

129

0.71

89.32

143.71

5.89

99.67

132.57

7.25

64.18

151.86

-17.43

65.52

152.08

5.39

83.30

Tabelle 4.2.2-4: Dauernwerte Vokale und intervok. Konsonanten - jVortie/we-Korpus

65 Nur là/ und /n/ (letzteres auffällig stark) weisen hier negative Werte auf, d.h. nur in diesen beiden Fällen konnte im ?Vb>weme-Korpus eine größere Dauer des Konsonanten nach Vokal unter scharfem Schnitt festgestellt werden. Im Standard-Korpus zeigen sich negative Werte in der Differenz der Dauern eines Konsonanten unter scharfem vs. sanftem Schnitt bei IV, /n/ und, in schwächerem Maße, auch bei /s/. Die folgende Tabelle mit den Ergebnisse der einzelnen Konsonanten für das Standard-Korpus weist einige Lücken auf, da nicht alle Konsonanten sowohl nach Lang- als auch nach Kurzvokal belegt sind. Kons. Bei.

-

9

/t/

sanfter Schnitt Vok. Kons. Dauer Dauer 120.67 68.78 (48.79) (15.63)

Summe

Bei.

189.45

5

-

1

174.25

1

121.37

0

196.17

0

0

/k/

38

/b/

10

/d/ /g /

11

-

-

123.13 (50.59) 78.7 (29.70) 141.55 (44.83)

51.12 (22.33) 42.67 (13.67) 54.63 (11.09)

0

/f/

-

-

-

4

151.75 (60.53)

97.75 (24.29)

249.5

12

-

-

-

1

-

-

-

4

-

-

-

1

103.58 (35.67)

76.17 (20.72)

179.75

1

-

-

-

1

99.14 (46.22) 138.89 (51.77) 114 (38.18) 100.78 (29.68)

41.33 (12.22) 42.57 (13.53) 63 (-) 49.88 (21.18)

140.48

15

181.46

2

177

7

150.65

5

-

-

-

8

-

121.19

59.20

180.39

-

-

-

-

-

-

4

/s/

0

///

0

/Ç/

0

/x/

12

/z/

0

/ts/

7

n/

9

/r/

2

/m/

9

/n/

0

W 10

Mittel signif.

scharfer Schnitt Vok. Kons. Dauer Dauer 62.4 56 (16.68) (18.83) 43 82 (-) (-) 64 41 (-) (-)

-

-

77.25 (30.61) 76.75 (15.09) 49 (-) 55 (15.38) 62 (-) 49 (-) 104 (-) 85.6 (24.26) 108 (80.61) 84.43 (32.28) 66 (19.40) 71.63 (18.68) 78.17

88 (12.49) 101.45 (17.28) 113 (-) 84.75 (6.89) 120 (-)

-

112 (-) 58.8 (26.22) 34 (7.07) 62 (28.89) 73 (-) 57.6 (8.14) 60.89 -

Summe

Differenz Kons. Summe Dauer

118.4

12.78

71.05

125

-

-

105

10.12

69.25

-

-

-

-

-

-

165.25

-

-

178.20

-3.70

71.3

162

-

-

139.75

-

-

182

-

-

-

-

-

216

-

-

144.4

-17.47

-3.92

142

8.57

39.46

146.43

1

30.57

139

-23.12

11.65

129.23

-

-

-1.69 η

41.34 si

139.06 -

Tabelle 4.2.2-5: Dauernwerte Vokale und intervok. Konsonanten - Standard-Korpus 10

Die Mittelwerte errechnen sich ausschließlich aus den Meßergebnissen der Konsonanten, die sowohl nach sanft als auch nach scharf geschnittenen Vokalen belegt sind. Die Werte unter dem Punkt „Summe" geben die Gesamtdauer der Sequenz [betonter Vokal + interv. Konsonant] an.

66 Insgesamt weisen die Ergebnisse des Standard-Korpus darauf hin, daß die Dauern intervokalischer Konsonanten bei scharfem und sanftem Schnitt in etwa identisch sind. Für beide Korpora zur Standardsprache läßt sich zusammenfassend eine leichte Tendenz dahingehend feststellen, daß nach scharf geschnittenen Vokalen die Werte der Dauern der Konsonanten im Vergleich zur Position nach sanft geschnittenem Vokal zurückgehen. In der Lautverbindung [betonter Vokal + interv. Kons.] nimmt unter scharfem Schnitt also nicht nur die Dauer des Vokals im Vergleich zu sanftem Schnitt ab, sondern auch die des Konsonanten, letztere jedoch in sehr viel schwächerem Maße. Die Dauer der Gesamtsequenz aus Vokal und Folgekonsonant fallt in beiden Korpora zur Standardsprache deutlich ab. Dieser Abfall ist im Standard-Korpus jedoch in einem statistisch signifikanten Maße weniger stark ausgeprägt. Die relative Dauer der Konsonanten in Bezug auf die Dauer der Gesamtsequenz [betonter Vokal + intervokalischer Konsonant], errechnet als Quotient aus der konsonantischer Dauer dividiert durch die Gesamtdauer der Sequenz (Bezugspunkt sind errechnete Mittelwerte), beträgt im Nomewse-Korpus 0.36 bei sanft geschnittenen und 0.53 bei scharf geschnittenen Vokalen. Dies entspricht einem Anteil der konsonantischen Dauer an der Gesamtdauer von 36% bzw. 53%. Diese Werte gehen im Standard-Korpus im Durchschnitt auf 0.33 (bei sanft geschnittenen Vokalen) bzw. 0.44 zurück, was darauf zurückzuführen ist, daß die (auch im Vergleich mit den Vokalen) verhältnismäßig langen stimmlosen Obstruenten im Standard-Korpus z.T. nicht (z.B. [p]) oder nur entweder nach sanft oder nach scharf geschnittenen Vokalen belegt sind ([k f J]) und daher nicht in die Berechnung der Mittelwerte einbezogen werden können.

4.2.3 Grundfrequenz Die Messungen zur Grundfrequenz des betonten Vokals auf der Basis des Nonsense-Yjorpus ergaben keine eindeutigen Ergebnisse. Es kann wohl auch davon ausgegangen werden, daß die oft vertretene Meinung, bei sanftem Silbenschnitt läge eine fallende Bewegung der Grundfrequenz und bei scharfem Schnitt eine steigende vor (zuletzt Maas & Tophinke 1993), nicht durch die vorliegenden Daten zu belegen ist. Die Unterschiede zwischen den Verlaufskurven der Grundfrequenz auf dem betrachteten Vokal sind bei scharfem und sanftem Silbenschnitt sehr gering. Folgendes Sonagramm für [ga'maima] (links) und [gs'mama] zeigt, daß sich die Grundfrequenzverläufe bei sanftem vs. scharfem Schnitt kaum unterscheiden. In beiden Fällen in Abb. 4.2.3-1 zeigt sich auf dem Vokal ein fallend-steigend-fallender Verlauf, bei der Variante unter sanftem Schnitt allerdings deutlicher als bei der Variante unter scharfem Schnitt.

67 0.34Q3T

-04B97-

O/UZZ

ï fi

OAS 19

Time ( ή

Time (ή

0Λ3Ζ2

Abbildung 4.2.3-1: Grundfrequenzverlauf von [ga'maima] (links) und [ga'mama], incl. Segmentierungsgrenzen Die Meßergebnisse sind in folgender Tabelle (geordnet nach dem betrachteten Vokal) zusammengefaßt. Die Zahlen 1-4 geben die relativen Meßpositionen im Vokal von vorne nach hinten an. Vokal -

Bel.

/a/

15

/e/- 1 [e:]-[E] /e/-2 [ε:]-[ε]

sanfter Schnitt 2 3 95.2 95.93 (25.40) (23.48) 92.4 94.27 (7.44) (6.56)

15

1 105.27 (43.61) 94.73 (6.65)

15

92.86 (4.79)

90.36 (4.03)

91.79 (3.68)

93.57 (2.79)

104.33 (40.67) 96.27 (6.67) 101.6 (9.62) 96.8 (7.34) 101.13 (8.98) 99.18 (21.91)

104.53 (40.61) 95.8 (4.74) 102.53 (9.29) 97.73 (7.91) 103.2 (10.47) 97.78 (18.38)

106.47 (39.89) 97.8 (5.36) 103.53 (10.59) 99.13 (8.19) 105.07 (8.91) 99.31 (17.88)

107 (45.38) 98.27 (4.28) 101.67 (10.37) 99.33 (7.26) 103.73 (9.02) 99.01 (17.49)

Iii

15

loi

15

lui

15

lai

15

/y/

15

gesamt

"

4 93.2 (5.52) 94.93 (6.23)

Bei.

scharfer Schnitt 2 3 96.87 97.73 (9.01) (7.87) 98 97.93 (10.94) (10.62)

15

1 98.47 (9.01) 99.07 (10.96)

15

99.07 (10.96)

98 (10.94)

97.93 (10.62)

96.87 (11.36)

105 (12.53) 101.47 (15.18) 108.57 (13.81) 101.93 (10.35) 103.46 (8.45) 102.49 (11.83)

103.13 (12.64) 100.8 (14.74) 106.93 (11.87) 100.87 (10.68) 102.54 (6.02) 101.23 (11.32)

102.87 (11.72) 103.6 (23.60) 105.5 (11.88) 99.73 (9.11) 101.77 (5.86) 101.25 (12.72)

100.27 (12.53) 102.07 (19.34) 106.14 (14.16) 108.27 (31.49) 102.54 (7.62) 102.21 (16.94)

15

15 15 15 15 15 ~

Tabelle 4.2.3-1: Durchschnittswerte Grundfrequenz abhängig vom Vokal

4 99.6 (9.20) 96.87 (11.36)

68 Grundfrequenz Nonsense-Korpus sanfter Schnitt

χ c o

2

3

Meßpunkt im Vokal

Abbildung 4.2.3-2: Grundfrequenzverlauf abhängig vom Vokal (sanfter Schnitt) - Schema

Grundfrequenz Nonsense-Korpus scharfer Schnitt 111,00 109,00 107,00

Λ

i —

-

105,00 1 103,00 101,00 99,00 97,00

*

1

1

"

—=1

95,00 2

—M

3

Meßpunkt im Vokal

Abbildung 4.2.3-3: Grundfrequenzverlauf abhängig vom Vokal (scharfer Schnitt) - Schema

69 In obigen Abbildungen sind die Grundfrequenzverläufe für die Vokale getrennt nach Silbenschnittart schematisch dargestellt. Eine leicht steigende Bewegung bei sanftem Schnitt über die gesamte Vokaldauer und eine leicht fallende bei scharfem (mit Ausnahme des / W ) läßt sich erahnen. Die Unterschiede zwischen den Silbenschnittarten sind jedoch unbedeutend. Auch eine Abhängigkeit von der kons. Umgebung scheint grundsätzlich nicht zu bestehen. Folgende Tabelle gibt die Durchschnittswerte (in Hz) aller Vokale für den sanften und scharfen Schnitt abhängig von der konsonantischen Umgebung an. sanfter Schnitt

kons. Umg. -

stl. Plosive stl. Frikative sth. Plosive sth. Frikative

Bei. 24 24 24 16

Liquide

16

Nasale

16

1 116.65 (44.93) 101.29 (7.87) 91.38 (3.52) 94.38 (2.47) 91.88 (3.79) 94.69 (2.44)

2 112.35 (36.46) 99.33 (8.77) 92.04 (5.68) 92.25 (2.86) 91.44 (7.57) 95 (3.14)

3 110.87 (36.14) 102.38 (9.37) 93.92 (6.26) 94.75 (3.36) 93.88 (7.36) 96.18 (2.74)

scharfer Schnitt 4 106.69 (37.24) 102.04 (8.31) 95.29 (5.26) 96 (3.89) 94.44 (5.97) 96.56 (3.01)

Bei. 21 21 21 14 14 14

1 118.84 (12.95) 109.33 (6.30) 94.45 (5.35) 96.71 (2.55) 95.29 (3.79) 94.5 (2.41)

2 116.74 (12.88) 106.90 (6.59) 93.7 (5.12) 95.14 (3.18) 95.57 (5.03) 94.14 (2.32)

3 117.47 (19.27) 105.19 (6.68) 93.65 (4.85) 95.36 (3.15) 96.43 (4.59) 94.93 (2.20)

4 122.42 (29.16) 106.24 (7.25) 94.35 (5.06) 94.57 (3.13) 95.21 (3.33) 94.57 (3.88)

Tabelle 4.2.3-2: Durchschnittswerte Grundfrequenz des Vokals abhängig von der kons. Umgebung

Grundfrequenz Nonsense-Korpus sanfter Schnitt 123,00

Ν

X C

118,00

-stl. Plosiv

113,00

-sth. Plosiv

108,00

-stl. Frikativ -sth. Frikativ

103,00

-Liquid

98,00

• Nasal

93,00 88,00 2

3

Meßpunkt im Vokal

Abbildung 4.2.3-4: Grundfrequenzverlauf des Vokals abhängig vom interv. Konsonanten (sanfter Silbenschnitt) - Schema

70

Grundfrequenz Nonsense-Korpus scharfer Schnitt 128,00 123,00

stl. Plosiv

118,00

Β—sth. Plosiv

Ν

113,00

C O II.

Ar-stl. Frikativ

108,00

—K— sth. Frikativ

X

103,00

S3—Liquid Θ—Nasal

98,00 93,00

88,00 2

3

Meßpunkt im Vokal

Abbildung 4.2.3-5: Grundfrequenzverlauf des Vokals abhängig von interv. Konsonanten (scharfer Silbenschnitt) - Schema Die graphischen Darstellungen (vgl. Abbildungen 4.2.3-4 und 4.2.3-5) lassen erneut einen leichten Anstieg der Grundfrequenz bei sanftem Schnitt über die gesamte Vokaldauer (Ausnahme stl. Obstruenten) vermuten. Die Kurven zum scharfen Schnitt zeigen jedoch keine eindeutige Tendenz. Die Unterschiede zwischen Vokal- oder Konsonantenklassen scheinen nicht systematischer Natur zu sein. Die Gesamtdurchschnittswerte (vgl. Tabelle 4.2.3-1, letzte Zeile) für sanften und scharfen Silbenschnitt (errechnet aus allem Meßwerten, d.h. nicht als Mittel der Durchschnittswerte der Vokale) bestätigen diesen Eindruck. Die Unterschiede in der Bewegung sind gegen Ende des Vokals zwar scheinbar recht deutlich (steigende Bewegung bei scharfem, sinkende Bewegung bei sanftem Silbenschnitt), jedoch sind diese Differenzen in absoluten Werten ausgedrückt minimal (von Position 3 zu Position 4 ändert sich der Wert sowohl bei sanftem als auch bei scharfem Schnitt um weniger als 1 Hz, was prozentual einem Anteil von weniger als 1 % entspricht). Die leicht steigende Bewegung bei scharfem Schnitt gegen Ende des Vokals sind im übrigen vor allem auf die Ergebnisse eines Vokals (des / 0 / ) zurückzufuhren. Allenfalls kann man eine Tendenz erkennen, insofern als bei scharfem Schnitt über die gesamte Dauer des Vokals gesehen die Grundfrequenz fällt und leicht wieder steigt, während bei sanftem Schnitt eine fallend-steigend-fallende Bewegung erkennbar ist.

71

Grundfrequenz Nonsense-Korpus 103,00 102,00 Ν

Χ C

O IL

101,00 -sanfter Schnitt

100,00

-scharfer Schnitt

2

3

Meßpunkt im Vokal

Abbildung 4.2.3-6: Grundfrequenzverlauf sanfter und scharfer Schnitt - Schema Unter Umständen ist die fallend-steigend-fallende Bewegung der Grundfrequenz bei sanftem Schnitt, insbesondere der recht starke Anstieg von Position 2 zu Position 3 mit der Bewegung in Beziehung zu setzen, die in den Messungen zu Energieverläufen nachweisbar war: Zwischen 2 Drucksilben findet sich ein geringer Rückgang der Energie, der sich in einem Abfallen der Grundfrequenz äußert. Da bei scharfem Schnitt nur eine einzelne Drucksilbe gegeben ist, liegt hier eine weniger differenzierte Bewegung vor. Diese Interpretation ist jedoch nur als sehr vage zu verstehen. Da auf der Basis des JVowse/ise-Korpus keine Hypothesen bzgl. silbenschnittabhängiger Merkmale der Grundfrequenz gebildetwerden konnten, wurde auf weitergehende Untersuchungen anhand des Standard-Korpus verzichtet.

4.2.4 Überprüfen des Silbenschnittkorrelates an Nicht-Silbenschnittsprachen Anhand von Daten aus Nicht-Silbenschnittsprachen soll das fiir das Standarddeutsche entwickelte phonetische Korrelat des Silbenschnittes getestet werden. Die Messungen zum Energieverlauf haben 3 mögliche Korrelate erbracht, wobei insbesondere die Ergebnisse zum Standard-Korpus darauf hinzudeuten scheinen, daß das Merkmal Ε-Halt im Vergleich zu den beiden anderen Merkmalen Ε-Zahl und Ε-Pos eine übergeordnete Rolle einnimmt, da anzutreffende Variationen geringer ausfallen.

72 4.2.4.1 Finnisch Als Datenbasis dienen bei den Untersuchungen zum Finnischen Aufnahmen eines Sprachkurses von Richard Sernran (1990). Etwa die Hälfte der gut 80 Datensätze besteht aus isoliert gesprochenen Einzelwörtern. Die andere Hälfte ist einem fortlaufenden (vorgelesenen) Text entnommen. Untersucht wurden sowohl betonte als auch unbetonte phonologische Kurz- bzw. Langvokale. Die verwendeten Teile der Aufnahmen wurden von einer Frau gesprochen. Finnisch gehört zu den Quantitätensprachen. Es existieren sowohl lange vs. kurze Vokale als auch lange vs. kurze Konsonanten. Diese können sowohl in betonten als auch in unbetonten Silben auftreten (vgl. für eine Übersicht Karlsson 1984). Folgendes Schema gibt die finnischen Vokalphoneme wider. i e êe

y 0

u o a

Abbildung 4.2.4.1-1: Vokalsystem des Finnischen nach Ternes (1987: 156) - Zeichensatz von mir geändert Finnisch gehört nicht zu den Silbenschnittsprachen, was bedeutet, daß die fur das Standarddeutsch gefundenen akustischen Korrelate für den Silbenschnitt (d.h. bestimmte Merkmale in den Energieverläufen) im Finnischen keine Relevanz haben sollten. Tabelle 4.2.4.1-1 gibt eine Übersicht über die Meßergebnisse zu den Energieverläufen. Es zeigt sich, daß 2 der 3 für das Standarddeutsche als unterscheidende Merkmale zwischen sanftem und scharfem Silbenschnitt gefundenen Charakteristika der Energiekurven im Finnischen nicht zu finden sind. Die Unterschiede zum standarddeutschen NonsenseKorpus sind signifikant bzw. höchst signifikant. Es handelt sich dabei um das Halten eines hohen Energieniveaus und um die Position eines einzelnen Energiemaximums im Vokal. Die Anzahl der Energiemaxima variiert im Finnischen bei Wechsel der phonol. Dauern eines Vokals in vergleichbarer Weise wie im Standarddeutschen, was für die Annahme spricht, daß die Anzahl der Energiemaxima in erster Linie von der Dauer des Vokals abhängt, bzw. daß eine starke Korrelation zwischen der Dauer des betrachteten Vokales und dem Merkmal Ε-Zahl besteht. Vokal -

Bei.

/a/

6

/e/

4

/i/

5

loi

1

lui

4

phon. Länge E-Zahl E-Halt 2.33 2.33 (0.82) (0.52) 2.75 2.75 (1.26) (0.5) 1.4 2 (0.55) (0) 1 2 (-) (-) 1 2.25 (0.5) (0)

E-Pos 3

(") 3

(") 3

(Π 6 (-) 3.5 (1.29)

Bei. 11 8 8 4 4

phon. E-Zahl 0.82 (0.41) 1.38 (0.52) 0.88 (0.35) 1 (0.82) 1.5 (0.58)

Kürze E-Halt 2.27 (0.47) 2.75 (0.46) 2.13 (0.35) 2.25 (0.96) 2.5 (0.58)

E-Pos 4.11 (2.26) 6 (1.73) 3.29 (0.95) 4.5 (2.12) 2 (1.41)

E-Zahl

Differenz E-Halt

E-Pos

1.51

0.06

-1.11

1.37

0

-3

0.52

-0.13

-0.29

0

-0.25

1.5

-0.5

-0.25

1.5

73 phon. Länge E-Zahl E-Halt 1.33 3 (0.58) (0)

Vokal -

Bei.

/ae/

3

/a/

0

/y/

1

gesamt

-

signif.

-

E-Pos 4 (1.41)

-

-

1

2

3

(-) 1.54 (0.71)

(-) 2.33 (0.39)

(-) 3.64

-

-

(1.11)

Bei. 3 1 5 -

phon. E-Zahl 1 (0) 1 (-) 1.4 (0.55) 1.12 (0.26)

Kürze E-Halt 2.67 (0.58) 2 (-) 2.2 (0.45) 2.35 (0.27)

3.74 (1.43)

-

-

-

E-Pos 5

(!)

E-Zahl

Differenz E-Halt

E-Pos

0.33

0.33

-1

-

-

-

-0.4

-0.2

0

0.42

-0.05

-0.10

η

hsi

s

2

(") 3

(!)

Tabelle 4.2.4.1-1: Durchschnittsergebnisse (Energie) für Finnisch Sowohl bei phonol. Länge als auch bei phonologischer Kürze weist das Finnische ein relativ starkes Halten eines hohen Energieniveaus auf. Im Standarddeutschen wäre dies in etwa mit dem sanftem Silbenschnitt vergleichbar, weicht aber signifikant von dem schwachen Halten bei scharfem Schnitt ab, so daß man feststellen kann, daß ein entscheidender Unterschied zwischen Silbenschnitt- und Quantitätensprachen in dem nur schwachen Halten eines hohen Energieniveaus bei scharfem Silbenschnitt experimentell nachweisbar ist. In Bezug auf die Position eines einzelnen Energiemaximums im Vokal zeigt das Finnische sowohl bei phonol. Länge als auch bei phonol. Kürze eher Merkmale, wie sie bei scharfem Schnitt im Standarddeutschen nachzuweisen sind. Demnach haben Vokale im Finnischen die Tendenz, ein Maximum relativ weit vorn im Vokal aufzubauen. Im Gegensatz dazu zeigt sich im Standarddeutschen ein einzelnes Energiemaximum bei sanftem Schnitt tendenziell in der Mitte des Vokals, deutlich weiter zurückversetzt als bei scharfem Schnitt. Unter der Annahme, daß der sanfte Silbenschnitt der „unmarkierte Fall" ist, der also auch im Finnischen zu erwarten wäre, lassen die Meßergebnisse im Finnischen zur Position eines einzelnen Energiemaximums im Vokal eben dieses Merkmal der Energieverläufe nicht als mögliches akustisches Korrelat des Silbenschnittes erscheinen. Vokal -

Bei.

/a/

6

/e/

4

/i/

5

/o/

1

/u/

4

/œ/

3

/a/

0

/γ/ Mittel signif.

1

phonol. Länge F-Diff Dauer 564.67 221.83 (98.83) (50.25) 1763.75 233.75 (70.87) (19.55) 2430.4 184 (134.97) (44.29) 674 117 (-) (-) 527.5 175 (87.44) (46.83) 1042.67 103.67 (52.92) (29.29) -

-

1555

212

(-)

(-)

-

-

-

Bei. 11 8 8 4 4 3 1

phonol. Kürze F-Diff Dauer 667.82 104.27 (112.94) (14.52) 1709.38 95.75 (155.09) (23.11) 2242.75 102.38 (126.00) (23.60) 640.75 101.5 (159.40) (36.57) 812.75 101 (150.01) (43.92) 1008.67 74.33 (65.29) (19.22) 1192 69 (-) 1607.4 (103.50)

(-) 85 (32.09)

-

-

-

-

-

-

5

Differenz F-Diff Dauer -103.15

117.56

54.37

138

187.65

81.62

33.25

15.5

-285.25

74

34

29.34

-

-

-52.4

127

107.15 si

83.29 η

Tabelle 4.2.4.1-2: Durchschnittsergebnisse (Formantdifferenz, Dauer) für Finnisch

74 Deutliche Unterschiede zwischen Varianten eines Vokales zeigen sich im Finnischen in Bezug auf die Dauer der Vokale. Die relative Dauer der Kurzvokale beträgt im Finnischen 0.53, was einem prozentualen Anteil von 53% an der Dauer der Langvokale entspricht. Im Vergleich zum Norcsmse-Korpus ergaben sich signifikante Unterschiede in Bezug auf die untersuchten Formantdifferenzen (relativer Wert: 0.92), die im Finnischen deutlich schwächer ausfällt. Die Ergebnisse zur Dauerdifferenz unterscheiden sich dagegen nicht signifikant von denen des Nonsense-Korpus. Folgende Abbildung gibt die Durchschnittswerte der Messungen für einzelne Vokale graphisch wieder. Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis Finnisch 3000

-/a/ -/e/ -/i/ -/o/ -/u/ -/e>/ -/y/

2500 Ν

X £ £ 7

2000



1000

1ÌT~B

500



—ή.

A—

1500

-

A

tj

0 50

100

150

200

250

Dauer in ms

Abbildung 4.2.4.1-2: Durchschnittswerte Finnisch Die Durchschnittswerte der Vokale machen deutlich, daß es sich beim Finnischen um eine Sprache handelt, in der sich Varianten eines Vokales zwar auch gering nach qualitativen Merkmalen unterscheiden, daß die Unterscheidung aber grundsätzlich nach quantitativen Merkmalen erfolgt: Die „Bewegung" der Varianten eines Vokales erfolgt in der Abbildung 4.2.4.1-2 vor allem entlang der x-Achse, auf der die Dauern der Vokale abgetragen sind. Die Vokale / o / und / 0 / sind nicht repräsentativ belegt (ähnlich übrigens auch / y / ) , so daß deren schwache Dauernkontraste nicht unmittelbar gegen die aufgestellte These sprechen. Lediglich / a e / weist in diesem Sinne überraschend geringe Dauerunterschiede auf. Zusammenfassend kann man festhalten, daß das Finnische Varianten eines Vokales in erster Linie über Differenzen in der Vokaldauer unterscheidet. Die Formantdifferenzen zeigen bei phonol. Länge gegenüber der phonol. Kürze geringere Unterschiede. Von den 3 betrachteten Merkmalen der Energieverläufe finden sich Kontraste bei langen und kurzen Varianten eines Vokales, wie sie im Standarddeutschen für sanft und scharf geschnittene Varianten eines Vokales zu finden waren, nur bzgl. der Anzahl der Energiemaxima auch im Finnischen, woraus sich ergibt, daß die Position dieses Merkmals als mögliches Korrelat

75 des Silbenschnittes geschwächt ist. Die Position eines einzelnen Energiemaximums im Vokal ist bei langen und kurzen Varianten eines Vokals im Finnischen in etwa vergleichbar (es ist kein signifikanter Kontrast feststellbar), was fur eine Wertung dieses Merkmals als mögliches akustisches Korrelat des Silbenschnittes sprechen würde. Da jedoch die Position eines einzelnen Maximums im Vokal eher dem Muster entspricht, das Vokale unter scharfem Schnitt im Standarddeutschen zeigen (und nicht, wie zu erwarten wäre, Vokale unter sanftem Schnitt), ist auch die Annahme des Merkmals Ε-Pos als mögliches akustisches Korrelat des Silbenschnittes nach den Messungen zum Finnischen in Frage zu stellen. Einzig das Halten eines hohen Energieniveuas kommt nach diesen Ergebnissen als phonetisches Korrelat des Silbenschnittes in Frage. Hier zeigen sich in den Meßergebnissen höchst signifikante Unterschiede zu den Ergebnissen des TVo «seme-Korpus.

4.2.4.2 Tschechisch Das Tschechische ist neben dem Finnischen die 2. Nicht-Silbenschnittsprache, an der die Richtigkeit der Annahme eines phonetischen Korrelates fur den Silbenschnitt überprüft werden soll. Als Datenbasis dienen dabei Aufnahmen eines Sprachkurses von AnneMargret Kiessl (1993). Etwa zwei Drittel der gut 75 Datensätze besteht aus isoliert gesprochenen Einzelwörtem. Das andere Drittel ist aus einem fortlaufenden (gelesenen) Text entnommen. Die verwendeten Teile der Aufnahmen des Sprachkurses wurden von einer Frau und einem Mann (Anteile gleichmäßig verteilt) gesprochen. Tschechisch ist wie Finnisch eine Quantitätensprache. Die Länge der Vokale ist unabhängig von der Betonung. Tschechisch weist eine Opposition zwischen langen und kurzen Vokalen auf. Die untersuchten Kurz- und Langvokale wurden sowohl betonten als auch unbetonten Silben entnommen. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Meßergebnisse zu den Energieverläufen. Die Ergebnisse zum Halten eines hohen Energieniveaus und zur Position eines einzelnen Energiemaximums im Vokal weisen signifikante bzw. höchst signifikante Unterschiede zum WoraeHie-Korpus auf. Vokal -

Bei.

/a/

8

/e/

4

/i/

10

/o/

3

/u/

7

gesamt

-

signif.

-

phon. E-Zahl 3.25 (1.04) 2 (1.41) 1.9 (0.99) 3.67 (0.58) 1.71 (1.11) 2.51 (0.89) -

Länge E-Halt 2.25 (0.46) 2 (0) 1.9 (0.57) 2.33 (0.58) 2 (0) 2.09 (0.18)

E-Pos

Bei.

-

10

3 (2.83) 1.5 (0.58) -

1.75 (0.96) 2.08 (0.80) -

5 9 10 7 -

phon. E-Zahl 1.6 (0.52) 1.6 (0.89) 1.11 (0.60) 1 (0) 1.42 (0.53) 1.35 (0.28) -

Kürze E-Halt 2.2 (0.63) 2 (0.71) 2 (0.71) 2.2 (0.63) 2.14 (0.38) 2.11 (0.10)

(D 1.83 (1.17) 1.8 (1.32) 3 (1.63) 1.98 (0.64)

-

-

E-Pos 1.25 (0.5) 2

E-Zahl

Differenz E-Halt

E-Pos

1.65

-0.05

-

0.4

0

1

0.79

-0.1

-0.33

2.67

0.13

-

0.29

-0.14

-1.25

1.16

-0.02

0.10

η

hsi

s

Tabelle 4.2.4.2-1: Durchschnittsergebnisse (Energie) für Tschechisch

76 Die Anzahl der Energiemaxima variiert im Tschechischen bei Wechsel der phonol. Dauern eines Vokals in (statistisch jedoch nicht signifikanter) stärkerer Weise als im Standarddeutschen, was für die Annahme spricht, daß Anzahl der Energiemaxima und Dauer des Vokals korrelieren. Sowohl bei phonol. Länge als auch bei phonologischer Kürze weist das Tschechische ein leichtes bis starkes Halten eines hohen Energieniveaus auf. In Bezug auf die Position eines einzelnen Energiemaximums im Vokal zeigt das Tschechische sowohl bei phonol. Länge als auch bei phonol. Kürze eher Merkmale, wie sie bei scharfem Schnitt im Standarddeutsch nachzuweisen sind. Demnach haben Vokale im Tschechischen die Tendenz, ein Maximum relativ weit vorn im Vokal aufzubauen, ganz so wie im Finnischen (s.o.). Im Gegensatz dazu zeigt sich im Standarddeutschen ein einzelnes Energiemaximum bei sanftem Schnitt tendenziell in der Mitte des Vokals, deutlich weiter zurückversetzt als bei scharfem Schnitt. Auffällige Unterschiede zwischen Varianten eines Vokales zeigen sich im Tschechischen in Bezug auf die Dauer der Vokale (relative Dauer der Kurzvokale: 0.44). Die folgende Tabelle zeigt die Differenzen deutlich auf. Vokal -

Bei.

/a/

8

/e/

4

/{/

10

/o/

3

/u/

7

Mittel signif.

phonol. Länge F-Diff Dauer 410.14 245.88 (50.19) (68.61) 1439 163 (141.28) (88.69) 174 2433.9 (123.11) (81.92) 489.67 230.33 (43.19) (79.10) 561.25 164.86 (184.61) (62.71)

Bei. 10 5 9 10 7

phonol. Kürze Dauer F-Diff 543 101.1 (126.71) (20.97) 1480 104.4 (209.17) (64.32) 1860.56 81.11 (97.14) (33.01) 769.1 76.3 (194.95) (23.88) 794.86 72.14 (163.72) (27.05)

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

Differenz F-Diff Dauer -132.86

144.78

-41

58.6

573.34

92.89

-279.43

155.03

-233.61

92.72

252.05 η

108.80 η

Tabelle 4.2.4.2-2: Durchschnittsergebnisse (Formantdifferenz, Dauer) fur Tschechisch Die Durchschnittswerte der Vokale machen deutlich, daß es sich beim Tschechischen um eine Sprache handelt, in der sich Varianten eines Vokales auch durch relativ deutliche qualitative Merkmale unterscheiden. Eine Differenzierung der Vokale erfolgt grundsätzlich aber auch nach quantitativen Merkmalen: Die Bewegung der Varianten eines Vokales erfolgt in der Abbildung 4.2.4.2-1 entlang beider Achsen des Diagrammes, was Hinweise sowohl auf eine qualitative als auch auf eine quantitative Differenzierung der Varianten eines Vokales gibt. Der relative Wert der Formantdifferenzen liegt bei 0.79 und ist damit in etwa mit dem Wert des standarddeutschen jVo«ie«se-Korpus (0.80) vergleichbar. Dies ist ein deutliches Anzeichen für eine starke qualitative Differenzierung der Vokale im Tschechischen. Abbildung 4.2.4.2-1 gibt die Meßergebnisse (Durchschnittswerte der einzelnen Vokale) der Belege zum Tschechischen graphisch wieder.

77

Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis Tschechisch

3000 -I2500 - ν

2000 - -

1

1500 - -

2

1000

-

500 - 0 --

50

Abbildung 4.2.4.2.-1: Durchschnittswerte Tschechisch Zusammenfassend kann man festhalten, daß sich von den 3 Merkmalen der Energieverläufe nur bzgl. der Anzahl der Energiemaxima im Tschechischen Muster zeigen, die mit entsprechenden Mustern im Standarddeutschen vergleichbar wären. Daß auch in Bezug auf die Position eines einzelnen Energiemaximums im Vokal wie für das Standarddeutsche ein positiver Mittelwert errechnet wurde, scheint zufällig geschehen zu sein. Wie die Ergebnisse für die einzelnen Vokale ausweisen, variieren die Meßergebnisse in diesem Punkt um den Wert 0 ohne erkennbare Tendenzen zur positiven oder negativen Seite. Allerdings sind einzelne Energiemaxima relativ weit vorne im Vokal zu finden, was eher dem Muster der Vokale unter scharfem Schnitt im Standarddeutschen entspricht und wie im Falle des Finnischen den Status des Merkmals Ε-Pos als mögliches akustisches Korrelat schwächt. Das bedeutet, daß nur das Halten eines hohen Energiemaximums ohne Einschränkung als phonetische Korrelat des Silbenschnittes in Frage kommt.

4.2.4.3 Französisch Im Gegensatz zu den ebenfalls zur Kontrolle der Ergebnisse zum Standarddeutsch untersuchten Sprachen Finnisch und Tschechisch handelt es sich beim Französischen um eine Sprache, in der Vokalquantitäten eine nebengeordnete Rolle spielen. Grundsätzlich ist eine größere Vokaldauer nur in Verbindung mit längenden Konsonanten beobachtbar und tritt auch dann nur in „korrekter Sprechweise" oder bei gewollter phonologischer Opposition (z.B. bei ['meitra], maître - ['metra], mettre) auf (vgl. zur phonologischen Bedeutung der Vokaldauer auch Klein 1963: 51f.). Ternes (1987: 147) geht sogar so weit zu sagen, die Vokalquantität sei im Französischen nicht distinktiv und werde im allgemeinen als veraltet angesehen. Allerdings existieren qualitative Differenzierungen, wie folgendes System na-

78 helegt (ohne nasalierte Vokale). Ternes nimmt dabei keine qualitativen Unterschiede bei hohen Vokalen an. i e ε a

y Θ ce

u o 0 α

Abbildung 4.2.4.3-1: Vokalsystem des heutigen Französisch nach Ternes 1987 (ohne Nasalvokale) - Zeichensatz von mir geändert In der vorliegenden Untersuchung wird von einer „Standardartikulation" ausgegangen, die auch Dauerdifferenzierungen aufweist. Da die verwendeten Daten einem Sprachkurs entnommen sind, in dem grundsätzlich auf eine korrekte Aussprache geachtet werden muß, scheint diese Annahme berechtigt. Mit den zwei oben genannten Kontrollsprachen Finnisch und Tschechisch hat das Französische die Eigenschaft gemein, keine Silbenschnittsprache zu sein. Des weiteren ist zum Französischen zu sagen, daß es keinen festen Wortakzent aufweist, d.h. der Akzent ist nicht morphologisch gebunden, sondern liegt grundsätzlich auf der letzten Silbe eines Wortes. Dies ist aus dem Grunde beachtenswert, da verschiedene Autoren (u.a. Maas 1999) davon ausgehen, daß eine Silbenschnittopposition nur in betonten Silben zu beobachten ist und dem Akzent damit eine besondere Bedeutung zukommt. Ziel der Untersuchung zum Französisch ist es, die nach der Ausweitung der Daten zu den Quantitätensprachen aufgestellte Hypothese zu überprüfen, daß eines der in Kap. 4.2.1 als mögliche phonetische Korrelate des Silbenschnitts entdeckten Merkmale der Energieverläufe des betrachteten Vokals (namentlich die Anzahl der Energiemaxima) wohl eher als Reaktion auf unterschiedliche Dauern aufzufassen sei. Die Ergebnisse der Untersuchungen zu den Quantitätensprachen hatten gezeigt, daß sich, ganz ähnlich wie im Standarddeutsch, bei größerer phonetischer Dauer die Anzahl der Energiemaxima erhöhte. Faßt man eine größere Dauer jedoch als das Ergebnis einer durch sanften Schnitt ermöglichten Dehnung eines Vokals auf, so sind die Messungen zu Quantitätensprachen alleine nicht ausreichend, um Kontraste in der Anzahl der Energiemaxima als mögliches phonetisches Korrelat des Silbenschnittes auszuschließen. Französisch, das weder Silbenschnitt- noch Quantitätendifferenzierungen aufweist, kann nun die entscheidenden Hinweise liefern. In verschiedenen phonologischen Arbeiten (u.a. Jespersen 1926: 204) wird angenommen, daß französische Vokale ein Muster in bezug auf mögliche Silbenschnittkorrelationen aufweist, das dem sanftem Schnitt im Standarddeutsch ähnlich sind. Es gibt demnach keinen scharfen Silbenschnitt im Französischen. Sollte nun die Anzahl der Energiemaxima ein Korrelat für den Silbenschnitt sein, so müßten sich hier im Französischen Werte ergeben, die denen bei sanftem Schnitt im Standarddeutsch entsprechen. Als Datenbasis dient ein Sprachkurs von Christa Gallasch (1988). Die gut 50 Datensätze sind einem fortlaufenden (vorgelesenen) Text entnommen. Die verwendeten Teile der Sprachkursaufnahmen wurden von 3 verschiedenen Männern gesprochen. Betrachtet werden nur betonte Monophthonge, auf die ein einzelner Konsonant folgt. Da das Französische

79 Wortendbetonung aufweist, folgt i.d.R. kein weiterer Vokal auf den Konsonanten (Ausnahme ist das Schwa). Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Meßergebnisse zu den Energieverläufen. Nasalvokale, wie sie im Französischen zu finden sind, sind bewußt vernachlässigt worden, da sie weder im Standarddeutsch noch in den untersuchten Quantitätensprachen auftreten und damit Vergleichsaussagen aufgrund des schwer zu kalkulierenden Einflusses der Nasalierung schwer zu treffen wären. Vokal -

Bei.

/a/

2

/e/

3

/i/

5

/o/

1

/u/

3

/t>/

2

/y/

5

gesamt

21

signif.

-

Langvokal E-Zahl E-Halt 1 1 (0) (0) 1.67 1.67 (1.15) (1.15) 1.6 2.4 (0.89) (0.55) 2 2 (-) 1.33 (0.58) 1 (0) 1.2 (0.45) 1.4 (0.37)

(-) 2 (0) 2 (0) 1.8 (0.84) 1.84 (0.43)

-

-

E-Pos 1 (0) 4 (1.41) 2.67 (0.58) -

4 (1.41) 4 (1.41) 2.25 (1.26) 2.99 (1.24)

Bei. 4 6 3 6 3 4 1 27 -

Kurzvokal E-Zahl E-Halt 2 1.5 (0.58) (0) 1.17 1.67 (0.41) (0.52) 1 2 (0) (0) 1.5 1.83 (0.55) (0.98) 2 1.33 (0.58) (0) 1.5 2 (0.58) (0) 1 3 (0) (0) 1.29 2.07 (0.23) (0.43)

E-Pos 2.5 (0.71) 2.6 (0.89) 2.33 (2.31) 4.33 (1.53) 3 (0) 2 (0) 2 (0) 2.68 (0.81)

E-Zahl

Differenz E-Halt

E-Pos

0.5

-1

-1.5

0.5

0

1.4

0.6

0.4

0.33

0.5

0.17

-

0

0

1

-0.5

0

2

0.2

-1.2

0.25

0.11

-0.23

0.31

s

s

η

Tabelle 4.2.4.3-1: Durchschnittsergebnisse (Energie) fur Französisch Das sich im Verlauf der Untersuchung zum Standarddeutsch als sehr stabile erwiesene Merkmal Ε-Halt zeigt einen negativen Wert für alle Vokale, der sich signifikant von dem Ergebnis des jVonsewse-Korpus unterscheidet. Betrachtet man die einzelnen Vokale, so zeigen Iii und loi geringe positive Werte. Der relativ hohe negative Wert ist auf die Ergebnisse der Vokale / a / und / y / zurückzuführen. Alle anderen Vokale weisen den Wert Null auf, so daß man wohl schließen kann, daß ein Kontrast in diesem Merkmal nicht festzustellen ist. Der Wert fur die Anzahl der Energiemaxima liegt mit durchschnittlich 1.4 bzw. 1.29 Maxima genau zwischen den Ergebnissen für die beiden Korpora zum Standarddeutsch (/VowseAise-Korpus: 1.88 Maxima; Standard-Korpus: 1.19 Maxima) bei sanftem Silbenschnitt und über den Werten beider Korpora bei scharfem Schnitt (1.14 bzw. 0.93 Maxima), so daß man als Ergebnis festhalten kann, daß sich die (sanft geschnittenen) Vokale des Französischen in Bezug auf die Anzahl der in ihnen meßbaren Energiemaxima ähnlich darstellen wie sanft geschnittene Vokale in der deutschen Standardsprache. Dies bedeutet, daß die Anzahl der Energiemaxima als phonetisches Korrelat für den Silbenschnitt grundsätzlich in Frage zu kommen scheint. Betrachtet man allerdings die einzelnen Werte, so fällt ins Auge, daß gerade diejenigen, bei denen eine hohe Anzahl von Energiemaxima nachgewiesen werden konnte, auch große Dauern aufweisen. Die 2 auftretenden Fälle, in denen ein Vokal 3 Energiemaxima trägt (mehr als 3 Energiemaxima sind in keinem Fall belegt), sind [va'liiza], valise und [me:m], même, wobei die Dauer der Vokale im ersten

80 Fall 158 ms und im zweiten 146 ms beträgt. In gut 2/3 der Fälle, in denen 2 Energiemaxima auf dem Vokal sind, ist die Dauer der Vokale überdurchschnittlich, zum Teil 50% über dem Durchschnittswert des Vokales. Dieses Ergebnis führt zu dem Schluß, daß die o.a. Hypothese richtig ist, nach der die Anzahl der Energiemaxima in erster Linie mit der phonetischen Dauer der Vokale korreliert. Einige abschließende Bemerkungen noch zu Formantdifferenzen und Dauern der Vokale im Französischen. Die durchschnittlichen Dauern liegen (mit Ausnahme von /a/ und lai) fur alle Vokale in einem engen Bereich. Vokal -

Bei.

/a/

2

lei

3

Iii

5

loi

1

/u/

3

lai

2

/y/

5

Mittel signif.

Langvokal F-Diff 950.5 (24.75) 1336.67 (181.57) 1922.2 (183.23) 639 (-) 691.67 (141.23) 907.5 (12.02) 1451.8 (50.34)

Dauer 189.5 (58.69) 108.67 (40.27) 109 (36.16) 107

Kurzvokal F-Diff 924.75 (141.89) 1247.17 (172.91) 1705.33 (55.43) 720.33 (138.24) 536 (120.71) 929.25 (94.09) 1262

Bei. 4 6 3 6

(-) 102.33 (33.08) 86.5 (23.33) 91 (38.67)

3 4 1

Differenz F-Diff Dauer

Dauer 108.25 (39.45) 81.17 (21.33) 67.33 (10.12) 91 (19.68) 83.67 (18.77) 127 (45.48) 95

(-)

(-)

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

25.75

81.25

89.5

27.49

216.87

41.67

-81.33

16

155.67

18.66

-21.75

-40.5

189.8

-4

111.52 s

20.08 ssi

Tabelle 4.2.4.3-2: Durchschnittsergebnisse (Formantdifferenz und Dauern) fur Französisch

Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis Französisch 2500

-/a/ -/e /

2000 Ν

X C

1500

ν

1000

£

-Iii -loi -lui

A

0

-lei

A

0

-/y/

Ι*

500 0 50

100

150

200

Dauer in ms

Abbildung 4.2.4.3-2: Durchschnittswerte Französisch

81 Die Formantdifferenz (relativer Wert: 0.90) variiert in ähnlich starkem Maße wie die Dauer. Die Ergebnisse sind erheblich von der konsonantischen Umgebung abhängig. Ein quantitativer Kontrast im Französischen ist nach diesen Ergebnissen nur sehr schwach ausgeprägt (die relative Dauer der Kurzvokale beträgt 0.82). In Bezug auf den Einfluß der Folgekonsonanz auf die Dauer (s.o.) läßt sich folgendes feststellen: Es zeigt sich, daß insbesondere die Frikative und Nasale in Folge der betrachteten Vokale zu einer Längung derselben fuhren. Recht kurz sind Vokale vor Liquiden.

4.3 Exkurs: Perzeptionstest

Ziel des Perzeptionstestes ist es zu untersuchen, welche phonetischen Ausprägungen betonter Vokale in Minimalpaaren wie bieten - bitten fur die Unterscheidung der unterschiedlichen Vokalvarianten auf Perzeptionsebene verantwortlich sind. So gesehen ist dieses Kapitel als Exkurs zu verstehen, da es über die in der Einleitung in Kap. 1 festgesteckten Ziele der Arbeit hinausgeht. Zunächst wurden 5 Minimalpaare über Mikrofon direkt auf PC gesprochen und mit dem Programm CSL (vgl. Kap. 4.1.2) in oben bereits beschriebener Art und Weise sonagraphisch in bezug auf die Parameter Dauer, Formanten (1. und 2. Formant) und Energieverläufe untersucht. In jedem Fall handelt es sich um trochäische Strukturen, wobei die Vokale [a e i o u], jeweils einmal in sanft und in scharf geschnittener Variante im Kern der ersten, d.i. betonten Silbe standen. Der intervokalische Konsonant war jeweils ein stimmloser Plosiv. Als Sprecher fungiert der Autor selbst (Sprecher eines nordwestdeutschen Standards). Folgende Tabelle enthält die Ergebnisse dieser Messungen (für Erklärungen der Kürzel vgl. oben, Kap. 4.1): Beleg -

Beete Bette bieten bitten raten Ratten Schoten Schotten spuken spucken

Fl 293 483 241 345 691 691 328 483 259 242

Formanten in Hz F2 2195 1814 2247 1849 1434 1503 709 1158 639 812

Dauer in ms Diff. 1902 1331 2006 1504 743 812 381 675 380 570

-

229 98 141 51 186 81 164 71 121 44

E-Zahl 3 1 1 1 3 1 2 1 1 0-1

Energie E-Halt 3 2 3 1 3 1 3 2 2 1

E-Pos 1; 4; 7 1 1 1 4; 6; 8 4 3; 7 3 3 (1)

Tabelle 4.3-1: Ergebnisse der Ausgangswörter für Perzeptionstest Insgesamt entsprechen die Ergebnisse den auf Basis des iVowewe-Korpus und des Standard-Korpus gemachten Beobachtungen zum Standarddeutsch. Sanft geschnittene Vokale unterscheiden sich von scharf geschnittenen zum einen durch die in der Literatur häufig genannten Parameter Dauer (hier im Verhältnis von ca. 1:2,5) und Gespanntheit, wobei man die Werte der ersten beiden Formanten als Indikatoren für die Gespanntheit eines

82 Vokales ansehen darf. Die Differenzen von 1. und 2. Formanten sind innerhalb eines Minimalpaar (Ausnahme /a/) deutlich unterschiedlich. Als dritter Parameter, der die beiden Vokalvarianten voneinander unterscheidet, ist hier auch der Verlauf der Energie zu nennen, wobei sowohl die Anzahl der auf der Gesamtenergie meßbaren Energiemaxima auf dem Vokal als auch ein spezifisches Halten eines relativ hohen Energieniveaus charakteristisch für den einen oder anderen Vokaltyp zu sein scheinen. Für den Perzeptionstest wurden nun folgende Modifizierungen an den Ausgangsdaten mit Hilfe des Programmes ASL (Hilfsprogramm zu CSL) durchgeführt, das es erlaubt, numerische Meßwerte von Hand zu ändern: • •

Dauer des betrachteten Vokals (1. „lange" Variante erhält Dauer der „kurzen" und umgekehrt; 2. beide Varianten erhalten eine gemittelte Dauer) Energieverlauf (Varianten tauschen Energiewerte)

Die einzelnen Änderungen werden zu 5 manipulierten Äußerungen ausgegeben und zum Teil kombiniert: • • • • •

Dauer (D) gemittelte Dauer (mD) Energieverlauf (E) Dauer + Energieverlauf (D+E) gemittelte Dauer + Energieverlauf (mD+E)

Bei Änderung der Dauern wurde nicht an einem Ende oder in der Mitte ein zusammenhängendes Stück ausgeschnitten sondern an verschiedenen Stellen gleichmäßig einzelne Teilsegmente, die von dem Programm CSL selbstständig aus den Teilschwingungen des Oszillogrammes aufgebaut werden, entfernt (bzw. bei Längung der Vokaldauer verdoppelt), so daß über den ganzen Vokal hinweg die ursprüngliche Kontur zumindest im Ansatz erhalten werden konnte. Wurde der Energieverlauf geändert, so wurden die Werte der einen Silbenschnittart auf die der anderen übertragen. Da dies nur teilsegmentweise vor sich gehen kann und die Anzahl der Teilsegmente i.d.R. bei sanftem und scharfem Schnitt nicht identisch ist, wurden auch hier gleichmäßig über den Vokal verteilt einzelne Werte ausgelassen bzw. verdoppelt. Die spezifischen Konturen der Vokale bleiben erhalten. Dies gilt insbesondere auch für den Übergang des Vokals zum folgenden Konsonanten. Zu den 5 manipulierten Varianten je Wortform kamen für den eigentlichen Test 2 weitere hinzu, die aus dem Ausgangswort (A) selbst und einer (durch ASL) synthetisierten Variante des unveränderten Ausgangwortes (sA) bestehen. Je Minimalpaar kommen wir also auf insgesamt 14 Wortformen, die den Teilnehmern an dem Perzeptionstest mit dem Auftrag vorgespielt wurden, zu entscheiden, ob sie die „lange" oder die „kurze" Variante des in Frage kommenden Vokals hören. Dabei konnte zwischen „klarem" und „unklarem" Erkennen der einen oder anderen Variante unterschieden werden. Konnten die Teilnehmer sich weder für die eine noch für die andere Variante entscheiden, wurde das als „unentscheidbar" angegeben.

83 Nr. -

unentscheidbar

bieten klar

unklar

-

bitten unklar

klar

1 2 3 4

Tabelle 4.3-2: Auswertungsbogen für Perzeptionstest - Ausschnitt Die Modifikationen lassen Aussagen darüber zu, ob die Dauer oder der Verlauf der Energie für die Perzeption der einen oder anderen Vokalvariante verantwortlich sind. Zusätzlich wird auch das qualitative Merkmal, das durch die Werte für die ersten beiden Formanten zu beschreiben wäre (die „Gespanntheit" der Vokale) durch das Beibehalten der Werte für die Formanten in bezug auf seinen Einfluß auf die Perzeption untersucht. Der Perzeptionstest wurde an drei unterschiedlichen Orten durchgeführt, zum einen in Osnabrück, also in einem geographischen Bereich, in dem ein norddeutscher Standard gesprochen wird, zum anderen in 2 süddeutschen Regionen, namentlich in München und Freiburg. Die Versuchsbedingungen waren an allen drei Orten in etwa gleich: Zu Beginn wurde jeweils ein kurzen Text mit Instruktionen an die Teilnehmer des Testes verlesen. Die Testwörter selbst wurden per Cassettendeck und Lautsprecher den Teilnehmern vorgespielt. Diese saßen in allen 3 Tests in etwa 3-5m Entfernung von den Lautsprechern entfernt, zum Teil seitlich davon, ansonsten direkt vor diesen. Bei den Testpersonen handelte es sich um ca. 20-30 Jahre alte Studentinnen und Studenten an Hochschulen in den o.g. Testorten. Die Testpersonen wurden gebeten, ihren Herkunftsort anzugeben. Danach wurden die Auswertungsbogen nach den 3 Auswertungsgebieten Freiburg (sowie badischer Raum), München (und Bayern) und Osnabrück (norddeutscher Raum) sortiert. Insgesamt wurden 72 Personen befragt (bei gleichmäßiger Verteilung auf die drei Untersuchungsgebiete: Freiburg 26, München 23, Osnabrück 23 Testpersonen). Für die Auswertung der Ergebnisse wurden diese in numerische Werte übersetzt. Ein deutliches Erkennen der sanft geschnittenen Vokalvariante erhielt den Wert 1, ein unklares Erkennen den Wert 2. Wurde die scharf geschnittene Variante erkannt, wurde der Wert 4 (bei unklarem Erkennen) bzw. der Wert 5 (bei klarem Erkennen) notiert. Konnte sich die Testperson weder für die eine noch für die andere Variante entscheiden, wurde dies mit dem Wert 3 registriert. Ein niedriger Wert spricht also für ein klares Erkennen einer sanft geschnittenen Variante eines Vokals, ein hoher Wert für ein klares Erkennen der scharf geschnittenen Variante. Tabelle 4.3-3 enthält für alle untersuchten Vokale und alle Untersuchungsgebiete die Durchschnittsergebnisse (incl. Standardabweichung) geordnet nach den vorgenommenen Manipulationen. Untereinander sind (in dieser Reihenfolge) die Ergebnisse für Freiburg (F), München (M) und Osnabrück (O) aufgeführt. Die Unterschiede zwischen den Testorten sind insgesamt sehr gering. Lediglich im Vokal / i / (schwach auch bei den Vokalen / a / , / o / und / u / ) weicht Freiburg in den Ergebnissen deutlich und in z.T. auch in statistisch signifikantem Maße von den anderen Untersuchungsorten ab, wie die Ergebnisse eines Signifikanztests (vgl. Tabelle 4.3-4), in dessen Verlauf die Testorte untereinander verglichen wurden, zeigen. Ein signifikanter Kontrast zwischen den Testorten München und Osnabrück konnte in keinem Fall festgestellt werden.

84 Manipulation

Ort

-

-

/a/

/e/

Vokale /i/

F M 0 F M 0 F M 0 F M O F M 0 F M 0 F M 0 F M 0 F M 0 F M 0 F M 0 F M 0 F M 0 F M 0

1.07(0.27) 1.36(0.67) 1.09(0.30) 1.07(0.27) 1.18(0.40) 1.27(0.90) 2.93 (1.33) 4.09(1.22) 3.82(1.40) 1.21 (0.80) 1.27(0.65) 1.09(0.30) 2.93(1.59) 4.82 (0.40) 3.82(1.54) 1.29(0.47) 1.55(0.52) 1.55 (0.93) 1.71 (1.14) 2.36(1.63) 1.36(0.92) 4.79 (0.80) 4.73 (0.90) 4.55 (0.93) 4.79 (0.42) 4.91 (0.30) 4.91 (0.30) 1.21 (0.43) 1.91 (1.04) 1.36(0.67) 4.57(1.16) 4.73 (0.90) 4.55 (0.93) 1.57 (0.94) 1.82(0.75) 1.82(0.87) 3.93(1.21) 3.64(1.21) 3.09(1.38) 2.93 (1.38) 3(1.34) 3.36(1.50)

1.14(0.53) 1.27(0.65) 1(0) 1.21 (0.58) 1.18(0.60) 1.1 (0.32) 1.64(1.15) 1.1 (0.32) 1.3(0.48) 1.12(0.80) 1(0) 1.33(0.71) 1.14(0.36) 1.08(0.29) 1.1 (0.32) 1.14(0.53) 1.17(0.39) 1.1 (0.32) 1(0) 1(0) 1.1 (0.32) 4.5(1.09) 4.45 (0.82) 4.8 (0.42) 4.86 (0.53) 5(0) 4.8 (0.42) 3 (0.96) 3 (0.63) 3(1.15) 5(0) 5(0) 5(0) 2.64(1.01) 2.8 (0.63) 3.3(1.16) 3.93 (0.62) 3.55 (0.69) 3.67(1.41) 3.43(1.09) 3.55 (0.52) 3.2(1.48)

1.31 (0.48) 1.09(0.30) 1.09(0.30) 1(0) 1(0) 1(0) 3.15(1.57) 2.09 (0.70) 2(1) 2.46(1.19) 1.55(0.82) 2.27(1.49) 4.08(1.12) 1.55(0.82) 2.73(1.01) 1.23(0.44) 1.18(0.40) 1.09(0.30) 4(1.08) 2.45(1.03) 2.36(1.12) 4.92 (0.28) 4.91 (0.30) 4.91 (0.30) 4.77 (0.44) 4.82 (0.60) 4.82 (0.40) 4.38 (0.87) 4.73 (0.47) 4.82 (0.40) 4.92 (0.28) 5(0) 4.82 (0.60) 4.31 (0.95) 4.82 (0.40) 4.55 (0.69) 4.77 (0.44) 4.91 (0.30) 4.73 (0.47) 4.54 (0.78) 5(0) 4.82 (0.40)

gesp.V. A gesp.V. sA gesp.V. D gesp.V. E gesp.V. D+E gesp.V. mD gesp.V. mD+E ungesp.V. A ungep. V. sA ungesp. V. D ungesp. V. E ungesp. V. EH-E ungesp. V. mD ungesp. V. mEH-E

loi 1(0) 1(0) 1(0) 1(0) 1.09(0.30) 1(0) 1(0) 1.09 (0.30) 1.82(0.87) 1(0) 1(0) 1.09 (0.30) 2.54(1.56) 1.36(0.50) 0.73 (0.90) 1(0) 1(0) 1.09 (0.30) 1.07(1.27) 1(0) 1.09(0.30) 5(0) 4.91 (0.30) 4.91 (0.30) 4.92 (0.28) 5(0) 4.91 (0.30) 4.08 (0.95) 3.73 (0.65) 3.82 (0.75) 3.58(1.16) 4.82 (0.40) 4.73 (0.47) 3.5(1.16) 3.27 (0.90) 3.64(1.12) 4.92 (0.28) 5(0) 4.73 (0.47) 5(0) 4.91 (0.30) 4.91 (0.30)

lui 1.62 (0.87) 1.18(0.60) 1.33 (0.5) 1.46(0.88) 1.36(0.92) 1.5 (1.27) 3.07(1.55 1.82(1.25) 2.1 (1.59) 2.46(1.33) 2.18(1.54) 2.7(1.49) 4.08(1.12) 3.45(1.69) 3.9(1.45) 2.17(1.27) 1.18(0.60) 1.9(1.66) 3.46 (0.39) 4.45 (0.93) 3.2(1.55) 4.92 (0.28) 4.92 (0.30) 5(0) 4.92 (0.28) 4.91 (0.30) 4.9 (0.32) 2.77(1.09) 3.82(1.40) 4.3 (0.67) 4.84 (0.38) 4.91 (0.30) 4.7 (0.67) 3.23 (1.01) 3.64(1.21) 4(1.05) 4.92 (0.28) 4.09(1.58) 4.7 (0.67) 4.38(1.12) 4.18(1.25) 4.6 (0.69)

Tabelle 4.3-3: Ergebnisse Perzeptionstest Statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Testorten ergeben sich bei den gespannten Vokalvarianten nur dann, wenn sowohl die Dauer als auch die Energiekonturen der Vokale verändert wurden, während bei unspannten Vokalen nur im Fall des / o / (bei veränderter Energiekontur) und des / u / (bei veränderter Dauer) überhaupt statistisch signifikante Unterschiede feststellbar sind. Die Wahrnehmung der Ausgangssignale (A und sA) ist in allen Versuchsorten vergleichbar, was sicherlich auch nicht anders zu erwarten gewesen wäre.

85 Manipulation

Ort

-

-

Vokale

lai F

gesp.V. A gesp.V. sA gesp.V. D gesp.V. E gesp.V. D+E gesp.V. mD gesp.V. mD+E ungesp. V. A ungep. V. sA ungesp. V. D ungesp. V. E ungesp. V. D+E ungesp. V. mD ungesp. V. mD+E

F M 0 F M 0 F M 0 F M 0 F M 0 F M 0 F M 0 F M 0 F M O F M O F M O F M 0

F M 0 F M 0

_

η η

_

η η

_

η η

Μ η -

η η -

η η -

η η

0 η η -

η η -

η η -

η η

-

η η

η

-

-

SSÌ

η η -

_

η η

η η .

η η

-

SS1

η

η η -

η η

_

η η

.

η η

_ -

_

η η -

η η -

η η -

_

η η

η η .

η η

η η

_

η η

-

_

η η -

_

η η

η η

η

_

η η -

η η -

η η -

η η -

η η -

η η -

η η η η -

η η

Iii

/e/

I F .

Μ η

η η .

η η

η η

-

-

_

η η

η η .

η η

η η .

η η

η η

-

-

_

.

η η

η η .

η η

η η .

η η

η η

-

_ -

_

η η

η η .

η η

η η

_

η η -

η η

_

η η

-

-

η η -

η η

_

η η -

0 η η -

η η -

η η -

η η -

η η -

η η -

η η -

η η -

η η -

η η -

η η -

η η -

η η

_

η η

η η

_

η η

η

-

-

F -

Μ η

η η .

η η

η η .

η η

η η .

η η

η η

.

si si -

η η . si ssi

.

η η

.

η η -

η η

_

η η

-

-

-

-

η si

_

η η -

η si

_

η η -

η η -

η η -

η η -

-

η η

η η .

η η

η η

_ -

_

η η

η η

η

_

Ini

Ιοί 0 η η -

η η -

η η -

η η -

si η -

η η -

ssi η -

η η -

η η -

η η -

F -

η η η η η η η η -

si η .

η η

.

η η

-

η η

-

_

η η

.

η η

η η .

η η

-

η η

-

η η

-

η η

.

η η

-

-

-

η si

SSI

η η

-

η η

-

ssi

-

-

η η

-

-

η η

-

η η

-

η η

-

Μ η

-

η ssi

η η

_

η η

-

η η

_

η η -

_

η η

η η

η

_

0 η η -

η η -

η η -

η η -

η η -

η η -

η η -

η η -

η η -

F -

η η -

η η .

η η

η η

.

η η -

η η

.

η η -

η η -

η η -

η η η

-

S1

ssi η

-

η η -

η η -

η η -

-

η η

η η

-

Μ η

-

η η . η η -

η η

-

-

η η -

η η

_

η η -

η η

_

η η -

η η -

η η -

η η -

η η

_

η η -

0 η η -

η η -

η η -

η η -

η η -

η η -

η η -

η η -

η η -

si η -

η η -

η η -

η η

_

η η

η η

_

η η

η

-

-

Tabelle 4.3-4: Ergebnisse der Signifikanzprüfimg Die Ergebnisse zeigen, daß für die Perception der Vokalvarianten die Energie auf dem betrachteten Vokal eine scheinbar untergeordnete Rolle spielt, wenn man alle drei Testorte gemeinsam betrachtet. Grundsätzlich gilt, daß Dauerunterschiede und qualitative Eigenschaften für die Perception der Vokale entscheidend sind, jedoch bei den verschiedenen Vokalen offenbar in unterschiedlicher Gewichtung:

86 •

Vokal /a/: Die Dauer scheint für den Vokal lai das vorrangige perzeptorischphonetische Unterscheidungsmerkmal zu sein. Die unmanipulierten Wortformen werden mit einer Ausnahme richtig („klar" oder „unklar") zugeordnet. Veränderte Dauern fuhren in ca. 75% der Fälle dazu, daß Varianten wechseln. Das gilt für sanft geschnittene wie für scharf geschnittene Varianten in gleichem Maße. Wird nur die mittlere Dauer eingesetzt und nicht der genaue Dauerwert der anderen Variante, so verringert sich die Zahl der „falschen" (ausgehend vom ursprünglichen Wort) Zuordnungen auf rund 14%. Wird zusätzlich zur Dauer auch der Energieverlauf verändert so erhöht das grundsätzlich die Zahl der „falschen" Zuordnungen. Eine Veränderung des Energieverlaufes allein hat nur geringen Einfluß auf die Perzeption. • Freiburg

5

Ξ München

4,5 4 3,5

• Osnabrück

I.

3 2,5 2 1,5 1

üJ

gei p.- gesp.- gesρ - gesp.- gesp.- gesp.- gesp.- ung. A sA D E 04. mD mD-£ A

ung.D •£

ung. ung.mD mD-C

Abb. 4.3-1 : Ergebnisse für den Vokal / a / im Balkendiagramm Obige Abbildung verdeutlicht, daß die Manipulationen der Dauer bzw. der Dauer in Verbindung mit dem Energieverlauf zu entscheidenden Änderungen in der Perzeption des Vokales führen, sowohl bei ursprünglich gespannter als auch ursprünglich ungespannter Variante des Vokals. Testpersonen aus Freiburg bzw. Baden erkennen übrigens die ursprünglich gespannte Variante des Vokals über alle Manipulationen hinweg am besten. Dies ist besonders anzumerken, da sich bei allen anderen Vokalen ein genau umgekehrtes Bild zeigt. Daß die Dauer stärkeren Einfluß auf die Wahrnehmung des Vokals /a/ als das Merkmal Gespanntheit hat, ist nicht verwunderlich, da wir oben (Kap. 4.2.2) bereits gesehen haben, daß sich die „kurze" und die „lange" Variante des /a/ qualitativ so gut wie gar nicht unterscheiden, und daß der Dauer damit eine besondere Bedeutung zukommt, die phonetisch markiert und wahrgenommen wird. •

Vokal /e/: Das scharf geschnittene lei wird nur dann klar als solches erkannt, wenn die Dauer nicht verändert wird. Eine Änderung der Energiewerte allein hat auf die Perzeption des scharf geschnittenen lei keinen Einfluß. Sanft geschnittenes lei wird in rund

87 96% der Fälle „klar" wahrgenommen, unabhängig von evtl. Manipulationen. Die Änderung der Dauer bei der scharf geschnittenen Variante fuhrt dazu, daß diese leicht dazu tendiert, als sanft geschnittene wahrgenommen zu werden. Insgesamt betrachtet kann man jedoch sagen, daß die Gespanntheit der Vokale entscheidend ist fiir deren Wahrnehmung.

I Freiburg ^ München



• Osnabrück

hmä

gesp.· gesp.- gesp.· gesp.· gesp.· gesp.· gesp.· A sA D E D-C mD mD-C

ung.· A

ung.· sA

ung.- ung. E D

ung.· D-C

ung. mD

ung.mD€

Abb. 4.3-2: Ergebnisse für den Vokal / e / im Balkendiagramm Abbildung 4.3-2 zeigt sehr deutlich den insbesondere im Vergleich zum Vokal / a / geringen Einfluß der vorgenommenen Manipulationen auf die Perzeption des Vokals / e / . Ein Problem bei der Auswertung der Ergebnisse zum Vokal lei liegt darin, daß die ungespannte Variante auch als „Langvokal" existiert. Da im Auswertungsbogen dieser Fall nicht vorgesehen ist, mag es zu gewissen Unsicherheiten bei den Testpersonen gekommen sein, die dann „unentscheidbar" angekreuzt haben. •

Vokal Ii/: Unabhängig von den vorgenommenen Manipulationen wird die scharf geschnittene Variante in 100% der Fälle „klar" oder „unklar" erkannt, die sanft geschnittene Version in ca. 57% als „klar", und in 29% noch als „unklar". In letzteren Fällen wurden sowohl Manipulationen im Bereich der Dauer als auch der Energieverläufe vorgenommen. Nur in einem einzigen Fall (Manipulation in Bezug auf mittlere Dauer + Energieverlauf) wurde eine Wortform mit sanft geschnittenem Iii als „unklar scharf geschnittene" empfunden. Für den Vokal Iii ist also offenbar das Merkmal Gespanntheit, das keine Manipulation unterworfen wurde, das entscheidende. Auffällig ist, daß die Testpersonen aus Freiburg bzw. aus dem Raum Baden beim Hören der gespannten Variante grundsätzlich in sehr viel stärkerem Maße diese als ungespannte Variante auffassen als dies bei den anderen Testpersonen (aus Osnabrück und München) der Fall ist (vgl. auch Abb. 4.3-3). Dies gilt interessanterweise besonders dann, wenn Manipulationen bzgl. der Dauer vorgenommen werden. Ähnliches läßt sich sonst noch (allerdings in sehr viel schwächerem Maße) für die Vokale / o / und / u / feststellen.

88

L

fes p.· res p.- gesp.- gesp.- gesp.· gesp.sA D E D-C mD mD-£

ung. · A

ung.· sA

ung.· ung.· E D

ung.·

D-C

ung. mD

f i

ung.mD-£

Abb. 4.3-3: Ergebnisse fur den Vokal / i / im Balkendiagramm Daraus läßt sich schließen, daß die Opposition des Vokals / i / in Freiburg in besonderem Maße durch die Dauer bestimmt ist und qualitative Differenzierungen hier gering sind. Vokal loi: Auch fur das loi gilt, daß eine Veränderung der Energiewerte allein keinen Einfluß auf die Wahrnehmung der beiden Varianten hat. Hier kommt es nur dann zu „unklaren" Zuordnungen, wenn die Dauer geändert wird. Nur in einem Fall (Manipulation in Bezug auf Dauer + Energieverlauf) wurde eine scharf geschnittene Variante „unklar" als sanft geschnittene empfunden.

5

I Freiburg

L t n

& München

4,5

• Osnabrück

4 3,5 3 2,5 2 1,5

1 A

gesp. - gesp. - gesp. - gesp. - gesp - gesp. - ung. SA D E D+E mD mD+E A

ung. - ung. sA •

ung. E

ung. D+E

ung. mD

Abb. 4.3-4: Ergebnisse fur den Vokal / o / im Balkendiagramm

ung. mD+E

89



Daß die Testpersonen aus Freiburg die ursprünglich gespannten Varianten des / o / bei Änderung der Dauer und des Energieverlaufs in stärkerem Ausmaß als ungespannt wahrnehmen, als dies bei den Testpersonen aus München und Osnabrück der Fall ist, wurde oben schon kurz angesprochen. Abbildung 4.3-4 zeigt jedoch, daß insbesondere bei / o / auch die Osnabrücker Probanden bei der Manipulation der Dauer die gespannten Varianten als ungespannt auffassen, wenn auch nur ein relativ geringer Prozentsatz von ihnen. Vokal /u/: Für /u/ gilt bzgl. des Einflusses der Dauer auf die Wahrnehmung der Varianten im Prinzip das gleiche wie fur loi. Hier ist er allerdings geringfügig stärker bei ursprünglich gespannter Variante, schwächer bei ungespannter Variante. 5 4,5 4

I Freiburg

ifl

0 München • Osnabrück

3,5 3 2,5 2 1,5 1

gesp. · gesp. · gesp. · gasp. - gesp. - gesp. • ung. sA O E D+E mD mD+E A

ung. • ung. sA D

ung.D+E

ung. mD

ung.mD+E

Abb. 4.3-5: Ergebnisse für den Vokal / u / im Balkendiagramm Eine Veränderung der Energiewerte allein hat nur bei der ursprünglich gespannten Variante des / u / einen geringen Einfluß auf die Perzeption des Vokals. Ein deutlicher Einfluß zeigt sich jedoch in Verbindung der Energie mit der Dauer bei der ungespannten Ausgangsvariante. Die Freiburger Probanden zeigen bei der Manipulation der Dauer wiederum die deutlichsten Tendenzen zum Erkennen der „falschen" Form. Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß auf Basis der vorgestellten Ergebnisse offenbar das phonetische Merkmal Gespanntheit entscheidend für die Wahrnehmung der Varianten eines Vokals ist, wobei der Dauer die Funktion eines sekundären Unterscheidungskriteriums zukommt. Für den Vokal /a/ ist jedoch zu konstatieren, daß hier der Dauer aufgrund der geringen qualitativen Unterschiede der sanft geschnittenen und scharf geschnittenen Variante das größere Gewicht zukommt. Diese Ergebnisse entsprechen im großen und ganzen den von Becker (1998: 163) formulierten Unterscheidungspräferenzen der Vokale (nach Becker unterscheiden sich die offenen Vokale / a / und / ε / in erster Linie über die Dauer, während die anderen Vokale als „Langvokale" gespannt und als „Kurzvokale" ungespant sind). Der Energieverlauf alleine scheint keinen Einfluß auf die Perzeption der Vokale zu haben. In Verbindung mit dem Merkmal Dauer zeigen sich jedoch geringe Ver-

90 änderungen in der Wahrnehmung der Vokale durch die Testpersonen. Dies läßt den vorsichtigen Schluß zu, daß, wenn man Silbenschnitt auf der phonetischen Ebene mit bestimmten Energieverläufen auf dem betonten Vokal gleichsetzt, wie es in dieser Arbeit getan wird, unterschiedliche Arten von Silbenschnitt zwar wahrgenommen werden, diese jedoch nicht entscheidend sind fur die Unterscheidung der Vokalvarianten. Dies spricht auf den ersten Blick dagegen, den Silbenschnitt als distinktives phonologisches Merkmal der Vokalopposition im Standarddeutschen anzunehmen. Faßt man die offenbar fur die Perzeption entscheidenden akustischen Parameter Dauer und Gespanntheit jedoch als Folge unterschiedlicher Silbenschnittarten auf (wie das z.B. Trubetzkoy 1939 und zuletzt auch Becker 1998 vorschlagen), so sprechen die Ergebnisse des Perzeptionstestes keinesfalls gegen die phonologisch distinktive Wertung des Silbenschnittes. Sie zeigen lediglich, daß auf perzeptorischer (nicht auf akustischer !) Ebene der Silbenschnitt vor allem durch Dauer und Gespanntheit charakterisiert ist. Alle hier gemachten Aussagen sind natürlich davon abhängig, ob tatsächlich der Energieverlauf über der gesamten Länge des Vokals das akustische Korrelat des Silbenschnittes ist. Maas & Tophinke (1993) etwa gehen in ihrer Untersuchung davon aus, daß unterschiedliche Silbenschnittarten sich im Sonagramm als unterschiedlich starker Abbau der Formantstruktur des Vokals im Übergang zum folgenden Konsonanten manifestieren (vgl. auch von Essen 1962). Diese Erscheinung kann von den im hier vorgestellten Perzeptionstest vorgenommenen Manipulationen unberührt geblieben sein, was dazu fuhrt, daß, unter der Voraussetzung, daß die Annahme von Maas & Tophinke zutrifft, die vorgenommenen Manipulationen keine Aussagen über den perzeptorischen Wert des Silbenschnittes zulassen. Geht man jedoch, wie hier postuliert, davon aus, daß der Verlauf der Energie auf dem ganzen Vokal für die Realisierung unterschiedlicher Silbenschnittarten verantwortlich ist, so erlauben die vorgenommenen Manipulationen durchaus Schlußfolgerung in Bezug auf das Gewicht des Silbenschnittes bei der Differenzierung von auditiv wahrgenommenen Varianten eines Vokales, bzw. auf die Art und Weise, wie Silbenschnittunterschiede wahrgenommen werden.

5. Empirische Untersuchung zu dialektalen Varianten des Deutschen

Tonbandaufnahmen und Verschriftungen der in Göttingen in den Jahren 1957-1964 erschienenen Lautbibliothek der deutschen Mundarten, in der ca. 25-30 unterschiedliche deutsche Dialekte (mit einem Schwerpunkt auf dem hochdeutschen Raum) dokumentiert sind, bilden die Datenbasis der empirischen Untersuchung zu den deutschen Dialekten. Zusätzlich wurden einige Tonbandaufnahmen und Verschriftungen der PHON AI-Reihe und unveröffentlichte Daten aus dem Deutschen Spracharchiv herangezogen, um dialektgeographische Lücken, die in der Lautbibliothek leider festzustellen sind, zu schließen. Alle zugrundegelegten Tonbandaufnahmen wurden Mitte bis Ende der 50-er Jahre (Ausnahme: Bockwitz 1963) aufgezeichnet. Ein wichtiger Punkt bei der Untersuchung der dialektalen Varianten des Deutschen auf Basis der Daten der Lautbibliothek der deutschen Mundarten und der anderen genannten Quellen im Anschluß an die in Kapitel 4 dargestellten Untersuchungen zum Standarddeutschen ist die Tatsache, daß es sich bei den Aufnahmen um Dialoge bzw. Monologe in einer bestimmten kommunikativen Situation handelt, die mit den in Kapitel 4 behandelten Daten des Nonsense-Korpus zum Hochdeutschen nicht uneingeschränkt vergleichbar sind. Die dialektalen Daten enthalten Schwangungen in Lautstärke, Tonhöhenverlauf etc., wie sie bei Alltagsgesprächen üblich sind, die jedoch in den Daten des jVonsense-Korpus aus Gründen der besseren Vergleichbarkeit unterdrückt wurden. Die in Kapitel 4 zum Standarddeutsch untersuchten Belege des Standard-Korpus zeigen jedoch eine durchaus zu den dialektalen Daten vergleichbare kommunikative Umgebung, so daß ein Vergleich der Ergebnisse durchaus möglich ist.

5.1 Übersicht über untersuchte Dialekte Die vorliegende Untersuchung der prosodischen Eigenschaft Silbenschnitt in dialektalen Varianten des Deutschen basiert auf Tonbandaufnahmen verschiedener Dialekte, die unterschiedlichen Korpora des Institutes für Deutsche Sprache (IDS) Mannheim zum gesprochenen Deutsch entnommen sind. Alle diese Korpora sind das Abbild des nach dem letzten Krieg entstandenen Wunsches, die im Schwinden begriffenen dialektalen Varianten des Deutschen für spätere Generationen zu bewahren. Die in der Reihe Lautbibliothek der deutschen Mundarten (LDM) seit 1957 erschienen Aufnahmen und Verschriftungen bilden die ältesten Veröffentlichungen dieser Art, die von dem Deutschen Spracharchiv, einer Unterabteilung des IDS, herausgegeben worden sind. Seit 1969 erschien die so begründete Reihe unter dem Titel PHONAI oder Lautbibliothek der europäischen Sprachen und Mundarten (ab Bd. 28: Lautbibliothek der deutschen Sprache, dann ab Bd. 40: Texte und Untersuchungen zum gesprochenen Deutsch). Ein Großteil der in den 50-er Jahren angefertigten Aufnahmen ist nicht verschriftet bzw. existierende Verschriftungen sind nicht veröffentlicht. Das Institut für deutsche Sprache in Mannheim

92 stellt auf Antrag jedoch sowohl Tonbänder als auch Verschriftungen für wissenschaftliche Arbeiten zur Verfügung. Folgende Karte gibt einen Überblick über die Orte, zu denen Tonbandaufzeichnungen fur die vorliegende Untersuchimg genutzt wurden. Dialekte aus dem ehemaligen deutschen Sprachraum werden berücksichtigt. Die Dialektorte zum Nieder- und Mittelfränkischen, Hochalemannischen und Mittel- und Südbairischen sind allesamt innerhalb der Staatsgrenzen der Bundesrepublik Deutschland angesiedelt, was u.a. auch möglichen politischen Implikationen geschuldet ist. Die Dialektgebiete gehen allerdings nach allgemeiner Meinung über die Staatsgrenzen hinaus, und insbesondere in der Schweiz und in Österreich sind dialektale Ausprägungen zu erwarten, die im Vergleich mit Dialektorten innerhalb des Deutschen Staatsgebietes, die zum selben Dialektgebiet gehören, stärkere spezifische Ausprägungen des Dialektes aufweisen (Kürzel der Dialektorte werden weiter unten im Zuge der Aufzählung der untersuchten Dialekte angeführt).

1

Die Übersichtskarte, wie auch später in dieser Arbeit verwendete Karten, orientiert sich an den politischen Grenzen des Deutschen Reiches im Jahre 1937, da mit Ausnahme von Asch und Lauterbach (sudetendeutsche Dialekte) alle untersuchten Dialektorte innerhalb dieser Grenzen liegen. Wie oben bereits angemerkt, gehen Dialektgrenzen insbesondere im Süden aber wohl auch entlang den westlichen Grenzen über die Staatsgrenzen hinaus.

93 Nach der im GesamtkatUlog der Tonaufnahmen des Deutschen Spracharchivs (erschienen als PHONAI - Lautbibliothek der deutschen Sprache - Bände 38 / 39 [1992]) vorgestellten Einteilung der Mundartordnungsgruppen verteilen sich die untersuchten Dialekte wie folgt (In Klammern sind die Quellen angegeben: LDM= Reihe Lautbibliothek der deutschen Mundarten, PHONAI= Reihe PHONAI - Lautbibliothek der europäischen Sprachen und Mundarten·, IDS= unveröffentlichte Tonbandaufzeichnungen und Verschriftungen des IDS) Niederdeutsch 1. Nordniederdeutsch Friesisch: Wittdün (wi) (Amrum), Kreis Südtondem (IDS) Schleswigsch: Süderhackstedt (su), Kreis Flensburg (IDS) Holsteinisch: Ziethen (zi), Kreis Herzogtum Lauenburg (IDS) Nordniedersächsisch: Kirchwerder (ki) bei Hamburg (LDM); Heitel (he), Kreis Lingen (IDS) 2. Westniederdeutsch Niederfränkisch: Menzelen (me), Kreis Moers (IDS) Westfälisch: Voxtrup (vo), Kreis Osnabrück (LDM); Riesenbeck (ri), Kreis Tecklenburg (PHONAI) Ostfälisch: Mascherode (ma), Kreis Braunschweig (LDM) 3. Ostniederdeutsch Mecklenburgisch-Vorpommersch: Pepelow (pe), Kreis Bad Doberan (IDS) Ostpommersch: Parlin (pa), Kreis Naugard (IDS) Märkisch: Frehne (fr), Kreis Pritzwalk (IDS) Niederpreußisch: Plausen (pl), Kreis Rössel (LDM) Mitteldeutsch 1. Westmitteldeutsch Mittelfränkisch: Gleuel (gl), Kreis Köln (PHONAI) Rheinfränkisch: Hemsbach (hb) in Baden (LDM); Hintersteinau (hi), Kreis Schlüchtern (LDM); Kassel (ka) (LDM) 2. Ostmitteldeutsch Westthüringisch: Erfurt (er), Kreis Erfurt (IDS) Obersächsisch: Würzen (wu), Kreis Grimma (IDS); Berlin (be) (Berlinisch2) (LDM) Schlesisch: Bockwitz (bo), Kreis Sprottau (PHONAI) Oberdeutsch 1. Fränkisch Ostfränkisch: Friesen (fs), Kreis Kronach (LDM); Regelsbach (re) bei Nürnberg, Kreis Schwabach (LDM) Südfränkisch: Oschelbronn (oe), Kreis Pforzheim (IDS)

2

Stedje (1989: 187) fuhrt das Berlinische als Umgangssprache und nicht als Dialekt. Dies wird durch die Beschreibung der Tonbandaufnahme im Gesamtkatalog der Tonaufnahmen des Deutschen Spracharchivs (PHONAI 38/39), der keine genaue Dialektzugehörigkeit angibt, unterstützt. Die Zuordnung des Berlinischen zum Obersächsischen wurde von mir vorgenommen.

94 2. Alemannisch Nordalemannisch: Neubulach (ne), Kreis Calw (LDM) Niederalemannisch: Beuren (bn), Kreis Wangen im Allgäu (LDM); Burkheim (bu), Kreis Breisach (LDM) Hochalemannisch: Neuenburg (nb), Kreis Müllheim (IDS) 3. Β airisch Nordbairisch: Asch (as), Westsudetenland (LDM); Lauterbach (la), Kaiserwald (LDM) Mittelbairisch: München (mu) (LDM) Südbairisch: Oberammergau (ob), Kreis Garmisch-Partenkirchen (IDS) Das geschlossene deutsche „Mundartgebiet" (in der Terminologie der PHONAI-Veröffentlichungen) wird also in der vorliegende Untersuchung vollständig mit jeweils mindestens einem Dialektort je übergreifendem Dialektraum abgedeckt. Auswertungen und Tabellen sind für jeden Dialektort, der in die Untersuchung einbezogen worden ist, seperat dokumentiert. Die Quellen der Tonbandaufzeichnungen sind in Form von tabellarischen Aufnahmedaten für jeden Dialektort angegeben. Untersucht werden die Merkmale Energieverlauf, Formantdifferenz und Dauer jeweils auf den betonten Vokalen in den betrachteten trochäischen Wortstrukturen. In einzelnen Fällen wird zudem die Dauer der intervokalischen Konsonanten mit in die Auswertung einbezogen. Die Messungen zum Energieverlauf dienen dazu, die für die Standardsprache gefundenen Merkmale der Silbenschnittopposition, die sich in unterschiedlichen Verläufen der Energie auf dem Vokal manifestieren, zu untersuchen. Ergebnisse zur Formantdifferenz erlauben Aussagen über qualitative Unterscheidungen von Vokalvarianten in einem Paar z.B. der Form [i]-[i] (zugehörig zu einem Phonem Iii, im ersten Fall unter sanftem und im zweiten unter scharfem Schnitt; bzw. in Dialekten ohne Silbenschnittopposition in gespannter vs. ungespannter bzw. langer vs. kurzer Variante), während Ergebnisse zur Dauer der Vokale Aussagen über Differenzierungen in Bezug auf die Quantität möglich machen3. Die Dauer der intervokalischen Konsonanten kommt dort ins Spiel, wo im Vergleich mit den anderen untersuchten Dialekten keine deutlichen qualitatitven oder quantitativen Differenzierungen und auch keine Silbenschnittoppositionen aufgrund der Meßergebnisse anzunehmen sind. An dieser Stelle sei noch einmal deutlich angemerkt, daß die Aussagen, die im folgenden zum Silbenschnittcharakter eines Dialektes gemacht werden, sich ausschließlich auf die Meßergebnisse bzgl. charakteristische Merkmale von Energieverläufen beziehen. Die Untersuchungen zum Standarddeutschen haben hier zu einem Korrelat des Silbenschnittes geführt, mit dessen Hilfe akustisch-phonetischer Silbenschnittmerkmale experimentell nachweisbar sind. Es sind aber auch andere Arten von funktionalen prosodischen Oppositionen denkbar, die einen Kontrast nicht in spezifischen Merkmalen des Energieverlaufes sondern z.B. bzgl. der intervokalischen Konsonanz (unterschiedliche konsonantische Dauern, Fortis-Lenis-Kontrast und dergleichen) aufweisen könnten, und die z.T. in der Literatur ebenfalls unter dem phonologischen Etikett „Silbenschnitt" kursieren (z.B. bei Kufner 1964). Es ist möglich, daß diese Dialekte auf Basis der Ergebnisse zum Energiekorrelat nicht als Dialekte klassifiziert werden, die akustisch-phonetische Merkmale einer Silben3

Die Dauer eines Vokals wird allgemein als akustisches Korrelat der phonologisch aufzufassenden Quantität, die Formantwerte (insb. 1. und 2. Formant) als Korrelat der Qualität aufgefaßt.

95 schnittsprache aufweisen4, wie es z.B. das Standarddeutsche ganz im Sinne der Beschreibungen Sievers' und auch jüngerer Arbeiten (z.B. Vennemann 1990 u.a., Becker 1998, Maas 1999) tut.

5.2

Meßmethoden

Die Tondaten zu dialektalen Varianten des Deutschen werden auf Wortformen hin untersucht, die eine zu den bereits analysierten Daten zum Standarddeutschen vergleichbare Form aufweisen. Gesucht werden Belege mit einer trochäischen Struktur (haupt- oder nebenbetonte Silbe gefolgt von einer Reduktionssilbe, d.h. Schwa-Silbe oder Silbe mit silbischem Sonanten). Zwischen Vollvokal und Schwa (oder Sonant) der Folgesilbe steht genau ein Konsonant, so daß eine Vergleichbarkeit zu den Daten der hochdeutschen Korpora gewahrt ist. In manchen Verschriftungen (z.B. Baader 1958) sind scharfer und sanfter Schnitt notiert. Bei der Auswahl der Daten wurde jedoch natürlich nicht auf unterschiedliche Silbenschnittarten geachtet, da gerade der Nachweis einer Silbenschnittopposition das Ziel der Untersuchung zu dialektalen Varianten des Deutschen ist. Dieses Vorgehen kann u.U. dazu führen, daß zufällig nur Belege für die eine oder andere Silbenschnittart berücksichtigt werden. Diesem Umstand soll aber durch eine relativ große Datenmenge entgegengewirkt werden. Die Daten zu den einzelnen Dialekten wurden abhängig vom Auftreten eines Beleges in der Aufnahme, d.h. grundsätzlich zufällig erhoben. Es kommt dabei zu ungleichen Verteilungen bei den verschiedenen Vokalen, d.h. einige Vokale (z.B. /a/ und loi) sind häufiger belegt als andere (insbesondere lyl und taf). Die Daten zu den einzelnen Vokalen werden aufgrund von auditiv wahrnehmbaren qualitativen und/oder quantitativen Unterschieden (in verschiedenen Dialekten in unterschiedlicher Gewichtung) in Kandidaten für sanften (Kand-sanft) und Kandidaten für scharfen Silbenschnitt (Kand-scharf) eingeteilt. Dabei wird folgende Regel angewandt: Länge und Gespanntheit korreliert mit sanftem, Kürze und Ungespanntheit mit scharfem Schnitt. Quantitative Eigenschaft sind grundsätzlich stärker zu bewerten als qualitative, was insbesondere dann zum tragen kommt, wenn lange, ungespannte Vokale auftreten, wie etwa das [ε:], das in vielen Dialekten und auch im Standarddeutschen zu finden ist und im Standarddeutschen zweifellos zu den sanft geschnittenen Vokalen gezählt wird. Die ungespannte, lange Variante wäre demnach auch in den Korpora zu deutschen Dialekten als Kandidat für sanften Schnitt anzusehen. Die Einteilung der Daten in Kandidaten für die eine oder andere Silbenschnittart aufgrund von auditiv wahrnehmbaren Merkmalen qualitativer und quantitativer Natur scheint in gewisser Weise einen leicht zirkulären Anschein zu haben, da man argumentieren könnte, daß die Einteilung so vorgenommen wird, daß die Meßergebnisse das gewünschte Bild 4

Da die Arbeit grundsätzlich phonetisch konzipiert ist, können ihre Ergebnisse lediglich zu Aussagen über phonetisch vorhandene nicht jedoch über phonologisch genutzte Muster führen. Ein vorhandener phonetischer Silbenschnittkontrast in einer Sprache bedeutet noch nicht automatisch, daß diese Sprache eine Silbenschnittsprache ist. Der Kontrast ist in einer Silbenschnittsprache phonologisch distinktiv.

96 ergeben. Dem kann man folgendes entgegenhalten: Im Zentrum der hier vorgenommenen Untersuchungen zu den dialektalen Varianten des Deutschen steht die Silbenschnittopposition. Wie die Messungen zum Standarddeutschen gezeigt haben, besteht eine Korrelation zwischen den Silbenschnittarten und qualitativen und quantitativen Ausprägungen der untersuchten Vokale in der Weise, daß sanfter Schnitt mit vokalischer Länge und Gespanntheit und scharfer Schnitt mit vokalischer Kürze und Ungespanntheit einhergeht. Die Einteilung der Daten auf der Basis von qualitativen und quantitativen Merkmalen ist daher meiner Ansicht nach sinnvoll, da sich auf diese Weise die deutlichsten Kontraste in Bezug auf den Silbenschnitt erwarten lassen. Silbenschnittkontraste werden sich in den nach qualitativen und/oder quantitativen Gesichtspunkten aufgestellten Datengruppen natürlich nur dann zeigen, wenn sie in den untersuchten Dialekten auch tatsächlich vorhanden sind; dies haben die Messungen zum Finnischen, Tschechischen und Französischen, also zu Sprachen, die zwar große qualitative und/oder quantitative Differenzierungen aufweisen ohne dabei Silbenschnittmerkmale zu tragen, ja gezeigt. Die Tondaten der Lautbibliothek der deutschen Mundarten und der weiteren genannten Quellen sind grundsätzlich in einem zufriedenstellenden Zustand, so daß sich trochäische Strukturen durchaus im Sonagramm isolieren lassen und experimentalphonetische Untersuchungen zu befriedigenden Ergebnissen fuhren können. Es werden Untersuchungen zu Formanten, Dauern und Energieverläufen angestellt. Da sich bei der Auswertung der Daten der hochdeutschen Korpora gezeigt hat, daß die Grundfrequenz keine eindeutigen Ergebnisse bzgl. eines Silbenschnittkontrastes in diesem Merkmal liefert, wurde bei der Untersuchung der dialektalen Varianten des Deutschen auf dieses Parameter verzichtet. Die Verfahren zur Ermittlung der Analysewerte entsprechen denen, die in Kap. 4.1 zur Untersuchung der Daten des Standarddeutschen vorgestellt worden sind. Neben absoluten Werten werden auch relative errechnet. Auf diese wird jedoch grundsätzlich erst in der zusammenfassenden Betrachtung aller Dialekte in Kapitel 5.4 eingegangen. Für jeden Dialekt wurden zwischen 80 und 110 Datensätze aufgezeichnet. Ein geringer Teil der Belege (ca. 3-5%) konnte aufgrund zu schlechter Aufnahmequalität oder emphatischer Sprechweise der Probanden nicht in die Untersuchung aufgenommen werden. Die Auswertung der Meßergebnisse erfolgt wie bei den Daten zum Standarddeutsch für jeden Vokal seperat. Aus den Durchschnittswerten der Vokale wird dann ein Gesamtwert errechnet (vgl. auch Kap. 4.1 zu allgemeinen Meß- und Auswertungsverfahren).

5.3 Meßergebnisse für die einzelnen Dialekte

Die Meßergebnisse werden nach folgendem Schema zusammengefaßt: Grundsätzlich geht der Darstellung der Analyseergebnisse eine kurze Beschreibung der analysierten Daten voraus. In diesem Zusammenhang wird auch auf das vokalische Lautinventar des untersuchten Dialektes, soweit möglich unter Rückgriff auf verwendete Monographien der LDM- bzw. Phonai-Reihe, eingegangen. Die Ergebnisse der Messungen zu Energieverläufen, Dauern und Formantdifferenzen werden in Tabellen zusammengefaßt. Im Falle der Dauern und Formantdifferenzen wird die Darstellung durch ein Diagramm ergänzt.

97

5.3.1 Wittdün (Amrum) - Kreis Südtodern

5.3.1.1 Aufnahmedaten Archiv-Nr. -

1/4872

Sprecher männl.

Aufnahme Aufnahmejahr 1959

Mundart Aufnahmedauer 6 Min. 35 Sek.



Friesisch - Nordniederdeutsch

Tabelle 5.3.1-1: Aufnahmedaten zu Wittdün5 Die Daten zu Wittdün wurden in erster Linie aufgrund von auditiv wahrnehmbaren qualitativen Merkmalen der Vokale in die Gruppen Kand-sanft und Kand-scharf eingeteilt. Zusätzlich können auch quantitative Eigenschaften zu einer Entscheidung beitragen. Gespannte (lange) Vokale gehören zu den Kandidaten für sanften Schnitt, ungespannte (kurze) Vokale zu den Kandidaten für scharfen Schnitt. Ungespannte, lange [ε:] und [D:] gehören jedoch zur ersten Gruppe. Die für die vorliegende Arbeit verwendete Aufnahme ist meines Wissens in keiner Veröffentlichung des IDS genauer untersucht worden, so daß ich anders als bei den Aufnahmen, die in der LDM- bzw. Phonai-Reihe einschließlich eines phonetischen Transkriptes und z.T. sogar mit phonetisch-phonologischen Beschreibungen des Dialektes publiziert wurden, nicht direkt auf eine Beschreibung des Lautinventars zurückgreifen kann. Diese Beschreibung wäre für die Einteilung der untersuchten Vokale in Kandidaten für sanften bzw. scharfen Silbenschnitt nützlich. Aus den hier verwendeten Daten läßt sich allerdings impressionistisch und ohne Anspruch, das Vokalinventar vollständig wiederzugeben, folgendes phonetisches Vokalinventar (Monophthonge) angeben: Langvokale: [a e ε i o o u 0 y] Kurzvokale: [a ε 1 o υ œ Y a e] Sowohl [ε] als auch [ο] kommen in kurzer als auch in langer Variante vor. Auch wenn die „lange" Variante des / y / nicht in den hier verwendeten Daten belegt ist, kommt sie in anderen, unberücksichtigten Teilen der Aufnahme doch vor und ist im Vokalinventar anzunehmen. Lange und kurze Variante des / a / unterschieden sich auditiv wahrnehmbar in ihrer Qualität. Insgesamt wurden 91 Daten für Wittdün aufgezeichnet und ausgewertet.

5

Die Angaben sind dem Gesamtkatalog der Tonaufnahmen des Deutschen Spracharchivs (PHONAI 38/39) entnommen. „Archiv-Nr." bezieht sich auf die laufenden Nummern (arabische Ziffern) in den diversen Korpora (römische Ziffern) des Spracharchivs. Da in den PHONAIVeröffentlichungen grundsätzlich von Mundarten und nicht von Dialekten die Rede ist, verwende ich an dieser Stelle ebenfalls diesen Begriff. Beziehe ich mich nicht direkt auf PHONAI, spreche ich grundsätzlich von Dialekten. Beide Begriffe verwende ich synonym.

98 5.3.1.2 Analyseergebnisse

5.3.1.2.1 Energie werte Es lassen sich Silbenschnittmerkmale auf Basis von Kontrasten in Merkmalen der Energiekurven der Vokale in Wittdiin feststellen. Die Gesamtdifferenzwerte sind für alle 3 untersuchten Merkmale der Energiekurven in einem positiven Bereich. Für das primäre Energiekorrelat Ε-Halt gilt zudem, daß es über alle Vokale hinweg nicht in einen negativen Wert fallt. Der Durchschnittswert für £-Halt liegt signifikant über dem des Nonsense-Korpus. Diese Umstände sprechen dafür, Wittdün zu den Dialekten zu zählen, die einen phonetisch meßbaren Silbenschnittkontrast aufweisen. Vokal

4

Kand-sanft E-Zahl E-Halt 3 3 (0) (1) 1.25 2.5 (0.5) (0.58)

5

2 (0.71)

2.8 (0.45)

(-)

1.33 (0.58) 1

2.67 (0.58) 2.33 (0.58)

6 (1.41) 2.33 (1.15)

2 (1.41)

4.5 (3.54)

8

3 (-) 2.33 (0.58)

3 (-)

3

8 (-)

4

-

Bel.

/a/

3

/e/-l [e:] - [ε] / e / -2 [ε:] - [ε] /i/ / o / -1 [o:] - [a] /o/-2 [*] - M /u/

3 3 2 1

(0) 1 (0) 1 (-) 1.67 (0.58)

/0/

3

/y/

0

gesamt

24

1.53 (0.69)

2.58 (0.35)

signif.

-

-

-

7

Kand-scharf E-Zahl E-Halt 1 1.89 (0.33) (0) 1.29 2.14 (0.49) (0.89)

E-Pos 3.78 (2.39) 4 (1.58)

7

1.29 (0.49)

2.14 (0.89)

4 (1.58)

0.94 (0.25) 1.13 (0.35)

1.88 (0.5) 2 (0.53)

4.2 (1.66) 5.71 (2.14)

1.13 (0.35)

2 (0.53)

5.71 (2.14)

-0.13

1.33 (0.58) 1 (0) 1 (0) 1.09 (0.16)

2.33 (0.58) 1.25 (0.5) 1.67 (0.41) 1.81 (0.44)

3.5 (0.71) 3.5 (2.08) 4.17 (1.47) 4.12 (0.76)

E-Pos

Bel.

-

9

5.67 (1.15) 4

16 8

6 4.79 (1.94)

53 -

-

E-Zahl

Differenz E-Halt

E-Pos

2

1.11



-0.04

0.36

1.67

0.71

0.66

0.39

0.79

1.8

-0.13

0.33

-3.38 -1.21

-0,33

0.67

-0.5

0.67

1.08

4.5

-

-

-

0.43

0.77

0.36

η

si

η

Tabelle 5.3.1-2: Ergebnisse Messungen zur Energie für Wittdün6 Gegen eine Annahme von Wittdün als Dialekt mit Silbenschnittmerkmalen sprechen die unregelmäßigen Ergebnisse bei den einzelnen Vokalen in den sekundären Energiekorrelaten Ε-Zahl und Ε-Pos. Im Vergleich mit dem standardsprachlichen Non.se/ise-Korpus sind diese Unterschiede jedoch nicht statistisch signifikant. Ε-Zahl und Ε-Pos sind in starkem Maße von äußeren Faktoren, u.a. von den intervokalischen Konsonanten abhängig. In folgender Tabelle sind die Verteilungen der Konsonanten auf die Vokale abgebildet um eine Kontrolle über einen möglichen Einfluß der Folgekonsonanz auf der Meßergebnis-

6

In Klammern sind in den Tabellen, die Meßergebnisse angeben, Standardabweichungen angegeben.

99 se der untersuchten Vokale zu ermöglichen (Zahlen vor einem Konsonantenzeichen geben die Belegzahl dieses Lautes an). Vokal -

id /e/

Kand-sanft gesamt Bel. Folgekons. Bel. 3 d,l,m 0 2b,g,η 3 4[e] 1 2b,2g,l 5 [ε]

E-Pos Folgekons. -

E-Pos Folgekons. d,4k,l,m,2n

b,g,n b

7

d,g,31,m,p

5

d,g,l,m,p

16

d,6m,s,8t

15

d,5m,s,8t

8

5b,l,2m

7

4b,l,2m

/i/

3

d,2n

2

d,n

/o/

3[o] 2 W

k,2m

3 2

k,2m

g>'

Bel. 9

Kand-scharf gesamt Folgekons. Bel. d,4k,l,m,2n 9

g.t

/u/

1

m

1

m

3

2d,η

2

2d

/el ly!

3

b,2v

1

V

4

l,n,2t

4

l,n,2t

0

-

0

-

6

6t

6

6t

Tabelle 5.3.1-3: Übersicht über Folgekonsonanten und Daten zu E-Pos Bei Kand-sanft sind bei einigen Vokalen verhältnismäßig viele Nasale belegt, die nach den Untersuchungen zum Standarddeutschen dafür verantwortlich sein können, daß die Anzahl der Energiemaxima auf einem Vokal vor einem nasalen Konsonanten gegen 1 geht. Daraus erklären sich die teilweise in den negativen Bereich gehenden Werte für Ε-Zahl. Die geringe Belegdichte der Daten, die fur die Auswertung der Position eines einzelnen Energiemaximums auf dem Vokal berücksichtigt werden konnten (nur die Belege, in denen der Vokal genau ein Energiemaximum aufweist, werden fur dieses Merkmal in die Analysen aufgenommen), erklärt die große Variation bei Ε-Pos. Hier sind die Ergebnisse teilweise als Zufallsergebnisse anzusehen.

5.3.1.2.2 Formantdifferenz und Dauern Tabelle 5.3.1-4 gibt die Durchschnittsergebnisse der einzelnen Vokale an. Das Mittel der Differenzwerte (ohne Berücksichtigung eines negativen oder positiven Vorzeichens bei den Werten zur Formantdifferenz, da hier nur der Abstand nicht aber die Richtung von Bedeutung ist, vgl. Kap. 4.1) ist relativ gering und liegt signifikant unter dem Meßergebnis des standarddeutschen Nonsense-Corpus. Große qualitative Unterschiede sind nur bei lei-1 (Paar [e:] - [ε]) und Iii festzustellen. lai, lei-2 (Paar [ε:] - [ε]) und lei zeigen relativ große quantitative Unterschiede. Die Dauerdifferenzen liegen alles in allem signifikant unter denen des Nonsense-Korpus. Ansonsten sind alle Durchschnittswerte in einem sehr engen Bereich, was auch in Abbildung 5.3.1-1 deutlich wird.

100 Vokal

4

Kand-sanft F-Diff 685.33 (77.66) 1525.25 (77.91)

Dauer 172.33 (29.84) 127 (33.59)

5

1251.8 (65.48)

152.4 (34.27)

3

1486.33 (74.67) 565 (35.79)

92.33 (37.07) 127.67 (14.05)

2

492.5 (61.52)

118 (5.66)

640 (-) 962.33 (104.05)

91 (-) 149.67 (52.20)

-

Bel.

/a/

3

/e/-l [e:]-[e] /e/-2 [ε:] - [ε] /i/

3

/o/-l [o:] - [3] loi -2 [=:] - lo]

7

Kand-scharf F-Diff Dauer 758.67 92.56 (32.50) (188.49) 83.14 1155.57 (23.23) (139.97)

7

1155.57 (139.97)

83.14 (23.23)

8

1176.56 (105.78) 579.38 (66.04)

70.81 (23.22) 86 (23.84)

8

579.38 (66.04)

86 (23.84)

645.67 (60.69) 963.75 (118.54) 948.33 (54.85)

76.67 (27.02) 75.25 (8.96) 84.67 (15.20)

Bel. 9

16

/u/

1

/β/

3

/y/

0

-

-

6

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

Mittel signif.

3 4

Differenz F-Diff Dauer -73.33

79.78

369.68

43.86

96.23

69.26

309.77

21.52

-14.38

41.67

-86.88

32

-5.67

14.33

-1.42

74.42

-

-

119.67 si

47.11 si

Tabelle 5.3.1-4: Durchschnittswerte zu Wittdtln - Formantdifferenz und Dauern 7

Formantdifferenz-Dauer-Verhältnls Wittdün

£ e Ë u.

1800 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200

— / a /

fi Ο-ή— Τ

»

-•-loi -a-lul

A

-0-/0/

0

50

100

150

200

Dauer In ms

Abbildung 5.3.1-1: Durchschnittswerte Wittdün

7

Die Ergebnisse zu Formantdifferenzen (= Differenz aus 1. und 2. Formanten der untersuchten Vokale) sind in Hz, die Ergebnisse zur Dauer der Vokale im ms angegeben.

101 Abschließend läßt sich festhalten, daß in Wittdün die signalphonetischen meßbaren Kontraste zwischen den Vokalen der beiden definierten Gruppen Kand-sanft und Kand-scharf unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Besonders gering sind die Kontraste in den Ergebnissen zur Dauermessung. Kontraste in Energiemerkmalen (Merkmale von Silbenschnittkontrast) sind vorhanden, allerdings für die Merkmale Ε-Pos und Ε-Zahl schwächer als in anderen untersuchten Dialekten. Wittün weist für das primäre Enegiekorrelat Ε-Halt gemeinsam mit Erfurt / Westthüringisch den höchsten Wert aller untersuchten Korpora auf. Unterschiede in der Formantdifferenz sind nur schwach ausgeprägt.

5.3.2 Süderhackstedt - Kreis Flensburg

5.3.2.1 Aufnahmedaten Archiv-Nr. -

1/2376

Sprecher männl.

Aufnahme Aufhahmejahr 1957

Mundart Aufnahmedauer 10 Min. 20 Sek.

Schleswigsch

Tabelle 5.3.2-1: Aufnahmedaten zu Süderhackstedt Die Daten zu Süderhackstedt wurden in erster Linie über auditiv deutlich wahrnehmbare qualitative Unterschiede der Vokale in Kandidaten für sanften bzw. scharfen Schnitt eingeteilt. Insbesondere bei /a/ werden aber auch quantitative Unterschiede bei der Einteilung berücksichtigt. Die in der vorliegenden Untersuchung verwendeten Aufnahme des IDS Mannheim ist m.W. unpubliziert geblieben. Das auf der Basis der hier ausgewerteten Daten rekontruierbare phonetische Vokalinventar des Dialektes umfaßt folgende Monophthonge: Langvokale: [a e ε i o D U 0 y] Kurzvokale:

[aeouœYae]

In obiger Zusammenstellung sind auch die hier unbehandelten aber durchaus in der Aufnahme zu findenden Schwa-Laute [9] und [e] berücksichtigt. Das lange [u] ist in den hier zufällig ausgewählten Daten nicht belegt, erscheint aber durchaus an anderen Stellen der Aufnahme. Die Gesamtzahl der aufgezeichneten und ausgewerteten Datensätze beträgt für Süderhackstedt 99.

5.3.2.2 Analyseergebnisse

5.3.2.2.1 Energiewerte Die Differenzwerte von Varianten eines Vokals bei Kand-sanft und Kand-scharf in Bezug auf die Energieverläufe zeigen, daß Süderhackstedt ganz offensichtlich Merkmale einer Silbeschnittsprache trägt. Dies wird vor allen Dingen durch diejenigen Merkmale der Ener-

102 giekurven deutlich, die sich auf die Anzahl der Energiemaxima auf dem Vokal (E-Zahl) und auf das Halten eines relativ hohen Energieniveaus (E-Halt) beziehen.

t>:]-M

1.2 (0.42)

1.7 (0.67)

3.62 (1.85)

2.33 (0.58) 2 (-)

4 (1.41)

8

-

3

0.75 (0.46) 1 (0)

1.38 (0.52) 2 (0)

4.5 (1.22) 4.33 (1.53)

2.15 (0.38)

4.5 (1.73

3

1 (0)

2 (0)

4.33 (1.53)

-

-

-

5

1.63 (0.52) 1.33 (0.58) 1.61 (0.29)

1.75 (0.46) 2 (1) 2.09 (0.25)

5 (2.65) 5 (1-41) 4.75 (0.63)

1 (0) 1 (-) 0.88 (0.35) 0.99 (0.15)

2.4 (0.89) 1 (-) 1.63 (0.52) 1.72 (0.45)

4.6 (1.82) 4 (")

-

-

-

-

-

-

1.86 (0.77)

2.43 (0.51)

1.33 (0.58) 2 (-) 1.85 (0.80)

3

/e/-l [e :]-[e]

/ o / -1 [o :]-[3] /o/-2

10

14

/a/

/i/

5 (1.87)

5

Bel.

[ε:]-[ε]

E-Pos 5.17 (2.08) 3.62 (1.85)

E-Pos 4 (") 5.75 (1.26)

-

lei -2

10

Kand-scharf E-Zahl E-Halt 1.14 1.93 (0.36) (0.73) 1.7 1.2 (0.67) (0.42)

Kand-sanft E-Zahl E-Halt 1.67 2.33 (0.36) (0.58) 1.2 1.8 (0.44) (0.84)

Vokal

3 1 13

/u/

0

lai

8

/y/

3

gesamt

50

signif.

-

Bel. 14

1 8 49 -

3.29 (0.49) 4.22 (0.63)

E-Zahl

Differenz E-Halt E-Pos

0.52

0.40

-1.17

0

0.1

2.13

0.66

0.73

1.38

0.58

0.96

-0.5

1

0

-

0.85

0.15

0.16

-

-

-

0.63

0.75

1

0.46

0.38

1.71

0.61

0.38

0.53

η

η

η

Tabelle 5.3.2-2: Ergebnisse Messungen zur Energie für Süderhackstedt Die Werte für Ε-Halt und Ε-Zahl sind durchweg für alle Vokale positiv. Der Gesamtdurchschnittswert liegt für das primäre Energiekorrelat Ε-Halt in einem verglichen mit anderen untersuchten Dialekten durchschnittlichen Bereich, jedoch lassen die Ergebnisse zu den beiden sekundären Energiekorrelaten £-Zahl und Ε-Pos durchaus die Schlußfolgerung zu, daß im Dialekt von Süderhackstedt phonetisch betrachtet Silbenschnittkontrast vorliegt. Unterschiede zum jVonse/zse-Korpus sind nicht signifikant. Vokal -

/a/ /e/ /i/

loi lui lai lyl

Bel. 3 5[e] 14 [ε] 3 1 [o] 13 M 0 8 3

Kand-sanft gesamt Folgekons. Bel. 1 d,l,r 4 5d 5 4b,2d,4g,l,r,t,v 2 k,v,z d 0 4 b,d,3g,2k,l,3m,t,v 0 2g, 6v 3 2 d,n,ts

E-Pos Folgekons. d 4d b,g,l,r,t k,v 2g,2k -

g.2v d,ts

Bel. 14

Kand-scharf gesamt Folgekons. Bel. 12 2d,m,8n,2η,r

E-Pos Folgekons. 2d,m,7n4),r

10

b,3ç,d,3g,r,J

8

b,3ç,d,2g,r

8

2m,2r],pf,/,t,ts

6

2i),pf,J,t,ts

3

d,n,s

3

d,n,s

5 1 8

k,l,n,2i)

5 1 7

k,l,n,2i)

/

m,p,s,3J,t,z

!

p,s,3J,t,z

Tabelle 5.3.2-3: Übersicht über Folgekonsonanten und Daten zu E-Pos

103 Bei Kandidaten für scharfen Schnitt treten relativ viele Nasale als Folgekonsonanten auf. Dies gilt insbesondere auch für die Daten, die für das Merkmal Ε-Pos zugelassen sind. Hieraus können Unvergleichbarkeiten der Daten entstehen. Dies zeigt sich in gewisser Weise auch in der relativ großen Variation der Differenzwerte im Merkmal E-Pos.

5.3.2.2.2 Formantdifferenz und Dauern Im Dialekt von Süderhackstedt finden sich sowohl qualitative als auch quantitative Differenzierungen der Varianten eines Vokales. Dies zeigen die Durchschnittswerte der Dauerund Formantmessungen. Vokal -

Bel.

/a/

3

/ e / -1 [e:]-M /e/-2 [ε:]-[ε] /i/ / o / -1 [o:] - [a] / o / -2

[d:] - lo] /u/

5 14 3 1

1196.36 (150.29)

169.43 (36.64)

1564.67 (100.68) 550

111 (31.61) 104 (-)

(-)

10

Kand-scharf F-Diff Dauer 580.29 92.36 (67.92) (17.26) 1033.9 111.3 (106.99) (23.39)

10

1033.9 (106.99)

111.3 (23.39)

3

1173.13 (140.57) 535.67 (105.38)

73.25 (13.89) 69.67 (10.12)

535.67 (105.38)

69.67 (10.12)

-115.59

99.33

439.4 (82.79) 899 (-) 1037.5 (171.05)

70.8 (16.57) 108

-

-

-99.38

35.25

287.5

57.13

185.56 η

55.93 η

Bel. 14

8

13

420.08 (38.98)

169 (49.93)

3

0

-

-

5

799.63 (79.94) 1325 (72.29)

143.25 (22.39) 126 (71.02)

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

/β/

8

/y/

3

Mittel signif.

Kand-sanft F-Diff Dauer 570.33 196 (46.11) (7.21) 133.2 1437.6 (14.65) (36.98)

1 8

(-) 68.88 (7.92) -

Differenz F-Diff

Dauer

-9.95

103.64

403.7

21.9

162.5

58.13

391.54

37.75

14.33

34.33

Tabelle 5.3.2-4: Durchschnittswerte zu Süderhackstedt - Formantdifferenz und Dauern Bei den qualitativ kaum unterschiedenen Varianten des /a/ sind die Dauerunterschiede ungewöhnlich groß. Ein hoher Wert findet sich hier auch im Vergleich zwischen der langen und kurzen Variante des ungespannten loi, [D] und [D:].

104

Formantdlfferenz-Dauer-Verhältnls Süderhackstedt 1800 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 0

£ .E I iZ

V =HI

0

50

100

150

200

250

Dauer In ms

Abbildung 5.3.2-1: Durchschnittswerte Süderhackstedt Die Meßergebnisse zeigen, daß der Dialekt offenbar zu den Dialekten mit Silbenschnittkontrast (vgl. Ergebnisse zu Energieverläufen) zu zählen ist. Unterschiede in qualitativer (Formantdifferenz) und quantitativer Hinsicht (Dauer) sind ebenfalls zu konstatieren. Im Vergleich mit anderen untersuchten Dialekten haben sich dabei qualitative Unterschiede als besonders herausragend erwiesen.

5.3.3 Ziethen - Kreis Herzogtum Lauenburg

5.3.3.1 Aufnahmedaten Archiv-Nr. -

1/4409

Sprecher männl.

Aufnahme Aufnahmejahr 1957

Mundart Aufnahmedauer 12 Min. 5 Sek.

-

Holsteinisch

Tabelle 5.3.3-1: Aufnahmedaten zu Ziethen Auditiv wahrnehmbare qualitative und quantitative Unterschiede in den Daten des Untersuchungsortes Ziethen bilden die Grundlage für deren Einteilung in Kandidaten für sanften und scharfen Silbenschnitt. Dabei gilt, daß grundsätzlich alle langen Vokale der ersten Gruppe angehören, während die kurzen Vokalen zu der zweiten Gruppe zu zählen sind. Die kurzen Vokale sind ungespannt. Bei /e/ und loi gibt es gespannte und ungespannte Varianten der langen Vokale, bei /β/ nur ungespannte (lange und kurze) Varianten. Auch diese Aufnahme des IDS Mannheim ist m.W. nicht veröffentlicht worden. Aus diesem Grunde liegt auch keine Beschreibung des Vokalinventars des Dialektes von Zie-

105 then auf der Basis der hier untersuchten Aufnahme vor. Aus den von mir ausgewerteten Daten läßt sich folgendes phonetisches Inventar der Monophthonge (hier incl. der SchwaLaute) rekonstruieren: Kurzvokale: Langvokale:

[ a e i o u c e Y a e ]

[aeeioDuoy]

Die kurzen und langen Varianten des / a / sind qualitativ kaum zu unterscheiden. Insgesamt wurden zu Ziethen 102 Datensätze aufgezeichnet und ausgewertet.

5.3.3.2 Analyseergebnisse

5.3.3.2.1 Energiewerte Die Differenzwerte von Kand-sanft und Kand-scharf eines Vokales in Bezug auf die Energieverläufe deuten auf die Existenz von Silbenschnittmerkmalen im Dialekt von Ziethen hin. Vokal

3

Kand-sanft E-Zahl E-Halt 2.33 2.33 (1.53) (0.58) 1.67 2.67 (0.58) (0.58)

9

2 (0.87)

2.33 (0.71)

6 (2)

2.33 (0.52) 2 (0.82)

(")

4

1.83 (1.33) 2 (0.82)

8

2.38 (1.41)

2.75 (0.46)

7 (0)

1 (0) 1.43 (0.79) 1 (-) 1.74 (0.51)

2.5 (0.71) 2 (0.58)

2.5 (0.71) 6.6 (2.07) 7

2.32 (0.28)

(-) 5.57 (2.12)

-

-

-

-

Bel.

/a/

3

/ e / -1 [e:]-W /e/-2 [ε:]-[ε] /i/ / o / -1 [o:]-M / o / -2 fri-M /u/

6

2

/a/

7

/y/

1

gesamt

43

signif.

-

E-Pos 3 (-) 7 (-)

8 3

(-)

2 (-)

19

Kand-scharf E-Zahl E-Halt 1 1.83 (0.41) (0) 1.11 1.53 (0.32) (0.61)

E-Pos 4.17 (1.60) 3.47 (1.74)

19

1.11 (0.32)

1.53 (0.61)

3.47 (1.74)

5

1 (0) 1.2 (0.45)

1.5 (0.71) 1.8 (0.45)

4.5 (3.54) 3.75 (0.96)

5

1.2 (0.45)

1.8 (0.45)

3.75 (0.96)

1 (0) 1 (0) 0.88 (0.35) 1.03 (0.10)

2 (0.82)

5 (2.16) 3.5 (0.71) 3.71 (2.06) 4.01 (0.57)

Bel. 6

2

4 2 8 46 -

-

2 (0) 1.5 (0.53) 1.74 (0.23)

-

E-Zahl

Differenz E-Halt

E-Pos

1.33

0.5

-1.17

0.56

1.14

3.53

0.89

0.8

2.53

0.83

0.83

3.5

0.8

0.2

0.75

1.18

0.95

3.25

-

0.5

-2.5

0.43

-

3.1

0.13

0.5

3.29

0.71

0.59

1.55

η

si

η

Tabelle 5.3.3-2: Ergebnisse Messungen zur Energie für Ziethen Wie obige Tabelle zeigt, liegen die Differenzwerte sowohl fur Ε-Zahl als auch für das primäre Energiekorrelat Ε-Halt bei allen Vokalen in einem positiven Bereich. Im Vergleich mit anderen untersuchten Dialekten erweist sich der Wert für Ε-Halt als überdurchschnittlich. Der Wert liegt zudem signifikant über dem des Nonsense-Korpus. Nur in dem Merkmal Ε-Pos sind negative Werte anzutreffen. Dies liegt daran, daß zum Teil die Belegzahl

106 der Daten, die zur Auswertung dieses Merkmals zugelassen sind, sehr gering ist (vgl. folgende Tabelle, die auch Angaben über die intervokalische Konsonanz enthält). Vokal -

Bel. 3

-

/&/

3 [e] 9 [ε] 6 4 [o] 8 [o] 2 7 1

/e/ /i/ /o/ / u/

/β/ /y/

Kand-sanñ gesamt Bel. Folgekons. 1 g.r.v 3d 1 3 4b,d,g,l,r,v 3d,g,r,v d,g,l,t d,2g,21,n,r,z t,z b,6v d

1 1 2

E-Pos Folgekons. r d b,g,l d

2 5 1

Kand-scharf gesamt Folgekons. Bel. 6 3n,2i),ts

Bel. 6

E-Pos Folgekons. 3n,2q,ts

19

2b,6g,4k,4i),r,2t

17

2b,5g,4k,3i),r,2t

2

d,m

2

djn

9 d,l

5

η,η,3χ

4

n,3x

t,z 5v d

4 2 8

d,2n,t 2m 2f,2m,i),2s,t

4 2 7

d,2n,t 2m 2f,m,q,2s,t

Tabelle 5.3.3-3: Übersicht über Folgekonsonanten und Daten zu E-Pos Wie Tabelle 5.3.3-3 aussagt, sind intervokalisch bei Kandidaten fur sanften Schnitt überdurchschnittlich viele stimmhafte Obstruenten, bei Kandidaten für scharfen Schnitt dagegen relativ viele Nasale anzutreffen. Dies kann dazu führen, daß insbesondere der Wert für EHalt größer erscheint als er bei ausgewogenerer Verteilung der Konsonanz zu erwarten wäre. Aus diesem Grunde sind die Ergebnisse in diesem Punkt zu relativieren.

5.3.3.2.2 Formantdifferenz und Dauern Vokal

3

Kand-sanñ F-Diff Dauer 611 217 (52.37) (9.64) 1584.67 126.67 (70.23) (28.36)

9

1210.11 (53.25)

168.44 (41.72)

4

1624.67 (118.34) 537.75 (111.56)

119 (51.16) 128.5 (33.87)

8

466.63 (84.46)

182.25 (81.97)

804 (84.85) 736 (78.48) 1314 (-)

119 (28.28) 144.14 (47.52) 128 (-)

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

Bel.

/a/

3

/e/-l [e:]-[e] /e/-2 [ε:]-[ε] /i/

6

/ o / -1 [o:]-[o] /o/-2 M-M /u/

2

/0/

7

/y/

1

Mittel signif.

Dauer 107 (25.40) 110.68 (32.58)

37.33

110

19

Kand-scharf F-Diff 573.67 (75.37) 1150.89 (141.41)

433.77

15.98

19

1150.89 (141.41)

110.68 (32.58)

59.22

57.76

54.5 (10.61) 100 (11.42)

475.67

64.5

5

1149 (35.36) 432 (78.68)

105.75

28.5

5

432 (78.68)

100 (11.42)

34.63

82.25

557.25 (45.47) 872.5 (36.06) 944.13 (89.60)

72.75 (8.09) 95.5 (3.54) 72.63 (17.81)

246.75

46.25

-136.5

48.64

369.88

55.38

209.94 η

56.58 η

Bel. 6

2

4 2 8

Differenz F-Diff Dauer

Tabelle 5.3.3-4: Durchschnittswerte zu Ziethen - Formantdifferenz und Dauern

107 Die Durchschnittswerte zeigen, daß sich im Dialekt von Ziethen recht große Kontraste in Bezug auf qualitative und durchschnittliche Kontraste in Bezug auf quantitative Unterscheidungen von Varianten eines Vokales finden lassen. Das Mittel der Differenzwerte ist für die Formantdifferenz im Vergleich mit anderen Dialekten relativ hoch, für die Dauern in einem durchschnittlichen Bereich. Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis Ziethen

1800 1600 1400 ν =

1200 1000

I

800

u-

600

— •

er κ

Λ^J

400

—·—/o/ -D-/u/ -O-/0/

c*



—A

200

0 0

50

100

150

200

250

Dauer In ms

Abbildung 5.3.3-1: Durchschnittswerte Ziethen Der Unterschied in der Formantdifferenz im Vokal Ini erweist sich im Vergleich mit anderen Dialekten als ungewöhnlich groß. Daß die vorderen Vokale lei, IH und lyl große Unterschiede in der Formantdifferenz aufweisen, ist hingegen vor dem Hintergrund der Ergebnisse zum Standarddeutsch ebensowenig überraschend wie die Tatsache, daß das /a/ die größten Dauerunterschiede zeigt. Die Meßergebnisse zeigen für den Dialekt Merkmale einer Silbenschnittsprache. Unterschiede in qualitativer und quantitativer Hinsicht sind ebenfalls vorhanden. Die qualitativen Differenzierungen liegen im Vergleich mit anderen Dialekten in einem überdurchschnittlichen Bereich. Ziethen ist in diesen Ergebnissen den untersuchten ostniederdeutschen Dialekten (vgl. Ergebnisse zu Pepelow / Mecklemburgisch und Frehne / Märkisch) sehr ähnlich.

108 5.3.4 Kirchwerder bei Hamburg

5.3.4.1 Aufnahmedaten Archiv-Nr. -

1/5222

Sprecher männl.

Aufnahme Aufnahmetag 28.09.1959

Mundart Aufnahmedauer 6 Min. 40 Sek.

-

Nordniedersächsisch

Tabelle 5.3.4-1: Aufnahmedaten zu Kirchwerder Qualitative und quantitative Unterschiede waren die Kriterien, die bei der Einteilung der Daten zu Kirchwerder in die beiden Gruppen Kand-sanft und Kand-scharf berücksichtigt wurden. Gespannte Vokale (und ungespanntes, langes [d:]) werden der ersten, ungespannte kurze Vokale der zweiten Gruppe zugeschlagen. Die Monographie von Otto von Essen (1964) enthält eine kurze Übersicht über die Vokalphoneme im Dialekt von Kirchwerder. Für /a/ nimmt er an, daß dieses, anders als alle anderen Monophthonge, nur in einer qualitativen und nicht in einer offenen und einer geschlossenen Variante vorkommt. Das Merkmal „offen" korreliert laut von Essen mit Kürze, „geschlossen" mit Länge und der ebenfalls bei ihm besprochenen und in den nordniedersächsischen Dialekten durchaus verbreiteten Überlänge. Insgesamt hat das Vokalinventar des Kirchwerder Dialektes laut von Essen folgendes Aussehen (Zeichensatz von mir geändert): lange, überlange (geschlossene) Vokale: [a e ε i o u 0 y] kurze (offene) Vokale: [ a t i J û œ v a e ] Ungespanntes (offenes) [0] ist für ihn nicht in langer Variante gegeben. Das in den Daten, die dieser Untersuchung zugrunde liegen, belegte [d:] ist jedoch eindeutig lang und ungespannt (so im übrigen auch von von Essen transkribiert) und muß daher hier auch so behandelt und einem kurzen ungespannten [0] gegenübergestellt werden. Mit Ausnahme dieses Punktes entspricht das hier zugrundegelegte System der Monophthonge dem von von Essen. Dieser setzt jedoch als zusätzliches Phonem im System der Monophthonge auch das Schwa [a] an. Da dieser Vokal i.d.R. nicht in betonten Silben auftritt (von Essen gibt Beispiele von einsilbigen Wörtern, in denen Schwa einen anderen Vokal ersetzt und so in betonter Silbe steht - dies ist jedoch eine Ausnahme) und in dieser Untersuchung lediglich der Vokalismus in betonten Silben betrachtet wird, ist das Fehlen des Vokals im hier zugrundegelegten System verständlich. Zu Kirchwerder wurden insgesamt 78 Datensätze erhoben und ausgewertet.

5.3.4.2

5.3.4.2.1

Analyseergebnisse

Energiewerte

Die Silbenschnittmerkmale, gemessen an Ausprägungen der Energieverläufe auf dem Vokal, sind im Dialekt von Kirchwerder nur sehr schwach ausgeprägt.

109 Vokal -

Bei.

/a/

4

/e/

12

/i/

3

/ ο / -1 [o:]-W /o/-2 M-M /u/

12 1 2

/0/

4

/y/

3

gesamt

40

signif.

-

Kand-sanft E-Zahl E-Halt 1.75 2.25 (0.5) (0.96) 1.92 2.67 (0.79) (0.49) 1.67 2 (1.54) (1) 1.5 2.5 (0.79) (0.52) 2 (-)

3 (-)

0 (0) 2.5 (1.29) 1.67 (0.58) 1.63 (0.72)

1 (0) 2.75 (0.5) 2.67 (0.58) 2.36 (0.63)

-

E-Pos 4 (") 3 (1.63) 3 (0) 4.63 (2.45)

Bei. 4 4 6 2

-

2

-

4

3

3

(") 2 (") 3.27 (0.92) -

6 29

Kand-scharf E-Zahl E-Halt 2 1 (0) (0) 2.25 1.25 (0.5) (0.5) 2 0.83 (0.89) (0.41) 1 1.5 (0.71) (0)

E-Pos 5.25 (2.75) 4.33 (1.15) 3.4 (0.89) 5 (2.83)

1 (0)

1.5 (0.71)

5 (2.83)

1 (0) 1 (0) 0.67 (0.52) 0.96 (0.18)

2.75 (0.5) 2 (0) 1.5 (0.55) 2 (0.43)

2.75 (0.5) 4.33 (2.31) 5 (2.16) 4.29 (0.92)

-

-

-

E-Zahl

Differenz E-Halt

E-Pos

0.75

0.25

-1.25

0.67

0.42

-1.33

0.84

0

-0.4

0.5

1

-0.37

1

1.5

-

-1

-1.75

-

1.5

0.75

-1.33

1

1.17

-3

0.66

0.36

-1.02

η

η

hsi

Tabelle 5.3.4-2: Ergebnisse Messungen zur Energie für Kirchwerder Das Merkmal Ε-Pos spricht ganz eindeutig gegen eine Wertung des Dialektes als möglichen Silbenschnittdialekt. Die Unterschiede zum jVonsewse-Korpus sind höchst signifikant. Die anderen beiden Merkmale dagegen tragen (wenn auch schwach) Anzeichen von Silbenschnittkontrast. Die konsonantische Umgebung, d.i. im hier betrachteten Fall der auf den Vokal folgende Konsonant wird in folgender Tabelle fur die einzelnen Vokale beschrieben. Bei Kand-sanft sind auffallend viele stimmhafte Plosive, bei Kand-scharf Nasale belegt. Die Häufung von stimmhaften Plosiven bei Kandidaten für sanften Schnitt mag die negativen Differenzwerte des Merkmales Ε-Pos erklären, da die Messungen zum Standarddeutschen gezeigt haben, daß in genau dieser Umgebung ein einzelnes Energiemaximum relativ weit vorne im Vokal zu finden ist (dies ist dann gleichzusetzen mit einem relativ niedrigen Referenzwert bei der Berechnung der Durchschnittswerte). Ansonsten ist die Verteilung der intervokalischen Konsonanten recht gleichmäßig. Vokal -

Kand-sanft gesamt Bei. Folgekons. 2b,d,g 1

E-Pos Folgekons. d

E-Pos Folgekons. ί,Ι,η,χ

/a/

Bei. 4

/e/

12

5b,2g ,1,4t

4

b,3t

4

d,l,2s

3

d,l,s

/i /

3

d,g,k

2

d,k

6

b,4d,n

5

b,4d

5d,2g,k,4t t

8 0

5d,k,2t

2

/u/

12 [o] IM 2

2t

0

/0/

4

1

V

3

3g,ζ η,2z

-

/o/

1

-

9 ζ

Bei. 4

Kand-scharf gesamt Folgekons. Bei. f,l,n,x 4

d,t

2

d,t

4

2m,n,s

4

2m,n,s

3

b,2s

3

b,2s

6

3m,nJ,t

4

m,n,J,t

Tabelle 5.3.4-3: Übersicht über Folgekonsonanten und Daten zu E-Pos

110 5.3.4.2.2 Formantdifferenz und Dauern Kirchwerder weist starke Differenzierungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht auf. Die vorderen Vokale lei, Iii und lyl zeigen äußerst große Differenzwerte für die qualitativen Ausprägungen, während Qualitätsunterschiede bei loi, /a/, Iii und lai groß sind. Vokal -

Bel.

/a/

4

lei

12

Iii

3

loi -1 [0:] -1>]

loi -2 [3:] - Μ

12

Dauer 182.5 (61.03) 135.08 (49.49) 170.67 (39.27) 131.33 (55.26)

2

Kand-scharf F-Diff 730 (222.16) 1093.75 (168.24) 1462.33 (158.08) 657 (49.49)

Dauer 80.5 (19.42) 71.5 (14.98) 57.33 (5.89) 73 (15.56)

2

657 (49.49)

73 (15.56)

704.5 (40.42) 1141 (375.09) 1077.5 (28.30)

56.75 (10.90) 64.33 (4.04) 52.83 (11.39)

Bel. 4 4 6

552 (-)

197 (-)

882 (73.54) 1059 (401.47) 1619 (144.88)

66 (15.56) 170.5 (59.78) 108.67 (27.59)

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

1

lui

2

lai

4

/y/

3

Mittel signif.

Kand-sanft F-Diff 713 (60.19) 1748.75 (293.00) 1983.67 (98.05) 610 (88.24)

4 3 6

Differenz F-Diff Dauer -17

102

655

63.58

521.33

113.33

-47

58.33

-105

124

177.5

9.25

-82

106.17

541.5

55.83

268.29 η

79.06 η

Tabelle 5.3.4-4: Durchschnittswerte zu Kirchwerder - Formantdifferenz und Dauern

Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis Kirchwerder 2500

-*-/a/

2000 1500

«

-D-/U/ —λ

1000 %

500

—O—lai -h-/j/

A Γ

π

0

50

100

150

200

250

Dauer in ms

Abbildung 5.3.4-1: Durchschnittswerte Kirchwerder

Ill Im Vergleich mit anderen Dialekten weist Kirchwerder einen extrem hohen (Mittel-) Wert bzgl. der Formantdifferenzen auf. Der Mittelwert der Dauerndifferenz ist ebenfalls überdurchschnittlich hoch. Die Meßergebnisse zeigen, daß der Dialekt nur schwache Merkmale eines Silbenschnittdialektes gemessen in Merkmalen der Energiekurven zeigt. Im Gegensatz dazu sind die Unterschiede in quantitativer (Dauer) und besonders in qualitativer Hinsicht (Formantdifferenz) sehr stark ausgeprägt.

5.3.5 Heitel - Kreis Lingen

5.3.5.1 Aufnahmedaten Archiv-Nr. -

1/2786

Sprecher männl.

Aufnahme Aufnahmejahr 1957

Mundart Auihahmedauer 12 Min. 5 Sek.

-

Nordniedersächsisch

Tabelle 5.3.5-1: Aufnahmedaten zu Heitel Qualitative und quantitative Unterschiede in den Vokalen sind die Maßstäbe für die Einteilung der Vokale in Kandidaten für die beiden Silbenschnittarten. Kurze (ungespannte) Vokale sind Kand-scharf, lange (gespannte) Vokale Kand-sanft. Qualitative Unterschiede bei den kurzen Varianten der Vokale lei (variiert zwischen [β]-[ε]), lui (als kurze [u]-[u]) und lyl (als kurze [y]-[v]) sind zu beobachten. Da diese jedoch teilweise sogar in einem Lexem auftreten ([trvga]-[tryg3], zurück), werden sie als Allophone aufgefaßt und die gespannteren Varianten den ungespannten, kurzen zugeschlagen, da in Heitel wie im Standarddeutschen Kürze grundsätzlich wohl mit Ungespanntheit einhergeht. Aus den für die vorliegende Untersuchung verwendeten Daten läßt sich folgendes Inventar an Monophthongen für den Dialekt von Heitel angeben (hier einschließlich der oben angesprochenen phonetischen Varianten bei / e / , / u / und / y / und der Schwa-Laute): Kurzvokale: Langvokale:

[aeeiDuuœyyae] [ae e i o D u e y ]

Diese Darstellung der Monophthonge ist zunächst nur eine vorläufige. Wie für alle Dialekte, deren Aufnahmen vom IDS für die vorliegende Untersuchung bezogen worden sind, und die ansonsten in keiner Veröffentlichung des IDS näher besprochen wurden, gilt auch für den Heiteler Dialekt, daß eine genauere Analyse des Lautinventars den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Die Anzahl der aufgezeichneten und untersuchten Datensätze zu Heitel beträgt 102.

112 5.3.5.2

5.3.5.2.1

Analyseergebnisse

Energiewerte

Die Differenzwerte von Kand-sanft und Kand-scharf eines Vokales in Bezug auf die Energieverläufe deuten auf die Existenz von Merkmalen von Silbenschnittsprachen hin. Vokal -

Bei.

/a/

9

lel-l [e:]-W /e/-2 [ε:]-[ε]

Iii loi -1 [o:]-M loi -2 t>:]-M lui

11

Kand-sanft E-Zahl E-Halt 2.89 2.11 (0.78) (0.33) 1.64 2.45 (0.81) (0.52)

E-Pos

Bei.

-

16 12

3 (0)

12

1.25 (0.62)

2 (0.60)

0.71 (0.49)

2.67 (0.58)

2.6 (0.55) 1.7 (0.67)

2.8 (0.45) 2 (0.82)

-

7

6.25 (0.96)

2

3

1.67 (115)

2 (1)

4.5 (2.12)

2

0

-

-

-

4

1.5 (0.71) 1.5 (0.71) 1.85 (0.57)

2 (0) 2 (0) 2.25 (0.34)

4

5 10

lai

2

/y/

2

gesamt

45

signif.

-

-

E-Pos 3.13 (1.59) 2.8 (1.81)

5.5 (1.64)

1.33 (0.58)

3

Kand-scharf E-Zahl E-Halt 1.06 1.88 (0.25) (0.62) 1.25 2 (0.62) (0.60)

(") 7

(") 5.04 (1.49) -

7 3 51 -

E-Zahl

Differenz E-Halt

E-Pos

1.83

0.24

-

0.39

0.45

2.7

2.8 (1.81)

0.08

0.67

0.2

5.4 (1.14) 3

1.89

0.8

-

(0)

2 (0.82) 1.5 (0.71)

0.7

0.5

3.25

1 (0)

1.5 (0.71)

3 (0)

0.67

0.5

1.5

0.75 (0.5) 1.14 (0.38) 1.33 (0.58) 1.03 (0.24)

1.5 (0.58) 1.71 (0.49) 2 (0) 1.79 (0.23)

(1) 4.5 (2.07) 3 (0) 3.69 (0.98)

-

-

-

0.36

0.29

-0.5

0.17

0

4

0.82

0.46

1.35

η

η

η

1

(0)

4

-

Tabelle 5.3.5-2: Ergebnisse Messungen zur Energie für Heitel Bis auf einen Fall (Merkmal Ε-Pos bei dem Vokal lai) liegt keiner der Differenzwerte für die einzelnen Vokale in einem negativen Bereich. Insbesondere das primäre Energiekorrelat Ε-Halt erweist sich als sehr stabil. Auch die sekundären Energiekorrelate weisen aufgrund ihrer hohen Werte auf Silbenschnitteigenschaften des Dialektes hin. Bei Kandidaten für scharfen Schnitt treten gehäuft Nasale, bei Kandidaten für sanften Schnitt stimmhafte Plosive auf. Ansonsten sind die Verteilungen der Folgekonsonanten jedoch so, daß eine Vergleichbarkeit der Daten gewahrt ist. Die Belege für das Merkmal EPos bei Kandidaten für sanften Schnitt sind wenig zahlreich, so daß auch die Differenzwerte an Aussagekraft gegenüber den anderen beiden Energiemerkmalen verlieren müssen.

113 Vokal

Kand-sanft gesamt Folgekons. Bei. b,6y,m,t 0 3b,d,g,m,2n,p,2r 6 2 g.2n

-

Bei. 9

-

/&/

11 [e] 3 [ε] 5 10 [o] 3 M 0 2 2

/e/ /i/ /o/

)u/ lei

ν

3d,n,t 5d,n,2t,2v b,n,t -

2n b,r

E-Pos Folgekons. -

Bei. 16

Kand-scharf gesamt Folgekons. Bei. 15 31,4n,2i),p,5s,x

E-Pos Folgekons. 31,4n,i),p,5s,x

3b,d,n,r g.n

12

ç,k,41,m,n,r,s,t,z

10

ç,k,31,m,r,s,t,z

0 4 2

-

7

4m,2r),t

5

2m,2i),t

2d,2v b,t

2

m,p

2

m,p

0 1 1

η b

4 7 3

n,i),s,t 5d,2m

3 6 2

i),s,t 5d,m

-

3g

2g

Tabelle 5.3.5-3: Übersicht über Folgekonsonanten und Daten zu E-Pos

5.3.5.2.2 Formantdifferenz und Dauern Im Vergleich mit anderen Dialekten sind die Meßergebnisse für die quantitativen und qualitativen Unterschiede in Heitel überdurchschnittlich groß.

-65.26

182.55

12

Kand-scharf Dauer F-Diff 543.38 92.56 (102.66) (23.58) 1365.08 99.58 (22.83) (216.14)

372.46

62.42

12

1365.08 (216.14)

99.58 (22.83)

47.25

38.75

63 (9.33) 76 (4.24)

231.57

114

2

1659.43 (225.53) 450 (121.62)

-73.1

87.9

229 (66.34)

2

450 (121.62)

76 (4.24)

-116

153

-

-

4

505 (98.44)

-

-

1219 (12.72) 1392 (134.35)

162 (59.39) 173.5 (57.28)

862.86 (89. 53) 1192 (96.63)

95.5 (29.56) 86.14 (16.89) 100 (6.24)

356.14

75.86

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

Vokal

11

Kand-sanft F-Diff 478.11 (65.28) 1737.55 (98.59)

Dauer 275.11 (33.43) 162 (31.46)

3

1412.33 (179.58)

138.33 (37.42)

10

1891 (37.66) 376.9 (64.89)

177 (22.96) 163.9 (52.59)

3

334 (170.59)

0

-

Bel.

/a/

9

/ e / -1 [e:]-[£] /e/-2 [ε:]-[ε] /i/

5

loi -1 [o:] - M /o/-2 M -M /u/

lai

2

/y/

2

Mittel signif.

Bel. 16

7

7 3

Differenz F-Diff Dauer

200

73.5

182.72 n

99.06 n

Tabelle 5.3.5-4: Durchschnittswerte zu Heitel - Formantdifferenz und Dauern Folgende graphische Übersicht über alle Meßergebnisse zeigt die qualitativen und quantitaven Ausprägungen in diesem Dialekt. Die Bewegung entlang der x-Achse, auf der die Dauern der Vokale abgetragen sind, ist sehr stark ausgeprägt, die Bewegung entlang der yAchse, der „Formantdifferenz-Achse" im Vergleich dazu schwächer aber dennoch insbesondere für die Vokale lei, Ν und lai in einem deutlichen Maße.

114

Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis Heitel

2000 -0-/Ì/ -•-/o/ —D-/u/ —0-/0/

1500 Ν

Χ jjj

1000

Li.

500 0 0

50

100

150

200

250

300

Dauer in ms

Abbildung 5.3.5-1: Durchschnittswerte Heitel Es zeigen sich große qualitative Unterschiede bei den vorderen Vokalen, schwächere dagegen bei loi und lai. Hier sind die größten Dauerunterschiede zu verzeichnen. Die Meßergebnisse zeigen, daß der Dialekt Heitels zu den deutschen Dialekten zu zählen ist, die eine Silbenschnittopposition aufweisen. Unterschiede in qualitativer und quantitativer Hinsicht sind ebenfalls nachweisbar.

5.3.6 Menzelen - Kreis Moers

5.3.6.1 Aufnahmedaten Archiv-Nr. -

1/3731

Sprecher männl.

Aufnahme Aufnahmejahr 1958

Mundart Aufnahmedauer 6 Min. 20 Sek.

-

Niederfränkisch

Tabelle 5.3.6-1: Aufnahmedaten zu Menzelen Die Einteilung der Daten in Kandidaten für sanften und Kandidaten für scharfen Schnitt erfolgt über hörbare qualitative und quantitative Unterschiede. Folgende kurze Übersicht über das Inventar an Monophthongen im Dialekt von Menzelen basiert auf Beobachtungen der hier verwendeten Aufnahme des IDS Mannheim. Kurzvokale: Langvokale:

[aeiouceYae]

[aeeioauey]

115 Die lange Variante des / y / ist in den ausgewerteten Daten nicht belegt, läßt sich jedoch an anderer Stelle der Aufnahme durchaus finden. Die Anzahl der untersuchten Datensätze beträgt 103.

5.3.6.2

5.3.6.2.1

Analyseergebnisse

Energiewerte

Die Differenzwerte von Kandidaten eines Vokales für sanften und scharfen Silbenschnitt in Bezug auf die Energieverläufe zeigen, daß Menzelen ganz offensichtlich zu den möglichen Silbenschnittdialekte^ gehört. Vokal -

Bei.

/a/

8

/e/-l [e :]-[£]

7

Kand-sanft E-Zahl E-Halt 2.5 2.13 (0.35) (0.93) 2.29 2.57 (0.95) (0.53)

/e/-2 [ε:]-[ε]

5

2.4 (1.14)

2.8 (0.44)

4 (-)

/i/

5

/ o / -1 [o:]-[3]

2.6 (0.55) 2.4 (0.89)

(")

5

2.4 (0.89) 2.4 (0.55)

-

2 (1)

2 (0)

6 (-)

1.25 (0.5) 1.57 (0.53)

2 (0.82) 2 (0)

O 3.67 (3.06)

/o/-2 M-M

3

/u/

4

/a/

7

/y/

0

gesamt

44

signif.

-

E-Pos 5 (") 3 (-)

3

2

Bei. 14 16

-

2.31 (0.32)

E-Pos 4 (1.95) 4.44 (1.75)

E-Zahl

Differenz E-Halt

E-Pos

1.36

0.19

1

1.29

0.63

-1.44

1.4

0.86

-0.44

1 (0)

1.94 (0.44)

4.44 (1.75

1.75 (0.5) 2.33 (0.58)

4 (0.82) 5 (2.83)

1.4

0.85

-1

3

1 (0) 1.33 (0.58)

1.07

0.07

-

3

1.33 (0.58)

2.33 (0.58)

5 (2.83)

0.67

-0.33

1

1 (0) 1 (-) 1 (0) 1.07 (0.13)

1.57 (0.79) 2 (-) 1.5 (0.55) 1.86 (0.28)

3.29 (1.49 2

0.25

0.43

-1.29

(") 4.17 (0.98 3.84 (0.96)

0.57

0

1.67

-

-

-

1.03

0.45

-0.03

-

-

-

η

η

si

16 4

7 1 6

2.10 (0.46)

Kand-scharf E-Zahl E-Halt 1.14 1.93 (0.36) (0.47) 1.94 1 (0.44) (0)

3.81 (1.35)

51

-

-

Tabelle 5.3.6-2: Ergebnisse Messungen zur Energie für Menzelen Das primäre Energiekorrelat Ε-Halt hat einen Wert, der in etwa mit dem des ersten Korpus' zum Standarddeutschen, dem No/wense-Korpus vergleichbar ist. Dies ist das erste und gewichtigste Argument, um Menzelen zu den Dialektorten zu zählen, die Silbenschnittmerkmale aufweisen. Der hohe Wert fur das Merkmal Ε-Zahl unterstützt diese These, während Ε-Pos gegen sie spricht. Wie bereits zum Standdarddeutsch bemerkt, ist Ε-Pos jedoch sehr stark von äußeren Faktoren abhängig und deshalb nur sekundär dazu geeignet, Aussagen über Silbenschnittkontrast in einem Dialekt zu ermöglichen. Der negative Wert in diesem Merkmal, der signifikant vom Ergebnis des Nonsense-Korpus abweicht, sollte daher nicht überbewertet werden.

116 Vokal

Kand-sanft gesamt Folgekons. Bei. k,21,3m,r,t, 1

-

Bei. 8

-

/a/

7 [e] 5 [ε]

/e/

d,Y,2t,2v,z 3k,m,v

Kand-scharf gesamt Folgekons. Bei. 12 k,61,m,2n,i),t,2x

E-Pos Folgekons. k,51,m,2n,t,2x

E-Pos Folgekons. m

Bei. 14

1 1

ν k

16

d,g,4n,i],r,2t,6v

16

d,g,4n,r),r,2t,6v

/U

5

l,2r,2v

1

1

4

r),s,2t

4

i),s,2t

/o/

5[o] 3 t>]

2d,g,n,p k,2v

0 1

V

3

d,l,m

2

d,m

/u/

4

2p,t

7

2m,η,η,3p

7

2m,n,η,3p

7

3p,1 3n,4v

3

/V )yl

3

3v

1

η

1

η

0

-

0

-

6

k,4m,s

6

k,4m,s

Tabelle 5.3.6-3: Übersicht über Folgekonsonanten und Daten zu E-Pos Die Daten zu Ε-Pos sind kaum repräsentativ. Wie aus obiger Tabelle zu entnehmen ist, ist die Anzahl der Belege für Kand-sanft zu gering, um allgemeingültige Aussagen machen zu können. Aus der geringen Belegzahl erklärt sich auch der Umstand, daß die Meßergebnisse von Vokal zu Vokal stark variieren. Der negative Gesamtdurchschnitt hat seine mögliche Ursache ebenfalls in der geringen Belegdichte.

5.3.6.2.2 Formantdifferenz und Dauern Die Mittel der Differenzwerte sind für Vokaldauer und Formantdifferenz verglichen mit den Ergebnissen anderer untersuchter Dialektorte in einem relativ hohen Bereich.

7

Kand-sanft F-Diff Dauer 363.13 215.25 (70.92) (48.72) 1686.57 178.29 (174.63) (41.32)

5

1180.2 (304.41)

208.6 (46.00)

5

1849.8 (111.46) 400.6 (68.17)

188.4 (24.52) 189 (53.48)

3

426 (111.37)

187 (48.22)

536 (269.90) 995.43 (154.73)

128.5 (36.48) 123.71 (32.67)

Vokal -

Bel.

/a/

8

/e/-l [e:]-M /e/-2 [ε:] - [ε] /i/ / o / -1 [o:] - M / o / -2 t>:] - W

5

-108.59

134.6

16

Kand-scharf F-Diff Dauer 471.71 80.64 (157.59) (15.29) 1226.56 83 (244.82) (17.44)

460.01

95.29

16

1226.56 (244.82)

83 (17.44)

-46.36

125.6

79.25 (12.89) 79 (26)

411.3

109.15

3

1438.5 (303.19) 502.33 (34.00)

-101.73

110

3

502.33 (34.00)

79 (26)

-76.33

108

577.57 (88.59) 1089 (-) 1080.33 (208.53)

68.71 (11.15) 97 (-) 84.83 (23.57)

-41.57

59.79

-93.57

26.71

Bel. 14

4

/u/

4

/a/

7

/y/

0

-

-

6

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

Mittel signif.

7 1

Differenz F-Diff Dauer

-

-

167.43 n

96.14 n

Tabelle 5.3.6-4: Durchschnittswerte zu Menzelen - Formantdifferenz und Dauern

117

Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis Menzelen

0 A 0

50

100

150

200

250

Dauer in ms

Abbildung 5.3.6-1: Durchschnittswerte Menzelen Es zeigt sich eine besonders starke Differenzierung der Vokale in quantitativer Hinsicht. Die qualitativen Unterschiede zwischen Kandidaten für sanften auf der einen und Kandidaten für scharfen Silbenschnitt auf der anderen Seite sind im Vergleich zu anderen Dialekten leicht überdurchschnittlich. Betrachtet man die Meßergebnisse für die Vokale in Abhängigkeit von der Folgekonsonanz, so läßt sich folgende Feststellung machen: Bei Nasalen sind die durchschnittlichen Dauern in den ausgemessenen Daten zu Menzelen relativ gering, während sie bei sth. Frikativen auffallend groß sind. Insgesamt läßt sich zu Menzelen festhalten, daß sowohl qualitative als auch quantitative Unterschiede sowie Silbenschnittkontraste in Bezug auf die Vokaldifferenzierung in den phonetischen Daten zu finden sind. Die qualitativen Differenzierungen sind dabei im Dialektvergleich am schwächsten ausgeprägt, quantitative Unterschiede dagegen am stärksten. Auch die Merkmale einer Silbenschnittsprache, gemessen in dem primären Energiekorrelat Ε-Halt, sind deutlich meßbar.

5.3.7 Voxtrup - Kreis Osnabrück

5.3.7.1 Aufnahmedaten Archiv-Nr. -

1/2926

Sprecher männl.

Aufnahme Aufnahmetag 02.06.1957

Mundart Aufnahmedauer 8 Min. 50 Sek.

Tabelle 5.3.7-1: Aufnahmedaten zu Voxtrup

-

Westfälisch

118 Die Voxtruper Daten werden aufgrund auditiv eindeutig wahrnehmbarer qualitativer und quantitativer Eigenschaften der Vokale in die beiden Gruppen Kand-sanft und Kandscharf eingeteilt. Lange Vokale (darunter auch das ungespannte [D:]) gehören zur ersten, kurze Vokale (diese sind alle i.d.R. ungespannt) zur zweiten Gruppe. Baader (1961) markiert in seiner Monographie in der Transkription losen Anschluß (in der Terminologie von Baader in Anlehnung an Jespersen 1913), der in einigen Belegen zu finden ist, in denen fester Anschluß zu erwarten wäre (bei Kurzvokal in betonter Silbe). Diese Informationen werden bei der Einteilung der Daten in die Gruppen Kand-sanft und Kand-scharf jedoch zugunsten der für alle Datensätze angewandten qualitativen und quantitativen Einteilungskriterien nicht berücksichtigt. Baader geht im übrigen, um das vorweg zu sagen, davon aus, daß im Dialekt von Voxtrup ein Silbenschnittkontrast zu verzeichnen ist. Leider bespricht Baader das Lautinventar des Dialektes nur am Rande und nicht vollständig. Aus der phonetischen Umschrift läßt sich jedoch folgendes Vokalinventar (Monophthonge) ableiten: Kurzvokale: [ a t n u œ v a ] Langvokale: [ a e i o o u o o e y ] Sowohl [o] als auch [ce] kommen sowohl in langer (dort neben [o:] bzw. [0:]) als auch in kurzer Variante vor, wobei [oe:] in den hier untersuchten Daten nicht belegt ist. [a] zeigt in langer vs. kurzer Variante kaum qualitative Unterschiede. Es wurden 108 Datensätze aufgezeichnet und ausgewertet.

5.3.7.2 Analyseergebnisse

5.3.7.2.1 Energiewerte Die Ergebnisse zu den Energieverläufen zeigen einen im Dialektvergleich überdurchschnittlichen Kontrast in dem primären Energiekorrelat Ε-Halt. Dies spricht dafür, den Dialekt zu den Dialekten mit phonetischem Silbenschnittkontrast zu zählen. Insgesamt sind die Meßergebnisse recht uneinheitlich. Auch das Merkmal Ε-Halt, das grundsätzlich als das stabilste Energiemerkmal anzusehen ist, weist große Schwankungen zwischen den Meßergebnissen für die einzelnen Vokale auf. Der negative Gesamtwert in dem Merkmal Ε-Pos, der sehr signifikant von den Ergebnissen des Nonsense-Korpus abweicht, ist u.U. auf eine ungleiche Verteilung der intervokalischen Konsonanten bei den Vokalen zurückzuführen. Tabelle 5.3.7-3 gibt Auskunft über die Verteilung der Folgekonsonanz bei den unterschiedlichen Vokalen, zudem über die Anzahl der für das Merkmal EPos genutzten Daten.

119 Vokal -

Bei.

/a/

6

/e/

3

/i/

13

/ ο / -1

2

[O:]-[D]

/o/-2

3

[3:]-W /u/

3

8

Kand-scharf E-Zahl E-Halt 1.29 1.76 (0.59) (0.66) 1.2 1.47 (0.56) (0.52) 1.16 1.58 (0.37) (0.61) 1 1.75 (0.53) (0.89)

E-Pos 6 (1.49) 5.62 (2.22) 5 (1.79) 6.83 (1.60)

8

1 (0.53)

1.75 (0.89)

6.83 (1.60)

1 (0) 1 (0) 1 (-) 1.09 (0.12)

2 (0.63) 1 (0) 1 (-) 1.51 (0.38)

3.5 (1.22) 8.5 (0.71) 6 (") 5.92 (1.54)

-

-

-

Kand-sanft E-Zahl E-Halt 2.17 2 (0.75) (0.89) 1 1.67 (0.58) (0) 1.38 2.46 (0.65) (0.52) 1.5 2 (0.71) (0)

6.33 (1.15) 5.33 (1.80) 4 (-)

19

1.33 (0.58)

1.67 (0.58)

6.5 (2.12)

2.33 (1.15) 1 (-)

2.33 (0.58) 3 (-)

(")

E-Pos 6

Bei.

(")

3

17 15

6

7

/0/

1

/y/

0

gesamt

31

1.53 (0.53)

2.16 (0.47)

5.45 (1.45)

68

signif.

-

-

-

-

-

2

(")

1

E-Zahl

Differenz E-Halt E-Pos

0.88

0.24

0

-0.2

0.2

0.72

0.22

0.88

0.33

0.5

0.25

-2.83

0.33

-0.08

-0.33

1.33

0.33

-0.5

0

2

-1.5

-

-

-

0.44

0.65

-0.47

Η

Η

ssi

Tabelle 5.3.7-2: Ergebnisse Messungen zur Energie für Voxtrup Vokal -

/a/

Bei. 6

/e/

3

-

Kand-sanft gesamt Folgekons. Bei. 1 b,4k,m 3n

3

Kand-scharf gesamt Folgekons. Bei. 10 2d,2m,3n,2i),3p,4r,s

E-Pos Folgekons. k

Bei. 17

3n

15

2b,d,g,4Y,n,s,4v,z

13

2b,d,g,4Y,n,s,3v

16

2Y,2k,2m,4n,i),2v, 3x

6

d,41,n

/i/

13

d,g,y,8n,v,z

9

d,7n,z

19

3y,2k,2m,4n,i),s,2v,3 χ,ζ

/o/

2[o] 3 M

1 2

1 2v

8

d,51,2n

/V

3

/al )yi

1

1.P 3v 3z V

0

-

E-Pos Folgekons. 2d,m,n,2i),p,2r,s

1

ζ

6

l,n,2i),p,s

6

l,n,2i),p,s

1

V

2

21

2

21

0

-

1

Ρ

1

Ρ

Tabelle 5.3.7-3: Übersicht über Folgekonsonanten und Daten zu E-Pos Die Verteilung der intervokalischen Konsonanten auf die beiden Vokalgruppen ist recht gleichmäßig. Auffällig ist jedoch, daß die Anzahl der Belege für Kandidaten für sanften Schnitt, die für die Durchschnittswertberechnung dss Merkmals Ε-Pos zugelassen sind, bei einigen Vokalen äußerst niedrig ist, so daß die Repräsentativität der Ergebnisse angezweifelt werden muß. Hieraus mag sich der negative Wert in diesem Merkmal, der gegen die Wertung des Dialektes als Silbenschnittdialekt sprechen würde, als reines Zufallsergebnis erklären.

120 5.3.7.2.2 Formantdifferenz und Dauern Die Durchschnittswerte für die einzelnen Vokale erwecken den Eindruck, daß recht deutliche Unterscheidungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht gemacht werden, daß die verschiedenen Vokale qualitative und quantitative Differenzierungen jedoch in unterschiedlicher Stärke vornehmen. Vokal

2

Kand-sanft F-Diff Dauer 607.83 227.5 (70.03) (21.55) 1578 109.33 (33.84) (238.69) 125.62 1792.46 (43.79) (157.43) 157 414.5 (4.24) (0.71)

3

340 (60.65)

163.67 (35.85)

449.67 (51.50) 311 (-)

154.33 (38.00) 150 (-)

-

-

-

-

-

-

-

-

-

Bei.

/a/

6

/e/

3

/i/

13

/o/-l [o:]-[o] /o/-2 [=:] - W /u/

3

/0/

1

/y/

0

Mittel signif.

8

Kand-scharf F-Diff 641.41 (117.34) 1174.4 (304.97) 1566.79 (237.39) 497.13 (132.67)

Dauer 101.29 (18.01) 109.4 (35.07) 91.79 (29.25) 92.25 (20.61)

8

497.13 (132.67)

92.25 (20.61)

527 (30.56) 752 (257.39) 864 (-)

88.5 (27.51) 94.5 (26.16) 73 (-)

Bei. 17 15 19

6 2 1

-

-

Differenz F-Diff Dauer -33.58

126.21

403.6

-0.07

225.67

33.83

-82.63

64.75

-157.13

71.42

-77.33

65.83

-441

55.5

-

-

202.99 η

59.64 η

Tabelle 5.3.7-4: Durchschnittswerte zu Voxtrup - Formantdifferenz und Dauern Der auch im Vergleich mit anderen Dialekten sehr hohe Mittelwert für die Formantdifferenz ist zu einem Teil auf den sehr hohen Differenzwert bei lai zurückzuführen. Da hier die Belegzahl sehr niedrig ist, muß man die Ergebnisse relativieren, zumal die „fallende Bewegung" (vgl. Abbildung 5.3.7-1) des l a i ganz den gemachten Beobachtungen im Zuge der Untersuchung der standarddeutschen Korpora widerspricht (der Differenzwert des lai ist im Vergleich zu anderen Dialekten, die auch große qualitative Unterschiede aufweisen, überdurchschnittlich hoch). Der Vokal lei zeigt kaum Differenzierungen in der Dauer, dafür große Unterschiede zwischen den Kandidaten für sanften vs. scharfen Schnitt in Bezug auf die Formantdifferenz. Wie vor dem Hintergrund der Meßergebnisse zum Standarddeutsch und zu anderen untersuchten Dialekten in geographischer Nähe zu Voxtrup nicht anders zu erwarten, sind die Dauerunterschiede bei den nicht-vorderen Vokalen / a / und / u / relativ groß.

121

Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis Voxtrup

< I

2000

er

1500 Ν

Χ I

-A-/a/

1000

V IL

"

-·—/o/ -Q-/u/

«¡ ^ —

-0-/0/

4

500 0 0

50

100

150

200

250

Dauer in ms

Abbildung 5.3.7-1: Durchschnittswerte Voxtrup Die Meßergebnisse deuten darauf hin, daß der Dialekt ein Silbenschnittdialekt im Sinne von meßbaren Kontrasten in den untersuchten Merkmalen der Energieverläufe ist. Unterschiede in qualitativer (Formantdifferenz) Hinsicht sind ebenfalls stark ausgeprägt, während Dauernunterschiede im Vergleich mit anderen Dialekten nur durchschnittlich bis schwach sind.

5.3.8 Riesenbeck - Kreis Tecklenburg

5.3.8.1

Aufnahmedaten

Archiv-Nr. -

1/5122

Sprecher männl.

Aufnahme Aufnahmetag 11.06.1959

Mundart Aufnahmedauer 8 Min. 55 Sek.

-

Westfälisch

Tabelle 5.3.8-1: Aufnahmedaten zu Riesenbeck Die Daten zu Riesenbeck wurden primär aufgrund von deutlich wahrnehmbaren qualitativen Unterschieden der Vokale in Kandidaten für sanften und Kandidaten für scharfen Schnitt geteilt. Gespannte (lange) Vokale gehören zur ersten, ungespannte (kurze) Vokale zur zweiten Gruppe. Das lange, ungespannte [ε:], das für Riesenbeck belegt ist, bildet eine Ausnahme zu der Regel, nach der Länge mit Gespanntheit und Kürze mit Ungespanntheit korrelieren, [ε:] wird der Gruppe der Kandidaten für sanften Schnitt zugeschlagen. In der Monographie von Bethge (1970) fehlt eine ausführliche Diskussion des Vokalsystems im Dialekt von Riesenbeck. Folgendes Vokalinventar (Monophthonge) kann jedoch

122 anhand der phonetischen Umschrift in Bethge (1970) unter Annahme einer Teilung in Lang- und Kurzvokale hergeleitet werden: Langvokale: Kurzvokale:

[aeeioDuoy] [aeiDuœvae]

Die Unterschiede zum Vokalinventar des ebenfalls westfälischen Dialekt vonVoxtrup (vgl. Kap. 5.3.7.2) sind relativ überraschend. So fehlt im Dialekt von Riesenbeck die langen Variante von [œ] völlig ([o:] ist außerdem nur selten belegt), wohingegen hier anders als in Voxtrup langes [ε:] belegt ist. Insgesamt ist der Dialekt von Riesenbeck im Bereich der Monophthonge standardnäher als der von Voxtrup. Das Datenkorpus zu Riesenbeck umfaßte 107 Belege.

5.3.8.2

Analyseergebnisse

5.3.8.2.1

Energiewerte

Wie die Durchschnittswerte für die Energieverläufe zeigen, sind die Silbenschnittmerkmale im Dialekt von Riesenbeck nur sehr schwach ausgeprägt. Vokal -

Bel.

/a/

7

/e/-l [e:]-[e]

lei -2 [e:]-[e]

7 3

Iii

8

loi

3

lui

2

lai

2

/y/

2

gesamt

34

signif.

-

Kand-sanft Ε-Zahl Ε-Halt 2 1,86 (0,82) (0,69) 1,43 2,29 (0,49) (0,79)

E-Pos 2 (1.41) 4.6 (2.61) 1

1,67 (0,58)

2,33 (0,58)

1 (0) 1,33 (0,58) 1 (0) 1.5 (0.71) 1 (0) 1.37 (0.36)

2,13 (0,64) 2 (1) 2 (1,41) 2 (0) 2,5 (0,71) 2,14 (0,22)

(-) 5 (0) 3.69 (1.66)

-

-

-

(-) 3.38 (1.99) 3 (0) 4.5 (2.12) 6

Bel. 17 9 9 8 10 15 4 1 64 -

Kand-scharf E-Zahl E-Halt 1,06 1,59 (0,24) (0,62) 1 1,44 (0,73) (0)

E-Pos 2.81 (1.47) 3.22 (1.30)

1 (0)

1,44 (0,73)

3.22 (1.30)

1,25 (0.46) 1,4 (0,52) 1 (0,53)

2,25 (0,71)

1,5 (0,58) 1 (-) 1.17 (0.21)

1,9 (0,74) 2,13 (0,74) 2,25 (0,5) 2 (-) 1.94 (0.32)

2.5 (1.97) 2.67 (1.03) 5.09 (2.43) 5 (2.83) 7 (-) 4.04 (1.69)

-

-

-

E-Zahl

Differenz E-Halt

E-Pos

0.94

0.27

-0.81

0.43

0.85

1.38

0.67

0.89

-2.22

-0.25

-0.13

0.88

-0.07

0.1

0.33

0

-0.13

-0.59

0

-0.25

1

0

0.5

-2

0.19

0.20

-0.36

si

η

si

Tabelle 5.3.8-2: Ergebnisse Messungen zur Energie für Riesenbeck Insgesamt sind die Meßergebnisse recht uneinheitlich. Auch das Merkmal Ε-Halt weist große Schwankungen zwischen den Vokalen auf. Die Unterschiede zum Nonsense-Korpus (die Ergebnisse für Riesenbeck liegen deutlich unter denen des standarddeutschen Korpus') sind in den Merkmalen Ε-Zahl und Ε-Pos statistisch signifikant. Der negative Wert in dem Merkmal Ε-Pos ist u.U. auf eine ungleiche Verteilung der intervokalischen Konsonanten

123 bei den Vokalen zurückzuführen. Gerade Ε-Pos wird sehr stark durch äußere Faktoren wie die Folgekonsonanz beeinflußt. Folgende Tabelle gibt Auskunft über die Verteilung der Konsonanz auf die einzelnen Vokale, zudem auch über die Anzahl der für das Merkmal EPos genutzten Daten. Vokal -

Kand-sanft gesamt Folgekons. Bei.

E-Pos Folgekons.

Bei.

Kand-scharf gesamt Bei. Folgekons.

E-Pos Folgekons. b.d^Un^z^ s,t,v

-

Bei.

/a/

7

d,3Y,2k,t

2

k,t

17

2b,d,21,2n,3i),5s,t,v

16

/e/

7[e] 3 [ε]

b,5n,p

5 1

b,3n,p r

9

y,21,3n,p,t,x

9

Y,21,3n,p,t,x b,k,m,3n

8

b.9>r d,Y,2k,n,2t,v

8

d,y,2k,n,2t,v

8

b,y,k,m,4n

6

3

21,ν

2

l,v

10

2b,3d,f,s,3v

6

2b,s,3v

/u/

2

2

k,l,10n,2i),z

11

k,l,8n,z

2

1

I,t k

15

/al lyi

l,t k,n

4

2r

2

2r

1

f,2i),v s

2

2

η,ν s

/i/ loi

1

Tabelle 5.3.8-3: Übersicht über Folgekonsonanten und Daten zu E-Pos Die Verteilung der intervokalischen Konsonanten auf die beiden Vokalgruppen ist recht gleichmäßig, wenn auch die Belegzahl der Kandidaten für sanften Schnitt bei einigen Vokalen (/u/, lai und /y/) sehr niedrig ist. Die Belegzahlen der Daten, die zur Analyse des Merkmals Ε-Pos herangezogen werden, gehen auch für andere Vokale (/a/, lei und Ιοί) auf einen nicht-repräsentativen Wert zurück, so daß die Aussagekraft der Ergebnisse stark zurückgeht. Hieraus mag sich der negative Wert in diesem Merkmal, der gegen die Wertung des Dialektes als Silbenschnittdialekt sprechen würde, erklären.

5.3.8.2.2 Formantdifferenz und Dauern Tabelle 5.3.8-4 gibt die numerischen Durchschnittswerte für Riesenbeck in Bezug auf vokalische Dauern und Formantdifferenzen an. Insgesamt ist eine relativ große Variation in den Meßergebnissen festzustellen. Die Ergebnisse für lui, I0I und /yl sind aufgrund zu geringer Belegzahlen kaum repräsentativ. /a/, lei, Iii und loi zeigen hingegen ein Muster, das deutlich dem des Standarddeutschen entspricht. In Bezug auf die Dauer der betrachteten Vokale zeigt sich vor allen Dingen aufgrund des negativen Wertes für den Vokal / y / ein signifikanter Unterschied zum standarddeutschen Nonsense-Korpus.

124 Vokal

7

Kand-sanft F-Diff 740.71 (115.18) 1854.43 (136.81)

Dauer 166.86 (16.49) 123.29 (41.99)

/e/-2 [ε:] - [ε]

3

1302.33 (287.83)

145.67 (13.20)

/i/

8

/o/

3

/u/

2 2

/y/

2

87.25 (30.89) 134 (49.33) 85.5 (6.36) 103 (15.56) 49 (19.79)

15

/a!

1959.63 (129.94) 564.67 (95.11) 855.5 (354.26) 1374.5 (109.60) 1434.5 (122.33)

-

-

-

-

-

-

-

Bel.

/a/

7

/e/-l [e:] - [ε]

Mittel signif.

-12.58

82.45

9

Kand-scharf F-Diff Dauer 84.41 753.29 (14.04) (110.15) 74 1240.89 (17.39) (222.62)

613.54

49.29

9

1240.89 (222.62)

74 (17.39)

61.44

71.67

1642.25 (134.40) 687 (147.79) 829.6 (128.43) 998.25 (65.28) 1228 (-)

62.38 (32.57) 84.9 (23.24) 72.27 (21.54) 94.5 (11.56) 80 (-)

317.38

24.88

-122.33

49.1

25.9

13.23

376.25

8.5

-

-

-

-

-

-

Bel. 17

8 10

4 1

Differenz F-Diff Dauer

206.5

-31

216.99 η

33.52 si

Tabelle 5.3.8-4: Durchschnittswerte zu Riesenbeck - Formantdifferenz und Dauern

Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis Riesenbeck

2500

y

2000 Ν

X c £

7

1500

?

—·—/o/ -Q-/u / —0—/e>/

—m

1000 A

500 0

50

100

150

200

Dauer in ms

Abbildung 5.3.8-1: Durchschnittswerte Riesenbeck Die Meßergebnisse zeigen nicht, daß der Dialekt ein möglicher Silbenschnittdialekt (vgl. Ergebnisse zu Energieverläufen) ist, da die phonetischen Merkmale von Silbenschnittsprachen nur schwach ausgeprägt sind. Unterschiede in qualitativer (Formantdifferenz) Hinsicht sind stark ausgeprägt, während Dauemunterschiede (quantitative Orientierung) nur sehr schwach sind. In diesen beiden Merkmalen zeigt der Dialekt Riesenbecks recht große Übereinstimmungen zum zweiten untersuchten westfälischen Dialekt, zu dem Voxtrups.

125 5.3.9 Mascherode bei Braunschweig

5.3.9.1 Aufnahmedaten Archiv-Nr. -

11/47

Sprecher männl.

Aufnahme Aufnahme tag 10.10.1955

Mundart Aufnahmedauer 9 Min.

-

Ostfälisch

Tabelle 5.3.9-1: Aufnahmedaten zu Mascherode Insgesamt wurden zu Mascherode 88 Datensätze aufgezeichnet und ausgewertet. Es zeigt sich, daß der Dialekt nur sehr schwache Merkmale einer Silbenschnittsprache (vgl. Ergebnisse zu Energieverläufen) trägt. Unterschiede in qualitativer (Formantdifferenz) und quantitativer Hinsicht (Dauer) sind dagegen sehr stark ausgeprägt. Die Daten wurden aufgrund auditiv eindeutig wahrnehmbarer qualitativer und quantitativer Eingenschaften der Vokale in die beiden Gruppen Kand-sanft und Kand-scharf eingeteilt. Lange Vokale (darunter auch das ungespannte [D:]) gehören zur ersten, kurze Vokale (diese sind alle i.d.R. ungespannt) zur zweiten Gruppe. Die Monographie von Bethge & Flechsig (1958) liefert einen kurzen, unvollständigen phonetisch-phonologischen Abriß des Dialektes. Aus diesem geht hervor, daß das System der Monophthonge neben den hier zugrundelegten Vokalen weitere aufweist, insbesondere kurze gespannte Varianten, z.B [e], [i] oder [u], Z.T. können diese Notierungen bei Bethge & Flechsig aber auch auf deren Transkriptionskonventionen zurückzufuhren sein (Ungespanntheit wird praktisch nur bei [ε] notiert). Langvokale: Kurzvokale:

[a e ε i o D U 0 y] [aeiiiODuuœyYS]

Interessanter ist aus phonologischer Sicht die Bewahrung alter Kürze in offenen Tonsilben, d.h. die Nicht-Durchführung der Dehnung kurzer Vokale in offenen, betonten Silben, wie sie im Mittelalter in fast allen deutschen Dialekten durchgeführt worden ist (vgl. Kap. 3.1). Dieses Merkmal findet sich in den Dialekten des Kernostfälischen, damit auch in dem Dialekt Mascherodes.

5.3.9.2

5.3.9.2.1

Analyseergebnisse

Energiewerte

Die Differenzwerte von Kand-sanft und Kand-scharf eines Vokales in Bezug auf die Energieverläufe zeigen keine eindeutigen Ergebnisse, die dafür sprechen würden, Mascherode zu den Dialekten zu zählen, die einen phonetischen Silbenschnittkontrast aufweisen.

126

8

Kand-sanft E-Zahl E-Halt 1.33 1.5 (0.58) (0.71) 2.14 2.14 (0.69) (0.69) 1.5 3 (0.71) (0) 2.71 1.88 (0.49) (0.83)

4.33 (2.31)

13

2.08 (0.95)

2.64 (0.50)

/u/

0

-

-

/a/

1

/y/

3

4 (-) 2.33 (0.58) 2.18 (0.88)

3 (-) 2 (0) 2.43 (0.56)

-

-

-

-

Vokal -

Bei.

/a/

3

/e/

7

/i/

2

/ o / -1

[o:]-W /o/-2

gesamt

37

signif.

-

6

Kand-scharf E-Zahl E-Halt 1.5 2.63 (0.52) (0.76) 1.33 2.45 (0.49) (0.52) 1 1.5 (0.71) (0) 1.67 2.5 (1.21) (0.55)

E-Pos 4 (1.41) 4.88 (1.36) 5.67 (3.06) 4.5 (2.89)

6 (1.83)

6

1.67 (1.21)

2.5 (0.55)

4.5 (2.89)

-

4

-

6

-

5

5.37 (2.55)

44

1 (0) 1 (0.89) 0.8 (0.45) 1.19 (0.32)

2.25 (0.5) 2.5 (0.55) 2.5 (0.58) 2.33 (0.38)

4.75 (3.09) 4 (1.41) 3.5 (0.58) 4.47 (0.72)

-

-

-

E-Pos 5.5 (0.71 2 (") 9

(")

Bei. 8 12 3

E-Zahl

Differenz E-Halt

E-Pos

-0.17

-1.13

1.5

0.81

-0.31

-2.88

0.5

1.5

3.33

0.21

0.21

-0.17

0.41

0.14

1.5

-

-

-

3

0.5

-

1.53

-0.5

-

0.99

0.09

0.89

η

η

η

Tabelle 5.3.9-2: Ergebnisse Messungen zur Energie für Mascherode Zwar liegen alle Gesamtdurchschnittswerte in einem positiven Bereich, aber lediglich EZahl weist einen Wert auf, der im Vergleich mit anderen Dialekten überdurchschnittlich ist. Die Unterschiede zum TVowjense-Korpus sind für alle Merkmale der Energiekurve statistisch nicht signifikant, jedoch insbesondere das primäre Energiekorrelat Ε-Halt zeigt einen sehr schwachen Wert. Die Variation zwischen den Vokalen ist zudem äußerst stark, was auch an den hohen Standardabweichungen ablesbar ist (besonders in der Zeile in Tabelle 5.3.9-2, in der die Gesamtergebnisse zu Kand-sanft bzw. Kand-scharf eingetragen sind). Mascherode ist einer der wenigen untersuchten niederdeutschen Dialektorte, die keinen Silbenschnittkontrast aufzuweisen scheinen (dazu kommen Riesenbeck / Westfälisch und Plausen / Niederpreußisch). Die Tatsache, daß die alten germanischen Kurzvokale in offener Silbe erhalten sind, d.h. alte Quantitätenverhältnisse zu ungunsten neuer prosodischer Verhältnisse bewahrt worden sind, mag für diesen Umstand eine Erklärung sein. Vokal -

/a/

/e/ Ix!

Bei. 3

Kand-sanft gesamt Folgekons. Bei. 2 d,t,v

E-Pos Folgekons. t,v

Bei. 8

Kand-scharf gesamt Bei. Folgekons. 2 ç,21,n,3r,t

E-Pos Folgekons. Ç.1

7

b,j,m,4r

1

r

12

2d,j,n,2r,t,5v

8

2d,n,r,t,3v

2

2n

1

η

3

d.M

3

d.jfl

/o/

8[o] 13 M

1,4m, p, 2t

m,2t

d,5k,2r,4t,v

3 4

6

l,2n,2r,t

4

l,n,r,t

/u/

0

-

0

-

4

f,3m

4

f,3m

/ß/

1

Ρ

0

-

6

2n,3r,v

2

n,r

fyf

3

η,2t

0

-

5

j,m,3s

4

j,3s

3k,t

Tabelle 5.3.9-3: Übersicht über Folgekonsonanten und Daten zu E-Pos

127 Die Verteilung der intervokalischen Konsonanten auf die beiden Vokalgruppen ist relativ gleichmäßig. Es zeigt sich jedoch, daß stimmlose Plosive zu einem Großteil mit Kandidaten für sanften Schnitt auftreten. Das muß auch deswegen herausgestrichen werden, da ansonsten stl. Plosive in anderen untersuchten Dialekten eher bei der Gruppe der Kandidaten für scharfen Schnitt zu finden sind und sth. Plosive bei Kandidaten für sanften Schnitt. Wie in Kap. 3.1 der vorliegenden Arbeit bereits gesagt, korrelieren die Silbenschnittarten mit den Folgekonsonanten in der Weise, daß nach sanftem Schnitt vorzugsweise Lenis-, nach scharfem Schnitt dagegen vorzugsweise Fortiskonsonanten auftreten. Daß diese Verteilung im Dialekt von Mascherode nicht anzutreffen ist, kann als weiteres Indiz dafür angesehen werden, den Dialekt nicht zu denjenigen zu zählen, die Silbenschnittkontrast aufweisen.

5.3.9.2.2 Formantdifferenz und Dauern Die durchschnittlichen Differenzwerte für Formantdifferenzen und Dauern der einzelnen Vokale zeigen im Vergleich mit dem standarddeutschen Korpora sowie verglichen mit anderen Dialektorten relativ hohe Ergebnisse. Das Mittel der Differenzwerte weist ebenfalls einen hohen Wert sowohl für die Formantdifferenz als auch für die Dauer auf.

Vokal

8

Kand-sanft F-Diff 575.67 (131.85) 1685.43 (96.05) 1806.5 (61.52) 477.75 (56.31)

Dauer 160.67 (37.82) 157.86 (35.16) 122 (29.69) 168.5 (52.39)

13

543 (99.99)

0

-

Bei.

/a/

3

/e/

7

/i/

2

/ ο / -1 [o:] - [3] /o/-2 frJ-M /u/

6

Kand-scharf F-Diff 689.38 (152.58) 1280.83 (148.48) 1648 (98.75) 708.83 (164.45)

Dauer 105.75 (34.73) 87.25 (35.08) 61 (8.72) 83.5 (26.36)

181.85 (48.48)

6

708.83 (164.45)

83.5 (26.36)

-

-

4

1297

192

(-) 1630.33 (43.84)

(-) 201.67 (78.77)

518.5 (82.62) 928 (284.62) 1310.2 (199.91)

76 (12.73) 78.5 (29.75) 75.4 (5.08) -

/al

1

/y/

3

Mittel signif.

-

-

-

-

-

Bei. 8 12 3

6 5 -

-

-

-

Differenz F-Diff Dauer -113.71

54.92

404.59

70.61

158.5

61

-231.08

85

-165.83

98.35

-

-

369

113.5

320.13

125.66

251.83 η

87.01 η

Tabelle 5.3.9-4: Durchschnittswerte zu Mascherode - Formantdifferenz und Dauern Die Differenzen in der Dauer sind über alle Vokale hinweg sehr einheitlich. Diese nichtzufällige Verteilung spricht ebenso wie der große Differenzwert für die Gesamtheit der Vokale dafür, die Dauer als eines der Merkmale anzunehmen, durch das Vokalvarianten im Dialekt von Mascherode unterschieden werden.

128

Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis Mascherode

0 -I 0

50

100

150

200

250

Dauer In ms

Abbildung 5.3.9-1: Durchschnittswerte Mascherode Auch die Unterschiede in den Formantdifferenzen der Varianten eines Vokales sind erheblich. Neben der Dauer ist also auch dieses Merkmal zu den differenzierenden zu zählen. Abschließend läßt sich festhalten, daß qualitative und quantitive Unterschiede zwischen den Varianten eines Vokales für die Differenzierung derselben verantwortlich sind. Ein Silbenschnittkontrast ist fur Mascherode nach Auswertung der phonetischen Daten nicht anzunehmen.

5.3.10 Pepelow - Kreis Bad Doberan

5.3.10.1 Aufnahmedaten Archiv-Nr. -

1/3465

Sprecher männl.

Aufnahme Aufnahmejahr 1957

Mundart Aufnahmedauer 9 Min. 10 Sek.

-

Mecklemburgisch

Tabelle 5.3.10-1: Aufnahmedaten zu Pepelow Die Unterscheidung der untersuchten Daten des Dialektortes Pepelow in die Gruppen Kand-sanft und Kand-scharf erfolgt aufgrund von qualitativen und quantitativen Merkmalen der Vokale. Dabei gilt, daß grundsätzlich lange (i.d.R. auch gespannte) Vokale der ersten, kurze (ungespannte) Vokale der zweiten Gruppe zugeschlagen werden. Die in der vorliegenden Arbeit verwendete Aufnahme zu Pepelow wurde mW. in keiner Veröffentlichung des Institue für Deutsche Sprache ausführlich phonetisch oder phonologisch ausgewertet. Daher ist die kurze Aufstellung der Monophthonge des Dialektes von

129 Pepelow von mir auf der Grundlage der hier verwendeten Daten erstellt wurden, auf die bei der folgenden, auf Basis der untersuchten Daten erstellten Darstellung des vokalischen Systems des Dialektes (nur die Monophthonge) hätte zurückgegriffen werden können. Kurzvokale: Langvokale:

[aeiouœvae] [aeaoDuoy]

Das kurze [ce] ist an einer Stelle der Aufnahme belegt, die nicht für die vorliegende Untersuchung genutzt wurde und taucht deshalb in den Analyseergebnissen nicht auf. Das Korpus umfaßt alles in allem 101 Datensätze.

5.3.10.2 Analyseergebnisse

5.3.10.2.1 Energie werte Die Differenzwerte von Kand-sanft und Kand-scharf eines Vokales in Bezug auf die Energieverläufe zeigen, daß Pepelow Merkmale einer Silbenschnittsprache trägt. Vokal /a/

10

/e/-l [e :]-[£]

5

Kand-sanft E-Zahl E-Halt 1.3 1.9 (0.67) (0.57) 2.4 2.6 (0.55) (0.89)

/e/-2 [ε:]-[ε]

8

2.38 (0.92)

2.63 (0.52)

3 (-)

10

/i/

10

1.4 (0.52) 2 (0)

1.7 (0.67) 2.4 (0.55)

3.5 (2.17)

8

2.14 (0.89)

2.43 (0.53)

4 (1.41)

4

1.25 (0.5)

1.75 (0.5)

3 (-) 1.33 (0.82) 2 (-) 2.02 (0.59)

3 (-) 1.67 (0.52) 3 (-) 2.35 (0.50)

-

8

1.38 (0.52)

1.88 (0.35)

4.4 (195)

0

-

-

6

4.01 (0.82)

44

1 (0) 1.29 (0.19)

-

-

-

-

-

-

-

-

Bei.

/ o / -1 [o:]-M /o/-2

/u/ ία/

5 7 1 6

/y/

1

gesamt

53

signif.

-

E-Pos 5.13 (1.46) -

-

10

Kand-scharf E-Zahl E-Halt 1.25 1.75 (0.46) (0.46) 1.6 1.5 (0.71) (0.69)

E-Pos 4 (1.67) 3.4 (1.14)

1.6 (0.69)

1.5 (0.71)

3.4 (1.14)

4

1.25 (0.46) 1.25 (0.5)

1.63 (0.52) 1.75 (0.5)

3.5 (0.55) 5.67 (2.08)

Bei. 8

E-Zahl

Differenz E-Halt

E-Pos

0.05

0.15

1.13

1

0.9

-

0.78

1.13

-0.4

0.15

0.07

0

0.75

0.65

-

5.67 (2.08)

0.89

0.68

-1.67

5 (2.55)

1.62

1.12

-

-

-

-

-

-

1.83 (0.75) 1.72 (0.14)

3.5 (1.22) 4.18 (0.94)

1

1.17

-

0.73

0.62

-0.17

η

η

si

Tabelle 5.3.10-2: Ergebnisse Messungen zur Energie für Pepelow Sowohl Ε-Zahl als auch Ε-Halt weisen für alle Vokale positive Differenzwerte auf. Für das primäre Energiekorrelat Ε-Halt gilt außerdem, daß es im Vergleich mit anderen untersuchten Dialekten einen überdurchschnittlich hohen Wert aufweist. Lediglich Ε-Pos widerspricht der These, Pepelow zu den Dialekten zu zählen, die einen Silbenschnittkontrast aufweisen. Der Unterschied zum Nonsense-Korpus ist in diesem Merkmal signifikant. Auf

130 die starke Anhängigkeit dieses Merkmals von äußeren Faktoren wie etwa der Folgekonsonanz wurde bereits mehrfach hingewiesen. Ε-Pos ist deshalb nicht immer ein zuverlässiges Korrelat des Silbenschnittes. Kand-sanft gesamt Bei. Folgekons. d,7p,2v 8

Vokal -

lai

Bei. 10

/e/

5[e] 8 [ε]

-

3d,r,t 4b,2d,g,t

Kand-scharf gesamt Folgekons. Bei. 6 2k,l,3n,s,x

E-Pos Folgekons. 6p,2v

Bei. 8

0 1

t

10

3g, k, 21, η, s, 2t

5

2g,l,s,t

E-Pos Folgekons. 2k,l,2n,x

Iii

10

6d,n,3z

6

2d,n,3z

8

n,3i),2s ,J,z

6

n,i),2s,J,z

loi

5 [o] 7[D]

0 2

g.m

4

3m,n

3

2m,n

lui /β/ lyl

2d,g,n,t d,g,k,2m,r,t ζ

2d,3n

6

1

b,k,2p,2v d

1

0

-

8

3d,5n

5

5

k,2p,2v

0

-

0

-

0

-

6

d,2m,t,2ts

6

d,2m,t,2ts

Tabelle 5.3.10-3: Übersicht über Folgekonsonanten und Daten zu E-Pos Im großen und ganzen ist die Verteilung der intervokalischen Konsonanten auf die beiden Vokalgruppen relativ gleichmäßig. Bei den Kandidaten für scharfen Silbenschnitt tauchen jedoch gehäuft Nasale auf. Die uneinheitlichen Werte in dem Merkmal Ε-Pos sind weniger auf ungleichmäßige Verteilungen der intervokalischen Konsonanten als vielmehr auf die geringe Belegzahl insbesondere bei Kand-sanft zurückfuhren, die die Ergebnisse zum Teil als zufallig erscheinen lassen.

5.3.10.2.2 Formantdifferenz und Dauern Die Durchschnittswerte zeigen relativ deutliche Unterschiede zwischen den Kandiaten für die Silbenschnittarten in Bezug auf die Vokaldauer, jedoch nur relativ geringe bzgl. der Formantdifferenzen. Nur bei lei läßt sich ein deutlicher Unterschied zwischen den Werten der Formanzdifferenz bei Kand-sanft und Kand-scharf feststellen. Vokal -

Bel.

/a/

10

/e/-l [e:] - [ε]

lei-2 [ε:] - [ε]

Iii loi -1 [o:] - Μ / o / -2 M - [3]

5

Kand-sanft Dauer F-Diff 497.8 152.9 (71.36) (56.51) 1742.4 209.6 (72.52) (113.99)

10

Kand-scharf F-Diff 524.88 (77.09) 1326.1 (206.58)

Dauer 109.88 (14.41) 124.5 (27.97)

10

1326.1 (206.58)

124.5 (27.97) 103.63 (16.66) 116 (15.12) 116 (15.12)

Bel. 8

1434.63 (118.35)

214.63 (42.61)

5

1812.9 (214.95) 431.6 (70.56)

140.3 (46.31) 142.8 (22.39)

4

1702.5 (217.71) 388.75 (89.97)

7

345.71 (26.74)

184.14 (68.66)

4

388.75 (89.97)

8 10

8

Differenz F-Diff Dauer -27.08

43.03

416.3

85.1

108.53

90.13

110.4

36.68

42.85

26.8

-43.04

68.14

131 Vokal -

Bei.

/u/

1

/0/

6

/y/

1

Mittel signif.

-

Kand-sanft F-Diff 623 (-) 794.83 (78.93) 1106 (-) -

Dauer 175 (-) 138.17 (79.81) 114 (-) -

Bei. 8

Kand-scharf F-Diff Dauer 470.88 95.63 (116.73) (17.73)

Differenz F-Diff Dauer 152.13

79.38

0

-

-

-

-

6

1040.17 (92.97)

81.83 (16.31)

65.83

32.17

-

-

-

-

-

-

120.77 η

57.68 η

Tabelle 5.3.10-4: Durchschnittswerte zu Pepelow - Formantdifferenz und Dauern Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis Pepelow

Abbildung 5.3.10-1: Durchschnittswerte Pepelow Im Vergleich mit anderen Dialekten zeigt Pepelow sowohl in bezug auf quantitative (Dauer) als auch in bezug auf qualitative (Formantdifferenz) Unterscheidungen der Varianten eine Vokales nur durchschnittlich hohe Werte. Die Meßergebnisse zeigen, daß der Dialekt ein möglicher Silbenschnittdialekt ist. Unterschiede in qualitativer (bzgl. der Formantdifferenzen) und quantitativer Hinsicht (bzgl. der Dauer) sind im Vergleich mit anderen untersuchten Dialekt als durchschnittlich zu bezeichnen.

132 5.3.11 Parlin - Kreis Naugard

5.3.11.1 Aufnahmedaten Archiv-Nr. -

1/2711

Sprecher männl.

Aufnahme Aufhahmejahr 1957

Mundart Aufnahmedauer 9 Min. 5 Sek.

-

Ostpommersch

Tabelle 5.3.11-1: Aufnahmedaten zu Parlin Kandidaten für sanften vs. scharfen Silbenschnitt werden in erster Linie aufgrund von qualitativen Eigenschaften der Vokale ermittelt. Gespannte Vokale gehören grundsätzlich der ersten, ungespannte der zweiten Gruppe an. Ausnahmen sind die ungespannten, langen [ε:] und [D:]. In diesen beiden Vokalen korreliert Länge nicht mit Gespanntheit, [ε:] und [D:] werden den Kandidaten fur sanften Schnitt beigeordnet. Für Parlin läßt sich auf der Basis der hier verwendeten Daten folgendes phonetisches Inventar an Monophthongen angeben: Kurzvokale: [a ε 1 3 u œ ν a e] Langvokale: [a e ε i o D U 0 y] Die Vokale [ce], [θ] und [β] erscheinen in der nachfolgenden Auswertung der Daten nicht, sie sind in der Aufnahme selbst an unterschiedlichen Stellen belegt. 103 Datensätze wurden insgesamt ausgewertet.

5.3.11.2 5.3.11.2.1

Analyseergebnisse Energiewerte

Betrachtet man die Gesamtdifferenzwerte und dabei besonders das primäre Energiekorrelat Ε-Halt, so erkennt man, daß der Dialekt von Parlin Merkmale einer Silbenschnittsprache aufweist. Der Wert von Ε-Halt geht nicht nur bei keinem Vokal in einen negativen Bereich, auch der Gesamtdurchschnitt liegt im Vergleich mit anderen Dialekten in einem Niveau, das als überdurchschnittlich bezeichnet werden kann. Die sekundären Energiekorrelate Ε-Zahl und Ε-Pos weisen dagegen in erster Linie niedrige positive oder gar negative Werte auf. Zudem sind die Unterschiede zum Afonsense-Korpus signifikant bzw. in den Ergebnissen zu E-Halt sogar sehr signifikant. Dies spricht gegen eine Wertung des Dialektes als möglichen Silbenschnittdialekt.

133

11

Kand-sanft E-Zahl E-Halt 1 3 (-) (-) 1.27 2.09 (0.47) (0.54)

E-Pos 2 (") 4.25 (1.75)

8

1.25 (0.71)

2 (0.93)

2.86 (1.57)

1 (0) 1 (-) 1.22 (0.44)

2 (0.71) 2 (-) 2.33 (0.5)

3.2 (0.45) 1 (-) 4.29 (2.14)

1.67 (0.52) 1.36 (0.67) 1

2.17 (0.41) 2.27 (0.79) 3 (-) 2.32 (0.40)

3 (0) 5.63 (1.69) 8 (") 3.80 (2.07)

-

-

Vokal -

Bei.

/a/

1

/e/-l [e:]-[£] /e/-2 [ε:]-[ε] /i/

loi -1 [o:]-M /o/-2 M-M

5 1 9

lui

6

lai

11

/y/

1

(-)

gesamt

53

1.19 (0.23)

signif.

-

-

Bei. 7 6

Kand-scharf E-Zahl E-Halt 1.14 1.86 (0.38) (0.69) 1 2 (0.89) (0)

E-Pos 4 (1.79) 4 (1.41)

E-Zahl

Differenz E-Halt E-Pos

-0.14

1.14

-2

0.27

0.09

0.25

0.25

0

-1.14

0.2

0

-1.3

0

0.4

-3.33

1 (0)

2 (0.89)

4 (1.41)

0.8 (0.45) 1 (0)

2 (0.71) 1.6 (0.51)

4.5 (2.65) 4.33 (1.84)

15

1 (0)

1.6 (0.51)

4.33 (1.84)

0.22

0.73

-0.04

4

1 (0)

1.5 (0.58)

2.5 (1)

0.67

0.67

0.5

0

-

-

-

-

-

-

1 (0) 0.99 (0.11)

1.5 (0.84) 1.74 (0.24)

4.5 (1.64) 3.97 (0.76)

0

1.5

3.5

0.21

0.57

-0.17

ssi

η

si

6 5 15

6 43 -

-

-

Tabelle 5.3.11-2: Ergebnisse Messungen zur Energie fur Parlin Ε-Zahl und Ε-Pos sind in starkem Maße von äußeren Faktoren abhängig, u.a. von den auf den betrachteten Vokal folgenden intervokalischen Konsonanten. Vokal -

lei Iii loi Ini lai lyl

Kand-sanft gesamt Bei. Bel. Folgekons. r 1 1 5d,5t,z 8 π [e] 7 k,l,4r,t,v 8 [ε] 5 2d,2n,z 5 t 1 [o] 1 7 b,g,2k,p,t,3v 9 M 6 2r,2t,2z 2 11 b,r,9v 8 t 1 1

E-Pos Folgekons. r 2d,5t,z k,4r,t,v 2d,2n,z t b,g,2k,p,t,v 2t b,r,6v t

Bel. 7

Kand-scharf gesamt Folgekons. Bel. d,21,n,2r,v 6

E-Pos Folgekons. d,l,n,2r,v

6

l,2n,r,2v

6

l,2n,r,2v

5

ç,m,3r)

4

ç,m,2i)

15

2d,2g,9m,2p

15

2d,2g,9m,2p

4 0 6

d,2n,t

4 0 6

d,2n,t

-

2f,m,2n,t

-

2f,m,2n,t

Tabelle 5.3.11-3: Übersicht über Folgekonsonanten und Daten zu E-Pos Es zeigt sich, daß bei Kand-scharf überproportional viele Nasale als intervokalische Konsonanten auftreten. Diese führen bei dem Merkmal Ε-Halt zu einer Verringerung des Wertes (dieser geht gegen 1), was eigentlich zu einer Erhöhung des Differenzwertes fuhren müßte. Da der Gesamtdifferenzwert relativ gering ist, muß daraus geschlossen werden, daß die Silbenschnittmerkmale im Dialekt von Parlin schwächer ausgeprägt sind, als es die Zahlen auf den ersten Blick erscheinen lassen.

134 Zu dem Merkmal Ε-Pos bleibt zu sagen, daß die Anzahl der Belege bei Kand-sanft zum Teil derart gering ist, daß keine repräsentativen Berechnungen möglich sind. 5.3.11.2.2 Formantdifferenz und Dauern Die Darstellung in Abbildung 5.3.11-1 gibt Hinweise darauf, daß sich im Dialekt von Parlin zum Teil zwischen den verschiedenen Vokalen große Variationen in Bezug auf qualitative bzw. quantitative Unterscheidungen von Varianten eines Vokales finden lassen. Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis Parlin

2000

Ν

X ç £7

-*-/a/

1500 -Φ-/ο/ —Q—/u/ —0—/e/

1000 500

c

0 50

100

150

200

Dauer in ms

Abbildung 5.3.11-1: Durchschnittswerte Parlin Während die Punkte zu /u/ und loi sich besonders weit entlang der x-Achse erstrecken, was fur eine starke quantitative Differenzierung dieser Vokale spricht, finden sich für lei-1 und lei-2 Punkte, die eine Bewegung besonders entlang der y-Achse aufweisen, also entlang der Achse, auf der die Formantdifferenzen, die qualitativen Merkmale abgetragen sind. Tabelle 5.3.11-4 gibt die Durchschnittswerte fur die einzelnen Vokale wieder. Der negative Wert in der Dauerdifferenz bei dem Vokal Iii ist darauf zurückzufuhren, daß die Belege für Kand-sanft zum Teil sehr schnell gesprochen wurden. Dadurch verkürzt sich die Dauer der Wörter und auch der einzelnen Segmente. Im Vergleich mit anderen Dialekten erweist sich die Dauer als Merkmal mit offenbar unterdurchschnittlich unterscheidender Funktion. Der Unterschied zu den deutlich höheren Differenzwerten des iVoniew.se-Korpus ist hier zudem höchst signifikant. Der Kontrast zwischen Kand-sanft und Kand-scharf in der Formantdifferenz darf hingegen als deutlich bezeichnet werden.

135 Vokal -

Bel.

/a/

1

/e/-l [e:]-[E] /e/-2 [ε:] - [ε] /i/

[o:]

- lo]

/o/-2 M

- M

Dauer 113

11

1448.91 (112.96)

(-) 118.45 (24.20)

8

1179.63 (163.85)

112.38 (20.75)

1507.2 (188.70) 571

63.6 (17.50) 110

(-)

(-)

461 (76.99)

121.78 (37.63)

743.5 (108.69) 999.55 (77.94) 1487

113.5 (32.73) 113.64 (29.83) 134

(-)

(-)

5

/ o / -1

Kand-sanft F-Diff 501 (-)

1 9

/u/

6

/a!

11

/y/

1

Mittel signif.

-

-

-

-57.14

25

6

Kand-scharf F-Diff Dauer 558.14 88 (243.33) (25.69) 809.83 64.5 (7.45) (132.03)

639.08

53.95

6

809.83 (132.03)

64.5 (7.45)

369.79

47.88

80.8 (11.17) 78.13 (28.42)

-20.8

-17.2

15

1528 (263.29) 495.67 (64.26)

75.33

31.87

15

495.67 (64.26)

78.13 (28.42)

-34.67

43.64

4

600.5 (75.61)

48 (14.31)

143

65.5

Bel. 7

5

0

"

~

6

1117.83 (202.86)

67 (6.36)

-

-

-

-

-

Differenz F-Diff Dauer

~

369.17

67

213.62 η

44.01 hsi

Tabelle 5.3.11-4: Durchschnittswerte zu Parlin - Formantdifferenz und Dauern Die Meßergebnisse zeigen, daß der Dialekt Merkmale einer Silbenschnittsprache trägt, wenn diese auch nur schwach ausgeprägt sind. Unterschiede in quantitativer Hinsicht sind ebenfalls im Vergleich mit anderen untersuchten Dialekten sehr schwach. Deutlichstes Merkmal im Dialekt von Parlin für die Unterscheidung der Varianten eines Vokales ist die Qualität.

5.3.12 Frehne - Kreis Pritzwalk

5.3.12.1 Aufnahmedaten Archiv-Nr. -

1/3648

Sprecher männl.

Aufnahme Aufnahmejahr 1958

Mundart Aufnahmedauer 9 Min. 35 Sek.

-

Märkisch

Tabelle 5.3.12-1: Aufnahmedaten zu Frehne Die Vokale in den Daten zu Frehne werden aufgrund von starken auditiv wahrnehmbaren qualitativen Unterschieden in die beiden Gruppen Kand-sanft (Kandidaten für sanften Silbenschnitt) und Kand-scharf (Kandidaten für scharfen Schnitt) eingeteilt. Zur ersten Gruppen werden neben den gespannten Vokalen auch die langen Varianten der ungespannten [ε] und [o] gezählt. Alle anderen ungespannten Vokale werden der zweiten Gruppe zugeschlagen.

136 An dieser Stelle kurz eine Übersicht über das phonetische Inventar der Monophthonge des Dialektes: Kurzvokale: Lang vokale:

[anDuϕae] [aeeioouoy]

Insgesamt ähneln sich die Vokalinventare der niederdeutschen Dialekte sehr, zumindest was den Bereich der Monophthonge anbetrifft. Die zum Teil sehr reichen diphthongischen Inventare der Dialekte weisen dagegen die spezifischen Unterschiede zwischen ihnen auf, die am Vokalismus festzumachen sind. Das untersuchte Datenkorpus zum Dialektort Frehne umfaßte insgesamt 102 Datensätze, wovon wenige Daten aufgrund zu schlechter Tonqualität nicht ausgewertet werden konnten. 5.3.12.2 Analyseergebnisse 5.3.12.2.1 Energiewerte Die Energieverläufe auf dem betonten Vokal zeigen fur Frehne Merkmale einer Silbenschnittsprache. Während allerdings die sekundären Energiekorrelate (Ε-Zahl und E-Pos) eher unterdurchschnittliche Werte im Vergleich mit anderen untersuchten Dialekten aufweisen, ist der Gesamtwert für das primäre Korrelat Ε-Halt überdurchschnittlich hoch. Vokal

Kand-sanft E-Zahl E-Halt 1.5 2.5 (0.58) (0.58) 1.63 2.38 (0.52) (0.74)

E-Pos 7 (0) 5.67 (2.31)

1.29 (0.49)

2.57 (0.53)

5 (2.12)

15

1.29 (0.49) 1.6 (0.74)

3 (0) 2.13 (0.64)

6 (1.73) 5.5 (1.69)

7

1.29 (0.49)

2.57 (0.53)

2 (-) 1.33 (0.82) 1 (-) 1.44 (0.29)

2 (-) 2.17 (0.98) 2 (-) 2.37 (0.33)

-

-

-

Bei.

/a/

4

/e/-l [e:]-[£] /e/-2 [ε:]-[ε] /i/

7 7

loi -1 [o:]-[3]

loi

7

-2

M-M /u/

1

lai

6

/y/

1

gesamt

56

signif.

-

7

Kand-scharf E-Zahl E-Halt 1 1.67 (0.49) (0) 2.14 1.14 (0.89) (0.38)

E-Pos 4.33 (1.44) 5.33 (0.82)

7

1.14 (0.38)

2.14 (0.89)

5.33 (0.82)

6

1 (0) 1 (0.63)

1.5 (0.58) 1.83 (0.75)

3.5 (1.29) 6.25 (2.22)

4.2 (1.92)

6

1 (0.63)

1.83 (0.75)

6.25 (2.22)

-

4

1 (0) 1 (0) 0.8 (0.45) 0.99 (0.09)

2 (1.15) 1 (0) 2 (1) 1.73 (0.39)

4.25 (1.89) 5 (°) 3.75 (2.22) 4.63 (0.96)

-

-

-

Bei. 12

4

3.2 (1.09) 3

2

(-)

5

4.95 (1.39)

40 -

E-Zahl

Differenz E-Halt

E-Pos

0.5

0.83

2.67

0.48

0.23

0.33

0.14

0.43

-0.33

0.29

1.5

2.5

0.6

0.3

-0.75

0.29

0.74

-2.05

1

0

-

0.33

1.17

-1.8

0.2

0

-0.75

0.45

0.63

0.32

η

η

si

Tabelle 5.3.12-2: Ergebnisse Messungen zur Energie für Frehne

137 Die Ergebnisse für die Merkmale Ε-Halt und Ε-Zahl liegen in keinem Fall in einem negativen Bereich. Ganz anders ist dies jedoch bei Ε-Pos, dessen Ergebnisse signifikant unter denen des Noniewse-Korpus liegen. Ε-Pos ist in starkem Maße von dem folgenden intervokalischen Konsonanten (und anderen Faktoren wie der Stellung des betrachteten Wortes im Satz oder der Betonung - Emphase etc.) abhängig. Aus folgender Tabelle läßt sich ablesen welche Daten fur das Merkmal Ε-Pos genutzt wurden. Vokal

Kand-sanft gesamt Folgekons. Bei. 3r,v 2

-

Bei. 4

-

/a/

2b,2d,2f,m,t b,2g,m,3t

8 [e] 7 [ε]

/e/

IV

3 5

E-Pos Folgekons. r,v

Bei. 12

Kand-scharf gesamt Folgekons. Bei. 12 3b,d,f,k,21,m,r,J,t

E-Pos Folgekons. 3b,d,f,k,21,m,r,J,t

2b,f b,g,m,2t

7

b,d,21,i),2r

6

d,21,r),2r

7

b,3d,f,2n

5

b,3d,n

4

2n,r,t

4

2n,r,t

/o/

15 [o] 7 M

8 5

3b,2d ,m,2t 2b,g,m,p

6

f,41,r

4

f,21,r

/u/ U! tyl

4b,4d,5m,2t 2b,f,g,2m,p t

-

4

2f,2n

4

2f,2n

6

2

2m

2

2m

5

5m

4

4m

1

k,l,m,2p,v b

1

0 5 1

k,l,m,p,v b

Tabelle 5.3.12-3: Übersicht über Folgekonsonanten und Daten zu E-Pos Die Verteilung der intervokalischen Konsonanten auf die beiden Vokalgruppen ist insgesamt relativ gleichmäßig, jedoch in Bezug auf die Daten, die für die Analyse der Position einzelner Energiemaxima im Vokal genutzt werden konnten, sehr heterogen. Hier scheint die Ursache für die große Varianz in den Ergebnissen zum Merkmal Ε-Pos zu liegen (die zu diesem Merkmal zugelassenen Daten weisen für Kand-sanft ein Übergewicht von stimmhaften Plosiven, für Kand-scharf eines von Nasalen auf).

5.3.12.2.2 Formantdifferenz und Dauern Die Durchschnittswerte zeigen, daß die Daueroppositionen insbesondere im Vergleich mit anderen Dialekten vergleichsweise schwach ausgeprägt sind. Die Unterschiede in der Formantdifferenz erweisen sich jedoch als überdurchschnittlich hoch. Vokal

8

Kand-sanft F-Diff Dauer 161.75 402.25 (34.38) (63.02) 132 1432.5 (34.20) (178.59)

/e/-2 [ε:] - [ε]

7

1269.29 (75.54)

132.86 (49.23)

/i/

7

/ο/-1 [o:] - [3]

15

1555.86 (63.84) 419.53 (119.03)

136.43 (49.77) 141.73 (42.24)

-

Bel.

/a/

4

/e/-l [e:] - [ε]

Dauer 92.58 (15.55) 112.57 (22.67)

-100.5

69.17

7

Kand-scharf F-Diff 502.75 (143.80) 938.57 (316.69)

493.93

19.43

7

938.57 (316.69)

112.57 (22.67)

330.71

20.29

1309.25 (57.33) 493 (82.23)

78.75 (20.97) 94 (17.75)

246.61

57.68

-73.47

47.73

Bei. 12

4 6

Differenz F-Diff Dauer

138 Vokal -

loi-2 [a:] - M lui

Kand-sanft F-Diff Dauer 336 147.71 (53.31) (26.82)

Bei. 7

692 (-) 908 (137.04) 1244

105 (-) 147.17 (29.40) 85

(-)

(-)

1

lai

6

/y/

1

Mittel signif.

-

-

-

-

-

Bei. 6

Kand-scharf F-Diff Dauer 94 493 (82.23) (17.75) 626 (65.08) 821.5 (12.02) 930 (58.91)

66 (13.59) 49 (12.73) 57 (17.03)

-

-

-

-

-

-

4 2 5

Differenz F-Diff Dauer -157

53.71

66

39

86.5

98.17

314

28

207.64 η

48.13 si

Tabelle 5.3.12-4: Durchschnittswerte zu Frehne - Formantdifferenz und Dauern

Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis Frehne

Ν

X C

£ 7

1800 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 0

-/a/ -/ e /

.

C

-Iii -/o/ •lui •lei

¿r

-/y/

50

100

150

200

Dauer in ms

Abbildung 5.3.12-1: Durchschnittswerte Frehne Besonders groß sind die qualitativen Unterschiede zwischen den Varianten eines Vokales bei den vorderen Vokalen lei, lyl und Iii. Die Dauerunterschiede sind durchgängig (Ausnahme: /0Í) schwach bis durchschnittlich. Der Gesamtdurchschnittswert liegt signifikant unter dem des Nonsense-Korpus. Die Meßergebnisse deuten darauf hin, daß der Dialekt zu den möglichen Silbenschnittdialekten zu zählen ist. Unterschiede in qualitativer (Formantdifferenz) Hinsicht sind sehr stark ausgeprägt, während Dauerunterschiede als gering zu bezeichnen sind.

139 5.3.13 Plausen - Kreis Rössel / Ostpreußen

5.3.13.1 Aufnahmedaten Archiv-Nr. -

1/509

Sprecher männl.

Aufnahme Aufnahmetag 19.08.1955

Mundart Aufnahmedauer 5 Min. 10 Sek.

-

Niederpreußisch

Tabelle 5.3.13-1: Aufnahmedaten zu Plausen Die Tonbandaufzeichnung des Dialektes von Plausen weist schwache qualitative und quantitative Differenzen bei den Vokalen auf, die als Hilfe bei der Einteilung der Daten in Kandidaten für sanften bzw. scharfen Schnitt Verwendimg finden. Lange (i.d.R. gespannte) Vokale gehören der Gruppe der Kand-sanft, kurze (ungespannte) Vokale der Gruppe der Kand-scharf an. In seiner Monographie stellt Riemann (1961) kein phonetisch-phonologisches Vokalsystem des Dialektes vor. Aus den Daten der hier vorgestellten Untersuchung und aus den Transkripten in Riemann (1961) läßt sich jedoch folgendes phonetisches Vokalinventar für den Dialekt Plausens ableiten (hier nur die Monophthonge): Kurzvokale: [a ε ι D υ œ y a] Langvokale: [ a e e i o D u a œ y ] Die ungespannten Vokale [ε], [D] und [Œ] sind sowohl in kurzer als auch in langer Variante in den Transkripten vermerkt. Nicht alle phonetischen Vokalvarianten sind in den hier zugrundegelegten Daten belegt. Selten kommen auch gespannte, kurze Varianten vor, z.B. kurzes [y] in ['ytjaleiErt], ausgeleert (S. 12, Z. 5) sowie (unbetontes) kurzes [i] in [di'rekt], direkt (S. 18, Z. 5, Zeichensatz jeweils von mir geändert). Bei [a] sind im Transkript bei kurzer vs. langer Variante keine qualitativen Unterschiede vermerkt. Diese sind auch auditiv nicht wahrnehmbar. Zu Plausen wurden insgesamt 109 Datensätze ausgewertet.

5.3.13.2 Analyseergebnisse

5.3.13.2.1 Energie werte Die Differenzwerte von Kand-sanft und Kand-scharf (vgl. Tabelle 5.3.13-2) zeigen relativ eindeutig, daß der Dialekt von Plausen nicht zu den Silbenschnittdialekten zu zählen ist. Zwar weisen die Ergebnisse fur die einzelnen Vokale bei dem primären Energiekorrelat EHalt keine negativen Werte auf, jedoch ist die Gesamtdifferenz im Vergleich mit anderen Dialekten in einem unterdurchschnittlichen Bereich. Die Ergebnisse zu Ε-Zahl variieren stark von Vokal zu Vokal und lassen kaum eine eindeutige Richtung erkennen. Der Unterschied zu den Ergebnissen des Afo/uewse-Korpus ist in diesem Merkmal statistisch sehr signifikant. Lediglich zu Ε-Pos läßt sich sagen, daß hier eine Tendenz zu Silbenschnittmerkmalen festzustellen ist.

140 Vokal

Kand-sanft E-Zahl E-Halt

-

Bei.

/a/

0

-

22

/e/-2 [ε:]-[ε]

1

/i/

14

/o/-l [o:]-[3]

2

/e/-l [e:]-[£]

/ o / -2 M-M

6

/u/

2

gesamt

47

signif.

-

11

Kand-scharf E-Zahl E-Halt 2.62 1.31 (0.65) (0.63) 1.09 2 (0.54) (0.77)

E-Pos 2.8 (1.14) 4.75 (1.75)

11

1.09 (0.54)

2 (0.77)

4.75 (1.75)

13

0.89 (0.33) 1.08 (0.28)

1.89 (0.78) 2.08 (0.49)

3.63 (1.19) 4.17 (1.95)

13

1.08 (0.28)

2.08 (0.49)

4.17 (1.95)

0.67 (0.58) 1.01 (0.24)

1 (0) 1.92 (0.59)

3 (0) 3.67 (0.81)

E-Pos

Bei.

-

-

13

1.32 (0.57)

2.27 (0.55)

4.75 (1.88)

1 (-)

2 (-)

7 (-)

0.93 (0.83) 1 (0)

1.93 (0.83) 2.5 (0.71)

4.5 (2.07) 4 (1.41)

1.67 (0.52)

2.33 (0.52)

6.5 (0.71)

0.5 (0.71) 1.07 (0.39)

1.5 (0.71) 2.09 (0.36)

(") 4.96 (1.52)

3

-

9

3 49

E-Zahl

-

Differenz E-Halt

E-Pos

-

-

-

0.23

0.27

0

-0.09

0

2.25

0.04

0.04

0.87

-0.08

0.42

-0.17

0.59

0.25

2.37

-0.17

0.5

0

0.06

0.17

1.29

ssi

η

η

Tabelle 5.3.13-2: Ergebnisse Messungen zur Energie für Plausen Vokal -

/a/

Bei. 0

Kand-sanft gesamt Bei. Folgekons. 0 -

E-Pos Folgekons. -

1 [ε]

b,d,3j,2m,4n,2 r,3t,5v,z r

/{)

14

l,6n,t,6v

8

l,2n,5v

/o/

2 [o] 6 [3]

μ

l,n,3r,t

2 2

μ

/u/

2

k,r

1

/e/

22 [e]

16

b,3j,2m,3n,3t,4v

1

r

2r k

Bei. 13

Kand-scharf gesamt Folgekons. Bei. 2d,2m,8η,ν 10

11

2b,l,3n,i),p,s,2v

8

9

m,2n,2i),J,2t,x

8

13

3d,3Y,k,3m,3n

12

3

i),p,s

2

E-Pos Folgekons. 2d,2m,5η,ν 2ό,2η,η,ρ,2ν π\,η,2η,/,21,χ 3d,2y,k,3m,3n ρ,s

Tabelle 5.3.13-3: Übersicht über Folgekonsonanten und Daten zu E-Pos Obige Tabelle zeigt eine relativ gleichmäßige Verteilung der intervokalischen Konsonanten auf die beiden differenzierten Voaklgruppen.

5.3.13.2.2 Formantdifferenz und Dauern Wie nachstehender Darstellung der Durchschnittswerte zu entnehmen ist, bewegen sich Punktpaare zu den einzelnen Vokalen kaum entlang der Achsen. Das lei zeigt dabei noch die stärkste Bewegung entlang der x-Achse (Dauern-Achse), was grundsätzlich für eine relativ hohe quantitative Differenzierung der Varianten eines Vokales spricht, während das Iii die stärkste qualitative Differenzierung zu offenbaren scheint (starke Bewegung entlang der y-Achse).

141

Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis Plausen 2000

0 -I 0

50

100

150

200

Dauer in ms

Abbildung 5.3.13-1: Durchschnittswerte Plausen Folgende Tabelle gibt die Durchschnittswerte fiir die unterschiedlichen Vokale an. Das Mittel der Differenzwerte ist nur gering, bei lei (in dem Paar [ε:]-[ε]) und Iii fiir die Formantdifferenzen am höchsten. Das /e/ weist zudem die stärksten Dauerkontraste aller Vokale auf. Vokal

Dauer 102.46 (17.08) 79.82 (25.57)

-

-

11

Kand-scharf F-Diff 769.85 (90.11) 1258.73 (210.77)

257.41

33.59

11

1258.73 (210.77)

79.82 (25.57)

-100.73

-12.82

56.33 (12.47) 115.38 (24.24)

140.45

10.24

13

1584.33 (290.56) 582.62 (80.91)

40.38

-9.88

129.5 (17.86)

13

582.62 (80.91)

115.38 (24.24)

97.22

14.12

838.5 (109.60)

83 (16.97)

3

818 (109.99)

62 (16.52)

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

Bel.

/a/

0

Kand-sanft F-Diff

Dauer

Bel.

-

-

13

22

1516.14 (104.04)

113.41 (29.02)

/e/-2 [ε:] - [ε]

1

1158 (-)

67 (-)

/i/

14

1724.79 (239.69) 623 (-)

66.57 (26.69) 105.5 (28.99)

6

679.83 (130.35)

2

/e/-l [e:] - [ε]

/ o / -1 [o:] - M / o / -2 Μ - bl /u/ Mittel signif.

2

9

Differenz F-Diff Dauer

20.5

21

109.45 si

16.94 hsi

Tabelle 5.3.13-4: Durchschnittswerte zu Plausen - Formantdifferenz und Dauern Im Vergleich mit anderen Dialekten sind sowohl Formantdifferenz- als auch Dauermittelwerte nur unterdurchschnittlich stark ausgeprägt. Verglichen mit dem standarddeutschen

142 iVonsewse-Korpus sind die ermittelten Ergebnisse signifikant bzw. sogar höchst signifikant niedriger. Gemeinsam mit München weist Plausen von allen untersuchten Dialekten die geringste Dauerndifferenzierung auf. Dabei gilt es aber zu berücksichtigen, daß keine Ergebnisse für den Vokal /a/ in die Berechnung der Mittelwerte aufgenommen werden konnten, da keine Kandidaten für sanften Schnitt bei /a/ in den Daten belegt sind. Da /a/ im Vergleich mit anderen Vokalen stets relativ große Dauerndifferenzen aufweist, ist hier ein leicht höherer Gesamtdurchschnittswert anzunehmen als der, der tatsächlich berechnet wurde. Da weder Energie- noch Dauern- oder Formantmessungen deutlich kontrastierende Ergebnisse zu Tage gefördert haben, scheinen weitere Merkmale für die Differenzierung der Vokalvarianten in einem Paar mitverantwortlich zu sein. U.U. könnte wie im Mittelbairischen (vgl. Bannert 1976) eine konsonantische Quantität hier ein Rolle spielen. Demnach sollte bei Kand-scharf die Dauer der Konsonanten in dem Maße zunehmen, wie die Dauer der Vokale abnimmt. Eine solche kombinatorische Verteilung findet sich z.B. im Münchener Stadtdialekt. Die Ergebnisse zu der konsonantischen Dauer fußen auf den Meßergebnissen zu den Konsonanten / b d k l m n t v/. Nur diese sind sowohl bei Kand-sanft als auch bei Kandscharf belegt (Der Differenzwert errechnet sich aus der Formel [(Kand-sanft) - (Kandscharf) = Differenz]). Kons. -

Bei.

/b/

1

/d/

1

/k/

1

/l/

3

/m/

2

/n/

11

/t/

5

/v/

11

gesamt signif.

-

Kand-sanft Vok. Kons. Dauer Dauer 89 42 (-) (-) 95 27 (-) (-) 71 60 (-) (-) 103.33 28 (63.13) (-) 93 53.5 (16.97) (6.36) 66 52 (25.21) (23.39) 104.2 59.25 (22.97) (12.26) 100.91 46.63 (22.49) (13.38) 90.31 46.05 -

-

Summe

Bei.

131

2

122

5

131

1

131.33

1

146.5

6

118

8

163.45

2

147.54

3

136.36

-

-

-

Kand-scharf Vok. Kons. Dauer Dauer 73 47 (31.11) (-) 44.8 89.8 (15.14) (13.31) 109 63 (-) (-) 116 53 (-) (-) 94.33 69 (25.21) (29.61) 80 39 (35.25) (13.88) 47 67.5 (14.14) (7.78) 92.67 48.67 (4.51) (26.08) 87.72 53.99 -

-

Summe

Differenz Kons. Summe Dauer

120

-5

11

134.6

-17.8

-12.6

172

-3

-41

169

-25

-37.67

163.33

-15.5

-16.83

119

13

-1

114.5

-8.25

48.95

141.33

-2.03

6.21

141.72

-7.94 si

-5.36 hsi

-

Tabelle 5.3.13-5: Vergleich vokalischer und konsonantischer Dauer im Dialekt von Plausen Die Ergebnisse sind in zweierlei Hinsicht recht interessant: Zum einen ist festzustellen, daß bei Kandidaten für scharfen Schnitt die Dauer der intervokalischen Konsonanten im Gesamtdurchschnitt länger ist als bei Kandidaten für sanften Schnitt. Dies ist eine deutlich andere Verteilung, als sie für die Standardsprache nachgewiesen werden konnte (vgl. Kap. 4.2.2), und entspricht, wenn auch in abgeschwächtem Maße, dem Bild, daß die mittelbairi-

143 sehen Dialekte geben. Noch interessanter ist jedoch, daß auch die Dauer der Sequenz [betonter Vokal + interv. Konsonant] bei scharfem Schnitt länger ist als bei sanftem. Der Unterschied zum Nonsense-Korpus ist in dieser Eigenschaft des Dialektes höchst signifikant. Die Dauer der Konsonanten hat einen besonderen Einfluß auf die Dauer der Gesamtsequenz, da diese bei scharf geschnittenen und im Vergleich zu sanft geschnittenen Vokalen geringfügig gekürzten Vokalen aufgrund der längeren Konsonanten zunimmt. Eine kombinatorische Dauer wie im Mittelbairischen scheint nach den vorgestellten Ergebnissen nicht unwahrscheinlich. Aus der Biographie des Probanden, die in der Monographie von Riemann (1961) kurz skizziert wird, geht nicht hervor, daß eine individuelle Entwicklung (z.B. ein längerer Aufenthalt in einem Dialektgebiet, das eine kombinatorische Verteilung von Vokal- und Konsonantenlänge aufweist und beeinflussend auf den Dialekt des Probanden hätte wirken können) die Ergebnisse zu den konsonantischen Dauern, die doch sehr überraschend sind, beeinflußt hätte. Lehnt man die Annahme einer zufalligen Verteilung ab (man könnte vielleicht als Begründung hierfür anführen, daß der Proband grundsätzlich kaum Dauerunterschiede produziert und die größeren Dauer des intervokalischen Konsonanten und der Gesamtsequenz [betonter Vokal + interv. Konsonant] bei Kandidaten für scharfen Schnitt zufällig entstanden sind), so müßte man das Dialektgebiet, in dem konsonantische Quantität zu finden ist, vom bairischen Raum auf einen niederdeutschen (Niederpreußisch) ausweiten. Hier sind jedoch sicherlich noch weitere Untersuchungen nötig, um die aufgestellte Vermutung zu bestätigen bzw. zu verwerfen. Die Meßergebnisse zeigen, daß der Dialekt kein Silbenschnittdialekt ist. Unterschiede in qualitativer und quantitativer Hinsicht sind ebenfalls sehr gering. Konsonantische Quantität scheint hingegen eine gewisse Rolle bei der Unterscheidung von Vokalen innerhalb eines Variantenpaares zu spielen.

5.3.14 Gleuel - Kreis Köln

5.3.14.1 Aufnahmedaten Archiv-Nr. -

1/4473

Sprecher weibl.

Aufnahme Aufnahme tag 02.10.1958

Mundart Aufnahmedauer 11 Min. 5 Sek.

-

Mittelfränkisch

Tabelle 5.3.14-1: Aufnahmedaten zu Gleuel Die Einteilung der Vokale in die Gruppen Kand-sanft und Kand-scharf erfolgt im Dialekt von Gleuel über qualitative und quantitative Merkmale. Diese sind auditiv gut zu differenzieren. Gespannte (lange) Vokale werden demnach der ersten, ungespannte (kurze) Vokale der zweiten Gruppen zugeordnet. Ungespannte lange [ε:] und [o:] werden den Kandidaten für sanften Schnitt zugeschlagen. Als weitere Hilfe bei der Einteilung der Daten wurde auf die Transkriptionen von Georg Heike (1970a) zurückgegriffen. Georg Heike beschreibt ein Phoneminventar des Dialektes von Gleuel wie folgt: Die Vokalphoneme (hier nur die Monophthonge - bei ihm werden die Vokalphoneme als „vorwiegend syllabische Phoneme" bezeichnet) umfassen die Laute /i e

144 ε y 0 œ a u o o/. Alle Monophthonge tauchen in einer kurzen und einer langen Variante auf. Das vokalische Phonemsystem der Monophthonge sieht nach Heike wie folgt aus: Kurzvokale: / a e e i o o u y e œ / Langvokale: / a £ e i o o u y 0 œ / Das in dieser Arbeit belegte vokalische Material ist diesem System gegenüber vereinfacht. Eine Unterscheidung zwischen Vokalvarianten lediglich in der Dauer bei gleicher qualitativer Ausrichtung findet sich in den untersuchten Daten nur bei [ε] und [o]. Heike beschreibt auch Prosodeme, darunter das von ihm als Schärfung bezeichnete Phänomen, das sich auditiv wie folgt bestimmen läßt: abfallender Verlauf der Stimmtonhöhe und der Lautstärke sowie Verkürzung der Quantität „lang" auf „halblang". Diese prosodische Erscheinung, in der Literatur auch als Rheinischer Akzent oder Rheinische Schärfung bezeichnet, zeigt insbesondere in Bezug auf den Abfall der Lautstärke bei geschärftem Akzent, wie Heike ihn beschreibt, interessante Übereinstimmungen auf phonetischer Seite mit dem scharfen Silbenschnitt. Beeinflussungen der Silbenschnittmerkmale durch Merkmale des Rheinischen Akzentes sind daher nicht auszuschließen. Bei der Auswahl der hier verwendeten Daten wurde der Faktor „Schärfung" dennoch vernachlässigt, d.h. unter den Kandidaten für sanften Schnitt sind sowohl geschärfte als auch nicht-geschärfte Langvokale zu finden. Das genaue Verhältnis von Silbenschnitt und Rheinischem Akzent auf phonetischer Basis zu untersuchen, wäre sicherlich eine lohnende und spannende Aufgabe, die leider im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht zu leisten ist. Das Datenkorpus umfaßte insgesamt aufgezeichnete und ausgewertete 106 Datensätze.

5.3.14.2 Analyseergebnisse

5.3.14.2.1 Energiewerte Die Meßergebnisse zu den Energieverläufen auf den betrachteten Vokalen zeigen nur sehr schwache Anzeichen für eine Silbenschnittopposition. Für eine Wertung des Dialektes als Silbenschnittdialekt spricht, daß die Gesamtdurchschnittswerte der Energiemessungen durchgängig in einem positiven Bereich liegen. Nur wenige Ergebnisse der einzelnen Vokale sind negativ, die Werte für das primäre Energiekorrelat Ε-Halt variieren nur geringfügig (mit Ausnahme von /W). Daß die Gesamtdurchschnittswerte im Vergleich zu anderen Dialekten jedoch nur schwache Kontraste in den Energiewerten bei Kand-sanft vs. Kand-scharf aufweisen, spricht nicht zwangsläufig gegen eine Wertung als möglicher Silbenschnittdialekt (von den untersuchten 32 Dialekten könnten theoretisch 25 zu den Silbendialekten gehören. Neun von diesen angenommenen 25 Silbenschnittdialekten müßten rein statistisch gesehen Meßergebnisse aufweisen, die nur durchschnittlich u.U. sogar unterdurchschnittlich sein könnten), macht aber deutlich, daß die vorhandenen Merkmale relativ schwach ausgeprägt sind.

145 Vokal -

Bei.

/a/

6

/e/-l [ε:]-[ε]

3

/e/-2 [ε:]-[ε]

1

/i/

3

/ o / -1 [o:]-[3]

Kand-sanft E-Zahl E-Halt 2 1.67 (0.82) (0.89) 1 2.33 (0.58) (0)

17

Kand-scharf E-Zahl E-Halt 2 1.13 (0.76) (0.35) 1.41 2.18 (0.51) (0.53)

E-Pos 3.31 (0.63) 4.3 (1.42)

-

17

1.41 (0.51)

2.18 (0.53)

4.3 (1.42)

1.88 (0.83) 1.78 (0.44)

4.14 (1.57) 3.75 (1.58)

E-Pos 3.33 (0.58) 5 (2)

Bei. 15

E-Zahl

Differenz E-Halt E-Pos

0.54

-

0.02

-0.41

0.15

0.7

1.59

0.82

-

1.21

0.79

-

0.53

0.58

2

3 (-)

3 (-) 2.67 (0.58) 2.36 (0.63)

-

8

14

2.33 (0.58) 1.64 (0.92)

5.75 (1.91)

9

1.13 (0.35) 1.11 (0.33)

7

1.86 (0.38)

2.14 (0.69)

6 (-)

9

1.11 (0.33)

1.78 (0.44)

3.75 (1.58)

0.75

0.36

2.25

1.75 (0.96) 1.67 (1.15)

2.5 (0.58) 2 (1)

3.5 (2.12) 4 (1.41)

1 (0) 0.5 (0.71) 1 (-) 1.04 (0.27)

2.3 (0.67) 2.5 (0.71) 2 (-) 2.09 (0.25)

4.8 (2.20) 5

0.75

0.2

-1.3

1.17

-0.5

-1

-

-

-

0.83

0.28

0.55

η

η

η

/ o / -2 M-M /u/

4

/o/

3

/y/

0

-

-

gesamt

41

1.87 (0.58)

2.38 (0.34)

signif.

-

10 2 1

-

4.59 (1.15)

62 -

(") 3 (") 4.04 (0.74)

-

Tabelle 5.3.14-2: Ergebnisse Messungen zur Energie für Gleuel Vokal -

/a/

Bei. 6

Kand-sanft gesamt E-Pos Folgekons. Bei. Folgekons. d,2 Y ,3t 3 d,y,t

3 [e] 1 [ε] 3

d.j>n j

3 0

b,s,v

0

14 [o] 7 W

b,6d,j,r,5s 2d,r,2t,2v

8 1

/ ll/ !s>I

4

2d,m,s

2

3

n,2s

2

h>

0

-

0

/e/ /i/ /o/

d,j,n

Bei. 15

Kand-scharf gesamt Folgekons. Bei. 4f,k,21,m,i),2r,s,3t 13

E-Pos Folgekons. 4f,k,21,m,i),r,s,2t

17

] / o / -2 M

- M

4 7

5

Differenz F-Diff Dauer

-

-

64.58 si

72.38 η

Tabelle 5.3.28-4: Durchschnittswerte zu Neuenburg - Formantdifferenz und Dauern Ganz besonders auffällig ist, daß Iii praktisch keine qualitativen Unterschiede bei den Kandidaten für die beiden Silbenschnittarten aufweist. Gleiches gilt im übrigen auch für loi, genauer gesagt fur das Paar [o:] - [o]. Das lange, ungespannte [d:] hingegen ist von diesen offenbar qualitativ völlig unterschieden. Die kurze Variante des loi konnte nach diesem Befund evtl. als gespannt angenommen werden.

194

Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis Neuenburg 2000 1500

Ν

Ζ ξ

1000 -d-/u/

iL· 500 0

50

0

100

150

Dauer In ms

200

250

Abbildung 5.3.28-1: Durchschnittswerte Neuenburg Die obige Abbildung macht deutlich, daß qualitative Unterscheidungen kaum gemacht werden. „Bewegungen" erfolgen lediglich entlang der x-Achse (Dauern-Achse). Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß im Dialekt von Neuenburg Vokale in erster Linie über die Dauer unterschieden werden. Qualitative Differenzierungen sind relativ gering (insbesondere bei /if), ein Silbenschnittkontrast ist auf der Basis der akustischphonetischen Messungen nicht festzustellen.

5.3.29 Asch - Westsudetenland 5.3.29.1 Aufnahmedaten Archiv-Nr. -

1/1250

Sprecher männl.

Aufnahme Aufnahme tag 04.05.1956

Mundart Aufnahmedauer 11 Min.

-

Nordbairisch - Sudetendeutsch

Tabelle 5.3.29-1: Aufhahmedaten zu Asch Die Einteilung der Daten in Kandidaten für sanften Silbenschnitt (Kand-sanft) auf der einen und Kandidaten für scharfen Silbenschnitt (Kand-scharf) auf der anderen Seite erfolgt in erster Linie aufgrund auditiv wahrnehmbarer qualitativer und quantitativer Unterschiede. Gespannte (lange) Vokale werden demnach der erster Gruppe, ungespannte (kurze) Vokale der zweiten Gruppe zugeschlagen. Auftretendes [D:] (ungespannt, lang) ist Kandidat für sanften Schnitt. Eine Hilfestellung bei der dateneinteilung bildete auch die Transkription der Aufnahme, die als Band 27 in der Lautbibliothek der deutschen Mundarten veröffentlicht worden ist.

195 Gütter (1962: 13) weist für Asch ein Vokalsystem nach, das erheblich umfangreicher ist, als es die Analysen dieser Arbeit auszusagen scheinen. Er unterscheidet folgende Monophthonge (Zeichensatz von mir geändert): Kurzvokale:

[aaáe£Íioouu0Yyae]

Langvokale:

[aaâeeiioouu]

Die qualitativen Unterschiede zwischen kurzen Varianten sind i.d.R. sehr gering und bei langen Varianten in den 106 in diese Arbeit aufgenommenen Datensätzen nur bei loi (als [o:] und [o:]) deutlich. Aus diesem Grunde ist die Auswahl der Vokale, die aufgrund der zufälligen Auswahl der Datensätze nicht vollständig sein muß, nicht mit dem von Gütter vorgestellten Vokalinventar identisch.

5.3.29.2 Analyseergebnisse

5.3.29.2.1 Energiewerte Die Differenzwerte von Kand-sanft und Kand-scharf eines Vokales in Bezug auf die Energieverläufe zeigen, daß Asch Merkmale einer Silbeschnittsprache trägt. Vokal

6

Kand-sanft E-Zahl E-Halt 2 2.5 (0.71) (0) 1.5 2 (0.63) (0.84) 1 1.7 (0.67) (0) 1.33 2.5 (0.52) (0.55)

3.25 (0.5) 5.2 (1.47) 4.25 (2.5)

25

6

1.5 (0.55)

2.17 (0.75)

4.33 (3.21)

25

0

-

-

-

6

gesamt

30

1.47 (0.36)

2.17 (0.34)

4.26 (0.79)

69

signif.

-

-

-

-

-

-

Bei.

/a/

2

/e/

6

/i/

10

/ o / -1 [o:]-W /o/-2 t>:]-M /u/

E-Pos

Bei.

-

9 17 12

Kand-scharf E-Zahl E-Halt 1.11 1.89 (0.33) (0.60) 1.06 1.71 (0.24) (0.47) 0.83 1.58 (0.39) (0.51) 1 1.68 (0.56) (0)

E-Pos 3.63 (1.41) 3.06 (1.95) 3.3 (2.06) 3.87 (2 32)

1 (0)

1.68 (0.56)

3.87 (2.32)

1 (0) 1 (0.11)

2.17 (0.75) 1.81 (0.23)

3.5 (2.17) 3.47 (0.31)

-

-

E-Zahl

Differenz E-Halt

E-Pos

0.89

0.61

-

0.44

0.29

0.19

0.17

0.12

1.9

0.33

0.82

0.38

0.5

0.49

0.46

-

-

-

0.47

0.37

0.79

η

η

η

Tabelle 5.3.29-2: Ergebnisse Messungen zur Energie für Asch Die Ergebnisse zu den Energieverläufen sind erstaunlich einheitlich, wenn auch, wie nicht anders zu erwarten, wenn man die Ergebnisse der Untersuchung zum Standarddeutschen berücksichtigt, bei den nicht-hohen Vokalen am deutlichsten. Alle Differenzwerte liegen im positiven Bereich, wenn auch im Vergleich zu anderen Dialekten eher bei einem mittleren Niveau. Dies gilt insbesondere für das Merkmal Ε-Halt, das als das stabilste Korrelat des Silbenschnittes nach den Ergebnissen der Untersuchung zum Standarddeutschen angesehen werden darf.

196 Vokal

Kand-sanft gesamt Folgekons. Bei. 0 2v

-

E-Pos Folgekons.

Kand-scharf gesamt Folgekons. Bei. 8 2f,k,5m,s

/a/ /e/

6

2m,n,3r

4

2m,n,r

17

5k,7m,n,2s,2t

16

5k,6m,n,2s,2t

Ii!

10

4d,n,s,v,3z

10

4d,n,s,v,3z

12

2k,l,2m,4n,s,2t

10

k,l,2m,3n,s,2t

/o/

6[o]

d,f,s,3v 2d,r,3s

4 3

d,f,2v

25

f,2k,21,8m,n,2ng,3 s,4t,2x

23

f,2k,l,8m,n,2ng, 2s,4t,2x

-

0

6

2m,2n,ng,t

6

2m,2n,ng,t

6 b] 0

IM!

-

d,r,s -

Bei. 9

E-Pos Folgekons. 2f,k,4m,s

Bei. 2

-

Tabelle 5.3.29-3: Übersicht über Folgekonsonanten und Daten zu E-Pos Die Verteilung der intervokalischen Konsonanten auf die beiden differenzierten Vokalgruppen ist in Bezug auf stimmlose Plosive, die ausschließlich in Verbindung mit scharf geschnittenen Vokalen belegt sind, sehr heterogen. Außerdem gilt für stimmhafte Obstruenten, daß diese nur nach sanft geschnittenen Vokalen auftreten.

5.3.29.2.2 Formantdifferenz und Dauern Im Dialekt von Asch lassen sich nur schwache Variationen in Bezug auf qualitative bzw. quantitative Unterscheidungen von Varianten eines Vokales finden. Dies zeigen die durchschnittlichen Meßergebnisse fur Formantdifferenzen und Dauern recht deutlich. Die Mittel der Differenzwerte sind im Vergleich mit anderen untersuchten Dialekten auf durchschnittlichem bis niedrigem Niveau.

6

Kand-sanft F-Diff Dauer 405.5 135.5 (12.02) (3.54) 1774.5 84.67 (274.09) (51.24) 2161.1 77.7 (261.32) (27.73) 553.33 88.83 (177.08) (24.99)

6

478 (83.44)

110.83 (23.11)

25

441.04 (99.26)

67 (10.86)

0

-

-

6

665.83 (110.30)

56 (7.97)

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

Vokal -

Bei.

/a/

2

/e/

6

/i/

10

/ o / -1 [o:] - Μ /o/-2 [=>:] - [3] /u/ Mittel signif.

25

Kand-scharf F-Diff 574.89 (128.32) 1626 (277.62) 2004 (250.73) 441.04 (99.26)

Dauer 71.44 (21.02) 69.88 (13.72) 51.25 (10.71) 67 (10.86)

Bei. 9 17 12

Differenz F-Diff Dauer -169.39

64.06

148.5

14.78

157.1

26.45

112.29

21.83

36.96

43.83

-

-

124.85 si

34.19 ssi

Tabelle 5.3.29-4: Durchschnittswerte zu Asch - Formantdifferenz und Dauern Die Ergebnisse für die Differenz des 1. und 2. Formanten sind im Vergleich mit anderen Dialektorten durchschnittlich, die Dauerndifferenz sogar eher unterdurchschnittlich. Dennoch sind qualitative und quantitative Differenzen bei Varianten eines Vokales zu konstatieren.

197

Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis Asch

2500 -/a/

2000

-/e

Ν

Χ

1500

C

i

/

-/i/

-/o/

1000

-/u /

500 0 100

50

150

200

Dauer in ms

Abbildung 5.3.29-1: Durchschnittswerte Asch Varianten eines Vokales scheinen sich im Dialekt von Asch nach den Merkmalen Silbenschnitt, Qualität und auch Quantität zu unterscheiden. Im Vergleich zu anderen Dialekten sind die Unterschiede jedoch nur sehr gering. Aus diesem Grund ist u.U. ein weiteres Merkmal für die Differenzierung der Vokalvarianten mitverantwortlich. Die unmittelbare geographische Nachbarschaft des Nordbairischen zum Mittelbairischen, in dem konsonantische Länge angenommen wird (vgl. Bannert 1976), macht auch für die nordbairischen Dialekte das Merkmal konsonantische Quantität zu einem interessanten Untersuchungsobjekt. Folgende Tabelle enthält die Meßergebnisse (zur Dauer in ms der Vokale und der Konsonanten in der Sequenz [betonter Vokal + interv. Konsonant] - Differenzwerte errechnen sich aus der jeweiligen Dauer bei Kand-scharf subtrahiert von der Dauer bei Kandsanft). Kons. -

Bei.

/f/

1

/s/

5

/m/

2

/n/

2

gesamt signif.

-

Kand-sanft Vok. Kons. Dauer Dauer 124 74 (-) (-) 113.4 86.8 (27.28) (16.39) 51.5 51.5 (5.54) (4.95) 76 28.5 (21.21) (2.12) 60.2 91.23 -

-

Summe

Bei.

198

3

200.2

7

103

24

104.5

8

151.43

-

-

-

Kand-scharf Vok. Kons. Dauer Dauer 79.33 83 (17.67) (8) 71.57 101.86 (11.08) (11.62) 65.71 52.78 (15.18) (9.36) 53.5 47.5 (10.43) (5.47) 67.53 71.29 -

-

Summe

Differenz Kons. Summe Dauer

162.33

-9

35.67

173.43

-15.06

26.77

118.49

-1.28

-15.49

101

-19

3.5

138.82

-11.09 η

12.61 ssi

-

Tabelle 5.3.29-5: Vergleich vokalischer und konsonantischer Dauer im Dialekt von Asch

198 Es zeigt sich tatsächlich, daß in den Fällen, in denen ein Konsonant intervokalisch nach Kandidaten für sanften Schnitt und scharfen Schnitt in den Daten nachzuweisen ist (dies ist nur selten der Fall, da insb. stimmhafte Obstruenten nach Kandidaten für scharfen Schnitt nicht belegt sind), der Konsonant im letzteren Fall länger ist. Die Gesamtdauer der Sequenz [betonter Vokal + interv. Konsonant] nimmt gleichzeitig ab, so daß eine „Längung" des Konsonanten sich noch stärker auf dessen Bedeutung in der Gesamtsequenz auswirkt. Die größere Dauer des Konsonanten ist jedoch weniger stark als in mittelbairischen Dialekten (vgl. Ergebnisse zu München). Konsonantische Quantitätenunterschiede scheinen also die durch Silbenschnitt, (vokalische) Quantität und Qualität nur in relativ geringem Maße ausgedrückte Differenzierung von Varianten eines Vokales zu verstärken. Die Meßergebnisse zeigen also zusammengefaßt, daß der Dialekt offenbar einen schwachen Silbenschnittkontrast aufweist. Unterschiede in qualitativer und quantitativer Hinsicht sind ebenfalls in geringer Intensität nachweisbar. Konsonantische Quantität scheint, ähnlich wie im angrenzenden mittelbairischen Dialektraum, vorhanden zu sein.

5.3.30 Lauterbach / Kaiserwald

5.3.30.1

Aufnahmedaten

Archiv-Nr. -

1/850

Sprecher männl.

Aufnahme Aufnahme tag 17.11.1955

Mundart Aufnahmedauer 7 Min.

-

Nordbairisch - Sudetendeutsch

Tabelle 5.3.30-1: Aufnahmedaten zu Lauterbach Die Einteilung der Daten in Kandidaten für sanften bzw. scharfen Silbenschnitt erfolgt über qualitative und quantitative Merkmale. Belege mit gespannten (langen) Vokalen sind in diesem Sinne Kand-sanft, Belege mit ungespannten (kurzen) Vokalen Kand-scharf. Gütter (1963: 10) geht in seiner phonetischen Umschrift von einem sehr komplexen Vokalsystem aus, das im großen und ganzen dem vom Asch (s.o.) entspricht. Das in der vorliegenden Untersuchung zugrundegelegte System der Monophthonge ist vereinfacht, z.T. auch aus dem Grunde, weil einzelne Vokale aufgrund der zufälligen Auswahl der Daten nicht belegt sind (s. auch oben zu Asch in Kap. 5.3.29.2). Insgesamt wurden 107 Datensätze analysiert.

5.3.30.2

5.3.30.2.1

Analyseergebnisse

Energiewerte

Die Differenzwerte der Kandidaten für sanften bzw. scharfen Silbenschnitt eines Vokales in Bezug auf die Energieverläufe zeigen, daß Lauterbach nur sehr schwache Merkmale einer Silbeschnittsprache aufweist.

199 Vokal -

Bei.

/a/

0

Kand-sanft E-Zahl E-Halt

E-Pos

Bei. 11

-

-

-

1.3 (0.48) 1.2 (0.45) 1.5 (0.58)

2.2 (0.63) 2.2 (0.45) 2.5 (0.58)

5.43 (2.07) 5.25 (2.06) 2.5 (0.71)

/e/

10

/i /

5

/o/

4

/u/

0

-

-

-

13

gesamt

19

1.33 (0.15)

2.3 (0.17)

4.39 (1-64)

68

signif.

-

-

-

-

-

Kand-scharf E-Zahl E-Halt 1 1.73 (0.65) (0) 1 2 (0) (0) 2.25 1.08 (0.62) (0.29) 1 1.90 (0.70) (0) 0.92 2.31 (0.49) (0.63) 2.04 1 (0.24) (0.06)

11 12 21

-

E-Pos 4.27 (1.49) 3.27 (1.27) 3.09 (1.14) 3.81 (1.86) 4.1 (1.97) 3.71 (0.51)

E-Zahl

Differenz E-Halt

E-Pos

-

-

-

0.3

0.2

2.16

0.12

-0.05

2.16

0.5

0.60

-1.31

-

-

-

0.33

0.26

0.69

si

η

η

-

Tabelle 5.3.30-2: Ergebnisse Messungen zur Energie für Lauterbach Das primäre Merkmal Ε-Halt hat einen vergleichsweise geringen Wert, es ist jedoch kein statistisch signifikanter Unterschied zu Nonsense-Kovpus feststellbar. Die Ergebnisse zum Merkmal Ε-Halt variieren allerdings relativ stark, so daß eine Silbenschnittopposition nicht bestätigt werden kann. Auch die anderen Merkmale Ε-Zahl und Ε-Pos geben keine positive Evidenz fur die Annahme der Existenz von Silbenschnittmerkmalen, Ε-Zahl nicht, weil der Durchschnittswert gering, Ε-Pos nicht, weil die Variation der Werte bei den einzelnen Vokalen erheblich ist. Vokal -

/a/

le/ HI

Kand-sanft gesamt Folgekons. Bei. 0 -

Kand-scharf E-Pos Folgekons. 9m,2s

10

r,3s,6x

7

r,2s,4x

11

11

4m,n,2i),3ts,x

5

2d,3v

4

2d,2v

12

k,2n,4s,2J,2t,v

11

k,2n,4s,2J,2t

21

4f,3g,3k,l,m,3n,3i),s,2t

10

9m,η

Bei. 0

E-Pos Folgekons.

Bei. 11

gesamt Folgekons. 9m,2s 4m,n,2i),3ts,x

-

-

Bei. 11

/o/

4

d,n,2v

2

d,v

21

4f,3g,3k,l,m,3n, 3i],s,2t

/u/

0

-

0

-

13

10m,2n,t

Tabelle 5.3.30-3: Übersicht über Folgekonsonanten und Daten zu E-Pos In obiger Tabelle sind die intervokalischen Konsonanten, die mit den unterschiedlichen Vokalen auftreten, eingetragen. Bei Kand-scharf treten gehäuft Nasale aber auch stimmlose Obstruenten auf, allerdings ist die Verteilung von stimmloser und stimmhafter Obstruenz weniger eindeutig als in den Daten zu Asch festgestellt.

5.3.30.2.2 Formantdifferenz und Dauern Folgende Tabelle gibt die Durchschnittswerte für die einzelnen Vokale bzgl. Formantdifferenzen und Dauern an. Die Differenzwerte zeigen, daß Unterschiede zwischen Varianten eines Vokales in Bezug auf Formantdifferenzen relativ groß, in Bezug auf Dauern jedoch nur sehr schwach ausgeprägt sind.

200 Vokal -

Bei.

/a/

0

Kand-sanft F-Diff Dauer

Bei. 11

-

-

1597.4 (125.33) 1603.2 (98.89) 415.5 (72.38)

105.8 (23.61) 76 (12.08) 96 (15.23)

Kand-scharf F-Diff 578.27 (77.29) 1217.82 (274.44) 1499.25 (102.86) 460.76 (68.12) 554.54 (83.28)

/e/

10

/i/

5

tot

4

/u/

0

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

Mittel signif.

11 12 21 13

Differenz Dauer 71.09 (9.73) 67.27 (1159) 66.25 (16.37) 68.09 (11.41) 58.38 (9.51) -

F-Diff

Dauer

-

-

379.58

38.53

103.95

9.75

-45.26

27.90

-

-

176.26 η

25.39 si

Tabelle 5.3.30-4: Durchschnittswerte zu Lauterbach - Formantdifferenz und Dauern Der Mittelwert für die Formantdifferenz liegt auch im Vergleich mit anderen Dialekten in einem sehr hohen Bereich. Der Mittelwert für die Dauer hingegen ist vergleichsweise gering und liegt deutlich (und statistisch signifikant) unter dem Wert des Nonsense-Korpus.

Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis Lauterbach

Ν

X C

t 7

1800 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 0

LI A

50

100

150

200

Dauer in ms

Abbildung 5.3.30-1: Durchschnittswerte Lauterbach Man muß berücksichtigen, daß weder für /a/ noch für Ini Differenzwerte angegeben werden konnten, da in beiden Fällen Kandidaten für sanften Silbenschnitt nicht belegt sind. Da bei diesen beiden Vokalen relativ geringe Werte für die Formantdifferenz angenommen werden dürfen, weil die ersten beiden Formanten bei /a/ und lui relativ nahe beieinander liegen (anders als bei Iii und lei, die auch regelmäßig die größten Differenzwerte aufweisen, da bei ihnen der „Spielraum" für die Lage insbesondere des 2. Formanten sehr viel größer ist), müssen die Ergebnisse relativiert werden. Allerdings ist die geographische Nähe zu den

201 thüringischen und obersächsischen Dialekten, die große qualitative Differenzierungen aufweisen (vgl. Würzen und Erfurt), ein Argument dafür, auch im Dialekt von Lauterbach starke qualitative Unterscheidungen anzunehmen. Eine kurze Bemerkung an dieser Stelle noch zu konsonantischer Quantität. Die Nähe zu Asch, das wie Lauterbach zu den nordbairischen Dialekten gezählt werden darf, legt die Vermutung nahe, daß es im Dialekt von Lauterbach wie in dem von Asch konsonantische Quantitätenunterschiede ähnlich denen im Mittelbairischen geben könnte. Es zeigt sich jedoch, daß intervokalische Konsonanten im Dialekt von Lauterbach bei Kand-sanft und Kand-scharf in etwa die gleiche Länge aufweisen (bei Kand-scharf sind Konsonanten im Durchschnitt um 2,68 ms länger, bei starker Variation abhängig vom intervokalischen Konsonanten). Anders als im Standarddeutsch geht die Dauer der Konsonanten bei Kand-scharf durchschnittlich zwar nicht zurück, sie nimmt aber auch nicht deutlich zu. Deswegen kann konsonantische Quantität im Dialekt von Lauterbach wohl ausgeschlossen werden. Die Meßergebnisse zeigen, daß der Dialekt offenbar keine Merkmale einer Silbenschnittsprache aufweist. Die Unterschiede in quantitativer Hinsicht sind gering. Hervorstechend hingegen scheinen qualitative Unterschiede zu sein.

5.3.31 München

5.3.31.1 Aufnahmedaten Archiv-Nr. -

1/2140

Sprecher männl.

Aufnahme Aufnahme tag 25.11.1956

Mundart Aufnahmedauer 10 Min. 55 Sek.

-

Mittelbairisch

Tabelle 5.3.31-1: Aufnahmedaten zu München Bei der Auswertung der Meßdaten wurden die einzelnen Vokale wie bei der Untersuchung zum Standarddeutschen in zwei Gruppen geteilt, in diejenigen, die als Kandidaten für sanften Silbenschnitt und diejenigen, die als Kandidaten für scharfen Silbenschnitt gelten können. Die Einteilung der Vokale in die Gruppen Kand-sanft vs. Kand-scharf erfolgte für München unter Berücksichtigung insbesondere der Dauern der auf die betrachteten Vokale folgenden intervokalischen Konsonanten. Kufher (1964: 10) stellt in seiner Monographie heraus, daß ebenso wie andere mittelbairische Mundarten „die Münchner Stadtmundart den kombinatorischen Zusammenhang zwischen Vokallänge und der darauf folgenden Kononanz" zeigt. Demnach folgt auf Langvokale und Diphthonge (im In- und Auslaut) kurze Leniskonsonanz, auf Kurzvokale hingegen lange Fortiskonsonanz. Langvokale sind also an folgenden Kurzkonsonanten und Kurzvokale an folgenden Langkonsonanten erkennbar. Kufner spricht in diesem Zusammenhang interessanterweise auch von schwach (bei Langvokalen und Diphthongen) und scharf geschnittenem Akzent. Ob diese Begriffe sich jedoch tatsächlich mit den von Sievers eingeführten (s.o) inhaltlich decken, ist sicherlich eher zweifelhaft, da Sievers eine Silbenschnittopposition auf den Energieverlauf (oder Druckstlbenverlauf) des Vokals bezieht und nicht auf die Dauern der Segmente in der Sequenz [betonter Vokal + Folgekonsonant]. Unterschiedliche Dauern können das Ergebnis von unterschiedlichen Silbenschnittarten sein (vgl. z.B. Trubetzkoy 1939 in Kap. 3.2), reichen

202 alleine aber nicht aus, um von der Existenz einer Silbenschnittopposition zu sprechen, jedenfalls dann nicht, wenn man die Silbenschnittopposition gemäß den traditionellen Beschreibungen des Phänomens (vgl. Kap. 3.2) mit dem Verlauf der Energie im Vokal verbindet. Daß Scheutz (1983), der wie Kufner die Fortis-Lenis-Opposition als Charakteristikum mittelbairischen Silbenschnittes sieht, die mittelbairischen Verhältnisse direkt auf Trubetzkoy und Sievers bezieht, läßt sich nachvollziehen, wenn man die Situation als besondere, regionale Ausprägung phonetischer Eigenschaften des für alle germanischen Sprachen charakteristischen Silbenschnittkontrastes (vgl. Jespersen 1913) versteht. Bannert (1976) lehnt in seiner Mittelbairischen Phonologie das Merkmalspaar schwach und stark geschnittener Silbenakzent (wie im übrigen auch die segmentale Stärkegradunterscheidung Fortis-Lenis, wie sie sich noch bei Kufner findet) als distinktives Unterscheidungsmerkmal der Sequenzen [betonter Vokal + Folgekonsonant] ab und postuliert stattdessen komplementäre Länge in der Sequenz, d.h. Vokal und Folgekonsonant folgen dem Muster /lang + kurz/ vs. /kurz + lang/. Durch Dauermessungen und Perzeptionstests konnte er nachweisen, daß eine Manipulation der Dauern des Vokals und besonders des Konsonanten dazu führten, daß die jeweils andere Kombination akzeptiert wird. Zum Silbenschnitt sagt er: „Das auditiv bestimmte Merkmal Silbenschnitt [...], welches über die Sequenz von Vokal und Konsonant herrscht, erfährt nun eine quantitativ bestimmte, physiologisch, akustisch und perzeptorisch motivierte Definition" (Bannert 1976: 151). Gleichzeitig sagt er aber auch, daß die Silbenschnittopposition wie die Opposition Fortis-Lenis Resultat der „ursprünglichen Eigenschaft der Produktion, nämlich der temporalen Struktur des VCSequenzen" (ebd.) ist. Ähnlich wie bei der Argumentation von Kufher scheint mir jedoch der Bezug auf phonetisch meßbare Dauern nicht auszureichen, um tatsächlich eine Silbenschnittopposition (nach Sievers'scher Terminologie) im Mittelbairischen anzunehmen. Das phonetische Inventar der Monophthonge des Münchener Stadtdialektes hat nach Kufner (1964: 9) folgendes Aussehen (Zeichensatz von mir geändert): Kurzvokale: [ a n D u œ Y a e ] Langvokale: [a e œ i o u 0 y] Die Länge geht grundsätzlich mit offener Qualität einher, allerdings können offene Vokale auch kurz und geschlossene u.U. lang sein, wie z.B. in [ge:d], geht. In den für die vorliegende Untersuchung verwendeten Daten war dies jedoch nicht der Fall, so daß diese uneingeschränkt auf das oben skizzierte Vokalinventar abbildbar sind. Das Münchener Korpus umfaßte 78 Belege.

5.3.31.2 Analyseergebnisse

5.3.31.2.1 Energie werte Die Differenzwerte von Kandidaten für sanften bzw. scharfen Silbenschnitt eines Vokales in Bezug auf die Energieverläufe lassen den Schluß zu, daß Mittelbairisch ganz offensichtlich keine Merkmale einer Silbenschnittsprache aufweist.

203 Vokal -

Bei.

/&/

6

/e/

6

/i/

10

/o/

12

/u/

2

/y/

3

gesamt

-

signif.

-

Kand-sanft E-Zahl E-Halt 1.67 2.17 (0.52) (0.75) 1.5 2.33 (0.52) (0.55) 1.1 1.9 (0.32) (0.32) 1 2.17 (0.72) (0) 1.5 3 (0.71) (0) 1 2.5 (0.71) (0) 1.29 2.35 (0.29) (0.38) -

-

E-Pos 7 (0) 5.33 (0.58) 4.56 (2.55) 6.42 (2.43) 6 (-) 2.5 (0.71) 5.30 (1.61)

Bei.

-

-

2 4 12 5 6 1 -

Kand-scharf E-Zahl E-Halt 2 2 (-) (-) 1 2.5 (0.58) (0) 0.92 2.33 (0.29) (0.49) 1 2.4 (0.55) (0) 0.83 2.67 (0.75) (0.52) 1 2 (-) (-) 1.13 2.32 (0.43) (0.27) -

Differenz E-Halt

E-Pos

E-Zahl

-

-0.33

0.17

-

0.5

-0.17

0.06

0.18

-0.43

-0.26

0

-0.23

2.62

0.67

0.33

-1

0

0.5

-2.5

0.17

0.03

0.13

si

η

η

5.25 (2.63) 4.82 (2.40) 3.8 (2.39) 7 (2) 5 (") 5.17 (1.16)

-

-

E-Pos

Tabelle 5.3.31-2: Ergebnisse Messungen zur Energie fur München Vokal -

/a/

Bei. 6

/e/

6

-

Kand-sanft gesamt Folgekons. Bei. 2 d,g,41 3d,g,2n

3

E-Pos Folgekons. g.i d,g,n

Bei. 2

Kand-scharf gesamt Folgekons. Bel.

E-Pos Folgekons.

9>r l,n,r),s

-

-

4

4

l,n,i),s

Ii! io!

10

6d,n,r,2s

9

5d,n,r,2s

12

d,g,2m,n,3i),r,3s

11

d,g,2m,η,2η,r,3s

12

3d,41,r,3v,z

12

3d,41,r,3v,z

5

ç,2d,2m

5

ç,2d,2m

/ u/

2

4m,2η

3

3m

3

9 n,r

6

h>

2g n,r,v

1

1

g

1

9

2

Tabelle 5.3.31-3: Übersicht über Folgekonsonanten und Daten zu E-Pos Die Analyse der betrachteten intervokalischen Konsonanten zeigt, daß stl. Plosive nicht vertreten sind. Diese werden intervokalisch stimmhaft gesprochen. Betrachtet man die Ergebnisse aller Vokale, so zeigt schon die Anzahl an Energiemaxima Ergebnisse, die im Vergleich mit anderen untersuchten Dialekten als unterdurchschnittlich zu bezeichnen sind und auch signifikant unter denen des Nonsense-Korpus liegen. Ein stärkeres Halten eines hohen Energieniveaus ist nicht zu beobachten. Die Position einzelner Energiemaxima im Vokal schwankt erheblich in Abhängigkeit vom Vokal.

5.3.31.2.2 Formantdifferenz und Dauern Die Durchschnittswerte für Formantdifferenzen und Dauern zeigen, daß sich im Dialekt der Stadt München keine bedeutenden Variationen in Bezug auf qualitative bzw. quantitative Unterscheidungen von Varianten eines Vokales finden lassen. Die Mittel der Differenzwerte sind gering. Der Differenzwert der vokalischen Dauern ist im Vergleich zum Standarddeutschen sehr signifikant niedriger.

204 Vokal -

Bei.

/a/

6

/e/

6

/V

10

/o/

12

/u/

2

/y/

3

Mittel signif.

-

Kand-sanft F-Diff 628 (107.36) 1740 (133.77) 1516.8 (181.07) 494 (121.39) 838 (36.77) 1290.67 (247.71)

Dauer 118.17 (12.30) 99.5 (34.09) 65.4 (12.48) 93.33 (15.62) 61.5 (4.95) 87 (26.87)

Bei.

-

-

-

-

-

-

2 4 12 5 6 1

Kand-scharf F-Diff 622.5 (96.87) 1571 (221.55) 1613.17 (142.15) 508.4 (129.85) 781.5 (96.08) 1591 (-) -

Differenz Dauer 124 (-) 69.5 (16.11) 56.67 (16.19) 74.4 (9.31) 56.17 (11.43) 51 (-) -

F-Diff

Dauer

5.5

-5.83

169

30

-96.37

8.73

-14.4

18.93

56.5

5.33

-300.33

36

107.02 η

15.53 ssi

Tabelle 5.3.31-4: Durchschnittswerte zu München - Formantdifferenz und Dauern Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis München 2000 -,

—*-/a/

1 Ν

X I

1500 1000

—·—/o/ y/

cP

IL

- * - /

500 0

0

50

100

150

200

Dauer In ms

Abbildung 5.3.31-1: Durchschnittswerte München Die Dauerwerte der intervokalischen Konsonanten in den (mittel-)bairischen Dialekten sind, wie bereits erwähnt, von besonderem Interesse. Wie folgende Tabelle ausweist, korrelieren Länge und Kürze der Vokale phonetisch in starkem Maße mit den Dauern der folgenden Konsonanten, und zwar in dem Sinne, daß vokalische Länge mit konsonantischer Kürze und vokalische Kürze mit konsonantischer Länge verbunden zu sein scheint.

205 Kons. -

Bei.

/d/

13 4

/s/

2

/r/

3

/l/

8

/n/

4

gesamt signif.

-

Kand-sanft Vok. Kons. Dauer Dauer 86.15 47.31 (32.98) (8.37) 78.75 72 (28.66) (46.95) 77.5 62 (12.02) (0) 28.67 81.33 (27.93) (5.51) 104.63 38.5 (16.59) (10.14) 81.75 38.5 (16.29) (13.38) 85.02 47.83 -

-

Summe

Bei.

133.46

3

150.75

2

139.5

4

110

2

143.13

1

120.25

2

132.85

-

-

-

Kand-scharf Vok. Kons. Dauer Dauer 64.67 64.33 (29.14) (10.02) 82 53.5 (57.98) (3.54) 69 121 (12.88) (8.29) 85 50.5 (55.15) (48.79) 52 62 (-) (-) 66 41.5 (19.79) (3.54) 70.22 65.03 -

Summe

Differenz Kons. Summe Dauer

129

-17.02

4.46

135.5

-10

15.25

190

-7

-50.5

135.5

-21.83

-25.5

114

-23.5

29.13

107.5

-3

12.75

135.25

-22.39 hsi

-2.40 hsi

-

-

Tabelle 5.3.31-5: Vergleich vokalischer und konsonantischer Dauer im Dialekt von München Die Unterschiede in den Gesamtdurchschnittswerten zum Nonsense-Korpus sind höchst signifikant. Es zeigt sich eindeutig, daß die Dauer der intervokalischen Konsonanten mit der Dauer der vorausgehenden Vokale korreliert. Ist der Vokal lang, so ist er grundsätzlich gleichzeitig länger als der Konsonant. Besonders deutlich ist dies bei Liquiden und stimmhaften Frikativen feststellbar. Bei vokalischer Kürze steigt die absolute Dauer der Konsonanten im Vergleich zu der Dauer desselben Lautes bei Länge des Vokals. Der prozentuale Anteil der Konsonanten an der Sequenz [Vokal + intervokalischer Konsonant] nimmt deutlich zu. Die Dauer der Sequenz [betonter Vokal + interv. Konsonant] ist im Gesamtdurchschnitt statistisch gesehen bei Kandidaten fur scharfen Schnitt leicht höher als bei Kandidaten für sanften Schnitt. Die oben angesprochene Annahme von einer kombinatorischen Verteilung von Vokal- und Konsonantendauer in der Münchner Stadtmundart kann nach diesen Daten bestätigt werden. Die Meßergebnisse zeigen zusammengefaßt, daß der Dialekt kein Silbenschnittdialekt im Sinne der Sievers'sehen Definition ist. Unterschiede in qualitativer und quantitativer Hinsicht sind nur sehr gering ausgeprägt, jedoch zeigen die Dauern der intervokalischen, auf den betrachteten Vokal folgenden Konsonanten deutliche Unterschiede bei Kand-sanft vs. Kand-scharf, die in kombinatorischer Beziehung zur Dauer der vorausgehenden Vokale stehen.

5.3.32 Oberammergau - Kreis Garmisch-Partenkirchen

5.3.32.1 Aufnahmedaten Archiv-Nr. -

1/935

Sprecher männl.

Aufnahme Aufnahmejahr 1955

Mundart Aufnahmedauer 10 Min. 20 Sek.

Tabelle 5.3.32-1: Aufnahmedaten zu Oberammergau

-

Südbairisch

206 Insgesamt wurden zu Oberammergau 102 Datensätze aufgezeichnet und ausgewertet. Die Einteilung der Daten in Kanddiaten fur sanften bzw. scharfen Schnitt wurde über Unterschiede in der Quantität und Qualität der untersuchten betonten Vokale in trochäischen Wortstrukturen vorgenommen. Die IDS-Aufnahme zu Oberammergau wurde m.W. weder vom IDS noch von anderer Seite im Rahmen einer phonetischen oder phonologischen Arbeit näher analysiert. Eine Beschreibung des Vokalinventars erfolgt an dieser Stelle daher primär unter Rückgriff auf die in der vorliegenden Arbeit ausgewerteten Daten (hier nur die Monophthonge): Kurzvokale: [a ε ι D U Y] Langvokale: [a e i o D u] Des weiteren ist in der Aufnahme das Schwa zu finden. Die gerundeten Palatalvokale / y / und / a / sind grundsätzlich selten belegt.

5.3.32.2 Analyseergebnisse

5.3.32.2.1 Energiewerte Die Ergebnisse der Messungen zu den Energieverläufen weisen Oberammergau als einen Dialekt aus, der keine oder nur sehr schwache Merkmale einer Silbenschnittsprache trägt. Vokal

/e/

11

/i/

0

-

-

-

3

14

2.07 (0.99)

2.36 (0.49)

5 (2)

19

Kand-scharf E-Zahl E-Halt 1.6 2 (0.55) (0) 1.64 2.09 (0.50) (0.30) 1.33 1.67 (0.58) (0.58) 1.42 2.21 (0.61) (0.42)

4

1.25 (0.5)

2.25 (0.5)

5.33 (2.08)

19

1.42 (0.61)

2.21 (0.42)

4.08 (2.15)

/u/

3

1.33 (0.58)

2 (0)

6 (0)

8

/y/

0

-

gesamt

37

1.83 (0.56)

2.15 (0.28)

5.58 (0.50)

48

1 (0) 1 (0) 1.33 (0.28)

2 (0.53) 2 (0) 1.99 (0.18)

3.75 (1.39) 3 (0) 3.43 (0.58)

signif.

-

-

-

-

-

-

-

-

-

Bei.

/a/

5

/ o / -1 [o:]-M /o/-2 M-M

Kand-sanft E-Zahl E-Halt 2.6 2.4 (0.89) (0.55) 1.91 1.73 (0.83) (0.47)

E-Pos

Bei.

-

5

6 (2)

11

2

E-Pos 3 (2.83) 2.75 (2.22) 4 (1-41) 4.08 (2.15)

E-Zahl

Differenz E-Halt

E-Pos

1

0.4

-

0.27

-0.36

3.25

-

-

-

0.65

0.15

0.92

-0.17

0.04

1.25

0.33

0

2.25

-

-

-

0.50

0.15

2.15

η

si

η

Tabelle 5.3.32-2: Ergebnisse Messungen zur Energie für Oberammergau Das primäre Energiekorrelat Ε-Halt weist einen sehr geringen Wert auf, der den Schluß zuläßt, daß Oberammergau nicht zu den Dialektorten gerechnet werden darf, in denen Silbenschnittkontrast vorhanden ist. Der extrem hohe Wert bei dem Merkmal Ε-Pos sollte nicht überbewertet werden.

207 Vokal -

ΙΛΙ

Bel. 5

/e/

11

-

Kand-sanft gesamt E-Pos Folgekons. Bel. Folgekons. f,m,n,t,z 0 2d,4g,k,r,2s,ζ

E-Pos Folgekons. ks,m

d,2g,r

11

21,6m,2n,t

4

4m

0

-

3

I),S,t

2

η.'

3 3

b,g,r b,2t

19

l,3m,2n,4i),r,2t,6x

12

l,2m,2n,3i),t,3x

8

4k,2m,η,ρ

8

4k,2m,n,ρ

2

l,ts

2

l,ts

4

/i/

0

-

/o/

14 [o] 4 [3]

5b,3d,2f,g,m,r,t b,d,2t

3

b,d,g

2

0

-

0

lui /y)

Bel. 5

Kand-scharf gesamt Folgekons. Bel. 2ks,2m^ 2

b

>g -

Tabelle 5.3.32-3: Übersicht über Folgekonsonanten und Daten zu E-Pos Während bei Kand-sanft für das Merkmal Ε-Pos in erster Linie sth. Plosive als intervokalische Konsonanten belegt sind, sind dies bei Kand-scharf in erster Linie Nasale. Aus diesem Mißverhältnis der Belege resultiert der hohe Wert für E-Pos. Auch für die anderen Merkmale, für die alle Daten zugelassen sind, sind die intervokalischen Konsonanten ungünstig verteilt, woraus die Konsequenz zu ziehen ist, die Ergebnisse vorsichtig zu bewerten.

5.3.32.2.2 Formantdifferenz und Dauern Die Durchschnittwerte für Formantdifferenzen und Dauern zeigen folgende Auffälligkeiten: Der Vokal lei weist relativ deutliche qualitative Unterschiede zwischen den Varianten dieses Vokales auf. Große Unterschiede in der Dauer finden sich insbesondere noch bei /a/. Andere Vokale dagegen haben durchschnittliche qualitative und quantitative Differenzierungen. Die Mittel der Differenzwerte für die Vokaldauer und die Formantdifferenzen liegen in einem vergleichsweise insgesamt durchschnittlichen Bereich. Vokal

Kand-sanft F-Diff Dauer 622 216.4 (97.54) (64.38) 1832.27 145.55 (211.18) (36.15)

19

Kand-scharf F-Diff 757.6 (91.50) 1247.73 (224.18) 1584.33 (314.07) 401.95 (101.72)

Dauer 111.2 (37.97) 86.45 (21.99) 93.33 (U.37) 108.26 (14.38)

124.75 (22.59)

19

401.95 (101.72)

108.26 (14.38)

149.33 (33.38)

8

535.75 (166.62) 1149.5 (135.06)

82.5 (15.82 75.5 (0.71)

-

Bel.

/a/

5

/e/

11

/y

0

-

-

3

14

445.79 (122.68)

137.86 (43.64)

4

479.5 (78.83)

/u/

3

547.33 (9.81)

/y/

0

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

/ o / -1 [o:] - M / o / -2 [d:] - [3]

Mittel signif.

Bel. 5 11

2

-

F-Diff

Differenz Dauer

-135.6

105.2

584.55

59.09

-

-

43.84

29.59

77.55

16.49

11.58

66.83

-

-

170.62 n

55.44 n

Tabelle 5.3.32-4: Durchschnittswerte zu Oberammergau - Formantdifferenz und Dauern

208

Formantdifferenz-Dauer-Verhältnis Oberammergau 2000

Ν

Χ c È 7

O

1500

•lai •lei •Iii •loi •Ini -/y/

/

1000

n— — J _

500

50

100

r

150

200

250

Dauer in ms

Abbildung 5.3.32-1: Durchschnittswerte Oberammergau Der relativ große Mittelwert für die Formantdifferenz geht lediglich auf den Vokal lei zurück. Ansonsten sind die qualitativen Unterschiede zwischen den Kandidaten für sanften und scharfen Schnitt recht gering. Die Differenzwerte in der Dauer sind im Vergleich mit anderen Dialekten nur durchschnittlich. Als Ergebnis läßt sich zusammenfassen, daß die Varianten eines Vokales sich im Dialekt von Oberammergau im Vergleich zu anderen untersuchten Dialekten vor allem in qualitativer Hinsicht unterschieden. Quantitative Unterschiede sind vergleichsweise schwach ausgeprägt. Eine Silbenschnittopposition ist nicht anzunehmen. U.U. ist jedoch noch ein weiteres Merkmal für die Differenzierung der Varianten eines Vokales mitverantwortlich. Konsonantische Dauerunterschiede könnten die Differenzierung von Vokalvarianten unterstützen, was durch die Nähe zum Mittelbairischen, in dem konsonantische Dauerunterschiede hat nachwiesen werden konnten, durchaus plausibel erscheint. Die Konsonanten /k m η r s/ und Iti kommen in den fur die vorliegende Untersuchung aufgenommenen Daten intervokalisch nach beiden Varianten eines Vokalpaares vor. Aus den Messungen zu diesen Konsonanten läßt sich folgendes Ergebnis bzgl. der konsonantischen Dauer im Verhältnis zur vokalischen Dauer bestimmen: Eine konsonantische Quantität im Dialekt von Oberammergau ist kaum anzunehmen. Im Gegensatz zum Standarddeutsch nimmt die Dauer der Konsonanten bei Kandidaten für scharfen Schnitt im Vergleich zu der bei Kandidaten für sanften Schnitt nicht ab, allerdings ist der Anstieg der Dauer zu gering um von einer deutlichen Zunahme zu sprechen. Zudem nimmt die Gesamtdauer der Sequenz [betonter Vokal + interv. Konsonant] dramatisch bei Kandidaten für scharfen Schnitt ab. Dieser Umstand spricht gegen die Annahme komplementärer vokalischer und konsonantischer Dauer im Dialekt von Oberammergau.

209 Kons. -

Bei.

/k/

1

/m/

2

/n/

1

/τ/

2

/s/

2

/t/

4

gesamt signif.

-

Kand-sanft Vok. Kons. Dauer Dauer 130 140 (-) (-) 143 66 (22.63) (-) 184 57 (-) (-) 133 37.5 (8.49) (9.19) 179.5 171 (33.23) (104.65) 155.75 103.75 (39.72) (23.39) 154.21 95.88 -

-

Summe

Bei.

270

4

209

13

241

5

170.5

1

350.5

1

259.5

4

250.09

-

-

-

Kand-scharf Vok. Kons. Dauer Dauer 77 71.75 (11.97) (45.18) 80.77 83.31 (16.74) (15.01) 100.4 120.5 (15.58) (30.49) 107 38 (-) (-) 90 172 (-) (-) 115.5 116.75 (22.96) (48.16) 95.11 100.38 -

-

Summe

Differenz Kons. Summe Dauer

148.75

68.25

121.25

164.08

-17.31

44.92

220.9

-63.5

20.1

145

-0.5

25.5

262

-1

88.5

232.25

-13

27.25

195.49

-4.51 η

54.6 η

-

Tabelle 5.3.32-5: Vergleich vokalischer und konsonantischer Dauer im Dialekt von Oberammergau Es sind also in erster Linie, wie oben bereits erklärt, qualitative Kontraste, nach denen im untersuchten Dialekt von Obermmergau Varianten eines Vokalphonems unterschieden werden.

5.4 Meßergebnisse - Gesamtübersicht der untersuchten Dialekte

In den Darstellungen zu den einzelnen Dialekten sind z.T. Vergleiche unter den Dialekten bereits angeklungen. Ziel der folgenden Unterkapitel ist es, die Ergebnisse aus Kapitel 5.3 systematisch aufzubereiten und die untersuchten Dialekte untereinander zu vergleichen. Im Zentrum stehen dabei die Untersuchungen zu den in Kapitel 4.2.1 beschriebenen Merkmalen der Energieverläufe, die in der vorliegenden Arbeit als akustische Korrelate der Silbenschnittopposition angesehen werden. Die Darstellungen zu Formantdifferenzen und Dauern sollen einen Überblick über mögliche dialektal genutzte qualitative bzw. quantitative Oppotionen der Vokalunterscheidung geben.

5.4.1 Energieverläufe Für die Merkmale der Energieverläufe auf dem betonten Vokal in den untersuchten trochäischen Strukturen ergeben sich für die einzelnen Dialekte folgende Gesamtdurchschnittswerte (die Dialektorte sind nach dialektologischen Kriterien unter Angabe der „Mundartordnungsgruppen"8 geordnet): 8

Nach der Einteilung des Institutes für Deutsche Sprache, publiziert im Gesamtkatalog der Tonaufnahmen des Deutschen Spracharchivs, erschienen als PHONAI - Lautbibliothek der deutschen Sprache, Bände 38/39 (1992).

210 Ort -

Wittdün (Friesisch) Süderhackstedt (Schleswigsch) Ziethen (Holsteinisch) Kirchwerder (Nordniedersächs.) Heitel (Nordniedersächs.) Menzelen (Niederfränkisch) Voxtrup (Westfälisch) Riesenbeck (Westfälisch) Mascherode (Ostfälisch) Pepelow (MecklenburgischVorpommersch) Parlin (Ostpommersch) Frehne (Märkisch) Plausen (Niederpreußisch) Gleuel (Mittelfränkisch) Hemsbach (Rheinfränkisch) Hintersteinau (Rheinfränkisch) Kassel (Rheinfränkisch) Erfurt (Thüringisch) Würzen (Obersächsisch) Berlin (Berlinisch) Bockwitz (Schlesisch) Friesen (Ostfränkisch) Regelsbach (Ostfränkisch) Oschelbronn (Südfränkisch) Neubulach (Nordalemannisch) Beuren (Niederalemannisch) Burkheim (Niederalemannisch)

E-Zahl 1.53 (0.69) 1.61 (0.29) 1.74 (0.51) 1.63 (0.72) 1.85 (0.57) 2.10 (0.46) 1.53 (0.53) 1.37 (0.36) 2.18 (0.88)

Kand-sanft E-Halt 2.58 (0.35) 2.09 (0.25) 2.32 (0.29) 2.36 (0.63) 2.25 (0.34) 2.31 (0.32) 2.16 (0.48) 2.14 (0.22) 2.43 (0.56)

E-Pos 4.79 (1-94) 4.75 (0.63) 5.57 (2.12) 3.27 (0.92) 5.04 (1.49) 3.81 (1.35) 5.45 (1-45) 3.69 (1.66) 5.37 (2.55)

Kand-scharf E-Zahl E-Halt 1.09 1.81 (0.16) (0.44) 0.99 1.72 (0.15) (0.45) 1.74 1.03 (0.23) (0.10) 0.97 2 (0.18) (0.43) 1.03 1.79 (0.24) (0.23) 1.07 1.86 (0.13) (0.28) 1.09 1.51 (0.12) (0.38) 1.17 1.94 (0.21) (0.32) 1.19 2.33 (0.32) (0.38)

E-Pos 4.12 (0.76) 4.22 (0.63) 4.01 (0.57) 4.29 (0.92) 3.69 (0.98) 3.84 (0.96) 5.92 (1.54) 4.04 (1.69) 4.47 (0.72)

2.02 (0.59)

2.35 (0.50)

4.01 (0.82)

1.28 (0.19)

1.72 (0.14)

4.18 (0.94)

1.19 (0.23) 1.44 (0.29) 1.07 (0.39) 1.87 (0.58) 1.98 (0.40) 1.34 (0.26) 2.01 (0.64) 1.59 (0.33) 1.47 (0.38) 1.44 (0.48) 1.67 (0.21) 1.63 (0.43) 1.69 (0.26) 1.58 (0.38) 1.75 (0.19) 2.11 (0.76) 2.51 (0.21)

2.32 (0.40) 2.37 (0.33) 2.09 (0.36) 2.38 (0.34) 2.25 (0.32) 2.33 (0.31) 2.49 (0.34) 2.46 (0.31) 2.36 (0.27) 2.38 (0.23) 2.31 (0.42) 2.48 (0.39) 2 (0.49) 2.23 (0.19) 2.05 (0.19) 2.12 (0.20) 2.94 (0.08)

3.80 (2.07) 4.95 (1.39) 4.96 (1.52) 4.59 (1.15) 5.2 (0.35) 4.79 (1.79) 4.13 (1.89) 5.45 (1.20) 5.36 (0.96) 5.37 (1.50) 5.08 (1.16) 4.97 (1.32) 4.97 (1.23) 3.85 (1.79) 3.43 (1.09) 4.64 (1.28) 4.78 (3.29)

0.99 (0.11) 0.99 (0.09) 1.01 (0.24) 1.04 (0.27) 0.99 (0.07) 1.22 (0.16) 0.92 (0.23) 1.07 (0.13) 1.06 (0.16) 1.06 (0.29) 1.01 (0.13) 0.97 (0.14) 1.05 (0.20) 1.09 (0.13) 0.97 (0.18) 1.48 (0.42) 1.11 (0.36)

1.74 (0.24) 1.73 (0.39) 1.92 (0.59) 2.09 (0.25) 2.19 (0.17) 2.45 (0.32) 2.08 (0.52) 1.69 (0.18) 1.67 (0.37) 2.05 (0.22) 1.71 (0.19) 2.54 (0.25) 2.03 (0.24) 2.11 (0.26) 1.88 (0.29) 1.91 (0.58) 2.72 (0.29)

3.97 (0.76) 4.63 (0.96) 3.67 (0.81) 4.04 (0.74) 4.32 (0.85) 5.28 (0.77) 4.79 (1.37) 3.93 (0.91) 4.49 (1.39) 3.58 (1.08) 4.31 (0.28) 4.58 (1.44) 4.75 (1.29) 4.17 (163) 3.71 (0.53) 3.59 (1.77) 6.22 (0.89)

E-Zahl

Differenz E-Halt

E-Pos

0.43

0.77

0.36

0.61

0.38

0.53

0.71

0.59

1.55

0.66

0.36

-1.02

0.82

0.46

1.35

1.03

0.45

-0.03

0.44

0.65

-0.47

0.19

0.20

-0.36

0.99

0.09

0.89

0.73

0.62

-0.17

0.21

0.57

-0.17

0.45

0.63

0.32

0.06

0.17

1.29

0.83

0.28

0.55

0.99

0.06

0.88

0.13

-0.12

-0.49

1.09

0.41

-0.66

0.53

0.77

1.52

0.41

0.69

0.88

0.38

0.33

1.79

0.66

0.59

0.78

0.65

-0.06

0.37

0.63

-0.03

0.23

0.49

0.12

-0.31

0.77

0.17

-0.29

0.63

0.21

1.03

1.4

0.22

-1.45

211 Ort -

Neuenburg (Hochalemannisch) Asch (Nordbairisch) Lauterbach (Nordbairisch) München (Mittelbai risch) Oberammergau (Siidbairisch)

E-Zahl 2.05 (0.55) 1.46 (0.36) 1.33 (0.15) 1.29 (0.29) 1.83 (0.56)

Kand-sanft E-Halt 2.3 (0.20) 2.17 (0.34) 2.3 (0.17) 2.35 (0.38) 2.15 (0.28)

E-Pos 4.31 (1.62) 4.26 (0.79) 4.39 (1.64) 5.30 (1.61) 5.58 (0.50)

Kand-scharf E-Zahl E-Halt 2.05 1.35 (0.09) (0.16) 1 1.81 (0.11) (0.23) 1 2.04 (0.06) (0.24) 2.32 1.13 (0.27) (0.43) 1.33 1.99 (0.28) (0.18)

E-Pos 4.15 (0.61) 3.47 (0.31) 3.71 (0.51) 5.17 (1.16) 3.43 (0.58)

E-Zahl

Differenz E-Halt

E-Pos

0.69

0.25

0.16

0.47

0.37

0.79

0.33

0.26

0.69

0.17

0.03

0.13

0.50

0.15

2.15

Tabelle 5.4.1-1: Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Energiewerten (incl. Standardabweichungen) in dialektalen Varianten Die Ergebnisse (Differenzwerte) der Korpora zur Standardsprache liegen im Vergleich mit den Ergebnissen zu den dialektalen Varianten des Deutschen (mit Ausnahme des Merkmals Ε-Pos, das in beiden Korpora zum Standarddeutsch extrem hohe Werte aufweist) in etwa im gehobenen Durchschnitt. Im einzelnen lauten die Meßergebnisse zu den Standardkorpora wie folgt (vgl. auch Kapitel 4.2.1): Korpus -

Nonsense Standard

E-Zahl 1.88 (0.36) 1.19 (0.54)

sanfter Schnitt E-Halt 2.59 (0.24) 2.46 (0.36)

E-Pos 4.76 (0.91) 5.02 (0.81)

scharfer Schnitt E-Zahl E-Halt E-Pos 1.14 2.17 2.67 (0.17) (0.78) (0.25) 0.93 1.95 3.39 (1.22) (0.38) (0.38)

E-Zahl

Differenz E-Halt

E-Pos

0.73

0.41

2.09

0.26

0.51

1.63

Tabelle 5.4.1-2: Ergebnisse Energiemessungen (incl. Standardabweichungen) in Korpora zur Standardsprache Anhand der Ergebnisse ist es nun möglich, Dialektkarten zu erstellen. Jedes der 3 analysierten Merkmale der Energiekurven wird zunächst fur sich betrachtet. Unterschiedliche Helligkeitswerte entsprechen unterschiedlich starken Ausprägungen in Richtung Silbenschnittsprache, der sich als Kontrast zwischen den Ergebnisse für sanften vs. scharfen Schnitt manifestiert. Dargestellt werden die ermittelten absoluten Ergebnisse. Abbildung 5.4.1-1 zeigt die regionale Verteilung der Kontraste bzgl. des Energiemerkmals Ε-Zahl. Die Verteilung der Punkte ist relativ homogen (von einzelnen Ausnahmen abgesehen). So zeigen sich hohe Kontrastwerte in dem Energiemerkmal Ε-Zahl vor allem in Dialektorten im Westen des deutschen Sprachgebietes (Ausnahme sind Riesenbeck und Voxtrup / Westfälisch sowie Wittdün / Friesisch und Oschelbronn / Südfränkisch). Mittlere und schwache Kontraste sind im Osten zu finden.

212

Abbildung 5.4.1-1: Dialektkarte für Merkmal Ε-Zahl, absolute Differenzwerte In folgender Tabelle sind die relativen Ergebnisse der Untersuchungen zum Energiemerkmal Ε-Zahl zusammengefaßt. Die relativen Werte entsprechen den Quotienten aus den Meßergebnissen zur Anzahl von Energiemaxima im Vokal bei sanftem und scharfem Silbenschnitt. Der Quotient ergibt sich aus der Formel [X = Ergebnis Kand-scharf + Ergebnis Kand-sanft] und gibt einen prozentualen Anteil des Meßergebnisses fur Kand-scharf am Meßergebnis für Kand-sanft an Ort Wittdün (Friesisch) Ziethen (Holsteinisch) Heitel (Nordniedersächs.) Voxtrup (Westfälisch)

E-Zahl 0.71 0.59 0.56 0.71

Mascherode (Ostfälisch)

0.55

Pari in (Ostpommerschi Plausen (Niederpreußisc h) Hemsbach (Rheinfränkis ;h) Kassel (Rheinfränkisch)

0.83 0.94 0.5 0.46

Ort Süderhackstedt (Schleswigsch) Kirchwerder (Nordniedersächs.) Menzelen (Niederfränkisch) Riesenbeck (Westfälisch) Pepelow (MecklemburgischVorpommersch) Frehne (Märkisch) Gleuel (Mittelfränkisch) Hintersteinau (Rheinfränkisch) Erfurt (Westthüringisch)

E-Zahl 0.61 0.59 0.51 0.85 0.63 0.69 0.56 0.91 0.67

213 Ort Würzen (Obersächsisch) Bockwitz (Schlesisch) Regelsbach (Ostfränkish) Neubulach (Nordalemannisch) Burkheim (Nordalemannisch) Asch (Nordbairisch) München (Mittelbairisch)

E-Zahl 0.72 0.60 0.62 0.55 0.44 0.68 0.88

Ort Berlin (Berlinisch) Friesen (Ostfränkisch) Oschelbronn (Südfränkisch) Beuren (Niederalemannisch) Neuenburg (Hochalemannisch) Lauterbach (Nordbairisch) Oberammergau (Südbairisch)

E-Zahl 0.74 0.59 0.69 0.7 0.66 0.75 0.73

Tabelle 5.4.1-3: Relative Ergebnisse Energiemerkmal E-Zahl Die relativen Ergebnisse ergeben grundsätzlich ein mit den absoluten Ergebnissen durchaus vergleichbares Bild. Ein deutlicherer Kontrast zwischen Varianten eines Vokalpaares findet sich auf der Basis von relativen Werten in dem Dialekt von Kassel/Rheinfränkisch. Im Vergleich zu den absoluten Daten weniger deutliche Kontraste ergeben sich für Parlin/Ostpommersch und Oberammergau/Südbairisch. Die relativen Ergebnisse der Standardkorpora wurden mit 0.61 (./Vortsewje-Korpus) bzw. 0.78 (Standard-Korpus) festgestellt und würden damit eine mittlere Position im Vergleich mit den untersuchten Dialekten einnehmen.

Abbildung 5.4.1-2: Dialektkarte für Merkmal Ε-Halt, absolute Differenzwerte

214 Noch eindeutiger als die Ergebnisse zum Energiemerkmal Ε-Zahl sind die Ergebnisse zum primärer Energiekorrelat Ε-Halt. Hier läßt sich relativ deutlich eine Nord-Süd-Verteilung erkennen (vgl. Abbildung 5.4.1-2), wobei nahezu alle untersuchten oberdeutschen Dialektorte nur schwachen Kontrast aufweisen. Im Norden finden sich die kontrastreichsten Dialekte (mit Ausnahme von Riesenbeck / Westfälisch, Mascherode / Ostfälisch und Plausen / Niederpreußisch). Es ist interessant zu beobachten, daß die ostfränkischen Dialekte von Regelsbach und Friesen gemeinsam mit Hintersteinau/Rheinfränkisch eine homogene Gruppe bilden, die statistisch signifikant sehr geringe bis gar keine Kontraste in Bezug auf das Merkmal EHalt aufweisen. Auch die bairischen (mit Ausnahme der nordbairischen) und alemannischen Dialekte bilden eine geschlossene Gruppe. Hier sind die Differenz werte jedoch weniger weit von den Ergebnissen der meisten nord- und mitteldeutschen und standarddeutschen Korpora entfernt. Ort

E-Halt

Ort

E-Halt

Wittdün (Friesisch)

0.70

Süderhackstedt (Schleswigsch)

0.82

Ziethen (Holsteinisch)

0,75

Kirchwerder (Nordniedersächs.)

0.85

Heitel (Nordniedersächs.)

0.79

Menzelen (Niederfränkisch)

0.81

Voxtrup (Westfälisch)

0.69

Riesenbeck (Westfälisch)

0.91

Mascherode (Ostfälisch)

0.96

Pepelow (MecklemburgischVorpommersch)

0.73

Parlin (Ostpommersch)

0.73

Frehne (Märkisch)

0.73

Plausen (Niederpreußisch)

0.92

Gleuel (Mittelfränkisch)

0.88

Hemsbach (Rheinfränkisch)

0.97

Hintersteinau (Rheinfränkisch)

1.05

Kassel (Rheinfränkisch)

0.84

Erfurt (Westthüringisch)

0.69 0.86

Würzen (Obersächsisch)

0.71

Berlin (Berlinisch)

Bockwitz (Schlesisch)

0.74

Friesen (Ostfränkisch)

1.02

Regelsbach (Ostfränkish)

1.02

Oschelbronn (Südfränkisch)

0.95

Neubulach (Nordalemannisch)

0.92

Beuren (Niederalemannisch)

0.9

Burkheim (Nordalemannisch)

0.93

Neuenburg (Hochalemannisch)

0.89

Asch (Nordbairisch)

0.83

Lauterbach (Nordbairisch)

0.89

München (Mittelbairisch)

0.99

Oberammergau (Südbairisch)

0.93

Tabelle 5.4.1-4: Relative Ergebnisse Energiemerkmal E-Halt Die Berechnung relativer Werte ergab nur minimal veränderte Ergebnisse. Die Dialektorte Heitel/Nordniedersächsisch, Voxtrup/Westfälisch, Beuren/Niederalemannisch und Neuenburg/Hochalemannisch würden bei einer Analyse der relativen Ergebnisse einen etwas größeren Kontrast zwischen den Kandidaten für sanften und scharfen Schnitt aufweisen, als es in den absoluten Daten zum Ausdruck kommt. Ansonsten geben absolute und relative Werte das gleiche Bild der dialektalen Variation wieder. Mit Werten von 0.84 (NonsenseKorpus) bzw. 0.79 (Standard-Korpus) liegen die untersuchten standarddeutschen Korpora in einer Größenordnung, die im Vergleich mit den untersuchten Dialekten einen durchschnittlichen bis starken Kontrast zwischen Vokalvarianten widerspiegelt.

215

Abbildung 5.4.1-3: Dialektkarte für Merkmal Ε-Pos, absolute Differenzwerte Die Ergebnisse zum zweiten sekundären Energiekorrelat Ε-Pos zeigen keine eindeutige Verteilung der Punkte. Das Bild ändert sich auch nicht, wenn man lediglich die relativen Werte betrachtet. Im Unterschied zu den absoluten Werten fällt der Kontrast zwischen sanft und scharf geschnittenen Vokalen im Vergleich mit anderen Dialekten in Erfurt/Westthüringisch und Ziethen/Holsteinisch in den relativen Ergebnissen weniger stark aus. Ort Wittdün (Friesisch) Ziethen (Holsteinisch) Heitel (Nordniedersächs.) Voxtrup (Westfälisch)

E-Pos 0.86 0.72 0.73 1.09

Mascherode (Ostfälisch)

0.83

Parlin (Ostpommersch) Plausen (Niederpreußisch) Hemsbach (Rheinfränkisch) Kassel (Rheinfränkisch)

1.04 0.74 0.83 1.16

Ort Süderhackstedt (Schleswigsch) Kirchwerder (Nordniedersächs.) Menzelen (Niederfränkisch) Riesenbeck (Westfälisch) Pepelow (MecklemburgischVorpommersch) Frehne (Märkisch) Gleuel (Mittelfränkisch) Hintersteinau (Rheinfränkisch) Erfurt (Westthüringisch)

E-Pos 0.89 1.31 1.01 1.09 1.04 0.94 0.88 1.10 0.72

216 Ort Würzen (Obersächsisch) Bockwitz (Schlesisch) Regelsbach (Ostfränkish) Neubulach (Nordalemannisch) Burkheim (Nordalemannisch) Asch (Nordbairisch) München (Mittelbairisch)

E-Pos 0.84 0.85 0.96 1.08 1.30 0.81 0.98

Ort Berlin (Berlinisch) Friesen (Ostfränkisch) Oschelbronn (Südfränkisch) Beuren (Niederalemannisch) Neuenburg (Hochalemannisch) Lauterbach (Nordbairisch) Oberammergau (Südbairisch)

E-Pos 0.67 0.92 1.08 0.77 0.96 0.85 0.61

Tabelle 5.4.1-5: Relative Ergebnisse Energiemerkmal E-Pos Die relativen Ergebnisse der Standardkorpora liegen bei 0.56 (Nonsense-Korpus) bzw. 0.68 (Standard-Korpus) und damit im Vergleich mit den dialektalen Daten in einem Bereich, der einen sehr großen Kontrast zwischen den unterschiedlichen geschnittenen Vokalen ausdrückt. Das Halten eines hohen Energieniveaus ist, wie schon die Untersuchungen zum Standarddeutsch gezeigt haben, das Merkmal, das am wenigsten von äußeren Faktoren abhängig ist. Aus diesem Grunde ist es das primäre Energiekorrelat für den Silbenschnitt, wohingegen Ε-Zahl und Ε-Pos als sekundäre Korrelate zu werten sind. Ohne nähere Berücksichtigung beeinflussender Bedingungen (intervokalischer Konsonant, Position des betrachteten Wortes im Satz etc.) läßt sich zusammenfassend für die dialektalen Varianten des Deutschen festhalten (folgende Aussagen erfolgen primär auf Basis der Ergebnisse zum Merkmal E-Halt): •



Dialekte, die Merkmale einer Silbenschnittopposition tragen, sind im Norden und in der Mitte des deutschen Sprachraumes zu finden. Die Dialekte mit den stärksten Ausprägungen sind dabei im Ostmitteldeutschen und entlang der westlichen Sprachgrenze angesiedelt. Gegenbeispiele sind Riesenbeck / Westfälisch (hier liegt eine durch die zufällige Auswahl der Daten bedingte ungünstige Verteilung der Belege auf die verschiedenen Vokale vor, d.h. einige Vokale sind nicht ausreichend belegt. Die Vokale, die eine repräsentative Anzahl von Daten aufweisen, zeigen jedoch Silbenschnittmerkmale, vgl. auch Kap. 5.3.8 zu einer ausführlichen Darstellung) und Mascherode / Ostfalisch. In Mascherode sind alte Kürzen in offenen Silben wie im gesamten Kernöstfälischen nicht gedehnt worden, d.h. es hat kein Quantitätenausgleich stattgefunden und die Vorraussetzungen für die Bildung einer Silbenschnittopposition (im Sinne der Argumentation von Becker 1998) sind nicht geschaffen worden. Daß die Messungen hier keine positiven Ergebnisse im Sinne der Findung von phonetischen Merkmalen einer Silbenschnittopposition ergaben, ist demnach nicht verwunderlich. Daß Mascherode so aufgrund der Messungen zu den Energieverläufen nicht als möglicher Silbenschnittdialekt klassifiziert wurde, stärkt den Status des Merkmals Ε-Halt als akustisches Korrelat des Silbenschnittes. Bairisch zeigt keine Anzeichen für eine Silbenschnittsprache. Lediglich Oberammergau /Südbairisch zeigt im Merkmal Ε-Pos einen hohen Wert. Ansonsten gibt es in keinem der untersuchten bairischen Dialektorte eindeutige Ergebnisse, die auf eine Silbenschnittopposition hindeuten würden.

217 •



Das Ostfränkische sowie der dialektgeographisch zum Rheinfränklischen zu zählende Hintersteinauer Dialekt zeigen fur das primäre Merkmal von Silbenschnittkontrast EHalt die geringsten Werte aller untersuchten Dialekte. U.U. ist dies auf eine besonders starke Erweichung der intervokalischen Konsonanten in diesen Dialekten zurückzuführen, die wohl noch weiter geht als z.B. in den bairischen Dialekten. Das Alemannische zeigt ebenfalls keine Merkmale von Silbenschnittsprachen, allerdings sind die Ergebnisse zu den Energieverläufen verglichen mit denen der bairischen Dialekte in der Hinsicht verschieden, als insbesondere die Position eines einzelnen Energiemaximums im Vokal denen in den reinen Quantitätensprachen Finnisch und Tschechisch ähnelt: In diesen Fällen sind einzelne Energiemaxima i.d.R. relativ weit vorne im Vokal zu finden, während im Bairischen die Position einzelner Energiemaxima im Vokal starken Schwankungen unterlegen ist. Zudem weisen alemannische Dialekte sehr hohe Werte im Merkmal Ε-Zahl auf. Wie für Tschechisch und Finnisch gezeigt, scheint dieses Merkmal der Energiekurven stark mit der Dauer der Vokale zu korrelieren. Da in den südwestlichen deutschen Dialekten große Dauerunterschiede zwischen Varianten eines Vokales (s.u. Kap. 5.4.2) anzunehmen sind, sind hohe E-ZahlWerte für diese Dialekte nicht verwunderlich.

Die Ergebnisse zu den drei Energie-Merkmalen in den obigen Dialektkarten überlagern sich nicht vollständig und sind zum Teil in einzelnen Dialekten sogar widersprüchlich. Setzt man enge Beziehungen der 3 Merkmale untereinander voraus, so sind die Ergebnisse der Messungen in erster Linie als Tendenzen anzusehen. Betrachtet man jedoch nur das primäre Korrelat Ε-Halt, so sind die Ergebnisse für die Dialekträume überzeugend homogen und lassen durchaus Generalisierungen zu, wie sie oben zusammenfassend dargestellt wurden und in Kapitel 5.4.3 noch einmal im Vergleich mit qualitativen und quantitativen Ausprägungen der Dialekte in Bezug auf die Vokalopposition aufgegriffen werden.

5.4.2 Formanten und Dauern Um eine Vergleichbarkeit der Daten zwischen den Dialekten zu gewährleisten, mußten für die Ergebnisse der Formant- (Formantdifferenz-) und Dauernmessungen Mittelwerte gebildet werden. Dies ist unproblematisch für die Dauern (Meßergebnisse der kurzen Variante eines Vokales werden von denen der langen abgezogen, Differenzwerte werden addiert und diese Summe dann durch die Anzahl der Vokale geteilt), nicht aber für die Formantdifferenzen. Die Darstellungen in Kap. 4.2.2 haben gezeigt, daß bei vorderen Vokalen diejenigen unter sanftem Silbenschnitt größere Formantdifferenzwerte aufweisen als diejenigen unter scharfem Silbenschnitt während dies bei nicht-vorderen Vokalen genau umgekehrt der Fall war. Bildet man nun wie bei den Dauernwerten einfach die Differenz zwischen sanft und scharf geschnittenen Varianten, so erhält man bei den nicht-vorderen Vokalen negative Werte. Eine einfache Addition der Differenzen aller Vokale würde dann dazu fuhren, daß sich das Ergebnis der Addition um den Wert Null bewegt, da sich die Ergebnisse der vorderen und der nicht-vorderen Vokale gegenseitig aufheben. Aus diesem Grund wird bei der Addition der Differenzwerte ein negatives Vorzeichen gestrichen und es werden die Werte aufaddiert. Um Aussagen über die qualitative Unterscheidung von Varianten eines Vokales machen zu können, sind die bloßen Werte entscheidend. Ein Minuszeichen

218 gibt lediglich an, daß die Richtung, d.h. die Bewegung von der scharf geschnittenen zur sanft geschnittenen Variante im Diagramm fallend ist. Wichtig für die Beurteilung einer stärkeren oder schwächeren qualitativen Unterscheidung von Varianten eines Vokales ist jedoch weniger die Richtung als vielmehr der Abstand zwischen den Varianten (vgl. schon Kap. 4.1.2). Folgende Tabelle gibt die absoluten Gesamtdurchschnittswerte für Formantdifferenz und Dauer der untersuchten Dialekte an. F-Diff 185.56 (157.39) 268.29 (259.10) 167.43 (167.80) 216.99 (208.48)

Dauer 55.93 (30.59) 79.06 (38.79) 96.14 (35.40) 33.52 (37.06)

87.01 (26.78)

Ort Siiderhackstedt (Schleswigsch) Kirchwerder (Nordniedersächs.) Menzelen (Niederfränkisch) Riesenbeck (Westfälisch) Pepelow (MecklemburgischVorpommersch)

120.77 (126.77)

57.68 (25.76)

44.01 (18.25) 16.94 (9.09) 103.99 (9.88) 83.40 (24.54) 43.5 (18.46) 51.68 (34.12) 61.09 (18.28) 62.04 (20.05) 78.28 (20.91) 34.19 (19.84) 15.52 (15.79)

Frehne (Märkisch) Gleuel (Mittelfränkisch) Hintersteinau (Rheinfränkisch) Erfurt (Westthüringisch) Berlin (Berlinisch) Friesen (Ostfränkisch) Oschelbronn (Südfränkisch) Beuren (Niederalemannisch) Neuenburg (Hochalemannisch) Lauterbach (Nordbairisch) Oberammergau (Südbai risch)

207.64 (148.63) 286.50 (253.98) 117.61 (75.69) 276.56 (162.77) 226.22 (149.21) 106.96 (120.55) 183.79 (86.56) 42.24 (52.49) 64.58 (84.21) 176.26 (178.51) 170.62 (235.89)

48.13 (25.39) 89.14 (25.33) 27.71 (18.04) 64.53 (12.38) 47.42 (21.29) 51.56 (26.78) 59.1 (15.48) 62.05 (35.39) 72.38 (28.47) 25.39 (14.55) 55.44 (34.66)

Ort Wittdün (Friesisch) Ziethen (Holsteinisch) Heitel (Nordniedersächs.) Voxtrup (Westfälisch)

F-Diff 119.67 (141.66) 209.94 (176.87) 182.72 (129.49) 202.99 (162.53)

Dauer 47.11 (24.79) 56.58 (27.80) 99.06 (48.09) 59.64 (38.48)

Mascherode (Ostfälisch)

251.83 (113.54)

Parlin (Ostpommersch) Plausen (Niederpreußisch) Hemsbach (Rheinfränkisch) Kassel (Rheinfränkisch) Würzen (Obersächsisch) Bockwitz (Schlesisch) Regelsbach (Ostfränkisch) Neubulach (Nordalemannisch) Burkheim (Niederalemannisch) Asch (Nordbairisch) München (Mittelbairisch)

213.62 (222.78) 109.45 (84.57) 87.49 (74.55) 160.15 (173.78) 234.57 (172.27) 208.23 (203.13) 157.94 (202.21) 108.12 (149.28) 140.04 (168.21) 124.85 (53.54) 107.02 (112.04)

Tabelle 5.4.2-1: Mittelwerte (incl. Standardabweichungen) für Formantdifferenzund Dauermessungen - alle Dialektorte Zum Vergleich an dieser Stelle nun noch einmal die Durchschnittswerte für die beiden Korpora zur Standardsprache. Die Auswertung des iVonje«je-Korpus führte zu hohen Werten sowohl bei den Messungen zur Formantdifferenz als auch bei den Dauern, während die Ergebnisse des Standard-Korpus im Vergleich mit den untersuchten Dialekten eher durchschnittlich sind.

219 Korpus Nonsense

F-Diff 252.73 (140.46)

Dauer 77.3 (13.84)

Korpus Standard

F-Diff 152.14 (115.99)

Dauer 48.66 (49.21)

Tabelle 5.4.2-2: Ergebnisse Formantdifferenz- und Dauermessungen (incl. Standárdabweichungen) in Korpora zur Standardsprache Die Übertragung der Meßergebnisse zu den dialektalen Varianten des Deutschen in Dialektkarten fuhrt zu folgenden Darstellungen (Abbildungen 5.4.2-1 und 5.4.2-2 - berücksichtigt wurden die absoluten Werte). Es scheint bzgl. der Formantdifferenzen eine NordSüd-Unterscheidung zu geben (hohe Werte im Norden, niedrige im Süden), während die Dauern eher eine West-Ost-Unterscheidung (hohe Dauern im Westen, niedrige im Osten) aufweisen.

Abbildung 5.4.2-1: Dialektkarte für Differenzwert bzgl. Formantdifferenzmessungen (in Hz) Die Formantdifferenzen sind in hohem Maße davon abhängig, ob es sich bei dem Sprecher um eine Frau oder um einen Mann handelt. Bei Frauen sind die Differenz werte grundsätzlich höher als bei Männern (bei Kindern sogar noch höher). So erklärt sich z.B. der hohe Wert für Öschelbronn/Südfränkisch: hier konnte eine junge Frau als Probandin gewonnen werden (zu anderen Dialekten vgl. Darstellungen in Kap. 5.3 der vorliegenden Arbeit).

220 Ort

F-Diff

Wittdiin (Friesisch)

Ort

F-Diff

Ziethen (Holsteinisch)

0.88

Süderhackstedt (Schleswigsch)

0.82

0.79

Kirchwerder (Nordniedersächs.)

0.77

Heitel (Nordniedersächs.)

0.84

Menzelen (Niederfränkisch)

0.83

Voxtrup (Westfälisch)

0.77

Riesenbeck (Westfälisch)

0.83

Mascherode (Ostfälisch)

0.79

Pepelow (MecklemburgischVorpommersch)

0.88

Parlin (Ostpommersch)

0.79

Plausen (Niederpreußisch)

0.90

Gleuel (Mittelfränkisch)

0.76

Hemsbach (Rheinfränkisch)

0.91

Hintersteinau (Rheinfränkisch)

0.89

Frehne (Märkisch)

0.78

Kassel (Rheinfränkisch)

0.86

Erfurt (Westthüringisch)

0.79

Würzen (Obersächsisch)

0.79

Berlin (Berlinisch)

0.80

Bockwitz (Schlesisch)

0.81

Friesen (Ostfränkisch)

0.91

Regelsbach (Ostfränkish)

0.85

Oschelbronn (Südfränkisch)

0.86

Neubulach (Nordalemannisch)

0.92

Beuren (Niederalemannisch)

0.96

Burkheim (Nordalemannisch)

0.87

Neuenburg (Hochalemannisch)

0.94

Asch (Nordbairisch)

0.89

Lauterbach (Nordbairisch)

0.86

München (Mittelbairisch)

0.91

Oberammergau (Südbairisch)

0.79

Tabelle 5.4.2-3: Relative Ergebnisse Formantdifferenzmessungen Die relativen Ergebnisse zu Formantdifferenzen fallen z.T. anders aus als die absoluten Werte. Die norddeutschen Dialekte (z.B. Ziethen/Holsteinisch, Voxtrup/Westfälisch und Parlin/Ostpommersch) würden nach den relativen Ergebnissen einen deutlicheren qualitativen Kontrast zwischen Vokalvarianten eines Paares zeigen, als es durch die absoluten Werte zum Ausdruck kommt. Andererseits fallen die Kontraste bei den süddeutschen Dialektorten Öschelbronn/Südfränkisch, Neuenburg/Hochalemannisch und Asch/Nordbeirisch geringer aus. Die Werte der Standardkorpora liegen bei 0.80 (Nonsense) bzw. 0.86 (Standard). Insgesamt läßt sich für die Formantdifferenzen jedoch festhalten, daß diese in den norddeutschen Dialekten sehr hoch sind, insbesondere in den ost-mitteldeutschen und niederdeutschen Dialekten mit Ausnahme des Niederpreußischen. Im Bairischen und Alemannischen sind die Werte gering (mit Ausnahme von den Dialektorten Oschelbronn und Oberammergau). Qualitative Differenzierungen von Varianten eines Vokales sind demnach in den zuletzt genannten Dialekten wohl vergleichsweise schwach ausgeprägt. Große Dauerunterschiede finden sich in westlichen Dialekten. Dies gilt für nieder- und mitteldeutsche Dialektorte, insbesondere aber auch für alemannische. Ostdeutsche und bairische Dialektorte weisen hingegen kaum Dauerdifferenzierungen auf. Hier sind also offenbar die quantitativen Unterscheidungen von Varianten eines Vokales auf einem sehr niedrigen Niveau.

221

Abbildung 5.4.2-2: Dialektkarte für Differenzwerte bzgl. Dauermessungen (in ms) Die relativen Werte der Dauerdifferenzen zeigen für Perlin/Ostpommersch deutlich größere Vergleichswerte als die absoluten Ergebnisse, d.h. für Parlin ergibt sich hier ein größerer Dauerkontrast. Ansonsten sind die Unterschiede zwischen absoluten und relativen Ergebnissen jedoch nicht gravierend. Folgende Tabelle gibt einen Überblick über die berechneten relativen Dauerdifferenzwerte der untersuchten Dialektorte. Ort

Dauer

Ort

Dauer

Wittdün (Friesisch)

0.66

Süderhackstedt (Schleswigsch)

0.61

Ziethen (Holsteinisch)

0.62

Kirchwerder (Nordniedersächs.)

0.46

Heitel (Nordniedersächs.)

0.46

Menzelen (Niederfränkisch)

0.46

Voxtrup (Westfälisch)

0.62

Riesenbeck (Westfälisch)

0.70

Mascherode (Ostfálisch)

0.49

Pepelow (MecklemburgischVorpommersch)

0.65

Parlin (Ostpommersch)

0.60

Frehne (Märkisch)

0.64

Plausen (Niederpreußisch)

0.82

Gleuel (Mittelfränkisch)

0.49

Hemsbach (Rheinfränkisch)

0.39

Hintersteinau (Rheinfränkisch)

0.74

Kassel (Rheinfränkisch)

0.50

Erfurt (Westthüringisch)

0.55

Würzen (Obersächsisch)

0.65

Berlin (Berlinisch)

0.59

Bockwitz (Schlesisch)

0.66

Friesen (Ostfränkisch)

0.60

222 Ort

Dauer

Ort

Dauer

Regelsbach (Ostfränkish)

0.53

Oschelbronn (Südfränkisch)

0.61

Neubulach (Nordalemannisch)

0.56

Beuren (Niederalemannisch)

0.63

Burkheim (Nordalemannisch)

0.52

Neuenburg (Hochalemannisch)

0.62

Asch (Nordbairisch)

0.66

Lauterbach (Nordbairisch)

0.73

München (Mittelbairisch)

0.82

Oberammergau (Südbairisch)

0.64

Tabelle 5.4.2-4: Relative Ergebnisse Dauernmessungen Die standarddeutschen Korpora weisen relative Differenzwerte von 0.48 (NonsenseKorpus) bzw. 0.60 (Standard-Korpus) und damit einen im Vergleich mit den Dialekten relativ großen Dauerkontrast auf.

5.4.3

Zusammenfassung

Mit den akustischen Merkmalen Energieverlauf, Formantdifferenz und Dauer, die jeweils für den betonten Vokal einer trochäischen Struktur ermittelt wurden, konnte für eine Reihe von Dialektorten nachgewiesen werden, in welcher Weise in diesen Varianten eines Vokales akustisch-phonetisch unterschieden werden. Folgende Tabelle faßt auf der Basis der absoluten Meßwerte die Ausprägungen der untersuchten akustischen Parameter in dialektalen Varianten des Deutschen zusammen. Dabei werden 5 unterschiedliche Grade der Ausprägung angegeben, entsprechendend den bereits in den Dialektkarten zu Formantdifferenzen und Dauern sowie zum Energiemerkmal EHalt für die Dialekte im direkten Vergleich verwendeten Einteilungen, mit [++] als besonders starker und [--] als besonders schwacher Ausprägung als Extrempunkte (dazwischen: [+] starke, [0] durchschnittliche und [-] schwache Ausprägung). Die Grenzwerte entsprechen denen, die für die Erstellung der Dialektkarten bereits Anwendung gefunden haben. Ausgehend von dem höchsten und dem niedrigsten Durchschnittswert der Dialektorte wurde der Zwischenbereich in 5 gleich große Intervalle eingeteilt9. Für die Notierung unter dem Punkt Energie in folgender Tabelle ist das Merkmal Ε-Halt entscheidend.

9

Dialektort

Energie

Formantdiff.

Vok. Dauer

Wittdün (Friesisch)

++

0

-

Süderhackstedt (Schleswigsch)

0

+

0

Ziethen (Holsteinisch)

+

+

0

Kirchwerder (Nordniedersächs.)

0

++

+

Heitel (Nordniedersächs.)

0

+

+

Menzelen (Niederfränkisch)

0

0

+

So ergeben sich z.B. bei der Einteilung der Intervalle fur die Differenzwerte der vokalischen Dauer mit dem höchsten Durchschnittswert für einen der untersuchten Dialekte bei 103.99ms (errechnet für Hemsbach) und dem niedrigsten Wert von 15.55ms (München) die sinnvollen Grenzwerte [100].

223 Dialektort

Energie

Formantdiff.

Vok. Dauer

Voxtrup (Westfälisch)

+

+

0

Riesenbeck (Westfälisch)

-

+

-

Mascherode (Ostfälisch)

-

++

+

Pepelow (Mecklenburgisch-Vorpommersch)

+

0

0

Parlin (Ostpommersch)

+

+

-

Frehne (Märkisch)

+

+

-

Plausen (Niederpreußisch)

-

-

Gleuel (Mittelfränkisch)

0

++

+

Hemsbach (Rheinfränkisch)

-

-

++

0

-

Hintersteinau (Rheinfränkisch)

-

Kassel (Rheinfränkisch)

0

0

+

Erfurt (Thüringisch)

++

++

0

Würzen (Obersächsisch)

+

++

-

Berlin (Berlinisch)

0

+

-

Bockwitz (Schlesisch)

+

0

0

Friesen (Ostfränkisch)

-

-

0

Regelsbach (Ostfränkisch)

-

0

0

-

+

0

-

-

0

Oschelbronn (Südfränkisch) Neubulach (Nordalemannisch) Beuren (Niederalemannisch)

-

Burkheim (Niederalemannisch)

-

0

+

Neuenburg (Hochalemannisch)

-

-

0

0

Asch (Nordbairisch)

0

0

-

Lauterbach (Nordbairisch)

0

+

-

München (Mittelbairisch)

-

-

Oberammergau (Südbairisch)

-

+

0

Tabelle 5.4.3-1: Akustische Ausprägungen der vokalischen Differenzierungen in untersuchten Dialekten - absolute Meßwerte Lediglich im Fall von München und Plausen wurden für keinen der ausgemessenen akustischen Parameter im Vergleich mit anderen untersuchten Dialektorten zumindest durchschnittliche Ergebnisse gemessen. Sehr schwache Ausprägungen sind auch in Asch, Beuren, Friesen, Hintersteinau, Neubulach, Neuenburg und Regelsbach feststellbar, wobei Neubulach und Neuenburg noch relativ starken Dauerkontrast aufweisen.

224

Abbildung 5.4.3-1: Dialektkarte für phonetisch relevante Ausprägung bei Vokaldifferenzierung Obige Abbildung gibt auf der Basis ermittelter absoluter Werte die geographischen Räume schematisch an, in denen qualitative (Formantdifferenz - F-Diff) oder quantitative (Dauer) Differenzierungen im Vordergrund stehen (d.h. starke bzw. sehr starke Ausprägungen im oben beschriebenen Sinne anzutreffen sind), bzw. Merkmale einer Silbenschnittopposition auf Basis der Daten zum Energieverlauf (hier nur zum primärer Energiekorrelat E-Halt) anzunehmen ist. Mit diesen drei Merkmalen sind die in der Forschungsliteratur meistdiskutierten akustischen Unterscheidungsmerkmale der vokalischen Opposition im Deutschen berücksichtigt. Es ist anzunehmen, daß die durch die Schraffierung markierten Räume, in denen bestimmte phonetische Merkmale anzutreffen sind, über die politischen Grenzen hinausgehen, insbesondere im Süden, aber wohl auch im Westen. In vielen Dialektorten sind die Merkmale kombiniert. Es gibt jedoch auch einen sehr großen Raum, in dem keines der Merkmale relevant hervortritt. Im Bairischen (mit Ausnahme des Südbairischen, in dem signifikante qualitative Unterscheidungen festzustellen sind), östlichen Niederalemannisch und Ostfränkisch sowie im „geographisch abgelegenen" Niederpreußisch liegen die Analyseergebnisse deutlich unter den Durchschnittswerten fur alle Dialekte und können daher als nur schwach differenzierend angenommen werden. Es ist deshalb denkbar, daß andere Parameter eine Differenzierung der Vokale begünstigen. Für den mittelbairischen Dialektort

225 München konnte durch Untersuchungen zur Dauer der intervokalischen Konsonanten eine kombinatorischer Zusammenhang zwischen Vokaldauer und Dauer des folgenden Konsonanten in betonten Silben nachgewiesen werden, in dem Sinne, daß vokalische Länge mit konsonantischer Kürze und vokalische Kürze mit konsonantischer Länge bei etwa konstanter Gesamtdauer der Sequenz [betonter Vokal + interv. Konsonant] einhergeht. Gleiches gilt für Beuren (Niederalemannisch), Asch (Nordbairisch), wenn auch nur in abgeschwächter Form, und fiir Plausen (Niederpreußisch). Dialektort -

Plausen (Niederpreußisch) Hintersteinau (Rheinfränkisch) Friesen (Ostfränkisch) Regelsbach (Ostfränkisch) Beuren (Niederalemannisch) Asch (Nordbairisch) München (Mittelbairisch) Oberammergau (Siidbairisch)

Vok. Dauer

Kand-sanft Kons. Summe Dauer

Vok. Dauer

Kand-scharf Kons. Summe Dauer

Differenz Kons. Summe Dauer

90.31

46.05

136.36

87.72

53.99

141.72

-7.94

-5.36

108.94

40.82

149.76

80.83

37.14

111.14

3.68

31.79

134.48

51.87

178.01

77.71

46.41

124.12

5.46

53.89

121.73

50.6

172.33

85.64

43.8

129.44

6.8

42.89

148.17

97.17

245.33

118.28

124.33

242.61

-27.17

2.72

91.23

60.2

151.43

67.53

71.29

138.82

-11.09

12.61

85.02

47.83

132.85

65.03

70.22

135.25

-22.39

-2.40

154.21

95.88

250.09

95.11

100.38

195.49

-4.51

54.6

Tabelle 5.4.3-2: Vergleich vokalischer und konsonantischer Dauer - absolute Werte Obige Tabelle faßt die Ergebnisse zu Messungen der Dauer der intervokalischen Konsonanten für die Dialektorte zusammen, in denen andere Differenzierungsmerkmale der Varianten eines Vokales nur schwach im Vergleich mit anderen Dialektorten ausgeprägt sind. Als zusätzlichen Ort, der geographisch in den Rahmen der genannten Dialekte passen würde, könnte man Lauterbach anführen. Dort sind jedoch qualitative Differenrenzierungen stark ausgeprägt, weshalb dieser Dialektort in obiger Tabelle fehlt, da diese grundsätzlich nur Dialektorte umfaßt, die weder qualitative, noch quantitative, noch Silbenschnittkontraste aufweisen. Lauterbach zeigt schwache Anzeichen einer konsonantischen Quantität. Die Dauer der interv. Konsonanten steigt bei Kandidaten für scharfen Schnitt um 2.68 ms an, jedoch fällt die Gesamtdauer der Sequenz [betonter Vokal + interv. Konsonant] in diesem Fall erheblich. Relative Werte der konsonantischen Dauer in Bezug auf die Dauer der Gesamtsequenz [betonter Vokal + intervokalischer Konsonant], wie Hinderling (1980) sie ermittelt, verschleiern die Ergebnisse, die unter Bezug auf absolute Werte formuliert werden können. Zwar läßt sich ein prozentualer Zuwachs der konsonantischen Dauer an der Dauer der Gesamtsequenz feststellen, allerdings konnte dieser auch für standarddeutschen Korpora ermittelt werden (vgl. Kap. 4.2.2), so daß man evtl. von einer „normalen" Erscheinung ausgehen muß. In folgender Tabelle sind die relativen Dauern der Konsonanten für die acht ausgewählten Dialektorte zusammengefaßt.

226 Ort -

relative kons. Dauer Kand-sanft

Ort

Kand-scharf

-

relative kons. Dauer Kand-sant

Kand-scharf

Plausen

0.34

0.38

Hintersteinau

0.27

0.33

Friesen

0.29

0.38

Regelsbach

0.29

0.34

Beuren

0.39

0.51

Asch

0.39

0.51

München

0.36

0.52

Oberammergau

0.38

0.51

Tabelle 5.4.3-3: Vergleich vokalischer und konsonantischer Dauer - relative Werte Während in Plausen, Hintersteinau und Regelsbach der Anteil der konsonantischen Dauer an der Dauer der Gesamtsequenz bei Kandidaten für scharfen Schnitt nur wenig (4% - 6%) über dem Wert bei Kanddidaten für sanften Schnitt liegt, ist dieser Unterschied in den anderen Dialektorten deutlicher wahrnehmbar (9% bei Friesen, sogar 16% in den Münchener Daten). Die standarddeutschen Vergleichsdaten weisen relative Werte von 0.36 bei sanftem Schnitt vs. 0.53 bei scharfem Schnitt (Afonsewie-Korpus) bzw. 0.33 vs. 0.44 (StandardKorpus) auf und zeigen damit einen Anstieg der relativen Konsonantendauer bei scharfem Schnitt von 17% bzw. 11%. Die von Bannert (1976) nachgewiesene komplementäre Dauerverteilung im Mittelbairischen, von der im Standarddeutschen nicht die Rede sein kann, wird durch die Bildung relativer Dauern also nicht sichtbar. Die absolute Dauer der Konsonanten nimmt bei sog. „Kurzvokalen" statistisch gesehen in den Dialektorten Plausen, Beuren, Asch, München und Oberammergau (hier am schwächsten) zu. Im Dialekt von Oberammergau nimmt jedoch die Gesamtdauer der Sequenz [betonter Vokal + interv. Konsonant] sehr stark ab, so daß das neben dem Anstieg der Konsonantendauer nach sog. „Kurzvokalen" zweite Kriterium für einen kombinatorischen Zusammenhang zwischen Vokal- und Konsonantendauer, wie Bannert (1976) sie für das Mittelbairische nachgewiesen hat, hier nicht erfüllt ist. Für Asch gilt dies in ähnlicher Weise. Nur Plausen und München, die beiden Dialektorte, die am wenigsten Kontraste in Bezug auf Energieverläufe, Formantdifferenzen und Dauern aufweisen, zeigen sogar eine Zunahme der Gesamtdauer der betrachteten Sequenz und damit am deutlichsten Anzeichen für das Vorhandensein kombinatorischer Länge. Dies ist für München nicht überraschend, für Plausen hingegen sehr wohl. Für diesen Dialektort (oder für das Niederpreußische allgemein) sollten noch weitere, ausgedehntere Untersuchungen folgen, die die aufgrund der hier vorliegenden Daten gemachten Vermutungen bzgl. einer kombinatorischen Länge im Niederpreußischen verifizieren oder falsifizieren könnten. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sind leider nur begrenzte empirische Untersuchungen möglich. Folgendes gilt es festzuhalten: Die Dialektkarten zeigen nicht nur eine Korrelation der Merkmale Ε-Zahl und Dauer der betrachteten Vokale (daß eine solche Korrelation besteht, wurde ja bereits durch die Untersuchungen zum Finnischen und Tschechischen deutlich), sondern auch der Merkmale Ε-Halt und Formantdifferenz. Das primäre Energiekorrelat EHalt wird, zumindest in der vorliegenden Arbeit, als meßbare phonetische Äußerung des Silbenschnittes, die Formantdifferenz als Äußerung der Qualität verstanden. Daß eine Korrelation zwischen den beiden Merkmalen Silbenschnitt und Qualität zu bestehen scheint, haben auch Claßen et al. (1998) bereits feststellen können. Dieser Befund stützt das gefundene Korrelat des Silbenschnittes Ε-Halt weiter.

6. Zusammenfassung und Ausblick

Die vorliegende Arbeit beschäftigte sich mit einem in der sprachwissenschaftlichen Diskussion der letzten Jahre zu neuem Leben erweckten Thema, dem Silbenschnitt. In Kapitel 3 wurde eine kurze Einführung in die Forschungsgeschichte und in die theoretische Seite der Erscheinung gegeben. Kapitel 4 beschäftigte sich mit der Hochsprache (Standarddeutsch in eine nord-westdeutschen Färbung) und zeigte mögliche akustische Korrelate des Silbenschnittes auf. In Kapitel 5 schließlich wurde versucht, die gewonnen Erkenntnisse des vorhergehenden Kapitels auf regionale Varianten des Deutschen anzuwenden, mit folgenden Ergebnissen: •



Als phonetisches Korrelat für den Silbenschnitt kommt der Energieverlauf auf dem betonten Vokal in Frage. Es lassen sich drei Merkmale des Energieverlaufs isolieren, wovon insbesondere das „Halten eines hohen Energieniveaus", das bei sanftem Schnitt deutlich stärker ist als bei scharfem Schnitt, ein stabiles Korrelat für den Silbenschnitt darstellt. Die Anzahl der Energiemaxima (durchschnittlich zwei bei sanftem, ein bis zwei bei scharfem Schnitt) und die Position einzelner Energiemaxima im Vokal (bei scharfem Schnitt erscheint das Maximum früher als bei sanftem) sind zusätzliche Merkmale, die die Identifizierung eines Silbenschnittkontrastes unterstützen. Allerdings sind beide zuletzt genannten Merkmale stark von äußeren Faktoren abhängig, was sie zu „sekundären Energiekorrelaten", das Halten eines hohen Energieniveaus jedoch zu einem „primären Energiekorrelat" macht. Dialekte im Norden des deutschen Sprachraumes, insbesondere im niederdeutschen und ostmitteldeutschen Raum, zeigen am deutlichsten Merkmale von Silbenschnittsprachen (auf der Basis von Messungen zum Energiekorrelat). Am schwächsten sind diese Merkmale in Dialektorten im ostfränkischen Sprachraum sowie im östlichen Rheinfränkischen ausgebilet. Im Südwesten (Baden) weisen die dialektalen Daten große Unterschiede in den Dauern auf, ebenso die Dialektorte aus dem niederfränkischen, west- und ostfälischen Raum. Größte qualitative Unterschiede zeigen sich in östlichen Dialekten (mit Ausnahme des Niederpreußischen) in den westniederdeutschen Dialekten aber z.T. auch in den untersuchten niederalemannischen und südbairischen Dialekten. In den nord- und mittelbairischen Dialekten liegen besondere Verhältnisse vor, die durch Dauernkontrast der intervokalischen Konsonanten geprägt werden.

Mit diesen Ergebnissen werden die Thesen aus dem Einleitungskapitel im großen und ganzen bestätigt. In der vorliegenden Arbeit ging es vor allen Dingen um den phonetischen Nachweis von Silbenschnittmerkmalen. Es ist wichtig zu betonen, daß das Vorhandensein von signalphonetisch nachzuweisenden Merkmalen noch nicht gleichbedeutend ist mit deren phonologischer Nutzung. Mit dem Merkmal Ε-Halt wurde ein akustisches Korrelat gefunden, daß den gängigen Beschreibungen des Silbenschnittes, die i.d.R. alle Bezug auf Energieverläufe nehmen, intuitiv sehr nahe kommt, allerdings muß betont werden, daß auch andere phonetische Ausprägungen eine prosodische Erscheinung charakterisieren können, die man als „Silbenschnitt" bezeichnen könnte. So halte ich es durchaus für legitim, die in

228 bairischen Dialekten anzutreffende kombinatorische Verteilung von Vokaldauer und Dauer des Folgekonsonanten als Silbenschnitt zu bezeichnen, wie Kufner (1964) es tut, da auch hier eine besondere Beziehung zwischen betontem Vokal und Folgekonsonant im Vordergrund steht, die auch den Sievers'schen Begriff vom Silbenschnitt bestimmt. Nur muß man sich darüber im Klaren sein, daß es sich hier um eine andere Art des Silbenschnittes als in den nord- und mitteldeutschen Dialekten handelt. Die Beschränkung des Untersuchungsgegenstandes auf trochäische Wortformen, die einen einzelnen intervokalischen Konsonanten aufweisen, läßt Raum für weiterführende Untersuchungen. So wäre z.B. zu fragen, ob die in dieser Arbeit beschriebenen phonetischen Silbenschnittmerkmale auch in nebentonigen Silben im Standarddeutsch nachzuweisen sind. Gleiches gilt auch für einsilbige Wörter und für Wortformen, in denen auf den betrachteten betonten Vokal mehrere Konsonanten folgen. Schließlich sind auch Untersuchungen zu anderen Silbenschnittsprachen wie dem Niederländischen denkbare an diese Arbeit anschließende Aufgaben. Die vorliegende Arbeit mußte sich jedoch auf den beschriebenen Gegenstand beschränken.

Literatur

Adelung, Johann Christoph (1790): Vollständige Anweisung zur deutschen Orthographie nebst einem kleinen Wörterbuche für die Aussprache, Orthographie, Biegung und Ableitung. - Leipzig: Weygand [2. Auflage]. Ammon, Ulrich (1991): Die internationale Stellung der deutschen Sprache. - Berlin, New York: de Gruyter. Archangeli, Diana; D. Terence Langendoen (Hgg.)(1997): OptimalityTheory. An Overview. - Oxford: Blackwell. Auer, Peter (1986): Konversationelle Standard/Dialekt-Kontinua (Code-Shifting). - In: Deutsche Sprache 14, S. 97-124. (1989): Zur Dehnung im Alemannischen (Am Beispiel des Konstanzer Stadtdialektes). - In: Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik, LVI. Jahrgang, Heft 1, S. 32-57. (1990): Phonologie der Alltagssprache. - Berlin, New York: de Gruyter. (1994): Einige Argumente gegen die Silbe als universale prosodische Hauptkategorie. - In: Ramers, Karl Heinz; Heinz Vater; Hennig Wode (Hgg.): Universale phonologische Strukturen und Prozesse. Tübingen: Niemeyer, S. 55-78. (1998): Variabilität der intervokalischen Position in deutschen Trochäen. - In: Germanistische Linguistik 141-142, S. 304-333. Auer, Peter; Susanne Uhmann (1988): Silben- und akzentzählende Sprachen. - In: Zeitschrift für Sprachwissenschaft!,2. S. 214-259. Baader, Theodor (1937): Der Intensivierungsverlauf des germanischen Akzentes. Ein Beitrag zur Erkenntnis der germanischen Silbenbildung. - In: Mélanges de linguistique et de philologie offerts a Jacq. van Ginneken. Paris: Klincksieck, S. 231-255. (1961): Voxtrup - Kreis Osnabrück. - Göttingen: Vandenhoeck/Ruprecht (= Lautbibliothek der deutschen Mundarten 19). Bach, Adolf (1920): Die Schärfung in der Moselfränkischen Mundart von Arzbach (Unterwesterwaldkreis). - In: Beiträge zur Geschichte der Deutschen Sprache und Literatur 45, S. 266-290. Bannert, Robert (1976): Mittelbairische Phonologie auf akustischer und perzeptorischer Grundlage. - Lund: Gleerup; München: Fink. (1977): Quantität im Mittelbairischen: Komplementäre Länge von Vokal und Konsonant. - In: Dressler, Wolfgange Ulrich; Oskar E. Pfeiffer (Hgg.): Phonologica 1976. Akten der dritten Internationalen Phonologie-Tagung, Wien 1.-4.9.1976. Innsbruck: Institut für Sprachwissenschaft. Bauer, Erika (1959): Hemsbach / Baden. - Göttingen: Vandenhoeck/Ruprecht (= Lautbibliothek der deutschen Mundarten 15/16). ( 1961 ): Neckarsteinach und Darsberg - Kreis Bergstraße. - Göttingen: Vandenhoeck/Ruprecht (= Lautbibliothek der deutschen Mundarten 23/24). Bausinger, Hermann; Arno Ruoff (1959): Beuren - Kreis Wangen im Allgäu. - Göttingen: Vandenhoeck/Ruprecht (= Lautbibliothek der deutschen Mundarten 12/13). Becker, Thomas (1997): Zur Repräsentation der Vokallänge in der deutschen Standardsprache. - In: Zeitschrift für Sprachwissenschaft 15, S. 3-21. (1998): Das Vokalsystem der deutschen Standardsprache. - Frankfurt/Main: Lang. Behagel, Otto (1891): Geschichte der deutschen Sprache. - In: Paul, Hermann (Hg.): Grundriß der germanischen Philologie. Straßburg. Bd.l, S. 526-633. Bellmann, Günter (1983): Probleme des Substandards im Deutschen. - In: Mattheier, Klaus J. (Hg.): Aspekte der Dialekttheorie. Tübingen: Niemeyer, S. 105-130.

230 -

(1997): Zur Technik und Aussagefáhigkeit zweidimensionaler Dialekterhebung und Dialektkartographie am Beispiel des Mittelrheinischen Sprachatlasses. - In: Stickel, Gerhard (Hg.): Varietäten des Deutschen. Regional- und Umgangssprachen. Berlin, New York: de Gruyter, S. 271-290. Besch, Werner; Ulrich Knoop; Wolfgang Putschke; Herbert Ernst Wiegand (Hgg.) (1982): Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung. 2 Bände. - Berlin, New York: de Gruyter. Bethge, Wolfgang (1970): Riesenbeck - Kreis Tecklenburg. - Tübingen: Niemeyer (= Phonai - Lautbibliothek der europäischen Sprachen und Mundarten Band 6, S. 7-65). (1963): Beziehungen der Generation zur Quantität in den deutschen Mundarten. - In: Phonetica 9, S. 200-208. Bethge, Wolfgang; Werner Flechsig (1958): Mascherode - Kreis Braunschweig. - Göttingen: Vandenhoeck/Ruprecht (= Lautbibliothek der deutschen Mundarten 3). Bichel, Ulf (1980): Umgangssprache. - In: Althaus, Hans Peter; Helmut Henne; Herbert Ernst Wiegand (Hgg.): Lexikon der Germanistischen Linguistik. - Tübingen: Niemeyer [2. überarbeitete Auflage], S. 379-383. Blevins, Juliette (1995): The Syllable in Phonological Theory. - In: Goldsmith, John A. (Hg.): The Handbook of Phonological Theory. Oxford: Blackwell, S. 206-244. Bloomfield, Leonard (1933): Language. - London: George Allen/Unwin Ltd. [zitiert nach 12. Auflage 1973]. Bonnin, Gunther M. (1964): Some Acoustic Aspects of Final Stop Allophones in Contemporary German. - In: Phonetica 11, S. 65-100. Boor, Helmut de; H. Moser; Ch. Winkler (Hgg.) (1969): Siebs, Theodor: Deutsche Aussprache. Berlin: de Gruyter [1. Auflage 1898 als „Deutsche Bühnenaussprache"]. Bortz, Jürgen ( 4 1993): Statistik für Sozialwissenschaftler. - Berlin, Heidelberg, New York, London, Paris, Tokyo, Hong Kong, Barcelona, Budapest: Springer-Verlag. Bußmann, Hadumod (1990): Lexikon der Sprachwissenschaft. - Stuttgart: Kröner [2. Auflage]. Chomsky, Noam (1965): Aspects of the theory of syntax. - Cambridge: The MIT Press. (1973): Strukturen der Syntax. - The Haque, Paris: Mouton [engl. Erstausgabe 1957]. ( 1986): Barriers. - Cambridge: The MIT Press. Chomsky, Noam; Morris Halle (1968): The Sound Pattern of English. - Cambridge: The MIT Press [zitiert nach 3. Auflage 1995]. Claßen, Kathrin; Grzegorz Dogil; Michael Jessen; Krzysztof Marasek; Wolfgang Wokurek (1998): Stimmqualität und Wortbetonung im Deutschen. - In: Linguistische Berichte 174, S. 202-245. Clauß, Günter (1999). Statistik für Soziologen, Pädagogen, Psychologen und Mediziner: Grundlagen. - Thun, Frankfurt/Main: Deutsch [3., überarbeitete Auflage]. Clements, George N.; Samuel Jay Keyser (1983): CV Phonology. A Generative Theory of the Syllable. - Cambridge: The MIT Press. Deutscher Sprachatlas (DSA) (1927-56). bearb. v. F. Wrede, B. Martin, W. Mitzka. - Marburg: Elwert. Dittmar, Norbert (1997): Grundlagen der Soziolinguistik - Ein Arbeitsbuch mit Aufgaben. Tübingen: Niemeyer (= Konzepte der Sprach- und Literaturwissenschaft 57) Duden - Aussprachewörterbuch (1990). - Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich: Dudenverlag [3. Auflage]· Duden - Grammatik der deutschen Gegenwartssprache (1995). - Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich: Dudenverlag [5. Auflage]. Duden - Rechtschreibung (1986). - Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich: Dudenverlag [19. Auflage]. Dürr, Michael; Peter Schlobinski (1994): Einführung in die deskriptive Linguistik. - Opladen: Westdeutscher Verlag [2., überarbeitete Auflage - 1. Auflage 1990], Durand, Marguerite (1946): Voyelles longues et voyelles brèves. Essai sur la nature de la quantité vocalique. - Paris: Klincksieck.

231 Durrell (1998): Zum Problem des sprachlichen Kontinuums im Deutschen. - In: Zeitschrift für germanistische Linguistik 26, S. 17-30. Eisenberg, Peter (1991): Syllabische Struktur und Wortakzent. - In: Zeitschrift für Sprachwissenschaft 10,1. S. 37-64 Eisenberg, Peter; Karl Heinz Ramers, Heinz Vater (Hgg.) (1992): Silbenphonologie im Deutschen. Tübingen: Narr. Essen, Otto von (1940): Melodische Bewegungen der Sprechstimme in deutschen Mundarten. - In: Forschungen und Fortschritte 16, S. 63-64. (1962): Trubetzkoy's "fester" und "loser Anschluß" in experimentalphonetischer Sicht. - In: Proceedings of the 4th International Congress of Phonetic Science 1961. The Hague: Mouton, S. 590-597. (1964): Kirchwerder bei Hamburg. - Göttingen: Vandenhoeck/Ruprecht (= Lautbibliothek der deutschen Mundarten 33/34). (1979): Allgemeine und Angewandte Phonetik. - Berlin: Akademie-Verlag [5. Auflage]. Fant, Gunnar (1973): Speech Sounds and Features. - Cambridge: The MIT Press. Fischer-J0rgensen, E. (1941): L0S og fast tilslutning. - In: Nordisk Tidsskrift for Tale og Stemme 5. Jahrgang 3, S. 41-69. - (1969): Untersuchungen zum sogenannten festen und losen Anschluß. - In: Kopenhagener Germanistische Studien 1, S. 138-164. (1985): Some Basic Vowel Features, Their Articulatory Correlates, and Their Explanatory Power in Phonology. - In: Fromkin, Victoia A. (Hg.): Phonetic Linguistics. Essays in Honor of Peter Ladefoged. Orlando: Academic Press, S. 79-99. (1990): Intrinsic F 0 in Tense and Lax Vowels with Special Reference to German. - In: Phonetica 47, S. 99-140. Fliflet, Albert Lange (1962): Einige Beobachtungen über Anschluß und Silbe. - In: Proceedings of the 4th International Congress of Phonetic Science 1961. The Hague: Mouton, S. 610-615. Frey, Evelyn (1994): Einführung in die Historische Sprachwissenschaft des Deutschen. - Heidelberg: Groos. Frings, Theodor (1916): Die rheinische Accentuierung. - Marburg: Elwert (= Deutsche Dialektgeographie 14). Fudge, E.C. (1969): Syllables. - In: Journal of Linguistics 5, S. 253-286. Gallasch, Christa (Hg.) (1988): A Bientôt 1. Französisch für Erwachsene. - Stuttgart: Klett. Gamon, Michael (1996): German Word Stress in a Restricted Metrical Theory. - In: Linguistische Berichte 162, S. 107-136. Gericke, Ingeborg (1963): Die Intonation der Leipziger Umgangssprache. - In: Zeitschrift für Phonetik, Sprachwissenschaft und Kommunikation 16, S. 337-369. Gesamtkatalog der Tonaufnahmen des Deutschen Spracharchivs (1992). - Tübingen: Niemeyer (= Phonai - Lautbibliothek der deutschen Sprache Bände 38/39). Gibbon, Dafydd; Helmut Richter (1984): Intonation, Accent and Rhythm. - Berlin, New York: de Gruyter. Giegerich, Heinz J. (1983): Metrische Phonologie und Kompositionsakzent im Deutschen. - In: Papiere zur Linguistik. S. 3-27. ( 1985): Metrical Phonology and Phonological Structure. - Cambridge University Press. (1987): Zur Schwa-Epenthese im Stadarddeutschen. - In: Linguistische Berichte 112. S. 449-469. (1992): Onset maximation in German: the case against resyllabification rules. - In: Eisenberg, Peter; Karl Heinz Ramers; Heinz Vater (Hgg.): Silbenphonologie des Deutschen. Tübingen: Narr, S. 134-171. Gilles, Peter (1998): Die Emanzipation des Lëtzeburgischen aus dem Gefuge der deutschen Mundarten. - In: Zeitschrift für deutsche Philologie 117, S. 20-35.

232 -

(1999): Dialektausgleich im Lëtzeburgischen. Zur phonetisch-phonologischen Fokussierung einer Nationalsprache. - Tübingen: Niemeyer. Gleason, H.A. (1969): An Introduction to Descriptive Linguistics. - London: Holt, Rinehart and Winston. Goldsmith, John (1990): Autosegmental and metrical phonology. - Oxford: Blackwell. (1995): Phonological Theory. - In: Goldsmith, John (Hg.): The Handbook of Phonological Theory. Oxford: Blackwell, S. 1-23. Goossens, Jan (1959): Experimented onderzoek van sleepton an stoottoon in het dialect van Genk. In: Heidebloemke 19, S. 46-54. (1977): Deutsche Dialektologie. - Berlin, New York: de Gruyter. (1980): Areallinguistik. - In: Althaus, Hans Peter; Helmut Henne; Herbert Ernst Wiegand (Hgg.): Lexikon der Germanistischen Linguistik. - Tübingen: Niemeyer [2. überarbeitete Auflage], S. 445-453. Gütter, Adolf (1962): Asch / Westsudetenland. - Göttingen: Vandenhoeck/Ruprecht (= Lautbibliothek der deutschen Mundarten 27). (1963): Lauterbach / Kaiserwald. - Göttingen: Vandenhoeck/Ruprecht (= Lautbibliothek der deutschen Mundarten 29). Gussenhoven, Carlos; Haike Jakobs (1998): Understanding Phonology. - London: Arnold. Hakkarainen, Heikki J. (1995): Phonetik des Deutschen. - München: Fink (UTB 1835). Hall, Tracy Alan (1992): Syllable Final Clusters and Schwa Epenthesis in German. - In: Eisenberg, Peter; Karl Heinz Ramers; Heinz Vater (Hgg.): Silbenphonologie des Deutschen. Tübingen: Narr, S. 208-245. Halle, M; G.W. Hughes; J.-P. A. Radley (1957): Acoustic Properties of Stop Consonants. - In: Journal of the Acoustical Society of America 29, S. 107-16. Hayes, Bruce (1980): A Metrical Theory of Stress Rules. Dissertation MIT. - New York: Garland 1985. (1989): Compensatory lengthening in moraic phonology. - In: Linguistic Inquiry 20, S. 253-306. Hedemann, Walter (1958): Berlin. - Göttingen: Vandenhoeck/Ruprecht (= Lautbibliothek der deutschen Mundarten 8). Heid, Sebastian (1997): Individual Differences Between Vowel Systems of German Speakers. - In: Forschungsberichte des Instituts für Phonetik und Sprachliche Kommunikation der Universität München [FIPKM] 35, S. 27-34. (1998): Phonetische Variation: Untersuchungen anhand des PhonDat2-Korpus. - In: Forschungsberichte des Institutes für Phonetik und Sprachliche Kommunikation der Universität München [FIPKM] 36, S. 193-368. Heike, Georg (1969): Suprasegmentale Analyse. - Marburg: Elwert (= Marburger Beiträge zur Germanistik 30). (1970a): Gleuel - Kreis Köln. - Tübingen: Niemeyer (= Phonai - Lautbibliothek der europäischen Sprachen und Mundarten Band 6, S. 69-127). (1970b): Lautdauer als Merkmal der wahrgenommenen Quantität, und Betonung im Deutschen. In: Proceedings of the 6th International Congress of Phonetic Sciences, S. 433-437. (1983): Suprasegmentale dialektspezifische Eigenschaften. Überblick und Forschungsbericht. In: Besch, Werner et al. (Hgg.): Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung. Berlin, New York: de Gruyter, S. 1154-1169. (1992): Zur Phonetik der Silbe. - In: Eisenberg, Peter; Karl Heinz Ramers; Heinz Vater (Hgg.): Silbenphonologie des Deutschen. Tübingen: Narr, S. 1-44. Hinderling, Robert (1980): Lenis und Fortis im Bairischen. Versuch einer morphophonemischen Interpretation. - In: ZDL 47, S. 25-51. Hock, Hans Henrich (1986): Compensatory Lengthening: In defense of the concept „Mora". - In: Folia Linguistica 20, S. 431-460.

233 Hoole, Philip; Christine Mooshammer; Hans G. Tillmann (1994): Kinematic Analysis of Vowel Production in German. - In: Proceedings of the 1994 International Conference on Spoken Language Processing, September 18-22 1994. Yokohama. Hooper, Joan B. (1972): The Syllable in Phonological Theory. - In: Language 48/3, S. 525-540. Hove, Ingrid (1995): Zur Aussprache der Standardsprache in der deutschen Schweiz. - In: Löffler, Heinrich (Hg.): Alemannische Dialektforschung. Bilanz und Perspektiven. Beiträge zur 11. Arbeitstagung alemannischer Dialektologen. Tübingen, Basel: Francke, S. 291-293. Huesmann, Anette (1998): Zwischen Dialekt und Standard. Empirische Untersuchung zur Soziolinguistik des Varietätenspektrums im Deutschen. - Tübingen: Niemeyer (= Reihe Germanistische Linguistik 199). Hülst, Harry van der; Norval Smith (1982): An Overwiev of Autosegmental and Metrical Phonology. - In: Hülst, Harry van der; Norval Smith (Hgg.): The structure of phonological representations Parti. Dordrecht: Foris, S. 1-45. Hyman, Larry (1985): A Theory of Phonological Weight. - Dordrecht: Foris. Ickelsamer, Valentin (1534): Teutsche Grammatica. - Nürnberg [zitiert nach Müller 1882]. International Phonetic Association (1949): The Principals of the International Phonetic Association. Department of Phonetic, University College London [International Phonetic Alphabet revised to 1993]. Iivonen, Antti (1994): Zur gehobenen regionalen phonetischen Realisierung des Deutschen. - In: Viereck, Wolfgang (Hg.): Verhandlungen des Internationalen Dialektologenkongresses Bamberg 1990, Band 3. Stuttgart: Franz Steiner Verlag, S. 311-330 (= ZDL-Beihefte 76). Jäger, Siegfried (1980): Standardsprache. - In: Althaus, Hans Peter; Helmut Henne; Herbert Ernst Wiegand (Hgg.): Lexikon der Germanistischen Linguistik. - Tübingen: Niemeyer [2. überarbeitete Auflage], S. 375-379. Jakob, Karlheinz (1985): Dialekt und Regionalsprache im Raum Heilbronn. - Marburg: Elwert. Jassem, Wiktor (1962): The Acoustics of Consonants. - In: Proceedings of the 4th International Congress of Phonetic Sciences. The Haque: Mouton, S. 50-72. Jespersen, O. (1913): Lehrbuch der Phonetik. - Leipzig, Berlin: Teubner [zitiert nach 4. Auflage 1926]. Jergensen, H. P. (1969): Über den Intensitätsverlauf beim sogenannten losen und festen Anschluß im Deutschen. - In: Kopenhagener Germanistische Studien 1, S. 165-186. Karlsson, Fred (1984): Finnische Grammatik. - Hamburg: Buske. Kerckhove, Michael van de (1948): Intonationssystem einer Mundart. - In: Zeitschrift für Phonetik und allgemeine Sprachwissenschaft 2, S. 52-65. Kiessl, Anne-Margret (1993): Langenscheidts praktisches Lehrbuch Tschechisch. - Berlin, München, Leipzig, Wien, Zürich, New York: Langenscheidt. Kleiber, Wolfgang (1959): Burkheim - Kreis Breisach. - Göttingen: Vandenhoeck/Ruprecht (= Lautbibliothek der deutschen Mundarten 14). Klein, Hans-Wilhelm (1963): Phonetik und Phonologie des heutigen Französisch. - München: Hueber. Kloeke, W. U. S. van Lessen (1982): Deutsche Phonologie und Morphologie. - Tübingen: Niemeyer. König, Werner (1978): dtv-Atlas zur deutschen Sprache. München: Deutscher Taschenbuchverlag [zitiert nach der 7. Auflage 1989]. (1982): Probleme der Repräsentativität in der Dialektologie. - In: Besch, Werner et al. (Hgg.): Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung. Berlin, New York: de Gruyter, S. 463-485. (1989): Atlas zur Aussprache des Schriftdeutschen in der Bundesrepublik Deutschland. 2 Bände. Ismaning: Hueber.

234 -

(1997): Phonetisch-phonologische Regionalismen in der deutschen Standardsprache. Konsequenzen für den Unterricht ,Deutsch als Fremdsprache'? - In: Stickel, Gerhard (Hg.): Varietäten des Deutschen. Regional- und Umgangssprachen. Berlin, New York: de Gruyter, S. 246-270. Kohler, Klaus J. (1982): F 0 in the production of lenis and fortis plosives. - In: Phonetica 39, S. 199218. (1984): Phonetic Evaluation in Phonology: The Feature Fortis/Lenis. - In: Phonetica 41, S. 150174. (1986): Überlänge und Schleifton im Niederdeutschen: Zusammenfassung der Ergebnisse aus vier Dialektuntersuchungen. - In: Arbeitsberichte des Instituts für Phonetik der Universität Kiel 23, S. 5-17. (1995): Einführung in die Phonetik des Deutschen. - Berlin: Erich Schmidt [2., überarbeitete Auflage - 1. Auflage 1977], Kohler, Klaus J.; Kurt Schäfer; Werner Thon (1981a): Phonetische Untersuchung zur gesprochenen Sprache im Deutschen. - In: Arbeitsberichte Nr. 16 des Instituts für Phonetik Universität Kiel, S. 109-136. Kohler, Klaus J.; Kurt Schäfer; Werner Thon; Gerd Timmermann (1981b): Sprechgeschwindigkeit in Produktion und Perzeption. - In: Arbeitsberichte Nr. 16 des Instituts für Phonetik Universität Kiel, S. 137-205. Kross, Christian; Philip Hoole; Barbara Kühnert, Hans G. Tillmann (1997): Phonetic Evidence for the phonological Status of the tense-lax Distinction in German. - In: Forschungsberichte des Institutes für Phonetik und Sprachliche Kommunikation der Universität München [FIPKM] 35, S. 1725. Kufner, Herbert L. (1961): Strukturelle Grammatik der Münchner Stadtmundart. München: Oldenbourg. (1964): München. - Göttingen: Vandenhoeck/Ruprecht (= Lautbibliothek der deutschen Mundarten 35). Ladefoged, Peter; Ian Maddieson (1996): The Sounds of the World's Languages. - Oxford: Blackwell. Leben, William (1982): Metrical or Autosegmental. - In: Hülst, Harry van der; Norval Smith (Hgg.): The structure of phonological representations - Part I. Dordrecht: Foris, S. 177-190. Löffler, Heinrich (1980): Dialekt. - In: Althaus, Hans Peter, Helmut Henne, Herbert Ernst Wiegand (Hgg.): Lexikon der Germanistischen Linguistik. Tübingen: Niemeyer [2. überarbeitete Auflage], S. 453-458. (1990): Probleme der Dialektologie. - Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft [3., überarbeitete Auflage - 1. Auflage 1974]. Löffler, Heinrich; Werner Besch (1977): Alemannisch. - Düsseldorf: Pädagogischer Verlag Schwann. Löhken, Sylvia C. (1997): Deutsche Wortprosodie. - Tübingen: Stauffenburg. Lötscher, Andreas (1993): Zur Ausbreitung der Vokaldehnung im Schweizerdeutschen. - In: Schupp, Volker (Hg.): Alemannisch in der Regio. Beiträge zur 10. Arbeitstagung alemannischer Dialektologen in Freiburg/Breisgau 1990. Göppingen: Kümmerle Verlag, S. 67-82. Maas, Utz (1999): Phonologie. Einführung in die funktionale Phonetik des Deutschen. - Opladen, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag. Maas, Utz; Doris Tophinke (1993): Loser und fester Anschluß. Versuch der Neubewertung einer abgelegten Kategorie. - In: Schmidt-Redefeldt, Jürgen (Hg.): Sprachwandel und Sprachgeschichte - Festschrift für Helmut Lüdtke zum 65. Geburtstag. Tübingen: Narr. S. 133-151. Martin, Bernhard (1939): Die deutschen Mundarten. - Leipzig: Quelle/Meyer. Martinet, Α. (1969): Coupe ferme et coupe lâche. - In: Valentin, P.; G. Zinke (Hgg.): Mélanges pour Jean Fourquet. Paris: Klincksieck, S. 221-226. Mattheier, Klaus J. (1990): Überlegungen zum Substandard im Zwischenbereich von Dialekt und Standardsprache. - In: Holtus, Günter; Radtke, Edgar (Hgg.): Sprachlicher Substandard III. Standard, Substandard und Varietätenlinguistik. Tübingen: Niemeyer, S. 1-16.

235 McCarthy, John J. (1979): Formal Problems in Semitic Phonology and Morphology. - Dissertation, MIT [New York: Garland 1985]. (1986): OCP Effects: Gemination and Antigemination. - In: Linguistic Inquiry 17, S. 207-263. McCarthy, John J.; Alan Prince (1993): Prosodie Morphology - Constraint Interaction and Satisfaction. Technical Report - 3 of the Rutgers University Center for Cognitive Sciences. Merrill, Peter Cawker (1975): An Analysis of some regional Differences in Standard German Pronunciation. Ann Arbor/Michigan: Xerox University Microfilms. Mooshammer, Christine (1998): Experimentalphonetische Untersuchung zur Artikulatorischen Modellierung der Gespanntheitsopposition im Deutschen. - In: Forschungsberichte des Institutes für Phonetik und Sprachliche Kommunikation der Universität München [FIPKM] 36, S. 3-192. Moulton, William G. (1962): The Sounds of English and German. - Chicago: University of Chigaco Press [zitiert nach der 3. Auflage 1962]. Müller, Horst (1958a): Hintersteinau - Kreis Schlüchtern. - Göttingen: Vandenhoeck/Ruprecht (= Lautbibliothek der deutschen Mundarten 4/5). (1958b): Kassel. - Göttingen: Vandenhoeck/Ruprecht (= Lautbibliothek der deutschen Mundarten 6/7). Müller, Johannes (1882): Quellenschriften und Geschichte des deutschsprachlichen Unterrichtes bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts. - Gotha [Nachdruck 1969 Hildesheim: Olms], Neppert, Joachim; Magnus Pétursson (1992): Elemente einer akustischen Phonetik. - Hamburg: Buske [3. Auflage - 1. Auflage 1984]. Niebaum, Hermann (1983): Dialektologie. - Tübingen: Niemeyer. Niebaum, Hermann; Jürgen Macha (1999): Einführung in die Dialektologie des Deutschen. - Tübingen: Niemeyer. Noble, C.A.M. (1983): Modern German Dialects. - Bern: Lang. Noske, Roland (1993): A Theory of Syllabification and Segmental Alternation. - Tübingen: Niemeyer. Oechsner, Hans Adolf (1961): Neubulach - Kreis Calw. - Göttingen: Vandenhoeck/Ruprecht (= Lautbibliothek der deutschen Mundarten 17/18). Ohala, John J. (1995): Experimental Phonology. - In: Goldsmith, John (Hg.): The Handbook of Phonological Theory. Oxford: Blackwell, S. 713-722. Paget, R.S. (1922): Vowel Resonances. International Phonetic Association. Panzer, Baidur; Wolf Thümmel (1971): Die Einteilung der niederdeutschen Mundarten auf Grund der strukturellen Entwicklung des Vokalismus. - München: Hueber. Paul, Hermann (1880): Principien der Sprachgeschichte. - Halle [Nachdruck Tübingen: Niemeyer 1995]. (1884): Beiträge zur Geschichte der Lautentwicklung und Formenassociation II: Vokaldehnung und Vokalkürzung im Neuhochdeutschen. - In: PBB 9: 101-134. Penzl, Herbert (1975): Vom Urgermanischen zum Neuhochdeutschen. - Berlin: Erich Schmidt. Perlmutter, David (1995): Phonological Quantity and Multiple Association. - In: Goldsmith, John (Hg.): The Handbook of Phonological Theory. Cambridge: Blackwell, S. 307-317. Peterson, Gordon E.; Harold L. Barney (1952): Control Methods Used in a Study of the Vowel. - In: Journal of the Acoustical Society of America 24, S. 175-84. Pétursson, Magnus; Joachim Neppert (1996): Elementarbuch der Phonetik. - Hamburg: Buske [2. überarbeitete Auflage - 1 . Auflage 1990]. Pfitzinger, Hartmut (1995): Dynamic Vowel Quality: a New Determination Formalism Based on Perceptual Experimants. - In: Proceedings of Eurospeech '95, vol.1, S. 417-420, Madrid, September 1995. Pilch, H. (1964): Phonemtheorie I. Teil. - Basel: Karger [zitiert nach 3. Auflage 1974], Polenz, Peter von (1978): Geschichte der deutschen Sprache. - Berlin, New York: de Gruyter [9. überarbeitete Auflage],

236 Pompino-Marschall, Bernd (1995): Einführung in die Phonetik. - Berlin: de Gruyter. Prince, Alan; Paul Smolensky (1993): Optimality Theory. Technical Report - 2 of the Rutgers University Center for Cognitive Sciences. Ramers, Karl Heinz (1988): Vokalquantität und -qualität im Deutschen. - Tübingen: Niemeyer. (1992): Ambisilbische Konsonanten in Deutschen. - In: Eisenberg, Peter; Karl Heinz Ramers; Heinz Vater (Hgg.): Silbenphonologie des Deutschen. Tübingen: Narr, S. 246-283. (1998): Einführung in die Phonologie. - München: Fink. Ramers, Karl Heinz; Heinz Vater (1991): Einführung in die Phonologie. - Hürth-Efferen: Gabel. Rausch, Arsen (1972): Untersuchung zur Vokalartikulation im Deutschen. - In: Beiträge zur Phonetik von Heinrich Kelz und Arsen Rausch. IPK-Forschungsberichte (Bonn) 30. Hamburg, S. 35-82. Reiffenstein, Ingo (1982): Das phonetische Beschreibungsprinzip als Ergebnis junggrammatischer und dialektologischer Forschungsarbeiten. - In: Besch, Werner et al. (Hgg.): Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung. Berlin, New York: de Gruyter, S. 23-38. Reis, Marga (1974): Lauttheorie und Lautgeschichte. - München: Fink. Restle, David (1998): Silbenschnitt - Quantität - Kopplung. Zur Geschichte, typologischen Einordunter dem Blickwinkel einer Oszillationssilnung und Repräsentation der Anschlußprosodie bentheorie. - Ms. Dissertation Universität München. Richter, Elise (1977): Länge und Kürze. - In: Richter, Elise: Kleinere Schriften zur allgmeinen und romanischen Sprachwissenschaft. Innsbruck: Kowatsch, S.253-269 [1. Veröffentlichung 1938 in: Archiv für vergleichende Phonetik 2, S. 12-29]. Riemann, Erhard (1961): Ρ lausen - Kreis Rössel (Ostpreußen). - Göttingen: Vandenhoeck/Ruprecht (= Lautbibliothek der deutschen Mundarten 20). Sapir, Edward (1921): Language. - New York: Harvest [Ausgabe von 1949]. Saussure, Ferdinand de (1967): Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft. - Berlin: de Gruyter [2. Auflage der deutschen Übersetzung - französische Erstausgabe als „Cours de linguistique générale" 1916] Schane, S. Α. (1973): Generative phonology. - Englewood Cliffs, New Jersey: Prentice-Hall. Scheutz, Hannes (1984): Quantität und Lenis/Fortis im Mittelbairischen. - In: Wiesinger, Peter (Hg.): Beiträge zur bairischen und ostfränkischen Dialektologie. Ergebnisse der Zweiten BayerischÖsterreichischen Dialektologentagung Wien, 27. bis 30. September ¡983. Göppingen: Kümmerle Verlag, S. 13-33. Schirmunski, V.M. (1956): Deutsche Mundartkunde. - Berlin: Deutsche Akademie der Wisenschaften. Schlobinski, Peter (1992): Funktionale Grammatik und Sprachbeschreibung - Eine Untersuchung zum gesprochenen Deutsch sowie zum Chinesischen. - Opladen: WestdeutscherVerlag. (1996): Empirische Sprachwissenschaft. - Opladen: Westdeutscher Verlag. (1997) (Hg.): Syntax des gesprochenen Deutsch. - Opladen: Westdeutscher Verlag. Schmidt, Jürgen Erich (1986): Die mittelfränkischen Tonakzente (Rheinische Akzentuierung). Stuttgart: Steiner (= Mainzer Studien zur Sprach- und Volksforschung 9). Schönhoff, Hermann (1908): Emsländische Grammatik. - Heidelberg: Carl Winter's Universitätsbuchhandlung. Schrambke, Renate (1994): Lenisierung im südwestdeutschen Sprachraum. - In: Löffler, Heinrich; Karlheinz Jakob; Bernhard Kelle (Hgg.): Texttyp, Sprechergruppe, Kommunikationsbereich. Studien zur deutschen Sprache in Geschichte und Gegenwart. Festschrift für Hugo Steger zum 65. Geburtstag. Berlin, New York: de Gruyter, S. 315-328. Selkirk, Elisabeth (1982): The Syllable. - In: Hülst, Harry van der; Norval Smith (Hgg.): The structure of phonological representations - Part I. Dordrecht: Foris, S. 337-383.

237 -

(1991): On the inalterability of geminates. - In: Bertinetto, Marco et al (Hgg.): certamen phonologicum II. Paper from the 1990 Cortona Phonology Meeting. Turin: Rosenberg & Sellier, S. 187-209. Selting, Margret (1999): Berlinische Intonationskonturen: ,Der Springton'. - Potsdam: Institut fur Germanistik, Universität Potsdam (= Interaction and linguistic structures [InLiSt] 13). Semran, Richard (1990): Langenscheidts praktisches Lehrbuch Finnisch. - Berlin, München, Wien, Zürich, New York: Langenscheidt [1. Auflage 1983]. Sievers, Eduard (1872): Grundzüge der Lautphysiologie zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. - Weimar [Nachdruck Hildesheim, New York: Olms 1980] (1876): Grundzüge der Phonetik. - Leipzig [Nachdruck Hildesheim, New York: Olms 1976]. Simmler, Franz (1983). Konsonantenschwächung in den deutschen Dialekten. - In: Besch, Werner et al. (Hgg.): Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung. Berlin, New York: de Gruyter, S. 1121-1129. Stearns, Mac Donald Jr.; Winfried M. Voge (1979): The Contemporary Pronunciation of Long in Modern Standard German: A Data-Based, Computer-Assisted Analysis. - In: Hamburger Phonetische Beiträge 30, S. 127-181. Stedje, Astrid (1989): Deutsche Sprache gestern und heute. - München: Fink. Steger, Hugo (1961): Regelsbach bei Nürnberg - Landkreis Schwabach. - Göttingen: Vandenhoeck/Ruprecht (= Lautbibliothek der deutschen Mundarten 25/26). Szulc, Aleksander (1987): Historische Phonologie des Deutschen. - Tübingen: Niemeyer. Ternes, Elmar (1987): Einführung in die Phonologie. - Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Tillmann, Hans G.; Phil Mansell (1980): Phonetik. Lautsprachliche Zeichen, Sprachsignale und lautsprachlicher Kommunikationsprozeß. - Stuttgart: Klett. Treiman, Rebecca, Catalina Danis (1988): Syllabification of Intervocalic Consonants. - In: Journal of Memory and Language 27, S. 87-104. Trost, P. (1970): Vokalquantität und Silbe im Deutschen. - In: Proceedings of the 6th International Congress of Phonetic Sciences 1967. Prag: Academia Publishing, S. 939-941. Trubetzkoy, Nikolaus S. (1939): Grundzüge der Phonologie. - Göttingen: Vandenhoeck/Ruprecht [zitiert nach der 7. Auflage 1989]. (1958): Anleitung zu phonologischen Beschreibungen. - Göttingen: Vandenhoeck/Ruprecht (= Lautbibliothek der deutschen Mundarten 2). Ungeheuer, G. (1977): Materialien zur Phonetik des Deutschen. - Hamburg: Buske (= Forschungsberichte des Instituts für Kommunikationsforschung und Phonetik der Universität Bonn 61). Veith, Werner H. (1971): Bockwitz - Kreis Sprottau. - Tübingen: Niemeyer (= Phonai - Lautbibliothek der europäischen Sprachen und Mundarten Band 9, S. 95-314). Vennemann, Theo (1982): Zur Silbenstruktur der deutschen Standardsprache. - In: Vennemann, Theo (Hg): Silben, Segmente, Akzente. Tübingen: Niemeyer. S. 261-305. (1988): The Rule Dépendance of Syllabe Structure. - In: Duncan-Rose Caroline; Theo Vennemann (Hgg.): Rhetorica, Phonologica, Syntactica. A Festschrift for Robert P. Stockwell from his Friends and Colleagues. London, New York: Routledge, S. 257-283. (1990): Syllable structure and simplex accent in Modern Standard German. - In: Ziolkowski, M. et al. (Hgg.): Papers from the 26th Regional Meeting of the Chicago Linguistic Society. Band 2: The parasession on the syllable in phonetics and phonology. Chicago: Chicago Linguistic Society, S. 399-412. (1991a): Skizze der deutschen Wortprosodie. - In: Zeitschrift für Sprachwissenschaft 10. S. 86111.

-

(1991b): Syllable Structure and syllable cut prosodies in modern standard German. - In: Bertinetto, Marco et al (Hgg.): certamen phonologicum II. Paper from the 1990 Cortona Phonology Meeting, Turin: Rosenberg & Sellier, S. 211-243.

238 -

(1994): Universelle Nuklearphonologie mit epiphänomenaler Silbenstruktur. - In: Ramers, Karl Heinz; Heinz Vater; Henning Wode (Hgg.): Universale phonologische Strukturen und Prozesse. Tübingen: Narr, S. 7-54. (1995): Der Zusammenbruch der Quantität im Spätmittelalter und sein Einfluß auf die Metrik. In: Quak, Arend; Paula Vermeyden (Hgg.): Quantitätsproblematik und Metrik - Greifswalder Symposium zur germanischen Grammatik. Amsterdam: Rodopi, S. 185-223 [Amsterdamer Beiträge zur älteren Germanistik Band 42]. (1998): Prosodie und Wortgewinnung. - In: Germanistische Linguistik 141-142, S.225-244. Vintr, Josef (1994): Tschechische Grammatik. - Wien: ÖBV Pädagogischer Verlag. Vogt, Hans (1946): The structure of the Norwegian monosyllables. - In: Norsk Tidsskrift for Sprogvidenskap 12, S. 5-29. Walther, Markus; Richard Wiese (1995): Deklarative versus prozedurale Modellierung von Konsonantenalternationen im Deutschen. - In: Linguistische Berichte 157. S. 175-185. Welter, Wilhelm (1938): Die Mundarten des Aachener Landes als Mittler zwischen Rhein und Maas. - Bonn: Röhrscheid. Werner, Otmar (1964): Friesen - Landkreis Kronach / Oberfranken. - Göttingen: Vandenhoeck/Ruprecht (= Lautbibliothek der deutschen Mundarten 32). (1972): Phonemik des Deutschen. - Stuttgart: J.R. Metzlersche Verlagsbuchhandlung. Wiese, Richard (1988): Silbische und lexikalische Phonologie. Studien zum Chinesischen und Deutschen. - Tübingen: Niemeyer (= Linguistische Arbeiten 211). - (1996): The Phonology of German. - Oxford: Clarendon Press. Wiesinger, Peter (1983a): Die Einteilung der deutschen Dialekte. - In: Besch, Werner et al. (Hgg.): Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung. Berlin, New York: de Gruyter, S. 807-900. (1983b): Phonologische Vokalsysteme deutscher Dialekte. Ein synchronischer und diachronischer Überblick. - In: Besch, Werner et al. (Hgg.): Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung. Berlin, New York: de Gruyter, S. 1042-1075. (1983c): Dehnung und Kürzung in den deutschen Dialekten. - In: Besch, Werner et al. (Hgg.): Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung. Berlin, New York: de Gruyter, S. 1088-1101. (1983d): Rundung und Entrundung, Palataliserung und Entpalatalisierung, Velarisierung und Entvelarisierung in den deutschen Dialekten. - In: Besch, Werner et al. (Hgg.): Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung. Berlin, New York: de Gruyter, S. 1101-1105. - (1994): Zum gegenwärtigen Stand der phonetisch-phonologischen Dialektbeschreibung. - In: Mattheier, Klaus; Peter Wiesinger (Hgg.): Dialektologie des Deutschen. Tübingen: Niemeyer, S. 3-27. Willi, Urs (1996): Die segmentale Dauer als phonetischer Parameter von fortis' und ,lenis' bei Plosiven im Zürichdeutschen. Stuttgart: Franz Steiner Verlag (= ZDL-Beihefte 92). Wörterbuch der deutschen Aussprache (1969). - München: Hueber [1. Auflage Leipzig: VEB Bibliographisches Institut 1964], Wurzel, Wolfgang Ullrich (1970): Studien zur deutschen Lautstruktur. - Berlin: Akadmie-Verlag [studia grammatica Vili], (1980): Der deutsche Wortakzent: Fakten - Regeln - Prinzipien. - In: Zeitschrift für Germanistik 1, S. 299-318. Yu, Si-Taek (1992): Silbeninitiale Cluster und Silbifizierung im Deutschen. - In: Eisenberg, Peter; Karl Heinz Ramers; Heinz Vater (Hgg.): Silbenphonologie des Deutschen. Tübingen: Narr, S. 172-207. Zwirner, Eberhard (1959): Phonometrische Isophonen der Quantität der deutschen Mundarten. - In: Phonetica 4, Supplement, S.93-115.

239 -

(1964): Anleitung zu sprachwissenschaftlichen Tonbandaufnahmen. - Göttingen: Vandenhoeck/Ruprecht (= Lautbibliothek der deutschen Mundarten 31 ). Zwirner Eberhard; Wolfgang Bethke (1958): Erläuterungen zu den Texten. - Göttingen: Vandenhoeck/Ruprecht (= Lautbibliothek der deutschen Mundarten 1 ). Zwimer, Eberhard; Kurt Zwirner (1935): Häufigkeit und Zufallsgesetz. - In: Forschungen und Fortschritte 11, S. 43-45. (1936): Streuung sprachlicher Merkmale. - In: Forschungen und Fortschritte 12, S. 191-192. (1936): Die Häufigkeit von Buchstaben- und Lautkombinationen. - In: Forschungen und Fortschritte 12, S. 286-287.