Shakspeare’s dramatische Werke: Teil 4 Der Kaufmann von Venedig. Wie es euch gefällt [Neue Auflage. Reprint 2018] 9783111401850, 9783111038773


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Der Kaufmann von Venedig
Wie es euch gefällt
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Shakspeare’s dramatische Werke: Teil 4 Der Kaufmann von Venedig. Wie es euch gefällt [Neue Auflage. Reprint 2018]
 9783111401850, 9783111038773

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Shakspeare'»

dramatische Werke, übersetzt

e o ii

August Wilhelm Schlegel.

Vierter

Theil.

Neue Auflage.

Berlin, d

e

i

G.

Reimer.

Der Kaufmann von Venedig.

Personen: Oer Doge von Venedig. Prinz von Marocco.'l ^ . c r Freier der Porzia. Pnnz von 2(rragon,j Antonio, der Kaufmann von Venedig. Basfan io. sein Freund. S o l a n i o, ^ Freunde des Antonio. G r a z i a n oJ Lorenz o, Liebhaber der Jessica. Shylock. ein Jude. Tuba l, ein Jude, sein Freund. Lanzelot Gobbo, Shylocks Diener. Der alte Gobbo, Lanzelots Vater. Salerio, ein Bote von Venedig. Leonardo, Baffanio's Diener. D a lt h asar,^ /s. r ^ Porzia^S Diener. Stephano,^ ^ 5 Porzia, eine reiche Erbin. 9teriffa, ihre Begleiterin. Jessica, Shylocks Tochter. Senatoren hofes,

von Venedig, Beamte des Gerichts­ Gefangenwärter,

Bediente und andres

Gefolge. Oie Szene ist theils zu Venedig, theils zu Belmont, Porzia's Landsitz.

Erster Auszug

Erste Szene. Venedig, eine Straße.

Antonio, Sa larino und Satan io treten aus.

Antonio. §ürwahr, ich weiß nicht was mich traurig macht: Ich bin es satt; ihr sagt, das seyd ihr auch. Doch wie ich dran kam, wie mirs angeweht; Don was für Stoff es ist, woraus erzeugt. Das soll ich erst erfahren. Und solchen Dummkopf macht aus mit die Schwermuth. Ich kenne mit genauer JToth mich selbst. S a l a r i n o. Eu'c Sinn treibt auf dem Ozean umher. 2Bo eure Galeonen, stolz besegelt,

Wie Herrn und reiche Bürger auf der Flut, Als wären sie das Schaugeprang der See, Hinwegsehn über kleines Handelsvokk, Das sie begrüßet, sich vpt ihnen neigt. Wie sie vorbeiziehn mit gewebten Schwingen. Solanio. Herr, glaubt mir, hält' ich soviel auf dem Spiel, Das beste Theil von meinem Herren wäre Bey meiner Hoffnung auswärts.

Immer würd' ich

Gras pflücken, um den Zug des Winds zu sehn; Nach Hafen, Rhed' und Damm in Korten gucken, Und asled, was mich Unglück fürchten ließ Für meine Ladungen, würd' ohne Zweifel Mich traurig machen. Salarino. Niein Hauch, der meine &uppt kühlte, würde Mir Fieberschauer anwehn, dächt' ich dran Wie viel zur See ein starker Wind kann schaden. Ich könnte nicht die Sanduhr rinnen sehn, Ev dächt ich gleich an Seichten und an Bänke, Sah' meinen reichen Hand im Sande fest. Das Haupt bis unter seine Ribben neigend, Sein Grab zu küssen.

Ging' ich in die Kirche

Und säh das heilige Gcbäu von Stein, Sollt' ich nicht gleich an schlimme Felsen denken, Die an das zarte Schiss nur rühren dürfen, So streut es auf den Strom all sein Gewürz,

Und hüllt die wilde Flut in meine Seiden. Und kurz, jetzt eben dies Vermögen noch, Nun gar keins mehr? Soll ich, daran zu denken, Gedanken haben, und mir doch nicht denken. Daß solch ein Fall mich traurig machen würde? Doch sagt mir nichts; ich weiß, Antonio Ist traurig, weil er feines Handels denkt. Antonio. Glaubt mir, das nicht; ich dank' es meinem Glück, Mein Vorschuß ist nicht Einem Schiff vertraut. Noch einem Ort;

noch hängt mein ganz Ver­ mögen

Am Glücke dieses gegenwärt'gen Jahrs; Deswegen mache mein Handel mich nicht traurig. S o l a n i o. So seyd ihr denn verliebt? Antonio. Pfui, pfui! S o l a n i o. Auch nicht verliebt? Gut denn, so seyd ihr traurig. Weil ihr nicht lustig seyd; ihr könntet eben Auch lachen, springen, sagen: ihr seyd lustig. Weil ihr nicht traurig seyd.

Nun, beym zwei­

köpfigen Janus! Natur bringt wunderliche tfäuj’ ans Licht; Oec drückt die Augen immer ein, und lacht Wie'n Staarmatz über einen Dudelsack:

IQ

Ein andrer von so saurem Angesicht, Daß er die Zähne nicht zum Lachen wiese, Schwur' Nestor auch, der Spaß sey lachenswerth. Bassanio, Lorenzo und Traziano kommen. Hier kommt Bassanio, euer edler Detter. Graziano und Lorenzo: lebt nun wohl, Wir lassen euch in besseret Gesellschaft. Sa larin o. Ich wär geblieben, bis ich euch erheitert; Nun kommen werth're Freunde mir zuvor. Antonio. Sehr hoch steht euer Werth in meiner Achtung, Ich nehm' es so, daß euch Geschäfte rufen. Und ihr den Anlaß wahrnehmt, wegzugehn. S a t a r i n o. Guten Morgen, liebe Herren. Bassanio. Ihr lieben Herrn, wann lachen wie einmal? Ihr macht euch gar zu selten; muß das seyn? Sal arino. Wir hoffen euch bei Muße aufzuwarten. ('Salarlnt und Solanio ab.) Loren zo. Da ihr Antonio gefunden habt, Dassanio, wollen wir euch nun verlassen.

Doch bitt' ich, denkt zur Mittagszeit daran, Wo wir uns treffen sollen. Dassanio. Aechntt drauf, Grazia na. Ihr seht nicht wohl, Signor Antonio; Ihr mache euch mit der Wett zu viel zu schaffen; Der kommt darum, der mühsam sie erkauft. Glaubt mir, ihr habt euch wunderbar verändert.

Antonio. Mir gilt die Welt nur wie die Wett, Traziano; Ein Schauplatz, wo man eine Rvlle spielt. Und mein’ ist traurig,

Traziano. Laßt den DTiirt'rt mich spielen. Mit Lust und Lachen laßt die Runzeln kommen. Und laßt die Trust von Bein mir lieber glühn. Als härmendes Gestöhn das Herz mir kühlen. Weswegen sollt' ein Mann mit warmem Tlut Da sitzen wie ein Großpapa, gehaun In Alabasters Schlafen, wenn er wacht? Und eine Gelbsucht an den Leib sich ärgern? Antonio, ich will dir etwas sagen; Ich liebe dich und Liebe spricht aus mir: Es giebt so Leute, deren Angesicht Sich überzieht gleich einem steh'nden Sumpf, Und die ein eigensinnig Schweigen hallen.

Äus Absicht sich in einen Schein zu kleiden Don 2L'rißf>ett, Würdigkeit und tiefem Sinn; Als wenn man spräche r

Ich bin Here Orakel,

Thu' ich den Mund auf, rühr' sich keine DHau' nicht mag: so wird der Wille einer lebenden Toch­ ter durch den letzten Willen eines todten Vaters gefesselt.

Ist es nicht hart, Nerista. daß ich nicht

Einen wählen und doch keinen ausschlagen darf? N er i ssa. Euer Vater war allzeit tugendhaft,

und fromme

Männer haben im Tode gute Eingebungen; also wird die Lotterie, die er mit diesen drey Kästchen von Gold, Silber und Blei ausgefonnen hat, daß der, welcher seine Meinung trifft, euch erhält, ohne Zweifel

von

niemand

recht

getrosten

als von einem den ihr recht liebt.

Grad von Zuneigung fühlt ihr gegen

Vierter Thl.

werden,

Aber welchen 75

irgend ei-

10

ncn der fürstlichen Freyer,

die schon gekommen

find? Porcia. Ich bitte dich, nenne sie her; wie du sie nennst, will ich sie beschreiben, und von meiner Brschrei« bung schließe auf meine Zuneigung.

Nerifsn. Zuerst ist da der D"teapo[itainfd)e Prinz. Porzia. DaS ist ein wildes Füllen, in dcr Tbat. Er spricht Den nitf;(6 als feinem Pferde, und bildet sich nicht tvcni'g auf seine Talente ein, daß er es selbst be­ schlagen kann.

Ich fürchte sehr, seine gnädige

Frau J2Zci:iü hat eS mit einem Schmidt gehalten. Nerissa. Ferner ist da der Pfakzgraf. Porzl a. Er thut nichts wie stirnrunzeln, als wolle' er fa» gen : wenn ihr mich nicht haben wollt, so laßt's l Er Hort lustige Geschichten an, und lächelt nicht. Ich fürchte, eS wird dcr weinende Philosoph aus ihm, menn er alt wird, da er in feiner Jugend so unhöflich finster steht. Ich mochte lieber an einen Todter.topf mit dem Jlnoifjrn im Munde verheiralhct seyn, u!i> an einen von diesen. mich vor beiden l

Gott beschütze

ZDaä sagt ihr denn zu dem F'anzöfischett Herrn Monsieur le Bon 7

Porzia. Gott schuf ihn, also laßt ihn für einen Menschen gelten. Im Ernst, ich weiß, Dag cs sändlich ist ein Spötter zu seyn; aber er! Ja doch, er hat ein besseres Pferd als der Ileapolitaner; eine bessert schlechte Gewohnheit die Stirn zu runzeln als der Pfalzgraf; er ist jedermann und niemand.

ZHenn

eine Drossel fingt, so macht er glelch Lufisprüng.-; er ficht mit feinem eigenen Schatten.

Wenn ich

ihn nähme, so nähme ich zwanzig Männer; wenn er mich verachtete, so vergäbe ich es ihm: denn er möchte mich bis zur Tollheit lieben, ich werdL es niemals erwiedern. Nerissa. 2Baü sagt ihr denn zu Faulronbriedge, dem Jüihgert Baron au* England? Porz ist. Ihr wißt, ich sage nichts zu ihm, denn er verficht mich nicht, noch ich ihn.

Er kann weder 2ateü

nisch. Französisch, noch Italiänisch; und ihr dücjc wohl einen körperlichen Eid ablegen, daß ich nicht für einen Heller Englisch verstehe.

Er ist eines

feinen Mannes Bild — aber ach! wer kann fich mit einer stummen Figur unterhalten? 2I3ie seit

23 a

so sam er gekleidet ist!

Ich

glaube, er kaufte sein

Damms in Italien, feine weiten Beinkleider in Frankreich, feine Nlütze in Deutschland, und fein Betragen allenthalben. Ne rissa. Da« haltet ihr von dem Schottischen Herrn, fei« nem Nachbar? V orz i a. Daß er eine christliche Nachbarnliebe an sich hat, denn er borgte eine Ohrfeige von dem Engländer, und schwor sie wieder zu bezahlen, wenn er im Stande wäre; ich glaube, der Franzose ward fein Bürge, und unterzeichnete für den andern. Nerifso. Wie gefällt euch der junge Deutsche, des Herzogs von Sachsen Neffe? V oztia. Sehr abscheulich des Morgens, wenn er nüchtern ist; und höchst abscheulich des Nachmittags, wenn er betrunken ist.

Wenn er am besten ist, so ist er

wenig schlechter als ein DHann, und wenn er am schlechtesten ist, wenig besser als ein Vieh.

Kom­

me das schlimmste was da will, ich hoffe, es soll mir doch glücken ihn los zu werden. Neriff a. Denn er sich erböte zu wählen, und wählte daS rechte Kästchen, so schlügt ihr ab, eures Vaters

Willen zu thun, wenn ihr abschlügt ihn zu neh­ men. Porzia. AuS Furcht vor dem schlimmsten bitte ich dich also, setze einen Römer voll Rheinwein auf das falsche Kästchen; denn wenn der Leusel darin steckt, und diese Versuchung ist von außen daran, so weiß ich, er wird es wählen.

Alles lieber, Reriffa, als

einen Schwamm heirarhen. Nerissa. Ihr braucht nicht zu fürchten, Fräulein, daß ihr einen von diesen Herrn bekommt; sie haben mir ihren Entschluß eröffnet, welcher in nichts andern» besteht, als sich nach Hause zu begeben, und euch nicht mehr' mit Bewerbungen lästig zu fallen, ihr müßtet denn auf eine andre Weise zu gewinnen seyn, als nach euers Vaters Vorschrift in Anse­ hung der Kästchen.

Porzia. Sollte ich so alt werden wie Sibylla, will ich doch so keusch sterben wie Diana, wenn ich nicht dem letzten Willen meines Vaters gemäß erworben wer­ de. Ich bin froh, daß diese Partey Freyer so ver­ nünftig ist; denn es ist nicht einer darunter, nach dessen Abwesenheit mich nicht sehnlichst verlangt, und ich bitte Gott, ihnen eine glückliche Reise zu verleihn.

Nerissa. Erinnert ihr euch nicht, Fräulein, von eures Da»

terS Lebzeiten eines Venezianers, eines Studirten und Erinnert , tir in Gesellschaft des Marquis Vvu Montserrat hi. sh er kam^

Porzia. Ja ja, es ruur Z'n|';*anio; so, denke ich, nannte ec sich'

Nerissa. Ganz recht, Fräuleikr.

Don allen Männern,

die

meine thörichten Viinjcn jemals erblickt haben, real tc eine schöne Frau um meisten werth. Pvrzia. Ich e:innre mich seiner wohl, dnst er drin Lob verdient,

und erinnre mich,

(ein Diener kommt) DTun,

WuS giebt ei neues? DedienlerDie vier Fremden suchen euch, Fräulein, um Ab­ schied zu nehmen;

und es ist ein Vorläufer von

einem fünden da, vom Prinzen von Marocco, der 57achricht lringt,

Da(j sein Herr, der Prinz, zu

27acht nur sti;n wird, Pvrzia, 1‘önntc ich den fünften mit so guten Herzen will­ kommen hn.sjen, ülst ich d.r. vier andern Lebewohl |jje,

ja wollte irh

mich seiner Ankunft freuen.

Hat ee das Gemüth eines Heiligen und das Ge-

blüe eines Teufess, so wollte ich lieber er weihte mich als er freyte mich. Komm, Turtflsa. — Geht voran, Bursch. — Dfrtveil mir die Pforte hinter einem Freyer verschließen, klopft ein andrer an die Thür. (Alle ab.)

Dritte Szene. Venedig,

ein öffentlicher Platz.

Dassanio und S Hy lock treten auf. Shylock. Oreytausend Dukaten — gut. Dassanio. Ja, Herr, auf drey Monate.

Shylock. Auf drey Monate — gut. Dassanio. Wofür, wie ich euch sagte, Antonio Dürge seyn soll. S h y l o ck. Antonio Dürge seyn soll — gut.

Bassanio. Könnt ihr mir helfen? Wollt ihr mir gefällig seyn? Soll ich eure Antwort wissen? Shylock. Oreytausend Dukaten, auf drey Monate, und An­ tonio Dürge.

25 o f f ü n i p. Euer Antwort darauf? Shylock. Antonio ist ein guter Mann.

Baffanio. Habt ihr irgend ein- Beschuldigung bei Gegen­ theils wider ihn gehört ? E h i) l o ck. Ey nein, nein, nein? — Wenn ich sage, er ist ein guter Mann, fj meine ich damit, versteht mich, daß er vermögend ist.

Aber seine Mittel stehen

auf Hoffnung; er hat eine Galeone, die auf Tri­ polis gcht, eine andre nach Indien.

Ich höre

ferner auf dem Nialto, Daß er eine dritte zu Me­ xico hat, eine vierte nach England — und so hat er noch andre Ausladen in der fremde verstreut. Aber Schiffe stnd nur Bretter, Matrosen sind nur Manschen; es giebt Landratten und 2Buf|Vrrotten, Wafferdiebe und Landdicbe — ich will sagen, Kor­ saren, und dann haben wir die Gefahr von Wind, Wellen und Klippen. — Oer Mann ist bey alle dem vermögend — dreitausend Dukaten — ich denke, ich kann seine Bürgschaft annehmen. B a ss a n i o. Seyd verstchert, ihr könnt es. S h y l o ck.

Ich toiC versichert seyn, daß ich es kann; und da-

25 mit ich versichert seyn kann, will ich mich beden­ ken. Kann ich Antonio sprechen? Bassan»o.

Wenn es euch beliebt mit uns zu speisen. Shylock. Ja, um Schinken zu riechen, von der Behausung zu ess.'n, wo euer Prophet, der Nazarener, den Teufel hineinbeschwor. Ich will mit euch handeln und wandeln, mit euch stehen und gehen, und was dergleichen mehr ist; aber ich will nicht mit euch cffvn, mit euch trinken, noch mit euch beten. Was giebt es neues auf dem Rialto? — Wer kommt da? Antonio k-mmt. B assani o. OaS ist Signor Antonio. Ehylock ftic sich. Wie steht er einem falschen Zöllner gleich! Ich hass ihn, weil er von den Christen ist, Doch mehr noch, weil er aus gemeiner Einfalt Umsonst Geld ausleiht, und hier in Venedig Den Preis der Zinsen uns herunterbringt. Wenn ich ihm 'mal die Hüfte rühren samt. So thu' ich meinem alten Grolle gütlich. Er haßt mein heilig Volk, und schilt selbst da, Wo alle Kaufmannschaft zusammen kommt, Mich, mein Geschäft und rechtlichen Gewinn,

Den er nur Wucher nennt. — Verflucht mein (Stamm, Wenn ich ihm je vrig^e!

Bafsanio. Shylock, hört tyr? 0 5 n [ o if.

Ich überlege meinen baaren Dorrath; Doch, mit ichs ungefähr im Äopfe habe, Kann ich Die Dvöe Summe von Dreitausend Dukaten nicht gleich schaffen. — 3iun, was thutü? Tubas, ein wohl begüterter Hebräer, Hilft mit schon aus. — Doch fhEM auf wie viel Monat Begehrt ihr? — (jti Antonio.) Geh's etich wohl, mein werther Herr! Don Euer Edlen war die Rede eben. Antonio.

Ehnlock, wiewohl ich weder leih' noch borge, Um Überschluß zu geben oder nehmen. Doch will ich,

weil mein Freund es dringend braucht.

Die Sitte brechen. — Ist er unterrichtet. Wie viel er wünscht Shylock. Ja, jo, Drüjiaufcnd Dukaten. Antonio. Und auf drey Monat.

Shylock. 3a, das vergaß ich — auf drey Monat also. 9Tun gut denn, eure Bürgerschaft 1 laßt mich sehn — Doch hört mich an; ihr fugtet, wie mich dünkt. Daß ihr auf Vortheil weder leiht noch borgt. Antonio. Ich pfleg1 es nie.

Shylock. Als Jakob Labans Schafe hütete — Ec war nach unserm heil'gen Abraham, Weil feine Mutter weislich für ihn schaffte, Oer dritte Erbe — ja, ganz recht, der dritte. Antonio. Was thut das hier zur Sache? nahm er Zinsen. Shylock. Min, keine Zinsen; was man Zinsen nennt. Das grade nicht; gibt Acht, was Jakob that, Als er mit Läban sich verglichen hatte. Was von den Lämmern bunt und fprenklicht siele. Das sollte Jakobs Lohn seyn, kehrten sich Im Herbst die brünst'gen Jliütter zu den Widdern. Und wenn nun zwischen dieser woll'gen Zucht Das 2BetP der Zeugung vor sich ging, so schalte Der kluge Schäfer euch gewisse Stäbe, Und weil sie das Geschäft der Paarung trieben, Steckt1 er sie vor den geilen blättern auf. Die so empfingen; und zur Lammcrzeit

Fiel alles buntgesprengt und wurde Jakobs. So kam er zum Gewinn und ward gesegnet» Gewinn ist Segen, wenn man ihn nicht stiehlt. Antonio. Dies war ein Glürksfall, worauf Jakob diente. In seiner stacht stands nicht es zu bewirken. Des Himmels Hand regiert, und lenkt es so. Steht dies um Zinsen gut zu beißen, da? Und ist cur Gold und Silber Schaf' und Widder? S h i) I o dl. Weiß nicht; ich lass' es eben schnell sich mehren. Doch hört mich an, Signor. Antonio. Siehst du, Bassanio. Der Teufel kann sich auf die Schrift berufen. Ein arg Semürh, daü heil'geS Zeugniß vorbringt, Ist wie ein Schalk mit kacheln auf der Wange, Ein schöner Apfel, in dem Herzen sauf. O wie der Falschheit Außenseite glänzt! Shylock. Drcytausend Dukaten — 's ist 'ne runde Summe. Antonio. fJTun, Shylor?, soll man euch verpflichtet seyn? S h y l o it. Signor Antonio, viel und oftcrmals Habt ihr auf dem Nrolto mich geschmäht Um meine Gelder, und um meine Zinsen;

ag Stets ftWg ichs mit geduld'gem Achselzucken, Denn Dulden ist das Echtheit unsers Stamms, Ihr scheltet mich abtrünnig, einen Bluthund, Und speit auf meinen jüdischen Rocklor, Bloß weil ich nutz?, was mein eigen ist. Gut denn, nun zeigt es sich, daß ihr mich braucht. Da habt ihr's; ihr kommt zu mir und ihr sprecht: „Shylock, wir wünschten Gelder." (So sprecht Ihr Der mir den Auswurf auf den Bart geleert. Und mich getreten, wie ihr von der Schwelle Den fremden Hund stoßt; Geld ist cu'c Begehren Wie sollt ich sprechen nun? Sollt' ich nicht sprechen: ,,Hat ein Hund Geld? ifltf möglich, daß ein Spitz „Dreitausend Dukaten leihen kann?" oder soll ich Mich bücken, und in eines Schuldners Ton, Demüthig wispernd, mit verhaltnem Odem, So sprechen: „Schöner Herr» am letzten MitttvVch „Spiet ihr mich an; ihr tratet mich den Tag; „Ein andermal hießt ihr mich einen Hund; „Für diese Höflichkeiten will ich euch „Oie und die Gelder leihn." Antonio. Ich könnte seichtlich wieder so dich nennen, Dich wieder anspein, ja mit Füßen treten. Willst du dieß Geld uns leihen, leih es nicht Als deinen Freunden;

(denn wann nahm die Freundschaft

Dom Freund Ertrag für unfruchtbar DIZ*nlI7) Nein, leih e« lieber »einen. Fein»; »u kannst. Wenn e, versäumt, mit beffrer Stirn eintreiben. Was dir verfallen ist. S h y l o ck. Nun fvf;t mir, wie ihr stürmt! Ich wollt' euch Liebes thun, freund, mit euch seyn. Die Schmach vergessen die ihr mir gethan. Das Nöch'.ie schaffen, und keinen geller Zins Für meine Gelder nehmen; und ihr hört nicht. Niein Antrag ist doch liebreich. Antonio. Ja, das ist er. S h n [ o t£. Und diese Liebe will ich euch erweisen. Geht mit mir jum Notarius, da zeichnet Mir eure Schuldverschreibung; und zum Spaß, Wenn ihr mit nicht auf den bestimmten Tag. Am dem bestimniten Ort, die und die Summe, Wie der Vertrag nun lauUt/ wieder zahlt: La^t uns ein volles Pfund von eurem Fleisch Zur Buße seyen, daß ich schneiden dürfe Aus welchem Theil von eurem Leib' ich will. Antonio. Es sey. aufs Wort? ich will den Schein so zeichnen Und sagen, daß ein Jude liebreich ist.

3i

Be ff an io. Ihr sollt für mich dergleichen Schein nicht zeichnen; Ich bleibe dafür lieber in der Noth. Antonio.

Ey. ich furchte nichts ' Ich werde nicht verfallen. Schon in zwey Monden, einen Monat früher Als die Verschreibung fällig, kommt gewiß Zehnfällig der Betrag davon mir ein.

Shylvck. Q Vater Abraham! über diese Christen, Die eigne Härte Anderer Gedanken Argwöhnen lehrt. Ich bitt' euch, sagt mit doch! Versäumt er feinen Tag, was hätt' ich dran, Die mir verfallne Buße einzutreiben? Ein Pfund von Menfchenfleifch, von einem Mensch-n Genommen, ist so schätzbar, auch so nutzbar nicht. Als fileifd) von Schöpfen, Ochsen, Ziegen. Seht, Ihm zu Gefallen biet' ich diesen Dienst s Wenn er ihn annimmt, gut; wo nicht, lebt wohl. Und, bitt' euch, kränkt mich nicht für meine Liebe. Antonio. Ja, Shylock, ich will diesen Schein dir zeichnen. S h y l o ck. So treft mich gleich im Hause des lllotars. Gebt zu dem lust'gen Schein ihm Anweisung, Ich gehe, die Dukaten einzusacken,

Nach meinem Haus zu sehn, das in der Hut Von einem lockern Buben hiNterb!.eb, Und will im Augenblicke frei euch seyn. Antonio.

So eil dich, wackrer Jude. — (^hy'.ock ct.)

Oec Hebräer Wird noch ein Christ: ec wendet sich zue Güte. B a f sa n i

d.

Ich mag nicht Freundlichkeit bei tückischem Ge­ müthe. Antonio.

Kommt nur! Hieben kann kein Dcdenken seyn, Längst vor der Zeit sind meine Schiff' herein. (ab.)

Zwei-

Zweiter Aufzug. Erste Szene. Delmont.

Ein Zimmer in PorziaS Hause.

Trompetenstoß. Oer Prinz von DHoro rc o und fein Bug, P o rz ia. Nerissa und andere von ihrem Gefolge treten auf. Ma rocco. verschmähet mich um meine Farbe nicht. Die schatt'ge Liorey der lichten (Sonne, Die mich als nahen Nachbar hat gepflegt. Bringt mir den schönsten Mann, erzeugt im Norden. 2Bo Phöbus Glut die Zacken Eis kaum schmelzt, Und ritzen wir uns euch zu lieb die Haut, 2Ccß Blut am röthsten ist, meint* oder feind. Ich sag' euch, Fraulein, dieses mein Gestcht Hat Tapfre

schon

geschreckt; bey meiner Licbe schwör' ich,

Die edlen Jungfraun meines Landes haben

Steuer TU-

G

(gd aud) geliebt, ich wollte diese Farbe Nicht anders tauschen als um euren Sinn Zu stehlen, meine holde Königin. Porzia. Bey meiner Wahl lenkt mich ja nicht allein Die zarte Fordrung eines Mädchenauges; Auch schließt das Loos, woran mein Schicksal hängt. Mich von dem Recht des freien Wählens aus. Doch. hätte mich mein Vater nicht beengt, M>r ausgelegt durch seinen Willen, dem Zur Gattin mich zu geben, welcher mich Auf solche Art gewinnt, wie ich euch sagte r Ihr hättet gleichen Anspruch, großer Prinz Mit jedem Freyer, den ich sah bis jetzt. Auf meine Neigung.

Maro ico. Habt auch dafür Dank. Drum führt mich zu den Kästchen, daß ich gleich Mein Glück versuche. Dey diesem Säbel, der Den Sophi schlug und einen Perserprinz; Oer dreymal Sultan Soliman besiegt, Oie wildsten Äugen wollt' ich überblitzen, Das kühnste Herz auf Erden übertcotzen, Oie Jungen reißen von der Bärin weg. Ja, wenn er brüllt nach Raub, den i'öroen höhnen Dich zu gewinnen, Fräulein! aber ach?

Wenn Herkules und Lichas Würfel spielen, Wer tapfrer ist; so kann der beß're Wurf Durch Zufall kommen auS der fchwachern Hand; So unterliegt Älrides seinem Knaben, Und so kann ich, wenn blindes Glück mich führt, Verfehlen, was dem minder Würdigen wird. Und Grames sterben. Porzia. Ihr müßt eu'c Schicksal heimelt, Es überhaupt nicht wagen oder schwören Bevor ihr wählet, wenn ihr irrig wählt. In Zukunft nie mit irgend einer Frau Von Eh' zu sprechen: also seht euch vor. Marocco. Ich will- auch nicht, kommt, bringt mich zur Ent­ scheidung.

P orzia. Vorher zum Tempel; nach der Mahlzeit mögt ihr Das Loos versuchen.

Ma ro c c o. (Buteü Glück also? Bald über alles elend oder froh. (Alle ab )

Cs ?

36

Zweite Venedig.

Szene.

Sine Straße.

Lanzelot Gobbo kommt. Lanzelot. Sicherlich, mein Gewissen läßt mirs zu, von die­ sem Juden meinem Herrn n>?g*t;saufen.

Der böse

Feind ist mir auf der Ferse und versucht mich und fegt zu mir: „Gobbo, Lanzelot Gobbo, guter Lan­ zelot, " oder „guter Gobbo," oder „guter Lanze­ lot Gobbo/ reiß aus, laus davon." fen sagt:

Mein G >ois-

„Min, hüte dich, ehrlicher Lanzelot;

hüte dich, ehrlicher Gobbo; sauf ertfrt, laß bat AuSreißen bleiben." Gut, der üb.raus herzhafte Feind heißt mich auspacken; „Marsch !" sagt t er Feind; „fort!" sagt der F ind, „um des HimmelsWillen ! saß dir ein wackres H-rz," sagt der Feind, „und lauf." Gut, mein Gewissen hangt ssch mei­ nem Herzen um den Hals und sagt s?hr weislich gu mir: „DJtein ehrlicher Freund Lanzelot. da du eines ehrlichen Mannes Sohn

bist" oder viel­

mehr eines ehrlichen Weibes Sohn; denn die Wahrheit zu sagen, mein Vater hatte einen klei­ nen Beygeschmack, er war etwas

ansauerlrch —

Tut, mein Gewissen sagt: ,,Lanzclot, weich' und wanke nicht!" ,,Weiche," sagt der Feind; „wan-

ke

nicht,

sagt

mein

Gewissen;

Gewissen,

sage

ich, dein Rath ist gut; Feind, sage ich, dein Rath ist gut; tc ffc ich mich durch mein Gewissen regie­ ren . so bleibe ich bey dem Juden, meinem Herrn, der, (Sott sey mir gnädig l eine Art von Teufel ist.

i? 'ute ich von dem Juden weg, so lasse ich

imd> durch den

bösen Feind regieren, der mit Re­

spekt zu sagen der Teufel selber ist.

Gewiß, der

Jude ist der wahre eingefleischte Teufel, und auf mein Gewissen, mein Gewissen,

ist gewissermaßen

ein hartherziges Gewissen, daß es mir rathen will bey dem Juden zu bleiben.

Der Feind giebt mir

einen freundschaftlichen Rarh; ich will laufen.Feind! meine Fersen stehen dir zu Gebote, ich will laufen.

Der alte Gobbo kommt mit einem Korbe. Gobbo. Musje, junger Herr, er da, wo

gehe

ich

wohl zu

sey er doch so gut:

des Herrn Juden seinem

Hause hm? Lanzelot beyseit. O Himmel!

mein

nicht pfahlblind, ist,

und mich

eheleiblicher Vater, der

zwar

aber doch so ziemlich stockblind

nicht

kennt.

Ich

will mir einen

Epaß mit ihm machen. Gobbo. Müsse, junger Herr, fty er so gut: wo gehe ich ZU des Herrn Juden feinem Hause hin?

Lanzelot. Schlagt euch rechter Hand an der nächsten Ecke, aber bey der allernächsten Ecke linker Hand; ver­ steht, bey der ersten nächsten Ecke schlagt euch we­ der rechts noch links, sondern drcht euch schnürgrade aus nach des Juden seinem Hause herum. ©0660.

Poz Wetterchen, das wird ein schlimmer Weg zu finden seyn.

Könne ihr mir nicht sagen, ob ein

gewisser Lanzelot, der sich bcy ihm aufhält, sich bey ihm aufhält oder nicht? Lanze lo t. Sprecht ihr vom jungen Monsieur Lanzelot? (Beyseit.) IIun gebt Achtung, nun will ich losle­ gen.

Sprecht ihr vom jungen Monsieur Lan-

zelot? G 0 b b 0. Stein Monsieur, Herr, sondern eines armen 97(an» nes Sohn? sein Vater, ob ich es schon sage, ist ein herzlich armer Mann, und, Gott sey Dank, recht wohl auf,

Lanzelot. ©ut, sein Vater mag seyn was ec will; hier ist die Rede vom jungen Monsieur Lanzelot. G 0 b b 0. Eurem gehorsamen Diener und Lanzelot, Herr.

Lanz ekot. Ich bitte euch demnach, alter Mann, demnach er­ suche ich euch:

sprecht ihr vom jungen Monsieur

Lanzelot? Gob 5 o. Von Lanzelot, wenns Eue Gnaden beliebt. Lanzelot. Demnach Monsieur Lanzelot.

Sprecht nicht von

Monsieur Lanzelot, Vater; denn der junge Herr ist

(vermöge

der Schickungen

und Verhängnisse

und solcher wunderlichen Redensarten,

der

drey

Schwestern und dergleichen Fächern der Gelahrt­ heit') in Wahrheit Todes verblichen, oder, um es rund heraus zu sagen, in die Ewigkeit gegangen. G o b b o. Je,

da sey Gott vor! Oer Junge war so recht

der Stab meines Atters, meine beste Stütze? — Lanzelot. Seh' ich wohl aus wie ein Knittel oder wie ein Zaunpfahl, wie ein Stab oder eine Stütze? — Kennt ihr mich, Vater? Gobbo. Ach du

liebe Zeit, ich kenne euch nicht,

junget

Herr; aber ich bitte euch, sagt mir, ist mein Jun­ ge — Gott hab' ihn selig! — lebendig oder foDl? Lanzelot. Kennt ihr mich nicht, Vater?

Gobbo. Lieber Himmel, ich Bin ein alter blinder Mann, ich kenne euch nicht. Lanzelot. fftun wahrhaftig, wenn ihr auch eure Augen hät­ tet, so könntet ihr mich doch wohl nicht kennen; das ist ein weiser Daker, der sein eignes Kind kennt. Gut, alter Mann, ich will euch Nachricht von eurem Sohne geben. Gebt mir euren Segen l Wahrheit muß ans Licht kommen.

Ein Mord

kann nicht lange verborgen bleiben, eines Men­ schen Sohn kanns; aber zuletzt muß die Wahr­ heit heraus. G v bb o. Ich bitte euch, H?rr, steht auf; ich bin gewiß, ihr seyd mein Junge Lanzelot nicht. L a n z e l o t. Ich bitte euch, laßt uns weiter keine Possen damit trerben, sondern gebt mir euern Segen. Ich bin Lanzelot, euer Junge der da war, euer Sohn der da ist, euer Kind das da seyn wird. G o b b o. Ich kann mir nicht denken, daß ihr mein Sohn seyd. Lanzelot. Ich weiß nicht was ich davon denken soll, aber ich

bin Lanzelot des Juden Diener;

und

ich

4t Bin

gewiß. Makgreth». eure grau, ist meine

DIZu«et. @0 660.

Ganz recht, ihr 97omc ist Margrethe: ich will ei­ nen Eid thun, wenn du Lanzelot bist, so bist du mein eigen Fleisch und Blut. ®ott im Himmelsthronet was host du für einen Dort gekriegt? — Du hast mehr Haar am Kinne, als mein Karren­ gaul Fritz am Schwänze hat. L a n z e l 0 t. Je, so läßtS ja, als ob Fritz sein Schwanz rück­ wärts wüchse; ich weiß doch, er halle mehr Haar im Schwänze als im Gestchl, da ich ihn das letztemal sah. Gobb 0. Heer Je, wie du dich verändert hast! Wie ver­ trägst du dich mit deinem Herrn? Ich bringe ih« ein Präsent- nun, wie vertragt ihr euchL anzelot. Gut, gut; aber für meine Person, da ich mich dar­ auf gesetzt habe davon zu laufen, so will ich mich nicht eher niedersetzen, als bis ich ein Stuck We­ ges gelaufen bin. Mein Herr ist ein rechter Jude; ihm ein Präsent geben! Einen Strick gebt ihm. Ich bin ausgehungert in seinem Dienst; ihr könnt jeden Finger, den ich habe, mit meinen Rippen zahlen. Vater, ich bin froh, daß ihr gekommen

seyd.

Gebt mir euer Präsent für einen gewissen

Herrn Bassonio. bei Lioreyen

giebt.

wahrhaftig prächtige neue

Komme ich

nicht bey ihm in

Dienst, so will ich taufen, so weit Gottes Erdbo­ den

reicht. — Welch ein Gluck!

selbst.

da kommt ec

Macht euch an ihn, Vater, denn ich will

ein Jude seyn, wenn ich bey dem Juden länger diene. Bassanio kommt mit Leonardo und andern Begleitern.

B assan i o. DaS könnt ihr thun — aber seyd so bey der Hand,

daß das Abendessen spätestens um fünf Uhr fertig ist.

Besorgt diese Briese, gebt diese Livreyen in

Arbeit,

und

bittet Graziano

sogleich in meine

Wohnung zu kommen. (Ei» Bedienter ab.) Lanzelot. Macht euch an ihn, Vater! Gobbo. Gott segne Euer Gnaden! Bassanio. Großen Dank! Willst du was von mir? Gobbo. Da ist mein Sohn, Here, ein armer Junge — Lanzelot. Kein armer Juüge, Herr, sondern des reichen Ju-

den Diener, der gerne möchte, wie mein Datee fpe^ificiren wird —

(9 e 6 6 o. Er hat, wie man zu sagen pflegt, eine große De­ klination zu dienen — Lanzelot. Wirklich, das Kurze und das Lange von der Sache ist: ich diene dem Juden und trage Verlangen, wie mein Vater spezisiciren wird — Gobbo. Sein Herr und er (mit Respekt vor Euer Gna­ den

zu sagen) vertragen sich wie Kotzen und

Hunde —

Lanzelot. JÜU

einem Worte, die reine Wahrheit ist, daß

der Jude, da er mir Unrecht gethan, mich nöthigt, wie mein Vater, welcher, so Gott will, ein altee Mann ist, notifairen wird — Gobbo. Ich habe hier ein Geeicht Tauben, die ich bey Euer Gnaden anbringen möchte,

und mein Ge­

such ist — Lanzelot. In aller Kürze, -as Gesuch interzedirt mich selbst, wie Euer Gnaden von diesem

ehrlichen

alten

Mann hören werden, der, obschon ich cs sage, ob-

schon ein alter Mann, doch ein armer Mann und

mein 23atci ist.

Bassanio. Einer spreche für beyde.

Was wollt ihr?

Lanzelot. Euch dienen, Herr. G ob b o. Ja, das wollten wir euch gehorsamst opponiren. Bassan io. Ich kenne dich, die Bitt' ist dir gewährt; Si ylock. dein Herr, hat heut mit mir gesprochen Ur d dich befördert; wenn'S Zefördrvng ist, Aus eines reichen Juden Dienst zu gehn, Um einem armen Edelmann zu folgen. Lanzelot. Das alte Sprichwort ist recht schön vertheilt zwi­ schen meinem Herrn Shy?vck und euch, Herr; ihr habt die Gnade Gottes» und er hat genug. 23 a f s a n i o. Du triffst es; Vater, geh mit deinem (Sohn. Nimm Abschied erst von deinem alt^n Herrn, Und frage dich nach meiner Wohnung hin. (Zu seinen Begleitern) Ihr, gebt ihm eine nettre Livrry Als seinen Kameraden; sorgt dafür! L a n z e i o t. Kommt her, Dater. — Ich kann keinen Dienst

stiegen; nein! ich habe gar kein Mundwerk am Sopfe. — Tut! — (tt begeht seine flache Hand) wenn einer in ganz Italien eine schönere Tafel har. da« mit auf die Schrift |u schwören — Ich werde gut Glück haben; ohne Umstände, hier ist eine ganz schlechte Lebenslinie: hier ist 'ne Kleinigkeit an Frauen. Ach. fünfzehn Weiber sind nichts! eiCf Wittwen und neun Mädchen ist ein knappes Aus­ kommen für Einen Mann. ums Haar zu ersaufen,

Und dann, dreymal, und mich an der Ecke

eines Federbettes beynah todt zu stoßen — das heiße ich gut davon kommen!

Gut, wenn Glück

ein Weib ist, so ist sie doch eine gute Dirne mit ihrem Kram. — Kommt, Dater. ich nehme in Einem Umsetzn von dem Juden Abschied.

(Lanzelot und der alte Vobbo ab) D a ssan io. Thu das, ich bitt' dich, guter Leonardo; Ist dieß gekauft und ordentlich besorgt, Komm schleunig wieder; denn zu Nacht bewirth'ich Die besten meiner Freunde; eil dich, geh. Leonardo. Verlaßt euch auf mein eifrigstes Bemühn.

(Graztano kommt) G r aziano. Do ist dein Herr?

Leonard o. Er geht da drüben, Herr. (Leonardo ab.) > razi an o. Signor Dassaniok 33 o ff fl n io. Graziano! G raz iano. Ich habe ein Gesuch an euch. Baffanio. Ihr habt es schon erlangt. Grazia n o. Ihr müßt mirs nicht weigern, ich muß mit euch nach Belmont gehen. Baffanio. Nun ja, so müßt ihr, — aber hör. Graziano, Du bist zu wild, zu rauh, zu Fcd! im Ton; Ein lEeseo, welches gut genug dir steht. Und Augen wie den unfern nicht mißfällt. Doch wo man dich nicht kennt, ja. da erscheint Es allzufccy; drum nimm dir Müh, und dampfe Mit ein paar kühlen Tropfen Sittfamkeit Den flächigen Geist, daß ich durch deine Wildheit Dort nicht mißdeutet werd', und meine Hoff.ung liu Grunde geht. Graziano. Signor Baffanio, höret mich:

Wenn ich mich nicht zu feinem Wandel füge. Mit Ehrfurcht red' und dann und wann nur fluche, Gebetbuch in der Lasche, Kopf geneigt; Ja, selbst beym Tischgebet so vors Gesicht Den Hut mir hall', und seufz' und Amen sage; Nicht ollen Brauch der Höflichkeit erfülle, Wie einer, der, der Großmama zu lieb, Scheinheilig lhutr so tra^t mir niemals mehr. D a fsa n i o. Nun gut, wir werden sehn, wie ihr euch nehmt. Graziano. Nur heute nehm' ich aus; das gilt nicht mit, Was ich heut Abend rhue. Basfanio. Nein, das wär' Schade; Ich bitt' euch lieber in den kecksten Farben Oer Lust zu kommen, denn wir haben Freunde, Die lustig wollen seyn. Lebt wohl indeß. Ich habe ein Geschäft. Graziano. Und ich muß zu Lorenzo und den Andern, Doch auf den Abend kommen wir zu euch. (Alle ab.)

Dritte Szene. €U Zimmer

In Shylocks Hause.

Jessica und Lanzelot kommen. Jessica. Es thut mir leid, daß du uns so verläß'st; Dies Haus ist Hölle, und du, ein lust'gee Teufel, Nahmst ihm ein Theil von seiner Widrigkeit. Doch, lebe wohl! Und. Lanzelot, du wirst beym Abendessen Lorenzo sehn, als Gast von deinem Herrn. Dann gieb ihm diesen Brief, thu' es geheim: Und so leb wohl, daß nicht etwa mein Datec Mich mit dir reden steht. Lanzelot. Adieu 1 — Thränen müssen meine Zunge vertreten, ollerschönste Heidin! allerliebste Jüdin! Wenn ein Christ nicht zum Schelm an dir wird, und dich bekömmt, so trügt mich alles. Aber adieu! Diese thörichten Tropfen erweichen meinen männ­ lichen Muth allzusehr. (ab)

Jessira. Leb wohl, du Guter! Ach, wie gehässig ist es nicht von mir. Daß ich des Daters Kind zu seyn mich schäme. Doch, bin ich seines Blutes Tochter schon, Bin

Bin ichs nicht seines Herzens. O Lorenzo, Hilf mir dieß lösen! treu dem 2Portc bleib! C5o werd ich Christin und dein liebend 2Bci6, (ab)

Vierte Szene. Sine Straße. Graziano,

Lorenzo, Salarino, Solanio treten auf.

und

Lorenz o. Dxun gut, wir schleichen weg vom Abendessen, Verkleiden uns in meinem Haus', und sind In einer Stunde alle wieder da. G r azia n o. 2Bir haben uns Nicht recht darauf gerüstet. Salarino. Auch keine Fackelträger noch bestellt. Solanio.

üBriiit es nicht zierlich anzuordnen steht, So ist es nichts, und unterbliebe bester. Loren z o. ’vj ist eben Vier; wir haben noch zwei Stunden jjur Vorbereitung. 2 a nzets t kommt mit einem Briefe. Freund Lanzelot, was bringst du? Vierter Theil.

O

So ßanzelot. Wenns euch beliebe dieß aufzubrechen, so wird es gleichsam andeuten. fl o reng o. Ich kenne wohl die Hand; jo, sie ist schön. Und weißer als dos Dlatt worauf sie schrieb. Ist diese schöne Hand. Graziano. Auf meine Ehre, eine fliebesbotschaft. flanzetol. Mit eurer Erlaubniß Herr. florenzo. Wo willst du hin? flanzelot. Nun, Herr, ich soll meinen allen Herrn den Ju­ den zu meinem neuen Herrn dem (Christen auf heute zum Abendessen laden. Lorenzo.

Da nimm dieß; sag der schönen Jessica, Daß ich sie treffen will. — SagS heimlich! geh; (Lanzelot ab.) Ihr Herrn. Wollt ihr euch zu dem Maskenzug bereiten? Ich bin versehn mit einem Fackelträger. Salarino.

Ja, auf mein Wort, ich gehe gleich danach.

5i So lan io. Oos will ich auch. L 0 r e n $0. Xcesst 1nid) und Graziano In einer Stund' in Graziano's Haus. Salaein 0. Tut das, es soll geschehn. (Salarino und Solania ab.)

Grazian 0. Oer Bries kam von der schönen Jessica? Lorenzo.

Ich muß dirs nur vertraun: sic giebt mir an,

2Bie ich sie aus des Vaters Haus entführe; S ie fen vcisehn mit Gold und mit Juwelen, Ein J)oqenan$ug liege schon bereit.

Kommt ja der Jud'/ ihr Vater, in den Himmel, So isis um seiner holden Tochter willen; Und nie darf Unglück in den Weg ihr treten Es möchte dann mit diesen Dorwand seyn, Daß sie von einem falschen Juden siammt. Komm, geh mit mir, und lies im Gehn dies durch; OTic trägt die schöne Jessica die Fackel. (iBegbt ab)

O 2

Fünfte

Szene.

Vor Shyleckv Hau>e. S Hy lock und Lanzeloc fcmmew. Ehylock.

(Aul, du wirst sehn, mit deinen eignen Augen, Des alten Shylocks Abstand von 25j|Tanio. He, Jessica! — Du wirst nicht voll dich stopfen. Wie du bey mir gethan. — He, jofi'iu! — Und liegen, schnarchen, Kleider nur zerreißen — He. sag' ich, Jessica! Lanzelo t. He, Jessica l Shylock. Wer heißt dich schrein? Ich hals dir nicht ge heisren. 1! a n $ e l o (. Euer Edlen pflegten immer -u fugen, ich könnte nichts ungeheißen thun. Jessica kommt. Jessica. Ruft ihr? Was ist euch zu Befehl? Shy lock. Ich bin zum Abendessen autgefcetcn. Do hast du meine Schlüssel, Jessica, Zwar weiß ich nicht, warum ich gefj’; sie bi.len Mich nicht auü Liebe, nein, sie schmeicheln mit;

53 Doch ich will gehn aus Haß, aus den Verschwender Von Christen zehren. — Jessica, mein Kind, Acht' auf mein Haus! — Ich geh recht wider Willen Es braut ein Unglück gegen meine Ruh, Denn diese Nacht träumt1 ich von Sacken Geldes. Lanzelol. Ich bitte euch, Herr, geht; mein junger Herr er­ wartet eure Zukunft. S h y l o ck. Ich seine auch. L a n z e l o t. Und sie haben sich verschworen. — Ich sage nicht, daß ihr eine Maskerade sehen sollt; aber wenn ihc eine seht, so war es nicht umsonst, daß meine Nase an zu bluten fing, auf den letzten Ostermontag des Morgens um sechs Uhr, der das Jahr auf den Lag fiel, wo vier Jahre vorher Nachmittags Aschermittwoch war. S h y l o ck. Was? giebt es Masken '< Jessica, hör an: Verschließ die Thür, und wenn du Trommeln hörst. Und das Gequäk der quergehalsten Pfeife, So klettre mir nicht an den Fenstern auf; Steck' nicht den Kopf hinaus in offne Straße, Nach Christennarren mit bemaltem Antlitz Zu gaffen, stopfe meines Hauses Ohren,

Die Fenster, meyn' ich. zu. un» laß den Schall Der albern (9icEere^ nicht bringen in IXHem ehrbar Haus. — Bey Jakobs Stabe schwör' ich, Ich habe keine Lust zu Nacht zu schmausen. Doch will ich gehn. — Du, Bursch, geh mir voran, Sag', daß ich komme. L a n z e l o t. Herr, ich will vorangehn. Guckt nur am Fensker, Ftäulein, trotz dem allen; Denn vorleygehn wird ein (Christ, Werth daß ihn 'ne Jüdin küßt. (ob) Shnlock.

WaS sagt der Narr von .v>agor6 Stamme? he 7 Jessica. Sein Wort

war: Fräulein,

lebet

wohl; sonst

nichts.

Shylock. Der Lass ist gut genug, jedoch ein Fresser, 'Ne Schnecke zum Gewinn, und schläl'r bey Tag 37M;r als das Nturmclthier; in meinem Stock Baun keine Hummeln; drum laß ich ihn gehn. Und laß ihn gehn zu einem, dem et möge Den auftirborglcn Beutel leeren helfen. Gut, Jelstca, geh nun ins Haus hinein,

Vielleicht komm' ich im Augenblicke wieder. Xfni’ was ich dir gesagt, schließ hinter dir Die Thüren; fest gebunden, fest gefunden, Das denkt ein guter Wirth zu allen Stunden. (ab)

Jessica. Lebt wohl, und denke das Glück «ach meinem Sinn, Ist mir ein Vater, euch ein Kind daßm(ab)

Sechste Szene. Ebendaselbst. Graziano und Salarino. fommtn maiklrt. Graziano. Dieß ist das Vordach unter dem Lorenzo Uns Halt zu wachen bat. Salarino. Die Stund' ist fast vorbey. Graziano. Und Wunder ist es, daß er sie versäumt; Verliebte lausen stets der Uhr voraus. Salarino. C zehnmal schneller fliegen Venus Tauben,

Den neuen Bund der Liebe zu versiegeln.

5* Als sie gewohnt sind unverbrüchlich auch, Gegebne treu zu halten. G razi ano. @o gehts in allem; wer steht auf vom Mahl Mit gleicher Eßlust, als er niedersaß? Wo ist das Pferd, das seine lange Dahn Zurückmißt mit dem ungedämpften Feuer, Womit eS sie betreten? Jedes Ding Wird mit mehr Trieb erjaget als genossen. Wie ähnlich einem Wildfang und Verschwender Eilt das beflaggte Schiff aus heimscher Ducht, Geliebkost und geherzt vom Buhler Wind! Wie ähnlich dem Verschwender kehrt es heim. Zerlumpt die Segel, Ribben abgewittert. Kahl, nackt, geplündert von dem Buhler Wind! Lorenzo tritt auf.

Salarino. Do kommt Lorenzo, mehr hievon nachher. Lo renzo. Entschuldigt, Herzensfreunde, den Verzug, Nicht ich, nur mein Geschäft hat warten lassen. Wenn ihr den Dieb um Weiber spielen wollt. Dann wart' ich auch so lang' auf euch. — Kämmt näher! Hier wohnt mein Vater Jude — He! wer da? Jessica oben am Fenster tn Knabentrocht.

I-ssi". 2Fer seyd ihr? sagte zu mehrer Sicherheit, Wiewohl ich schwör ich kenne eure Stimme L o renzo. Lorenzo, und dein Liebster. 2 essira. Lorenzo.stcher, und mein Liebster, ja I Denn wen lieb' ich so sehr? Und nun, wer weiß, Als ihr, Lorenzo, ob ich eure bin? L o r e nz o. Oer Himmel und dein Sinn bezeugen dirs. J-ssica. Hier, fang dies Kästchen auf, es lohnt die Müh. Gut, daß es Nacht ist. daß ihr mich nicht seht. Denn ich Bin sehr beschämt von meinem Tausch; Doch Lieb' ist blind. Verliebte sehen nicht Die artigen Kiedereyn die ste begehen; Denn könnten siete, Kupido würd' erröthen, Als Knaben so verwandelt mich zu sehn. Lo renz o. Kommt, denn ihr müßt mein Fackelträger seyn. Jessica. Was? muß ich selbst noch leuchten meiner Schmach? Sie liegt fürwahr schon allzusehr am Tage. 6n, Lieber, te ist ein Amt zum kündbar machen. Ich muß verheimlicht ff t;n.

Lorenzo. Oos bist du, Liebe, Im hübschen Wnjtug eines kn oben schon. Doch komm sogleich, Oie finstre Nacht stiehlt heimlich sich davon; Wir werden bcy BastHo's ^est erwartet. Jessica. Ich mach die Thüren fest, vergülde mich Mit mehr Dukaten noch, und bin gleich bey euch. (tritt zurück)

G ra $ in n o. Nun? auf mein Wort? 'ne Göttin, keine Jüdin. Lo renz o. Verwünscht mich, wenn ich sie nicht herzlich liebe. Denn sie ist klug, wenn ich mich drauf verstehe. Und schön ist sie. wenn nicht mein Auge trügt, Und treu ist sie. so hat sie sich bewährt. Drum sey sie, wie sie ist, klug, fd ön und treu, Mir in beständigem Gemülh verwahrt. Jessica kommt hrrauS. Nun bist du da? — Ihr Herren, auf und fort! Oer Maskenzug erwartet schon uns dort. (ab mit 3cffl(fl und Salarino)

Antonio tritt auf. Antonio. Wer da?

Graziano. Signor Antonio. Antonio. Ey. ey, GraZiano, wo sink» all' die andern? Es ist neun Uhr, die Freund' erwarten euch. Kein Xmj zur Nacht, der Wind hat sich gedreht, 25of|'mio will im Augenblick an Bor-; Wohl zwanzig Voten schickt' ich aus nach euch. G r a $ i a n o. Mir ist es lieb, nichts kann mich mehr erfreun. Als unter Segel gleich die Nacht zu seyn. (Beyde ab)

Siebente Szene. Delmont.

Ein

Zimmer in

Porti»'-

Hause.

Trompetenstoß. Porzia und der Prinz von Marocco treten auf; beyde «tt Gefolge. P orzi a. Geht, zieht bey Seit' den Vorhang, und entdeckt Die Kästchen sämmtlich diesem edlen Prinzen — Trefft eure Wahl nunmehr. Ma ro c co. Don Gold das erste, das die Inschrift hat: ..Wer mich erwählt, gewinnt was mancher Mann begehrt."

6o Das zweyte, silbern, führet dies Versprechen: „Wer mich erwählt, bekommt so viel als er ver­ dient." Das dritte, schweres Blei, mit plumper Warnung-. „Wer

mich

erwählt, der giebt

und

wagt sein

Alles dran." Woran erkenn' ich» ob ich recht gewählt? Porzia. Dos eine faßt mein Bilöniß in sich Prinz: Wenn ihr das wählt, bin ich zugleich die eure, Maro cco. Go seit' ein Gott mein Urtheil I Laßt mich sehn! Ich muß die Sprüche nochmals überlesen. Was sagt dies bleir'ne Kästchens „Wer mich

erwähle,

der giebt und

wagt sein

Alles dran." Der

giebt — wofür?

für Blei 7 und wagt für Blei?

Dies Kästchen droht; wenn Menschen alles wagen, Thun sie's in Hoffnung köstlichen Gewinns. Ein

goldner

Muth fragt

nichts

nach

niedern

Schlacken, Ich geb' also und wage nichts für Bley. Was sagt das Silber mit der Mädchenfarbe? „Wer mich erwählt, bekömmt, so viel als er ver­ dient." So viel als er verdient? — Halt ein, OTororro

6i Und wäge -einen Werth mit Holet Hand. 2Fenn du geachtet wirst nach deiner Schätzung, Verdienest du genug, -och kann genug Wohl nicht so weit bis zu dem Fräulein reichen. Und doch, mich ängsten über mein Verdienst» Das wäre schwaches Mißtraun in mich selbst. So viel als ich verdiene? — Ja, das ist Das Fräulein; durch Geburt verdien' ich sie. Durch Glück, durch Zier und Taben der Erziehung; Doch mehr verdien' ich sie durch Liebe.

Wie,

Wenn ich nicht weiter schweift' und wählte hier? Laßt nochmals sehn den Spruch in (0o[ö gegraben: „Wer mich erwählt, gewinnt was mancher Mann begehrt." Das ist das Fräulein; alle Welt begehrt sie. Aus jedem Welttheil kommen ste herbey. Dies sterblich athmend Heiligenbild zu küssen; Hyrkaniena Wüsten, und die wilden Dden Arabiens sind gebahnte Straßen nun Für Prinzen, die zur schönen Porzia reisen; Das R^ich der Wasser, dessen stolzes Haupt Speyt in des Himmels Antlitz, ist kein Damm Für diese fremden Geister; nein, sie kommen. Wie über einen Bach, zu Porzia's Anblick. Eins von den drey'n enthält ihr himmlisch Bild; Soll Bley es in sich fassen? Lästrung wärs, 'ju denken solche Schmach; es wär zu schlecht

Im düstern Grab ihr Leichentuch zu panzern. Und soll ich glauben, daß sie Silber einschließt, Don zehnmal mindern Werth als reiret Gold? O (ündlicher Gedanke? Solch ein Kleinod Ward nie geringer als in Gold gefaßt. In England gieblS 'ne Münze, die das Bild Don einem Engel führt, in Gold geprägt. Doch der ist drauf gedruckt; hier liegt ein Engel Ganz drin im goldnen Bett. — Gebt mir den Schlüssel, Hier wähl' ich, und geling' es wie es kann. Porzia. Da nehmt ihn, Prinz, und liegt mein Bildniß da, So bin ich euer. (Er schließt iai goldne Kästchen auf) DJifl r o i c o. O Hölle was ist hier? Ein Deingeripp, dem ein beschriebener Zettel Im hohlen Auge liegt ? Ich will ihn lesen: „2HIcä ist nicht Gold was gleißt, „W e man oft euch unterweist. ,,Manchen in Gefahr es reißt, „Was mein äußerer Schein verheißt; „Goldnes Grab hegt Würmer meist, „?väret ihr so weis' als dreist, „Jung an Gliedern, alt an Geist,

6Z „So würdet ihr midjrt oBgespeif!. „Mit der Antwort ^eht und reist." Ja fürwahr, mit bittrer Kost, Leb wohl denn, Glut! l£jiflfommtn, Frost! Lebt, Porzia, wohl! Zu langen Abschied fühlt Mein Herz zu lief; so scheidet, wer verspielt. (ad) Porzia. Erwünschtes Ende! Geht, den Vorhang zieht, So wähle jeder, der ihm ähnlich steht. (Alle ab)

Achte Szene. Venedig.

Sine

Straße.

Solar in o und Sol an io treten auf,

Salarino. Ja. Freund, ich sah Srffanio unter Segel, Mit ihm i|l Graziano abgereist, Und auf dem Sch.ff ist sicher nicht Lorenzo. S o l a n i o. Oer Schelm von Juden schrie den Doge auf, Oer mit ihm ging, das Schiff zur untersuchen. S a l a n n o. Er kam zu spät, das Schiff war unter Segel; Doch da empfing der Doge den Bericht, In einer Gondel habe man Loremzo

Mit feinet Liebsten Jessica gesehn; Auch gab Antonio ihm die Versicherung Sie sey'n nicht mit Dastanio auf dem Schiff. S o l a n i o. Nie hört' ich so verwirrte Leidenschaft, So seltsam wild und durcheinander, als Der Hund von Juden in den Straßen ausließ: „Mein' Tochter — mein* Dukaten

— o mein*

Tochter! „Fort mit 'nem Christen — o

mein

christliche

Dukaten I „Recht und Gericht! mein' Tochter! mein* Du­ katen I „Ein Sack, zwey Säcke, beyde zugesiegelt, „Doll Don Dukaten, doppelten Oukaien? „Gestohl'n von meiner Zod)tcr; und Juwclen, „Zwey Stein* — zwey reich' und köstliche Gestein, „Gestohl'n von meinet Tochter? O Gerichte, „Findt mir das Mädchen! — Sie hat die Steine bey sich „Und die Dukaten. S a l a r i n o. Ja, alle Gassenbuben folgen ihm. Und schreyn r die Stein', die Tochter, die Dukaten! S o l a n i o. Daß nur Antonio nicht den Tag versäumt. Sonst wird er hiefür zahlen. S aij

5.5 @ o fd rf ii o. Gut bedacht! Mir sagte gestern ein Franzose noch, Mit dem ich schwatzte, in der engen See, D»e Frankreich trennt und England, sey ein Schiss Don unserm Land verunglückt, reich geladen; 3 dachte des Antonio, da erS sagte, Und wünscht' im Stillen, daß es feind nicht todt1. Solanio. Ihr solltet ihm doch melden, was ihr hört; Doch thuts nicht plötzlich, denn cd sönnt* ihn kränken. So larino. Ein beßres Herz lebe auf der Erde nicht. Ich sah 2)o|]anio und Antonio scheiden; Aaffanio sagt' ihm, daß er eiten wolle Mit seiner Rückkehr; „9Tein," erwiedert' er, „Schlag dein Geschäft nicht von der Hand, Las­ san io, „Um meinetwillen, laß die Zeit ed reifen. „Und die Verschreibung die der Jude hat, „Sre komme nicht in deinen Brudersinn. „Sey fröhlich, wende die Gedanken ganz „Auf Gunstbewerbung und Bezeugungen „Der Liebe, wie sie dort dir ziemen mögen." Und hier, die Augen voller Thränen, roan&t* et Sich abwärts, reichte seine Hand zurück. Vierter Theil.

E

Und, als ergriff' ihn wunderbare Rührung, Drückt.' ei Dofsanios Hand, so schieden sie, Solanio. Ich glaub', er liebt die Il'etf nur seinetwegen. Ich bitt' euch, laßt uns gehn ihn nuf^ st.i-en Um seine Echwermuth etwas zu zerstreun. Aus ein' und andre Art. S a l a r i n o. Ja, thun mir das. (Deyde ab)

Neunte Szene. Belmont.

Ein Zimmer In Po rzla'S

Haufe.

Ne eissa kommt mit einem Bedienten. Nerissa. Komm hurtig, hurtig, zieh den Vorhang auf! Der Prinz von Arragon hat seinen Eid Gethan, und kommt sogleich zu seiner Wahl. Trompetenstoß.

Der Prinz von Arragon.

P o rz i a und beyder Befolge. P o r z i a. Schaut hin, da stehn die Kästchen, edler Prinz: Wenn ihr das wählet, das mich in sich saßt, Soll die Vermählung gleich gefeiert werden. Doch fehlt ihr, Prinz, so müßt ihr, ohne rociter*, Im Augenblick von hier euch wegbegeben.

Arrag on. Drey Dinge giebt der Eid mir auf zu hotten: Zum ersten, niemals jemand kund zu thun, Welch Kästchen ich gewählt; sodann: verfehl' ich Das rechte Kästchen, nie in meinem Leben Um eines Nlä-chens Hand zu werben; endlich: Wenn sid) das Glück zu meiner Wahl nicht neigt, Sogleich euch zu verlassen, und zu gehn.

Vorhin. Aus diese Pflichten schwört ein jeder, der Zu wagen kömmt um mein geringes Selbst. Arragon. Und so bin ich gerüstet. Glück, wohlauf Nach Herzens Wunsch! — Gold, Silber, schlechtes Bley: „Wer mich erwählt, der giebt, und wagt sein olles dran." Du müßtest schöner aussehn, eh* ichs thäte. Was sagt das goldne Kästchen? Ha, laßt sehnt „Wer mich erwählt, gewinnt, was mancher Mann begehrt. " Was mancher Mann begehrt? — Dieß mancher meint vielleicht Die Thorenmenge die nach Scheine wählt. Nur lernend, was ein blöd.s Auge lehrt; Die nicht ins Innre dringt, und. wie die Schwalbe E 2

Im Wetter Bauet an der Außenwand, Recht in der -traft und Dahn des Ungefährs. Ich wähle nicht, was mancher DHvmn begehrt, Weil ich nicht bey gemeinen Geistern Haufen, Noch mich zu rohen Haufen stellen will. Nun dann zu dir, du silbern Schitzgemachl Sag mir noch "mal die Inschrift, die du führst: „Wer mich erwählt, bekömmt so viel als er ver dient." Ja, gut gesagt: denn wer darf darauf ausgehn, Das Glück zu täuschen und geehrt zu seyn. Den das Verdienst nicht stempelt? Maße keiner Sich einer unverdienten Würde an. O

würden Güter, Rang und Ämter nicht

Decderbter Weift erlangt, und würde Ehre Durch das Verdienst des Eigners rein erkauft. Wie mancher deckte dann fein bloßes Haupt! Wie mancher der besiehst, gehorchte dann! Wie viel des Pöbels würde ausgesondert Aus reiner Ehre (Saat! und wie viel Ehre Gelesen aus der Spreu, dem Raub der Zeit, Um neu zu glänzen! — Wohl, zu meiner Wahl „Wer mich erwählt, bekommt so viel als er ve: dient." Ich halt' es mit Verdienst: gebt mir dazu de Schlüff r,

Und unverzüglich schließt mein Glück hier auf.

V orzia. Zu fang' geweilt, für das was ihr da findet. Arragon. Mas giebts hier? Eines Gecken Bild, der blinzt, Und mir ’nen Zettel reicht? ich will ihn lesen. O wie so gar nicht gleichst du Porten l Wie gar nicht meinem Hoffen und Verdienst l „Wer mich erwählt, bekommt so viel als er ver­ dient. " Verdient' ich nichts als einen Narrenkopf? Ist das mein Preis? ist mein Verdienst nicht höher? P orzia. Fehlen und richten find getrennte Ämter, Und die fich widersprechen. Arragon. Was ist hierH „Siebenmal im Feu'r geklärt „Ward dies Silber: so bewährt „Ist ein Sinn, den nichts bethürtD „Mancher achtet Schatten werth, „Dem ist Schattenheil beschert; „Mancher Narr in Silber fahrt, „So auch dieser, der euch lehrt: „Nehmet wen ihr wollt zum Weib, „Immer trägt mich euer Leib. „Geht und sucht euch Zeitvertreib!"

Mehr und mehr $um 9T« 9uf< 2sn"“,,nio, der redliche Antonio — o daß id> eine Seencrnniung wüßte, die gqt genug wäre feinem Aa»me^n @6» sellschaft zu leisten 1 — Salarino. Dohlan, zu» Schluß! 6 oIons o. He, was sagst du? — Ja, das Ende ist, er haß ein Schiff eingebüßt.

Salarino. Ich wünsche, es mag das Ende seines Einbußen seyn. Golan io. Laße mich bey Zeiten Amen sagen, ehe mir bet Teufel einen Querstrich durch mein Gebet macht; denn hier kommt er in Gestalt eines Juden, Shylock sammt. Die stehts, Shylock? Da» giebt es 9teue* um Xti den Kausteuten?

Shylock. Ihr wußtet, niemand besser, niemand besser als ihr um meiner Tochter Flucht. Salarino. Das ist richtig; ich meinerseits kannte den Schnei« der, der ihr die Flügel zum 2Begfliegen gemacht

hat,

© o f ö n i o. lind ©fipsptf/ seinerseits, wußte -aß der Vogel flutie war; und bann haben sie es alle in der Art, das Dicst £u verlassen

© hylock. Sie ist verdammt bufür. Salarino. Das ist sicher, wenn der Teufel ihr Richter seyn s.ll. © hylock. Daß mein eigen Fleisch, und Blut sich so empvtU © o s a rn o. Pfui dich an, alten geH-I bey dem Aller empört es sich? © hylock. Ich sage, meine Tochter ist mein fileifö und Blut. 6ala r inr. Zwischen -einem Fleisch und ihrem ist m^hr Urten schied als zwischen (Ebenholz und tzlfenlc.n, nil-hc zwischen eurem Blute als zwischen rothem Wein und Rheinwein. — Aber sagt uns, mov i)crt ihr; har Antonio einen Verlust zur ©ce gehabt oder nicht? © h y l d ck. Da hab* ich einen andern schlimmen Handel; ein Dankerottirer, ein Verschwender, der sich kaum auf -em Rialto darf blicken lussen; ein Bettler, der so

schmuck auf den Markt zu kommen pflegte. — (Er sehe sich Dok mit seinem Schein!



et

verlieh

immer Geld aus christlicher Liebe, — er sehe flch vor mit seinem Schein! Salarino. 9iun, ich bin sicher, wenn er onfdCTf, so wirst du sein Fleisch nicht nehmen: wozu wär es gut?

Shylock. Fische mit zu ködern. Sättigt es sonst niemanden, so sättigt es doch mein Rache. Er hat mich be­ schimpft, mir ’ne halbe Million gehindertr meinen Verlust belacht, meinen Gewinn bespottet, mein Volk geschmäht, meinen Handel gekreuzt, meine Freunde verleitet, meine Feinde gehetzt. Und was hat er füc Grund? Ich bin ein Jude. Hat nicht ein Jude Hände, Gliedmaßen, Werkzeuge, Sinne, Reizungen, Leidenschaften? mit derselben Speise genährt, mit denselben Waffe» verletzt, denselben Krankheiten unterworfen, mit denselben Mitteln geheilt, gewärmt und gekältet von eben de« Win­ ter und Sommer, als ein Christ? Wenn ihr uns stecht, bluten wir nicht? Wenn ihr uns kitzelt, la­ chen wir nicht? Wenn ihr uns vergiftet, sterben wir nicht? Und wenn ihr uns beleidigt, sollen wir uns nicht rächen? Sind wir euch in allen Dingen ähn­ lich, so wollen wirs euch auch darin gleich thun. Wenn ein Jude einen Christen beleidigt, was ist

seine Demuth? Rache.

Wenn ein Christ einen

Juden beleidigt, was muß seine Geduld seyn nach christlichem Vorbild?

DTu, Ruche. Die Bosheit,

die ihr mich lehrt, die will ich ausüben, und es muß schlimm hergehen, oder ich will es meinen Meistern zuvorthun. €ln Bedienter kommt.

Bedienter. Edle Herren, Antonio, mein Herr, ist zu Hause und wünscht euch zu sprechen.

Sasa ri no. Wir haben ihn allenthalben gesucht. '£ u b a I kommt.

(5 o sän io. Hier kommt ein andrer von seinem Stamm; der dritte Mann ist nicht aufzutreiben, der Teufel selbst müßte denn Jude werden. (Solanto, Salartn- und Bedienter ab) Sh ylock. 3?un, Tubas, was bringst du neues von Genua? Hust du meine Tochter gefunden? Tubas. Ich bin oft an &ter gekommen, wo ich von ihr hörte, aber ich kann sie nicht finden.

Shysock. Ey so, so, so, soI Ein Diamant fort, kostet mich zweytausend Dukaten zu Frankfurt! Der Fluch ist

erst jetzt auf unser Volk gefallen, ich hab' ihn nie­ mals gefühlt bis jetzt.

Zweytau^end Dukaten da­

für k und noch mehr kostbare, kostbare Juwelen! Ich wollte, meine Tochter läge todt zu meinen Füßen, und hätte die Juwelen in den Ohren! Wollte, sie läge eingesargt zu meinen Füßen, und die

Dukaten

im Sarget Seine Nachricht von

ihnen! Ey, daß dich! — und ich weiß noch nicht, was beym Nachsetzen drauf geht.

Ey, du Ver­

lust über Verlust! Oer Dieb mit so viel davon gegangen, und so viel um den Dieb zu finden; und keine Genugthuung, keine Rache! Kein Un­ glück thut sich auf, als was mir auf den Hals fällt; keine Seufzer als die ich ausstoße, keine Thränen, als die ich vergieße. Tubal. Ja, andre Menschen haben auch Unglück. Anto­ nio, so hört' ich in Genua —Shylock. Was, was, was? Ein Unglück? ein Unglück?

Tubal. Hat eine Galleone verloren, die von Tripolis kam. S h y l o ck. Gott

sey gedankt? Gott

sey gedankt! Ist

es

wahr? ist cs wahr-

Tubal. Ich sprach mit ein paar von den Matrosen, die -ich aud dem Schiffbruch gerettet.

Ehylock. Ich danke dir, guter Tuba!! Gute Zeitung, gute Zeitung! — ZDp? in Genua 7 X u 6 o [• Eure Tochter verthat in Genua, wie ich hörte, in einem Abend achtzig Dukaten! Ehi- lock. Du giebst mir einen Dolchstich — ich kriege mein Gold nicht wiederzusehn — Achtzig Dukaten in einem Strich! achtzig Dukaten! Xub al. Verschiedene von Antonio s Gläubigern reisten mit mir zugleich nach Venedig; die betheuerten, er müsse nothwendig falliren. E h i) l o ck. Das freut mich sehr! ich will ihn peinigen, ich will ihn martern; das freut mich! Tubal. Einer zeigte mir einen Ring, den ihm eure Toch­ ter für einen Affen gab. Sh y lo ck. Daß sie die Pestl Du marterst mich» Tubal.

Es

war mein Türkis, ich bekam ihn von Lea, als ich noch Junggeselle war; ich hätte ihn nicht für ei­ nen Wald von Affen weggegeben. Tubal. Aber Antonio ist gewiß ruinirt.

Shylock. Ja, da- ist wahr! das ist wahr! Geh/ Tubas, miethe mir einen Amtsdiener, bestell' ihn vierzehn Tage vorher. Ich will fein Herz haben, roenn ec verfällt; Denn wenn er aus Venedig weg ist, so kann ich Handel treiben wie ich will. Geh, geh, Lubal, und triff mich bey unsrer Synagoge! geh, guter Tubal! bey unsrer Synagoge, Tubal! (ab)

Zweyte

Szene.

Delmont. Ein Zimmer in Perzla'S Hause. Bassanio,

Porzia,

und Gefolge treten

Graziano,

auf.

Tierisfa

Die Kästchen sind ausge­

stellt. Porz i a. Ich bitt' euch, wartet ein, zwey Tage noch. Bevor ihr wagt; denn wählt ihr falsch, so büße Ich emen Umgang ein; darum verzieht. Ein etwas sagt m.r (doch ed ist nicht Liebe) Ich möcht' euch nicht verlieren; und ihr wißt. Es rät.'» der Haß in diesem Sinne nicht. Allrin damit ihr recht mich deuten möchtet, Bos)ie:t' ith gern euch ein paar Tage hier, E?> ihr für mich euch wogt.

Ich könnt' euch leiten

Zur rechten Wahl, Dann bräch' ich meinen Eid;

So OaS will ich nicht; fd könnt ihr mich verfehlen. Doch wenn ihrS thut,

macht ihr mich sündlich wünschen,

Ich hätt' ihn nur gebrochen.

O der Augen,

Oie so mich übersehen und mich getheilt! Halb bin ich eu'r, die andre Hälfte euer — Mein,

wollt' ich sagen; doch wenn mein, dann euer.

Und so ganz euer.

«0 die böse Zelt,

Die Eignern ihre Rechte vorenthalr! Und so, ob euer schon, nicht euer. — Trifft es, So sey das Glück dafür verdammt, nicht ich. Zu lange red' ich, doch nur um die Zeit Zu dehnen, in die Länge sie zu ziehn. Die Mahl noch zu verzögern.

Dassanio. Laßt mich wählen, Denn wie ich jetzt Bin, leb' ich auf der Folter, Porzia. Daffanio, aus der Folter? So bekennt, Mas für Verrath in eurer Liebe steckt. Dasfanio. Allein der häßliche Verrath des Mißtrauns, Oer mich am Glück der Liebe zweifeln läßt. So gut verbände Schnee und F?uer sich Zum Leben, als Verrath und meine Liebe. Porz.'a.

Ja, -och ich sorg* ihr redet auf -er Folter, 2ßo sie, gezwungen, fügen was man will. Bassanio. Verheißt mir Leben, so bekenn* ich Wahrheit. Porzia. Ütun wohl, bekennt und lebt! Bassanio. Bekennt und liebt! Mein ganz Bekenntniß wäre dieß gewesen. O fel’ge Folter, wenn der Folterer 3Qüdt> Antwort lehn zu meiner Lossprechung? Doch laßt mein Heil mich bey den Kästchen suchen. Porzia. Hinzu denn! Eins barunter schließt mich ein, Wenn ihr mich liebt, so sindet ihr eS aus. D^enfja und ihr andern, stehe beyseit. — Laßt nun Musik ertönen, weil er wählt! Co, wenn er fehltriffe, end' er Schwanen gleich Hinsterbend in Musik; daß die Vergleichung Noch näher pass-, sey mein Aug der Strom, Sein roä|Jrig Todtenbett.

Er kann gewinnen.

Und was »st dann Musik?? Dann ist Musik Wie Paukenklang, wenn sich ein treues Volk, Dem neugekrönten Fürsten neigt; ganz so ZBte jene süßen Tön* in erster Frühe, Vierter

F

62

Die in

des Dräutgams schlummernd Ohr sich schleichen,

Und ihn zur Hochzeit laden.

Ieyo geht er

Mit minder Anstand nicht, mit weit mehr Liebe, Als einst Atcideü. da er den Tribut Der Jungfrau'n löste, welchen Troja heulend Dem See - Unthier gezahlt.

Ich steh' als Opfer,

Die dort von fern sind die Oardan'fchen graun, Mit rothgeweinten Augen, ausgegangen Der That Erfolg zu sehn. — Geh, Herkules! Leb du, so leb' ich! mit viel stärkerm Dangen Seh' ich den Kampf, als du ihn eingegangen.

Musik, während Dassanto über die Kästchen mit sich zu Rathe giht.

Lied. Erste Stimme. Sogt/ woher stammt Üie&etffuft? Aus den Sinnen/ aus der Drust? Ist euch ihr Lebenslauf bewußt .' Zweite Stimme. In den Augen erst gehegt, 2-üirb Liebeülust durch Schaun gepflegt? Stirbt das Kindchen, beygelegt In der Wiege die es trägt. Läutet Tvdtcnglöckchen ihm; Ich beginne: Äim! bim! bim

Chol. Bim! Dim 1 bim! 55 osfa n i o. — Co ist oft äußrer Schein sich selber fremd. Die 2Bett wird immerdar durch Zier berückt. Im Recht, wo ist ein Handel so vrderbt, Oer nicht, geschmückt von einer holden (Stimme Oes Bösen Schein verdeckt? Im Gottesdienst, 2Do ist ein Irrwahn, den ein ehrbar Haupt 9u(f)t heiligte, mit Sprüchen nicht belegte, Und bürge die Derdammlichkeit durch Schmuck? Kein Laster ist so blöde, das von Tugend In, äußern Thun nicht Zeichen an sich nähme. 2i>ic manche £eige, die Gefahren stehn, 2ßie Spreu dem Blinde. tragen doch am Kinn Den Bart des Herkules und finstern Ollart, ftsießt gleich in ihren Herzen Blut wie DJuIdj? U-d diese seihn des Muthes Auswuchs nur lim furchtbar sich zu machen. Blickt auf Schönheit, Ihr werdet sehn, man kaust sie nach Gewicht, Das hier ein 113 unter der Jiafur bewirkt, Und die es tragen, um so lockrer macht. So diese schlänglicht krausen goldnen Locken, öic mit den Lüften so muthwillig hüpfen Auf angemaßten Reiz; man kennt sie oft Als eines zweyten Kopfes Ausstattung, Oer Schädel, der sie trug, liegt in der Gruft.

So ist denn 3«die trügerische Küste Don einer schlimmen See, der schöne Schleyer, Der Indiens Schönen frirgt; mit einem Wort Die Schein-Wahrheit, womit die schlaue Zeit Auch Weise fängt.

Dorum, du gleißend Gold,

Oes Midas harte Kost, dich will ich nicht; Noch dich, gemeiner, bleicher Botenläufer Don Mann zu Mann; doch du, du magre* Bley, Das eher droht als irgend was verheißt. Dein schlichtes Ansehn spricht beredt mich an; Ich wähle hier, und sey es wohlgethan! P o r z i a. 2Bie jede Regung fort die Lüfte tragen! Als irre Zweifel, ungestüm Verzagen, Und bange Schau e und blasse Schüchternheit. O Liebe, mäßige dich in deiner Seligkeit! Halt ein, laß deine ficeuöen sanfter regnen; 3u stark fühl' ich, du mußt mich minder segnen. Damit ich nicht vergeh'. Bassanio öffnet da< Mtperne Kästchen. Wo- find ich hier? Der schönen Porzia Bildniß? Welcher Halbgott Kam so der Schöpfung nah? Regt sich dies Auge? Wie, oder schwebend auf der meinen Wölbung, Scheint es bewegt? Hier find erschtoßne Lippen, Oie Nektar Odem trennt: so süße Scheidung DHuß zwischen solchen süßen Freunden seyn.

Der Maler spielte hier in ihrem HaarH Oie spinne, wob ein Mtz, der JHänner Herzen 3w fangen, wie die OTücP im Epinngeweb. Doch ihre Lugen — o wie Ponnt' er sehn Um sie zu malen? Oa er eins gemalt. Dünkt mich, es mußt' ihm seine beyden stehlen. Und ungepaart sich lassen. Doch seht. so weit D»e Wahrheit meines Lobes diesem Schatten Zu nahe thut, da es ihn unterschätzt. So weit laßt diesen Schatten hinter sich Die Wahrheit selbst zurück. — Hier ist der Zettel, Der Inbegriff und Auszug meines Glücks. „Ihr, der nicht auf Schein gesehn: „Wählt so recht, und trefft so schön! „Weil euch dieses Glück geschehn, „Wollet nicht nach anderm gehn. „Ist euch dieß nach Wunsch gethan, „Und findt ihr Heil auf dieser Bahn, „Müßt ihr eurer Liebsten nahn, „Und sprecht mit holdem Kuß sie an." Ein freundlich Blatt — erlaubt/ mein holdes Leben, (er flies sie.) Ich komm', auf Schein zu nehmen und zu geben. Wie/ wer um einen Preis mit Andern ringt. Und glaubt, daß vor dem Volk sein Thun gelingt; Er hört den Beyfall, Jubel schallt zum Himmel: Im Geist benebelt, staunt er — „dieß Getümmel

Des Preises," fragt er sich," gilt es denn mit? Eo, dreymal h^ld»s yräusein, steh' ich hier, Noch zwelfelnd, or» Pr in Trug mein Auge blend'l, Bis ihr bestätigt, zeichnet, anerkennt. Porz La. Ihr seht mich. £on Bastanio, wo ich stehe. So wie ich bin. Obschon, für mich allein. Ick» n chr ehrgeizig wär in meinem Wunsch, Viel bester mich zu wünschen; doch, für euch, Wollt' ich verdre>)tacht zwanzigmal ich selbst seyn, Noch tausendmal so schön, zehnlausendmal So reich. -Nur um in eurer Schakung hoch zu stehn Möcht' ich an (So: cn, Dtei;en, Gütern, Freunden Unschätzbar seyn; doch meine volle Summa Macht etwa» nur; das ist, in Bausch und Dogen, Ein unerzognes, ungelehrtes Mädchen, Darin beglückt, daß sie noch nicht zu alt Zum Lernen ist; noch glücklicher, daß sie Zum Lernen nicht zu blöde ward geboren. Am glücklichsten, weil sie ihr weich Gemüth Dem euren überläßt, daß ihr sie lenkt, Als ihr Gemahl, ihr Führer und ihr König. Ich selbst und was nur mein, ist euch und Euerem DTun zugewandt; noch eben war ich (Eigner Des sckiönen Guts hier, Herrin meiner Leute, Monarchin meiner selbst; und eben jetzt

67 Sind Haus und Leut', und cBcn dieß Ich selbst Eu'r eigen. Herr.

sie mit diesem Ring;

Doch trennt ihr euch von ifjrn, verliert, verschenkt

ihn, So prophezey' es eurer Liebe Fall, Und sey mein

Anspruch gegen euch zu klagen. 23

ü

f f ci n i i\

Fräulein, ihr habt der Worte mich beraubt, Mein 23lut nur in den Adern spricht zu euch; Verwirrung ist in meinen Lebensgeistern, Wie ste nach einer wohlgesprochnen Rede Don einem theuren Prinzen wohl im Kreis Oer murmelnden zufriednen Meng' erscheint, Wo jedes Etwas in einander fließend, ;}u einem Chaos wird von nichts als Freude, Laut oder sprachlos. — Doch weicht dieser Ring Don diesem Finger, dann weicht hier das Leben; O

dann sagt kühn, 23assanio sey todtl Neri sso.

Mein Herr und Fräulein, jetzt ist unsre Zeit, Oie wir dabey gestanden und die Wünsche Gelingen sehn, zu rufen: Freud und Heil! Habt Freud' und Hcit, mein Fräulein und mein Herr! Graziano. Mein Freund Bassanio und mein werthes Fräu­ lein,

00 Ich wünsch' euch, was für Freud' ihr wünschen könnt, Denn sicher wünscht ihr keine von mir weg. Und wenn ihr beyderseits $u feiern denkt Den Ausrausch eurer Treue, bitt' ich euch. Daß ich zugleich mich auch verbinden dürfe. 23 ü | f o n i o.

Don Herzen gern/ kannst du ein Weib dir schaffen. Graziano. Ich dank' euch, Herr, ihr schafftet mir ein Weib. Mein Auge kann so hurtig schaun als eures; Ihr saht das Fräulen. ich die Dienerin; Ihr liebtet und ich liebte; denn Verzug, Steht mir nicht bester an als euch, Baffani'o. Eu'r eignes Glück hing an den Kästchen dort. Und so auch meines, wie es sich gefügt. Denn werbend hier bis ich in Schweiß gerieth, Und schwörend, bis mein Gaurn von Liebesschwüren Ganz trocken war, ward ich zuletzt — geletzt Durch ein Versprechen dieser Schönen hier, OHir Liebe zu erwiedern, wenn eu'r Glück Ihr Fraulein erst gewönne. Porzia. Jsts wahr, Neriffa? Neri ssa. Ja, Fräulein, wenn ihr euren Beyfall gebt.

33a(fanfo. Und meint ihre, Traziano. iecht im Emst) Traziano. Ja, auf mein Wort. Dassanio. Ihr ehrt durch eure Heirath unser Fest/ Traziano. SBir wollen mit ihnen auf den ersten Jungen wetten, uni tausend Dukaten. Doch wer kommt hier; Lorenzo und fein Heiden» kind? Wie? und mein alter Landsmann, Freund Salerio? Lorenzo, Jessica und Salerio treten auf. D assa n i o. Lorenzo und Salerio, willkommen. Wofern die Jugend meines Ansehns hier Willkommen heißen darf. Erlaubet mir, Ich heiße meine Freund' und Landesleute Willkommen, holde Porzia. P orzia. Ich mit euch; Sie sind mit sehr willkommen.

Lorenzo. Dank euer Gnaden! — Was mich angeht. Herr, Dliein Vorsatz war es nicht, euch hier zu sehn.

Doch da ich unterwegs Salerio traf.

90

So Bat er mich, daß ichs nicht weigern konnte, Hieher ihn ju Begleiten. Salerio. Ja. ich thats. Und habe Grund dazu? Signor Antonio Empfiehlt ihn euch. (giebt dem Lassanlo einen Brief) 35 aff an i o. Eh ich den Brief erbreche, Sagt, w'2 Befindet fich mein wackrer dtif er selbst OoS baare Geld, den Juden zu befohlen.

Er näh.-.' es nicht.

N»e konnt' ,ch em Geschöpf,

Oos Die Gestalt von einem Menschen trug, So gierig einen Menschen zu vernichten. Er liegt dem Doge früfr und spät im Ohr, Und klagt des Staats verletzte Hreytzeic an, Wenn man fein Recht ihm tt> igert. Zwanzig Han­ delsleute, Der Doge selber, und Die Senatoren Dom größten Ansetzn reden aü ihm zu; Doch niemand kann aus Der Chrkan' ihn treiben Don Recht,

verfaQner Buß* und seinem Schern. Jess.ra.

Als ich noch bey ihm war, hört' ich ihn schwören Vor seinen Landesleuten Cl>us und Tubal, Er wolle lieber des Antonio Fleisch, Als Den Betrag Der Summe zwanzigmal. Die ec ihm schuldig sey.

Und, Herr, ich weiß

Wenn ihm nicht Recht, Gewalt und Ansetzn wehrt Wird es Dem amen Manne schlimm ergehn.

Porzia. Jsts euch ein theurer Freund, der so in 27oth ist-

Vassanio. Der theuerste Freund, der liebevollste Mann, DaS unermüöet willigste Gemüth gu Dienstleistungen, und ein Mann, an dem Die alte Römer-Ehre mehr erscheint. Als sonst an wem, der in Italien lebt. Porzia. Welch ein Summ' ist er dem Juden schuldig 7 Bassanio. Für mich, dreitausend Dukaten. Porzia. Die? nicht mehr? Zahlt ihm sechstausend aus, und tilgt den Schein, Doppelt sechstausend, dann verdreyfacht das Eh' einem Freunde dieser Art ein Haar Gekränkt soll werden durch Bassanio's Schuld. Erst geht mit mir zur Kirch' und nennt mich ZDelB, Dann nach Venedig fort zu eurem Freund, Denn nie sollt ihr an Porzia's Seite liegen Mit Unruh in der Brust.

Gold geb' ich euch.

Um zwanzigmal die kleine Schuld zu zahlen; Zahlt sie und bringt den ächten Freund mit euch. 9terif]a und ich selbst indessen leben Wie Mädchen und wie Witwen.

Kommt mit mir,

Ihr sollt auf euren Hochzeittag von hier.

Begrüßt die Freunde, laßt den Muth nichts trüben Co theu'r gekauft, will ich euch theuer lieben. — Doch laßt mich hören eures Freundes Brief. Daffanio liest. „Liebster Baffcmio? Meine Schiffe sind alle verun„glückt, meine Gläubiger werden graufom, mein „Glücksstand ist ganz zerrüttet, meine Derfchrei„bung an den Juden ist verfallen, und da es un,»möglich ist, daß ich lebe, wenn ich sie zahle, so „sind alle Schulden zwischen mir und euch berich„tigt. „hen

Wenn ich euch nur bey meinem Lode sekönnte! Jedoch

handelt

nach

Belieben;

„wenn eure Liebe euch nicht überredet zu könn „men, so muß es mein Brief nicht." Porzia. O Liebster, geht, laßt alles andre liegen! Baffanio. Ja, eilen will ich, da mir eure Huld 3u gehn erlaubt; doch bis ich hier zurück, Sey nie ein Bett an meinem Zögern Schuld, 97och trete Ruhe zwischen unser Glück! (Alle ab)

Dritte Szene. Venedig.

Sine Straße.

SHy lock, Solan io, Antonio und Ocfan» g en wä rte r treten auf. Shylock.

Acht' auf ihn. Schließe, I — Sagt mir nicht von Gnade, Dieß ist der DTorr, der Geld umsonst auslieh. ■— Acht' auf ihn, Schließer!

Antonio. Hört mich, guter Shylyck. S h y l o ck. Ich will den Schein, nichts gegen meinen Scheint Ich that ’nen Eid, auf meinen Schein zu dringen. Du nanntest Hund mich, eh du Grund gehabt; 2)m ich ein Hund, so meide meine Zähne. Der Doge soll mein Recht mir thun. — Mich wunderes. Daß du so thöricht bist. du loser Schließer. Auf sein Verlangen mit ihm auszugehn. Antonio.

Ich bitte, hör' mich reden. S h y l o ck. Ich will den Schein, ich will nicht reden hören. Ich will den Schein, und also sprich nicht mehr.

Ihr macht mich nicht zum schwachen, blinden 9Tort’n, Oer seinen Kopf wiegt, seufzt, bedauert, nachgiebt Den christlichen Vermittlern. Folg' mir nicht. Ich will kein Reden, meinen Schein will ich. (Shylock ab) S o l a n i o. Da- ist ein unbarmherz'ger Hund, loiYi keinen Je unter Menschen gab. Antonio. Laßt ihn nur gehn. Ich geh' ihm nicht mehr nach mit eitlen Bitten, Er sucht mein Leben, und ich weiß warum; Oft hab' ich Schuldner, die mir vorgeklagt. Davon erlöst, in Buß' ihm zu verfallen; Deßwegen haßt er mich.

Solanio. Gewiß, der Doge Giebt nimmer zu, daß diese Buße gilt. Antonio. Oec Doge kann des Rechtes Lauf nicht hemmen; Denn die Bequemlichkeit, die Fremde finden Hier in Venedig, wenn man ste versagt, Setzt die Gerechtigkeit des Staats herab, 2Dei( der Gewinn und Handel dieser Stadt Beruht auf allen Völkern.

Gehn wir denn!

Oer Tram und der Verlust zehrt so an mir, Kaum

Kaum werd' ich ein Pfund Fleisch noch übrig haben Auf morgen für den blut'gen Gläubiger. Komm, Schließerl — Gebe Gott, daß nur Bassanio Mich für ihn zahlen fleht, so gilt mirs gleich. («b)

Vierte Delwont. Porzia,

Lin Zimmer fTT e r t f f a,

Szene. ln Porzia'-

Vorcnzo,

Haufi.

Jeffica

und

Balthasar kommen. Verenge. Niein Fräulein, sag' ichs schon in eurem Beyseyn, Ihr habt ein edles und ein ächt Gefühl Don göttergleicher Freundschaft, das beweist ihr. Da ihr die Trennung vom Gemahl so tragt. D^'ch wüßtet ihr, wem ihr die Ehr* erzeigt, üvelch einem biedern Mann ihr Hülfe sendet, ZBeLs) einem lieben Freunde eures Gatten, Ich weiß, ihr wäret stolzer auf das 2Berf. * Als euch gewohnte Güte dringen kann. Porzia. Noch nie bereut' ich, daß ich Gutes that. Und werd' cs jenr auch nicht; denn bey Genosseli, Die mit einander ihre Zeit verleben. Und deren Herz ein Joch der Liebe trägt, Kami Z^i\U

0

Da muß unfehlbar auch ein Ebenmaß Don Zügen seyn, von Sitten und Gemüth. Dies macht mich glauben, der Antonio, Als Busenfreund von meinem Galten, müsse Durchaus ihm ähnlich seyn. Wenn es so ist. Wie wenig ist es, was ich aufgewandt, Um meiner Seele Ebenbild zu lösen Aus einem Zustand höll'scher Grausamkeit? Doch dies kommt einem Selbstlob allzunah; Darum nichts mehr davon. Hört andre Dinge: Lorenzo. ich vertrau' in eure Hand Die Wirthschaft, und die Führung meines Hauses. Dis zu Baffanio's Rückkehr; für mein Theil Ich sandl' ein heimliches Gelübd zum Himmel, Zu leben in Beschauung und Gebet, Allein begleitet von Rerissa hier. Bis zu der Rückkunft unser beyder Gatten. Ein Kloster liegt zwey Meilen weit von hier, Da wollen wir verweilen. Ich ersuch' euch; Lehnt nicht den Antrag ab, den meine Siebe Und eine Nöthigung des Zufalls jetzt Euch auferlegt. Lorenzo. Don ganzem Herzen, Fräulein, In allem ist mir euer Wink Befehl. Porzia. Schon wissen meine Leu.'e meinen Willen,

And werden euch und Jessica erkennen 2ln meiner eignen und Baffanio's Stack. So lebt denn wohl, bis wir uns Wiedersehn! Lorenz o. Sey froher Muth mit euch und heitre Stunden j Jessica. Ich wünscht eu'r Gnaden olle Herzensfreude. Porzia. Ich dank' euch für den Wunsch, und bin geneigt Ihn euch zurückzuwünschen. — Jessica, lebt wohl! (Jessica und Lorenzo ab.) Nun, Balthasar, 2Bie ich dich immer treu und redlich fand, Laß mich auch seht dich sinden.

Nimm den Brief,

Und eile, was in Menschenkräften steht, Nach Padua; gieb ihn zu eignen Händen An meinen Detter ab, Doktor Bellario, Sieh zu. was et dir für Papiere giebt Und &iei&er; bringe die in höchster Eit Zur Überfahrt an die gemeine Fähre Die nach Venedig schifft. Verlier' die Zeit Mit Worten nicht; geh, ich bin vor dir -a. Balthasar. Fräulein, ich geh' mit aller schuld'gen Eil'. (Balthasar ab)

Porzia. Neriffa, komm.

Ich hab' ein Werk zur Hand,

(3

2

lOO

Wovon du noch nicht weißt;

mir wollen unsre

Männer, Eh sie es denken, sehn. Dt c riffa. Und werden sie uns sehn? Porzia. Ja wohl, Nerisia; doch in solcher Tracht, Das sie mit dem versehn uns denken sollen, Was uns gebricht.

Ich wette, was du willst.

Sind wir wie junge Männer oufgestuttt. Will ich der feinste Bursch von beyden seyn. Und meinen Degen mit mehr Anstand tragen. Und sprechen wie im Übergang vom Knaben yvm Mann in einem heiseren Dskant. Ich will zwei jüngferiiche Tritte dehnen Zu Einem Männerschritt; vom Nausen sprechen Wie kecke junge Herrn; und artig lügvn Wie edle Frauen meine L'tefce suchten. Und, da ich sie versagt, sich

todt gttjürmf. —

Ich konnte nicht mit allen fertig werden; Und dann bereu , ich es, und wünsch', id) fjäuc Bey alle dem fu doch nicht umgebracht. Und zwanzig solcher kleinen Lügen sag' in, So daß man schwüren soll, daß ich die vLu.uie Schon seit dem Jahr v.rließ. —Ich hab' im Sinn Wohl tausend Streiche solcher dreisten ©ciun Oie ich verüben will.

SJT e v i f sa. So sollen wir in Männer uns verwandeln? Porzia. Ja, komm", ich sag' vir meinen ganzen Anschlag, ZDtnn wir im Wagen sind, der uns am Thor Oes Parks erwartet; darum laß uns eilen. Denn wir durchmeffen heut noch zwanzig Meilen. (ab)

Fünfte Szene. Belmont.

Ein

Garten.

Lanzelot und Jessica kommen. Lanzelot. Ja, wahrhaftig! Denn seht ihr, die Sünden der Väter sollen an den Kindern heimgesucht werden: darum glaube mir, ich Bin besorgt für euch. Ich ging immer grade gegen euch heraus, und so sage ich euch meine Oeliberazion über die Sache. Also seyd gutes Muthes, denn wahrhaftig, ich denke ihr seyd verdammt.

Es ist nur eine Hoffnung

dabey, die euch zu statten kommen kann, und das ist auch nur so *ne Art von Bastard-Hoff­ nung. Jessica. Und welche Hoffnung ist das?

Lanzelot. Ey, ihr könnt gewissermaßen hoffen, daß euer Va­ ter euch nicht erzeugt hat, daß ihr nicht des Ju­ den Tochter seyd. Jessica. Das wäre in der That eine Art von BastardHoffnung, dann würden die Sünden meiner Mutter an mir heimgesucht werden. Lanzelot. Wahrhaftig, dann fürchte ich, ihr seyd von Da ters und Mun-r wegen verdammt.

Wenn ich

die Scylla. euren Vater, vermeide, so falle ich in die Eharybdis, eure Mutter; gut, ihv send auf eine und die andre Art verloren. Jessica. Ich werde durch meinen Mann selig werden; er hat mich zu einer Christin gemacht. Lanzelot. Wahrhaftig, da ist er sehr zu tadeln.

Es gab

unser vorher schon Christen genug, grade so viel als neben einander gut bestehen konnten.

Dieß

Christenmachen wird den Preis der Schweine stei­ gern; wenn wir alle Schwcincfl-isch Esser werden, so ist in

kurzem kein Schnittchen (£pidi in der

Pfanne für Geld mehr Zu haben. L o r e n z o kommt.

Jessica. Ich will meinem Mann erzählen, was ihr sagt, Lanzelotz hier kommt er. Lorenzo. Bald werde ich

eisersüchtig auf euch, Lanzetot,

wenn ihr meine Frau so in die Ecken zieht. Jessica. Ihr habt nichts zu befürchten, Lorenzo; Lanzelot und ich, wie sind ganz entzweyt.

Er sagt mir

grade heraus, im Himmel sey keine Gnade für mich, weil ich eines Juden Tochter bin; und er behauptet, daß ihr kein gutes Mitglied des ge­ meinen Wesens seyd, weil ihr Juden zum Chri­ stenthum

bekehrt, und

dadurch

den Preis des

Schweinefleisches steigert. Lorenzo. Das kann ich besser beym gemeinen Wesen ver­ antworten, als ihr eure Streiche mit der Mohur», Da ihr ein Weißer seyd. Lanzelot, hättet ihr die Schwarze nicht so aufgeblasen machen sollen. Lanzelot. Es thut mir leid, wenn ich ihr etwas weiß ge­ macht habe; aber da das Kind einen weisen Va­ ter hat, wird es doch keine Waise seyn. Lorenzo.

Wie jeder Narr mit den Worten spielen kannt Vald, denke ich, wird flch der Witz am besten

io4 durch Stillschweigen bewähren, und Gesprächig« keil bloß noch an Papageyen gelobt werden. — Geht ins Haus, Bursch, sagt, daß sie zur Mahl­ zeit zurichten. Lanzelot. Das ist geschehn, Herr, sie haben alle Mägen; es fehlt nur am Decken. Lorenz o. Wollt ihr also decken? Lanzelot. Mich, Herr? Ich weiß besser, was sich schick. Lorenzo.

Mieder Sylben gestochen! Willst du deinen gan­ zen Reichthum an Witz auf einmal zum Besten geben? Ich bitte dich, verstehe einen schlichten Mann nach seiner schlichten Meynung.

Geh zu

deinen Kameraden, heiß sie den Tisch decken, das Essen auftragen, und wir wollen zur Mahlzeit hereinkommen. Lanzelot. Der Tisch, Herr, soll aufgetragen werden, das Es­ sen soll gedeckt werden; und was euer Hereinkom­ men zur Mahlzeit betrifft, dabey laßt Lust und Laune walten. (ab)

Lorenzo. O heilige Vernunft, was eitle Mörtel

io5 Oer TTarr hat ins Gedächtniß sich ein Heer Wortspiele eingeprägt.

Und kenn' ich doch

Gar manchen Rarrn an einer bessern Stelle, So aufgestutzt, der um ein spitzes Wort Die Sache Preitf giebt.

Wie geht- dir, Jessica?

Und nun sag' deine Meynung, liebes Herz, Wie Don Bassanio's Gattin dir gefällt? Jessica. R?ehr als ich sagen kann.

Es schickt sich wohl,

Daß Don Dassanio fromm sein Leben führe; Denn da sein Weib ihm solch ein Segen ist. Finde er des Himmels Lust auf Erden schon. Und will er das auf Erden nicht, so wärs Ihm Recht, er käme niemals in den Himmel. Ja. wenn zwey Götter irgend eine Wette Oes Himmels um zwey ird'sche Weiber spielten. Und Porzia wär die eine, that' es Roth Roch sonst was mit der andern auf das (Spiel Zu fetzen; denn die arme rohe Wett Hat ihres Gleichen nicht. Lorenzo. Und solchen Mann Hast du an mir, als er an ihr ein Weib. Jessica. Ey, fragt doch darum meine Meinung auch. Lorenzo. Sogleich; doch laß uns erst zur Mahlzeit gehn.

io6 Jessica. Nein, laßt mich vor der Sättigung euch loben. Lorenzo. Nein, bitte, spare das zum Tischgespräch; 2Bie du dann sprechen magst, so mit dem andern Werd' ichs verdaun.

Jessica. Nun gut, ich werd' euch anzupreisen wissen.

io7

Vierter Erste Venedig.

Aufzug. Szene.

Ein Gerichtssaal.

Der Doge, die Senatoren, Antonio, Dassanio,

Grazian»,

Salarino,

Solanio und Andre. Doge. 9Tun, ist Antonio da? Antonio. Eu'r Hoheit zu Befehl. Doge. Es thut mir leid um dich; du hast zu thun Mit einem felsenharten Widersacher; Es ist ein Unmensch, keines Mitleids fähig. Kein Funk' Erbarmen wohnt in ihm. Antoni o. Ich hörte. Daß sich Eu'c Hoheit sehr verwandt, zu mildern Sein streng Verfahren; doch weil er sich verstockt,

Und Fein gesetzlich Mittet seinem Haß Mich Farm ent$ief>n, so stell' ich Denn Geduld Entgegen feiner IDutfj, und bin getocffnvt Mit Ru^e des Gemüthes, auszustehn Des seinen ärgsten Grimm und Tyrannen. Doge. Geh «er, und ruf den Juden in den Enal. © o (a n i 0. Er wartet an der Thür; er Fommf schon, Herr. Shylock kommt.

Doge. Macht Platz, laßt ihn und gegenüberstehn. ■*Shylock. die Welt denFt. und ich denk es auch, Du treibest Diesen Anschein Deiner Bosheit Nur bis zum Augenblick der That; und dann, So glaubt man, wirst du Dem Erbarmen zeigen Und Deine Milde, wunderbarer noch Als Deine angenommne Grausamkeit. Statt daß du jeM das dir verfofine eintreibst, Ein Pfund von dieses armen Kaufmanns Fleisch, Wirst du nicht nur die Buße fahren [offen; Nein, auch gerührt von Lieb' und Menschlichkeit, Oie Hälfte schenken von Der Summe selbst, Ein Aug' des Mitleids auf die Schäden werfend, Oie kürzlich seine Schultern so bestürmt: Genug, um einen königlichen Kaufmann

log Ganz zu erdrücken, und an feinem Fall Theilnahme zu erzwingen, selbst von Hetzen, So hart wie Kieselstein, von ehrnem Busen, Don Türken und Tartaren, nie gewöhnt An Dienste zärtlicher Gefälligkeit. Wir all’ erwarten milde Antwort, Jude. S h y l o ck. Ich legt' Eu'r Hoheit meine Absicht vor: Bey unserm heiligen Sabbath schwor ich es, Zu fodern, wag nach meinem Schein mir zusteht. Wenn ihr es weigert, thutS auf die Gefahr Der Freyheit und Gerechtsam' eurer Stadt. Ihr fragt, warum ich lieber ein Gewicht Don schnödem Fleisch will haben, als dceytausend Dukaten zu empfangen? Darauf will ich Nicht Antwort geben; aber setzet nun. Daß mirs so ansteht: ist dos Antwort gnug? Wie? trenn mich eine Ratt' im Hause p(agf, Und id), sie zu vergiften, nun dreitausend Dukaten geben will?

Jsts noch nicht Antwort gnug?

Cs giebt der Leute, die kein schmatzend Ferkel Ausstehen können, manche werden toll. Wenn sie ’r.e Katze sehn, noch andre können, Wenn die Ifatfpfeife durch die Nase singt D^c Anreiz den Urin nicht bei fidj halten; Der Leidenschaften Meister lenken sie

110

Nach Lust und Abneigung. Nun, euch zur Antwort: Wie sich kein rechter Grund angeben laßt. Daß der kein schmatzend Ferkel leiden kann. Der keine Katz', ein harmlos nützlich Thier, Oer keinen Dudelsack; und muß durchaus Sich solcher unfreywill'gen Schmach ergeben. Daß er, belästigt, selbst beläst'gen muß: So weiß ich keinen Grund, will keinen sagen. Als eingewöhnten Haß und Widerwillen, Den mir Antonio einflößt, daß ich so Ein mir nachtheilig Recht an ihm verfolge. Habt ihr nun eine Antwort? Bassanio. Nein, es ist keine, du fühlloser Mann, Die deine Grausamkeit entschuldigen könnte. S h y l o ck. Muß ich nach deinem Sinn dir Antwort geben?

35 q ff o n i o. Bringt jedermann das um, was er nicht liebt? S h y l o ck. Wer haßt ein Ding, und bracht' es nicht gern um? B a ssanio. Beleidigung ist nicht sofort auch Haß. G h y l o ck. Was? läß'st du dich die Schlange zweymal stechen? Antonio. Ich bitt' euch, denkt, ihr rechtet mit dem Juden.

Ihr mögt so gut hintreten auf den Strand, Die Flut von ihrer Höh sich senken heißen; Ihr mögt so gut den Wolf zur Rede stellen, Warum er nach dem Lamm das Schaafläßt blökend Ihr mögt so gut den Äergestannen wehren, Ihr hoh?s Haupt zu schütteln, und zu sausen. Wenn sie des Himmels Sturm in Aufruhr seht; Ihr mögt so gut das Härteste bestehn, Als zu erweichen suchen — was wär härter? — Sein Jüoifch Herz. — Ich Bitt’ euch also, bietet Ihm weiter nichts, bemüht euch ferner nicht, Und gebt in aller Kürz' und grade zu Mir meinen Spruch, dem Juden seinen Willen. B a ss a n i 0. Statt der dreytausend Dukaten sind hier sechs. Shyl 0 ck.

Wär jedes Stück von den dreytausend Dukaten Sechsfach getheilt, und jeder Theil ’n Dukat, Ich nähm sie nicht, ich wöllte meinen Schein. Doge. Wie hoffst du Gnade, da du keine übst? S Hy l 0 ck. Welch Urtheil soll ich scheun, thu' ich kein Unrecht? Ihr habt viel feiler Sklaven unter euch, Die ihr wie eure Esel. Hund' und Maulthier' In sklavischem verworfnen Dienst gebraucht. Weil ihr sie kauftet. Sag' ich nun zu euchr

Laße sie doch frei), vermählt sie euren Erben; Was plagt ihr sie mit Lasten? laßt ihr Bett So weich als eures seyn, labt ihren Gaum Mit eben solchen Speisen. Ihr antwortett Die Sklaven sind ja unser; und so geb' ich Zur Antwort: das Pfund Fleisch das ich verlange, Ist theu'r gekauft, ist mein, und ich wills haben. Wenn ihr versagt, pfui über eu’r Gesetz! So hat das Recht Venedigs keine Kraft. Ich wart' auf Spruch; antwortet: soll ichs haben?

Doge. Ich Bin befugt die Sitzung zu ernlassen. Wo nicht Dellario, ein gelehrter Doktor, Zu dem ich um Entscheidung ausgeschickt. Hier heut erscheint. S a lar in o. Eu'r Hoheit draußen steht (Sin Bote hier, mit Briefen von dem Doktor, Ee kömmt so eben an von Padua. Doge.

Bringt uns die Briefe, ruft den Boten vor. B a f f a n i o. Wohlauf, Antonio! freund, fei; gutes Muths! Oer Jude soll mein Fleisch, Blut alles haben. Eh' dir ein Xropfe Biu'.s für mich entgeht. Alitoui o.

Ich Bin ein angcst.cklcs Schaaf der Heccde, Zürn

llj

Zum Tod' am tauglichsten; die schwächste Frucht Fällt vor den andern, und so laßt auch mich. Ihr könnt nicht bessern Dienst mir thun Bassanio, Als wenn ihr lebt und mir die Grabschrift seht. Ncrissa tritt auf, alS Schreiber eines Advokaten gekleidet. Doge. Kommt ihr von Padua, von Lellario? Neri ssa. Don beyden, Herr; Bebario grüßt Eu'r Hoheit. Sie überreicht thun Brief. Bassanio. Was wetzest du so eifrig da dein Messer? S h y l o i£. Oie Buß' dem Bankcottirer aus^uschneiden.

Graziano. An deiner Seel', an deiner Sohle nicht, Machst du dein Messer scharf, halsstarr'g-r Jude! Doch kern Metall, selbst nicht des Henkers Beil, Hat halb die Schärfe deines scharfen Grolls. So können keine Bitten dich durchdringen? S h 9 so cf. Nein, keine, die du Witz ju machen hast. Graziano. Ö sey verdammt, du unbarmherziger Hund!

Und um dein Leben sey Gerechtigkeit verklagt. Du machst mich irre fast in meinem Glauben, Diemr Thtll.

H

Daß ich es halte mit Pythagoras, Wie Thieresseelcn in die Leiber sich Von Menschen stecken; einen Wolf regierte Dein hünd'scher Geist, der aufgehenkt für Mord, Oie grimme Seele »veg vom Galgen riß, llnö, weil du lagst in deiner schnöden Mutter, In dich hineinfuhr; denn dein ganz Begehren Ist wölfisch, blütig, räuberisch und hungrig. S h i) l o ck. Bis du von meinem Schein das Siegel wegschiltst, Thust du mit Schreyn nur deiner Lunge weh. Stell' -einen 2Di> her, guter junger Mensch, Sonst fällt er rettungslos in Trümmern dir. Ich stehe hier um Recht. Doge. Oer Brief da von Bellario's Hand empfiehlt Uns einen jungen und gelehrten Doktor. — Wo ist er denn? Reeiffa. Er wartet dicht bey an Auf Antwort, ob ihr Zutritt ihm vergönnt. Doge. Don ganzem Herzen! Geh ein paar von euch. Und gebt ihm bösliches Geleit hicher. Hör' das Gericht indeß Bellario's V, rief. (Ein Schreiber sic ft.)

„Eu'r Hoheit dient zur Rachricht, daß ich beym Ern-

„pfange eures Briefes sehr krank war.

Aber in

„&em Augenblick, da euer Bote ankam, war bey „mir auf einen freundschaftlichen Besuch ein jun» „ger Doktor von Rom, Namens Balthasar. „machte ..dem

ihn mit dem

Juden

und

dem

Kaufmann Antonio

gannt; wir schlugen viele Bücher nach. „von

meiner Meynung unterrichtet/ die

richtigt

durch

„Umfang

ich

feine

Ich

streitigen Handel zwischen be­

Er ist er,

Be»

eigne Gelehrsamkeit (deren

nicht genug empfehlen kann)

mit-

„genommen hat, um auf mein Andringen, Euer „Hoheit an meiner Statt Genüge zu leisten.

Ich

„ersuche euch, laßt seinen Mangel an Jahren kei„nen Grund

seyn, ihm eine anständige Achtung

„zu versagen; denn ich kannte noch niemals einen „so jungen Körper mit einem so alten Kopf. „überlasse

ihn

eurer gnädigen Aufnahme,

Ich seine

„Prüfung wird ihn am besten empfehlen." Doge. Ihr hört, was

der gelehrte Mann uns schreibt.

Und hier, so glaub' ich, kommt der Doktor schon. Porzia tritt auf, wie ein Recht-gelehrter ge­ kleidet.

Gebt mir die Hand; ihr kommt von unserm alten Dellario? Porzia. Zu dienen, gnäd'gec Herr! H u

n6 Doge.

Ihr seyd willkommen! nehmet euren Platz. Seyd ihr schon mit der Zwistigkeit bekannt, Die hier vor dem Gericht verhandelt wird? Porzia.

Ich bin ganz unterrichtet von der Cache. Wer ist der Kaufmann hier, und wer der Jude?

Doge. Antonio, alter Shylock, tretet vor! PorzLa. Eu'c D^am’ ist Shylock? (5 \) i) l o cf. Shylock ist mein DTame. Porzia. Don wunderlicher Art ist euer Handel, Doch in der Form. daß das G^sttz DcnedigS Euch nicht anfechten kann, wie ihr verfahrt. — Ihr seyd von ihm gefährdet; seyd ihr nicht? Antonio. Ja, wie er sagt. Porzia. Den Schein erkennt ihr an? Antonie. Ja. P or.;ia. So muß der Jude Gnad' ergehen lassen

ii7

Shntock.

Wodurch genöthigt, muß ich? Sagt mir das. Porzi a. Die Art der Gnads weiß von keinem Zwang. Sie träufelt, wie -es Himmels milder Regen, Zur Erde unter ihr; zwiefach g> segnet: Eie segnet den. der giebt, und den, der nimmt; Am mürfvigllen in DHäcf)i'gen, zieret sie Den Fürsten auf dem Thron mehr als die Krone. Das Z.ptcr zeigt die weltliche Gewalt, Das Attribut der Würd' und 31?., je ft äs, Worin die Furcht und Scheu der Kön'ge fitzt. Doch (5rab' ist über diese Zrplermacht, Sie thronet in dem H.rzen der Monarchen, Sie ist ein Attribut der Gottheit selbst. Und ird'sche Macht kommt göttlicher am nächsten. Wenn Gnade bey dem Recht, steht. Darum, Jude. Suchst du um Recht schon an, erwäge dicß: Daß nach dem !?auf dcä Rechtes unser feiner Zun, Heile käm'; wir beten all* um Gnade, Und dies Gebet muß uns der Gnade Thaten Auch üben lehren.

Dieß

hab' ich gesagt,

Um deine Foderung des Rechts ju mildern; Wenn du darauf bestehst, so muß Venedigs Gestrenger Hof durchaus dem Kaufmann dort Zum Itachtheil einen Spruch thun.

nü Shylock.

Meine Z^a(en Auf meinen Kopf! Ich fodre das Gesetz, Die Buße und Verpfändung meines Scheins. Porzia. Ist er das Geld ju zahlen nicht im Stand'? B affanio. D ja hier Biet' ichs ihm nor dem Gericht, Ja, doppelt selbst; wenn das noch nicht genügt, Verpflicht ich mich, es zehnfach zu bezahlen, Und fetze Hände, Kopf und Herz zum Pfand. Wenn dieß noch nicht genügt, so zeigt flchs klar, Die Bosheit drückt die Redlichkeit. Ich bitt' euch Beugt einmal das Gesetz nach eurem Ansehn: Thut kleines Unrecht um ein großes Recht, Und wehrt dem argen Teufel feinen Willen. Porzia. Es darf nicht seyn. Kein Anfehn in Venedig Vermag ein gültiges Gesetz zu ändern. Es würde als ein Vorgang angeführt, Und mancher Fehltritt nach demselben Beispiel Griff' um flch in dem Staat; es kann nicht seyn. S h y lo ck. Ein Daniel kommt zu richten, ja ein Daniel? W e ich dich ehr', o weiser junger Richter! Porz ia. Ich bitte, gebt zum Ansehn mir den Schein.

ii9

Shylock. Hier ist er, mein ehrwükL'ger Doktor, hier! Porzia. Shylock, man bietet dreyfach dir dein Geld. S h y l o ck. Ein Eid! Ein Eid! ich hob ’nen Eid im Himmel Soll ich auf meine Seele Meineid laden? Nicht um Venedig. Porzia. Gut, er ist verfallen, Und nach den Rechten kann der Iud' hierauf Verlangen ein Pfund Fleisch, zunächst am Harzen Des Kaufmanns auSzufchneiden. — Sey barm­ herzig ! Nimm dreyfach Geld, laß mich den Schein zer­ reißen. Shylock.

ZDenn er bezahlt ist, wie fein Inhalt lautet. — Es zeigt sich klar, ihr seyd ein würd'ger Richter: Ihr kennt die Rechte, euer Dortrag war Oer bündigste; ich fodr' euch aus beym Recht, 2£ooon ihr ein verdienter Pfeiler scyd. Kommt nun zum Spruch; bey meiner Seele schwör' ich. Daß keines Menschen Zunge über mich Gewalt hat; ich steh' hier auf meinen Schein.

Antonio.

2?on ganzem Herzen bitt' ich das Gericht Den Spruch zu thun. Porzia. Nun wohl, so steht es denn! Bereitet euren Busen für sein Messer. Sl> ylock. O weiser Richter? wackrer junger Mann. P orzia. Denn des Gesetzes Inhalt und Bescheid Hat volle Übereinkunft mit der Duste, Oie hier im Schein als schuldig wird erkannt. Shylock. Sehr wahr; o weiser und gerechter Richter! Um wieviel älter bist du, als du ausstehst!

V orzia. Deshalb entblößt den 23ufm. Shnlock.

Ja, die Brust, So sagt der Schein, — nicht wahr, mein edler Richter? Zunächst dem Herzen, stnd die eignen Morte. Porzia. So ists.

Ist eine Wage da, das Fleisch

Zu wagen? Shnlcck.

Ja, ich hab' sie bey der Hand.

Porzia. Mhmt einen Feldscheer, Shylock, für eu’e Geld, Ihn zu verbinden, daß er nicht verblutet.

Shylock. Ist das so angegeben in dem Schein? Porzia. Es steht nicht da; allein was lhuts? Es wär Doch gut, ihr thätet das aus Menschenliebe. S h y to ck. Ich kannü nicht finden, 's ist nicht in dem Schein. Porzia. Kommt Kaufmann! habt ihr irgendwas zu sagen 7 Antonio. 3tur wenig, ich bin fertig und gerüstet. G-bt mir die Hand, Daffanio, lebet wohlk Es kränk' euch nicht, daß dieß für euch mich trifft, Denn hierin zeigt das Glück sich gütiger Als feine 2Beif ist; immer läßt es sonst Elende ihren Reichthum überleben, Mit hohlem Aug' und falt'ger Stirn ein Alter Oer Armuth anzusehn; von solcher Schmach Langwier'ger Buße nimmt ed mich hinweg. Empfehlt mich eurem edlen 2Bei6, erzählt ihr Oen Hergang von Antonio'- Ende; sagt Wie ich euch liebte, rühmt im Tode mich; Und wenn ihrs auserzählr,' heiß: sie entscheiden, Ob nicht Baffanio einst geliebt ist worden.

Bereut nicht, daß ihr einen Freund verliert, Und er bereut nicht, daß er für euch zahlt: Denn schneidet nur der Jude tief genug, 0o zahl' ich gleich die Schuld von ganzem Herzen. Bassanio. Antonio, ich hab' ein Weib zur Ehe, Die mir so lieb ist ale mein lieben selbst; Doch Leben selbst, mein Weib und alle Welt, Gilt höher als dein Leben nicht bey mir. Ich gäbe alles hin, ja opfert* alles Dem Teufel da, um dich nur zu befreyn. Porzio. Das wußt' eu'r Wcib gewiß euch wenig Dank, Wär sie dabei und hört' eu'r Anerbieten. Graziano. Ich hab' ein Weib, die ich auf Ehre liebe: Doch wünscht' ich sie im Himmel, könnte sie Dort eine Macht erflehn,

des hündischen Juden

Gemüth zu ändern. Ir e r i sso. Gut, daß ihrs hinter ihrem Rücken thut. Sonst störte wohl der Wunsch des Hauses Frieden. S h i) l o & beysctt.

So sind die Christenmännec;

ich hab' ne Tochter.

Wär' irgend wer vom Stamm des Barrabaa Ihr Olitinn geworden, lieber als ein (5hr»st! —

183

Oie Zeit geht hin; ich Bits euch, kommt zum Spruch. Porzia. Ein Pfund von dieses Kaufmanns Fleisch ist dein. Der Hof erkennt es, und das Reche ertheilt es.

Shylock. O höchst gerechter Richter! — Pia, ein Spruch! Kommt, macht euch fertig, P o rz ia. Wart' noch ein wenig: eins ist noch zu merken. Oer Schein hier giebt dir nicht ein Tröpfchen Blut, Oie Worte sind ausdrücklich, ein Pfund Fleisch. Nimm denn den Schein, und nimm du dein Pfund Fleisch; Allein vergießest du, indem du's abschneidst, Rur einen Tropfen Christenbluk, so fällt Dein Hab' und Gut, nach dem Gesetz Venedigs Dem Staat Venedigs heim. G r a z i a n o. Gerechter Richter k — merk, Iud'! — o weiset Richter I Shylock. Ist das Gesetz? Porzia. Du sollst die Akte sehn. Denn, weil du dringst auf Recht, so sey gewiß Recht soll dir werden, mehr als du begehrst.

1£4 Graziano. O weiser Richter! — merk, Jud'! ein weiser Richter. Shylock.

Ich nehme das Erbieten denn: zahlt dreyfach Mir meinen Schein, und laßt den Ehristen gehn. 23 Q f f q n i o. Hier ist das Geld. Porcia. Hall!

Dem Juden olles Recht, — stillk keine Eil! Er soll die Buße haben, weiter nichts. Graziano. O Jud'1 ein weiser, ein gerechter Richterl Porzia. Darum bereite Nd) das Fleisch zu schneiden. Vergieß kein Blut, schneid' auch nicht mehr noch minder Als grad ein Pfund: ists minder oder mehr Als ein genaues Pfund, seys nur fv viel. Es l ichter oder schwerer an Gewicht Zu machen, um ein armes Zwanzigtheil Don einem CfFrupcl, ja wenn sich die D^agfchal' 37ur um die 23m:c eines Haares neigt. So stirbst du, und dein Gut verfallt dem Staat. G razi a n c>. Ein zweyter Daniel, ein Daniel, Jude! Ungläubiger, ich hab' dich bei d.r Hüfte.

1*3

porzia. Was halt den Juden aufs Nimm deine Buße.

Shylock. Gebt mir mein Kapital, und laßt mich gehn. B a ssa n i o. Ich hab' e< schon für dich bereit: hier ists. Porzia. Er hals vor offenem Gericht geweigert; Sein Recht nur soll er haben, und den Schein. Gr az ia n o. Ich sag', ein Daniel, ein zweyter Daniel! Dank, Jude, daß du mich das Wort gelehrt S h y l o ck. Soll ich nicht haben bloß mein Kapitals Porzia. Du sollst nichts haben als die Buße, Jude, Oie du auf eigene Gefahr magst nehmen. S h y l o ck. So lass' es ihm der Teufel wohl bekommen! Ich will nicht länger Rede stehn. P o rz ia. Wart, Jude! Das Recht hat andern Anspruch noch an dich. Es wird verfügt in dem Gesetz Venedigs, 213er.n man es einem Fremdling dargethan, Daß er durch Umweg, oder grade zu Dem Leben eines Bürgers nachgestellt.

l*t> Soll die Partey, auf die fein Anschlag geht. Die Hälfte feiner Güter an sich ziehn, Oie andre Hälfte fallt dem Schatz anheim. Und an des Dogen Gnade hängt das Leben Des Echuld'gen einzig, gegen olle Stimmen. In der Benennung, sag' ich, stehst du nun, Denn es erhellt aus offenbarem Hergang, Daß du durch Umweg' und auch grade zu Recht eigentlich gestanden dem Beklagten Nach Leib und Leben: und so trifft dich denn Die Androhung, die ich zuvor erwähnt. Drum nieder, bitt' um Gnade bey dem Oogek G r a z i a n o. Bitt' um Erlaubniß, selber dich zu hängen; Und doch, da all dein Gut dem Staat verfällt, Behältst du nicht den 2Lerth von einem Strick; Man muß dich hängen auf des Staates Kosten. Doge. Damit du stehst, welch andrer Geist uns lenkt. So schenk' ich dir das Leben, eh du bittest. Dein halbes Gut gehört Antonio, Die andre Hälfte fällt dem Staat anheim, 2Las Demuth lindern kann zu einer Buße. Porjia. Ja, |ut den Staat, nicht für Antonio.

Shylock. Nein, nehmt mein Leben auch, schenkt mir das nicht!

35* nehmt mein Haus, wenn ihe die Stütze nehmt, IDorouf mein Haus beruhe; ihr nehmt mein Leben, Wenn ihr die Mittel nehmt, wodurch ich lebe, porzia. Was könnt ihr für ihn thun, Antonio?

Graziano. Ein Strick umsonst! nichts mehr, um Gottes willen! Antonio. Beliebt mein gnäd'ger Herr und das Gericht Die Buße seines halben Guts zu schenken. So bin ich es zufrieden, wenn er mir Die andre Hälfte zum Gebrauche läßt, Nach seinem Tod' dem Mann sie zu erstatten. Der kürzlich seine Tochter stahl. Noch zweyerley beding' ich: daß er gleich Für diese Gunst das Christenthum bekenne, Zum andern, stell' er eine Schenkung aus Hier vor Gericht, von allem was it nachläßt, An seinen Schwiegersohn und seine Tochter.

Doge. Das soll er thun, ich widerrufe sonst Die Gnade, die ich eben hier ertheilt. Porzia. Bist du'S zufrieden, Jude? Nun, was sagst du? S h y l o ck. Ich birs zufrieden.

ILg

Porcia. Ihr. Schreiber, seht die Schenkung«akte auf. Shylock. Ich bitt', erlaubt mir, weg von hier zu gehn: Ich bin nicht wohl, schicke mir die Akte nach, Und ich will zeichnen. Doge. Geh denn, aber thu's. G razian o. Du wirst zwey Pathen bey der Taufe haben; ZDär’ ich dein Richter, kriegtest du zehn mehr, Zum Galgen, nicht zum Tausstein, dich zu bringen. (Shylock ab)

Doge. Ich lad* euch Herr, zur Mahlzeit bey mir ein. Porzia. Ich bitt* Eu'r Hoheit um Entschuldigung. Ich muß vor Abends fort nach Padua, Und bin genöthigt, gleich mich aufzumachen. Doge.

Es thut mir leid, daß ihr Verhindrung habt, Antonio zeigt euch dankbar diesem DHonn: Ihr seyd ihm sehr verpflichtet, wie mich dünkt. (Doge, Senatoren und Gefolge ob) Bassanio.

Mein wüld'ger Herr, ich und mein Freund, wir stnd

Durch

i£g

Durch eure Weisheit heute losgesprochen Don schweren Bußen; für den Dienst erwiedern Wir mit -er Schuld -es Juden, den dreytauftnd Oukaten, willig die gewogne Müh. Antonio. Und bleiben eure Schuldner überdieß An Liebe und an Diensten immerfort.

Porzia. Wer wohl zufrieden ist, ist.wohl bezahlt; Ich bin zufrieden, da ich tnd) beftcyt,

Und halte dadurch mich für wohl bezahlt; Lohnsüchti'ger war niemals mein Gemüth. Ich bitt* euch, kennt mich, wenn wie 'mal uns treffen; Ich wünsch' euch Gutes, und so nehm' ich Abschied. D assanio. Ich muß noch in euch ^ringen, bester Herr: Nehmt doch ein Angedenken, nicht als Lohn, Nur als Tribut; gewährt mir ^weyerley, Mirs nicht zu weigern, und mir zu verzeih». Porzia. Ihr dringt sehr in mich! gut, ich gebe nache Gebt eure Handschuh mir, ich will sie tragen, Und, euch zur Lieb', nehm" ich den Ring von euch. Zieht nicht die Hand zurück, ich will nichts weiter, Und weigern dürft ihrs nicht, wenn ihr mich liebt. Vierter Tbetl.

I

i3°

33 a fsän I o. Der Dung — ach, Herr l ist eine Kleinigkeit, Ihn euch zu geben, müßt' ich mich ja schämen.

Ich will nichts »veiler heben als fcen Di mg. Und, wie mich dünkt, hab' ich nun Lust dazu. 23 a f f a n i o. Es hängt an diesem Düng mehr als fein Werth; Den rheu'rsten in Venedig geb1 ich euch, Und find' ihn aus durch öfsrntlichen Ausruf. Sur diesen, bitt1 ich nur, entschuldigt mich. Porzia.

Ich seh1, ihr send freygebig im Erbieten. Ihr lehrtet erst mich bitten, und nun scheint es Ihr lehrt mich, wie man 2'entern Antwort giebt. 2) assanio. Den Ring gab meine Siau m,r» bester Here, art man seine Gaben. j|'t eure SrüU nicht gar ein thöricht 2Dtib, UriC» weiß tuie gut ich diesen Dung verdient, (ru wird sie nicht auf immer Feindschaft Weil ihr ihn weggabt.

Gut, gehübt euch wohl? Porzia und Nerissa ab.

Laße ihn den Ring doch haben, Don Vassanio; Laßt sein Verdienst zugleich mit meiner Liebe Euch gelten gegen eurer Frau Gebot. Vassanio. Geh, Graziano, lauf und hol' ihn ein. Gieb ihm den Ring, und bring' ihn, wenn du kannst, Zu des Antonio HauS. goit! eile dich! (Graztano ab) Kommt, ihr und ich, wie wollen gleich dahin. Und früh am OTorgen wollen wir dann beyde Rach Velmont stiegen. Kommt, Antonio! (ab)

Zweyte Ezene. Eine Straße.

Porzia und Reriffa kommen. Porzia. Erfrag' des Juden Haus, gieb ihm die Akte, Und laß ihn zeichnen. Wir wollen fort zu Rächt, Und einen Zag vor unfern i)Künnern noch ;,\j

Hause seyn.

Oie Akte wird ^orenzo'n

CJar sehr willkommen seyn. G r a z i a n o kommt.

r2» Graziano. Schön, daß ich euch noch tnffe, werther Herr. Hier schicke euch Don Bassanio, da er friss:* Es überlegt, den Ring, und bittet euch Mittags bey ihm zu speisen. Porzla. Das kann nicht seyn; Den Ring nehm' ich mit allem Danke an, Und bitt' euch, sagt ihm das; seyd auch so gut Den jungen Mann nach Shylocks Haus $u tveisen. Graziano. Das will ich thun. 97 e r i s sa zne Porsta. Herr, noch ein Wort mit euch. — (Heimlich) Ich will doch sehn, von meinem Mann den Ring g;i kriegen, den ich, immer zu bewahren Ihn schwören ließ. Vorhin. Ich steh' dafür, du kannst es. Da wirds an hoch und theuer Schwören gehn. Daß ste die Ring' an Männer weggegeben; Wir läugnenS keck und überschwören sie. Fc>rt! eile dich! du weißt ja, wo ich warte. Nerissa. Kommt, lieber Herr! wollt ihr sein Haus mir zeigen?

(«l»)

ilM0«0iill9MMW0i

Fünfter Auszug. Erste Szene. Belm- nt.

Dreyer Platz vor Por)ta't Heuse.

Lorenzo und Jessica treten auf. Lorenzo. Der Mond scheint hell. In solcher llTachl wie diese, f)a linde Luft die Bäume schmeichelnd küßte, Und sie nicht rauschen ließ, in solcher I7acht Erstieg wohl Troilus die - l auern Troja'S

Und stufte seine Seele zu den Zelle» Der Griechen hin, wo feine (Etefsiba Oke llkacht in Schlummer lag. Jessica.

In solcher 9Iacht Schlüpft' überm Thaue Thiebe furchtsam hin, Und sah des Löwen Schatten eh' als ihn. Und lief erschrocken weg. Lorenzo. In solcher 97acht

Stand Dido, eine Weid' in ihrer Hand, 21m wilden Strand, und winkte ihrem Liebsten Zur Nückkehr nach Karthago. Jessica. In solcher Nacht £di$ einst Medea jene Zauberkrauter Den Meson zu verjüngen. Lorenzo. In solcher Nacht Stahl Iesstca stch von dem reichen Juden, Und lies mit einem ausgclaßnen Liebsten Äis Belmont von Venedig. Jessica. In solcher Nacht Schwor ihr Lorcnzo, jung und zärtlich, Liebe, Und stahl ihr Herz mit manchem Treugelübd', Wovon nicht eines acht war. L o renz o. In solcher Nacht Verläumdete die art'ge Iesj7ca, Wie eine kleine Echelmin, ihren Liebsten, Und er vergab es ihr. Jessica. Ich wollt' euch übernachten, käme niemand. Doch horcht! ich hör' den Fus-trilt eines DHanntf. Ein DeNenlcr fommt Lorenzo. Wer kommt so eilig in der fassen Nacht?

Bedienter. Ein Freund. Lorenzo. Ein Freund? was für ein Freund? Eu'c Dia me, Freund? Bedienter. Mein DTam’ ist Stephano, und ich soll melden, Dslfj meine gnati'ge Frau vor Zaged Anbruch Wird hier in Belmont seyn; sie streift urnh^r Bey heil'gen Kreuzen, wo sie kniet und betet Um frohen Ehestand. Lo renzo. 20er kommt mit ihr 7 Bedienter.

Ein heil'ger Klausner und ihr Mädchen bloß. Doch sagt mir, ist mein H.rc noch nicht zurück? Lorenz o.

Di ein, und wir haben nichts von ihm gehört. Doch, liebe Jesstra, gehn wir hinein. Laßt uns auf einen feierlichen Willkomm Für die Gebieterin des Hauses denken. Lanzelot kommt La nz elot. Holla, holla! he! heda! holla! holla! L o c e nz o. Wer ruft?

Lanzelot. Holla! habt ihr Herrn Lorenzo und Frau Lorenzo gesehn? Holla! holla! Lorenzo. Laß dein Holla-rufen, Kerl! Hier!

Lanzelot. Holla s wo? wo? Lorenzo. Hier? Lanzelot. Sogt ihm, daß ein Postillion von meinem Herrn gekommen ist, der sein Horn voll.guter CReuigPci* ten hatr mein Herr wird vor Morgens hier seyn. (Lanjelot ab)

Lorenzo. Komm, süßes Herz, euoarten wir sie drinnen. Und doch, eS macht nichts aus; wozu hincingehn? Freund Stephano, ich bitt' euch, meldet gleich Im Haus die Ankunft eurer gnäd'gen Frau, Und bringt die Musikanten her ins Freye. (Stephano, ab)

Wie süß das Mondlicht auf dem Hügel schlaft! Hier sitzen wir, und lassen die Musik Zum Ohre schlüpfen; sanfte Still' und Icacht, Sie werden Tasten süßer Harmonie. Komm, Jessica! Sieh, wie die Himmelssimr

Ist eingelegt mit Scheiben lichten Goldes! Auch nicht der kleinste Kreis, den du da stehst, Der nicht im Schwünge wie ein Engel fingt, Zum Chor der hellgeaugten Cherubim. So voller Harmonie sind ew ge Geister, Nur wir, weil dieß hinfäll'ge Kleid von Staud Ihn grob umhüllt, wir können sie nicht hören. (Musikanten kommen) He! kommt und weckt Dianen auf mit Hymnen, Rührt eurer Herrin Ohr mit zartem Spiel, (Musik) Zieht mit Must? sie heim. Jessica. Nie macht die liebliche Musik mich lustig. Lorenzo. Oer Grund ist, eure Geister sind gespannt. Bemerkt nur eine wilde flünVge H^rrde. Oer ungezähmten jungen Füllen Schaar; Sie machen Sprünge, blöken, wiehern laut. Wie ihres Blutes heiße Art sie treibt; Doch schallt nur die Trompete, oder trifft Sonst eine Weise der Musik ihr Ohr, So sthr ihr, wie sie mit einander stehn; Ihr wildes Au^e stl-aut mit Sittsamkeit, Durch süße Jllafot der Töne.

Drum lehrt de»

Dichter, Gelenkt hab' Orpheus Baume, Felsen, Fluten,

»5* 25eif nichts so stöckisch, hart und voll von Wuth. Oaü nicht Nlustk auf eine ;3:U verwandelt. Oer JTTonn, der nicht JJTu|7c hat in ihm selbst, £)rn nicht die Einkracht süßer Töne rührt, £slugt zu Verrats;, zu Ouuibeici; und Tü ren;

Oie Regung seines EinnS ist Dumpf wie bracht, Sein Trachten duster wie dcr Erebus. Trau keinem solchen! — Horch auf die ?Ku|7P! Porzia und Jteri f fa ln der Entfernung. Porzia. OaS

Licht, das wir da sehen, brennt im Saal;

2ßie weit fcic kleine Kerze Schimmer wirft? rz ja. Ihr ivart zu tadeln, offen sag' ichs euch, Euch von der ersten Gabe eurer Frau So unbedacht zu trennen; einer Sache, D2Zit Eiden angesteckt an euren Finger, Und so mit Treu an euren Leib gcsckmiedet. Ich schenkte meinem Liebsten einen Ring,

l45 Und hieß ihn schwören, nie ihn wegzugeben; Hier steht er, und ich darf für ihn beteuern, C£r ließ ihn nicht, er riss ihn nicht vom Singer Sur alle Schatze, so die 20eft bcsttzt. Ihr gabt fürwahr, Graziano, eurer ftrau Zu lieblos eine Ursach zum Verdruß; Geschäht es mir, es machte mich verrückt, 33 a sfei n i o beyseit.

Ich möchte mir die linke Hand nur abhaun. Und schwören, ich verlor den Ring im Äampf. Graziono. Hassan io schenkte seinen R ng dem Richter, Der darum bat, und in der Xfjat ihn auch Verdiente; dann erbat der Vursch, sein Schreiber, Der Rcüh vom Schreiben hatte, meinen stch, lind weder Herr noch Diener, wollten was Als die zwey Ringe nehmen. Porjia. 2^>elch einen Ring gabt ihr ihm, mein Gemahl? Richt den, host' ich, den ihr von mir empfingt. 23 a ffsl n i o. Könnt' ich zuin Fehler eine L'üge fügen, So würd' ichs

läugnen ;

doch

ihr

seht, mein

Singer Hat nicht den Ring mehr an stch, er ist fort. Porz in. (Sscitf) leer cn Treu' ist euer falsches Her;.

Beym Himmel, nie komm' ich in euer Bett', DiS ich den Ring gesehn. Ulttissa. Roch ich in eures,

Dis ich erst meinen sehe. L a s sa n i o. Holde Porzso, 2Bdt* euch bewußt» wem ich ihn gab, den Ring, Wär* euch bewußt, für wen ich gab den Ring, Und säht ihr ein, wofür ich gab Den Ring, Da nichts genommen tourve als der Ring, Ihr würdet eures Unniuths Härte mildern. V o rz i a. Und hättet ihr gekannt die Kraft -es Rings, Halb deren Werth nur, die euch gab den Ring, Und eure Ehre, hangend an dem Ring, Ihr hättet so nicht megycsdienvf den Rma. Wo wär' ein Mann so unvernünftig wohl. Hätt' eS euch nur beliebt, mit ein'ger Wärme Ihn zu vertheil gen, daß er ohne Scheu Ein Ding begehrte, das man heilig fyalt* Rerissr lehrt mir, waü ich c tauben soll: Ich sterbe draus, cm Weib bekam den Ring. V a ssa n i o. Dey meiner Ehre. nein! bey meiner Se sc! Kein Weib bekam ihn, sondern einem Votior Dei Rechte gab ich ihn, der mit dreytausend Oufa.

Dukaten ausschlug, und den Ring erbat; Ich weigert’* ihm, ließ ihn verdrießlich gehn. Den Mann, der meines theuern Freundes Leben Aufrecht erhielt. Was soll ich sagen, Holde? Ich war genöthigt, ihn ihm nachzuschicken; Gefälligkeit und Schaam bedrängten mich. Und meine Ehre litt nicht, daß sie Undank So sehr befleckte. Drum verzeiht mir. Beste! Denn, glaubt mir, bey den heil'gen Lichtern dort, Ihr hättet, wärt ihr da gewesen, selbst Den Ring erbeten für den würd'gen Doktor.

Porzia. Daß nur der Doktor nie mein Haus betritt. Denn weil er das Juweel hat, das ich liebte. Das ihr meintwillen zu bewahren schwurt. So will ich auch freygebig seyn wie ihr; Ich will ihm nichts versagen, was ich habe, Richt meinen Leib, noch meines Gatten Bett; Denn kennen will ich ihn, das weiß ich sicher. Schlaft keine Rächt vom Haus!

wacht wie ein

Argus I Wenn ihrs nicht thut, wenn ihr allein mich laßt: Bey meiner Ehre, die mein eigen noch l Den Doktor nehm' ich mir zum Bettgenossen. Rerissa. Und ich den Schreiber; darum seht euch vor, Wie ihr mich laßt in meiner eignen Hut, Wiener Theil.

Zk

Trazlano. Gutl thut das nur, doch laßt ihn nicht ertappen, Ich möchte sonst des Schreibers Feder Pappen. Antonio. Ich Bin der Unglücksgrund von diesem Zwist.

Porzia. Vs kränk' euch nicht; willkommen seyd ihr dennoch. 39 aff an io. Vergebt mir, Porzia, mein gezwungnes Unrecht, Und vor den Ohren aller dieser Freunde. Schwör' ich dir, ja, bey deinen holden Augen, Worin ich selbst mich sehe — Porzia. Gebt doch Acht» In meinen Augen steht er selbst stch doppelt. In jedem Aug' einmal — beruft euch nur Auf euer doppelt Selbst, das ist ein Eid, Oer Glauben einflöße. Dafsanio. Hört mich doch nur an! Verzeiht dieß, und bey meiner Seele schwör' ich. Ich breche nie dir wieder einen Eid.

Antonio. Ich lieh' einst meinen Leib hin für sein Gut; Ohn' ihn, der eures Gatten Ring bekam. 2£at er dahin; ich darf mich noch verpflichten — Zum Pfande meine Seele — tu'r Gemahl Wird nie mit Vorsatz mehr die Treue brechen.

i47

V o r$ i a. 0o seyd denn ihr fein Bürge; gebt ihm den. Und heißt ihn besser hüten als den andern.

Antonio. Hier, Don Bassanio, schwört den Ring zu hüten. Bassanio. Beym Himmel? eben den gab ich dem Doktor. Porzia. Ich hab' ihn auch von ihm; verzeiht, Bassanio! Für diesen Ring gewann der Doktor mich. DTen'ffa. Und ihr, verzeiht, mein art'ger Graziano, Denn jener kleine Bursch, des Doktors Schreiber, War, um den Preis hier, letzte Rächt bey mir. G razian o. Run, das sieht aus wie Wegebesserung Im Sommer, wenn die Straßen gut genug. Was- sind wir Hahnrey', eh wirs noch verdient? Porzra. Sprecht nicht so gröblich. — Ihr seyd all' er­ staunt , Hier ist ein Brief, les't ihn Ben Muße durch, Er kommt von Padua, vom Bellario: Da könnt ihr finden: Porzia war der Doktor, Rerissa dort ihr Schreiber; hier Lorenzo Kann zeugen, daß ich gleich nach euch gereist, Und eben erst zurück bin; ich betrat K 2

i48 Mein Haus noch nicht, — Antonio, seyd will kommen 1 Ich habe beffce Zeitung noch im Dorcath, Als ihr erwartet. Diesen Brief erbrecht, Ihr werdet sehn, drey eurer Galeonen Sind reich beladen plötzlich eingelaufen; Ich sag' euch nicht, was für ein eigner Zufall Den Brief mir zugespielt hat. Antonio. Ich verstumme. B a ss a n i o. Wart ihr der Doktor, und ich sannt* euch nichl? G razian o. Wart ihr der Schreiber, der mich krönen soll? Ilerissa. Ja, doch der Schreiber, der es niemals thun will. Wenn er nicht lebt, bis er zum Mann erwachst. Daffanio. Ihr müßt mein Dettgenoß seyn schönster Doktor Wenn ich nicht da bin, liegt bey meiner ßrau. Antonio.

Ihr gabt mit Leben, Theure, und zu leben: Hier lef’ ich für gewiß, daß meine Schiffe Im Hafen sicher sind. Porzia. Wie stehts. Lorenzo? Mein Schreiber hat auch guten -irvfl für euch.

Nerissa. Ja, und er soll ihn ohne Sporteln haben. Hier übergeb' ich euch und Jessica Dom reichen Juden eine Schenkungsakte Auf seinen Tod, von Allem was er nachläßt. Lorenzo. Ihr

schönen

Frau'n

streut' Manna Hungrigen

In ihren Weg. Vorzia. Es ist beynahe Morgen, Und doch, ich weiß gewiß, seht ihr noch nicht Den Hergang völlig ein. — Laßt uns hineingehn. Und da vernehmt auf Frag * Artikel uns. Wir wollen euch auf alles wahrhaft dienen. G raziano. Ja. thun wir das; der erste Frag - Artikel, Dorauf Ne'rista schwören muß, ist der: Ob sie bis Morgen lieber warten mag. Ob schlafen gehn, zwey Stunden nur vor Tags Doch käm' der Tag, ich wünscht' ihn seiner Wege, Damit ich bey des Doktors Schreiber läge. Gutl lebenslang hüt' ich kein ander Ding Mit solchen Ängsten, als Mrista's Ring. (Alle ab)

235 i e

e s

euch

gefallt.

Personen. Ser H erzog, in bet Verbannung. 5 r i e b ri t§, 0rubee beS Herzogs unb Usurpator seines Gebiets. Amiens, 1 Edelleute, die den Herzog in bei Iaques,

Verbannung begleiten.

3

Le Beau, ein Hofmann in Friedrichs Diensten. Charles, Friedrichs Ringer. S I i o e r, _

Söhne des Frcyherrn Roland \f Söhn I be Loys.

Adam, dam,

^

D t n n 10,

3

c* . . Jakob,

O rlönb o, J

Bediente Olivers.

P so 0 sie i n, bei Tiarr. Ehrn Olivaeius Textdreher, ein Pfarrer. Corinnas,' rinn u ö,“)

S y> loius, 1 3

Schäfer.

Wilhelm, ein Lauerbursche,

in Kälhchen ver­

liebt. Eine Person, die den H ->men Vorstellt. Rosalinde, Tochter des Vertriebnen Herzogs, i c [ io, Friedrichs Tochter.

Phoeb e, eine Schäferinn. Käthchen. ein Lauermädchen. Edelleute der beyden Herzoge, Pagen, Jäger und andres Gefolge. Die Szene ist anfänglich 6en «Clivcrtt Jspaufe; nach' her theils am Hofe des Usurpators, theils im Ardenner Wald.

Erster

Aufzug.

ErsteSzene. Olivers

Garten.

Orlando und Adam treten auf. Orlando. So viel ich mich crinnre, Adam, war es folgen­ dergestalt: ein

Er vermachte mir im Testament nur

armes tausend Kronen; und wie

du sagst,

schärfte meinem Bruder bey seinem Seegen ein, mich gut zu erziehn, und da hebt mein Kummer an.

Meinen Bruder Hakob unterhält er auf der

Schule, und das Gerücht sagt goldne Dinge von ihm.

Das mich betrifft, mich zieht er bäurisch

zu Hause auf, oder eigentlicher zu sagen, behalt mich unerzogen hier zu Hause.

Denn nennt ihr

das Erziehung für einen Edelmann

von meiner

Geburt, was vor der Stallung eines Ochsen nichts voraus hat? Seine Pferde werden fresset besorgt:

denn außer dem guten Futter lernen sie auch ifrie Schule, und zu dem Ende werden Bereiter (freue: bezahlt; aber ich, sein Bruder, gewinne nichts bey ihm als Wachsthum, wofür seine Thiere aus dem Mist ihm eben so verpsiichtet sind wie ich. Außer diesem Nichts, das er mir im Überfluß zugesteht scheint sein Betragen das Etwas, welches die Na(ui mir gab, von mir zu nehmen; er läßt mich mit seinen Knechten essen, versperrt mir den brü­ derlichen Platz, und, so viel an ihm liegt unter­ gräbt er meinen angebornen Adel durch meine Erziehung. Das ists, Adam, was mich betrübt, und der Geist meines Vaters, der, denke ich. auf mir ruht, sangt an sich gegen diese Knechtschaft aufzulehnen Ich will sie nicht länger ertragen, wiewohl ich noch kein kluges Mittel weiß, ihr zu entgehen. Adam. Dort kommt mein Herr, euei Bruder. Oliver tritt auf, Orlando. Geh beyseit, Adam, und du sollst hören, wie er mich anfährt. Oliver. Nun, Junker, was macht ihr hier? Orlan d o. Nichts. Man hat mich nlchf gelehrt, irgend et. was zu machen

Oliv er. Was eichtet ihr denn zu Grunde? Orlando. Ey, Herr, ich helfe euch zu Grunde richten', was Gott gemacht hat, euren armen unwerthen Bru­ der mit Nichtsthun. O

flu er.

Beschäftigt euch besser, und seyd einmal nichts­ nutzig. Orlando. Soll ich eure Schweine hüten, und Trebern mit ihnen essen? Welches

verlornen Sohns Erbtheil

habe ich durchgebracht, daß ich in solch Elend ge­ rathen mußte?

Oliver. 2Ei§t ihr, wo ihr seyd, Herr? Orlando. O Herr, sehr gut! hier in eurem Laumgarten,

Oliver. Wißt ihr, vor wem ihr steht? Orlando.

Ja, besser als der mich kennt, vor dem ich stehe. Ich kenne euch als meinen ältesten Bruder, und nach den sanften Banden des Bluts solltet ihr mich eben so kennen.

Oie Begünstigung der Na­

tionen gesteht euch Vorrechte vor wir zu, weil ihr der Erstgeborne seyd, aber derselbe Gebrauch

i5U beraubt mich meines Blutes nicht, zwanzig Brüder zwischen uns.

wären auch

Ich habe so viel

vom Vater in mir als ihr, obwohl ihr der Ver­ ehrung, die ihm gebührt, näher fenfc, weil ihr früher kamt. Oliv v r. Was, Knabe? Orlando.

Gemach, gemach, ältester Bruder .' Dazu seyd ihr zu jung.

Oliver. Willst du Hand an mich legen, Schurke? Orlando. Ich bin kein Schurke! ich bin der jüngste Sohn des Freiherrn Noland de Boys.

Er war mein

Vater, und der ist dreyfach ein Schurke, der da sagt, solch

ein Vater konnte Schurken zeugen.

Wärst du nicht mein Bruder, so ließe meine Hand deine Kehle nicht los, bis diese andre dir die Jun­ ge für dieß Wort oudgeci))cn hätte.

Ou hast dich

selbst gelästert.

Adam. Liebe Herren, seyd ruhig! um des Andenkens eu­ res Vaters willen, seyd einträchtig! O liv er.

Laß mich gehn, sag ich.

*59 Orlando. Nicht eher bi's mirs gefällt. Ihr sollt mich anhö­ ren.

Mein Vater legte euch in seinem Testament

auf, mir eine gute Erziehung zu geben. Ihr habt mich wie einen Bauern groß gezogen, habt alle Eigenschaften, die

einem

Edelmann zukommen,

vor mir verborgen und verschlossen gehalten. Oec Geist meines Vaters wird mächtig in mir, und ich will es nicht länger erdulden; darum gesteht mir solche Übungen zu, wie ste dem Edelmann ge­ ziemen, oder gebt mir das geringe Theil, das mir mein Vater im Testament hinterließ, so will ich mein Glück damit versuchen. Oliver. Und was willst du anfangen? Betteln, wenn das durchgebracht ist? Gut, geht nur hinein, ich will mich nicht lange mit euch quälen, ihr sollt zum Theil euren Willen haben. Ich bitt' euch, laßt mich nur. Oe lando. Ich will euch nicht weiter belästigen, als mir für mein Bestes nothwendig ist. O li ver. Packt euch mit ihm, alter Hund!

Adam. Ist „alter Hund" mein Lohn? Doch es ist ronfv, die Zähne sind mir in eurem Dienst ausgefallen. —

Gott segne meinen alten Herrn, er hätte solch ein Wort nicht gesprochen. (Orlando und

ab)

Oliver. Steht es so? Fängst du an, mir über den Kopf zu wachsen? Ich will dir den 5u>c( vertreiben, und die tausend Kronen doch nicht geben. He, Dennis! Dennis kommt. O ennis. Rufen euer Gnaden? Oliver. Wollte nicht Charles, des Herzogs Ringer, mit mir sprechen? Dennis. üBenn es euch beliebt, et ist hier an der Thür und bittet sehr um Zutritt zu euch. Oliver.

Rust ihn herein. (DenntS ab) Das wird eine gute Auskunft seyn, und morgen ist der Wett­ kampf schon. Cha rles kommt. Charles. Euer Gnaden guten Morgen! Oliver. Guter Monsieur Charles! — Was find die neue­ sten Neuigkeiten am neuen Hof? Chnv

Charles. Keine Neuigkeiten am Hof als die alten, nemlich daß der alte Herzog von seinem jungem Bruder, dem neuen Herzog, vertrieben ist, und drey oder vier getreue Herren haben sich in frey willige Ver­ bannung mit ihm begeben; ihre Ländereyen und Einkünfte bereichern

den neuen Herzog, darum

giebt er ihnen gern Erlaubniß zu wandern. Oliver.

Könnt ihr mir sagen, ob Rosalinde, des Herzogs Tochter, mit ihrem Vater verbannt ist? C Harles. O nein, denn des Herzogs Tochter, ihre Muhme» liebt sie so, da sie von der Wiege an zusammen aufgewachsen sind; daß sie ihr in die Verbannung gefolgt, oder gestorben wäre, wenn sie hätte zu­ rückbleiben müssen.

Sie ist am Hofe, und der

Oheim liebt sie nicht weniger als seine eigne Toch­ ter.

Niemals haben sich zwey Rcautn mehr ge­

liebt als diese.

Oliver. Wo wird sich der alte Herzog aufhalten?

Charles. Eie sagen, er ist bereits im Ardennec Wald, und viel lustige Leute mit ihm, und da leben sie wie Zigeunervolk. ^rfc: Thcll.

Es heißt, viele junge Leute ströL

1Ü2

men ihm tätlich zu.

und versaufen forgioo dik

;}eit rvie im golbncn Alter. Oliver. Sagt, werdet ihr morgen vor dem Herzoge ringent Charles. Ganz gewiß, Herr, und ich komme, euch etwas zu eröffnen.

Man hat mich unter der Hand benach­

richtigt, daß euer jüngster Bruder Orlando gewillt ist, gegen mich verkleidet einen Gang zu wagen Morgen, Herr, ringe ich für meinen Nuhm und wer ohne zerbrochne Gliedmaßen davon kömmt wird von Glück zu sagen haben.

Euer Bruder

ist jung und zart, und um euretwillen sollte es mir leid thun ihn so zuzurichten, wie ich doch meiner eignen Ehre wegen müßte, wenn er sich stellt.

Darum kam ich aus Liebe zu euch her

euch Nachricht davon zu geben, damit ihr ihn ent* weder von seinem Vorhaben zurückhalten, oder nicht übel nehmen mögt, was über ihn ergehe, weil er stchs doch selber zugezogen hat, und es ganz ge­ gen meinen Willen geschieht. Oliver. Charles, ich danke dir für deine Liebe zu mir, die ich freundlichst vergelten will, wie du sehn sollst. ')ch habe selbst einen Wink von dieser A bst,ln meines Bruders bekommen, und unter der Hund gearbeitet, ihn davon abzubringen; übe: er ist ent-

schlossen.

Ich muß Vit sagen Charles, — er ist

der hartnäckigste junge Bursch in Frankreich, voll Ehrgeiz, ein

neidischer Nebenbuhler von jeder­

manns Gaben, ein heimlicher und niederträchtiger Ränkemacher gegen mich, seinen leiblichen Bruder. Darum thu nach Gefallen- mir wärs so lieb, du brächest ihm den Hals als die Finger; .und du magst dich nur vorsehn, den wenn du ihm nur eine geringe Schmach zufügst, oder wenn er keine große Ehre an dir einlegen kann, so wird er die mit Gift nachstellen, dich durch irgend eine Derrätherey fangen, und nicht von dir lasten, bis er dich auf diese oder jene Meise ums Leben gebracht hat; denn ich versichere dir — und fast mit Thränen sage ich es — es lebt kein Mensch auf Erden, der so jung und so verrucht wäre. Ich spreche noch brüderlich von ihm; sollte ich ihn dir zergliedern, so wie er ist, so müßte icfj erröthen und weinen, und du müßtest blaß werden und erstaunen. Cb a r l es. Ich bin herzlich

erfreut, daß ich zu euch kam.

Stellt er sich morgen ein. so will ich ihm seinen Lohn geben.

Menn er je wieder auf die Beine

kommt, so will ich mein Lebtag nicht wieder um den Preis ringen. Gott behüte Euer Gnaden? (ab)

V

2

Oliver. 2ebt wohl, guter Charles'. — 3Tun will ich den Abentheurer anspornen.

Ich hoffe sein Ende zu

erleben, denn meine Seele, ich weiß nicht warum, hoffet nichts so sehr als ihn. Doch ist er von sanftem Gemüth» nicht belehrt und dennoch unter­ richtet. voll edlen Trachtens, von jedermann bis zur Verblendung geliebt; und in der That so fest im Herzen der Leute, besonders meiner eignen, die ihn am besten kennen, daß ich darüber ganz gering geschätzt werde. Aber so soll es nicht lan­ ge seyn» — dieser Ringer soll alles ins Reine brin­ gen.

Es bleibt nichts zu thun übrig, als daß ich

den Knaben dorthin hetze, was ich gleich ins Werk richten will. (ab)

Zweite

Szene,

ttne esplariade vor deS Herzas T'altaft Rosalinde und Celia treten out. Celia. *)lch bitte dich. Rosalinde, liebes Mühmchen, fen lustig.

Rofalinde. Liebe Celia, ich zeige mehr Fröhlichkeit, als ich in meiner Gewalt habe, und du wolltest denno»!,. d.-rs-

ich noch luftiger wäre? Kannst du mich nicht (eh­ ren, einen oerbannten Vater zu vergessen, so mußt du nicht verlangen, daß mir eine ungewöhnliche Lust in den Ginn kommen soll. (s e (i u. Daran sehe ich, daß du mich nicht in so vollem Maße liebst, wie ich dich liebe.

2Benn mein

Oheim dein verbannter Vater, deinen Oheim, den Herzog

meinen Vater, verbannt hätte, und fcu

wärst immer bey mir geblieben, so hätte ich meine Liebe gewöhnen können, deinen Vater als den meinigen anzusehn. Das würdest du auch thun, wenn deine Liebe zu mir von so ächter Beschaff fenheit wäre, als die meinigc zu dir. Rosalinde. Gut, ich will meinen Glürksstand vergessen, um mich an deinem zu erfreun. Cello. Du weißt mein Vater hat kein Kind außer mir und auch keine Aussicht, eins zu bekommen; und wahrlich, wenn er stickt, sollst du seine Erbin seyn; denn was er deinem Vater mit Gewalt , sey lustig'

i6() Rosalinde Oas will ich von nun an. Mühmchen. und aus Späße denken.

Laß sehen, was hältst du vom

Verlieben? C eli a. En ja. rhu's um Spaß damit zu treiben. Aber liebe keinen JHann in wahrem Ernst, auch zum Spaß nicht weiter, als daß du mit einem unschul­ digen Errathen in Ehren wieder davon kommen kannst. Rosal ind e Was wollen wir denn für Spaß haben? E el i

a

Laß uns siyen und die ehrliche Hausmutter gi

i>

tuna von ihrem Rade weglästern, damit ihre Ga­ ben künftig gleicher ausgetheilt werden mögen. R osal i n - e. Ich wollte, wir könnten das; denn ihre Wohltha­ ten stnd oft gewaltig übel angebracht, und am meisten versieht sich die freygebige blinde Frau mit ihren Geschenken an grauen. Celia. Das ist wahr; denn die. welche sie schön macht, mach sie selten ehrbar, und die, welche sie ehrbar macht, macht sie sehr häßlich. Rosalinde Rein, da gehst du über von Fortunens Amt zu

frem der Jiutur; Fortuna herrscht in den toelcli« chen (Haben, nicht in den ;}ügen der Jtntur. J) t o b |1 e i n kommt Eelia. bricht 7 wenn die Natur ein schönes Geschöpf ge­ macht hat, kann es Fortuna nicht ins Feuer fu(: len lassen 7 — Wiewohl uns die Natur Witz ge­ nug verliehen hat,

um des Glücks zu spotten,

schickt es nicht diesen Diarccn herein, dem Tespräci» ein Ende zu machen? Rosalinde. > der That, da

iss das (9(üif der Diaiur

mächtig, wenn es durch einen natürlichen Einfalls pinsel dem natürlichen Witz ein Ende macht. Eelia. Wer weiß, auch dieß iss nicht das Werk des Glüikkes, sondern der Natur, die unsern natürlich^ Witz zu albern findet, um über solche Göttinnen zu klügeln, und uns diesen hinfälligen zum Schleisstein geschickt hat; denn immer iss di« Albernheic des Narren der Schleifstein der ZDi Aigen. — Diun Witziger? wohin wanderst du 7 P r o bstei n. Fräulein, ihr müßt zu eurem Vater kommen. E e l i n. Send ihr als Vote abgeschickt?

löß Pr obstein. ßiein, auf meine Ehre, man

hieß mich mit nach

euch gehn.

Rosalinde. Wo hast du den Schwur gelernt, 3Tarr7 Probstein. Don einem gewissen Ritter,

der bey seiner Ehre

schwur die Pfannkuchen wären gut, und bey sei« ner Ehre schwur, der Senf wäre nichts üuk. Run behaupte ich: die Pfannkuchen waren nichts nutz und der Senf gut, und doch hatte der Ritter nicht falsch geschworen.

Celia. SBic beweiset ihr das Ln der Hülle und Fülle eurer Gelahrtheit 7 Rosali nde. Ey ja,

nun nehmt eurer Weisheit den Maulkorb

ab. P ro b stei n. Tretet beyde vor,

streicht euer kinn, und schwört

bey euren Bärten, daß ich ein Schelm bin. C e l i a. Bey unsern Bärten, wenn wir welche hätten, du bist einer. Prob stein. Bey meiner Schelmerei), wenn ich ne hätte, dann war' ich einer.

Aber wenn ihr bey dem schwört

was nicht ist, so habt ihr nicht falsch geschworen; eben so wenig der Ritter, der auf seine Ehre schwur, denn er hatte niemals welche, oder wenn auch, so hatte er sie längst weggeschworen, ehe ihm diese Pfannkuchen und der Senf zu Gesicht ka­ men. C e l i a. Ich bitte dich, wen meinst &u? P robstein. Einen, den der alte Friedrich, euer Vater, liebt. Celia. Meines Vaters Liebe reicht hin, ihm zur Ehre zu verhelfen.

Genug,

spreche nicht mehr von ihm;

ihr werdet gewiß nächstens einmal für euren bösen Leumund gestäupt. P robstein. Desto schlimmer, daß Narren nicht mehr weislich sagen dürfen, was weise Leute närrisch thun.

Celia. Meiner Treu, du sagst die Wahrheit; denn seit das Bischen Witz, was die Narren haben, zum Schweigen gebracht worden ist, so macht das bis­ chen Narrheit, was weife Leute besitzen, große Pa­ rade. Da kommt Monsieur Le Beau. Le Beau tritt auf.

R 0 salinde. Den Mund voll von Neuigkeiten,

Celia.

Die er uns zukommen soffen rm'ifr, wie Tauben ihre Jungen füttern. Rosalinde. Da werden wir also mit Neuigkeiten gemästet. Celia. Desto besser, so stehn wir ansehnlicher zu Markt. Guten Morgen, Monsteur Le Beau! was giebt es Neues? Le Beau. Schöne Prinzessin, euch ist ein guter Spaß ent­ gangen. Celia. Ein Spaß? wohin 7 Le Beau.

Wohin, Madam? wie soll ick tu* frcanltiu: sm ? Nosalinde

Wie es ZBi( und Glück verleihen. P e o b st e i n. Oder wie das Derhängniß beschließtCelia. Gut gesagt! Das war wie mit der Helle an e. Ich ersuch' Eu'r Gnade», Gebt mir die Kenntniß meines Fehlers mit. Wenn ich Verständniß hatte mit mir selbst, Ja irgend meine eignen Wünsche kenne, Wenn ich nicht träum' und nicht von Sinnen bin, Wie ich nicht hoffe, nie, mein Werthes Oheim Selbst nicht mit ungeborenep Gedanken. Beleidigt' ich Gur Hoheit. Herzog Friedrich. So sprechen stets Derrätherz DestLnd' in Worten ihre Reinigung, So sind sie schuldlos wie die Heiligkeit. Laß dirs genügen, daß ich dir nicht traue. R o s a l i n d e. Doch macht eu'r Mißtraun nicht mich zum 23er* räther; Sflgt fnif, woraus der Anschein denn beruht. Herzog Friedrich. Genug, du bist die Tochter deines Vaters.

i85 Rosalinde. Das mqi ich, als (6tVt Hoheit ihm fern Land nahm; Das war ich, als Eu'r Hoheit ihn verbannte. Derrätherey wir- nicht vererbt, mein Fürst, Und, überkämen wir von Freunden fit, Was gehts mich ant Mein Vater übte keine. Drum, bester Herr, verkennt mich nicht so sehr. Zu glauben meine Armuth sey verräthrisch. Telia. Mein theuerster Gebieter, hört mich ant Herzog Friedrich. Ja, Telia, dir zu Lieb' ließ ich sie bleiben. Sonst irrte sie umher mit ihrem Vater. Telia. Ich bat nicht damals, daß sie bleiben möchte^ Ihr wolltet es, ihr wäret selbst erweicht. Ich war zu jung um die Zeit, sie zu schätzen. Jetzt kenn' ich sie; wenn sie verräthrisch ist. So bin ichs auch; wir schliefen stets beysammen, Erwachten, lernten, spielten mit einander. Und wo wir gingen, wie der Juno Schwäne, Da gingen wir gepaart und unzertrennlich. Herzog Friedrich. Sie ist zu fein für dich, und ihre Sanftmuthi Ihr Schweigen selbst und ihre Duldsamkeit, Spricht zu dem Volk, und es bedauert sie.

Du Thörin du! Sie stiehlt dir deinen Namen, llnd du scheinst glänzender und tugendreicher. Ist sie erst fort.

Drum öffne nicht den Mund-

Fest und unwiderruflich ist mein Spruch, Oer über sie erging: sie ist verbannt. Celia. Sprecht denn dieß Urtheil über mich, mein Fürst l Ich kann nicht leben außer ihrer Nähr. Herzog Friedrich. Du bist 'ne Thörin. — Nichte. seht euch Der! Wenn ihr die Zeit versäumt, auf «eine Ehre, Und Kraft der Würde meinen Worts: ihr sterbt. (Herzog und Gefolge ob) Celia. arme Rosalinde, wohin willst du? Willst du die Bäter tauschen? So nimm meinen. O

Ich bitt' dich, sey nicht trauriger als ich l Rosalinde. Ich habe ja mehr Ursach'. Celia. Nicht doch, Muhme. Sen nur getrost! Weißt du nicht, daß ment Vater

Mich seine Tochter hat verbannt? Rosalinde. Das nicht. Celia. Oos nicht? So fehlt die Liebe Rosalinden, Die dich belehrt, daß du und ich nur eins.

i87 Soll man zins trennen 7 Soll'n wie scheiden. Süße 7 Dtein, mag mein Datei andre. Erben sachea. Ersinne nur mit mir, wie wie entfließe. Wohin mir gehn, und was wir mit uns nehmen; Und suche nicht die Last auf dich zu ziehn. Dein Leid zu traget und mich auszuschließen; Bey diesem Himmel, hleich von unserm Gram, Sag' was du willst, ich gehe doch mit dir. Rosalinde. Wohl! wohin gehn wir-

Celia. Zu meinem Oheim im Ardenner Wald. Rosalinde. Doch ach, was für Gefahr wird es uns bringen So weit zu reifen, Mädchen wie wie sind? Schönheit lockt Diebe, schneller noch als Gold Eelia. Ich stecke mich in arme niedre Kleidung, Und streiche mein Gesicht mit Ocker an; Thu' eben das, so ziehn wir unfern Weg Und reizen keine Räuber. Rosalinde

ZCärS nicht bester. Weil ich von mehr doch als gemeinem Wuchs, Daß ich mirs) trüge völlig ivie ein Mann? Den schmucken kurzen Säbel an der Hüfte,

m Den Iagdspieß In bei Hand, und — [dg im Heizen Auch noch so Diese Weiberfurcht verstecke — Wir sähen kriegen'fch und prahlend drein. Wie manche.andre Männermemmen auch. Die mit dem Anfehn es zu zwingen wissen. Celia. Wie willst du heißen, wenn du nun ein Mann bist?

Rosalinde. Nicht schlechter als der Page Jupiters, Denk also dran, mich Ganymed zu nennen. Doch wie willst du genannt seyn? Celia. Nach etwas, das auf meinen Zustand paßt; Nicht länger Celia, sondern Aliena. Rosa linde. Wie, Muhme, wenn von eures Vaters Hof, Wir nun den Schalksnarr» wegzustehlen suchten, Wär er uns nicht ein Trost auf unsrer Reise? O

Celia. der geht mit mir in die weite Welt,

Um den laß mich nur werben. Laß uns gehn. Und unfern Schmuck und Kostbarkeiten sammeln, Die beste Zeit und sichern Weg' bedenken Bor der Verfolgung. die nach meiner Flucht Wird angestellt.

So zieh» wir denn in Frieden,

Denn Freyheit ist uns, nicht der Sann beschieden. (ab)

i89 ^rrrr»rnsn*~ir^nr^r‘orr Den, der es hat. vergiftet! Orlando. Run denn, was giebts? Adam.

O unglüii jel ger jüinjlint»

Geht durch dies Thor nicht

unte, diesem Daist

Lebt aller tuiec Trefflichkeiten Feind. (SiVt Bruder — nein. kein Bruder, doch der Sohn — Olein, nicht der Sohn; ich will nicht Sohn ihn nennen Deß, den ich seinen Daker heißen wollte — Hat euer Lob gehört, und denkt zu Olacht Oie Mahnung zu verbrennen, wo ihr liegt. Und euch darinnen. Schlägt ihm dieses fehl. So sucht er andre Weg', euch umzubringen; Ich habe ihn belauscht und seinen Anschlag. Kein Wohnort ist dies Haus. 'ne Mördergrube; Verabscheut, fürchtet es, gehr nicht hinein. Orlando. Sag', wohin willst du. Adam. daß ich gehe? Adam.

Gleichviel wohin, ist es nur hieher nicht. Orlando. daß ich gehn und Brot soll bet­ teln 7 Wohl gar mit schnödem, tollem Schwert erzwingen Auf offner Straße djeb'schen Unterhalt? Das muß ich thun. sonst weiß ich nichts zu thun, Doch will ich dies nicht, komme was da will. Ich setze mich der Bosheit lieber aus Oes abgefallnen Bluts und Hut’gen Bruders. 77 2 Was? willst du

Adam. Nein» tljut das nicht? ich hab' fünfhundert Kronen, Den schmalen Lohn, erspart bey eurem Vater; Ich legt' ihn bey, mein Pflege» dann $u ferm 2Bonn mit der Dienst erlahmt in schwachen Glie­ dern, Und man das Alter in die Ecke wirft. Nehmt das, und de» die jungen Naben füttert, Ja, sorgsam für den Sperling Vorrath Häusl. Sey meines Alters Trost! Hier ist das Gold; Nehmt altes, laßt mich euren Diener seyn. Seh' ich gleich alt, bin ich doch stark und rüstig; Denn nie in meiner Jugend mischt' ich mir .Heiß und aufrührerisch Getränk ins Blut, Noch ging ich je mit unverschämter Stirn Den Mitteln nach zu Schwäch' und Unvermögen. Drum ist mein Alter wie ein frische» Winter, Kalt, doch erquicklich. Laßt mich mit euch gehn? Ich thu' den Dienst von einem jungem Mann, Jy aller eurer Nothdurft und Geschäften. Orlan d 0. O guter Alter, wie so wohl erscheint In dir der treue Dienst der alten Welt, Da Dienst um Pflicht sich mühte, nicht um Lohn! Du bist nicht nach der Sitte dieser Zeiten, Wo niemand mühn stch will als um Befördrung Und kaum daß er sie Hot, erlischt fein Dienst

Gleich im Bes»-.

Co ist es nicht mit dir.

DcV>, armer Greis du pstegst den dürren Stamm, Der keine Blüthe mehr vermag ju treiben. Für alle deine Sorgsamkeit und Müh. Doch komm', wir brechen mit einander auf; Und eh' wir deinen Jugendlohn verzehrt, Ist uns ein friedlich kleines Loos bescheret. Adam. Auf, Herr! und bis zum letzten Othemzug Folg ich euch nach, ergeben ohne Trug. Don siebzehn Jahren bis zu achtzig schier Wohnt' ich, nun wohn' ich ferner nicht mehr hier. Um siebzehn ziemts. daß mit dem Glück man buhle. Doch achtzig ist zu alt für diese Schule» Könnt' ich vom Glück nur diesen Lohn erwerben, Nicht Schuldner meines Herrn und sanft zu sterben.

(*) Vierte Szene. Der Wald.

R o f a I i n Ö e al- Knabe, gcttetdet,

Eelia wie eine Schäferinn

und I) r o b st e i n treten auf.

Rosalinde. Ö Jupiter! wie matt sind meine Lebensgeister!

P c o 6 fl e i/i.

Ich frage nicht nach meinen Lebensgeistern, wenn nur meine Beine nicht matt wären. Dx o f o 1 i n b e Ich wäre im Stande meinen Mannskleidern eine Schande anzuthun, und wie ein Weib zu meinen. Aber ich muß das schwächere Gefäß unterstützen, denn Wams und Hofen müssen sich gegen den Unterrock herzhaft beweisen. Also Herz gefaßt, liebe Aliena t C5 eli q.

Ich bitte dich. ertrage mich» ich kann nicht weiter. P r o & fl e i n Ich für mein Theil wollte euch lieber ertragen als tragen. Und doch trüge ich kein Kreuz, wenn ich euch trüge; denn ich bilde mir ein, ihr habt kei nen Kreuzer in eurem Beutel. Rofalinde.

Tut, dies ist der Ardenner Wald. Probstein. Ja, nun Bin ich in den Ardennen, ich Dlatt; da ich zu Haufe war. war ich an einem bessern Ort, aber Reifende müssen sich schon begnügen. R ofalinde. Ja, thut das. guter Probstein. — Seht wer kommt da? Ein junget Mann und ein alter in tiefem Gespräch

Go (in nutf un- Sirius frtft« auf Corinnus.

Dies ist der Weg, daß sie dich stets verschmäht Silo ius. O wüßtest du, (Eorinnus, wie ich liebe k Co rinn uS.

Zum Theil errath' ichs, denn einst fieBr ich auch SilviuS stein, Freund, alt wie du bist, erräthst du's nicht. Warst du auch jung ein so getreuer Schäfer. Als je aufs mitternächr'ge Küssen seufzte; Allein, wenn deine Liebe meiner gleich — Zwar glaub' ich, keiner liebte jemals so — Zu wie viel höchlich ungereimten Dingen, Hat deine Leidenschaft dich hingerissen? C orinnus. Zu tausenden, die ich vergessen habe. S i l v i u s. O dann hast du so herzlich nie geliebt; Entsinnst du dich der kleinsten Thorheit nicht» In welche dich die Liebe je gestürzt. So hast du nicht geliebt; Und hast du nicht gesessen, wie ich je$t Den Hörer mit der Liebsten Preis ermüdend. So hast du nicht geliebt; Und brachst du nicht von der Gesellschaft lo*. Mit eins, wie letzt die Leidenschaft mid; heißt.

(5o hast du nicht geliebt. — O Phöbe! Phöbel Phöbe! < ob) Crtofülinfrt. Ach, armer Schäfer I deine Wunde suchend, Hab' ich durch schlimmes (Slürk dje meine funden. P rob stein.

Und ich meine. Ich erinnre da ich uecIieBt mar, daß ich meinen Degen an einem Stein zer­ stieß, und hieß ihn das dafür hinnehmen, daß er stch unterstände, Nachts zu Hannchen Freundlich zu kommen; und ich erinnre mich, wie ich ihr Waschholz küßte, und die Euter der )t«ih, die ihre artigen Patschhändchen gemolken hatten. Ich er­ innre mich, wie ich mit einer Erbsenschote schön that, als wenn (Ic es wäre, und ich nahm zweu Erhsen, gab sie ihr wieder und sagte mit weinen­ den Thränen: Trage sie um meinetwillen. 2üir treuen Liebenden kommen oft auf seltsame Sprün­ ge; wie alles von Natur sterblich ist. so sind all« sterblich Verliebten von Natur Narren. Nosalinde. Du sprichst klüger als du selber gewahr wirst. Prob stein. lUcin, ich werde meinen eignen Wiy nicht eher ge^ wahr werden, als bis ich mir die Schienbeine daruu zustoße.

Rosalind-. Ö Jupiter) o Jupiter k Dieses Schäfers Leiden­ schaft ist ganz nach meiner Eigenschaft. Pro bstein. Nach meiner auch, aber sie versauert ein wenig bey mir. Zelia. Ich bitte euch, frag' einer jenen Mann, Ob er für Gold uns etwas (Speise giebt. Ich schmachte fast zu Tode. Prob stein. Heda, Tölpel) R o sa l i n d e. Still, Narr! Er ist dein Vetter nicht. Eo rinn us. Wer ruftP e o b st e i n. Vornehmere als ihr. Eoeinn uS. Sonst wären sie audfj wahrlich sehr gering. Rosalinde. Still', sag' ich euch! — Habt guten Abend. Freund Eo rinnus. Ihr gleichfalls, feiner Herr, und allesamt. R osalin de.

Hör^, Schäfer, können Geld und gute Worte In dieser Wildniß uns Aewirthung schaffen.

So zeigt uns. n>o ivir ruhn und cj'icn können Dieß junge Mädchen sfl vom Steifen matt Und schmachtet nach Erquickung. E o rin nus. Lieber Herr Sie thut mir leid, und ihretwillen mehr Als meinetwillen wünscht' ich. fcofi mein ®Iüu In Stand mich besser setzt' ihr beyzustehn. Doch ich bin Schäfer eines andern Manns Und schere nicht die Wolle die ich weide. Don filziger Gemüthsart ist mein Herr, Und fragt nicht viel danach, den Weg zum Himmel Durch Werke der Gastfreundlichkeit zu finden. Auch stehn ihm Hätt' und Heerd und seine Weiden Jetzt zum Verkauf; und auf der Schäferey Ist, weil et nicht zu Haus, kein Vorrath da. Wovon ihr speisen könnt, doch kommt und seht! Von mir euch alles gern zu Dienste steht. R o f a l i n ö e< Wer !sts. der feine Heerd' und Wiesen kauft e Corinnus. Oer junge Schäfer, den ihr erst gesehn. Den es nicht kümmert, irgend was zu faustn. Rosa linde. Ich bitte dich, bestehts mit Redlichkeit xau)' du die Meyerey, die Heerd' und iUeietn , Wir geben dir das Geld, es zu bezahle^.

Cella. Und höhern Lohn; ich liebe diesen Ort. Und brächte willig meine Zeit hier zu. CorinnuS. So viel ist sicher, dieß ist zu Verkauf. Geht mit! Gefällt euch auf Erkundigung Oer Boden, der Ertrag, und dieses Leben. So will ich euer treuer Pfleger seyn. Und kauf' es gleich mit eurem Golde ein. (Me ab)

Fünfte Szene. Ein andrer Theil de- Waldes. Amiens, Jaques und Andre.

Lied. Amiens. Unter des Laubdachs Hut Wer gerne mit mir ruht. Und stimmt der Kehle Klang Zu lust'ger Vögel Sang, Komm geschwinde! geschwinde! geschwin-ei Hier nagt und sticht Kein Feind ihn nicht, Air Wetter, Regen und 2Dm&enn grauen jung und schön nur sind, So haben sie die Gabe, es $u roifjen. In feinem Hirne, das so trocken ist 2Bie Überrest von Zwieback nach der Reise, Hat ec seltsame Fächer ausgestopft Mit Anmerkungen, die ec brockenweise Nun von sich giebt. — ö wäc' ich doch ein Narr! Mein Ehrgeiz geht auf eine bunte Jacke. Herzog. ZDu sollst sie haben. I a q u e S. 'S ist mein einiger Wunsch: Vorausgesetzt, daß ihr eu'r beffres Urtheil Don aller Meynung reinigt, die da wuchert. Als rode* ich weise. — Sann muß ich Freyheit haben. So ausgedehnte Vollmacht wie der Wind, — So ziemt es Naccn, — auf wen ich will, zu blasen. Und men am ärgsten meine Thorheit geißelt. Der muß am meisten lachen. Und warum? OaS fällt ins Auge wie der Weg zur Kirche: Der, den ein Narr sehr weislich hat getroffen, War' wohl sehr thöricht, schmerzt' es noch so sehr. Nicht sühllos bey dem Schlag zu thun. Wo nicht. So wird des Weisen Narrheit aufgedeckt. Selbst durch des Narren ungefähres Zielen. Steckt mich in meine Jacke, gebt mir frey

Zu reden, wie mirs dünkt; und durch und durch Will ich die angesteckte Welt schon säubern, Wenn sie geduldig nur mein Mittel nehmen.

HerzogO

pfui! Ich weiß wohl, was du würdest thun. Jaqnes.

Und was, zum Kuckuck, würd' ich thun, als Gutes? Herzog. Höchst arge Sünd', indem du Sünde schöltest; Denn du bist selbst ein wüster Mensch gewesen. So sinnlich wie nur je des Thieres Trieb; Und alle Übel, alle bösen Beulen, Die du aus freyen Füßen dir eyeugf, Oie würdst du schütten in die weite Welt. Jaques. Wie! wer schreyt gegen Stolz, Und klagt damit den Einzelnen nur an? Schwillt seine Flut nicht mächtig wie die See, Dis daß die letzten, letzten Mittel ebben? Welch eine Bürgersrau nenn' ich mit Namen, Wenn ich behaupt', es tragen Dürgerfrau'n Der Fürsten Aufwand auf unwürd'gen Schultern? Darf Eine sagen, daß ich sie gemeynt. Wenn so wie sie die Nachbarin auch ist? Und wo ist der vom niedrigsten Berus, Der spricht» sein Großthun koste mir ja nichts, — Im Wahn, er sey gemeint, — und seine Thorheü O 2

flia Nicht stimmt dadurch zu meiner Rede Ton? Ey ja doch! wie denn? was denn? Laßt doch seh». Morin ihm meine Zunge Unrecht that. Thut sie sein Recht ihm, that er selbst stch Unecht; Und ist er rein: nun, wohl, so stiegt mein Tadel Die Kreuz' und Quer, wie eine wilde Gang Die niemand angehört. — Wer kömmt da? seht! Orlando kommt mtt gezogne« Degen. Orlando. Halt! eßt nicht mehr! Jaques. Ich hab' noch nicht gegessen. Orlando. Und sollst nicht, bis die Nothdurft erst bedient. Jaques. Don welcher Art mag dieser Vogel seyn? Herzog. Hat deine Noth dich, Mensch, so kühn gemacht Wie? ober ists Verachtung guter Sitten, Daß du so leer von Höflichkeit erscheinst? Orlando. Ihr trefft den Puls zuerst; der dorn'ge Stachel Der harten Noth nahm von mir weg den Schein Der Höflichkeit; im innern Land geboren Kenn' ich wohl Sitte, — aber haltet! sag' ich,

Der stirbt, wer etwas von -er Frucht berührt, Eh ich und meine Sorgen sind befriedigt. I a q u e s. Könne ihr nicht durch Vernunft befriedigt werden' So muß ich sterben. Herzog. Was wollt ihr hoben- Eure Freundlichkeit Wird mehr

als Zwang zur Freundlichkeit uns zwingen. Orlando.

Ich sterbe fast vor Hunger, gebt mit (Speise. Herzog. Sitzt nieder? egt! willkommen unserm Tisch! Orlando. Spreche ihr so liebreich? O vergebt, ich bitte 1 Ich dachte, alles müßte wild hier seyn, Und darum fest1 ich in die Fassung mich Oes tro tzigen Befehls. Wer ihr auch seyd. Die ihr in dieser unzugaugöarn Mlduiß. Unter dem Schatten melanchol'scher Wipfel, Säumt und vergeßt die Stunden-träger Zeit: Wenn je ihr bessre Tage habt gesehn. Wenn je zur Kirche Glocken euch geläutet. Wenn je ihr saßt bey guter Menschen Mahl, Wenn je vom Auge Thränen ihr getrocknet. Und wißt was Mitleid ist, und Mitleid finden, Co laßt die Sanflmuth mir statt Zwanges dienen-

Ich Hosts, errölh'. und berge hier mein Schwert. s?er jvy. Wahr ist ed, dag wir bessre Tage sahn. Dag heil'ge Glocken und zur Kirch' geläutet, Dag wir bey guter Menschen Mahl gesessen, Und Tropfen unsern Augen abgetrocknet, Oie ein geheiligt Mitleid hat erzeugt: Und darum setzt in Freundlichkeit euch hin, Und nehmt nach Wunsch, was wir an Hülfe haben. Das eurem Mangel irgend dienen kann.

Orlando. Bewahre mit eure Speis' ein wenig noch, Indessen, wie die Hindin, ich mein Junges Will futtern gehn.

Dort ist ein armer Alter,

Der manchen sauren Schritt aus bloßer Liebe Mir nachgehinkt; bis er befriedigt ist, Den doppelt Leid, das Alter schwächt und Hunger, Berühr' ich keinen Bissen. Her,og. Geht, holt ihn Herl Wir wollen nichts verzehren, bis ihr kommt.

Ortando. Ich dank' euch; seyd für euren Trost gesegnet! Orlando ab)

Herzog. Du stehst, unglücklich find nicht wir allein. Und dieser weite, allgemeine Schauplatz

23eut mehr betrübte Svenen dar, als unsre,' 20orm du spielst. Iaques.

Die ganze ZBeft ist Bühne, Und alle Frau'n und Männer bloße Spieler. Sie treten auf und gehen wieder ab, Sein Lebenlang spielt einer manche Rollen, Durch sieben Akte hin. Zuerst das Kind. Das in der 20ärfein Armen greint und fprübe«; Der weinerliche Bube, der mit Bündel Und glattem Morgenantlitz, wie die Schnecke Ungern zur Schule kriecht; dann der Verliebte, Der wie ein Ofen seufzt, mit Iammerlied Auf seiner Liebsten Bcau'n; dann der Soldat, Voll toller Fluch' und wie ein Pardel bärtig. Auf Ehre eifersüchtig, schnell zu Händeln. Bis in die Mündung der Kanone suchend Die Seifenblase Ruhm. Und dann der Richter, In rundem Bauche, mit Kapaun gestopft, Mit strengem Blick und regelrechtem Bart, Voll weiser Sprüch' und neuester (Stempel Spielt feine Rolle so. Das sechste 2I[uc Macht den besockten hagern Pantalon, Brill' auf der Nase, Beutel an dec Sette; Die jugendliche Hose, wohl geschont, 'Ne Welt zu weit für Die verschcumpsten wenden Die tiefe Männerstimme, umgewandelt

2,6 Zum kindischen Diskante, pfeift und quakt 3n feinem Ton.

Oer letzte Akt, mit dem

Die seltsam wechselnde Geschichte schließt, Ist zweyte Kindheit, gänzliches Vergessen Ohn' Augen, ohne Zahn, Geschmack und alles, Orlando kcmwt zurück mit Adam. Herzog. Nun, Freund, setzt nieder eure würd'ge Last, Und laßt ihn essen.

Orlando. Ich dank' euch sehr für ihn. Adam. OaS thut auch Noth, Kaum kann ich sprechen, selbst für mich zu danken. Herzog. Willkommen denn! greift zu! Ich stör' euch nicht, Di- jetzt mit Fragen über eure Lage. — Gebt uns Musst, und fingt eins, guter Detter l Lied.

Amiens. Stürm, stürm, du Winterwind! Du bist nicht falsch gesinnt. Wie Menschen



Undank ist.

Dein Zahn nagt nicht so sehr. Weil man nicht weiß, woher, Wiewohl du heftig bist.

Herfa? singt heisa.' den grünenden Bäumen. Oie Freundschaft ist falsch, und die Liebe nur Träumen. prum, heisa, dep Bäumen! Den lustigen Räumen.' Frier, frier, du Himmelsgrimm! Du beißest nicht so schlimm Als Wohlthat, nicht erkannt; Erstarrst du gleich die Flut, Diel schärfer sticht das Blut Ein Freund, von uns gewandt. Heisa! singt heisa! den grünenden Bäumen! Oie Freundschaft ist falsch, und die Liebe nur Träumen. Drum heisa, den Bäumen! Den lustigen Räumen! Herzog. Wenn ihr der Sohn des guten Roland seyd. Wie ihr mir eben redlich zugesiüstert, Und meinem 2lug9 sein Ebenbild bezeugt, Das konterfeyt in eurem Antlitz lebt: Seyd herzlich hier begrüßt! Ich bin -er Herzog, Oer euren Vater liebte; eu'r ferner- Schicksal, Kommt und erzählt- in meiner Höhle mir — Willkommen, guter Alter, wie dein Herr! Führt ihn am Arme. — Gebt mir eure Hand, Und macht mir euer ganz Geschick bekannt. .Me *f')

2lQ »>r»ni Mm

Dritter

Aufzug

@r(le©|enr. Cln

Zimmer Im Palast.

Herzog Friedrich, Oliver, Herren vom Hof«

und Gefolge. Herzog Friedrich. nicht gesehn seitdem? Herr! Herr! das kann nicht seyn. Bestünd' aus Milde nicht mein größter Theil, So sucht' ich kein entferntes Ziel der Rache, Da du zur Stelle bist. — Doch steh dich vor. Schaff' deinen Bruder, sey et wo er will. Such ihn mit Kerzen, bring' in Jahresfrist Ihn lebend oder todt; sonst komm nie wieder Auf unserm Boden Unterhalt zu suchen. Was du nur dein nennst, Land und andres Gut, Des Einziehns werth, fällt unsrer Hand anheim, Dis du durch deines Bruders Mund dich lösest Don allem, was wir gegen dich gedacht.

0

kennt' Eu'c Hoheit hierin nur mein Herz?

Ich liebe' im Leben meinen Bruder nicht. Herzog Friedrich. Schurk um so mehr! — Stoßt Ihn zur Thür hin­ aus. Laßt die Beamten dieser Art Beschlag Ihm legen auf sein Haus und Länderey»; Thut in der Schnelle dies und schafft ihn fort! (Alle ab)

Zweyte Szene. Der Wald. Orlando sammt mit einem Blatt Papier. Orlando.

Da häng. mein Ders, der Liebe jum Beweis k Und du, o Königin der Nacht dort oben l Sieh keuschen Blicks aus deinem blaffen Kreis, Den Namen deiner Iäg'rinn hier erhoben. 0

Rosalindei sey der Wald mir Schrift,

Ich grabe mein Gemüth in alle Rinden, Daß jedes Aug', das diese Bäume trifft, Ringsum bezeugt mag deine Tugend finden. Auf, auf, Orlando! rühme spät und früh Die schöne, keusche, unnennbare Sie.

(ab)

LSO

Corinnus und Probstein treten auf. Corinnus. Und toie gefällt euch dieß Schäferleben, Meister Probstein? P ro bstein. Wahrhaftig, Schäfer, an und für stch betrachtet, ist es ein gutes Leben; aber in betracht, daß es ein Schäferleben ist, taugt es nichts. In Betracht, daß es einsam ist, mag ich es wohl leiden, aber in Betracht. daß es stille ist, ist es ein sehr er­ bärmliches Leben. Ferner, in Betracht, daß es auf dem Lande ist, steht es mir an; aber in Be­ tracht, daß es nicht am Hofe ist, wird es lang­ weilig. In so fern es ein mäßiges Leben ist, seht ihr, ist es nach meinem Sinn; aber in so fern es nicht reichlicher dabey zugeht, streitet es sehr ge­ gen meine Neigung.

Verstehst Philosophie, Echä

fett Corinnus. Mehr nicht, als daß ich weiß, daß einer stch desto schlimmer befindet, je kranker er ist, und wem'S an Geld, Gut und Genügen gebricht, daß dem drey gute Freunde fehlen; daß des Regens Eigen­ schaft ist zu nassen, und des Feuers zu brennen; daß gute Weide fette Schafe macht, und die Nacht hauptsächlich vom Mangel an Sonne kommt; daß einer der weder durch Natur noch Kunst zu Der-

LLL

stand gekommen wäre, sich über die Erziehung zu beklagen hätte, oder aus einer sehr dummen Sipp­ schaft seyn müßte. Probstein. So einer ist ein natürlicher Philosoph.

Warst je

am Hofe, Schäfer? Corinnus. Nein, wahrhaftig nicht. Probstein. So wirst du in der Hölle gebraten. Corinnus. Ey, ich hoffe — Probstein. Wahrhaftig, du wirst gebraten, wie ein schleift geröstet Ey, nur an Einer Seite. Corinnus. Weil ich nicht am Hofe gewesen bin-

Euren

Grund! Probstein. Nun, wenn du nicht am Hofe gewesen bist, so hast du niemals gute Sitten gesehn.

Wenn du

niemals gute Sitten gesehn hast, so müssen deine schlecht seyn, und alles schlechte ist Sünde, und Sünde führt in die Hölle.

Du bist in einem ver­

fänglichen Zustande, Schäfer.

Corinnus. Ganz und gar nicht, Probstein.

Was bey Hofe

LSL

gute Sitten sind, die sind so lächerlich auf bem Lande, als ländliche Weise bey spofe zum (Spott dient. Ihr sagtet mir, bey Hofe verbeugt ihr euch nicht, sondern küßt eure Hand.

Das wäre eine

Lehr unreinliche Höflichkeit, wenn Hofleute Schä­ fer wären. Prob stein. Den Beweis, kürzlich, den Beweis! Corinnas. Nun, wir müssen unsre Schafe immer angreifen, und ihre Felle sind fettig, wie ihr wißt. Probstein. Schwitzen die Hände unsrer Hofleute etwa nicht, rmd ist das Fett von einem Schafe nicht so ge­ sund, wie der Schweiß von einem Menschen? Ein? fällig l

einfältig! Einen

besseren

Beweis!

her

damit l Corinnus. Auch sind unsre Hände hart. P r o b st e i n. Cure Lippen werden sich desto eher fühlen.

Wie­

derum einfältig! Einen tüchtigeren Beweis! C o r i n n u s. Und sind oft ganz betheert vom Bepflastern unsrer Schafe.

2Do0t ihr, daß wir Theer küssen sollen?

Die Hände der Hofleute riechen nach Bisam.

P r o Bst ein. Höchst einfältiger Mensch ! Du wahre Würmer­ speise gegen ein gutes Stück Fleisch! Lerne von den Weisen und erwäge! Bisam ist von schlechte­ rer Abkunft als Theer, der unsaubre Abgang einer Kotze.

Einen Bessern Beweis, Schäfer! Corinnus.

Ihr habt einen zu höfischen Witz für mich; ich lasse es dabey bewenden. Probstein. Was? bey der Hölle- Gott helfe dir, einfältiger Mensch! Gott eröffne dir das Verständniß! Du bist ein Strohkopf. Corinnus. Herr, ich Bin ein ehrlicher Tagelöhner; ich verdie« ne, was ich esse, erwerbe, was ich trage, hasse keinen Menschen, beneide niemandes Glück, freue mich über andrer Leute Wohlergehn, Bin Zufrieden mit meinem Ungemach, und mein größter Stolz ist, meine Schafe weiden und meine Lämmer sau­ gen zu sehn. Probstein. Das ist wieder eine einfältige Sünde von euch, daß ihr die Schafe und Böcke zusammen bringt, und euch nicht schämt, von der Begattung des Viehes euren Unterhalt zu ziehn r daß ihr den Kuppler für einen Leithammel macht, und so ein

LS4

jähriges Lamm einem schiefbeinigen alten Hahn« izt) Don 2Bibbes überantwortet, gegen alle Regeln des Ehestandes. Wenn bu

dafür nicht in die

Hölle kömmst, so will der Teufel selbst keine Schä­ fer: sonst sehe ich nicht, wie du entwischen könntest. Co rin nus. Hier kommt bet junge Herr Ganymed, meiner neuen Herrschaft Bruder. Rosalinde kommt mit einem Blatt Papier. Rosälinde lieft. „Don dem Ost bis zu den Inden, „Ist kein Juweel gleich Rosalinden. „Ihr Werth, beflügelt Don den Winden, „Trägt durch die Welt hin Rosalinden. „Alle Schilderen» erblinden „Bey dem Glanz Don Rosalinden. „Keinen Reiz soll man orrFünben „Als den Reiz Don Rosalinden." Probstein. So will ich euch acht Jahre hinter einander rei­ men, Essens - und Schlafenszeit ausgenommen; es ist der wahre Duttcrfrauentrab, wenn sie zu Markte gehn. R o s a l i n b e. Fort mit dir, Narr! Prob.

Zur Prober Sehnt der Hirsch sich nach den Hinden. Laßt ihn suchen Rosalinden. Will die Katze sich verbinden: Glaubt, sie macht- gleich Rosolinden. Reben müssen Bäum* umwinden r So thulö nöthig Rosalinden. Wer da mäht, muß Garben binden; Auf den Karrn mit Rosalinden. Süße Nuß hat saure Rinden; Solche Nuß gleicht Rosalinden. Wer süße Rosen sucht, muß finden Oec Liebe Dorn und Rosalinden. Das ist der eigentliche falsche DerS-Gatopp. War­ um behängt ihr euch mit ihnen? Rosalinde. Still,

dummer Narr!

Ich

fand

sie an

einem

Baum. Pro bstein. Wahrhaftig, der Baum trägt schlechte Früchte. Rosalinde. Ich will euch aus ihn impfen, und dann wird er Mispeln tragen-

denn

ehe sie halb reif find Xuijinö einer Mispel.

Vierter Theil.

eure Einfälle verfaulen,

und das ist eben die rechte

Probstein. Ihr habt gesprochen, aber ob gescheidt oder licht, das mag der Wald richten. Celia kommt mit einem Blatt Papier.

Rosalinde. Stillt hier kommt meine Schwester und liest : gehn wir beyseit. Celia.

» Sollten schweigen diese Räume, „Weil sie unbevölkert? Nein. „Zungen häng' ich an die Säume. .»Daß sie reden Sprüche fein. ».Bald, wie rasch das Menschenleben ..Seine Pilgerfahrt durchläuft; „Wie die Zeit, ihm zugegeben, „Eine Spanne ganz begreift. „Bald wie Schwüre falsch sich zeigen ..Wie sich Freund vom Freunde trennt. „Aber an den schönsten Zweigen. „Und an jedes Spruches End. „Soll man Rosalinde lesen. „Und verbreiten soll der Ruf. „Daß der Himmel aller Wesen „Höchsten Ausbund in ihr schuf, »Drum hieß die Natur sein Wille Eine menschliche Gestalt

LL7 „Zieren mit der Gaben Fülle. „Oie Natur mischt' alsobald „Helenens Wange, nicht ihr Herz. „Cleopatrens Herrlichkeit; „Atalantens leichten Scherz, ..Und Lucreziens Sittfamkeit. „So ward durch einen Himmetsbund „Aus Vielen. Rosalind' ersonnen, „Aus manchem Herzen, Aug' und Mund. ..Auf daß sie jeden Reiz gewonnen; „Oer Himmel gab ihr dieses Recht, „Und todt und lebend mich zum Knecht" Rosa linde. O

gütiger Jupiter! — Mit welcher langweiligen

Liebespredigt habt ihr

da eure Gemeinde müde

gemacht, und nicht einmal gerufen: Geduld, gute Leute! C elia. Seht doch. Freunde hinterm Rücken 7 — Schäfer, geh ein wenig abseits. — Geh mit ihm, Bursch. Probstein. Kommt, Schäfer, laßt uns einen ehrenvollen Rück zug

machen,

wenn

gleich

nicht mit Sang und

Klang. doch mit Sack und Pack. (CorinnuS und Drobftein ab) Eelia. Hast du diese Verse gehört-

V

2

Dxofalinbe. O ja. ich 5*f(e sie alle und noch was frühe,

denn einige holten mehr Füße als die I>erfe tra­ gen konnten. tü cl i a.

Das thut nichts, die Füße konnten die Verse tra­ gen. Rosa linde. Ja, aber die Füße waren lahm und konnten sich nicht außerhalb des Verses bewegen» und darum standen sie so lahm im Verse. Celia. Aber hast du gehört, ohne dich zu wundern, daß dein Name an den Bäumen hängt und ein ge-schnitten ist? Rosalinde. Ich war schon sieben Tage in der Woche über al­ tes Wundern hinaus, che du kamst: denn sieh nur, was ich an einem Palmbaum fand. Ich bin nicht so bereiml worden seit Pythagoras Zeiten, wo ich eine Ratte war. Die sie mit schlechten Ver sen vergifteten, wessen ich mich kaum noch erinnern kann. C ei io. Räthst du, wer es gethan hat? Rosalinde. >tß es ein Wann?

LL7

Cella Mt einer Kette um den Hals die du sonst getca gen hast. Veränderst du die Farbe? Rosalinde.

Ich bitte dich, wer? Celia. O Himmel.' Himmel' Es ist ein schweres Ding für Freunde sich wieder anzutreffen, aber 39erg und Thal kommen im Erdbeben zusammen Rosalinde.

Olein, sag, wer istS? Telia. Ist es möglich? Rosa linde. Ich bitte dich jetzt mit der allerdringendsten In­ ständigkeit, sag mir, wer es ist. Celia.

D wunderbar, wunderbar, und höchst wunderbar-

lich wunderbar, und nochmals wunderbar, und über alle Münder weg. R o s a l i n d e. O du liebe Ungeduld! Denkst du, weil ich wie ein Mann ausstasfict bin, daß auch meine Gemüths­ art in Wams und Hosen ist? Ein Zollbreit mehr Aufschub ist eine Südsee weit von der Entdeckung. Ich bitte dich sag mir, wer ist ed9 Geschwind, und sprich hurtig! Ich wollte, du könntest stottern

250

bsß dir dieser verborgne Mann auö dem Munde käme, wie Wein auö einer enghalsigen Flasche, entweder zu viel aus einmal oder gar nichts.

Ich

bitte dich, nimm den Kork auÄ deinem Munde, damit ich deine Zeitungen trinken kann. Celia. Da könntest du einen Mann mit in den Leib be­ kommen. Rosalinde. Ist er von Gottes Machwerk? Was für eine Art von Mann? Ist sein Kopf einen Hut werth oder sein Kinn einen Bart? Celia. Min, er hat nur wenig Bart. Rosalinde. Nun, Gott wird mehr bescheren, wenn der Mensch recht dankbar ist; ich will den Wuchs von seinem Bart schon abwarten, wenn du mir nur die Kennt­ niß von seinem Kinn nicht länger vorenthältst. Celia. Es ist der junge Orlando, der den Ringer und dein Herz in Einem Augenblick zu Falle brachte. R o s a l i n d e. Nein, der Teufel hole das Spaßen! Sag auf dein ehrlich Gestcht und Mädchentreue. Celia. Auf mein Wort, Muhme, er ist es.

Dto salinde. Orlando? Cella. Orlando. Rosa linde. Ach liebe Zeit! was fange ich nun mit meinem Wams und Hosen an? — Was t§at er, wie du »hn sahst? Was sagte er? Wie sah er aus? Wie trug er sich? Was macht er hier? Frug er nach mir? Wo bleibt ec? Wie schied er von dir, und wann wirst du ihn Wiedersehn? Antworte mir mit Einem Wort. Cella. Da mußt du mir erst Gargantua'S Mund leihen; es wäre ein zu

großes Wort für irgend einen

Mund, wie sie heut ju Lage find. Ja und nein auf diese Artikel zu sagen, ist mehr als in einer Kinderlehre antworten. Rosalinde. Aber weiß er, daß ich in diesem Lande bin, und in Mannskleidern? Sieht er so munter aus. wie an dem Tage wo wir ihn ringen sahen? Celia. Es ist eben so leicht, Sonnenstäubchen zu zählen als die Ausgaben eines Verliebten zu lösen. Doch nimm ein Pröbchen von meiner Entdeckung, und koste es recht aufmerksam. — Ich fand ihn unter einem Saum, wie eine abgefallne Eichel.

N osa l l n d k Oer mag wohl Jupiters Daum heißen; wenn er solche Früchte fallen laßt. C e l i a. Verleiht mit Gehör. werthes Fraulein Rosalinde.

Fahret fort. Cella. Da lag er, hingestreckt wie ein verwundeter Ritter. Rosalinde. Wenn es gleich ein Jammer ist» solch einen An­ blick zu sehn, so muß er sich doch gut ausgenom­ men haben. Celia. Ruf deiner Zunge holla zu. ich bitte dich; sie macht zur Unzeit Sprünge. Er war wie ein Jü-> gee gekleidet. Rosa linde. O Vorbedeutung! Er kommt, mein Herz zu zt*

legen. Celia. Ich möchte mein Lied ohne Chor fingen, du bringst mich aus der Weise. R o s a l i n d e. Wißt ihr nicht, daß ich ein Weib bin? Wenn ich denke, muß ich sprechen. Liebe, sag weiter. Orlando und Januec treten auf.

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CorinnuS hmmt Corinnas. Unsre Herrschaft sucht euch.

Kommt! geschvind,

geschwind 1 Prob st ein. Lauf, Käthchen! Lauf, Käthchen! Ich komme rach, ich komme nach.

(Alle i ut?. Ja, wär' sie haben und der Tod auch eins. N o sa l i n d e. Und ich versprach dieß alles auszugleichen. ö Herzog haltet Wort, gebt eure Tochter; Orlando, haltet eures, sie zu nehmen; Ihr, Phöbe, haltet Wort, heirathet mich. Wenn ihr mich ausschlagt, ehlicht diesen Schäfer; Ihr, SylvruS, haltet Wort, heirathet sie. Wann sie mich ausschlägt — und von dannen geh ich Zu schlichten diese Zweifel. Rosaltnde und Cella av.

3oo Herzog. An diesem Schäferknaben fallen mit Lebendige Züge meiner Tochter auf. Orlando. Mein Fürst, das erstemal, daß ich ihn sah, Schien mirs, er sey ein Bruder eurer Tochter. Doch, lieber Herr, der Knab' ist waldgeboren, Und wurde unterwiesen in den Gründen Verrufner Wissenschaft von feinem Oheim, Den er als einen großen Zaubrer schildert. Vergraben im Bezirke dieses Walds. Pro bst ein und Käthchen kommen. Ja q ues. Sicherlich ist eine neue Sündfluth im Anzuge, und diese Paare begeben sich in die Arche. Da kommt ein Paar seltsamer Thiere, die man in allen Spra­ chen Narren nennt. Probstein. Gruß und Empfehlung euch allen! Jaques. Werther Fürst, heißt ihn willkommen; das ist der fcheckigt gesinnte Herr, den ich so oft im Walde antraf.

Er schwört, er sey ein Hofmann gewesen. Prob sie in.

Wenn irgend jemand das bezweifelt, so laßt ihn mich auf die Probe stellen. Ich habe meine Me«

3oi miet getanzt, lch habe den Damen geschmeichelt, ich Bin politisch gegen meinen Freund gewesen, und geschmeidig gegen meinen Feind; ich habe drey Schneider zu Grunde gerichtet, ich habe vier Händel gehabt, und hätte bald einen ausgefochten. Ja qu es. Und wie wurde der ausgemacht?

Probstein. 3Iun, wir kamen zusammen, und fanden der Han­ del stehe auf dem siebenten Punkt. Jaq ues. Wie, siebenter Punkt? — Lobt mir den Äurfchen, mein gnädiger Herr. Herzog. 6r gefällt mir sehr. Probstein. Gott behüt' euch Herrl ich wünsche das nämliche von euch. Ich dränge mich hier unter die übrigen ländlichen Paare, zu schwören und zu verschwören, je nachdem der Ehestand bindet, und Fleisch und Akut bricht.

Eine arme Jungfer Herr, ein übel

aussehend Ding, Herr, ober mein eigen; eine de­ müthige Laune von mir, Herr, zu nehmen was sonst niemand will. Reiche Ehrbarkeit, Herr, wohnt wie ein Geizhals in einem armen fiaufe, wie eine Perle in einer garstigen Auster.

Herzog. Meiner Xrcit, er ist seh, behende und spruchreich. Joques. Aber der siebente Punkt I Me fandet iht den Han­ del auf dem siebenten Punkts Probstein.

Wegen einer siebenmal zuruckgefchobnen Lüge — Halt.' dich grade, Käthchen! — Nämlich so, Herr. Ich konnte den Schnitt von eines gewissen HofmannS Bart nicht leiden; er ließ mir melden, wenn ich sagte, sein Bart wäre nicht gut gestutzt, so wäre er andrer Meynung: das nennt man den höflichen Bescheid. 2Denn ich ihm wieder sagen ließ, er wäre nicht gut gestutzt, so ließ er mit sagen, er stutzte ihn für seinen eignen Ge­ schmack: das nennt man den feinen Stich. Sagte ich noch einmal, er wäre nicht gut gestutzt» so erklärte er mich unfähig zu urtheilen: das nennt man die grobe Erwiederung. Nochmals, er wäre nicht gut gestutzt, so antwortete er, ich spräche nicht wahr: das nennt man die beherzte Ab­ fertigung. Nochmals, er wäre nicht gut gestutzt, so sagte er. ich löge: das nennt man den trozzigen Widerspruch, und so bis zur beding­ te» Luge und zur offenbaren Lüne.

m Ja ques. Und role »st sagtet ihr, fein Bart mÄrt nicht §Hf gestutzt? Prob stein.

Ich wagte nicht weiter Zu gehn als bis zur be­ dingten l^üge, noch er mir die offenbare Lüge zu­ zuschieben , und so maßen wir unsre Degen und schieden.

IaqueS. Könnt ihr nun nach bet Reihe die Trade nennen? Probstein. O Herr, wir streiten wie gebeutst, nach dem Buch,

so wie man Sittenbüchlein hat.

Ich will euch

die Grade auszählet,. Oer erste der höfliche De« scheid; der zweyte bet feine Stich; der dritte die grobe Erwiederung; der vierte die beherzte Abfer­ tigung; der fünfte bet trotzige Widetspruch; der sechste die Lüge unter Bedingung; der siebente die offenbare Lüge.

Aus allen diesen könnt ihr euch

herausziehen, außer der offenbaren Lüge, und aus der sogar» mit einem bloßen Denn. Ich habe erlebt, daß sieben Richter einen Streit nicht aus­ gleichen konnten, aber wie die Parteyen zusammen kamen, fiel dem einen nur ein Wenn ein; zum Beyspiel: „wenn ihr so sagt, so sage ich so," und sie schüttelten sich brc Hände und n. achten

3°4 Brüderschaft. Das Wenn ist der wahre Friedens, (listet; ungemeine Kraft in dem Wenn. Jaques. Ist das nicht ein seltner Bursch, mein Fürst? Ec versteht stch auf alles so gut, und ist doch ein Starr. Herzog. Er braucht seine Thorheit wie ein Stellpferd, um seinen Witz dahinter abzuschießen. Hymen, mit Rosalinde in Frauenlleldern an der Hand, und Celia treten auf. Seyerllche Musik. Hymen. Oer ganze Himmel freut stch. Wenn ird'scher Dinge Streit stch In Frieden endet. Stimm deine Tochter, Dater, Oie Hymen, ihr Berather, Dorn Himmel sendet; Daß du sie gebst in dessen Hand, Dem Herz in Herz sie schon verband. Rosalinde tum Herzoge Euch ubergeb' ich mich, denn ich bin euer. (|u Orlando) Euch ubergeb' ich mich, denn ich bin euer. Her-

3P$ Herzog. Trügt nicht der Schern, so seyd ihr «eine Tochter. Orlando. Trügt nicht der Schein, so seyd ihr meine Rosa, linde. Phöbe. Isis Wahrheit, was ich seh'. Dann — meine Lieb', Ade! Rosalin de.

Ich will zum Vater niemand, außer euch. (Zu Orlando) Ich will zum Gatten niemand, außer euch. (Zu PhiKe) Ich nehme nie ein Dei'5 mir, außer euch. Hymen. Still! die Verwirrung end' ich. Die Wunderdinge wend' ich Züm Schluß, der schön sich fugt. Acht müssen Hand in Hand Hier knüpfen Hymens Band, Wenn nicht die Wahrheit lügt. (Zu Orlando und Rosalinde) Euch und euch trennt nie ein Leiden; (Zu Oliver und Cella) Euch und euch kann Tod nur scheiden: Vierter Tbeil.

U

ls« w*o Ihr müßt feine Lieb' erkennen, Od'r ein Weib Gemahl benennen; (Ao Probsteia und Köthchen) Ihr und ihr seyd euch gewiß. Wie der Nacht die Finsterniß. Weil wir Hochzeitchöre frngen, Fragt euch satt nach diesen Dingen. Daß euer Staunen sey verständigt. Wie wie uns trafen, und dieß endigt.

Lied. Ehstand ist der Juno Kroner O sel'ger Lund von Tisch und Bett« Hymen bevölkert jede Zone. Drum sey die Gh* verherrlichet. Preis, hoher Preis und Ruhm zum Lohne Hymen, dem Gotte jeder Zone! H«r,og. Ö liebe Nichte, sey mir sehr willkommen !

Als Tochter, nichts gering«*, aufgenommen. Phöbe. Ich breche nicht mein Wort: du bist nun mein | Mich nöthigt deine Treue zum Verein. Joques de SoyS tritt aut jfaquc* de Doyo. Verleiht für ein paar Worte mir Gehöre

Ich Bin der zweyttz Sohn des alten Roland, Der Zeitung diesem schönen Kresse Bringt. Wie Herzog Friedrich hörte, täglich strömten Zu diesem Walde Männer von Gewicht, Warb er ein mächtig Heer; sie Brachen auf, Don ihm geführt, in Absicht, seinen Bruder Zu fangen hier und mit dem Schwert zu tilgen. Und zu dem Saume dieser Wildniß kam er, Wo ihm ein alter heipger Mann Begegnet. Der ihn nach einigem Gespräch Bekehrt Don seiner Unternehmung und der Welt. Oie Herrschaft läßt er dem vertrieBnen Bruder, Und die mit ihm Derbannten stellt er her In alle ihre Güter. Daß dieß Wahrheit verbürg' ich mit dem Leben. Herzog. Willkommen, junger Mann! Du steuerst kostbar zu der Brüder Hochzeitr Dem einen vorenthaltne Ländereyn, Ein ganzes Land, ein Herzoglhum. dem andern. Zuerst laßt uns in diesem Wald vollenden. Das hier Begonnen ward und wohl erzeugt; Und dann soll jeder dieser frohen Zahl, Die mit uns herbe Zag’ und Tiddjt’ erduldet. Die Wohlthat unsers neuen Glückes theilen. Wie feines Ranges Maaß es mit sich bringt.

Zoö Doch jeht vergeßt die neue Herrtichkelt, Bey dieser ländlich frohen Lustbarkeit. Spielt auf, Musik I — Ihr Bräutigam' und Bräute, Schwingt euch zum Tanz, im Überschwang der Freude Jaq ueö. Herr, mit Erlaubniß: — hab' ich recht gehört. So tritt der Herzog in ein geistlich Leben, Und läßt die Pracht des Hofes hinter sich ¥ Iaques de Boys. Das thut er. I a i] u e . So will ich zu ihm.

Diese Neubekehrten,

Sie geben viel zu hören und zu lernen. (Bu» -erzöge)

Euch, Herr, vermach' ich eurer vor'gen Würde, Durch Tugend und Geduld verdient ihr sie; (Au Orlando)

Euch einer Liebsten, eurer Treue werth: (Au Oflbtr)

Euch eurem

Erb',

und Braut,

und mächl'gen

Freunden: (Au tzilvtus) Euch einem lang1 und wohlverdienten Ehbett; (Bit Probstein)

lind euch dem Zank; denn bei; der Liebesreise

Sog Hast hu dich auf zwey OTonaf nur versehn Nlit Lebensmittel«. — Seyd denn gute» Dinge! Ich bin füc andee als für Lünzerfprünge. Herzog. Bleib, Jaques, bleib; Jaques. Zu keiner Lustbarkeit, — habe ihr Befehls So schickt fit mit in die perloßne Höhle.

(eb) Herzog. Wohlan! wohlan t begeht den Feyertag; Beginnt mit Lust, was glücklich enden mag.

(Cta Tauz.)