Selbstgesteuertes Lernen in der beruflichen Bildung 3515089705, 9783515089708

Die Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten des selbstgesteuerten Lernens rückte in den letzten Jahren immer weiter in

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Theoriebezogene Grundlagen
Selbstgesteuertes Lernen – theoretische Perspektiven und didaktische Zugänge
1. Zielbezüge, Bedeutung für die Berufsbildung
2. Selbstgesteuert, selbstorganisiert, selbstreguliert...? –Begriffliche Klärungen
3. Neurowissenschaftliche Rezeptionen für die pädagogische Praxis
4. Modellierung des selbstgesteuerten Lernens
5. Konzepte zur Förderung selbstgesteuerten Lernens
6. Diagnostik
7. Zur Implementation selbstgesteuerten Lernens
8. Literatur
Integrating Classical Theories of Self-Regulated Learning: A Cyclical Phase Approach to Vocational Education
1. Classical Theories of Self-Regulated Learning
2. An Integrative Phase Model of Self-Regulated Learning
3. Implications for Vocational Educators
4. References
Self-regulation in Dutch Secondary Vocational Education: Need for a More Systematic Approach to the Assessment of Self-regulation
1. Studying Self-Regulated Learning in Vocational Schools
2. The need for a more systematic approach to self-regulation in the classroom
3 References
Didaktische Anwendungen
Selbstgesteuert kooperativ lernen mit neuen Medien
1. Beispiele für selbst gesteuert kooperatives Lernen mit neuen Medien
2. Bedingungen für selbst gesteuert kooperatives Lernen mit neuenMedien
3. Ausblick
4. Literatur
Selbstorganisiertes Lernen als didaktische Lehr-Lern-Konzeption zur Verknüpfung von selbstgesteuertem und kooperativem Lernen
1. Ausgangslage
2. Selbststeuerung und Selbstorganisation
3. Selbstorganisiertes Lernen nach Sembill
4. Diskussion
5. Literatur
Perspektiven des selbst gesteuerten Lernens in der betrieblichen Bildung
1. Konzepte des selbst gesteuerten Lernens
2. Selbst gesteuertes Lernen: bei Facharbeitern?
3. Betriebliche Unterstützung selbst gesteuerten Lernens von Facharbeitern
4. Fazit
5. Literatur
Nachhaltige Verankerung der Lernkompetenzförderung – Gestaltungsempfehlungen für die Schulleitung
1. Einleitung
2. Theoretische Grundlagen
3. Empfehlungen für die Schulleitung
4. Schlusswort
5. Literatur
Selbststeuerung und Interesse in kontextorientiertem Unterricht: Befunde aus dem Projekt „Chemie im Kontext“
1. Einleitung
2. Selbstgesteuertes Lernen und kontextorientierter Unterricht: begriffliche Klärungen
3. Die Unterstützung des Interesses in kontextorientierten Lernumgebungen
4. Fragestellungen
5. Methoden
6. Ergebnisse
7. Diskussion
8. Literatur
Diagnostische Aspekte
Lernstrategien funktionsgerecht evaluieren − eine didaktische und forschungsmethodische Herausforderung
1. Problemstellung
2. Begründung des Förderziels
3. Funktionen der Evaluation
4. Inhalt der Evaluation
5. Methoden der Evaluation
6. Beurteilung der Methoden mit Blick auf die Evaluationsfunktionen
7. Literatur
Möglichkeiten der Einschätzung von Selbstlernkompetenz
Lebenslanges Lernen in der Wissensgesellschaft
Selbstlernkompetenzen als Voraussetzung für die Dreidimensionalität des Selbstgesteuerten Lernens
Diagnose von Selbstlernkompetenzen
Literatur
Autorenverzeichnis
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Selbstgesteuertes Lernen in der beruflichen Bildung
 3515089705, 9783515089708

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ZBW Beiheft 20 Franz Steiner Verlag

Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik

Selbstgesteuertes Lernen in der beruflichen Bildung Herausgegeben von Dieter Euler, Martin Lang und Günter Pätzold

Franz Steiner Verlag Stuttgart

Z E I T S C H R I F T F Ü R BERUFS- UND WIRTSCHAFTSPÄDAGOGIK ( Z B W W)) vormals Die deutsche Berufs- und Fachschule

Herausgeber Herausgeber: Prof. Dr. Dieter Euler, Institut für Wirtschaftspädagogik, Universität St. Gallen, Dufourstr. 40a, CH-9000 St. Gallen, Tel.: 0041-71 / 224-2630, Dieter [email protected] Prof. Dr. Reinhold Nickolaus, Institut für Erziehungswissenschaft und Psychologie, Abt. Berufs-, Wirtschafts- und Technikpädagogik, Universität Stuttgart, Keplerstr. 17 (K II), D-70174 Stuttgart, [email protected] Prof. Dr. Günter Pätzold, Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft und Berufspädagogik, Universität Dortmund, 44221 Dortmund, Tel.: 0231 / 755-2198, -2199, [email protected] Prof. Dr. Peter F. E. Sloane, Fakultät Wirtschaftswissenschaften, Universität Paderborn, Postfach 1621, D-33095 Paderborn, Tel.: 05251 / 60-3073, [email protected] Redaktion (verantwortlich): Ob.Stud.Dir. a. D. Dr. Gerhard Hauptmeier, Friedrich-Ebert-Straße 91, D-35039 Marburg/ Lahn, Tel.: 06421 / 42629, [email protected] Erscheinungsweise Erscheinungsweise: Jährlich 4 Hefte zu je 160 Seiten Bezugsbedingungen Bezugsbedingungen: Jahresabonnement e 118,–, Einzelheft e 41,–, jeweils zuzüglich Versandkosten (Inland: e 5,80; zusätzl. f. Direktversand e 3,96; Shipping Costs: e 16,08; add. if mailed directly e 3,96). Ein Abonnement gilt, falls nicht befristet bestellt, zur Fortsetzung bis auf Widerruf. Kündigungen des Abonnements können nur zum Ablauf eines Jahres erfolgen und müssen bis zum 15. November des laufenden Jahres beim Verlag eingegangen sein. Verlag Verlag: Franz Steiner Verlag Birkenwaldstraße 44, D-70191 Stuttgart; Postfach 10 10 61, D-70009 Stuttgart Tel.: (0711) 25 82-0, Fax: (0711) 25 82-408 (390), Internet: http://www.steiner-verlag.de, e-mail: [email protected] Anzeigenleitung (verantwortlich): Susanne Szoradi ([email protected])

Alle Manuskripte bitten wir an Herrn Dr. Hauptmeier zu schicken. Rezensionsexemplar nur auf besondere Anforderung an Herrn Dr. Hauptmeier erbeten, Rücksendung unverlangt eingesandter Bücher erfolgt nicht. Mit Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Der Verlag haftet nicht für unverlangt eingereichte Manuskripte. Die der Redaktion angebotenen Originalbeiträge dürfen nicht gleichzeitig in anderen Publikationen veröffentlicht werden. Mit der Annahme zur Veröffentlichung überträgt der Autor dem Verlag das ausschließliche Verlagsrecht für die Zeit bis zum Ablauf des Urheberrechts. Eingeschlossen sind insbesondere auch das Recht zur Herstellung elektronischer Versionen und zur Einspeicherung in Datenbanken sowie das Recht zu deren Vervielfältigung und Verbreitung online und offline ohne zusätzliche Vergütung. Alle in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Kein Teil dieser Zeitschrift darf außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ohne schriftliche Genehmigung des Verlags in irgendeiner Form reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsanlagen verwendbare Sprache übertragen werden. Textverarbeitung: Diese Zeitschrift wird am Computer erstellt, Dateien sind daher erwünscht. Hinweise für die Erstellung von Beiträgen können aus dem Internet (http://www.steiner-verlag.de/ZBW/) heruntergeladen oder bei der Redaktion bzw. beim Verlag angefordert werden. Für die Begutachtung durch die Redaktion und die Bearbeitung durch den Verlag bitte einen Ausdruck beilegen. Formatierung, Umbruch etc. werden in der Setzerei nach erfolgter Datenkonvertierung durchgeführt. Druck Druck: Printservice Decker & Bokor, München © 2006 Franz Steiner Verlag, Stuttgart Printed in Germany. ISSN 0172-2875

Selbstgesteuertes Lernen in der beruflichen Bildung

Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik (ZBW) --------------------------------------------------------------------------Herausgegeben von Dieter Euler . Reinhold Nickolaus Günter Pätzold . Peter F. E. Sloane (Redaktion: Gerhard Hauptmeier)

BEIHEFTE

Heft 20

Selbstgesteuertes Lernen in der beruflichen Bildung

Herausgegeben von Dieter Euler, Martin Lang und Günter Pätzold

Franz Steiner Verlag Stuttgart 2006

Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über abrufbar. ISBN-10: 3-515-08970-5 ISBN-13: 978-3-515-08970-8

Jede Verwertung des Werkes außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Übersetzung, Nachdruck, Mikroverfilmung oder vergleichbare Verfahren sowie für die Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. © 2006 by Franz Steiner Verlag GmbH, Stuttgart. Druck: Printservice Decker & Bokor, München. Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis Theoriebezogene Grundlagen MARTIN LANG & GÜNTER PÄTZOLD Selbstgesteuertes Lernen – theoretische Perspektiven und didaktische Zugänge…………………………………………………………………………… 9 BARRY J. ZIMMERMAN Integrating Classical Theories of Self-Regulated Learning: A Cyclical Phase Approach to Vocational Education…………………………………….. 37 MONIQUE BOEKAERTS & JEROEN S. ROZENDAAL Self-regulation in Dutch Secondary Vocational Education: Need for a More Systematic Approach to the Assessment of Self-regulation…………. 49

Didaktische Anwendungen BIRGITTA KOPP & HEINZ MANDL Selbstgesteuert kooperativ lernen mit neuen Medien……………………….. 81 DETLEF SEMBILL & JÜRGEN SEIFRIED Selbstorganisiertes Lernen als didaktische Lehr-Lern-Konzeption zur Verknüpfung von selbstgesteuertem und kooperativem Lernen…………… 93 BRIGITTE GELDERMANN, ECKART SEVERING & THOMAS STAHL Perspektiven des selbst gesteuerten Lernens in der betrieblichen Bildung…………………………………………………………………………… 109 CHARLOTTE NÜESCH Nachhaltige Verankerung der Lernkompetenzförderung – Gestaltungsempfehlungen für die Schulleitung………………………………………….... 121 JUDITH SCHELLENBACH-ZELL & CORNELIA GRÄSEL Selbststeuerung und Interesse in kontextorientiertem Unterricht: Befunde aus dem Projekt „Chemie im Kontext“………………………......... 139

Diagnostische Aspekte CHRISTOPH METZGER Lernstrategien funktionsgerecht evaluieren − eine didaktische und forschungsmethodische Herausforderung…………………………………….... 155 ROLF ARNOLD & CLAUDIA GÓMEZ TUTOR Möglichkeiten der Einschätzung von Selbstlernkompetenz……………….. 173

Autorenverzeichnis…………………………………………………………….... 187

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Theoriebezogene Grundlagen

MARTIN LANG & GÜNTER PÄTZOLD Selbstgesteuertes Lernen – theoretische Perspektiven und didaktische Zugänge Kurzfassung: Der folgende Beitrag nimmt Fragen der Legitimation der Förderung selbstgesteuerten Lernens auf, klärt den Begriff Selbststeuerung im Zusammenhang verwandter Begriffe und stellt ein theoretisches Rahmenmodell vor. Darüber hinaus wird die Relevanz neuerer Erkenntnisse der neurowissenschaftlichen Forschung für die Unterrichtsentwicklung erörtert. Vor diesem Hintergrund werden Konzepte zur Förderung selbstgesteuerten Lernens erörtert und Fragen der Diagnostik diskutiert, bevor der wichtige Aspekt der Implementierung innovativer Konzepte in die pädagogische Praxis am Beispiel des BLK-Modellversuchsprogramms „Selbstgesteuertes und kooperatives Lernen in der beruflichen Erstausbildung (SKOLA)“ thematisiert wird. Abschließend wird in die Thematik der weiteren Beiträge des Beihefts eingeführt. Abstract: The following article deals with questions about legitimating the fostering of selfdirected learning, clarifies the term “Self-direction” in the context similar terms and introduces a theoretical framework. Furthermore the relevance of new findings of neuroscientifical research will be stressed. Against this background concepts of fostering self-directed learning and diagnostic instruments will be discussed, before the important aspect of implementation of innovative concepts into pedagogical practice will be pointed out by giving the example of the research programme “self-directed and cooperative learning in vocational education”. The article closes with an introduction into the other articles of this publication.

1.

Zielbezüge, Bedeutung für die Berufsbildung

In den letzten Jahren ist eine intensive Forschung zu unterschiedlichen Aspekten des selbstgesteuerten Lernens auszumachen (z. B. BOEKAERTS/PINTRICH/ZEIDNER 2000; ZIMMERMAN/SCHUNK 2001). Als mögliche Gründe dafür, dass sich die Thematik des selbstgesteuerten Lernens in den unterschiedlichen Bereichen pädagogischer Praxis (Schule, Hochschule, berufliche Aus- und Weiterbildung, Erwachsenenbildung) derart großer Beachtung erfreut, lassen sich unterschiedliche Aspekte anführen. Zum einen besteht über die hohe Bedeutung der Fähigkeit und Bereitschaft zum selbstgesteuerten Lernen insbesondere im Kontext des lebenslangen Lernens weitgehend Konsens. Die Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen wird vor diesem Hintergrund sogar als zentrale fächerübergreifende Kompetenz und deren Förderung als „eine der wesentlichsten Aufgaben zukünftiger Bildungspolitik und Bildungspraxis“ (SEKRETARIAT 2000, S. 2) angesehen. Darüber hinaus werden zur Legitimation der Förderung des selbstgesteuerten Lernens die wirtschaftspolitischen, gesellschaftlichen und arbeitsorganisatorischen

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Martin Lang & Günter Pätzold

Veränderungen herangezogen, die mit den Schlagworten Globalisierung, Kundenorientierung, flache Hierarchien, fehlende Verlässlichkeiten und Planungssicherheit, Individualisierung und Employability umschrieben werden können. Verbunden mit diesen Entwicklungen ist eine Forderung nach Erhöhung der Flexibilität, nach Eigeninitiative und letztlich der Fähigkeit zu Selbstreflexion und Selbststeuerung. Zudem werden lerntheoretische Begründungen des selbstgesteuerten Lernens angeführt, indem auf die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen, -fähigkeiten und stile seitens der Lernenden verwiesen wird. Der Erwerb von Selbstlernkompetenz, die es den Lernenden ermöglicht, ihr Lernen selbst zu gestalten und gemäß ihres Lerntyps geeignete Lernstrategien und Lern- und Arbeitstechniken anzuwenden, bietet hier eine Möglichkeit der Heterogenität Rechnung zu tragen (vgl. BRÄU/SCHWERDT 2005). Diese Zielvorstellung in didaktischer Perspektive gründet auf einer konstruktivistischen Sichtweise des Lernens, welches Lernen als aktiven, konstruktiven, kumulativen, selbstgesteuerten und zielorientierten Prozess betrachtet, in dem der Lernende sein Wissen mittels verschiedener Denkoperationen und strategien und möglichst auch praktischem Handeln zielorientiert, reflektiert und eigenverantwortlich konstruiert, indem er es mit seinem Vorwissen verknüpft, erweitert und differenziert. Hierfür müssen die Lernenden ihr Lernen selbst steuern können. Eine bildungstheoretische Legitimation bezieht das selbstgesteuerte Lernen aus der Annahme, dass die Selbststeuerung des eigenen Lernens dem pädagogischen Ideal einer Förderung der Mündigkeit des Menschen entspricht. Etwas „selbstständig“ oder „selbstgesteuert“ zu tun gilt demnach per se als besser und positiver als dies „fremdgesteuert“ oder „angeleitet“ zu tun. Diese Annahme ist allerdings insofern kritisch zu sehen, als „die Bestimmung ‚selbst’ an sich noch kein Qualitätsmerkmal für eine Handlung oder ein Lernen ist. Die Qualität einer Handlung bestimmt sich nicht durch das ausführende Subjekt einer Handlung, sondern bemisst sich an den Inhalten und Zwecksetzungen des jeweiligen Tuns“ (KRAFT 1999, S. 837). Vor dem Hintergrund dieser Zielsetzungen wird deutlich, dass selbstgesteuertes Lernen gleichermaßen Ziel und Voraussetzung beruflicher Bildung ist. Angesichts der Prognoseschwierigkeiten zukünftiger Herausforderungen und dem dynamischen Wandel in der Arbeitswelt ist die Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen als zentrales Moment im Prozess des kontinuierlichen Neu-, Um- und Weiterlernens über die Lebensspanne zu sehen. Als Resultat unterschiedlicher Forschungsaktivitäten entstanden zahlreiche theoretische Positionen (vgl. ZIMMERMAN 2001), die zur Beschreibung und Analyse des Phänomens dienen, unterschiedliche Facetten und Schlüsselprozesse des selbstgesteuerten Lernen wurden über den Vergleich von Lernenden mit „guten“ und „schlechten“ Selbststeuerungsfähigkeiten identifiziert, die Beziehungen zwischen Selbststeuerung, Motivation und Lernen wurden erforscht, die Entwicklung der Selbstlernkompetenz über eine bestimmte Lebensspanne wurde untersucht sowie Interventionsmöglichkeiten im schulischen Kontext zur Förderung selbstgesteuerten Lernens entwickelt und erprobt (SCHUNK 2005, S. 174). Wenngleich auch festgestellt werden muss, dass die Forschung zum selbstgesteuerten Lernen von unterschiedlichen Disziplinen (z.B. Pädagogik, Lernpsychologie, Organisationspsychologie, Arbeitswissenschaft) getragen wird und stark segmentiert ist und nur wenige Erkenntnisse zu den Unterschieden und Gemeinsamkeiten in der Selbststeuerung in verschiedenen Domänen vorliegen (BOEKAERTS/MAES/KAROLY 2005), haben diese unterschiedlichen Forschungsfoki insgesamt doch dazu geführt, das Verständnis

Selbstgesteuertes Lernen – theoretische Perspektiven und didaktische Zugänge

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der Selbststeuerungsprozesse des Lernens zu verbessern und wichtige Impulse für die pädagogische Praxis zu erhalten.

2.

Selbstgesteuert, selbstorganisiert, selbstreguliert...? – Begriffliche Klärungen

Weitaus weniger Einheitlichkeit als bei der Konstatierung einer Notwendigkeit des selbstgesteuerten Lernens besteht allerdings, wenn es um die Definition und theoretische Modellierung des Begriffes „selbstgesteuertes Lernen“ oder seiner Synonyme1 geht. Denn obwohl auf einer deskriptiven Ebene durchaus Konsens über die funktionale Bestimmung selbstgesteuert Lernender besteht, fällt es schwer, eine Definition zu finden, die nicht nur funktional die einzelnen Handlungsschritte der beim selbstgesteuerten Lernen beteiligten Prozesse beschreibt (vgl. auch BAUMERT U.A. 2000, S. 2). So definiert beispielsweise WEINERT (1984, S. S. 97) selbstgesteuertes Lernen derart, dass „der Handelnde die wesentlichen Entscheidungen, ob, was, wie und woraufhin er lernt, gezielt und weitreichend beeinflussen kann“. Zur theoretischen Fundierung und begrifflichen Präzisierung sollen Zugänge aus verschiedenen Forschungsrichtungen gewählt werden. Ziel ist es dabei, ein klareres Bild davon zu gewinnen, worin die Unterschiede der in der Literatur häufig und oft synonym verwendeten Begriffe selbstgesteuertes, selbstreguliertes und selbstorganisiertes Lernen bestehen und zu begründen, warum im vorliegenden Beitrag der Begriff des selbstgesteuerten Lernens gewählt wurde. Zieht man beispielsweise die Kybernetik zu Rate, so wird dort zwischen „Steuerung“ und „Regelung“ derart unterschieden, dass „Steuerung ... eine informationelle Anweisung an ein System, und die Einwirkung auf ein System [ist], damit es sich in einer bestimmten Art verhält und ein Ziel erreicht“. Demgegenüber ist Regelung „eine informationelle Rückkopplung einer Abweichung von einem gewünschten Verhalten oder Ziel“ (ULRICH/PROBST 1991, S. 79). Durch die Überprüfung und Rückmeldung, ob die eingeleiteten Steuermaßnahmen zur beabsichtigten Veränderung geführt haben und/oder Abweichungen festgestellt wurden, die das Einleiten weiterer Maßnahmen erfordern, nimmt „Regelung“ die Reaktion auf Störungen im Prozessablauf mit auf. Das von MILLER, GALANTER und PRIBRAM 1960 publizierte Regulationsmodell (TOTE) gilt als eine Wegmarke der kognitiven Wende in der Lernforschung und ergänzt mit der durch eigenständige Prüfung (Test) und Nachbesserung (Operation) erreichten Verbesserung von Lernhandlungen das alternative Modell der Fremdsteuerung (MILLER/GALANTER/PRIBRAM 1960). Der Zusammenhang von selbstgesteuertem und selbstreguliertem Lernen wird deutlich, wenn man für das Verständnis selbstgesteuerten Lernens beispielsweise die frühe Definition von Knowles heranzieht, der selbstgesteuertes Lernen als Prozess auffasst, „in which individuals take the initiative, with or without the help of o1

Betrachtet man die einschlägige Literatur, so stellt man zunächst fest, dass neben dem Begriff des „selbstgesteuerten Lernens“ eine große Zahl von Begriffen zu finden ist, die wenig trennscharf sind und teilweise synonym verwendet werden, wie z. B. selbstständiges Lernen, selbstbestimmtes Lernen, autonomes Lernen, strategisches Lernen, selbstorganisiertes Lernen oder eigenständiges Lernen. Im angelsächsischen Sprachraum dominieren die Begriffe „self-regulated learning“ (in der Psychologie) bzw. „self-directed learning“ (in der Erwachsenenbildung). Eine Übersicht über die unterschiedlichen Definitionen und Forschungsrichtungen ist bei SCHREIBER (1998) zu finden.

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Martin Lang & Günter Pätzold

thers, in diagnosing their learning needs, formulating learning goals, identifying human and material resources for learning, choosing and implementing appropiate learning strategies, and evaluating learning outcomes“ (KNOWLES 1975, S. 18). Zu Beginn des selbstgesteuerten Lernprozesses werden vom Lernenden Steueranweisungen zur Erreichung eines (von ihm) festgelegten Ziels bestimmt. Während sowie am Ende des Lernprozesses erfolgen Lernkontrollen, die u.U. zu einer Korrektur der eingesetzten Lernhandlungen führen. Insofern kann Regelung als Voraussetzung für Steuerung – und damit auch als notwendiger Bestandteil selbstgesteuerten Lernens – verstanden werden, indem sie Informationen für neue Steuermaßnahmen in nachfolgenden Lernhandlungen liefern kann (STRAKA 2006, S. 399). Dieses Verständnis des Lernprozesses im Sinne eines zyklischen und reflexiven Prozesses von Handlungsschritten (ZIMMERMAN 2000, S. 15ff.; WINNE 1996, S. 331) erklärt auch die Möglichkeit der Verwendung des Begriffs der Selbststeuerung, obwohl deutlich regulative Handlungen vorhanden sind. Zur Abgrenzung der Begriffe „Selbststeuerung“ und „Selbstorganisation“ soll auf die Ausführungen von ERPENBECK und HEYSE (1999, S. 130) rekurriert werden. Bezogen auf Lernkontexte impliziert der Begriff der „Steuerung“ nach Ansicht der Autoren stets die Direktion auf ein vorher, zumindest in Umrissen, feststehendes Ziel. Dieses Ziel kann dabei entweder fremd oder selbst gesetzt sein. Als weitere Komponenten der Steuerung identifizieren ERPENBECK und HEYSE neben den Lernzielen selbst noch die „Operationen und Strategien der Informationsverarbeitung (um diese Ziele zu erreichen), zielorientierte Kontrollprozesse (Vergleich, Bewertung; Auswertung von Rückmeldungen2) und ... der Offenheitsgrad von Lernzielen, Operationen/Strategien und Kontrollprozessen“ (ERPENBECK/HEYSE 1999, S. 130). Demgegenüber sprechen sie von „Organisation“, wenn die vier genannten Komponenten nicht festzulegen sind, sondern vielmehr Handlungsmöglichkeiten vorherrschen, mit denen die offene Zukunft gemeistert werden kann. Eine kontrastierende Gegenüberstellung von fremd- und selbstgesteuertem sowie fremd- und selbstorganisiertem Lernen liefert folgende Tabelle:

2

Die explizite Auflistung der Auswertung von Rückmeldungen als Komponente der Selbststeuerung belegt, dass auch Erpenbeck und Heyse davon ausgehen, dass zur Selbststeuerung stets auch regulative Anteile gehören.

Selbstgesteuertes Lernen – theoretische Perspektiven und didaktische Zugänge

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Steuerung

Organisation

Lehrender bestimmt Lernziele, Operationen/Strategien, Kontrollprozesse und deren Offenheit

Lehrender gibt komplexe, offene, mit bisherigen Operationen/Strategien nicht zu bewältigende Situationen vor, so dass Selbstorganisationsprozesse ausgelöst werden.

selbst Lernender bestimmt Lernziele, Operationen/Strategien, Kontrollprozesse und deren Offenheit

Lernender begibt sich selbst in komplexe, offene, mit bisherigen Operationen/Strategien nicht zu bewältigende Situationen, um Selbstorganisationsprozesse auszulösen.

fremd

Tab. 1:

Gegenüberstellung von Fremd- und Selbststeuerung sowie Fremd- und Selbstorganisation

Anhand dieser Darstellung der Extrempositionen „fremdgesteuertes“ versus „selbstgesteuertes“ Lernen wird bereits deutlich, dass es in realen Lernprozessen nie um ein Entweder-oder gehen kann, sondern stets die Frage nach den Anteilen der skizzierten Positionen im Lernprozess zu klären ist. Wie viel Verantwortung die Lernenden für den Lernprozess übernehmen oder wie stark die Steuerungsanteile der Lernenden sind, sollte sich aus Aushandlungsprozessen zwischen den am LehrLernprozess Beteiligten ergeben, in denen alle relevanten Aspekte des unterrichtlichen Geschehens verhandelt werden, und als deren Resultat ein von allen geteilter Rahmen selbstgesteuerten Lernens entsteht. Für die Frage, ob von selbstgesteuerten oder selbstorganisierten Lernprozessen gesprochen werden kann, ist der Kontext, in dem der Lernprozess stattfindet, von besonderer Bedeutung. So ist davon auszugehen, dass Selbstorganisationsprozesse vorwiegend in außerschulischen Kontexten (z.B. in betrieblichen Bildungsprozessen) zu verwirklichen sind, während in schulischen Lernprozessen die vorgegebenen Rahmenbedingungen curricularer und institutioneller Art der Umsetzung komplexer und völlig offener Situationen entgegenstehen. Für schulisches Lernen ist daher eher von selbstgesteuertem Lernen auszugehen3. Als weitere theoretische Basis des selbstgesteuerten bzw. des selbstorganisierten Lernens können beispielsweise die Synergetik (HAKEN 1996) und die von MATURANA und VARELA (1987) ausgearbeitete Theorie der Autopoiese, die im Konstruktivismus weitergeführt wurde, dienen (ERPENBECK/HEYSE 1999, S. 136ff.; MINNAMEIER 2003). Danach sind komplexe Systeme in der Lage, auf die externe Dynamik ihrer Umwelt so mit einer internen Dynamik zu reagieren, dass es durch die variable Verknüpfung seiner Komponenten seine Stabilität sichert. Menschliche Sys-

3

Dies ist auch eine Begründung dafür, dass im Titel des BLK-Modellversuchsprogramms „SKOLA“ (Selbstgesteuertes und kooperatives Lernen in der beruflichen Erstausbildung) auch der Begriff der Selbststeuerung verwendet wird.

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teme sind komplexe Systeme und somit nicht vorhersehbar, das erkennende Subjekt konstruiert auf der Grundlage seiner jeweiligen kognitiven Struktur neues Wissen in der Interaktion mit der Umwelt4. Der Lernende wird als Subjekt gesehen, das eine individuelle Geschichte hat, eigene Weltdeutungen und Sinnkonstruktionen aufbaut, daran bei neuen Anforderungen anknüpft, aktiv lernfähig ist und in diesem Prozess Identität aufbaut. Lehrerhandeln muss entsprechend individuell auf der Basis des bisher Erlernten ansetzen und Interaktionen unter den Lernenden und zwischen den Lernenden und dem Lehrenden ermöglichen. Der Rückgriff auf diese Theorien der Selbstorganisation ist dabei keineswegs willkürlich, da eine – wie eingangs bereits erläutert – immer komplexer werdende Umwelt die Entwicklung von Kompetenzen, im Sinne von Selbstorganisationsdispositionen, erfordert. „Je offener die kreativen Denk- und Handlungsmöglichkeiten, je dynamischer die Systeme Markt, Unternehmen und Individuum sind und sein müssen, desto wichtiger werden Selbstorganisationsprozesse“ (ERPENBECK/HEYSE 1999, S. 26). Dabei sind die beiden angeführten Theorieansätze nicht deckungsgleich, sondern steuern durchaus unterschiedliche Anteile zur Aufklärung sich selbstorganisierender Prozesse bei. Insofern gilt es „zu ermitteln, welche theoretischen Instrumente welcher moderner Selbstorganisationstheorien sich besonders für die Modellierung der Funktionen und Formen von Kompetenzen und der Kompetenzentwicklung eignen“ (ERPENBECK/HEYSE 1999, S. 136). Ohne dass an dieser Stelle eine umfassende Analyse der Ansätze geleistet werden soll, kann resümierend festgestellt werden, dass die Stärke der Synergetik in der Beschreibung der strukturell-funktionellen Prinzipien liegt (z.B. das Prinzip der Ordnungsparameter), während der Autopoiese-Ansatz am meisten zu Problemen der Kognition, Selbstreferenz und Autonomie beisteuert (ERPENBECK/HEYSE 1999, S. 138). Gemäß den beiden Theorieansätzen setzen Selbstorganisationsprozesse zur Kompetenzentwicklung unter ganz spezifischen Bedingungen ein. Genauer gesagt, sorgen letztlich Umweltrestriktionen oder Hindernisse, die überwunden werden müssen, um weiterzukommen, dafür, dass Lernprozesse ausgelöst werden. Solange Handlungsschemata zum gewünschten Erfolg führen, also viabel5 sind, besteht für das Individuum keinerlei Veranlassung, das kognitive Bezugssystem zu erweitern. Es befindet sich in einem intra- und interpersonalem Gleichgewicht (Äquilibrium). Dieses Verhalten ändert sich erst, wenn Hindernisse auftauchen, die mit dem vorhandenen Repertoire nicht bewältigt werden können. In der Autopoiese-Theorie spricht man dabei von Perturbationen, die als wahrgenommene Milieuveränderungen dazu führen, dass kognitive Prozesse ausgelöst werden, mit denen die Wiederherstellung des Gleichgewichts erreicht werden soll. In der Synergetik wird davon

4

Diese Position des Konstruktivismus wird allerdings in neuerer Zeit zunehmend von Neurowissenschaftlern in Frage gestellt. So laute ein „zentraler Befund der zeitgenössischen Neurowissenschaften …, dass menschliches Handeln nicht auf die Intentionen eines Subjekts zurückgeht, sondern vom Gehirn gesteuert ist“ (MÜLLER 2006, S. 204, vgl. auch SIEBERT/ROTH 2003, S. 18f.).

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Für den Schlüsselbergriff „Viabilität“ ist anzumerken, dass die im radikalen Konstruktivismus individuumbezogene Sichtweise um einen sozial-interaktionistischen Standpunkt zu erweitern ist. „Wir denken und fühlen zwar als Individuen und auf der Grundlage unserer unverwechselbaren Biografie. Wir handeln jedoch stets mit anderen und im Blick auf andere. Individuelle Einmaligkeit und Selbstreferenzialität einerseits und soziale Zugehörigkeit und Abhängigkeit andererseits sind also untrennbar verknüpft“ (ARNOLD/SIEBERT 2006, S. 33f.). Insofern ist viabel, was dem Einzelnen sowohl passend und lebensdienlich, als auch sozial- und umweltverträglich erscheint.

Selbstgesteuertes Lernen – theoretische Perspektiven und didaktische Zugänge

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ausgegangen, dass Veränderungen von so genannten Kontrollparametern zu einer Instabilität eines vorhandenen Gleichgewichts führen (HAKEN 1996, S. 588). Die einströmende Entropie („in kognitiven Systemen sind dies Informationen, die nur unzureichend gedeutet werden können oder sogar im Widerspruch zu den Überzeugungen des betreffenden Individuums stehen“ (MINNAMEIER 2003, S. 6)) führt zu einer Störung des Systems, zu einer Einnahme chaotischer Zustände, was das Individuum letztlich mit einem evolutionären Druck dazu zwingt, das eigene kognitive System weiterzuentwickeln. Dieser Phasenübergang auf ein höheres kognitives Niveau bewirkt neue Formen der Informationsverarbeitung und Problemlösung und ist Ausdruck einer entsprechenden Kompetenz. Gleichzeitig ist das System – physikalisch gesprochen – auf diesem höheren Ordnungsniveau in einen Zustand niedriger Entropie gewechselt, was zu einem neuen Gleichgewichtszustand führt. Dieser Prozess des Entstehens neuartiger, emergenter Strukturen verläuft dabei selbstorganisiert. „Das System findet ... unter den neuen Kontrollparameterbedingungen seine spezielle Struktur von alleine“ (HAKEN 1996, S. 588).

3.

Neurowissenschaftliche Rezeptionen für die pädagogische Praxis

Transferiert auf Lehr-Lernkontexte bedeuten diese Annahmen der Selbstorganisationstheorie ein neues Rollenverständnis der Lehrenden. Sie können lediglich Lernkontexte zuverlässig und berechenbar beeinflussen, die Angemessenheit von Wirklichkeitskonstruktionen zu reflektieren, nicht jedoch die autopoietischen Systeme selbst. Lehrende verkörpern und repräsentieren Wissen, sind von einem Thema begeistert. Damit bei den Lernenden Aneignungsprozesse in Gang gesetzt werden, bedarf es verschiedener Faktoren. Im Idealfall entsteht zwischen Lehrenden und Lernenden „eine Resonanz, eine Schwingung, eine Atmosphäre, die Kommunikation und Lernen ermöglicht“ (ARNOLD/SIEBERT 2006, S. 35) und auf der sich die Aneignungsprozesse bzw. die strukturellen Kopplungen zwischen den Beteiligten leichter ereignen können. Die moderne Gedächtnisforschung hat gezeigt, dass beim Lernen stets auch mitgelernt wird, wer den Inhalt vermittelt, wann und wo gelernt wird (vgl. ROTH 2003). Der von den Neurowissenschaften empirisch nachgewiesene Zusammenhang zwischen Umwelterfahrungen und neuronaler Entwicklung ist „aus pädagogischer Perspektive interessant, weil er die Frage nach der Korrespondenz zwischen qualitativen Aspekten der Milieuerfahrung Heranwachsender und qualitativen Merkmalen ihrer Hirnarchitektur aufwirft“ (MÜLLER 2006, S. 210). Demnach werden Lernprozesse nicht allein durch rationale Argumentationen der Lehrenden ausgelöst, sondern auch durch einen emotional positiven Kontext, durch Vorgänge der Vertrauens- und Sympathiebildung – oder wie der Neurobiologe GERHARD ROTH prägnant feststellt: „Ohne emotionale Komponenten läuft beim Lernen überhaupt nichts“ (SIEBERT/ROTH 2003, S. 17). Eine weitere Erkenntnis der Neurowissenschaften, deren Rezeption für die pädagogische Praxis relevant6 erscheint, ist die Rolle eines internen Belohnungssys-

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In den vergangenen Jahren ist die moderne Hirnforschung zunehmend in den Blick von Erziehungswissenschaftlern gerückt. Dabei wird das Potenzial neurowissenschaftlicher Erkenntnisse für die Pädagogik durchaus kontrovers diskutiert. Kritiker sprechen den Neurowissenschaften eine unmittelbare praktische Relevanz für die Gestaltung schulischen Leh-

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tems beim Lernen. Menschen lernen dann am besten, wenn sie Aufgaben selbstständig lösen. Das Lustgefühl, das mit dem Erfolgserleben eigener Anstrengungen einhergeht, „ist nachhaltiger als jede Belohnung von außen“ (BECKER 2006, S. 182). Diese Glücksgefühle sind Resultat einer Dopaminausschüttung und führen zu einem langfristigen Abspeichern des Lösungsweges. Für die Gestaltung schulischer LehrLernprozesse bedeutet dies, dass ein bloßes Auswendiglernen von Fakten die problematischste Form des Lernens darstellt, da hierbei kein inhaltlich bedeutsames Lernen stattfindet. Stattdessen sollten Lernende neue Inhalte selbstständig durchdringen, um auf diese Weise Bezüge zum Vorwissen herstellen, das neu erworbene Wissen abstrahieren und systematisieren sowie auf neue Anwendungskontexte transferieren zu können (vgl. ROTH 2003, S. 27; BECKER 2006, S. 183). Die Übersetzung und Rezeption neurowissenschaftlicher Erkenntnisse in der Pädagogik bietet die Möglichkeit einer Gestaltung von Lehr-Lernprozessen, die weit über ein behavioristisches Reiz-Reaktions-Schema hinausgehen und die Selbstorganisation der Hirnleistungen mitberücksichtigen (vgl. MEYER-DRAWE 2003, S. 508). Die pädagogische Aufgabe von Lehrenden besteht nun u.a. darin, einen anregenden Unterricht zu gestalten, der die Lernenden motiviert, sich selbstständig mit den neuen Herausforderungen zu beschäftigen. Die Lehrenden müssen für die eine Kompetenzentwicklung auslösenden Restriktionen bzw. Perturbationen sorgen, insbesondere dann, wenn es um Probleme geht, die die Lernenden noch nicht erkennen, da sie sich in einem Kontext bewegen, den sie kognitiv noch nicht überschauen. Sie müssen die Lernenden mit Anforderungen konfrontieren, für deren Lösung sie bereits Vorwissen mitbringen, dabei sind auch Fehler und Irrtümer zuzulassen und konstruktiv zu nutzen (STERN 2003). Die Lehrenden müssen die Neuigkeit, die Relevanz und die Anschlussfähigkeit eines Themas verdeutlichen und mit den Lernenden reflektieren, um Lernprozesse anregen zu können. Die entscheidende Frage ist also, ob es den Lehrenden gelingt, „Angebote, Möglichkeiten so zu positionie-

ren und Lernens ab, da die neurowissenschaftliche Forschung lediglich Wissen über Lernen bereitstellen könne, Lehren komme in der bisherigen Forschung nicht vor (vgl. BECKER 2006, S. 190). Auch seien die aus der neurowissenschaftlichen Forschung abgeleiteten Handlungsempfehlungen wie Methodenvielfalt, angstfreie Atmosphäre oder flexible Gestaltung der Unterrichtszeiten entweder trivial oder altbekannte Ideen der Reformpädagogik. Die Popularität der neurowissenschaftlichen Ansichten liege „darin begründet, dass man als erziehungswissenschaftlich unbedarfter, aber pädagogisch stets vorbelasteter Leser, viele dieser Ansichten teilt – und irgendwie für richtig hält“ (BECKER 2006, S. 184). Andere Autoren sehen dagegen in der Auseinandersetzung mit den Neurowissenschaften eine Möglichkeit für die Erziehungswissenschaft, sich als interdisziplinäre Disziplin zu erweisen, „die in vielfältiger Form auf Wissensbestände und Methoden anderer Disziplinen zurückgreift“ (MÜLLER 2006, S. 212). Waren dies bislang zumeist Psychologie, Soziologie und Philosophie, sollte nun auch die Neurobiologie zu einer kritischen Rezeption herangezogen werden. Dabei muss es aber stets darum gehen, neurowissenschaftliche Erkenntnisse in einem veränderten Zusammenhang aufzubereiten und pädagogische Implikationen dieser Befunde zu identifizieren. Zudem muss im Sinne einer Interdisziplinarität auch geklärt werden, welche Fragestellungen aus einem pädagogischen Reflexionshorizont für die Neurowissenschaften von Relevanz sein könnten. Eine derart kritische Übersetzung neurowissenschaftlicher Erkenntnisse in die Pädagogik wägt „die Möglichkeiten und Grenzen des Transfers neurowissenschaftlichen Wissens ab, ohne dabei einen genuin pädagogischen Beitrag in der Diskussion mit den Neurowissenschaften aus dem Blick zu verlieren“ (MÜLLER 2006, S. 210).

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ren, dass die Wahrscheinlichkeit einer potenziellen Passung gelingt. Dies gilt sowohl für den Umgang mit dem einzelnen Schüler, aber auch für die Lerngruppe/Klasse als soziales System. Diese Angebote können jedoch nur bedeutsam sein, wenn vom Lehrer auf die Angemessenheit der angebotenen Unterschiede für den jeweiligen Schüler geachtet wird“ (VOß 2005, S. 48f.). Dies setzt aber voraus, dass die Lehrenden in der Lage sind, die bei den Lernenden bereits vorhandenen Kompetenzen und subjektiven Konstruktionen präzise zu diagnostizieren, um daran anknüpfend ihr aktuelles Handeln und Denken zu disäquilibrieren (MINNAMEIER 2003, S. 10f.). Streng genommen ist es dabei von sekundärer Bedeutung, ob der Unterricht eher fremd- oder selbstgesteuert abläuft. Vielmehr kommt es auf die didaktische Gestaltung des Lehr-Lernkontextes an. Die Schaffung einer positiven Lernathmosphäre, das Wecken von Neugier durch gezielte Impulse und Irritationen, das Ermöglichen eigener Lernwege kann durchaus auch im fremdgesteuerten Unterricht möglich werden. Für Lernende, die noch nicht über eine Selbstlernkompetenz verfügen, kann eine stärkere Fremdsteuerung sogar hilfreich sein, da sie vor Überforderung und damit verbundener Frustration schützen kann, indem anfangs Unterstützung (Scaffolding) geboten wird, die mit zunehmendem Verlauf der Lernprozesses immer weiter reduziert werden kann (Fading). „Insgesamt ist das pädagogische ‚Geschäft’ der Lehrenden einfacher und schwieriger zugleich geworden. Einfacher, weil die Lernenden für ihr Lernen selber verantwortlich sind und die Lehrenden ‚gelassen’ sein können. Schwieriger, weil Pädagogen weiterhin über Fachkompetenz verfügen müssen, sich aber nicht auf die Vermittlung ihres Fachwissens beschränken können, sondern die Lernenden individuell bei der Konstruktion ihrer Wirklichkeiten beobachten und begleiten müssen und anregende Lernumgebungen inszenieren müssen. Dazu sind Fähigkeiten der Lernberatung, der Beobachtung II. Ordnung und der Ästhetisierung von Lernsettings erforderlich“ (SIEBERT 2005, S. 229).

4.

Modellierung des selbstgesteuerten Lernens

Nach der begrifflichen Klärung und der theoretischen Herleitung soll im Folgenden nun ein theoretisches Rahmenmodell vorgestellt werden, mit dem einerseits die Anforderungen beschrieben werden können, deren Bewältigung von Individuen erwartet werden, wenn sie selbstgesteuert lernen sollen. Andererseits soll dieses Selbstlernkompetenzmodell auch wissenschaftlich begründete Vorstellungen darüber liefern, welche Abstufungen Selbstlernkompetenz annehmen kann bzw. welche Grade oder Niveaustufen sich bei den einzelnen Menschen feststellen lassen (BMBF 2003, S. 74). „Erst Modelle als spezifische Interpretationen einer Theorie bilden die anschauliche Brücke zur empirischen Beobachtung. Ein sinnvolles Reden, ein vernünftiges Messen von Kompetenzen setzt demnach ein taugliches Kompetenzmodell voraus, das empirische Voraussagen im Theorierahmen gestattet“ (ERPENBECK/VON ROSENSTIEL 2003, S. XII). Auch wenn sich in der Literatur zahlreiche theoretische Modelle finden lassen (ZIMMERMAN/SCHUNK 2001; NÜESCH 2001, S. 22ff.), die das Konzept des selbstgesteuerten Lernens aus jeweils unterschiedlichen Blickwinkeln (z.B. die operante, phänomenologische, kognitiv-konstruktivistische, volitionale, sozial-kognitive Theorie) betrachten, lassen sich durchaus Gemeinsamkeiten in den Positionen ausmachen. So wird das selbstgesteuerte Lernen übereinstimmend als aktive und konstruktive Gestaltung des Prozesses der Wissensgenerierung gesehen, bei der die

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Lernenden ihre Haltungen, Einstellungen und Handlungen an den Bedürfnissen des Lernens und der Motivation ausrichten und eigenständig Ziele setzen und adäquate Strategien zur Zielerreichung einsetzen (PINTRICH 2000, S. 452f.). Die meisten Definitionen selbstgesteuerten Lernens stellen dabei die Bedeutung kognitiver, motivationaler, volitionaler und metakognitiver Prozesse für selbstgesteuertes Lernen heraus (z.B. PINTRICH 2000, S. 453; BOEKAERTS 1999; SCHIEFELE/PEKRUN 1996, S. 258). Auch wenn besonders umfangreiche Forschungen zu Lernstrategien7 und zur Metakognition8 existieren, darf das nicht zu einer Überbetonung der kognitiven Aspekte des selbstgesteuerten Lernens zu Lasten der übrigen Prozesse führen (vgl. BOEKAERTS 1999). Denn schließlich konnte in empirischen Untersuchungen hinreichend gezeigt werden, dass ein umfangreiches deklaratives Wissen über adäquate Lernstrategien nicht automatisch zur Anwendung dieser Strategien führt (vgl. ARTELT 2000a, S. 100). „Bei der Untersuchung selbstregulierter Lernprozesse müssen daher neben (meta-)kognitiven vor allem auch motivational-emotionale Komponenten der Lernprozesse berücksichtigt werden“ (BAUMERT U.A. 2000, S. 3). Für die theoretische Modellierung des selbstgesteuerten Lernens bietet sich daher ein Rahmenmodell an, dass die Gleichwertigkeit kognitiver, metakognitiver und motivationaler Komponenten berücksichtigt. Ein derartiges Modell findet sich bei BOEKAERTS (1997, 1999).

Regulation des Selbst

Regulation des Lernprozesses

selbstgesteuertes Lernen

Regulation des Verarbeitungsmodus

Wahl kognitiver Strategien Gebrauch metakognitiven Wissens zur Steuerung des Lernprozesses Wahl der Ziele und Ressourcen

Abb. 1:

Das Drei-Schichten-Modell des selbstgesteuerten Lernens (nach BOEKAERTS 1999, S. 449)

Im Zentrum dieses Drei-Schichten-Modells steht die Wahl der kognitiven Lernstrategien, die der Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Lerninhalt, seinem Verstehen 7

Vgl. beispielsweise auch die umfangreiche Ratgeberliteratur zum Training von Lernstrategien (z. B. HOFMANN/LÖHLE 2004; SCHRÄDER-NAEF 2002)

8

Vgl. z.B. KAISER/KAISER 1999; FLAVELL 1984

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und Behalten dienen und über deren Einsatz der Lernende erst gezielt seinen Lernprozess beeinflussen kann. Diese Lernstrategien werden auch Informationsverarbeitungsstrategien (FRIEDRICH/MANDL 1992) genannt und können nach einer Taxonomie von WEINSTEIN und MAYER (1986) in Wiederholungs-, Organisations- und Elaborationsstrategien unterschieden werden. Wiederholungsstrategien halten neue Informationen, z. B. durch Auswendiglernen oder mehrmaliges Lesen von Textstellen, so lange im Arbeitsspeicher, bis sie dauerhaft im Langzeitgedächtnis gespeichert sind. Da sich Wiederholungsstrategien lediglich auf die Aneignung von Faktenwissen konzentrieren, ohne ein tiefer gehendes Verständnis von Zusammenhängen zu erreichen, bezeichnet man sie als oberflächenorientierte Strategien. Organisations- und Elaborationsstrategien unterstützen hingegen eine tiefe verstehensbezogene Verarbeitung des Lernstoffs, weshalb sie auch als tiefenorientierte Strategien bezeichnet werden. „Organisationsstrategien regen den Lerner z. B. dazu an, den Lernstoff zu strukturieren und sich Zusammenhänge zwischen wichtigen Begriffen zu verdeutlichen (z. B. beim Erstellen einer Mind-Map). Elaborationsstrategien regen den Lerner dazu an, neu erworbenes Wissen mit seinem Vorwissen zu verknüpfen, indem er sich z. B. konkrete Anwendungsbeispiele für neu erworbenes Wissen überlegt“ (LEOPOLD/LEUTNER 2004, S. 365). Für eine effektive Selbststeuerung des Lernens ist es erforderlich, dass die Lernenden ein umfangreiches Strategierepertoire zur Verfügung haben, aus denen die für den jeweiligen Anwendungskontext passende Strategie ausgewählt werden kann. Die Auswahl und der effektive Einsatz von Lernstrategien hängen dabei von mehreren Faktoren ab. Dadurch, dass Selbstlernkompetenz in hohem Maße domänenspezifisch ist, ist es zu erwarten, dass Lernende situationsbezogene Lernaufgaben in unterschiedlichen Domänen jeweils anders bearbeiten und ihr Lernstil von spezifischen fachlichen Inhalten und Umgebungsanforderungen abhängt (BOEKAERTS 1999, S. 448f.). Darüber hinaus beeinflussen auch motivationale und emotionale Faktoren die Auswahl und den Einsatz der Lernstrategien mit. So konnte empirisch belegt werden, dass der Einsatz tiefenorientierter Strategien mit einer intrinsischen Motivation, der Einsatz oberflächenorientierter Strategien dagegen mit einer extrinsischen Motivation korreliert (SCHIEFELE/SCHREYER 1994, S. 9 f.). Die mittlere Schicht des Rahmenmodells von BOEKAERTS greift die besondere Bedeutung der Metakognition für den erfolgreichen Lernprozess auf (vgl. SCHIEFELE 2005, S. 36). Eine wichtige Voraussetzung für selbstgesteuertes Lernen ist das Vorhandensein von metakognitivem Wissen, das in einen deklarativen und einen exekutiven Anteil unterschieden werden kann (vgl. Abbildung 2).

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Personenwissen deklarativ

Aufgabenwissen Strategiewissen

Metakognition Kontrolle exekutiv

Steuerung Planung

Abb. 2: Dimensionen metakognitiven Wissens (vgl. KAISER/KAISER 1999, S. 25ff.)

Deklarativ ist dabei das Wissen über das eigene kognitive System (mehr oder weniger stabile oder aufgabenspezifische Stärken und Schwächen, Lerngewohnheiten), das Wissen über Merkmale und Anforderungen von Aufgaben (Aufgabentyp, Schwierigkeitsgrad) und das Wissen über die Nützlichkeit und Verwendung bestimmter Strategien (Charakteristika, Einsatzgebiet, Erfahrungen mit dem Einsatz der Strategien) (FLAVELL 1984, S. 24f.). Das exekutive metakognitive Wissen unterstützt den Lernenden bei der Auswahl und dem angemessenen Einsatz der Lernstrategien. Mit Hilfe so genannter metakognitiver Strategien wird der Lernprozess geplant (z. B. Lernziel und Mittel, die zur Zielerreichung notwendig sind), überwacht (z. B. Lernfortschritt), gesteuert (z. B. durch Veränderung der Mittel) und evaluiert (Bewertung der Zielerreichung) (KLIEME/ARTELT/STANAT 2001, S. 211). Derartige Selbstregulationsstrategien werden auch als Kontroll- oder Ressourcenstrategien (FRIEDRICH/MANDL 1997, S. 251) bezeichnet und haben die Aufgabe, Kognition, Motivation und Verhalten zu steuern. „Damit haben sie eine übergeordnete Bedeutung und sind gewissermaßen die Werkzeuge, mit denen ein Lerner seine Motivation, seine Kognitionen und sein Verhalten auf ein selbst gesetztes Ziel hin ausrichtet“ (LEOPOLD/LEUTNER 2004, S. 365). Mit zunehmender Lernerfahrung und veränderten Selbstwirksamkeitserwartungen und Attribuierungsmuster entwickelt sich ein deklaratives und exekutives Strategiewissen, welches – insbesondere „über die Zunahme an Wissen über die Nützlichkeit des Strategiegebrauchs“ (BAUMERT U.A. 2000, S. 7) – durch das Vorhandensein eines elaborierten Lernstrategierepertoirs zu einem differenzierten Einsatz von Lernstrategien führt. Die äußerste Schicht des Rahmenmodells nach Boekaerts berücksichtigt über die Regulation des „Selbst“ die motivationalen und volitionalen Aspekte des selbstgesteuerten Lernens. „Da selbstgesteuertes Lernen in der Regel eine gewisse Persistenz erfordert, ist es sinnvoll auch zeitlich stabile motivationale Komponenten als Einflußgrößen zu berücksichtigen. Der Beschreibung und Analyse dieser strukturel-

Selbstgesteuertes Lernen – theoretische Perspektiven und didaktische Zugänge

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Intentionsbildung

Motivation prädezisional

Wählen

Rubikon

len Lernvoraussetzungen dienen motivationstheoretische Konzepte wie Bedürfnis, thematisches Interesse, Ziel und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen u.a.“ (FRIEDRICH/MANDL 1997, S. 243). DECI und RYAN (1993, S. 236) ermittelten in empirischen Untersuchungen das Erleben von Kompetenz, Selbstwirksamkeit, Autonomie sowie soziale Eingebundenheit als wichtige Bedingungen der Entwicklung einer auf Selbstbestimmung beruhenden Motivation. Insbesondere Selbstwirksamkeitsüberzeugungen (SCHWARZER/JERUSALEM 2002; BANDURA 1997) stellen eine wesentliche Determinante selbstgesteuerten Lernens dar, da sie über die enthaltenen Annahmen die Aufgabenwahl, die Anstrengungsbereitschaft und die Anstrengungsdauer bei widrigen Umständen beeinflussen. Neben den kognitiven und motivationalen Aspekten sind auch volitionale Prozesse, deren Gegenstand die vor, während und nach der eigentlichen Handlungsausführung ablaufenden Steuerungs- und Kontrollprozesse sind, eine notwendige Bedingung des selbstgesteuerten Lernens (CORNO 2001). Nach HECKHAUSEN (1989, S. 212ff.) lassen sich vier Handlungsphasen von der ersten Wunschregung bis zur Realisierung unterscheiden (vgl. Abb.3).

Intentionsinitiierung

Volition präaktional

Planen

Intentionsrealisierung

Volition aktional

Handeln

Intentionsdesaktivierung

Motivation postaktional

Bewerten

Abb. 3: Das Rubikon-Modell (nach HECKHAUSEN (1989, S. 212))

Die erste (prädezisionale) Motivationsphase beinhaltet das Abwägen von Handlungsalternativen und -folgen sowie das Einschätzen von Eintretenswahrscheinlichkeiten verschiedener Ereignisse und endet mit der Bildung einer Intention. Die Intention bildet den Ausgangspunkt für die zwei folgenden Volitionsphasen. In der präaktionalen Phase erfolgt die Intentionsinitiierung im Kopf des Lerners. Hier findet eine vorausplanende Handlungsinitiierung und -ausführung statt. In der aktionalen Volitionsphase verläuft die eigentliche Handlungsausführung, wobei Intensität und Ausdauer der Handlung von der Volitionsstärke der Zielintention und der aktuellen Anstrengungsbereitschaft beeinflusst werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Handlungsausführung ist die Handlungskontrolle. KUHL (1996, S. 684) unterscheidet sieben verschiedene Strategien bei der willentlichen Handlungskontrolle (Motivationskontrolle, Aufmerksamkeitskontrolle und Aufrechterhaltung des Ziels, Enkodierungskontrolle, Emotionskontrolle, Misserfolgs- und Aktivierungskontrolle, Initiierungskontrolle). Volitionale Strategien, wie beispielsweise Zeit- und Ressourcenmanagement, die Priorisierung von Zielen oder das Markieren bereits erledigter Aufga-

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ben, dienen dazu, den Lernprozess vor störenden oder konkurrierenden Einflüssen abzuschirmen und auf dem Pfad des Lernens zu bleiben (z.B. SCHIEFELE/PEKRUN 1996, S. 258). Sie sind insbesondere bei einer unrealistischen Einschätzung der Aufgabenbedingungen, einer Aufgabenüberlast oder beim Problem der Verbindung akademischer und nicht-akademischer Ziele hilfreich. Die vierte und letzte Phase im Rubikon-Modell ist die postaktionale Motivationsphase, in der der Lerner rückblickend den Lernprozess und die erreichten Ergebnisse bewertet und Schlussfolgerungen für künftiges Handeln zieht. Als „Rubikon“ wird in diesem Modell die Intentionsbildung als erster Einschnitt des Handlungsablaufes bezeichnet. „Der Übergang vom Wählen zum Wollen wird als eine sachlogisch und psychologisch sinnvolle Sequenz aufgefasst, analog der Überquerung des Rubikons, die für Cäsar den Übergang vom Abwägen zur Entscheidung darstellte. Motivationale Prozesse steuern das Wählen, volitionale Prozesse (nach ‚Überschreiten des Rubikon’) das Handeln“ (KUHL 1996, S. 688). Als Rahmenmodell veranschaulicht das Drei-Schichten-Modell von BOEKAERTS die Prozesse und Regulationssysteme des selbstgesteuerten Lernens recht gut. Die analytische Trennung der unterschiedlichen Regulationssysteme ist in der Praxis allerdings nicht aufrecht zu halten, vielmehr ist jede der drei Schichten in diesem Rahmenmodell interdependent zu den anderen. So besteht, wie bereits erwähnt, beispielsweise eine hohe Korrelation zwischen Motivation und dem Gebrauch aufwendiger (Tiefen-)Strategien.

5.

Konzepte zur Förderung selbstgesteuerten Lernens

Prinzipiell lassen sich zur Förderung des selbstgesteuerten Lernens direkte und indirekte Konzepte unterscheiden, die unterschiedliche Auswirkungen auf die Gestaltung der Lernumgebung9 zur Folge haben (NÜESCH 2001, S. 101 ff.; FRIEDRICH/MANDL 2006, S. 10f.; FRIEDRICH/MANDL 1997, S. 253). Der direkte Förderansatz besteht darin, den Lernenden im Sinne eines Lernstrategietrainings in stärker instruktionsorientierten Lernumgebungen explizit ein umfangreiches Repertoire von Strategien und Techniken des selbstgesteuerten Lernens zu vermitteln, das sie bewusst und gezielt einsetzen können, um erfolgreich selbstgesteuert zu lernen. Dabei werden sowohl kognitive Strategien zum Wissenserwerb als auch metakognitive Strategien zur Planung, Steuerung und Kontrolle des Lernprozesses sowie motivationale Strategien zur Initiierung und Aufrechterhaltung des Lernprozesses vermittelt. Bei der Umsetzung eines direkten Trainings von Lernstrategien ist zu beachten, dass der Schlüssel zum Lernen des Lernens nicht in einer abstrakten, kontextunabhängigen Vermittlung von Lernstrategien liegen kann, sondern in der Reflexion der eigenen Arbeits- und Lernerfahrungen und der darauf aufbauenden individuellen Ausbildung von Arbeits- und Lernstrategien (Metakognition), die die Lernenden in die Lage versetzen, im Hinblick auf konkrete Lernsituationen und ihre individuellen (Vorwissen, Lerngewohnheiten, Motivation) geeignete Strategien auszuwählen, de9

Unter Lernumgebung soll das Zusammenwirken der äußeren Lernbedingungen (Personen und Institutionen, Geräte und Objekte, Symbole und Medien, Informationsmittel und Werkzeuge) und der Instruktionsmaßnahmen (Lernaufgaben, Sequenz der Lernschritte, Methoden u.a.) verstanden werden, die das Lernen ermöglichen und erleichtern (FRIEDRICH/MANDL 1997, S. 258).

Selbstgesteuertes Lernen – theoretische Perspektiven und didaktische Zugänge

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ren Anwendung Erfolg versprechend ist. Auch ist nicht zu erwarten, dass singuläre Trainingsmaßnahmen ausreichen, um das Lernverhalten nachhaltig zu verändern, da „Erwerb und Nutzung von Lernstrategien ... kein Ergebnis kurzfristiger Strategietrainings oder einzelner Unterrichtssequenzen [sind], sondern viel eher das Resultat langfristiger Gewohnheitsbildung“ (FRIEDRICH/MANDL 2006, S. 17). Ein Lernstrategietraining ist nur dann wirksam, wenn es in Abstimmung auf einen authentischen Nutzungs- bzw. Anwendungskontext erfolgt und ein hoher Grad an Lerneraktivität und metakognitivem Bewusstsein gefördert wird. Zudem sollte mit zunehmendem Trainingsfortschritt anfängliche externe Unterstützung abgebaut werden. Ebenso ist es erforderlich, dass geeignete motivationale Voraussetzungen geschaffen und aufrecht erhalten werden und dass neben deklarativem auch prozedurales und konditionales Strategiewissen erzeugt wird, den Lernenden also klar wird, wie, wann und warum eine Strategie ausgeführt wird. Die erfolgreiche Umsetzung von Lernstrategietrainings kann unter Umständen auch bedeuten, dass die Lernenden zunächst einmal ein Bewusstsein dafür entwickeln müssen, dass ihre vorhandenen Lernstrategien einer Veränderung oder Erweiterung bedürfen. Insbesondere schwächere Lerner schätzen diesen Bedarf oft falsch ein, da es ihnen zumeist auch an hinreichenden Fähigkeiten zur Selbstbeobachtung und -einschätzung mangelt. Insofern kann es durchaus hilfreich sein, vor entsprechenden Interventionsprogrammen zum Lernstrategietraining zunächst geeignete Formen des self-monitorings zu erlernen, mit denen die Lerner mehr über das Ausmaß und die Wirksamkeit ihrer bereits vorhandenen Lernstrategien erfahren, bevor man sie ermuntert, diese zu verändern oder neue Lernstrategien zu erlernen (ZIMMERMAN 1999, S. 549). Im Gegensatz zum direkten Förderansatz ist der indirekte Ansatz dadurch gekennzeichnet, dass die Selbstlernkompetenzen nicht ausdrücklich in Form von Strategietrainings geschult werden. Vielmehr wird die Lernumgebung so gestaltet, dass sie den Lernenden implizit die Möglichkeit für selbstgesteuertes Lernen eröffnet. Dies setzt voraus, dass die Lernumgebung über ein gewisses Maß an Gestaltbarkeit und Handlungsspielraum verfügt. Die Lernumgebung sollte zur Eigenaktivität motivieren, individuelle Entscheidungen der Lernenden hinsichtlich Lernziele, -wege und -tempo ermöglichen. In dieses Anforderungsprofil passen besonders gut Lernumgebungen, die dem Paradigma eines gemäßigten Konstruktivismus folgen (z.B. cognitive apprenticeship (COLLINS/BROWN/NEWMAN 1989), cognitive flexibility (SPIRO U.A. 1992), anchored instruction). Diesen Lernumgebungen ist gemein, dass sie komplexe Ausgangsprobleme anbieten, multiple Perspektiven ermöglichen, dem Prinzip von Authentizität und Situiertheit folgen, reflexives Lernen im sozialen Kontext vorsehen und falls nötig auch Unterstützungsangebote vorhalten (REINMANNROTHMEIER/MANDL 2001, S. 627 f.). Insbesondere Lernende mit schwach ausgeprägten Fähigkeiten der Selbststeuerung können dabei von Formen des sozialen Lernens profitieren, indem sie durch den Austausch mit und die Unterstützung durch andere Lerner ermutigt werden, effektivere Strategien der Selbststeuerung anzuwenden (ZIMMERMAN 1999, S. 549). Ebenso hilft es den bereits selbstgesteuert Lernenden ihr Lernverständnis zu vertiefen, indem sie ihre Konzepte und Strategien anderen Lernenden erläutern. „The generell understanding is that collaborative learning supports self-regulation because peers model and discuss their own learning and motivation strategies, which are then ‚distributed’ across the group for individuals to pick up and modify to suit their own needs“ (BOEKAERTS/CORNO 2005, S. 220).

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Bei der Gestaltung von Lernumgebungen zur Umsetzung indirekter Förderansätze scheinen insbesondere auch E-Learning-Konzepte mit hypermedialen Strukturen besonders geeignet zu sein, da diese durch ihre Charakteristika (z.B. freie Wahl des Lernweges und -tempos, Orts- und Zeitunabhängigkeit, Multimodalität, kognitive Flexibilität) eine weit reichende Selbststeuerung der Lernenden prinzipiell ermöglichen, teilweise sogar einfordern (FRIEDRICH/MANDL 2006, S. 18; LANG 2004, S. 123ff.; LANG/PÄTZOLD 2002). Allerdings bergen derartige Lernumgebungen, die den Lernenden ein hohes Maß an Eigenaktivität und Gestaltungsfreiheit abverlangen, auch die Gefahr einer Überforderung („kognitive Überlast“, „Desorientierung“), die im schlimmsten Falle zum Scheitern und Abbruch des selbstgesteuerten Lernens führen können. An dieser Stelle wird deutlich, dass die Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen in der beruflichen Bildung gleichermaßen Voraussetzung und Ziel zugleich ist. Um mit offenen, nach konstruktivistischen Gesichtspunkten gestalteten Lernumgebungen arbeiten zu können, müssen die Lernenden daher langsam in selbstgesteuerte Lernprozesse hineinwachsen, indem sie Schritt für Schritt an die Selbststeuerung des Lernens herangeführt werden und ihnen zunehmend mehr Verantwortung für ihre Lernprozesse übertragen wird. Dies kann durch Konzepte geschehen, die kontinuierlich den Weg von eher angeleitetem zu mehr selbstgesteuertem Lernen ebnen. Die Anleitung erfolgt in diesen Fällen durch eine gezielte Hilfestellung (Scaffolding), die im weiteren Verlauf zunehmend reduziert wird (Fading), d.h. es führt vom direkten Unterrichtsverhalten zur Lernberatung. Aufgrund der bislang vorliegenden Untersuchungen und Metaanalysen (NÜESCH 2001, S. 102 f.; FRIEDRICH/MANDL 1992, S. 33) lässt sich a priori keine Präferenz eines Ansatzes gegenüber dem anderen feststellen. Vielmehr spricht einiges dafür, beide Ansätze zur Förderung selbstgesteuerten Lernens in Abhängigkeit der vorhandenen Selbstlernkompetenzen der Lernenden miteinander zu verknüpfen, d.h. mit direkten Strategietrainings zu beginnen und diese mit zunehmendem Kompetenzerwerb der Lernenden zugunsten problemorientierter Lernumgebungen zu reduzieren (FRIEDRICH/MANDL 2006, S. 16f.). Allerdings entspricht der indirekte Förderansatz unter Verwendung offener und komplexer Problemstellungen am ehesten den Postulaten einer Kompetenzentwicklung, da diese stets an die selbstorganisierte Auseinandersetzung mit Aufgaben in konkreten Kontexten gebunden ist. „Kompetenz stellt die Verbindung zwischen Wissen und Können her und ist als Befähigung zur Bewältigung von Situationen bzw. von Aufgaben zu sehen“ (BMBF 2003, S. 73 f.). Insbesondere zur Klärung der mit Blick auf die Entwicklung und Implementation von Förderkonzepten bedeutsamen Frage, ob die Anwendung bestimmter Lernstrategien auch zu einem größeren Lernerfolg führt, sind die Ergebnisse der jüngsten Forschungen zunächst wenig beeindruckend. ARTELT (2000a, S. 176) stellt hierzu fest, dass „eine erhebliche Diskrepanz zwischen theoretisch abgeleiteten und empirisch gefundenen Zusammenhängen“ besteht. Allerdings zeigt eine differenziertere Analyse, dass die Stärke der Korrelation gleichwohl davon abhängt, wie Lernerfolg und Lernstrategieeinsatz gemessen werden. So ist es nahe liegend, dass das jeweils verwendete Lernerfolgskriterium unmittelbare Auswirkungen auf den Nutzen von Lernstrategien haben kann. „Wird der Erwerb von Faktenwissen als Lernkriterium herangezogen, ergibt sich keine signifikante Korrelation zum Strategieeinsatz. Wird dagegen die Verstehensleistung bei einer Problemlöseaufgabe als Kriterium herangezogen, so ergibt sich eine signifikante Korrelation zum Strategieeinsatz“ (FRIEDRICH/MANDL 2006, S. 13). Ebenso ist die Korrelation zwischen Lernerfolg und Strategieeinsatz auch von der Art abhängig, wie der Einsatz von Lernstrategien er-

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fasst wird. Wird der Strategieeinsatz nämlich prozessnah gemessen, lassen sich deutliche Beziehungen zum Lernerfolg aufzeigen, wohingegen bei retrospektiven Instrumenten eher schwache Beziehungen zum Lernerfolg nachzuweisen sind. Diese unterschiedlichen Vorgehensweisen sollen im folgenden Abschnitt näher dargestellt und miteinander verglichen werden.

6.

Diagnostik

Die Erfassung des selbstgesteuerten Lernens ist aus mehreren Gründen nicht trivial. Zum einen erfordert das hoch komplexe Konstrukt eine stärker prozessorientierte Diagnostik, die alle Komponenten (kognitive, metakognitive, motivationale, volitionale) des selbstgesteuerten Lernens berücksichtigt (BOEKAERTS 1999). Zum anderen zeigt sich die Fähigkeit und Bereitschaft zum selbstgesteuerten Lernen erst in der erfolgreichen Bewältigung einer konkreten Problemstellung (Performanz). Weitere Schwierigkeiten bei der Auswahl adäquater Erfassungsinstrumente liegen darin, dass je nach Funktion und Kontext der Evaluation die gängigen Methoden unterschiedlich bedeutsam sind (vgl. Beitrag METZGER in diesem Band) und dass zudem „die Art der Messung von Lernstrategien Einfluss auf die Aussagekraft und die Generalisierbarkeit der Ergebnisse hat“ (ARTELT 2006, S. 339). In der Praxis dominieren zur Erfassung und Bewertung selbstgesteuerten Lernens nach wie vor Fragebogeninventare (z.B. „Learning and Study Strategies Inventory“ (LASSI) (WEINSTEIN/SCHULTE/PALMER 1987), „Motivated Strategies for Learning Questionnaire“ (MSLQ) (PINTRICH U.A. 1991), „Kieler Lernstrategie-Inventar“ (KSI) (BAUMERT/HEYN/KÖLLER 1992), „Inventar zur Erfassung von Lernstrategien im Studium“ (LIST) (WILD/SCHIEFELE 1994), „Wie lerne ich?“ (WLI) (METZGER 1995) oder die deutsche Fassung des „Trait Self-Regulation Questionnaire“ (TSRQ) (BREUER/BRAHM 2004)), obwohl der Versuch einer validen Erfassung selbstgesteuerten Lernens über Fragebogeninstrumente zahlreiche Probleme birgt (PÄTZOLD/LANG 2005, S. 6). So setzt der Einsatz von Fragebogen als Form eines retrospektiven Selbstberichtes ein elaboriertes deklaratives und prozedurales Metagedächtnis zur Abstraktion der eigenen Lernaktivitäten voraus, was in der Regel bei den Lernenden nicht vorausgesetzt werden kann (ARTELT 2000b). Zudem ist eine gewisse zeitliche Nähe der Befragung zum Lernprozess erforderlich, um die Aussagekraft der Selbstreflexion zu gewährleisten. Ein zu großes Zeitintervall zwischen Handlungsausführung und Bericht kann in Folge mangelhafter Erinnerungsfähigkeit zu falschen Aussagen führen. Darüber hinaus müssen die Prozesse des Lernstrategieeinsatzes den Lernenden auch bewusst sein. Insbesondere automatisiert verlaufende Routinen werden oftmals nicht verbalisiert. Als weitere methodische Schwäche von Fragebogeninventaren kann die Tatsache angeführt werden, dass Fragebogen den Einsatz von Lernstrategien zumeist ohne Berücksichtigung des Lernkontextes erfassen. Demnach handelt es sich bei den so erfragten Lernstrategien um Strategien für die Auseinandersetzung mit jedem beliebigen Lernmaterial, quasi die vom Lerner generell bevorzugte Art zu lernen. Dabei wird jedoch außer Acht gelassen, dass das Lernverhalten in hohem Maße durch die konkreten Anwendungsbedingungen bestimmt wird. Je nach Setting zeigt der gleiche Lernende unter Umständen eine völlig unterschiedliche Lernorientierung. „However, students who self-regulate on one occasion may not self-regulate their studying on another occasion, despite the acknowledged benefits. It is argued

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that self-regulated learning can be domain-specific or domain-transcending, and that competent performers in a specific domain rely on different types of prior knowledge related to that domain” (BOEKAERTS 1997, S. 161). So kommen je nach Inhaltsdomäne spezifische Lernstrategien zum Einsatz, die die besonderen Bedingungen der Lernumgebung (z.B. Erfolgskriterien, Unterrichtsmethodik, Erwartungen, Art der Prüfung, Fachspezifika, etc.) angemessen berücksichtigen. Nicht zuletzt darf nicht unterschätzt werden, dass die Lernenden bei der Beantwortung eines Lernstrategiefragebogens immer auch so antworten, wie sie glauben, dass es sozial erwünscht sei. Als Resultat dieser methodischen Einschränkungen kann daher festgehalten werden, dass Fragebogen in der Regel lediglich diagnostizieren können, inwieweit beim Lernenden die Voraussetzungen für selbstgesteuertes Lernen gegeben sind, indem sie ein bestimmtes Wissen über den Einsatz von Lernstrategien besitzen. „Neben der Erfassung motivationaler Präferenzen und Interessen ist es mit Hilfe eines Fragebogens möglich, Auskünfte über bevorzugte Lernmethoden und über das Strategiewissen sowie über die relative Stärken und Schwächen der Lernenden zu bekommen“ (KLIEME/ARTELT/STANAT 2000, S. 212). Mit Strategieinventaren werden also eher generelle Lernpräferenzen erhoben, Rückschlüsse auf das tatsächliche Lernverhalten oder gar auf den Lernerfolg lässt dieses Erhebungsverfahren jedoch nicht zu, denn die Kenntnis über den Einsatz bestimmter Lernstrategien ist zwar eine notwendige, keinesfalls aber hinreichende Bedingung des selbstgesteuerten Lernens und sagt noch nichts über den tatsächlichen Einsatz – sowohl was die Einsatzhäufigkeit als auch die Effektivität betrifft – im Lernprozess aus: „strategy knowledge does not ensure implementation of strategies: To be effective, cognitive strategies must be adapted to specific behavioral contexts that learners encounter“ (ZIMMERMAN 1999, S. 550). Diese skizzierten methodischen Schwächen von Fragebogenerhebungen zur Beschreibung des Lernverhaltens erklären dann auch, warum bislang ein Zusammenhang zwischen einem durch Selbsteinschätzung ermittelten Lernstrategieeinsatz und einem durch Fremdbewertung gemessenen Lernerfolg empirisch kaum nachzuweisen ist (ARTELT 2000a, S. 76). Als Konsequenz dieser Befunde zu den Defiziten einer allein fragebogenbasierten Erfassung von Lernstrategien wäre anzustreben, die gängige Forschungspraxis des isolierten Einsatzes von Fragebogen zur Ermittlung des Lernstrategieinventars mit handlungsnahen Diagnoseinstrumenten in Form einer Performanzmessung im Sinne einer empirischen Triangulation zu ergänzen, um die Validität der Messung zu verbessern. Und in der Tat hat die theoretische Weiterentwicklung des selbstgesteuerten Lernens auch zur Entwicklung derartiger Messinstrumenten geführt. In dem Maße, wie die Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen weniger als stabile Eigenschaft der Lernenden verstanden wird, sondern als dynamischer Entwicklungsprozess in schulischen und außerschulischen Kontexten, hat sich auch das zur Erfassung der Selbstlernkompetenz eingesetzte Inventar weiterentwickelt. Stand zunächst eine dekontextualisierte Messung mit generalisierten Fragebogen im Vordergrund, die die Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen vorrangig als habituelles Personenmerkmal auffassen, wurden nach und nach domänenspezifische und später kontextsensitive Untersuchungsmethoden entwickelt. Diese neuen Diagnoseinstrumente (z.B. Methode des lauten Denkens, retrospektiver Selbstbericht, stimulated recall, qualitative Interviews, Beobachtungen, Lerntagebuch, Portfolio, computergestützte Prozessmessungen, traces of mental events and processes), die möglichst auch in Kombination miteinander zur Anwendung kommen, versuchen stärker den Prozess der Selbststeuerung über die Auswertung eines konkreten Verhaltens

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zu erfassen (BOEKAERTS/CORNO 2005, S. 209ff.; ARTELT 2000a, S. 91ff.). Beispielsweise soll mit Hilfe von Computerprogrammen analysiert werden, wie Lernende bei der Lösung komplexer Probleme vorgehen. Indem das Programm aufzeichnet, welche Textstellen der Lernende markiert, kommentiert oder durch Zurück-Skrollen mehrfach liest, werden die Spuren, die der Lernende im Material hinterlässt, verdeutlicht, quantifiziert und analysiert. Auf diese Weise werden sonst nicht sichtbare mentale Prozesse wie der Einsatz kognitiver und volitionaler Strategien expliziert (WINNE 2005, S. 236). Bei all diesen Betrachtungen darf allerdings nicht außer acht gelassen werden, dass insbesondere für schulische Kontexte auch immer gelten muss, dass die zum Einsatz kommenden Instrumente in ihrer Durchführung und Auswertung für die Lehrenden und Lernenden noch handhabbar bleiben. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass bislang (noch) festzustellen ist, dass „die Zahl der Studien, in der die fragebogenbasierte Erfassung von Lernstrategien durch handlungsnahe Analysen ergänzt wird und damit auch die prädiktive Validität des Lernstrategieinventars überprüft wird, im Vergleich zu den in der Literatur recht zahlreich zu findenden Bekundungen über die Notwendigkeit, dies zu tun, sehr gering [ist]. Dies vor allem deshalb, weil eine handlungsnahe Erfassung von Lernstrategien methodisch sehr anspruchsvoll und darüber hinaus zeitintensiv ist“ (ARTELT 2000a, S. 106). Insbesondere ist auch ein Mangel an Langzeitstudien und Modellversuchen im Bereich der beruflichen Bildung festzustellen, mit deren Hilfe Hinweise gewonnen werden könnten, wie sich die Selbstlernkompetenz über die Lernbiographie verändert und entwickelt.

7.

Zur Implementation selbstgesteuerten Lernens

Im BLK-Modellversuchsprogramm „Selbstgesteuertes und kooperatives Lernen in der beruflichen Erstausbildung (SKOLA)“10 wird untersucht, wie für verschiedene Inhaltsgebiete und Lernvoraussetzungen ein optimaler Ausgleich zwischen selbstgesteuerter Bearbeitung der kontextualisiert dargebotenen Aufgaben einerseits und Unterstützung durch die Lehrenden bei der Dekontextualisierung andererseits herzustellen ist. Zur Umsetzung der Aktivitäten auf unterschiedlichen Gestaltungsebenen wurden im Modellversuchsprogramm sechs Maßnahmenbereiche (selbst gesteuertes Lernen, kooperatives Lernen, Lernen mit neuen Medien, Personalentwicklung, Organisationsentwicklung, Transfer) definiert, die mögliche Schwerpunkte für die Planung, Durchführung und Evaluation der Modellversuche skizzieren (vgl. Abbildung 4).

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Das Modellversuchsprogramm der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) „Selbstgesteuertes und kooperatives Lernen in der beruflichen Erstausbildung (SKOLA)“, in dem 21 Modellversuche in 12 Bundesländern teilnehmen, wird zu gleichen Teilen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und den beteiligten Bundesländern gefördert. Mit der Programmträgerschaft wurden die Universitäten Dortmund (Prof. Dr. Günter Pätzold) und St. Gallen (Prof. Dr. Dieter Euler) betraut (Näheres auch unter BLK (2006) oder im Internet unter: www.blk-skola.de).

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f Personalentwicklung c-e: Unterrichtsentwicklung

c Selbst gesteuertes Lernen ...

d Kooperatives Lernen ...

e ... unter Nutzung neuer Medien

h Transfer

Organisationsentwicklung g

Abb. 4: Zusammenhang der Maßnahmenbereiche des Modellversuchsprogramms SKOLA

Das Modellversuchsprogramm SKOLA geht von einem Verständnis von Schulentwicklung aus, das sich gleichermaßen aus Unterrichts-, Personal- und Organisationsentwicklung zusammensetzt. Aus diesem Grund sollen die pädagogischdidaktischen Innovationen auf der Unterrichtsebene (Förderung des selbstgesteuerten Lernens, Förderung des kooperativen Lernens, Nutzung von E-LearningKonzepten) nicht nur durch geeignete Maßnahmen der Personalentwicklung in den unterschiedlichen Phasen der Lehrerbildung, sondern auch der Organisationsentwicklung unterstützt werden. Die Konzeption des Modellversuchsprogramms ermöglicht eine „symbiotische Implementationsstrategie“, bei der „Akteure mit unterschiedlicher Expertise gemeinsam an der Umsetzung pädagogischer Innovationen arbeiten. Im Idealfall kooperieren Lehrkräfte, Wissenschaftler/-innen, Personen aus der Bildungsadministration und aus Fortbildungsinstituten, um eine pädagogische zu realisieren und dabei möglichst viele Sichtweisen zu integrieren. Der Ausdruck ‚symbiotisch’ beinhaltet zudem, dass die Kooperation für das Gelingen des Unternehmens und zum Vorteil aller Beteiligten notwendig ist. Zum anderen profitieren die Beteiligten durch die Zusammenarbeit, indem sie ihre Sichtweise erweitern und Fragestellungen bzw. Lösungsansätze der anderen Akteure integrieren“ (GRÄSEL U.A. 2006, S. 529). Im Rahmen situierter Ansätze des Lernens werden im Modellversuchsprogramm Unterrichtskonzeptionen entwickelt, deren zentrales Ziel der Erwerb von Selbstlernkompetenz ist und deren Gestaltungsprinzipien das Lernen in Kontexten, das selbstgesteuerte und kooperative Lernen sind. Dabei kommt der Lehrperson im Unterricht „die entscheidende Funktion zu, die Lernenden bei der selbstgesteuerten Auseinandersetzung angemessen zu unterstützen. Diese Aktivitäten lassen sich folgenden Funktionen zuordnen: (1) Schülerinnen und Schülern muss es ermöglicht werden, ihr Wissen und ihre Lernprozesse zu explizieren und sichtbar zu machen. Dadurch erhalten sie Feedback über ihr Wissen und ihre Fähigkeiten und erwerben

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u.a. die metakognitiven Fähigkeiten des ‚Monitoring’, also der Reflexion über eigene Lernerfahrungen … (2) Die Fähigkeiten des selbstgesteuerten Lernens werden selbst Gegenstand des Unterrichts. Beispielsweise erhalten Lernende Hilfestellungen für das Verstehen von Texten oder für Strategien des Problemlösens in der jeweiligen Domäne … Der Erwerb von Strategien ist also mit konkreten Lernerfahrungen und den Anforderungen der jeweiligen Domäne und Aufgaben verbunden. (3) Die eigenständige Arbeit an (multiplen) Kontexten wird um Phasen ergänzt, in denen das erworbene Wissen dekontextualisiert und abstrahiert wird. Eine anspruchsvolle Aufgabe der Lehrenden besteht darin, zwischen den inhaltlichen Konzepten und der Arbeit an den Problemstellungen Beziehungen herzustellen und den Erwerb dekontextualisierten Wissens zu unterstützen“ (GRÄSEL/PARCHMANN 2004, S. 174). Der Professionalisierung von Lehrkräften kommt bei der Entwicklung und Implementation von Lernumgebungen, die geeignet sind, selbstgesteuertes Lernen zu fördern, besondere Bedeutung zu. Dabei wird davon ausgegangen, dass Lehrkräfte dann am besten lernen, wie sie Schüler erfolgreich lernen lassen, wenn sie dies selbst durch eigenes Lernhandeln erfahren können. Insofern sind korrespondierend zur Unterrichtsentwicklung Konzepte der Kompetenzentwicklung von Lehrenden in unterschiedlichen Phasen der Lehrerbildung zu entwickeln und zu erproben, die möglichst an den Prinzipien des selbst gesteuerten und kooperativen Lernens orientiert sind und die geeignet sind, dass die Lehrkräfte ein entsprechendes Verständnis vom Lernen und Lehren entwickeln und dieses in ihrer Unterrichtspraxis umsetzen können. Die flankierenden Qualifizierungsmaßnahmen, die sich im Idealfall nicht nur an einzelne Lehrkräfte, sondern an ganze Schulen richten, um den Kommunikationsund Aushandlungsprozessen bei der Implementation Rechnung zu tragen, sollten neben den für die Förderung selbstgesteuerten Lernens erforderlichen Kompetenzen auch Einstellungen, Überzeugungen und subjektive Theorien von gelingenden Lern- und Lehrprozessen der Lehrkräfte berücksichtigen. Darüber hinaus sollte den Lehrkräften Gelegenheit gegeben werden, stärker auf Vorwissen und Lernprozesse von Schülerinnen und Schüler zu achten und ihr Methodenrepertoire bzw. ihre Unterrichtsskripts zu erweitern. Der Erfolg derartiger Fortbildungskonzeptionen konnte in empirischen Studien nachgewiesen werden (vgl. GARET U.A. 2001). Darüber hinaus bewerteten in diesen Studien Lehrkräfte „jene Fortbildungen als effektiver, die sie als kohärent mit ihrer gesamten Professionalisierung erlebten. Diese ‚Kohärenz’ umfasst die Einordnung der Maßnahme in eine abgestimmte Personalentwicklung, die Übereinstimmung mit den administrativen und curricularen Anforderungen sowie die Möglichkeit, die Inhalte der Fortbildung im Kollegium zu diskutieren und weiter zu entwickeln. … Das zweite Merkmal, das in deutlich positivem Zusammenhang mit dem Lernerfolg der Lehrkräfte stand, war die Berücksichtigung des Fachinhaltes bzw. fachspezifischer Aspekte des Lehrens und Lernens in den Fortbildungen“ (GRÄSEL/PARCHMANN 2004, S. 178).

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8.

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Befunde aus Forschungsvorhaben – zu den weiteren Beiträgen des Beiheftes

Der Beitrag von BARRY J. ZIMMERMAN nähert sich zunächst dem selbstgesteuerten Lernen aus der Perspektive verschiedener klassischer Theorien der Psychologie, bevor im Anschluss daran ein integratives zyklisches Modell entwickelt wird, das die wesentlichen Bestandteile der klassischen Theorien aufnimmt. Darüber hinaus werden die Implikationen dieses Modells für die berufliche Bildung aufgezeigt. MONIQUE BOEKAERTS und JEROEN ROZENDAAL geben in ihrem Beitrag zunächst einen umfangreichen Überblick über die Ergebnisse empirischer Studien zum selbstregulierten Lernen in der beruflichen Bildung, die von ihrer Forschergruppe in den vergangenen Jahren im Rahmen des Forschungsprogramms „Self-regulation and Learning“ durchgeführt wurden. Üblicherweise zielen diese Studien auf die Erforschung der Wirkungen sozial-konstruktivistischer Instruktionsprinzipien in der erziehungswissenschaftlichen Praxis. Insbesondere fokussieren die Untersuchungen den Einsatz (meta-)kognitiver Strategien der Lernenden, deren Motivation, die Fähigkeit der Lehrenden und Lernenden neue Rollen einzunehmen und die veränderten Lernumgebungen wahrzunehmen, kooperative Lernprozesse sowie soziales Fehlverhalten. Den Abschluss des Beitrages bildet eine Beschreibung der aktuellen Aktivitäten zur Erforschung von Zielformulierung, Instruktion und Bewertung unter Berücksichtigung aller relevanten Komponenten der Selbstregulation. BIRGITTA KOPP und HEINZ MANDL thematisieren in ihrem Beitrag die besonderen Anforderungen, die der Einsatz neuer Medien mit sich bringt, wenn mit ihnen selbstgesteuert kooperativ gelernt werden soll. Sie stellen zunächst vier zentrale Aspekte der Selbststeuerung vor (die Vorbereitung, die Koordination, die Organisation sowie die Steuerung des Lernens) und illustrieren diese mit Beispielen virtueller Lernumgebungen aus Hochschule, Schule und Weiterbildung. Basierend auf diesen Erörterungen werden allgemeine Bedingungen zum selbstgesteuerten und kooperativen Lernen dargelegt. DETLEF SEMBILL und JÜRGEN SEIFRIED stellen in ihrem Beitrag die besondere Bedeutung des kooperativen Lernens für das selbstorganisierte Lernen heraus, das sie vom selbstgesteuerten Lernen abgrenzen. Darüber hinaus skizzieren sie eine LehrLern-Konzeption, die geeignet scheint, sowohl auf kognitiver als auch emotionalmotivationaler Ebene Erfolge zu erzielen. Bildungs- und forschungspolitische Konsequenzen runden den Beitrag ab. BRIGITTE GELDERMANN, ECKART SEVERING und THOMAS STAHL gehen in ihrem Beitrag der Frage nach, warum Konzepte des selbstgesteuerten Lernens kaum auf die durchaus unterschiedlichen Voraussetzungen verschiedener Gruppen von Lernern im Betrieb eingehen. Bislang profitieren zumeist nur diejenigen von Konzepten des selbstgesteuerten Lernens, die ohnehin wissensbasierte Tätigkeiten mit hoher Arbeits- und daher auch Lernautonomie ausüben. Dabei sollten gerade auch Facharbeiter sowie Un- und Angelernte bei der Implementation selbstgesteuerten Lernens in den Blick genommen werden, um betriebliche Produktivitätszuwächse und individuelle Souveränitätsgewinne zu erzielen. Die Autoren sehen hier die Betriebspädagogik herausgefordert, Organisationsmodelle, Infrastrukturen und Medien zu entwickeln, die selbstgesteuertes Lernen auch auf dem shop floor ermöglichen.

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Der überaus schwierigen Aufgabe einer nachhaltigen und systematischen Verankerung der Lernkompetenzförderung in Schulen widmet sich CHARLOTTE NÜESCH. Ausgehend von den Schwierigkeiten einer breit angelegten Lernkompetenzförderung werden die wesentlichen Erkenntnisse der Lernkompetenz- und ChangeManagement-Forschung aufgenommen, um darauf basierend Empfehlungen für die Schulleitung zu formulieren, welche die Entwicklung und Implementierung von schuleigenen Förderkonzepten betreffen JUDITH SCHELLENBACH-ZELL und CORNELIA GRÄSEL präsentieren in ihrem Beitrag Ergebnisse der Studie „Chemie im Kontext“. Dabei gehen sie der Frage nach, inwieweit Lehrkräfte, die am Projekt teilnehmen, tatsächlich stärker Aspekte eines selbstgesteuerten und kontextorientierten Unterrichts umsetzen. Ferner wurde untersucht, welche Merkmale des Unterrichts dazu beitragen, dass das Interesse der Schülerinnen und Schüler steigt. Dabei zeigte sich, dass die Anwendungs- und Kontextorientierung des Unterrichts sich als wichtige Einflussvariablen erwiesen, während das Ausmaß an Selbststeuerung unabhängig für die Entwicklung des Interesses war. Welche Methoden der Evaluation im Forschungs-, besonders aber im didaktischen Kontext in Frage kommen, analysiert und beurteilt CHRISTOPH METZGER in seinem Beitrag. Dabei wird deutlich, dass basierend auf der näheren Begründung des Förderziels und der Konkretisierung des Konstrukts Selbstständigen Lernens je nach Funktion und Kontext der Evaluation die gängigen Methoden unterschiedlich bedeutsam sind. ROLF ARNOLD und CLAUDIA GÓMEZ TUTOR beschreiben als Ergebnis eigener Forschungsarbeiten die für selbstgesteuerte Lernprozesse notwendigen Selbstlernkompetenzen und führen dann einen auf dieser Grundlage entwickelten Kompetenzbilanzbogen (KKB) ein, der helfen soll, bei Lernenden diejenigen Kompetenzen bzw. Elemente von Kompetenzen zu identifizieren, die für selbstgesteuertes Lernen notwendig sind. Abschließend wird die aus solchen Diagnose- und Bewertungsverfahren resultierende Lernberatung als Aufgabe einer veränderten Lehrendenprofessionalität betrachtet.

8.

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BARRY J. ZIMMERMAN Integrating Classical Theories of Self-Regulated Learning: A Cyclical Phase Approach to Vocational Education Abstract: Contemporary students confront a labor market where the utility of job training is measured in months rather than years. This pace of change challenges vocational educators to prepare students better for life-long learning. This academic goal requires the development of self-regulated learners who can detect deficiencies in their skills, set appropriate retraining goals for themselves, find suitable sources of self-instruction, continue despite set backs, and self-evaluate improvements in skill realistically. A cyclical phase model that integrates self-regulatory processes and beliefs from classical theories is presented to guide instruction. According to this model, students taught advantageous forms of forethought, such as goal setting and strategic planning, will perform and self-reflect more adaptively on the effectiveness of their vocational skill. Kurzfassung: Gegenwärtig sehen sich Lernende einem Arbeitsmarkt ausgesetzt, in dem sich die Halbwertszeit der Ausbildungsinhalte eher in Monaten als in Jahren messen lässt. Diese Geschwindigkeit des Wandels stellt für Berufsbildner eine besondere Herausforderung dar, wollen sie die Lernenden auf ein lebenslanges Lernen vorbereiten. Dieses Ziel erfordert die Entwicklung selbst gesteuert Lernender, die in der Lage sind, ihre Bildungsbedarfe zu identifizieren, sich neue, adäquate Ziele zu setzen, geeignete Quellen der Selbstinstruktion zu finden, auch bei Rückschlägen weiterzulernen und den Lernerfolg realistisch zu evaluieren. Im Beitrag wird ein zyklisches Phasenmodell vorgestellt, das unterschiedliche Prozesse der Selbststeuerung und Annahmen der klassischen Lehr-Lerntheorien integriert. Gemäß diesem Modell sind Lernende in der Lage, ihre Performanz zu verbessern und die Wirksamkeit ihrer beruflichen Fähigkeiten einzuschätzen, wenn sie nützliche Formen von Vorüberlegungen, wie Zielsetzung und strategische Planung, erlernt haben.

Historically, vocational education programs have been designed to prepare students to enter and succeed in the world of work. Now, at the outset of the 21st century, graduates of these programs are entering a labor market that is substantially more dynamic and unpredictable than it has been for any prior generation, with the “shelf life” of job training shrinking rapidly and the frequent elimination of entire professions due to technological advances. This employment environment challenges vocational educators to modify their curriculum to prepare students for life-long learning. This academic goal requires learners to be able to detect deficiencies in their skills, set appropriate retraining goals for themselves, find suitable sources of self-instruction (manuals, co-workers, etc.), follow through despite set backs, and self-evaluate improvements in skill realistically. These self-directive processes have been labeled as

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self-regulated learning and have been the source of extensive theory and research (SCHUNK/ZIMMERMAN, 1994; 1998; ZIMMERMAN/SCHUNK, 2001). Self-regulated students intentionally generate mental plans and strategies, motivational beliefs, and systematic actions to attain their learning goals, and there is now a large body of evidence that self-regulated students achieve better, are more motivated to continue learning even in the face of setbacks, and feel better about their accomplishments than poorly regulated students (SCHUNK/ZIMMERMAN 1994, 1998; ZIMMERMAN/SCHUNK 2001). These are essential qualities that prepare students/workers for life-long learning, and there is recent longitudinal evidence (DUCKWORTH/SELIGMAN 2005; NOTA/SORESI/ZIMMERMAN 2005) that students’ level of self-regulation is predictive of their academic resilience as well as their achievement. But what are the underlying processes that produce these desirable outcomes? Researchers have adopted a number of classical theories to guide their research on self-regulated learning. Although all of these theories describe how and why a student chooses a particular self-regulated process to achieve a personal goal, they differ in their emphasis on underlying processes and self-beliefs. This chapter will analyze the topic of self-regulated learning by vocational education students from the perspective of classical psychological theories, including operant, phenomenological, volitional, information processing, Vygotskian, and social cognitive. Then, a cyclical model that integrates key self-regulatory processes from these classical perspectives is described, and finally, the implications of this model for vocational educators are considered.

1. 1.1

Classical Theories of Self-Regulated Learning Operant Views of Self-Regulated Learning

Operant researchers have produced one of the most influential bodies of research on self-regulation based on the environmental principles of B.F. Skinner. They have adapted their behavioral technology to assist students in controlling their personal learning processes (e.g., MACE/BELFIORE/HUTCHINSON 2001). Operant researchers have focused on four major classes of self-regulated learning responses: stimulus or environmental control, self-instruction, self-recording, and self-reinforcement (e.g., self-rewards). Stimulus or environmental control refers to efforts by learners to modify the structure of their environments to make desired learning outcomes more likely. Personal environments vary tremendously in their properties (e.g., the types of contingencies that operate), and self-regulated learners become aware of these environmental differences and use them to their advantage. They seek out conducive environments and avoid adverse settings to the attainment of their goals, such as choosing to study in settings where distractions are unlikely to occur (ZIMMERMAN/MARTINEZ-PONS 1986). Self-instruction refers to verbal or textual efforts to improve one’s learning. For example, a student could recite strategy steps for solving a math problem in architectural engineering. In the view of operant researchers (MACE/BELFIORE/HUTCHINSON 2001), oral or written self-instructive statements are especially helpful in settings or situations where external reinforcers (e.g. rewards) are weak or absent. Often self-instructive statements will explicitly describe the appropriate responses and resulting consequences.

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The third self-regulative process, self-recording involves keeping a record of one’s performance over time to discern changes in personal functioning and potential sources of improved self-regulatory control. These self-records can be also used as a basis for self-administering rewards, which is the fourth self-regulative process. Self-reinforcement involves rewarding oneself for engaging in appropriate learning behaviors, such as going out for coffee after completion of one’s homework assignments. According to operant theorists, these four self-regulation techniques enable learners to control not only their overt behavioral responses, such as homework completion, but also their covert responses, such as feelings of satisfaction with their efforts to learn. 1.2

Phenomenological Views of Self-Regulative Learning

Phenomenological theories grew out of a philosophical tradition that placed primary emphasis on the role of self-perceptions in learners’ efforts to self-regulate (MCCOMBS 2001). Human experience is assumed to be filtered through a personal lens that affects one’s interpretations of incoming information positively or negatively. For example, workplace errors could be interpreted as nascent signs of progress if one's vocational self-image is positive or as signs of failure if one's selfimage is negative. Phenomenologists give more emphasis to a learner’s subjective perception of the social and physical environment than its objective nature. Events that are perceived as unsatisfactory personally are assumed to lead to negative affect and various forms of personal defensiveness, such as helplessness, avoidance, or withdrawal from the learning task. By contrast, if learners’ self-perceptions are satisfactory, they will continue their efforts to learn even if their approach to learning needs to be adapted. Thus, self-satisfaction reactions are essential because they empower learners to persist even when the external context does not require it. Phenomenologists advise teachers to help students to overcome their self-doubts by setting realistic self-evaluative standards. Favorable self-evaluations lead to more positive self-reactions and adaptive efforts to learn. In contrast to operant teachers’ focus on self-regulatory behavior, phenomenological teachers focus on improving students’ self-perceptions as the key to enhancing their self-regulation. 1.3

Information Processing Views of Self-Regulated Learning

Information processing perspectives grew out of efforts to develop electronic computer hardware and software. These accounts sought to explain human as well as computer efforts to self-regulate in terms of specific hardware and software components for processing information, such as the size of one’s memory or nature of one’s learning strategies, respectively (WINNE 2001). To self-regulate learning optimally, information processing theorists recommend that teachers conduct a comprehensive analysis of students’ learning tasks. This information is used to help students to set appropriate goals for themselves, choose effective learning strategies, and self-evaluate their feedback. Self-regulation is optimized when goals are organized into hierarchies that enable learners to begin at a basic level and to continue to higher levels without outside guidance. Information processing research has shown that goals are mastered more quickly if a learner engages in strategic planning. Learning strategies are "if--then" rules for transforming information into more useable forms, such as using a memory strategy that converts a list of names into let-

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ters of an abbreviation. Strategies can greatly facilitate learning if they are matched appropriately to a learner’s task (PRESSLEY/MCCORMICK 1995). When specific goals guide self-monitoring, they also influence a student’s implementation and adaptation of learning strategies. The self-regulatory processes of goal setting, metacognitive monitoring, and adaptation form a recursive feedback loop (MILLER/GALANTER/PRIBRAM 1960). During recursive cycles, learners respond to "negative" feedback indicating a discrepancy between their performance and an evaluative standard. This discrepancy reflects limitations in learners’ self-regulatory control and compels them to reapply or adapt a strategy. If these efforts are successful (i.e., feedback is no longer negative), learners can shift their goals to a higher level in the hierarchy. Information processing theorists emphasize that metacognitive monitoring of one’s feedback plays a crucial role during learning. This form of self-monitoring provides the window of awareness on the quality of one's functioning, and it leads to self-evaluations of matches and mismatches between one’s current outcomes and standards, which provide the impetus for further learning. Thus, from an information processing perspective, students’ ability to self-regulate their learning depends on processes that facilitate their induction and transformation of information into a more personally effective form. 1.4

Volitional Views of Self-Regulated Learning

Volitional conceptions of self-regulation focus on the importance of human will power. Although the Will was derived initially from theological assumptions of divinely endowed Free Will, it was envisioned as a distinct psychological faculty by the Wurzburg School in Germany early in the 20th century. According to their view, people's wills are manifested in their intentions to act. According to contemporary volitional theorists (CORNO 2001; KUHL 1984, 2000), these intentions enable learners to persist during efforts to acquire difficult skills. Volitional researchers contend that even motivated learners can become distracted by task-irrelevant thoughts, such as anxiety about impending performance or rumination about prior errors. Action-oriented cognitions, such as attention focusing strategies, enable learners to screen out competing-action tendencies and remain focused on the current intention, whereas state-oriented cognitions are preoccupied with emotional states or feelings of doubt. KUHL (1984) suggests that people are greatly influenced by their dominant volitional orientation but that perspective can be improved by adopting volitional control strategies. Volitional researchers (CORNO 2001; KUHL 1985) have identified two major classes of self-control strategies: covert and overt. The first class of covert strategies are metacognitive (i.e., attention control, encoding control, and information processing control). A second class of covert strategies focuses on affect or emotional control (e.g., anxiety blocking thoughts), and the third class of covert strategies focuses on motivational control (e.g., incentive escalation and causal attributions). There are two overt classes of volitional processes: behaviorally controlling one’s learning environment and other persons in that context. It is important to note that volitional strategies are designed to influence learners' intentions to learn rather than their learning per se. For example, attention-control strategies, such as diverting one's eyes from distracting stimuli, seek to preserve initial intentions to learn rather than to improve learning directly. Similarly, environmental control strategies, such as shutting off a noisy radio, seek to sustain intentions to learn. Thus, from a volitional perspective, students’ ability to self-regulate their learning depends on

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processes that can sustain their intentions to learn, especially on lengthy tasks under demanding conditions. 1.5

Vygotskian Views of Self-Regulated Learning

Researchers in this theoretical tradition view of self-regulation as a sociocultural, developmental phenomenon (MCCASLIN/HICKEY 2001). According to VYGOTSKY (1962), children internalize self-regulatory knowledge and skill from social interactions with adults. Language plays a key role in children’s self-regulatory development. At birth, infants’ responses are controlled externally by the physical properties of their environment, but through repeated exposure to the speech and actions of adults in the sociocultural milieu, children grasp the self-regulatory power of selfdirective comments. Children’s first step toward self-regulation occurs when they begin to use the language (or other symbols) of others to guide themselves. That is, self-regulation begins at an interpersonal level through contact with adults, and it is gradually internalized by children. Eventually, through the mediation of inner speech, children can direct themselves at an intrapersonal level. When it is internalized, inner speech is assumed to have a dynamic of its own. It is envisioned as a tool that enables learners to act upon the physical and social reality of their immediate environment to produce a more adaptive level of mental, physical, and social functioning. Thus, language serves two inter-related functions in VYGOTSKY'S theory: dialogue and self-regulation. Interactive dialogues between adults and children serve as a vehicle for conveying and internalizing culturally important skills. This dialogic function of language has been discussed as a form of ideational scaffolding (BRUNER 1984) because an adults’ actions and verbal descriptions are gradually withdrawn as children acquire inner control over their learning. The self-regulative function of language emerges when inner speech becomes a personal resource for children’s learning. The latter function has been termed self-instruction in the literature on selfregulation, and there is evidence that it can enhance children’s ability to learn more effectively on their own (MEICHENBAUM 1977). Although VYGOTSKY'S theory was developed to explain young children’s self-regulatory development, contemporary advocates of his theory (MCCASLIN/HICKEY, 2001) suggest the underlying processes are also effective with older learners, such as when apprentices learn vocational skills from masters. The VYGOTSKIAN perspective is distinctive from other classical views of self-regulation by its emphasis on linguistically mediated social agents and on the functional role of inner speech. 1.6

Social Cognitive Views of Self-Regulated Learning

A social-cognitive perspective views one’s sense of self and methods of selfregulation as emerging from interactions between individual and members of influential social groups within a given society, such as parents, teachers, peers, and siblings. Specific self-regulatory processes are learned through observation and emulation as well through personal enactment experiences (SCHUNK/ZIMMERMAN 1997; ZIMMERMAN 2000). BANDURA (1986) has identified three interdependent selfregulatory processes: self-observation, self-judgment, and self-reaction. Selfobservation refers to people’s ability to selectively attend to certain aspects of their behavior and to ignore other aspects, such as when an apprentice journalist focuses

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on improving the conciseness of his or her news accounts while ignoring other aspects of his or her writing. Self-monitoring is not merely a mechanical audit of one’s performance; it is also influenced by pre-existing beliefs such as one’s goals and sense of self-efficacy. Self-efficacy refers to perceptions of personal competence in accomplishing specific goals (BANDURA 1997). Thus, apprentice journalists’ selfobservations will be influenced by the goals they set for themselves and their sense of self-efficacy about accomplishing them. A second source of motivation is one’s outcome expectations, which refer to beliefs about the ultimate consequences of a particular action, such as qualifying for a higher paying job. Self-judgment processes involve self-evaluative comparisons of one’s performance levels with a standard, such as one’s goals or the performance of others. Selfjudgments also include causal attribution processes, which refer to judgments of causality about personal outcomes. Learners who view positive outcomes as personally caused are more likely to persist in their learning efforts than learners who attribute positive outcomes to low task difficulty. Self-reaction processes refer to cognitive, affective, and behavioral reactions to one’s performance, such as adjusting one’s learning strategy, experiencing a sense of satisfaction, or reinforcing oneself. These three processes are interdependent. Self-observations are assumed to prompt learners to compare that information with a standard, and this self-judgment will determine a learner’s self-reactions. Social cognitive researchers have described the initial development of these three self-regulatory processes in terms of specific socialization experiences, such as modeling, verbal tuition, and social feedback (i.e., coaching). As these selfregulatory processes are mastered in a particular area of functioning (e.g., using a mechanical lathe), a learner’ reliance on social sources of support from a vocational teacher diminishes. However, self-regulated learners will personally initiate contacts with a teacher if subsequent employment experiences reveal gaps in their skill. Thus, a social cognitive perspective on a learner's academic and vocational development is distinctive because of its focus on powerful social learning experiences that convey three essential self-regulatory processes.

2.

An Integrative Phase Model of Self-Regulated Learning

This brief overview of these classical theories of self-regulation has revealed distinctive as well as similar underlying processes. Since there is a body of evidence confirming the importance of each of the processes that were discussed (SCHUNK/ ZIMMERMAN 1994; 1998), it is important for vocational educators to have an integrative account to guide their self-regulatory instruction. A model of self-regulation of learning that integrates processes from each of the classical traditions is presented in Figure 1 (ZIMMERMAN 2000). According to this model, students’ learning processes and accompanying motivational beliefs fall into three cyclical self-regulatory phases: forethought, performance, and self-reflection.

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Performance Phase Self-Control Task strategies Self-instruction Environmental structuring Self-reinforcement Attention focusing Emotion control

Self-Observation Metacognitive-monitoring Self-recording

Forethought Phase Task Analysis Goal setting Strategic planning Self-Motivation Beliefs Self-efficacy Outcome expectations Fig. 1:

Self-Reflection Phase Self-Judgment Self-evaluation Causal attribution Self-Reaction Self-satisfaction/affect Adaptive/defensive

Phases and subprocesses of self-regulation (from: ZIMMERMAN/CAMPILLO 2003, S. 239)

Forethought processes precede efforts to learn and are designed to enhance those efforts. Performance phase processes occur during learning efforts and are designed to improve action and self-monitoring. Self-reflection processes occur after learning efforts and are designed to optimize a person's reactions to his or her outcomes. These self-reflections, in turn, influence forethought processes and beliefs regarding subsequent learning efforts – thus, completing a self-regulatory cycle. The cyclical nature of this model enables it to explain shifts in learning over protracted periods where one’s goal is a continuing process of growth, such as during life-long learning.

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2.1

Forethought Phase

Measures of forethought fall into two major categories: task analysis processes and self-motivation beliefs. Two key forms of task analysis have emerged from information processing research: goal setting and strategic planning. In terms of goal setting, self-regulated learners set specific, proximal, and hierarchical goals for themselves whereas poorly regulated students are unstructured and vague about their goals (LOCKE/LATHAM 2002; SCHUNK 2001). In terms of strategic planning (WEINSTEIN/MAYER 1986; WINNE 1997), self-regulated learners select or construct strategies that enhance their performance by aiding cognition, controlling affect, and directing motoric execution (CORNO 199e; PRESSLEY ET AL. 1995; PARIS/BYRNES/ PARIS 2001). By contrast, poorly regulated students begin studying with unfocused plans and instead rely on performance outcomes to enhance their learning. Self-regulated learners’ willingness to engage in high quality forethought depends on their self-motivational beliefs. Two key beliefs have been emphasized by social cognitive theorists: self-efficacy and outcome expectations. Self-regulated learners believe firmly in their efficacy to learn new skills, such as using a computer program to design a home, whereas poorly regulated learners doubt their capacity to manage the task on their own. Self-regulated learners also have high expectations regarding the outcomes of their learning, such as qualifying for a desired profession whereas poorly regulated learners expect less success from their efforts to learn. The volitional strategy of incentive escalation (intentionally thinking of positive outcomes) seeks to increase the strength of one’s outcome expectations. 2.2

Performance Phase

These phase processes have been grouped into two major classes: self-control and self-observation. Self-control methods vary considerably in their classical theoretical origins. For example, the importance of task strategies (e.g., steps for writing essays) and metacognitive monitoring were emphasized by information processing theorists whereas self-observation was stressed by social cognitive theorists, and self-recording was recommended by operant theorists. Self-regulated learners deploy strategies that were planned during the forethought phase whereas poorly regulated learners tend to plunge into learning tasks without an explicit strategy to guide them. Among the strategies that have been studied is self-instruction for guiding one’s thoughts (VYGOTSKY’S emphasis) and actions (SKINNER’S emphasis). Environmental structuring strategies (e.g., setting up an orderly workbench to enhance the quality of one’s work) and self-reinforcement strategies, (e.g., spacing a break after a proximal goal is accomplished) owe their origins to operant theorists. Attention focusing and emotional control strategies can be traced to volitional theorists. Self-regulated learners engage in systematic forms of self-observation, such as metacognitive monitoring and behavioral self-recording. By contrast, poorly regulated learners have trouble tracking personal outcomes metacognitively because they have not set specific goals for themselves during forethought (BORKOWSKI/ THORPE 1994). Furthermore, poorly regulated learners fail to appreciate the potential advantages of behavioral self-recording, such as increasing the proximity, informativeness, accuracy, and valence of feedback regarding one’s performance (ZIMMERMAN/KITSANTAS 1996).

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2.3

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Self-Reflection Phase

These phase processes are grouped into two major classes: self-judgments and self-reactions, which complete Bandura’s social cognitive model of self-regulation. Self-judgments involve self-evaluating one’s learning performance and attributing causal significance to the outcomes. The process of self-evaluation was emphasized by phenomenological, information processing, and social cognitive theorists whereas the process of causal attributions was stressed by volitional and social cognitive theorists. Self-regulated learners’ self-evaluate by comparing their selfmonitored outcomes to their forethought phase goals as a standard. By contrast, poorly regulated learners lack appropriate standards because they failed to set specific goals during forethought, and as a result, they fail to evaluate or must fall back on often inappropriate social comparisons with classmates to judge their effectiveness. Self-evaluative judgments are linked closely to causal attributions about the results of learning efforts, such as whether students’ failure is due to their limited ability or to insufficient effort. Poorly regulated students often attribute their errors to uncontrollable causes, such as fixed-ability, whereas self-regulated students attribute errors to controllable causes, such as ineffective learning strategies. Attributions to uncontrollable variables discourage poorly regulated students from further learning efforts (WEINER 1979) whereas attributions of errors to controllable variables sustain further efforts to learn (e.g., ZIMMERMAN/KITSANTAS 1996; 1997). There are two key forms of self-reactions to learning efforts: self-satisfaction and adaptive inferences. As discussed by phenomenologists, self-satisfaction refers to perceptions of satisfaction or dissatisfaction and associated emotions regarding one’s performance, such as elation or depression. Students will pursue courses of action that result in satisfaction and positive affect and will avoid courses that produce dissatisfaction and negative affect (BANDURA 1991; BOEKAERTS/NIEMIVIRTA, 2000). Unlike poorly regulated learners, self-regulated ones make their selfsatisfaction dependent upon reaching their learning goals, which helps them to direct their actions and persist in their efforts (SCHUNK 1983). Self-reinforcement is a behavioral technique that operant theorists use to enhance their self-satisfaction. The second form of self-reactions involves adaptive or defensive inferences, which are conclusions about whether one needs to alter his or her approach during subsequent efforts to learn. Self-regulated learners make adaptive inferences, such as by choosing a more effective strategy (CLEARY/ZIMMERMAN 2001), but poorly regulated students often resort to defensive inferences, which serve to protect them from future dissatisfaction and aversive affect (GARCIA/PINTRICH 1994). Phenomenologists and volitional theorists are especially concerned about defensive selfreactions, such as helplessness, procrastination, task avoidance, cognitive disengagement, and apathy. According to the three-phase model, students’ self-reactions to learning efforts influence their forethought processes regarding further efforts to learn, thus completing the self-regulatory cycle. In support of this model, there is evidence that positive self-satisfaction reactions of self-regulated students strengthen their self-efficacy beliefs about further efforts to learn (ZIMMERMAN/KITSANTAS 1997; 1999). These enhanced self-motivational beliefs are the source of self-regulated learners’ greater sense of personal agency about continuing their cyclical self-regulatory efforts to eventually reach a solution. In contrast, the self-dissatisfaction reactions of poorly regulated students reduce their sense of efficacy and willingness to continue their learning efforts.

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3.

Implications for Vocational Educators

Preparing vocational education students for life-long learning involves more than conveying the latest academic or vocational knowledge; it also involves preparing students to regulate themselves as learners and workers. Self-regulated learners are distinguished by their personal initiative and perseverance in detecting deficiencies in their skills, setting appropriate training goals for themselves, finding suitable sources of self-instruction, following through despite set backs, and self-evaluating improvements in skill realistically. A three-phase cyclical model was presented that describes the interrelation of widely discussed self-regulatory processes and beliefs. By engaging in advantageous forms of forethought, learners can perform better and self-reflect more effectively on their personal outcomes. This integrative model seeks to explain cyclically the persistence and sense of personal fulfillment of selfregulated learners as well as the avoidance and self-doubts of poorly regulated ones.

4.

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MONIQUE BOEKAERTS & JEROEN S. ROZENDAAL Self-regulation in Dutch Secondary Vocational Education: Need for a More Systematic Approach to the Assessment of Self-regulation Abstract: Educational research has shown repeatedly that the quality of learning depends largely on students’ ability to self-regulate. This process refers to mindfully selecting (meta-) cognitive strategies, and maintaining motivation, positive self-expectations, and persistence when problems are faced. In this chapter, we begin with an overview of studies on self-regulated learning in secondary vocational education conducted by our research group since 1995. In general, these studies aim at exploring the effects of social-constructivistic instruction principles in educational practice. Specifically, these studies focus on students’ (meta-) cognitive strategy use and motivation, students’ and teachers’ ability to take on their new roles and their perceptions of the learning environment, cooperative learning processes, and maladaptive social behavior. Next, we describe our current attempts to study the alignment of goals, instruction, and assessment with respect to all relevant components of selfregulation. Kurzfassung: Die pädagogische Forschung hat wiederholt gezeigt, dass die Qualität des Lernens wesentlich von den Selbstlernfähigkeiten der Lernenden abhängt. Dieser Prozess verweist auf die aufmerksame Auswahl (meta-)kognitiver Strategien, die Aufrechterhaltung von Motivation, ein positives Selbstkonzept und Beharrlichkeit bei auftretenden Problemen. Im Beitrag wird zunächst ein Überblick über Studien zum selbstregulierten Lernen in der beruflichen Bildung gegeben, die von unserer Forschergruppe seit 1995 durchgeführt wurden. Üblicherweise zielen diese Studien auf die Erforschung der Wirkungen sozial-konstruktivistischer Instruktionsprinzipien in der erziehungswissenschaftlichen Praxis. Insbesondere fokussieren die Untersuchungen den Einsatz (meta-)kognitiver Strategien der Lernenden, deren Motivation, die Fähigkeit der Lehrenden und Lernenden neue Rollen einzunehmen und die veränderten Lernumgebungen wahrzunehmen, kooperative Lernprozesse sowie soziales Fehlverhalten. Den Abschluss des Beitrages bildet eine Beschreibung der aktuellen Aktivitäten zur Erforschung von Zielformulierung, Instruktion und Bewertung unter Berücksichtigung aller relevanten Komponenten der Selbstregulation.

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For many years, researchers have argued that successful students are selfregulating their learning processes; they select and combine cognitive and metacognitive strategies that are appropriate for the pursuit of the learning goals and, in addition, they combine motivation, positive self-expectations and persistence in the face of difficulties. Since 1995 our research group has been engaged in the promotion of self-regulated learning (SRL) in vocational schools in the Netherlands. In this chapter, we will first give an overview of the studies that we conducted in this type of education in an attempt to bring the behavior of students and teachers in line with the new student and teacher roles (BOEKAERTS/SIMONS, 1995). These studies include explorations of the relation between deep-level and surface-level information processing (ROZENDAAL, 2002; ROZENDAAL/MINNAERT/BOEKAERTS, 2003; 2005; WITTEMAN, 1997), teachers’ ability to take on the new teacher role and student perceptions of the quality of the learning environment (VAN VELZEN, 2002; 2004; VAN VELZEN/TILLEMA, 2004, VAN GRINSVEN, 2003; VAN GRINSVEN/TILLEMA, 2006), goal preferences and motivational self-regulation (HIJZEN, 2006; HIJZEN/BOEKAERTS/ VEDDER, in press a, b, c, d; DE KONING/BOEKAERTS, 2005; VEDDER/BOEKAERTS, in press), monitoring the quality of cooperative learning processes (MINNAERT/BOEKAERTS/DE BRABANDER, in press), comparisons of effective and ineffective teams in collaborative learning (HIJZEN/BOEKAERTS/VEDDER, in press c), and maladaptive social behavior in the classroom as a form of goal frustration (KOERHUIS, 2006; KOERHUIS/BOEKAERTS, in press a; b). Secondly, we will describe, in brief, our current attempts to study the alignment of student goals, instruction, and assessment procedures with respect to all relevant components of self-regulation.

1.

Studying Self-Regulated Learning in Vocational Schools

1.1

Redefining Learning and Teaching Towards Social Constructivism: Implementation and Effects of the Interactive Learninggroup System

Our endeavors in vocational schools started through experimentation with a selfregulated learning based innovation program called the Interactive Learninggroup System, henceforth called ‘ILS’ (WITTEMAN, 1997). This innovation was triggered by the introduction of the Dutch educational and vocational training act (WEB, 1996) which, on the one hand, underlined the importance of a substantial practical component in this type of education, and on the other emphasized the need for a new instruction approach which would empower students to steer and direct their own learning in school and beyond. ILS aimed at the latter goal. The core of this innovation program consisted of several projects that targeted simultaneous behavioral change in students, teachers, and school managers in order to improve the students’ self-regulatory skills.

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1.1.1 Powerful Learning Environments: Identifying a Set of Instruction Principles and Defining SRL We first established a partnership between several large vocational schools in The Netherlands and discussed with these partners a common definition of what is really meant when we say that we want to improve students’ self-regulatory skills. We also identified features of the learning environment that we considered essential for the promotion of self-regulated learning in vocational schools. These features were synthesized from good practice and from three main bodies of knowledge, namely the literature pertaining to social constructivist learning (e.g., PALINCSAR/BROWN, 1984), cooperative learning (e.g., SLAVIN, 1996), and the promotion of deep-level information processing (ENTWISTLE, 1992; VERMUNT, 1992). Based on these sources we identified the main instruction principles that set the standard for a qualitatively good lesson plan and later called these principles “the ILS instruction principles”. These instruction principles are: Prepare group assignments at home and write them on the blackboard as soon as you enter the classroom; activate students’ prior knowledge; prepare the students for group assignments by providing essential background knowledge; invite them to work collaboratively in Interactive Learninggroups; coach student behavior; give feedback on what is learned, and evaluate the progress that is made at the end of the lesson (WITTEMAN, 1997; ROZENDAAL/ MINNAERT/BOEKAERTS, 2005). It was assumed that teacher adherence to this set of instruction principles guarantees that teachers are teaching according to the principles of social constructivism, in which knowledge is actively and socially construed instead of passively and individually absorbed. One of the main features of a powerful learning environment is group composition. In ILS, the heterogeneous ‘Interactive Learninggroups’ consist of four to five students with contrasting learning styles and personality traits. It was hypothesized that learning in such groups would provoke a cognitive conflict in students, which makes them more receptive for learning (WITTEMAN, 1997; ROZENDAAL, 2002). Furthermore, it was hypothesized that students would learn from and with each other by merely experiencing approaches to learning that are deviant from their own and that this would automatically extend their repertoire of learning strategies. In order to achieve heterogeneity of learning styles, we measured personality traits and learning strategy preferences using a self-report instrument, called Selector (BOEKAERTS/MINNAERT/WITTEMAN, 2001). This questionnaire produces a profile for each student and a computer program determined the most preferable combinations of students in interactive learning groups in terms of their personality traits and learning strategy preferences. At the start of the ILS-intervention program we had some ideas about the nature of self-regulated learning in the classroom. Our initial hypotheses of the program’s effects were that teacher adherence to the ILS-principles would increase deep-level and concrete information processing as well as self-regulation, and would decrease surface-level information processing as well as dependence on external regulation in secondary vocational education students. Surface-level information processing refers to the use of cognitive strategies such as analyzing, repetition, and memorizing (VERMUNT, 1992). Concrete information processing refers to the use of similar cognitive strategies, enriched with concretizing and application. Students who use deep-level information processing actively select relevant parts of the text and structure the information, relating it to previously encoded information. They also critically reflect on the content of the text.

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Self-regulation refers to the students’ ability to initiate various self-regulation strategies, meaning that they display self-initiated metacognitive strategies, such as orienting, planning, executing, monitoring, testing, diagnosing, remedying, evaluating and reflecting (BROWN, 1987; VERMUNT/VERLOOP, 1999; WEINSTEIN/MAYER, 1986). In accordance with VERMUNT, we contrasted this form of internal regulation with external regulation, where the teacher or a more advanced peer takes over or assists the self-regulation process by actively guiding and directing the students’ learning process. Note in this respect that the more external regulation is given to the students, the less space remains for them to self-regulate their own learning. This conclusion as well as the differences between surface- and deep-level information processing and between internal and external regulation were communicated to the participating teachers.

1.1.2 Contrasting Deep-level and Surface-level Information Processing In a small scale quasi-experiment, WITTEMAN (1997) found empirical evidence for the increase of deep-level information processing and internal regulation under the influence of ILS-instruction. These promising results led to a wide-spread implementation of the ILS-teaching method in secondary vocational education. More specifically, we concentrated on promoting deep-level information processing in the classroom by implementing the ILS-instruction principles for the design of powerful learning environments. We encouraged teachers in the participating schools to adopt the ILS-principles in the classroom. Our efforts were directed at steering the behavioral change process in the participating schools through on-the-job training for teachers, increasing social interaction between students, teachers, and coordinators, and ensuring sustained effort by enlisting undivided managerial support (BOEKAERTS/ MINNAERT, 2003). Since a growing number of schools were involved in the ILS-innovation program, new possibilities for studying the effects of ILS emerged. ROZENDAAL (2002) performed a longitudinal study to further explore WITTEMAN’S findings among first year secondary vocational education students. The main hypotheses were that students of teachers, who had adopted the ILS-instruction principles, would show decreased surface-level information processing in favor of deep-level information processing. At that time it had also become evident that the quality of the learning environment had an effect on affective variables, which in turn, influence the information processing mode that the students employ. Hence, we predicted that the motivation of the students who were taught according to the principles of ILS would increase and that their anxiety would decrease. The study showed that teachers only managed to adhere to a limited set of ILSprinciples: the teachers in the high ILS-adherence group reported frequent use of collaborative learning and coaching during collaborative learning, but they reported infrequent use of feedback and only average adherence to the other principles (ROZENDAAL/MINNAERT/BOEKAERTS, 2005). Especially the neglect of feedback (ILSprinciple 6) and evaluation of progress at the end of a lesson (ILS-principle 7) is recurrent in vocational education and deserves increased attention, since feedback and assessment are inherent in and prime determinants of processes that constitute self-regulated learning (BUTLER/WINNE, 1995). ROZENDAAL (2002) showed that only a small subset of the teachers in our studies had adhered to these principles. We admit that these instruction principles had not received appropriate emphasis during

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the ILS-training sessions which explains why the teachers who reported using feedback only made correctional remarks with respect to student off-task behavior. Granted, this kind of feedback might also serve a purpose, but it does not relate to the promotion of self-regulatory competence as intended in ILS. It appeared that teacher adherence to the curtailed version of ILS yielded a positive relation between motivation measured at the beginning of the school year and deep-level information processing measured six months later, and vice versa. Under this condition, a significant increase in reported deep-level information processing was observed in all students. By contrast, weak teacher adherence to ILS (meaning that teachers used mainly direct teaching), coincided with a decrease in deep-level information processing. The employ of surface-level information processing used by the students remained equal to the level observed before the start of the intervention program. It was noted, however, that after six months, student motivation was associated with the use of deep-level information processing rather than surface-level information processing. BOEKAERTS and MINNAERT (2003) explained that the ILS-conditions may have affected student motivation differentially. For the students who already had access to deep-level information processing at the beginning of the project, the ILS-conditions formed a favorable backdrop against which they could further develop their strategy use, allowing them at the same time to develop their motivation strategies (i.e., selfconfidence, interest in learning and persistence). However, the ILS-conditions may have forced those students, who dominantly relied on surface-level information processing at the beginning of the project, to replace their preferential strategy use with strategies that somebody else deemed important. This persuasion promoted compliant behavior rather than intrinsic motivation. Anxiety remained stable over time in the strong and weak adherence-condition, which indicated that SRL based programs may not be able to solve problems of anxiety and insecurity (formerly) associated with direct teaching (ROZENDAAL/MINNAERT/BOEKAERTS, 2005).

1.1.3 Misconceptions About Learning In the course of the ILS-innovation program we discovered that there is a mismatch between the goals that students and teachers pursue in the classroom. For instance, it became apparent that the mere promotion of deep-level information processing strategies at the expense of surface-level information processing does not work. We also came to understand the value that students attach to different information processing modes and we discovered that deep-level information processing is relatively independent of surface-level information processing and that students see different purposes for these processing modes (ROZENDAAL/MINNAERT/ BOEKAERTS, 2003). Teachers and researchers should be able to differentiate between different purposes of using the surface-level and deep-level information processing modes. For example, surface-level information processing can be viewed as a preparation phase to gain prior knowledge before proceeding to acceleration of information processing at a higher level. Surface-level information processing can also be seen as a finalization phase – after deep-level information processing has produced a high level of understanding. It is a form of perfection. An example would be to memorize the outcomes of one’s critical thinking processes. ENTWISTLE (2000) argued that this form of memorization is typical for Asian students. These students

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emphasize the role of repetition with ‘attentive effort’. By such effort Asian students try to discover new meanings in the materials studied, in order to deepen their understanding (DAHLIN/WATKINS, 2000). Our misconception was that we considered the surface-level information processing mode exclusively as a short-cut strategy that students use in order to save effort and invest time and energy in non-learning activities. We believed – and communicated to the participating teachers – that surface-level information processing is always inferior to deep-level information processing.

1.2

Studying Teachers’ Ability to Take on the New Teacher Role in SVE

Although we encouraged teachers in secondary vocational education to adhere to the ILS-instruction principles, we also applauded their attempts to apply the principles of social constructivism in a unique way. VAN VELZEN’S (2002) study investigated the effect of direct teaching versus coaching (ILS principle 5) on the development of self-reflective thinking in secondary vocational education students and VAN GRINSVEN’S (2003) study explored the functional relations between the powerful learning environments that teachers had created themselves and their students’ perception of the quality of these environments.

1.2.1 Assessing Self-regulative Coaching VAN VELZEN’S study took as a starting point that self-reflective thinking is a crucial component of self-regulated learning that helps students to build up meta-cognitive or conditional knowledge that they need to draw on when self-regulation is called for. VAN VELZEN differentiated between knowledge of cognition and regulation of cognition, which she defined as “the ability of students to be self-aware of their thinking, i.e., knowledge of cognition, and of students being strategic in managing their learning, i.e., regulation of cognition” (VAN VELZEN, 2004, p. 1175). In order to assess self-reflective thinking, she developed and validated the Self-reflecting Thinking Questionnaire, which helps teachers to determine the zone of proximal development of their students in terms of self-regulation. Research with this questionnaire (VAN VELZEN, 2002; 2004; VAN VELZEN/TILLEMA, 2004) showed that not many students in secondary vocational education use self-reflective thinking. They have low knowledge of cognition and are low on the regulation of cognition. Her studies also showed that asking questions that promote self-reflective thinking is not common practice among secondary vocational education teachers, but that teachers who provided appropriate guidance did influence the level of self-reflective thinking in their students. The latter teachers were identified by their students as promoting self-reflective thinking, which was characterized by showing understanding, being helpful, enthusiastic about the domain, being certain, not easily being discontented about student answers and not always correcting. These teachers were often considered to be self-regulative coaches, that is, their teaching was perceived as led by students’ own intentions and behaviors rather than by the teacher's intentions. Students reported that these teachers asked many self-reflective questions (VAN VELZEN/TILLEMA, 2004).

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1.2.2 Comparing Powerful Learning Environments in SVE VAN GRINSVEN (2003; VAN GRINSVEN/TILLEMA, 2006) compared student and teacher perceptions within four powerful learning environments, which she had observed in Dutch secondary vocational education, and contrasted them to direct teaching. These powerful learning environments were (1) working individually in an open learning center; (2) problem-guided education; (3) project based education; and (4) product oriented environments with fading teacher guidance. All four learning environments share cooperative learning as a determining characteristic. VAN GRINSVEN found extensive differences in the level of self-regulation that students are encouraged to employ in the different learning environments. The attention given to the process of ‘learning to learn’ also differed in these learning environments. VAN GRINSVEN reported that teachers felt most self-efficacious under conditions of direct-teaching and problem-guided education and that the students’ sense of autonomy was positively related to the level of self-regulation they were allowed to employ. Their sense of autonomy was at its lowest point in direct teaching and powerful learning environment 1, namely working individually in an open learning center. Problem-guided education (i.e., the environment that included both opportunities for self-regulation and in which the ‘learning to learn’ process is explicitly addressed by the teachers) was positively related to students’ perception of teacher support. Admittedly, increased perception of teacher support was reported only when teachers focused explicitly on the ‘learning to learn’ process. Perceived teacher support reached its lowest rate when teachers did not explicitly address the ‘learning to learn’ process, namely in product oriented learning environments with fading teacher guidance. In this learning environment the highest levels of strict and controlling teacher behavior were observed as well as high teacher uncertainty. VAN GRINSVEN suggested that problem-guided education, which allows ample opportunities for self-regulation combined with explicit attention to the ‘learning to learn’ process, is to be preferred above the other three powerful learning environments that were observed in Dutch secondary vocational education. This conclusion is based on perceived increases in student autonomy and teacher autonomy support. What does VAN GRINSVEN have to say about direct teaching? She admitted that the highest levels of intrinsic task value and the lowest levels of test anxiety were observed during direct teaching. Should these unexpected positive results alter her conclusion about the beneficial effect of problem-guided instruction? We think not. Self-determination theory informed us that students’ perception of autonomy is associated with intrinsic motivation (DECI ET AL., 1981; GROLNICK/RYAN, 1989), satisfaction (DECI ET AL., 1981), and high performance in various settings (BENWARE/DECI, 1984; KOESTNER/RYAN/BERNIERI/HOLT, 1984). Probably, the noted lower intrinsic task value and higher anxiety in the powerful learning environments was caused by students’ and teachers’ unfamiliarity with the innovation procedures, particularly with ill-defined tasks and the assessment procedures. VAN GRINSVEN cautioned, however, that researchers should be careful when drawing conclusions connected to a mode of instruction, since the level of implementation might be at variance between schools; very often vital characteristics of the innovation get lost in the implementation process. This conclusion was supported by ROZENDAAL’S study (2002), in which much variance in teacher adherence to single ILS-instruction principles was observed. Interestingly, ROZENDAAL also noted increased performance anxiety under conditions of ambiguous ILS-implementation. An alternative explanation for students’ low perceived task value in problemguided education is that they resent having to invest extra energy in the use of self-

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regulation strategies, particularly when they observe that it does not yield any benefits in the assessment measures that are used (for a more detailed discussion of value for effort, see BOEKAERTS, 2006). In this respect, VAN GRINSVEN (2003) remarked that the assessment practices used in most schools for vocational education are still in an experimental phase. Nevertheless, she urged teachers to be clear about the criteria by which students’ performance will be evaluated, for these criteria will greatly influence the valuation of tasks and teacher behavior, even in intrinsically motivated students. Also, teacher clarity about the learning goals that need to be attained within a course has an impact on student motivation and behavior. Therefore, proper alignment of learning goals, instructional means, and assessment procedures are essential to change secondary vocational education students’ perception of the learning opportunities that are created.

1.2.3 ILS-studies: Disappointing Results? BOEKAERTS and MINNAERT (2003) summarized the ILS-studies as follows: The conclusions with respect to ILS are still inconclusive and this is largely due to the experienced difficulty to convince teachers to adhere to all the ILS-instruction principles during the whole intervention period. As a result of poor adherence, we did not manage to collect valid evidence on the effects of the assessment-guided group composition and the self-regulation processes it yielded. Nevertheless, the implementation of Selector in secondary vocational education schools – as realized in the ILS intervention program – showed that school leaders and teachers are fundamentally open to and enthusiastic about the use of assessment instruments to shape and guide the learning environment in such a way that self-regulated learning is fostered. On hindsight, we must admit that some of our presumptions of ILS and selfregulated learning were naive. We have already mentioned some of the misconceptions we had and pointed to the fact that training in feedback and assessment procedures was largely absent in the teacher training sessions. At this point in the discussion we also want to point to three important insights. First, new research findings highlighted the conditional role that teachers’ and students’ epistemological beliefs play in cooperative learning. Second, it became clear that creating a cognitive conflict is essential in cooperative learning and that this is a complex process. Third, researchers pointed out that an essential ingredient of self-regulation is the students’ ability to accurately predict their achievement. These three important topics will be briefly discussed before we address the most important insight we gained, namely that more progress in the development of self-regulation in secondary vocational education can be achieved provided we train teachers explicitly to model and scaffold students’ motivational self-regulation.

1.2.4 Teachers Need to Adopt Relativistic Ideas About Knowledge The origin of the preference for cooperative learning in social constructivist instruction designs lies in its relativistic epistemological notions. In relativistic views of knowledge, beliefs and opinions can only receive the tentative state of valid knowledge through inter-subjective agreement, which can be reached during scientific discourse, but may fade away or alter when new information is brought to light. To

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mimic this scientific process of knowledge construction in the classroom, cooperative learning was introduced; students discuss the subject matter and engage in joint problem-solving, a process that should be scaffolded and is coached by the teacher. It is of vital importance that teachers learn to act as facilitators of the discussion. This is a difficult task since they often do not have first-hand experience with scientific inquiry and they might feel insecure in promoting the discussion when they are not confident in their mastery of the subject matter (WEAVER, 1998). To fully understand and participate in a process of joint simulated knowledge construction and to provoke this process, teachers should move away from an absolutistic view of knowledge in which valid knowledge is simply ‘out there’ and does not require discussion to reach deep-understanding of its’ value. Ample research suggest that relativistic beliefs about knowledge relate positively to motivation, cognition, self-regulation, volition, and academic achievement (BUEHL/ALEXANDER, 2001; HOFER, 1994; PERRY, 1981; PINTRICH/DE GROOT, 1990; ROZENDAAL/DE BRABANDER/MINNAERT, 2001; RYAN, 1984; SCHOMMER, 1990; SCHUTZ/PINTRICH/YOUNG, 1993). Furthermore, ROZENDAAL, DE BRABANDER and MINNAERT (2001) cautioned that absolutistic views of knowledge in students and teachers make students want to work in cooperative learning groups as a form of help-seeking behavior, instead of an inclination towards knowledge construction. It is important to realize that epistemological beliefs are conditional to selfregulated learning as well as an outcome of self-regulated learning, and that therefore change is not easily acquired. HOFER and PINTRICH (1997) proposed ‘cognitive disequilibrium’ as a trigger for conceptual change: Students and teachers “must be dissatisfied with existing beliefs, must find alternatives intelligible and useful, and must see a way to connect new beliefs with earlier conceptions” (p.123). The environmental press for change may come from educational encounters, but then teachers should be more aware of how to communicate a more constructive way of knowing, since often the classroom structure of teachers – even of those teachers who say they promote constructivism – provides reinforcement of memorization, whereas the reward structure promotes it (SCHOENFELD, 1988).

1.2.5 Teachers Need to Know How to Promote Cognitive Conflict In the social constructivistic view of learning, prior knowledge is explicitly taken into account. In order to learn new concepts, old concepts have to be altered or discarded. The cognitive conflict that arises through peer interaction is often put forward as an instructional strategy to provoke conceptual change. Teaching strategies like the presentation of anomalous data, the use of analogies, and cooperative and shared learning to promote collective discussion of ideas are ways to provoke cognitive conflict and conceptual change (LIMÓN, 2001). WEBB and PALINCSAR (1996) argued that a collaborative learning setting creates the opportunity for students to learn from each others task approaches and thus enrich their strategy repertoire. However, only a moderate level of cognitive conflict may have a positive influence on cognitive development. That leaves us with the questions: what is considered ‘moderate’ by whom? And who will benefit? Both questions are briefly discussed hereafter. MERENLUOTO and LEHTINEN (2004) explained that a cognitive conflict does not always lead to conceptual change (see also LIMÓN, 2001) and that two crucial aspects to the process are: the sensitivity to the new aspects in the situation, and the

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ability to regulate the tolerance of ambiguity resulting from the experience where the prior knowledge is not adequate. When students are interested in the subject and have motivational trust that the new knowledge is better than prior knowledge, conceptual change will result. However, when students have a wide cognitive distance to the new concept (no sensitivity) and/or are over-confident with respect to their prior knowledge (no tolerance) the cognitive conflict will pass unnoticed. For students to be able to deal with conflicting opinions, teachers should consider the distance between prior knowledge and the new phenomenon. Furthermore they should use teaching methods that support the development of meta-conceptual awareness and the use of meta-cognitive strategies in dealing with conflicting notions. LIMÓN (2001) urges that more factors than sensitivity and tolerance alone should be taken into account to explain the (non) occurrence of conceptual change. Motivation, learning strategies, epistemological beliefs, attribution processes as well as the characteristics of the teacher, and social and affective factors (e.g., the role of peers) form a complex that influences conceptual change. This underlines the necessity for teachers to have insight into the zone of proximal development of their pupils in all components of the self-regulated learning process to estimate how and when conceptual change in students can be acquired. In a study on the effects of collaborative learning on primary school children, FAWCETT and GARTON (2005) found that children working in dyads obtained higher achievement than individual children. However, only children of lower ability who collaborated with higher ability children benefited significantly. In a study on the effects of dyad composition on the magnitude of cognitive conflict and achievement, FUCHS and colleagues (1998) found that homogeneous dyads of high ability students operated more collaboratively, generated greater cognitive conflict and resolution, and produced better quality work than students in heterogeneous dyads. Consequently, teachers should adapt the composition of dyads to the goals they want to achieve. When they pursue an increase in the level of achievement in low ability students, heterogeneous ability dyads may serve their goal, but when the goal is to promote cognitive conflict and an intense learning experience for both low and high ability students, homogeneous ability dyads may be preferred.

1.2.6 Teachers Need to Promote Confidence-accuracy Calibration in Their Students Several researchers working in the area of self-efficacy (e.g., BANDURA, 1997) argued that is essential that students have accurate beliefs about their capacity to do tasks in order to promote self-regulated learning. According to social cognitive theory, motivation and behavior are strongly influenced by self-efficacy beliefs. Selfefficacy is known to affect the choice of activities, effort, expenditure, and persistence in the face of obstacles (SCHUNK, 1983). Most research on self-efficacy involves measures that vary primarily from low to high with regard to specific tasks (CHEN, 2003), but there is another dimension of self-efficacy, confidence-accuracy calibration, which is particularly relevant for self-regulated learning and has immediate classroom implications. Confidence-accuracy calibration refers to the accuracy of students’ self-efficacy beliefs. Various reviews and meta-analyses have concluded that confidence (self-efficacy beliefs) and accuracy (calibration) are only weakly correlated at best (BREWER/KEAST/RISHWORTH, 2002; WEBER/BREWER, 2004). Empirical research has shown that just the accuracy of self-perception is cor-

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related with academic performance and with general mental ability (BREWER ET AL., 2002; CHEN, 2003; PAJARES/KRANZLER, 1995; WINNE/JAMIESON-NOEL, 2002; ZIMMERMAN/BANDURA/MARTINEZ-PONS, 1992). WINNE and JAMIESON-NOEL (2002) explained why calibration is of vital importance to self-regulated learning. Since monitoring is the cognitive operation on which self-regulated learning pivots (BUTLER/WINNE, 1995; WINNE, 2000), productive selfregulation requires good calibration of achievement and the use of study tactics. Students that are better ‘calibrated’ simply have more accurate information about how to (re)direct their own learning, which may result in better achievement. For teachers these results imply that special attention should be given to the accuracy of self-efficacy beliefs to boost self-regulation and performance. A simple, but effective approach is to let students predict their own performance before task completion and let them reflect on the accuracy of their prediction afterwards. By promoting this kind of reflection, self-perception of students as learners will become more realistic and thus a better determinant of academic success (ZIMMERMAN, 1995).

1.3

Studying Motivational Self-regulation

In the previous sections, we described our struggle with the definition of selfregulated learning as well as our efforts to ensure teacher adherence to the ILSprinciples. We also showed that the affective variables (value, motivation, anxiety) did not behave according to plan. At this point we would like to introduce ‘perception of choice’ in the discussion. WINNE (1995) argued that self-regulated learners will choose the most appropriate mode of information processing in line with the goals they set for themselves. Depending on what they want to gain from the learning experience (purpose), students’ mode of information processing will be shallow and less-demanding or more deep and engaged. In this respect, cognitive and motivation processes are largely intertwined in self-regulated learning. By the same token, self-regulated teachers will choose the most appropriate teaching mode dependent on the instruction goals they set for themselves; their instruction mode will change in accordance with what they want their students to learn. Therefore it is important to know which goals secondary vocational education students and teachers set for themselves during an intervention program and whether or not they match. It is important to study student perception of the learning goals in close connection to the instruction principles and the assessment procedures used because student perceptions are key ingredients in motivation. It is equally important to explore how students perceive different features of the learning environment and describe the factors that influence their goal setting and goal striving.

1.3.1 Personal Goals are Salient Determinants of Learning These issues were addressed in our motivational self-regulation research project (BOEKAERTS/DE KONING/VEDDER, 2005; HIJZEN, 2006; HIJZEN/BOEKAERTS/VEDDER, in press a, b). Central to this project was the notion that, given the increased emphasis on the principles of social constructivism in modern secondary vocational education, the students’ personal goals have become salient determinants of learning. Simultaneously, it became clear that the mastery versus performance goal dichotomy that has generated many studies in the past (AMES/ARCHER, 1988; DWECK,

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1986; URDAN, 1997) has become too limited too explain the (non) occurrence of self-regulated learning processes. BOEKAERTS (1998; 2006 argued that at any point in time, students pursue multiple goals and that these goals may be in conflict or in harmony (see also BOEKAERTS/CORNO, 2005). In their review of the literature on how goal-directed behavior relates to contextual factors in the classroom, BOEKAERTS, DE KONING, and VEDDER (2005 conclude that the interaction between the different content goals in the classroom has been understudied. They propose FORD’S taxonomy of multiple goals (FORD, 1992; FORD/NICHOLS, 1991), CARVER and SCHEIER’S hierarchical organization of goals (2000), and SCHWARTZ’S theory of basic human values (SCHWARTZ, 1992; SCHWARTZ/BARDI, 2001; STRUCH/SCHWARTZ/VAN DER KLOOT, 2002) as interesting candidates for the conceptualization of complex goal structures in education settings. Accordingly, they developed a goal inventory for secondary vocational education students based on Ford’s taxonomy of multiple goals, which was cross-culturally validated by VEDDER and BOEKAERTS (in press) and includes nine goal domains: belongingness, individuality, self-determination, superiority, mastery, material gain, self-confidence, safety, and satisfaction. This self-report instrument allowed the identification of secondary vocational education students’ most salient goals as well as the patterns of goals that they pursued. VEDDER and BOEKAERTS (in press) compared goal preferences between Dutch and Curaçaoan students in senior vocational education using the new instrument. Dutch students seemed to attach more importance to goals in the domain of individuality and belongingness than Curaçaoan students, whereas the latter students had a stronger preference for mastery and self-determination goals. They also found that females attached more value to mastery, self-determination, and satisfaction goals while males attached more value to superiority goals. In general, adolescents value individuality and superiority goals less than the other goals. As an explanation the authors suggest that this may be related to a preference in adolescence for strong peer relationships combined with a tendency to maximize pleasure and to minimize the risk of additional school tasks, resulting from insufficient academic achievements during school hours (BOEKAERTS, 2003; DU BOIS-REYMOND/METSELAAR, 2001). When actual goal attainment was taken into account, the picture of the differences between Dutch and Curaçaoan students changed. Dutch students perceived a better attainment of belongingness and material gain goals than Curaçaoan students did. For Curaçaoan adolescents, a discrepancy existed between goal preferences and perceived goals attainment. They also expressed strong value for material gain goals but reported less perspective on attaining these goals. Interestingly, the impact of classroom climate and the perceived availability of social support on goal attainment ratings were also explored. The impact of these contextual variables on perceived goal attainment was low for both Dutch and Curaçaoan students but stronger in Curaçao than in The Netherlands. In general, peers tended to have more influence than teachers. The perceived social support from parents was influential in Curaçao only. In the Curaçaoan group, a good relationship with classmates predicted the attainment of superiority goals. This finding is in line with another study by VEDDER (1999) who showed that social competence is distinct from standing out and bragging for Dutch students, while for Curaçaoan students these different social qualities are more easily combined. Finally, the availability of positive peer relationships contributed to the prediction of the attainment of belongingness goals. This is an important finding for schools that want to promote cooperative learning, since it

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indicates that the pursuit of pro-social goals is related to group cohesion and interpersonal interactions. In another study with the goal questionnaire, HIJZEN, BOEKAERTS, and VEDDER (in press a) investigated the relationships between the quality of cooperative learning, goal preferences, and perceptions of contextual factors of first year secondary vocational education students. One of their hypotheses was that the students’ perceived quality of cooperative learning is dependent on the goals they have set for themselves. In general, weak relationships were found between goal preferences and the perceived quality of collaborative learning. Following VAN VELZEN’S (2004) arguments, we propose that secondary vocational education students might lack awareness of their own goal preferences and consequently do not consider them when reflecting on the quality of the collaborative learning process. Another plausible explanation is that the measures used in this study were too general and that context specific measures might yield stronger effects. In line with the expectations of HIJZEN and colleagues, the perceived quality of collaborative learning was most strongly associated with social support goals, followed by belongingness goals, and mastery goals. Superiority goals had no relationship with the perceived quality of collaborative learning. Gender effects were also found. Females preferred mastery and social goals, whereas males had a stronger preference for superiority goals.

1.3.2 Fulfillment of Basic Psychological Needs: Effective and Ineffective Teams In the second study of HIJZEN, BOEKAERTS, and VEDDER (in press b) with the goal questionnaire, the goal preferences of effective and ineffective collaborative learning teams were compared along with their perception of the quality of collaborative learning and of facilitating and inhibiting contextual factors. Self-report questionnaires supplemented with video stimulated recall data revealed that students in effective collaborative learning teams tended to prefer mastery and social support goals along with certificate goals, whereas students in ineffective teams mentioned mainly certificate and entertainment goals, indicating that although getting a certificate was popular among these students, how and why to achieve this goal was vague and of minor importance. HIJZEN concluded that the latter students refused or were unable to reflect on their goals. In line with VAN GRINSVEN and TILLEMA (2006), HIJZEN and colleagues pointed out that student engagement can only be understood when the unique way in which they perceive characteristics of the learning environment are taken into account. Tasks which are interesting, supportive for the students’ future careers, and challenging engender student engagement. Likewise, learning environments in which the students’ basic psychological needs are fulfilled (need for competence, autonomy, and social relatedness; DECI/RYAN, 1985; RYAN/DECI, 2000) have a better chance of being perceived by the students as of high quality. In the study of HIJZEN and colleagues (in press b), ineffective team members often complained about their teachers not being there when they needed help; they required more assistance while cooperating, they felt a lack of expectations from the teachers, and reported that they experienced too much autonomy.

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Accordingly, for students to be effective during cooperative learning it is important that the teacher’s expectations with regard to task completion are clear to the students. Teachers need to be concise and predictable in their answers to student questions and provide ample feedback during the learning process. Furthermore, they need to strike a delicate balance between teacher guidance and student autonomy, determined by the student’s zone of proximal development. Finally, teachers need to guard the group cohesion to ensure ample social relatedness among cooperating students. Moderate group cohesion seems to be salient in effectively cooperating teams because too much group cohesion may become counterproductive. It is important that teachers monitor closely for students’ satisfaction of the three basic psychological needs and provide feedback on these important aspects of motivation.

1.3.3 Measuring the Quality of Working in Groups Monitoring group processes is not an easy task for teachers. They are expected to coach their students during cooperative learning, but often lack the tools to register students’ feelings of disconnection, lack of interest, and the reasons behind these feelings. It is our conviction that lack of instruments severely obstructs progress in educational practice. With regard to this problem, continuous pioneering work has been done by our research group. MINNAERT, BOEKAERTS, and DE BRABANDER (in press) constructed an on-line instrument called the Quality of Working In Groups Instrument (QWIGI) that registers to what extent secondary vocational education students’ basic psychological needs (autonomy, competency, and relatedness) are fulfilled or frustrated in the classroom and how these needs relate to the students developing interest. After some exploratory studies with the paper-and-pencil version of the QWIGI in higher education (BOEKAERTS/MINNAERT, 2006), an electronic version was explored in secondary vocational education. Students had to complete a set of questions electronically about their current interest in a group project as well as the fulfillment of their basic psychological needs. As soon as they had completed the questionnaire the various curves appeared on screen, depicting the student’s needs and interests longitudinally. As such, the online version provides immediate feedback to the students and allows them to view how current responses relate to previous ones. Data were also aggregated at the group level so that students could inspect the group curves and compare them with their own curves. It was the intention that this comparison would provoke mutual discussion about and reflection on their psychological needs and developing interest in the group project. The aggregated information was available to the teachers as well; it informed them on the waxing and waning of their students’ needs and interest. The QWIGI was used to monitor 114 secondary vocational education students’ psychological needs and examined how they related to the development of their personal interest in a group assignments that the students had to pursue during the entire school year. The group assignment concerned a free-chosen project that required the organization of an event or the establishment of a virtual firm or non-profit organization. Students had to select a project themselves, make a plan of action, execute it, monitor its progress, discover flaws and obstacles, re-design their plan of action, and assess it at the end. The course required students to go beyond what they had learned in the previous years in several of their courses. The respective course teachers acted as coaches during the project. Hence, the course involved

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team teaching and targeted the fostering of self-regulated learning in students and process-oriented teaching in teachers. The students worked one day a week on their group project during the entire school year. During that day each student was requested to complete the QWIGI electronically. The QWIGI data proved to be both reliable and valid. The students’ perception of autonomy during the project was associated with their perception of competence and social relatedness in all stages of the project. This association was still low in the initial stages of the project but increased over time. In the executive and wrapping up stages of the project, the three psychological needs were closely intertwined. The personal interest that the students expressed in their group project seemed to have a signaling function for the fulfillment of their basic psychological needs. Students enjoyed inspecting their own and their group’s curves and they reflected together on the reasons for increases or declines in interest. The students also frequently used the interface provided to communicate to the coaches that they had encountered obstacles and they sometimes asked explicitly for feedback. The online version of the QWIGI seemed to enhance students’ reflection about and involvement in the ongoing (social) learning processes. However, the study also showed that students’ meta-cognitive awareness about the core constraints and affordances in cooperative and independent learning only increased when teachers made longitudinal, deliberate, and mindful use of the QWIGI data and communicated with the students when they requested feedback. From this we conclude that when students express low interest in the group learning project, it is important for teachers to look at the reasons why the students’ basic psychological needs are not satisfied. Non-fulfillment of basic psychological needs implies that the students are currently not engaged in top-down self-regulation but are pre-occupied by cues in the learning environment that hinder self-regulation (for further discussion, see BOEKAERTS, 2006). These unfavorable learning conditions do not facilitate interest development. Therefore, it is important for teachers to look at the reasons why their students’ basic psychological needs are not satisfied for these needs act as a barometer for interest development.

1.4

School Identification and Alienation in SVE

In the previous section, we aluded that classroom and school characteristics foster or frustrate interest development, the fulfillment of psychological needs, and personal goals. The studies of VAN GRINSVEN and HIJZEN indicate that mismatches between student and teacher (school) expectations may lead to sub-optimal learning conditions and in the long run to school alienation. For this reason, BOEKAERTS and colleagues made an attempt to describe the factors that are salient in predicting school alienation and school identification. DE KONING and BOEKAERTS (2005) developed a model that explained school identification and alienation in secondary vocational education students. They reported that 40% of the variance in school identification could be explained by the students’ appraisal of course-utility, their perception of teacher expectation, and the extent to which they were alienated from school. Besides these key-predictors, a modest contribution to the prediction of school identification came from the adoption of mastery goals and superiority goals, home identification, and the perceived peer context.

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1.4.1 Teacher Variables Determine School Identification Perceived course utility and teacher expectation were determined by specific classroom practices, such as teacher humor, teacher involvement (38% and 53% respectively) and the students’ personal goals (1% each). The results confirm that teachers play a crucial role in raising course-utility by creating connections between the content of the lessons and the students’ future profession. The most important predictor of perceived teacher-expectation was teacher fairness, which is equated with the importance that students attach to the teacher’s judgment of their achievements. Interestingly, higher levels of mutual peer support increased the students’ confidence that teachers really believed in their potential to achieve. Self-determination and superiority goals and appraisal of personal respect also explained variance in perceived teacher expectation. This is an important finding for teachers in secondary vocational education; these results indicate that teachers, who overtly support their student self-determination, are likely to boost their students’ self-respect. Importantly, these forms of respect are obtained through a focus on personal progress, rather than through social comparisons. Only a small part of the variance in school identification could be predicted by the students’ personal goals. Mastery and superiority goals made a significant contribution: mastery goals had a positive influence on school identification whereas superiority goals inhibited school identification and affected students’ appraisal of teacher expectation in a negative way. Other personal goals (positive self-evaluation, entertainment, tranquility, support-acquisition, and belongingness) were not significant determinants of school identification. However, belongingness goals predicted course-utility and self-determination, indicating that student who attach value to belongingness and strive for it in the context of the classroom are more inclined to perceive their courses as worthwhile. Also, students who valued self-determination goals tended to believe that their teachers had trust in their capacity to achieve. School-alienation coincided with low course utility appraisals, weak mastery goals, a strong conception that reward and respect are dependent on skills and capacity, strong superiority goals, a perception of little teacher humor, and strong alienation from peers and home. It predicted 22% of school identification and is therefore a key-determinant. DE KONING and BOEKAERTS (2005) recommend that for alienated students, especially those in the lowest levels of secondary vocational education, proper advice regarding course and career choices should be given in order to restore school commitment. Teachers implicitly assume that their students’ aim is to acquire knowledge and skills that will help them to self-regulate their learning in school and beyond. They may be less aware that classroom and school characteristics foster or frustrate this goal. We have mentioned previously that students pursue multiple goals and that mastery goals may or may not be part of the students’ pattern of goals at a specific moment in time. Students may even have no clear learning goals at all. On many occasions, a mismatch may exist between teacher and curricular goals on the one hand and the goals that students pursue themselves on the other. Many causes for such mismatches have been revealed, including inefficient mastery of the standard language used in instruction, lack of social resources, poor school/peer identification, and high school alienation.

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1.4.2 Different Student Profiles HIJZEN, BOEKAERTS, and VEDDER (in press d) made a distinction between four different student profiles in secondary vocational education, namely the school disaffected profile, the weak communication/school bonding profile, school-adjusted profile, and the frustrated profile. The school disaffected students in the sample were characterized by a lack of clear goals, low identification with peers and school, and a lack of social resources, but they perceived their Dutch language proficiency as satisfactory. The latter students differed clearly from the school adjusted profile. School adjusted students were characterized by having clear goals (mastery, social, and belongingness goals), identification with school and peers, and plenty of social resources. Students characterized by weak communication/school bonding were low on Dutch language proficiency, had access to peer and teacher academic and social support, but they did not identify themselves with school and peers. Furthermore, they reported positive scores on school alienation. Note that the frustration of these students appeared to be person-related. The students in the frustrated profile also had clear goals and they were satisfied with their Dutch language proficiency, but they reported a lack of academic and emotional support from teachers and peers. In other words, their frustration and school alienation seemed due to context variables instead of person-related variables. Next, HIJZEN ET AL., investigated the relation between the four student profiles and the perceived quality of cooperative learning. Logically, the students in the school adjusted profile reported the highest quality of cooperative learning. The students in the school disaffected and the weak communication/school bonding profiles reported the lowest perceived quality of cooperative learning. Students with a frustrated profile reported average quality scores. Remarkably, most of the students in the sample belonged to the latter group. Given the characteristics of this profile (low school identification, low perception of teacher and peer support and no clear goals), it is important that secondary vocational school teachers realize that they need to focus on enhancing group cohesion, promote the provision of social support, and provide interventions on goal setting, goal striving, and self-reflective thinking about the learning goals. Such a focus is absolutely necessary if they want their cooperative learning lessons to be successful. The frustrated profile was the least representative for Dutch students, but the most representative profile for Mediterranean students (mostly Turkish and Moroccan students). Apparently, Mediterranean students feel alienated and unable to identify themselves with school and peers. Knowledge obtained through assessment of the profiles of specific groups of vocational students is vitally important to help teachers intervene in the learning environment, since goal frustration, school alienation, a low sense of social resources, and low school and peer identification are factors that may cause maladaptive social behavior in schools.

1.4.3 Maladaptive Social Behavior in the Context of Secondary Vocational Education BOEKAERTS (2005) explained that maladaptive social behavior is regarded as an outcome of the interaction process between the students’ personal goals that are based on their values, needs, and interests on the one hand, and characteristics of the learning environment on the other. As mentioned previously, students’ personal

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goals may not coincide with the school goals and students may perceive the learning environment as favorable or unfavorable for learning. When students have adequate self-regulatory skills at their disposal they might try to modify their current goals to accommodate for the learning goals. They may even try to reduce their level of negative emotions, or try to change the learning environment in order to make it more favorable for learning (BOEKAERTS/CORNO, 2005). For example, they might postpone their personal goals until later and temporarily conform themselves to school goals. They may also discuss their problems with peers or teachers or both. Students who lack the necessary self-regulation strategies to produce these changes need to find another outlet for their frustration. Their behavior may reflect the experienced frustration, for example by interrupting the teacher or chatting loudly for fun, by bullying other students and even teachers, and vandalizing things in and around school. Goal-frustration may be increased further by the students’ perception of low decision latitude, sub-optimal learning conditions, and teacher behavior that they deem inappropriate (e.g., low expectation, not getting answers to their questions, or lack of appropriate feedback). KOERHUIS and BOEKAERTS (in press a) conducted an extensive review study of research into maladaptive social behavior during adolescence. This review revealed that most of the research concentrates on delinquent and violent behavior and on substance abuse. Little attention has been devoted to misbehavior at school. Moreover, most of the existing studies focused on elementary school children or on adolescents with specific types of behavioral problems, such as bullying, trespassing school rules reflected in truancy and tardiness, or on outcomes of misbehavior like suspension or being called to the principal. Typically, the instruments that have been developed register the intensity of these types of behavior without taking the frequency of occurrence into account. Furthermore, most existing studies treat maladaptive social behavior as trait-like behavior, which ignores the context-specific interaction between the students’ current goals and their perception of the quality of the school environment in which these students function. Next, KOERHUIS and BOEKAERTS (in press b) developed the Questionnaire for Maladaptive Social Behavior, which is a context-specific instrument that measures maladaptive behavior in schools. It consists of five subscales, respectively, maladaptive behavior toward schoolwork and rules; delinquent behavior; unfriendly behavior; withdrawn behavior; and impolite behavior. In line with the approaches used by HIJZEN (2006), KOERHUIS, DE BRABANDER and BOEKAERTS (in press) investigated the relation between the frequency of different types of maladaptive social behavior, vocational students’ perception of school climate and social support, and their feelings of school identification and alienation. They found differences between boys and girls in the level of reported maladaptive social behavior and the influence played by school related context variables. There were many similarities as well. For both boys and girls, perception of course utility, positive teacher expectations, and instructional support of teachers enhanced the level of school identification. In both groups, perceptions of teacher support was associated with lower levels of unfriendly and impolite behavior. Students who perceived the course content as well explained, persisted longer on school tasks, experienced less frustration, and reported lower pursuit of nonacademic goals. For boys, information about the course and clarity about the organizational aspects of the course enhanced school identification as well. Interestingly, perception of a competitive learning context was the most important predictor of female maladaptive social behavior and school alienation. A focus on intrinsic rather than on extrinsic motivation (promoted by the

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common reward structure in schools that rewards correct answers and ‘being the best’) seems to be a more suitable learning context for girls.

2.

The need for a more systematic approach to self-regulation in the classroom

In the previous sections, we have argued that the interventions that targeted improvement of self-regulation in secondary vocational education achieved some successes but also produced some disappointing results. Contrary to expectation, deep-level information processing and intrinsic motivation did not increase for all students, neither students’ study results nor their study approach changed unconditionally, and surface-level learning and dependence on external regulation did not decrease. We identified some major obstacles during the course of the interventions. Apart from the fact that not all teachers adhered to the instruction principles, they differed in their beliefs about the possible effect of the intervention. Some teachers were convinced that all students would be more motivated and would learn more in the new powerful learning environments. Other teachers had serious doubts that the students would be able to regulate their own learning and they showed a clear preference for direct teaching. A minority of teachers realized that learning environments are not powerful in and by themselves. They understood that these environments create optimal conditions for some students to use their self-regulation strategies and develop them further but that for other students these environments are sub-optimal. Such insight implies automatically that one needs to have diagnostic skills to determine for which students a learning environment is optimal and for which students it needs to be adapted. Our main point here is that teachers need to have a better understanding of the multiple components of self-regulated learning and the way these components interact in order to be able to adapt existing learning environments to the need of individual students.

2.1

Need to Discuss One’s Changing Conception of Self-regulation

Teachers, who have different opinions about the beneficial effect of specific learning environments, interact within the context of the school, often becoming irritated by each other’s viewpoints. It is in our opinion crucial for the success of any intervention that a team of innovators – including researchers, teachers, and school leaders – holds the compass, meaning that they regularly set up discussions with the participating teachers about the reasons why the expected results did or did not materialize. It is essential that the participating teachers discuss their conception of selfregulated learning regularly as well as the different ways in which self-regulatory strategies manifest themselves in the classroom. Most teachers reported marked differences in their students’ use of self-regulation strategies but they also expressed difficulty in providing appropriate scaffolding and feedback to the students. In fact, most participating teachers had only a global concept of what selfregulated learning entails; they viewed it as a process whereby students steer and direct their own learning process rather than being dependent on external regulation. In reality, self-regulated learning is an immensely complex process that takes

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shape in the context of the students’ interaction with different learning environments. Ideally, participating teachers should share a comprehensive, structured view of the interrelations that exists between the different components of self-regulated learning. They need to understand that self-regulation is at the same time an aptitude and an outcome of learning and that is consists of several interacting components. Students need appropriate training in each component and such training should reflect a systematic approach in which learning goals, instruction practice, and assessment procedures are aligned.

2.2

Self-regulation is a Multi-Component Process

BOEKAERTS (1997) defined self-regulated learning as a multi-layered process in which different component strategies, beliefs, goals, and outcomes interact. Her sixcomponent model represents the content of the different competencies that should be actively developed in order for students to be their own teachers in a domain of study. The strength of the model is that it visualizes the content of the different components of self-regulated learning in a domain as well as the way these components interact.

FIG. 1: The six component model of self-regulated learning (BOEKAERTS, 1997)

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As can be seen in Figure 1, the first three components pertain to the cognitive side of self-regulated learning whereas the last three components pertain to the motivational side of self-regulated learning. Components 1 and 4 refer to the knowledge that students have access to in a domain. Components 2 and 5 refer to the strategies that have been made instrumental in the domain and components 3 and 6 to the goals that students set themselves in a domain. The first component represents the conceptual and procedural knowledge (content) that students possess in relation to a particular domain of study. It also includes the students’ misconceptions and inert knowledge in that domain. The second component specifies how the students need to apply their cognitive strategies to the domain, for example memorizing, rehearsing, analyzing, relating, structuring, and critical thinking. The third component visualizes the type of meta-cognitive strategies that a student needs to apply to the domain. It includes their ability to orients to problems in the domain, making plans of action, executing action plans, monitoring, testing, diagnosing, adjusting and correcting, as well as reflecting in that domain (BROWN, 1987; WEINSTEIN/MAYER, 1986). These meta-cognitive strategies are needed for students to guide and direct their own learning process. It is important that teachers realize that, initially, they need to provide a great deal of external regulation in a domain of study because the students do neither have access to conditional knowledge in that domain nor have they made their metacognitive strategies instrumental for that domain. This implies that they are not able to select and combine the appropriate cognitive strategies in component 2 and apply them to elaborate information in component 1. Students will gradually build up the conditional knowledge that is necessary to guide this selection process, provided that their teachers plan learning activities that target the accumulation of conditional knowledge in component 4. This type of information is different from the declarative and procedural knowledge that is located in component 1. It includes beliefs, attitudes, and values related to tasks and knowledge within a domain (epistemological beliefs, beliefs about the effectiveness of cognitive, motivation and coping strategies, beliefs about ones own capabilities within a domain, goal orientations, etc.). The fifth component includes the motivational strategies that the students need to have access to and use in the domain (e.g., specific scripts to increase self-efficacy, perceived value, to form a learning intention, to attribute success and failure, to cope with obstacles, and to obtain social support). Finally, the sixth component refers to the students’ ability to prioritize their goals, to initiate some action programs and put other goals on hold, to identify obstacles en route to the goal, and plan an appropriate way to deal with emotions. Students need to practice the selection and use of when-where plans (volitional strategies) as well as coping strategies (BOEKAERTS/CORNO, 2005) that are needed to implement learning goals. The six component model of self-regulated learning has been used in our intervention studies to explain to teachers how self-regulated learning works in the classroom. We expected that teachers would be able to use the model to diagnose students’ progress in relation to the six components of self-regulated learning so that they would be able to set realistic goals for all their students by designing learning activities in the zone of proximal development. More specifically, we expected them to be able to judge the distance between their students’ actual developmental level in relation to each component of self-regulation and their potential developmental level, providing adequate scaffolding and feedback.

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2.2.1 The Dual Processing Self-regulation Model Unfortunately we discovered that teachers had difficulty using the six-component model. Although they understood the difference between the layers of the model (knowledge, strategies, and goals) they failed to see how the cognitive side of learning interacts with the motivational side during actual learning situations. In order to provide insight into the dual processing aspect of self-regulation, BOEKAERTS presented her dual processing self-regulation model (see Figure 2), which explains how students attempt to strike a balance between their need to master new knowledge and skills (activity on the mastery pathway) and their need to keep their well-being within reasonable bounds in the classroom (activity on the well-being pathway).

FIG. 2: The dual-processing self-regulation model (BOEKAERTS, 2006)

The model links our knowledge about the interaction between different types of selfregulation strategies on the one hand and students’ perception of environmental cues that trigger positive and negative affect on the other. It describes how the perception of favorable and unfavorable cues in the learning environment trigger affect that initiates activity in one of the dual processing routes. Accumulating research (see BOEKAERTS, 2006; PEKRUN ET AL., 2004) indicates that favorable learning environments elicit positive cognitions and feelings (self-efficacy, value, fulfillment of psychological needs), inviting students to invest effort in learning (i.e., they broaden

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their mind set and move onto the mastery pathway). It has also been shown that the perception of unfavorable cues, such as obstacles en route to the learning goal trigger negative affect, which narrows the scope of attention and makes students switch to the well-being pathway in order to avoid threat, loss, and harm. The students’ ability to prioritize goals and to overcome obstacles en route to the goal, using volitional strategies will determine to a large extent whether they stay on the mastery pathway till a learning activity is completed or will give up pre-maturely. Use and non-use of appropriate volitional strategies is conceptualized in the model as a switching track process. In Figure 2 these tracks are visualized with dotted lines connecting the mastery and well-being pathways in either direction. Students may use emotion-focused coping strategies to come to terms with the experienced negative affect (i.e., they re-direct attention to the threats and explore what is wrong) or volitional strategies to re-direct attention to the learning task (dotted lines in Figure 2 pointing from right to left). For further discussion, see BOEKAERTS, 2006).

2.3

Assessment Methods Should be Aligned with the Learning Goals

In fact, all differences discussed above deal with individual differences between students in (multicultural) classes. All students are supposed to learn according to social constructivism-based ideas about education, but students differ widely in the use of self-regulation strategies, in their beliefs about the purpose and value of selfregulation strategies, and they may have achieved varying degrees of automaticity in the use of self-regulation strategies. Teachers in secondary vocational education currently have vague ideas about self-regulated learning and how it should be modeled, coached, and assessed in a domain of study. At the same time they are painfully aware of these wide individual differences. Despite this awareness, teachers are expected to diagnose where students are in relation to the use of self-regulation strategies in a domain in order to plan appropriate learning activities that will scaffold the students’ further development in that domain. In our opinion, it is therefore essential to use a systemic approach to selfregulated learning. In this systematic approach it is essential that (1) researchers acquire knowledge of the if-then rules that specify the relation between the selfregulation components in a domain of study and (2) design assessment instruments to determine how much progress students have actually made with regards to each of the components of self-regulated learning in a domain. Teachers need knowledge of the logical structure of modeling and coaching self-regulated learning within a domain of study (analogous to the logical structure of teaching a subject matter). For example, they need to know which variables (e.g., declarative or procedural knowledge; beliefs about learning, motivation, effort, social support; (meta)cognitive strategies, motivation strategies, etc.) are essential for understanding why some students are and others are not able to direct their own learning in a domain. Information about the relative importance of specific variables and combinations of variables in the different stages of the acquisition of a specific skill is vital for teachers and researchers. It will help teachers to model and coach the selfregulation process, design appropriate scaffolds and assessment procedures, taking account of the zone of proximal development for individual students. It will help researchers to design appropriate assessment instruments to determine whether progress in self-regulation has been made. These diagnostic tools are vital to align learning goals, instruction, and assessment practices.

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Diagnostic tools may take on the form of an internet-based application that students can complete without teacher guidance and which will involve a number of diagnostic tasks and task-related self-report questionnaires. At present we are developing such tools for the writing domain. We are confident that students’ performance on these tasks will provide teachers with information about the students’ competency level in each of the six components of self-regulated learning and predict the obstacles to self-regulated learning that students may encounter in a domain of study before they actually encounter them. The diagnostic tool will give students and teachers an idea about how well their cognitive and motivational strategies interact, and whether they can steer and direct these strategies in function of changing learning goals and conditions. Although it is too early to report on the findings, we feel confident that this diagnostic tool will help teachers and students to gain accurate insight into students’ actual use of different self-regulation strategies in a domain of study, which will help them to gradually acquire more relativistic beliefs about knowledge, a sensitivity to new aspects of a learning situation, a tolerance of ambiguity, and – most importantly – accurate information about how to (re)direct their own learning process. These changes will eventually lead to better achievement.

3

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Didaktische Anwendungen

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BIRGITTA KOPP & HEINZ MANDL Selbstgesteuert kooperativ lernen mit neuen Medien Kurzfassung: Selbst gesteuert kooperativ mit neuen Medien zu lernen wird zunehmend wichtig, weil virtuelle Lernumgebungen die Möglichkeit eröffnen, ohne strikte Vorgaben bezüglich des Vorgehens und der zeitlichen oder räumlichen Gegebenheiten zu lernen. Dies setzt vier zentrale Aspekte der Selbststeuerung voraus: die Vorbereitung, die Koordination, die Organisation sowie die Steuerung des Lernens. Diese Aspekte werden nach einer theoretischen Darstellung an drei Beispielen aus der Hochschule (virtuelles Seminar), der Schule (Projektarbeit) sowie aus der Weiterbildung (virtuelle Lernumgebung) illustriert. Anschließend werden allgemeine Bedingungen zum selbst gesteuert kooperativen Lernen dargelegt. Ein kurzer Ausblick rundet diese Erläuterungen ab.

Abstract: Self-guided collaborative learning with new media gets increasingly important because virtual learning environments offer the possibility to learn without guidelines concerning both a specific structure as well as temporal or spatial conditions. This requires four main aspects of self-control: the preparation, coordination, organisation and control of the learning process. These aspects of self-guided collaborative work with new media are theoretically explained and illustrated with three examples taken from university (virtual seminar), school (project work) and further education (virtual learning environment). Subsequently, general conditions for self-guided collaborative learning are presented. The contribution ends with a short outlook.

Selbst gesteuert kooperativ mit neuen Medien zu lernen stellt an den Einzelnen hohe Anforderungen hinsichtlich des gemeinsamen Arbeitens und Wissenserwerbs. Selbst gesteuertes Lernen wird dabei als das Ausmaß definiert, „in dem eine Person fähig ist, ihr eigenes Lernen – ohne Hilfe anderer Instanzen – zu steuern und zu kontrollieren“ (SIMONS 1992, S. 251). Selbst gesteuert und kooperativ zu lernen bedeutet, dass die Gruppe autonom arbeitet und Aufgaben eigenständig löst. Im Kontext der neuen Medien wird die Kompetenz, selbst gesteuert kooperativ zu lernen, zunehmend wichtig, weil virtuelle Lernumgebungen die Möglichkeit eröffnen, ohne strikte Vorgaben bezüglich des Vorgehens und der zeitlichen oder räumlichen Gegebenheiten zu lernen (FISCHER/MANDL 2002). Vier Aspekte werden in diesem Zusammenhang zentral: Die Vorbereitung und Koordination des Lernprozesses sowie die Organisation und Steuerung des Lernens (MANDL/GEIER 2004). • Vorbereitung des Lernens: Die Vorbereitung des Lernens umfasst insbesondere das Setzen von Zielen. Dabei ist es wichtig, dass die Zielsetzungen nicht nur von außen fremdbestimmt werden, sondern dass sich die Lernen-

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den selbst Gruppenziele, aber auch individuelle Ziele setzen, damit sie intrinsisch motiviert sind (DECI/RYAN 1993). Koordination des Lernens: Die Koordination der Gruppenmitglieder stellt eine zentrale Bedingung für den Lernerfolg dar. Diese umfasst zeitliche, räumliche und inhaltliche Absprachen der Kooperationspartner. Nur, wenn die Lernenden in der Lage sind, gemeinsam ihren Zeitplan zur inhaltlichen Aufgabenbearbeitung festzulegen und einzuhalten, werden sie erfolgreich sein. Da beim Lernen in virtuellen Lernumgebungen die Gruppenmitglieder örtlich verteilt sind und die Kommunikation daher häufig asynchron verläuft, stellen diese Absprachen eine zentrale Herausforderung dar. Darüber hinaus muss jedes Individuum selbst das kooperative Lernen so koordinieren, dass er Gelegenheiten zum Lernen schafft und gleichzeitig die alltäglichen Anforderungen bewältigt. Organisation des Lernens: Die Schaffung eines organisationalen Rahmens ist für das selbst gesteuerte, kooperative Lernen unabdinglich. Entscheidungen der Lernenden wann, wo und wie lange sie gemeinsam und individuell lernen, sind in diesem Kontext zentrale Aspekte. Daneben müssen sie sowohl gemeinsam als auch individuell entscheiden, welche Materialien und Hilfsmittel sie benutzen. Durch die Zunahme an Ressourcen durch den Computer, wie Hilfefunktion, Literatur- oder Datenbanken zur Vertiefung des Wissens, wird dies zunehmend komplexer. Die Lernenden müssen also fähig sein, den Umgang mit den Ressourcen Zeit, Ort und Hilfsmittel kooperativ und individuell so zu organisieren, dass sie effektiv lernen können (WILD 2000). Steuerung des Lernens: Die Steuerung des Lernprozesses bildet den Kern des selbst gesteuerten, kooperativen Lernens. Auf individueller Ebene bedeutet dies für den einzelnen Lernenden, dass er über kognitive, motivationale und emotionale Voraussetzungen verfügt. Kognitive Voraussetzungen umfassen insbesondere Vorwissen und Lernstrategien. Kognitive Lernstrategien werden in Wiederholungs-, Elaborations- und Organisationsstrategien sowie das kritische Prüfen unterteilt (WILD/KLEIN-ALLERMANN 1995). Durch Wiederholung versucht der Lernende, das neue Wissen vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis zu überführen. Dazu sind auch Elaborationen hilfreich, mit deren Hilfe an Vorwissen angeknüpft wird und Verbindungen zum neuen Wissen hergestellt werden. Die Organisation des neuen Wissens z. B. in Form von Maps dient der Vertiefung des Wissenserwerbs ebenso wie das kritische Prüfen. Letzteres überprüft z. B. die Argumentationsstruktur des neu zu erwerbenden Wissens. Auf kooperativer Ebene ist es für die Steuerung des gemeinsamen Lernprozesses zentral, dass die Lernenden diesen gemeinsam planen, regulieren und bewerten. Gerade durch die Arbeit mit neuen Medien ist es möglich, angebotene Inhalte ohne weitere tiefere Verarbeitung zu überspringen, externe Überwachung zu ignorieren und den eigenen Lernerfolg nicht zu überprüfen. In diesem Zusammenhang können die Lernpartner eine zentrale Rolle zur Regulation des Lernprozesses übernehmen. Bei asynchroner Kommunikation fehlen jedoch häufig nonverbale Hinweisreize, was die Zusammenarbeit zusätzlich erschwert (O’CONNAILL/ WHITTAKER/WILBUR 1993). Daher ist es notwendig, in der Zusammenarbeit gesprächssteuernde Elemente zu integrieren, wie z. B. konstruktives Feedback.

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Selbst gesteuert kooperativ mit neuen Medien zu lernen stellt insgesamt betrachtet also hohe Anforderungen an die Lernenden. Um dies zu illustrieren, werden nachfolgend drei Beispiele zum selbst gesteuerten, kooperativen Lernen mit neuen Medien vorgestellt. Daran anschließend wird auf Bedingungsfaktoren eingegangen, die selbst gesteuertes, kooperatives Lernen mit neuen Medien ermöglichen.

1.

Beispiele für selbst gesteuert kooperatives Lernen mit neuen Medien

Nachfolgend sollen drei Beispiele aus der Hochschule, der Schule und einer Organisation dargestellt werden, in denen mit neuen Medien kooperativ und selbst gesteuert gelernt wurde. 1.1

Beispiel 1: Das virtuelle Seminar „Einführung in das Wissensmanagement“

Das virtuelle Seminar „Einführung in das Wissensmanagement“ (siehe ausführlich SCHNURER 2005) wird Studierenden der Pädagogik und Betriebswirtschaftslehre über die Virtuelle Hochschule Bayern angeboten. Darin kooperieren Lernende ein Semester lang, um gemeinsam virtuell zentrale Inhalte zum Wissensmanagement eigenständig zu erarbeiten. Konkret bedeutet dies, dass Lernende zu Beginn des Semesters in feste Gruppen eingeteilt werden und in diesen Gruppen asynchron Gruppenaufgaben innerhalb von jeweils ca. zwei Wochen bearbeiten. Umrahmt wird dieser rein virtuelle Wissenserwerb von Präsenztreffen zum Kennen lernen und zur abschließenden Reflexion sowie Abschlussdokumentation. Die vier Themenkomplexe Wissensrepräsentation, Wissenskommunikation, Wissensgenerierung und Wissensnutzung werden stets anhand eines Falles aus der Praxis beschrieben. Davon ausgehend werden den Gruppen komplexe Aufgaben z. B. zu Problemen der Wissensrepräsentation, zu Funktionen und Barrieren der Wissenskommunikation, zur Bedeutung der Wissensgenerierung oder zu Maßnahmen der Wissensnutzung gestellt. Betrachtet man die Elemente von selbst gesteuertem Lernen, so werden in diesem virtuellen Seminar folgende Anforderungen an die Lernenden gestellt: • Vorbereitung des Lernens: Bevor die Kooperation begann, musste sich die Gruppe über ihre Zielsetzungen klar werden. Neben den Zielsetzungen des Seminars umfassten diese auch Ziele der einzelnen Lernenden wie Scheinerwerb oder Arbeitsaufwand. • Koordination des Lernens: Um die Aufgabenstellung binnen jeweils zwei Wochen erfolgreich zu einem Ende zu führen, war es notwendig, dass sich die Kooperationspartner abstimmten. Dies musste einmal hinsichtlich der zeitlichen Einteilung erfolgen (Bis wann muss die Aufgabe erledigt werden? Wann haben die einzelnen Gruppemitglieder Zeit?) und zum anderen auch der inhaltlichen Aufteilung (Wer macht was?). Da die Kooperation virtuell asynchron stattfand, war die Gefahr gegeben, dass sich die individuelle Verantwortlichkeit für die Gruppenaufgabe reduzierte und sich die Gruppenmitglieder nicht an den jeweils aufgestellten Zeit- und Aufgabenplan hielten, sondern verspätete oder gar keine Beiträge lieferten (SCHNURER 2005). • Organisation des Lernens: Neben den geschilderten Fällen wurden in diesem virtuellen Seminar weitere Texte und Hinweise zur instruktionalen Un-

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1.2

terstützung integriert. Darüber hinaus stand den Seminarteilnehmern neben den üblichen Recherche-Möglichkeiten der Bibliotheken auch das Internet zur freien Verfügung. Die Aufteilung der Bearbeitung dieser Ressourcen sowie die Zusammenführung derselben ist dabei von besonderer Relevanz. Selbststeuerung des Lernens: Die Zusammenführung der einzelnen Vorschläge zur Aufgabenlösung und deren eingehende Elaboration in der Gruppe stellte den zentralen Bestandteil im Kontext der Selbststeuerung dar. Durch die asynchrone Kommunikationsform des E-Mails konnten Ideen wenig spontan aufeinander geäußert werden, sondern wurden zeitlich versetzt diskutiert. Dies kann u. U. zu einer qualitativen Verbesserung der Antworten führen (FISCHER/MANDL 2002). Zugleich war es jedoch wichtig, dass die Gruppe ihr Lernen nicht nur plante, sondern auch überwachte und bewertete. Dazu gehörte, dass die eingebrachten Anteile der jeweiligen Gruppenmitglieder sowohl hinsichtlich ihrer Quantität als auch ihrer Qualität evaluiert wurden. Wurden von einem Gruppenmitglied keine Beiträge eingebracht, konnte dies auch zum Ausschluss aus der Gruppe führen. Solche Aspekte, die die Zusammenarbeit regeln, wurden in diesem Seminar in Form von Gruppenregeln festgelegt, zu deren Einhaltung sich die Lernenden verpflichteten.

Beispiel 2: „Bonjour Futur“

Im Modellprojekt „Bonjour Futur“ geht es um die Verwendung neuer Medien in der Schule (RENSING-GRÜTER 2001). So mussten Schülerinnen und Schüler im Rahmen dieses Projekts mit Hilfe des Computers kooperativ Aufgaben bearbeiten. Durchgeführt wurde dieses Projekt im Rahmen des BLK-Programms „SEMIK“ – Systematische Einbeziehung von Medien, Informations- und Kommunikationstechnologien in Lehr- und Lern-Prozesse (Mandl/Reinmann-Rothmeier/Gräsel 1998). Zielgruppe war der Grundkurs Französisch in der 12. Jahrgangsstufe eines Gymnasiums in Frankfurt am Main. Das Projekt teilte sich in zwei Phasen: In der ersten Phase hatten die Schülerinnen und Schüler die Aufgabe, eine Präsentation zu verschiedenen Regionen Frankreichs zu erstellen und in der Klasse zu präsentieren. Dazu mussten sie Informationen sammeln und zusammenstellen. Dabei sollte die Zusammenarbeit nicht nur face-to-face, sondern auch virtuell erfolgen. Im zweiten Projektabschnitt stand der Austausch mit französischen Schülerinnen und Schülern über wichtige Themen, wie z. B. den Vorurteilen zwischen Deutschen und Franzosen, per Mail im Mittelpunkt. Damit diente der Computer insbesondere als Nachschlagetool, zur Aufbereitung der verschiedenen Inhalte für eine Präsentation und als Kooperationstool. Im Kontext der Selbststeuerung wurden an die Schülerinnen und Schüler folgende Anforderungen gestellt: • Vorbereitung des Lernens: Zunächst hatten die Schülerinnen und Schüler die Aufgabe, in der Gruppe zu entscheiden, über welches Gebiet sie sich informieren und die Präsentation erstellen möchten. Auch das Thema, über das sie sich mit ihren französischen Kollegen austauschen wollten, mussten sie sich selbst vorab überlegen. • Koordination des Lernens: Wenngleich die Koordination der Gruppe aufgrund der vorgegebenen Unterrichtsstunden leichter fiel, so hatten die Schülerinnen und Schüler darüber hinaus jedoch den Auftrag, sich auch virtuell

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1.3

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auszutauschen. Dies erforderte ebenfalls eine genaue Absprache hinsichtlich der zeitlichen und inhaltlichen Koordination der Beiträge. Organisation des Lernens: Der Umgang mit der Ressource Internet als Informations- und Kommunikationsträger wurde in beiden Aufgabenstellungen besonders fokussiert. Die Auswahl der über das Internet zur Verfügung stehenden Informationen, ihre Bewertung bezüglich ihrer Relevanz und Adäquatheit sowie ihre inhaltliche Aufbereitung und Organisation war in diesem Kontext zentral. Selbststeuerung des Lernens: Die gemeinsame Elaboration der Inhalte mit Hilfe des Computers war wesentlich für dieses Lernszenario. Die Schülerinnen und Schüler überprüften dabei, inwiefern sie die Inhalte richtig verstanden, verarbeitet und aufbereitet hatten. Dies wurde durch die Verwendung der französischen Sprache noch erschwert. Durch die Möglichkeit der Referenzierung auf das bereits Geschriebene kann diese Form der Kommunikation die Elaboration zugleich auch unterstützen (SUTHERS/HUNDHAUSEN 2001). Auf einer meta-kognitiven Ebene war es darüber hinaus wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Präsentation planen, deren Entstehung überwachen und ihre Qualität evaluieren.

Beispiel 3: Die virtuelle Lernumgebung GO@ELSE

Die virtuelle Lernumgebung GO@ELSE („Grundlagen Organisation als E-Learning Seminar“) wurde als Fortbildungsangebot für die Mitarbeiter des Bundesrechnungshofes entwickelt (siehe ausführlich DESCHLER/MANDL/WINKLER 2005). Darin sollten rein theoretische Hintergrundinformationen, operative Anforderungen an eine leistungsfähige Organisation und Fragen der Erfolgskontrolle organisatorischen Handelns behandelt werden. Inhaltlich gliederte sich der Kurs in die drei Schwerpunkte „Organisationstheorien“, „Organisation als Aufgabenstellung“ sowie „Organisation als Prüffeld“. Die Aufbereitung fand in zwei Formen statt: als Text- und Videoversion. Wurden in der Textversion die Inhalte anhand von Texten mit Abbildungen und Grafiken aufbereitet, so wurden diese in der Videoversion anhand von Videosequenzen umgesetzt. Parallel zur visuellen Darstellung erhielten Lernende zusätzlich PowerPoint-Folien mit den zentralsten Informationen. In diesem Kurs hatten alle Lernenden die Aufgabe, nach einem Präsenztreffen in Kleingruppen kooperativ mit Hilfe der dargebotenen Informationen Fallaufgaben zu lösen. Am Ende des Kurses fand noch ein Präsenztreffen zur Diskussion der Ergebnisse statt. In diesem Kurs sind folgende Aspekte des selbst gesteuerten Lernens wichtig: • Vorbereitung des Lernens: Die Ziele des Kurses wurden in der Lernumgebung explizit vorgegeben. Es war jedoch Aufgabe der Lernenden, sich die eigenen Unterziele selbst zu überlegen und dementsprechend den Lernprozess zu gestalten. • Koordination des Lernens: Da der Kurs in den Arbeitsalltag eingebettet war, wurde eine Abstimmung hinsichtlich der zeitlichen Ressourcen notwendig, um die Gruppenaufgabe im vorgegebenen Zeitraum erfüllen zu können. Schließlich musste jeder neben der Weiterbildung seine Aufgaben und Pflichten im Beruf erfüllen. • Organisation des Lernens: Während bei Studierenden und Schülern das explizite Lernen zum Alltag dazu gehört, ist das virtuelle Lernen für Berufstätige relativ neu. Gerade die Verbindung von Beruf und Lernen stellte eine große

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Herausforderung dar, da dieses die Rücksichtnahme von Kollegen und Vorgesetzten impliziert, damit der Mitarbeiter ungestört an seinem Arbeitsplatz lernen konnte. Selbststeuerung des Lernens: Die Bearbeitung der Fälle war den Kooperationspartnern selbst überlassen. Hierfür standen ihnen Aufgaben- und Gruppenforen sowie eine Fragenbörse und ein Online-Café zur Verfügung. Insbesondere das Gruppenforum diente dabei der Elaboration und Diskussion der einzelnen Gruppenaufgaben und -lösungen, die am Ende in das Aufgabenforum eingestellt wurden. Auch dabei musste überprüft und evaluiert werden, inwiefern die bearbeiteten Fälle richtig gelöst wurden.

Diese Beispiele verdeutlichen, dass ein hohes Maß an individuellen Kompetenzen vorhanden sein muss, um selbst gesteuert kooperativ mit neuen Medien lernen zu können. Über die individuelle Lernerebene hinaus müssen aber noch einige andere Aspekte für das kooperative Lernen gegeben sein: die Strukturierung der Interaktion, das Vorhandensein einer Gruppenaufgabe sowie eine Anreizstruktur (RENKL/MANDL 1995). Darauf wird nachfolgend eingegangen.

2.

Bedingungen für selbst gesteuert kooperatives Lernen mit neuen Medien

Zentrale Bedingungen für selbst gesteuertes, kooperatives Lernen mit neuen Medien umfassen den Lerner selbst, die Steuerung der Interaktion, die Aufgabe sowie die Anreizstruktur.

2.1

Lernerebene

Damit Lernende gemeinsam selbst gesteuert mit neuen Medien lernen, müssen zunächst motivationale, kognitive und meta-kognitive Voraussetzungen gegeben sein. Darüber hinaus ist es notwendig, dass Lernende über die Fähigkeit zur Kooperation verfügen und Medienkompetenz besitzen. Die Motivation liegt als psychische Kraft bzw. Verhaltensbereitschaft wesentlichen Aspekten menschlichen Verhaltens zugrunde (PEKRUN/SCHIEFELE 1996). Die Lernmotivation als spezifische Form der Motivation wird als Wunsch oder Absicht gesehen, bestimmte Inhalte oder Fertigkeiten zu erlernen. Darin nimmt die intrinsische Motivation, bei der die Ausführung der Lernhandlung auf diese selbst zurückzuführen ist, da sie als interessant, spannend oder bedürfnisbefriedigend erlebt wird, eine zentrale Stellung ein (SCHIEFELE/SCHREYER 1994). Nach der Selbstbestimmungstheorie (DECI/RYAN 1993) entsteht intrinsische Motivation insbesondere dann, wenn die Bedürfnisse nach sozialer Eingebundenheit, Kompetenz und Autonomie erfüllt sind. Die letzten beiden sind wiederum eine wichtige Voraussetzung für selbst gesteuertes Lernen (FRIEDRICH/MANDL 1997). Somit ist die Aufrechterhaltung der Motivation ein wesentliches Kriterium dafür, dass selbst gesteuert gelernt werden kann (SIMONS 1992). Kognitive Voraussetzungen selbst gesteuerten Lernens umfassen vor allem das Vorwissen und Lernstrategien. Vorwissen umfasst die Kenntnisse und Fertigkeiten einer Person (RENKL 1996), die sie in einer Domäne besitzt. Dieses stellt Anknüpfungspunkte für den Erwerb neuen Wissens bereit. Da das Vorwissen dazu dient,

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Informationen zu interpretieren und Bedeutung zu konstruieren, erleichtert das Vorwissen auch die Verstehensüberwachung. Lernstrategien stellen ein zentrales Element selbst gesteuerten Lernens dar. Sie umfassen allgemeine und spezifische Strategien, die beim Lernen eingesetzt werden müssen, insbesondere Informationsverarbeitungs-, Regulationsstrategien und Strategien zum Umgang mit Ressourcen (WILD 2000). Werden Informationsverarbeitungsstrategien vor allem den kognitiven Voraussetzungen zugeordnet, so sind Regulations- und Ressourcenstrategien meta-kognitive Kompetenzen. Regulationsstrategien dienen der Planung, Überwachung und Bewertung des Lernens (WILD 2000). Auch Ressourcenstrategien der Suche, Auswahl und Organisation von Informationen sowie der Zeit- und Raumeinteilung setzen meta-kognitive Kompetenzen voraus. So muss der Umgang mit Informationen stets unter dem Gesichtspunkt ihrer Relevanz und Adäquatheit für das Lernen betrachtet werden, was eine dauernde Evaluation derselben notwendig macht. Die Fähigkeit zur Kooperation besteht u. a. darin, dass Lernende dazu in der Lage sind, ihre individuellen Ziele mit den Gruppenzielen in Einklang zu bringen, da Lernende in Gruppen sozial interdependent sind (JOHNSON/JOHNSON 1992). Darüber hinaus besteht ein Teil der Gruppenarbeit nicht nur in der Aufgabenbearbeitung, sondern auch in der Strukturierung der inneren Beziehungen der Gruppe (HUBER 1987). Dazu gehört auch, dass jedes Gruppenmitglied Aufgaben und die Verantwortung für die Gruppe und ihren Ergebnissen übernimmt (COHEN 1993). Auch das Einhalten von Gruppenregeln (REINMANN-ROTHMEIER/MANDL 2001), das konstruktive Geben von Feedback (KRAUSE/STARK/MANDL 2003) oder die Bewältigung von Konflikten zwischen Gruppenmitgliedern sind Voraussetzungen für eine erfolgreiche Kooperation. Dies fällt Lernenden jedoch häufig nicht leicht, weshalb es einer Unterstützung bedarf (RENKL/MANDL 1995). Medienkompetenz umfasst die Fähigkeit, Medien und die durch Medien vermittelten Inhalte den eigenen Zielen und Bedürfnissen entsprechend effektiv nutzen zu können (BAACKE 1988,1989). Dies umfasst unter anderem das technische Wissen, wie Medien bedient werden müssen, um sein Ziel zu erreichen. Aber auch inhaltliches Wissen über die Nutzungsmöglichkeiten, die Medien zum Lernen eröffnen sowie deren Limitierungen sind Bestandteil der Medienkompetenz. Gerade im Kontext der Informationsfülle und fehlerhafter oder problematischer Informationen im Internet ist Medienkompetenz als mündiger Umgang mit Medien notwendig. Dazu gehört auch, dass die Inhalte neuer Medien nicht nur rezipiert werden, sondern insbesondere in interaktiven Lernumgebungen auch direkt vom Lerner verändert werden können (WIRTH/LEUTNER 2006). 2.2

Strukturierung der Interaktion

Wie oben bereits angedeutet, ist es für viele Lernende schwierig, insbesondere mit Hilfe neuer Medien zu kooperieren. Daher wird eine externe Strukturierung der Interaktion notwendig. Diese kann durch den Computer als Lerntool gewährleistet werden. Dieser kann einerseits als gemeinsames Werkzeug zur inhaltlichen Strukturierung und andererseits auch zur Strukturierung der Interaktion eingesetzt werden. Als gemeinsames Werkzeug zur inhaltlichen Strukturierung dient der Computer dazu, aktiv gemeinsames Wissen bzw. Aufgabenlösungen zu repräsentieren (FISCHER/MANDL 2002). Dabei kann eine Vorstrukturierung der externalen Repräsentation durch Text, Grafik, Tabelle oder Simulation den Lernenden die Zusammenarbeit erleichtern. Die gemeinsame Arbeit mit dem Computer wird also vereinfacht, indem

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Lernende z. B. Prompts bzw. Satzanfänge in Textform zur Fortführung erhalten (WEINBERGER 2003), Mapping-Tools zur Erstellung von Grafiken (FISCHER/ BRUHN/GRÄSEL/MANDL 2002), Tabellen oder Matrizen zum Ausfüllen der leeren Zellen (SUTHERS/HUNDHAUSEN 2001) sowie Simulationen zur Vereinfachung des Verständnisses (BAKER/LUND 1997). All diese Unterstützungsangebote dienen einer Strukturierung und Fokussierung des Inhalts auf zentrale Aspekte. So wurde drei Lernenden in einer Videokonferenz-Studie eine Tabelle als Wissensschema vorgegeben, in der zentrale Inhaltskomponenten vorgegeben waren. Diese waren für die Lösung eines Falles anhand der Attributionstheorie notwendig. Der Fall umfasste den Leistungsabfall eines Schülers der 8. Klasse im Fach Mathematik. Die Kooperierenden hatten die Aufgabe, anhand gegebener Fallmaterialien drei Perspektiven auf diesen Fall einzunehmen und anknüpfend an die vorab gelernte Attributionstheorie Ursachen für den Leistungsabfall zu finden (KOPP 2005). Die Lernenden, denen das Wissensschema zur Unterstützung zur Verfügung stand, schnitten beim gemeinsamen wie beim individuellen Lösen eines Falles besser ab als Lernende ohne das Wissensschema (KOPP 2005). Auch in einer Peer-Teaching Studie, in der sich zwei Lernende gegenseitig eine Theorie erläuterten, hatte das den Bildschirm vorstrukturierende Wissensschema einen Einfluss auf die gemeinsame schriftliche Elaboration dieser Theorien. Lernende mit Wissensschema elaborierten theoretische Annahmen, empirische Befunde sowie eigene Elaborationen in ausgewogenerem Verhältnis als Lernende ohne Wissensschema (ERTL 2003). Beide Studien führen die Ergebnisse darauf zurück, dass die Lernenden durch die inhaltliche Vorstrukturierung des Bildschirms auf die zentralen Aspekte der Aufgabenbearbeitung fokussiert wurden. Dadurch wurde das selbst gesteuerte, kooperative Lernen so unterstützt, dass der Lernerfolg verbessert wurde. Die inhaltliche Strukturierung wirkt sich damit insbesondere auf die Organisation – die Fokussierung der relevanten Ressourcen – und die Steuerung des Lernens aus. Die Strukturierung der Interaktion kann durch die Vorgabe eines festen Ablaufs der Kooperation durch den Computer erfolgen. Dies bietet sich vor allem in textbasierten Lernumgebungen an. Dabei wird den Lernenden eine feste Reihenfolge vorgegeben, in der sie ihre Einzelbeiträge liefern. So hatten Lernende in einer Studie von HRON, HESSE, REINHARD und PICARD (1997) die Aufgabe, ein falsches Strukturdiagramm grafisch so zu modellieren, dass es am Ende richtig war. Zur Kommunikation stand den Lernenden ein Chat-Tool zur Verfügung, das mit Satzanfängen vorstrukturiert war. Erst wenn die Lernenden mit der jeweiligen Änderung einverstanden waren und diese Veränderungen mit Hilfe des Chat-Tools erklärt hatten, konnte diese in der Grafik vorgenommen werden. Dies wirkte sich positiv auf den Koordinationsaufwand und den Lernerfolg aus (HRON ET AL. 1997). Die Interaktion über Chat wurde auch von einem Computersystem strukturiert, das in einer Studie von PFISTER, MÜHLPFORDT und MÜLLER (2003) zum Einsatz kam. Darin verteilte das System Rollen an die Lernenden und wies den Beiträgen der einzelnen Rollen eine bestimmte Reihenfolge zu. Aufgabe der Lernenden war es, die Beiträge zu Beginn zu typisieren und eine Referenzierung auf die Beiträge der Kooperationspartner vorzunehmen. Gerade die Referenzierung erwies sich dabei als positiv für das gemeinsame Lernen (PFISTER ET AL. 2003). Die Strukturierung der Interaktion mit Hilfe des Computers scheint für die Unterstützung des selbst gesteuerten Lernens ebenfalls geeignet zu sein. Damit werden vor allem die Anforderungen bezüglich der Koordination und Steuerung des Lernprozesses reduziert.

Selbstgesteuert kooperativ lernen mit neuen Medien

2.3

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Aufgabe

Die Aufgabe ist ein weiterer wichtiger Aspekt im Kontext selbst gesteuerten, kooperativen Lernens mit neuen Medien. Konkret bedeutet dies, dass die Aufgabe so gewählt werden muss, dass diese auch positive Interdependenz zwischen den Lernenden evoziert (JOHNSON/JOHNSON 1992). Dazu gehört nicht nur Zielinterdependenz, sondern auch Ressourceninterdependenz. Zielinterdependenz bezeichnet den Umstand, dass die individuellen Ziele nur dann erreicht werden, wenn die Gruppenziele ebenfalls erreicht werden. Wenn Ressourceninterdependenz vorhanden ist, dann ist es für die erfolgreiche Bearbeitung einer Aufgabe notwendig, dass die einzelnen Lernenden verschiedene Ressourcen oder Informationen in die Kooperation einbringen. Insbesondere bei gegebener Ressourceninterdependenz liegt eine „wirkliche Gruppenaufgabe“ vor, die eine Kooperation notwendig macht (COHEN 1993). Darüber hinaus beeinflusst die Aufgabe auch die Motivation der Lernenden. So sind Lernende meist nur dann bestrebt, eine Aufgabe zu lösen, wenn diese als interessant und spannend erscheint. Langweilige Aufgabenstellungen werden hingegen mit einem möglichst geringen Aufwand bearbeitet (RENKL/MANDL 1995). Das bedeutet für die Kooperation, dass Konflikte vermieden und Aufgabenlösungen rasch erstellt werden. 2.4

Anreizstruktur

Schließlich ist noch die Anreizstruktur wesentliche Bedingung dafür, selbst gesteuert kooperativ zu lernen. Das bedeutet, dass Lernende nur dann erfolgreich kooperieren, wenn sie dafür belohnt werden – sowohl die Gruppe als auch das Individuum selbst (SLAVIN 1989). Um dies zu ermöglichen, ist das Setzen von Zielen ganz zentral, das Bestandteil der Vorbereitung von selbst gesteuertem Lernen ist. Das Erreichen der Gruppenziele sowie der individuellen Ziele sollte dabei voneinander abhängen. Reicht diese Anreizstruktur für COHEN (1993) aus, so ergänzt SLAVIN (1989) diese durch individuelle Verantwortlichkeit, die jedes einzelne Mitglied für die Gruppenlösung übernehmen sollte. Um dies zu gewährleisten, bleiben die Leistungen der Einzelnen identifizierbar. Damit können die Leistung der Individuen separat bewertet werden.

3.

Ausblick

Selbst gesteuertes, kooperatives Lernen mit neuen Medien nimmt in der Wissensgesellschaft an Relevanz zu. Daher ist es notwendig, dass die Fähigkeiten dazu bereits in der Schule erworben und in Fort- und Weiterbildung laufend vertieft werden. Damit werden nicht nur an den Lernenden Herausforderungen gestellt, sondern auch an den Lehrenden, der die Rahmenbedingungen schaffen sollte, um selbst gesteuertes, kooperatives Lernen mit neuen Medien zu ermöglichen und effektiv werden zu lassen.

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4.

Literatur

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DETLEF SEMBILL & JÜRGEN SEIFRIED Selbstorganisiertes Lernen als didaktische Lehr-LernKonzeption zur Verknüpfung von selbstgesteuertem und kooperativem Lernen Kurzfassung: Im vorliegenden Beitrag werden mit (1) Selbststeuerung und (2) Selbstorganisation zwei Konzeptionen diskutiert, die zwar große Gemeinsamkeiten aufweisen, aber dennoch nicht synonym zu verstehen sind. Zudem wird (3) herausgestellt, welche Bedeutung das kooperative Element insbesondere für das Selbstorganisierte Lernen spielt. Schließlich wird (4) mit der Konzeption des Selbstorganisierten Lernens nach Sembill eine Lehr-Lern-Konzeption skizziert, die Lernende befähigt, im Vergleich zur herkömmlichen Qualifizierung sowohl auf kognitiver als auch auf emotional-motivationaler Ebene überlegene Lernerfolge zu erzielen. Bildungs- und forschungspolitische Konsequenzen werden abgeleitet. Abstract: In the following article self-regulated learning and self-organised learning will be discussed, two learning arrangements that despite many parallels should not be used synonymously. Furthermore it will be emphasized to which degree cooperation plays an important role in self-organized learning. Finally the self-organised learning concept according to Sembill will be presented that enables learners to achieve learning results not only on the cognitive level, but also on the motivational and emotional field that are superior to the results in the usual learning arrangements. Conclusions for educational policy will also be drawn.

1.

Ausgangslage

Das Interesse an selbstbestimmten, selbstgesteuerten oder selbstorganisierten Lehr-Lern-Prozessen ist seit Jahrzehnten sowohl im betrieblichen als auch im schulischen Kontext sehr groß (vgl. ACHTENHAGEN/LEMPERT 2000; EULER/PÄTZOLD 2004). Dabei ist die Diskussion um selbstgesteuertes bzw. selbstorganisiertes Lernen äußerst vielfältig und findet seit Jahrzehnten auf mehreren Ebenen statt (vgl. EINSIEDLER/NEBER/WAGNER 1978, 13 ff.; WEINERT 1982, 99 ff.): Zunächst einmal kann man Selbststeuerung als Dimension des Lernens (Selbststeuerung als Gegensatz zur Fremdsteuerung) verstehen. Selbstgesteuertes Lernen ist dann durch die Abwesenheit externer personaler Lernkontrollen gekennzeichnet. Zum zweiten ist selbstgesteuertes Lernen eine Bezeichnung für lerntheoretische Ansätze (Lernen als interaktiver Prozess). Schließlich ist selbstgesteuertes Lernen eine Zielvorstellung (ein selbstständiger Mensch) bzw. eine Forderung an die Lerninstitution (mehr selbstgesteuertes Lernen, um Selbstständigkeit zu erreichen). Mit WEINERT (1982, 99) kann also zunächst festgehalten werden: Selbstgesteuertes Lernen muss „Voraussetzung, Methode und Ziel“ von Lehr-Lern-Prozessen sein. Von dieser (psychologischen) Anspruchsformulierung her ergibt sich jedoch noch keine Lehr-Lern-

Detlef Sembill & Jürgen Seifried

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Konzeption, die in der Lage ist, das dominierende lehrerzentrierte Unterichtsmuster mit dem bekannt negativen Wirkungsgrad zu überwinden.

2.

Selbststeuerung und Selbstorganisation

2.1

Selbststeuerung

Der Begriff „selbstgesteuertes Lernen“ ist in der einschlägigen Literatur nicht genau bestimmt und gegenüber verwandten Termini nur unpräzise abgegrenzt. Nach NEBER (1978, 40) liegt es dann vor, wenn Lerner (1) Lernziele/Standards, (2) Operationen und Strategien der Informationsverarbeitung, (3) zielorientierte Kontrollprozesse und (4) den Offenheitsgrad der Lernumgebung selbst bestimmen können. Bei WEINERT (1982, 102) sind selbstgesteuerte Lernformen solche, bei denen „der Handelnde die wesentlichen Entscheidungen, ob, was, wann, wie und woraufhin er lernt, gravierend und folgenreich beeinflussen kann“. Beide Definitionen betonen die Handlungsspielräume, die diese Lernform von fremdgesteuertem Lernen abgrenzt, bei dem die Ausgestaltung des Lernprozesses maßgeblich durch andere Personen bestimmt wird. Ähnlich argumentieren SCHIEFELE/PEKRUN (1996, 258), die immer dann von selbstgesteuertem Lernen sprechen, wenn der Lernende selbstbestimmt eine oder mehrere Selbststeuerungsmaßnahmen ergreift und den Lernprozess eigenständig überwacht. NIEGEMANN/HOFER (1997) dagegen differenzieren Im Unterschied hierzu zwischen Selbststeuerung oder -regulation (Lernziel-Vorgabe von außen) und Selbstbestimmung (Entscheidung über die Lernziele verbleibt beim Lerner). Betrachtet man die Komponenten, die das Gelingen von selbstgesteuerten Lernprozessen begünstigen, so wird die Bedeutung von Lern- und Kontrollstrategien sowie von (motivationalen) Überzeugungssystemen hervorgehoben (vgl. WEINERT 1982; PINTRICH/DE GROOT 1990; FRIEDRICH/MANDL 1995; NIEGEMANN/HOFER 1997). BOEKARTS (1999) schließlich benennt in ihrem Drei-Schicht-Modell selbstgesteuerten Lernens drei Ebenen der Regulation, nämlich (1) Regulation der Informationsverarbeitung, (2) metakognitive Steuerung und (3) Regulation der Motivation. Damit korrespondieren gleichzeitig entsprechende Forschungslinien wie (1) Forschungsansätze zu Lernstilen und Lernstrategien, (2) Forschungsansätze zu Metakognition und Regulationsstilen und (3) Theorien zum Selbst (vgl. SPÖRER 2003, 12). Gemein ist den verschiedenen Ansätzen also zum einen der Aspekt der Selbstbestimmung (s. o.). Zum anderen ist hervorzuheben, dass selbstgesteuertes Lernen durch das komplexe Zusammenwirken kognitiver, motivationaler und metakognitiver Komponenten gekennzeichnet wird (vgl. FRIEDRICH/MANDL 1995; BOEKARTS 1999; WEINSTEIN/HUSMANN/DIERKING 2000). Es geht also um Handlungsregulation: Dazu gehört die Fähigkeit, Prozesse, die zur Bewältigung einer Aufgabe bzw. Problemstellung nötig sind, selbstständig in aufeinander aufbauende und zielführende Handlungsschritte zu unterteilen, diese umzusetzen und im weiteren Verlauf zu modifizieren. ZIMMERMAN (2000) beschreibt daher folgerichtig selbstgesteuertes Lernen als zyklischen Prozess, der folgende Phasen umfasst: (1) forethought, (2) performance or volitional control und (3) self-reflection. Den Ausgangspunkt von Lernaktivitäten bildet die Zielbildung sowie die Auswahl der Strategien zur Zielerreichung. Von Relevanz sind dabei „personal beliefs“ wie z. B. Selbstwirksamkeitserwartungen, Interessen, Werte und Zielorientierungen. Im Rahmen der eigentlichen Durchführungs-

Selbstorganisiertes Lernen als didaktische Lehr-Lern-Konzeption

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phase gewinnen dann volitionale Strategien an Bedeutung und unterstützen den Lernprozess durch das Abschirmen alternativer Handlungstendenzen (KUHL 1985). Fasst man die Diskussion um die Selbststeuerung oder Selbstregulation zusammen, so wird deutlich, dass die Fähigkeit zur Selbststeuerung als Voraussetzung für erfolgreiches Handeln zu betrachten ist. Angesichts der Betonung von volitionalen Prozessen und Strategien, der „self reflection“ oder „personal beliefs“, die auch Werte und Zielorientierung umfassen, erstaunt es indes, dass die Steuerungsfunktion von Emotionen nicht stärker herausgearbeitet wird, zumal auch hirnphysiologische Erkenntnisse dies nahe legen (vgl. ROTH 2001). Der Bezug der emotionalen Prozesse zum selbstgesteuerten Lernen wird vornehmlich bei der Analyse des Einflusses von lernbegleitenden Emotionen wie Freude oder Langeweile auf motivationale Komponenten (intrinsische Motivation) sowie auf kognitive Parameter (Strategiewahl) des Lernens gesehen (vgl. SPÖRER 2003, 17). Diese Sichtweise greift u. E. deutlich zu kurz, da hier insbesondere der Aspekt der subjektiven Handlungsrelevanz nicht ausreichend herausgestellt wird. Das Aktivieren eines Handlungsschemas ist immer auch das Ergebnis von Bewertungsprozessen und damit von Emotionen. Erst die Ausrichtung einer Aktivität auf Ziele ermöglicht die Korrektur der Handlung (Handlungsregulation) i. S. subjektiv verfolgter Motiv-Bedürfnislagen. Die eigenständige und selbstverantwortliche Handlungsregulation setzt immer Ziele voraus, die als bewertete innere Vorstellungen Handlungsabläufe steuern und regeln (vgl. SEMBILL 1992, 2003; SCHUMACHER 2002). Handlungsregulation impliziert jedoch nicht, dass man gemeinsam mit anderen erfolgreich handeln kann. Es ist durchaus ein Unterschied, ob man für sich als Einzelperson oder kooperativ in einem Team Ziele festlegen, Lernfortschritte überwachen und Lernergebnisse beurteilen soll. Aussagen zur Handlungssteuerung beim kooperativen Lernen finden sich in den diskutierten Modellen jedoch kaum. Diesbezüglich hilft ein Blick auf das Konzept der Selbstorganisation weiter (vgl. Abschnitt 2.3). Zunächst soll in Abschnitt 2.2 noch kurz auf die Besonderheiten des kooperativen Lernens hingewiesen werden.

2.2

Kooperatives Lernen

Kooperatives Lernen wird vielfach als „Schlüssel“ zu besseren Lernergebnissen betrachtet. Dieses Ziel kann jedoch nur dann erreicht werden, wenn drei Minimalbedingungen erfüllt sind: (1) Spielraum für Entscheidungen, (2) wechselseitige Verantwortung für das Lernen der Gruppenmitglieder und (3) individuelle Verantwortlichkeit für die Gruppenleistung (vgl. HUBER 2000, 57). So verstanden, erfordern kooperative Arrangements von den Lernenden ein hohes Maß an Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft. Gleiches gilt für den Aspekt der Verantwortung. Mit kooperativem Lernen verbunden ist auch die Einsicht, dass Lernen immer auch Lernen von anderen und Partizipieren an den Leistungen anderer bedeutet. Bei der Auseinandersetzung mit dem Aspekt der Kooperation ist das Verhältnis von Handlungsregulation und Handlungskompetenz zu diskutieren. Neben den – angesichts der Vernachlässigung von emotionalen Aspekten nur bedingt gelösten – Problemen der Selbststeuerung ist das Verhältnis von Selbst- zu Sozialkompetenz ein weiterer blinder Fleck. Wie SCHUMACHER (2002) zeigt, verfolgen Schüler beim Lernen in Gruppen nicht nur ein Lernmotiv, sondern auch Anerkennungs-, Macht-, Zuneigungs- und Zugehörigkeitsmotive. Bei Gruppenprozessen reicht es also nicht aus, wenn man lediglich auf Selbstkompetenz setzt. In diesem Sinne sind auch ent-

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sprechende Definitionen der Selbstkompetenz einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Sie enthalten i. d. R. Bestimmungskomponenten einer Selbsterkenntnismöglichkeit, die die das Individuum umgebende sachliche, situationale und menschliche Welt mit einbezieht. Begriffe wie „ethisch-moralische Werthaltungen“ gebrauchen genauso wie „realistisches Selbstbild“, oder „sich wirksam verhalten“ substanziellkriteriale Bezugspunkte, die offensichtlich außerhalb des Individuums liegen. Das ist im Sinne einer pragmatisch verstandenen Lebenstüchtigkeit durchaus akzeptabel und anzustreben, erschwert aber die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Frage, ob eher das Subjekt oder der situationale Kontext für Handlungseffekte verantwortlich zeichnet. Das wird insbesondere deutlich, wenn man die Versuche, Selbst- in Abgrenzung von Sozialkompetenz zu definieren, betrachtet. Probleme der Konfundierung treten auf. Entsprechende Versuche sind also kaum geeignet, das Forschungsfeld nachhaltig zu erhellen (vgl. z. B. PRANDINI 2001, 186 ff.).

2.3

Selbstorganisation

Selbstorganisation ist ein Begriff mit nahezu universeller Anwendbarkeit in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen (vgl. GÖBEL 1998) und ist offener und weiter gefasst als der Begriff der Selbststeuerung. Selbstorganisation rekurriert auf systemtheoretische Ansätze unterschiedlicher Provenienz: Seit dem 17. Jahrhundert wurden Konzepte entwickelt, die sich auf Ordnungsprozesse in Gesellschaft und Wirtschaft („die unsichtbare Hand“) und auf evolutionäre Prinzipien bezogen. In jüngerer Zeit (ca. 1920 bis 1960) führten Systemtheorie, Kybernetik, Holismus und Thermodynamik insbesondere im Rahmen der Stabilisierungs- und Anpassungsfähigkeit von komplexen Systemen zu Forschungsfragen der Selbstorganisation (vgl. PROBST/GOMEZ 1991). Beginnend mit VON FOERSTERS „Order from noise“-Prinzip (1960) setzt die moderne Selbstorganisationsforschung ein, die in der Phase der Gründerkonzepte sieben unterschiedliche Entwicklungsstränge umfasst (vgl. KROHN & KÜPPERS 1990 sowie GÖBEL 1998 sowie die dort jeweils zitierte Literatur): (1) System-theoretisch-kybernetischer Ansatz (VON FOERSTER); (2) Theorie dissipativer Systeme (PRIGOGINE); (3) Synergetik (HAKEN; HAKEN & GRAHAM); (4) Theorie autokatalytischer Hyperzyklen (EIGEN); (5) Konzept elastischer Ökosysteme (HOLLING); (6) Autopoiesekonzept (MATURANA & VARELA); (7) Theorie des (deterministischen) Chaos (LORENZ; MANDELBROT). Der gemeinsame Nenner der verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen ist die Frage nach der Entstehung von Ordnung, welche durch Begriffe wie „Gesetzlichkeit“, „Vorhersehbarkeit“ oder „Determination“ näher bestimmt wird. Vereinfachend lassen sich zwei Auffassungen von Selbstorganisation unterscheiden, die als selbsttätige Entstehung von Ordnung (wie sie z. B. bei einem intakten Ökosystem zu beobachten ist) bzw. selbstbestimmte Entstehung von Ordnung bezeichnet werden können (vgl. GÖBEL 1998, 17 ff.) (vgl. Abbildung 1). Bei der zweiten Variante (autonom) wird noch deutlicher als beim „autogenen Störfall“ mit dem Grundsatz „Kanalisiere die Selbstorganisation“ sichtbar, dass die selbstbestimmende Erzeugung von Ordnung ein handlungsregulierter Prozess innerhalb der Person, aber auch zwischen Personen sowie Person/Umwelt i. w. S. ist. Zudem werden über die Diskussi-

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97

on von Betroffenheit der emotionale Aspekt herausgehoben und im Zusammenspiel mit der oben diskutierten subjektiven Bedeutsamkeit Prozesse der Identitätsbildung angesprochen. Das heißt: Selbstorganisationsprozesse schließen selbstgesteuerte/ selbstregulative Prozesse mit ein, gehen aber deutlich darüber hinaus!

Ordnung entsteht „von selbst“ (autogen) •



Die immanente Rationalität selbstorganisierender Prozesse führt zu wünschbaren Ergebnissen. Eine Gestaltung ist nicht notwendig. Grundsatz: Respektiere die Selbstorganisation! Durch selbstorganisierende Prozesse entstehen unerwünschte, schädliche Muster, die man beeinflussen möchte. Grundsatz: Kanalisiere die Selbstorganisation!

Ordnung entsteht „selbstbestimmt“ (autonom) •

Bei entsprechendem Handlungsspielraum können alle Organisationsmitglieder selbst an der sie betreffenden Ordnung mitwirken. Die entstehende Ordnung wird dadurch den Bedürfnissen der Betroffenen besser angepasst und effizienter. Grundsatz: Kreiere die Selbstorganisation!

Abb. 1:

Auffassungen von Selbstorganisation (GÖBEL 1998, 21)

Vor diesem Hintergrund ist zu konstatieren, dass es nicht ausreicht, selbstregulative Prozesse (unter Ausschluss der Inhaltskomponente) zu erforschen. Forschungsund Erkenntnisprozesse müssen u. E. immer in mehreren, sich überlappenden Bereichen stattfinden. In Abbildung 2 werden exemplarisch die Bereiche (A) Steuerung von systemischen Prozessen, (B) Lehr-Lern-Forschung und (C) Bezugswissenschaft herangezogen. Im Folgenden wollen wir anhand ausgewählter Beispiele mögliche Überschneidungen skizzieren.

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(A) Steuerung von systemischen Prozessen

(1)

(B) Forschung in den für kfm. Ausbildung relevanten Bezugsdisziplinen

(4) (2)

(3)

(C) LehrLernForschung

Abb. 2:

Forschung in sich überlappenden Bereichen

(1) Steuerung von systemischen Prozessen/Bezugsdisziplin Systemtheoretische Entwürfe nehmen seit Jahrzehnten Einfluss auf wirtschaftswissenschaftliche und wirtschaftspraktische Konzepte. Im Wechselspiel mit anderen Disziplinen wurden zunehmend Vernetzungen über verschiedene Ebenen und zwischen unterschiedlichen Systemen herausgearbeitet, wie Schlagworte wie „System Dynamics“ (vgl. MILLING 1996), „fraktale Fabrik“ (vgl. WARNECKE 1996) oder „lernende Organisation“ (vgl. SENGE 1996; ARGYRIS/SCHÖN 2002) verdeutlichen. Ebenso wurden Fragen der Ganzheitlichkeit (vgl. ULRICH 1984) und die Stellung des Subjekts neu diskutiert. In der Erziehungswissenschaft hat die Diskussion der Rolle des Subjekts bzw. der Beeinflussung des Subjekts (via Erziehung) weit zurückreichende Bezüge, beginnend beim Naturalismus über Humboldt und Schleiermacher über die Reformpädagogik bis in die neueste Zeit (vgl. SEMBILL 1996). Sie spielt auch in der Erwachsenenbildung (vgl. REISCHMANN 1998; ARNOLD 2003) oder in der beruflichen Bildung (vgl. SEMBILL 1992, 1996; STRAKA 2000) eine bedeutsame Rolle. In der Psychologie haben in jüngerer Zeit insbesondere Personal- und Organisationspsychologie (vgl. SCHUMACHER 2002) sowie Sozialpsychologen, die klinische und die Familien- und Verhaltenstherapie (vgl. TSCHACHER 1997; KANFER/REINECKER/SCHMELZER 2006) von einer Adaption entsprechender Theorien profitiert (Beeinflussung des Subjekts via Therapie).

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99

(2) Steuerung von systemischen Prozessen/Lehr-Lern-Forschung Neben einem prinzipiell empirischen Ansatz wurden im Kontext eines DFGSchwerpunktprogramms (1975) zehn Prinzipien benannt, wie Lehr-Lern-Forschung zu betreiben sei (vgl. HEIDENREICH/HEYMANN 1975). Davon blieben vier lediglich in Ansätzen erkennbar geschweige denn erfüllt: (1) Unterricht ist als Prozess zu erforschen, (2) Lerninhalte sind einzubeziehen, (3) neben kognitiven sind auch affektive Faktoren von Lehr-Lern-Prozessen zu erfassen und (4) die unterrichtspraktische Bedeutung der Ergebnisse ist zu diskutieren. In der Weiterführung der Diskussion war dann zunehmend eine Trennung in eine Lehrforschung und in eine Lernforschung festzustellen (vgl. WEINERT/TREIBER 1982). Im Zuge einer zunehmenden Spezialisierung konzentrierte man sich entweder auf Instruktionsprozesse (Wissenserwerb, fachspezifische Problemlösekompetenz) oder auf Lernprozesse (Selbststeuerung, Metakognition, Motivation). Auch der Anwendungsbezug und die unterrichtspraktische Bedeutung wurden entweder nicht mehr verfolgt bzw. explizit ausgeschlossen (vgl. ebd., 8 f.). Wenn man die auch heute noch aktuellen Forderungen von HEIDENREICH/HEYMANN ernst nimmt, muss man auch die wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen den Prinzipien ins Kalkül ziehen. Unter diesem integrativen Blickwinkel sind Forschungen zum selbstgesteuerten, autodidaktischen, selbstbestimmten bzw. selbstorganisierten Lernen anzulegen. Wichtig sind hierbei Forschungsanstrengungen, die beispielsweise Hinweise darauf geben, in welchem Ausmaß und in welcher zeitlichen Dimension der Umfang der Selbsttätigkeit gesteigert werden kann oder welche Rolle emotionale Prozesse spielen (s. o.).

(3) Bezugsdisziplin/Lehr-Lern-Forschung Teilsaspekte der zuletzt genannten Erkenntnisse, aber mehr noch die durch die Wissenspsychologie konsequent vorgenommene Vertiefung und v. a. die empfohlenen instruktionalen Maßnahmen des „situated learning“ verweisen auf die Bedeutung der Lehr-Lern-Forschung. Es muss jedoch die Frage des Inhaltsbezugs – wie von ACHTENHAGEN (1978) seit Jahrzehnten kritisch angemahnt – als entscheidend angesehen werden. Erst in einem 1992 auf den Weg gebrachten, speziell auf die berufliche Bildung bezogenen DFG-Schwerpunktprogramm (Lehr-Lern-Prozesse in der kaufmännischen Erstausbildung) wurden die Lehr-Lern-Prozesse stärker vor dem Hintergrund inhaltlicher Fragen untersucht.

(4) Steuerung von systemischen Prozessen/Bezugsdisziplin/Lehr-LernForschung Im Schnittpunkt der drei skizzierten Bereiche ist u. a. die Konzeption des Selbstorganisierten Lernens nach Sembill einzuordnen, die im folgenden Abschnitt näher diskutiert wird.

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100

3.

Selbstorganisiertes Lernen nach Sembill

3.1

Die Lehr-Lern-Konzeption „Selbstorganisiertes Lernen“ im Überblick

Vor dem skizzierten Hintergrund wurden seit Mitte der 1990er Jahren mehrere Forschungsprojekte zum Selbstorganisierten Lernen durchgeführt (zur empirischen Evidenz vgl. Abschnitt 3.2). Die zentrale Grundlage der Konzeption des Selbstorganisierten Lernens bilden drei Prämissen, die für die Gestaltung von Lernumgebungen weit reichende Konsequenzen haben (SEMBILL 1999, 146): (1) „Lernen ist eine Handlung des Lernenden, die seiner subjektiven Relevanzeinschätzung gehorcht. (2) Die subjektive Relevanz ist an das Erreichen/Aufrechterhalten von Orientierungs- und Verhaltenssicherheit gekoppelt. (3) Da dies gleichermaßen für Individuen und die Sozialgemeinschaft insgesamt gilt, sind Interessensgegensätze auszubalancieren.“ Kurz gefasst geht es beim Selbstorganisierten Lernen, einer Weiterentwicklung und Ausdifferenzierung des Forschenden Lernens (vgl. SEMBILL 1992), darum, in projektorientierter Kleingruppenarbeit in eigener Verantwortung über mehrere Unterrichtsstunden hinweg komplexe, praxisnahe, fachspezifisch und curricular zuordenbare Problemstellungen zu bearbeiten. „Historisch“ gesehen sind die „Prozessanalysen Selbstorganisierten Lernens“ im Wesentlichen eine konsistente Weiterführung der von Achtenhagen geprägten Göttinger Lehr-Lern-Forschung. Aufbauend auf reformpädagogischen Ansätzen und nicht zuletzt unter Rückgriff auf Best-PracticeBeispielen aus Schulen, Hochschulen und der betrieblichen Aus- und Fortbildung weist Selbstorganisiertes Lernen eine hohe Affinität zum Projektunterricht im ursprünglichen Sinne auf und zeichnet sich durch eine umfassende Übertragung von Verantwortung auf Lernende aus. Dem SoLe-Arrangement liegt ein ausbalanciertes, mehrdimensionales Lehr-Lern-Verständnis zugrunde, das sich zum einen aus der notwendigen interaktiven Verknüpfung von Lehr- und Lern-Funktion und zum anderen aus dem pädagogischen Grundproblem abweichender individueller und gemeinschaftlicher Interessensunterschiede speist. Das klassische Dreieck „Lehrer, Schüler, Stoff“ wird aufgelöst: Lernende werden partiell zu Lehrenden, und auch Lehrende können insbesondere während hochwertiger Qualifizierungsprozesse lernen. Explizit wird der Aspekt der Selbstorganisation herausgehoben: Es geht immer um die Organisation individueller und kooperativer Lehr-Lern-Prozesse vor dem Hintergrund von subjektiv als bedeutsam bewerteten Zielen sowie der individuellen Orientierungs- und Verhaltenssicherheit (s. o.). Gestaltungsgrundlage der Lernumgebung sind neun Merkmalsbereiche (MB) zur Generierung innovationsfähiger Wissens- und Handlungsstrukturen (vgl. Abbildung 4). Im Mittelpunkt dieses Lehr-Lern-Arrangements steht Lernen im Sinne des Grundprinzips geplanten Handelns, das den Fokus von vier Grunddimensionen darstellt: (1) Lernen für sich (MB 2, MB 5, MB 8); (2) Lernen mit Risiko (MB 4, MB 5, MB 6); (3) Lernen mit anderen (MB 1, MB 5, MB 9); (4) Lernen für andere (MB 3, MB 5, MB 7). Die Merkmalsbereiche insgesamt folgen in ihrer (horizontalen) MetaStruktur ebenfalls diesem Grundprinzip: • Ziel-/Planungsbereich (MB 1 bis MB 3); • Durchführungsbereich (MB 4 bis MB 6); • Kontrollbereich (MB 7 bis MB 9).

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101

Die genannten vier Grunddimensionen spiegeln in ihren Polen darüber hinaus den erziehungswissenschaftlichen Antagonismus zwischen inneren/subjektiven (MB 1, 2, 3 und 6) versus äußeren/gesellschaftlichen Ansprüchen (MB 4, 7, 8 und 9) wider. Die den Merkmalsbereichen zugeordneten Indikatoren dienen der Gestaltung, Operationalisierung und Evaluation entsprechender Lehr-Lern-Arrangements. Es wird deutlich, dass die Lehr-Lern-Konzeption den oben formulierten Ansprüchen genügt und explizit auf kooperatives und kollaboratives Lernen setzt. Ebenfalls integriert sind Möglichkeiten der Identitätsbildung und -darstellung (Förderung kommunikativer Kompetenzen) sowie die Implementation eines Selbstverantwortungs- und Kontrollverständnisses, das auf einem konstruktiven Fehlerverständnis fußt und auf die Möglichkeit und Notwendigkeit der Harmonisierung einer möglichen Diskrepanz zwischen subjektiver und objektiver Kompetenz verweist. MB 1 Relevanzeinschätzung vorgefundener bzw. vorgegebener Gegenstandsbereiche Lernsituationen mit Ernstcharakter, d.h. • „berufsrelevante“ Probleme (Inhalte) für die Aus- und Weiterbildung und für die Berufstätigkeit; • Bezug auf die Praxis des ausbzw. weiterbildenden Teilsystems; • Berücksichtigung institutioneller und sozialer Rahmenbedingungen.

MB 4 Vorgefundene bzw. vorgegebene Komplexität Lernsituationen als nicht wohldefinierte („echte“) Probleme, d.h. • keine festgelegte Problemdefinition; • keine vorgefertigten, vorgeschriebenen Antworten, Strategien und Hypothesen; • nicht vollständig konfigurierte Lernmaterialien.

MB 2 Reflexion von Sinn und

• • •

• • • • • •

• • •

tiver, motivationaler und emotionaler Kompetenzen Dokumentation und Präsentation (inkl. Gewährleistung von logischer Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit); Identitätsdarstellung/ kommunikative Kompetenz.

Abb. 3:

und -bewertung

Ergebnis vorgegebener • Zustandsanalysen prüfen; prüfen, inwieweit man sich mit • dem angegebenen Ziel identifizieren kann; Abgleich mit/Aufstellen von Zielprioritäten (Bewertungsproblem).

MB 5 Lernen als geplantes

• •

MB 7 Externalisierung kogni-

MB 3 Bedeutungserschließung

Zweck

Handeln Problemdefinition; Auseinandersetzung mit und Kombination von Wissen; Lösungsvorschläge machen; die Mittel für gerechtfertigt halten; die Nebeneffekte im Verhältnis zu den Effekten bewerten; sich zutrauen, den Einsatz der Mittel handelnd zu realisieren (subjektive Kompetenz nutzen); Lösungsvorschläge realisieren; Ergebnis-/Handlungskontrolle.

Bedeutsamkeit und Betroffenheit reflektieren; Empathie, Ambiguitätstoleranz, Rollendistanz (Identitätsbildung) entwickeln durch Interaktion mit Lernenden, Lehrenden und LehrLern-Materialien.

MB 6 • • • • • •



Sich Einlassen

prinzipielle Eigenständigkeit; hierarchieübergreifende Aktivitäten; mögliche Leitungsfunktionen; geringer Instanzenweg; Einschluss von Fehlern und Misserfolg (konstruktives Fehlerverständnis); mögliche Diskrepanz subjektiver und objektiver Kompetenz (muss ggf. von Mitlernern und/oder Lehrern harmonisiert werden); Entscheidungs- und Handlungsspielräume.

MB 8 Werteverantwortung

MB 9 Relevanzaustausch

des eigenen ganzheitlichen Handelns gegenüber:

i.S. von Kooperation und Kollaboration einschließlich

• • •



Lern- und Schulkultur; Politischer Kultur; Ethischen Grunddimensionen (Person-, Solidaritäts- und Subsidaritätsprinzip).

• •

bereichsübergreifender Aktivitäten; konstruktiver Rückmeldung; gemeinsamer (diskursiver) Willensbildung (laterale Kooperation).

Neun Merkmalsbereiche des Selbstorganisierten Lernens (vgl. SEMBILL ET AL. 1998, 59)

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Selbstorganisiertes Lernen wurde zunächst im Hochschulbereich erprobt und dann auf den schulischen Bereich übertragen. Im Sinne eines research & developmentAnsatzes geht es darum, entsprechend komplexe Lehr-Lern-Arrangements systematisch zu gestalten, empirisch zu überprüfen und im Sinne der gewonnenen Erkenntnisse auf der Grundlage der erkannten Prinzipien und Kriterien zielführende weiterzuentwickeln. Die verbesserte Konzeption ist dann erneut für verschiedene Kontexte (Schule, Hochschule, betriebliche Erstausbildung) zu modellieren und wieder zu überprüfen und zu verbessern. Die im Zuge dieses kontinuierlichen Verbesserungsprozesses gewonnenen Erkenntnisse fließen ein in die Lehreraus- und Weiterbildung und stehen Lehrpersonen und betrieblichen Ausbildern als Orientierungshilfe für ihr tägliches Handeln zur Verfügung. Weiterführende Informationen zu der Lehr-Lern-Konzeption sowie zur empirischen Bewährung in der kaufmännischen Unterrichtspraxis in ausgewählten Lerninhaltsgebieten (insbesondere Materialwirtschaft, Personalwirtschaft und Buchführung) können beispielsweise SEMBILL 1992, 1996; SEMBILL/WOLF/WUTTKE/SANTJER/SCHUMACHER 1998; WUTTKE 1999; SANTJER-SCHNABEL 2002; SCHUMACHER 2002; WOLF 2003; SEIFRIED 2004 sowie SEIFRIED/SEMBILL 2005 entnommen werden. Im folgenden Abschnitt sollen lediglich zentrale Befunde der empirischen Überprüfung skizziert werden.

3.2

Empirische Evidenz

Um die „Praxistauglichkeit“ der Konzeption zu überprüfen, wurden im Rahmen mehrerer aufwendiger Forschungsprojekte (Prozessanalysen Selbstorganisierten Lernens) in Kooperation mit interessierten Lehrkräften so genannte selbstorganisationsoffene Lernumgebungen gestaltet, in der Lerner sich mit komplexen Problemstellungen auseinandersetzen, ihre Ziele definieren und ihren Lernprozess selbst steuern und kontrollieren müssen. Um Unterschiede zum herkömmlichen Unterricht aufzeigen zu können, wurde den Experimentalgruppen (Selbstorganisiertes Lernen = SoLe) jeweils eine vorwiegend nach dem Muster des fragend-entwickelnden Unterrichts unterrichtete Kontrollgruppe (Traditionelles Lernen = TraLe) in quasiexperimentellen Feldstudien gegenübergestellt.1 Es konnte jeweils festgestellt werden, dass Schüler in einer selbstorganisationsoffenen Lernumgebung bezüglich Gütekriterien wie Faktenwissen mindestens einen vergleichbaren Lernerfolg erzielen wie Lernende, die eher traditionell unterrichtet werden. Darüber hinaus zeigte sich, dass die Schüler bezüglich der von uns als zentral betrachteten Qualifikation „Problemlösekompetenz“ sowie hinsichtlich der Emotionalen Befindlichkeit Vorteile aufweisen. Aus Sicht der Forschung ist es von zentraler Bedeutung, dass die gewählten Überprüfungsverfahren kompatibel sind mit der Gestaltungsidee. Möchte man LehrLern-Prozesse ernsthaft untersuchen, reicht es eben nicht aus, am Ende einer Intervention Fragebogen einzusetzen. Vielmehr ist nach Wegen zu suchen, wie emotionale, motivationale und kognitive Zustände der Lernenden (und ggf. die der Lehrenden) valide erfasst werden können. Diesbezüglich wurde mit der so genannten

1

Die Forschung wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Schwerpunktprogramms „Lehr-Lern-Prozesse in der kaufmännischen Erstausbildung“ gefördert (AZ: Se 573/41/-2/-3).

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103

Continuous-State-Sampling-Method ein neuartiger methodischer Zugang gewählt, der die kontinuierliche und simultane Erfassung emotionaler, motivationaler und kognitiver Faktoren des Lehr-Lerngeschehens mit Hilfe von Selbstberichten der Lernenden ermöglicht. Die Schüler tragen während des Unterrichts ein Signalgerät bei sich, das in kurzer zeitlicher Taktung aktiviert wird und sie zur Beschreibung des subjektiven Erlebens auffordert. Als besonderer Vorteil des Verfahrens wird die ökologische Validität der Selbstberichte betrachtet: Das unmittelbare Berichten des Erlebens macht die i. d. R. weniger zuverlässige retrospektive Schilderung überflüssig. Mittels der detaillierten Analysen der Selbstberichte in Verbindung mit Beobachtungs- und Audiodaten ließen sich eine Vielzahl von Hinweisen finden, die Erklärungsansätze für die Gründe der vielfältigen Überlegenheit der SoLe-Klassen bieten. Die Darstellung der wesentlichen Ergebnisse in Abbildung 4 folgt der Unterscheidung zwischen Produkt- und Prozessmaßebene.

Produktmaßebene: •



SoLe-Schüler/innen können signifikant besser als TraLe-Schüler/innen komplexe Probleme in formaler wie qualitativer Weise bearbeiten, obwohl sie signifikant schlechtere intellektuelle und psychosoziale Voraussetzungen hatten. Mit dieser gesteigerten Problemlösefähigkeit geht bei SoLe-Schüler/innen eine positive Entwicklung von Interessensbildung und Emotionen einher.

Prozessmaßebene: • • • • •



In beiden Lehr-Lern-Arrangements konnte ein enger Zusammenhang zwischen kognitiven, emotionalen und motivationalen Prozessvariablen nachgewiesen werden. Dieser Zusammenhang ist in den SoLe-Klassen allerdings intensiver vernetzt und rückgekoppelt und ist über längere Zeit stabiler (Zeitreihenanalysedaten). Im vergleichsweise (mit TraLe) gleichen Zeitrahmen werden diese aktiven Lerntätigkeiten signifikant größer und das Lernpotenzial höher. SoLe-Schüler/innen erarbeiten sich dabei die Faktengrundlage der Problemlösefähigkeit selbstständig und auf einem höheren Vernetzungsgrad. Motor dieses Erarbeitungsprozesses sind Schülerfragen: Lernende im SoLe-Unterricht stellen etwa 35mal soviel Fragen pro Stunde wie Lernende im TraLe-Unterricht. Beachtlich ist auch, dass sie etwa 18mal soviel Fragen mit deep-reasoning Charakter stellen. In diesem Kontext ist zu beachten, dass SoLe-Schüler/innen einen besseren, nicht extra trainierten Lernstrategieeinsatz mit äquivalenten Auswirkungen auf den Lernerfolg zeigen (s. o. Prozessmaße).

Abb. 4:

Zentrale Befunde der Prozessanalysen Selbstorganisierten Lernens

Detlef Sembill & Jürgen Seifried

104

4.

Diskussion

Vor dem Hintergrund unterrichtsmethodischer Problemlagen des herkömmlichen Unterrichts an beruflichen Schulen (vgl. z. B. PÄTZOLD/KLUSMEYER/WINGELS/LANG 2003) wird deutlich, dass die Diskussion möglicher Ansatzpunkte zur Steigerung der Unterrichtsqualität über den Aspekt der Bestimmung, Begründung und Sequenzierung der Ziele und Inhalte des Unterrichts hinaus didaktisch konsistent die Auseinandersetzung mit äquivalenten methodisch-medialen Fragestellungen umfassen muss. Dabei verfolgen wir eine konsequente Ausweitung des Selbstorganisierten Lernens. Alle an Bildungs- und Qualifizierungsbemühungen Beteiligten sind aufgefordert, Lehr-Lern-Prozesse ganzheitlich zu betrachten, das eigene Lehrverständnis und Menschenbild kritisch zu hinterfragen und den Lerner konsequent in das Zentrum der pädagogischen Bemühungen zu rücken. Abbildung 5 zeigt, wie eine entsprechende Umorientierung den Kompetenzerwerb von Lernenden befördert (Abbildung 5a) bzw. zu welchen Ergebnissen ein Festhalten an herkömmlichen Qualifizierungsmethoden führt (Abbildung 5b). Während beim traditionellen Lernen Lerntypen bevorzugt werden, die das „System“ durchschauen und erfolgreich auf der „Vorderbühne“ im Rahmen der Lehrer-Schüler-Interaktion agieren können, fördert Selbstorganisiertes Lernen via der skizzierten Wirkungskette nachweislich alle Lerntypen. Die Modellierung basiert auf mehrfach replizierten empirischen Befunden, die mittels aufwendiger Analysen realen Unterrichts gewonnen wurden. Ziel der Bemühungen muss es also sein, Lehr-Lern-Prozesse gemeinsam so zu gestalten, dass im Vergleich zur herkömmlichen Qualifizierung ein größeres Ausmaß an Selbst- und Mitbestimmung, die zwingend auch mit einer wachsenden Selbstverantwortung und entsprechenden Beurteilungsprozessen zu koppeln sind, erreicht wird. Die erfolgreiche Implementation des Selbstorganisierten Lernens im Unterrichtsalltag setzt auch den entsprechenden organisatorischen Rahmen voraus: Hier sind insbesondere die Ausweitung der Lehr-Lern-Zeit von 45-Minuten-Einheiten zu mehrstündigen Unterrichtseinheiten zu nennen. Als hilfreich erweist sich auch die Möglichkeit (und die Bereitschaft sowie Fähigkeit von Lehrkräften), Teams zu bilden und die Unterrichtseinheiten in Kooperation mit Kollegen vorzubereiten. Im Zuge der gemeinsamen Vorbereitung der Lehr-Lern-Sequenzen wird der Unterricht quasi zum kollektiven Eigentum. Hierzu muss das bei Lehrkräften verbreitete AutonomieParitätsmuster (siehe z. B. ALTRICHTER/EDER 2004) aufgelöst werden. Überzeugung und Engagement sowie entsprechende persönliche und didaktische Fähigkeiten der Lehrpersonen sind zu fördern.

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Abb. 5:

105

Wirkungen und Effekte von SoLe und TraLe

Selbstorganisiertes Lernen ist – auch das geht aus unseren Studien hervor – kein „didaktischer Selbstläufer“. Nicht zu unterschätzen sind die zusätzlichen Belastungen für Lehrkräfte. Die Einführung des Selbstorganisierten Lernens erforderte es, gewohnte Unterrichtsmuster zu überdenken, sich mit bis dato nicht geläufigen allgemein- und fachdidaktischen Konzeptionen auseinander zu setzen und umfangreiche Unterrichtsmaterialien zu erstellen. Nach Auskunft der Lehrkräfte hat sich diese Anstrengung jedoch gelohnt. Sie berichten übereinstimmend über eine gestiegene Berufs- und Arbeitszufriedenheit, und auch die Rückmeldungen der an den Untersuchungen beteiligten Schüler fallen durchweg positiv aus. Zusammenfassend ist festzuhalten: Substanzielle Qualitätssteigerungen im Berufsbildungssystem sind insbesondere dann möglich, wenn Lern- und Arbeitserfolge simultan auf der Ebene der Leitung der Bildungsinstitution, der Lehr- bzw. Ausbildungspersonen sowie der Lernenden angestrebt werden. Hierzu ist es notwendig,

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106

substanzielle Beschaffenheiten und Unterschiede sowie strukturelle Wirkmechanismen zwischen verschiedenen Ebenen zu identifizieren bzw. zu überprüfen. Mit FEND (2000, 61) gehen wir davon aus, dass entsprechende Fragen insbesondere „in einem mehrebenenanalytischen Design von Bildungssystemen und im Rahmen der Vorstellung [...], dass das Bildungssystem von Personen ‚gemacht’ wird, die auf verschiedenen Ebenen in einem gesetzlichen Rahmen gestaltend tätig sind“, sinnvoll zu bearbeiten sind. Es geht darum, Qualitätsentwicklungen auf der Makro-, Meso- und Mikroebene zu beobachten und ihre Wirkungen auf den angestrebten Erfolg hin zu überprüfen. Eine entsprechende Konzeption für ein Forschungsprogramm haben wir bereits vorgelegt (vgl. SEIFRIED/SEMBILL/NICKOLAUS/SCHELTEN 2005).

5.

Literatur

ACHTENHAGEN, Frank (1978): Einige Überlegungen zur Entwicklung einer praxisorientierten Fachdidaktik des Wirtschaftslehreunterrichts. In: Die Deutsche Berufs- und Fachschule, 74. Jahrgang, S. 563-587. ACHTENHAGEN, Frank/LEMPERT, Wolfgang (2000): Lebenslanges Lernen im Beruf – seine Grundlegung im Kindes- und Jugendalter, Band 1: Das Forschungs- und Reformprogramm. Opladen. ARGYRIS, Chris/SCHÖN, Donald A. (2002): Die lernende Organisation. Grundlagen, Methode, Praxis. 2. Aufl. Stuttgart. ARNOLD, Rolf (2003): Systemtheoretische Grundlagen einer Ermöglichungsdidaktik. In: ARNOLD, Rolf/SCHÜSSLER, Ingeborg (Hrsg.): Ermöglichungsdidaktik. Erwachsenenpädagogische Grundlagen und Erfahrungen. Baltmannsweiler. BOEKAERTS, Monique (1999): Self-regulated learning: where we are today. In: International Journal of Educational Research, Vol. 31, pp. 445-457. ALTRICHTER, Herbert/EDER, Ferdinand (2004): Das „Autonomie-Paritäts-Muster“ als Innovationsbarriere? In: HOLTAPPELS, Heinz. G. (Hrsg.): Schulprogramme – Instrumente der Schulentwicklung. Konzeptionen, Forschungsergebnisse, Praxisempfehlungen. Weinheim und München, 195-221. EINSIEDLER, Wolfgang/NEBER, Heinz/ WAGNER, Angelika C. (1978): Selbstgesteuertes Lernen im Unterricht – Einleitung und Überblick. In: NEBER, Heinz/WAGNER, Angelika C./EINSIEDLER, Wolfgang (Hrsg.): Selbstgesteuertes Lernen. Weinheim, S. 13-32. EULER, Dieter/PÄTZOLD, Günter (2004): Selbst gesteuertes und kooperatives Lernen in der beruflichen Erstausbildung (SKOLA). Gutachten und Dossiers zum BLK-Programm, Bonn. FEND, Helmut (2000): Qualität und Qualitätssicherung im Bildungswesen: Wohlfahrtsstaatliche Modelle und Marktmodelle. In: HELMKE, Andreas/HORNSTEIN, Walter/TERHART, Ewald (Hrsg.): Qualität und Qualitätssicherung im Bildungsbereich. Schule, Sozialpädagogik, Hochschule. Zeitschrift für Pädagogik, 41. Beiheft, S. 55-72. VON

FOERSTER, Heinz (1960): On Self-Organizing Systems and Their Environments. In: YOVITS, Marshall C./CAMERON, Scott (Eds.): Self-Organizing Systems. London, pp. 31-50.

FRIEDRICH, Helmut F./MANDL, Heinz (1995). Analyse und Förderung selbstgesteuerten Lernens. In: WEINERT, Franz E./MANDL, Heinz (Hrsg.): Psychologie der Erwachsenenbildung – Enzyklopädie der Psychologie, Band 4. Göttingen, S. 238-293 GÖBEL, Elisabeth (1998): Theorie und Gestaltung der Selbstorganisation. Berlin. HEIDENREICH, Wolf-Dieter/HEYMANN, Hans-Werner (1975): Lehr-Lern-Forschung: Neuere unterrichtswissenschaftliche Literatur im Spiegel eines neuen Forschungsansatzes. In: Zeitschrift für Pädagogik, 22. Jahrgang, S. 227-251. HUBER, Günter L. (2000): Lernen in kooperativen Arrangements. In: DUIT, Reinders/RHÖNECK, Christoph von (Hrsg.): Ergebnisse fachdidaktischer und psychologischer Lehr-Lern-Forschung. Beiträge zu einem Workshop an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. Kiel, S. 55-76.

Selbstorganisiertes Lernen als didaktische Lehr-Lern-Konzeption

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BRIGITTE GELDERMANN, ECKART SEVERING & THOMAS STAHL Perspektiven des selbst gesteuerten Lernens in der betrieblichen Bildung Kurzfassung: Die Betriebspädagogik hat sowohl in ihrer Grundlagenarbeit als auch in Modellversuchen Fragen des selbst gesteuerten Lernens mit hoher Intensität bearbeitet. Gleichwohl ist zu fragen, warum Konzepte des selbst gesteuerten oder des selbst organisierten Lernens kaum je auf die durchaus unterschiedlichen Voraussetzungen verschiedener Gruppen von Lernern im Betrieb eingehen. Sie alle gemeinsam mögen der Notwendigkeit zu kontinuierlicher selbstständiger Wissensadaption ausgesetzt sein – die Möglichkeit, selbst gesteuert zu Lernen, hat jedoch nur ein geringer Teil der Beschäftigten. Wenn Konzepte des selbstständigen Lernens beim betrieblichen Publikum fast ausschließlich für diejenigen aufgegriffen werden, die ohnehin wissensbasierte Tätigkeiten mit hoher Arbeits- und daher auch Lernautonomie ausführen und ganz ohne betriebspädagogische Intervention eigenständig lernen, wird das breite Segment der wissensbasierten Facharbeit ausgeblendet. Hier ergäben erfolgreich implementierte Modelle selbst gesteuerten Lernens sowohl betriebliche Produktivitätszuwächse als auch individuelle Souveränitätsgewinne. Die Betriebspädagogik ist herausgefordert, sich auch in diesem schwierigeren Feld zu bewähren und Organisationsmodelle, Infrastrukturen und Medien zu entwickeln, die selbst gesteuertes Lernen auch auf dem shop floor ermöglichen. Sonst läuft sie Gefahr, mit ihren undifferenzierten Beschreibungen einer schönen neuen Lernwelt im Betrieb letztlich nur zu legitimieren, dass Facharbeiter und An- und Ungelernte wenig an Weiterbildung partizipieren – sei diese nun fremd oder selbst gesteuert. Abstract: Educationalists concerned with learning at work have done intensive research and conducted a large amount of model projects on self-directed learning. Nonetheless, it remains an open question why programmes of self-directed learning hardly ever address the diverse requirements of the different groups of learners in a company. In our days employees may all of them be exposed to the necessity of continuously adapting their knowledge to changing demands on their own – the opportunity for self-directed learning is, however, open to only a small minority. If concepts of selfdirected learning are adopted by the business public exclusively with regard to those involved in knowledge-based professions implying high work and learning autonomy who learn regardless of pedagogic intervention, then the broad segment of knowledge-based skilled work is being ignored. Concerning that, the successful implementation of self-directed learning schemes might lead to gains in productivity and to increases in individual autonomy. Educationalists are called upon to prove their worth in this difficult field and develop organisational models, infrastructures and media permitting self-directed learning also on the shop floor. Otherwise, they may by their undiscriminating portrayals of a brave new learning world run the risk of only

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Brigitte Geldermann, Eckart Severing & Thomas Stahl

glossing over the fact that skilled or unskilled workers participate merely to a small extent in continuing education – not only the self-directed but any kind.

1.

Konzepte des selbst gesteuerten Lernens

In den vergangenen Jahren hat die Betriebspädagogik Konzepte des selbst gesteuerten und des selbst organisierten1 Lernens in den Mittelpunkt ihrer programmatischen Entwürfe gestellt. Im Kontext der Kompetenzdiskussion galten klassische Formen der Qualifikation, die auf die Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten in Bezug auf vorgegebene betriebliche Anforderungen zielen, als unzureichend. Kompetenzen hingegen werden als „Selbstorganisationsdispositionen“ [vgl. ERPENBECK/HEYSE 1999; ERPENBECK/V. ROSENSTIEL 2003] verstanden, die es den Individuen erlauben, selbstständig Handlungsressourcen in turbulenten Umfeldern aufzubauen. Im Ausgangspunkt dieser Konzepte steht die These, dass die berufliche Handlungsfähigkeit der Beschäftigten im Sinne einer kontinuierlichen Erweiterung nur dann sicher zu stellen sei, wenn diese selbst sich in besonderer und neuer Weise engagierten: Es gehe für sie darum, Adaptionsbedarf selbstständig zu entdecken und selbstständig – z. B. unter Rückgriff auf das Wissen von Kollegen und auf nicht didaktisierte Informationsmedien – das Nötige zu lernen. Selbstorganisation und Arbeitsintegration sollen auf diese Weise das Transferproblem beruflichen Lernens lösen helfen. Teures und zeitraubendes „Vorratslernen“ werde vermieden, ein Lernen, das am Ende überwiegend „träges Wissen“ erzeugt, das in Berufskontexten nicht handlungsleitend zu werden vermag. Aspekte der Lerneffizienz treten hinzu: Wenn die Lernenden wissen, wofür sie lernen, wenn sie beim Lernen das Ziel kompetenten beruflichen Handelns durchgehend im Auge haben, dann lernen sie – so die Erwartung – auch motiviert und erfolgreich. Solche Selbstlern-Prozesse anzustoßen führt zu einem positiven selbstverstärkenden Prozess: Eigenverantwortung wird gestärkt, Selbstorganisationsdispositionen entwickeln sich. In der Reflexion von Arbeitsprozessen, in Qualitätszirkeln und informellen „Communities of Practice“ wird die Innovationskraft der Beschäftigten für die Unternehmen fruchtbar gemacht. Individuelles Lernen und Organisationslernen, Personal- und Organisationsentwicklung sollen zu einer Einheit werden. In den Unternehmen verschieben Konzepte des selbst gesteuerten Lernens die Verantwortung und teilweise auch den Ressourcenaufwand vom Unternehmen auf die Beschäftigten. Insofern wäre es verkürzt, diese Konzepte allein unter Aspekten der Verstetigung oder der Lerneffizienz zu betrachten. Veränderte Steuerungskonzepte der betrieblichen Arbeitsorganisation führen dazu, dass Beschäftigte die Erhaltung der qualifikatorischen Voraussetzungen ihrer Arbeit vorwiegend als eigene Aufgabe auffassen müssen. Wachsende Eigenverantwortlichkeit an allen Arbeitsplätzen im modernen Unternehmen verlangt komplementäres Selbstmanagement für die eigenen Lernprozesse. Die daraus folgenden Steuerungskonzepte lassen

1

Die begriffliche Abgrenzung zwischen selbst gesteuertem und selbst organisiertem Lernen ist trotz einer langen einschlägigen Diskussion [u.v.a. ERPENBECK 1997; DOHMEN 1998] nicht ausreichend klar bestimmt. Im folgenden Text ist von selbst gesteuertem Lernen die Rede, weil die Selbstbestimmung von Lernzielen und Lerninhalten und nicht nur die Organisation von Lernzeiten, Lernwegen, Lernmedien und Lernbedingungen in betrieblichen Kontext eine zentrale Rolle spielt.

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sich als „indirekte Kontextsteuerung“ [vgl. WOLF 1997, S. 208] oder „fremdorganisierte Selbstorganisation“ [vgl. PONGRATZ/VOß 1997] bezeichnen. Verantwortung im operativen Bereich wird dezentralisiert, den Beschäftigten werden nicht Arbeitsschritte, sondern Ziele vorgegeben; auf welche Weise sie diese erreichen, bleibt ihnen in begrenztem Umfang selbst überlassen. Was in funktions- und berufsbezogenen Steuerungskonzepten eine Leistung des Betriebs war: die Organisation der Arbeitsteilung und der Arbeitsausführung, wird in dezentralen Steuerungskonzepten teilweise in die Arbeitenden externalisiert. Daraus folgt, dass die Arbeitenden eine neue Stellung zum Betrieb internalisieren müssen: Sie steuern und überwachen die eigene Arbeit aktiv im Sinne allgemeiner Unternehmenserfordernisse. Sie sind nicht passive Empfänger von Arbeitsanweisungen, sondern integrieren ihre Arbeitsleistung selbständig in den Betriebskontext, vermarkten ihre Leistung aktiv im Betrieb und stellen an sich selbst effizienzorientiert die Bedingungen ihrer aktuellen und zukünftigen Arbeitsleistung her [vgl. ANTONI 1997; VOß/PONGRATZ 1998]. Wenn die Herstellung der Voraussetzungen der Arbeitsleistung zur Sache des Arbeitenden wird, dann betrifft dies wesentlich auch ihre Qualifizierung. Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der Beschäftigten im Arbeitsprozess verlangt komplementär auf deren Seite Selbstmanagement hinsichtlich der eigenen Lernprozesse. Die kontinuierliche Adaption von beruflichen Kenntnissen und Fertigkeiten wird zunehmend von den Arbeitenden in Eigeninitiative erwartet. Vor allem bei innovativen, qualifizierten Tätigkeiten setzen die Unternehmen auf selbstständige Fachkräfte, die auf Grundlage der Kenntnis ihres Fachgebietes, ihrer Erwartungen an die künftige Entwicklung ihres Arbeitsfeldes und ihrer eigenen aktuellen oder absehbaren Defizite ihre Qualifizierung selbstständig planen. Damit bewirtschaften die Arbeitenden ihre eigene Qualifikation; sie „investieren“ in ihre Bildung. Durch diese Antwort auf die „doppelte Unsicherheit“ [vgl. BAETHGE/BAETHGE-KINSKY 2003], der die Qualifizierung unterliegt – die der Unternehmen über ihre Bedarfsentwicklung und die der Beschäftigten über die Entwicklung der Anforderungen an ihre Beschäftigungsfähigkeit – werden Prognoserisiken nicht verringert, aber privatisiert.

2.

Selbst gesteuertes Lernen: bei Facharbeitern?

Wenn wir uns den Realitäten des Lernens in Unternehmen zuwenden, dann ergibt sich ein vielschichtigeres Bild als es viele Konzepte selbst gesteuerten Lernens vermitteln. Unternehmensentwicklung im vergangenen Jahrzehnt ist in Deutschland keineswegs von einem Mainstream der funktionsintegrierten Arbeit in selbstständigen, autonomen Arbeitsgruppen mit neuen Qualifizierungsformen geprägt. Vielmehr lässt sich branchenabhängig, regional, aber auch unternehmenstypisch ein differenziertes Bild dokumentieren, welches zwischen den Polen neofordistischer Arbeitsorganisation und bottom-up Konzepten Lernender Organisationen vor allem Zwischenformen realisiert [vgl. NOVAK 2004; SPRINGER 1999; WELTZ 1997]. Dabei ist eine eindeutige Entwicklungsrichtung nicht sichtbar. Während eine Branche neofordistische Arbeitszerteilung zugunsten von Funktionsintegration und Prozessorientierung reduziert, beschreiten andere Unternehmen den Weg zurück. Dem entsprechend vollzieht die Subjektivierung des Qualifikationserwerbs sich sektoral und beruflich unterschiedlich: Im Dienstleistungs- und im Informationssektor eher als in der Produktion, in der die Dezentralisierung der Steuerung in potenziellem Gegensatz zur Organisation einer technisch fixierten industriellen Kooperation steht.

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Wo Konzepte des selbst gesteuerten Lernens umgesetzt werden, soll allerdings keine betriebliche Ebene davon ausgenommen werden: Es soll die zeitnahe, reibungslose und kostengünstige Bereitstellung jeweils aktuell erforderlicher Qualifikationen auch der Facharbeitsebene [vgl. BAETHGE, BAETHGE-KINSKY 2003] und der An- und Ungelernten [vgl. ZELLER et al. 2004] sicherstellen. Hier ist die Erhöhung des Flexibilitätspotenzials durch eine ständige Just-in-time-Verfügbarkeit von quantitativen und qualitativen Arbeitskraftressourcen von besonderer Bedeutung [vgl. BAETHGE 1999, S. 31]. Gerade die Segmentierung der Belegschaften in Kernbelegschaften und disponible, „atmende“ Randbelegschaften reduziert die betriebliche Bereitschaft, in die nachhaltige Weiterbildung des diponiblen Teils der Beschäftigten zu investieren. Das führt zu einem Paradoxon: Selbstverantwortete Qualifizierungsanstrengungen werden gerade auch von denen erwartet, die durch ihre prekäre Bindung an das Unternehmen wenig Anreiz dazu haben. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Beteiligung der nicht bereits hoch Qualifizierten an betrieblicher Weiterbildung – nicht nur an der formalen Variante, sondern auch am informellen Lernen – gering ist [vgl. GRÜNEWALD et al. 2003]. Einige Schlaglichter dazu: • VOLKHOLZ und KÖCHLING hatten mit Blick auf die 1980er Jahre festgestellt, dass sich zwar ein erheblicher Teil aller Arbeitsplätze durch erhöhte Kreativitätsund Lernerfordernisse auszeichnete, dass aber nur die Hälfte dieser Arbeitsplätze Entwicklungsanreize in dieser Richtung aufwies [vgl. VOLKHOLZ/KÖCHLING 2001]; diese Diskrepanz hat sich nach ihren Befunden seither noch verstärkt [vgl. VOLKHOLZ/KÖCHLING/LANGHOFF 2004]. • Die Verdichtung von Arbeitsprozessen führt dazu, dass Gelegenheiten des informellen Lernens schwinden. Neuere Untersuchungen machen deutlich, dass Gelegenheiten zum informellen Austausch über Arbeitsprobleme und deren Lösung auf der Ebene operativer Arbeiter der „Rationalisierung“ zum Opfer fallen [Stahl/Krauss 2001]. Für das Gelingen von Lernen in der Arbeit ist dies fatal. Aus gut dokumentierten Fallstudien zu „Communities of Practice“ in Großunternehmen [z. B. vgl. LAVE/WENGER 1991] ist bekannt, dass diese zeitlichen und räumlichen Gelegenheiten zur informellen gemeinsamen Reflexion über Arbeitserfahrungen im Resultat zur Kompetenzentwicklung von Beschäftigten weit mehr beitragen als formelle Weiterbildungsveranstaltungen. • Reihenbefragungen von Bildungsmanagern in der Automobilindustrie, die gemeinhin als Innovationstreiber bei Personalentwicklung und Weiterbildung gilt, zeigen, dass sich zwischen 1994 und 2004 zwar eine „Begriffshochkultur“ von „lernenden Unternehmen“ und „Selbstlernen“ ausgebreitet hat, zumindest in der Produktion aber eine Ablösung klassischer Bildungsmaßnahmen durch prozessorientierte, stärker individualisierte Lernformen kaum stattgefunden hat [vgl. FRIEBEL/WINTER 2005]. Dies gilt auch für „moderne“ Produktionskonzepte wie AUTO5000 der Volkswagen AG, in denen vereinbarte Lernzeiten auf der Ebene der Facharbeit nur in geringem Umfang genutzt werden [vgl. SCHUMANN et al. 2005]. Bestandsaufnahmen zum Thema selbst gesteuertes Lernen im Betrieb machen vor allem eines deutlich: Eine wirksame Verbreitung dieser Konzepte als systematische Umsetzung von beruflicher Weiterbildung für Facharbeiter ist im Betriebsalltag nicht gegeben [vgl. FRIEBEL/WINTER 2005; SPRINGER 1999]. Das bedeutet nicht, dass in der betrieblichen Arbeit nicht gelernt würde. Dieses „Lernen in Tätigkeiten“ [vgl. NYHAN, 1991; BERGMANN et al. 2000] war unabweisbar immer das wesentliche Element beruflicher Kompetenzentwicklung in allen Formen betrieblicher Organisation.

Perspektiven des selbst gesteuerten Lernens in der betrieblichen Bildung

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Aber es muss konstatiert werden, dass bis heute die bei weitem überwiegende Zahl aller Unternehmen diese Lernprozesse auf der Ebene der ausführenden Tätigkeiten nicht als wesentliche Ressource für den Unternehmenserfolg erkennen und dem entsprechend darauf verzichten, sie systematisch in ihre Managementstrategie einzubeziehen. Auf der Ebene operationeller Tätigkeiten im Unternehmen wird Weiterbildung in der Regel „top-down“ angeboten, verpflichtend gemacht oder ganz unterlassen. Nachfrageorientierung als konstitutives Element selbst gesteuerten Lernens wird letztlich kaum umgesetzt. Noch schwieriger gestaltet sich die systematische Nutzung und Ausgestaltung von Arbeitsplätzen von Facharbeitern als Lernorte. Nach wie vor erscheinen den Verantwortlichen in Produktion oder Dienstleistung derartige Überlegungen zur lernhaltigen Gestaltung von Arbeit als fremdartige Konzepte, die dem eigentlichen Unternehmenszweck äußerlich sind. Lernen wird hier kaum je als Unternehmensressource wahrgenommen. Damit wird Entwicklungsdynamik „von unten“ verbaut, weil sie mit tradierten Führungskulturen konfligiert. Entsprechend ist es wenig verwunderlich, dass Konzepte des generativen Lernens, wie etwa „Lernstatt“ oder Qualitätszirkel in vielen Fällen zu bloßen Varianten eines betrieblichen Vorschlagwesens geworden sind. Die angeführten Defizienzen bei der Umsetzung selbst gesteuerten Lernens zumindest auf der Ebene der ausführenden Tätigkeiten tun der allseits attestierten Notwendigkeit des selbst gesteuerten Wissens- und Kompetenzerwerbs keinen Abbruch. Hoch frequente Entwicklungszyklen machen effektivere Lernprozesse auch bei Facharbeitern notwendig. Facharbeiter sollen eigenständig lernen, ohne dass ihnen die dafür erforderlichen Bedingungen verfügbar gemacht würden. So wird in vielen Fällen zwar Nachfrageorientierung als das Prinzip von Weiterbildung im Unternehmen proklamiert, es fehlt jedoch an einer Beratung der Selbstlerner ebenso wie an der Transparenz bezüglich der Lernmöglichkeiten und einer Organisationsentwicklung, die Voraussetzungen für entsprechende informierte Weiterbildungsnachfrage wären. Vor allem aber wird die Unterstützung des selbst gesteuerten Lernens bis heute kaum als Führungsaufgabe wahrgenommen. Um Selbstlernen als systematische Ressource in der Unternehmensentwicklung nutzen zu können, muss es gefördert und damit in seiner Zielgerichtetheit, seiner Intensität und im zeitlichen Ablauf navigiert werden können. Dies ist kein Widerspruch zum Prinzip selbstständigen Lernens, sondern im betrieblichen Umfeld Bedingung seines Zustandekommens. Aus der Literatur zum selbst gesteuerten Lernen wird deutlich, dass „Autonomie“ des Lerners und dessen Unterstützung durch Anleitung und „Instruktion“ nicht als Gegensatz zu sehen sind. HIEMSTRA und BROCKETT [1991] machen deutlich, dass „self-directed learning“ von vornherein als Prozess des Lehrens zu sehen ist, der neben der Individualisierung vor allem neue Rollen und Funktionen für das Lehrpersonal vorsieht. Auch bei der Umsetzung im Unternehmen gilt es die angestrebte Autonomie des Lerners als Prozess individueller Entwicklung gezielt zu fördern und zugleich diesen Prozess im Sinne der Unternehmensentwicklung zu steuern [vgl. WARNECKE 1993]. Damit ist gesagt, dass Selbstlernen in der Arbeit erst dann vollends zur Unternehmensressource wird, wenn das Management diese Art von Kompetenzentwicklung nicht als Alibi für den Rückzug aus der formalisierten Weiterbildung begreift, sondern als wesentlichen Verantwortungsbereich seiner Arbeit [vgl. COHEN/SOULIER 2004]. Erst dadurch, dass Selbstlernprozesse in Arbeitsprozessen als Führungsaufgabe wahrgenommen und insbesondere bei Facharbeitern und angelernten Kräften ermutigt, unterstützt und systematisiert werden, lassen sich die dafür

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Brigitte Geldermann, Eckart Severing & Thomas Stahl

benötigten individuellen Dispositionen und metakognitiven Kompetenzen in diesen Beschäftigtengruppen als Unternehmensressource verankern [vgl. BAUER et al. 2004]. Die Führungskräfte müssen durch ein deutlich höheres Engagement als bei der Delegation von Bildungsmaßnahmen an externe Bildungsträger zur Gestaltung von Lernprozessen beitragen. Diese Aufgaben nehmen sie nach unseren Erkenntnissen bisher eher reaktiv und wenig reflektiert wahr. Befragte Führungskräfte sehen sich als Beobachter im Hintergrund und Unterstützer nur auf Anfrage. Sie haben die Lernsequenzen wie gewohnt an den Bildungsanbieter delegiert und sehen sich nur in der Pflicht, die Aktivitäten der Gruppe im Betrieb zuzulassen. Die Interaktion zwischen den betrieblichen und den pädagogischen Akteuren ist wohlwollend distanziert [OEDER 2005; MOHR/KRAUß 2005].

3. Betriebliche Unterstützung selbst gesteuerten Lernens von Facharbeitern Selbst gesteuertes Lernen – zumal selbst gesteuertes Lernen von nicht immer lerngewohnten Gruppen im Betrieb – setzt eine Infrastruktur voraus, die die Lernenden unterstützt und fördert. An die betrieblichen Führungskräfte stellen sich die Anforderungen, c die vorhandenen Kompetenzen der Beschäftigten zu kennen, d Entwicklungswege transparent zu machen und zu vereinbaren, e den Personaleinsatz mit Lernvorhaben abzustimmen und selbst gesteuertes Lernen temporär auch gegen andere Betriebsnotwendigkeiten abzuschirmen sowie f die Ergebnisse selbst gesteuerten Lernens anzuerkennen und zu dokumentieren. Im Einzelnen: 3.1

Konzeptionelle, personelle und materielle Infrastruktur für selbstständiges Lernen im Betrieb

Selbst gesteuertes Lernen muss, um für das Unternehmen wie für die Lerner effektiv zu sein, in der Kultur des Unternehmens verankert werden. Das heißt, es muss konzeptionell im Unternehmensleitbild verankert werden und beständig den aktuellen Erfordernissen angepasst werden. Hierzu braucht es eine eindeutige Zuordnung von Managementverantwortung ebenso wie die Unterstützung durch Experten des tätigkeitsorientierten Lernens. Navigationssysteme für selbst gesteuertes Lernen im Unternehmen werden hierdurch installiert, gepflegt und überprüft [vgl. CRESSEY 2003]. Zur Unterstützung der Lerner selbst sind ergänzende Möglichkeiten zum Coaching und Monitoring zu spezifischen Fachinhalten bzw. für die Laufbahnbewertung notwendig. Schließlich müssen aktualisierte Lernmaterialien für je spezifische fachliche Problemlösungen arbeitsplatznah verfügbar sein. Hierunter fallen auch e-learning-Module dort, wo der Computer Teil der maschinellen Arbeitsperipherie oder das Arbeitsmittel ist [vgl. SCHMIDT/STARK 1996].

Perspektiven des selbst gesteuerten Lernens in der betrieblichen Bildung

3.2

115

Selbst gesteuertes Lernen am Arbeitsplatz

Selbst gesteuertes Lernen bedeutet, dass die Lernenden über Inhalt und Vorgehensweise beim Lernen selbst entscheiden [vgl. ARNOLD 1998, S. 68]. Lernen im Betrieb ist aber immer auch durch die Intentionen und Rahmenbedingungen des Unternehmens mitbestimmt und entspricht nicht einem Ideal der Lernerautonomie. Bei den Beschäftigten der unteren Hierarchieebenen sind die Gestaltungsspielräume der Arbeit nicht groß. Es steht zu vermuten, dass bei dieser Gruppe Lerninhalte, Lernzeiten und Lernressourcen durch die Arbeitsinhalte und Arbeitsbedingungen weitgehend vorgegeben sind. Es kann daher beim Lernen am Arbeitsplatz nicht um selbst gesteuertes Lernen im emphatischen Sinn gehen, sondern um Lernprozesse, bei denen die Beschäftigten selbst einen großen Teil der Aufgaben übernehmen, die im Classroom-Modell von einem Dozenten oder Lehrer ausgeführt werden. Die Teilnehmenden selbst stellen ihre Wissenslücken und Lernbedürfnisse fest, formulieren relevante Lernziele zeitbezogen, wählen Ressourcen aus, bestimmen angemessene Lernstrategien und kontrollieren sie im Verlauf und bewerten schließlich ihre Lernergebnisse. Eine Unterstützung und Beratung durch pädagogisches Fachpersonal steht dazu nicht im Widerspruch, sondern ermöglicht und stabilisiert die Selbstständigkeit der Lernenden. 3.3

Berücksichtigung erwachsenendidaktischer Prinzipien

Elaborierte Lerndesigns werden von den Trainern und Coaches, die in Unternehmen tätig sind, meist für Führungskräfte angeboten. Bei Fachspezialisten wiederum geht man davon aus, dass der Wissenserwerb und der fachliche Austausch in die tägliche Arbeit integriert sind und keiner Didaktisierung bedürfen. Bei den unteren Hierarchiestufen scheint es hingegen nur die Alternative zwischen dem En-passantLernen im Austausch mit Kollegen und Vorgesetzten auf der einen Seite und einer „Schulung“ durch einen Spezialisten oder Referenten auf der anderen Seite zu geben. Das Erste ist anlassbezogen und bedarfsgerecht, aber wenig systematisch und transparent. Das zweite angebotsorientiert und dadurch mit Streuverlusten und Transferproblemen behaftet. Es ist daher nicht trivial, auf die Notwendigkeit didaktischer Hilfsmittel hinzuweisen, die auch die Berufs- und Lernbiografie von Facharbeitern berücksichtigen und die Lernprozesse anstoßen können, die über den unmittelbaren Anlass einer konkreten Wissenslücke hinaus auch eine vorausschauende Pflege der eigenen Qualifikation zum Ziel haben. Im Unterschied zu ersten Phasen der Berufsausbildung, in denen es darum geht, den beruflichen Wissensbestand systematisch weiterzugeben, ist die Weiterbildung Erwachsener weniger am „Stoff“, als an den Zwecken, für die sie das Wissen benötigen, an ihrem Vorwissen und ihren Vorerfahrungen und ihren Zeitbudgets zu orientieren [vgl. FAULSTICH 2003]. Landläufige autoritäre Bildungsmuster der Ausbildung stellen zudem den biografischen und betrieblichen Status von Facharbeitern in Frage und können daher Widerstände und Blockaden auslösen. Für die didaktische Ebene muss das nicht heißen, dass ausschließlich selbst gesteuertes Lernen das Prinzip der Gestaltung zu sein hätte. Auch vorstrukturierte Lerneinheiten – ob durch einen Dozenten oder ein Medium dargeboten – können einen Zweck erfüllen, wenn sie sich in weiter angelegte Lernprojekte einfügen.

Brigitte Geldermann, Eckart Severing & Thomas Stahl

116

3.4

Praxisbezug und Reflexion

In Modellversuchen (z. B. „Selbstständig lernen im Betrieb“ [vgl. MOHR 2001]) wurden arbeitsintegrierte Lernformen entwickelt, die den Erwerb fachlicher Kenntnisse mit dem Arbeitshandeln in Form von Praxisprojekten oder Lern- und Arbeitsaufgaben verknüpfen. Lernen geschieht dabei teils durch teils anlässlich des Problemlösens, das weiteren Wissensbedarf aufdeckt. Diese Methode sichert die Bedeutsamkeit des Lernens für die Teilnehmenden und nutzt vorhandene Wissens- und Erfahrungsbestände. Das Lernfeld wird aus dem Arbeitsfeld nicht herausgelöst. Der „Ernst“ der Arbeitssituation mit allen Implikationen wie Zeitdruck, Abstimmungsprobleme, Misstrauen bei Kollegen etc. wird bewusst in Kauf genommen. Am Ende steht dafür nicht nur ein Qualifikationsgewinn, sondern auch ein praktisches Ergebnis und die Anerkennung durch Vorgesetzte, die im Betrieb eine andere Relevanz hat als eine gute Note und die die Lernmotivation verstärkt.2 3.5

Soziales Lernen

Beim Lernen im Betrieb ist es in der Regel nicht von Belang, Individuen in ihren Lernleistungen zu vergleichen. Es spricht daher vieles dafür, Lernen in der Gruppe zu veranstalten. Durch die Interaktion, die Sammlung und Bewertung des Wissens und der Erfahrungen der einzelnen entlang einer gemeinsamen Aufgabe werden individuelle Lerneffekte erzielt. Die Funktion des Lehrenden wird weitgehend ersetzt durch die Kooperation. Die Lehr-Lernbeziehung ist eine zwischen Gruppenmitgliedern, wobei es keinen exklusiven Expertenstatus gibt [GELDERMANN 2005]. Für das „Instruktionsdesign“ bedeutet das, dass es keine fertige Lösung gibt, die von den Lernenden nur noch zu finden ist. Das Ergebnis ist offen, die Prozesse der Vermittlung und Aneignung fallen zusammen. Der Wissenszuwachs wird erwartet einerseits vom fachlichen Austausch untereinander, von gezielten, in der Gruppe verabredeten Recherchen und Erschließung weiterer Quellen und Ressourcen andererseits. Die Organisation von Arbeitsprozessen, die gemeinsame Kaffeepausen oder Mittagspausen erlaubt, ist kein Luxus, sondern eine sinnvolle Investition in Kompetenzentwicklung im Unternehmen. Hierzu gehören auch entsprechende Räume, die diesen Erfahrungsaustausch und das Lernen über „legitime periphere Partizipation“ ermöglichen.

2

Das Forschungsinstitut betriebliche Bildung [f-bb] hat in mehreren Modellprojekten solche Lernarrangements entwickelt und erprobt, bei denen mit Gruppen von gewerblichen Arbeitern Schnittstellenprobleme bearbeitet oder Arbeitsprozesse verbessert wurden [GELDERMANN/MOHR 2004]. Es hat sich dabei gezeigt, dass der Lernerfolg unmittelbar davon abhängt, ob die Teilnehmenden von dem Problem, das sie bearbeiten, auch betroffen sind. Der Einsatz, den sie bringen, darf sich nicht nur für das Unternehmen lohnen, sondern muss auch zu einer Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen führen. Die Lernprojekte müssen realistisch dimensioniert werden: sie dürfen weder die Kapazitäten noch die Kompetenzen der Beteiligten überfordern.

Perspektiven des selbst gesteuerten Lernens in der betrieblichen Bildung

3.6

117

Die Rolle des pädagogischen Personals

Die Auswertung von Trainingssequenzen, die das Forschungsinstitut betriebliche Bildung mit mehr als 100 gewerblichen Teilnehmenden durchgeführt haben, ergab, dass eine Reihe von Unterstützungsaufgaben für pädagogisches Fachpersonal in Lernarrangements mit hohem Selbststeuerungsanteil entweder strukturell verankert oder durch entsprechende Beratungsangebote realisiert werden muss, damit Lernprozesse sich verstetigen [vgl. GELDERMANN/MOHR 2004]. Das Bildungspersonal nimmt in diesen Lernarrangements nicht die Funktion der Wissensvermittlung wahr, sondern die der Moderation und der Lernberatung. Die Moderation dient dazu, die Lern- und Problemlösungspotenziale einer Gruppe zur Geltung kommen zu lassen [vgl. SIEBERT 2001, S. 114]. Die Selbstverantwortung der Gruppe bleibt das oberste Prinzip; die Moderation animiert und hilft bei der Strukturierung und Systematisierung von Ideen. Beratung benötigen die Lerngruppen vor allem hinsichtlich einer Einführung der Unterstützung der Gruppenbildung und beim Feedback bezüglich ihrer Lernfortschritte. Andererseits sind „Lernprobleme“ oft Resultat einer spezifischen Wahrnehmung der Trainer, die die von der Gruppe selbst gewählten Wege nur schwer akzeptieren können. Auch die Untersuchungen von FAULSTICH und GRELL [vgl. FAULSTICH/GRELL 2005] legen eine kritische Sicht auf die Perspektive des Lehrpersonals nahe, die die Teilnehmenden oft als hilfsbedürftig und unselbständig erleben, weil sie einen impliziten Vergleich mit dem dozentengesteuerten Unterrichtsmodell vornehmen. 3.7

Anerkennung und Zertifizierung informellen Lernens

Zum Bestandteil einer Kultur des selbst gesteuerten Lernens im Unternehmen gehört auch die formelle Anerkennung der dadurch informell erworbenen Kompetenzen sowie deren positive Sanktionierung durch Zertifikate, Beurteilungen und durch die Eröffnung von internen Unternehmenskarrieren. Dabei ist nicht in jedem Falle vertikaler Aufstieg, sondern auch die horizontale Erweiterung der Verwendung und damit Beschäftigungssicherheit zu verstehen. Dieses Element von Selbstlernprozessen erweist sich in vielen Projekten als Bedingung der Motivation der Beschäftigten – und rückt auch auf der bildungspolitischen Ebene in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, wenn es darum geht, selbstständiges lebenslanges Lernen zu fördern [vgl. BJØRNÅVOLD 2002].

4.

Fazit

Beschleunigte Veränderungen der betrieblichen Prozesse angesichts globaler Herausforderungen ökonomischer und technologischer Natur stellen die Entwicklung der Humanressourcen im Unternehmen vor besondere Probleme. Eine just-in-time Verfügbarkeit von Kompetenzen, mit deren Hilfe die Beschäftigten den beständig wechselnden fachlichen und überfachlichen Arbeitsanforderungen gerecht werden können, lässt sich auch auf der Ebene der Facharbeit mittels tradierter, angebotsorientierter Konzepte betrieblicher Weiterbildung oder gar nur durch eine langwierige Erstausbildung mit Wissensvermittlung „auf Vorrat“ nicht sicherstellen. Entsprechend propagieren seit Jahren die Berufspädagogik und eine Vielzahl von Managementkonzepten vor allem Formen des selbst gesteuerten Lernens als Königsweg betrieblicher Weiterbildung.

Brigitte Geldermann, Eckart Severing & Thomas Stahl

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Neuere Untersuchungen zur Unternehmenspraxis im Bereich betriebliche Weiterbildung dokumentieren jedoch, dass selbst in großen Unternehmen die systematische Unterstützung des Selbstlernens zumindest auf der Ebene ausführender Tätigkeiten fehlt. Die notwendige Umstellung der betrieblichen Weiterbildung zu Systemen selbst gesteuerten Lernens findet offensichtlich im Unternehmensalltag nur in geringem Umfang statt. Aus diesem Grunde scheint es an der Zeit, die komplexen Entwürfe neuer Unternehmenskulturen, in denen selbst gesteuertes Lernen im Zentrum steht, aus der Perspektive der betrieblichen Umsetzung und Praktikabilität neu zu durchdenken und zu verändern. Dabei erscheint es zunehmend schwierig, auf Basis beobachtbarer Unternehmensentwicklung, quer zu Sektoren, Branchen, Regionen und den einzelnen Unternehmen generelle Tendenzen von Organisationsentwicklung, Personalentwicklung oder Weiterbildung zu benennen. Die praktischen Probleme gegenwärtiger Unternehmen mit ihren Beschäftigten und mit ihrer Arbeitsorganisation lassen sich nach differenzierter Problemdiagnostik mit durchaus bekannten Konzepten und Verfahren kleinschrittig und passgenau angehen. Eine (Re-)Vitalisierung von bewährten Methoden (z.B. Nachqualifizierung, Prozessorientierung des Lernens, Lernstatt und Qualitätszirkel etc.) erscheint zwar unspektakulär, aber vielfach erfolgreicher als Versuche der Implementation allumfassender Konzepte von Kompetenzentwicklung, die den betrieblichen Akteuren kaum zu vermitteln sind und die wesentliche betriebliche Rahmenbedingungen ignorieren (etwa den Grad der Arbeitsautonomie der Lernenden oder den Stand ihres Vorwissens und ihrer Lernkompetenz). Insbesondere die Situation von Facharbeitern und von mit „einfachen Tätigkeiten“ Beschäftigten bei einer systematische Kompetenzentwicklung sollte Eingang in diese Refokussierung betrieblicher Lernprozesse finden. Die Notwendigkeit besserer Qualifikation dieser Gruppen für das Gelingen komplexer Produktions- und Dienstleistungsprozesse steht trotz aller Höherqualifizierungsthesen der vergangenen Jahrzehnte außer Frage. Allerdings ist die Praxis schrittweiser Unternehmensmodernisierung durch betriebliches Lernen und Organisationsentwicklung vor allem im Bereich von mittelständischen Unternehmen in Deutschland durch betriebliche und öffentliche Bildungsinfrastrukturen nur mangelhaft unterstützt. Nach wie vor fehlen auch Transfermechanismen, durch die die angewandte Berufsbildungsforschung ihre Unterstützung konzeptionell und institutionell „on demand“ (dem differenziellen Problemlösungsprozess der verschiedenen Unternehmen angepasst) leisten könnte.

5.

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Perspektiven des selbst gesteuerten Lernens in der betrieblichen Bildung

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CHARLOTTE NÜESCH Nachhaltige Verankerung der Lernkompetenzförderung – Gestaltungsempfehlungen für die Schulleitung Kurzfassung: Die Förderung des selbständigen Lernens ist ein Anliegen verschiedener Schulstufen. Gleichzeitig zeigt die Umsetzung im Schulalltag, dass es sich dabei um ein ambitiöses Ziel handelt, sofern die Lernkompetenzförderung nachhaltig und systematisch erfolgen soll. Ausgehend von den Schwierigkeiten einer breit angelegten Lernkompetenzförderung werden die wesentlichen Erkenntnisse der Lernkompetenzund Change-Management-Forschung aufgenommen, um darauf basierend Empfehlungen für die Schulleitung zu formulieren, welche die Entwicklung und Implementierung von schuleigenen Förderkonzepten betreffen.

Abstract: Fostering self-regulation is an explicit goal in most curricula. At the same time, fostering learning strategies in a systematic and sustainable manner seems to be a very ambitious project. This article points out difficulties in fostering learning strategies. Based on the relevant theories of self-regulation and change management, this article describes procedures and measures that help school leaders and other change facilitators initiate, realise and maintain a concept designed to foster selfregulated learning throughout their schools.

1.

Einleitung

Es ist heute unbestritten, dass das lebenslange Lernen und damit verbunden die Förderung von Lernkompetenzen bei den Lernenden verschiedener Schulstufen von enormer Bedeutung ist. Gleichzeitig stellt die institutionelle Verankerung der Lernkompetenzförderung an einer Schule eine große Herausforderung für die Schulleitung dar. Im Rahmen von schulinternen Fortbildungen oder Weiterbildungsseminaren für Lehrpersonen der Sekundarstufe II zum Thema „Lernkompetenzen fördern“ sind die in Tabelle 1 aufgeführten Aussagen oft zu hören.

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Aussagen von Lehrpersonen 1. "Ich verstehe meine Aufgabe als Lehrperson darin, den Lernenden Fachwissen und nicht Lernmethodik zu vermitteln." 2. "Ich finde es schon wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler Lernkompetenzen erwerben, aber ich fühle mich zu wenig kompetent, um solche Fördermaßnahmen im eigenen Unterricht umzusetzen." 3. "Wir haben ohnehin zu wenig Zeit, um bei den Lernenden Fachwissen aufzubauen. Wie sollen wir noch Zeit finden, um Lernkompetenzen zu vermitteln?" 4. "Ich habe selber nicht die beste Lerntechnik. Wie soll ich denn den Lernenden die Lerntechnik glaubwürdig näherbringen?" 5. "Seit einigen Jahren baue ich gezielt Elemente in den Unterricht ein, mit denen ich die Lernkompetenzen der Lernenden verbessern möchte. Es ist mein Wunsch, dass sich auch andere Lehrpersonen an dieser Förderung beteiligen. Damit würde nicht die ganze Förderung auf meinem Schulfach lasten, und wir könnten unsere Erfahrungen austauschen." 6. "Ich wollte das Mind Map im Unterricht besprechen. Die Lernenden reagierten unwillig und sagten, dass sie diese Lerntechnik bald in jedem Fach durchgenommen hätten." 7. "Ich weiss, dass andere Lehrpersonen auch Maßnahmen treffen, um die Lernkompetenzen zu fördern. Wann sie solche Maßnahmen planen und wie diese genau aussehen, weiss ich aber leider nicht.“ Tab. 1: Aussagen von Lehrpersonen zur Förderung von Lernkompetenzen

Diese Aussagen von Lehrpersonen widerspiegeln das heterogene Gefüge einer Schule bzgl. der Lernkompetenzförderung. Währenddem einige Lehrpersonen gegenüber Maßnahmen zur Lernkompetenzförderung grundsätzlich positiv eingestellt sind (Aussagen 2, 5-7), geht aus anderen Voten die negative Einstellung deutlich hervor (Aussagen 1 und 3). Die Gründe für eine negative Einstellung gegenüber der Lernkompetenzförderung reichen von einem überkommenen Lehr-Lernverständnis (Aussage 1) über die Rahmenbedingungen an der Schule (Aussage 3) bis hin zu Ängsten, aufgrund mangelnden Wissens im Bereich der Lernkompetenzen (Aussage 2) oder fehlender Vorbildfunktion (Aussage 4) nicht in der Lage zu sein, die Schülerinnen und Schüler hinsichtlich überfachlicher Kompetenzen zu fördern. Die Aussagen 5-7 zeigen zudem, dass auch bei Lehrpersonen, welche die Lernkompetenzförderung bereits in ihren Unterricht integriert haben und grundsätzlich positiv gegenüber einer Lernkompetenzförderung eingestellt sind, eine latente Gefahr der Resignation besteht, falls die Lehrpersonen seitens der Schulleitung nicht genügend Unterstützung erfahren. Offene Widerstände der Lernenden gegenüber der Vermittlung von Lernkompetenzen können diese Resignation zusätzlich nähren. Widerstände seitens der Lernenden sind häufig darauf zurückzuführen, dass diese bereits eine beträchtliche Lernvergangenheit aufweisen. Zudem hat sich ihr bisheriges Lernverhalten - zumindest was die Schulnoten betrifft - in der Vergangenheit vielfach bewährt.

Nachhaltige Verankerung der Lernkompetenzförderung

123

Insgesamt stellt deshalb die Förderung von Lernkompetenzen eine anspruchsvolle Zielsetzung dar, die nur dann gelingen kann, wenn sowohl seitens der Schulleitung als auch der zuständigen Lehrpersonen wichtige Grundsätze bei der Förderung von Lernkompetenzen berücksichtigt werden. Das Ziel dieses Beitrags ist es, ausgehend von den theoretischen Grundlagen Handlungsempfehlungen für die Konzeption und Umsetzung von Fördermaßnahmen im Bereich der Lernkompetenzen zu formulieren.

2.

Theoretische Grundlagen

2.1

Lernkompetenzförderung

Eine nachhaltige Lernkompetenzförderung orientiert sich an einem theoretisch fundierten Modell, das auf einem kognitiv-konstruktivistischen Lernverständnis basiert. Lernen ist dabei ein aktiver, konstruktiver, kumulativer, selbstregulierter und zielorientierter Prozess. Mögliche Modelle sind jene von METZGER (2004), NÜESCH (2001), WINNE/HADWIN (2000) oder ZIMMERMAN (2000). All diesen Modellen ist gemeinsam, dass lernkompetente Personen ihren Lernprozess aktiv gestalten und regulieren, indem sie ausgehend von der Analyse der Lernkonstellation Ziele setzen, Strategien auswählen, mit denen sie diese Ziele erreichen können und im Verlaufe des Lernprozesses ihren Fortschritt bzw. die Zielerreichung laufend überwachen und die gewählten Strategien nötigenfalls anpassen. Damit die Lernenden ihre Strategien auf unterschiedliche Lernkonstellationen, die ein unterschiedliches Lernverhalten erfordern, ausrichten können, benötigen sie ein umfassendes Repertoire an Lernstrategien, das sich aus metakognitiven Strategien (Planen, Überwachen, Evaluieren, Korrigieren), kognitiven Strategien (Organisieren, Elaborieren, Memorieren) und motivational-affektiven Strategien (Konzentration, Zeitmanagement, Motivation, Stress- und Angstbewältigung) zusammensetzt (METZGER 2004, NÜESCH 2001, PINTRICH 2000, TIADEN/STEINER 2004, ZIMMERMAN 2000). Um bei den Lernenden diese Strategien nachhaltig zu verankern, ist es notwendig, in der Schule ein gemeinsames Förderkonzept zu entwickeln, das sich sowohl auf die Schulebene (Makroebene) als auch auf die Unterrichtsebene (Mikroebene) bezieht.

2.1.1 Förderkonzept auf der Makroebene (Schulebene) Abbildung 1 zeigt mögliche Ansätze zur Förderung von Lernkompetenzen. Bei einer Förderung der Lernkompetenzen auf individueller Ebene werden die Fördermaßnahmen gezielt auf einen bestimmten Lernenden ausgerichtet, was ein hohes Maß an Individualisierung gewährleistet. Beispiele dafür sind Beratungsgespräche mit ausgewählten Schülerinnen und Schülern oder die Erteilung spezieller Hausaufgaben für einzelne Lernende. Bei einer so genannt kollektiven Lernkompetenzförderung erfolgen die Fördermaßnahmen dagegen im Rahmen des Klassenverbandes. Wird dabei der indirekte Ansatz verfolgt, so werden die zu fördernden Lernstrategien nicht explizit angesprochen und damit den Lernenden nicht bewusst gemacht. Vielmehr sollen die Lernenden die implizit geförderten Lernstrategien unbewusst übernehmen. Ein Beispiel für den indirekten Ansatz ist die Schaffung von Lernumgebungen, die den Einsatz von Lernstrategien für die Erreichung der Lernziele nahelegen. Dazu gehören etwa das Verfassen einer langfristigen Projektarbeit in Gruppen oder die Lektüre eines wenig strukturierten Textes. Im Gegensatz zum indirekten Ansatz

Charlotte Nüesch

124

werden die Lernstrategien beim direkten Ansatz gezielt gefördert und den Lernenden bewusst gemacht. Dabei können drei verschiedene Möglichkeiten unterschieden werden. Fördermaßnahmen in einem eigenständigen Fach sprechen allgemeine Lernstrategien an, die in verschiedenen Schulfächern benötigt werden. Bei dieser Vorgehensweise steht die Förderung von Lernstrategien an erster Stelle. Bei der Integration in den Fachunterricht werden die Lernstrategien dagegen anhand von fachrelevanten Inhalten im Rahmen des im Lehrplan vorgesehenen Fachunterrichts geschult. Ergänzend zu fachlichen Inhalten werden also auch Lernstrategien vermittelt. Bei der kombinierten Variante erfolgen die Fördermaßnahmen in einem ersten Schritt in einem eigenständigen Fach, werden anschließend aber in verschiedenen Fächern angewendet.

Förderung des selbständigen Lernens

kollektive Ebene

individuelle Ebene

direkter Ansatz

eigenständiges Fach

Integration in Fachunterricht

indirekter Ansatz

Kombination

Abb. 1: Ansätze zur Förderung von Lernkompetenzen

Angesichts der Vielfalt der möglichen Fördermaßnahmen stellt sich die Frage, welcher Ansatz den viel versprechendsten darstellt. Die bestehenden Forschungsergebnisse geben aus verschiedenen Gründen (z.B. fehlende Langzeitstudien, ungeeignete Verfahren zur Messung des Lerntransfers, Vernachlässigung des relevanten Kontextes) auf diese Frage keine eindeutige Antwort (vgl. dazu ausführlicher DUMKE/WOLFF-KOLLMAR 1997, FRIEDRICH/MANDL 1992, HOFER/YU/PINTRICH 1998, NÜESCH 2001). Folgende Schlussfolgerungen lassen sich jedoch aus den Forschungsergebnissen ziehen (HATTIE/BIGGS/PURDIE 1996, SIMPSON/HYND/NIST/BURRELL 1997): 1. Die Fördermaßnahmen müssen transferorientiert angelegt sein. Dies setzt voraus, dass die Fördermaßnahmen in schulrelevanten Kontexten erfolgen, d.h. anhand von Inhalten, welche die Lernenden im Unterricht benötigen. Die Lernenden benötigen dazu deklaratives, prozedurales und konditionales Wissen. Mit anderen Worten sollte den Lernenden im Verlaufe der Fördermaßnahmen klar werden, wie eine Strategie ausgeführt wird, und wann, wo und warum sie eingesetzt werden kann bzw. soll. Sie müssen zudem lernen, wie sie eine Strategie an die

Nachhaltige Verankerung der Lernkompetenzförderung

125

Anforderung einer Situation anpassen können, die von der Trainingssituation abweicht. 2. Die Fördermaßnahmen sollten einen hohen Grad an Lerneraktivität und metakognitivem Bewusstsein anstreben. Der zweite Punkt zeigt, dass Fördermaßnahmen, welche allein auf dem indirekten Ansatz basieren, wenig Erfolg versprechend sein dürften. Sinnvoller ist - zumindest zu Beginn der Lernkompetenzförderung - der Einsatz direkter Fördermaßnahmen. Diese sollten jedoch mit indirekten Fördermaßnahmen ergänzt werden, indem die Lehrpersonen Unterrichtsmaterialien und Lernkontexte auswählen, die den Einsatz verschiedener Lernstrategien erfordern. In welchem Gefäss die Lernkompetenzförderung gemäss direktem Ansatz stattfinden soll, d.h., ob integriert in den Fachunterricht, in einem eigenständigen Fach oder als eine Kombination dieser beiden Varianten, bleibt jedoch offen. Denn auch in einem eigenständigen Fach kann die Lernstrategienschulung anhand von relevantem Kontext erfolgen. Allerdings besteht bei dieser Variante – selbst wenn relevanter Kontext einbezogen wird – die nicht zu unterschätzende Gefahr, dass die Lernenden dieses eigenständige Fach als weniger wichtig betrachten als die übrigen Schulfächer, etwa weil dafür keine Zensuren vergeben werden. Bei allen direkten Förderansätzen ist darauf zu achten, dass systematisches Strategiewissen aufgebaut wird und durch die Berücksichtigung der Kontexte in verschiedenen Fächern den Erkenntnissen der Transferforschung Rechnung getragen wird. Dies legt die Anwendung der erworbenen Lernstrategien in Kontexten verschiedener Fächer nahe. Dabei besteht allerdings die Gefahr von Doppelspurigkeiten, indem beispielsweise eine bestimmte Lernstrategie in verschiedenen Fächern eingeführt wird. Um das Interesse der Lernenden für lernstrategische Fragen nicht zu gefährden, ist deshalb eine zeitliche und inhaltliche Koordination zwischen verschiedenen Fächern erforderlich. Ebenfalls sinnvoll sind individuelle Fördermaßnahmen. So konnte BUTLER (1998, 1999) positive Wirkungen auf die Lernkompetenz der Lernenden belegen, indem sich die Aufgabenleistung, das metakognitive Aufgabenwissen, das Strategiewissen, die Selbstkontrolle, die Einschätzung der Selbstwirksamkeit und der Ursachenzuschreibungen der Lernenden verbessern. Wenn auch die Unterschiede zwischen den Lernstrategienrepertoires einzelner Lernender eigentlich eine individualisierte Lernstrategienförderung nahelegen, stellt der große zeitliche und personelle Aufwand einen nicht zu vernachlässigenden Nachteil dieser Methode dar. Angesichts der bestehenden Rahmenbedingungen im Bildungswesen dürfte deshalb eine alleinige Umsetzung dieses Ansatzes gegenwärtig wenig realistisch sein. Zudem sehen sich alle Lernenden einer Klassengemeinschaft mit den gleichen Lernaufgaben konfrontiert, was für eine Strategieförderung im Klassenverband spricht. METZGER (1995) empfiehlt deshalb einen Mittelweg, nämlich einerseits für eine Schulklasse jene Lernstrategien zu bestimmen, bei denen die meisten Lernenden eine Schulung benötigen, andererseits den Stärken und Schwächen einzelner Schülerinnen und Schüler mittels schulklasseninterner Individualisierung Rechnung zu tragen.

126

Charlotte Nüesch

2.1.2 Förderkonzept auf der Mikroebene (Unterrichtsebene) Im Rahmen der (Berufs-)Ausbildung werden die Lernenden mit zahlreichen unterschiedlichen Lern- und Prüfungssituationen konfrontiert. Dies hat im Wesentlichen zwei Implikationen für die Methodik zur Förderung von Lernstrategien auf der Mikroebene (Unterricht). Erstens müssen die erlernten Lernkompetenzen auf andere ähnliche oder neuartige Lern- und Prüfungssituationen übertragen werden können, d.h. sie müssen von einem Lern- und Prüfungskontext auf einen anderen transferierbar sein bzw. von den Lernenden transferiert werden können. Der Transferaspekt ist also bei einer Lernstrategieschulung zu beachten. Zweitens sind nicht in allen Lernund Prüfungskonstellationen dieselben Lernstrategien zweckmässig. Deshalb muss ein vielfältiges Lernstrategienrepertoire aufgebaut werden. Dies bedeutet am Beispiel der Strategien "Informationen ordnen und strukturieren", dass sich die Fördermaßnahmen nicht nur auf die Vermittlung einer einzigen Strategie (z.B. Mind mapping), beschränkt, sondern zahlreiche solcher Strategien (z.B. Über-/Unterordnung, Netzwerk, Mind mapping, Concept mapping) erlernt werden. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu beachten, dass neben deklarativem und prozeduralem Wissen insbesondere auch dem Aufbau von konditionalem Wissen die notwendige Beachtung geschenkt wird, damit die Lernenden erkennen, in welchen Situationen sich eine bestimmte Strategie besonders gut eignet bzw. wann deren Anwendung nicht Erfolg versprechend ist. Eine für die Unterrichtspraxis praktikable Vorgehensweise, welche diesen Anforderungen Rechnung trägt und unabhängig vom gewählten Konzept auf der Makroebene angewendet werden kann, ist in Tab. 2 dargestellt. Eine methodische Möglichkeit, die Lernenden beim Aufbau ihres Lernstrategienrepertoires mit Hilfe dieser vier Phasen zu begleiten, stellt das Lernjournal dar (vgl. dazu ausführlicher ZEDER in Vorb.).

Nachhaltige Verankerung der Lernkompetenzförderung

Phase 1: Sensibilisierung

Phase 2: Strategien entwickeln

Phase 3: Strategiewissen systematisieren/ erweitern/ korrigieren

Phase 4: Strategien anwenden und evaluieren

127

Seitens der Lernenden besteht vielfach eine relativ hohe Hemmschwelle, bisherige Lernstrategien aufzugeben, so dass der Transfer neu erlernter Strategien nicht flexibel erfolgt. Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, die Lernenden in einer ersten Phase für die Notwendigkeit der zu fördernden Lernstrategien zu sensibilisieren, indem den Lernenden Defizite bei ihrem Lernverhalten bewusst gemacht werden. Wegen der ausgeprägten Lernvergangenheit sollten die Lernenden bei ihrem Vorwissen abgeholt werden. Mit anderen Worten geht es bei einer Strategieschulung nicht darum, das Strategiewissen zu vermitteln, sondern mit den Schülerinnen und Schülern gemeinsam Strategien zusammenzutragen und ihre damit gemachten Erfahrungen zu diskutieren. Es geht also weniger darum, den Lernenden neue Strategien zu «verkaufen», sondern vielmehr gemeinsam mit ihnen das bereits vorhandene Repertoire an Lernstrategien offenzulegen, um es als Grundlage für die dritte Phase nutzbar zu machen. In der dritten Phase werden die in der zweiten Phase zusammengetragenen Strategien systematisiert, mit weiteren Strategien erweitert und allenfalls suboptimale Strategien korrigiert. Dadurch kann ein vielfältiges Lernstrategienrepertoire geschaffen werden. Von großer Bedeutung ist es, den Lernenden aufzuzeigen, dass der Lernstrategieneinsatz nur dann optimal ist, wenn er angepasst an die jeweilige Lernsituation und die individuellen Gegebenheiten erfolgt. Deshalb ist es wichtig, mit den Lernenden zu diskutieren, welche Strategien sich wann eignen. Damit die Lernenden einerseits Sicherheit im Anwenden des Lernstrategienrepertoires gewinnen (prozedurales und konditionales Wissen) und andererseits den Nutzen neuer Strategien für ihr Lernen beurteilen können, sollen vielfältige Anwendungssituationen für das in Phase 3 erarbeitete Strategiewissen geschaffen werden. Mit diesem Vorgehen soll verhindert werden, dass die Lernenden eine neue Strategie bereits zum vornherein als unnütz verwerfen, ohne damit eigene Erfahrungen gemacht zu haben. Damit das Anwenden nicht zu einem Schematismus verkommt, sondern Lernstrategien wirklich abgestimmt auf Situation und Person eingesetzt werden, kommt der Selbstlenkung oder -regulation große Bedeutung zu. Dazu gehören die Planung des Lernens mit der Auswahl der Lernstrategien, der eigentliche Einsatz mit der laufenden Kontrolle der Wirksamkeit und nötigenfalls Anpassung der Lernstrategien sowie die Evaluation des gewählten Vorgehens im Hinblick darauf, wieweit in künftigen Lernsituationen lernstrategisch gleich oder anders gehandelt werden soll. Damit wird das konditionale Wissen über Lernstrategien gefestigt. Aufgabe der Lehrperson während dieser Phase ist es, gezielt Anwendungssituationen zu schaffen, das Lernverhalten zu beobachten und zu begleiten. Dabei soll besonders die Selbstlenkung gefördert werden, was letztlich heisst, die Verantwortung für den Einsatz von Lernstrategien an die Lernenden zu übertragen.

Tab. 2: Förderung der Lernkompetenzen in vier Phasen (NÜESCH/ZEDER/ METZGER, 2003).

Wenn in einer Schule auf kollektiver Ebene die kombinierte Variante der Fördermaßnahmen oder die Variante der Integration in verschiedene Fächer umgesetzt

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wird, so ist einerseits eine Koordination zwischen den verschiedenen Schulfächern und Lehrpersonen unabdingbar. Andererseits sollten auch alle Lehrpersonen, welche die Schulklasse unterrichten, über Expertenwissen im Bereich der Lernkompetenzen verfügen. Denn sie sollen in ihrem Schulfach Lernkompetenzen einführen bzw. vielfältige Anwendungssituationen schaffen können. Falls die Lernkompetenzförderung flächendeckend in der ganzen Schule umgesetzt wird, stellt die Einführung einer systematischen Lernkompetenzförderung für die Schule ein Schulentwicklungsprozess dar. Deshalb wird im Kap. 2.2 ein Innovationsmodell erläutert, das im Hinblick auf die Einführung von Fördermaßnahmen im Bereich der Lernkompetenz berücksichtigt werden soll.

2.2 Förderung von Lernkompetenzen als Schulinnovation Die Einführung einer systematischen Lernkompetenzförderung ist nicht als Optimierung, sondern als Erneuerung im Sinne umfassenden Wandels zu bezeichnen (RÜEGG-STÜRM 2004). Denn diese Schulinnovation erfordert von den Lehrpersonen, dass sie sich nicht mehr als reine Wissensvermittler im Bereich der Fachkompetenzen betrachten, sondern bereit sind, mit den Lernkompetenzen auch Handlungskompetenzen zu fördern, welche nicht nur in ihrem Fach, sondern in verschiedenen Fächern relevant sind. Einige Lehrpersonen fühlen sich aufgrund ihrer früheren Ausbildung, welche sich in erster Linie auf die Vermittlung von Fachinhalten bezogen hat, zu wenig kompetent, um eine derartige Förderung im eigenen Unterricht umzusetzen, andere haben ein Verständnis von sich als Lehrperson, welches sich auf die Vermittlung von Fachinhalten beschränkt. Entsprechend ist es denkbar, dass gegenüber der Einführung der Lernkompetenzförderung Widerstände seitens der Lehrpersonen entstehen könnten. Damit die Schulinnovation erfolgreich eingeführt werden kann, sind in den verschiedenen Phasen des Innovationszyklus geeignete unterstützende Maßnahmen zu ergreifen. Im Folgenden werden zuerst die Phasen im Innovationszyklus und die daran beteiligten Personen beschrieben, um anschließend unterstützende Maßnahmen aufzuzeigen.

2.2.1 Phasen des Innovationszyklus und beteiligte Personen HALL/HORD (2001) unterscheiden im Innovationszyklus drei verschiedene Phasen (vgl. auch SEITZ/CAPAUL 2004, SEITZ/CAPAUL 2005): (1) Entwicklung: Die Innovation wird entworfen, konzipiert und ausprobiert, (2) Implementation: Diese Phase umfasst alle Schritte und Aktionen, um die Umsetzung der Innovation zu lernen und (3) Institutionalisierung: In dieser Phase wird eine hohe Umsetzungsqualität erreicht, indem die Mehrheit der Organisationsmitglieder die Innovation zielgerichtet umsetzt. An einem Innovationsprozess sind zwei verschiedene Personengruppen beteiligt (vgl. HALL/HORD 2001; SEITZ/CAPAUL 2004): Personen, welche die Innovation in der Organisation implementieren möchten (Innovationsförderer bzw. Change Facilitators), und die Personen, welche die Innovation umsetzen sollen (Anwender). Ganz zu Beginn eines Innovationsprozesses sind Letztere aufgrund fehlender Kenntnisse oft noch nicht in der Lage oder aus verschiedenen Gründen auch gar nicht bereit, die Innovation umzusetzen. Diese Personen werden als Nicht-Anwender bezeichnet. Das Ziel der Innovationsförderer ist es, die Zahl der Nicht-Anwender im Verlaufe des Innovationsprozesses zu reduzieren und sie zu erfolgreichen Anwendern zu machen. Eine innovationsfördernde Person allein (Change Facilitator) ist in der Re-

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gel nicht in der Lage, einen Innovationsprozess erfolgreich zu initiieren, umzusetzen und zu institutionalisieren. Vielmehr braucht es dazu mehrere Akteure des Wandels, ein sogenanntes Change Facilitator Team (HALL/HORD 2001, SEITZ/CAPAUL 2004), wobei die einzelnen Teammitglieder über verschiedene, für den Innovationsprozess bedeutsame Kompetenzen verfügen. Dabei können Macht-, Fach- und Prozesspromotoren unterschieden werden (vgl. SEITZ/CAPAUL 2004). Der Machtpromotor verfügt über hierarchisches Potenzial sowie über Ressourcen und Entscheidungskompetenzen. In einer Schule kommt die Funktion des Machtpromotors in der Regel der Schulleitung zu. Der Fachpromotor bringt das für die Innovation relevante Fachwissen mit. Fachpromotoren können entweder von der Schule unabhängige Experten oder erfahrene Lehrpersonen der Schule sein, welche bereits bisher Lernkompetenzen im eigenen Unterricht erfolgreich gefördert haben. Insbesondere in der Phase der Institutionalisierung werden Lehrpersonen, welche in den beiden vorgelagerten Phasen als Nicht-Anwender bzw. Anwender der Innovation gewirkt haben, zu Fachpromotoren. Das Change Facilitator Team kann sich also im Rahmen eines Innovationszyklus auch verändern. Der Prozesspromotor informiert und motiviert die am Innovationsprozess beteiligten Personen und übernimmt Koordinationsfunktionen. Prozesspromotoren können sowohl externe Berater als auch schulinterne Personen (z.B. Projektleiter und/oder Schulleitung) sein. 2.2.2 Maßnahmen zur Unterstützung des Innovationsprozesses Um den Innovationsprozess erfolgreich zu gestalten und Widerstände möglichst zu vermeiden bzw. damit konstruktiv umzugehen, schlagen SEITZ/CAPAUL (2005) verschiedene Maßnahmen vor, welche das Change Facilitator Team in den verschiedenen Phasen des Innovationszyklus ergreifen kann. Diese Maßnahmen werden im Folgenden dargestellt und mit Bezug auf die Förderung von Lernkompetenzen konkretisiert. o Schaffen eines Problembewusstseins: Zu Beginn eines Innovationsprozesses muss ein Problembewusstsein als Nährboden für die Innovation geschaffen werden. Dies setzt eine gute Informationspolitik und den Aufbau von Teams und Netzwerken voraus. In diesem Zusammenhang ist es zentral, dass es der Schulleitung gelingt, bei den Lehrpersonen die Bedeutung und die Notwendigkeit der Lernkompetenzförderung bewusst zu machen. Evtl. kann dabei auch auf Erfahrungen anderer Schulen zurückgegriffen werden. o Aufbau und Pflege von Teams und Netzwerken: Es müssen die notwendigen Teams bzw. (Promotoren-) Netzwerke aufgebaut werden. Solche Promotoren sind idealerweise Personen, die mit der Lernkompetenzförderung bereits Erfahrungen gesammelt haben und hinter der Lernkompetenzförderung stehen. Mehrere solcher Promotoren bilden idealerweise mit einzelnen Mitgliedern der Schulleitung ein Projektteam, damit verdeutlicht wird, dass das Projekt von der Schulleitung getragen wird. Bei der Zusammensetzung des Projektteams (Change Facilitator Team) ist zudem darauf zu achten, dass auch Persönlichkeiten im Projektteam vertreten sind, denen es gelingen wird, die gesamte Lehrerschaft für die Projektidee zu begeistern. o Entwerfen von Visionen und Vereinbaren von Innovationszielen: In einem konstruktiven Sinne gilt es das Problembewusstsein in einen gemeinsam getragenen Zielvereinbarungsprozess zu überführen. Damit wird eine gemeinsam geteilte Vorstellung über den Lösungszustand, d. h. als Richtschnur für die Entwicklung und Implementation geschaffen. Das Projektteam sollte zu diesem Zweck im

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kleinen Kreis die Umsetzung der Lernkompetenzförderung vorbereiten. Damit die Innovation jedoch möglichst von vielen Lehrpersonen getragen wird, ist eine laufende Information sowie die frühzeitige Berücksichtigung der Anliegen der Lehrerschaft von großer Bedeutung. laufende Information über die Innovation: Die Weitergabe von Informationen über den Innovationsprozess ist nicht nur in der Phase der Initiierung, sondern über den ganzen Innovationsprozess hinweg eine zentrale Aufgabe. Um Commitment und Unterstützung zu erhalten, müssen nicht nur die direkt Betroffenen, sondern alle Beteiligten (z.B. auch Lehrpersonen, die nicht an der Lernkompetenzförderung beteiligt sind und die interessierte Öffentlichkeit, wie z.B. Eltern, Ausbildungsbetrieb, weiterführende Ausbildungsstätten), regelmässig über den Verlauf der Innovation informiert werden. gemeinsame Entwicklung von Lösungsansätzen und Vorgehensweisen: Die gesetzten Innovationsziele müssen gemeinsam in Teilschritte zerlegt werden. Für diese Teilschritte sucht das Projektteam Lösungen, die mit der gesamten Lehrerschaft diskutiert werden sollen, um zu erreichen, dass das Innovationsprojekt von möglichst vielen Personen getragen wird. den Innovationsprozess verfolgen und Widerstände konstruktiv bewältigen: Der nun startende Implementationsprozess muss durch das Projektteam (ChangeFacilitator-Team) mitverfolgt, der Entwicklungszustand laufend diagnostiziert und durch geeignete, situationsangepasste Interventionen (z.B. Missverständnisse, falsche Annahmen oder Gerüchte aufspüren und klären; Innovationsverweigerer argumentativ überzeugen; innovationshemmende Koalitionen aufbrechen usw.) gesteuert werden. Dem Umgang mit Widerständen und Konflikten kommt bei den Interventionen eine herausragende Bedeutung zu, da diese eine direkte Bedrohung des Innovationserfolgs darstellen. Sicherheit und Vertrauen aufbauen: Da ein Innovationsprozess für alle Beteiligten nicht nur eine hohe Arbeitsbelastung, sondern oft auch Unsicherheitsgefühle und emotionale Belastungen bewirkt, ist der «Wieder-» Aufbau von Vertrauen und Sicherheit wichtig. Von großer Bedeutung ist deshalb, dass die von der Innovation betroffenen Lehrpersonen Unterstützung seitens der Schulleitung und der Projektleitung feststellen, etwa in Form von Weiterbildungsmaßnahmen, dem Bereitstellen von Unterlagen usw.

Im nächsten Kapitel werden nun basierend auf den in diesem Kapitel beschriebenen theoretischen Grundlagen konkrete Empfehlungen für die Schulleitung formuliert.

3.

Empfehlungen für die Schulleitung

3.1

Anforderungen an gute Förderkonzepte

In Bezug auf die Rahmenbedingungen bestehen zwischen verschiedenen Schulen große Unterschiede, beispielsweise bzgl. Ausbildungsdauer (z.B. drei- oder vierjährige Ausbildung), Ausbildungsform (duales System oder Vollzeitschule) oder der für Fördermaßnahmen in der Stundentafel vorgesehenen Unterrichtszeit. Aufgrund dieser unterschiedlichen Rahmenbedingungen sollte jede Schule ein auf ihre spezifischen Bedürfnisse hin ausgerichtetes Konzept entwickeln. Unabhängig von den an verschiedenen Schulen herrschenden Rahmenbedingungen zeichnen sich gute Förderkonzepte durch folgende Merkmale aus (METZGER 1995, NÜESCH 2001):

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1. Langfristige Fördermaßnahmen: Weil sich im Verlaufe der Ausbildung die Anforderungen an die Lernenden verändern können (z.B. Verfassen einer umfangreichen schriftlichen Arbeit, Vorbereitung auf die Abschlussprüfung), sollten sich Fördermaßnahmen nicht nur auf den Anfang der Ausbildung beschränken, sondern es sollten im Verlaufe der Ausbildung weitere situationsgerechte Fördermaßnahmen geplant werden. 2. Aufbau eines vielfältigen Lernstrategienrepertoires: Es ist darauf zu achten, dass kognitive, affektiv-motivationale und metakognitive Strategien gefördert werden. Neben der Förderung verschiedener Strategiearten ist es auch wichtig, dass innerhalb einer Strategieart verschiedene Vorgehensweisen thematisiert werden. Mit anderen Worten sollten die Lernenden bei den Strategien zur Informationsverarbeitung nicht nur die Mind-mapping-Methode kennen lernen. Vielmehr sollten den Lernenden auch noch weitere Möglichkeiten der Wissensstrukturierung wie z.B. Netzwerke für die Darstellung von Beziehungen, Matrixdarstellungen für Vergleiche und Beurteilungen oder Ablaufpläne für die Aufzeichnung einer zeitlichen Abfolge näher gebracht werden. Die Vermittlung eines vielfältigen Lernstrategienrepertoires gibt den Lernenden das Rüstzeug mit, das sie benötigen, um in verschiedenartigen Situationen die jeweils geeignetste Strategie einzusetzen. Andererseits ermöglicht es den Lernenden, die für ihren Lerntyp optimale Strategie zu verwenden. 3. Einbezug des Erfahrungshorizonts der Lernenden: Aufgrund der bereits bestehenden Lernerfahrungen sind die Lernenden gegenüber Fördermaßnahmen im Bereich der Lernkompetenz vielfach kritisch eingestellt. Damit die Lernenden für eine Auseinandersetzung mit Lernkompetenzen offen werden, die bisher noch nicht Gegenstand ihres Lernstrategienrepertoires waren, sollte ihr Erfahrungshorizont mitberücksichtigt werden. 4. Transferorientierte Fördermaßnahmen und Aufbau von deklarativem, prozeduralem und konditionalem Strategiewissen: Bei der Lernkompetenz handelt es sich um eine fächerübergreifende Handlungskompetenz, was bedeutet, dass die verschiedenen Lernstrategien in verschiedenen Situationen angewendet werden können. Die Lernenden sollten deshalb nicht nur in die zu fördernden Lernstrategien eingeführt werden, sondern sie sollten auch dazu angeleitet werden, diese Lernstrategien in anderen Kontexten – evtl. modifiziert – anzuwenden. Im Anschluss an diese Anwendungsphase sollte über den Nutzen der erprobten Strategien diskutiert werden. 5. Koordination zwischen verschiedenen Lehrpersonen und gegenseitige Information über den Inhalt der konkreten Fördermaßnahmen: Die Fördermaßnahmen sollten in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht koordiniert werden, indem beispielsweise eine bestimmte Lernkompetenz in einem Fach eingeführt und in einem anderen Fach anschliessend angewendet wird. Wichtig ist zudem eine gewisse "Unité de doctrine" innerhalb des Lehrkörpers in Bezug auf die Bedeutung der Lernkompetenzförderung, damit die möglicherweise bestehende Skepsis einiger Lernender nicht noch zusätzlich genährt wird. Sinnvoll ist auch der Austausch von Unterrichtsdispositionen, Arbeitsblättern usw. zwischen verschiedenen Lehrpersonen, so

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dass sie über die Fördermaßnahmen, die konkret stattgefunden haben, informiert sind.

3.2 Vorgehen bei der Entwicklung eines schuleigenen Förderkonzeptes Das im Folgenden beschriebene Vorgehen bei der Entwicklung eines schuleigenen Förderkonzeptes hat sich in diversen schulinternen Fortbildungen und im Rahmen des aktuell laufenden Forschungsprojektes mit der Wirtschaftsschule KV BadenZurzach (METZGER/NÜESCH 2004) bewährt. 1. Auswahl des Förderansatzes: Die Beantwortung dieser Frage hängt neben den in Kap. 2.1.1 dargelegten theoretischen Grundlagen stark von den schulischen Rahmenbedingungen ab. So ist die Kombinationsvariante aufgrund der schulischen Rahmenbedingungen vielfach nicht umsetzbar. Falls beispielsweise keine Lektionen in der Stundentafel vorgesehen sind, stehen in der Regel die finanziellen Mittel für umfangreiche Fördermaßnahmen nicht zur Verfügung. In diesem Falle ist zu überlegen, welche anderen Gefässe denkbar wären, um Lernkompetenzen unabhängig von einem bestehenden Schulfach zu fördern. Mögliche Gefässe wären z.B. die Klassenlehrerstunde, Projektwochen oder Projekttage. Falls keine sinnvollen Zeitgefässe für eine eigenständige Förderung vorhanden sind, sollte ein Konzept entwickelt werden, das es ermöglicht, ein Lernstrategienrepertoire im Rahmen der zu erteilenden Schulfächer aufzubauen. Dabei gilt es, der systematischen Einführung und transferorientierten Anwendung besondere Beachtung zu schenken. 2. Auswahl der zu fördernden Lernstrategien: Wie bereits in Kap. 3.1 aufgezeigt, soll ein vielfältiges Lernstrategienrepertoire aufgebaut werden. Welche Strategien in einer Schule im Einzelnen zu fördern sind, ist jedoch abhängig von der Art der Ausbildung. Wenn beispielsweise eine umfangreiche schriftliche Arbeit verfasst werden muss, so benötigen die Schülerinnen und Schüler Strategien zum Verfassen einer schriftlichen Arbeit. Oder wenn die Lernenden gleichzeitig zwei Projektarbeiten mit Präsentation erledigen müssen, benötigen sie ein auf projektartiges Arbeiten hin ausgerichtetes Zeitmanagement. Neben der Analyse der Anforderungen, welche an die Lernenden gestellt werden, kann auch der Einsatz eines Diagnoseinstrumentes, wie z.B. der WLI-Fragebogen (METZGER/WEINSTEIN/PALMER 2002), Ausgangspunkt für die Bestimmung der zu fördernden Lernstrategien sein. Hier ist allerdings zu empfehlen, solche Selbsteinschätzungsinstrumente nicht unverzüglich zu Beginn der neuen Ausbildung zu verwenden, weil sonst das Lernverhalten der vorgelagerten Schulstufe erfasst wird, welches aber im Zusammenhang mit der aktuellen Ausbildung nur noch partiell von Interesse ist. Nachdem die zu fördernden Lernkompetenzen festgelegt wurden, ist analog den anderen Schulfächern zu empfehlen, für die Förderung der Lernkompetenzen einen verbindlichen Lehrplan zu entwickeln, damit dieser den jetzigen und zukünftigen Lehrpersonen zugänglich gemacht bzw. kommuniziert werden kann. Das Vorhandensein eines Lehrplans erhöht die Verbindlichkeit des Förderkonzeptes. 3. Auswahl der Fächer bzw. Zeitgefässe: Hier stellt sich die grundsätzliche Frage, ob unterschiedliche Lernstrategien in unterschiedlichen Gefässen geschult werden sollen. Es ist zu empfehlen, kognitive Strategien und Zeitmanagement innerhalb von

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jenen Schulfächern zu thematisieren, in denen diese Strategien besonders wichtig sind bzw. unmittelbar gebraucht werden. Dies ermöglicht es, den Lernenden den Nutzen der Lernstrategien sofort sichtbar zu machen. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Lernenden beim Lernen auf diese Lernstrategien zurückgreifen. Affektiv-motivationale Strategien, die keinen unmittelbaren Fachbezug aufweisen, eignen sich hingegen eher für die Förderung in einem eigenständigen Fach. Es ist sogar denkbar, affektiv-motivationale Strategien nur auf freiwilliger Basis zu schulen. 4. Festlegen des Förderzeitpunktes: Beim Festlegen des Zeitpunktes, an welchem die einzelnen Lernkompetenzen gefördert werden, sollten die Bedürfnisse der jeweiligen Schule berücksichtigt werden. Die Fördermaßnahmen sind dann am wirksamsten, wenn die Lernenden konkrete Anwendungsmöglichkeiten erkennen können. Ist also beispielsweise im Rahmen der Ausbildung eine grössere schriftliche Arbeit selbständig zu verfassen, so sollten die Fördermaßnahmen unmittelbar vor dem Beginn der Arbeit oder begleitend zur Arbeit stattfinden. Dies ermöglicht es in idealer Weise, die Lernenden für den Nutzen der entsprechenden Strategien zu sensibilisieren und die erworbenen Strategien an einem konkreten Beispiel anzuwenden. 5. Bestimmen der Art der Koordination zwischen den verschiedenen Lehrpersonen: Eine Koordination zwischen verschiedenen an den Fördermaßnahmen beteiligten Lehrpersonen ist deshalb wichtig, weil damit verhindert wird, dass die Lernenden in verschiedenen Fächern in unkoordinierter Weise von derselben Strategie hören. Zudem ermöglicht es, dass das Strategiewissen nicht nur erarbeitet, sondern auch in verschiedenen Situationen angewendet wird und deren Nutzen anschliessend evaluiert wird. Besonders sinnvoll ist die Erarbeitung der ersten drei Phasen (Sensibilisieren, Ideen generieren und Strategiewissen systematisieren) in einem Fach, die Anwendung und Evaluation in möglichst unterschiedlichen Fächern. Als sehr hilfreich für die Koordination zwischen den verschiedenen Lehrpersonen hat sich das Erstellen einer Matrix pro Schulklasse erwiesen (vgl. für ein Beispiel Tab. 3). Denn dadurch kann den Lehrpersonen Verantwortung übertragen werden, was die Verbindlichkeit der Fördermaßnahmen erhöht. Um ein Commitment seitens der beteiligten Lehrpersonen zu erreichen, ist es zweckmässig, diese Matrix im Rahmen von Koordinationssitzungen gemeinsam zu erarbeiten. Sinnvoll kann der Einbezug von externen Experten im Rahmen einer schulinternen Weiterbildung sein.

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Lernstrategien

Zeitmanagement Strukturieren usw.

1. Quartal Ferien 2. Quartal KW KW KW KW KW KW KW KW KW KW KW KW KW KW KW KW KW 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49

EF MS EF WI

AF WI

Art der Förderung EF Einführung AF Anwendung im (gleichen) Fach AT Anwendung Transfer (in einem anderen Fach)

AF MS AT FS

Fächer MS Muttersprache FS Fremdsprache WI Wirtschaft usw.

Tab. 3: Beispiel einer unvollständig ausgefüllten Matrix zur Koordination der Fördermaßnahmen

3.3

Umsetzung des schuleigenen Konzeptes zur Förderung von Lernkompetenzen Das in Kap. 3.2 beschriebene Vorgehen schafft zwar die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Implementation des Förderkonzepts. Allerdings muss die Schulleitung mit zusätzlichen Maßnahmen für optimale Rahmenbedingungen sorgen, welche die Umsetzung des Förderkonzeptes optimal unterstützen. Folgende Maßnahmen sind zu empfehlen: 1. Innovation schrittweise einführen: Es empfiehlt sich - insbesondere in mittelgroßen und großen Schulen - das Förderkonzept nicht von Beginn weg flächendeckend in der ganzen Schule einzuführen. Aufgrund der zu erwartenden Widerstände sollte das Innovationsprojekt mit Personen, die der Innovation grundsätzlich positiv gegenüber stehen, gestartet werden. Dies deshalb, weil v.a. die ersten beiden Phasen des Innovationszyklus sehr zeitintensiv und von hoher Unsicherheit geprägt sind. Zudem ist darauf zu achten, dass im Projektteam auch Personen vertreten sind, die bereits über ein Experten- bzw. Erfahrungswissen im Bereich der Lernkompetenzen verfügen. Dies ermöglicht es, dass die nicht erfahrenen Projektmitglieder ausreichend Unterstützung erfahren. Wenn es in der dritten Phase des Innovationsprojektes darum geht, die Lernkompetenzförderung auf die ganze Schule auszudehnen, sollen die im Projektteam vertretenen Personen eine Multiplikatorenfunktion übernehmen, indem sie die neuen Umsetzer der Innovation mit Hilfe ihrer Erfahrung unterstützen. 2. Auftrag der Fachgruppen erweitern: Die Entwicklung der Fördermaßnahmen soll innerhalb von Fachgruppen erfolgen. Dies ermöglicht es, dass die Lehrpersonen

Nachhaltige Verankerung der Lernkompetenzförderung

135

derselben Fachgruppe bei der Entwicklung der Unterrichtsmaterialien zusammenarbeiten. Dies erhöht die Qualität der Fördermaßnahmen und führt gleichzeitig zu höherer Kontinuität bei der Lernkompetenzförderung, wenn bei Fluktuationen dem Know-how-Transfer innerhalb der Fachgruppe ausreichend Beachtung geschenkt wird. Zu empfehlen ist in diesem Zusammenhang die Einführung von Mentoraten, die sich nicht nur auf die Vermittlung von Fachkompetenzen beschränken, sondern auch die Vermittlung von überfachlichen Handlungskompetenzen einbeziehen. Neue, im Bereich der Lernkompetenz noch unerfahrene Lehrpersonen erhalten dadurch die erforderliche Unterstützung, um Lernkompetenzen erfolgreich in ihren Unterricht zu integrieren. 3. Weiterbildung der Lehrpersonen: Bei der schulweiten Einführung eines Förderkonzeptes im Bereich der Lernkompetenzen (dritte Phase des Innovationsprozesses) müssen die Lehrpersonen vor dem eigentlichen Start der Fördermaßnahmen ausreichend ausgebildet werden. Dies können sowohl schulinterne als auch externe Fortbildungen sein. Wichtig ist neben solchen Weiterbildungsmaßnahmen, dass der in den ersten beiden Phasen des Innovationsprozesses beim Projektteam stattgefundene Lernprozess auch den Lehrpersonen, welche die Innovation neu umsetzen, zugänglich gemacht wird. Dies ist über den Austausch innerhalb der Fachschaft (vgl. Punkt 2) relativ einfach möglich und sollte durch die Schulleitung dadurch gefördert werden, dass sie den zukünftigen Anwendern der Innovation bereits erfahrene Anwender zur Seite stellt. 4. Gegenseitige Information und Erfahrungsaustausch: Während des gesamten Innovationsprozesses sollten die Lehrpersonen ihre Erfahrungen gegenseitig z.B. im Rahmen von Klassenkonferenzen austauschen. Es ist zudem zu empfehlen, eine schulinterne elektronische Plattform aufzubauen, auf der die Unterrichtsdispositionen, die eingesetzten Unterrichtsmaterialien und die gemachten Erfahrungen bei der Förderung der entsprechenden Lernstrategie abgelegt werden. Diese Vorgehensweisen ermöglichen einerseits den Wissenstransfer über verschiedene Unterrichtsfächer hinweg. Dadurch wissen alle Lehrpersonen Bescheid, über welche Lernkompetenzen die Lernenden bereits verfügen müssten, so dass sie ihre Fördermaßnahmen sowohl im Bereich der Fachkompetenzen als auch im Bereich der Lernkompetenzen auf die Vorkenntnisse der Lernenden abstimmen können. Andererseits kann die Qualität der Fördermaßnahmen aufgrund der gewonnenen Erfahrungen ständig verbessert werden. 5. Periodische Überprüfung der Umsetzungsqualität: Weil Personen, welche Innovationen in die Praxis umsetzen, vielfach dazu tendieren, die beabsichtigten Innovationen aus organisatorischen Gründen oder eigenen Überlegungen abzuändern, können die Innovationen in der Regel nicht flächendeckend im geplanten Umfang verwirklicht werden. Gerade auch bei Maßnahmen zur Förderung der Lernkompetenz ist häufig eine Diskrepanz zwischen dem durchdachten Konzept und der tatsächlichen Umsetzung festzustellen. Deshalb muss die Schulleitung gemeinsam mit der Projektleitung die Umsetzungsqualität der Fördermaßnahmen laufend mittels Gesprächen, Dokumentenanalysen und Unterrichtsbesuchen überprüfen. Um die Umsetzungsqualität hoch zu halten, ist es zudem sehr empfehlenswert, BestPractice-Beispiele vorzustellen und auch auf der elektronischen Plattform zugänglich zu machen.

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4.

Schlusswort

Die Erfahrungen, die wir in der Schweiz im Rahmen des Forschungsprojektes "Förderung und Prüfung von Lernkompetenzen in der kaufmännischen Grundbildung" bisher gewonnen haben (METZGER, NÜESCH, ZEDER & JABORNEGG, 2005), zeigen, dass eine nachhaltige Verankerung einer systematischen Lernkompetenzförderung ein ehrgeiziges Projekt darstellt, deren qualitativ hochstehende Umsetzung in der Regel mehrere Jahre benötigt. Denn die Lehrpersonen müssen sich über die mehrmalige Durchführung bestimmter Fördermaßnahmen erst zu Experten im Bereich der Lernkompetenzförderung entwickeln. Aus diesem Grund müssen alle Akteure des Wandels (Schulleitung, Projektleitung und beteiligte Lehrpersonen) viel Geduld aufbringen, um das Projekt erfolgreich umzusetzen. Die in diesem Beitrag formulierten Empfehlungen sollen helfen, diesen Prozess unterstützend zu begleiten.

5.

Literatur

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Nachhaltige Verankerung der Lernkompetenzförderung

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JUDITH SCHELLENBACH-ZELL & CORNELIA GRÄSEL Selbststeuerung und Interesse in kontextorientiertem Unterricht: Befunde aus dem Projekt „Chemie im Kontext“ Kurzfassung: Im Unterrichtskonzept „Chemie im Kontext“ soll den Schüler/-innen die Möglichkeit gegeben werden, verstärkt selbstgesteuert zu lernen. In der hier präsentierten Studie gehen wir der Frage nach, inwieweit Lehrkräfte, die am Projekt teilnehmen, tatsächlich stärker nach den Prinzipien von Chemie im Kontext unterrichten. Nach den zwei Projektjahren zeigten sich sowohl in den Einschätzungen der Lehrkräfte als auch in den Einschätzungen der Schüler/-innen deutliche Veränderungen in den erwarteten Richtungen. Ferner wurde untersucht, welche Merkmale des Unterrichts dazu beitragen, dass das Interesse der Schüler/-innen steigt. Während die Anwendungs- und Kontextorientierung des Unterrichts sich als wichtige Einflussvariablen erwiesen, war das Ausmaß an Selbststeuerung unabhängig für die Entwicklung des Interesses. Abstract: “Chemistry in Context” is a science curriculum which offers the possibility of selfdirected and inquiry-based learning to students. In our study we investigate whether those teachers involved in the project actually change their classroom teaching. Our data show that the ratings of classroom teaching after two years of participation in the project differ from those made at the beginning of the project: Students and teachers agree that teaching includes more self-directed and context-based learning. The second research question asks for predictors of student’s interest. Findings show that the contextualized presentation of contents and the perceived relevance of chemistry are important variables to foster students’ interest. By contrast, selfdirected learning had no effect on student’s interest.

1.

Einleitung

Selbstgesteuertes Lernen spielt in vielen beruflichen Tätigkeiten eine bedeutende Rolle. Beispielsweise muss eine Bürokommunikationskauffrau für die englische Korrespondenz ihre schulischen Sprachkenntnisse mit einem computerbasierten Lernprogramm auffrischen und um Redewendungen der Bürokommunikation erweitern. Sie muss im Rahmen ihrer Tätigkeit eigenständig Wissen für den Umgang mit der Software für die Finanzbuchhaltung erwerben und dieses Wissen bei jedem Update erweitern. Schließlich muss sie lernen, die Internetseiten ihres Unternehmens eigenständig um Informationen zu ergänzen und dazu verschiedene Programme verwenden. Dieses Beispiel führt noch einmal die Notwendigkeit des selbstgesteuerten Lernens in beruflichen Kontexten vor Augen: Unsere Lebensbedingungen und die sich im ständigen Wandel befindende Gesellschaft erfordern eine permanente Anpassung und Auswahl von Wissen, um in ihr bestehen zu können. Diese Veränderun-

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gen waren eine wichtige Ursache dafür, warum in der Lehr-Lernforschung das Thema des selbstgesteuerten Lernens intensiv bearbeitet wurde. Eine zweite Ursache lag in der stärkeren Akzentuierung des Lernens in verschiedenen Theorien als aktiven, konstruktiven und selbstregulierten Prozess der Wissenskonstruktion (vgl. FRIEDRICH/MANDL 1992, vgl. FRIEDRICH/MANDL 1997). Diese Theorien rückten die kognitiven, metakognitiven und motivationalen Prozesse der Selbststeuerung stärker in den Vordergrund – und begründeten damit Forschungsarbeiten, die sich mit der Analyse und der Förderung dieser Prozesse befassten (vgl. BRUNSTEIN/SPÖRER 2001). Das Eingangsbeispiel ist aus der Arbeitswelt gegriffen und verdeutlicht, dass bei Erwachsenen die Fähigkeiten zum selbstgesteuerten Lernen in der Regel vorausgesetzt werden. Dies führt dazu, dass an Lehrkräfte immer deutlicher die Anforderung herangetragen wird, Schüler/-innen im Unterricht stärker die Möglichkeiten zu geben, selbstgesteuert zu lernen und die dafür erforderlichen Fähigkeiten zu erwerben. Ein weiteres Argument für die Ausweitung selbstgesteuerten Lernens in der Schule bezieht sich auf die Förderung von Motivation und Interesse: Es gibt Hinweise darauf, dass selbstgesteuertes Lernen sich positiv auf Motivation und Interesse auswirkt. Dieser Artikel befasst sich mit „Chemie im Kontext“1, einer Unterrichtskonzeption, die die Forderung nach Verstärkung selbstgesteuerten Lernens an Schulen in der Praxis umsetzt. In diesem Projekt wurde eine Unterrichtskonzeption für kontextorientierten Unterricht entwickelt und an ca. 140 Schulen im Chemie-Unterricht implementiert. Ein zentrales Kennzeichen dieses kontextorientierten Unterrichts ist es, den Schüler/-innen mehr Möglichkeiten des selbstgesteuerten Lernens zu geben. In diesem Artikel wird die Frage behandelt, ob sich durch die Teilnahme am Projekt der Unterricht tatsächlich in Richtung „mehr Selbststeuerung“ verändert hat. Ferner untersuchen wir, welche von den Schüler/-innen wahrgenommenen Unterrichtsmerkmale positiv mit der Entwicklung ihres Interesses an Chemie einhergehen. Bevor wir zur Darstellung der empirischen Studie kommen, gehen wir im Folgenden auf die Begriffe „selbstgesteuertes Lernens“ und „kontextorientierter Unterricht“ ein.

2.

Selbstgesteuertes Lernen und kontextorientierter Unterricht: begriffliche Klärungen

2.1

Selbstgesteuertes Lernen

Es gibt – abhängig vom jeweils verwendeten theoretischen Rahmen – sehr unterschiedliche Begriffsbestimmungen zum „selbstgesteuerten Lernen“. WEINERT (1982) umschreibt den Begriff angesichts seiner vielfältigen Auslegungsmöglichkeiten so, dass damit „nur tendenziell zum Ausdruck gebracht [wird], dass der Handelnde die wesentlichen Entscheidungen, ob, was, wann, wie und woraufhin er lernt, gravierend und folgenreich beeinflussen kann“ (S. 102). Dafür müssen im Lernprozess 1

Dieser Artikel entstand im Rahmen des Projektes „Chemie im Kontext“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde und in einem Verbund zwischen dem IPN (Reinhard Demuth) und den Universitäten Oldenburg (Prof. Dr. Ilka Parchmann), Dortmund (Prof. Dr. Bernd Ralle) und Wuppertal (Prof. Dr. Cornelia Gräsel) durchgeführt wurde. Wir danken allen Projektbeteiligten, die nicht Co-Autoren dieses Artikels sind, für die produktive und intensive Zusammenarbeit!

Selbststeuerung und Interesse in kontextorientiertem Unterricht

141

Spielräume existieren, die vom Lerner als diese wahrgenommen werden. WEINERT (1982) betont, selbstgesteuertes Lernen sei Voraussetzung, Methode und gleichzeitig Ziel des Unterrichts. Die Tätigkeit des selbstgesteuerten Lernens setzt voraus, dass die Lernenden über die Fähigkeiten verfügen, ihre Lernprozesse in kognitiver, motivationaler und metakognitiver Hinsicht tatsächlich zu beeinflussen. Diese Voraussetzungen, für die elaborierte Theorien existieren, stehen in unserem Artikel nicht im Vordergrund (vgl. ARTELT 2000, SIMONS 1992). Wir konzentrieren uns auf das selbstgesteuerte Lernen als Prozess bzw. als Methode. Betrachtet man den Prozess des Lernens, dann ist Selbststeuerung als Kontinuum zu betrachten. Bereits Weinert (1982) wies darauf hin, dass das „Lernen im engeren Sinne“ niemals fremd gesteuert werden kann. Beispielsweise liegt es selbst bei einem sehr kontrollierenden Unterrichtsstil weitgehend in der Entscheidung der Schüler/-innen, ob sie dem Unterricht aufmerksam folgen möchten. Andere Aspekte, z. B. die Bestimmung von Feinzielen, die Auswahl und Sequenzierung von Inhalten und Aufgaben oder die Bestimmung der Dauer des Lernens – also Aspekte der Lernorganisation und der Lernkoordination – sind auch im schulischen Lernen möglich, erfordern aber, dass den Lernenden entsprechende Freiräume gegeben werden. Diese sollten „in Abhängigkeit von der Entwicklung notwendiger Kompetenzen variabel ermöglicht werden“ (WEINERT 1982, S. 101). Im Rahmen schulischen Lernens ist das Ausmaß an möglicher Selbststeuerung der Lernenden natürlich eingeschränkt: Zentrale Inhalte sowie die prinzipiell zur Verfügung stehende Zeit sind vorgegeben. Innerhalb dieses Rahmens können allerdings Spielräume für selbstgesteuertes Lernen eröffnet werden: Schüler/-innen können ermuntert werden, eigene Teilziele für das Lernen zu formulieren und innerhalb der Zeitvorgaben eine Reihe von Entscheidungen hinsichtlich der Lernorganisation selbst treffen. Diese Spielräume variieren in Abhängigkeit von den gewählten Unterrichtsmethoden. Eher lehrergesteuerte Methoden wie der „Lehrervortrag“ oder das „fragend-entwickelnde“ Unterrichtsgespräch eröffnen vergleichsweise wenige Spielräume. „Projektunterricht“ oder „Freiarbeit“ wären Methoden, die mehr Möglichkeiten für Selbststeuerung anbieten. 2.2

Kontextorientierter Unterricht im Projekt „Chemie im Kontext“

Ausgangspunkt der Überlegungen für das Unterrichtskonzept „Chemie im Kontext“ ist das Phänomen des „trägen Wissens“ (vgl. GRÄSEL/PARCHMANN 2004a). Dieser Begriff (vgl. RENKL 1996) beschreibt das Unvermögen von Lernenden, erlerntes Wissen jenseits des Unterrichtskontextes bzw. auf verschiedene Situationen anzuwenden. Ansätze des situierten Lernens, an denen sich das Konzept „Chemie im Kontext“ orientiert, haben dieses Problem in den Mittelpunkt ihrer Unterrichtsmodelle gestellt: Eine Grundaussage dieser Ansätze ist, dass der Transfer von Gelerntem unterstützt wird, wenn Lerngegenstände in einen alltagsrelevanten Kontext eingebunden präsentiert werden, der von den Schüler/-innen in verschiedener Weise erschlossen wird. Dieses Erschließen durch die Lernenden und die Verwendung des Kontextes als zentrales Element des Unterrichts, unterscheidet situiertes Lernen von der Verwendung von Problemen als „Aufhänger“, die die Aufmerksamkeit der Schüler zu Beginn des Lernprozesses sicherstellen sollen. Die Konzeption „Chemie im Kontext“ weist mit den Annahmen des situierten Lernens folgende zentrale Gemeinsamkeiten auf (GRÄSEL/PARCHMANN 2004a):

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Kontextorientierung Das erste und Namen gebende Prinzip ist die Einbettung des Lernens in semantisch reichhaltige Kontexte, die der Lebensumwelt bzw. dem Alltag der Lernenden nahe sind und ihre Interessen aufgreifen (z. B. die Einheit „Ein Mundvoll Chemie“, (VENNEMANN/PARCHMANN 2003)). Die Kontexte dienen dazu, an das Vorwissen der Lernenden anzuknüpfen. Kontextorientierung in unserem Konzept beinhaltet aber auch, Freiräume für selbstgesteuertes Lernen zu bieten. Es ist ein Prinzip des Unterrichtskonzepts, dass den Lernenden die Möglichkeit gegeben wird, Fragen zu einem Kontext zu formulieren. Diese Fragen sollen im weiteren Unterrichtsverlauf beantwortet werden, indem z. B. Untersuchungen dazu geplant und durchgeführt werden und notwendige Informationen gesucht, bearbeitet und bewertet werden. Die Kontextorientierung und damit auch die Selbststeuerung zieht sich als tragendes Element durch die ersten Phasen einer Unterrichtseinheit nach „Chemie im Kontext“: durch die Begegnungsphase (Einstieg und „Bekanntmachen“ mit dem Kontext), die Neugier- und Planungsphase (in der die Fragen gestellt und das weitere Vorgehen projektiert wird) bis in die Erarbeitungsphase, in der die Schüler/-innen sich aktiv unter Moderation der Lehrperson den Lerngegenstand erschließen. Basiskonzepte Das zweite Gestaltungsprinzip ist die Verwendung verschiedener Kontexte und die Generalisierung der Inhalte zu zentralen Begriffen, die Basiskonzepte genannt werden. Beispiele für Basiskonzepte sind z. B. das Stoff-Teilchen-Konzept oder das Chemische Gleichgewicht (BÜNDER et al. 2003). Mit diesem Gestaltungsprinzip wird die Forderung nach „multiplen Kontexten“ aufgegriffen, die in den Theorien des situierten Lernens formuliert wurde: Der Lerninhalt soll nicht an einem Kontext „kleben“, sondern in verschiedenen Zusammenhängen dargeboten werden, um den Transfer zu unterstützen. Auch die Vernetzung zu Basiskonzepten legt Freiräume für selbstgesteuerte Lernaktivitäten nahe: Am Ende der Unterrichtseinheit sollten sie in einer Phase der Vernetzung die Möglichkeit erhalten, ihre Ergebnisse zu präsentieren und auf dieser Basis weiterführende Fragen formulieren. Unterrichtsmethoden Schülern/-innen sollten unterschiedliche Möglichkeiten der Erarbeitung der Inhalte angeboten werden. Unterricht nach CHiK integriert daher verschiedene Methoden, die sich sowohl an den Voraussetzungen der Schüler/-innen als auch an der jeweiligen Unterrichtsphase orientieren. Während in der Begegnungs-, Planungs- und Erarbeitungsphase vor allem schülerzentrierte Methoden verwendet werden, sollte die abschließende Vernetzungsphase stärker vom Lehrer moderiert werden, um ein korrektes Verständnis und einen anschließenden Transfer zu gewährleisten. Das Spektrum von Unterrichtsmethoden, das den Lehrkräften im Projekt angeboten wurde, ist dabei sehr vielfältig. Besonders intensiv werden Lernzirkel, Gruppenpuzzles und andere Formen im Projekt diskutiert, die selbstgesteuertes Lernen ermöglichen. Die Unterrichtskonzeption von Chemie im Kontext wird seit ca. 3 Jahren in größerem Maßstab in Schulen in 12 Bundesländern umgesetzt (gefördert vom BMBF). In diesem Projekt verfolgen wir eine so genannte „symbiotische Implementationsstra-

Selbststeuerung und Interesse in kontextorientiertem Unterricht

143

tegie“ (GRÄSEL/PARCHMANN 2004b). Schwerpunkt dieser Strategie ist die Zusammenarbeit von Lehrkräften aus verschiedenen Schulen sowie von Experten aus verschiedenen Berufsgruppen zu einer Gruppe. Diese Zusammensetzung soll es ermöglichen, unterschiedliches Wissen bei der Umsetzung des Projektes zu nutzen. Der Ausdruck „symbiotisch“ unterstreicht, dass diese Zusammenarbeit für alle Beteiligten eine Bereicherung sein kann bzw. für alle Beteiligten Nutzen bringen soll. In den Bundesländern bildeten sich Arbeitsgruppen, die sich aus je zwei Lehrpersonen aus bis zu sechs Schulen pro Land, einer Person aus der Wissenschaft und einer Person aus der Bildungsadministration zusammensetzten. In den Gruppen werden Unterrichtsmaterialien und -einheiten entwickelt; nach der Durchführung der Einheiten wird über das Lehr-Lerngeschehen reflektiert und nach Möglichkeiten der Optimierung gesucht. Dieser Wechsel aus Planung, Erprobung und Selbstevaluation in Teams soll einerseits zu verbesserten Unterrichtseinheiten führen und andererseits die Weiterqualifikation der Beteiligten unterstützen. Um die Ergebnisse des Projektes in die Fläche zu transferieren, wurde – wie in vielen Projekten – ein Multiplikatorensystem verwendet: Aus den ersten Gruppen des ersten Jahrgangs entstanden neue Gruppen, die von erfahrenen CHiK-Lehrkräften koordiniert und von Wissenschaftlern weniger intensiv als die ursprünglichen Sets begleitet wurden.

3.

Die Unterstützung des Interesses in kontextorientierten Lernumgebungen

Begründungen für die Ausweitung von Lernformen, die selbstgesteuertes Lernen ermöglichen, sind häufig auch motivationaler Art: Es wird argumentiert, dass diese Lernformen dazu geeignet sind, die intrinsische Motivation und das Interesse von Schüler/-innen und Schülern zu unterstützen. Dieses Ziel ist im Projekt „Chemie im Kontext“ von besonderer Bedeutung: Zahlreiche Studien weisen darauf hin, dass sich Schüler/-innen von naturwissenschaftlichen Inhalten abwenden (z. B. HOFFMANN et al. 1998). Eine wichtige Motivation für das Projekt „Chemie im Kontext“ war es, mit dieser Unterrichtskonzeption mehr Schüler/-innen für Naturwissenschaften und natürlich insbesondere für das Fach Chemie zu interessieren. In diesem Kontext stellt sich vor allem die Frage, inwieweit das selbstgesteuerte Lernen in Chemie im Kontext einen Beitrag zur Interessenförderung darstellt. Die Grundzüge für die in Deutschland entwickelte Interessentheorie wurden in den 80er Jahren gelegt (vgl. PRENZEL 1988). Die Autoren stellen heraus, dass Interesse vor allem die „Relation zwischen Person und Gegenstand“ definiert (PRENZEL et al. 1986, S. 166). Dieser Gegenstand kann ein konkretes Objekt (oder auch sein Referenzobjekt) sein, aber auch ein Teil des Weltwissens oder eine bestimmte Klasse von Tätigkeiten (KRAPP 2001). Dabei werden zwei unterschiedliche Ausprägungen des Interessenkonstrukts unterschieden. Zum einen kann das Interesse als zeitlich überdauernde Präferenz und Auseinandersetzung mit einem Inhaltsgebiet angesehen werden (individuelles oder allgemeines Interesse). Zum anderen stellt Interesse einen situationalen motivationalen Zustand dar, der aktualisiert wird aufgrund einer besonderen Anreizstruktur der Situation (situationales Interesse oder Interessantheit der Situation, (vgl. KRAPP 1992). Für beide Konstrukte gilt: Der Interessengegenstand, bzw. sein Referenzobjekt besitzen für das Individuum eine hohe Bedeutsamkeit und die Auseinandersetzung mit ihm bringt eine stark positive Erlebensqualität mit sich. Eine wiederholte Ausei-

Judith Schellenbach-Zell & Cornelia Gräsel

144

nandersetzung mit dem Interessengegenstand führt zu einem immer reichhaltigeren Wissen und Handlungsrepertoire im kompetenten Umgang mit ihm (PRENZEL et al. 1986, KRAPP 1992, KRAPP 1998b). Überdauerndes Interesse einer Person ist identitätsstiftend und wird zum Bestandteil des eigenen Selbstkonzeptes. Situationales Interesse ist nicht vom Vorhandensein eines überdauernden Interesses abhängig. Es besteht die Möglichkeit, über die Gestaltung und Merkmale der „Interessantheit“ einer Lernumgebung das situationale Interesse der Lernenden zu unterstützen und zu fördern (vgl. KRAPP 1992). Situationales Interesse kann aber durch die wiederholte Auseinandersetzung mit dem Gegenstand zu langfristigem Interesse aufgebaut werden. Dies ist der Ansatz, der Chemie im Kontext und ähnlichen Unterrichtkonzeptionen zu Grunde liegt. Die Präsentation eines Kontextes soll über den Alltags- und Anwendungsbezug und die persönliche Relevanz das situationale Interesse der Lernenden anregen und eine wiederholte (intensive) Auseinandersetzung mit dem Inhalt unterstützen (vgl. STARK/MANDL 2000, KRAPP 1992, KRAPP 1999). In unserem Unterrichtskonzept werden darüber hinaus jene drei Grundbedürfnisse – Autonomie, Kompetenzerleben und soziale Eingebundenheit – unterstützt, die in der Selbstbestimmungstheorie von DECI/RYAN (1993) fördernd für die Entwicklung intrinsischer Motivation und die als Bedingung für Interesse in die Interessentheorie integriert wurden (vgl. SCHIEFELE/STREBLOW 2006, KRAPP 1998b). Das erste dieser Merkmale ist die Autonomie, also das Sich-Erleben als Verursacher von Handeln. Das Fragenstellen, das Setzen von Lernzielen wie die selbstgesteuerte Bearbeitung von Ressourcen oder das eigenständige Experimentieren können als Elemente der Autonomieförderung betrachtet werden. Indem der Lernende sich seine Lernziele zum Teil selbstgesteuert erarbeitet, erweitert er zum einen sein Wissen über den Lerngegenstand und zum anderen sein Wissen über eigene Lernstrategien. Beides kann das Kompetenzerleben positiv beeinflussen – zumindest dann, wenn die Lernenden nicht überfordert werden und die Struktur des Inhaltes für sie sichtbar bleibt (vgl. SCHIEFELE/STREBLOW 2006). Die soziale Eingebundenheit soll schließlich durch ein partnerschaftliches Lehrer-Schüler-Verhältnis und die Erarbeitung der Inhalte in Kleingruppen angeregt werden.

4.

Fragestellungen

(1) Die erste Fragestellung unserer Untersuchung lautet, ob sich der Unterricht durch die Teilnahme am Projekt tatsächlich verändert hat und die Merkmale von Chemie im Kontext (Selbstgesteuertes Lernen, Kontextorientierung usw.) durch die Lehrkräfte tatsächlich realisiert wurden. Dazu werden die subjektiven Wahrnehmungen des Unterrichts von den beteiligten Lehrkräften zu Beginn und am Ende des Projektes (nach zwei bzw. drei Jahren) miteinander verglichen. (2) Die zweite Fragestellung bezieht sich auf die Rolle des selbstgesteuerten Lernens für die Förderung des Interesses. Inwieweit steht die Förderung des Interesses der Schüler/-innen mit Variablen der Unterrichtswahrnehmung (z. B. der Wahrnehmung der Möglichkeit des selbstgesteuerten Lernens) in Verbindung?

Selbststeuerung und Interesse in kontextorientiertem Unterricht

5.

145

Methoden

Die befragten Lehrkräfte waren mit ihren Schüler/-innen zwei oder drei Schuljahre am Projekt beteiligt. Zu Beginn des Projektes und nach jedem Schuljahr wurden mit Fragebogen die Wahrnehmung des Unterrichts, die motivationalen und die kognitiven Wirkungen durch Selbsteinschätzungen erfasst. Im Folgenden werden jene Skalen dargestellt, deren Ergebnisse in unserem Beitrag berichtet werden. 5.1

Wahrnehmung der Unterrichtsmerkmale durch die Lehrkräfte

Für die Wahrnehmung des Unterrichts durch die Lehrkräfte wurden drei Skalen verwendet (vgl. Tabelle 1): Die Skala „Methodenvielfalt“ beinhaltet, inwieweit verschiedene Methoden verwendet wurden, wobei in den Items nach Methoden gefragt wurde, die mit einer höheren Selbststeuerung der Lernenden verbunden sind. Die Skala „Kontextorientierung“ beinhaltet sowohl die Verwendung von Kontexten als auch die Partizipation der Schüler/-innen bei der Bearbeitung der Inhalte. Diese beiden Beschreibungsmerkmale fielen in eine Dimension zusammen und waren daher nicht zu trennen. Die „Kontrolle der Unterrichtsprozesse“ umfasste die stringente Verfolgung der zuvor gesetzten Ziele durch die Lehrkraft.

Skalenname

Methodenvielfalt

Kontextorientierung

Kontrolle des Unterrichtsprozesses

Itemanzahl 5

5

5

Cronbachs Alpha

Beispielitems

.67

Ich rege Schüler/-innen dazu an, Lernstrategien selbständig zu erarbeiten und zu benutzen.

.74

Bei der Planung einer ganzen Unterrichtseinheit werden die Inhalte und deren Abfolge von meinen Schüler/-innen mitbestimmt.

.62

Ich bin in diesem Chemieunterricht von meinem vorher erstellten Unterrichtsverlaufsplan selten abgewichen.

Tab. 1: Unterrichtsbeschreibung Lehrer

5.2

Wahrnehmung der Unterrichtsmerkmale durch die Schüler/-innen

Für die Wahrnehmung der Unterrichtsmerkmale durch die Schüler/-innen wurden vier Skalen verwendet (Tabelle 2). Die Skala „selbstgesteuertes Lernen“ umfasst die Einschätzungen, inwieweit die Schüler die Auswahl der Themen und die Formen der Erarbeitung mitbestimmen können. Die Skala „Fachsystematik“ erfragt, inwieweit der Unterricht von der Fachsystematik der Chemie dominiert war und inwieweit auf das systematische (kontextfreie) Lernen besonderer Wert gelegt wurde. „Anwendungswissen“ und „Cross-curriculare Kompetenzen“ erfassten schließlich jene Prozesse und Ergebnisse des Unterrichts, die stärker mit der Konzeption von „Chemie

Judith Schellenbach-Zell & Cornelia Gräsel

146

im Kontext“ in Einklang stehen. Die erstgenannte Skala erfragte nach Anwendungsbezügen und dem Erwerb transferierbaren Wissens; die zweite nach der Betonung cross-curricularer Kompetenzen, z. B. den Fähigkeiten des selbst gesteuerten Lernens.

Skalenname

Itemanzahl

Cronbachs Alpha

Beispielitems

Selbstgesteuertes Lernen

6

.67

Wir Schüler konnten bei der Auswahl der Inhalte des Unterrichts mitbestimmen.

Fachsystematik

4

.59

In meinem Chemieunterricht lerne ich etwas über Eigenschaften von Stoffen und deren Reaktionsverhalten.

Anwendungswissen

3

.6

In unserem Chemieunterricht lerne ich etwas über Umweltrisiken und deren Entstehung.

Cross-curriculare Kompetenzen

3

.64

Im Chemieunterricht erfahre ich, wie ich strukturiert und planvoll lernen kann.

Tab. 2: Unterrichtsbeschreibung durch die Schüler/-innen

5.3 Motivation und Interesse der Schüler/-innen Schließlich wurden drei Skalen verwendet, um motivationale Variablen bei den Schüler/-innen zu erfassen (Tabelle 3). Die Skala „Lernmotivation“ umfasst Aussagen, die Schüler/-innen zur Freude am Unterricht machen. „Persönliche Relevanz“ gibt an, inwieweit die Schüler/-innen den Inhalten des Chemieunterrichtes eine persönliche Bedeutsamkeit zuweisen oder ihnen Nützlichkeit zuschreiben. Das weiterführende Interesse umfasst schließlich sehr verhaltensnah, ob die Schüler/-innen sich in ihrer Freizeit bzw. freiwillig mit Inhalten der Chemie befassen. Diese Beschäftigung kann als Indikator eines dauerhaften Interesses der Schüler/-innen an der Chemie gesehen werden.

Selbststeuerung und Interesse in kontextorientiertem Unterricht

Skalenname

Itemanzahl

Cronbachs Alpha

147

Beispielitems

Lernmotivation

4

.81

Im Chemieunterricht macht das Lernen/ Arbeiten richtig Spaß.

Persönliche Relevanz

5

.7

Im Chemieunterricht lerne ich Dinge, die für mich persönlich bedeutsam sind.

Weiterführendes Interesse

6

.83

Wenn ich in Büchern/Zeitschriften etwas über Chemie finde, lese ich es in der Regel durch.

Tab. 3: Interesse und Motivation der Schüler

6.

Ergebnisse

6.1. Fragestellung 1: Die Unterrichtswahrnehmung von Lehrkräften und Schüler/-innen Tabelle 4 zeigt den Vergleich, wie die Lehrkräfte ihren Unterricht zu Beginn und am Ende des Projektes einschätzen. Es zeigt sich, dass die Wahrnehmung in Bezug auf die Methodenvielfalt, die auf eine stärkere Selbststeuerung der Schüler/-innen zielt, am Ende des Projektes deutlich höher ausfällt als zu Beginn (T = -5,36; p< .01). Auch die Kontextorientierung ist in der Wahrnehmung der Lehrkräfte deutlich gestiegen (T = -5,35; p< .01). In Bezug auf die Kontrolle der Unterrichtsprozesse durch die Lehrkraft ergab sich kein signifikanter Unterschied (T= -0,42; n. s.).

N= 42 Beginn

Ende

M

SD

M

SD

Methodenvielfalt

2.54

.47

3

.47

Kontextorientierung

2.28

.53

2.78

.36

Kontrolle der richtsprozesse

2.54

.48

2.57

.46

Unter-

Tab. 4: Mittelwerte und Standardabweichungen der Unterrichtsbeschreibung durch die Lehrkräfte zu Beginn und am Ende des Projektes.

Bei den Schüler/-innen ergibt sich in der Wahrnehmung ein Anstieg an Selbststeuerung im Unterricht (T = -9,20; p< ,01; n = 353; vgl. Abbildung 1). Sie beurteilen am Ende des Projektes den Unterricht auch stärker auf Anwendungswissen ausgerichtet (T= -4,45; p< ,01; n= 334). Signifikant ist ebenfalls der Rückgang die Einschät-

Judith Schellenbach-Zell & Cornelia Gräsel

148

zung der Betonung der Fachsystematik im Unterricht (T = 5,2; p< ,01; n= 351). In der Einschätzung der cross-curricularen Kompetenzen zeigten sich zwar keine signifikanten Veränderungen, jedoch ein Trend zu einem Anstieg (T= -1,5; p= ,13; n=342).2 4 3,5

3,14 3

3 2,5 2

2,1

2,41

2,3

2,51

2,24 2,31

Beginn Ende

1,5 1 0,5 0 Selbstgest. Lernen

Abb. 1:

Fachsystematik

Anw endungsw issen

CCC

Wahrnehmung des Unterrichts durch die Schüler/-innen am Beginn und am Ende des Projektes (Mittelwertsdarstellung).

6.2. Fragestellung 2: Prädiktoren für das Interesse am Ende des Projektes Mit einer Regressionsanalyse wurde untersucht, welche Prädiktoren geeignet sind, das Interesse der Schüler/-innen nach zwei Jahren zu erklären. Als Prädiktor wurde zunächst das Interesse am Ende des ersten Projektjahres verwendet. In einem zweiten Block wurden die Variablen als Prädiktoren verwendet, mit denen die Schüler/-innen ihre aktuelle Motivation im Chemieunterricht beschrieben, also das angenehme Erleben des Faches bzw. das sich als motiviert Erleben (Lernmotivation) und die subjektive Relevanz, die das Fach Chemie für sie im Unterricht aufwies. In einem dritten Schritt wurden die Variablen der Wahrnehmung des Unterrichts einbezogen. Tabelle 5 zeigt in einem ersten Schritt die Interkorrelationen der Prädiktoren und die bivariaten Korrelationen zwischen den Prädiktoren und der abhängigen Variable.

2

In den Daten zeigt sich insgesamt, dass Chemie im Kontext die Motivation und das Interesse stark unterstützen konnte. Auf diese Ergebnisse wird in diesem Zusammenhang jedoch nicht eingegangen.

Selbststeuerung und Interesse in kontextorientiertem Unterricht

149

Variablen Variablen

2

3

4

5

6

7

8

1

Interesse (Ende 1. Jahr)

.4**

.4**

.16**

.11**

.2**

.2**

.51**

2

Lernmotivation

--

.50**

.22**

.32**

.34**

.28**

.31**

3

Persönliche Relevanz

--

.24**

.32**

.50**

.46**

.44**

4

Selbstgest. Lernen

--

.24**

.20**

.23**

.05

5

Fachsystematik

--

.07**

.28**

-.24**

6

Cross-curric. Kompet.

--

.42**

.42**

7

Anwendungswissen

--

.17**

8

Interesse (Ende 2. Jahr)

--

Tab. 5: Korrelationsmatrix der Variablen, die in der multiplen Regression mit dem Interesse der Schüler/-innen nach zwei Projektjahren verwendet wurden (n = 761).

Verwendet man das oben skizzierte Modell für die Regression (Tabelle 6), dann erhält man ein signifikantes Gesamtmodell (F = 91 (7,747); p < .01). Beta

T

P

Delta R2

(F)

p

.32

10,5