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German Pages 568 [594] Year 1990
PARADEIGMATA Die Reihe Paradeigmata präsentiert historisch-systematisch fundierte Abhandlungen, Studien und Werke, die belegen, daß sich aus der strengen, geschichtsbewußten Anknüpfung an die philosophische Tradition innovative Modelle philosophischer Erkenntnis gewinnen lassen. Jede der in dieser Reihe veröffentlichten Arbeiten zeichnet sich dadurch aus, in inhaltlicher oder methodischer Hinsicht Modi philosophischen Denkens neu zu fassen, an neuen Thematiken zu erproben oder neu zu begründen.
Ludger Honnefelder, geboren 1936 in Köln, Professor der Philosophie in Bonn, hat sich in seinen Forschungen zur mittelalterlichen Philosophie eingehend mit dem zweiten Anfang beschäftigt, den die Metaphysik im Zuge der Aristoteles-Rezeption des 13./14. Jahrhunderts erfährt und der bei Johannes Duns Scotus zu ihrer Begründung als »Transzendentalwissenschaft« (scientia transcendens) führt. Als Transzendentalwissenschaft aber ist Metaphysik nach Scotus nur möglich, wenn sie die Gestalt einer Explikation der Modi des Seienden als solchen annimmt. Der vorliegende Band verfolgt die Wirkungsgeschichte dieses neuen Ansatzes in der Metaphysik der Neuzeit (F. Suarez, Chr. Wolff) und der Moderne (Ch. S. Peirce). Auf diesem Hintergrund betrachtet erscheint Kants kritischer Entwurf als Transformation des gleichen formalen Grundansatzes.
Ludger Bonnefelder
Scientia transcendens Die formale Bestimmung der Seiendheit und Realität in der Metaphysik des Mittelalters und der Neuzeit (Duns Scotus - Smirez - WolffKant- Peirce)
FELIX MEINER VERLAG HAMBURG
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Für Annette Bonnefelder
INHALT
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
IX
Erster Teil Metaphysik als scientia transcendens: Die Bestimmung der Seiendheit als non repugnantia ad esse bei Duns Scotus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Seiendheit - Möglichkeit -Wirklichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die verschiedenen Bedeutungen von »Seiend>Seienden>Seienden>Seiende>philosophi>Seiende>Seiende>Wissenschaft von Gott>Seiende>SeiendenSeiendemens>id quod aptum est ad existendum>Seienden>ens in potentia>ex se>Seiendemens>id cui existentia non repugnat>Seienden>evolutio notionis entiscomplementum possibilitatis>SeiendemÜbergangsfeld< die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Im Zuge des Neukantianismus und der Wiederentdeckung der Bedeutung der Ontologie und Metaphysik im Werk Kants ist es zu einer näheren Erforschung der historischen Voraussetzungen der kantischen Transzendentalphilosophie in den aristotelisch-scholastischen und den rationalistischen Philosophien des 16.-18. Jahrhunderts gekommen1. In ähnlicher Weise hat die Beschäftigung mit der Metaphysik von Descartes, Spinoza, Leibniz und anderen Autoren der frühen Neuzeit dazu geführt, auch ihre historischen, speziell ihre scholastischen Voraussetzungen zu untersuchen. Was auf diese Weise an historischer Forschung entstand, blieb jedoch in der Regel auf den Umkreis des historisch unmittelbar Relevanten beschränkt. In bezug auf die antiken und mittelalterlichen Vorlagen selbst findet sich, vor allem in den älteren Arbeiten, nur ein geringes Maß an Differenzierung. Umgekehrt ist die philosophiehistorische Erforschung der antiken und mittelalterlichen Metaphysik in der Untersuchung der wirkungsgeschichtlichen Einflüsse selten über das sich in Spätantike bzw. Spätmittelalter unmittelbar Anschließende hinausgegangen. Was weitgehend fehlt, ist der Versuch, vom inzwischen erreichten Stand der Forschung aus für die Antike und das Mittelalter jene Ansätze genauer herauszuarbeiten, die der Sache nach von der neuzeitlichen Metaphysik aufgenommen und fortgeführt werden. Ist dies möglich, dann müßte an den entscheidenden Stationen der Rezeption und Transformation dieser Ansätze deutlicher als bisher sichtbar zu machen sein, in welcher Weise die neuzeitliche Metaphysik bzw. Ontologie die ältere Tradition fortsetzt und in welchen Punkten sie aus welchen Gründen mit ihr bricht.
1 Auf dem Hintergrund der Arbeiten von Cohen und Natorp sind hier die Studien von Gideon, Knittermeyer und Leisegang sowie die detaillierten Untersuchungen von Petersen, Faust, A. Maier, M. Wundt, Heimsoeth, G. Martin, Pape, Tonelli, Beck, Schmucker, Hinske u. a. zu nennen.
X
Einleitung
Was die Grundlegung der Metaphysik als einer eigenen Disziplin im Werk des Aristoteles betrifft, so hat die mit den Arbeiten von Owens, Merlan und Mansion 2 einsetzende Reihe der neueren Untersuchungen die einzelnen Ansätze und ihre Tragweite deutlicher hervortreten lassen. In einer eigenen Studie hat K. Bärthlein im Blick auf die spätere Entwicklung den Versuch unternommen, die in den verschiedenen Texten angelegte Transzendentalienlehre in ihrem Zusammenhang herauszuarbeiten3. Auch für den >zweiten< Anfang, nämlich die Wiederaufnahme des aristotelischen Konzepts im 13. Jahrhundert, hat sich inzwischen ein genaueres Bild ergeben: Unter dem Einfluß der arabischen Auslegungen, so ist deutlich geworden, wird das Gedankengut der wiederentdeckten aristotelischen Metaphysik als programmatische Grundlegung einer systematisch zu betreibenden Wissenschaft verstanden. Ist aber Metaphysik identisch mit der Einlösung des von Aristoteles formulierten Anspruchs, dann kann sich die auf dem Boden der Disziplin selbst geführte Auseinandersetzung mit der aristotelischen Lehre und ihren arabischen Systematisierungen nicht darauf beschränken, die überkommenen Texte zu kommentieren und im Detail zu korrigieren, sondern muß selbst zur systematischen Ausarbeitung von Metaphysik führen. Wie A. Zimmermanns Übersicht über die Gegenstandsbestimmungen der auf diese Weise neu einsetzenden Metaphysik gezeigt hat4 , geschieht dies- entsprechend den Differenzen, die sich in den Schriften der aristotelischen Metaphysik selbst finden,- in einer Mehrheit von Konzepten, die nicht bloße Variationen eines gemeinsamen Grundentwurfs, sondern eigenständige, zum Teil sogar einander ausschließende Entwürfe darstellen 5 • Die heftigen Kontroversen und Schulstreitigkeiten der Folgezeit haben hier einen ihrer sachlichen Gründe. Die scholastische Tradition der Metaphysik, die in die Ausgangsbedingungen der neuzeitlichen Metaphysik eingeht, ist also keineswegs, wie dies vielfach geschehen ist, als eine einheitliche Größe zu betrachten, die als Grundkonzept bei allen Autoren begegnet und über deren Gemeinsamkeit die zwischen den Autoren und Schulen bestehenden Differenzen als Detailvarationen vernachlässigt werden können. Sie besteht auch nicht in dem herausragenden Entwurf eines einzelnen Autors, hinter dessen Rang alle anderen Entwürfe zurückstehen und von dessen Einfluß auch die Wirkungsgeschichte beherrscht ist. Eine solche dominierende Stellung hat die Neuscholastik über weite Strecken der Metaphysik des Thomas von Aquin eingeräumt und ein dementsprechendes Bild der mittelalterlichen Metaphysik und ihrer Wirkungsgeschichte gezeichnet. Sie machte sich damitjene Präponderanz zu eigen, die Thomas durch den Einfluß seiner Theologie u. a. auf das Trienter Konzil gewonnen hatte und die in der 2 Vgl. Owens (5); Merlan; Mansion. Zur kritischen Würdigung vgl. Wagner (2), zu den späteren Untersuchungen vgl. den Überblick bei Flashar 376-389. 3 Vgl. Bärthlein bes. (2). 4 Vgl. Zimmermann; Zur Rezeption des aristotelischen Metaphysikbegriffs im 13. Jahrhundert. vgl. auch Owens (6). 5 Vgl. dazu Honnefelder (8).
Problemstellung - Forschungsstand - Vorgehensweise
XI
spanischen Spätscholastik dazu führte, sich- zumindest nominell- auch philosophisch so weit wie möglich auf seine Autorität zu berufen6. Unter veränderten Vorzeichen blieb dieses doktrineil bedingte Übergewicht der thomanischen Metaphysik bis in die Mittelalterforschung der letzten Jahrzehnte beherrschend. In einer am Problem der Existenz bzw. des Seins orientierten Sicht der Grundfrage der Metaphysik, wie sie exemplarisch Gilsons problemgeschichtlicher Überblick in L'etre et l' essence repräsentiere, erschien Thomas als der eigentliche Höhepunkt der Metaphysikgeschichte, alle späteren mittelalterlichen und neuzeitlichen Entwürfe dagegen als Stationen der Abirrung, ja des Verfalls. Sieht man näher hin, dann zeigt sich, daß die von der Neuscholastik vertretene Auffassung von der Dominanz der thomanischen Metaphysik hier in entscheidender Weise modifiziert wird: In bezugauf die historische Situation geht nämlich Gilsons These davon aus, daß der Metaphysik des Thomas eine Mehrheit anderer mittelalterlicher Entwürfe gegenübersteht, die - wie vor allem der Entwurf des Scotus - der Sache nach als Alternativen zu ihr zu betrachten sind, und daß es nicht der Entwurf des Thomas ist, der den maßgeblichen Einfluß auf die Entwicklung von der mittelalterlichen zur neuzeitlichen Metaphysik ausübt, sondern der des Scotus. Der Vorrang, der nach Gilson der thomanischen Metaphysik zukommt, reduziert sich damit auf einen solchen, der sich nur der Sache nach in Anspruch nehmen läßt, und dies auch nur dann, wenn man die Perspektive teilt, von der die Metaphysik des Thomas ausgeht. Nimmt man stattdessen, wie W. Kluxen als Alternative vorschlägtS, die Perspektive der scotischen Metaphysik ein, so ergibt sich der Sache nach eine ganz andere Rangordnung, und zwar wenn Gilsons eigene Hinweise zur Wirkungsgeschichte zutreffen - offensichtlich diejenige, der im wesentlichen auch Suarez und Wolff folgen. Die Bedeutung der scotischen Metaphysik, die damit hervortritt, ist von der Forschung erst spät entdeckt worden. Die Ausgabe der Werke des Duns Scotus von Wadding bzw. Vives, in der zahlreiche nichtauthentische Schriften enthalten waren, ließ nur ein durch starke Verzeichnungen beeinträchtigtes Bild zu; die Interpretation war vorwiegend mit Apologetik gegenüber einer an thomistischen Maßstäben orientierten Kritik beschäftigt. Erst mit dem Einsetzen der kritischen und editorischen Sicherung seines Werkes begann sich ein verändertes Bild abzuzeichnen9. In zunehmendem Maß erwies sich vor allem seine Metaphysik als eine 6 Vgl. dazu den Dritten Teil, Kap. I,l.
7 Vgl. Gilson (4) und (1). 8 Vgl. dazu Kluxen (10) 306. 9 Erst um 1925 konnten elf der bis dahin Scotus zugeschriebenen Werke -darunter die für Verzeichnungen im Bereich der Metaphysik besonders verantwortlichen Quaestiones disputatae de rerum principio - aus der Liste der authentischen Schriften ausgeschieden werden, und erst 1950 erschien der erste von zehn vorliegenden Bänden der kritischen Editio Vaticana; vgl. dazu im einzelnen die Disquisitio historico-critica, Ed. Vat. I 141 *-154*; zur Kritik der in der Editio Vaticana vorgelegten Fassungen der Sentenzenkommentierung vgl. neuerlich Richter.
Einleitung
XII
denkerische Leistung eigenen Ranges, die hinter der des Thomas nicht zurücksteht und die als der zweite große Entwurf bezeichnet werden muß, zu der die Auseinandersetzung mit der aristotelisch-arabischen Metaphysik im 13./14. Jahrhundert führte!O. Deutlicher als zuvor wurde damit auch die Voraussetzung sichtbar für das Übergewicht, das im Spätmittelalter nicht die thomistische, sondern die scotische Schule gewann 11 , sei es in Form der mit Antonius Andreas, Franz von Mayronis u. a. beginnenden- oft epigonalen- Fortführung 12 , sei es in Form der mit Wilhelm von Ockham einsetzenden kritischen Transformation. Wie die von Gilson gezeichnete problemgeschichtliche Linie von Scotus über Smirez und Wolff zu Kant andeutet, erschöpft sich die Wirkungsgeschichte der scotischen Metaphysik aber keineswegs in den spätmittelalterlichen Schulbildungen. Über ihren Einfluß auf Suarez und Wolff wird sie zu demjenigen der mittelalterlichen Ansätze, der die Entwicklung der neuzeitlichen Metaphysik am stärksten bestimmt. Diese These hat freilich bislang eher den Charakter einer Vermutung als den eines gesicherten Resultats. Gilsons Überblick ist dafür zu wenig differenziert und zu stark von thomistischen Kriterien bestimmt 13 . Andere Untersuchungen dieses Zusammenhangs fehlen, nicht zuletzt, weil das metaphysische Denken bei Scotus selbst (wie auch bei Suarez und Wolff) bislang noch nicht so weit erschlossen ist, wie es eine nähere Prüfung der genannten Vermutung erforderti4. Bedeutung und Einfluß der scotischen Metaphysik sind nicht zu erfassen, ohne ihre nähere Stellung im Vorgang der Neuausbildung der Metaphysik im 13./14. Jahrhundert in Rechnung zu stellen: Zur zweiten Generation in der Auseinandersetzung mit Aristoteles gehörig, sieht sich Scotus nicht mehr nur Aristoteles und dessen arabischen Auslegern gegenüber, sondern zugleich den lateinischen Autoren, die sich bereits mit Aristoteles auseinandergesetzt haben: Heinrich von Gent, Aegidius Romanus, Gottfried von Fontaines und auch Thomas von Aquin 15 . Schärfer als die Autoren der ersten Generation sieht Scotus - nicht zuletzt im Blick auf bestimmte heterodoxe Fortsetzungen averroistischer und avicennistischer Thesen innerhalb des lateinischen Westens 16 , welche Probleme die Rezeption der griechisch-arabischen Metaphysik für die tradierte Weltdeutung mit sich bringt. Zugleich aber ist es für ihn bereits selbstverständlich, daß diesen Problemen nur auf dem Boden begegnet werden kann, den die lateinischen Autoren mit den heidnischen philosophi gemeinsam haben. Einen der Strittigkeil entzogenen Boden vermag die neue Disziplin aber nur dann zu bieten, wenn gezeigt werden kann, daß ein Konzept von Metaphysik möglich ist, das den 10 11 12 13 14 15 16
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
dazu Kluxen (10) sowie (2), (3) und (9); Bonnefelder (5) bes. 396-434. etwa den Überblick bei Bak. dazu die zusammenfassende Darstellung bei Dettloff (2). dazu die Kritik an Gilson von Schneider. weiter unten Anm. 66. dazu Kluxen (6) 833f. dazu Bonnefelder (5) 82-89 sowie (8).
Problemstellung- Forschungsstand - Vergehensweise
XIII
aristotelischen Anspruch einer Deutung der Welt im ganzen einlöst, ohne dessen für die Philosophie bedenkliche und für die christliche Theologie destruktive Implikationen übernehmen zu müssen, und das durch seine Grenzen dennoch den Anspruch der christlichen Offenbarung nicht überflüssig macht. Das Resultat, zu dem diese doppelte Absicht führen muß, kann nur eine Metaphysik sein, die sich als Transzendentalwissenschaft versteht, und zwar als eine solche, die aus Vernunftkritik hervorgeht. Deutlicher als bei Thomas zeigt sich damit, daß es der Versuch der christlichen Theologie ist, sich in der Rechtfertigung ihres Anspruchs auf die Metaphysik zu beziehen, der Theologie und Philosophie als zwei Ordnungen eigenen Rechts auseinandertreten läßt und jenes» Doppelmoment fortschreitender Selbstbegründung wie Selbsteinschränkung des Wissens>eigentliche(n) Gesetz der neuzeitlichen Geschichte der Metaphysik 17 >Seiende in seiner völligen Indifferenz gegenüber allen Seienden, in denen es enthalten ist« (ens secundum totam indifferentiam ad omnia in quibus salvatur) 19 , natürlicherweise erreichen kann, ist Offenbarung überflüssig, da wir dann von Natur aus Gott in einer für die Erreichung unseres letzten Ziels hinlänglichen Weise erkennen können. Eine natürliche Erkenntnis Gottes, die diesen Anspruch erfüllt, ist aber nicht nur faktisch nicht gegeben, sondern auch der Sache nach unmöglich, da Gott als >>obiectum voluntarium 20«, d. h. in der Transzendenz seines freien Wollens, nicht zu den naturhaft unseren Verstand bewegenden Gegenständen gehört. Andererseits ist >>Seiend« (ens) als >>einzelner Erkenntnisinhalt« (ut est >quoddam unum intelligibile>seiend« erfaßt, d. h. seinem Gehalt nach allen weiteren Bestimmungen gegenüber indifferent ist. Das bedeutet freilich nicht, daß in diesem Begriff der Sinngehalt >>Seiend« im vollen Sinn seiner Indifferenz Gegenstand der Erkenntnis wäre, denn das hieße, daß auch jedes einzelne Seiende bis hin zum unendlichen Seienden Gegenstand natürlich erreichbarer Erkenntnis sein müßte. >>Erstes Objekt unseres Verstandes in der Ordnung der Angemessen17 Wagner (1) 208. Zu den Zusammenhängen bei Thomas vgl. Kluxen (9). 18 Vgl. dazu ausführlich Bonnefelder (5) 55-98. 19 Vgl. Ord. I d. 3 p. 1 q. 3 n. 124, ed. Vat. III 76f. 20 Vgl. Ord. I d. 3 p.1 q.1-2 nn. 56-57, ed. Vat. III 38f.; Quodl. q.14 n.lO und 16, ed. Viv. XXVI 39 und 54; Met. I q.1 n. 11, ed. Viv. VII 16. 21 Vgl. Anm. 19.
XIV
Einleitung
heitSeiendes 22 erste Wissenschaft>Ersten>SeiendSeienden als Seienden>Seiende als Seiendesscientia transcendensde transcendentibus>Seienden>Seienden als solchen>Seiend>SeiendenSeienden als solchen>Seienden>Seiend« disjunktiv die Bestimmungen >>endlich- unendlich>Seiend>scientia transcendenstranscensus< über die kategorialen Bestimmungen34, durch den die Transzendentalwissenschaft ihren Gegenstand erfaßt, geschieht nach Scotus, wie an anderer Stelle ausführlich dargelegt wurde 35 , durch einen >RückstiegSeiend>Seiend>Seiend>res>ens>Seienden>hoc ... cui non repugnat esse>ens>hoc cui non repugnat esse>quod aptum natum est existere 64 SeiendErmöglichung des endlichen SeiendenSeiend>Philosophia Leibnitio-Wolfiana>Seiendem« (ens) oder >>Ding>Seiend>ens>ensTätigkeit< des Verbs prädizieren, von dem es sich herleitet, also das >>Sein>esse>Caesar estest>Secundum adiacensest>est existensper esse> ens>existensEns>habens essentiam>ob etwas ist>was etwas ist>Seiend>Si est>der Eignung nach>Washeiten der Dinge>Washeiten der Dinge>Iapis intellectuS>erkannte Washeit>factibiliaobiective>mundus intelligibilis>mundus in re Vgl. Ord. n. 40, ed. Vat. VI 261. Vgl. dazu das folgende Kap. Vgl. Ord. I d. 36 q. un. n. 13, ed. Vat. VI 276. Vgl. Ord. I d. 35 q. un. n. 5, ed. Vat. VI 246. Ord. n. 40, ed. Vat. VI 261: Secundum autem istam descriptionem videtur quod >Iapis intellectus< possit dici idea: ipse enim habet omnes istas condiciones, quia est ratio >factibilis extra< ... Et ista >ratio aeterna< est in mente divina ut cognitum in cognoscente, per actum intellectus divini. 116 Ord. n. 41, ed. Vat. VI 262: Istud etiam videtur concordare cum dicto Platonis (a quo accepit Augustinus nomen ideae). Ipse enim posuit ideas esse quiditates rerum: per se quidem exsistentes, et male, secundum Aristotelem, - secundum Augustinum in mente divina, et bene; unde aliquando loquitur de mundo intelligibili, secundum eum. Sicut ergo ponerentur ideae secundum illam impositionem Aristotelis quiditates rerum, ita ponuntur secundum Platonem ut dicunt quiditates habentes esse cognitum in intellectu divino. 117 Vgl. Anm. 106. 111 112 113 114 115
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J. Duns Scotus: Metaphysik als scientia transcendens
extra>Möglichkeit« ist nach Scotus konstituiert in dem esse intelligibile der von Gott erkannten Washeiten als factibilia der Dinge119. Für die vorliegende Fragestellung läßt die Auseinandersetzung, die Scotus in der d. 35 führt, ein doppeltes deutlich werden: Auf der einen Seite betont Scotus die produktive Aktivität des göttlichen Verstandes. Sie genügt, um jedes andere Erkennbare in einem Erkanntsein (esse cognitum) hervorzubringen. Die Annahme primärer Verstandesbeziehungen als besonderer Erkenntnisgründen der Sekundärobjekte ist deshalb unnötig und zudem widerspruchsvoll. Da die Ideenhier ist sich Scotus mit allen christlichen Autoren des Mittelalters einig 120 - keine vorweg zur Schöpfung selbständig bestehenden Realitäten sein können, ist die ganze tradierte Rede von Ideen im göttlichen Verstand im Grunde genommen entbehrlich 121 . >>Die Idee des Steines ist nichts anderes als der erkannte Stein« (idea lapidis non sit nisi Iapis intellectus) 122 . Soll der erkannte Stein selbst und nicht eine Verstandesbeziehung der Grund seiner Erkenntnis sein, muß Scotus deshalb - und damit kommt der zweite Gesichtspunkt ins Spiel - die Auffassung vertreten, daß die Sekundärobjekte >>in sich« erkannt und als solche in ein esse intelligibile hervorgebracht werden. Nur so können die Eigenständigkeit des erkannten Steines, die er als Terminus der Beziehung zwischen dem erkennenden göttlichen Verstand und dem erkannten Sekundärobjekt vorweg zu dieser Beziehung haben muß, die Vielheit und Verschiedenheit dieser Sekundärobjekte und 118 Rep. I d. 36 q. 2 n. 33, ed. Viv. XXII 444: Hoc etiam probatur per Platonem, qui primo induxit nomen ideae; posuit enim mundum sensibilem extra, et mundum intelligibilem in mente divina; et mundum intelligibilem in mente divina vocavit ideam mundi sensibilis in re extra; mundus autem intelligibilis non est nisi mundus extra, ut est obiective in esse cognito in mente divina; idea igitur mundi in re extra non est nisi mundus intelligibilis, sive mundus in esse cognito, nec est curandum ad propositum, si mundo in re extra correspondeat una idea vel duae. Item, hoc patet ex alio, quia sicut Plato induxit nomen et rationem ideae, sie Augustinus imitatur ipsum. Nunc autem Plato vere posuit ideam in mente divina, eo modo quo Aristoteles falso sibi imponit eas posuisse in re extra, ut per Commentatorem patet super primo Ethicorum. Aristoteles autem imponit ei eas posui,se ideas quiditates per se existentes rerum sensibilium; igitur sie posuit ideas in mente divina, licet quiditates, ut cognitae sunt a mente divina; secund um hoc igitur obiectum cognitum ~st idea et non aliquis respectus. Vgl. dazu auch Gilson (6) 94f. 119 Ord. II d. 1 q. 2 n. 83, ed. Vat. VII 44: Nihil enim creatur quod non prius habuit e'se intelleeturn et volitum, et in esse intellecto fuit possibile formaliter ... et tune fuit quasi in potentia propinqua ut posset esse obiectum omnipotentiae et poni in esse simpliciter; vgl. Lect II d.1 q. 2 n. 82, ed. Vat. XVIII 26f.- Zu Avicenna vgl. Ord. n. 77, ed. Vat. VII 41 f.Zur hier herangezogenen Lehre Avicennas (Met. IV) vgl. Goichon 248ff. 120 Vgl. Beckmann (5). 121 Vgl. Rep. I d. 36 q. 2 n. 32, ed. Viv. XXII 445; vgl. auch Anm. 106. 122 Vgl. auch De primo princ. c. 4 concl. 10 n. 92, ed. Kluxen 126.
Seiendheit- Möglichkeit- Wirklichkeit
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ihre Nichtidentität mit der göttlichen Wesenheit gewahrt werden. Der im >>zweiten Moment>ersten Moment>sub ratione absoluti>ersten Moment>Sub ratione absolutiin sich>in sich>esse intelligibile>In sich>esse intelligibile>In sich>Fundament>wahres Sein der Wesenheit>in sichVermindertes SeiendeS>Sein der Wesenheit>intentional>natura>essentiaexistens>Verursachtsein>res a reor reris>res a ratitudine>Reri>opinari>Gegenstandes>res a reor reriS>gefestigtres a reor reris>res a ratitudine>res
132 Vgl. Anm. 128.- Da Scotus keinen Bezug darauf nimmt, soll die Differenz zwischen >>esse>esse essentiaewahres reales Sein>Sein>Dasein>Hervorbringung schlechthin>Beziehung der Hinneigung nachproductio simpliciter< quam sit alteratio, ubi est productio (saltem alicuius) quantum ad esse absolutum; vgl. Lect. n. 16, ed. Vat. XVII 464f.
Seiendheit- Möglichkeit- Wirklichkeit
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ad esse existentiae) zu, dann ist die reale Beziehung zu Gott als der causa efficiens, die das esse existentiae verleiht, keine >neue< Beziehung mehr. Denn Heinrich setzt voraus, daß von seiten Gottes aufgrund seiner Identität aptitudinale und aktuelle Beziehung zum Geschöpf identisch sein müssen 141 . Wie soll ferner eine neue Beziehung möglich sein, wenn das Fundament und der Terminus der neuen Beziehung mit dem Fundament (dem esse essentiae) und dem Terminus (Gott) der ewigen Beziehung der Exemplarursächlichkeit identisch sind 142 . Wenn die Hervorbringung des esse essentiae aus dem Nichts erfolgt und in einem >>wahren Seienden>anderes als Gott>Seinaliud a se< in esse exsistentiae, quia eadem est ratio utrobique, - et ita de aliis mediis ibi; vgl. Lect. n. 25, ed. Vat. XVII 468. 147 Vgl. Ord. n. 20, ed. Vat. VI 278f.; Lect. n. 22, ed. Vat. XVII 467.
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Ein viertes Argument geht davon aus, daß die unmittelbareren Wirkungen einer naturhaft handelnden unabhängigen und vollkommenen Ursache auch die vollkommeneren sein müssen, weil ein naturhaft handelndes Vermögen stets im höchsten Maß dieses Vermögens handelt. Wenn Gott in seinem Erkennen, wie Heinrich annimmt, sowohl die rationesideales wie die Wesenheiten selbst hervorruft, und zwar diese rationes ideales gleichsam früher als die Wesenheiten in ihrem Wesenssein, da dieses Wesenssein den Wesenheiten nur zukommt als exemplata der Urbilder, dann müßten die Ideen selbst ein >>Wahreres Sein>entia rationis>bloß naturhaft>Kunst>Bildhöher>effectuseffectum< et >exemplariter productum< alicuius intelligentis artificialiter producentis, in quantum est intelligens et in quantum est exemplans. 151 Lect. n. 19, ed. Vat. XVII 466: ... causa exemplaris non est alterius rationis a causa efficiente, sicut patet ex II Physicorum quod ars reduciter ad genus causae efficientis; unde
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sehen einem Wesenssein und einem Verursachtsein unterscheidet, so können doch, wie Scotus an anderer Stelle sagt, beide nur als gleichzeitig (simul) gedacht werden 152 . Jede Auflösung dieses »simulcompositionem esse in creaturis per istam potentialitatem ad actumprodueere in esse albo< non est produeere in esse substantiae sed in isto esse qualitativo. Sirniliter, intelleetus noster agens produeit rern in esse intelligibili, lieet sit producta prius,- et tarnen propter illud produeere intelleetus nostri agentis non ponitur res >sie producta< habere esse sirnpliciter; vgl. Leet. nn.27-29, ed. Vat. XVII 468f.
Seiendheit- Möglichkeit- Wirklichkeit
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Nichts mit seinen notwendigen Implikationen: Die Annahme eines ewigen Wesensseins hebt die Schöpfung entweder auf oder macht sie zu einem ewigen und notwendigen Akt. Um daher jeden Nezessitarismus von der Schöpfung fernzuhalten, muß Scotus noch weiter gehen als Heinrich und auch die von Heinrich angenommene Zwischenregion des Wesensseins ablehnen. Dies ist um so leichter möglich, als nach Scotus die Annahme eines solchen Wesensseins nicht nur widersprüchlich ist, sondern auch zu einem besseren Verständnis der Schöpfung nichts beiträgt. 2) Der philosophisch betrachtete Begriff der auf Sein bezogenen Ursächlichkeit: Wenn Ursächlichkeit als solche immer Wirkursächlichkeil ist, kann es keine isolierte Exemplarursächlichkeil geben, die nicht Wirkursächlichkeil wäre. 3) Der Begriff des Erkennens als eines >>Hervorbringens in einem esse intelligibilewahren Wesenheit« (sub ratione essentiae verae) und nicht unter derratioeiner >>verminderten Wesenheit« (sub ratione essentiae deminutae) erkannt, da sich das göttliche Erkennen in einem direkten Akt auf diese Wesenheit als solche bezieht. Wenn daher der erkannte Stein in seinem >>Wahren Wesenssein« (verum esse essentiae) die Relation zu dem erkennenden Gott, die Scotus in tertio instanti ja zugibt, fundiert, dann muß er selbst von der Ewigkeit her in diesem Sein bestehen. Scotus selbst lehrt, daß im zweiten Moment das Erkannte >>sub ratione absoluti« erkannt wird, bevor es eine Relation fundieren kann. Also muß es nach dem Grundsatz, daß das Fundament einer Relation nur etwas Absolutes sein kann, selbst eine >>absolute Seiendheit« (entitas absoluta) besitzen 156. Damit steht der Status des scotischen esse intelligibile als esse cognitum endgültig zur Diskussion. Ohne Zweifel ordnet Scotus dem esse intelligibile nur die Qualität eines >>verminderten Seienden« (ens deminutum) zu. Läuft das aber nicht notwendigerweise auf eine Aufhebung der >>Absolutheit« hinaus, die der Wesenheit als Wesenheit zukommen muß, soll sie Fundament einer Erkenntnisrelation sein können? Alles hängt hier davon ab, was nach Scotus unter einem >>Verminderten Seienden« zu verstehen ist. Wie A. Maurer nachgewiesen hat 157 , erscheint der Terminus >>vermindertes Seiendes>verminderte>ens deminutum>als wahr SeiendeVermindertetwas in bezugauf sich durch ihre Wesenheit>ens deminutum>ens deminutum>vermindertes Seiendes>obiective>subiective>Vermindertes Seiendes in dem (hier zugrundegelegten) allgemeinen Sinnentfernt< und darum in einem noch umfassenderen Sinn ein >>Vermindertes Seiendesobiective>ens deminutum>ens rationis>vermindertes Seiendes>ens deminutum>ens deminutum>esse intelligibile>esseobiective>subiective>Polest ... triplici modo aliquid in mente esse, nimirum: a) subiective, quando aliquid inhaeret intellectui tamquam accidens subiecto: ita scientia inhaeret intellectui sicut albedo parietibus ... c) obiective, quando aliquid intellectui inest per modum obiecti cogniti, ita ut eius esse habeatur in quantum apprehensio habetur.« 164 Vgl. auch Wanke 146ff. sowie neuerlich Kobusch (2) 108f.
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J. Duns Scotus: Metaphysik als scientia transcendens
kat, das >>intelligibilehomo mortuusMensch>tot>homo mortuus est>toter Mensch>homo mortuus est>ergo estergo non est>Dieser Mensch ist weiß hinsichtlich seiner Zähne>Weiße>weiß>Homer gibt es (nur) im Meinen>in der Meinungesse in opinione>esse in intellectione, sive esse exemplatum, sive esse cognitum, sive repraesentatum>esse simpliciter>esse secundum quidesse simpliciteresse in opinione< est deminu-
ens (secundum Philosophum, ubi prius), et sicut esse in opinione, ita et esse in intellectione, sive esse exemplatum, sive esse cognitum, sive repraesentatum,- quae omnia aequivalent. Licet ergo illud quod comparatur ad aliquod istorum, ut comparatur ad ipsum, non sit deminutum, - tarnen ut sub aliquo istorum comparatur ad tertium, est deminutum: esse enim hominis simpliciter - et non deminutum - est obiectum opinionis, sed istud >esse
Seiendheit - Möglichkeit -Wirklichkeit
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Der von Gott erkannte Stein ist in bezugauf die göttliche Erkenntnis, nämlich als erkannter, der wirkliche Stein. Was hier im göttlichen Erkennen repräsentiert ist, ist der wirkliche Stein, und zwar nicht nur in seinem Wesenssein, sondern auch in seiner Existenz. Dennoch ist das Sein dieses repräsentierten wirklichen Steines, insofern er von Gott als ein esse repraesentatum erkannt wird, ein vermindertes Sein. Diese Verminderung, die in der Verbindung »esse intelligibile sc. repraesentatum>sie setzt nicht notwendig, daß ihr Bestimmbares (in unserem Fall das Gedachte) ein schlechthin Seiendes istesse intelligibile>Vermindertseins>absoluten>absolutesuum determinabile< esse ens simpliciter; vgl. auch Lect. n. 30, ed. Vat. XVII 470f. 169 Vgl. Walter Burleigh, De puritate artis Iogicae tractatus brevior pars 1 partic. 1, ed. Boehner 218; ders. , De puritate artis Iogicae tractatus Iongior tr.1 pars 3, ed. Boehner 58. 170 Vgl. Ord. n. 36, ed. Vat. VI 285; Lect. n. 30, ed. Vat. XVII 471. Auf den im Anschluß an diesen Text in Ord. I d. 36 geäußerten Einwand, daß der Stein auch als in Gott erkannter verursacht sein und deshalb ein ens simpliciter darstellen müsse, antwortet Scotus mit einer näheren Betrachtung der göttlichen Erkenntnis, auf die im vorliegenden Zusammenhang
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spiel der Rose. Was erkannt wird, ist nicht eine verminderte Rose, sondern die ganze Seiendheit der Rose schlechthin, ihre >>absolute Washeit« (quiditas rosae absolute). Was daher die (spätere) Verstandesbeziehung fundiert, ist die Rose, insofern sie schlechthin ist (est simpliciter ut fundat). Andererseits ist das erkannte esse simpliciter der Rose in bezugauf das Wirklichsein der Rose >>vermindert«. Es hat als Erkanntes nur ein esse secundum quid 171 . Das repräsentierte Wirklichsein impliziert daher keine eigene Seiendheit schlechthin. Es handelt sich hier um zwei grundsätzlich verschiedene Ebenen: Das esse intelligibile, in dem die Erkenntnisgegenstände durch die Erkenntnis hervorgebracht werden, ist, wie Scotus sagt, ein Sein von ganz anderer Art als jedes Wirklichsein und zwar sowohl des Wesensseins wie der Existenz 172 • Es ist also schlechthin falsch zu sagen, daß ein Inhalt darum, weil er erkannt ist, ein gewisses Wirklichsein des Wesens haben muß. In der Ordinatio wählt Scotus zur Verdeutlichung das klassische Beispiel der Statue: Auch wenn es den wirklichen Cäsar nicht mehr gibt, so kann er repräsentiert sein in einer Statue. Dieses Repräsentiertsein ist ein vermindertes Sein, nicht in dem Sinn, daß der Statue dieses oder jenes fehle, was Cäsar besitzt, wie etwa der Äthiopier im verminderten Sinn ein Weißer ist, weil es bei ihm bestimmte weiße Stellen gibt, vielmehr in dem Sinn, daß das ganze Wirklichsein Cäsars, sein Wesenssein und seine Existenz hier besteht als ein esse secundum quid, d. h. als ein bloßes esse repraesentatum des wirklichen Cäsar173. Der Inhalt des Erkannten ist also die ganze Wirklichkeit seines Gegenstandes. Das Sein des Erkannten selbst ist jedoch nur ein >>esse secundum quid«. Es kann also etwas nur >>Secundum quid« sein, wenn es ein esse simpliciter gibt, auf das es zurückgeführt werden kann und von dem es >abhängt>folgen>Zweiteesse< verum), quod esse est esse secundum quid etiam entis absoluti, quod tarnen >ens absolutum< secundum istud esse deminutum concomitatur relatio rationis; vgl. Lect. n. 31, ed. Vat. XVII 471. 173 Vgl. Ord. n. 45, ed. Vat. VI 288f.
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aktuellen Erkenntnis bzw. des erkennenden Verstandes ist nicht formal das Sein des Erkannten, sonst wären Erkenntnis, Verstand und Erkanntes formal identisch. Wohl aber ist es der Ursprungs- und Zielpunkt (nämlich als Akt und Habitus) für das Sein des Erkannten, so daß das Erkannte nur ist in Abhängigkeit von ihm 174 . Das esse secundum quid des Erkannten ist weder selbst ein Wirklichsein, noch setzt es ein Wesenssein voraus, noch folgt aus ihm ein Wesenssein. Das esse intelligibile enthält die ganze Wirklichkeit und Inhaltlichkeit des Erkannten in sich, läßt aber das tatsächliche Wirklichsein in der Schwebe. Die ganze Wirklichkeit kann >>obiective>Seinsschicht>ens deminutum>absolute>Absolutheit>ens ratum>festen Seienden>Vestigium Deiesse simpliciter< non est formaliter esse eius quod dicitur >esse secundum quidverum esse secundum quid< reducitur sie quod sine isto vero esse istius non esset illud >esse secundum quid< illius. 175 Vgl. Kap. I, 2. 176 Vgl. Ord. I d. 36 q. un. nn. 48-52, ed. Vat. VI 290-292; Lect. n. 32, ed. Vat. XVII 472. 177 Vgl. Ord. n.1, ed. Vat. VI 271; Lect. n.1, ed. Vat. XVII 401. 178 Vgl. Ord. I d. 3 p. 2 q. un. nn. 310-326, ed. Vat. 111 188-197; Lect. nn. 234-243, ed. Vat. XVI 319-323. - Dieses Lehrstück hat trotz seiner zentralen Bedeutung bisher relativ wenig Beachtung in der Scotus-Literatur gefunden. Näher mit dieser Lehre befaßt
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auf das Axiom des Boethius >>Diversum est quo est et quod est>ratitudo>quo est>aliquitas>quod est>Etwasheit>Festigkeit>res a reor, rerisWirklichkeit>Wirklichkeit des Meinens>Wirklichkeit>res a ratitudine>Wirklichkeit der Washeit>Wirklichkeit der aktuellen Existenzactualis exsistentiae>Wirklichkeit des MeinensWirklichkeit< auch dem Nichts zukommt, hätte die Beziehung, die die ratitudo stiften soll, als Fundament ein Nichts 18 1 . Die Etwasheit kann aber auch nicht mit der >>Wirklichkeit der Washeit>Wirklichkeit der Existenz>Wirklichkeit der Existenz>Wirklichkeit der Washeit>MenschseinS>Menschsein>dem es (von sich her) nicht widerstreitet, daß etwas im Bereich des Erwirkten, d. h. in der Wirklichkeit, unter es fällt>dem es von sich her widerstreitet, daß etwas in der Wirklichkeit unter es fälltvon sich her wirklich sich nur Hoeres (5); vgl. auch Honnefelder (1) sowie Dumont 336-342 und Alanen 176-179. Zum Hintergrund bei Scotus vgl. Borak (1) 135-145 und (2). Zum boethianischen Axiom und seiner mittelalterlichen Rezeption vgl. Schrimpf. 179 Vgl. Ord. I d. 3 p. 2 q. un. n. 302, ed. Vat. III 184f.; Lect. n. 225, ed. Vat. XVI 225. Scotus bezieht sich hier auf die Lehre Heinrichs in Quodl. XI q. 3 in corp., f. 446K -447L. Zu dieser Lehre Heinrichs vgl. Hoeres (5) 167. 180 Vgl. Ord. n. 310, ed. Vat. III 188f. 181 Vgl. Ord. n. 311, ed. Vat. III 189; Lect. n. 234, ed. Vat. XVI 319f. 182 Vgl. Ord. n. 312, ed. Vat. III 189f.; Lect., ebd. ed. Vat. XVI 319f. 183 Vgl. Ord. n. 313, ed. Vat. III 190.
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zu sein« nie einem geschaffenen Seienden, sondern nur Gott zukommen kann, scheidet die dritte Möglichkeit im Zusammenhang der Frage nach der ratitudo des geschaffenen Seienden von vornherein aus. Die Lösung kann sich daher nur im Umkreis der ersten beiden Möglichkeiten bewegen. Etwas, dem es von sich her widerstreitet, verwirklicht zu werden, kann aber darin durch keine hinzukommende Beziehung zu einem Nicht-Widerstreitenden werden. Die »Nicht-Repugnanz zum Wirklichsein« wohnt einem Begriffsinhalt entweder ein oder nicht. Eine hinzukommende Beziehung trägt dazu nichts bei; sie ist also schlechthin überflüssig. Das, was von sich her dem Wirklichsein nicht widerstreitet, das ist aber auch nach Heinrich ein ens ratum; vom Pigment gilt ja gerade, daß es als solches dem Wirklichsein gegenüber repugnant ist18 4 • Für Scotus verbleiben daher nur zwei Möglichkeiten: Entweder stellt der Begriffsinhalt >>Menschseinfestes, wahres oder sicheres Seiendes>Festigkeit>Menschsein sei nichts als das Menschsein>Sein>Seinratifiziert>non est ens ratum, nisi in quantum participat ipsum esse>in quantum>quiaabsolut>in quantum>in secundo instanti>absolutum>in einer festen Seiendheit besteht>in tertio instanti>Urbild>aus sich ein sicheres und wahres Sein sowohl des Wesens als auch der Existenz besitzt; denn wie immer Wesen und Existenz unterschieden werden mögen, das eine ist nicht ohne das andere« (quod habet ex se firmum et verum esse sive essentiae sive exsistentiae (quia unum non est sine altero, qualitercumque distinguantur)); ens ratum primo modo ist also das aktuell existierende Seiende. In einem zweiten Sinn kann ens ratum das meinen, >>was sich von den Pigmenten (den in sich nicht möglichen Dingen) unterscheidet, d. h. das, dem das wahre Sein des Wesens oder der Existenz nicht widerstreitet>ein festes Seiendes nicht aus sich, sondern von einer Wirkursache her ist>Verum esse et essentiae et existentiae>ex Se>non ex sefestesens ratum< aut appellaturillud quod habet ex se firm um et verum esse, sive essentiae sive exsistentiae (quia unum non est sine altero, qualitercumque distinguantur), aut >ens ratum< dicitur illud quod primo distinguitur a figmentis, cui scilicet non repugnat esse verum essentiae vel exsistentiae; vgl. Lect. n. 32, ed. Vat. XVII 472.
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der Tat evident: Ist nämlich das Verursachtsein eine notwendige Bedingung des Wirklichseins, dann kann aus der distinkten Erkenntnis, die dieses Verursachtsein nicht enthält, nicht auf ein tatsächliches Wirklichsein geschlossen werden 193 . Das ens ratum im zweiten Sinn dagegen hat seine >>ratitudo« streng >>aus sichformal aus sich>kein hinzukommender Bezug>ratitudo ex se>aus sich>NichtRepugnanz gegenüber dem Sein>Aus-sich-Wirklichseinnon ex se>reale und metaphysische und keine (bloß) logischeens ratum definitive intelligitur, ergo ratum esthomo est ex se ens ratum hoc modo, ergo est Deus>formal aus sichdifficultas magna>Mehr an Nichts>Der Mensch ist nicht die weiße Farbe>homo>albedo>etwas zu seinMenschproductio« dagegen geschieht aus einem absoluten Nichts (de simpliciter nihilo). Denn das Erkennen Gottes bringt seine erkannten Inhalte in das esse intelligibile hervor, ohne daß von seiten des Hervorgebrachten irgendein Sein, weder ein eigentliches noch ein bezogenens Wirklichsein noch ein mögliches Sein vorausgesetzt wird (creatura producitur in esse intelligibili, non de aliquo esse, nec simpliciter, nec secund um quid, nec possibili ex parte sui in isto esse). Die >>productio« unterscheidet sich aber von der >>creatio>ex nihilo«, sondern auch ihres Ergebnisses: Die creatio hat als Ergebnis ein ens simpliciter, die productio nur ein solches secundum quid (das im Vergleich zum ens simpliciter ein >>Nichts« ist) 203 . Folgt man dieser Beschreibung der Hervorbringung (productio) des esse intelligibile >>ex simpliciter nihilo«, so liegt die Annahme nahe, die Möglichkeit des Erkannten habe ihren Grund nicht in sich selbst, sondern in der Tatsache ihres Erkanntseins. Dagegen spricht der bereits erwähnte Text aus Ord. I d. 36, in dem es heißt, daß die Nicht-Repugnanz für jeden begreifenden Intellekt in der Inhaltlichkeit der Sache selbst liegt, so daß keine Ursache (also auch nicht Gott) das Unmögliche möglich machen kann 204 . Die >>prima ratio« der Unmöglichkeit zu sein, liegt also in der Inhaltlichkeit selbst205 • In Ord. I d. 43 gewinnt diese Antwort ihre gleichsam endgültige Gestalt: Der von Gott erkannte Stein hat seine Möglichkeit >>formal aus sich«, gleichsam >>principiative« ist er durch den göttlichen Verstand206 • Will man also den als möglich erkannten Stein gleichsam auf >>ein erstes äußeres Prinzip« (primum extrinsecum principium) zurückführen, so würde dies der göttliche Verstand und nicht, wie Heinrich von Gent meint, die göttliche Allmacht sein. Doch ist es die Inhaltlichkeit selbst, die, so könnte man ergänzen, das gleichsam >>erste innere Prinzip« 203 Vgl. Ord. II d.l q. 2 nn. 82-84, ed. Vat. VII 43f. Vgl. dazu Hoeres (5) 164. 204 Vgl. Anm. 201. 205 Vgl. Anm. 202. 206 Ord. I d. 43 q. un. n. 7, ed. Vat. VI 354: ... possibile, secundum quod est terminus vel obiectum omnipotentiae, est illud cui non repugnat esse et quod non polest ex se esse necessario; Iapis, productus in esse intelligibili per intelleeturn divinum, habet ista ex se formaliter et per intelleeturn prineipiative; ergo est ex se formaliter possibilis et quasi prineipiative per intelleeturn divinum.
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seiner formalen Möglichkeit darstellt207 • Dieses >>quasi extrinsece principiariDaDa>Früheres« voraussetzen; denn es ist ja gerade dadurch gekennzeichnet, daß es seine Gegenstände schlechthin >>primo«, d. h. ursprünglich aus einem Nichts an Vorgegebenem hervorbringt. So sagt Scotus an späterer Stelle, daß das Sekundärobjekt zunächst (in primo instanti naturae) durch das göttliche Erkennen hervorgebracht wird und erst dann (in secundo instanti naturae) als ein so Hervorgebrachtes das Möglichsein (esse possibile) als die formale non repugnantia ad esse besitzt 208 • Doch dieses >Dasein< als >>esse secundum quid« im göttlichen Verstand ist nicht konstitutiv für die formale Nicht-Repugnanz. Das göttliche Erkennen ist, wie Scotus gegenüber Heinrich wiederholt betont, ein naturhafter, also von keinem Willensakt beeinflußter oder abhängiger Vorgang, der darum mit Notwendigkeit geschieht209 . Daraus folgt, daß Gott jedes Intelligibile und somit Mögliche mit Notwendigkeit erkennt und daß er nur das erkennt (und erkennen kann), was in sich erkennbar, nämlich in sich möglich ist. Die Naturhaftigkeit des göttlichen Erkennens zieht eine Notwendigkeit der Korrelativität von intellectus und intelligibile nach sich, die nur das durch den göttlichen Verstand erkennbar sein läßt, was von sich her erkennbar ist, weil es in sich möglich ist210 • Das Erkanntsein von seiten Gottes ( = productio in esse intelligibile) und das innere Erkennbarsein des Sekundärinhaltes aus sich selbst ( = ratitudo = non repugnantia ad esse = possibilitas ex se formaliter) schließen sich also nicht aus, sondern gehören notwendig zusammen. Beide Aspekte - das >>principiative per intelleeturn divinum« (als voraussetzungslose >>productio in esse intelligibile«) und das >>ex se formaliter>Stehenden« non repugnantia ad esse) -bilden gewissermaßen in ihrer Spannung für das endliche Seiende (in seiner Möglichkeit) ein Miteinander von Prinzipien - einem gleichsam äußeren und einem inneren Prinzip-, die auf je ihre Weise Prinzipien sind, ohne sich wechselseitig zu bedingen oder zu konstituieren. Worin liegt aber, so läßt sich hier weiterfragen, der Grund für die Unmöglichkeit eines Gedankengebildes, für seine repugnantia ad esse? In der erwähnten 207 Ord. n. 6, ed. Vat. VI 354: Potentia activa qua Deus dicitur omnipotens, non est formaliter intellectus, sed quasi praesupponit actionem intellectus, sive illa omnipotentia sit voluntas sive alia potentia exsecutiva; sed Iapis est possibilis esse ex se formaliter; ergo et reducendo quasi ad primum extrinsecum principium, intellectus divinus erit illud a quo est prima ratio possibilitatis in lapide. Non ergo illa potentia activa a qua Deus dicitur omnipotens, est prima ratio possibilitatis in lapide; vgl. dazu Bonnefelder (7). 208 Vgl. Ord. n. 14, ed. Vat. VI 358f. 209 Vgl. Ord. n. 14, ed. Vat. VI 358. 210 Vgl. Ord. n. 5, ed. Vat. VI 353; Lect. n. 12 und n. 18, ed. Vat. XVII 532 und 534.
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Distinctio 43 bemerkt Scotus dazu, daß die Unmöglichkeit (impossibilitas) nicht als solche ursprünglich (primo) aus Gott stammen kann, sondern nur »aus der Sache>producta>formal Seiende>principiative>Teile>Von dem doppelten Ausfließen der Dinge aus Gott« ( de duplici fluxu rerum a Deo), nämlich einmal hinsichtlich ihrer erkannten Formen {formarum in quantum intellectas sunt) und zum anderen hinsichtlich ihres Wirkliebseins (omnis eius quod est {hoc est, rei in vero esse)), kann daher, so heißt es zum Abschluß der Diskussion der d. 36, mit der Einschränkung zugestimmt werden, daß das Fließen der Dinge aus Gott, insofern sie von ihm erkannt sind, nicht in einem esse quiditativum terminiert, wie Heinrich Avicennas Lehre versteht, sondern nur in einem >>esse intellectum, das ein von jeglichem Wirklichsein, sowohl des Wesens wie der Existenz, verschiedenes Sein istesse intellectum< est esse distinctum contra totum esse reale, tarn quiditativum quam exsistentiae )2 15 . II. DAS >>SEIENDE« IN DEN MODI VON KONTINGENZ UND NOTWENDIGKEIT 1. Die non repugnantia ad esse und ihr Verhältnis zu Möglichkeit und Notwendigkeit
Ein >>festes Seiendes« (ens ratum) im ersten, eigentlichen Sinn, so lautet das Ergebnis der Erörterung in Ord. 1 d. 36, ist das aktuell existierende Einzelding 1. Für die Erhellung des Sinns von >>Seiend« ist mit dieser Feststellung aber nur wenig erreicht. Als aktuell existierendes Einzelding kann das Seiende nur hier und jetzt in intuitiver Erkenntnis konstatiert, nicht aber distinkt begrifflicherfaßt werden 2. Auch der Verweis auf die aktuelle Existenz führt nicht weiter, da mit dem >>esse existentiae«, für sich betrachtet, nichts anderes gemeint ist als das Außerhalb-der-Ursache-Sein, das >>Verursachtsein« (effectum esse) eines bestimmten wirklich Seienden3 . Es bezeichnet kein eigenes ontologisches Prinzip dieses Seienden, sondern einen Modus, der untrennbar mit ihm identisch ist4 • Um den Sinn von >>Seiend« einer begrifflichen Erhellung zuzuführen, muß deshalb die Ebene seiner >maximalen< Bedeutung in Form des >>ens ratum primo modo« verlassen werden. Erst die Frage nach jenem >Minimalmoment>Seiendes« vom schlechthinnigen Nichtsein abgehoben ist und das seine Aussagbarkeit im weitesten Sinn begründet, führt die Erhellung der ratio entis weiter5. >>Seiend« 214 Vgl. Ord. n. 18, ed. Vat. VI 360f. 215 Vgl. Ord. I d. 36 q. un. n. 66, ed. Vat. VI 298; Lect. I d. 36 q. un. n. 40, ed. Vat. X\'11 475. 1 Vgl. Ord. I d. 36 q. un. nn. 48-53, ed. Vat. VI 290-292; Lect. I d. 36 q. un. nn. 32-33, ed. Vat. XVI 472; vgl. dazu das voraufgehende Kap. I, 5. 2 Vgl. dazu Honnefelder (5) 218-231,257-267. 3 Vgl. Ord. n. 49, ed. Vat. VI 290. 4 Vgl. dazu näher Kap. III, 3. 5 Vgl. auch Borak (1) 135.
Das >>Seiende>ens ratum secundo modonon repugnantia ad essekontingent>Notwendigkeit>Kontingenz>in sich>in sich« kontingent ist, wie etwa der Sonnenaufgang, kann- offensichtlich unter anderer Hinsicht- notwendig geschehen; umgekehrt kann das, was kontingent eintritt, auf keinen Fall •>in sich« notwendig sein. Auf beide Weisen aber gibt es Kontingenz in den Dingen; denn zumindest einige werden kontingent hervorgebracht und sind auch in sich kontingent. Deutlicher wird dieser Zusammenhang, wenn man die weiteren Texte heranzieht, in denen sich Scotus über sein Verständnis von Notwendigkeit und Kontingenz äußert. Die maßgebliche und gegenüber der Tradition neue Deutung der Kontingenz als operativem Modus wird von Scotus im Rahmen des Gottesbeweises in Ord. I d. 2 und in De primo princ. formuliert: >>Kontingent nenne ich in diesem Zusammenhang nicht jedwedes, das nicht notwendig und nicht ewig ist, sondern jenes, dessen Gegenteil entstanden sein könnte zu dem Zeitpunkt, in dem dieses entstanden ist« 11 • Nach diesem Text reicht der Gegensatz zur Notwendigkeit für sich betrachtet noch nicht aus, um die Kontingenz, auf die es Scotus hier ankommt, und das ist die Kontingenz des Verursachtwerdens, eindeutig zu umschreiben. Denn versteht man unter dem Notwendigen dasjenige, das nicht nicht sein kann, dann wäre alskontingentdasjenige zu bezeichnen, was sein und auch nicht sein kann. Will man aber, worauf es Scotus ankommt, alles Geschaffene, auch die immateriellen Substanzen und die Geistseele, als kontingent verstehen, dann kann Kontingenz nicht einfach, wie dies bei den >>philosophi« geschieht, mit Nichtnotwendigkeit im Sinn von Veränderlichkeit gleichgesetzt contingentia evitabilitatis, cuius eventus et esse polest vitari et impediri, cuiusmodi sunt omnes actus voluntatis libere causati ab ea, nec sunt istae contingentiae eadem, quia non omne contingens prima modo ut generabile quod in se est contingens, contingenter et in minori parte evenit, aliqua tarnen ut generabilia et corruptibilia necessario eveniunt et tarnen in se non sunt necessaria sed contingentia. Contingentia autem secundo modo contingenter eveniunt, et generantur, nec sunt in se necessaria. Utroque autem modo est contingentia in rebus; nam ex moto aliqua contingenter producuntur et in se etiam contingenter sunt. Vgl. dazu Scapin (1) 12ff; Hoeres (4) 77. 10 Zum Sprachgebrauch vgl. Scapin (1) 12-20; Solaguren 61-63. 11 Ord. I d. 2 p.1 q.1-2 n. 86, ed. Vat. II 178: Ad secundum dico quod non voco hic contingens quodcumque non-necessarium vel non-sempiternum, sed cuius oppositum passet fieri quando illud fit; ideo dixi >aliquid contingenter causaturaliquid est contingens>philosophifieriHindern< notwendig geschehen. Da das zu Bewegende als gegeben vorausgesetzt wird, wird zudem nur die Kontingenz seiner Veränderung, nicht aber seines ursprünglichen >>fieri>fieri« ist. Deshalb ist es am angemessensten, mit der schon genannten Umschreibung entitative und operative Kontingenz aufeinander zu beziehen und als die Weise der Seiendheit dasjenige zu verstehen, >>dessen Gegenteil entstanden sein könnte zu dem Zeitpunkt, in dem dieses entstanden istNotwendig>Notwendigkeit>Kontingenz>notwendig>kontingent>passiones entis disiunctaetranszendentale>übersteigtensSeiendennecesse-esse vel possibile-essefinitum vel infinitum>prius-posteriuscausa-causatum>necessarium-contingens>Seiendeaus sichAus sicheine äußere Ursache sein Nichtsein hindert, indem es ihm das Sein gibt« 30 . Die kontingente Weise, wirklich zu sein, äußert sich als Abhängigkeit von einer äußeren seinsverleihenden Ursache. Das faktisch existierende, kontingenteSeiende als abhängiges, verursachtes Seiendes ist folglich nur möglich, wenn es ein anderes erstes Seiendes gibt, das ihm Wirklichsein verleiht. Als erstes ist es aber nur möglich, wenn es notwendig ist. Als Prämisse für einen solchen Schluß aus der Wahrheit des Zweiten auf die Wahrheit des Ersten genügt es, daß es ein Seiendes gibt, das kontingent ist. Ist dies evident, dann kann nachgewiesen werden, daß es ein anderes Seiendes gibt, das in seiner Seiendheit notwendig ist, und daß die Bestimmungen >>kontingent-notwendig>Kontingenz>Möglichkeitkontingent-notwendig>contingens>possibilenecessarium-contingens« ist also für ihn gleichbedeu-
29 Ord. I d.2p.2 q.1-4n.437, ed.Vat. II 375: ... dico quodillaratio de >necesseesse< debetsie intelligi: quidquid est ex se necesse esse, habet ex se esse actualissimum, ita quod per nihil- qualitercumque aliud a se- exspectat aliquam actualitatem essendi. 30 Ord. II d.1 q. 2 n. 62, ed. Vat. VII 35f.: ... creatura non habet ex senon-esse, neque quod simul sint in ea esse et non-esse (quasi sint simul esse et non-esse), neque aliquo modo habet non-esse quando est; sed quantum est ex se, haberet non-esse nisi causa extrinseca suum non-esse impediret, dando sibi esse, - quia ex sola ratione sua non haberet esse, circumscripta omni causa extrinseca dante esse, quia nullo modo haberet esse nisi per causam extrinsecam produceretur in esse: ita quod magis proprie dicendum est creaturam non esse ex se formaliter quam habere non-esse ex se formaliter (quia >formaliter habere ex se< affirmatur), nec habet ex se esse nec non-esse. 31 Vgl. Kap. III, 4b. 32 Vgl. Anm. 19; vgl. auch Ord. I d. 2 p. 2 q.1-2 n. 56, ed. Vat. II 162; Met. V q. 3 n. 4, ed. Viv. VII 206.
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tend mit der Disjunktion >>necesse-esse- possibile-esse« 33 . Welchen Sinn aber hat der hier verwendete Begriff des >>Möglichen«? So wie er hier gebraucht wird, kann er nicht gleichbedeutend sein mit dem >>non repugnans ad esse«. Wäre dies der Fall, dann könnte das >>non repugnans ad esse>necessarium-possibile (contingens)>non repugnans ad esse« in den in Kap. I, 5 behandelten Texten ein >>Mögliches« 35 . Wie verhält sich aber dieses possibile =non repugnans ad esse zu dem possibile = contingens? Liegt hier bei Scotus nur eine Unschärfe der Terminologie vor, oder ist zwischen zwei verschiedenen Bedeutungen von >>possibile« zu unterscheiden? Die Nähe, in der in den in Kap. I, 5 herangezogenen Texten die Nichtrepugnanz zur Möglichkeit im Sinn des Kontingenten steht, darf nicht zu einer Identifizierung der beiden Begriffe verleiten. Daß Scotus in diesen Texten die beiden Begriffe nicht immer deutlich unterscheidet und voneinander abhebt, ist durchaus berechtigt; denn in diesen Texten ist die Analyse ganz bezogen auf das geschaffene bzw. schaffbare Seiende. Die non repugnantia ad esse wird dort eingeführt als die ratitudo der Möglichkeit (ratitudo secundo modo) des geschaffenen bzw. schaffbaren Seienden, und im Bereich der creabilia ist das, was dem Sein nicht widerspricht, immer ein solches, welches das Sein nicht schon hat, sondern es erlangen kann. Die Nichtrepugnanz stellt sich hier dar als ein Seinkönnen, nicht als ein notwendiges, schon immer gegebenes Seinhaben. Die hier vorliegende Möglichkeit (potentia metaphysica) wird deshalb auch von Scotus als eine Möglichkeit verstanden, die als solche bezogen ist auf ein seinsverleihendes aktives Vermögen 36 • Als diese Verursachung im Sein kann sie nur dem Verursachbaren zukommen. Sie kann daher dem, was oben als Begriffsinhalt der Bestimmung >>contingens« beschrieben wurde, zugeordnet werden. Es ist folglich korrekt, wenn Scotus im Bereich der creabilia das >>non repugnans ad esse« ein (sich auf ein aktives Vermögen beziehendes) >>possibile metaphysicum« nennt. Es ist ja dieses Nichtrepugnante, das durch die Beziehung zu einer aktiven seinsverleihenden äußeren Ursache zu einem im genannten Sinn Möglichen wird. Das bedeutet aber keineswegs, daß das Nichtrepugnante als solches seinem Begriffsinhalt nach stets ein Mögliches in diesem Sinn sein muß. Schon bei der Frage nach der Bedeutung von >>potentia« in Met. IX q. 2 führt Scotus, wie dargelegt, eine entsprechende Unterscheidung ein. Neben der Möglichkeit als Terminus eines aktiven Vermögens (potentia metaphysica) gibt es die Möglichkeit, die 33 Vgl. Ord. I d. 8 p.l q. 3 n.115, ed. Vat. IV 207 (zit. in Anm. 19). 34 Ord. I d. 8 p. 2 q. un. n. 305, ed. Vat. IV 327: ... ens causabile non potest habere istas plures differentias, necessarium et possibile, sed omne ens causabile est tantum possibile.>>Possibile>contingens« ist, wie dieser Text zeigt, nur vom ens causabile aussagbar. 35 Vgl. Kap. I, 5. 36 Vgl. Kap. I, 5.
Das >>Seiende>logische>dispositio incomplexiLogisch>reale, metaphysische Möglichkeit>logischer>realer>früher>früheren>Mögliches>capiens esse post non-esse