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German Pages 299 Year 2003
SCHMITTIANA Band VIII
SCHMITTIANA Beiträge zu Leben und Werk Carl Schmitts
Herausgegeben von
Professor Dr. Piet Tommissen Band VIII
SCHMITTIANA Beiträge zu Leben und Werk Carl Schmitts Band VIII 2003 (zugleich Abschlußband)
Herausgegeben von
Prof. Dr. Piet Tommissen
Duncker & Humblot · Berlin
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über < http://dnb.ddb.de> abrufbar.
Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten © 2003 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Gennany ISSN 0945-9960 ISBN 3-428-11073-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706@
Zum Geleit In meinem Geleitwort zu "Schmittiana VII" habe ich mich förmlich von den Lesern und Benutzern meiner Reihe verabschiedet, denn ich war fest entschlossen, mit dem ,Schmittisieren' aufzuhören. In diesem Sinne hatte ich die wichtigsten der mir vorliegenden Materialien in der Absicht zusammengestellt, einige mitwirkende Autoren und Kollegen nicht zu enttäuschen und meinem großzügigen Verleger den Abschluß des Engagements zu signalieren. Aber bei der Auslieferung des angeblich letzten Bandes sind mir bereits Skrupel gekommen ... Vor mehreren Jahren schon hatte mir Herr Raymund Adams die Erlaubnis erteilt, Briefe abzudrucken, die sein Onkel an Günther Krauss gerichtet hat und die ein Licht werfen auf C. S. und einige seiner damaligen Freunde und darüber hinaus bezeichnend sind für die Atmosphäre im katholischen Milieu Deutschlands kurz vor und kurz nach der sog. Machtübernahme. Soll ich sie ohne weiteres dem Staub eines Archivs anvertrauen? Andererseits hatte ich Herrn Peter Kandora zu mühseligen Forschungen über C.S.s Gymnasiumjahre angestachelt; sollte ich undankbar sein, d.h. das gestraffte Ergebnis seiner Recherchen einfach ignorieren? Dann erhielt ich von Herrn Stefan Dornuf ein Schreiben, in dem er "für die kommende Ausgabe eine Miszelle von minimal 4, maximal 8 Druckseiten" vorschlug. Außerdem geriet ich in Besitz einer Ablichtung des dritten Teils der Briefe, die C.S. seinem französischen Brief- und Gesprächspartner Julien Freund zugeleitet hat; da ich die beiden ersten Teile veröffentlicht hatte, war es also möglich, der Forschung auch den Schlußteil zur Verfügung zu stellen! Der alte Terenz wußte es schon: homo sum, humani nihil a me alienum puto, so daß es nicht erstaunlich ist, daß ich mich letzten Endes mit meinem verständnisvollen Verleger, dem verehrten Professor Dr. Norbert Simon, in Verbindung gesetzt und seine Einwilligung bekommen habe, noch einen Abschlußband zusammenstellen zu dürfen. Meiner Bitte entsprechend, hat Herr Günter Maschke für Inedita gesorgt, während der meiner Schriftreihe durch wichtige Beiträge sehr verbundene Dr. Christoph Tilitzki bedauerlicherweise außerstande war, einen geplanten weiteren Beitrag zu liefern. Als ich in einem Brief an Frau Dr. Liselotte Jünger diesen Abschlußband erwähnte, zeigte sie sich sehr erstaunt: "Warum hören Sie auf? Ist das Material erschöpft?" Die Antwort ist einfach: Es ist genügend Material da, aber man darf es einem fast 78jährigen Greis nicht veriibeln, daß er seine letzte Lebensfrist längst falligen andern Themen - Deo volonte - zu widmen beabsichtigt. Andererseits hoffe ich, daß jüngere (und am liebsten deutsche) Semester die Fackel übernehmen und weiter schmittisieren. Unter dem Verbum ,schmittisieren' verstehe ich Such-
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arbeiten anstellen, Materialien herausgeben, persönliche Auffassungen im Rahmen des Möglichen vermeiden, kurzum Bausteinehen anreichen, nicht für ein voreingenommenes, sondern für ein begründetes Verständnis von Leben und Werk C.S.s. Zu guter Letzt erinnere ich daran, daß die Texte und I oder die Fußnoten dieses Bandes nur die Meinung(en) des jeweiligen Verfassers zum Ausdruck bringen.
* Last but not least möchte ich an dieser Stelle Herrn Diplom-Ing. Ernst Hüsmert erwähnen, den ich seit 1950 kenne und mit dem ich noch immer in freundschaftlicher Verbindung stehe. Dieser Freund arbeitet übrigens in meinem Sinne, indem er Briefschaften und entzifferte Tagebücher des Gelehrten herausgibt und auf diese Art und Weise faktenersetzende Behauptungen aus der Welt schafft. Vielleicht kann ich mich für die vielen Zeichen der Freundschaft, die meine verewigte Gattin und ich im Laufe vieler Jahre von diesem großartigen Mann empfingen und noch stets empfangen, endlich einigermaßen revanchieren: ihm sei dieser Abschlußband gewidmet! B-1850 I Grimbergen Reinaertlaan 5
P.T.
P. S.: Die vorigen Schmittiana-Bände werden in diesem Abschlußband oft herangezogen, sodaß ich sie mit Kürzeln kennzeichne, die folgenden Publikationen entsprechen: a) Schmittiana 1, Berlin: Akademie Verlag, die drei Aufl. (1988, 1988, 1990) sind vergriffen b) Schmittiana JI, Berlin: Akademie Verlag, 1990, vergriffen c) Schmittiana III, Berlin: Akademie Verlag, 1991, vergriffen d) Schmittiana IV, Berlin: Duncker & Humblot, 1994, 304 S. ISBN: 3-428-08044-0 e) Schmittiana V, Ber1in: Duncker & Humblot, 1996,332 S. ISBN: 3-428-08612-0 f) Schmittiana VI, Berlin: Duncker & Humblot, 1998, 352 S. ISBN: 3-428-09642-8
g) Schmittiana VII, Berlin: Duncker & Humb1ot, 2001,418 S. ISBN: 3-428-10433-1
Inhaltsverzeichnis A. Inedita Günter Maschke (Hrsg.)
Zwei Rundfunkvorträge Carl Schmitts aus den Jahren 1931 und 1932 . . . . . . . . . . . . . . . .
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Piet Tommissen (Hrsg.)
Julien Freund
t: Choix de quelques lettres de Ia correspondance de Carl Schmitt (111)
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B. Zeugnisse Thomas Wimbauer
"In unseren Tagen sind gute Partner selten".- Vier neuentdeckte Briefe Ernst Jüngers an Carl Schmitt, zwei Widmungen und eine Geburtstagsansprache. Nachträge zur Edition des Briefwechsels Ernst Jünger- Carl Schmitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Piet Tommissen (Hrsg.)
Briefe von Paul Adams an Günther Krauss (Periode: 1931-35) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
C. Forschungsergebnisse Stefan Domuf
2 x Carl Schmitt. Ein unbekannter Fall von Schmitt-Rezeption in der Aufbauphase der SBZ/DDR (1948-50) und ein unbekannter Fall von Schmitt-Boykott in den Gründeijahren der BRD (1955- 58) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Peter Kandora
Carl Schmitts Attendorner Schulzeit 1900-1907 ..... . . . . .... ............ . .......... 261
D.Anlage Piet Tommissen
Berichtigungen und Ergänzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275
A. Inedita Zwei Rundfunkvorträge Carl Schmitts aus den Jahren 1931 und 1932 Einleitung Die hier erstmals abgedruckten Rundfunkvorträge Carl Schmitts, entstanden während der Endphase der Regierung Brüning, stammen aus seinem Nachlaß im Nordrhein-Westfälischen Hauptstaatsarchiv (HStAD) in Düsseldorf. Ich danke Herrn Dr. Dieter Weber vom Düsseldorfer Archiv für seine liebenswürdige Hilfe. Der Vortrag "Verfassungsstaat und Staatsnotstand" vom 4. November 1931 wird hier präsentiert nach einem lOseitigen, 246 Zeilen umfassenden Typoskript (HStAD I RW - 204, Nr. 5). Es weist kleinere, handschriftliche Einfügungen und Korrekturen Schmitts auf, die hier ohne weitere Kennzeichnung übernommen wurden. Auf die Transkription einiger Bemerkungen Schmitts in der von ihm eigenwillig gekürzten Gabelsberger Stenographie wurde verzichtet. Der Vortrag zeigt, daß Schrnitts 1958 geäußerte Behauptung, er habe sich "an dem Gerede von Staatsnotstand . .. nie beteiligt", weil er wußte, "daß damit die Legalität einer Verfassung nur ihren Feinden ausgeliefert wird" und weil die "Prämien auf den legalen Machtbesitz noch keineswegs erschöpft waren" (Nachbemerkung Schmitts zum Wiederabdruck von "Legalität und Legitimität" in: Verfassungsrechtliche Aufsätze, Berlin 1958, S. 350) nicht zutrifft. Schmitt hatte bereits in seinem Referat über die Diktatur des Reichspräsidenten auf der Staatsrechtslehrertagung am 15. Aprill924 auf die Möglichkeit hingewiesen, "daß in einem extremen Fall selbständig neben der Befugnis aus Art. 48 ein Staatsnotrecht geltend gemacht würde", hier freilich mit der Reichsregierung und nicht dem Reichspräsidenten als Träger (Schmitt, Die Diktatur des Reichspräsidenten nach Art. 48 der Reichsverfassung, in: Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer, I, Berlin I Leipzig 1924, S. 63- 104, 83; auch in: Die Diktatur, 2. Aufl., München I Leipzig 1928, Anhang, S. 235). Vor allem aber darf nicht außer acht gelassen werden, daß Schmitt sich im Herbst/Winter 1932 intensiv an den Notstandsplänen Kurt v. Schleichers beteiligte (vgl. Lutz Berthold, Carl Schmitt und der Staatsnotstandsplan am Ende der Weimarer Republik, Berlin 1999). Schmitt hat seine Ansichten über die Möglichkeiten des Art. 48, Absatz 2 der Weimarer Verfassung (.Diktatur des Reichspräsidenten'), also über das konstitutionelle Ausnahmerecht wie über die eventuelle Notwendigkeit eines überpositiven Notstandsrechts zwischen 1924
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und 1932 I 33 mehrfach geändert, und wer seine Schriften zwischen 1930 und 1932 aufmerksam liest, wird auch in ein und demselben Text Schwankungen und Irritationen finden. Eine detaillierte Untersuchung dieser Wandlungen und Unsicherheiten steht noch aus. Der zweite Vortrag "Was ist legal?", leider nur als Fragment überliefert, lag mir in zwei Fassungen vor. Deren Unterschiede sind aber äußerst geringfügig (Wortumstellungen u.ä.) und deshalb vernachlässigenswert. Die im Düsseldorfer Nachlaß befindliche, maschinenschriftliche Version (HStAD/RW- 197, Nr. 6) besteht aus drei Typoskriptseiten, sie ist offensichtlich die x-te Kopie einer Kopie und oft schlecht lesbar. Frau Dr. Angela Reinthai (Heidelberg) war so freundlich, mir aus dem Nachlaß von Ernst Forsthoffdie Kopie eines ebenfalls fragmentarischen, 6seitigen Manuskripts zuzusenden; die Handschrift ist eindeutig die Ernst Forsthoffs. Als Datum ist der 24. Februar 1932 vermerkt, der Beitrag wurde zwischen 20 Uhr 45 und 21 Uhr l 0 ausgestrahlt. Ich entschied mich für den Abdruck des zuerst erwähnten Typoskripts, das einige unleserliche, weil durch schlechtes Kopieren verschmierte, Worte und mehrere Auslassungen enthält, die mit . . . bzw. (?) gekennzeichnet wurden, weil auch Forsthoffs Handschrift nicht immer gut lesbar ist, sodaß auch diese nicht weiterhalf. Der Text ist mit größtmöglicher Sicherheit während der Arbeit an "Legalität und Legitimität" (abgeschlossen am 10. Juli 1932) entstanden; die inhaltlichen Übereinstimmungen scheinen mir schlagend, so daß Forsthoffs Datierung nur ein zusätzliches Indiz ist. Dr. Gabriel Seiberth (Ottobrunn), der bisher nur die erstgenannte und hier abgedruckte Fassung kennt, die kein Datum trägt, äußerte mir gegenüber die Vermutung, es handele sich um eine Rundfunkrede über Legalität, an der Schmitt laut seinen Tagebuch-Eintragungen im Januar 1933 arbeitete. Schmitt notierte damals am 23. 1. 1933: "Ich korrigierte etwas an meiner Rundfunkrede über Legalität .. ." und am 27. 1. 1933: "Gut, daß ich meinen Rundfunkvortrag nicht am Montag zu halten brauche." (Zit. nach: Paul Noack, Carl Schmitt. Eine Biographie, Berlin 1993, S. 156, 159). Bedenkt man aber die unterschiedliche Lage im Februar 1932 und im Januar 1933, so liegt die Annahme näher, daß es sich hier um ein anderes, verlorengegangenes oder noch nicht aufgefundenes Manuskript handelt; daß Schmitt im Januar 1933 den Text vom Februar 1932, nur mit geringfügigsten, inhaltlich völlig belanglosen Änderungen, beim gleichen Sender ausstrahlen lassen wollte, ist nicht anzunehmen. Frau Dr. Reinthai und Herrn Dr. Seiberth möchte ich für ihre Hilfsbereitschaft herzlich danken, ebenso meinen Freunden Andreas Raithei (Hürth b. Köln) und Dr. Christian Tilitzki (Berlin). Günter Maschke
Zwei Rundfunkvorträge aus den Jahren 1931 uns 1932
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I. Verfassungsstaat und Staatsnotstand Rundfunkvortrag Deutsche Welle
4. November 1931 Für die Beantwortung der schwierigen Frage, welches Recht für eine unvorhergesehene, von der geltenden rechtlichen Regelung nicht erfaßte, außerordentliche Notlage gilt, steht eine Reihe einander widersprechender Redensarten und Sprichwörter zur Verfügung. Man kann sie ohne Mühe gegeneinander ausspielen. Man kann sagen: Recht muß Recht bleiben, auch die größte Not kann das Unrecht nicht zu Recht machen; aber andererseits: Not kennt kein Gebot. Man kann sagen, was neulich in einem juristischen Aufsatz ein hoher Beamter einer hohen unabhängigen Reichsstelle der Finanzverwaltung zum Ausdruck gebracht hat: nichts sei unerträglicher als die gegenwärtige "Diktatur der leeren Kasse", worauf man ihm erwidern kann, daß die Tatsache der leeren Kasse noch unerträglicher ist als die daraus entstehende Diktatur und daß der Protest gegen diese Diktatur die Kasse nicht füllt (1). Wenn solche Proteste das letzte Wort zu der gegenwärtigen Notlage des Deutschen Reiches sein sollen, so ist das Problem wiederum mit einem Sprichwort schnell gelöst, indem wir feststellen, daß alle rechtlichen Ansprüche unverändert weiter gelten, aber, dort wo nichts ist, nicht nur der Kaiser sondern auch andere Gläubiger und Anspruchsberechtigte ihr Recht verloren haben. Verlassen wir also lieber die Sphäre der Schlagwörter und Sprichwörter und suchen wir die Sach- und Rechtslage selbst zu begreifen. Angesichts der heutigen Situation des Deutschen Reiches und der alles beherrschenden Praxis des Art. 48 ist es notwendig, zwei Fragen scharf zu trennen: die Frage, ob die Reichsregierung mit ihrer gegenwärtigen Praxis noch im Rahmen des- vielleicht sehr weit ausgelegten -Art. 48 bleibt (2), und die ganz andere Frage, ob eine überwältigende, zwingende Notlage die verfassungsmäßige Regierung ermächtigt, selbst über diese Grenzen hinaus zu gehen und einfach alles zu tun, was ihrer Überzeugung nach zur Rettung von Staat und Volk notwendig ist. Diese letzte Frage betrifft das eigentliche Problem des Staatsnotstandes, während jene erste Frage nach den Grenzen des Art. 48 sich noch im Rahmen der geltenden verfassungsgesetzlichen Regelung bewegt. Die Frage nach dem Staatsnotstand ist also nicht die gleiche wie die Frage nach Art. 48. Die Frage des Staatsnotstandes oder staatlichen Notrechtes (wir wollen hier nicht näher unterscheiden) lautet, genau formuliert: darf die Regierung nicht nur mit allen gesetzlichen Mitteln einschließlich der verfassungsgesetzlich vorgesehenen Ausnahmebefugnisse vorgehen, sondern darf sie darüber hinaus im äußersten Notfall alles tun, was ihr zur Behebung der Notlage nötig erscheint (3)? Die Ansichten der Rechtsgelehrten über dieses eigentliche Staatsnotrecht stehen sich hier mit Ja und Nein merkwürdig unvermittelt gegenüber. Die Meinung, daß es für den äußersten Fall selbstverständlich sei, alles zur Rettung des Staates zu
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versuchen, wird ebenso oft vertreten wie die gegenteilige Meinung, daß ein solches Recht juristisch ganz undenkbar ist. Denn das wäre ein Recht auf den Staatsstreich und die Illegalität (4). Nun ist es natürlich richtig, daß es ein Recht auf den Staatsstreich, ein Recht auf Illegalität, ein Recht auf Rechtswidrigkeit, ein Recht auf Unrecht nicht geben kann. Aber ist mit dieser bequemen formalistischen Feststellung das Problem erledigt? Die Frage ist doch gerade, ob eine für normale oder vorhergesehene Lagen gedachte Normierung auch für völlig abnorme, völlig unvorhergesehene Lagen gelten soll (5). Auch formaljuristisch ist das Problem nicht so bequem zu lösen, wie es nach jener Alternative: entweder ist etwas erlaubt, oder es ist nicht erlaubt, scheinen könnte. Keine Verfassung der Welt wird heute an der rationalistischen Fiktion festhalten, es sei ihr gelungen, restlos alle möglichen und unmöglichen Situationen vorherzusehen und dafür eine Regelung zu treffen (6). Aber auch praktisch-politisch ist jene Ablehnung jedes Notrechts keineswegs der rechtlich oder moralisch höhere und beste Standpunkt. Soll wirklich eine verantwortliche Regierung Staat und Volk zugrunde gehen lassen mit der bequemen Ausrede, es habe an einem verfassungsgesetzlichen Weg für eine Abhilfe gefehlt? Hat der Reichspräsident Ebert aus der Gesinnung des Staatsstreiches und der Illegalität heraus die Worte gesprochen, er werde es nicht zulassen, daß Deutschland seiner Verfassung wegen vor die Hunde gehe (7)? Es ist eine aus politischer Vorsicht und politischem Mißtrauen entstandene Forderung, daß lieber nichts geschehen soll, als daß die Regierung versuchen dürfte, Staat und Volk mit allen Mitteln zu retten. Dieser politische Gesichtspunkt ist durchaus diskutabel, aber kein sachliches Prinzip, sondern nicht mehr als ein praktischer Gesichtspunkt, der gegenüber bestimmten Menschen und Regierungen, deren loyaler Gesinnung man nicht traut, vernünftig ist, der aber keineswegs beanspruchen darf, ein allgemeines Gesetz und der allein maßgebende Gesichtspunkt zu sein. Ich würde also zu der theoretischen Frage des Staatsnotrechts den Standpunkt einnehmen, daß man sich der Anerkennung eines solchen Notrechts nicht mit unbedingten abstrakten Verneinungen entziehen kann. Daß dieses Notrecht nur für den äußersten Fall und nicht als Mittel des Staatsstreiches gelten soll, ist selbstverständlich, aber jedes Recht kann mißbraucht werden und die Möglichkeit des Mißbrauchs oder die Furcht vor einem Mißbrauch hebt das Recht nicht auf. Das englische Verfassungsrecht, das lange für das vorbildliche Verfassungsrecht überhaupt gehalten wurde, hat einen eigentümlichen Weg gefunden, um die schwierige Frage nicht zu umgehen, sondern praktisch zu lösen. Vielleicht liegt es nicht in der Natur und im Charakter eines jeden Volkes, diesen Weg zu beschreiten, aber seine Möglichkeit zeigt jedenfalls, daß die Frage nicht mit billigen Formalismen und Alternativen erledigt werden kann. Es handelt sich um das englische System der sogenannten Indemnitätserklärung durch das (souverän gedachte) Parlament (8). Die Regierung handelt im Notfall auch gegen die bestehenden Gesetze. Was sie tut, ist nicht rechtmäßig; es wird ihr aber nachträglich durch das Parlament Indemnität gewährt, und zwar nicht nur so, daß ihr eine Art Absolution erteilt wird, sondern mit der Rechtswirkung, daß das Vorgehen der Regierung nicht die Folgen
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hat, die ein unrechtmäßiges Handeln haben müßte. Dieses System hat den großen Vorteil, ein klares Prinzip konsequent durchzuführen. Es setzt aber voraus, was bei uns nicht zutrifft, daß es im Staat eine souveräne, letzte Instanz gibt, das Parlament, für das es kraft seiner Souveränität überhaupt keine Grenzen gibt und das infolgedessen imstande ist, mit rückwirkender Kraft zu absolvieren, indemnieren und sanktionieren. Kehren wir nach dieser allgemeinen Erörterung zur gegenwärtigen Lage Deutschlands zurück. Daß tatsächlich eine Notlage gefährlichster und schlimmster Art besteht und daß sie sich angesichts der in einigen Monaten eintretenden Termine (Ablauf des Stillhalteabkommens im Februar, Ablauf des Hoover-Jahres im Juli) (9) und aus vielen anderen Gründen noch verschärfen kann, wird niemand bezweifeln. Die vor einem Jahr gelegentlich auftauchenden Ansichten, Art. 48 gebe der Regierung nur polizeiliche und militärische Befugnisse und sie müsse also, kurz gesagt, warten, bis Barrikaden gebaut werden, ehe sie nach Art. 48 vorgehen könne, ist inzwischen unter dem Eindruck der wirtschaftlichen Schläge, der leeren Kassen, der Arbeitslosigkeit, der Schalterschließung der Banken verschwunden (10). Ich bin sicher, daß sie in Zeiten behaglichen Sicherheitsgefühls natürlich wieder auftaucht [sie!], weil die Menschen unangenehme Dinge schnell vergessen (11). Aber vorläufig brauchen wir uns mit ihr [sie!] nicht mehr aufzuhalten. Daß eine wirtschaftliche und finanzielle Notlage wirtschaftliche und finanzielle Maßnahmen außerordentlicher Art erfordert, und daß das geltende Verfassungsrecht des Art. 48 solche zuläßt, ist heute durchwegs anerkannt (12). Es ist ferner wohl zu beachten, daß die deutsche Reichsregierung bisher kein Notrecht in dem eben erwähnten eigentlichen Sinne des Wortes, d. h. keine über die Grenzen des geltenden Verfassungsrechts hinausgehenden Befugnisse für sich in Anspruch genommen hat. Sie legt offenbar großen Wert darauf, nur aufgrund der von der Verfassung selbst erteilten Ermächtigung zu handeln, also im Rahmen der Verfassung zu bleiben. Für uns beschränkt sich also heute noch - und wir wollen hoffen, daß es auch künftig dabei bleibt - die Frage darauf, ob die Grenzen des Art. 48 beachtet sind oder nicht. In die vielen einzelnen Auslegungsstreitfragen des Art. 48 kann und brauche ich hier nicht einzugehen. Die Reichsregierung sieht für ihr gesetzvertretendes Verordnungsrecht, die sogenannten Notverordnungen, in den einzelnen Verfassungsbestimmungen namentlich des II. Hauptteils der Verfassung eine inhaltliche Grenze. Das zeigt sich schon darin, daß sie bei den beamtenrechtlichen Bestimmungen, insbesondere bei den Gehalts- und Pensionskürzungen, ausdrücklich den Vorbehalt der wohlerworbenen Rechte (Art. 129 RV) (13) hinzugefügt hat. Wir werden gleich sehen, was das praktisch bedeutet. Hier interessiert es zunächst als ein authentischster Ausdruck für die Auffassung der Regierung. Es wäre also die Frage, ob der Inhalt der zahlreichen Bestimmungen der heute vorliegenden Notverordnungen in irgendeiner Einzelheit mit dem überaus weiten und nicht immer leicht festzustellenden Inhalt der zahlreichen und oft unklaren Bestimmungen der geltenden Reichsverfassung nicht übereinstimmt. Für mehrere Anordnungen der Länder-
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regierungen, die aufgrund der ihnen von der Reichsregierung erteilten Vollmacht ergangen sind, trifft das meiner Ansicht nach zu. Es gibt z. B., worauf kürzlich Walter Jellinek aufmerksam gemacht hat, eine thüringische Verordnung, die bestimmt, daß die Lehrerin mit der Eheschließung ihr Amt verliert, was der vielleicht nicht richtigen, aber doch authentisch festgestellten Auslegung des Art. 128 Abs. 2 (Verbot von Ausnahmebestimmungen gegen weibliche Beamte) offenbar widerspricht (14). Es wäre also Sache der Reichsregierung, gegenüber den Länderregierungen eine strenge Kontrolle auszuüben. Das ist eine rechtlich und politisch unvermeidliche Folge der weitgehenden Vollmachten, die sie den Ländern gegeben hat. Aber die staatsrechtliche und politische Lage der Reichsregierung ist eine ganz andere als die der Länderregierungen, und man kann sie vernünftigerweise nicht in einem Atem nennen. Was dagegen die verfassungsrechtliche Beurteilung der Praxis der Reichsregierung angeht, um die es sich eigentlich handelt, so möchte ich, statt in unabsehbare Diskussionen einzutreten und mich hier als eine Art privaten Staatsgerichtshof aufzuspielen, lieber die Frage so stellen, wie sie in derartigen Fällen juristisch richtig gestellt werden muß, nämlich: Wer soll nach dem Willen und dem System unserer geltenden Reichsverfassung über die sehr weiten und oft unbestimmten, in einer außerordentlichen Notlage noch weiter und noch unbestimmter werdenden Begriffe des Art. 48 entscheiden? Die Verfassung sieht hier vier Instanzen vor; Reichspräsident, Reichsregierung, Reichstag und, aber nur auf Anklage des Reichstags im Verfahren des Art. 59 (15), den Staatsgerichtshof. Die Frage ist also von der Verfassung sehr klar beantwortet und der Schwerpunkt der Kontrolle liegt beim Reichstag, der nicht nur von allen nach Art. 48 ergehenden Maßnahmen und Anordnungen sofort in Kenntnis gesetzt werden muß, sondern auch das Recht hat, jederzeit ihre Außerkraftsetzung zu verlangen. Bekanntlich liegt nun die Schwierigkeit unserer heutigen verfassungsrechtlichen Lage darin, daß dieser Reichstag, den die Verfassung als das zentrale Staatsorgan gedacht hat, sich in weitem Maße selbst ausschaltet. Folgt daraus, daß anstelle des Reichstags andere Instanzen, sozusagen als Ersatz für den gelähmten Reichstag, die schwierige und hochpolitische Entscheidung in die Hand nehmen sollen? Das müßte doch mit sehr klaren und einleuchtenden verfassungsrechtlichen Normierungen bewiesen werden, da die Verfassung auf die Frage, wer entscheidet, eine derartig präzise Antwort gegeben hat. Namentlich hat sie die Frage, wer eine schuldhafte Verfassungsverletzung festzustellen hat, und in welchem Verfahren dieses geschieht, durch Art. 59 so klar und eindeutig beantwortet, daß daneben jeder Versuch, sich sozusagen als Surrogat des Staatsgerichtshofs aufzuwerfen, als eine verfassungswidrige Anmaßung erscheinen muß. Nur ein besonderer Fall verdient hier noch Erwähnung: in manchen Fällen läßt die Verfassung für bestimmte Ansprüche den ordentlichen Gerichtsweg zu. Das sind die drei berühmten Rechtswegartikel 129, 131 und 153 (16). Bei ihnen kommen die ordentlichen Gerichte in die Lage, die inhaltliche Übereinstimmung einer Notverordnung mit einer verfassungsgesetzlichen Bestimmung zu prüfen. Im Falle des Art. 129 (wohlerworbene Beamtenrechte) hat die Regierung sogar durch den
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Vorbehalt der wohlerworbenen Rechte diese wichtige Entscheidung den Gerichten bewußt in die Hand gegeben. Dadurch kommt noch, wenigstens für bestimmte Fälle, ein fünfter Faktor in dieses System hinein, und wir werden in der Frage der wohlerworbenen Rechte die Entscheidung abzuwarten haben. Doch gelten auch für diese Entscheidung einige Grundsätze und Gesichtspunkte, die ich hier zum Schluß, wenn auch nur mit einer kurzen Erwähnung, nachdrücklich hervorheben möchte. Zunächst gilt auch hier, zugunsten einer verfassungsmäßigen Regierung eine sehr starke Vermutung nicht nur ihrer legalen Gesinnung sondern auch der Rechtmäßigkeit ihres Handeins ( 17). Wie die Dinge heute liegen, ist es allerdings notwendig, daran zu erinnern, daß das Korrelat dieser Gesinnung eine besonders strenge Pflicht der Regierung ist, die von ihr beauftragten und ermächtigten Stellen, insbesondere die Länderregierungen, in den Grenzen ihrer Vollmachten und der verfassungsmäßigen Befugnisse zu halten. Abgesehen davon muß man sich davor hüten, hier im Sinne subalterner, formalistischer Wortstreitigkeiten die Alternative Legalität oder Illegalität zu formalisieren. Eine Verfassung ist keine Zivilprozeßordnung und kein Bürgerliches Gesetzbuch. Da heute in Deutschland von einem richtig verstandenen Begriff der Legalität sehr vieles abhängt, ist es notwendig, das im Auge zu behalten. Wenn wir den Begriff der Legalität zu einem Spielball juristischer Sophismen und Silbenstechereien machen, und dann alles als Staatsstreich und Revolution hinstellen, was einer derartig ermittelten Legalität nicht entspricht, so sind wir verloren. Aber gerade für eine sachliche, ihres Gegenstandes bewußte rechtswissenschaftliche Betrachtung ist es selbstverständlich, daß man mit einer Verfassung nicht derartig umgehen kann. Zwischen einer formalistisch verstandenen Legalität und einer der Gesinnung des Staatsstreiches entspringenden Illegalität gibt es ein sehr weites Gebiet richtiger Auslegung der Verfassung, das ihren Sinn und Geist auch gegenüber außerordentlichen Notlagen zur Geltung bringt. Auch hier darf man die Frage, die sich immer wieder als die entscheidende herausstellt, nicht aus dem Auge verlieren, nämlich die Frage: wer entscheidet? Eine mit böser Absicht planmäßig auf Verfassungswidrigkeiten ausgehende Regierung kann heute mehr als jemals in aller formalistischen Korrektheit das ganze politische System in Deutschland umkehren. Eine Regierung, zu der man das Vertrauen hat, daß sie nicht derartige Pläne verfolgt, darf sich darauf berufen, daß die in Art. 48 erteilten Vollmachten absichtlich ungewöhnlich weit gehen, solange das bisher noch nicht ergangene Verfassungsgesetz keine nähere Regelung getroffen hat (18). (1) Gemeint ist der Aufsatz des Vizepräsidenten der Reichsschuldenverwaltung Max E. F. Kühnemann (geb. 1877): Können Reichsetat und Reichskredite diktatorisch geregelt werden? - Ein Beitrag zur Lehre vom Ausnahmezustand, Reichsverwaltungsblatt und Preußisches Verwaltungsblatt, H. 38, 19. 9. 1931, S. 745-752. Kühnemann ging darin sehr detailliert und äußerst kritisch auf Schmitts Rechtfertigung der staatlichen Praxis, Kreditvollmachten zugunsten der Regierung statt durch formelles Gesetz durch gesetzvertretende Notverordnungen auszusprechen, ein (vgl. Ernst Rudolf Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, VI, Stuttgart 1981, S. 505 ff. ; VII, ebd. 1984, S. 691), forderte ein Ausführungsgesetz zum Arti-
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kel 48 der Weimarer Reichsverfassung (s.u. Anm. 18) und die Schaffung eines eigentlichen Notverordnungsrechts und schloß mit den Worten: "Rechtssubjekt der Diktaturgewalt ist der Reichspräsident, politischer Träger dagegen die Reichsregierung. Der jetzige Zustand gefährdet die überparteiliche Stellung des volksgewählten Reichspräsidenten und zieht ihn in den politischen Tagesstreit hinein. Man schaffe klare Verhältnisse und gebe der Reichsregierung ein Notverordnungsrecht, für das sie rechtlich und politisch die Verantwortung trägt. Eine kraftvolle, verfassungsmäßige Diktatur des Reichspräsidenten fordert die Zeit. Gegen eine verfassungswidrige "Diktatur der leeren Kasse" aber bäumt sich das Rechtsgefühl auf." Schmitt erwiderte: "Max E. F. Kühnerrumn ... hat sie [ = die finanzgesetzvertretenden, namentlich die kreditermächtigenden Verordnungen des Reichspräsidenten] als verfassungswidrig zu erweisen gesucht, in Darlegungen, deren Scharfsinn und Gründlichkeit ohne Zweifel sehr bedeutsam ist, deren Schwäche aber darin liegt, daß sie von den Begriffen und Voraussetzungen des Staatsrechts der konstitutionellen Monarchie beherrscht sind und die finanzgesetzlichen Bestimmungen der geltenden Verfassung ohne Rücksicht auf den Gesamtzusammenhang der übrigen Verfassungsbestimmungen und -begriffe auslegen." (Legalität und Legitimität, München/Leipzig 1932, S. 79 f.; auch in: Verfassungsrechtliche Aufsätze, Berlin 1958, S. 328). (2) Zur Entwicklung der Auslegung des Artikels 48 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) u. a.: Gerhard Schu/z, Artikel 48 in politisch-historischer Sicht, in: Ernst Fraenkel, Herausgeber, Der Staatsnotstand, Berlin 1965, S. 39-71. 254-57; Ulrich Scheuner, Die Anwendung des Art. 48 der Weimarer Reichsverfassung unter den Präsidentschaften von Ebert und Hindenburg, in: Festschrift Heinrich Brüning, Berlin 1967, S. 249-286; Hans Boldt, Der Artikel 48 der Weimarer Reichsverfassung. Sein historischer Hintergrund und seine politische Funktion, in: Michael Stünner, Herausgeber, Die Weimarer Republik. Belagerte Civitas, Königstein/Taunus 1980, S. 288-309. (3) Die Ansicht, daß ein überpositives Staatsnotstandsrecht bestehe, wurde keineswegs, wie Schmitt hier meint, "ebenso so oft vertreten wie die gegenteilige Meinung, daß ein solches Recht ganz undenkbar" sei; die Mehrheit der Weimarer Staatsrechtier neigte zu der Auffassung, daß der Artikel 48, Absatz 2 eine ausreichende Regelung des Ausnahmerechts beinhalte. "Ein über Art. 48 hinausragendes, gleichsam naturrechtliches "Staatsnotrecht" des Reichspräsidenten, der Reichsregierung oder der Landesregierungen besteht nicht. Dies ist herrschende Meinung." (Gerhard Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs vom II. August 1919. Ein Kommentar für Wissenschaft und Praxis. Vierte Bearbeitung, 14. Auflage, Berlin 1933, S. 276 f.); vgl. a. Richard Thoma: "Es ist einer der größten Vorzüge der Weimarer Verfassung, daß sie für den Fall eines Versagens oder Zögerns des parlamentarischen Apparates ein zweites demokratisches Reichsorgan, den Reichspräsidenten, in Bereitschaft stellt, der - unter ministerieller Gegenzeichnung und nachträglicher Kontrolle des Reichstags - den gebieterischen Notwendigkeiten eines von Gefahren bedrohten verfassungsmäßigen Staatslebens Rechnung tragen kann. Dies ist das Staatsnotrecht des geltenden Verfassungssystems!" (Thoma, Der Vorbehalt der Legislative, in: Anschütz-Thoma, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Tübingen 1932, Bd. II, S. 231; Kursivierung von Thoma). Vgl. a.: Ernst Rudolf Huber, Zur Lehre vom Verfassungsnotstand in der Staatstheorie der Weimarer Zeit (zuerst 1974), in: Ders., Bewahrung und Wandlung. Studien zur deutschen Staatstheorie und Verfassungsgeschichte, Berlin 1975, S. 193-214, der freilich den Art. 48, Abs. 2 WRV sowie die Republikschutzgesetze v. 21. 7. 1922 u. 25. 3. 1930 quasi als überpositives Staatsnotrecht ansieht, diese sodann als "positivrechtliche Institutionalisierung der Ausnahmegewalt" definiert, um anschließend zu fragen, "ob neben ihr Raum für ein fortgeltendes überpositives
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Staatsnotrecht geblieben sei" (S. 195-97), was die Sache ziemlich verwirrt. Vgl. a. Peter Blomeyer; Der Notstand in den letzten Jahren von Weimar, Berlin 1999, bes. S. 277-81; das anregende Werk ist bes. um den Nachweis bemüht, daß in Weimar ein überpositives Notstandsrecht bestand, daß aber v. Papen und v. Schleicher sich mit ihren Staatsnotstandsplanungen nicht auf es berufen konnten, da ein derartiges Recht "stets auf eine bestimmte Sollensordnung bezogen bleiben" muß (S. 485) und der bloße Rekurs auf eine "seinsmäßige Gegebenheit wie dem Staat" nicht ausreiche: ",Der Staat soll leben', dieser Wunsch ist noch keine Sollenskonzeption. Der deutsche Staat lebte auch nach dem 30. Januar 1933 weiter. Es kam damals darauf an, wie er leben sollte, wie er verfaßt werden sollte, und darüber sagte weder die rein negative Abwehrhaltung gegenüber den extremistischen Parteien noch Schleichers Vorstellung von der durch die Reichswehr verkörperten Einheit des Staats etwas aus" (ebd.); zur Kritik: Wolfram Pyta, Zeitschrift f. Geschichtswissenschaft, 2/2000, S. 183 ff. (4) "Es gab im Verfassungsstaat weder ein positives Recht zur "legalen Revolution" noch ein positives Recht zum "legalen Staatsstreich". Mit Recht verfocht die neuere Lehre den Satz von den Grenzen der Verfassungsänderung als eine überpositive Grundnorm der Weimarer Republik, die im positiven Verfassungsrecht keinen Ausdruck zu finden brauchte, weil sie sich von selber verstand" [!! G. M.], bemerkte rückblickend Ernst Rudolf Huber; Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, VI, Die Weimarer Reichsverfassung, Stuttgart 1981, S. 420, so die damals herrschende Lehre allzu rasch einfach beiseiteschiebend, gemäß der der Art. 76 erlaube, "alles ohne Unterschied des Inhalts und der politischen Tragweite" zu ändern; die neuere Lehre könne "vielleicht die Eigenschaft einerde lege ferenda beachtlichen politischen Forderung beanspruchen", sei jedoch de lege lata abzulehnen, da sie "im geltenden Recht keinen Anhalt" finde (so Anschütz, wie FN 3, S. 403, 405). Als Vertreter der neuerenLehre sieht Huber, neben Schmitt, an: Heinrich Triepel, Carl Bilfinger; Hans Liermann und Heinrich Herrfahrdt; dieser Gruppe darf man auch Ottmar Bühler hinzuzählen. (5) Daß als notwendige Voraussetzung für die Geltung von Normen die Herstellung und Bewahrung faktischer Normalität, d. h. öffentlicher Sicherheit und Ordnung anzusehen ist, hat Schmitt des öfteren betont, so etwa in: Legalität und Legitimität, München/Leipzig 1932, S. 19 ("... vor allem die normale Situation zu schaffen, ohne die jeder Normativismus ein Betrug ist") o. S. 71 f. ( ... die einfache, rechtswissenschaftliche Wahrheit ... , daß Normen nur für normale Situationen gelten und die vorausgesetzte Normalität der Situation ein positivrechtlicher Bestandteil ihres "Geltens" ist"; in Verfassungsrechtliche Aufsätze, wie FN 1, S. 274 u. 321); vgl. auch die zahlreichen Bemerkungen in vielen seiner Texte, daß auf ein Chaos keine Norm anwendbar sei u.ä. (6) Für Hans Boldt, Der Ausnahmezustand in historischer Perspektive, Der Staat, 4/ 1967, S. 409-432, ist "ein rationalistischer Glaube an die Regelbarkeil aller Lebensverhältnisse ... , der in Umkehrung zur traditionellen Betonung der Unvorhersehbarkeit der Ausnahmefälle auch das Anormale für berechenbar hielt" (S. 415) ausschlaggebend bei der Konzipierung des Belagerungs- bzw. Ausnahmezustands im frühen, bürgerlich-liberalen Staat des 19. Jahrhunderts; zeitgemäß abgewandelt huldigt Boldt selbst diesem Glauben, vgl. sein Buch: Rechtsstaat und. Ausnahmezustand, Berlin 1967, S. 232-247. Eine schon humoristisch anmutende, aber verdeutlichende Zuspitzung erfuhr dieses Denken bei dem spanischen Verfassungsrechtier Rarnon Salas (-1750- -1850) in: Lecciones de Derecho Pliblico Constitucional (1821), Madrid 1982, p. 278: " ... ich erkühne mich, zu behaupten, daß sich mit guten Gesetzen alle nur möglichen Situationen vorhersehen lassen und daß sich für jene, bei denen dies nicht zutreffen sollte, gute Allgemeinregeln finden, so daß keine Umstände eintreten können, in denen es nötig wäre, die Garantien für die individuelle Freiheit zu suspendieren. 2 Schmittiana VIII
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Man beobachtet Unruhen, man befürchtet Verschwörungen und Attentate gegen die bestehende Regierung? Wenn die allgemeinen Gesetze die Maßregeln angeben, die in solchen und ähnlichen Fällen zu beachten sind, wird kein hassenswertes Ausnahmegesetz nötig sein." Auf diesen Endpunkt der liberalen Methode der limitativen Aufzählung aller Befugnisse wie aller suspensionsfähigen Rechte wies Schmitt öfters belustigt hin. (7) Ebert sagte wiederholt zu Reichswehrminister Otto Gessler: "Wenn der Tag kommt, an dem die Frage auftaucht: Deutschland oder die Verfassung, dann werden wir Deutschland nicht wegen der Verfassung zugrunde gehen lassen." (Gessler, Reichswehrpolitik in der Weimarer Zeit, hrsg. von Kurt Sendtner, Stuttgart 1958, S. 324). Dieser rasch proverbial werdende Satz Eberts ist m.W. von keinem der Weimarer Verfassungsrechtier kommentiert worden. (8) Vgl. Albert Venn Dicey, Introduction to the study of the Law of Constitution (zuerst 1885), 8. edit., London 1924, p. 284 ff., 538 ff. (zum Martial Law). Eine präzise historische Darstellung leistet Karl Heck, Der Ausnahmezustand in England, in: Das Recht des Ausnahmezustandes im Auslande, bearbeitet im Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Berlin-Leipzig 1928, S. 191-245, dort zum "indemnity act" S. 231-236. (9) Das "Basler Stillhalteabkommen" beruhte auf den Beschlüssen eines internationalen Sachverständigenausschusses, der am 8. 8. 1931 in Basel zusammentrat, um die deutsche Finanzkrise zu erörtern. Für die kurzfristigen Auslandsverbindlichkeiten deutscher Banken 6 Milliarden Mark - räumte ein Konsortium der Gläubigerstaaten eine Stillhaltefrist von 6 Monaten ein, so daß die deutsche Finanzwirtschaft bis Mitte März 1932 gesichert war. Am 6. 1. 1932 erklärte das Reich, daß eine endgültige Lösung der Reparations- und Schuldenfrage zur Wiederbelebung der deutschen Wirtschaft unumgänglich sei; die betr. Fragen erledigten sich durch das de facto-Ergebnis der Lausanner Konferenz (16.6.- 9. 7. 1932), dem Ende der Reparationen. Zu diesem durch eine Notverordnung des Reichspräsidenten vom 9. 9. 1932 (Reichsgesetzblatt, I /1931, S. 489) gesicherten Abkommen: Ernst Rudolf Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, VII, Ausbau, Schutz und Untergang der Weimarer Republik, Stuttgart 1984, S. 859-863, 865, 919 f., 994-999. Der US-amerikanische Präsident Herbert Hoover (1874-1964; Präsident 1929-1933) schlug am 5. 6. 1931 angesichtsder deutschen Wirtschafts- und Finanzkrise ein Moratorium für die deutschen Zahlungsverpflichtungen aus dem Young-Pian vor, das auf einer Konferenz in Paris (22. 6. - 6. 7. 1931) angenommen wurde; der endgültige Text v. 6. 7. 1931 in: H. Michaelis/E. Schraepler, Hrsg., Ursachen und Folgen (Dokumente), Berlin o.J., VIII, S. 185-187; dazu Huber, a. a. 0., S. 849-852; Karl Dietrich Bracher, Die Auflösung der Weimarer Republik, Königstein/Taunus 1978 (zuerst 1955). S. 357 ff.; Heinrich Brüning, Memoiren 1918-1934, Stuttgart 1970, S. 292-310. (10) Zur deutschen Bankenkrise, deren markantestes Ereignis wohl der Zusammenbruch der Darmstädter und Nationalbank ("Danat-Bank") im Juli 1931 war: Aufruf der Reichsregierung v. 13. 7. 1931, in: Ursachen und Folgen, wie FN 9, S. 193; Erich Weiter, Der Krach von 1931, Frankfurt a.M. 1932; Ludwig Mühlich, Die Reichsfinanzwirtschaft in der Weltwirtschaftskrise, Diss. Tübingen 1950; Hans Luther, Vor dem Abgrund. Reichsbankpräsident in Krisenzeiten, Berlin 1964; Karl Erich Born, Die deutsche Bankenkrise 1931. Finanzen und Politik, München 1967; Huber, wie FN 9, S. 852-856 (mit Hinweisen zu den verschiedenen Notverordnungen des Reichspräsidenten); Brüning, wie FN 9, S. 310- 326. (11) Vgl. Schmitt, Donoso Cortes in gesamteuropäischer Interpretation, Köln 1950, S. 84: "Die Menschen suchen im allgemeinen weder die Wahrheit noch die Wirklichkeit, sondern nur das Gefühl ihrer Sicherheit. Ist die akute Gefahr vorbei und die unmittelbare Angst über-
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standen, so ist ihnen jeder Sophismus und jede Trivialität recht und selbst jedes Possenspiel willkommen, wenn es nur ablenkt von der schrecklichen Erinnerung. Vor allem die jähen, blitzhaften Einsichten, die sich nur im Augenblick der akuten Gefahr einstellen, sind dann sehr lästig und werden aus dem Gedächtnis verdrängt, denn sie stören das Gewebe, das den Schrecken verschleiert und den Abgrund verdeckt." S.a. ebd., S. 81. (12) Dem wirtschaftlich-finanziellen Ausnahmezustand ("Wirtschaftsnotstand") kam bes. in der Endphase angesichts der Finanzkrise des Staates wie der Wirtschaftskrise und ihren sozialen Folgen; der Frage, ob Kreditermächtigungen durch Maßnahmen des Reichspräsidenten erteilt werden konnten; den Reparationsproblemen u. a.m. eine immer größere Bedeutung zu, welche die des weiterhin aktuell bleibenden polizeilich-militärischen Ausnahmezustandes übertraf; als Ausgangspunkt werden gemeinhin die zahlreichen Notverordnungen während der Kanzlerschaft Brünings angesehen (so Huber, Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte, III, Stuttgart 1966, S. 426); vgl. u. a. die Notverordnungen v. 26. 7. u. I. 12. 1930, in: Reichgesetzblatt, 1930/I, S. 311 ff., 512 ff.; Schmitt, Verfassungsrechtliches Gutachten über die Frage, ob der Reichspräsident befugt ist, aufgrund des Art. 48 Abs. 2 RV. finanzgesetzvertretende Verordnungen zu erlassen, 28. 7. 1930, 24 S.; Albert Hensel, Verfassungswidrigkeit der Notverordnung?, Deutsche Juristen-Zeitung, 16117, I. 9. 1930, Sp. 1053-61; Richard Thoma, Die Notstandsverordnung des Reichspräsidenten vom 26. Juli 1930, Zeitschrift f. öffentl. Recht, 1 I 1931, S. 12- 33; eine Vorstellung vom Umfang und der Verwikkeltheit der Probleme gibt die Dokumentation und Debatte der Verordnung zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen v. I. 12. 1930 zwischen Dezember 1930 u.Juni 1931 in: Juristische Wochenschrift. Der bisherige Begriff von "Sicherheit und Ordnung" reichte nicht mehr aus: "Unter "Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" im Sinne des Art. 48 sind nicht nur eigentliche Polizeiwidrigkeiten, sondern auch Erscheinungen zu verstehen, deren Bekämpfung völlig außerhalb der Zuständigkeiten der Polizeibehörden liegt: Zustände, die eine Erkrankung des Wirtschafts- und Finanzorganismus bedeuten (Arbeitslosigkeit, Kapitalund Kreditnot, Kapitalflucht, Wahrungsverfall, Zahlungsunfähigkeit der öffentlichen Kassen), gleichviel, ob sie Störungen im engeren polizeilichen Sinne (Straßenunruhen, Gewalttätigkeiten) herbeigeführt haben oder herbeiführen können ... Es wäre schlechthin widersinnig, wollte man dem verfassungsmäßigen Diktator die Bekämpfung der Not, die uns jetzt am schwersten drückt, der Finanz- und Wirtschaftsnot, grundsätzlich verbieten." (Gerhard Anschütz, in: Ders. I Walter Jellinek, Reichskredite und Diktatur. Zwei Rechtsgutachten, Tübingen 1932, S. 13). Zur Entwicklung von Schmitt u. a.: Die staatsrechtliche Bedeutung der Notverordnung, insbesondere ihre Rechtsgültigkeit (1931), in: Verfassungsrechtliche Aufsätze, wie FN I, S. 235 - 62; Der Hüter der Verfassung, Tübingen 1931, bes. S. 119-131; Grundsätzliches zur heutigen Notverordnungspraxis, Reichsverwaltungsblatt u. Preuß. Verwaltungsblatt, Nr. 9, 27. 2. 1932, S. 161-65. Schmitt verfocht längere Zeit die These, daß das Recht des Reichspräsidenten zu gesetzesvertretenden Notverordnungen seiner Befugnis zu Maßnahmen erst "hinzugetreten" (vgl. Hüter, S. 121) sei und nicht, wie andere Juristen erklärten, in dieser Befugnis bereits eingeschlossen gewesen wäre, - was für die Praxis freilich kaum von Belang war; ausführliche Darstellung der Praxis des Wirtschaftsnotstandes bei Huber, wie FN 9, bes. S. 767 - 770, 798 - 806, 843 - 847, 855 - 857, 870 ff., 889 - 894, 911 ff., 999-1003. Genauer betrachtet kam jedoch dem "Wirtschaftsnotstand" bereits unter Ebert erhebliche Bedeutung zu, da viele seiner Notverordnungen sich auf steuerliche, finanzielle, soziale usw. Probleme (Devisenspekulationen, Finanzierung des Ruhrkampfes, Subventionen) bezogen, vgl.: Achim Kurz, Demokratische Diktatur? Auslegung und Handhabung des Artikels 48 der Weimarer Verfassung 1919 - 25, Berlin 1992, S. 149 ff., 162 ff.; auch Huber, VI, wie FN 4,
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S. 700-702. Bis 1925 lehnten es jedoch zahlreiche Juristen ab, diese Praxis auf den Art. 48 zu gründen, vgl. u. a.: Ernst Eckstein, Artikel 48 der Reichsverfassung, Die Gesellschaft, 1 I 1924, S. 192 ff.; Fritz Elze, Unzulässige Anwendung des Art. 48 zu wirtschaftlichen Zwekken, Preuß. Verwaltungsblatt, 1924/25, S. 247 ff. ; Alfred Friedmann, Mißbrauch der Verordnungsgewalt, Deutsche Allgem. Zeitung, 17. 12. 1924. Trotz weiter vorgebrachter Einwände war es zum Zeitpunkt des vor!. Aufsatzes aber herrschende Lehre, daß Art. 48 auch auf wirtschaftliche Probleme anwendbar sei, vgl. Anschütz, wie FN 3, S. 278 f. (13) Die Notverordnung Brünings vom l. 12. 1930 enthielt im Teil 2 "Vorschriften zur Sicherung des Haushalts"; zu den dort verfügten Ausnahmekürzungen gehörten auch 6i'ge Pensions- und Gehaltkürzungen für Beamte, geltend vom l. 2. 1931 bis zum 31. 1. 1934. Viele empörte Kommentare wiesen auf Art. 129 WRV, 1. Absatz, 3. Satz hin: "Die wohlerworbenen Rechte der Beamten sind unersetzlich." Danach gehörten zu den wohlerworbenen Rechten auch ziffernmäßig bestimmte Gehaltsbezüge, also eine Garantie gegen Gehaltsabbau, unbeschadet der Lage der Staatsfinanzen. Schmitt, Wohlerworbene Beamtenrechte und Gehaltskürzungen, Deutsche Juristen-Zeitung, H. 14, 15. 7. 1931, Sp. 917-921; Nachdruck in: Verfassungsrechtliche Aufsätze, wie FN 1, S. 174-180, hielt dagegen maßvolle Kürzungen für vertretbar. Seine Theorie der "institutionellen Garantie" (vgl.: Verfassungslehre, München/Leipzig 1928, S. 170ff.) anwendend, gelangte er zu dem Schluß, diese Garantie beziehe sich auf das Berufsbeamtenturn als solches, nur dieses könne Schutzobjekt sein. Im übrigen seien Staat und Beamtenturn zu eng verbunden, "als daß man die finanzielle Lage des einen von dem vermögensrechtlichen Standard des anderen auf die Dauer trennen könnte." Ähnlich argumentierten Schmitts Schüler Wilhelm Schröder; Die wohlerworbenen Rechte der Beamten (Art. 129 R.Verf.) in ihrer politischen und wirtschaftlichen Bedeutung, Berlin 1930, und Ernst Friesenhahn, Gehaltskürzung und wohlerworbene Rechte, Wirtschaftsdienst (Hamburg), 4. 7. 1930. Schmitts Stellungnahme führte zu zahlreichen Kritiken. Um juristische Sorgfalt waren u. a. bemüht: Gustav Jahn (Präsident des Reichsfinanzhofes i.R.), in: Deutsche Juristen-Zeitung, H. 15, 1. 8. 1931, Sp. JOll f.; von ihm auch: Wohlerworbene Rechte der Beamten, Reichsverwaltungsblatt u. Preußisches Verwaltungsblatt, 20. 6. 1931, S. 481-85; Walter Jellinek, Wohlerworbene Besoldungsrechte der Beamten in Zeiten der Not, Reichsverwaltungsblatt ... , 16. 1. 1932, S. 41-47 (mit Hinweis auf den hier abgedruckten Rundfunkvortrag S. 47) oder der FN 1 genannte Aufsatz Kühnemanns; es kam aber auch zu an Pöbelei grenzender Polemik, etwa in: Allgemeine Beamten-Correspondenz. Unabhängiger Nachrichtendienst für Beamtenpolitik (Berlin), 5. 11. 1931, S. 1-3, "Prof. Schmitt sucht sich zu rechtfertigen. Er spricht auf der "Deutschen Welle" über "Verfassungsstaat und Staatsnotstand", Ndr. in: Schmittiana VII, 2001, S. 209-12; dort auch Schmitts Brief an die Redaktion, S .207 -09; dazu: Andreas Koenen, Der Fall Carl Schmitt, Darmstadt 1995, S. 144 ff., Gabriel Seiberth, Anwalt des Reiches. Carl Schmitt und der Prozeß "Preußen contra Reich" vor dem Staatsgerichtshof, Berlin 2001 , S. 89 f. Die Literatur zu dem Problem der "Brüningschen Kürzungen" ist sehr umfangreich und erfordert eine eigene Bibliographie, ein Großteil findet sich in den juristischen Fachblättern zw. 1930 u. 1932; zur damaligen Debatte auch: Heinrich Muth, Das Ausnahmerecht Versuch einer rechtsvergleichenden Darstellung, Diss. Köln 1932, bes. s. 102-105. (14) Walter Jellinek, Verwaltungsrecht, 3. Aufl., Berlin 1931, S. 166. (15) Der Artikel 59 WRV lautete: "Der Reichstag ist berechtigt, den Reichspräsidenten, den Reichskanzler und die Reichsminister vor dem Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich anzuklagen, daß sie schuldhafterweise die Reichsverfassung oder ein Reichsgesetz verletzt
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haben. Der Antrag auf Erhebung der Anklage muß von mindestens hundert Mitgliedern des Reichstags unterzeichnet sein und bedarf der Zustimmung der für Verfassungsänderungen vorgeschriebenen Mehrheit. Das Nähere regelt das Reichsgesetz über den Staatsgerichtshof." Schmitt hielt dafür, daß hier die Verfassung "in Verkennung ihres Wesens" neben irgendein Reichsgesetz gestellt werde; die Bestimmung sei "nur als Nachwirkung der Verfassungszustände der konstitutionellen Monarchie" zu verstehen und könne, "neben dem strafrechtlichen Verfahren . . . , höchstens politischen Leidenschaften oder Demonstrationszwecken dienen." (Verfassungslehre, wie FN 13, S. 136). Dennoch befürchtete v. Hindenburg im Herbst 1932 eine Präsidentenanklage wegen des Preußenschlages, dann eine von Seiten der NSDAP. Brüning war sogar überzeugt, daß die Zustimmung v. Hindenburgs zur Kanzlerschaft Hitlers sich z.T. aus v. Hindenburgs Angst vor einer Anklage des Reichstages wegen des Osthilfeskandals erklärte, so Brüning, Ein Brief, Deutsche Rundschau, April 1947, S. 1 ff., 15. (16) Vgl. den Kommentar zu diesen Artikeln bei Anschütz, wie FN 3, S. 589 ff., 607 ff., 703 ff. (17) Diese Vermutung der legalen Gesinnung und der Rechtmäßigkeit gehört zu Schmitts berühmten "politischen Mehrwert", zur "über-legale(n) Prämie auf den legalen Besitz der legalen Macht", vgl.: Legalität und Legitimität, wie FN 5, S. 35 f. (in Verfassungsrechtliche Aufsätze, wie FN 1, S. 282). (18) Der Absatz 5 des Art. 48 WRV lautete: "Das Nähere bestimmt ein Reichsgesetz." Die Forderung nach diesem wurde bes. 1924 auf der Tagung der Deutschen Staatsrechtslehrer (14.- 15. 4. 1924) und auf dem Deutschen Juristentag im September 1924 erhoben; vgl.: Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer, I, Berlin/Leipzig 1924, S. 139 (im Anschluß an die berühmten Referate von Carl Schmitt und Ernst Jacobi zur Diktatur des Reichspräsidenten); Robert Piloty I Richard Grau, Wie ist das in Art. 48 Abs. 5 der Reichsverfassung vorgesehene Reichsgesetz über den Ausnahmezustand zu gestalten?, in: Verhandlungen des 33. Deutschen Juristentages, 1925, S. 75 ff., 81 ff. (vgl.: Grau, Juristische Wochenschrift, H. 23, 1924, S. 1810 f.); Hans Nawiasky, Das Durchführungsgesetz zum Artikel 48 der Reichsverfassung, Das Recht, H. 20 I 1924, Sp. 454-68, H. 21 -22 I 1924, Sp. 498 f. - Das Projekt eines Durchführungsgesetzes kam zu Fall durch den Widerstand des Reichswehrministeriums und v. Hindenburgs, vgl. dessen Brief an Reichskanzler Wilhelm Marx v. 22. 11. 1926, abgedruckt in: Walther Hubatsch, Hindenburg und der Staat, Göttingen 1965, S. 242 ff.; dazu auch: Schu/z, wie FN 2, S. 55 f.; Scheuner, wie FN 2, S. 271 f.; vgl. a. Schmitt, Das Ausführungsgesetz zu Art. 48 der Reichsverfassung (sogen. Diktaturgesetz), Kölnische Volkszeitung, 30. 11. 1926, Ndr. in: Ders., Staat, Großraum, Nomos. Arbeiten aus den Jahren 1916-1969, hrsg. v. Günter Maschke, Berlin 1995, S. 38-41, mit Hinweisend. Herausgebers S. 42 f., sowie: Ders., Die Diktatur des Reichspräsidenten nach Artikel 48 der Weimarer Verfassung (als Anhang zu: Die Diktatur. Von den Anfängen des modernen Souveränitätsgedankens bis zum proletarischen Klassenkampf, 2. Aufl., München/Leipzig 1928, S. 213 - 59, 254 f .) Dieser Passus ist in der ersten gedruckten Fassung dieses Referates (in: Veröffentlichungen . . . , s.o., S. 63- 104) nicht enthalten und wurde erst 1927 formuliert.
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II. Was ist legal? Rundfunkvortrag Deutsche Welle
24. Februar 1932 (Fragment) Diese Frage läßt sich heute in Deutschland nicht einfach mit der bequemen formalistischen Antwort erledigen, daß legal eben das Gesetzmäßige ist und daß man daher nur in den Gesetzbüchern und in der Verfassung nachzuschlagen brauche, um Bescheid zu wissen. Denn in den meisten, politisch umstrittenen Fällen geht der Streit (?) gerade um die Frage, wie man die Verfassungsbestimmungen zu verstehen habe. Auch ist hier unter Legalität oder Illegalität nicht jede Art von Gesetz- oder Vorschriftsmäßigkeit oder Vorschriftswidrigkeit verstanden. Wer seine Miete pünktlich zahlt, handelt legal, wer Wechsel fälscht, handelt illegal. Solche Bedeutungen des Wortes interessieren hier offenbar nicht. Hier steht vielmehr ein Begriff von Legalität in Frage, der sich unmittelbar auf die Verfassung als ein Ganzes bezieht und eben ein politischer Begriff ist, ohne aufzuhören, verfassungsrechtlieh zu sein. Diese ... Besonderheit des heutigen Legalitätsproblems kann nur aus der Besonderheit unserer innerpolitischen Lage verstanden werden. Eine Anzahl verhältnismäßig fest organisierter Parteien kämpfen [sie!] um die Macht, aber nicht in offenem Bürgerkrieg, sondern unter der Geltung einer geschriebenen Verfassung. Ein bestimmt geartetes Parteiensystem und eine bestimmt geartete, geschriebene Verfassung sind also die Voraussetzung dafür, daß die Legalitätsfrage ihre heutige Schärfe und Eigenart erhält. Im Parteienstaat des englischen Parlamentarismus liegt die Frage anders, weil es an einer geschriebenen Verfassung fehlt und die politischen Parteien nach Zahl und Struktur andersgeartet sind als bei uns. Dort können auch noch Vorstellungen wie Verfassungsloyalität, fairness, constitutional morality eine größere praktische Wirkung haben, solange es in relativ gesicherten sozialen und wirtschaftlichen Zuständen noch gemeinsame Überzeugungen und gegenseitiges Vertrauen auf die Loyalität des Parteigegners gibt (1). Auch in Frankreich, wo es zwar geschriebene Verfassungsgesetze organisatorischen Inhalts, aber nicht eine Verfassung von der Art der Weimarer Verfassung gibt, liegt die Frage anders als bei uns. Dort sind gewisse Prinzipien wie Freiheit und Gleichheit des Staatsbürgers und Privateigentum auch ohne verfassungsgesetzliche Verankerung als selbstverständlich anerkannt, und ein großer Staatsrechtslehrer konnte die Lehre von der superlegalite constitutionnelle (2) vertreten, nach welcher der Geist und die Prinzipien der Verfassung über jede Verfassungsänderung erhaben sind. Im heutigen Deutschland würde man Gefahr laufen, mit solcher Theorie einer Überlegalität für einen exzentrischen Schwärmer gehalten zu werden, wo wir doch schon Verdruß (?) genug mit der einfachen Legalität haben. Die geltende deutsche Reichsverfassung zeichnet sich dadurch aus, daß sie nicht nur einen organisatorischen, sondern auch einen ausführlichen materiell-recht-
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liehen Teil enthält und unter der Überschrift "Grundrechte und Grundpflichten der Deutschen" (3) zahlreiche Gewährleistungen, Garantien, Sicherungen, Verankerungen verschiedener Art, z. B. persönliche Freiheit, Privateigentum, Ehe, Rechte von Kirchen und Religionsgesellschaften, Beamtenrechte enthält. Dadurch ist dem einfachen Gesetzgeber, der sonst im allgemeinen im Wege der Gesetzgebung bestimmen kann, was legal ist, nicht nur verfahrensmäßig, sondern auch inhaltlich eine sehr bedeutende Schranke gesetzt. Legal ist also für uns keineswegs alles, was der Reichsgesetzgeber, d. h. im allgemeinen gesprochen, die einfache Reichstagsmehrheit im Wege des Gesetzgebungsverfahrens bestimmt. Dafür ist es aber die herrschende Auffassung, daß im Wege eines verfassungsändernden Reichsgesetzes nach Art. 76 ohne jede Grenze alles legal werden kann, z. B. ein atheistisch-bolschewistischer Staat, ein nationalsozialistisches Drittes Reich, ein wirtschaftsdemokratischer Gewerkschaftsstaat usw. Nach dieser Auffassung, die ich hier nicht kritisieren möchte, gibt es also überhaupt keine verfassungswidrigen Ziele, die als solche verfassungswidrig wären, sondern die Verfassung enthält in Art. 76 sozusagen potentiell alle diese Möglichkeiten und ist jedem Inhalt gegenüber indifferent und neutral. Danach müßten alle Parteien mit allen denkbaren Programmen zugelassen werden (4). Nun soll die Verfassungangesichts der festen, oft gerade militärischen Organisation mancher Partei und ihrer Hilfsorganisationen wirklich die Aufgabe erfüllen, den Bürgerkrieg und offene Gewalt zu verhindern. Darin besteht das politische Interesse an der Legalität. Legalität heißt doch vor allem: Verzicht auf Gewalt, gewaltsamen Umsturz und Bürgerkrieg. Aber andererseits gibt es kein Staatswesen ohne Zwang und Gewalt, der Staat hat ein Monopol von Zwang und Gewalt, und Legalität bedeutet gerade dieses Monopol. Wenn nun jeder demokratische Staat, vielleicht auch jeder Staat überhaupt, ein Parteienstaat ist, so wird dieses Monopol zu einem Machtmittel der einen Partei gegen die andere. Die eigentliche politische Funktion des Begriffes Legalität liegt darin, das Widerstandsrecht auszuschließen (5). Das ist nur solange erträglich und vernünftig, als die nichtregierende Partei eine Möglichkeit hat, auch ihrerseits mit legalen Mitteln zur Macht zu gelangen und ihr Ziel zu erreichen. Dürfen wir die Frage nach der Legalität folgendermaßen erledigen: Die Partei, welche die einfache Mehrheit hat, also über 51% verfügt, nützt das in Gesetzgebung, Regierung, Verwaltung weit aus, bis sie an die Grenze stößt, die in einer verfassungsgesetzlichen Bestimmung enthalten ist; die Partei oder Parteikoalition, welche über die verfassungsändernden Zwei-Drittel-Mehrheiten verfügt, braucht überhaupt keine Rücksicht zu nehmen, weil alles, was sie tut, jedenfalls legal ist. Die Frage ist deshalb von großer grundsätzlicher und praktischer Bedeutung, weil es sich darum handelt, wie weit die jeweils herrschende Partei oder Parteikoalition ihre legale Macht benutzen darf, um sozusagen auf legale Weise die Tür der Legalität, durch welche sie eingetreten ist, hinter sich zu schließen und den parteipolitischen Gegner durch Illegalitätserklärung konkurrenzunfähig zu machen. Um es [?] wieder an dem einfachen extremen Fall zu demonstrieren: Wer die verfassungsändernde Zwei-Drittel-Mehrheit hat, könnte in die Verfassung hinein-
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schreiben, daß nur seine Parteigänger vollberechtigte Staatsgänger [sie! - Soll heißen: Staatsbürger - G. M.] sind und Zugang zu den öffentlichen Ämtern haben. Er könnte legalerweise sogar noch hinzufügen, daß diese Verfassungsbestimmung überhaupt niemals wieder, auch nicht durch verfassungsändernde Zwei-Drittel-Mehrheit abgeändert werden kann. Hier zeigt sich am deutlichsten, in welche Sackgasse ein bloß formalistischer Legalitätsbegriff hineinführt. Der Grundgedanke jeder demokratischen Mehrheitsentscheidung liegt doch für unsere heutige Auffassung nur in der Gerechtigkeit der gleichen (?) Chance, und diese ist zerstört, wenn einem parteipolitischen Gegner die Möglichkeit genommen wird, seinerseits zur einfachen oder zur verfassungsändernden Mehrheit zu gelangen. Es ist nicht nur eine Frage der Loyalität, sondern auch der Legalität im Sinne einer Verfassung von der Art der Weimarer Verfassung, diese Chance offenzuhalten (6). So klar und selbstverständlich dieser Grundsatz als Grundsatz ist, so schwierig wird seine praktische Anwendung in einer Lage wie der des heutigen deutschen Staates. Je heftiger die innerpolitischen Parteikämpfe werden, je fester die Parteiorganisationen, um so schärfer und fester die Parteigegensätze und die innerpolitisches Freund-Feind-Gruppierungen, deren Konsequenz der Bürgerkrieg ist. Je formalistischer dann die Verfassung aufgefaßt wird, um so mehr verwandelt sie sich aus einem Instrument der inneren Befriedung und Vermeidung des Bürgerkriegs in eine Waffe der innerpolitischen Feindschaften. Das Ergebnis ist dann, daß jeder dem andern die Verfassung aus der Hand zu schlagen sucht, wobei die Verfassung nur zerbrechen kann. Diese rein taktisch-technische Auffassung der Legalität wird von revolutionären Parteien offen ausgesprochen. Lenin hat sie in einer berühmten Schrift über den Radikalismus als Kinderkrankheit der Revolution klassisch dargelegt (7). Die Gegensätze und die innerpolitische Feindschaft werden dann um so schärfer, je mehr sich zeigt, daß schon die einfache Mehrheit genügt, um einen ungeheuren legalen Machtzuwachs zu erreichen, der bei taktisch geschickter Handhabung den Parteigegner unterdrücken kann, ohne mit den Schranken und Verankerungen der geschriebenen Verfassung in einen formellen Widerspruch zu geraten. Denn man darf nicht übersehen, daß der bloße Besitz der legalen Macht einen dreifachen, wenn ich so sagen darf, politischen (8) ... (1) Zum "nicht auf einem endgültig definierten Normensystem, sondern im wesentlichen auf Konventionen" beruhendem englischen Parlamentarismus: Kurt Kluxen, Die geistesgeschichtlichen Grundlagen des englischen Parlamentarismus (1963), in: Ders., Hrsg., Parlamentarismus, Königstein/Taunus 1980, S. 99-111, 444-449. - " . . .der Erfolg des Systems wird vor allem auf die "natürliche Mäßigung in unserem britischen Blut" (Balfour, 1902), auch dem der geringen Neigung, "Partisanen von Parteiprogrammen zu werden" zugeschrieben. Da keine der beiden Parteien einen sehr starken oder festen Bestand von Prinzipien hat, nach dem sie handelt, ist jede abgeneigt zum äußersten zu schreiten. Beide sind in gewissem Sinne Opportunisten. Jedermann weiß recht wohl, daß nach einem Regierungswechsel kein plötzlicher Bruch in der Kontinuität der öffentlichen Politik eintreten wird", bemerkt Friedrich Glum, Das parlamentarische Regierungssystem in Deutschland, Großbritannien und Frankreich, München/Berlin 1950, S. 77.
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(2) Gemeint ist der französische Verfassungsrechtier Maurice Hauriou (1856- 1929), der mit seiner Theorie der "Institution" und seinem Konzept der "Superlegalität" Schmitt stark beeinflußte, vgl. Hauriou, Precis de Droit constitutionnel, Paris 1923, bes. S. 276-300, "La superlega1ite constitutionnelle". Dort heißt es u. a.: "Taute superlegalite constitutionnelle ou toute constitution ecrite rigide est essentiellement une charte statuaire etablie par un pouvoir constituant" (S. 277) und: " .. .il se creera une continuite et une rigidite de Ia superlegalite constitutionnelle, en ce sens que celle-ci ne se transformera qu' en vertu des procedures qu'elle aura elle-meme prevues" (S. 292); hieraus folgt die Begrenztheit von Verfassungsänderungen: "La revision de Ia constitution doi't etre limitee" (S. 293 ff.). Vgl. Schmitt, Legalität und Legitimität, München/Leipzig 1932, S. 60 f. (in: Verfassungsrechtliche Aufsätze, Berlin 1958, S. 311) wo es u. a. heißt: "Ich bin mit Hauriou der Meinung, daß jede Verfassung solche grundlegenden "Prinzipien" kennt, daß sie zum grundsätzlich unveränderlichen "Verfassungssystem" gehören, wie es Carl Eilfinger genannt hat, und daß es nicht Sinn der Verfassungsbestimmungen über die Verfassungsrevision ist, ein Verfahren zur Beseitigung des Ordnungssystems zu eröffnen, das durch die Verfassung konstituiert werden sollte. Wenn eine Verfassung die Möglichkeit von Verfassungsrevisionen vorsieht, so will sie damit nicht etwa eine legale Methode zur Beseitigung ihrer eigenen Legalität, noch weniger das legitime Mittel nur Zerstörung ihrer Legitimität liefern." (3) Vgl. Schmitt, Inhalt und Bedeutung des zweiten Hauptteils der Reichsverfassung, in: Gerhard Anschütz/Richard Thoma, Hrsg., Handbuch des Deutschen Staatsrechts, II, Tübingen 1932, S. 572-606; Nachdruck u.d.T. "Grundrechte und Grundpflichten" in: Schmitt, Verfassungsrechtliche Aufsätze, wie FN 2, S. 181-231; vgl. auch die Schlußpassagen von "Legalität und Legitimität". (4) Damit ist auf die herrschende Meinung der Weimarer Staatsrechtier angespielt, die besonders von Gerhard Anschütz kanonisiert wurde, nach der "alles ohne Unterschied des Inhalts und der politischen Tragweite" an der Verfassung geändert werden könne, würden nur die vorgeschriebenen Prozeduren beachtet und bestünden die notwendigen Mehrheiten. "Diese herrschende Auffassung des Art. 76 nimmt der Weimarer Verfassung ihre politische Substanz und ihren "Boden" und macht sie zu einem gegenüber jedem Inhalt indifferenten, neutralen Abänderungsverfahren, das namentlich auch der jeweils bestehenden Staatsform gegenüber neutral ist. Allen Parteien muß dann gerechterweise die unbedingt gleiche Chance gegeben werden, sich Mehrheiten zu verschaffen, die notwendig sind, um mit Hilfe des für Verfassungsänderungen geltenden Verfahrens ihr angestrebtes Ziel- Sowjet-Republik, Nationalsozialistisches Reich, wirtschaftsdemokratischer Gewerkschaftsstaat, berufsständischer Korporationsstaat, Monarchie alten Stils, Aristokratie irgendwelcher Art - und eine andere Verfassung herbeizuführen", so Schmitt in: Der Hüter der Verfassung, Tübingen 1931, S. 113; dann dazu ausführlicher in "Legalität und Legitimität", wo ein Verbot von KPD und NSDAP nahegelegt wurde. (5) Vgl. Schmitt, Legalität und Legitimität, wie FN 2, bes. S. 21, 25, 33-35,91 (Verfassungsrechtliche Aufsätze, wie FN 2, auf den S. 276, 279, 285-287, 338). (6) Vgl. bes.: Legalität und Legitimität, wie FN 2, bes. S. 30- 40, "Legalität und gleiche Chance politischer Machtgewinnung" (Verfassungsrechtliche Aufsätze, wie FN 2, S. 283293). (7) Vgl. Lenin, Der "linke Radikalismus", die Kinderkrankheit im Kommunismus (1920), in: Ders., Ausgewählte Werke, III, Moskau 1970, S. 388-485; hieran anschließend: Georg Lukacs, Legalität und Illegalität (1920), in: Ders., Geschichte und Klassenbewußtsein. Stu-
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Carl Schmitt
dien über marxistische Dialektik, Berlin 1923, S. 261 -275. Die von Schmitt öfters behauptete Gleichartigkeit der kommunistischen und der nationalsozialistischen Haltung gegenüber der Legalität verzeichnet m.E. das Problem; man sollte die Legalitätstaktik der Kommunisten (=Anwendung legaler und/oder illegaler Mittel je nach Lage) unterscheiden von der Legalitätsstrategie der Nationalsozialisten (= weitgehende Bevorzugung legaler Methoden bei gleichzeitiger Infiltrierung der gesellschaftlichen Eliten sowie Vorbereitung auf den späteren, eigenen Staat durch die noch immer unerforschte "Aufbauabteilung" Konstantin Hierls 1930 I 32). Hinzu kommt das beträchtliche "Legalitätsgefälle" zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten: Den ersteren konnte man allenfalls konzedieren, daß sie in bestimmten Fällen die Legalität nicht verletzten, den letzteren nahm man, trotz oft klarer Ankündigungen (man denke an Gregor Strasscrs Wort: "Legal bis zur letzten Leitersprosse, aber gehenkt wird doch!") ab, daß sie "insgesamt legal" (d. h. hier auch, wenig juristisch, "vernünftig", "maßvoll" o.ä.) seien. Eine nationalsozialistische Machtergreifung galt vielen - der Komparativ sei gestattet - als "legaler" denn eine kommunistische, weil die mit ihr einhergehenden Verfassungsänderungen relativer Natur wären und "nicht an die politische Existenz des Volkes als solch(em)" rührten; der Kommunismus hingegen beinhalte die Zerstörung der "gesamten Grundlagen der bisherigen volklichen Ordnung, nämlich des Privateigentums, der Ehe und der Verbindung mit der Religion", so Otto Koellreutter, Parteien und Verfassung im heutigen Deutschland, Festschrift Richard Schmidt, 1932, S. 107-139, 115. Im Prozeß Preußen-Reich im Oktober 1932 argumentierte Schmitt ähnlich und polemisierte, wohl aus prozeßtaktischen Gründen, gegen die "beleidigende Gleichstellung" der NSDAP mit der KPD, womit er sich in Widerspruch zu seinem Erklärungen in "Legalität und Legitimität" setzte (Preußen contra Reich vor dem Staatsgerichtshof, Berlin 1933, S. 39). (8) Das Typoskript bricht hier ab; Schmitt wollte auf die Prämie auf den legalen Besitz der legalen Macht eingehen, vgl. Legalität und Legitimität, wie FN 2, S. 35 f. (Verfassungsrechtliche Aufsätze, wie FN 2, S. 282).
PIET TOMMISSEN (Hrsg.)
Julien Freund t: Choix de quelques lettres de Ia correspondance de Carl Schmitt (111) In Schmittiana II, S. 31-71 durfte ich den ersten Teil der an Julien Freund (1911- 1993) (künftig: J.F.) gerichteten Briefe von C.S. (2 + 15 Schreiben aus der Periode 1959-1963), in Schmittiana IV, S. 53- 86 den zweiten Teil (17 Schreiben aus der Periode 1965- März 69) veröffentlichen. Da es nicht angeht, der Forschung den letzten Teil vorzuenthalten, zumal weiland Professor Joseph H. Kaiser (1921-1998) J.F. die Abdruckgenehmigung aller Briefe erteilt hat, nutze ich die Gelegenheit, jetzt die Briefe aus der Periode Mai 1969- Dezember 1974 abzudrucken. Warum J.F. damals eine Auswahl getroffen, d. h. Briefe ausgeklammert hat, weiß ich nicht, aber davon sind diesmal keine betroffen. Den von J.F. gewählten Titel habe ich beibehalten, obwohl er im Grunde nicht stimmt. Die beiden ersten Teile sind teilweise von J.F., teilweise von mir annotiert worden. Selbstverständlich hafte ich allein für die Fußnoten des nachstehenden abschließenden Teils. Mehrere gravierende Verstöße gegen die französische Sprache (meistens grammatikalische Schnitzer) habe ich stillschweigend berichtigt, die nicht störenden (meistens falsche Wortwahl) stehen lassen. Nebenbei gesagt, scheint die französische Sprache C.S. mit zunehmendem Alter Schwierigkeiten bereitet zu haben. Altersbedingt sind m.E. auch manche Wiederholung und manches Urteil. Dessenungeachtet enthalten viele Briefe interessante Einzelheiten (vgl. Aussagen über Max Weber, Georg Simmel, Friedrich Meinecke, Maurice Hauriou, u. a.) oder andere ergänzen unser Wissen über bestimmte Themen, z. B. über C.S.s Sympathie für Raymond Aron, oder über den geplanten Beitrag zu der Festschrift für Frant;:ois Perroux (vgl. Schmittiana V, S. 209 - 210), auch wenn ich ausgerechnet diese Angelegenheit, die mich persönlich berührte, noch immer nicht recht verstehe. Da ich in einigen Briefen namentlich erwähnt werde und dabei nicht immer gut abschneide, erlaube ich mir, einen Satz aus Schmittiana V, S. 177 FN 90 zu wiederholen: " ... Über die Beweggründe von C.S.s Benehmen habe ich eine etwas nüanciertere Meinung als A. Mohler". Dem füge ich einen Satz aus dem an mich gerichteten Schreiben J.F.s vom 23. Oktober 1978 hinzu: "Vorige Woche traf ich in Straßburg Josef Kaiser aus Freiburg. Er erzählte von ihrem Treffen in Staufen. Er war sehr überrascht über die C.S. betreffenden Flausen, die ich ihm mitteilte. Und ich war über sein Staunen überrascht. Später habe ich darüber nachgedacht. Das alles kommt mir sonderbar vor! Während meines jüngsten Besuches bei G. Baurhout vor zwei Wochen konnte ich feststellen wie Greise unter den Pantoffel von interessierten Drittpersonen geraten." (meine freie Übersetzung). Ich glaube nicht, daß in meinem Fall interessierte Dritte eine Rolle gespielt haben. Es gehörte allerdings in Wahrnehmung meiner wissenschaftlichen Tätigkeit als Bibliograph des Witzleben-Kaserne< hieß und jetzt dieses Namens beraubt wurde." (EJ, Strahlungen. Tübingen: Heliopolis-Verlag, 1949, 648 Seiten, S. 549).
Tobias Wimbauer
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Der Stab des Militärbefehlshabers Frankreich hatte sich Mitte August aufgelöst. Im übrigen ist das Datum dieses Briefes der Tag der Hinrichtung Stülpnagels. 2 Meer I Ungeheuer. Dieser Satz spielt auf die Figur des Leviathan als Metapher für das Staatssystem an. Die Bedeutung des Leviathan für EJ und CS hier zu umreißen, würde den Rahmen sprengen.
3 Angriffe auf Berlin. es war im Jahr zuvor, in der Nacht vom 23./24. August 1943, ausgebombt worden. Die Angriffe der britischen RAF dieser Nacht auf Berlin machten ca. 35 000 Berliner obdachlos. Mit 57 abgeschossenen Flugzeugen wurden dem RAP-Bomber eommand die bislang schwersten Verluste zugefügt (Angaben nach: Janusz Piekalkiewicz [1925-1988]: Der Zweite Weltkrieg. Augsburg: Weltbild [Lizenzausgabe], 1994, 1119 Seiten, S. 823). Am 24. August fuhr es via Potsdam nach Plettenberg. Der eS-Biographie Noacks zufolge (S. 235) verblieb es dort bis zum 10. Januar 1945 und zog anschließend nach Berlin-Schlachtensee. es kehrte allerdings bereits im Januar 1944 wieder nach Berlin zurück. EJ weilte im Februar 1944 im Hause ess.
4 Niedermayer. Oskar Ritter von Niedermayer ( 1885- 1945), dt. General. EJ erwähnt Niedermayer in den ,.Strahlungen" am 12. Mai, 23. Mai und am 24. Juli 1944. Unter letzterem Datum fühlt sich EJ bei seinem Besuch bei Niedermayer ,.auf unbestimmte Weise an den alten Orientalisten Harnmer-Purgstall" (Joseph Freiherr von Hammer-Purgstall, 1774-1856) erinnert (EJ, Strahlungen, S. 541). Eine eharakterisierung Niedermayers findet sich in den späteren Fassungen der ,.Strahlungen" unter der Datierung des 12. Mai 1944. 5 Ungern-Sternberg. Roman Fjodorowitsch von Ungem-Stemberg (1885-1921). Als Generalleutnant war Ungem-Stemberg Befehlshaber der mongolischen Kavallerie, mit der er gegen die überlegenen Rotarmisten kämpfte. Bekannt wurde Ungem-Stemberg unter dem Namen "Je baron fou" bzw. "the mad baron". Seine Biographie war im Dritten Reich populär geworden durch den mehrere Auflagen erlebenden Roman von Bemdt Krauthoff (*1907): Ich befehle. Kampf und Tragödie des Barons Ungem-Stemberg. Bremen: e . Schünemann, 1938, 366 (2) Seiten. 6 Wiedersehen/Paris. Zu den Abschieden von seinen Pariser Freunden vgl. die entsprechenden Einträge in den ,.Strahlungen". 7
Vogesenstädtchen. Vgl. FN 1.
Ort im Schwarzwald. Dazu kam es nicht. EJ verblieb bis zum 2. September 1944 in St. Die. Er weilte am 3. September in eolmar und traf am Morgen des 4. September in seinem Wohnort Kirchhorst ein. 8
Nr. 6 Glückwunschadresse Ernst Jüngers an Carl Schmitt. Plettenberg, 11. Juli 1978 1 Lieber Carl Schmitt: Es hieße Eulen nach Athen tragen, wollte ich den Würdigungen Ihres Werkes, die wir soeben von berufener Seite gehört haben, etwas hinzufügen. Erlauben Sie mir indessen einige persönliche Anklänge. Zunächst habe ich Ihnen herzliche Glückwünsche von Ihrem Patensohn Carl Alexander auszurichten -er konnte sich leider von seiner Berliner Praxis nicht frei machen. 2
"In unseren Tagen sind gute Partner selten"
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Besonders aber liegt mir am Herzen, heute Ihrer lieben Frau Duschka3 zu gedenken, die seit langem nicht mehr unter uns weilt. Ich entsinne mich dabei der vielen heiteren Stunden, die wir zusammen in Ihrem Steglitzer4 Hause verbracht haben oft zu viert mit meiner Frau Gretha5 oder in größerem Kreis. Diese Begegnungen reichten bis in den Krieg, wenn ich in Berlin zu tun hatte, und über ihn hinaus ... Daß Sie, lieber Carl Schmitt, nicht nur in Ihrem Fach hervorragen, sondern auch privatim höchst anregend wirken, ist Ihren Freunden bekannt. Sie besitzen einen großen Überblick, auch hinsichtlich der Schönen Künste und der Randgebiete des Wissens wie der Graphologie und der Astrologie. Mich hat besonders die unerwartete Wendung angesprochen, die Sie dem Gespräch zu geben verstehen. Das gibt der Unterhaltung einen eigentümlichen und für Sie typischen Reiz. Um ein Beispiel zu nennen: Ich hatte einmal anläßlich der Unannehmlichkeiten, die Sie in Ihrer Eigenschaft als Staatsrechtier betroffen hatte, notiert: >Das sind so Mißgeschicke des Berufs.< 6 Sie hatten davon gehört und geäußert: >Dazu muß man die Bedeutung kennen, die der Vokal I für Ernst Jünger besitzt.< 7 Wer Liebhaber guter und scharfer Differenzierungen ist, kommt bei Ihnen auf seine Rechnung - sowohl in Ihrem Werk wie im Gespräch. Mir schien zuweilen, daß Fähigkeit und Neigung zur unerwarteten Wendung sich auch Ihrem Umkreis mitteilten. Sie fielen mir auch an Ihrer Tochter Anima8 auf, die heut von fernher zu uns gekommen ist. Als Sie einmal an einer schmerzhaften Ischias litten, stand das Kind nachdenklich an Ihrem Bett und sagte: >Das kommt sicher daher, weil du meinen Osterhasen aufgegessen hast.< Ich will mich nicht in diese Erinnerungen vertiefen. Es liegt mir vielmehr daran, Ihnen für die Stunden zu danken, die wir in Berlin und Paris, in Plettenberg, Kirchhorst und Wilflingen miteinander verbracht haben - oft beim Wein und bis spät in die Nacht. In unseren Tagen sind gute Partner selten - ich denke dabei etwa an Vico9 und Galiani 10 in Neapel oder an Machiavelli 11 in Florenz, und verstehe es durchaus nicht im Sinne der Einstimmigkeit. Diese wird vielmehr im ideologischen und speziell im politischen Engagement erstrebt und macht die Unterhaltung entweder flach oder trüb. Man findet, was man erwartet, und nicht, wie bei Ihnen, das Unerwartete. Das gilt auch für Ihre Briefe und für Ihre Existenz überhaupt. Wir danken Ihnen dafür. Ich erhebe mit Ihren Freunden das Glas. Wir trinken auf Ihre Gesundheit und Ihr Wohl. 1 Diese Geburtstagsadresse ist abgedruckt in EJs Tagebuch "Siebzig verweht III" (Stuttgart, Klett-Cotta, 1993, 594 Seiten, S. 508-510). EJ zitiert ihn unter der Datierung "Wilflingen- nach Ostern 1985", nachdem er des verstorbenen CS mit den Worten gedacht hat: "Carl Sehnlitt starb am Ostermorgen dieses Jahres, was nicht nur für einen Christen ein gutes Datum ist. Beim Blättern in meinen Korrespondenzen stoße ich auf meinen Glückwunsch zu seinem neunzigsten Geburtstag in Flettenberg am II. Juli 1978[.]" (S. 508).
9 Schmittiana Vlll
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Tobias Wimbauer
Horst Mühteisen berichtet in Schmittiana I (2. Aufl. 1988, S. 115): "Am 11. Juli 1978, dem 90. Geburtstag von Carl SCHMITT, überbrachte Ernst JÜNGER dem Freund und Weggefährten persönlich seine Glückwünsche. Dies war die letzte Begegnung." 2 Patensohn Carl Alexander. Carl Alexander Jünger (1934-1993) war der zweite Sohn EJs. CS war sein Taufpate. Alexander Jünger studierte ab dem Wintersemester 1955 I 1956 in München, Hamburg, Berlin und Göttingen Medizin. Er wurde am 17. Dezember 1963 mit seiner Inaugural-Dissertation "Die Häufigkeit der verschiedenen Formen der weiblichen Genitalkarzinome, ihre symptomlose Latenzzeit, Behandlungsverschleppung und Überlebenszeit" (München: A. Schubert, 1963, 45 Seiten) an der Ludwig-Maximilian-Universität München, betreut von Prof. Dr. Werner Sickenbach (1900-1974), promoviert. Als Arzt hatte Jünger sich in Berlin niedergelassen. 3
Duschka Schmitt. Duschka Schmitt, geb. Todorovic, 1903- 1950. Duschka Schmitt und
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Steglitzer Hause. Vgl. Nr. 3, FN 6.
es waren seit 1926 miteinander verheiratet.
Gretha. Gretha Lidy Toni Margrete Anni Jünger; geb. von Jeinsen, 1906-1960. Verheiratet mit EJ seit dem 3. August 1925. Sie hat unter ihrem Mädchennamen zwei Bücher veröffentlicht: Gretha von Jeinsen: Silhouetten. Eigenwillige Betrachtungen. Pfullingen: Günther Neske, 1955, 301 Seiten. Und: dies.: Die Palette. Tagebuchblätter und Briefe. Harnburg: Hans Dulk, 1949, 132 Seiten. 5
6 Mißgeschicke des Berufs. Diese Stelle findet sich in den "Strahlungen" unter der Datierung des 14. Dezember 1943 (a. a. 0., S. 454 f.): "Als klassischer Rechtsdenker ist er [d.i. CS] der Krone zugeordnet, und seine Lage wird notwendig schief, wo eine Garnitur des Demos die andere ersetzt. Bei der Heraufkunft illegitimer Mächte bleibt an der Stelle des ersten Kronjuristen ein Vakuum, und der Versuch es auszufüllen geht auf Kosten der Reputation. Das sind so Mißgeschicke des Berufs." CS geht im "Glossarium" auf diese Stelle aus den "Strahlungen" ein und konstatiert: ,)awohl und vielen Dank für die richtige Diagnose!" (CS, Glossarium. Aufzeichnungen der Jahre 1947-1957. Hg. v. Eberhard Freiherr von Medern [1913 -1993]. Berlin: Duncker & Humblot, 1991, xvii, 364 Seiten, S. 129)
7 Vokal I. Zur Bedeutung des Vokals I bei EJ vgl. seine Schrift "Lob der Vokale. Dem Genius der Sprache" (in: EJ, Blätter und Steine. Hamburg: Hanseatische Verlagsanstalt, 1934, 226 Seiten, S. 47 - 85). Im Vokal I wird "das Fleisch [angerufen]" (S. 85). Während "das A und das 0 vor allem Zuneigung, Bewunderung, Beifall aus[drücken]", sind "[d]em U und I dagegen ( ... ) Abneigung, Ekel, Verachtung und Angst zugeteilt." (S. 66). Auch den Worten, die "trauriger und gefährlicher Natur" (S. 67) sind, ist meist das U und das I zugehörig. Bei Rimbaud (frz. Dichter, 1854-1891) war dem I die Farbe Rot zugewiesen (S. 72). Zum Rot s. die Kapitel "Die rote Farbe" und "Notizen zur roten Farbe" in: EJ, Das abenteuerliche Herz. Figuren und Capriccios (II. Fassung). Hamburg: Hanseatische Verlagsanstalt, 1938,229 Seiten, S. 83 - 87 und S. 87-89. Dem Vokal I gewidmet ist insbesondere das 16. Kapitel EJs Schrift (S. 79-81). Dort heißt es unter anderem: "Die eine seiner Fähigkeiten strebt dem fleischigen Kerne des Lebens, die andere der Verwesung zu." (S. 79) Das I ist der "Laut der lebendigen Inhalte" (S. 80). Ausführlich zum "Lob der Vokale": Jean-Luc Evard (*1949): En guise de preface. In: EJ, Eloge des voyelles. Traduit de l'allemand et presente par Jean-Luc Evard. Monaco: Editions du Rocher, 2001, 124 (1) Seiten, S. 9-57. Vgl. hierzu die Rezension von Piet Tommissen (*1925): Besser spät als nie. Endlich Interesse an Ernst Jüngers "Lob der Vokale". In: Critic6n (Bonn), Nr. 172, Winter 2001, s. 65 - 66.
"In unseren Tagen sind gute Partner selten" 8
Anima. Anima Louise Schmitt de Otero (1931-1981), Tochter CSs.
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Vico. Giovanni Battista Vico (1668-1744), ital. Philosoph.
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Galiani. Ferdinando Galiani ( 1728- 1787), ital. Volkswirtschaftler.
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Machiavelll. Niccolo Machiavelli (1469-1527), ital. Politiker und Schriftsteller.
Nr. 7 Brief Carl Schmitt an Ernst Jünger. [o.O., September 1982] 1 [September 1982] Zu diesen müden Zeilen reicht es noch eben - ertragen Sie mild den Versuch. 1 Dieses kurze Zitat ist der Jünger-Biographie von Paul Noack (a. a. 0., S. 270) entnommen. Wo sich der komplette Brief befindet, konnte bis Redaktionsschluß des vorliegenden Bandes nicht eruiert werden.
PIET TOMMISSEN (Hrsg.)
Briefe von Paul Adams an Günther Krauss (Periode: 1931- 35) Es ist kaum anzunehmen, daß die nachstehenden, meist langen Briefe den geneigten Leser enttäuschen werden. Im Gegenteil, er wird die zahlreichen Informationen und die nicht weniger zahlreichen Meinungen über Geschehnisse und Personen mit Interesse und Gewinn zur Kenntnis nehmen. Zum einen, weil hier ein streng katholischer Zeitzeuge weder mit seiner anfangliehen Begeisterung über die nationalsozialistische Machtübernahme (1933; vgl. Schmittiana I, S. 62) noch mit seiner schnell erfolgten Ernüchterung, ja Enttäuschung zuriickhält und dariiber hinaus mit einer differenzierten Meinung über den Protestantismus und über die Judenfrage aufwartet; zum anderen, weil der Verfasser der Briefe Carl Schmitt zeitlebens nahegestanden hat und mit interessanten Leuten aus seinem Umkreis (ich denke z. B. an Ernst Jünger) Umgang pflegte, sodaß er in seine Briefe über das ganze Umfeld beachtenswerte Einzelheiten einflechten konnte. Zwei Herren möchte ich meinen aufrichtigen Dank abstatten. An vorderster Stelle Herrn Raymund Adams, der mir den Abdruck der Briefe seines Onkels schon vor längerer Zeit uneingeschränkt genehmigt und mir außerdem wichtige biographische Fakten mitgeteilt hat. Gleich danach Herr Stud. phil. Tobias Wimbauer, der für mich viele Recherchen angestellt und fehlende bibliographische Details eruiert hat. Selbstverständlich bin ich jedoch auch mehreren Einzelpersonen und Behörden sehr erkenntlich für ihre nützlichen Auskünfte; im Prinzip werden sie in den Fußnoten extra erwähnt.
P.T.
Einleitung Die Brüder Paul (1894-1961) [künftig: P.A.] und Alfons Adams (1899-1973), Söhne von Josef Adams und seiner Ehefrau Josefine (geb. Feldhege), wurden geboren im westfalischen Menden (Kreis Iserlohn), wo der Vater Konrektor einer Volksschule war. Paul bestand die Reifeprüfung 1913 an dem humanistischen Gymnasium Petrinum zu Brilon. Sein Bruder sollte das Abitur in Menden machen, wurde aber eingezogen und erwarb nach Kriegsende, wie viele andere seines Alters, das (Not-)Reifezeugnis, in seinem Fall am Manengymnasium zu Werl im Februar 1919. Paul studierte Germanistik (Deutsche Philologie), Romanistik und Philosophie, hauptsächlich in Münster, jedoch auch in Paderborn und München. Alfons widmete sich an den Universitäten zu Münster, München und Bonn philosophischen und staatswissenschaftliehen Studien; das ebenfalls ins Auge gefaßte Theologiestudium hat er in der 2. Jahreshälfte 1928 aufgegeben. Paul promovierte 1925 über ein sich auf den Dichter Christian Dietrich Grabbe ( 1801 - 1836) be-
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Piet Tommissen
ziehendes Thema 1 • Alfons legte zuerst in Münster eine philosophische Dissertation über einen französischen Gegenrevolutionär, den Vicomte Louis de Bonald (1754-1840) vor, promovierte dann in Bonn mit einer Dissertation über den Strafrechtler Adolf Josef Matthäus Merke! (1836-1896l Wahrend ihrer Münsteraner Studienzeit waren die Brüder Adams oft in Köln, wo sie bei Max Sehe/er (18741928) studierten, und noch öfter in Bonn, wo sie u. a. Vorlesungen des Theologen Erik Peterson (vgl. infra) belegten und dem sog. Schell-Kreis des Benediktiners Thomas Michels ( 1892- 1979)3 angehörten. Auch machten sie die Bekanntschaft Carl Schmitts [künftig: C.S.], der zu jener Zeit in Bonn lehrte und eine außergewöhnliche Anziehungskraft ausübte4 • Alfons Adams war vorübergehend in einer Berliner Wohnbaugesellschaft tätig, wurde dann vom Auswärtigen Amt nach Spanien entsandt, u. a. als Leiter des DAAD (=Deutscher Akademischer Austauschdienst)5 in Madrid. In dieser Eigenschaft konnte er C.S. 1929 zu einem Vortrag verpflichten 6 . Als die Streitkräfte des Generals Francisco Franeo Bahamonde (1892-1975) vor Madrid standen, wurden I Diese Dissertation erschien unter dem Titel "Das Weltbild in Grabbes ,Herzog Theodor von Gothland'" in: Literaturwissenschaftliches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft, Bd. 1927, S. 103-135. PA.s Doktorvater war Paul Kluckhohn (1886-1957; vgl. Schmittiana IV, S. 256 FN 1). 2 a) A. Adams, (a) Die Philosophie de Bonaids [1754-1840] mit besonderer Berücksichtigung seiner Sozialphilosophie (maschinenschriftlich), 1923, 104 S. (Doktorvater: Prof. Max Ettlinger [ 1877- 1929]); (b) Die Lehre vom Verbrechen und Strafe im System Adolf Merkeis [1836-1896], Bonn: Verein Studentenwohl, 1928, 79 S. (Doktorvater: Prof. Ernst Landsberg [1860 - 1927)]. Zu diesen zwei Autoren hat Adams sich ein zweites Mal geäußert: vgl. FN 7 Punkte (b) und (d). b) Ich weise daraufhin, daß C.S. schon früh eine Studie ,,Zur Staatsphilosophie der Gegenrevolution (De Maistre, Bonald, Donaso Cortes)" verfaßt hat, die er übernommen hat in seinem Buch: Politische Theologie. Vier Kapitel zur Lehre von der Souveränität, Berlin: Duncker & Humblot, (1922) 1934, 84 S.; dort S. 67-84. Über C.S. und de Maistre und Bonald, vgl. Schmittiana IV, S. 84-85 FN 155 und Schmittiana VII, S. 385; über C.S. und Donoso Cortes, vgl. infra FN 6. 3 a) Über den außerordentlich aktiven Pater Michels, vgl. Wilhelm Blum, "Michels", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (Herzberg: Bautz), Bd 14 = 1998, Sp. 1261-1263. b) Der Kreis wurde nach dem Würzburger Theologen und einflußreichen Publizisten Hermann Schell (1850-1906) genannt. Über Schell, vgl. Otto Weiß (geb. 1934), Der Modemismus in Deutschland. Ein Beitrag zur Theologiegeschichte, Regensburg: Pustet, 1995, XXI 632 S.; dort vor allem S. 134-150: "Der Katholizismus als Prinzip des Fortschritts. Der edle Hermann Schell". 4 Aufschlußreich ist immerhin die Tatsache, daß sich im C.S.-Nachlaß (Hauptstaatsarchiv Düsseldorf- Sign.: RW 265) 20 Briefe von A. Adams aus der Periode 1930-58 und 134 Schreiben von P.A. aus der Periode 1929- 1957 befinden. 5 Vgl. Volkhard Laitenberger; Akademischer Austausch und auswärtige Kulturpolitik 1923- 1945. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) 1923 - 1945, Göttingen: Musterschmidt, 1976, 360 S., Nr. 20 in der Reihe ,Quellensammlung zur Kulturgeschichte'. 6 C.S., Donoso Cortes, su posici6n en Ia historia de Ia filosoffa del Estado europeo, Madrid: Centrode Intercambio Intelectual Germano-Espafiol, 1930, 16 S.
Briefe von Paul Adams an Günther Krauss 1931-35
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die letzten deutschen Dienststellen geschlossen, und Alfons Adams kehrte nach Berlin zum Hauptsitz des DAAD zurück. Nach dem zweiten Weltkrieg wickelte er diese Institution ab. I 946 rief ihn das Landesministerium in Düsseldorf als politisch unbelasteten Verwaltungsmann an die Pädagogische Hochschule in Köln, die er in den folgenden Jahren auf- und ausgebaut hat. 1950 erhielt er einen Ruf als Professor für Philosophie an die Pädagogische Hochschule Paderborn7 . Alfons Adams war verheiratet mit der Studienrätin Dr. Clementine Lipperheide (geb. 1894), der Tochter des Mendener Rektors Wilhelm Lipperheide, und Vater von drei Kindern: Raymund (geb. 1931), Nena-Maria (geb. 1933) und Johannes (geb. 1937). Sein Bruder P.A. fing im März 1928 in Berlin als Journalist bei der "Germania", der Zeitung des Zentrums (vgl. Br 18 FN 6), an. Er schrieb für ihre kulturelle Beilage ,Das neue Ufer' eine Unmenge Thaterkritiken, die einen unbefangenen und belesenen Kenner verraten8 . Er engagierte sich stark im katholischen Akademikerverband (vgl. Br 17) und setzte sich ebenso hilfsbereit für seine persönlichen Freunde ein. So hat er beispielsweise 1922 Theodor Haecker (1879- 1945; vgl. Schmittiana VII, S. 373 FN 6) gebeten, Gedichte seines Freundes Gottfried Hasenkamp (vgl. infra) irgendwo unterzubringen. Haecker hat es bei Ludwig von Ficker (1881-1967) versucht, der aber die Publikation in seiner Zeitschrift "Der Brenner" ablehnte9 . I 934 wurde P.A. von seiner Zeitung gekündigt: Am 1. April stand er völlig mittellos auf der Straße. Aber Veit Roßkopf (vgl. infra), der soeben zum Leiter des Reichssenders München bestellt worden war, engagierte ihn. Ab September 7 a) Alfons Adams schrieb einige Aufsätze, z. B. (a) "Die Gestaltung des Lebens durch die Liturgie als Bereitung des Geistes zur Wahrheitserkenntnis", in: Das Siegel [Br 12 FN 11], 1. Bd = 1925, S. 129-165; (b) "Bona1d", in: Staatslexikon (im Auftrag der Görres-Gesellschaft), 5. Aufl., Bd 1 = 1926, Sp. 991-995; (c) "Nation und Kirche", in: Das Siegel [Br 12 FN 11], 2. Bd. = 1926, S. 80-104; (d) "Merkel, AdolfM.", in: Staatslexikon (im Auftrag der Görres-Gesellschaft), 5. Aufl., Bd. 3 = 1929, Sp. 1256-1257. b) A. Adams hat außerdem einen Text von Jacques Marirain [Br 17 FN 2 Punkt b)] übersetzt: "Der hl. Thomas von Aquin als Apostel unserer Zeit", in: Das Siegel [Br 12 FN 11], 2. Bd. = 1926, S. 7-33 (S. 4 - 7 eine ,Vorbemerkung' von C.E.). 8 Das hier gespendete Lob beruht auf meine Lektüre einiger dieser Theaterkritiken. Wie ich an anderer Stelle gemutmaßt habe (Schmittiana III, S. 118 und S. 122 FN 4), ist nicht ohne weiteres auszuschließen, daß C.S. mittels dieser Kritiken auf die englische Shakespeare-Forscherin Lilian Winstanley ( 1875 - ?), womöglich auch auf den amerikanischen Schriftsteller Herman Melville (1819-1891) aufmerksam geworden ist. 9 a) Vgl. L. von Ficker, Briefwechsel 1914- 1925, Innsbruck: Haymon-Verlag, 1988, 590 S., Nr. 8 in der Reihe ,Brenner-Studien'; dort S. 537 (Auszug aus dem Brief Haeckers) und 405 (von Fickers Antwort vom 13. Februar 1925 und die Begründung seiner negativen Entscheidung). b) Über die bedeutende Zeitschrift, vgl. u. a. KarlOtto Thieme (1902-1963), " ,Der Brenner' in der Finsternis. Abriß der Geschichte eines literarischen Abenteuers", S. 131-140 in Alfred Döblin (1878 - 1957), Minotaurus. Dichtung unter den Hufen von Staat und Industrie, Wiesbaden: Steiner, o.J. (= 1953), 320 S. - Über Thieme, vgl. Schmittiana li, S. 157 FN 73, und Schmittiana V, S. 156.
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1933 war er als Lektor und Programmassistent dieses Senders tätig; der letzte Beleg in der Personalakte ist Juli 1943 datiert 10. Nachdem er zunächst in München (Kaulbachstraße 8) gewohnt und sich dem Kreis um Carl Muth (1867 -1944) 11 angenähert hatte, ließ er sich 1938 in Gauting vor den Toren Münchens nieder, in dem in der Gartenpromenade gelegenen Haus der Frau Sophie von Durnowo (eig. Sophie Fürstin Wolkonsky; t 1943), der Witwe eines russischen Offiziers. Später übersiedelte er in Haus Nr. 22 in der Gartenpromenade. In jener Zeit verkehrte er mit den Dichtem Konrad Weiß (1880-1940; vgl. Schmittiana III, S. 80 FN IV und Schmittiana IV, S. 285- 290) und Georg Britting (1892- 1964; vgl. Schmittiana V, S. 16-17 FN 15; Schmittiana VII, S. 389-390), sowie dem bayerischen Bildhauer Kar! Knappe (1884-1970) 12 ; vielleicht auch mit dem Lyriker und Essayisten Otto Freiherr von Taube (1879 -1973), der in seiner Straße (Gartenpromenade 19) wohnte. 1945 wurde P.A. im Rahmen eines Entnazifizierungsverfahrens entlastet. Er blieb in Gauting wohnhaft, fortan in der Unterbrunner Straße. Bald arbeitete er in einem Verlag für englische und amerikanische Literatur und betätigte sich an literarischen Initativen, denn seiner Lage wegen (nach München gab es eine günstige Verkehrsanbindung) war Gauting damals ein von Künstlern und Schriftstellern bevorzugter Wohnort. Nach seinem Tod brachte der "Rheinische Merkur" einen Nachruf, wozu C.S. an Armin Mohler (geb. 1920) folgendes schrieb: "mein Schutzengel hat nicht versagt, sodaß mein Name darin nicht vorkommt, ..." 13 . JO Die Einzelheiten über P.A.s Aufenthalt in Gauting erhielt ich dankenswerterweise vom Stadtarchiv Gauting (Brief vom 16. Feb. 1999), die Auskunft über P.A. beim Rundfunk vom Historischen Archiv des Bayerischen Rundfunks (Brief vom 5. Sept. 2001). II Für Auskunft über ihn und seine Zeitschrift "Hochland", vgl. u. a. P. Tommissen, "Der Briefwechsel zwischen Carl Muth und Carl Schmitt", S. 127-159 in: Politisches Denken. Jahrbuch 1998, Stuttgart/Weimar: Metzler, 1998,225 S. 12 a) P.A. hatte K. Weiß bereits 1914 kennengelemt; vgl. art. cit. [FN 15 Titel f) und g)]. Als erster Einstieg in Leben, Werk und Bedeutung von Weiß, vgl. Felix Dirsch, "Der christliche Epimetheus. Autorenporträt Konrad Weiss", in: Critic6n (Bonn), Nr. 172, Winter 200l,S. 52-55. Über sein Verhältnis zu C.S., vgl. Wilhelm Kühlmann, "Im Schatten des Leviathan. - Carl Schmitt und Konrad Weiß", in B. Wacker (ed.), op. cit. [FN 16], S. 89114.- Vgl. infra FN 15 Titel (f), sowie Br 31 FN 3 Punkt b). b) Über P.A.s Kontakte mit Georg Britting (vgl. Schmittiana V, S. 16-17 FN 15; Schmittiana VII, S. 389-390) liegen mir keine Unterlagen vor. c) K. Knappe gilt als ein bedeutender bayerischer Bildhauer. Seiner eigenen Aussage nach, hat K. Weiß die Quintessenz seines Schaffens, "die Grundkonzeption" wie er sagte, am besten erfaßt in seinem Gedicht "Für Kar! Knappe", in: Hochland (München), 57. Jg. Nr. 3, Februar 1965, S. 220 (vgl. S. 296). Vgl. auch Schmittiana III, S. 87 FN 59. 13 a) Wilhelm Vemekohl (1901-1967), "Ein großer Anreger. Paul Adams zum Gedächtnis", in: Rheinischer Merkur (Bonn), 16. Jg. Nr. 18, 28. April 1961, S. 8. Dank dem Entgegenkonunen von Herrn Raymund Adams verfüge ich über eine Photokopie des Nachrufs (Sendung vom 3. Juli 2001); die bibliographischen Angaben erhielt ich vom Redaktionsarchiv der Wochenschrift (Fax vom 31. Aug. 2001). b) A. Mohler (Hg.), Carl Schmitt - Briefwechsel mit einem seiner Schüler, Berlin: Akademie Verlag, 1995,475 S.; dort S. 306: BriefNr. 260 vom 18. Mai 1961.
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P.A. ist oft von Krankheiten heimgesucht worden 14 und hatte zeitlebens Geldsorgen, so daß ihm immer wieder von Freunden- auch von C.S. (vgl. Br 18; auch Schmittiana I, S. 65) - geholfen werden mußte. So erklärt sich der in den Briefen regelmäßig wiederkehrende Stoßseufzer: "Mir geht es in jeder Hinsicht schlecht." Darüber hinaus ist ihm eine gewisse Faulheit nachgesagt worden (vgl. Br 40); dazu schrieb mir G. K. unter dem 12. Juni 1984: " ... Dieser Vorwurf ging aber weniger von CS selbst aus, der hierfür durchaus Verständnis hatte und sehr großzügig war. Es gibt auch für diese Faulheit plaubible Entschuldigungen" [der Satz wurde bereits mitgeteilt in Schrnittiana III, S. 122 FN 2]. Ausgerechnet Günther Krauss (1911- 1989) (künftig: G.K.; vgl. infra) nannte ihn den "schwierig zu placierendenden Paul Adams" (Schmittiana I, S. 65). Er hat keine Bücher, nur Beiträge für Zeitschriften und Zeitungen geschrieben 15, sich andererseits als unermüdlicher Briefschreiber bewährt. Daß er der Literatur auf dem Fuß folgte und mit seiner eigenen Meinung über die religiöse, politische, künstlerische Aktualität nicht zuriickhielt, geht einwandfrei aus den Briefen hervor, die die Kriegswirren überstanden haben. Vor mehreren Jahren konnte ich schon zwei seiner an C.S. gerich14 In seinem Brief an den Arzt und Mäzen Franz Schranz (1894-1961; vgl. Schmittiana 111, S. 63-88) vom 5. Februar 1942 ist sogar die Rede von "eine[r]lebensgefährliche[n] Gallenoperation". 15 a) Einige Beispiele: (a) "Zu Hasenkamp: Deutscher Hymnus", in: Die Schildgenossen (Augsburg), 4. Jg. Nr. 4, Ostern 1924, S. 217-220 (sowie S. 220-220-223 den Text des Hymnus); (b) "Von geistlicher deutscher Dichtung und ihrer Darbietung", in: Das Siegel [Br 12 FN 11], 1. Bd = 1925, S. 167-191; (c) "Katholisches Frankreich unserer Tage", in: Abendland (Köln /Berlin/Wien), 2. Jg. Nr. 7, April 1927, S. 222-223; (d) "Der Rundfunkeine Gefahr für das Buch?", in: Süddeutsche Monatshefte (München), 31. Jg. Nr. 3 (Themaheft: "Das deutsche Buch"), Dez. 1933, S. 157 -160); (e) "Shakespeare als politischer Dichter", in: Deutsches Volkstum (Hamburg), 15. Jg. Nr. 23, 1. Dez. 1933, S. 945-949 (teilweise unter dem Titel "Shakespeare - ein Kriterium für nationale Zuverlässigkeit" übernommen S. 152-153 in Josef Wulf [1912-1974], Literatur und Dichtung im Dritten Reich. Eine Dokumentation, Reinbek: Rowohlt, 199,536 S., Nr. 809-810-811 in der Reihe ,Rowohlts Taschenbuch'); (f) "Konrad Weiß - ein deutscher Mystiker", in: Münsterischer Anzeiger, 10. Jg. Nr. 15, 18. Nov. 1934- Beilage ,Am Weg der Zeit'; (g) "Begegnung und Erinnerung", in: Süddeutsche Zeitung (München), Jg. 1950 (teilweise übernommen S. 72-74 in: Marbacher Magazin (Marbach), Nr. 15 (Der Dichter Konrad Weiß 1880-1940), 1980, 80S.; (h) "Gang und Prozeß der Weltvernunft Gemeinsame Semester in Bonn: Weite des Horizontes und der Maßstab der Humanität", in: Westfalische Nachrichten (Münster), 12. März 1972 (ein 8seitiges Sonderheft "Dr. Gottfried Hasenkamp. zum 70. Geburtstag"), S. 3. b) C.S., Der Begriff des Politischen, Hamburg: Hanseatische Verlagsanstalt, Ausg. 1933, 61 S.; dort S. 10 FN 1: " ... Aus neuester Zeit möchte ich hier das großartige Streitgespräch zwischen Ernst Jünger und Paul Adams (Deutschland-Sender, 1. Februar 1933) nennen, das hoffentlich bald auch gedruckt zu lesen ist. Hier vertrat Ernst Jünger das agonale Prinzip ("der Mensch ist nicht auf den Frieden angelegt"), während Paul Adams den Sinn des Krieges in der Herbeiführung von Herrschaft, Ordnung und Frieden sah." Leider ist die Drucklegung unterblieben und gilt das Manuskript als verschollen; jedoch ist E.J.s mutmaßlicher Text auf einem Werbeprospekt der Hanseatischen Verlagsanstalt (Hamburg) veröffentlicht und von Kar! Otto Paetel (1906-1975) in einem Dokumentationsband übernommen worden: Ernst Jünger in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1962, 177 S., Nr. 72 in der Reihe ,Rowohts Monographien' (dort S. 45 -51).
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teten Nachkriegsschreiben edieren (vgl. Schmittiana III, S. 117 -124). Später veröffentlichte Frau Dr. Barbara Nichtweiß (geb. 1960) Auszüge - in Wirklichkeit nur die interessantesten sachlichen Abschnitte - aus P.A.s Briefen an den bereits genannten konvertierten Theologen E. Peterson 16• Und heute bin ich in der Lage, ähnliche Abschnitte aus seinen Briefen an G.K. mitzuteilen. Ich sage ,ähnliche Abschnitte', denn es hat keinen Zweck, Stellen über Personen und Geschehnisse abzudrucken, die in wissenschaftlicher Hinsicht völlig irrelevant sind: Wer interessiert sich beispielsweise für die Intrigen einer übrigens nicht identifizierbaren Frau Ehrik oder für alle Meinungsverschiedenheiten zwischen P.A. und G.K. (vgl. u. a. Br 44 FN 4)? Kurzum, diesmal verfahre ich, wie es mir Frau Nichtweiß vorgetan hat, d. h. ich drucke im Prinzip nur Briefe bzw. Briefexzerpte ab, in denen Themen berührt werden, die für die Forschung von Nutzen sein können: der Protestantismus und die Judenfrage aus katholischer (oft P.A.s) Sicht, Publikationen und ihre Autoren, usw. Der Leser wird feststellen, daß P.A. über C.S. und Personen aus seinem Umkreis viele und oft beachtenswerte, freilich nicht immer lobende Einzelheiten mitteilt, seine Meinung allerdings gelegentlich auch ändert 17 . Da ich entschieden der Meinung bin, daß es nicht angeht, den Menschen P.A. in den Hintergrund zu drängen, drucke ich im Gegensatz zu Frau Nichtweiß außerdem Abschnitte (bei weitem nicht alle!) über P.A.s Lage, über seine Differenzen mit G. Krauss, über sein Selbstverständnis, über seine Auffassung des Begriffs ,Freundschaft' (viele haben P.A. als väterlichen Freund kennengelemt) und nicht zuletzt über sein Verhältnis zu den Frauen ab (P.A. war ledig!). Einige widersprüchliche Aussagen gehen wohl auf das Konto seiner labilen Gesundheit und dürfen mit Schweigen übergangen werden. Im übrigen darf der geneigte Leser nicht aus den Augen lassen, daß die Briefe aus der für die deutsche Geschichte spannenden Periode 1931 - 35 stammen. 16 a) B. Nichtweiß, ,.,Die Zeit ist aus den Fugen' . Auszüge aus den Briefen von Paul Adams an Erik Peterson", S. 65-87 in Bemd Wacker (geb. 1951) (Hg.), Die eigentlich katholische Verschärfung... Konfession, Theologie und Politik im Werk Carl Schmitts, München: Fink, 1994, 324 S. b) Über Peterson, vgl. B. Nichtweiß, Erik Peterson. Neue Sicht auf Leben und Werk, Freiburg i.Br.: Herder, 1992, XVII-966 S. (dort S. 724 - 762 über C.S. und Peterson). 17 Meiner Überzeugung nach waren C.S. und P.A. sowohl gute Gesprächtspartner als prinzipielle Katholiken. Es gibt sowohl Bedenken als Lob über C.S. in den Briefen von P.A. an Peterson; so heißt es am 6. Sept. 1927: ,.Übrigens sah ich nie einen religiös unruhigeren Menschen als Schmitt", und am 18. Juni 1928: ,.Ich treffe Schmitt hier häufiger als in Bonn. Er ist der einzige, von dem ich hier Ordentliches lernen kann." [vgl. B. Nichtweiß, art. cit. [FN 16], S. 75 bzw. 77]. Vgl. die Meinung von C.S., Glossarium. Aufzeichnungen der Jahre 1947 1951 (hg. von Eberhard Freiherr von Medern [1911 - 1993]), Berlin: Duncker & Humblot, 1991, XVII-364 S.; dort S. 165 (Eintragung vom 16. Juni 1948): ,.Das ist das geheime Schlüsselwort meiner gesamten geistigen und publizistischen Existenz: das Ringen um die eigentlich katholische Verschärfung (gegen die Neutralisierer, die ästhetischen Schlaraffen, gegen Fruchtabtreiber, Leichenverbrenner und Pazifisten). Hier auf diesem Wege der katholischen Verschärfung, kam Theodor H.[aecker] mit mir nicht mehr mit; hier blieben sie alle von mir weg, selbst Hugo Ball. Es blieben mir nur Konrad Weiß [FN 11 Punkt a)] und treue Freunde wie Paul Adams."
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* Beim Adressaten der Briefe handelt es sich um G.K., der 1929 am Kölner Dreikönigen-Gymnasium das Abitur und 1935 bei C.S. den Doktor gemacht hat 18 • Er war mit P.A. befreundet, der ihm andauernd gute oder wenigstens gut gemeinte Ratschläge erteilte und kannte außerdem persönlich alle Personen, die in den Briefen auftauchen. Während seiner Berliner Lehrjahre hat er Sympathie für den Nationalsozialismus bekundet 19 • Die von ihm nicht genehmigte Veröffentlichung eines Aufsatzes (vgl. Schmittiana I, S. 55 FN 3) führte die SS-Kampagne gegen C.S. und das Ende seiner eigenen universitären Träume herbei (vgl. Schmittiana III, S. 50). Er ließ sich in Köln nieder, wo er ab 1939 - nur vom Krieg unterbrochen - ständig als Notarassessor gewirkt hat (seine Frau Maria [geb. Flatten; 1909-2001]) hatte Ende 1947 das Kölner Notariat ihres Vaters übernommen). Vergeblich hat er eine akademische Laufbahn angestrebt: Er war u. a. Assistent in Bonn aber seine Habilitationspläne scheiterten um 1954 herum (Ursache: Schwierigkeiten mit seinem Habil-Vater). C.S. gegenüber war G.K. in den ersten Nachkriegsjahren ein treuer Paladin, besonders als es seinem Lehrer schlecht ging und er sich als die treibende Kraft der sog. Academia Moralis bewährte (vgl. Schmittiana IV, S. 119-156). Nach 1945 wurde G.K. nicht müde, Artikel, lange Buchbesprechungen und Leserbriefe abzufassen. Seinem nach Argentinien ausgewanderten Freund William Gueydan de Roussel [1908-1997; vgl. Schmittiana III, S. 52-62] gestand er im Brief vom 9. Juni 1988: "Ich schreibe ,fast' täglich Leserbriefe". Er hielt vielbeachtete Vorträge und gründete Vereine, z. B. die Kölner Interessengemeinschaft, 18 a) G.K., Der Rechtsbegriff des Rechts. Eine Untersuchung des positivistischen Rechtsbegriffs im besonderen Hinblick auf das rechtswissenschaftliche Denken Rudolf Sohms, Hamburg: Hanseatische Verlagsanstalt; 1936, 107 S.- C.E. hatte das Manuskript der Dissertation dem Kirchenrechtier Hans Barion (1899-1973; vgl. Schmittiana IV, S. 121 FN 7 Punkt a) zugeleitet. Barion, in dessen Bonner Antrittsrede Sohm ebenfalls im Mittelpunkt gestanden hat (Rudolph Sohm und die Grundlegung des Kirchenrechts, Tübingen: Mohr, 1931, 28 S., Nr. 81 in der Reihe ,Recht und Staat in Geschichte und Gegenwart'), teilte G.K. unter dem 7. August 1934 seine Meinung mit: "Jedenfalls aber wird Ihre Dissertation ihrer ganzen Anlage nach sowohl wie auch wegen der umfassenden und kritischen Sichtung der modernen Kanonisten einen Sturm der Entrüstung erregen, der äußerst heilsam das System der Rückversicherungen erschüttern wird, das bei der Behandlung Sohms von je geherrscht hat und an dem ich vergeblich gerüttelt habe."- Vgl. Br 31 FN 4. b) R. Sohm (1841-1917), Kirchenrecht. Bd 1: Die geschichtlichen Grundlagen, Bd 2: Katholisches Kirchenrecht, Berlin: Duncker & Humblot, (1892) 1970, XXIII-700 bzw. VII 385 S. - Vgl. Andreas Bühler, Kirche und Staat bei Rudolph Sohm, Zürich: EVZ-Verlag, 1965, XV- 359 S., Nr. 6 in der Reihe ,Basler Studien zur historischen und systematischen Theologie'. c) Vgl. auch Schmittiana VII, S. 257 - 258, sowie Br 23 FN 1 Punkt b). 19 So veröffentlichte er unter dem Pseudonym Clemens Lang zwei sympomatische Aufsätze im "Deutschen Volkstum" (Hamburg): (a) "Die katholische Kirche und das Volk der Deutschen", in: 15. Jg. Nr. 24, 2. Dez.-Heft 1933, S. 1036-1047; (b) "Der dreigliedrige Aufbau der katholischen Kirche", in: 16. Jg. Nr. 12, 2. Juni-Heft 1934, S. 446-450 [vgl. Br 24 FN 2) - Vgl. dazu die Glosse des Herausgebers Wilhelm Stapel (1882-1954; vgl. Schmittiana V, S. 27 - 108), in: 16. Jg. Nr. 13, l. Juli-Heft 1934, S. 571 - 572.
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die Arbeitsgemeinschaft Res Publica, den Verein für wirksame Verbrechensbekämpfung.- Für weitere biographische Fakten, vgl. Br 14 FN I, Br 19 FN 2, Br 23 FN I, Br 24 FN 1, Br 31 FN 4 und Br 35 FN 5; für einige Artikel, vgl. Br 20 FN 11, Br 23 FN 2 Punkt a), Br 24 FN 7 und Br 28 FN I.
* Einige Personen werden in den Briefen wiederholt genannt. Diese dramatis personae bezeichne ich in den Briefen mittels einiger Kürzel. Ich stelle sie hier vor: a) M.D. = Maria Sibilla Dahmen ( 1903- 1979) Es handelt sich um eine seinerzeit bekannte Sängerin rheinischen Ursprungs; ihr Kosename war Marizebill. Sie war eine Nichte des Theologen C.E.. Herr T. Wimbauer hat herausgefunden, daß sie eine Diskussion zwischen dem Philosophen J. Maritain und dem Dichter Jean Cocteau (1889-1963) ins Deutsche übersetzt hat20 (Fax vom 8. Juli 200 1). P.A. hat versucht ihre Carriere zu fördern (vgl. Br 41: 1. Abschnitt).- Vgl. auch Schmittiana III, S. 47-48 21 • b) C.E. = Carl Eschweiler (1886-1936) Seinen Ruf als eminenter deutscher Theologe katholischer Observanz hatte C.E., Professor an der staatlichen Philosophisch-Theologischen Akademie in Braunsberg (Ostpreußen), zwei Büchern zu verdanken22. Waldemar Gurian (1902- 1954) [Br 4 FN 9] zufolge wurde er 1933 von C.S. zum Nationalsozialismus "verführt", aber das stimmt wohl nicht, denn C.E. teilte G.K. unter dem 17. Nov. 1933 folgendes mit: ". . . Sie können sich wohl keine Vorstellung machen, was ich seit meinem Eintreten für die NSDAP an geheimen Kämpfen durchzumachen habe.... ". Er hat übrigens die jungen katholischen Akademiker, u. a. G.K., die in Berlin die Zeitschrift "Kreuzfeuer" [Br 23 FN 2 Punkt a)] herausgaben, beglückwünscht und 2o Der Künstler und der Weise. Jean Cocteau: Brief an Jacques Maritain. Jacques Maritain: Antwort an Jean Cocteau (übersetzt von M.D.; hg. und S. 5- 13 ein Vorwort von C.E.), Augsburg: Filser, 1927, 93 S. 21 Dem Stadtarchiv Euskirchen (Sendung vom I. Oktober 2001) verdanke ich eine Ablichtung des informativen Aufsatzes über diese Frau und ihr turbulentes Leben von Anneliese Heymann, "Maria Dahmen - Opernsängerin aus Euskirchen", S. 113-115 (mit Bild) in: Kreis Euskirchen. Jahrbuch 1999, Monschau: Weiss-Druck, 1990, 184 S. 22 a) Gerneint sind: (a) Die zwei Wege der neueren Theologie: Georg Hermes [17751831], Matth. Jos. Seheeben [1835 -1888]. Eine kritische Untersuchung des Problems der theologischen Erkenntnis, Augsburg: Filser, 1926, 337 S.; (b) Joh. Adam Möhlers [17961838] Kirchenbegriff. Das Hauptstück der katholischen Auseinandersetzung mit dem deutschen Idealismus, Braunsberg i.Pr.: Herdersehe Buchhandlung, 1930, 175 S. (vgl. dazu Walter Esch in: Der Ring [Berlin], 4. Jg. Nr. I, 4. Jan. 1931, S. 11- 12). -Vgl. auch Br 11 FN 4. b) Als erster Einstieg in C.E.s Positionen und Begriffe, vgl. David Berger; "Eschweiler, Kar!" in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (Herzberg: Bautz), Bd 17, 2000, Sp. 354-355. - C.E.s Dissertation handelte über: Die ästhetischen Elemente in der Religionsphilosophie des hl. Augustin, Euskirchen: Verlag der Euskirchner Volkszeitung, 1909, 56 S. - Vgl. auch supra FN 19a und Br 17 FN 2 Punkt b).
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wohl auch beraten (vgl. Schmittiana III, S. 82 FN 14 Punkt b). Laut Günter Maschke (geb. 1943) soll er C.S. beeinflußt haben 23 , aber m.E. entbehrt diese These jeder Grundlage.- C.E. und sein Kollege und Freund Barion [FN 18] wurden im August 1934 in Rom von der Konzilskongregation suspendiert, eine Maßnahme die im Oktober 1935 aufgehoben wurde. c) G.H.
= Gottfried Hasenkamp (1902-1990)
Den Hinweisen in Schmittiana IV, S. 256-261 und 299) ist folgendes hinzuzufügen: G.H. hat in mehreren Zeitschriften (u. a. "Hochland") Gedichte veröffentlicht; P.A.schrieb eine Einleitung zu seinem "Deutschen Hymnus" [FN 15 Punkt a)]. d) E.H.-S.
=Edith Hegemann-Springer (1890-1937)
Dem mir vorliegenden Brief dieser Berliner Rechtsanwältin vom 2. Mai 1934 an Dr. med. Franz Schranz [FN 14] ist zu entnehmen, daß sie einen schweren Stand hatte. Einerseits ihrer kurz vor 1933 erfolgten Scheidung wegen. Andererseits und vor allem im Zusammenhang mit dem strafbaren Benehmen eines Konkursverwalters an einem Berliner Gericht; dieser Halbjude hatte das Amt durch ihre Vermittlung bekommen. e) E.J.
=Ernst Jünger ( 1885- 1998)
Angesichts der umfangreichen Literatur über den weltberühmten Schriftsteller bin ich der Meinung, daß sogar eine Kurznotiz sich erübrigt. f) F.K. = Franz Albert Kramer (1900-1950)
F.K., Sohn eines Tierarztes, vertrat deutsche Zeitungen, zuerst in Paris, später in London. Sofort nach Kriegsende gründete er die noch immer existierende Wochenzeitung "Rheinischer Merkur" (Bonn). Er hat einige Bücher geschrieben 24 • Über ihn, vgl. die Informationen in Schmittiana IV, S. 303. Sein Verhältnis zu C.S. wird gestreift in Schmittiana I, S. 62. g) R.M.
= Richard Masseck ( 1907- 1935)
Der Sauerländer R.M. studierte als Werkstudent Deutsch, Geschichte und Philosophie in Münster und Berlin. Der einflußreiche Politiker Franz von Papen (187923 Vgl. G. Maschke in einer FN seines Nachdrucks eines Aufsatzes von G.K. in: Etappe (Bonn), Nr. 3, März 1989, S. 106 FN 8: " ... Sein [= C.E.s] Aufsatz ,Die Herkunft des industriellen Menschen', in: Hochland (München), Juli 1925, S. 378-398, hat Schmitts Überlegungen zu ,Neutralisierungen und Entpolitisierungen' stark beeinflußt." In diesem Aufsatz wird C.S. erwähnt (S. 378). 24 Zwei Titel: (a) Das rote Imperium, München: Kösel, 1933, 214 S.; vgl. u. a. die Besprechung. von E.J., "Ein neuer Bericht aus dem Lande der Planwirtschaft"; in: Widerstand [Berlin], 8. Jg. Nr. 8, 1933, S. 279-283), und Br 14 FN 2; (b) Vor den Ruinen Deutschlands. Ein Aufruf zur geschichtlichen Selbstbesinnung, Koblenz: Historisch-politischer Verlag, 1946, 142 S.; vgl. u. a. die Rezension von Kar! Jering [geb. 1914] in: Frankfurter Hefte, 2. Jg. Nr. 5, Mai 1947, S. 524-526.
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1969) setzte seine Einstellung als Theaterkritiker der "Germania" durch, obwohl er bereits für die Nationalsozialisten tätig gewesen war, ohne Mitglied der Partei zu sein. 1930 verließ er - gezwungener-maßen (vgl. Br 5) - die Reichshauptstadt, betätigte sich dann dichterisch in Schwaben, kehrte 1932 in seine Heimatgegend zurück und trat im Mai 1933 der Hitler-Jugend bei. Nach einer Operation (Krebs!) starb er im Alter von 28 Jahren. - Vgl. Schmittiana III, S. 68; Schmittiana VII, s. 382. h) E.P. = Erik Peterson (1899-1973) Über seinen Werdegang liegt eine erschöpfende Monographie von B. Nichtweiß (geb. 1960) vor [FN 16 Punkt b)], sodaß sich Informationen erübrigen. - Vgl. jedoch Schmittiana III, S. 82 FN 18. i) V.R. = Veit Roßkopf (1898- 1976) Über diesen rührigen Mann, der C.S. in die Poesie Hölderlins einführte, vgl. Schmittiana I, S. 65 FN FN 29; Schmittiana III, S. 80 FN 8; Schmittiana IV, s. 285-288.
* Die nachfolgenden Briefe habe ich, nach dem Tod G.K.s, von seiner Witwe erhalten. Zusammen mit einigen späteren Briefen von P.A. befinden sie sich seit kurzem im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf (Bestand: RW 579- 3). Es ist mir nicht gelungen, mehrere Vokabeln zu entziffern; ich ersetze sie mittels eines Fragezeichens zwischen eckigen Klammem: [?]. Die nicht abgedruckten Zeilen, Stellen bzw. Abschnitte sind folgendermaßen kenntlich gemacht: [ . .. ]. Nur selten läßt P.A. Zeilenzwischenraum zwischen Paragraphen und andererseits liebte er anscheinend Abkürzungen (vor allem: m.A.n. = meiner Ansicht [oder: Auffassung] nach); diese Eigentümlichkeiten habe ich berücksichtigt. Demgegenüber glaubte ich, ein paar offensichtliche Schreibfehler korrigieren und das ß dem sz vorziehen, aber die abwechsend verwendeten Zeichen + (gleich und) und I oder & (statt: und) beibehalten zu dürfen. Sämtliche Fußnoten sind selbstverständlich von mir angefertigt worden.
P.T.
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1. (Berlin, den 10. Januar 1931) [ ... ] Stoisy (1) ist mit größter Wahrscheinlichkeit am 17 .I. wieder 11.30 in S. Maria Victoria. C.S. freut sich auf Ihren Besuch (2). R.M. ist mit Schlichters (3) im Schwarzwald, wird aber wohl15.1. zurück sein. [ ... ] (1) Stoisy war der Spitzname von Thea Bauer ( 1883- 1971), der 2. Frau des Schriftstellers Carl Sternheim (1878- 1942); nach der Scheidung, die im Dezember 1927 stattfand, hat sie nicht mehr geheiratet. Ihre Tochter aus der ersten Ehe war die SängeTin Ines Loewen (später: Leuwen-Beck): vgl. Br 5. (2) Dieser Satz berechtigt zu der Annahme, daß G.K. und C.S. sich etwas später zum ersten Mal getroffen haben. (3) Gemeint sind der Maler Rudolf Schlichter (1890-1955) und seine Frau Elfriede Elisabeth (geb. Koehler, genannt "Speedy"; 1902- 1975). Für nähere Informationen, vgl. Dirk Heißerer (geb. 1957) (Hg.), Ernst Jünger/Rudolf Schlichter. Briefe 1935 - 1955, Stuttgart: Klett-Cotta, 1997, 605 S.- Vgl. Br 22 FN 18.
2. (Berlin, den 12. Januar 1931) [ ...]
An sich würden eine Neuentdeckung über Maß ftir Maß (1), Ihre liebenswürdige Gesellschaft und un vin genereux ja genügen, einen sehr edlen Geist ganz gesund zu machen, aber mein Geist gehört nicht zu den edlen . .. . [ ... ] (1) William Shakespeare (1564- 1616), Complete Works, London/Giasgow: Collins ClearType Press, o.J., XXXII - 1312 S.; dort S. 107 - 137: "Measure for Measure" (1604). Welche ,Neuentdeckung' gemeint ist, entzieht sich meiner Kenntnis.
3. (Berlin, den 29. Juli 1931) [ ... ]
Ich habe keinen pluralistischen Geniebegriff, aber Sie werden doch verstehen, daß sich Frau St. ( 1) wenn Sie von Ihnen etwas streng gefragt wird, ob es überhaupt Genie gäbe, naturgemäß beispringe + mich gegen Sie wende. Ob ich dann dabei hart gegen Sie bin, weiß ich nicht. Mein Gedächtnis für derartige Nuancen der Ungeduld, der Mündigkeit oder der Laune ist nicht allzu stark. Seien Sie bitte auch darin nicht allzuempfind1ich. Daß ich Ihnen von Greifswald (2) nicht erzählt habe, ist doch nur ein Zufall. Ich habe schon soviel davon erzählt, daß ich wirklich wohl nicht sehr erspicht bin, davon zu erzählen zum 5. + 6. Mal. Wenn Sie danach
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gefragt hätten und zwar privat, so hätte ich es Ihnen auch erzählt. Ich war am Freitag Abend lange mit C.S. zusammen, Samstag von 2-12 1/ 2 ununterbrochen gesprochen und so war ich Sonntag müde. [ .. .. ] (l) St. = Frau Stoisy [Br 1 FN 1].
(2) Gemeint ist wohl C.S.s kurze Lehrtätigkeit in Greifswald (1921-22); vgl. dazu Matthias Miguel Braun (geb. 1974) und Volker Pesch (geb. 1966), "Die Umstände der Berufung Carl Schmitts nach Greifswald", in: Schmittiana VII, S. 195-206.
4. (Menden, den 24. September 1931) [ ... ]
Ich werde in der nächsten Zeit nach Münster reisen, wo ich F.K. treffe, der dann am 10. Oktober auch nach Berlin kommt zur Eröffnung des Reichstags. Wir werden eine politisch relevante Aussprache haben, ernst + ruhig, aber offen. [ ... ] Sonst ist meine Situation ganz unklar. Die Germania verhandelt noch über mein Geschick seit Ende August. Die Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft hat 1500 Gesuche liegen. Ich werde in den nächsten Wochen das 1501. werden. Es ist so oder so mies. Ich werde doch wohl noch unter die Konventionschreiber gehen müssen. Die Beobachtungen in der Notgemeinschaft waren wieder so amüsant, da mir eine neue Welt in 4 Vertretern sich auftat. Ich plane mit R.M. eine satir. Revue unter dem Titel: Wir brauchen nicht zu versagen. Ich lese jetzt in der Reclamausgabe zum ersten Male mit Verstand Aristophanes (1) + finde sehr viel Verständnis bei ihm +kann begreifen, daß Regel ihn liebte. In Zeiten der vollendeten geheimen + offenen Corruption kann man nicht besitzlos sein, es gibt nur die Möglichkeit Aristophanes. Über Gogols, nach m.A. neben Puschkin den größten russischen Dichter, Komödie: Die Heirat habe ich eine große Kritik geschrieben (2). Falls ich sie Ihnen noch nicht sandte, sende ich sie, sobald ich in Berlin bin. Ich habe durch die Kritik viel gelernt. Ich befürchte, daß der Winter sehr hart sein wird. Aber er ist wohl notwendig. Man lernt die Menschen sehr gut kennen, wenn es einem schlecht geht. In den Ferien will ich Platos Werke lesen. Ich habe schon mehrere Dialoge wiedergelesen & lese sie mit neuen Augen. Socrates ist ein wundervoller Ironiker, der en~ückend + gerecht mit der Ironie gegen seine Mitbürger kämpft & mit allen Idioten und Wichtigtuern in der Wissenschaft. Eine reizende kleine Abhandlung fand ich im Phaidon über die Naturwissenschaft. Sie ist frisch + richtig wie am ersten Tage (3). Außerdem las ich Sorel und Vilfredo Pareto, beides ganz erlesene + substanziell kluge Menschen (4). Paretos Buch Le mythe vertuiste & la Iitterature immorale Paris 1911 voll bescheidener + eindringender Klugheit in der Behandlung von Sophismen aus Anlaß von Schmutz & Schund (5).
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Ein Buch, ein entscheidend wichtiges Buch für Sie müssen Sie sich kaufen. Es ist Georges Bemanos: Lagrande Peur des bien-pensants bei Grasset, Paris (6). Es ist das beste Buch, das seit Jahren von einem Katholiken geschrieben wurde, menschlich sympathisch + von untadeligstem kirchlichen Denken. Ein Angriff gegen die Bischöfe, Klerus, die Bourgeoisie + ihr politisches Verhalten. Ein unerhört kluges +übernatürlich weises Buch. C.S. war 4 Wochen in Westfalen, ich traf ihn kurz, er sitzt jetzt wieder in Westfalen & studiert diese merkwürdige Gegend (7) + diese seltsamen Menschen mit sehr schönen Resultaten. Er spricht außerordentlich gut von Ihnen & behauptet, er stellte es sich sehr schön vor, einen Sohn wie Sie sind, zu haben. Nicht gerade bequem. Er hat eine sehr liebe & schöne Tochter seit 8 Wochen, der er den Namen Anima Louise gegeben hat (8). Ich freue mich sehr, daß Sie an Leon Bloy (9) so viel Freude gehabt haben. Die Einsichten Bloys überragen alles, was ich im 19. Jhrdt. kenne. Besonders wichtig sind mir seine Einsichten über den Bourgeois, über Geld + Blut, über die Kunst, über die Sünder & die Hure. Es ist unerschöpflich + man liest ihn nach 10 Jahren genauso interessiert wie zum ersten Male. Selbst Frau Sternheim (10), die doch aus einer schlimmen Periode kommt, liest ihn ununterbrochen trotz größten Protests. Auf die Dauer müssen Sie ihn ganz lesen. Er ist einer der wenigen essenziellen Menschen. [ .. . ]
Die französ. Sprache hat sehr viele & große Möglichkeiten. Comeille, vor allem Moliere, Baudelaire, de Maistre, Balzac, Stendhal, Rimbaud, Bloy & Bernanos (11). Einer ist herrlicher+ zauberhafter+ bedeutender als der andere. Sprechoper scheint mir ein analogischer Begriff zu Oper. Der Begriff wird wohl nur sagen, daß der Accent auf der Vers- & Sprachkunst liegt + die Gesten & Mimik des Körpers statuarisch wie in der Oper & nicht wie bei Shakespeare. Die Regie hat, ohne den Schauspielstil zu verlassen, sich dem Opernstil zu nähern. Wenn man diese Dinge beachtet, insceniert man Faust z. B. ganz falsch. Sie beschwören sich darüber, daß ich Sie verhindert habe, eine kleine Dankrede zu halten (12) +Sie führen mir Gregorius Thaumaturgus (13) an. Ich habe nun gar nichts gegen Dankreden, im Gegenteil alles dafür. Aber ich fand es mir gegenüber wenig am Platze. Sie bedanken sich für Geduld. Ich finde, daß ich Ihnen gegenüber gar nicht geduldig war, weshalb Sie vielleicht auch keine Geduld mit Ihren Kölner guten Freunden haben. Daß ich Sie gerne habe, ist doch auch kein Grund zum Danken, denn dann muß ich wohl Ihnen gegenüber ebenso Dank sagen. Daß ich Ihnen ein paar Bücher empfehlen & ein paar Menschen, ist doch selbstverständlich. Sie tun es ja genauso & so ist wieder kein Specialdank dafür nötig. 10 Schmittiana VIII
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Wenn Sie aber unbedingt für etwas, was ich nicht weiß, Dank sagen wollen, dann beten Sie für mich ein Ave Maria + haben Geduld mit mir & vergessen mich nicht ganz in 23 Jahren, wenn Sie etwas älter geworden sind & über meine sogenannte Klugheit vielleicht schon ein wenig anders urteilen als heute. Damit bekunden Sie mir Ihren Dank auch im Sinne von Gregorius Tham. + Leon Bloy & schreiben bitte nicht immer sehr geehrter Herr. [ .. . ] (1) Da P.A. keinen Titel nennt, ist es unmöglich Näheres über die neugelesenen RedamBändchen auszusagen. (2) a) Nikolai V. Gogol (1809-1852) und Alexander S. Puschkin (1799-1837) gehören zu den bedeutendsten russischen Schriftstellern. b) a) Ich ziehe die erste deutsche Ausgabe heran: N.V. Gogol, Die Brautschau [identisch mit: Die Heirat]. Eine völlig unwahrscheinliche Begebenheit (übersetzt von L. Flachs-Fokschaneanu), Hamburg: Hanf, 1920, VII-171 S.- Das Bühnenstück wurde übrigens 1920 zum ersten Mal in Deutschland gespielt und zwar von Jürgen Fehling (1885 -1968). Über diesen bedeutenden Regisseur des Interbellums, vgl. die Notiz von Gesine von Prittwitz in Wolfgang Benz (geb. 1941) und Hermann Gram/ (geb. 1928) (Hg.), Biographisches Lexikon zur Weimarer Republik, München: Beck, 1988, 392 S. (dort S. 83- 84). b) P.A.s ausführliche Rezension erschien in der "Germania" [Br 18 FN 6], 61. Jg. Nr. 421, 1931; ich zitiere den letzten Abschnitt: "Die intellektuelle Klarheit, die harte Wirklichkeit und Sachlichkeit dieses Stückes war von der Regie Jürgen Fehlings nicht ganz getroffen. Dem Publikum war es schon lieber so. Fehling spielte das Stück mit Ausnahme der einen ungeheuren Salonszene mit Bevorzugung und Betonung des Derbkomischen. Aber diese eine Szene traf das Wesen des Werkes vollkommen. Die gespensterhaften Gesten, die Ruhe, die verlogenen Einführungen, die seltsame, unheimliche Ruhe, alles wird unvergeßlich sein. Man war fast erstarrt in der Erkenntnis, sah und lauschte atemlos. Lucie Mannheim spielte die Hauptrolle, die Kaufmannstochter. Wir haben die außerordentliche Begabung und den Charme dieser Schauspielerin oft genug gefeiert, als daß wir es hier wiederholen müßten. Hier traf sie den Ton der verlogenen Jugendlichkeit des ängstlichen und geschämigten und ein wenig verdorbenen Mädchens aufs sicherste. Nur der Schlußschrei war zu echt und zu wahr, um im Geiste des Stückes zu bleiben ... Das Publikum hörte dieser Gespenstersonate mit Aufmerksamkeit zu und dankte zum Schluß mit lebhaften Ovationen für Jürgen Fehling."- Lucie Mannheim (1899-1976) war damals eine gefeierte Schauspielerin. (3) Platons sämtliche Werke in zwei Bänden, Berlin: Phaidon-Verlag, 1925, Bd I= 1086 S. (übersetzt von Friedrich Schleiermacher [1768-1834); dort S. 75-145 ("Phaidon"). Aus dem Brief darf geschlußfolgert werden, daß P.A. sich bis dahin nur in dieser Schrift von Platon (428 v.C.-348 v.C.) vertieft hatte, denn sie handelt von Sokrates (470 v.C.- 399 v.C.) und enthält tatsächlich naturwissenschaftliche Betrachtungen (z. B. S. 136-138). (4) a) Über Georges Sorel (1847 -1922) schrieb der englische avantgardistische Schriftsteller und Künstler Wyndham Lewis (1882-1957) in "The Art of Being Ruled" (Santa Rosa: Black Sparrow Press, 1989, 460 S.; es handelt sich um die von Reed Way Dasenbrock edierte vollständigste Fassung des 1926 erstmals erschienenen Buches) Folgendes: "Georges Sore! is the key to all contemporary political thought" (S. 119). C.S., der Sore! in Deutschland zu einer gewissen Resonanz verholfen hat [Schmittiana IV, S. 107 FN 60], hat diesen Satz zitiert
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in seiner Schrift: Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus, Berlin: Duncker & Humblot, (1923) 1996, 90S.- Über Sore!, vgl. Michael Freund (1902-1972), Georges Sore!. Der revolutionäre Konservatismus, Frankfurt a.M.: Klosterrnann, (1932) 1972, 397 S., und Arrnin Mohler (geb. 1920), Georges Sore!. Erzvater der Konservativen Revolution. Eine Einführung, Bad Vilbel: Edition Antaios, 2000, 104 S., Nr. 1 in der Reihe ,Perspektiven'. Über C.S. und Sore!, vgl. Schmittiana IV, S. 107 FN 60 (es ist hinzuzufügen Stathis Gourgaris, "The Concept of the Mythical. Schmitt and Sore!", in: Cardozo Law Review, 21. Jg. Nr. 5-6, Mai 2000, S. 1487 -1514). b) Über Vilfredo Pareta (1848-1923) vgl. u. a. Gottfried Eisennann (geb. 1918), Vilfredo Pareto. Ein Klassiker der Soziologie, Tübingen: Mohr, 1987, VIII-291 S. (5) Es gibt eine von G. Eiserrnann (FN 4 Punkt b)] gefertigte deutsche Übersetzung: Der Tugend-Mythos und die unmoralische Literatur, Neuwied I Berlin: Luchterhand, 1968, 189 S., in der Reihe ,Soziologische Essays'; vgl. dort S. 5-40 die Einführung des Übersetzers. (6) a) Georges Bernanos (1888- 1948), La grande Peur des bien-pensants. Edouard Drumont, Paris: Grasset, (1931) 1949, 459 S. In diesem Buch oder richtiger Pamphlet wird dem bekannten antisemitischen Autor Drumont (1844-1917) ein Denkmal gesetzt. Aber gleichzeitig ist das Buch bzw. das Pamphlet eine scharfe Diatribe gegen die ,bien-pensants' (der Klerus, die Juden, die Parlamentarier), die nicht tun was sie versprechen und solebergestalt Frankreich Schaden zufügen: Daß das Opus auch eine Botschaft enthielt, hat u. a. Walter Warnach (1910-2000) bemerkt, wie hervorgeht aus seinem Aufsatz "Ein Europäer klagt Europa an", in: Hochland (München), 40. Jg. Nr. 2, Dez. 1947, unter dem Titel "Georges Bernanos' polemische Schriften" (1948) S. 39-68 in erweiterter Form übernommen in dem von Karl-Dieter Ulke (geb. 1934) hg. Sammelband seiner einschlägigsten Aufsätze: Wege im Labyrinth. Schriften zur Zeit, Pfullingen: Neske, 1982, 938 S.; dort S. 56: "Zu der gleichen Zeit, als Ernst Jünger im ,Arbeiter' das Weltbild des technisierten Zeitalters entwirft, im Jahre 1931, zeigt Bernanos in seinem ersten Pamphlet: ,La Grande Peur des Bien-pensants' mit einer verblüffenden Übereinstimmung, was die Festellung der Tatsachen betrifft, aber in konträrer Bewertung derselben, daß die Technik zwangsläufig zu einer ,planetarischen Arbeitsorganisation' (equipement planetaire) führe mit allen Konsequenzen für die Freiheit und den Lebensrhythmus des einzelnen. Für diese Ordnung des technischen Geistes, diese ,Friedhofsordnung' hatte Bernanos nur eine mit Grauen gemischte Verachtung. Was soll in ihr noch der Mensch mit dem freien Aufblick zum Göttlichen? Er sah, daß sich hier Katastrophen vorbereiten, die sich um so vernichtender auswirken werden, als sie sich in einem geschlossenen System, gleichsam unter der Glasglocke eines technischen Versuchsraumes abspielen.. .. " Vgl. auch Schmittiana II, S. 104 FN 12 und 13. b) Vgl. P.A., art. cit. [Einleitung, FN 15 Titel b)], S. 223: " ... Es sind natürlich nur Wenige, die unser ernstestes Interesse im zeitgenössischen Frankreich verdienen. Der erste ist Leon Bloy [FN 9], . .. , der zweite ist .. . Jacques Maritain, der dritte ist Maurras . ... Dazu ist jüngst als vierter Georg Bernanos gekommen, ..." - Über Maritain, vgl. Br 17 FN 2 Punkt b); über Charles Maurras (1868-1952), den Begründer der ,Action Fram;:aise', vgl. u. a. James McCearney, Maurras et son temps, Paris: Albin Michel, 1977, 295 S. (7) Später hat C.S. diese und spätere Reflexionen über seine Heimat, das Sauerland, zu einem Aufsatz verarbeitet: "Welt großartigster Spannung", in: Merian (Hamburg), 7. Jg. Nr. 9, Sept. 1954, S. 3-6. Für die Nachdrucke dieses Aufsatzes, vgl. Schmittiana V, S. 158 FN 29.
(8) Über Anima Louise Schmitt de Otero (1931 - 1983), vgl. die biographische Notiz von Ernst Hüsmert (geb. 1928) in Schmittiana VII, S. 329- 330. 10*
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(9) a) Von dem einflußreichen Uon Bloy (1846-1917)- viele seiner Zeitgenossen verdanken ihm ihre Konversion zum Katholizismus -waren in Deutschland u. a. C.S. und E.J. sehr begeistert (vgl. Schmittiana VI, S. 102 FN 3). Vgl. über ihn u. a. Maurice Bardeehe (19091998), Leon Bloy, Paris: La Table ronde, 1989, 411 S. Aber auch Waldemar Gurian (19021954), "Uon Bloy", in: Abendland (Köln/Berlin/Wien), 2. Jg. Nr. 4, Jan. 1927, S. 118122, sowie Curt Hohoff (geb. 1913), "Erinnerung an Uon Bloys Grenze und Größe", in: Hochland (München), 46. Jg. Nr. 5, Juni 1954, S. 428-436. b) Zu Gurian, vgl. u. a. P. Tommissen (Hg.), op. cit. [Br 20 FN 2], S. 84 FN 5 Punkt a) und S. 120-121 FN 10; auch Br 11 FN 8, Br 18 FN 3 und Br 24 FN 2. (10) Frau Sternheim = Stoisy [Br I FN 1]. (11) P.A. nennt hier französische Autoren aus verschiedenen Jahrhunderten: die Dramenautoren Pierre Comeille (1606-1684) und Moliere (eig. Jean-Baptiste Poquelin; 1622-1673), der politische Philosoph Joseph de Maistre (Einleitung, FN 2 Punkt b), die Romanciers Stendhal (eig. Henri Beyle; 1783-1842) und Honore de Ba[zac (1799-1850), der Pamphletist Bloy [FN 9], die Dichter Charles Baudefaire (1821-1867) und Arthur Rimbaud (18541891). (12) Weswegen hat G.K. sich zu einer Dankrede veranlaßt gefühlt? Wir wissen es nicht. (13) Der Hl Gregorios Thaumaturgos [= der Wundertäter] (213-zwischen 270 und 275), Schüler des berühmten Origines (185-254) und Bischof von Neucäsarea, propagierte das Chistentum mit großem Geschick in dem klein-asiatischen Reich Pontos. Vgl. über ihn Friedrich Wilhelm Bautz in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (Herzberg: Bautz), Bd. 2 = 1990, Sp. 338-339 (dort weitere Literaturangaben).
5. (Berlin, den 18. November 1931) [ ... ]
Vorläufig bin ich noch bei der Germania für 250 Mark im Monat. Anscheinend bis Februar März. Aber man kann mir bereits zum 1. Jan. kündigen. So bin ich in keiner beneidenswerten Lage. Das ist aber nicht so traurig. Herrn R.M. hat man gekündigt zum 1. Jan. Er arbeitet bereits seit 2 Wochen nicht mehr an der Germania. Den Anlaß bot: Die Eroberung Perus (1 ). Die Dokumente bekommen Sie, sobald der Fall, der noch nicht zur Ruhe gekommen ist, einigermaßen abgeschlossen ist. Sie werden staunen. R.M. hat übrigens die Musik nicht dazu gemacht, aber nach seinen Angaben ist peruanisehe Musik verwandt. [ ... ]
Da Herr Bachmann allein das Neue Ufer in Händen hat, besteht nicht die geringste Aussicht, daß Ihre Arbeit gedruckt wird (2). Ich überlege mir, sobald ich den Aufsatz gelesen habe, wo ihn unterbringen. Die Verhältnisse sind sehr traurig. Man lernt die niederen Dämonen gut kennen. Der einzige Trost ist mir das Johannes Evangel. Ich glaube den Prolog zum ersten Male einigermaßen zu verstehen (3). Dann lese ich die Historia Lausiaca, die
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Mönchsgeschichte des Palladius von Helenopolis (4) + natürl. immer wieder Bloy, den einzigen Trost aus der Gegenwart. C.S. treffe ich Freitag. R.M. wohnt jetzt bei R. Schlichter Berlin - Neue Winterfeldstraße 17 IV Hinterhaus (5). Frau Schlichter "Speedy", eine Französin (6) ist eine gute Kennerin Bloys. Sie verehrt ihn. Speedy ist die bedeutendste Frau, die ich je kennen lernte. Ihren Mann, den Maler Schlichter habe ich auch gern (7). [ ... ]
P.S. F.K. traf ich nur 2 x od. 3 x, hatte aber einen guten Eindruck, sogar einen sehr guten von ihm. Seine Frau gefällt mir vortrefflich; aber außer Speedy existiert kaum noch eine Frau für mich, nur Ines (8) + Stoisy. Stoisy läßt Sie grüßen & Ines ebenso. (1) Infolge der Uraufführung eines von R.M. verfaßten Soldatenschauspiels über den
Konquistador Francisco Piu.aro (1475 -1541) wurde er von der Zentrums-Redaktion der "Gerrnania" als Nationalbolschewist hingestellt und entlassen. - Diese Präzision entnehme ich R.M.s unveröffentlichten autobiographischen Aufzeichnungen (diese vom 3. Juni 1934).
(2) a) Wie in der ,Einführung' gesagt, war ,Das neue Ufer' die kulturelle Beilage der Zentrumszeitung ,Gerrnania' [Br 18 FN 6]. Heinrich BachTTumn- wohl kein Freund von P.A.war anscheinend zum Chefredakteur dieser nur noch monatlich erscheinenden Beilage avanziert. b) G.K. hatte einen Aufsatz eingereicht, der erschienen ist [Br 10], aber wo? (3) Das Johannes- oder das vierte Evangelium unterscheidet sich in mancher Hinsicht von den Evangelien von Matthäus, Markus und Lukas. Vgl. u. a. Fritz Tillmann (1874-1953), Das Johannes-Evangelium, Bonn: Hanstein, (1914) 1931, XII-364 S., Bd 3 in der Reihe ,Hl. Schrift des Neuen Testaments'; der Band enthält die Übersetzung des Evangeliums und einen ausführlichen Kommentar. - Vgl. auch Br 25 FN 2. (4) a) Das dem Kammerherrn Lausus gewidmete Pilgerbuch (im Grunde sind es Mönchsgeschichten) .,Historia Lausiaca" wurde später um das Timotheus-Buch erweitert und hg. von Edward Cuthbert Butler (1858 -1934), The Lausiac History of Palladius, Cambridge: University Press, 1898-1904 (davon erschien 1967 bei Olms in Hitdesheim ein Nachdruck). b) Dem Mönch Palladius