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German Pages [236] Year 1954
SC HELLINGS PHILOSOPHIE DER WELTALTER Schellings Philosophie in den Jahren 1806-1821 Zum Problem des Sche/lingschen Theism11s
VON
HORST FU HRMAN S
VERLAG L. SCHWANN DÜSSELDORF
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VORWORT Die vorliegende Arbeit ist aus langen Bemühungen um Schellings Philosophie hervorgegangen. Bei dem Versuch, Schellings Spätphilosophie zu erhellen (vgl. meine Arbeit: Schellings letzte Philosophie, Berlin 1940), ergab sich als entscheidende Erkenntnis, daß Schellings Spätphilosophie ganz aus dem Ringen um Gott hervorgegangen ist, aus dem Ringen um Gottes Freiheit in der Setzung der Welt; von Schelling gewollt als Gegenwurf gegen allen Pantheismus, enthüllte sich von da aus das Eigentliche in seiner Frontstellung gegen Hegel, die vom Theologischen her bestimmt war: von Schellings Willen zu einer christlichen Philosophie. In solcher Enthüllung erwies sich, daß Schelling sich mit Recht seit 1827 als christlichen Denker gewußt hat, dessen „Philosophie der Offenbarung" nichts anderes sein sollte als die Wiedergeburt einer christlichen Philosophie. Es mußte die Grundfrage angesichts des Schcllingschen Denkens sein, wann Schelling diese folgenreiche Wende ins Christliche vollzogen hat. Seine Philosophie in den Jahren 1806-1827 (während seines ersten Münchener Aufenthaltes) erwies sich vor solchen Fragen als unklar. Alle Darstellungen vermochten hier keinen Weg zu weisen, und Schellings eigene Formulierungen schienen undurchdringlich und unklar. Theismus und Pantheismus schienen sich in eigentümlicher \Veise zu durchkreuzen und den ganzen Entwurf zu verwirren, der sich auch in vielen Jahren des Umgangs mit Schclling mir nicht öffnete. Erst das Eindringen in Schellings Nachlaß vermochte hier einen Weg zu weisen. Von der Forschung bis dahin fast unbeachtet, befand er sich, von Verwandten als Leihgabe gegeben, in der Universitätsbibliothek zu München. Die Durchsicht dieses Nachlasses zeigte etwas Unerwartetes: es fanden sich dabei die zwei von Schelling zurückgezogenen Drucke des ersten Teils der „Weltalter" von 1811 und 1813. Ich konnte 1941 und 1942 nur einen Teil abschreiben, und als der Nachlaß im Jahre 1944 durch den Krieg unterging, schien alles verloren; aber es zeigte sich, daß Manfred Schröter umfassendere Teile abgeschrieben hatte, die er 1946 veröffentlichen konnte. Von daher ist die nachfolgende Arbeit entsprungen. Sie versucht erstmals die genuine Interpretation dieser Phase des Schcllingschen Denkens und sucht zu erweisen, daß Schelling schon seit 1806 wesenhaft Vertreter einer theistischen und christlichen Philosophie geworden ist, ein Anliegen, das ihm aus der Begegnung mit der Spiitromantik, vor allem mit
Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft Copyright 1954 by L. Schwann Verlag Düsseldorf Alle Rechte vorbehalten f 1. Auflage 1954 1 Gesamtherstellung Schwann Düsseldorf
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Baader gekommen ist. So fragwürdig vieles in der Romantik war, so unleugbar ist sie in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts eine der entscheidenden Wiedergeburten des religiösen und christlichen Denkens geworden, deren Wirksamkeit aus dieser Hälfte des Jahrhunderts nicht wegzudenken ist. Und hier ist auch der genuine Raum der späten Schellingschen Philosophie gewesen, allen sichtbar geworden, als Schelling 1827 neben Görres und Baader von König Ludwig I. nach München gerufen wurde, um dort seine „Philosophie der Offenbarung" vorzutragen, und dann, als ihn König Friedrich Wilhelm IV. nach Berlin rief. Was aber von Schelling seit 1827 öffentlich vorgetragen wurde, ist - wie ich zu zeigen versuche - schon um 1806 ff. konzipiert worden. Schellings Gesamtphilosophie kennt darum, wie ich glaube, nur z1vei große Perioden, die von 1795-1806 (die Periode der Identitätsphilosophie) und die von 1806-1854 (die Periode seiner christlichen bzw. positiven Philosophie). Es hat viel Sinn, in jeder Periode noch Scheidungen zu treffen (1795-1800 Aufstieg zur Identitätsphilosophie, 1800-1806 die Zeit der Identitätsphilosophie, 1806-1827 etwa Philosophie der Weltalter, 1827-1854 die Zeit der positiven Philosophie bzw. der Philosophie der Offenbarung), aber .der großen Abschnitte gibt es, wie ich glaube, nur die genannten zwei. Über das hinaus wird sich erweisen, wie groß die Kontinuität gewesen ist, die alle Phasen des Schellingschen Denkens umgreift. Dieses Philosophieren war fast von Anfang an ein Ringen um das Verhältnis des absoluten und des endlichen Seins, Gottes und der Welt. Von hier hat.es seine Größe empfangen, aber auch seine Ruhelosigkeit. Die Darstellung der „Philosophie der Weltalter" wird darum dieses Problem in die Mitte stellen und versuchen, vor allem für diese Zeit das Problem des Schellingschen „Pantheismus" zu lösen. Ich habe die Hoffnung, daß diese Arbeit erreichen wird, diesen Vorwurf endlich verschwinden zu lassen, um das Eigentliche des von Schelling Gewollten in den Blick kommen zu lassen. Für das vielumstrittene Verhältnis von deutschem Idealismus und Christentum werden sich damit neue Gesichtspunkte ergeben, die eine Diskussion sinnvoller erscheinen lassen, als das oft der Fall gewesen ist. Die große Diskussion um das Verhältnis von ~hristentum und Idealismus (zwischen 1920 und 1930) hat sich fast völhg unter der Ägide der gerade aufbrechenden dialektischen Theologie vollzogen. Aber gerade diese Theologie hat erfahren müssen (Bru~ner, a~er auch Barth), daß mit dem Aufreißen des radikalen Unterschiedes von Gott und Welt allein nichts geschafft ist, daß es vielmehr immer von neuem der Theologie aufgegeben ist, zu begreifen, daß diese von Gott so verschiedene und unterschiedene Welt gleichzeitig sein Werk ist, von ihm so geliebt, daß er um dessentwillen seinen Sohn dahingegeben hat. Wenn darum heute das theologische Denken - sowohl im katholischen (vgl. das Denken Romano Guardinis, Michael Schmaus', Rudolf Grabers u. a.) wie im evangelischen Raum - wieder tiefer um die Notwendigkeit einer Theologie des „ersten Glaubensartikels" weiß, so sollte darin eine Möglichkeit liegen, auch dem Denken des Idealismus und der Spätromantik neu begegnen und zu einem echten Gespräch kommen zu können. Ich habe es mir leider im Rahmen 6
dieser Arbeit v~rsagen müss~n, eingehen? zu Schellings Theismus Stellung zu nehn:ien. Lang.~t :ron mir ausgearbeitet, mußte diese Erörterung aus verl.:genschen ?run~en vore~st zurückgc.stellt werden. Es muß genügen, zun~chst nur diesen interpretierenden Teil zu veröffentlichen, dessen Ersche1nen zum 100. Todestag Schellings mir eine tiefe Freude ist. Aber ich bin gewiß, daß i~ Schellin!?is Theism'.1s e_ine echte Frage an das theologische Den~~n g_~ste~lt ist, sc: wemg auch setn eigener Weg gangbar ist. Es ware fur die Arbeit auch zu :wünsch~n gewesen, wenn Schellings gesamtes Schaffen von 1806-1827 (bis_ zu sernem Neubeginn in München) hätte Gegenstand der Darstellung se1n können. Aber zwei Nachschriften der ~rlanger Vorlesungen sind im Krieg untergegangen, eine dritte befindet sich - mir im Augenblick nicht erreichbar - in Amerika. De~en, die diese Arbeit mit ihrem Interesse begleitet haben, sei auch hier mein Dank gesagt: Herrn Prof. Dr. Steinbüchel (t), Herrn Prof. Dr. Heimsoeth und Dr. Walter Warnach. Zusätze in . ( ) sind von mir. Bisweilen wurden Texte von mir über den jeweiligen Verfasser hmaus gesperrt, ohne daß solche Sperrungen eigens angezeigt sind.
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IN H.ALT
Vorwort....................................................
5
I. TEIL
Schellings Weg bis
zu den „Weltaltern"
Schellings Philosophie bis 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
1. KAPITEi.
Schellings Identitätssystem: Die Vorgeschichte seines Philosophierens
13
11. KAPITEL
Schellings Identitätssystem: Schellings Philosophieren bis 1806
30
lII. KAPITEL
Die Struktur der Identitätsphilosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
lV. KA PITEI.
..................................
54
Pantheismus und Identitätsphilosophie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
Das Mitgesetztsein der Welt V. KAPITEL
II.TEIL
Schellings Philosophie in den Jahren 1806-1821 Schellings Philosophie der Weltalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
l. KAPITEi.
Der geistige Raum der Schellingschen Philosophie seit 1806 Die Wende zur christlichen Theosophie I Böhme I Die Spätromantik
75
II, KAPITEL
Schellings Hinwendung zur Spätromantik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
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lJI. KAPITEL
Die Phasen der Schellingschen Wandlung , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 IV. KAPITEL
Die Aufgaben der neuen Philosophie Schellings Weg in den Jahren 1809-1821 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
177
V. KAPITEL
Zum Grundproblem der Schellingschen Philosophie in den Jahren 1806-1821 I Das Pantheismus-Problem . . . . . . . . . . . .
219
VI. KAPITEL
Schellings Prinzipienlehre 1806-1821 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
228 I. TEIL
III. TEIL
Schel!ings lVeg bis
ztt
den ))Weltaltern"
Schellings „System der Weltalter" Schellings Philosophie bis 1806
J. KAPITEL
Die Grundstruktur der „Philosophie der Weltalter"
285
JI. KAPITEL
Schellings Theismus in seiner konkreten Durchführung . . . . . . . . . .
309
A. Der Aon der „Vergangenheit": Gott . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
309
B. Der Aon der „Gegenwart": Die Welt......................
355
C. Der j\on der „Zukunft"
Gott und Welt in der endgültigen Verbundenheit
Sinn und Anliegen des Schellingschen Theismus . . . . . . . . . . . . . . . .
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408
427
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I. KAPITEL
Schel!ings Indentitäts.rystem: Die Vorgeschichte seines Philosophierens Das idealistische Philosophieren, dem gegenwärtigen Denken so fremd und fast unverständlich, kennzeichnet gleichwohl eine der großen Stunden deutschen Denkens, und der späte Schelling hat nicht zu Unrecht darüber gesagt: ,,Das Urteil der Geschichte wird sein, nie sei ein größerer äußerer und innerer Kampf um die höchsten Besitztümer des menschlichen Geistes gekämpft worden, zu keiner Zeit habe der wissenschaftliche Geist in seinem Bestreben tiefere und an Resultaten reichere Erfahrungen gemacht, wie seit Kant" und im deutschen Idealismus; und H. Heimsoeth hat dem mit Recht hinzugefügt: Hier ist „in einem Zeitraum von zwei, drei Jahrzehnten ... eine Fülle metaphysischer Gedankenbildungen von überragendem Stile und größter Tragweite (herangewachsen), wie sie in so gedrängter Nachbarschaft die Geschichte vorher nicht gesehen hat. Es ist ... die letzte Glanzzeit der Metaphysik ... bis auf den heutigen Tag." Solches große Philosophieren kam aber nicht aus Zufall, sondern aus der Tiefe des Fragens, das damals erreicht war, und aus dem Umstürzenden eines neuen Erlebens. Wenn dabei eine Fülle von Fragen aufbrach, aus denen für uns immer neue Deutungen des idealistischen Denkens gekommen sind, so kann es heute kaum noch darüber Streit geben, daß das Grundanliegen des Idealismus letzthin sozusagen ein theologisches war. Es ging in allem Philosophieren nicht um irgendein Wichtiges, sondern das Grundlegende schlechthin: um das Verhältnis von absolutem und endlichem Sein, von Endlichem und Unendlichem, oder auf eine einfachere Formel gebracht: um das Verhältnis von Gott und lf?elt. Hier hat das Ringen der Idealisten seine eigentliche Mitte gehabt und von hier die Unruhe des immer neuen Fragens. Und hier gründet auch zum Teil das Schicksal, das der Idealismus gehabt hat. In aller Gegnerschaft, die sich gegen ihn erhob, kam nicht der geringste immer wieder von christlicher Seite, indem man dem Idealismus leidenschaftlich bestritt, das Verhältnis von absolutem und endlichem Sein gültig gefaßt zu haben. Konkret hat sich dieser Vorwurf aber immer wieder darin formuliert, daß das idealistische Philosophieren den Unterschied des absoluten und des endlichen Seins verwischt und sich ins Pantheistische verloren habe, um darin das genuin Christliche aufzugeben. Diesen Vorwurf auf seine Richtigkeit in allen Zügen zu untersuchen kann nicht die Aufgabe der folgenden Arbeit sein, aber wir wollen ihn in bezug aufSchelling, der ja nicht 13
weniger als Hegel immer wieder des Pantheismus beschuldigt worden ist, prüfen, und zwar für die Jahre 1806-1821. Ich werde dabei zu erweisen versuchen, d~ß Schelling (zumin?est s~it 1806, wenn überhaupt je) kein Pantheist gewesen ist, sondern daß sem Philosophieren vielmehr theistischer Struktur w~r, wob_ei si.ch..freil~ch Schelli~g~ Theismus als sehr eigener Art enthüllen wird, dann die uberheferte theistische Tradition in etwa überschritten und Schelling zu Neuem vorgestoßen ist. Und das nicht aus Zufall, sondern Schellings Theismus zeigt typisch neuzeitliche Züge und lebt aus einem für die Neuzeit sehr Kennzeichnenden: er drängt auf Welt hin und hat seine in~~rste Tendenz darin,. dem weltlichen Sein vom Absoluten her Rang und Wurde zu geben. Schellmgs Wollen lebt also ganz und gar wie das Hegels aus dem Welterleben der Neuzeit und sucht sich hier seinen Weg ins Neue, und alles V erstehen Schellings gründet somit darin, daß dieser Hintergrund gesehen wird, den wir mit ein paar Strichen aufzeigen wollen. Die neuzeitliche Geistesgeschichte ist durch ein fundamentales Faktum gekennzeichnet: durch das „Entdecken" der Welt. Geprägt von christlichem Geist, lag für den mittelalterlichen Menschen der Akzent seines Erlebens nicht primär auf Welt. Sie blieb vielmehr in einer eigentümlichen Verdecktheit und Unakzentuiertheit, während den eigentlichen Akzent das Jenseitige erhielt. In ihm sah man den Sinn und die Erfüllung des Lebens. Das Hiesige war so nur Ausgang und Anfang, nicht letzte Ebene des Lebe~s, war zu übersteigendes Sein, Sein im Vorläufigen, war Sein ohne pr1märe.n Rang, endlich und vergänglich. Der Mensch empfand sich so entscheidend als „Wanderer zwischen beiden Welten", als Pilger, der das Hiesige durchschreitet und übersteigt, um erst im Tod ins Eigentliche zu kommen, in ein „besseres Jenseits", wo sich ihm das Angesicht Gottes enthüllt, das hier unter den Schleiern des Endlichen verborgen ist. Mehr noch: Welt wurde nicht nur als endlich und vergänglich gesehen, s_ondern vo~. der Idee des Sündenfalls her als zerstört. Welt trägt nicht mehr 1hre~ ursprungIichen Glanz, sondern, von Gott abgefallen, ist sie voller Bosheit und Gottferne. Dasein im Hiesigen ist darum bedroht von. S~nde _u_nd be~errscht vom „Fürsten dieser Welt", so daß der Mensch erst 1m 1ense1t1gen Sein, dem Dunkel und der Mühsal des Irdischen entrissen, Frieden und Ruhe findet. Diese Sicht hat sich in der Neuzeit fundamental verlagert'. Die Welt trat Vgl. dazu etwa W. D1LTHEY, Gesammelte Schriftm, Bd. II (darin: Der entwicklungsgeschichtliche Pantheismus) und Bd, IV; od~r: ERNST ,:RoELT~CH, Gesammelte Sckrfften, Bd. IV (darin: Renaissance u?d. Rcfor.mat1on), wo die S!r:'mungen sehr pototiert konfrontiert werden. Dem Chr1stltchen ist Gott danach alle101ges Thema. Es lebt aus dem christlichen Radikalismus, der alles auf das Heil der Seele abstellt, während die Welt, zudem gesehen im Lic~te einer r~dikale.n Sü~dhafti&keit, völlig zurücktrat, um allein Durchgangspunkt zu scm. zutTJ e~1gen.Z1cl. Dte ~ena1ssance aber entdeckte demgegenüber den Eigenwert und die Gott!tchkett des Weltlichen. Mao schüttelte die Kirche und ihr von Paulus und Augustinus gepriigtes Weltbild der Sündhaftigkcit ab und damit alle asketische Haltung. Dns Diesseits trat hervor, seine Aufgaben, seine Kräfte seine füitsel und seine Schönheiten. Alles empfing „eine lockende Macht und schließli;h eine v~Il_ige Sclbs~;erständlichkeit" (S. 271 ff.). Es vollzog sich eine „Verklärung der diesseitigen Welt .
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i~ den Vordergrund, groß und mächtig. Ihre Endlichkeit, vorher schmerzltch ~mpfun~en, _tr~t i_m1;1er mehr zurück. Man erfuhr sie plötzlich als une°:dbches Sem, nes1g in ihren Maßen, unerhört groß und reich und erfüllt mit unerschöpflichen Dingen. Einst als endlicher Schatten des unendlichen G~ttes gesehen, sah .1:11an sie nun als das Symbol der Unendlichkeit Gottes (~Jicolau~ v. Cu_es). Uber~II schienen die Grenzen zu fallen, und es sprang etn Zug ms Weite auf. Die Vergänglichkeit der Welt trat zurück. Sie selbst schien ein Sein, das aus unendlicher Tiefe unerschöpflich immer Neues &"ebiert. Einst als dunkel und zwielichtig empfunden, als zerstört und teuflis~hen Mächten ausgeliefert, erlebte man sie nun als Sein von großer Schönheit, erfüllt von Harmonie und getaucht in Helle. Mindestens seit dem 14. Jahrhundert (Petrarca) ist überall spürbar, wie die Sichten sich verlagerten und neue Worte auftauchten, erfüllt von der Schwingung des neuen Erlebens. ~rundtermini der Antike, im Mittelalter fast untergegangen, t~uchten wieder auf oder wurden neu formuliert. Welt wurde zum „unendlichen All" oder zur „göttlichen Natur". Alles „Weltliche", die Gestirne di.e P~anzen, die Tiere, alles Lebendige wurde nun als eine einzige groß~ E!nhe1~ empf~nden, _als das g.öttliche Al!, das _unerschöpflich aus eigener Tiefe s~c~ gebiert. Die Welt, einst als zweitrangig abgetan, erhielt unmittelbar rehg1ösen Akzent und rückte in den Raum religiöser Verehrung. Wie Romano Guardini gesagt hat: Dieses Ganze der Welt wurde nun als etwas ,,Ti_efes, Mäch~iges und Herrlic?es : .. er~ahren", dem Guardini hinzufügt: „Dte Erregtheit und Überwert1gke1t der m dem Worte sich ausdrückenden Erfahrungen zeigen an, welch tiefe Umlagerungen im Lebensgefühl und Weltverhältnis es tragen"2. Etwas gan~ Fundame~tales vollz~g sich: die Welt verlor ihren Übergangscha,:akt~r. Sie wurde nicht mehr primär empfunden als Sein, das ins Höhere wetst, Übergang ist, Durchgangspunkt, sondern als Sein, das in sich selbst Rang hat und Würde, in das man hineingestellt ist, um darin sein Dasein zu vollbringen und zu vollenden. Die Welt bzw. die „Natur", als sichtbare Welt •Vgl.. R:oMANO GuARmi:i1, We~t und Pe~son, _1 1938. Zu diesem ganzen Vorgang hat Guard101 aber gesagt: ,,Die Unm1ttelbarke1t, mit der das Mittelalter die absolute Wirklichkeit Gottes und das verheißene, ewige Leben als das Eigentliche sah drohte- unbeschadet kräftigster Lebens- und Schaffensfülle - das Endliche und Zeitlic'he zu entwerten. Das Endliche erschien nur als der uneigeotliche Abglanz des Absoluten und die Zeit als die an sich wesenlose Vorstufe der Ewigkeit. Der Symbolcharakter der Schöpfung wurde so stark empfunden, daß sie selbst nicht wirklich genug genommen wurde ... Es war .