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German Pages 226 Year 2018
Internetrecht und Digitale Gesellschaft Band 12
Sachqualität und Veräußerung von Dateien Der Online-Handel mit E-Books, Musikund Filmdateien
Von
Stefan Bucher
Duncker & Humblot · Berlin
STEFAN BUCHER
Sachqualität und Veräußerung von Dateien
Internetrecht und Digitale Gesellschaft Herausgegeben von
Dirk Heckmann
Band 12
Sachqualität und Veräußerung von Dateien Der Online-Handel mit E-Books, Musikund Filmdateien
Von
Stefan Bucher
Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg hat diese Arbeit im Jahre 2017 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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© 2018 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: L101 Mediengestaltung, Fürstenwalde Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 2363-5479 ISBN 978-3-428-15543-9 (Print) ISBN 978-3-428-55543-7 (E-Book) ISBN 978-3-428-85543-8 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 Internet: http://www.duncker-humblot.de
Für meine Eltern Birgit und Armin Bucher
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2017 von der juristischen Fakultät der Universität Würzburg als Dissertation angenommen. Sie entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Frau Prof. Dr. Eva-Maria Kieninger und wurde im Mai 2017 fertiggestellt. Die zitierte Rechtsprechung und Literatur wurden für die Veröffentlichung aktualisiert und sind auf dem Stand von Mai 2018. Das Anfertigen der Arbeit war für mich eine außergewöhnlich bereichernde Erfahrung. Den zahlreichen Menschen, die mich während der Promotionszeit auf vielfältige Weise unterstützt und begleitet haben, möchte ich ganz herzlich danken. Ihretwegen werde ich die Zeit der Promotion und als wissenschaftlicher Mitarbeiter immer als besonders schön in Erinnerung behalten. Mein ganz besonderer Dank gilt meiner Doktormutter Frau Prof. Dr. EvaMaria Kieninger. Sie hat mich beim Anfertigen der Arbeit mit ihrer klugen, ruhigen und humorvollen Art durch wertvolle Hinweise vorbildlich unterstützt und mir hinsichtlich meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an ihrem Lehrstuhl großzügig Freiraum für die Arbeit an der Dissertation eingeräumt. Auf diese Weise hat sie maßgeblich zum Gelingen der Arbeit beigetragen. Herrn Prof. Dr. Christof Kerwer danke ich für die freundliche Erstellung des Zweitgutachtens sowie Herrn Prof. Dr. Dirk Heckmann für die Aufnahme der Arbeit in die vorliegende Schriftenreihe. Schließlich gebührt herzlicher Dank meinen Eltern Birgit und Armin Bucher, die mir stets ein starker und verlässlicher Rückhalt waren und sind. Durch ihre uneingeschränkte Förderung meiner Ausbildung haben sie mir die Entscheidung für die Promotion erst ermöglicht. Ihnen ist die Arbeit gewidmet. Frankfurt am Main, im Juni 2018
Stefan Bucher
Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Einleitung
17
A. Internet als rechtspolitisches Neuland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 B. Klassische und moderne Vertriebswege für Medieninhalte . . . . . . . . . . . . 18 C. Gegenstand und Zielsetzung der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Untersuchung der vernachlässigten sachenrechtlichen Dimension der Thematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Aufzeigen des Bedarfs für Änderungen des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . III. Vermeidung allzu technischer Diskussionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19 20 21 23
D. Stand der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 E. Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Datei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. DVD / Blu-Ray . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. E-Book . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. MP3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Musik- bzw. Filmdatei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25 25 26 26 26 26 27
F. Gang der Darstellung und Abgrenzung des Themas . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Kapitel 2
Die Rechtsnatur elektronischer Medien
29
A. Die äußerliche Struktur von § 90 BGB als Ausgangspunkt der Unter suchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 B. Der Meinungsstand im Schrifttum zum Sachbegriff nach § 90 BGB . . . . 32 C. Kritik am bisherigen Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Körperlichkeit nicht gleichrangig zu weiteren Kriterien des Sachbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. „Sache“ und „körperlicher Gegenstand“ sind keine Synonyme . . . . . . . III. Hintergrund und Konsequenz der herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33 34 34 36 37
10 Inhaltsverzeichnis D. Eigener Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 I. Einheitliche Beurteilung nach aktuellem Stand der Naturwissenschaft . 38 II. Sachen als Teilmenge der körperlichen Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . 40 1. Untere Ebene: „Sache“ und Verkehrsanschauung . . . . . . . . . . . . . . . 41 a) Rechtsunsicherheit bei der Ermittlung der Verkehrsanschauung . 41 b) Wandel der Verkehrsanschauung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 aa) Die Naturwissenschaft als Impulsgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 bb) Dynamik des Sachbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 c) Auch „falsche“ Ergebnisse der Verkehrsanschauung sind „richtig“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 2. Obere Ebene: „Körperlicher Gegenstand“ und Naturwissenschaft . 46 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 E. Der I. II. III. IV.
Sachbegriff im Sinne des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grammatikalische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beherrschbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abgegrenztheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Materieller Inhalt der Abgegrenztheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verhältnis zur Beherrschbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sinnliche Wahrnehmbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verkehrsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ökonomische Funktion des Sachbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Missverständnis der Verkehrsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Funktion der ermittelnden Kriterien und ihr Verhältnis zueinander . . . . 1. Bisher herrschende Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kriterien des Sachbegriffs verschieben die Subsumtion . . . . . . . . b) Inkompatibilität von Verkehrsanschauung und zwingenden Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eigener Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kriterien als Indizien statt zwingende Voraussetzungen . . . . . . . . b) Auch Verkehrsfähigkeit kein Tatbestandsmerkmal, sondern nur starkes Indiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48 48 49 51 52 52 53 54 54 57 59 60 62 63 63 63 64 65 65 66
F. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 G. Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sachqualität analoger Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geistiges Werk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Datenträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Sachqualität von Standardsoftware – Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . III. E-Books, Musik- und Filmdateien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67 68 68 68 69 71
Inhaltsverzeichnis11 1. Geistiges Werk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Datenträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Systematische Bedenken gegen den Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Flüchtigkeit der Verbindung zwischen Datenträger und Datei . . . d) Widerspruch zur Verkehrsanschauung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Datei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sachqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Abgegrenztheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beherrschbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Sinnliche Wahrnehmbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Verkehrsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
72 72 72 73 74 75 76 77 79 80 81 81 83
H. Zusammenfassung und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Kapitel 3
Bestehende Rechte an Medien in Dateiform und deren Übertragung – Die lex lata
85
A. Dateien nicht wesentliche Bestandteile des Datenträgers . . . . . . . . . . . . . . 85 B. Technischer Ablauf typischer Übertragungsvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 I. Download . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 II. Sonderfall Streaming . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 C. Sachenrechtliche Bewertung des Downloads . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 I. Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 1. Ausübung der tatsächlichen Sachherrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 2. Vereinbarkeit mit besitzrechtlichen Grundsätzen . . . . . . . . . . . . . . . . 91 a) Schutzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 aa) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 bb) Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 b) Publizitätsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 aa) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 (1) Übertragungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 (2) Gutglaubenswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (3) Vermutungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 bb) Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 II. Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 1. Relevanz der Diskussion zu virtuellen Gütern in virtuellen Welten . 99 2. Subsumierbarkeit von E-Books, Musik- und Filmdateien . . . . . . . . . 99
12 Inhaltsverzeichnis III. Übereignung gemäß § 929 Satz 1 BGB: Dingliche Einigung . . . . . . . . 100 1. Grammatikalische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 2. Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 3. Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 4. Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 IV. Die Übergabe im Sinne von § 929 Satz 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 1. Wesen und Zweck der Übergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 2. Voraussetzungen und Ablauf der Übergabe am Beispiel eines Handkaufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 V. Der Download als Übergabe ohne Besitzverlust des Veräußerers . . . . . 107 1. Die Besitzbegründung durch den Erwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 2. Kein Besitzverlust des Veräußerers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 3. Im Schrifttum unterbreitete Lösungsvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 VI. Erforderlichkeit eines Besitzverlusts des Veräußerers bei der Übergabe 110 1. Grammatikalische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 2. Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 3. Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 a) Der Bezug zu § 854 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 b) Vergleich mit § 929 Satz 2 BGB und § 931 BGB . . . . . . . . . . . . 114 c) Erwerber besitzt auf Veranlassung des Veräußerers . . . . . . . . . . . 115 d) Vereinbarkeit mit dem Publizitätsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 aa) Der Begriff der Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 bb) Die persönliche Zielrichtung der Publizität . . . . . . . . . . . . . . 117 (1) Kein schutzwürdiges Interesse unbeteiligter Dritter an Übereignungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (2) Publizität für Dritte bei den übrigen Übereignungstatbeständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 cc) Die sachliche Zielrichtung der Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . 119 (1) Die Untauglichkeit der Übergabe als Publizitätsmittel . . 120 (2) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 (3) Positive Publizität in Bezug auf den neu begründeten Besitz des Erwerbers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 (4) Negative Publizität in Bezug auf den verlorenen Besitz des Veräußerers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 dd) Zusammenfassung und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 e) Vereinbarkeit mit dem Bestimmtheitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . 125 4. Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 5. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 a) Keine Kollision der Ergebnisse der Auslegungskriterien . . . . . . 127 b) Voraussetzungen der Übergabe nach § 929 Satz 1 BGB . . . . . . . 127 c) Subsumtion des Downloads unter § 929 Satz 1 BGB . . . . . . . . . 128
Inhaltsverzeichnis13 VII. Übereignung gemäß § 929 Satz 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 VIII. Übergabesurrogate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 1. Besitzkonstitut, § 930 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 a) Praktische Relevanz des Besitzkonstituts im Kontext elektronischer Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 b) Sachenrechtlicher Fokus der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 c) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 aa) Das Problem der Herausgabemöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . 133 bb) Herausgabe durch Besitzkonstitut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 dd) Herausgabe ohne Besitzverlust des Gebers . . . . . . . . . . . . . . 135 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 2. Abtretung des Herausgabeanspruchs, § 931 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 136 IX. Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 1. Bezugspunkt des guten Glaubens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 2. Raubkopien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 a) „Perfekte“ Kopien in Sekundenschnelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 b) Wertungen des gutgläubigen Erwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 c) Inhaber einer Raubkopie ist sachenrechtlich Berechtigter . . . . . 142 d) Geringe praktische Relevanz eines gutgläubigen Erwerbs von Dateien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 f) Unterschiede zum gutgläubigen Erwerb von Medien in klassischer Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 3. Keine Anwendungsfälle für § 935 BGB bei elektronischen Medien . 144 4. Kein „lastenfreier“ Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 5. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 X. Ergebnis und kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 1. Subsumtion von Mediendateien aufgrund hoher Abstraktheit von §§ 929 ff. BGB möglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 2. Angreifbarkeit der hier vertretenen Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 3. Bedürfnis nach gesetzlicher Klarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 D. Exkurs: Schuld- und sachenrechtliche Bewertung von Streaming . . . . . . I. Sachenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schuldrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsnatur des Konzertbesuchervertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsnatur des Kinobesuchervertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsnatur von Streaming vergleichbar mit Museumsbesucher vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Unterschiedliche Ergebnisse für Download und Streaming . . . . . . . . . .
150 150 150 150 151 151 153 153
14 Inhaltsverzeichnis Kapitel 4
Einschränkungen der bestehenden Sachenrechte
A. Urheberrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verbreitungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vervielfältigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Recht der öffentlichen Zugänglichmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die UsedSoft-Entscheidung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
154 154 155 157 159 161 163
B. Schuldrechtliche Vereinbarungen – Weitergabeverbote . . . . . . . . . . . . . . 166 C. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Kapitel 5
Weitere Rechtsfragen
A. Der digitale Nachlass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Dateien als „Vermögen“ im Sinne von § 1922 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . II. Kein entgegenstehendes Urheberrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
169 169 170 171 172
B. Sicherungsrecht und Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 I. Kreditsicherung und Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen . . . 173 II. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Kapitel 6
Die lex ferenda
176
A. Der Schutz von Dateien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Erforderlichkeit eines „Dateneigentums“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Änderung des Sachbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verzicht auf § 90 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einfügung von „§ 90b BGB“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Änderung des Wortlauts von § 90 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
176 176 178 178 179 180 181
B. Rechtsgeschäftliche Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Download als Übergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unbeachtlichkeit des Fehlens sinnvoller Anwendungsfälle . . . . . . . . . . 1. Besitzkonstitut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gutgläubiger Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
181 181 182 182 182 183
C. Befugnisse des Inhabers digitaler Medien in Dateiform . . . . . . . . . . . . . . . 183
Inhaltsverzeichnis15 I.
Besonderheiten beim Online-Handel mit Medien in Dateiform . . . . . . . 184 1. „Kopieren“ statt „Verschieben“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 2. (Nicht-)Rivalität von Gütern als entscheidender ökonomischer Faktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 3. Unterschiedliche (wirtschaftliche) Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . 187 II. Die Interessenlage zwischen Urhebern und Erwerbern . . . . . . . . . . . . . . 188 1. Unterminierung der Verwertungsmöglichkeit des Urhebers . . . . . . . . 188 2. „Unbrauchbar machen“ der Ausgangsdatei kein geeignetes Mittel . 190 a) Unbrauchbar machen verhindert nicht die Vervielfältigung . . . . . 190 b) Rechtmäßigkeit des Erwerbs in den Händen des Veräußerers . . . 191 c) Ungeeignetheit von Digital Rights Management . . . . . . . . . . . . . 192 d) Ausklammern von Lizenzvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 3. EuGH-Entscheidung in der Sache VOB / Stichting . . . . . . . . . . . . . . . 195 4. Ökonomische Konsequenzen einer Angleichung der Befugnisse der Eigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 Kapitel 7 Schluss
200
A. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 B. Schlussbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 C. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224
Kapitel 1
Einleitung A. Internet als rechtspolitisches Neuland „Das Internet ist für uns alle Neuland.“ Dieser Satz von Bundeskanzlerin Angela Merkel, den sie am 19. Juni 2013 auf einer Pressekonferenz im Rahmen des Berlinbesuch des damaligen US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama anlässlich der Affäre über die Ausspähung von Daten durch den amerikanischen Geheimdienst sagte, brachte ihr einige Häme ein. Doch Spott und Hohn waren polemisch und knüpften an die bereits längere Zeit mög liche, tatsächliche Verfügbarkeit des Internets aus Sicht der (technischen) Anwender an. So – jedoch offensichtlich falsch – verstanden, ist das Internet sicherlich kein „Neuland“ mehr. Betrachtet man Merkels Aussage jedoch aus rechtspolitischem Blickwinkel,1 ist sie absolut richtig. Zwar werden das Internet betreffende Rechtsfragen schon lange diskutiert.2 Durch den andauernden Prozess der sich verändernden Nutzungsmöglichkeiten des Internets ergeben sich jedoch fortlaufend neue Probleme für die Rechtswissenschaft.3 Es lässt sich daher nicht vermeiden, dass das Recht den immer neuen technischen Gegebenheiten stets ein gewisses Stück hinterherhinkt.4 Jeder dieser Schritte, den die technische Entwicklung vorgibt, ist für die Rechtswissenschaft eben jenes „Neuland“.
1 Dass dieser Zusammenhang gemeint war, stellte am selben Tag Regierungssprecher Steffen Seibert über den Kurznachrichtendienst Twitter dar, https: / / twitter. com / regsprecher / status / 347378009017307136 (zuletzt abgerufen am 30.5.2018). 2 Siehe allgemein zur Thematik z. B. Hetmank, Internetrecht; Eichhorn /Heinze / Tamm / Schuhmann, Internetrecht im E-Commerce; Eichhorn, Internet-Recht; Härting, Internetrecht; Wien, Internetrecht; Koch, Internet-Recht; Kröger, Handbuch zum Internetrecht; Boehme-Neßler, CyberLaw; jurisPK-Internetrecht; aus der ausländischen Literatur Lemley / Menell / Merges / Samuelson, Software and Internet Law; Perritt, Law and the information superhighway; Castets-Renard, Droit de l’Internet. 3 Vgl. die jüngst vom Justizministeriums in Nordrhein-Westfalen eingerichtete Online-Plattform zur Leitfrage „Braucht unser Recht ein Update“ https: / / www.digi taler-neustart.de / justiz / de / home (zuletzt abgerufen am 30.5.2018). 4 Berberich, Virtuelles Eigentum, S. 1.
18
Kap. 1: Einleitung
B. Klassische und moderne Vertriebswege für Medieninhalte Diese technischen Entwicklungen betreffen auch den Handel mit Medieninhalten. Zum Erwerb von Literatur-, Musik- oder Filmprodukten war es bisher völlig normal und bis zu einem gewissen Maß alternativlos, ein entsprechendes Geschäft aufzusuchen, das gewünschte Produkt in Form eines analogen Gegenstandes aus dem Regal zu nehmen, anschließend an der Kasse zu bezahlen und mit nach Hause zu nehmen. Oder man wählt eine schon modernere Variante und erwirbt das Produkt im Rahmen eines Fernabsatzvertrages. Dies kann etwa über das Internet mit anschließender Lieferung der Ware geschehen und unterscheidet sich bezüglich der rechtlichen Beurteilung der sachenrechtlichen Verhältnisse nicht von der erstgenannten Möglichkeit. Gemeinsam haben diese Formen des Erwerbs, dass der Erwerber das Eigentum im Sinne von § 903 BGB an dem entsprechenden analogen Gegenstand gemäß §§ 929 ff. BGB übertragen bekommt und schließlich eine greifbare Version des Produkts in den Händen hält.5 Mittlerweile werden Bücher, Musikstücke oder Filme immer häufiger zumindest auch, mitunter sogar ausschließlich in Dateiform zum Download angeboten. Der Erwerb des Produkts als rein digitale Version als Alternative zu dem traditionellen Beschaffungsweg erfreut sich steigender Beliebtheit und ist deshalb mittlerweile immer weiter verbreitet.6 Literatur wird also nicht mehr in Gestalt von gedruckten Büchern, sondern in Form von EBooks, Musik und Film nicht mehr als Vinyl-Schallplatten oder CDs, bzw. als VHS-Kassetten, DVDs oder Blu-Rays, sondern ebenfalls als Dateien erworben und konsumiert. Die Verwendung moderner Warenvertriebswege entspricht dem Zeitgeist und stellt für den Verbraucher eine angenehme und komfortable Erweiterung seiner Möglichkeiten dar, in den Genuss solcher Werke zu kommen.7 Aus diesem Grund kommt dem Handel mit Medien in Dateiform auf elektronischen Vertriebswegen ein immer größeres Gewicht zu.8 Dieser aktuelle und 5 Vgl. dazu auch Ganzhorn, Rechtliche Betrachtung des Vertriebs und der Weitergabe digitaler Güter, S. 66. 6 Im Musikbereich machten Online-Angebote im Jahr 2012 bereits 20,5 % des Gesamtumsatzes der Branche aus, 2013 waren es 22,6 %, 2014 25,1 %, 2015 31,4 %, 2016 37.9 % und 2017 bereits 46,6 %, vgl. Jahresberichte des Bundesverband Musikindustrie (BVMI), Musikindustrie in Zahlen 2012 S. 10, 2013 S. 13, 2014 S. 13, 2015 S. 13, 2016 S. 6 und 2017 S. 7, http: / / www.musikindustrie.de / download-jahrbuch (zuletzt abgerufen am 30.5.2018). 7 Ähnlich Spindler / Klöhn, Neue Qualifikationsprobleme im E-Commerce, CR 2003, 81 (82, 84). 8 Siehe oben, Fn. 6.
C. Gegenstand und Zielsetzung der Arbeit19
das Konsumverhalten betreffende Prozess muss jedoch auch aus rechtlicher Sicht in möglichst kurzer Zeit (zumindest nach-)vollzogen werden, um Regelungslücken und mit solchen einhergehende Missbrauchsmöglichkeiten zu vermeiden.
C. Gegenstand und Zielsetzung der Arbeit Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den rechtlichen Aspekten dieser bisher noch unzureichend erörterten Entwicklung. Mithin ist die Frage zu beantworten, ob Inhaber von Medien in modernen Erscheinungs- und Vertriebsformen rechtlich gleich oder zumindest gleichwertig gestellt sind, wie Inhaber von Medien in klassischen Erscheinungs- und Vertriebsformen. Zwar ist der Prozess der Entmaterialisierung nicht ohne jede Reaktion in der juristischen Welt geblieben. So ist die Dichte an gerichtlichen Entscheidungen zur digitalen Welt in der jüngeren Vergangenheit größer geworden9 und die zivilrechtlichen Abteilungen des Deutschen Juristentags haben sich während der beiden letzten Tagungen mit Rechtsfragen rund um die Digitalisierung der Medienwelt beschäftigt10. Bemerkenswert ist auch der Aufruf des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen zur Diskussion über die Notwendigkeit der Anpassung des Rechts auf die zunehmende Digitalisierung des Rechts.11
9 Z. B. grundlegend EuGH, Urteil vom 3.7.2012 – Az. C-128 / 11 (UsedSoft), NJW 2012, 2565 ff. mit etlichen Anmerkungen, etwa Marly, CR 2014, 145 ff.; Ohly, JZ 2013, 42 ff.; Enchelmaier, GPR 2013, 224 ff.; Heydn, MMR 2012, 591 ff.; Stieper, ZUM 2012, 668 ff.; Walter, MR-Int 2012, 40 ff.; jüngst EuGH, Urteil vom 10.11.2016 – Az. C-174 / 15 (VOB / Stichting), NJW 2017, 461 ff.; dazu Anmerkung von Stieper, GRUR 2016, 1270 ff.; EuGH, Urteil vom 12.10.2016 – Az. C-166 / 15 (Ranks ua), EuZW 2016, 866 ff. mit Anmerkung Wiebe, ZUM 2017, 44; BGH, Urteil vom 19.3.2015 – Az. I ZR 4 / 14 (Green-IT), juris; BGH, Urteil vom 11.12.2014, Az. I ZR 8 / 13 (UsedSoft III), GRUR 2015, 772 ff.; BGH, Urteil vom 17.7.2013 – Az. I ZR 129 / 08 (UsedSoft II), GRUR 2014, 264 ff.; dazu Leistner, Segelanweisungen und Beweislastklippen: eine problemorientierte Stellungnahme zum BGH-Urteil UsedSoft II, WRP 2014, 995 ff.; OLG Hamburg, Beschluss vom 4.12.2014 – Az. 10 U 5 / 11, CR 2015, 534 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 15.5.2014 – Az. 22 U 60 / 13, NJW 2014, 3659 ff.; OLG Stuttgart, Urteil vom 3.11.2011 – Az. 2 U 49 / 11, ZUM 2012, 811 ff.; LG Bielefeld, Urteil vom 5.3.2013 – Az. 4 O 191 / 11, CR 2013, 812 ff. 10 Siehe http: / / www.djt.de / die-tagungen / 70-deutscher-juristentag / und http: / / www.djt.de / die-tagungen / 71-deutscher-juristentag / (jeweils zuletzt abgerufen am 30.5.2018). 11 https: / / www.digitaler-neustart.de / ecm-politik / justiz / de / home / beteiligen / draft bill / 47786 / chap / 2 (zuletzt abgerufen am 30.5.2018).
20
Kap. 1: Einleitung
I. Untersuchung der vernachlässigten sachenrechtlichen Dimension der Thematik Die geführte Diskussion ist jedoch zu großen Teilen urheberrechtlich geprägt. Tatsächlich ist das Urheberrecht auch eine tragende Säule der interessengerechten rechtlichen Behandlung des Handels mit Medien in Dateiform, der sich auch diese Arbeit ausführlich widmet.12 Zu sehen ist jedoch, dass Rechtsfragen zu Dingen des täglichen Lebens, zu denen der Online-Handel mit Medien in Dateiform zweifellos gehört, in erster Linie Gegenstand des allgemeinen Zivilrechts sein müssen.13 Dementsprechend besteht neben den urheberrechtlichen Problemen das Bedürfnis nach einem deliktischen Schutz von Dateien.14 Zu denken ist etwa an Fälle, in denen ein unbefugter Fernzugriff, etwa eine Löschung, auf Dateien erfolgt, die auf einem Datenträger gespeichert sind, der sich nicht im Eigentum oder Herrschaftsbereich des an den Dateien Berechtigten befindet und auf die der Berechtige mithilfe einer „Cloud“15 zugreift.16 Ein aus dem Eigentum oder Besitz am Datenträger abgeleiteter Anspruch besteht für den Inhaber der Dateien in diesen Fällen nicht.17 Auch liegen die Voraussetzungen für einen Ersatzanspruchs nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation mangels (zufälliger) Schadensverlagerung im Ergebnis nicht vor.18 Es besteht also das Bedürfnis, in Ansehung der Dateien selbst deliktischen Schutz zu gewähren. 12 Dazu Kapitel 4 A. Urheberrecht und Kapitel 6 C. Befugnisse des Inhabers digitaler Medien in Dateiform. 13 Vgl. zu diesem Gedanken auch unten, Kapitel 7 B. Schlussbemerkungen. 14 Vgl. zum deliktischen Schutz von Daten Spickhoff, Der Schutz von Daten durch das Deliktsrecht, in: Leible / Lehmann / Zech, Unkörperliche Güter im Zivilrecht, S. 233 ff.; zu dem von Software Bartsch, Software als Schutzgegenstand absoluter Rechte, ebenda, S. 247 ff. 15 Siehe allgemein zur Funktionsweise einer Cloud Lenzer, in: Conrad / Grützmacher, Recht der Daten und Datenbanken im Unternehmen, § 9 und Bisges, Urheberrechtliche Aspekte des Cloud Computing, MMR 2012, 574. 16 Vgl. auch die Beispielsfälle bei Bartsch, in: Conrad / Grützmacher, Recht der Daten und Datenbanken im Unternehmen, § 22 Rn. 10 ff.; siehe hierzu auch Kian, Cloud Computing, S. 68 ff. 17 Faust, Verhandlungen des 71. DJT, Band I, S. A 72 f.; Bartsch, in: Conrad / Grützmacher, Recht der Daten und Datenbanken im Unternehmen, § 22 Rn. 3; dem folgend Grützmacher, Dateneigentum – ein Flickenteppich, CR 2016, 485 (489); Dorner, Big Data und „Dateneigentum“, CR 2014, 617 (619); diesen Fall bedenkt Berberich, Virtuelles Eigentum, S. 97, insb. Fn. 62, bedauerlicherweise nicht. 18 Der Eigentümer des Datenträgers erleidet regelmäßig selbst ebenfalls dadurch einen Schaden, dass er seiner vertraglichen Pflicht, die Daten in der Cloud aufzubewahren, nicht mehr nachkommen kann, dazu Faust, Verhandlungen des 71. DJT, Band I, S. A 73; ebenfalls kritisch Beurskens, Vom Sacheigentum zum „virtuellen Eigentum“?, in: Domej u. a., Einheit des Privatrechts, S. 443 (470) bei und in Fn. 126.
C. Gegenstand und Zielsetzung der Arbeit21
Insofern kann das Sachenrecht der urheberrechtlichen Diskussion eine wichtige Facette hinzufügen, zumal die Voraussetzung für deliktischen Schutz das Bestehen absoluter Rechte ist.19 Ein besonderer Schwerpunkt wird deshalb auf der sachenrechtlichen Einordnung jener digitalen Produkte liegen. Es stellen sich insbesondere die Fragen, ob E-Books, Musik- und Filmdateien Sachen im Sinne des Gesetzes sind,20 ob jemand, der ein Produkt in Dateiform erwirbt, im Sinne des Sachenrechts Eigentum an dem Produkt ebenso begründen kann, als wenn er dasselbe Produkt als analogen Gegenstand erworben hätte und ob er sein Eigentum gegebenenfalls nach den bestehenden Vorschriften rechtsgeschäftlich übertragen kann,21 oder ob der technische Fortschritt Auswirkungen auf die rechtliche Stellung der Erwerber hat. Ausgangspunkt ist dabei die Annahme, dass sich technologischer Fortschritt, der den Konsum von Medien erleichtert und angenehmer macht, nicht nachteilig auf die Rechtsposition eines Erwerbers auswirken sollte.22 Mithin wird ferner herauszuarbeiten sein, ob der Erwerber eines E-Books, einer Musik- oder einer Filmdatei seine erworbenen Produkte ebenso weiterveräußern, verleihen, vermieten oder vererben kann, als wenn er dieselben Medien in ihren klassischen, analogen Erscheinungsformen erworben hätte.23 Diese Beantwortung dieser Fragen ist Gegenstand der vorliegenden Arbeit.
II. Aufzeigen des Bedarfs für Änderungen des Gesetzes Die Aufgabe des Rechts ist es, für eine Vielzahl von Lebenssachverhalten (Verhaltens-)Regeln aufzustellen. Von zentraler Bedeutung ist insofern die Erkenntnis, dass das (geschriebene) Recht den Vorgängen in der nicht juristischen Welt folgen muss und nicht umgekehrt. Mit anderen Worten: Es ist nicht anders vorstellbar, als dass sich zunächst tatsächliche Ereignisse wie 19 Die bislang geringe Aufmerksamkeit für das Sachenrecht bemerken auch Druschel / Oehmichen, Digitaler Wandel 3.0?, CR 2015, 173 (177). 20 Hierzu Kapitel 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien. 21 Hierzu Kapitel 3: Bestehende Rechte an Medien in Dateiform und deren Übertragung – Die lex lata. 22 Vgl. Erlank, Books, Apps, Movies and Music – Ownership of Virtual Property in the Digital Library, EPLJ 2013, 194 (195); Sosnitza, Die urheberrechtliche Zulässigkeit des Handels mit „gebrauchter Software“, K&R 2006, 206 (209); so auch bereits Marly, Die Qualifizierung der Computerprogramme als Sache nach § 90 BGB, BB 1991, 432 (435;) vgl. auch zum ähnlich gelagerten Phänomen der Umwandlung (bereits bestehender) verbriefter in unverbriefte Effekten, Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 20 mit Verweis auf Büchner, Die treuhandrechtliche Organisation des Effektengiroverkehrs, S. 189. 23 Hierzu Kapitel 4: Einschränkungen der bestehenden Sachenrechte und Kapitel 5: Weitere Rechtsfragen.
22
Kap. 1: Einleitung
technische Entwicklungen zutragen müssen und erst danach, bzw. daraufhin die entsprechenden Rechtsvorschriften entwickelt werden, um diese Vorgänge mittels eines rechtlichen Rahmens zu ordnen und zu regeln. Die auf diese Weise entstehende Rechtsordnung muss so dynamisch und praktikabel wie möglich sein.24 Auch Ergebnisse von Entwicklungen sollten möglichst erfasst werden und nicht sofort das Bedürfnis einer Neuregelung oder Anpassung der Gesetze hervorrufen. Dementsprechend muss zwar einerseits versucht werden, insbesondere um die Dynamik der Rechtsordnung auszuschöpfen, neue Entwicklungen unter die bestehenden Vorschriften zu subsumieren.25 Dies bedeutet, dass Normen im Einklang mit der Beurteilung der Dinge in der nicht juristischen Welt, insbesondere mit dem technischen Fortschritt auszulegen sind.26 So formulierte Wieacker bereits 1969, es sei „die gewohnte und konventionelle Aufgabe des Juristen aller Zeiten, vorhandene Normen auf neue soziale und technische Sachverhalte anzuwenden“.27 Dem ist auch heute freilich noch dem Grunde nach zuzustimmen und dies ist in der Vergangenheit etwa bei der Anwendung der konventionellen Dogmatik zu Willenserklärungen auf den Vertragsschluss im Internet auch erfolgreich geschehen.28 Andererseits müssen diesem Vorgehen jedoch klare Grenzen gesetzt sein. Es besteht keine Notwendigkeit, eine Subsumtion unter Überdehnung von Wortlautgrenzen zu erzwingen, oder Vorschriften unnötig teleologisch zu erweitern.29 Vielmehr ist zu sehen, dass Rechtsvorschriften nicht um ihrer selbst Willen existieren und geschaffen werden: Recht verfolgt keinen Selbstzweck. In einer Situation, in der festgestellt wird, dass eine neuerliche Entwicklung de lege lata nicht erfasst wird, ist daher gegebenenfalls das 24 Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter, AcP 198 (1998), 304 (328). 25 Siehe hierzu etwa Beurskens, Vom Sacheigentum zum „virtuellen Eigentum“?, in: Domej u. a., Einheit des Privatrechts, S. 443 (446) m. w. N.; so auch im Zusammenhang der Auslegung von Gesetzen Larenz, Methodenlehre, S. 317. 26 So zum Fehlerbegriff des § 459 BGB a. F. bereits Westermann, Der Fortschrittsgedanke im Privatrecht, NJW 1997, 1 (6). 27 Wieacker, Recht und Automation, in: FS Bötticher, S. 383 (389). 28 Dazu etwa Glatt, Vertragsschluss im Internet, S. 34 ff.; Hoffmann, Anbahnung und Abschluss von Verträgen im Internet, passim, insb. S. 72 ff.; Rudolph, Vertragsschluss im elektronischen Geschäftsverkehr, S. 91 ff.; Krüger / Bieler, in: Martinek / Semler / Habermeier / Flohr, Vertriebsrecht, § 36 Rn. 11 ff.; Hoeren, in: Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Teil „Klauselwerke“, E-CommerceVerträge, Viertes Kapitel, Rn. 43; Deutsch, Vertragsschluss bei Internetauktionen – Probleme und Streitstände, MMR 2014, 586 ff. 29 In dieser Richtung auch, jedoch zurückhaltend, bereits Wieacker, Recht und Automation, in: FS Bötticher, S. 383 (389).
C. Gegenstand und Zielsetzung der Arbeit23
geltende Recht zu ändern.30 Dies kann geschehen in Form der Neuschöpfung einer Norm, Anpassung einer bestehenden Vorschrift, oder einer Mischung aus beidem. Sollten die Untersuchungen ergeben, dass die bestehenden Regelungen im deutschen Recht nicht mehr ausreichen, um den Handel mit Medienwerken in Dateiform eindeutig und interessengerecht rechtlich zu erfassen und deshalb eine solche Gesetzesänderung erforderlich ist, werden entsprechende Vorschläge unterbreitet.31
III. Vermeidung allzu technischer Diskussionen Keinesfalls soll jedoch eine Diskussion geführt werden, die sich in „Bits und Bytes“ erschöpft und bei der es nur noch auf technische Nuancen bei Speichervorgängen von Dateien ankommt und deshalb mehr eine technologische als eine rechtliche Untersuchung nach sich zieht.32 Dies muss schon deshalb unbedingt vermieden werden, da anderenfalls versierten Computerfachleuten Tür und Tor geöffnet sind, etwa durch Umprogrammierung die Subsumierbarkeit eines Sachverhalts unter eine eigentlich einschlägige, jedoch allzu technisch formulierte Norm zu umgehen.33 Hier droht beispielsweise die Umgehung der Sachmängelhaftung des Verkäufers, wenn er sich durch technisches Geschick aus dem Anwendungsbereich entsprechender Gewährleistungsvorschriften stiehlt. Recht darf hinsichtlich seiner Anwendung jedoch nicht abhängig sein von der nächsten gewitzten Idee eines Computerspezialisten. Der Fokus der Debatte muss daher stets auf die Rechtswissenschaft bzw. eine gerechte Lösung und nicht auf die Elektrotechnik gerichtet sein.34 Im Vordergrund muss das Ziel der möglichst einfachen rechtlichen Greifbarmachung technischer Vorgänge bleiben. Dabei ist eine Lösung anzustreben, die zwar zeitgemäß und präzise und dadurch stets aus gleichermaßen natur- wie geisteswissenschaftlicher Sicht nachvollziehbar ist. Auf eine Berücksichtigung technischer Fein(st)heiten sollte indes gleichwohl weitgehend van Erp, Ownership of digital assets?, EJPL 2016, 73 (76). Kapitel 6: Die lex ferenda. 32 Eine solche sehr technische Diskussion wird seit einiger Zeit im Strafrecht hinsichtlich einer vermeintlichen Grauzone beim Streaming von Kinofilmen über dubiose Internetseiten geführt; wobei zu bemerken ist, dass der in diesem Zusammenhang bedeutsame „nulla poena sine lege“-Grundsatz gemäß Art. 103 Abs. 2 GG im Zivilrecht bedeutungslos ist. 33 So auch Berberich, Virtuelles Eigentum, S. 31; in diese Richtung auch Faust, Verhandlungen des 71. DJT, Band I, S. A 88. Dies ist im Strafrecht bei „Designerdrogen“ geschehen, die sich durch Veränderung der chemischen Struktur dem BtMG entziehen, vgl. etwa Körner / Patzak / Volkmer / Patzak, BtMG, § 29 Rn. 19. 34 Vgl. dazu Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 304 (302). 30 Dazu
31 Hierzu
24
Kap. 1: Einleitung
verzichtet werden um sie so einfach wie möglich und dadurch funktional zu halten und eine Verständlichkeit auch für Laien zu gewährleisten.35
D. Stand der Forschung Zur rechtlichen Bewertung von Software und Daten36 ist seit einiger Zeit eine Debatte im Gange. Diese ist jedoch zumeist beschränkt auf den allgemeinen Versuch der Subsumtion von Software bzw. Daten unter den Sachbegriff des BGB vor dem Hintergrund, das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht anwenden zu können und greift damit zu kurz.37 Die praxisorientierte Untersuchung von alltäglichen Vorgängen auch und insbesondere mit Blick auf das Sachenrecht, wie dem Erwerb von E-Books, Musik- oder Filmdateien ist indessen nicht, oder zumindest nicht umfassend angestellt worden. Einzig Ganzhorn38 hat jüngst eine „Rechtliche Betrachtung des Vertriebs und der Weitergabe digitaler Güter“ vorgenommen, dabei jedoch ebenfalls sachenrechtliche Fragen fast vollständig außer Acht gelassen und vor allem die Zweitverwertung digitaler Güter untersucht. Berberich39 und Preuß40 analysieren den Rechtscharakter von virtuellen Gegenständen in virtuellen Welten, etwa Gegenstände in Online-Spielen wie Second Life. In dieselbe Richtung gehen Arbeiten von Büchner41, Nänni42, Schneider43 und Striezel44. Diese Autoren untersuchen fiktive, also tatsächlich nicht existierende Gegenstände innerhalb entsprechender, ebenfalls fiktiver Welten. Demgegenüber knüpft die vorliegende Arbeit an reale Güter an, die lediglich in elektronischer Form vorliegen. Der Unterschied liegt also in der Realität der analysierten Güter: Im Gegensatz zu einem Regenschirm in Second Life, der nicht tatsächlich, sondern nur einen fiktiven Charakter in einer fiktiven Welt vor Regen schützt, kann ein E-Book ohne Unterschiede 35 Dies kommt auch dem Willen des Gesetzgebers, der eine „natürliche“ Betrachtung des Sachbegriffs abstellt, vgl. Mot. III, S. 33 = Mugdan III, S. 18, ähnlich auch Berberich, Virtuelles Eigentum, S. 31. 36 Zum terminologischen Unterschied von Daten und den hier untersuchten Dateien Kapitel 2 G. III. 3. a) Terminologie. 37 Siehe die Nachweise zu Kapitel 2 G. II. Sachqualität von Standardsoftware – Meinungsstand. 38 Ganzhorn, Rechtliche Betrachtung des Vertriebs und der Weitergabe digitaler Güter. 39 Berberich, Virtuelles Eigentum. 40 Preuß, Rechtlich geschützte Interessen an virtuellen Gütern. 41 Büchner, Die rechtlichen Grundlagen der Übertragung virtueller Güter. 42 Nänni, Märkte virtueller Welten (für das schweizerische Recht). 43 Schneider, Virtuelle Werte. 44 Striezel, Der Handel mit virtuellen Gegenständen aus Onlinewelten.
E. Begriffsbestimmungen25
zum gedruckten Exemplar in der realen Welt gelesen werden und reale Emotionen auslösen. Butchereit45 untersucht rechtliche Aspekte im Zusammenhang mit Mobilfunkangeboten und geht dabei auch auf die ähnlich gelagerte Problematik der Rechtsnatur eines Downloads von Entertainmentangeboten für Handys ein. Für das österreichische Recht hat Staudegger46 die rechtlichen Aspekte von Computerprogrammen mit besonderem Fokus auf den Sachbegriff betrachtet und analysiert. Die Analyse von Medien in moderner Erscheinungs- und Vertriebsform als Dateien, mithin die rechtliche Untersuchung von digitalen Bibliotheken und Musik- bzw. Filmsammlungen (sogenannte Mediatheken47) ist hingegen noch nicht hinreichend erfolgt. Entscheidend wird sein, im Unterschied zur umfangreichen Software-Debatte, Dateien selbst als Anknüpfungspunkt der Untersuchungen zu sehen und nicht auf die in Dateien verkörperten Daten oder ihre Datenträger abzustellen.48
E. Begriffsbestimmungen Um die Verständlichkeit der folgenden Untersuchungen zu gewährleisten, sind einige relevante Begriffe zu definieren. Soweit es für die juristische Untersuchung erforderlich ist, schließen die Definitionen technische Feinheiten ein. Im Übrigen haben die folgenden Definitionen vor allem die Funktion, das Verständnis des Verfassers von im Folgenden wiederholt verwendeten Begriffen darzulegen.
I. Datei Eine Datei ist ein elektronisches Dokument. Dateien stellen nach dem Verständnis dieser Arbeit eine dritte Ebene, zwischen der des Datenträgers und des in der Datei verkörperten Inhaltes, den Daten, dar.49
45 Butchereit, Rechtliche Aspekte von Entertainmentangeboten und Zusatzdiensten im Mobilfunk. 46 Staudegger, Das Computerprogramm als Rechtsobjekt. 47 Siehe Duden, Stichwort: Mediathek. 48 Dazu insbesondere Kapitel 2 G. III. E-Books, Musik- und Filmdateien. 49 Zu diesem grundlegenden Dogma dieser Arbeit unten, Kapitel 2 F. III. 3. a) Terminologie.
26
Kap. 1: Einleitung
II. Daten Daten sind durch Beobachtungen, Messungen oder Ähnlichem gewonnene (Zahlen-)Werte.50 Im vorliegenden Kontext wird dem Begriff „Daten“ die in einer Datei gespeicherte geistige Information bezeichnet. Er steht damit im Gegensatz zu dem der „Datei“.
III. DVD / Blu-Ray Eine DVD (engl.: Digital Versatile Disc) ist ein einer CD ähnlicher Datenträger. Sie unterscheidet von der CD ihre wesentlich höhere Speicherkapazität.51 Im Folgenden wird der Begriff der DVD synonym für einen mit einer Filmdatei bespielten DVD-Rohling verwendet. Eine ausnahmsweise Verwendung in anderem Zusammenhang wird besonders kenntlich gemacht (etwa: „Daten-DVD“). Eine Blu-Ray oder Blu-Ray-Disc ist eine DVD mit besonders hoher Speicherkapazität.52
IV. E-Book Ein E-Book ist ein elektronisches Buch, mithin eine Datei.53 Es entspricht seinem körperlichen Pendant hinsichtlich des Inhalts, also der enthaltenen Informationen. Lediglich bei der Darstellungsart unterscheiden sich das E-Book und ein papiergebundenes Buch. Um es lesen oder betrachten zu können, ist ein elektronisches Gerät mit einem Bildschirm erforderlich, etwa ein Smartphone, Tablet-Computer oder ein speziell für die Anzeige von E-Books entwickelter sogenannter E-Book-Reader.54
V. MP3 Eine MP3 (MPEG Audio Layer 3) ist eine Audiodatei. In dieser Arbeit meint MP3 stets eine Musikdatei.
50 Duden,
Stichwort: Daten. Stichwort: DVD. 52 Duden, Stichwort: Blu-Ray-Disc. 53 Vgl. Marly / Wirz, Die Weiterverbreitung digitaler Güter, EuZW 2017, 16 (17) bei Fn. 14. 54 Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: E-Book. 51 Duden,
F. Gang der Darstellung und Abgrenzung des Themas27
VI. Musik- bzw. Filmdatei Eine Musik- bzw. Filmdatei ist das elektronische Pendant zu einer MusikCD bzw. einer (mit einem Film bespielten) DVD.
F. Gang der Darstellung und Abgrenzung des Themas Dieser Einleitung folgt eine grundlegende Analyse des Sachbegriffs anhand der gültigen Vorschrift.55 Dabei wird das aktuelle Verständnis des Begriffs der Sache hinterfragt und eine alternative, widerspruchsfreie Auslegung präsentiert, welche die Grundlage für die sodann erfolgende Subsumtion von E-Books, Musik- und Filmdateien unter den Sachbegriff darstellt. Vor dem Hintergrund des dabei gefundenen Ergebnisses, Dateien als Sachen im Sinne des Gesetzes anzusehen, wird im nächsten Kapitel die Anwendbarkeit des Sachenrechts auf Dateien, insbesondere der Vorschriften zum Eigentum und zum Besitz sowie zur rechtsgeschäftlichen Übertragung des Eigentums im Speziellen geprüft.56 Zentral wird dabei sein, herauszu arbeiten, wie der Publizitätsgrundsatz beim Rechtsverkehr mit digitalen Medienwerken gewahrt werden kann. Der Schwerpunkt liegt hier und im Rest der Arbeit auf der Untersuchung des wohl praktisch häufigsten Falls des Erwerbs digitaler Medien, nämlich dem Kauf und anschließendem Download eines E-Books, einer Musik- oder einer Filmdatei. Das Ergebnis dieses Kapitels wird in einen praktischen Kontext gesetzt, indem danach die Reichweite der ermittelten bestehenden Rechte herausgearbeitet wird.57 Hier werden die bisherigen ausschließlich sachenrechtlichen Untersuchungen in einen urheberrechtlichen Kontext gebracht. Dadurch wird insbesondere die Frage beantwortet, ob Medien in Dateiform ebenso wie ihre klassischen analogen Korrelate weiterveräußert werden dürfen. Auch hier liegt der Fokus auf den E-Book-, Musik- und Filmdateien selbst. Eine stets denkbare Einbeziehung des Datenträgers in die Untersuchung, die mitunter zu einer im Ergebnis anderen Beurteilung führen kann, soll grundsätzlich nicht erfolgen, da diesbezüglich bereits eine profunde Debatte geführt wurde, der diese Arbeit keine weitere Stellungnahme hinzufügen soll. Nach einer kurzen Betrachtung weiterer in Verbindung mit Medien in Dateiform auftretender Rechtsfragen hinsichtlich des Erbrechts sowie des
55 Kapitel 56 Kapitel
2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien. 3: Bestehende Rechte an Medien in Dateiform und deren Übertragung –
Die lex lata. 57 Kapitel 4: Einschränkungen der bestehenden Sachenrechte.
28
Kap. 1: Einleitung
Kreditsicherungs- und Vollstreckungsrechts58 wird die Rechtslage de lege ferenda aufgezeigt59. Dabei werden auch Vorschläge zur Änderung der bestehenden Rechtsvorschriften unterbreitet. Außerdem wird die Frage beantwortet, ob ein Gebrauchthandel mit Medien in Dateiform grundsätzlich ermöglicht werden sollte. Die Arbeit endet mit einem Fazit und einem kurzen Ausblick auf die zu erwartende Entwicklung der untersuchten Themen- und Problemfelder.60
58 Kapitel
5: Weitere Rechtsfragen. 6: Die lex ferenda. 60 Kapitel 7: Schluss. 59 Kapitel
Kapitel 2
Die Rechtsnatur elektronischer Medien Zur Untersuchung der Rechtslage rund um über das Internet mittels Download vertriebenen Medien wie E-Books, Musik- oder Filmdateien ist zunächst deren Rechtsnatur zu bestimmen, da von ihr abhängt, welche Rechte an diesen Medien bestehen.61 Zentrale Bedeutung mit Auswirkungen auf die gesamte übrige Untersuchung hat insofern die Frage, ob elektronische Medien Sachen im Sinne des § 90 BGB sind.62 Der Grund für die besondere Bedeutung der Frage nach der Sachqualität von elektronischen Medien in Dateiform ist, dass der in § 90 BGB definierte Sachbegriff wegen seiner vorgelagerten Stellung im Allgemeinen Teil für alle nachfolgenden Bücher des BGB gilt, also auch und insbesondere für das Sachenrecht.63 Daher können nur unter den Sachbegriff nach § 90 BGB fallende Dinge Gegenstand dinglicher Rechte, mithin vor allem des Eigentums im Sinne von § 903 BGB,64 sowie des Besitzes gemäß § 854 BGB65 sein.66 Für den Fall, dass keine Sachqualität vorliegen sollte, ist die Anwendung des Sachenrechts nicht möglich und es bestehen lediglich relative Rechte in Bezug auf die Dateien elektronischer Medien. 61 Dazu
unten, Kapitel 3: Bestehende Rechte an Medien in Dateiform . zumindest für auf einem Datenträger enthaltene Software etwa: BGH, Urteil vom 4.11.1987 – Az. VIII ZR 314 / 86, BGHZ 102, 135 (144); ferner BGH, Beschluss vom 2.5.1985 – Az. I ZB 8 / 84, NJW-RR 1986, 2190; siehe auch die Nachweise bei Franke, Analoge Anwendung der Sachpfändungsvorschriften bei Computerprogrammen, MDR 96, 236 (237), ebenfalls etliche Nachweise bei Krone, in: Kindl / Meller-Hannich / Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, Schwerpunktbeiträge, 2. Zwangsvollstreckung in IT-Güter, Rn. 16, Fn. 11. 63 Staudinger / Stieper, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 1, § 90 Rn. 5; zu weiteren tangierten Rechtsgebieten Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (298); zu strafrechtlichen Aspekten etwa Haß, Der strafrechtliche Schutz von Computerprogrammen, in: Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 467 ff.; Hoeren, in: Conrad / Grützmacher, Recht der Daten und Datenbanken im Unternehmen, § 23. Eingehend zur systematischen Stellung des Sachbegriffs unten, Kapitel 2 E. III. Systematische Auslegung. 64 Zum Eigentum an Mediendateien unten, Kapitel 3 C. II. Eigentum. 65 Zum Besitz an Mediendateien unten, Kapitel 3 C. I. Besitz. 66 Hk-BGB / Dörner, § 90 Rn. 4; BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 1; Jauernig / Mansel, § 90 Rn. 2; Erman / Schmidt, § 90 Rn. 1; Wolf / Neuner, Allgemeiner Teil, 11. Aufl., § 20 Rn. 17; vgl. auch Mot. III, S. 33 = Mugdan III, S. 18. 62 Vgl.
30
Kap. 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien
Häufig wird die Sachqualität digitaler Medien mit dem ohne weitergehende Auseinandersetzung mit den dahinter stehenden Problemen etwas plump wirkenden Argument abgelehnt, Daten67 für sich genommen fehle es an der erforderlichen Körperlichkeit.68 Dieses Argument basiert auf einem synonymen Verständnis der Begriffe des körperlichen Gegenstandes und der Sache und hat zur Folge, dass zur jeweiligen Inhaltsbestimmung derselbe Beurteilungsmaßstab herangezogen wird, nämlich die Verkehrsanschauung.69 Da das Verständnis der Verkehrsanschauung von körperlichen Gegenständen und Sachen jedoch nicht in allen Fällen übereinstimmt, sind die auf Grundlage dieses Verständnisses erzielten Ergebnisse nicht in allen Fällen frei von Widersprüchlichkeiten.70 Dieses Kapitel hat zum Ziel, die in diesen Widersprüchen mündenden Unzulänglichkeiten der bisher herrschenden Meinung darzulegen und ein Verständnis des Sachbegriffs und seiner Voraussetzungen aufzuzeigen, das zu schlüssigen Ergebnissen führt. Dabei soll insbesondere die Bedeutung des Begriffs des körperlichen Gegenstandes hinterfragt und neu beurteilt werden.71 Insofern sind nach dem hier vertretenen Ansatz die Begriffe des körperlichen Gegenstandes und der Sache in einem Stufenverhältnis zu sehen, um bei der Subsumtion unterschiedliche Maßstäbe anlegen und somit widerspruchsfreie Ergebnisse erzielen zu können.72 Anschließend wird der Sachbegriff untersucht und herausgearbeitet, anhand welcher Kriterien zweifellos überprüft werden kann, ob ein beliebiger Gegenstand unter § 90 BGB subsumiert werden kann.73 Bei der folgenden Untersuchung ist zu berücksichtigen, dass der Sachbegriff wegen seiner Stellung im Allgemeinen Teil neben dem Sachenrecht auch für die anderen Bücher des BGB gilt. Er muss demzufolge nicht nur auf sachenrechtliche, sondern auf alle Anwendungsfälle abgestimmt sein. Dies erfordert einen insgesamt „weiteren“ Sachbegriff, als es sein sachenrecht 67 Siehe zur insofern wenig stringenten Verwendung der Begriffe „Daten“ und „Dateien“ unten, Kapitel 2 G. III. 3. a) Terminologie. 68 Etwa MünchKomm / Stresemann, § 90 Rn. 25; Staudinger / Stieper, § 90 Rn. 12; LG Konstanz, Urteil vom 10.5.1996 – Az. 1 S 292 / 95, NJW 1996, 2662; Wemmer / Bodensick, Virtueller Handel – Geld und Spiele, K&R 2004, 432 (436); Boehm, Herausforderungen von Cloud Computing: Vertragstypologische Einordnung, Haftung und Eigentum an Daten, ZEuP 2016, 358 (379 f., 381); zuletzt Faust, Verhandlungen des 71. DJT, Band I, S. A 72 m. w. N. 69 Nachweise zur für maßgeblich befundenen Verkehrsanschauung in Fn. 79. 70 Eingehend hierzu Kapitel 2 C. Kritik am bisherigen Ansatz. 71 Dazu sogleich, Kapitel 2 D. Eigener Ansatz. 72 Siehe sogleich, Kapitel 2 D. II. Sachen als Teilmenge der körperlichen Gegenstände. 73 Dazu unten, Kapitel 2 E. Der Sachbegriff im Sinne des BGB.
A. Die äußerliche Struktur von § 90 BGB31
licher Anwendungsbereich gebietet.74 Es sei deshalb darauf hingewiesen, dass für die nachfolgenden Untersuchungen der Sachbegriff stets aus der für das vorliegend untersuchte Problem in erster Linie relevanten Perspektive des Sachenrechts betrachtet wird.
A. Die äußerliche Struktur von § 90 BGB als Ausgangspunkt der Untersuchung Bei einem ersten Blick auf den Wortlaut von § 90 BGB wird bereits ein Teil der hinter dem Sachbegriff stehenden Systematik verschiedener in Zusammenhang stehender Rechtsbegriffe erkennbar. § 90 BGB bestimmt: „Sachen […] sind nur körperliche Gegenstände“. Durch die Verwendung des Begriffs der „körperliche[n] Gegenstände“ gibt das Gesetz einerseits die notwendige Unterscheidung zwischen körperlichen und unkörperlichen Rechtsobjekten vor und setzt andererseits den Oberbegriff des Gegenstandes voraus.75 Der Gegenstandsbegriff ist jedoch im Gesetz nicht definiert und wird mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet.76 Inhaltlich umfasst er nach allgemeiner Auffassung alle individualisierbaren vermögenswerten Objekte der natürlichen Welt, über die Rechtsmacht ausgeübt werden kann.77 „Gegenstand“ im Sinne des Gesetzes ist demnach schlechthin alles, was Objekt von Rechten sein kann.78
74 BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 2; Staudinger / Stieper, § 90 Rn. 5; Palandt / Ellenberger, Überblick v § 90 Rn. 1. 75 Schneider, Virtuelle Werte, S. 88; Staudinger / Stieper, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 4; BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 3; MünchKomm / Stresemann, § 90 Rn. 4; Vieweg / Werner, § 1 Rn. 12; Wilhelm, S. 37, Rn. 58; grundlegend zum Sachbegriff Wieacker, Sachbegriff, Sacheinheit und Sachzuordnung, AcP 148 (1943), S. 57 ff.; dazu auch Mot. III, S. 33 = Mugdan III, S. 18; zur historischen Entwicklung des Sachbegriffs HKK / Rüfner, §§ 90–103 Rn. 3 ff. 76 Staudinger / Stieper, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 4; jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 1, 6 f.; MünchKomm / Stresemann, § 90 Rn. 1; BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 3; Palandt / Ellenberger, Überbl. v. § 90 Rn. 2. 77 Wieacker, Sachbegriff, Sacheinheit und Sachzuordnung, AcP 148 (1943), 57 (65); MünchKomm / Stresemann, § 90 Rn. 1; Soergel / Marly, Vor § 90 Rn. 2; BeckOKBGB / Fritzsche, § 90 Rn. 4; gegen den Vermögenswert als charakteristisches Merkmal Sohm, Der Gegenstand, S. 7, 22; zu diesem kritisch Hedemann, Zivilistische Rundschau 1906–1907, ArchBürgR 31 (1908), 287 (322 ff.); dazu HKK / Rüfner, §§ 90–103 Rn. 10; siehe im Übrigen die ausführliche Darstellung verschiedener Definitionsansätze bei Staudinger / Stieper, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 4 ff. 78 Wieling, Sachenrecht, Band I, § 2 I 1 a mit Verweis auf Wieacker, Sachbegriff, Sacheinheit und Sachzuordnung, AcP 148 (1943), S. 57 (65 f.); jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 6; Palandt / Ellenberger, Überbl. v. § 90 Rn. 2; BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 4; Vieweg / Werner, § 1 Rn. 12.
32
Kap. 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien
Was jedoch genau unter dem Begriff der in § 90 BGB konzeptionierten Sache zu verstehen ist, erschließt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift nicht ohne Weiteres.
B. Der Meinungsstand im Schrifttum zum Sachbegriff nach § 90 BGB Im Rahmen des Versuchs, allgemeingültige Merkmale für die unter den Sachbegriff subsumierbaren Gegenstände zu finden und somit die Voraussetzungen einer Sache zu definieren, werden in der Literatur verschiedene Kriterien vorgeschlagen, deren Vorliegen nach der Verkehrsanschauung beurteilt werden soll79: Stets wird auf die in § 90 BGB erwähnte Körperlichkeit abgehoben.80 Sie wird entweder mit dem Sachbegriff gleichgesetzt und somit als Oberbegriff der den Sachbegriff definierenden Merkmale gesehen,81 oder etwa als eines von mehreren gleichrangingen definitorischen Merkmalen erachtet82. Überdies wird zumeist Beherrschbarkeit83 vorausgesetzt. Als weitere Kriterien für Körperlichkeit bzw. Beherrschbarkeit werden räumliche Abgegrenztheit84 und sinnliche Wahrnehmbarkeit des Gegenstandes ge-
79 Siehe nur Staudinger / Stieper, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 9; Staudinger / Stieper, § 90 Rn. 63; Vieweg / Werner, § 1 Rn. 13; Pszolla, Virtuelle Gegenstände als Objekte der Rechtsordnung, JurPC Web-Dok. 17 / 2009, Abs. 5, 8; zum Verhältnis des Beurteilungsmaßstabs der Verkehrsanschauung und detaillierteren Kriterien siehe Schenk, Die Verkehrsauffassung in BGB und UWG, S. 80 ff. 80 Vgl. zum Beispiel Staudinger / Stieper, § 90 Rn. 1; MünchKomm / Stresemann, § 90 Rn. 8; BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 5; Baur / Stürner, § 3 Rn. 2; Vieweg / Werner, § 1 Rn. 12; Wilhelm, S. 37, Rn. 58; Wolf / Wellenhofer, § 1 Rn. 16. 81 So BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 5; Staudinger / Stieper, § 90 Rn. 2, jedoch wirr zum Verhältnis der weiteren Kriterien zueinander; jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 1, 5; MünchKomm / Stresemann, § 90 Rn. 8; Wolf / Neuner, Allgemeiner Teil, 11. Aufl., § 20 Rn. 17; Striezel, Der Handel mit virtuellen Gegenständen aus Onlinewelten, S. 71. 82 Staudinger / Stieper, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 9; § 90 Rn. 1; jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 11 (in gewissem Widerspruch zu den Rn. 1 und 5); Jauernig / Mansel, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 4. 83 Staudinger / Stieper, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 9, BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 5; Wolf / Neuner, Allgemeiner Teil, 11. Aufl., § 20 Rn. 17. 84 Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (306), weist zutreffend auf die in diesem Zusammenhang bestehende Ungenauigkeit des teilweise verwendeten Begriffs der „Abgrenzbarkeit“ anstelle von „Abgegrenztheit“ hin, insofern ungenau Büchner, Die rechtlichen Grundlagen der Übertragung virtueller Güter, S. 47; Schneider, Virtuelle Werte, S. 103 sowie Palandt / Ellenberger, § 90 Rn. 1; Hk-BGB / Dörner, § 90 Rn. 2; Jauernig / Mansel, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 4.
C. Kritik am bisherigen Ansatz33
nannt.85 Ein erster Blick auf das Verhältnis der drei letztgenannten Merkmale zueinander offenbart deren enge Verflechtung. So gehen die Begriffe teilweise ineinander auf, weshalb häufig vertreten wird, Beherrschbarkeit eines Gegenstandes liege vor, wenn er räumlich abgegrenzt und sinnlich wahrnehmbar sei.86 Mitunter wird auf die Voraussetzung der sinnlichen Wahrnehmbarkeit verzichtet,87 da ein sinnlich nicht wahrnehmbarer Gegenstand auch nicht beherrschbar sei.88 Eine andere Ansicht wiederum hält das Kriterium der Beherrschbarkeit nicht für weiterführend, da sie sich regelmäßig bereits aus der Abgrenzbarkeit ergebe,89 während nach wieder anderen Stimmen diese Merkmale „Hand in Hand“ gingen.90 Schließlich wird vertreten, die genannten Voraussetzungen ließen sich insgesamt auf Körperlichkeit und Beherrschbarkeit reduzieren.91
C. Kritik am bisherigen Ansatz Im Folgenden soll nun zunächst der Ansatz der im Schrifttum herrschenden Ansicht aufgegriffen und dessen Schwächen aufgezeigt werden. Bereits jetzt ist anzumerken, dass das Verständnis hinsichtlich sowohl der genauen inhaltlichen Bedeutung als auch der systematischen Stellung des Begriffs des körperlichen Gegenstandes im Verhältnis zu dem der Sache offenbar regelmäßig nicht untersucht wird.92 Daraus resultiert das Kernproblem einer nicht 85 Staudinger / Stieper, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 9; § 90 Rn. 2; MünchKomm / Stresemann, § 90 Rn. 8; BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 5; jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 10. 86 Staudinger / Stieper, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 9; § 90 Rn. 2; MünchKomm / Stresemann, § 90 Rn. 8; BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 5; jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 10; Striezel, Der Handel mit virtuellen Gegenständen aus Onlinewelten, S. 71. 87 Hk-BGB / Dörner, § 90 Rn. 2; jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 8 ff.; § 90 Rn. 2; Erman / Schmidt, § 90 Rn. 1; Palandt / Ellenberger, § 90 Rn. 1 nennt die sinnliche Wahrnehmbarkeit nicht explizit, geht jedoch gleichwohl von dieser Voraussetzung aus, wenn er feststellt, dass „nicht alles sinnlich Wahrnehmbare (…) Sache [ist]“. 88 Diese Begründung liefert BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 6, der jedoch selbst sinnliche Wahrnehmbarkeit voraussetzt; dem folgend Striezel, Der Handel mit virtuellen Gegenständen aus Onlinewelten, S. 71. 89 So jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 10. 90 Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (304); in diese Richtung auch BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 5; dagegen Staudinger / Stieper, § 90 Rn. 3. 91 Berberich, Virtuelles Eigentum, S. 90. 92 Dazu sogleich eingehend, Kapitel 2 C. II. „Sache“ und „körperlicher Gegenstand“ sind keine Synonyme und III. Hintergrund und Konsequenz der herrschenden Meinung.
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Kap. 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien
stringenten Darstellung der Körperlichkeit im Geflecht der diskutierten weiteren Kriterien.
I. Körperlichkeit nicht gleichrangig zu weiteren Kriterien des Sachbegriffs Der Ansatz mancher Stimmen der Literatur, welcher die Körperlichkeit als eines von mehreren gleichrangingen Charakteristika des Sachbegriffs sieht und sie auf diese Weise mit der Beherrschbarkeit, der Abgegrenztheit und der sinnlichen Wahrnehmbarkeit auf eine Stufe stellt, führt letztendlich nur zu der Frage, ob ein Verzicht auf die Körperlichkeit bei Vorliegen aller anderen für maßgeblich befundenen Voraussetzungen möglich ist.93 Dies käme jedoch ausweislich des klaren Wortlauts von § 90 BGB einer Auslegung des Gesetzes contra legem gleich. Aus diesem ergibt sich eindeutig, dass ein unkörperlicher Gegenstand keinesfalls Sachqualität haben kann. Auch das alternative oder gar kumulative Vorliegen von sinnlicher Wahrnehmbarkeit, Abgegrenztheit und Beherrschbarkeit kann nicht geeignet sein, über eine fehlende Körperlichkeit hinwegzuhelfen. Sieht man die Körperlichkeit hingegen richtigerweise als stets unverzichtbar, ergibt sich ihre im Verhältnis zu den genannten anderen vermeintlichen Charakteristika übergeordnete Bedeutung als notwendige Konsequenz.94
II. „Sache“ und „körperlicher Gegenstand“ sind keine Synonyme Die zweite im Schrifttum häufig zu findende, gleichwohl offenbar weitgehend unreflektierte Meinung erachtet den Begriff des körperlichen Gegenstands zwar einerseits als Oberbegriff weiterer Sachkriterien, setzt ihn gleichzeitig jedoch mit dem Begriff der Sache inhaltlich gleich. Sie führt indes angesichts des für maßgeblich befundenen Beurteilungsmaßstab der Verkehrsanschauung zu unstimmigen Ergebnissen, wie anhand folgender Beispiele zu sehen ist: Das offene Meer ist für den durchschnittlichen Gesetzesanwender zweifellos körperlich, da es zumindest optisch und haptisch wahrnehmbar ist, wohl aber schon aus dem Grund keine Sache, da es als Ganzes nicht käuflich er93 In diese Richtung zunächst Berberich, Virtuelles Eigentum, S. 92, der jedoch zumindest im Ergebnis eine sich über das Erfordernis der Körperlichkeit hinwegsetzende Auslegung ablehnt. 94 Dazu sogleich ausführlich, Kapitel 2 D. II. Sachen als Teilmenge der körperlichen Gegenstände.
C. Kritik am bisherigen Ansatz35
worben werden kann.95 Auch umgekehrt ist in manchen Fällen eine auseinanderfallende Einschätzung von Sachqualität und Körperlichkeit auszumachen. Freies Gas etwa wird von der Verkehrsanschauung weder als körperlich, noch als Sache wahrgenommen. Demgegenüber gilt in ein Behältnis gefülltes und auf diese Weise abgegrenztes Gas durchaus als Sache, womit es einen (eigenen) körperlichen Gegenstand darstellen müsste.96 Insofern fällt auf, dass nach der Verkehrsanschauung die Abgegrenztheit Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Körperlichkeit haben müsste, denn nicht als Sache und damit als unkörperlich wahrgenommenes Gas wird durch die Abgrenzung für die Verkehrsanschauung zur Sache, also zu einem körperlichen Gegenstand. Dies ist verwunderlich, denn weder bei natürlicher, noch bei wissenschaftlicher Betrachtung steht die Abgrenzung eines Gegenstandes im Zusammenhang mit seiner materiellen Zusammensetzung. Führt also Abgegrenztheit doch nicht zu Körperlichkeit? Wenn man beide Kriterien in ein Verhältnis zueinander bringt, scheint Körperlichkeit Voraussetzung für Abgrenzbarkeit zu sein,97 denn nur körperlichen Gegenständen können überhaupt Grenzen gezogen werden. Dementsprechend ist alles Abgegrenzte notwendigerweise auch körperlich. Wenn jedoch den Ausgangspunkt ein (tatsächlich98) unkörperlicher Gegenstand darstellt, ist er logischerweise nicht abgrenzbar. Dazu im Widerspruch steht jedoch das Ergebnis der Verkehrsanschauung, wenn das eigentlich unkörperlich wahrgenommene Gas durch das Abfüllen in ein Behältnis plötzlich zur Sache im Sinne von § 90 BGB und damit zu einem körperlicher Gegenstand wird. Dass ein und derselbe Gegenstand einmal als körperlich und einmal als unkörperlich beurteilt wird, offenbart den geringen Stellenwert des Kriteriums der Körperlichkeit 95 So auch jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 11; Jauernig / Mansel, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 4, der jedoch Körperlichkeit von Meereswellen ablehnt; Soergel / Marly, Vor § 90 Rn. 33; Wolf / Neuner, Allgemeiner Teil, 11. Aufl., § 25 Rn. 4; Hübner, Allgemeiner Teil des BGB, Rn. 291; zu Grundwasser MünchKomm / Stresemann, § 90 Rn. 9 mit Verweis auf § 4 Abs. 2 WHG. 96 Vgl. hierzu Staudinger / Stieper, § 90 Rn. 3; BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 7; Hk-BGB / Dörner, § 90 Rn. 2; Larenz / Wolf, Allgemeiner Teil, 9. Aufl., § 20 Rn. 13; ebenso zu elektrischer Energie Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (304); Wieling, § 2 I c; vgl. auch den Unterschied zwischen Getränkepreis und Flaschenpfand, dazu BGH, Urteil vom 14.10.1993 – Az. I ZR 218 / 91, NJW-RR 1994, 301 ff. sowie darauf Bezug nehmend BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 7; a. A. für in einem Akku gespeicherte elektrische Energie jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 11; dagegen auch Adler, Rechtsfragen der Softwareüberlassung, S. 35. 97 So ähnlich bereits oben, Kapitel 2 E. IV. 2. a) Materieller Inhalt der Abgegrenztheit. 98 Vgl. zur Bedeutung einer naturwissenschaftlichen Beurteilung unten, Kapitel 2 D. II 1. b) aa) Die Naturwissenschaft als Impulsgeber sowie Kapitel 2 D. II. 2. Obere Ebene: „Körperlicher Gegenstand“ und Naturwissenschaft.
36
Kap. 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien
für die Beurteilung von Sachqualität nach der Verkehrsanschauung und die sich daraus ergebende Unstimmigkeit der Ergebnisse der herrschenden Meinung.
III. Hintergrund und Konsequenz der herrschenden Meinung Zu diesen Widersprüchlichkeiten bei der Ergebnisfindung auf Grundlage der herrschenden Meinung kommt es aufgrund der offenbar weit verbreiteten Annahme, die Begriffe „körperlicher Gegenstand“ und „Sache“ seien synonym zu verstehen, also alle körperlichen Gegenstände seien gleichzeitig eine Sache und umgekehrt.99 Insofern ist zunächst festzustellen, dass bei einem Verständnis, wonach zwei oder mehr Begriffe inhaltlich gleichbedeutend sind, eine Beurteilung zwingend nach dem selben Maßstab erfolgen muss. Dieser Ansatz hat jedoch ein nicht aufzulösendes Spannungsverhältnis zur Folge, angesichts der von der Literatur einstimmig für maßgeblich erachteten Perspektive der Verkehrsauffassung.100 Voraussetzung eines widerspruchsfreien synonymen Verständnisses wäre nämlich, dass die Einschätzungen der Verkehrsanschauung hinsichtlich der Körperlichkeit und der Sachqualität eines konkreten Gegenstands stets übereinstimmen. Dass dies jedoch gerade nicht der Fall ist, konnte soeben anhand der Beispiele des offenen Meeres und von Gas aus der Perspektive der Verkehrsanschauung, in Bezug auf jeweilige Körperlichkeit und Sachqualität, gezeigt werden.101 Gewisse Widersprüchlichkeiten bei der Subsumtion wären aufgrund des Beurteilungsmaßstabs der Verkehrsanschauung, deren Einschätzung nicht immer klaren Mustern folgt,102 zunächst einmal eine hinzunehmende Folge desselben. Der Begriff des körperlichen Gegenstands wäre als Legaldefinition zwar grundsätzlich der Bezugspunkt jeder Subsumtion unter den Sachbegriff. Aus diesem Grund wäre auch eine „Kontrolle“ der bei einer Subsumtion unter die Körperlichkeit gefundenen Ergebnisse durch einen Vergleich mit einer „direkten“ Einschätzung der Sachqualität grundsätzlich nicht angezeigt. Gleichwohl steht die Körperlichkeit jedoch nicht für sich selbst, sondern verfolgt allein den Zweck, das juristische Verständnis einer 99 So wohl Striezel, Der Handel mit virtuellen Gegenständen aus Onlinewelten, S. 71; jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 1; MünchKomm / Stresemann, § 90 Rn. 8; Jauernig / Mansel, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 1; zum Kriterium der Körperlichkeit im Rahmen des Sachbegriffs allgemein BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 5; MünchKomm / Stresemann, § 90 Rn. 1, 8; Staudinger / Stieper, § 90 Rn. 1 ff. 100 Kapitel 2 B. Der Meinungsstand im Schrifttum zum Sachbegriff nach § 90 BGB bei Fn. 79. 101 Siehe soeben, Kapitel 2 C. Kritik am bisherigen Ansatz. 102 Vgl. die Untersuchungen zur Ermittlung der Verkehrsanschauung von Schenk, Die Verkehrsauffassung in BGB und UWG, S. 71 ff.
D. Eigener Ansatz37
Sache zu präzisieren. Das Ziel der Beurteilungen anhand der Verkehrsanschauung ist stets, sinnvolle Ergebnisse der Subsumtion unter den Begriff der Sache zu bewirken und nicht unter den des körperlichen Gegenstands. Dieses Ziel wird bei Auseinanderfallen der Bewertungen von Sachqualität und Körperlichkeit in Bezug auf denselben Gegenstand mithin nicht erreicht.
IV. Zwischenergebnis Da ihr der Wortlaut von § 90 BGB nicht geläufig ist und eine entsprechende Assoziation auch ansonsten nicht stattfindet, orientiert sich die Verkehrsanschauung bei der Beurteilung von Sachqualität offenkundig nicht, oder zumindest nicht ausreichend, an ihrem Verständnis der Körperlichkeit. Nach der Verkehrsanschauung sind der Sachbegriff und die Körperlichkeit also, wie gesehen, nicht immer inhaltsgleich. Genau das setzt jedoch das der herrschenden Meinung zugrunde liegende Verständnis von § 90 BGB voraus. Schon deshalb ist ein Verständnis der Begriffe der Sache und des körper lichen Gegenstands als Synonyme unter gleichzeitiger Beurteilung beider Begriffe nach dem hinsichtlich der Ergebnisfindung wankelmütigen Maßstab der Verkehrsanschauung ungeeignet.
D. Eigener Ansatz Im Folgenden soll nun ein Verständnis des Sachbegriffs dargestellt werden, nach dem Subsumtionen im Rahmen von § 90 BGB widerspruchsfrei gelingen. Ausgangspunkt ist insofern der Wortlaut der Vorschrift selbst. Die Formulierung, „nur körperliche Gegenstände“103 seien Sachen im Sinne des Gesetzes, wirft die von der herrschenden Meinung entweder gar nicht oder zumindest unzureichend behandelten Fragen auf, welche Gegenstände körperlich sind und in welchem Verhältnis der Ausdruck des „körperlichen Gegenstands“ zum Begriff der „Sache“ steht. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich insofern e contrario zweifellos, dass unkörperliche Gegenstände niemals Sachqualität im Sinne des Gesetzes aufweisen können.104 Hingegen kann ihrer Formulierung nicht entnommen werden, dass die Begriffe des körperlichen Gegenstandes und der Sache zwingend synonym zu verstehen sind. Wie gezeigt, ist jedoch genau diese Annahme die Grundlage der herrschenden Meinung. Eine solche Interpretation, die in Verbindung mit dem einheitlich herangezogenen Beurteilungsmaßstab der Verkehrsanschauung in 103 Hervorhebung
durch den Verfasser. § 90 Rn. 6; BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 4.
104 jurisPK-BGB / Vieweg,
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den aufgezeigten Widersprüchen mündet, ist zwar durchaus vom Wortlaut des § 90 BGB gedeckt, jedoch keineswegs die einzig mögliche. Die aufgezeigten Widersprüche, zu denen es auf Grundlage der herrschenden Meinung kommt, können aber aufgelöst werden, wenn zumindest einer der beiden Begriffe, der des körperlichen Gegentandes oder der der Sache, nicht mehr am Maßstab der Verkehrsauffassung beurteilt wird. Dies zu erreichen ist auf zwei Wegen möglich: Erstens könnte für die Inhaltsbestimmung beider Begriffe ein einheitlicher anderer Beurteilungsmaßstab als die Verkehrsanschauung angelegt werden, der bei den Subsumtionen zu einem Gleichlauf der Ergebnisse führt. Zweitens kommt infrage, Körperlichkeit und Sachqualität nach unterschiedlichen Maßstäben zu beurteilen. Hierzu ist erforderlich, die Begriffe systematisch nicht auf der selben Ebene als Synonyme, sondern in einem Stufenverhältnis zu sehen. Versteht man also § 90 BGB derart, dass der Begriff des körperlichen Gegenstandes den Oberbegriff darstellt, wären zwar alle Sachen notwendigerweise körperliche Gegenstände, jedoch nicht alle körperlichen Gegenstände zugleich auch Sachen. Insofern könnte einigen körperlichen Gegenständen ihre Sachqualität abgesprochen werden mit der Folge, dass Sachen eine Teilmenge der körperlichen Gegenstände darstellen. Dadurch wäre die Körperlichkeit eines Gegenstandes zwar weiterhin unmittelbare Voraussetzung für den Sachbegriff, sie müsste, da sie „über“ dem Sachbegriff steht, jedoch nicht auch nach der für diesen maßgeblichen Perspektive beurteilt werden. Dementsprechend könnte die Beurteilung der Begriffe der Sache und des körperlichen Gegenstands inhaltlich unterschiedlich ausfallen, ohne dass logische Widersprüche entstehen.
I. Einheitliche Beurteilung nach aktuellem Stand der Naturwissenschaft Hinsichtlich des ersten der beiden Wege, kommt als einheitlicher alternativer Beurteilungsmaßstab letztlich nur der aktuelle Stand der Naturwissenschaft infrage. Danach wären also sowohl der Begriff des körperlichen Gegenstandes als auch der der Sache naturwissenschaftlich zu beurteilen. Es wären also all diejenigen Dinge als Sache anzusehen, die nach aktuellem Stand der Wissenschaft eine molekulare Struktur aufweisen.105 Dies hätte zur Folge, dass letztlich jeder Gegenstand, der in seiner chemischen Zusammensetzung aus Materie besteht, also alles nicht nur lediglich in der Vorstellung Vorhandene, eine Sache im Rechtssinn wäre.106 105 Dazu 106 Vgl.
auch unten, Kapitel 2. E. I. Grammatikalische Auslegung. dazu Mot. III, S. 32 = Mugdan III, S. 18.
D. Eigener Ansatz39
Für diesen Ansatz spricht, dass er stets faktisch richtige Ergebnisse liefert.107 Aus diesem Grund führt er zu großer Rechtssicherheit, denn die Ergebnisse würden auf nachprüfbaren Regeln der Wissenschaft beruhen und mithin optimale Voraussetzungen für eindeutige Subsumtionen bieten. Gegen einen naturwissenschaftlichen Ausgangspunkt werden eine Reihe von Nachteilen angeführt. Insofern wird im Schrifttum gegen den letzten Stand wissenschaftlicher Forschung als Beurteilungsmaßstab argumentiert, die Naturwissenschaft als solche sei sehr abstrakt und habe deshalb bislang noch keinen prägenden Einfluss auf die allgemeine Lebensanschauung gehabt.108 Dieser Argumentation ist jedoch aus zwei Gründen nicht zu folgen. Zum einen ist sie dogmatisch verfehlt, da sie offenbar die Beurteilungsper spektiven der naturwissenschaftlichen Faktenlage einerseits und der Verkehrsanschauung andererseits gleichzeitig auf derselben Ebene anwenden will und miteinander vermischt. Zum anderen trifft sie in der Sache schlechterdings nicht zu. Zwar ist ihr insofern zuzustimmen, als beispielsweise Licht aus Laiensicht unkörperlich ist und der naturwissenschaftlich nachweisbare Teilchencharakter bislang von der Verkehrsanschauung wohl nicht berücksichtigt wurde. Auch begreift man Luft, obgleich auch dieses Gasgemisch wissenschaftlich betrachtet aus kleinsten Partikeln besteht, in der Laiensphäre nicht als körperlich und damit nicht als Sache im Sinne von § 90 BGB.109 Weitere solcher Beispiele, also Dinge, die trotz ihrer tatsächlichen Körperlichkeit gleichwohl als unkörperlich wahrgenommen werden, sind leicht denkbar. Andererseits lassen sich jedoch ebenso Beispiele für eine vorhandene Auswirkung der fortschreitenden wissenschaftlichen Forschung auf das Verständnis der Verkehrsanschauung finden.110 Zu denken ist hier etwa wiederum an Gas, das zwar für sich genommen als unkörperlich und damit nicht als Sache wahrgenommen wird. Seit jedoch eine Abfüllung in speziellen Gasflaschen technisch möglich und dies zu einem gewöhnlichen Umstand der allgemeinen Lebensanschauung geworden ist, gilt Gas in diesem portionierten Zustand – zu recht – als Sache.111 Ein weiteres Beispiel ist elektrische Energie, welche mittlerweile in unterschiedlich großen Einheiten in Akkus gespeichert werden kann und deshalb laienhaft als Sache begriffen wird.112 107 Siehe dazu sogleich, Kapitel 2 D. II. 1. c) Auch „falsche“ Ergebnisse der Verkehrsanschauung sind „richtig“ 108 jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 8. 109 Vgl. statt aller Palandt / Ellenberger, § 90 Rn. 1; Wolf / Neuner, Allgemeiner Teil, 11. Aufl., § 25 Rn. 4. 110 Dazu näher unten, Kapitel 2 D. II 1. b) aa) Die Naturwissenschaft als Impulsgeber. 111 Hierzu unten, bei und die Nachweise in Fn. 143. 112 So auch bereits Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (304).
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Diese Beispiele zeigen, dass die Annahme, die Naturwissenschaft habe die allgemeine Lebensanschauung bislang nicht geprägt, keineswegs pauschal zutrifft. Gegen eine ausschließlich wissenschaftlich bestimmte Beurteilung der Körperlichkeit und der Sachqualität spricht jedoch, dass die gesetzlichen Regelungen in erster Linie für diejenigen nachvollziehbar sein sollen, an die sich das Gesetz richtet, und nicht nur für Naturwissenschaftler.113 Das bedeutet freilich nicht, dass sich jedem juristischen Laien durch die bloße Lektüre des Gesetzes zweifelsfrei die Rechtslage erschließen muss. Ein solches Ansinnen wäre aufgrund der Komplexität vieler Regelungsbereiche selbstverständlich unrealistisch. Vielmehr soll die durch juristische Arbeit zu ermittelnde Rechtslage den Erwartungen der adressierten Verkehrskreise entsprechen. Legt man zur Ermittlung der Sachqualität eines Gegenstandes jedoch ausschließlich naturwissenschaftliche Maßstäbe an, würden die erzielten Ergebnisse zu einem ausufernden Verständnis der Sachqualität führen und infolgedessen häufig nicht mit den Erwartungen und dem Verständnis der Gesetzesanwender, die regelmäßig naturwissenschaftliche Laien sind, übereinstimmen. Dies hätte zur Konsequenz, dass die tatsächliche Rechtslage für Laien vielfach überraschend und in Ermangelung entsprechender Fachkenntnisse gegebenenfalls nicht nachvollziehbar wäre. Zu denken ist hier etwa an winzig kleine oder enorm große Dinge, wie einzelne Bakterien oder ganze Planeten, die nach naturwissenschaftlichem Verständnis zweifellos körperliche Gegenstände sind. Der wohl weit überwiegende Teil der Gesetzesanwender würde in diesen Dinge indes keine Sachen im Rechtsinn sehen, also nicht etwas, an dem man „private“ Rechte begründen kann, das erworben werden kann. Aus diesem Grund sollten solche Gegenstände sinnvollerweise nicht vom Sachbegriff des BGB erfasst sein. Zu überdenken ist überdies, dass heutzutage mithilfe moderner Technik auch, jedenfalls aus Laiensicht eindeutig nur in der Vorstellung bestehende Dinge wie Gedanken sichtbar gemacht werden können und diesen dadurch aus rein naturwissenschaftlicher Sicht gewisse Sachattribute verliehen werden könnten. Dadurch wird die Tragweite dieses insofern verfehlten Ansatzes, nach welchem das Vorliegen von Sachqualität ausschließlich naturwissenschaftlich zu beurteilen ist, noch deutlicher.
II. Sachen als Teilmenge der körperlichen Gegenstände Diese Probleme bestehen nicht, wenn man den zweiten oben vorgeschlagenen Weg beschreitet und die Begriffe „körperlicher Gegenstand“ und „Sa113 Ebenso
Staudinger / Stieper, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 9.
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che“ in einem Stufenverhältnis sieht und nach unterschiedlichen Maßstäben beurteilt. 1. Untere Ebene: „Sache“ und Verkehrsanschauung Die Überlegungen zu einer einheitlich naturwissenschaftlichen Beurteilung von Körperlichkeit und Sachqualität haben ergeben, dass in Bezug auf letztere der durchschnittliche Verständnishorizont114 der Adressaten des Gesetzes zu berücksichtigen, mithin der Sachbegriff nach der Verkehrsanschauung zu beurteilen ist.115 a) Rechtsunsicherheit bei der Ermittlung der Verkehrsanschauung Der soeben116 bei einer rein naturwissenschaftlichen Betrachtung hervorgehobene Aspekt der Rechtssicherheit ist bei einer Beurteilung anhand der Verkehrsanschauung hingegen nicht gegeben. Da die Beurteilung anhand der Verkehrsanschauung keinen objektiven Regeln folgt,117 sondern eine Begutachtung von Fall zu Fall118 erfordert, besteht bei dieser Perspektive das grundsätzliche Problem einer gewissen Rechtsunsicherheit.119 Bereits die Ermittlung der Verkehrsauffassung bereitet Schwierigkeiten. Hier ist einerseits fraglich, wie genau der „Verkehr“, dessen Auffassung maßgeblich sein soll, im Einzelfall zu ermitteln ist. Andererseits stellt sich die Frage, welchen materiellen Inhalt die Auffassung der entsprechenden Verkehrskreise tatsächlich hat.120 Beiden Problemen ist die Schwierigkeit gemein, dass gesicherte und belastbare Quellen nur unzureichend vorhanden 114 Siehe zum Begriff der Verkehrsauffassung allgemein Creifelds / Weber, Rechtswörterbuch, S. 1361, Stichwort: Verkehrsauffassung. 115 Vgl. dazu und so auch Mot. III, S. 32 = Mugdan III, S. 18; RG, Urteil vom. 2.6.1915 – Az. V 19 / 15, RGZ 87, 43 (45); Staudinger / Stieper, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 9; Staudinger / Stieper, § 90 Rn. 63; jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 8; Palandt / Ellenberger, § 90 Rn. 1; Jauernig / Mansel, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 4; Vieweg / Werner, § 1 Rn. 13; einschränkend Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (302). 116 Kapitel 2 D. I. Einheitliche Beurteilung nach aktuellem Stand der Naturwissenschaft. 117 Dazu näher unten, Kapitel 2 E. V. Funktion der ermittelnden Kriterien und ihr Verhältnis zueinander. 118 So auch Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 36. 119 Ebenso Schenk, Die Verkehrsauffassung in BGB und UWG, S. 23 f.; Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 36 spricht in Fn. 21 gar von einer „Leerformel“. 120 Dazu Schenk, Die Verkehrsauffassung in BGB und UWG, passim.
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sind.121 Dies gilt jedenfalls dann, wenn ein Ergebnis sofort oder zumindest zeitnah benötigt wird. Der Grund hierfür ist, dass der Aufwand, die Verkehrsanschauung tatsächlich empirisch zu ermitteln, ein vernünftiges Maß regelmäßig übersteigt. So ist beispielsweise das Einholen eines entsprechenden Sachverständigengutachtens teuer und dauert zudem lange. Eine solche aufwendige Untersuchung ist unverhältnismäßig und deshalb insgesamt ungeeignet. In ihrer Funktion als Maßstab für die Subsumtion muss die Verkehrsauffassung demnach auf andere Weise zu ermitteln sein. In Anbetracht der Untauglichkeit einer empirischen Ermittlung ist eine normative Betrachtung erforderlich. Als Ausgangspunkt kommt insofern letztlich nur die Anschauung des Gesetzesanwenders selbst infrage.122 Würde dieser jedoch lediglich seine persönliche Meinung mit der Verkehrsanschauung gleichsetzen, wären die Ergebnisse vielfach unzutreffend. Er muss seine Meinung daher objektivieren und sich fragen, wie das hypothetische Urteil einer fiktiven verständigen Person in Bezug auf den vorliegenden Sachverhalt ausfallen würde.123 Dass jede Objektivierung indes denknotwendig von der (subjektiven) Einschätzung des Rechtsanwenders abhängt, ist der Grund dafür, dass die durch die Verkehrsanschauung gefundenen Ergebnisse nur zu einem bestimmten Grad einheitlich ausfallen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Verkehrsanschauung in der Praxis letztlich nicht von einem verständigen objektiven Dritten ermittelt werden muss, sondern im Prozess durch den erkennenden Richter durch Urteil festgelegt wird. An die Stelle einer empirischen Ermittlung der tatsächlichen Verkehrsanschauung tritt also die Einschätzung des jeweiligen Richters hinsichtlich der durchschnittlichen Volksmeinung124.125 In Bezug auf die juristische Arbeit am Gesetz, das heißt zum Zwecke einer präzisen und einheitlichen Subsumtion, eignet sich die Verkehrsauffassung daher nicht optimal.
121 Vgl.
ebenda, S. 72 ff. ebenda, S. 23, zur richterlichen Entscheidung aufgrund eigener Sachkunde S. 79 f. 123 Im englischen Recht wird vom man on the clapham omnibus gesprochen, vgl. zur (wohl) ersten juristischen Erwähnung McQuire v. Western Morning News Co., Ltd., [1903] 2 KB 100 (CA), 109, per Collins MR; dazu lesenswert Zimmermann, Der Hund im Clapham Omnibus – von verständigen Menschen und Tieren, ZEuP 1994, 733 ff., und daran anschließend McPherson / Zimmermann, The Clapham Omnibus – Revisited, ZEuP 2015, 685; im französischen Recht wird auf den bon père de famille abgestellt, vgl. bereits Haumont, Théorie des fautes en droit français, Revue pratique de droit français, 1871, S. 505 ff. 124 Vgl. Creifelds / Weber, Rechtswörterbuch, S. 1361, Stichwort: Verkehrsauffassung. 125 Dazu Schenk, Die Verkehrsauffassung in BGB und UWG, S. 71 ff. 122 Ähnlich
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Gleichwohl ist die Verkehrsanschauung hinsichtlich der infrage kommenden Beurteilungsmaßstäbe für das Vorliegen von Sachqualität letztlich alternativlos. Nicht zuletzt für das Vertrauen der Gesellschaft in die Justiz als diejenige Instanz, durch die Rechtsfragen verbindlich beantwortet werden, ist unerlässlich, dass die Urteile der Richter für die Adressaten der Gesetze, auf welchen die Urteile basieren, nachvollziehbar sind, also den Erwartungen der adressierten Verkehrskreise möglichst entsprechen. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn die Richter bei ihrer Entscheidungsfindung normativ vorgehen und die vermutete durchschnittliche Volksmeinung berücksichtigen. b) Wandel der Verkehrsanschauung Eine weitere der Verkehrsanschauung anhaftende Besonderheit ist deren stetiger inhaltlicher Wandel.126 aa) Die Naturwissenschaft als Impulsgeber Dieser ist auf die Orientierung der allgemeinen Lebensanschauung am technischen Fortschritt zurückzuführen.127 Dadurch, dass infolge der fortschreitenden technischen Entwicklung immer neue Gegenstände und deren Funktionen in den Lebensalltag integriert werden, entwickelt sich auch die menschliche Wahrnehmung entsprechender Dinge fortlaufend weiter und unterliegt daher einer ständigen Veränderung.128 Diese Veränderung ist freilich kein rascher Vorgang, sondern vollzieht sich langsam und unregelmäßig. Sie bedeutet jedoch, dass bestimmte Sachverhalte zu unterschiedlichen Zeiten nach der allgemeinen Lebensanschauung unterschiedlich wahrgenommen werden können. So ist unmittelbar einleuchtend, dass bei der Einführung des BGB im Jahr 1900 andere Dinge technisch möglich und infolgedessen alltäglich waren, als heute.129 Alles, was geeignet ist, den Lebensalltag nachhaltig zu beeinflussen, wird mit großer Wahrscheinlichkeit eine Änderung der Verkehrsauffassung bewirken. Dazu zählen erfahrungsgemäß auch und vor allem Schenk, Die Verkehrsauffassung in BGB und UWG, S. 23. solche lehnt ab jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 8; dazu auch soeben, Kapitel 2 D. I. Einheitliche Beurteilung nach aktuellem Stand der Naturwissenschaft. 128 So auch Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (302). 129 Siehe zu den Beispielen der portionierten Energie und des in Flaschen abgefüllten Gases oben, Kapitel 2 D. I. Einheitliche Beurteilung nach aktuellem Stand der Naturwissenschaft sowie Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (304); zu diesem Gedanken auch unten, Kapitel 3 C. III. 2. Historische Auslegung und Kapitel 3 C. VI. 2. Historische Auslegung. 126 Ebenso 127 Eine
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technische Entwicklungen. Damit stellt sich die Naturwissenschaft für die Beurteilung der Sachqualität doch als nicht völlig unbedeutend heraus. Ihr kommt vielmehr die Funktion eines Impulsgebers in Bezug auf die Veränderung der Verkehrsanschauung zu. Zur Veranschaulichung dieses richtungsgebenden Charakters der Wissenschaft mögen die Beispiele von elektronisch abgegebenen Willenserklärungen zum Abschluss von Verträgen130 oder qualifizierten elektronischen Signaturen131 zur Wahrung des Schriftformerfordernisses gemäß § 126a BGB dienen. Dabei handelt es sich jeweils um Vorgänge, die erst während der Geltungszeit des BGB durch technischen Fortschritt möglich geworden sind und mittlerweile nach allgemeiner Lebensanschauung als trivial empfunden werden. Die Beurteilung solcher Dinge oder Umstände nach der Verkehrsanschauung verändert sich demnach immer dann, wenn ihre praktische Bedeutung im Alltag zunimmt oder sie aus anderen Gründen aus Sicht eines durchschnittlichen Betrachters als gewöhnlich wahrgenommenen werden. Vorliegend ist in dieser Hinsicht von Relevanz, dass sich die Erscheinungsund Vertriebsformen von Medien, dem heutigen technischen Standard entsprechend, vom Analogen hin zum Digitalen entwickeln. Insofern besteht die Möglichkeit, dass diese Veränderungen im Tatsächlichen sich auch auf die rechtliche Beurteilung entsprechender Sachverhalte auswirken.132 bb) Dynamik des Sachbegriffs Auf die hier in Rede stehende Problematik bezogen führt die Wandlungsfähigkeit der Verkehrsanschauung dazu, bestimmten Gegenständen, die zunächst als unkörperlich eingestuft wurden, zu einem späteren Zeitpunkt Körperlichkeit und mithin auch Sachqualität im Sinne von § 90 BGB attestieren zu können.
130 Siehe etwa zum Vertragsschluss über eBay BGH, Urteil vom 23.9.2015 – Az. VIII ZR 284 / 14, NJW 2016, 395 ff.; BGH, Urteil vom 10.12.2014 – Az. VIII ZR 90 / 14, NJW 2015, 1009 ff.; BGH, Urteil vom 3.11.2004 – Az. VIII ZR 375 / 03, NJW 2005 53 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 4.11.2013 – Az. 2 U 94 / 13, MMR 2014, 108 f.; Jerger, Vorzeitige Beendigung einer ebay-Auktion – risikolos möglich oder mög liches Risiko?, GWR 2015, 114 ff.; Wagner / Zenger, Vertragsschluss bei eBay und Angebotsrücknahme, Besteht ein „Loslösungsrecht“ vom Vertrag contra legem?, MMR 2013, 343 ff. 131 Gemäß § 2 Nr. 3 SigG; dazu Spindler / Schuster / Gramlich / Orantek, SigG, § 2 Rn. 10; BeckRTD-Komm / Roßnagel, SigG, § 10 Rn. 31 ff. 132 van Erp, Ownership of digital assets?, EJPL 2016, 73 ff.; Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (302).
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Der Wandel der Verkehrsauffassung bedeutet demnach, dass sich die ebensanschauung dem zwischenzeitlichen technischen Fortschritt anpasst L und insofern mit diesem gleichsam „mitwächst“.133 Dieses „Mitwachsen“ der Lebensanschauung – und dadurch auch des durch sie beurteilten Sachbegriffs – trägt zwar in gewisser Weise zu dem oben angesprochenen Problem der Rechtsunsicherheit bei, zumal nicht nur die Schwierigkeit der Ermittlung des materiellen Inhalts der Verkehrsauffassung zu einem bestimmten Zeitpunkt besteht,134 sondern sich dieser überdies auch noch ändern kann. Es führt demgegenüber jedoch auch dazu, dass der Sachbegriff nicht starr ist und früher oder später zu veralten droht, wenn er nicht durch Gesetz geändert wird. Durch ihre Wandlungsfähigkeit entspricht die Verkehrsauffassung als Beurteilungsmaßstab für den Sachbegriff stets dem Zeitgeist. Daraus resultiert eine begrüßenswerte Flexibilität des Sachbegriffs. Diese ist die Ursache für das oben angesprochene Phänomen, dass ein Gegenstand durch eine veränderte Wahrnehmung seiner Sacheigenschaft aus heutiger Sicht eine Sache im Sinne vom § 90 BGB sein kann, während er früher nicht als solche angesehen wurde. Durch diese Anpassungsfähigkeit des Sachbegriffs erhält die Rechtsordnung eine Dynamik und Zeitlosigkeit, die dazu führt, dass Sachverhalte trotz Entwicklungen in der nicht-juristischen Welt subsumierbar bleiben, ohne dass ein Bedürfnis nach Veränderung und Anpassung des Gesetzes bestünde.135 Sie trägt daher zu einer hohen Beständigkeit des BGB bei. c) Auch „falsche“ Ergebnisse der Verkehrsanschauung sind „richtig“ Dass bei Zugrundelegung der Verkehrsanschauung die irritierende Situation entstehen kann, ein Ergebnis zu finden, welches mit der wissenschaft lichen Faktenlagen nicht übereinstimmt und damit objektiv falsch ist, stellt eine hinzunehmende Folge einer kompromisslosen Anwendung der Verkehrsanschauung dar. Ihr ist ihrem Wesen als eine bloße Anschauung immanent, de facto falsch sein zu können. Es besteht jedoch auch in solchen Situationen kein Bedürfnis, das tatsächlich richtige Ergebnis dem der Verkehrsanschauung vorzuziehen. Denn, ob eine Beurteilung eines Sachverhaltes als richtig oder falsch empfunden wird, geht einher mit der Perspektive der Betrachtung. Betrachtet man einen kon133 Ebenda S. 304; dies stellen auch fest Wemmer / Bodensick, Virtueller Handel – Geld und Spiele, K&R 2004, 432 (435). 134 Siehe dazu soeben, Kapitel 2 D. II. 1. a) Rechtsunsicherheit bei der Ermittlung der Verkehrsanschauung. 135 Vgl. Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (304).
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kreten Sachverhalt aus dem Blickwinkel der Wissenschaft, werden die somit gefundenen Ergebnisse als richtig empfunden werden, während Gleiches im umgekehrten Fall der Berücksichtigung der Verkehrsanschauung gilt. Da Naturwissenschaft und Verkehrsanschauung jedoch grundsätzlich gleichwertige Möglichkeiten darstellen, einen Sachverhalt zu beurteilen, vorliegend jedoch die Verkehrsanschauung als maßgeblich festgestellt wurde, besteht auch bei Auseinanderfallen beider Maßstäbe kein Spannungsverhältnis. Die Einschätzung der Verkehrsauffassung ist stets ausschlaggebend. d) Zwischenergebnis Vorläufig kann somit festgehalten werden, dass auf der systematisch „unteren“ Ebene von § 90 BGB die Sachqualität von Gegenständen am Maßstab der normativ zu ermittelnden Verkehrsanschauung zu beurteilen ist.136 2. Obere Ebene: „Körperlicher Gegenstand“ und Naturwissenschaft Über der Ebene der Sachen steht die der körperlichen Gegenstände. Die Funktion dieser „oberen“ Ebene ist, die Menge der Gegenstände zu definieren, von denen einige anhand des Maßstabs der Verkehrsanschauung als Sachen hervorgehoben werden. Die Beurteilung, ob ein Gegenstand im Rechtssinne körperlich und damit der Subsumtion unter den Sachbegriff grundsätzlich zugänglich ist, hat, wie gezeigt, aus einer anderen Perspektive als der Verkehrsanschauung zu erfolgen.137 Anderenfalls würde die Verkehrsanschauung den Kreis der Gegenstände, aus der sie einige als Sachen hervorhebt, in einem logischen Zirkel selbst bestimmen. Um sicherzustellen, dass, entsprechend des Wortlauts von § 90 BGB, „nur körperliche Gegenstände“ vor dem Gesetz als Sachen behandelt werden, ist erforderlich, die Beurteilungen der Sachqualität anhand der Verkehrsanschauung auf tatsächlich körperliche Gegenstände zu beschränken. Beurteilungsmaßstab für die obere Ebene der körperlichen Gegenstände kann deshalb nur die Naturwissenschaft sein. Nur so kann verhindert werden, dass die dogmatisch zwingende Unterscheidung zwischen Rechten und Sachen konterkariert wird und entgegen dem eindeutigen Wortlaut von § 90 BGB, nachdem „nur“ körperliche Gegenstände Sachen sind, tatsächlich unkörperliche Dinge, wie etwa Rechte, zu Sachen erklärt werden können.
136 Zu der Frage, anhand welcher Kriterien die Sachqualität in concreto zu bestimmen ist, siehe unten, Kapitel 2 E. Der Sachbegriff im Sinne des BGB. 137 Siehe oben, Kapitel 2 C. Kritik am bisherigen Ansatz.
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Dass der Begriff des körperlichen Gegenstandes nach naturwissenschaftlichen Kriterien zu beurteilen ist, lässt sich auch bereits den Motiven des BGB entnehmen: Dort werden unkörperliche Gegenstände als „nur in der Vorstellung bestehende Dinge (res, quae in jure consistunt)“ beschrieben.138 Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass alles nicht lediglich in der Vorstellung Vorhandene automatisch körperlich sein muss. Lediglich in der Vorstellung vorhanden sind jedoch nur Dinge, die nicht materiell existieren, also etwa eine Idee oder ein Recht. Körperliche Dinge sind nach der Vorstellung der Verfasser des BGB daher alle aus Materie bestehenden Gegenstände. Diese Unterscheidung entspricht aus heutiger Sicht einer naturwissenschaftlichen Abgrenzung, wonach körperlich alles ist, was einen Körper hat, also jede räumlich zutage getretene Materie.139
III. Zwischenergebnis Insgesamt ergibt sich damit folgende zweistufige systematische Struktur innerhalb von § 90 BGB: Der Begriff des körperlichen Gegenstands steht auf der oberen Ebene zusammen mit „unkörperlichen Gegenständen“ und ist naturwissenschaftlich zu beurteilen.140 Er unterteilt sich sodann auf einer unteren Ebene in „Sachen“ und „sonstige körperliche Gegenstände“. Wie gesehen, erfolgt diese Abgrenzung normativ anhand der Verkehrsanschauung.141 Eine Bewertung der Sachqualität eines Gegenstands unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung kann und darf daher nur dazu führen, tatsächlich körperliche Gegenstände entweder als Sachen zu werten oder aber tatsächlich körperlichen Gegenständen vor dem Gesetz keine Sachqualität zuzusprechen. Erneut am problematischen Beispiel „Gas“ lässt sich hier zeigen, wie das funktioniert: Beurteilt man die Körperlichkeit von Gas naturwissenschaftlich, so stellt Gas, das eine Molekularstruktur aufweist und damit nicht lediglich in der Vorstellung, sondern aus Materie besteht, einen körperlichen Gegenstand dar. Damit ist es der Einschätzung der Verkehrsanschauung, ob es sich dabei auch um eine Sache im Sinne von § 90 BGB handelt, zugänglich. Insofern wird man unterscheiden müssen: Solange Gas nicht umschlossen ist und frei im Raum „umherschwebt“, liegt wohl nach allgemeinem Verständnis keine Sache vor. Dies ändert sich, sobald das Gas in ein umschließendes Behältnis gefüllt wird, etwa in eine
138 Mot.
III, S. 32 = Mugdan III, S. 18. § 90 Rn. 1; jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 8; Erman / Schmidt,
139 Soergel / Marly,
§ 90 Rn. 1. 140 A. A. ausdrücklich zur Körperlichkeit etwa jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 8. 141 Kapitel 2. D. II. 1. Untere Ebene: „Sache“ und Verkehrsanschauung.
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Gasflasche.142 Bei natürlicher Betrachtung stellen nun die Gasflasche und das darin befindliche Gas selbst zwei verschiedene Sachen dar.143
E. Der Sachbegriff im Sinne des BGB Im Folgenden ist der Frage nachzugehen, welche Gegenstände als Sachen im Sinne des Gesetzes bezeichnet werden, was also genau eine Sache kennzeichnet.144 Aufgrund des oben145 dargestellten Stufenverhältnisses ist die Körperlichkeit ausweislich des Gesetzeswortlauts zwar ein konstitutives Element der Sachqualität.146 Da ihr Vorliegen indes bereits Voraussetzung für die Untersuchung der Sachqualität eines bestimmten Gegenstands ist,147 spielt sie bei der Abgrenzung, welche der Gegenstände bei normativer Betrachtung unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung als Sachen bezeichnet werden und welche nicht, keine Rolle mehr. Welche Kriterien insofern maßgeblich sind, ist durch Auslegung des Sachbegriffs nach dem klassischen Kanon der Auslegungskriterien zu ermitteln.148
I. Grammatikalische Auslegung Den Ausgangspunkt und zugleich die Grenze jeder Auslegung bildet der allgemeine Wortsinn149 des untersuchten Gesetzes.150 Betrachtet man dementsprechend den Begriff der Sache selbst, versteht man darunter einen Gegenstand oder ein Ding.151 Eine Einschränkung auf Dinge, die berührt wer142 Staudinger / Stieper, § 90 Rn. 3; BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 7; jurisPKBGB / Vieweg, § 90 Rn. 11; Larenz / Wolf, Allgemeiner Teil, 9. Aufl., § 20 Rn. 13; Korenke, Bürgerliches Recht, S. 79; zum Kriterium der Abgegrenztheit ausführlich bei Kapitel 2 E. IV. 2. Abgegrenztheit. 143 Siehe Nachweise in Fn. 96. 144 Vgl. die detaillierte rechtsvergleichende Darstellung zur historischen Entwicklung des Sachbegriffs bei Gretton, Ownership and its Objects, RabelsZ 71 (2007), S. 802 (807 ff.). 145 Kapitel 2 D. II. Sachen als Teilmenge der körperlichen Gegenstände. 146 Anders soweit ersichtlich nur Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (303 ff.), der maßgeblich auf Beherrschbarkeit abstellen will – dazu sogleich. 147 Siehe soeben, Kapitel 2 D. III. Zwischenergebnis. 148 Eingehend und grundsätzlich zur Auslegung Larenz, Methodenlehre, S. 312 ff.; Fikentscher, Methoden des Rechts, Bd. IV, S. 356 ff.; F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 428 ff. 149 Dazu Larenz, Methodenlehre, S. 320 ff.; Fikentscher, Methoden des Rechts Bd. IV, S. 361 f.; F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 437 ff. 150 Larenz, Methodenlehre, S. 343. 151 Siehe Duden, Stichwort: Sache.
E. Der Sachbegriff im Sinne des BGB49
den können, also dem Tastsinn zugänglich sind, erscheint hier nicht zwingend.152 Aus Sicht der Verkehrsanschauung können somit auch solche Dinge eine Sache sein, die für sich genommen nicht als körperlich wahrgenommen werden, etwa Gas in einer Gasflasche. Das laienhafte Verständnis des Sachbegriffs ist daher weiter als das des körperlichen Gegenstandes. Mit Sicherheit vom Tatbestand des § 90 BGB ausgeschlossen wären daher nur – in Übereinstimmung mit dem naturwissenschaftlichen Verständnis der Körperlichkeit – lediglich in der Vorstellung existente Dinge. Bei isolierter Betrachtung des Wortlauts wären also nicht einmal Dinge wie der Mond, das offene Meer oder nicht umschlossenes Gas vom Tatbestand des § 90 BGB ausgenommen, da diese Gegenstände zweifellos nicht nur in der Vorstellung, sondern aus räumlicher Materie bestehen. Insgesamt ergibt sich durch das Abheben auf den Wortlaut in Ansehung seines Inhalts ein sehr weites Verständnis des Sachbegriffs.
II. Historische Auslegung Daneben ist die Bedeutung des Begriffs der Sache im Lichte seiner historischen Wurzeln,153 das heißt vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte des BGB, zu hinterfragen.154 Im römischen Recht hat Gaius unter den Oberbegriff der res sowohl körperliche (res corporales), als auch unkörperliche Dinge (res incorporales) gefasst.155 Seiner Unterscheidung liegt ein aus heutiger Sicht eher einfaches Verständnis von Sachen zugrunde. Eine feinsinnige Unterscheidung zwischen körperlichen Gegenständen und Sachen gab es noch nicht. Vielmehr waren körperliche Sachen all diejenigen Dinge, die berührt werden können, etwa ein Kleidungsstück, Gold oder Silber.156 Dagegen waren unkörperlich all die 152 Siehe aber Wolf / Neuner, Allgemeiner Teil, 11. Aufl., § 25 Vor Rn. 1; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rn. 1174. 153 Siehe zur historischen Auslegung grundlegend Larenz, Methodenlehre, S. 328 ff.; Müller / Christensen, Juristische Methodik, Rn. 360 ff.; F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 449 ff. 154 Umfassend zur historischen Entwicklung des Sachbegriffs Rüfner, Savigny und der Sachbegriff des BGB, in: Leible / Lehmann / Zech, Unkörperliche Güter im Zivilrecht, S. 33 ff. 155 Corpus Iuris Civilis, Gaius Inst. II, 12. = Manthe, S. 116 bzw. 117; D. 1, 8, 1, 1 = Behrends u. a., S. 138; vgl. dazu HKK / Rüfner, §§ 90–103 Rn. 3; Baldus, Res incorporales im römischen Recht, in: Leible / Lehmann / Zech, Unkörperliche Güter im Zivilrecht, S. 7 ff.; Gretton, Ownership and its Objects, RabelsZ 71 (2007), 802 (804 ff.). 156 Corpus Iuris Civilis, Gaius Inst. II, 13. = Manthe, S. 116 bzw. 117; D. 1, 8, 1, 1 = Behrends u. a., S. 138; vgl. auch Staudinger / Stieper, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 2.
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Kap. 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien
Dinge, die nicht berührt werden können, also vor allem Rechte, etwa Erbschaft, Nießbrauch oder eingegangene Verpflichtungen.157 In dieser sehr weitgehenden Form fand der körperliche und unkörperliche Dinge gleichstellende Sachbegriff somit nicht nur in das gemeine Recht Einzug,158 sondern auch in das preußische allgemeine Landrecht,159 in das österreichische ABGB160 oder auch in den französischen Code Civil161.162 Die Entwicklung des Sachbegriffs im deutschen Recht war indessen geprägt von Savigny und der Pandektistik163 und beschränkte sich auf einen engeren Sachbegriff, der nur die körperlichen Dinge umfasste.164 Dieser enge Sachbegriff fand sodann auch im BGB Verwendung.165 Dementsprechend bildeten auch in den Motiven des BGB „nur in der Vorstellung bestehende“ Dinge den Gegensatz zu den körperlichen Dingen.166 Die Ausklammerung der unkörperlichen Dinge diente hauptsächlich dazu, Rechte von der Subsumtion unter den Sachbegriff auszuschließen.167 All dies führt zu der Erkenntnis, dass nach historischem Verständnis aus deutscher Sicht vom Sachbegriff ausgeschlossen alle fiktiven, also ausschließlich gedanklich vorhandenen Dinge sind. Die bei Abgrenzung nach dieser Formel erzielten Ergebnisse decken sich mit denen der soeben erfolg157 Corpus Iuris Civilis, Gaius Inst. II, 14. = Manthe, S. 116 bzw. 117; D. 1, 8, 1, 1 = Behrends u. a., S. 138; Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 1, S. 759. 158 Corpus Iuris Civilis, Gaius Inst. II, 12–14. = Manthe, S. 116 bzw. 117; D. 1, 8, 1, 1 = Behrends u. a., S. 138. 159 Vgl. §§ 1–3 ALR I 2: § 1: „Sache überhaupt heißt im Sinne des Gesetzes alles, was der Gegenstand eines Rechts oder einer Verbindlichkeit sein kann. § 2: Auf die Handlungen der Menschen, ingleichen ihre Rechte, insofern dieselben den Gegenstand eines anderen Rechtes ausmachen, sind unter der allgemeinen Benennung von Sachen begriffen. § 3: Im engeren Sinne wird Sache nur dasjenige genannt, was entweder von Natur oder durch die Übereinkunft der Menschen eine Selbstständigkeit hat, vermöge deren es der Gegenstand eines dauernden Rechts sein kann.“ 160 Vgl. § 285 ABGB. 161 Vgl. Art. 516, 529 Code Civil. 162 Staudinger / Stieper, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 2; HKK / Rüfner, § 90–103 Rn. 5; Berberich, Virtuelles Eigentum, S. 87. 163 Dazu grundlegend Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 1, passim. 164 Savigny, System des heutigen römischen Rechts, S. 338 ff.; Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 1, S. 608 ff.; so auch Berberich, Virtuelles Eigentum, S. 87; Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (290). 165 Vgl. Mot. III, S. 33 = Mugdan III, S. 18; Berberich, Virtuelles Eigentum, S. 87; Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (290). 166 Mot. III, S. 32 = Mugdan III, S. 18. 167 Berberich, Virtuelles Eigentum, S. 87.
E. Der Sachbegriff im Sinne des BGB51
ten Untersuchung der Körperlichkeit anhand des Wortsinns.168 Näheren Aufschluss über die Kriterien, die aus juristischer Sicht zu berücksichtigen sind, um die Einschätzungen der Verkehrsanschauung nachvollziehbar und infolgedessen auch vorhersehbar zu machen, bietet die bisherige Untersuchung jedoch nicht.
III. Systematische Auslegung Zum weiteren inhaltlichen Verständnis des Sachbegriffs ist die systematische Stellung von § 90 BGB innerhalb des BGB zu untersuchen.169 Zwar war der Sachbegriff im ersten Entwurf des BGB noch am Anfang des Sachenrechts170 verortet und dadurch ausschließlich auf das Sachenrecht zugeschnitten, während er nunmehr im Allgemeinen Teil des BGB zu finden ist.171 Dieser vorgelagerten Stellung ist immanent, dass der durch die Vorschrift definierte Sachbegriff neben dem Sachenrecht auch für alle anderen Teile bzw. Bücher des BGB gilt.172 Daraus ergibt sich indes keineswegs eine geringere Bedeutung des Sachbegriffs für das Sachenrecht, sondern vielmehr lediglich dessen erweiterter Anwendungsbereich.173 Der Sachbegriff ist damit weiterhin Ausgangspunkt jeder sachenrechtlichen Vorschrift. Eine inhaltliche Kohärenz des Sachbegriffs und der sachenrechtlichen Vorschriften ist daher obligatorisch.174 Durch einen Blick auf die demzufolge bestehende Wechselwirkung des Sachenrechts und des Sachbegriffs wird der Einfluss des ersteren auf letzteren offenbar: Betrachtet man die allererste sachenrechtliche Vorschrift, § 854 BGB, fällt auf, dass der dort normierte Besitz nur an Sachen bestehen kann.175 Erworben wird der Besitz mit Erlangung der tatsächlichen Gewalt, also Herrschaft176 168 Siehe
soeben, Kapitel 2 E. I. Grammatikalische Auslegung. systematischen Auslegung grundsätzlich siehe Larenz, Methodenlehre, S. 324 ff.; Fikentscher, Methoden des Rechts Bd. IV, S. 362 ff.; F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 442 ff. 170 Vgl. § 778 des ersten Entwurfs des BGB. 171 Dazu Wieling, § 1 I 1. 172 Staudinger / Stieper, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 1, § 90 Rn. 5. 173 Ein prominentes Beispiel für den Bezug zum Sachbegriff außerhalb des Sachenrechts findet sich etwa in § 433 BGB. 174 Dazu auch unten, Kapitel 3 C. II. 2. Subsumierbarkeit von E-Books, Musikund Filmdateien. 175 Wolf / Wellenhofer, § 1 Rn. 15. 176 Zur gleichen Bedeutung von „tatsächlicher Gewalt“ und „tatsächlicher Sachherrschaft“ siehe BGH, Urteil vom 27.10.1971 – Az. VIII ZR 48 / 70, BGHZ 57, 166 (168) = NJW 1972, 43; MünchKomm / Joost, § 854 Rn. 3. 169 Zur
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Kap. 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien
über den entsprechenden Gegenstand.177 Für diese ist jedoch denknotwendige Voraussetzung die grundsätzlich bestehende Möglichkeit zur Beherrschung, also Beherrschbarkeit des Gegenstandes.178 Damit ergibt sich die Beherrschbarkeit als ungeschriebene, gleichwohl notwendige Voraussetzung dafür, einem (tatsächlich) körperlichen Gegenstand Sachqualität zu attestieren.
IV. Teleologische Auslegung Schließlich ist der Begriff der Sache noch aus teleologischer179 Perspektive, also in Ansehung seines Sinns und Zwecks,180 zu untersuchen. Dabei steht das objektive Ziel der Regelung im Vordergrund, unabhängig vom subjektiven historischen Willen des Gesetzgebers.181 Insbesondere bei älteren Regelungen können sich in dieser Hinsicht im Laufe der Zeit sowohl das zu erreichende Ziel, als auch das inhaltliche Verständnis einer Regelung, mit der ein unverändertes Ziel weiterhin erreicht werden soll, verändern.182 Zu beantworten ist also die Frage, was aus heutiger Sicht unter einer Sache im Sinne des Gesetzes zu verstehen ist, um sinnvolle Ergebnisse bei der Anwendung von § 90 BGB zu gewährleisten.183 1. Beherrschbarkeit Regelmäßig wird als Kriterium für den Sachbegriff die Beherrschbarkeit genannt.184 Zwar bedarf es in Ermangelung einer ausdrücklichen Erwähnung im Gesetz einer genauen Begründung, weshalb auf die Beherrschbarkeit des Gegenstandes abgestellt werden sollte. Diese wurde bereits oben mit dem Verweis auf die besitzrechtliche Dimension des Sachbegriffs geliefert, da der 177 Siehe statt aller MünchKomm / Joost, § 854 Rn. 3; JurisPK-BGB / Diep, § 854 Rn. 1; Jauernig / Berger, § 854 Rn. 1; Baur / Stürner, § 7 Rn. 5. 178 Dazu sogleich eingehend, Kapitel 2. E. IV. 1. Beherrschbarkeit; so auch Berberich, Virtuelles Eigentum, S. 90; BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 BGB Rn. 5. 179 Zur Terminologie „Telologie“ oder „Teleologie“ siehe Fikentscher, Methoden des Rechts Bd. IV, S. 367 f. 180 Siehe zur teleologischen Auslegung grundlegend Larenz, Methodenlehre, S. 333 ff.; Fikentscher, Methoden des Rechts Bd. IV, S. 364 ff.; F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 453 ff. 181 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 332 f. 182 Dazu Fikentscher, Methoden des Rechts Bd. IV, S. 366 f.; siehe auch die Rechtsprechung des BGH in Strafsachen BGH, Urteil vom 29.1.1957 – Az. 1 StR 333 / 56, BGHSt 10, 157 (159 f.) = NJW 1957, 718 (719). 183 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 332. 184 Siehe Nachweise in Fn. 83.
E. Der Sachbegriff im Sinne des BGB53
Besitz als tatsächliche Sachherrschaft die Möglichkeit der Beherrschung der Sache, also Beherrschbarkeit, quasi legal-definitorisch voraussetzt.185 Im Anschluss daran ist von Beherrschbarkeit auszugehen, wenn für einen verständigen Außenstehenden die menschliche Kontrolle eines Gegenstandes konkret möglich erscheint. Regelmäßig nicht ausreichend ist insofern die bloß abstrakt bestehende Möglichkeit, eine tatsächliche Beherrschung herbeizuführen. Dann wären nämlich wiederum alle körperlichen Gegenstände (theoretisch) beherrschbar und man gelänge zu mit einem rein wissenschaftlichen Ausgangspunkt übereinstimmenden Ergebnissen. Die Abgrenzung, wann die Schwelle von einer abstrakten zu einer konkreten Beherrschbarkeit überschritten ist, erfolgt kohärenter Weise nach der Verkehrsanschauung und ist mithin nicht trennscharf.186 Eine exakte Bestimmung der inhaltlichen Bedeutung des Merkmals der Beherrschbarkeit ist indes erst möglich, wenn das mit ihr eng verknüpfte Kriterium der Abgegrenztheit untersucht und das Verhältnis der beiden Begriffe zueinander geklärt ist.187 2. Abgegrenztheit Daneben wird erwogen, Gegenstände auf ihre Abgegrenztheit188 hin untersuchen, um deren Sachqualität festzustellen.189 Parallel zur Notwendigkeit der Beherrschbarkeit als Kriterium für den Sachbegriff ist auch die Prüfung der Abgegrenztheit besonders zu begründen, da das Gesetz in § 90 keinen direkten Zusammenhang zu der Abgegrenztheit eines Gegenstandes herstellt. Insbesondere stellt sich die Frage nach ihrer Bedeutung neben der Beherrschbarkeit.190
185 Siehe
oben, Kapitel 2 E. III. Systematische Auslegung. problemtaischer Grenzfall liegt etwa bei einem wilden Tier vor, das für einen Menschen tatsächlich nicht zu zähmen, also beherrschen, ist, welches aber richtigerweise gleichwohl gemäß § 90a BGB wie eine Sache behandelt wird. 187 Dazu eingehend sogleich, Kapitel 2 E. IV. 2. b) Verhältnis zur Beherrschbarkeit. 188 Bloße Abgrenzbarkeit genügt nicht, siehe zutreffend Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (306). 189 Siehe Nachweise in Fn. 85. 190 Diese wird häufig ohne Hinterfragen einfach angenommen, vgl. etwa Staudinger / Stieper, § 90 Rn. 3; MünchKomm / Stresemann, § 90 Rn. 8; Büchner, Die recht lichen Grundlagen der Übertragung virtueller Güter, S. 47. 186 Ein
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Kap. 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien
a) Materieller Inhalt der Abgegrenztheit Bemüht man sich um eine Definition, setzt die Abgegrenztheit wohl unbestreitbar die Existenz von Materie voraus, welcher entweder eigene natür liche oder künstliche Grenzen gezogen sind oder zumindest gezogen werden können.191 Auf den ersten Blick scheint die Abgegrenztheit daher keinen weiteren Erkenntnisgewinn zu bringen, da es keine unendlich großen Gegenstände gibt und damit letztlich alle aus Materie bestehenden, also körper lichen Dinge abgegrenzt sind. Danach wäre etwa auch das offene Meer durch all seine Ufer und Küsten abgegrenzt. Dies entspräche jedoch wiederum den Ergebnissen einer nicht in jedem Fall mit dem Beurteilungsmaßstab der Verkehrsanschauung zu vereinbarenden, streng naturwissenschaftlichen Betrachtung. Berücksichtigt man indessen stärker die Verkehrsanschauung, führt dies zu einer Einschränkung der zu weiten naturwissenschaftlichen Ergebnisse. Abgegrenzt sind dann nur noch solche Gegenstände, die von einer objektiven, besonnenen Person in ihrer Gesamtheit erfassbar sind bzw. von denen eine durchschnittliche Person denken würde, dass Menschen in der Lage sind, sie zu kontrollieren.192 Legt man diese Eingrenzung der Betrachtung zugrunde, ist zwar das offene Meer nicht abgegrenzt, wohl aber kleinere Seen, Teiche oder in Flaschen abgefülltes Wasser.193 Unerheblich ist, ob ein durchschnittlicher Gesetzesadressat die Abgrenzung selbst vornehmen kann. Entscheidend ist vielmehr, ob eine Abgrenzung aus Sicht eines repräsentativen Dritten194 überhaupt grundsätzlich möglich und erfolgt ist. Eine feste Formel, ab wann ein Gegenstand als abgegrenzt bezeichnet wird, lässt sich wiederum nicht finden. Statt dessen hat in jedem Einzelfall eine neue Beurteilung am Maßstab der Verkehrsanschauung zu erfolgen. b) Verhältnis zur Beherrschbarkeit In Bezug auf den Sachbegriff scheint man auf die Abgegrenztheit von Gegenständen schon deshalb abstellen zu müssen, da nur abgegrenzte Dinge 191 MünchKomm / Stresemann, § 90 Rn. 8; BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 7; jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 10. 192 Insofern besteht inhaltlich starke Ähnlichkeit zur Beherrschbarkeit, dazu sogleich, Kapitel 2 E. IV. 2. b) Verhältnis zur Beherrschbarkeit. 193 So auch Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (303); vgl. ebenfalls BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 7; jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 11; zu kollisionsrechtlichen Aspekten MünchKomm / Wendehorst, Art. 43 EGBGB Rn. 11. 194 Siehe dazu sowie zum englischen man on the clapham omnibus und zum französischen bon père de famille oben, bei und in Fn. 123.
E. Der Sachbegriff im Sinne des BGB55
Objekt des Rechtsverkehrs sein können.195 Diese Feststellung erhebt die Abgegrenztheit freilich noch nicht zu einer obligatorisch zu prüfenden Voraussetzung des Sachbegriffs. Bevor diesbezüglich eine Aussage getroffen werden kann, ist das Verhältnis der Abgegrenztheit zur bereits für unabdingbar befundenen Beherrschbarkeit zu untersuchen. Zunächst besteht der Eindruck, Abgegrenztheit sei Voraussetzung für Beherrschbarkeit.196 Dafür spricht, dass nur abgegrenzte Gegenstände beherrscht werden können, wie das Beispiel „Gas“ zeigt: Freies Gas für sich genommen ist in seiner Gesamtheit nicht beherrschbar. Dies ändert sich, wenn es durch Abfüllen in eine Flasche abgegrenzt wird mit der Folge, dass die abgefüllte Menge Gas sodann beherrschbar ist.197 Daraus könnte nun der Schluss gezogen werden, Beherrschbarkeit und Abgegrenztheit stünden zueinander in einem Stufenverhältnis: Um (Sachen-)Rechte, wie den Besitz, an einem Gegenstand begründen zu können, ist dessen Beherrschbarkeit erforderlich und diese liegt nur bei entsprechender Abgegrenztheit vor.198 Eine solche Auslegung würde jedoch zu einer Aushöhlung der Bedeutung und zugleich zu einem überdehnten Verständnis der Beherrschbarkeit führen: Damit, ausgehend von einem Stufenverhältnis beider Begriffe, für eine Prüfung der Abgegrenztheit des Gegenstandes Raum bleibt, dürfte die Frage nach eventueller Sachqualität erst durch sie beantwortet werden. Dann müsste beherrschbar jedoch alles sein, was theoretisch beherrscht werden kann, also alle materiellen, das heißt körperlichen Dinge. Tatsächlich beherrscht würde dann durch Abgrenzung. Damit würde jedoch lediglich das Problem der Einschätzung, was letztlich nach der Verkehrsanschauung eine Sache im Sinne des Gesetzes darstellt, von der Beherrschbarkeit zur Abgegrenztheit verlagert.199 Gleichzeitig verkäme die Forderung nach Beherrschbarkeit zur inhaltsleeren Floskel. Weiterführende Erkenntnis, wann von Sachqualität auszugehen ist, brächte das zusätzliche Merkmal freilich nicht. Aus diesem Grund ist letztlich nur sinnvoll, für die Annahme von Beherrschbarkeit eines Gegenstandes bereits dessen konkrete Tauglichkeit vo rauszusetzen, Objekt von Besitz zu werden. Beherrschbarkeit liegt danach also immer dann vor, wenn alle Voraussetzungen vorliegen, damit ein Gegenstand tatsächlich beherrscht, das heißt, in Besitz genommen werden kann. Da nur abgegrenzte Gegenstände besessen werden können, setzt Beherrschauch Berberich, Virtuelles Eigentum, S. 90. wohl auch MünchKomm / Stresemann, § 90 Rn. 8 f.; Hk-BGB / Dörner, § 90 Rn. 2. 197 Vgl. die Nachweise in Fn. 143. 198 So etwa Staudinger / Stieper, § 90 Rn. 2; BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 5. 199 Dazu ausführlich unten, Kapitel 2 E. V. 1. a) Kriterien des Sachbegriffs verschieben die Subsumtion. 195 So
196 I. E.
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Kap. 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien
barkeit Abgegrenztheit zwar logisch voraus. Da jedoch wohl jeder nach der Verkehrsanschauung abgegrenzte Gegenstand auch beherrscht werden kann, steht und fällt die Beherrschbarkeit daher regelmäßig mit der Abgegrenztheit.200 Eine eigenständige Bedeutung der Abgegrenztheit neben der Beherrschbarkeit besteht mithin nicht. Die Abgegrenztheit ist damit letztlich gedankliche Voraussetzung für die Beherrschbarkeit und dieser immanent.201 Ein Bedürfnis, sie deshalb zu einer selbstständig zu prüfenden Voraussetzung für Sachqualität zu stilisieren, besteht indessen nicht.202 Vor diesem Hintergrund ist auch die im Schrifttum zu findende Meinung zur über die Abgegrenztheit hinausgehende Bedeutung der Beherrschbarkeit im Mikro- und Makrokosmos aus zwei Gründen verfehlt.203 Zum einem wäre deren einziger Nutzen, eine eigenständige Prüfung der Beherrschbarkeit neben der Abgegrenztheit als Voraussetzung für Sachqualität zu rechtfertigen. Diese Überlegung geht jedoch bereits in der Prämisse fehl, denn sie unterstellt, dass die Abgegrenztheit ein unverzichtbares Kriterium des Sachbegriffs ist, neben dem die selbstständige Bedeutung der Beherrschbarkeit fraglich ist. Dabei wird jedoch verkannt, dass die Beherrschbarkeit systematisch notwendig zu prüfendes Kriterium der Sachqualität ist, die Abgegrenztheit jedoch gerade nicht.204 Es ist also zu fragen, welche Bedeutung die (fragliche) Abgegrenztheit neben der (obligatorischen) Be herrschbarkeit hat und nicht umgekehrt. Zum anderen geht das Argument fehl, Beherrschbarkeit und Abgegrenztheit müssten deshalb gesondert geprüft werden, da im Mikro- und Makrokosmos abgegrenzte Dinge vorkämen, die jedoch aufgrund ihrer geringen oder übermäßigen Größe nicht beherrschbar sind.205 Dies zeigten die Beispiele einer Schneeflocke oder eines Rußpartikels, die zwar im Raum abgegrenzt, aber dennoch nicht beherrschbar seien.206 Zwar kommen wohl die 200 So auch Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (304), nach dem die beiden Merkmale „Hand in Hand“ gehen; jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 10. 201 Auch nach MünchKomm / Wendehorst, Art. 43 EGBGB Rn. 14, geht die Abgegrenztheit in der Beherrschbarkeit auf. 202 Gerade umgekehrt und insofern die im Gegensatz zur Abgegrenztheit mögliche dogmatische Anknüpfung der Beherrschbarkeit verkennend jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 10; im Ergebnis ebenso zweifelhaft Jauernig / Mansel, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 4, der Abgegrenztheit und Beherrschbarkeit gleichsetzt, jedoch nur Abgegrenztheit prüft. 203 Dazu Staudinger / Stieper, § 90 Rn. 3; jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 10; Wolf / Neuner, Allgemeiner Teil, 11. Aufl., § 25 Rn. 4. 204 Siehe oben, Kapitel 2 E. III. Systematische Auslegung. 205 Siehe soeben, Fn. 203. 206 So BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 8; Staudinger / Stieper, § 90 Rn. 3; ebenso Wieland, § 2 I 1 b.
E. Der Sachbegriff im Sinne des BGB57
wenigsten Leute auf die Idee, eine einzelne Schneeflocke oder einen Ruß partikel tatsächlich besitzen zu wollen, weshalb sich die Frage nach einer entsprechenden Beherrschbarkeit im Lebensalltag allzu selten stellt. Gleichwohl überzeugt die Argumentation in der Sache nicht. Die Beherrschung einer Schneeflocke ist nämlich etwa durch das Auffangen in einem ausreichend kalten Gefäß durchaus möglich. Zumindest im Einzelfall, etwa zu Forschungszwecken in einem Labor, ist dies ohne Weiteres denkbar. Entsprechendes gilt für einen Rußpartikel. Dabei handelt es sich auch nicht um einen lediglich vom wissenschaftlichen Standpunkt aus nachvollziehbaren Fall. Auch bei natürlicher Betrachtung erscheinen diese Fälle nicht befremdlich oder konstruiert. Die Art und Weise der Beherrschung, also die Frage, ob und falls ja, welche Hilfsmittel dazu erforderlich sind, die Sinnhaftigkeit oder die tatsächliche alltägliche Häufigkeit einer grundsätzlich möglichen Beherrschung sind zwar für eine Beurteilung anhand der Verkehrsanschauung durchaus von Bedeutung. Wie gesehen liegen diese Umstände hier jedoch nicht derart, dass die Beherrschbarkeit und damit auch die Sachqualität von vornherein abzulehnen wäre. Von fehlender Beherrschbarkeit von kleinsten Partikeln wie Schneeflocken oder Rußpartikeln kann daher nicht pauschal ausgegangen werden. Vielmehr hängt die entsprechende Wahrnehmung aus Sicht der Verkehrsauffassung typischerweise von der besonderen Lage der weiteren Fallumstände ab. Insgesamt ist zu konstatieren, dass eine explizite Prüfung der Abgegrenztheit zur Feststellung eventuell vorliegender Sachqualität eines körperlichen Gegenstandes nicht angezeigt ist. Ihre Bedeutung geht vollständig in dem Kriterium der Beherrschbarkeit auf – jedenfalls, sofern letztere wie hier verstanden wird. 3. Sinnliche Wahrnehmbarkeit Schließlich wird von einigen Stimmen in der Literatur die sinnliche Wahrnehmbarkeit als Kriterium vorgeschlagen, vermutlich, da man die meisten Gegenstände, welche zugleich Sachen im Sinne von § 90 BGB darstellen, anfassen oder mit dem menschlichen Auge ansehen kann.207 Diesbezüglich zeigt sich jedoch, dass die Gegenansicht, auf die sinnliche Wahrnehmbarkeit zu verzichten,208 richtig ist.
207 Staudinger / Stieper, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 9; § 90 Rn. 2; MünchKomm / Stresemann, § 90 Rn. 8; BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 5; jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 10. 208 Hk-BGB / Dörner, § 90 Rn. 2; jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 8 ff.; § 90 Rn. 2; Erman / Schmidt, § 90 Rn. 1.
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Kap. 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien
Dafür spricht zunächst die Feststellung, das Kriterium habe im Geflecht der übrigen geforderten Merkmale keine eigenständige Bedeutung. Dies zeige sich dadurch, dass ein sinnlich nicht wahrnehmbarer Gegenstand auch nicht beherrscht werden könne.209 Umgekehrt ist ein beherrschbarer Gegenstand stets auch sinnlich, zumeist optisch oder haptisch, wahrnehmbar. Abgesehen davon brächte die Überprüfung von Gegenständen im Hinblick auf ihre sinnliche Wahrnehmbarkeit auch für sich genommen keine Erkenntnisse über eventuelle Sachqualität. Zum einen besteht Unklarheit in Bezug auf den Aspekt der „Sinnlichkeit“. Nicht eindeutig ist insofern, ob damit tatsächlich nur eine Wahrnehmbarkeit durch die klassischen fünf mensch lichen Sinne gemeint sein soll.210 Dann wäre auch in einem Behältnis befindliches farb- und geruchloses Gas keine Sache im Sinne des BGB, während Sachqualität bei farbigem oder olfaktorisch wahrnehmbarem Gas anzunehmen wäre. Wenn jedoch etwa die Inhalation des farb- und geruchlosen Gases Kopfschmerzen verursacht, ist dessen Existenz letztlich doch spürbar, was für Wahrnehmbarkeit spräche. Dann sollte – sofern man überhaupt auf dieses Kriterium zurückgreift – jedoch nicht von „sinnlicher“, sondern eher von „physiologischer“ Wahrnehmbarkeit gesprochen werden. Dessen ungeachtet stellt sich zum anderen die Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, auf eine wie auch immer bezeichnete Wahrnehmbarkeit des Gegenstandes abzustellen, da diese in wohl jedem denkbaren Fall entweder von sich heraus besteht oder sich zumindest durch Hilfsmittel herstellen lässt. Dass die Verwendung von Hilfsmitteln zur Wahrnehmung der entsprechenden Gegenstände grundsätzlich erlaubt sein muss, zeigt schon der Begriff der Wahrnehmbarkeit selbst. Aus diesem ergibt sich, dass es nicht auf eine tatsächliche und unmittelbare Wahrnehmung ankommt, sondern eine entsprechende Möglichkeit notwendig, zugleich jedoch ausreichend ist. Der Möglichkeit zur Wahrnehmung steht daher nicht entgegen, wenn diese erst durch die Zuhilfenahme von Hilfsmitteln, die auch technische Einrichtungen sein können, erreicht wird.211 Sofort einleuchtend ist etwa das Beispiel eines im Dunkeln liegendes Buches, dem wohl niemand die Sachqualität absprechen wird, auch wenn es 209 Siehe
Nachweise in Fn. 88. § 90 Rn. 3 stellt fest, dass keine Beschränkung auf den Tastsinn vorliege; dem folgend Striezel, Der Handel mit virtuellen Gegenständen aus Onlinewelten, S. 71; anders aber nicht überzeugend Wolf / Neuner, Allgemeiner Teil, 11. Aufl., § 25 Vor Rn. 1; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rn. 1174; Korenke, Bürgerliches Recht, S. 79. 211 So auch MünchKomm / Stresemann, § 90 Rn. 8; ebenso Berberich, Virtuelles Eigentum, S. 91 sowie Büchner, Die rechtlichen Grundlagen der Übertragung virtueller Güter, S. 47, jedoch ohne zu problematisieren. 210 Staudinger / Stieper,
E. Der Sachbegriff im Sinne des BGB59
erst nach dem Einschalten einer Lichtquelle angesehen werden kann.212 Luft lässt sich zumindest indirekt sichtbar machen, zum Beispiel durch das Hinzufügen von Partikeln, etwa um die Aerodynamik eines Autos im Windkanal zu analysieren, oder durch das schlichte In-den-Wind-Halten eines sich durch den Luftzug drehenden Windrads. Im Übrigen ist Luft auch ohne Hilfsmittel in Form von Wind auf der Haut spürbar, mithin dem Tastsinn zugänglich. Auch elektrische Energie lässt sich etwa in Form eines Stromschlags oder eines Blitzes sinnlich oder physiologisch wahrnehmen.213 Selbst farb-, geruch- und in Bezug auf den menschlichen Körper wirkungsloses Gas ist mithilfe einer Gasuhr wahrnehmbar.214 Dies hat jedoch zur Konsequenz, dass letztlich jeder körperliche Gegenstand einer sinnlichen oder physiologischen Wahrnehmung zugänglich ist. Da das Kriterium somit stets erfüllt bzw. zumindest erfüllbar ist, fehlt es nie. Aus diesem Grund ist es nicht geeignet, den Ausschlag für oder gegen eventuelle Sachqualität zu geben. Es kann daher darauf verzichtet werden.215 4. Verkehrsfähigkeit Vor dem Hintergrund, dass der Sachbegriff keinem Selbstzweck dient,216 sondern in Bezug auf seine sachenrechtliche Dimension vor allem die Funktion erfüllt, zu definieren, was Gegenstand der sachenrechtlichen Vorschriften sein kann,217 stellt sich die Frage nach der Bedeutung der Verkehrsfähigkeit von körperlichen Gegenständen für den Sachbegriff.218
212 Siehe zu diesem Beispiel Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (306) in etwas anderem Zusammenhang. 213 So wohl auch Paschke, Ist elektromagnetische Energie eine Sache?, in: FS Kühne, S. 333; dies erkennt auch Striezel, Der Handel mit virtuellen Gegenständen aus Onlinewelten, S. 72 Fn. 310; dagegen BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 6. 214 MünchKomm / Stresemann, § 90 Rn. 8. 215 Zur gleichwohl bestehenden Möglichkeit, sinnliche Wahrnehmbarkeit als Indiz für Sachqualität zu berücksichtigen unten, Kapitel 2 F. Zwischenergebnis. 216 So auch Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (298). 217 Vgl. etwa Korenke, Bürgerliches Recht, S. 79; Hübner, Allgemeiner Teil des BGB, Rn. 300. 218 Zur Verkehrsfähigkeit virtueller Gegenstände und den sich daraus ergebenden Konsequenzen Schneider, Virtuelle Werte, S. 90 ff.
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Kap. 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien
a) Ökonomische Funktion des Sachbegriffs Um die Rolle der Verkehrsfähigkeit in Bezug auf das Vorliegen von Sachqualität zu verstehen, ist der Blick zunächst auf die ratio legis der Vorschriften zur rechtsgeschäftlichen Eigentumsübertragung zu lenken und deren ökonomische Bedeutung zu betrachten.219 Menschen haben das allgemeine Bedürfnis, tatsächliche Sachverhalte auf der abstrakten Ebene des Rechts abzubilden. Diese Funktion erfüllt die Gesamtheit der Gesetze, also die Rechtsordnung.220 Bezogen auf den hier untersuchten Handel mit Medienwerken ergibt sich daraus ein Bedürfnis, tatsächliche Handelsabläufe rechtlich zu dokumentieren, das heißt, entsprechende Gegenstände übereignen und Eigentum daran begründen zu können, etwa um sich gegen die Einwirkung Dritter auf diese Gegenstände nicht nur wehren zu können, sondern sich auch wehren zu dürfen.221 Das Gesetz sieht diese Rechtsfolgen im Sachenrecht in Verbindung mit den Vorschriften zum Sachkauf vor, vgl. §§ 929 ff. bzw. §§ 433 ff. BGB. Voraussetzung für die Anwendung dieser beiden Regelungsbereiche und die sonach ausgelösten entsprechenden Rechtsfolgen, insbesondere des Sachenrechts,222 ist stets das Vorliegen einer Sache im Sinne von § 90 BGB.223 Der Sachbegriff stellt mithin das rechtstechnische Bindeglied zwischen dem Bestreben nach rechtlicher Manifestation der Handelsabläufe und der entsprechenden Kodifizierung in den §§ 929 ff. BGB dar. Gewiss soll grundsätzlich die Subsumtion unter den Sachbegriff anzeigen, ob ein Gegenstand nach den Vorschriften über die rechtsgeschäftliche Übertragung des Eigentums übereignet werden kann. Gleichzeitig ist jedoch eine Wechselwirkung zwischen dem Sachbegriff und den sachenrechtlichen Vorschriften auszumachen. Es besteht daher auch in umgekehrter Richtung das Bedürfnis, all diejenigen Gegenstände als Sachen 219 Zur ökonomischen Funktion des Vertragsrechts Schäfer / Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 427 ff.; allgemein zur sog. „Institutionenökonomik“, also „Regeln, die mit einem Durchsetzungsmechanismus versehen sind“ Kieninger, Wettbewerb der Privatrechtsordnungen im Europäischen Binnenmarkt, S. 16, m. w. N. 220 Daneben bestehen freilich weitere Funktionen von Rechtsordnungen, etwa das Bereithalten von allgemeingültigen Regeln, auf die sich der Adressat im Anwendungsfall verlassen kann. 221 Vgl. etwa BeckOK-BGB / Fritzsche, § 903 Rn. 20; Jauernig / Berger, § 903 Rn. 3; Schulze / Grziwotz / Lauda / Siede, § 903 Rn. 3; MünchKomm / Joost, § 859 Rn. 1 ff.; Staudinger / Gutzeit, § 859 Rn. 1 ff.; Wolf / Wellenhofer, § 2 Rn. 4; Lüke, § 3 Rn. 124; Wilhelm, S. 360, Rn. 740; Baur / Stürner, § 24 Rn. 5. 222 Zu weiteren tangierten Rechtsgebieten Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (298). 223 Im Kaufrecht ist indessen der Rechtskauf mittlerweile dem Sachkauf gleichgestellt, vgl. § 453 BGB.
E. Der Sachbegriff im Sinne des BGB61
zu definieren, die sich gemäß §§ 929 ff. BGB übereignen lassen.224 Einen (tatsächlich körperlichen) Gegenstand, der taugliches Objekt des Handelsverkehrs ist, nicht als Sache im Sinne des Gesetzes anzusehen mit der Konsequenz, den jedenfalls stattfindenden Handel mit dem Gegenstand der recht lichen Manifestation zu entziehen, würde dem Grundgedanken einer zivilrechtlichen Kodifikation zuwiderlaufen. Vor diesem Hintergrund sind auch die unterschiedlichen Ergebnisse der Verkehrsanschauung bei der Einschätzung der Sachqualität von nicht umschlossenem und umschlossenem Gas einleuchtend:225 Durch das Abfüllen in ein Gefäß kann Gas nämlich in entsprechenden Portionen verkauft werden und den Besitzer wechseln. Dadurch wird dem praktischen Bedürfnis entsprochen, sachenrechtliche Vorschriften auf einen – trotz vermeintlich fehlender Körperlichkeit226 – rege gehandelten Rohstoff anzuwenden. Entsprechendes gilt im Übrigen auch für Flüssigkeiten. Auch hier führt (erst) das Abfüllen in Gefäße dazu, dass zum Beispiel Wasser oder Erdöl verkehrsfähig werden und deshalb als Sache im Sinne des Gesetzes angesehen werden. Das Bedürfnis handelbare Dinge als Sachen bezeichnen zu können, ist indes nicht neu, sondern war dem Grunde nach bereits im römischen Recht evident. Diejenigen Gegenstände, die Gaius227 als körperliche Sachen ansieht, sind allesamt solche, die besessen werden und ihren Besitzer wechseln können, mit denen also Handel betrieben werden kann. Die Motive zum BGB gehen sogar noch einen Schritt weiter, wenn sie die situative Gleichsetzung von körperlichen und unkörperlichen Gegenständen für notwendig halten.228 Im Preußischen Allgemeinen Landrecht (ALR) wurden ebenfalls nutzbare Rechte den körperlichen Sachen gleichgestellt, vgl. § 1 ALR I 2.229 Diese Gleichstellungen sind mit einem bestehenden Marktwert solcher Gegenstände zu erklären. Um einen entsprechenden Erlös rechtlich zu dokumentieren, ist die Anwendung der rechtsgeschäftlichen Übereignungstatbestände notwendig. Der hinter wichtigen Teilen des Sachenrechts stehende Gedanke ist damit die Handelbarkeit bzw. die Verkehrsfähigkeit von Gegenständen. 224 Vgl. BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 9; vgl. hierzu auch MünchKomm / Wendehorst, Art. 43 EGBGB Rn. 14, die als Voraussetzung für eine Subsumtion unter § 90 BGB nennt, die Gegenstände müssten „den sachenrechtlichen Rechtsinstituten (Besitz, Eigentum, Pfandrecht usw.) zugänglich“ sein. 225 Die Unstimmigkeiten in Bezug auf die Körperlichkeit verlieren dadurch freilich nicht ihre Bedeutung, siehe dazu Kapitel 2 C. Kritik am bisherigen Ansatz. 226 Dazu oben, Kapitel 2 D. III. Zwischenergebnis. 227 Corpus Iuris Civilis, Gaius Inst. II, 13. = Manthe, S. 116 bzw. 117. 228 Mot. III, S. 32 = Mugdan III, S. 18. 229 § 1 ALR lautet: „Sache überhaupt heißt im Sinne des Gesetzes alles, was der Gegenstand eines Rechts oder einer Verbindlichkeit sein kann.“
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Kap. 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien
b) Missverständnis der Verkehrsfähigkeit Demgegenüber wird im Schrifttum in Bezug auf die Verkehrsfähigkeit behauptet, sie sei als Kriterium für das Vorliegen von Sachqualität nicht relevant.230 Dies zeigten die Beispiele öffentlicher Sachen, oder Sachen, deren Verkehrsfähigkeit das Gesetz durch besondere Regelung an anderer Stelle ausschließt, obwohl sie nichtsdestoweniger Sachen im Sinne des BGB sind.231 Diese Argumentation ist jedoch ungenau bzw. geht von einem anderen Verständnis der Verkehrsfähigkeit aus, als dies hier der Fall ist. Sie verkennt nämlich, dass ein verkehrsfähiger Gegenstand nicht zwangsläufig auch Gegenstand im Rechtsverkehr sein muss. Dem Wortsinn entsprechend ist die bloße Verkehrsfähigkeit lediglich eine grundsätzlich bestehende Möglichkeit, die sich jedoch nicht tatsächlich realisieren muss. Richtig ist hiernach, dass tatsächlich Gegenstand im Rechtsverkehr zu sein kein allen Sachen im Sinne von § 90 BGB anhaftendes Charakteristikum ist, wohl aber ihre grundsätz liche, das heißt hypothetische Verkehrsfähigkeit.232 Dieses Ergebnis lässt sich auch mit anderer Begründung herleiten: Ausgehend von der im römischen Recht angelegten Unterscheidung zwischen in und außer Verkehr befindlichen Sachen (res in commercio bzw. res extra commercium)233 und der daran anschließenden Annahme, theoretisch jede Sache im Sinne des BGB dem Verkehr entziehen zu können,234 müssen Sachen schon deshalb grundsätzlich verkehrsfähig im hier verstandenen Sinne sein, da ein nicht verkehrsfähiger Gegenstand dem Verkehr nicht entzogen werden kann.235 Im Umkehrschluss ist somit eine grundsätzlich bestehende Tauglichkeit entsprechender Dinge, Gegenstand des Rechts- und Handelsver230 So etwa Staudinger / Stieper, § 90 Rn. 12; BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 9; vgl. aber auch Soergel / Marly, Vor § 90 Rn. 32. 231 BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 9 mit dem insofern unzutreffenden Verweis auf Mot. III, S. 25 f. = Mugdan III, S. 14 f.; siehe dazu auch Staudinger / Stieper, § 90 Rn. 12. 232 In dieser Richtung auch Brehm / Berger, Sachenrecht, § 5 Rn. 18. 233 Corpus Iuris Civilis, Gaius Inst. 2, 1. = Manthe, S. 114; D. 1, 8. = Behrends u. a., S. 137 ff. (dort mit gleicher Bedeutung res in patrimonio bzw. res extra patrinomium); siehe zu diesen und weiteren unterschiedlichen Begriffen im Vergleich zu den heute gebräuchlichen Ausdrücken der res in commercio bzw. res extra commercium Weidner, Kulturgüter als res extra commercium im internationalen Sachenrecht, S. 14 f. 234 So lässt sich jeder denkbare Gegenstand durch öffentlich-rechtliche Widmung dem Privatrechtsverkehr entziehen, vgl. dazu Staudinger / Stieper, Vorbem. zu §§ 90– 103 Rn. 12; Soergel / Marly, Vor § 90 Rn. 36; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rn. 1175. 235 Vgl. dazu Mot. III, S. 25 = Mugdan III, S. 14, wonach „Sachen dem Verkehre entzogen werden“ können.
E. Der Sachbegriff im Sinne des BGB63
kehrs sein zu können, notwendige Voraussetzung dafür, sie überhaupt dem Verkehr entziehen zu können. Gemeint und richtig ist auch hier wiederum lediglich, dass ein Gegenstand nicht tatsächlich Gegenstand des Privatrechtsverkehrs sein muss, um eine Sache zu sein. Zur Bestimmung ihrer materiellen Bedeutung, bzw. ob Verkehrsfähigkeit im Einzelfall vorliegt oder nicht, ist lediglich zu prüfen, ob zumindest theoretisch ein Markt für entsprechende Gegenstände existiert, also die Frage zu beantworten, ob mit Gegenstand X Handel getrieben werden könnte – unabhängig von einem volks- oder betriebswirtschaftlichen Bedürfnis. Evident ist die Verkehrsfähigkeit eines Gegenstandes freilich dann, wenn er tatsächlich gehandelt wird, es also tatsächlich bereits einen Markt dafür gibt.
V. Funktion der ermittelnden Kriterien und ihr Verhältnis zueinander Fraglich ist nun, in welcher Funktion die untersuchten Kriterien in Bezug zum Sachbegriff zu sehen sind und in welchem Verhältnis sie untereinander stehen. 1. Bisher herrschende Meinung Nach der bereits oben dargestellten im Schrifttum vorherrschenden Meinung, handelt es sich bei den diskutierten Kriterien um kumulative Voraussetzungen für das Vorliegen von Sachqualität.236 Den Sachbegriff durch die Formulierung zwingend zu erfüllender Kriterien zu definieren, vermag jedoch aus den nachfolgend dargestellten Gründen nicht zu überzeugen. a) Kriterien des Sachbegriffs verschieben die Subsumtion Die bekannte Funktion einer Definition ist, einen Tatbestand, dessen Inhalt sich nicht ohne Schwierigkeiten ermitteln lässt, zu präzisieren, um eine eindeutige Subsumtion zu ermöglichen. In Bezug auf den Sachbegriff wird dieser Zweck durch die dargestellte Diskussion um dessen definitorische Merkmale zwar angestrebt, jedoch allenfalls bedingt erreicht, da die vorgeschlagenen Kriterien an sich sowie deren Verhältnis zueinander nicht zu einer eindeutigen Definition von Sachen führen.237 Ob die Entscheidung, dass eine 236 Siehe die ausführliche Darstellung in Kapitel 2 B. Der Meinungsstand im Schrifttum zum Sachbegriff nach § 90 BGB. 237 Hinzu kommt die meist offenbar nicht konsequent durchdachte Einordnung der Körperlichkeit, durch die es zu mitunter unauflösbaren Widersprüchen kommt, dazu etwa Kapitel 2 C. II. „Sache“ und „körperlicher Gegenstand“ sind keine Synonyme.
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Kap. 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien
Sache vorliegt oder nicht, letztlich nach den Kriterien der Körperlichkeit, der Beherrschbarkeit, der Abgegrenztheit oder der sinnlichen Wahrnehmbarkeit gefällt werden muss, trägt nicht zur Lösung bei, sondern verschiebt lediglich das Problem. Ebenso gut (oder schlecht) möglich wäre es, den Sachbegriff als solchen nach der Verkehrsanschauung zu beurteilen, ohne auf vermeintlich aufschlussreiche Kriterien abzustellen, welche die Subsumtion schlussendlich nur verkomplizieren. Letztlich muss an irgendeinem Punkt immer dieselbe von Wertungsaspekten abhängige Entscheidung getroffen werden: Ist Gegenstand X im Rechtssinne eine Sache oder nicht? b) Inkompatibilität von Verkehrsanschauung und zwingenden Kriterien Überdies ist die normative Beurteilung eines Tatbestands, bei welcher die Verkehrsanschauung Berücksichtigung finden soll, nicht in Form einer Prüfung mehrerer zwingender Kriterien möglich. Die für die Verkehrsanschauung typische Unsicherheit bei der Urteilsfindung wird noch verstärkt durch den Umstand, dass mit der Beherrschbarkeit, der Abgegrenztheit und der sinnlichen Wahrnehmbarkeit insgesamt bis zu drei naturwissenschaftlich geprägte Kriterien nach der Verkehrsanschauung beurteilt werden sollen238 – hinzu käme nach der hier vertretenen Ansicht der ökonomische Aspekt der Verkehrsfähigkeit. Der Grund für die bestehende Inkompatibilität ist, dass die flexible Verkehrsanschauung nicht in den genannten starren Kategorien „denkt“.239 Ein durchschnittlicher Verbraucher wird sich nämlich bei der intuitiven Überlegung, ob Gegenstand X Sachqualität aufweist, kaum konkret die Frage stellen, ob der Gegentand nun abgegrenzt, beherrschbar, sinnlich wahrnehmbar oder verkehrsfähig ist. Insofern ist sogar grundsätzlich ausgeschlossen, anhand zwingender Kriterien juristisch nachvollziehbar zu beschreiben, welche Gedanken Durchschnittsbürgern wohl durch den Kopf gehen, wenn sie sich fragen, ob ein bestimmter Gegenstand eine Sache im Sinne des Gesetzes ist. Die angestellten Überlegungen können derart vielfältig, unterschiedlich und – zumindest aus juristischer Sicht – unstrukturiert sein, dass sie durch wissenschaftliche Überlegungen wie die vorliegenden nicht in Form konkret benannter Begriffe zu erfassen wären. Ohne empirische Erhebung oder richterliches Urteil besteht daher keine Möglichkeit, die Verkehrsanschauung tatsächlich zu ermitteln bzw. festzulegen.240 Die Auswahl der zum Zwecke der Definition des 238 Dazu, dass auch die Kriterien selbst nach der Verkehrsanschauung zu beurteilen sind Schenk, Die Verkehrsauffassung in BGB und UWG, S. 80 ff. 239 Dazu sogleich, Kapitel 2 E. V. Funktion der ermittelnden Kriterien und ihr Verhältnis zueinander. 240 Vgl. bereits oben, Kapitel 2 D. II. 1. a) Rechtsunsicherheit bei der Ermittlung der Verkehrsanschauung.
E. Der Sachbegriff im Sinne des BGB65
Sachbegriffs betrachteten Kriterien kann daher noch so sorgfältig sein: Die Betrachtung mehrerer miteinander verwobener, jede für sich gesehen zwingender Voraussetzungen aus der Perspektive der Verkehrsanschauung trägt letztlich nicht zu einer präzisen Definition des Sachbegriffs bei. 2. Eigener Ansatz Der einzige Zweck der in diesem Kapitel vorgenommenen Untersuchung des Begriffs der Sache kann aufgrund der Inkompatibilität der Verkehrsanschauung mit der Starrheit definitorischer Merkmale241 nur sein, einen alternativen Weg zu den selben Ergebnissen zu finden. Es ist also eine Formel zu entwickeln, deren Anwendung zu Ergebnissen führt, die mit denen der Verkehrsanschauung möglichst übereinstimmen. Dazu ist jedoch die Rolle und die Funktion der vermeintlich definitorischen Merkmale in Bezug auf den Sachbegriff anders zu beurteilen, als es die bisher herrschende Meinung offenkundig tut.242 a) Kriterien als Indizien statt zwingende Voraussetzungen Sieht man die genannten Kriterien nicht als kumulative und konstitutive Voraussetzungen, sondern erblickt in ihnen lediglich Indizien für das Vorliegen von Sachqualität, sind die Widersprüche mit einem Mal beseitigt, ohne dass der Sachbegriff an (anderenfalls angesichts der Abgrenzungsschwierigkeiten ohnehin nur theoretisch vorhandener) Trennschärfe einbüßt. Dem der Verkehrsanschauung immanenten Charakteristikum der fehlenden Vorhersehbarkeit ihrer Ergebnisse wird auf diese Weise durch die Klassifikation der einzelnen den Sachbegriff charakterisierenden Merkmale als Indizien entsprochen. Außerdem wird dadurch dem Problem des unübersichtlichen Verhältnisses der verschiedenen Kriterien zueinander die Grundlage entzogen, da nicht immer alle Kriterien erfüllt sein müssen und sich die Ermittlung einer trennscharfen Bedeutung jedes einzelnen Kriteriums somit erübrigt. Infolgedessen wird etwa auch die Klärung des besonders problematischen Verhältnisses zwischen Beherrschbarkeit und Abgegrenztheit redundant.243 Eine allgemeingültige Aussage, die Kombination welcher Kriterien zweifelsfrei das Vorliegen einer Sache aus der Sicht der Verkehrsauffassung indiziert, lässt sich im 241 Dazu soeben, Kapitel 2 E. V. 1. b) Inkompatibilität von Verkehrsanschauung und zwingenden Kriterien. 242 Siehe Kapitel 2 B. Der Meinungsstand im Schrifttum zum Sachbegriff nach § 90 BGB und Kapitel 2 C. Kritik am bisherigen Ansatz. 243 Dazu oben, Kapitel 2 E. IV. 2. b) Verhältnis zur Beherrschbarkeit.
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Kap. 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien
Übrigen nicht treffen. Ein gewisses Restrisiko, trotz gewissenhafter Einschätzung und Gewichtung der genannten Indizien im konkreten Fall doch nicht ein mit der Verkehrsauffassung übereinstimmendes Ergebnis zu finden, ist nicht vollständig vermeidbar und daher hinzunehmen. b) Auch Verkehrsfähigkeit kein Tatbestandsmerkmal, sondern nur starkes Indiz Ausgehend von dem hier vertretenen Standpunkt, den untersuchten Charakteristika des Sachbegriffs lediglich Indizwirkung zuzusprechen, geht die Behauptung der fehlenden Relevanz des Merkmals der Verkehrsfähigkeit für den Sachbegriff im Übrigen bereits in der Prämisse fehl, da ihre Unterstützer wohl unterstellen, die Verkehrsfähigkeit würde als konstitutives Merkmal für alle Sachen im Sinne von § 90 BGB gesehen. Indes soll die Verkehrsfähigkeit hier, entsprechend der soeben gefundenen Lösung zur schlüssigen Struktur der Kriterien des Sachbegriffs, nicht als condicio sine qua non für Sachqualität diskutiert werden. Dadurch würde dem oben beschriebenen Problem der sich verschiebenden Subsumtion lediglich eine weitere Ebene hinzugefügt.244 Zwar ist die Verkehrsfähigkeit im Gegensatz zu Beherrschbarkeit, Abgegrenztheit und sinnlicher Wahrnehmbarkeit kein wissenschaftlich, sondern ein in erster Linie ökonomisch geprägter und deshalb weniger starrer Begriff, weshalb sie sich grundsätzlich besser als Beurteilungsaspekt der Verkehrsanschauung eignet. Nichtsdestotrotz würde, bei Betrachtung der Verkehrsfähigkeit als konstitutive Voraussetzung, keine Klarheit über die unter den Sachbegriff fallenden Gegenstände erreicht, da die schlechte Ermittelbarkeit der Verkehrsauffassung auch in diesem Fall bestünde. Auch die Verkehrsfähigkeit der körperlichen Gegenstände ist daher, entsprechend des Stellenwerts der übrigen Merkmale, lediglich als (starkes) Indiz für bestehende Sachqualität zu sehen.
F. Zwischenergebnis Welche Gegenstände Sachen im Sinne von § 90 BGB sind, ist normativ, insbesondere unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung, zu beurteilen. Bei welchen Gegenständen nach der Verkehrsanschauung tatsächlich Sachqualität vorliegt, kann letztlich nur entweder durch empirische Ermittlung der tatsächlichen durchschnittlichen Volksmeinung mit Sicherheit beantwortet oder durch eine (höchst-)richterliche Entscheidung festgelegt werden.245 244 Siehe soeben, Kapitel 2 E. V. 1. a) Kriterien des Sachbegriffs verschieben die Subsumtion. 245 Dazu Schenk, Die Verkehrsauffassung, S. 72 ff.
G. Subsumtion67
Da beides im juristischen Alltag praktisch nicht in sinnvoller Weise umsetzbar ist, muss eine alternative Lösungsformel gefunden werden. Das Ziel kann – wie gesehen246 – daher lediglich sein, Indizien zu benennen, die auf nachprüfbare Weise beschreiben, was die Verkehrsauffassung aus im Einzelfall verschiedenen und daher nicht allgemein nachvollziehbaren Erwägungen als Sache bezeichnet. Insoweit haben sich vor allem die Beherrschbarkeit247 und die Verkehrsfähigkeit248 als geeignet erwiesen, zu mit der Verkehrsanschauung übereinstimmenden Ergebnissen zu kommen. Da die hier hinsichtlich der Funktion und des inneren Verhältnisses der Kriterien vertretene Ansicht jedoch freilich in Zweifel gezogen werden kann, werden bei der nachfolgenden Überprüfung der Sachqualität von E-Books, Musik- und Filmdateien alle angesprochenen Merkmale auf ihr Vorliegen überprüft. Auf die Abgegrenztheit des jeweiligen Gegenstandes kann insofern quasi alternativ zur Beherrschbarkeit abgestellt werden.249 Auch eine sinnliche bzw. physiologische Wahrnehmbarkeit kann berücksichtigt werden, da sie zwar nicht als eines von mehreren zwingenden Kriterien, wohl aber als Indiz für Sachqualität wertvoll ist, zumal jeder sinnlich oder physiologisch wahrnehmbare Gegenstand auch immer eine Sache darstellt.250
G. Subsumtion Im Folgenden ist nun zu prüfen, ob E-Books, Musik- und Filmdateien unter den soeben untersuchten Sachbegriff subsumiert werden können. Ein zentrales Ziel der vorliegend angestellten Untersuchung ist, herauszuarbeiten, inwiefern zwischen Unterhaltungsmedien in elektronischer und in analoger Form Unterschiede in rechtlicher Hinsicht bestehen. Daher wird zunächst die (unstreitige) Sachqualität von analogen Medien aufgezeigt, um vor diesem Hintergrund die Untersuchung elektronischer Medien besser nachvollziehen zu können. 246 Kapitel 2
E. V. 2. a) Kriterien als Indizien statt zwingende Voraussetzungen. E. IV. 1. Beherrschbarkeit. 248 Kapitel 2 E. IV. 4. Verkehrsfähigkeit; auch jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 11 spricht freier Luft, Licht und Strahlen aufgrund fehlender Verkehrsfähigkeit die Sachqualität ab; ebenso Brehm / Berger, Sachenrecht, § 5 Rn. 18, welche die Verkehrsfähigkeit als „wesentlich“ für den Sachbegriff halten und dies an fehlender Sachqualität einzelner Sandkörner, die „als Einzelteile nicht Gegenstand des Rechtsverkehrs sind“, zumindest für den Regelfall treffend illustrieren. 249 Kapitel 2 E. IV 2. Abgegrenztheit. 250 Zu den Gründen, weshalb sinnliche Wahrnehmbarkeit als zwingendes Kriterium nicht zur Abgrenzung beiträgt oben, Kapitel 2 E. IV. 3. Sinnliche Wahrnehmbarkeit. 247 Kapitel 2
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Kap. 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien
Vorab ist die Frage zu klären, worauf sich die folgende Untersuchung konkret bezieht, mithin ist der Anknüpfungspunkt für die zu überprüfende Sachqualität zu bestimmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich sowohl analoge als auch digitale Medien regelmäßig aus unterschiedlichen Bestandteilen zusammensetzen, die erst durch ihre Zusammenfügung das für den Konsumenten bestimmte Gesamtprodukt ergeben und an die zur Untersuchung der Sachqualität grundsätzlich angeknüpft werden kann. So besteht etwa ein herkömmliches Buch aus dem mit Tinte bedruckten Papier (I. 1.) und – wenn es sich beispielsweise um einen Roman handelt – dem Inhalt der erzählten Geschichte (I. 2.). Erst die Kombination von beidem ergibt nach der Verkehrsauffassung ein „Buch“. Eine Musik-CD besteht aus einer CD als Datenträger und dem darauf gespeicherten Musikstück. Auf der anderen Seite bestehen Literatur, Musik und Filme in elektronischer Form aus dem jeweiligen künstlerischen Werk (III. 2), welches in Dateiform (III. 4.) auf einem Trägermedium abgespeichert wird (III. 3.) und mithilfe eines Wiedergabegerätes wahrnehmbar gemacht werden kann.251
I. Sachqualität analoger Medien Bei einem klassischen Buch oder einer Musik-CD lässt sich die Frage nach eventueller Sachqualität in Ansehung der verschiedenen Bestandteile der jeweiligen Medien eindeutig beantworten. 1. Geistiges Werk Zweifellos handelt es sich bei den Rechten am künstlerischen Inhalt selbst, nämlich der erzählten Geschichte oder dem komponierten und produzierten Musikstück, unabhängig von der Form der Perpetuierung nicht um körperliche Gegenstände und damit auch nicht um Sachen im Sinne von § 90 BGB.252 Insofern stellen sich bei der rechtlichen Beurteilung der künstlerischen Werke keine Fragen des Sachenrechts, sondern solche des geistigen Eigentums bzw. des Urheberrechts253. 2. Datenträger Ebenso klar ist, dass demgegenüber das bedruckte Papier und der mit Daten beschriebene CD-Rohling körperliche Gegenstände sind. Da sie be251 Zu dieser Unterscheidung in Bezug auf virtuelle Güter Büchner, Die recht lichen Grundlagen der Übertragung virtueller Güter, S. 45. 252 So auch Haberstumpf, Verkauf immaterieller Güter, NJOZ 2015, 793 (795). 253 Dazu unten, Kapitel 4 A. Urheberrecht.
G. Subsumtion69
herrschbar, abgegrenzt und aufgrund des tatsächlich stattfindenden Handels evident verkehrsfähig sind, handelt es sich auch um Sachen im Sinne von § 90 BGB, an denen der Erwerber Eigentum gemäß § 903 BGB erlangt, welches ihm beim Erwerb gemäß den Vorschriften über den rechtsgeschäftlichen Eigentumsübergang, §§ 929 ff. BGB, übertragen wird.
II. Sachqualität von Standardsoftware – Meinungsstand Bevor auf die Sachqualität von E-Books, Musik- und Filmdateien eingegangen wird, ist an dieser Stelle die seit geraumer Zeit geführte und hinsichtlich ihrer Problemstellung verwandte Diskussion zur Rechtsnatur dauerhaft überlassener Standardsoftware zu betrachten.254 Während sich Teile der Literatur gegen eine Einordnung von Software als Sache im Sinne von § 90 BGB ausgesprochen haben,255 hielten die Rechtsprechung und andere Teile der Literatur zumindest über eine Anknüpfung am Datenträger, auf dem die Software gespeichert ist, eine Qualifikation als Sache für richtig256. 254 Die ebenfalls geführten Debatten um die Rechtsnatur von nur zeitweise überlassener Standardsoftware und Individualsoftware bleibt hier mangels entsprechender Parallelen zum vorliegenden Problem unberücksichtigt; dazu Marly, Softwarerecht, Rn. 673. 255 Siehe etwa Kilian / Heussen, Computerrecht, 1. Abschnitt, Teil 3, Mängelansprüche bei Hardware- und Softwareverträgen, Rn. 16 ff., insb. 30; Bartsch, Software als Schutzgegenstand absoluter Rechte, in: Leible / Lehmann / Zech, Unkörperliche Güter im Zivilrecht, S. 247 (258 f.) hält es zwar für „falsch, Software als Sache im Sinne des § 90 BGB zu bezeichnen“, attestiert ihr – augenscheinlich widersprüchlich – gleichwohl „wie eine Sache“ zu wirken und Sachqualität (S. 259); Kilian, Vertragsgestaltung und Mängelhaftung bei Computersoftware, CR 1986, 187 (193); Müller-Hengstenberg, Vergleichstypologie der Computersoftwareverträge, CR 2004, 161 ff.; ders., Computersoftware ist Sache, NJW 1994, 3128 ff.; Moritz, Überlassung von Prorammkopien – Sachkauf oder Realakt in Vertrag sui generis?, CR 1994, 257 (263); Mehrings, Zum Wandlungsrecht beim Erwerb von Standardsoftware, NJW 1988, 2438 (2439); ders., Computersoftware und Gewährleistungsrecht, NJW 1986, 1904 (1905). 256 Etwa BGH, Urteil vom 15.11.2006 – Az. XII ZR 120 / 04, NJW 2007, 2394 ff.; BGH, Urteil vom 22.12.1999 – Az. VIII ZR 299 / 98, BGHZ 143, 307 ff. = NJW 2000, 1415 ff.; BGH, Urteil vom 14.7.1993 – Az. VIII ZR 147 / 92, NJW 1993, 2436 ff.; BGH, Urteil vom 4.11.1987 – Az. VIII ZR 314 / 86, BGHZ 102, 135 ff. = NJW 1988, 406 ff.; vgl. dazu Kilian / Heussen, Computerrecht, 1. Abschnitt, Teil 3, Mängelansprüche bei Hardware- und Softwareverträgen, Rn. 19; Marly, Softwarerecht, passim; ders., Die Qualifizierung der Computerprogramme als Sache nach § 90 BGB, BB 1991, 432 ff.; König, Software (Computerprogramme) als Sache und deren Erwerb als Sachkauf, NJW 1993, 3121 (3124); ders., Die Qualifizierung von Computerprogrammen als Sachen i. S. des § 90 BGB, NJW 1989, 2604 (2605); Hoeren, Der Softwareüberlassungsvertrag als Sachkauf, CR 1988, 908 ff.; Larenz / Wolf, Allgemeiner Teil, 9. Aufl., § 20 Rn. 14.
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Kap. 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien
Von den Gegnern der Qualifizierung als Sache wurden im wesentlichen vier Argumente vorgetragen, die hier summarisch wiedergegeben werden sollen.257 So wurde argumentiert, der Datenträger als solcher sei im Vergleich zu dem auf ihm gespeicherten Computerprogramm so viel weniger wert, dass dies nicht unberücksichtigt bleiben könne.258 Außerdem könnten Computerprogramme datenträgerlos, also unkörperlich übertragen werden.259 Anders als bei Druckwerken müsse darüber hinaus die geistige Komponente der Software nicht zuerst intellektuell verarbeitet werden.260 Schließlich käme auch dem von der Gegenansicht häufig angeführten Parallelbeispiel eines Buches keine reine Sachqualität, sondern ebenfalls eine Doppelnatur zu.261 Demgegenüber nahmen die Befürworter zumindest dann Sachqualität von Software an, wenn sie auf einem Datenträger gespeichert ist.262 Dementspre257 Eine Darstellung des Streitstandes findet sich auch bei Marly, Softwarerecht, Rn. 690 ff.; ders., Die Qualifizierung der Computerprogramme als Sache nach § 90 BGB, BB 1991, 43; Wieczorek / Schütze / Lüke, § 803 Rn. 22 sowie bei Franke, Analoge Anwendung der Sachpfändungsvorschriften bei Computerprogrammen, MDR 96, 236 (237). 258 So Kilian, Haftung für Softwaremängel, in: Gorny / Kilian, Computer-Software und Sachmängelhaftung, S. 19 (21); Tellis, Gewährleistungsansprüche bei Sachmängeln von Anwendersoftware, BB 1990, 500 (501); Mehrings, Computersoftware und Gewährleistungsrecht, NJW 1986, 1904 (1905); Ruppelt, Anmerkung zu BGH, Urteil vom 4.11.1987 – Az. VIII ZR 314 / 86, CR 1988, 994 (995); Hantschel, Softwarekauf und -weiterverkauf, S. 63; dagegen etwa Marly, Die Qualifizierung der Computerprogramme als Sache nach § 90 BGB, BB 1991, 432 (433 f.) sowie Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (307). 259 Junker, Ist Software Ware?, WM 1988, 1249 (1251); Ruppelt, Anmerkung zu BGH, Urteil vom 4.11.1987 – Az. VIII ZR 314 / 86, CR 1988, 994; in diese Richtung auch Haberstumpf, Verkauf immaterieller Güter, NJOZ 2015, 793 (794 f.); dagegen Marly, Die Qualifizierung der Computerprogramme als Sache nach § 90 BGB, BB 1991, 432 (434 f.). 260 Tellis, Gewährleistungsansprüche bei Sachmängeln von Anwendersoftware, BB 1990, 500 (501); Ruppelt, Anmerkung zu BGH, Urteil vom 4.11.1987 – Az. VIII ZR 314 / 86, CR 1988, 994; dazu auch Hauter, Anmerkung zu BFH, Urteil vom 3.7.1987 – Az. III R 7 / 86, CR 1987, 576 (581). 261 Dazu Lang, Die Haftung für Fehler in Druckwerken, S. 5 ff., 14; so i. E. auch Köhler / Fritzsche, Die Herstellung und Überlassung von Software im bürgerlichen Recht, in: Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 513, (517 Rn. 5). 262 BGH, Urteil vom 14.7.1993 – Az. VIII ZR 147 / 92, NJW 1993, 2436 (2437 f.); BGH, Urteil vom 4.11.1987 – Az. VIII ZR 314 / 86, BGHZ 102, 135 (143 f.) = juris Rn. 19; für eine Gleichbehandlung körperlicher und unkörperlicher Übertragungsformen BGH, Urteil vom 18.10.1989 – Az. VIII ZR 325 / 88, BGHZ 109, 97 (100 f.) = NJW 1990, 320 (321); Marly, Die Qualifizierung der Computerprogramme als Sache nach § 90 BGB, BB 1991, 432 (435); König, Die Qualifizierung von Computerpro-
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chend knüpfen viele der für diese Ansicht vorgetragenen Argumente (etwa Verkörperung des Programms auf einem Datenträger bei jeder Speicherung nach wie vor zwingend,263 Behandlung von Standardprogrammen als Sachen wegen ihrer Datenträgergebundenheit“264, alleinige Maßgeblichkeit der Verkörperung auf einem Datenträger265) an ein Trägermedium an. Dabei wurde – soweit ersichtlich – nicht zwischen der grundsätzlich notwendigen Abspeicherung auf einem Datenträger und der immer mehr zur rein elektronischen Übertragung von Software tendierenden Entwicklung differenziert. Zumindest bezüglich des zweiten Ansatzes wurde jedoch gefordert, der technische Fortschritt dürfe sich nicht zum Nachteil des Erwerbers auswirken und die auf technischem Fortschritt beruhende Entwicklung zu einer datenträgerlosen Überlassung daher gleich mit der datenträgergebundenen Überlassung zu behandeln.266 An die Software selbst wurde zur Begründung der Sachqualität überwiegend nicht angeknüpft.267 Mittlerweile geht die wohl überwiegende Meinung davon aus, dass nur der Datenträger eine Sache im Sinne des § 90 BGB ist. Der darin verkörperte Inhalt bleibe indes ein urheberrechtlich relevantes Immaterialgut.268
III. E-Books, Musik- und Filmdateien Bei dem nun folgenden Versuch der Subsumtion von elektronischen Medien unter den Sachbegriff sollen die dieser Debatte zugrunde liegenden Argrammen als Sachen i. S. des § 90 BGB, NJW 1989, 2604 (2605); Dörner / Jersch, Die Rechtsnatur der Softwareüberlassungsverträge, IuR 1988, 137 (142); OLG Stuttgart, Urteil vom 8.11.1988 – Az. 6 U 135 / 87, NJW 1989, 2635 (2636) = juris Rn. 121 ff. geht sogar von Sachqualität der Software selbst aus. 263 Marly, Softwarerecht, Rn. 721; ders., Die Qualifizierung der Computerprogramme als Sache nach § 90 BGB, BB 1991, 432 (435); König, Die Qualifizierung von Computerprogrammen als Sachen i. S. des § 90 BGB, NJW 1989, 2604 (2605). 264 Hoeren, Softwareüberlassung an der Schnittstelle von Urheber- und Vertragsrecht, GRUR 1988, 340 (344)). 265 BGH, Urteil vom 14.7.1993 – Az. VIII ZR 147 / 92, NJW 1993, 2436 (2438). 266 So BGH, Urteil vom 18.10.1989 – Az. VIII ZR 325 / 88, BGHZ 109, 97 (100 f.) = NJW 1990, 320 (321); Marly, Die Qualifizierung der Computerprogramme als Sache nach § 90 BGB, BB 1991, 432 (435); König, Die Qualifizierung von Computerprogrammen als Sachen i. S. des § 90 BGB, NJW 1989, 2604 (2605); Dörner / Jersch, Die Rechtsnatur der Softwareüberlassungsverträge, IuR 1988, 137 (142). 267 Anders – soweit ersichtlich – nur OLG Stuttgart, Urteil vom 8.11.1988 – Az. 6 U 135 / 87, NJW 1989, 2635 (2636) = juris Rn. 121 ff. 268 Siehe nur MünchKomm / Stresemann, § 90 Rn. 25; Staudinger / Stieper, § 90 Rn. 12 ff.; Wemmer / Bodensiek, Virtueller Handel – Geld und Spiele, KuR 2004, 432 (435 f.); Kort, Software – eine Sache?, DB 1994, 1505 ff.; Müller-Hengstenberg, Computersoftware ist keine Sache, NJW 1994, 3128 (3131).
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gumente, soweit sie auf das vorliegend untersuchte Problem der Rechte an E-Books, Musik- und Filmdateien insbesondere mit Blick auf die aktuell üblichen Überlassungsvorgänge übertragen werden können, aufgegriffen und diskutiert werden. Ausgehend von der oben erarbeiteten Definition des Sachbegriffs gestaltet sich die Subsumtion von E-Books, Musik- und Filmdateien komplizierter als die ihrer analogen Korrelate. Besonders problematisch ist hier, den richtigen Anknüpfungspunkt für eine mögliche Sachqualität zu finden. 1. Geistiges Werk Zunächst ist festzustellen, dass sich hinsichtlich der rechtlichen Einordnung des künstlerischen Werkes als Immaterialgut keine Unterschiede zu einer analogen Version derselben Produkte ergeben und dessen rechtliche Beurteilung daher nicht von der Erscheinungs- und Vertriebsform abhängt. Ob die Geschichte, das Lied oder der Film auf Papier gedruckt bzw. auf eine CD oder DVD gebrannt oder in Dateiform auf einem beliebigen anderen Speichermedium wie einer Festplatte abgespeichert wird, ist für die rechtliche Beurteilung der an dem Werk selbst bestehenden Rechte nicht von Relevanz. Auch bei einer elektronisch vertriebenen Version des Mediums werden die entsprechenden Rechtspositionen mithin maßgeblich durch das Urheberrecht bestimmt.269 2. Datenträger a) Anknüpfung Ebenso wie analoge Medien notwendigerweise durch den Druck auf Papier oder das „Brennen“ auf den CD- bzw. DVD-Rohling verkörpert sind, müssen Dateien stets auf einem Trägermedium gespeichert sein.270 Durch das Abspeichern auf einer Festplatte wird das für sich genommen nicht wahrnehmbare künstlerische Werk, also der Inhalt einer Geschichte oder das komponierte Musikstück, mittels eines technischen Vorgangs sicht- bzw. hörbar, also konsumfähig gemacht. Eine von ihren Speichermedien losgelöste Existenz von Dateien ist technisch nicht möglich.271 Deshalb ist – in 269 Ebenda.
270 Zuletzt Zech, Daten als Wirtschaftsgut – Überlegungen zu einem „Recht des Datenerzeugers“, CR 2015, 137 ff.; so auch Hantschel, Softwarekauf und -weiterverkauf, S. 62. 271 Marly, Softwarerecht, Rn. 721; so auch zum klassischen Buch ders., Die Qualifizierung der Computerprogramme als Sache nach § 90 BGB, BB 1991, 432 (433);
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Parallele zu analogen Medien – der jeweilige Datenträger einer Datei ein weiterer und auf den ersten Blick naheliegender Anknüpfungspunkt für die Anerkennung von Sachqualität von elektronischen Medien im Speziellen und Dateien im Allgemeinen. Festplatten erfüllen die Anforderungen des Sachbegriffs ohne Weiteres: Es handelt sich zweifellos um körperliche Gegenstände, sie sind auch beherrschbar, abgegrenzt, durch menschliche Sinne wahrnehmbar und evident verkehrsfähig. Der Umstand, dass die Festplatte, auf der die entsprechenden Daten gespeichert sind, gegebenenfalls weit vom Nutzer der Datei entfernt sein kann – etwa im Falle des Streamings272 – ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Schließlich würde auch niemand an der Sachqualität einer Schallplatte oder einer CD zweifeln, nur weil das auf ihr gespeicherte Musikstück etwa über eine Telefonverbindung an einem anderen Ort als den der tatsächlichen Wiedergabe übertragen und dort hörbar gemacht wird. In diesen Fällen wird lediglich gleichsam das Auge bzw. das Ohr des Konsumenten „verlängert“. Das Medium selbst bleibt hingegen unberührt. Aus rechtlicher Sicht ist es daher ohne unerheblich, ob ein Werk auf einem Blatt Papier, einem CD-Rohling oder einer Festplatte verkörpert wird. Das Speichermedium „Festplatte“ stellt daher bei digitalen Produktversionen das Pendant zum bedruckten Papier im Falle des Buches und zum CD-Rohling im Falle der Musik-CD dar. Zur Anerkennung der Sachqualität von E-Books, Musik- bzw. Filmdateien ließe sich demnach grundsätzlich an die Festplatten anknüpfen, auf denen die Medien abgespeichert sein müssen, um überhaupt existieren zu können. b) Systematische Bedenken gegen den Ansatz Gleichwohl ist ein Abstellen auf den Datenträger im Ergebnis nicht überzeugend. Zunächst ergeben sich Bedenken beim Blick auf die durch die Ankerkennung von Sachqualität ausgelösten Rechtsfolgen. Eine Anknüpfung an den Datenträger scheint insbesondere in Ansehung der sachenrechtlichen Dogmatik nicht praktikabel zu sein. Die Möglichkeit zur Begründung von Eigentum stellt eine der wichtigsten, vielleicht gar die wichtigste Folge von Sachqualität eines Gegenstandes dar. Zur Begründung von Eigentum an elekStriezel, Der Handel mit virtuellen Gegenständen aus Onlinewelten, S. 80; Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 304 (306); Hantschel, Softwarekauf- und weiterverkauf, S. 62; w.N. bei und so auch Berberich, Virtuelles Eigentum, S. 96 Fn. 57; zuletzt Faust, Verhandlungen des 71. DJT, Band I, S. A 10. 272 Dazu unten, Kapitel 3 D. Exkurs: Schuld- und sachenrechtliche Bewertung von Streaming.
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tronischen Medien müsste bei einer Anknüpfung an den verkörpernden Datenträger auch dieser im Eigentum des an der Datei Berechtigten stehen, bzw., umgekehrt formuliert, das Eigentum an Medien in Dateiform würde dem Eigentum am Datenträger folgen. Zwar ist es dem Nutzer auch bei Medien in elektronischer Form in vielen Fällen möglich, den die entsprechenden Medien verkörpernden Gegenstand in der Hand zu nehmen, etwa den E-Book-Reader mit der internen Festplatte, auf dem das E-Book gespeichert ist, oder den MP3-Player, auf dem sich die Musikdatei befindet. Eine Anknüpfung an den Datenträger ist jedoch angesichts der wachsenden Popularität des Speicherns von Dateien in „Clouds“273 keine dem technischen Fortschritt entsprechende Sichtweise, zumal die sich hinter Daten-Clouds verbergenden Festplatten typischerweise nicht im Eigentum des Nutzers stehen.274 In der Konsequenz würde somit mit jedem Erwerb eines elektronischen Mediums, das in einer Cloud gespeichert ist, das Vermögen des Betreibers der Cloud rechtsgrundlos und ohne Anknüpfungspunkt in der Interessenlage wachsen.275 c) Flüchtigkeit der Verbindung zwischen Datenträger und Datei Mit diesem Umstand eng verbunden ist ein weiterer, gegen ein Abstellen auf den Datenträger sprechender Aspekt, nämlich die Flüchtigkeit der Verbindung zwischen einer Datei und dem Datenträger, auf welchem sie gespeichert ist. Wird eine Geschichte als Buch gedruckt oder ein Musikstück auf eine CD gebrannt, so entsteht eine dauerhafte und regelmäßig auch irreversible Verbindung zwischen einem konkreten körperlichen Gegenstand und dem zu verkörpernden geistigen Gut. Die auf die Buchseiten gedruckte Tinte lässt 273 So auch Beurskens, Vom Sacheigentum zum „virtuellen Eigentum“? – Absolute Rechte an „Daten“, in: Domej u.a,, Einheit des Privatrechts, S. 443 (451); zum Cloud-Computing anschaulich Lehmann / Giedke, Cloud Computing – technische Hintergründe für die territorial gebundene rechtliche Analyse, CR 2013, 608 ff. 274 Vgl. BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 26; Schuster / Hunzinger, Vor- und nachvertragliche Pflichten beim IT-Vertrag – Teil II: Nachvertragliche Pflichten, CR 2015, 277 (279); im Zusammenhang des deliktischen Schutzes von Daten Faust, Verhandlungen des 71. DJT, Band I, S. A 77; ebenfalls kritisch Adler, Rechtsfragen der Softwareüberlassung, S. 35. 275 Dieselben Probleme würden sich bei Dateien stellen, die auf einem über einen Mobilfunkvertrag finanzierten Mobiltelefon gespeichert sind, da in Ansehung der Geräte regelmäßig Eigentumsvorbehalte vereinbart werden, vgl. etwa für Vodafone http: / / www.vodafone.de / infofaxe / 204.pdf unter Punkt A. 1., für die Telekom http: / / www.telekom.de / dlp / agb / pdf / 43595.pdf unter Punkt 6, für o2 http: / / www.o2-store. com / agb / unter Punkt 7 (alle zuletzt abgerufen am 30.5.2018).
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sich nicht wieder ablösen und auf ein anderes Stück Papier erneut drucken.276 Bei einem Medium in Dateiform liegt der Fall hingegen anders: Zwar kann auch ein E-Book bzw. eine Musikdatei – wie gesehen277 – nicht aus sich heraus, also ohne Datenträger existieren. Es liegt daher nicht etwa eine unkörperliche Version eines vormals körperlichen Mediums vor. Gleichwohl ist der Speicherort der entsprechenden Dateien veränderbar. Das heißt, damit E-Books bzw. Musikdateien als solche existieren können, ist eine dauerhafte Verbindung zu einem bestimmten, die Datei verkörpernden Speichermedium nicht notwendig. Vielmehr ist erforderlich aber auch ausreichend, dass überhaupt eine Verbindung zu irgendeinem Speichermedium besteht.278 Mit anderen Worten: Die konkrete Verbindung zwischen der Datei und ihrem Speichermedium ist flüchtig, nicht aber die Existenz eines E-Books, einer Musikoder einer Filmdatei selbst. Hinsichtlich der Anknüpfung zur Bestimmung eventueller Sachqualität führt die Flüchtigkeit der Verbindung zwischen Datei und Datenträger jedoch zu Problemen. Denn hier lässt sich die Festplatte angesichts der fehlenden zwingenden Dauerhaftigkeit der Verbindung nicht als fester „Punkt“ ausmachen, an dem zur Untersuchung der bestehenden Rechte an einer Datei angeknüpft werden kann. Auf den jeweiligen Datenträger einer Datei zur Ermittlung ihrer Sachqualität abzuheben, erscheint daher auch aus diesem Grund ungeeignet. d) Widerspruch zur Verkehrsanschauung Weiterhin ist zu beachten, dass die Überprüfung der Sachqualität eines konkreten Gegenstandes unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung erfolgt. Nach dieser wirkt eine Anknüpfung an den Datenträger jedoch kon struiert und nicht den Sprachgepflogenheiten entsprechend.279 Während in Bezug auf Medien in klassischen Erscheinungs- und Vertriebsformen „das Buch“ gelesen, „die Schallplatte“ oder „die CD“ gehört bzw. „die DVD“ angesehen und damit sprachlich auf die der Verkörperung zugrunde liegenden Gegenstände Bezug genommen wird, steht bei elektroni276 Die auf das Papier gedruckte Tinte ist daher wesentlicher Bestandteil der Buchseiten gemäß § 93 BGB und kommt als eigener Anknüpfungspunkt nicht infrage. 277 Siehe die Nachweise in Fn. 270. 278 So auch Müller-Hengstenberg, Computersoftware ist keine Sache, NJW 1994, 3128 (3131); siehe zu den diese Sichtweise tragenden Gedanken unten, Kapitel 3. A. Dateien nicht wesentliche Bestandteile des Datenträgers und Kapitel 6 C. I. 1. „Kopieren“ statt „Verschieben“. 279 In diese Richtung auch Diedrich, Typisierung von Softwareverträgen nach der Schuldrechtsreform, CR 2002, 473, (475).
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schen Medien nach der Verkehrsanschauung „das E-Book“ und „das Lied“, bzw. „der Film“ selbst im Vordergrund.280 Die Bezeichnungen können zwar dem Wortsinn entsprechend teilweise auch als Anknüpfung an das immate rielle künstlerische Werk verstanden werden.281 Im Alltag werden die Ausdrücke jedoch vor allem in Bezug auf die „hinter“ den Werken stehenden Dateien verwendet. Ebenfalls gebräuchlich sind unmittelbar auf die Dateien abstellende Bezeichnungen, etwa „die MP3“. Auch „E-Book“ kann und sollte so verstanden werden. Indes erfolgt jedenfalls kein Abstellen auf den die jeweilige Datei verkörpernden Datenträger.282 Es erscheint befremdlich, „das E-Book“, „die MP3“ oder „der Film“ zu sagen und darunter die jeweils bespeicherten Festplatten verstehen zu sollen. Eine Anknüpfung an den Datenträger, welcher die Dateien verkörpert, erfolgt daher nach der Verkehrsanschauung und ihrem Sprachgebrauch nicht. Bei der Untersuchung der Sachqualität elektronischer Medien auf den jeweiligen Datenträger abzustellen, entspricht daher nicht den Erwartungen der relevanten Verkehrskreise und ist daher nicht zielführend. Dieser Ansatz ist daher abzulehnen. 3. Datei Entsprechend der soeben festgestellten sprachlichen Anknüpfung in der Alltagssprache sind jedoch möglicherweise die E-Book- Musik- oder Filmdateien selbst als Sachen im Sinne von § 90 BGB anzusehen.283 Vorab ist festzustellen, dass elektronische Medien wie E-Books, Musik- und Filmdateien im Besonderen bzw. Dateien im Allgemeinen offensichtlich nicht lediglich in der Vorstellung vorhanden sind284 und aus diesem Grund – entgegen vielen Stimmen285 – körperliche Gegenstände darstellen.286 Sie sind daher einer Subsumtion unter den Sachbegriff grundsätzlich zugänglich. Marly, Softwarerecht, Rn. 724. insofern unstreitig keine Sachqualität besteht wurde soeben festgestellt, siehe Kapitel 2 G. III. 1. Geistiges Werk. 282 So auch BeckOK-BGB / Fritzsche, § 90 Rn. 25. 283 Dagegen zuletzt etwa LG Bielefeld, Urteil vom 5.3.2013 – Az. 4 O 191 / 11, CR 2013, 812 = juris Rn. 40; aus dem Schrifttum statt vieler Schneider, Virtuelle Werte, S. 109 f.; Adler, Rechtsfragen der Softwareüberlassung, S. 35; Nänni, Märkte virtueller Welten, S. 133 f. (für das schweizerische Recht); Staudinger / Stieper, § 90 Rn. 12 ff.; Larenz / Wolf, Allgemeiner Teil, 9. Aufl., § 20 Rn. 14; Heydn, Identitätskrise eines Wirtschaftsguts: Software im Spannungsfeld zwischen Schuldrecht und Urheberrecht, CR 2010, 765 (770); siehe auch Redeker, Software – ein besonderes Gut, NJOZ 2008, 2917 ff. 284 Boehm, Herausforderungen von Cloud Computing: Vertragstypologische Einordnung, Haftung und Eigentum an Daten, ZEuP 2016, 358 (382) gesteht ein, dass virtuelle Güter „nicht erst durch Recht erzeugt“ werden. 280 Ebenso 281 Dass
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a) Terminologie Zunächst ist an dieser Stelle auf die uneinheitliche Terminologie hinzuweisen.287 Wenn im Folgenden von „Datei“ gesprochen wird, ist stets der auf einem Datenträger gespeicherte Datensatz gemeint, der ein schöpferisches Werk zum Inhalt hat. Mitunter wird in diesem Zusammenhang auch der Ausdruck „Daten“ verwendet.288 Diese Gleichsetzung der Ausdrücke „Dateien“ und „Daten“ ist jedoch nicht überzeugend, da ihre Bedeutung nicht unbedingt synonym ist. Zwar werden im allgemeinen Sprachgebrauch auf Festplatten gespeicherte Dateien häufig auch mit dem Wort „Daten“ bezeichnet. Ebenso gebräuchlich und dem Wortsinn besser entsprechend ist jedoch unter dem Begriff der Daten lediglich durch Beobachtungen, Messungen oder ähnlichem gewonnene (Zahlen-)Werte zu verstehen,289 das heißt die in einer Datei gespeicherte Information.290 Solche Informationen sind für sich genommen selbstredend 285 Vgl.
die Nachweise in Fn. 68. macht sie jedoch nach der hier vertretenen Auffassung zum Verhältnis von Körperlichkeit und Sachbegriff nicht automatisch zur Sache, vgl. dazu Kapitel 2 D. II. Sachen als Teilmenge der körperlichen Gegenstände. 287 Dies tuen auch Marly / Wirz, Die Weiterverbreitung digitaler Güter, EuZW 2017, 16, hinsichtlich der Begriffe der digitalen Güter, der digitalen Produkte und der digitalen Inhalte; dazu auch Druschel / Lehmann, „Ein Binnenmarkt für digitale Güter“, CR 2016, 244. 288 So jüngst Faust, Verhandlungen des 71. DJT, Band I, S. A 9 ff.; dazu Stöhr, Das BGB im digitalen Zeitalter, ZIP 2016, 1468 ff.; ebenso Klas / Möhrke-Sobolewski, Digitaler Nachlass – Erbenschutz trotz Datenschutz, NJW 2015, 3473 (3474); Striezel, Der Handel mit virtuellen Gegenständen aus Onlinewelten, S. 72; Schneider, Virtuelle Werte, S. 109; Staudinger / Stieper, § 90 Rn. 12 ff.; Staudinger / Kunz, § 1922 Rn. 607 ff. (im Kontext des digitalen Nachlasses); jurisPK-BGB / Vieweg, § 90 Rn. 11; Zech, Daten als Wirtschaftsgut – Überlegungen zu einem „Recht des Datenerzeugers“, CR 2015, 137 ff.; Schuster / Hunzinger, Vor- und nachvertragliche Pflichten beim IT-Vertrag – Teil II: Nachvertragliche Pflichten, CR 2015, 277 ff.; Beurskens, Vom Sacheigentum zum „virtuellen Eigentum“?, in: Domej u. a., Einheit des Privatrechts, S. 443 (454). 289 Duden, Stichwort: Daten; ähnlich auch Stöhr, Das BGB im digitalen Zeitalter, ZIP 2016, 1468; Specht, Ausschließlichkeitsrechte an Daten – Notwendigkeit, Schutzumfang, Alternativen, CR 2016, 288 (290). 290 Dies ist – in binärer Form – die hinter der erzählte Geschichte, dem Musikstück oder dem Film stehende geistige Leistung, gewissermaßen die „Komposition“ des Werks. Vgl. auch DIN 44 300 Teil 2, Nr. 2.1.13, wonach Daten „Gebilde aus Zeichen oder kontinuierlichen Funktionen, die aufgrund bekannter oder unterstellter Abmachung Informationen darstellen, vorrangig zum Zwecke der Verarbeitung oder als deren Ergebnis“. Gegen die Gleichsetzung der Begriffe „Datum“ und „Information“ Specht, Ausschließlichkeitsrechte an Daten – Notwendigkeit, Schutzumfang, Alternativen, CR 2016, 288 (290), jedoch widersprüchlich auf S. 292, wenn sie ausführt, die von einem Fitnessarmband aufgezeichneten Daten seien „weniger ein Pro286 Das
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keine körperlichen Gegenstände und damit schon von der Prämisse her einer Subsumtion unter den Sachbegriff entzogen.291 Bei natürlicher Betrachtung handelt es sich bei dem in Zahlen angegebenen Gewicht eines Menschen oder der Leistung eines Motors292 einerseits und einem E-Book, einer Musik- oder einer Filmdatei andererseits um völlig unterschiedliche Dinge, die auch rechtlich getrennt voneinander zu bewerten sind.293 Um Missverständnissen vorzubeugen, wird der Ausdruck „Daten“ in dieser Arbeit daher nicht synonym zu dem Begriff „Dateien“, sondern nach dem soeben beschriebenen Verständnis verwendet.294 Ebenfalls uneinheitlich gebraucht wird der Ausdruck der „digitalen Inhalte“.295 Während diese Bezeichnung expressis verbis an Inhalte anknüpft und deshalb offenkundig nicht gleichbedeutend mit dem Begriff der „Dateien“ ist, setzt Erwägungsgrund 15 des Vorschlags für eine Richtlinie über die Bereitstellung digitaler Inhalte296 eben diese mit „Musik- und Video dukt der Maschine, als ein Produkt […] der Person, über die sie erhoben werden“. Richtig dürfte insofern sein, zwar die den Daten zu entnehmende Information (z. B. den Puls) als Produkt der Person, über die sie erhoben wurde, zu werten; die Daten selbst, also die binäre Zeichenfolge, jedoch als Produkt der Maschine anzusehen. Diese Daten sind wiederum einer menschlichen Interpretation zugänglich und werden somit schließlich wiederum zu Information. Es entsteht also ein Kreislauf, in welchem die Daten lediglich eine Art Interpretationshilfe für den Rezipienten darstellen. 291 Nach diesem Verständnis zutreffend Hornung / Goeble, „Data Ownership“ im vernetzen Automobil, CR 2015, 265 (268); so auch der Tenor bei Zech, Daten als Wirtschaftsgut – Überlegungen zu einem „Recht des Datenerzeugers“, CR 2015, 137 ff.; insofern ungenau Schuster / Hunzinger, Vor- und nachvertragliche Pflichten beim IT-Vertrag – Teil II: Nachvertragliche Pflichten, CR 2015, 277 (279), die beide Verständnisse vermischen; zu Bedeutung der Körperlichkeit oben, Kapitel 2 D. II. 1. b) aa) Die Naturwissenschaft als Impulsgeber sowie Kapitel 2 D. II. 2. Obere Ebene: „Körperlicher Gegenstand“ und Naturwissenschaft. 292 Zu speziell auf maschinengenerierte Daten bezogene Rechtsfragen entwickelt sich seit einiger Zeit eine Debatte, dazu Ernsthaler, Industrie 4.0 und die Berechtigung an Daten, NJW 2016, 3473 ff.; Wiebe, Protection of industrial data – a new property right for the digital economy, GRUR Int. 2016, 877 ff.; Kerber, A New (Intellectual) Property Right for Non-Personal Data? An Economic Analysis, GRUR Int. 2016, 989 ff.; Hornung / Goeble, „Data Ownership“ im vernetzten Automobil, CR 2015, 265 ff. 293 Ebenfalls differenzierend LG Hamburg, Urteil vom 30.9.2011 – Az. 312 O 414 / 10, juris Rn. 99. 294 Wie hier in Bezug auf „Daten“ Drexl u. a., Ausschließlichkeits- und Zugangsrechte an Daten, GRUR Int. 2016, 914 ff.; ebenfalls differenziert verwendet die Begriffe Bisges, Urheberrechtliche Aspekte des Cloud Computing, MMR 2012, 574 (578). 295 Siehe etwa Faust, Digitale Wirtschaft – Analoges Recht: Braucht das BGB ein Update?, NJW-Beil 2016, 29 ff. 296 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte vom 9.12.
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dateien“ gleich. Demgegenüber werden in § 312f Abs. 3 BGB „digitale Inhalte“ als „Daten […] in digitaler Form […]“ legaldefiniert297 und in Erwägungsgrund 19 der Verbraucherrechterichtlinie298 werden noch „Computerprogramme, Anwendungen (Apps), Spiele, Musik, Videos oder Texte“ als Beispiele für digitale Inhalte aufgeführt, womit ebenfalls keine klare Gleichsetzung zu den die Inhalte verkörpernden Dateien erfolgt ist, sondern ebenso gut die Werke selbst gemeint sein können. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass in der vorliegenden Arbeit stets die (E-Book-, Musik- oder Film-)Dateien, also die digitalen Verkörperungen von künstlerischen Werken Gegenstand der Untersuchung sind und nicht die dazu aus technischer Sicht erforderlichen Bits und Bytes.299 Dies ist die Konsequenz aus der Notwendigkeit, die Analyse aus der Perspektive der Verkehrsanschauung vorzunehmen. Wenn von E-Books, Musik- und Filmdateien gesprochen wird, käme eine Untersuchung der sich hinter diesen digitalen Verkörperungen künstlerischer Werke verbergenden Daten, einer keinesfalls mit der Verkehrsanschauung vereinbaren Analyse von „Einsen und Nullen“ gleich.300 b) Sachqualität Freilich weist eine Datei selbst nicht bereits deshalb Sachqualität auf, weil der sie verkörpernde Datenträger eine Sache ist.301 Für einen solchen Rückschluss bietet das Gesetz keinerlei Anhaltspunkte.302 Subsumiert man 2015, COM(2015) 634 final, verfügbar unter: https: / / ec.europa.eu / transparency / reg doc / rep / 1 / 2015 / DE / 1-2015-634-DE-F1-1.PDF (zuletzt abgerufen am 30.5.2018). 297 Dazu MünchKomm / Wendehorst, § 312f Rn. 21 ff. 298 Richtlinie 2011 / 83 / EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, Amtsblatt L 304 / 64 vom 22.11.2011. 299 Dazu, dass eine solche technische Diskussion nicht zielführend ist oben, Kapitel 1 C. III. Vermeidung allzu technischer Diskussionen. 300 Insofern inkonsequent Striezel, Der Handel mit virtuellen Gegenständen aus Onlinewelten, die zwar auf S. 71 richtig die Verkehrsanschauung als vorrangig zu berücksichtigen feststellt, sodann jedoch, auf S. 72, auf die fehlende Wahrnehmungsmöglichkeit von Bits zur Ablehnung der Sachqualität von Daten abstellt. 301 So auch Staudinger / Stieper, § 90 Rn. 12; Köhler / Fritzsche, Die Herstellung und Überlassung von Software im bürgerlichen Recht, in: Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 513 (517 f. Rn. 5 f.); denen folgend Hantschel, Softwarekauf und -weiterverkauf, S. 61; Schneider, Virtuelle Werte, S. 104 hält diesen Rückschluss für „unangebracht“. 302 Auch § 93 BGB erfasst solche Fälle nicht, da die jeweiligen Bestandteile für sich genommen bereits Sachqualität aufweisen müssen, vgl. nur BeckOK-BGB / Fritzsche, § 93 Rn. 4; MünchKomm / Stresemann, § 93 Rn. 3.
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-Books, Musik- und Filmdateien jedoch unter den Sachbegriff, ergibt sich E ein klares Bild: aa) Abgegrenztheit Nach der Verkehrsanschauung sind E-Books, Musik- und Filmdateien nicht grenzenlos wie das offene Meer oder umherschwebendes Gas, sondern vielmehr eindeutig begrenzte Gegenstände. Das ergibt sich schon aus dem Umstand, dass eine Datei stets auf einem Datenträger, der selbst unzweifelhaft einen abgegrenzten Gegenstand darstellt, gespeichert sein muss. Wenn jedoch der Datenträger einer Datei abgegrenzt ist, kann die darauf gespeicherte Datei nach der Verkehrsanschauung303 nicht unbegrenzt sein. Im Übrigen ergibt sich auch beim Blick auf die Dateien selbst deren Abgegrenztheit. Diese stellen als Datenpakete im Unterschied zu Daten als solche eindeutig eine als zusammengehörig wahrnehmbare Einheit dar.304 So lassen sich Dateien etwa mithilfe eines Bildschirms und einem Eingabegerät wie einer Computermaus einzeln oder in Gruppen „anklicken“, also auswählen.305 Dadurch werden die äußeren Grenzen von Dateien auf einem Bildschirm erkennbar. Anders ist dies etwa bei virtuellen Gegenständen bzw. Gütern.306 Der Teil eines Datensatzes, auf dem beispielsweise die grafische Darstellung eines virtuellen Schwertes aus einem Computer-Spiel beruht, ist im Gegensatz zu Dateien elektronischer Medien regelmäßig nicht als solcher erkennbar, bzw. getrennt von anderen Teilen „anklickbar“.307 Virtuelle Güter können daher regelmäßig nicht als abgegrenzte Gegenstände in Form einer Datei wahrgenommen werden, sondern nur als fertiges Produkt durch grafische Darstellung konsumiert werden.308 Der Vorgang des „Anklickens“ ein303 Dies
gilt erst recht für eine naturwissenschaftliche Betrachtung. diese Richtung auch Zech, Daten als Wirtschaftsgut – Überlegungen zu einem „Recht des Datenerzeugers“, CR 2015, 137 (138); vgl. dazu auch Büchner, Die rechtlichen Grundlagen der Übertragung virtueller Güter, S. 47 f., dessen Ausführungen zu virtuellen Gütern einen Rückschluss wie hier in Bezug auf Dateien zulassen. 305 Zur Zulässigkeit der Verwendung technischer Hilfsmittel oben, eingehend Kapitel 2 E. IV. 3. Sinnliche Wahrnehmbarkeit. 306 Vergleiche zu der dazu umfangreich geführten Debatte die Nachweise bei Kapitel 1. D. Stand der Forschung, insbesondere Fn. 39 ff. 307 Jedenfalls nicht als Datei, allenfalls ihre grafische Darstellung am Bildschirm, welche jedoch nicht in vergleichbarer Weise kopier- und verschiebbar, sondern nur als virtueller Gegenstand innerhalb des Spiels wahrnehmbar ist, vgl. Büchner, Die rechtlichen Grundlagen der Übertragung virtueller Güter, S. 47 f. 308 So und dazu auch Berberich, Virtuelles Eigentum, S. 87, Nachweise bei Fn. 11; Büchner, Die rechtlichen Grundlagen der Übertragung virtueller Güter, S. 47 f.; Lober / Weber, Money for Nothing? Der Handel mit virtuellen Gegenständen und Charakteren, MMR 2005, 653 (655). 304 In
G. Subsumtion81
zelner oder mehrerer Dateien ist dabei vergleichbar mit dem Anfassen bzw. In-die-Hand-Nehmen eines herkömmlichen Buches, einer Musik-CD oder einer DVD. Mit Medien in Dateiform kann in diesem Punkt daher verfahren werden, wie mit ihren analogen Pendants. Dateien müssen daher als abgegrenzt bezeichnet werden.309 bb) Beherrschbarkeit Darüber hinaus sind Dateien für Menschen auch problemlos beherrschbar. Sie können etwa auf Wunsch und ohne besondere Mühe mithilfe von Eingabegeräten wie einer Computermaus geöffnet, geschlossen, gelöscht, kopiert oder versendet werden und sind damit taugliches Objekt von Besitz gemäß § 854 BGB.310 cc) Sinnliche Wahrnehmbarkeit Wie oben dargestellt, ist das Abstellen auf eine sinnliche oder physiologische Wahrnehmbarkeit eines Gegenstandes bei der Untersuchung dessen eventueller Sachqualität als eines von mehreren zwingenden und miteinander in beinahe konfuser Weise verflochtenen Kriterien zwar letztlich nicht weiterführend.311 Da die Untersuchung der für den Sachbegriff erforderlichen Voraussetzungen jedoch ergeben hat, dass die herausgearbeiteten Kriterien sinnvollerweise nur als Indizien für das Vorliegen von Sachqualität betrachtet werden und zweifellos jede Sache auch sinnlich oder zumindest physiologisch wahrnehmbar ist,312 soll eine Untersuchung von elektronischen Medien unter dem Aspekt der Wahrnehmbarkeit an dieser Stelle gleichwohl erfolgen, zumal Dateien ihre Sachqualität mitunter gerade mit dem Argument verwehrt wird, sie seien nicht sinnlich wahrnehmbar.313 Insofern wird argumentiert, Dateien könnten zwar unter Zuhilfenahme eines Trägermediums oder durch Lichtimpulse angezeigt werden, ohne diese Hilfsmittel, und darauf komme es an, jedoch nicht. Sinnliche Wahrnehm barkeit sei daher abzulehnen.314 Dieser Ansatz geht jedoch schon in der Prämisse fehl, da – wie gesehen315 – technische Hilfsmittel zur Wahrneh309 So im Ergebnis auch Zech, Daten als Wirtschaftsgut – Überlegungen zu einem „Recht des Datenerzeugers“, CR 2015, 137 (138). 310 Dazu ausführlich unten, Kapitel 3 C. I. Besitz. 311 Kapitel 2 E. IV. 3. Sinnliche Wahrnehmbarkeit. 312 Siehe auch soeben, Kapitel 2 F. Zwischenergebnis. 313 Etwa Striezel, Der Handel mit virtuellen Gegenständen aus Onlinewelten, S. 72; Hantschel, Softwarekauf und -weiterverkauf, S. 59. 314 Striezel, Der Handel mit virtuellen Gegenständen aus Onlinewelten, S. 72. 315 Dazu ausführlich oben, Kapitel 2 E. IV. 3. Sinnliche Wahrnehmbarkeit.
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Kap. 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien
mung von Gegenständen für zulässig zu halten sind. Anderenfalls hinge die sinnliche Wahrnehmbarkeit und damit auch die Sachqualität einzelner Gegenstände zum Beispiel auch davon ab, ob der jeweilige Betrachter eventuell aufgrund einer Sehschwäche eine Brille (also ein technisches Hilfsmittel) benötigt oder nicht. Im Übrigen ist die Argumentation auch inhaltlich nicht stichhaltig: Dateien können nämlich nicht nur in angezeigter Form, sondern mitunter auch als solche wahrgenommen werden.316 So ist der mit Dateien beschriebene Teil einer CD oder DVD bei einem Blick auf die Unterseite des Datenträgers durch eine im Vergleich zum unbeschriebenen Teil etwas andere Farbe optisch erkennbar. Zwar kann auf diese Weise nur die Existenz von Dateien in abstrakter Form, jedoch nicht deren entschlüsselter Inhalt wahrgenommen werden. Dass es auf die tatsächliche Wahrnehmung eines eventuell vorhandenen geistigen Inhalts jedoch nicht ankommt, zeigen Vergleiche mit einem in für das menschliche Auge zu kleiner Schriftgröße geschriebenen und deshalb nur mithilfe einer Lupe lesbaren, oder einem in ausreichender Textgröße, aber in fremder Schrift geschriebenen Text, oder schlicht das Beispiel eines zugeklappten Buches317.318 Wenn aber demnach Dateien auf einer CD sinnlich wahrnehmbar sind, so muss dies auch für auf einer Festplatte gespeicherte Dateien gelten, bei der jedoch keine optisch wahrnehmbare Grenze zwischen beschriebenen und unbeschriebenen Teilen auszumachen ist. Anderenfalls bestünde insbesondere aus Sicht der Verkehrsanschauung ein nicht zu rechtfertigender Unterschied zwischen Dateien auf einer CD und Dateien auf einer Festplatte und damit eine Abhängigkeit der Sachqualität von den jeweiligen Trägermedien – auf die es ja bei der Frage nach bestehender Sachqualität gerade nicht ankommen soll319. Auf eine unmittelbare Wahrnehmung von Daten als solche kann es daher im Rahmen des Sachbegriffs nicht ankommen.320 316 Dagegen Striezel, Der Handel mit virtuellen Gegenständen aus Onlinewelten, S. 72; dies scheint auch zu verkennen Druschel, Die Regelung digitaler Inhalte im Gemeinsamen Europäischen Kaufrecht (GEKR), GRUR Int. 2015, 125 (126) bei Fn. 17. 317 Vgl. Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (306), jedoch in anderem Zusammenhang. 318 Auch hier zeigt das Beispiel eines Menschen, der im Gegensatz zu ein anderen auf eine Brille angewiesen ist, dass es auf die Wahrnehmung des tatsächlichen Inhalts nicht ankommen kann, da anderenfalls wiederum klein gedruckter Text für Personen mit besserer Sehschärfe wahrnehmbar wäre, während dies für Menschen mit Sehschwäche gegebenenfalls nicht zuträfe. 319 Siehe soeben, Kapitel 2 G. III. 2. Datenträger. 320 Dagegen Striezel, Der Handel mit virtuellen Gegenständen aus Onlinewelten, S. 72 f. die eine brennende Glühlampe erstaunlicherweise nicht für sichtbar gewordene elektronische Energie hält, sondern nur für die „Wirkleistung“ derselben; worin
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Da sich Dateien indes unabhängig von dem Medium, auf dem sie gespeichert sind, zumindest mithilfe technischer Geräte darstellen und damit sichtbar machen lassen, ist das Indiz der sinnlichen Wahrnehmbarkeit jedenfalls erfüllt.321 dd) Verkehrsfähigkeit Die Frage nach der Verkehrsfähigkeit betrifft das letzte und wichtigste Indiz für eine mögliche Sachqualität.322 An dieser Stelle soll nochmals darauf hingewiesen werden, dass nicht etwa jeder verkehrsfähige Gegenstand als Sache anzusehen ist. Dann könnten – systemwidrig – auch Rechte Sachen sein. Entscheidend ist, wie bei allen anderen Indizien der Sachqualität auch, der Ausgangspunkt eines körperlichen Gegenstandes.323 Aus der Menge der (tatsächlich) körperlichen Dinge sind diejenigen Gegenstände Sachen im Sinne von § 90 BGB, die ein selbstständiges Verkehrsgut darstellen. Dass elektronische Medien Gegenstände des Handelsverkehrs sind, ist durch den regen Online-Handel evident.324 Hier liegt ein Unterschied zum Streaming. Bei letzterem bezahlt der Nutzer ein Entgelt für die zeitliche begrenzte Bereitstellung der Konsummöglichkeit eines Musikstücks bzw. eines Films, also für eine Dienstleistung.325 Dazu im Gegensatz wird beim Kauf eines E-Books, einer Musik oder einer Filmdatei der Kaufpreis für die Möglichkeit bezahlt, auf der eigenen Festplatte im Wege des Downloads eine dauerhafte Kopie der das Kunststück verkörpernden Datei zu speichern.326 Das Verkehrsgut stellt hier also die Datei selbst dar. An der Verkehrsfähigkeit von elektronischen Medien kann daher kein Zweifel bestehen. aus Sicht der Verkehrsanschauung insofern der Unterschied liegen soll, bleibt fraglich. 321 So auch Berberich, Virtuelles Eigentum, S. 92 m. w. N. in Fn. 44. 322 Ausführlich oben, Kapitel 2 E. IV. 4. Verkehrsfähigkeit. 323 Kapitel 2 D. II. 2. Obere Ebene: „Körperlicher Gegenstand“ und Naturwissenschaft. 324 Hantschel, Softwarekauf und -weiterverkauf, S. 63; Preuß, Rechtlich geschützte Interessen an virtuellen Gütern, S. 43; Marly / Wirz, Die Weiterverbreitung digitaler Güter, EuZW 2017, 16; Hauck, Gebrauchthandel mit digitalen Gütern, NJW 2014, 3616; vgl. auch die Nachweise zu der steigenden Popularität des Online-Handels in Fn. 6; zur Qualität als Wirtschaftsgut virtueller Gegenstände Wemmer / Bodensick, Virtueller Handel – Geld und Spiele, K&R 2004, 432 (434 f.); zur eigenständigen Rolle des Werkes als Verkehrsgut im Wirtschaftsleben im Verhältnis zur Schöp ferpersönlichkeit Rehbinder / Peukert, Urheberrecht, Rn. 46. 325 Genauer unten, Kapitel 3 B. II. Sonderfall Streaming sowie Kapitel 3 D. Exkurs: Schuld- und sachenrechtliche Bewertung von Streaming. 326 Detailliert unten, Kapitel 3 B. I. Download.
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Kap. 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien
H. Zusammenfassung und Ergebnis Die Voraussetzungen des Sachbegriffs nach § 90 BGB sind nicht ohne Weiteres ersichtlich. Erst eine detaillierte Analyse bringt die notwendige Erkenntnis.327 Insbesondere die Beurteilung der Sachqualität von Gegenständen nach der Verkehrsauffassung bereitet Probleme, eine klare, für die juristische Subsumtion brauchbare Definition zu finden. Hier ist vor allem das Verhältnis von Körperlichkeit und Sachqualität problematisch. Um unauflösbare Widersprüche zu vermeiden, dürfen beide Begriffe nicht gleichgesetzt werden. Statt dessen sind Sachen als Teilmenge aller körperlichen Gegenstände zu sehen.328 Da sich die Ergebnisfindung der Verkehrsauffassung nicht in für juristische Arbeit brauchbarer Weise beschreiben lässt, ist eine alternative, wissenschaftlich nachvollziehbare Definition zu entwickeln, bei der das Kriterium der Verkehrsfähigkeit eine besonders große Bedeutung zukommt. Nach alle dem kann festgestellt werden, dass elektronische Medien wie E-Books, Musik- und Filmdateien die Voraussetzungen von § 90 BGB erfüllen und daher Sachen im Sinne des Gesetzes sind. Die Anknüpfung im Rahmen der Untersuchung der Sachqualität erfolgt an die jeweilige Datei. Diese weist also selbst Sachqualität auf.329 Auf die jeweiligen Datenträger, auf denen die Dateien gespeichert sind, muss und sollte aus verschiedenen Gründen mithin nicht abgehoben werden.330
327 Vgl.
oben, oben, 329 Vgl. oben, 330 Vgl. oben, 328 Vgl.
Kapitel 2 Kapitel 2 Kapitel 2 Kapitel 2
E. Der Sachbegriff im Sinne des BGB. C. Kritik am bisherigen Ansatz. G. III. 3. Datei. G. III. 2. Datenträger.
Kapitel 3
Bestehende Rechte an Medien in Dateiform und deren Übertragung – Die lex lata Zentrales Ziel der vorliegenden Arbeit ist, die Frage nach den an elektronischen Unterhaltungsmedien bestehenden Rechten zu beantworten. Dabei sollen zwar auch schuldrechtliche Aspekte herausgearbeitet werden. Ein besonderer Fokus ist jedoch auf das Sachenrecht zu legen. Es ist also zu untersuchen, was genau der Erwerber aus rechtlicher Sicht de lege lata beim Download eines E-Books, einer Musik- oder einer Filmdatei etwa aus dem Amazon Kindle-Store oder dem Apple iTunes-Store erlangt und wie sich der Ablauf der Veräußerung rechtlich darstellt.
A. Dateien nicht wesentliche Bestandteile des Datenträgers Vorab ist festzustellen, dass unabhängig von der oben festgestellten Sachqualität elektronischer Medien eine Sonderrechtsfähigkeit dann nicht in Betracht käme, wenn Dateien wesentliche Bestandteile im Sinne von § 93 BGB der sie verkörpernden Datenträger wären.331 Dies ist jedoch nicht der Fall.332 Voraussetzung wäre, dass eine Trennung von Dateien und Festplatte nicht möglich ist, ohne eines von beiden zu zerstören.333 Dateien dürften im Verhältnis zum Datenträger keine Selbstständigkeit aufweisen.334 Zwar kann eine Datei durch endgültiges Löschen vom Datenträger getrennt werden, mit der Folge, dass der konkrete Datensatz tatsächlich verloren geht.335 Insofern könnte man von einer Zerstörung ausgehen und damit Dateien in solchen Fällen als wesentliche Bestandteile ihrer Datenträger ansehen. Der endgültige Verlust des Datensatzes ist jedoch keineswegs die zwingende Folge einer Löschung, mithin einer Trennung von Datei und Festplatte. Hier darf ein für 331 Zu diesem Problem in Bezug auf das Verhältnis von Tinte und bedrucktem Papier bei analogen Medien siehe Fn. 276. 332 A. A. Staudinger / Stieper, § 90 Rn. 18. 333 BeckOK-BGB / Fritzsche, § 93 Rn. 3; Staudinger / Stieper, § 93 Rn. 13. 334 Statt aller Palandt / Ellenberger, § 93 Rn. 2. 335 Der Datenträger bleibt freilich unversehrt, so auch Hantschel, Softwarekauf und -weiterverkauf, S. 62; ebenso bereits Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (315).
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Kap. 3: Bestehende Rechte an Medien in Dateiform – Die lex lata
Dateien wesentlicher Faktor nicht außer Acht gelassen werden: Dateien können ohne besondere Fachkenntnisse von jedermann in Sekundenschnelle kopiert werden,336 mit dem Ergebnis eines funktional identischen Duplikats337 der Ausgangsdatei. Aufgrund der tatsächlich und wirtschaftlich identischen Nutzbarkeit einer solchen Dateikopie kann von einem Verlust und damit einer Zerstörung von Dateien im Falle der Trennung von Datensatz und Datenträger, insbesondere nach der Verkehrsanschauung, nicht die Rede sein.338 Dateien und die sie verkörpernden Speichermedien bilden daher schon vom Grundsatz her keine Sacheinheit. Sie können mithin Objekt selbstständiger Rechte sein. Jedes andere Ergebnis wäre im Übrigen auch sachfremd, da bei fehlender Sonderrechtsfähigkeit nicht nur keine Sachenrechte an elektronischen Medien bestehen könnten, sondern auch keine Immaterialgüterrechte, also auch keine Urheberrechte.
B. Technischer Ablauf typischer Übertragungsvorgänge Zur besseren Verständlichkeit der nachfolgenden Ausführungen soll vorab der typische (technische) Ablauf des Erwerbs von elektronischen Unterhaltungsmedien dargestellt werden.
I. Download Zunächst ist insofern die Variante des Erwerbs in Dateiform durch Download zu betrachten, auf den sich die vorliegende Untersuchung konzen triert.339 Ausgangspunkt dieser Form des Erwerbs von Büchern, Musik oder Filmen ist eine auf dem Server des Download-Anbieters gespeicherte Quelldatei. Kauft der Erwerber nun ein Buch, ein Lied oder einen Film, unterscheidet sich der Handelsablauf in einem Punkt grundlegend von dem Erwerb von Büchern, Musik oder Filmen in klassischen Erscheinungsformen. Während man bei den herkömmlichen Varianten besagter Medien nach Zahlung des 336 Vgl. etwa Zech, Daten als Wirtschaftsgut – Überlegungen zu einem „Recht des Datenerzeugers“, CR 2015, 137 (139); Hoeren, Dateneigentum, MMR 2013, 486 (490); dazu auch unten, Kapitel 6 C. I. 2. (Nicht-)Rivalität von Gütern als entscheidender ökonomischer Faktor. 337 Beurskens, Vom Sacheigentum zum „virtuellen Eigentum“?, in: Domej u. a., Einheit des Privatrechts, S. 443 (450) spricht von einem „Klon“ des Inhalts der Ausgangsdatei. 338 Vgl. hierzu Hantschel, Softwarekauf und -weiterverkauf, S. 62; näher zu diesem Phänomen unten, Kapitel 6 C. I. 1. „Kopieren“ statt „Verschieben“. 339 Eingehend sogleich, Kapitel 3 C. Sachenrechtliche Bewertung des Downloads.
B. Technischer Ablauf typischer Übertragungsvorgänge87
Kaufpreises regelmäßig das vorher selbst im Geschäft oder im Online-Shop ausgesuchte oder ein dem Ausstellungsstück entsprechendes Exemplar übergeben bekommt, erhält man beim Kauf desselben Mediums in Dateiform zunächst nur die Berechtigung zum Download. Beim Downloadvorgang wird dann jedoch nicht analog zum klassischen Erwerbsvorgang die konkret ausgesuchte Datei an den Erwerber im dem Sinne übergeben, dass nach Abschluss des Kaufs der Erwerber im Tausch gegen den Kaufpreis die Ware erhalten hat, die der Veräußerer nun nicht mehr hat.340 Vielmehr wird durch den Download eine Kopie der auf dem Server des Download-Anbieters weiterhin gespeicherten Originaldatei auf der Festplatte des Erwerbers erstellt.341 Beim Erwerber entsteht auf diese Weise ein Duplikat der Ausgangsdatei.342
II. Sonderfall Streaming Daneben ist eine weitere, ausweislich ihres kontinuierlich steigenden Marktanteils343 immer beliebtere Möglichkeit des Konsums von Musik und Filmen, entsprechende Inhalte aus dem Internet auf das eigene Endgerät zu „streamen“.344 Dabei werden auf dem Server des Streaming-Anbieters abgespeicherte Inhalte über ein spezielles Programm – regelmäßig gegen ein pauschales, monatlich zu entrichtendes Entgelt – zum Konsum zur Verfügung gestellt.345 Im Gegensatz zum eben dargestellten Download werden die jeweiligen Dateien beim Streaming jedoch nicht als Kopie auf dem eigenen Datenträger dauerhaft gespeichert, sondern es wird lediglich eine flüchtige Kopie im Zwischenspeicher des eigenen Endgeräts für die Dauer des Strea340 Zu diesem Tausch-Element eines gewöhnlichen Kaufgeschäfts ausführlich unten, Kapitel 6 C. I. 3. Unterschiedliche (wirtschaftliche) Interessenlage. 341 Vgl. Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (313). 342 Ähnlich König, Zur Sacheigenschaft von Computerprogrammen und deren Überlassung, NJW 1990, 1584 (1585). 343 Waren im Jahr 2012 nur 2,5 % des Gesamtumsatzes der Musikbranche auf Streaming-Angebote zurückzuführen, waren es 2013 bereits knapp 5 %, 2014 gut 8 %, 2015, mehr als 14 %, 2016 schon über 24 % und 2017 sogar fast 35 %, vgl. Jahresberichte des Bundesverband Musikindustrie (BVMI), Musikindustrie in Zahlen 2012 S. 10, 2013 S. 13, 2014 S. 13, 2015 S. 13, 2016 S. 6 und 2017 S. 7, http: / / www.mu sikindustrie.de / download-jahrbuch (zuletzt abgerufen am 30.5.2018). 344 Ebenso Druschel / Oehmichen, Digitaler Wandel 3.0?, CR 2015, 173 (173 f.), die „hinsichtlich der Nutzung digitaler Inhalte“ einen „Trend weg von deren „Besitz“ hin zum bloßen „Zugang“ verzeichnen“ wollen. Zur rechtlichen Bewertung von Streaming unten, Kapitel 3 D. Exkurs: Schuld- und sachenrechtliche Bewertung von Streaming. 345 Vgl. Bäcker / Höfinger, Online-Vertrieb digitaler Inhalte: Erstvertrieb, nachgelagerte Nutzungen und nachgelagerte Märkte, ZUM 2013, 623 (624).
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Kap. 3: Bestehende Rechte an Medien in Dateiform – Die lex lata
mings erstellt und bei Beendigung des Streams automatisch wieder gelöscht.346
C. Sachenrechtliche Bewertung des Downloads Um die Frage nach den an elektronischen Unterhaltungsmedien bestehenden Rechten zu beantworten, ist zunächst zu untersuchen, welche Regelungen de lege lata die dargestellten Sachverhalte erfassen. Ob die gefundenen Lösungen sachgerecht sind, wird am Ende des Kapitels erörtert.347 Zunächst ist der Blick jedoch auf den Download als die am meisten genutzte Form des Erwerbs digitaler Unterhaltungsmedien zu richten.348 Ausgehend von dem oben349 gefundenen Ergebnis, dass es sich bei -Books, Musik- und Filmdateien de lege lata um Sachen im Sinne von § 90 E BGB handelt, ist der dem Handel mit diesen Medien zugrunde liegende schuldrechtliche Vertrag ohne Weiteres entweder als Kaufvertrag350 gemäß § 433 BGB oder Werklieferungsvertrag gemäß § 651 BGB351 zu bestimmen 346 Vgl. Jani, in: Wandtke / Ohst, Medienrecht, Bd. 2, Kapitel 1 Rn. 156; Bäcker / Höfinger, Online-Vertrieb digitaler Inhalte: Erstvertrieb, nachgelagerte Nutzungen und nachgelagerte Märkte, ZUM 2013, 623 (624); Ullrich, Alles in einem – die Einräumung eines Nutzungsrechts i. S. d. § 31 Abs. 1 UrhG für einen On-Demand-Dienst im Internet, ZUM 2010, 311; zu verschiedenen technischen Abläufen näher Busch, Zur urheberrechtlichen Einordnung der Nutzung von Streamingangeboten, GRUR 2011, 496 (497 f.); Wandtke / von Gerlach, Die urheberrechtliche Rechtmäßigkeit der Nutzung von Audio-Video Streaminginhalten im Internet, GRUR 2013, 676 ff.; Koch, Der Content bleibt im Netz – gesicherte Werkverwertung durch Streaming-Verfahren, GRUR 2010, 574 ff.; Fangerow / Schulz, Die Nutzung von Angeboten auf www.kino. to – Eine urheberrechtliche Analyse des Film-Streamings im Internet, GRUR 2010, 677 ff.; Czernik, in: Wandtke / Ohst, Medienrecht, Bd. 2, Kapitel 2 Rn. 271 ff. 347 Dazu unten, Kapitel 3 C. X. Ergebnis und kritische Würdigung. 348 Bäcker / Höfinger, Online-Vertrieb digitaler Inhalte: Erstvertrieb, nachgelagerte Nutzungen und nachgelagerte Märkte, ZUM 2013, 623 sprechen auf die Interessenlage der Erwerber anspielend von „Download-to-own“; zu Rechtslage in Bezug auf Streaming siehe unten. Kapitel 3. D. Exkurs: Schuld- und sachenrechtliche Bewertung von Streaming. 349 Kapitel 2 H. Zusammenfassung und Ergebnis. 350 So auch, jedoch ohne dogmatische Herleitung, die h. M., bei der Diskussion um Standardsoftware, siehe etwa OLG Stuttgart, Urteil vom 3.11.2011 – Az. 2 U 49 / 11, ZUM 2012, 811 (813 f.) = juris Rn. 38; Sahin / Haines, Einräumung von Nutzungsrechten im gestuften Vertrieb von Standardsoftware, CR 2005, 241; siehe im Übrigen die Nachweise bei Marly, Softwarerecht, Rn. 691 in Fn. 115. 351 Dazu Maume / Wilser, Viel Lärm um nichts? Zur Anwendung von § 651 BGB auf IT-Verträge, CR 2010, 209 ff. Nach den in diesem Kapitel noch zu findenden Ergebnissen erscheint eine Einordnung als Werklieferungsvertrag wohl weniger zu überzeugen, da zwar eine neue, vorher nicht existente Kopie der Originaldatei des Veräußerers auf der Festplatte des Erwerbers hergestellt wird, die Herstellung jedoch
C. Sachenrechtliche Bewertung des Downloads89
mit der Folge, dass ebenfalls Kaufrecht zur Anwendung gelangt.352 Die aus einem Kaufvertrag erwachsenden Parteipflichten sind durch den Wortlaut der Vorschrift klar bestimmt. Neben der sich aus § 433 Abs. 2 BGB ergebenden, für das hier untersuchte Problem jedoch weniger relevanten Pflicht des Käufers, den Kaufpreis zu entrichten, ist insofern vor allem die in § 433 Abs. 1 S. 1 BGB normierte Pflicht des Verkäufers zu sehen, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum daran zu verschaffen.353 Damit wird auf die im Dritten Buch des BGB, genauer gesagt in den §§ 929 ff. BGB geregelte Übereignung von beweglichen Sachen, einschließlich der Verschaffung des Besitzes, verwiesen.354 Fraglich ist daher, ob die Voraussetzungen der Vorschriften zur Begründung und Übertragung von Eigentum und Besitz, durch welche die faktischen Handelsabläufe rechtlich manifestiert werden, auch beim Handel mit Medien in elektronischer Form erfüllt sind. Gelänge man zu dem Ergebnis, diese zentralen sachenrechtlichen Regeln anwenden zu können, bestünde ein Gleichlauf zwischen den an Unterhaltungsmedien in klassischen und modernen Erscheinungs- und Vertriebsformen bestehenden Rechten. Käme man dagegen zu dem Ergebnis, dass eine oder mehrere Regelung auf den Handel mit E-Books, Musik- und Filmdateien nicht angewendet werden können, bestünde die möglicherweise sinnwidrige Situation, zwar eine Sache im Sinne des § 90 BGB und damit auch des Sachenrechts vorliegen zu haben, nicht Vertragspflicht des Veräußerers ist, vgl. hierzu insbesondere Kapitel 3 B. I. Download sowie die Ausführungen zur Übergabe bei Kapitel 3 C. IV. Die Übergabe im Sinne von § 929 Satz 1 BGB. 352 Für eine Anwendung von § 453 Abs. 1 BGB und damit eine Einordnung als „Kaufvertrag über sonstige Gegenstände“ Haberstumpf, Verkauf immaterieller Güter, NJOZ 2015, 793 (803); zur Rechtsnatur des einem Download zugrunde liegenden Vertrags Butchereit, Rechtliche Aspekte von Entertainmentangeboten und Zusatzdiensten im Mobilfunk, S. 46 ff.; Spindler / Klöhn, Neue Qualifikationsprobleme im E-Commerce, CR 2003, 81 ff.; Diedrich, Typisierung von Softwareverträgen nach der Schuldrechtsreform, CR 2002, 473 ff.; Thewalt, Softwareerstellung als Kaufvertrag mit werkvertraglichem Einschlag, CR 2002, 1 ff. 353 Vgl. hierzu Lutz, Softwarelizenzen und die Natur der Sache, S. 27, der jedoch das Vorliegen einer Übergabe und eine Eigentumsverschaffung ablehnt; so auch Cichon, Internet-Verträge, § 8 Rn. 966 für Software, die jedoch die Möglichkeit, Eigentum an Software zu begründen mangels Sachqualität derselben ablehnt und deshalb meint, die dem Käufer einzuräumende Stellung müsse „eigentumsähnlich“ sein, dazu Rn. 972; siehe auch Beurskens, Vom Sacheigentum zum „virtuellen Eigentum“?, in: Domej u. a., Einheit des Privatrechts, S. 443 (450 f.), der zutreffend feststellt, beim Online-Erwerb von Software, Musik und Filmen reiche die urheberrechtlich relevante Lizenzeinräumung nicht aus, um den dem Geschäft zugrunde liegenden Vertrag zu erfüllen. Erforderlich sei die „Übermittlung der entsprechenden Daten“. 354 Statt aller BeckOK-BGB / Faust, § 433 Rn. 37; Palandt / Weidenkaff, § 433 Rn. 13, 17.
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Kap. 3: Bestehende Rechte an Medien in Dateiform – Die lex lata
auf diese jedoch nicht alle für Sachen geltenden Vorschriften anwenden zu können.
I. Besitz Zunächst gilt das Augenmerk dem Besitz als eine der tragenden Säulen des Sachenrechts.355 Unter diesem in § 854 BGB geregelten Rechtsinstitut versteht man die tatsächliche Sachherrschaft über eine Sache.356 Das darüber hinaus erforderliche subjektive Element eines Besitzwillens357 hängt vom individuell Besitzenden ab und bleibt daher für die vorliegend vorgenommene, abstrakte Betrachtung außer Acht. Dass die Sachherrschaft nicht notwendigerweise in persona ausgeübt werden muss, zeigen die Konstruktionen des mittelbaren Besitzes im Sinne von § 868 BGB und der Besitzdienerschaft gemäß § 855.358 Zu beachten ist ferner, dass unter den Oberbegriff „Besitz“ verschiedene Formen fallen, nämlich unmittelbarer und mittelbarer Besitz sowie Eigen- und Fremdbesitz.359 Diese Unterscheidungen sollen vorliegend jedoch ohne Berücksichtigung bleiben. Die Analyse wird sich auf den unmittelbaren Eigenbesitz beschränken. 1. Ausübung der tatsächlichen Sachherrschaft Zu fragen ist daher zunächst, ob grundsätzlich die Möglichkeit besteht, über E-Books, Musik- und Filmdateien tatsächliche Sachherrschaft auszuüben. Auch diese Beurteilung erfolgt anhand des Maßstabs der Verkehrsan355 Siehe die historischen Untersuchungen zum Besitz von Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 272 ff., der den herausragenden Stellenwert des Besitzes im bürgerlichen Recht betont; zu den historischen Grundlagen des Besitzrechts auch Wolff / Raiser, Sachenrecht, § 4. 356 Statt aller MünchKomm / Joost, Vorbem. zu § 854–§ 872 Rn. 6, § 854 Rn. 3; JurisPK-BGB / Diep, § 854 Rn. 1; Jauernig / Berger, § 854 Rn. 1; Baur / Stürner, § 7 Rn. 5; der einheitlich verwandte Begriff der Sachherrschaft, ist inhaltlich dem der Gewalt im Wortlaut der Norm identisch, siehe dazu BGH, Urteil vom 27.10.1971 – Az. VIII ZR 48 / 70, BGHZ 57, 166 (168) = NJW 1972, 43; MünchKomm / Joost, § 854 Rn. 3; zur Beschränkung von § 854 auf Sachbesitz BeckOK-BGB / Fritzsche, § 854 Rn. 5; jurisPK-BGB / Diep, § 854 Rn. 4 ff. 357 So die h. M.; siehe RG, Urteil vom 2.1.1923 – Az. VII 17 / 22, RGZ 106, 135 (136); Staudinger / Gutzeit, § 854 Rn. 14 ff.; Palandt / Herrler, § 854 Rn. 4; Vieweg / Werner, § 2 Rn. 18 f.; Wolf / Wellenhofer, § 4 Rn. 9; zur a. A., nach der das tatsächliche Einfügen in den Herrschaftsbereich ausreicht vgl. die Nachweise bei Staudinger / Gutzeit, § 854 Rn. 14. 358 BeckOK-BGB / Fritzsche, § 854 Rn. 3; jurisPK-BGB / Diep, § 854 Rn. 14. 359 Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 35.
C. Sachenrechtliche Bewertung des Downloads91
schauung.360 Als erforderlich wird stets die Möglichkeit erachtet, selbst auf die Sache einzuwirken und andere davon auszuschließen.361 Versucht man nun E-Books, Musik- und Filmdateien unter diese den Besitz charakterisierende Voraussetzung zu subsumieren, steht man zunächst keinen größeren Schwierigkeiten dabei gegenüber, die erforderliche Herrschaftsbeziehung bei natürlicher Betrachtung anzunehmen: Demjenigen, der elektronische Medien auf seiner Festplatte gespeichert hat, obliegt ohne Weiteres der Zugriff auf diese entsprechenden Dateien. Gleichzeitig ist es ihm darüber hinaus ebenfalls grundsätzlich problemlos möglich, sicherzustellen, dass niemand ohne seinen Willen seine Bücher liest, seine Musik hört oder seine Filme ansieht, indem er den Zugang zu dem die Dateien enthaltenden Datenträger kontrolliert oder die Dateien durch ein Passwort schützt. Hier bestehen jeweils keine Unterschiede zwischen Büchern, Musik und Filmen in analoger und in digitaler Erscheinungsform. Damit lässt sich ein erstes Ergebnis formulieren: E-Books, Musik- oder Filmdateien können daher im besitzrechtlichen Sinne ohne Unterschied zu ihren analogen Korrelaten beherrscht werden. Daraus ergibt sich die grundsätzlich bestehende Möglichkeit, den Besitz im Sinne von § 854 BGB auf elektronischer Medien, insbesondere in der hier untersuchten Erscheinungsform als Dateien, anzuwenden.362 2. Vereinbarkeit mit besitzrechtlichen Grundsätzen Lässt man dementsprechend eine tatsächliche Sachherrschaft an elektronischen Medien dem Grunde nach zu, ist zur vollständigen Bejahung der Anwendbarkeit des sachenrechtlichen Instituts des Besitzes außerdem erforderlich, dass die speziellen Funktionen des Besitzes mit E-Books, Musik- oder Filmdateien kompatibel sind.363 Grundsätzlich nicht korrekt (und im Übrigen auch nicht sinnvoll) wäre somit, von Besitz im Sinne von § 854 BGB allein aufgrund der Möglichkeit zu sprechen, eine tatsächliche Herrschaftsbeziehung zu einer Sache aufzubauen, während einzelne Funktionen des Besitzes nicht erfüllt sind. Bei der nachfolgenden Überprüfung besitzrechtlicher Grundsätze zur Feststellung, ob an elektronischen Medien dogmatisch vollständiger Be360 Palandt / Herrler, § 854 Rn. 3; Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 854 Rn. 3; jurisPKBGB / Diep, § 854 Rn. 3. 361 Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 854 Rn. 3; jurisPK-BGB / Diep, § 854 Rn. 3; Soergel / Stadler, § 854 Rn. 4; vgl. auch bereits Savigny, Das Recht des Besitzes, § 14, S. 125; zu den weitergehenden Besitzschutzansprüchen siehe sogleich. 362 Anders zu Software, gestützt auf deren angeblich fehlende Körperlichkeit, Cichon, Internet-Verträge, § 8 Rn. 982. 363 Ähnlich MünchKomm / Joost, Vorbem. zu § 854–§ 872 Rn. 13.
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sitz bestehen kann, sollen zwei grundlegend mit dem Besitz verknüpfte Aspekte im Vordergrund stehen, von denen einer für den Besitzer selbst und der andere für alle anderen am Rechtsverkehr Beteiligten von großer Bedeutung ist, die Schutz-364 und die Publizitätsfunktion365 des Besitzes.366 a) Schutzfunktion aa) Darstellung Neben der offensichtlichen (tatsächlichen) Möglichkeit des Gebrauchs367 ist die zentrale (rechtliche) Bedeutung des Besitzes für die Person des Besitzers der Besitzschutz. Durch ihn ist der Besitzer vor dem unberechtigten Zugriff Dritter (verbotene Eigenmacht, § 858 BGB) geschützt. Zwar hat der Besitzschutz an zahlreichen Stellen Einzug in den Normtext des BGB gefunden. Hier sollen jedoch lediglich die zentralen §§ 859 ff. BGB beleuchtet werden.368 Zu nennen sind hier insbesondere die Selbsthilferechte des Besitzers in Form der Besitzwehr gemäß § 859 Abs. 1 BGB und der Besitzkehr gemäß § 859 Abs. 2 BGB sowie das dezentral normierte und an enge Voraussetzungen geknüpfte Notwehrrecht gemäß § 227 BGB.369 Daneben bestehen die possessorischen Besitzschutzansprüche wegen Besitzentziehung und -störung aus § 861 BGB und § 862 BGB sowie die petitorischen Ansprüche gemäß § 1007 Abs. 1 und Abs. 2, die eine prozessuale Geltendmachung des Besitzschutzes ermöglichen.370 bb) Subsumtion Versucht man nun, diese Schutzvorschriften auf E-Books, Musik- oder Filmdateien anzuwenden, so gelingt die Subsumtion erstaunlich leicht. Auf364 Dazu
sogleich, Kapitel 3 C. 2. a) Schutzfunktion. sogleich, Kapitel 3 C. 2. b) Publizitätsfunktion. 366 Eingehend zu den weiteren Funktionen des Besitzes Staudinger / Gutzeit, Vorbem. zu §§ 854–872 Rn. 13 ff.; insbesondere zur häufig als dritte wesentliche, hier jedoch nicht relevanten, genannten Erhaltungsfunktion vgl. jurisPK-BGB / Diep, § 854 Rn. 11; Baur / Stürner, § 6 Rn. 3; Wolf / Wellenhofer, § 4 Rn. 7; Vieweg / Werner, § 2 Rn. 6. 367 jurisPK-BGB / Diep, § 854 Rn. 9. 368 BeckOK-BGB / Fritzsche, § 854 Rn. 10; jurisPK-BGB / Diep, § 854 Rn. 10; MünchKomm / Joost, Vorbem. zu § 854–§ 872 Rn. 14; Baur / Stürner, § 6 Rn. 2; Wolf / Wellenhofer, § 4 Rn. 5; Vieweg / Werner, § 2 Rn. 4; Wilhelm, S. 249, Rn. 514 ff. 369 Baur / Stürner, § 9 Rn. 10 f.; Wilhelm, S. 254 ff., Rn. 523 ff. 370 Baur / Stürner, § 9 Rn. 16, zur Terminologie ebenda, Rn. 17; zu weiteren Normen des Besitzschutzes vgl. die Übersicht bei Wolf / Wellenhofer, § 4 Rn. 5. 365 Dazu
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grund der oben festgestellten, grundsätzlich bestehenden Möglichkeit, Besitz an elektronischen Unterhaltungsmedien zu begründen, ist auch eine Störung und die entsprechende Beseitigung derselben oder der Entzug und die anschließende Wiedereinräumung des Besitzes generell möglich. So sind eine Abwehr- oder gegebenenfalls eine Besitzkehrmaßnahme im Falle eines Angriffs auf die Sachherrschaft des Besitzers von Literatur-, Musik-, oder Filmdateien im Sinne einer Notwehr oder Selbsthilfe des Besitzers zumindest theoretisch gut vorstellbar. Dabei ist ohne Bedeutung, ob sich der Angriff ausschließlich auf die Dateien selbst richtet, oder ob die jeweiligen Datenträger, etwa der E-Book-Reader oder das Smartphone, von dem Angriff ebenfalls betroffen und die Dateien nur „mit“ angegriffen sind. Ein isolierter Angriff auf die Dateien ist etwa in Form eines Hackerangriffs denkbar, während ein mittelbarer Angriff auf die Dateien durch einen unmittelbaren Angriff auf den die Dateien enthaltenden Datenträger371 möglich ist. Dass die technische Umsetzung einer konkreten, praktisch vorzunehmenden Abwehrmaßnahme im Falle eines Hackerangriffs gegebenenfalls mit einigen Schwierigkeiten verbunden sein kann und zumindest technische Laien wohl kaum imstande sein dürften, Entsprechendes zu leisten, spielt keine Rolle. Durch die Zuhilfenahme Dritter, etwa die Verwendung eines zur Abwehr entsprechender Angriffe konzipierten Anti-Viren-Programms, ist die Vornahme geeigneter Schutzhandlungen letztlich doch für jedermann möglich. Ebenso unproblematisch ist die Anwendbarkeit der Ansprüche wegen Besitzentziehung und -störung auf die in Rede stehenden Güter, da hier neben der unrechtmäßigen Störung bzw. dem verbotenen Entzug des Besitzes keine weiteren die Dogmatik des Besitzes betreffenden Voraussetzungen an das Bestehen der Ansprüche geknüpft sind. Somit ist festzustellen, dass auch die dem Besitz anhaftende Schutzfunktion bei der Subsumtion von Medien in Dateiform erfüllt ist. b) Publizitätsfunktion aa) Darstellung Für den Rechtsverkehr erfüllt der Besitz hingegen eine andere wichtige Funktion, welche zugleich einen sachenrechtlichen Grundsatz darstellt: Publizität.372 Darunter versteht man die äußere Erkennbarkeit der dinglichen 371 Zum
Beispiel durch eine gewaltsame Wegnahme des Datenträgers. etwa Staudinger / Gutzeit, Vorbem. zu §§ 854–872 Rn. 27 („Zeichenfunktion“); MünchKomm / Joost, Vorbem. zu § 854–§ 872 Rn. 13; BeckOK-BGB / Fritzsche, § 854 Rn. 11; jurisPK-BGB / Diep, § 854 Rn. 9, 12; Hk-BGB / Schulte-Nölke, 372 Vgl.
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Zuordnung einer Sache zu einer Person.373 Bereits jetzt ist festzustellen, dass Besitz nicht permanent für Publizität sorgt bzw. sorgen muss, sondern die Publizitätswirkung gewissermaßen latent ist.374 Dies ist dem Umstand geschuldet, dass jeder unmittelbare Besitz zwar grundsätzlich Publizitätswirkung entfalten kann, dies jedoch solange nicht tut, wie er im Verborgenen ausgeübt wird. Erst mit Sichtbarwerden für Dritte375 kommt das ab strakte Publizitätspotential zur Geltung und verdichtet sich zu einer konkreten Publizitätswirkung. Diese wird unterschieden in die Übertragungswirkung, die Gutglaubenswirkung und die prozessuale Vermutungswirkung des Besitzes,376 die zwar bereits an dieser Stelle dargestellt, jedoch erst im Laufe der Arbeit an den relevanten Stellen detailliert untersucht werden sollen. (1) Übertragungswirkung Vielfach wird konstatiert, im Recht der beweglichen Sachen solle die Besitzübertragung die rechtsgeschäftliche Verfügungen äußerlich sichtbar machen.377 Dies komme im Gesetz durch das Übergabeerfordernis in § 929 BGB für die Übereignung, in § 1032 BGB für den Nießbrauch und in § 1205 BGB für das Pfandrecht zum Ausdruck.378 Die nachfolgende Betrachtung wird sich auf die hier relevante Übergabe im Rahmen der Übereignung gemäß §§ 929 ff. BGB beschränken. Inwieweit der Übergabe insofern tatsächlich eine Übertragungswirkung zukommt, wird die Untersuchung zeigen.379
Vorbem. zu §§ 854–872 Rn. 3; Baur / Stürner, § 4 Rn. 9, § 6 Rn. 10; Wieling, § 3 I b; Wolf / Wellenhofer, § 4 Rn. 6; Vieweg / Werner, § 2 Rn. 5; darstellend Walz, Sachenrechtliches Systemdenken im Wandel, KritV 1990, 374 (386); eingehend zur Problematik Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, passim; ebenfalls kritisch Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 277 ff. 373 jurisPK-BGB / Diep, § 854 Rn. 12; Staudinger / Gutzeit, Vorbem. zu §§ 854–872 Rn. 27; siehe auch Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 13 und eingehend 244 ff. sowie Wilhelm, S. 27 Rn. 43. 374 Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 36 ff. 375 Zur Zielrichtung der Publizität siehe unten, Kapitel 3 C. VI. 3. d) bb) Die persönliche Zielrichtung der Publizität. 376 Staudinger / Gutzeit, Vorbem. zu §§ 854–872 Rn. 27; Baur / Stürner, § 4 Rn. 9; umfassend und sehr kritisch zu den einzelnen vermeintlichen Publizitätswirkungen Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, passim. 377 Staudinger / Gutzeit, Vorbem. zu §§ 854–872 Rn. 27; Staudinger / Seiler, Einl. zum Sachenrecht, Rn. 57; Baur / Stürner, § 4 Rn. 10 f. 378 So Staudinger / Seiler, Einl. zum Sachenrecht, Rn. 57; Baur / Stürner, § 4 Rn. 10. 379 Unten, Kapitel 3 C. VI. 3. d) Vereinbarkeit mit dem Publizitätsgrundsatz.
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(2) Gutglaubenswirkung Daneben führt der Besitz an beweglichen Sachen zu der Möglichkeit, eine bewegliche Sache auch von einem Nichtberechtigten kraft guten Glaubens an dessen scheinbare Eigentümerstellung gemäß §§ 932 ff. BGB zu erwerben.380 Hintergrund dieses den Erwerber auf Kosten des Eigentümers schützenden Instituts ist der Umstand, dass man Besitz äußerlich wahrnehmen kann, Eigentum hingegen nicht. Insofern wird der Glaube an das, was man „mit seinen eigenen Augen sehen“ kann, geschützt, denn der nichtberechtigte Veräußerer ist kraft seines Besitzes befähigt, die Erfordernisse der Übereignung zu erfüllen.381 Aus diesem Grund besteht ein durch den Besitz begründeter Rechtsschein des Eigentums.382 (3) Vermutungswirkung Schließlich ist die prozessuale Vermutungswirkung des Besitzes zu sehen, deren prominenteste Ausprägung § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellt.383 Die Vorschrift enthält entgegen ihres etwas unglücklich formulierten Wortlauts keine Rechtszustandsvermutung, nach welcher jeder Besitzer für den Eigentümer zu halten ist.384 Sie hat indessen vielmehr die Vermutung zum Inhalt, der Besitzer habe mit der Begründung des Eigenbesitzes zugleich auch das Eigentum erworben.385 Seiner Natur als Beweislastregelung entsprechend 380 Staudinger / Gutzeit, Vorbem. zu §§ 854–872 Rn. 27; vgl. auch Mot. III, S. 344 = Mugdan III, S. 191; dazu eingehend unten, Kapitel 3 C. IX. Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten. 381 Mot. III, S. 344 = Mugdan III, S. 191; Staudinger / Wiegand, Vorbem. zu §§ 932–936 Rn. 12. 382 BGH, Urteil vom 5.5.1971 – Az. VIII ZR 217 / 69, BGHZ 56, 123 (128) = juris Rn. 23; Staudinger / Seiler, Einl. zum Sachenrecht, Rn. 58; vgl. auch Mot. III, S. 346 = Mugdan III, S. 192. 383 Zur Vermutungswirkung des Besitzes in anderen Bereichen des BGB vgl. etwa § 1117 Abs. 3 BGB, § 1253 Abs. 2 BGB, § 1362 BGB; siehe dazu auch Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 28. 384 BGH, Urteil vom 19.12.1994 – Az. II ZR 4 / 94, NJW 1995, 1292 (1293 f.); BGH, Urteil vom 19.1.1994 – Az. IV ZR 207 / 92, NJW 1994, 939; Staudinger / Gursky, § 1006 Rn. 7 m.N. für eben diese Auffassung; Palandt / Herrler, § 1006 Rn. 4; Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 291; Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 158; Stagl, Gutgläubiger Fahrniserwerb als ‚sofortige Ersitzung‘, AcP 211 (2011), 530 (541). 385 BGH, Urteil vom 9.7.1975 – Az. VIII ZR 89 / 74, BGHZ 64, 395 (396) = NJW 1975, 1699 (1700); BGH, Urteil vom 16.10.2003 – Az. IX ZR 55 / 02, BGHZ 156, 310 (315 f.) = NJW 2004, 217 (219); BGH, Urteil vom 8.7.1964 – Az. VIII ZR 63 / 63, WM 1964, 1026 (1027); MünchKomm / Baldus, § 1006 Rn. 42; Palandt / Herrler, § 1006 Rn. 4; Stagl, Gutgläubiger Fahrniserwerb als ‚sofortige Ersitzung‘, AcP 211
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kommt § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB im Prozess zum Tragen und verkürzt die Darlegungs- und Beweislast des beklagten Besitzers insofern, als dieser nicht seinen Eigentumserwerb beweisen, sondern lediglich den deutlich leichter zu führenden Nachweis erworbenen (Eigen-)Besitzes386 führen muss, um sonach die Vermutung gleichzeitig erworbenen Eigentums für sich streiten zu lassen.387 Dass die Eigentümerstellung andauert, wird erst aufgrund der allgemeinen Rechtsfortdauervermutung unterstellt.388 Angewendet auf das einem gutgläubigen Erwerb zugrunde liegende Dreipersonenverhältnis bezieht sich die normierte Vermutung – insofern ist der Wortlaut wiederum eindeutig – nicht auf den Veräußerer, sondern gilt für den (jetzigen) Besitzer, also den Erwerber389. bb) Subsumtion An dieser Stelle soll zunächst lediglich überprüft werden, ob die Begründung von Besitz an elektronischen Unterhaltungsmedien grundsätzlich Publizitätswirkung entfaltet. Auf die sich hinsichtlich der Übertragungswirkung und der Gutglaubenswirkung ergebenden problematischen Aspekte wird unten noch einzugehen sein.390 Jedoch scheinen sich bereits bei Betrachtung der Publizität von Begründung und Innehabung von Besitz an elektronischen Medien erste Probleme zu ergeben. Auf den ersten Blick erscheint zweifelhaft, ob man dem Besitz an einem E-Book, bzw. einer Musik- oder Filmdatei tatsächlich dieselbe – vermeintliche – Signalwirkung attestieren kann, wie dem Besitz an denselben Medien in ihren analogen Erscheinungsformen. Die Bedenken ergeben sich daraus, dass die Sachherrschaft über E-Books, Musik- und Filmdateien im Vergleich zu den gleichen Medien in klassischem Gewand gewissermaßen „versteck(2011), 530 (541 f.); kritisch zu den verschiedenen Vermutungsrichtungen der „h. M.“ bei § 1006 BGB Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 157 ff.; Stagl, Gutgläubiger Fahrniserwerb als ‚sofortige Ersitzung‘, AcP 211 (2011), 530 (541 f.); Westermann / Gursky / Eickmann, § 45 Rn. 6. 386 Für den Fremdbesitzer gilt die Vermutung nicht, vgl. MünchKomm / Baldus, § 1006 Rn. 45. 387 Staudinger / Seiler, Einl. zum Sachenrecht, Rn. 59; Palandt / Herrler, § 1006 Rn. 1; Baur / Stürner, § 4 Rn. 12. 388 BGH, Urteil vom 19.12.1994 – Az. II ZR 4 / 94, NJW 1995, 1292 (1293); MünchKomm / Baldus, § 1006 Rn. 42; Palandt / Herrler, § 1006 Rn. 5. 389 So auch Stagl, Gutgläubiger Fahrniserwerb als ‚sofortige Ersitzung‘, AcP 211 (2011), 530 (542). 390 Siehe Kapitel 3 C. VI. 3. d) Vereinbarkeit mit dem Publizitätsgrundsatz zur Übertragungswirkung und Kapitel 3 C. IX. Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten zur Gutglaubenswirkung.
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ter“ erscheint.391 Es ist für Dritte nicht ohne Weiteres erkennbar, dass bzw. ob jemand Besitz an einer Datei hat.392 Bei genauerer Betrachtung erweist sich dies jedoch als Scheinproblem. Auch ein auf einem E-Book-Reader gespeichertes E-Book oder ein klassisches papiergebundenes Buch kann etwa in einer Manteltasche verstaut und dadurch für Dritte nicht sichtbar sein.393 Gleichwohl würde niemand auf die (irrige) Idee kommen, in diesem Fall aufgrund nicht bestehender Publizität den Besitz an dem E-Book oder dem Buch abzulehnen, oder – sofern so etwas denn überhaupt möglich ist – nur unvollständigen Besitz anzunehmen.394 Ebenfalls irrelevant ist, ob sich die Person des Besitzers ohne Weiteres bei dem Betrachten einer Sache ergibt, oder ob sich diese erst durch eine Überprüfung ermitteln lässt. Das Beispiel eines in Abwesenheit des Besitzers an einem Laternenpfahl festgeschlossenen Fahrrads verdeutlicht, dass die Identität des Besitzers nicht offenkundig sein muss, um die grundsätzliche Publizitätswirkung des Besitzes zu gewährleisten. Auf den ersten Blick zu erkennen ist in diesem Beispiel nur, dass wegen des Schlosses dem Anschein nach irgendjemand (gelockerten) Besitz an dem Rad hat. Die Identität des Besitzers bleibt indes unklar. In solchen Fällen bedeutet die Publizität des Besitzes nur eine allgemeine und in Ermangelung der entsprechenden Identität nicht konkret personenbezogene Vermutung des Eigentums für den unbekannten Besitzer. Damit lässt sich folgende Feststellung treffen, die auch für den Besitz an elektronischen Medien gilt: Die ständige Erkennbarkeit des Besitzes bzw. des Besitzers ist nicht konstitutive Voraussetzung für die an den Besitz geknüpfte Publizitätswirkung. Wie schwierig oder leicht, selten oder häufig der Besitz für den Rechtsverkehr erkennbar ist, spielt keine Rolle. Im Übrigen ergeben sich in Bezug auf die Begründung und Ausübung von Besitz an elektronischen Medien zunächst keine Unterschiede hinsichtlich der Publizität im Vergleich zum Besitz an Medien in analoger Erscheinungsform.
391 Dazu ebenfalls noch unten, Kapitel 3 C. VI. 3. d) bb) Die persönliche Zielrichtung der Publizität. 392 In diese Richtung auch, jedoch zu virtuellen Gegenständen Striezel, Der Handel mit virtuellen Gegenständen aus Onlinewelten, S. 242. 393 So und dazu auch Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 36. 394 Vgl. hierzu bereits Wacke, Das Besitzkonstitut, S. 28 f. der konstatiert: „Niemand wird ernsthaft bestreiten wollen, daß auch nicht erkennbare Sachenrechte Drittwirkung entfalten können (…)“.
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3. Zwischenergebnis Die vorangegangene Untersuchung hat zum Ergebnis, dass die Begründung und Ausübung von Besitz an E-Books, Musik- und Filmdateien möglich ist. Über entsprechende Dateien kann daher in gleichem Maße wie bei den herkömmlichen Erscheinungsformen derselben Medien tatsächliche Sachherrschaft ausgeübt werden. Auch unter die Funktionen des Besitzes lässt sich die Sachherrschaft an Dateien sinnvoll subsumieren. Das zentrale sachenrechtliche Institut des Besitzes ist damit insgesamt de lege lata auf die moderne Erscheinung elektronischer Medien ohne systematische Widersprüche anwendbar.
II. Eigentum Die zweite tragende Säule im Sachenrecht stellt das besonders wichtige Eigentumsrecht dar.395 Im Gegensatz zum Besitz als tatsächliche Sachherrschaft, bedeutet das Eigentum die rechtliche Herrschaft über eine Sache.396 § 903 BGB regelt insofern sowohl positive als auch negative Befugnisse des Eigentümers.397 Hinsichtlich der positiven Seite sieht das Gesetz die umfassende Befugnis des Eigentümers vor, mit seinen Sachen „nach Belieben verfahren“ zu können, das heißt, sie etwa zu veräußern, zu benutzen oder gar zu zerstören.398 Die negativen Befugnisse des Eigentümers ermöglichen ihm, Dritte von der Einwirkung auszuschließen, insbesondere also die Benutzung oder Zerstörung zu untersagen.399 Rechtstechnisch umgesetzt sind diese Befugnisse des Eigentümers etwa im Herausgabeanspruch nach § 985 BGB, den Schadens- und Nutzungsersatzansprüchen in §§ 987 ff. BGB sowie im zentralen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch, § 1004 BGB.400
395 Zum Verhältnis von § 903 BGB zu Art. 14 GG und den Schranken des Eigentums siehe MünchKomm / Brückner, § 903 Rn. 4 ff., 30 ff.; Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 903 Rn. 2 ff.; jurisPK-BGB / Rösch, § 903 Rn. 2 f.; Baur / Stürner, § 24 Rn. 6 f. 396 So bereits Puchta, Pandekten, S. 216 f.; aus der aktuellen Literatur BeckOKBGB / Fritzsche, § 854 Rn. 3; Leipold, BGB I, § 7 Rn. 1, S. 68; Vieweg / Werner, § 2 Rn. 2, § 3 Rn. 3. 397 jurisPK-BGB / Rösch, § 903 Rn. 54 ff.; MünchKomm / Brückner, § 903 Rn. 12, 22 ff.; Jauernig / Berger, § 903 Rn. 2 f.; Wolf / Wellenhofer, § 2 Rn. 3 f. 398 MünchKomm / Brückner, § 903 Rn. 12, 23; jurisPK-BGB / Rösch, § 903 Rn. 55; Jauernig / Berger, § 903 Rn. 2; Baur / Stürner, § 24 Rn. 5; Wolf / Wellenhofer, § 2 Rn. 3. 399 MünchKomm / Brückner, § 903 Rn. 12, 24; jurisPK-BGB / Rösch, § 903 Rn. 56; Jauernig / Berger, § 903 Rn. 3; Wolf / Wellenhofer, § 2 Rn. 4. 400 Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 903 Rn. 1; jurisPK-BGB / Rösch, § 903 Rn. 57; Jauernig / Berger, § 903 Rn. 3.
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1. Relevanz der Diskussion zu virtuellen Gütern in virtuellen Welten Die umfangreiche im Schrifttum geführte,401 ebenfalls mitunter detailliert auf die Anwendbarkeit des Eigentumsrechts eingehende Debatte zur Frage nach der Rechtsnatur von virtuellen Gütern aus virtuellen Welten und den an solchen bestehenden Rechten hat im Zusammenhang mit dem vorliegend untersuchten Problem keine weiterführende Bedeutung. Der zentrale Unterschied zwischen den dort behandelten Fällen und dem hier untersuchten Problem liegt darin, dass virtuelle Güter fiktiv und damit nicht in der realen Welt existent sind, während E-Books, Musik- und Filmdateien real und lediglich moderne Erscheinungsformen schon immer da gewesener Medien sind.402 Ein Regenschirm in Second Life schützt eben nicht tatsächlich, sondern nur fiktiv vor Regen, während das Lesen eines E-Books im Vergleich zu dessen gedrucktem Pendant – abgesehen von persönlichen Vorlieben wie dem Gefühl und dem Geruch von echtem Papier – ein und dasselbe Lese erlebnis bieten.403 2. Subsumierbarkeit von E-Books, Musik- und Filmdateien Parallel zur Prüfung des Besitzes404 erscheint zunächst fraglich, ob dem Grunde nach Eigentum an E-Books, Musik- und Filmdateien begründet werden kann. Bei näherer Betrachtung gelangt man jedoch rasch zu der Feststellung, dass die Begründung von Eigentum im Sinne von § 903 BGB an den fraglichen Dateien nicht weniger als die logische Konsequenz der hier vertretenen Ansicht ist, elektronische Unterhaltungsmedien seien Sachen gemäß § 90 BGB, da Eigentum nur an Sachen im Sinne von § 90 BGB bestehen kann.405 Durch diesen Verweis von § 903 BGB auf § 90 BGB ist auch der Rückschluss in die andere Richtung möglich, also von § 90 BGB auf § 903
401 Siehe etwa Berberich, Virtuelles Eigentum; Preuß, Rechtlich geschützte Inte ressen an virtuellen Gütern; Büchner, Die rechtlichen Grundlagen der Übertragung virtueller Güter; Nänni, Märkte virtueller Welten; Schneider, Virtuelle Werte; Striezel, Der Handel mit virtuellen Gegenständen aus Onlinewelten; Schrader, Der Handel mit virtuellen Gütern, in: Leible / Sosnitza, Onlinerecht 2.0, S. 93 ff.; Hermes, Games: Aktuelle Rechtsfragen zum Handel mit virtuellen Gegenständen, GRUR-Prax 2013, 400 ff.; Wemmer / Bodensick, Virtueller Handel – Geld und Spiele, K&R 2004, 432 ff.; Pszolla, Virtuelle Gegenstände als Objekte der Rechtsordnung, JurPC Web-Dok. 17 / 2009. 402 Siehe so schon oben, Kapitel 1 D. Stand der Forschung. 403 Dies konstatiert auch Erlank, Books, Apps, Movies and Music – Ownership of Virtual Property in the Digital Library, EPLJ 2013, 194 (197) Fn. 10. 404 Soeben, Kapitel 3 B. I. Besitz. 405 jurisPK-BGB / Rösch, § 903 Rn. 13; Jauernig / Berger, § 903 Rn. 1.
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BGB.406 Liegt also eine Sache im Sinne von § 90 BGB vor, übt – abgesehen von der Ausnahme der Herrenlosigkeit – grundsätzlich irgendjemand die rechtliche Herrschaft über diese Sache aus. Gegen die grundsätzliche Vereinbarkeit des Eigentumsrechts mit elektronischen Unterhaltungsmedien bestehen daher nicht nur keine Bedenken, sie ist sogar unmittelbare Folge der vorliegenden Sachqualität.407 Neben der Begründung des Besitzes ist somit auch die Begründung von Eigentum im Sinne von § 903 BGB an E-Books, Musik- und Filmdateien grundsätzlich möglich.408
III. Übereignung gemäß § 929 Satz 1 BGB: Dingliche Einigung Demgegenüber wirft die Prüfung der Übertragung des an elektronischen Unterhaltungsmedien bestehenden Eigentums einige Fragen auf. Im Fokus steht zunächst die Grundvorschrift des § 929 Satz 1 BGB. Bereits die danach erforderliche dingliche Einigung über den Übergang des Eigentums vom Veräußerer auf den Erwerber im Falle von E-Books, Musik- und Filmdateien bereitet gewisse Schwierigkeiten. Problematisch ist insofern, dass der Erwerber als Konsequenz aus der zu einer Duplizierung der Ausgangsdatei führenden Übertragungsform des Downloads, das Eigentum an einer anderen Datei erlangt, als an derjenigen des Veräußerers. Die vom Erwerber heruntergeladene Datei befand sich also augenscheinlich zu keinem Zeitpunkt im Eigentum des Veräußerers. Ob dieser Umstand die Anwendung von § 929 Satz 1 BGB auf die vorliegend untersuchten Fälle ausschließt, ist durch Auslegung dieser Rechtsregel zu bestimmten.409 1. Grammatikalische Auslegung § 929 Satz 1 BGB normiert die Voraussetzungen zur „Übertragung“ des Eigentums an beweglichen Sachen, welches vom Veräußerer auf den Erwer406 Dazu Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 1, S. 759 („Als Gegenstand des Eigenthums ist eine körperliche Sache bezeichnet worden.“). 407 Konsequent, aufgrund abgelehnter Sachqualität, verneinend etwa Wemmer / Bodensick, Virtueller Handel – Geld und Spiele, K&R 2004, 432 (436). 408 So auch mit Verweis auf die UsedSoft-Entscheidung des EuGH Neuber, Online-Erschöpfung doch nur für Software?, WRP 2014, 1274 (1277). 409 Die Untersuchung bezieht sich freilich auf den Fall des Erwerbs vom Berechtigten; ein gutgläubiger Erwerb gemäß § 932 Abs. 1 BGB, welcher grundsätzlich infrage kommt, wenn die veräußerte Sache nicht im Eigentum des Veräußerers stand, soll hier außer Acht bleiben.
C. Sachenrechtliche Bewertung des Downloads101
ber „übergehen“ soll. Die Begriffe des Übertragens und des Übergehens legen nahe, dass der Veräußerer vor der Übereignung Eigentümer der veräußerten Sache gewesen sein muss. Nur in diesem Fall würde das Eigentum dem eigentlichen Wortsinne nach vom Veräußerer zum Erwerber „hinüber getragen“ bzw. „hinübergehen“. Um auch Vorgänge wie den Download digitaler Medien zu erfassen, bei welchen der Veräußerer vor der Übereignung kein Eigentum an der konkret übertragenen Datei hatte, wäre eine Formulierung der Norm unter Verwendung der Begriffe des „Verschaffens“410 oder „Einräumens“ besser geeignet.411 Der Wortlaut von § 929 Satz 1 BGB spricht daher dafür, vorheriges Eigentum des Veräußerers an der veräußerten Sache vorauszusetzen. 2. Historische Auslegung An dieser Stelle ist der zu erwartende Erkenntnisgewinn durch eine historische Auslegung eher gering, da es zur Zeit der Entstehung des BGB natürlich noch keinen Online-Handel gab und entsprechende Gedanken folglich nicht bei der Formulierung der Vorschriften Berücksichtigung gefunden haben können. Zwar wird in den Motiven der Veräußerer auch „bisheriger Eigentümer“ genannt.412 Den damaligen technischen Möglichkeiten und den daraus resultierenden Handelsgeschäften entsprechend, kann daraus jedoch nicht geschlossen werden, dass Fälle wie der vorliegend untersuche Online-Handel mit digitalen Medien in Dateiform von den Vorschriften über die rechtsgeschäftliche Eigentumsübertragung ausgeschlossen sein sollte. Die Motive zum BGB können daher zur Klärung der hier aufgeworfenen Frage nicht fruchtbar gemacht werden.413 Jedenfalls führt die historische Auslegung somit nicht zum Ausschluss der Anwendbarkeit von § 929 Satz 1 BGB auf Dateien. 3. Systematische Auslegung Betrachtet man die dingliche Einigung im systematischen Kontext, ist ihr enger Bezug zu § 433 BGB zu sehen. Sie erfolgt nämlich regelmäßig in Erfüllung der Pflicht aus einem Kaufvertrag zur Übereignung der veräußerten 410 Dieser Ausdruck findet sich in § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB; dazu sogleich, Kapitel 3 C. III. 3. Systematische Auslegung. 411 Vgl. zur parallelen Problematik im Rahmen der Übergabe unten, Kapitel 3 C. VI. 1. Grammatikalische Auslegung; zur lex ferenda unten, Kapitel 6 B. I. Der Download als Übergabe. 412 Mot. III, S. 333 = Mugdan III, S. 184. 413 Vgl. die im Ergebnis gleiche historische Auslegung des Übergabeerfordernisses unten, Kapitel 3 C. VI. 2. Historische Auslegung.
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Sache.414 Gemäß § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Verkäufer jedoch lediglich verpflichtet, dem Käufer das Eigentum an der Sache zu „verschaffen“. „Verschaffung“ bedeutet jedoch nicht, dass der Veräußerer der verkauften Sache vor der Übereignung auch deren Eigentümer gewesen sein muss.415 Vielmehr bezieht sich die Vorschrift auf die beim Erwerber herzustellende Rechtsposition. Ob die veräußerte Sache einen Rechtsvorgänger hat oder nicht, ist für die in Erfüllung des Kaufvertrags vorgenommene Übereignung somit ohne Belang. Der Umstand, dass die Datei zum Zeitpunkt des dinglichen Vertragsschlusses noch nicht existiert, ist für sich genommen nicht bedenklich. Eine solche antizipierte Form der Einigung ist gemeinhin anerkannt und mit dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgebot ohne Weiteres vereinbar.416 Die dingliche Einigung der beteiligten Parteien bezieht sich insofern auf die konkrete beim Erwerber im Wege des Downloads herzustellende Datei.417 Es stehen daher keine systematischen Bedenken einer Anwendung von § 929 Satz 1 BGB auf den Online-Handel mit E-Books, Musik- und Film dateien entgegen. 4. Teleologische Auslegung Auch hinsichtlich des Sinnes und Zweckes der im Rahmen von § 929 Satz 1 BGB erklärten dinglichen Einigung bestehen keine durchgreifenden Bedenken hinsichtlich einer Anwendung auf den Handel mit E-Books, Musik- und Filmdateien. Das vorrangig mit einer Übereignung angestrebte Ziel ist, den Käufer einer Sache in Erfüllung des Kaufvertrags zum Eigentümer der verkauften Sache zu machen. Dieses Ziel wird beim Handel mit digitalen Unterhaltungsmedien ohne weiteres erreicht. Wie schon in Bezug auf die Gesetzessystematik erwähnt,418 spielt die rechtliche Vorgeschichte der übereigneten 414 Siehe statt aller MünchKomm / Westermann, § 433 Rn. 42, 47; Staudinger / Beckmann, § 433 Rn. 116; Jauernig / Berger, § 433 Rn. 19. 415 Vgl. etwa MünchKomm / Westermann, § 433 Rn. 49; Staudinger / Beckmann, § 433 Rn. 116. 416 Siehe nur BGH, Urteil vom 16.6.1956 – Az. IV ZR 24 / 56, BGHZ 21, 52 (56) = NJW 1956, 1315 (1316); BGH, Urteil vom 14.7.1952 – IV ZR 1 / 52, BGHZ 7, 111 (115) = NJW 1952, 1169 (1170); exemplarisch Staudinger / Wiegand, § 929 Rn. 80 ff.; MünchKomm / Oechsler, Anh. zu §§ 929–936 Rn. 8; jurisPK-BGB / Beckmann, § 929 Rn. 52; Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 929 Rn. 5 erwähnt den Fall, dass eine erst noch vom Veräußerer zu erwerbende Sache übereignet wird. 417 Anders offenbar Kubach, Musik aus zweiter Hand, CR 2013, 279 ff.; siehe zu diesem Aspekt auch unten im Zusammenhang mit der Übergabe, Kapitel 3 C. VI. 3. Systematische Auslegung. 418 Vgl. soeben, Kapitel 2 E. III. Systematische Auslegung.
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Sache dabei keine Rolle. Es ist mithin nicht ersichtlich, warum eine dingliche Einigung lediglich aus dem Grund unwirksam sein sollte, dass der Veräußerer keine Rechtsposition verliert. Der Verlust der Eigentümerstellung ist vielmehr lediglich ein Reflex bei der Übereignung all derjenigen Gegenstände, die sich nicht im Zuge des Übertragungsvorgangs duplizieren lassen.419 5. Zwischenergebnis Insgesamt werden die bei Betrachtung des Wortlauts von § 929 Satz 1 BGB ersichtlichen Bedenken weder bei historischer, noch bei systematischer oder teleologischer Auslegung der Vorschrift bestätigt. Es handelt sich daher wohl um eine auf den historischen Kontext zurückzuführende Wortwahl, die aus heutiger Sicht ungenau erscheint. Der Umstand, dass der Erwerber Eigentum an einem Duplikat der Datei des Veräußerers erwirbt und dieser folglich nie Eigentum an der vom Erwerber heruntergeladenen Datei hatte, steht einer dinglichen Einigung gemäß § 929 Satz 1 BGB mit Bezug auf die Übereignung dieser Datei mithin nicht entgegen.
IV. Die Übergabe im Sinne von § 929 Satz 1 BGB Auch die Prüfung der zweiten Voraussetzung im Rahmen von § 929 Satz 1 BGB, der Übergabe, erweist sich als problematisch. Der Vergleich mit klassischen Erscheinungs- und Vertriebsformen von Medien offenbart die hier bestehenden Schwierigkeiten. Der Umstand, dass § 929 Satz 1 BGB neben der dinglichen Einigung überhaupt die Übergabe für die Übertragung des Eigentums erfordert, ist Ausdruck dafür, dass das deutsche Recht im Rahmen der Übereignung einer beweglichen Sache nicht dem sogenannten Konsens prinzip, sondern dem (eingeschränkten420) Traditionsprinzip folgt.421 Dies erhebt die Übergabe im Rahmen der Übereignung einer beweglichen Sache 419 Dazu
eingehend unten, Kapitel 6 C. I. 1. „Kopieren“ statt „Verschieben“. Einschränkung liegt etwa in der brevi manu traditio gemäß § 929 Satz 2 BGB (dagegen Wilhelm, S. 412, Rn. 858) oder den gesetzlich zugelassenen Übergabesurrogaten § 930 und § 931 BGB, vgl. dazu Martinek, Traditionsprinzip und Geheißerwerb, AcP 188 (1988) 573 (580 f.); BeckOK-BGB / Kindl, § 929 Rn. 5; jurisPKBGB / Beckmann, § 930 Rn. 1; Baur / Stürner, § 51 Rn. 3; Süß, Das Traditionsprinzip, FS Wolff, S. 141 (151). 421 MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 2; Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 929 Rn. 2 f.; Wilhelm, S. 412, Rn. 858; vgl. zum Konsensprinzip etwa Art. 1138 Code Civil („L’obligation de livrer la chose est parfaite par le seul consentement des parties contractantes.“); zum Eigentumserwerb im deutsch-französischen Vergleich siehe bereits v. Tuhr, Eigenthumserwerb an Mobilien nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch verglichen mit dem Rechte des Code Civil, Zeitschrift für französisches Civilrecht 30 (1899), 527 (529); grundlegend zum Konsens- und Traditionsprinzip Michaels, Sach420 Die
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neben der dinglichen Einigung zu einer eigenständigen Tatbestandsvoraussetzung.422 1. Wesen und Zweck der Übergabe Die Übergabe im Sinne von § 929 Satz 1 BGB ist die in Vollziehung der Übereignung423 stattfindende Übertragung des Besitzes vom Veräußerer auf den Erwerber.424 Sie ist nicht Rechtsgeschäft, sondern Realakt.425 Im Vergleich zu der nicht äußerlich sichtbaren Einigung, offenbart die Übergabe die Veränderung der Eigentumslage nach außen – zumindest theoretisch426.427 Gleichwohl ist die Manifestation des Publizitätsgrundsatzes nicht ihr primärer Zweck.428 Ein entsprechender Rückschluss von einer Übergabe auf eine Eigentumsveränderung wäre nämlich nicht zwingend und deshalb voreilig. Auch im Rahmen einiger schuldrechtlicher Verpflichtungen429 findet eine Übergabe statt, während die Eigentumslage unverändert bleibt.430 Demgegenüber dient die Übergabe vielmehr vor allem dazu, „den ernstlichen Willen festzustellen, dass eine dingliche Wirkung beabsichtigt sei“ und verknüpft diesen mit einem formellen Akt.431 Im Vergleich zur gegebenenfalls übereilt
zuordnung durch Kaufvertrag, S. 35 ff., jeweils mit Beispielen; vgl. auch Mot. III, S. 333 = Mugdan III, S. 185. 422 Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 929 Rn. 2; Martinek, Traditionsprinzip und Geheißerwerb, AcP 188 (1988) 573 (577). 423 BGH, Urteil vom 29.9.1959 – Az. VIII ZR 95 / 58, NJW 1959, 2206 (zu § 933 BGB); Palandt / Herrler, § 929 Rn. 11 ff.; Jauernig / Berger, § 929 Rn. 8. 424 Wolf / Wellenhofer, § 7 Rn. 7; differenzierend zwischen Übergabe und Besitzverschaffung MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 48. 425 Allgemein unbestrittene Ansicht, siehe anstatt aller Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 929 Rn. 10; Jauernig / Berger, § 929 Rn. 8. 426 Zur nicht durchgehenden Erkennbarkeit der Herrschaftsverhältnisse in Bezug auf eine Sache bereits oben, Kapitel 3 C. I. 2. b) Publizitätsfunktion. 427 Staudinger / Seiler, Einl. zum Sachenrecht, Rn. 57; Wolf / Wellenhofer, § 7 Rn. 7; Martinek, Traditionsprinzip und Geheißerwerb, AcP 188 (1988), 573 (576, 599); kritisch und anschaulich auch Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 278 f. 428 Prot. S. 3681 = Mugdan III, S. 624; dazu auch MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 3; Staudinger / Wiegand, Vorbem. zu §§ 929–931 Rn. 21; jurisPK-BGB / Beckmann, § 929 Rn. 41, 52. 429 Zu denken ist etwa an die Miete, die Leihe, die Verwahrung oder auch eine Nacherfüllung im Rahmen eines Kauf oder Werkvertrags. 430 Vgl. bereits v. Tuhr, Eigenthumserwerb an Mobilien nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch verglichen mit dem Rechte des Code Civil, Zeitschrift für französisches Civilrecht 30 (1899), 527 (529); MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 3; Lieder, Die rechtsgeschäftliche Sukzession, S. 388 (darstellend), 393; in diesem Sinne auch Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 43, 61, 328.
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erfolgten dinglichen Einigung stellt das tatsächliche „Aus-der-Hand-Geben“ einer Sache eine größere Hürde dar, da der Rechtsverlust somit unmittelbar spürbar wird.432 Der Übergabe wohnt daher ein formähnlicher Schutzzweck im Hinblick auf den unbedachten Verlust des Eigentums inne.433 Der Schutzcharakter des die Übereignung manifestierenden Aktes wird auch bei einem Blick auf die Parallelvorschrift für die Übereignung unbeweglicher Sachen, § 873 Abs. 1 BGB, sichtbar. Die im Immobiliarsachenrecht an die Stelle der Übergabe tretende Eintragung in das Grundbuch dient, neben ihrer vordergründigen Publizitätsfunktion,434 ebenfalls dem Schutz des Eigentümers vor rechtsgeschäftlichem Erwerb von Rechten an seinem Grundstücken außerhalb des Grundbuchs, also vor leichtfertigem Rechtsverlust.435 2. Voraussetzungen und Ablauf der Übergabe am Beispiel eines Handkaufs Hinsichtlich der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der Übergabe werden im Schrifttum weitgehend einstimmig die vollständige Besitzaufgabe auf Seite des Veräußerers436 und die Neubegründung des Besitzes auf Seite des Erwerbers437 auf Veranlassung des Veräußerers438 genannt.439 Dadurch wird
431 Prot. S. 3681 = Mugdan III, S. 625; Staudinger / Wiegand, Vorbem. zu §§ 929– 931 Rn. 22; § 929 Rn. 52; MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 3; Wilhelm, S. 426, Rn. 887; ebenso Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 65 f., 327. 432 So bereits v. Tuhr, Eigenthumserwerb an Mobilien nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch verglichen mit dem Rechte des Code Civil, Zeitschrift für französisches Civilrecht 30 (1899), 527 (529); dazu auch Wacke, Das Besitzkonstitut, S. 80. 433 MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 3 m.w. in diese Richtung gehenden Nachweisen. 434 Dazu Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 260 ff.; Hk-BGB / Staudinger, Vorbem. zu §§ 873–928 Rn. 6; Palandt / Herrler, Überbl. v. § 873 Rn. 6; Wolf / Wellenhofer, § 17 Rn. 21. 435 Vgl. MünchKomm / Kohler, Vorbem. zu § 873–§ 902 Rn. 14. 436 Siehe die Leitentscheidung des RG, Urteil vom 10.6.1932 – Az. VII 304 / 31, RGZ 137, 23 (25) wonach der Veräußerer „nicht mehr den geringsten Rest eines Besitzes“ behalten darf; ebenso BGH, Urteil vom 22.2.2010 – Az. II ZR 286 / 07, NJW-RR 2010, 983 mit etlichen Nachweisen höchstrichterlicher Rechtsprechung in Rn. 23; BGH, Urteil vom 10.1.1979 – Az. VIII ZR 302 / 77, NJW 1979, 714 (715); aus dem Schrifttum MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 53 ff.; Hk-BGB / SchulteNölke, § 929 Rn. 10; Jauernig / Berger, § 929 Rn. 8; Baur / Stürner, § 51 Rn. 13 ff.; Vieweg / Werner, § 4 Rn. 22, 35. 437 MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 56 f.; Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 929 Rn. 10. 438 Staudinger / Wiegand, § 929 Rn. 52; Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 929 Rn. 10; Jauernig / Berger, § 929 Rn. 8; Baur / Stürner, § 51 Rn. 18; Weber, Der rechtsgeschäft-
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das äußere Bild der Übergabe bei typischen Übereignungsvorgängen rechtlich nachgezeichnet, nämlich, das Verschieben eines konkreten Gegenstandes aus dem Herrschaftsbereich einer Person in den Herrschaftsbereich einer anderen mit entsprechender Begründung bzw. Aufgabe des Eigenbesitzwillens.440 Es geht also gleichsam um das „Umherschieben“441 von Sachen. Die Betrachtung eines alltäglichen Handkaufs442 soll dazu dienen, sich den genauen Ablauf einer Übergabe von unstreitig als Sachen bezeichneten Gegenständen zu vergegenwärtigen und dadurch den Ursprung der gemeinhin geforderten Voraussetzungen der Übergabe nachzuvollziehen. Bei Handkäufen wird zeitgleich und zwischen den Parteien wechselseitig Ware gegen Geld getauscht und übereignet.443 Dementsprechend wird bei dem Erwerb eines gedruckten Buches dem Käufer das Buch im Vollzug der Übereignung vom Verkäufer in die Hand gegeben.444 Der hierbei auf den ersten Blick als selbstverständlich empfundene Umstand, dass das übergebene Buch natürlich auch schon vor der Übergabe an den Käufer im Besitz des Verkäufers existiert hat, ist durchaus bemerkenswert, wie gleich noch zu sehen sein wird.445 Der Verkäufer verliert also den unmittelbaren (und jede andere Art von) Besitz an dem übergebenen Buch und der Käufer begründet unmittelbaren Besitz an eben diesem Buch. Hinsichtlich des Buches findet daher ein Wechsel in der Person seines Besitzers statt. Betrachtet man die Veräußerung über den Zeitraum des Zeitpunkliche Erwerb des Eigentums an beweglichen Sachen gemäß §§ 929 ff. BGB, JuS 1998, 577 (578). 439 Grundlegend zu den Voraussetzungen der Übergabe RG, Urteil vom 10.6.1932 – Az. VII 304 / 31, RGZ 137, 23 (insb. 25). Die in diesem Zusammenhang grundsätzlich bedeutsamen Sonderfälle zwischengeschalteter Dritter, etwa eines Besitzdieners oder einer Geheißperson, brauchen im vorliegenden Problembereich mangels Erheblichkeit für das untersuchte Problem nicht beleuchtet zu werden, siehe dazu eingehend Martinek, Traditionsprinzip und Geheißerwerb, AcP 188 (1988), 573 (599); historisch Savigny, Das Recht des Besitzes, § 16, S. 131; entsprechende kompakte Darstellungen bei Jauernig / Berger § 929 Rn. 10 ff. oder MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 56 f. 440 Hierzu MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 48. 441 Dazu eingehend unten, Kapitel 6 C. I. 1. „Kopieren“ statt „Verschieben“. 442 Zu dem hier nicht relevanten Charakteristikum beim Handkauf des äußerlichen Zusammenfallens von Grundgeschäft und dinglicher Einigung BeckOK-BGB / Kindl, § 929 Rn. 5; Jauernig / Berger, § 929 Rn. 3. 443 Vgl. Maier / Reimann, Die Beweislast für die Bezahlung beim Handkauf, JurBüro 1985, 175; zu diese Grundregel und die Abweichung davon beim Handel mit elektronischen Medien unten, Kapitel 6 C. I. 3. Unterschiedliche (wirtschaftliche) Interessenlage. 444 So auch Martinek, Traditionsprinzip und Geheißerwerb, AcP 188 (1988), 573 (582); Staudinger / Wiegand, § 929 Rn. 46. 445 Dazu unten, Kapitel 3 C. V. 2. Kein Besitzverlust des Veräußerer.
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tes unmittelbar vor bis zum Zeitpunkt unmittelbar nach der Übergabe, haben somit zwei verschiedene Personen mit der Zäsur der Übergabe nacheinander Besitz an demselben Gegenstand. Der Käufer besitzt folglich nach der Übergabe einen konkreten Gegenstand, den bis zur Übergabe der Verkäufer besessen hat.446
V. Der Download als Übergabe ohne Besitzverlust des Veräußerers Beim Blick auf die tatsächlichen Abläufe beim Handel mit Mediendateien erscheint fraglich, ob auch hier eine Übergabe im Sinne von § 929 Satz 1 BGB vorliegt. Die tatsächliche Umsetzung dieser rechtlichen Voraussetzung könnte der Download darstellen. Wie oben447 beschrieben, wird beim Download entsprechender Dateien auf der Festplatte des Erwerbers eine neue, funktional identische Kopie448 der auf dem Server des Veräußerers belegenen Quelldatei erstellt und gespeichert. Die Originaldatei wird dupliziert.449 In Anbetracht der Tatsache, dass die konkrete Sache, die der Erwerber übertragen bekommt, vor der Übertragung noch nicht existent war, ist zu untersuchen, ob dieser Vorgang des Duplizierens eine Übergabe darstellt. 1. Die Besitzbegründung durch den Erwerber Hinsichtlich der Begründung des neuen Besitzes durch den Erwerber unterscheidet sich der Erwerbsvorgang bei elektronischen Medien in einem Punkt vom Erwerb ihrer analogen Gegenstücke. Während der Erwerber eines klassischen Mediums bereits bestehenden Besitz im Sinne einer Weitergabe übertragen bekommt,450 gibt es bei elektronischen Medien hinsichtlich der verschafften tatsächlichen Sachherrschaft keinen Rechtsvorgänger. Der Grund hierfür ist die technische Besonderheit eines Downloads, bei welchem die vom Erwerber empfangene Datei erst durch den Downloadvorgang auf 446 Vgl. Martinek, Traditionsprinzip und Geheißerwerb, AcP 188 (1988), 573 (599), der von einer „Abfolge“ der Besitzaufgabe und Besitzbegründung spricht. 447 Kapitel 3 B. I. Download. 448 So König, Zur Sacheigenschaft von Computerprogrammen und deren Überlassung, NJW 1990, 1584 (1585); Schmidt-Kessel / Young / Benninghoff / Langhanke / Russek, Should the Consumer Rights Directive apply to digital content?, GRP 2011, 7 (7, 9). 449 So auch Beurskens, Vom Sacheigentum zum „virtuellen Eigentum“?, in: Domej u. a., Einheit des Privatrechts, S. 443 (451), jedoch mit Verweis auf den Datenträger entsprechender Dateien. 450 Siehe hierzu soeben, Kapitel 3 C. IV. 2. Voraussetzungen und Ablauf der Übergabe am Beispiel eines Handkaufs.
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seiner Festplatte hergestellt wird und der Erwerber somit neu geschaffene Sachherrschaft an einer Sache erlangt, die es vor der Übereignung gar nicht gab.451 Die auf der Festplatte des Veräußerers belegene Quelldatei und die beim Erwerber gespeicherte Kopie dieser Datei sind trotz ihrer funktionalen Identität zwei verschiedene Rechtsobjekte.452 Sie sind damit hinsichtlich der an ihnen bestehenden dinglichen Rechte voneinander unabhängig. Beim Blick auf die Rechtspositionen des Erwerbers nach dem Übertragungsvorgang ergibt sich gleichwohl, dass die Voraussetzungen der Übergabe in seiner Person vorliegen: Er ist (alleiniger) Inhaber der Sachherrschaft an der ihm übertragenen Sache. 2. Kein Besitzverlust des Veräußerers Wie soeben gesehen, wird als wesentliche Voraussetzung der Übergabe neben der (Neu-)Begründung des Besitzes durch den Erwerber auch der Verlust jeglichen Besitzes seitens des Veräußerers gefordert.453 Wendet man nun dementsprechend den Blick auf die Voraussetzungen der Übergabe auf Seite des Veräußerers, fällt auf, dass bei diesem kein Verlust des Besitzes (und des Eigentums) eintritt, sondern die Sachherrschaft über „seine“ Datei unberührt bleibt.454 Die in der Literatur genannte Voraussetzung des Besitzverlustes beim Veräußerer liegt damit beim Download von E-Books, Musik- oder Filmdateien nicht vor.455 Hinterfragt man die Erforderlichkeit dieser Tatbestandsvoraussetzung zunächst nicht, liegt die Schlussfolgerung nahe, dass aus diesem Grund beim Download elektronischer Medien eine Übergabe im sachenrechtlichen Sinn ausscheidet und §§ 929 ff. BGB somit auf den Handel mit E-Books, Musik und Filmdateien nicht anwendbar sind. Dies hätte zur Folge, dass der Handel mit elektronischen Unterhaltungsmedien – zumindest bei direkter Anwendung der Vorschriften – sachenrechtlich nicht erfassbar wäre. Jedenfalls läge 451 So auch König, Zur Sacheigenschaft von Computerprogrammen und deren Überlassung, NJW 1990, 1584 (1585). 452 Zur abweichenden ökonomischen Beurteilung unten, Kapitel 6 C. I. 2. (Nicht-) Rivalität von Gütern als entscheidender ökonomischer Faktor. 453 Kapitel 3 C. IV. 2. Voraussetzungen und Ablauf der Übergabe. 454 Lutz, Softwarelizenzen und die Natur der Sache, S. 28; Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (310, 313, 319); Warnke, Rechtsmangelhafte Software und Nacherfüllungsanspruch aus § 439 BGB, S. 11; Haberstumpf, Der Handel mit gebrauchter Software im harmonisierten Urheberrecht, CR 2012, 561 (565); Marly, Softwarerecht, Rn. 722. 455 So auch Cichon, Internet-Verträge, § 8 Rn. 983 zu Software, die jedoch in der Übertragung im Rahmen eines Downloads „eine ausreichende Leistung des Verkäufers, um die Pflicht der Übergabe zu ersetzen“ erkennen will.
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keine Übereignung im sachenrechtlichen Sinne vor, wie es sie evident beim Handel mit klassischen Medien gibt. Die Folge wäre, dass die Übertragung nur schuldrechtlich erfasst wäre und dem Erwerber ein Nutzungsrecht mit lediglich relativer Wirkung übertragen würde. Im Vergleich zur Rechtslage bei analogen Medien bestünde somit wegen fehlender absoluter Rechte kein deliktischer Schutz der Berechtigten gegenüber Dritten.456 3. Im Schrifttum unterbreitete Lösungsvorschläge Um diesen Zustand zu verhindern und einen Gleichlauf zwischen analogen und elektronischen Medien hinsichtlich der jeweils anwendbaren Vorschriften und dem damit verbundenen Schutz zu erreichen, werden seitens des Schrifttums verschiedene Lösungsvorschläge unterbreitet: Marly457 plädiert unter Bezugnahme auf die UsedSoft-Entscheidung des EuGH458 für eine grundsätzlich „weite[…] Auslegung“ des Tatbestandsmerkmals der Übergabe, um eine ansonsten festzustellende Lücke der gesetzlichen Regelungen zu vermeiden und das Schließen dieser Lücke durch Analogien überflüssig zu machen. Mithin sei ein Abstellen auf das Kriterium der völligen Besitzaufgabe auf Seite des Veräußerers in Fällen der Neuschaffung tatsächlicher Sachherrschaft entbehrlich. Nach anderen, etwas zurückhaltenderen Ansichten sollen die eine Übergabe voraussetzenden Vorschriften „entsprechend“ bzw. „analog“ angewendet werden.459 Bydlinski460 spricht sich zwar nicht direkt für eine dieser Ansichten aus, hält aber deren Ergebnis für „jedenfalls sachgerecht“. Schließlich wird erläutert, der Verzicht auf den Besitzverlust sei „prinzipbedingt“. Statt einer Übergabe soll demnach geprüft werden, ob „tatsächlich Daten empfangen werden“.461 Mitunter wird vorgeschlagen, die Nutzungsmöglichkeiten von Veräußerern und Erwerbern elektronischer und analoger Medien nach der Übertragung durch technische Lösungen wie eine Deaktivierung oder Selbstlöschung an456 Dazu oben, Kapitel 1 C. I. Untersuchung der vernachlässigten sachenrechtliche Dimension der Thematik sowie unten, Kapitel 6 A. Der Schutz von Dateien. 457 Marly, Softwarerecht, Rn. 721. 458 EuGH, Urteil vom 3.7.2012 – Az. C-128 / 11 (UsedSoft), NJW 2012, 2565 ff.; zu dieser unten, Kapitel 4 A. IV. Die UsedSoft-Entscheidung des EuGH. 459 Für die entsprechende Anwendung König, Zur Sacheigenschaft von Computerprogrammen und deren Überlassung, NJW 1990, 1584 (1586); zur analogen Anwendung siehe Kort, Software – eine Sache?, DB 1994, 1505 (1507). 460 Dazu Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (311). 461 So Beurskens, Vom Sacheigentum zum „virtuellen Eigentum“?, in: Domej u. a., Einheit des Privatrechts, S. 443 (468).
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zugleichen.462 Solche Maßnahmen mögen zwar grundsätzlich sinnvoll sein, da sie einen dem Verlust des Besitzes bzw. der Nutzungsmöglichkeit zumindest im Ergebnis identischen Zustand herstellen. Besitzrechtlich sind sie indessen ohne Bedeutung. Durch solche Maßnahmen wird dem Veräußerer der Besitz an einer anderen Sache entzogen, als an derjenigen, an welcher der Erwerber seinerseits Besitz begründet. An dem tatsächlichen Vorgang des Kopierens und der damit im Gegensatz zum „Verschieben“ weiterhin erfolgenden Neuherstellung einer Sache ändert das sogenannte DRM (Digital Rights Management)463 unterdessen nichts.
VI. Erforderlichkeit eines Besitzverlusts des Veräußerers bei der Übergabe Angesichts dieser diversen Lösungsvorschläge soll nun untersucht werden, ob für eine Anwendung von §§ 929 ff. BGB auf elektronische Medien derlei „dogmatische Klimmzüge“ tatsächlich notwendig sind oder ob die Vorschriften direkt angewendet werden können. Hierzu ist der Frage nachzugehen, ob bei einem Download die Voraussetzungen der Übergabe per definitionem auch erfüllt sind, obwohl der Veräußerer die tatsächliche Sachherrschaft über seine Quelldatei nicht verliert und der Erwerber Besitz (und Eigentum) an einer Sache erlangt, die vorher weder in der Sphäre des Veräußerers noch irgendeines Dritten existent war.464 Zu diesem Zweck ist die inhaltliche Bedeutung des Tatbestandsmerkmals der Übergabe durch Auslegung zu ermitteln.465 1. Grammatikalische Auslegung Nähert man sich dem Problem grammatikalisch, ist zunächst der Wortlaut von § 929 Satz 1 BGB zu betrachten. Danach ist „zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache […] erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt […]“. 462 Etwa Beurskens, Vom Sacheigentum zum „virtuellen Eigentum“?, in: Domej u. a., Einheit des Privatrechts, S. 443 (469 f.); dies beschreibt auch Erlank, Books, Apps, Movies and Music – Ownership of Virtual Property in the Digital Library, EPLJ 2013, 194 (206); vgl. dazu ferner unten, Kapitel 6 C. I. 1. „Kopieren“ statt „Verschieben“. 463 Siehe zur Erläuterung des Begriffs Fränkl / Karpf, Digital Rights Management Systeme, passim; Arlt, Digital Rights Management Systeme, passim; Hoppen, Technische Schutzmaßnahmen bei Software, CR 2013, 9 (10 ff.). 464 Vgl. z. B. Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (311). 465 Siehe grundsätzlich zur Auslegung die Nachweise in Fn. 148.
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Beim Blick auf den Begriff des Übergebens scheint die Sachherrschaft des Veräußerers an der zu übergebenden Sache selbstverständliche Voraussetzung für eine Übertragung des Besitzes zu sein. Denn nur bei dem tatsächlichen Wechsel im Besitz ist eine Sache „hinüber gegeben“ worden.466 War der Veräußerer hingegen vor der Besitzerlangung des Erwerbers nicht im Besitz der in den Herrschaftsbereich des Erwerbers gelangten Sache, sondern hat er nur dafür gesorgt, dass letzterer die tatsächliche Sachherrschaft erlangt, würde der Vorgang auch hier, wie bei der dinglichen Einigung,467 wohl besser durch die Begriffe des „Verschaffens“ oder „Ein räumens“468 beschrieben. Analysiert man jedoch nicht lediglich isoliert den Begriff des Übergebens, sondern bezieht größere Teile des Wortlauts in die Betrachtung ein, ist bemerkenswert, dass § 929 Satz 1 BGB eindeutig nicht davon spricht, der „Besitz“ müsse an den Erwerber übergeben werden, sondern die „Sache“. Grammatikalisch wird insofern kein Bezug zu Rechtspositionen des Veräußerers hergestellt. Vielmehr wird die durch die Übereignung bezweckte Veränderung der Beziehung des Erwerber zu der veräußerten Sache beschrieben. Das Normziel ist also vor allem die Besitzbegründung des Erwerbers und nicht die Besitzaufgabe des Veräußerers. Den Besitz kann der Veräußerer dem Erwerber jedoch auch dann verschaffen, wenn er selbst vor der Übergabe keine eigene Sachherrschaft an der zu übereignenden Sache inne hatte.469 Eine Besitzaufgabe des Veräußerers scheint danach keine Mindestanforderung an die Übergabe, sondern immer nur dann nötig zu sein, wenn es dem Veräußerer anderenfalls nicht gelingt, dem Erwerber alleinigen Besitz an der Sache zu verschaffen. Bei Betrachtung des Wortlauts von § 929 Satz 1 BGB lassen sich demnach Argumente für beiden Seiten finden. Die grammatikalische Auslegung der Vorschrift führt daher zu keinem eindeutigen Ergebnis auf die Frage der Notwendigkeit eines Besitzverlustes auf Seite des Veräußerers.
466 Gegen die Möglichkeit Besitz wie ein Recht zu übertragen Wadle, Die Übergabe auf Geheiß und der rechtsgeschäftliche Erwerb des Mobiliareigentums, JZ 1974, 689 (693) (grundsätzlich zum Geheißerwerb, an der zitierten Stelle jedoch allgemein); dem folgend MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 48. 467 Dazu oben, Kapitel 3 C. III. 1. Grammatikalische Auslegung. 468 Siehe § 874 des ersten Entwurfs des BGB, Mot. III, S. 184 ff., Prot. S. 505, 512 ff. = Mugdan III, S. XX f.; Wadle, Die Übergabe auf Geheiß und der rechtsgeschäftliche Erwerb des Mobiliareigentums, JZ 1974, 689 (693). 469 So überzeugend Martinek, Traditionsprinzip und Geheißerwerb, AcP 188 (1988), 573 (591).
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2. Historische Auslegung Wie bereits im Zusammenhang mit der dinglichen Einigung festgestellt, ist der durch eine historische Auslegung zu erwartende Erkenntnisgewinn in Bezug auf die hier diskutierten Fragen gering, da in Ermangelung entsprechender technischer Möglichkeiten zur Entstehungszeit des BGB nicht daran gedacht werden konnte.470 Betrachtet man den Tatbestand der Übergabe dennoch aus geschichtlicher Perspektive, so ergibt ein Blick in die Motive zum BGB, dass unter „Uebergabe der Sache“ „Besitzübergabe“ verstanden wurde.471 An anderer Stelle ist von „Besitzwechsel“472 die Rede. Es erscheint durchaus möglich, daraus einen Rückschluss auf ein dem Begriff des Übergebens entsprechendes Verständnis zu ziehen. Dafür spricht, dass in Anbetracht der zur Zeit der Entstehung des BGB üblicherweise gehandelten Sachen wie Nahrung, Rohstoffe oder Tiere der Besitzverlust des Veräußerers im Rahmen der Übereignung zwangsläufige Konsequenz war.473 An diesen Sachen hatte daher stets jemand Besitz, bevor der Erwerber diesen vom Veräußerer übernehmen konnte. Andere Szenarien einer Übergabe waren damals schlicht nicht möglich. Deshalb ist nach dem Verständnis der Schöpfer des BGB der Besitzverlust des Veräußerers wohl für jede Übergabe notwendige Voraussetzung gewesen, damit der Erwerber seinerseits ungeteilten Besitz begründen konnte. Dieser Befund ändert sich auch nicht deshalb, weil gemäß § 874 Abs. 2 des ersten Entwurfs zum BGB lediglich das „Einräumen“ der Innehabung des Besitzes geschuldet sein sollte, wenn der veräußernde Eigentümer nicht zugleich Besitzer der Sache ist.474 Diese Formulierung lässt sich unter Berücksichtigung des soeben beschriebenen historischen Kontexts nicht dahingehend interpretieren, dass die Vorschrift die Übereignung von bis zur Übergabe nicht existenten und erst im Rahmen des Übertragungsprozesses beim Erwerber hergestellten Sachen regeln sollte. Gemeint waren wohl vielmehr Fälle des heutigen § 931 BGB, da der Veräußerer nach dem Wortlaut der Vorschrift des Entwurfs nicht Besitzer, gleichwohl jedoch Inhaber der Sache sein musste.475 Insofern ist auch für diese Form der Übereignung irgendeine dingliche Verbindung des Veräußerers zu der übereigneten Sache erforder470 Vgl.
oben, Kapitel 3 C. III. 2. Historische Auslegung. III, S. 334 = Mugdan III, S. 185. 472 Mot. III, S. 336 = Mugdan III, S. 186. 473 Kritisch gegenüber dem klassischen Systemverständnis, welches auf der „Verknüpfung von Gegenstand, Ort und Eigentümer“ aufbaut Walz, Sachenrechtliches Systemdenken im Wandel, KritV 1990, 374 (386). 474 Siehe Mugdan III, S. XX f. 475 Ebenda. 471 Mot.
C. Sachenrechtliche Bewertung des Downloads113
lich. Dies ist jedoch denknotwendig nur möglich, wenn die Sache bereits vor der Übergabe existiert hat. Dieses Ergebnis spiegelt jedoch nur die historische Sicht der Dinge auf der Grundlage der damaligen technischen Möglichkeiten wieder. Ausgehend vom Ziel einer historischen Auslegung, den Willen des Gesetzgebers zu erforschen (sogenannte subjektive Theorie),476 lässt sich indessen nicht ermitteln, wie die Väter des BGB eine heutzutage technisch mögliche Besitzverschaffung, bei der eine neue Sache und damit auch die Herrschaft über diese durch den Traditionsakt beim Erwerber hergestellt wird, unter dem Aspekt der Übergabe bewertet hätten.477 Deshalb eignen sich die Motive nicht dazu, auf sie eine Aussage zu stützen darüber, ob diese Form der Besitzverschaffung den Anforderungen einer Übergabe genügt. Insgesamt lässt sich durch die historische Betrachtung mithin keine eindeutige Feststellung dahingehend treffen, ob die Notwendigkeit besteht, dass die übergebene Sache vor der Übergabe bereits im Besitz des Veräußerers existiert hat. Wie schon bei der dinglichen Einigung478 führt die historischen Auslegung auch in Ansehung des Übergabeerfordernisses jedenfalls nicht zum Ausschluss der Anwendbarkeit von § 929 Satz 1 BGB auf Medien in Dateiform. 3. Systematische Auslegung a) Der Bezug zu § 854 BGB Die Betrachtung des systematischen Zusammenhangs der Vorschriften um §§ 929 ff. BGB, insbesondere der Wechselwirkung zwischen § 929 BGB und § 854 BGB, führt indessen zu einem eindeutigem Ergebnis. Soweit ersichtlich, besteht Einigkeit darüber, dass die Übergabe im Sinne von § 929 Satz 1 BGB – objektiv479 – die Verschaffung des (Eigen-)Besitzes im Sinne von § 854 Abs. 1 BGB bedeutet.480 Danach wird der Besitz bekanntlich durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben.481 Da die 476 Zu den unterschiedlichen Zielen der Auslegung eingehend Larenz, Methodenlehre, S. 316 ff. 477 Zur praktischen Bedeutung der Erforschung des Willens des Gesetzgebers Wischmeyer, Der „Wille des Gesetzgebers“, JZ 2015, 957 ff. 478 Soeben, Kapitel 3 C. III. 2. Historische Auslegung. 479 Subjektiv ist eine Anpassung des Besitzwillens erforderlich, dazu grundlegend Savigny, Das Recht des Besitzes, § 20, S. 147 ff.; MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 48. 480 MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 51, differenzierend zwischen Übergabe und Besitzverschaffung in Rn. 48; vgl. auch Mot. III, S. 334 = Mugdan III, S. 185 („Besitzübergabe“). 481 So der Wortlaut von § 854 Abs. 1 BGB.
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Norm nicht zuletzt ausweislich ihrer Überschrift nur den „Erwerb des Besitzes“ regelt, findet sich darin keine Aussage zu einem eventuellen Erfordernis einer Besitzaufgabe des Übergebenden.482 Aus dem Bezug von § 929 Satz 1 BGB zu § 854 BGB ist daher keine Notwendigkeit des Verständnisses der Übergabe dahingehend zu erkennen, dass sich die erforderliche Verschaffung des Besitzes auf das Übertragen schon bestehenden Besitzes beschränkt. b) Vergleich mit § 929 Satz 2 BGB und § 931 BGB Mit der brevi manu traditio gemäß § 929 Satz 2 BGB,483 die keinen eigenen Übereignungstatbestand darstellt, sondern lediglich ein Sonderfall zu § 929 Satz 1 BGB und mit der Grundregelung daher besonders eng verknüpft ist,484 und dem Übergabesurrogat des § 931 BGB regelt das Gesetz bereits Fälle, in denen die unmittelbare Sachherrschaft des Veräußerers vor der Übertragung keine Voraussetzung der Übergabe bzw. eines Surrogats derselben ist.485 Auch in Anwendungsfällen dieser Normen gibt der Veräußerer die Sache bei der Veräußerung folglich nicht aus der Hand.486 Hier zeigt sich, dass die Übereignung von Sachen nicht in jedem Fall den unmittelbar im Zusammenhang mit der dinglichen Einigung stehenden Besitzverlust des Veräußerers erfordert. Unklar bleibt jedoch, ob sich hieraus eine auf § 929 Satz 1 BGB übertragbare Aussage hinsichtlich der an die dortige Übergabe zu stellenden Voraussetzungen ableiten lässt oder ob die dargestellten Fälle nicht vielmehr Ausnahmen des im Rahmen von § 929 Satz 1 BGB zwingenden Grundsatzes darstellen.
482 Auch Savigny äußert sich in seiner berühmten Schrift „Das Recht des Besitzes“ nicht zu den Voraussetzungen der Übergabe, sondern behandelt lediglich getrennt den Erwerb und den Verlust des Besitzes, vgl. dort § 13 ff. bzw. S. 121 ff. zum Erwerb und § 29 ff. bzw. S. 196 ff. zum Verlust. 483 Dazu näher unten, Kapitel 3 C. VII. Übereignung gemäß § 929 Satz 2 BGB. 484 Siehe bereits BGH, Urteil vom 5.5.1971 – Az. VIII ZR 217 / 69, BGHZ 56, 123 (130) = juris Rn. 26; so auch MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 82. 485 Vgl. zu § 929 Satz 2 BGB z. B. BGH, Urteil vom 19.6.2007 – Az. X ZR 5 / 07, NJW 2007, 2844; Palandt / Herrler, § 929 Rn. 22; MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 79; Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 929 Rn. 28; Wolf / Wellenhofer, § 7 Rn. 27; historisch Savigny, Das Recht des Besitzes, § 19, S. 145 ff.; sowie zu § 931 BGB BGH, Urteil vom 19.3.2003 – Az. VIII ZR 135 / 02, NJW 2003, 2607 (2608) = juris Rn. 11; jurisPK-BGB / Beckmann, § 931 Rn. 8; Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 931 Rn. 3, 5; Beck OK-BGB / Kindl, § 931 Rn. 2; Baur / Stürner, § 51 Rn. 37; Wolf / Wellenhofer, § 7 Rn. 38. 486 Jedenfalls nicht unmittelbar im Zuge der Veräußerung: In Fällen von § 929 Satz 2 BGB hat eine Übergabe freilich bereits vor der Veräußerung stattgefunden.
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c) Erwerber besitzt auf Veranlassung des Veräußerers Die Notwendigkeit eines Besitzverlustes des Veräußerers ergibt sich auch nicht aufgrund der letzten Voraussetzung der Übergabe. Zwar wird allgemein gefordert, der Besitzwechsel müsse auf ein im Zusammenhang mit der Übereignung stehendes Verhalten des Veräußerers zurückzuführen, von diesem also veranlasst worden sein.487 Ein solcher Besitzübertragungswille des Veräußerers wird für nötig gehalten, um Fälle verbotener Eigenmacht vom Tatbestand der Übergabe auszunehmen und außerdem ein Abhandenkommen der Sache auszuschließen, damit ein gutgläubiger Erwerb für einen Zweiterwerber möglich ist.488 Das Erfordernis erlangt demnach lediglich in solchen Fällen Bedeutung, in denen der Erwerber die konkrete vor der Übergabe im Besitz des Veräußerers befindliche Sache erlangt, dieser seinen Besitz also tatsächlich verliert. Beim Online-Handel hingegen ist es weitestgehend gegenstandslos, da der Veräußerer durch den Download des Erwerbers keine Rechtsposition einbüßt, also auch keines Schutzes vor ungewolltem Rechtsverlust bedarf. Ihm ist lediglich möglich, die Besitzerlangung des Erwerbers zu initiieren, indem der diesem den Download bereitstellt. Dies ist regelmäßig unproblematisch anzunehmen. d) Vereinbarkeit mit dem Publizitätsgrundsatz Die Wirksamkeit der Übereignung wird regelmäßig davon abhängig gemacht, dass neben die dingliche Einigung ein Publizitätsakt tritt.489 Ein solcher wird in der Literatur so weit ersichtlich einheitlich, jedoch ohne Hinterfragen, gefordert. Auch wenn es nicht ihr primärer Zweck ist,490 wird diese Funktion im Rahmen von § 929 Satz 1 BGB der Übergabe beigemessen.491 487 Staudinger / Wiegand, § 929 Rn. 52; Baur / Stürner, § 51 Rn. 18; Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 929 Rn. 27. 488 MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 59. BeckOK-BGB / Kindl, § 929 Rn. 29. 489 Hk-BGB / Schulte-Nölke, Vorbem. zu §§ 854–1296 Rn. 9; Baur / Stürner, § 4 Rn. 10 f.; Wilhelm, S. 22, Rn. 34 („die Übereignung […] muss beim Erwerber real hervortreten“). 490 Siehe oben, Kapitel 3 C. V. 1. Wesen und Zweck der Übergabe, vgl. auch dort die Nachweise in Fn. 428 und Fn. 431. 491 Staudinger / Seiler, Einl. zum Sachenrecht, Rn. 57; MünchKomm / Gaier, Einl. Sachenrecht, Rn. 22; Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 929 Rn. 9; Lieder, Die rechtsgeschäftliche Sukzession, S. 386; Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 298 f.; siehe auch Mot. III, S. 333 = Mugdan III, S. 185, wonach im Vergleich zum Immobilienrecht jedoch in unvollkommener Weise durch das Traditionsprinzip der Eigentumswechsel kundbar gemacht soll, dazu v. Tuhr, Eigenthumserwerb an Mobilien nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch verglichen mit dem Rechte des Code Civil, Zeitschrift für französisches Civilrecht 30 (1899), 527 (529).
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Zu klären ist nun, ob sich aus Gründen der Publizität die Erforderlichkeit bestimmter Tatbestandsvoraussetzungen der Übergabe, insbesondere eines Besitzverlustes beim Veräußerer,492 ergibt oder ob eine Übergabe ohne Rechtsverlust beim Veräußerer mit dem Publizitätsprinzip vereinbar ist. Zu diesem Zweck ist die Bedeutung der Publizität in Bezug auf die Übergabe, mithin die tatsächliche Übertragungswirkung des Besitzes zu ermitteln.493 aa) Der Begriff der Publizität Vorweg steht die Frage nach dem Inhalt des Begriffs der Publizität. Da runter lässt sich, allgemein gesprochen, die Verknüpfung von für sich genommen für das menschliche Auge unsichtbaren rechtlichen Vorgängen mit sichtbaren tatsächlichen Umständen verstehen.494 Sie kann begrifflich ebenfalls gleichgesetzt werden mit Offenkundigkeit.495 Durch sie sollen mit dem Ziel der Rechtsklarheit und aus Rücksicht auf den Rechtsverkehr die aktuelle Rechtslage und eventuelle Veränderungen derselben äußerlich wahrnehmbar gemacht werden.496 Dabei wird zwischen „positiver“ und „negativer“ Publizität unterschieden, wobei unter positiver Publizität die Erkennbarkeit tatsächlich bestehender Rechte und unter negativer Publizität die Erkennbarkeit, dass bestimmte Rechte tatsächlich nicht bestehen, verstanden wird.497 In Bezug auf die Übergabe ist demnach denkbar, die Begründung des Besitzes beim Erwerber aus Gründen positiver Publizität und, speziell mit Blick auf die vorliegende Besonderheit der Übergabe durch Schaffung neuen Besitzes, aus Gründen negativer Publizität den Besitzverlust beim Veräußerer zu fordern.
492 Davon geht wohl aus Striezel, Der Handel mit virtuellen Gegenständen aus Onlinewelten, S. 242. 493 Siehe dazu grundlegend, allerdings ohne Bezug zur „elektronischen“ Übergabe Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 297 ff.; Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 46 ff. 494 So Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 25, 31. 495 So ausdrücklich Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 244; MünchKomm / Gaier, Einl. Sachenrecht, Rn. 22; Staudinger / Seiler, Einl. zum Sachenrecht, Rn. 56; Vieweg / Werner, § 1 Rn. 9; auch Wilhelm, S. 22 f., Rn. 33 ff. verwendet die Begriffe synonym. 496 Überzeugend zur Zielgruppe der Publizität Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 33; siehe dazu auch sogleich, bei und in Fn. 502. 497 Vgl. hierzu am Beispiel des Grundbuchs Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 30; siehe dazu auch im Kontext von§ 892 BGB jurisPK-BGB / Toussaint, § 892 Rn. 2.
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bb) Die persönliche Zielrichtung der Publizität Hinsichtlich des Kreises der durch die Publizität geschützten Personen wird regelmäßig ziemlich unscharf von dem „Verkehr“498 gesprochen. Zu klären ist nun, welchen Personenkreis der „Verkehr“ umfasst und inwiefern er tatsächlich der persönlichen Zielrichtung der Publizität entspricht. (1) Kein schutzwürdiges Interesse unbeteiligter Dritter an Übereignungen Zunächst könnte davon auszugehen sein, dass zu diesem Personenkreis jeder Mensch gehört, unabhängig von seiner Beteiligung an dem Rechtsgeschäft, in dessen Vollziehung die Übergabe geschieht. Gestützt werden könnten dieser Ausgangspunkt auf die mitunter aufgestellte These, absolute Rechte wie das Eigentum oder der Besitz müssten aufgrund ihrer Wirkung gegenüber jedermann auch für jedermann erkennbar sein.499 Schnell lässt sich jedoch feststellen, dass eine Erkennbarkeit der Rechtslage und deren Veränderungen für jedermann zu jeder Zeit einerseits schon praktisch nicht möglich wäre, andererseits auch in der Sache nicht gerechtfertigt ist.500 Dazu fehlt es angesichts der Privatsphäre jedes Einzelnen schlechthin an der Schutzwürdigkeit des insofern einzig in Frage kommenden Interesses, sich trotz fehlenden persönlichen Bezugs, also aus bloßer Neugier, über beliebige Rechtsverhältnisse und deren Veränderungen in Kenntnis setzen zu können.501 Ein nachvollziehbares und daher schutzwürdiges Interesse daran, die tatsächliche Rechtslage zu kennen, hat demgegenüber nur der Geschäftspart498 Siehe z. B. Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 252 f.; MünchKomm / Gaier, Einl. Sachenrecht, Rn. 22; zum Handelsregister Krafka, in: MünchKomm-HGB, § 8 Rn. 5; zum Verkehrsschutz als Ziel der Publizität im Immobilienrecht bereits Prot. S. 3441 f. = Mugdan III, S. 545. 499 So etwa Martinek, Traditionsprinzip und Geheißerwerb, AcP 188 (1988), 573 (576); siehe dazu auch Wacke, Das Besitzkonstitut, S. 28, der die These zwar als „plausibel“, gleichwohl jedoch als „unhaltbar“ bezeichnet; wohl lediglich darstellend Walz, Sachenrechtliches Systemdenken im Wandel, KritV 1990, 574 (386); Staudinger / Stieper, Vorbem. zu §§ 90–103 Rn. 9, allerdings ohne direkten Bezug zur Publizität. 500 So auch Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 246; dazu auch Wacke, Das Besitzkonstitut, S. 31 ff.; ebenso bereits die Materialien zum BGB, Prot. S. 4168 = Mugdan III, S. 913 zum Faustpfandrecht. 501 So auch Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 33 f. mit Verweis auf Maaß, in: Bauer / Schaub, § 12 GBO Rn. 3 zur Grundbucheinsicht, dort w. N. gegen ein freies Einsichtsrecht; im Kontext des Grundbuchs ebenfalls MünchKomm / Kohler, Vorbem. § 873–§ 902 Rn. 21 ff. sowie BeckOK-GBO / Wilsch, § 12 Rn. 1 ff.; ebenso Wacke, Das Besitzkonstitut, S. 32 f., der diesbezüglich den Begriff des „allgemeinen Kuriositätsinteresses“ konstruiert.
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ner eines sich anbahnenden oder bereits konkreten Rechtsgeschäfts.502 Insofern ist der „Rechtsverkehr“ als die Gesamtheit der Personen zu verstehen, die aufgrund ihrer Nähe zu einem sich anbahnenden oder bereits konkreten Rechtsgeschäft ein schutzwürdiges Interesse daran haben, die Rechtslage zu kennen.503 Eine lediglich potentiell mögliche Beteiligung reicht nicht aus, denn dies träfe wiederum auf jeden Dritten zu. Das Interesse dieser Personen ist dabei nicht auf die Erkennbarkeit von Rechtswechseln gerichtet, sondern darauf, einen sichtbaren Anhaltspunkt dafür zu haben, dass ein Rechtserwerb tatsächlich wirksam erfolgen kann.504 Es wird nicht durch die Wahrnehmbarkeit einer Übergabe befriedigt, sondern durch die Absicherung von Erwerbern, trotz unerkannter Nichtberechtigung ihrer Veräußerer, im Rahmen des gutgläubigen Erwerbs, von offenbartem Besitz auf das Eigentum rückschließen zu dürfen und infolgedessen dennoch Eigentum zu erwerben.505 (2) Publizität für Dritte bei den übrigen Übereignungstatbeständen Auch die Übergabesurrogate in § 930 BGB und § 931 BGB sowie die brevi manu traditio gemäß § 929 Satz 2 BGB zeigen, dass es auf die Erkennbarkeit der Übergabe für unbeteiligte Dritte bei der Übereignung beweglicher Sachen nicht ankommt.506 Bei diesen Übereignungstatbeständen haben typischerweise nur die am konkreten Rechtsgeschäft beteiligten Personen Kenntnis von der Übertragung des Eigentums.507 Eine Möglichkeit der Kenntnisnahme für unbeteiligte Dritte besteht bei Übereignungen nach den genannten Vorschriften grundsätzlich nicht.508 Es entspricht vielmehr gerade dem Wesen 502 So mit überzeugender Argumentation Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 34; auch Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Europäischen Binnenmarkt, S. 168 nennt bei der Auflistung der Zwecke der Publizität im Rahmen der Sicherungsrechte nur den Schutz solcher Personen, die an einem Geschäft beteiligt sind; dazu auch Wacke, Das Besitzkonstitut, S. 37 ff.; MünchKomm / Oechsler, § 932 Rn. 5; so im Zusammenhang mit Faustpfandrechten auch bereits Prot. S. 4168 = Mugdan III, S. 913. 503 Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 34; zum Begriff „Verkehr“ siehe auch Stagl, Gutgläubiger Fahrniserwerb als ‚sofortige Ersitzung‘, AcP 211 (2011), 530 (536 f.). 504 Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 34. 505 Siehe dazu oben, Kapitel 3 C. I. 2. b) aa) (2) Gutglaubenswirkung. 506 Wilhelm, S. 23, Rn. 35; eingehend zur Publizität dieser Übereignungstatbestände Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 53 ff.; zu die (fehlende) Publizität der Sicherungsübereignung betreffende Fragen im internationalen Sachenrecht Kieninger, Perspektiven für ein Europäisches Mobiliarkredit sicherungsrecht, ZEuP 2016, 201 (203 ff.). 507 Wilhelm, S. 22, Rn. 34. 508 So auch Lieder, Die rechtsgeschäftliche Sukzession, S. 393, der in diesem Kontext gar das Ende des Traditionsprinzip vorhersagt, S. 409.
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dieser Varianten der Übereignung, dass die Verschaffung der Sachherrschaft entweder im Verborgenen abläuft509 oder es gar keinen faktischen Über tragungsvorgang mehr gibt, da der Erwerber im Zeitpunkt der dinglichen Einigung bereits im Besitz der Sache ist, der Veräußerer lediglich seinen Besitzwillen aufgibt und sich beim Erwerber infolge einer Änderung der Willensrichtung Fremd- in Eigenbesitz umwandelt510. Diese Varianten der Übereignung unterscheiden sich damit im Ergebnis nicht von solchen des Konsensprinzips.511 Bei der mangelnden Erkennbarkeit für die Allgemeinheit handelt es sich daher nicht um eine Besonderheit der Übertragung elektronischer Medien, sondern um einen normalen und mithin unbedenklichen Zustand im Rahmen der Übereignung beweglicher Sachen, der bereits den gesetzlichen Übereignungstatbeständen immanent ist.512 (3) Zwischenergebnis Damit ist als Zwischenergebnis festzuhalten, dass Publizität in Ermangelung entsprechender Schutzbedürftigkeit nicht für jeden Außenstehenden, sondern nur für konkret an einem sich zumindest anbahnenden Rechtsgeschäft beteiligte Personen bestehen muss. cc) Die sachliche Zielrichtung der Publizität Ungeklärt ist an dieser Stelle noch die nun zu beantwortende Frage, was eigentlich Gegenstand der Publizität ist, was also der nunmehr ermittelte Personenkreis aufgrund des Publizitätserfordernisses in Bezug auf die Übergabe erkennen können muss. Hinsichtlich ihrer grundsätzlichen Erkennbarkeit unterscheiden sich der Download und die Übergabe eines analogen Mediums nicht. Zwar scheinen Downloads auf den ersten Blick grundsätzlich schlechter optisch nachvollziehbar zu sein, da sie sich nahezu vollständig im technischen Hintergrund des Erwerbsvorgangs abspielen und eine Visualisierung ausschließlich auf Mot. III, S. 334 = Mugdan III, S. 185. § 929 Rn. 31; Martinek, Traditionsprinzip und Ge heißerwerb, AcP 188 (1988), 573 (585); Süß, Das Traditionsprinzip, FS Wolff, S. 141 (151); Baur / Stürner, § 51 Rn. 20; grundlegend bereits Savigny, Das Recht des Besitzes, § 19, S. 145 ff. 511 Lieder, Die rechtsgeschäftliche Sukzession, S. 393, 409; Michaels, Sachzuordnung durch Kaufvertrag, S. 282 f.; Süß, Das Traditionsprinzip, FS Wolff, S. 141 (151). 512 Vgl. auch Walz, Sachenrechtliches Systemdenken im Wandel, KritV 1990, 374 (386). 509 Dazu
510 Hk-BGB / Schulte-Nölke,
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den Bildschirmen der Endgeräte der an der Übertragung beteiligten Parteien stattfindet. Wem sie diesbezüglich Einblick gewähren, ist allein Entscheidung der Besitzer, während bei einem Kauf im Ladengeschäft grundsätzlich jedermann zuschauen kann. Bei genauer Betrachtung bestehen insofern jedoch keine Unterschiede zu analogen Medien. Zwar gibt es mit dem Kauf im Ladengeschäft so etwas wie eine „öffentliche Übergabe“. Diese ist jedoch keineswegs zwingend. Auch ein gedrucktes Buch kann der Veräußerer dem Erwerber unter Ausschluss Dritter übergeben sodass eine äußerliche Erkennbarkeit auch in diesem Fall vom Willen der Parteien abhängt. (1) Die Untauglichkeit der Übergabe als Publizitätsmittel Die Übergabe kann indessen aus verschiedenen Gründen nicht sinnvoll als Publizitätsmittel fruchtbar gemacht werden.513 Dies liegt zunächst daran, dass der Realakt der Übergabe schlicht zu schnell vorbei ist, um eine Erkennbarkeit und Nachvollziehbarkeit des Eigentümerwechsels für Außenstehende zu erreichen. Aus der Perspektive eines Beobachters kann der tatsächliche Akt der Übergabe selbst nämlich nur den kurzen Augenblick lang wahrgenommen werden, den er dauert.514 Dies gilt umso mehr für Downloads, die je nach Größe der zu übertragenden Datei sekundenschnell erfolgen und deshalb praktisch ohnehin kaum nachvollzogen werden könnten.515 Eventuelle Aufzeichnungen oder „Spuren im Netz“ mögen zwar aus technischer Sicht vorhanden sein, sodass sie theoretisch nachträglich überprüft werden könnten. Zu einer alltäglichen Offenkundigkeit der Abläufe tragen sie gleichwohl freilich nicht bei. Konzentriert man den Blick gar auf die Komponenten der Übergabe im juristischen Sinne, also den exakten Moment der Begründung des Besitzes und gegebenenfalls dessen Verlust, wird dieses Ergebnis noch deutlicher, zumal sie je nur eine logische Sekunde dauern. Selbst eine hypothetisch unterstellte gute äußere Erkennbarkeit einer Übergabe würde daher ohnehin keinen wertvollen Beitrag zur Publizität des gesamten Übertragungsvorgangs für Außenstehende darstellen. Besonders deutlich wird dieser Befund beim Blick auf die parallele Situation beim Erwerb unbeweglicher Sachen. Hier ist anstelle der Übergabe die Eintragung der Auflassung im Grundbuch erforderlich,516 die sogleich geaber Staudinger / Seiler, Einl. zum Sachenrecht, Rn. 57. Unterscheidung der Publizität von andauernden Zuständen und von punktuellen Handlungen Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 30 f. 515 Dazu ausführlicher sogleich. 516 Vgl. MünchKomm / Gaier, Einl. Sachenrecht, Rn. 22 oder auch Staudinger / Gursky, Vorbem. §§ 873–902 Rn. 2; jurisPK-BGB / Vieweg, § 873 Rn. 5; Baur / Stürner, § 4 Rn. 9; wobei letztere jeweils darlegen, dass das Grundbuch das immobi513 So
514 Zur
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mäß § 891 BGB zur Vermutung des Bestehens des eingetragenen Rechts führt.517 Im Grundbuch werden chronologisch alle das entsprechende Grundstück betreffenden Rechtsänderungen eingetragen, sodass nicht nur die aktuelle Rechtslage einsehbar ist, sondern auch alle Veränderungen derselben.518 Daher besteht im Immobiliarsachenrecht tatsächlich umfassende Publizität.519 Mit der äußeren Wirkung einer Grundbucheintragung hat eine Übergabe jedoch kaum etwas gemein.520 Doch auch bei unterstellter Erkennbarkeit der Übergabe würde diese nur dem Schutz unbeteiligter Personen der Allgemeinheit dienen, die jedoch, – wie soeben festgestellt521 – insofern nicht schutzbedürftig sind. Dem bei einer Übereignung tatsächlich schutzwürdigen Personenkreis der persönlich Beteiligten braucht der Übertragungsvorgang hingehen nicht offenbart werden, da diese kraft ihrer eigenen Mitwirkung in Kenntnis aller relevanten Umstände sind.522 Darüber hinaus ist zu sehen, dass auch die Systematik des Gesetzes die Publizität der Übergabe weder für die Beteiligten eines bereits konkreten oder sich anbahnenden Rechtsgeschäfts noch für außenstehende Dritte erfordert. Ein entsprechendes Publizitätsbedürfnis läge vor, wenn an die äußer liche Wahrnehmung der Übergabe konkrete Rechtsfolgen geknüpft würden. Ein Beispiel für einen solchen Fall, bei dem das Gesetz für die Wahrnehmung eines tatsächlichen Verhältnisses bestimmte Rechtsfolgen vorsieht, ist der Besitz, an welchen die in § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB angeordnete Erleichterung der Beweislast des Eigentümers hinsichtlich seines Eigentum auf den Nachweis von Eigenbesitz anknüpft523.524 Die Wahrnehmung einer Übergabe liarrechtliche Pendant zum mobiliarrechtlichen Besitz ist; Walz, Sachenrechtliches Systemdenken im Wandel, KritV 1990, 374 (385). 517 Statt aller Staudinger / Gursky, § 873 Rn. 284; MünchKomm / Kohler, § 873 Rn. 106. 518 Zu den eintragungsfähigen Rechten siehe Baur / Stürner, § 15 Rn. 29 ff. 519 So auch Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen., S. 26 ff.; zur Idee, auch Rechte, insbesondere Kreditsicherungsrechte, an beweglichen Sachen in einer Register einzutragen, Kieninger, Die Zukunft des deutschen und europäischen Mobiliarkreditsicherungsrechts, AcP 208 (2008), 182 (210 ff., insb. 212) sowie dies., Gestalt und Funktion einer „Registrierung“ von Mobiliarsicherungsrechten, RNotZ 2013, 216 ff. 520 Die Unterschiede zwischen einer Eintragung im Grundbuch und dem Besitz betont auch Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 278. 521 Oben, Kapitel 3 C. VI. 3. d) bb) Die persönliche Zielrichtung der Publizität. 522 Ähnlich Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 60. 523 Hierzu oben, Kapitel 3 C. I. 2. b) aa) (3) Vermutungswirkung. 524 Dazu eingehend Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 155 ff.; zur Eignung des Besitzes als Publizitätsmittel vgl. ebenda, S. 35; Füller, Eigenständiges Sachenrecht, S. 272.
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hingegen wird im Gesetz weder an irgendeiner Stelle ausdrücklich erwähnt, noch enthält das Gesetz einen systematischen Anknüpfungspunkt, mit dem die Forderung nach der äußerlichen Erkennbarkeit der Übergabe begründet werden könnte. Insbesondere sind keine Rechtsfolgen an eine Wahrnehmung der Übergabe geknüpft. Die Publizität der Übergabe ist daher im Regelungssystem des Gesetzes offensichtlich nicht vorgesehen. Sie ist daher weder für Beteiligte eines Rechtsgeschäfts noch für unbeteiligte Dritte erforderlich, damit eine Übereignung mit dem Publizitätsprinzip im Einklang steht.525 (2) Zwischenergebnis Unabhängig von dem durch das Publizitätserfordernis zu schützenden Personenkreis eignet sich die Betrachtung des Realakts der Übergabe526 somit nicht dazu, den Übergang des Eigentums äußerlich wahrzunehmen. Sie ist daher kein tauglicher Gegenstand der sachlichen Zielrichtung der Publizität im Rahmen einer Übereignung. Als taugliche Anknüpfungspunkte des Publizitätsprinzips im Rahmen von Übereignungen gemäß § 929 Satz 1 BGB kommen daher lediglich die nach dem Akt der Übergabe im Sinne positiver Publizität beim Erwerber bestehenden und im Sinne negativer Publizität beim Veräußerer nicht (mehr) bestehenden Rechte infrage. Mit den tatsächlichen Vorgängen der Übergabe hat dies jedoch streng genommen nichts mehr zu tun.527 Vielmehr soll hier an die infolge der Übergabe veränderten Rechtspositionen der beteiligten Parteien angeknüpft werden.528
525 Lieder, Die rechtsgeschäftliche Sukzession, S. 393; MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 58. 526 Gemeint ist hier sowohl und der tatsächliche Vorgang des Übergebens der Sache sowie dessen rechtliche Hintergründe der Besitzaufgabe des Veräußerers und der Besitzbegründung des Erwerbers. 527 Dass diese keinen tauglicher Anknüpfungspunkt für Publizität, wurde ja soeben aufgezeigt. 528 Hierzu auch Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 47, dessen Einwand, erkennbar könne allenfalls die „negative Seite“ der Folgen der Übergabe sein, „dass nämlich der Veräußerer die Sache nicht mehr hat, da „der Erwerber […] sie wiederum zwar in seiner tatsächlichen Gewalt haben, aber gleichwohl versteckt halten [kann]“ zu kurz greift, denn auch der Veräußerer kann die Sache bis zur Veräußerung versteckt gehalten haben, sodass dessen Besitz nie offenkundig geworden und infolgedessen ein entsprechender Rechtsverlust vollständig unbemerkt bleiben kann.
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(3) Positive Publizität in Bezug auf den neu begründeten Besitz des Erwerbers Wendet man demnach den Blick zunächst der Seite des Erwerbers zu, unterscheiden sich die durch die Übergabe jeweils bewirkten Zustände des Besitzes eines elektronischen und eines analogen Mediums hinsichtlich ihrer Erkennbarkeit nicht.529 Für die Offenkundigkeit der Besitzbegründung auf Erwerberseite ist nämlich lediglich das Bestehen tatsächlicher Sachherrschaft in der Person des Erwerbers von Belang, während die rechtliche Vorgeschichte der beherrschten Sache bedeutungslos ist.530 Allerdings ist anzumerken, dass die äußere Wahrnehmbarkeit des Besitzes einer Person an einer Sache keineswegs im Zusammenhang mit einer Übergabe oder gar Übereignung stehen muss.531 Die optische Wahrnehmung von Besitz indiziert daher keinen Rechtserwerb. Vielmehr dient sie bei einem sich anbahnenden Rechtserwerb als Anknüpfungspunkt für den guten Glauben des Erwerbers hinsichtlich des Eigentums seines Veräußerers.532 Weder bei elektronischen noch bei analogen Medien besteht somit auf Seite des Erwerbers Publizität durch den im Wege des Übertragungsvorgangs erlangten Besitz an der erworbenen Sache. In dieser Hinsicht ergeben sich mithin keine Widersprüche zwischen dem Download als Übergabeform und dem Publizitätsgrundsatz. (4) Negative Publizität in Bezug auf den verlorenen Besitz des Veräußerers Eventuell ist jedoch im Ausbleiben der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft des bisherigen Besitzers ein Verstoß gegen den Publizitätsgrundsatz zu sehen, da kein Rechtsverlust beim Veräußerer erkennbar wird, der jedoch typischerweise bei Übereignungen stattfindet. Insofern kommt infrage, entgegen dem bei Betrachtung des Wechselspiels zwischen § 929 Satz 1 BGB und § 854 Abs. 1 BGB533 einerseits und der Besitzbegründung durch den Erwerber534 andererseits gefundenen Ergebnis, eine Besitzaufgabe beim Veräußerer bei Übereignungen nach § 929 Satz 1 BGB nun doch aus Gründen einer anderenfalls nicht ausreichenden Publizität der Rechtsänderungen 529 Siehe
hierzu bereits oben, Kapitel 3 C. I. 2. b) Publizitätsfunktion. auch Marly, Softwarerecht, Rn. 722. 531 Vgl. dazu Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 61 ff. 532 Dazu unten, Kapitel 3 C. IX. Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten. 533 Oben, Kapitel 3 C. VI. 3. a) Der Bezug zu § 854 BGB. 534 Oben, Kapitel 3 C. V. 1. Die Besitzbegründung durch den Erwerber. 530 So
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bei den an der Übereignung beteiligten Personen als notwendige Voraussetzung zu fordern.535 Diesbezüglich ist zunächst erneut zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit zur Wahrnehmung des Verlusts selbst nur dem unbeteiligten Rechtsverkehr zu Gute käme.536 Im Übrigen kann ein tatsächlich nicht stattfindender Rechtsverlust jedoch logischerweise auch nicht publiziert werden. Bei der Forderung einer Besitzaufgabe des Veräußerers als notwendige Voraussetzung einer Übergabe aus Publizitätsgründen, würden Ursache und Wirkung vertauscht. Das Publizitätsprinzip orientiert sich an und folgt den tatsächlichen Gegebenheiten und nicht umgekehrt. Publizität kann daher nur bei tatsächlich stattfindenden Rechtsänderungen vorliegen bzw. in Ansehung solcher verlangt und gegebenenfalls bemängelt werden. Hingegen kann aus Gründen der Publizität nicht die Notwendigkeit eines bislang nicht stattfindenden rechtlichen Vorgangs hergeleitet werden. Allenfalls kann gefordert werden, einen bereits stattfindenden Vorgang, der sich jedoch im Verborgenen abspielt, sichtbar zu machen. Da der Veräußerer beim Download jedoch keine Rechtspositionen verliert, die offenbar gemacht werden könnten, ist Publizität insofern weder erforderlich noch möglich. Der Publizitätsgrundsatz hat daher auch hinsichtlich seiner negativen Komponente beim Download keine Bedeutung.537 dd) Zusammenfassung und Ergebnis Zunächst ist festzuhalten, dass Publizität, soweit sie überhaupt besteht,538 nicht für jeden außenstehenden Dritten, sondern nur für unmittelbar im Zusammenhang mit einem konkreten Rechtsgeschäft stehende Personen bestehen muss.539 Im Übrigen erweist sich die Übergabe aus verschiedenen Gründen nicht als taugliches Publizitätsmittel. Zum Einen würde eine Erkennbarkeit der Übergabe nur dem nicht schutzwürdigen Kreise an der Übereignung unbeteiligter Dritter dienen. Zum Anderen ist eine äußerliche Wahrnehmbarkeit der 535 Siehe in diesem Zusammenhang zur Verwandtschaft des Traditionsprinzips mit dem Publizitätsprinzip Mot. III, S. 333 = Mugdan III, S. 185. 536 So auch Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 47. 537 Ebenso Marly, Softwarerecht, Rn. 722. 538 Insofern insgesamt ablehnend Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 327; ebenso Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 290, 365 ff.; Walz, Sachenrechtliches Systemdenken im Wandel, KritV 1990, 374 (387) der konstatiert „Aus dem Publizitätsprinzip wird […] eine bloße Publizitätsoption“; dem folgend Lieder, Die rechtsgeschäftliche Sukzession, S. 394. 539 Kapitel 3 C .VI. 3. d) bb) Die persönliche Zielrichtung der Publizität.
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Übergabe schon deshalb schlecht möglich, da sie nicht lange genug dauert, um tatsächliche Publizitätswirkung zu entfalten. Diese Wertungen werden zumindest im Ergebnis auch durch das Gesetz bestätigt, zumal die Erkennbarkeit der Übergabe keine Erwähnung findet, geschweige denn Rechtsfolgen daran geknüpft wären.540 Dies zeigt deutlich, dass die Publizierung der Übereignung zumindest nicht der primäre, wie gesehen sogar überhaupt nicht Zweck der Übergabe ist.541 Dieser erschöpft sich vielmehr in der Manifestation des Übereignungswillens des Veräußerers.542 Insgesamt ist festzustellen, dass die Publizität im Mobiliarsachenrecht, insbesondere im davon hier relevanten Bereich der rechtsgeschäftlichen Übertragung des Eigentums nicht zwingend ist und von den der Wahl der Parteien obliegenden Übereignungsmodalitäten abhängt.543 Dies gilt nicht nur für die ohnehin publizitätslosen Übereignungstatbestände der §§ 929 Satz 2, 930 und 931 BGB, sondern auch für § 929 Satz 1 BGB.544 Anders formuliert, entfaltet die Übergabe keine Übertragungswirkung im Hinblick auf die Eigentumslage. Ein hier fraglicher Verstoß gegen den Publizitätsgrundsatz, da der Veräußerer beim Download durch den Erwerber keine Besitzposition verliert, erübrigt sich daher. Der einzige dem Publizitätsprinzip unterfallende Umstand ist die beim Erwerber neu entstehende Sachherrschaft über die durch den Download hergestellte Dateikopie.545 Relevant wird die Publizität derselben jedoch erst im Falle einer Weiterveräußerung. Diese ist dann jedoch nicht im Rahmen von § 929 Satz 1 BGB zu beachten, sondern bei einem etwaigen gutgläubigen Erwerb oder im gerichtlichen Verfahren gemäß § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB. e) Vereinbarkeit mit dem Bestimmtheitsgrundsatz Es liegt auch kein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz546 vor, weil eine andere Datei als die des Veräußerers in den Besitz des Erwerbers übergeht und somit im Moment des Herausgabeverlangens unklar sein könnte, an 540 Kapitel 3
C. VI. 3. d) cc) Die sachliche Zielrichtung der Publizität. auch MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 58; anders noch Quack, in der 4. Auflage, Rn. 117. 542 Kapitel 3 C. IV. 1. Wesen und Zweck der Übergabe. 543 So auch Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 167, 327. 544 Zurückhaltender Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 59, der jedoch vermutlich keine Übergabeformen wie die vorliegend untersuchte bedacht hat; eindeutiger auf S. 65. 545 Vgl. Marly, Softwarerecht, Rn. 722. 546 Zu diesem allgemein Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 16 ff.; MünchKomm / Gaier, Einl. Sachenrecht, Rn. 21; Staudinger / Seiler, Einl. zum Sachenrecht, 541 So
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welcher individuell bestimmten Sache der Erwerber sein Recht begründen wird. Dass bei der Übertragung einer Datei aus technischer Sicht ein Ko piervorgang unvermeidbar ist, durch den ein funktional identisches Duplikat der Ausgangsdatei erzeugt wird, entspricht mittlerweile wohl dem allgemeinen Verständnis in der Laiensphäre, sodass sich der Nutzungswille des Erwerbers von vornherein auf die ihm übertragene Datei bezieht und nicht auf die des Veräußerers. Wollte er hingegen ausdrücklich die Datei des Veräußerers nutzen, würde sich sein Nutzungswille aufgrund seines zwar laienhaften, jedoch gleichwohl zutreffenden Verständnisses der technischen Hintergründe, mutmaßlich auf den Datenträger der Ausgangsdatei erstrecken. Der Bestimmtheitsgrundsatz ist bei Subsumtion des Handels mit elektronischen Medien unter die existenten Vorschriften zur rechtsgeschäftlichen Eigentumsübertragung daher ebenfalls nicht verletzt. 4. Teleologische Auslegung Betrachtet man den normativen Sinn der Übergabe,547 ist schließlich zu fragen, ob der Download auch mit der eigentlichen Funktion der Übergabe, nämlich der Bekräftigung des Übereignungswillens, vereinbar ist. Auf den ersten Blick ergeben sich diesbezüglich Bedenken, denn der Schutzcharakter der Übergabe548 scheint ohne die Hürde der willentlichen Besitzaufgabe durch den Veräußerer zumindest stark abgeschwächt. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Schutzfunktion der Übergabe beim Handel mit E-Books, Musik- und Filmdateien anders als beim Handel mit analogen Medien nicht gleichermaßen erforderlich ist. Dies hat seinen Grund in dem beim Veräußerer verbleibenden Besitz seiner Originaldatei. Beim Handel mit gedruckten Büchern, Musik-CDs oder DVDs verliert der Veräußerer durch die Übergabe seine Herrschaft an der übergebenen Sache. Ihm verbleibt damit nur die vertraglich geschuldete Gegenleistung, zumeist also der Kaufpreis. Demgegenüber bleibt beim Handel mit elektronischen Unterhaltungsmedien für den Veräußerer sachenrechtlich alles wie es war.549 Insofern bedarf es für den Veräußerer keiner Hürde eines Realaktes, die ihn vor einem unbedachten Verlust seiner Rechte schützt.550 Rn. 54 f.; Baur / Stürner, § 4 Rn. 17; Wolf / Wellenhofer, § 3 Rn. 8 ff.; Vieweg / Werner, § 1 Rn. 7; Lüke, § 1 Rn. 33 f. 547 Zur „objektiven Theorie“ bei der Auslegung, nach welcher der gesetzesimmanente Sinn erforscht werden soll Larenz, Methodenlehre, S. 316 ff. 548 Siehe oben, Kapitel 3 C. I. 2. a) Schutzfunktion. 549 Siehe die Nachweise in Fn. 454. 550 Zu dem daraus erwachsenden ökonomischen Ungleichgewicht der Interessen innerhalb eines Handelsgeschäfts unten, Kapitel 6 C. I. 3. Unterschiedliche (wirtschaftliche) Interessenlage.
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Auch bei „sachgemäß[er]“551 Betrachtung ergibt sich der Besitzverlust des Veräußerers nicht als zwingendes Erfordernis der Übergabe. 5. Ergebnisse a) Keine Kollision der Ergebnisse der Auslegungskriterien Durch die grammatikalische und die historische Auslegung konnte kein eindeutiges Ergebnis hinsichtlich der an die Übergabe zu stellenden Anforderungen im Allgemeinen gefunden werden. Hinsichtlich eines eventuell erforderlichen Besitzverlust des Veräußerers konnten Argumente für beide Seiten fruchtbar gemacht werden. Demgegenüber entsprechen die Ergebnisse der umfangreichen systematischen und der objektiv-teleologischen Betrachtungen einander. Danach ist der zunächst bestehende Besitz des Veräußerers an der zu übergebenden Sache, der im Rahmen des Übertragungsaktes aufgegeben wird, kein unverzichtbares Mindesterfordernis der Übergabe.552 Insgesamt führt die Auslegung damit zwar nicht unmittelbar zu einem eindeutigen Ergebnis.553 Das Verständnis der tatbestandlichen Voraussetzungen der Übergabe ist jedoch auch mit dem Wortlaut des untersuchten § 929 Satz 1 BGB vereinbar und steht nicht im evidenten Widerspruch zu dem ermittelbaren historischen Regelungszweck. Deshalb kann auf eine Gewichtung mit daran anschließender Abwägung der einzelnen Kriterien der Auslegung vorliegend verzichtet werden.554 b) Voraussetzungen der Übergabe nach § 929 Satz 1 BGB Damit ergibt sich hinsichtlich der (objektiven) Mindestvoraussetzungen der Übergabe im Sinne von § 929 Satz 1 BGB folgendes: Der Erwerber muss die tatsächliche Sachherrschaft an der übergebene Sache begründen. Dies ist das zentrale Ziel der Übergabe und muss auf Veranlassung des Veräußerers geschehen. Dabei ist entscheidend, dass eine eindeutige dingliche Zuordnung der übergebenen Sache zum Erwerber möglich ist. Erforderlich ist daher, dass nach dem Akt der Übergabe in Ansehung der übergebenen Sache der Erwerber alleiniger Besitzer ist und weder beim Veräußerer, noch bei irgendeinem Dritten ein Besitz(rest) besteLarenz, Methodenlehre, S. 333. Staudinger / Wiegend, § 929 Rn. 62. 553 Umfassende Darstellung zum Verhältnis der Auslegungskriterien zueinander bei Larenz, Methodenlehre, S. 343 ff. 554 Larenz, Methodenlehre, S. 320. 551 So
552 Ebenso
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hen bleibt.555 Ob die Sache vor der Übergabe bereits im Besitz des Veräußerers existiert hat, oder ob sie erst beim Erwerber im Zuge des Übertragungsvorgangs hergestellt wird, ist für das Vorliegen einer Übergabe im Sinne von § 929 Satz 1 BGB somit grundsätzlich ohne Belang.556 Ein Verlust des Besitzes an der übergebenen Sache auf Seite des Veräußerers ist demzufolge nur dann erforderlich, wenn der Veräußerer vor der Übergabe die tatsächliche Sachherrschaft über die konkret übertragene Sache inne hatte.557 Dies ist regelmäßig nicht der Fall bei der Übereignung von Sachen, die im Rahmen des Übereignungs- und Übertragungsvorgangs beim Erwerber hergestellt werden.558 Eine Besitzaufgabe ist dann mangels vormals bestehenden Besitzes, der aufgegeben werden könnte, schon logisch nicht möglich und daher auch nicht vorauszusetzen. c) Subsumtion des Downloads unter § 929 Satz 1 BGB Bezogen auf den Download ergibt sich damit folgende Rechtslage: Durch den Download wird beim Erwerber auf Veranlassung des Veräußerers eine Sache neu geschaffen, an welcher der Erwerber in Ermangelung von Rechtsvorgängern unbelasteten alleinigen Besitz begründet. Eine eindeutige dingliche Zuordnung der Datei zu ihrem Inhaber ist damit möglich, ohne dass eine vorherige Existenz der Datei beim Veräußerer oder eine Besitzaufgabe von diesem erforderlich oder möglich wäre. Im Ergebnis sind daher die hinter dem Erfordernis der Übergabe stehenden Voraussetzungen auch beim Download elektronischer Medien erfüllt.559 Beim Handel mit E-Books, Musik- und Filmdateien finden daher regelmäßig im Rahmen des Downloads entsprechender Dateien Übereignungen statt, 555 Die Einräumung von Mitbesitz kann daher nicht ausreichen, so bereits BGH, Urteil vom 10.1.1979 – Az. VIII ZR 302 / 77, NJW 1979, 714 f. 556 Auch Staudinger / Wiegand, § 929 Rn. 62 erkennt, dass „Der Besitz des Veräußerers […] nicht Voraussetzung für eine Übergabe iS von § 929 [ist]“. 557 Ebenso wohl Jauernig / Berger, § 929 Rn. 8; Marly, Softwarerecht, Rn. 722; ähnlich, Martinek, Traditionsprinzip und Geheißerwerb, AcP 188 (1988), 573 (591), der statt des Besitzverlustes „Besitzlosigkeit“ des Veräußerers „als Ergebnis des Übergabeaktes“ für notwendig hält. 558 Dieser Möglichkeit der Übereignung wird verstärkt Aufmerksamkeit zu schenken sein, falls in Zukunft Übereinungen von Sachen mithilfe von sog. 3D-Druckern der Erwerber vollzogen werden, wodurch die jeweils übereigneten Gegenstände ebenfalls erst beim Erwerber erzeugt würden und Veräußerer den Besitz ihrer Originalgegenstände (sofern diese überhaupt noch erforderlich sind) ebenfalls nicht verlören. 559 So auch Marly, Softwarerecht, Rn. 724; dagegen Haberstumpf, Der Handel mit gebrauchter Software im harmonisierten Urheberrecht, CR 2012, 561 (565); in Bezug auf virtuelle Gegenstände Striezel, Der Handel mit virtuellen Gegenständen aus On linewelten, S. 242.
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die – gleichermaßen wie bei ihren klassischen Korrelaten – unter § 929 Satz 1 BGB subsumiert werden können.
VII. Übereignung gemäß § 929 Satz 2 BGB Denkbar, wenngleich im Ergebnis unzutreffend, wäre grundsätzlich auch, im Download elektronischer Medien eine Übereignung kurzer Hand560 gemäß § 929 Satz 2 BGB zu sehen, zumal der Veräußerer – wie soeben mehrfach dargestellt – keinen unmittelbaren Besitz verliert. Dies entspricht zumindest dem äußerlichen Bild der brevi manu traditio.561 Allerdings ist deren Wesen im Vergleich zum Erwerb eines elektronischen Mediums durch Download562 durchaus anders: Schon die Ausgangssituation ist im zentralen Aspekt unterschiedlich. Für die Übereignung nach § 929 Satz 2 BGB ist gerade charakteristisch, dass der Erwerber bereits vor Beginn jeder im Zusammenhang mit der Übereignung stehenden Handlung im Besitz der zu übereignenden Sache ist, also die durch die Übereignung gewollte Besitzlage schon vor der dinglichen Einigung besteht.563 Eine Übergabe hat also bereits stattgefunden, allerdings nicht im zielgerichteten Zusammenhang mit der Einigung.564 Durch die brevi manu traditio soll nun die Förmelei des „Hin-und-Herschaffens“ der Sache, die erforderliche wäre, um bei dieser Ausgangslage eine Übergabe gemäß der Grundnorm des § 929 Satz 1 BGB zu bewirken, vermieden werden.565 Insofern entfällt das Erfordernis einer Übergabe566 und es findet nur ein Wechsel im Besitzwillen statt, indem der 560 Zur Terminologie statt aller jurisPK-BGB / Beckmann, § 929 Rn. 58; BeckOKBGB / Kindl, § 929 Rn. 40; Wilhelm, S. 432, Rn. 900. 561 Dazu grundlegend Savigny, Das Recht des Besitzes, § 19, S. 145 ff. 562 Vgl. die Darstellungen zum technischen Ablauf in Kapitel 3 B. I. Download und zur zusammengefassten rechtlichen Beurteilung desselben in Kapitel 3 C. VI. 5. c) Subsumtion des Downloads unter § 929 Satz 1 BGB. 563 BGH, Urteil vom 5.5.1971 – Az. VIII ZR 217 / 69, BGHZ 56, 123 (130) = juris Rn. 26; jurisPK-BGB / Beckmann, § 929 Rn. 58; BeckOK-BGB / Kindl, § 929 Rn. 40; Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 929 Rn. 29; Palandt / Herrler, § 929 Rn. 22; Süß, Das Traditionsprinzip, FS Wolff, S. 141 (151). 564 MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 82; zum inneren Zusammenhang von Einigung und Übergabe Staudinger / Wiegand, § 929 Rn. 85 ff.; Lieder, Die rechtsgeschäftliche Sukzession, S. 557; Martinek, Traditionsprinzip und Geheißerwerb, AcP 188 (1988), 573 (582 f.) m. w. N. 565 Lieder, Die rechtsgeschäftliche Sukzession, S. 409; Wacke, Das Besitzkonstitut, S. 8. 566 jurisPK-BGB / Beckmann, § 929 Rn. 58; Martinek, Traditionsprinzip und Geheißerwerb, AcP 188 (1988), 573 (581); Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 48; nach MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 79, 81 entfallen nur die objektiven Voraussetzungen der Übergabe, da der weiterhin erforderliche
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Erwerber seinen bereits bestehenden Fremdbesitz in Eigenbesitz umwandelt.567 Da das zentrale Element der Übergabe im Rahmen einer Übereignung aber ist, dass der Erwerber vermöge eines Übertragungsvorgangs Besitz an der zu übereignenden Sache begründet,568 darf eine solche Besitzerlangung für eine Einordnung unter § 929 Satz 2 BGB nicht (erst) im Zuge der Übereignung erfolgen. Die Abgrenzung zwischen unter § 929 Satz 1 BGB und unter § 929 Satz 2 BGB zu subsumierende Fälle erfolgt daher anhand des Zeitpunkts der Besitzerlangung durch den Erwerber. Liegt diese zeitlich vor der Einigung, liegt ein Fall von Satz 2 vor. Wird der Besitz gleichzeitig mit der Einigung oder gar erst danach begründet, ist Satz 1 einschlägig.569 Insofern liegt bei dem Erwerb eines elektronischen Mediums durch einen Download zweifelsfrei kein Fall von § 929 Satz 2 BGB vor, denn der Besitz des Erwerbers an der übereigneten Sache besteht bei der Übereignung elektronischer Medien nicht bereits vor der dinglichen Einigung, sondern wird erst durch den Download erworben.570 Da der Download entsprechender Dateien jedoch regelmäßig den Abschluss aller im Zusammenhang mit der Veräußerung stehenden Vorgänge bildet, entspricht der Ablauf der Einigung mit zeitgleicher oder anschließender Übergabe dem Regelfall des § 929 Satz 1, dessen Voraussetzungen – wie zuvor eingehend erörtert – auch vorliegen.
VIII. Übergabesurrogate Weitere hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit auf den Handel mit elektronischen Medien zu untersuchende Vorschriften sind § 930 BGB und § 931 BGB, in denen für den Fall, dass zwar eine dingliche Einigung vorliegt,571 Wechsel der Besitzwillensrichtung gerade den subjektiven Tatbestand der Übergabe im Sinne von Satz 1 bilde. 567 MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 81; Baur / Stürner, § 51 Rn. 20; Martinek, Traditionsprinzip und Geheißerwerb, AcP 188 (1988), 573 (585); Süß, Das Tradi tionsprinzip, FS Wolff, S. 141 (151); Wacke, Das Besitzkonstitut, S. 8; siehe dazu auch Savigny, Das Recht des Besitzes, S. 242 f. 568 Siehe oben, Kapitel 3 C. VI. 5. b) Voraussetzungen der Übergabe nach § 929 Satz 1 BGB. 569 Wie hier MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 82, 86; anders Staudinger / Wiegand, § 929 Rn. 120 f., der die Reihenfolge der Tatbestandsmerkmale für unbeachtlich hält, mit der Folge einer äußerst geringen praktische Bedeutung von § 929 Satz 2 BGB, da die sonach unter Satz 2 subsumierbaren Fälle regelmäßig auch unter § 929 Satz 1 BGB eingeordnet werden können; diesen Einwand erhebt ebenfalls jurisPKBGB / Beckmann, § 929 Rn. 59. 570 Dazu ausführlich oben, Kapitel 3 B. I. Download. 571 Diese ist freilich auch bei einer Übereignung mittels Besitzkonstitut obligatorische Voraussetzung, siehe Staudinger / Wiegand, § 930 Rn. 7; jurisPK-BGB / Beck-
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eine Übergabe im Sinne von § 929 Satz 1 BGB hingegen nicht erfolgt sein sollte, die Übergabe durch ein Surrogat ersetzt wird572.573 1. Besitzkonstitut, § 930 BGB § 930 BGB regelt, dass anstelle der Übergabe im Sinne von § 929 Satz 1 BGB ein Besitzkonstitut zwischen dem Erwerber und dem vor der Übereignung besitzenden574 Veräußerer vereinbart werden kann, mit der Folge, dass dieser auch nach der Übereignung im Besitz der Sache bleibt575 und – wie bei der brevi manu traditio576 – der Besitz nicht unnötig hin- und zurückübertragen werden muss577. § 930 BGB dient daher ebenfalls der Erleichterung des Rechtsverkehrs.578 a) Praktische Relevanz des Besitzkonstituts im Kontext elektronischer Medien Zunächst bestehen Zweifel, ob die Möglichkeit, elektronische Medien unter Zuhilfenahme eines Besitzkonstituts zu übereignen, überhaupt überprüft werden muss, da die praktische Relevanz des Besitzkonstituts in diesem Zusammenhang durchaus fraglich ist. Die große Mehrheit der Übereignungen im Rahmen des Handels mit elektronischen Medien dürften erfahrungsgemäß Fälle des § 929 Satz 1 BGB sein.579 Dennoch ist es zumindest denkbar, dass Dateien im Wege eines Besitzkonstituts veräußert werden. Den häufigsten praktischen Anwendungsfall eines Besitzkonstituts stellt wohl die Sicherungsübereignung zum Zwecke der Kreditsicherung dar.580 mann, § 930 Rn. 5; MünchKomm / Oechsler, § 930 Rn. 7; Wolf / Wellenhofer, § 7 Rn. 30. 572 jurisPK-BGB / Beckmann, § 930 Rn. 1. 573 Dazu Beurskens, Vom Sacheigentum zum „virtuellen Eigentum“?, in: Domej u. a., Einheit des Privatrechts, S. 443 (469 f.); der die grundsätzliche systematische Möglichkeit der Anwendung bejaht. 574 Staudinger / Wiegand, § 930 Rn. 8; MünchKomm / Oechsler, § 930 Rn. 8. 575 MünchKomm / Oechsler, § 930 Rn. 6; Staudinger / Wiegand, § 930 Rn. 5; jurisPK-BGB / Beckmann, § 930 Rn. 3. 576 Dazu soeben. 577 MünchKomm / Oechsler, § 930 Rn. 3; Wacke, Das Besitzkonstitut, S. 10; siehe ebenfalls bereits Prot. S. 3681 = Mugdan III, S. 624. 578 MünchKomm / Oechsler, § 930 Rn. 2; Baur / Stürner, § 51 Rn. 21. 579 Siehe zur Übereignung nach dieser Vorschrift die eingehende Darstellung in Kapitel 3 C. III. Übereignung gemäß § 929 Satz 1 BGB: Dingliche Einigung. 580 Staudinger / Wiegand, § 930 Rn. 2, 5; MünchKomm / Oechsler, § 930 Rn. 2; Wolf / Wellenhofer, § 7 Rn. 29.
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Kap. 3: Bestehende Rechte an Medien in Dateiform – Die lex lata
Insofern sind keine Gründe ersichtlich, warum nicht jemand den Wunsch haben könnte, seine möglicherweise umfangreiche Mediathek dazu einzusetzen, ein ihm daraufhin gewährtes Darlehen abzusichern. Dass dieser Fall in der Praxis – wenn überhaupt – wohl äußerst selten vorkommen dürfte, ist für die rechtliche Beurteilung irrelevant. b) Sachenrechtlicher Fokus der Untersuchung Der Grund für die (bisherige) geringe praktische Relevanz einer Sicherungsübereignung elektronischer Unterhaltungsmedien dürfte darin zu sehen sein, dass dem Sicherungsnehmer regelmäßig nicht völlig klar sein wird, ob E-Books, Musik- und Filmdateien tatsächlich dazu geeignet sind, die zu sichernde Forderung zu befriedigen, also im Sicherungsfall verwertet zu werden. Dies wäre wohl in aller Regel nur dann der Fall, wenn die entsprechenden Dateien einen Geldwert hätten, der durch eine Weiterveräußerung erlöst werden kann.581 Ob erworbene elektronische Unterhaltungsmedien weiterverkauft werden dürfen, ist jedoch eine Frage des Urheberrechts, die an späterer Stelle in dieser Arbeit behandelt wird.582 Sollte die nachfolgende Prüfung ergeben, dass aus systematischen Gründen keine Bedenken gegen eine Kreditsicherung durch Sicherungsübereignung im Speziellen bzw. ein Besitzkonstitut im Allgemeinen bestehen, ist daher zu berücksichtigen, dass sich das ermittelte Ergebnis auf die sachenrechtliche Komponente einer Sicherungsübereignung elektronischer Medien beschränkt, also nur das (sachen-)rechtliche „Können“, nicht jedoch auch die Frage nach einem bestimmungsgemäßen Einsatz als Sicherungsmittel, also das urheberrechtlich zu beurteilende rechtliche „Dürfen“, einschließt.583 c) Voraussetzungen Voraussetzung für eine Übereignung mittels eines Besitzkonstituts ist ausweislich des Wortlauts von § 930 BGB einerseits der Besitz des veräußernden Eigentümers und andererseits die Vereinbarung eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Eigentümer und dem Erwerber, vermöge dessen der Erwerber den mittelbaren Besitz erlangt, also ein Besitzmittlungsverhältnis im Sinne von § 868 BGB.584 Während der Besitz des Eigentümers zum Zeitpunkt der 581 Diese Aspekt übersieht Beurskens, Vom Sacheigentum zum „virtuellen Eigentum“?, in: Domej u. a., Einheit des Privatrechts, S. 443 (470). 582 Kapitel 4 A. Urheberrecht (zur lex lata) und Kapitel 6 C. Befugnisse des Inhabers digitaler Medien in Dateiform (zur lex ferenda). 583 Zu dieser Frage unten, Kapitel 5 B. Sicherungsrecht und Zwangsvollstreckung.
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Veräußerung keine Besonderheiten in Bezug auf die vorliegende Konstellation aufweist und deshalb ohne weitere Betrachtung bleiben kann, ist die Möglichkeit der Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses, welches eine Datei zum Gegenstand hat, zumindest fraglich. aa) Das Problem der Herausgabemöglichkeit Problematisch ist insofern vor allem der für ein Besitzmittlungsverhältnis charakteristische, zumindest potentielle Anspruch des mittelbaren Besitzers gegenüber dem unmittelbaren Besitzer, nach dem Ablauf der vereinbarten Besitzzeit585 die Herausgabe der übereigneten Sache verlangen zu können, setzt er doch unzweifelhaft voraus, dass die Sache herauszugeben möglich sein muss.586 Der unmittelbare Besitzer muss also grundsätzlich in der Lage sein, ein E-Book, eine Musik- oder eine Filmdatei an den mittelbaren Besitzer herauszugeben. Hier stellt sich vor dem Hintergrund, dass die Übertragung einer Datei – sofern man diese und ihr Trägermedium nicht als Verbund betrachtet – aus technischen Gründen nur durch „Kopieren“ und nicht durch „Verschieben“ möglich ist,587 erneut588 die Frage nach der Notwendigkeit des Besitzverlusts auf der Geber-Seite, dieses Mal im Kontext der Herausgabe einer Sache. Die Antwort hierauf ist maßgeblich abhängig von der Einschätzung, ob es für eine Herausgabe auf die Besitzergreifung des Anspruchsstellers (hier: des Erwerbers) oder auf den Besitzverlust des Anspruchsgegners (hier: des Veräußerers) ankommt. bb) Herausgabe durch Besitzkonstitut Dieses Problem wäre gegenstandslos, wenn zur Herausgabe einer Sache die Vereinbarung eines Besitzkonstituts, also die Einräumung lediglich mit584 Statt aller jurisPK-BGB / Beckmann, § 930 Rn. 4; MünchKomm / Oechsler, § 930 Rn. 9 ff.; Baur / Stürner, § 51 Rn. 21; Wolf / Wellenhofer, § 7 Rn. 30. 585 Zu Notwendigkeit der zeitlichen Begrenzung der Berechtigung zum Besitz BeckOK-BGB / Fritzsche, § 868 Rn. 13; Baur / Stürner, § 7 Rn. 42 mit Verweis auf den insofern eindeutigen Wortlaut des § 868 BGB. 586 Vgl. BGH, Urteil vom 11.6.1953 – Az. IV ZR 181 / 52, BGHZ 10, 81 (87) = NJW 1953, 1506 (1508); MünchKomm / Joost, § 868 Rn. 11; BeckOK-BGB / Fritzsche, § 868 Rn. 14; jurisPK-BGB / Diep, § 868 Rn. 8; Wieling, Voraussetzungen, Übertragung und Schutz des mittelbaren Besitzes, AcP 184 (1984), 439 (445 ff.); Baur / Stürner, § 7 Rn. 43. 587 Zu diesem gewichtigen Unterschied eingehend unten, Kapitel 6 C. I. 1. „Kopieren“ statt „Verschieben“. 588 Vgl. bereits die zur Übergabe einer Datei diskutierten Bedenken, oben, Kapitel 3 C. V. 2. Kein Besitzverlust des Veräußerer und Kapitel 3 C. VI. Erforderlichkeit eines Besitzverlusts des Veräußerers bei der Übergabe.
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telbaren Besitzes ausreichte. Da in diesem Fall der bisherige Besitzer seine Sachherrschaft wesensbedingt nicht verliert,589 wäre das grundsätzliche Erfordernis des Besitzverlustes des Veräußerers widerlegt. Wer die Herausgabe einer Sache begehrt, hat vor allem den eigenen Besitz und damit die Nutzungsmöglichkeit im Sinn.590 Letztere besteht jedoch nur, wenn der Anspruchssteller tatsächlichen Zugriff auf die Sache, also unmittelbaren Besitz an ihr hat. Die Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses zur Herausgabe einer Sache genügen zu lassen würde indes in einem Zirkelschluss münden, mit der Folge, dass der Anspruchssteller die begehrte Nutzungsmöglichkeit tatsächlich niemals erhielte. Zentraler Bestandteil jedes Besitzmittlungsverhältnisses ist nämlich – wie gesehen591 – wiederum ein Herausgabeanspruch, sodass bei der Herausgabe durch die Einräumung mittelbaren Besitzes ein logischer Zirkel entstünde, da zur Erfüllung dieses Herausgabeverlangens abermals ein Besitzkonstitut vereinbart werden könnte. Dieses (Ab-)Wechselspiel zwischen Herausgabeanspruch und Besitzmittlungsverhältnis ließe sich beliebig lange weiterspinnen, ohne dass der Anspruchssteller jemals die durch das Herausgabeverlangen begehrte Nutzungsmöglichkeit erhielte. Aus diesem Grund stellt die Vereinbarung eines Besitzkonstituts keine taugliche Möglichkeit dar, ein Herausgabeverlangen zu erfüllen. cc) Zwischenergebnis Anhand dieses Gedankenspiels wird deutlich, dass zur Herausgabe einer Sache dem Erwerber der unmittelbare Besitz verschafft werden muss.592 Daran ändert auch § 986 Abs. 1 Satz 2 BGB nichts, obgleich nach dieser Vorschrift die Herausgabe an einen Dritten zur Erfüllung des Anspruchs aus § 985 BGB ausreicht bzw. sogar geboten ist.593 Diese Regelung betrifft jedoch eine völlig andere Ausgangslage, bei welcher eine dem Eigentümer 589 Vgl.
soeben, bei und die Nachweise in Fn. 575. § 985 Rn. 61; zu den dem entsprechenden Pflichten des Besitzers bei der Vindikation ferner BGH, Urteil vom 26.5.1998 – Az. IX ZR 276 / 87, BGHZ 104, 304 (306) = NJW 1988, 3264 f.; Wieling, Sachenrecht, Band I, § 12 I 2 a; Mot. III, S. 398 = Mugdan III, S. 222. 591 Siehe bei und die Nachweise in Fn. 586. 592 BGH, Urteil vom 5.7.2001 – Az. IX ZR 327 / 99, BGHZ 148, 252 (255) = juris Rn. 11; siehe darüber hinaus zu den insofern bestehenden Voraussetzungen eingehend Staudinger / Gursky, § 985 Rn. 60 ff.; MünchKomm / Baldus, § 985 Rn. 78, jeweils m. w. N.; Mot. III, S. 398 f. = Mugdan III, S. 221 f. 593 Siehe zum hinter dieser Regelung stehenden Grundgedanken Staudinger / Gursky, § 986 Rn. 42 m. w. N. 590 Staudinger / Gursky,
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gegenüber zum Besitz berechtigte Zwischenperson unbefugt einem Dritten den unmittelbaren Besitz überlassen hat. In diesem Fall kann der Eigentümer unter Berücksichtigung des Besitzrechts der zwischengeschalteten Person die Herausgabe vorrangig nur an diese verlangen.594 Da der Erwerb des Eigentums durch Besitzkonstitut jedoch nicht im Drei- sondern grundsätzlich im Zwei-Personen-Verhältnis vollzogen wird, können die Wertungen von § 986 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht auf die völlig andere Interessenlage beim mittelbaren Besitz übertragen werden. dd) Herausgabe ohne Besitzverlust des Gebers Typischerweise ist mit der Herausgabe, also der Verschaffung unmittelbaren Besitzes und der damit verbundenen Nutzungsmöglichkeit, automatisch der Besitzverlust des Anspruchsgegners verbunden, da die Sache „verschoben“ wird. Dies ist indes nicht das primär mit dem Herausgabeverlangen verfolgte Ziel des Anspruchsstellers, weshalb zumindest aus diesem Grund nicht erforderlich ist, dass der Anspruchsgegner irgendwelche tatsächlichen oder rechtlichen Positionen einbüßt. Im Übrigen findet – in Parallele zur Übergabe – der reflexartige eigene Besitzverlust durch die Herausgabe einer Sache nicht im Falle von Dateien statt, die für sich genommen595 nicht verschoben,596 jedoch ohne Weiteres durch Kopieren vervielfältigt werden können. Hier ist die Einräumung der Nutzungsmöglichkeit durch Herausgabe (nur) möglich, ohne dass der Anspruchsgegner den Besitz an „seiner“ Datei verliert. Das mit einem Herausgabeverlange anvisierte Ziel wird demnach auch ohne den Besitzverlust des Gebers erreicht. Ein Konflikt mit dem Bestimmtheitsgebot besteht aus den bereits oben zu § 929 Satz 1 BGB dargelegten Gründen ebenfalls nicht.597 Daher ist eine Herausgabe durch die Bereitstellung eines Downloads möglich.
594 MünchKomm / Baldus, § 986 Rn. 72 ff.; Staudinger / Gursky, § 986 Rn. 42; jurisPK-BGB / Ehlers, § 986 Rn. 14. 595 Die Möglichkeit auf den Datenträger abzustellen, auf dem die Dateien gespeichert sind, soll hier, wie überall innerhalb der vorliegenden Arbeit, nicht berücksichtigt werden, da insofern keine Unterschiede zu jeder anderen „klassischen“ Sache bestehen. 596 Hierzu unten, Kapitel 6 C. I. 1. „Kopieren“ statt „Verschieben“. 597 Siehe Kapitel 3. C. VI. Erforderlichkeit eines Besitzverlusts des Veräußerers bei der Übergabe.
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d) Ergebnis Bei Betrachtung der sachenrechtlichen Dogmatik ist die Vereinbarung eines Besitzkonstituts, welches E-Books, Musik- oder Filmdateien zum Gegenstand hat, somit möglich. Hinsichtlich der praktischen Bedeutung und des bestimmungsgemäßen Einsatzes von elektronischen Medien in Dateiform als Sicherungsgut hat dieses Ergebnis indes keine Aussagekraft.598 Da der Veräußerer auch bei Übereignungen nach § 929 Satz 1 BGB in Besitz seiner Datei bleibt, besteht letztlich wohl vielfach kein (sachenrechtlicher)599 Grund zur Übereignung von Dateien mittels Besitzkonstitut. 2. Abtretung des Herausgabeanspruchs, § 931 BGB Neben der brevi manu traditio gemäß § 929 Satz 2 BGB und dem Besitzkonstitut gemäß § 930 BGB ist die Abtretung eines Herausgabeanspruchs nach § 931 BGB eine weitere Ausnahme vom Normalfall der Übergabe im Sinne von § 929 Satz 1 BGB. Auch dieses Übergabesurrogat dient der Vereinfachung des Rechtsverkehrs.600 Hier stellt sich wiederum die Frage, ob die Regelung im Falle auf den Handel mit E-Books, Musik- und Filmdateien angewendet werden kann. Das zentrale tatbestandliche Element dieses Übergabesurrogats ist der an den Erwerber abzutretende Herausgabeanspruch des Veräußerers gegen den besitzenden Dritten.601 Im Anschluss an die Prüfung des Besitzkonstituts,602 gestaltet sich die Untersuchung der Möglichkeit, elektronische Medien mittels Abtretung eines solchen Herausgabeanspruchs gemäß § 931 BGB zu übereigenen, nunmehr unkompliziert. Das Bestehen eines Herausgabeanspruchs und das damit naturgemäß verbundene Problem der Herausgabemöglichkeit einer Datei ist in Bezug auf 598 Diese hängt maßgeblich davon ab, ob eine Weitergabe von Medien in Dateiform auch urheberrechtlich zulässig ist, dazu unten, Kapitel 5 B. Sicherungsrecht und Zwangsvollstreckung. 599 Berücksichtigt man an dieser Stelle auch Urheberecht, ergibt ein Besitzkonstitut größeren Sinn, da es hierbei im Gegensatz zu einer Übereignung nach § 929 Satz 1 BGB nicht unmittelbar zu einer Vervielfältigung der Datei kommt und daher wohl auch kein Verstoß gegen Urheberrecht vorliegt, vgl. unten, Kapitel 4 A. Urheberrecht. 600 Baur / Stürner, § 51 Rn. 35; BeckOK-BGB / Kindl, § 931 Rn. 1; zum historischen Hintergrund vgl. MünchKomm / Oechsler, § 931 Rn. 1 f.; Staudinger / Wiegand, § 931 Rn. 1 f. m. w. N. 601 MünchKomm / Oechsler, § 931 Rn. 2. 602 Siehe soeben, Kapitel 3 C. V. 1. c) aa) Das Problem der Herausgabemöglichkeit.
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§ 931 BGB zwar ebenso problematisch, wie beim Besitzkonstitut. Da sich die beiden Konstellationen hinsichtlich des Kerns der Problematik jedoch nicht unterscheiden, kann an dieser Stelle auf die Erörterung im Rahmen des Besitzkonstituts verwiesen und das dort gefundene Ergebnis auf den vorliegenden Kontext übertragen werden. Dass die Realisierung des Herausgabeverlangens nicht den Besitzverlust des Herausgebenden zu Folge hat, wirkt sich daher auch bei einer Veräußerung elektronischer Medien gemäß § 931 BGB nicht aus. Mithin kann die sachenrechtliche Vereinbarkeit von elektronischen Medien mit der Herausgabedogmatik auch in Bezug auf § 931 BGB festgestellt werden. Die anders als bei einem Besitzkonstitut zusätzlich erforderliche Zession des Herausgabeanspruchs erfolgt grundsätzlich durch einen formfreien Vertrag gemäß § 398 BGB. Sie unterscheidet sich nicht von Fällen herkömmlicher Medien und bedarf daher keiner eigenständigen Untersuchung.603 Es bestehen daher im Hinblick auf die vorhandenen Besonderheiten keine dogmatischen Bedenken, elektronische Medien mittels des Übergabesurrogats der Abtretung eines Herausgabeanspruchs zu übereigenen. Eine Veräußerung von E-Books, Musik- und Filmdateien gemäß § 931 BGB ist folglich möglich.
IX. Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten Den letzten, hinsichtlich seiner Anwendbarkeit auf den Handel mit elek tronischen Medien zu untersuchenden Teil des rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerbs stellt das Institut des gutgläubigen Erwerbs vom Nichtberechtigten dar.604 1. Bezugspunkt des guten Glaubens Bedenken gegen einen gutgläubigen Erwerb von E-Books, Musik- und Filmdateien vom Nichtberechtigten gemäß den bestehenden Vorschriften der §§ 932, 933 und 934 BGB ergeben sich zunächst hinsichtlich des Bezugspunktes des guten Glaubens. Im Rahmen der Vorschriften zum gutgläubigen Eigentumserwerb muss sich der gute Glaube des Erwerbers stets auf das Eigentum des Veräußerers beziehen. Der Erwerber muss also glauben, dass die 603 Eingehend zur Abtretung des Herausgabeanspruchs Staudinger / Wiegand, § 931 Rn. 10 ff., besonderer Fokus auf die Zession selbst ab Rn. 19 ff. 604 Vgl. Zur Entstehung des gutgläubigen Erwerbs instruktiv unlängst Stagl, Gutgläubiger Fahrniserwerb als ‚sofortige Ersitzung‘, AcP 211 (2011), 530 ff.; grundlegend Wolff / Raiser, Sachenrecht, § 68.
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ihm veräußerte Sache tatsächlich dem sich als deren Eigentümer ausgebenden Veräußerer gehört, anderenfalls erwirbt er das Eigentum nicht.605 Daran ist in Bezug auf elektronische Medien problematisch, dass der Erwerber – wie mehrfach gesehen – nicht die Datei des Veräußerers erwirbt (und dieser dadurch alle Rechte an seiner Datei verliert), sondern eine durch den Übertragungsvorgang bei ihm neu hergestellte Kopie. Aus diesem Grund glaubt der Erwerber vor allem an das (gegebenenfalls nur vermeintlich) bestehende Recht des Veräußerers, dem Erwerber das Eigentum an der Datei zu verschaffen. Damit scheint ein von §§ 932 ff. BGB nicht umfasster Fall des guten Glaubens an die Verfügungsbefugnis vorzuliegen.606 Dieser Schein trügt jedoch. Bei genauer Betrachtung erweist es sich zwar als richtig, dass der Erwerber eines elektronischen Mediums (auch) an die Befugnis des Veräußerers glaubt, ihm das Eigentum an der veräußerten Datei zu verschaffen. Das schließt indessen nicht aus, dass der Erwerber darüber hinaus vom Eigentum des Veräußerers an der Datei ausgeht, deren Kopie er erwerben möchte.607 Da die Befugnis zur rechtmäßigen Veräußerung dem Eigentum, § 903 BGB, erwächst,608 glaubt ein gutgläubiger Erwerber beispielsweise eines E-Books letztlich doch an das Eigentum des Veräußerers an der der Veräußerung zugrunde liegenden Datei. Dass sich der gute Glaube des Erwerbers auf das Eigentum an einer anderen Datei bezieht, als die, deren Eigentümer er zu werden anstrebt, ist den technischen Besonderheiten des elektronischen Warenverkehrs geschuldet und ohne Auswirkung auf die hinter den von Gedanken des Verkehrsschutzes geprägten Wertungen des gutgläubigen Erwerbs, die Erwerber vor der schwierigen Aufgabe schützen sollen, die Rechte des Veräußerers nachzuprüfen.609 Somit liegt beim Erwerb 605 MünchKomm / Oechsler, § 932 Rn. 32; BeckOK-BGB / Kindl, § 932 Rn. 4; Wolff / Raiser, Sachenrecht, § 68 II 1. Möglich ist auch der gute Glaube an das Eigentum eines nichtberechtigten, aber der Veräußerung tatsächlich zustimmenden Dritten, wenn der Dritte zumindest mittelbarer Besitzer der veräußerten Sache ist, Staudinger / Wiegand, § 932 Rn. 100; Vieweg / Werner, § 5 Rn. 20; eingehend zu den insofern denkbaren Fallkonstellationen Westermann / Gursky / Eickmann, § 46 Rn. 5. 606 So die soweit ersichtlich unstreitige allgemeine Auffassung, siehe statt aller z. B. BeckOK-BGB / Kindl, § 932 Rn. 4; MünchKomm / Oechsler, § 932 Rn. 32; Westermann / Gursky / Eickmann, § 46 Rn. 5; Vieweg / Werner, § 5 Rn. 25 ff. 607 So auch in Bezug auf virtuelle Gegenstände Kauert, in: Wandtke / Ohst, Medienrecht, Bd. 2, Kapitel 6 Rn. 156. 608 Denn das Recht, das Eigentum an einer Sache zu übertragen, steht, abgesehen von wenigen Ausnahmen (siehe dazu Staudinger / Wiegand, § 929 Rn. 16; MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 44) nur dem Eigentümer oder einer von ihm ermächtigten Person zu, vgl. Staudinger / Wiegand, § 929 Rn. 15 f.; jurisPK-BGB / Beckmann, § 929 Rn. 56; MünchKomm / Oechsler, § 929 Rn. 43, 45; Wolf / Wellenhofer, § 7 Rn. 20. 609 Mot. III, S. 344 = Mugdan III, S. 191; so auch Baur / Stürner, § 4 Rn. 15, § 52 Rn. 8 ff., die in Rn. 9 von „detektivischen Fähigkeiten“ sprechen, die von Erwerbern erwartet werden müssten; Vieweg / Werner, § 5 Rn. 1.
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elektronischer Medien vom Nichtberechtigten ein von den Gutglaubenstatbeständen des rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerbs erfasster Fall vor. 2. Raubkopien Ein weiterer problematischer Aspekt ist die in Ansehung elektronischer Medien hohe Zahl im Umlauf befindlicher illegaler Dateiversionen, sogenannter Raubkopien.610 „Illegal“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass derjenige, in dessen Zugriffsbereich sich die Datei befindet, nicht auch Inhaber der urheberrechtlichen Nutzungsrechte ist.611 Diesbezüglich drängt sich die Frage auf, ob ein gutgläubiger Erwerb raubkopierter Dateien möglich ist, oder ob ein gutgläubiger Erwerb von Dateien gar grundsätzlich ausgeschlossen werden sollte, etwa aus der rechtspolitischen Motivation, die Verbreitung von Raubkopien einzudämmen.612 a) „Perfekte“ Kopien in Sekundenschnelle Grundsätzlich ist das Problem der Raubkopien nicht auf in Dateiform gehandelten Medien beschränkt, denn auch Medien in klassischen Erscheinungs- und Vertriebsformen, insbesondere Musik-CDs oder DVDs, werden vielfach raubkopiert. Im Bereich elektronischer Medien wird das Problem dadurch verschärft, dass für den durchschnittlichen Erwerber eines E-Books, einer Musik- oder einer Filmdatei im Gegensatz zum Erwerb eines entsprechenden Mediums im herkömmlichen Erscheinungsgewand praktisch nicht oder zumindest nicht mit zumutbarem Aufwand erkennbar ist, ob es sich bei der ihm angebotenen Kaufsache um eine Raubkopie oder um ein Original handelt.613 Dies geht einher mit dem außerdem zu beachtenden Aspekt, dass sich von elek tronischen Medien ohne nennenswerte Kosten, Mühen und Spezialwissen 610 Dazu OLG Stuttgart, Urteil vom 3.11.2011 – Az. 2 U 49 / 11, ZUM 2012, 811 (814) = juris Rn. 39; allgemein und Eingehend zu Rechtsfragen betreffend die „Piraterie“ im digitalen Musikmarkt Schunke / Hensel, in: Wandtke / Ohst, Medienrecht, Bd. 2, Kapitel 4 Rn. 126 ff. 611 Siehe z. B. Wandtke / Bullinger / Hildebrandt / Reinbacher, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 2 und die dortigen Nachweise; OLG Hamm, Beschluss vom 11.9.2014 – Az. 5 RVs 87 / 14, NJW 2014, 3528 ff. 612 Dazu unten, Kapitel 6 B. II. 2. Gutgläubiger Erwerb. 613 So auch LG Bielefeld, Urteil vom 5.3.2013 – Az. 4 O 191 / 11, CR 2013, 812 (813) = juris Rn. 45. Eine Möglichkeit zur Nachprüfung besteht allenfalls nach dem Download der Dateikopie unter der Voraussetzung eines entsprechenden Hinweises in den Eigenschaften der Datei, da diese naturgemäß mit denen der Originaldatei, deren Abbild die heruntergeladene Datei ist, identisch sind.
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sekundenschnell „perfekte“ Duplikate herstellen lassen.614 Demgegenüber ist das Kopieren von CDs, DVDs etc. weitaus aufwändiger. Für die täuschend echte Vervielfältigung eines gedruckten Buches, einer Musik-CD oder einer DVD sind neben spezieller Hard- und Software Fachkenntnisse zur Herstellung erforderlich. Wirklich makellose Kopien herzustellen ist bei Medien in analogen Erscheinungsformen dabei – wenn überhaupt – allenfalls für professionelle Fälscher möglich. Dagegen können elektronische Medien aufgrund ihrer Wesensart als Dateien von jedermann entweder selbst kopiert oder zum Download angeboten und damit zur Vervielfältigung mit dem Resultat eines von der Quelldatei nicht zu unterscheidenden Ebenbildes derselben freigegeben werden.615 Fraglich ist nun, ob sich dieser Umstand auf die Anwendbarkeit der §§ 932 ff. BGB im Bereich des Handels mit elektronischen Medien auswirkt. b) Wertungen des gutgläubigen Erwerbs Um die Antwort auf diese Frage zu erleichtern, sollen die einem gutgläubigen Erwerb vorausgehende Situation bzw. die dieser Rechtsfigur zugrunde liegenden Wertungen vorab kurz beleuchtet werden. Beim gutgläubigen Erwerb wird einem Erwerber als Ausnahme von dem allgemeinen Rechtssatz nemo plus iuris ad alium transferre potest, quam ipse habet616 ermöglicht, von einem Nichtberechtigten in Ansehung der Rechtsfolgen ebenso Eigentum zu erwerben, wie von einem Berechtigten. Umgekehrt formuliert kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs ein Nichtberechtigter ebenso wirksam jemandem das Eigentum an einer Sache verschaffen, wie ein Berechtigter – es liegt daher gewissermaßen eine „Verfügung zu Lasten Dritter“ vor. Die Legitimation zur Eigentumsübertragung ergibt sich dabei aus dem bloßen Besitz des Veräußerers.617 Dieser Wertung liegt die wohl – mittlerweile zweifelhafte – Vorstellung zugrunde, dass Besitz und Eigentum in der Rechtspraxis häufig zusammenfallen, sodass dem Rechtsverkehr ein Rückschluss vom Besitz auf eine 614 Zech, Daten als Wirtschaftsgut – Überlegungen zu einem „Recht des Daten erzeugers“, CR 2015, 137 (139); Hoeren, Dateneigentum, MMR 2013, 486 (490); Wandtke / Bullinger / Hildebrandt / Reinbacher, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 2; dazu auch unten, Kapitel 6 C. I. 2. (Nicht-)Rivalität von Gütern als entscheidender ökonomischer Faktor. 615 Zur Möglichkeiten einer leichten Vervielfältigung von Software OLG Stuttgart, Urteil vom 3.11.2011 – Az. 2 U 49 / 11, ZUM 2012, 811 (814) = juris Rn. 39; Wandtke / Bullinger / Hildebrandt / Reinbacher, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 2 m. w. N. 616 Corpus Iuris Civilis, D. 50, 17, 54. 617 Vgl. Mot. III, S. 344 = Mugdan III, S. 191.
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gleichzeitig bestehende Eigentümerstellung gestattet wird.618 Begründen ließe sich dies allenfalls mit dem – wenig überzeugenden – Argument, der Eigentümer könne sich den Besitz grundsätzlich jederzeit einräumen lassen, wie ein Blick in § 985 BGB erkennen lässt.619 Zu berücksichtigen ist an dieser Stelle jedoch, dass im heutigen von Kreditsicherheiten durchsetzten und hochtechnisierten Handelszeitalter die Bedeutung des Besitzes als Publizitätsmittel in Bezug auf das Eigentum erheblichen Zweifeln unterliegt, zumal Eigentum und Besitz tatsächlich immer häufiger auseinanderfallen. Dies gilt sowohl für den Handelsverkehr, wo Besitzkonstitute oder die Zession von Herausgabeansprüchen den täglichen Regelfall darstellen,620 wie auch im privaten Bereich, wo beispielsweise Autos immer häufiger als Dienstwagen gefahren oder über Leasing-Modelle finanziert werden621.622 Dennoch hat dieser auffällige Einschnitt in den Schutz des Eigentümers, der seine Rechte ohne eigenes Zutun verliert, seine Rechtfertigung in der Erwägung, „dem gutgläubigen Erwerber die Sicherheit seines Erwerbes zu gewährleisten.“623 Während sich der Eigentümer gegen den ungewollten Verlust des Eigentums dadurch schützen kann, dass er die Sache nicht aus der Hand gibt und auf diese Weise den Schein vermeidet, die Sache gehöre einer anderen Person, hat der Erwerber letztlich keine verlässliche Möglichkeit, herauszufinden, ob der veräußerungswillige Besitzer auch Eigentümer ist.624 Damit bewirkt der gutgläubige Erwerb letztlich, dass Erwerber sich auf das verlassen dürfen, was sie mit ihren eigenen Augen sehen können. 618 So wohl tatsächlich Baur / Stürner, § 6 Rn. 1; darstellend Staudinger / Wiegand, Vorbem. zu §§ 932–936 Rn. 12; zu Recht kritisch Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 166 f. 619 Ähnlich Martinek, Traditionsprinzip und Geheißerwerb, AcP 188 (1988), 573 (577) („Der unmittelbare Besitz ist […] zuerst dem Eigentümer zugewiesen“); dagegen auch Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 166 f. 620 Dass die Publizität des Besitzes dadurch zu ein „stark verwässertes Prinzip“ wird, betont MünchKomm / Joost, Vorbem. zu § 854–§ 872 Rn. 13 mit Verweis auf Hromadka, Sicherungsübereignung und Publizität, JuS 1980, 89 (90 ff.); hierzu auch Martinek, Traditionsprinzip und Geheißerwerb, AcP 188 (1988), 573 (580); Walz, Sachenrechtliches Systemdenken im Wandel, KritV 1990, 374 (386 f.); ebenso bereits Wacke, Das Besitzkonstitut, S. 42. 621 Vgl. hierzu die überzeugenden Ausführungen mit dem treffendem Vergleich zwischen der Eigentumslage bei einem mittels Ratenzahlung finanzierten Auto und einem Heuballen eines Landwirtes bei K N. Llewellyn, Across Sales on a Horseback, Harvard Law Review, Vol. 52 (1939), S. 725 (730 ff.). 622 Süß, Das Traditionsprinzip, FS Wolff, S. 141 (152 f.) zweifelte bereits 1952 aus diesen Gründen erheblich an der Publizitätsfunktion des Besitzes. 623 Mot. III, S. 344 = Mugdan III, S. 191. 624 Ebenda. Dazu auch bereits kurz oben, Kapitel 3 C. VI. 1. Bezugspunkt des guten Glaubens.
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Dies ist im Mobiliarsachenrecht der offenbarte Besitz.625 Durch den gutgläubigen Erwerb soll demnach (nur) der Mangel in der Person des Veräußerers überwunden werden, nicht Eigentümer der veräußerten Sache zu sein. Andere Rechte als das Eigentum sind an dieser Stelle grundsätzlich ohne Belang. c) Inhaber einer Raubkopie ist sachenrechtlich Berechtigter Dies führt zu der Frage, ob der Inhaber einer Raubkopie sachenrechtlich Berechtigter, insbesondere Eigentümer der Datei ist. Wäre dies der Fall, würde die Frage eines eventuellen gutgläubigen Erwerbs gar nicht aufkommen. An dieser Stelle ist erneut bedeutsam, dass eine kopierte bzw. heruntergeladene Datei erst durch den Kopiervorgang bzw. den Download hergestellt wird und somit keine rechtliche Vorgeschichte hat.626 Als Inhaber sämtlicher an der neu hergestellten Datei bestehenden dinglichen Rechte – einschließlich des Eigentums – kommt daher nur der Erwerber infrage. Demnach sind Besitzer einer raubkopierten Datei regelmäßig gleichzeitig deren Eigentümer. Insofern ist zu sehen, dass die Frage nach der eventuellen Illegalität einer Dateikopie lediglich lizenzrechtlicher Art, also eine solche des Urheberrechts und damit dem Immaterialgüterrecht zuzuordnen ist.627 Sie wirkt sich daher nicht auf die ausschließlich sachenrechtlich zu beurteilende Möglichkeit aus, eine Sache legaler oder illegaler Herkunft gutgläubig erwerben zu können – unabhängig davon, ob es sich um Medien in elektronischer oder klassischer Erscheinungsform handelt.628 Damit ist festzustellen: Der Besitzer einer Datei ist regelmäßig auch deren Eigentümer und damit sachenrechtlich Berechtigter.629
625 BGH, Urteil vom 5.5.1971 – Az. VIII ZR 217 / 69, BGHZ 56, 123 (128) = juris Rn. 23; an dessen Stelle tritt im Immobiliarsachenrecht die Eintragung in das Grundbuch, vgl. § 891 BGB, Mot. III, S. 344 = Mugdan III, S. 191; vgl. auch Mot. III, S. 346 = Mugdan III, S. 192. 626 Siehe zu diesem Aspekt auch oben, Kapitel 3 C. V. 2. Kein Besitzverlust des Veräußerer; Kapitel 3 C. VI. 5. b) Voraussetzungen der Übergabe nach § 929 Satz 1 BGB; Kapitel 3 C. V. 1. c) dd) Herausgabe ohne Besitzverlust des Gebers. 627 Siehe die Nachweise in Fn. 611. 628 Brehm / Berger, Sachenrecht, § 5 Rn. 17; im Zusammenhang diskettengebundener Daten kurz Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (316). 629 Ebenso Brehm / Berger, Sachenrecht, § 5 Rn. 17; anders offenbar Beurskens, Vom Sacheigentum zum „virtuellen Eigentum“?, in: Domej u. a., Einheit des Privatrechts, S. 443 (469), der die sachenrechtliche Berechtigung von der urheberrecht lichen Rechtslage abhängig macht.
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d) Geringe praktische Relevanz eines gutgläubigen Erwerbs von Dateien Daraus folgt aber auch, dass die praktische Relevanz eines gutgläubigen Eigentumserwerbs eines E-Books, einer Musik- oder einer Filmdatei wohl äußerst gering ist, da der Erwerb regelmäßig vom Berechtigten erfolgt.630 Für eine Anwendung der Vorschriften zum gutgläubigen Erwerb im Zusammenhang mit elektronischen Dateien verbleiben damit aufgrund der vorstehend gefundenen Ergebnisse nur wenige und vergleichsweise hypothetische Sachverhalte, wie die Veräußerung einer Datei an einen zweiten Erwerber, die vorher bereits mittels Besitzkonstitut an einen ersten Erwerber übereignet wurde. Unterstellt man jedoch einen solchen, wenn auch konstruiert anmutenden Fall, in dem der Veräußerer zwar Besitzer, aber nicht Eigentümer einer Datei ist, spricht aus sachenrechtlicher Sicht nichts gegen einen gutgläubigen Erwerb eines raubkopierten E-Books, einer Musik- oder einer Filmdatei. Im Ergebnis bestehen damit keine Unterschiede zwischen dem Erwerb einer „legalen“ und einer „illegalen“ Datei: In beiden Fällen erhält der Erwerber lastenfreies631 Eigentum. e) Zwischenergebnis Die Nichtberechtigung des Veräußerers ergibt sich damit nicht aus der Illegalität seiner zum Kopieren angebotenen Datei. Der Umstand, dass eine Datei als Raubkopie zu charakterisieren ist, darf mithin nicht in Zusammenhang gebracht werden mit der sachenrechtlichen Berechtigung zur Veräußerung dieser Datei. Das Problem der Raubkopien steht einer Anwendung der Vorschriften über den gutgläubigen rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerb daher dogmatisch nicht nur nicht entgegen.632 Wie gezeigt, ist der Veräußerer einer raubkopierten Datei sachenrechtlich regelmäßig sogar Berechtigter, sodass auf die Figur des gutgläubigen Erwerbs in Fällen veräußerter Raub kopien nur in seltenen Ausnahmefällen zurückgegriffen werden muss.633
630 Dies gilt nach soeben Gesagtem freilich nicht nur für die Veräußerung von Raubkopien, sondern grundsätzlich. 631 Im Sinne von § 936 BGB. 632 Vgl. Brehm / Berger, Sachenrecht, § 5 Rn. 17. 633 So auch bereits Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 287 (316) zur Veräußerung von auf einer Diskette gespeicherten Dateien.
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f) Unterschiede zum gutgläubigen Erwerb von Medien in klassischer Form An dieser Stelle zeigt sich ein bemerkenswerter Unterschied zwischen dem gutgläubigen Erwerb von gedruckten Büchern, Musik-CDs und DVDs und dem von E-Books, Musik- und Filmdateien. Zwar unterscheidet sich die Nichterkennbarkeit von „Hehlerware“ bei elektronischen Medien nicht von der bei analogen Medien und allen anderen Sachen im Sinne des § 90 BGB: Ob ein gedrucktes Buch gestohlen ist, lässt sich bei bloßer Betrachtung des Buches ebenso wenig erkennen wie die eventuelle illegale Herkunft einer Datei. Sowohl bei der elektronischen als auch bei der gedruckten Version wäre, um sicherzugehen, ein separater Eigentums- bzw. Berechtigungsnachweis erforderlich.634 Im Falle des Printmediums betrifft das Problem jedoch im Gegensatz zum elektronischen Buch die Frage nach der Berechtigung zur Veräußerung und es läge – im Gegensatz zur Datei635 – ein Erwerb vom Nichtberechtigten vor, mit der Folge, dass ein gutgläubiger Erwerb grundsätzlich infrage kommt. Da es zu keinem gutgläubigen „Wegerwerb“ vom Eigentümer kommt,636 betrifft ein „Diebstahl“637 von elektronischen Medien anders als bei ihren herkömmlichen Gegenstücken nicht primär die sachenrechtliche Ebene, sondern vor allem das Urheberrecht. 3. Keine Anwendungsfälle für § 935 BGB bei elektronischen Medien Dies führt zu einem weiteren feststellbaren Unterschied. Während bei Büchern, Musik und Filmen in klassischer Form die Veräußerung einer gestohlenen Sache stets aufgrund § 935 BGB ausgeschlossen ist, greift diese Vorschrift bei Veräußerungen von Medien in Dateiform grundsätzlich nicht ein. Dies gilt folgerichtig auch und gerade für die Veräußerung von Raubkopien. § 935 BGB soll nämlich den Eigentümer vor dem Verlust seiner Rechte schützen, wenn ihm nicht vorzuwerfen ist, den Rechtsschein verursacht zu haben, seine Sache gehöre einer anderen Person, etwa, indem er sie verleiht und damit willentlich aus seinem unmittelbaren Zugriffsbereich entfernt.638 634 Siehe zur Unzumutbarkeit einer Nachprüfung durch den Erwerber bei und die Nachweise in Fn. 609. 635 Dazu soeben, Kapitel 3 C. VI. 2. c) Inhaber einer Raubkopie ist sachenrechtlich Berechtigter und Kapitel 3 C. VI. 2. d) Geringe praktische Relevanz eines gutgläubigen Erwerbs von Dateien. 636 Siehe sogleich, Kapitel 3 C. VI. 4. Kein „lastenfreier“ Erwerb. 637 Der Begriff ist im vorliegenden Zusammenhang nicht strafrechtlich zu verstehen, sondern bezeichnet allgemein die unerlaubte Inbesitznahme urheberrechtlich geschützter Inhalte.
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Zwar scheint nach der Verkehrsanschauung bei Raubkopien ein dem Abhandenkommen im Sinne von § 935 BGB zumindest ähnlicher Fall vorzuliegen, da sich der Raubkopierer gleich einem Dieb ohne die Zustimmung desjenigen, der als der „Berechtigte“ empfundenen wird, die Möglichkeit verschafft, eine Sache zu nutzen. Hier ist jedoch zu beachten, dass die Verkehrsauffassung nicht die juristisch gebotene Trennung zwischen schuldrechtlich und sachenrechtlich Berechtigtem vornimmt. Während die Einschätzung der Verkehrsauffassung auf die schuldrechtliche Rechtslage zutrifft, geht sie in Ansehung der Sachenrechte fehl.639 Beim Handel mit Dateien kommt es nämlich aufgrund der Eigenart elektronischer Medien im Speziellen bzw. Daten im Allgemeinen, sie nicht „Verschieben“, sondern nur „Kopieren“ zu können,640 nicht zu einem gutgläubigen „Wegerwerb“ beim Veräußerer. Deshalb tritt auch bei der unerlaubten Veräußerung einer Datei kein (sachenrechtlicher) Rechtsverlust beim (urheberrechtlich) Berechtigten ein, vor dem er (sachenrechtlich) geschützt werden müsste. Würde man § 935 BGB in diesem Falle – gegebenenfalls analog – anwenden, nähme man unzulässig immaterialgüter- bzw. urheberrechtliche Interessen durch sachenrechtliche Vorschriften wahr, wodurch geistiges und materielles Eigentum vermischt würden.641 Damit lässt sich § 935 BGB nicht auf Dateien anwenden. Insofern besteht also ein Widerspruch zwischen den gesetzlichen Regelungen de lege lata und dem Handel mit elektronischen Medien: Während das Gesetz für alle anderen Arten von beweglichen Sachen offenbar die Möglichkeit eines Abhandenkommens unterstellt, trifft diese Eigenschaft nicht auf Dateien zu. Dateien können für sich genommen nicht im Sinne von § 935 BGB abhanden kommen.642 Durch diesen Unterschied wird die Verschiedenheit des Wesens von elektronischen und analogen Medien deutlich sichtbar. Indes ist die hier zu sehende fehlende Kompatibilität von § 935 BGB mit dem vorliegend unter638 Statt aller MünchKomm / Oechsler, § 935 Rn. 1; Staudinger / Wiegand, Vorbem. zu §§ 932–936 Rn. 21, § 935 Rn. 1. 639 Dazu ebenfalls oben, Kapitel 3 C. VI. 2. c) Inhaber einer Raubkopie ist sachenrechtlich Berechtigter und Kapitel 3 C. VI. 2. d) Geringe praktische Relevanz eines gutgläubigen Erwerbs von Dateien. 640 Zu diesem entscheidenden Aspekt eingehend sogleich, Kapitel 6 C. I. 1. „Kopieren“ statt „Verschieben“. 641 Ebenso Brehm / Berger, Sachenrecht, § 5 Rn. 17. 642 Zwar ist die Möglichkeit eines Hackerangriffs denkbar, aufgrund dessen der Inhaber die tatsächliche Sachherrschaft an seinen Dateien verliert und der Hacker durch den Angriff Zugriff auf die Dateien erlangt. Dieser Fall der „Besitzübernahme“ fällt jedoch gleichwohl nicht unter § 935 BGB, da insofern ein Eigentumserwerb eines gutgläubigen Dritten wiederum nur durch Duplizieren infrage kommt. Freilich besteht daneben die hier nicht zu beachtende Möglichkeit, Dateien zusammen mit ihrem Datenträger, etwa einer Festplatte, zu verlieren oder ihrer bestohlen zu werden.
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suchten Sachverhalt nicht derart gravierend, dass man sich genötigt sähe, ihretwegen die Anwendbarkeit des gesamten Regelungssystems der rechtsgeschäftlichen Eigentumsübertragung in Frage zu stellen. § 935 BGB schützt nämlich ausweislich seines eindeutigen Regelungsgehalts ausschließlich den Eigentümer vor unverschuldetem Rechtsverlust. Da der Eigentümer einer Datei trotz eines gutgläubigen Erwerbs jedoch keine Sachenrechte verliert, ist die Vorschrift im Bereich des Handels mit elektronischen Medien überflüssig. 4. Kein „lastenfreier“ Erwerb Die bisherigen Untersuchungen lassen die Erwerber von elektronischen Medien in rechtlich sehr komfortabler Position erscheinen, zumal der Erwerb regelmäßig vom Berechtigten erfolgt mit der Konsequenz, dass auch Erwerber im Falle einer eventuellen Weiterveräußerung wiederum als Berechtigte handeln.643 Dieser Befund spiegelt die rechtlichen Verhältnisse um den mitunter auch illegalen Rechtsverkehr mit elektronischen Medien jedoch nicht vollständig wieder. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die gute rechtliche Position von Inhabern und Erwerbern elektronischer Medien rein sachenrechtlicher Natur ist. Nicht übersehen werden darf dabei jedoch, dass der Handel mit Medien in Dateiform vor allem durch das Schuld- und das Urheberrecht geprägt ist.644 Die an einem geistigen Werk bestehenden Urheberrechte sind nicht an konkrete Gegenstände, vorliegend also Dateien, gebunden, sondern bestehen an allen geistigen Werkstücken, unabhängig von ihrer Verkörperung.645 Daher ist jedes E-Book, jede Musik- und jede Filmdatei, unabhängig davon, ob es bzw. sie vom Berechtigten oder vom Nichtberechtigten erworben wurde, grundsätzlich mit dem Urheberrecht des Schöpfers an dem durch die Datei verkörperten geistigen Werk belastet. Hinsichtlich dieser Belastung findet auch kein lastenfreier Erwerb im Sinne des § 936 BGB statt. Von dieser Vorschrift erfasste und deshalb im Zuge einer Veräußerung erlöschende Rechte sind nämlich lediglich dingliche.646 Urheberrechte können daher grundsätzlich nicht gutgläubig „wegerworben“ werden.647 Auch der Erwerber einer raubkopierten Datei darf, trotz seiner einwandfreien 643 So die Ergebnisse oben, Kapitel 3 C. VI. 2. Raubkopien, dazu noch genauer unten, Kapitel 6 C. I. 3. Unterschiedliche (wirtschaftliche) Interessenlage. 644 Dazu eingehend Kapitel 4 A. Urheberrecht. 645 Ebenda. 646 Staudinger / Wiegand, § 936 Rn. 2; MünchKomm / Oechsler, § 936 Rn. 3; Palandt / Herrler, § 936 Rn. 1. 647 Brehm / Berger, Sachenrecht, § 5 Rn. 17; siehe auch zum Patentrecht Pahlow, Lizenz und Lizenzvertrag im Recht des Geistigen Eigentums, S. 204 ff.; Ahrens, Gewerblicher Rechtsschutz, § 11 Rn. 284 Fn. 609.
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sachenrechtlichen Stellung, daher nicht mit der Datei verfahren, wie er möchte und wie es § 903 BGB auf den ersten Blick vermuten lässt. Er muss stets die an dem in seiner Datei verkörperten geistigen Werk bestehenden Urheberrechte beachten. Die an E-Books, Musik- und Filmdateien, sowohl legaler als auch illegaler Herkunft, bestehenden, weitreichenden Sachenrechte haben daher nicht den großen Wert, den sie zu haben scheinen. Sie sind durch bestehende Urheberrechte mitunter stark eingeschränkt.648 5. Zusammenfassung der Ergebnisse Als Ergebnis ist festzuhalten, dass das Eigentum an elektronischen Medien grundsätzlich nach §§ 932 ff. BGB auch gutgläubig erworben werden kann.649 Regelmäßig an den durch die Dateiform verkörperten künstlerischen Werken bestehende Urheberrechte erlöschen auch durch einen gutgläubigen Erwerb nicht. Die Subsumtion des Erwerbs „gestohlener“ Medien unterscheidet sich jedoch, je nachdem, ob es sich um Medien in elektronischer oder in klassischer Form handelt. Im Falle von Medien in klassischer Erscheinungsform liegt ein Erwerb vom Nichtberechtigten vor, der die Frage eines (regelmäßig aufgrund von § 935 BGB ausgeschlossenen) gutgläubigen Erwerbs aufwirft. Dazu im Gegensatz erfolgt der Erwerb einer raubkopierten Datei aufgrund der durch jeden Kopiervorgang verursachten Herstellung einer neuen Sache sachenrechtlich in den meisten Fällen vom Berechtigten650 und der Erwerber erlangt ohne weitere Voraussetzungen das Eigentum gemäß §§ 929 bis 931 BGB. Die Einfachheit der Kopierbarkeit und das ihr zufolge bestehende rechtspolitische Problem der großen Verbreitung von Raubkopien ist demnach sachenrechtlich, insbesondere hinsichtlich des gutgläubigen Erwerbs, nicht relevant und daher außerhalb des Sachenrechts zu lösen.651 Dadurch verliert das Problem eines gutgläubigen Erwerbs einer Datei vom Nichtberechtigten stark an Bedeutung.652 Dass die Vermutung eines guten Glaubens, wie sie in § 932 Abs. 2 BGB hinsichtlich des Eigentums aufgestellt wird, in Bezug auf die „Legalität“ der Herkunft einer Datei möglicherweise rechts 648 Zur restriktiven Wirkung des Urheberrechts auf das Eigentum eingehend unten, Kapitel 4 A. Urheberrecht. 649 Vgl. Kapitel 3 C. VI. 2. d) Geringe praktische Relevanz eines gutgläubigen Erwerbs von Dateien. 650 Vgl. Kapitel 3 C. VI. 2. c) Inhaber einer Raubkopie ist sachenrechtlich Berechtigter. 651 Dazu unten, Kapitel 6 C. Befugnisse des Inhabers digitaler Medien in Dateiform. 652 Vgl. Kapitel 3 C. VI. 2. d) Geringe praktische Relevanz eines gutgläubigen Erwerbs von Dateien und Kapitel 3 B. VI. 2. e) Zwischenergebnis.
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politisch verfehlt ist, bleibt daher an dieser Stelle noch ohne weitere Beachtung.653
X. Ergebnis und kritische Würdigung 1. Subsumtion von Mediendateien aufgrund hoher Abstraktheit von §§ 929 ff. BGB möglich Die Untersuchungen dieses Kapitels haben gezeigt, dass eine Subsumtion der technischen Vorgänge beim Handel mit E-Books, Musik- und Filmdateien unter die Vorschriften des rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerbs, §§ 929 ff. BGB, im Ergebnis möglich ist. Analogien und der Verzicht auf einzelne Tatbestandsvoraussetzungen waren hierzu nicht erforderlich. Der Grund für die geglückte Subsumtion ist die hohe Abstraktheit der Vorschriften des BGB, die sich nicht als starr und unflexibel erwiesen haben, sondern deren Anwendung bei entsprechender Auslegung auch auf Ergebnisse moderner technischer Entwicklungen möglich ist. Damit steht fest: Der Handel mit elektronischen Medien über das Internet ist nach der hier vertretenen Auffassung sachenrechtlich erfasst. 2. Angreifbarkeit der hier vertretenen Auffassung Dieses zunächst einmal erfreuliche Ergebnis kann dabei jedoch gleichwohl nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Subsumtion vor allem deshalb gelingt, weil jede Regelung innerhalb der Normen der rechtsgeschäftlichen Übertragung des Eigentums isoliert untersucht wurde. Betrachtet man den Regelungsbereich des rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerbs weniger juristisch-dogmatisch und in seine kleinsten Einzelteile zerpflückt, sondern sieht ihn – ganz im Sinne einer normativen Beurteilung unter besonderer Berücksichtigung der Verkehrsanschauung – als Einheit an, kann der hier vertretene Ansatz, die im Wege der Übertragung erfolgende Herstellung einer neuen Sache beim Erwerber als Übergabe Sinne von §§ 929 ff. BGB anzusehen, durchaus in Zweifel gezogen werden:654 So lässt sich argumentieren, dass ein Download bei natürlicher, einheitlicher Betrachtung keine Übergabe im bekannten Sinne darstellt, obwohl sich eben dies bei der Untersuchung der in ihre Einzelteile zerlegten Übergabe dogmatisch begründen lässt.655 Auch die 653 Dazu
form.
unten, Kapitel 6 C. Befugnisse des Inhabers digitaler Medien in Datei-
654 Zuletzt in anderer Richtung etwa Faust, Verhandlungen des 71. DJT, Band I, S. A 10. 655 Siehe Kapitel 3 C. IV. Die Übergabe im Sinne von § 929 Satz 1 BGB.
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Vereinbarung eines Besitzkonstituts in Bezug auf eine Datei erscheint insbesondere aufgrund des tatbestandlich konstitutiven Herausgabeanspruchs des mittelbaren Besitzers gegen den unmittelbaren Besitzer konstruiert. Schließlich wirken auch die Ergebnisse der Analyse des gutgläubigen Erwerbs von elektronischen Medien vor dem Hintergrund der ursprünglich hinter diesem Rechtsinstitut stehenden Wertungen und den damit verfolgten Zielen bei rein sachenrechtlicher Betrachtung unpassend.656 Insgesamt gewinnt der Anwender bei ganzheitlicher Betrachtung von §§ 929 ff. BGB den Eindruck, die Vorschriften seien für andere Fälle und Probleme geschaffen worden, als für den Handel mit und die Übertragung von E-Books, Musik- und Filmdateien. Die sich bei letzterem bzw. letzterer stellenden Probleme scheinen durch die Vorschriften nicht ausreichend berücksichtigt zu werden, wodurch die gefundenen Ergebnisse mitunter befremdlich wirken.657 Das Ziel einer Anwendung von Normen auf einen konkreten Sachverhalt können jedoch nur problemgerechte Regelungen sein. Bei einheitlicher und natürlicher Betrachtung kann die Anwendung der §§ 929 ff. BGB auf den Rechtsverkehr von digitalen Medien daher aufgrund unzureichenden Zuschnitts auf elektronische Übertragungsformen wie den Download als letztlich nicht sinnvoll erachtet werden. 3. Bedürfnis nach gesetzlicher Klarstellung Da somit hinsichtlich des in diesem Kapitel untersuchten Problems auch eine Auffassung möglich ist, welche zu einem anderen als dem hier gefundenen und mit der Verkehrsanschauung besser zu vereinbarenden Ergebnis gelangt, besteht Rechtsunsicherheit in Bezug auf die an elektronischen Medien bestehenden Sachenrechte und deren Übertragung. Eine solche Situation ist angesichts der großen und stetig zunehmenden Bedeutung des Online-Handels mit E-Books, Musik- und Filmdateien im Alltag nicht hinnehmbar.658 Um diesen Zustand zu beenden, erscheint eine gesetzliche Klarstellung, ob Dateien im Allgemeinen und damit E-Books, Musik- und Filmdateien im Speziellen unter die bestehenden sachenrechtlichen Vorschriften zu subsumieren sind, unvermeidbar. Wie eine solche Anpassung inhaltlich ausgestaltet sein könnte, wird im sechsten Kapitel dieser Arbeit dargelegt.659 656 Zur Unbeachtlichkeit der bei Anwendung der Vorschriften zum gutgläubigen Erwerb gefundenen Ergebnisse unten, Kapitel 6 B. II. Unbeachtlichkeit des Fehlens sinnvoller Anwendungsfälle. 657 Dazu oben, Kapitel 3 C. VI. 2. Raubkopien. 658 Zur wachsenden Bedeutung digitaler Versionen von Büchern, Musik und Filmen siehe bei und in Fn. 6. 659 Siehe unten, Kapitel 6 B. Rechtsgeschäftliche Übertragung.
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D. Exkurs: Schuld- und sachenrechtliche Bewertung von Streaming Daneben ist fraglich, welche Rechte beim Streaming bestehen und wie diese übertragen werden.
I. Sachenrecht Im Vergleich zum Download kommt die Anwendung der sachenrechtlichen Vorschriften, insbesondere die zur Übertragung des Eigentums auf das Streaming von vornherein nicht infrage. Weder auf Seiten des Veräußerers noch des Erwerbers ist der Wille, absolute Rechte wie Eigentum oder Besitz zu übertragen, bzw. übertragen zu bekommen ersichtlich, sodass eine dingliche Einigung im Sinne von § 929 Satz 1 BGB schon nicht vorliegt. Das Sachenrecht ist daher im Falle des Streamings nicht tangiert.
II. Schuldrecht Zu sachgerechten Ergebnissen gelangt man im Falle des Streamings indessen mit den Regeln des Schuldrechts.660 Um die Rechtsnatur des Vertrags beim Streaming genau einordnen zu können, soll zunächst ein Vertragsverhältnis aus der klassischen, analogen Welt gesucht werden, das die gleiche oder zumindest eine vergleichbare Charakteristik aufweist. 1. Rechtsnatur des Konzertbesuchervertrags Zunächst ist an einen Vergleich des Streamings mit einem Konzertbesuch zu denken. Beim Konzertbesuchervertrag wird als Gegenleistung für das 660 Siehe zu urheberrechtlichen Problemen im Zusammenhang mit Streaming ausführlich Marly, Bildschirmkopien, Cache-Kopien und Streaming als urheberrechtliche Herausforderungen, EuZW 2014, 616 ff.; Hilgert / Hilgert, Nutzung von StreamingPortalen – Urheberrechtliche Fragen am Beispiel von Redtube, MMR 2014, 85 ff.; Hauck / Heim, Die rechtliche Bewertung von „Filesharing“ und „Streaming“, JuS 2014, 303 ff.; Busch, Zur urheberrechtlichen Einordnung der Nutzung von Streaming angeboten, GRUR 2011, 496 (497 f.); Wandtke / von Gerlach, Die urheberrechtliche Rechtmäßigkeit der Nutzung von Audio-Video Streaminginhalten im Internet, GRUR 2013, 676 ff.; Koch, Der Content bleibt im Netz – gesicherte Werkverwertung durch Streaming-Verfahren, GRUR 2010, 574 ff.; Fangerow / Schulz, Die Nutzung von Angeboten auf www.kino.to – Eine urheberrechtliche Analyse des Film-Streamings im Internet, GRUR 2010, 677 ff.; Sasse / Waldhausen, Musikverwertung im Internet und deren vertragliche Gestaltung – MP3, Streaming, Webcast, On-demand-Service etc., ZUM 2000, 837 ff.; Czernik, in: Wandtke / Ohst, Medienrecht, Bd. 2, Kapitel 2 Rn. 271 ff.; Schunke / Hensel, ebenda, Kapitel 4 Rn. 129 ff.
D. Exkurs: Schuld- und sachenrechtliche Bewertung von Streaming151
gezahlte Eintrittsgeld die Aufführung eines Konzerts geschuldet. Zwar wird beim Konzertbesuch regelmäßig eine Eintrittskarte im Sinne von § 433 BGB verkauft und anschließend das Eigentum daran gemäß §§ 929 ff. BGB übertragen.661 Bei der Eintrittskarte handelt es sich jedoch lediglich um ein Inhaberpapier im Sinne von § 807 BGB, also um eine verbriefte Forderung.662 Hinsichtlich der Konzertaufführung selbst verpflichtet sich der Konzertveranstalter durch den geschlossenen Vertrag das versprochene Konzert zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort aufzuführen mit der Gelegenheit für den Karteninhaber, an der Vorstellung teilzunehmen. Hinsichtlich der Rechtsnatur handelt es sich daher um einen Werkvertrag (mit mietrechtlichen Elementen, die hier jedoch keine Rolle spielen).663 Ist die Vorstellung vorüber, ist das Werk vollbracht und das Vertragsverhältnis hat sich in seinem Kern erledigt. 2. Rechtsnatur des Kinobesuchervertrags Ähnlich gelagert und daher im Ergebnis wenig unterschiedlich ist die rechtliche Situation beim Kinobesuch. Anders als beim Konzert wird beim Kinobesuch das Werk in Gestalt des vorzuführenden Films jedoch nicht durch den Kinobetreiber ad hoc hergestellt, sondern lediglich eine Kopie des bereits produzierten Films abgespielt. Insofern ist das herzustellende Werk bei einer Kinovorführung im Vergleich zu einem Konzert weniger charakterisierend für die Vertragsnatur auf Kosten einer etwas in den Vordergrund gerückten dienstrechtlichen Komponente.664 3. Rechtsnatur von Streaming vergleichbar mit Museumsbesuchervertrag Beim Vergleich des Konzertbesuchervertrags oder eines Kinobesuchs mit dem Streaming wird jedoch ein wesentlicher Unterschied offenbar. Während der erwartete Erfolg beim Konzertbesuch in dem live aufzuführenden 661 OLG München, Urteil vom 9.6.2011 – Az. 29 U 635 / 11, NJW-RR 1011, 1359 (1360); MünchKomm / Gehrlein, § 807 Rn. 3. 662 MünchKomm / Gehrlein, § 807 Rn. 2; Palandt / Sprau, § 807 Rn. 3. 663 MünchKomm / Busche, § 631 Rn. 244 f.; Staudinger / Peters / Jacoby, Vorbem zu §§ 631 ff. Rn. 37; BeckOK-BGB / Voit, § 631 Rn. 11f; Fessmann, Theaterbesuchsvertrag oder wann krieg ich als Zuschauer mein Geld zurück?, NJW 1983, 1164 (1165); Ankermann, Über die Rechte des Konzertbesuchers bei Absage der bekannten Solistin, NJW 1997, 1134 (1135). 664 Der Kinobesuchervertrag ist mit Blick auf die drei hier untersuchten Verträge (Konzertbesuchervertrag, Kinobesuchervertrag und Museumsbesuchervertrag (dazu sogleich) „in der Mitte“ einzuordnen.
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Kap. 3: Bestehende Rechte an Medien in Dateiform – Die lex lata
Stück bzw. beim Kinobesuch in dem vorzuführenden Film liegt und damit ein herzustellendes Werk darstellt, ist beim Streaming die für den Werkvertrag wesensgebendes Herstellung eines Werkstücks gerade keine charakterisierende Eigenschaft.665 Vielmehr erschöpft sich die Pflicht des StreamingAnbieters seinem Kunden gegenüber darin, das Streaming-Angebot, so lange das vereinbarte Entgelt gezahlt wird, aufrecht zu erhalten und dem Nutzer somit den Konsum entsprechender Inhalte zu ermöglichen.666 Dieser entscheidet dabei selbst, welche Inhalte er sich anhören bzw. anschauen möchte und wie lange oder wie häufig, etc. er dies tut. Wird das Rechtsverhältnis beendet, verbleibt dem Nutzer im Gegensatz zur Variante des Downloads lediglich die Erinnerung an die konsumierten Musikstücke oder Filme. Insbesondere verbleibt auf der Festplatte des Nutzers keine dauerhafte Kopie der gestreamten Medien, da alle erstellten Kopien auf seiner Festplatte lediglich temporär und nur technisches Mittel zum Zweck des Konsums des jeweiligen Musikstücks oder Films waren, anders als beim Download jedoch nicht Inhalt der Vertragsleistung selbst sind. Möchte man dieselben Musikstücke oder Filme erneut hören bzw. anschauen, muss das Entgelt ein weiteres Mal entrichtet werden. Durch diese somit geschuldete und das Wesen des Rechtsverhältnis charakterisierende Leistung des ZurVerfügung-Stellens der Inhalte, lässt sich der beim Streaming zu Grunde liegende Vertrag als Dauerschuldverhältnis in der Gestalt eines Dienstvertrags qualifizieren. Vergleichbar ist das Streaming mit dem Besuch in einem Museum. Dort wird als Gegenleistung für das gezahlte Eintrittsgeld von dem Museumsbetreiber die Möglichkeit gewährt, die Ausstellungsstücke anzuschauen. Im Gegensatz zum Konzert- und Kinobesuch und in der Parallele zum Streaming kann der Besucher frei entscheiden, welche Ausstellungsstücke er überhaupt und gegebenenfalls wie lange und in welcher Reihenfolge betrachtet. Ist die Besuchszeit beendet, bleibt dem Besucher, ebenso wie beim Streaming, lediglich die Erinnerung an das zuvor Gesehene bzw. Gehörte. Alle oder einzelne Bilder mitzunehmen ist selbstverständlich nicht erlaubt. Möchte man sich die Ausstellungsstücke erneut ansehen, muss man auch hier ein weiteres Mal den Eintrittspreis bezahlen.
665 Zur Abgrenzung des Werkvertrags zum Dienstvertrag, Auftrag und Geschäftsbesorgungsvertrag siehe BeckOK-BGB / Voit, § 631 Rn. 4. 666 Bei dem dabei zu Grunde liegenden Vertrag handelt es sich insofern erkennbar nicht um einen Kaufvertrag, da kein Eigentum an einer Kaufsache übertragen werden soll.
D. Exkurs: Schuld- und sachenrechtliche Bewertung von Streaming153
4. Zwischenergebnis Die Vergleichbarkeit mit einem Museumsbesuch zeigt – wie bereits soeben festgestellt667 – deutlich, dass das Verhältnis zwischen dem Streaming-Anbieter und seinem Kunden in Ansehung der gestreamten Inhalte das Sachenrecht nicht berührt. Dies hat seine Begründung in der Rechtsnatur des dem Streaming zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisses als Dienst- und gerade nicht als Kaufvertrag, nur auf den in der Folge die §§ 929 ff. BGB anzuwenden gewesen wären. Die durch das Streaming berührten Rechte sind deshalb vielmehr ausschließlich schuldrechtlicher Natur. Insofern besteht auch keine Gerechtigkeitslücke im Falle pflichtwidriger Leistung des Streaming-Anbieters. Der Nutzer ist durch die Rechtsmittel des allgemeinen Leistungsstörungsrechts, insbesondere Rücktritt und Schadensersatz, ausreichend geschützt. Ein Bedürfnis für eine aus dem Kauf- und Werkrecht bekannte gewährleistungsrechtliche Absicherung der Interessen des Nutzers besteht nicht.
III. Unterschiedliche Ergebnisse für Download und Streaming Dass die auf sich stellende Fragen anwendbare Rechtsgebiete für Download und Streaming unterschiedliche sind, entspricht auch der allgemeinen Wahrnehmung. Auch juristische und technische Laien nehmen einen Unterschied zwischen der Variante des Downloads, bei der man etwas „Dauerhaftes“ erhält und der des Streamings, bei welcher die Konsummöglichkeit flüchtig erscheint, wahr. Es ist daher zu begrüßen, dass sich diese tatsächliche Wahrnehmung im gefundenen Ergebnis auch juristisch widerspiegelt.
667 Kapitel 3
D I. Sachenrecht.
Kapitel 4
Einschränkungen der bestehenden Sachenrechte Geht man von einer möglichen Subsumtion von E-Books, Musik- und Filmdateien unter die sachenrechtlichen Vorschriften aus, stellt sich gleichwohl die Frage nach dem praktischen Nutzen einer solchen Anwendbarkeit des Sachenrechts. Es ist also zu untersuchen, ob und gegebenenfalls inwieweit eventuell bestehende Sachenrechte, insbesondere das Eigentum Begrenzungen unterworfen sind. Fraglich ist also, ob der Eigentümer eines E-Books, einer Musikoder einer Filmdatei mit seinem Eigentum genauso verfahren kann, wie der Eigentümer derselben Medien in analoger Form. Während der Erwerber eines herkömmlichen Buches, einer Musik-CD oder einer DVD die erworbenen Produkte zweifellos weiterveräußern, vermieten oder verleihen kann, liegt der Fall bei E-Books, Musik- und Filmdateien trotz der selben Rechtsnatur analoger und digitaler Medien anders. Beschränkungen der zwar grundsätzlich identischen bestehenden Sachenrechte, insbesondere des Eigentums an elek tronischen Medien, könnten sich durch gesetzliche Regelungen einerseits (A.) und durch vertragliche Vereinbarungen andererseits (B.) ergeben.
A. Urheberrecht Die wohl wichtigste Frage in diesem Zusammenhang ist, ob der (Erst-) Erwerber eines E-Books, einer Musik- oder einer Filmdatei die erworbene Datei an einen Dritten weiterveräußern darf, denn dahinter verbirgt sich das Problem des „Gebrauchtwarenhandels“ mit elektronische Medien.668 Die Befugnis, eine Sache (weiter-)zu veräußern, resultiert grundsätzlich aus dem Eigentum gemäß § 903 BGB, wonach der Rechteinhaber „mit der Sache 668 Dazu umfassend monografisch Hantschel, Softwarekauf und -weiterverkauf, passim (zu Software); aus dem Schrifttum auch Marly / Wirz, Die Weiterverbreitung digitaler Güter, EuZW 2017, 16 ff.; Apel, Keine Anwendung der „UsedSoft“-Rechtsprechung des EuGH jenseits von Computerprogrammen, ZUM 2015, 640 ff.; Hauck, Gebrauchthandel mit digitalen Gütern, NJW 2014, 3616 ff.; Kloth, Der digitale Zweitmarkt, GRUR-Prax 2013, 239 ff.; Kubach, Musik aus zweiter Hand, CR 2013, 279 ff.; Hartmann, Weiterverkauf und „Verleih“ online vertriebener Inhalte, GRUR Int. 2012, 980 ff.; zu weiteren relevanten Fragen, etwa der Möglichkeit, elektronische Medien zu vermieten oder zu verleihen, anschaulich Erlank, Books, Apps, Movies and Music – Ownership of Virtual Property in the Digital Library, EPLJ 2013, 194 ff.
A. Urheberrecht155
nach Belieben verfahren“ kann. Dies gilt allerdings nur, „soweit nicht […] Rechte Dritter entgegenstehen“.
I. Verbreitungsrecht Ein solches Recht eines Dritten könnte in Fällen der Weiterveräußerung elektronischer Medien in dem Verbreitungsrecht des Urhebers bestehen.669 Dies ist gemäß § 17 Abs. 1 UrhG das Recht des Urhebers eines Werkes, das Original oder Vervielfältigungsstücke der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen.670 Die in einem E-Book, einer Musik- oder einer Filmdatei verkörperten Inhalte stellen zweifellos geschützte Werke gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 6 UrhG dar.671 Wie oben gezeigt,672 wird bei der Übertragung einer Datei außerdem eine Kopie der Ausgangsdatei hergestellt, mithin findet eine Vervielfältigung statt.673 Allerdings wird sowohl im Schrifttum als auch in der Rechtsprechung vielfach eingewandt, das Bereithalten einer Datei zum Download stelle kein Verbreiten im Sinne von § 17 UrhG dar, da diese Vorschrift ausweislich von § 15 Abs. 1 Satz 1 UrhG nur für „physisch erfassbare Werkexemplare“674 gelte und gerade nicht bei Online-Diensten anwendbar sei. In diesen Fällen greife der auf der sogenannten InfoSoc-Richtlinie675 beruhende und für sol669 BGH, Urteil vom 31.5.1974 – Az. I ZR 10 / 73, BGHZ 62, 331 (333); BeckOKBGB / Fritzsche, § 903 Rn. 66; jurisPK-BGB / Rösch, § 903 Rn. 70; Staudinger / Althammer, § 903 Rn. 25; Palandt / Herrler, § 903 Rn. 27; allgemein in Bezug auf das Urheberrecht Brehm / Berger, Sachenrecht, § 5 Rn. 13. 670 Dazu etwa Schricker / Loewenheim / Loewenheim, § 17 Rn. 1; Wandtke / Bullinger / Heerma, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn. 1; Fromm / Nordemann / Dustmann, § 17 UrhG Rn. 1. 671 LG Hamburg, Urteil vom 20.9.2011 – Az. 312 O 414 / 10, juris Rn. 83; Ganzhorn, Ist ein E-Book ein Buch?, CR 2014, 492. 672 Kapitel 3 B. I. Download und unten, Kapitel 6 C. I. 1. „Kopieren“ statt „Verschieben“. 673 Dies gilt nicht nur für den Fall, dass der Veräußerer seine Ausgangsdatei nicht zugleich löscht, wofür jedenfalls keine Notwendigkeit besteht (so auch Faust, Verhandlungen des 71. DJT, Band I, S. A 10.), da in jedem Fall durch die Übertragung zunächst ein Duplikat erzeugt wird, siehe nur Dreyer / Kotthoff / Meckel / Kotthoff, Urheberrecht, § 69c Rn. 25; zum Vervielfältigungsrecht gemäß § 16 UrhG sogleich, Kapitel 4 A. II. Vervielfältigungsrecht. 674 So OLG Hamburg, Beschluss vom 4.12.2014 – Az. 10 U 5 / 11, CR 2015, 534 (535) = juris Rn. 25. 675 Richtlinie 2001 / 29 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, Amtsblatt. L 167 vom 22.6.2011.
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Kap. 4: Einschränkungen der bestehenden Sachenrechte
che Fälle geschaffene § 19a UrhG.676 Angesichts des oben677 gefundenen Ergebnisses, dass es sich bei E-Books, Musik- und Filmdateien um Sachen, mithin um körperliche Gegenstände handelt, erscheint es zweifelhaft, § 17 UrhG mit dem Argument nicht anzuwenden, es lägen keine körperlichen Werkstücke vor. Auch nach der hier vertretenen Ansicht wird man eine Anwendung von § 17 Abs. 1 UrhG jedoch mit dem Argument ablehnen müssen, dass mit § 19a UrhG eine speziellere Vorschrift für die hier in Rede stehende Form des Vertriebs vorliegt und § 17 Abs. 1 UrhG insofern verdrängt wird.678 Dies muss jedenfalls für solche Fälle gelten, in denen die (erste) Zugänglichmachung tatsächlich öffentlich geschieht.679 Liegt kein Fall von § 19a UrhG vor, ist § 17 Abs. 2 UrhG zu beachten, der den sogenannten Erschöpfungsgrundsatz normiert. Nach dieser Vorschrift erschöpft sich das Verbreitungsrecht des Urhebers an einem Vervielfältigungsstück, wenn es mit Zustimmung des Berechtigten im Wege der Veräußerung erstmalig in Verkehr gebracht wurde.680 Der Urheber kann dann keinen Einfluss mehr auf das rechtliche und tatsächliche Schicksal des mit seiner Zustimmung rechtmäßig in den Rechtsverkehr entsendeten Vervielfältigungsstücks nehmen.681 Die Regelung dient neben der Gewährleistung des Verwertungsrechts des Urhe676 OLG Hamburg, Beschluss vom 4.12.2014 – Az. 10 U 5 / 11, CR 2015, 534 (535) = juris Rn. 25; OLG Hamm, Urteil vom 15.5.2014 – Az. 22 U 60 / 13, CR 2014, 498 (499) = juris Rn. 46, 51; LG Bielefeld, Urteil vom 5.3.2013 – Az. 4 O 191 / 11, CR 2013, 812 (814) = juris Rn. 63; Schricker / Loewenheim / Loewenheim, § 17 Rn. 7, 38; Dreier / Schulze / Schulze, UrhG, § 17 Rn. 5 f.; Fromm / Nordemann / Dustmann, § 17 UrhG Rn. 9; Spindler / Schuster / Wiebe, § 17 UrhG Rn. 2; Wandtke / Bullinger / Heerma, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn. 13; BeckOK-UrhR / Götting, § 17 Rn. 3; Rehbinder / Peukert, Urheberrecht, Rn. 467; a. A. soweit ersichtlich allein Zecher, Zur Umgehung des Erschöpfungsgrundsatzes bei Computerprogrammen, S. 236 ff., insb. S. 246 f. 677 Kapitel 2 H. Zusammenfassung und Ergebnis. 678 Vgl. dazu Hantschel, Softwarekauf und -weiterverkauf, S. 220, die darauf hinweist, dass das Verbreitungsrecht neben dem Vervielfältigungsrecht und dem Recht der öffentlichen Zugänglichmachung beim Online-Vertrieb keinen Raum hat und auf von Lewinski, in: Möhring / Schulze / Ulmer / Zweigert, Quellen des UrhR, Band 6, Europäisches Gemeinschaftsrecht II / 2, S. 7 verweist; a. A. mit guten Argumenten Marly, Softwarerecht, Rn. 199 ff., insb. 204. 679 Näher dazu und zu § 19a UrhG insgesamt sogleich, Kapitel 4 A. III. Recht der öffentlichen Zugänglichmachung. 680 Zum Erschöpfungsgrundsatz grundlegend Schricker / Loewenheim / Loewenheim, § 17 Rn. 35 ff.; Fromm / Nordemann / Dustmann, § 17 UrhG Rn. 24 ff.; Reh binder / Peukert, Urheberrecht, Rn. 456 ff.; vgl. zur im US-amerikanischen Recht vergleichbaren first sale Doktrin Wöstehoff, Die First Sale Doktrin und der U.S.- amerikanische Softwaremarkt, passim. 681 Spindler / Schuster / Wiebe, § 17 UrhG Rn. 7; BeckOK-UrhR / Götting, § 17 Rn. 38.
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bers der Sicherstellung der Verkehrsfähigkeit von Werkstücken.682 Zu sehen ist jedoch, dass eine Erschöpfung stets nur im Hinblick auf das beim Ersterwerber vorhandene Vervielfältigungsstück eintreten kann, hier also dem konkreten Datensatz des Ersterwerbers.683 Hinsichtlich der beim Zweiterwerber durch den Download hergestellten Dateikopie, die einen neuen, wenngleich inhaltsgleichen Datensatz darstellt, findet § 17 Abs. 2 UrhG hingegen keine Anwendung und es liegt eine Verletzung von § 17 Abs. 1 UrhG vor.
II. Vervielfältigungsrecht Weiterhin kommt ein Eingriff in das neben dem Verbreitungsrecht selbstständige684 Vervielfältigungsrecht des Urhebers gemäß § 16 Abs. 1 UrhG infrage, da bei der Veräußerung einer Datei mittels Download die Ausgangsdatei dupliziert wird.685 Berechtigter Nutzer eines Vervielfältigungsstücks ist zwar grundsätzlich auch derjenige, der ein Exemplar erworben hat, an dem sich das Verbreitungsrecht erschöpft hat.686 Dies trifft auf die Datei, die der Erwerber beim Gebrauchthandel mit E-Books, Musik- und Filmdateien auf seine Festplatte herunterlädt, jedoch nicht zu. Denn selbst wenn sich das Verbreitungsrecht des Urhebers an dem Exemplar des Ersterwerbers durch die Erstveräußerung gemäß § 17 Abs. 2 UrhG erschöpft hätte, kann sich der Zweiterwerber nicht auf die insofern eingetretene Erschöpfung berufen, da er
682 BGH, Urteil vom. 4.5.2000 – Az. I ZR 256 / 97, BGHZ 144, 232 (238 f.) = juris Rn. 22 f.; Striezel, Der Handel mit virtuellen Gegenständen aus Onlinewelten, S. 246; Wandtke / Bullinger / Heerma, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn. 23; BeckOK-UrhR / Götting, § 17 Rn. 38; Marly, Softwarerecht, Rn. 181 ff.; Rehbinder / Peukert, Urheberrecht, Rn. 462; Schippel, E-Books im Spiegel des Immaterialgüterrechts, MMR 2016, 802 (803); Kloth, Der digitale Zweitmarkt, GRUR-Prax 2013, 239; Hoeren, Der Erschöpfungsgrundsatz bei Software, GRUR 2010, 665. 683 Hantschel, Softwarekauf und -weiterverkauf, S. 209; grundlegend Schricker / Loewenheim / Loewenheim, § 17 Rn. 56; Dreier / Schulze / Schulze, UrhG, § 17 Rn. 28; Dreyer / Kotthoff / Meckel / Dreier, Urheberrecht, § 17 Rn. 32; Wandtke / Bullinger / Heerma, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn. 26. 684 BeckOK-UrhR / Götting, § 17 Rn. 1, 28; Schricker / Loewenheim / Loewenheim, § 17 Rn. 22. 685 Siehe dazu bei und in Fn. 673. 686 EuGH, Urteil vom 3.7.2012 – Az. C-128 / 11 (UsedSoft), NJW 2012, 2565 (2569) Rn. 80; nachfolgend BGH, Urteil vom 17.7.2013 – Az. I ZR 129 / 08 (UsedSoft II), GRUR 2014, 264 ff.; bereits zuvor BGH, Urteil vom 4.5.2000 – Az. I ZR 256 / 97, BGHZ 144, 232 (238) = juris Rn. 23; Wandtke / Bullinger / Grützmacher, Urheberrecht, § 69d UrhG Rn. 24, 26 f. (dort w. N.); Dreier / Schulze / Dreier, UrhG, § 69d Rn. 6; differenzierend Haberstumpf, Der Handel mit gebrauchter Software und die Grundlagen des Urheberrechts, CR 2009, 345 (346 ff.).
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Kap. 4: Einschränkungen der bestehenden Sachenrechte
gerade nicht die konkrete („erschöpfte“) Datei des Ersterwerbers erhält, sondern ein Vervielfältigungsstück derselben.687 Eine Verletzung von § 16 UrhG durch die Person des Veräußerers liegt nur in solchen Fällen vor, in denen er selbst die Vervielfältigung vornimmt, also etwa im Zuge der Weitergabe eine Kopie des entsprechenden Datensatzes auf einen Server herauflädt (sogenannter Upload), von welchem der bzw. die Zweiterwerber anschließend den Download vornehmen.688 Findet hingegen kein Upload durch den Veräußerer statt, ist § 16 UrhG in Ansehung der Weitergabe des Datensatzes selbst nicht verletzt, da durch das Anbieten einer Datei zum Download per se noch keine Vervielfältigung derselben stattfindet. Diese erfolgt erst durch den Download des Zweiterwerbers.689 Die Zugänglichmachung einer Datei zum Download per se ist vielmehr nach § 19a UrhG zu beurteilen.690 Richtet man den Blick indessen auf das Verhalten des Zweiterwerbers, liegt stets eine von § 16 UrhG erfasste Vervielfältigung vor.691 Zweifellos entsteht bei dem im Zuge des Übertragungsvorgangs stattfindenden Download aus technischen Gründen ein neues Vervielfältigungsstück der Ausgangsdatei auf der Festplatte des Erwerbers. Nach hier vertretener Ansicht liegt damit ohne Weiteres ein von § 16 Abs. 1 UrhG vorausgesetztes körperliches Produkt vor.692 Auch in der Rechtsprechung und in der Literatur wird – soweit ersichtlich unisono – jedenfalls für den Fall der (dem Wesen eines Downloads entsprechenden) Abspeicherung auf einem Datenträger eine Vervielfältigung im Sinne von § 16 Abs. 1 UrhG angenommen.693
687 Zu der insofern relevanten, jedoch ausweislich des klaren Wortlauts nur für Computerprogramme gültigen Vorschrift des § 69d Abs. 1 UrhG sogleich, Kapitel 4 A. IV. Die UsedSoft-Entscheidung des EuGH. 688 Vgl. Ganzhorn, Rechtliche Betrachtung des Vertriebs und der Weitergabe digitaler Güter, S. 71 f.; BeckOK-UrhR / Kroitzsch / Götting, § 16 Rn. 6; Dreier / Schulze / Dreier, UrhG, § 19a Rn. 1; Wandtke / Bullinger / Heerma, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn. 19; Loewenheim, in: Loewenheim, Urheberrecht, § 20 Rn. 14. 689 Zur Frage, durch welche Person die Vervielfältigung vorgenommen wird detailliert Zecher, Zur Umgehung des Erschöpfungsgrundsatzes bei Computerprogrammen, S. 224 ff. mit zahlreichen Nachweisen für verschiedene Standpunkte; wie hier wohl auch Ganzhorn, Rechtliche Betrachtung des Vertriebs und der Weitergabe digitaler Güter, S. 71 ff. 690 So ausdrücklich Wandtke / Bullinger / Heerma, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn. 19; siehe auch die Nachweise in Fn. 676. 691 Vgl. nur Scholz, Nutzung und Weitergabe digitaler Werke nach der UsedSoftEntscheidung des EuGH, ITRB 2013, 17 (19). 692 Zu dieser Voraussetzung von § 16 UrhG allgemein Wandtke / Bullinger / Heerma, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn. 4; Dreier / Schulze / Schulze, UrhG, § 16 Rn. 2; BeckOKUrhR / Kroitzsch / Götting, § 16 Rn. 3 f.; Rehbinder / Peukert, Urheberrecht, Rn. 446.
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Anzumerken ist, dass in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht der Erschöpfungsgrundsatz keine Anwendung findet.694 Damit wird beim Online-Vertrieb von elektronischen Medien das Vervielfältigungsrecht des Urhebers gemäß § 16 Abs. 1 UrhG verletzt. Da die Vervielfältigung jedoch nicht in jedem Fall durch den Veräußerer (der zugleich Eigentümer der Ausgangsdatei ist), sondern je nach Lagerung des Falles ausschließlich durch den (Zweit- bzw. Folge-)Erwerber verwirklicht wird, handelt es sich bei § 16 UrhG nicht generell um eine Vorschrift, die im Sinne von § 903 BGB ein Recht eines Dritten normiert, welche den Befugnissen des Eigentümers entgegen steht.
III. Recht der öffentlichen Zugänglichmachung Die wohl überwiegende Meinung in der Rechtsprechung und in der Literatur geht im Ergebnis in Übereinstimmung mit der hier vertretenen Auffassung davon aus, das Online-Angebot zum Download eines E-Books, einer Musik- oder einer Filmdatei stelle einen Fall der öffentlichen Zugänglichmachung im Sinne von § 19a UrhG695 dar.696 Wie Art. 3 Abs. 3 InfoSoc-Richt693 BGH, EuGH-Vorlage vom 3.2.2011 – Az. I ZR 129 / 08, ZUM 2011, 397 (398) = juris Rn. 13 zu § 69c Abs. 1 UrhG im Zusammenhang mit Computerprogrammen; LG Bielefeld, Urteil vom 5.3.2013 – Az. 4 O 191 / 11, CR 2013, 812 (814) = juris Rn. 63; OLG Stuttgart, Urteil vom 3.11.2011 – Az. 2 U 49 / 11, ZUM 2012, 811 (812) = juris Rn. 31; Hantschel, Softwarekauf und -weiterverkauf, S. 220; Spindler / Schuster / Wiebe, § 16 UrhG Rn. 5; BeckOK-UrhR / Kroitzsch / Götting, § 16 Rn. 3 f., 6; Loewenheim, in: Loewenheim, Urheberrecht, § 20 Rn. 10 f., 14; Wandtke / Bullinger / Heerma, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn. 19; Beurskens, Vom Sacheigentum zum „virtuellen Eigentum“?, in: Domej u. a., Einheit des Privatrechts, S. 443 (450). 694 EuGH, Urteil vom 9.11.2004, – Az. C-203 / 02, Slg. 2004, I-10415 ff. = juris Rn. 52; BGH, Urteil vom 4.5.2000 – Az. I ZR 256 / 97, BGHZ 144, 232 (238) = juris Rn. 22; BGH, Urteil vom 21.4.2005 – Az. I ZR 1 / 02, GRUR 2005, 940 (942) = juris Rn. 26; Schricker / Loewenheim / Loewenheim, § 17 Rn. 38; Fromm / Nordemann / Dustmann, § 16 UrhG Rn. 23; Wandtke / Bullinger / Heerma, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn. 28; Rehbinder / Peukert, Urheberrecht, Rn. 467; Kloth, Der digitale Zweitmarkt, GRUR-Prax 2013, 239; Heydn, Identitätskrise eines Wirtschaftsguts: Software im Spannungsfeld zwischen Schuldrecht und Urheberrecht, CR 2010, 765 (771) zu § 69c Nr. 1 UrhG; Haberstumpf, Der Handel mit gebrauchter Software und die Grundlagen des Urheberrechts, CR 2009, 345 (346). 695 Mit der Vorschrift wurde Art. 3 Abs. 1 der InfoSoc-Richtlinie (Richtlinie 2001 / 29 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechts in der Informationsgesellsacht, Amtsblatt L 167 / 10 vom 22.6.2001) umgesetzt. 696 OLG Hamburg, Beschluss vom 4.12.2014 – Az. 10 U 5 / 11, CR 2015, 534 (535) = juris Rn. 25; OLG Hamm, Urteil vom 15.5.2014 – Az. 22 U 60 / 13, juris Rn. 46, 51 = CR 2014, 498 (499); Spindler / Schuster / Wiebe, § 19a UrhG Rn. 4; Wandtke / Bullinger / Heerma, Urheberrecht, § 19a UrhG Rn. 23; anders hingegen: EuGH, Urteil vom 3.7.2012 – Az. C-128 / 11 (UsedSoft), NJW 2012, 2565 (2567).
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Kap. 4: Einschränkungen der bestehenden Sachenrechte
linie697 klarstellt, kommt eine Erschöpfungswirkung insofern nicht zum Tragen.698 Damit verstößt das Angebot zum Download eines E-Books, einer Musik- oder einer Filmdatei gegen § 19a UrhG. Insofern liegt auch ein das Eigentum einschränkende Recht eines Dritten im Sinne von § 903 BGB vor. Zu beachten ist aber, dass ein Eingriff in § 19a UrhG dem Sinn der Norm entsprechend nur vorliegt, wenn die Zugänglichmachung tatsächlich öffentlich geschieht, das heißt, sie muss gemäß § 15 Abs. 3 UrhG „für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt“ sein.699 Nicht für die Öffentlichkeit bestimmt und damit kein Fall von § 19a UrhG ist damit das Anbieten und die anschließende Veräußerung eines E-Books, einer Musik-, einer Filmdatei oder auch einer ganzen Mediathek an eine einzelne Person.700 Dieser Fall ist nach § 16 UrhG und § 17 UrhG zu beurteilen. Wie gesehen, tritt insofern jedoch keine Erschöpfung hinsichtlich der beim (Zweit-)Erwerber durch den Download hergestellten Datei ein.701 Da die online erfolgende Erstveräußerung eines E-Books, einer Musik- oder Filmdatei in aller Regel über Plattformen wie iTunes, Amazon oder ähnliche abläuft702 und diese dem nicht erschöpfbaren Recht der öffentliche Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG unterfällt, ist eine Weiterveräußerung ermöglichende Erschöpfung der Verwertungsrechte im Online-Bereich de lege lata praktisch ausgeschlossen.703 697 Siehe
Fn. 695. OLG Hamburg, Beschluss vom 4.12.2014 – Az. 10 U 5 / 11, CR 2015, 534 (535) = juris Rn. 26; OLG Stuttgart, Urteil vom 3.11.2011 – Az. 2 U 49 / 11, ZUM 2012, 811 (813) = juris Rn. 32; LG Bielefeld, Urteil vom 5.3.2013 – Az. 4 O 191 / 11, CR 2013, 812 (816) = juris Rn. 79 ff.; Fromm / Nordemann / Dustmann, § 19a UrhG Rn. 28; Marly, Softwarerecht, Rn. 200; Rehbinder / Peukert, Urheberrecht, Rn. 467; Bergmann, Zur Reichweite des Erschöpfungsprinzips bei der Online-Übermittlung urheberrechtlich geschützter Werke, FS Erdmann, S. 17 (23); Kloth, Der digitale Zweitmarkt, GRUR-Prax 2013, 239; einschränkend Haberstumpf, Der Handel mit gebrauchter Software und die Grundlagen des Urheberrechts, CR 2009, 345 (346), der die Erschöpfungswirkung von der „Weiterübertragung der vom Lizenznehmer erworbenen Nutzungsrechte“ abhängig machen will. 699 Vgl. etwa BeckOK-UrhR / Götting, § 19a Rn. 8; Dreier / Schulze / Dreier, UrhG, § 19a Rn. 3; Wandtke / Bullinger / Heerma, Urheberrecht, § 19a UrhG Rn. 4a; Marly, Softwarerecht, Rn. 241; Rehbinder / Peukert, Urheberrecht, Rn. 483. 700 Dies erkennt auch Grützmacher, Endlich angekommen im digitalen Zeitalter!?, ZGE / IPJ 5 (2013), 46 (57); dazu ebenfalls Ganzhorn, Rechtliche Betrachtung des Vertriebs und der Weitergabe digitaler Güter, S. 152; vgl. auch Bisges, Urheberrechtliche Aspekte des Cloud Computing, MMR 2012, 574 (578). 701 Siehe soeben, Kapitel 4 A. I. Verbreitungsrecht und Kapitel 4 A. II. Vervielfältigungsrecht. 702 Vgl. hierzu die Auflistung verschiedenster Fallkonstellationen zur Weiterveräußerung von Software bei Marly, Softwarerecht, Rn. 211 ff. 703 So auch Rehbinder / Peukert, Urheberrecht, Rn. 467. 698 Vgl.
A. Urheberrecht161
IV. Die UsedSoft-Entscheidung des EuGH Im Zusammenhang mit den soeben angesprochenen Fragen ist die Grundsatzentscheidung des EuGH in der Rechtssache UsedSoft zu sehen, in welcher die Behandlung der auftretenden Probleme durch den Gerichtshof zumindest bemerkenswert ist.704 In diesem Verfahren stritten die Software unternehmen UsedSoft und Oracle über die Frage, ob UsedSoft über das Internet mit „gebrauchten“ Oracle-Softwarelizenzen Handel treiben darf. Auf Vorlage des BGH705 hatte der EuGH in letzter Instanz über die Rechtmäßigkeit des Geschäftsmodells von UsedSoft zu entscheiden. Zunächst ist festzustellen, dass der EuGH bei Online-Übertragungen von Computerprogrammen in Ermangelung einer entsprechenden Regelung der in dem Rechtsstreit maßgeblichen sogenannten Software-Richtlinie706 nicht das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung,707 sondern das Verbreitungsrecht für betroffen hält, wenn er in seiner Grundsatzentscheidung die Anwendung von Art. 4 Abs. 2 Software-Richtlinie diskutiert. Dieser Vorschrift entspricht im deutschen Recht § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG, welcher sich auf § 69c Nr. 3 Satz 1 UrhG, die Parallelvorschrift zu § 17 Abs. 1 UrhG, bezieht und den Erschöpfungsgrundsatz bei der Verbreitung von Computerprogrammen normiert. Weder Art. 4 Abs. 2 Software-Richtlinie noch § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG beziehen sich ausdrücklich auf einen bestimmten Vertriebsweg. In seinem viel beachteten UsedSoft-Urteil hat der Gerichtshof entschieden, dass Art. 4 Abs. 2 Software-Richtlinie auch auf im Wege des Downloads erworbene Computerprogramme anwendbar ist und damit den Gebrauchthandel mit Computerprogrammen für grundsätzlich rechtmäßig erklärt, unabhängig davon, ob die Programme über einen drahtgebundenen oder drahtlosen Vertriebsweg übertragen wurden.708 Dass für die Weitergabe mittels Download zwingend eine Vervielfältigung der Datei des Ersterwerbers auf der Festplatte 704 EuGH, Urteil vom 3.7.2012 – Az. C-128 / 11 (UsedSoft), NJW 2012, 2565 ff.; siehe zu dieser Entscheidung des EuGH die Ausführungen von Marly, Softwarerecht, Rn. 228, 707 f. 705 BGH, EuGH-Vorlage vom 3.2.2011 – Az. I ZR 129 / 08, ZUM 2011, 397. 706 Richtlinie 2009 / 24 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen, Amtsblatt L 111 / 16 vom 5.5.2009. 707 Insofern wäre nach deutschem Recht § 69c Nr. 4 UrhG maßgeblich gewesen. Das Recht der öffentlichen Wiedergabe ist durch Art. 4 Abs. 1 lit. c Software-Richt linie nicht zwingend vorgegeben, vgl. dazu nur Wandtke / Bullinger / Grützmacher, Urheberrecht, § 69c UrhG Rn. 1. 708 EuGH, Urteil vom 3.7.2012 – Az. C-128 / 11 (UsedSoft), NJW 2012, 2565 (2567) Rn. 59; anders noch Sosnitza, Die urheberrechtliche Zulässigkeit des Handels mit „gebrauchter Software“, K&R 2006, 206 (207 ff.), der jedoch eine analoge Anwendung für interessengerecht hält.
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Kap. 4: Einschränkungen der bestehenden Sachenrechte
des Zweiterwerbers erzeugt wird und somit jedenfalls bei der Zweitveräußerung eines Computerprogramms auch in das Vervielfältigungsrecht709 des Urhebers gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. a Software-Richtlinie, dem § 69c Nr. 1 UrhG entspricht, eingegriffen wird,710 hält der Gerichtshof gemäß Art. 5 Abs. 1 Software-Richtlinie, umgesetzt durch § 69d Abs. 1 UrhG, für zulässig.711 Zwar unterliegt das Vervielfältigungsrecht des Urhebers grundsätzlich nicht der Erschöpfung.712 Art. 5 Abs. 1 Software-Richtlinie713 erlaubt jedoch die Vervielfältigung einer Programmkopie, an der das Verbreitungsrecht gemäß Art. 4 Abs. 2 Software-Richtlinie714 erschöpft ist.715 Konkret gestattet ist die Anfertigung von Vervielfältigungsstücken, sofern diese „für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms […] notwendig sind“. Sicher von der Vorschrift erfasst sind damit vor allem solche Vervielfältigungen, die zur Nutzung des Programmes technisch nicht vermeidbar sind, da sie im Arbeitsspeicher des Computers automatisch und in flüchtiger Weise stattfinden.716 Einen Fall einer für eine bestimmungsgemäße Benutzung notwendigen Vervielfältigung nimmt der EuGH indessen auch bei dem im Rahmen eines Zweiterwerbs eines Computerprogramms erfolgenden Download an. Dies begründet der Gerichtshof damit, dass anderenfalls der Urheberrechtsinhaber die Nutzung eines im Wege der Zweitveräußerung vertriebenen Vervielfältigungsstücks unter Berufung auf sein neben dem Verbreitungsrecht gesondert zu berücksichtigendes Vervielfältigungsrecht gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. a Software-Richtlinie717 verhindern und damit der Erschöpfung des Verbreitungsrechts praktisch ihre Wirkung nehmen könnte.718 709 Die Vervielfältigung erfolgt durch das Zusammenwirken von Veräußerer und Erwerber, wenn Ersterer seine Datei zum Download, mithin Kopieren anbietet und Letzterer daraufhin eine Kopie auf seiner Festplatte herstellt; vgl. auch Spindler / Schuster / Wiebe, § 16 UrhG Rn. 5; BeckOK-UrhR / Götting, § 16 Rn. 6. 710 So auch LG Hamburg, Urteil vom 20.9.2011 – Az. 312 O 414 / 10, juris Rn. 97 f.; Rehbinder / Peukert, Urheberrecht, Rn. 447; 467; Jani, Es gibt keinen Flohmarkt für gebrauchte E-Books, K&R 2012, 297 (298). 711 EuGH, Urteil vom 3.7.2012 – Az. C-128 / 11 (UsedSoft), NJW 2012, 2565 (2569) Rn. 75; dies interpretiert Grützmacher, Endlich angekommen im digitalen Zeitalter!?, ZGE / IPJ 5 (2013), 46 (66) als eine Ausweitung des Erschöpfungsgrundsatzes auf das Vervielfältigungsrecht; ebenso Spindler / Schuster / Wiebe, § 69d UrhG Rn. 9; Marly, Softwarerecht, Rn. 226. 712 Siehe bei und die Nachweise in Fn. 694. 713 Bzw. § 69d Abs. 1 UrhG. 714 Bzw. § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG. 715 Vgl. dazu Hantschel, Softwarekauf und -weiterverkauf, S. 208; Spindler / Schuster / Wiebe, § 69d UrhG Rn. 9; Dreier / Schulze / Dreier, UrhG § 69d Rn. 6. 716 Vgl. BGH, EuGH-Vorlage vom 3.2.2011 – Az. I ZR 129 / 08, ZUM 2011, 397 (399) = juris Rn. 22; dazu auch Dreier / Schulze / Dreier, UrhG, § 69d Rn. 5, 8. 717 Bzw. § 69c Nr. 1 UrhG.
A. Urheberrecht163
Nicht vergessen werden darf, dass die UsedSoft-Entscheidung des EuGH zu Art. 4 und 5 der Software-Richtlinie719 ergangen ist, die nach Art. 1 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie ausschließlich für Computerprogramme gilt. In dem Urteil wird hingegen keine Aussage über die Zulässigkeit des Online-Gebrauchthandels mit anderen digitalen Werkarten als Computerprogrammen getroffen. Ob die UsedSoft-Doktrin dem Grunde nach auch auf die in dieser Arbeit untersuchten E-Books, Musik- und Filmdateien übertragen werden kann, wird äußerst kontrovers diskutiert und ist jedenfalls nach heutigem Stand nicht eindeutig.720
V. Ergebnis Der Gebrauchthandel mit digitalen Medien in Dateiform mittels Download ist nach aktueller Gesetzeslage unzulässig.721 Die Erstveräußerung eines E-Books, einer Musik- oder einer Filmdatei durch Verkaufsplattformen wie iTunes oder Amazon stellt in aller Regel eine öffentliche Zugänglichmachung im Sinne von § 19a UrhG dar.722 Dieses Recht unterliegt de lege lata nicht 718 EuGH, Urteil vom 3.7.2012 – Az. C-128 / 11 (UsedSoft), NJW 2012, 2565 (2569) Rn. 81, 83. 719 Die in den §§ 69a ff. UrhG getroffenen besonderen Bestimmungen für Computerprogramme wurden in Umsetzung der Software-Richtlinie in das deutsche Recht aufgenommen; vgl. BT-Drs. 12 / 4022, S. 7 f. 720 Dagegen: LG Bielefeld, Urteil vom 5.3.2013 – Az. 4 O 191 / 11, CR 2013, 812 (815) = juris Rn. 68 mit zust. Anm. Hansen, Keine Erschöpfung beim Online-Vertrieb von eBooks, GRUR-Prax 2013, 207; Dreier / Schulze / Dreier, UrhG, § 17 Rn. 30 m. N. für beide Lager; Rehbinder / Peukert, Urheberrecht, Rn. 467; Apel, Keine Anwendung der „UsedSoft“-Rechtsprechung des EuGH jenseits von Computerprogrammen, ZUM 2015, 640 ff. ebenfalls m.N. für beide Lager in Fn. 10 (zustimmend) und Fn. 20 (ablehnend); Marly, Der Handel mit so genannter „Gebrauchtsoftware“, EuZW 2012, 654 (657); Stieper, Anmerkung zu EuGH, Urteil vom 3. Juli 2012 – C 128 / 11 – UsedSoft, ZUM 2012, 668 (670); dafür: Ganzhorn, Rechtliche Betrachtung des Vertriebs und der Weitergabe digitaler Güter, S. 216; Wandtke / Bullinger / Heerma, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn. 27; Kubach, Musik aus zweiter Hand, CR 2013, 279 (283 f.); Scholz, Nutzung und Weitergabe digitaler Werke nach der UsedSoft-Entscheidung des EuGH, ITRB 2013, 17 (20 f.); Hoeren / Försterling, Onlinevertrieb „gebrauchter“ Software, MMR 2012, 642 (647); Hartmann, Weiterverkauf und „Verleih“ online vertriebener Inhalte, GRUR Int. 2012, 980 (987 ff.); siehe hierzu auch Spindler / Schuster / Wiebe, § 17 UrhG Rn. 8; bereits zuvor OLG Stuttgart, Urteil vom 3.11.2011 – Az. 2 U 49 / 11, ZUM 2012, 811 (813) = juris Rn. 33; vgl. auch United States District Court, Southern District of New York, March 30, 2013 – Az. 12-cv-00095-RJS, Capitol Records vs. ReDigi, S. 4. das die Anwendung der „first sale“ doctrine auf über iTunes erworbene MP3-Dateien abgelehnt hat. 721 Kloth, Der digitale Zweitmarkt, GRUR-Prax 2013, 239 (241 f.). 722 Vgl. oben, Kapitel 4 A. I. Verbreitungsrecht, sowie Kapitel 4 A. III. Recht der öffentlichen Zugänglichmachung.
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Kap. 4: Einschränkungen der bestehenden Sachenrechte
der Erschöpfung.723 Da eine Parallelvorschrift zu dem nur für Computerprogramme gültigen § 69d Abs. 1 UrhG nicht vorhanden ist, greift eine Zweitveräußerung in das Vervielfältigungsrecht des Urhebers gemäß § 16 UrhG mithin in rechtswidriger Weise ein.724 Darüber hinweghelfen würde neben einem die Rechtslage ändernden Legislativakt nur eine Übertragung der UsedSoft-Lehre auf andere digitale Werkarten als Programme.725 Voraussetzung dafür wäre jedoch – erstens – den Online-Vertrieb nicht als öffentliche Zugänglichmachung sondern als Verbreiten einzuordnen und somit einer Erschöpfung grundsätzlich zugänglich zu machen. Außerdem müssten – zweitens – die bisher nur für Computerprogramme gültigen Regeln der §§ 69a ff. UrhG auch auf E-Books, Musik- und Filmdateien angewendet werden. Nur dann könnte die durch den Download notwendigerweise entstehende Vervielfältigung gemäß § 69d UrhG für zulässig erklärt werden. § 69d Abs. 1 UrhG gilt ausdrücklich nur für § 69c Nr. 1 und Nr. 2 und findet damit keine Anwendung auf die das Verbreitungsrecht und das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung regelnden § 69c Nr. 3 Satz 1 und Nr. 4 UrhG.726 Ob § 69d Abs. 1 UrhG jedoch tatsächlich, wie der EuGH in UsedSoft annimmt, auch „die erste“ Vervielfältigung im Rahmen eines Erwerbs umfasst und nicht vielmehr nur die Vervielfältigung eines bereits beim Berechtigten vorhandenen Vervielfältigungsstücks gestattet, ist bereits sehr fraglich, zumal auch die Gesetzesmaterialien keine dahingehenden Anhaltspunkte enthalten.727 Die 723 Nachweise
in Fn. 698. soeben, Kapitel 4 A. II. Vervielfältigungsrecht. 725 Vgl. zum Streitstand die Nachweise in Fn. 720. 726 BeckOK-UrhG / Kaboth / Spies, § 69d Rn. 3; Dreier / Schulze / Dreier, UrhG, § 69d Rn. 10. 727 BT-Drs. 12 / 4022, S. 12 f. In § 69d UrhG einen auf den Gebrauchthandel gerichteten „Erwerbstatbestand“ zu sehen, vermag nicht zu überzeugen, da die Vorschrift somit eine gesetzlich nicht vorgesehene Erschöpfung des Vervielfältigungsrechts des Urhebers bedeuten würde, mit der Folge einer möglicherweise „explosionsartigen Vermehrung von Vervielfältigungsrechten“, vgl. Haberstumpf, Der Handel mit gebrauchter Software und die Grundlagen des Urheberrechts, CR 2009, 345 (346); dieses Problem erkennt auch Grützmacher, Endlich angekommen im digitalen Zeitalter!?, ZGE / IPJ 5 (2013), 46 (68); ebenfalls sehr kritisch Fromm / Nordemann / Czychowski, § 69d UrhG Rn. 10. Vielmehr erscheint schlüssig, § 69d UrhG nur auf Vervielfältigungen von solchen bereits beim Vervielfältigenden vorhandene Kopien anzuwenden, an denen der Vervielfältigende schon vor der Vervielfältigung berechtigt ist, z. B. im Arbeitsspeicher eines Computers aus technischen Gründen automatisch erstellte, jedoch flüchtige Vervielfältigungen, so i. E. auch Bröckers, Software-Gebrauchthandel: Der Teufel steckt im Detail, MMR 2011, 18 (22). Für eine Erfassung bereits der Speicherung der Installationsversion eines Computerprogramms plädiert hingegen etwa Sosnitza, Die urheberrechtliche Zulässigkeit des Handels mit „gebrauchter“ Software, K&R 2006, 206 (210) bei Fn. 44, 45. Jedenfalls richtig ist, vertragliche Vereinbarungen zwischen Veräußerer und Erwerber zu berücksichtigen, so auch Wandtke / Bullinger / Grützmacher, Urheberrecht, § 69d UrhG Rn. 7; BeckOK724 Siehe
A. Urheberrecht165
Subsumtion einer Weitergabe von E-Books, Musik- und Filmdateien unter § 69c Nr. 3 UrhG stellt jedenfalls ohne entsprechende höchstrichterliche Entscheidung – vorzugsweise des EuGH – eine nicht mehr vom Wortlaut der Vorschrift gedeckte Auslegung dar ist aus diesem Grund de lege lata abzulehnen. Das fehlende Recht zur Weiterveräußerung stellt eine beträchtliche Beschränkung des Eigentums an elektronischen Medien gemäß § 903 BGB dar. Damit fehlt dem Eigentümer eines E-Books, einer Musik- oder einer Filmdatei eine wesentliche Befugnis, die Eigentümer analoger Medien für sich beanspruchen können.728 Solche weitgehenden Einschränkungen des Eigentumsrechts durch den Gesetzgeber verletzen allerdings nicht das in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verfassungsrechtlich garantierte Eigentumsrecht. Der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff ist durch das Grundgesetz nicht vollständig ausgefüllt; Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sieht vor, dass „Inhalt und Schranken […] durch die Gesetze bestimmt“ werden. Gemeint sind sowohl förmliche als auch materielle Gesetze.729 Das Gesetz über UrhG730 erfüllt diese Voraussetzung ohne Weiteres. Soweit sich aus dem Urheberrecht Beschränkungen des Sacheigentums ergeben, handelt es sich mithin um verfassungsrechtliche vorgesehene Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG.731 Für die Erwerber von Medien in Dateiform bedeutet dies, dass sie in Ansehung der Möglichkeiten, über ihre erworbenen Werkexemplare zu rechtsgeschäftlich zu verfügen, ein „Weniger“ im Vergleich zum Erwerb eines papiergebundenen Buches, einer Musik-CD oder einer DVD erhalten.732 UrhR / Kaboth / Spies, § 69d Rn. 5; Dreier / Schulze / Dreier, UrhG, § 69d Rn. 7. Selbstverständlich kann der Veräußerer vertraglich indes nur über solche Rechte verfügen, in Bezug auf welche er selbst berechtigt ist. Dies trifft bei Zweitveräußerern auf das Vervielfältigungsrecht regelmäßig nicht zu. Vgl. zu all dem auch Ganzhorn, Recht liche Betrachtung des Vertriebs und der Weitergabe von digitalen Gütern, S. 241 ff., insb. S. 249 f. 728 Dazu, ob diese unterschiedliche Behandlung interessengerecht ist, unten, Kapitel 6 C. Befugnisse des Inhabers digitaler Medien in Dateiform. 729 Maunz / Dürig / Papier, GG, Art. 14 Rn. 339. 730 Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) vom 9.9.1965, BGBl. Teil I 1965, S. 1273; zuletzt geändert durch Gesetz zur verbesserten Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung und zur Regelung von Fragen der Verlegerbeteiligung vom 20.12.2016, BGBl. 2016 I, S. 3037. 731 So bereits RG, Urteil vom 8.6.1912 – Az. I 382 / 11 (Felseiland mit Sirenen), RGZ 79, 397 (401 f.); vgl. dazu ebenfalls BVerfG, Beschluss vom 15.7.1981 – Az. 1 BvL 77 / 78, BVerfGE 58, 300 (330) = NJW 1982, 745 (748). 732 Freilich haben Dateiversionen von Medien in anderer Hinsicht Vorzüge gegenüber ihren klassischen Gegenstücke, etwa die nicht vorhandene Abnutzung; zu den
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Kap. 4: Einschränkungen der bestehenden Sachenrechte
B. Schuldrechtliche Vereinbarungen – Weitergabeverbote Regelmäßig sind in den AGB der Verkaufsplattformen für elektronische Medien Klauseln enthalten, durch welche die Weiterveräußerung der durch den (Erst-)Erwerber heruntergeladenen Dateien verboten wird.733 Solche Weitergabeverbote734 sind Vereinbarungen zwischen den beiden an der Veräußerung entsprechender Dateien beteiligten Parteien und damit schuldrechtlicher Art.735 Freilich kommt ihnen daher – unabhängig von der Frage nach ihrer Wirksamkeit, die an dieser Stelle aufgrund fehlender Relevanz im Hinblick auf die untersuchte Problematik ohne Berücksichtigung bleiben soll736 – aufgrund der für Schuldrechte charakteristischen Relativität keine Konsequenzen unten, Kapitel 6. C. II. 1. Unterminierung der Verwertungsmöglichkeit des Urhebers. 733 Vgl. etwa für den Apple App Store http: / / www.apple.com / legal / internet-servi ces / itunes / de / terms.html, dort Punkt G. a) sowie für Amazon Music https: / / www. amazon.de / gp / help / customer / display.html?nodeId=201380010, dort Ziffer 3.1 (jeweils zuletzt abgerufen am 30.5.2018); siehe in Bezug auf Software die Auflistung typischer Klauseln bei Marly, Softwarerecht, Rn. 1593; dazu auch monografisch Zecher, Zur Umgehung des Erschöpfungsgrundsatzes bei Computerprogrammen, passim und Ganzhorn, Rechtliche Betrachtung des Vertriebs und der Weitergabe digitaler Güter, S. 290 ff.; ders., Die Wirksamkeit von Weitergabeverboten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für E-Books, CR 2015, 525 ff.; ferner Wandtke / Bullinger / Grützmacher, Urheberrecht, § 69c UrhG Rn. 38; Sosnitza, Die urheberrechtliche Zulässigkeit des Handels mit „gebrauchter“ Software, K&R 2006, 206 (210); Schuppert / Greissinger, Gebrauchthandel mit Softwarelizenzen, Wirksamkeit vertraglicher Weitergabebeschränkungen, CR 2005, 81 ff.; Baus, Umgehung der Erschöpfungswirkung durch Zurückhaltung von Nutzungsrechten, MMR 2002, 14 ff.; Metzger, Erschöpfung des urheberrechtlichen Verbreitungsrechts bei vertikalen Vertriebsbedingungen, GRUR 2001, 210 ff.; Köhler / Fritzsche, Die Herstellung und Überlassung von Software im bürgerlichen Recht, in: Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 544 ff. Rn. 56 ff.; Bartsch, Weitergabeverbote in AGB-Verträgen zur Überlassung von Standardsoftware, CR 1987, 8 ff. 734 Eine entsprechende Praktik findet sich im Wettbewerbs- bzw. Kartellrecht unter dem Begriff der vertikalen Vertriebsbindung, vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Rechtsbruch; dazu Sosnitza, in: MünchKomm-Lauterkeitsrecht, § 3 Rn. 131 ff.; Gloy / Loschelder / Erdmann / Lubberger, Wettbewerbsrecht, § 71 Rn. 1 ff.; Ohly / Sos nitza / Sosnitza, UWG, § 3 Rn. 56 ff. 735 Vgl. statt aller Sosnitza, Die urheberrechtliche Zulässigkeit des Handels mit „gebrauchter“ Software, K&R 2006, 206 (210). 736 Siehe dazu Wandtke / Bullinger / Grützmacher, Urheberrecht, § 69c UrhG Rn. 38 mit etlichen Nachweisen für eine regelmäßig vorliegende Unwirksamkeit pauschaler Weitergabeverbote; ebenso Dreyer / Kotthoff / Meckel / Kotthoff, Urheberrecht, § 69c Rn. 30; siehe jedoch auch BGH, Urteil vom 11.2.2010 – I ZR 178 / 08, NJW 2010, 2661 zur Rechtmäßigkeit eines Verbots der Weitergabe von Zugangsdaten einer zur Benutzung eines Computerspiels notwendigen Kennung.
C. Ergebnis167
absolute, sondern lediglich eine Wirkung inter partes zu.737 Dies stellt auch § 137 Satz 1 BGB klar, wonach Weitergabeverbote gegenüber Dritten keine Wirkung haben.738 Folglich ergeben sich aus solchen vertraglichen Vereinbarungen auch keine solchen Rechte, die im Sinne von § 903 BGB das Verfügungsrecht des Eigentümers einschränken.739 Auch urheberrechtlich sind solche bilateralen Abreden unbeachtlich.740 Sie führen lediglich im Falle ihrer Missachtung zu einer Schadensersatzpflicht der vertragsbrüchigen Partei.741
C. Ergebnis Insgesamt ist somit festzustellen, dass die an Medien in Dateiform bestehen Sachenrechte, insbesondere das Eigentum, in ihrer inhaltlichen Reichweite nicht mit den Rechten an denselben Medien in analoger Erscheinungsund Vertriebsform übereinstimmen. Während der Eigentümer eines klassischen Buches, einer Musik-CD oder einer DVD über sein Medium weitreichende Verfügungshoheit inne hat, es insbesondere jederzeit weiterveräußern darf, werden Inhaber von E-Books, Musik- und Filmdateien durch bestehende Urheberrechte de lege lata in ihrer Verfügungsgewalt erheblich eingeschränkt.742 Zwar verkommt das Eigentum an digitalen Medienstücken nicht zu einer inhaltsleeren Hülle, denn die Möglichkeit, über eine Sache nach Belieben verfügen zu können, ist nicht die einzige vermöge einer Eigentümerstellung bestehende Rechtsposition. Von besonderer Bedeutung sind etwa der an verschiedenen Stellen dieser Arbeit thematisierte deliktische Schutz,743 den das Eigentum den Inhabern gewährleistet oder die Vererbbarkeit entsprechender Rechtsobjekte744. Nichtsdestotrotz sind die vorhandenen Nachteile 737 LG Hamburg, Urteil vom 25.10.2013 – Az. 315 O 449 / 12, NJW-RR 2014, 1072 (1073) = juris Rn. 36; Ganzhorn, Rechtliche Betrachtung des Vertriebs und der Weitergabe digitaler Güter, S. 290 f.; Wandtke / Bullinger / Grützmacher, Urheberrecht, § 69c UrhG Rn. 38. 738 Marly, Softwarerecht, Rn. 1594; dagegen Grützmacher, Gebrauchtsoftware und Übertragbarkeit von Lizenzen, CR 2007, 549 (553). 739 BeckOK-BGB / Fritzsche, § 903 Rn. 67; Marly, Softwarerecht, Rn. 1594. 740 Marly, Softwarerecht, Rn. 183 m. w. N.; 1594; Sosnitza, Die urheberrechtliche Zulässigkeit des Handels mit „gebrauchter“ Software, K&R 2006, 206 (210). 741 Ganzhorn, Rechtliche Betrachtung des Vertriebs und der Weitergabe digitaler Güter, S. 291; Royla / Gramer, Urheberrecht und Unternehmenskauf, CR 2005, 154 (155 f.). 742 Siehe soeben, Kapitel 4 A. Urheberrecht. 743 Oben, Kapitel 1 C. I. Untersuchung der vernachlässigten sachenrechtliche Dimension der Thematik; Kapitel 3 C. V. 2. Kein Besitzverlust des Veräußerers, sowie unten, Kapitel 6 A. Der Schutz von Dateien. 744 Dazu sogleich Kapitel 5 A. Der digitale Nachlass.
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Kap. 4: Einschränkungen der bestehenden Sachenrechte
gegenüber den an klassischen Medien bestehenden Rechten bemerkenswert. Die häufig in den Geschäftsbedingungen von Verkäufern zu findenden Weitergabeverbote haben demgegenüber keine dingliche Wirkung sondern können im Falle eines Verstoßes gegen die Vertragsbedingungen lediglich zu einem Schadensersatzanspruch des Verwenders führen.745
745 Dazu
bote.
soeben, Kapitel 4 B. Schuldrechtliche Vereinbarungen – Weitergabever-
Kapitel 5
Weitere Rechtsfragen A. Der digitale Nachlass Eine weitere in das öffentliche Bewusstsein vordringende746 Frage betrifft das rechtliche Schicksal von digitalen Medien in Dateiform beim Tod des Inhabers. Unter dem Begriff des digitalen Nachlasses747 wird in der Literatur eine lebhafte Diskussion geführt über die Zugriffsberechtigung für Benutzerkonten bei sozialen Netzwerken oder Email-Diensten nach dem Tod des Account-Inhabers.748 Dieser Debatte soll hier jedoch kein weiterer Beitrag hinzugefügt werden. Entsprechend den Darstellungen in den vorstehenden Kapiteln dieser Arbeit konzentrieren sich die nachfolgenden Ausführungen vielmehr auf das rechtliche Schicksal von (Multimedia-)Dateien – und nicht von deren Inhalten. Vorliegend soll demnach die Frage beantwortet werden, ob die an E-Books, Musik- und Filmdateien bestehenden Rechte, insbesondere die dinglichen, vererbt werden können. Eine höchstrichterliche Entscheidung hierzu ist bisher nicht ergangen.749
746 FAZ
vom 6.2.2017, S. 22. zum inhaltlichen Verständnis des digitalen Nachlasses die Aufzählung bei Staudinger / Kunz, § 1922 Rn. 594 f. sowie Ludyga, Der digitale Nachlass – zivilrechtliche Aspekte, jM 2016, 442 (443). 748 Dazu jüngst monografisch Kutscher, Der digitale Nachlass; siehe außerdem Gloser, „Digitale Erblasser“ und „digitale Vorsorgefälle“, MittBayNot 2016, 12 ff.; Ludyga, Der digitale Nachlass – zivilrechtliche Aspekte, jM 2016, 442 ff.; Solmecke / Köbrich / Schmitt, Der digitale Nachlass – haben Erben einen Auskunftsanspruch?, MMR 2015, 291 ff.; Deusch, Digitales Sterben: Das Erbe im Web 2.0, ZEV 2014, 2 ff.; Herzog, Der digitale Nachlass – ein bisher kaum gesehenes und häufig missverstandenes Problem, NJW 2013, 3745 ff.; Brisch / Müller-ter Jung, Digitaler Nachlass, CR 2013, 446 ff.; Hoeren, Der Tod und das Internet, NJW 2005, 2113 ff. 749 Einzig das LG Berlin hat sich in seinem Urteil vom 17.12.2015 – Az. 20 O 172 / 15, K&R 2016, 135 ff., zu dem zahlreiche Anmerkungen erschienen sind, etwa Gloser, DNotZ 2016, 545 ff.; Wüsthof, ErbR 2016, 229 ff.; Lieder / Berneith, FamRZ 2016, 743 f.; Podszun, GWR 2016, 37, mit der Vererbbarkeit eines Facebook-Accounts befasst. 747 Vgl.
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Kap. 5: Weitere Rechtsfragen
I. Dateien als „Vermögen“ im Sinne von § 1922 Abs. 1 BGB Da spezialgesetzliche Regelungen nicht vorhanden sind, stellen den Ausgangspunkt für die Untersuchung die allgemeinen Regeln des Erbrechts dar, also insbesondere die Generalvorschrift der erbrechtlichen Universalsukzession, § 1922 Abs. 1 BGB.750 Voraussetzung für die Anwendung von § 1922 BGB auf E-Books, Musik- und Filmdateien ist ausweislich des Wortlauts der Vorschrift zunächst, sie – ohne Rückgriff auf den Datenträger – als „Vermögen“ des Erblassers anzusehen, denn nur dieses geht im Wege des Erbfalls auf die Erben über.751 Als Vermögen wird grundsätzlich die Summe der geldwerten Rechtsbeziehungen des Erblassers bezeichnet.752 Insofern könnte in Bezug auf E-Books, Musik- und Filmdateien problematisch sein, dass sie aufgrund entgegenstehender Urheberrechte nicht weiterveräußert werden dürfen.753 Aus diesem Grund könnte ihnen der Geldwert fehlen. Den Geldwert einer Position lediglich an der Höhe eines hypothetischen Weiterveräußerungserlöses zu bemessen, griffe indes zu kurz. Vielmehr ist bei der Ermittlung des Geldwertes eines im Eigentum des Erblassers stehenden Gegenstandes auch der Betrag zu berücksichtigen, der hypothetisch aufzuwenden wäre, um die zu vererbende Rechtsposition (neu) zu erwerben. Da E-Books, Musik- und Filmdateien erneut käuflich erworben werden müssten, kommt ihnen jedenfalls ein Geldwert zu.754 Sie sind mithin Bestandteil der Erbschaft.755 Im Übrigen zählen dingliche Rechte grundsätzlich zum Vermögen des Erblassers. Nach der hier vertretenen Ansicht, Dateien als Sachen im Sinne von § 90 BGB anzusehen und der damit verknüpften Konsequenz, die Inhaber als Eigen
750 Ebenso Kutscher, Der digitale Nachlass, S. 91; so auch zur Zugriffsberechtigung auf Daten des Erblassers Brisch / Müller-ter Jung, Digitaler Nachlass, CR 2013, 446 ff.; historischer Abriss zur Universalsukzession bei Lange / Kuchinke, § 5 II 1. 751 Vgl. zur uneinheitlichen Terminologie des Gesetzes BeckOK-BGB / MüllerChristmann, § 1922 Rn. 11. 752 BGH, Urteil vom 2.2.1962 – Az. VI ZR 65 / 61, NJW 1962, 911; MünchKomm / Leipold, § 1922 Rn. 19; Hk-BGB / Hoeren, § 1922 Rn. 2; kritisch Staudinger / Kunz, § 1922 Rn. 63, die für einen elastischen Vermögensbegriff plädiert; Leipold, Erbrecht, § 18 Rn. 631. 753 Dazu detailliert Kapitel 4 A. Urheberrecht. 754 Grundsätzlich gegen die Berücksichtigung des Wertes einzelner Nachlasspositionen Kutscher, Der digitale Nachlass, S. 92 mit Verweis auf § 2373 Satz 2 BGB; dass nicht nur geldwerte Güter vererblich sind konstatieren auch Brox / Walker, Erbrecht, § 1 Rn. 11 mit Verweis auf die Materialien des BGB. 755 So auch Herzog, Der digitale Nachlass – ein bisher kaum gesehenes und häufig missverstandenes Problem, NJW 2013, 3745 (3747) und Hoeren, Der Tod und das Internet, NJW 2005, 2113 (2114), die allerdings an den Datenträger anknüpfen.
A. Der digitale Nachlass171
tümer zu betrachten,756 gehören Medien in Dateiform auch deshalb zur Erbschaft.757 Eine Mediathek stellt überdies ebenso wie eine Sammlung gedruckter Bücher, Musik-CDs oder DVDs keine höchstpersönliche Position dar.758 Ihr Übergang auf die Erben nach Maßgabe von § 1922 Abs. 1 BGB ist somit auch nicht aus diesem Grund ausgeschlossen. Auf den im Zusammenhang mit der Vererblichkeit von Daten759 bestehenden Streit, ob diese als höchstpersönliche, nicht vermögenswerte Positionen möglicherweise nicht zur Erbschaft zählen und daher nicht kraft Universalsukzession auf die Erben übergehen, sondern den nächsten Angehörigen zufallen, kommt es daher vorliegend nicht an.760
II. Kein entgegenstehendes Urheberrecht Diesem Ergebnis begegnen auch keine urheberrechtlichen Bedenken. Zwar ist durch den Anfall der Erbschaft tatbestandlich das Verbreitungsrecht des Urhebers gemäß § 17 UrhG betroffen.761 Hinsichtlich der auf der Festplatte des Erblassers gespeicherten und vererbten Datei hat sich das Verbreitungsrecht jedoch durch die Veräußerung an den Erblasser gemäß § 17 Abs. 2 UhrG bereits erschöpft. Diese Datei kann der Erbe daher ohne Weiteres 756 Dadurch stellen sich die von Staudinger / Kunz, § 1922 Rn. 607 ff. angesprochenen Probleme schon gar nicht. Insbesondere die von ihr für notwendig befundene, jedoch nicht überzeugende Unterscheidung zwischen auf eigenen und auf fremden Datenträgern abgespeicherten Dateien („Offline-Daten“ und „Online-Daten“) wird vermieden. 757 Hk-BGB / Hoeren, § 1922 Rn. 12; Herzog, Der digitale Nachlass – ein bisher kaum gesehenes und häufig missverstandenes Problem, NJW 2013, 3745 (3747). 758 Ähnlich Gloser, „Digitale Erblasser“ und „digitale Vorsorgefälle“, MittBayNot 2016, 12 (13). 759 Hier ist erneut auf den terminologischen Unterschied zwischen „Daten“ und „Dateien“ hinzuweisen, dazu oben, Kapitel 2 G. III. 3. a) Terminologie. 760 Siehe dazu Kutscher, Der digitale Nachlass, S. 92, 115; Jauernig / Stürner, § 1922 Rn. 5; Steiner / Holzer, Praktische Empfehlungen zum digitalen Nachlass, ZEV 2015, 262 ff.; Brisch / Müller-ter Jung, Digitaler Nachlass, CR 2013, 446 ff.; Hoeren, Der Tod und das Internet, NJW 2005, 2113 (2114). Aus diesem Grund kommt es auch auf damit in Zusammenhang stehende Folgeprobleme, etwa, wer die Entscheidung trifft, ob eine Position vermögenswert oder nicht vermögenswert ist, nicht an, dazu Klas / Möhrke-Sobolewski, Digitaler Nachlass – Erbenschutz trotz Datenschutz, NJW 2015, 3473 (3474); Herzog, Der digitale Nachlass – ein bisher kaum gesehenes und häufig missverstandenes Problem, NJW 2013, 3745 (3747) m. w. N. und auch Staudinger / Kunz, § 1922 Rn. 608. 761 Dazu Staudinger / Kunz, § 1922 Rn. 616, die jedoch keine urheberrechtlich relevante Verbreitung annimmt; siehe zum Verbreitungsrecht im Einzelnen oben, Kapitel 4. A. I. Verbreitungsrecht.
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Kap. 5: Weitere Rechtsfragen
nutzen. Daneben hat er jedoch auch die Möglichkeit, von den auf der Festplatte des Erblassers gespeicherten Dateien gemäß § 53 Abs. 1 UrhG Privatkopien anzufertigen und diese anschließend auf andere Datenträger zu übertragen. Die Einräumung eines von den Verwertungsrechten unabhängigen Nutzungsrechts gemäß § 31 UhrG ist für die rechtmäßige Nutzung nicht erforderlich, da anderenfalls der Erschöpfungsgrundsatz unterlaufen würde.762 Aus diesem Grund kommt auch der Vererblichkeit entgegenstehenden Vertragsklauseln keine weitere Bedeutung zu.763 Durch Vertrag kann die Vererblichkeit dinglicher Rechte keinesfalls ausgeschlossen werden.764
III. Ergebnis Damit steht fest: E-Books, Musik- und Filmdateien gehören zum vererbbaren Vermögen einer Person. Das Eigentum an solchen Dateien geht gemäß § 1922 Abs. 1 BGB im Wege der Universalsukzession auf die Erben über.765
762 Siehe
die Nachweise in Fn. 686. verwendet eine entsprechende Klausel für seinen iCloud-Dienst, siehe http: / / www.apple.com / legal / internet-services / icloud / de / terms.html, dort Punkt IV D. (zuletzt abgerufen am 30.5.2018); im Übrigen sind die AGB der beiden größten Anbieter Apple und Amazon insofern nicht eindeutig, da dort lediglich untersagt wird, die erworbenen Produkte an Dritte zu „übertragen“, http: / / www.apple.com / le gal / internet-services / itunes / de / terms.html, dort Punkt G. a) für den Apple App Store sowie für Amazon https: / / www.amazon.de / gp / help / customer / display.html?nodeId= 201380010, dort Ziffer 3.1 (jeweils zuletzt abgerufen am 30.5.2018); vgl. hierzu Staudinger / Kunz, § 1922 Rn. 614, 635; siehe auch die Beispiele für AGB von Internetdienstleistern zur Vererblichkeit von Accounts bei Kutscher, Der digitale Nachlass, S. 116 ff. 764 Außerdem bestehen Bedenken, ob solche Klauseln, die freilich AGB darstellen, einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB standhalten, da massiv in das Recht zur Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 BGB eingegriffen wird, vgl. dazu Gloser, „Digitale Erblasser“ und „digitale Vorsorgefälle“, MittBayNot 2016, 12 (13); Steiner / Holzer, Praktische Empfehlungen zum digitalen Nachlass, ZEV 2015, 262 (265). 765 So auch Klas / Möhrke-Sobolewski, Digitaler Nachlass – Erbenschutz trotz Datenschutz, NJW 2015, 3473 (3474); so ebenfalls sogar in Bezug auf Daten Solmecke / Köbrich / Schmitt, Der digitale Nachlass – haben Erben einen Auskunftsanspruch?, MMR 2015, 291 ff.; ebenso, allerdings unter Rückgriff auf das Speichermedium Herzog, Der digitale Nachlass – ein bisher kaum gesehenes und häufig missverstandenes Problem, NJW 2013, 3745 (3749); allgemein zum digitalen Nachlass Kutscher, Der digitale Nachlass, S. 91, 115. 763 Apple
B. Sicherungsrecht und Zwangsvollstreckung173
B. Sicherungsrecht und Zwangsvollstreckung Schließlich ist zu klären, ob Mediendateien ein taugliches Sicherungsgut bzw. einen tauglichen Gegenstand der Zwangsvollstreckung darstellen. In Fortführung der bereits oben beantworteten Frage nach der sachenrechtlichen Möglichkeit zur Sicherungsübereignung einzelner Dateien oder ganzer Mediatheken,766 soll nun untersucht werden, ob ein Einsatz als Sicherungsmittel bzw. als Objekt der Zwangsvollstreckung auch in zweckmäßiger Weise erfolgen kann.767 Dabei sind auch oben noch außer Betracht gelassene urheberrechtliche Wertungen zu berücksichtigen. Eine Zwangsvollstreckung wegen eines Anspruchs auf Herausgabe einer Mediendatei wirft keine über die oben geklärte Problematik, ob Dateien mittels eines drahtlosen Über tragungsvorgangs herausgegeben werden können, hinausgehenden Fragen auf.768 § 883 ZPO ist direkt anwendbar.769 Die nachfolgenden Ausführungen sollen sich hinsichtlich vollstreckungsrechtlicher Probleme daher auf die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen beschränken.
I. Kreditsicherung und Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen Sinn und Zweck sowohl des Einsatzes von Sicherungsmitteln, als auch der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen ist, dem Gläubiger eines zahlungsunfähigen oder (trotz Urteils) -unwilligen Schuldners Zugriff auf einen Wertgegenstand zu gewähren, durch dessen Verkauf der geschuldete Geldbetrag erlöst werden kann.770 Aus diesem Grund ist eine Verwendung von Medien in Dateiform als Sicherungsmittel bzw. als Objekt der Zwangsvollstreckung nur dann sinnvoll und somit praktisch relevant, wenn sich durch ihren Verkauf eine rechtmäßige Geldeinnahme realisieren lässt, ihnen also 766 Kapitel 3
C. V. 1. Besitzkonstitut, § 930 BGB. Kreditsicherung durch Software und Nutzungsrechte siehe Söbbing, Die Absicherung von Software-Finanzierungen, CR 2014, 485 (486 ff.). 768 Siehe Kapitel 3 C. V. 1. c) aa) Das Problem der Herausgabemöglichkeit und Kapitel 3 C. V. 1. c) dd) Herausgabe ohne Besitzverlust des Gebers. 769 Für eine analoge Anwendung im Zusammenhang mit Computerprogrammen und unter Rückgriff auf den Datenträger Krone, in: Kindl / Meller-Hannich / Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, Schwerpunktbeiträge, 2. Zwangsvollstreckung in IT-Güter, Rn. 13; dazu auch Redeker, Vollstreckungsfähige Titel über die Herausgabe von Programmträgern, CR 1988, 277 ff. 770 Dazu allgemein Saenger / Kindl, ZPO, Vorbem. zu §§ 704–945 Rn. 1; MünchKomm-ZPO / Gruber, § 814 Rn. 2; Brox / Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, § 14 Rn. 394; Lüke, Zivilprozessrecht, § 53 Rn. 501; Jauernig / Hess, Zivilprozessrecht, § 2 Rn. 4, 6. 767 Zur
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Kap. 5: Weitere Rechtsfragen
ein Vermögenswert beigemessen werden kann.771 Anderenfalls wäre eine Pfändung im Übrigen auch nicht rechtmäßig, da sie nutzlos wäre und somit gegen § 803 Abs. 2 ZPO verstieße.772 Bei einer vom entsprechenden Datenträger losgelösten (Ver-)Pfändung und einer anschließenden Verwertung von E-Book-, Musik- und Filmdateien, kommt es notwendigerweise zu Vervielfältigungen.773 Dadurch liegt ein Verstoß gegen § 16 UrhG vor. Dieser lässt sich nur vermeiden, wenn in die Dateien zusammen mit dem jeweiligen Datenträger vollstreckt, bzw. der Datenträger einschließlich der darauf gespeicherten Dateien sicherungsübereignet oder verpfändet wird. Da ein Datenträger durch eine gegebenenfalls darauf enthaltene umfangreiche Mediathek durchaus geeignet erscheint, höhere Veräußerungserlöse zu erzielen, als ohne jeden Speicherinhalt, kommt ein Einsatz als Sicherungsgut auch unter praktischen Erwägungen grundsätzlich durchaus infrage, etwa zur Absicherung eines Darlehens. Auch in diesem Fall ist zwar das Verbreitungsrecht des Urhebers gemäß § 17 UrhG betroffen, da Datenträger und Dateien zusammen im Wege der Verwertung dem Erwerber übereignet werden.774 Analog zur Situation beim digitalen Nachlass ist diesbezüglich jedoch festzustellen, dass sich das Verbreitungsrecht des Ur hebers an den konkreten Dateien des Schuldners bereits gemäß § 17 Abs. 2 UrhG erschöpft hat.775 Ein bestimmungsgemäßer Einsatz von E-Books, Musik- und Filmdateien als Sicherungsgut bzw. als Objekt der Zwangsvollstreckung ist im Einklang mit den urheberrechtlichen Verwertungsrechten somit nur möglich, wenn die Pfändung bzw. Vollstreckung zusammen mit dem jeweiligen Speichermedium erfolgt. Per se stellen E-Books, Musik- und Filmdateien hingegen kein taugliches Sicherungsmittel und keinen tauglichen Gegenstand der Zwangsvollstreckung dar.
771 Vgl. dazu soeben, Kapitel 5. A. I. Dateien als „Vermögen“ im Sinne von § 1922 Abs. 1 BGB. 772 Vgl. Krone, in: Kindl / Meller-Hannich / Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, Schwerpunktbeiträge, 2. Zwangsvollstreckung in IT-Güter, Rn. 20. 773 Eingehend dazu unten, Kapitel 6 C. I. 1. „Kopieren“ statt „Verschieben“. 774 Vgl. bereits zu Computerprogrammen Breidenbach, Computersoftware in der Zwangsvollstreckung (I), Sachpfändung, CR 1989, 873 (875). 775 So auch Krone, in: Kindl / Meller-Hannich / Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, Schwerpunktbeiträge, 2. Zwangsvollstreckung in IT-Güter, Rn. 17 und auch schon Breidenbach, Computersoftware in der Zwangsvollstreckung (I), Sachpfändung, CR 1989, 873 (876) jeweils zu Computerprogrammen; siehe im Übrigen Kapitel 5 A. II. Kein entgegenstehendes Urheberrecht.
B. Sicherungsrecht und Zwangsvollstreckung175
II. Ergebnis Die Sicherungsübereignung bzw. die Verpfändung von und die Zwangsvollstreckung in Medien in Dateiform ist somit zwar grundsätzlich möglich. Allerdings bedarf es dazu eines Rückgriffs auf den jeweiligen Datenträger. Entsprechend der Vorgehensweise in dieser Arbeit sollen Dateien jedoch gerade nicht zusammen mit ihrem Datenträger, sondern selbstständig betrachtet werden. Für sich selbst genommen können Medien in Dateiform indes nicht als Sicherungsgut bzw. Gegentand der Zwangsvollstreckung eingesetzt werden, ohne dass ein Verstoß gegen das urheberrechtliche Vervielfältigungsverbot gemäß § 16 UrhG vorläge. Inhaltliche Fragen des Zwangsvollstreckungsrechts, etwa, ob die Vorschriften für die Zwangsvollstreckung in körperliche Sachen gemäß § 808 ff. ZPO auf E-Books, Musik- und Filmdateien angewendet werden können oder wie eine Verstrickung von Dateien abzulaufen hätte, stellen sich daher an dieser Stelle nicht.776
776 Dazu in Bezug auf Computerprogramme Krone, in: Kindl / Meller-Hannich / Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, Schwerpunktbeiträge, 2. Zwangsvollstreckung in IT-Güter, Rn. 16 ff.; Franke, Analoge Anwendung der Sachpfändungsvorschriften bei Computerprogrammen, MDR 1996, 236 ff.; Paulus, Die Software in der Vollstreckung, in: Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 831 ff.; Breidenbach, Computersoftware in der Zwangsvollstre ckung (I), Sachpfändung, CR 1989, 873 ff.
Kapitel 6
Die lex ferenda Die vorstehenden Untersuchungen haben gezeigt, dass die Rechtsordnung de lege lata durchaus so verstanden werden kann, dass sie den Rechtsverkehr mit E-Books, Musik- und Filmdateien auch sachenrechtlich erfasst. Die erfolgreiche Subsumtion der Handelsabläufe im Zusammenhang mit digitalen Medienwerken ist möglich aufgrund der hohen Abstraktheit der deutschen Zivilrechtsordnung und der daraus erwachsenden Möglichkeit, die relevanten Rechtsregeln, sofern nötig, entsprechend großzügig auszulegen.777 Das Problem dieser mitunter sehr weiten Auslegung ist, dass sie nicht in jedem Fall selbstverständlich ist, sondern an verschiedenen Stellen durchaus in Zweifel gezogen werden kann und die Dinge auch anders beurteilt werden können. Die deshalb bestehenden Unsicherheiten der Subsumtion des Online-Handels mit Medien in Dateiform unter die bestehenden sachenrechtlichen Vorschriften, münden in die Frage nach der Rechtslage de lege ferenda, also nach dem Bedarf, die derzeit gültigen Vorschriften zu verändern.
A. Der Schutz von Dateien Die Notwendigkeit, an digitalen Medien in Dateiform ein absolutes Recht begründen zu können, wurde bereits hervorgehoben.778 Sie ergibt sich vor allem aus dem Bedürfnis, einen deliktischen Schutz von Dateien sicherzustellen.779
I. Erforderlichkeit eines „Dateneigentums“ Diesbezüglich kann jedoch festgestellt werden, dass ein Erfordernis, das Gesetz zu ändern, nach der hier vertretenen Auffassung nicht besteht. Zwar 777 Dazu schon oben, Kapitel 3 C. VII. 1. Subsumtion von Mediendateien aufgrund hoher Abstraktheit von §§ 929 ff. BGB möglich. 778 Siehe insb. Kapitel 1 C. I. Untersuchung der vernachlässigten sachenrechtliche Dimension der Thematik, ferner Kapitel 3 C. V. 2. Kein Besitzverlust des Veräußerer. 779 Fehlenden Schutz gegenüber Dritten bei rein schuldrechtlicher Betrachtung konstatiert auch Boehm, Herausforderungen von Cloud Computing: Vertragstypologische Einordnung, Haftung und Eigentum an Daten, ZEuP 2016, 358 (383).
A. Der Schutz von Dateien177
wird in diesem Zusammenhang aktuell diskutiert, ein neues absolutes Recht („Dateneigentum“) zu schaffen.780 Dahinter steht unter anderem die Überlegung, Inhabern von Dateien deliktischen Schutz zu gewähren. Nach der hier vertretenen Ansicht, nach der digitale Medien in Dateiform Sachen im Sinne von § 90 BGB darstellen, ist die Schöpfung eines sogenannten „Dateneigentums“ indes überflüssig. Da dieses nur den Zweck hätte, die Lücke des vermeintlich nicht anwendbaren § 903 BGB zu schließen, wäre es inhaltlich am originären Eigentumsrecht auszurichten. Wendet man jedoch, wie vorliegend, § 903 BGB auch auf Dateien an, besteht kein Bedarf nach einem weiteren absoluten Recht, welches explizit auf digitale Werke zugeschnitten ist. Sicherlich ist die hier vertretene Auffassung in Bezug auf die Sachqualität und deren Konsequenz einer direkten Anwendung von § 903 BGB im einzelnen angreifbar.781 Zu berücksichtigen ist diesbezüglich jedoch, dass die Einführung eines Dateneigentums, das inhaltlich dem Eigentum nach § 903 BGB entspricht, keinen Mehrwert gegenüber einer Subsumtion von Dateien unter das bereits existente Eigentumsrecht hat. Es entspricht gerade dem Wesen juristischer Arbeit, bestehende Vorschriften auf neue Sachverhalte anzuwenden – zum Beispiel durch zeitgemäße Auslegung.782 Die Schaffung eines neuen absoluten Rechts ist also stets ultima ratio und kommt erst dann infrage, wenn eine Subsumtion unter die bestehenden Rechte nicht mehr durch Auslegung zu erreichen ist. Dass dies jedoch auf das vorliegende Problem nicht zutrifft, haben die Untersuchungen der vorstehenden Kapitel gezeigt.783 Aus diesen Gründen ist es nicht sinnvoll,
780 Diese Möglichkeit wurde vom Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen auf der unter anderem zu diesem Problem speziell eingerichteten Online-Plattform diskutiert, siehe https: / / www.digitaler-neustart.de / ecm-politik / justiz / de / home / beteiligen / draftbill / 47786 / chap / 2 (zuletzt abgerufen am 30.5.2018); kritisch zur Anerkennung eines „Rechts am eigenen Datenbestand“ als sonstiges Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB Faust, Verhandlungen des 71. DJT, Band I, S. A 78 ff.; Wendehorst, Die Digitalisierung und das BGB, NJW 2016, 2609 (2610 f.); Grützmacher, Dateneigentum – ein Flickenteppich, CR 2016, 485 ff.; Zech, Daten als Wirtschaftsgut – Überlegungen zu einem „Recht des Datenerzeugers“, CR 2015, 137; ders., „Industrie 4.0“, GRUR 2015, 1151 ff.; Dorner, Big Data und „Dateneigentum“, CR 2014, 617 (618 ff.); Hoeren, Dateneigentum, MMR 2013, 486 ff.; aus der englischsprachigen Literatur kritisch Evans, Much Ado About Data Ownership, 25 Harv. J. Law & Tech. 70 ff. (2011). 781 Siehe nur die bisher herrschende Meinung im Schrifttum zur Sachqualität von Dateien, Nachweise dazu in Fn. 283. 782 So schon Wieacker, Recht und Automation, in: FS Bötticher, S. 383 (389), vgl. dazu oben, Kapitel 1 C. II. Aufzeigen des Bedarfs für Änderungen des Gesetzes. 783 Vgl. Kapitel 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien und Kapitel 3 C. II. Eigentum.
178
Kap. 6: Die lex ferenda
ein neues absolutes Recht eines „Dateneigentums“ in das BGB aufzunehmen.784
II. Änderung des Sachbegriffs Damit § 903 BGB Anwendung finden kann, ist, wie gesehen, das Vorliegen einer Sache im Sinne von § 90 BGB Voraussetzung.785 Zwar konnte hier ein Verständnis von § 90 BGB gezeigt werden, das insgesamt zu widerspruchsfreien Ergebnissen bei der Subsumtion führt und nach dem auch E-Books, Musik- und Filmdateien vom Sachbegriff de lege lata erfasst sind.786 Danach besteht eigentlich kein Regelungsbedarf. Allerdings ist zu sehen, dass die aktuell vorherrschende Meinung im Schrifttum ein anderes als das hier vertretene Verständnis von § 90 BGB hat, insbesondere hinsichtlich der inhaltlich (nicht) synonymen Bedeutung der Begriffe des körperlichen Gegenstandes und der Sache. Da die Anwendung des originären Eigentumsrechts mit der Qualifikation von Dateien als Sachen im Sinne von § 90 BGB steht und fällt, steht der deliktische Schutz von Dateien mithin auf dünnen Beinen. Auf der Auslegung des Sachbegriffs nach der hier befürworteten Weise, lastet daher ein Großteil der interessengerechten rechtlichen Behandlung von Dateien. Angesichts der praktischen Bedeutung, ein absolutes Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB begründen zu können, erscheint es sinnvoll, den Schutz der Inhaberschaft von Dateien abzusichern. Um dies zu erreichen, kommen grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten infrage. 1. Verzicht auf § 90 BGB Einerseits ist es möglich, wie dies etwa der französische Code Civile787 oder das schweizerische ZGB788 zeigen, auf eine (vermeintliche) Definition des Sachbegriffs ganz zu verzichten und § 90 BGB aus dem Gesetz zu streichen. Auf diese Weise würde zumindest redaktionell die zu Missverständnissen führende Passage im Wortlaut von § 90 BGB beseitigt. Übrig bliebe ein dem BGB im Allgemeinen und dem Sachenrecht im Besonderen immanenter Sachbegriff, welcher ausschließlich im konkreten Zusammenhang zu betrachten wäre, ohne, dass der Wortlaut einer nur scheinbar hilfreichen definitorischen Norm die inhaltliche Bestimmung fehlleitet. 784 Anders mag die Rechtslage in Bezug auf Daten zu beurteilen sein (siehe zur im Vergleich zu Dateien anderen Bedeutung Kapitel 2 G. III. 3 a) Terminologie). In dieser Arbeit liegt der Fokus jedoch auf Rechtsfragen in Bezug auf Dateien. 785 Vgl. die Einführung zu Kapitel 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien. 786 Kapitel 2 D. Eigener Ansatz. 787 Art. 516 ff. Code Civile. 788 Art. 641 ff. schweiz. ZGB.
A. Der Schutz von Dateien179
Mit Blick auf die Inkonsistenz der Beurteilung der Begriffe des körperlichen Gegenstandes und der Sache ist diese Möglichkeit theoretisch durchaus geeignet, die bestehenden Probleme zu lösen. Praktisch ist jedoch zu berücksichtigen, dass in den Köpfen deutscher Juristen ein lange gefestigtes Verständnis des Sachbegriffs verankert ist. Dieses ist sicherlich nicht allein dadurch zu ändern oder gar vergessen zu machen, dass § 90 BGB aus dem Gesetz entfernt wird. Das vorhandene und lange Jahre praktizierte Verständnis hinsichtlich des Kriteriums der Körperlichkeit bliebe wohl durch eine Streichung von § 90 BGB unberührt und würde auch ohne eine begriffsbestimmende Vorschrift unverändert angewandt. Aus diesem Grund erweist sich diese Lösung im Ergebnis aus praktischen Erwägungen als nicht geeignet, den notwendigen Schutz von Dateien zu festigen. 2. Einfügung von „§ 90b BGB“ Daneben kommt infrage, in Anlehnung an den zum Tierschutz eingefügten § 90a BGB, nach welchem Tiere zwar per definitionem keine Sachen im Sinne des Gesetzes sind, sie jedoch vor dem Gesetz als solche behandelt werden, eine Vorschrift einzufügen, welche die Anwendung der für Sachen geltenden Vorschriften, also auch und insbesondere von § 903 BGB, anordnet.789 Auf eine Bestimmung, wie sie § 90a Satz 1 BGB enthält, könnte insofern verzichtet werden, da es nicht um das Absprechen von Sacheigenschaft geht, sondern – im Gegenteil – um die Klarstellung, dass im Rechtsinne eine Sache vorliegt. Die Vorschrift hätte demnach lediglich deklaratorische Funktion. Diese Lösung hätte den Vorteil, dass die lange bekannte und in der weit überwiegenden Zahl der Fälle auch bewährte Vorschrift des § 90 BGB unangetastet bliebe und trotzdem eine Verbesserung der aktuellen Situation bewirkt würde. Sie hätte indes den Nachteil, nichts an dem festgefahrenen und missglückten Verständnis des Merkmals der Körperlichkeit zu ändern. Außerdem würde mit der Einführung einer deklaratorischen Vorschrift hinsichtlich der Sachqualität von Dateien der Startschuss für die Forderung nach weiteren solchen klarstellenden Vorschriften gegeben. Das Resultat wäre eine 789 In diese Richtung bereits Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter: zeitlos oder anpassungsbedürftig?, AcP 198 (1998), 304 (328), der eine klarstellende, jedoch allgemein gehaltene und nicht auf Dateien beschränkte Formulierung in einem neu einzufügenden § 90 Abs. 2 BGB vorschlägt. Gegen seinen Vorschlag spricht indes, dass er die für Sachen geltenden Vorschriften auf verschiedene sonstige beherrschbare Gegenstände „entsprechend […] an[…]wenden“ will. Dadurch wäre zwar das Sachenrecht zweifelsfrei anwendbar. An der dogmatischen Fehleinschätzung, Dateien nicht als Sachen anzusehen, würde eine solche Änderung des Gesetzes hingegen nichts ändern.
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Kap. 6: Die lex ferenda
potentiell unendliche Reihe von Spezialregelungen (§ 90c BGB, § 90d BGB, etc.), die jeweils den einzigen Zweck hätten, die prima facie nicht eindeutige Sachqualität von speziellen Gütern positiv oder negativ zu regeln. Dadurch würde letztlich das Gegenteil von dem erreicht, was mit einer Generalvorschrift wie § 90 BGB ursprünglich bezweckt war, nämlich eine kurze, klare Regelung zu schaffen, auf die in jedem Fall zurückgegriffen werden kann. Die Einführung einer hinsichtlich der Sachqualität von E-Books, Musikund Filmdateien deklaratorischen Vorschrift ist daher abzulehnen. 3. Änderung des Wortlauts von § 90 BGB Schließlich kommt in Betracht, am bestehenden Wortlaut von § 90 BGB selbst anzusetzen,790 diesen zu ändern und eine Formulierung zu verwenden, welche die Schwächen der aktuellen Vorschrift nicht aufweist und resistent ist gegenüber einer Übertragung des bisherigen Verständnisses des Sachbegriffs, insbesondere der Körperlichkeit. Nicht zwingend erforderlich ist indes, das oben zum aktuellen Wortlaut aufgezeigte Stufenverhältnis zwischen den Begriffen des körperlichen Gegenstandes und der Sache in Kombination mit den unterschiedlichen Beurteilungsmaßstäben aufrecht zu erhalten. Ein nach diesen Vorgaben angepasster § 90 BGB könnte etwa lauten: Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur solche nicht lediglich in der Vorstellung bestehenden Gegenstände, die Objekt des Rechtsverkehr sein können.
Für diese Variante spricht, dass sie die missverständliche Formulierung des aktuellen Wortlauts vermeidet,791 indem auf den Begriff des „körperlichen Gegenstandes“ verzichtet wird.792 Dadurch kommt es nicht mehr zu widersprüchlichen Subsumtionen. Dies gelingt durch die Verwendung einer Formulierung, die schon in den Motiven zum BGB zu finden ist und daher zweifelsfrei auch dem Willen der Väter des BGB entspricht.793 Gleichzeitig werden durch die Einbeziehung der Verkehrsfähigkeit Ergebnisse erreicht, die mit dem Verständnis der Verkehrsanschauung zum Sachbegriff übereinstimmen.794 Nicht zuletzt ist zu sehen, dass bei dieser Lösung weiterhin eine prägnante Generalvorschrift zum Begriff der Sache besteht. 790 Zur daneben bestehenden Möglichkeit durch den systematischen Bezug zum Sachbegriff anderer Vorschriften die Sachqualität von Dateien zu deklarieren, siehe sogleich, Kapitel 6 B. Rechtsgeschäftliche Übertragung. 791 Dazu insbesondere oben, zu Beginn von Kapitel 2 D. Eigener Ansatz. 792 Auch Art. 810 des ital. Codice Civile und Art. 202 1. des port. Código Civil sind derart offen formuliert; ähnlich wie das BGB hingegen Art. 3:2 des niederl. BW. 793 Mot. III, S. 32 = Mugdan III, S. 18. 794 In dieselbe Richtung geht der schon ältere Formulierungsvorschlag von Bydlinski, Der Sachbegriff im elektronischen Zeitalter, AcP 198 (1998), 304 (328).
B. Rechtsgeschäftliche Übertragung181
III. Zwischenergebnis Der deliktische Schutz von Daten ist somit de lege lata zwar theoretisch ausreichend gewährleistet. Ein Bedürfnis, die aktuellen Vorschriften zu verändern und damit praktisch belastbar zu machen, besteht gleichwohl im dargestellten Umfang in Bezug auf § 90 BGB.
B. Rechtsgeschäftliche Übertragung I. Der Download als Übergabe Wie im dritten Kapitel dieser Arbeit zu sehen war, lassen sich die bestehenden Vorschriften zur rechtsgeschäftlichen Übertragung des Eigentums zwar so auslegen, dass sie ohne Widersprüche auf den Handel mit E-Books, Musik- und Filmdateien angewendet werden können. Mitunter ist die Subsumtion jedoch durchaus problematisch, insbesondere im Hinblick auf das Vorliegen einer Übergabe.795 Dies hat zur Folge, dass die hier vertretene Auffassung wiederum angreifbar ist.796 Deshalb sollte von Gesetzes wegen klargestellt werden, dass die Übereignungstatbestände auch Fälle erfassen, in welchen die veräußerte Sache durch den Übertragungsvorgang beim Erwerber erstmalig hergestellt wird, der Erwerber mithin gemäß §§ 929 ff. BGB das Eigentum auch an einer solchen Sache erwerben kann, die vor der Übereignung nicht existiert hat. Sinnvoll erscheint, hierzu unmittelbar am Tat bestand der Übergabe anzusetzen, diesen zu konkretisieren und einen neuen Satz 3 in § 929 BGB aufzunehmen,797 der sprachlich etwa folgendermaßen gefasst sein könnte: Eine Übergabe im Sinne von Satz 1 liegt auch vor, wenn die Sache durch den Übertragungsvorgang beim Erwerber zur Entstehung gelangt.
Eine so formulierte Regelung würde zweifellos bestätigen, dass der Download eines digitalen Mediums eine Übergabe im Sinne von § 929 Satz 1 BGB darstellt. Dadurch wäre dieser Norm außerdem die Deklarierung von Dateien als Sachen immanent, da sowohl der vorgeschlagene neue Satz 3 als auch der bestehende Satz 1 den Begriff der Sache enthalten und ausweislich ihrer klaren Wortlaute nur auf solche anwendbar sind. 795 Dazu ausführlich oben, Kapitel 3 C. IV. Die Übergabe im Sinne von § 929 Satz 1 BGB. 796 Siehe bereits soeben, Kapitel 6 A. I. Erforderlichkeit eines „Dateneigentums. 797 Möglich wäre auch, den vorgeschlagenen Passus als neuen Satz 2 einzufügen. Der bestehende Satz 2 würde dann zum neuen Satz 3. Auf diese Weise würde dem inhaltliche Bezug der neu einzufügenden Regelung zu der Übereignung nach Satz 1 auch redaktionell entsprochen.
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Kap. 6: Die lex ferenda
II. Unbeachtlichkeit des Fehlens sinnvoller Anwendungsfälle 1. Besitzkonstitut Dass der praktisch häufigste Anwendungsfall von § 930 BGB, die Sicherungsübereignung, in Bezug auf einzelne Dateien oder ganze Mediatheken nach der hier vertretenen – erneut angreifbaren – Auffassung, dass E-Books, Musik- und Filmdateien aus urheberrechtlichen Gründen nicht weiterveräußert werden können,798 de lege lata nicht zweckentsprechend denkbar ist,799 ruft gleichwohl nicht das Bedürfnis nach einer Anpassung der Regelungen hervor. Die Notwendigkeit, eine Norm in jedem der theoretisch denkbaren von ihr erfassten Fälle ohne dogmatische Widersprüche anwenden zu können, besteht unabhängig von der Frage nach der Sinnhaftigkeit ihrer tatsächlichen Anwendung im konkreten Einzelfall. Zwar ist richtig, da Normen keinen Selbstzweck erfüllen,800 dass die von ihnen erfassten Fälle grundsätzlich sinnvolle Lebenssachverhalte sein sollen. Dies trifft jedoch auf § 930 BGB zweifelsfrei zu. Dass gleichzeitig auch Fälle denkbar sind, auf die § 930 BGB zwar seinem Tatbestand nach anwendbar ist, die Vorschrift dennoch nicht sinnvoll passt, ist für die allein maßgebliche Frage der systematischen Unbedenklichkeit der Norm unschädlich. 2. Gutgläubiger Erwerb Dasselbe gilt für die in Bezug auf die Veräußerung elektronischer Medien geringe praktische Relevanz eines gutgläubigen Erwerbs und dessen Ausschluss gemäß § 935 BGB.801 Zwar bestehen Zweifel, ob die Anwendung der Vorschriften zum gutgläubigen Eigentumserwerb hier gemäß der hinter dem Schutz des guten Glaubens stehenden Relation der Interessen sinnvoll ist, sodass das Bedürfnis eines Ausschlusses der Anwendbarkeit auf elektronische Medienwerke nahezuliegen scheint.802 Argumentiert wird insofern mit der Vielzahl im Verkehr befindlicher Raubkopien und der demzufolge fehlenden Schutzwürdigkeit eines Vertrauens auf einen rechtmäßigen Erwerb.803 798 Siehe
Kapitel 4 A. Urheberrecht. oben, Kapitel 3 C. V. 1. a) Praktische Relevanz des Besitzkonstituts im Kontext elektronischer Medien und b) Sachenrechtlicher Fokus der Untersuchung. 800 Siehe bereits Kapitel 1 C. II. Aufzeigen des Bedarfs für Änderungen des Gesetzes. 801 Dazu oben, Kapitel 3 C. IX. Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten. 802 Oben, Kapitel 3 C. VII. 2. Angreifbarkeit der hier vertretenen Auffassung. 803 So Beurskens, Vom Sacheigentum zum „virtuellen Eigentum“?, in: Domej u. a., Einheit des Privatrechts, S. 443 (469); vgl. zu den hinter dem gutgläubigen Erwerb stehenden Wertungen Mot. III, S. 344 = Mugdan III, S. 191. 799 Dazu
C. Befugnisse des Inhabers digitaler Medien in Dateiform183
Die Vorschriften zum gutgläubigen Erwerb spielen jedoch in Bezug auf den Handel mit Medien in Dateiform praktisch keine Rolle. Dass tatsächlich ein sachenrechtlich Nichtberechtigter ein elektronisches Medium veräußert, ist nämlich aufgrund der wohl fast immer bestehenden Eigentümerstellung des Veräußerers äußerst unwahrscheinlich, sodass eine entsprechende Anpassung des Gesetzes nicht geboten erscheint.804 Ein grundsätzlicher Ausschluss des gutgläubigen Erwerbs von Dateien würde daher ohnehin nur die wenigen überhaupt denkbaren Fälle einer nichtberechtigten Veräußerung betreffen. Im Übrigen stellt ein genereller Ausschluss eines gutgläubigen Erwerbs von Dateien per se kein taugliches Mittel dar, die Anzahl der im Umlauf befindlichen illegalen Dateiversionen zu reduzieren. Die Möglichkeit, das in einer E-Book-, Musik- oder eine Filmdatei verkörperte Werk zu konsumieren, das heißt, die aus dem Besitz erwachsende Nutzungsmöglichkeit einer Sache, besteht selbstverständlich unabhängig von den Eigentumsverhältnissen. Insgesamt besteht in Ansehung des gutgläubigen Erwerbs daher kein Bedarf, das Gesetz zu ändern.
III. Zwischenergebnis Hinsichtlich der Vorschriften zur rechtsgeschäftlichen Übertragung von Eigentum besteht der dargestellte Klarstellungsbedarf hinsichtlich der Qualifikation einer elektronischen Datenübertragung im Allgemeinen bzw. eines Downloads im Speziellen als Übergabe im Sinne von § 929 Satz 1 BGB.805 Da die Übergabesurrogate und der gutgläubige Erwerb beim Rechtsverkehr mit E-Books, Musik- und Filmdateien wenn überhaupt, nur eine untergeordnete Rolle spielen, besteht im Übrigen kein Bedürfnis nach gesetzlicher Anpassung.
C. Befugnisse des Inhabers digitaler Medien in Dateiform De lege lata ist das Eigentum an digitalen Medien insbesondere aufgrund des Urheberrechts stärker beschränkt als das Eigentum an ihren analogen 804 Siehe oben, Kapitel 3 C. VI. 2. c) Inhaber einer Raubkopie ist sachenrechtlich Berechtigter und d) Geringe praktische Relevanz eines gutgläubigen Erwerbs von Dateien. 805 Beurskens, Vom Sacheigentum zum „virtuellen Eigentum“?, in: Domej u. a., Einheit des Privatrechts, S. 443 (468), der §§ 929 ff. BGB grundsätzlich für nicht anwendbar hält, schlägt eine andere Lösung zur Regelung der „Übertragung von Daten“ vor und will anstelle der Übergabe den Tatbestand des „Empfangens“ einfügen.
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Kap. 6: Die lex ferenda
Gegenstücken.806 Es fragt sich, ob die in Kapitel 4 herausgearbeiteten Unterschiede hinsichtlich der Reichweite der an analogen im Vergleich zu an digitalen Medien bestehenden Rechte ungerechtfertigt sind und deshalb eine Angleichung der bestehenden Rechte de lege ferenda interessengerecht erscheint, oder ob die schwächere rechtliche Position von Erwerbern elektronischer Medien im Vergleich zu Erwerbern analoger Medien der Interessenlage beim Online-Handel mit Dateien entspricht.807 Das soll die nachfolgende Untersuchung klären.
I. Besonderheiten beim Online-Handel mit Medien in Dateiform Zunächst sind hierzu die Besonderheiten des Online-Handels mit digitalen Medien in Dateiform gegenüber dem Handel mit analogen Unterhaltungsmedien herauszuarbeiten, auf denen die unterschiedliche Reichweite des Eigentumsrechts beruht. Denn nur bei umfassender Kenntnis der jeweiligen Interessenlage können diejenigen Stellen ausfindig gemacht werden, an denen hinsichtlich einer Änderung des Gesetzes gegebenenfalls anzusetzen wäre. 1. „Kopieren“ statt „Verschieben“ Die erste und bedeutsamste Besonderheit des Handels mit Medien in Dateiform liegt in einem technischen Umstand begründet: Dateien können (losgelöst von ihrem Datenträger)808 nicht ebenso wie andere körperliche Gegenstände bewegt, verrückt, oder verschoben werden. Diese Eigenheit hat bereits an mehreren Stellen in Gestalt des Problems der sich durch die Übereignung nicht ändernden Besitzlage beim Veräußerer für Zweifel gesorgt, ob §§ 929 ff. BGB überhaupt dogmatisch zum Download von Medien in Dateiform passen. Eine „Veränderung“ ihres Speicherortes ist immer nur durch einen Kopiervorgang, also das Erstellen eines Duplikats möglich.809 Zwar 806 Siehe
Kapitel 4 A. Urheberrecht. Kapitel 4 A. V. Ergebnis. 808 Dass diese isolierte Betrachtung der Datei angezeigt ist, wurde in Kapitel 2 G. III. E-Books, Musik- und Filmdateien gezeigt. 809 Stöhr, Das BGB im digitalen Zeitalter, ZIP 2016, 1468 (1469); Druschel, Die Regulierung digitaler Inhalte im Gemeinsamen Europäischen Kaufrecht (GEKR), GRUR Int. 2015, 125 (126); Schmidt-Kessel / Young / Benninghoff / Langhanke / Russek, Should the Consumer Rights Directive apply to digital content?, GRP 2011, 7 (7, 9); so wohl auch Redeker, Das Konzept der digitalen Erschöpfung – Urheberrecht für die digitale Welt, CR 2014, 73 (75). 807 Vgl.
C. Befugnisse des Inhabers digitaler Medien in Dateiform185
lässt sich durch Löschen der Quelldatei im Anschluss an den Kopiervorgang im Hinblick auf die Zugriffsmöglichkeiten in Ansehung der Inhalte vor und nach der Übertragung ein mit der Situation bei klassischen Medien vergleichbarer Zustand herstellen. Da der Löschvorgang jedoch nicht in jedem Fall – jedenfalls nicht automatisch810 – geschieht und grundsätzlich einen von der Duplizierung eindeutig zu unterscheidenden zweiten Vorgang darstellt, der überdies regelmäßig nicht dem Machtbereich des Empfängers zugeordnet werden kann, ist dieser Unterschied im Wesen von analogen und digitalen Medien tatsächlich eklatant.811 2. (Nicht-)Rivalität von Gütern als entscheidender ökonomischer Faktor Diese technische Besonderheit von Dateien geht einher mit einem ökonomischen Phänomen im Zusammenhang mit der Klassifikation von Güter arten, der sogenannten „Rivalität“.812 Bei den angestellten Untersuchungen wurde stets davon ausgegangen, bei jeder neu hergestellten Dateikopie handele es sich um eine neue Sache. Diese Einschätzung mag aus juristischer Sicht auch nicht zu beanstanden, de lege lata möglicherweise sogar zwingend sein.813 Dennoch wird sie aus ökonomischer Sicht dem ihr zugrunde liegenden tatsächlichen Sachverhalt nicht vollständig gerecht. Schuld daran ist die bereits mehrfach angesprochene 810 Zu der grundsätzlich bestehenden Möglichkeit der softwaregesteuerten automatischen Löschung Erlank, Books, Apps, Movies and Music – Ownership of Virtual Property in the Digital Library, EPLJ 2013, 194 (206); vgl. auch Faust, Verhandlungen des 71. DJT, Band I, S. A 10, A 82; dazu auch eingehend unten, Kapitel 6 C. II. 2. c) Ungeeignetheit von Digital Rights Management. 811 Dies scheint der EuGH anders zu sehen, wenn er einen Verstoß gegen das Vervielfältigungsrecht dann nicht annimmt, wenn der Ersterwerber nach dem Weiterverkauf seine eigene Kopie unbrauchbar macht, vgl. EuGH, Urteil vom 3.7.2012 – Az. C-128 / 11 (UsedSoft), Rn. 70, NJW 2012, 2565 (2568); dem folgend Hoeren / Jakopp, Der Erschöpfungsgrundsatz im digitalen Umfeld, MMR 2014, 646 (649); dazu ausführlich unten, Kapitel 6 C. II. 2. „Unbrauchbar machen“ der Ausgangsdatei kein geeignetes Mittel. 812 Allgemein dazu Breyer / Kolmar, Grundlagen der Wirtschaftspolitik, S. 131 ff.; Cornes / Sandler, The Theory of Externalities, Public Goods, and Club Goods, S. 8; Mackaay, Economic Incentives in Market for Information and Innovation, Harv. J. Law & Public Policy, Vol. 13 (1990), 867 ff.; in Bezug auf das Gut „Bildung“ Göser, Bildungsgerechtigkeit, S. 11 f.; zur (Nicht-)Rivalität digitaler Medien Erlank, Books, Apps, Movies and Music – Ownership of Virtual Property in the Digital Library, EPLJ 2013, 194 (205 ff.); ders., Property in Virtual Worlds, S. 275 ff. 813 Vgl. die dementsprechende Feststellung oben, Kapitel 3 C. V. 1. Die Besitzbegründung durch den Erwerber.
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Möglichkeit,814 Dateien in Bruchteilen von Sekunden vervielfältigen zu können.815 Ökonomisch betrachtet weisen Dateien aufgrund dieser Eigenheit starke Gemeinsamkeiten mit sogenannten nicht-rivalisierenden Gütern auf.816 Letztere sind dadurch gekennzeichnet, dass ihr Konsum durch eine Person keine Auswirkungen auf die zeitgleiche Konsummöglichkeit von anderen Personen hat.817 Zwar kann der Inhaber einer konkreten Datei andere Personen von der Nutzung seiner Datei ausschließen, bzw. eine Datei kann nicht zeitgleich von mehreren Personen genutzt werden.818 Insofern scheinen sich elektronische und klassische Medien zu entsprechen. Im Gegensatz zu analogen Medien ist es in Bezug auf elektronische Medien jedoch problemlos möglich, einer weiteren Person dieselbe Nutzungs-, bzw. Konsummöglichkeit kostenlos819 und in Sekundenbruchteilen zu verschaffen.820 Dieser Umstand, in dem sich elektronische Medien von ihren analogen Gegenstücken erheblich unterscheiden, entspricht einem weiteren charakteristischen Merkmal nicht-rivalisierender Güter. Diese zeichnet nämlich aus, dass bei jedem beliebigen Produktionsniveau die Grenzkosten, das Gut einem weiteren 814 Kapitel 3 B. V. 1. c) dd) Herausgabe ohne Besitzverlust des Gebers; Kapitel 3 C. VI. 2. a) „Perfekte“ Kopien in Sekundenschnelle; Kapitel 3 C. VI. 3. Keine Anwendungsfälle für § 935 BGB bei elektronischen Medien. 815 Dazu OLG Stuttgart, Urteil vom 3.11.2011 – Az. 2 U 49 / 11, ZUM 2012, 811 (814) = juris Rn. 39. 816 In diese Richtung zuletzt Marly / Wirz, Die Weiterverbreitung digitaler Güter, EuZW 2017, 16; Haberstumpf, Verkauf immaterieller Güter, NJOZ 2015, 793 (793, 803); Zech, Daten als Wirtschaftsgut – Überlegungen zu einem „Recht des Datenerzeugers“, CR 2015, 137 (139); Klass, Ein interessen- und prinzipienorientierter Ansatz für die urheberkollisionsrechtliche Normbildung, GRUR Int. 2008, 546 (552); darstellend Apel, Keine Anwendung der „UsedSoft“-Rechtsprechung des EuGH jenseits von Computerprogrammen, ZUM 2015, 640 (642). 817 Cornes / Sandler, The Theory of Externalities, Public Goods, and Club Goods, S. 8; Dewenter / Rösch, Einführung in die neue Ökonomie der Medienmärkte, S. 15; Siebert / Lorz, Einführung in die Volkswirtschaftslehre, S. 18 f.; Hardes / Uhly, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, S. 55 f.; Göser, Bildungsgerechtigkeit, S. 10 ff. 818 Die sich bei einem entsprechendem Versuch automatisch öffnenden Fenster mit der Frage, ob der Nutzer statt der ausgewählten Datei eine schreibgeschützte Kopie derselben öffnen wolle, dürften weitgehend bekannt sein; zu dieser Problematik in Bezug auf Online-Büchereien durch entsprechende Programmierung der Dateien Erlank, Books, Apps, Movies and Music – Ownership of Virtual Property in the Digital Library, EPLJ 2013, 194 (206) und allgemein (210). 819 Die sehr geringen Stromkosten, die durch den Kopiervorgang entstehen, können an dieser Stelle ebenso außer Acht gelassen werden, wie die (beim Kunden entstehenden) Kosten für Speicherplatz. 820 Siehe Zech, Daten als Wirtschaftsgut – Überlegungen zu einem „Recht des Datenerzeugers“, CR 2015, 137 (139); vgl. auch die Verweise in Fn. 814; auf diesen Aspekt geht bedauerlicherweise nicht ein Erlank, Books, Apps, Movies and Music – Ownership of Virtual Property in the Digital Library, EPLJ 2013, 194 (206, 210); ders., Property in Virtual Worlds, S. 275 ff.
C. Befugnisse des Inhabers digitaler Medien in Dateiform187
Konsumenten zugänglich zu machen, „null“ betragen.821 Dies bedeutet nicht, dass die Produktion des Gutes insgesamt keine Kosten verursachen darf. Lediglich die Herstellung eines zusätzlichen Exemplars muss kostenneutral möglich sein. Dies trifft auf Medien in Dateiform zu.822 Abgesehen von den Kosten, die für die Produktion der Original- und Ausgangsdatei anfallen, entstehen für die Vervielfältigung von Dateien, also das Nutzbarmachen des Gutes für einen weiteren Konsumenten, keine weiteren Kosten.823 3. Unterschiedliche (wirtschaftliche) Interessenlage Aufgrund dieser Eigenart von Dateien besteht im Vergleich zu analogen Medien eine unterschiedliche (wirtschaftliche) Interessenlage.824 Bei klassischen Medien verliert der Veräußerer durch die Veräußerung jedenfalls seine dinglichen Rechte, je nach Art und Weise der Übereignung zusätzlich auch seine Nutzungsmöglichkeit in Bezug auf die Sache. Im Regelfall kann ein analoges Medium daher grundsätzlich nur einmal (berechtigt) veräußert werden. Dies führt dazu, dass sich sein Inhaber gut überlegen wird, ob und an wen er es veräußert. Im Gegensatz dazu hat der Inhaber eines elektronischen Mediums durch eine Veräußerung keinen Verlust zu befürchten. Ihm bleibt neben den dinglichen Rechten an seiner unveränderten Datei auch die Nutzungsmöglichkeit erhalten. Er kann daher ohne eigenen – sachenrecht lichen – Nachteil beliebig viele Dateikopien veräußern.825 Der Umstand, dass aufgrund des notwendigen Kopiervorgangs jede Veräußerung zugleich eine Vervielfältigung darstellt und der Veräußerer in Besitz seiner Sache bleibt, stellt die bislang beim Warenhandel typische Interessenlage gleichsam auf den Kopf. Bisher kennzeichnete den Warenhandel ein 821 Dewenter / Rösch, Einführung in die neue Ökonomie der Medienmärkte, S. 15, in Bezug auf Medienmärkte S. 17; Kirk, Public Management, S. 7 Rn. 10; Hullmann, Internationaler Wissenstransfer und technischer Wandel, S. 28; Sieg, Volkswirtschaftslehre, S. 160. 822 So auch ausdrücklich Gläser, Medienmanagement, S. 335; vgl. auch Klass, Ein interessen- und prinzipienorientierter Ansatz für die urheberkollisionsrechtliche Normbildung, GRUR Int. 2008, 546 (552). 823 Zu den geringen und daher vernachlässigbaren Kosten für Strom und Speicherplatz siehe bereits Fn. 819. 824 Anders EuGH, Urteil vom 3.7.2012 – Az. C-128 / 11 (UsedSoft), NJW 2012, 2565 (2567 f.) Rn. 61 in Bezug auf Computerprogramme; Hoeren / Jakopp, Der Erschöpfungsgrundsatz im digitalen Umfeld, MMR 2014, 646 (649); wie hier, allerdings mit anderer Begründung als nachfolgend dargestellt, Apel, Keine Anwendung der „UsedSoft“-Rechtsprechung des EuGH jenseits von Computerprogrammen, ZUM 2015, 640 (645 f.). 825 Dazu Haberstumpf, Verkauf immaterieller Güter, NJOZ 2015, 793 (799) sowie jüngst Faust, Verhandlungen des 71. DJT, Band I, S. A 10.
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gleichzeitiger Gewinn und Verlust der Rechte an den im Zuge des Kaufgeschäfts wechselseitig übereigneten Sachen, also Ware und Kaufpreis. Das Wesen eines solchen (Tausch-)Geschäfts besteht gerade darin, die Rechte an einer Sache zu verlieren, um dafür im Gegenzug die an einer anderen zu erhalten. Dieser Tausch-Charakter ist beim Handel mit Dateien jedoch nicht vorhanden.
II. Die Interessenlage zwischen Urhebern und Erwerbern Eine Angleichung der Reichweite des an digitalen und analogen Medien bestehenden Eigentums würde vor allem das Urheberrecht betreffen und erfordern, die UsedSoft-Doktrin des EuGH826 auf andere digitale Werkarten als Software zu übertragen und somit den Erschöpfungsgrundsatz auf E-Books, Musik- und Filmdateien anzuwenden. Dies hätte zur Folge, dass Inhaber solcher digitalen Medien ihre Dateien weitergeben, insbesondere weiterveräußern könnten. Anzumerken ist, dass das Urheberrecht de lege lata keine unterschiedlichen Vorschriften für digitale und analoge Medien enthält,827 den Erwerb solcher Werke rechtlich also gar nicht ungleich behandelt.828 Die gleichwohl vorhandenen Unterschiede in Ansehung der Befugnisse der jeweiligen Inhaber sind auf tatsächliche, technische Faktoren zurückzuführen, die erst bei der Subsumtion unter dieselben rechtlichen Vorschriften verschiedene Ergebnisse zur Folge haben.829 Zur Angleichung der Verfügungsmöglichkeiten müssten daher die Schutzrechte der Urheber eingeschränkt werden. Ob eine derartige Änderung der urheberrechtlichen Regelungen vorgenommen werden sollte, ist durch eine Abwägung der widerstreitenden Interessen der Urheber auf der einen und der Erwerber auf der anderen Seite zu erörtern. Dabei sind die soeben zwischen den verschiedenen Erscheinungsformen festgestellten wesentlichen Unterschiede zu berücksichtigen.830 1. Unterminierung der Verwertungsmöglichkeit des Urhebers Für eine Angleichung der Reichweite des Eigentums und damit für die Position der Erwerber streitet vor allem, dass der Erwerb von Medien in Dateiform mittels Download dem Zeitgeist entspricht und Erwerber nicht 826 Dazu 827 Die
oben, Kapitel 4 A. IV. Die UsedSoft-Entscheidung des EuGH. §§ 69a–69g UrhG enthalten lediglich Spezialregelungen für Computerpro-
gramme. 828 In diese Richtung auch Apel, Keine Anwendung der „UsedSoft“-Rechtsprechung des EuGH jenseits von Computerprogrammen, ZUM 2015, 640 (645 f.). 829 Siehe soeben, Kapitel 6 C. I. 1. „Kopieren“ statt „Verschieben“. 830 Kapitel 6 C. I. Besonderheiten beim Online-Handel mit Medien in Dateiform.
C. Befugnisse des Inhabers digitaler Medien in Dateiform189
allein deshalb Nachteile haben sollten, weil sie sich moderner Handelswege bedienen.831 Gegen eine Ausweitung der Rechte der Inhaber von elektronischen Medien in Dateiform sprechen hingegen eine ganze Reihe von Argumenten. Zunächst ist zu sehen, dass eine Gleichschaltung der Verfügungsmöglichkeiten von Inhabern analoger und digitaler Medien einem wesentlichen Grundgedanken der urheberrechtlichen Verwertungsrechte zuwiderliefe.832 Diese gestehen die Möglichkeit zur wirtschaftlichen Verwertung eines Werkes in erster Linie dem Urheber zu und sichern so dessen Kontrolle über den Vertrieb seines Werkes.833 Es soll gerade der Urheber sein, dem zumindest die Erstveräußerung jedes Exemplars seines Werks finanziell zu Gute kommt. Da Medien in Dateiform keinem Verschleiß unterliegen, findet ein „Gebrauchthandel“ nicht in typischer Manier statt.834 Jeder Zweiterwerber erhielte daher letztlich „Neuware“. Dürfte nun jeder Inhaber „seine Datei“ als Download weiterveräußern, bestünden für Zweiterwerber keine Unterschiede zwischen einem Erwerb vom Urheber selbst oder dessen Vertrieb und einem beliebigen Inhaber, da der Ersterwerber tatsächlich gerade nicht – wie es für einen nachgelagerten Gebrauchtmarkt üblich wäre – sein konkretes Exemplar veräußert, sondern lediglich die Blaupause für ein beim Erwerber durch den Download entstehendes, neues Vervielfältigungsstück zur Verfügung stellt. Im Gegensatz zur Situation beim Erwerb analoger Medien bestünde für Kaufinteressenten eines Mediums in Dateiform damit weder die Notwendigkeit, noch ein Anreiz, sich an den Urheber oder dessen Vertrieb zu wenden, um ein neues Exemplar rechtmäßig erwerben zu können.835 Somit verlöre der Urheber die Kontrolle über die Anzahl der rechtmäßig im Verkehr be831 In diese Richtung Hoeren / Jakopp, Der Erschöpfungsgrundsatz im digitalen Umfeld, MMR 2014, 646 (648 f.); vgl. auch Erlank, Books, Apps, Movies and Music – Ownership of Virtual Property in the Digital Library, EPLJ 2013, 194 (195); siehe zu diesem Gedanken auch bereits oben, Kapitel 1 C. Gegenstand und Zielsetzung der Arbeit. 832 Dagegen Kubach, Musik aus zweiter Hand, CR 2013, 279 (283). 833 Vgl. auch Marly / Wirz, Die Weiterverbreitung digitaler Güter, EuZW 2017, 16 (17). 834 LG Bielefeld, Urteil vom 5.3.2013 – Az. 4 O 191 / 11, CR 2013, 812 (813) = juris Rn. 45 mit Bezugnahme auf LG Stuttgart, Urteil vom 14.4.2011 – Az. 17 O 513 / 10, juris Rn. 33; Marly, Softwarerecht, Rn. 209; ders. / Wirz, Die Weiterverbreitung digitaler Güter, EuZW 2017, 16; so und dazu auch Apel, Keine Anwendung der „UsedSoft“-Rechtsprechung des EuGH jenseits von Computerprogrammen, ZUM 2015, 640 (645); Zech, Daten als Wirtschaftsgut – Überlegungen zu einem „Recht des Datenerzeugers“, CR 2015, 137 (139). 835 Ebenso Ganzhorn, Rechtliche Betrachtung des Vertriebs und der Weitergabe digitaler Güter, S. 2219; diesen Aspekt übersehen offenbar Kubach, Musik aus zweiter Hand, CR 2013, 279 (283) und auch der EuGH in UsedSoft, vgl. EuGH, Urteil vom 3.7.2012 – Az. C-128 / 11 (UsedSoft), NJW 2012, 2565 (2568) Rn. 63.
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findlichen Exemplare seines Werkes836 – und damit auch sein Recht zur Preisgestaltung.837 Seine Verwertungsrechte wären damit unterminiert. Statt dessen könnten die Erst- und auch alle weiteren Erwerber im selben Maße wie der Urheber dessen Werk wirtschaftlich verwerten. 2. „Unbrauchbar machen“ der Ausgangsdatei kein geeignetes Mittel Um diese unerwünschte Situation zu vermeiden, hat der EuGH in seiner UsedSoft-Entscheidung838 die Rechtmäßigkeit der Weitergabe an die Bedingung geknüpft, dass der Ersterwerber seine eigene Kopie unbrauchbar macht und damit eine europarechtswidrige Aufspaltung der dem Ersterwerber eingeräumten Lizenz verhindert.839 Diese Argumentation vermag jedoch gleich aus mehreren Gründen nicht zu überzeugen. a) Unbrauchbar machen verhindert nicht die Vervielfältigung Schon auf den ersten Blick fällt auf, dass das Unbrauchbarmachen der Datei des Veräußerers keineswegs die jedenfalls stattfindende Vervielfältigung entfallen lässt,840 sondern allenfalls im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu einer gleich bleibenden Zahl der Nutzungsmöglichkeiten führt841. Einen Verstoß gegen das Vervielfältigungsrecht bei Unbrauchbarmachen des Ausgangswerkstücks, also der Kopiervorlage, auszuschließen, verstößt hingegen gegen einen Grundgedanken dieses Verwertungsrechts. Es gibt gute Gründe, weshalb das Gesetz keine generelle Ausnahme des Vervielfältigungsverbots für den Fall vorsieht, dass der Ersterwerber sein Werkexemplar nach dem Kopiervorgang unbrauchbar macht. Für den Urheber (und auch den Zweiterwerber) ist es nämlich beinahe unmöglich, sicherzustellen, ob die Kopiervorlage tatsächlich unbrauchbar gemacht wurde.842 Das Partizipa Hantschel, Softwarekauf und -weiterverkauf, S. 209. EuGH, Urteil vom 3.7.2012 – Az. C-128 / 11 (UsedSoft), NJW 2012, 2565 (2568) Rn. 63. Sosnitza, Die urheberrechtliche Zulässigkeit des Handels mit „gebrauchter“ Software, K&R 2006, 206 (211) empfindet die Möglichkeit der Urheber, ihre Preisstruktur anzupassen als interessengerechte Lösung. 838 Dazu oben, Kapitel 4 A. IV. Die UsedSoft-Entscheidung des EuGH. 839 EuGH, Urteil vom 3.7.2012 – Az. C-128 / 11 (UsedSoft), NJW 2012, 2565 (2568) Rn. 70. 840 Vgl. Bäcker / Höfinger, Online-Vertrieb digitaler Inhalte: Erstvertrieb, nachgelagerte Nutzungen und nachgelagerte Märkte, ZUM 2013, 623 (638). 841 Zu diesem Gedanken bereits oben, Kapitel 6 C. I. 1. „Kopieren“ statt „Verschieben“. 842 Dazu näher sogleich, Kapitel 6 C. II. 2. b) Rechtmäßigkeit des Erwerbs in den Händen des Veräußerers. 836 Dazu
837 Anders
C. Befugnisse des Inhabers digitaler Medien in Dateiform191
tionsinteresse des Urhebers schützt das Gesetz aus diesem Grund, indem es Vervielfältigungen, die ohne Zustimmung des Urhebers angefertigt werden, grundsätzlich verbietet.843 Die Möglichkeit, eine verbotswidrig erstellte Kopie nachträglich durch Vernichtung eines rechtmäßigen Werkstücks in eine legales Exemplar zu verwandeln, besteht nicht. Dabei bestünde außerdem das Problem, dass sich nicht in jedem Fall nachvollziehen lässt, welche Vorlage für welche Kopie genutzt wurde und deshalb für die Rechtmäßigkeit der Kopie vernichtet werden müsste. Da demnach auch die Veräußerung einer wegen Verstoßes gegen § 16 UrhG illegal erstellten Kopie eines gedruckten Buches nicht dadurch legal wird, dass der Veräußerer nach der Veräußerung sein (Original-)Exemplar des Buches zerstört, kann nichts anderes für ein elektronisches Buch gelten.844 b) Rechtmäßigkeit des Erwerbs in den Händen des Veräußerers Außerdem ist es schon grundsätzlich nicht sinnvoll, die Rechtmäßigkeit des Erwerbs von einer vom Veräußerer vorzunehmenden Handlung abhängig zu machen, die zudem erst nach dem Übertragungsvorgang erfolgen muss. So stellt sich die Frage nach der Legalität der beim Erwerber hergestellten Kopie in der Zeit zwischen Download und Löschvorgang, also in dem Zeitraum, in dem beide Dateien gleichzeitig existieren. Ist die heruntergeladene Datei zunächst rechtswidrig und wird durch die Löschung der Ausgangsdatei zur legalen Kopie?845 Ebenfalls unklar und für eine eventuelle in der Zwischenzeit erfolgte weitere Veräußerung durch den Zweiterwerber bedeutsam ist, ob seine Kopie mit Wirkung ex tunc oder ex nunc rechtmäßig würde. Die Antworten auf diese Fragen bleibt der EuGH schuldig und sind auch nicht ersichtlich.846 Jedenfalls lägen die zur Rechtmäßigkeit des Erwerbs notwendigen Umstände damit vollständig außerhalb des Einflussbereichs des Erwerbers und 843 Ausnahmen bestehen freilich für Privat- und Sicherungskopien sowie die bestimmungsgemäße Benutzung gemäß § 53 Abs. 1 bzw. § 69d Abs. 1 und 2 UrhG. 844 Rechtswidrig ist auch der Weiterverkauf von Sicherungskopien gebrauchter Software, auch bei Zerstörung des Originaldatenträgers, siehe EuGH, Urteil vom 12.10.2016 – Az. C-166 / 15 (Ranks ua), EuZW 2016, 866 ff. m. Anm. Marly / Prinz. 845 Hier stellt sich erneut die Frage der Zuordnung von Kopie und Ausgangsdatei, vgl. soeben, Kapitel 6 C. II. 2. a) Unbrauchbar machen verhindert nicht die Vervielfältigung. 846 Ähnliche Bedenken äußern Marly / Prinz, Anmerkung zu EuGH, Urteil vom 12.10.2016 – Az. C 166 / 15, EuZW 2016, 870 (871); Kubach / Hunzinger, Wer hat das Recht an der Rechtekette und welche Rechte hat der Käufer von Gebrauchtsoftware?, CR 2016, 213 und bereits Haberstumpf, Der Handel mit gebrauchter Software und die Grundlagen des Urheberrechts, CR 2009, 345 (347).
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Kap. 6: Die lex ferenda
allein in den Händen des Veräußerers.847 Der Erwerber hätte somit nie Gewissheit, ob sein Erwerb rechtmäßig war oder nicht. Für ihn ist nämlich weder ersichtlich noch nachprüfbar, ob der Veräußerer die Löschung tatsächlich vorgenommen hat, oder eventuell doch noch irgendwo eine gemäß § 53 Abs. 1 bzw. § 69d Abs. 2 UrhG zulässigerweise erstellte Sicherungs kopie der Datei existiert und der Download des Erwerbers deshalb gegen das Vervielfältigungsrecht verstößt.848 Auch der BGH hat sich nur vage zu den Voraussetzungen an den Nachweis des Unbrauchbarmachens geäußert und in seinen UsedSoft II- und Green-IT-Entscheidungen lediglich festgestellt, dass die Vorlage eines Notartestats, aus dem „sich lediglich ergibt, dass dem Notar eine Erklärung des ursprünglichen Lizenznehmers vorgelegen hat, wonach er rechtmäßiger Inhaber der Lizenzen gewesen sei, diese nicht mehr benutze und den Kaufpreis vollständig bezahlt habe“, nicht ausreicht.849 c) Ungeeignetheit von Digital Rights Management Dass „sich die Überprüfung, ob eine Kopie tatsächlich unbrauchbar gemacht worden ist, als schwierig erweisen“ kann, hat zwar auch der Gerichtshof erkannt.850 Zur Kontrolle über die Anzahl der rechtmäßig im Verkehr befindlichen Kopien stellt der EuGH deshalb anheim, technische Schutzmaßnahmen wie „Produktschlüssel“851 zu verwenden.852 Solche Mechanismen sind jedoch für Dateien aufgrund der im Vergleich zu Computerprogrammen erheblich größeren Zahl im Umlauf befindlicher Kopien nicht realistisch umsetzbar. Man denke nur an den Fall der Veräußerung einer Mediathek mit mehreren zehn- oder sogar hunderttausend einzelnen E-Book-, Musik- oder Filmdateien. Es erscheint in keiner Weise praktikabel, für jede Datei einen neuen Produktschlüssel von gegebenenfalls etlichen verschiedenen Lizenzgebern anzufordern und Datei für Datei durch Eingabe des erhaltenen Schlüs847 Vgl.
ebenda. warum es an dieser Stelle nicht zu einem lastenfreien Erwerb kommt, oben, Kapitel 3 C. VI. 4. Kein „lastenfreier“ Erwerb. 849 BGH, Urteil vom 11.12.2014, Az. I ZR 8 / 13 (UsedSoft III), GRUR 2015, 772 (777) Rn. 49; BGH, Urteil vom 17.7.2013 – Az. I ZR 129 / 08 (UsedSoft II), GRUR 2014, 264 (270) Rn. 64. 850 EuGH, Urteil vom 3.7.2012 – Az. C-128 / 11 (UsedSoft), NJW 2012, 2565 (2569) Rn. 79. 851 Zu weiteren technischen Schutzmaßnahmen Ganzhorn, Rechtliche Betrachtung des Vertriebs und der Weitergabe digitaler Güter, S. 314 ff. 852 Zur rechtlichen Zulässigkeit von technischen Schutzmaßnahmen stellt Ganzhorn, Rechtliche Betrachtung des Vertriebs und der Weitergabe digitaler Güter, S. 312 ff. darauf ab, ob sie zu einem faktischen Übertragungsverbot führen. 848 Dazu,
C. Befugnisse des Inhabers digitaler Medien in Dateiform193
sels zur Verwendung freizuschalten.853 Auch vermag der in diesem Zusammenhang vom Gerichtshof angestellte Vergleich zu auf CD bzw. DVD gespeicherten Computerprogrammen, bei denen das Problem einer unberechtigt zurückbehaltenen Kopie ebenfalls bestehe, nicht zu überzeugen.854 Zwar mag es technisch möglich sein, Dateien mit einem Schutzmechanismus zu versehen, sodass diese nicht mehr kopiert werden können. Das vollständige Verhindern des Kopierens würde indes über das anvisierte Ziel hinausschießen, da somit Weiterveräußerungen insgesamt verhindert würden, also auch solche, die mit der Zustimmung des Urhebers erfolgen. Dies wäre nicht zweckmäßig, da zur drahtlosen Übertragung einer Datei stets das Erstellen einer Kopie erforderlich ist.855 Der einzige Ausweg wäre ein intelligentes Digital Rights Management, das erkennt, wenn eine Kopie im Wege einer Veräußerung hergestellt wurde und daraufhin die der neu hergestellten Kopie zugrunde liegende Quelldatei selbstständig löscht.856 Es darf wohl bezweifelt werden, ob eine solche Lösung, die eine juristische Bewertung erfordert, allein durch technische Mittel tatsächlich umsetzbar ist.857 Solange dies nicht ersichtlich möglich ist und demzufolge den Urhebern und ihren Lizenznehmern der Vorwurf gemacht werden kann, sich nicht solcher verfügbaren Schutzmaßnahmen zu bedienen, ist der Hinweis auf die Möglichkeit zur Verwendung von DRM keine taug liche Stütze für die Forderung nach einer Möglichkeit zur Weitergabe von elektronischen Medien in Dateiform. d) Ausklammern von Lizenzvereinbarungen Eine andere Möglichkeit besteht für geschlossene Cloud-basierte Dienste unter Mitwirkung des Lizenzgebers.858 Hier können die Zugriffsrechte für 853 Vgl. zu den einzelnen notwendigen Vorgängen Hoppen, Technische Schutzmaßnahmen bei Software, CR 2013, 9 (12 ff.). 854 EuGH, Urteil vom 3.7.2012 – Az. C-128 / 11 (UsedSoft), NJW 2012, 2565 (2569) Rn. 79. 855 Siehe soeben, Kapitel 6 C. I. 1. „Kopieren“ statt „Verschieben“. 856 Selbst gegen diese Lösung bestehen Bedenken angesichts der weiten Verbreitung von Backups, mithilfe derer sich gelöschte Dateien möglicherweise wiederherstellen lassen. Auch dies müsste ein entsprechendes DRM berücksichtigen. 857 Optimistischer sind Marly / Wirz, Die Weiterverbreitung digitaler Güter, EuZW 2017, 16 (19); auch die von Schippel, E-Books im Spiegel des Immaterialgüterrechts, MMR 2016, 802 (805), diskutierte Verwendung digitaler „Wasserzeichen“, mithilfe derer die Identität des Erstnutzers in Dateien hinterlegt werden kann, löst die beschriebenen Probleme nicht. 858 Siehe dazu Bäcker / Höfinger, Online-Vertrieb digitaler Inhalte: Erstvertrieb, nachgelagerte Nutzungen und nachgelagerte Märkte, ZUM 2013, 623 (639).
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Kap. 6: Die lex ferenda
eine in der vom Lizenzgeber kontrollierten Cloud abgelegten Datei von einem Nutzer auf einen anderen übertragen werden. Dieses Modell hat jedoch mit einem klassischen Gebrauchthandel kaum mehr etwas gemein und betrifft mithin nicht die Frage des Urheberrechts de lege ferenda, sondern basiert auf einer privatautonomen Vereinbarung hinsichtlich des den Erwerbern eingeräumten Nutzungsrechts. Solche Lizenzvereinbarungen, mithilfe derer Urheber die Befugnisse der Erwerber vertraglich eingrenzen können,859 dürfen jedoch nicht mit in die Erwägungen einbezogen werden.860 Rechtsgeschäftliche Vereinbarungen haben keinen Einfluss auf die gesetzliche Rechtslage, die selbstverständlich für sich genommen den beteiligten Interessen ausgewogen Rechnung tragen muss. Es ist also kein hinnehmbarer Zustand, wenn der unzureichende gesetzliche Schutz der Urheber erst durch rechtsgeschäftliche Lizenzvereinbarungen auf das durch die Interessenlage gebotene Niveau gebracht wird.861 Überdies ist zu sehen, dass durch lizenzrechtliche Vereinbarungen auch nicht dasselbe Maß an Schutz erreicht werden kann, wie durch entsprechende urheberrechtliche Regelungen. Während ein Lizenzvertrag lediglich Wirkung inter partes entfaltet, wirken Urheberrechte erga omnes. Der Urheber und Lizenzgeber könnte aus dem Lizenzvertrag also immer nur gegen seinen Vertragspartner, den Lizenznehmer, vorgehen.862 Für den Fall, dass letzterer jedoch nur eine einzige Veräußerung tätigt, der Zweiterwerber jedoch seine erhaltene Datei tausendfach vervielfältigt, bleibt der Urheber auf Grundlage des Lizenzvertrags zumindest teilweise schutzlos: Hier besteht ein Anspruch auf Schadensersatz nur insoweit der Lizenznehmer seine Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zu vertreten hat863 oder soweit eine eventuell vereinbarte Vertragsstrafe nicht gemäß § 343 BGB unverhältnismäßig ist. Schon dieses simple Beispiel zeigt die Notwendigkeit einer urheberrechtlichen Lösung, welche die Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gemäß § 97 UrhG auslöst und gegenüber jedem Erwerber geltend gemacht werden können.864
859 Dazu
oben, Kapitel 4 B. Schuldrechtliche Vereinbarungen – Weitergabeverbote. hierzu Grützmacher, Endlich angekommen im digitalen Zeitalter!?, ZGE / IPJ 5 (2013), 46 (69); anders Haberstumpf, Der Handel mit gebrauchter Software im harmonisierten Urheberrecht, CR 2012, 561 (567). 861 So aber wohl Ganzhorn, Rechtliche Betrachtung des Vertriebs und der Weitergabe digitaler Güter, S. 289; ders., Ist ein E-Book ein Buch?, CR 2014, 492 (495). 862 Vgl. hierzu Schuppert / Greissinger, Gebrauchthandel mit Softwarelizenzen, Wirksamkeit vertraglicher Weitergabebeschränkungen, CR 2005, 81 (85 ff.). 863 Rehbinder / Peukert, Urheberrecht, Rn. 1266. 864 Siehe zu den von § 97 UrhG geschützten Rechten nur Dreier / Schulze / Dreier / Specht, UrhG, § 97 Rn. 3 ff.; Spindler / Schuster / Spindler, § 97 UrhG Rn. 3 ff. 860 Vgl.
C. Befugnisse des Inhabers digitaler Medien in Dateiform195
3. EuGH-Entscheidung in der Sache VOB / Stichting An dem bisher gefundenen Ergebnis ändert auch die jüngst zur Vermietund Verleih-Richtlinie865 ergangene Entscheidung des EuGH in der Rechtssache VOB gegen Stichting Leenrecht nichts.866 Darin hat der Gerichtshof festgestellt, dass es öffentlichen Bibliotheken unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist, auch E-Books zu „verleihen“. Der Tenor der Entscheidung ist jedoch keinesfalls verallgemeinerungsfähig.867 Als Bedingung für eine nach der Vermiet- und Verleih-Richtlinie zulässige Leihe hat der EuGH nämlich genannt, dass „nur eine einzige Kopie während der Leihfrist heruntergeladen werden kann und der Nutzer nach Ablauf dieser Frist die von ihm heruntergeladene Kopie nicht mehr nutzen kann“.868 Aufgrund dieses „onecopy-one-user“-Modells,869 also der „Beschränkung der Möglichkeit zum gleichzeitigen Herunterladen auf eine einige Kopie“ sei das Verleihen von digitalen Werken mit dem Verleihen von gedruckten Werken vergleichbar, da „die Verleihkapazität […] nicht größer ist, als es bei einem gedruckten Werk der Fall wäre und […] dieses Verleihen befristet stattfindet“.870 All dies sicherzustellen, ist deutlich einfacher realisierbar, wenn der Verleiher eine öffentliche Bibliothek ist, als wenn es sich um Privatpersonen handelt. Während der private Geschäftsverkehr weitgehend im Verborgenen stattfindet, unterliegt das öffentliche Verleihwesen staatlichen Kontrollen und ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Aus diesem Grund gelten für öffentliche Bibliotheken grundsätzlich andere Regeln als für private Nutzer. Dem Urteil ist somit allenfalls ein Fingerzeig zu entnehmen, welche technischen Maßnahmen notwendig wären, um die Interessenlage insoweit zu verändern, dass ein Verleihen, Vermieten und Weiterveräußern von Medien in Dateiform ohne unangemessene Beeinträchtigung der Urheber möglich wäre. Insofern ist zu
865 Richtlinie 2006 / 115 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums, Amtsblatt L 376 / 28 vom 27.12.2006. 866 EuGH, Urteil vom 10.11.2016 – Az. C-174 / 15 (VOB / Stichting), NJW 2017, 461 ff. 867 Ebenso Marly / Wirz, Die Weiterverbreitung digitaler Güter, EuZW 2017, 16 (19); Rauer / Vonau, EuGH stellt digitale Ausleihe dem Verleih physischer Bücher gleich, GRUR-Prax 2016, 517 (518). 868 EuGH, Urteil vom 10.11.2016 – Az. C-174 / 15 (VOB / Stichting), NJW 2017, 461 (463) Rn. 54. 869 Vgl. etwa Rauer / Vonau, EuGH stellt digitale Ausleihe dem Verleih physischer Bücher gleich, GRUR-Prax 2016, 517 f. 870 EuGH, Urteil vom 10.11.2016 – Az. C-174 / 15 (VOB / Stichting), NJW 2017, 461 (464) Rn. 53.
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Kap. 6: Die lex ferenda
sehen, dass hierdurch eine Veränderung der tatsächlichen, nicht aber der rechtlichen Umstände erfolgt.871 4. Ökonomische Konsequenzen einer Angleichung der Befugnisse der Eigentümer Zu guter Letzt ist auch ein Blick auf die zu erwartenden ökonomischen Konsequenzen einer Angleichung der Verfügungsmöglichkeiten durch eine Ausweitung der Erschöpfungslehre auf digitale Werkarten wie E-Books, Musik- und Filmdateien aufschlussreich. Absehbar und nachvollziehbar erscheint, dass die Rechteinhaber die für sie nachteiligen Folgen einer Angleichung der Befugnisse872 zu umgehen versuchen würden. Zum einen ist insofern denkbar, dass die Urheber von dem Geschäftsmodell des Verkaufs insgesamt abrücken und Erwerbern ihre Werke nur noch zur zeitweisen Nutzung überlassen, etwa in Gestalt eines Abonnements oder im Rahmen eines Benutzerkontos.873 Der Zugriff des Nutzers ließe sich nach Ablauf der vereinbarten Zeitspanne durch einen automatisierten Lösch- bzw. Deaktivierungsvorgang beenden. Daneben kommt für die Urheber (theoretisch) infrage, an dem gewohnten Geschäftsmodell einer zeitlich unbefristeten Überlassung durch Verkauf von Nutzungsrechten zwar grundsätzlich festzuhalten, die Preise jedoch zu erhöhen.874 Auch dadurch würde das Vertriebsmodell des Verkaufs letztlich zumindest erschüttert: Bei unterstellter Möglichkeit für Erwerber, ihre Dateien wie Urheber selbst als „Neuware“ und ohne eigenen Verlust weiterzuverkaufen,875 wäre der zu erwartende Umsatzrückgang auf Seiten der Urheber unkalkulierbar und möglicherweise so groß, dass eine diesen ausgleichende Preisanpassung nicht mehr in einem sinnvollen Maße möglich wäre.876 Medien in Dateiform müssten im Ver871 Dazu bereits oben, Kapitel 6 C. II. Die Interessenlage zwischen Urhebern und Erwerbern. 872 Siehe hierzu Kapitel 6 C. II. 1. Unterminierung der Verwertungsmöglichkeit des Urhebers. 873 Dazu zuletzt Hauck, Gebrauchthandel mit digitalen Gütern, NJW 2014, 3616 (3618); so auch zuvor Marly, Der Handel mit so genannter „Gebrauchtsoftware“, EuZW 2012, 654 (657); Sosnitza, Die urheberrechtliche Zulässigkeit des Handels mit „gebrauchter“ Software, K&R 2006, 206 (209, 211); Dreyer / Kotthoff / Meckel / Kotthoff, Urheberrecht, § 69c Rn. 25. 874 Sosnitza, Die urheberrechtliche Zulässigkeit des Handels mit „gebrauchter“ Software, K&R 2006, 206 (211). 875 Dazu soeben, Kapitel 6 C. II. 1. Unterminierung der Verwertungsmöglichkeit des Urhebers. 876 Auf der anderen Seite käme es beim Gebrauchthandel möglicherweise zu einem durch den fehlenden Verschleiß das BuchPrG tangierenden Preis-Dumping, vgl. Ganzhorn, Rechtliche Betrachtung des Vertriebs und der Weitergabe von digitalen
C. Befugnisse des Inhabers digitaler Medien in Dateiform197
gleich zu ihren analogen Gegenstücken derart unverhältnismäßig viel teurer verkauft werden, dass ihr (Erst-)Erwerb insgesamt unattraktiv würde. Eine derartig übermäßige Preiserhöhung würde außerdem dazu führen, dass manche Erwerber einen späteren Weiterverkauf bereits beim Erwerb des Werkes einkalkulieren müssten, um sich nicht finanziell zu überfordern. Durch eine Ausweitung der Befugnisse der Inhaber digitaler Medien würde daher ein in der Popularität wachsendes Vertriebsmodell877 torpediert.878 Eine solche Maßnahme stellt einen Eingriff in die freie Marktwirtschaft dar und steht in eklatantem Widerspruch zu dem mit dem Erschöpfungsgrundsatz verfolgten Ziel der Förderung des Binnenmarktes879. Ohne Rechtfertigung durch die Interessenlage,880 ist sie rechtspolitisch abzulehnen.881
III. Zwischenergebnis Letztlich steht die leichte Kopierbarkeit der Befürwortung eines Zweitmarktes mit Medien in Dateiform entscheidend entgegen. Die Möglichkeit für jedermann, ohne eigene Einbuße, sekundenschnell und ohne nennenswerten Aufwand und Kosten, funktional identische Duplikate von digitalen Medienwerken herzustellen und damit gewissermaßen ubiquitär verfügbar zu machen, stellt für die Schöpfer solcher Werke insgesamt eine beträchtliche Belastung dar.882 Jeder Inhaber eines Mediums in Dateiform ist eine poten tielle Quelle für Vervielfältigungen seiner Datei. Schon jetzt werden elektroGütern, S. 288 ff.; ders., Ist ein E-Book ein Buch?, CR 2014, 492 (496); siehe hierzu vertieft z. B. Weck, Die Erstreckung der Buchpreisbindung auf E-Books, ZUM 2016, 961 ff.; Hess, Buchpreisbindung für E-Books?, AfP 2011, 223 ff. 877 Vgl. oben, Kapitel 1 B. Klassische und moderne Vertriebswege, insbesondere bei und die Nachweise in Fn. 6; zur weiterhin großen Bedeutung des Downloads im Vergleich zum Streaming Jahresbericht des Bundesverband Musikindustrie (BVMI), Musikindustrie in Zahlen 2012, S. 28, http: / / www.musikindustrie.de / download-jahrbuch (zuletzt abgerufen am 30.5.18). 878 Ebenso Rehbinder / Peukert, Urheberrecht, Rn. 467. 879 Schricker / Loewenheim / Loewenheim, § 17 Rn. 37; Rehbinder / Peukert, Urheberrecht, Rn. 424; Grützmacher, Endlich angekommen im digitalen Zeitalter!?, ZGE / IPJ 5 (2013), 46 (47); Kloth, Der digitale Zweitmarkt, GRUR-Prax 2013, 239. 880 Zur Notwendigkeit einer Rechtfertigung wie hier Apel, Keine Anwendung der „UsedSoft“-Rechtsprechung des EuGH jenseits von Computerprogrammen, ZUM 2015, 640 (646); anders Hoeren / Jakopp, Der Erschöpfungsgrundsatz im digitalen Umfeld, MMR 2014, 646 (648). 881 Anders in Bezug auf Software Sosnitza, Die urheberrechtliche Zulässigkeit des Handels mit „gebrauchter“ Software, K&R 2006, 206 (211), der „aus urheberrecht licher Sicht […] keine Bedenken“ gegen einen Gebrauchthandel hat. 882 So auch LG Bielefeld, Urteil vom 5.3.2013 – Az. 4 O 191 / 11, CR 2013, 812 (813) = juris Rn. 45.
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Kap. 6: Die lex ferenda
nische Medien tausendfach illegal heruntergeladen und dadurch vervielfältigt.883 Die Erwerber solcher Medien als urheberrechtlich Berechtigte zu behandeln,884 erscheint rechtspolitisch völlig widersinnig. Daran vermag auch die Forderung nach einem Unbrauchbarmachen der Ausgangsdatei nichts zu ändern.885 Das Bedürfnis, digitale Medien in Dateiform in gleicher Weise weitergeben, also vermieten, verleihen oder veräußern zu können, wie ihre analogen Korrelate, tritt aus diesem Grund deutlich hinter die Verwertungsinteressen der Urheber zurück.886 Eine Änderung der Rechtslage in Ansehung der Befugnisse der Inhaber von Medien in Dateiform ist demnach nicht vorzunehmen. Das Angleichen der Reichweite der an digitalen im Vergleich zu an analogen Medien bestehenden Rechte, insbesondere des Eigentums, würde demnach nicht zu einer Gleichstellung führen, sondern hätte eine Schieflage der Interessen der Schöpfer einerseits und der der Konsumenten andererseits zur Folge, da in die Schutzrechte der Urheber unangemessen eingegriffen würde.887 Dass im Rahmen von Veräußerungen zwangsläufig Vervielfältigungsstücke erstellt werden, ist auch nicht nur eine unbedeutende technische Besonderheit des elektronischen Geschäftsverkehrs. Vielmehr indiziert gerade diese technische Besonderheit die Notwendigkeit unterschiedlich weit reichender Rechte, da die Quelldatei nicht unbedingt gelöscht werden wird.888 Aus diesem Grund besteht nicht nur kein Bedarf, die bestehenden Vorschriften zu ändern. Vielmehr ist der Fortbestand der aktuellen Rechtslage erforderlich, um einen gerechten Ausgleich der Interessen zu gewährleisten. Der häufig zumindest etwas niedrigere Kaufpreis von E-Books, Musik- und Filmdateien im Vergleich zu ihren analogen Gegenstücken889 erscheint adäquat, das „Weniger“ hinsichtlich der aus dem Eigentum erwachsenden Befugnisse marktgerecht 883 Vgl. hierzu OLG Stuttgart, Urteil vom 3.11.2011 – Az. 2 U 49 / 11, ZUM 2012, 811 (814) = juris Rn. 39. 884 Vgl. EuGH, Urteil vom 3.7.2012 – Az. C-128 / 11 (UsedSoft), NJW 2012, 2565 (2569) Rn. 82 f.; Sosnitza, Die urheberrechtliche Zulässigkeit des Handels mit „gebrauchter“ Software, K&R 2006, 206 (210). 885 Siehe dazu ausführlich Kapitel 6 C. II. 2. „Unbrauchbar machen“ der Ausgangsdatei kein geeignetes Mittel. 886 Apel, Keine Anwendung der „UsedSoft“-Rechtsprechung des EuGH jenseits von Computerprogrammen, ZUM 2015, 640 (646) bezweifelt gar grundsätzlich die Notwendigkeit eines nachgelagerten Marktes für digitale Güter; ebenso Hauck, Gebrauchthandel mit digitalen Gütern, NJW 2014, 3616 (3618); wohl a. A. Hoeren / Jakopp, Der Erschöpfungsgrundsatz im digitalen Umfeld, MMR 2014, 646 (647). 887 Anders in Bezug auf Software Sosnitza, Die urheberrechtliche Zulässigkeit des Handels mit „gebrauchter“ Software, K&R 2006, 206 (211). 888 So und dazu auch Faust, Verhandlungen des 71. DJT, Band I, S. A 10. 889 Vgl. Apel, Keine Anwendung der „UsedSoft“-Rechtsprechung des EuGH jenseits von Computerprogrammen, ZUM 2015, 640 (645); Ganzhorn, Ist ein E-Book
C. Befugnisse des Inhabers digitaler Medien in Dateiform199
auszugleichen. Die geringeren Befugnisse entsprechen auch dem Erwartungshorizont der Nutzer. Nach der allgemeinen Verkehrsanschauung dürfen erworbene E-Books, Musik- und Filmdateien nicht mit der selben Selbstverständlichkeit weiterveräußert werden, wie analoge Medien.890 Insofern ist ein Bewusstsein auszumachen, den Kaufpreis vor allem für die eigene Konsummöglichkeit zu entrichten.891
ein Buch?, CR 2014, 492; Erlank, Books, Apps, Movies and Music – Ownership of Virtual Property in the Digital Library, EPLJ 2013, 194 (199, 203 f.). 890 So LG Bielefeld, Urteil vom 5.3.2013 – Az. 4 O 191 / 11, CR 2013, 812 (813) = juris Rn. 46. 891 In diese Richtung auch Hauck, Gebrauchthandel mit digitalen Gütern, NJW 2014, 3616 (3618).
Kapitel 7
Schluss A. Ergebnisse 1. Das aktuelle Verständnis des Sachbegriffs im BGB führt zu widersprüchlichen Ergebnissen und bedarf einer Neuausrichtung. Konkret ist die synonyme Behandlung der Begriffe des körperlichen Gegenstandes und der Sache unter einheitlicher Beurteilung anhand der Verkehrsanschauung aufzugeben. Richtigerweise sind Sachen im Sinne des Gesetzes eine normativ zu ermittelnde Teilmenge der naturwissenschaftlich zu ermittelnden Menge der körperlichen Gegenstände. So, mithin widerspruchsfrei, verstanden, erfasst § 90 BGB auch Dateien.892 2. Es besteht das Bedürfnis nach einem an Dateien bestehenden absoluten Recht, da anderenfalls aufgrund der nicht gegebenen Anwendbarkeit von § 823 BGB eine Schutzlücke bei deliktischen Eingriffen bestünde. Nach der hier vertretenden Auffassung besteht eine solche Lücke jedoch nicht, da sie eine Subsumtion von Dateien als Sachen im Sinne des Gesetzes unter das originäre Eigentum gemäß § 903 BGB ermöglicht. Die Schaffung eines neuen absoluten Rechts, etwa eines „Dateneigentums“, ist daher aus die vorliegende Fragestellung betreffenden Gründen weder erforderlich noch sinnvoll.893 3. Beim Erwerb digitaler Medien in Dateiform wird dem Erwerber das Eigentum an der erworbenen Datei gemäß den herkömmlichen Vorschriften des rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerb, §§ 929 ff. BGB, übertragen. Zur Vermeidung von Missverständnissen sollte die Vorschrift des § 929 BGB jedoch angepasst und ein neuer Satz 3 eingefügt werden, der klarstellt, dass eine Übergabe im Sinne der Vorschrift auch dann vorliegt, wenn die Sache erst durch den Übertragungsvorgang beim Erwerber neu entsteht.894
892 Dazu
Kapitel 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien. Kapitel 3: Bestehende Rechte an Medien in Dateiform und deren Übertragung – Die lex lata und Kapitel 6 A. Der Schutz von Dateien. 894 Dazu Kapitel 3 C. III. Übereignung gemäß § 929 Satz 1 BGB: Dingliche Einigung und Kapitel 6 B. Rechtsgeschäftliche Übertragung. 893 Dazu
B. Schlussbemerkungen201
4. Die an Medien in Dateiform bestehenden Rechte reichen hinsichtlich ihrer inhaltlichen Tragweite nicht an die von Medien in analoger Erscheinungsform heran. Beschränkungen ergeben sich vor allem aus den urheberrechtlichen Verwertungsrechten. Diese bewirken, dass ein Gebrauchthandel mit E-Books, Musik- und Filmdateien nicht zulässig ist, da eine Erschöpfung des Verwertungsrechts des Urhebers nicht in Ansehung der bei online erfolgenden Übertragungsvorgängen unvermeidbar beim Erwerber neu hergestellten Kopie eintritt. Außerdem ist stets das Vervielfältigungsrecht des Urhebers betroffen. Die vom EuGH in seinem UsedSoft-Urteil formulierten Voraussetzungen, unter denen beim Online-Handel mit Computerprogrammen eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts gemäß § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG eintreten könne, sind aus praktischen Gründen nicht auf andere digitale Werkarten, wie die vorliegend untersuchten E-Books, Musik- oder Filmdateien, übertragbar.895 5. Dateien im Allgemeinen und E-Books, Musik- und Filmdateien bzw. private Mediatheken im Speziellen sind Vermögen im Sinne des § 1922 Abs. 1 BGB und gehören damit zur Erbschaft. Dementsprechend werden sie im Wege der Universalsukzession vererbt. 6. Per se eigenen sich Dateien nicht dazu, als Sicherungsgut oder als Objekt der Zwangsvollstreckung eingesetzt zu werden. Im Rahmen einer entsprechenden Verwendung sind Vervielfältigungen unumgänglich, wodurch es zu Verstößen gegen die urheberrechtlichen Verwertungsrechte kommt. Eine (Ver-)Pfändung von Dateien kann daher sinnvollerweise nur zusammen mit dem jeweiligen Datenträger erfolgen.
B. Schlussbemerkungen Das Internet ist tatsächlich für die Rechtswissenschaft in weiten Teilen Neuland. Dabei schreitet die Digitalisierung unserer Gesellschaft viel schneller voran, als das Recht den Entwicklungen folgen kann. Die Gefahr, dass die Rechtswissenschaft den Anschluss zum unaufhaltsam und mit zunehmender Geschwindigkeit fortschreitenden technischen Wandel verliert und somit rechtsfreier Raum entsteht, ist daher unverkennbar.896 Dank ihrer hohen Abstraktheit weist die Rechtsordnung zwar im Bezug auf den Online-Handel mit Medien in Dateiform noch keine schwerwiegenden Regelungslücken auf. Das ist einerseits beruhigend, andererseits jedoch kein Zustand, auf dem sich 895 Dazu Kapitel 4. A. Urheberrecht und Kapitel 6 C. Befugnisse des Inhabers digitaler Medien in Dateiform. 896 Kritisch auch Fries, PayPal Law und Legal Tech – Was macht die Digitalisierung mit dem Privatrecht, NJW 2016, 2860 ff.
202
Kap. 7: Schluss
ausgeruht werden könnte. Schon jetzt lässt sich nur noch mit Mühe und unter Inkaufnahme einiger Rechtsunsicherheit eine Auslegung der betroffenen Vorschriften des BGB finden, nach der die aktuellen Entwicklungen vom Regelungsbereich des Gesetzes erfasst sind.897 Es ist daher an der Zeit für eine punktuelle Entschleunigung der Entwicklungen des digitalen Marktes. Nicht immer muss all dasjenige, das technisch möglich ist, auch rechtlich gebilligt sein.898 Im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten des Rechts sollte daher die Geschäftspraktik des Gebrauchthandels mit Mediendateien untersagt werden, da eine Kontrolle durch die Rechtsordnung aufgrund der technischen Komplexität schlichtweg nicht gewährleistet ist. Es wäre ein wichtiges Signal, wenn der EuGH, sollte sich die Gelegenheit bieten, seine UsedSoft-Rechtsprechung nicht im Wahn eines vermeintlichen Bedürfnisses des Binnenmarktes nach einem Zweitmarkt für Mediendateien auf andere digitale Werkarten als Computerprogramme übertrüge.899 Dadurch böte sich die Möglichkeit, inne zu halten und den Blick wieder auf wesentliche, gleichwohl ungeklärte Fragen zu richten. Das zweifellos im Alltag bedeutsame Feld des Handels mit Medien in Dateiform,900 sollte in Ansehung seiner rechtlichen Einordnung nicht ausschließlich Urheberrechtlern überlassen werden, nur weil diese die Thematik prompt für sich reklamieren. Schließlich ist die rechtliche Regelung von Dingen des täglichen Lebens vor allem eine Aufgabe des allgemeinen Zivilrechts und erst danach von spezialgesetzlichen Regelungen.901 Aus dem selben Grund, aus dem der Kaufvertrag im BGB und nicht etwa in einem gesonderten Kaufgesetz geregelt ist, muss sich auch die Antwort auf grundlegende Rechtsfragen in Bezug auf Dateien (und auch auf Daten!) aus dem Kernbereich des Zivilrechts unmissverständlich ergeben.
897 Dies haben die Untersuchungen in Kapitel 2: Die Rechtsnatur elektronischer Medien und in Kapitel 3: Bestehende Rechte an Medien in Dateiform und deren Übertragung – Die lex lata ergeben. Aus diesem Grund wurden in Kapitel 6 A. Der Schutz von Dateien und Kapitel 6 B. Rechtsgeschäftliche Übertragung Anpassungen des Gesetzes vorgeschlagen. 898 Kritisch van Erp, Ownership of digital assets?, EJPL 2016, 73. 899 Dazu soeben, Kapitel 7 A. Ergebnisse, Nr. 4, siehe auch die dortigen Verweise. 900 Siehe Fn. 6. 901 Dazu bereits oben, Kapitel 1 C. I. Untersuchung der vernachlässigten sachenrechtliche Dimension der Thematik.
C. Ausblick203
C. Ausblick Dass § 90 BGB (oder auch § 929 BGB) durch einen Legislativakt tatsächlich geändert wird, ist jedenfalls nicht zu erwarten. Folglich wird auch das vorherrschende Verständnis rund um den Sachbegriff unverändert bleiben. Deshalb ist auch nicht damit zu rechnen, dass die aktuell überwiegende Meinung im Schrifttum umschlägt und digitale Medien in Dateiform von der Literatur zukünftig als Sachen behandelt werden. Trotzdem stehen die Chancen nicht schlecht, dass E-Books, Musik- und Filmdateien in Zukunft als Sachen behandelt werden müssen, nämlich dann, wenn die Gerichte dies entscheiden. Die jüngste Rechtsprechung auf nationaler und europäischer Ebene entwickelt sich offenkundig in diese Richtung. Überdies sind mit Blick auf die europäische und die europäisch geprägte nationale Rechtsprechung weitere Urteile zu erwarten, welche, geprägt von einem Tunnelblick auf die vergleichbaren Konsummöglichkeiten, Medien in Dateiform ihren analogen Gegenstücken weitestgehend gleichstellen werden. Dies wird dazu führen, dass der Download-Kauf als Geschäftsmodell verschwinden wird und Abo-Modelle immer weiter verbreitet werden.902 Es bleibt zu hoffen, dass sich der urheberrechtliche Fokus der Diskussion nicht weiter verfestigt und dass vielleicht auch diese Arbeit einen Anstoß dazu geben kann, die grundlegenden sachenrechtlichen Fragen wieder stärker in den Fokus zu rücken. Die Beschlüsse des Juristentages von 2016 deuten immerhin auf eine gewisse Sensibilisierung in dieser Hinsicht hin.903
902 Siehe bereits oben, Kapitel 6 C. II. 4. Ökonomische Konsequenzen einer Angleichung der Befugnisse der Eigentümer. 903 Verhandlungen des 71. DJT, Band II / 1, S. K 73 ff., insb. Beschlüsse Nr. 8 zu grundsätzlichen vertraglichen Fragen und Nr. 28 zum deliktischen Schutz.
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Stichwortverzeichnis Abgegrenztheit 32 ff., 48, 53 ff., 64 ff., 69, 73, 80 f. Auslegung 27, 34, 48 f., 51 f., 55, 100 ff., 109 ff., 126 f., 148, 165, 176 ff., 181, 202 Beherrschbarkeit 32 ff., 48, 52 ff., 64 ff., 73, 81, 91, 179 Besitz 20, 27, 29, 51 ff., 55, 57, 61, 81, 87, 89, 90 ff., 104 ff., 140 ff., 149 f., 182 ff., 187 Besitzkonstitut 131 ff., 141, 143, 149, 182 Brevi manu traditio 103, 114, 118, 129, 131, 136 Datenträger 20, 25 ff., 29, 68 ff., 79 f., 82, 84 ff., 91, 93, 107, 126, 135, 145, 158, 170 ff., 184, 191, 201 Digital Rights Management 110, 192 f. Download 18, 25, 27, 29, 83, 85 ff., 100 ff., 107 f., 110, 115, 119 f., 123 ff., 128 ff., 135, 139 f., 142, 148 ff., 152 f., 155, 157 ff., 181, 183 f., 188 f., 191 f., 197, 203 Eigentum 18, 20 f., 27, 29, 60 f., 68 f., 73 f., 89, 95 ff., 108, 110, 112, 115, 117 f., 120 ff., 125 f., 132, 134 f., 137 ff., 150 ff., 154, 159 f., 165, 167, 170, 172, 176 ff., 181 ff., 188, 196, 198, 200 Erschöpfung 156 ff., 164, 171 f., 174, 188, 196 f., 201 Gesamtrechtsnachfolge 172 Gutgläubiger Erwerb 96, 100, 115, 118, 125, 137 ff., 149, 182 f.
Herausgabe 98, 125, 133 ff., 141, 149, 173 Körperlichkeit 26, 30 ff., 44, 46 ff., 57, 59, 61, 64, 66, 68, 70, 73 ff., 83 f., 91, 100, 156, 158, 175, 178 ff., 184, 200 Kreditsicherung 28, 121, 131 f., 173 Nachlass 169, 174 Naturwissenschaft 38 ff., 43 f., 46 f., 49, 54, 64, 80, 200 Nichtberechtigter 95, 137 ff., 144, 146 f., 183 Publizität 27, 92 ff., 96 f., 104 f., 115 ff., 141 Raubkopien 139, 142 ff., 182 Rivalität 185 f. Sicherungsübereignung 131 f., 173 ff., 182 Sinnliche Wahrnehmbarkeit 32 ff., 57 ff. 64, 66 f., 81 ff. Streaming 23, 73, 83, 87 f., 150 ff., 197 Übereignung 60 f., 89, 94 f., 100 ff., 108 f., 111 f., 114 f., 117 ff., 121 ff., 128 ff., 136, 141, 143, 173 ff., 181 f., 184, 187 f. Übereignung kurzer Hand siehe brevi manu traditio Übergabe 89, 103 f., 105 ff., 133, 135 f., 148, 181, 183, 200 Übergabesurrogat 103, 114, 118, 130, 136 f., 183 Unbrauchbar machen 185, 190, 192, 198
Stichwortverzeichnis225 UsedSoft 19, 100, 109, 154 157 ff., 161 ff., 185 ff., 192 f., 197 f., 201 f. Verbreitungsrecht 155 ff., 161 f., 164, 171, 174, 201 Verkehrsanschauung 30, 32, 34 ff., 41 ff., 51, 53 ff., 61, 64 ff., 75 f., 79 f., 82 ff., 86, 90, 145, 148 f., 180, 199 f. Verkehrsauffassung siehe Verkehrs anschauung
Verkehrsfähigkeit 59 ff., 66 f., 69, 73, 83 f., 157, 180 Vervielfältigungsrecht 135 f., 140, 155 ff., 161 f., 164 f., 174 f., 185 ff., 189 ff., 194, 197 f., 201 Weitergabeverbote 166 ff. Zwangsvollstreckung 28, 173 ff., 201