Sachenrecht in programmierter Form [3., neubearb. Aufl. Reprint 2019]
 9783111346298, 9783110069419

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de G r u y t e r L e h r b u c h

Sachenrecht in programmierter Form von

Dr. Hermann Dilcher o. Professor an der Ruhr-Universität Bochum gemeinsam mit Dr. Norbert Berger, Wilm Brepohl, Ludwig Jörder, Heinz Klinkhammer, Jürgen Körnig, Dr. Norbert Natzel, Dr. Dirk Olzen und Jochen Spilker

3., neubearbeitete Auflage

w DE

1976 Walter de Gruyter • Berlin • New York

CIP-Kurztitelaufnahme

der Deutschen

Bibliothek

Dilcher, Hermann Sachenrecht in p r o g r a m m i e r t e r F o r m / gemeinsam mit Norbert Berger . . . - 3., neubearb. Aufl. - Berlin, New Y o r k : de G r u y t e r , 1976. (De-Gruyter-Lelirbuch: P r o g r a m m i e r t ) ISBN 3-11-006941-5

Copyright 1976 by Walter de G r u y t e r & Co., vormals G. J. G ö s c h e n ' s c h e Verlagshandlung, J. G u t t e n t a g , Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J . Trübner, Veit & C o m p . , 1 Berlin 30. Alle R e c h t e , insbesondere das R e c h t der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, v o r b e h a l t e n . Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner F o r m (durch F o t o k o p i e , Mikrofilm oder ein anderes V e r f a h r e n ) o h n e schriftliche G e n e h m i g u n g des Verlages r e p r o d u z i e r t o d e r u n t e r V e r w e n d u n g elektronischer S y s t e m e verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet w e r d e n . Printed in G e r m a n y Satz u n d D r u c k : Mercedes-Druck, 1 Berlin 61 Buchbinderei: Wübben & Co., 1 Berlin 42

INHALTSÜBERSICHT

Vorworte

VII

Hinweise für den Bearbeiter

XIII

Einleitung

1

Kap. I Kap. II

Der Besitz Der Besitzschutz

2 25

Kap. III

Der mittelbare Besitz

53

Kap. I V

Das Eigentum

76

Kap. V

Das Eigentümer-Besitzerverhältnis

95

Kap. V I

Ansprüche auf Störungsfreiheit

129

Kap. V I I

Der rechtsgeschäftliche Eigentumserwerb

151

Kap. V I I I

Der gutgläubige Erwerb vom Nichtberechtigten

177

Kap. I X

Andere Formen des Eigentumserwerbs

203

Kap. X

Das materielle Grundstücksrecht

232

Kap. X I

Das formelle Grundstücksrecht

261

Kap. X I I

Die Verkehrshypothek (Begründung und Inhalt)

286

Kap. X I I I

Die Verkehrshypothek (Geltendmachung und Umwandlungen)

312

Kap. X I V

Die übrigen Grundpfandrechte

334

Kap. X V

Andere beschränkte dingliche Rechte an Grundstücken.

359

Kap. X V I

Beschränkte dingliche Rechte an beweglichen Sachen und an Rechten

Anhang

Muster eines Grundbuchblattes

387 Anh. I

Verzeichnis aller Wiederholungsfragen und Zusammenfassungen Gesetzesregister Stichwortregister

Anh. V I I I Anh. I X Anh. X V

V

VORWORT

ZUR

DRITTEN

AUFLAGE

Die den früheren Auflagen vorangestellten Ausführungen zur Technik programmierter Stoffdarstellung und zu deren Nützlichkeit gelten weiterhin. Demnach ist der nunmehr vorgelegten dritten Auflage des programmierten Sachenrechts nur wenig Neues voranzuschicken: Bei der Neubearbeitung des Textes konnte ein großer Teil der von zahlreichen Lesern erfreulicherweise an die Verfasser herangetragenen Anregungen verwirklicht werden. Außerdem wurde das Programm während zweier Wintersemester von den Verfassern mit jeweils 40 Bochumer Studenten des 3. juristischen Fachsemesters überprüft; das Ergebnis dieser Validierungen ist ebenfalls in die Neuauflage eingegangen. Aus den Erfahrungen mit dem programmierten Schuldrecht (1974) stammen die jeweils nach einigen Kapiteln eingefügten zusammenfassenden Fälle, die Gelegenheit geben sollen, das erworbene Wissen in einem größeren Zusammenhang anzuwenden. Schließlich konnten die Verfasser auch aus dem zwischenzeitlich erschienenen Erbrecht von Otte und dem programmierten Allgemeinen Teil des Strafrechts von Kienapfel weitere Anregungen gewinnen. — Allen denjenigen, die zur Verbesserung des Programmtextes beigetragen haben, sei hier herzlich gedankt. Ebenso gilt der Dank der Verfasser Frau Regina Kröger, die die umfangreichen Schreibarbeiten betreut hat. Der Programmtext sowie die in den Vertiefungshinweisen angegebene Literatur und Rechtsprechung sind in der Neuauflage auf den Stand vom September 1976 gebracht; die Änderungen im Fundrecht sind berücksichtigt. Zur besseren Orientierung des Lesers wurden ein Gesetzesregister und ein Stichwortregister angefügt.

VII

VORWORT

ZUR

ZWEITEN

AUFLAGE

Rascher als vorgesehen entstand die Notwendigkeit einer 2. Auflage des programmierten Sachenrechts. Dies zeigt, daß das Prinzip der Stoffprogrammierung im Bereich der juristischen Lehre seine Anerkennung als brauchbare Methode gefunden hat. Die Adressaten des Buches haben den Versuch, den Selbstbestimmungsgrundsatz im Rahmen des juristischen Grundstudiums zu verankern, durchweg mit Zustimmung belohnt. Das Buch löste ein ungewöhnlich lebhaftes Echo der Leser aus. Den Verfassern ging eine Fülle von Erfahrungsberichten, Hinweisen, Anregungen und Kritiken zu, für die sie sich herzlich bedanken möchten. Aus diesen Kontakten mit den Lesern eröffnet sich die Möglichkeit, die Methode der Programmierung nach den spezifischen Bedürfnissen der juristischen Lernpraxis weiter zu verbessern. Insbesondere können die zahlreichen Stellungnahmen zum programmierten Sachenrecht schon jetzt für die gegenwärtig in Bochum laufenden Arbeiten und Versuche zur Schuldrechtsprogrammierung verwendet werden, sicher zum Vorteil künftiger Benutzer eines programmierten Schuldrechts. Auch aus von Münchs und Seidl-Hohenvelderns zwischenzeitlich erschienenen programmierten Völkerrechtslehrbüchern konnten die Verfasser weitere Gesichtspunkte zum Programmierungsprinzip gewinnen. Allerdings verlangt die Vielfalt der Anregungen zur Verbesserung der programmierten Stoffdarstellung eine entsprechende Zahl von z. T. recht umfangreichen Überlegungen und Versuchen, besonders auf lernpsychologischem Gebiet. Deshalb konnten in das programmierte Sachenrecht wegen der kurzen Zeit bis zur 2. Auflage nur die allerwichtigsten Anregungen eingearbeitet werden. Die nach jedem Kapitel zur Vertiefung des programmierten Stoffes angegebene Literatur und Rechtsprechung wurden auf den Stand vom Februar 1972 gebracht. Alle diejenigen, die zur 1. Auflage mit den Verfassern korrespondiert oder ihre Kritik veröffentlicht haben, dürfen sicher sein, daß ihre Anregungen, verbunden mit den Ergebnissen der Arbeiten zur Schuldrechtsprogrammierung, in einer künftigen Neubearbeitung des programmierten Sachenrechts einen Platz finden werden. Auch die Benutzer der 2. Auflage sind herzlich eingeladen, ihre Kritik und eventuelle Verbesserungsvorschläge an die Verfasser (unter der Adresse: Professor Dr. H. Dilcher, 463 Bochum, Ruhr-Universität) zu richten.

VIII

VORWORT

ZUR

ERSTEN

AUFLAGE

Dieses Buch wendet sich in erster Linie an Studenten, die bereits Grundkenntnisse des Allgemeinen Teils und des Schuldrechts besitzen und sich erstmals mit den Problemen des Sachenrechts befassen wollen. Ihnen soll der Zugang zum System des Sachenrechts durch die Programmierung des Stoffes erleichtert werden. — Das programmierte Sachenrecht ist jedoch nicht ausschließlich für Studenten bestimmt. Außerhalb des Rechtsunterrichts an der Universität soll es für Akademieabsolventen und solche Personengruppen von Nutzen sein, die sich mit Vorkenntnissen im Vertragsrecht den Fragestellungen des Sachenrechts zuwenden wollen. Ausgangspunkt für den Plan zur Herstellung des Lehrprogramms war die Feststellung, daß die akustische Informationsvermittlung in der Vorlesung, besonders bei großer Teilnehmerzahl, für die meisten Hörer nicht der beste Weg ist, sich mit einem neuen Wissensgebiet vertraut zu machen. Eine Untersuchung der Ursachen hierfür ergab, daß die Vorlesung von allen Hörern die gleiche, vom Vortragstempo bestimmte Lerngeschwindigkeit verlangt, obwohl nur eine relativ kleine Zahl von Hörern in der Lage ist, gerade in dieser Geschwindigkeit einen neuen Gedanken richtig aufzunehmen und zu verarbeiten. Diejenigen Studenten, die die vorgetragene Problematik auch rascher verstanden hätten, sehen ihre Zeit verschwendet, während viele andere, die (gleich aus welchen Gründen) nicht in der Lage sind, ihre Lerngeschwindigkeit dem Vortragstempo anzupassen, ohne Lernerfolg und unzufrieden den Raum verlassen. In Bochum vorgenommene Tests ergaben, daß schon bei 60 Versuchspersonen die langsamste und die rascheste Aufnahme- und Lerngeschwindigkeit weit voneinander abweichen; für das zur Anwendung befähigende Verstehen einer in 45 Minuten vorlesungsmäßig vorgetragenen Stoffmenge aus dem Bereich des Familienrechts wurden bei individuell gesteuertem Lernen am Tonbandgerät des Sprachlabors zwischen 30 und 90 Minuten benötigt 1 . Die Nachteile der raschen Vergänglichkeit und der Unwiederholbarkeit des in der Vorlesung gesprochenen Wortes könnten zwar bei einer Speicherung des Stoffes auf Tonbändern vermieden werden; es sind jedoch bei weitem nicht alle Studenten im Besitz einer Wiedergabemöglichkeit für tonbandgespeicherte Informationen. Vor allem fällt es den meisten Menschen leichter, optisch Dargebotenes aufzunehmen; deshalb mußte der Ausweg im Bereich der optischen Informationsvermittlung gesucht werden. — Hier gibt es ein breites Angebot an Lehrbüchern. Sie bieten dem Leser ihren Stoff beliebig wiederholbar an. Untersuchungen ergaben jedoch, daß zahlreiche Studenten es für zu schwierig ' E i n z e l h e i t e n hierzu sind in J u S 1 9 6 8 , 391 - 3 9 2 b e r i c h t e t .

IX

Vorwort zur ersten Auflage halten, sich vom herkömmlichen Lehrbuch ausgehend ein neues Wissensgebiet zu erschließen. Die Anfängerschwierigkeiten rühren häufig daher, daß viele der vorhandenen Lehrbücher zu umfangreiche Vorkenntnisse voraussetzen und zum anderen dem Leser keine Selbstkontrolle darüber ermöglichen, ob er die gelesene Information richtig verstanden hat. Vermieden werden diese Nachteile durch die Methode der Programmierung des Lernstoffes. Nach ihr wird der Stoff in möglichst kleine, überschaubare Abschnitte aufgeteilt, bei denen der Bearbeiter sein Verständnis der jeweiligen Information durch die Beantwortung einer angefügten Kontrollfrage sogleich selbst überprüfen kann. Außerdem wird durch die Beantwortung dieser Frage das neu erworbene Wissen gefestigt. Der Vorteil eines schriftlich fixierten und dem Bearbeiter ausgehändigten Stoffprogramms besteht ferner darin, daß die reinen Lernvorgänge nicht mit dem Zwang zur Anwesenheit im Hörsaal verknüpft sind, sondern zu beliebiger Zeit (besonders bei Konkurrenz mit gleichzeitigen Übungsarbeiten), an beliebigem Ort und in beliebiger Dauer vorgenommen werden können. So wird eine optimale Individualisierung des Lernprozesses erreicht 2 . Um eine diesen Erfordernissen entsprechende Aufbereitung des Sachenrechtsstoffes zu erreichen, wurde an der Ruhr-Universität Bochum, nach vorbereitenden Diskussionen mit Fachvertretem der Pädagogik, der Psychologie und der Kybernetik, eine Arbeitsgruppe gebildet, der ein Professor, zwei Assistenten und sechs Bochumer Studenten angehörten. Diese Arbeitsgruppe verfaßte in der Zeit vom Sommer 1968 bis zum Winter 1969 auf der Grundlage von Literatur und Rechtsprechung einen Programmtext, der im Wintersemester 1969/70 von mehr als 500 Bochumer Studenten mit dem Ziel durchgearbeitet wurde, Verständnisschwierigkeiten aufzudecken. Die Ergebnisse der in Fragebogen, Tests und persönlichen Gesprächen geäußerten Kritik faßte eine andere Arbeitsgruppe zusammen, der auch ein Assistent des Instituts für Pädagogik an der TH Aachen angehörte. Aufgrund der gewonnenen Verbesserungsvorschläge wurde von den Mitgliedern beider Arbeitsgruppen der vorliegende Text formuliert. — Auch er dürfte nach den Erfahrungsberichten über Lehrprogramme aus anderen Fachgebieten in Einzelpunkten noch verbesserungsbedürftig sein. Deshalb werden alle Bearbeiter des Programms eingeladen, ihre Erfahrungen mit dem programmierten Rechtsstoff und ihre eventuellen Verbesserungsvorschläge (unter der Anschrift: Professor Dr. H. Dilcher, 463 Bochum, Ruhr-Universität) mitzuteilen. Die Verfasser sind sich allerdings bereits jetzt der Tatsache bewußt, daß eine weitere Verbesserung der Lernsituation folgende Probleme aufwirft: Die im BGB verwendete, vom Sprachgebrauch des ausgehenden 19. Jahrhunderts geprägte 2

Einzelheiten und Literaturhinweise zur Theorie des programmierten Lehrens und Lernens sind in JZ 1910, 2 1 4 ff., veröffentlicht.

X

Vorwort zur ersten Auflage Ausdrucksweise erzeugt für den heutigen Studenten zunehmende Verständnisschwierigkeiten rein sprachlicher Natur. Deshalb wurde von Bochumer Studenten vielfach der Wunsch nach einer Modernisierung der Rechtssprache geäußert. Die Verfasser bemühten sich, dem dadurch zu entsprechen, daß sie die erläuternden Beispiele im Programm nach dem Sprachverständnis unserer Zeit formulierten. Sie konnten jedoch nicht außer acht lassen, daß es wegen der Rechtsverbindlichkeit des BGB-Textes für den Juristen unerläßlich ist, auch die Sprache des Gesetzgebers verstehen und handhaben zu lernen. Der damit — wie mit dem Gebrauch einer Fremdsprache - verbundene Verfremdungseffekt konnte nach Lage der Dinge durch das vorliegende Programm nur gemildert, nicht aber beseitigt werden. Zum zweiten entspricht der Aufbau des vorliegenden Sachenrechtsprogramms noch der herkömmlichen Stoffolge sachenrechtlicher Darstellungen. Die Verfasser wissen, daß diese Stoffolge pädagogischen Ansprüchen an einen lerngerechten Aufbau wenig Rechnung trägt, weil sie vorwiegend gesetzessystematisch orientiert ist. Im Zuge einer Fortentwicklung des Programms wird es später sicher möglich sein, eine primär pädagogisch determinierte Stoffolge zu erreichen. Die bereits hierzu angestellten Überlegungen zeigen jedoch, daß noch eingehende Voruntersuchungen, insbesondere zum Vorkenntnisstand der Programmbenutzer und zu ihrer Lernmotivation, erforderlich sind. Diese Untersuchungen sind bereits eingeleitet; vor ihrem Abschluß könnte eine Veränderung der Stoffolge nicht als Ergebnis wissenschaftlicher Überlegungen begründet werden. Schließlich war es auch noch nicht möglich, die im Sachenrecht besonders wichtige Verbindung zwischen den Rechtsnormen und den von ihnen erfaßten wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhängen mit der für einen erfolgreichen Lernprozeß nötigen Überschaubarkeit herauszustellen. Um ein über die Normzusammenhänge hinausreichendes Verständnis des sozialen Geschehens zu vermitteln, bedarf es noch einer langwierigen Einarbeitung wirtschafts- und gesellschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse in den juristischen Bereich. Im vorliegenden Programmtext werden die drei klassischen Sachenrechtsbereiche des Besitzes, des Eigentums und der beschränkten dinglichen Rechte in 16 Kapiteln abgehandelt: Zunächst der Besitz als tatsächliches Verhältnis zu einer Sache, dann das Eigentum als Rechtsmacht über eine Sache und schließlich die beschränkten dinglichen Rechte als Abspaltungen von Einzelbefugnissen aus dem Gesamtrecht des Eigentümers. Diese 16 Programmkapitel können nur als Einführung in das Grundwissen des Sachenrechts verstanden werden. Sie vermitteln das unerläßliche Minimum an juristischem Handwerkszeug für eine anschließende selbständige Weiterarbeit des Programmbenutzers: Diese Weiterarbeit kann einmal in der Form des SelbststuXI

Vorwort zur ersten Auflage diums erfolgen. Zu dessen Erleichterung werden am Ende jedes Kapitels sog. Vertiefungshinweise auf besonders wichtige Fragen des behandelten Stoffes und auf die einschlägigen Fundstellen in der Rechtsprechung und den von den Verfassern als grundlegend angesehenen Lehrbüchern von Baur und Westermann gegeben. Die Verfasser halten jedoch nach allen bisherigen Erfahrungen das ausschließlich in Alleinarbeit vollzogene Lernen nicht für den günstigsten Weg, in ein neues Wissensgebiet einzudringen. Vielmehr empfehlen sie den Programmbenutzern, sich nach individueller Durcharbeit eines Programmkapitels mit anderen Bearbeitern in Arbeitsgruppen zusammenzufinden und dort die aufgetretenen Rechtsprobleme weiter zu behandeln. Auf diese Weise wird die für Juristen wesentliche Fähigkeit des Denkens und Redens in Thesen und Antithesen geübt; ferner steht zu erwarten, daß im größeren Kreise möglichst viele Aspekte der neuen Problematik sichtbar gemacht und erörtert werden. Besonderer Dank der Verfasser gilt Herrn Professor Dr. Johannes Zielimki, dem Direktor des Instituts für Pädagogik an der Technischen Hochschule Aachen, der gern bereit war, sein Fachwissen und seine großen Erfahrungen für den Schritt in das pädagogische Neuland eines programmierten Rechtsunterrichts zur Verfügung zu stellen. Ebenso gilt der Dank der Verfasser seinem Assistenten, Herrn Friedhelm Beiner, der mit besonderem Interesse an der Verbesserung des ersten Programmentwurfes mitgearbeitet hat und den Juristen vielfache Anregungen aus der Pädagogik nahebringen konnte. Auch Herrn stud. iur. Harald Kunst sei hier für seine Mitarbeit bei der Programmüberarbeitung gedankt. Nicht zuletzt gilt der Dank der Verfasser Fräulein Maria Hackert, die unermüdlich und unverdrossen bereit war, die aufgrund neuer Versuche und neuer Überlegungen immer wieder abgeänderten Textfassungen zu Papier zu bringen.

XII

HINWEISE ZUR TECHNIK DES P R O G R A M M I E R T E N L E R N E N S

Die meisten Programmbenutzer werden zum ersten Mal mit einem programmierten Lernstoff arbeiten. Deshalb sollen einige Hinweise über die zweckmäßige Art der Programmbearbeitung vorangestellt werden: Das Lehrprogramm ist eingeteilt in Kapitel und Lernelemente. Jedes der 16 Kapitel des Programms besteht aus durchschnittlich 20-25 Lernelementen. Jedes dieser Lernelemente ist so aufgebaut, daß dem Bearbeiter zunächst eine Information gegeben wird. Sie enthält einen abstrakten juristischen Lehrsatz, der — soweit es den Verfassern erforderlich schien — durch Beispiele verdeutlicht wird. Der Informationstext nimmt in den meisten Fällen Bezug auf einen oder mehrere Paragraphen, die stets nachgelesen werden sollten, weil andernfalls die Information unvollständig bleibt. Der für die Information wichtigste Paragraph ist vor dem Informationstext herausgehoben, ein Leitwort zum Inhalt der Information steht auf jeder Seite oben in Fettdruck. Der Information schließt sich eine Frage an (im Druck mit dem Buchstaben F gekennzeichnet); gelegentlich werden auch zwei Fragen zu einer Information gestellt. Die Fragen veranlassen die Bearbeiter, den abstrakten Inhalt der Information in einer Antwort zu konkretisieren. — Die Fragen haben also nicht die Funktion einer „Prüfung", sondern sind Teil des Lernstoffes selbst; sie sind deshalb so gewählt, daß sie anhand der vorangehenden Informationen beantwortet werden können. Unten auf jeder Seite ist Raum für die Niederschrift der Antwort vorgesehen. Nach allen Erfahrungen mit programmiertem Lernen wird nur in (schriftlich) fixierten Antworten die Umsetzung der abstrakten Information in ihre konkrete Anwendung exakt und nicht nur unbestimmt vollzogen; es gilt der Satz: „Nur was niedergeschrieben wurde, wird behalten". Deshalb sollte auch, worauf zu Beginn jedes Kapitels erneut hingewiesen wird, die schriftliche Antwort eine kurze Begründung erhalten, in die, soweit möglich, die für die Begründung maßgeblichen Paragraphen eingefügt werden. - Das Lernziel besteht bei jedem Lernelement darin, die abstrakte Information, ihre gesetzlichen Grundlagen und einen Fall ihrer Anwendung zu behalten. Um dem Programmbearbeiter die Selbstkontrolle zu ermöglichen, ob seine Antwort richtig und damit seine Lernleistung erfolgreich war, ist auf dem folgenden Blatt oben (im Druck mit dem Buchstaben A gekennzeichnet) von den Verfassern eine Musterantwort vorgegeben. Ihr sollte die vom Bearbeiter niedergeschriebene Antwort sinngemäß entsprechen. — Ist dies nicht der Fall, sollten Information und Frage anhand der jetzt bekannten Musterantwort erneut durchdacht werden, um so den Fehlschluß sogleich zu berichtigen. Kommt der XIII

Hinweise zum programmierten Lernen Bearbeiter auch dabei zu keinem anderen Ergebnis, empfiehlt es sich, das Problem mit anderen Programmbearbeitern zu besprechen oder die am Ende des Kapitels angeführte Vertiefungsliteratur zu Rate zu ziehen. Aus dem Grundsatz, dem Bearbeiter die Selbstkontrolle seines Lernprozesses durch zunächst verdeckt gehaltene Antworten zu ermöglichen, folgt die zunächst ungewöhnlich erscheinende Satzanordnung des „scrambled book": Wenn die Musterantworten bei Bearbeitung der Frage verdeckt bleiben sollen, können sie erst auf dem nächsten Blatt stehen. Dies hat zur Folge, daß nur die rechte Seite des aufgeschlagenen Buches bedruckt werden kann. Links würden freie Rückseiten bleiben; um solche Platzverschwendung und die damit verbundenen Mehrkosten zu vermeiden, wird der Programmtext von der Hälfte an umgedreht, d.h. von hinten nach vorn gedruckt. Der Bearbeiter befaßt sich demnach nur mit der rechten Seite des aufgeschlagenen Buches, während links ein auf dem K o p f stehender Text gedruckt ist. Hat der Bearbeiter die Hälfte des Programms bearbeitet, so dreht er das Buch um, womit ihm der zuvor auf dem K o p f stehende Text nunmehr als rechte Seite vorliegt.

XIV

Die Verfasser empfehlen, bei der Bearbeitung des Lernprogramms folgende Regeln zu beachten: 1. Lesen Sie den Informationstext durch und schlagen Sie die darin genannten Paragraphen auf jeden Fall im Gesetz nach. — Sodann durchdenken Sie beides und versuchen Sie, sich die neuen Begriffe und Definitionen einzuprägen. 2. Die anschließende Frage müßten Sie nun beantworten können. - Scheuen Sie nicht die Mühe, Ihre Antwort im dafür vorgesehenen Raum auf der unteren Seitenhälfte niederzuschreiben, weil sich dadurch die Problematik besser einprägt und das Behalten des neuen Stoffes gefördert wird. Auch wird nur auf diese Weise die erstrebte Selbstkontrolle des Lernerfolges gewährleistet. (Sollten Sie eine mehrfache Benutzung des Programmtextes bzw. einen Weiterverkauf beabsichtigen oder ein in der Bibliothek entliehenes Exemplar benutzen, so können Sie Ihre Antworten auch auf Einlegebogen niederschreiben.) 3. Blättern Sie erst jetzt zur folgenden Seite weiter, auf der Sie oben eine Musterantwort finden. Wenn Sie diese vor Ihrer Beantwortung der Frage lesen, bringen Sie sich selbst um den Lernerfolg! - War Ihre Antwort sinngemäß richtig, so wissen Sie nun, daß Sie die Information verstanden haben. Sie können sich Information, Frage und Antwort nochmals genau einprägen, damit sie Ihnen in Zukunft geläufig bleiben. - Andernfalls sollten Sie den Fehler durch Rückschlüsse aus der vorgegebenen Antwort beseitigen und sich dann das richtige Ergebnis sorgfältig einprägen. 4. Nach jeweils einigen Lernelementen finden Sie Wiederholungsfragen eingeschoben. Dies sind keine Zusätze flir besonders eifrige Bearbeiter, sondern notwendige Bestandteile des Grundlernstoffes. Sie ermöglichen dem Bearbeiter nach zwischenzeitlicher Beschäftigung mit anderen Fragen die Kontrolle, ob er den Stoff früherer Informationen richtig behalten hat und bewirken mit ihrem Rückgriff auf früheren Lernstoff eine Art Intervalltraining für das Gedächtnis. — Dasselbe gilt für die Zusammenfassungen am Ende jedes Kapitels. Auch ihre Fragen dienen der notwendigen Abrundung des Lernvorgangs und sollten daher keinesfalls überschlagen werden. — Nach jeweils einigen Kapiteln wird ein etwas schwierigerer Sachverhalt angeboten, den Sie in klausurmäßiger Weise bearbeiten sollten, um das erworbene Wissen in einem größeren Zusammenhang anzuwenden. 5. Nach den bisherigen Erfahrungen mit programmierten Texten sollten Sie keinesfalls mehr als ein Kapitel in einem Zuge durcharbeiten. Die reine XV

Bearbeitungszeit für den Stoff eines Kapitels beträgt durchschnittlich etwa 2—3 Stunden. - In jedem Falle sollten Sie nach höchstens einer Stunde Arbeitszeit sowie bei Beginn von Ermüdung oder Lernunlust eine Pause einlegen. Lernarbeit ohne entsprechende Aufnahmefähigkeit ist Zeitverschwendung. 6. Nach Maßgabe Ihrer Zeitdispositionen sollten Sie von der zu jedem Kapitel angegebenen Vertiefungsliteratur Gebrauch machen. Erst sie kann Ihnen die erforderliche Vollständigkeit des Wissens verschaffen! 7. Nach Bearbeitung eines Kapitels — und vielleicht einem ersten Blick in die Vertiefungsliteratur — sollten Sie sich mit anderen Programmbearbeitern in einer Arbeitsgruppe von etwa 3—7 Teilnehmern zusammenfinden, um die Ihnen diskussionsbedürftig erscheinenden Punkte dort zu besprechen. Sie werden feststellen, wie nutzbringend die Diskussion der einzelnen Fragen sein kann. Die Verfasser wünschen Ihnen einen guten Lernerfolg.

XVI

EINLEITUNG

Das Sachenrecht ist im dritten Buch des BGB geregelt. Es behandelt die Herrschaft über Sachen und die damit verbundene Güterzuordnung. Im Rahmen der sachenrechtlichen Vorschriften unterscheidet das BGB drei Grundbegriffe: Es gibt den Besitz, der in den Kap. I—III des Lernprogramms behandelt wird, und Aas Eigentum, mit dem sich — soweit nötig, getrennt nach Eigentum an beweglichen Sachen und an Grundstücken — die Kap. IV—XI befassen. Schließlich gibt es die beschränkten dinglichen Rechte, in denen einzelne Herrschaftsformen rechtlich verselbständigt sind, so z. B. die Nutzungsberechtigung als Dienstbarkeit oder die Verwertungsberechtigung als Pfandrecht. Die beschränkten dinglichen Rechte werden in den Kap. XII—XVI dargestellt. — Inhalt und Zahl der Sachenrechte sind gesetzlich vorgegeben und können nicht durch Vereinbarung erweitert werden.

1 Dilcher, S a c h e n r e c h t

1

Kapitel I DER

BESITZ

Das nachfolgende Kapitel will Sie über die juristische Bedeutung des Begriffes ,,Besitz" und über die einzelnen Aspekte seiner Verwendung in der Rechtsdogmatik des BGB informieren. Rechtserheblich wird der Besitz vor allem in zwei Fällen: Einmal wird der Besitzer einer Sache geschützt, wenn jemand seinen Besitz beeinträchtigt (hierzu Kap. II). Zum anderen erfordert die Übertragung des Eigentums an beweglichen Sachen, daß der Erwerber Besitz an der Sache erhält (hierzu Kap. VII und Kap. VIII).

Übersicht: Grundbegriffe Besitzdiener Teilbesitz Mitbesitz Eigen-und Fremdbesitz Besitzerwerb Besitzverlust Zusammenfassung und Vertiefungshinweise

l*

Information '

1-4 5—6 7 8-9 10 11 — 14 15—17 18

2

Kap. I. Besitz

1.

Grundbegriffe

§854

In der Sprache des täglichen Lebens werden die Ausdrücke Eigentum und Besitz meist gleichbedeutend verwendet. Das Sachenrecht des BGB dagegen unterscheidet streng zwischen Eigentum und Besitz. Eigentum ist nach § 903 BGB das Recht, mit einer Sache nach Belieben zu verfahren und jeden anderen von der Einwirkung auf die Sache auszuschließen; der Ausdruck Eigentum bezeichnet also die Recntsherrschaft einer Person über eine Sache. — Besitz dagegen ist nach § 854 BGB die Bezeichnung für die tatsächliche Sachherrschaft. Sie wird, im Unterschied zu dem in Kap. III behandelten mittelbaren Besitz, als unmittelbarer Besitz bezeichnet. Eigentümer und Besitzer einer Sache können identisch sein; oft sind es verschiedene Personen. F:

Ist ein Dieb Besitzer der gestohlenen Sache? (Bitte begründen Sie Ihre Antworten, soweit möglich mit Angabe von §§.)

3

Kap. I. Besitz A:

Grundbegriffe

Ja, da er die tatsächliche Sachherrschaft im Sinne des § 854 Abs. 1 BGB ausübt.

2. Wann tatsächliche Sachherrschaft vorliegt, ist im Gesetz nicht geregelt, sondern bestimmt sich nach der Verkehrsanschauung, d. h. nach der Durchschnittsmeinung des Personenkreises, für den die Frage zu entscheiden ist. Grundsätzlich kann gesagt werden, daß Sachherrschaft sich in erster Linie aus der engen räumlichen Beziehung einer Sache zum körperlichen Einwirkungsbereich eines Menschen ergibt; dies gilt z. B. für Sachen, die jemand in der Hand hält oder am Körper und in Kleidertaschen trägt. — Ebenso besteht die Sachherrschaft an Sachen, die man jederzeit und nach eigenem Willen in diesen körperlichen Einwirkungsbereich verbringen kann, z. B. in Reichweite abgelegte Kleidungsstücke. F:

B hat im Lokal den Mantel des A versehentlich mit seinem eigenen verwechselt und mitgenommen. Bleibt der A Besitzer seines Mantels, weil sein Name im Mantelfutter eingenäht ist?

4

Kap. I. Besitz A:

Grundbegriffe

Nein; da B durch das Mitnehmen des Mantels eigene Sachherrschaft begründet hat.

3. Ohne enge räumliche Beziehung eines Menschen zur Sache besteht die Sachherrschaft am Inhalt von Behältnissen für denjenigen, der den Verschluß der Behältnisse kontrolliert, also den Schlüssel besitzt; so besteht z. B. für den Wohnungsschlüsselbesitzer Sachherrschaft an allen Wohnungsgegenständen. Ohne enge räumliche Beziehung und ohne Verschlußkontrolle bejaht die Verkehrsanschauung schließlich eine Sachherrschaft, wenn an der Sache erkennbar ist, daß jemand sie beansprucht; dies gilt z. B. für ein unversperrt geparktes, gebrauchsfähiges Fahrrad oder im Wald geschichtetes Holz. Für die durch enge räumliche Beziehung, durch Verschlußkontrolle oder durch erkennbare Beanspruchung begründete Sachherrschaft besteht eine Rangfolge in der Weise, daß jeweils die zuerst genannte Herrschaftsform der oder den nachfolgenden vorgeht; so begründet z. B. ein Dieb durch Ergreifen Besitz am geparkten Fahrrad. F:

Der Bauer B hat ein gebrauchsfähiges Ackergerät 10 km vom Hof entfernt am Feldrand abgestellt und sich entfernt. Ist er Besitzer dieses Gerätes?

5

Kap. I. Besitz

Grundbegriffe

A:

Ja, da für ein gebrauchsfähiges, ordentlich abgestelltes Gerät von der Verkehrsanschauung eine Sachherrschaft bejaht wird.

4.

§ 8 5 6 Abs. 2

Der Besitz besteht gemäß § 8 5 6 Abs. 2 BGB auch dann fort, w e n n der Besitzer nur vorübergehend verhindert ist, die Sachherrschaft auszuüben. Vorübergehend ist eine Verhinderung, die nur für eine relativ kurze, überschaubare Zeitspanne besteht; so z. B., w e n n jemand während einer Überschwemmung gehindert ist, sein Wochenendhaus zu erreichen. F:

Der Fuhrunternehmer A, der mit seinem LKW eine zweiwöchige Auslandsfahrt ausführen muß, parkt während dieser Zeit den zugehörigen Anhänger auf einem öffentlichen Platz. Infolge eines Unfalls muß A für ein Vierteljahr in einem ausländischen Krankenhaus verweilen. Bleibt er auch in dieser Zeit Besitzer des Anhängers?

6

Kap. I. Besitz

Besitzdiener

A:

Ja, da seine Verhinderung an der Ausübung der Sachherrschaft nur vorübergehend ist, § 856 Abs. 2 BGB.

5.

§ 855

Die Definition des Besitzers als Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft muß nunmehr eingeschränkt werden; denn trotz tatsächlicher Sachherrschaft wird ein sog. Besitzdiener nicht als Besitzer gewertet: Besitzdiener ist nach § 855 BGB, wer die tatsächliche Sachherrschaft nach den Weisungen eines anderen (des Besitzherrn) ausübt. Beim Besitzherrn entsteht auf diese Weise ein Besitz ohne tatsächliche Sachnerrschaft des Besitzers. Zumeist wird die Weisungsgebundenheit des Besitzdieners für sein Verfahren mit der Sache durch ein Arbeitsverhältnis begründet. Aber auch das Familienrecht unterwirft z.B. Kleinkinder hinsichtlich der in ihrer Sachherrschaft stehenden Gegenstände den Weisungen ihrer Eltern. F:

Ist der Ladenangestellte Besitzer der Gegenstände, die er dem Kunden vorlegt, oder Besitzdiener?

7

Kap. I. Besitz A:

Besitzdiener

Er ist als angestellter Verkäufer der Besitzdiener des Geschäftsinhabers, weil er dessen Weisungen bezüglich der Sachen folgen muß, § 855 BGB.

6.

Daß jemand die Sachherrschaft als Besitzdiener ausübt, muß Dritten nicht erkennbar sein. Will allerdings ein Besitzdiener unter Bruch seines Weisungsverhältnisses die Sache künftig für sich selbst beherrschen (was strafrechtlich meist einen Diebstahl oder eine Unterschlagung darstellt), so endet der Besitz des Besitzherrn erst, wenn das Abweichen von den Weisungen für die Ausübung der Sachherrschaft einem unbeteiligten Dritten äußerlich erkennbar wird. F:

Der Verkaufsfahrer D, der im Betrieb des B arbeitet, unternimmt für diesen eine einwöchige Geschäftsfahrt. Am Dienstag entschließt er sich, künftig als selbständiger Reisender aufzutreten und trägt sich bei der Übernachtung im Hotel als „selbständiger K a u f m a n n " ein. Am Donnerstag entfernt D vom Auto und von den Waren die Firmeninschriften des B. Wann verliert B den Besitz?

8

Kap. I. Besitz A:

Erst am Donnerstag, weil erst jetzt die Lösung aus dem Weisungsverhältnis bezüglich der Sachen des B äußerlich erkennbar wird.

Wiederholungsfragen:

a)

Grundlage des Besitzes ist die tatsächliche sie bestimmt sich nach der

;

Dabei werden drei Gesichtspunkte berücksichtigt: Zuerst entscheidet die Beziehung zur Sache, sodann die Verschlußkontrolle und schließlich die Beanspruchung der Sache durch jemanden. b)

Wer die tatsächliche Sachherrschaft an einer Sache ausübt, ist entweder oder

c)

Besitzdiener ist nach § aufgrund von

...

BGB derjenige, der die Sachherrschaft des Besitzers ausübt.

9 2 Dilcher, S a c h e n r e c h t

Kap. I. Besitz A:

Teilbesitz

a) Sachherrschaft, Verkehrsanschauung enge räumliche, erkennbare b) Besitzer, Besitzdiener c) 855, Weisungen

§ 865

7.

Beim Besitz unterscheidet man verschiedene

Besitzformen:

So ist Besitz nicht nur an einer ganzen Sache möglich, sondern als sog. Teilbesitz auch an abgrenzbaren Sachteilen, insbesondere an Wohnräumen. Gemäß § 865 BGB genießt der Teilbesitzer denselben Besitzschutz wie der Besitzer einer ganzen Sache. F:

Der Untermieter U hat in der Etagenwohnung des M ein möbliertes Zimmer gemietet. Als U mit dem Hauseigentümer E in Streit gerät, dringt E in das Zimmer des U ein. U beruft sich auf seinen Besitz am Zimmer, aber E macht dagegen geltend, Besitz bestehe nur für den M als Mieter der gesamten Etage. Ist diese Auffassung zutreffend?

10 2*

Kap. I. Besitz A:

Mitbesitz

Nein; auch an einem untervermieteten Einzelzimmer besteht Teilbesitz, da es sich um einen abgrenzbaren Sachteil handelt, § 865 BGB.

8.

In den bisherigen Beispielen wurde immer von einem einzelnen Besitzer ausgegangen; ihn bezeichnet man als Alleinbesitzer. — Es kann jedoch ebenso der Fall sein, daß mehrere Personen gleichzeitig Besitzer derselben Sache sind; dann handelt es sich um Mitbesitzer, bzw. um Teilmitbesitzer. Mitbesitz bedeutet also, daß mehrere Personen eine Sache oder einen abgrenzbaren Sachteil gemeinschaftlich besitzen, § 866 BGB: Jeder Mitbesitzer ist in seiner Sachherrschaft über die ganze Sache eingeschränkt durch die gleichzeitige Sachherrschaft der übrigen Mitbesitzer. — Im Mitbesitz stehen z.B. gemeinsame Einrichtungen in Mietshäusern, wie Treppenhäuser und Waschküchen. F:

A, B und C sind Untermieter in der Wohnung des X. Dort gibt es nur ein Badezimmer, über dessen Benutzung sich X, A, B und C verständigt haben. Welche Besitzform besteht für den A am Badezimmer?

11

Mitbesitz

Kap. I. Besitz A:

Teilmitbesitz, weil X, A, B und C a) das Zimmer gemeinschaftlich beherrschen und b) das Zimmer einen abgrenzbaren Sachteil darstellt.

9.

Beim Mitbesitz unterscheidet man nach Art der Ausübung zwei Formen, den schlichten Mitbesitz und den Mitbesitz zur gesamten Hand: Während bei schlichtem Mitbesitz die Sachherrschaft von jedem Mitbesitzer allein ausgeübt werden kann (und er nur auf die Sachherrschaft der anderen Mitbesitzer Rücksicht nehmen muß), ist beim Gesamthandsmitbesitz für die Ausübung der Sachherrschaft das Zusammenwirken aller Mitbesitzer erforderlich.

(schlichter Mitbesitz) F:

(Gesamthandsmitbesitz)

Stellen Sie bitte fest, welche Besitzform in folgenden Fällen vorliegt: a) Ein Behälter läßt sich nur bei gleichzeitiger Betätigung von zwei Schlüsseln öffnen; einen Schlüssel hat der A, den anderen der B.

b) Zum Safe des A haben er und seine Ehefrau gleiche Schlüssel.

12

Kap. I. Besitz A:

Eigen- und Fremdbesitz

a) Am Inhalt des Behälters haben A und B Gesamthandsmitbesitz; b) am Inhalt des Safes haben A und seine Ehefrau schlichten Mitbesitz.

10.

§ 872

Eine weitere Unterscheidung, die das Sachenrecht vielfach erforderlich macht, geht von der Willensrichtung des Besitzers aus: Beim Eigenbesitz ist der Wille des Besitzers darauf gerichtet, die Sache als ihm gehörend zu besitzen, § 872 BGB. Beim Fremdbesitz hingegen übt der Besitzer seine Sachherrschaft mit Rücksicht auf einen anderen aus, dem er die Sache später herausgeben will; Fremdbesitzer ist z. B. der Mieter. — Vom Besitzdiener unterscheidet sich der Fremdbesitzer dadurch, dalS er bei der Ausübung seiner Sachherrschaft nicht weisungsgebunden ist. F:

Welche der folgenden Personen ist Eigenbesitzer: Der Eigentümer eines Fahrrades, der Entleiher eines Fahrrades, der Dieb eines Fahrrades, der mit dem Firmenfahrrad Brötchen ausfahrende Bäckerlehrling?

13

Kap. I. Besitz A:

Eigenbesitzer sind der Eigentümer und der Dieb, weil sie die Sache als ihnen gehörend besitzen. (Fremdbesitzer ist der Entleiher, da er für seinen Besitz dem Verleiher verantwortlich ist. Der Lehrling ist kein Besitzer, sondern Besitzdiener.)

Wiederholungsfragen: Als einzelne Besitzformen können Sie jetzt unterscheiden a) den Besitz an einer ganzen Sache vom Sachteil, b) den Alleinbesitz eines Besitzers vom Besitzer, c) den

am

mehrerer

vom Fremdbesitz.

14

Kap. I. Besitz A:

11.

Besitzerwerb

a) Teilbesitz b) Mitbesitz c) Eigenbesitz

§ 8 5 4 A b s . 1.

N a c h d e m d i e e i n z e l n e n B e s i t z f o r m e n g e k l ä r t s i n d , g e h t es n u n m e h r u m die Frage, in w e l c h e r Weise d e r Besitz v o n e i n e m Besitzer auf d e n anderen übergeht: G e m ä ß § 8 5 4 A b s . 1 B G B ist z u m E r w e r b d e s u n m i t t e l b a r e n B e s i t z e s a n e i n e r S a c h e d i e Erlangung der tatsächlichen Gewalt ü b e r d i e S a c h e erforderlich. Streitig ist, ob daneben als subjektives Element noch ein Besitzerwerbswille vorhanden sein muß: Die herrschende Meinung bejaht dies. Sie verlangt allerdings nicht, daß dieser Wille beim Besitzerwerb an der einzelnen Sache konkretisiert sein muß, sondern begnügt sich mit dem sog. generellen Besitzerwerbswillen , mit welchem Besitzerwerb auch an solchen Sachen, die nur ihrer Art nach bestimmt sind, als gewollt anzusehen ist; das bedeutet z.B., daß an allen in den Wohnungsbriefkasten eingeworfenen Postsendungen Besitz begründet wird, auch wenn der Empfänger vom Einwurf keine Kenntnis hat. — Der Gegenmeinung genügt zur Besitzbegründung die objektive Einfügung in den Herrschaftsbereich; das bedeutet z.B., daß auch an bestimmungswidrig in den Briefkasten eingeworfenem Diebesgut Besitz begründet wird. F:

Der D hat bei einem Besuch in der Wohnung des X ohne dessen Wissen dort eine bei A gestohlene Sache versteckt. Ist X Besitzer dieser Sache geworden a) nach der herrschenden Meinung, b) nach der Gegenmeinung?

15

Kap. I. Besitz A:

Besitzerwerb

a) Nach der herrschenden Meinung fehlt dem X an gestohlenen Sachen ein genereller Besitzerwerbswille; deshalb hat er keinen Besitz daran erlangt; b) nach der Gegenmeinung ist die objektive Einfügung in den Herrschaftsbereich des X vollzogen und damit sein Besitz entstanden.

12. D e r B e s i t z e r w e r b ist n i c h t v o n d e r Geschäftsfähigkeit des Besitzers a b h ä n g i g , weil B e s i t z ein t a t s ä c h l i c h e s V e r h ä l t n i s b e z e i c h n e t ; allerdings m u ß b e i m Besitzerwerber die z u m V e r s t ä n d n i s des tatsächlic h e n V o r g a n g s e r f o r d e r l i c h e geistige R e i f e v o r h a n d e n s e i n . F:

Kann der 15jährige A Besitz an einem Fahrrad erwerben, das ihm seine Eltern zur freien Verfugung überlassen wollen?

16

Kap. I. Besitz A:

Besitzerwerb

Ja, da er die Bedeutung der tatsächlichen Sachherrschaft an diesem Gegenstand einzusehen vermag.

13.

§ 854 Abs. 2

Abweichend vom bisher Gesagten kann der Besitz gemäß § 854 Abs. 2 BGB auch durch bloße Einigung zwischen dem bisherigen Besitzer und dem Besitzerwerber übertragen werden, wenn für den Erwerber die Möglichkeit der Sachherrschaftsausübung besteht. Diese Vorschrift greift ferner ein, wenn ein Besitzdiener zum Besitzer werden soll. Die Einigung ist ein Rechtsgeschäft, auf das die Regeln über Geschäftsfähigkeit, Willensmängel, Stellvertretung usw. Anwendung finden. F:

Der Bauer V will dem Metzger K eine Kuh verkaufen, die sich als einziges Tier auf einer Wiese abseits vom Dorf befindet. Der K kennt diese Wiese, so daß ihn der erkrankte V bittet, die Kuh von der Weide mitzunehmen und sie nach Schlachtgewicht zu bezahlen. So geschieht es auch. Wann erlangt K den Besitz an der Kuh?

17 3 Dilcher, Sachenrecht

Kap. I. Besitz A:

14.

Besitzerwerb

Gemäß § 8 5 4 Abs. 2 BGB wird K bereits im Zeitpunkt der Einigung mit V über den Besitzübergang Besitzer, nicht erst mit der Ergreifung des Tieres.

§ 857

Einen Sonderfall des Besitzerwerbs regelt § 857 BGB. Danach geht der Besitz beim Tode eines Menschen unmittelbar kraft Gesetzes auf den Erben des Verstorbenen über. Hierbei kommt es weder auf die Erlangung tatsächlicher Sachherrschaft an noch darauf, ob der Erbe von seiner Erbschaft etwas weiß. — Diese Regelung soll den Erben davor schützen, daß Unbefugte den Nachlaß vermindern. F:

Auf der Reise verunglückt der M tödlich. Ein Passant nimmt einen Koffer des M an sich. Wessen Besitz wird dadurch beeinträchtigt, wenn erst nach sechs Monaten der E als Erbe des M ermittelt werden kann?

18 3»

Kap. I. Besitz A:

Der Besitz des E, auf den mit dem Tode des M der Besitz am Koffer gemäß § 857 BGB übergegangen war.

Wiederholungsfragen: a)

Muß sich der nach herrschender Meinung für den Besitzerwerb erforderliche Besitzerwerbswille auf eine konkrete, dem Erwerber bekannte Sache beziehen?

b)

In welchem Falle ist zum Erwerb des Besitzes Geschäftsfähigkeit des Erwerbers erforderlich?

c)

Ist Y Besitzer, wenn im Falle der Frage zu Inf. 11 der X verstorben und von Y beerbt worden ist? (Legen Sie dabei die herrschende Meinung zugrunde.)

19

Kap. I. Besitz A:

Besitzverlust

a) Nein; es genügt ein genereller Besitzerwerbswille, der auf Erlangung der tatsächlichen Gewalt an ihrer Art nach bestimmten Sachen gerichtet ist. b) Geschäftsfähigkeit zum Besitzerwerb ist erforderlich, wenn gemäß § 854 Abs. 2 BGB der Besitz durch Einigung übertragen werden soll, da es sich in diesem Falle um ein Rechtsgeschäft handelt. c) Da X nach herrschender Meinung nicht Besitzer der Sache war, kann Y nicht gemäß § 857 BGB Besitzer geworden sein.

15. N a c h den Fragen des Besitzerwerbs sollen jetzt die des behandelt werden:

Besitzverlustes

Der Besitz besteht grundsätzlich so lange fort, wie der Besitzer in der Lage ist, die Sachherrschaft auszuüben. Eine nur vorübergehende Verhinderung in der Ausübung der Sachherrschaft b e e n d e t den Besitz nicht (vgl. o b e n Inf. 4). F:

Während einer Seereise fällt dem A ein Wertgegenstand über Bord, ein anderer Gegenstand in das Schwimmbecken des Schiffes. Welche Folgen hat dies für die Besitzlage an beiden Gegenständen?

20

Kap. I. Besitz A:

16.

Besitzverlust

Der über Bord gefallene Gegenstand ist für die Sachherrschaft des A verloren; damit endet der Besitz des A. — Der im Schwimmbecken befindliche Gegenstand bleibt im Besitz des A; hier besteht eine nur vorübergehende Verhinderung seiner Sachherrschaft.

§ 856 Abs. 1

Die Sachherrschaft des Besitzers endet entweder freiwillig oder unfreiwillig: Wenn die Sachherrschaft mit dem Willen des Besitzers (= freiwillig) endet, liegt Besitzverlust durch Besitzaufgabe vor. Endet die Sachherrschaft dagegen ohne oder gegen den Willen des Besitzers (= unfreiwillig), so handelt es sich um einen Besitzverlust in anderer Weise (§ 856 Abs. 1 BGB). — Ein unfreiwilliger Besitzverlust vollzieht sich für den Besitzer auch an solchen Sachen, die ein Besitzdiener ohne entsprechende Weisung weggibt oder entgegen seinen Weisungen erkennbar für sich beherrschen will. F:

Der Verkaufsfahrer H veräußert an den K einen Musterkoffer, der ihm von seinem Geschäftsherrn G als unverkäufliches Muster ausgehändigt worden war. Um welche Form der Besitzbeendigung handelt es sich bei G?

21

Kap. I. Besitz A:

Besitzverlust

Da der Besitz des G gegen seinen Willen beendet wurde, liegt Besitzverlust in anderer Weise gemäß § 856 Abs. 1 BGB vor.

17.

Erfolgt die freiwillige Besitzaufgabe durch tatsächliches Verhalten des Besitzers und nicht durch Einigung nach § 854 Abs. 2 BGB (vgl. oben Inf. 13), so setzt der hierbei notwendige Wille des Besitzers (ebenso wie der Besitzerwerbswille, vgl. oben Inf. 12) keine Geschäftsfähigkeit voraus, sondern nur die natürliche Einsicht in die Bedeutung des Vorgangs. F:

Der 17jährige A hat von seinen Eltern zur Erleichterung des Schulweges ein Fahrrad erhalten. Ohne Wissen der Eltern tauscht er dieses mit B gegen eine Stereo-Anlage. Liegt hinsichtlich des Fahrrades eine Besitzaufgabe vor?

22

Kap. I. Besitz A:

Ja; da der 17jährige die tatsächliche Bedeutung der Besitzaufgabe am Fahrrad einsehen konnte, war seine Besitzbeendigung freiwillig im Sinne des § 856 Abs. 1 BGB.

18. Zusammenfassung (in Verbindung mit den Wiederholungsfragen auf S. 9, 14 und 19): 1.

Der Erwerb des Besitzes erfolgt a) durch Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft, zu der nach herrschender Meinung subjektiv noch ein hinzutreten muß, b) oder durch mit dem Vorbesitzer, wenn die Sachherrschaft dem Erwerber möglich ist, c) oder gemäß §

2.

...

BGB durch Erbfall.

Die Beendigung des Besitzes erfolgt a) freiwillig durch b) oder in Besitzers.

, , also ohne bzw. gegen den Willen des

3.

Ein Besitzer, der eine Sache als ihm gehörend besitzt, heißt ; den Gegensatz bildet der

4.

Unter Mitbesitzern besteht, wenn jeder von ihnen die Sachherrschaft allein ausüben kann, ; können dagegen nur alle gemeinsam die Sachherrschaft ausüben, so handelt es sich um . . -

23

Kap. I. Besitz A:

l . a ) genereller Besitzerwerbswille b) Einigung c) 857 2. a) Besitzaufgabe b) anderer Weise 3. Eigenbesitzer, Fremdbesitzer 4. schlichter Mitbesitz, Gesamthandsmitbesitz.

Zur Wissensvertiefung für den Stoff des ersten Kapitels wird empfohlen: Baur, Fritz Lehrbuch des Sachenrechts, 8. Aufl., München, 1975 §§ 6, 7 (ohne B III) und 8 Westennann, Harry Sachenrecht, 5. Aufl., Karlsruhe, 1966 (mit einer Ergänzung 1973), §§8-16. Besonders wichtig sind die Probleme der (hierzu Baur, § 7 C und Westermann, § 10).

Besitzdienerschaft

24

Kapitel II DER

BESITZSCHUTZ

Der Student B bewohnt bei der Witwe V ein möbliertes Zimmer. Zum Wochenende fährt er regelmäßig nach Hause. Eines Tages kommt er früher als üblich zurück und stellt fest, daß die V ohne sein Wissen über das Wochenende dem Reisenden D gestattet hat, seine umfangreiche Lederwarenkollektion im Zimmer des B zu stapeln. — Wie Sie aus dem ersten Kapitel wissen, ist B Besitzer des Zimmers. Für ihn stellt sich die Frage, in welcher Weise sein Besitz geschützt werden kann. Vorschriften, die sich zum Schutz des Besitzes auswirken, enthält einmal das Schuldrecht: So muß z.B. nach § 812 BGB jemand, der durch Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise ungerechtfertigten Besitz erlangt hat, diesen herausgeben. Ferner hat nach § 823 Abs. 1 BGB derjenige, der rechtswidrig und schuldhaft den Besitz eines anderen verletzt, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen; dasselbe gilt nach § 823 Abs. 2 BGB, wenn die Besitzbeeinträchtigung gegen ein Schutzgesetz verstoßen hat.

Unabhängig von diesen Regeln besteht ein spezifischer nach sachenrechtlichen

Vorschriften,

Besitzschutz

der in diesem Kapitel behandelt

werden soll.

Übersicht: Grundbegriffe Selbsthilfe Possessorische Ansprüche Ansprüche aus § 1007 BGB Abholungsanspruch Zusammenfassung und Vertiefungshinweise

Information 1—5 6-11 12—17 18-21 22 23

25 4 Dilcher, Sachenrecht

Kap. II. Besitzschutz

1.

Grundbegriffe

§ 858 Abs. 1

Voraussetzung des sachenrechtlichen Besitzschutzes ist, daß gegen den Besitzer verbotene Eigenmacht verübt wird. Als verbotene Eigenmacht bezeichnet § 858 Abs. 1 BGB Handlungen, die den Besitz widerrechtlich beeinträchtigen, d. h. ohne die Einwilligung des Besitzers oder einen anderen Rechtfertigungsgrund, wie z. B. die Notwehr nach § 227 BGB. F:

Der Käufer K hat von dem Händler V eine Blumenvase gekauft. Nachdem K bezahlt hat, verweigert V die Übergabe der Vase, weil er sie noch für einige Zeit als Ausstellungsstück behalten möchte. Daraufhin nimmt der körperlich kräftige K dem V die Vase weg. Hat er damit gegen V verbotene Eigenmacht verübt? (Bitte begründen Sie Ihre Antworten, soweit möglich mit Angabe von §§.)

4*

26

Kap. II. Besitzschutz A:

Grundbegriffe

Ja; das Verhalten des K stellt gemäß § 858 Abs. 1 BGB verbotene Eigenmacht dar, weil K widerrechtlich gehandelt hat. Sein Käuferanspruch auf Übergabe der Sache kann die gewaltsame Wegnahme nicht rechtfertigen.

2. Die Einwilligung des Besitzers in die Besitzbeeinträchtigung erfordert nach herrschender Meinung keine Geschäftsfähigkeit, wohl aber die auch für Besitzerwerb und Besitzaufgabe nötige (vgl. Kap. I, Inf. 12 und 17) Einsichtsfähigkeit in die tatsächliche Bedeutung des Vorgangs. — Eine Gegenmeinung (z. B. von Westermann vertreten) betrachtet die Einwilligung als Rechtsgeschäft und verlangt dementsprechend das Vorliegen der Geschäftsfähigkeit. F:

Im Einvernehmen mit dem 17jährigen B nimmt der volljährige A aus dessen Sammlung wertvolle Briefmarken an sich. Hat A damit verbotene Eigenmacht begangen a) nach der herrschenden Meinung, b) nach der Ansicht von Westermann?

27

Kap. II. Besitzschutz A:

Grundbegriffe

a) Nach herrschender Meinung liegt keine verbotene Eigenmacht des A vor, weil B die Einsichtsfähigkeit in die tatsächliche Bedeutung des Vorgangs hat. b) Nach der Ansicht von Westermann kann der 17jährige B gemäß § 111 BGB ohne Mitwirkung seiner Eltern nicht wirksam einwilligen; demnach hat A verbotene Eigenmacht begangen.

3. Verbotene Eigenmacht gibt es nach § 858 Abs. 1 BGB in den Formen der Besitzentziehung und der Besitzstörung. Besitzentziehung ist die vollständige Beseitigung der Sachherrschaft, z.B. Wegnahme der Sache oder Versperren des Zutritts. Besitzstörung ist jede andere Beeinträchtigung des Besitzes, z.B. durch Lärmbelästigung, Erschweren des Zutritts oder der Benutzung. F:

Der Hauseigentümer A sperrt seinem Mieter B die Stromzuführung in die Wohnung und läßt an der dem B vermieteten Garage ein neues Schloß einbauen, dessen Schlüssel er behält. Welche Form der Besitzbeeinträchtigung liegt jeweils vor?

28

Kap. II. Besitzschutz A:

Grundbegriffe

Hinsichtlich der Wohnung liegt eine Besitzstörung vor, weil der B dort weder elektrische Beleuchtung noch andere Elektrogeräte benutzen kann. Bei der Garage handelt es sich um Besitzentziehung, weil durch das neue Schloß dem B jede Garagenbenutzung unmöglich gemacht wird.

4. D i e B e s i t z e n t z i e h u n g s - o d e r BesitzstörungsHandlung m u ß lediglich objektiv widerrechtlich sein. S u b j e k t i v e E l e m e n t e , w i e V e r s c h u l d e n des Täters o d e r sein B e w u ß t s e i n der R e c h t s w i d r i g k e i t , sind n a c h § 8 5 8 A b s . 1 BGB nicht erforderlich. F:

Der Regenmantel des B hängt am Kleiderhaken des Gastraumes neben dem Mantel des A, der von gleicher Beschaffenheit ist. Versehentlich nimmt A beim Weggehen den Mantel des B mit. Begeht er damit verbotene Eigenmacht?

29

Kap. II. Besitzschutz

Grundbegriffe

A:

Ja, da es nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Vorgangs ankommt; das evtl. fehlende Verschulden des A ist unerheblich.

5.

§ 858 Abs. 2

Besitzschutz ist nicht nur gegenüber dem Täter der verbotenen Eigenmacht möglich, sondern auch gegenüber dessen Besitznachfolger, wenn dieser der Erbe des Täters ist oder wenn er beim Besitzerwerb von der verbotenen Eigenmacht seines Vorgängers weiß, § 858 Abs. 2 BGB. Im letzteren Falle stellt das BGB ausdrücklich nur auf das Wissen des Besitznachfolgers ab; eine Erkundigungspflicht für denjenigen, der nichts von der verbotenen Eigenmacht weiß, ist nicht vorgeschrieben. Den Besitz des Eigenmachttäters, seines Erben oder seines von der Eigenmacht wissenden Besitznachfolgers bezeichnet das BGB als fehlerhaften Besitz. F 1: Der A erwirbt auf offener Straße von B eine goldene Armbanduhr. Der B hatte, was der A nicht wußte, diese Uhr gestohlen. Ist der Besitz des A fehlerhaft?

F 2: Würde es einen Unterschied machen, wenn A den Besitz als Erbe des B erlangt hätte?

30

Kap. II. Besitzschutz

Selbsthilfe

A 1: Nein, da A die Fehlerhaftigkeit des Vorgängerbesitzes nicht kannte, § 858 Abs. 2 BGB. A 2: Ja, da A als Erbe des B auch ohne Kenntnis von dessen Tat fehlerhaft besitzt.

6.

§ 859

Gegen verbotene Eigenmacht darf sich der Besitzer wehren. Die Verteidigung noch bestehenden Besitzes heißt Besitzwehr, § 859 Abs. 1 BGB; die Wiederergreifung bereits entzogenen Besitzes nennt man Besitzkehr, § 859 Abs. 2 und 3 BGB. F:

Der A hat neben seinem Geschäftslokal eine Werbefläche gemietet und mit eigener Werbung versehen. Als er sieht, daß der B unbefugt die Fläche mit Werbeplakaten der Konkurrenz überklebt, hindert er ihn an der weiteren Ausfuhrung und entfernt die schon angebrachten Plakatteile. Welche Formen der Besitzverteidigung liegen jeweils vor?

31

Kap. II. Besitzschutz A:

Selbsthilfe

Die Verhinderung weiteren Anbringens ist Besitzwehr, die Entfernung der angebrachten Plakatteile ist Besitzkehr, weil durch das Überkleben dem A der Besitz an der Werbefläche entzogen worden war.

7. Die Besitzwehr stellt einen Fall der Notwehr dar; das bedeutet, daß eine evtl. Gewaltanwendung nicht über das zur Abwehr gegenwärtiger verbotener Eigenmacht gebotene Maß hinausgehen darf. Die Besitzkehr dagegen ist nicht Notwehr, sondern echte Selbsthilfe, d.h. Verwirklichung eines Anspruchs mittels privater Gewalt. Im Gegensatz zur allgemeinen Selbsthilfe nach § 229 BGB setzt die Besitzkehr nach § 859 Abs. 2 und 3 BGB nicht voraus, daß obrigkeitliche Hilfe nicht zu erreichen ist. F 1: Ein Dieb ist im Begriff, das Fahrrad des A zu entwenden. A hindert ihn gewaltsam daran, indem er mit der Hand auf ihn einschlägt. Ist er hierzu berechtigt?

F 2: A verfolgt den Dieb, um ihm das gestohlene Fahrrad wieder abzunehmen, als er einen motorisierten Polizisten sieht. Muß der A jetzt von der Verfolgung ablassen und sich an den Polizisten wenden?

32

Selbsthilfe

Kap. II. Besitzschutz

A I : Ja, im Rahmen der Besitzwehr nach § 859 Abs. 1 BGB, da die angewendete Gewalt nicht übermäßig ist. A 2: Nein, die von A beabsichtigte Besitzkehr ist nach § 859 Abs. 2 BGB ohne Rücksicht auf obrigkeitliche Einwirkungsmöglichkeiten zulässig.

8. Für die Besitzkehr bestehen unterschiedliche Voraussetzungen bei beweglichen Sachen und bei Grundstücken: Bei Grundstücken darf die Besitzkehr nur sofort erfolgen, § 859 Abs. 3 BGB. Im juristischen Sprachgebrauch muß der Ausdruck „sofort" von den Ausdrücken „augenblicklich" und „unverzüglich" abgegrenzt werden: „Augenblicklich" ist im Wortsinne zu verstehen. — „Sofort" bedeutet, daß nach dem Auslösungstatbestand noch eine objektiv erforderliche Vorbereitungszeit verstreichen darf; die subjektive Kenntnislage hingegen wird nicht berücksichtigt. — „Unverzüglich" bedeutet nach § 121 Abs. 1 BGB, daß zusätzlich auch noch ein entschuldbarer Zeitverlust, z.B. wegen Unkenntnis, eintreten darf. objektiv notw. auslösender Tatbestand + Vorbereitungen 1 | = augenblicklich = sofort

subjektiv notw. + Vorbereitungen 1

= unverzüglich

Zeit

F 1: Der A läßt seinen Garten einzäunen. Dabei wird versehentlich ein Stück des dem B gehörenden Nachbargrundstücks abgetrennt. Der B eilt hinzu und stellt fest, daß er das ihn beeinträchtigende Zaunstück nicht mit der Hand entfernen kann. Darf er den Zaun noch eine Stunde später beseitigen, wenn er erst bis dahin das nötige Werkzeug beschaffen kann?

F 2: Der Zaun wurde während der Urlaubsabwesenheit des B gesetzt. Bei seiner Rückkehr entdeckt und entfernt er ihn. War dies rechtmäßig?

33 5 Dilcher, Sachenrecht

Kap. II. Besitzschutz

Selbsthilfe

AI:

Ja; B hat sofort gehandelt, da die Beschaffungszeit objektiv erforderlich war. A 2 : Nein; der B hat zwar unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern gehandelt, aber nicht mehr sofort. Sein Handeln ist rechtswidrig, § 859 Abs. 3 BGB.

9. Im Unterschied zu Grundstücken ist bei Entziehung beweglicher Sachen nach § 859 Abs. 2 BGB die Besitzkehr zulässig, solange der Täter auf frischer Tat betroffen wird oder in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Tat verfolgt werden kann (sog. Nacheile). F:

Der A entdeckt zwei Tage nach einem nächtlichen Einbruch in seine Geschäftsräume am Tatort Hinweise auf die Wohnung des Täters. Darf er dort dem Täter, der ihm auf Klingeln geöffnet hat, die gestohlenen Sachen im Wege der Besitzkehr eigenmächtig wieder abnehmen?

34

Selbsthilfe

Kap. II. Besitzschutz A:

Nein, da der Zusammenhang mit der frischen Tat durch Zeitablauf unterbrochen war, § 859 Abs. 2 BGB.

10.

§ 860

D i e Selbsthilferechte des § 8 5 9 BGB stehen d e m Besitzer nicht n u r g e g e n d e n E i g e n m a c h t t ä t e r s e l b s t , s o n d e r n gegen jeden fehlerhaften Besitzer z u , § 8 5 9 A b s . 4 B G B . Selbsthilfe üben darf nicht nur der Besitzer, sondern nach § 8 6 0 BGB auch der Besitzdiener für d e n Besitzherrn. F 1: Der A hat im Juweliergeschäft des X einen Ring gestohlen. Der bei X angestellte Y verfolgt ihn. Darf Y dem A den Ring abnehmen?

F 2: Wenn A bei seiner Flucht den Ring an B weitergibt, unter welcher Voraussetzung darf dann der Y dem B den Ring abnehmen? Juwelier X

(Diebstahl)

(Weitergabe)

Angest. Y

35

Selbsthilfe

Kap. II. Besitzschutz

A I : Ja; gemäß § 860 BGB ist er als Besitzdiener des X hierzu berechtigt. A 2: Unter der Voraussetzung, daß B vom Diebstahl des A Kenntnis hat und deshalb fehlerhaft besitzt (vgl. § 858 Abs. 2 BGB), darf Y gegen ihn Besitzkehr üben, §§ 859, 860 BGB.

11.

Der Besitzdiener darf den Besitzschutz durch Selbsthilfe nur zugunsten des Besitzherrn ausüben. Deshalb darf er keine Selbsthilfe üben, wenn ein anderer Besitzdiener seines Besitzherrn ihm die Sachherrschaft streitig macht, ohne damit die Besitzposition des gemeinsamen Besitzherrn in Frage zu stellen. Besitzer^^ Besitzdiener

+

Besitzdiener

(Streit um Sachherrschaft) F:

Kann der Schlosser S rechtmäßige Selbsthilfe üben, wenn ihm sein Arbeitskollege T einen betriebseigenen Schraubenschlüssel wegnimmt, um damit eine ihm übertragene Arbeit schneller beenden zu können?

36

Kap. II. Besitzschutz A:

Nein, da durch das Verhalten des T der Besitz des für S und T gemeinsamen Besitzherrn (des Unternehmers) nicht in Frage gestellt wird.

Wiederholungsfragen: a)

Verbotene Eigenmacht ist eine Besitzbeeinträchtigung, die in den Formen der oder der geschehen kann; erforderlich ist hierbei nur die objektive der Beeinträchtigung.

b)

Fehlerhaft besitzt, wer den Besitz durch erlangt hat. Fehlerhaft besitzt ferner, wer bei der Besitzerlangung eines fehlerhafdaß sein Besitzvorgänger fehlerhaft besaß, oder wer . . . . ten Besitzers ist.

c)

Gegen verbotene Eigenmacht ist Selbsthilfe zulässig, die sich in den Formen der und der vollziehen kann.

37

Kap. II. Besitzschutz A:

12.

a) Besitzentziehung, Besitzstörung, Widerrechtlichkeit

Possessorische Ansprüche b) verbotene Eigenmacht, weiß, Erbe

c) Besitzwehr, Besitzkehr

§ 8 6 1 Abs. 1

Neben dem Recht zur Selbsthilfe hat der durch verbotene Eigenmacht beeinträchtigte Besitzer Ansprüche auf Besitzschutz, sog. possessorische Ansprüche; der Name ist abgeleitet von possessor = Besitzer. § 861 BGB schützt den Besitzer bei Besitzentziehungen durch einen Herausgabeanspruch, § 862 BGB bei Besitzstörungen durch einen Störungsabwehranspruch. — Diese Ansprüche sind unabhängig von der Frage, ob der beeinträchtigte Besitzerein Recht zum Besitz hat. Einen Herausgabeanspruch nach § 861 Abs. 1 BGB hat der Besitzer, wenn ihm der Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen wird. Der Anspruch richtet sich lediglich auf die Rückgabe der entzogenen Sache selbst; Ersatzstücke (sog. Surrogate), die der Anspruchsgegner anstelle der Sache (z.B. durch Verkauf) erlangt hat, k ö n n e n mit diesem Anspruch nicht herausverlangt werden, weil sie vorher nicht im Besitz des Anspruchsberechtigten standen. F:

Der A nimmt dem B ein Sparbuch weg und hebt das Geld ab. Kann der B nach § 861 BGB von A die Herausgabe des Geldes und des Sparbuches verlangen?

38

Kap. II. Besitzschutz A:

13.

Possessorische Ansprüche

B kann nur die Herausgabe des Sparbuches verlangen; das Geld als Surrogat stand vorher nicht in seinem Besitz. (Deshalb kann B das Geld nicht nach § 861 BGB, sondern nur auf schuldrechtlicher Grundlage erlangen, z.B. nach den §§ 812 oder 823 BGB.)

§ 8 6 2 Abs. 1

Der Störungsbeseitigungsanspruch des § 862 Abs. 1 BGB greift ein, wenn der Besitz durch verbotene Eigenmacht gestört wird; ferner kann Unterlassung weiterer Störungen verlangt werden. Anspruchsberechtigt ist der unmittelbare Besitzer, Anspruchsgegner ist der Störer. Dies ist jeder, der die Störung selbst vornimmt oder sie geschehen läßt, obwohl er zur Unterbindung in der Lage und verpflichtet ist. F:

Der A, der in einem Villenviertel wohnt, wird jede Nacht durch den Lärm lauter Feste im Haus des Nachbarn B gestört. Kann A von B Unterlassung dieser Störungen verlangen?

39

Kap. II. Besitzschutz A:

Possessorische Ansprüche

Ja; A kann nach § 862 BGB von B die Unterlassung der Störungen verlangen, da der Lärm entweder von B selbst ausgeht oder mit seiner Billigung von Dritten im Hause des B erzeugt wird.

14. Anspruchsberechtigter des Herausgabeanspruchs nach und des Störungsbeseitigungsanspruchs nach § 862 BGB fehlerhafter Besitzer, dessen Besitz durch einen Dritten tigt wurde, z. B. ein Dieb bei erneuter Wegnahme der Störung durch einen Dritten.

§ 861 BGB ist auch ein beeinträchSache oder

Ein fehlerhafter Besitzer wird jedoch nicht geschützt, wenn der umstrittene Besitz gerade gegenüber dem Anspruchsgegner selbst fehlerhaft war und erst im letzten Jahr vor der Beeinträchtigung erlangt wurde, §§ 861 Abs. 2, 862 Abs. 2 BGB. Geschützt werden also der frühere Besitzer gegen den Dieb und der Dieb gegen Dritte; nicht geschützt wird der Dieb (oder sein Nachfolger) gegen den früheren Besitzer, wenn der Besitz im letzten Jahr erlangt wurde. F:

Als der B stirbt, hinterläßt er seinem Erben A einen vor kurzem bei C gestohlenen wertvollen Fotoapparat. Ein Jahr später entdeckt der C den Apparat bei A und nimmt ihn weg. Kann der A die Herausgabe des Apparates nach § 861 BGB verlangen?

40

Kap. II. Besitzschutz A:

Possessorische Ansprüche

Ja; A besitzt zwar im Verhältnis zu C f e h l e r h a f t (§§ 8 5 7 , 8 5 8 A b s . 2 BGB), aber die Jahresfrist des § 861 Abs. 2 BGB ist überschritten.

15.

§ 863

Um den Besitzschutz wirksamer zu gestalten, ist der Gegner der Besitzschutzansprüche in seiner Verteidigung durch § 863 BGB stark beschränkt. Er kann sich nur darauf berufen, daß sein Handeln keine verbotene Eigenmacht dargestellt habe; da diese durch die Widerrechtlichkeit des Handelns gekennzeichnet ist (vgl. Inf. 1), können zur Verteidigung gegen Besitzschutzansprüche nur Rechtfertigungsgründe, aber keine anderen Begründungen vorgebracht werden. F:

Der M h a t von E ein W o c h e n e n d h a u s gemietet u n d den Schlüssel erhalten. Als er nach drei M o n a t e n z u m zweiten Mal ein W o c h e n e n d e d o r t verbringen will, stellt er fest, daß der E inzwischen das Haus selbst b e w o h n t . M verlangt von E nach § 861 BGB die W i e d e r e i n r ä u m u n g des Besitzes. Kann E sich darauf b e r u f e n , der M habe entgegen der V e r e i n b a r u n g n o c h keine Miete gezahlt und er, der E, h a b e deshalb das H a u s wieder in Besitz genommen?

6 Dilcher, Sachenrecht

41

Kap. II. Besitzschutz A:

16.

Possessorische Ansprüche

Nein; diese Begründung reicht nicht aus, um die Wegnahme des Besitzes zu rechtfertigen. E muß das Haus an M herausgeben (und seine Mietzinsansprüche gerichtlich verfolgen).

§ 866

Eingeschränkt ist der Besitzschutz eines Mitbesitzers: Er erhält gegenüber anderen Mitbesitzern Besitzschutz nur im Falle völliger Entziehung seiner Sachherrschaft, nicht schon gegen eine Störung seines Mitbesitzes, § 8 6 6 BGB. — Gegenüber Dritten hingegen besteht voller Besitzschutz auch zugunsten eines Mitbesitzers. F:

Ein Mietshaus hat eine Gemeinschaftswaschküche, welche die Mieterin B montags benutzen darf. Während sie am Montagvormittag dort wäscht, bringt die Mieterin A gegen den Protest der B große Mengen Wäsche in den Raum, so daß die A behindert wird. Außerdem versperrt die A während der mittäglichen Abwesenheit der B die Waschküchentür durch ein Vorhängeschloß, zu dem nur sie den Schlüssel hat. Kann die B wegen der Behinderung in der Waschküche und wegen des Versperrens der Tür Besitzschutz beanspruchen?

42 6*

Kap. II. Besitzschutz A:

17.

Possessorische Ansprüche

Besitzschutz kann die B nur wegen des Versperrens der Tür beanspruchen, weil ihr dadurch der Mitbesitz völlig entzogen wird. Das Behindern in der Waschküche für einen Tag ist nur eine Störung im Mitbesitz; hiergegen gibt es keinen Besitzschutz, § 866 BGB, sondern nur Ansprüche gegen den Vermieter aus dem Mietvertrag.

§ 864

Besitzschutzansprüche erlöschen ein Jahr nach Begehung der verbotenen Eigenmacht oder dann, wenn nach der verbotenen Eigenmacht durch rechtskräftiges Urteil in einem anderen Prozeß festgestellt wird, daß der Eigenmachttäter einen Anspruch auf den durch seine Eigenmacht bewirkten Erfolg hatte, § 864 BGB. F:

Der Antiquar A hat dem B ein Gemälde verkauft. Er zögert unberechtigt mit der Auslieferung, so daß der B die Leistungsklage aus dem Kaufvertrag erhebt. Nachdem dieser Prozeß schon längere Zeit schwebt, verliert der B die Geduld und verschafft sich das Gemälde eigenmächtig. — Wenige Tage darauf ergeht im Prozeß über den Kauf ein rechtskräftiges Urteil, das den A zur Lieferung des Bildes an den B verurteilt. Kann der A jetzt noch einen Herausgabeanspruch nach § 861 BGB gegen B erheben?

43

Kap. II. Besitzschutz A:

Nein, da das rechtskräftige Urteil feststellt, daß B einen Anspruch auf den Besitz am Bild hat; durch diese Feststellung erlischt der Besitzschutzanspruch des A nach § 864 Abs. 2 BGB.

Wiederholungsfragen: a)

Wird dem Besitzer der Besitz entzogen, so kann er die Herausgabe nach § . . . BGB verlangen. Im Falle der Besitzstörung kann er nach § ... BGB vorgehen.

b)

Gegenüber den Besitzschutzansprüchen ist die Verteidigung des Anspruchsgegners darauf beschränkt, daß er nur Gründe zur seiner Handlung vorbringen kann.

c)

Ein Mitbesitzer wird gegenüber anderen Mitbesitzern nur im Falle der des Besitzes geschützt.

44

§ 1007

Kap. II. Besitzschutz A:

b) Rechtfertigung

a) 861, 862

18.

c) Entziehung

§ 1007 Abs. 2

Besitzschutz nach sachenrechtlichen Vorschriften wird nicht nur in den engen Grenzen der possessorischen Ansprüche gewährt, sondern auch nach § 1007 BGB: durch § 1007 wird dem früheren Besitzer wegen seines früheren Besitzes ein Recht auf die Sache zugesprochen. Deshalb kann der frühere Besitzer einer beweglichen Sache von deren gegenwärtigem Besitzer die Herausgabe verlangen, wenn die Sache dem früheren Besitzer abhanden gekommen ist (und dem gegenwärtigen Besitzer nicht schon vor der Besitzzeit des früheren Besitzers abhanden gekommen war), § 1007 Abs. 2 S. 1 BGB. Abhandengekommen ist eine Sache beim unfreiwilligen Verlust des unmittelbaren Besitzes. F:

Der E hat während einer Reise seinen PKW der Werkstatt A zur Aufbewahrung gegeben. Der Angestellte B des A übergibt das Fahrzeug heimlich seinem Freund C. Der A bemerkt dies und will, um dem E das Fahrzeug bei dessen Rückkehr ordnungsgemäß zurückgeben zu können, von C Herausgabe verlangen. Kann er das, wenn der C glaubte, das Fahrzeug gehöre dem B? E

(Übergabe)

45

Kap. II. Besitzschutz A:

19.

§ 1007

Ja, gemäß § 1007 Abs. 2 BGB, weil der PKW dem A durch das unerlaubte Verhalten seines Besitzdieners B abhanden gekommen ist.

§ 1007 Abs. 1

Ist die u m s t r i t t e n e Sache dem früheren Besitzer nicht abhanden gekommen, z.B. weil er die Sache einem Mieter überlassen h a t t e (der sie d a n n u n e r l a u b t veräußerte), so k a n n der frühere Besitzer nach § 1007 Abs. 1 BGB Herausgabe vom jetzigen Besitzer verlangen, wenn dieser beim Besitzerwerb bösgläubig war. Bösgläubig ist ein Besitzer, der weiß oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht weiß, daß er kein Recht zum Besitz erworben hat. Die Tatbestandsmerkmale des Wissens oder der grob fahrlässigen Unwissenheit ergeben sich aus § 932 Abs. 2 BGB. Gutgläubig ist also ein Besitzer, der infolge leichter Fahrlässigkeit nicht weiß, daß er kein Recht zum Besitz der Sache erworben hat, z.B. weil der Verkäufer unerkannt geisteskrank war. F:

Der A hat dem B eine Schreibmaschine geliehen, die deutlich die Inschrift „Eigentum des A" trägt. Der B verkauft und übergibt die Maschine an den C. Kann A von C Herausgabe der Maschine verlangen?

46

§ 1007

Kap. II. Besitzschutz A:

Ja, da A der frühere Besitzer der Maschine ist und C beim Besitzerwerb entweder wußte bzw. infolge grober Fahrlässigkeit nicht wußte, daß er von B kein Recht zum Besitz der Maschine erwerben konnte, die deutlich als Eigentum des A gekennzeichnet ist.

20.

§ 1007 Abs. 3

D e r H e r a u s g a b e a n s p r u c h des f r ü h e r e n Besitzers entfällt, w e n n er selbst b e i m B e s i t z e r w e r b bösgläubig w a r , § 1 0 0 7 A b s . 3 S. 1 B G B . A u ß e r d e m e n t f ä l l t n a c h dieser V o r s c h r i f t d e r H e r a u s g a b e a n s p r u c h , w e n n d e r f r ü h e r e Besitzer seinen Besitz freiwillig aufgegeben h a t ; dies ist n u r bei völliger L ö s u n g j e d e r B e z i e h u n g z u d e r S a c h e d e r Fall, nicht etwa schon bei Vermietung. F:

Der A hat auf dem Trödelmarkt von einem Unbekannten ein Buch erworben, das deutlich die Aufschrift „Eigentum der Stadtbibliothek" trägt. A verleiht dieses Buch an den B. Kann jetzt der A, wenn B das Buch an C weitergibt, von C Herausgabe nach § 1007 BGB verlangen? Stadtbibliothek

Unbekannter B

C

47

§ 1007

Kap. II. Besitzschutz A:

Nein, da A beim Besitzerwerb infolge der Buchaufschrift bösgläubig war.

21. Der Herausgabeanspruch des früheren Besitzers entfällt ferner gegenüber dem Eigentümer der Sache, § 1007 Abs. 2 S. 1 BGB, und gegenüber jedem gegenwärtigen Besitzer, der ein (nicht aus § 1007 hergeleitetes) Recht zum Besitz dartut; dies ergibt sich aus § 1007 Abs. 3 S. 2, der hierfür auf § 986 BGB verweist. § 1007 BGB gewährt also dem früheren Besitzer zwar ein Recht zum Besitz, aber dieses ist schwächer als jede anders begründbare Besitzberechtigung. F:

Der E hat sein Fernsehgerät dem Mechaniker M zur Reparatur übergeben. Dessen Angestellter L verkauft und übergibt den Apparat unerlaubt an den gutgläubigen K. Als der K dann erfährt, daß der Apparat dem E gehört, teilt er diesem den Sachverhalt mit und einigt sich mit E, daß das Gerät nunmehr als Pfand wegen einer Forderung des K gegen E bei K verbleiben dürfe. Kann M von K Herausgabe verlangen?

(Abhandenkommen)

48

Kap. II. Besitzschutz A:

Nein; der Herausgabeanspruch des M aus § 1007 Abs. 2 BGB ist ausgeschlossen, da der K das Gerät mit Willen des Eigentümers besitzen darf und damit ein Recht zum Besitz begründet wird, das dem Besitzrecht aus § 1007 BGB vorgeht.

Wiederholungsfragen: 1.

Der Herausgabeanspruch des früheren Besitzers gegen den jetzigen Besitzer nach § 1007 BGB entsteht, a) wenn die Sache dem früheren Besitzer ist, § 1007 Abs. 2 S. 1, b) wenn der jetzige Besitzer beim § 1007 Abs. 1.

2.

bösgläubig war,

Der Herausgabeanspruch aus § 1007 BGB entfällt, a) wenn der frühere Besitzer beim Besitzerwerb selbst war, § 1007 Abs. 3 S. 1, b) wenn der frühere Besitzer seinen Besitz Abs. 3 S. 1, c) wenn der gegenwärtige Besitzer der § 1007 Abs. 2, S. 1, d) wenn der gegenwärtige Besitzer ein eigenes § 1007 Abs. 3 S. 2 in Verbindung mit § 986.

hatte, § 1007

der Sache ist,

hat,

49 7 Dilcher, Sachenrecht

Kap. II. Besitzschutz A:

1. a) abhanden gekommen, b) Besitzerwerb

22.

Abholungsanspruch 2. a) bösgläubig, b) aufgegeben,

c) Eigentümer, d) Recht zum Besitz

§ 867

Ein Abholungsanspruch entsteht für den Besitzer gemäß § 867 BGB, wenn die Sache auf das Grundstück eines anderen Besitzers gelangt. Der Anspruch richtet sich auf Gestattung des Aufsuchens und Wegbringens der Sache. — Er ist ausgeschlossen, sobald der Grundstücksbesitzer selbst Besitz an der Sache begründet hat; dann gelten die § § 8 6 1 u n d 1 0 0 7 B G B . F:

Welche Ansprüche stehen dem A zu, wenn ihm beim Spiel ein Ball auf das Grundstück des B fällt a) und dort liegen bleibt b) und der B den Ball an sich nimmt?

50

Kap. II. Besitzschutz A:

a) A hat einen Abholungsanspruch gemäß § 867 BGB. b) Da B Besitz am Ball begründet hat, besteht kein Abholungsanspruch mehr; vielmehr kommen für A Ansprüche aus den §§861 und 1007 BGB in Betracht.

23. Zusammenfassung (in Verbindung mit den Wiederholungsfragen auf S. 3 7 , 4 4 und 49): 1.

Verbotene Eigenmacht ist Besitzbeeinträchtigung ohne

. . .

2.

Gegen Besitzstörungen darf geübt werden. Außerdem gibt es gegen sie den Störungsbeseitigungsanspruch gemäß § . . . BGB.

3.

Gegenüber Besitzentziehung ist während des Entziehungsvorgangs ebenfalls zulässig.

4.

Ist

5.

Gegenüber fehlerhaften Besitzern ist entsteht gegen sie ein

6.

Sehen Sie sich jetzt bitte den Eingangsfall (S. 25) an: a) Kann der Student B Selbsthilfe üben?

der

Entziehungsvorgang beendet, so entsteht für den Täter Besitz. Die Fehlerhaftigkeit besteht als Eigenschaft des Besitzes auch beim des Täters fort und bei einem anderen Besitznachfolger des Täters, der von der Eigenmacht zulässig. Außerdem gemäß § 861 BGB.

b) Könnte B den possessorischen Störungsbeseitigungsanspruch des § 862 BGB auch gegen die V erheben? c) Könnte B Ansprüche aus § 1007 BGB geltend machen?

51

Kap. II. Besitzschutz A:

1. Rechtfertigung, 2. Besitzwehr, 862 3. Besitzwehr

4. fehlerhafter, Erben, wußte 5. Besitzkehr, Herausgabeanspruch 6. a) Ja, da ihn der D ohne Rechtfertigung im Besitz stört. b) Ja, da die V das Handeln des D ermöglicht hat, obwohl sie es hätte verhindern müssen, ist sie Störerin. c) Nein; B ist nicht früherer Besitzer im Sinne des § 1007 BGB, da sein Besitz am Zimmermobiliar nur gestört wurde, also fortbesteht. - (Will man den Besitz des B am Zimmer selbst als Anknüpfungsgrundlage in Betracht ziehen, so muß § 1007 BGB analog angewendet werden, da er nur von beweglichen Sachen spricht; das Ergebnis wäre dasselbe, da B kein früherer Besitzer ist, sondern nur gestört wurde.)

Zur Wissensvertiefung für den Stoff des zweiten Kapitels wird empfohlen: Baur, Lehrbuch des Sachenrechts, aaO.*, § 9 Westermann, Sachenrecht, aaO., §§ 21 - 25 + 35. Besonders wichtig sind die Probleme des § 1007BGB (hierzu Westermann, § 35 II-V).

*„aaO." heißt „am angegebenen Ort" und bezieht sich auf die Einzelangaben zu Auflage, Erscheinungsort und Erscheinungszeit eines Buches. Hier sind diese Angaben auf S. 24 zu finden.

52

Kapitel III DER

M I T T E L B A R E

BESITZ

Aus den bisherigen Informationen wissen Sie, daß grundsätzlich Besitzer einer Sache derjenige ist, der die tatsächliche Sachherrschaft ausübt. Allerdings zeigte schon die Besitzdienerschaft (vgl. Kap. I, Inf. 5), daß es möglich ist, die Rechtswirkungen der Besitzerstellung jemandem zuzuordnen, der nicht die tatsächliche Sachherrschaft innehat. Als weitere F o r m eines Besitzes ohne Sachherrschaft k e n n t das BGB den mittelbaren Besitz. Er besteht, w e n n jemand seine Sachherrschaft nicht weisungsgebunden ausübt (also nicht Besitzdiener, sondern echter Besitzer ist), aber Rücksicht darauf n e h m e n m u ß , daß er den Besitz später an einen anderen herauszugeben hat. Dieser andere wird als mittelbarer Besitzer bezeichnet. Ein Beispiel für einen mittelbaren Besitzer ist der Vermieter. Während der Mietzeit übt der Mieter die unmittelbare Sachherrschaft aus (ohne Besitzdiener zu sein); bei seiner Sachherrschaft muß der Mieter berücksichtigen, daß er gemäß § 556 BGB nach Ablauf der Mietzeit zur Rückgabe des Besitzes an den Vermieter verpflichtet ist. Die f o l g e n d e n I n f o r m a t i o n e n mittelbaren Besitzes im BGB.

behandeln

Übersicht: Grundbegriffe Begründung und Übertragung Beendigung des mittelbaren Besitzes Schutz des mittelbaren Besitzes Zusammenfassung und Vertiefungshinweise

die Ausgestaltung

des

Information 1—5 6—7 8—10 11 — 16 17

53

Kap. III. Mittelbarer Besitz

1.

Grundbegriffe

§868

Mittelbarer Besitz ist eine Besitzform, die nicht mit Sachherrschaft verbunden ist, sondern daran anknüpft, daß ein unmittelbarer Besitzer (Besitzmittler) den Besitz nach § 868 BGB befristet innehat und gegenüber dem mittelbaren Besitzer (Oberbesitzer) zur späteren Besitzherausgabe verpflichtet ist. F:

Der B übergibt dem A eine Sache für die Dauer einer Ferienreise zur Verwahrung. Wer ist jetzt mittelbarer Besitzer und wer Besitzmittler der Sache? (Bitte begründen Sie Ihre Antworten, soweit möglich mit Angabe von §§.)

54

Kap. III. Mittelbarer Besitz A:

Grundbegriffe

Der A ist Besitzmittler (unmittelbarer Besitzer), weil er den Besitz nach der Ferienreise zurückgeben muß; der B ist mittelbarer Besitzer (Oberbesitzer), § 868 BGB.

2. Wegen seiner Herausgabeverpflichtung m u ß der unmittelbare Besitzer bestimmte Grenzen seiner Sachherrschaft einhalten. Diese ergeben sich aus dem z w i s c h e n ihm und dem Oberbesitzer b e s t e h e n d e n Rechtsverhältnis, dem sog. Besitzmittlungsverhältnis (Besitzkonstitut). Wesentlich für das Besitzmittlungsverhältnis ist, w i e die Worte „auf Zeit" in § 8 6 8 BGB zeigen, daß es zeitlich begrenzt ist. Ein Besitzmittlungsverhältnis kann durch Gesetz oder durch Vertrag begründet werden; ein vertragliches Besitzmittlungsverhältnis ist z.B. der Mietvertrag, bei dem sich die Rückgabepflicht des Besitzers nach Vertragsende aus § 556 BGB ergibt; weitere Beispiele dieser Art enthält § 868 BGB. Gesetzliche Besitzmittlungsverhältnisse werden Ihnen noch nicht bekannt sein; sie bestehen z.B. für den Testamentsvollstrecker oder den Konkursverwalter. F:

Der V hat dem K eine Waschmaschine unter Eigentumsvorbehalt (gemäß § 455 BGB) verkauft. Das bedeutet, daß K den unmittelbaren Besitz an der Maschine erhalten hat, während der V bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises (Eigentümer und) mittelbarer Besitzer der Maschine bleiben will. Ist ein solches Besitzmittlungsverhältnis möglich, obwohl doch K die Maschine nach vollständiger Bezahlung nicht mehr zurückgeben wül?

55

Kap. III. Mittelbarer Besitz A:

Grundbegriffe

Ja; es genügt, daß das Besitzmittlungsverhältnis nur für die begrenzte Zeit bis zur vollen Bezahlung des Kaufpreises bestehen soll. Eine spätere Rückgabe der Sache an den mittelbaren Besitzer ist nicht Voraussetzung eines Besitzmittlungsverhältnisses.

3. Neben der zeitlichen Begrenzung ist für das Besitzmittlungsverhältnis ein (evtl. erst künftiger) Herausgabeanspruch des Oberbesitzers gegen den unmittelbaren Besitzer kennzeichnend; dies ist z. B. der Anspruch aus § § 5 8 1 Abs. 2, 556 Abs. 1 BGB, wenn das Besitzmittlungsverhältnis ein Pachtvertrag ist. Der Herausgabeanspruch kann zusammen mit dem Ende des Besitzmittlungsverhältnisses wegfallen, so z. B. der Herausgabeanspruch des Eigentumsvorbehaltsverkäufers mit voller Bezahlung der Kaufsache. Fl:

Der A hat dem B eine Sache zur Verwahrung (nach §§ 688 ff. BGB) übergeben. Aus welcher Vorschrift ergibt sich der für das Besitzmittlungsverhältnis maßgebliche Herausgabeanspruch des A gegen den B?.

F 2 : Warum war bei der Frage zu Inf. 2 die Tatsache, daß der unmittelbare Besitzer die Sache später nicht mehr an den mittelbaren Besitzer herausgeben will, ohne Bedeutung für das Besitzmittlungsverhältnis?

56

Kap. III. Mittelbarer Besitz

Grundbegriffe

A I : Aus § 695 BGB. A 2: Weil nach voller Bezahlung des Kaufpreises das Besitzmittlungsverhältnis zwischen dem Eigentumsvorbehaltskäufer und dem Verkäufer erlischt und damit der Herausgabeanspruch wegfällt.

4.

§871

Mehrere Personen können mittelbare Besitzer einer Sache in der Weise sein, daß der unmittelbare Besitzer in einem Besitzmittlungsvernältnis zu einem mittelbaren Besitzer steht, der seinerseits in einem Besitzmittlungsverhältnis zu einem weiteren mittelbaren Besitzer steht, § 871 BGB; dies ist z.B. der Fall, wenn E ein Buch an den A verleiht, der es dem B weiterverleiht. B ist jetzt der unmittelbare Besitzer, der das Buch an den A zurückgeben muß, und dieser muß es an E zurückgeben. Hier handelt es sich um gestuften mittelbaren Besitz, bei dem (gerechnet vom unmittelbaren Besitzer her) der A mittelbarer Besitzer erster Stufe, der E mittelbarer Besitzer zweiter Stufe ist. Die Zahl der einzelnen Stufen des mittelbaren Besitzes ist nicht begrenzt. Mittelbarer Besitzer 2. Stufe (E) Mittelbarer Besitzer 1. Stufe (A) ; Unmittelbarer Besitzer (B) F:

Der M hat im Hause des E eine Wohnung gemietet. Ein Zimmer dieser Wohnung überläßt der M dem U als Untermieter. In welchem besitzrechtlichen Verhältnis steht E zu dem von U besessenen Zimmer?

8 Dilcher, Sachenrecht

57

Kap. III. Mittelbarer Besitz A:

Grundbegriffe

E ist mittelbarer Besitzer zweiter Stufe. (M ist mittelbarer Besitzer erster Stufe.)

5. Ein Besitzmittler ist immer Fremdbesitzer der Sache (vgl. Kap. I, Inf. 10). — Hatte der unmittelbare Besitzer vor Begründung des Besitzmittlungsverhältnisses Eigenbesitz, so wandelt sich sein Eigenbesitz mit Begründung des Besitzmittlungsverhältnisses in Fremdbesitz um. F:

Dem A gehört ein Haus, das er an den B veräußert; dabei wird vereinbart, daß A in dem Haus gegen Mietzahlung weiterhin wohnen darf. In welcher Weise ändert sich die Besitzerstellung des A mit der Veräußerung des Hauses?

58 8

Kap. III. Mittelbarer Besitz A:

A wird vom Eigenbesitzer zum Fremdbesitzer, weil er jetzt Besitzmittler des B im Rahmen eines Mietvertrages geworden ist.

Wiederholungsfragen: a)

Am mittelbaren Besitz sind notwendig zwei Personen beteiligt, der mittelbare Besitzer, der auch als bezeichnet wird und ein Besitzer, der auch als . . . bezeichnet wird.

b)

Voraussetzung für den mittelbaren Besitz ist ein zwischen dem Oberbesitzer und dem Besitzmittler bestehendes Rechtsverhältnis, das oder Besitzkonstitut genannt wird.

c)

Wesentlich für das Besitzmittlungsverhältnis ist ein des Oberbesitzers gegen den Besitzmittler.

d)

Gestufter mittelbarer Besitz ist nach §

...

BGB zulässig.

59

Kap. III. Mittelbarer Besitz A:

a) Oberbesitzer, unmittelbarer, Besitzmittler b) Besitzmittlungsverhältnis

Begründung c) Herausgabeanspruch d) 871

6. Für die Entstehung mittelbaren Besitzes müssen zwei Tatbestandselemente erfüllt sein, der unmittelbare Besitz des Besitzmittlers und ein Besitzmittlungsverhältnis zwischen ihm und dem Oberbesitzer. Das Besitzmittlungsverhältnis kann schon vereinbart werden, bevor der Besitzmittler den unmittelbaren Besitz erlangt. Dann spricht man von einem antezipierten (= vorweggenommenen) Besitzkonstitut; die damit zusammenhängenden Fragen werden in Kap. VII behandelt. Fl:

Der M hat zum 1.3.1969 eine Wohnung gemietet, die vorher nicht bezugsfertig ist. Kann er schon am 1.2.1969 mit seinem späteren Untermieter U ein Besitzmittlungsverhältnis vereinbaren?

F 2: Warum entsteht durch den Abschluß des Untermietvertrages vor dem 1.3. noch kein mittelbarer Besitz des M an dem untervermieteten Zimmer?

60

Kap. III. Mittelbarer Besitz

Übertragung

A I : Ja; ein vorweggenommenes Besitzmittlungsverhältnis kann schon vor Begründung des unmittelbaren Besitzes (des U) vereinbart werden. A 2: Weil mittelbarer Besitz das Vorliegen beider Tatbestandsmerkmale (unmittelbaren Besitz des U und Besitzmittlungsverhältnis zwischen U und M) voraussetzt; hier fehlt es noch am unmittelbaren Besitz des U.

7.

§ 870

Übertragen wird m i t t e l b a r e r Besitz v o n e i n e m O b e r b e s i t z e r auf e i n e n anderen d u r c h rechtsgeschäftliche Abtretung seines Herausgabeanspruchs, § 8 7 0 B G B . D i e A b t r e t u n g erfolgt n a c h d e n a l l g e m e i n e n R e g e l n der §§ 3 9 8 ff. B G B . A u c h ein gesetzlicher Übergang des m i t t e l b a r e n B e s i t z e s ist m ö g l i c h , z.B. nach d e n §§ 8 5 7 o d e r 5 7 1 A b s . 1 B G B . F 1: Der E hat einen Kraftwagen an den A vermietet. Nach dem Tode des E überträgt dessen Erbe F den mittelbaren Besitz am Wagen durch Abtretung des Herausgabeanspruchs auf den K. Ist der K mittelbarer Besitzer im Verhältnis zu A geworden? K

F2:

Wie wäre es, wenn der Erbe F erst 17 Jahre alt ist und ohne Mitwirkung seines gesetzlichen Vertreters gehandelt hat?

61

Kap. III. Mittelbarer Besitz

Beendigung

A I : Ja; da F durch den Erbfall nach § 857 BGB mittelbarer Besitzer geworden ist, konnte er den mittelbaren Besitz gemäß § 870 BGB auf K übertragen. A 2: Da die Abtretung des Herausgabeanspruchs ein Rechtsgeschäft ist, konnte F (der als Erbe nach § 857 BGB mittelbarer Besitzer geworden ist) wegen seiner beschränkten Geschäftsfähigkeit den mittelbaren Besitz nicht wirksam auf K übertragen.

8.

Die Beendigung des mittelbaren Besitzes tritt ein, wenn der dem mittelbaren Besitzer zustehende Herausgabeanspruch erlischt; dies geschieht nach den Regeln des Allgemeinen Schuldrechts, z.B. durch Erfüllung (§ 362 BGB, d.h. durch Rückgabe der Sache) oder durch Erlaß (§ 397 BGB, d. h. durch Verzicht auf Sachrückgabe). - Auch mit der Beendigung des Besitzmittlungsverhältnisses erlischt der Herausgabeanspruch. Dies gilt z. B. für den Herausgabeanspruch des Eigentumsvorbehaltsverkäufers nach voller Bezahlung des Kaufpreises, vgl. oben Inf. 3. F:

Der B hat für den Monat August ein Ferienhaus von A gemietet. Obwohl der B Ende August fristgerecht abreisen möchte, kann er aus besonderen Umständen das Haus erst Anfang September räumen. Zu welchem Zeitpunkt endet der mittelbare Besitz des A?

62

Kap. III. Mittelbarer Besitz A:

Beendigung

Erst im Zeitpunkt der Abreise des B, da erst dann der Rückgabeanspruch des A aus dem Mietvertrag erfüllt wird. (Daß der B die Rückgabe schon früher schuldete, ist in diesem Zusammenhang unerheblich.)

9. Der mittelbare Besitz endet ferner mit dem Besitzverlust unmittelbaren Besitzers (vgl. die Einzelheiten oben Kap. I, Inf. 15-17). F:

des in

Der A leiht dem B einen Regenschirm. B vergißt diesen Schirm an einer Bank im Park, holt ihn aber dort nach einer halben Stunde wieder ab. War in der Zwischenzeit der mittelbare Besitz des A beendet?

63

Kap. III. Mittelbarer Besitz A:

Beendigung

Nein, da der unmittelbare Besitzer B nur vorübergehend an der Ausübung der Sachherrschaft verhindert war (§ 856 Abs. 2 BGB), war sein Besitz nicht beendet; dementsprechend bestand auch der mittelbare Besitz des A fort.

10. Auch wenn der Herausgabeanspruch des mittelbaren Besitzers und die Sachherrschaft des unmittelbaren Besitzers fortbestehen, endet der mittelbare Besitz dann, wenn sich der unmittelbare Besitzer von der Besitzmittlung ,,lossagt", d.h. künftig nicht mehr als Fremdbesitzer, sondern als Eigenbesitzer handeln will. — Wie bei einseitiger Beendigung der Besitzdienerschaft (vgl. Kap. I, Inf. 7) muß die Lösung von den Pflichten des Besitzmittlungsverhältnisses fiir Dritte erkennbar werden. Nur der Entschluß, die Sache in Eigenbesitz zu nehmen, beendet den mittelbaren Besitz nicht. F:

Der C gibt im September für die Zeit einer Reise bis Ende Januar dem A ein Schmuckstück zur Verwahrung. Am 15. Dezember beschließt A, dieses Stück seiner Frau zu Weihnachten zu schenken. Am 24.12. präsentiert er sein Geschenk. Bei der Rückkehr des C teilt ihm A mit, daß er das Schmuckstück nicht mehr zurückgeben könne, weil er es inzwischen verloren habe. Wann endet der mittelbare Besitz des C?

64

Kap. III. Mittelbarer Besitz A:

Am 24. 12., weil zu diesem Zeitpunkt durch die Übergabe an die Ehefrau eine äußerlich erkennbare Lossagung von der Besitzmittlung erfolgte.

Wiederholungsfragen: a)

Die Entstehung mittelbaren Besitzes setzt den des Besitzmittlers voraus und ein . . . zwischen ihm und dem Oberbesitzer.

-

b)

Der Besitzmittler ist immer — manchmal — nie Eigenbesitzer (Zutreffendes bitte unterstreichen).

c)

Der mittelbare Besitz geht auf einen anderen Oberbesitzer über durch rechtsgeschäftliche Abtretung des , § 870 BGB, oder durch Übergang, z. B. nach § 857 BGB.

d)

Der mittelbare Besitz endet, wenn der

des mittelbaren Besitzers

erlischt, wenn der oder sich vom außen erkennbar lossagt.

9 Dilcher, Sachenrecht

den Besitz verliert, nach

65

Kap. III. Mittelbarer Besitz A:

a) b) c) d)

Besitzschutz

unmittelbaren Besitz, Besitzmittlungsverhältnis nie Herausgabeanspruchs, gesetzlichen Herausgabeanspruch, unmittelbare Besitzer, Besitzmittlungsverhältnis (bzw. Besitzkonstitut)

11. Für den Besitzschutz des mittelbaren Besitzers ist zu unterscheiden, ob der mittelbare Besitzer sich gegen einen Dritten oder gegen den unmittelbaren Besitzer wendet. Wird der mittelbare Besitz durch den unmittelbaren Besitzer beeinträchtigt, z.B. weil der Mieter bei der Sachherrschaft gegen den Mietvertrag verstößt, so ist der mittelbare Besitzer ausschließlich auf die ihm nach dem Besitzmittlungsverhältnis z u s t e h e n d e n R e c h t e angewiesen, ein possessorischer Besitzschutz f i n d e t insoweit nicht statt. Umgekehrt genießt jedoch der unmittelbare Besitzer gegen den mittelbaren Besitzer wie gegen jeden Dritten vollen Rechtsschutz nach Maßgabe der §§ 858 ff. BGB (vgl. Kap. II, Inf. 6 ff.). F 1: Der E hat seinen Obstgarten an den P verpachtet. Als E erfährt, daß der P im Begriff ist, die Obstbäume abzuholzen, will er hiergegen einschreiten. Kann E possessorische Ansprüche erheben?

F 2: Wenn umgekehrt der P in Erfahrung bringt, daß der E gerade im Begriff steht, die Bäume des Pachtgartens abzuholzen, darf er dann hiergegen Selbsthilfe üben?

66 9*

Kap. III. Mittelbarer Besitz

Besitzschutz

A 1: Nein; dieses Recht steht ihm als mittelbarem Besitzer gegenüber dem unmittelbaren Besitzer nicht zu. Er ist auf Ansprüche aus dem Pachtvertrag und seinem Eigentum angewiesen. A 2: Ja, da ihm auch gegenüber dem mittelbaren Besitzer die Rechte aus § 859 BGB zustehen.

12.

§ 869

Wird der unmittelbare Besitz durch einen Dritten beeinträchtigt, so kann auch der mittelbare Besitzer gegen den Eigenmachttäter die possessorischen Ansprüche der §§861 und 862 BGB geltend machen, § 869 BGB: mittelbarer Besitzer unmittelbarer Besitzer-* Dritter (Störung) Hat der Dritte für seine Handlung einen Rechtfertigungsgrund gegenüber dem unmittelbaren Besitzer, so entfallen auch für den mittelbaren Besitzer die Ansprüche nach § 869 BGB. F:

Der V hat dem M eine Wohnung vermietet. Nach einiger Zeit stellt er fest, daß der M zwei Zimmer der Wohnung unerlaubt an die beiden Studenten X und Y untervermietet hat. Kann der V gegen diese den Herausgabeanspruch des § 861 BGB durchsetzen?

67

Kap. III. Mittelbarer Besitz A:

Besitzschutz

Nein, weil X und Y infolge der Einwilligung des M keine verbotene Eigenmacht begehen. Der V bleibt auf seine Rechte aus dem Mietvertrag gegen den M angewiesen.

13. Der Anspruch des mittelbaren Besitzers aus § 869 BGB ist im Falle der Besitzentziehung regelmäßig auf die Wiedereinräumung des Besitzes beim unmittelbaren Besitzer gerichtet. Nur wenn dieser den Besitz nicht wieder übernehmen will oder kann, darf der mittelbare Besitzer Herausgabe an sich selbst verlangen, § 869 S. 2 BGB. F:

Der Mietwagenunternehmer V hat dem M einen Kraftwagen vermietet. Dieser Wagen wird dem M von D gestohlen. Als nach einigen Tagen der Wagen bei D entdeckt wird, befindet sich M auf einer längeren Auslandsreise. Kann der V jetzt von D die Herausgabe des Wagens an sich selbst verlangen?

68

Kap. III. Mittelbarer Besitz A:

Besitzschutz

Ja; da der M den unmittelbaren Besitz nicht übernehmen kann, steht gemäß § 869 S. 2 BGB dem V dieser Anspruch zu.

14. Selbsthilferechte versagt der Gesetzeswortlaut dem mittelbaren Besitzer, da in § 869 BGB nicht auch auf den § 859 BGB verwiesen ist. Jedoch wird in Analogie zu § 869 S. 2 BGB dem mittelbaren Besitzer ein Selbsthilferecht dann zugebilligt, wenn der unmittelbare Besitzer verhindert ist, Selbsthilfe zu üben oder sie nicht üben will. F:

Der E hat seinen Obstgarten an P verpachtet. Als er eines Tages am Garten vorbeikommt, sieht er, wie ein Unbekannter die Obstbäume plündert. Kann der E, da P verreist ist, gegen den Unbekannten Besitzwehr üben?

69

Besitzschutz

Kap. III. Mittelbarer Besitz A:

Ja; in analoger Anwendung des § 869 S. 2 BGB darf E für den verhinderten P Besitzwehr üben.

15. A u c h d e r Herausgabeanspruch des § 1007 BGB s t e h t d e m m i t t e l b a ren Besitzer zu. Allerdings wird dieser A n s p r u c h analog § 8 6 9 S. 2 BGB d a h i n m o d i f i z i e r t , d a ß d e r m i t t e l b a r e Besitzer regelmäßig n u r die H e r a u s g a b e a n d e n u n m i t t e l b a r e n Besitzer verlangen k a n n , a u ß e r w e n n dieser d e n Besitz n i c h t m e h r ü b e r n e h m e n will o d e r k a n n . F:

E hat dem M ein Buch geliehen und ihm gestattet, dieses kurzfristig auch an andere Interessenten weiterzugeben. Daraufhin hat der M das Buch dem U weiterverliehen. Das Buch wird dem U durch seinen Freund D entwendet. Wegen der Freundschaft möchte U nicht gegen D vorgehen; er hat auch kein Interesse mehr daran, das Buch zurückzuerhalten, da er es bereits gelesen hat. Kann der M von D Herausgabe des Buches verlangen? E

(Leihe)

M

(Leihet

U (Abhandenkommen) D

70

Kap. III. Mittelbarer Besitz A:

Besitzschutz

Ja; nach § 1007 Abs. 1 BGB und analog § 869 S. 2 BGB kann M Herausgabe des Buches an sich selbst verlangen, da U die Herausgabe von D nicht fordern will.

16.

Die dargestellten Besitzschutzansprüche werden von der herrschenden Meinung nicht nur dem wirklichen mittelbaren Besitzer zugebilligt, sondern darüber hinaus auch demjenigen, der zu einem .unmittelbaren Besitzer in einem vermeintlich gültigen Besitzmittlungsverhältnis (Putativbesitzmittlungsverhältnis) steht, an dessen Regeln er sich hält. Maßgebend ist der Gedanke, daß jemand, der sich wie ein mittelbarer Besitzer verhält, zum Schutz seiner berechtigten Interessen auch wie ein mittelbarer Besitzer behandelt werden muß. F:

Der E hat dem zunächst unerkannt geisteskranken P ein Grundstück verpachtet. Während der Abwesenheit des P wird der Grundbesitz von D beeinträchtigt. E verlangt von D die Unterlassung der Besitzbeeinträchtigung. Da aber inzwischen offenbar geworden ist, daß P seit langem geisteskrank und damit geschäftsunfähig war, macht D geltend, der E könne infolge fehlenden Besitzmittlungsverhältnisses keinen Rechtsschutz aus mittelbarem Besitz geltend machen. Trifft dies zu?

71

Kap. III. Mittelbarer Besitz A:

Nein; ein Besitzschutz im Sinne des § 869 BGB wird nach herrschender Meinung auch demjenigen zugebilligt, der sich auf ein nur vermeintliches Besitzmittlungsverhältnis berufen kann.

17. Zusammenfassung (in Verbindung mit den Wiederholungsfragen auf S. 59 und 65): a)

Als mittelbaren Besitz bezeichnet man die Rechtsstellung des dem ein unmittelbarer Besitzer (Besitzmittler) durch ein zur späteren Herausgabe des unmittelbaren Besitzes verpflichtet ist.

b)

Wird das Besitzmittlungsverhältnis vereinbart, bevor der Besitzmittler die unmittelbare Sachherrschaft erlangt hat, so handelt es sich um ein . . -

c)

Wenn mehrere Besitzmittlungsverhältnisse mit Bezug auf dieselbe Sache übereinander bestehen, so handelt es sich um nach § . . . BGB.

d)

Der mittelbare Besitzer kann Besitzschutz geltend machen, wenn er selbst

O (bitte ankreuzen)

der unmittelbare Besitzer EU im Besitz beeinträchtigt wird. e)

Der Besitzschutz des mittelbaren Besitzers hat seine Rechtsgrundlage in § . . . BGB.

f)

Der mittelbare Besitzer kann im Falle der Besitzentziehung durch einen Dritten die Herausgabe grundsätzlich nur an den verlangen.

72

Kap. III. Mittelbarer Besitz A:

a) b) c) d) e) f)

Oberbesitzers, Besitzmittlungsverhältnis antezipiertes Besitzkonstitut gestuften mittelbaren Besitz, 871 der unmittelbare Besitzer 869 unmittelbaren Besitzer.

Zur Wissensvertiefung für den Stoff des dritten Kapitels wird empfohlen Baur, Lehrbuch des Sachenrechts, aaO., § 7 B III Westermann, Sachenrecht, aaO., §§ 17-20 + 26. Besonders wichtig sind die Fragen des (hierzu Westermann, § 18 und BGHZ 21, 52).

10 Dilcher, Sachenrecht

Besitzmittlungsverhältnisses

Kap. III. Mittelbarer Besitz Der nachstehende klausurmäßige Sachverhalt soll Ihnen Gelegenheit geben, das erworbene Wissen in einer etwas schwierigeren Fallgestaltung anzuwenden. Ihre Antwort sollten Sie möglichst in Form einer gutachtlichen Lösung formulieren: Um seine Einbauküche zu installieren, entleiht sich A für einige Zeit die Bohrmaschine seines Nachbarn E. Der B, der dem A bei der Arbeit hilft, möchte das Gerät über das Wochenende mit nach Hause nehmen, da er in seiner Wohnung eine kleinere Reparatur durchführen will. Er legt die Maschine deshalb in seinen Pkw, aus dem sie von D gestohlen wird. Nachdem D gefaßt worden ist, fordert A den B auf, gegen D vorzugehen. Da B sich weigert, möchte A selbst die Maschine von D herausverlangen, ohne den Eigentümer E einzuschalten. Kann er das?

74

Kap. III. Mittelbarer Besitz Lösungsskizze: Ein Herausgabeanspruch des A könnte sich aus den §§ 869, 861 BGB ergeben. D hat dem B die Bohrmaschine gestohlen und ihm damit den unmittelbaren Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen, so daß im Verhältnis D—B die Voraussetzungen des § 861 BGB vorliegen. Als Verleiher war A mittelbarer Besitzer im Sinne des § 868 BGB und kann somit gemäß § 869 BGB den Anspruch des B gegen D geltend machen. Der Anspruch ist nach § 869 S. 2 BGB auf Herausgabe an A gerichtet, da B den Besitz nicht mehr übernehmen will. A könnte einen Herausgabeanspruch auch aus § 1007 Abs. 1 BGB herleiten: Er ist früherer Besitzer, und D, der jetzige Besitzer der Bohrmaschine, ist bösgläubig. Da B den unmittelbaren Besitz nicht mehr übernehmen will, kann A analog § 869 S. 2 BGB Herausgabe an sich verlangen. (Als schuldrechtlicher Anspruch kommt ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des mittelbaren Besitzes in Betracht. — Sonstige Ansprüche bestehen nicht. § 985 BGB scheidet aus, da A nicht Eigentümer der Maschine ist. § 812 Abs. 1 BGB entfällt, weil A den Besitz an B geleistet hat.)

75

Kapitel IV DAS

EIGENTUM

Der A hat in seinem Garten 10 Pfund Erdbeeren geerntet. Um seinen Nachbarn B zu ärgern, der für frische Erdbeeren kein Geld hat, stellt A die Obstkörbe im Garten auf und läßt die Erdbeeren dort — für B sichtbar — verfaulen. Darf er das?

Diese Frage führt zu dem Problem, welche Rechte und Pflichten der Eigentümer einer Sache hat, ein Problem, das häufig im Mittelpunkt gesellschaftspolitischer Diskussionen steht: Bis zum Erlaß des Grundgesetzes war für den rechtlichen Inhalt des Eigentums allein § 903 BGB mit seiner — entsprechend dem Denken des 19. Jahrhunderts — weitgehenden Eigentümerfreiheit maßgebend. Heute ist, aufgrund der veränderten sozialpolitischen Situation, diese Eigentümerfreiheit durch Art. 14 GG insoweit eingeschränkt, als es dem Verfassungsrahmen des sozialen Rechtsstaates entspricht. Somit steht die Frage nach den Rechten und Pflichten des Eigentümers heute im Spannungsfeld von Art. 14 GG und § 9 0 3 BGB. Die Einzelheiten dieser Problematik behandelt der nachfolgende Abschnitt.

Übersicht: Grundbegriffe Pflichten des Eigentümers Die Enteignung Der enteignungsgleiche Eingriff Der Notstand Zusammenfassung und Vertiefungshinweise

Information 1—5 6—7 8—11 12 13-14 15

76

Kap. IV. Eigentum

Grundbegriffe

1.

§903

In § 903 BGB wird (wie in Kap. I, Inf. 1 erwähnt) dem Eigentümer einer Sache das Recht zuerkannt, mit der Sache nach Belieben zu verfahren und jeden anderen von jeder Einwirkung auf die Sache auszuschließen. Das BGB versteht demnach Eigentum als das umfassendste Herrschaftsrecht an einer Sache. F:

Bei Beschreibungen des Eigentumsinhalts spricht man von „Totalität des Eigentums" und von „Exklusivität des Eigentums". Welche Tatbestandselemente in § 903 BGB lassen sich damit schlagwortartig kennzeichnen? a) Die „Totalität" des Eigentums ergibt sich aus den Worten

b) Die „Exklusivität" des Eigentums ergibt sich aus den Worten

77

Kap. IV. Eigentum A:

Grundbegriffe

a) „mit der Sache nach Belieben verfahren", b) „andere von jeder Einwirkung ausschließen".

2. Aus den Worten „. . . Eigentümer einer Sache . . ." in § 903 BGB ergibt sich, daß Eigentum im Sinne des BGB nur an einzelnen Sachen bestehen kann (Grundsatz der Spezialität). Eigentum kann demnach nicht an Sachgesamtheiten, z.B. einem Warenlager, bestehen, sondern nur an den einzelnen gelagerten Sachen. — Anders ist es dagegen im Schuldrecht, so daß ein Warenlager insgesamt Gegenstand eines Kaufvertrages sein kann. Ferner gibt es, da Eigentum auf Sachen im Sinne des § 90 BGB beschränkt ist, kein Eigentum an Rechten; hier wird der Berechtigte als Gläubiger oder Inhaber bezeichnet, z. B. der Gläubiger einer Forderung oder der Inhaber eines Urheberrechts. F:

Der V will die Hälfte seines Warenlagers an K übereignen. Genügt es, wenn im Vertrag hierüber gesagt ist: „V überträgt die Hälfte seines Warenlagers an K"? (Bitte begründen Sie Ihre Antworten, soweit möglich mit Angabe von §§.)

78

Kap. IV. Eigentum

Grundbegriffe

A:

Nein; nach dem Grundsatz der Spezialität in § 903 BGB können nur einzelne Sachen übereignet werden, keine Sachgesamtheiten.

3.

Art. 14 Abs. 2 GG

Abweichend von der Eigentümerfreiheit nach § 903 BGB ist in Art. 14 Abs. 2 GG vorgeschrieben, daß Eigentum verpflichtet und daß sein Gebrauch zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll. Diese Beschränkung nennt man die Sozialpflichtigkeit des Eigentums; auch der Ausdruck Eigentumsbindung wird hierfür verwendet. F:

Warum muß bei einer Bestimmung der Rechte des Eigentümers vom Vorrang der Eigentumsbindung des Art. 14 Abs. 2 GG vor der Eigentümerfreiheit des § 903 BGB ausgegangen werden?

79

Kap. IV. Eigentum A:

Grundbegriffe

Verfassungsrecht geht bürgerlichem Recht vor; deshalb hat Art. 14 Abs. 2 GG den Vorrang.

4. Art. 14 GG weicht nicht nur durch seine Beschränkung der Eigentümerfreiheit von § 903 BGB ab, sondern auch mit seinem Eigentumsbegriff: „Eigentum" im Sinne des Art. 14 GG umfaßt — über § 903 BGB hinausgehend — alle Vermögensrechte, d.h. jedes geldwerte Recht, insbesondere auch Forderungen. Diese Erweiterung des Begriffes erfolgt, um nicht nur das sachenrechtliche Eigentum, sondern die gesamte Vermögenssphäre unter den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG zu stellen. F:

Fällt der Anspruch des Verkäufers auf Zahlung des Kaufpreises gemäß § 433 Abs. 2 BGB unter den Eigentumsbegriff a) des § 903 BGB, b) des Art. 14 GG?

80

Kap. IV. Eigentum A:

Grundbegriffe

a) Nein; der Kaufpreisanspruch fällt nicht unter § 903 BGB, weil es sich nicht um eine Sache handelt; b) ja; der Kaufpreisanspruch fällt unter Art. 14 GG, weil dieser alle geldwerten Rechte erfaßt.

5.

Während die Eigentumsbindung des Art. 14 Abs. 2 GG die Eigentümerfreiheit des § 903 BGB einschränkt, berührt nach allgemeiner Ansicht der erweiterte Eigentumsbegriff des Art. 14 GG nicht die Regel des § 903 BGB, daß nur Sachen im Sinne des § 90 BGB Gegenstand des sachenrechtlichen Eigentums sein können. Im Rahmen der Dogmatik des BGB ist unter Eigentum immer nur das Eigentum an einzelnen Sachen zu verstehen. F:

Das Spezialitätsprinzip gilt für Eigentum im Sinne a) des Verfassungsrechts b) des bürgerlichen Rechts c) des Verfassungsrechts und des bürgerlichen Rechts

• O •

(Bitte die richtige Antwort ankreuzen)

81 11 Dilcher, Sachenrecht

Kap. IV. Eigentum A:

b) Das Spezialitätsprinzip gilt für das Eigentum im Sinne des bürgerlichen Rechts.

Wiederholungsfragen: a)

Das Eigentum unterscheidet sich vom unmittelbaren Besitz dadurch, daß Eigentum die Rechtsmacht an einer Sache, unmittelbarer Besitz die über eine Sache bezeichnet.

b)

Der Inhalt des Eigentums wird durch § . . . BGB und durch Art bestimmt.

c)

Im Unterschied zu § 903 BGB schützt Art. 14 GG nicht nur das Eigentum an Sachen im Sinne des § . . BGB, sondern alle -

d)

Die in Art. 14 Abs. 2 GG vorgesehene Beschränkung der Eigentümerfreiheit nennt man die des Eigentums.

82 Ii*

Kap. IV. Eigentum A:

a) b) c) d)

E igentümerpf I ichten

tatsächliche Herrschaft 903, 14 GG 90, Vermögensrechte Sozialpflichtigkeit

6.

In § 903 BGB sind nur Rechte des Eigentümers vorgesehen. Als Pflicht des Eigentümers entwickelte jedoch die Rechtsprechung schon lange vor 1949 den Grundsatz, daß den Eigentümer für seine Sache eine Verkehrssicherungspflicht trifft: Der Eigentümer hat dafür zu sorgen, daß von seiner Sache keine Gefahr für andere Personen oder Sachen ausgeht. Verstößt der Eigentümer schuldhaft gegen diese Pflicht zur vorsorglichen Gefahrenabwehr, so wird er (wegen Schadensverursachung durch pflichtwidrige Unterlassung) einem geschädigten Dritten nach § 823 Abs. 1 BGB ersatzpflichtig. F:

Auf dem Grundstück des A ist eine Grube ausgehoben worden. Da sie aus Unachtsamkeit nicht gesichert wird, stürzt ein Besucher des A hinein und verletzt sich. Wie kann der Besucher einen Schadensersatzanspruch gegen den A begründen?

83

Kap. IV. Eigentum A:

E igentümerpf I ichten

Der A ist der Verpflichtung, sein Grundstück so zu unterhalten, daß keine Gefährdung anderer Personen entstehen kann, fahrlässig nicht nachgekommen. Deshalb ist er dem Besucher nach § 823 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig (unabhängig von einer evtl. Haftung desjenigen, der die Grube ausgehoben hat).

7. Weitere Pflichten des Eigentümers ergeben sich aus der Eigentumsbindung des Art. 14 Abs. 2 GG: Wenn es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, dürfen bestimmte Eigentümerrechte nicht ausgeübt werden; der Eigentümer ist also zur Duldung von Beschränkungen verpflichtet. — Der genaue Inhalt der Duldungspflichten ergibt sich im Einzelfall erst nach einer Konkretisierung der Sozialpflichtigkeit. Diese erfolgt a) durch staatliches Recht, z.B. wenn im Grundstücksverkehrsgesetz (im Schönfelder Nr. 40) die Veräußerung landwirtschaftlicher Grundstücke unter Genehmigungszwang gestellt wird, b) durch Recht der Selbstverwaltungskörperschaften (Gemeinden, Kreise, usw.), z.B. wenn Bebauungspläne einer Gemeinde die industrielle Nutzung eines Bezirks untersagen, c) im Einzelfall durch Verwaltungsakt oder Richterspruch, z.B. wenn ein Bauwerk unter Denkmalschutz gestellt wird und deshalb äußerlich nicht verändert werden darf. F:

Welchem Ziel müssen alle Konkretisierungen der Sozialpflichtigkeit durch Normen oder Einzelakte dienen?

84

Kap. IV. Eigentum A:

8.

Enteignung

Nach Art. 14 Abs. 2 GG müssen sie dem Wohl der Allgemeinheit dienen.

Art. 14 Abs. 3 GG

Wenn die Beschränkung des Eigentümers aufgrund der Sozialpflichtigkeit seines Eigentums erfolgt, muß er sie ohne Entschädigung hinnehmen. Erst wenn die Einschränkungen des Eigentümers das nach Art. 14 Abs. 2 GG zulässige Maß übersteigen, handelt es sich nicht mehr um Eigentumsbindung, sondern um Enteignung. Diese kann nach Art. 14 Abs. 3 GG nur aufgrund eines Gesetzes erfolgen, in dem zugleich die Frage der Entschädigung geregelt sein muß. F:

Welche wirtschaftliche Bedeutung hat im Einzelfall die Frage, ob eine Enteignung oder die Konkretisierung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums vorliegt?

85

Kap. IV. Eigentum A:

Enteignung

Die Enteignung ist nach Art. 14 Abs. 3 GG nur gegen Entschädigung zulässig, die Konkretisierung der Sozialpflichtigkeit hingegen erfolgt ohne Entschädigung.

9. Damit entsteht die Frage, welche Tatbestandsmerkmale die Enteignung kennzeichnen: Eine Enteignung liegt nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte vor, wenn ein Eingriff den Einzelnen oder G r u p p e n von Einzelnen im Vergleich zu anderen ungleich trifft und sie zu einem besonderen Opfer ( „ S o n d e r o p f e r " ) für die Allgemeinheit zwingt (sog. Einzelaktstheorie). - Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte hingegen stellt auf Schwere und Tragweite des staatlichen Eingriffs unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten ab (sog. Zumutbarkeitstheorie). In ihren Ergebnissen weichen allerdings beide Auffassungen k a u m voneinander ab. So bewertet z. B. der BGH die Versagung einer Bauerlaubnis mit Rücksicht auf einen in Erstellung befindlichen Bebauungsplan als Enteignung, ebenso das Bundesverwaltungsgericht die Entziehung der Baulandqualität eines Grundstücks aus Gründen des Landschaftsschutzes. F:

Welcher Grundsatz steht im Vordergrund der Enteignungsdefinition a) der Zivilgerichte, b) der Verwaltungsgerichte?

86

Kap. IV. Eigentum A:

Enteignung

Die Einzelaktstheorie der Zivilgerichte betont den Gleichheitssatz, die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte das Prinzip der Zumutbarkeit.

10. Trotz der genannten Definitionen bleiben die Grenzen zwischen einer Konkretisierung der Eigentumsbindung und einer Enteignung oft fließend, wie der vom BGH (BGHZ 30, 338) entschiedene Fall einer Bausperre zeigt: Danach bedeutet eine zwecks Erstellung sachgerechter Bauleitpläne verhängte Bausperre grundsätzlich keine Enteignung. Wird jedoch die Planfestsetzung über drei Jahre hinaus verzögert, so wandelt sich die entschädigungsfreie Eigentumsbeschränkung in eine entschädigungspflichtige Enteignung. F:

Die Tankstelle des P liegt an einer verkehrsreichen Straße. Als dort Straßenbauarbeiten durchgeführt werden müssen, um die Straße der modernen Verkehrssituation anzupassen, sinkt der Umsatz des P merklich. — Warum kann die Dauer der Bauarbeiten für die Frage bedeutsam werden, ob der P wegen der Umsatzminderung eine Entschädigung beanspruchen kann?

87

Kap. IV. Eigentum A:

Enteignung

Weil sich nach heutiger Rechtsprechung bei längerer Dauer eine entschädigungsfreie Eigentumsbeschränkung in eine entschädigungspflichtige Enteignung umwandeln kann.

11.

Die nach Art. 14 Abs. 3 GG zu zahlende Enteignungsentschädigung ist kein Schadensersatz nach den §§ 249 ff. BGB; sie besteht nur aus dem Geldbetrag, der zur Beschaffung eines (für die Nutzungsweise des Betroffenen) gleichartigen Ersatzstücks im Zeitpunkt der Enteignung erforderlich ist. F:

In der Innenstadt beträgt der Preis für den Quadratmeter Boden 100.— DM. Im Zuge einer Innenstadtsanierung wird das Grundstück des E enteignet. Nach Abschluß der Sanierung steigt infolge der mit der Neuordnung des Stadtkerns verbundenen Geschäftsbelebung der Quadratmeterpreis dort auf 500.— DM. Welcher Quadratmeterpreis ist für die Enteignungsentschädigung des E zugrunde zu legen?

88

Kap. IV. Eigentum A:

Der Preis von 100.— DM pro qm, weil dem E zu diesem Preis die Ersatzbeschaffung eines Grundstücks in vergleichbarer Geschäftslage möglich ist, d.h. in einer anderen, nicht sanierten Innenstadt mit ebensolchen Bedingungen, wie sie für das enteignete Grundstück im Enteignungszeitpunkt bestanden.

Wiederholungsfragen: a)

Welche Pflicht wurde dem Eigentümer von der Rechtsprechung schon vor Bestehen des Art. 14 GG auferlegt?

b)

Kann die Konkretisierung der Eigentumsbindung nur durch Gesetz erfolgen oder auch im Einzelfall durch eine Verwaltungsbehörde?

c)

Nunmehr können Sie auch den Eingangsfall (S. 74) entscheiden. Darf der A seine Erdbeeren verfaulen lassen?

d)

Der für den betroffenen Eigentümer wesentliche Unterschied zwischen der Eigentumsbindung und einer Enteignung besteht darin, daß die Eigentumsbindung ist, während die Enteignung nur gegen erfolgen kann.

89 12 Dilcher, Sachenrecht

Kap. IV. Eigentum A:

Enteignung

a) Die Verkehrssicherungspflicht. b) Auch durch eine Verwaltungsbehörde. c) Ja, da fur diese Situation keine Regeln über eine Eigentumsbindung bestehen. d) entschädigungsfrei, Entschädigung.

12. Da gemäß Art. 14 Abs. 3 GG die Enteignung nur auf gesetzlicher Grundlage erfolgen kann, fragt sich, was geschehen soll, wenn eine Behörde zu Unrecht annimmt, sie handele in Konkretisierung der Eigentumsbindung, während sie in Wirklichkeit eine Enteignung ohne gesetzliche Grundlage vornimmt, z.B. wenn eine Behörde eine Straße quer durch eine Gärtnerei anlegen läßt in der Meinung, hierbei handele sie in Konkretisierung der Sozialpflichtigkeit. Die Gerichte h a b e n dies als enteignungsgleichen Eingriff bezeichnet: Der enteignungsgleiche Eingriff ist ein staatlicher A k t , der (im Unterschied zur Enteignung) rechtswidrig in das Eigentum eingreift; auf ein Verschulden des h a n d e l n d e n Staatsorgans k o m m t es dabei nicht an. Der enteignungsgleiche Eingriff wird in seinen Folgen der Enteignung gleichgestellt, w e n n er sich bei rechtmäßiger Abwicklung als Enteignung dargestellt h ä t t e . D e m e n t s p r e c h e n d ist analog Art. 14 Abs. 3 GG dieselbe Entschädigung zu leisten wie bei rechtmäßiger Enteignung. F:

In einer westdeutschen Großstadt soll im Enteignungswege Land für eine Straßenbegradigung beschafft werden. Das hiervon mitbetroffene Hausgrundstück des E wird versehentlich nicht in das Enteignungsverfahren einbezogen. Die mit den Abbrucharbeiten beauftragte Firma reißt, in Unkenntnis dieser Tatsache, auch das Wohnhaus des E nieder. Als der E daraufhin Entschädigung von der Stadt fordert, verweigert diese die Zahlung, weil keine Enteignung stattgefunden habe; auch ein deliktbegründendes Verschulden ihrer Bediensteten sei nicht nachweisbar. Hat der E dennoch Anspruch auf Entschädigung?

90 12*

Kap. IV. Eigentum A:

Notstand

Ja, in Analogie zu Art. 14 Abs. 3 GG, weil es sich bei dem Verhalten der Stadt um einen enteignungsgleichen Eingriff handelt, der wie eine Enteignung zu entschädigen ist.

13.

§ 904

Den Gegensatz zur Eigentumsentziehung im Interesse der Allgemeinheit bildet die Eigentumsentziehung im Interesse eines einzelnen anderen Menschen gemäß § 904 BGB: Der Eigentümer m u ß gemäß § 904 S. 1 BGB die Einwirkung Dritter auf seine Sache dulden, wenn die Einwirkung zur Abwendung einer Gefahr notwendig ist. Er kann dafür gemäß § 904 S. 2 BGB Schadensersatz verlangen. § 904 S. 1 BGB regelt den sog. agressiven Notstand. Bei diesem wird mit der Sache des geschädigten Eigentümers eine Gefahr abgewehrt, die nicht von der Sache selbst ausgeht; der durch die Gefahr drohende Schaden muß gegenüber der Beeinträchtigung des Eigentümers unverhältnismäßig groß sein, z.B. wenn der A vor dem Hause des (unbeteiligten) B verunglückt und der D zur Hilfeleistung eine bei B im Vorgarten liegende Decke verwenden muß. Im Unterschied dazu regelt § 228 BGB den sog. defensiven Notstand, bei dem die Gefahr von der beschädigten Sache selbst ausgeht, z. B. wenn ein tollwütiger Hund getötet wird. In diesem Falle gibt es keinen Schadensersatz. F l : Im Reihenhaus des A ist ein Brand ausgebrochen. a) Dürfen die Nachbarn, um die Ausbreitung des Brandes zu verhindern, das Haus des A beschädigen?

b) Dürfen sie auch das angrenzende Haus des B beschädigen, wenn nur dadurch alle übrigen Häuser der Reihensiedlung gerettet werden können?

F 2: Können A und B von den Nachbarn Schadensersatz verlangen?

91

Kap. IV. Eigentum

Notstand

A I : a) Ja, gemäß § 228 BGB, da die Gefahr von diesem Haus ausgeht. b) Ja, gemäß § 904 S. 1 BGB. A 2: Nur der B gemäß § 904 S. 2 BGB; nach § 228 BGB erhält der A keinen Schadensersatz.

14.

Wer Schuldner des Schadensersatzanspruchs sein soll, ist in § 904 S. 2 BGB nicht ausgesprochen. Nach herrschender Meinung trifft die Ersatzpflicht den Handelnden; handelt er weisungsgebunden, trifft die Ersatzpflicht seinen Auftraggeber. Der durch die Inanspruchnahme des fremden Eigentums Begünstigte, dem die Gefahr drohte, haftet nach herrschender Meinung dem Eigentümer nicht. (Er kann jedoch eventuell vom Handelnden aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung in Anspruch genommen werden.) F:

Bei dem vorgenannten Reihenhausbrand konnte der in einem der gefährdeten Nachbarhäuser wohnende X sich infolge einer Erkrankung nicht an der Beschädigung des Hauses von B beteiligen. Kann der B auch den X auf Schadensersatz in Anspruch nehmen?

92

Kap. IV. Eigentum A:

Nach herrschender Meinung kann B den X nicht in Anspruch nehmen, da dieser nicht gehandelt hat.

15. Zusammenfassung (in Verbindung mit den Wiederholungsfragen auf S. 82 und 89): a)

Nach § 903 BGB ist Eigentum das umfassendste an einer Sache.

b)

Eigentum im sachenrechtlichen Sinne kann nur an einzelnen Sachen bestehen, nicht dagegen an oder an

c)

Gemäß Art. . . Abs. . GG hat der Eigentümer Pflichten zur Duldung von Eigentumsbeschränkungen. Diese beruhen auf der des Eigentums.

d)

Entschädigung erhält der Eigentümer, wenn es sich bei der Beeinträchtigung seines Eigentums um eine gemäß Art. . . Abs. . GG handelt; gleichgestellt ist der Eingriff.

e)

Der wichtigste Unterschied zwischen Enteignungsentschädigung und Schadensersatz gemäß § 249 ff. BGB besteht darin, daß die Entschädigung nur den Geldbetrag umfaßt, der zur Beschaffung eines erforderlich ist.

f)

Wenn das Eigentum eines Unbeteiligten verletzt werden muß, um eine von dritter Seite drohende Gefahr zu bekämpfen, kann der Eigentümer gemäß § . . . S. . BGB vom Handelnden (oder seinem Auftraggeber) verlangen.

93

Kap. IV. Eigentum A:

a) b) c) d) e) f)

Herrschaftsrecht Sachgesamtheiten, Rechten Art. 14 Abs. 2, Sozialpflichtigkeit Enteignung, Art. 14 Abs. 3, enteignungsgleiche gleichartigen Ersatzstücks 904 S. 2, Schadensersatz

Zur Wissensvertiefung für den Stoff des vierten Kapitels wird empfohlen: Baur, Lehrbuch des Sachenrechts, aaO., §§ 24 + 26 + 50 Westermann, Sachenrecht, aaO., §§ 28 + 61. Besonders wichtig sind die Fragen der Eigentumsgarantie und der Enteignung (hierzu Baur, § 26, Westermann, § 28 II, BVerfGE 24, 367 ff., BGHZ 29, 217 (221) und 60, 145 (147), BVerwGE 5, 143 (145).

Kapitel V DAS

E I G E N T Ü M E R - B E S I T Z E R V E R H Ä L T N I S

Dogmatischer Kernpunkt der Rechtsstellung des Eigentümers ist im BGB (entsprechend seiner Entstehungszeit) der Herausgabeanspruch des Eigentümers gegen einen nichtberechtigten Besitzer g e m ä ß § 9 8 5 BGB; ergänzende Vorschriften für die im Zusammenhang mit diesem Anspruch e n t s t e h e n d e n Fragen enthalten die §§ 9 8 6 — 1 0 0 3 BGB. Die Gesamtheit der so geregelten R e c h t s b e z i e h u n g e n z w i s c h e n dem nicntbesitzenden Eigentümer und dem besitzenden Nichteigentümer bezeichnet man als „Eigentümer-Besitzerverhältnis". Um einen Eindruck zu vermitteln, in welchem Zusammenhang diese Fragen praktisch werden können, sei folgender Sachverhalt angeführt: Der 22jährige A hat während zweitägiger Abwesenheit seines Vaters dessen Auto (entgegen strengem Verbot) benutzt und dabei die Vorderachse stark beschädigt. Um dies nicht eingestehen zu müssen, gibt er den Wagen dem B zur Reparatur. B hält den A wegen der Namensgleichheit mit seinem Vater für den Eigentümer des Wagens und beseitigt den Schaden; A hat aber nicht genügend Geld zur Bezahlung. Daraufhin gibt B den Wagen nicht heraus. - Als der Vater zurückkommt, berichtet A den Sachhergang. Daraufhin verlangt der Vater als Eigentümer die Herausgabe des Wagens von B; die Reparaturbezahlung verweigert er, weil nicht er den Auftrag dafür erteilt habe. Muß B den Wagen ohne Bezahlung herausgeben?

Übersicht: Herausgabeanspruch Nutzungen Schadensersatz Verwendungen des Besitzers Zusammenfassung und Vertiefungshinweise

Information 1—5 6—13 14—19 20—26 27

95

Herausgabeanspruch

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis

§ 985

1.

§ 985 BGB gewährt dem Eigentümer gegen den Besitzer einen Anspruch auf Herausgabe der Sache. Dieser Anspruch ist unabhängig davon, ob der Eigentümer bereits vorher Besitzer der Sache war oder nicht. Der Anspruch aus § 985 BGB wird als dinglicher Anspruch bezeichnet, weil ihm kein schuldrechtlicher Entstehungstatbestand (etwa aus Vertrag), sondern die sachenrechtliche Zuordnung des streitigen Gegenstandes zugrunde liegt. F:

Der D hat dem A eine Uhr gestohlen. Nach dem Tode des A entdeckt dessen Erbe E die Uhr bei D. Kann E, der als Erbe des A mit dessen Tod Eigentümer geworden ist, von D Herausgabe gemäß § 985 BGB verlangen? A

(Diebstahl)

Dieb D

Erbe E (Bitte begründen Sie Ihre Antworten, soweit möglich mit Angabe von §§.)

96

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

Herausgabeanspruch

Ja, da E als Erbe Eigentümer der Uhr ist und es für seinen Anspruch aus § 985 BGB nicht darauf ankommt, daß er zur Zeit des Diebstahls nicht der Besitzer der Sache war.

2. Verpflichtet zur Herausgabe ist sowohl der unmittelbare als auch der mittelbare Besitzer, weil in § 9 8 5 BGB v o m Besitzer schlechthin gesprochen wird. — Da v o m mittelbaren Besitzer nur mittelbarer Besitz herausgegeben werden kann, m u ß der Eigentümer zur Erlangung des unmittelbaren Besitzes an der Sache dann noch gegen den unmittelbaren Besitzer vorgehen. F 1: Die Studenten E und B bewohnen gemeinsam ein Zimmer. Der B verleiht ohne Wissen des E dessen Schreibmaschine an den X. Als der E die Schreibmaschine von B zurückfordert, verweist ihn dieser an den X, weil er, der B, zur Herausgabe nicht imstande sei. Von wem kann E Herausgabe der Schreibmaschine nach § 985 BGB verlangen? Eigentümer E

- Verleiher B 'Besitzer

F 2: Wie und nach welcher Vorschrift kann der mittelbare Besitzer B den gegen ihn gerichteten Herausgabeanspruch des E erfüllen, wenn er die Schreibmaschine nicht von X zurückverlangen will?

97 13 Dilcher, Sachenrecht

Herausgabeanspruch

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis

A 1: Gemäß § 985 BGB kann der E von X Herausgabe verlangen, weil X unmittelbarer Besitzer ist. Von B kann E ebenfalls Herausgabe verlangen, da auch der mittelbare Besitzer nach § 985 BGB verpflichtet ist. A 2: Indem er nach § 870 BGB seinen Herausgabeanspruch gegen den unmittelbaren Besitzer X an E abtritt (vgl. oben Kap. III, Inf. 7).

3.

§ 986

Der Herausgabeanspruch aus § 9 8 5 BGB ist ausgeschlossen, w e n n der unmittelbare Besitzer oder sein Oberbesitzer, der ihm den Besitz überlassen hat, gegenüber dem Eigentümer ein Recht zum Besitz hat, § 9 8 6 Abs. 1 S. 1 BGB. Das Recht zum Besitz kann schuldrechtliche, sachenrechtliche, familienrechtliche oder erbrechtliche Grundlagen haben; ebenso kann es sich aus öffentlichem Recht herleiten. So hat z.B. schuldrechtlich der Mieter ein Recht zum Besitz während der Mietzeit, ebenso der Eigentumsvorbehaltskäufer bis zur vollen Bezahlung des Kaufpreises; öffentlich-rechtlich entsteht ein Recht zum Besitz z.B. durch staatliche Einweisung in Wohnräume. F 1: Der Hauseigentümer E hat ein Haus an den M vermietet. M wiederum hat mit Erlaubnis des E dieses Haus an den U untervermietet. Kann der E, als er für seinen Sohn eine Wohnung benötigt, von U die Herausgabe des Hauses verlangen? Eigentümer E

Hausmieter

M

Untermieter

Ü

F 2: Aus welchen Rechtsverhältnissen ergibt sich im vorgenannten Fall das Recht zum Besitz des U gegenüber dem E?

98 13*

Kap. V . Eigentümer-Besitzerverhältnis

Herausgabeanspruch

A 1: Nein; zwar steht dem U gegenüber dem E kein eigenes Besitzrecht zu, da er einen Mietvertrag nur mit M abgeschlossen hat; da jedoch M ein Besitzrecht gegenüber dem E hat, wirkt dies gemäß § 9 8 6 Abs. 1 S. 1 BGB auch für den U. A2:

Das Recht des U zum Besitz folgt aus den zwischen E und M sowie zwischen M und U abgeschlossenen Mietverträgen, §§ 535 S. 1, 5 4 9 Abs. 1 S. 1 BGB.

4. Der Eigentümer kann von dem unmittelbaren Besitzer Herausgabe an den mittelbaren Besitzer verlangen, wenn dieser die Sache dem unmittelbaren Besitzer unerlaubt überlassen hat. Herausgabe an sich selbst kann der Eigentümer in einem solchen Falle nur dann fordern, wenn der mittelbare Besitzer nicht bereit oder nicht in der Lage ist, den unmittelbaren Besitz wieder zu übernehmen, § 9 8 6 Abs. 1 S. 2 BGB. F:

Was kann der E im vorgenannten Falle von U verlangen, wenn E dem M keine Erlaubnis zur Untervermietung erteilt hatte?

99

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

Herausgabeanspruch

E kann von U Rückgabe des Hauses an den M verlangen, § 986 Abs. 1 S. 2 BGB.

5.

Der Herausgabeanspruch des § 985 BGB und ein auf dieselbe Sache gerichteter vertraglicher Herausgabeanspruch können nach herrschender Meinung beliebig nebeneinander geltend gemacht werden, d.h. es besteht echte Anspruchskonkurrenz zwischen ihnen. — Von einem Teil der Literatur (z. B. von Wolff-Raiser) wird dagegen angenommen, daß der vertragliche Herausgabeanspruch als die speziellere Regelung den gesetzlichen Herausgabeanspruch ausschließt. F:

Der E ist Eigentümer eines Motorrollers, den er für drei Wochen an den B vermietet hat. Nach Ende der Mietzeit ist der B nicht bereit, den Motorroller an E zurückzugeben. Kann der E sein Herausgabeverlangen auch auf § 985 BGB stützen a) nach herrschender Meinung, b) nach der Ansicht von Wolff-Raiser?

100

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

a) Ja; nach herrschender Meinung kann der E Herausgabe sowohl aus dem Mietvertrag gemäß § 556 BGB als auch aus § 985 BGB verlangen, b) Nein, nach der Ansicht von Wolff-Raiser schließt der vertragliche Rückgabeanspruch des § 556 BGB den Herausgabeanspruch des § 985 BGB aus.

Wiederholungsfragen: a)

Der Anspruch auf § 985 BGB ist auf tet.

der Sache gerich-

b)

Der Anspruch aus § 985 BGB richtet sich nur gegen den unmittelbaren Besitzer CD auch gegen den mittelbaren Besitzer • (Kreuzen Sie bitte die richtige Antwort an.)

c)

Der Herausgabeanspruch des Eigentümers greift gemäß § 986 BGB nur durch, wenn weder der unmittelbare noch der mittelbare Besitzer ein der Sache hat.

d)

Der D stiehlt das Fahrrad des E. Folgende Ansprüche kann der E gegen den D geltend machen, um das Fahrrad zurückzuerhalten: Sachenrechtliche Ansprüche nach § . . . BGB wegen Besitzentziehung, nach § . . . . BGB als früherer Besitzer und nach § . . . BGB als Eigentümer. Schuldrechtliche Ansprüche nach § . . . BGB, weil D das Fahrrad rechtsgrundlos besitzt und nach § . . . BGB, weil der D wegen seines Deliktes gemäß § 249 BGB Naturalrestitution durch Rückgabe des Fahrrades leisten muß.

101

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

a) b) c) d)

Nutzungen

Herausgabe auch gegen den mittelbaren Besitzer Recht zum Besitz 861,1007,985,812,823

6. Der Eigentümer kann vom Besitzer nicht nur die Sache selbst, sondern nach den §§ 987 ff. BGB auch die aus der Sache gezogenen Nutzungen herausverlangen. — Außerdem kommen Ansprüche auf Schadensersatz in Betracht (hierzu Inf. 14—19) sowie Ansprüche des Besitzers auf Verwendungsersatz (hierzu Inf. 20—26). Voraussetzung für alle Ansprüche nach den §§ 987 ff. BGB ist, daß der Herausgabeanspruch nach § 985 BGB nicht durch ein Recht zum Besitz ausgeschlossen ist (vgl. oben Inf. 3). Diese Situation bezeichnet man als Vindikationslage; eine Vindikationslage besteht also immer dann, wenn dem Anspruch aus § 985 BGB kein Gegenrecht aus § 986 BGB entgegensteht. F 1: Die (nach den § § 987 ff. BGB herauszugebenden) Nutzungen sind im Allgemeinen Teil des BGB gesetzlich definiert. In welcher Vorschrift steht diese Definition?

F 2: B hat von E am 1.3. einen Kraftwagen für eine Woche gemietet. Besteht eine Vindikationslage am 5.3., am 9.3.?

102

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis

Nutzungen

A 1: Nutzungen sind in § 100 BGB (in Verbindung mit § 99 BGB) gesetzlich definiert. A 2: Am 9.3. besteht eine Vindikationslage, weil jetzt das Besitzrecht des B aus dem Mietvertrag erloschen ist.

7.

§ 990 Abs. 1

Der Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen ist davon abhängig, ob und seit wann der Besitzer in bezug auf sein Besitzrecht bösgläubig ist, weil ein bösgläubiger Besitzer mehr Nutzungen herausgeben muß als ein gutgläubiger.

Bösgläubig im Sinne der §§ 987 ff. BGB ist, wer seine fehlende Besitzberechtigung beim Besitzerwerb kennt oder grob fahrlässig nicht kennt, § 990 Abs. 1 S. 1 BGB. - Darüber hinaus wird auch derjenige bösgläubig, der seine fehlende Besitzberechtigung später erfährt, § 990 Abs. 1 S. 2 BGB. - Dem bösgläubigen Besitzer wird nach § 987 BGB derjenige Besitzer gleichgestellt, der auf Herausgabe der Sache verklagt ist; die dort genannte „Rechtshängigkeit" wird regelmäßig durch Klageerhebung begründet, vgl. § 263 Abs. 1 ZPO. F 1: Bösgläubigkeit des Besitzers entsteht, wenn er a) beim Besitzerwerb . . . . oder infolge nicht weiß, daß er kein zum Besitz hat, positive Kenntnis davon erlangt, daß er kein Besitzrecht hat, b) c) auf Herausgabe der Sache verklagt wird und damit die . . . . des Herausgabeanspruchs eintritt.

F 2: Ist der X, der von D einen gestohlenen Kraftwagen ohne Kraftfahrzeugpapiere erwirbt, aber vom Diebstahl nichts weiß, bösgläubig hinsichtlich seines Besitzrechtes?

103

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis

Nutzungen

A I : a) weiß b) später grober Fahrlässigkeit c) Rechtshängigkeit Recht A 2: Ja; das Fehlen der Kraftfahrzeugpapiere begründet Bösgläubigkeit, weil ein Erwerber, der dies nicht beachtet, grob fahrlässig handelt.

8. Gutgläubig ist demnach ein Besitzer, der a) beim Besitzerwerb an sein Recht zum Besitz glaubt, selbst w e n n er dabei leicht fahrlässig handelt, b) auch später nicht erfährt, daß er kein Recht zum Besitz hat, selbst w e n n er dabei grob fahrlässig ist, und der c) nicht auf Herausgabe der Sache verklagt ist. F:

Wann macht grobe Fahrlässigkeit in bezug auf das fehlende Recht zum Besitz den Besitzer bösgläubig?

104

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis

Nutzungen

A:

Grobe Fahrlässigkeit beim Besitzerwerb macht bösgläubig, später nur noch die positive Kenntnis des fehlenden Besitzrechts.

9.

§ 991 Abs. 1

Als gutgläubig gilt nach § 991 Abs. 1 BGB ferner ein (in Wirklichkeit bösgläubiger) unmittelbarer Besitzer, wenn er seinen Besitz von einem gutgläubigen mittelbaren Besitzer herleitet, z.B. der Untermieter in nachstehender Zeichnung Mieter (gutgläubig) Untermieter (bösgläubig, gilt aber als gutgläubig). Diese Regelung dient dem Schutz des gutgläubigen mittelbaren Besitzers, der andernfalls dem unmittelbaren Besitzer wegen der entzogenen Nutzungen ersatzpflichtig würde, z. B. als Vermieter dem Mieter gemäß § 541 BGB. F:

E hat dem M einen Kraftwagen vermietet, den der M an den Rechtsstudenten U weitervermietet. Der Mietvertrag zwischen E und M ist nichtig, was zwar nicht der M, wohl aber der U erkennt. Wird der U als gutgläubiger oder bösgläubiger Besitzer des Kraftwagens behandelt?

105 14 Dilcher, Sachenrecht

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

10.

Nutzungen

Trotz seiner Kenntnis der fehlenden Besitzberechtigung des M gilt der U gemäß § 991 Abs. 1 BGB als gutgläubig.

§ 993 Abs. 1

Der gutgläubige Besitzer darf die nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft gewonnenen Nutzungen behalten, § 993 Abs. 1, 2. Halbsatz BGB. Das bedeutet (nach § 100 BGB), daß ihm die gezogenen Früchte verbleiben und daß er Vorteile, die ihm der Sachgebrauch ermöglichte, nicht zu vergüten braucht. Lediglich solche Früchte, die über den normalen Ertrag einer ordnungsmäßigen Wirtschaft hinausgehen (sog. Übermaßfrückte), hat er gemäß § 993 Abs. 1, 1. Halbsatz BGB nach Bereicherungsrecht herauszugeben. Übermaßfrüchte sind z.B. bei einem Wald die über die normale Einschlagquote hinaus abgeholzten Bäume. F:

Der B hatte gutgläubig einen gestohlenen Kraftwagen mit gefälschten Papieren erworben. Kann der Eigentümer E nach Entdeckung des Sachverhalts neben der Herausgabe des Wagens auch eine Geldzahlung für die Benutzung des Wagens in der Zwischenzeit verlangen?

106 14*

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

11.

Nutzungen

Nein; als gutgläubiger Besitzer braucht der B die normal gezogenen Nutzungen (hier: Gebrauchsvorteile) nicht herauszugeben, § 993 Abs. 1, 2. Halbsatz BGB.

§988

Ausnahmsweise muß gemäß § 988 BGB auch der gutgläubige Besitzer die gezogenen Nutzungen herausgeben, wenn er seinen Besitz unentgeltlich erlangt hat, z.B. als Entleiher. — Die Rechtsprechung hat analog § 988 BGB einem unentgeltlichen Besitzerwerb den rechtsgrundlosen Besitzerwerb, z.B. aufgrund unwirksamen Kaufvertrages, gleichgestellt, weil in diesem Falle das Entgelt an den Besitzer zurückgezahlt werden muß. Der wichtigste Fall des rechtsgrundlosen Besitzerwerbs entsteht durch die Anfechtung des Kausalgeschäftes, die dieses gemäß § 142 BGB rückwirkend beseitigt. F 1: Der B entleiht bei D, den er für den Eigentümer hält, einen gestohlenen PKW. Kann dessen Eigentümer E von B eine Vergütung für die gezogenen Nutzungen verlangen?

F 2: Der Autohändler A veräußert an den B einen Gebrauchtwagen. Da B hierbei arglistig getäuscht wurde, ficht er Kauf und Übereignung wirksam an und gibt den Wagen an A zurück. Kann der A von B ein Nutzungsentgelt für die Zeit verlangen, in welcher B den Wagen in Gebrauch hatte?

107

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis

Nutzungen

A 1: Ja, da B seinen Besitz unentgeltlich erlangt hat. A2: Ja, analog § 988 BGB, da B infolge der Anfechtung von Anfang an rechtsgrundloser Besitzer war.

12.

§§ 9 9 0 , 9 8 7

Der bösgläubige Besitzer hat — gleichgültig, ob er den Besitz entgeltlich oder unentgeltlich erworben hat — alle während seiner Bösgläubigkeit gezogenen Nutzungen herauszugeben. Außerdem muß er dem Eigentümer Ersatz für schuldhaft nicht gezogene Nutzungen leisten, die er bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hätte erzielen können, §§ 990 Abs. 1, 987 BGB. F:

Der P hat von E einen Obstgarten gepachtet. Als der E die Nichtigkeit dieses Vertrages behauptet und den P auf Herausgabe des Gartens verklagt, läßt der P die Obsternte des Jahres am Stamm verderben. Könnte der E, wenn er den Prozeß gewinnt, von P (außer der Sachherausgabe) Ersatz für das Obst verlangen?

108

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

Nutzungen

Ja; denn nach Eintritt der Rechtshängigkeit muß gemäß § 987 Abs. 2 BGB Ersatz für schuldhaft nicht gezogene Nutzungen geleistet werden.

13.

Die §§ 987 f f BGB enthalten nach herrschender Meinung hinsichtlich der Ansprüche auf Herausgabe gezogener sowie auf Ersatz schuldhaft nicht gezogener Nutzungen eine abschließende Regelung in dem Sinne, daß daneben die §§ 812 ff. oder 823 ff. BGB nicht anwendbar sind; dies ergibt sich aus dem 2. Halbsatz von § 993 Abs. 1 BGB. Im Ergebnis bedeutet es, daß ein gutgläubiger Eigenbesitzer nach den §§ 987 ff. BGB besser gestellt ist als er bei Anwendung der § § 8 1 2 ff. oder 823 ff. BGB gestellt wäre (sog. „Privilegierung des gutgläubigen Eigenbesitzers"). F 1: Der B hat zum Preise von 3 000.— DM gutgläubig einen gestohlenen Kraftwagen erworben. Kann der Eigentümer E von B aufgrund der §§ 987 ff. BGB ein Entgelt für die Wagenbenutzung verlangen?

F2:

Könnte E mit der Behauptung, der B habe während der Benutzung des Wagens die Kosten für andere Verkehrsmittel eingespart, den ersparten Betrag als ungerechtfertigte Bereicherung von B fordern?

109

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A 1: Nein, da der gutgläubige Besitzer, der den Besitz entgeltlich erlangt hat, nicht zur Herausgabe von Nutzungen verpflichtet ist. A 2: Nein, da § 993 Abs. 1, 2. Halbsatz BGB einen Anspruch des E aus § 812' BGB gegen den gutgläubigen Besitzer auf Herausgabe der Nutzungen ausschließt.

Wiederholungsfragen: a)

Unter welcher Voraussetzung muß ein gutgläubiger Besitzer Nutzungen herausgeben, die er nach den Regeln ordnungsgemäßer Wirtschaft gezogen hat?

b)

Der bösgläubige Besitzer muß alle aus der Sache gezogenen Nutzungen herausgeben; außerdem muß er Ersatz für Nutzungen leisten, §§ 990 Abs. 1,987 BGB.

c)

Dem bösgläubigen Besitzer gleichgestellt ist der Besitzer nach Eintritt der des Herausgabeanspruchs, § 987 BGB.

110

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

14.

Schadensersatz

a) Wenn er den Besitz unentgeltlich erlangt hat, § 988 BGB. Dasselbe gilt nach Auffassung der Rechtsprechung analog § 988 BGB, wenn er den Besitz rechtsgrundlos erlangt hat. b) schuldhaft nicht gezogene c) Rechtshängigkeit

§ 993 Abs. 1

Der Eigentümer hat, neben den Ansprüchen auf Herausgabe der Sache und der Nutzungen, gemäß den §§ 989—993 BGB Anspruch auf Schadensersatz, wenn der unrechtmäßige Besitzer die Sache schuldhaft verschlechtert hat; ferner entsteht der Schadensersatzanspruch, wenn der Besitzer die Sache nicht mehr herausgeben kann. Voraussetzung ist, wie bei den Nutzungen, auch hier das Bestehen einer Vindikationslage; ebenso wird zwischen Gutgläubigkeit und Bösgläubigkeit des Besitzers unterschieden.

Der gutgläubige Besitzer haftet grundsätzlich nicht auf Schadensersatz; dies ergibt sich aus dem 2. Halbsatz von § 993 Abs. 1 BGB. Dementsprechend sind gegen ihn auch Schadensersatzansprüche aus § 823 BGB ausgeschlossen. F:

Der gutgläubige B erwirbt von X einen gestohlenen Fotoapparat. Infolge grober Unachtsamkeit fällt ihm der Apparat zu Boden und wird stark beschädigt. Kurz darauf wird X des Diebstahls überführt, und der Eigentümer E erfährt vom Verbleib des Apparates. E verlangt nunmehr (außer der Sachrückgabe) von B Ersatz wegen der Beschädigungen. Mit Recht?

111

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

Schadensersatz

Nein, da B zur Zeit des Schadenseintritts gutgläubiger Besitzer war und deshalb nach § 993 Abs. 1 BGB nicht zum Schadensersatz verpflichtet ist.

15. Ist der gutgläubige Besitzer jedoch Fremdbesitzer (vgl. dazu Kap. I, Inf. 10) und überschreitet er den Rahmen seines durch das vermeintliche Besitzmittlungsverhältnis bestimmten Besitzrechtes, so begeht er einen sog. Fremdbesitzerexzeß. Dies trifft z. B. zu, wenn ein Mieter, dessen Mietvertrag unerkannt nichtig war, seine Zigarettenreste auf dem Parkettfußboden auslöscht. Abweichend vom Wortlaut des § 993 Abs. 1, 2. Halbsatz BGB haftet ein solcher Besitzer dem Eigentümer auf Schadensersatz nach § 823 BGB, weil er auch als rechtmäßiger Fremdbesitzer hierfür einstehen müßte. F:

Der Eigentümer E übergibt dem B für eine Party ein Tonbandgerät; da E von einem Mietvertrag und B von einem Leihvertrag ausgeht, ist der beabsichtigte Vertrag (für E und B unbemerkt) nach § 155 BGB nicht zustande gekommen. Während der Party wird das Gerät durch Unachtsamkeit des B stark beschädigt. B weigert sich, dem E den Schaden zu ersetzen, weil er als gutgläubiger Besitzer nach § 993 BGB nicht ersatzpflichtig sei. Mit Recht?

112

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

Schadensersatz

Nein; die Haftungsbeschränkung des § 993 Abs. 1 BGB gilt nicht für den Fremdbesitzerexzeß: B hat einen Fremdbesitzerexzeß begangen, da er auch als rechtmäßiger Entleiher wegen positiver Vertragsverletzung für eine starke Beschädigung einstehen müßte. Wenn aber, wie im vorliegenden Fall, der beabsichtigte Vertrag nicht zustande gekommen ist, haftet B dem E auf Schadensersatz nach § 823 BGB.

§ 9 9 1 Abs. 2

16.

Ist der gutgläubige Besitzer ein Besitzmittler im Verhältnis zu einem mittelbaren Besitzer, der nicht der Eigentümer ist, so haftet der Besitzmittler dem Eigentümer für verschuldete Verschlechterung der Sache und dafür, daß er sie nicht herausgeben kann, in demselben Umfang, wie er seinem Oberbesitzer haften würde, § 991 Abs. 2 BGB: Eigentümer E'fcs^^,^^^^ mittelb. Besitzer = Oberbesitzer O F:

Besitzmittler B.

Der Dieb O hat dem gutgläubigen B ein gestohlenes Kofferradio zur Verwahrung übergeben. Infolge grober Fahrlässigkeit des B wird das Kofferradio stark beschädigt. Ist B dem Eigentümer E zum Schadensersatz verpflichtet, als dieser das Gerät bei B entdeckt und herausverlangt?

113

IS Dilcher, Sachenrecht

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

17.

Schadensersatz

Ja; B ist zwar gutgläubiger Besitzer, aber nach § 991 Abs. 2 BGB haftet er dem E in gleichem Maße wie er gemäß §§ 277, 690 BGB dem 0 haften müßte.

§§ 9 8 9 , 9 9 0

Ein bösgläubiger Besitzer und ein Besitzer nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Herausgabeanspruchs haften dem Eigentümer nach den §§ 989, 990 Abs. 1 BGB für verschuldete Verschlechterung der Sache auf Schadensersatz. Ebenso haften sie auf Schadensersatz, wenn sie die Sache dem Eigentümer nicht mehr herausgeben können, z.B. weil die Sache inzwischen weiterveräußert wurde. F:

Der D stiehlt im Dienstgebäude der Stadt E eine Schreibmaschine, die deutlich die Aufschrift „Eigentum der Stadt E " trägt. D veräußert die Maschine an den X, der vom Diebstahl nichts weiß und der Aufschrift kein Gewicht beimißt. Als die Stadt E den Verbleib der Schreibmaschine feststellen kann, hat der X sie bereits an einen Unbekannten veräußert. Kann die E von X Schadensersatz nach §§ 9 8 9 , 9 9 0 BGB verlangen?

114 15*

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

18.

Schadensersatz

Ja, weil X infolge grober Fahrlässigkeit beim Besitzerwerb bösgläubig war und die Sache nicht mehr herausgeben kann.

§§ 9 9 0 Abs. 2, 9 9 2

D e r bösgläubige Besitzer h a f t e t über die v o r g e n a n n t e n des Schadensersatzes wegen Verschuldens hinaus a u c h Verschlechterung oder zufälligen Untergang der Sache, d e r S a c h h e r a u s g a b e in Verzuggerät, §§ 9 9 0 Abs. 2, 2 8 7

Tatbestände für zufällige w e n n er mit S. 2 B G B .

D a s s e l b e g i l t , w e n n er s i c h d u r c h schuldhaft verbotene Eigenmacht o d e r d u r c h e i n e Straftat d e n Besitz v e r s c h a f f t h a t , § § 9 9 2 , 8 4 8 B G B . § 992 BGB spricht wörtlich von „verbotener Eigenmacht", die ohne Verschulden möglich ist (vgl. Kap. II, Inf. 4). Aus der Gleichstellung mit Straftaten, die immer Verschulden erfordern, ist dem § 992 BGB jedoch zu entnehmen, daß nur eine „schuldhafte" verbotene Eigenmacht die erschwerten Folgen auslösen soll. Es genügt, daß die verbotene Eigenmacht leicht fahrlässig begangen wurde. F:

Der B erfährt aus einer Suchanzeige, daß der von ihm zunächst gutgläubig erworbene Goldring gestohlen ist. Er meldet sich bei dem Eigentümer E. Die Rückgabe verzögert sich jedoch wegen Meinungsverschiedenheiten über eine evtl. an B zu zahlende Ablösungssumme. Daraufhin mahnt E den B zur Herausgabe. Kurze Zeit später verliert B den Ring. Warum kann E von B für den Ring Schadensersatz verlangen?

115

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

19.

Schadensersatz

Weil B nach der Mahnung des E im Verzug war und seitdem gemäß §§ 990 Abs. 2 , 2 8 7 S. 2 BGB für einen zufälligen Sachverlust haftet.

§ 992

Schadensersatzansprüche aus den §§ 823 f f . BGB können gegen den nichtberechtigten Besitzer nur ausnahmsweise erhoben werden: Einmal im Falle des Fremdbesitzerexzesses (vgl. oben Inf. 15) und zum anderen unter den Voraussetzungen des § 992 BGB, d.h., wenn der Besitz durch schuldhafte verbotene Eigenmacht oder durch eine Straftat erlangt ist. In allen anderen Fällen gilt die Sperrwirkung des § 993 Abs. 1, 2. Halbsatz BGB. F:

Der B hat einen gestohlenen Fotoapparat gutgläubig erworben. Nach dem Besitzerwerb kommt ihm gerüchtweise zu Ohren, daß der Apparat gestohlen sein könnte; er schenkt diesen Gerüchten jedoch keinen Glauben. - Später beschädigt er den Apparat mutwillig. Als der Eigentümer E den Verbleib des Apparates aufklären kann, verlangt er von B gemäß § 823 BGB Schadensersatz wegen Sachbeschädigung. Mit Recht?

116

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

Nein; da die Voraussetzungen des § 992 BGB bei B nicht erfüllt sind, ist gemäß § 993 Abs. 1 BGB ein Schadensersatzanspruch aus § 823 BGB gegen ihn ausgeschlossen.

Wiederholungsfragen: a)

Ein gutgläubiger Besitzer haftet dem Eigentümer auf Schadensersatz nur im Falle des ; Grundlage seiner Schadensersatzpflicht ist dann § . . . BGB.

b)

Der bösgläubige Besitzer haftet gemäß §§ 9 8 9 , 9 9 0 BGB dem Eigentümer auf Schadensersatz wegen verschuldeter der Sache und wenn er die Sache dem Eigentümer kann.

c)

Für Zufallsschäden haftet der bösgläubige Besitzer, wenn er mit der Herausgabe der Sache in gerät, bzw. wenn er sich die Sache durch verbotene Eigenmacht oder durch eine verschafft hat.

117

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

Verwendungen des Besitzers

a) Fremdbesitzerexzesses, 823 b) Verschlechterung, nicht herausgeben c) Verzug, schuldhafte, Straftat

20.

§§ 9 9 4 , 9 9 6

Wenn der zur Herausgabe verpflichtete Besitzer wegen der herauszugebenden Sache Ausgaben hatte, so fragt sich, inwieweit diese vom Eigentümer ersetzt werden müssen. Geregelt ist diese Frage in den §§ 9 9 4 - 1 0 0 3 BGB. Ausgangspunkt der gesetzlichen Regelung ist nach den §§ 994 und 996 BGB, daß der Besitzer Verwendungen auf die Sache gemacht hat. Als Verwendungen bezeichnet man gewollte Vermögensaufwendungen, die der Sache zugute kommen, d.h. ihren Bestand erhalten, sie wiederherstellen oder sie verbessern. Keine Verwendungen sind nach Ansicht des BGH, im Gegensatz zur herrschenden Lehre, solche Aufwendungen, die eine Sache grundlegend umgestalten. F 1: Der B hat in Unkenntnis der genauen Grundstücksgrenzen gutgläubig auf dem Grundstück des E dessen im Krieg zerstörtes Haus wiederaufgebaut. Sind die Ausgaben für den Wiederaufbau des Hauses als Verwendungen anzusehen?

F 2: Wie wäre es, wenn der B auf dem vorher unbebauten Grundstück des E ein Haus errichtet hätte a) nach herrschender Lehre,

b) nach der Ansicht des BGH?

118

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis

Verwendungen des Besitzers

A I : Ja, da durch die Vermögensaufwendungen des B der frühere Zustand wiederhergestellt wurde. A2: a) Nach herrschender Lehre liegt auch hier eine Verwendung vor. b) Nach der Auffassung des BGH handelt es sich nicht um eine Verwendung, da das Grundstück grundlegend umgestaltet wurde.

21.

Das BGB unterscheidet mehrere Arten von Verwendungen: Notwendige Verwendungen sind die zur Erhaltung oder ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Sache objektiv erforderlichen Aufwendungen, z.B. ein Rostschutzanstrich, eine unerläßliche Reparatur. Nützliche Verwendungen sind solche, die den objektiven Wert einer Sache steigern, z.B. das Einzäunen eines Grundstücks, Einbau eines Radios in einen PKW. Eine dritte Gruppe sind die sog. Luxusverwendungen, die nicht den objektiven Wert der Sache erhöhen, sondern nur das subjektive Interesse des gegenwärtigen Besitzers befriedigen, z.B. wenn im Badezimmer der Mietwohnung die neuen Kacheln durch solche in der Lieblingsfarbe des Besitzers ersetzt werden. F:

Der B besitzt ein Haus: a) Er läßt im Haus einen Wasserrohrbruch reparieren; b) zwei Tage nach dem letzten Außenanstrich läßt er, weil ihm die Farbe nicht gefällt, das Haus neu überstreichen; c) außerdem läßt B für die Zentralheizung einen Thermostaten einbauen. Um welche Arten von Verwendungen handelt es sich jeweils?

119

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

Verwendungen des Besitzers

a) Die Rohrbruchreparatur ist eine notwendige Verwendung, b) der objektiv unnütze zweite Außenanstrich ist eine Luxusverwendung; c) der Einbau des Thermostaten in das Heizungssystem ist eine nützliche Verwendung.

22. Der gutgläubige Besitzer kann vom Eigentümer Ersatz der notwendigen Verwendungen verlangen, § 994 Abs. 1 S. 1 BGB. — Er muß jedoch für die Zeit, in der ihm (nach den §§ 987 ff. BGB) die Nutzungen verbleiben, die gewöhnlichen Erhaltungskosten selbst tragen, § 994 Abs. 1 S. 2 BGB. Gewöhnliche Erhaltungskosten sind der regelmäßig wiederkehrende Teil der notwendigen Verwendungen, z.B. Fütterungskosten bei Tieren. Ersatz für nützliche Verwendungen kann der gutgläubige Besitzer nur verlangen, soweit der Wert der Sache bei Wiedererlangung durch den Eigentümer noch objektiv erhöht ist, § 996 BGB. Für Luxusverwendungen Ersatz verlangen. F:

kann auch der gutgläubige Besitzer keinen

Der B ist gutgläubiger Besitzer eines gestohlenen Kraftwagens: a) Er läßt beim Erwerb den Wagen neu bereifen; b) außerdem wird jetzt ein Autoradio installiert. Kann B vom Eigentümer E, dem er ein halbes Jahr später den Wagen herauszugeben hat, Ersatz für die inzwischen abgefahrenen Reifen und die Radioinstallation verlangen?

120

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

Verwendungen des Besitzers

a) Ersatz für die Reifen kann B gemäß § 994 Abs. 1 S. 2 BGB nicht verlangen, weil deren Kosten zu den gewöhnlichen Erhaltungskosten zählen und ihm als gutgläubigem Besitzer die Nutzungen verblieben sind; b) die Installation des Radios stellt eine nützliche Verwendung dar, für die B von E Ersatz gemäß § 996 BGB verlangen kann, da die Wertsteigerung noch im Zeitpunkt der Rückgabe des Wagens vorhanden ist.

23. Dem bösgläubigen Besitzer und dem Besitzer nach Eintritt der Rechtshängigkeit werden die notwendigen Verwendungen nur nach Maßgabe der Geschäftsführung ohne Auftrag ersetzt, § 994 Abs. 2 BGB. Mit der Verweisung auf die Geschäftsführung ohne Auftrag sind die §§ 677 ff. BGB angesprochen; für Verwendungsersatz ist dort § 683 S. 1 BGB (mit Weiterverweisung auf § 670 BGB) einschlägig. Liegen dessen Voraussetzungen nicht vor, so gilt § 684 BGB. Nützliche Verwendungen und Luxusverwendungen bösgläubigen Besitzer nicht erstattet, § 996 BGB. F:

werden

dem

Der B ist bösgläubiger Besitzer eines dem E gestohlenen Personenkraftwagens. Er läßt den Wagen, dessen Lack etwas stumpf, aber noch ordentlich ist, neu spritzen und das nicht mehr gebrauchsfähige Getriebe erneuern. Kann B, der unmittelbar danach den Wagen an E herausgeben muß, Ersatz für die Lackierungs- und Reparaturkosten verlangen, wenn der E geltend macht, daß er den Wagen weder lackieren noch reparieren lassen wollte?

121 16 Dilcher, Sachenrecht

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

Verwendungen des Besitzers

Die Lackierung ist eine nützliche Verwendung, für die der B als bösgläubiger Besitzer keinen Ersatz verlangen kann. — Die Getriebereparatur ist eine notwendige Verwendung, die ihm nur nach Auftragsrecht ersetzt wird; da E die Reparatur nicht ausfuhren lassen wollte, entfällt gemäß § 683 BGB der Aufwendungsersatz. B bleibt auf den Bereicherungsanspruch aus § 684 S. 1 BGB angewiesen.

24.

§ 1000

Der Besitzer hat wegen der ihm zu ersetzenden Verwendungen auf die Sache zunächst nur ein Zurückbehaltungsrecht nach § 1 0 0 0 BGB Einen aktiv verfolgbaren Anspruch auf Ersatz der Verwendungen erhält der Besitzer erst, wenn der Eigentümer die Sache wiedererlangt oder die Verwendungen genehmigt hat, § 1001 BGB. Das Zurückbehaltungsrecht des § 1000 BGB besteht also schon zu einer Zeit, in welcher der Besitzer n o c h keinen fälligen Ersatzanspruch gegenüber dem Eigentümer hat. F:

Vergleichen tungsrechts tungsrechts Unterschied Speziairegel

Sie bitte die Voraussetzungen des speziellen Zurückbehalnach § 1000 BGB mit denen des allgemeinen Zurückbehalnach § 273 Abs. 2 BGB. Können Sie erkennen, worin der zwischen beiden Vorschriften besteht, der die Einfügung der des § 1000 BGB erforderlich machte?

122 16*

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

25.

Verwendungen des Besitzers

Das allgemeine Zurückbehaltungsrecht setzt nach § 273 Abs. 2 BGB einen fälligen (!) Anspruch auf Verwendungsersatz voraus, der beim Zurückbehaltungsrecht des § 1000 BGB noch nicht besteht, weil ein fälliger Anspruch des Besitzers erst nach § 1001 BGB entstehen kann.

§ 1003 Abs. 1

Wenn der Eigentümer die ersatzfähigen Verwendungen innerhalb einer v o m Besitzer gesetzten angemessenen Frist nicht genehmigt, darf der Besitzer die Sache verwerten, d.h. versteigern lassen und sich wegen seiner Verwendungen aus dem Erlös befriedigen, § 1003 Abs. 1 BGB. F:

Der gutgläubige Besitzer B hat wegen hoher notwendiger Verwendungen auf einen PKW gegenüber dem Herausgabeanspruch des Eigentümers E sein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht. Daraufhin läßt der E nichts mehr von sich hören. Was kann B in dieser Situation tun?

123

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

26.

Verwendungen des Besitzers

Er kann dem E eine Frist zur Genehmigung der Verwendungen setzen und nach deren erfolglosem Ablauf den PKW gemäß § 1003 Abs. 1 S. 2 BGB versteigern lassen, um seine Verwendungen aus dem Erlös abzudecken.

§ 997

U n a b h ä n g i g v o m V e r w e n d u n g s e r s a t z h a t j e d e r Besitzer, der m i t der h e r a u s z u g e b e n d e n S a c h e eine andere S a c h e als w e s e n t l i c h e n B e s t a n d teil (im S i n n e v o n §§ 9 3 , 9 4 B G B ) v e r b u n d e n hat, das R e c h t , die v e r b u n d e n e S a c h e wegzunehmen, § 9 9 7 A b s . 1 B G B . D i e s gilt z. B. für E i n b a u s c h r ä n k e . — D a s W e g n a h m e r e c h t ist bei allen n i c h t ersatzfähigen V e r w e n d u n g e n , i n s b e s o n d e r e bei L u x u s v e r w e n d u n g e n , die einzige Möglichkeit d e s Besitzers, seine Verluste gering zu halten. Das Wegnahmerecht ist ausgeschlossen, wenn die Sachverbindung im Rahmen gewöhnlicher Erhaltungsmaßnahmen erfolgte, wenn die Abtrennung für den Besitzer keinen Nutzen hat oder wenn ihm der Eigentümer den Wert der abzutrennenden Sache ersetzt, § 997 Abs. 2 BGB. F:

Der bösgläubige B hat das dem E gehörende Haus bewohnt. Er hat während der Wohnzeit eine betonierte Garage anbauen und zusätzliche Heizkörper installieren lassen. Als er das Haus herausgeben muß, will er die Heizkörper mitnehmen und die Garage abreißen lassen. Darf er das?

124

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

Die Garage muß er gemäß § 997 Abs. 2 BGB stehen lassen, da ihm der Abbruch keinen Nutzen bringt. Die Heizkörper darf er wegnehmen, sofern ihm nicht der Eigentümer des Hauses deren Wert ersetzt.

27. Zusammenfassung (in Verbindung mit den Wiederholungsfragen auf S. 101, 110 und 117): a)

Wenn der Besitzer gegenüber dem Eigentümer kein Recht zum Besitz geltend machen kann, bezeichnet man diese Situation als

b)

Vermögensaufwendungen, die eine Sache verbessern, die ihren Bestand erhalten oder sie wiederherstellen, werden genannt. Ersatzfähig sind nach dem BGB die und die . . . . Verwendungen. Dem Schutz des Besitzers wegen seiner Verwendungen dient das nach § 1000 BGB.

c)

Der gutgläubige Besitzer kann vom Eigentümer nach § . . . BGB Ersatz der notwendigen Verwendungen verlangen, soweit sie sich nicht als gegewöhnliche darstellen.

d)

Der Besitzer beruft sich gegenüber dem Herausgabeanspruch des Eigentümers darauf, daß er für die Sache einen hohen Kaufpreis an einen (nicht mehr auffindbaren) Dritten gezahlt habe. Handelt es sich hier um eine Verwendung im Sinne der §§ 994 ff. BGB?

e)

Sehen Sie sich jetzt bitte nochmals den Beispielsfall zu Anfang des Kapitels (S. 95) an und versuchen Sie, ihn nach den Vorschriften über das Eigentümer-Besitzerverhältnis zu lösen.

125

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis A:

a) b) c) d)

Vindikationslage Verwendungen, notwendigen, nützlichen, Zurückbehaltungsrecht 994, Erhaltungskosten Der vom Besitzer gezahlte Kaufpreis ist keine Verwendung im Sinne der §§ 994 ff. BGB, weil er nicht der Sache selbst zugute kommt. e) Zwischen dem Vater und B besteht eine Vindikationslage, da die Handlungen des A kein gegenüber dem Vater wirkendes Recht des B zum Besitz begründen konnten. Für die Verteidigung des B kommt demnach nur ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 1000 BGB wegen seiner Verwendungen in Frage. Die Reparatur der Vorderachse stellt eine notwendige Verwendung dar. Für diese kann der B als gutgläubiger Besitzer gemäß § 994 Abs. 1 BGB vom Eigentümer Ersatz verlangen. Bis dahin muß B den Wagen nicht herausgeben. (Die zusätzliche Frage, ob B ein Recht zum Besitz aus dem gutgläubigen Erwerb eines Werkunternehmerpfandrechtes herleiten könnte, ist in diesem Zusammenhang außer Betracht geblieben.)

Zur Wissensvertiefung für den Stoff des fünften Kapitels wird empfohlen: Baur, Lehrbuch des Sachenrechts, aaO., § 11 Westermann, Sachenrecht, aaO., §§ 3 0 - 3 3 . Besonders wichtig sind die Fragen nach den Konkurrenzen der §§ 987 ff. BGB mit anderen Vorschriften, die Verpflichtungen hinsichtlich fax Nutzungen, zum Schadensersatz oder zum Verwendungsersatz ergeben könnten (hierzu

Baur, § 11 B II, Westermann, §§ 31 III und 33 I sowie BGHZ 34, 122 und 41, 157).

126

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis

Der nachstehende klausurmäßige Sachverhalt soll Ihnen Gelegenheit geben, das erworbene Wissen in einer etwas schwierigeren Fallgestaltung anzuwenden. Ihre Antwort sollten Sie möglichst in Form einer gutachtlichen Lösung formulieren: Der Fotograf A hat von seinem Kollegen B ein Vergrößerungsgerät erworben. Nach vier Wochen ficht B den Kaufvertrag und die Übereignung wegen arglistiger Täuschung durch A wirksam an und verlangt das Gerät heraus. Das diese Erklärungen enthaltende Schreiben des B geht dem A zwar zu, es wird jedoch durch ein spielendes Kind vernichtet, bevor A Kenntnis vom Inhalt genommen hat. Daher benutzt er das Gerät weiter; hierbei zerstört er infolge leichter Fahrlässigkeit ein Wechselobjektiv im Werte von 750,— DM. Erst als B mit Klage droht, gibt A das Gerät heraus. Steht dem B ein Schadensersatzanspruch gegen A zu?

127

Kap. V. Eigentümer-Besitzerverhältnis

Lösungsskizze: Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs gemäß §§ 989, 990 BGB ist, daß B Eigentümer und A unrechtmäßiger Besitzer des Gerätes war. Dies ist hier der Fall, da B infolge Anfechtung der Übereignung gemäß § 142 Abs. 1 Eigentümer blieb und dem A kein Recht zum Besitz zustand. — Weiter ist erforderlich, daß der Herausgabeanspruch entweder rechtshängig oder A bösgläubig ist. Da B die Klage noch nicht erhoben hat, kommt nur Bösgläubigkeit des A in Betracht. Gemäß § 990 Abs. 1 S. 1 BGB entsteht Bösgläubigkeit beim Besitzerwerb, wenn der Besitzer seine fehlende Besitzberechtigung kennt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kennt. Aufgrund der wirksamen Anfechtung wegen einer arglistigen Täuschung des A muß sich dieser gemäß § 142 Abs. 2 BGB so behandeln lassen, als ob er seine fehlende Besitzberechtigung gekannt hätte. Daß er von der ihm zugegangenen Anfechtungserklärung keine Kenntnis erhielt, ist gemäß § 130 Abs. 1 BGB unerheblich. Er ist demnach gemäß § 989, 990 BGB dem B zum Schadensersatz verpflichtet. Ein deliktischer Schadensersatzanspruch des B gemäß § 823 Abs. 1 BGB kann gemäß §§ 992, 993 Abs. 1 BGB nur bestehen, wenn A sich den Besitz durch schuldhafte verbotene Eigenmacht oder durch eine Straftat verschafft hat. Das ist hier nicht der Fall, weil die arglistige Täuschung als solche keinen Straftatbestand darstellt.

128

Kapitel VI ANSPRÜCHE

AUF

ST Ö R UNG SF R E IH E I T

Häufiger als die Besitzentziehung ist in der Praxis, d a ß der Eigentümer bei der Benutzung seines Eigentums gestört wird, z.B. durch laute Geräusche. Für diese Fälle gewährt § 1004 BGB (in Parallele zum Besitzschutz nach § 862 BGB, vgl. Kap. II, Inf. 13) dem Eigentümer Ansprüche zur Abwehr solcher Beeinträchtigungen des Eigentums, die keine Besitzentziehung oder Besitzvorenthaltung darstellen. Diese Ansprüche bestehen zum Schutz des Eigentums an beweglichen u n d an unbeweglichen Sachen; praktische Bedeutung h a t § 1004 BGB j e d o c h vor allem für Grundstücke. So stellt sich z.B. die Frage, ob ein Grundstückseigentümer A, von dessen Grundstück ein starker Regenguß große Mengen Mutterboden auf das tiefer gelegene Nachbargrundstück des B geschwemmt hat, diesen Boden bei B wegschaffen lassen muß.

Übersicht: Die Störungstatbestände Die Rechtswidrigkeit Die einzelnen Ansprüche Die analoge Anwendung Grenzen des zivilrechtlichen Schutzes Zusammenfassung und Vertiefungshinweise

Information 1—4 5—9 10—14 15—16 17 18

129 17 Dilcher, Sachenrecht

Kap. VI. Störungsfreiheitsanspruch

1.

Störungstatbestände

§ 1004 Abs. 1

Wird der Eigentümer in seinen Rechten beeinträchtigt, so ist zu unterscheiden, ob die Störung durch Handlungen eines Menschen oder durch den Zustand einer Sache hervorgerufen wird: Erfolgt die Beeinträchtigung des Eigentümers durch die Handlung eines anderen, so m u ß es sich um eine aktive Einwirkung auf die Sache des Eigentümers handeln. — Einwirkungen Dritter auf ihre eigenen Sachen, die nachteilige Folgen für Sachen anderer Eigentümer haben (sog. negative Einwirkungen), wie etwa das Entziehen von Grundwasser durch Handlungen auf dem Nachbargrundstück, werden von § 1004 BGB nicht erfaßt. Die aktiven Störungshandlungen stellen sich entweder als unmittelbarer Eingriff dar, z.B. durch Betreten eines Grundstücks, oder aber sie bestehen im aktiven Entsenden störender Einwirkungen (sog. Immissionen), z.B. durch Entsendung von Dampf, Rauch, Geruch, Wärme, Geräusch oder Erschütterung. F:

A und B sind Nachbarn in einer Reihenhaussiedlung. Als der A eine große Sichtblende anbringen läßt, nimmt er dem B einen beträchtlichen Teil der Mittagssonne weg. B verlangt daraufhin von A unter Berufung auf § 1004 BGB die Beseitigung der Sichtblende. Mit Recht? (Bitte begründen Sie Ihre Antworten, soweit möglich mit Angabe von §§.)

130 17*

Kap. VI. Störungsfreiheitsanspruch A:

Stö ru ngstatbestä nde

Nein, da das Entziehen von Sonnenlicht eine negative Einwirkung darstellt, gegen die § 1004 BGB keinen Schutz gewährt. (Eventuell muß die Beseitigung nach Bauordnungsrecht erfolgen.)

2. Die Störung des Eigentümers kann — außer durch direkte Handlung — auch durch den störenden Zustand einer anderen Sache erfolgen, sofern dieser Zustand auf menschlichem Handeln beruht und aktiv auf das gestörte Eigentum einwirkt. Dies ist z. B. der Fall, wenn jemand auf seinem Grundstück einen Schrottplatz anlegt, von dem starker Lärm ausgeht. F:

Der E hat seinen Garten nicht gepflegt, so daß er völlig mit Unkraut bedeckt ist, dessen Samen auf das Nachbargrundstück des B fliegt. Kann B aus § 1004 BGB gegen den E vorgehen?

131

Kap. VI. Störungsfreiheitsanspruch A:

Störungstatbestände

Ja, da der Garten durch den von E verursachten Zustand aktiv störend auf das Eigentum des B einwirkt.

3. Die Ansprüche des § 1004 BGB richten sich gegen den Störer: Wurde die Störung durch eine menschliche Handlung herbeigeführt, so ist Störer jeder, der durch seine Handlungen willentlich eine adäquate Ursache für den beeinträchtigenden Erfolg gesetzt hat; Mitverursachung genügt. — Ursächlich kann auch ein Unterlassen sein, sofern eine Rechtspflicht zur Erfolgsabwendung besteht. Im Falle weisungsgebundenen Handelns ist nicht nur der Handelnde, sondern auch der Weisungsgeber als Störer anzusehen. F:

Der Musiklehrer M erteilt auch in den späten Abendstunden Klavierunterricht. Als der Hauseigentümer E von ihm verlangt, diese Störungen zu unterlassen, wendet der M ein, daß nicht er der Störer sei, da er ja nicht selbst Klavier spiele. Trifft diese Auffassung zu?

132

Kap. VI. Störungsfreiheitsanspruch A:

Störungstatbestände

Nein; der M ist auch dann Störer, wenn die Störungen durch einen anderen aufgrund seiner Anweisungen hervorgerufen werden.

4.

Störer ist auch im Falle des störenden Zustandes einer Sache derjenige, der diesen störenden Zustand verursacht oder mitverursacht hat; dafür genügt auch die gewollte Aufrechterhaltung der Störung. Für die Haftung nach § 1004 BGB genügt eine vom Störer gesetzte Bedingung des Erfolges auch dann, wenn sie erst durch das Hinzutreten von Naturkräften zum störenden Zustand geführt hat, z.B. wenn jemand Bäume anpflanzt, die zunächst nicht stören, die aber dann vom Sturm entwurzelt und auf das Nachbargrundstück geworfen werden. Gegen ausschließlich auf Naturkräften beruhende (und vom Menschen nicht verursachte) Beeinträchtigungen gibt es keinen Schutz nach § 1004 BGB. F 1: Von dem im Naturzustand befindlichen Grundstück des A lösen sich bei einem ungewöhnlich starken Unwetter Felsbrocken und stürzen auf das Grundstück des B. Kann B von A nach § 1004 BGB die Beseitigung verlangen?

F 2 : Der A hat in seinem Garten einen Komposthaufen angelegt, in welchem sich im Laufe der Zeit zahlreiche Ratten einnisten und auf das Nachbargrundstück vordringen. Dadurch wird die Nachbarin N erheblich gestört. Kann sie von A Beseitigung der Störung verlangen?

133

Kap. VI. Störungsfreiheitsanspruch A 1: Nein, da es sich bei dem Steinschlag um die Folge reiner Naturkräfte und der Lage beider Grundstücke handelt. A 2 : Ja, da A durch das Anlegen des Komposthaufens eine Bedingung geschaffen hat, die für den späteren störenden Zustand seines Grundstücks ursächlich ist.

Wiederholungsfragen: a)

Gegen Beeinträchtigungen seines Eigentums, die keine oder des Besitzes darstellen, gewährt § 1004 BGB dem Eigentümer Schutz.

b)

Die Ansprüche richten sich gegen den die Störung verursacht hat, sei es durch eine das Hervorrufen eines

c)

Nunmehr können Sie auch den in der Vorbemerkung (S. 129) angeführten Sachverhalt beurteilen. Worauf kommt es für die Frage an, ob A den Mutterboden zurückschaffen muß?

Dies ist derjenige, der oder durch

134

Kap. VI. Störungsfreiheitsanspruch A:

Rechtswidrigkeit

a) Entziehung, Vorenthaltung b) Störer, Handlung, Zustandes c) Es kommt darauf an, ob der A den Mutterboden bereits bearbeitet hatte, oder ob dieser sich noch im Naturzustand befand. Im letzteren Falle ist A nicht zur Rückschaffung verpflichtet; im ersten Falle haftet der A, wenn seine Bearbeitung des Bodens eine Ursache dafür schuf, daß der Regen den Boden wegschwemmen konnte.

5. Die Haftung aus § 1 0 0 4 BGB setzt nicht nur voraus, daß jemand als Störer die Eigentumsbeeinträchtigung verursacht hat; vielmehr m u ß die Störung auch rechtswidrig sein. Dagegen ist nach § 1 0 0 4 BGB kein Verschulden lich. F:

des Störers erforder-

Der M stört seinen Grundstücksnachbarn G durch lautes abendliches Klavierspielen. Nützt es dem M gegenüber einem Anspruch des G aus § 1004 BGB, daß er unverschuldet der Meinung ist, bis 24 Uhr dürfe er beliebig laut musizieren?

135

Kap. VI. Störungsfreiheitsanspruch

Rechtswidrigkeit

A:

Nein; für § 1004 BGB kommt es nur auf die objektive Rechtswidrigkeit der Störung, nicht auf das Verschulden des Störers an. Das Verhalten des M ist rechtswidrig.

6.

§ 1004 Abs. 2

Gemäß § 1004 Abs. 2 BGB ist der Anspruch des Eigentümers ausgeschlossen, wenn er zur Duldung der Beeinträchtigung verpflichtet ist, da in diesem Falle die Störung nicht rechtswidrig ist. — Die Duldungspflicht des Eigentümers ergibt sich demnach aus den allgemeinen Rechtfertigungsgründen des bürgerlichen und des öffentlichen Rechts; so ist z.B. ein Eigentümer aufgrund seiner Einwilligung zur Duldung verpflichtet. F:

Der E hat seinem Nachbarn N aus Gefälligkeit gestattet, das zu dessen Hausbau benötigte Baumaterial auf seinem Grundstück zu lagern. Könnte der E, wenn er sich wegen einer anderen Sache über den N geärgert hat, die Wegschaffung des Baumaterials gemäß § 1004 BGB verlangen (wenn Sie die Möglichkeit eines konkludenten Widerrufs der Einwilligung berücksichtigen)?

136

Kap. VI. Störungsfreiheitsanspruch

Rechtswidrigkeit

A:

Ja; da das Verlangen des E als konkludenter Widerruf der Einwilligung aufzufassen wäre, lagert N sein Baumaterial danach rechtswidrig auf dem Grundstück des E.

7.

§ 906 Abs. 1 und 3

Besondere Rechtfertigungsgründe Nachbarrecht:

für Störungen ergeben sich aus dem

Nach § 906 Abs. 1 BGB muß ein Eigentümer solche Immissionen dulden, die die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen. — Dies gilt nicht, wenn die Immission durch eine besondere Leitung zugeführt wird, § 906 Abs. 3 BGB. F:

Die Fabrik F leitet unschädliche und kaum verschmutzte Abwässer durch ein Rohr in einen dem E gehörenden Teich. Muß der E dies dulden?

137 18 Dilcher, Sachenrecht

Kap. VI. Störungsfreiheitsanspruch

Rechtswidrigkeit

A:

Nein; gemäß § 906 Abs. 3 BGB ist E nicht zur Duldung der unwesentlichen Störung verpflichtet, weil die Zuführung durch besondere Leitung erfolgt.

8.

§ 906 Abs. 2

Auch wesentliche Beeinträchtigungen hat der Eigentümer gemäß § 906 Abs. 2 S. 1 BGB hinzunehmen, wenn sie auf ortsüblicher Benutzung eines anderen Grundstücks beruhen und wirtschaftlich zumutbare Verhinderungsmöglichkeiten für den Störer nicht gegeben sind. Die Vorschrift enthält mehrere unbestimmte Rechtsbegriffe: Die Abgrenzung zwischen wesentlicher und unwesentlicher Beeinträchtigung bestimmt sich nicht nach dem Empfinden des Gestörten, sondern nach dem Maßstab eines Durchschnittsmenschen; demnach ist eine Rauchmenge, die für die Mehrzahl der Menschen kaum spürbar ist, eine unwesentliche Beeinträchtigung, auch wenn ein betroffener Eigentümer besonders rauchempfindlich ist. — Die Ortsüblichkeit einer Störung bestimmt sich nach der Nutzungsweise im größeren Umkreis; es genügt ein Großbetrieb, um eine ganze Gegend zu prägen. Die Ortsüblichkeit, z.B. in einer Wohngegend, kann sich durch zunehmende Industrialisierung ändern. — Wirtschaftlich zumutbar ist eine Abhilfemaßnahme, wenn sie für den Typ des störenden Betriebes branchenüblich ist, d Ji., die wirtschaftlich schlechte Lage eines Störers wird nicht berücksichtigt. Technische Neuerungen wirken sich aus, wenn sie branchenüblich werden. F:

Der E hat ein Grundstück erworben, in dessen unmittelbarer Nähe eine Zementfabrik betrieben wird. Von dort setzt sich ständig feiner weißer Staub auf dem Grundstück des E ab. Hat E einen Anspruch gegen die Zementfabrik, wenn sich herausstellt, daß die Staubentwicklung in diesem Umfang aufgrund einer technischen Neuerung, die von vielen anderen Zementfabriken benutzt wird, vermeidbar wäre?

138 18*

Kap. VI. Störungsfreiheitsanspruch A:

Rechtswidrigkeit

Ja; E mußte die wesentliche und ortsübliche Störung nur solange dulden, als keine branchenüblichen Abhilfemaßnahmen gegeben waren, § 906 Abs. 2 S. 1 BGB.

9. Unabhängig von den privatrechtlichen Regeln des § 906 BGB muß jemand Störungen seines Eigentums auch gemäß § 14 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG, im Sartorius abgedruckt unter Nr. 296) dulden. Voraussetzung dieser Duldungspflicht ist, daß die Störung von einem wegen seiner schädlichen Umwelteinwirkungen gemäß §§ 4 ff. BImSchG genehmigungsbedürftigen und behördlich genehmigten Betrieb ausgehen. Allerdings kann der gestörte Eigentümer auch in diesen Fällen die Errichtung zumutbarer Schutzmaßnahmen verlangen. F:

Der Lärm des behördlich genehmigten Schrottzerkleinerungsbetriebes des S beeinträchtigt das benachbarte Grundstück des E in ungewöhnlich starkem Maße. Kann E von S die Beendigung der Störungen oder deren Verringerung verlangen?

139

Kap. VI. Störungsfreiheitsanspruch A:

E kann im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren Schutzeinrichtungen verlangen, nicht aber die Einstellung des Betriebes.

Wiederholungsfragen: a)

§ 1004 BGB setzt voraus: Rechtswidrigkeit der Störung • • Verschulden des Täters Rechtswidrigkeit und Verschulden • (Kreuzen Sie bitte die richtige Antwort an.)

b)

Als der A sein Grundstück einzäunen läßt, wird der Zaun wegen der Bodenbeschaffenheit um einige Zentimeter auf das Nachbargrundstück des B gerückt. Daraufhin verlangt B, daß A den Zaun zurückversetzt. Welches Vorbringen könnte das Verhalten des A rechtfertigen: Er habe von der Grenzüberschreitung nichts gewußt, EU B habe dem jetzigen Zaunverlauf vertraglich zugestimmt, d auf einige Zentimeter komme es nicht an? d

c)

Unter welchen Voraussetzungen kann ein durch wesentliche Immissionen vom Nachbargrundstück gestörter Eigentümer keine Unterlassung der Störungen verlangen?

140

Kap. VI. Störungsfreiheitsanspruch A:

Einzelansprüche

a) Rechtswidrigkeit der Störung b) B habe vertraglich zugestimmt c) Wenn es sich um ortsübliche und nach wirtschaftlicher Zumutbarkeit unvermeidbare Störungen handelt, §§ 1004 Abs. 2, 906 Abs. 2 S. 1 BGB; ferner, wenn es sich um einen nach §§ 4 ff. BImSchG behördlich genehmigten Betrieb handelt, von dem die Störungen ausgehen.

10. § 1 0 0 4 Abs. 1 BGB gewährt d e m beeinträchtigten Eigentümer gegen den Störer w e g e n bereits eingetretener Störungen einen Beseitigungsanspruch; w e g e n künftig drohender Störungen hat der Eigentümer einen Unterlassungsanspruch. Der Beseitigungsanspruch des gestörten Eigentümers richtet sich auf die Beendigung des störenden Zustandes, nicht aber auf Schadensersatz. F 1: Der A wirft einen Ball in das Beet des Gärtners E und beschädigt wertvolle Blumen. Kann E nach § 1004 BGB von A Ersatz für die beschädigten Blumen verlangen?

F 2: Welches über § 1004 BGB hinausreichende Erfordernis müßte erfüllt sein, um nach § 823 BGB einen Schadensersatzanspruch des E gegen A wegen Eigentumsverletzung zu begründen?

141

Kap. VI. Störungsfreiheitsanspruch

Einzelansprüche

A 1: Nein; gemäß § 1004 BGB kann E nur die Beseitigung des Balles verlangen. A 2: Es müßte auch Verschulden des A vorliegen.

11.

Der Unterlassungsanspruch des gestörten Eigentümers nach § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB setzt eine Wiederholungsgefahr voraus, d.h. die objektive, auf Tatsachen gegründete ernstliche Besorgnis weiterer Störungen. Diese besteht z. B., wenn die bei schönem Wetter benutzten Gartenlautsprecher eines Tanzlokals, von denen störender Lärm ausging, betriebsbereit gehalten werden. F:

Lediglich aus Unkenntnis der Rechtslage bringt der A ein Werbeplakat an der Hauswand des E an. Kann E nach der Beseitigung des Plakats und entsprechender Unterrichtung des A gegen ihn auf Unterlassung künftiger Störungen klagen?

142

Kap. VI. Störungsfreiheitsanspruch A:

Einzelansprüche

Nein; trotz vorangegangener Störung des Eigentums besteht hier nicht die für eine Unterlassungsklage erforderliche Wiederholungsgefahr, da A seinerzeit nur aus Unkenntnis gehandelt hat.

12. In erweiternder Anwendung des § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB wird dem Eigentümer eine sog. vorbeugende Unterlassungsklage bereits ohne das Vorhergehen einer ersten Eigentumsstörung gewährt, wenn der Störer Anstalten trifft, von denen eine Beeinträchtigung zu erwarten ist. Dadurch wird erreicht, daß der Eigentümer mit seiner Unterlassungsklage nicht bis zur Vollendung der Störung zu warten braucht. F:

E beobachtet, wie sein Nachbar N Vorbereitungen trifft, um an der Grundstücksgrenze eine Müllverb rennung einzurichten. Kann E wegen der zu erwartenden Geruchsbelästigung schon jetzt Unterlassungsklage gegen den N erheben?

143

Kap. VI. Störungsfreiheitsanspruch A:

Einzelansprüche

Ja; die vorbereitenden Maßnahmen des N reichen aus, um eine vorbeugende Unterlassungsklage gemäß § 1004 Abs. 1 S . 2 BGB zu begründen.

13. Anstelle der vorgenannten Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche hat der gestörte Eigentümer ausnahmsweise einen Entschädigungsanspruch, wenn er nach § 906 BGB zur Duldung von Störungen verpflichtet ist (vgl. oben Inf. 8). - Gemäß § 906 Abs. 2 S. 2 BGB kann vom Störer die Entschädigung nur verlangt werden, wenn der Eigentümer mehr als zumutbare Nachteile erleidet; unzumutbare Nachteile entstehen für den gestörten Eigentümer erst, wenn er seinerseits versucht hat, die Auswirkungen der Störung gering zu halten. Beruht die Duldungspflicht des Eigentümers auf § 14 BImSchG, so kann er nach dieser Vorschrift Schadensersatz verlangen. F:

Unter welchen vier Voraussetzungen kann ein Grundeigentümer vom Störer gemäß § 9 0 6 Abs. 2 BGB Entschädigung verlangen?

144

Kap. VI. Störungsfreiheitsanspruch A:

Einzelansprüche

Es muß sich handeln um a) wesentliche, b) ortsübliche, c) wirtschaftlich unvermeidbare Störungen, d) unzumutbare Nachteile.

14. Weitere spezielle Ansprüche zum Schutz des Eigentümers gewähren die Vorschriften des Nachbarrechts: In § 907 BGB ist eine Unterlassungsklage vorgesehen gegen gefährliche Anlagen auf dem Nachbargrundstück, z.B. Errichtung einer Sprengstoffabrik. In § 908 BGB wird bei Gefahr eines Gebäudeeinsturzes dem Eigentümer des dadurch bedrohten Nachbargrundstücks der Anspruch darauf gewährt, daß die zur Gefahrabwendung erforderlichen Maßnahmen getroffen werden. Gemäß § 909 BGB hat der Eigentümer eines Grundstücks einen Beseitigungsund Unterlassungsanspruch, wenn beim Ausschachten eines Nachbargrundstücks die dem Boden seines Grundstücks erforderliche Stütze entzogen wird, z.B. weil keine Stützträger eingerammt werden. — Diese Vorschrift wird im Falle einer Grundwassersenkung analog angewendet. Gemäß § 910 BGB schließlich hat der Eigentümer ein Selbsthilferecht zur Beseitigung vom Nachbargrundstück eindringender Zweige und Wurzeln. F:

Besteht für einen durch unsachgemäßes Ausschachten auf dem Nachbargrundstück beeinträchtigten Grundeigentümer neben dem Anspruch aus § 909 BGB auch der Störungsfreiheitsanspruch nach § 1004 BGB?

145 19 Dilcher, Sachenrecht

Kap. VI. Störungsfreiheitsanspruch A:

15.

Analoge Anwendung

Nein, da es sich bei § 909 BGB um eine Spezialvorschrift handelt, die der allgemeinen Regel in § 1004 BGB vorgeht.

§ 1004 analog

Der durch § 1004 BGB dem Eigentümer gewährte Schutz gegen Störungen wird im Wege der Analogie zu den §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB auf solche Rechtsgüter übertragen, die in ihrer Ausschließlichkeitswirkung dem Eigentum vergleichbar sind (sog. absolute Rechte)-, dies sind insbesondere das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre und der Kredit (im Sinne von Kreditwürdigkeit). Auch der „eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb" wird auf diese Weise analog §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB geschützt. Es besteht also Störungsschutz in der Form eines Beseitigungsanspruchs nach eingetretener Störung, eines Unterlassungsanspruchs bei weiterer drohender Störung und eines vorbeugenden Unterlassungsanspruchs wegen erster drohender Störung. Diese Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche bezeichnet man als quasinegatorische Ansprüche. Sie bestehen selbständig neben eventuellen Schadensersatzansprüchen aus den §§ 823 ff. BGB. F:

Der A verbreitet wahrheitswidrig, sein Konkurrent K habe so hohe Schulden, daß er nicht mehr kreditwürdig sei. K verlangt von A den Widerruf dieser Behauptung. Der A hält dem entgegen, daß dem K noch kein Schaden im Sinne des § 824 BGB entstanden sei. Ist dies gegenüber dem Widerrufsverlangen des K erheblich?

146 19*

Kap. VI. Störungsfreiheitsanspruch A:

Analoge Anwendung

Nein; unabhängig von einem Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 824 BGB hat der K analog den §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB Anspruch auf Beseitigung der Störung seines Geschäftskredites durch Widerruf.

16. Besonders wichtig ist der quasinegatorische S c h u t z fiir den eingerichGewerbebetrieb. Ursprünglich gewährte die teten und ausgeübten Rechtsprechung diesen Schutz nur bei solchen Eingriffen, die den Bestand des U n t e r n e h m e n s bedrohten; h e u t e wird der Gewerbebetrieb auch gegen weniger gravierende Störungen geschützt. F:

Bei Erdarbeiten vor dem Gelände der Fabrik F wird versehentlich das Stromzuführungskabel zur Fabrik durchschnitten. Die Produktion der F muß stillgelegt werden, wenn nicht innerhalb von fünf Stunden — so lange ist eine Notversorgung möglich - die Stromzufuhr wiederhergestellt wird. Die F verlangt von dem Bauunternehmer B die sofortige Beseitigung der Versorgungsstörung. Dieser beruft sich darauf, daß a) das durchschnittene Kabel nicht der F gehöre, b) die F sich an das Elektrizitätswerk halten müsse. Mit Recht?

147

Kap. VI. Störungsfreiheitsanspruch A:

Rechtssch utzgrenzen

a) Nein, da die F nicht Störung ihres Eigentums am Kabel geltend macht, sondern die Störung ihres ausgeübten Gewerbebetriebes, b) Nach den allgemeinen Regeln (oben Inf. 1) ist der B als Handlungsstörer für die dem Gewerbebetrieb zugefügte Störung verantwortlich. Daß die F gegen das Elektrizitätswerk einen Stromlieferungsanspruch hat, bedeutet keine Rechtfertigung für das Verhalten des B; er muß demnach die Störung beseitigen lassen.

17. Gegenüber hoheitlichen Eingriffen der Staatsgewalt ist nur öffentlichrechtlicher und kein zivilrechtlicher Schutz möglich. Deshalb ist der zivilrechtliche Störungsfreiheitsanspruch nach § 1004 BGB ausgeschlossen, wenn das Eigentum durch hoheitliches Handeln, z. B. durch den Lärm eines Militärflugplatzes, beeinträchtigt wird. Dasselbe gilt für Störungsfreiheitsansprüche analog den §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB, wenn ein anderes absolutes Recht durch Hoheitsakte betroffen wird. F:

Die Stadt S hat den gewalttätigen Obdachlosen A in eine bei E freistehende Mietwohnung eingewiesen. Kann E auf zivilrechtlicher Grundlage wegen Störung seines Eigentums von der Stadt die Aufhebung der Einweisung verlangen, wenn er der Ansicht ist, daß sie unberechtigt erfolgte?

148

Kap. VI. Störungsfreiheitsanspruch A:

Nein; da es sich bei der Einweisung um eine hoheitliche Maßnahme handelt, versagt der zivilrechtliche Schutz. (E muß den Verwaltungsrechtsweg beschreiten.)

18. Zusammenfassung (in Verbindung mit den Wiederholungsfragen auf S.134 und 140): a)

Nach eingetretener Eigentumsstörung gewährt § 1004 BGB dem Eigentümer einen gegen weitere drohende Störungen einen

b)

Bereits im Falle der drohenden ersten Beeinträchtigung kann der Eigentümer eine Unterlassungsklage erheben.

c)

Muß der Eigentümer kraft Gesetzes Störungen dulden, die ihm unzumutbare Nachteile bereiten, so kann er gemäß § 906 Abs. 2 S. 2 BGB vom Störer eine verlangen. — Bei einer Duldungspflicht gemäß § 14 BImSchG kann er verlangen.

d)

Zum Schutze anderer, dem Eigentum vergleichbarer Rechtsgüter gegen störende Beeinträchtigungen werden die §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB angewendet.

e)

Auch der eingerichtete und ausgeübte dieser Grundlage geschützt nur gegen Störungen, die seinen Bestand bedrohen, gegen alle wesentlichen Beeinträchtigungen. (Bitte kreuzen Sie die richtige Antwort an.)

wird auf l. L]

149

Kap. VI. Störungsfreiheitsanspruch A:

a) b) c) d) e)

Beseitigungsanspruch, Unterlassungsanspruch vorbeugende Entschädigung, Schadensersatz absoluter, analog Gewerbebetrieb, gegen alle wesentlichen Beeinträchtigungen.

Zur Wissensvertiefung für den Stoff des sechsten Kapitels wird empfohlen: Baur, Lehrbuch des Sachenrechts, aaO., § § 1 2 und 25 IV + V Westermann, Sachenrecht, aaO., §§ 36 und 63. Besonders wichtig sind die Fragen der Duldungspflicht 14 BImSchG (hierzu

gemäß §§ 906 BGB und

Baur, § 25 IV + V, Westermann, § 63 II sowie BGHZ 49, 148 und 54,384).

150

Kapitel VII DER

RECHTSGESCHÄFTLICHE EIGENTUMSERWERB

Bisher wurde die Rechtsstellung des Eigentümers behandelt. Als nächste Frage ist zu erörtern, wie Eigentum von einer Person auf eine andere übertragen werden kann. — Hierbei unterscheidet das BGB zwiscnen der Eigentumsübertragung an beweglichen Sachen und der an Grundstücken. Die folgenden drei Kapitel behandeln die Eigentumsübertragung an beweglichen Sachen. Für diese unterscheidet das BGB drei Fallgruppen mit jeweils eigenen Vorschriften: Grundfall des BGB ist, daß der Eigentümer die Sache veräußert. Daneben gibt es den Fall, daß ein Nichteigentümer die Sache an einen gutgläubigen Erwerber veräußert. Ferner kann der Erwerber auch ohne recntsgescnäftliches Zusammenwirken mit einem Veräußerer durch eigene Tätigkeit Eigentum begründen, z.B. durch Verarbeitung von Material zu einer neuen Sache. Im Kapitel VII wird die Übertragung des Eigentums durch den Eigentümer behandelt, ein Vorgang, der sich aus der Sicht des Erwerbers ah rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb darstellt.

Übersicht: Die Tatbestandselemente Die dingliche Einigung Eigentumsvorbehalt und Eigentumsanwartschaft Die Übergabe Besitzmittlungsverhältnis als Übergabeersatz Abtretung des Herausgabeanspruchs als Übergabeersatz Zusammenfassung und Vertiefungshinweise

Information 1—2 3—5 6 — 12 13—15 16—21 22 23

151

Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb

1.

Tatbestandselemente

§ 929 S. 1

Die rechtsgeschäftliche Übertragung des Eigentums (Übereignung) an beweglichen Sachen durch den Eigentümer erfordert gemäß § 929 S. 1 BGB die rechtsgescnäftliche Einigung des bisherigen Eigentümers mit dem Erwerber darüber, daß das Eigentum übergehen soll (das Willensmoment der Übereignung) und die Übergabe der zu übereignenden Sache an den Erwerber (das Vollziehungsmoment der Übereignung). F:

Kann der Erwerber E, Eigentumsübergang an Herausgabe nach § 985 anders überlegt hat und

nachdem er sich mit dem Veräußerer V über den dessen Rasenmäher geeinigt hat, gegen V auf BGB klagen, wenn der V es sich nach der Einigung den Rasenmäher nicht an E übergeben will?

(Bitte begründen Sie Ihre Antworten, soweit möglich mit Angabe von §§.)

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Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb A:

Tatbestandselemente

Nein, da für den Eigentumserwerb des E nach § 929 S. 1 BGB noch die Übergabe des Rasenmähers fehlt, ist E nicht Eigentümer geworden und kann den Schutz des § 985 BGB nicht beanspruchen.

2. Die Ü b e r e i g n u n g e r f o l g t n o r m a l e r w e i s e zur Erfüllung einer Verpflichtung; s o ist z.B. n a c h § 4 3 3 A b s . 1 B G B der V e r k ä u f e r d u r c h d e n Kaufvertrag v e r p f l i c h t e t , d e m K ä u f e r das E i g e n t u m an der K a u f s a c h e zu v e r s c h a f f e n . D i e s e V e r p f l i c h t u n g zur Ü b e r e i g n u n g bildet d e n Rechtsgrund ( d i e causa) der Ü b e r e i g n u n g . — V e r p f l i c h t u n g u n d Ü b e r e i g n u n g sind n a c h d e m B G B z w e i R e c h t s g e s c h ä f t e , die nicht unmittelbar miteimnder verknüpft sind. D e s h a l b ist die Wirksamkeit der Ü b e r e i g n u n g nicht d a v o n abhängig, d a ß der R e c h t s g r u n d gültig ist, d. h. Mängel d e s K a u s a l g e s c h ä f t e s führen g r u n d s ä t z l i c h nicht zur U n w i r k s a m k e i t der Ü b e r e i g n u n g . D i e s b e z e i c h n e t man als A bstrak tio nsprinz ip. Wenn also z.B. der Kaufvertrag, zu dessen Erfüllung die Sache übereignet wurde, nichtig war oder durch Anfechtung rückwirkend entfallen ist, bleibt das Eigentum des Erwerbers dennoch bestehen. Allerdings fehlt es jetzt am Rechtsgrund für die Übereignung; der Erwerber ist im Sinne der §§ 812 ff. BGB ungerechtfertigt bereichert und muß deshalb das Eigentum auf den Veräußerer zurückübertragen. F:

Der 17jährige E kauft bei seinem volljährigen Bekannten V ohne Wissen seiner Eltern ein Moped. Er kann den Kaufpreis zwar nicht von seinem Taschengeld bezahlen, verspricht aber das baldige Einverständnis seiner Eltern. Deshalb übereignet ihm V das Moped. — Ist der E Eigentümer des Mopeds geworden, wenn seine Eltern später die Rechtsgeschäfte mit V nicht genehmigen wollen? (Beachten Sie die § § 1 0 7 ff. BGB.)

153 20 Dilcher, S a c h e n r e c h t

Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb A:

Einigung

Ja; der Eigentumserwerb des E ist als rechtlich lediglich vorteilhaftes Geschäft nach § 107 BGB einwilligungsfrei. Daß der Kaufvertrag infolge der verweigerten Genehmigung durch die Eltern nach § 108 BGB unwirksam ist, berührt infolge des Abstraktionsprinzips nicht unmittelbar den Eigentumserwerb des E.

3. Nunmehr sollen Einigung und Übergabe als die Tatbestandselemente der Übereignung im einzelnen behandelt werden; zunächst wird die Einigung dargestellt: Die Einigung kann sich nur auf bestimmte Sachen beziehen; § 929 S. 1 BGB spricht von ,,. . . einer (!) beweglichen Sache . . .". Dies bezeichnet m a n als das sachenrechtliche Spezialitätsprinzip (vgl. Kap. IV, Inf. 2). — Eine Sachgesamtheit, wie etwa ein Warenlager, kann also Gegenstand einer Übereignung nur in der Weise sein, daß die einzelnen b e t r o f f e n e n Sachen individuell bezeichnet werden. F:

Was muß geschehen, damit sich V und E über den Eigentumsübergang an 10 Sack Mehl aus dem weitaus größeren Vorrat des V einigen können?

154

Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb A:

Einigung

Die für E bestimmten 10 Sack Mehl müssen individuell bezeichnet werden; dies erfordert z.B. eine abgesonderte Aufstellung oder andere Kennzeichnung.

4.

Die Einigung erfolgt nach den Vorschriften über Rechtsgeschäfte, d.h. nach den §§ 104—185 BGB; es gelten die allgemeinen Regeln über Geschäftsfähigkeit, Willensmängel, Stellvertretung, usw. — Die Einigung ist nicht formgebunden; häufig erfolgt sie konkludent, d.h. durch ein Verhalten, aus dem der Einigungswille auch ohne verbale Erklärung entnommen werden kann. F 1: Der Student E will am Kiosk Zigaretten erwerben. Er legt ein Zweimarkstück auf die Theke und verlangt eine Packung „X"-Zigaretten. Der Verkäufer V legt wortlos die entsprechende Packung hin, und E nimmt sie an sich. In welchen Vorgängen sind hier Angebot und Annahme für die Einigung zwischen V und E zu sehen?

F 2: Worin würden Angebot und Annahme der Einigung zu sehen sein, wenn der Zigarettenkauf am Automaten vorgenommen wird?

155

Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb

Einigung

A I : Die Einigung erfolgt konkludent; im Normalfall liegt das Angebot zur Einigung im geäußerten Wunsch des E, die Annahme durch V im Hinlegen der Packung. A2: Die Aufstellung des betriebsbereiten Automaten bedeutet ein konkludentes Einigungsangebot des V, das durch das ordnungsmäßige Betätigen des Mechanismus vom Kunden konkludent angenommen wird.

5. Wenn Erklärungen durch Stellvertreter des Veräußerers oder des Erwerbers erfolgen, so gilt nach § 164 Abs. 2 BGB hierfür das Offenkundigkeitsprinzip, d.h., wer nicht erkennbar als Stellvertreter auftritt, wird von den Erklärungswirkungen selbst betroffen. Für die Einigungserklärungen bei Geschäften des täglichen Lebens wird das Offenkundigkeitsprinzip für Stellvertretung auf der Erwerberseite von der Rechtsprechung durchbrochen, wenn es dem Veräußerer gleichgültig ist, wer die Sache erwirbt (sein Gesprächspartner oder ein von diesem Vertretener). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn bei Barzahlung das Geschäft rasch abgewickelt wird. Hier kann der auf der Erwerberseite Handelnde in sich und ohne Offenlegung bestimmen, ob das Eigentum vom Veräußerer auf ihn oder auf den von ihm Vertretenen übertragen werden soll; man bezeichnet diesen Vorgang als Übereignung an den, den es angeht. F:

Der E bittet seinen Freund F, ihm einen bestimmten Fotoapparat aus der Stadt mitzubringen; den vollen Kaufpreis händigt er ihm aus. Der F kauft und bezahlt den Apparat; er übernimmt ihn, ohne dem Veräußerer zu sagen, daß er ihn für den E erwerben möchte. Ist der E oder der F Eigentümer des Apparates geworden?

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Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb

Eigentumsvorbehalt

A:

Da der Veräußerer aufgrund der Barzahlung das Eigentum an denjenigen übertragen will, den es angeht, einigt er sich mit demjenigen, den der F bei der Einigung als Erwerber im Sinne hatte; demnach ist E der Eigentümer geworden.

6.

§ 455

Die Einigung kann gemäß den § § 1 5 8 ff. BGB unter einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung erfolgen. Wichtigster praktischer Fall einer solchen Bedingung ist der Eigentumsvorbehalt des Veräußerers (und Verkäufers) nach § 455 BGB. Hier steht die Einigung unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Bezahlung des Kaufpreises. Bis dahin behält der Veräußerer das Eigentum; der Erwerber erhält Besitz und Nutzung der gekauften Sache. F 1: Der Autohändler V verkauft und übereignet dem E einen PKW unter Eigentumsvorbehalt. Stehen damit der Kaufvertrag, die dingliche Einigung und die Übergabe unter der aufschiebenden Bedingung der Kaufpreiszahlung?

F 2: Welche Besitzpositionen haben V und E an der dem E unter Eigentumsvorbehalt übergebenen Sache?

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Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb

Eigentumsvorbehalt

A 1: Nein, nur die Einigung ist bedingt. Die Übergabe als tatsächlicher Vorgang ist bedingungsfeindlich, der Kaufvertrag ist unbedingt abgeschlossen. A 2 : Der V ist mittelbarer Besitzer, der E unmittelbarer Fremdbesitzer und Besitzmittler.

7.

§ 161

Wird eine Sache unter Eigentumsvorbehalt veräußert, so hängt der Eigentumserwerb des Vorbehaltserwerbers gemäß § 158 Abs. 1 BGB nur noch vom Eintritt der Bedingung (vollständige Bezahlung des Kaufpreises) ab. Der Veräußerer bleibt bis zu diesem Zeitpunkt Eigentümer; er kann sogar die Sache noch an einen Dritten übereignen. Da er sie aber bereits vorher unter der Bedingung der Kaufpreiszahlung dem Vorbehaltserwerber übereignet hatte, wird diese zwischenzeitliche Verfügung zugunsten eines Dritten mit Bedingungseintritt, d.h. mit vollständiger Bezahlung, nach § 161 BGB unwirksam. Mit Bedingungseintritt wird der Vorbehaltserwerber zum Eigentümer, sofern nicht der Dritte gutgläubig im Sinne des § 161 Abs. 3 BGB war. F:

Der V hat an E eine Sache unter Eigentumsvorbehalt veräußert. a) Kann der V diese Sache vor voller Bezahlung des Kaufpreises durch E noch wirksam an den B veräußern?

b) Welche Folge hat die Bezahlung der letzten Kaufpreisrate für das Eigentum an der Sache?

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Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb A:

Eigentumsvorbehalt

a) Ja, da V der Eigentümer der Sache ist. b) Jetzt wird aufgrund der bedingten Eigentumsübertragung der E Eigentümer, und die Übereignung an den Dritten wird nach § 161 BGB unwirksam, sofern nicht § 161 Abs. 3 BGB eingreift.

8.

Der Vorbehaltserwerber erlangt eine vom Willen des Verkäufers weitgehend unabhängige Rechtsposition. Diese bezeichnet man als Eigentumsanwartschaft. Mit Bedingungseintritt, d.h. mit vollständiger Bezahlung, erstarkt die Eigentumsanwartschaft ohne weiteres zum Volleigentum. Bis zum Bedingungseintritt bleibt die Eigentumsanwartschaft vom ihr zugrunde liegenden Kaufvertrag allerdings insoweit abhängig, als sie mit dessen Wegfall (etwa durch Anfechtung) ersatzlos erlischt. F:

Kennzeichnend für die Eigentumsanwartschaft ist es, a) daß sie sich mit tum des Erwerbers umwandelt, und

ohne weiteres in Eigen-

b) daß sie wegen § . . . BGB vom Veräußerer nicht mehr einseitig beeinträchtigt werden kann.

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Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb A:

Eigentumsvorbehalt

a) Bedingungseintritt, b) 161

9.

Die Eigentumsanwartschaft ist ein Recht des Vorbehaltserwerbers, über das er verfügen kann. Insbesondere kann er die Anwartschaft auf einen Dritten übertragen, der damit die durch § 161 BGB gesicherte Aussicht erwirbt, das Eigentum im Zeitpunkt der vollen Kaufpreiszahlung zu erlangen. — Im Verhältnis zum Volleigentum bezeichnet man die Eigentumsanwartschaft auch als ein „wesensgleiches Minus". Die Übertragung der Eigentumsanwartschaft, die gesetzlich nicht geregelt ist, erfolgt (in Parallele zum Volleigentum) analog den §§ 929 f f BGB und nicht nach § 398 BGB. F:

Was muß geschehen, wenn A seine Eigentumsanwartschaft auf B übertragen will?

160

Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb A:

Eigentumsvorbehalt

In Analogie zu § 929 BGB müssen sich A und B darüber einigen, daß die Anwartschaft auf B übergehen soll; ferner muß die Sache dem B übergeben werden.

10. Die Übertragung der Anwartschaft bewirkt, daß der Anwartschaftserwerber bei Bedingungseintritt, d.h. bei Kaufpreiszahlung, das Eigentum unmittelbar vom Veräußerer erwirbt. Ein Durchgang des Eigentums durch das Vermögen des ursprünglichen Anwärters erfolgt nicht, so daß dessen Gläubiger nicht auf die Sache zugreifen können. V-

(Veräußerung unter Eigentumsvorbehalt

A (= 1. Anwärter)

(Übertragung der Anwartschaft) Eigentumsübergang bei Bedingungseintritt

B (= 2. Anwärter)

Der A hat am 1. Februar von V einen Schrank unter Eigentumsvorbehalt des V erworben. Bevor der Restkaufpreis bezahlt ist, überträgt der A am 1. März seine Rechte am Schrank auf B und übergibt diesem den Schrank. Am 4. März bezahlt B den Restkaufpreis an V. a) Wer ist am 2. März und am 5. März Eigentümer des Schrankes?

b) Wann ist der A Eigentümer des Schrankes?

161 21 Dilcher, Sachenrecht

Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb A:

Eigentumsvorbehalt

a) Am 2. März ist der V und am 5. März der B Eigentümer des Schrankes. b) A wird niemals Eigentümer des Schrankes.

11. Der normale Eigentumsvorbehalt stellt eine ausreichende Sicherung des Veräußerers dar, wenn der Vorbehaltserwerber die betreffende Sache in seinem Besitz behalten will, z. B. einen Eisschrank, eine Waschmaschine für den eigenen Haushalt.

Will jedoch der Erwerber die Sache weiterveräußern, z. B. als Händler, so werden meist zwei weitere Abreden getroffen: Einmal willigt der Veräußerer nach § 185 BGB in die künftige Weiterveräußerung der Sache durch den Erwerber ein, so daß dieser nicht nur seine Anwartschaft, sondern das Volleigentum auf den Dritten überträgt. Dafür läßt sich jedoch der Veräußerer die dem Vorbehaltserwerber gegen den Dritten entstehende Forderung schon im voraus abtreten; dies bezeichnet man als verlängerten Eigentumsvorbehalt. F:

Die Waschmaschinenfabrik V hat an den Händler A Waschmaschinen unter verlängertem Eigentumsvorbehalt geliefert. Wenn der A jetzt eine Waschmaschine an den Kunden B veräußert und dieser sie bar bezahlt, erwirbt der B dann volles Eigentum an der Maschine oder nur das Anwartschaftsrecht des A?

162 21*

Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb A:

Eigentumsvorbehalt

Da A aufgrund des verlängerten Eigentumsvorbehalts von V die Einwilligung zur Weiterveräußerung nach § 185 BGB hat, erwirbt der B (unmittelbar von V) volles Eigentum an der Maschine.

12. Eine dritte Situation (neben dem Behalten der Sache oder ihrer Weiterveräußerung) entsteht, wenn der Vorbehaltserwerber die Sache verarbeitet, d.h. wenn es sich um Rohstoffe oder Halbfertigwaren handelt. Durch deren Verarbeitung verliert der Veräußerer gemäß § 950 BGB (Einzelheiten werden unten in Kap. IX behandelt) sein Eigentum. Um ihm eine Sicherung für den noch offenen Kaufpreis zu erhalten, kann vereinbart werden, daß der Veräußerer anstelle des Eigentums an der ursprünglichen Sache nach der Verarbeitung Eigentum an der neuen Sache erhält. Auch dies bezeichnet man als verlängerten Eigentumsvorbehalt. F:

Der V liefert dem E Eisenblech unter Vereinbarung eines verlängerten Eigentumvorbehalts. Der E läßt aus dem Blech Kohlenschaufeln herstellen. Wer ist bis zur Bezahlung des Eisenblechs Eigentümer der Kohlenschaufeln?

163

Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb A:

Der V aufgrund des verlängerten Eigentumsvorbehalts.

Wiederholungsfragen: a)

Die Übereignung beweglicher Sachen erfolgt gemäß § 929 S. 1 BGB durch und

b)

Da die Einigung sich nach den Vorschriften über vollzieht, findet auf sie das Offenkundigkeitsprinzip der Stellvertretung Anwendung, soweit nicht ausnahmsweise eine Übereignung an denjenigen, , erfolgt.

c)

Die Einigung kann unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Kaufpreiszahlung erfolgen; dies bezeichnet man als -

d)

Läßt sich der Veräußerer die dem Vorbehaltserwerber aus einer Weiterveräußerung entstehende Forderung im voraus abtreten, so liegt ein vor.

e)

Der Vorbehaltserwerber hat bis zum Bedingungseintritt eine Über diese kann er §§ 929 ff. BGB verfügen. Mit dem wandelt sich die Anwartschaft in Volleigentum.

164

Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb A:

13.

a) b) c) d) e)

Übergabe

Einigung, Übergabe Rechtsgeschäfte, den es angeht Eigentumsvorbehalt verlängerter Eigentumsvorbehalt Eigentumsanwartschaft, analog, Bedingungseintritt

§ 929 S. 1

Neben der Einigung ist weiteres Tatbestandserfordernis der Übereignung die Übergabe. — Übergabe im Sinne des § 929 S. 1 BGB bedeutet, daß der Veräußerer den unmittelbaren Besitz dem Erwerber selbst oder die tatsächliche Sachherrschaft auf dessen Besitzdiener überträgt (vgl. Kap. I, Inf. 5 ff.). Durch diesen Vorgang soll der Eigentumsübergang für Dritte erkennbar gemacht werden. F:

V hat sich mit E am Fernsprecher darüber geeinigt, daß er dem E einen Kraftwagen übereignet. Der E läßt den Wagen durch seinen Angestellten A bei V abholen. Bei der Rückfahrt erleidet der A mit dem Wagen aus eigenem Verschulden einen schweren Unfall. Der E macht daraufhin geltend, noch sei V der Eigentümer des Wagens, weil der Wagen nicht in den Besitz des E gelangt sei. Ist dies zutreffend?

165

Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb A:

Übergabe

Nein; durch die Übergabe an den A als Besitzdiener des E hat der E unmittelbaren Besitz und damit in Verbindung mit der vorherigen Einigung Eigentum am Wagen erlangt.

14. Übergabe im Sinne unmittelbarer Besitzübertragung liegt auch vor, wenn gemäß § 854 Abs. 2 BGB eine Einigung über den Besitzerwerb erfolgt; Besitzerwerb durch Einigung kann bei solchen Sachen stattfinden, bei denen der Erwerber die Möglichkeit hat, tatsächliche Gewalt über die Sache auszuüben (vgl. Kap. I, Inf. 13). Der Besitzerwerb durch Einigung nach § 854 Abs. 2 BGB steht als Form der Übergabe selbständig neben der Einigung über den Eigentumswechsel gemäß § 929 S. 1 BGB. Einigung

Übergabe (durch Einigung nach § 854 Abs. 2) F:

Der Bauer V verkauft dem E ein Pferd, das auf einer entfernten Weide grast. Beide sind sich einig, daß das Eigentum auf den E übergehen und daß der E das Pferd sogleich von der Weide mitnehmen soll. Wird der E Eigentümer des Pferdes bei dem Gespräch mit V oder erst mit Abholen des Pferdes von der Weide?

166

Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb A:



Übergabe

E wird bereits durch das Gespräch mit dem V Eigentümer des Pferdes, weil dabei sowohl die erforderliche Einigung als auch die Übergabe (durch Einigung nach § 854 Abs. 2 BGB) erfolgt ist.

-

§ 929 S. 2

Nach § 929 S. 2 BGB kann die Sachübergabe entfallen, wenn der künftige Eigentumserwerber bereits im Besitz der Sache ist, z.B. wenn in der Wohnung befindliches Mobiliar an den Mieter veräußert werden soll. In diesem Falle genügt zur Eigentumsübertragung die bloße Einigung über den Eigentumsübergang. F:

Sowohl in § 854 Abs. 2 BGB als auch in § 929 S. 2 BGB wird eine Einigung als ausreichend bezeichnet. Ist nicht eine der beiden Bestimmungen überflüssig?

167

Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb A:

16.

Übergabeersatz

Nein; § 854 Abs. 2 BGB regelt den Besitzerwerb durch Einigung, der neben der Einigung über den Eigentumsübergang im Sinne des § 929 S. 1 BGB vorliegen muß. — § 929 S. 2 BGB dagegen regelt einen Eigentumserwerb durch Einigung ohne Besitzübergang.

§ 930

Die Übertragung unmittelbaren Besitzes als Tatbestandsmerkmal der Übereignung kann nach den §§ 930 und 931 BGB durch andere Vorgänge ersetzt werden:

§ 930 BGB regelt die Situation, daß jemand eine Sache übereignen will, deren Besitz er noch behalten möchte, z.B. wenn jemand einen LKW veräußert, den er als Mieter weiter benutzen möchte. — In diesem Falle kann die Übergabe der Sache dadurch ersetzt werden, daß zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber ein Besitzmittlungsverhältnis gemäß § 868 BGB (vgl. Kap. III, Inf. 2 und 6) vereinbart wird: Hierdurch wird der Erwerber zum mittelbaren Besitzer der Sache, während der Veräußerer den unmittelbaren Besitz (nunmehr als Fremdbesitzer) behält. Nach § 930 BGB genügen also zum Eigentumserwerb Einigung und Erlangung mittelbaren Besitzes. F:

Der E erwirbt am 1.6. beim Möbelhändler V einen Schrank, der als Ausstellungsstück im Schaufenster steht. Um die Dekoration nicht verändern zu müssen, vereinbaren sie, daß V den Schrank noch einen Monat lang im Schaufenster stehen lassen darf. Als der V nach Ablauf dieser Frist den Schrank nicht liefert, verlangt E Herausgabe nach § 985 BGB. Zu Recht?

168

Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb A:

Übergabeersatz

Ja; der E ist gemäß § 930 BGB bereits am 1.6. Eigentümer des Schrankes geworden.

17. Das Besitzmittlungsverhältnis mit dem Erwerber kann schon begründet werden, bevor der Veräußerer Eigentum und Besitz an der Sache erlangt hat, z.B. wenn ein Betriebsinhaber zur ausreichenden Sicherung eines dringend benötigten Bankkredits bereits auf solche Gegenstände zurückgreifen möchte, die er erst demnächst erwerben will. Es handelt sich dann um ein sog. antezipiertes Besitzkonstitut (vgl. Kap. III, Inf. 6). In diesem Falle muß nach ständiger Rechtsprechung die zu übereignende Sache bei der Begründung des Besitzmittlungsverhältnisses noch nicht bestimmt, sondern aufgrund vorhandener Anhaltspunkte (z. B. aufgrund einer Bestellung nach Katalog) nur bestimmbar sein. Im Zeitpunkt des späteren Eigentumsübergangs muß die Sache dann bestimmt sein. F:

In welcher Weise können die Tatbestandserfordernisse von Einigung und Übergabe erfüllt werden, wenn V eine als Gattungsware bestellte Sache, die er in vier Wochen von X zu Eigentum erhalten wird, schon jetzt dem K übereignen möchte?

169 22 Dilcher, Sachenrecht

Übergabeersatz

Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb A:

V einigt sich mit K (unter der Bedingung eigenen Erwerbs) über den künftigen Eigentumsübergang an der Sache. - Als Übergabeersatz vereinbaren sie ein antezipiertes Besitzkonstitut, das den K mit Besitzerlangung des V an der Sache zum mittelbaren Besitzer werden läßt.

18. Wird eine S a c h e u n t e r V e r w e n d u n g eines a n t e z i p i e r t e n B e s i t z k o n stituts übereignet, so g e h t ( i m U n t e r s c h i e d zur A n w a r t s c h a f t s ü b e r t r a nicht direkt v o m ursprüngligung, vgl. o b e n Inf. 1 0 ) das Eigentum c h e n E i g e n t ü m e r a u f d e n m i t t e l b a r e n B e s i t z e r über, s o n d e r n es g e h ö r t z u n ä c h s t für e i n e n g e d a c h t e n k u r z e n A u g e n b l i c k ( e i n e sog. juristische Sekunde) z u m V e r m ö g e n des u n m i t t e l b a r e n Besitzers. Dies hat im Vollstreckungsrecht zur Folge, daß während der juristischen Sekunde Vollstreckungsmaßnahmen der Gläubiger des unmittelbaren Besitzers wirksam werden können.

.

7

s Gläubiger des Veräußerers

/

ursprünglicher E i g e n t ü m e r ® ^ ) Veräußerer und unmittelbarer Besitzer Erwerber F:

Der E will vom Kunsthändler V ein Gemälde erwerben, das dieser zwar schon bei D gekauft hat, das ihm aber von D noch nicht übereignet worden ist. E und V vereinbaren, daß das Gemälde sofort bei Lieferung durch D an V in das Eigentum des E übergehen, aber noch für zwei Monate in der Galerie des V ausgestellt werden soll. Wann wird der E Eigentümer des Bildes?

170

Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb A:

Übergabeersatz

Eine juristische Sekunde, nachdem D das Bild dem V zu Eigentum übertragen hat.

19. Die Eigentumsübertragung unter Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses wird vor allem bei der sog. Sicherungsübereignung praktisch: Als Sicherheit für einen ihm eingeräumten Kredit überträgt der Veräußerer (= Sicherungsgeber) sein Eigentum an einer Sache durch Einigung und Besitzkonstitut auf den Kreditgeber (= Sicherungsnehmer); der Veräußerer behält den unmittelbaren Besitz und die Nutzung der Sache. Nach Rückzahlung des Darlehens kann das Sicherungseigentum auf zwei Wegen an den Sicherungsgeber zurückgelangen: Entweder ist die Rückzahlung als Bedingung für einen automatischen Rückfall vereinbart, oder der Sicherungsnehmer ist schuldrechtlich zur Rückübereignung verpflichtet. F:

Der Transportunternehmer V benötigt einen Bankkredit, den er von der Bank B nur gegen Sicherheit erhalten kann. Außer dem einzigen LKW seines Unternehmens verfügt V über kein Vermögen. Der LKW wird zur Sicherung des Kredites der Bank sicherungsübereignet. Warum ist die Sicherungsübereignung ein für den V vorteilhaftes Sicherungsmittel?

171

Kap. VII Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb A:

Übergabeersatz

Weil die Sicherungsübereignung ihm erlaubt, Besitz und Nutzung des LKW zu behalten und damit zu arbeiten.

20. Im Außenvernältnis gegenüber Dritten hat der Sicherungsnehmer Eigentum an der Sache. Insbesondere kann er die Sache wirksam an Dritte weiterveräußern. Im Innenvernältnis zwischen dem Veräußerer und dem Sicherungsnehmer wird mit der Übereignung eine Sicherungsabrede verbunden, die ein Treuhandverhältnis begründet. Aus diesem ergibt sich für den Sicherungsnehmer die Pflicht, auch als Eigentümer mit der Sache nur in den vom Sicherungszweck gesteckten Grenzen zu verfahren, insbesondere darf er die Sache nur bei Nichtrückzahlung des Kredites veräußern. F 1: Der V hat dem E wegen eines Darlehens seinen LKW sicherungsübereignet; E ist bei Darlehensrückzahlung zur Rückübereignung verpflichtet. Noch bevor die Darlehensrückzahlung fällig wird, benötigt der E dringend Bargeld; deshalb übereignet er den LKW an den K. a) Handelt es sich liier um das Innenverhältnis oder das Außenverhältnis der Sicherungsübereignung?

b) Ist der K Eigentümer des LKW geworden?

F 2 : Entstehen die Schadensersatzansprüche des V gegen den E im Innenverhältnis oder im Außenverhältnis?

172

Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb

Übergabeersatz

A I : a) Es handelt sich um das Außenverhältnis. b) Ja; da E der Eigentümer des LKW war, ist die Übereignung voll wirksam. A 2: Schadensersatzansprüche des V können sich nur aus dem Innenverhältnis wegen Verletzung der Treuhandabrede ergeben.

21. Bei der Sicherungsübereignung von Lagerbeständen müssen — entsprechend dem Spezialitätsprinzip (vgl. oben Inf. 3) - die einzelnen betroffenen Gegenstande im Sicherungsvertrag genau bezeichnet werden. Dieses Erfordernis ist z.B. dann gewahrt, wenn die sicherungsübereigneten Waren in einen besonderen Raum verbracht werden (sog. Raumsicherungsvertrag). Die bloße Bestimmbarkeit der betroffenen Sachen unter Zuhilfenahme von außerhalb des Vertrages liegenden Mitteln, z.B. von Lagerbüchem oder Rechnungen, genügt dem Spezialitätsprinzip nicht. F:

Der V vereinbart mit E eine Sicherungsübereignung folgenden Inhalts: „Aus dem Warenlager des V sollen dem E Waren im Gesamtwert von 10 000.— DM sicherungsübereignet sein". Ist diese Vereinbarung wirksam?

173

Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb A:

22.

Übergabeersatz

Nein, da nicht die zu übereignenden Sachen selbst bestimmt sind, sondern nur ihr Wert festgelegt ist.

§ 931

Die Übergabe als Tatbestandsmerkmal der Übereignung kann — außer durch Besitzkonstitut — auch auf andere Weise ersetzt werden: Ist der Veräußerer nicht der unmittelbare Besitzer der Sache, kann er dem Erwerber nach § 931 BGB als Übergabeersatz seinen Herausgabeanspruch gegen den Besitzer der Sache abtreten. Dabei ist zu unterscheiden, ob der Veräußerer mittelbarer Besitzer der Sache ist oder nicht: Ist der Veräußerer mittelbarer Besitzer der Sache, so tritt er den Herausgabeanspruch gegen den unmittelbaren Besitzer aus dem Besitzmittlungsverhältnis gemäß § 870 BGB (vgl. Kap. III, Inf. 7) ab; praktisch wird dies vor allem bei der Übereignung von bei Dritten eingelagerten Waren. Besteht kein mittelbarer Besitz des Veräußerers, z. B. weil er eine ihm gestohlene Sache übereignen will, so m u ß der Veräußerer andere ihm zustehende Herausgabeansprüche gegen den Besitzer, etwa aus § 8 1 2 BGB, abtreten. F:

Erfordert diese Form der Übereignung eine Benachrichtigung des Sachbesitzers?

174

Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb A:

Nein, der Sachbesitzer muß gemäß §§ 398, 870 BGB von dieser Übereignung nichts erfahren. (Die Benachrichtigung des Besitzers empfiehlt sich wegen § 407 Abs. 1 BGB.)

23. Zusammenfassung (in Verbindung mit den Wiederholungsfragen auf S. 164): a)

Die Übergabe im Sinne des § 929 S. 1 BGB erfolgt durch Übertragung des auf den Erwerber.

b)

Die Besitzübertragung kann gemäß § 854 Abs. 2 BGB auch durch erfolgen.

c)

Ausnahmsweise genügt zur Übereignung gemäß § . . . die bloße Einigung über den Eigentumsübergang.

d)

Die Übergabe kann gemäß § 930 BGB ersetzt werden durch ein In dessen Rahmen behält der Veräußerer den Besitz an der Sache, während der Besitz des Erwerbers begründet wird.

e)

Wenn das Besitzmittlungsverhältnis begründet wird, bevor der spätere Veräußerer Eigentum und Besitz an der Sache erlangt, liegt ein . . . . Besitzkonstitut vor.

S.

. BGB

175

Kap. VII. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb A:

a) unmittelbaren Besitzes b) Einigung c) 929 S. 2 d) Besitzmittlungsverhältnis, unmittelbaren, mittelbare e) antezipiertes

Zur Wissensvertiefung für den Stoff des siebten Kapitels wird empfohlen: Baur, Lehrbuch des Sachenrechts, aaO., §§ 51, 57 und 59 Westermann, Sachenrecht, aaO., §§ 3 7 ^ 4 4 . Besonders wichtig sind die Fragen des Eigentumsvorbehalts (hierzu Baur, § 59, Westermann, § 44), der Sicherungsübereignung (hierzu Baur, § 57, Westermann, § 43) und des antezipierten Besitzkonstituts (hierzu Westermann, § 40 III, BGHZ 21, 52 und BGHZ 28, 16).

176

Kapitel Vili DER G U T G L Ä U B I G E ERWERB VOM NICHTBERECHTIGTEN

Um in die Problematik des folgenden Kapitels einzuführen, sei folgender Sachverhalt vorangestellt: A und B einigen sich darüber, daß der A Eigentum an einem Fotoapparat erwerben soll, den ihm B übergibt. B ist jedoch nicht der Eigentümer des Apparates und auch nicht anderweitig zur Veräußerung berechtigt. Wird der A Eigentümer des Apparates, wenn B den Apparat bei X gestohlen hatte, oder nur, wenn B den Apparat von X zur Verwahrung erhalten hatte, oder besteht zwischen diesen beiden Situationen kein rechtserheblicher Unterschied? Das achte Kapitel behandelt also die Frage, was geschieht, wenn jemand, der nicht Eigentümer ist und auch nicht anderweitig zur Veräußerung berechtigt ist — im juristischen Sprachgebrauch ein Nichtberechtigter —, über eine bewegliche Sache verfügt: Der Gesetzgeber hätte an die fehlende Berechtigung die Folge knüpfen können, daß vom Nichtberechtigten niemand Eigentum erwerben kann. Das BGB hat sich jedoch für einen anderen Weg entschieden und in den §§ 9 3 2 - 9 3 6 BGB die Möglichkeit eines gutgläubigen Eigentumserwerbs vorgesehen. Übersicht: Der Grundtatbestand Guter Glaube Abhanden gekommene Sachen Die Übergabe Der Übergabeersatz Ausgleichsansprüche Erwerb der Eigentumsanwartschaft Erwerb der Lastenfreiheit Zusammenfassung und Vertiefungshinweise

Information 1 2—6 7—9 10 11—13 14—16 17—18 19 20 177

23 Dilcher, Sachenrecht

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb

Grundtatbestand

1.

§ 932 Abs. I S . 1

Wenn eine bewegliche Sache, die übereignet werden soll, nicht dem Veräußerer gehört, kann der Erwerber durch Einigung und Übergabe dennoch Eigentümer werden, sofern zwei zusätzliche Voraussetzungen erfüllt sind: Der Erwerber muß zum Zeitpunkt des Eigentumserwerbs im guten Glauben an das Eigentum des Veräußerers sein, § 932 Abs. 1 S. 1 BGB, und die Sache darf nicht abhanden gekommen sein, § 935 BGB. — Einzelheiten der Gutgläubigkeit werden in Inf. 2—6, des Abhandenkommens in Inf. 7—9 behandelt. F:

Der A hat seine Schreibmaschine dem V geliehen. Dieser veräußert die Maschine an den gutgläubigen E, der V für den Eigentümer hält. Als A die Maschine von E zurückfordert, stellt sich heraus, daß V seit langem geisteskrank ist. E fragt an, ob er Eigentümer der Maschine sei. (Bitte begründen Sie Ihre Antworten, soweit möglich mit Angabe von §§.)

178 23

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb

Guter Glaube

A:

Nein; da § 932 BGB für den gutgläubigen Erwerb zunächst Einigung und Übergabe gemäß § 929 verlangt, es aber wegen der Geisteskrankheit des V nicht zu einer wirksamen Einigung zwischen V und E gekommen ist, kann der E schon deshalb kein Eigentum an der Maschine erworben haben.

2.

§ 932 Abs. 2

Guter Glaube des Erwerbers ist Voraussetzung für den Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten. Im BGB wird allerdings nicht der gute Glaube definiert, sondern sein Gegensatz, die Bösgläubigkeit. Bösgläubig ist der Erwerber gemäß § 932 Abs. 2 BGB — wie auch nach den §§ 1007 BGB (vgl. Kap. II, Inf. 19) und 9 9 0 BGB (vgl. Kap. V, Inf. 7) — wenn er weiß, daß der Veräußerer ein Nichtberechtigter ist, oder wenn ihm dies infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. In diesen Fällen erwirbt er kein Eigentum. Grob fahrlässige Unkenntnis liegt vor, wenn dem Erwerber infolge schwerwiegender Indizien Zweifel an dem Eigentum des Veräußerers hätten kommen müssen, z.B. beim Kraftwagenerwerb wegen offensichtlicher Veränderungen im Kraftfahrzeugbrief. Dann entsteht für den Erwerber eine Nachprüfungs- und Informationspflicht; er darf nicht einfach darauf vertrauen, daß der Veräußerer Eigentümer der Sache ist. F:

Dem E wird von V ein neues Radiogerät (im Werte von 500.— DM) zum Preise von 20.— DM angeboten. Der V motiviert den günstigen Preis mit plötzlichen Geldschwierigkeiten. E glaubt ihm dies, zahlt und nimmt das Gerät an sich. — Einige Tage später erscheint aufgrund kriminalpolizeilicher Nachforschungen der Rundfunkhändler A bei E und verlangt das Gerät heraus, weil der V es nur unter Eigentumsvorbehalt des A erworben hatte. E beruft sich auf gutgläubigen Eigentumserwerb. Mit Recht?

179

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb A:

Guter Glaube

Nein; E hätte aufgrund des Schleuderpreises das Eigentum des V überprüfen müssen, z.B. durch Einsichtnahme in Quittungen; er hat insoweit grob fahrlässig gehandelt.

3. Der gute Glaube des Erwerbers wird nur geschützt, wenn er sich speziell auf das Eigentum des Veräußerers bezieht. Nicht geschützt wird durch die §§ 932 ff. BGB das Vertrauen des Erwerbers auf die Geschäftsfähigkeit des Veräußerers, z.B. wenn jemand einen minderjährigen Eigentümer für volljährig hält. — Ebensowenig wird der Erwerber geschützt, wenn er weiß, daß er sich nicht mit dem Eigentümer einigt, aber annimmt, sein Kontrahent sei zur Vertretung des Eigentümers (nach den § § 1 6 4 ff. BGB) berechtigt. — Ungeschützt bleibt weiter der Erwerber, wenn er das fehlende Eigentum des Veräußerers kennt, aber an dessen Verfügungsbefugnis über die Sache glaubt, z.B. wegen einer vom Veräußerer vorgetäuschten Ermächtigung nach § 185 BGB. F:

Der V veräußert an E einen gebrauchten PKW, in dessen Kraftfahrzeugbrief der D als Eigentümer des Wagens ausgewiesen ist. Zweifel des E zerstreut der V mit dem unwahren Hinweis, er sei berechtigt, für den D zu handeln. Warum wird der E, der den Ausführungen des V Glauben schenkt, durch die Einigung mit V und die Übergabe von Kraftfahrzeug und Kraftfahrzeugbrief nicht Eigentümer?

180

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb

Guter Glaube

A:

Weil der gute Glaube des E sich nicht auf das Eigentum des Veräußerers bezieht; E glaubt lediglich an eine Vertretungsmacht oder Verfügungsbefugnis des V.

4.

§ 166

Handelt für den Erwerber ein Stellvertreter, so kommt es nach § 166 Abs. 2 BGB bei gutgläubigem Vertreter nur auf den guten oder bösen Glauben des Erwerbers und Vollmachtgebers an, wenn der Vertreter nach bestimmten Anweisungen seines Vollmachtgebers handelt. Nur wenn ausnahmsweise ein Bevollmächtigter weisungsfrei handeln darf, oder wenn seine Vertretungsmacht nicht auf Vollmacht beruht, z. B. beim gesetzlichen Vertreter eines Kindes, wird nach § 166 Abs. 1 BGB für die Gut- oder Bösgläubigkeit auf das Wissen des Vertreters abgestellt; ist dieser bösgläubig, so nützt dem durch ihn vertretenen Erwerber eigener guter Glaube nichts. F:

Der E weiß, daß die von V zur Veräußerung angebotene Baumaschine nicht dem V gehört. Um dennoch die Maschine erwerben zu können, schickt er seinen Angestellten Z mit der Anweisung zu V, diese Maschine zu einem bestimmten Preis für ihn zu erwerben. Z ist völlig ahnungslos, hält V für den Eigentümer und erwirbt die Maschine auftragsgemäß. Als die Maschine sich bei E befindet, verlangt der wahre Eigentümer A sie von E heraus. Mit Recht?

181

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb A:

Guter Glaube

Ja; da E bösgläubig war, nützt ihm wegen der genauen Handlungsanweisungen der gute Glaube seines Stellvertreters Z nichts, § 166 Abs. 2 BGB.

5. Gutgläubig m u ß der Erwerber in dem Zeitpunkt sein, in Einigung und Übergabe vorliegen, § 9 3 2 Abs. 1 S. 1 BGB.

dem

Erlangt der Erwerber erst danach Kenntnis vom fehlenden Eigentum des Veräußerers, oder wird seine Unkenntnis erst danach grob fahrlässig, so ist dies für den Eigentumserwerb unschädlich. F:

V will an E ein Tonbandgerät veräußern, von dem E nicht weiß, daß V es bei X entliehen hat. V einigt sich mit dem gutgläubigen E über den Eigentumsübergang, und beide vereinbaren, daß dem E das Gerät nach drei Tagen bei Bezahlung des Kaufpreises übergeben werden soll. Nach zwei Tagen erfährt E, daß V nur der Entleiher des Gerätes war. Genügt es für den Eigentumserwerb des E, daß er bei der Einigung mit V gutgläubig war?

182

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb A:

Guter Glaube

Nein; der gute Glaube des Erwerbers muß gemäß § 932 Abs. 1 S. 1 BGB noch im Zeitpunkt der Übergabe bestehen, weil erst damit der Tatbestand des Eigentumserwerbs nach § 929 BGB vollendet wird.

6.

Erfolgt die Eigentumsübertragung unter einer aufschiebenden Bedingung, z.B. unter Eigentumsvorbehalt, so liegt die Tatbestandsvollendung, bei der guter Glaube des Erwerbers bestehen muß, bereits mit der bedingten Einigung und Übergabe vor. Dies beruht darauf, daß der Bedingungseintritt nicht mehr vom Zusammenwirken der Kontrahenten abhängt, sondern z.B. beim Eigentumsvorbehalt einseitig durch die Kaufpreiszahlung bewirkt wird. Es genügt demnach, wenn der Erwerber zur Zeit der bedingten Einigung und Übergabe gutgläubig ist. F:

Der gutgläubige E erwirbt von V unter Eigentumsvorbehalt gemäß § 455 BGB am 1.2. ein Tonbandgerät, das ihm übergeben wird. Am 10.2. erfährt er, daß nicht V, sondern der A Eigentümer des Gerätes ist. Am 12.2. bezahlt er den Restkaufpreis an V. Wird E dadurch trotz seiner Bösgläubigkeit Eigentümer des Gerätes?

183

Abhandenkommen

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb A:

Ja, da E im Zeitpunkt der bedingten Einigung und Übergabe am 1.2. gutgläubig war.

7.

§ 935 Abs. 1

Wie schon eingangs gesagt, ist ein Eigentumserwerb trotz guten Glaubens des Erwerbers ausgeschlossen, wenn die Sache dem Eigentümer oder seinem Besitzmittler abhanden gekommen ist, § 935 Abs. 1 BGB. An einer Sache, die irgendwann abhanden gekommen ist, kann also niemand gutgläubig Eigentum erwerben. Der Grund für diese Regelung liegt darin, daß in solchen Fällen der letzte berechtigte Besitzer nicht durch eigene Handlungen dazu beigetragen hat, dem Veräußerer den Sachbesitz zu verschaffen, der die Grundlage für den Schutz des gutgläubigen Erwerbers bildet. F:

Muß der bestohlene Eigentümer, der die Sache vom gutgläubigen Erwerber nach § 985 BGB zurückverlangt, dem Erwerber den Kaufpreis ersetzen, den dieser an den Dieb gezahlt hat? (Vergleichen Sie vor der Antwort bitte oben Kap. V, Inf. 20 ff.) Eigentümer

Dieb gutgläubiger Erwerber

184

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb A:

Abhandenkommen

Nein, da die Kaufpreiszahlung an den Dieb keine Verwendung auf die Sache darstellt (vgl. oben Kap. V, 27d).

8. Abhanden gekommen ist eine Sache, wenn der unmittelbare Besitzer den Besitz ohne seinen Willen verloren hat (vgl. Kap. I, Inf. 18). Hierbei ist es nicht erheblich, ob der Eigentümer der Sache deren unmittelbarer oder deren mittelbarer Besitzer war, § 935 Abs. 1 BGB. Ohne Willen geht der Besitz dem unmittelbaren Besitzer verloren, z. B. durch Diebstahl, höhere Gewalt oder Unachtsamkeit, aber auch bei unerlaubtem Verhalten seines Besitzdieners. — Mit Willen des Besitzers erfolgt der Besitzverlust, wenn er die Sache wissentlich aus der Hand gibt, auch wenn er hierzu z. B. durch Täuschung bestimmt worden ist. F:

Der Ladenangestellte V im Fotogeschäft des A nimmt unbefugt eine dem A gehörende Kleinbildkamera mit nach Hause und veräußert sie an den gutgläubigen E. Aus welchem Grunde kann der E kein Eigentum an der Kamera erwerben?

185 24 Dilcher, S a c h e n r e c h t

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb

Abhandenkommen

A:

Weil die Kamera dem Eigentümer A dadurch abhanden gekommen ist, daß der Besitzdiener V sich unbefugt zum Besitzer gemacht hat; vgl. Kap. I, Inf. 6.

9.

§ 9 3 5 Abs. 2

A u s n a h m s w e i s e ist ein gutgläubiger E i g e n t u m s e r w e r b a u c h an abhanden gekommenen Sachen möglich, w e n n es sich u m Geld oder Inhaberpapiere h a n d e l t , o d e r w e n n die Sachen auf einer ö f f e n t l i c h e n Versteigerung e r w o r b e n w e r d e n , § 9 3 5 Abs. 2 BGB. - ( I n h a b e r p a piere sind in d e n §§ 7 9 3 ff. BGB b e h a n d e l t ; die ö f f e n t l i c h e Versteigerung ist in § 3 8 3 Abs. 3 BGB d e f i n i e r t . ) Der Grund für die Ausnahme, bei Geld und Inhaberpapieren den Schutz des allgemeinen Rechtsverkehrs vor den Schutz des Eigentümers zu stellen, liegt darin, daß diese Sachen speziell zum Umlauf bestimmt sind. Die Privilegierung des Versteigerungserwerbs beruht auf historischen Gründen. F:

Der V hat im Gasthaus aus der Jacke des A dessen einzigen Zehnmarkschein entwendet und damit seine Schuld bei dem gutgläubigen Gastwirt E beglichen. Der A hatte den Schein vorher mit den Anfangsbuchstaben seines Namens markiert, so daß er ihn nach Entdeckung des Diebstahls eindeutig als den ihm entwendeten Schein identifizieren kann. Muß E den Geldschein herausgeben, weil er noch dem A gehört?

186 24

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb A:

Nein; gemäß § 935 Abs. 2 BGB konnte der E an dem gestohlenen Geld gutgläubig Eigentum erwerben.

Wiederholungsfragen: a)

Eigentum an beweglichen Sachen kann man vom Nichtberechtigten erwerben, wenn die Sachen dem Eigentümer nicht . . . sind und der Erwerber zur Zeit von Einigung und Übergabe . . . ist.

b)

Bösgläubig ist ein Erwerber, der . . . . oder infolge lässigkeit nicht weiß, daß der Veräußerer nicht der Eigentümer ist.

c)

Eine Sache ist abhanden gekommen, wenn der sitzer den Besitz ohne seinen verloren hat.

d)

Ausnahmsweise kann auch an abhanden gekommenen Sachen gutgläubig Eigentum erworben werden, wenn es sich um . . . . oder handelt.

e)

Nunmehr können Sie den zu Eingang des Kapitels (S. 177) angeführten Sachverhalt beurteilen. Welcher Unterschied besteht zwischen den beiden Sachverhaltsvarianten?

Fahr-

Be-

187

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb A:

10.

a) b) c) d) e)

Übergabe

abhanden gekommen, gutgläubig weiß, grober unmittelbare, Willen Geld, Inhaberpapiere Die zur Verwahrung gegebene Kamera ist nicht abhanden gekommen, da X sie dem B mit Willen überlassen hat; an ihr kann also A gutgläubig Eigentum erwerben. Anders ist es dagegen, wenn die Kamera gestohlen war, § 935 Abs. 1 S. 1 BGB.

§ 932 Abs. 1 S. 2

Die Vorschriften über den gutgläubigen Eigentumserwerb an beweglichen Sachen gehen davon aus, daß der Veräußerer sich im Besitz der Sache befindet und den Besitz auf den Erwerber überträgt. Ist aber die Übergabe kein Tatbestandselement der Übereignung, so wird auch die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs eingeschränkt:

Soll dem Erwerber, weil er schon im Besitz der Sache ist, das Eigentum vom Nichteigentümer durch bloße dingliche Einigung nach § 929 S. 2 BGB (vgl. Kap. VII, Inf. 15) übertragen werden, so erwirbt er kraft guten Glaubens das Eigentum nur dann, wenn er den Besitz vom Veräußerer erlangt hat, § 932 Abs. 1 S. 2 BGB. F:

Die Studenten A und V bringen Bücher mit in die Wohnung ihres Kommilitonen E. Nach gemeinsamer Arbeit läßt A beim Weggehen seine Bücher bis zur nächsten Sitzung bei E zurück. Von einem dieser Bücher nimmt E irrtümlich an, es gehöre dem V, und auf seine Frage, ob der V es ihm nicht schenken könne, willigt dieser ein. Ist der gutgläubige E durch diese Einigung mit V Eigentümer des Buches geworden?

188

Obergabeersatz

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb A:

Nein, da E den Besitz nicht vom Veräußerer erlangt hat, § 932 Abs. 1 S. 2 BGB.

11.

§933

Ebenso wird der gutgläubige Eigentumserwerb beschränkt, wenn statt der Sachübergabe von einem Übergabeersatz (Besitzmittlungsverhältnis oder Abtretung des Herausgabeanspruchs) Gebrauch gemacht wird, weil auch in diesen Fällen der Erwerber nicht den unmittelbaren Besitz vom Veräußerer erhält.

Die Eigentumsübertragung durch Einigung und Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses gemäß § 930 BGB (vgl. Kap. VII, Inf. 16) genügt nicht zum gutgläubigen Erwerb. Der Erwerber wird nach § 933 BGB erst dann Eigentümer, wenn ihm die Sache vom Veräußerer übergeben wird und er in diesem Zeitpunkt noch gutgläubig ist. Es kommt also für den Eigentumserwerb auf die Übertragung des unmittelbaren Besitzes an; der Erwerb des mittelbaren Besitzes reicht nicht aus. F 1: Der V kauft bei dem A einen Fernsehapparat. Da V den Apparat nur anbezahlt, behält sich der A bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises das Eigentum vor. — Weil der V alsbald eine Schuld bei E nicht bezahlen kann, will er dem gutgläubigen E den Apparat gemäß §§ 929, 930 BGB sicherungsübereignen, dJi. den unmittelbaren Besitz daran behalten. Warum wird der E hierdurch nicht Eigentümer? Eigentümer A

Besjtzer V Sicherungsnehmer E

F 2: Was müßte der V tun, um als Nichtberechtigter dem gutgläubigen E das Eigentum zu verschaffen?

189

Übergabeersatz

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb

A 1 : Weil die Verschaffung mittelbaren Besitzes gemäß § 933 BGB zum Eigentumserwerb nicht ausreicht. A 2 : Er müßte dem E am Fernsehapparat unmittelbaren Besitz verschaffen.

12.

§ 934

Will ein Nichteigentümer dem gutgläubigen Erwerber die Sache durch Einigung und Abtretung des Herausgabeanspruchs gemäß § 931 BGB übereignen, so ist wiederum (vgl. Kap. VII, Inf. 22) zu unterscheiden, ob der Veräußerer mittelbarer Besitzer der Sache ist oder nicht: Ist der Veräußerer mittelbarer Besitzer der Sache, so erlangt der Erwerber das Eigentum mit der Abtretung, § 934, 1. Halbsatz BGB. Insoweit wird der mittelbare Besitz des Veräußerers dem unmittelbaren gleichgestellt. F:

A hat dem V eine Baumaschine unter Eigentumsvorbehalt verkauft und übergeben. Diese Maschine vermietet der V an B. Wie könnte V dem gutgläubigen E Eigentum an der Maschine verschaffen, wenn diese zunächst bei B verbleiben soll? Eigentümer A

Besitzer V

Mieter B

Erwerber E

190

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb A:

Übergabeersatz

V und E müßten sich darüber einig sein, daß das Eigentum auf den E übergehen soll, und V müßte seinen Herausgabeanspruch aus dem Mietvertrag mit B dem E abtreten, § 9 3 4 , 1 . Halbsatz BGB.

13. Ist der Veräußerer, der als N i c h t b e r e c h t i g t e r die S a c h e durch Einigung u n d A b t r e t u n g des Herausgabeanspruchs übertragen will, nicht mittelbarer Besitzer der Sache, s o wird der E r w e r b e r erst d a n n Eigentümer, w e n n er d e n u n m i t t e l b a r e n o d e r m i t t e l b a r e n Besitz der S a c h e vom besitzenden Dritten erlangt u n d er in d i e s e m Z e i t p u n k t noch gutgläubig ist, § 9 3 4 , 2. Halbsatz B G B . - Der h ä u f i g s t e Fall dieser A r t ist der, daß ein Lagerhalter die S a c h e aufgrund A n w e i s u n g eines N i c h t b e r e c h t i g t e n z u U n r e c h t an d e n g u t g l ä u b i g e n Erwerber herausgibt. F:

Der A hat dem B am 1.3. ein Fahrrad für eine Woche geliehen. C weiß davon; er veräußert das Fahrrad am 2.3. an den gutgläubigen E, dem er erklärt, er habe das Fahrrad an B verliehen; C einigt sich mit E über den Eigentumswechsel und tritt ihm seinen angeblichen Rückgabeanspruch gegen den B ab. Am 6.3. geht C zu B und weist ihn im Namen des A an, das Fahrrad am 8.3. nicht an A zurückzugeben, sondern direkt dem E auszuhändigen, der es nunmehr für die Folgezeit von A geliehen habe. B läßt sich durch das sichere Auftreten des C täuschen und handelt entsprechend. Wann wird E Eigentümer des Fahrrades? Eigentümer A

u

(Einigung + Abtretung)

191

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb A:

Erst mit der Übergabe durch B, sofern der E dann noch im guten Glauben ist, § 934, 2. Halbsatz BGB.

Wiederholungsfragen: Der gutgläubige Eigentumserwerb ist gegenüber dem rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerb in folgenden Fällen eingeschränkt: a)

Bei einer Übereignung gemäß § 929 S. 2 BGB ist gutgläubiger Erwerb nach § 932 Abs. 1 S. 2 nur dann möglich, wenn der Erwerber den Besitz vom erlangt hat.

b)

Unter welchen Voraussetzungen ist bei einer Übereignung durch Einigung und Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses im Sinne des § 930 BGB Rin gutgläubiger Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten möglich?

c)

Bei einer Übereignung nach Maßgabe des § 931 BGB ist ein gutgläubiger Eigentumserwerb gemäß § 934 BGB nur dann möglich, wenn der Veräußerer ist.

192

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb A:

Ausgleichsansprüche

a) Veräußerer b) Die nicht abhanden gekommene Sache muß dem Erwerber vom Veräußerer übergeben werden, und der Erwerber muß zu diesem Zeitpunkt noch gutgläubig sein, § 933 BGB. c) mittelbarer Besitzer

14.

§ 816 Abs. 1

Verliert der Eigentümer sein Eigentum dadurch, daß ein Nichtberechtigter die Sache an einen gutgläubigen Dritten veräußert, so erhält der bisherige Eigentümer als Ausgleich für den Verlust seines Eigentums einen Anspruch gegen den Veräußerer auf Herausgabe des Veräußerungserlöses gemäß § 816 Abs. 1 S. 1 BGB. - Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht ist dieser Anspruch auf den Sachwert beschränkt. Außerdem kann der bisherige Eigentümer vom Veräußerer aber auch Schadensersatz verlangen, z. B. nach den §§ 989, 990 BGB oder nach Deliktsrecht. F 1: Der V hat von A eine Uhr im Werte von 50.— DM entliehen. Als sich die Nichtigkeit des Leihvertrages herausstellt, verkauft und veräußert der V die Uhr zum Preise von 75.— DM an den gutgläubigen E. Kann der A von V den gesamten Erlös herausverlangen, oder darf V den durch Geschäftstüchtigkeit erzielten Gewinn von 25.— DM behalten?

F 2: Muß sich der A mit dem von V erzielten Erlös zufriedengeben, wenn der V die Uhr für nur 25.— DM an E verkauft und veräußert hat, oder was könnte er jetzt verlangen?

193 25 Dilcher, Sachenrecht

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb

Ausgleichsansprüche

AI:

A kann gemäß § 816 Abs. 1 S. 1 BGB den gesamten Erlös herausverlangen. Nach der in der Literatur vertretenen Ansicht beschränkt sich sein Anspruch auf 50.— DM. A 2: Der A könnte in diesem Falle von V (neben dem Erlös) Schadensersatz in Höhe von 2 5 . - DM, z.B. nach §§ 9 8 9 , 9 9 0 BGB verlangen.

15. Der Anspruch auf den Veräußerungserlös ist dem Eigentümer versagt, wenn ihm die Sache abhanden kam und deshalb ein gutgläubiger Erwerb durch Dritte nicht möglich ist; die Verfügung eines nichtberechtigten Veräußerers wird in diesem Falle gegenüber dem Eigentümer nicht wirnsam im Sinne des § 8 1 6 Abs. 1 S. 1 BGB. Dem Eigentümer verbleibt sein Anspruch aus § 985 BGB gegen den Erwerber. Ist der Eigentümer jedoch an der Herausgabe des Erlöses interessiert, kann er die Verfügung des Nichtberechtigten nach den §§ 184, 185 BGB genehmigen. Dadurch wird diese Verfügung ihm gegenüber wirksam, und die Voraussetzungen des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB sind erfüllt. F:

Nennen Sie Fälle, in denen der Eigentümer ein Interesse daran hat, die Veräußerung einer ihm abhanden gekommenen Sache zu genehmigen.

194 25*

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb A:

Ausgleichsansprüche

Die Genehmigung der Veräußerung einer abhanden gekommenen Sache ist für den Eigentümer z. B. von Interesse, wenn er auf die Sache verzichten will, weil der Veräußerungserlös über dem Sachwert liegt; ferner, wenn die Sache nicht mehr zu erlangen ist.

16. Ein Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums steht dem bisherigen Eigentümer gegenüber einem gutgläubigen Erwerber nur dann zu, wenn der Erwerber das Eigentum unentgeltlich erlangt hat, § 8 1 6 Abs. 1 S. 2 BGB. F:

Der A leiht dem V ein Tonbandgerät. Als die Verlobte des V, die E, den Wunsch nach einem Tonbandgerät äußert, schenkt ihr V das entliehene Gerät, an dem sie gutgläubig Eigentum erwirbt. Welche Rechte hat der A a) gegen den V, b) gegen die E?

195

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb A:

Anwartschaftserwerb

a) Von V kann A Schadensersatz, z. B. wegen Verletzung des Leihvertrages, verlangen. b) Von der E kann A Rückübertragung des Eigentums nach § 816 Abs. 1 S. 2 BGB verlangen.

17. Bisher wurden die Verfügungen eines Nichtberechtigten über das Eigentum behandelt. Nicht geregelt im BGB ist die Verfügung eines Nichtberechtigten über eine Eigentumsanwartschaft: Da die Eigentumsanwartschaft dem Eigentum wesensgleich ist (vgl. Kap. VII, Inf. 8 und 9) und deshalb rechtsgeschäftlich analog den §§ 929 ff. BGB übertragen wird, kann sie auch analog den §§ 932 f f BGB gutgläubig erworben werden. Das bedeutet, daß ein Erwerber, der den Sachbesitzer gutgläubig für den Eigentumsanwärter hält, mit der Besitzerlangung die Anwartschaft erwirbt. F:

Der A hat sein Ferienhaus an V vermietet. Das in diesem Haus befindliche Fernsehgerät, das noch unter Eigentumsvorbehalt des Lieferanten steht, veräußert der V an den E, der das Gerät mitnimmt und sich bereit erklärt, die noch ausstehenden Raten an den Lieferanten zu bezahlen. Welche Rechtsposition hat der E erlangt, wenn er davon ausgehen konnte, daß V der Anwartschaftsberechtigte war?

196

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb A:

Anwartschaftserwerb

Der E hat analog § 932 BGB gutgläubig ein Anwartschaftsrecht erworben.

18. Voraussetzung für einen gutgläubigen Erwerb der Eigentumsanwartschaft ist allerdings, daß zum Zeitpunkt der beabsichtigten Übertragung wirklich eine Anwartschaft besteht, über die ein Nichtberechtigter verfügt. — Besteht überhaupt keine Eigentumsanwartschaft (eines berechtigten Anwärters), so kann eine solche auch nicht gutgläubig erworben werden. F:

Der V erwirbt am 1.3. vom Eigentümer A eine Maschine unter Eigentumsvorbehalt und erhält den Besitz daran. Am 10.3. werden Kaufvertrag und Einigung von A wirksam angefochten, was beide Verträge gemäß § 142 BGB von Anfang an nichtig werden läßt. Am 15.3. einigt sich der V mit seinem Gläubiger E darüber, daß er die Anwartschaft an der Maschine dem E als Sicherheit überträgt und übergibt ihm die Maschine. Erwirbt der E, der von der Anfechtung durch den A nichts weiß, das Anwartschaftsrecht? Eigentümer A

Besitzer V (Anwärter bis zur Anfechtung) gutgläubiger Erwerber E

197

Lastenfreiheit

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb A:

Nein, da ein Anwartschaftsrecht wegen der wirksamen Anfechtung vom 10.3. zur Zeit der Übergabe am 15.3. nicht existierte und deshalb auch nicht gutgläubig erworben werden konnte.

19.

§ 936

Eine letzte Frage des Gutglaubenserwerbs behandelt die Rechte eines Dritten an der übereigneten Sache: So kann z.B. der Vermieter nach § 559 BGB ein Pfandrecht an den in die Mietwohnung eingebrachten Sachen des Mieters haben; Einzelheiten dazu und zu ähnlichen dinglichen Rechten Dritter an beweglichen Sachen werden unten in Kap. XVI behandelt. B e i m Erwerb b e w e g l i c h e r S a c h e n läßt der gute Glaube an das Nichtbestehen dinglicher Rechte Dritter derartige R e c h t e e r l ö s c h e n . Erwirbt also j e m a n d v o m B e r e c h t i g t e n o d e r v o m N i c h t b e r e c h t i g t e n das E i g e n t u m an einer b e w e g l i c h e n S a c h e i m g u t e n G l a u b e n , d a ß sie dinglich n i c h t belastet sei, z.B. d u r c h V e r m i e t e r p f a n d r e c h t e , s o erwirbt er n a c h d e n v o r s t e h e n d e n R e g e l n des G u t g l a u b e n s s c h u t z e s das Eigentum lastenfrei, § 9 3 6 Abs. 1 und 2 BGB. F:

M schuldet seinem Vermieter V Mietzins in Höhe von 500.— DM. Als ihm der V mit Zwangsvollstreckung droht, veräußert M seinen in der Mietwohnung liegenden wertvollen Orientteppich an den E, dem er auf die Frage nach Mietrückständen gefälschte Mietquittungen vorweist; E nimmt den Teppich mit. Jetzt befindet sich in der Wohnung des M nur noch geringwertiges Mobiliar. — Als V bald danach von der Veräußerung des Teppichs erfährt, verlangt er von E gemäß § 561 Abs. 2 BGB Rückschaffung des Teppichs in die Wohnung des M, da an dem Teppich wegen der Mietrückstände sein Vermieterpfandrecht bestehe. E verweigert die Rückgabe. Zu Recht? Vermieter V-

Mieter M •Erwerber E

198

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb A:

Ja; gemäß § 561 Abs. 2 BGB könnte der Vermieter die Rückschaffung nur dann verlangen, wenn ihm das Vermieterpfandrecht noch zustünde. Dieses ist jedoch gemäß § 936 BGB mit der Übergabe an den hinsichtlich des Vermieterpfandrechtes gutgläubigen E erloschen.

20. Zusammenfassung (in Verbindung mit den Wiederholungsfragen auf S. 187 und 192): a)

Da durch den gutgläubigen Eigentumserwerb eines Dritten der bisherige Eigentümer sein Eigentum verliert, hat er gegen den nichtberechtigten Veräußerer gemäß § 816 Abs. 1 S. 1 BGB nach herrschender Meinung einen Anspruch auf

b)

Außerdem kann der frühere Eigentümer vom Veräußerer gegebenenfalls verlangen, z.B. nach den §§ 989,990 BGB.

c)

Gegen den gutgläubigen Erwerber der Sache hat der frühere Eigentümer gemäß § 816 Abs. 1 S. 2 BGB einen Anspruch auf Rückübereignung, wenn der Erwerber das Eigentum erlangt hat.

d)

Analog den §§ 932 ff. BGB kann auch die gutgläubig erworben werden.

e)

Durch § 936 Abs. 1 und 2 BGB wird auch der gute Glaube an die . . einer erworbenen Sache geschützt; das bedeutet, daß hier der gute Glaube des Erwerbers vorhandene Belastungen . . läßt.

-

199

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb A:

a) Herausgabe des Erlangten b) Schadensersatz c) unentgeltlich d) Eigentumsanwartschaft e) Lastenfreiheit, erlöschen

Zur Wissensvertiefung für den Stoff des achten Kapitels wird empfohlen: Baur, Lehrbuch des Sachenrechts, aaO., § 52 Westermann, Sachenrecht, aaO., §§ 4 5 - 5 0 . Besonders wichtig sind die Probleme der §§ 933 und 934 BGB (hierzu Westermann, § 48 und BGHZ 50,45).

200

Kap.VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb

Der nachstehende klausurmäßige Sachverhalt soll Ihnen Gelegenheit geben, das erworbene Wissen in einer etwas schwierigeren Fallgestaltung anzuwenden. Ihre Antwort sollten Sie möglichst in Form einer gutachtlichen Lösung formulieren: A kauft bei dem Radiohändler E einen Plattenspieler. Da A nur eine Anzahlung leisten kann, wird Ratenzahlung vereinbart, und E behält sich bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises das Eigentum vor. Bald danach leiht sich der B den Plattenspieler für einen Tag von A aus. — Ein Besucher des B, der C, ist von der Qualität des Plattenspielers so angetan, daß er ihn sofort von B, den er für den Eigentümer hält, erwerben möchte. Daraufhin einigt sich B, der sich in finanziellen Schwierigkeiten befindet, mit C über den Eigentumsübergang. Da C am nächsten Tag für drei Wochen in Urlaub fährt, vereinbaren B und C, daß der Plattenspieler dem C noch nicht übergeben wird, sondern bis zur Rückkehr des C von B unentgeltlich verwahrt werden soll. — A, der mit der Mietzahlung in Rückstand geraten ist, will nunmehr zur Tilgung seiner Mietschulden den Plattenspieler seinem Wohnungsvermieter D übereignen. Er einigt sich mit D, der ihn für den Eigentümer hält, über den Eigentumsübergang und tritt ihm den Herausgabeanspruch gegen B ab. — Da A außer der Anzahlung keine Ratenzahlungen geleistet hat und inzwischen stark verschuldet ist, verlangt E nunmehr von B, bei dem sich der Plattenspieler befindet, gemäß § 985 BGB die Herausgabe. Zu Recht?

201 26

Kap. VIII. Gutgläubiger Eigentumserwerb

Lösungsskizze: Ein Herausgabeanspruch gemäß § 985 BGB setzt voraus, daß E Eigentümer und B unrechtmäßiger Besitzer ist. E war Eigentümer. Da der Kaufpreis nicht beglichen wurde, ist das Eigentum mangels Bedingungseintritt nicht auf A übergegangen. — E könnte jedoch sein Eigentum an C verloren haben: Das ist der Fall, wenn der B als Nichtberechtigter gemäß §§ 9 2 9 , 9 3 0 , 9 3 3 BGB wirksam verfügt hat. B und C haben sich gemäß § 929 S. 1 BGB wirksam geeinigt. Die Übergabe wurde gemäß 930 BGB durch Vereinbarung einer unentgeltlichen Verwahrung als Besitzmittlungsverhältnis ersetzt. Nach § 933 BGB tritt jedoch der Eigentumserwerb nicht schon mit der Vereinbarung des Besitzkonstitutes ein, sondern erst dann, wenn der Erwerber vom Veräußerer den unmittelbaren Besitz erhält. Da B unmittelbarer Besitzer des Plattenspielers geblieben ist, liegen die Voraussetzungen des § 933 BGB nicht vor. E hat sein Eigentum nicht an C verloren. E könnte sein Eigentum dadurch verloren haben, daß A als Nichtberechtigter gemäß §§ 929, 931, 934 BGB wirksam an D übereignet hat: A hat sich mit D über den Eigentumsübergang geeinigt. Die Übergabe wurde gemäß § 931 BGB durch die Abtretung des Herausgabeanspruchs nach § 604 BGB ersetzt. Gemäß § 934, erster Halbsatz BGB ist jedoch mit der Abtretung dieses Herausgabeanspruchs der gutgläubige D nur dann Eigentümer geworden, wenn A noch mittelbarer Besitzer war. Aufgrund des Leihvertrages mit B war A zunächst mittelbarer Besitzer des Plattenspielers. Da sich aber B durch die Veräußerung des Plattenspielers an C erkennbar von der Besitzmittlung losgesagt hat (vgl. Kap. III, Inf. 10), war A zur Zeit der Einigung mit D nicht mehr mittelbarer Besitzer. D könnte gemäß § 934, 2. Halbsatz BGB erst mit der Erlangung des unmittelbaren Besitzes Eigentum erworben haben. Dies ist nicht geschehen. E kann also die Herausgabe des Plattenspielers von B nach § 985 BGB verlangen. B kann sich nicht gemäß § 986 Abs. 1 S. 1 BGB auf ein Besitzrecht des A gegenüber E berufen, weil B seinen Besitz nicht mehr von A ableitet.

202 26 A

Kapitel IX ANDERE FORMEN DES EIGENTUMSERWERBS

Eigentum an beweglichen Sachen kann auch ohne Rechtsgeschäft mit dem Veräußerer erworben werden. In solchen Fällen entsteht Eigentum allein durch Erfüllung bestimmter gesetzlicher Tatbestände; so erwirbt z.B. der Eigentümer eines Grundstücks durch feste Verbindung einer beweglichen Sache mit seinem Grundstück das Eigentum an der beweglichen Sache. Diesen Eigentumserwerb allein durch Erfüllung gesetzlicher Tatbestände bezeichnet man als originären Eigentumserwerb. Die nachstehende Skizze zeigt die verschiedenen Eigentumserwerbs nach dem BGB. Es gibt den

Formen des

Eigentumserwerb an Grundstücken (wird in Kap. X behandelt)

Die wichtigsten Tatbestände des originären Eigentumserwerbs sind Ersitzung, Verbindung, Vermischung, Verarbeitung, Fruchtziehung, Aneignung und Fund; sie sind in den §§ 9 3 7 - 9 8 4 BGB geregelt. Übersicht: Ersitzung Verbindung und Vermischung Verarbeitung Rechte Dritter Ausgleichsansprüche Eigentumserwerb an Früchten Aneignung und Fund Zusammenfassung und Vertiefungshinweise

Information .... 1-3 .... 4-10 11-14 15

16 17-19 20-24 25 203

26 A *

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb

1.

Ersitzung

§937

Als ersten Tatbestand des originären Eigentumserwerbs n e n n t das BGB die Ersitzung. Durch Ersitzung wird gemäß § 937 BGB Eigentümer, wer eine bewegliche Sache, die er gutgläubig für seine eigene hält, zehn Jahre im Eigenbesitz (vgl. Kap. I, Inf. 10) hat. - Auf diesem Wege kann z. B. Eigentum vom geschäftsunfähigen Veräußerer oder an abhanden gekommenen Sachen erworben werden. Bösgläubig ist gemäß § 937 Abs. 2 BGB, wer beim Erwerb des Besitzes gewußt oder grob fahrlässig nicht gewußt hat, daß er kein Eigentum erwirbt. Darüber hinaus ist - abweichend von § 932 Abs. 2 BGB, aber in Parallele zu § 990 BGB (vgl. Kap. V, Inf. 7) — auch derjenige bösgläubig, der während der Ersitzungszeit genaue Kenntnis von seiner mangelnden Berechtigung erhält; grobe Fahrlässigkeit während der Ersitzungszeit dagegen zerstört den guten Glauben nicht. F:

Der E erwirbt von einem ihm unbekannten Händler im Jahre 1960 einen wertvollen Teppich zu handelsüblichem Preis. Einige Zeit später liest er in der Zeitung, daß eine Bande von Teppichdieben gefaßt wurde. Anhand der Beschreibungen der Diebe und des Diebesgutes kommt ihm flüchtig der Gedanke, daß auch der von ihm erworbene Teppich aus einem Diebstahl stammen könnte; er geht der Sache aber nicht weiter nach. Im Jahre 1973 kommt der B in die Wohnung des E und erkennt den dort liegenden Teppich als einen der ihm entwendeten. Er verlangt ihn von E nach § 985 BGB heraus. Zu Recht? (Bitte begründen Sie Ihre Antworten, soweit möglich mit Angabe von §§.)

204

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb

Ersitzung

A:

Nein; E ist durch Ersitzung Eigentümer des Teppichs geworden, da er bei der Begründung seines Besitzes nicht grob fahrlässig gehandelt hat. Später hätte er nur durch die genaue Kenntnis seiner Nichtberechtigung bösgläubig werden können, § 937 Abs. 2 BGB.

2.

§§ 9 4 0 - 9 4 4

Die für einen Besitzer verstrichene Ersitzungszeit wird seinem Rechtsnachfolger angerechnet, §§ 943, 944 BGB. Der Lauf der Zehnjahresfrist wird gemäß § 941 BGB unterbrochen, wenn der Eigentumsanspruch gegen den Besitzer gerichtlich geltend gemacht wird. Führt dies nicht zur Herausgabe der Sache, muß anschließend die Ersitzungsfrist erneut voll ablaufen, § 942 BGB. Auch ein Besitzverlust unterbricht den Lauf der Ersitzungszeit, sofern er nicht nur ungewollt und kurzfristig erfolgt, § 940 BGB. F:

Der K hat 1970 von V eine dem X gestohlene Uhr gutgläubig erworben. Im Jahre 1973 entwendet ihm ein Taschendieb diese Uhr, in welche K inzwischen seinen Namen hat eingravieren lassen. 1975 wird die Uhr bei einem Hehler entdeckt und dem weiterhin gutgläubigen K zurückgegeben. Wieviel Ersitzungszeit ist zum Eigentumserwerb des K noch erforderlich?

205

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb

Ersitzung

A:

Der unfreiwillige Besitzverlust im Jahre 1973 führt wegen seiner langen Dauer gemäß § 940 BGB zur Unterbrechung der Ersitzung; also muß ab 1975 die Zehnjahresfrist gemäß § 942 BGB ablaufen.

3.

§ 945

Mit Ablauf der Ersitzungsfrist erwirbt der Eigenbesitzer nach § 945 BGB das Eigentum lastenfrei (wie nach § 936 BGB beim gutgläubigen Erwerb, vgl. Kap. VIII, Inf. 19), d. h. frei von Rechten Dritter, sofern er auch hinsichtlich dieser Rechte gutgläubig ist. Wer also eine gestohlene Sache zehn Jahre lang gutgläubig im Eigenbesitz hat, erwirbt nicht nur das Eigentum daran; vielmehr sind dann auch die belastenden Rechte Dritter an der Sache untergegangen. Einen Ausgleichsanspruch für die erlittenen Rechtsverluste sehen die Ersitzungsvorschriften weder zugunsten des früheren Eigentümers noch zugunsten der betroffenen Dritten vor. F:

Der D stiehlt ein dem E gehörendes Radiogerät aus der Werkstatt des U und veräußert es sogleich an den gutgläubigen G. Der U hatte wegen einer Reparatur (nach § 647 BGB) ein Unternehmerpfandrecht an dem Gerät erworben. Wann geht dieses Pfandrecht unter, wenn der G keine Kenntnis von ihm hatte? Eigentümer E

Werkunternehmer U

Dieb D

Erwerber G

(Drehen Sie jetzt bitte das Buch; die Programmfortsetzung finden Sie dann auf Seite 207, der Rückseite dieses Blattes.)

206

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb

Verbindung

A:

Nach zehn Jahren, beim lastenfreien Eigentumserwerb des G, §§ 937, 945 BGB.

4.

§ 946

Ein anderer Tatbestand des originären Eigentumserwerbs, der für Lieferanten von Baumaterial von besonderer Bedeutung wird, ist die Verbindung: Wird eine bewegliche Sache durch Verbindung mit einem Grundstück zu dessen wesentlichem Bestandteil im Sinne der §§ 93—95 BGB, so geht sie dadurch in das Eigentum des Grundstückseigentümers über, § 946 BGB. Der gesetzliche Eigentumsübergang durch Verbindung kann nicht durch vertragliche Abreden ausgeschlossen werden. F:

Die Firma F liefert dem Bauunternehmer U Eisenträger unter Eigentumsvorbehalt. Bevor U den Kaufpreis vollständig bezahlt hat, baut er die Träger auf dem Grundstück des E in die Hausfundamente ein; sie werden so zu wesentlichen Bestandteilen des Grundstücks. Wer ist jetzt Eigentümer dieser Träger?

207

Verbindung

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb A:

Der E wird Eigentümer, weil § 946 BGB vertraglichen Abreden und damit dem Eigentumsvorbehalt des F vorgeht.

5.

§ 94

Der Eigentumsübergang nach § 946 BGB knüpft an das Tatbestandselement des wesentlichen Bestandteils an: Wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind nach § 94 Abs. 1 BGB mit dem Boden fest verbundene Sachen; unerheblich ist es, wer die Verbindung vornimmt und mit welchen Mitteln sie bewirkt wird. - Wesentliche Bestandteile sind nach § 94 Abs. 2 BGB ferner die zur Herstellung eines Gebäudes eingefügten Sachen, auch wenn sie mit dem Grundstück nicht fest verbunden sind, z.B. Dachziegel. F:

Die Firma F entsendet ihre Arbeiter A und B mit dem Auftrag, im Reihenhausneubau des X Fensterrahmen fest einzusetzen. Versehentlich verrichten A und B ihre Arbeit im Nachbarhaus (des E). Als die Firma nach zwei Tagen den Fehler entdeckt, will sie die Fensterrahmen wieder herausnehmen lassen, weil sie ihr gehören. Ist diese Ansicht richtig? Firma F

(A und B)

X E

208

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb

Verbindung

A:

Nein; auch durch die irrtümlich vorgenommene feste Verbindung der Fensterrahmen mit dem Gebäude ist Eigentum des E an den Rahmen entstanden, §§ 946, 94 Abs. 1 BGB.

6.

§ 95

Wenn bewegliche Sachen aber nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Boden verbunden oder dem Gebäude eingefügt sind, werden sie nicht zu wesentlichen Bestandteilen des Grundstücks, § 95 BGB; es handelt sich dann um sog. Scheinbestandteile. F:

Der Mieter M hat ein Hausgrundstück für ein Jahr gemietet; bald nach dem Einzug befestigt er im Garten Kinderspielgeräte fest am Boden. Beim späteren Auszug meint der Grundeigentümer E, der M dürfe diese Geräte nicht mitnehmen, da er, der E, durch die feste Verbindung der Geräte mit dem Boden deren Eigentümer geworden sei. Zu Recht?

209

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb

Verbindung

A:

Nein; Kinderspielgeräte eines Mieters werden (mangels anderer Anhaltspunkte) nur für die Mietzeit, d.h. nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Boden des Mietgrundstücks verbunden. Dementsprechend erlangt nach §§ 946, 95 BGB der Grundstückseigentümer kein Eigentum daran.

7.

§ 93

Unabhängig von der festen Verbindung mit dem Boden oder der Einfügung zur Gebäudeherstellung wird eine bewegliche Sache auch dann zum wesentlichen Bestandteil eines Grundstücks, wenn sie im Falle ihrer Wegnahme wirtschaftlich unbrauchbar würde, § 93 BGB. Demnach wird eine Sache (ohne feste Verbindung) dann zum wesentlichen Bestandteil eines Grundstücks, wenn sie zwar nicht der Gebäudeherstellung dient, aber speziell für die Bedürfnisse eines Gebäudes angefertigt wurde und anderweitig nicht mehr verwendbar ist. F:

Der A hat für ein ungewöhnlich geformtes Fenster seines Hauses eine Gardinenschiene speziell nach den Maßen des Fensters anfertigen lassen; bei einer Veränderung der jetzigen Form würde die Schiene zerbrechen. Bis zur endgültigen Bezahlung hat sich der Hersteller B das Eigentum an der Schiene vorbehalten. In wessen Eigentum steht die Schiene, wenn sie im Hause des A lediglich angeschraubt wurde und noch nicht bezahlt ist?

210

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb

Verbindung

A:

Nach den §§ 946, 93 BGB steht die Schiene im Eigentum des A, da sie im Falle der Wegnahme unbrauchbar werden würde.

8.

§ 947

Eine andere Problematik des Eigentumserwerbs durch Sachverbindung entsteht, wenn mehrere bewegliche Sachen miteinander verbunden werden, z.B. beim Zusammenbau von Maschinen: Hier gibt es nach § 947 BGB die Alternative, daß die zusammengebauten Sachen entweder alle gleichermaßen wesentliche Bestandteile der einheitlichen Sache werden, oder aber daß eine Sache als Hauptsache der einheitlichen Sache anzusehen ist, der die anderen Sachen als wesentliche Bestandteile untergeordnet werden. Werden bewegliche Sachen zu einer einheitlichen Sache miteinander verbunden und ist eine Sache als Hauptsache der einheitlichen Sache anzusehen, so wird der Eigentümer der Hauptsache auch Eigentümer der anderen Sachen, § 947 Abs. 2 BGB. Entscheidend für die Frage, ob ein Zulieferer seinen Eigentumsvorbehalt aufrechterhalten kann, ist damit die Begriffsdefinition der „Hauptsache": Sie fehlt im Gesetz. Nach herrschender Meinung ist Nebensache - und damit nicht Hauptsache — ein Bestandteil, der ohne Beeinträchtigung der praktischen Verwendbarkeit fehlen kann. F:

Der V hat dem Waschmaschinenhersteller E Rollen geliefert, auf denen die von E hergestellten Waschmaschinen bewegt werden können. Bleibt ein Eigentumsvorbehalt des V bestehen, wenn E die Rollen zur Fertigstellung der Maschinen verwendet, aber noch nicht bezahlt hat?

211

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb A:

Verbindung

Nein; die Rollen sind Nebensachen im Verhältnis zur Maschine als Hauptsache, weil die Waschmaschine auch ohne die Rollen verwendbar ist. Daher wurde E mit dem Einbau gemäß § 947 Abs. 2 BGB Eigentümer und der Eigentumsvorbehalt des V ist erloschen.

9. Werden aber bewegliche Sachen so miteinander verbunden, daß keine von ihnen als Hauptsache der einheitlichen Sache anzusehen ist, vielmehr alle gemäß § 93 BGB gleichermaßen als wesentliche Bestandteile der einheitlichen Sache erscheinen, so werden nach § 947 Abs. 1 BGB die bisherigen Eigentümer Miteigentümer der einheitlichen Sache im Verhältnis des Wertes der verbundenen Sachen. F:

Der G hat unter Eigentumsvorbehalt größere Mengen Marmelade an die Konservenfabrik K geliefert. Der K füllt damit von ihm hergestellte Konservenbüchsen. In wessen Eigentum stehen die fertigen Konserven?

212

Kap. IX. OriginärerEigentumserwerb A:

Vermischung

Durch die Füllung der Konserven ist eine einheitliche Sache entstanden, für die Dose und Inhalt gleichermaßen wesentlich sind. G und K sind daher Miteigentümer der Konserven, das Alleineigentum des G an der Marmelade (und damit sein Eigentumsvorbehalt) ist ebenso erloschen, wie das Alleineigentum des K an den Dosen.

10.

§ 948

Die Regel, daß beim Zusammentreffen beweglicher Sachen entweder eine Sache als Hauptsache den Vorrang hat oder daß alle Sachen gemeinsam wesentliche Bestandteile werden, wird durch § 948 BGB auf die Vermischung beweglicher Sachen übertragen. Werden bewegliche Sachen so miteinander vermischt, daß sie nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Kosten wieder voneinander getrennt werden können, so werden die bisherigen Eigentümer Miteigentümer der Mischung im Verhältnis des Wertes ihrer Anteile, §§ 9 4 8 , 9 4 7 Abs. 1 BGB. Sofern j e d o c h ein Mischungsbestandteil als Hauptsache anzusehen ist, erwirbt dessen Eigentümer das Alleineigentum, §§ 9 4 8 Abs. 1, 9 4 7 Abs. 2 BGB; z. B. w e n n in einem Faß 1 0 0 0 Liter Wein eines Eigentümers gelagert sind und in dieses Faß versehentlich 100 Liter Wasser eines anderen Eigentümers geschüttet werden. F:

Bei dem Baumaterialienhändler A wird versehentlich eine für den B bestimmte und diesem gehörende Ladung von 20 Tonnen Zement in den Silo des A eingefüllt, der noch mit 20 Tonnen eigenem Zement des A gleicher Sorte gefüllt ist. Wer ist Eigentümer des Zements im Silo (z.B. wenn Eigentümerrechte gegen den Dieb D geltend gemacht werden sollen): A allem, B allein, A und B je zur Hälfte?

•• •

(Bitte kreuzen Sie die richtige Antwort an.) 213

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb A:

A und B sind Miteigentümer je zur Hälfte, weil gleiche Mengen untrennbar miteinander vermischt wurden, §§ 9 4 8 , 9 4 7 Abs. 1 BGB.

Wiederholungsfragen: a)

Außer durch Zusammenwirken mit einem Veräußerer kann das Eigentum auch durch Erfüllung bestimmter gesetzlicher Tatbestände erworben werden; dann handelt es sich um . . . Eigentumserwerb.

b)

Bei der Ersitzung beweglicher Sachen muß der Eigenbesitz des Erwerbers . . . . Jahre ununterbrochen bestanden haben. Nach Ablauf der Ersitzungszeit erwirbt der gutgläubige Eigentümer das Eigentum auch frei von . . . . -

c)

Werden bewegliche Sachen durch Verbindung mit einem Grundstück zu dessen , so gehen sie gemäß § 946 BGB in das des Grundstückseigentümers über.

214

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb A:

11.

Verarbeitung

a) rechtsgeschäftliches, originären b) zehn, Rechten Dritter c) wesentlichen Bestandteilen, Eigentum

§ 950 Abs. 1

Ein für die Praxis bedeutsamer Tatbestand des originären Eigentumserwerbs besteht gemäß § 950 BGB in der Herstellung einer neuen Sache durch Verarbeitung von Materialien: Stellt jemand durch Verarbeitung oder Umbildung eine neue Sache her, so verlieren die Eigentümer der Rohstoffe oder Halbfertigprodukte ihr Eigentum an den Hersteller der neuen Sache, unabhängig davon, ob der Hersteller in bezug auf das Eigentum an den verarbeiteten Stoffen gut- oder bösgläubig ist. Ausnahmsweise erwirbt jedoch der Hersteller einer neuen Sache kein Eigentum daran, wenn beim Endprodukt der Materialwert den Wert der Verarbeitungsleistung erheblich übersteigt, z. B. beim Einschmelzen von Goldabfällen. F:

Der Metzger A stiehlt in der Nacht ein Kalb des Bauern B im Werte von 300.— DM von der Weide, schlachtet es und stellt daraus Fleisch waren im Verkaufswert von 600.— DM her. Sodann erscheint der B bei A und verlangt als Eigentümer die Herausgabe der Fleischprodukte. Mit Recht?

215

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb A:

Verarbeitung

Nein; sein Eigentum am Tier ist infolge der Verarbeitung durch A untergegangen. Der Materialwert liegt nicht erheblich über dem Wert der Verarbeitungsleistung, § 950 Abs. 1 BGB.

12. Ob durch Arbeitsleistungen eine „neue Sache" im Sinne des § 950 BGB entstanden ist, bestimmt sich nach der Verkehrsanschauung. Diese stellt in erster Linie auf die neuen Verwendungsmöglichkeiten für das Produkt ab. Nach herrschender Meinung wird immer dann keine neue Sache geschaffen, wenn eine Sache auftragsgemäß lediglich repariert, gepflegt oder zerstört werden soll. In diesen Fällen tritt kein Eigentumserwerb des Bearbeiters ein. F:

Die Autoreparaturwerkstatt A hat den schwer beschädigten PKW des B wiederhergestellt. Dabei wurden in den Wagen, der jetzt einen Verkaufswert von 5 000.— DM hat, für 3 000.— DM neue Teile zu einem Arbeitslohn von 2 000.— DM eingebaut. Hat dadurch A Eigentum an dem PKW erworben?

216

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb A:

Verarbeitung

Nein, da bei einer Reparatur keine neue Sache hergestellt wird und demnach die Voraussetzungen des § 9 5 0 BGB nicht erfüllt sind.

13. Hersteller der neuen Sache im Sinne des § 950 BGB und damit Eigentümer des neuen Produktes ist der Inhaber des Verarbeitungsbetriebes. Dabei ist es unerheblich, ob er das Produkt (wie im Kleinbetrieb oder bei künstlerischen Werken) eigenhändig anfertigt oder ob er die Bearbeitung durch Arbeitnehmer ausführen läßt. — In Parallele zur Besitzdienerschaft (vgl. Kap. I, Inf. 7) genügt es für den Eigentumserwerb des Unternehmers, daß der Arbeitnehmer äußerlich den Rahmen seiner Weisungen einhält; ein Wille des Arbeitnehmers, für den Betriebsinhaber Eigentum zu begründen, ist nicht erforderlich. Fl:

In der Lederwarenfabrik des F werden aus Leder, das unter dem Eigentumsvorbehalt des V steht, durch den Arbeiter A Geldbörsen hergestellt. Wer wird Eigentümer dieser Geldbörsen?

F 2: Ändert sich etwas, wenn der A beschließt, als nächstes Arbeitsstück eine Geldbörse für sich anzufertigen?

217

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb

Verarbeitung

A 1: Der F, weil er als Hersteller im Sinne des § 950 BGB anzusehen ist. A 2 : Nein; auch in diesem Falle wird der F Eigentümer, weil der Wille des A, sein Weisungsverhältnis hinsichtlich der Sache zu brechen, noch nicht äußerlich hervorgetreten ist.

14. Für die Frage, wie der Materiallieferant nach Herstellung einer neuen Sache bis zur Bezahlung seiner Lieferung gesichert werden kann, gibt es unterschiedliche Lösungen:

Nach herrschender Meinung kann vereinbart werden, daß der Materiallieferant als Hersteller im Sinne des § 950 BGB anzusehen ist, so daß der Eigentumserwerb am neuen Produkt bei ihm eintritt. — Werden unter Eigentumsvorbehalt stehende Sachen mehrerer Lieferanten verarbeitet, so entsteht mangels besonderer Abrede für sie Miteigentum an der neuen Sache analog § 947 BGB. Nach anderer Ansicht (die z.B. von Westermann vertreten wird) kann zugunsten eines noch nicht bezahlten Materiallieferanten nur eine vorweggenommene Sicherungsübereignung (vgl. Kap. VII, Inf. 17 und 19) des neuen Produktes vereinbart werden. F:

Der K erwirbt für seinen optischen Betrieb Fernrohrlinsen von V und passende Gehäuse von W. V und W liefern unter Eigentumsvorbehalt; der K stellt aus den gelieferten Teilen unter Verwendung eigenen Materials Fernrohre her. Mit welcher Begründung kann nach herrschender Ansicht die von V und W mit dem Eigentumsvorbehalt beabsichtigte Sicherung auch nach der Fernrohrherstellung wirksam bleiben?

218

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb A:

15.

Rechte Dritter

V, W und K können Miteigentümer der Fernrohre werden, sofern V und W aufgrund der mit K getroffenen Vereinbarungen als Mithersteller der Fernrohre anzusehen sind.

§ 949

Bestehen dingliche Rechte Dritter, z.B. Pfandrechte, an einer Sache, deren Eigentumsverhältnisse sich nach den vorgenannten Regeln ändern, so gibt es gemäß § 949 BGB drei Möglichkeiten: Bestehen die Rechte Dritter an einer Sache, deren Eigentum durch Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung auf einen anderen übergeht, so erlöschen diese Rechte mit dem Eigentumsübergang, §§ 949 S. 1, 950 Abs. 2 BGB. Bestehen Rechte Dritter an einer Hauptsache, deren Eigentum durch Verbindung oder Vermischung auf die neuen Bestandteile erstreckt wird, so erfassen die Belastungen der Hauptsache die gesamte Sache, § 949 S. 3 BGB. Tritt an die Stelle des Eigentums an einer mit Rechten belasteten Sache das Miteigentum an einer einheitlichen Sache, so besteht die ursprüngliche Belastung am Miteigentumsanteil fort, § 949 S. 2 BGB. F:

100 Tonnen Getreide des A sind mit einem Pfandrecht des P belastet; sie werden irrtümlich in den Getreidesilo des E gefüllt und dort mit 100 Tonnen Getreide des E untrennbar gemischt. Erlischt dadurch das Pfandrecht des P?

219

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb A:

Nein; es besteht jetzt gemäß § 949 S. 2 BGB am Miteigentumsanteil des A an der Getreidemischung, der nach §§ 948, 947 Abs. 1 BGB entstanden ist.

Wiederholungsfragen: a)

Wird durch Verarbeitung oder Umbildung eine hergestellt, so wird der der neuen Sache alleiniger Eigentümer, sofern nicht der den Wert der Verarbeitung erheblich übersteigt.

b)

Besteht am verarbeiteten Material ein Eigentumsvorbehalt des Lieferanten, so kann die Sicherung nach herrschender Meinung am neuen Produkt fortbestehen, wenn vereinbart wird, daß der Materiallieferant als anzusehen ist. Nach anderer Ansicht kann die Sicherung des Materiallieferanten durch eine Übereignung des neuen Produktes mittels eines antezipierten erfolgen.

c)

Mit der Eigentumsbegründung an einer Sache durch Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung erlöschen die vorher an der Sache bestehenden

220

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb A:

16.

Ausgleichsansprüche

a) neue Sache, Hersteller, Materialwert b) Hersteller, Besitzkonstitutes c) Rechte Dritter

§951

O f f e n ist jetzt noch die Stellung der nach den vorgenannten Regeln Benachteiligten: Erleidet j e m a n d durch Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung von Sachen einen Rechtsverlust, d.h. verliert er dadurch sein Eigentum oder ein Recht an einer Sache, so gewährt ihm § 951 BGB einen Ausgleichsanspruch gegen den neuen Eigentümer auf Wertersatz nach den Vorschriften über die Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung; Voraussetzung ist allerdings, daß die Tatbestandsmerkmale der Bereicherung in sonstiger Weise nach § 8 1 2 Abs. 1 erfüllt sind. Gemäß § 951 Abs. 2 BGB bleiben Ansprüche aus unerlaubter Handlung und Wegnahmerechte, z. B. des Mieters gemäß § 547a Abs. 1 BGB, unberührt. Dasselbe gilt für Ansprüche auf Verwendungsersatz, wobei nach herrschender Meinung die §§ 994 ff. BGB (vgl. Kap. V, Inf. 22 ff.) einen Anspruch aus § 951 BGB verdrängen. F:

Ohne Verschulden verwendet der A dem E gehörende Steine zum Bau seines Hauses. Was kann der E, wenn sich dadurch die Fertigstellung des eigenen Hauses verzögert, gemäß § 951 BGB von A verlangen?

221

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb A:

17.

Fruchterwerb

Gemäß § 951 BGB hat E gegen A lediglich einen Bereicherungsanspruch in Höhe des Wertes der Steine.

§§ 953,954,956

Eine weitere Form originären Eigentumserwerbs vollzieht sich an den Früchten einer Sache (§ 99 BGB): Erzeugnisse und Bestandteile einer Sache genören mit der Abtrennung dem Eigentümer der Sache, § 953 BGB. Hat jedoch der Eigentümer der Sache einem Dritten ein dingliches Nutzungsrecht an der Sache übertragen, z.B. den Nießbrauch, so erwirbt nach § 954 BGB der Nutzungsberechtigte mit der Trennung Eigentum an den Erzeugnissen und Bestandteilen. — Ebenso erwirbt, wenn der Eigentümer jemandem schuldrechtlich die Aneignung gestattet hat, z.B. dem Pächter, dieser nach § 956 BGB das Eigentum an den Erzeugnissen und Bestandteilen. F:

Der V hat dem P einen Obstgarten verpachtet und ihm den Besitz daran überlassen. Ein Dieb D erntet auf diesem Grundstück das Obst. Wer ist Eigentümer des geernteten Obstes?

222

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb A:

18.

Fruchterwerb

Der P erwirbt mit der Trennung der Früchte gemäß § 956 Abs. 1 BGB das Eigentum daran, weil ihm als Pächter die Aneignung der Früchte gestattet und der Besitz der Sache überlassen war; daß die Trennung der Früchte vom Baum durch D erfolgte, ist unerheblich.

§ 955

Neben dem Eigentumserwerb an Früchten aufgrund einer wirklich vorhandenen Rechtsgrundlage gibt es zwei Tatbestände des Gutglaubensschutzes (die in den Inf. 18 und 19 behandelt werden): Hält sich jemand gutgläubig für den Eigenbesitzer oder für den dinglichen Nutzungsberechtigten einer Sache, so erwirbt er das Eigentum an den Erzeugnissen der Sache mit ihrer Trennung, § 9 5 5 BGB. Dasselbe gilt für solche Bestandteile, die Früchte sind, z.B. Kies aus einer Kiesgrube. Der Unterschied in der Formulierung des § 9 5 5 BGB gegenüber § 9 5 3 BGB zeigt, daß Eigentum an nicht zu den Früchten gehörenden Bestandteilen, z.B. an den alten Dachziegeln beim U m d e c k e n eines Hauses, v o m Gutgläubigen nicht erworben wird. F:

Der A veräußert an den B einen Obstgarten. Hat der B das Eigentum am geernteten Obst erworben, wenn sich nach der Ernte herausstellt, daß die Grundstücksveräußerung nichtig war?

223

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb A:

19.

Fruchterwerb

Ja, da B sich zur Erntezeit gutgläubig für den Eigenbesitzer hielt, § 955 BGB.

§ 957 BGB

Gestattet ein Nichtberechtigter einem Dritten die Aneignung der Früchte, und hält ihn dieser gutgläubig für den Berechtigten, so erwirbt der Dritte, wenn ihm der Besitz überlassen wird, das Eigentum an den Früchten mit der Trennung, § 957 BGB. Kann allerdings der Nichtberechtigte, der die Aneignung der Früchte gestattet, dem Dritten nicht den Besitz der Sache verschaffen, so erwirbt auch ein gutgläubiger Dritter Eigentum an den Früchten erst mit ihrer tatsächlichen Ergreifung. F:

Der A ist irrtümlich der Ansicht, ein Gartengrundstück geerbt zu haben. Er nimmt es in Besitz und verpachtet es an den B, der dort das Obst erntet. Wer ist Eigentümer des Obstes, wenn sich alsbald nach der Ernte herausstellt, daß nicht der A, sondern C Erbe und damit Eigentümer des Grundstücks ist?

224

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb A:

20.

Aneignung

Der B ist Eigentümer des Obstes mit der Trennung geworden, weil er den nichtberechtigten, aber im Besitz befindlichen A gutgläubig als Berechtigten angesehen hat.

§§ 958,959

Ein weiterer, praktisch nicht sehr häufiger Fall des originären Eigentumserwerbs ist die Aneignung: Eigentümer durch Aneignung wird, wer eine herrenlose bewegliche Sache in Eigenbesitz nimmt, § 958 Abs. 1 BGB. Herrenlos sind bewegliche Sachen entweder von Natur aus, z. B. die freie Luft, das Meerwasser, in Freiheit lebende wilde Tiere (§ 960 BGB), oder aufgrund Eigentumsauf gäbe ihres letzten Eigentümers nach § 959 BGB. Diese Eigentumsaufgabe bezeichnet man auch als Dereliktion. Sie erfolgt durch Besitzaufgabe in der Absicht des Eigentumsverzichts, z.B. durch Wegwerfen. Im Gegensatz zur Aneignung ist für die wirksame Dereliktion nach herrschender Meinung ein rechtsgeschäftlicher Wille erforderlich. Der Eigentumserwerb ist ausgeschlossen, wenn mit der Besitzergreifung gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen wird, z.B. bei Blumen unter Naturschutz, oder wenn ein fremdes Aneignungsrecht verletzt wird, z.B. das Jagdrecht, § 958 Abs. 2 BGB. Fl:

Hat der 10jährige M, wenn er am Straßenrand einen weggeworfenen Regenschirm aufhebt und als Spielzeug behalten will, daran Eigentum erworben?

F 2: Könnte M das Eigentum am Schirm dadurch wieder aufgeben, daß er ihn wegwirft?

225

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb

Fund

A I : Ja, da es sich bei dem weggeworfenen Schirm um eine herrenlose Sache handelt und für die Aneignung kein rechtsgeschäftlicher Wille erforderlich ist. A 2 : Nein; da die Dereliktion ein Rechtsgeschäft ist, bedürfte der M dazu der elterlichen Einwilligung (§ 111 BGB).

21.

§965

Als letzten Tatbestand des originären Eigentumserwerbs behandelt das BGB den Fund einer Sache: Finder ist, wer eine verlorene Sache in Besitz nimmt, § 965 BGB. Verloren sind bewegliche Sachen, an denen kein Besitz mehr, wohl aber noch Eigentum besteht. Normalerweise sind Sachen verloren, wenn sie dem Besitzer ohne seinen Willen und nicht nur vorübergehend abhanden gekommen sind. Weiß der Besitzer, wo sich die Sache befindet und ist ihm die Wiedererlangung möglich, so hat er die Sache nicht verloren. F:

Die A hat einen Ring verlegt und kann ihn nicht mehr finden; sie weiß aber, daß der Ring noch in ihrer Wohnung sein muß. Als die B einige Tage später zu Besuch kommt, entdeckt sie den Ring hinter einem Heizkörper und hebt ihn auf. Ist die B Finderin im Sinne des § 965 BGB?

226

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb A:

Fund

Nein; der Ring war gemäß § 856 Abs. 2 BGB (vgl. Kap. I, Inf. 15) noch im Besitz der A und nicht verloren.

22. Allerdings tritt ein Eigentumserwerb des Finders nicht sogleich ein. Vielmehr entsteht zunächst ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem Finder und dem Empfangsberechtigten (dies ist normalerweise der Eigentümer): Wichtigste Pflichten des Finders sind die Anzeigepflicht gemäß § 965 BGB, die Verwahrungspflicht gemäß § 966 BGB und die Ablieferungspflicht gemäß § 967 BGB. - Als Rechte des Finders entstehen Ansprüche auf Aufwendungsersatz nach § 970 BGB und auf Finderlohn nach § 971 BGB. Sie werden geschützt durch ein Zurückbehaltungsrecht nach § 972 BGB. F:

Dem F läuft ein Hund im Werte von 500.— DM zu, den er nach Anzeige des Fundes bei der zuständigen Behörde behält und futtert. Bis sich auf eine Zeitungsanzeige zum Preise von 10.— DM der Eigentümer meldet, sind Futterkosten in Höhe von 30.— DM entstanden. Welchen Betrag kann F von E beanspruchen a) als Aufwendungsersatz, b) als Finderlohn?

227

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb A:

23.

Fund

Der F kann a) 10.— DM und 30.— DM als Aufwendungsersatz verlangen, § 970 BGB, b) 1 5 . - DM (= J % gemäß § 971 Abs. 1 S. 2 BGB) als Finderlohn.

§ 973

Mit dem Fund entsteht für den Finder die Anwartschaft auf Eigentumserwerb an der Fundsache. Sie wird zum Volleigentum, wenn der Finder die Sache nicht verheimlicht, den Empfangsberechtigten nicht kennt und dieser sich nicht innerhalb von sechs Monaten meldet, § 973 BGB.

F:

Der A findet eine Brieftasche mit Geld und gibt sie am l.März beim Fundbüro ab. Im Juli hört er zufällig, daß sein Nachbar B diese Brieftasche verloren hat, verschweigt ihm aber den Fund. Erwirbt der A nach sechs Monaten das Eigentum an Geld und Brieftasche?

228

Fund

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb A:

24.

Nein, da er den Empfangsberechtigten kannte, § 973 Abs. 1 BGB.

§ 978 BGB

Die vorstehenden Regeln sind eingeschränkt beim Fund von Gegenständen in Behördenräumen und öffentlichen Verkehrsmitteln, dem sog. Verkehrsfund, § 978 Abs. 1 BGB. Hier gefundene Sachen sind bei der Behörde oder der Verkehrsanstalt abzuliefern, die sie nach einer Wartezeit öffentlich versteigern läßt, §§ 979, 980 BGB. Der Versteigerungserlös fällt nach drei Jahren dem Fiskus oder der Verkehrsanstalt zu, § 981 BGB. Finderlohn kann nur beansprucht werden, wenn die Sache mindestens 100.— DM wert ist; er beläuft sich auf die Hälfte des normalen Betrages. Ausgeschlossen ist der Anspruch für Bedienstete der Behörde oder Verkehrsanstalt und bei Verletzung der Ablieferungspflicht, § 978 Abs. 2 BGB.

F:

Der Busfahrer A findet in dem von ihm gefahrenen städtischen Autobus eine Aktentasche mit wertvollem Inhalt, aus dem sich der Verlierer namentlich ergibt. Kann er von diesem Finderlohn beanspruchen?

229

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb A:

Nein; er muß gemäß § 978 Abs. 2 BGB die Tasche als Verkehrsfund ohne Anspruch auf Finderlohn bei der Verkehrsanstalt abliefern.

25. Zusammenfassung (in Verbindung mit den Wiederholungsfragen auf S. 214 und 220): a)

Wer durch Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung einer Sache einen Rechtsverlust erleidet, hat gemäß § . . . BGB einen Ausgleichsanspruch gegen den neuen Eigentümer.

b)

Früchte einer Sache gehören dem nicht einem Dritten gemäß § . . . eingeräumt oder ihm gemäß § . . . lich gestattet hat.

c)

Wer eine herrenlose bewegliche Sache in Eigenbesitz nimmt, wird Eigentümer durch , sofern nicht dadurch ein fremdes . . verletzt wird.

d)

und die Der Finder einer verlorenen Sache muß den Fund Er hat Anspruch auf . . . Sache verwahren oder und Finderlohn. Außerdem entsteht für ihn eine an der Sache, die sich nach sechs Monaten in Eigentum verwandelt.

e)

Ein originärer Eigentumserwerb vollzieht sich durch:

der Sache, sofern er BGB ein dingliches Nutzungsrecht BGB die Fruchtziehung schuldrecht-

Fund

Ersitzung

Vermischung

Fruchterwerb

Verarbeitung 230

Kap. IX. Originärer Eigentumserwerb A:

a) b) c) d)

951 Eigentümer, 954, 956 Aneignung, Aneignungsrecht anzeigen, abliefern Verwendungsersatz, Eigentumsanwartschaft e) Verbindung, Aneignung

Zur Wissensvertiefung für den Stoff des neunten Kapitels wird empföhle Baur, Lehrbuch des Sachenrechts, aaO., §§ 53—53 h Westermann, Sachenrecht, aaO., §§ 51—60. Besonders wichtig sind die Fragen der wesentlichen Bestandteile (hierzu BGHZ 26, 225 und 61, 80), der Verarbeitung (hierzu Westermann, § 53 III und BGHZ 20, 159) und des Ausgleichsanspruchs nach § 951 BGB (hierzu Baur, § 53 c, Westermann, § 54, BGHZ 40, 272 und 55, 176).

Kapitel X DAS

MATERIELLE

G R U N D S T Ü C K S R E C H T

Das Grundstücksrecht des BGB ist in den §§ 873—928 geregelt. Ein wichtiger Unterschied z u m Recht der bisher behandelten beweglichen Sachen besteht darin, daß für Grundstücke ein amtliches Verzeichnis, das sog. Grundbuch, geführt wird, in welches praktisch alle Veränderungen der Grundstücksrechte einzutragen sind. So kann jeder Interessierte sich über die an einem Grundstück bestehenden Rechte unterrichten. Damit Grundbucheintragungen vorgenommen werden, müssen besondere Erfordernisse erfüllt sein. Diese sind nicht im BGB, sondern in einem Spezialgesetz, der Grundbuchordnung (GBO, im Schönfelder abgedruckt unter Nr. 114) niedergelegt. Dementsprechend werden bei jeder Rechtsänderung an Grundstücken neben den §§ 873 ff. BGB auch die Regeln der GBO bedeutsam. Wegen dieser „Doppelgleisigkeit" wird das Grundstücksrecht des BGB, das sog. materielle Grundstücksrecht, in Kapitel X, das Grundstücksverfahrensrecht der GBO, das sog. formelle Grundstücksrecht, in Kapitel XI dargestellt. Rechtsänderungen an Grundstücken erfolgen einmal bei Eigentumsübertragungen. Zum anderen sind die bereits gelegentlich erwähnten Belastungen des Eigentums von besonderer Bedeutung. Sie entstehen, wenn der Eigentümer Einzelbefugnisse einem Dritten überträgt; wegen ihres — gegenüber dem umfassenden Eigentum — beschränkten Befugnisgehaltes bezeichnet man sie als beschränkte dingliche Rechte. — Als solche kennt das BGB vor allem Nutzungsrechte (z.B. Erbbaurecht, Dienstbarkeiten) und Verwertungsrechte zur Gewinnung eines Geldbetrages (z.B. Hypotheken, Grundschulden). Die Einzelheiten dieser beschränkten dinglichen Rechte werden in den Kapiteln XII-XV behandelt.

Übersicht: Das Grundstück Begründung und Übertragung von Grundstücksrechten Die Rangfolge der Grundstücksrechte Die Vormerkung Der Gutglaubensschutz Die Grundbuchberichtigung Zusammenfassung und Vertiefungshinweise

Information 1 2—6 7—10 11 — 14 15—21 22-24 25 232

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht

Grundstück

1.

Als Grundstück im Rechtssinne bezeichnet man einen durch Vermessung abgegrenzten Teil der Erdoberfläche, der im Grundbuch als „Grundstück" verzeichnet ist. (Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks vgl. Kap. IX, Inf..4.) Die amtlichen Vermessungsunterlagen (Kataster) befinden sich beim Vermessungsamt, § 2 Abs. 2 GBO. — Erst wenn die Voraussetzungen der Vermessung und der Grundbuchaufnahme für ein Grundstück erfüllt sind, kann es Gegenstand des Rechtsverkehrs sein, d.h. übereignet oder belastet werden. Die Größe der einzelnen Grundstücke kann durch Teilung (sog. Parzellierung) oder durch Zusammenlegung verändert werden. F:

Die Firma F möchte ihr Werksgelände ausdehnen und zu diesem Zweck von dem Bauern B einen Teil der angrenzenden Wiese erwerben. Durch welche Maßnahmen wird dieser Wiesenteil zu einem für die Übereignung an F geeigneten Grundstück im Rechtssinne? (Bitte begründen Sie Ihre Antworten, soweit möglich mit Angabe von §§.)

233

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht

Grundstücksrechte

A:

Der zur Veräußerung vorgesehene Wiesenteil muß katastermäßig vermessen und als selbständiges Grundstück im Grundbuch eingetragen werden; erst dann liegt ein Grundstück im Rechtssinne vor, das übertragen werden kann.

2.

§ 873 Abs. 1

Rechte an Grundstücken werden begründet oder übertragen durch den Doppeltatbestand der Einigung des Rechtsinhabers mit dem Erwerber und der Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch, § 873 Abs. 1 BGB. Die Übergabe des Grundstücks gehört nicht zu den Tatbestandselementen des § 873 Abs. 1 BGB. ~ Wohl aber ist der Verkäufer eines Grundstücks oder eines Grundstücksrechts nach § 4 3 3 Abs. 1 BGB schuldrechtlich zur Übergabe verpflichtet. F:

Der V hat sich mit E wirksam geeinigt, daß der E das Eigentum an einem dem V gehörenden Grundstück erwerben soll. Außerdem räumt V dem E den Besitz am Grundstück ein. Ist damit der E Eigentümer des Grundstücks geworden?

234

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

Einigung

Nein, da die Übergabe kein Tatbestandselement der Grundeigentumsübertragung ist; E wird erst nach Eintragung im Grundbuch Eigentümer.

3. Die Einigung zur Begründung oder Übertragung von Grundstücksrechten gemäß § 873 Abs. 1 BGB ist — ebenso wie die Einigung zur Übereignung beweglicher Sachen (vgl. Kap. VII, Inf. 2) — ein abstrakter, d. h. vom Kausalgeschäft unabhängiger Vertrag. Die Regeln des Allgemeinen Teils des BGB finden Anwendung. Grundsätzlich kann die Einigung bedingt oder befristet erfolgen. Sie ist nicht an eine Form gebunden. F:

Der A einigt sich mit B darüber, daß dem B am Grundstück des A eine Grunddienstbarkeit (Wegerecht) bestellt wird, sofern der Nachbar N das Nachbargrundstück an den B veräußert. Ist diese Einigung wirksam?

235

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

4.

Einigung

Ja; eine Bedingung ist bei der Einigung zulässig.

§ 925

Ausnaümen von diesen Grundsätzen gelten jedoch für die Einigung zur Übertragung des Eigentums an Grundstücken, die sog. Auflassung: Gemäß § 925 Abs. 1 BGB ist für die Auflassung eine besondere Form vorgeschrieben: Sie muß bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Geschäftspartner vor dem Notar erklärt werden. Dieser beurkundet sie dann nach den Vorschriften der §§ 8 ff. Beurkundungsgesetz (im Schönfelder unter Nr. 23). — Gleichzeitige Anwesenheit bedeutet jedoch nicht persönliche Anwesenheit; vielmehr genügt auch die Anwesenheit eines Stellvertreters. Ferner darf die Auflassung nicht bedingt oder befristet sein, § 925 Abs. 2 BGB. Damit ist bei der Grundstücksübereignung ein Eigentumsvorbehalt ausgeschlossen. — Möglich ist jedoch eine Abrede, die Grundbucheintragung hinauszuschieben, z. B. bis zur Bezahlung des Kaufpreises. F:

Ist die in § 925 Abs. 1 BGB für die Auflassung vorgeschriebene Form dieselbe, wie sie für das Verpflichtungsgeschäft in § 313 S. 1 BGB vorgesehen ist?

236

Einigung

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

Nein; § 313 S. 1 BGB verlangt als Form die notarielle Beurkundung der Erklärungen, § 925 Abs. 1 BGB dagegen die Abgabe der Erklärungen vor einem Notar bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Parteien.

5.

§ 873 Abs. 2

Die Einigung ist grundsätzlich frei

widerruflich.

Allerdings nennt § 873 Abs. 2 BGB eine Reihe von Ausnahmen, in denen die Einigung nicht einseitig widerrufen werden kann; ein solcher Fall liegt insbesondere vor, wenn die Einigung notariell beurkundet wurde oder bereits beim Grundbuchamt eingereicht ist. Wenn die Einigung nicht mehr einseitig widerrufen werden kann, entsteht für den Erwerber bis zur Eintragung der Rechtsänderung eine Anwartschaft auf das einzutragende Recht. F:

Hat nach einer gemäß § 925 Abs. 1 BGB ordnungsgemäß erklärten Auflassung der Erwerber E eine Eigentumsanwartschaft erlangt?

237

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

Ja, nachdem die ordnungsgemäß erklärte Auflassung anschließend notariell beurkundet wurde.

Wiederholungsfragen: a)

Rechte an Grundstücken können erst begründet oder verändert werden, wenn das Grundstück wurde und im Grundbuch ausgewiesen ist.

b)

Kann V dem E ein Grundstück unter Eigentumsvorbehalt auflassen, weil E den Kaufpreis nicht sofort bezahlen kann?

c)

In den Fällen des § 873 Abs. 2 BGB entsteht für den Erwerber eine auf das künftige Recht.

238

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht

Eintragung

A:

a) vermessen b) Nein, da die Auflassung bedingungsfeindlich ist, § 925 Abs. 2 BGB; (wohl aber kann die Grundbucheintragung hinausgeschoben werden, vgl. oben Inf. 4). c) Anwartschaft

6.

§ 8 7 3 Abs. 1

Zweites T a t b e s t a n d s e l e m e n t der Begründung oder Übertragung von Grundstücksrechten ist gemäß § 8 7 3 Abs. 1 BGB die Eintragung im Grundbuch. — Sie erfolgt gemäß § 1 Abs. 1 GBO d u r c h das G r u n d b u c h a m t u n d m u ß den Inhaber, die A r t u n d den Inhalt des begründeten oder veränderten R e c h t s e r k e n n b a r werden lassen. Für die Wirksamkeit der Eintragung ist es ohne Bedeutung, ob sie vor oder nach der Einigung vorgenommen wird. Die beabsichtigte Rechtsänderung ist jedoch stets von der Erfüllung beider Tatbestandselemente (Einigung und Eintragung) abhängig: Erfolgt die Eintragung nach der Einigung, so tritt die Rechtsänderung mit der Eintragung ein; erfolgt sie vorher, so tritt die Rechtsänderung erst im Zeitpunkt der Einigung ein. F:

Der V will sein Grundstück an den E veräußern. Vom Grundbuchamt wird der E am 8.1. als Eigentümer eingetragen, ohne daß ein zur Unwirksamkeit führender Formfehler in der Auflassung bemerkt wurde. Als man diesen Fehler nachträglich erkennt, einigen sich V und E am 20.1. nochmals formgerecht. Inzwischen ist am 15.1. der Passant P in eine ungesicherte Baugrube auf dem Grundstück gestürzt und verletzt worden. P möchte sich an den Eigentümer halten; gegen wen muß er vorgehen?

239

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht

Rangfolge

A:

Der V ist bis zum 20.1. Eigentümer des Grundstücks, da erst dann Einigung und Eintragung vorliegen.

7.

§ 879

Alle beschränkten dinglichen Rechte (vgl. dazu S. 232) stehen zueinander in einem bestimmten Rangverhältnis. Der Rang eines Grundstücksrechts wird vor allem bei der Zwangsvollstreckung in das Grundstück wichtig, weil ein nachrangiges Recht erst dann zum Zuge kommt, wenn die ihm vorgehenden Rechte befriedigt sind. - § 879 Abs. 1 BGB unterscheidet bei der Rangbestimmung, ob es sich um Rechte in derselben Abteilung (= Seite) des Grundbuchs, also um gleichartige Rechte handelt, z.B. um zwei Hypotheken, oder um Rechte in verschiedenen Abteilungen des Grundbuchs, d.h. um verschiedenartige Rechte, z.B. eine Hypothek und eine Dienstbarkeit. Der Rang von Grundstücksrechten in verschiedenen Abteilungen wird gemäß § 8 7 9 Abs. 1 S. 2 BGB durch das Datum der Eintragung bestimmt; wenn also z.B. eine Dienstbarkeit des A am 1.4.1970 eingetragen wurde, hat sie die erste Rangstelle gegenüber einer H y p o t h e k des B, die am 1.7.1970 eingetragen wird. — Grundstücksrechte in verschiedenen Abteilungen mit gleichem Eintragungsdatum haben gleichen Rang. Bei Belastungen in derselben Abteilung entscheidet über die Rangfolge — selbst bei gleichem Datum — die Reihenfolge der Eintragungen, § 8 7 9 Abs. 1 S. 1 BGB. F:

Das Grundstück des E ist mit Hypotheken zugunsten des A und des B jeweils in Höhe von 20 000.- DM belastet; die Hypothek des A ist vor der des B eingetragen. Als es auf Betreiben von A und B zur Zwangsversteigerung des Grundstücks kommt, erbringt diese (nach Abzug der Kosten) 30 000.- DM Erlös. Wird diese Summe zwischen A und B anteilsmäßig zur Hälfte verteilt werden?

240

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

Rangfolge

Nein; nach § 879 BGB hat die Hypothek des A durch ihre Eintragung vor der Hypothek des B den besseren Rang. Deshalb wird zuerst der A voll befriedigt; den Restbetrag erhält der B.

8. Von der gesetzlich vorgesehenen Rangfolge können der Berechtigte und der Eigentümer durch Vereinbarung abweichen. — Diese Vereinbarung wirkt aber gemäß § 879 Abs. 3 BGB nur, wenn sie ebenfalls im Grundbuch eingetragen wird; es muß dann zumindest beim nachrangigen Recht ein Vermerk eingetragen werden, der die von der Daten- oder Eintragungsfolge abweichende Rangfolge ersichtlich macht. F:

Der Grundstückseigentümer E einigt sich schriftlich mit dem A über die Bestellung einer erstrangigen Hypothek und mit dem B über die Bestellung einer zweitrangigen Dienstbarkeit. Im Grundbuch werden beide Rechte mit gleichem Datum eingetragen. Was ist zusätzlich erforderlich, damit der Vorrang der Hypothek vor der Dienstbarkeit wirksam wird?

241

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht

Rangfolge

A:

Im Grundbuch muß zumindest bei der Dienstbarkeit deren Nachrangigkeit gegenüber der Hypothek vermerkt werden, § 879 Abs. 3 BGB.

9.

§ 880

Die Rangpositionen bereits eingetragener Rechte können gemäß § 880 BGB nachträglich verändert werden, wenn sich der vortretende und der zurücktretende Berechtigte hierüber einigen und über die Änderung ein Vermerk im Grundbuch eingetragen wird. Bei der Rangänderung von Grundpfandrechten (Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden) muß der Eigentümer zustimmen. Rechte, die evtl. zwischen dem vortretenden und dem zurücktretenden Recht eingetragen sind, werden durch die Rangänderung nicht berührt, § 880 Abs. 5 BGB. Wenn z.B. eingetragen ist für A eine Hypothek über 10 0 0 0 . - DM, für B eine Hypothek über 30 0 0 0 . - DM und für C eine Hypothek über 10 0 0 0 . - DM, und sich jetzt A und C (mit Zustimmung des Eigentümers) einigen, daß die Hypothek des C im Austausch mit der des A die erste Rangstelle erhalten soll, so tritt mit Eintragung entsprechender Vermerke im Grundbuch die Hypothek des C an die erste, die Hypothek des A an die dritte Rangstelle. Der B wird an diesem Verfahren nicht beteiligt. F:

Das Grundstück des E ist erstrangig mit einer Hypothek zugunsten des A belastet. Als der E weiteren Kredit bei der Stadtsparkasse S aufnehmen will, ist diese nur gegen eine erstrangige Sicherung hierzu bereit. Wie müßte verfahren werden, wenn E über § 880 BGB diese Bedingung erfüllen möchte?

242

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

Rangfolge

E müßte den A (evtl. durch Zinserhöhung) dazu bewegen, die erste Rangsteüe zugunsten der Sparkasse freizugeben. Dann muß zu diesem Zweck mit Zustimmung des Eigentümers eine Einigung zwischen A und S über die Rangänderung stattfinden, und entsprechende Vermerke müssen eingetragen werden.

10.

Die Regel des § 880 Abs. 5 BGB, daß Zwischenrechte von Rangänderungen nicht berührt werden, gilt auch, wenn das vortretende Recht größer ist als das zurücktretende. § 880 Abs. 5 BGB besagt dann, daß das vortretende Recht nach der Rangänderung dem Zwischenrecht nur in der Höhe vorgehen kann, die vor der Rangänderung das zurücktretende Recht einnahm. Wenn z.B. eingetragen ist für A eine Hypothek über 10 000 - DM, für B eine Hypothek über 30 000 - DM und für C eine Hypothek über 20 0 0 0 . - DM, und sich jetzt A und C (mit Zustimmung des Eigentümers) einigen, daß die Hypothek des C im Austausch mit der des A die erste Rangstelle erhalten soll, so kann C nur mit 10 0 0 0 . - DM seiner Hypothek an die erste Rangstelle treten. Die weiteren 10 0 0 0 . - DM seiner Hypothek müssen der Hypothek des B nachstehen; sie gehen aber der Hypothek des A vor, weü A dem C den Vorrang vor seinem Recht eingeräumt hat. F:

Ein Grundstück ist in der Weise belastet, daß an erster Stelle für A eine Hypothek über 45 0 0 0 . - DM, dann für B eine Hypothek über 10 0 0 0 , - DM, für C eine Hypothek über 30 0 0 0 . - DM und an letzter Stelle für D eine Hypothek über 15 0 0 0 . - DM eingetragen ist. Jetzt nimmt A mit C und D eine Rangänderung vor, nach welcher die Rangfolge der Grundstücksbelastungen lautet: Für C 30 0 0 0 . - D M , für D 15 0 0 0 . - D M , für B 10 0 0 0 . - DM und für A 45 0 0 0 . - DM. Muß B diese Rangänderung hinnehmen?

243

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

Ja; B wird durch die Rangänderung nicht berührt, da ihm weiterhin nur 45 000.— DM im Rang vorgehen; auf die Anzahl der vorrangigen Rechte kommt es nicht an.

Wiederholungsfragen: a)

Eine Rechtsänderung an einem Grundstück tritt ein, nur wenn die Einigung vor der Eintragung vorgenommen wurde, nur bei gleichzeitiger Einigung und Eintragung, wenn Einigung und Eintragung — gleich in welcher Reihenfolge — erfolgt sind. (Kreuzen Sie bitte die richtige Antwort an.)

d • D

b)

Der Rang der Grundstücksrechte wird bei Rechten in verschiedenen Abteilungen durch das der Eintragung bestimmt, bei Rechten in derselben Abteilung durch die der Eintragungen.

c)

Die Rangfolge wird bedeutsam für die Belastungen des Grundstücks; diese Belastungen bezeichnet man auch als Rechte.

d)

Vereinbarungen, welche die Rangfolge von Grundstücksrechten abweichend von der Datierung oder Reihenfolge festlegen sollen, werden gemäß § . . . Abs. . BGB erst mit entsprechender Eintragung im Grundbuch wirksam.

244

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

11.

Vormerkung

a) Wenn Einigung und Eintragung, gleich in welcher Reihenfolge, erfolgt sind. b) Datum, Reihenfolge c) beschränkte dingliche d) 879, 3

§§ 8 8 3 , 8 8 5

Da zwischen dem Abschluß des Verpflichtungsgeschäftes (nebst der Einigung) und der Eintragung im Grundbuch meist mehrere Wochen vergehen, hat der Erwerber ein Interesse daran, daß der Grundeigentümer das betroffene Recht nicht zwischenzeitlich einem anderen überträgt. Ferner geht sein Interesse dahin, daß die Rangstelle, die er nach der Lage bei Geschäftsabschluß erwarten darf, nicht durch zwischenzeitliche Eintragungen Dritter verschlechtert wird. Zur Sicherung dieser Interessen ist im BGB ein eigenes Rechtsinstitut vorgesehen, die Vormerkung. Als Vormerkung bezeichnet § 883 Abs. 1 BGB die im G r u n d b u c h eingetragene Ankündigung, daß demnächst eine Rechtsänderung erfolgen wird. Die Eintragung der Vormerkung im G r u n d b u c h erfolgt kurzfristig, in jedem Falle schneller als eine endgültige Eintragung. Die Vormerkungseintragung setzt gemäß § 885 Abs. 1 BGB voraus, daß entweder der Rechtsinhaber sie ausdrücklich bewilligt, oder daß der Erwerber (nach § 935 ZPO) eine entsprechende einstweilige Verfügung erwirkt hat. F:

Der V hat dem E ein Grundstück formgerecht verkauft. E beantragt nun unter Vorlage des Kaufvertrages beim Grundbuchamt, zur Sicherung seines Auflassungsanspruchs eine Vormerkung ins Grundbuch einzutragen. Darf das Grundbuchamt auf dieser Grundlage die Vormerkung eintragen?

245

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

Vormerkung

Nein; der E muß gemäß § 885 Abs. 1 BGB entweder eine ausdrückliche Eintragungsbewilligung des V beibringen oder, wenn V diese verweigert, eine entsprechende einstweilige Verfügung erwirken und dem Grundbuchamt vorlegen.

12. Voraussetzung für die Eintragung einer Vormerkung ist die Bestimmbarkeit des zu sichernden Anspruchs. Dieser Anspruch kann bedingt sein oder erst in Zukunft entstehen, § 883 Abs. 1 S. 2 BGB. Bei künftigen Ansprüchen genügt es, daß das Rechtsverhältnis, aus dem sie erwachsen, schon besteht und der Inhalt des künftigen Anspruchs erkennbar ist. Fällt der durch Vormerkung gesicherte Anspruch später weg, z.B. durch Anfechtung oder Erfüllung, so verliert die Vormerkung ihre Rechtswirkung, wenngleich ihre Eintragung bis zur Löschung fortbesteht. Wird der durch die Vormerkung gesicherte Anspruch übertragen, so geht die Vormerkung analog § 401 BGB mit auf den neuen Gläubiger über. F:

Der E kauft das Hausgrundstück des V unter der Bedingung, daß ein von ihm geplanter Umbau genehmigt wird. Zur Sicherung des Eigentumserwerbs verlangt er von V die Bewilligung einer Vormerkung. V wendet hiergegen ein, daß eine derartige Vormerkung wegen der Bedingungsfeindlichkeit der Auflassung nach § 925 Abs. 2 BGB nicht möglich sei. Trifft diese Ansicht zu?

246

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

Vormerkung

Nein; die Vormerkung sichert den schuldrechtlichen Erwerbsanspruch, der nach § 883 Abs. 1 S. 2 BGB auch bedingt sein kann, wie in dem Kaufvertrag zwischen V und E. Mit der Auflassung als dinglicher Einigung hat dies nichts zu tun, so daß § 925 Abs. 2 BGB hier nicht eingreift.

13. Die Vorbemerkung schützt den Rechtserwerber (dazu die Inf. 13 und 14):

in dreifacher Hinsicht

Sie bestimmt den Rang des später einzutragenden, durch sie gesicherten Rechtes, § 883 Abs. 3 BGB. — Ferner kann der durch Vormerkung Gesicherte auch im Falle des Konkurses oder des Todes des Rechtsinhabers vom Konkursverwalter oder dem Erben die Erfüllung seines Anspruchs verlangen, §§ 884 BGB und 24 Konkursordnung (KO, im Schönfelder Nr. 110). F:

Das Grundstück des E ist mit einer Hypothek zugunsten des A in Höhe von 20 000.— DM belastet, als der E sich in einem Vertrag mit B zu einer weiteren Hypothekenbestellung in Höhe von 30 000.— DM verpflichtet; der Anspruch des B auf Hypothekenbestellung wird durch eine Vormerkung gesichert. — Kurz darauf verstirbt der E, und sein Erbe F möchte nun an zweiter Rangsteüe dem C eine Hypothek in Höhe von 10 0 0 0 . - D M bestellen. Wird durch die neuen Pläne des F der Anspruch des B, an zweiter Rangstelle eine Hypothek zu erwerben, gefährdet?

247

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

14.

Vormerkung

Nein; gemäß §§ 883 Abs. 3, 884 BGB ist auch der Erbe F verpflichtet, dem durch Vormerkung gesicherten B eine Hypothek an zweiter Rangstelle zu bestellen.

§§ 883 Abs. 2, 888

Die dritte und wichtigste Schutzwirkung der Vormerkung besteht darin, daß sie den Rechtserwerber gegen zwischenzeitliche Verfügungen des jetzigen Rechtsinhabers sichert, etwa wenn der Eigentümer E sein Grundstück formgerecht am 1.3. dem X verkauft hat, aber am 10.3. es nochmals dem Y verkauft, der mehr bietet. In diesem Falle bewirkt die Vormerkung gemäß § 883 Abs. 2 BGB, daß weitere Verfügungen über denselben Gegenstand relativ unwirksam sind. Das bedeutet, daß der Dritterwerber (in unserem Beispiel der Y) zunächst zwar das Recht erwerben kann und auch im Grundbuch eingetragen wird, daß er aber gemäß § 888 BGB vom Vormerkungsberechtigten (dem X) gezwungen werden kann, seine Rechtsposition an diesen herauszugeben. — Weil die Unwirksamkeit der zwischenzeitlichen Verfügung nur vom Vormerkungsberechtigten geltend gemacht werden kann, bezeichnet man den Rechtserwerb des Dritten als relativ unwirksam. F:

Aufgrund eines zwischen dem V und dem E geschlossenen Kaufvertrages ist zugunsten des E eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen worden. Nunmehr überwirft sich der V mit dem E und veräußert das Grundstück formgerecht an den D, der auch als Eigentümer eingetragen wird. Wie kann E jetzt noch Eigentümer des Grundstücks werden?

248

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

15.

Gutglaubensschutz

Die Übereignung des Grundstücks von V an D ist aufgrund der Vormerkung nach § 883 Abs. 2 BGB gegenüber dem E relativ unwirksam. Der E kann deshalb von V entsprechend dem Kaufvertrag die Auflassung und von D gemäß § 888 BGB die Zustimmung zur Eintragung als Eigentümer ins Grundbuch verlangen.

§ 892

So wie es bei beweglichen Sachen einen Gutglaubensschutz aufgrund der Besitzlage gibt (vgl. oben Kap. VIII), so gibt es bei Grundstücken einen Schutz gutgläubiger Erwerber entsprechend den Grundbucheintragungen, wenn diese Eintragungen nicht mit der wahren Rechtslage übereinstimmen, d.h. wenn das Grundbuch unrichtig ist. § 892 Abs. 1 BGB formuliert dieses Prinzip dahin, daß der Inhalt des Grundbuchs als richtig gilt; man sagt deshalb, der Inhalt des Grundbuches genieße öffentlichen Glauben. — Das bedeutet, daß der Erwerber auf die Richtigkeit des Grundbuches unabhängig von der wahren Rechtslage vertrauen kann und daß jemand, der ein Grundstücksrecht von demjenigen erwirbt, der im Grundbuch als Berechtigter eingetragen ist, das Recht auch dann erlangt, wenn der Eingetragene in Wahrheit nicht der Berechtigte ist. F:

Der E ist durch ein Versehen des Grundbuchamtes zu Unrecht als Eigentümer eines Grundstücks, das dem X gehört, eingetragen worden. Als E dies bemerkt, veräußert er das Grundstück formgerecht an den gutgläubigen D. Bleibt D auch dann Eigentümer des Grundstücks, wenn X später von diesen Vorgängen erfährt?

249

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

G utglaubensschutz

Ja, da D gemäß § 892 Abs. 1 BGB auf den öffentlichen Glauben der Eintragung des E vertrauen konnte und demnach Eigentümer geworden ist.

16. Der öffentliche Glaube des Grundbuchs erstreckt sich auf alle eintragungsfähigen Angaben zur Rechtslage des Grundstücks, nicht aber auf die rein tatsächlichen Angaben, z.B. über die Bewirtschaftungsart des Grundstücks; ferner nicht auf die persönlichen Eigenschaften des Berechtigten, z.B. seine Geschäftsfähigkeit oder seinen Familienstand. F:

Als Eigentümerin eines Grundstücks ist im Grundbuch „Fräulein E" eingetragen. Sie will das Grundstück an den X veräußern. Kann dieser der Grundbucheintragung dahin vertrauen, daß die E noch unverheiratet ist (da andernfalls ihr Ehemann evtl. nach § 1365 BGB der Veräußerung zustimmen müßte)?

250

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

Gutglaubensschutz

Nein; der X kann dem Grundbucheintrag insoweit nicht vertrauen, weil sich der öffentliche Glaube des Grundbuchs nicht auf Angaben zu persönlichen Eigenschaften des Eingetragenen erstreckt.

17.

Wie in § 892 Abs. 1 S. 1 BGB ausdrücklich gesagt ist, besteht ein Schutz des öffentlichen Glaubens nur für den rechtsgeschäftlichen Erwerb von Grundstücksrechten. — Nicht geschützt wird demnach das Vertrauen auf den Grundbuchinhalt beim Erwerb kraft Gesetzes, z. B. durch Erbfolge. Ebenso entfällt auch beim Rechtserwerb im Wege der Zwangsvollstreckung der Schutz des öffentlichen Glaubens nach § 892 BGB. Schließlich wird ein Rechtsgeschäft nur dann als schutzwürdig im Sinne des § 892 Abs. 1 S. 1 BGB angesehen, wenn es mit einem Dritten vorgenommen wird. Deshalb entfällt der Schutz des öffentlichen Glaubens z. B., wenn Veräußerer und Erwerber wirtschaftlich identisch sind, etwa bei der Eigentumsübertragung von einer Aktiengesellschaft auf den einzigen Aktionär. F:

Der A ist im Grundbuch zu Unrecht als Eigentümer eines Grundstücks eingetragen. Erwirbt sein Alleinerbe E, der dem Grundbuch entnimmt, das Grundstück sei Eigentum des A gewesen, gemäß § 892 BGB das Eigentum an dem Grundstück?

251

Gutglaubensschutz

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

Nein, da Erbfolge als Erwerb kraft Gesetzes nicht unter den Schutz des § 892 BGB fällt.

18. Ausgeschlossen ist ein Erwerb kraft öffentlichen Glaubens, wenn der Erwerber bösgläubig ist. Dies ist gemäß § 892 Abs. 1 S. 1 BGB der Fall, wenn er die Unrichtigkeit des Grundbuchs kennt; grob fahrlässige Unkenntnis schließt (im Unterschied zum Erwerb beweglicher Sachen nach § 932 Abs. 2 BGB, vgl. Kap. VIII, Inf. 2) seinen guten Glauben nicht aus. Der gute Glaube des Erwerbers muß im Zeitpunkt des Eintragungsantrags an das Grundbuchamt oder im Zeitpunkt der späteren Einigung vorhanden sein, § 892 Abs. 2 BGB. F:

Der E wohnt in einer kleinen Dorfgemeinde. Er veräußert 1968 sein Grundstück an den F, der es 1969 an den X weiterveräußert. X hat zu dieser Zeit, wie alle Dorfbewohner, schon davon gehört, daß der E seit Jahren geisteskrank gewesen sein könnte; er schenkt diesem Gerücht jedoch keinen Glauben. 1970 wird dann ärztlich festgestellt, daß E seit mindestens fünf Jahren geisteskrank ist; demnach konnte er 1968 das Grundeigentum nicht auf F übertragen. Hat X das Grundstück im Vertrauen auf die Eintragung des F gutgläubig erworben? E

1968

»-F

1969

»-X

252

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

19.

Gutglaubensschutz

Ja; Mutmaßungen über die Geisteskrankheit des E bedeuten keine Kenntnis der Unrichtigkeit des Grundbuches; X hat demnach gutgläubig Eigentum erworben.

§ 893

§ 892 BGB schützt den guten Glauben beim Erwerb von Grundstücksrechten. § 893 BGB dehnt diesen Schutz auf zwei weitere Bereiche aus: Wer gutgläubig an einen im Grundbuch Eingetragenen leistet, tut dies auch dann wirksam, wenn der Eingetragene in Wirklichkeit nicht empfangsberechtigt war, z.B. bei Ablösung einer Hypothek durch Zahlung an denjenigen, der zu Unrecht im Grundbuch als Hypothekengläubiger eingetragen ist. Ferner gilt Gutglaubensschutz nach § 893 BGB, wenn über Grundstücksrechte eine Verfügung getroffen wird, die nicht den Erwerb von Grundstücksrechten zum Gegenstand hat, z.B. wenn mit dem zu Unrecht Eingetragenen die Aufhebung eines Grundstücksrechts gemäß § 875 BGB oder eine Rangänderung gemäß § 880 BGB vereinbart wird. F:

Der Hypothekengläubiger G einigt sich mit X, der als Inhaber eines Wegerechts auf dem Grundstück des E eingetragen ist, über die Rangänderung des Wegerechts. Nach deren Eintragung im Grundbuch stellt sich heraus, daß X zu Unrecht eingetragen und in Wirklichkeit Y der Wegeberechtigte war. Muß Y die Rangänderung gegen sich gelten lassen?

253

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

G utg I au benssch utz

Ja, gemäß § 893 BGB, da die Rangänderung des Wegerechts eine Verfügung darstellt, die vom Gutgläubigen mit dem eingetragenen Nichtberechtigten vorgenommen wurde.

20. Schwierigkeiten bereitet die Frage, wie die Vormerkung bei einer Übertragung des gesicherten Anspruchs in den Gutglaubensschutz nach den '§§ 892, 893 BGB eingeordnet werden kann. Hierbei sind drei Probleme zu unterscheiden, die in den Inf. 20 und 21 behandelt werden: Wenn der durch eine eingetragene Vormerkung zu sichernde Anspruch nicht besteht, gibt es grundsätzlich keinen Gutglaubensschutz für den Erwerber des angeblichen Anspruchs. Dies folgt aus den allgemeinen Regeln über die Abtretung nach §§ 398 ff. BGB. Wenn der zu sichernde Anspruch besteht, die Vormerkung aber vom eingetragenen Nichtberechtigten bewilligt wurde, wird sie entsprechend den §§ 892, 893 BGB gutgläubig erworben. Hat also ein zu Unrecht als Eigentümer Eingetragener das Grundstück verkauft und eine Auflassungsvormerkung bewilligt, so muß der wahre Berechtigte das durch die Vormerkung angekündigte Grundstücksrecht entstehen lassen. F:

Der Grundstückseigentümer E verkauft sein Grundstück an den A und bewilligt ihm eine Auflassungsvormerkung, die im Grundbuch eingetragen wird. Nachdem E den Kaufvertrag wirksam angefochten hat, tritt A seinen angeblichen Auflassungsanspruch unter Hinweis auf die noch im Grundbuch stehende Vormerkung an den D ab. Hat D einen Auflassungsanspruch erworben?

254

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

G utglaubensschutz

Nein, da ein gutgläubiger Forderungserwerb grundsätzlich nicht möglich ist und die Ausnahme des § 405 BGB nicht vorliegt.

21. Ferner wird ein Gutglaubensschutz beim Vormerkungserwerb auch dann bejaht, wenn der zu sichernde Anspruch besteht, die Vormerkung aber zu Unrecht eingetragen wurde, z.B. ohne Bewilligung, und jetzt Anspruch und Vormerkung einem Dritten weiterübertragen werden. In diesem Falle wird in der analog § 401 BGB mit der Forderungsabtretung verbundenen Übertragung der Vormerkung auf den neuen Gläubiger (vgl. oben Inf. 12) ein Rechtsgeschäft im Sinne des § 8 9 3 BGB gesehen. F:

Der X ist Eigentümer eines Grundstücks. Er verkauft das Grundstück dem A, bewilligt diesem aber keine Auflassungsvormerkung. A fälscht die Bewilligung des X; daraufhin wird für ihn eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen. Sodann überträgt A seinen Auflassungsanspruch und die Vormerkung auf B. Ist der B a) Gläubiger des Auflassungsanspruchs geworden, b) Inhaber einer Vormerkung geworden?

255

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht

A:

22.

Grundbuchberichtigung

a) Ja, da der Kaufvertrag gültig ist. b) Ja; da die Vormerkung vom Eingetragenen übertragen wurde, hat B sie gemäß § 893 BGB erworben.

§ 894

Die Gefahren des Rechtsverlustes, die für den wahren Berechtigten bestehen, w e n n ein Nichtberechtigter eingetragen ist, begründen das Interesse des wahren Berechtigten daran, das Grundbuch berichtigen zu lassen, sobald der Fehler entdeckt wird. § 8 9 4 BGB gewährt daher dem wahren Berechtigten gegen den eingetragenen Nichtberechtigten einen dinglichen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs. Das bedeutet, daß der Eingetragene einer Umschreibung des Grundstücksrechts auf den wahren Berechtigten zustimmen muß. Neben dem dinglichen Anspruch aüs § 894 BGB besteht meist ein obligatorischer Berichtigungsanspruch gemäß § 812 BGB, weil der Eingetragene das herausgeben muß, was er ohne Rechtsgrund innehat. Als ein solches,.Etwas" im Sinne des § 812 BGB wird auch die Eintragung, die sog. Buchposition, angesehen, weil sie die Möglichkeit zu Rechtsgeschäften mit Gutgläubigen eröffnet. F:

Der E hat sein Grundstück an den A veräußert. Nachdem A als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist, ficht E Kauf und Übereignung wegen arglistiger Täuschung wirksam an. Mit welchen der vorgenannten Ansprüche kann er seine Wiedereintragung als Eigentümer erreichen?

256

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

Grundbuchberichtigung

E hat gegen den A Ansprüche auf Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs nach den §§ 894 BGB und 812 BGB.

23. Eine Ausnahme gilt allerdings, w e n n das G r u n d b u c h a m t ein bes c h r ä n k t e s dingliches R e c h t (versehentlich) m i t einem falschen Rang e i n t r ä g t . Hier h a t d e r Benachteiligte k e i n e n Berichtigungs- o d e r B e r e i c h e r u n g s a n s p r u c h gegen d e n B e v o r z u g t e n , d e n n n a c h h e r r s c h e n d e r M e i n u n g ergibt § 8 7 9 BGB einen gesetzlichen R e c h t s g r u n d für die eingetragene R a n g p o s i t i o n u n d die d a m i t v e r b u n d e n e n V e r m ö gensvorteile. Demnach ist in solchen Fällen der Staat nach den Grundsätzen der Amtshaftung gemäß Art. 34 des Grundgesetzes, § 839 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Nach Ansicht von Westermann hat der Bevorzugte den Rangvorteil dann rechtsgrundlos erlangt, wenn der Benachteiligte gemäß § 873 Abs. 2 BGB bereits eine Anwartschaft (vgl. oben Inf. 5) auf das künftige Recht erlangt hat. F:

Die Hypothek des A ist im Grundbuch nach derjenigen des B eingetragen worden, obwohl die umgekehrte Reihenfolge richtig gewesen wäre. Deshalb verlangt A gemäß § 812 BGB von B die Herausgabe des Rangvorteils durch Tausch des Ranges. Mit Recht a) nach herrschender Meinung, b) nach Ansicht von Westermann?

257

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

24.

Widerspruch

a) Nein; zwar stellt die Rangposition ein vermögenswertes „Etwas" im Sinne von § 812 BGB dar, doch ist der Rangvorteil von B nicht ohne Rechtsgrund erlangt. b) Ja, sofern für das Recht des A bereits die Voraussetzungen einer Anwartschaft nach § 873 Abs. 2 BGB erfüllt waren.

§ 899

Da die Durchsetzung des Berichtigungsanspruchs o f t längere Zeit in A n s p r u c h n i m m t , m ö c h t e der Berechtigte bereits kurzfristig einen gutgläubigen E r w e r b Dritter verhindern. Z u diesem Zweck wird d u r c h § 8 9 9 BGB die Möglichkeit e r ö f f n e t , einen Widerspruch ins G r u n d b u c h einzutragen. Die Eintragung des Widerspruchs erfolgt entweder aufgrund einer Bewilligung des Betroffenen oder aufgrund einer einstweiligen Verfügung, § 899 Abs. 2 BGB; sie wird außerdem durch das Grundbuchamt nach § 53 Abs. 1 S. 1 GBO von Amts wegen vorgenommen, wenn das Grundbuchamt selbst den Eintragungsfehler entdeckt. D u r c h die Eintragung des Widerspruchs wird g e m ä ß § 8 9 2 Abs. 1 S. 1 BGB j e d e r gutgläubige Erwerb des b e t r o f f e n e n Rechts ausgeschlossen. Somit ist der wahre Berechtigte bis zur Klärung der Rechtslage gesichert. F:

E ist als Grundstückseigentümer im Grundbuch eingetragen. Als A behauptet, in Wahrheit der Grundeigentümer zu sein, bestreitet E diese Behauptung des A energisch. Was kann der A tun, um gegen den Willen des E zu verhindern, daß sein eventuelles Grundeigentum durch Verfügungen des E beeinträchtigt wird?

258

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

A kann aufgrund einer einstweiligen Verfügung die Eintragung eines Widerspruchs erwirken, § 899 BGB.

25. Zusammenfassung (in Verbindung mit den Wiederholungsfragen auf S. 238 und 244): a)

Die Sicherung des künftigen Rechtserwerbs gegen zwischenzeitliche Verfügungen des Veräußerers erfolgt durch Eintragung einer ; sie bewirkt, daß zwischenzeitliche Verfügungen des V e r ä u ß e r e r s . . . . sind.

b)

Außerdem bestimmt die Vormerkung den Rechtes, § . . . Abs. . BGB.

c)

Eine Grundbucheintragung genießt wenn sie unrichtig ist. Dieser Schutz des gutgläubigen Erwerbers gilt aber nur für den Erwerb von Grundstücksrechten.

d)

Zur Beseitigung einer unrichtigen Eintragung gewährt § 894 BGB dem wahren Berechtigten einen . . . . . . gegen den Eingetragenen.

e)

Um zu verhindern, daß gutgläubige Dritte aufgrund von Verfügungen des zu Unrecht Eingetragenen Rechte erwerben, kann der wahre Berechtigte den öffentlichen Glauben des Grundbuchs durch Eintragung eines zerstören.

. . . .

des einzutragenden

259

Kap. X. Materielles Grundstücksrecht A:

a) Vormerkung, relativ unwirksam b) Rang, 883,3 c) öffentlichen Glauben, rechtsgeschäftlichen d) dinglichen Berichtigungsanspruch e) Widerspruchs

Zur Wissensvertiefung für den Stoff des zehnten Kapitels wird empfohlen Baur, Lehrbuch des Sachenrechts, aaO., §§ 17—23, ergänzend § 27 Westermann, Sachenrecht, aaO., §§ 71—85, ergänzend §§ 86—89. Besonders wichtig sind die Probleme der Anwartschaft (hierzu Baur § 19 B I 2 c und BGHZ 49,197) und der Vormerkung (hierzu Baur, § 20, Westermann, § 85 IV und BGHZ 25,16 und 60,46).

Kapitel XI DAS

FORMELLE

GRUNDSTÜCKSRECHT

Als formelles Grundstücksrecht bezeichnet man die Vorschriften über das Eintragungsverfahren, nach welchem Grundstücksrechte im Grundbuch eingetragen oder gelöscht werden. Durch die Verfahrensvorschriften wird z.B. vorgeschrieben, daß für die Eintragung im Grundbuch ein Antrag gestellt werden muß und daß dem Antrag bestimmte Urkunden beigefügt sein müssen. Die bei Rechtsänderungen an Grundstücken geltenden Verfahrensvorschriften sind in der Grundbuchordnung (GBO) zusammengefaßt. — Die Regeln des formellen Grundstücksrechts stehen selbständig neben den Vorschriften des materiellen Grundstücksrechts des BGB, die in Kapitel X behandelt wurden. Im folgenden werden die wesentlichen Vorschriften des Grundstücksverfahrensrechts dargestellt.

Übersicht: Das Grundbuch Der Antrag Bewilligung, Genehmigungen und andere Erklärungen Die Voreintragung Die Formerfordernisse Zwischenverfügungen und weiteres Verfahren Zusammenfassung und Vertiefungshinweise

Information 1—6 7—9 10—12 13 14—17 18—20 21

261

Grundbuch

Kap. XI. Formelles Grundstücksrecht

1.

§ 3 GBO

Das Grundbuch ist dasjenige öffentliche Rechtslage der Grundstücke verzeichnet ist.

Register,

in dem

die

Grundsätzlich besteht für alle Grundstücke Buchungszwang, d.h. sie müssen in das Grundbuch aufgenommen werden, § 3 Abs. 1 S. 1 GBO. Vom Buchungszwang bestehen gemäß § 3 Abs. 2 GBO nur wenige Ausnahmen, z.B. für Grundstücke bestimmter juristischer Personen des öffentlichen Rechts. Das Grundbuch wird gemäß § 1 Abs. 1 GBO von den Amtsgerichten als Grundbuchämtem geführt. Das einzelne Amtsgericht ist für alle in seinem Gerichtsbezirk liegenden Grundstücke zuständig. — In BadenWürttemberg wird das Grundbuch vom Notar bzw. Bezirksnotar geführt. F:

Der in Essen wohnende E möchte sein in Dortmund gelegenes Grundstück an den in Wuppertal wohnenden K veräußern. Welches Grundbuchamt ist für die Eintragung zuständig? (Bitte begründen Sie Ihre Antworten, soweit möglich mit Angabe von §§.)

262

Formelles Grundstücksrecht

Grundbuch

is Grundbuchamt in Dortmund, weil die Zuständigkeit des Grundbuchltes nicht durch den Wohnsitz der Beteiligten, sondern durch die Lage s Grundstücks bestimmt wird, § 1 Abs. 1 S. 2 GBO.

§ 4 GBO § 3 Abs. 1 S. 1 GBO besteht für jedes Grundstück im >uch ein sog. Grundbuchblatt (vgl. das Muster im Anhang 0, das immer mehrere Seiten umfaßt. Soweit durch das tücksrecht Grundbucheintragungen vorgesehen sind, erfolgen Grundbuchblatt. — Gemäß § 4 GBO können mehrere Grunddesselben Eigentümers auf einem Grundbuchblatt zusammenwerden (vgl. das Muster im Anhang S. I). halt des Grundbuches besteht aus Eintragungen tatsächlicher ;htlicher Art. Das Grundbuch gibt Auskunft über Größe, Lage rtschaftsart der Grundstücke (vgl. das Muster im Anhang S. I); ingaben werden aus dem Kataster übernommen. Weiter gibt mdbuch Auskunft über die Eigentümer der Grundstücke (vgl. ister im Anhang S. II) und über die an den Grundstücken ¡nden Rechte (vgl. das Muster im Anhang S. III und S. IV). ;nn in § 873 BGB vorgeschrieben ist, daß zur Rechtsänderung eine ntragung im Grundbuch erforderlich ist, so bedeutet das, daß die ntragung im für das betreffende Grundick vorgenommen werden muß.

263

Kap. XI. Formelles Grundstücksrecht A:

Grundbuch

Grundbuchblatt

3. Im einzelnen besteht das Grundbuch aus folgenden Teilen: Es enthält zunächst die Aufschrift (vgl. das Muster im Anhang S. I, oberste Zeile), in der das Amtsgericht, der Grundbuchbezirk und die Nummer des Grundbuchblattes eingetragen sind, und das Bestandsverzeichnis (vgl. das Muster im Anhang S. I, weiterer Text), in dem tatsächliche Angaben über das betreffende Grundstück verzeichnet sind. Dem Bestandsverzeichnis folgen drei Abteilungen (vgl. das Muster im Anhang S. II—IV), in denen der Eigentümer und die Belastungen des Grundstücks eingetragen sind. F 1: Der A möchte von B ein Grundstück erwerben, das der B als „Wiese" bezeichnet. In welchem Teil des Grundbuches könnte A hierüber eine Eintragung finden?

F 2: Mit welcher Bezifferung ist die einschlägige Spalte des Grundbuchblattes an dieser Stelle versehen (vgl. das Muster im Anhang)?

264

Kap. XI. Formelles Grundstücksrecht

Grundbuch

A 1: Im Bestandsverzeichnis, da es sich um eine tatsächliche Angabe über die Nutzungsart des Grundstücks handelt. A 2: Die Wirtschaftsart ist in Spalte 3 e des Bestandsverzeichnisses eingetragen.

4. In der ersten Abteilung (vgl. das Muster im Anhang S. II) werden der Name des Eigentümers und die Eintragungsgrundlagen, z.B. Auflassung oder Erbschein, verzeichnet. In der zweiten Abteilung (vgl. das Muster im Anhang S. III) werden u.a. die Grundstücksbelastungen — mit Ausnahme der Grundpfandrechte — sowie die für das (in der ersten Abteilung eingetragene) Eigentum geltenden Vormerkungen und Widersprüche (vgl. Kap. X, Inf. 11 und 24) eingetragen. Die dritte Abteilung (vgl. das Muster im Anhang S. IV) ist den Grundpfandrechten und den für sie bestehenden Vormerkungen und Widersprüchen vorbehalten. F:

In welcher Abteilung findet man eine Vormerkung für und einen Widerspruch gegen a) die Eigentumseintragung,

b) eine Hypothekeneintragung?

265

Kap. XI. Formelles Grundstücksrecht A:

Grundbuch

a) In der Abteilung II, b) in der Abteilung III.

5. Von der Eintragung im Grundbuch ausgeschlossen sind einmal alle obligatorischen Rechte, z.B. Pacht, und zum anderen alle öffentlichrechtlichen Beschränkungen, wie sie sich z.B. aus dem Bauplanungsrecht ergeben. Eintragungen, die nicht mehr gelten sollen, werden nicht unkenntlich gemacht, sondern rot unterstrichen, „gerötet". F:

Der E hat von V ein Grundstück erworben, das im Grundbuch als unbelastet ausgewiesen ist. Als E dieses Grundstück mit einem Mietshaus bebauen will, stellt sich heraus, daß es nach dem schon vor dem Erwerb geltenden Bebauungsplan nicht bebaut werden darf. Hätte der E dies aus dem Grundbuch ersehen können?

266

Kap. XI. Formelles Grundstücksrecht

Grundbuch

A:

Nein, da öffentlichrechtliche Beschränkungen nicht eintragungsfähig sind.

6.

§ 12 GBO

Zu jedem Grundbuchblatt werden sog. Grundakten geführt, in denen sämtliche Urkunden, die sich auf die im Grundbuchblatt enthaltenen Eintragungen beziehen (z.B. Auflassungsurkunden, Kaufverträge), gesammelt werden. Nimmt das Grundbuch in einer Eintragung ausdrücklich auf die Grundakten Bezug, z.B. gemäß § 874 BGB, so werden diese insoweit zum Grundbuchinhalt, was für den Gutglaubensschutz bedeutsam ist. Gemäß § 12 GBO können Grundbuchblatt und in Bezug genommene Grundakten von jedem eingesehen werden, der ein berechtigtes Interesse dartut, z.B. als Kaufinteressent für das Grundstück. F:

Ist zur Prüfung der dinglichen Rechtslage eines Grundstücks die Einsichtnahme in das Grundbuchblatt immer ausreichend?

267

Kap. XI. Formelles Grundstücksrecht A:

Nein, wenn bei einer Eintragung auf die Grundakten Bezug genommen ist, können sich Einzelheiten der dinglichen Rechtslage auch aus diesen ergeben.

Wiederholungsfragen: a)

Das Grundbuch ist ein Register, aus dem sich die Rechtslage eines ersehen läßt. Es wird (außer in Baden-Württemberg) vom zuständigen Amtsgericht als dem geführt.

b)

Die Eintragungen für das jeweilige Grundstück erfolgen im , das aus der Aufschrift, dem und aus. . . . Abteilungen besteht.

c)

Die erste Abteilung weist den des Grundstücks aus; in der zweiten Abteilung stehen die Belastungen, mit Ausnahme der • , die in der dritten Abteilung gesondert aufgeführt werden.

-

268

Antrag

Kap. XI. Formelles Grundstücksrecht A:

a) öffentliches, Grundstücks, Grundbuchamt b) Grundbuchblatt, Bestandsverzeichnis, drei c) Eigentümer, Grundpfandrechte

7.

§ 13 G B O

Eintragungen im G r u n d b u c h g r u n d s ä t z l i c h nur auf Antrag.

erfolgen

gemäß

§ 13

Abs. 1 GBO

A n t r a g s b e r e c h t i g t e sind n u r ,,Beteiligte". Dies ist g e m ä ß § 13 A b s . 2 G B O jeder, dessen R e c h t von der Eintragung b e t r o f f e n wird, z.B. der E i g e n t ü m e r , u n d j e d e r , z u dessen u n m i t t e l b a r e n G u n s t e n die E i n t r a g u n g e r f o l g e n soll, z.B. ein H y p o t h e k e n g l ä u b i g e r o d e r d e r k ü n f t i g e E i g e n t ü m e r . — A u ß e r d e m ist g e m ä ß § 15 G B O a u c h d e r b e u r k u n d e n de Notar a n t r a g s b e r e c h t i g t . Die Eintragungsanträge sollen unbedingt und unbefristet gestellt werden, § 16 Abs. 1 GBO; jedoch können mehrere Anträge in ihrer Bearbeitungsfolge voneinander abhängig gemacht werden, § 16 Abs. 2 GBO. — Bis zur Eintragung kann der Antrag vom Antragsteller jederzeit zurückgenommen werden. F:

Der X erfährt, daß F im Begriff steht, ein Grundstück von E zu erwerben; die Auflassung hat bereits stattgefunden. Da F dem X eine große Summe schuldet, möchte X gern alsbald in das neue Grundstück des F vollstrecken. F sieht dies voraus und verzögert den Antrag für seine Eintragung im Grundbuch. Kann der X mit der Begründung, die Eintragung des F erfolge auch zu seinen Gunsten, nunmehr selbst den Antrag auf Eintragung des F als Eigentümer stellen?

269

Kap. XI. Formelles Grundstücksrecht A:

Antrag

Nein; X ist nicht Beteiligter im Sinne des § 13 Abs. 2 GBO; der Wortlaut „zu dessen Gunsten" meint nur einen unmittelbar Begünstigten.

8.

Das Grundbuchamt versieht jeden Antrag bei seinem Eingang mit einem genauen Vermerk über den Eingangszeitpunkt, § 13 Abs. 1 S. 2 GBO, da die Eintragungen in der Reihenfolge des zeitlichen Eingangs vorzunehmen sind, § § 1 7 und 45 GBO. F:

Ist die genaue zeitliche Fixierung der Reihenfolge von Antragseingängen nur für die Arbeit des Grundbuchamtes wichtig oder ist sie auch materiellrechtlich bedeutsam? (Beachten Sie Kap. X, Inf. 7.)

270

Kap. XI. Formelles Grundstücksrecht

Antrag

A:

Da die Eintragungen gemäß §§ 17, 45 GBO in der Reihenfolge der Antragseingänge vorzunehmen sind und die Reihenfolge der Eintragungen gemäß § 879 BGB den Rang der Grundstücksrechte bestimmt, entstehen auch materiellrechtliche Folgen.

9.

§ 53 GBO

Ohne Antrag eines Beteiligten, d.h. von A m t s wegen, wird das G r u n d b u c h a m t bei fehlerhaften Eintragungen tätig. Dabei sind zwei Arten von Fehlern zu unterscheiden: Wurde (was praktisch kaum vorkommt) eine inhaltlich unzulässige Eintragung vorgenommen, z.B. ein dem BGB nicht bekanntes Grundstücksrecht (etwa ein Mietverhältnis) eingetragen, so wird diese Eintragung von Amts wegen gelöscht, § 53 Abs. 1 S. 2 GBO. Wurde u n t e r Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine unrichtige Eintragung vorgenommen, z.B. eine für X u n d Y bestellte H y p o t h e k infolge Schreibfehlers n u r zugunsten des X eingetragen, so wird von Amts wegen ein Widerspruch eingetragen, § 53 Abs. 1 S. 1 GBO. Er hat dieselbe Wirkung wie ein vom Betroffenen beantragter Widerspruch. — Die Rechte des von der unrichtigen Eintragung Betroffenen nach den §§ 894 und 899 BGB (vgl. Kap. X, Inf. 22 ff.) bleiben unberührt. F:

Der Grundstückseigentümer E beantragt die Eintragung einer Hypothek zugunsten der Bank A. Versehentlich wird nicht die Bank A, sondern die Bank AB als Gläubigerin im Grundbuch eingetragen. Darf das Grundbuchamt, wenn es das Versehen entdeckt, das Grundbuch berichtigen und die A als Gläubigerin eintragen?

271

Kap. XI. Formelles Grundstücksrecht A:

10.

Bewilligung

Nein; das Grundbuchamt darf gemäß § 53 Abs. 1 S. 1 GBO von Amts wegen nur einen Widerspruch eintragen, nicht aber die Eintragung berichtigen.

§ 19 GBO

Außer dem Antrag muß dem Grundbuchamt für eine Grundbucheintragung gemäß § 19 GBO die Eintragungsbewilligung des Betroffenen vorgelegt werden. Die Bewilligung ist die Willenserklärung des Betroffenen gegenüber dem Grundbuchamt, daß er die beantragte Eintragung gestattet. Auf die Eintragungsbewilligung finden die Vorschriften des BGB über Willenserklärungen entsprechende Anwendung. — Betroffener ist derjenige, in dessen Rechtsstellung durch die Eintragung unmittelbar eingegriffen wird, z.B. der Eigentümer bei einer Eigentumsübertragung oder bei einer Belastung. F:

Ist der zur Eintragungsbewilligung befugte Personenkreis kleiner als der Kreis der zur Stellung des Eintragungsantrags berechtigten Personen?

272

Kap. XI. Formelles Grundstücksrecht A:

Bewilligung

Ja; den Eintragungsantrag kann gemäß § 13 Abs. 2 GBO jeder Beteiligte stellen, d.h. außer dem Betroffenen auch der Begünstigte der vorgesehenen Eintragung (vgl. oben Inf. 7); die Bewilligung kann nur der Betroffene erklären, § 19 GBO.

11. Die Eintragungsbewilligung des B e t r o f f e n e n ist im Falle einer Berichtigung des G r u n d b u c h e s a u s n a h m s w e i s e entbehrlich, w e n n die U n r i c h t i g k e i t des G r u n d b u c h e s d u r c h ö f f e n t l i c h e U r k u n d e n , z.B. d u r c h einen E r b s c h e i n , n a c h g e w i e s e n w e r d e n k a n n , § 22 G B O . — Die E r f o r d e r n i s s e d e r ö f f e n t l i c h e n U r k u n d e w e r d e n in § 4 1 5 Z P O gesetzlich d e f i n i e r t . F:

Als der E stirbt, hält man zunächst seinen Neffen A für den gesetzlichen Alleinerben. Dementsprechend wird A im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Später wird ein Testament des E aufgefunden, aus dem sich ergibt, daß der B Alleinerbe des E geworden ist. B läßt sich einen Erbschein erteilen und den Erbschein des A einziehen. Muß der B zur Herbeiführung seiner Eintragung als Eigentümer die in § 19 GBO vorgesehene Eintragungsbewilligung des A beibringen?

273

Kap. XI. Formelles Grundstücksrecht A:

Genehmigungen

Nein; er kann gemäß § 22 GBO durch Vorlage des Erbscheins die Unrichtigkeit des Grundbuches nachweisen und die Eintragung als Eigentümer erreichen.

12. Bevor das Grundbuchamt einen Eigentumswechsel eintragen darf, müssen außer dem Antrag und der Bewilligung meist noch weitere Voraussetzungen erfüllt sein: So muß der Erwerber eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes hinsichtlich der von ihm zu zahlenden Grunderwerbssteuer vorlegen. Außerdem sind häufig weitere behördliche oder gerichtliche Genehmigungen für den Grundstückserwerb erforderlich, so nach § 19 Bundesbaugesetz (im Sartorius Nr. 300) bei der Teilung von Grundstücken und nach dem Grundstücksverkehrsgesetz (im Schönfelder Nr. 40) beim Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke. — Gegebenenfalls sind noch Genehmigungen weiterer Behörden, z. B. der Naturschutzbehörde, beizubringen. F:

A will dem B ein landwirtschaftliches Grundstück übereignen. Das Grundbuchamt verlangt in diesem Falle außer der Erfüllung der materiellen Tatbestandsvoraussetzungen und der bereits genannten Anforderungen der GBO noch eine des Finanzamtes und eine nach dem Grundstücksverkehrsgesetz.

274

Kap. XI. Formelles Grundstücksrecht A:

13.

Voreintragung

Unbedenklichkeitsbescheinigung, Genehmigung

§ 39 GBO

Als weitere Voraussetzung für die Eintragung bestimmt § 39 Abs. 1 GBO, daß das Grundbuchamt die Eintragung einer Rechtsänderung nur vornehmen soll, wenn der Betroffene als Inhaber des Rechtes voreingetragen ist. Die in § 19 GBO vorgeschriebene Eintragungsbewilligung (vgl. oben Inf. 10) kann demnach nur vom Eingetragenen erklärt werden. — Ist z.B. E der wahre Eigentümer eines Grundstücks, für das B zu Unrecht im Grundbuch eingetragen ist, und will E sein Grundstück an C übereignen, so muß E zunächst im Wege der Grundbuchberichtigung (vgl. Kap. X, Inf. 22) die richtige Eintragung herbeiführen, bevor er die Bewilligung für die Eintragung des C erklären kann. F:

Der A hat ein wertvolles Grundstück aus Freundschaft dem B preisgünstig aufgelassen. Noch bevor die Eintragung des B erfolgt ist, verkauft B das Grundstück gewinnbringend an C. A ist mit diesem Verhalten des B nicht einverstanden, möchte aber nichts gegen B unternehmen. — Der B möchte aus Gründen der Grunderwerbssteuerersparnis nicht als Eigentümer im Grundbuch erscheinen. Könnte C unmittelbar nach A als Eigentümer eingetragen werden, wenn B und C einen entsprechenden Antrag stellen und die Auflassungen von A an B und von B an C durch notarielle Urkunden belegen?

275

Kap. XI. Formelles Grundstücksrecht A:

Nein; Betroffener, der gemäß § 39 GBO voreingetragen sein soll, ist für die Übertragung von B an C der B. Demnach wird das Grundbuchamt die Eintragung des C nur vornehmen, nachdem zunächst B im Grundbuch eingetragen worden ist.

Wiederholungsfragen: Voraussetzungen einer Eintragung im Grundbuch sind regelmäßig a)

nach § 13 GBO der

eines Beteiligten,

b)

nach § 19 GBO die Eintragungsbewilligung des

c)

und nach § 39 GBO die

d)

Gegen Eintragungen, die das Grundbuch unter Verletzung der vom Grundbuchamt zu beachtenden Vorschriften werden lassen, kann gemäß § 53 Abs. 1 GBO von Amts wegen ein eingetragen werden.

des Betroffenen.

276

Kap. XI. Formelles Grundstücksrecht A:

14.

a) b) c) d)

Formerfordernisse

Antrag Betroffenen Voreintragung unrichtig, Widerspruch

§ 29 GBO

Für die nach dem Grundstücksverfahrensrecht vorgeschriebenen Eintragungsvoraussetzungen besteht in § 29 GBO eine eigene Formvorschrift, deren Anforderungen unabhängig von den Formerfordernissen des materiellen Rechts (z.B. nach § 925 BGB) erfüllt sein müssen. — § 29 GBO unterscheidet Erklärungen und andere Eintragungsgrundlagen: Alle zur Eintragung erforderlichen Erklärungen, insbesondere die Eintragungsbewilligung, müssen mindestens durch öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden, § 29 Abs. 1 S. 1 GBO. (Die Einzelheiten der öffentlichen Beglaubigung sind in § 129 BGB geregelt.) — Der Eintragungsantrag allerdings unterliegt diesem Formerfordernis nur im Falle des § 30 GBO, d. h. wenn er eine weitere für die Eintragung erforderliche Erklärung ersetzen soll; im Normalfall kann er schriftlich gestellt werden. F:

Nachdem der E sich mit dem H über die Bestellung einer Hypothek geeinigt hat, teilt er dem Grundbuchamt brieflich mit, er stelle hiermit den entsprechenden Eintragungsantrag und bewillige die Eintragung der Hypothek zugunsten des H. Genügt dies den Formvorschriften der GBO?

277

Kap. XI. Formelles Grundstücksrecht A:

Formerfordernisse

Nein, die für die Eintragungsbewilligung in § 29 GBO vorgeschriebene Form der öffentlichen Beglaubigung ist durch den Brief nicht gewahrt, so daß für den Antrag § 30 GBO gilt.

15. Alle anderen Eintragungsgrundlagen, die nicht Erklärungen sind, z.B. der Eintritt des Erbfalles, müssen entweder aus öffentlichen Urkunden (vgl. dazu Inf. 11) zu ersehen oder beim Grundbuchamt offenkundig sein, § 29 Abs. 1 S. 2 GBO. Offenkundig ist dem Grundbuchamt eine Tatsache, die schon amtlich oder außeramtlich zweifelsfrei bekannt geworden ist. F:

Der A möchte als Erbe werden. Er beruft sich Vaters offenkundig sei, gewesen sei. Genügt dies

nach seinem Vater V im Grundbuch eingetragen darauf, daß dem Grundbuchamt der Tod seines weil der Vater Angestellter beim Grundbuchamt den Anforderungen des § 29 GBO?

278

Kap. XI. Formelles Grundstücksrecht A:

16.

Formerfordernisse

Nein, da aus dieser Tatsache die Erbenstellung des A nicht zu entnehmen ist.

§§ 2 0 GBO, 9 2 5 a BGB

Besondere Formvorschriften gelten für die Eintragung 73 -3 oo v § E l - s E o o

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GESETZESREGISTER (Die Zahlen zu den einzelnen Vorschriften verweisen auf die Seiten des Buches) Grundgesetz: Art. 14: 76, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 88, 89, 90, 91, 94 Art. 34: 257

BGB: § 38 § 90 §93 § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § §

94 95 97 98 99 100 104 107 108 111 114 121 125 129 130 142 155 156 158 161 164 166 184 185 223 227

403 78, 81, 83 124, 207, 210, 21 1, 212, 361 124, 208, 209 207, 2 0 9 , 2 1 0 297 297 103, 222, 409 103, 106, 377, 409 155 153, 154 154, 333 28, 226 333 33 280 277 128 107, 128, 197 112 396 157, 158 158, 159, 160 156, 180 181, 1 8 2 , 3 3 3 194 155, 162, 163, 180, 194 315 26

§ § § § § § § § § § § § §

228 229 249 268 273 277 287 313 320 362 383 397 398

91, 92 32 88, 93, 101 398 122, 123 114 115, 116 236, 237, 362 318,350 62 186,397 62 61, 160, 175, 254, 333, 404, 408 §401 246, 255, 304, 305, 333 255 § 405 175 § 407 327, 328 § 415 80, 153, 234, 405 § 433 55, 157, 183 § 455 381 § 504 383, 384 § 505 99 § 535 105 § 541 § 547a: 221 99 § 549 53, 55, 56, 101 § 556 198, 400 § 559 198, 199 § 561 61 § 571 56 § 581 § 604 202 206, 4 0 0 , 4 0 1 § 647 337 § 648 §670 121 121 § 677 121,122 § 683 § 684 121, 122 § 688 56

Anh. IX

Gesetzesregister § § § § § §

690: 695: 759: 770: 793: 812:

§ 816: § 823:

§ § § §

824: 839: 848: 854:

§ 855: § 856: § 857: § 858: § 859: § 860: § 861: § 862: § § § § § § §

863: 864: 865: 866: 867: 868: 869:

§ 870: § 871: § 872: Anh. X

114 57 355 316,317,333 186,341 25, 39, 75, 102, 109, 1 10, 153, 174, 221, 256, 257, 258, 3 5 0 , 3 5 1 193, 194, 195, 196, 199 25,39,75,83,84,102,109, 111, 112, 113, 116, 117, 118, 128, 141, 146, 147, 148, 149, 3 7 2 , 3 7 3 146, 147 257 115 3, 4, 15, 17, 18, 20, 22, 166, 167, 168, 175 7, 8, 10 6,7,21,22,23,64,227 18, 19, 20, 24, 41, 61, 62, 65 26, 27, 28, 29, 30, 31, 36, 41, 66 31,32,33,34,35,36,67, 69, 374, 394 35, 36 38,39,40,41,43,45,50, 51, 67, 75, 102, 374, 395 38,39,40,45,51,52,67, 129,374 41 43, 44 10, 11 11,42,43 50,51 54, 55, 75, 168 67,68,69,70,71,72,73, 75, 394 61, 62, 65, 98, 174, 175, 391 57,60,73 13

§ 873:

232, 234, 235, 237, 238, 239, 257, 258, 263, 291, 295, 306, 337, 362, 367, 370, 371, 377, 380, 381, 382 § 874: 267, 292, 293 § 875: 253, 329, 330, 364, 370 240,241,242,245,257, § 879: 271, 282, 328, 329, 346 § 880: 2 4 2 , 2 4 3 , 2 5 3 § 883: 245, 246, 247, 248, 249, 2 6 0 , 3 3 0 , 3 8 4 , 385 § 884: 247, 248 § 885: 245, 246 § 888: 248, 249, 330, 384 § 892: 2 4 9 , 2 5 0 , 2 5 1 , 2 5 2 , 2 5 3 , 254, 258, 307, 308, 317, 333, 349 § 893: 2 5 3 , 2 5 4 , 2 5 5 , 2 5 6 , 3 0 7 § 894: 256,257,259,271,284 § 899: 2 5 8 , 2 5 9 , 2 7 1 , 2 8 4 § 903: 3, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 93 § 904: 9 1 , 9 2 , 9 4 § 906: 137, 138, 139, 141, 144, 149 § 907: 145 § 908: 145 § 909: 145,146 § 9 1 0 : 145 § 925: 236,237,239,246,247, 277, 363 § 925a: 279 § 928: 232 § 929: 152, 153, 154, 160, 161, 164, 165, 166, 167, 168, 175, 176, 179, 183, 188, 189, 192, 196,202, 294 § 930: 168,169,175,189,192, 202 § 931: 168,174,190,192,202, 391

Gesetzesregister § 932 :

§ 933 § 934 § 935 § § § § § § § § §

936 937 940 941 942 943 944 945 946

§ 947 § 948 § 949 § 950 § § § § § § § § § § § § § § § § § §

951 953 954 955 956 957 958 959 960 965 966 967 970 971 972 973 978 979

46, 177, 178, 179, 180, 182, 183, 188, 189, 192, 196, 197, 199, 204, 252, 392, 406, 411 189, 190, 193, 202 190,191,192,202,392, 407 178, 184, 185, 186, 187, 188 177, 198, 199, 206 203, 204, 205, 207 205, 206 205 205, 206 205 205 206, 207 207, 208, 209, 210, 211, 214, 3 5 9 , 3 6 0 211, 212, 213, 214, 218, 220 213, 214, 220 219,220 163, 215, 216, 217, 218, 219 221, 222, 231 222, 223 222, 2 3 1 , 3 7 9 223, 224 222, 223, 2 3 1 , 2 9 9 224 225 225 225 226, 227 227 227 227, 228 227, 228 227 228, 229 229, 230 229

§ 980 § 981 § 984 §985

§ 986 § 987 § 988 § 989 § 990

§ 991 § 992 § 993 § 994 § § § § § §

996 997 1000: 1001: 1003: 1004:

§ 1007:

§ § § § § § §

1018: 1019: 1027: 1029: 1030: 1032: 1036:

229 229 203 75, 95, 96, 97, 98, 100, 101 102, 152, 153, 168, 184 194, 201, 202, 204, 394 395 48, 95, 98, 99, 100, 101, 102 2 0 2 , 4 0 2 102 103, 108, 109, 110, 120 107 1 0 8 , 1 1 1 111 114, 117, 128, 193, 194 199 103 108, 110, 114, 115, 116 117, 128, 179, 193, 194 199, 204 105 1 0 6 , 1 1 3 , 1 1 4 115 1 1 6 , 1 1 7 , 1 2 8 106 107, 109, 110, 111, 112 113, 116, 117, 128 118 120, 121, 125, 126, 221 118 120, 121 124 125 122 123, 125, 126, 402 122 123 95, 118, 123, 124 129 130, 131, 132, 133, 134 135, 136, 140, 141, 142 143, 144, 145, 146, 147 148, 149, 362, 372, 373 394 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 70, 71, 75, 102, 179, 394, 395 367 369 372, 373 373 377, 406, 409 406,407 379,380,386 Anh. XI

Gesetzesregister § 1037: 379, 3 8 0 , 3 8 6 § 1039: 379 § 1059: 378, 3 7 9 , 4 0 3 § 1059a: 375, 3 7 6 , 3 7 7 , 3 7 8 § 1061: 375, 376, 378 § 1068: 407 § 1069: 407, 408, 410 § 1085: 409, 410 § 1089: 409, 410 § 1090: 374, 375, 376 § 1091: 374 § 1092: 3 7 5 , 3 7 6 , 3 7 7 § 1094: 381, 382, 383, 385 § 1097: 3 8 2 , 3 8 3 § 1098: 383, 3 8 4 , 3 8 5 § 1105: 380 § 1107: 380 § 1108: 380, 381 § 1113: 287, 288, 289, 290, 291, § 1115: § 1116: § 1117: §1118: § 1120: § 1123: §1124: § 1127: § 1128: § 1132: § 1133: § 1134: § 1135: § 1137: § 1138: § § § § §

1140: 1141: 1142: 1143: 1147:

308, 333 290, 291, 292, 293, 295 291, 292, 2 9 3 , 2 9 5 294,306,315,333 296 297, 298, 304 299, 300, 303 300 301, 303 301 344, 3 4 5 , 3 5 7 302 302, 303 302 315, 316, 317, 319, 320, 333, 348 307, 308, 311, 3 1 7 , 3 1 8 , 319, 320, 322, 324, 325, 333, 335, 348 317, 318 313 326 3 2 6 , 3 2 7 , 3 5 3 , 354 296, 297, 333

Anh. XII

§ 1153: 289, 304, 305, 308, 333, 348 § 1154: 305, 306, 307, 309, 310, 333, 337, 348, 349 § 1 155: 309, 3 1 0 , 3 1 1 , 333 § 1157: 314, 317, 318, 351, 352, 353 § 1160: 3 1 3 , 3 1 4 § 1163: 321, 322, 323, 324, 340, 343, 3 4 5 , 3 4 6 , 348, 353 § 1164: 3 2 7 , 3 2 8 § 1168: 353 § 1172: 346 § 1173: 346, 347 § 1176: 323, 324 § 1177: 321, 322, 323, 324, 326, 327, 340, 343, 345, 348 § 1179: 329 § 1181: 328, 329, 331, 345, 346, 357 § 1182: 346 § 1183: 3 2 9 , 3 3 0 § 1184: 335, 344 § 1 185: 335, 336, 344 § 1186: 336 § 1187: 337, 341, 342, 344 § 1188: 342 § 1190: 338, 339, 340, 341, 344 § 1191: 347 § 1 192: 347, 348, 349, 3 5 1 , 3 5 2 , 353,358 § 1196: 354 § 1197: 354 § 1 198: 3 4 8 , 3 5 4 , 355 § 1 199: 3 5 5 , 3 5 6 , 358 § 1200: 3 5 5 , 3 5 6 § 1201: 3 5 6 , 3 5 7 § 1204: 388 § 1205: 3 9 0 , 3 9 1 , 3 9 2 , 396 § 1206: 391, 392 § 1207: 392, 393, 398, 401 § 1213: 393 § 1214: 3 9 3 , 3 9 4

Gesetzesregister § 1215: § 1216: § 1218: § 1223: § 1227: § 1228: §1231: § 1233: § 1235: § 1238: § 1240: § 1243: § 1244: § 1245: § 1246: § 1247: § 1249: § 1252: § 1257: § 1273: § 1274: § 1277: § 1280: § 1282: § 1285: § 1287: § 1288: § 1365:

393 393 393 393 394, 395 396, 402 396,397 396 3 9 6 , 3 9 7 , 3 9 8 , 402 398,399 397 397 397, 398 396 396 398, 399, 400 398 405 400, 401 403, 405 403, 404 404 403, 404 404, 405, 406 404 405, 406 405 250

Erbbaurechtsverordnung § 1: § 2: §9: § 10 § 11 § 12 § 14 § 18 § 26 § 27 § 28

360,361 364, 366 363 362 361,362,363,367 360,361,365,385 361 361 364 364, 365 365

§ 32 § 34

365, 366 365

GBO § 1: §2: §3: §4: § 12 § 13 § 15 § 16 § 17 § 18 § 19 § § § § §

20 22 27 28 29

§ 30 § 39 §45 §48 § 53 § 56 § 71

239, 233 262, 263 267 269, 269 269 270, 281, 272, 306 279, 273, 328 290 277, 285, 277, 275, 270, 344 258, 293 283,

262, 263 263

270,273,276

271,282 282, 283 273, 275, 276, 280, 280, 284, 362, 363 274

278, 279, 280, 281, 306, 362, 363, 371 278 276 271, 282 271, 272, 276, 280 284, 285

ZPO § 263 §415 § 828 § 866 § 867 § 935

103 273 404 296, 337 245 Anh. XIII

Gesetzesregister ZVG § 44: § 52: §91:

Städtebauförderungsgesetz 328 328 328

§ 17:

381

Bundesimmissionsschutzgesetz KO § 24:

§ 4: § 14: 247

Bundesbaugesetz § 19: § 24:

274 381

Anh. XIV

139, 141 139, 144, 149

STICHWORTREGISTER (Die zu den einzelnen Stichworten angegebenen Zahlen verweisen auf die Seiten des Buches; der Zusatz „ f . " bedeutet, daß das Stichwort auch auf der folgenden Seite behandelt wird, der Zusatz „ f f . " , daß dies auf mehreren nachfolgenden Seiten geschieht.) Abhandenkommen 45 f., 49 f., 178, 184 ff., 194 f. Abholungsanspruch SO f. Ablösung der Hypothek 326 — der Rentenschuld 356 f. Absolute Rechte 146, 372 Abstraktionsprinzip 153 f. Abteilungen des Grundbuchs 240, 244 f., 264 f., 268 Abtretung der hypothekarisch gesicherten Forderung 304 ff., 313, 333 — des Herausgabeanspruchs 61 f., 65 f., 174, 190 ff., 202 — des vormerkungsgesicherten Anspruchs 246, 255 Akzessorietät der Hypothek 288, 290, 295 f., 307 ff., 320 ff., 335, 338, 343 f., 348, 357 f. — des Pfandrechts 388 f. Alleinbesitz 11, 14, 391 ff., 393, 396 f. Alleineigentum 211, 213 Amtshaftung 257 Amtswiderspruch 271 f., 276, 280 Aneignung 203, 222 ff., 230 f. Antezipiertes Besitzkonstitut 60 f., 169 f., 175 f., s. auch Besitzmittlungsverhältnis Antrag s. Eintragungsantrag Anwartschaft 159 ff., 196 ff., 228, 230 f., 237 ff., 257 f., 297, 393 f. Anzeige der Verpfändung 391 f., 403 — des Finders 227 Aufhebung eines Grundstückrechts 329, 3 6 4 , 3 7 0

Auflassung 236 ff., 265, 279 f., 284 Aufwendungsersatz des Finders 227 f. Aushändigungsvereinbarung 294 Bauhandwerkerhypothek 337 Baukostenzuschuß 300 Bedingung und Befristung 157 ff., 164 ff., 183, 235 f., 238, 246, 269, 290 f. Beeinträchtigung des Besitzes s. Besitzbeeinträchtigung — des Eigentums s. Eigentumsstörung Bereicherungsansprüche 106, 109, 153, 193 ff., 199 f., 221, 230 f. Berichtigung des Grundbuchs 256 ff., 273, 275, 284 Beschränkte dingliche Rechte 1, 198 ff., 206 f., 214 f., 219 f., 222, 230, 232, 240 ff., 286, 359 ff., 387 ff. Beschränkte persönliche Dienstbarkeit 359, 374 ff. Beschwerde 283 ff. Beseitigungsanspruch des Besitzers 39 f. — des Eigentümers 141, 144 ff. — des Hypothekengläubigers 302 f. — des Inhabers der Grunddienstbarkeit 372 f. Besitz, allgemein unmittelbarer 1 ff., 82, 97 ff., 165, 405 f. - aufgabe 21 ff., 47, 49 f. - beeinträchtigung 26, 51, 67, 72 - diener 7 ff., 14, 17, 21, 35 f., 53, 165 f., 185 f., 217 - entziehung 28 f., 34, 37 f., 42, Anh. XV

Stichwortregister 4 4 f., 51, 68, 72, 3 7 4 erwerb 15 ff., 23, 4 9 f., 107 f., 166, 168, 188, 224 - erwerbswille 15 f., 23 f. - kehr 31 ff., 37 f., 51 f. - k o n s t i t u t s. Besitzmittlungsverhältnis - mittler 54 ff., 65 f., 72 - mittlungsverhältnis 55 ff., 65 f., 71 ff., 112, 168 ff., 174 ff., 1 8 9 , 2 0 2 - nachfolger 30, 51 - schütz 2, 10, 25 ff., 45 ff., 66 ff., 3 7 3 f., 3 9 4 - Störung 28 ff., 37 ff., 4 2 ff., 51 f., 374 - Verlust 20 ff., 63, 185, 226 - wehr 31 ff., 37 f., 51 f., 69 f. - wille s. Besitzerwerbswille Bestandsverzeichnis 264 f., 2 6 8 f. BestandteUe 124, 207 f., 2 2 2 , 2 9 8 , 3 0 3 f., 360 f., 3 6 6 Beurkundung s. Notarielle Beurkundung Bewegliche Sachen 2, 33 f., 151, 177 f., 2 0 4 , 211 ff., 2 2 5 , 2 9 7 , 388, 406 Bewilligung s. Eintragungsbewilligung Bindung an die Einigung 237 Bösgläubigkeit beim Besitzerwerb 4 6 ff., 128, 204 - des Besitzers 103 f., 108, 110, 114 f f . , 121, 128 - des Grundstücksrechtserwerbers 252,352 Briefgrundschuld 3 4 8 Briefhypothek 291 ff., 3 0 6 Buchgrundschuld 3 4 8 Buchhypothek 291 ff., 3 0 5 , 3 3 6 -

Dereliktion 225 f. Dienstbarkeiten s. Grunddienstbarkeit oder Beschränkte persönliche Dienstbarkeit A n h . XVI

Dingliche Ansprüche 96, 256, 259 f. Dingliches Vorkaufsrecht s. Vorkaufsrecht Duldungspflicht 84, 136 ff., 144, 296 f. Durchgangserwerb 170 Eigenbesitz 13 ff., 23 f., 6 4 f., 109, 204, 2 2 3 , 2 2 5 , 2 3 0 Eigenmacht, verbotene s. V e r b o t e n e Eigenmacht Eigentümer-Besitzerverhältnis 95 ff. Eigentümergrunddienstbarkeit 371 f. - grundschuld 354 - grundschuld, verdeckte 321 ff., 339 f., 3 4 5 f., 3 5 1 , 3 5 3 f., 357 f. - h y p o t h e k 326 f., 3 3 0 f. Eigentum, allgemein 1, 3, 76 ff., 297, 368 - iS des Art. 14 GG 7 9 f f . - iS des § 903 BGB 77 ff. Eigentumsaufgabe 225 - beschränkungen 82, 84 f., 87 ff., 93 f., 266 - bindung 79, 81, 84, 87, 89 f. - erwerb 151 ff., 177 ff., 184, 1 9 0 f f . , 2 0 3 ff., 2 5 1 , 2 9 8 , 3 7 9 , 4 0 5 - schütz 129 ff. - Störung 129 ff., 138 f., 148 ff., 394 - Übertragung 2, 151 ff. - vorbehält 157 ff., 183, 207 f., 2 1 8 , 220, 2 3 8 Einigung zur Begründung u n d Übertragung von G r u n d s t ü c k s r e c h t e n 234 ff., 3 0 5 , 3 3 7 , 3 6 2 , 3 7 0 , 3 7 7 , 3 8 0 ff. - zur Besitzübertragung 17, 23 f., 166 ff., 175 f. - zur Eigentumsübertragung 152 ff., 164 ff., 178 f., 183, 188 ff., 252 - zur Pfandrechtsbegründung 3 9 0 , 403

Stichwortregister Einreden des Eigentümers 314 ff., 351 Einsichtsfähigkeit, natürliche 16 f., 22 f., 27 f. Einstweilige Verfügung 245, 25 8 f. Eintragung 234 f., 239, 258, 261 ff., 291 ff., 305 f., 310 f., 320 f., 337 f., 362, 370, 377, 380 ff. Eintragungsantrag 252, 261, 269 f., 276 f., 282 - bewilligung 245 f., 255, 258, 272 ff., 276 f., 279 f., 284 f., 306, 363,371 Einwilligung 27, 136, 154 Einwirkung 77, 130 Enteignung 85 ff., 93 f. Enteignungsgleicher Eingriff 90 f., 93 f. Entschädigung 85 ff., 144, 149 f., 365 Erbbaugrundbuch 361, 366 f. Erbbaurecht 232, 359 ff., 385 Erbbauzins 363 f., 366 f. Erbe 30 f., 37 f., 51 f., 251, 273 f. Erbenbesitz 18 f., 23 Erkundigungspflicht 30 Erlöschen der Grundschuld 353 - der Hypothek 328, 345 f. - des Pfandrechts 2 0 6 , 2 1 9 - von Besitzschutzansprüchen 43 f. Ersitzung 203 ff., 214 f., 230 Erwerb vom Nichtberechtigten 177 ff. Erzeugnisse 222 f., 298, 303 Fälligkeit der Hypothek 3 13, 319 f. Fahrlässigkeit 46, 103 f., 115 Fahrnis s. bewegliche Sachen Fehlerhaftigkeit des Besitzes 30 f., 35 ff., 40 f., 51 f. Finderrechte und Finderpflichten 227 ff. Forderung, gesicherte 288 ff., 304 ff., 3 13 ff., 330, 334 f., 338 ff., 345, 357, 389

- als Haftungsobjekt 299, 303 f. Formelles Grundstücksrecht 26 1 ff. Formerfordernisse 235 ff., 277 ff., 284, 306 ff., 313 f., 362 f., 370 f. Fremdbesitz 13 f., 23 f., 58 f., 112 Fremdbesitzerexzeß 112 f., 116 ff. Früchte, Eigentumserwerb 222 f., 230 f., 379 - , Haftung für Hypothek 298 Früherer Besitzer 45 ff., 101 Fund 203, 226 ff. Gefahrenabwehr 83, 91 Geld 186 ff., 290 f. Geltendmachung der Hypothek 312 ff. - der Grundschuld 351 ff. Genehmigung 194 -.behördliche 274,281 Gesamthandmitbesitz s. Mitbesitz Gesamthypothek 334, 344 ff., 357 f. Geschäftsfähigkeit 16 f., 19, 22 f., 27, 155, 180, 225, 250, 335 f. Geschäft mit dem, d e n es angeht 156, 164 f. Gesetzliches Pfandrecht 390, 4 0 0 f f . Gestattung der Aneignung 222, 224 Gestohlene Sachen s. Abhandenkommen Gewerbebetrieb 139, 146 ff. Gleichzeitige Anwesenheit 236 Grobe Fahrlässigkeit 46 f., 103 f., 179 f., 182, 187 f., 204 f., 252 Grundakten 267 Grundbuch 232 f., 239, 249, 253, 261 ff., 293, 344 Grundbuchamt 239, 257 f., 262 f., 278, 293 f. - berichtigung 256 ff., 275, 281, 284 - blatt 263 f., 268 ff. Grunddienstbarkeiten 359, 367 ff., 376 f. Grunderwerbssteuer 274 Anh. XVII

Stichwortregister Grundpfandrechte s. Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld Grundschuld 232, 320 f., 334, 347 ff., 357 f. Grundstücke 33, 129 ff., 1 5 1 , 2 0 7 , 232 ff., 262 ff., 279, 287, 295 f., 303, 366 ff. Gutgläubigkeit 104 ff., 109 ff., 120, 158, 177 ff., 204, 223 ff., 249 ff., 258, 267, 307 ff., 317 ff., 333, 335 f., 350, 392, 397, 401 ff., 406, 410 f. Handlungshaftung 130, 132 ff. Hauptsache 211 ff. Heimfall 364 ff. Herausgabeanspruch des Eigentümers 62, 95 ff., 128, 202 — des früheren Besitzers 45 ff., 51 f., 70 f., 75 — hinsichtlich des Erlöses 193 f., 199 f. — des mittelbaren Besitzers 56, 59 ff., 65 f., 72 — des Pfandgläubigers 394 — des unmittelbaren Besitzers 38, 51 f., 75 Herrenlose Sache 225 f., 230 Hersteller bei Verarbeitung 215, 217 ff. Höchstbetragshypothek 338 ff., 343 Hoheitsakte 148 f. Hypothek 2 3 2 , 2 5 3 , 2 6 5 , 2 7 1 , 286 ff., 312 ff. Hypothekenbrief 293 ff., 309, 313, 322 Immissionen 130, 137 f. Inhaberpapiere 186 ff., 341 f. Juristische Sekunde Anh. XVIII

170

Kataster 233, 263 Kausalgeschäft 107, 153, 235, 279, 362 Kenntnis der fehlenden Berechtigung 46, 103, 179, 2 0 4 f . , 252 Kündigung der Hypothek 313 Künftige Forderung 246, 290 Lastenfreiheit 198 ff., 206, 214 f., 219 f. Löschung 271, 282 ff., 328 Löschungsvormerkung 3 2 9 ff. Lossagung s. Mittelbarer Besitz, Beendigung Luxusverwendungen 119 ff. Miet- und Pachtzinsforderungen 299 ff., 303 f. Mietvorauszahlung 300 ff. Mitbesitz 11 ff., 23 f., 42, 44 f., 391 Miteigentum 212 f., 218 ff. Mittelbarer Besitz 53 ff., 97 ff., 105, 113, 190 ff., 391 f., 395 f. —, Beendigung 62 ff. Entstehung 60, 65 f., 72 f., 168 - , gestufter 57 ff., 72 f. —, Übertragung und Übergang 61 f., 65 f., 174, 190 ff. Nachbarrecht 137, 145 Nacheile 34 Nichtberechtigter 95, 177 ff., 224, 254, 256, 392, 406 f. Nießbrauch 359, 377 ff., 385 f., 387, 406 ff. Notarielle Beurkundung 237, 362 Notstand 91 Notwehr 26, 32 Nutzungen 102f., 106 ff., 157, 367 ff., 377 ff., 393, 4 0 6 Nutzungsrecht als Grundlage des Eigentumserwerbs 222 f., 230 f.

Stichwortregister Oberbesitzer 54ff., 59 ff., 65, Iii., 98, 113 Öffentliche Beglaubigung 277 f., 306, 309 ff., 371 Öffentliche Urkunden 2 7 3 , 2 7 8 , 2 9 3 Öffentlicher Glaube 249 ff., 259 f. Offenkundigkeit einer Tatsache 278 Originärer Eigentumserwerb 203 ff., 214 f. Ortsüblichkeit 138, 140 f. Pfandrecht, allgemein 387 ff., 410 f. —, gesetzliches 390, 400 ff. Pfandreife 396 Pfandverwertung 388, 396 ff., 402 f., 404 ff. Possessorische Ansprüche 38, 67 Quasinegatorische Ansprüche 146 Rang der beschränkten dinglichen Rechte 240 ff., 247, 257, 259 f., 284 f., 287, 320 f., 323 f., 362 - änderung 241 ff., 253 f. - tausch 242 f. - vorteil 257 - Währung 245, 247 f., 270 f., 281, 325 f. Reallast 359, 380, 385 f. Rechtfertigungsgründe 41, 44 f., 51 f., 67, 136 f. Recht zum Besitz 48 ff., 98, 101 f., 128, 202 Rechtsbesitz 373 Rechtsgeschäft 17, 27, 155 ff., 235, 251 Rechtsgrund 107 f., 110 f., 153, 350 Rechtshängigkeit 103 f., 110 f., 114 Rechtsnachfolger 205 Rechtswidrigkeit 29 f., 37 f., 90, 135, 140 f. Regreßhypothek 327, 347 Relative Unwirksamkeit 248 f., 259 f. Rentenschuld 334, 355 ff.

Sachgesamtheit 78 f., 154 Sachherrschaft 3 ff., 17, 20, 23, 53 ff., 82 f., 165 Sachteile 10 ff., 14 Schadensersatz 25, 88, 91 ff., 111 ff., 128, 141, 144, 146 f., 149f., 193, 199 f., 221, 372 Scheinbestandteile 209 Schutzgesetz 25 Selbsthilfe 32, 3 5 f f . , 69, 145, 374 Sicherungsgrundschuld 349 ff. - hypothek 296, 334 ff., 349 ff., 405, 410 f. — nießbrauch 408 - Übereignung 171 ff., 218, 220, 396 Sozialpflichtigkeit des Eigentums 79, 82 ff., 93 f. Spezialitätsgrundsatz 78 f., 154, 169, 173, 409 ff. Stellvertretung 17, 155 f., 164, 180ff. Störung s. Besitzstörung und Eigentumsstörung Straftat 115 ff. Surrogation, dingliche 399 Tatsächliche Gewalt s. Sachherrschaft Teilbesitz 10, 14 f. Teilung von Grundstücken 233, 380 Tiere 225, 2 2 7 f . Tilgungshypothek 356 Treuhand 172 f. Übereignung 152 ff. Übergabe der Sache 152, 164 ff., 174 f., 178 f., 182, 390 ff. — des Hypothekenbriefs 294 f., 306, 3 1 0 f . , 322 Übergabeersatz 168 ff., 189 ff. Übermaßfrüchte 106, 379 Umwandlung von Grundpfandrechten 312, 324, 3 3 6 , 3 4 8 , 3 5 4 Unentgeltlicher Erwerb 1 0 7 , 1 9 5 , 199 f. Anh. XIX

Stichwortregister Unfreiwilliger Besitzverlust s. Besitzverlust Unmittelbarer Besitz s. Besitz Unrichtigkeit des Grundbuchs 249, 252, 271, 280 Unterlassungsansprüche 39, 141 ff., 302, 372 f., 394

Verwendungen, allgemein 118 ff., 125 f. Verwendungsersatz 120 ff., 125 f., 221,393 Verwertungsrecht 123 Verzug 115, 117 f. Vindikationslage 102 f., 111, 125 f. Vorbeugende Unterlassungsklage 143 f. Voreintragung 275 ff. Vorkaufsrecht 359, 381 ff. Vormerkung 245 ff., 254 ff., 259 f., 265, 281 ff., 329 f., 384 ff. Vorübergehende Verhinderung 6 f., 20

Verarbeitung 163, 203, 215 ff., 230 f. Verbindung 203, 207 ff., 214 f., 230 f. Verbotene Eigenmacht 26 ff., 37 ff., 41, 51 f., 67, 75, 115 ff. Verfügungsbefugnis 180 Verjährung 315 Verkehrsanschauung 4 Verkehrsfund 229 f. Verkehrsgeschäft 251 Warenlager 78, 154 Verkehrshypothek 286 ff., 334, 336 Wegnahmerecht 124, 221 Verkehrssicherungspflicht 83, 89 f. Weisungsgebundenheit 7 ff., 13,53 Verlängerter Eigentumsvorbehalt Wertpapierhypothek 341 ff. Wesentliche Bestandteile 207 ff., s. Eigentumsvorbehalt 214 f., 360 Verlorene Sachen 226 ff. Widerruf der Einigung 237 Vermessung 233 Widerspruch 258 ff., 265, 271 f., Vermischung 203, 213, 230f. 276 f., 280 ff. Vermögensrechte 80 Wiedereinräumung des Besitzes 68 Verpfändung 390 ff. Wiederholungsgefahr 142 f. Verpflichtungsgeschäft s. KausalWillensmängel 17, 155 geschäft Verschlechterung des Grundstücks Zinsen 296, 340 302 ff. Zubehör 297 ff., 303 f. Verschulden 135, 140 f. Zurückbehaltungsrecht 12 2 f., 12 5 f., Versicherungsforderungen 301 ff. 227, 402 Versteigerung, öffentliche 186, 229, 396 f. Zusammenlegung von Grundstücken 233 Verteidigung gegen possessorische Zustandshaftung 13 0 f f. Ansprüche 41, 44 f. Zwangshypothek 296, 337 — bei Geltendmachung der Hypothek Zwangsversteigerung 296, 328 3 14 ff. Zwangsverwaltung 296, 299 — bei Geltendmachung der GrundZwangsvollstreckung 251, 296 ff., schuld 351 ff. 303 f., 326, 328, 330 ff., 337, Verursachung 132, 134 345 f., 354, 357, 396, 404 ff. Verwahrungspflicht des Finders 227 Zwischenverfügung 281, 284 f. — des Pfandgläubigers 393 Anh. XX